Nnar 50%4 HARVARD UNIVERSITY. IIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. 193 Ö - Krfilonku. 2,7901 May 26,1902, ven Aue Be D 2,3 Ser. 9 |) % Pe se i .-- [) = 5 210 7 5 s an = ; ei = 3 ® ID «| | ar # E E = D er: ee = | ei! or u a 0 35 = 35 Ä | ; er | S = | | ga : ıl = i i= ii a .& a Verlag von K. J. WYSS in Bern. BIBLIOGRAPHIE Schweizerischen Landeskunde. Unter Mitwirkung hohen Bundesbehörden, eidgen. und kant. Amtsstellen und zahlreicher Gelehrter herausgegeben von der Gentralkommission für schweizerische Landeskunde, BER” In deutscher und französischer Ausgabe. Bis jetzt erschienen : Fascikel Ia: Bibliographische Vorarbeiten der landeskundlichen Litteratur und Kataloge der Bibliotheken der Schweiz. Zusammengestellt von Prof. Dr. J.H.Graf. Bern 1894. 69 Seiten 8°. Preis Fr. 1.— Fascikel I b, enthaltend: Bibliographie der Gesellschaftsschriften, Zeitungen und Kalender der Schweiz, von Prof. J. L. Brand- stetter in Luzern. 380 Seiten. Preis Fr. 3. — Fascikel IIa: Landesvermessung und Karten der Schweiz, ihrer Land- striche und. Kantone. Herausgegeben vom eidgen. topographischen Bureau. Redigirt von Prof. Dr. J. H. Graf. Bern 1892. 193 Seiten 8°. Preis Fr. 3. — Fascikel IIb: Karten kleiner er Gebiete der Schweiz. Herausgegeben vom eidg. topograph. Bureau. Redigirt von Prof. Dr. J.H. Grat, Bern 1892. 164 Seiten 8°. Preis Fr. 3. — Fascikel IIc: Stadt- und Ortschaftspläne, Reliefs und Panoramen der Schweiz. Herausgegeben vom eidg. topograph. Bureau. Redigirt von Prof. Dr. J. H. Graf. Bern 1893. 173 Seiten 8% Preis Fr. 3. — Fascikel II d, enthaltend: Generalregister, Ergänzungen und Nachträge zu den Fascikeln II a—c (Landesvermessung, Kataloge der Karten- sammlungen, Karten, Reliefs und Panoramen). Im Auftrage des eidgen. topograph. Büreaus redigirt von Prof. Dr. J. H. Graf. 220 Seiten 8°, Preis Fr. 3. — Fascikel III: Landes- und Reisebeschreibungen. Ein Beitrag zur Bibliographie der schweizer. Reiselitteratur, 1479— 18390. Zusammen- gestellt von A. Wäber, Bern. 462 Seiten 8°. Preis Fr. 4. — Fascikel IVb: Die Fauna der italienischen Schweiz. Redigirt von Prof. Dr. A. Lenticchia. Como 1894. 19 Seiten 8°, Preis 50 Ots. Fascikel IV 3: Balneologie und Climatotherapie. Versuch einer schweiz. Bibliographie der Litteratur auf den Gebieten des Badewesens, der Heilquellen. der climaterischen Kurorte u. s. w. Von B. Reber in Genf. 130 Seiten 8°. Preis Fr. 2.— Fascikel IV6: Fauna helvetica: Heft 2: Seenfauna. Zusammen- gestellt von Prof.D.F.Zschokke. Bern 1897. 30 Seiten. 60 Cts. Fascikel IV 6: Fauna helvetica. Heft 4: Vögel. Zusammengestellt von Prof.Dr. Theophil Studer. Bern 1895. 57 Seiten 8°. Preis Fr. 1.— (Fortsetzung auf Seite 3 des Umschlags.) Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft ın Bern aus dem Jahre 1899. Nr. 1463-1477. Redaktion: J. H. GRAF. | | | | I ü v., ._ nr SER .,23: 1901 Jahresbericht über die Thätigkeit der bernischen Naturforschenden Gesellschaft im Zeitraum vom 1. Mai 1898 bis 30. April 1899. Hochgeehrte Herren ! Das hinter uns liegende Vereinsjahr war für unsere Gesellschaft besonders bedeutungsvoll durch die am 1.—3. August des verflossenen Jahres in Bern und Grindelwald abgehaltene Jahresversammlung der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft. Es ist hier nicht der Ort, einen näheren Bericht zu geben über den Verlauf dieses vom herrlichsten Wetter begünstigten Festes und über die zahlreichen wissenschaftlichen Mittheilungen, welche in den allgemeinen und in den Sectionssitzungen vorgelegt worden sind. Nur so viel sei hier bemerkt, dass Dank dem zahlreichen Besuche und den Beiträgen von Seiten der Behörden der finanzielle Abschluss, mit einem Defizit von nur 100 Fr., für unsere Kasse ein relativ günstiger genannt werden kann. Auch unser Mitgliederbestand erfuhr bei Gelegenheit der Natur- forscherversammlung einen Zuwachs: ein Circular, welches im Juli ver- sandt wurde, hatte 17 Neu-Anmeldungen zur Folge. Im Ganzen weist das Jahr 1898/99 20 Aufnahmen und 6 Austritte auf. Sitzungen wurden im Ganzen 11 abgehalten, worunter zwei Demon- strationsabende. In denselben haben sich folgende Herren durch Vor- träge, kleinere Mittheilungen oder Vorweisungen betheiligt: Herr Asher (1), Baltzer (1), v. Fellenberg (4), Ed. Fischer (3), L. Fischer (1), Göldi (2), Graf (1), Gruner (2), v. Jenner (1), Kaufmann (1), v. Kosta- necki (2), Moser (1), Schaffer (2), Schücking (1), Sidler (1), Steck (2), Studer-Steinhäuslin (2), Th. Studer (4). Von diesen Mittheilungen entfallen auf Zoologie 8, auf Botanik 6, auf Mineralogie, Geologie, Palaeontologie 6, auf Chemie und Nahrungs- mitteluntersuchung 4, auf Mathematik und Geschichte der Mathematik 2, auf Physiologie 2, auf Physik 2, auf Anthropologie 1, auf Astrononie 1. Eine auswärtige Sitzung wurde im Hinblick auf die Versammlung der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft im letzten Sommer nicht abgehalten. Am schweizerischen Aerztetag in Bern, bei dem 25jährigen Jubiläum der bernischen geographischen Gesellschaft, sowie bei der Be- ER a erdigung des Herrn Professor F. Lang in Solothurn war unsere Gesell- schaft durch Delegirte vertreten; zur Einweihung der ersten Theilstrecke der Jungfraubahn wurde ein Gratulationstelegramm abgeschickt. Ueber den Lesezirkel berichtet der Geschäftsführer, Herr Dr. Th. Steck: Mit dem 1. Mai hat der Lesezirkel die 10 ersten Jahre seines Bestehens überschritten. Da eine Neuauflage des schon seit einiger Zeit vergriffenen Reglementes nothwendig geworden, wurden den Erfahrungen der abgelaufenen Dekade entsprechend eine Anzahl Bestimmungen des ursprünglichen Reglementes abgeändert. Die wichtigste Aenderung be- trifft den Wegfall der Bussen für solche, die die Mappen über die vor- gesehene Frist hinaus behalten. 'Theilnehmer, welche sich nach dieser Richtung hin gegen das Reglement verfehlen, können künftig auf Antrag des Geschäftsführers vom Vorstande der Gesellschaft für kürzere oder längere Zeit von der Theilnahme am Lesezirkel ausgeschlossen werden. — Eine Einladung zur Theilnahme am Lesezirkel, die im November mit dem neuen Reglement an alle Mitglieder versandt wurde, hatte die An- meldung von 18 neuen Theilnehmern zur Folge. Dadurch ist nun die Zahl derselben auf 41 gestiegen. Die Zahl und Auswahl der zirkuliren- den Zeitschriften hat sich gegenüber dem letzten Jahre nicht verändert. Dem Geschäftsführer wurde in der Sitzung vom 29. April für die Be- sorgung des Lesezirkels eine Honorirung von 50 Fr. jährlich zuge- sprochen. Wie schon früher, so war auch im verflossenen Jahre unsere Ge- sellschaft um die Erhaltung von erratischen Blöcken besorgt. Es galt dies insbesondere einigen Blöcken in der Gegend von Nidau und einem solehen am Bintel bei Wimmis. Bei dem letztern wurde Ankauf zu Handen des naturhistorischen Museums beschlossen. Zum Präsidenten für das Vereinsjahr 1899/1900 wurde Herr Pro- fessor St. v. Kostanecki, zum Vicepräsidenten Herr Professor Brückner gewählt. Der Präsident: Ed. Fischer. Sitzungs-Berichte. —m_ nn mn 932. Sitzung vom 14. Januar 1899. Abends 8 Uhr im Storchen. Vorsitzender: Hr. Ed. Fischer. Anwesend: 24 Mitglieder. . Hr. E. Göldi spricht über die Fischfauna des Amazonenstromes. . Hr. Th. Studer weist einen Abguss von Archäopteryx vor. . Hr. Ed. v. Fellenberg berichtet über den sog. fossilen Baumstamm, der a. 1887 bei Guttannen in einem Gmneissblock gefunden wurde und sich bei genauerer Untersuchung als eine Einlagerung von Hornblende erwiesen hat. vow- 933. Sitzung vom 28. Januar 1899. Abends 8 Uhr im Storchen. Vorsitzender: Hr. Ed. Fischer: Anwesend: 33 Mitglieder. 1. Hr. P. Gruner spricht über Beugungserscheinungen und deren Be- ziehungen zu den Dämmerungsfarben und zu dem Alpenglühen. . Hr. Dr. Schücking aus Pyrmont. eingeführt durch Herrn Kronecker, macht eine Mittheilung über: die belebende Wirkung des Natrium- saccharates auf das Herz. Er setzte auseinander, wie dieses bisher noch wenig bekannte Prä- parat, dessen physiologische und pharmakologische Wirkungen noch nicht untersucht worden, in sehr kleiner Menge (0,05 proc.) der physiologischen Kochsalzlösung (0,75 proc.) zugesetzt, das hiervon durchspülte Herz kräftig mache und tagelang erhalte. Chlorealeium und Chlorkalium, welche Ringer als Zusätze zur Cl Na- triumlösung empfahl, haben viel weniger günstige Wirkung als die Na- trinmsaccharatlösung. Chlorkalium ist zumal schwachen Herzen schädlich. Ebenso ist Howells neuerdings empfohlene Modifikation der Ringer’schen Lösung minderwertig als die Sacharatlösung. Allerdings erhöht ein ganz geringer Zusatz von Chlorcaleium (0,03 proc.) zur Sacharatlösung deren Wirkung. Das durchspülte Froschherz wird nur ausserordentlich langsam vollkommeu vom Blut befreit. Man findet nach stundenlanger Perfusion noch Blutspuren in der Spülflüssigkeit. SCH 9534. Sitzung vom 11. Februar 1899. Abends 8 Uhr im Storchen. Vorsitzender: Hr. Ed. Fischer. Anwesend: 18 Mitglieder. 1. Hr. L. Asher spricht über die Quelle der Muskelkraft. Do 2. 3. EURE 935. Sitzung vom 25. Fehruar 1899. Abends 8 Uhr im Storchen. f Vorsitzender: Hr. Ed. Fischer. Anwesend: 12 Mitglieder. Hr. A. Baltzer demonstrirt die Reproduktion zweier Reliefs von alt- griechischen Bechern herrührend. Das eine Relief zeigt die Jagd auf Bos primigenius, das andere zeigt das gleiche Thier in gezähmtem Zustande. . Hr. Th. Studer weist einen reconstruirten Pfahlbauer-Frauenkopf von Prof. Kollmann in Basel vor. . Hr. St. v. Kostanecki weist galizisches Erdwachs, Cerisin und ga- lizisches Erdöl vor. Herr Ed. Fischer legt die kürzlich erschienene Arbeit von Prof. H. Bachmann über die Prothallien von Lycopodium vor und weist die Prothallien von Lycopodium elavatum und annotinum vor, welche das botanische Institut der Güte von Herrn Prof. Bruchwann verdankt, 936. Sitzung vom 11. März 1899. Abends 8 Uhr im Storchen. Vorsitzender: Hr. Ed. Fischer. Anwesend: 25 Mitglieder. . Hr. Th. Studer weist ein neues Beutelthier, Notoryctes, vor. . Hr. A. Baltzer macht einige geologische Mittheilungen. . Herr Ed. Fischer gibt ein kurzes Resume der heutigen Kenntnisse über die fossilen Cycadeen und bespricht etwas eingehender die ÖOr- ganisation der Bennettiteen unter Zugrundelegung der bezüglichen Untersuchungen von Solms-Laubach. Ausser lebenden Exemplaren und Blüthen heutiger Cycadeen weist der Vortragende einen Stamm von Bennettites Dakotensis aus dem nordamerikanischen Jura und Blätter von Zamia und Otozamites von Rovere di Velo (Vicenza) vor. 937. Sitzung vom 29. April 1899. Abends 8 Uhr im Hörsaal des Kantonschemikers. Vorsitzender: Hr. Ed. Fischer. Anwesend: 18 Mitglieder. . Wahlen. Es werden gewählt für das Vereinsjahr 1399/1900: Zum Präsidenten: Hr. Prof. Dr. St. v. Kostanecki. Zum Vice-Präsidenten: Hr. Prof. Dr. Ed. Brückner. , Hr. Schaffer spricht über Butter-Untersuchungen, mit Demonstrationen. 938. Sitzung vom 13. Mai 1899. Abends 8 Uhr im Storchen. Vorsitzender: Hr. St. v. Kostanecki. Anwesend: 25 Mitglieder. . Der abtretende Präsident, Hr. Ed. Fischer, verliest den Jahresbericht pro 1. Mai 1898 bis 1. Mai 1899. Hr. Th. Studer sprieht über Säugethier-Reste aus dem Wadi Natron in Unter-Aegypten, mit Vorweisungen. Hr. E. Göldi spricht über Schmetterlingszüge im Amazonengebiet. Referent erinnert, dass zuweilen auffällige Schmetterlingszüge, vornehmlich durch Weisslinge gebildet, auch in der Schweiz beobachtet werden. In grossartigem Massstabe werden derartige Schmetterlings- RB = züge im Amazonas-Gebiet gesehen, wo sie den Anwohnern seit alten Zeiten unter dem indianischen Namen „panä-panä‘“ wohlbekannt sind. Es wird ein kurzer Ueberblick über bezügliche Schilderungen von früheren Reisenden, Schomburgk, Bates, Wallace und Spence gegeben und eine summarische Kritik derselben geboten. Referent tritt hierauf auf seine eigenen Beobachtungen ein, die gelegentlich der Expedition nach dem Oberlauf des Rio Capiön im Staate Par&ä (Juni—Juli 1897) gemacht wurden und an denen sich ein Zoologe und ein Botaniker speziell be- theilieten. Es ergab sich 1. dass die Schmetterlinge in den Morgen- stunden bis Mittag am rechten Ufer stromaufwärts flogen und Süd-Richtung innehielten, während in den Nachmittagstunden die Rückkehr am linken Ufer mit nördlichem Kurs erfolgte. (Im Gegensatz zu den Behauptungen von Bates und Spence, die den Zügen stets südliche Riehtung zuschreiben.) 2. Dass die Züge in jener Gegend aus Weisslingen (Picriden) zusamınen- gesetzt sind, Vettern unseres Citronenfalters, in der Weise, dass vielleicht 95 Prozent durch die weissliche Catopsilia statira, der Rest durch die hellgelben Cat. Trite und Cat. Eubule, mit geringer Betheiligung der grell orangefarbenen Cat. Argante, geliefert werden. 3. Dass diese Weisslinge offenbar in ihren Wanderungen durch gewisse Bäume beein- flusst werden, die zu jener Zeit blühen, zumal durclı den zu den Legu- minos&-Caesalpinoideae gehörigen «Arapary»-Baum “Vonapa acaciefolio [Benth] Brillon = Maerolobium acaciaefolium Benth). An der Hand von nach Photographien gefertigten Zeichnungen wird sowohl das Physiognomische dieser imposanten Picriden-Züge, als auch die auf Insekten-Besuch berechnete Blüten-Stellung und -Einrichtung des Arapary-Baumes erläutert. 4, Hr. Th. Studer macht einige Bemerkungen über den Ur-Stier, in Be- ziehung zu Jesaia Sl, 25. 9539. Sitzung vom 27. Mai 1899. Abends 8 Uhr im Storchen. Vorsitzender: Hr. St. v. Kostanecki: Anwesend 14 Mitglieder. 1. Als Delegirte an die Versammlung der schweizer. naturforschenden Gesellschaft in Neuenburg werden die HH. Prof. Fischer und Prof. Graf bezeichnet. 2. Hr. E. Göldi spricht über die Fischfauna des Amazonenstromes 2. Theil 3. Hr. Kaufmann demonstrirt eine T&nia aus dem Darmkanal einer Forelle. 940, Sitzung vom 25. Juni 1899. Morgens 11 Uhr, im Freien Hof, in Thun. Vorsitzender: Hr. St. v. Kostanecki. Anwesend 40—50 Personen. 1. Hr. A. Benteli spricht über die Niveauschwankungen der schweize- rischen See’n, mit besonderer Berücksichtigung der Jura-See’n. . Herr R. Huber spricht über Das Wesen der Telegraphie ohne Draht. Einleitend wird eine kurze Uebersicht über die bisher angewendeten Methoden gegeben, welche dazu dienten mittelst Elektrieität ohne Be- nützung von Leitungsdrähten zwischen zwei entfernten Orten sich zu [80] = aa ‚verständigen. Hierauf besprach der Vortragende die Untersuchungen ‚von Faraday und Maxwell, welche zur Begründung der elektromagnetischen Lichttheorie führten; machte aufmerksam auf die Beziehung zwischen der Dielektrieitätskonstanten und optischen Brechungsexponenten, etc., und ‚auf die Rolle des Dielektikums. Im Ferneren wurden die Versuche von Hertz besprochen, und die hauptsächlichsten Methoden angegeben, welche seither dazu dienten, um -Oseillator und Cohärer zu vervollkommnen. Nach einer Würdigung der Verdienste Marconi’s wurde dessen Art ‚zu telegraphieren in übersichtlicher Weise erläutert, und zum Schluss gab der Referent noch eine kurze Erklärung der «Lichtelektrischen Tele- graphie» von Zickler. 3. Am Nachmittag wird die kantonale Gewerbe- und Industrie-Ausstellung besichtigt. 941. Sitzung vom 4. November 1899. Abends 8 Uhr im Storchen. Vorsitzender: Hr. St. v. Kostanecki. Anwesend: 30 Mitglieder. 41. Hr. A. Tschirch spricht über natürliche Auswahl von Arzneimitteln ähnlicher Wirkungsweise seitens der Bewohner räumlich weit ge- trennter Länder. . Hr. A. Baltzer weist geologische Photographieen vor. . Hr. Th. Studer legt eine Dissertation von Herrn Dr. Schürch über die in den schweizerischen Beinhäusern aufbewahrten Schädel vor. wm 942. Sitzung vom 25. November 1899. Abends 8 Uhr im Hallerianum. Vorsitzender: Hr. St. v. Kostanecki. Anwesend: 15 Mitglieder. . Hr. H. Kronecker spricht über Messung von Flüssigkeitsdruck- Schwankungen, mit Demonstrationen. je 943. Sitzung vom 9. Dezember 1899. Abends 8 Uhr im geologischen Institut. Vorsitzender: Hr. Ed. Brückner. Anwesend: 20 Mitglieder. 1. Hr. A. Baltzer spricht über neuere Eruptionen des Aetna, mit De- monstrationen und Projektionen. . Hr. A. Tschirch weist ein „ideales Bild einer Kohlenlandschaft“ von Potonie vor. CE Verzeichniss der Mitglieder der Bernischen Naturforschenden Gesellschaft. (Am 31. Dezember 1899.) Die mit * bezeichneten Mitglieder wurden im Jahre 1899 neu aufgenommen. Vorstand. Prof. Dr. St. von Kostanecki, Präsident. Prof. Dr. Ed. Brückner, Vice-Präsident. B. Studer, jun., Apotheker, Kassier seit 1875. Prof. Dr. 5; H. Graf, Redaktor der Mittheilungen seit 1883. Dr. Th. Steck, Oberbibliothekar und Geschäftsführer des Lesezirkels. Hr: .P!r-Gr uner, Sekretär seit 1898. Mitglieder. . Allemann, J., Arzt, Zweisimmen . - 1898 . Anderegg, Ernst, Dr. phil. und Gymnasiallehr er, Bern ; 1891 . Andreae, Philipp, Apotheker, Bern $ . - : 1883 . Bader tscher, DrrA,, Sekundarlehrer, Bern . e i ; 1888 . Balmer, Dr. Hans, Bern : 1886 . Baltzer, Dr. A., Professor der Mineralogie a Ge ologie, Bern 1884 Beck, Dr. Gottl., Lehrer des Freien Gymnasiums, Bern . 1876 .v. Benoit, Dr. jur. G., Bern ; £ - ; : : 1872 . Benteli, A., Rektor und Dozent, Bern . ; ä i . 1869 . Benteli, 1% VS -M... Bern ; z 1891 . Ber dez, Hi Professor an der Thierarzneischule, Bern“ > 1879 . Brückner, Dr. Ed., Prof. der Geographie, Bern . : 1888 . Brunner, C., Dr. phil., Hofrath, eu 6, wi ien . 1846 . Büchi, Fr., Optiker, Bern . ; ä Ä 1574 . Burri, Dr. phil., Prosektor . ; i 5 1895 en. Büren, Eug., "allie von Salis, Sachwalter, "Bern | ü 1877 . Cherbuliez, Dr., Direktor, Strassburg BEE ; x ; 1861 . Coaz, eidgenössischer Oberforstinspektor, Bern ß k i 1875 B Conrad, Dr. Er; Arzt ,in.Bern - = i 3 \ i 1872 >. Orelier, Dr., Lehr er am Technikum Biel - s \ - 1896 . Dick, Dr. Rud., Arzdkıjnz Bern. 2 S { 1876 5 Droz, Arnold, Kantonsschullehrer in Pan i ä 1890 a 2, . Dubois, Dr. med., Arzt, Privatdocent, Bern . Dumont, Dr. med. F., Arzt, Privatdocent, Bern . Dutoit, Dr. med., Arzt in Bern . ; Eggenber 'ger, J., Dr. phil, Versicherungsbeamter, N München . Egues, Jules, Dr. med., Corgemont : . Engelmann, Dr., Apotheker in Basel . *Farner, Dr. A, Apotheker ; ; m: Fellenberg, Dr. phil. E., Bergingenieur, Bern e . Fischer, Dr. phil. Ed., Professor der Botanik, Bern i Fischer, Dr: L, Honorar-Professor, Bern e . Flach, Arthur, Dr. med., Bern . v. Freudenreich, Dr. E., Bern . Friedheim, Dr. "Prof., Bern x . Geering, Ernst, Dr. med., Reconvillier . de Giacomi, J., Dr. med. Arzt und Privatdocent, Bern . Girard, Prof. Dr. ıned., Arzt in Bern : . Gosset, Philipp, Ingenieur, Wabern bei Bern Graf, Dr. I. H., Professor der Mathematik, Bern . Gressiy, Alb., Oberst, Maschinen-Ingenieur, Bern Gramm, 1 Präparator, Bern : 2 Gruner, Dr. Paul, Gymnasiallehrer und Docent, Bern E Guillebeau, Professor Dr., Bern . Haaf, C., Droguist, Bern . Haas, Dr. med., Sigisınund, Arzt. in Muri bei Bern ..Har imann, Dr. phil., Mathemat. a. Eisenbahndepartement, Bern . Hasler, Dr. phil. e Dir. d. Telegraphen-Werkstätte, Bern h * Heffter, DESA-W: A., Prof. der med. Chemie u. Pharmacologie . Held, Leon, Ingenieur, Bern 5 : Huber, Dr. He Professor der Mathematik, Bern i ö Huber, Rud., Dr. phil., Gymnasiallehrer, Bern . Hug, Otto, Dr. phil., Bern . - . Humbel, Rudolf, Thierarzt, Nieder-Bipp . Jadassohn, Dr. Prof., Bern . : . Jenner, E., Entomolog, hist. Museum, Bern“ 3 Jonguiere, Dr. med. Georg, Arzt in Bern . Käch, P., Sekundarlehrer in Bern £ ß Kaufmann, Alfr., Dr. phil. und Gyimnasiallehrer, "Bern . Kesselring, H., Lehrer an der Sekundarschule in Bern . Kissling, Dr. E., Sekundarlehrer und Privatdocent, Bern . Kobi, Dr., Rektor der Kantonsschule Pruntrut . Kocher, Dr., Professor der Chirurgie, Bern . . Koller, G., Ingenieur, Bern‘. ; . . von Kostanecki, Dr., Professor der Chemie, "Bern S . König, Emil, Dr. phil., Gymnasiallehrer, Bern ‘örber, H., Buchhändler in Bern eKraft, "Alex. Besitzer des Bernerhofs, Bern. . „Krebs, A., Seminarlehrer in Bern . Kronecker, Dr. H., Professor der Physiologie, Bern . Kummer, Dr. med. J., Arzt in Bern ; i € Kürsteiner, Dr. med;, "Bern E er Nicca, Dr. med. Ba Arzt in Bern + EINE . Lanz, Dr. Em., Arzt in Biel #Leist, DruK, Lehrer an der Sekundarschule in Bern ; a: ch, M., Professor Dr. in Freiburg Dior ber, A., Dr. med., Arzt in Laupen 3 Lindt, Dr. med., Wilh., Arzt in Bern : 3 Lindt, Dr. med., W. jun., Arzt und Docent in Bern. . Zochbr unner, Th., Uhrmacher in Bern - - IR ER ER Rentier in Münsingen . Lüscher, E., Dr. med. in Bern . ; Lütschg, J., gewesener Waisenvater in Bern - Marckwald, Dr. Max, Frankfurt a. M. . Marti, Christian, Sekundarlehrer in Nidau . Marti, Lehrer an der Neuen Mädchenschule in Bern. . Michailoff, S. Dr., meteorologische Centralstation Sofia . Moser, Dr. phil. Ch., Privatdocent in Bern Müller, Emil, Apotheker in Bern . Müller, Professor Dr., P., in Bern . Müller, Max, Dr. med. in Bern. : . v. Mutach, Alfred, von Riedburg, Bern . Mützenberg, Dr. med. Ernst, Spiez : . Nanny, Dr. Wilhelm, Arzt in Mühleberg . . Nicolet, L., Pharmacien, St. Imier - . Pfister, J. H., Mechaniker in Bern . Pflüger, Dr. Professor in Bern . . Pulver, E., Apotheker in Interlaken - Pulver, Vorsteher in Hindelbank . . . kenfer, H., Dr. Prof. an der Handelsakademie in ‚St. Gallen Selis, E-,, Lehrer der Physik am städtischen Gymnasium . Rothenbach, Alfred, Alt-Gasdirektor in Bern : e Rothenbühler, Dr., 'Sekundarlehrer in Bern z . Rubeli, Dr. Ö., Professor an der Thierarzneischule, Demi . Sahli, "Professor Dr. H., Bern £ > Sahli, Dr. ae Bern, E : Schaffer, , Kantonschemiker und Docent, Bern e a £ ns Gymnasiallehrer, Bern . . Schmid, Dr. W. ‚ Oberst, Oberinstruktor der Artillerie, "Bern E Schürch, Otto, Dr. phil, Zahnarzt, Langnau . Schütz, "Assistent des Kantonschemikers, Bern . Schwab, Sam., Dr. med., Bern ; a Dr., Honorar-Professor, Bern . Speyr, Dr. Prof., Direktor der Waldau E Skäger, Rob., Dr. med., Bern . Steck, Th., Dr. phil., Conservator am Naturhist. Museum Bern e Steiger, Hans, Oberstlieutenant, Bern. ; . Stooss, Professor, Dr. med. Max, Arzt in Bern. ; Strasser „Dr. Hans, Professor der Anatomie, Bern . Strelin, Alexander, Dr. med., Arzt, Bern . » Streun, G., Dr;, Lehrer auf der Rütti 2. Studer, Bernhard, sen., Bern . . Studer, Bernhard, Apotheker, Bern . , . Studer, Dr, Theophil, Professor der Zoologie, Bern : — XI — 125. Studer, Wilhelm, Apotheker in Bern . = R2 i 1877 126. Tambor, J., Dr. phil., Docent, Laboratorium, Bern . : 1894 127. Tanner, G. H,, Apotheker in Bern . i j 3 b 1882 128. Tavel, Professor Dr. E., Bern . i 5 ; x . 1892 129. Thiessing, Dr., Redaktor, Bern . 5 5 - i > 1867 130. v. Tscharner, Dr. phil. L., Oberst, Bern . i s i 1874 131. v. Tscharner-de Lessert, Oberst, Bern . 1878 132. Tschirch, Dr. ‚A,, Professor der Pharmakognosie in Bern. 1890 133. Valentin, Professor Dr. med. Ad., Arzt in Bern : - 1872 134. Vögeli, BE Dr. med., Thun E H i : 5 E 1898 135. Volz, Wilhelm, Apotheker in Bern . } - R 5 1887 1356. W "über -Lindt, A. Bern i R { S ° 1864 137. Walthard, Max, Dr. med., Arzt, in Bern ; : e ; 1894 138. Wanzenr ied, Sekundarlehrer in Grosshöchstetten j b 1867 139. . Wattenuyler. Wattenwyl, Jean, Oberst, Bern ; s 1877 140. Wilhelmi, A., Dr. Thierarzt, Bern : : i i 1898 141. Wollensack, Heinrich, Dr. med, Giessbach . 1898 142. Wüthrich, Dr. phil. E., Direktor der Molkereischule "Rütti 1892 143. Wyss, Dr. G, Buchdrucker in Bern . ; : ! > 1887 144. Wyttenbach-v. Fischer, Dr., Arzt in Bern . A . - 1872 145. Zeller, R., Dr. phil., Geolog, Dermisz : 1893 146. Ziegler, Dr. med., A., eidgenössischer Oberfeldarzt, Bern 5 1859 147. Zumstein, Dr. ıned. 1: J., in Marburg : F : 1885 148. Zwicky, Lehrer am städtischen Gymnasium, Bern . - 1856 Im Jahre 1899 ausgetreten: Baumberger, E., Sekundarlehrer in Basel . N : i i 1890 Hafner, Rene, Apotheker in Biel i - R 5 : 1891 Holzer, Ferd., Lehrer in Oberwyl bei Büren : e N . 1890 Jonquiere, Dr., Professor der Medizin, Bern . ? £ ; 1853 Münger, F., Dr. phil. . 4 q R ; i : { 1892 Otti, Prof. in Aarau . . i . ; Schönenber ger, eidgenössischer For stadjunkt, Bern E . L 1894 de Zehender, Marg., Ingenieur, Bern . S k & 2 E 1874 Korrespondierende Mitglieder: e Flesch, Dr. M., Arzt in Frankfurt r % x 1882 1: 2. Gasser, Dr. E, Professor der Anatomie in Marburg . ; 1884 3. Graf, Lehrer in St: Gallen. F b : - i 1858 4. Grützner, Dr. A., Professor in Tübingen £ { 4 | 1881 5. Hiepe, Dr. Wilhelm, in Birmingham : e - 2 e 1874 6. Imfeld, Xaver, Topograph in Hottingen. . x ; £ 1880 . T. Krebs, Gymnasiallehrer in W imierihan ; 4 { \ 1864 8. Landolf, Dr., in Chili . : h i ß 2 ’ 1881 9. Lang, Dr. Aus Professor in Zürich i e g . : 1876 RI . Leonhard, Dr.. Veterinär in Frankfurt . Liehtheim, Professor in Königsberg b . Metzdorf, 'Dr. Prof. der Vet. -Schule in Proskau, "Schlesien 3 . Petri, Dr. Ed., Professor der Geographie in St. re . Regelsperger, Gust.., Dr., rue la Boetie 85, Paris . Rothenbach, Lehrer am "Lehrerseminar in "Küssnacht . Wälchli, Dr. med. D. J. Buenos ee . Wild, Dr. Professor, in Zürich — re — 1870 1881 1870 1833 1883 1871 1873 1859 Rechnung der bernischen nafurforschenden Gesellschaft pro 1898. Einnahmen: An Jahresbeiträgen 1128.— An Eintrittsgeldern 100.— An Zinsen a 5 99.90 An Kapital (Reservefonds) 500.— An verkauften Mitteilungen 4.50 1832.40 Ausgaben: Passiv-Saldo letzter Rechnung 123.05 Mitteilungen z 450.85 Bibliothek 193.05 Lesezirkel 31.395 Sitzungen : : e ? : E 183.85 Jahresversammlung d. schweiz. naturf. Gesellschatt 474.80 Diversa 86.95 1544.50 Bilanz: Einnahmen 1832.40 Ausgaben 1544.50 Aktiv-Saldo Reservefonds: Saldo letzter Rechnung 2300.— Ablösung im Jahre 1898 & 5 k . .. 500.— Saldo auf 31. Dezember 1898 : : 3 . 1800.— Vermögensetat: Das Vermögen der bernischen naturforschenden Gesellschaft besteht auf 31. Dezember 1898 in dem Reservefonds wie oben 1800.— Dem Aktiv-Saldo pro 1898 .. 287.90 2087.90 Auf 31. Dezember 1897 betrug das Vermögen . 2176.95 Auf 31. Dezember 1898 betrug dasselbe . 2087.90 Es ergiebt sich demnach eine Verminderung um . . Fr. 89.05 Der Kassier : 287.90 B. Studer-Steinhäuslin. Genehmigt in der Sitzung vom 25. November 1899. Dr. Ch. Moser. Ueber eine mit der Umlaufszeit der Planeten zusammenhängende Relation. (Vorgetragen in der Sitzung vom 12. Nov. 1898.) I. Einleitende Bemerkungen. Geschichtliches. Das ganze wissenschaftliche Gebäude der mathematischen Astro- nomie, wie es in den letzten zwei Jahrhunderten mit so vielem Ge- schicke und mit so grosser Eleganz und Vollkommenheit konstruirt wurde, gründet sich in der Hauptsache auf das Gesetz der allgemeinen Gravitation. Es ist bewundernswürdig, mit welchem Scharfsinn und welcher zwingenden Logik schon Newton eine grosse Zahl von wichtigen Konsequenzen aus der Existenz des Gesetzes der allgemeinen Gravi- tation abzuleiten verstund. Dies geschah namentlich in seiner im Jahre 1686 erschienenen, epochemachenden, jedoch anfangs verhältnis- mässig wenig beachteten Arbeit «Mathematische Prinzipien der Natur- jehre», einem der schönsten Denkmäler mathematisch-naturwissenschaft- licher Forschung.*) Seither ist die rechnende Astronomie durch viele Erfolge ge- krönt worden, namentlich seitdem das Gravitalionsgesetz durch die sog. Lagrange’schen Fundamentalgleichungen einen glücklichen und sinnreichen matheinalischen Ausdruck gefunden hat. Wir geben zwar zu, dass — im Gegensatze zu manchen übrigen Zweigen der Forschung — die Fortschritte auf dem Gebiete der malhematischen Astronomie nur gemessene sind, und dass auch hier, trotz den glänzenden Arbeiten eines Laplace, Gauss. Bessel, Leverrier, Tisserand und anderer Männer, der Zukunft sich noch ein grosses Arbeitsfeld bietet. Ja, H. Poincare, wohl einer der anerkanntesten der jetzt lebenden Mathematiker, kommt in seiner berühmten, vom schwedischen Könige preisgekrönten Arbeit über das Drei-Körper- Problem zu der Ueberzeugung, dass die vollständige Lösung dieses *) Sir Isaae Newtons mathematische Prinzipien der Naturlehre wurden von J. Ph. Wolfers ins Deutsche übersetzt und sind im Verlag von Robert Oppen- heim in Berlin erschienen. Bern. Mitteil. 1899 No. 1463. Problems — wenn man je eine solche werde finden können, noch wesentlich andere und feinere mathematische Hülfsmittel, als wir sie jetzt besitzen*), erfordere. Damit wollen wir sagen, dass auf dem Gebiele der mathematischen Astronomie die zufälligen Entdeckungen nahezu ausgeschlossen sind. Die grossen Fortschritte, wie z. B. die Auffindung des Geselzes der allgemeinen Gravitalion, sind hier ebenso sehr, wenn nicht noch mehr als anderswo, das Produkt reiflicher, ja jahrelanger Ueberlegung und ernster, nicht nachlassender Arbeit. Newton sagt uns denn auch selbst, dass er nur durch jahre- lange Arbeit und auf das Drängen Edmund Halley's, seines Freundes, hin, dazu gekommen sei, der Herausgabe der erwähnten mathe- matischen Prinzipien näher zu treten. Mit der in manchen Lehrbüchern stehenden bekannten Anek- dote von dem vom Baume fallenden Apfel wird es daher nicht weit her sein. Dennoch wollen Sie mir gestalten, dieses anschauliche Bild zu benutzen, um speziell zu dem Gegenstand unserer heuligen bescheidenen Untersuchung überzugehen. Die reifen Aepfel des Baumes fallen, sofern auf dieselben keine sie seitwärts verschiebende Kraft wirkt, in gerader Richtung nach der Erde hin. Was würde in unserem Sonnensysteme mit den Planeten geschehen, wenn alle sie seitlich ver. schiebenden Kräfte verschwinden, mit anderen Worten, wenn die sog. Tangentialkraft plötzlich er- löschen würde? Wie die Aepfel fallen, würden die Planeten nach dem grossen und mächtigen, alles beherrschenden Gentralkörper, nach der Sonne, hinstürzen. Man kann nun die Fallzeit berechnen, die die einzelnen Planeten brauchen würden, um bei der Sonne anzulangen. Wenn die Planeten sich in ihren mittleren Entfernungen von der Sonne befinden, so erhält man z. B. für Merkur 15,55 mittlere Sonnentage, für Venus 39,73 mittlere Sonnenlage, für die Erde 64,57 mittlere Sonnentage und so fort. *) H. Poincare. Sur le probleme des trois corps et les &quations de la dynamique. Acta malhematica, herausgegeben von @. Müttag-Leffler. Band 13, Seite 6. Die Fallzeiten schwanken von etwa einem halben Monat, für Merkur, bis zu mehr als 29 Jahren, für Neptun. Ein ruhender Körper, der sich in der Entfernung der Venus von der Sonne befindet, wird also etwas mehr als einen Monat Zeit ge- brauchen, um bei der Sonne anzukommen. Die Erde selbst würde, wenn die Tangentialkraft plötzlich erlöschen würde, etwas mehr als zwei Monate erfordern. Sie würde sich in immer rascherem Laufe der Sonne nähern und schliesslich mit der kolossalen Geschwin- digkeit von etwa 600000 m in der Sekunde mit der Sonne zusam- menprallen. Bemerkenswerth an diesen Fallzeiten nach der Sonne ist nun, dass sie mit den Umlaufszeiten der Planeten um die Sonne inengem Zusammenhange stehen. Vor eiwa 30 Jahren wurde nämlich die Wahrnehmung gemacht, dass, wenn wir diese Fallzeiten mit einer bestimmten CGonstanten multipliziren, wir just die Umlaufs- zeiten der Planeten um die Sonne erhalten. Man vergleiche hierzu die Mittheilung und Beweisführung von H. Rapın im «Bulletin de la Soeciete Vaudoise des Sciences naturelles.» Vol. XVII. G. Flammarion, der die genannte Wahrnehmung, unabhängig von andern, ebenfalls gemacht hat, gibt in seiner viel verbreiteten «Astronomie populaire» im wesentlichen nachstehende Zusammen- stellung. Dabei bedeutet die erste Zahl die Fallzeit nach der Sonne, in mittleren Sonnentagen, r,, die zweite Zahl ist eine Constante, Vs, und das Produkt, die dritte Zahl, die Umlaufszeit des Planeten um die Sonne, ebenfalls in mittleren Sonnentagen, T. Merkur ;.°.. 15,55. -2,656854 == 38,0, Venus): 39,13. 2 5,6568. = 224,7, Brio; 2%. 64,57. 5,696854 —= 365,3, Marsz ee % 121,44, 5,656854 = 687,0, Jupiter 72 . 165,841. =5,056854.— 43324, Saturn 975: 1902032 3,036854 —: 1071595, Uranus. 5424,57. 5,656844 — 30686,o, Neptun . . 10628,73. 5,656854 — 60125,e, Hiernach ist also: Tı . se zer oder a Ne BR aradei Der Zusammenstellung fügt der Autor wörtlich hinzu: «Ce qu'il y a de plus curieux dans ces durees, c’est qu’en les multipliant toutes par un meme chiffre, on reproduit l’annee de chaque planete. La premiere fois que j’ai fait celle remarque (c’etait au commen- cement de l’annee 1870), j’en suis rest6 perplexe pendant des mois entiers, ei j’avais beau m’ingenier, ou chercher dans les livres, aucun principe de la mecanique celeste ne me metlait sur la voie pour en dscouvrir la cause. Quel e6tail ce fameux coefficient 5,656 854? Nest la racine carree de 32. Mais qu’est-ce que cetle racine carree a a faire dans ce rapport si eurieux et si inallendu entre les r&volutions des planetes et leurs chutes dans le soleil?» Dann wird eine Erklärung gegeben, in der die Fallzeit nach der Sonne hin als die halbe Umlaufszeit eines in langgestreckter Ellipse um die Sonne sich bewegenden Körpers angesehen wird. Die Anwend- ung des dritten Kepler’schen Gesetzes gibt dann sofort für die Constante den Werth Vs»- 1 Die durch die Gleichung (1) ausgedrückte Beziehung ist übrigens, wie am angegebenen Orte Rapin schreibt, schon vor Flammarion von Adolphe de Saussure bemerkt worden. Mit Recht hält sich Rapin über das Erstaunen Flammarions auf und bemerkt, die Beziehung könne vielleicht nur desshalb etwas Ausserordentliches haben, dass sie so lange der astronomischen Rech- nung entgangen sei. R. Wolf, in seinem prächtigen Handbuch der Astronomie,*) nennt die Beziehung eine «merkwürdige». Dies veranlasst mich, der- selben etwas näher zu treten, und sie nach zwei Richtungen hin zu verallgemeinern. II. Verallgemeinerung. Die Gleichung (1) erfordert, dass die Planeten in ihren mittlern Entfernungen von der Sonne sich befinden. Dies kommt aber im allgemeinen selten vor, während einer Umlaufszeit nur zweimal. Bald wird die Entfernung von der Sonne grösser, als die mittlere, bald kleiner, infolge der elliplischen Bahnen der Planeten. *) R. Wolf. Handbuch der Astronomie, ihrer Geschichle und Litteralur. In zwei Bänden. Zürich. Druck und Verlag von F. Schulthess. Vierter Halb- band. No. 484, am Schluss. Demnach muss sich auch der Werth der Fallzeit nach der Sonne ändern. Bezeichnen wir denselben mit lı; so ist t, grösser als z,, wenn der Planet weiter entfernt ist, als die mittlere Distanz Planet-Sonne beträgt, dagegen kleiner als z,, wenn der Planet in seiner Bahn sich näher bei der Sonne befindet. Während einer Umlaufszeit des Planeten ändert die Fallzeit t,, be- ständig ihren Werth, dagegen bleibt T constant. Um die Relation zwischen der Fallzeit nach der Sonne und der Umlaufszeit darstellen zu können, müssen wir daher schreiben: EN das heisst, wenn wir für z, seinen Werth aus der Gleichung (1) substituiren : en 7] Lo Vs: Der Faktor F, wird sich für jede Entfernung des Planeten von der Sonne numerisch darstellen lassen. Ob sich für denselben jedoch ein einfaches malthemalisches Gesetz ergibt, wird die Untersuchung, die nachstehend ausgeführt ist, zu zeigen haben. Jedenfalls können wir jetzt schon so viel sagen, dass für die mittlere Entfernung des Planeten von der Sonne t (2). und daher sein muss. Die zweile Verallgemeinerung, die sich ebenfalls sofort auf- _ drängt, besteht darin, dass wir die Fallzeit nach der Sonne nicht gleich für den ganzen Weg Planet-Sonne, sondern nur für einen Theil dieses Weges in Beziehung zur Umlaufszeit des Planeten setzen. Diese Verallgemeinerung drängt sich uns namentlich auch dann auf, wenn wir bedenken, dass weder die Sonne, noch die Planeten mathe- matische Punkte sind, sondern mit ihren Massen ein gewisses Volumen erfüllen, dass also die Distanz zwischen den nächstliegenden Punkten beider Körper kleiner ist, als die Distanz r der in Rechnung gebrachten zwei Massenpunkte, in deren einem wir uns die Masse der Sonne, im andern die Masse des Planeten konzentrirt denken. Bezeichnen wir daher einen Theil, etwa den n. Theil der Distanz r, mit s,, so ist die Fallzeit für den Fallraum : = — n Eee ge in Beziehung zu setzen zur Umlaufszeit T des Planeten. Sei diese Fallzeit nach der Sonne für den Fallraum s„ gleich In; so können wir wieder für alle Werthe n, zus, die numerische Relation aufstellen: n=F,.tı (3). wo R, offenbar in den Grenzen 1 und 0 eingeschlossen ist. Ob sich auch für den Faktor y ein einfaches mathematisches Gesetz ergibt, lehrt uns ebenfalls die nachstehende Untersuchung. Wenn wir die Gleichungen (2) und (3) Kombiniren, erhalten wir: I a (4). n & pP Vs2 F 32 Indem man F=F_ -F, (5). setzt, folgt endlich: eg ah (6). br TE Wir wollen nun im Nachstehenden zeigen, dass F ein einfaches mathematisches Gesetz befolgt und für alle elliptischen Bahnen den positiven Werth von 8 nicht übersteigen kann. III. Bestimmung der Fallzeit 1. Die Masse der Sonne sei gleich 1, diejenige des betrachteten Planeten gleich m. Wir denken uns die Massen je in den Punkten S und P konzentrirt. Die Entfernung dieser beiden Punkte sei r, Die Masse 1 möge in der Entfernung f die Anziehung 1 ausüben. Unmittelbar vor dem Beginne der Fallzeit mögen beide Massen sich relativ in Ruhe befinden. Sie mögen ferner keinen störenden Wirk- ungen eines dritten Körpers ausgesetzt sein. Wir führen also die Betrachtung für das Zwei-Körper-Problem durch. Nach der Zeit t haben beide Körper die Entfernung r—s. Die Annäherung der beiden Körper beträgt also s. Selbstver- ständlich fällt nicht nur der Körper m gegen die Sonne, sondern auch die Sonne, und wenn ihre Masse noch so gross wäre, gegen den Körper m. In der Entfernung r — s übt, wenn die Kraft im umge- kehrten Verhältnisse des Quadrats der Entfernung wirkt, die Masse 1 die Anziehung f? (r—s)* aus und entsprechend die Masse m die Anziehung m ren Did (r—s)* Die Beschleunigung der Annäherung beträgt alsdann zusammen: d’s je — —(1-+m)- — id: di Ne (r—s)” (7) Die Integration der Gleichung (7) bietet bekanntlich keinerlej Schwierigkeiten und lässt sich genau ausführen. de eds er dis. das UNE, CET ist, so folgt, unter Berücksichtigung von (7), nachdem man beider- seilig mit di multiplieirt hat und dann integrirt: Hr: 2 (1-H-m) f? \ >. Const. (E) dt, Da identisch Führt man die Integration aus nn berücksichtigt, zur Be- stimmung der Constanten, dass für s=0o die Geschwindigkeit ds en ist, so folgt: dt (= :2(1-m)f + Er —ı) (8) und hieraus: de — — \x — ds (9). fVy im. 3 wo wir die Quadralwurzeln als positiv verstehen. Aus (9) wird: VG ee l= — —— ds + Const. 10). Bye, V s : Die Constante bestimmen wir so, dass für s— 0, ebenfalls E — 0 wird. Um auszumitleln, setze man: Sn Sun. Führt man die Substlitulion aus, so wird Ir Ken ce Man erhält mithin das folgende Resultat, wobei wir die auf- tretenden Quadratwurzeln ebenfalls als positiv verstehen wollen: J=[r (are sin \/ > | \ & (i =) r r r folglich geht (10) über in: Li Va aresin — Const. ET m | 2 & at )A Setzt man die Grössen s und { gleich null, so sieht man, dass auch die Constante gleich null sein muss, wenn wir die periodische Fe Funktion are sin NRZ — so verstehen, dass sie für s== o, mil null zu beginnen habe. Wir erhalten also: mithin, wenn as arc sin a ze vd) ee )) (11). Gleichung (11) lässt sich auch folgendendermassen schreiben: r v3 Be {0} [0) 12), grrTee ns, ur wo sin x ! sın — = = 2 n Aa Lan nd cd 1 a a a. a 2 Zu ee SER ist. Die periodische Funktion & hat, für n = ©, entsprechend der vorgenommenen Constantenbestimmung, mit null anzufangen. Mit obiger Gleichung (12) ist der Werth der Fallzeit t, ermittelt. IV. Beziehung der Fallzeit t, zur Umlaufszeit T. Wenn wir die im vorigen Abschnitte gewählten Bezeichnungen, für die Massen der Sonne und des Planeten sowie für die Distanz f (Gauss’sche Zahl), beibehalten und mit a die mittlere Entfernung des Planeten von der Sonne, oder die halbe grosse Axe der Bahn- Ellipse, bezeichnen, so ist die Umlaufszeit T des Planeten um die Sonne bekanntlich gegeben durch die Gleichung: m —— (13), wobei 7z die bekannte Transcendente bedeutet. Für die Ableitung von (13), die in jedem Lehrbuche enthalten ist, vergleiche man z. B. das erwähnte Handbuch von R. Wolf, Seite 328, oder auch F. Tisserand, in seinem «Trait& de Mecanique celeste», Bd. I, Seite 99. Aus den Gleichungen (12) und (13) lassen sich die von den Massen abhängigen Grössen eliminiren, und wir erhalten die unserer Verallgemeinerung entsprechende charakteristische Relation: / re \?le Ss] ES = @ + sin ® Er (14). a 7C 32 Man erhält also für den Faktor F den Werth: 3, an 5 Dreh. e 2 o-- sin © (13) a, 7C und sieht, dass er sich in der That durch einen einfachen analylischen Ausdruck darstellen lässt. Derselbe liesse sich, was wir hier nicht ausführen wollen, mit der Cykloide in Verbindung bringen. Ist a: 1; so wird’ mo == 0, Weir, also r \e 1: ı = ( : ) les (16). RN EI BR “ (17). a Bern, Mitteil. 1899. No. 1464. Somit ist RE Wird in (14) der Abstand r gleich dem mitt!ern Abstand a geselzi, so geht {, in z, über, und wir haben: o-- sin © T Tn = “ Pe (18). 76 32 Der Faktor F, ergibt sich zu: R,= Re (19), j 7T wo nach der Voraussetzung (02) Bi sin —- 2 n ist und o, fürn =», den Werth null hat. Wir wollen noch zeigen, welche Grenzen F für die ellip- tischen Bahnen annehmen kann. Für die nämliche elliptische Bahn ist a constant und r liegt innerhalb der Grenzen: a(1l—e)n-1 ist. In der That, führen wir diesen Ausdruck in (2.) ein, so sehen wir, dass derselbe für ein beliebiges ganzes und posilives n gilt. Und für die Coeffizienten a,,; ergiebt sich die Relalion (4.) a,s—=(s41). m-ı,s + WS). a1, 5-1: Gemäss den obigen Ausdrücken für S,, S,..S, ist fürn =1, 2:3, 450 (5.) An, s—1 = dn.n—s- Aus (4.) aber geht hervor A NN DER Pa ET 2,1 = (n—s-+1). m-1,s 2 + 58.71, Wenn also die Relation (5.) für den Index n—1 gilt, so gilt dieselbe auch für den Index n, und somit gilt dieselbe allgemein. S, Schreiben wir die Formel (3.) An, 0 ze In,ı . X = An, 2 . L .. + An na Sr oO y > S== = und setzen die Coeflizienten derselben Poltenzen von x auf beiden == Pas en n Seiten einander gleich, so kommt, wenn wir mit ( ) den Goeffi- s cienten von x” in der Entwicklung von (1-+-x)" bezeichnen: n dn,0. —— 1 n-+i Ein, — 2, = ( 1 ) . 17 n—-1 n--1 An,2 en: gu N ( ) { gN “N r ) ; {> uU. S. W. n-1 n-+1 (6.) ER ee ie en. 1: ek Er ) Re: und weiter gewinnen wir die Identitäl O0 — A,nys, d. h. FEDER ge n An. 1 n n 8 n (7) 0=(n+s-H1) —( 1 ) (n-H-s) -( 9 Ja Ks—1)". nl nt, en) 2 wo s eine ganze positive Zahl inklusive null und n eine der Zahlen #4, 2,.83 .. in inf. Ss 2. Aus der Rekursionsgleichung (4) folgt n—1 n—2 u—1 a5 =). mins FL, 0-5). ms > —U s—0 ll n—2 s-H1) 21,5 + (n—s— 1) n.15 = d.h n—l n—2 a An, s = N. dn—1, s — n! 41, 0 Seil) s—( Aber a,0 = 1, und somit (8.) An, 0 + An, 1 -F An,2 «= + dn,n— | — n! und da An,n-4s = 0, wenn s eine beliebige posilive ganze Zahl inklu- sive null ist, so können wir diese Relation schreiben: n--h—1 N s—0 wo h eine beliebige positive ganze Zahl inklusive null, d. h. wenn wir für a),s die Ausdrücke (6.) einsetzen: nl = 10% | ii -(,) ar ee ng: y @ a E CH] Den m ee) Ä 1 Hart. 1) )| + + (n-+h)". 1 1 ? 1 Aber 1 — en ) -- ei ) 2 P): 8 ) ist der Coeffi- zient von x° in der Entwicklung von (L-—x) '.(1-x)"*" also Hertel) und wir erhallen (9.) nl = +0’ (} )a IR), et ) a eb 3)8 n+k—1 n n ve a) st oder auch (9.') n!= => ar (} ) (ok) = ; (neck) (A) wo K eine beliebige positive ganze Zahl inklusive null darstellt. $ 3. Zerlegen wir den Ausdruck rechter Hand in (3.) in Partial- brüche, indem wir setzen (u) 0 nr un: alle RS er aim Sea nn a Ban (me An, 1 en Ss (de Schreiben wir v=1-—.h, so haben wir a a ee ee n—1 ee na 12% a h) ’ und hieraus, wenn wir die Coeffizienten derselben Potenzen von h einander gleich selzen Arch == 41,0 + An,1 -H Annan tcte: + An, n—1 1 2 n--1 An, n—1 — 1 An,1 =r 1 An, DM BE —- 1 ) An, n—1 0 0 oder mit Rücksicht auf die Relation (5) An, 1 = 91,0 n—1 En De n An, 0 —- An,i1 n—1 n—2 (3 0.) An, 3 m ( >) An, 0) — # 1 An, 1 + An, 2 / X / n a), ne n,n = (11 ; An, 0 + N. Anenta- ofe 1, An,n— 24 An,n—ı oder allgemein s—l —k—1 C6027) An, s we : ) An, k- s—k—1 Auch die Coeffizienten en sind somit ganze positive Zahlen. Schreiben wir aber mit Beachtung, dass a,s-1ı = M,n-s ISl: die Gleichung (u). An, n—1 r Sinne re + An,1 Re: fF dn,0 * zer — EEE NE 2a. N. Ai ER), und vergleichen die Goeffizienten der nämlichen Potenzen von x mit einander, so erhalten wir umgekehrt dn,0o = An,ı n—1 An, ı = A 3 ( 1 ) An, fi | n—2 n-1 2 Ana —( 1 An +( el (11.) 1 2 An,n-ı = Ann — 1 Aa 9 An, Da Bern. Mitteil. 1899. No. 1465. oder Ss (11. An, s Br kr 1)" Bei An, s-kH k—=0 k Substituieren wir in (10.') für die a),x ihre Ausdrücke aus (6.), so erhalten wir EINEN, | EM I+ Zaleslez & e Bi in? () \ "Ih Her CT )-CHEHNH oder S Sk N en N n u IN kr PA Er RE | DANSK = r=() \ ; re k N - n N E Fr n--1 n—s-+k—r k—0 we Ä Der Coeffizient von (s—k)” ist hier gleich (— 1)". Coeffizient von x" im Produkte (14x) . (1 +9) ®7"+D, also BE —=(—|1) - N uhr; Fa En Ps Be 05 k Be ne JO 24 . /an1 1— 5 IE (8) we. ( Y I R )-a18. Bi oder er) Karl I Wir bekommen somit s—1 a (12.) Aa a5 eg: (\) (sk) ; k=0 oder auch ’ s N k 3 n l er) An Ber Ma = > = =. (12) a ı N) (3) k d. D.: An,ı _— 1. 1 ar — ibn ve \ 3 [2 f A u 2 2 - \ je (19) I n I n n n An —=.N} — | ri ey) en ,)-2) 8 und infolge der Relation (9) ist A a! Da in (u) linker Hand der Nenner um zwei Grade höher als An,0 der Zähler ist, also rechts ein Term Tor nicht auftreten kann, so haben wir zu selzen (13.) Anno —(. Wenn ferner im Ausdruck (10°) von A„,s der zweite Index s grösser als n wird, so werden rechter Hand sämtliche Terme null. Somit haben wir EA nr — nackt a | n-Hk-H1 Ä San] - ® n / n-+-k n k=1) .. 6 er wu le, SE wenn k irgend eine positive ganze Zahl inklusive null darstellt. — (n+k-Hi) & Sn z ("+ Oder m 49 > en ei, "—0, weınm>n. Zufolge der Relation (2) haben wir T s —s—1 > E19, An Al s—1 DIES BREA 1 > s—1 — 5 > An:21:5 RI) SE Schreiben wir rechts den ersten variabeln Faktor x—=1— (1 —X), so wird die rechte Seile d S —s—1 =, —. > 1 a. z al oder wenn wir in der ersten Summe s—1 an die Stelle von S setzen, so haben wir, da An-ı,0 — 0 und Ar ı,. = Diet: Zu ei) . | An-1, s—1 7 re. . deze = IE ns HA) de Om Wir erhalten also für die Coeffizienten An, die Relation (15.) An, ;s =S. (An-ı,s -H An: sch Wir behaupten aber, es sei A„,, durch s! teilbar. In der That, setzen Wir An,s =! Cn,s, 50 giebt (15) Gn,s>=3. Cn—1,s -H Cn—1,s—1- Aber cn,o = 0 und ,ı =1 und somit werden die Grössen Cn, s Sämt- lich ganze Zahlen sein, w. Z. Z. Wir haben daher Be — 0) (mod s!), wenn sn. Wenn wir in der Identität n—1 An, 0 -H An, RE An,n—ıX wa, Ta er er. inin.>= 27 ie + + get die rechte Seite nach Potenzen von x entwickeln, und die Coeflicienten derselben Potenzen auf beiden Seiten einander gleich seizen, so er- halten wir (17.) +’ = er Se m n-+s—1 ; En) a $ u es n,0 a dn,1 ER) / un 0 . dn,S- Wenn sn, so bricht die rechte Seite in (17) nach dem Gliede Bi) An, n—1 ab. Verfahren wir 2 dieselbe Weise mit der Identität ea y.E8 24. x =. mi. oh so komml n+1 as Fi et (an) mer) ans tern Mittelst der Relationen (10) oder (11) gehen die rechten Seiten in (17) und (18) auch direkt in einander über. $ 4. Die Ausdrücke (17) und (18) führen auf mehrfache in- dependente Darstellungen der Bernoullischen Zahlen. In der That aus (17) folgt n—1 Ir 3. (HH HET) = Ge und aus (18) k n Ir A) In diesen Summen ist der Coeffizient von An, r gleich demjenigen von x"! jm Produkte (x). (1x), also — ee REN (FE a) und der Coeffizient von (—1D)" . An,, ist gleich dem- jenigen von x ‘=, im Produklerdt ye. si also A BE, k—1 __ {fr4+k "Ar41y Wir gewinnen somit die beiden Resultate (1.95) 1. 2 EB se — fn-+k = Denn k-+1 — (111) F ( n--1 An, 1 | ( n-+1 Anmorr. + ie Anr-l und (20.) +9. +0 _ (fn-k n+k— 1 \ n+k—2 — ar Are Hrasy ( n a Amt + ( nt Ar n—2 E rn 1 k 1 , a 2 ) An, 1* Anderseits hat man, wenn Bı, Bes, Ba, . . die Bernoullischen Zahlen darstellen, (21.) 1- = 9" se 2 N SP k" an Ko 1 aus EN k? 2 n-+1 I ARE ! N bı > —1 (2); a7 ne ) B; n—5 ee Bor n+-2 Se, / Bn' Nest: | z I "2 ,k, wenn n gerade n—1 iM 2 ne, Bn-ı 5) n => = —1) " . ) . —-_.k?, wenn n ungerade. n—2 n—1 Entwickeln wir also die Ausdrücke rechter Hand in den Gleich- ungen (19) und (20) nach Potenzen von k, so ist, vorausgeselzt, dass n grösser als 1 ist, der Goeflizient von K, je nachdem n gerade oder n-+2 ungerade ist, entweder —= ie £ Bu, „, oder — LO. Betrachten wir zuerst die Gleichung (19) k n—1 a‘ © N a) i een ‘In der Faktoriellen ne 2: Verl DIR EN 1) = (k-UKk (k—1) - - (k—r) n—+-1 Ze (n-+-1)! En TE; wird der Goefliecient von k sein BR een ann (n-H1)! (n-H1)! Kr 1 Pers & r In Gleichung (19) ist also der gesuchle Coeffizient n—1 1 aQT a oe j — —_. > (—1) ——; und wir erhalten n-} ji m N T—0 IE, dn,0 An, 1 dn,2 n—1 An,n—1 (22.) a (o — (—1) . (n+1). Bnj,, wenn n gerade und > 0 | = ‚ wenn n ungerade und > 1. Oder-dar ann = dns 1, so-erhallen wir auch, wenn wir (22) u n—1 Karte mit (—1) multiplizieren: An, ee an, 1 dn,2 n—1 An, Bl n n | ") | 1 e \ 3 n|, | = il) Pe (n-F1) Bn,, wenn n gerade und > 0 = wenn n ungerade und > 1. 5 $] Ersetzen wir in (22) an,,s gemäss der Relation (4) durch (s41) an-ı,s + (n—$) an-ı,s-ı, so kömmtl Sa An—1,0 An—1,1 dn—1,2 ER n—l An--1,n—2 gl (24.) n n | a ( 1) n TE | 1 2 3, n—1 n-+2 —=(—1). n+1). B„,, wenn n gerade und > 0, ‚ wenn n ungerade und > 1. Die Formeln (22) und (23) stellen die Bernoullischen Zahlen durch die a„,, mit geraden Indices n, die Formel (24) durch die a,,s mit ungeraden Indices n dar. Die Coefficienten An,s Sind durch die Formeln (6) und durch die Rekursionsgleichung (4) gegeben. | Betrachten wir endlich die Gleichung (20) k n n ? n--r (k-Hr . s- —1 - An,r. In der Faktoriellen DIe-I cn. (kr) il r—ı] en kn) Asse: rk ist der Faktor von k gleich = (+1)! 8 r| 1 en! — Ten Wir erhalten somit aus (21) or An 1 An 2 An, 3 n+1 Ann oe er Zur — (ey - Bu,,, wenn n gerade und > 0, — a) ‚ wenn n ungerade und > 1. Selzen wir hier gemäss (15) An,s = (Au_ 1,0 An, 5 kommt Ani n—1,2 An-ı, 3 n An, Bl, u (26,) rt a eu n-+2 5 Ben wenn n gerade und > 0, 0 ‚ wenn n ungerade und > 1. In (25) sind die Bernoullischen Zahlen durch die A,,;s mil ge- raden Indices n, in (26) durch die An,s mit ungeraden Indices n dar- gestellt. Die Coeffizienten A,,. sind durch die Formeln (12) und durch die Rekursionsgleichung (15) gegeben. S 5. Der Glausen-Staudt'sche Satz. Wir halten in (25) die n‘ Bernoullische Zahl B, dargestellt durch RR 2n Adi. s=1 Ss wa, (1 EN (—1). C) und An,s = 0 (mod s!). » — r \ I= Untersuchen wir jetzt Aan,,s auf die Teilbarkeit durch s-+H1. a) Wenn s-+-/ in zwei ungleiche Faktoren zerlegbar, s+1==a.b, wo a>b> 1, so sind sowohl a als b kleiner als s+ 1, und daher Aan,s s+H1 eine findet sich jeder dieser Faktoren in s! Dann ist also ganze Zahl. b) Wenn s+ 1=p?, wo p eine Primzahl, so behaupten wir, 2n, DI s+1 s! 3! 3 Denn wenn zunächst p = 2, so ist zwar — u ) s+1 4 2 Nun ist 3-1-3°"(mod4) dass wiederum eine ganze Zahl. Ans _3—3.2” 43°” Se 4 2n Agn s ’ r, = —1-+(-1)” =0, und daher ——— eine ganze Zahl, w.z.z. s--1 Wenn aber p>2, so betrachten wir aber dann ist Se: s+1 p® a Wenn nun p > 2, so ist P —1=(p—1)(p+1) > 2p. Im Pro- dukte i treten daher sowohl p als 2p als Faktoren auf, und daher Azn, s e. 1 s+1 c) Sei nun s4-/=p, wo p eine Primzahl. ganz und somit auch - eine ganze Zahl wie z. z. Wenn zunächst s+-1==2, so ist im Ausdruck von (—1)" - B„ 1 das betreffende Glied — =; Sei endlich s+1>=p, wo p eine ungerade Primzahl. Im Aus- druck von (—1)" - B„ ist der betreffende Term S A a | 2n 2n, Ss En DIE EASERLE on - Bee Bern. Mitteil. 1899. No. 1466. BREI a Von den hier auftretenden Grössen r ist keine durch die Primzahl s--1==p teilbar. Wir haben jetzt die Fälle zu unterscheiden, wo 2n durch s leilbar und wo 2n nicht durch s teilbar. Betrachten wir erst den Fall, wo 2n nicht durch s teilbar. Es sei dnn 2?n=a (mods), ww 0 a, so ist gemäss der Relation (14°) der Ausdruck rechter Hand identisch = 0. Also ist nun r A . 7°” durch p = 1 teilbar und somit ist jetzt il BAD 3 . [7 = eine. ganze Zahl. s--1 ; Geht aber s=p — 1 in 2n auf; oder st 2n—=k.s,'wok k(p—1) —r... —tirmedp) n er BED eine ganze Zahl, so haben wir r Also modulo p=s-}- 1 ist jetzt s ER S AR a ER aa I pl BER e N Selen : Be Ball u d.h. im Ausdruck von (—-1)" . B„ ist der betreffende Term A2n, p— 1 7 en rn - ganze Zahl. p p Alles zusammengefasst erhalten wir also 1 Sl ee n FABE — - Ganze Zahl, / wo die Summe rechter Hand sich auf alle diejenigen ungeraden Prim- zahlen p bezieht, für welche p—1 ein Teiler von 2n ist. Oder da auch 2 eine Primzahl, und 2-—1 stets ein Teiler von 2 n ist, so können wir schreiben Eh DER a (= I ae (27.) Bi Ganze Zahl’ | 1). 7 F | 3 | ib wo a. 2..4 alle diejenigen Primzahlen darstellen, für welche @&—1, —1...A—1 Teiler von 2n sind. Dies ist der Clausen-Staudt'sche Satz. Z..B.: 2. | Teiler N Primzahlen . . 2,3 1 Zi 1 ee ee et RT (5 | r) 4 | Teiler 1: , Primzahlen . 2,3,95 1 1 1 1 ) ee 17 ee Bez, 1+ (5 a 5 6 | Teiler 96 Pronzahlen..2 „u...02, o, 7 1 Aa 1 1 ee ). Er NEE 3 Br ; 8 | Teiler ER Re 20 Primzahlen. 2% .9,23,.5 1 i 1 l ) Eh = Besser 282) KB eTeller 2. 2 1.01, 05,0 | Erimzahlen2 252% 11 5 Me 1 1 er I Bet ch 12 | Meier Pre RE See | Primzahlen . 28, Dee 691 ei 1 1 ee AR Ep : 2730 gl a 5 | 1 1 RER = 14 | Teiler Ba rg Primzahlen‘... 2 2*3 1 16°. Teller) ar |'Primzahlen. ... 02,8, 5,°.47 3617 41 1 1 ) Ten ee 18 | Teiler a Br ER) Primzahlen. 77.202, 83 1. 19 43867 1 1 1 { ee — 6 = . ; 798 > (+++ 4) 20 | Teiler =12, 4=55.10,90 Primzahlen... = .172..3°5; 1 174 611 1 1 1 1 Der = er ir) Da Imeller nur; SMS .-22 Primzahlen. x 0.722528, 23 854 513 1 1 1 an Dur fi | £ Bu 138 gi (4 Seren =) 24 | Teiler 21 ER Primzahlen. #7 %. 252 Te 13 236 364 091 | 1 1 1 1 ale Er Pia n\ U22S.2W% Dieser Satz ward zuerst von Thomas Clausen in den «Astro- nomischen Nachrichten», Bd. VII, Nr. 406 (1840, Juli 23) ohne Be- weis mitgeteilt, und von Georg Karl Christian v. Staudt im «Crelle’schen Journal» Bd. XXI, p. 372 und f. (1840, Aug. 16.) bewiesen. Um den Beweis für die Bernoullische Zahl der n“” Ordnung zu leisten, muss Staudt voraussetzen, dass der Satz für alle niedrigeren Ordnungen — 29 — schon bewiesen sei. Herr Louis Saalschütz in seinen «Vorlesungen über die Bernoullischen Zahlen, Berlin 1893», p. 132 und f. repro- duziert im wesentlichen den Staudt’schen Beweis. Eine direkte Her- leitung, die mit der obigen Analogie hat, aber einen andern Ausgangs- punkt nimmt, giebt Herr K. Schering: «Zur Theorie der Bernoullischen Zahlen». Mathemat. Annalen. Bd. 52 (1899), p. 171 und f. (Siehe Tabellen Rückseite.) 30 PL Werte vna,,=(s+1l).a c n—1,s +-(n—s).a lie Se | 1 2 3 | 4 ) | n=]1 | | | 2 1 | 3 Bd l | 4 11 11 iu | h) 096 66 96 1 | 6 57 302 302 | ö7| | 7 |. 120 1191 2416 1191| 120° 8 947 4.293 15 619 | 15 619 | 4293 | 9 502 | 14608 88234 156190 | 88234 10 7.013) 27 840 55192 | 1310354 , 1310354 re: 9 usw. | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | I. | | | | | DAN | 2 | | | | | | 14,608 502 1 | | 455192 | 47840 | 1013) Die Summe jeder horizontalen Zeile ist — n! Sl | | | | | | | | | | | | HHLIL | GOLLIOT |CLEEBIG | 22069718 | 96822912 \eaHEagTigl00F6LETIEITOCTTHLF | 96C98 1 € | 27081 % Kia: en acior | eeıtis | ossıris| 2868912| 28F62ri9| ogz9reielogzerı ir) Tosseie| ezorie | Tr | HM ET GHi6 | 08Li8| 0882| 22820191 Tegeria| correır| OegBie| Tieia | T | OL | | Li6| geis| zari2. 9raeial “TeBaie| omLıH| eRosıiE! eaaıa | T |6 | | Lis Seil 9959 OSOLIe| ToRLin| 96ig) Zerie | T 8 | | | Til ısia oFTiel ogeir| TogiEe| 8ie 17192 | | | Ti9 gTig Hr o6ie| TEie I 9 | | | u ea eig Ana. | | | | Tir giE Luce N OS Wr | | | ie a ee | | | | | | | Dia Re | | | It Tu BET Se "2 = 5 NIE, } Er = 1 Tr - = A: 7. Sp E- 2 g DIE Al ur | 1 a | F ee EN I —: | | | | | | | —s Tu s T—u h s u gel ET RO 32 Die Grössen Cs+x,s, wo s die Werte 1, 2, 3, 4,5... in inf. durchläuft, und k konstant bleibt, (2 k) Ordnung =1.3.5...(2 k—1) ist. ZB, s-=. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 ar Er 3 6 10 15 21 28 36 45 55 66 net 2 3 4 h 6 7 8 9 10 11 1 1 1 1 1 1 1 1 1 s- 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 I 2 = 1 7 25 65 140 266 462 750 1155 1705 DABEI, Ds 40 75 126 196 288 405 550 726 12 22 35 51 70 92 117 145 176 10 13 16 19 22 25 28 31 3 3 3 3 3 3 3 u 1 2 3 4 b 6 7 8 9 10 CH bus 1 15 9 350 10500 2646 5880 11880 22975 39395 66066 14 75 260 700 1596 3234 6000 10395 17050 26741 61 185 440 896 1638 2766 4395 6655 9691 124 255 456 742 1128 1629 2260 3036 151 201 286 386 501 631 776 70 85 100 115 130 145 15 15 15 15 15 Se 1 2 3 4 b) 6 7 Re) 9 10 1 rs Cs+4,3 == 1 831 301 1701 6951 22827 63987 159027 359502 759752 1479478 Rh: 30 270 1400 5250 15876 41160 95040 200475 393350 726726 240 1130 3850 10626 25284 53880 105435 192775 333476 890 2720 6776 14658 28596 51555 87340 140701 1830 4056 7882 13938 22959 39785 53561 2226 3826 6056 9021 12826 17576 1600 2230 2965 3805 4750 630 135 840 945 105 105 105 Älbert Benteli. Die Niveauschwankungen der 13 grösseren Schweizerseen im Zeitraume der 31 Jahre 1867 bis und mit 1897 mit besonderer Berücksichtigung der Jura-Seen vor und nach der Juragewässer-Correction. (Vorgetragen am 10. Juni 1899.) Schon im Jahre 1883 hatte ich in einer Sitzung der bern. Naturforschenden Gesellschaft einen Vortrag über die Niveauschwan- kungen der 13 grösseren Schweizerseen gehalten. Damals stand mir für die meisten Seen das Beobachtungsmaterial von 20 Jahren, 1867 bis 1886 zur Verfügung. Für 11 weitere Jahre habe ich seither Steigen und Fallen der Seeoberflächen addiert und bin nun im Falle, die Ergebnisse der zwei Perioden 1867—1886 und 1887—1897 zu vergleichen und auch Mitteilungen zu bringen über die mittleren Ver- hältnisse der ganzen Periode von 31 Jahren 1867—1897. Zudem werde ich im Stande sein, Ihnen ein Bild zu geben von den sehr bedeutenden Veränderungen in der Beweglichkeit der Niveaux der drei Juraseen, herbeigeführt durch das grossartige, nach dem Pro- jekte La Nicca ausgeführte Werk der Juragewässer-Correction. Zunächst möchte ich Ihnen mitteilen, auf welches Beobachtungs- material ich mich stützen konnte. In den 60er Jahren hat die hydro- metrische Kommission der schweiz. Naturforschenden Gesellschaft das Pegelbeobachtungswesen der verschiedenen Kantone in ein ein- heitliches System gebracht und 1867 angefangen, die Wasserstands- beobachtungen der bedeutenderen Flüsse und Seen in graphischen Jahresbulletins zu veröffentlichen. Der Umfang dieser Arbeiten nahm sehr rasch zu, man sah überall deren praktischen Wert ein, und schon nach wenigen Jahren zog der Bund diese Arbeiten an sich und teilte dieselben dem Geschäftskreise des eidgen. Oberbauinspek- torats zu. Bald sah sich der Ober-Bauinspektor gezwungen, mit der Hydrometrie ein eigenes Bureau zu beschäftigen und Herrn Ingenieur Bern. Mitteil. 1899. No. 1467. BTL Epper die Leitung desselben zu übertragen. Herr Epper steht heute noch an der Spitze dieser Abteilung und vermag mit 11 Angestellten die in den letzten Jahren so sehr angewachsene Arbeit kaum zu be- wältigen. Es gereicht mir zur besonderen Freude, Ihnen sagen zu können, dass man an die Stelle des Leiters des hydrom. Bureaus kaum einen tüchtigeren Mann hätte wählen können, denn die von diesem Bureau herausgegebenen Arbeiten zeugen von seltenem Fleisse und von sehr ernster Behandlung des ganzen Beobachtungs- und Bearbei- tungswesens. Sie werden sich übrigens selber davon überzeugen können. Wir wollen hier kurz eine Uebersicht der Arbeiten geben, mit denen das hydrometrische Bureau sich beschäftigt. Dieselben zer- fallen in zwei Teile: A. Die Wasserstandsbeobachtungen und deren Publikationen. B. Untersuchung der Wasserverhältnisse. a) Genaue Erforschung der Einzugsgebietsgrenzen (Wasser- scheiden) ; die Höhenstufen der Gebiete und Bestimmung ihrer Oberflächen. b) Publikationen. Genaue Beschreibung und Situations- pläne der Pegelstationen, der Einzugsgebiete (Fels-, Firn- und Gletscher-Anteile etc.), Höhenversicherung, Durchflussprofile. c) Längenprofile der fliessenden Gewässer. d) Minimalwassermengen. Für einzelne Hauptstationen mittlere und höchste Durchflussmengen. Abflusskurven, Man wird leicht begreifen, dass Herr Epper dieses kolossale Pro- gramm mit seinem Bureau kaum zu bewältigen vermag. Vor 11 Jahren hatte ich die Niveau-Schwankungen der 13 grös- seren Schweizerseen während der 20 Jahre 1867 bis und mit 18836 vergleichend zusammengestellt und auf einige bemerkenswerte Ver- hältnisse aufmerksam gemacht. Diese Arbeit habe ich forlgesetzt und für die weiteren 11 Jahre 1887 bis und mit 1897 durchgeführt. Den jährlich erscheinenden graphischen Wasserstandsbullelins entnahm ich für die 13 Seen, Bodensee, Brienzersee, Thunersee, Murtensee, Neuen- burgersee, Bielersee, Vierwaldstättersee, Zugersee, Wallenstattersee, Zürichsee, Genfersee, Lago di Lugano und Lago Maggiore (geordnet nach den Flussgebieten des Rheins, der Aare, Reuss, Limmat, Rhone und Tessin) durch graphische Addition mit Zirkel die Summen von Steigen und Fallen. Mittel 1867-1897 | Bielersee Murtensee Neuenburgersee I _ “ . .. ‚Se serr- 1.2 .. ir Jahressummen von Ste Bielersee----—---.. Weuenburgersee.. Murtensee....... . eh EN ra u A h IR NL. Tafel I enthält diese Summen von Jahr zu Jahr von 1867 bis und mit 1897, ebenso die Summen von Steigen und Fallen während der ganzen Beobachtungszeit und die mittleren jährlichen Summen h, die Amplituden der Jahressummen und endlich die mittleren jährlichen Summen h für die Perioden 1867—1886 und 1887—1897. Vergleichen wir nun zunächst diese letzteren Resullate. Mittlere jährliche Summen von Steigen und Falien in der f See Periode: Differenz 1867—1885 | 1887—1897 | Meter Meter Meter 1. Bodensee U TNEE 7.02 1.12 + 0.10 2. Brienzersee . . . .| 9.65 9.28 — 0.37 Sir Thunersee... om. 9.62 Sn — 0.91 4. Murtensee . . .. 7.06 17.62 + 0.56 5. Neuenburgersee . . 4.15 6.00 + 1.85 6. Bielersee . 8.03 15.03 + 7.00 7. Vierwaldstättersee . 1.38 6.17 — 1.16 8. Zugersee . 3.52 2.91 — 0.61 9. Wallenstaltersee 14.80 14.05 — 0.75 10. Zürichsee 6.42 5.13 — 0.69 11. Genfersee 5.44 4.62 — 0.82 12. Lago di Lugano 7.14 6.97 — 0.17 13. Lago Maggiore . 14.85 13.84 — 1.01 Es zeigt sich da zunächst, dass die jährlichen Summen von Steigen und Fallen in den beiden Perioden, abgesehen vom Neuen- burger- und Bielersee, nicht erheblich von einander abweichen, es können somit die mittleren jährlichen Summen h von Steigen und Fallen (in Tafel I angegeben), berechnet für die ganze Periode der 31 Jahre 1867—1897 beinahe für alle Seen als Mittelwerte für einen wohl noch grösseren Zeitabschnitt als nur für 31 Jahre betrachtet werden. Die grossen Abweichungen der mittleren Schwankungs- summen h der zwei Juraseen (Neuenburger- und Bielersee) in der Periode 1887—1897 rühren jedenfalls her vom Einflusse der Jura- gewässerkorreklion, die während der ersten Periode 1867—1886 zur beinahe vollständigen Durchführung gekommen ist. Die mittleren Summen des jährlichen Steigens und Fallens der drei Juraseen sind EU IL grösser geworden, während bei allen anderen Seen, ausgenommen Bodensee, diese milllere Summe in der Periode 1887—1897 geringer war als früher (vide beigegebene graphische Uebersicht). Beim Bodensee ist die mittlere jährliche Summe von Steigen und Fallen, also die Beweglichkeit der Seeoberfläche, in der Periode 1887 -—1897 um 0,1 m grösser gewesen als früher. Dies rührt wohl von dem Einfluss verschiedener Korrektionen im Rheingebiete her. Im Bündner- lande hat man Wildbachverbauungen vorgenommen und den Rhein in den tiefer liegenden Gegenden besser eingedämmt, so dass die Hochwasser, die früher oft überfielen, nun rascher dem Bodensee zu- strömen. Nach der vollständigen Durchführung der Rheinkorrektion wird ohne Zweifel die Beweglichkeit des Niveaus im neu noch erheblich zunehmen. Die jährlichen Summen von Steigen und Fallen sind für die 13 Seen sehr verschieden gross und auch durch die ganze Periode der 31 Jahre 1867—1897 hindurch zeigen sich bedeutende Ver- schiedenheiten, die hauptsächlich von den Schwankungen der Nieder- schlagsverhältnisse in den Seeeinzugsgebielen herrühren mögen, da ja die übrigen auf Steigen und Fallen eines Seeniveaus Einfluss aus- übenden Faktoren ziemlich konstant sind. Die grösste Beweglichkeit des Niveaus zeigen der Wallen- stattersee und der Lago Maggiore. Die mittlere jährliche Summe von Steigen und Fallen beträgt für den ersteren h = 14.53 ın und für den letzteren h=14.48m. Für den Bielersee ist h= 10.51 m, aber seit Vollendung der Juragewässerkorreklion ist das Schwanken des Niveaus noch bedeutender geworden als das- jenige der ersterwähnten Seen, das Mittel beträgt in der Periode 1887—1897 sogar 15.03 m, während dasselbe vor der Juragewässer- korrektion nur 4.1m war. Ziemlich gleich sind die Schwankungs- verhältnisse des Brienzersees, h== 9.50 m und des Thuner- sees, 9.24 m, etwas kleiner ist h für den Bodensee, 7.06 m, für den Murtensee 7.27 m, Vierwaldstättersee 6.92 m, Zürichsee 6.18m und für den Lago di Lugano 7.08 m. Am geringsten finden wir die mittlere Summe h von Steigen und Fallen beim Neuenburgersee, h= 4.81 m, beim Genfer- see h=5.15 m und beim Diele see h= 3.3lm. Für den Neuenburgersee haben sich die Schwankungsverhältnisse seit Durch- führung der Juragewässerkorreklion ziemlich erheblich verändert, da sein Niveau durch den Bielersee bei hohen Aare-Anschwellungen FE ae wesentlich aufgestaut wird. Den 4. September 1881 z. B. stand das Niveau des Bielersees um 0,66 m höher als dasjenige des Neuenburgersees, so dass ein Abfluss vom Bielersee nach oben und unten stattfinden musste. Die wittlere jährliche Summe von Steigen und Fallen betrug für den Neuenburgersee in der Periode 1867—1886 :h — 4,15 m, und in der Periode 1887—1897 stieg sie auf 6.00 Meter. Die grösste Summe von Steigen und Fallen in einem Jahre weist der Lago Maggiore auf und zwar im Jahre 1872, sie be- trug damals 31.2 m. Ueberhaupt ist die Veränderlichkeit der Schwan- kungen dieses Sees am bedeutendsten, die jährliche Summe von Steigen und Fallen variiert zwischen 6.6 m (1870) und 31.2 m (1872), also Amplitude — 24.6 m im Zeitraume der 31 Jahre 1867—1897. Der Columne der Amplituden entnehmen wir ferner, dass die Schwan- kungen aın regelmässigsten sich einstellen bei den 6 Seen: Boden- see, Thunersee, Neuenburgersee, Zugersee, Zürichsee und Genfersee. Sehr unregelmässig traten die Schwankungen in der 31-jährigen Periode auf beim Bielersee, Wallenstattersee, Lago di Lugano und besonders beim Lago Maggiore. Im Jahre 1868 stieg während der Hochwasser- periode vom 16. September bis 4. Oktober, die im Rheingebiet so viel Unglück gebracht hatte, der Lago Maggiore um beinahe 7 Meter. Diese so rasche und so bedeutende Anschwellung ist vereinzelt ge- blieben. Kein anderer See zeigt in der ganzen Periode von 31 Jahren eine ähnliche Erscheinung, und auch beim Lago Maggiore kam seither nie wieder ein so rapides und so beträchtliches Steigen vor. Wir können uns in der Schweiz glücklich schätzen, so viele Seen zu be- sitzen, die den Abfluss der Gewässer so hübsch regulieren. Die grossen Steigungen der Seeniveaus sind freilich für die Uferbewohner sehr fatal, aber die Gegenden unterhalb der Seen würden weit mehr leiden unter den hohen Anschwellungen, wenn nicht die aus dem Gebirge kommenden grossen Wassermengen vor weiterem Abfluss gezwungen würden, die weiten Seebecken auszufüllen. Wie wird es wohl kommen, wenn einmal durch die unaufhörlichen Geschiebs- ablagerungen die Seebecken ausgefüllt sein werden! Doch, das liegt noch in sehr ferner Zeit. Die Versuche, durch Wildbachverbauungen das Geschiebe in den Bergen zurückzuhalten, werden den Seeausfüllungs- Prozess etwas verzögern, aber nicht aufhalten. Uebrigens könnten grosse Erdbeben inzwischen noch viel bedeutendere Veränderungen bringen. IRRE Es ist sehr schwierig, aus den Verschiedenheiten der jährlichen Summen von Steigen und Fallen Schlüsse zu ziehen, da sehr viele und überall verschiedene Faktoren auf die Schwankungen Einfluss haben. Den grössten Einfluss auf das durchschnittliche Mass von Steigen und Fallen eines Seeniveaus hat wohl das Verhältnis der Grösse f der Seeoberfläche zur Oberfläche F des See-Einzugsgebiets. Je grösser die Seeoberfläiche im Verhältnis zum Einzugsgebiet ist, desto geringer werden selbstverständlich die Schwankungen ausfallen. Dieses Verhältnis FB bildet für jeden See einen constanten auf die Schwankungen Einfluss habenden Faktor. Infolge von Correctionen kann zwar auch dieses Verhältniss — sich erheblich verändern. Folgende F Tabelle zeigt solche Veränderungen für die 3 Juraseen: vor der Juragewässer-Correction | nach der Juragewässer-Correction f a f F F f F F km2 km? km? km? Murtensee . 27.4 778.8 | 0.0352 22.9 778.8 | 0.0294 Neuenburger- | SEEN 239.6 | 2619.6 | 0.0915 | 218.2 | 2619.6 | 0.0833 Bielersee . 42.2 | 3057.0 | 0.0138 | 39.4 | 8159.8 | 0.0048 Bei den übrigen Seen ist F wohl so ziemlich unverändert ge- = blieben. Es sind aber noch andere Einfluss habende Dinge als con- stante Faktoren zu betrachten. So die Lage des Sees zu seinem Einzugsgebiete, die Form des Sees, die Natur der Einzugsgebiete (Gletscher, Firn, Fels, verschiedene Culturarten, mehr oder weniger steile Ablaufrinnen gegen den See hin). Ausserdem haben wir an Faktoren zu denken, die der Veränderung unterworfen sind, die Ver- dunstungsverhältnisse, die Abflussverhältnisse und endlich die hier sehr wichtigen Niederschlagsverhältnisse, wobei besonders die Nieder- schlagsintensität, die durchschnittlich auf der Südseite der Alpen grösser ist als auf der Nordseite, eine bedeutende Rolle spielt. — Diese Faktoren alle sind für die 13 Seen sehr verschieden. Ein wichtiges Moment fällt beim Vergleich der Schwankungsverhältnisse der 13 Seen ins Gewicht. Seen, die alle ihre Zuflüsse direkt er- halten, erleiden natürlich grössere Schwankungen als diejenigen, deren EN, > zufliessende Gewässer teilweise durch andere Seen reguliert worden sind. Wir teilen dementsprechend die 13 Seen in zwei Gruppen: 1. Gruppe: Bodensee, Brienzersee, Murtensee, Vierwaldstätter- see, Zugersee'), Wallenstattersee, Genfersee und Lago di Lugano. 2. Gruppe: Thunersee, Neuenburgersee, Bielersee, Zürichsee und Lago Maggiore. Bevor wir nun die mittleren jährlichen Summen h von Steigen und Fallen der Seeniveaus mit einander vergleichen, wollen wir diese Summen h auf die Flächen der betreffenden Seeeinzugsgebiete redu- f cieren, d. h. für jeden See = berechnen. Hierzu veranlasst uns folgende Ueberlegung : Würde in einem Seegebiet die Seeoberfläche plötzlich doppelt so gross, so würde sich das zufliessende Wasser auf eine zweimal so grosse Fläche verteilen, also Steigen und Fallen nur halb so gross werden. Wir bekommen demnach h:h’—=f:f. Würde umgekehrt für denselben See f das Einzugsgebiet F doppelt so gross, so müsste, falls die Gewässer ebenso rasch dem See zufliessen würden, das Steigen des Seeniveau’s auch doppelt so gross ausfallen, es gilt also annähernd: h:h’ —=F:F‘. Fassen wir zusammen, so bekommen wir: f hit. hu h:h = sm oder ae sollte also der Ausdruck hf m für alle Seen, die ihren Zufluss direkt erhalten, und bei welchen die übrigen auf Steigen und Fallen Einfluss habenden Faktoren die- selben wären, gleich ausfallen. Für den Bielersee ist nach der Juragewässerkorrektion das Einzugsgebiet infolge Ableitung der Aare durch den Hageneckkanal nach dem Bielersee plötzlich von 3057 km? auf 8159.8 km? gestiegen. Es war demnach ein Wachsen der Grösse h in ungefähr gleichem Verhältnis zu erwarten, da jah:h"=F:F‘. Das ist annähernd ein- getroffen, denn h war vor der Korrektion 410cm und nach derselben 1301 cm. Das h ist nach der Korrektion sogar mehr als dreimal so gross geworden als vorher, hat also noch in bedeutenderem Masse zugenommen als das Einzugsgebiet. Dies ist leicht begreiflich. Frü- 1) Der Zufluss des Zugersees wird allerdings durch den Aegerisee etwas reguliert, allein das zugehörige Einzugsgebiet ist nicht sehr gross. BE et her waren die Schwankungen des Bielerseeniveau’s der Regulierung des Zuflusses durch den Neuenburgersee wegen sehr gering. Jetzt spielt diese Regulierung gegenüber dem viel grösseren Einzugsgebiete keine so bedeutende Rolle mehr. Selbstverständlich dürfen wir an- nähernd gleiches nur erwarlen für diejenigen Seen, welche ihren Zufluss direkt bekommen, es sind demnach in den Tafeln II, II, IV die Verhältnisse nach den beiden schon oben angegebenen See- gruppen getrennt berechnet worden. Tafel II hatte ich schon in mei- nem Vortrag anno 1888 vorgewiesen, allein sie ist nun doch etwas verändert, da seither die Seeflächen und die Flächen der Einzugs- gebiete nach genaueren Karten bestimmt worden sind. Ueberdies wurden die durch die Juragewässerkorrektion verursachten Aende- rungen der Seeoberflächen der 3 Juraseen berücksichtigt. he F rioden: 1867 — 1886, 1887 — 1897 und 1867 — 1897. Die Schwan- kungsverhältnisse der Periode 1887 — 1897 weichen wenig ab von denjenigen der 20jährigen Periode 1867 — 1886, nur ist die mittlere jährliche Summe von Steigen und Fallen in der letzteren Periode bei- nahe für alle Seen etwas geringer ausgefallen, was wohl von den durchschnittlich geringeren Niederschlagsmengen der 2ten Periode Tafel V enthält die Zusammenstellung der für die drei Pe- 2 ei herrühren mag. Eine markante Ausnahme macht die Zahl des Neuenburgersees, die in der zweiten Periode bedeutend grösser geworden ist. Die Seefläche ist seit der Korrektion etwas kleiner geworden, und der Abfluss wird oft durch die Anschwellungen F Seegruppe in der ersten Periode 37.5cm, in der zweiten Periode 34.5cm und in der ganzen Periode 36.4 cm, zeigt also geringe Ver- des Bielersees gehemmt. Das Mittel der beträgt für die erste Re änderungen. Betrachten wir die ER der ersten Seegruppe, berechnet 0 für die ganze Periode der 31 Jahre 1867 — 1897, so sehen wir unter dem Mittel 36.4 bei Bodensee, Brienzersee, Murlensee, Vier- waldstättersee, Wallenstattersee, und über dem Mittel bei Zugersee, Genfersee und Lago di Lugano, also ganz gleiches Verhalten wie in der ee 20jährigen Periode, die ich früher bearbeitet hatte. — Murtensee und F Der Zufluss zum Brienzersee wird durch die ca. 19°/ Firn- und Gletscherfläche in seinem Einzugsgebiet einigermassen reguliert, und andererseits sind die Abflussverhältnisse ziemlich günstig. Der Murten- see empfängt aus seinem langgestreckten Einzugsgebiete von schwa- chem Gefälle den Zufluss nur langsam, und überdies befindet sich das Einzugsgebiet in einer Zone geringer Niederschläge. Für den Boden- Brienzersee zeigen die geringsten ‚nämlich 22.6cm und 25.1cm. eh. ; 2 see ist a 30.0. Auch hier langen die zufliessenden Gewässer aus den teilweise sehr entfernten Gebieten ziemlich langsam an, Der Wallenstattersee hat eine mittlere jährliche Summe von F beträgt nur 32.2 cm, steht also noch ziemlich unter dem Mittel 36.4. Da die Beschaffenheit des Einzugsgebiets, die bedeutenden Nieder- schläge in demselben und die Lage des Sees zum Einzugsgebiete eher eine grosse Beweglichkeit des Seeniveaus erklärlich erscheinen liessen, so müssen wir auf günstige Abflussverhältnisse schliessen. Vierwaldstättersee und Genfersee haben nahezu glei- ches — 35.0 cm und 37.2cm, ganz nahe dem Mittel. Bei dem Vierwaldstättersee sind fast alle Verhältnisse einem grossen Steigen und Fallen günstig, der See liegt ziemlich central zum Einzugsgebiet, die Bergabhänge sind sehr steil und die Niederschläge in der Central- schweiz sehr bedeutend, also müssen auch hier günstige Abflussver- hältnisse bestehen. Beim Genfersee lassen umgekehrt die auf die Niveauschwankungen einwirkenden Verhältnisse eher auf eine geringe Beweglichkeit der Seefläche schliessen, denn die Niederschläge im Rhonegebiet sind verhältnismässig gering, das Einzugsgebiet ist aus- serordentlich langgestreckt und enthält ca. 13°/o Firn- und Gletscher- Steigen und Fallen von 1453 cm, die grösste aller 13 Seen, aber fläche. Dennoch ist grösser für den Genfersee als für den Vier- En waldstättersee. Die Abflussverhältnisse scheinen demnach hier weniger RN 4 g NH günstig zu sein. Das grösste der ersten Seegruppe weisen auf: Zugersee 50.lcm und Lago di Lugano 59.7cm. Der Zuger- see hat etwas irägen Ablauf und empfängt seinen Zufluss aus dem Bern. Mitteil. 1899, No. 1468. EEE Sr verhältnismässig kleinen Einzugsgebiete ziemlich rasch. Die hohe Zahl 59.7 cm des Lago di Lugano begreift man schon besser, da der See gegenüber seinem Einzugsgebiete ziemlich central liegt, und die Zuflussrinnen sehr steil sind. Zudem sind in den transalpinen Gebieten die Regenfälle durchschnittlich weit intensiver als auf der Nordseite der Alpen. hf Für die zweite Seegruppe fallen die begreiflicherweise sehr verschieden aus, da die Zuflussverhältnisse ausserordentlich verschieden Are no schon teilweise reguliert sind, tiefer als das Mittel der ersten See- sind. Die Mittelzahl der beträgt 29.4; sie steht, da die Zuflüsse F und den Thunersee, während diejenigen für den Zürich- see, Neuenburgersee und Lago Maggiore über dem gruppe. Unter diesem Mittel stehen die für den Bielersee f sogar über Mittel stehen. Für die zwei letzteren Seen steht dem Mittel der ersten Seegruppe. Durch die Juragewässerkorreklion, besonders durch die Ausführung des Hageneckkanals sind die Zufluss- verhältnisse des Bielersees ganz bedeutend verändert worden. Das Einzugsgebiet ist beinahe auf das Dreifache gestiegen, von 3057 km? auf 8159 km?. Die mittlere jährliche Summe von Steigen und Fallen beträgt für die Zeit der 21 Jahre nach der Durchführung der Kor- rektion (1877 — 1897) 1301 cm, sie ist also von 410 cm (vor der Korrektion) auf etwas mehr als das Dreifache gestiegen (Tafel IV), so dass sich nur ganz wenig verändert hat, es ist von 5.7 cm auf F Zahl sehr klein, was gewiss nicht überraschen wird, wenn man an die Regulierung des Zuflusses durch Murten- und Neuenburgersee und nun auch durch den Brienzer- und Thunersee denkt. Für den der andern Seen ist diese 6.2cm gestiegen. Gegenüber den Thunersoe ist - — 18.1 cm, und für den Zürichsee 29.9cm. Diese Verhältnisse sind für beide Perioden (1867 — 1886) und (1887 — 1897) beinahe gleich ausgefallen. Für den Neuen- f burgersee war vor der Korrektion 34.7 cm und ist nun in h. F NE ENTT.IE der Zeit 1880 bis 1897, also nach der Korrektion, auf 45.6 cm ge- stiegen. Der Abfluss wird eben, wie schon oben bemerkt, sehr oft durch den Bielersee gehemmt. Troiz Regulierung des Zuflusses durch h.f F Seegruppe. Die Niveauschwankungen des Bielersees, aber auch die- jenigen des Neuenburgersees, haben durch den Einfluss der Jura- gewässerkorrektion — wie zu erwarten war — ganz bedeutend zuge- nommen. Auf die Schwankungen des Murtensees erstreckt sich aber den Murtensee steht sogar über dem Mittel 36.4 cm der ersten N ff der Einfluss nicht merklich. Für Lago Maggiore ist 73, weit über dem Mittel 36.4 der ersten Seegruppe, immerhin ziemlich kleiner als für den Lago di Lugano. Bei den beiden südalpinen Seen sind eben alle Verhältnisse einem bedeutenden Schwanken günstig. Nicht nur die Jahressummen von Steigen und Fallen der Seen geben Anlass zu interessanten Vergleichungen, sondern auch die Dif- ferenzen zwischen den niedrigsten und höchsten Wasserständen eines Jahres. Tafel VI enthält diese Differenzen für alle 13 Seen von Jahr zu Jahr, durch die ganze Periode der 31 Jahre 1867 — 1897 hindurch, und Tafel VII die Uebersicht über die kleinsten und grössten Diffe- renzen zwischen den niedrigsten und höchsten Wasserständen in einem Jahre, während 1867 — 1897, über die Amplituden dieser Dif- ferenzen, über die mittleren Differenzen, und für 3 Seen noch die Differenz zwischen dem niedrigsten und höchsten Wasserstande in der ganzen Periode 1867 — 1897. Die letzten Differenzen lassen sich ohne eingehende Untersuchungen nur für den Genfersee, Lago di Lugano und Lago Maggiore mit einiger Sicherheit angeben, da bei den anderen vielfach Veränderungen in der Höhe der Nullpunkte vor gekommen sind. Die mittlere Differenz zwischen dem niedrigsten und höchsten Wasserstande eines Jahres ist am geringsten beim Er Zugerseer.. 7... 0:63 m 71. Brienzersee . . 1.54m dann folgen: 8. Lago di Lugano 1.55 m 2. Vierwaldstätiersee 1.06 m 9. Murtense . . 1.75m == Ehumersee . ...... 1.17%m 10. Bielersee. . . 1.81m 4. Zürichsee moon 11. Bodensee. . . 2.08m 5. Genfersee 12. Wallenstatiersee 2.68 m 6. Neuenburgersee. 1.42 m 13. Lago Maggiore . 2.99 m nn RT Nach der Amplitude der Differenzen (also Unterschied zwischen der kleinsten und grössten Differenz des höchsten und niedrigsten Wasserstandes in einem Jahre) in der Periode 1867 — 1897, stellen sich die Seen in folgender Reihe: E.R/ueerseß .. 5... 072m 8. Wallenstatiersee 1.69 m 2. Vierwaldslättersee 9. Bodensee. . . 1.92 m 3. Genfersee 1.06 m 10. Murtensee . . 2.01m 4. Thunersee . . 1.12m il. Bielerssee . . . 215m 5. Brienzersee . . 1.17m 12. Lago di Lugano 2.33 m 6. Zürichsee . . 1.29m 13. Lago Maggiore . 6.14 m 7. Neuenburgersee 1.68 m Wir sehen also da die 13 Seen geordnet nach der Gleich- mässigkeit ihrer jährlichen Unterschiede zwischen höchstem und nie- drigstem Wasserstande. Bei hydrotechnischen Fragen sind durchaus nicht nur die mitt- leren Wasserstände von Wichtigkeit, noch mehr ins Gewicht fallen die niedrigsten und höchsten Wasserstände, deshalb hat denn auch das schweizerische hydrometrische Bureau in den graphischen Bei- lagen zum Bande der Hauptergebnisse der schweiz. hydrom. Beob- achtungen für das Jahr 1890, welche für verschieden lange Perioden die Wasserstände der 5 Seen Murtensee, Neuenburgerse®, Bielersee, Lago di Lugano und Lago Maggiore enthalten, nur die Kurven der höchsten und niedrigsten Wasserstända zur Uebersicht gebracht. In den 3 Tafeln der Juraseen habe ich für die Zeil 1867 — 97 auch die Kurven der Mittelwasserstände eingezeichnet. Diese 3 Tafeln sind von ganz besonderem Interesse, da die Zeitpunkte des Beginns und der Vollendung der einzelnen Teile der Juragewässerkorrektion, sowie auch die nach Project La Nicca für die Zeit nach der Korrek- tion berechneten Hoch- und Niederwasserstufen eingezeichnet sind. !) Es kommt in diesen Tafeln der Erfolg der Juragewässerkorrektion für jeden der 3 Seen zu schöner übersichtlicher Darstellung. Wir heben zum Schlusse Einiges hervor: (Siehe Tabelle S. 45.) 2) Die 3 Tafeln konnten hier nicht reprodueiert werden, dagegen ist eine graphische Uebersicht der jährlichen Mittelwasserstände der Jura-See’n mit An- gabe der Zeitpunkte von Beginn und Vollendung der einzelnen Teile der Jura- gewässercorreetion ete. beigegeben. mr ] IS sh = 8 = ale | | . . een zu j EEEEEE: | IBEEEBEE Bei — Jährliche MittelWasserstände } 90 ee Ten j n \ T m ig z| _— 18.1 I a! | | e\ | Fi In "T 2: =. oT Sieg Zrezeen — I ot i -— —S - a a u nn - | Be El EN ee a [ TS ER _— 4 gr —! 119 | | | | Alert 35 ee [ ie) te T Sea Br ars m a Se ze IT ERIK er era in Kerze ai; erg T mie a | zB | ! Im —— 1 I Im | am | t wi ln BE — =; — = m - H — an ne de Ser ie a el ke m | ! | en —— DI ea | | le | a 1 I © PEN Lu} R a 11 [ | | Kanıl. Mer az u & _ ee II IE. 1 le Te [Sa ren Be ee. m. 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Murtensee. | Nach der | S Wasserstände | yor der Nach der Kor- | Sen- |Korrektion 3 = Korrektion rektion kung |n. Projeet | 3 & La Nieca |” = Meter Meter Meter über Meer über Meer Meter | über Meer | Meter a. Aussergewöhnliches Hochwasser . .... ... 436.44 434.75| 1.69 | 435.16| 1.28 b. Mittler. Hochwasser SETS TE RT rer 435.82 433.72] 2.10 c. Mittleres Niederwas- SORTE elesuls 434.49 431.91| 2.58 | 432.50| 1.99 d. Aussergewöhnliches & Niederwasser. ... . || 434.22 en Es, e. Mittelwasserstand. . |ca435.00 ca432.60| 2.40 N.d.Kor- Vor der Nach der rekt. (Proj. Aussergewöhnl. Hoch- Korrektion) Korrektion La Nicca) WASSETN ES ne m 436.44 m 434.75 m 435.16 Aussergewöhnl. Nieder- WASSETT.. 0.03% m 434.22 m 431.64 ın 432,50 Schwankungs- ——— — — amplitude. ..| m2.22 ın 3.11| m 2.66 Vor Erstellung der Schleusen in Nidau war das aussergewöhn- liche Niederwasser des Murtensees 431.41 m, also die Schwankungs- amplitude noch grösser: 434.75 — 431.41 —=3.34 m. Mittleres Hochwasser: vor der Korrekt. 435.82 m, nach der Korrekt. 433.72 m, Mittler. Niederwasser: vor der Korrekt. 434.49 m, nach der Korrekt. 431.91. m Schwankungsamplit.: vor der Korrekt. 1.33, nach der Korrekt. 1.81 m. Die Grenzen von Hochwasser und Niederwasser liegen seit der Korrektion um ca. 1 Meter weiter auseinander als vor der Korrektion. Die aussergewöhnlichen Hochwasser haben sich nach der Kor- reklion um 1.69 Meter gesenkt, während nach dem Project La Nicca nur eine Senkung von 1.28 Meter zu erwarten gewesen wäre. Das ER mittlere Niederwasser hat sich ebenfalls um 0.59 m mehr gesenkt als das Project erwarten liess. B. Neuenburgersee. Eine eigentümliche, leider noch unerklärte Erscheinung, fällt bei der Betrachtung der Tafel für den Neuenburgersee sofort auf. Das Mittel der Hochwasser für die Periode 1817 — 1856 steht um volle 0.56 Meter höher als dasjenige der Periode 1857 — 1876, ohne dass irgend welche erhebliche Korrektionen im Zeitraume von 1817— 1876 ausgeführt worden sind. Ob da wirklich eine so bedeutende Senkung eingetreten ist, oder ob nicht vielleicht die Erscheinung auf Unsicherheiten in den Pegelnullpunkten zurückzuführen wäre, das wird schwierig zu entscheiden sein. In den folgenden Betrachtungen lassen wir die Periode 1817 — 1857 ausser Betracht. Wir dürfen das um so eher, da auch für den Murten- und Bielersee in den Tafeln die Wasserstände erst von 1857 an eingezeichnet sind. Vor Nach Se r. | Senkung Wasserstände der Cor- | der Cor- | Senkung | reetion | (nach reetion | rection (nach La Nicca) La Nicca) mt nl Meter wu Meter a. Aussergewöhnliches Hochwasser . . .| 436.30 | 434.26 | 2.04 | 434.94 | 1.36 b. Mittleres Hochwasser | 435.53 | 433.27 2.26 c. Mittleres Niederwas- Sara DALHE Sr ER RESET N ASETT 2.64 | 432.28| 2.13 d. Aussergewöhnliches Niederwasser . . .| 434.07 | 431.48 2.59 e. Mittelwasserstand .|ca.434.85|c2..432.45lca. 2.40 Aussergew. Hochwasser | 436.30 | 434.26 434.94 » Niederwasser | 434.07 | 431.48 432.28 Schwankungsampli- Indb-... »322.,= 08% 2.23 2.78 2.66 Vor der Erstellung der Schleusen in Nidau siand das ausser- ordentliche Niederwasser des Neuenburgersee’s auf 431.20, also die Schwankungsamplitude 434.26 — 431.20 = 3.06 m. Mittleres Hochwasser vor der Corr. 435.53 m, nach der Corr. 433.27 m. Mittleres Niederwasser >» ». 434.41 I je » 431.77 Schwankungsamplitude » > 112m, » >» » 150m. 47 C. Bielersee. ea | | nn nn nn] Nach Vor Nach ‘or. | Senkun Wasserstände der Cor- | der Cor- | Senkung ee (sch ; reetion | rection (nach La Nicea) Ta Nicca) HD: Meer BB Me Meter ib ler Meter a. Aussergewöhnliches Hochwasser 435.73 | 434.10 1.63 | 434.71 1.02 b. Mittleres Hochwasser | 434.99 | 433.21 1.78 | 433.96 1.03 c. Mittleres Niederwas. | 433.78 431.71 2.07 Vor Errrichtung der Schleusen in Nidau 431.16 2.62 Nach Errichtung der Schleusen in Nidau 431.45 2.33 d. Aussergewöhnliches Niederwasser 433.42 431.38 2.04 Vor Errichtung der Schleusen . 430.71 2.71 Nach Errichtung der Schleusen 8 431.42 2.00 e. Mittelwasserstand .|ca.434.25) 432.10 | ca. 2.15 Aussergew. Hochwasser | 435.73 | 434.10 434.71 » Niederwasser | 433.42 | 431.42 431.38 Schwankungsampli- tude . 2.31 2.68 3.33 Aussergew. 'Niederwass. vor Errichtung der Schleusen in Nidau 430.71 ung sampi- tude . 3.39 Mittleres nr 434.99 | 433.21 433.96 » Niederwasser .| 433.78 |! 431.45 431.71 Schwankungsamplitude . 1.21 1.76 2.25 Mittl. Niederwasser vor Erricht. der Schleusen 431.16 Schwankungsamplitude . 2.05 Die aussergewöhnlichen Hochwasser sind infolge der Juragewässer- correclion mehr gefallen als nach Project La Nicca zu erwarten war, und zwar beim Murtensee um 0.41 m, beim Neuenburgersee um 0.68 m und beim Bielersee um Das mittlere Hochwasser des 0.61 m. gesunken als nach Project La Nicca zu erwarten war. Bielersee’s ist um 0.75 m mehr Ze ee Das mittlere Niederwasser des Bielersee’s ist um 0.26 m mehr gesunken als nach Project La Nicca zu erwarten war. Das aussergewöhnliche Niederwasser hat sich seit Errichtung des Schleusendienstes in Nidau um nur 4 cm weniger gesenkt, als nach dem Projecte La Nicca zu erwarten war, der Schleusendienst bewährt sich demnach als vollkommen zweckentsprechend. Nach alledem erweist sich als unumstössliche Thatsache, dass die grossarlige Arbeit der Juragewässercorreclion uns mehr als die er- warleten Vorteile gebracht hat. Wenn man trotzdem hie und da Klagen über die jelzigen Zustände der Seeniveaux im Juragewässergebiele zu hören bekommt, so mögen sie der viel grösseren Beweglichkeit der Niveaux seit Durchführung der Correction zur Last zu schreiben sein Nach Beendigung der Correction ist freilich noch keine lange Zeit verflossen, es mögen sich in Zukunft die mittleren Verhältnisse noch ein wenig verändern, allein wenn man die Curven der höchsten und niedrigsten Wasserstände der drei vom hydrometrischen Bureau aus- gearbeiteten Tafeln aufmerksam betrachtet, so wird man zur Ueber- zeugung kommen, dass bedeutende Veränderungen kaum zu erwarten sein werden. Tafel I. Summa der Wasserstands-Differenzen. — 2. m mm nn 5) ; Amplituden) „= 8 = 3 Eule: | 1867 | 1868 | 1869 | 1870 | 1871 | 1872 | 1873 | 1874 | 1875 | 1876 | 1877 | 1878 | 1879 | 1860 1881 | 1882 | 1883 | 1884 | 1885 | 1886 | 1887 | 1888 | 1889 1890 | 1891 | 1802 | 1893 1894 | 1895 | 1896 1897 | Summe | el ea |37|31 Gebiet | h Jahres: | 5 ‚€ 5 , | sumen © 2© | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Meter | Moter | Meter | Meter Rhein IBOGENEBBIET = | 8.3 8.2 6.5 6.4 7.0 71 6.5 6.5 7.6 8.6 8.6 1.0 6.8 7.5 6.7 6.5 6.3 5,7 6.8 5.7 3.3 97 1.0 9.5 T.4 7.3 |3.00| 5.2 5.5 1.6 9.0 218.8 7.06 4.7 | 7.02] 7.12 Konstanz e Dift. + 0.10 Aare Brienzarsea » » ....| — _ _ _ — .1710,801110.3 | 10:21 12:4 | 9,3 1121 | 9:7 | 58° 9.0 110.9 110.7) '9.3°| 9.01 8:5 1797| 8.2°1710.6 | 9:4 | 7.6.1710.07)°°9,92 16:92 | 7121 79:82 [102 RB 240) 9.50 7.0 9.65, 9.28 Ringgenberg | - 0.37 a Thunersee .: ı 2. ..| — — _ — — | 11.6 9.2 8.4 | 11.0 98 | 117 | 99 8.2 110.2 | 10.2 7.6 | 10.0 8.6 9.8 8.1 er al) 8.9 7.3 9.2 9.2 64 | 72 8.5 10.1 | 11.3 || (240.3) 9.24 53 | 9.02) 8.71 Därligen - 0.91 2 Murtensee (Murten) . . » 12 4.9 5.3 56 | 48 | 72 63140 | 6,6 TT 1.5 9.9 | 10.2 — 9.1 | 10.9 7.6 4.7 7.6 Tall 5.9 | 11.0 7.8 8.0 8.4 5.9 6.2 4,8 8.8 8.2 8.3 | (218.0) 1.27 71.0 | 7.06|. 7.62 Sugiez (1884— 1889) | + 0.56 | | Y Neuenburgersee. . . . » 4.7 3.5 3.6 3.9 3.6 41128 | 30 4.2 4.5 4.4 4.7 3.7 3.6 4.6 4.) 5.4 3.3 5.4 5.0 ”5| 71 6.5 5.7 5.8 4.7 4.3 4.1 5.6 7.4 7.5 149.1 4.81 4.7 4.15 | 6.00 Neuenburg | + 1.85 em Bielersee (Nidau) . . . . 5.11 36 4.1 4.1 3.7 5.5 | 4,7 6.1 1.7 s.1 9.3 | 11.3 7.9 7.8 [10,5 |13,6 | 11.4 | 10.5 | 12,4 | 13.2) 15.0 | 17,4 | 14.8 | 15.4 | 15.5 | 15.7 | 12.1 | 10.7 | 14.1 | 16.7 | 10.9 | 325.9 10.51 14.3 8.03 | 15.03 Nouenstadt (1892— 1897) + 7.00 Reuss Vierwaldstättersee . . . 9.0 9.8 6.9 1.2 | 6.4 7.5 7.4 7.4 8.5 s4| 96| 8.3 8.0 6.5 6.7 5.4 6.3 4.6 6.8 6.1 5.4 er 7.0 6.0 1.4 7.0 5.6 | 32 | 34 6.7 8.6 214.5 6.92 64 | 733] 6.17 Seeburg | — 1.16 5 ZURBIEBD.: 2. 2 3.6 4.2 2.6 | 2.9 3.5 | 3.7 3.3 3.0 4.0 3.7 4.0 3.8 3.0 4.0 3.8 2.9 2.9 3.2 3.8 2.7 4.0 2.8 2.7 2.5 3.2 2.1 24| 20| 42 3.6 102.5 3.31 2.4 3.52] 2.91 Zug — 0.61 Limmat Wallenstattersee . . . . 497 ! 17.6 | 16.7 | 16.6 | 14.8 | 14.7 113.9 | 14.1 | 16.5 | 15.2 ! 18.0 | 15.5 | 12.4 | 13.6 !13.6 | 13.5 | 12.6 | 10.8 | 15.9 [10.2 | 11.1 ! 16.8 | 13.1 116.9 | 14.8 ! 14.2 | 11.2 | 10.4 | 10.6 ! 16.3 | 19.2 | 450.5 14.55 9.5 |14.80, 14.05 Weesen | | - 0.75 ” ZürichnBßar en le 6.4 6.4 6.6 6.2 5.8 6.1 5.9 6.5 7.5 7.9 7.0 6.7 6.2 7.0 6.3 5.4 4.9 5.6 9.5 4.6 6.6 5.6 7.0 6.4 5.5 43| 47 4.6 6.6 1.3 | 191.5 6.18 4.1 | 6.42| 5.73 Schmerikon R | \- 0.69) 1 ı Rlıone GönlerBsar 2 a an 4.7 4.9 4.4 4.7 4.5 3.9 | 54 5.0 3.3 6.5 168| 63 6.7 5.3 5.7 5.9 6.7 4.9 6.0 5.1 4.9 5.6 5.3 4.1 5.0 4.0 4.2 3.3 4.4 5.2 5.0 | 159.7 5.15 | 3.5 5.44) 4.62 Genf (Jardin anglais) | | | 0.82 Tessin Lago di Lugano . . . . _ 8.6 5.8| 29| 35 1122| 8.7 4.5 4.7 7.1 9.5 3.9 9.0 6,8 5.9 9.7 6.8 3.5 | 8.7 | 88 5.1 94 82 9.9 8.4 1.2 3.1 4.3 5.2 110.1 6.0 (212.5) 7.08 | 9.3 7.14| 6.97 Lugano | | | — 0.17 | | „ Lago Maggiore. . . . . — | 23.0 | 14.0 | 66 | 7.0 | 31.2] 218 | 14.6 | 11.4 9.8 | 14,8 | 15.5 |, 14.3 | 13.8 , 11.0 | 18.9 9.4 7.8 | 18.1 19.1 | 11.2 ) 16.7 | 18.2 | 20.2 | 16.7 | 15.6 9.8 8.8 8.4 | 14.7 | 12.0 \(434.4) | 1448 | 24.6 |14.85| 13.84 Locarno | | | | |-1.01 I} 1 1} | | | | | | | In Re Fe er ! 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Lago Magg in: I a Tafel VII. Kleinste | Grösste Mittlere : Differenz | Differenz . Differenz en zwischend. zwischend| 8 = zwischend. niedrigst, niedrigst. | niedrigst. | S niedrigst. | u. höchst. u.höchsten u. höchsten 8 2 u.höchsten‘ Wasser- Wasser- | Wasser-- 23 8 Wasser- | stande in stande ein.|stande ein. 5, ä stande ein. 4, Periode Jahres in | Jahres in| 8 Jahres für|d, 31 Jahre 1867 -189711867-1897 (31 Jahre) m m ın m m FR 1. Bodensee 1.26 3.18 1.92 2.08 -2. Brienzersee . 0.80 2347 57 1.54 (26 Jahre) 3. Thunersee 0.68 1.80 1317 Beet, (26 Jahre) 4. Murtensee 1.00 3:01 2.01 1) (30 Jahre) 5. Neuenburgersee 0.69 2.37 1.081: 01.82 ‚(30 Jahre), 6. Bielersee AR? 1.00 3.15 2.15 ren! 7. Vierwaldstättersee . 0.61 1.67 1.06 1.06 8. Zugersee . 0.33 1.05 0.72 0.63 | 9, Wallenstattersee 1.86 3.55 1.69 2.68 10. Zürichsee 0.72 2.01 1.29 1.22 11. Genfersee 0.63 1.69 1.06 M22 2.02 12. Lago di Lugano 0.69 3.02 2.33 1.55 3.02 (30 Jahre) 13. Lago Maggiore . 1.21 7.35 6.14 2.99 7.84 (30 Jahre) A. Baltzer. Beiträge zur Kenntniss schweizerischer diluvialer Gletschergebiete. — (Eingereicht den 12. November 1899.) 1. Machten die Juragletscher nach dem endgültigen Rück- zug des Rhonegletschers noch Vorstösse in die Ebene? Früher !) wies ich nach, dass unsere diluvialen Gletscher nicht gleichzeitig vor- und rückwärts gingen (Regel von der Inkongruenz der Vor- und Rückwärtsperioden). Als der Rhonegletscher gegen Ende der letzten Riszeit sich zurückzog, machten Aar- und Saanegletscher noch Vorstösse in die Ebene. Es frägt sich, ob dies auch für die kleinen Juragletscher Gültigkeit habe. Schardt?) hat diese Frage für den wesischweizerischen Jura im bejahenden Sinne beantwortet. Bei den nach der Versammlung von Neuchätel unter seiner treff- lichen Leitung ausgeführten Exkursionen sprach er sich bezüglich der jurassischen Val Travers- und Baulmesgletscher für diese Meinung aus und zeigte uns als Beleg einen Aufschluss im Bahneinschnitt bei Station Boudry, sowie einen als jurassische Endmoräne anzusprechen- den Rücken zwischen Rances und St. Christoph bei Baulmes. Da ich noch Zweifel hegte, die Frage mich aber lebhaft interessierte, be- nützte ich ein paar schöne Herbstlage, um diese und andere Stellen nochmals zu untersuchen. a. Exkursion: Yverdon, Montagny, Vuittebaeuf, Baulmes, Rances, St. Christoph. Folgt man von Yverdon der grossen Strasse nach Grandson und schwenkt dann westwärts nach Montagny ab, so hal man vor sich die vom Gletscher gemodelten Molassehügel von Montagny, die ober- halb dieses Ortes nicht von gemeiner Moräne (wie Blatt XI ungenau angiebt), sondern von Kies jurassisch alpiner Herkunft (unter anderem 1) 30. Lieferung der Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz, pag. 125 ff. vergl. auch «Zeitschrift der deutschen geolog. Gesellschaft» 1896. 2) Archives des sciences phys. et nat. 1898, p. 74. grüne Wallisergneisse) bedeckt sind. Dahinter folgt das unregel- mässige Gehügel von Essert und Peney. Häufig konstaliert man ge- meine Grundmoräne mit geschrammten Alpenkalken und Serpentinen (bei 518 m, 506 m) !), manchmal kommt die untere Süsswassermolasse zu Tage (an der Strasse östlich Essert). Ueberall ist der Typus länglich-runder Glacialrücken meist in Rhonegletscherrichtung vertreten, weniger der der Rundhöcker. Diese Hügel sind in der Mehrzahl als Drumlins (Drums) zu betrachten, da zwischen den typischen Grundmoränedrums und den Drums mit festem Molassekern ein genetischer Unterschied wohl nicht gemacht werden kann. Bei Vuitteboeuf ist gemeine Grundmoräne jurassisch-alpinen Mate- rials ebenfalls weit verbreitet (Aufschluss der Senkgrube bei der Station), doch findet sich kein Anhaltspunkt für ein junges von Ste Croix kommendes Juragletscherchen, nur die flache schüsselförmige Depression unterhalb des Ortes deutet allenfalls darauf hin, dass hier einstmals eine Gletscherzunge lag. Wir begeben uns nun nach Baulmes, um zu untersuchen, ob dort aus der Nische der Aiguilles de Baulmes ein Gletscher sich heraus- erstreckte. Bemerkenswert sind auf dem Wege dorthin die Rhone- längsmoränenwälle bei Sagnes, ferner südlich von Rauliauses (viel Quarzit), besonders aber der ein paar 100 m lange Moränenwall in Rhonegletscherrichtung an der Strasse bei Priolaz vor Baulmes (Fig. 1). NNO SSW Figur 1. Theil des Kiesrückens (Kame) bei Baulmes im Längsschnitt. 1. Kies, 2. Sand. Derselbe ist in den Konturen sehr unruhig, ähnlich aneinander gereihten Maulwurfshügeln. Die Kies- und Sandschichten sind merkwürdig gestaucht, im allgemeinen anticlinal in Längsrichtung. Viel Jurakalk, Serpentin, Quarzit, ferner Alpenkalk, Granit und etwas geschrammtes Material in den weniger gewaschenen Lagen. Ich glaube, dass hier eine sandige Grundmoräne vom Typus der Kames oder Asar vorliegt Eine Parallelmoräne liegt auf der anderen Strassenseite. ») Blatt 286 des Siegfriedatlas. NEE Der starke Bach la Baumine biegt, bei Baulmes aus dem Jura kommend, schroffum und läuft, anstatt geradeaus, an 3 km weit dicht an der Jurakette zwischen den oben erwähnten Moränen und der Moräne von Bossenay, in einer echt glacialen breiten Rinne, hin, die sich nach Süd bis an die Marais de Rances fortsetzt. Aehnlich wurde der Arnon bei Vuittebeuf abgelenkt. Es ist möglich, dass solche Bäche an subglacialen Kames (Asar) eine andere Richtung erhielten oder selbst solche erzeugt haben.!) Ueberall beobachtet man bei Baulmes stramme Rhonerichtung der Moränen, keine Endmoräne eines Juragletschers, wiewohl das Material gestopft voll jurassisch ist. Aus diesem Umstand allein dürfen wir aber nicht auf jurassischen Vorstoss schliessen, denn es ist bei der Nähe des Jura begreiflich, dass hier die Rhoneseitenmoränen vorwiegend lokalmoränischen Charakter annahmen. Für das Folgende sei angeführt, dass es schwer hält, den Prozentsatz alpinen Materials ohne sorgfältige Zählungen, die ich bei dieser Orientirungstour nicht vorgenommen habe, abzuschätzen. Man kommt leicht dazu, das Alpine zu überschätzen, weil es mehr in die Augen fällt. Von Baulmes die genannte Glacialrinne kreuzend, gelangen wir auf der Strasse nach Rances zum crelacischen, glacial abgeschliffenen, mit Blöcken (6 grössere bei Chaux, darunter Granit und Serpenlin) und dünnem Moränenüberzug bekleideten Hügel von Pipeschat. Dann, in der Richtung von Rances absteigend, schauen wir in das 3 km lange glaciale Trockenthal Rances-Chätillon hinein und kommen dann zu dem von Schardt als jurassische Endmoräne angesprochenen Wall, der in di- rekter Linie '/s Stunde von der Jurakette entfernt ist. Figur 2. Kiesrücken (Kame) des alten Rhonegletschers bei Rances im Querschnitt. 1. Sand. 2. Kies. Dieser Wall ist 1 km lang (wenn Punkt 505 m dazu gerechnet werden kann, noch länger), hat unruhige Kontouren, aber geradlinigen ') Vergl. die Beobachtungen von Russel am Malaspinagletscher (Alaska). —usHT Verlauf. Material massenhaft jurassisch, mit starkem alpinem Prozent- satz (Granit, Alpenkalk, Serpentin, Quarzit, Gneiss etc.). Viel Sand und feiner Kies. Mit einiger Mühe wurden 5 geschrammte Serpentline aufgetrieben. An einer Stelle hat die Kiesgrube den erodierlen Kern von Sandschichten entblösst (Fig. 2), auf dem der fluvioglaciale Schotter dis- kordant liegt. Hiernach kann ich die Lokalendmoräne eines jurassischen St. Croix-Baulmesgletischers hier nicht finden, sondern nehme einen Kiesrücken (Kame) des Rhonegletschers an. Der Gehalt an Juramaterial kann nicht auffallen, nachdem sich 2!/, Stunde weiter südlich die Kette des Mont Tendre so weit vor- schiebt; für obige Deutung spricht ferner der geradlinige, nicht huf- eisenförmige Verlauf, das Fehlen der zugehörigen jurassischen Seiten- moränen, die ganz vorwaltlend fluvioglaciale Zusammensetzung, der ganze Charakter der Glaciallandschafl zwischen hier und Baulmes, welcher augenscheinlich der Rhonegleischer sein Gepräge aufgedrückt hat. Öestlich von Mathod in der Ebene zeigte uns Schardt früher noch eine Kiesgrube mit unten viel grobgeschichtetem, jurassischen Material, oben mit grossen eckigen Rhonegletischerblöcken (auch Mo- lasseblöcke). Ich glaube nicht, dass hier die fluvioglaciale Ablagerung eines jurassischen Val-de-Traversgletschers vorliegt. Nähere Unter- suchung müsste feststellen, ob hier vielleicht alte Juragleischermoräne, überlagert von jüngerem Rhoneschutt, angenommen werden Könnte, oder ob es sich nur um 2 Phasen des Rhonegletschers handelt. meryvkursion: Granelaz,‘ Böleı Boudry,. Gor- varM:o'd. Auch bei dieser Exkursion leitele mich die Absicht, die Frage der Juragletschervorstösse zu prüfen, Kames, Drumlins, interglaciale Ablagerungen nachzuweisen, sowie Blatt XI bezüglich der Glacial- ablagerungen zu kontrollieren. Siidlich Colombier liegt der rebenbekränzte Hügel von Vaudijon, dessen regelmässig länglich-runde allseitig abfallende Form glacialen Ursprung verrät. Einen Aufschluss finden wir auf der Nordostseite : viele wechselnde Lagen von lockerem Sand, Kies und wenig Mergel, der Kies alpin-jurassischen Ursprungs. Lokal ist Diagonalschich- tung entwickelt; ich fand nur ein Stück mit Schrammen. Ueber die Deutung bin ich nicht ganz schlüssig geworden. Ich habe an ein Kame und an eine alte Deltabildung der Areuse gedacht. Bern. Mitteil. 1899. . No. 1470. Böle INNEN, 88 N) IN N N U \ EX ISTN Sy ö \ ı FR ; Free nrwede- ren. Yin > Seyse sv cr U GR - 7 RE ARE 20 fe var! 2 Fra 7, u Moräne des alten jurassischen Val-de-Traversgletschers bei Böle. Figur 3. 58 — Westlich von CGolombier liegt der kleine Ort Böle. Begeben wir uns zur Station Colombier, so haben wir in der Richtung auf jenen Ort eine cirka 600 m lange Moräne vor uns (Fig. 3), die auf den ersten Blick wegen der auffallenden Rich- tung nach Südsüdost den Eindruck einer Jura-Seitenmoräne macht. Wie- wohl die Weinlese in vollem Gang ist, lässt sich auf der Südseile gemeiner Moränenboden mit vorwaltendem jurassischen Material feststellen. In kleinerer Proportion treten Alpen- kalk und walliser Gneisse, Quarzit und Serpentin auf. Gekritzte Serpenline und Alpenkalke sind nicht selten. Dass hier kein Molasserücken mit dünnem Moränenbeleg vorliegt, ergiebt sich auf der Südseite im Eisenbahneinschnitt;eineEndmoräne des Rhonegletschers ist durch die nach Süden konvexe Form ausge- schlossen. Nach Süden besitzt die Moräne noch eine Stufe, sodann fällt sie gegen das glaciale Trockenthäl- chen «La Combe» ab, welches von der Eisenbahn auf einem Damın überschritten wird. Jenseits LaGombe befindet sich noch ein guter Morä- nenaufschluss von gleichem Gharak- ter, wo das Vorwiegen des Jura- kalkes gegenüber dem alpinen Ma- (erial (wenig Alpenkalk, Granit, einige grosse eckige Gneissblöcke) deutlich hervortritt. Geschiebe rund und kantenrund. Begeben wir uns von hier über EEE Troisrods zur Station Boudry, wo uns Schardt einen schönen Auf- schluss im Eisenbahneinschnitt als glacialjurassisch bezeichnete. Der erste Eindruck war mir damals mehr der von Rhoneablagerung. Die genauere Untersuchung ergab eine auf flachem Gehäng ohne Wall- formen abgelagerte fluvioglaciale Bildung, bestehend aus: 1) 1 m Dammerde ; 2) 2 m grober, ungeschichteter Glacialschotter mit viel eckigen und kantenrunden, bis zu '/g cbm grossen Blöcken in sandigem Binde- mittel. Material jurassisch mit starkem alpinem Prozentsatz von Granit, Gneiss, Quarzit, Alpenkalk, Euphotid, Serpentin, Kalknagelfluh etc. ; 3) darunter 2'/g m ungeschichteter oder schlecht geschichteter feinerer Schotter ohne grosse Blöcke, stärker jurassisch, sonst gleich wie 2). Bindemittel kiesig, Schrammen selten auf Serpentin und Alpenkalk. Gegenüber dieser Stelle liegt eine andere entsprechende, nur zeigt sich Discordanz zwischen 2 und 3 ohne Erosionsfläche. Ein dritter ähnlicher Aufschluss liegt auf dem Champ creux. Hiernach handelt es sich um einen grossen alten Gletscherboden, der in seiner Grundlage jurassischen Charakter hat und demnach wohl mit einem alten Gletscher des Val Travers in Verbindung gebracht werden kann. Da das Val Travers zur grossen Eiszeit von Rhone- gletschermaterial erfüllt wurde, so kann der obere Schotter gleich- falls eine Ablagerung des Juragletschers mit rück verfrachtetem Rhone- gletschergeschieb sein. Ausgeschlossen ist allerdings nicht, dass Rhonegletscherablagerung vorliegt, die sich ohne zeitlichen Unterbruch auf die Juraablagerung legte. Jenes ist mir in Verbindung mit der Moräne von Böle wahrscheinlicher. Wenn wir nun auf das rechte Ufer der Areuse übersetzen, so haben wir hier eine auf Blatt 308 des Siegfriedatlas angedeutete flache Erhebung, die in 513 m kulminiert und aus gemeiner Grund- moräne besteht. Material jurassisch, wenig alpines, Schrammen zahlreich. Das Erosionsthal der Areuse ist in Mergel, Kalk und Sandsteine der unteren Süsswassermolasse mit Süsswasserschnecken ein- geschnitten. 25 m über Boudry beginnt aber schon die typische, thonige, gemischte Grundmoräne, die hier eine beträchtliche Mächtig- keit aufweist. Die Schrammen sind auf den Jurakalken weniger gut wie auf den Alpenkalken erhalten. Die Gehänge von Les Rossels bei Boudry zeigen glaciale Reliefformen. Ba Unser letztes Ziel sind die Moränen beziehungsweise Drumlins des weinberühmten Cortaillod. Wohl möglich, dass sie Molassenkerne niit dickem glacialem Ueberzug darstellen. Jedenfalls ist der Kern glacial gemodelt. Wir zählen 3 solcher Längsrücken. Einer läuft von Les Rocheltes gegen die Höhenquote 510 m, der andere östlich davon, der dritte ist der Hauptzug und geht von Mont de Pitie bis 508 m, ja bis über das Dorf Gortaillod hinaus. Er ist nur an einem Punkt etwas tiefer aufgeschlossen, ohne dass Molasse zum Vorschein kommt. Diese Cortaillodmoräne ist jurassischen Materiales mit einzel- nen alpinen Geschieben : Quarzit, Alpenkalk, Diorit, Gneiss, Glimmer- schiefer, Glimmerquarzit; auch grössere aufgesetzte Blöcke fehlen nicht. Bindemittel lehmig. Stellenweise ziemlich viel gekritztes Material. Wollte man sich nach dem Material richten, so müsste man hier die Ablagerung eines jurassischen Seitengletschers annehmen ; dem widerspricht aber der Verlauf von Süd nach Nord; man sieht also, dass man in dieser Gegend nach dem Material allein die Provenienz eines Gletschers nicht herleiten darf, dass vielmehr zur Bestimmung derselben der Verlauf der Wallmoränen wichtiger ist. Steigen wir von Mont de Piti& nach Chanelaz herunter, so liegt uns ein alles interglaciales Della der Areuse vor Augen. Dasselbe ist an mehreren Stellen am Promenadenwaldweg, oberhalb der Pension Chanelaz, aufgeschlossen, desgleichen abwärts gegen den Bach zu. Der Hauptaufschluss zeigt mit SW 12° Süd streichende Kies- und Sandschichten, die mit 20° SO fallen. Material ganz jurassisch mit nur vereinzelten alpinen Geschieben, hier nicht verfestigt, dagegen weiter unten hinter der Pension zu Nagelfluh verkittel. An einer andern Stelle bemerkt man geschichteten, röthlich gebänderten Sand, auf dem ein sehr feiner lössähnlicher Kalkstaub aufliegt. Dieses Delta wird von jüngerer Grundmoräne bedeckt, ist also älter. Vergleichen wir mit diesen Befunden die geologische Karte Blatt XII, so erweist sie sich mit Bezug auf das Glacial als sehr un- vollkommen. Die Moränen von Böle, CGortaillod sind als geschichtetes Quartär, das erwähnte Delta dagegen gar nicht verzeichnet. Die Unter- scheidung von geschichtet und ungeschichtet ist überhaupt unzuläng- lich, denn in ersterem können interglaciale, glaciale und postglaciale Bildungen stecken, beide Ausbildungen kommen sowohl bei flach- liegender Moräne wie bei Wällen vor und sind oft ganz verschiedenen Alters. Bere 2 Resume. Für einen von der Aiguille de Baulmes oder den Gorges de Covatannaz zu einer Zeit vorstossenden Juragleischer, als der Rhone- gleischer seinen letzten Rückzug antrat, ist kein genügender Beweis vorhanden. Dagegen stiess ein aus dem Val-de-Travers kommender Juragletscher, verstärkt durch ein von Rochefort kommendes Gletscher- chen, noch kräftig vor und warf die Ufermoräne von Böle auf. Stationär verhielt er sich nicht, wie aus der fehlenden Endmoräne hervorgeht. Bedeckt von jüngerer Moräne liegt bei Chanelaz, östlich von Boudry, ein interglaciales Delta der Areuse, welches aus schrägen mit 200 SO zu Ost fallenden unten zu Nagelfluh verkitteten Schichten besteht. Die Areuse war also in der zweiten Interglacialzeit schon tief eingeschnitten. Der Nachweis von mit Bezug auf den Rhonegletscher postglacialen Juragleischern kann nicht allein durch vorwaltende Jurageschiebe ge- liefert, sondern muss in erster Linie durch End- und Ufermoränen geleistet werden. ai Im Rhonegletschergebiet kommen anticlinal ge- schichtete Kies- und Sandwälle vor, die wahrschein- lich unter Eis sich gebildet haben (zum Theil viel- leicht zwischen den Eiszungen gelappter Gletscher- enden). Sie haben die Richtung des allen Gletschers und sind Produkte der letzten Vergletscherung. Glacial entstandene Thälchen liegen in der Nähe. Beispiele 6 bei La Priolaz (östlich von Baulmes) und nördlich von Rances. Figur 4 giebt ein Schema. Sie sind den Kames von Schottland, Nordamerika und den Äsar von Skandinavien und Finnland zuzurechnen. Fig. 4. Dieser für unsere alten Gletschergebiele neue Schema eines Kies- x 3% 5 2 ren Kane) Moränentypus Ist a den «Drums» (Grundmworänen- DiePfeiledeuten den Tücken) durch Material und Schichtung unterschieden. Schichtenfall an. Man vergleiche die Schilderung der nord- ab Querprofil, ed amerikanischen Kamesvon Lewis'), und man wird Horizontalschnitt. finden, dass mit Bezug auf Material, Richtung und anticlinale Schichtung Uebereinstimmung herrscht. Vergleiche auch Geikies?) Ausgaben. ı) H. C. Lewis: Report of terminal Moraine of Pensylvania ete. pag. 3,8 36, 61, 190 und besonders Tafel II und XV. 2) „Ice age“ pag. 180 ff., Fig. 47 und 48, pag. 746. EB Drumlins, besonders in der Form etwas länglich gestreckter rundlicher Hügel mit Grundmoränebedeckung, sind in der untersuch- ten Gegend zwischen CGolombier und Baulmes ziemlich häufig (Mon- tagny, Baulmes, St. Christoph, Boudry, Bevaix). Sie sind jedoch nirgends so charakteristisch geschart, wie dies auf der Bodanhalbinsel, bei Friedrichshafen und Lindau vorkommt. Figur 5. Schema eines asymetrischen Drumlin im Längsschnitt mit Kern. 1. Grundmoräne, ungeschichtet, 2. Anstehendes. Ich rechne ausdrücklich dazu auch die Molassehügel mit Drum- form und dünner Moränenbedeckung, da sie von Grundmoräne-Drums Figur 6. Schema eines symetrischen Drumlin im Längsschnitt mit spurweis geschichtetem Grundmoränenkern und Kieshülle. genetisch nicht zu trennen sind, d. h. ebenfalls unter dem Eis ge- bildet wurden. Die Figuren 5 und 6 stellen schematisch Drumlins- iypen, wie ich sie im Gebiet des Rheingletschers') und Rhoneglet- schers beobachtete, dar. Rundhöckerformen, genetisch von den genannten Drums nicht zu unterscheiden, sind häufig. Der Chamblon bei Yverdon ist ein Bei- spiel im Grossen. Alte] glaciale Trockenthäler sind manchmal deutlich nachweisbar, z. B. «La Gombe» bei Boudry, ferner bei Rances, sowie längs dem Jura. 2. Bruchüberschiebung in einer Wallmoräne des alten Aar- gletschers bei Bern. Zwischen Bern uud Gümlingen wurde dicht an der Strasse in einer geschichteten Wallmoräne (Endmoräne) von sandiger Facies und mit gekritzten Geschieben eine Kiesgrube angelegt, welche beifolgendes Bild einer echten Bruchüberschiebung entblösste. !) Mitteil. der bern. nat. Ges. 1898. EN -UB SIOYISIVTI SOp Funyy9tıssoJg 9Ip gqaı8 JIOJg Aaq "PUagessungeryasaage/] "190g 19q ug Jowpug Jouo ur SungaryssIogen] En ER Mein Assistent, Herr Dr. Hugi, war so freundlich, die photo- graphische Aufnahme zu machen. Die an den Seiten durch Striche markierte etwas gekrümmte Ueberschiebungsfläche ist unter cirka 10° nach SO geneigt. Die sandig-lehmigen Schichten (im Lichtdruck dunkel) führen gekritzte Geschiebe von Aargletscher-Material und sind an den trockeneren, kiesigsandigen Schichten (im Lichtdruck hell) um mehrere Meter ver- schoben, so zwar, dass der rechtsseitige Komplex über den links- seitigen hinaufgeschoben erscheint (am deutlichsten im festeren Lehm zu beobachten). In der Mitte der Figur greifen lehmige und sandige Schichten zackig ineinander ein, wodurch wohl die Ueberschiebung ihren Abschluss fand. Diese Ueberschiebung, in der Richtung von SO nach NW, ent- spricht durchaus der durch den Pfeil angedeuteten Bewegungsrichtung des alten diluvialen Aargletschers. 3. Neue Bergmoränenaufschlüsse auf dem Gurten (859 m) bei Bern. Die jüngst eröffnete elektrische Bahn auf die Gurtenhöhe hat Ver- anlassung zu neuen geologischen Aufschlüssen gegeben, woraus sich noch deutlicher als bisher ergiebt, dass das eigentümlich wellige Plateau des Berges eine Decke von Grundmoräne besitzt, die zwischen wenigen Fussen und circa 8 Metern schwankt. Insbesondere wurde beim Bau des neuen Hotels sandig-lehmige Grundmoräne von wech- selnder Mächtigkeit mit viel Molasse- und wenigen alpinen Geschieben (Gneisse, Quarzit, Verrucano, einzelne geschrammie Alpenkalke) auf- gedeckt. Wo die Molasse unter der Moräne beginnt, ist sie zunächst auf eine Tiefe von circa 1!’ m merkwürdig gespalten und in grosse Blöcke getheilt. Dieselbe Moräne giebt nun einen Masstab für die Eiserosion an diesem exponierten Punkte, denn sie ist fast nur Lokalmoräne der Molasse ın loco, ıhr Material ist vorwiegend Molassesand. Man kann wohl ihrer Dicke von 6m die Dicke der wegerodierten Sandstein- schicht an einem so exponierten Punkte ungefähr gleichsetzen. Dies stimmt mit meinen früheren Angaben '), wonach die Dicke der san- digen Grundmoräne in der Gegend von Bern, soweit beobachtet, einige Meter bis gegen 10 m beträgt. !) Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, Lfg. 30 pag. 113. ET REN Es scheint also, dass die Annahme geringer Beträge für Eıs- erosion (nach Heims Gletscherkunde) der Wirklichkeit nicht entspricht, noch weniger die Annahme exorbitant hoher Beträge nach Penck. 4. Kame- oder äsarartiger Kiesrücken bei Lindau. In seiner trefflichen Schilderung der Drumlinlandschaft der Bodenseegegenden beschreibt Früh ') Keine asararligen Kiesrücken. Ich theile daher hier eine Beobachtung mit, die ich gelegentlich eines Besuches des bekannten Aussichtspunktes Hoyrerberg bei Lindau machte. Dieser Berg selbst ist ein Drumlin, vielleicht mit Molassekern. Rheingletschermoräne bildet die Oberfläche, hie und da findet sich ein gekritzies Geschieb. Länge des Rückens einige 100 m, Streichen OSO in Rheingletscherrichtung, steilerer Abfall mit 16° auf der Stoos- seite, zu 9° auf der Leeseite. In der Umgebung, besonders in nörd- licher Richtung, sieht man an 10 weitere Drums. Die schöne Bodenseekarte 1:50000, mit Gurven, lässt er- kennen, wie die Drums im Norden von Lindau zwischen den Flüss- chen Argen und Laiblach zu Dutzenden auftreten und radialstrahlig verlaufen. Wohl werden manche von ihnen einen Kern von Aus- stehendem haben, ohne dass es deswegen bezüglich der Genesis nötig ist, einen Unterschied zu machen. Südlich des Hoyrerberges bei Bad Schachen liegt nun aber ein Rücken anderer Art, vortheilhaft durch eine Kiesgrube aufgeschlossen. Er ist äusserlich auf 3 Seiten deutlich als Rücken ausgeprägt, länger als breit, vom Längsende her so aufgeschlossen, dass im Querschnitt sowohl wie an den stehen gebliebenen Rändern im Längsschnitt anti- clinaler oder domförmiger Schichtenbau hervortritt. Material der unter cirka 40° geneigten Schichten Kies (alpin) und Sand; darüber ist diskordant flachantiklinal Kies gelagert. Gerölle nicht über wallnussgross. Erosion ist durch den Schichtenbau ausgeschlossen ; ein post- glaciales Delta wohl auch, es müsste ein von Süden her kommender Fluss angenoınmen werden, für den so nahe dem See kein Raum ist; gegen Drumlin spricht endlich die abweichende Richtung und das Material des Hügels. !) Die Drumlinslandschaft ete. Jahresbericht der st. gallischen natur- forschenden Gesellschaft 1894/95. | | ; Das Wahrscheinlichere ist, dass hier ein «Kame» vorliegt und dass sich dieser Fall an die drei von mir!) früher aus der Gegend von Konstanz geschilderten anschliesst. h Die hier gegebene Beschreibung eines einzelnen Kame erscheint vielleicht unnöthig, da es deren ja in Nordamerika Tausende in den Kameslandschaften giebt. Allein, abgesehen davon, dass bei uns, So- viel ich weiss, Kames noch nicht beobachtet waren, so ist nun dar- gethan, dass aus dem Fehlen von Kames und Drumlins kein absoluter Unterschied zwischen alter, alpiner und ausseralpiner Vergletscherung hergeleitet werden kann, es handelt sich nur um quantitative Differenzen. Auch unsere Kames und Drums möchte ich, wie es Geikie, Lewis, Chamberlin in anderen Gebieten thaten, für subglacial gebildete Moränen halten. Wo der Gletscher am Ende gelappt war, konnten sie wohl auch zwischen den einzelnen Gletscherzungen entstehen. Jene möchte ich für Ablagerungen der subglacialen Gletscherströmungen, diese als das Produkt der Eispressung und Eiserosion ansprechen. 9) Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern 1898. Bern. Mitteil. 1899. Nr 147° Walther Volz. Die Verbreitung einiger Turbellarien in den Bächen der Umgebung von Aarberg. (Mit einer Karte) In unsern fliessenden Gewässern finden sich hauptsächlich 4 Arten von Strudelwürmern, welche alle zu den Tricladen gehören; es sind dies Dendrocoelum lacteum, Planaria gono- cephala, Planaria alpina und Polycelis cornuta. Sie sind nicht ausschliesslich Bachbewohner, sondern kommen gelegentlich auch in stehenden Gewässern vor. Mit Vorliebe wird die Unterfläche von Steinen, Blättern und Holzwerk als Wohnsitz gewählt. Bei den Untersuchungen, die ich während der Herbstferien 1898 anstellte, berücksichtigte ich nur die 3 letztgenannten Arten, weil sie mit einer gewissen Gleichmässigkeit verbreitet sind, während Dendrocoelum lacteum sich nach keiner der übrigen Arten richtet und überhaupt mehr ein Bewohner des stehenden Wassers ist. Um zu weitern Beobachtungen über die Verbreitung der 3 Arten anzuregen, lasse ich im Folgenden eine kurze Beschreibung folgen:') 1. Planaria gonocephala Duges. (Fig. 1). Sie ist die grösste der europäischen Planariaarten. Ihre Länge beträgt bei geschlechtsreifen Exemplaren 15—25 mm. Wie alle Glieder der Gattung Planaria, besitzt sie 2 schwarze Augenpunkte, von denen jeder am Innenrande eines weissen Fleckes liegt. Der Kopf (wenn es überhaupt gestattet ist, diesen Ausdruck zu gebrauchen) hat pfeilförmige Gestalt, und die Fühler stehen hinter den Augen. Der Umriss des Körpers ist nach den Con- traklionszuständen der Muskulatur sehr wechselnd. Die Seitenränder verlaufen im vorderen Teil gewöhnlich parallel. Der Frg. ?. !) Die Beschreibungen entnehme ich zum Teil der Arbeit von W. Voigt. Die Einwanderung der Planariaden in unsere Gebirgsbäche. — Verhandlg. d. naturhist. Vereins d. preuss. Rheinlande. Westfalens u. d. Reg. Bez. Osnabrück. 52. Jahrg. 1895. RN! Bene, ‚Schwanz ist ziemlich scharf zugespitzt. Die Farbe des Körpers ist auf der Rückenseite dunkler als am Bauch, hier hellbraun, dort dunkel- braun bis grünlich-schwarz. Die Mundöffnung liegt ventral, in der Mitte zwischen dem vordern und hintern Ende, oder dem leiztern mehr genähert. Der Pharynx kann ausgestülpt werden, die vielen, blindsackartig abgeschlossenen Verästelungen des Darmes können leicht wahrgenommen werden, wenn man das Tier in einem Glasgefäss gegen das Licht hält. Zwischen Mund und hinterem Körperende münden die Geschlechtsorgane und zwar die männlichen und weiblichen in einer gemeinschaftlichen Öffnung. Die Eier, 10 bis 50 an der Zahl, werden in einem Cocon von rotbrauner Farbe und kugeliger Gestalt abgelegt. Ein Cocon misst 1'/„—2'/z mm im Durchmesser und ist mit einem kurzen Stielchen versehen, mit welchem er an der Unterseite von Steinen etc. befestigt wird. 2. Planaria alpina Dana. (Fig. 2). Die zwei kurzen Fühler stehen vor den Augen, der Kopf ist vorn nicht zugespitzt, sondern fast so breit, wie der übrige Körper. Ausgewachsene Tiere messen 12—15 mm in der Länge. Die gewöhnliche Farbe ist grau bis graubraun. Professor Zschokke fand in den Alpen je nach der Farbe des Untergrundes weisse, graue, braune und schwarze Varie- täten. Die Cocons messen 1—1'/s mm, sind ungestielt und werden nicht angeklebt, sondern frei auf den Boden der Gewässer abgesetzt. Was die Form des Körpers etc. anbelangt, so gilt das für Planaria gonocephala gesagte. Ag. 3. Polycelis cornuta 0. Sch. (Fig. 3). Die Gattung Polycelis besitzt eine grosse Anzahl von Augen, welche in etwas unregelmässiger Reihe den ganzen Vorderrand des Körpers umsäumen. Polycelis cornuta hat deren ungefähr 80 bis 100. Ihre Zahl nimmt mit dem Alter des Tieres zu. Der Kopf sieht ähnlich demjenigen von DD Planaria alpina, hat aber etwas längere Fühler und & der Vorderrand des Kopfes ist in der Mitte mehr nach vorn gewölbt. Sobald das Tier auf einen Widerstand stösst oder berührt wird, werden die Fühler rasch ein- gezogen. Ausgewachsene Tiere messen 15—18 mm in der Länge, | dig. 3. BR 8 Die Färbung ist chocoladebraun bis lehmgelb. Bei der Verena-Ein- siedelei bei Solothurn fand ich ein weisses Exemplar, dessen Fühler braun gefärbt waren. Auf den ersten Blick sind manchmal Planaria alpina und Polycelis cornuta nicht zu unterscheiden, dann wird aber die Besichtigung mit einer starken Lupe bald zeigen, ob nur 2 oder ob mehrere Augenpunkte vorhanden sind. Über die geschlechtliche Fortpflanzung von Polycelis cornuta wissen wir nicht sehr viel. Oskar Schmidt!) erwähnt ganz kurz, dass sich ihre Cocons von denen anderer Planariaden nicht unter- scheiden. line weitere Angabe verdanken wir dem bekannten Er- forscher der Süsswasserfauna, Zacharias.?) Er schreibt: „Bei einer Identifizierung der in Frage kommenden Arten stösst man auf grosse Schwierigkeiten. Ich traf eine „gehörnte‘“ Planarie in einem kleinen Bache des Isargebirges an, die, dem äusseren Ansehen nach, voll- kommen mit Polycelis cornuta 0. Sch. übereinstimmte. Aber diese Dendrocoele besass keine Geschlechtsorgane, sie pflanzte sich in meinem Glasbassins ausschliesslich durch Querteilung fort. Ihre Identität mit der von Schmidt beschriebenen Form ist also sehr problematisch.“ Hierauf beschreibt Zacharias den Vorgang der Querteilung und fährt dann fort: „Die Teilungsprozesse hören aber ganz und gar auf, wenn man die -Tiere spärlich füttert oder gar hungern lässt. Auch die Jahreszeit scheint dabei von Einfluss zu sein. Gegen Ende August dem betreffenden Bach entnommene Exemplare zeigten auch bei guter Fütterung die Querteilung nicht mehr. Dafür entdeckte ich aber zu meinem Erstaunen geschlechtlich differenzierte Exemplare unter denselben und es scheint somit, dass die Fortpflanzung durch Querteilung nur während der Sommermonate stattfindet. Duges erwähnt nichts davon, dass er die gleiche Beobachtung gemacht habe, aber er sagt, dass ihm im Herbst ganz kleine Individuen von Planaria subtentaculata (welche wohl mit. Polycelis cornula identisch ist) zu Gesicht gekommen seien, und er macht bezüglich dieser die Bemerkung): ,‚C’est cependant surtout dans la derniere de ces !) Zeitschr. f. wiss. Zoologie 1858. 2) Zacharias, O. Uber Fortpflanzung durch spontane Querteilung bei Süsswasserplanarien. — Zeitschr. f. wiss. Zoologie 1886. 3) Dug&s, A. Recherches sur l’organisation et les ma@urs des Planaries — Annales d. sciences naturelles, serie, I. XV. 1828. BE saisons (nämlich im Herbst) que j’ai trouve en abondance des troncons avec un commencement de reproduetion des parties qui leur man- quaient ä la meme &poque, j’ai trouve des individus bien propor- tiones et longs quelquefois seulement d’ une ligne et demie. Les individus ne pouvaient avoir une pareille origine; des ceufs, sans doute, leur avaient donn& naissance.‘“ Mit anderen Worten heisst das: es müssen zur Herbstzeit Eier producierende, resp. geschlecht- lich differenzierte Individuen vorhanden sein und diese habe ich unter Händen gehabt. Duges’ Vermutung hat sich also voll bestätigt.“ Soweit Zacharias. Ich habe nun im Juli des Jahres 1898 in der Nähe von Neuen- burg einige Exemplare von Polycelis cornuta gefunden, die ge- meinschaftlich mit Planaria alpina die Unterseite von Steinen in einem kleinen Bache bevölkerten. Dieselben hatten ein wohlgenährtes, ich möchte fast sagen, fettes Aussehen. Herr Dr. Fuhrmann hatte mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Anatomie der Geschlechts- organe von Polycelis cornuta histologisch noch nicht bekannt sei, und so nahm ich denn diese Exemplare mit. Angefertigte Schnitt- serien zeigten mir sogleich, dass meine Vermutung, die Tiere möchten geschlechtsreif sein, wohl begründet war. Die zu beiden Seiten des Körpers gelegenen, folliculären Hoden waren in voller Thätigkeit, Spermatozoen zu erzeugen, die Vasa deferentia und die Vesiculae seminales strotzten von solchen. Auch der Penis war entwickelt. Zu meinem Erstaunen fand ich aber keine Spur von weiblichen Ge- schlechtsorganen, weder von Ovarien noch von Dotterstöcken. Die Tiere waren also „Männchen“. Da ich Neuenburg bald verlassen musste, hatte ich nicht mehr Gelegenheit, noch ältere Entwicklungs- stadien zu untersuchen, bei denen sich auch die weiblichen Drüsen angelegt haben würden. Die Proterandrie ist also bei Polycelis cornuta sehr stark ausgeprägt, wie bei einigen Cestoden. Die gewöhnliche Fortpflanzungsweise von Polycelis cornuta geschieht auf ungeschlechtlichem Wege durch Querteilung. Der Vor- gang wird von Zacharias in der schon erwähnten Arbeit genau beschrieben. Es entsteht zuerst hinter der Mundöffnung mitten durch den Körper hindurch ein Loch, nun erst lösen sich nach und: nach auch die Seitenränder ab. Im Gegensatz hiezu beschreibt Voigt') ı) W. Voigt loc. eit. a „dass hinter der Mundöffnung eine ringförmig den Körper umfassende !inschnürung auftritt, die immer tiefer einschneidet, bis das Hinter- ende dadurch völlig abgetrennt wird. Die frische Wundstelle am Körperende des durch Selbstamputation verkürzten Tieres wird etwas nach innen eingezogen, sie vernarbt schnell und das verloren gegangene Stück ersetzt sich bald wieder durch Neubildung.‘“ — Die von mir beobachtete Querteilung ging so vor sich, wie es Zacharias be- schrieben hat. Wurde eine Nadel durch das mitten durch den Körper gehende Loch gesteckt, so kam es sehr oft vor, dass durch die Be- wegung des auf diese Weise festgehaltenen Tieres die hintere Partie abgerissen wurde, Beide Teilstücke haben an der Teilungsstelle einen kleinen Ausschnitt, so dass sie hier herzförmig aussehen. Das hintere Stück bleibt erst eine zeitlang ruhig liegen; nach und nach füllt sich der herzförmige Ausschnitt aus und wächst als eine kleine Spitze nach vorn. Bald beginnen sich auch die Augenpunkte zu bilden, dann entsteht am hinteren Teile der Mund und das Tier ist wieder vollständig. Auf dieselbe Weise bildet sich auch der abgeschnürle Schwanz des Vorderteiles wieder aus. Die regenerierten Teile sind anfänglich weiss gefärbt, nehmen aber nach und nach die Farbe des übrigen Körpers an. Ob die subcutan gelegenen Pigmentzellen neu gebildet werden, oder ob sie aus dem mit solchen versehenen Teil- stücke geliefert werden, kann ich nicht sagen. Sollte es sich zeigen, dass nur Ende Sommer geschlechtliche Fortpflanzung eintritt und dass sich nachher die Tiere nicht mehr fortpflanzen, so hätten wir eine Art Generationswechsel vor uns. Nach den Beobachtungen von Voigt ruht die ungeschlechtliche Fortpflanzung während der Wintermonate und alle Individuen sind zu dieser Zeit mit wiederhergestellter Hinter- leibspitze versehen. Fortpflanzung durch Teilung kommt auch bei andern Turbellarien vor. Von den in dieser Arbeit erwähnten Arten verdanken wir noch eine Angabe über Planaria alpina Zschokke'), welcher gelegentlich seiner Untersuchungen unserer Alpenseen diese Art sehr weit verbreitet fand. Im Lünersee fand er „junge und jüngste Tiere in Menge. Eine lebhafte, ungeschlechtliche Vermehrung schien statt- zufinden.“ Borelli bestätigte später diese Beobachtung. 1) Zschokke, F. Die zweite zoologische Excursion an die Seen des” Rhätikon, — Verhandl. d. naturf. Gesellschaft in Basel. IX. Bd. 189. a de ee see ee Te Dass sich die Planarien auch künstlich vermehren lassen, da- durch, dass man sie in zwei Teile verschneidet, ist eine so bekannte Thatsache, dass ich darauf nicht näher eingehe. Angeregt durch die interessanten Arbeiten von Voigt!) und mit der Absicht, dem Wunsche dieses Forschers nachzukommen, auch andere Gegenden auf die Verbreitung dieser Turbellarien zu unter- suchen, unternahm ich im Laufe des Juli und August 1898 einige Excursionen in der Umgegend von Aarberg. Bevor ich auf die dabei erhaltenen Resultate eingehe, will ich erst in aller Kürze die wichlig- sten Ergebnisse und Schlüsse nennen, welche Voigt aus seinen Beobachtungen gezogen hat: Planaria alpina ist als Relikt von der Eiszeil her zu be- {rachten. Sie bewohnte während derselben die damals existierenden, kalten Gewässer. Als dann später nach und nach ein wärmeres Klima eintrat, zog sie sich ebenfalls mit den weichenden Eismassen zurück und bewohnt heute noch vornehmlich die Gewässer der Alpen — und Bergregion. In der Ebene findet sie sich nur in solchen Bächen und Quellen, deren Temperatur nie höher als auf ungefähr 12° C. steigt. Später wanderten dann von den Flüssen her andere dendrocoele Strudel- würmer in die Bäche ein und besetzten die von Planariaalpina geräumten Plätze. Dies geschah zuerst durch Polycelis cornuta. Viel später, jedenfalls in historischer Zeit und wahrscheinlich noch jetzt, drang dann auch Pl. gonocephala in die Unterläufe der Bäche ein. Dass dies erst vor verhältnismässig kurzer Zeit geschah, geht aus dem Umstande hervor, dass Voigt diesen Wurm eine lange Strecke eines Baches bewohnen sah, plötzlich aber verschwand er und zwar an einer Stelle, wo ein weiteres aktives Vordringen durch ein hohes Mühlen- wehr verhindert war. Ob dem Wehr fand sich keine Pl. gono- cephala mehr, obschon hier die Bedingungen zum Gedeihen ebenso 1) Voigt, W. Planaria gonocephala als Eindringling in das Verbreitungs- gebiet von Planaria alpina und Polycelis eornuta. — Zoolog. Jahrbücher, Abt. f. System., Geogr., u. Biologie der Tiere. Bd. VII. 1895. Voigt, W. ÜberTiere, die sich vermutlich aus der Eiszeit her in unsern Bächen erhalten. haben. — Verhandl. d. naturhist. Ver. d. preuss. Rheinland e Westfalens u. d. Reg.-Bez. Osnabrück. 52. Jahrg. 1895. Voigt, W. Die Einwanderung der Planariaden in unsere Gebirgsbäche. — ibidem 53. Jahrg. 1896. günstig erschienen, wıe unterhalb des Wehres. In Bächen, in denen alle 3 Arten vorkommen, können wir gewöhnlich 5 Zonen unterscheiden: zu unterst, der Mündung des Baches zunächst gelegen, findet sich die Pl. gonocephala-Zone; weiter hinauf folgt dann ein kürzerer oder längerer Abschnitt, woPl.gonocephalaundPol. cornuta gemischt vorkommen ; hierauf folgt das 3. Stück, hier lebt nur Pol, cornuta. In der 4. Zone ist diese mit Pl. alpina vermischt und zu: oberst endlich findet sich Pl. alpinaallein. Dieses Schema trifft man. nur ganz sellen so, wie ich es jetzt gezeichnet habe, es kommen vielmehr alle möglichen Varialionen vor. Die Karten von Voigt zeigen uns, dass in einigen Bachläufen Pol. cornuta vollkommen fehlt, in andern ist Pl. alpina gänzlich ausgerottet. Wo sich 2 Arten treffen, findet unter diesen ein Kampf statt; dies ist aber nicht im eigentlichen Sinne des Wortes zu verstehen ; denn die einzelnen Tiere befeinden sich gegenseitig nicht, wie dies Voigt an seinen in der Gefangenschaft gehaltenen deutlich beobachtete. Selbst bei gänzlichem, längere Zeit andauerndem Nahrungsmangel lassen sie sich gegenseitig vollständig in Ruhe. Nur Pl. alpina scheint einen gewissen Widerwillen gegen Pl. gonocephala zu haben, indem sie bei etwaiger Berührung mit dieser zusammenzuckt. Wenn sie aber sehr hungrig und mit Fressen beschäftigt ist, lässt sie sich durch Berühren und selbst durch Überkriechen von Pl. gonoce- phala nicht stören. Der Kampf ums Dasein ist also kein direkter, das Faustrecht spielt hier keine Rolle. Es kommen ganz andere Faktoren in Betracht: 1. Die Temperatur des Wassers wirkt mit, das Ver- breitungsgebiet der 3 Arten zu vergrössern oder zu beschränken. Namentlich die hohe Temperatur ist hier massgebend. In Gewässern, die von der Sonne längere Zeit beschienen sind, vermag sich am besten Pl. gonocephala zu erhalten. Bei unsern Bergbächen, die hier hauptsächlich in Betracht kommen, sind die oberen Stellen meist von Wald umsäumt, auch liegen die Quellen meist in Waldungen. Hier ist deshalb das Wasser bedeutend kühler. Pl. alpina, die das kälteste Wasser liebt, wird sich deshalb besonders in den Ober- läufen der Bäche finden, auch Pol. cornuta zieht kaltes Wasser vor. 2. Reinheit des Wassers. Am empfindlichsten gegen fauliges Wasser ist Pl. ganocephala, sie geht darin bald zu Grunde. An Stellen, die durch modernde Pflanzenteile verunreinigt sind, findet Re ‚sie sich nicht. Solche Plätze liegen gewöhnlich da, wo Wald die Bach- ufer umsäumt. Pl. alpina und Pol. cornuta scheuen sich da- gegen nicht, direkt unter einer dichten Lage von moderndem Laub zu leben. Die obere Verbreitungsgrenze von Pl. gonocephala liegt deshalb meist da, wo der Wald beginnt. Stark fauliges Wasser würde aber auch für die beiden kleinen Arten tötlich wirken, wie dies an Gefangenen, deren Wasser längere Zeit nicht gewechselt ist, be- merkt werden kann. Die Tiere sitzen dann zusammengezogen stunden- lang ruhig, bis der Tod eintritt, worauf sie sehr rasch zu einer schleimigen Masse zerfallen. Wird an einer Stelle der Wald abgeholzt, so werden wenig oder keine modernden Blätter mehr in den hier fliessenden Bächen sein, Dies wäre noch kein Grund, Pl. alpina oder Pol. cornuta, die allfällig hier ihre Wohnsitze aufgeschlagen hätten, zu vertreiben, es werden aber die Aufenthaltsbedingungen günstiger für Pl. gonoce- phala, welche nun, wenn sie weiter unten überhaupt schon vor- kommt, in den für sie günstigen Bachteil vordringt. Ist reichliche Nahrung vorhanden, so wird sie lange Zeit gemeinschaftlich mit den vorher vorhandenen Arten hier leben, macht sich aber Nahrungsmangel geltend, so tritt ein neuer Faktor auf, nämlich: 3. Die Stärke des Tieres. Pl. gonocephala vermag durch ihre Grösse auch ältere, ausgewachsene Beuteliere zu über- wältigen, die den kleineren Arten entgehen würden. Dazu kommt noch bei dieser Art die Fähigkeit, einen zähen Schleim absondern zu können, mit welchem Gammarus, der hauptsächlich die Nahrung der Planariaden bildet, und andere Bachbeworhner festgehalten werden können. Tritt ein sehr grosser Mangel an Futter ein, so vermag Pl. gonocephala in Folge ihrer bedeutenden Grösse auch länger zu fasten, als die beiden andern Species. Die Jungen der beiden letztern sind bei ihrer Geburt kleiner, als dievon Pl. gonocephala, sie vermögen deshalb lebende Beute weniger leicht zu überwältigen, als diese. In den Öberläufen der Bäche ist die Nahrung meist spär- licher. Dies kommt bei der Fortpflanzung sehr in Betracht. Voigt erhielt z. B. aus einem Cocon einer unter gewöhnlichen Verhältnissen lebenden Pl. alpina15—30 Junge; dem Cocon eines der Exemplare, welche er 3 Monate hatte fasten lassen, entschlüpften deren 7, dem eines der reichlich gefütterten aber 55. Daraus erhellt, dass P. gonocephala, welche die Unterläufe der Bäche bewohnt, also unter Bern. Mitteil. 1899. Nr. 1472. iM. — günstigeren Nahrungsverhältnissen lebt, als die weiter oben vorkommen- den kleineren Arten, ein grösseres Contingent von Nachkommen zu erzeugen vermag, als die beiden andern. Die jungen Planarien helfen natürlich gleich mit, die oft sonst schon spärliche Nahrung verzehren, und schädigen auf diese Weise die schwächeren Species resp. deren Nachkommenschaft. Einen weiteren Vorteil namentlich gegenüber der alpinen Art besitzt Pl. gonocephala ferner in der Art und Weise der Ablage ihrer Cocons. Wie bereits früher erwähnt, werden die- selben vermittelst kleiner Stiele an Gegenständen, die im Wasser liegen, befestigt. Die junge Brut befindet sich deshalb beim Ausschlüpfen gleich in den günstigen Wohnsitzen. Pl. alpina dagegen legt ihre Cocons nur gleich ab, ohne dieselben zu befestigen. So werden die Eier vom Wasser mitgerissen und jedenfalls oft verschleppt oder im Sand begraben oder ans Ufer geworfen, namentlich wenn die Bäche angeschwollen sind, und dies ist oft der Fall während der Fortpflanzungs- zeit unserer Art. Wenn Junge aus solchen weit aus den gewöhnlichen Wohnsitzen fortgeschwemmten Cocons ausschlüpfen, So sind sie im feindlichen Lager. Falls die Nahrung hier nicht spärlich und auch die übrigen Verhältnisse günstig sind, werden sie sich längere Zeit hier auf- halten können, bis sie bei eintretendem Nahrungsmangel oder ver- änderten äussern Verhältnissen auch zu Grunde gehen. Auf solche herabgeschwemmte Cocons wird man die manchmal mitten im Ver- breitungsgebiet einer andern Art vereinzelt vorkommenden Pl. alpina- Exemplare zurückzuführen haben.'). Auch die Fortpflanzung durch Teilung, die ja bei Pol. cornuta eine so grosse Rolle spielt, ist: 1) Übrigens fand Fuhrmann (Die Turbellarien der Umgebung von Basel. — Revue Suisse de Zoologie. T II [1894]), dass Pl. alpina in den Bächen von Bärschwyl jährlich Wanderungen unternimmt. Im Sommer ist sie mehr den Quellen genähert, im Winter findet sie sich weiter nach unten. Auch in England wurde eine ähnliche Beobachtung von Wanderung bei derselben Art gemacht. Voigt bezweifelt aber, dass es ein regelmässiges Wandern ist, und ieh möchte mich seiner Ansicht anschliessen, da es nicht wohl denkbar ist, dass go kleine Tiere, die dazu noch schlechte Schwimmer sind, jährlich je ein Mal gegen die starke Ströommung schwimmend oder kriechend grosse Strecken zurücklegen. Dass aber Pl. alpina Wanderungen unternimmt, habe ich selbst schon beob- achtet, z. B. in einer Quelle in der Nähe von Aarberg, ferner fand ich sie sowohl im kleinen Melchthal als auch auf der Arnialp (Ct. Unterwalden) an senkrechten Abstürzen, über die aber zu jener Zeit nur ein schwaches Wasseräderchen herab- rieselte, hinaufkriechen ; doch waren es jedenfalls nur geringe Strecken, die zurück- gelegt wurden. nn vorteilhafter, als die Vermehrung durch Eier. Abgeschnürte Teilstücke besitzen doch schon eine im Verhältnis zu den aus Eiern ausschlüpfen- den Jungen bedeutende Grösse. Für sie ist der Kampf ums Dasein weniger herb. als für die ganz jungen. Auch von Feinden haben unsere Tiere zu leiden. Nach Voigt ist es unter den Wirbeltieren namentlich die Bachforelle, die ihnen eifrig nachstellt. In Bächen, die diesen Fisch häufig beherbergen, werden die Planarien nicht sehr zahlreich sein. Ich vermute, dass auch die Wasseramsel, die sich noch ziemlich häufig an einsamen Bächen findet, den Turbellarien Schaden zufügtl. Wie Voigt beob- achlet, nähren sich auch die Larven gewisser Wasserinseklten, nament- lich solcher, die unter Steinen aus Sand und Steinchen Wohnröhren bauen, von Strudelwürmern. Ob das bis jetzt Angeführte genügt, die merkwürdige Verbreitung der 3 Tricladen zu erklären, lasse ich dahingestellt. Ich glaube aber, dass bei fortgesetzter Beobachtung, namentlich auch anderer Stellen, noch manches ans Licht gebracht wird, das bei den bis jetzt nur spär- lichen Nachforschungen über die geographische Verbreitung dieser Platoden noch nicht bemerkt worden ist. Es können noch ganz andere Ursachen vorhanden sein, welche die oft frappante Begrenzung der einen oder andern Species bewirken, und man ist bei tiergeographischen Fragen oft nur zu leicht geneigt, das, was man eben gesehen oder zu sehen gemeint hat, als eigentlichen Grund zu betrachten. Darum ist es von grossem Vorteil, wenn möglichst viele am Gleichen arbeiten, so dass einer den andern ergänzen Kann. Untersuchungen über die Verbreitung der 3 Tricladenarten sind sehr leicht auszuführen. Auf meinen Excursionen bestand die ganze Ausrüstung aus einigen Fläschchen von ca. 4 cm Länge und 1 cm Durch- messer, einem grösseren, gut verschliessbaren Glas, einer Glaspipetle und einer Spatel (auch das Taschenmesser kann als solche verwendet werden). Da ich auch die übrigen Bachbewohner, von denen ich etwa 40 Arten sammelte, berücksichtigle, nahm ich auch eine Pincette und Formaldehyd ä 40°/o mit, das ich gleich beim Gebrauch soviel als nötig verdünnte. Ferner ist nötig eine Karte, in die man die Fund- stellen gleich mit Farbenbleistift einträgt, sowie ein Notizbuch. Die günstigste Zeit für solche Untersuchungen sind wohl die Monate Juli und August, weil zu dieser Zeit die Tiere meist ausgewachsen sind. Dıe Untersuchung eines Baches begann ich gleich bei seiner ER Mündung in die Aare. Steine, Astwerk und Blätter wurden aufge- hoben ; die darunter sich aufhaltenden Turbellarien konnten meist auf den ersten Blick erkannt werden, namentlich, wenn es sich um völlig ausgewachsene Tiere handelte. Wo die makroskopische Betrachtung keinen sichern Aufschluss gewährte, entschied die Lupe. Nur in einigen wenigen Fällen war es nötig, zur völlig sicheren Bestimmung Tiere lebend mitzunehmen. Dies geschah da, wo sich abgeschnürte Hinter- leibsenden oder nicht ausgewachsene Individuen vorfanden. Hier war die Anzahl der Augen oft nicht zu erkennen. Es findet sich ziemlich häufig, dass unter ein und demselben Stein Vertreier zweier Arten leben. ‘Dieser Fall tritt namentlich häufig ein in den Uebergangszonen von der einen zur andern Art, aber auch da, wo versprengte Tiere sich mitten im Verbreitungsgebiet einer andern Species finden. Die zweifelhaften wurden mittelst der Spatel sorgfältig abgehoben und mit etwas Wasser in eines der kleinen Fläschchen gesteckt, mit einer Nummer, die auch auf der Karte an der betreffenden Fundstelle ver- zeichnet wurde, versehen und in die grosse Flasche gebracht. Dies hat den Vorteil, dass man nicht immer die kleinen Fläschchen öffnen muss, um das Wasser zu erneuern, das meist bald warm wird; man wechselt von Zeit zu Zeit einfach das Wasser der grossen Flasche. Auch an den heissesten Tagen brachte ich auf diese Weise die Tiere stets lebend nach Hause. Hier genügt es, die zu bestimmenden Exem- plare auf einen Objektträger und unter das Mikroskop zu bringen, um sofort sagen zu können, mit welcher Art man es zu thun hat. Sind mehrere oder gar keine Augenpunkle vorhanden, so ist es sicher Pol. cornuta; sind dagegen 2 Augen vorhanden, so wird die Form des Kopfes leicht entscheiden, ob man es mit Pl. alpina oder mit PI. gonocephala zu {hun hat. Ich untersuchte in der Nähe von Aarberg hauptsächlich 3 Bäche, sowie deren Zuflüsse, die sämtlich auf dem rechten Ufer der Aare münden. 2 davon haben ihre Quellen in den waldigen Höhen des Frienisbergzuges, der das Aarethal nördlich von Bern vom Aarethal des bernischen Seelandes (rennt. Ob dem Städtchen Aarberg findet sich ein ziemlich steiler, merge- liger Absturz, die sog. Rappenfluh. (Vergl. d. Karte.) Dieselbe bildet in: der Mitte ihrer Höhe einen wohl künstlich geschaffenen Absatz, auf welchem die Landstrasse angelegt ist. Der über der Strasse gelegene Teil der Fluh ist am einer Stelle durch eine Stülzmauer gegen das e: ) 5 “ B { 3 » Ric e rn © > B Y f IK z h i , N ; A Fe A = F t N Planaria gonocephala. Jurbellarien \ Planaria@ alpine. Polyreelis cornula. der Umgebung von Aarberg ._ Massstab 1.2300. Radelfingen 7 “ W. Volz del. Auloff« R.Armbruster, Bern, \ or a ” ER) u EM 4 “ 2 a ar un. s N Herabstürzen geschützt. In dieser Mauer ist eine eiserne Röhre ein- gelassen, die den Zweck hat, das Sickerwasser, das aus einem Wald, der über der Fluh steht, hinter die Mauer fliesst, abzuleiten. Dieses Wasser hat im Sommer eine sehr niedrige Temperatur, im Winter aber gefriert es sehr lange nicht; es fliesst in eine, neben der Strasse angelegte Rinne und bildet hier eine Kleine Pfütze von ca. 1 m? Oberfläche ; von hier läuft es dann rechts und links ab, um nach und nach im Boden zu verschwinden. Als ich diese Pfütze besuchte, be- ‚merkte ich eine Unmasse schwärzlicher Tiere sich darin bewegen. Ich hielt sie zuerst für Larven von Dixa, die weiche, schleimige Consistenz belehrte mich aber, dass es nicht mit Chitin gepanzerte Tiere sein konnten, es stellte sich denn auch heraus, dass es PI. alpina war, die hier in ganz ungeheurer Menge vorkommt. Die Tiere mochten wohl nach Tausenden zählen. Sie sassen an zufällig von der Landstrasse hereingeratenen Steinen oder schwammen frei herum. Sie waren von verhältnismässig geringer Grösse, was wohl auf Nahrungsmangel zurückzuführen war. Ein Regenwurm, den ich ihnen gab, wurde sogleich angefallen und in kurzer Zeit von einer solchen Menge von Würmern bedeckt, dass man nichts mehr von ihm sehen konnte, als die hefligen Bewegungen, mit denen er die Quäler abzuschütteln suchte, die ihn bei lebendigem Leibe auffrassen. Auch einige gelötele Kaulquappen wurden gleich verzehrt. Ich besuchte diese Stelle auch während des Winters und fand die Tiere sehr wohl- behalten in ihrer engen Wohnstätte, allerdings schien es mir, als ob sie weniger zahlreich seien, als im Herbst. Diesen Punkt erwähnte ich so ausführlich, weil er mir ein gutes Beispiel dafür zu sein scheint, dass Planaria alpina oder ihre Eier auch passiv wandern, d. h. durch Frösche oder Vögel von einer Stelle zur andern getragen werden können. Ich könnte mir sonst nicht vorstellen, wie die Würmer in diese Quelle gelangt sind. Wie bereits erwähnt, fliesst das Wasser aus dem Boden hervor, der hinter der Stützmauer gelegen ist, von oben können sie also nicht herkommen; dann versickert es im Boden, um in der unteren Hälfte der Rappenfluh da und dort wieder zum Vorschein zu kommen und sich in die Aare zu ergiessen. Von hier können die Turbellarien auch nicht stammen; denn der Fluss ist an dieser Stelle, auch be niedrigstem Wasserstand, ziemlich tief und sehr reissend. In den stellenweise von der obern Hälfte der Fluh herabfliessenden Wasser- Ir A äderchen finden sich keine Planarien; sie könnten sich hier auch gar nicht aufhalten, da jede Nahrung fehlt und in den Regenlachen längs des Strassenbordes wimmelt es wohl zeitweise von Fröschen und Unken, Turbellarien fehlen aber, sie würden in dem Schmutz und Schlamm gar nicht leben können. Auch der Transport oder die Wanderung bei gelegentlichem Hochwasser ist gänzlich ausgeschlossen. Endlich ist auch nicht anzunehmen, dass durch Menschen die Tiere hier eingesetzt sind. Es kann also nur der Transport durch ge- legentlich wandernde Tiere in Betracht kommen und da haben wir dann in erster Linie die in der Nähe vorkommenden Frösche ins Auge zu fassen. Die nächste Fundstelle von Planaria alpina liegt ca. 200 m von der eben erwähnten Fundstelle entfernt. Es ist nun wohl denkbar, dass ein Frosch, nicht eine ganze Planarie, wohl aber einen Cocon die ganze Strecke getragen hat. Auf welche Weise dies geschah, ist schwer zu sagen, doch halte ich es nicht für aus- geschlossen, dass ein solcher zufällig mit der Nahrung in den Darm gelangen kann und es ist zu bezweifeln, dass die dicke Schale den verdauenden Säften des Digeslionsapparates nicht Widerstand zu leisten im Stande ist. Letzterer Versuch könnte übrigens im Labo- 'ratorium leicht ausgeführt werden. Auch die sich gelegentlich bei diesem Tümpel herumtreibenden Bachstelzen, die von hier nach den andern Gewässern fliegen, könnten möglicherweise, sei es ein ganzes Tier, sei es einen Cocon, mitgetragen und hier abgesetzt haben. Voigt machte Versuche, wie lange sich Planaria alpina und Planaria gonocephala ohne Wasser zu halten vermögen, und kam dabei zum Resultat, dass Planaria alpina nach 10 Minuten langem Liegen an der Luft mit dem Leben davonkommt, nach 15 Minuten geht eiwa die Hälfte ein, nach 30 Minuten geben die Ver- suchstiere, ins Wasser zurückgebracht, zwar noch Lebenszeichen von sich, sterben aber nach kurzer Zeit ab. Planaria gonocephala zeigt sich etwas widerstandfähiger gegen Austrocknen, es kamen von ihr selbst noch Tiere mit dem Leben davon, die 30 Minuten an der Luft gelegen hatten. Genau dieselben Versuche, wie sie Voigt ausgeführt, machte ich mit Polycelis cornuta. Die Tiere von ca. 1 cm Länge wurden mittelst einer Spatel auf trockenes Fliesspapier gelegt und sorgfältig mit einem andern Streifen Fliesspapier von dem noch an ihnen haftenden Wasser befreit. Hierauf wurden sie mit einer Glasschale — 719 — ‘überdeckt. Anfänglich tasteten die Versuchstiere mit dem Kopf in der Luft herum, verhielten sich aber bald ruhig. Nach 10 Minuten langem Liegen auf dem Trocknen, wurden sie wieder ins Wasser zu- ‚rückgebracht. Einige hatten den Pharynx ausgestülpt, den sie nun abschnürten, worauf er sich noch sehr lange selbstständig bewegte. Diese Tiere halten alle auf dem Rücken gelegen; sie bewegten sich noch einige Zeit im Wasser, bedeckten sich aber nach und nach mit Schleim und starben dann bald ab. Diejenigen der Versuchstiere, welche mit dem Bauch nach unten gelegen hatten, fingen an, sobald sie wieder mit dem Wasser in Berührung kamen, sich zu bewegen, erst langsam und schwerfällig, dann lebhafter, blieben wieder lange Zeit mit eingezogenem Kopf liegen. Nachdem sie 4 Stunden zuge- bracht hatten, ohne ein Lebenszeichen von sich zu geben, wechselte ich das Wasser und bald begann die eine und die andere wieder umher zu Kriechen. Am nächsten Morgen, konnte ich diejenigen, welche den Austrocknungsversuch mitgemacht hatten, von den übrigen nicht mehr unterscheiden. 15 Minuten langes Liegen an der Luft überstand keine der Polycelis cornuta. Sie gaben wohl, ins Wasser zurückgebracht, anfänglich noch dann und wann ein Lebenszeichen von sich, starben aber bald darauf. Einige lebten nach diesem Versuche noch fünf Stunden. Nach meinen Erfahrungen würde also Polycelis co-rnuta die Austrocknung weniger lange aushalten können, als Planaria gonocephala, selbst weniger lange als Planaria alpina; doch müsste, um ein sicheres Resultat zu erhalten, zu gleicher Zeit und unter den gleichen Bedingungen (Temperatur der Luft) das Experiment _ mit allen 3 Arten gemacht werden. Aus den Versuchen von Voigt und den meinen geht aber trotzdem hervor, dass selbst erwachsene Planariaden eine Zeit lang ohne Wasser zu leben vermögen, und deshalb der Transport durch Wirbeltiere nicht ausgeschlossen er- scheint. Betrachten wir nun die Verbreitungsverhältnisse in dem etwa 200 m entfernten Mühlethalbach oder Oelebach. Gleich bei seiner Mündung fliesst derselbe noch durch ein kurzes Stück des längs der Aare stehenden Waldes. Bei meinem ersten Besuche war er stark ange- schwollen und es war mir deshalb nicht möglich, ihn hier zu unter- suchen. Wie es sich aber später herausstellte, fehlen dem untersten, =. 80. etwa 30 m langen Stück des Baches sämtliche Planariaden, wohl hauptsächlich deshalb, weil hier ziemlich viele Fische von der Aare her eindringen. Ich hatte vermutet, hier Planaria gonocephala, die ich zwar nur aus Abbildungen kannte, zu treffen, sah mich aber getäuscht. Um so grösser war dann die Freude, als ich gleich ober- halb des Waldes, bei einer kleinen Brücke, die gesuchte Planarie fand. Auch traf ich hier eine ganz kleine Polycelis cornula, die wohl bei dem hohen Wasserstande heruntergeschwemmt worden war. Bei einer Besichtigung der gleichen Stelle im Winter, liess sich die letztere Species nicht mehr nachweisen, dagegen war Planaria gonocephala in gleicher Anzahl vorhanden, wie im Herbst. Nicht weit von der Mündung des Oelebaches in die Aare ergiesst sich in diesen ein von rechts kommendes, Kleines Rinnsal, das ziemlich steil über einen Abhang hinunterstürzt und sehr kalkreich ist. Trotz eifrigster Nachforschungen konnte ich in seinem untern Teil nichts finden, erst auf der andern Seite der Strasse, ziemlich weit oben fand sich unter den zwar recht seltenen Steinen stets Pl. alpina. Weiter oben bei einem Hause bildet diese kaum 20 cm breite Wasserader einen kleinen, ganz klaren Teich, der ebenfalls Pl. alpina enthielt; doch dürfte dieselbe hier bald ausgerottet sein, da kurze Zeit vor meinem Besuche daselbst einige Fische eingesetzt worden waren. Pl. alpina lässt sich im ganzen Bächlein verfolgen bis zur Quelle und namentlich hier fand ich sehr grosse Exemplare. Ferner dringt sie in die Nebenarme und Abzweigungen dieses Bächleins ein, die zum Zwecke der Wiesenbewässerung künstlich angelegt worden sind. Kehren wir nun zum Oelebach zurück, so finden wir bis zur Mühle vor Mühlethal stets Pl. gonocephala; an einer Stelle stiess ich auch auf die beiden andern Arten, die jedoch nur in wenigen, jedenfalls versprengten, Exemplaren vorhanden waren. Vielleicht sind es auch die letzten Ueberreste früherer grösserer Kolonien. Die übrige Bachfauna ist hier ziemlich reich, Pl. gonocephala dagegen im ganzen sehr spärlich vertreten. Ich habe den Eindruck erhalten, als ob sie erst im Begriff wäre, hier festen Fuss zu fassen; möglicher- weise hindert aber die hier sehr oft vorgenommene Bachkorrektion eine reichlichere Vermehrung. Gleich oberhalb der Mühle fand ich die letzten Exemplare dieses stattlichen Strudelwurmes. Der Bach beginnt hier viel Kalk abzulagern, auch werden die Gebüsche, welche die Ufer bis hier nur stellenweise af Be TE en x Fa al . einfassten, häufiger und- dichter und mischen sich schliesslich mit höhern Bäumen zu einem kleinen Wald. Hauptsächlich dieser Grund wird es sein, dass Pl. gonocephala nicht weiter nach oben vor- gedrungen ist. Bei der Mühle wird nun Pol. cornuta häufiger und findet sich im ganzen Bachbett zahlreicher, als Pl. alpina. Weitere De- tails unterlasse ich und verweise auf die beiliegende Karle, auf welcher ich mit vieler Sorgfalt die Fundpunkte eintrug. Erwähnen will ich nur, dass die Unterläufe der zahlreichen Nebenbäche und -Bächlein der Hauptsache nach von Pol.cornuta, weiter oben, namentlich in den Quellen ausschliesslich von Pl. alpina bewohnt sind. Die Art der Verbreitung der 3 Turbellarien im Oelebach ist also eine ähnliche, wie sie Voigt für einige Gegenden in Deutschland nachwies. Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf 2 andere Bäche. Der eine, Salzbach genannt, mündet oberhalb des Oelebaches in die Aare. Trotz eifrigster Nachforschung fand ich von seiner Mündung bis 2 km aufwärts nicht eine einzige Dendrocele. Diese Thatsache war mir anfänglich vollkommen unerklärlich ; denn die am Ufer recht dicht stehenden Bäume konnten unmöglich die alleinige Ursache des gänz- lichen Mangels sein. Wie ich erst später zufällig vernahm, ist aber hier der Bach von sehr vielen Forellen bewohnt ; ich wog solche von 160 gr Gewicht. Ob dem Dorfe Radelfingen beginnen plötzlich die Planariaden wieder aufzutreten und zwar erst Pol. cornuta, bald aber auch Pl. alpina, die auch hier allein die Quellen bewohnt. Pl. gonocephala fehlt hier. Ein weiterer Bach, den ich untersuchte, ist derjenige, der in der Nähe von Lyss in die Aare mündet (auf der Karte nicht mehr ein- getragen). In seinem Unterlauf findet sich Dendrocoelum lac- teum. Der Lyssbach ist ziemlich fischreich, aber auch die zahl- reichen Fabriken, die an seinen Ufern stehen, scheinen ein Grund zu sein, dass hier die übrigen Tricladen fehlen. Oberhalb Lyss, in der Nähe der Bierbrauerei fand ich noch ein Stück von Pol. cornulta; im Frühling des folgenden Jahres (1899) fand sich an derselben Stelle immer noch diese Art, ich fand ebenfalls ein einziges Exemplar. Weiter oben fehlen die Planarien gänzlich. Ich untersuchte den Lyss- bach von seiner Mündung an 7 km weit und sehr genau, ohne ein einziges Individuum, ausgenommen dasjenige bei der Brauerei und Dendrocaelum lacteum, finden zu können. Dem ersten von Bern. Mitteil. 1899. 1471. are links kommenden Nebenbach folgte ich mit dem gleichen negativen Resultat etwa 3 km weit. Ich glaube aber für diesen Mangel in dem letztgenannten Teil sichere Erklärung geben zu können: 1. In seinem Unterlaufe ist er oft sehr reissend und kalkablagernd ; 9. sind die Ufer dieses Teiles stark bewaldet; 3, wird er in seinem ÖOberlaufe oft gereinigt, wie dies die neben dem Bache aufgehäuften Schuttdämme beweisen; und endlich 4. ist jedenfalls der Hauptgrund folgender : Der Bach entspringt aus einem kleinen See, dem sog. Lobsigensee. Derselbe wird von einigen mageren Zuflüssen gespiesen. Jın Sommer hat sein Wasser eine ausserordentlich hohe Temperatur und in diesem warmen Wasser leben ja, wie bereits erwähnt, die in Betracht kommenden Arten nicht. Dendroc®elum lacleum dagegen kehrt sich nicht an die hohe Temperatur und bewohnt ziemlich häufig die Steine des Ufers.') In der Strecke, die oft gereinigt wird, fiel mir überhaupt die verhältnismässige Seltenheit eigentlicher Wasserliere auf. Gam- mar us findet sich wohl, aber nur sporadisch, Wasserschnecken sind geradezu selten, die kleinen, schwarzen Käfer, die im Lyssbach selbst einen wesentlichen Bestandteil der Fauna ausmachen, finden sich nur hie und da; von Anneliden ist keine Spur. Dagegen treten alle die Insektenlarven, deren Imagines ein Landleben fiihren, in grosser Menge auf. Dies in Kürze die Ergebnisse meiner Exkursionen ; weitere Nach- forschungen auf diesem Gebiet können noch manches Neue ergeben. Es sei mir noch gestattet, Herrn Dr. Th. Steck, der so freund- lich war, die Korrektur zu übernehmen, den besten Dank abzuslatten.?) !) Sämtliche bis jetzt bekannte Fundorte der einheimischen Turbellarien habe ich in einer demnächst in der Revue Suisse de Zoologie erscheinen- den Arbeit zusammengestellt. 2) Das Manuskript wurde fertig gestellt im Indischen Ocean, an Bord des «Sachsen» (Nordd. Lloyd), den 29. Dez. 1899. JH Graf: Die nachfolgende Abhandlung L. SchläflUs über «Praktische Integration» ist in Briefform für einen uns unbekannten Freund be- stimmt, dem beim Lesen von J. L. Raabe's Differenzial- und Integral- rechnung gewisse Zweifel aufgestiegen waren. Er ist undatiert: jedoch lassen sich leicht Anhaltspunkte gewinnen, welche uns auf die Zeit der Abfassung schliessen lassen. Der Aufenthalt Schläfli’s in Thun dauerte von 1837 bis 1847. Die ganze Abhandlung wurde veranlasst durch Fragen, die Schläfli’s Freund beim Lesen des I. Bandes des Raabe’schen Werkes besonders bei S. 21 und 41 aufgestiegen waren. Dieser I. Band Raabe's ist 1839 in Zürich erschienen und wir werden kaum fehl gehen, wenn wir den Brief auf das Jahr 1840 datieren. Wir geben den Brief möglichst getreu wieder, haben uns aber erlaubt, die Nummerierung der Resultate in einer Weise zu verändern, dass das Verständnis des Aufsatzes nur gefördert wird, sowie einige Zusätze und Erläuterungen zu gehen. Der Aufsatz scheint uns für die Priorität der Aufstellung der Theorie der Bernoullischen Zahlen und Funktionen von gewisser Bedeutung zu sein und beweist aufs Neue, welch’ schöpferischer Geist in Schläfli wohnte. Praktische Integration. “ Von L. Schläfli. Wenn f(x) die erste abgeleitete Funktion von der ursprünglichen Funktion F(x) bezeichnet, d. h. wenn für ein unendlich werdendes w li F(x-+w) — F(w) Br en (A) ist, so schreibt man auch Frwar — N) eg oder mit Rücksicht nicht bloss auf die algebraische Form, sondern auf den absoluten Wert b j® dx—=F(b) — F@), wo a einen Anfangswert der Variablen x bezeichnet, von dem an man sie bis zu ihrem Endwert b wachsen lässt. Aufgabe: Die Funktion f(x) ist gegeben; es ist aber kein Verfahren bekannt, durch welches man einen endlichen (geschlossenen) Ausdruck für die Funktion F(x) finden könnte? Man soll daher F(b) — F(a) wenigstens approximativ mit jedem beliebigen Grade von Genauigkeit berechnen. Auflösung: Man teile b—-a in n gleiche Teile — je mehr, desto besser. — Ein solcher Teil heisse w, also bD—-a=nw. Wenn nun f(x) zwischen den Grenzen a und b kontinuierlich und endlich bleibt, so kann der Fehler, den man begeht, wenn man in der Gleichung (A.) das Zeichen lim weglässt, durch Vermehrung der ganzen Zahl n und daherige Verminderung der Grösse w so klein gemacht werden als man will, nur nicht — 0. Begnügt man sich nun mit irgend einem Grade von Genauigkeit, und nimmt man w so klein an als es derselbe erfordert, so kann man folgende Gleichungen hinsetzen: F(a+w) — F(a) —w.f(a) F(a4+2w)— F(a+w) =wf(a4w) F(a-+3w) — F(a+2w) = wf(a-4-2w) F(a+4w) — F(a-+3w)=wf(a43w) F(a4+-nw)— F(a+(n—1)w)=wf(a+(n—1)w), addiert F(a+nw) — F(a)=w a) +fa+w)+ 2er Ha +(a—1)w)} Beurteilung des an dieser Gleichung haftenden Fehlers, für den Fall, dass f(x) von x=a bis x—b beständig wächst. Den nter Teil von b—a, d. h. w teile man ferner in p gleiche Teile; dann kann man die Gleichung F(a+w) — F{a) = wf(a) durch die viel genauere Zn lan Eh u.s.f., daher auch w 2w —1 wider) ler) rrdertie)orn also F(a-+ w)—F (a) > wf(a), analog F(a-+2w) — F(a-+-w) > wf(a+w) u. s. w., daher schliesslich Fb) —F@)>w|t@a) Ha + wW-t + fatal) w)|, ua) aber diese Ungleichheit nähert sich der Gleichheit so sehr als man will, wenn nur w immer kleiner angenommen wird. Ferner ist f(a) (a4 kw) k—=0 Nun hat man ganz genau a+tw a--2w a+tnw F(b) — F (a) = [war + ffwJdx-+-- + I foR).dx a a+w 240-1) w k—=n—1 I a+(k+1)w — >, | fx)dx. (3.) k—0 Stk w Nach dem Satze von Taylor ist aber a+(k+1)w fs)dx=F(a+kw+w— F(a4kw) « a+kw Eee —wf(fa+kw)+ 7 [f(a-kw) + V Setzt man dies in die Gleichung (3.) ein, so folgt = W w? w> we: F=S- 91 35) 3] Sı Tg s2 +... 7 Su. ler (4.) Weil nun aber die Funktion f(x) sich zu fi (x), R (x), B(x) ete., » 3 el), ee » » f2 (x) » » f3 (x), fa DL f5 (x) » ganz ebenso verhalten wie sich die Funktion F (x) zu I(x), fı (x), EC verhält, so hat man folgendes System von unendlich vielen Gleichungen: 3 WE F=S- 5 S Ho een a —- Su2 + RE W w? we f= s -I ot a, | ae Pe er w w3 we = Ir 51 | 91 Sa H- 3] SB --ree re. FR Su -H RN: W w° wen: nn gt et at Aus dem System I sollen nun SsSı 8 S3..... eliminiert, d.h. der Wert von s durch Fffifß...... ausgedrückt werden. Um diese Elimination bequem auszuführen, wollen wir uns vorerst auf 5 Gleichungen beschränken und dieselben folgendermassen darstellen. 1 1 1 F—=S- Ws f 6 was 54 ws — wis, een 1 1 1 Be — ws 5 WS ws, + 04 SEI ee wf — 2 1 ® 1 4 35 W s.ı 5 ws, | 6 W SR ee 1 vl— Ws n VS Ir TER I ae Die letzte dieser 5 Gleichungen ergiebt: w* 5, ee ,‚ also die vorletzte 1 ws,=wf, meer EEEEErE ‚ die dritie ws =Ww DE eh, az, — ern ‚ die zweite 1 Ä ws— „rw 4 wi Da a ‚ die erste 1 1 w? 1 —— — 7 0% Ar _— —— tf anna aee N) f er f +09.w sort Man entninimt hieraus, dass gesetzt werden darf: 3 s=F+e a a re ee Me nga0 w“ En: NS... s—=f+ewL + WL + wWl, + r C wi, Ben. A Y 2 ß 73 Sonn e ee ae ale ee Sn Me I A en u Re + EN ri: u su—ft&W a wl m-+2 ie W Is m+3 ale Bee CuW an _ a Man substituiere nun diese Werte von S SS, Sy ++: in die erste Gleichung des Systems I, so erhält man für die unbestimmten Coeffi- cienten C,Cy--:-- Br: folgendes System von Bedingungsgleichungen: 1 ae ' 1 Cı Sul, a 1 [071 c3 ea 4 1 (3 ME 5 a aa n 1 Cı [02) (3 C4 > ei Foren a ee ken = 1 \ C a (n +1)! 1, n+-1—k)! Es ist daher cs = — ')a - 1 RS 6, —= () 3 il rag C, == (|) ei 6.7.:30340 C, —0 Meer, 1 Bl 1209600 Co —( ER 1l 19° 47900160 „0 a 691 k 2 1807674368000 = 0 1 — SR 14 74724249600 Die Gleichung, in welcher zuerst die unbestimmten Coefficienten E66, - >» = gebraucht wurden, kann jetzt auch so geschrieben werden BE Re or A! Be 5 cwf C5wf, C,W 5 CW E oder wenn für die Zeichen F,f,f,fyf,,...--- ee das durch sie bezeichnete gesetzt und auf S—c,wf reduziert wird b 1 [to dx=w [5a Hi@+W+ra-t2w)-+ LT oma 2 a 1 f(fa+(n—1)w) + =: f(b) Bern. Milteil. 1899. 1472. 5 (a) + u (BO) oa“ De N) on“ I.) — 1a} — a "On + a 1} — im |] in inf. Schläfli bemerkt, dass Raabe in seinem Buch «die Differenzial- und Integralrechnung» auf S. 431 diese Gleichung (3.) auch habe, sie aber anders abteile und zwar mit dem Vorteil, einen Ausdruck für die Ergänzung zu haben, deren die Reihe in (3.) bedarf, wenn sie irgendwo abgebrochen wird. In der That findet sich im I. Bande, $ III von Seite 435 ein «Allgemeines Verfahren die nummerischen Werte bestimmter Integralien näherungsweise zu ermitteln.» Seile 432 giebt er die Coefficienten dem Werte nach wie hier, während er sie Seite 433 bis mit co auf 16 Decimalstellen ee hal, ‚nämlich Ca — 0,08333 33333 333333 c4ı = 0,00138 88888 888889 cs — 0,00003 30687 830688 cs = 0,00000 08267 195767 Cı == 0,00000 00208 767570 2 — 0,00000 00005 284190 © 0,00000 00006 133825 Cs = 0,00000 00000 003390 Cıs— 0,00000 00000 000086 Co — 0,00000 00000 000002 Nun mögen noch einige Untersuchungen über diese Zahlen cı er folgen. Wir werden durch Vergleichung auf folgende Fragen geführt: *) Für die Methode, diese Gleichung abzuleiten, vergleiche S. D. Poisson, Trait& de mecanique, III. Auflage, I, S. 16, Nr. 13. a 1. Sind wirklich mit Ausnahme von c, alle Zahlen ce mit ungeradem Index — 0, wie es die berechneten Werte von c,6, 6,6, €, Cs vermuten lassen ? & Geht der Zeichenwechsel der Werte der mit geradem Index be- hafteten c ungestört so weiter, wie er an den berechneten Werten von c, bis c,, sich zeigt ? 3. Wenn man in den Nennern der Zahlen C, €, ce, ete. die Faktoren 1! 3! 5! ete. weglässt, welcher Natur ist denn die Progression 1 1 1 1 1 691 1 12 0750 .955%° 91079732 97760: 12, u.s. w.? Nähern sich ihre Glieder vielleicht immer mehr einem bestimmten endlichen Werte? oder können sie vielleicht grösser werden als jede beliebige Zahl? Man multipliziere die erste der Gleichungen II mit x?, die zweite mit x®, die dritte mit x%, u. s. f., damit bei der Addilion der so ver- änderten Gleichungen in der ersten senkrechten Reihe x2 x3 xt x? . $ s 51 1 5] ey ae nenn inne —e 1 5 herauskomme. In der zweiten senkrechten Reihe erhält man x (e!—1); in der dritten c,x? (e®—1) u.s.f., somit im ganzen Ed I eore- MIexle 1) a (e! — 1) -- See A) rer Irene) Fe... —ix X re ex re A suneeersen == En x X xe2-+te 2 ' = 2 x ar Basen Dr 5 Kar also, weil ec = — Zar ist x x x e2-te 2 de = —=1-+0x° + c,X° N > ee = DL Da aber die linke Seite dieser Gleichung den Wert nicht ändert, wenn x in — x übergeht, so müssen alle mit ungeradem Index be- hafteten Coeffiecienten c der rechten Seite verschwinden. Dies die Antwort auf die erste Frage. Zusätze: Es ist 5 >° xe2-+te 2 | Sa ei Pe (a) 227 er 2 Lässt man in dieser Gleichung x in ix übergehen, so folgt: X x 9 a m; colg 5: —uR ee ae ERDE. (b) Schwieriger zu beantworten ist die zweite Frage. Um kleinere Brüche zu erhalten, setze ich c,, = — (— an! ES 1 Man hat nämlich alsdann B, = 19 1 m 120 1 B,. = —— ; 252 1 aan 240 1 B; 132 B. 691 R 32760 1 REmEN Die allgemeine Gleichung bei Il muss in zwei Fällen betrachtet werden: 1. n gerade, 2. n ungerade. 1. Setzt man für n die gerade Zahl 2n, so hat man 1 1 1 (3 2 SEITE! Pan! RE E Foren u Man multipliziere diese Gleichung mit (2n)!, führe die obige Bezeichnung durch B ein und bediene sich des Raabe’schen ( 20 \ 2n(2n—1).--.. --(2n—2k-+2) a Be: Ok) so erhält man die Gleichung k=n 1 1 I Ei zen we en (—1) BU. ® 2n-1 2 >= DK G Diese Gleichung gilt für alle Werte der ganzen Zahlen von 1 an bis ©. 2. Setzt man für n die ungerade Zahl 2n-+-1 ein, so hat man 1 1 13% c2 (2xk (2n-t2)! oem ij] | (2n)! (2n+2—2k)! Durch Multiplikation mit (2n—-1)! erhält man kn de! (5) 0. (@) ma, _. 1 Diese Gleichung gilt auch für n=0. Das System (c) würde zur Berechnung der Werte von B, B,B,—+.- --- genügen, aber die Gleichungen (d) sind sehr vorteilhaft zur Verifikation. Es wird im Verlauf der Untersuchungen von Nutzen sein, wenn man jetzt schon, veranlasst durch die Form der Gleichungen (c) und (d), folgende Bezeichnung einführt: k—=n | x2n+1 y2n > k 2n een k=1 £ k=n an RE EN) k . 2n—2k+2 Bene 2 a re oder k=n—1 0 N 2 y2n—1 k N — et er 2 -> er Fr iR D urn Tan Diese Gleichungen (e) und (f) gelten für n=1,2,3,........ und nun lassen sich die Gleichungen (ec) und (d) ganz kurz so darstellen: o(1,n)=0; w(l,n) 0. Überdies hat man noch & (0,n)=0; ıw(0,n)—0. Überdies hat man noch & (0,0) = 0; (0, n) = 0. Multiplizieren wir (e) mit dx und integriert man zwischen den Grenzen 0 und ” so folgt x ralerl e,mas = ie u ee 1) —ı 0 Be. { Sr Br Ber [x = N) il k=n 2n-+2 2n+1 N 2n—2k+2 1 X N ae pe , N On x a 1 7 on Lane, / 2n—2k-+2 Feo.nax — er v(x,n +1); analog (8) [vs n)dx = — o(x,n) + (—1)" Bn. x (h) Die Gleichung (a) lässt sich folgendermassen darstellen: 2).&) IT a ee es & (= FT ui 3! ae u 35 Bs 13 En ae ee +5 DE Man multipliziere beide Seiten dieser Gleichung mit dem Nenner linker Hand, so müssen, da ja die Gleichung für jedes x wahr sein soll, die Coefficienten der gleich hohen Potenzen von x einander gleich sein. Dadurch erhalten wir folgendes System von Gleichungen: (1/2) BAR! (1/2)" 3! Tr Ar (r)" , (Ya) Bı Br 5! rn 4! Cr) , ChBı _ Ch’ , Bo _ Ch) 7! 7 32 I RENT. allgemein BA On Nee k=n 9 Dr UVORR k 2n (!e)” x eye sc) 182 (1/a)“ On)! (nk)! er DIT Teh]! er I : oder wenn wir mil - (2n)! multiplizieren, so erhalten wir k=n Is 2n+1 > ; TE | “2n2k41 -,,,2n BEN en |,, N) Lo. 2n--1 — 2k-1/’\ 2, 2 oder auch wegen (e) oO nn n) —(. Dies ist der erste Satz. Durch Behandlung der Gleichung (a) wurde eben der Beweis und die Aufstellung dieses ersten Salzes beab- sichtigt. Nun stellen wir gleich einen zweiten Satz auf. Es ist zu zeigen, dass cos2 0 0839 cosp 9 Be ee a — a un: in inf. wz 2 pP’ p=2>° 9 - 5) = en 2n @ Y5 2n -n pa LED) "(| = ı) | (2 2) B, (k) pm 2 nl)! Arc , 2(2n—1)! p—ı Um zu zeigen, dass dieser Satz für 0O<_0<{2n wahr ist, zeige man vorerst, dass wenn er für n gilt, er auch für n-H1 Giltigkeit hat; hernach soll die Richtigkeit noch für n=1 nachgewiesen werden. 2) Durch Multiplikation mit do=2,rd I und Integration von 0 F bis © findet man unter Beachtung von Gleichung (h) => n / 2n+1 f Be De 2m, ( R N DEREN 9\2r | p= Diese Gleichung liefert für die Setzungen o—=(0, 0 =, 9=2vr, die schon gefundenen Gleichungen 1 o(0,n)=0, o (> n) —dreoll,n) 0. was für die Richtigkeit der Gleichungen (I) und (k) spricht. Durch nochmalige Multiplikation mit d® und Integration von O0 bis © folgt P=x e 1—cospe (N amt Da 2 (2n-H1)! br o au NN 12): 5; n—- ) p—1 Four daher > cospO ey (2 2)? ee Ir (m) ar 75 (OntDi? \ar’ ar p=1 Durch abermalige Multiplikation dieser mit do und nachfolgender Integration erhalten wir p=> = 5 = n+1 2 2n+3 € Sur er De 2 (2n—+2)! DIE ) p—1 (en) " ee 975.8 > 2(2n-H1)! Ba+ı Da Dt Setzt man in dieser Gleichung 9 —= und bedenkt ınan, dass sinpze=0 und NE ‚n a wegen (j), so erhält man Er r Teer Bari: Substituiert man diesen Wert nun in Gleichung (m), so unter- scheidet sich dieselbe von Gleichung (k) nur dadurch, dass in ihr n—+-1 statt n steht, somit ist der erste Teil des Beweises geleistet und es ist noch zu zeigen, dass (k) auch für n—1 gilt. Es sei y=X6050 +x?c0s20 +4 x?c0830 +... —+x®cosm®--.-.--- wo x einen ächten positiven oder negativen Bruch bezeichnen mag, damit die Reihe konvergent sei. Multipliziert man diese Reihe mit 2xcos® und beachtet man, dass 2xm+tlcosm® cos 9 = x"t1 cos (m—1) © + x"tlcos(m+1) ©, so findet man 2xycos0.=x?(y4H1) +y—x 0009, x00808 Ss y= ——— l l woraus y== 192006 Fa: folgt, oder auch 1 1 1—x? ee u 7 ER Man multipliziere nun diese Gleichung mit d @ und integriere. 9 Se ? Rechts führe man die Variable I=tang und berücksichtige die Be ey ält als Gleichungen cos = FeRr; und do = he Man erhält alsdann wegen 1—x?) dt 1-hx l t Wr + (1-+x)? 1? ah Q x? sin u Br ) MER NS ysnne 5 —+ arc tang Kr t p=1 = arc tan ee Y 8 geooso” Man beabsichtigt nun in dieser Gleichung x = 1 werden zu lassen. Dann muss aber © zwischen den Grenzen 0 und 2x ent- halten sein, weil an diesen Grenzen selbst —=1--1-4- 1+..... — > wird, also eine Integration | ydo bis an diese Grenze oder über sie hinaus keinen Sinn haben kann. Man findet also für O0 < < 2%, die Gleichheit von © mit einer dieser Grenzen ausgeschlossen, P=>S NT sinpo sc 2) —i_ ı;) 790% n) p—1 Durch Multiplikation mit d® und Integration von « bis @ P=>0 c0OSP@ —c0Sp € 7 1 A >> a Le Se (9— a) — — (9°— a?), also p? 2 4 p=1 = 1 co De >E u —— 4 9? — IT 9-- N we 4 gl Es ist aber für ein unendlich klein werdendes « li iR I In 1 ae 1 > 1 cosp® I 1 4 1 als Sm st De («) Man überzeugt sich bald, dass diese Gleichung für 0 —=2 x wahr ist. Sie gilt also für ein zwischen 0 und 2 x liegendes © und 4 E Grenzen selbst. Setzt man in derselben 9 == 7r, so kömmt 3 SE N Er mr ger Em N en F E.; Mitteil. 1899. No. 1475. erg > 1 oder auch Bald. (2 m)? m=00 TEE Ä S Tr = Nun aber ist m=1 f! ae Re! > az = —; folglich 1 il u Re | \ nn (2m—1)? a = p2 ’ ss 4 1 7c* mr ag em) en, und endlich I) cospe.. 1! LE \ 7 4 p? Ir 4 oO 2 6 (2) Wenn aber in a (k) n=1 geselzt wird, so kommt cosp o (2)? e) (2 77)” == W\ ——; el =25B > p? ge \ Or ) 7% Er Aa eo 1838 | = 27 —5: I) 22 |, 2 “] Bar was mit Gleichung (9) harmoniert. Endlich gehen wir zum dritten Satze über. N 1 (27) | == In 2a) 2 (0) P—- Dieser Salz wird sofort aus (k) erhalten, wenn in (k) 0 =0 gesetzt wird. Nun kann auch auf die 2 und 3te Frage geantwortet werden. Da nämlich OS > I —1J1 z Zi = IB > iR ae p 2 3 positiv ist, so muss nach Gleichung (0) auch Bn stels positiv sein, Bn woraus bei der angenommenen Relation Can - A na der stete Zeichenwechsel der Grössen C, 6; 0, Cg been sich ergiebt. Da ferner DS. steis grösser ist als 1, jedoch dieser Zahl mit pP nn n fortwährend sich nähert, So hat man BE EDENN. FR 1 A An len za (2) jedoch, so dass mit wachsendem n diese Ungleichheit sich beständig der Gleichheit nähert. Da nun im Zähler des Ausdrucks rechter Hand die mit wachsendem n neu hinzu kommenden Faktoren steis grösser werden, während diejenigen des Nenners sich gleich bleiben, so schliesst man hieraus sofort, dass B„ jede endliche positive Grösse überschreiten kann. Die Zahlen Bı B>:-:-. B„ :- -- heissen Bernoullische Zahlen. Ihre Werte werden successive berechnet und verificiert mittelst der Gleichungen k=n ı 1 T if 2m RER 2 an) (ja , (p) = Von n=1 Sa Bee > L N es 2nH1 = bis n=o 2n-2 2 er, 2k—1 Es sei auch : Out 5 kn 9 Bande Xo" Sn N k n 2On—2k+1 on. 2. Denn ) - il (q) 2n 2n—1 NS ’9 n 1 Be nk ae ee sk ae ‚2n—2k Ben 5, 3 _' D Be) Dann kann man mittelst dieser Bezeichnungen folgende Sätze hinstellen: b [won-vzra-tem f(at2w)—... +f(a Ha-w+- f(b) | " k=00o 9% > ce Bı es fax _ı (b) — fax_ı(a) ) (r) wo b-a=nw und fax-ı(x) den (2k—1)'® Differentialcoefficienten von f(x) bezeichnet. Es ist weiter ze2 te 2 Bes Dir Bst; Bis; . ee ne te 6 = 10052 2 see Bo BE ee u ee 3, * X‘ 7ı\ er (t) ferner (0,1) 0, el,n)=0) w(0,n)==0, v(l,n)=0) (u) und oO ee „)= . (v) p=x | cosp® (2 0) Sn (e) — 2n rel | 2(2n )! IB ( 1) v( I )) (w) EI = [@) (2 rei fe) sin po. See au —_ En a SE 2(2n)! e( 2 3 n) ) P= er 2n 1 (2 7) (y) IV an Do Be. ( ) Auch lassen sich folgende zwei Sälze, welche bewiesen werden können und in welchen x eine ganze posilive Zahl bezeichnet, auf- stellen: r | gan 1302 Krieg a a) (02 ae Den ET al A 1) m Nun, mein Lieber, musst du mich entschuldigen, dass ich mein Versprechen dir nicht eher erfüllt habe. Aber gleich als ich von unserer letzten Zusammenkunft heim kam, dachte ich zu viel ver- sprochen zu haben; denn ich wusste nicht, was ich über die Gleichungen (9) und (10), S. 41 in Raabe*) dir schreiben sollte, das ich nicht *) Es handelt sich um die Gleichungen b ik a)dx=w | ol) +platw) + plat2w) + e(b-w) (9) b I ix w [satwm trat tra HN -Helb-w)+F0)| (10) a Siehe $. 41 in J. L. Raabe, die Differential- und Integralrechnung, I. Bd., Zürich 1839. j — 101 — _ damals dir mündlich gesagt hätte. So lange w zwar sehr klein ist, aber doch noch einen endlichen Wert hat, sind jene beiden Gleichungen nur approximaliv und zwar ist bei der einen der Fehler in diesem Sinne, bei der andern im entgegengesetzten. Subtrahiert man sie ‚daher von einander, so erhält man freilich auf der linken Seite 0, aber auf der rechten Seite die Summe der Fehler, die man aber doch nicht gleich o setzen darf. Ich verwundere mich aber, dass du Raabe’s Beweis für den Taylor'schen Satz begriffen hast, denn auf S. 21*) kommen Trug- schlüsse vor, ähnlicher Art wie der, durch welchen du bei jenen Gleichungen (9) und (10), S. 41, ad absurdum geführt wurdest. Die Gleichung (18), S. 21, ist wirklich gar nicht wahr, wenn anders da- selbst fi (x), fa(x) u. s.f. die Differentialcoefficienten von f(x) be- zeichnen. Die aus Poisson’s Mechanik genommene Gleichung, die ich hier mit (v) bezeichnet habe, schien mir vorzüglich geeignet, dir über den Grad der Genauigkeit der Gleichungen (9) und (10), S. 41, in Raabe Licht zu geben, und da jene Gleichung (v) auf die Bernoullischen Zahlen führt, so war mir die Gelegenheit erwünscht, zugleich mehrere Beziehungen und Eigenschaften dieser Bernoullischen Zahlen dir vorzu- legen und zu beweisen. Es waren die Gleichungen (z), auf die ich durch Lesung von Bourdons”*) Algebra gelangte, die mich zuerst mit jenen Zahlen bekannt machten. Seither, es sind nun bald 10 Jahre, bemühte ich mich vergeblich über sie nähern Aufschluss zu verlangen, namentlich zur Beantwortung obiger drei Fragen zu gelangen. Sieh nun, das Bedürfnis, das ich hatte, dir nicht nur die Gleichung (v) oben aus Poisson schlechtweg hinzuschreiben, sondern auch die *) Bezieht sich auf den von J. L. Raabe, die Differential- und Integral- rechnung, I. Bd., S. 21, gegebenen Beweis. **) Bourdon, Pierre Louis Marie, geb. 16. August 1779 in Mencon, gest. 15. März 1854 in Paris, 1801 Professor der Mathematik zu St. Cyr, dann am Licee Charlemagne und am College Henry IV., zuletzt Inspektor der Uni- versität Paris, schrieb unter anderem «Elements d’algebre», die bis 1851 11 Auf- lagen erlebten. Schläfli benutzte die 5te Auflage 1828 und das von ihm gebrauchte Exemplar befindet sich in der Schweiz. Landesbibliothek in Bern. Da er selbst seinen Namen: «L. Schläfli von Burgdorf» eingetragen hat, so ist hieraus zu schliessen, dass er Bourdon während seines Berner Aufenthalts gebraucht hat, also wahrscheinlich von 1829 an. Dies würde nochmals die Annahme bestätigen, dass der vorliegende Brief aus dem Jahr 1840 stammt. Jene Gleichungen (z) be- ziehen sich auf Bourdon, 5te Aufl. 1828, S. 655. — 12 — Eigenschaften der dabei vorkommenden Bernoullischen Zahlen zu be- weisen, hat mich jetzt gezwungen, meine eigenen lange gehegten Wünsche zu erfüllen. Es dreht sich vorzüglich alles um die Gleichung (y). Ich kannte zwar schon vorher, ehe ich daran gieng, dir zu schreiben, zwei Beweise derselben, deren einer sich in Raabe findet. Aber der, den ich hier gebe, ist elementarer als jene beiden. Es ist mir auch leid, dass du beide Male als du in Thun warst, mich nicht angetroffen hast. Das erste Mal war ich von Thun ab- wesend, das andere Mal war ich den ganzen Tag zu Hause gewesen und nur zwischen 5 und 6 Uhr spazieren gegangen. Ich kam zwar vor 6 Uhr zurück, erfuhr aber erst nachher, als es zu spät war, dass du da gewesen seiest. Dich herzlich grüssend dein L. Schläfli. A. Kaufmann. Zur Systematik der Cypriden. Durch eine Reihe von Untersuchungen von \V. Väavra, G. W. Müller, G. O. Sars, W. Hartwig, W. Sharpe, C.H. Turner u.a. teils in europäischen, teils in ausseretiropäischen Gebieten wurde im Verlaufe des letzten Decenniums die Kenntnis vornehmlich der Süss- wassercypriden wesentlich gefördert, indem aus den verschiedensten Gebieten eine grosse Zahl neuer Arten beschrieben und meist auch genau dargestellt wurden. Dabei zeigte sich die Notwendigkeit, eine Anzahl neuer Genera aufzustellen, und je mehr die Zahl der Spezies wuchs, desto mehr stellte sich auch hier das Bedürfnis ein nach einer alle Formen umfassenden Gruppierung. Diesem Bedürfnisse suchte V. Vävra in der Weise zu ent- sprechen, dass er für seine Formen aus Zanzibar (20) Untergattungen einführte und diese bei der Bearbeitung ostafrikanischer Arten wiederum zu einzelnen Gruppen vereinigte (21). In ähnlichem Sinne wird dann auch eine Gypridopsis-Gruppe aufgestellt (22). Wenn nun diese Gruppierung meist aussereuropäischer Formen, gegründet auf genaue anatomische Untersuchungen, unbestreitbar wissen- schaftlichen Wert hat, so erscheint sie mir doch bei der immer noch "so mangelhaften Kenntnis der einheimischen Arten und bei der noch herrschenden Unklarheit in der Auffassung der Gattungs- und Spezies- Merkmale einstweilen verfrüht, da dadurch eine rasche Orientierung erschwert wird, und wir Gefahr laufen, bei einer neuen Entdeckung, deren voraussichtlich noch viele zu machen sind, für eine einzige stark abweichende Art eine neue Gruppe aufstellen zu müssen. Was mir aber für den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse ‚schon berechtigt und durchführbar erscheint, ist eine Zusammen- — 104 — stellung der Galtungen in Unterfamilien, wobei die erwähnte Teilung in Subgenera und Arten-Gruppen unangelastet bleibt und nach Be- lieben weitergeführt oder für spätere Zeiten aufgehoben werden kann. Ich erlaube mir daher, die einheimischen Formen, die mir zur Untersuchung zugänglich waren, sowie die ausländischen Gattungen, soweit dies nach den Beschreibungen und Darstellungen möglich ist, in eine beschränkte Anzahl von Unterfamilien zusammenzustellen, in der Erwartung, dass auch die künftig neu zu bildenden Gallungen diesen einverleibt werden können, ohne weitgehende Modifikationen in den Familienmerkmalen. Es geschieht dies z. T. im Anschluss an die Trennung in zwei Unterfamilien, welche G. W. Müller (11) für die Meerescypriden vor- genommen hal. Die Merkmale, welche, nach meiner Ansicht, zu diesem Zwecke geeignet erscheinen, sind fast ausschliesslich in der Anatomie der Gliedmassen und nur zum geringsten Teil in dem Verhalten der Schalen zu suchen. Es sind: die Gliederzahl der zweiten Antenne, die Anwesenheit und Länge der Schwimmborsten an derselben, die Zahl der Dornen am ersten Fortsatz der Maxille, die Beborstung des Endgliedes des Putzfusses und die Gestalt der Furka. Von der Be- rücksichtigung des Schalenrandes, auf dessen Gestaltung besonders C. Claus (6) und G. W. Müller (11) ein grösseres Gewicht zu legen scheinen, muss einstweilen abgesehen werden, da dessen Wert zu systematischen Zwecken noch nicht allgemein nachgewiesen und in dem Verhalten desselben wohl kaum mehr als ein Art- oder Gat- tungsmerkmal zu suchen Ist. Familie Cyprididae. 1. Unterfamilie: Notodromadinae. Letztes Glied derzweiten Antennelang und schmal’ Schwimmborsten überragen die Endklauen. Erster Fort” satz der Maxille mit sechs gefiederten Dornen. Putz- fuss am letzten Glied mit drei ungleich langen Borsten. Ejaculationsapparat lang und schmal; Ghitinstäbe nicht in getrennten Ringen. Gattungen: Notodromas Liljeborg(10), Cyprois e.p.Aenker(24). Die vonOrley (13) als Notodromas Madaraszi Orley beschriebene Form gehört nicht dieser Gattung an, wie schon in einer ein- — 105 — ‚Jässlichen Beschreibung dieser Art durch Daday (7) nachgewiesen wurde, der sie dann der Gattung Gyprois einverleibt; sie kann aber auch nicht zu dieser Gattung gestellt werden, wie aus dem Vergleich mit Cyprois marginata deutlich hervorgeht. Sie nähert sich vielmehr der Gattung Cypris durch den Besitz von zwei Dornen an der Maxille, unler- scheidet sich aber von ihr durch die Beborstung des letzten Gliedes des Putzfusses und besonders der Furka und ist, mit Rücksicht darauf, einer besondern Gattung zu unterstellen. 2. Unterfamilie: Werpetocypridinae. Schwimmborsten der zweiten Antenne verkümmert. Fortsatz der Maxille mit zwei glatten oder gezähnellen Dornen. Zweites Beinpaar am Ende zangenförmig mit einer gekrümmten Klaue. Furka normal, mit zwei Klauen am distalen Ende. Schwimmvermögen fehlt. Gattungen: Herpetocypris Brady and Norman (3), Ilyodromus Sars (16), Prionocypris Brady and Norman (4), Microcypris Kaufmann (9). 3. Unterfamilie: CGypridinae. Schwimmborsten der zweiten Antenne erreichen die Spitzen der Endklauen oder ragen darüber hinaus. Fort- satz der Maxille mit zwei, drei oder vier Dornen. Putzfuss mit zangenförmigem Ende und einer Klaue Furka normal. Gattungen: Cypris 0. F. Müller, Strandesia Stuhlmann (18), Centrocypris Vävra (20), Acocypris Vavra (20), Stenoeypris Sars (15), Cyprinotus Brady (5), (Heterocypris Claus (6)), Zonocypris G. W. Müller (12), Chlamydotheca Saussure (17), Euryeypris G. W. Müller (12), Pachyceypris Claus (6), Cypretta V\avra (20), die an die Cypridopsis-Formen anlehnt, Cypridella Vävra (20), Pionocypris Brady (4), Acanthocypris Claus (6). Die von Claus (6 p. 52) aufgestellte Gatlung Heterocypris, welche Vavra (21) als eine besondere Gruppe der Gattung Gyprinotus ein- führt, entbehrt, nach meiner Ansicht, der Existenzberechtigung völlig. Sie soll, nach Claus, diejenigen Arten der Gallung CGyprinotus um- fassen, welche keine dorsale Protuberanz, wohl aber eine durch eine Tuberkelreihe gebildete Crenulation am Schalenrand besitzen und ge- schlechtliche Vermehrung aufweisen. Dieses leiztere Merkmal aber fällt Bern. Mitteil. 1899. No. 1476. u als Gattungsmerkmal unbedingt dahin, da wir auch in andern Gattungen ja selbst bei einzelnen Arten, beiderlei Vermehrungsarten antreffen. Die Tuberkelreihe der rechten Schale ist ferner individuellen Schwan- kungen unterworfen, kann ganz fehlen, wie bei Gyprin. incongruens, welche Claus, und nach ihm andere Autoren, dieser Gallung einver- leiben zu müssen glaubten, und die Verhältnisse des Cuticularsaumes sind nach Vävra (21 p. 20) auch keine konstanten; Gründe genug, um die Galtung völlig aufzugeben. Aus den gleichen Thatsachen ergiebt sich aber auch die Frage, ob die Gattung Cyprinotus als solche Berechtigung habe. Die dorsale Protuberanz, die für Brady der Grund zur Abtrennung war, fehlt schon bei Cyprinotus dentato-marginatus Sars (15, Taf. I, Fig. 1—4), und ähnliche Erscheinungen treten auch bei der Cypridopsis-Gruppe auf, wo die Trennung der Gallungen aus diesem Grunde nicht thun- lich wäre. Ebenso ist das Vorhandensein einer Tuberkelreihe auf dem Schalenrand ein Galtungsmerkmal von sehr fraglichem Wert, da es eben ein rein äusserliches ist, und was für bedenkliche Folgen eine Berücksichtigung solcher rein äusserlicher Merkmale in der Systematik herbeiführt, haben uns die Diagnosen älterer Autoren zur Genüge ge- lehrt. Sie dürfen wohl bei allen Ostracoden höchstens zur Gruppierung innerhalb einer Gattung oder zur Aufstellung von Subgenera verwendet werden (siehe Vävra 21, p. 17). 4. Unterfamilie: Cypridopsinae. Furka verkümmert mit geisselförmiger Endborste. Putz- fuss mit einer Klaue am Endglied. Gattungen: Cypridopsis Brady (2), Paracypridopsis Kaufmann (a Cypridopsella Kaufmann (9) = Gandonella Vävra (21) (Claus) (6). Zonoeypris G. W. Müller (12), Oncoceypris G. W. Müller (12), Potamocypris Brady (1870), nimmt eine Sonderstel- lung ein. Diese Subfamilie entspricht also der von Vävra aufgestelllen Cypridopsis-Gruppe nur teilweise, da er zu dieser auch die Gattungen Cypridella. Pionocypris und Cypretta stellt. Da. aber bei diesen For- men die Furka vollkommen normal. bei Cypretta nur wenig verändert ist, sehe ich nicht ein, warum sie nicht zur Cypris-Gruppe gerechnet werden sollten. — 0 Zu der Gattung Cypridopsis Brady zähle ich auch die weit ver- breitete Art Cyprid. vidua, welche Brady und Norman (4) in ihrer neuesten Arbeit zu der Gattung Pionocypris bringen, wo sie ihr aber gleich anfangs eine Ausnahmestellung einräumen müssen. 5. Unterfamilie: Cyeloeypridinae. Schwimmborsten der zweiten Antenne überragen die Endklauen etwa um die Hälfte ihrer Länge. Zweites Bein- paar am letzten Glied mit drei Borsten, von denen die längste als Putzborste wenigstens so lang ist als die drei letzten Glieder zusammen. Furka normal, mit zwei End- klauen. Gattungen: Cyeloeypris Brady and Norman (3), Cypria Zenker (24), Untergaltung Physocypria \avra (21). = 6. Unterfamilie: Ilyocypridinae. Zweite Antenne in beiden Geschlechtern fünfglıedrig. Taster des Kieferfusses verkümmert, zweigliedrig. Tibia des zweiten Beinpaares mit wenigstens zwei Borsten, letztes Glied mit drei ungleich langen Borsten. Ejaculationsapparat mit vielen nicht in getrennten Ringen stehenden Chitin- stäben. Die bis anhin beschriebenen Formen wurden alle zur Galtung Ilyocypris Brady and Norman (3) gestellt, obschon die Schwimm- borsten der zweiten Antenne von sehr verschiedener Ausbildung sind. Gestützt darauf dürfte eine Trennung dieser Galtung mit der Zeit ebenso angezeigt erscheinen, wie bei Gypris. 7. Unterfamilie: Candoninae. Zweite Antenne des Weibchens fünfgliedrig, des Männ chens meist(!) sechsgliedrig mit zweiSpürborsten. Schwimm- borsten fehlen gänzlich. Taster des Kieferfusses beim Weibchen nicht verkümmert, dreieckig, beim Männchen ungegliedert. Putzfuss mit drei ungleichlangen Borsten am Endglied. Chitinringe des Ejaculationsapparates getrennt. Gattungen: Candona Baird (1), Typhlocypris Vejdovsky (23), Candonopsis Vävra (19), Paracandona Hartwig (8), Grypto- candona Kaufmann (9). — 18 — Die marinen Cypriden weichen in der Gestaltung und Beborstung der Gliedmassen nicht unwesentlich von den Süsswasserformen ab, doch lässt sich auch hier die 8. Unterfamilie: Pontoeypridinae, welche G. W. Müller (11) als Pontocyprinae den Cyprinae gegenüber- stellt, abtrennen. Sie sind nach den Darstellungen von Sars (15), G. W. Müller (11), Brady und Norman (3) dadurch gekennzeichnet, dass die Borsten am Endglied des zweiten Beinpaares in der Richtung des Gliedes verlaufen und die Hodenschläuche einen nach unten offenen Winkel bilden. Gattungen: Pontocypris Sars (Oversigt 1865), Erythrocypris G. W. Müller (11), Pontocypria G. W. Müller (11), Argilloecia Sars (Oversigt 1865). Die übrigen Meerescypriden, Macrocypris Brady und Aglaia Brady sind unter sich sc verschieden und weichen z. T. von der Familie der Cyprididae so erheblich ab, dass ihre Stellung im System einstweilen noch unbestimmt ist, weshalb ich mich auf die Aufstellung dieser acht Unterfamilien beschränkte. Bern, April 1900. — 109 — Litteratur. 1. Baıro, W. — The natural history of the British Entomostraca Ray Society. 1850. 2. Brapy, G. St. — A monograph of the rec. Brit. Entomostraca. Trans. Linn. Soc. Vol. XXVI. 1868. 3. Brapy, G. St., and Norman, A. M. — A monograph of the marine and freshwater ÖOstracoda.... Trans. R. Dublin Soc. 1889. 4. — — A monograph.... Part. II. Trans. R. Dublin Soc. Vol. V. 1896. 5. Brapr, G. St. — Notes on Entom. coll. by A. Haly in Ceylon. Linn. Soc. Journ. Vol. XIX. 1885. 6. Craus, ©. — Beiträge zur Kenntnis der Süsswasserostracoden. Arb. zool. Inst. Wien 1892. 7. Dapar, EE — Die anatomischen Verhältnisse von Cyprois dispar Termesz. Füs. Bd. XVIII. 1895. 8. Harrwıg, W. — Candona euplectella bildet eine selbständige Gattung. Zool. Anz. Bd. XXII. 1900. 9. Kaurmans, A. — Neue Ostracoden aus der Schweiz. Zool. Anz. Bd. XXIII. 1900. 10. LitseBorG, W. — De crustaceis ex ord. tribus. Lund. 1853. 11. Mverter, G. W. — Ostracoden des Golfes von Neapel. Fauna und Flora des Golfes von Neapel. 1894. 12. — — Ostracoden aus Madagaskar und Ost-Afrika. Abhandl. Sencken- berg. naturf. Ges. Bd. XXI. 1898. 13. Oruey, L. — Über die Entomostraken-Fauna von Budapest. Termesz. Füset. Bd. X. 1886. 14. Sars, G.O. — Nye Bidrag til kundskaben om Middelhavets Inverte- bratfauna. Arch. f. Math. og. Naturw. Bd. 12. 1887. 15. — — On some freshwater Ostracoda. Vid. Selsk. Forhandl. No. 8. 1889. : 16. — — Contribution to the knowledge of the freshwater Entom. of New-Zealand. Vid. Selsk. Skr. Mat. nat. Klasse N. 5. 1894. 17. Saussure, H. — Memoire sur divers crustaces nouv. des Antilles et du Mexique. Mem. soc. phys. et nat. Geneve. 1889. 18. Srunumann, F. — Vorläufiger Bericht über eine Reise nach Ost- Afrika. Sitzungsb. k. Akad. der Wiss. Berlin. Bd. XXXII. 1889. 19. VAvra, V.— Monographie der Ostracoden Böhmens. Arch. naturw. Durchforsch. v. Böhmen. Bd. VIII. 1891. 20. — — Süsswasser-Ostracoden Zanzibars. Beiheft d. Hamb. wiss. An- stalten. Bd. XII. 1895. 21. — — Siüsswasser-Ostracoden Deutsch-Ost-Afrikas. Ost-Afrika, Berlin. 1897. 22. — — Süsswasser-Ostracoden. Hamb. Magalhaensische Sammelreise. 1898. 23. Veıovsky, T. — Thierische Organismen der Brunnenwässer von Prag. 1882. 24. Zunker, W. — Monographie der ÖOstracoden. Arch. f. Naturg. Bd. XX. 1854. Dr. Dutoit. Über den Vegetationscharakter der Grajischen Alpen. (Vorgetragen in der Sitzung vom 29. April 1900.) Für den Touristen, welcher die Walliser Alpen überschreitet, giebt es nicht wohl einen schrofferen Gegensatz als den zwischen dem Südabhang des Simplon und demjenigen des grossen St. Bern- hard. Das Simplonhospiz liegt, mit der Nordseite an einen flachen Rücken angelehnt, mit seiner Südfront ganz frei gegen die Miltags- sonne; aber diese Vorahnung Italiens, welche man beim Herunter- steigen in das Thal der Doveria zu geniessen wähnt, dauert blos kurze Zeit; kaum sind wir über das Dorf Simpeln hinaus, so führt uns die Strasse durch die wilden Engpässe von Algaby und Gondo, und erst bei Isella erreichen. wir die südalpine Thalstufe mit ihrer üppigen Vegetation. Das Hospiz auf dem grossen St. Bernhard dagegen liegt noch inmitten der schaurig ernsten Natur, durch welche sich der Aufstieg von der Cantine de Proz den Pas de Marengo hinan auszeichnet. Das Gebäude selbst ist so eingezwängt zwischen dem Mont Mort und der Chenalettaz, dass es auch im höchsten Sommer blos auf wenige Stunden von der Sonne beschienen wird. Kaum hat man aber den kleinen See hinter sich, und folgt der Krümmung des Weges um den sogenannten Plan de Jupiter, einen früheren römischen Opferaltar, So öffnet sich plötzlich ganz frei die Aussicht auf das Thal des Buthier, das ohne Unterbrechung sich fortwährend erweitert, und dessen Vege- tation von Stufe zu Stufe reicher und üppiger wird. Das Aoslathal, in welches dasjenige des vom Grossen St. Bernhard herunterfliessen- den Buthier einmündet, wird nach Süden von den Grajischen Alpen begrenzt, einer Gebirgskette, welche zwar lange nicht soviel von en Une den Touristen bereist wird, wie die der Walliser Alpen, ihnen jedoch an landschaftlichen Schönheiten wenig nachsteht. Vom Hauptmassiv jener Alpen münden 4 Seitenthäler in das Hauptthal der Dora Baltea: Val Grisanche, Val de Rhemes, Val Savaranche und Val de Gogne, die 3 ersten ziemlich direkt von Süd nach Nord, das letztgenannle in einem Bogen von Südost nach Nordwest verlaufend. Das Haupt- thal selbst wird im Westen vom Mont Blane geschlossen, der sich hier mindestens eben so schön wie von Chamounix aus präsenliert. Die meisten Gipfel der Grajischen Alpen erreichen eine Höhe von über 3000 Meter, der Grand Paradis sogar 4045 Meter, Obwohl Val Grisanche, Val de Rhemes und Val Savaranche schon eine ziemlich reiche Flora darbieten, so werden sie doch hierin an Mannigfaltigkeit weit übertroffen vom Val de Gogne. Wie unsere Walliserthäler, ist dasselbe an seiner Einmündung in das Hauptthal ganz enge, und erst bei 1450 Meter, nach einem Marsch von 4 Stunden, gelangt man zu einer eigentlichen Thalsohle. Einen Beweis von der Fruchtbarkeit des Bodens an der Ausmündung des Thales in das der Dora Baltea liefert eine ausgedehnte Mandelbaumpflanzung, welche den Abhang bis zıı einer Höhe von eirka 750 Meter bedeckt. Schon der untere enge Teil des Thales birgt, analog demjenigen der Visp, eine gewisse Zahl interessanter Pflanzen, welche zum Teil sich in ähnlichen Lagen des Wallis wiederfinden, zum Teil dem Gognethal eigentümlich angehören. Zu den ersteren gehören: Echinospermum deflexum Lehm, in der Schweiz bei Bergün, bei St. Niklaus, bei Adelboden und ob Lauterbrunnen gefunden; Anchusa italica L., sonst in Tessin und im Veltlin häufig; Centaurea valesiaca Jord. und Koeleria valesiaca Gaud., beide im Wallis nicht selten. Zu den letzteren sind zu rechnen Nepeta lanceolata Lam., eine sonst dem Süden Frankreichs ange- hörende Pflanze; Sisymbrium strietissimum L., aus dem Osten bis dort- hin reichend; Astragalus alopecuroides L., welches dort sein Vege- tationscentrum hat und nach Osten gar nicht, nach Westen bloss bis Embrun (Hautes Alpes) sich ausbreitet. Ein sehr interessantes Factum ist das Hinaufsteigen von Unkräutern; so reichen Phelipaea arenaria Walp. und Lamium amplexicaule L. bis zu 800 Meter, Veronica verna L. sogar bis zu 1600 Meter. Da das Cognethal, wie alle übrigen diesem Gebiete angehörenden, wegen der an die Bergriesen sich anlehnenden Gletscher sehr wasserreich ist, so fehlen ihm auch alle Pflanzen der trockenen Hänge, welche dem Wallis ein so eigentümliches Ge- — 112 — präge verleihen. Wenn wir von Cogne, dem letzten Pfarrdorfe des Thales, höher hinauf dem Laufe der sogenannten Grand’ Eyvia entlang emporsteigen, so gelangen wir zu einer der schönsten und üppigsten Alpweiden, Alpe Chavanis, welche jedenfalls von wenigen in der Schweiz übertroffen wird. Der dort herrschende Reichtum an Pflanzen setzt sich bis zum obersten Teile des Thales, der Passhöhe des Col de Cogne fort; wir dürfen wohl behaupten, dass weder Zermatt noch das Engadin eine solche Fülle von Alpenpflanzen auf einem so beschränk- ten Gebiete aufweisen. Die selteneren unter ihnen (die über die ganze Alpenkette ausgebreitelen lasse ich ausser Acht) lassen sich in 3 Gruppen rubrizieren: 1) solche, welche ausschliesslich im Cognetlal ihren Standort haben; 2) solche, welche von Osten oder Westen dort- hin eingewandert sind; 3) solche, welche dort ihr Vegetationscentrum haben, von dem aus sie nach Westen, nach Osten oder über den Kamm der Walliser Alpen nach Norden. ausstrahlen. Zur ersten Gruppe gehören: Aethionema Thomasianum Gay; Oxytropis Huteri Rchb. fil.; Potentilla sanguisorbaefolia Wolf; Hieracium farinulentum Jord; Hieracium tomentosum — villosum = eriophyllum Schleich. Hieracium tomentosum — barbatum = pogonites Schleich. Zur zweiten Gruppe gehören: Sesleria pedemontana Reuter, aus den Coltischen Alpen eingewandert. Alsine mucronata L., aus der Dauphine. > Anthyllis Dillenii Schult., aus Südostfrankreich. % Sempervivum Gaudini Christ., aus den Südabhängen der Zermatteralpen ® Astragalus Onobrychis L. und monspessulames L., aus Südostfrankreich A: Armeria plantaginea Willd., aus Südostfrankreich s Primula pedemontana Thom., aus den Thälern südlich vom Monte Rosa 2 Pedicularis cenisia Gaud., aus der Dauphine = Asperula flaccida Ten., aus dem östlichen Piemont 5 Knautia tiroliensis Grml., aus der Lombardei = Artemisia chamaemelifolia Vill., aus den Cottischen Alpen Pr Hieracium pedemontanum Burnat, aus den Cottischen Alpen 2 Zur dritten Gruppe gehören: Trisetum argenteum R. u. S., ins Wallis und in die Dauphin& ausstrahlend. # E s £ i k. bn 5 = Ber A; mi — 13 — Cerastium suffrulicosum L., in die Dauphine ausstrahlend. Silene alpina Thom., in die Dauphine y Silene vallesia L., ins Wallis und in die Dauphin6 5 Saponaria lutea L., in die Dauphine r Saxifraga retusa Gouan, in die Thäler südlich von Monte Rosa und in die Dauphine 2 Astragalus aristatus L’Herit., in das Wallis und in die Dauphine Mr Pedicularis caespitosa Sieber, in sämtliche südöstliche Ketten nach Osten und Westen Pedicularis rosea Wulf., in die Dauphine, und in die Ost- alpen bis ins Tirol Pedicularis fasciculata Bellard., in die Dauphine, in das Tessin und bis ins Tirol A Campanula Allionii Vill., in die Dauphine Achillea Herba Rota L., in die Dauphine und östlich bis zum Gardasee x Arlemisia glacialis L., in die Dauphine, in die Walliser- alpen und ins Engadin % Artemisia campestris L. var. alpina, in die Dauphine, und bis nach Zermatt und Zwischbergen % Artemisia Allionii Gaud., nach Zermatt, Saas u. Zwischbergen a: Gentaurea axillaris Willd., in die Dauphine und in die Walliser Alpen ” Wir ersehen aus dieser Übersicht, dass ein grosser Teil unserer seltenen Pflanzen, die an einigen beschränkten Standorten und daselbst meist sehr sparsam vorkommen, aus den Grajischen Alpen, wo sie in sehr grossen Mengen auftreten, wahrscheinlich über einzelne Walliser Pässe herübergewandert sind. Einige Arten können als vikariierende angesprochen werden: so ersetzt Oxytropis Huteri Rehb. fil. die ver- wandte OÖ. Gaudini Reuter, Hieracium farinulentum Jord. das H. pictum Schleich., Saxifraga relusa Gouan die S. oppositifolia L., Centaurea axillaris Willd. die C. montana L., Primula pedemontana Thom. die P. villosa Jacq., Aethionema Thomasianum Gay unser Aeth. saxatile R. Br., Cerastium suffruticosum L. das C. strietum Koch, Trisetum argentum R. und S. das T. distichophyllum Vill., Achillea Herba Rota L. die A. atrala L., Campanula Allionii Vill. die bei uns so häufige C. barbata L. Bern. Mitteil. 1899. No. 1477. — 114 — Haben wir endlich nach einem steilen Aufstiege die Passhöhe des Col de Cogne, 2847 m. erreicht, so öffnet sich zu unseren Füssen, am Ostabhange der Hauptkette der Grajischen Alpen, zwischen dem Monte Rosa dei Banchi und der Punta Tersiva, ein neues, von Westen nach Osten verlaufendes Thal, das Val di Camporciero, von der Ayasse durchflossen, welche beim historisch denkwürdigen Fort Bard in die Dora Baltea sich ergiesst. Dasselbe zeichnet sich vor den zwischen Courmayeur und Aosta in das Hauptthal einmündenden, anfangs er- wähnten 4 Seitenthälern dadurch aus, dass es in seiner oberen Hälfte ausserordentlich steil abfällt (auf eine Länge von 10 km um 1400 m), und auf dieser Strecke gar keine Sohle besitzt. Erst in der untern Hälfte (Senkung 1000 m auf 10 km) haben wir eine flache Thalsohle, welche von Stufe zu Stufe breiter wird, und bei der Ein- mündung in das Hauptthal sehr breit ausläuft. In floristischer Be- ziehung zeichnet sich dieses Thal durch seine ausserordentliche Ar- mut aus; ganz zu oberst, an der Schneegrenze, treffen wir auf dem nämlichen Fleck Erde zwei Pflänzchen, die wohl nirgends sonst auf dem ganzen Erdboden zusammen vorkommen, nämlich Phylteuma pauciflorum L., bei uns bloss um Zermatt und im Ober-Engadin, und Petrocallis pyrenaica R. Br., bei uns auf den höchsten Kalkalpen vor- kommend. Auf welchem Wege diese zwei Einsiedler dorthin gelangt sein mögen, ist schwer zu sagen, da sie beide in den Alpen von Cogne sonst nirgends zu finden sind. Erst von einer Höhe von 1400 m an bis hinunter zur Einmündung in das Hauptthal finden wir einige interessante Spezies wieder, die uns aus dem Wallis bekannt sind, z. B. Bromus tectorum L., Ononis Natrix L. und Campanula spicata L. Aeusserst merkwürdig ist der Unterschied in der Bewal- dung der beiden Thäler. Sowie wir den Kamm der Walliser Alpen überschritten haben, vermissen wir zwei Bäume, welche bei uns. die schönste Zierde unserer Berge bilden, nd auf welche wir mit vollem Rechte so stolz sind: den Bergahorn und die Arve. Auf dem Süd- abhange des Grossen St. Bernhard begegnet uns zuerst die Lärche, von 1800 m bis 1000 m prachtvolle Bestände bildend, dann die Erle und die Buche, untermischt mit Obstbaumanlagen, und von 800 m an herrscht bis nach Aosta hinunter die Rebe vor. Beim Einbiegen in das Val de Cogne, nachdem wir über die erwähnte Mandelbaum- pflanzung hinaus sind, treffen wir ein buntes Gemisch von halbver- wilderten Obstbäumen (Pfirsich-, Pflaumen-, Apfel-, Birn- und Kirsch- bäume) mit Erlen, Buchen und auffallend hochstämmigen Hippophaö- Sträuchern. Bei 1400 m gewinnt allmählich die Lärche wieder die Oberhand, und steigt, stellenweise wunderschöne Bestände bildend, bis gegen 1800 m hinan. Im Thal von Ghamporcher dagegen Ireffen wir bei 1800 m wohl wieder einige Lärchen, aber von 1600 m an wird die Föhre vorherrschend, und von 1400 m an tritt ein Baum auf, der aus allen Felsspaltlen herauswächst und durch die Mächtigkeit seiner Bestände dem Wanderer einen herrlichen Schutz gegen die tropische Hitze gewährt, die zahme Kastanie. Während voller 3 Stunden wan- deln wir unter dem Schatten ihrer Kronen, umschwirrt von zahllosen Cicaden, bis wir das aus terrassenförmig übereinander liegenden Wällen bestehende Fort Bard erreichen. Es ist eigentlich jammerschade, die Strecke von diesem Fort das Thal der Dora Baltea aufwärts bis nach Chätillon per Bahn zurückzulegen; auf ihrer ganzen Länge von circa 30 km besteht sie aus lauter Engpässen, ähnlich unserm Dazio grande. Im Mai, wenn alle Känge in frischem Grün prangen und die Sonne noch nicht brennt, gäbe sie Gelegenheit zu einer mühelosen und prachtvoll romantischen Fusswanderung. Das Val Tournanche, welches bei Ghätillon sich Öffnet und zum Theodul hinaufführt, bietet wie das Val di Gamporciero bis zur Höhe von 1400 m prachtvolle Kastanienwälder, auf welche bis zu 1600 m Obstbaumanlagen, namentlich schöne Kirschbäume folgen. Auch hier, wie in den Grajischen Alpen, beherrscht die Lärche die oberste Stufe. Dieses an seltenen Pflanzen ziemlich arme Thal birgt 2 interessante Spezies: Alyssum alpestre L., dessen Vegetalionscenlrum auf beiden Seiten des Massivs der Zermatter-Alpen liegt, und das durch seine grossen gelben Blüten schon von weitem kenntliche Sempervivum Gaudini Christ., welches den Kamm der Walliser Alpen nirgends über- schreitet und deshalb innert unserer Grenzen bloss im Zwischbergenthale vorkommt. In der Nähe der Schneegrenze treffen wir dann Saxilrag biflora All., Hieracium piliferum Hoppe, Campanula cenisia L., Epilo- bium nutans Tausch., nebst den den höchsten Kämmen der Alpen sonst noch eigentümlich angehörenden Zwergpflänzchen. Das Thal von Zermatt, welches seit der Eröffnung der Balın von einer von Jahr zu Jahr lawinenarlig wachsenden Menge von Touristen besucht wird, sieht seinen Reichtum an seltenen Pflanzen rasch schwinden und dürfte seinen Ruhm, die reichste botanische Fundstätte Europas zu bieten, in kurzer Zeit einbüssen; ich möchte — 16 — wünschen, dass das Cognethal, welches jenem an Reichtum wenig nach- steht, noch Jahrzehnte lang sein jetziges Incognito bewahren könnte, damit die dort wachsende Fülle an botanischen Seltenheiten sich recht lange forterhielte. Inhalts-Verzeichnis. Jahresbericht Jahresrechnung pro 1898 Mitgliederverzeichnis Asher L., Dr., Privatdozent, Über die Quelle der Muskelkraft Baltzer A., Prof. Dr., Geologische Mitteilungen Vorweisung zweier Reliefs mit bos primigenius. Über neuere Eruptionen des Aetna - Vorweisung von geologischen Photographien Beiträge zur Kenntnis schweizerischer diluvialer Gletschergebiete (mit einem Lichtdrucke) Benteli A., Rektor und Docent, Die Niveauschwankungen der 13 grössern Schweizer- seen im Zeitraum der 31 Jahre, 1867 bis und mit 1897, mit besonderer Berücksichtigung der Jura-Seen vor und nach der Jura-Gewässer-Korrektion (mit 2 Tafeln) Dutoit, Dr. med., Über den Vegetationschar akter der Grajischen Alpen . Fellenberg E., Dr. phil., Über den sogenannten fossilen Baumstamm Rischer #:, Prof. Dr., Über Prothallien von Lycopodium Über fossile Cycadeen Göldi E., Dr. phil., Uber die Fischfauna des Amazonenstromes Über Schmetterlingszüge im Amazonengebiete Über die Fischfauna des Amazonengebietes ern] J2 H., Prof. Dr.; Praktische Integration von L. Schläfli Gruner P., Dr., Privatdocent, Uber Beugungserscheinungen Huber R., Dr. phil., Gyimnasiallehrer, Das Wesen der Telegraphie ohne Dralıt Kaufmann R., Dr. phil. und Gymnasiallehrer, Demonstration von Tenia . ; ? Zur Systematik der Cypriden v. Kostanecki St., Prof. Dr., Vorweisung von galizischem Erdwachs Seite der Sitzungs- berichte XIV vu vu V VII Vo VI Abhand- lungen 33 110 83 103 > lo — Kroneeker H., Prof. Dr., Messung von Flüssigkeits-Druckschwankungen Moser Ch., Dr. und Docent, Über eine mit der U miaufszeit der Planeten zusammen- hängende Funktion / ; i “ Schaffer F., Dr. phil., Kantonschemiker und Docent, Über Butterunter suchungen Schücking, Dr., aus Pyrmont, Über die belebende Wirkung des Natrium-Saccharates auf das Herz Sidler Georg, Prof. Dr., Über eine algebraische Reihe Studer Th., Prof. Dr., Über neues Beuteltier Über Säugethierreste aus dem Wadi Natron in Unte r- Aegypten Vorweisung eines rekonstruierten Pfahlbau-Frauen- kopfes 2 £ 3 ; i Vorweisung eines Abgusses von Archäopterix Vorweisung eines Schädels Fschireh 4., Prof. Dr., Vorweisung eines „idealen Bildes einer Kohlenland- „ schaft“ Uber natürliche Auswahl von Krnaıkteln ähnlicher Wirkungskreise Volz Walther, Die Verbreitung einiger Turbellarien in den Bächen der Umgebung von Aarberg (mit einer Karte) Seite der Se nn. 3 VII | vI v 13 VI VI vI V vu VIn VI 3 66 Verlag von K. J. WYSS in Bern. (Fortsetzung von Seite 2 des Umschlags.) - Faseikel IV6: Fauna helvetica. Heft 5: Reptilien und Amphibien’ - Zusammengestellt von Dr. H. Fischer. 39 Seiten 8°. Preis Fr. 1.— Fascikel IV6: Fauna helvetica. Heft 6: Mollusken. Zusammen- _ gestellt von Prof. Dr. Th. Studer, Dr. G. Amstein und Dr. A. Brot. Preis 60 Ots. Fascikel IV6: Fauna helvetica. Heft 9: Crustacea. Von Dr. J. — Heuscher ete. 35 Seiten 8°. - Preis Fr. 1.— Fascikel V4: Heraldik und Genealogie. Bearbeitet von Jean Grellet - "und Maurice Tripet. Bern 1895. 68. Seiten 8°. Preis Fr. 1.50. Fascikel V6 °©: Architektur, Plastik, Malerei. Zusammengestellt von "Dr. B. Haendceke. Bern 1892. 100 Seiten 8°. Preis Fr. 2.— - Fascikel V6°: Leibesübungen. Turnen, Fechten, Reiten, Wassersport - ete. Zusammengestellt von Alois Landtwing. 165 Seiten 8°. ® Preis Fr. 3.— Fascikel V9ab: Landwirthschaft. Zusammengestellt v. Prof.F. Ander- > eggu.Dr. E.Anderegg. Bern 1893. Heft 1—3. 258 5. 8° a Fr. 3.— 5. id. „4 60 £ id. „ 5 und 6 „2. Fascikel V9e: Forstwesen, Jagd und Fischerei. Forstwesen. Zu- _ sammengestellt durch das eidgen. Oberforstinspektorat. Bern 1894, 160 Seiten 8°. Preis Fr. 2.— Fascikel V9e: Forstwesen, Jagd und Fischerei. Jagd. Zusammen- gestellt durch das eidgen. Oberforstinspektorat. 77 Seiten 8°. E::: Preis Fr. 1.50 - Fascikel V9c: Forstwesen, Jagd und Fischerei. Fischerei. Zu- - sammengestellt durch das eidgen. Oberforstinspektorat. Bern 1898, 65 Seiten 8°, Preis Fr. 1.50 F Fascikel V9d: Schutzbauten. Zusammengestellt durch das eidgen. _ Oberforstinspektorat. Bern 1895. 136 Seiten 8°. Preis Fr. 2.— Fascikel V9g3: Mass und Gewicht. Bearbeitet von F. Ris, Direktor der eidgen. Eichstätte. Bern 1894. 36 Seiten 8°. Preis Fr. 1.— I Fascikel V9gy: Post- und Telegraphenwesen. — Postwesen. Zusammengestellt von der Schweizer. Oberpost-Direktion. Telegraphenwesen. Zusammengestellt von E. Abrezol, Inspektor der Central-Telegraphenverwaltung, Bern 1895. 113 Seiten 8°. Preis Fr. 2.— Fascikel V 9ge: Bankwesen, Handelsstatistik, Versicherungswesen. Zusammengestellt von W. Speiser, Basel, Dr. Geering und Dr. —— J. J. Kummer. Bern 1893. 207 Seiten 8°. Preis Fr. 3.— Fascikel V9j: Alkohol und Alkoholismus. Zusammengestellt von - Otto Lauterburg, Pfarrer in Neuenegg, E. W.Milliet. Direktor der eidgen. Alkoholverwaltung, und Antony Rochat, Pfarrer in Satieny. Bern 1895. 183 Seiten 8°. Preis Fr. 2.— - Fascikel V10ey: Die christkatholische Litteratur der Schweiz. Zu- sammengestellt v.Dr. F.Lauchert. Bern 1893. 32 Seiten 8°. 60 Cts. - Fascikel V10e«; Bibliographie der evangelisch-reformirten Kirche in der Schweiz. Heft 1: Die deutschen Kantone. Zusammen- gestellt von Dr. G. Finsler. Preis Fr. 2.— - Fascikel V10e: Die katholisch-theologische und kirchliche Litteratur des Bisthums Basel. vom Jahre 1750 bis zum Jahre 1893. Zusammen- "gestellt von Pfr. Ludwig R. Schmidlin in Biberist. B; we Heft 1 und 2 & Fr. 3.— Verlag von K. J. WYSS in Bern. Graf, J. H., Prof., Dr. Einleitung in. die Theorie der Gamma- funktion und der Euler’schen Integrale. Fr. 2. — — — Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften in bernischen Landen vom Wiederaufblühen der Wissen- schaften bis in die neuere Zeit. Heft 1—3. Fr. 7.20 — — Leben und Wirken des Physikers und Geodäten Jacques 1 Barthelmy Micheli du Crest aus Genf, Staatsgefangener | des alten Bern 1746—1766. Mit Porträt Micheli’s, 7 einer Ansicht seines Gefängnisses in Aarburg und 3 Facsimile seines Panorama der Alpen Fr. 3.— — — Das Leben und Wirken: des Physikers und Astronomen Joh. Jac. Huber aus Basel, 1733--1798. Mit dem 1 Bildnisse Huber’s und einer Tafel, seine freie Uhr- hemmung darstellend . . Fr. 1.— — — Professor Dr. Rudolf Wolf, 1816-1893 » 1 8 — — Professor Ludwig Schläfli, 1814—1895 . » 1.20 — — Der Briefwechsel zwischen Jakob Steiner und Ludwig | Schläfli . Fr. 3. — — — Die Eshumirung Jakob. Steiner‘. s und Einweihung des Grabdenkmals Ludwig Schläfli’s anlässlich des 100. Geburtstages Steiner’s. Mit 2 Lichtdrucken Fr. 1. — — — Der Mathematiker Jakob Steiner von Utzenstorf. Ein Lebensbild und zugleich eine Würdigung seiner Leistungen . . ES Graf J. H.. Prof. Dr. und Gubler Ed, "Dr. Einleitung in die Theorie der Bessel’schen Funktionen. 2 Hefte: Die Bessel'’schen Funktionen erster und zwei- kenAttr, . aA Fr. 4 — Huber, G., Prof. Dr. Ster nschnuppen, " Feuerkugeln, Meteorite und Meteorschwärme . . Fr. 1. — — — Forschungen auf dem. Gebiete der "Spektr alanalyse —. 80 — — Die kleinen Planeten des Asteroidenringes . —. 60 Kissling, Dr., E. Die versteinerten Tier- und Pflanzenreste in der Umgebung von Bern. Exkursionsbüchlein für Studierende . . Fr & Baumberger, E. Ueber die geologischen Ver hältnisse am linken | Ufer des Bielersees : . Fr... — I Baltzer, A., Prof. Vom Rande der Wüste. Populärer Vortrag, ” gehalten im November 1894 in der Bern. Naturforsch. Gesellschaft. Mit drei Lichtdrucktafeln. . Fr. 1.50 Fischer, Prof., L., Zweiter Nachtrag z. Verzeichniss der Gefäss- pflanzen: des Berner-Oberlandes, mit Berücksichtigung der Standortsverhältnisse, der horiz :ontalen und ver- A tikalen en . : ; Fr, RE | "Durch jade Frehhandlung zu beziehen, AAFTERE, INEHAUNUN 306 327