THE J. PAUL GETTY MUSEUM LIBRARY

MITTEILUNGEN

DES KAISERLICH DEUTSCHEN

AßCHAEOLOGISCHEN INSTITUTS

ROEMISCHE ABTEILUNG Band XXI.

BULLETTINO

DELL* IMPERIALE

ISTITUTO AttCHEOLOGICO GERMANICA

SEZIONE ROMANA Vol. XXI.

ROM LOESCHER & C.g

(w. regenberq) 1906

INHALT

W. Amelung, Zum Silberbecher Corsini S. 280-287.

P. Ducati, Frammenti di vaso altico con dipinto rappresen- tante la morte di Argo (tav. III, IV) S. 98-141.

E. R. Fiechter, Der ionische Tempel am Ponte Rotto in Rom (S. Maria Egiziaca) (Taf. VI-XII) S. 220-279.

K. Hadaczek, Zur Geschichte des elruskischen Einflusses in Mit- teleuropa tf. 387-393.

Ch. Huelsen, Neue Inschriften S. 87-88.

Der dorische Tempel bei S. Nicola in Carcere (Taf. V)

S. 169-192. A. Mau, Das grosse Theater in Pompeji (Taf. I) S. 1-49. M. Nilsson, Zur Erklärung des Ludovisischen Marmorthrones

S. 307-313. E. Petersen, Rostra Caesaris nochmals S. 50-63.

Comitium und Rostra S. 193-210.

L. Pollak, Archaische Elfenbeinreliefs (Taf. XV, XVI) S. 314-

331. G. E. Rizzo, Leggende latine antichissime (tav. XIII, XIV) S. 289-

306. Aggiunta S. 398-402. L. Savignoni, Di una Sima ionica con bassorilievi delV isola

di Creta (tav. II) S. 64-82. H. Schenkl, Der Hain der Anna Perenna bei Martial S. 211-

219. RüD. Schneider, Herons Cheiroballistra S. 142-168.

|V INHALT

I. Sieveking, Römisches Aushängeschild mit Darstellung eines

Nymphaeums S. 89-97. F. Staehlin, Bronzeblech mit Münzporträten im Kircherianum

S. 83-86. - Die Thema Capitolina (Taf. XVII, XVIII) S. 332-386. H. L. Wilson, Eine neue Inschrift aus Terracina S. 394-397. Sitzungen und Ernennungen S. 288. S. 403. Register S. 404.

DAS GROSSE THEATER IN POMPEJI.

(mit Taf. Ij

Die Erforschung der älteren Formen des grösseren Theaters in Pompeji wird W. Dörpfeld verdankt, der im Juni 1902 zu diesem Zwecke nach Pompeji kam. Herr Professor Pais, damals Direktor, liess bereitwilligst die nötigen Nachgrabungen am Skenengebäude vornehmen, die dann nach Dörpfelds Abreise unter meiner Leitung fortgesetzt wurden. Noch im Laufe desselben Sommers veranstaltete der Inspektor Graf Cozza eine Ausgrabung in der Cavea des Theaters und wurde auf meine Veranlassung die Erforschung der Orchestra begonnen. Letztere wurde im Sommer

1904 in Gegenwart Dörpfelds fortgesetzt, aber erst im Sommer

1905 unter Sogliano*s und meiner Leitung ganz zum Abschluss gebracht. Im Sommer 1904 wurde auch unter Mitwirkung Kawe- rau's das Skenengebäude aufs neue genau untersucht und wurdeu von Dörpfeld die hochwichtigen Spuren eines einst im Hinterraum vorhandenen, von Balken getragenen Zwischenbo'dens entdeckt. Kurze Berichte über diese Ausgrabungen sind erschienen Notiz-ie degliscavi 1902 S. 512 ff. (Paribeni) und 1906 S. 100 ff. (Sogliano).

Die folgende Darstellung berichtet über den Tatbestand nach Auffassung des Unterzeichneten; Dörpfeld wird später Gelegenheit nehmen, seine Stellung zu derselben klar zu legen. Doch ist, was hier vorgelegt wird, Resultat gemeinsamer Bemühung; Teilung des geistigen Eigentumes ist kaum möglich, und keiner von uns beiden legt Wert darauf. Auch wo ich Ansichten vortrage, denen vielleicht Dörpfeld nicht zustimmen wird, bin ich doch auf Schritt und Tritt durch seine Mitwirkung wesentlich gefördert worden.

Das Ganze unserer Ausgrabungen wird durch den Plan Tf. I veranschaulicht. Auf demselben sind die Mauerteile der verschie- denen Perioden des Skeneubaues so unterschieden, dass die deuo

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ursprünglichen Bau angehörigen einfach, die des ersten Umbaues kreuzweise schraffiert, die der Umgestaltung in augusteischer Zeit und die wenigen noch späteren schwarz sind. Einfach schraffiert, wie die ältesten Teile des Skenenbaues, sind auch die auf dem Plan sichtbaren Teile des Zuschauerbaues. Sie sind zwar ihrem Ursprünge nach älter als der Skenenbau; da sie aber deutlich von ihm getrennt sind, so entsteht hier durch die gleiche Be- zeichnung nicht gleichartiger Teile keine Unklarheit. Sie enthalten ferner auch Teile die dem Umbau der augusteischen Zeit angehören; aber bei der Art wie hier älteres und jüngeres durch einander geht, war gesonderte Bezeichnung nicht möglich. Sie war auch nicht nötig, da diese längst bekannten Dinge in unserer Erör- terung keine Rolle spielen.

Der zeitlichen Unterscheidung ist die Unterscheidung höheren und niedrigeren Mauerwerks geopfert worden. Es handelt sich hier nur um die letzte Periode (schwarz). Das Podium der augustei- schen Bühne, die innerhalb des Vorhangsraumes laufende Was- serrinne, die an diese angesetzten Stützpfeiler des Bühnenfussbo- dens wird jeder leicht erkennen. Der in der Mitte quer durchge- hende breite schwarze Streif bezeichnet den unter der Bühne durch- gehenden Abzugskanal, der von W (rechts) an der scaenae frons entlang und dann schräg nach vorn gehende schwarze Streif eine Wasserrinne, von der weiter nicht die Rede sein wird. Etwas unklar musste unser Plan in der Mitte der Rückwand (oben) ausfallen: hier bedeutet das Schwarze in der Mitte die Vermaue- rung der alten Thür im unteren Teil der Mauer, die beiden nach rechts und links nicht scharf begrenzten Mauerteile die Pfosten der dann im oberen Wandteil eröffneten Rampenthür.

Unsere Darstellung wird ferner erläutert durch beistehenden Ge- sammtduichschnitt (Fig. 1), und mehrere Teildurchschnitte und Aufrisse. In diesen sind die verschiedenen Arten von Mauerwerk Quadern, ziegeiförmige Steine, Ziegel, Incertum unterschieden und die Mauerdurchschnitte durch eine über diese Materialbe- zeichnungen hinweggehende schräge Schraffierung kenntlich gemacht.

Wir beginnen mit der scaenae frons. Sie erhielt ihre letzte Gestalt im wesentlichen durch einen Neubau in Ziegeln, der dem durch die bekannte Inschrift (MM. Holconii Rufus et Celer cryp-

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tarn tribimalia theatrum s. p.) bezeugten Umbau des Zuschauer- raumes durch die Holconier ziemlich gleichzeitig sein muss. Dies ist zu schliessen aus einer Eigentümlichkeit des Ziegelwerkes, indem nämlich der Mörtel der Fugen mit einer Kante in der Mitte vorspringt, genau so wie an den antiken Teilen der Thür die aus dem unregelmässigen Raum zwischen Theater, Forum trianguläre, Palaestra und Isistempel in die Crypta führt : eine Eigentümlichkeit die sonst meines Wissens in Pompeji nicht vorkommt.

Auf diesen in die Zeit des Augustus, um den Beginn unserer Zeitrechnung fallenden Bau folgten nur noch einige nicht wesent- liche Veränderungen. Die am meisten vorspringenden Teile der Fassade wurden noch um 0,24 vorgerückt. Dieser Vorsatz besteht aus Ziegelwerk, verschieden von dem der ganzen Fassade. Er reicht nur bis zur Sockelhöhe und ist hier durch Tuffsteine bekrönt und abgeschlossen. Ferner sind die ursprünglich durch die drei Thüren aut die Bühne herabführenden Stufen später überbaut worden, vielleicht weil man die Thürschwellen etwas höher legte. Die Reste sind ganz formlos.

Spuren einer älteren, gradlinig verlaufenden Frontwand waren schon immer kenntlich. Ihre Vorderfläche fällt zusammen mit der Vorderfläche der augusteischen Ziegelfront, abgesehen von den ebenerwähnten Zusätzen derselben; diese springen vor die ältere Mauer vor.

Diese ältere Mauer nun wurde näher untersucht. Es ergab sich, dass sie in der Mitte eine vorn 1,78, hinten 1,76 breite Thür hatte, deren aus ziemlich grossen, nicht sehr gleichmässigen, durchschnittlich 0,22 hohen ziegelförmigeu Tuffsteinen bestehende Pfosten um 1,15 unter die jetzige Oberfläche des Podiums der Bühne der letzten Zeit, und damit unter das ungefähre Niveau eben dieser Bühne, um reichlich 0,10 unter das der Orchestra hinab- reichen. Nun ist das jetzige Niveau der Orchestra, wie weiterhin zu zeigen sein wird, späten Datums und Resultat mehrfacher Ver- änderungen : es ist zu Zeiten höher gewesen, kann aber wegen des hier anstehenden natürlichen Lavabodens nur ganz unwesentlich niedriger gewesen sein. Und da es nicht wohl denkbar ist, dass die Orchestra höher gewesen wäre, als die Thürschwellen der Skene, so werden wir diese als im Niveau der alten Orchestra lie-

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gend betrachten dürfen. Die Pfosten sind breit 1,19; dies ist also die Dicke der Mauer. Eine Schwelle ist nicht vorhanden ; den Thür- boden bildet eine mörtolartige Masse. In der westlichen Hälfte der Thür ist der Boden um 0,43 erhöht durch den auch unter der Bühne hindurch nach Süden führenden Abzugskanal. Dieser war also damals noch nicht vorhanden.

Diese Thür liegt grade vor der Mittelthür der späteren Skenen- front. Von zwei weiteren Thüren ist nur je ein Pfosten kenntlich : sie lagen zwischen der Mittelthür und den beiden Nebenthüren der späteren Bühne. Von der westlichen ist der westliche, von der östlichen der östliche Pfosten sichtbar, östlich, beziehungsweise westlich der späteren Thüren ; die beiden anderen Pfosten sind unter den vorspringenden Teilen der späteren Front verborgen. Mauer- stärke und Schwellenniveau sind hier nicht kenntlich ; wir nehmen an, dass sie mit der Mittelthür übereinstimmen. Da ferner diese genau der weiterhin zu besprechenden alten Mittelthür in der Rückwand des Gebäudes, die beiden sichtbaren Pfosten der Seiten- thüren aber je einem Pfosten zweier anderen einst dort befindlichen Thüren genau entsprechen, so ist sicher anzunehmen, dass auch ihre anderen Pfosten den anderen Pfosten jener beiden Thüren entsprechen. Damit ergeben sich die drei Frontthüren als wesentlich gleich weit.

Von dieser alten Frontwand aus verlief jederseits, nahe den Enden, eine Mauer schräg nach aussen gegen den Zuschauerraum. Der am höchsten erhaltene und deutlichste Rest ist auf der Ost- seite, links im Plan Tf. I ; er ist erhalten, weil er hier für die gleich zu erwähnenden Vorbauten benutzt und ihnen einverleibt ist. Es ist nämlich ganz klar, dass die westliche (rechte) Ecke des mittleren, am meisten vorspringenden Teils der östlichsten dieser fünf Vorbauten nicht der übrigen Masse gleichartig, sondern ein Rest einer älteren, schrägen Mauer ist; daher die Schiefwinkligkeit dieses Vorsprunges. Dieser ältere Rest setzt sicli rückwärts fort durch den hinteren Teil des Vorbaues und schliesst an die alte Frontwand an, der er auch im Mauerwerk gleichartig ist. Es ist deutlich, dass die schräge Mauer sich einst nach vorn weiter fort- setzte und an der Front des Vorbaues abgehackt ist. Der der Mitte zugewandte Winkel ist 4 m. vom Ende der Skene entfernt.

Die Fortsetzung dieses Restes gegen den Zuschauerraum fehlt, weil hier der Raum unter der späteren Bühne so stark vertieft ist,

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dass auch die Fundamente verschwinden mussten. Dagegen wurde auf der Westseite durch unsere Ausgrabungen ein in genau entspre- chender schräger Linie verlaufendes Mauerfundament aufgedeckt; wir können nicht zweifeln, dass hier das im Osten verlorene erhal- ten ist. Für den späteren Vorbau ist hier, im Westen, die schräge Mauer nicht benutzt worden ; in ihm sind keine älteren Reste zu constatieren. Dagegen sehen wir hier deutlich, wie sie an die Südwand des Zuschauerbaues stösst und an ihr entlang, in stum- pfem Winkel umbiegend, sich nach Westen bis an die Aussen- wand des Gebäudes fortsetzt, in der Ecke durch eine viel jüngere Basis bedeckt. Und kehren wir nun nach Osten zurück, so dürfen wir wohl annehmen, dass dieser Fortsetzung die sich dort an glei- cher Stelle findenden, jetzt ganz formlosen Reste entsprechen. S. hierzu den Plan Tf. I.

Es ergiebt sich also jederseits ein schiefwinkliger Raum zwischen der schrägen Mauer, ihrer Fortsetzung am Zuschauerbau, der äusseren Seitenwand des Skenengebäudes und der alten Front- wand: ein Paraskenion. Selbstverständlich standen diese beiden Räume in Verbindung mit dem Räume hinter der Front, dem Skenensaal. Und zwar war diese Verbindung nicht etwa so her- gestellt, dass sich die Frontwand nicht über den Ansatz der schrä- gen Mauer hinaus nach aussen fortgesetzt hätte die Fortsetzung ist im Westen sichtbar sondern durch je eine Thür iu der Frontwand. Diese Thüren sind nicht kenntlich, weil die betreffen- den Teile von der späteren Bühneufront bedeckt sind.Da aber, wie oben ausgeführt, den drei sichtbaren Thüren der Front drei Thüren in der Rückwand des Skenengebäudes genau gegenüber standen, und da diese Rückwand nahe den Ecken noch zwei kleinere Thüren hatte, so ist wohl kein Zweifel, dass diesen die beiden eben geforderten Thüren entsprachen. Ob die Paraskenien auch durch Thüren in den schrägen Mauern mit dem von diesen und der Front umfassten, gegen die Zuschauer sich erweiternden Raum in Verbindung stan- den, ist nicht kenntlich, doch wird es wohl anzunehmen sein.

Beistehend (Fig. 2) der im übrigen weiterhin zu begründende Gnvndriss des Skenengebäudes in seiner ältesten Form : ein gutes Beispiel dos von Puchstein als der altattisch-westliche bezeichneten Typus. Es wird gut sein, gleich hier die Art zu besprechen, wie sich dies Skenengebäude an den Zuschauerbau anschloss. Da wo die

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Reste der schrägen Wand des westlichen Paraskenion an den Zu- schanerbau stossen, sind an diesem die Reste eines mit weissem Stuck er würde gut in die Tuffperiode passen bekleideten Pi- lasters kenntlich (im Plan Tf. I angedeutet), der hier eine Ecke nach Osten bildete; was weiter östlich folgt ist späterer Zusatz.

Fig. 2. Aelteste Form des Skenenbaues.

Sein Fuss ist nicht erhalten, wir wissen also nicht, wie tief er stand; aber das erhaltene Schaftstück reicht 0,80 unter die Ober- fläche der Schwelle des westlichen Bühneneinganges, und damit unter den Spielboden der letzten, und vielleicht noch tiefer, sicher nicht weniger tief, unter den der vorletzten Form des Skenenbaues. Er ist aber auch älter als die älteste erkennbare Form desselben ; denn es konnte vollkommen sicher festgestellt werden, dass die eben dieser Form angehörige schräge Mauer an ihn hinangemauert wurde, als er schon teilweise zerstört war. Also ein Rest aus einer Zeit, in der der Zuschauerbau schon in seiner jetzigen Ausdehnung stand, noch nicht aber das jetzige Skenengebäude.

Ueber die Bedeutung dieser als Pilaster gebildeten Ecke kann kein Zweifel aufkommen. Hier war schon damals die jetzige, durch den Bogen mit dem Satyrkopf zugängliche, rechtwinklig gebrochene Parodos, und die Ecke bezeichnet das Ende der Mauer, die sie von dem Räume südlich des Theatron trennte; sie ist die Ecke

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der flügelartigen Erweiterung der Orchestra, die dadurch entsteht, dass natürlich in der Breite der Parodos die untersten Sitzstufen, von der Höhe des Parodoseinganges abwärts, fehlen; hier endete der bedeckte und begann der unbedeckte Teil der Parodos (s. Fig. 2). Später wurde durch den Bau der weiter in die Orchestra vorsprin- genden Tribunalien der bedeckte Teil in eben dieser Richtung ver- längert und inusste mithin die alte Ecke verschwinden. Ausge- schlossen ist also die Vorstellung, als habe damals ein älteres Skenengebäude weiter südwärts, in einiger Entfernung vom Thea- tron gestanden, und es seien zwischen beiden die Parodoi ge- wesen ; diese waren wo sie jetzt sind. Sondern, so dürfen wir weiter schliessen, hier lag schon damals, unmittelbar am Theatron, ein älteres Skenengebäude; es lag da, wo es mutmasslich schon vor der weiterhin zu besprechenden Vergrösserung des Theatron gelegen hatte. Zwischen der Orchestra, d. h. dem unbedeckten Teil der Pa- rodoi, und dem Innenraum der Skene waren freistehende, als Pilaster ausgebildete Ecken. Es ist, soviel ich sehe, nichts im Wege, zwischen diesen beiden Pilastern die Säulenreihe eines Proskenion zu ergänzen; seine Spuren, wenn es hier war, mussten beim Bau des unterir- dischen Ganges unter dem Vorhangsraum verschwinden. War es nicht vorhanden, so öffnete sich der Innenraum des damaligen Ske- nenbaues zu ebener Erde frei auf die Orchestra; es wäre dann wohl unvermeidlich, in ihm den Spielplatz zu erkennen.

Dieser Rest also bezeugt uns eine Zeit, in der der Zuschauerbau schon seine jetzige Ausdehnung hatte, das jetzige Skenengebäude aber noch nicht vorhanden war. Wenn wir nun aber sehen, wie in diesem die schräge Mauer grade an dem Pilaster endete, so dass die Vorderecke des Paraskenion zusammenfiel mit der Ecke des Pi- lasters, so dürfen wir daraus schliessen woran zu zweifeln ja auch gar kein Grund ist dass die beiden Eckpilaster auch da- mals noch, als diese Skene gebaut wurde, frei stehen blieben und die Südöffnung der Orchestra einschliesslich der unbedeckten Teile der Parodoi einfassten, und dass für den Gruudriss der jetzigen Skene in ihrer ältesten Form (Fig. 2) die Absicht massgebend war, die Oeffnung des schiefwinkligen, gegen die Zuschauer sich erweiternden Raumes zwischen den Paraskenien zusammenfallen zu lassen mit der Oeffnung der Orchestra bis an die Parodoswölbungen. Auf dieser Annahme beruht der rekonstruierte Grundriss Fig. 2.

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Und wenn wir nun fragen, ob diese älteste Form der jetzigen Skene ein Proskenion hatte, so werden wir aucli für diese Zeit vor allem die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass es in der Linie der beiden Pilaster lag. Und wir werden antworten: es konnte sein, konnte auch nicht sein. Es konnte aber auch um eine Mauerstärke weiter südlich liegen, in der Linie der Paraskenienfronten. Hier ist ein Fundament vorhanden: es trägt jetzt die Südwand der an der Innenseite des Vorhangsraumes entlang laufenden Wasserrinne, ist aber sicher nicht für diese gelegt worden, da es sich ostwärts bis an das Paraskenion erstreckt, während die Rinne nicht so weit reicht. Es reicht um reichlich 0,10 weniger weit nach Süden als die 0,80-0,85 starken Fundamente der Nordmauern der Paraske- nien. Wie weit es nach Norden reicht, kann nicht constatiert werden ; wenn weiter als die Paraskenien, so ist der betreffende Teil durch den Vorhangsbau bedeckt. Man kann wohl nicht leugnen, dass dies Fundament ein Proskenion getragen haben kann, sowohl ein solches das als Spielhiutergrund diente, als ein den Spielboden tragendes. Aber freilich eben so gut kann es das Bühnenpodium der folgenden, gleich zu besprechenden Form des Baues getragen haben und erst für dieses gelegt worden sein ; dies ist in unserem Plan Tf. 1 angenommen worden. Ein von diesem Fundament bis an die Skenenfront, quer durch den Raum unter der späteren Bühne gezogener Graben stiess auf keinerlei Fnndamentreste: es darf als sicher gelten, dass auf dieser Strecke, also rückwärts der Paraske- nienfronten, kein Proskenionfundament vorhanden ist. Also die Frage, ob Proskenion oder nicht, findet aus den Resten keine Beantwortung.

Wir wenden uns jetzt zur Betrachtung der späteren Umgestal- tungen der Front.

Nämlich die so eben ermittelte Form ist keineswegs die der augusteischen unmittelbar vorhergehende, vielmehr ergab sich aus unseren Nachgrabungen noch eine zwischen beiden liegende Um- gestaltung. S. zum Folgenden auf dem Plan Tf. I das kreuzweise schraffierte, und umstehende Fig. 3.

Wir beginnen mit der Mittelthür. Diese ist einmal mindestens bis zur Höhe der Buhne der letzten Zeit zugemauert worden. Doch füllt die Verschlussmauer nicht die ganze Tiefe der Thür, sondern nur ihren vorderen, der Orchestra zugewandten Teil, bis 0,44 von

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der Vorderkante; erbalten ist sie natürlich, wie auch die Thür- pfosten, nur bis zur Höhe des späteren Bühnenbodens. Ihr Mauerwerk aber tritt vor die alte Frontwand vor und bildet hier einen 5,88 langen, etwa 0,50 breiten Vorsprung, der in der Mitte wieder einen eben so breiten, 3.69 langen Vorsprung hat. Alles dies liegt sym- metrisch zu der Thür, die, 1,77 breit, der Mitte dieses letzteren, kleineren Vorsprunges entspricht.

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Fig-. 3. Zweite Form des Skenenbaues.

Ebensolche doppelte VorsprüDge finden sich auch vor den beiden Nebenthüren ; nur sind sie hier kürzer, und der vordere, kleinere Vorsprung erstreckt sich im Osten nur um 0,32 über die östliche, in Westen um 0,14 über die westliche Thürkante hinaus.

Endlich sind noch zwei solche doppelte Vorsprünge an beiden Enden der Frontwand, über die schrägen Mauern hinausreichend, der Art, dass die innere Ecke des vorderen, kleineren Vorsprunges mit dem Ansatz der schrägen Mauer zusammenfällt. Es wurde schon oben (S. 5) bemerkt, dass im Osten ein Rest der schrägen Mauer diesem Vorsprung einverleibt ist ; wohl dadurch ist er hier etwas länger geworden als vor den eben erwähnten Nebenthüren (2,40 gegen 2,30), während er im Westen kürzer ist (2,10). Diese mit ihrem hinteren Teil bis an die Seitenwände des ganzen Baues reichenden Vorspränge liegen nicht symmetrisch zu den früheren Thüren zwischen Hinterraum und Paraskenien ; diese wird man

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also wohl vermauert haben. Es ist wahrscheinlich, dass dafür in der neuen Form den Vorsprüngen entsprechende Thüren durchge- brochen waren; aber constatiert kann dies nicht werden. AVar es nicht der Fall, so dienten hier die Vorsprünge und was sie trugen nur als Decoration. In unserem Grundriss Fig. 3 sind diese jüngeren Thüren nicht angegeben, weil sie mit der Angabe der vermauerten älteren Thüren collidieren würden.

Diese Vorbauten bestehen aus Incertum, vorwiegend Kalkstein und Tuff, wenig Lava, mit Ecken aus ziegeiförmigen Steinen der gleichen Materialien ; doch erscheinen in diesen Ecken stellenweise auch viel grössere, viereckig behauene Steine, die wohl verwendet wurden, weil sie grade zur Hand waren. Einen besonders alter- tümlichen Eindruck macht das Ganze nicht, hat auch keinen rech- ten chronologischen Charakter; man könnte an die erste Zeit der römischen Colonie denken.

Der durch diese Reste bezeugte Vorgang^ist also ein dreifacher. Erstens werden die Thüren von unten bis zu einer gewissen Höhe vermauert, d. h. höher gelegt; denn Thüren mussten natür- lich auch später dasein, und die jetzt sichtbaren Teile der umgestal- teten Frontwand, ohne Thüren, sollten natürlich unter dem Spiel- boden bleiben. Also erhöhte Buhne, unter deren Spielboden ein Hohlraum war, von gleicher Tiefe wie in der letzten Zeit PompejTs (abgesehen von dem tieferen östlichsten Teil). Denn bis zu dieser Tiefe ist die Vorderfläche der Vorsprünge durchaus als Mauer- fläche behandelt, erst hier beginnt die Fundamentschicht.

Zweitens wird aus der einfachen Mauer eine reicher entwickelte Fassade, deren Schmuck in Umrahmung der Thüren mit Säulen und Gebälk bestanden haben muss. Da vor den Nebenthüren der kleinere, vordere Vorsprung die Thürweite nur ganz wenig überschrei- tet, so können auf ihm, hier wenigstens, keine Säulen gestanden haben; denn diese wären vor die Thüröffnung zu stehen gekommen. Er trug also nur eine vor die Thür und ihre Einfassung vortre- tende Stufe. Sicher sind aber auf dem hinteren, längeren Teil des Vorsprunges säulenartige Glieder als Thüreinfassuug anzunehmen. Zwar würde der höchstens 0,55 breite Vorsprung für Säulen keinen genügenden Raum bieten ; aber es ist ganz sicher, dass die Front- mauer dieser zweiten Form nicht die gleiche Stärke hatte, wie die ältere (1,19). Ihre Ansätze sind an den Seitenmauern des Gebäudes,

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deren betreffende Teile eben dieser zweiten Form angehören (s. unten S. 17 ff.), deutlich sichtbar, und beweisen, dass ihre Vorderfläche um etwa 0,25 weiter zurücktrat als die der alten Front. Man hat also behufs dieser Umgestaltung den über die damals eingerichtete Bühne aufragenden Teil der Frontmauer eingerissen und in gerin- gerer Stärke wieder aufgebaut. So erhalten wir für die Stufe eine Breite von mindestens 0,75, vollkommen ausreichend um auch Säulen auf sie zu stellen. Aus der grösseren Länge der Stufe vor der Mit- telthür dürfen wir schliessen, das hier jederseits zwei Säulen stan- den, vor den Nebenthüren je eine.

Drittens endlich wurde unter Beseitigung der Paraskenien die Front verlängert bis an die Seitenwände des ganzen Baues. Die einst die Paraskenien mit dem Hinterraum verbindenden Thüren blieben nicht als Thüren der erweiterten Front; dies geht, wie schon gesagt (S. 10 f.), daraus hervor, dass die Vorbauten zu ihnen nicht symmetrisch liegen. Dass diesen entsprechend, also weiter gegen die Mitte, Thüren durchgebrochen wurden, dürfen wir annehmen, können es aber nicht constatieren, da ja die Frontmauer nicht bis zur späteren Schwellenhöhe erhalten ist.

Es soll nicht verschwiegen werden, dass das bei dieser Um- gestaltung eingeschlagene Verfahren in einer Beziehung seltsam und mir unverständlich ist. Die Fassade erhob sich über einem von Balken getragenen, einen ziemlich tiefen Hohlraum bedeckenden Boden. Wenn nun zu unterst der Fassade Stufen, hier mehr, dort weniger, vortreten sollten, so war doch das einzig zweckmässige Verfahren, diese Gliederung erst über dem Boden beginnen zu lassen, unter diesem aber die Futtermauer gradlinig durchzu- führen, sei es in der Linie der am meisten vorspringenden Stufen, sei es noch besser etwas weiter vortretend, als Auflager für die Balken des Spielbodens. Statt dessen ist die aus den Stu- fen sich ergebende Gliederung ganz unnötigerweise auch unter den Spielboden bis auf den Boden des Hohlraumes hinabge- führt worden, so dass hier die Futtermauer in vielfach gebroche- ner Linie verlief. Wenn hiermit eine geringe, für einen solchen Bau kaum in Betracht kommende Ersparniss an dem nicht kostspieli- gen Material verbunden war, so wurde diese mehr als aufgewo- gen durch die vermehrte Arbeit an den vielen, aus sorgfältig be- hauenen Steinen hergestellten Ecken. Ausserdem mussten nun auch

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die Balken länger und ungleich lang sein. Und wollten wir statt Balkenboden und Hohlraum Erdfüllung unter dem Spielboden an- nehmen, so würde dadurch die Arbeitsverschwendung an allen den Ecken und Vorsprüngen nur noch unverständlicher. Indess, wie immer das zu erklären sein mag, an der Tatsache ist kein Zwei- fel möglich. Dagegen ist der Umbau in augusteischer Zeit voll- kommen rationell durchgeführt: man füllte die Zwischenräume zwischen den Stufen aus, so dass nun die Futtermauer in der Linie der am meisten vortretenden Stufen verlief, und legte die Fas- sade so weit zurück, dass ihre vortretenden Teile nicht die Linie der alten Frontmauer, ohne die Stufen, überschritten und die ganze Breite dieser letzteren, ziemlich 1 m, als Auflager für die Balken vor die Fassade vortrat.

Ich habe von erhöhter Bühne gesprochen ; dies Wort bedarf etwas näherer Begründung. Unter Bühne verstehen wir einen über die Orchestra erhöhten Spielplatz ; wir haben aber bis jetzt nur nachweisen können, dass er über die Orchestra der ersten Form des Gebäudes erhöht war: war er es auch über die seiner Zeit? Wir müssen hier einige Tatsachen vorwegnehmen, die sich uns bei Betrachtung der Aussenseite des Gebäudes ergeben werden.

Nämlich von dieser zweiten Form an hatte der innerhalb des Skenenbaues liegende Spielplatz zwei grosse, monumentale Sei- teneingänge. Die Schwellenhöhe dieser Thüren giebt uns das Ni- veau des Spielbodens; sicher das der letzten Zeit, nach meiner Mei- nung aber auch das dieser zweiten Form ; dies wird weiterhin zu begründen sein. Nun lagen diese Eingänge der westliche 1,06, der der östliche 1,225 über dem Fundament des Skenenbaues und un- gefähr so viel auch über der Orchestra der letzten Zeit ; sie wurden zugänglich, indem man den äusseren Boden bis etwa 0,20 unter ihrer Schwellenhöhe erhöhte. Auch hinter dem ganzen Gebäude wurde der Boden erhöht, aber weniger, um etwa 0,50, so dass er an den Seiten und gegen die Parodoseingänge anstieg. Und end- lich wird sich uns aus den einst in der Orchestra befindlichen Bas- sins ergeben, dass auch diese zur Zeit dieser zweiten Form höher lag als vorher und nachher. Wieviel höher, dass können wir nicht mit Sicherheit sagen, können also nicht von vorn herein die Mög- lichkeit ausschliessen, dass die Erhöhung der des Spielbodens gleich kam, so dass dieser und die Orchestra in einer Ebene gelegen

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hätten. Zur Zeit der ersten Form ging man auf ebener Fläche in die Orchestra; von augusteischer Zeit an, da die äussere Erhöhung blieb, die innere aber beseitigt wurde, stieg man stark hinab. Wie war es in der Zwischenzeit? bei obiger Annahme hätte man fast unmerklich ansteigen müssen.

Nach Erwägung aller Umstände scheint es mir aber doch wahrscheinlich, dass der Spielboden über die Orchestra erhöht war, also als Bühne bezeichnet werden darf. Erstens ergab sich uns ein Hohlraum unter dem Spielboden, was doch weniger verständ- lich ist, wenn dieser nur eine Fortsetzung der Orchestra war, Zweitens: wir werden rinden, dass zur Zeit der ersten Form in der Orchestra ein grosses, etwa 0,70 tiefes Bassin war. Die der zweiten Form gleichzeitigen Bassins es sind ihrer mehrere auf einander gefolgte sind kleiner, also grössere Tiefe derselben nicht wahrscheinlich. Ihr Boden liegt von 0,17 bis 0,30 unter der Or- chestra der letzten Zeit; wollten wir nun eine Orchestra in der Höhe des Spielbodens annehmen, so würden sie bei z. T. sehr geringer Ausdehnung bis zu etwa 1,45 tief werden, was immerhin unwahr- scheinlich ist. Endlich hat das kleine Theater (und hatte von An- fang an) eine über die Orchestra erhöhte Buhne. Es ist datiert bald nach 80 v. Chr., und wir werden weiterhin sehen, dass die zweite Form unseres Skenenbaues wohl jünger, aber nicht älter sein kann; es ist also wahrscheinlich, dass auch sie eine erhöhte Bühne hatte.

Es konnte aber nur eine niedrige Bühne sein. Denn auch für die kleinen Bassins müssen wir doch wohl eine Tiefe von etwa 0,60 annehmen. Dann aber lag die Orchestra damals um etwa 0,40 höher als früher und später, und das Podium der Bühne erhob sich über sie um etwa 0,75.

Wir haben also hier drei auf einander gefolgte Formen des Raumes vor der Front constatiert. Zuerst lag er im Niveau der Orchestra, mit schrägen, gegen die Zuschauer divergierenden Sei- tenwänden, drei Thüren in der glatten Rückwand und wohl auch Thüren in den schrägen Seitenwändeu. Zweitens erhöhte Bühne, so hoch wie die der letzten Zeit aber weniger über die (damals erhöhte) Orchestra aufragend, in der Länge des ganzen Baues, mit wahr- scheinlich fünf Thüren, diese eingefasst von Säulen, die auf vor-

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tretenden Stufen standen. Drittens die Bühne der augusteischen Zeit, in gleicher Höhe mit der vorigen, aber höher aufragend über die jetzt wieder niedrigere Orchestra, auch in der Länge des ganzen Baues, mit drei Thüren und vor- und zurücktretenden Teilen. Unser Theater bietet also ein ganz sicheres Beispiel einer Bühne, die nicht in einem Teil der Orchestra entstanden ist, sondern an der Stelle der Paraskeuien und des von ihnen eingeschlossenen Raumes.

Wir wenden uns jetzt zur weiteren Betrachtung des ganzen Skenengebäudes und seiner Umfassungsmauern.

In der letzten Zeit Pompeji's war das Gebäude zugänglich durch drei Thüren: zwei weite und hohe in den Seitenwänden, den Schmalseiten der Bühne entsprechend, im Niveau ihres Fussbo- dens, und eine um etwa 0,65 höher liegende in der Mitte der Rück- wand. Diese, von aussen durch eine Rampe zugänglich, führte in den Raum hinter der Bühne, Skenensaal, und bezeichnet das Niveau seines Fussbodens, der also um 0.65 über den der augusteischen Bühne erhöht war. Nichts führte bisher darauf, dass diese Thüren nicht von Anfang an vorhanden gewesen sein sollten.

Ausserdem sah man in der Rückwand, nahe den Enden, die Pfosten zweier schmäleren (1,29-1,30) vermauerten Thüren, aber nur von aussen, weil sie innen unter dem Fussboden blieben. Ueber der westlichen dieser beiden Thüren sieht man (Fig. 9, S. 26), ebenfalls nur von aussen, einen Bogen aus unvollkommen keilförmig geschnittenen und noch unvollkommener gefugten Steinen. Von innen ist dieser Bogen nicht sichtbar, da er nicht durch die Mauer hindurch geht. An der östlichen Thür ist nur auf dem Westpfosten der aus zwei Steinen bestehende Ansatz eines ähnlichen Bogens und unter ihm ein Stein mit schräger östlicher Seitenfläche sichtbar, dieser offenbar der Ansatz einer als Thürsturz dienenden Horizontal- wölbung (Fig. 7, S. 22). Auf alles dies ist weiter unten zurück- zukommen.

Die Wände sind aussen durch Pilaster geteilt, von denen keiner in ganzer Höhe erhalten ist. Das untere Ende derselben verlor sich vor unseren Ausgrabungen im Erdboden, ohne eine Spur einer Basis oder eines unteren Abschlusses. Von diesen Pila- stern sah man auf den Schmalseiten, ausser den Eckpilastern, je

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einen ; im übrigen waren diese Wände von den grossen Seitenein- gängen und ihren Quaderpfosten eingenommen. Auf der Bückseite sah man ihrer zwölf; doch hatte der mittelste, die Thür enthal- tende Zwischenraum dreifache Breite, so dass die Einteilung der Wand für vierzehn Pilaster gemacht schien.

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Fig. 4. Westseite des Skenenbaues von aussen.

Durch unsere Ausgrabungen ist die Umfassungsmauer aussen auf allen drei Seiten, innen auf der Rückseite und der östlichen Schmalseite des Skenensaales bis an die Fundamente freigelegt worden. Den Skenensaal ganz auszuräumen wäre sehr wünschens- wert, und hoffentlich wird es früher oder später geschehen. Auch so aber ergaben sich überraschende und wichtige Thatsachen.

Unsere Ausgrabungen begannen ausserhalb der grossen Seiten- eingänge (S. 16. 1 7 Fig. 4-5). Hier stellte sich sofort heraus, dass die äussere Bodenfläche in früherer Zeit beträchtlich tiefer lag: im Westen 1,06, im Osten 1,225 unter der Oberfläche der Schwelle des Einganges (genauer der beiden die jetzt fehlende Schwelle seit-

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wärts einfassenden Steine). Bis dahin reichen die Mauern und Pi- laster des Gebäudes hinab, dort beginnt das Fundament.

Weiter zeigte sich, dass die grossen Seiteneingänge späterer Zusatz sind, dass damals, als der äussere Boden noch so tief lag, die Wände der beiden Schmalseiten ganz geschlossen und durch

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Fiff. 5. Ostseite des Skenenbaues von aussen.

je fünf Pilaster (einschliesslich des Eckpilasters) gegliedert waren. Es kamen nämlich an dem bisher im Erdboden verborgenen Teil der Wand auf der Westseite drei weitere Pilaster zum Vorschein : einer ganz am Nordende, an der Ecke zwischen Bühnen- und Zu- schauergebäude, einer unter der (fehlenden) Schwelle, mehr nach Süden, einer südlich vom Eingang, unterhalb der Tuffquadern seines Südpfostens. Dieselben Pilaster fanden sich auch auf der Ostseite, nur ist hier der dritte verborgen hinter dem Fundament eines später hier angebauten Portikus, dessen abschliessende Halbsäule da steht wo früher der Pilaster stand.

Die Pfosten der grossen Seiteneingänge bestehen nicht ganz bis auf die Schwelle hinab aus Tuffquadern, sondern diese begin-

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nen erst in einer gewissen Höhe, im Osten bei 0,70 und 0,72, im Westen bei 0,82 und 0,87 über der Schwelle. Bis zu dieser Höhe bestehen die Pfosten aus Lavaincertum, das nur gegen die Thüröff- nung mit einem schmalen (0,20-0,24), aufrecht stellenden Tuffstein verkleidet ist. Hierauf wird weiterhin zurückzukommen sein. Zu- nächst soll nur festgestellt werden, dass dies Incertum der Thür-

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Fig. 6.

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Ostseite des Skenenbaues von innen.

pfosten noch frisch war, als die erste Quader daraufgelegt wurde, und dass das Incertum des oberen Wandteils au diese und die weiter oben folgenden Quadern, als sie schon an ihrem Platze lagen, hinangemauert, also der Oeffnung der Thür gleichzeitig, nicht älter ist. Es zerfallen also zunächst die Schmal wände in einen unteren, älteren, und einen oberen, jüngeren Teil. Jener stammt aus der Zeit, wo hier geschlossene Mauer mit Pilastern war, dieser aus der Zeit der Thürölfnung. Das Lavaincertum beider Teile ist sehr ähnlich ; doch ist auf der Westseite gleich rechts (S) der Thür die Ansatzlinie kenntlich. Hier ist nämlich der nächste Pilaster ganz unten vorhanden und sind noch etwas höher seine Spuren

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kenntlich, während weiter oben klar ist, dass er hier nie vorhanden war. so dass also deutlich jene Teile der älteren, diese der jün- geren Form der Mauer angehören. Hier ist der Scheidepunkt zu linden, und von hier aus zeigt sicli bei genauem Hinsehen die nach links (N) genau an die Unterfläche der Schwelle laufende Ansatzlinie (angedeutet Fig. 4). Weiter südlich ist es mir nicht gelungen, sie mit Sicherheit zu verfolgen, und auch auf der Ost- seite ist sie wegen des erhaltenen Stuckes nicht kenntlich.

Es ist hier wohl der Ort, die von Puchstein und Koldewey (Puchstein, Griech. Bühne S. 76) an den Seiteneingängen beob- achteten Spuren zu besprechen. Schon oben wurde gesagt, dass die Quadern erst 0,70-087 über der Schwelle beginnen, dass bis dahin die Pfosten aus Lavaincertum bestehen, das nur getjen die Thüröffnung durch einen schmalen, aufrecht stehenden Tuff- stein verkleidet und abgeschlossen ist (sichtbar Fig. 10, S. 41). Dazu kommt die weitere Beobachtung, dass am Südpfosten des Westeinganges das Incertum allem Anschein nach nicht an diesen schmalen Stein hinangearbeitet, vielmehr von ihm etwas abgehackt und an die Stelle des Abgehackten der Stein gesetzt worden ist. An den anderen Pfosten kann dies Verhältniss nicht festgestellt werden ; es ist aber ja wahrscheinlich, dass es da ebenso war. Fer- ner ist an allen vier Pfosten in die unterste Quader, nach der Thüröffnung zu, eine Horizontallinie eingeritzt, im Westen 1,24 und 1,25, im Osten 1,03 und 1,04 über der Schwelle.

Natürlich hat alles dies irgend etwas zu bedeuten. Puchstein hat geschlossen, dass in einer früheren Zeit die Schwellen der Seiteneingänge und mit ihnen der Spielboden um so viel höher lag, da wo jetzt die Quaderpfosten beginnen; die eingeritzte Linie könnte dann die Oberfläche der Schwelle bezeichnen. Setzen wir dies in Beziehung zu dem, was wir über die Geschichte des Raumes vor der Front ermittelt haben, so käme nur die zweite Form desselben in Frage: hat etwa die Bühne mit den S. 10 ff. bespro- chenen Vorbauten diese Höhe gehabt? Die Annahme ist sehr verführerisch, um so mehr, als sich uns für diese Periode auch eine höhere Orchestra als für die letzte Zeit ergiebt. Wir müssen aber dann fragen: wie waren die so hoch liegenden Thüren von aussen zugänglich? Es müssten hier Rampen angenommen werden

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(so Puchstein), was nicht ohne grosse Schwierigkeit ist. Denn er- stens würden solche Rampen die Parodoszugänge in der lästigsten, ja iu ganz unmöglicher Weise gesperrt haben, namentlich im Westen, während im Osten dieser Zugang etwas weiter vom Bühnengebäude entfernt, auch noch ein zweiter Zugang vorhanden war. Und es wird gut sein, ausdrücklich festzustellen, dass der westliche Parodoszu- gang, mit dem Satyrkopf als Schlussstein der Wölbung, nie höher war, auch nie die Wölbung ganz offen, sondern von Anfang an der gewölbte Teil zwar aussen als Nische erschien, weiter innen aber durch Mauerwerk geschlossen war, das von einer Sturzbohle in Käm- pferhöhe getragen wurde. Dies ergiebt sich teils aus der Beschaffenheit 4es Mauerwerks, teils aus der Gewölbeconstruction im Innern der Parodos. Dieselbe Thürform haben die aus der gleichen Periode stammenden Thürme der Stadtmauern und das kleine Theater. Zweitens, wenn auch eine solche Rampe später, als man den Bühnen- boden niedriger legte, beseitigt worden wäre, so müssten sich doch ihre Fundamente finden. Denn diese zu beseitigen konnte nieman- dem in den Sinn kommen, da ja der äussere Boden erhöht blieb. Von solchen Fundamenten halten aber unsere Ausgrabungen keine Spur ergeben; es ist vielmehr evident, dass sie nie vorhanden waren. Sollen wir nun etwa unzugängliche Seitenöffnungen, fast 1 m. über dem äusseren Boden, annehmen? Vergebens fragen wir nach Zweck und Analogien. Und dann müssten wir uns doch solche Oeffnunofen mit Brüstungen versehen denken. Waren diese zwischen die Quaderpfosten eingesetzt, so hätten sie doch wohl Spuren hin- terlassen. Es hätte ja aber weit näher gelegen, wenn eine Brüstung sein sollte, die Pfosten nicht gleich in der Höhe des Bühnenbodens beginnen zu lassen, sondern bis zur Brustungshöhe eine geschlossene Mauer aufzufuhren und erst auf diese die Pfosten aufzusetzen. Sollen wir also vielleicht in den zwei untersten Quadern jedes Pfostens die Reste der bis zur Brüstungshöhe reichenden Quader- mauer erkennen, deren mittleren, dem Fenster entsprechenden Teil und noch ein Stück der ihn tragenden Incertumsmauer man weg- genommen und so das Fenster in eine noch unter den früheren Boden hinabreichende Thür verwandelt hätte? Das würde doch sicher an einem Unterschied in der Bearbeitung der Thürwaudungen kenntlich sein. Und endlich, wenn wir eine Brüstung annehmen, so entziehen wir dieser ganzen Hypothese ihren logischen Boden.

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Denn dann ist es doch viel einfacher, in dem Incertum der unteren Teile der Pfosten die Reste einer Brüstung zu erkennen, die sich über einen Bühnenboden im Niveau der letzten Zeit erhoben hätte.

Dazu kommt die oben (S. 18 f.) erwähnte Ansatzlinie zwischen dem älteren und dem jüngeren, der Thüröffnung gleichzeitigen Mauerwerk. Wenn sie genau die Unterfläche der Schwelle trifft, so ist es doch schwer dem Schluss auszuweichen, dass eben der Thüröffnung halber nur hier das alte Mauerwerk so tief hinab be- seitigt wurde, dass also von Anfang an die Thüröffnung so tief lag.

Wie nun freilich obige Eigentümlichkeiten der Thürpfosten zu erklären sind, das weiss ich nicht zu sagen. Unbefriedigend wäre die Vermutung, dass man angefangen hatte, sie einfach aus Incertum, oder mit einem Abschluss aus ziegelförmigren Steinen, aufzubauen, und dass man erst als sie schon 0,70-0,87 hoch ge- diehen waren, sich entschloss, sie aus Quadern herzustellen und schliesslich, um das unterste Stück dem Uebrigen ähnlich zu ma- chen, hier einen Streifen Incertum, beziehungsweise die Verklei- dung aus ziegeiförmigen Steinen wegbrach und dafür den schmalen, aufrecht stehenden Tuffstein einsetzte. Denn Thürpfosten einfach aus Incertum sind sehr selten, und Pfosten aus ziegeiförmigen Steinen würden wohl weiter in das Incertum eingegriffen haben. Auch bleibt so die eingeritzte Linie unerklärt. Aber wenn sich eine befriedigende Erklärung nicht findet, so kann uns doch das nicht berechtigen, die Puchsteinsche Hypothese anzunehmen, der sich noch viel schwerere Bedenken entgegenstellen.

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Wir wenden uns jetzt der Rückseite des Bühnengebäudes zu; über das hier vor unserer Ausgrabung sichtbare s. oben S. 15 f. Die Ausgrabung der Aussenseite ergab zunächst (s. den Aufriss Fig. 7), dass auch hier Mauern und Pilaster ziemlich tief unter die spätere Bodenfläche hinabreichen, bis fast 1,80 unter die Oberfläche der Schwelle der durch die Rampe zugänglichen Thür, d. h. bis auf das Schwellenniveau der Thüren der alten Frontwand. Drei Pi- laster — der erste, dritte und sechste von Osten haben einfache rechtwinklige Basen, die übrigen nicht. Von zwei auf einander ge- folgten weissen Stuckbekleidungen sind die untersten Teile erhalten. Beide reichen, nicht überall gleichmässig, hinab bis etwa 0,40 bis 0,60 über der ursprünglichen Bodenfläche; auf dem grössten

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Teil der Mauer fallen, wie es scheint, ihre unteren Ränder zusam- men, stellenweise reicht die ältere tiefer, wovon weiterhin die Rede sein wird. Unterhalb dieser Linie ist keine Spur von Stuck vor- handen.

Wichtigere Resultate ergaben die Ausgrabungen in Inneren des Raumes hinter der Bühne, namentlich an der Rückmauer entlang: s. den Aufriss Fig. 8.

Die beiden bisher nur von aussen kenntlichen vermauerten Thüren zwischen dem ersten und zweiten Pilaster von Osten und von Westen wurden nun auch von innen sichtbar. Ferner zeigten sich noch drei weitere, beträchtlich grössere vermauerte Thüren, jede den ganzen Zwischenraum zwischen zwei Pilastern einnehmend. so dass diese als Thürpfosteu dienten. Von diesen Thüren ist die mittlere, sammt ihren beiden Pilastern, von aussen durch die Rampe verdeckt; die beiden anderen sind zwischen .dem vierten und fünften Pilaster je von rechts und von links. Das Incertum der Füllung dieser beiden Thüren ist von aussen dem der ganzen Mauer so ähnlich, das man ohne Ausgrabung schwerlich je darauf gekommen wäre, hier vermauerte Thüren zu suchen. Im Inneren sind die Pfosten aller fünf Thüren mit ziegeiförmigen Tuff- und Kalksteinen verkleidet, und das Incertum der Füllung hebt sich deutlich von dem der übrigen Mauer ab. Am deutlichsten in der Mittelthür, wo es aus Tuff ist, und in der kleinen östlichsten, wo die Oeffnung nicht ganz ausgefüllt ist und sich nach Innen als flache Nische mit ganz rauher Rückwand zeigt (sichtbar Fig. G, S. 18). Noch anders ist es bei der westlichsten: hier zeigt die innere Vermauerungsfläche deutlich Holzeindrücke; man hat also die Oeffnung von innen mit Brettern geschlossen und an diese von aussen angemauert. In allen fehlt der oberste Teil des Fundaments ; wir müssen wohl annehmen, dass hier Schwellen lagen, die vor Ver- mauerung der Thüren fortgenommen wurden, um anderweitige Ver- wendung zu finden.

Ueber vier dieser Thüren nicht über der mittleren erkennt man von innen vollkommen deutlich die Spuren einer hölzernen, sturzartigen Deckung, jederseits um etwa 0,30 übergreifend. Ueber den beiden Thüren neben der mittleren war es zweifellos eine flache Bohle, die man zunächst als Sturzbohle bezeichnen möchte; über den beiden kleineren Thüren war die Deckung anders gestaltet.

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Alle diese Holzdeckungen lagen in der gleichen geringen Höhe : ihre Unterfläche lag ziemlich 0,20 unter der Oberfläche der Schwelle der Rampenthür, rund 1,60 über dem Fundament. Dass dies die ur- sprüngliche Thürhöhe gewesen sein sollte ein mittelgrosser Mann hätte nur gebückt eintreten können ist ganz undenkbar. Die drei grossen Thüren erhielten durch ihre Breite von einem Pilaster zum anderen, so dass diese als Pfosten dienten einen entschieden monumentalen Charakter: am liebsten möchte man sie bis an das Gebälk der Pilaster reichend denken ; aber auch wenn dies nicht der Fall war, mussten sie doch allermindestens 2,50, wahrscheinlicher 3,0 hoch sein. Für die beiden kleineren Thüren nahe den Ecken kön- nen wir die ursprüngliche Höhe genau feststellen: wie schon oben bemerkt, ist über dem westlichen Pfosten der östlichen der Ansatz einer als Sturz dienenden Horizontalwölbung und des sie überspannenden EntlastiiDgsbogens kenntlich. Erstere lag mit ihrer Unterfläche 1,94 über dem äusseren Fuss der Mauer; dies war also die Thürhöhe vor der Verrnauerung, während die innere Holzdeckung etwa bei 1,65 liegt. An der westlichen Thür ist dies weniger deutlich; aber es sind doch von aussen die Pfosten bis 1,91 und 1.93 erhalten, bei der gleichen geringeren Höhe der inneren Holzdeckung. Selbst- verständlich waren die grossen Thüren höher. Es ist aloo klar, dass hier nicht einfach Thüren zugemauert sind, sondern ein complicir- terer Vorgang stattgefunden hat. Dieser wird klar durch eine weitere Beobachtung.

Der Raum, in den diese fünf Thüren führten, war in der letzten Zeit Pompeji's ausgefüllt mit allerlei Schutt und Bau- trümmern bis etwas über die Höhe der erwähnten Thürdeckungen, bis an die Schwellenhöhe der Rampenthür. Doch lässt sich auch hier, wie an der Front, ein Zwischenstadium zwischen dem Zu- stand der letzten Zeit und der ursprünglichen Form nachweisen.

Nach teilweiser Entfernung jener Ausfüllungsmassen sind auf der Innenseite der Rückwand, in gleicher Höhe mit den Holz- deckungen der Thüren, die Spuren einer Reihe von Balkenlöchern sichtbar geworden : s. Fig. 8. Sio sind, nicht ganz regelmässig, von Mitte zu Mitte etwa 1,25 von einander entfernt; die hier einst liegenden Balken waren etwa 0,17 breit und 0,37 hoch. Diese Löcher sind dann später sehr sorgfältig ausgefüllt worden, so sorg- fältig, dass wir einige der in unserer Zeichnung angegebenen ge-

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wiss übersehen hätten, wenn wir nicht durch andere, hesser kennt- liche, aufmerksam geworden wären. Offenbar trugen diese Balken einen Zwischenboden, der aber vor oder bei Erbauuug der augu- steischen Bühnenfront wieder entfernt worden war; denn in der Rückseite dieser sind keinerlei Spuren von Löchern für die ande- ren Enden der Balken: an seine Stelle war die schon erwähnte Aufhöhung des Hinterraumes getreten. Und da andererseits der Zwischenboden nicht der ältesten Form des Baues angehören kann, weil er unvereinbar ist mit der für diese anzunehmenden grösse- ren Höhe der Thüren, so ergeben sich drei auf einander gefolgte Formen dieses Baumes. Erstens hohe Thüren, die in einen ent- sprechend hohen Raum führen mussten. Zweiteus Höhenteilung des Raumes durch einen von Balken getragenen Zwischenboden, dessen Fussboden etwa 2,0, über dem Fundament lag. Drittens Beseitigung des Zwischenbodens und Aufhöhung des Innenraumes bis zur Schwellenhöhe der Rampenthür, 1,80 über dem Fundament. Offen- bar entspricht tue erste dieser Formen der ersten Form des Rau- mes vor der Front; ebenso zweifellos geht die letzte mit der augusteischen Bühne zusammen; es bleibt also wohl kein Zweifel, dass die zweite der zweiten Form jenes Raumes entspricht, der ersten erhöhten Bühne mit den Vorbauten.

Wir müssen nun noch einiges nähere zu ermitteln suchen über die Art, wie sich diese Veränderungen vollzogen haben.

Die Balkenlöcher sind nicht etwa nachträglich in das Mauer- werk eingehauen worden, sondern augenscheinlich so entstanden, dass erst die Balken gelegt, dann um sie und über ihnen aufgemauert wurde. Man hat also die alte Mauer bis zur Höhe des Balken- auflagers abgetragen, dann die Balken gelegt, dann wieder auf- gemauert. Und da, wie oben (S. 24) bemerkt, die Pfosten der beiden kleineren Thüren aussen noch etwas höher erhalten sind, so müssen wir schliessen, dass man nur den inneren Teil der 0,59 dicken Mauer, soweit die Balken eingreifen sollten (etwa 0,25) ganz bis zur Höhe ihres Auflagers abtrug, den äusseren Teil aber etwas höher stehen liess. Dass man aber wirklich abtrug, nicht etwa was ja, stückweise vorgehend, möglich gewesen wäre eine etwa 0,30 tiefe, 0,50 hohe Einhöhlung aushackte und nach Legung der Balken wieder zumauerte, ist zwei-

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fellos. Denn sonst müsston ja innen an den beiden Thüren neben 4er Mitte weiter oben die Pfosten siebtbar sein, und es müsste aussen über den beiden kleinen Thüren ihr ganzer oberer Ab-

Fig. 9.

Westlichste vermauerte Thür von aussen.

schluss der horizontal gewölbte Sturz und der Entlastungs- bogen erhalten sein, was beides nicht der Fall ist. Ueber die östliche kleine Thür s. oben S. 15; über der westlichen (Fig. 9)

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ist zwar ein Bogen sichtbar, alter es ist sicher nicht der ursprüng- liche. Eine Vergleichung mit den echten alten Resten über der Ost- thür lässt hierüber keinen Zweifel: über beiden Pfosten fehlt der dort erhaltene Stein mit schräger Seitenfläche, der Ansatz des hori- zontal gewölbten Sturzes, und der Bogen setzt links unmittelbar auf dem Pfosten an, also um circa 0,20 niedriger als an der Ostthür; rechts ist an der Stelle des Sturzansatzes Incertum, auf dem der Bogen ansetzt. Dieser selbst ist sehr schlecht gefügt ; besonders auf- fallend ist, dass in der r. Hälfte einer der keilförmigen Steine um- gekehrt steht, mit der schmalen Seite nach oben, und dass der Bogen zwar links mit seiner Innenkante grade über der Pfosten- kante ansetzt, rechts aber um 0,025 weiter auswärts (0). Augen- scheinlich haben die Maurer beim Wiederaufbau den früher hier gewesenen Bogen aus den noch vorhandenen Steinen so ungefähr wieder zusammengesetzt.

Es ergiebt sich demnach, dass wir, wie in den Seitenwänden des Skenenbaues (oben S. 18), so auch in der Rückwand einen unteren, älteren und einen oberen, jüngeren Teil unterscheiden müssen: jenem gehören die Thürpfosten, diesem die Balkenlöcher, untrennbar und ursprünglich an. Und da die Pfosten fast bis zur Höhe des Balkenautlagers erhalten sind, so ist damit die Höhe der Ansatzfuge genau gegeben. In der Tat ist nun wenig unterhalb des Balkenauflagers, in der Horizontalen der Unterflächen der Sturz- bohlen, etwas wie eine Ansatzfuge kenntlich. Es ist eine undeutliche Spur, weil das obere Mauerwerk auch hier, wie in den Seitenwänden, dem unteren merkwürdig ähnlich ist. Sie wäre auch für sich betiach- tet unzuverlässig, weil sie ziemlich zusammenfällt mit der inne- ren Bodenfläche nach der Aufhöhung, und weil bis eben dahin die aus eben dieser Zeit stammende Stuckbekleidung reichte, und so ein Unterschied in der Verwitterung entstehen musste. Da sich nun aber diese Spur genau da findet, wo nach dem eben ge- sagten die Ansatzfuge sein musste, so dürfen wir diese in ihr erkennen.

Wir constatieren sodann, dass die jetzige Rampenthür mit dem Zwischenboden nichts zu tun hat Ein Blick auf Fig. 8, S. 22 zeigt, dass ihre Schwellenhöhe mindestens 0,20 unter dem von den Balken getragenen Fussboden blieb; nicht diesem also entspricht sie, sondern dem später durch Aufhöhung geschaffenen Boden des

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Innenraumes. Nun wäre es ja freilich denkbar, dass dem Zwi- schenboden eine höhergelegene Rampenthür entsprochen, und dass man bei Erniederungf des inneren Fnssbodens auch die Thürsch welle

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niedriger gelegt hätte. Es lässt sich aber auf anderem Wege erweisen, dass dies nicht der Fall war, dass vielmehr zur Zeit des Zwischenbodens die untere Mittelthür offen blieb und mau durch sie das Gebäude betrat.

Schon erwähnt wurden (S. 21) die beiden Schichten weis- sen Stuckes auf der Aussenseite der Rückwand. Sie enden unten, mit einer gleich zu erwähnenden Ausnahme, an der späteren, erhöhten äusseren Bodenfläche (S. 21), sind also nicht älter als die zweite Form des Baues, eben die mit dem Zwischenboden. Sie er- strecken sich auch beide unterschiedslos über die Vermauerung der beiden grossen Thüren neben der mittleren, während auf der der beiden kleinen Thüren die ältere nicht sichtbar ist. Natürlich folgt hieraus nicht im geringsten, dass sie dort nicht vorhanden, dass etwa zu ihrer Zeit diese Thüren noch offen waren; denn es ist ja Regel, dass bei Legung einer neuen Wanddecoration die ältere verschwindet, und es ist ein für uus glücklicher Zufall, dass sie in diesem Falle teilweise sichtbar geblieben ist. Nun endet die jüngere Schicht beiderseits an den von der Rampe bedeckten Pilastern, ist also jünger als die Rampe. Die ältere aber bedeckt auch diese Pi- laster, ist also älter als die Rampe und also auch als der nur durch sie zugängliche obere Eingang (Rampenthür). Und da ein Eingang doch sein musste, so folgt, dass damals die untere Mit- telthür noch offen war.

Dies wird noch bestätigt durch eine weitere Beobachtung. Nämlich während im Uebrigen auch dieser ältere Stuck nicht hinabreicht bis an den Fuss der Mauer, sondern an der späteren, erhöhten Bodenfläche endet, senkt er sich gegen die Rampe, d. h. gegen die untere Mittelthür, von beiden Seiten bis auf das Fun- dament. Natürlich folgt hier der Stuck einer Senkung der Bo- denfläche: der Platz hinter dem Spielhaus war im Uebrigen auf- gehöht, nicht aber vor der Mittelthür, woraus wieder hervorgeht, dass diese damals noch offen, also Rampe und Rampenthür nicht vorhanden waren. S. hierzu Fig. 7.

Wenn nun damals die untere Mittelthür der einzige Zugang zum Spielhause war, so konnte sie nicht so niedrig sein, dass

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sie unter dem Balkenboden blieb, ihr Sturz konnte nicht in gleicher Höhe mit den sturzartigen Holzdeckungen der anderen vier Thüren liegen. Dutch die Thür eintretend musste man den Ske- nensaal über eine innere (wohl hölzerne) Treppe erreichen; der mittlere Teil des Raumes war ja damals, da die Front gradli- nig verlief, viel breiter als jetzt, etwa 3,80, so dass zwischen dem oberen Ende der Treppe und der Mittelthür der Front hinlänglicher Kaum bleiben konnte. Es musste also hier von der Rückwand bis ziemlich dicht an die Frontmauer eine grosse Oeffnung im Zwi- schenboden sein ; die Balkenreihe musste hier unterbrochen und weiter einwärts, vor der Frontthür, die beiden nächsten Balken durch einen eingezapften Querbalken oder durch aufgelegte Bohlen verbunden sein. So stand also hier die Balkendecke einer grös- seren Thürhöhe nicht im Wege, und nichts hindert uns, dieselbe anzunehmen. Spuren eines Sturzes sind nicht vorhanden, dagegen die Pfosten etwas höher erhalten, als an den anderen Thüren.

Nicht so einfach liegt die Frage im Betreff der anderen vier Thüren. Waren sie in der zweiten Form des Gebäudes von An- fang an geschlossen, oder blieben sie, alle oder zum Teil, noch eine Zeit lang, vielleicht gar zum Teil die ganze Zeit bis zum augusteischen Umbau offen? Wir müssen die Art ihrer Vermaue- rung etwas näher ins Auge fassen ; und zwar sind hier einerseits die beiden grossen Thüren neben der Mitte und andererseits die beiden kleineren nahe den Ecken gesondert zu behandeln.

Wir beginnen mit den beiden grossen Thüren. Ihre Vermau- erung zeigt auch nach innen vollkommen glatte und fertige Ober- fläche, wie sie nur hergestellt werden konnte, so lange der In- nenraum zugänglich war. Damit wäre nun freilich nicht aus- geschlossen, dass die Vermauerung gleichzeitig mit oder gleich nach dem Bau der augusteischen Fassade, aber noch vor der zu ihr gehörigen Auf höhung des Innenraumes stattgefunden hätte. Aber es steht ja auch fest (oben S. 28), dass diese Thüren schon vermauert waren während die Mittelthür noch offen stand. Dazu kommt das Verhältniss der Vermauerung zur Balkendecke.

Besonders lehrreich ist für dieses die Thür westlich von der mittleren. Hier ist der Abdruck der Sturzbohle in dem über ihr aufgeführten Mauerwerk vollkommen erhalten. Sie war nur unten horizontal geschnitten; oben zeigte sie die natürliche Form des

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Holzes, war daher auch von ungleichrnässiger Höhe, von 0,08 bis 0,16, und wenig geeignet, die grosse Last des über ihr noch hoch aufsteigenden und mit keinem Entlastungsbogen versehenen Mauer- werkes zu tragen. Ferner sind unmittelbar über der Bohle zwei Balkenlöcher der Zwischendecke sichtbar: nirgends in der ganzen Reihe sind die Abdrücke der Holzbalken so scharf wie hier; da natürlich die Oberflächen der Balken in einer Ebene liegen muss- ten, die Unterflächen der übrigen Balken aber in gleicher Höhe mit den Unterflächen der Sturzbohlen lagen, so mussten, wie es in der Tat der Fall ist, die auf diesen liegenden Balken und Bal- kenlöcher etwas niedriger sein. Der eine dieser Balken, 0,44 vom Ostpfosten, war regelmässig bearbeitet, 0,16 breit, 0,22 hoch und so in die Bohle eingelassen, dass ihre Höhe hier auf etwa 0,12 reducirt wurde. Nun ist es doch mindestens im höchsten Grade unwahrscheinlich, dass eine so schwache Bohle, über einer Oeffnung liegend, ausser mit dem aufsteigenden Mauerwerk auch noch mit zwei Balken der Zwischendecke belastet gewesen sein sollte. Da- gegen ist ihre geringe Stärke vollkommen verständlich unter der Voraussetzung, dass die Oeffnung unter ihr vermauert war. Dann war sie nicht bestimmt, eine Thüröflfnung zu decken; ihr Zweck war lediglich, die Senkung des frischen Mauerwerkes unter dem auf ihm lastenden Drucke und namentlich das Einsinken der Balken in dasselbe zu verhindern : sie war eine sogenannte Mauerlatte.

Aehnlich verhält es sich mit der Thür östlich von der Mitte, nur dass hier über der Sturzbohle nur ein Balkenloch sichtbar, das andere unkenntlich geworden ist.

Ist dies richtig, so sind hier Vermauerung der Thür und Leo-unc der Balkendecke Teile eines einzigen und untrennbaren Vorganges : man trug ab bis zum Balkenauflager, mauerte in dem nun übrig gebliebenen Mauerteil die Thüröifnungen zu und legte dann die Balken. Und dies wird noch bestätigt durch andere Beobachtungen.

Es ist namentlich an der Westthiir ganz klar, dass die Sturz- bohle nicht breiter war als 0,40, also nur so weit in die 0,59 starke Mauer hineinreichte. Hätte man nun hier nach Legung des Balkenbodens zunächst noch eine Thür gelassen, und wäre wegen dieser Thür die Sturzbohle gelegt worden, so wäre es ganz un- verständlich, dass man sie nicht in der ganzen Mauerstärke ge-

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legt hätte. Dagegen ist alles klar, wenn sie nur den beiden Balken als Unterlage über dem frischen Mauerwerk dienen sollte. Wollten wir aber trotz alledem eine Thür annehmen, so musste doch diese nach aussen einen oberen Abschluss haben, der, da die Bohle so weit nicht reichte, nicht gut etwas anderes sein konnte, als eine Horizontalwölbung, die bei späterer Zumauerung sichtbar bleiben musste. Nun ist aber von aussen nichts der Art sichtbar. Vor der Ostthür erstreckt sich das Incertum unterschiedslos auch über die- Stelle, wo innen die Bohle liegt. Im Westen ist es etwas anders. Hier sieht man mitten in dem Lavaincertum einen Horizontal- streifen aus Tuffbrocken. Sein unterer Rand ist unter der Stuck- bekleidnng der Wand verborgen ; nach oben aber reicht er bis 0,30 über dem Auflager der Sturzbohle, entspricht also wohl dieser und den auf ihr liegenden Balken. Nun könnte jemand auf den Ge- danken kommen, diese Tuffbrocken seien an die Stelle eines einst hier liegenden hölzernen Thürsturzes getreten und hätten die durch Vermoderung desselben entstandene Lücke ausgefüllt. Dies war aber sicher nicht der Fall. Nicht nur ist, wie schon gesagt, von innen vollkommen kenntlich, dass die Sturzbohle nicht weiter reichte, als 0,40 von der Innenfläche der Mauer, sondern es ist auch ganz klar dass jene Tuffbrocken nicht nachträglich einge- schoben wurden, sondern schon an ihrem Platze waren, als das auf ihnen liegende Lavaincertum gemauert wurde. Sie sind aber auch nicht etwa ein aus Stein gebildeter Thürsturz; denn dann müssten sie nach Art einer horizontalen Wölbung angeordnet sein, was nicht der Fall ist: es ist ganz gewöhnliches Incertum. Also auch hier ist oder war keine Art von Thürsturz vorhanden, es ist vielmehr klar, dass gleichzeitig mit dem Wiederaufbau des oberen Wand- teils auch diese Oeffnung geschlossen wurde. Die Entstehung dieses Tutfstreifens können wir vermutungsweise einigermassen rekonstruie- ren. Man trug ab bis zur beabsichtigten Höhe des Balkenaufiagers, liess aber den äusseren Teil der Mauer, in den die Balken nicht reichen sollten, etwas höher stehen. Dann, oder auch schon wäh- rend des Abtragens, mauerte man die Thüren zu, wiederum bis zur Höhe des Balkeuaufiagers und legte nun die Balken. Darauf, so scheint es, mauerte man, ehe man an den Wiederaufbau des ganzen oberen Wandteiles ging, zunächst in den Thüröffnuugen den äus- seren Wandteil so weit auf, wie er im übrigen stehen geblieben

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war. So war dies gewisserinassen ein gesonderter Teil der Arbeit, und es konnte durch irgend welche Umstände veranlasst werden, dass hier, in dieser Thür, anderes Material zur Verwendung kam. Nötig war ja freilich diese Trennung der Arbeit nicht; aber ich finde keine bessere Hypothese, um das abweichende Material dieses Stückes zu erklären.

Es wurde schon oben (S. 23) hervorgehoben, dass die unteren, älteren und oberen, jüngeren Teile des Baues so vollkommen gleiches Mauerwerk zeigen, dass ohne die von uns gefundenen Tatsachen niemand an zeitliche Verschiedenheit denken würde; <lies wird nicht zum wenigsten daraus zu erklären sein, dass beim Wiederaufbau das alte Material, so weit es reichte, verwendet wurde. Dieselbe Gleichheit erstreckt sich auch auf die Vermau- ^rungen dieser Thüreu, d. h. auf die Aussenseite derselben ; denn im Innern zeigen sie ganz anderes Mauerwerk, auch z. T. anderes Material (oben S. 23). Nun stossen in Pompeji in zahllosen Fällen älteres und jüngeres Mauerwerk zusammen, und stets heben sie sich deutlich von einander ab; es sind auch zahllose Thüren ver- mauert, ohne dass je Gleichheit des Mauerwerks mit dem der Mauer erstrebt worden wäre. Es ist daher äusserst unwahrschein- lich, dass eine solche Gleichmachung hier zweimal zu verschie- denen Zeiten stattgefunden haben sollte, zumal Verwendung des alten Materials bei Vermauerung der Thüren, wenn diese später fällt, nicht gut angenommen werden kann; denn dies wurde doch sicher beim Wiederaufbau aufgebraucht, um so mehr als die

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Erhöhung des Skenensaales vermutlich eine Erhöhung des ganzen Gebäudes bedingte. Nachdem dann auch noch der Platz hinter dem Theater aufgehöht worden war, konnte hier schwerlich noch altes Material vorhanden sein. Wir werden also hier von allen Seiten zu dem Resultat geführt, dass diese beiden Thüren in der zweiten Form des Gebäudes von Anfang an zugemauert waren.

Etwas anders steht es mit den beiden kleinen Thüren nahe den Ecken. Dass ihre Vermauerung von innen ganz anders aus- sieht, als die der drei grossen Thüren, wurde schon oben (S. 23), gesagt. In der Ostthür füllt sie die Thürölmung nicht ganz aus, sondern lässt innen eine etwa 0,13 tiefe Nische, mit ganz rauher, offenbar nicht von der Maurerkelle berührter Rückwand. Die Westthür aber ist augenscheinlich so zugemauert worden, dass

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man sie einwärts mit Brettern schloss nnd an diese wie an eine Form anmauerte; es handelt sich nicht etwa um die stehen ge- bliebene Holzthür. Beides scheint zunächst darauf zu führen, dass, als diese Vermauerung stattfand, der Innenraum nicht mehr zu- gänglich, sondern aufgeschüttet war, also das Gebäude schon seine dritte Form, die der augusteischen Zeit, hatte. Aber näher betrachtet ist diese Erklärung gänzlich unbefriedigend. Es wäre doch ein ganz unglaubliches Verfahren gewesen, dass man zuerst den Innenraum aufgehöht und erst nachher die Thüren vermauert haben sollte, nicht umgekehrt. Wie dürfen uns hier auf die Mit- telthür berufen, die vermutlich zu allerletzt geschlossen und durch deren Verschluss der Innenraum unzugänglich wurde: hier beweist die Beschaffenheit der Innenfläche zweifellos, dass man von beiden Seiten arbeitete, also die innere Aufhöhung noch nicht stattge- funden hatte. Und betrachten wir nun jene rauhe Innenfläche in der kleinen Ostthür etwas näher, so müssen wir uns überzeugen, dass sie nicht an die Aufschüttungsmasse hinan gemauert ist; dafür ist sie doch zu senkrecht und regelmässig, und sie sieht auch sonst nicht so aus. Ich nehme daher an, dass man beabsich- tigte, diese Thüröffnung ganz auszufüllen und der Füllung von innen wie von aussen eine fertige Oberfläche zu geben, es aber bequemer fand, beide nicht gleichzeitig von zwei Maurern, son- dern nach einander von einem herstellen zu lassen, und dass dann aus irgend einem Grunde die Vervollständigung nach innen un- terblieb. Und auch die Bretterform an der Westthür sollte viel- leicht nur ermöglichen, von einer Seite arbeitend doch auf beiden Seiten eine einigermassen glatte Oberfläche zu erzielen.

Auf den innen rund 1,60 hohen Pfosten dieser Thüren sind die Auflager für in Mörtel gebettete Holzbalken kenntlich. Besonders charakteristisch ist der Abdruck auf dem linken Pfosten der Ostthür: Unter- und 1. Seitenfläche vereinigen sich hier zu einer Rundung, die von der Kante des Pfostens in das Innere der Mauer aufsteigt. Die Höhe der Bettung erscheint jetzt hier, links. 0,20. Doch ist das Mauerwerk gleich über der Oeffnung zweifelhaften Alters: viel Kalkstein, auch in sehr grossen Blöcken, auch ein grosser Lavastein, während sonst die ganze Mauer aus Lavabrocken sehr gleichmässiger Grösse besteht; wir dürfen hier spätere Flik- kerei erkennen. Der Balken konnte also höher sein. Auf dem r.

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Pfosten ist die Lagerfläche nicht gerundet, aber schräg: auf eine Strecke von 0,16 steigt sie nach r. um 0,025. Für einen Thür- sturz (und auch für eine Mauerlatte: oben S. 30) sind dies ganz unglaubliche Formen. Und auch nähere Betrachtung des Abdruckes links lässt erkennen, dass hier ein Holz nicht in der Richtung der Mauer, sondern senkrecht zu ihr lag: es lagen hier auf den Pfosten zwei Balken der Zwischendecke ; waren sie 0,26 hoch, so lag ihre Oberfläche im Niveau der Oberfläche der anderen Balken. Dies wird bestätigt durch Betrachtung der, wie schon gesagt, um 0,13 hinter die innere Mauerfläche zurücktretenden Thürfül- lung. Wenn die beiden, 0,30 in die Wand eingreifenden Hölzer die Enden einer eben so breiten Sturzbohle oder auch einer Mauer- latte wären, so müsste ja die Füllung, wie in den beiden grossen Thüren, an dieser endigen und es müssten sich also, wie eben dort, nicht nur die Spuren der beiden Enden, sondern der ganzen Bohle finden. Dies ist aber nicht der Fall. Vielmehr ist ganz klar, dass die Füllmauer nach oben nicht in der Linie der beiden Auflager auf den Pfosten aufhört, hier auch keinen Abschnitt hat, sondern sich ununterbrochen und gleichmässig weiter nach oben erstreckt, hinter (einwärts) der gleich zu erwähnenden Füllung. Die 0,13 tiefe Nische der ehemaligen Thüröffnung wird sturz- artig überdeckt durch einen etwa 0,15 hohen Streifen Mauer- werks, das sich bestimmt abhebt sowohl von dem der ganzen Mauer und der Füllung, als auch von dem oben (S. 33) erwähn- ten oberhalb der Balkenspuren (mit den grossen Steinen); es ist eine Reihe horizontal liegender Steine: Lava, Kalkstein, Tuff; aus letzterem ein ziegeiförmiger Stein ; die Unterfläche besteht aus Mörtel, an dem teils Stücke der späteren Auffüllung des Innen- raumes haften, teils Eindrücke derselben kenntlich sind. Es stammt also aus der Zeit nach dieser Aufhöhung und nach Beseitigung des Zwischenbodens, was auch dadurch zweifellos wird, dass es auch die beiden Balkenlöcher über den Pfosten ausfüllt: in dem rechten liegt es noch jetzt, aus dem linken ist es entfernt worden. Wie es also hier den Platz des fortgenommenen oder vermoderten Holzwerkes eingenommen hat, so ist wohl zweifellos anzunehmen, dass auch der im Niveau der beiden Balken liegende und sie verbindende Streifen ein früheres Holzglied bezeichnet: eine die 0,13 tiefe Nische überdeckende Sturzbohle, die in die beiden

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Balken eingezapft sein musste; sie lag vor, nicht auf der Füllmauer und war nicht breiter als 0,13.

Ist alles dies richtig beobachtet, so ist damit auch bewiesen, dass gleich bei Legimg des Balkenbodens auch diese Thür ver- mauert wurde. Denn es ist ja ganz klar, dass die beiden Balken (besonders deutlich der linke, östliche, mit der gerundeten Un- terfläche, deren tiefster Punkt auf der Kante des Thürpfostens ruhte) nicht liegen konnten, ehe die Thür vermauert war: ein Teil ihrer Unterflächen und je eine Seitenfläche wären ohne Stütze gewesen. So lagen sie nun zwar auf eine Strecke von 0,13 auf den Kanten der Pfosten, wurden aber weiter einwärts noch auf 0.17 von der Füllmauer umschlossen. Und jenem 0,13 langen Stück kam man zu Hülfe durch das die beiden Balken verbin- dende und versteifende sturzartige Querholz; dies tritt gewisser- massen an die Stelle des fehlenden inneren Teils der Füllmauer. Wesentlich ebenso findet sich alles dies auch an der westli- chen Thür. Auf dem r. (westl.) Pfosten ist die Holzspur 0,30 hoch, also zu hoch für eine Sturzbohle oder Mauerlatte. Ihre west- liche Seitenfläche ist leicht gerundet (d. h. das Holz verjüngte sich nach oben), was wenig geeignet ist für eine doch jedenfalls abge- sägte Endfläche, wohl aber für die Seitenfläche eines Balkens. Und es schien mir auch sicher, dass in dem Abdruck nordsüdlich, d. h. senkrecht auf die Mauerrichtung laufende Holzfasern zu erkennen sind. Ein Unterschied ist, dass keine Nische geblieben, sondern die Thüröffnung ganz zugemauert ist. So diente also hier das die beiden Balken verbindende Querholz, dessen Spur auch hier deutlich ist, nicht zur Versteifung, da ja die Balken fest im Mauerwerk lagen. Wir müssen wohl annehmen, dass es hier, wie in den grossen Thüren, das frische Mauerwerk gegen den auf ihm lastenden Druck schützen sollte.

Endlich gilt auch für diese beiden kleinen Thüren das oben (S. 31) in Betreff der grossen Thüren geltend gemachte Argument: wären sie offen geblieben, so hätten sie auch nach aussen einen oberen Abschluss erhalten müssen, und dieser müsste sichtbar sein. Dies ist aber nicht der Fall : die Thürstürze der ersten Form des Gebäudes sind beim Wiederaufbau bis auf einen geringen Best über der Ostthür verschwunden, und neue sind nicht gemacht worden (s. oben S. 15. 26).

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Ich halte somit für vollkommen erwiesen, dass in der zweiten Form des Gebäudes, mit dem Balkenboden, nur die Mittelthür, und diese vermutlich in ihrer alten Höhe, offen blieb, die vier anderen aber sofort vermauert wurden. Die jetzige Rampenthür ist dann in dieser Mauer nicht von Anfang an vorhanden gewesen, sondern erst später durchgebrochen worden; wir müssen fragen, ob dies auch an ihr selbst irgendwie kenntlich ist.

Wir können hierfür geltend machen, dass ihre Pfosten nicht aus Quadern oder ziegeiförmigen Steinen bestehen, sondern das Lavaincertum der ganzen Mauer bis an die Thürötfnung reicht: Thürpfosten aus Incertum gehören in Pompeji zu den grössten Seltenheiten. Das Wenige, was von der Aussenüäche der Pfosten antik zu sein scheint, machte mir eher den Eindruck, dass es durch Aufmauerung als dass es durch Abhacken entstanden sei; aber das kann täuschen, und es könnte erst abgehackt, dann dem Ursprünglichen sehr ähnlich aufgemauert sein.

Ferner die Bettung der Schwelle. Namentlich auf der Ostseite ist von innen kenntlich, dass sie in einer Lücke des Mauerwerkes liegt, die nicht unbeträchtlich grösser ist als sie selbst. Danach scheint es also, dass die Mauer nicht an die Schwelle hinaugearbeitet, sondern in. die schon bestehende ein Loch für die Schwelle, na- türlich grösser als diese, gehauen wurde.

Es darf aber nicht verschwiegen werden, dass diese von der Beschaffenheit der Pfosten und der Schwelle hergenommenen Argu- mente mit einem gewissen Vorbehalt aufzunehmen sind : wir können nicht die Möglichkeit ausschliessen, dass die Thür einmal verbreitert wurde und dadurch obige Eigentümlichkeiten entstanden. Zwei Um- stände könnten diese Vermutung nahe legen. Erstens nämlich ist die Thür breiter als die Rampe, was zunächst seltsam erscheinen muss. Aber es wäre doch denkbar, dass man über die Rampe Din^e in den Skenensaal gefahren hätte, die breiter waren als die Achsweite des Fuhrwerks. Und schliesslich kann die Annahme einer nachträglichen Erweiterung der Thür uns nicht über die Seltsam- keit hinweghülfen. Wenn man <?>e Thür erweiterte, nicht aber die Rampe, so geht doch daraus hervor, dass man eine Thür die breiter war als die Rampe für nützlich, ja für nötig hielt; und genau dieselbe Erwägung könnte von Anfang an bei der Anlage von Thür und Rampe ma.^sgebend gewesen sein.

DAS GROSSE THEATER IN POMPEJI :'7

Zweitens besteht dis Schwelle nicht ans einem einzigen Stein, sondern aus dreien : an die eigentliche Schwelle, lang 2,24, ist au den Enden noch je ein Stein angesetzt, lang im W 0,31, im 0 0,38. Die eigentliche Schwelle bleibt jederseits 0,20 vom Rande der Rampe entfernt; sie hat an ihrem Westende eine unregelmässig viereckige Vertiefung für rinen Cardo und eine rechtwinklig gebro- chene Rille für Antepagmenta. Fände sich dies auch am Ostende, so wäre die nachträgliche Erweiterung erwiesen; so müssen wir wohl annehmen, dass es Reste von einer früheren Verwendung der Schwelle sind. Wenn aber die Schwelle nicht für diese Thür ge- macht sondern schon früher gebrauchte Schwellensteine, die grade zur Hand waren, benutzt wurden, so darf ihre Zusammensetzung aus mehreren Stücken nicht Wunder nehmen und dürfen aus der- selben keine Schlüsse gezogen werden.

Also die nachträgliche Erweiterung der Rampenthür ist mög- lich, aber keineswegs erwiesen. Hat sie stattgefunden, so können durch sie Thürpfosten aus ziegeiförmigen Steinen verschwunden sein, und kann die Lücke des Mauerwerks, in die der Schwellen- stein, genauer der östliche der drei Schwellensteine gelegt ist, auf die » Vergrösserung zurückgehen.

Somit sind freilich die von der Beschaffenheit der Thürpfosten und der Schwellenbettung hergenommenen Argumente nicht streng beweisend. Doch mögen wir sie immerhin mit Wahrscheinlichkeit als Bestätigung der auf Grund anderer Erwägungen völlig festste- henden nachträglichen Entstehung der Rampenthür geltend machen.

So haben wir denn nuu, wie für die Front und den Raum vor ihr, so auch für den Hinterraum, den Skenensaal, drei auf einander gefolgte Formen constatiert. Und da die beiderseits ge- fundenen Formen trefflich zu einander passen, so ist damit die Geschichte des Spielhauses im Wesentlichen klargestellt. Sie ist also folgende.

I. Ursprünglicher Bau (Fig. 2, S. 7). Die ganze hintere Hälfte wird eingenommen von einem grossen, hohen, rechteckigen Saal zu ebener Erde, im Niveau der Orchestra. Er hat in seiner Rückwand drei grosse und hohe, von Pilaster zu Pilaster reichende und zwei kleinere Thüren. Da sich an den Wänden keinerlei Maueransätze finden, so war der Ra»',m wohl ungeteilt. Den fünf

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Thüren der Rückwand entsprachen eben so viele und eben so grosse in der Vorderwand, von denen die beiden äussersten in die schiefwinkligen Paraskenien führten, die drei mittleren auf den von diesen und der Vorderwand des Skenensaales (scaenae frons) eingeschlossenen, gegen die Zuschauer sich mit schrägen Seiten- wänden erweiternden Raum, ebenfalls im Niveau der Orchestra. Ob dieser Raum irgendwie von der Orchestra getrennt war, ob sich von einem Paraskenion zum anderen, vor der scaenae frons, ein Proskenion erstreckte, das liess sich nicht mit Sicherheit ermitteln. Die Front der Skene war nicht als Fassade ausgebildet, sondern bestand aus einer glatten Mauer mit drei Thüren.

II. Der Skenensaal und der Raum vor der Front, jetzt sicher Spielplatz, werden höher gelegt. Ersterer mittels eines von Balken getragenen Zwischenbodens, so hoch, dass sein Fussboden fast 2 m über dem ursprünglichen Niveau dem Niveau der Or- chestra — liegt. Die Bühne vor der Front war wahrscheinlich nicht höher als in der folgenden Periode, etwa 1,15 über dem Funda- ment (Niveau der Orchestra), also etwa 0,80 niedriger als der Skenensaal. Von den fünf Thüren in der Rückwand dieses letzteren werden vier vermauert. Nur die mittlere bleibt; durch sie »und über eine innere Treppe ist der Skenensaal zugänglich. Vor der Front werden die Paraskenien beseitigt, die Front selbst, und mit ihr die Bühne, auf die ganze Länge des Spielhauses ausgedehnt, ver- mutlich mit fünf Thüren (die beiden äussersten sind nicht ganz sicher), die je mit einem von Säulen getragenen Vorbau versehen sind: vor der Mittelthür standen wahrscheinlich vier, vor den an- deren je zwei Säulen. Ausserdem erhält jetzt die Bühne zwei grosse Seiteneingänge. Gleichzeitig mit diesen Veränderungen wird der äussere Boden hinter und neben dem Spielhause erhöht, hinten um c. 0,50, an den Seiten um c. 1,0.

III. Zur Zeit des Augustus wird die Säulen verzierte, im Ue- brigen aber gradlinige Bühnenfront ersetzt durch eine reich ent- wickelte dreithürige Fassade in Ziegelbau, mit vor- und zurück- tretenden Teilen. Ob die Bühne niedriger gelegt wurde, als in der vorigen Form, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden, es ist aber nicht wahrscheinlich (S. 19 ff.). Dieser Periode gehört auch die Vorrichtung für den Vorhang an; es muss zweifelhaft bleiben, ob schon in der zweiten Periode etwas gleichartiges vorhanden war;

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vermutet werden darf es auf Grund der Analogie des kleineren Theaters. Gleichzeitig wird der Skenensaal etwas niedriger gelegt (um etwa 0,20), sein Holzboden entfernt und durch Auffüllung mit Schutt und Bautrümmern ersetzt, so dass der Unterraum wegfällt. Die mittlere Thür der Rückmauer wird vermauert und der Skenensaal zugänglich gemacht durch eine Thür im Niveau seines Fussbodens, die man von aussen über eine Rampe erreichte. Die Schwelle dieser Thür und die der grossen Seiteneingänge geben uns das Niveau des Skenensaales und der Bühne dieser Pe- riode: jener lag c. 1,80, diese c. 1,15 (die östliche Schwelle 1,225, die westliche 1,06-1,07) über dem Fundament, d. h. so ziemlich über dem Niveau der Orchestra.

Ich habe oben gesagt, dass wahrscheinlich in der zweiten Periode die Bühne nicht höher war als in der dritten, mit anderen Worten dass auch nach der zeitlichen Gleichsetzung der ersten erhöhten Bühne und des Skenensaales auf dem Balkenboden ich keinen Grund sehe, aus den von Puchstein und Koldewey an den Seiteneingängen beobachteten Spuren auf einen so viel höheren Spielboden zu schliessen. Die dort eingeritzten Linien liegen 2,26 und 2,31 über dem Fundament. Wollten wir in ihnen die Höhe der Bühne erkennen, so wäre sie nicht unbeträchtlich höher gewe- sen als der kaum 2,0 hohe Skenensaal, was ganz unglaublich. Das Incertum der Thürpfosten reicht bis c. 1,95; hier beginnt die unterste Quader: war dies die Höhe der Bühne, so lag sie ziemlich im Niveau des Skenensaales. Gewiss dürfen wir dies nicht als unmöglich bezeichnen, und wenn diese Annahme sonst auf keine Schwierigkeiten stiesse, so dürften wir sie wohl nicht abweisen. Aber recht wahrscheinlich ist sie doch auch in sich nicht. Wenn man in der letzten Form den Skenensaal um c. 0.65 höher legte als die Bühne, so ist es doch, wenn wir einmal mit Wahrscheinlichkeiten rechnen sollen, das Wahrscheinlichste, dass man sich damit an früher gewesenes anschloss. Denn die Höhen- ditferenz der letzten Periode ist ja nicht etwa so entstanden, dass man den älteren, höheren Fussboden des Skenensaales beibehalten hätte. Sondern er wurde niedriger gelegt, dennoch aber beträchtlich höher gelassen als die Bühne. Mithin war diese Höhendifferenz beabsichtigt, und wenn sie nun in der vorletzten Periode noch

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um 0,20 grösser war, so ist dieser Unterschied nicht gross genugr um das eine für wahrscheinlich, das andere für unwahrscheinlich zu halten. Und da nun ausserdem der Annahme einer so hohen Bühne die oben S. 19 f. dargelegten schweren Bedeuken entgegen- stehen, so kann ich meine ablehnende Haltung ihr gegenüber auch jetzt nicht ändern. Jene Besonderheiten der Seiteneingänge müssen vorläufig unerklärt bleiben.

Sehr gern hätten wir eine Erklärung gefunden für die ungleich- massige Anordnung der Pilaster an der Aussenseite des Spielhauses, sowie auch dafür, dass auf der Rückseite drei derselben der erste, dritte und sechste von Osten einfache rechtwinklige Basen haben, die übrigen nicht. Man könnte ja versucht sein, an zeitliche Verschiedenheit zu denken, und es müssten dann natür- lich die mit den Thüren als Pfosten untrennbar verbundenen ba- senlosen Pilaster der älteren Form mit offenen Thüren, ohne Balkenboden und Bühne zugeschrieben werden. Das ist aber nicht durchführbar. Die Mauer der ersten Form wurde doch nur abgetragen um den Zwischenboden zu legen, und nur bis zum Niveau seines Balkenlagers. Dass sie zwischen den zweifellos der ersten Form angehörigen Thürpfosten an drei Stellen bis an das Fundament beseitigt und erneuert sein sollte, ist ganz unglaublich, auch wenn die oben (S. 27) beobachtete Ansatzfuge auf Täuschung beruhen sollte. Besonders klar ist dies an dem südöstlichen Eckpi- laster: es ist unmöglich, ihn von dem unmittelbar anstossenden Thürpfosten zu trennen und für jünger zu halten. Vielmehr ist umgekehrt klar, dass der Pilaster schon stand, als der Thürpfosten gemauert wurde. Wir werden also diese Unregelmässigkeiten und Verschiedenheiten der auch sonst recht nachlässig und ungleich- massig gebauten Pilaster einfach als Tatsache hinnehmen müssen.

Unsere bisherigen Untersuchungen bezogen sich auf die Ge- schichte des Spielhauses. Aber auch der Zuschauerbau hat seine Geschichte.

Seine Südfront, in der sich der Bogen mit dem Satyrkopf öffnet (Fig. 10) reicht zweifellos in die vorrömische Zeit, in die Tutfperiode hinauf. Ich hatte bisher geglaubt und es war wohl die allge- meine Ansicht dass dies der ursprüngliche Bau sei. Denn dass

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auch der durch eine bekannte Inschrift den Holconiern zugeschrie- bene Bau der Crypta nur eine Erneuerung des schon früher beste-

Fig. 10. Parodoseingang mit Satyrkopf und Westseite des Skenenbaues.

henden war, ergab sich aus den älteren, unteren Teilen ihrer Mauern, die jener Front gleichartig sind (Overbeck-Mau, Pompeji4

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S. 158). Diese Ansicht hat sich als irrig herausgestellt: der uns vorliegende Bau der Tuffperiode verdankt einem erweiternden Um- bau seine Entstehung.

Während die von uns veranlassten Ausgrabunsren in Gange waren, unternahm der Inspector Graf Cozza eine Untersuchung der Oavea. Einwärts der südlichen Abschlussmauer des westlichen Flü- gels kam, 5,60 von ihr entfernt, eine Parallelmauer zu Tage, dick 0,63 ohne den Stuck, mit dem ihre Südseite bekleidet ist: Sand- stuck, darüber eine dünne aber feste und harte Schicht Zie- gelstuck, zusammen etwa 0,03 stark. Die Mauer stand also nach Süden frei und war offenbar eine ältere Abschlussmauer der damals um so viel kleineren Cavea. Sie endet oben, gebrochen, 5 m vor der Crypta, unten 0,50 vor der Rückwand des Tribunal, mit dessen Bau ohne Zweifel das hier an ihre Stelle tretende jüngere Mauer- werk zusammenhängt. Sie besteht aus Incertum: Kalkstein und Lava mit Kalkmörtel; ihre Nordseite ist ohne Stuck und rauh. Vielleicht ist sie frei aufgeführt, jedenfalls diente sie als Fut- termauer.

Südlich, also ausserhalb dieser alten Abschlussmauer, sichtbar auf der Strecke oben wo diese fehlt, c. 0,40 von ihrer Front ent- fernt, läuft eine schräg absteigende Mauer. Nur ihre Nordseite, ohne Stuck, ist sichtbar. Erhalten ist auch ihre ursprüngliche obere Fläche, die schräg absteigt, weniger steil als die Neigung der Stufen und die jetzige Oberfläche nach Entfernung derselben, so dass sie zu unterst knapp Im, zu oberst c. 1,40 unter dieser bleibt. Sie gehört zu den Substructionen der Stufen über dem Tribunal, hängt aber mit dem Bau des Tribunal nicht zusammen, sondern ist äl- ter. Denn über ihr sind deutlich gemauerte Stufen kenntlich, wäh- rend die Holconier, die Erbauer der Tribunalien, grade die ge- mauerten Stufen beseitigten und eine schräge Fläche herstellten, auf der die Stufenblöcke mit schräger Unterfläche lagen. Aus den in der westlichen Parodos zu nehmenden Maassen ergiebt sich das bei der Vergrösserung eingeschlagene Verfahren. An die alte Ab- schlussmauer wurde eine etwa 0,75 starke Mauer angesetzt, dann in der Entfernung von 3,80 die neue, 1,74 starke Abschlussmauer mit dem Satyrkopf gebaut und beide durch eine Wölbung ver- bunden. Die oben erwähnte schräg absteigende Mauer steht auf der Wölbung.

DAS GROSSE THEATER IN POMPEJI 43

Dieser jetzt zu Tage gekommene Abschnitt im Westflügel ist schon früher einmal sichtbar gewesen. Man erkennt ihn deutlich bei H. Wilki n s , Suite de vues piltoresques des ruines de Pompe'i, Rome 1819. Man sieht dort auch, dass das Mauerwerk des hin- zugefügten Teiles Stufen hat, während es im übrigen als schräge Fläche erscheint.

Im Osten ist von der Mauer mit Ziegelstuck nur ein kleines Stück, gleich über dem Tribunal, erhalten, an seinem Platz, aber ein wenig weiter südlich als im Westen. Weiter hinauf sind ihre Spuren in dem anstossenden Erdreich und Mauerwerk kenntlich. Ganz erhalten ist hier die südliche Parallelmauer: sie hat oben Anschluss an ein gradliniges Fundamentstück, das an das gekrümmte der Innenmauer der Crypta angesetzt ist. Dies Fundamentstück konnte erst nach Beseitigung des oberen Endes der alten Abschluss- mauer gelegt werden. So wird wohl auch im Westen gleich bei der Vergrößerung, um dies Fundament zu legen, das obere Ende der Abschlussmauer entfernt worden sein.

Wir bemerken noch, dass dies Fundamentstück von dem Fun- dament der Ciwpta nicht verschieden ist. Es steht also nichts der Annahme entgegen, dass diese gleichzeitig mit der Verlängerung der Flügel entstanden ist, welche Annahme empfohlen wird durch die Gleichartigkeit ihres Mauerwerkes mit dem der Abschlussmauer der erweiterten Cavea.

Ob und wo vor dem alten, kleineren Theatron eine Skene war, wo und wie damals gespielt wurde, darüber fehlt jede positive Spur. Aber das wahrscheinlichste ist doch wohl, dass eine Skene ungefähr da lag, wo sie jetzt liegt, und dass zwischen ihr und den Flügeln des Zuschauerbaues unbedeckte Parodoi in die Or- chestra führten. Durch Ueberdeckung dieser Parodoi wurde dann die Erweiterung des Sitzraumes erzielt.

Es ist sogar nicht unwahrscheinlich, dass auch nach dieser Erweiterung das alte Skenengebäude, mehr oder weniger umgestaltet, fortbestand. Denn dass der Bau des jetzigen Skenengebäudes nicht im Zusammenhang mit der Erweiterung, sondern erst nach einer Zwischenzeit erfolgt ist, wurde schon oben (S. 7 ff.) unzweifelhaft festgestellt. Ich füge jetzt noch einige dies bestätigende Beobach- tungen hinzu.

Augenscheinlich und zweifellos ist das Spielhaus an den schon

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stehenden Zuschauerbau hinangeinaiert worden: an der Nordwestecke des Skenenbaues, wo jetzt beide bis an das Fundament frei gelegt sind, ist dies deutlich sichtbar.

Ferner sind die beiden Teile des Theaters in ihrem baulichen Charakter nicht gleichartig. Der Zuschauerbau zeigt grade in den an das Spielhaus anstossenden Teilen auf das entschiedenste den Charakter der «Tuffperiode», der letzten vorrömischen Zeit: der westliche Parodoseingang, mit dem Satyrkopf aus Tuff als Schluss- stein der Wölbung, lässt darüber nicht den mindesten Zweifel. Auch das Lavaincertum der untersten Teile der Aussenwand der Crypta, mit einer Wölbung in der Achse des Gebäudes, ist durchaus cha- rakteristisch; die Wölbung gleicht Wölbungen im Tribunal der Ba- silica.

Dasselbe kann nicht auch von dem Spielhause gesagt werden. Das Lavaincertum hat durch seinen rötlichen Mörtel einen ganz be- sonderen Charakter; aber es der Tuffperiode abzusprechen, wäre kein Grund vorhanden. Dagegen passen die Pilaster, aus sehr un- gleich grossen ziegeiförmigen Steinen ziemlich nachlässig aufge- setzt, garnicht recht in die vorrömische Zeit. Dasselbe gilt von den Thürpfosten der alten Frontwand und denen der Rückwand. Auch sie bestehen aus ziegeiförmigen Steinen, einem Material, das der eigentlichen Tuffperiode, soweit bis jetzt beobachtet, fremd ist. Das älteste Beispiel ihrer Verwendung sind die Pilaster im Inneren des Juppitertempels, also in einem Gebäude, das in der ersten Zeit der Colonie wenn nicht von Grund auf gebaut so doch vollendet wurde. Dagegen ist nicht zu leugnen, das die der jüngeren Form des Baues angehörenden Pfosten der Seitenthüren, aus Tuffquadern, gut aus der vorrömischen Zeit stammen könnten. Aber sie können ebenso gut auch aus späterer Zeit stammen; denn Tuffquadern sind auch der römischen Zeit keineswegs fremd: sie finden sich an dem in der ersten Zeit der Colonie erbauten Amphitheater. Alles in allem zeigt das Spielhaus am ehesten den Charakter der ersten Zeit der römischen Colonie. Als sicher freilich kann diese Datierung nicht gelten, und es wäre wohl voreilig, es mit Bestimmtheit der vorrömischen Zeit abzusprechen. Zweifellos aber ist sein baulicher Charakter jünger als der des Zuschauerbaues.

An der schon erwähnten NW-Ecke des Skenenhauses, wo die Fundamente beider Gebäude zusammenstosseu, ist jetzt sichtbar

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dass das des Zuschauerbaues um 0,50 tiefer liegt als das des Skenenhauses, seine Mauer also um so viel tiefer hinabreicht. Wären beide gleichzeitig und nach einem Plane erbaut worden, so hätte man sie doch wohl in gleiches Niveau gelegt.

Endlich liegt das Skenenhaus nicht ganz symmetrisch am Zn- schauerbau: unser Plan (Tf. I) zeigt, dass die westliche Seiten- wand des ersteren näher am Parodoseingang liegt als die östliche. Auch dies spricht dafür, dass beide nicht gleicher Gründung, son- dern das Skenengebäude später angesetzt ist.

Wir würden also auch ohne jenen Pilaster (S. 7) berechtigt sein, das jetzige Skenenhaus für jünger als den vergrösserten Zuschauerbau zu halten. Dieser bezeichnet, von der Skene ausge- hend und abgesehen von den unwichtigen Veränderungen der allerletzten Zeit, die viertletzte, das unvergrösserte Theatron die fünftletzte Form des Theaters.

Ueberraschend waren die Ergebnisse unserer Ausgrabungen in der Orchestra. Es fanden sich die Reste von nicht weniger als sechs Wasserbassins, verschiedener Form und Grösse, und zeitlich auf einander gefolgt. In welcher Periode diese Reihe beginnt, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden ; das vorletzte dieser Bassins ist älter als das den augusteischen Ziegelbauten angehörige Bühnen- podium der letzten Zeit und spätestens bei dessen Bau beseitigt worden. Ich zähle sie auf nach ihrer zeitlichen Reihenfolge (s. den Plan Tf. I).

1. Kreisrundes Bassin im innersten Teil der Orchestra. Durch- messer 7,10 (24 röra. Fuss). Sein Centrum liegt etwa 0,35 ein- wärts (N) von dem des Halbkreises der Orchestra; so bleibt es in der Achse des Theaters 1,50 vom Stufenrande entfernt, seitwärts, wo der Halbkreis der Stufen in die Tangente übergeht, 1,80. Tiefe 0,75 unter der letzten Oberfläche der Orchestra. Der Winkel zwischen Wand und Boden ist abgerundet; beide sind mit Ziegel- stuck verkleidet. In der dem Skenenbau zugewendeten Hälfte sind S3rmmetrisch zur Achse zwei Ausflussrinnen kenntlich (s. den Plan), die östliche am Ausrluss etwa 0,35 weit (an der Peripherie des Bas- sins gemessen), dann sich auf reichlich 0,10 verengend; von der westlichen war nur die Ostwand kenntlich. Beide mit Ziegelstuck wie das Bassin richten sich gegen die Mitte des jetzigen

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Bühnen podiums und waren wohl sicher bedeckt. Ihr Boden liegt 0,25 unter dein Orchestraboden der letzten Zeit; er giebt uns zugleich den Wasserspiegel des Bassins, der also recht gut mit eben diesem Orchestraboden, nicht wohl aber mit einem höheren vereinbar ist.

2. Kleineres kreisrundes Bassin, dem vorigen concentrisch. Durchmesser 5,90 (20 röm. Fuss). Tiefe unter dem letzten Or- chestraboden etwa 0,30. Wand und Boden Ziegelstuck mit Resten blauer Farbe treffen sich in rechtem Winkel.

3. Länglich viereckiges Bassin, 6,60 (24 osk. Fuss) X 0,75, tief 0,35, vom Buhnenpodium entfernt 2,15. Ziegelstuck.

4. Länglich viereckiges Bassin, zum Teil den Platz des vo- rigen einnehmend, 5,90 X 1,48 (20 X 5 röm. Fuss), tief 0,25, vom Bühnenpodium entfernt 1,50. Ziegelstuck.

5. Länglich viereckiges Bassin, wieder z. T. den Platz des vorigen einnehmend, 9,0 X 1,68, tief 0,17. Ziegelstuck mit deutli- chen Resten blauer Farbe. Seine Südwand steht senkrecht unter der Vorderfläche des Bühnenpodiums.

6. Grosses länglich viereckiges Bassin mit abgerundeten Ecken, im vorderen Teil der Orchestra, alle früheren durchschneidend, 5,90 (20 röm. Fuss) X 3,90, tief 1,65. Auch der Winkel zwischen Wand und Boden ist abgerundet. Ziegelstuck. Dies Bassin konnte nicht ganz ausgegraben werden, weil es nach seiner Zuschüttung mit einer 0,50 starken Schicht [ncertum überdeckt worden ist. Es wurde ausgegraben ein Stück an der NW-Ecke, ferner die NO und SW-Ecke constatiert. Und da die Meinung auftauchte, es könnte eine bedeckte Cisterne gewesen sein, so wurde durch eine unterir- dische Grabung festgestellt, dass in der Mitte keine Stütze vor- handen ist. Diesem Bassin ist wohl sicher gleichzeitig der nur in den Parodoi, am besten in der östlichen, nicht in der Orche- stra erhaltene Fussboden aus gutem, starkem Signinum. Hiervon soll weiter unten (S. 49) die Rede sein.

7. Vorn, in der Achse, 2,40 vom Bühnenpodium, also inner- halb des Umfanges des Bassins 6 und jünger als dessen Ausfül- lung, ist ein kleines Bassin kenntlich, 0,30 X 0,34, tief 0,30, aus dem ein 0,16 breiter Kanal durch den Vorhangsraum, etwas nach Osten umbiegend, in die hinter diesem entlang laufende Rinne führt, Natürlich sollte hier das in Cavea und Orchestra gefallene Regen-

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wasser zusanimenfiiesseii und abgeführt werden; den Kanal haben wir wohl bedeckt zu denken. Doch war dies nicht der einzige Abfluss : ein zweiter (nur die Rinne, nicht das Bassin) war schon immer kenntlich bei der Einmündung der östlichen Parodos, und ein entsprechender wird auch im Westen anzunehmen sein; s. hier- über Overbeck-Mau, Pompeji4 S. 167.

Von diesen Bassins konnten das grosse runde und das älteste viereckige (1 und 3) nicht gleichzeitig sein, wie der Plan zeigt. Zwischen dem kleinen runden und dem ältesten viereckigen (2 und 3) blieb ein Zwischenraum von knapp 0,70. Gleichzeitigkeit ist also nicht unmöglich, und für dieselbe spricht vielleicht die Erwägung, dass das sehr schmale Bassin 3 als einziges doch seltsam wäre, und dass, wenn der Durchgang zwischen beiden Bassins etwas eng war. man Sorge getragen hatte, den Raum zwischen den Parodoi frei zu lassen. Dann konnte natürlich das kleine runde Bassin (2) auch neben den beiden folgenden viereckigen (4 und 5) bestehen, so dass es erst bei Anlage des grossen Bassins 6 verschwunden wäre. Unter dieser Voraussetzung haben wir also sechs Formen der Orchestra : 1, 2 + 3, (2 -4- ?) 4, (2 + ?) 5, 6, 7.

Um nun diese Geschichte der Orchestra in Beziehung zu setzen zu dem sonst über die Geschichte des Baues ermittelten, ist vor allem die verschiedene Tiefe der Bassins zu beachten. Es wurde schon bemerkt (S. 46), dass das grosse runde Bassin (1) ein wenig oder garnicht von dem der letzten Zeit verschiedenes Niveau der Orchestra voraussetzt. Ebenso klar aber ist, dass das letzte der sehr länglichen Bassins im vordem Teil der Orchestra (5), nur 0,17 tief, ein höheres Niveau verlangt. Und nachdem damit constatiert ist, dass zwischen der ältesten und letzten Zeit eine zeitweilige Erhöhung der Orchestra stattgefunden hat, werden wir kein Bedenken tragen, der Zeit dieser Erhöhung auch die beiden vorhergehenden (3. 4) und das nur 0,30 tiefe kleinere runde Bas- sin (2) zuzuschreiben. Das grosse und tiefe Bassin 6 endlich ist sowohl mit dem Niveau der letzten Zeit als» mit einem höheren vereinbar.

Nun ist ein dem der letzten Zeit wesentlich gleiches Niveau der Orchestra wie für das älteste Bassin so auch für die älteste Form des Skenenbaues (S. 7 Fig. 2) erfordert. Denn niemand wird denken, die Orchestra sei höher gewesen als die Schwellen

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der Thüren in der Skenenfront, und tiefer konnte sie auch nicht liegen, weil wir da gleich auf den gewachsenen Fels stosseu. Es kann also das grosse runde Bassin nicht jünger sein als die älteste Form des Skenenbaues ; und eben dieser Form kann keines der folgenden Bassins gleichzeitig sein : sie alle stammen aus der- zeit der erhöhten Bühne. Ob vielleicht das grosse Bassin noch älter ist. ob es schon vor dem Bau der jetzigen Skene. ob gar schon vor der Vergrösserung des Zuschauerraumes vorhanden war, das können wir nicht wissen. Es lässt sich sogar die abstrakte Mög- lichkeit nicht in Abrede stellen, dass es in einer dieser ältesten Perioden bestand, zur Zeit der ersten Form der Skene aber ab- geschafft und die Orchestra damals ganz frei war, bis nach ihrer Erhöhung und natürlich auch nach der der Bühne das kleinere runde Bassin (2) angelegt wurde. Pur wahrscheinlich freilich werden wir eine solche Unterbrechung der Continuität der Bassins nicht halten. Ferner könnte auch vielleicht gefragt werden, ob etwa gleichzeitig mit dem grossen runden auch im vorderen Teil der Or- chestra irgend ein Bassin vorhanden war, dessen Reste unter denen der späteren Bassins verschwunden wären. Doch ist dies nicht wahrscheinlich. Dass solche Reste dort nicht vorhanden sind, wurde durch eine Versuchsgrabung im Juli 1906 festgestellt, und bei der Art, wie im Uebrigen die Reste älterer Bassins unter den späteren erhalten sind, darf dies fast als Beweis gelten. Es steht also nichts der Annahme entgegen, dass damals der vordere Teil der Or- chestra frei war. Dies ist auch au sich in so fern wahrscheinlich, als es nahe liegt, die Verkleinerung des runden Bassins eben mit der Anlage des ersten viereckigen in Beziehung zu setzen.

War nun damals in der Orchestra nur das grosse runde Bas- sin, so linden wir auch hier keine entscheidende Antwort auf die Frage, ob Spiel in der Orchestra, ob auf einer irgendwie gestal- teten Bühne oder Proskenion. Denn das grosse Bassin bleibt von der Linie der Paraskenienfronten ziemlich (3 m entfernt; es blieb also hinlänglicher Platz für Spiel in der Orchestra. Nur freilich wohl mit der Einschränkung, dass dann für den Chor kein Platz war. während, wenn die Schauspieler zwischen den Paraskenieu auftraten, dieser 6 m breite Raum ihm eine massige Entwickelung gestattete.

Das kleinere runde Bassin und die drei länglichen vorn in der Orchestra (2-5) drängen sich zusammen in die Zeit der ver-

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mutlich fünfthürigen Bühne mit den Vorbauten (S. 10 Fig. 3); denn vorher war die von ihnen vorausgesetzte Erhöhung der Or- chestra unmöglich, und der Ziegelbau der augusteischen Zeit kehrt wieder zu dem früheren, tieferen Niveau zurück.

Der augusteischen Zeit werden wir das letzte grosse Bassin mit- ten in der Orchestra zuschreiben dürfen. Denn bei seiner ohnehin bedeutenden Tiefe scheint es nicht eben wahrscheinlich, dass zu seiner Zeit die Orchestra noch das höhere Niveau hatte. Und wenn wir der wie weiterhin zu zeigen kurzen Zeit der Bühne mit den Vorbauten ohnehin schon mindestens drei Formen der Orche- stra (2 -f- 3, 4, 5) zuteilen müssen, so werden wir wenig geneigt sein, noch eine vierte hinzuzufügen, zumal diese letzte, auch ab- gesehen von der Niveauveränderung, eine so eingreifende Umgestal- tung bedeutet, dass man sie ungern von der ihr zeitlich jedenfalls nahestehenden Umgestaltung des ganzen Theaters trennen möchte.

Geht nun dies grosse und tiefe Bassin zusammen mit den Bauten der Holconier um den Beginn unserer Zeitrechnung, so werden wir derselben Zeit auch den guten und starken Signinum- fussboden zuschreiben, dessen Reste in den Parodoi erhalten sind. Denn zweifellos setzt er die wieder erniedrigte Orchestra voraus und ist in den Parodoi an das Ziegelwerk hinan gearbeitet, also nicht älter als dieses. Wollten wir aber an eine noch spätere Zeit denken, nach Zuschüttung des letzten Bassins, so dass es auf der diese deckenden Incertumschicht (oben S. 46) gelegen hätte, so wäre sein gänzliches und spurloses Verschwinden aus der Orchestra unbegreiflich. Mit viel grösserer Wahrscheinlichkeit können wir annehmen, dass seine Beseitigung eben durch die Ausfüllung des Bassins veranlasst wurde, dass man beabsichtigte einen neuen Fuss- boden zu legen, dies aber, sei es durch das Erdbeben des J. 63, sei es durch die Schlusskatastrophe verhindert wurde.

Unsere bisherigen Untersuchungen haben für die ältere Ge- schichte des Baues, bis zum Beginn unserer Zeitrechnung, nur eine relative Chronologie ergeben. Diese in eine absolute zu ver- wandeln ist leider nur in unvollkommener Weise möglich; aber es fehlt doch nicht ganz an Anhaltspunkten.

Der wichtigste Anhaltspunkt ist der bauliche Charakter des vergrösserten Zuschauerbaues, mit dem gewölbten Parodoseingang,

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in den als Schlussstein der Satyrkopf auz Tuff eingefügt ist, und der ihm gleichartigen Substructionen der Crypta. Die Art wie die Gewölbe gebildet sind, im Parodoseingang und in der Substruction in der Achse des Baues (zu vergleichen die Fenster des Kellerrau- mes im Tribunal der Basilika), die Tuffskulptur, in der trotz der schlechten Erhaltung ein gutes Exemplar eines hellenistischen Typus kenntlich ist, alles dies weist für jeden, der einige Erfah- rung in pompejanischer Architektur hat, unwidersprechlich auf die Tuffperiode, die Zeit zwischen dem hannibalischen und dem Bun- desgenossenkrieg, die Zeit des Hellenismus in Pompeji. Auch der Stuckpilaster an der Südfront (S. 7) ist ganz im Charakter dieser Periode.

Damit rückt der ursprüngliche Bau des Zuschauerraumes mit einiger Wahrscheinlichkeit hinauf in die Zeit vor dem hannibali- schen Kriege; eine nähere Bestimmung ist wohl nicht möglich.

Auf die Vergrösserung des Zuschauerraumes in der Tuffpe- riode folgte der Bau des jetzigen Spielhauses nicht unmittelbar, sondern es lag eine Zeit dazwischen, in der vermutlich ein dem jetzigen vorhergehendes und von ihm verschiedenes Spielhaus an den Zuschauerbau angebaut war. Und wenn wir nun die Bauart der ältesten Form des Spielhauses von der der Tuffperiode ganz ver- schieden, dagegen zu der folgenden, uns wohl bekannten Baupe- riode Pompeji's, der ersten Zeit der römischen Colonie, gut pas- send fanden, so scheint zunächst der Schluss unausweichlich, dass eben damals das Spielhaus in seiner ersten Form, mit den Thüren im Niveau der Orchestra, erbaut wurde.

Hier ergiebt sich nun freilich die Schwierigkeit, dass dann, wie es scheint, die erste und die zweite Form des Spielhauses (erhöhte Bühne und Balkenboden) übermässig nahe zusammen- rücken. Die Bauart auch dieser zweiten Form, an den Ecken der Vorbauten vor den Thüren der Front, weist am ehesten auf die erste Zeit der Colonie, oder doch auf republikanische Zeit. Ferner war mit dieser Form die Erhöhung des Platzes hinter dem Spiel- hause um etwa 0,50 verbunden (S. 16). Und in diesem erhöhten Niveau wurde das kleinere Theater erbaut, dessen Entstehung in den ersten Jahren der Colonie vollkommen feststeht. In eben diese Zeit muss also, so scheint es, die zweite Form des Skenenbaues gesetzt werden. Und wenn nun auch vielleicht diese Datierung nicht

DAS GROSSE THEATER IN POMPEJI 51

unbedingt zwingend ist die Bauart schliesst spätere republi- kanische Zeit nicht aus, und es Hesse sich ja vielleicht auch ir- gend ein Vorgang denken, durch den die Aufhöhung hinter dem Spielhause und der Bau des kleinen Theaters zeitlich getrennt würden so ist doch auch wieder zu bedenken, dass bei späterer Datierung wir dem Umbau der Holconier, dessen Zeit um den Beginn unserer Zeitrechnung feststeht, bedenklich nahe kommen, um so bedenklicher als der zweiten Form des Skenenbaues min- destens drei Formen der Orcliestra parallel gehen.

Wenn wir alle diese Bedenken bei Seite setzen und die erste Form des Spielhauses, ihren baulichen Charakter und ihren zeit- lichen Abstand von der in der Tuffperiode erfolgten Vergrösserung des Zuschauerbaues als Ausgangspunkt nehmend, in sullanische Zeit datieren, so fällt seine erste Umgestaltung (zweite Form) in die Zwischenzeit zwischen dieser und dem Beginn unserer Zeit- rechnung, ohne dass nähere Bestimmung möglich wäre. Für die drei Formen ergeben sich dann in runden Zahlen etwa die Jahre 80, 40, 1 v. Chr.

Gehen wir dagegen von der zweiten Form aus und legen wir mehr Gewicht auf die eben entwickelten Bedenken, namentlich auf die anscheinende Gleichzeitigkeit der zweiten Form mit dem kleinen Theater, so müssen wir mit der ersten Form in die Zeit vor dem Bundesgenossenkriege, in die Tuffperiode, hinaufrücken. Da sie aber auf einen Bau eben dieser Periode (Vergrösserung des Theatron) erst nach einer Zwischenzeit gefolgt ist, und ihre Bauart ganz den Charakter der folgenden Periode zeigt, so kann es sich nur um die allerletzte Zeit der Tuffperiode handeln : in runden Zahlen wären die drei Formen des Spielhauses um 100, 80, 1 v. Chr. entstanden. Mir persönlich wird, in Anbetracht der Bauart, diese letztere Datierung der ersten Form sehr schwer; aber für unmöglich mag ich sie nicht erklären, und die Bedenken gegen ein späteres Datum sind gewiss nicht minder gewichtig.

Wir sind am Ziel unserer Untersuchung. Wenn auch einzel- nes dunkel geblieben ist, hat sich doch im Grossen und Ganze« die Geschichte des Theaters mit hinlänglicher Klarheit ermitteln lassen. Wir fassen sie kurz zusammen.

1. Vor oder zu Anfang der Tuffperiode (200 v. Chi'.) erster

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Bau. Wir kennen von ihm nur den Zuschauerbau, dessen Flügel um etwa 6,0 kürzer waren als jetzt; vermutlich fehlte auch die ihn später oben umkreisende Crypta. Eine Skene bestand wahr- scheinlich, vielleicht an der Stelle der späteren. Unbekannt ist, ob schon damals in der Orchestra das grosse runde Bassin war.

2. In der Tuffperiode 2. Jh. v. Chr. wird der Zuschauer- bau auf seinen jetzigen Umfang vergrössert durch Verlängerung der Flügel (Eingangsbogen mit Satyrkopf) und vermutlich auch durch Hinzufügung der die summa cavea tragenden Crypta. Von der Skene dieser Zeit ist nichts erhalten. Auch jetzt noch ist un- bekannt, ob in der Orchestra das grosse runde Bassin war.

3. Um 100 (oder erst um 80?) v. Chr. Bau des jetzigen, an den Zuschauerbau angelehnten Skenengebäudes in seiner ältesten Form (S. 7 Fig. 2) : Front mit drei Thüren zu ebener Erde zwischen schiefwinkligen Paraskenien; hinter ihr Skenensaal mit fünf Thü- ren. In der Orchestra das grosse runde, den vorderen Teil frei las- sende Bassin.

4. Um 80 (oder erst um 40 ?) v. Chr. Umgestaltung des Ske- nengebäudes (S. 10 Fig. 3). Beseitigung der Paraskenien. Erhöhte Bühne in der ganzen Länge des Gebäudes, mit grossem Seitenein- gängen. Gradlinige Front mit vermutlich fünf von Säulen einge- fassten Thüren. Hinter ihr auf einem Balkenboden der ebenfalls erhöhte Skenensaal, zugänglich durch die allein offen gebliebene Mit- telthür der Rückseite und über eine innere Holztreppe. Die Orchestra wird erhöht; doch brauchte die Erhöhung nicht mehr als etwa 0,40 zu betragen. In ihr das kleinere runde Bassin und vielleicht von An- fang an gleichzeitig das älteste (nördlichste) der drei länglichen Bassins ; dann die beiden anderen ; es ist zweifelhaft, ob neben ihnen das runde fortbestand. Ueber die erhöhte Orchestra erhob sich die Bühne nur wenig, etwa 0,70.

5. Um 1 v. Chr. Bauten der Holconier und Gleichzeitiges. Ziegelbau der dreithürigen Bühnenfront in reicher architektonischer Entwickelung, mit vor- und zurücktretenden Teilen. Hinter ihr wird der Skenensaal etwas niedriger gelegt, sein Balkenboden entfernt und statt dessen der Unterraum mit Trümmern der älteren Fas- sade aufgehöht, .endlich die alte Mittelthür zugemauert und der Skenensaal zugänglich gemacht durch eine Thür im Niveau seines Fussbodens, die man von aussen über eine die alte vermauerte

DAS GROSSE THEATER IN POMPEJI 53

Thür verdeckende Rampe erreichte. Im Zuschauerraum werden die Tuftstufen durch Marmorstufen ersetzt; über den Parodoi werden die Tribunalia gebaut und die vermutlich schadhaft gewordene Crypta auf den alten Fundamenten neu aufgeführt. Die Orchestra wird wieder auf ihr altes Niveau erniedrigt und in ihr statt der früheren Bassins ein grosses und tiefes in der Mitte angelegt, läng- lich mit abgerundeten Ecken. Guter Signinumfussboden in Parodoi und Orchestra.

6. Noch später, in nicht näher bestimmbarer Zeit wird das Bassin zugeschüttet und mit einer Incertumschicht überdeckt und der Fussboden der Orchestra entfernt. Zur Legung eines neuen kam es nicht. Kleine, flache Bassins zur Abführung des Regen- wassers.

Wie stellt sich nun unser Theater zu der bekannten Theater- kontroverse? Erst jetzt übersehen wir hinlänglich alles in Betracht kommende, um uns diese Frage vorlegen zu können. Es handelt sich um die oben mit 3 bezeichnete Form, die erste Form des Skenenbaues (S. 7 Fig. 2). Ist damals in der Orchestra, vor einem Proskenion gespielt worden (Dörpfeld) oder auf einer von dem Proskenion getragenen Bühne (Puchstein) oder wie sonst? Es wäre verwegen, diese Frage von Pompeji aus entscheiden zu wollen; die pompejanische Forschung wird sich hier den auf breiterer Grundlage zu gewinnenden Resultaten fügen müssen. Aber das Verhälfcniss des pompejanischen Gebäudes zu der Frage muss doch kurz festgestellt werden. Wie würden wir uns entscheiden, wenn es sich nur um Pompeji handelte?

Dass man vor einem zwischen den beiden die Orchestraöff- nung einfassenden Pilastern (S. 7-9) oder auch zwischen den Pa- raskenienfronten sich erstreckenden Proskenion, in der Orchestra gespielt hätte, scheint mir sehr wenig wahrscheinlich. Dagegen spricht die grosse Breite (etwa 5 m.) des Raumes zwischen den Paraskenien, der dann keine andere Bestimmung hatte, als zwischen Frontmauer und Proskenion zu verschwinden. Es scheint vielmehr kaum vermeidlich, in eben diesem Räume, dem zu Liebe der Saal hinter der Front sich mit einer Breite von nur 3,80 hat begnügen müssen, den Spielplatz zu erkennen. Als solchen charakterisirt ihn ausser seiner grossen Breite auch seine Form: wenn er sich mit

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schrägen Seitenwänden gegen die Zuschauer erweitert, wie sollen wir das anders verstehen, als dass er dem Einblick von allen Seiten möglichst geöffnet werden sollte? Und endlich: hier war von der folgenden Periode an sicher der Spielplatz ; so brauchen wir keine Verlegung desselben anzunehmen, wie wir müssten, wenn anfangs in der Orchestra gespielt wurde; diese zweifellose Tatsache giebt unserem Theater eine besondere Wichtigkeit. Weniger entscheidend ist das grosse Bassin in der Orchestra. Aber gesetzt auch was wahrscheinlich ist dass damals nur dies Bassin bestand, nicht noch ein zweites vorn in der Orchestra, so dass für die Schauspieler vor dem Proskenion ein materiell ausreichender, 6 m. breiter Bo- denstreif frei blieb; gesetzt auch was nicht bewiesen ist dass hier keine Chöre auftraten, so wird man doch sagen dürfen : wenn die Orchestra Spielplatz war, so. wäre es das natürlichste gewesen, sie grundsätzlich frei zu halten.

Versuchen wir nun aber, in eben diesem Eaume eine hohe, von einem Proskenion in der bezeichneten Linie getragene Bühne anzunehmen, so stossen wir wieder auf die grössten Schwierigkeiten. Die 1,78 breiten Thüren der Frontmauer können wir uns doch nicht gut viel niedriger als 3 m. denken ; dann aber konnte der Spielboden nicht viel unter 4 m. bleiben. Und was soll uns in solcher Höhe eine 5 m. breite Bühne? Wenn der Schauspieler sich auch nur um 2 m. vom Vorderrande entfernte, so sahen die Zu- schauer der besten Plätze, bis einschliesslich der obersten Decu- rionenstufe, wenn sie in der Achse des Theaters sassen, etwa noch die obere Hälfte seines Körpers; sassen sie mehr seitwärts, so sahen sie garnichts.

In gleicher Höhe mit dem Spielboden, wenn nicht noch höher, musste ein oberer Saal hinter der Front liegen. Wie war dieser zugänglich ? Ein äusserer Aufgang war nicht vorhanden; also innere Treppen. Aber wo waren diese augebracht? Wir möchten zuerst die grossen Thüren alle drei, oder ihrer eine oder zwei als Zugänge zu ihnen betrachten. Aber hier haben wir einen nur etwa 3,80 tiefen Raum vor uns; und da doch oben ein Austrittsraum bleiben musste, so war, auch wenn die Treppe gleich an der Thür begann, doch jene Höhe auf einer Grundfläche von kaum mehr als 3 m zu ersteigen : Jeder sieht, dass dies eine Hühnerleiter aber keine Theatertreppe sein konnte. Das einzig denkbare wären, so

DAS GROSSE THEATER IN POMPEJI 55

viel ich sehe, zwei von den Thüren neben der Mitte seitwärts an der Wand entlang gegen die Seitenwände, nach 0 und W, ge- richtete Treppen. Die beiden kleinen Thüren wären dann unter den Treppen durchgegangen. Aber es ist doch kaum denkbar, dass diese für die Bestimmung des ganzen Baues so wesentlichen Truppen aus Holz gewesen sein sollten. Von Steintreppen aber müssten wir Spuren finden; und selbst wenn sie von Holz waren, so wären doch sicher nach constantem pompejanischen Gebrauch ihre untersten Stufen aus Mauerwerk gewesen und müssten Spuren hinterlassen haben.

Aber gesetzt auch, es wäre doch so, dann war doch die we- sentliche Bedeutung dieses Unterraumes die, dass er ein Treppen- raum war. Und wozu dann alle die Thüren, die den nach vorn, durch die Frontmauer, führenden genau entsprechen? Der ganze Grundriss sagt mit unübertrefflicher Deutlichkeit, dass dies ein Durchgangsraum ist nicht nach oben sondern nach vorn. Oder sollen da etwa nur die « thymelischen Künstler» durchgegangen sein? Für die war doch in der Orchestra mit dem grossen Bassin kein rechter Platz, und es ist schwer zu glauben, dass ihretwegen dies ganze System von Thüren gemacht sein sollte.

Wenn der Hauptraum oben war, so war es doch merkwürdig, dass man nicht auf den Gedanken kam, ihn von aussen durch eine Treppe oder Rampe oder deren zwei zugänglich zu machen, da doch der etwa 14 m breite Platz dazu die beste Gelegenheit bot. In den späteren Formen des Baues verfiel man bald auf diesen nahe liegenden Ausweg.

Um alles in Betracht kommende zu erwägen, müssen wir noch einen Blick auf die Rückfassade des Baues werfen. Wenn erst von etwa 4,0 aufwärts der Hauptraum war, so konnte das ganze Ge- bäude nicht viel unter 10 m hoch sein. Seine Wand ist aussen durch Pilaster gegliedert, deren Breite von 0,46 bis 0,60 variirt und nur an den Eckpilastern auf 0,75 steigt. Es ist also undenk- bar, dass unter obiger Voraussetzung die Pilaster mit ihrem Ge- bälk bis an das Dach gereicht hätten. Wir wären vielmehr ge- zwungen, anzunehmen, was ja auch an sich wahrscheinlicher ist, dass die innere Gliederung auch in der Fassade zum Ausdruck kam und ein Gebälk in der Höhe des Zwischenbodens lief, doch wohl so, dass dessen Fussboden der Oberkante des Gebälkes ent-

56 A. MAU, DAS GROSSE THEATER IN POMPEJI

sprach. Dann also hätten wir in einer Höhe von etwa 4 m ein Ge- bälk und noch Pilaster von Durchmessern bis zu 0,75 unterzu- bringen ; die letzteren hätten eine Höhe von etwa 4 1 Durchm. gehabt: ein Verhältniss dass für diese Zeit, namentlich wenn es sich um die Tuffperiode handelt (oben S. 50 f.), nicht eben wahr- scheinlich ist, aber doch nicht für unmöglich erklärt werden kann, zumal nur die Eckpilaster Schwierigkeit machen und für die an- deren sich ein wesentlich schlankeres Verhältniss ergiebt. Wurde dagegeu zu ebener Erde gespielt und haben wir mit keinem Ober- raum zu rechnen, oder war doch der Hauptraum zu ebener Erde, so brauchte dieser kaum über 6 m hoch zu sein, und wenn hier das Gebälk lief, so ergeben sich Verhältnisse, die zwar für die schmäleren Pilaster sehr schlank, aber keineswegs unmöglich sind: es ist leicht, an Häusern der Tuffperiode noch schlankere Pilaster zu finden. Diese Lösung ist wahrscheinlicher als die vorige, aber freilich nicht in entscheidender Weise.

Alles dies mögen Wahrscheinlichkeitserwägungen sein, keine Beweise. Aber wenn nun alle diese Erwägungen für das Spiel in dem Raum zwischen den Paraskenien sprechen, aber gegen das Spiel auf einer in eben diesem Räume enthaltenen Bühne, so scheint nur übrig zu bleiben, dass in diesem Räume gespielt wurde, aber zu ebener Erde. Ein Proskenion gab es dann nicht, es sei denn, dass man irgend welche vor die scaeuae frons gestellte Decoration als bewegliches Proskenion bezeichnen wollte.

Wenn es sich nur um Pompeji handelte, würde ich diese Lösung für so gut wie erwiesen halten; und sie ist, soviel ich sehe, auch für andere Theater dieses Typus z. B. Athen I zulässig. Aber freilich da ist noch mancherlei zu bedenken, was ich denen überlasse, die mit der Theaterfrage vertrauter sind als ich.

A. Mau.

ROSTRA CAESAR1S NOCHMALS.

Nach dem was Mau hier, 1905 S. 230 ff. auseinandersetzte, steht die Priorität des Rundbaus (R) vor dem vorgelegten Vierecks- bau (V) ausser Zweifel. Entscheidend ist vor allem die auch von Mau vorangestellte Tatsache, die 0. Richter zuerst ermittelte, und von der ich mich jüngst auch persönlich überzeugen konnte, dass die NW-Ecke der Travertinschwelle von V auf derjenigen von R eingebettet ist (1). Nicht minder gewiss ist jedoch, dass die jetzige Anordnung der bunten Marmortafeln nicht, wie Mau annimmt, die ursprüngliche ist sondern eine spätere, die, immer noch dem Altertum angehörig, von einer ganz späten zu unter- scheiden ist, die erst nach Aufdeckung der Ruine, im ersten Halb des vorigen Jahrhunderts ausgeführt worden ist.

Diese letzte, moderne hat das Getäfel und die Reste von zwei Pilastern, so wie man sie vorfand, neu hintermauert (2) und mit grossen Eisenklammern befestigt, die in den Gusskern eingetrieben und an den Plattenräudern seitlich oder oben verbleit sind.

Neben dieser findet sich eine andre, ganz verschiedene Art der Befestigung, die schon durch diese Verschiedenheit, und da- durch dass sie öfters verloren ging und nur Spuren hinterliess, sich als antik zu erkennen gibt. Jede Volltafel, und ebenso je zwei zur Einheit verbundene Halbtafeln, haben nämlich an den Seiten unten Einschnitte, in welche Eisenzapfen eingreifen, die iu

(') Auch die scharfsinnige Beobachtung und Verwertung der Splitter- schichten ist, wenigstens soweit sie den Travertinsockel des Bundes treffen, durchaus einwandfrei.

(2) Ob neben dem augenscheinlich modernen Gemäuer auch ein älteres, spätantikes zu unterscheiden sei, wage ich nicht sicher zu bestimmen.

5S E. PETERSEN

den Ablauf eingefügt, hier und in jenen Einschnitten gleichzeitig vergossen worden sind. Diese Eisen haben sich am 1. Ende der Ablaufplatte r (über die Signierung nachher!) erhalten, wo die Tafeln rechts und links verloren gingen. Natürlich mussten, wo statt einer Volltafel zwei Halbtafeln stehen, diese auch in der Mitte irgendwie befestigt werden; und das ist meistens, doch nicht immer, auch zu sehen. Dass die Eisen von den Tafeln jedoch auch in die zwischen ihnen stehenden Pilaster eingegriffen hätten, ist nirgends zu erkennen.

Von dieser etwas dürftigen Befestigung der grossen Tafeln mit den wenig tief in den Ablauf eingelassenen Eisen, sticht auf- fällig eine andre ab : Bronzedübel 4 X 1 1/2 cm. stark, in tieferen Löchern vergossen, von denen zwei noch am Platze, von andern nur die Löcher mit oder ohne Blei vorhanden sind. Sie sollen, wie mit Nichols und Richter auch Mau meint, zur Befestigung der Basis gedient haben, von der ein Fragment ganz rechts am Ende übrig blieb, und die man nach Ausweis dieses einzigen Stückes vor die Tafeln aber unter die Pilaster gelegt denkt. An- ders jedoch stellt sich die Sache auf einer Zeichung dar, die L. Rossini, laut seiner Unterschrift im J. 1843, von dem rechten Ende der runden Front verfertigte, und von der Lanciani, ihr Be- sitzer, mir freundlichst Kenntnis zu nehmen gestattete, wofür ihm hier Dank gesagt wird. Hier sieht man nur im unteren Teil, soweit aber gut erhalten, ausser dem Eckpilaster noch vier andre, dazwischen viermal zwei Halbtafeln; aber nur unter den Pi- lastern liegen Basen.

Ist es denkbar, dass das Monument damals noch so gut erhalten war? Angesichts des jetzt so verschiedenen Erhaltungs- zustandes drängt sich der Verdacht auf, dass, wie in der Be- schreibung Roms III in Worten, so hier in Zeichnung eine Her- stellung versucht worden, die, um das Fragmentarische des Ueber- lieferten anzudeuten, sich begnügte Tafeln und Pilaster oben abge- brochen darzustellen; und der Verdacht wird sich bestätigen.

Das Basisfragment selbst scheint zunächst der Nichols-Mau- sclien Annahme einer durchgehenden Basis günstig, bei genauerem Zusehen aber Rossinis Herstellung zu empfehlen. Reifliche Er- wägung des gesammten Tatbestandes schliesst jedoch beide aus. Fasst man nur den Basisausschnitt, der augenscheinlich gemacht

ROSTRA CA.ESA.RIS NOCHMALS 59

ist, die Tafel einzufügen, ins Auge, so findet man, dass das Stück von der Tiefe des Ausschnitts noch jetzt mit dem Bruchrand um 3 cm. weiter links reicht, als für den Pilastervorsprung und die Ausladung der Basis (2 + 4 cm.) erforderlich wäre. Also, scheint es, lag die Basis auch vor der Tafel. Nun hat sich aber 45 mm. links von dem Ende des Ausschnitts das Loch und der Bleiver- guss vom Plattenende erhalten ; also reichte die Tafel nicht bis in die Tiefe des Einschnitts, und damit schiebt sich auch der Pi- laster um so viel weiter links, und nun braucht dies Basisstück nicht mehr über den Pilaster hinausreichend gedacht zu werden. Es erheben sich aber weiter gegen die ursprüngliche Zu- gehörigkeit der Basis ernste Bedenken. Nicht genug, dass sie nicht normal zum Ablauf sondern merklich verschoben liegt; sie wird in dieser Lage unverrückbar festgehalten durch die auf ihr liegenden Ziegel der Verkleidung, welche hier die nördliche Schmal- seite der Rostra im Zusammenhang mit dem Bau des 'Umbilicus' erhalten hat, und deren Hintermauerung bis 0,40 m. in den Kern des alten Rostrakörpers eingreift. Vor diesen Ziegeln kann auf der Basis weder nach Ost noch nach Nord ein Pilaster gleich denen des alten Rostrabaues gestanden haben, weil diese 15 cm. tief sind, vor den Ziegeln aber, auf der Basis unten jetzt nur etwa 6 cm., einst, und höher hinauf auch jetzt noch, weniger Raum bleibt. Wir erkennen hier also eine späte Aenderung, die jeden- falls an der Ecke auch auf die runde Front übergriff. All dies schlösse freilich noch nicht aus, dass die Basis ursprünglich wäre, und vor der genannten Aenderung auf ihr ein Pilaster wie die andern gestanden hätte. Dies wird jedoch durch folgende Tatsachen ausgeschlossen. Die Basis ruht auf zwei Steinen, die so wie jetzt ursprünglich gar nicht nebeneinander gelegen ha- ben können : links der in unregelmässiger Bruchlinie endende Ablaufstein K, rechts ein unförmliches Stück, das nur drei ebene Flächen hat: oben, unten und links, dagegen vom, rechts und hinten zerschlagen ist. Marmor und Dimensionen, die wohl ge- ringer aber nirgends grösser sind, verbieten, so viel ich sehe, nicht, ihn für einen Teil des ursprünglichen Abiauls zu halten, der an der Nordseite nicht gefehlt haben kann. Unmöglich aber kann dieser Block so mit seiner ebenen Fläche an die abgeschla- gene des A"-Blockes gestossen, d. h. mit weit klaffender Fuge ge-

60 E. PETERSEN

stossen haben. Die Basis, die zum grösseren Teil auf dem unförm- lichen Block liegt, ist also erst bei Erbauung der nördlichen Ziegelverkleidung hingelegt worden und kann gar nicht beanspru- chen als zum ersten Kostrabau zugehörig angesehen zu werden ; am allerwenigsten, wenn ihr Marmor, wie ich zu sehen glaube, nicht griechisch, jedenfalls nicht von derselben Qualität wie die Ablaufs- blöcke und die Splitter in den von Mau beobachteten Schichten, ist. Eine weitere Bestätigung wird sich gleich noch ergeben.

Jetzt müssen wir zunächst zu den Bronzedübeln zurückkehren. Dass sie bei der spätantiken Wiederaufstellung des Getäfels nicht zur Befestigung einer Basis, wie Nichols und Mau dachten, gehört haben können, geht unwidersprechlich daraus hervor, dass der achte und neunte von links her gezählt so dicht oder unmittelbar neben der Tafel liegen, dass das Dübelloch in die Basis an der Kante eingeschnitten sein müsäte statt, wie es sich gehört, in die Mitte.

Die Dübel liegen ferner in gleichmässigen Abständen von rund 1.10 m., wie es selbstverständlich nicht für die Basis, son- dern nur für die Pilaster zu geschehen hatte. Das erhellt am besten, wenn ich die Maasse von Mitte der Dübellöcher zu den Mitten der spätantiken Pilasteraufstellung notiere : es liegt das erste 19 cm. links davon, das zweite 18 cm., das dritte 17, das vierte 15 V«» das fünfte 8, das sechste und siebente grad vor dem Pilaster, das achte und neunte, wie schon gesagt, rechts neben dem hinteren Pilasterteil, das zehnte fehlt mit dem abgehauenen Block, der nur 1,05 über das neunte hinausreicht. Es ist klar, dass die Dübel zu einer nur wenig andern Pilasterstellung gehörten : die Pilaster selbst sind, so viel man an den zwei einzigen Besten sehen kann, unverändert geblieben; die Tafeln aber sind wahrschein- lich an den Seiten etwas verkürzt. Aber es sind sicherlich die Pilaster selbst gewesen, nicht etwa untergelegte Basen, die mit den Dübeln befestigt wurden. Das beweisen folgende Dinge:

1. die Stärke der Dübel, die wenn alles von einer Hand wäre, in aulfallendem Misverhältniss ständen zu den dünnen Eisen, von denen die grossen, aufrechten Tafeln gehalten werden ;

2. die tektonische Logik; denn die Pilaster und ihr jederseits um 2 cm. vortretender Vorderteil, der ebensoweit vor den Tafeln vorsprang, als der schmalere Hinterteil in die Lücke zwischen den

ROSTRA CAESARIS NOCHMALS 61

Tafeln eingriff, waren augenscheinlich bestimmt, mit dem vorderen Teil die Tafeln zu halten. Folglich war vor allem die Befestigung der Pilaster selbst von Belang; sie musste im Ablauf, nicht in einem dünnen Zwischenglied bewerkstelligt werden. Das wird

3. durch das zwischen Tafel IV und V erhaltene Pilasterstück erhärtet, das nur 38 cm. hoch und ganz nach unten gerutscht, sich als Kopfstück zu erkennen gibt. Denn auf der ebenen Oberseite, in einer geringen von vorn nach hinten reichenden Eintiefnng liegt, etwas zur rechten Seite hin verschoben, ein Dübelloch, nach seinen Maassen ziemlich zu den Dübeln im Ablauf passend. Also waren die Pilaster oben in dem aufliegenden Baugliede befestigt, wie es um so mehr nun auch in dem unteren, dem Ablauf anzunehmen ist (1).

Diese Argumentation wird durch das einzige Basisstück insofern bestätigt, als die glatte Unterseite desselben, die ich, weil das Stück ziemlich hohl liegt, bis 15 cm. tief von vorn nach hinten mit dem Maasstab abtasten konnte, kein Dübelloch hat, so wenig wie der unter ihr liegende Stein rechts. Sie hat aber auch oben kein Zapfenloch, sondern ist nur gerauht. Sie hat also in keiner Weise etwas mit den Pilastern und den Dübellöchern des Ablaufs zu tun, sondern bildet einen Teil des Eckabschlusses der beim Bau des Umbilicus, wie es scheint, neu hergerichteten runden Front. Ob man damals auch unter die andern Pilaster solche Basen legte, ob zugleich auch noch vor die Tafeln, was ja eine ganz unpraktische und sinnwidrige Aaordnung gewesen wäre, statt die Basen auch unter die Tafeln zu legen, das vermögen wir nicht zu sagen, weil keine Spuren davon vorhanden sind. Die Löcher mit Bleiverguss, die regelmässig unten an den Tafeln links und rechts vorhanden sind, wären ein sehr ungewöhnliches Mittel zur Befestigung vorge- legter Basenstücke gewesen, weil sie über diese hinausragen, auch sehr gleichmässige Grösse der Stücke vorauszusetzen nötigten.

Die Blöcke des Ablaufs hat man offenbar in ihrem ursprüngli- chen Verbände gelassen. Das zeigt die Buchstabenfolge ihrer Signie-

(•) In der spätantiken Neuaufstelluno: hat man, wie wir gesehen, zunächst die Tafeln aufgestellt und befestigt ; die Pilaster sodann, für die keine neuen Dübellöcher gemacht wurden, in ziemlich ruher Weise durch Eisen festge- klemmt, die man oben zwischen dem Pilaster und den Tafeln beiderseits eintrieb. Das herabgerutschte Kopfstück hat die zwei durch Oxyd festgeklebten Eisen mit hinabgenommen und noch neben sich.

62 E. PETERSEN

rimg von r bis ÜT, obgleich das Vorhandensein von zwei Blöcken zwischen 0 und K bisher nicht erklärt werden konnte. Diese Signierung, die bei der spätantiken Aufstellung entweder gar nicht oder durch übel vorgelegte Basen verdeckt war, konnte ursprünglich unter den Tafeln liegen, wenn man die Pilaster wenigstens in der Mitte der Rundung bis hart an das Profil des Ablaufs vortreten liess. Das Profil ist von ungewöhnlicher Form und mit grosser Sorglosigkeit gearbeitet. Die Rauheit in- den Hohlkehlen ist nicht Folge der Verwitterung sondern Meisselarbeit ; wäre diese ursprünglich, so gäbe sie uns keinen hohen Begriff von der auf diesen Bau ver- wendeten Sorgfalt.

Da die Buchstaben als solche zählen, nicht als Zahlzeichen nach Zehnern, so fehlen vorT, wenn doch die Täfelung, wie billig, die ganze Rundung bekleidete, nicht nur AB sondern noch einmal ein ganzes Alphabet. Der Ablauf würde damit nicht nur an der Süd- sondern auch über einen Teil der Westseite sich erstreckt haben. Wie weit aber die Neuaufstellung der Tafeln sich erstreckte, vermögen wir aus den Buchstaben nicht zu entnehmen. Da nur 0,20 m. von dem jetzigen Abbruch des Ablaufs das Eisen einer nach links sich erstreckenden Tafel sich erhielt, und diese doch wohl nicht schmaler als die nächste rechts war, kann jener Abbruch nicht die Grenze der Neuauf- stellung sein. Aber dass die vorletzte noch nachweisbare Tafel nur etwa 30 cm. breit war, was für Mau ein ' Mittelmotiv ' bedeutete, könnte eher ein Vorspiel des Endes sein. Auch die weiterhin vor der Randung stehen gebliebene Ziegelmauer verbietet die Neuauf- stellung bis hier gehend zu denken. Was mit dieser bezweckt wurde weiss ich nicht zu sagen.

Die Geschichte der Rostra seit Caesar ist also kurz diese: Caesar baute, Antonius weihte die Rednerbühne mit gerundeter Front. Als solche musste sie natürlich grössere Tiefe haben als bis zu den jetzt hinten liegenden Stufen ; sie reichte soweit wie der Gusskern nach hinten und war hinten grad, vielleicht mit vorgelegter Treppe. Trajan war es dann der die grosse Erweiterung der Bühne nach Osten vor die runde Front legte. Das sagen uns doch wohl die Forumsschranken, die freilich aus den schweren Blöcken nicht auf dem hohlen, nur von Pfeilern getragenen Rostraboden aufgebaut sein werden, sondern auf den soliden Seitenmauern, wo sie auch nach ihrer klaren, freilich immer noch nicht von allen verstandenen Bil-

ROSTRA CAESARIS NOCHMALS 63

dersprache allein ihren Platz haben konnten. Als damals statt der ruuden Front eine grade beliebt ward, wird man die Rundung nach hinten in die Stufen verlegt haben, ob auch die jetzigeu nicht auf Trajan zurückgehen. Wie der Anschluss des trajanischen an den caesarischen Bau sich an den Seiten darstellte vermögen wir nicht mehr zu erkennen, da die nördliche beim Bau des Umbi- licus verändert und später geplündert wurde, und auch die südliche schon beim Anbau der ' Scliola Xantha ' ihres Schmuckes entkleidet war. Die grosse Marmorplatte und die Stufenreste daselbst bedeuten spätere Eingriffe. Die Täfelung der caesarischen Front muss, wenn sie später wieder zum Vorschein kam, vom trajanischen Architekten einfach in den Gusskern eingeschlossen worden sein, der bis an die das Rund fast tangierende Ziegelmauer reichte. Nur die Bekrönung und obere Abdeckung muss des gleichmässigen Fussbodens halber, von dem heute nichts übrig ist, beseitigt worden sein. So konnte allerdings die Lockerung des Getäfels und die Notwendigkeit einer Neuordnung her- beigeführt werden. Zu welchem Zwecke das geschah und wie es kam, dass der damals freigelegte Teil des Rundes noch so viel von dem alten Schmuck behielt, während die südliche Hälfte zur selben Zeit im Gemäuer stecken blieb, um bei späterer Gelegenheit völlig entkleidet zu werden, das wird man wohl schwerlich je sagen können.

Die am Constantinsbogen dargestellten Rostra sind natürlich die trajanischen mit grader Front, ohne dass ihre rückwärtige Ausdehnung noch die alte zu sein brauchte, und die hinter dem Kaiser und seinen Beisitzern sichtbaren Säulen haben natürlich auf dem trajanischen Anbau gestanden, den wir ja durch spätere Unterwölbung solche Lasten zu tragen fähig gemacht sehen.

Rom, 24. Mai 1906.

E. Petersex.

DI UNA SIMA IONICA CON BASSORILIEVI

DELL' ISOLA DI CRETA (1).

(con tav. II).

Quando nel 1896 io andai per la prima volta a studiare il piccolo ma giä allora importante Museo del Syllogos di Candia, tra gli oggetti degni di particolare attenzione notai alcune lastre in terracotta piü o meno frammentarie, ornate di bassorilievi, e ne coinpresi subito il duplice valore cosi per la storia della plastica corne per la storia dell'architettura. Per la prima esse si riconnet- tono con certi fregi di terracotta rinvenuti da lungo tempo ed anche recentemente in Etruria e ci danno una prova novella e decisiva della dipendenza di questi medesimi da prototipi ionici; per la seconda esse vengono ad aggiungersi ai pochi documenti che possediarno di una peculiare forma architettonica che e rara nella Ionia stessa, suo paese d'origine.

(l) Pubblico qui questo niio studio nel testo stesso che fu letto da mo nell'adunanza dell'Istituto Arch. Germ, del 6 aprile u. s. Tale pubblicazione potrebbe serabrare in contradizione con quanto si legge alla p. 300 del vol. XI deWAnnual of the British School at Athens, teste venuto alla luce, dove il sig. R. C. Bosanquet annunzia questo mio medesimo studio corne destinato al detto periodico. Veramente, al fine di offrire agli studiosi tutto ciö che poteva costituire un insieme, il mio scritto era stato da me offerto alla Scuola Inglese dopo che io aveva saputo che negli scavi di questa a Palaekastro erano stati rinvenuti altri frammenti fittili della stessa serie di quelli giä da me stu- diati e pronti per la pubblicazione. Stando ad una lettera, in data 12 inarzo u. s., de] sig. Bosanquet, che volentieri accettava la mia offerta, esso avrebbe dovuto essere accompagnato ad un disegno del sig. F. Orr, il quäle «would appear in the Annual of the British School at Athens, vol. XIII, in the spring of 1007, in the ordinary course ofthingsn. Ora invece tale pubblicazione e stata fatta da lui stesso, senza che io abbia ricevuto ne alcun avviso clell'ina-

L. SAVIUNONI, SIMA IONICA CON BASSOKILIEVI 65

Codesti frammenti, quattro in tutto, furono ricuperati dal prof. Halbherr a Palaekastro di Sitia, nella parte Orientale dell'isola di Creta, e da lui portati al Museo del Syllogos. Egli stesso no rece im breve cenno, accompagnato da un piccolo schizzo della rappresentazione figurata ne\V Antiquar y di Londra ('), ma ciö non e bastato a far conoscere agli studiosi gli oggetti in parola, che possono pertanto considerarsi, pei piü, corae inediti, e tanto meno valse a dare un' idea adeguata del loro pregio speciale. Perciö io stimo di far cosa utile se li tolgo dall'oblio e se ne pre- sento qui alla tav. II le fotografie da nie fatte nel 1896, e se vi a^siungo le considerazioni suggeritemi da tali oggetti. Non tra- scurerö di premettere che la Direzione della scuola Inglese di Atene. avendo teste eseguito degli scavi nel luogo dove 1.' Halbherr aveva raccolto le lastre in parola, vi ha trovato, insieme con altri avanzi architettonici, parecchi altri fraramenti della medesima serie ; ma di questi non mi e stato possibile avere fotografie o notizie precise. Ma ciö poco ci nuoce, perche qui abbiamo giä tutto l'es- seuziale. Sebbene le quattro lastre, che io presento, siano tutte frarnmentate, tuttavia poco manca alla maggiore di esse, e quello che vi manca puö facilmente completarsi guardando gli altri tre pezzi in cui si ripete la stessa decorazione eseguita con una me- desima forma; onde puö ricostruirsi per intero tutta la rappresen- tazione figurata (v. fig. 1). Soltanto e a deplorarsi che le figure di uomini siano molto fruste nella loro parte superiore; ma in corapenso sono quasi perfettamente conservate le figure di animali

spettato cambiamento, ne alcuna risposta a due mie lettcre contenenti appunto pmposte di piü sollecita pubblicazione; e tuttavia nel volume stesso si an- nunzia come annessa al rapporto inglese una mia discussione, la quäle vice- oeversa non c'e, non per mia colpa, come ognun vede! II vantaggio di una tale anticipazione puö ben misurarsi da chi tenga presente che la primizia della scoperta e della sua comunicazione al pubblico fu data giä da molti anni dal prof. F. Halbherr, e che il mio commento, per se staute e vera- mente in nulla pregiudicato dal fatto suesposto, e anteriore, per lo meno, alla data del 6 aprile p. p. (cfr. queste Mitth. 1905, p. 383; Kunstchronik, 1906, 27 aprile, n. 23, p. 36t, dove il resoconto dell'adunanza sopra ricordata). (') Marzo 1892, n. 27, p. 115 segg.; « Researches in Crete, Palaekaslron of Sitia » dove egli anche preannunzia di giä l'importanza del luogo, nel senso preistorico, dimostrata ora dalle scoperte. Lo schizzo, che rende tutti i tratti principali della composizione, e a p. 117.

66

L. SAVIGNONI

in uno dei frammenti piü piccoli, di guisa che se ue possono apprezzare tutti i particolari stilistici (').

Poco e a dire sulla rappresentazione. Vedesi una biga tirata da due cavalli lanciati al galoppo e guidati da im auriga con

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Fig. 1.

cortissiraa giubba, fianchi e gambe nude, chioma fluente, il quäle curvato in avanti, regge con una inano le briglie, coll'altra il pungolo ; intanto un oplita armato di elmo, scudo e laucia, fa l'atto

(') Nel nostro disegno, giä eseguito a solo contomo prima della pub- blicazione daWAnnual e contenente tutto l'essenziale della composizione, ho tuttavia stimato utile fare aggiungere in linee punteggiate quei pochi par- ticolari che non si vedevano nei quattro soli pezzi da me conosciuti e che si trovano invece nel disegno edito nel voluine predetto, dove nondimeno non mancano delle inesattezze, come puö rilevare chiunque lo confronti colla nostra fig. 1, e coi pezzi della tavola II. Quest'ultima poi credo che raostri lo stile delle terrecotte meglio che il disegno abbellito della pubblicazione inglese. Avverto poi che all'elmo del secondo oplita ho fatto dare, nel nostro disegno, una forma uguale a quella del primo, laddove nel disegno inglese e differente ma, a mio parere, sospetta.

Ecco poi alcnne notizie sui quattro frammenti. A (tav. II n. l):Lastra completa coi due margini laterali, ma guasta nel margine superiore e nella

delle figure. Posteriormente e con iri u nf ;i ad essa in basso e in senso non esattamente orizzontale una seconda lastra, il cui margine e ingrossato

SIMA 10NICA CON BASSORILIKVI 67

di raontare sul carro tr^nquillamente col piede destro, e im altro oplita, in tutto a lui somigliantc, lo segne lenfcaniente. Sotto, o, per meglio dire, se vi fosse prospettiva, accanto ai cavalli corre a tutta furia un caue di forme snelle. La composizione e poi limitata in basso e in alto da uno stretto listello e da una cordicella rilevata, in alto anche da un kvmatiou con foglie diritte e arcnate; tntti elementi classici dell'architettura ionica arcaica.

Le lastre sono fatte di argilla grossolana frammista a detriti vulcanici, la quäle fu ingubbiata esteriormente con uno strato di creta piü fina e depurata, e sopra questo furono applicate ed ese- guite a stampo ed a crudo le figure, colla medesima creta. h la tecnica consueta cosi in Grecia, come in Etruria.

II rilievo e molto basso e piatto; i contorni delle figure e del carro furono stondati mediante ritocchi a fresco collo stecco, ed ugualmente ritoccate furono le parti piü essenziali dei qua- drupedi, degli opliti e degli ornati. AI lavoro dello stecco fu ag- giunto anche quello del pennello ; alcuni residui qua e di colore rosso stanno ad attestarci l'originaria policromia (1).

Ho giä ricordato in principio che lastre fittili di questo ge- liere, pure di uso architettonico, sono state trovate in buon nu- mero in Italia e specialin ente nell' Etruria. Le piü belle sono alcune di Velletri e di Cervetri ed inoltre una terza di prove- nienza ignota che sta ora nel Cabinet des medailles a Parigi. Da poco ne possediamo anche una trattazione generale fatta con

e rialzato come un dente (v. fig. 2). Alt. della prima m. 0,335, lungh. 0,64, spessore medio 0,063; larghezza della seconda, nella superficie di posa, 0,425; spessore ineguale, cioe nel mezzo del fianco sin. 0,08, del destro 0,05, ciö che rivela una lieve pendenza del piano verso questa parte.

B (tav. II n. 2) : Un terzo circa della lastra coi margini e colle figure di aniraali quasi intatte. Alt. m. 0,35; aggetto del rilievo 0,016; manca per frattura la lastra posteriore.

C (tav. II n. 3): Frammento alto 0,27, largo 0,17; sotto il cane resta la metä di un buco circolare (cliam. 0,055). Dietro vi aderisce ancora un pezzo della seconda lastra, per la quäle cfr. appreso p. 73 fig. 3.

D (non riprodotto): Frammento molto guasto della estremitä sin, in cui resta solo il btisto dei cavalli. Alt. 0,25, lungh. ftiassima 0,20.

(') I particolari di questa sarehbero meglio conservati nei pezzi nuo- vameute rinvenuti; cfr. Annual, 1. c; p. es. gli episemi degli scudi sono dipinti.

.(53 L. SAYIGNONI

molta diligenza e dottrina dal niio arqjco dott. Giuseppe Pel-

legrini (x)-

Tutte codeste lastre, ornate di bassorilievi, appartengono vi- sibilraente ad una medesima corrente artistica. A parte la mag- «riore o minore finitezza della esecuzione e le differenze delle di- mensioni, tutte preseutano comuni caratteri di un peculiare stile arcaico, ed anclie i soggetti rappresentati si ripetono, e appaiono derivati da im repertorio comune. Sono processioni, riunioni di uomini e di dei, feste eonvivali, corse a cavallo o su carri, ed infine anche partenze di guerrieri per la battaglia, non dissimili da queste del fregio cretese (2). Persino il costume dell'auriga e gli episemi de^li scudi si ritrovano nelle terrecotte italiane. Ho appena bi- sogno di ricordare che anche quest' ultimo soggetto, al pari degli altri, si riscontra non solo in Etruria e in questa sorta di monu- menti, ma che e anzi uno dei tipi artistici pifi antichi ed ovvii dell'arte decorativa in Grecia, a cominciare dalle stele funebri di Micene (3) per venire giü ai vasi del Dipylon. ai bronzi dell'Antro Ideo (4), ai vasi dipinti attici, corintii e ATia dicendo (5).

Nemmeno ci mancano in Grecia esempi di scene simili rile- vate in terracotta, non importa se espresse su grandi vasi invece che su lastre piane come in Italia (d). Un maggiore valore hanno nel caso nostro i riscontri che ci offrono i monumenti dell'arte ionica. Ricordo principalmente un sarcofago di Clazomene, ora al Museo

(') In Studi e materiali di archeol. e num. pubbl. da L. A. Milani, vol. I, p. 87 segg. ; per quelle di Velletri e di Cervetri cfr. p. 97 segg. La lastra di Parigi in Gazette Archeologique, 1883, tav. XLIX (Rayet, ivi, p. 305, suppone da Cuma) e Daremberg et Saglio, Dictionnaire, I, p. 1636, fig. 2205.

(2) P. es. in un fregio di Poggio Buco, Pellegrini, 1. c, p. 92, fig. 3, (non, a mio avviso, jtrocessione religiosa); di Toscanella, p. 96, fig. 4 (cfr. anclie Pottier, Bull. corr. hell., 1888, p. 507); di Cervetri p. 98, fig. 7 e Suf- plem. ai Mon. delVInst. tav. I, an. 1 e 2.

(3) Salvo cbe qui il guerriero e giä sul carro.

IM Halbherr ed Orsi, Äntro di Zeus Ideo, Atlante, tav. XI, fig. 2 = Perrot-Chipiez, ffist. de Vart, VIII, fig. 198.

(s) Per il lipo e la sua origine si puö confrontare Pellegrini, 1. c, p. 90. E noto che da questo ha origine il tipo delle rappresentazioni della partenza di Anfiarao.

Cfr. p. es. Pottier, Bull. corr. hell, 1888, p. 492 seg.

S1MA. IONICA CON HASSORII.I EVI 69

Britannico, dove sono dlpinte partenze per la guerra e vivaci sceDo di battaglia. (J); il fregio del Tesauro dei Cnidii a Delfo con scene analoghe (2) ed intino un bei frammento marmoreo da Ci- zico, ora a Costantiuopoli (3), che ha una speciale importanza pei- le sue piü strette somiglianze con la lastra fittile d' ignota prove- nienza italiana che ho detto essere a Parigi.

In tutti codesti monumenti, del pari che nelle nostre lastre cretesi, ricorre lo stesso teina trattato con forme analoghe di composizione e di stile (4). Due cose sopratntto ci fa impressione di ritrovare nel ricordato sarcofago di Clazomene, cioe prima l'in- conseguenza ingenna e tntta propria dell'arcaismo, in cui e cadnto il dipintore rappresentando, come nel nostro caso, i cavalli in cor.<a nel tempo stesso che il guerriero sta montando sul carro tran- quillamente come se stessero fermi (5); in secondo luogo i cani che ugualmente si vedono correre sotto i carri. Basterebbero giä qnesti due particolari, e specialmente il secondo, per collegare senz'altro i bassorilievi cretesi coi prodotti dell'arte ionica.

I cani, che si veggono qui e li, non sono un mero motivo decorativo per riempitura dei vuoti, come tante volte si fece in- ditferentemente con ogni sorta di animali, ma sono, come si sa, una ligurazione desunta dal fatto. Sono cani da guerra, validi au- siliarii dell' uomo per dare la caccia aH'uomo sul campo di bat- taglia, precisamente come nella caccia alla selvaggina. Anche oggidi si adoperano utilmente i cani in alcuni servizi militari, sebbene diversi da quelli proprii dell'antichitä. L'uso di essi nella guerra fu praticata da varii popoli, fra cui i Celti, e, se non m' inganno, se ne trova una traccia anche in un insigne monu- mento romano (6). Ma si fatto uso di cani rabbiosi e mordaci era

(') Monuments Piot, IV, tavv. IV-VI, specialmente quest' ultima; cfr. Murray, p. 27 segg.

f2) Perrot-Chipiez, o. c. fig, 164 seg.

(3) Bull. corr. hell., 1894, p. 493 (Joubin); anche Eoscher, Lexikon, I, p. 1767. Simile in un pithos cretese trovato dal Pernier a Prinia.

(4) Piccole varianti nella forma del carro o delle ruote ora a quatlro raggi, come a Creta ed a Micene, ora a piü raggi, non costituiscono diver- genze essenziali.

(5) II Murray, 1. c, p. 37, non sapeva spiegarsi l'azione.

(s) Nel bassorilievo della corazza indossata da Augusto nella statua di Primaporta il duce : omano, che riceve dal barbaro le insegne di Roma, e ac-

70 L- SAVIGNONI

specialmente diffuso ab antico nell'Asia e noi sappiamo pure che essi furono utilizzati in certe battaglie storiche dai Magnesii, dai Colofoni e da Aliatte, re di Lidia ('). Eeco perche le raede- sime bestie si veggono comparire in rappresentazioni guerresche prima dell'arte Orientale e quindi della ionica (2), donde poi pas- sarono anche nel carnpo ideale della Gigantomachia insieme coi leoni e con altre fiere, come si vede tanto in opere arcaiclie (3), quanto nella grande Ära di Pergamo. Per noi anzi una nota cosi caratteristica puö talvolta essere im argomento di piü, e decisivo, per aggiudicar.e a quell'arte certe opere che furono giä attribuite ad altra gente, come p. es. un vaso a fig. nere del Museo di Berlino, rino a poco tempo fa tenuto per etrusco (4), ed anche i famosi uovi di struzzo rinvenuti in una antichissima tomba di Viüci, dove pervennero evidentemente per le vie del commercio (5).

compagnato da un cane, che ha le stesse forme di quelli delle terrecotte e di altre rappresentazioni citate. Non e inutile ricordare che anche qui la scena e in Asia. Heibig, Führer2, I, n. 5 penso ad un cane da guardia simile a quello che si vede accanto a Silvano ; invece, seconclo Amelung, Sculpt. des Vatic. Mus. I, p. 22 il guerriero romano sarebbe Marte e la bestia un lupo.

(1) Cfr. Cougny in Daremberg et Saglio, Dictionnaire, I, p. 888, s. v. cauis; Pottier, o. c, 1892, p. 250 seg. ; Reinach, Revue des etudes grecques, 1895, p. 175; Murray, 1. c, p. 29.

(2) P. es. due cani veggonsi tra i combattenti in una coppa di Prae- neste, ed uno sotto il carro da guerra in un'altra di Amathus: Perrot-Chi- piez, o. c. p. 759, fig. 543 ; p. 775, fig. 547. In un'anfora ionica o calcidese a Firenze, Museo Archeol. n. 1800, con figure in assetto di guerra non manca il cane.

(3) P. es. in una tazza a fig. n., Mayer, Giganten, tav. 1,1; e in un kantharos ed. da Hartwig, Bull. corr. hell., 1896, tav. VII, 1.

i'i Gerhard, Auserl. Vasenb., tav. CXCIV; cfr. Studniczka, Jahrb. d. InsliL, V, 1890, p, 146. La presenza del cane di fronte all'arciere e un ar- gomento di piü in favore del suo giudizio, che ignoro se ha; avuto poi la promessa dilucidazione. Anche qui rappresentazioni di combattimenti e di partenze su carri. Coll'Aphrodite con ali cfr. l'Athena alata del vaso edito da ine, Rom. Mitth., 1897, p. 307 sgg.

(5) Perrot-Chipiez, o. c, III, p. 855 segg. fig. 624-8 dove sono attri- buiti ai Penicii; Furtwängler (presso Röscher, Lexikon, I, p. 1761, s. v. Gryps), riconosce il carattere schiettamente greco-ionico della decorazione, ma non osclude che cosi questi come la situla in avorio di Pania (Monum. d. Instit. X. tav. XXXVIII) abbiano potuto essere lavorati in Etruria; Pelle- grini, p. 83, segg. li attribuisce senz'altro agli Etruschi. Ma basta conside-

SIMA 10NICA CON HASSORII.IEVl 71

Sa questi uovi sono incisi e dipinti disegni in parte analoghi a quelli di cui ora ci occupiarao; disegui eseguiti, a mio avviso, iioii da aitisti etruschi o fenicii, come altri credettero, uia da ar- tisti ionici, sia delle cittä asiaticlie, sia delle stazioni greche nel- 1' Egitto e nella Libia.

E logico pertanto che alla medesirna corrente artistica Tioi diciamo appartenere anche le nostre terrecotte dell'isola di Creta. Ed alla loro volta queste ci forniseono, se ancora occorresse, una nuova prova lampante che le terrecotte della stessa categoria rin- venute in Italia rientrino nella corrente medesirna.

Ciö ha dovuto riconoscere di giä il Pellegrini, ma tuttavia egli s' indngia ancora troppo, a mio parere, ad attribuire agli arterici etruschi una parte maggiore di quella che loro veramente spetta, fondando il suo giudizio su particolari di secondaria im- portanza e niente affatto caratteristici e decisivi. Tutte codeste terrecotte lianuo un'impronta schiettamente ellenica, e questa spicea particolarmente tanto negli esemplari di Velletri e di Cervetri, quanto in quello di provenienza ignota che conservasi a Parigi ('). Ma senza che vi sia l'obbligo di ammettere una diretta importa- zioue dalla Ionia lontana od ariche dalle colonie della Magna Grecia, vi e un'altra via che credo piü probabile e naturale per prodotti ceramici cosi fatti, i quali come e facile intendere, piü utilmente si fabbricano non troppo lungi dal posto dove si fanno gli edifici cui sono destinati a decorare.

Io credo cioe sempre, nonostante le denegazioni di alcuni, che in principio non solo mercanti ma anche arterici greci siano ve- nuti in Etruria, particolarmente a Caere ed a Tarquinii, e vi ab-

rare che cotesti uovi dovettero necessariamente essere iinportati dall'Africa o clairAsia e che e cosa affatto arbitraria e innaturale il pensare che siano ginnt i qua lisci per essere poi decorati da Etruschi con rappresentazioni complc- tamente greche. Lo stesso vale per la situla di Pania, dov'e pure un soggetto analogo al nostro, da Heibig e Perrot giudicata fenicia, da Milani e Pelle- grini (p. 90, nota 7) etrusca, da Dümmler [Jahrbuch d. Instit., 1887, p. Ol) e da Böhlau [Ion. u. Ital, Nekropolen, p. 119) greca. Come i vasi dipinti, anche queste opere giungevano in Italia pronte e complete si nella materia che nella forma.

(l) Per quei di Cervetri cfr. anche Dümmler, Athen. Mitth., 1896, p. 235, nota.

72 L. SAVIGKONI

biano lavorato per gli Etruschi, divenendo in pari tempo loro maestri cosi per questo come per altri rami dell'arte (l). Tale opinione, che ebbi giä occasioue di accentuare quando pubblicai il sarcofago di Caere che e nel Museo di Villa Giulia, e bene fondata cosi sul carattere stilistico di molte delle piü antiche opere che si vanno discoprendo in Italia, come pure sui cenni della tradizione scritta e Bulla nostra couoscenza del continuo via- vai dei Greci, sia dalla bassa Italia sia dalla madrepatria, sul 1 e coste tirrene ed anche a Koma, donde veniva loro l'invito a lauti guadagni (2). E per questo che Vitruvio non sapeva distinguere le terrecotte e pitture di Damotilo e Gorgaso, artisti greci chiamati a Roma, da quelle tuscaniche che si vedevano nella stessa cittä (3).

Nessuno nega che pure gli Etruschi divennero ottimi ed anche famosi artetici nell'arte della terracotta; ma prima di tutto bisogna vedere quando ciö avvenne; e in secondo luogo e chiaro che anche in questa, come in tante altre cose, si tratta piü spesso di manifattura che di arte, e in ogni caso di un'arte non origi- nale ma d' imprestito, la cui fönte pura e fresca era presso le sponde orientali dell'Egeo. Allo spirito della storia importa molto la genesi dei fatti prima che i fatti stessi.

Quauto ho detto riceve una conferma dalle medesime lastre cleH'isola di Creta a causa dell'uso cui furono una volta destinate. La loro costrnzione ci prova che esse non erano inchiodate, come al solito, nella trabeazione di un edificio per formarvi un fregio, ma che occupavano ivi un altro posto.

Osserviamo la lastra piü grande ed un altro dei frammenti ov'e meglio conservata anche la parte posteriore. Dietro la lastra grande (fig. 2), in basso, e attaccata in senso quasi orizzon- tale (non perfettamente, essendo 1' angolo un poco obliquo) una seconda lastra larga centimetri 42 l/a Come si vede dal di-

(') Anche Pellegrini, p. 118, pensa a Caere come uno dei centri di fabbricazione tanto di queste come di altre opere fittili, da lui tuttavia attri- buite agli Etruschi.

(2) Cfr. Mon. Lincei, VIII, p. 536 segg.

(3) Vitruv., de arch., III, 3,5: « ornanturque signis fictililus aut ae- reis inauratis earum (aedium) fastif/ia tuscanico more, uti est ad Cir- cum Maximum Cereris et Herculis Pompeiani, item Gapitolii ». Cfr. invece Plinio, N. II. XXXV, 154.

SIMA IONICA CON BASSORIMEVI 73

segno eseguito da fotograrla, questa seconda lastra presenta l'orlo rialzato corne im dente, ed inoltre essa e alquanto concava nel mezzo con una leggiera inclinazione verso una parte. Durique ab- biamo una fronte ed im piano di posa, ed e facile capire che questo secondo doveva adagiarsi sul margine del tetto; con che si spiega tanto quel dente destinato a servire da presa alle tegole

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Wg. 2- Fig. 3.

che vi si sovrapponevano, quanto la concavitä e l'inclinazione desti- nato a facilitare il deflnsso dell'acqua piovaua.

La riprova si ha nella esistenza di im buco circolare. con- servato per metä (frammento a destra nella tav. II n. 2, sotto la figura del cane) che era destinato evidentemente a far scolare fuori l'acqua in modo analogo, sebbene ancora troppo semplico, dei cannelli e mascheroni nelle grondaie piü perfette.

Va poi notato che questo frammento (di cui presento la ve- duta del margine sinistro quasi intatto alla fig. 3) era un pezzo di angolo di uno dei lati maggiori dell'edificio, come e provato dalla sua particolare struttura.

Infatti da questa parte, presso l'angolo di congiunzione delle due lastre, vi e un rialzo od una gobba, che dir si voglia, e un po' piü in dentro e una seconda gobba alquanto piü bassa, e poi fra l'una e l'altra e un leggiero incavo in cui doveva far presa un altro oggetto, cioe, a mio avviso, la lastra angolare del lato mi- nore adiacente, sul quäle, come vedremo, doveva continuare la stessa linea dei lati maggiori.

Essendo questo pezzo destinato a poggiare sul priucipio del piano inclinato del timpano, il suo piano di posa forma qui an

74 L. SAVIGNOM

angolo molto maggiore che quello della prima lastra, cioe di quasi

15 gradi (l)-

Insomma questi frammenti facevano parte di una specie di sima. Non era perö una sima della forma piü usitata, a linee fra- stadiate od a trafori e coi soliti ornamenti a fiorami, ma essa co- stituiva come una balaustrata o un parapetto a linea orizzontale che correva attorno a tutto il tetto, anche al disopra dei frontoni (2).

Essa era relativamente alta (cent. 35), e munita di goccio- latoi solo negli angoli, come sembra. Quäle dovesse essere il suo aspetto noi possiamo immaginarcelo guardando il famoso sarco- fao-o di Sidone detto « des Pleureuses » direi piü propriamente delle Addolorate (3).

Questo (flg. 4) ci rappresenta un edificio ionico coronato da un finale analogo a foggia di balaustrata adorna di bassorilievi : nei due lati lunghi si ripete esattamente il corteo funebre, nei lati brevi si ripetono pure quasi esattamente delle figure in mesti atteggiamenti. Noq possediamo finora altro esempio che ci mostri codesto membro architettonico messo in opera; e certo perö che esso e non una aggiunta capricciosa dello scultore, ma l'imitazione di un elemento tradizionale dell'architettura vera, per la quäle l'artista non merita certo le censure che alcuno volle fargli (4). La prova piü cospicua e piü antica ci e fornita, come si sa, dal tempio di Artemide in Efeso. Giä prima della scoperta del sarcofago, il Murray sagacemente era riuscito a ricomporre con varii frammenti una sima di tal sorta, adorna di bassorilievi con soggetti diversi, fra cui si no- tano anche dei guerrieri a piedi e su carri che ricordano le ter- recotte cretesi (5).

(') Altre sezioni delle lastre possono vedersi ora neWAnnual citato, 1> 302, fig. 19.

{-) Queste conclusioni, cui io era pervennto per mezzo dei soli pezzi da nie conosciuti, sono ora confermate dalla scoperta di un pezzo speciale con due soli opliti, ancora inedito, che dicesi costrutto in guisa da poterc sovrapporsi all'apice del frontone. Cfr. Annual, p. 301.

(;) Eamdy-Bey et Th. Reinach, Une ne'cropole royale ä Sidon, tav. VI,

I, (donde la nostra figura), cfr. p. 238 segg. Veggasi la sezione in Jahrb. d. Inst. 1894, p. 237, fig. 10.

(4j Cfr. Une necropole royale ä Sidon, p. 246.

(sj Murray, Journal of Hell. Studies. p. 1 segg., figg. 1 e 2. Cfr. A.

II. Smith, Oatalogue of Sculpture, p. 30 segg., nn. 46 segg. II ravvicina-

SIMA IONICA CON BASSORILIEVI 75

E le terrecotte cretesi sono appnuto il secondo esempio che provenga da un editicio conosciuto.

II trovare in Creta insieme con un tipo plastico anche una forma architettonica, che sembra propria della Ionia, si puö bene

Ji- 4.

spiegare col fatto generale della grande espansione deH'influenza ionica non solo nelle isole e nel continente della Grecia, ma al- tresi in tutte le regioni bagnate dal Mediterraneo ; tuttavia per questo caso speciale, il legame ci e indicato meglio da un fatto piü eloquente, questo cioe, che proprio delTArtemision di Efeso furono costruttori due architetti cretesi, Chersiphron e Metagenes di Cnossos. Nessuna raeraviglia che una forma adibita nel tempio asiatico (sia essa originaria dell'Asia o di Creta) si ripeta nella loro isola natia, in un editicio press'a poco contemporaneo.

mento del parapetto di Efeso con quello del sarcofago fu fatto primamentc dal Petersen; cfr. Rom. Mitth.. VIII, 1893, p. 100.

76 L- SA.VIGNOM

E questo era il ternpio, pur esso insigne, di Zeus Diktaeos, corae e diinostrato dalla scoperta ivi fatta di una iscrizione con- tenente un inno a questa divinitä (').

L'origine di codesta specie di sima io credo che debba ricer- carsi nell'uso, tuttavia vigente nei paesi caldi dell'Oriente, di ter- minare le case con una copertura orizzontale anziehe a tetto incli- nato, la quäle, divenendo una terrazza, richiede appunto un para- petto od una balaustrata.

I citati esempi dell'architettura ionica potrebbero dirsi corne un compromesso od uua combinazione del sistema a tetto con quello della terrazza spianata.

Dato lo stato di rovina degli edifici ionici che si conoscono, noi non siamo in grado di sapere quanto favore abbia goduto nel- l'antichitä codesta specie di sima. Tuttavia serubra ch'essa fosse nieno rara di quanto si potrebbe supporre. Infatti giä da qualche anno si conosce un'altra lastra di terracotta (proveniente dal mer- cato di Smirne e perciö senza dubbio da un edificio greco del- l'Asia Minore) la quäle faceva parte di una sima foggiata simil- mente come un piano tutto unito, decorato a bassorilievo con Grifoni di tipo ionico arcaico (2). Anche una lastra frammentaria del Museo di Capua, in cui e.rilevata una Sirena, pur essa di tipo ionico arcaico, fu adibita una volta nel medesimo modo (3); e di questo si ha forse un altro esempio nei frammenti di una sima di Neandria ornata a rilievo con animali correnti e terminata dalla Corona Orientale di merli dentati che opportunamente rom- pono la monotonia della linea orizzontale, come in origine si era fatto anche nella balaustrata del sareofago di Sidone (*).

(M Cfr. Annual, XI, p. 298, e Journal of Hell St., 1904, p. lvi seg. L'iscrizione, ancora inedita, comincia colla invoeazione: 'l<b tusyiars KoVqs XCUQS '"" Kq6vhe.

(*) Furtwängler, Münch. Sitzungsber., 1897, p. 136, tav. IX.

(3) Minervini, Terrecotte del Museo Campano, 2a categ., tav. XI; cfr. Furtwängler, Meisterwerke, p. 254, nota 1.

(4) Koldewey, Neandria, p. 48. fig. 68, A. I merli dentati veggonsi p. is. nella tomba frigia citata sotto. Forse questo di Neandria ne e il primo esempio greco. Sul margine della sima del sareofago sono dei buchi in cni erano immessi oggetti d'ornamento, forse dei vasi. Ancbe sopra qualcuno dei nuovi frammenti di Palaekastro e im bueo per inserirvi. a quanto si dice, un'aquila, tuttavia, come sembra, solo negli angoli a gnisa di acroterio.

SIMA. IONICA CON HASSORIUEVI 77

E non altro che una Variante di questo stesso principio for- mano alcune figure isolate di guerrieri in pose variate si da com- porre insieme im combattimento, che erano collocate sui declivi del timpano di un arcaico edificio di Caere: la differenza sta in ciö che qui fu soppresso il fondo e cosi le singole figure spicca- vano coi contorni liberi sull'azzurro del cielo come avveniva degli ornanienti nelle sime fatte a traforo, nelle antefisse e negli acro- terii (')•

Non mancano poi le imitazioni in opere di altro genere ispi- rate all'architettura. Oitre all' esempio giä citato del sarcofago di Sidone noi abbiamo delle stele attiche rilevate a foggia di terapietto con un timpano sorraontato da un'alta sima, che talvolta e divisa in due ed e inclinata parallelamente ai lati del timpano (2), tal'altra invece riproduce in un solo listone unito e orizzontale la forma caratteristica della balaustrata ionica, che appunto nella facciata fa una maggiore impressione (3).

A togliere ogni dubbio, che questo finale sia deliberataraente voluto dagli scultori delle stele, e non giä determinato dalla na- turale riquadratura delle medesime; che in altri termini sia una specie di attico, presento qui (fig. 5) la parte superiore di una stela proveniente dal Dictynnaeon in Creta e giä da me pubblicata nei Monumenii dei Liacei (4). Qui l'attico e chiaro non solo per la sua altezza e per gli acroterii che l'adornavano, ma anche perche gli spazi sovrastanti ai lati obliqui del timpano non sono lasciati lisci, come nelle ricordate stele attiche, ma sono decorate con bas- sorilievi, come abbiamo veduto essere anche nel sarcofago di Si-

(') Cfr. Furtwängler, 1. c. nota 2: una flgura in Catal. de la Col- lection Castellani, tav. IX, cfr. ivi, im. 488-498; Petersen, Rom. Mitth. 1893, p. 100 seg. Pellegrini, 1. c. p. 98, nota 31. Sono parte a Berlino, parte a Copenaghen. Nel Museo di Villa Giulia e un bell'acroterio inedito con due combattenti in alto rilievo policromo, di tipo greco arcaico, proveniente dal tempio di Mercurio a Falerii. Pellegrini, 1. c. nota 2. fa cenno di framinenti di rilievi da Poggio Buco che apparterrebbero alla decorazione esterna del tempio, ma non si sa di quäl parte.

(2) Cfr. Collection Barracco, tav. 51.

(3) Conze, Grubreliefs, tav. XV e XXIX. Cfr. Une ne'cropole royale p. 246 seg. Veggasi anche la facciata della tomba frigia di Ayazinn, Perrot- Chipiez, o. c, p. 139, fig, 92.

(4) Vol. XL p. 301, fig. 9.

78

L. SAVIGNONI

done (')• Questa lastra contiene in basso una lunga iscrizione, che a causa della erosione e difficilissima a leggersi, tuttavia si e po- tuto desumere che e un trattato tra Polyrhenion e Phalasarna, due cittä della Creta occidentale, fatto coH'intervento di Cleoniino in-

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Fi sr. 5.

viato di Sparta, sieche la stela appartiene alla prima metä del III sec. a. Cr. Le due cittä sono rappresentate dalle rispettive deitä tutelari, Polyrhenion da Dictynna-Artemis, Phalasarna da Aphrodite Ma- rina, che si stringono la mano in segno del patto giurato. I bas- sorilievi dell'attico, ugualmente che la capra selvatica e l'albero posto accanto a Dictynna, sono imrnagini allusive al carattere di questa dea delle selve e della caccia, che godeva una particolare ve- nerazione in Creta.

Una ulteriore reminiscenza della medesima forma architetto- nica, io credo di ritrovare anche in quei monumenti funebri della Licia che hanno un coperchio a struttura ogivale, quali la tomba

(') Cfr. anche il frammento della parte superiore di una stelal?) di Oinoe, Bull. Corr. HM. 1893, p. 199 seg., dove pure e rilevata sul pendio di an timpan'i una leonessa divorante un uccello.

SIMA IONICA CON BASSORILIEVI 79

di Payava, che sta ora al Museo Britannico ('), e il sarcofago di Dereimis ed Aischylos, ora a Vienna (2). Non solo le protorui di leoni che sporgono ai quattro angoli del coperchio, senza che vi abbiano alcuna fnnzione organica, sono imitate dalle groodaie (:1), ma anche i sovrastanti bassorilievi con carri correnti (si badi anche al soggetto tradizionale) sono per me una imitazione servile e male appropriata del fregio combinato colle grondaie ; imitazione, che in questo caso e in contrasto colla superficie cnrva del coperchio che. sfngge all'occhio di chi la guardi dal basso. Ciö tanto e vero che piü tardi lo scnltore greco del sarcofago licio, trovato a Sidone in- sieme con quello delle Addolorate, sopprime quella decorazione nel coperchio, che cosi rimane liscio, pur lasciandovi snssistere le pro- tomi leonine (4). E qui aggiungerei che forse anche la decora- zione con figure, la quäle gira attorno a tutti quattro i lati della grossa trave maestra rettangolare, impostata sul culmine acuto dei coperchi stessi, ha avuto l'ispirazione dalla medesima fönte.

Parlando dei sarcofagi di Sidone, il Petersen (5) propose di riconoscere, nella balaustrata del sarcofago delle Addolorate, im pre- cedente di quel listone adorno di rilievi, che forma quasi un fron- tale, tra due maschere od altri ornati di angolo, nei coperchi di alcuni sarcofagi romani. Ciö mi sembra ormai piü che probabile, sia perche quegli ornati di angolo richiamano gli acroterii degli edificii, sia anche perche, cosi qui come nel sarcofago di Sidone, si vede di solito mantenuta nel cielo del coperchio la doppia pen- denza a tetto.

Ma ben altre remini scenze io credo che possiamo ritrovarne nella stessa architettura romana. Cioe io propongo a chi e piü com-

(') A. H. Smith, Catalotjue of sculpture, n. 950, tavv. V-VI. ; Benndorf, Trysa, p. 60, fig. 40.

(2) Benndorf, o. c, p. 226 segg., tavv. I-II.

(3) Nel sarcofago simile di Merehi (A. H. Smith, Catalogue, n. 951, tav. XIII; Benndorf, 1. c, fig. 41) al posto delle protomi suddette, si vede in uno dei lati una Chimera, nell'altro una pantcra (Benndorf, p. 64, credette un leone), che non hannu alcun rapporto colla quadriga. Io credo che anche qui si tratti di una ulteriore e malintesa manifestazione di quella tendenza che prima aveva trasformato le inerti bozze del coperchio in animate protomi leonine.

(4) Une necropole royale, p. 209, tav. XII; Collignon, Sculpture grecque, II, p. 400, fig. 211.

(s) Rom. Mitth., VIII, 1893. p. 100.

80 L. SAVIGNONI

potente di me il quesito, se in codesta peculiarita della architettura ionica si possa rintraceiare l'origine (per quanto io sappia non aucora spiegata) di una cosa assai importante ; intendo dire del- l'attico che nell'architettura romana ebbe tanta parte e tanto svi- luppo. ßicordo come esempio soltanto il tempio di Giove Statore che si vede figurato nel noto rilievo degli Haterii (x). Aggiungo poi che le statue di divinitä, che im noto rilievo ci mostra scaglionate sulla duplice chiaa del frontone del tempio di Giove Capitolino, si spie- gano nel miglior modo, se si pongano in relazione colla decora- zione che abbiamo veduto essere richiesta da quel principio archi- tettonico; con questa riserva che im artista greco facilmente avrebbe evitato il doppio errore contro l'estetica e contro la na- turalezza di plantare delle figure diritte sopra im piano inclinato. Gli stessi esempi che io ho presentato piü sopra (fra cui debbonsi qui particolarmente ricordare le figure fittili del' timpano di Caere) ci presentano una disposizione assai piü bella e razionale, nel tempo stesso che c' indicano l'origine di quest'uso. Giä la stessa architettura doriea non aveva potuto sottrarsi al fascino di una decorazione cosi ricca ed animata. Le iouizzanti statue di fanciulle che fiancheggiano gli acroterii del tempio di Egina possono essere citate, insieme col fregio ionico del Partenone, tra gli esempi clas- sici piü antichi e piü insigni di codesta penetrazione di gusti ionici nel severo dorismo.

In secondo luogo si ricordino gli archi di trionfo. Se si guardano i piü antichi, p. es. l'Arco di Augusto a Rimini (fig. 6 dall'opera di L. Rossini, gli archi trionfali tav. XII) od altri figurati sulle monete, noi troviamo che la loro facciata ci presenta superior- mente im finale del tutto corrispondente a quello delle stele giä ricordate: cioe im triangolo sormontato da im piano liscio e chiuso in alto da una linea orizzontale, sopra la quäle sorgevano la qua- driga imperiale nel mezzo e le altre statue agli angoli, cosi come sopra i templi i tre acroterii, che talvolta, come a Delo, erano appunto statue e gruppi statuarii (2). Ma tanto negli archi, quanto nelle stele, il triangolo non ha una intrinseca ragion d' essere, e vi resta solamente come motivo decorativo e come una reminiscenza della sua origine. L'arte, che e conservativa, stenta a sopprimerlo;

(M Mon. d. Inst., V, tav. VII.

Cfr. per questi Furtwängler, Ärch. Zeitung, 1882, p. 33 segg.

SIMA IONICA CON BASSORILIKVI 81

raa pur lo sopprime fiualmente, ed ecco che giä nell'Arco di Tito il triangolo del timpano e scomparso, e resta solo l'attico,

Fie. 6.

cbe allora veramente vi acquista, per cosi dire, una espressione piü chiara e solida di sublime piedistallo per il carro trionfale (1).

(') Cfr. Pliu , X. H. XXXIV, 27: columnarum ratio erat tollt super ceteros mortales, quod et arcus significant novicio invento.

6

82 L. SA.VIGNONI, SIMA IONICA CON BASSORILIEVI

Se si pensa che questa forma di sirna e originaria dell' Asia ; se si riüette che nel priücipio dell'epoca ellenistica essa era favorita tanto, che la ritroviamo imitata nel sarcofago di Sidone e nella stela del Dictynnaeon; e se infme si ricorda quanto l'architettura ro- mana debba alla ellenistica, in ispecie alla asiatica, nessuno re- sterä sorpreso di trovare ancor nuovi eleraenti asiatici nelle opere dell'architettura romana, e di vedere persino lo Schema fundamen- tale dell'arco di trionfo, direi quasi, anticipato in qualche monu- mento dell'Asia, come p. es. nella facciata di una tomba frigia che ho dianzi ricordata ('). Dalla stessa lontana regione, donde nel secolo sesto a. Cr. giungevano agli Etruschi i modelli per la de- corazione fittile dei loro fragili edificii di legno, piü tardi veniva ancora ai Romani l'ispirazioue per altre forme architettoniche, che, perpetuate da loro nel travcrtino e nel marmo, restarono esempi classici per l'arte dei secoli successivi.

(') V. p. 77. n. 3.

Luigi Savjgnoni.

BRONZEBLECH MIT MUNZPORTRÄTEN IM KIRCHERIANüM

Das in natürlicher Grösse abgebildete Bronzeblech bietet durch die dargestellten Köpfe und durch einen hier ersichtlichen

Kunstgriff der Technik Interesse.

Wir sehen die Gewandbüste eines unbärtigen Mannes in

o

vorgerücktem Alter mit sehr kräftigem Profil, tiefliegenden Augen, gebogener Nase und energischen, scharf ausgeprägten Gesichts- zügen. Der Lorbeerkranz in den militärisch kurzgeschorenen Haaren kennzeichnet ihn als Imperator. Dicht hinter dem Kopf verläuft das Segment eines kreisrunden erhöhten Randes. Er- gänzt man das Segment zu einem Kreis, so hat dieser den

84 F. STAEHLIN

ßundstab nicht mitgerechnet einen Durchmesser von 3,6 cm., und es hat in ihm noch ein zweiter Kopf Platz, der das Gegen- stück bildete.

Zwischen diesem Kopf und der folgenden Gewandbüste eines Knaben geht ein senkrechter Knick in geschwungener Linie durch das Blech. Er erklärt sich so: Sollte das in derselben Form (Negativ) befindliche Gegenstück des Imperatorkopfes nicht mit ausgeprägt werden, so war es nötig, das Blech etwas aufwärts zu biegen und das nicht gebogene Stück in das Negativ zu treiben. Das zeigt, wie es einem Handwerker möglich war, mitten aus siner grösseren Form heraus einzelne Stücke auszuprägen. Wenn man die dabei mit unterlaufenden Störungen genau beobachtet, so erhält man unter Umständen wertvolle Aufschlüsse über die bei den einzelnen Bronzewerken angewandten Formen. Wurde aus ir- gend einem Grund das Umbiegen des Bleches unterlassen, so musste es fast notwendig vorkommen, dass von dem anschliessen- den Teil der Form auch ein Stück mitausgeprägt wurde. Dies ist z. B. der Fall bei den Dioskuren des Sabaziosreliefes in Ko- penhagen (Bliukenberg, Archaeol. Studien, 1904 Tf. II p. 93), wo oben im Eck vor jedem Dioskuren das Vorderbein des in der Form gegenüberstehenden Pferdes mitausgeprägt ist.

Lichte Zwischenräume zwischen den Figuren waren überhaupt eine Forderung dieser Technik. Sonst war es nicht möglich, ein- zelne Stücke der Form zu entnehmen, ohne zugleich Bruchstücke der angrenzenden Teile mitauszuprägen. Nehmen wir als Beispiel die Cista von Vulci im Gregorianum (Heibig IP nr. 1388). Der Fries mit Amazonenkämpfen ist mit einer einzigen Form herge- stellt, die mit dem Krieger, der die Amazone vom Pferde zieht, be- ginnt und nach links hin mit einem Griechen, der von einer Ama- zone erstochen wird, endigt. Die Form umfasst 16 Personen, die Toten mitgerechnet. Sie ist zweimal ganz und ein drittes Mal von Figur 1-13 einschliesslich ausgeprägt. Dann folgen Fig. 2, 3 und 4, Fig. 14, 15 u. 16, womit der Fries endigt. Bei der letzten Fig. 2, der vom Pferde gezogenen Amazone, war es wegen der dichten Stellung der Figuren nicht zu vermeiden, dass das Bein von Fig. 1 mitausgeprägt wurde. Daher steht mitten im Fries ein Bein ohne den dazu gehörigen Krieger. Dass dem Handwer- ker nur eine eiuzige Form vorlag, ist zunächst daraus zu schlies-

BRONZEBLECH MIT MÜNZPORTRÄTEN 85

sen, dass die Figuren des Frieses sich fast dreimal in derselben Reihenfolge wiederholen. Aber sehr unterstützt wird dieser Schluss durch die Wahrnehmung, dass jenes Bein mitausgeprägt ist. Denn hätte der Handwerker 3-4 Formen gehabt, wie Abeken (Arch. Intelligenzblatt 1837 S. 65) annahm, so hätte er gewiss den letzten Raum mit einzelnen in sich abgeschlossenen Formen ausgefüllt und nicht ein Bild mitten aus einer Form herausge- griffen. Von dem Knicken des Bleches ist dabei keine Spur mehr zu sehen. Bei einer Publication dieser Cista muss diese Form be- sonders abgebildet werden (vgl. Gerhard, Etr. Spiegel I, T. X).

Kehren wir zu der Gewandbüste des Knaben zurück. Er hat einen runden Kopf mit noch ziemlich unentwickelten Gesichtszü- gen. Sein Haar ist ganz kurz geschoren. Der Rand der Form ist nur unten mitausgeprägt. Ergänzt man dies Segment, so erhält man einen Kreis von ungefähr 3,5 cm. Durchmesser. Der Kopf befindet sich in der Mitte des Kreises, ohne ein Gegenüber zu haben. Er ist deshalb auch verhältnismässig grösser als die bei- den anderen Köpfe. Es folgt nun wieder derselbe Knick des ge- bogenen Bleches und dann eine weibliche Gewandbüste nach links. Das Gesicht ist langgestreckt, die Stirne rund und niedrig, die Nase lang, die Lippen voll und etwas vorstehend. Das Haar ist in parallelen Wellenlinien angeordnet. Ein Diadem, das zugleich als Kamm dient, hält es in seiner Lage. Eine starke Flechte hängt hinter dem Ohre zum Hals herab. Am Hinterkopf ist das Haar in einem Zopf von unten nach oben bis zur Höhe des Scheitels gezogen. Hinter dem Kopf ist der Rand der Form in schwachen Spuren erhalten. Das Segment ergibt ebenfalls einen Kreis von un- gefähr 3,6 cm. Durchmesser. Die Grösse des Kreises and die an den Rand gerückte Stellung des Kopfes beweist, dass auch er auf derselben Form ein Gegenüber hatte.

Die Züge des Imperators gleichen am meisten denen des Tra- ianus Decius f 251 (Cohen2 V p. 185 f.). Die starken Falten, die sich an den Nasen- und Mundwinkeln abwärts ziehen, wiederho- len sich besonders deutlich an seiner Büste im kapitolinischen Mu- seum (Heibig I2 p. 315 nr. 70). Bei dem Knaben kann man we- gen der unentwickelten Gesichtszüge sowohl an Philipp d. J. (Cohen V p. 160) als auch an Herennius, den Sohn des Traiauus Decius (Cohen V p. 215), denken. Die Frau, deren Haar nach

86 F. STAEHLIX, BROXZEBLECH MIT MÜNZPORTRATEX

der Mode des 3. Jahrhunderts gekämmt ist, hat Aehnlichkeit mit Etruscilla, der Gattin des Decius, die zwar meistens ungewell- tes Haar trägt, aber bei Cohen V p. 206 nr. 1 gewelltes hat. Fast noch mehr aber gleicht sie Otacilia, der Gattin Philipps des Aeltern (Cohen V p. 143 f. vgl. besonders nr. 58). Die wahrschein- lichste Lösung der Schwierigkeiten scheint mir die, dass der Kopf Trajans und der Frau auf derselben Medaillon form in einem Kreis von 3,60 cm. Durchmesser, den erhaltenen Segmenten ent- sprechend, als Gegenstücke sich befanden. Die Frau muss dann Etruscilla sein. Zwischen die Büsten der Eltern hat der Künstler den Kopf des Sohnes Herennnius zur Spielerei eingefügt.

Das Blechstück ist mehrfach von Nagellöchern durchbrochen, zeigt aber sonst keine Spuren einer Verwendung. Wie Münster- berg in der Steinplatte aus Janina (Oesterr. Jahresh. 1904 p. 139 f.) die Probe eines sich im Steinschneiden übenden Künstlers erkannt hat, so haben wir hier ein Bronzeblech, an dem ein Künstler seine neugefertigten Formen versuchte. Vielleicht waren sie dazu bestimmt, als Prägestöcke für Münzen zu dienen ; vielleicht wollte er aber die Porträte als Verzierung eines Bronzebeschlages benüt- zen. Denn Münzen und Münztypen wurden damals als Ornamente verwendet. Das zeigen die Patera von Rennes (Babelon, Cabinet des anliques I pl. VII) und die Porträtmedaillons an der Tensa Capitolina (Ballett, comunale V 1877, t. XI-XV. Heibig P nr. 568).

Fr. Staehlin.

NEUE INSCHRIFTEN

Aus der grossen Nekropole an der Via Salaria, die in den letzten Jahren, wie schon im 17. und 18. Jhdt., tausende von Inschriften geliefert hat, kommen zwei von mir im römischen Kuusthandel copierte Inschriften, die ein gewisses topographisches Interesse beanspruchen.

Die erste steht auf einem ziemlich dicken Marmorstück (0,19 X 0,10 X 0,05 m.), welches schon im späten Altertum zum zweiten Male verwendet gewesen ist, und daher links und rechts nicht Bruch-, sondern Schnittrand zeigt.

M SVLLAE JW L

FL1\

H1LARIONI

A M AN O

MV

C SALVSTI CR

PICTORI

A

Die Buchstaben sind sehr nachlässig, doch im Charakter der ersten Kaiserzeit; Z. 3-5 der mittleren Columne sind ein wenig später von anderer Hand hinzugefügt.

Ungewöhnlich ist der Gebrauch von Sulla als Gentilicium. eben so die Abkürzung des Cognomens Cr(ispus). Der Patron ist aller Wahrscheinlichkeit nach der Neffe des Geschichtschreibers und Eigentümer der berühmten Gärten. Dass seine Sclaven in der Nähe der Gärten eine Begräbnisstätte hatten, war bereits aus früheren Funden (G. L L. VI, 25781 a. 25788 a. 25792 a. 33642. 33643) zu erschliessen. Amanus als Cognomen findet sich auch in der Inschrift (v. J. 57 n. Chr.) C. I L. VI, 268.

Die zweite Inschrift ist auf einer Marmorplatte von 22 X 20 cm. mit rohen aber tiefen und sicheren Schriftzügen des dritten Jhdts.,

£8 HUELSEN, NEUE INSCHRIFTEN

in denen noch reichliche Spuren von Minium erhalten sind, ein-

gehauen.

D M

SIMONI

I V L I A N I

P R A LVM

. PO S IT V S

NO CYR ACOS

SI-QVI -MOVER

PY FERET

Der sehr unorthographische Text durfte so zu verstehen sein: d(is) m{anibus). Simoni Iuliani pr(aefeeti) alum{aus) posüus no{mine) Cyr(i)acos; si qui moverit py. feret.

Der Patron, mit vollständigem Namen D. Simonius Proculus Iulianus, ist ein bereits aus mehreren Inschriften bekannter vor- nehmer Mann aus der ersten Hälfte des dritten Jhdts. Seinen cursus honorum lernen wir kennen hauptsächlich aus der stadtrö- mischen Inschrift C. L L. VI, 1520, aus der dacischen C. I. L. III, 1573, und aus der thrakischen Archäol. epigr. Mitth. 1892 p. 92 n. 3. Danach war er iuridicus per Transpadum, dann praeses provinciae Thraciae wahrscheinlich zwischen 235 und 238, dann Consul suffectus (Jahr unbekannt), Praeses der drei da- cischen Provinzen und von Syria Coele. Endlich bekleidete er die Stadtpräfektur, vielleicht unter Philippus Arabs oder unter Decius, jedenfalls vor 254, da sein Name in dem mit diesem Jahre be- ginnenden Präfektenverzeichnis des Chronographen von 354 fehlt. Sein Name als Stadtpräfekt erscheint auch auf der bekannten Ai- chungsinschrift des Congius Farnesianus (Gori I. E. III tab. I n. 2). Eine neuerdings im Gebiet der Villa Ludovisi gefundene Bleiröhre (C. L L. XV, 7528, wo der Name SEMONI gelesen ist) macht es wahrscheinlich, dass er in der Nähe der Porta Salaria oder Pinciana ein Haus besessen habe: eine Bestätigung dafür bietet auch unser einem seiner Bediensteten angehörige Grabstein. Die Strafandrohung am Schlnss ist von dem des lateinischen wenig kundigen Concipienten bis zur Unkenntlichkeit entstellt: an die Ergänzung p(ondo) [ V~\ {in) feret wird kaum zu denken sein.

Ch. Hu ELSEN.

Abgeschlossen am 30. September 1906.

ROMISCHES AUSHANGESCHILD MIT DARSTELLUNG EINES NYMPHAEUMS

Das beistellend Fig. 1 abgebildete in der Galleria delle- Statue des Vatikans befindliche Relief (') ist in der Archäologischen Zeitung 1847 Taf. IV, 1 in Zeichnung veröffentlicht und von Gerhard

Fig. 1.

S. 50 ff. unter der Ueberschrift Roma und Fortuna besprochen wor-

(') Ich erhielt die Photographie vom römischen Institut durch Amelungs freundliche Vermittlung, dem ich auch die folgenden Angaben über das Relief verdanke: es ist im Postament der Niobidengruppe eingelassen; die Maasse betragen 0,415 cm. in der Höhe, 0,595 in der Breite; das Material ist gross- körniger, grauer Marmor.

90 J- SIEVEKING

den. Gerhard erkennt in dem Gebäude eine eigentümliche Tempel- darstellnng mit einem basilikenartigen Bau im Hintergrund und einer sechssäuligen Vorhalle, zu der eine achtstufige von zwei ein- gehegten Sprenggefässen, Perirrhanteria, flankierte Treppe führt. Die runde, die Stufen zum Teil überschneidende Aushöhlung nimmt er als Wasserbehälter. Eine solche Tempeldarstellung mit zwei Seitenflügeln und einer im Verhältnis zu den Säulen ge- waltigen Treppe, die durch ein grosses Wassergefäss völlig ver- sperrt ist, wäre nun allerdings mehr als eigentümlich, ganz ab- gesehen von dem merkwürdigen Platz der beiden Eigentümer auf einer gemeinsamen Bank direkt hinter den Säulen. Daher erklärt denn auch Jordan (*), der an dem Tempel festhält, in seinem vor- trefflichen Aufsatz über römische Aushängeschilder das vatikanische Relief für rätselhaft. Dass die kreisförmige Höhlung keine spätere Zuthat sein kann, giebt er zwar der Inschrift wegen, die auf jene Rücksicht nimmt, zu, aber die Erklärung als Wasserbehälter hält er für unmöglich. Und doch ist dieses grade der einzige Punkt, in dem Gerhard richtig gesehen hatte. Es kann in der That nur ein Wasserbecken gemeint sein, das den unteren Abschluss der aus Brunnendarstellungen (2) bekannten stufenartigen Absätze bildet. Zu beiden Seiten steht in auffallender Umrahmung ein Schöpfge- fäss. Die eigentümliche auf Perspektive völlig verzichtende Wie- dergabe des Beckens scheint mir absichtlich gewählt und durch den praktischen Zweck der Marmorplatte bedingt zu sein, worauf weiter unten bei Behandlung der Inschrift zurückzukommen ist.

Eine ganz analoge Darstellung zeigt ein viel besser gearbei- tetes Relieffragment aus Cherchel im Louvre (3), abgebildet Fig. 2.

An einen Pfeiler stossend erscheinen dort wieder die flachen stufenartigen Absätze und unter ihnen von einer Atlasfigur, der weiter rechts eine gleiche entsprochen haben muss, getragen die Reste einer runden Scheibe. Es ist das, wie ich glaube, keine Him- melskugel, sondern wieder ein Wasserbecken, hiervon dem Künstler zu einer leicht konvexen Rundung umstilisiert, in der Absicht

(»') Archäol. Zeitung 1871, S. 71 Amn. 2. T) Vgl. z. B. Amelung, Vatikan I S. 2S9 nr. 170, Taf. 29. (3) Arrha- ,1. Zeitung 1862, Taf. 166, 1. S. 207 IT. (Mercklin); Schreiber, Hellenist. Reliefs Taf. 49; Robert, Sarkophage III, S. 220 Anm.

RÖMISCHKS AUSHANGESCHILI)

91

darauf die Weihinschrift anzubringen. Dazu stimmt gut die da- neben stehende weibliche Figur, die sicli auf eine grosse reich verzierte Amphora stützt und zweifellos eine Nymphe darstellt ('), worauf auch die Dioskurendarstellung des Gefiisses hinweist (2).

Fig. 2.

(:) Mercklin dachte an eine über einer Graburne mit den Besten des Verstorbenen trauernde und betonte den sepulkralen Cbarakter des Reliefs. Mit dem Gebäude wusste er nichts anzufangen. Auch Roberts Deutung der weib- lichen Figur auf eine afrikanische Stadt ist unhaltbar. Sie beruft sich auf den Atlas mit der Himmelskugel, beruht also auf einer falschen Voraussetzung, die allerdings scheinbar durch ein zweites Relieffragment italischer Herkunft im Louvre (Schreiber, hellenist. Reliefs Taf. 50) gestützt wird. Auf diesem wiederholt sich die weibliche Figur in der gleichen Haltung, im übrigen ist die Sccnerie verändert. An Stelle der Wasseranlage ist felsiges Terrain ge- treten, an Stelle des Beckens eine Kugel, die auf einem von einer geflügelten Atlasfigur gestützten Untersatz ruht. Die beiden Darstellungen gehen auf dasselbe Original zurück, doch gibt die zweite dieses missverstanden wieder.

(-) Bim.Mitt. 1000, S. 344 ff. ; Neue Jahrb. für d. klass. Alt. 1902,S.3S2ff.

92 J. SIEVEKING

Aber noch eine weitere bedeutsame Uebereinstiramnng mit dem vatikanischen zeigt das Relief von Cherchel, die Konstruktion des Gebäudes. Die ganz geringe Tiefe der beiden Seitenflügel ist bei jenem in unverkennbarer Absicht deutlich veranschaulicht, bei die- sem ist nur der eine Flügel erhalten, aber auch er lässt, da das Eelief auf der linken Seite vollständig ist, die gleiche Eigenart erkennen. Charakteristisch für beide Architekturen ist ferner die starke Dnrchbrochenheit der einzelnen Banglieder, die gradezu ba- rock wirkt. Sie sowie die geringe Tiefe der Gebäude erinnern sofort au die dekorativen Wasserfassaden der römischen Kaiserzeit, eine willkommene Bestätigung der für die Mitte erschlossenen Wasser- kunst.

Ich glaube mit Sicherheit in den beiden Gebäuden Nym- phaeen erkennen zu dürfen. Für das Relief von Cherchel wird diese Deutung noch durch die Figur der Nymphe gestützt, für das va- tikanische Relief durch den Platz der beiden Götterbilder gleichsam zwischen den Säulen, der für einen Tempel unerhört, für Nymphäen durch Münzen bezeugt ist (s. Abb. 3). Auch die leichte Krümmung, die die Fassade zeigt, passt gut für einen solchen Bau. Den Namen des auf dem römischen Relief dargestellen Nymphaeums lassen wir am besten offen, denn die Deutung der einen Figur auf Fortuna scheint mir unwahrscheinlich, eher möchte ich an Vesta denken. Für das afrikanische Relief werden wir vielleicht irgend einen stadtrömischen Nymphaeumsbau als Vorbild annehmen dürfen, je- denfalls ist die zweimal erhaltene Nymphe mit dem Dioskuren- krater offenbar die Wiederholung eines bekannten öffentlichen Kunst- werkes hellenistischer Erfindung in Rom.

Auf dem Pariser Relief ist nur ein Stück des Unterbaues er- halten, das Nymphaeum des römischen Reliefs wird dagegen nach den Seiteubauteu zu schliessen bis auf das krönende Gesims über deu Säulen vollständig sein, also nur ein Stockwerk besessen haben, wie es bei der geringen Breite des Baues auch wahrscheinlich ist. Das Wasser war auf den mittleren Teil beschränkt und bespülte nur den Unterbau desselben. Anders war es am Wasserschloss von Side(') wo die neun Wasserausflüsse sich zwischen den Säulen in den drei

(') Petersen bei Lanclcoronski, Städte Pampüyliens und risidiens I, Taf. 30. Danach Durm, Baukunst der Etrusker u. Römer S. 470.

KOMISCHES AUSHÄNGESCHILD 93

Nischen befinden. Dagegen zeigt eine analoge Konstruktion die Nymphaeumdarstellung auf einer Münze des Septimius Severus von Hadrianopolis in Thrakien. Ich gehe unter 3 die vergrösserte Ab- bildung des Pariser Exeuiplares bei Donaldsou, Architectura numis- matica no. 77 wieder, -die, wie ich nach dem mir vorliegenden Münzabdruck (l) konstatieren kann, im wesentlichen zuverlässig ist.

Fig. 3.

Auch hier strömt das Wasser aus der Urne des gelagerten Okeanos nur über den Unterbau und ergiesst sich in ein grosses rechteckiges Bassin, in dem sieben runde kleine Becken angegeben sind, die wahrscheinlich als vor dem grossen Bassin liegend und als Schöpf- bassins dienend zu denken sind. Nach dem vorläufigen Bericht über die Ausgrabungen in Milet (2) ist für das dortige Nymphaeum ein

(') Ich verdanke den Abdruck der Güte Babelons. Pick, den ich wegen der Deutung des Münzbildes auf ein Nymphaeum um Rat fragte, bestätigte mir dieselbe und teilt mir freundlichst mit, dass er schon vor längerer Zeit für die Rekonstruktion des milesischen Nymphaeums Wiegand auf die Münze hingewiesen habe.

(2) Archäol. Anzeiger 1905 S. 151.

94 J- SIEVKKING

Hauptbassin sowie ein diesem vorgelagertes Schöpfbassin ermittelt, und die Rekonstruktionsskizze zeigt an, dass auch hier nur der Unterbau durch das Wasser bespült wurde.

Die von Maass in seinem Buche über die Tagesgötter nieder- gelegte Ansicht, dass das römische Septizonium des Septimius Se- verus nur ein Unterbau gewesen wäre, der die Statuen der sieben Tagesgötter trug, ist, so viel ich sehe, allgemein abgelehnt wor- den zu Gunsten der Wasserfassade, und auch wer die Deutung von Maass auf ein Haus der Tagesgötter annimmt wie Durra (*), hält die Vereinigung mit einer Wasserkunst für wahrscheinlich. Konnte schon die zweimalige Verbindung des Septizoniums mit einem Nym- phaeum sowohl in der Stelle Amraians wie in der Inschrift von Lambaesis (2) kaum einen Zweifel aufkommen lassen, so scheint mir jetzt durch die vordere Linie auf dem kapitolinischen Stadt- plan, die, worauf Petersen (3) und Puchstein (4) hingewiesen haben nur den vorderen Rand eines Wasserbassins bedeuten kann, die Wasserfront des Septizoniums völlig gesichert.

Man darf daher, glaube ich, bei der Rekonstruktion desselben die Münze von Hadrianopolis sowie die allerdings bedeutend be- scheidenere Anlage auf dem vatikanischen Relief zu Rate ziehen, vor allen Dingen für den Unterbau. Dieser ist sowohl in der Hül- se n-Graefschen Rekonstruktion (5) als auch in der von Durra (,3) zu niedrig angenommen, kaum höher als Gesims und Stylobat der oberen Stockwerke. Das wirkt sehr ungünstig, weil das Gebäude im Boden zu stecken scheint und die luftigen Säulenhallen sich nicht frei herausheben. Beeinflussend haben hier wahrscheinlich die alten Zeichnungen des Septizoniumrestes gewirkt, die aber deut-

(') Baukunst der Römer S. 474.

(a) Maass, Tagesgötter s. 96. Das ursprüngliche Verhältnis von Septizo- nium und Nyinphaeum ist allerdings auch bei der Erkenntnis, dass beides Wasseranlagen waren und in der Kaiserzeit wenigstens in formaler Beziehung ereinstimrnung zeigten, so dass Maass zugeben muss, die Septizonien seien in dieser Hinsicht ein Sondertypus der Nymphäon. keineswegs klar. Die An- nahme Petersens, dass Septizonium die Fassade, Nyinphaeum das Bassin be- deute, thut der Ueberlieferung Gewalt an.

(») Deutsche Litt. Ztg. 1887, Sp. 1016.

(') Jahrbuch 1902 S. 122 Anm. 70.

(5) 46. Berliner Winckelmansprogrumm Taf. 3 u 4.

(«) a. a. 0. S. 473.

RÖMISCHES AUSHANGESCHILD 95

lieh zeigen, dass der Unterbau damals nicht frei lag, sondern stark vom Erdreich bedeckt war. Die Zeichnung der Marciana (Steven- son Bull. Com. 18S8 Tf. XIII, XIV) giebt die Höhe des Unterbaus für den 1585 zerstörten Seitenflügel: für den Unterbau des mittle- ren Teils der Fassade, der, wie die Bassinlinie des Stadtplanes zeigt und Relief wie Münze bestätigen, allein vom Wasser bespült wurde, ergibt sich durch die davorliegende Bassinvertiefung eine grössere Höhe, so dass die herabströmenden Wassermassen bei der gewalti- gen Breitenausdehnung gewiss einen imponierenden Anblick dar- boten. Ferner werden wir auch nach der Münze annehmen dürfen, dass der Unterbau zwischen den Seitenflügeln als Rückwand des Bassins eine grade Front bildete, die nicht mit den Nischen zu- rücktrat, wie die bisherigen Rekonstruktionen annehmen. Ebenfalls anders wie in diesen stand das Bild des Kaiser Septimius Severus zwischen den Säulen des Erdgeschosses. Die in einer Fläche fortlau- fende Front des Unterbaues war entsprechend den sieben Abteilun- gen des Mittelbaus, nämlich drei Nischen und vier vorspringenden Partieen, durch Pfeiler, wie sie auf dem vatikanischen Relief den Lauf des Wassers flankieren, in sieben Abteilungen gegliedert, über die das Wasser sich in sieben Streifen ergoss. Das scheint mir eine natürliche Erklärung des Namens Septizonium, Siebenstreifenbau für das als Wasserfront gedachte Gebäude. Nimmt man an, dass, wie es in Side der Fall war, auch der Unterbau der Gliederung des Ober- baues folgte und in den Nischen zurücktrat, so ergiebt sich von selbst ohne Pfeilerteilung eine Gliederung für das herabströmende Wasser in sieben Streifen (J).

Den sieben Wasserstreifen, die sich in das grosse Bassin er- gossen, werden sieben Schöpfbassins entsprochen haben, wofür wie- der die Münze als Vorbild heranzuziehen ist, und eine Spur dieser sieben Bassins glaube ich noch in dem mittelalterlichen Namen septemsolia maior und minor für die damals noch stehenden Flü- gel des Severusbaus zu finden, der doch sicher auf einer antiken Ueberlieferung beruht. Charakteristisch ist die Pluralbildung bei der Benennung jedes Flügels. Solium ist der Name für Wanne oder kleines Bassin in den Thermen, wir werden ihn aber ohne Schwie-

(/) Verglichen werden kann, worauf mich Hülsen aufmerksam macht, die Wasseranlage der sog. Piazza d'Oro in der Villa Hadriana (Winnefeld S. 70. 71. Taf. VI, B), ein Pentazonium mit runder Fassade.

96 J. SIEVEKIX«

rigkeit für die öffentlichen Schöpfbassins gegenüber lacus als gros- ser Bassin anwenden können, von denen dann der Platz und das Gebäude seinen Namen erhielt.

Das vatikanische Relief ist trotz seiner Unscheinbarkeit nicht nur von Bedeutung als seltene Darstellung einer stadtrömischen Wasserbaufassade, sondern auch antiquarisch interessant durch den Zweck, dem es gedient hat. Er ist aus Bild und Inschrift sicher zu erschliessen. Schon Gerhard hatte mit Recht angenommen, dass an dem Marmor auf beiden Seiten nicht mehr viel fehle und Bor- ghesi (!), den Gerhard um seinen epigraphischen Rat fragte, die Inschrift vermutungsweise ergäuzt zu a'N Wac AEDe saB\N\ MA- Terni hiDl LOCaNTVr. Er dachte an eine Magistratsverkündigung der Verpachtung festlicher Spiele zur Feier des Tempels, für welche Verpachtung nach Gerhards Ansicht das Relief als Aushängeschild diente. Jordan (2) fand diese Erklärung der Inschrift begreiflicher- weise unverständlich, glaubte aber auch, dass man es mit einer Art Aushängeschild zu thun habe, ohne für dasselbe eine weitere Erklä- rung zu finden. Im G. I. L. VI, 29816 hat Bormann für die ersten zwei Zeilen die Ergänzung in honorem divinae domus vorgeschlagen.

Jetzt wo wir den Tempel beseitigt und au seine Stelle ein Nymphäum gesetzt haben, können wir einerseits die Idee des Aus- hängeschildes, für welches die Maasse des Marmors vortrefflich passen, mit mehr Recht wieder aufnehmen, andrerseits eine der Darstellung entsprechende Ergänzung der Inschrift geben. Wie mich Hülsen belehrt, ist ihr Anfang nach Analogie anderer Inschriften, namentlich CT. L. VI, 29791 und XIV, 4015 (vgl. auch C. IV, 1136) zui> h[is pr]aed\_iis zu ergänzen: « in diesem Besitztum des Sabi- nius Maternus » wie wir den Mann mit Borghesi nennen wollen, - werden [gewisse Dinge] vermietet » . Was vermietet wurde, wird die Ergänzung des Wortes vor locanlur ergeben, von dem nur die beiden letzten Buchstaben DI erhalten sind. Die Ergänzung muss von dem Nymphaeum ausgehen, denn es ist unwahrscheinlich, dass dieses nur, weil in der Nähe des Besitztums befindlich, als Schmuck für das Schild gewählt wurde. Dagegen spricht schon die merkwürdige Art, in der das Wasserbecken nicht perspektivisch dargestellt ist. Sie

(') bei Gerhard a. a. 0. S. 52 Anm. 12 u. 13. (a) Archäol. Zeitung a. a. 0.

RÖMISCHES AUSHÄNGESCHILD 97

ist unverkennbar in der Absicht gewählt, dieses den Vorüberge- henden möglichst in die Augen fallen zu lassen und erfüllt diesen Zweck auch vollkommen, denn beim Anblick des Reliefs haftet das Auge unwillkürlich an der runden Höhlung. Mit dem Wasser- becken des Nymphaeums muss der zu vermietende Gegenstand in Ver- bindung stehen, und da liegt es am nächsten an die grossen Schöpf- gefässe zu denken, wie sie zu beiden Seiten des Beckens stehen, durch die eigenartige Einhegung die Blicke ebenfalls besonders auf sich ziehend.

Ich ergänze daher den Schluss der Inschrift zu ca~\di locantur (vgl. den Artikel cadus bei Daremberg-Saglio). Cadus Graeca am- phora est, continens urnas Ires sagt Isidor XVI, 26. Columella d. r. r. XII. 28 spricht von einem cadus duarum urnarum, dem Maasse einer römischen Amphora. In einer Stolle des Philippides bei Athenäus XT, 781 ist von xctdoi die Rede, die grösser sind als ein Mann. Qadus war also ein wenn auch schwankendes Flüs- sigkeitsmaass der Römer, das sich als solches zur Bezeichnung der auf dem Relief dargestellten Amphoren vortrefflich eignet. Dass sich ein spekulativer Mann die Vermietung solcher grösserer Schöpf- gefässe zum Erwerbszweig machte, darf in dem durch Was- serreichtum so verwöhnten Rom der Kaiserzeit nicht Wunder nehmen (').

Für die Entstehungszeit des vatikanischen Reliefs ist bei der handwerksmässigen Ausführung desselben schwer ein Anhalt zu finden: die in erhabenen Buchstaben, ein seltner Fall, sauber aus- geführte Inschrift weist auf das erste bis zweite nachchristliche Jahrhundert.

München.

J. SlEVEKING.

(') Hülsen denkt vermutungsweise an die Ergänzung futQdi locantn[r, da man von dem grossen Becken hauptsächlich den Boilen, den fundus sieht: des Work wäre dann mit demselben Doppelsiun, den auch das deutsche ' Bu- den' hat, gebraucht, und wir hätten das Aushängeschild eines Grundstücks- maklers oder Vermieters.

FRAMMENTI DI VASO ATTICO CON DIPINTO UAPPßESENTANTE LA MOKTE DI AKGO.

(con tav. I1I-IY).

I frammenti di vaso, che presento riprodotti, sono da parecchi aniii pubblicati ('). Eppure sembra che essi siano sfuggiti quasi del tutto all'attenzione degli studiosi (2), sebbene a tale attenzione avrebbero dovuto raceomandarli e la bellezza del disegno ed il fatto che il loro primo editore, eruditissimo interprete di monumenti, ne lasciö del tutto inesplicato il loro couteuuto.

Ed invero lo Stephani emise la ipotesi che questi frammenti rappresentassero im inizio di combattimento e vide una spalliera di im aQf.ia, su cui avrebbe dovuto salire l'uomo che sta suudando una spada, nolla striscia curva che si stacca sul corpo della donua posta di dietro (tav. III, grande fr. n. 1). AI lato posteriore di questo vaso apparterrebbero pure, secondo lo Stepliani, pel loro disegno meno diligente, i frammenti riuniti nol grande fr. n. 2 (tav. IV) a sinistra della palmetta, e ciö mi pare con ragione. A questo proposito osservo che qui si ha il gruppo di una figura femminile con ali, che con oinoclioe alzata e patera abbassata amministra una anovdi) ad im uomo ammantato ed appoggiato ad im bastone. Avremmo qui uno

(') Provenienti da tomba nello vicinanze di Kertsch, nel pudere Elti- i^lieii, e trasportati a Pietroburgo all'Eremitaggio, questi frammenti furono editi e descritti dallo Stepliani (Compte Rendu, Atlas, 1877, t. IV, n. 4-10 = S. Reinach, Repertoire des vases, v. I, p. 51, n. 4-10, testo al Compte Rendu, 1877, p. 213 e sog.). Vennero riprodotti nei Wiener Vorlegeblätter, 1890-91, t. XI, 2. Debbo alla intercessione gentile di E. Pridik, conservatore in capo de-U'Eremitaggio, se ho potuto ottenere dalla liberale Direzione di questo istituto il calco qui riprodotto. Biunovo pertanto pubblicainente i rin- graziamenti a S. E. il Direttore dell'Eremitaggio ed al prof. Pridik.

(2) Una eeeezione 6 il Benndorf, il quäle li pubblicö con altri monu- menti riferibili al mito di lo nei Wiener Vorlegeblätter, dando in tal modo ünplicitamente la giusta spiegazione di essi frammenti.

FRAMMENTI DI VASO ATTICO 99

degli ovvi grnppi nella pittura vasculare di stile sovero e di stile hello di una doiina alata che versa da bere ad im mortale. Pure di due figure ammantate sono i resti nello stesso framineiito nell'altro grande n. 1 a destra della palmetta, onde si puö trarre la facile deduzione che nel lato mono nobile del vaso doveva essere rappresen- tata un'accolta, usando la parola tedesca, di Mantel figuren da la- sciare anonime e senza importanza specificata e riprodotte iu tanti e tanti vasi con l'unico scopo di riempire con decorazione figura- tiva la parte piü trascurabile del vaso stesso; una di quelle pro- fane conversazioni in cui tuttavia eccelse l'arte dei grandi cera- misti del periodo pre-persiano (!) e di cui tanto abusarono i cera- misti posteriori.

Ma, ritornando ai frammenti del lato nobile, che quasi uni- carnente ci debbono interessare, assai manifesta appare l'assurditä della spiegazione dello Stephaui riguardo alla creduta spalliera del carro, e per l'assoluta mancanza dell'altra spalliera, che pur do- vrebbe essere visibile se si ammette che 1'uomo dal petaso sia giä con un piede sull'<%m, e pel medesimo livello a cui verrebbero a trovarsi ed il detto uomo e la donna coi due uomini accauto. Ma a chiuuque sarä manifesto che questa striscia, divenendo sottile dall'alto verso il basso, combina perfettamente con un ciuifb for- mato da linee parallele sotto la gamba del combattente per for- mare una coda la quäle, non solo per la sua grandezza, ma per la sua forma, si deve necessariamente attribuire ad un essere bovino.

Dal grosso frammento in questione possiamo arguire che un essere bovino era rappresentato nella parte nobile del vaso e che esso precisamente occupava il mezzo all' incirca di questa parte. Tnvero vien fatto subito di pensare ad Io, e la direzione del volto (ielYaQysiyovTrjg, cosi senza preamboli chiamo la hgura barbuta dal petaso e dalla elamide, mi pare che essa pure dimostri che mira della spada non sia 1' essere bovino, ma un'altra figura a noi non arrivata, Argo dai cento occlii.

Due recenti articoli hanno contribuito ad arricchire di nuovi monumenti ed osservazioni le notizie che si riferiscono al mito di Io neH'arte antica: il primo di Hoppin (Argus,, Io and the Pro-

(') Cito come csempio nobilissimo la parte posteriore dello skyphos vieimese riferibile al ceramista Brigo (Mon. d. Inst., v. VIII, t. 28).

100

P. DUCATI

melheus of Aesch/jlns negli II ar ward Sludies in classical philo- logij, v. XII, 1901, pp. 335-345), il secoiido deH'Eugelmauu, che pel personaggio di Io deve essere citato per altri due lavori (') {Die lo-Sage in Jahrbuch d. Inst., 1903, pp. 37-58). Tra i rno-

Fig. 1.

numenti citati da questi due dotti, quello che ha maggior impor- tanza pel nostro assnnto e che potra, credo, dissipare ogni ulteriore scetticLsmo riguardo alla spiegazione ora da me proposta pei fram- meiiti di Pietroburgo, e la pittura doli' idria edita da Hoppiu o riprodotta da Engelmann a misura minore, ma con maggior esat- tezza, a p. 43, hg. 2, d'onde e tratta la tig. 1 del mio articolo, esistente a Bryn Mawr College (Nord-America) (2).

i'l De Ione, Halle, 1868 e Tarticolo Io nel Lexikon del Röscher, v. II, col. 2G3 e seg. Cito anclie i De lus fabula capita selecta, Upsala, 1901, del Meilen che minor attinenza hanno con quel che posso osservare riguardo ai nostri fnimmenti.

(2) Non consento con Iloppin nel giudicave come affine all'altimo stile

FRAMMKNTI DI VASO ATTICO 101

II momento rappresentato nelle pitture dell'idriae dei fram- menti e il medosimo e ad ognuno sara palese la grande analogia che hanno tra di loro e l'Ermete dell'idria e quello del frammento. Ma la pittura del vaso annericano, coq la giusta spiegazione che ne ha dato Hoppin, ci aiuta a renderci facilmente esplicabili le particolaritä che ci appariscono e nel grande frammento e negli altri tre che indubbiamente appartengono al medesimo lato del vaso (n. 15, 4, 5).

Nella pittura dell' idria per Tara, per la colonna designante im edificio, per la presenza della rigura femminile con chiave in raano, cioe della sacerdotessa, si deve riconoscere che la uccisione del guardiano di Io e raffigurata nell'Heraion di Argo, nel sacrario stesso della dea a cui giä lo aveva servito e del cui geloso furore e stata crudelmente punita:

xX^ffots^ov "Hgag q>aai dwfit'awv note I(b yevtad-cn Tfj&' iv lipyeui %t)ovi,

(v. 291, 292 tlelle Supplici di Eschilo, ed. Weil).

Che pure nel magnifico vaso di cui i pochi frammenti sono riraasti fosse accennato il sacrario di Era, lo deduco dal frammento n. 3 (tav. III), ove a sinistra del resto di donna fnggente, e l'avanzo di un oggetto che ritengo essere una colonnetta con volute ioniche sor- montate da un tripode votivo. Simili colonnette con relativi tripodi si riscontrano di frequente su pitture di vasi e se anche talora si vuole ammettere che esse abbiano scopo puramente decorativo (cosi nel cratere di Bologna di Teseo ed Eracle, nel lato che rappre- senta Tiucontro di Teseo e di Posidone {Mon. d. Inst., supplemento, t. XXI) (*), si deve accordare che per la maggior parte dei casi

di Brigo quello di questa idria. Manca del tutto la impronta del focoso pen- nello di questo ceraraista e mancano pure i segni particolari ovvi nelle suc opere. Convengo nel ritenere la idria posteriore al 480.

(') I vasi ritenuti polignotei dal Robert riguardo alla loro composizione, su cui si veda recentemente il lavoro del Rizzo (Vasi greci della Sicilia in Mon. dei Lincei, v. XIV, p. 12) a cui apparterrebbe detto cratere bolognese, hanno appunto non raramente tali tripodi su colonnc. In essi tuttavia non consentirei a vedere con questo dotto (Rivista di filologia, 1902, pp. 488 e l!»2) un accenno alla presunta fönte delle pitture di cui essi vasi sono adorni, al ditirambo, ma vi vedrei un semplice motivo di decorazione per concorreiv a meglio rieinpire gli spazi vuoti tra le persone c gli oggetti posti a livello diverso.

102 p. DUCATI

si e voluto con questi tripodi su colonne denotare un luogo sacro. Cito tra questi vasi i frammenti di Halle col rapimento delle Leu- cippidi {Jahrb. d. Inst., 1886, t. 10, 2; Robert, Marathonschlacht, pp. 56 e 57, fr. 4) che, come avrö campo di accennare ancora, tanta affinitä stilistica presentano coi nostri frammenti e dove il tripode su ionica colonnetta serve a denotare il luogo sacro d'onde i Dio- scuri rapiscono le giovinette (1).

Era, la quäle nell' idria americana sarebbe, secondo Hoppin, la donna dietro Ermete con la testa ricoperta da cuffia e con atto di stupore, nel frammento di Pietroburgo n. 1 ci apparisce, a mio avviso, nella donna che non giä si accontenta di esprimere la propria meraviglia, ma che piü logicamente rispetto alla parte che essa dea ha nel mito, tenta di distogliere Ermete dal compiere la uccisione di Argo (2). Di piü la condizione di dea in questa figura, meglio che nell' idria ove non le e dato alcun attributo, mi pare cliiaramente indicata e dal diadema e dal ricamato vestito e dallo scettro tenuto nella mano sinistra.

E pertanto esisterebbe grande concordanza tra la pittura del- 1" idria e quella dei frammenti non solo pel momento rappresen- tato, che e il medesimo e che non e su alcun altro dei vasi del recente elenco dell' Engelmann, quello cioe in cui l'argicida sta snudando la spada; ma tale concordanza esisterebbe anche per la scelta del luogo, il santuario argivo, la direzione ed il movimento di Ermete, la presenza di Era.

Nuovo elemento estraneo agli altri vasi sarebbe nell' idria la sacerdotessa indicata come tale dalla chiave da lei tenuta in mano ; tale sacerdotessa sarei incline a riconoscere in uno dei nostri fram- menti, nel resto di figura fuggente nel piccolo frammento n. 3. Ma di piü nella pittura dell' idria sarebbe, secondo Hoppin, Zeus il

(') II tripode del frammento delle Leucippidi manca delle aste che uni- scono verso il basso fe tre gambe dell'utensile; e perö il tripode del fram- mento di Pietroburgo avrä avuto un aspetto assai simile a quello del tripode alato su cai siede Apollo nella idria del Vaticano (Mon. d. Inst., v. I, t. 46). Si cfr. anche il tripode sull'anfora a volute bolognese contemporanea ai fram- menti (Mon. d. Inst., v. X, t. 54).

(2) Era, spaventata per la uccisione di Argo con braccia alzate e su on'anfora a figure nere del Museo Britannico (Bril.JiJus. Calal., v. II, 13, 1GG, presso Overbeck, Gr. Kunstmyth., Alias, t. 7, 9).

FRAMMENTI DI VASO ATTICO 103

quäle, diversamente dal Zeus che seduto su sedia con aspetto e scettro degni del re degli dei, assiste alla morte di Argo su stamno di Vieuua (Ann. d. Inst, 1865, t. I, K), sarebbe trasformato in una di quelle solite figure di semplici mortali che, avvolte in man- tello e poggiate su bastone, s'incontrano cosi spesso sui vasi di stile severo.

Ad uno espediente artistico per compiere la decorazione pit- torica sulle spalle deH'idria e forse dovuta la intrusione di questa figura quasi pacifleamente astratta da ciö che accanto succede e che si puö denominare con eguale probabilitä o Zeus o Inaco, padre di Io. Ma pure nella pittura del vaso a noi arrivato in frammenti sono introdotti personaggi accessorii che minor o maggior rapporto hanno con la scena rappresentata in mezzo e che piü che altro servono a riempire il vasto lato del vaso. Due figure a destra della scena centrale sono barbute, una di esse e in modo ovvio ricono- scibile pel tridente per Posidone, divinitä che aveva rapporti con la terra argiva ('); l'altra per lo scettro e pel diadema e pel suo atteggiameuto nobile e dignitoso col quäle sta rivolta verso Posi- done come verso im eguale, puö essere identiücata per Zeus alla cui presenza si compirebbe l'atto da lui ordinato.

Dalla parte sinistra del lato di questo vaso Iride fini.a la composizione. Ma non Iride solamente, i frammenti nn. 4e 5 che ben si uniscono insieme mostrano la parte inferiore di due figure poste sopra il meandro: il movimento dei due piedi a sinistra ben si adatta al movimento delle gambe della figura alata e cosi concor- dano le pieghe del chitone, onde esso frammento potrebbe ben ri- connettersi col frammento n. 2 a destra della palmetta : ma di piü allato di questi due piedi ne sono altri due di altra persona che, pel loro atteggiameuto, chiaramente dimostrano di appartcnere ad una figura ferma e di fronte, forse ad Inaco. Pertanto non solo a destra, ma pure a sinistra sarebbe stato un gruppo di due figure spettatrici che avrebbero bene incorniciato con l'aspetto loro tranquillo la scena agitata di morte e di fuga posta nel mezzo.

(') E noto che nella contesa tra Era e Posidone pel possesso del paese argivo il fiumc Inaco, nominato con Cefiso ed Asterio a giudicc della contesa, deliberö in favore della dea e per tale ragione ebbe il sno lctto disscccalo nella stagione cakla da Posidone (Pausania, II, 15, 4; Pseudo-Apollodoro, II, 1, 4).'

104 P. DUCATI

In conclusione il lato piü bello di questo maguifico vaso sa- rebbo stato adorno delle seguenti figure: ai lati i due gruppi di Zeus e di Posidone, di Iride e forse d'Inaco, poi da destra verso si- nistra Era, Ermete, Argo (dietro Ermets ed Argo la vacca lo), la saccrdotessa fuggente, la colonnetta col tripode. A ricomporre in tal modo il lato nobile di questo vaso sarei indotto anche dalla grandezza dei personaggi egnale del tutto a quella delle figure sul- l'anfora con amazzonomachia da ßuvo (Furtwaengler e Reichhold, Griechische Vasenmalerei, t. 26-28) si da dedurre che essi frarn- menti, come accenuerö meglio piü sotto, abbiano appartenuto ad un vaso e della forma e della grandezza di questo celebre di Ruvo.

Piü piena di movimento sarebbe stata rappresentata la scena della morte di Argo su questo vaso che non nella idria americana. AI contrario di questa idria. che ritengo esempio d'intirizzimento di un indirizzo artistico giä glorioso ed ora nelle sue forme per dir cosi cristallizzato, il vaso cosi miseramente in parte distrutto doveva mostrare una composizione piü mossa e degna di un in- dirizzo nuovo di arte. Era, nulla perdendo della serenitä olimpica di dea, vuole trattenere Ermete nell' impeto omicida, mentre, vol- gendo il viso dalla scena di morte, fugge spaventata la mortale, la sacerdotessa.

Sorge legittimo il pensiero che queste figure principali siano state tolte da un monumento della grande arte pittorica contem- poranea ove da sole forse costituivano la intera composizione. Tra- sportate queste figure, certo non di sana pianta, ma con modificazioni da presupporsi, credo, sempre presso qualunque opera d'imitazione di artista greco, sia pure di sfera inferiore e mediocre (l) sul lato del vaso proporzionatamente troppo ampio, le si sono apposte come aggiunta, come cornice, si puö dire, quattro altre figure, che quasi

(') Prescindendo dalle esigenze della decorazione di superfici curve nci vasi per cui ben difficilmente si possono in esse trasportare tali e quali com- posizioni escogitate per grandi pareti o per quadri, ö inammissibilc la esi- stenza di esatte copie nel tanto fecondo secolo V. Ripcto le giuste parole di Häuser (Oesterr. Jahresh., 1905. p. 32): wenn der Unterschied zwischen Va- senbild und in Farben durchgeführtem Gemälde so gross ist wie zwischen Marmorcopie und chrysoelephantinem Original, so kommt im Gegensatz zu jenen römischen Copien bei unseren Nachbildungen aus dem fünften Jahrhun- dert noch das für die Vorstellung vom Original erschwerende Moment hinzu, dass die frühe Periode sclavische Copien noch nicht kennt.

FRAMMENtI DI VASO ATTICO 105

niuno altro scopo hanno che di concorrere con le altre pertinenti alla morte di Argo a decorare armonicamente un lato del graride e nobile vaso. Ed in appoggio a questo cito un esempio solo e tolto da un vaso che pur esso presenta analogie profonde di stile coi fram- menti. Quäle profunda attinenza hanno infatti sulla nota anfora di Bologna con la morte di Priauio (Mon. d. Inst., v. XI, t. 14) i due guerrieri rappresentati ciascuno allato brandendo l'asta?

La rappresentazione della morte di Argo comporta pochissimi personaggi e perö non puö essere trasportata su ampi vasi se non con l'aggiunta di vari elementi del tutto o quasi del tutto estranei.

Non si provö necessitä di queste aggiunte nella ceramica a figtire nere e nei vasi di dimensioni miuori a figure rosse (per es. stamno citato di Vienna, tondo giä Pizzati in Ar eh. Zeitg., 1847, t. 2, oinochoe di Napoli in Jahrb. d. Inst., 1903, t. II ed ora anche la kelebe deWAshmolean Museum in Journal of Hell. St., 1905, p. 65). Come si e notato, l'intrusione di elementi accessori si ha nella idria americana prima, nei frammenti di Pietroburgo poi. Ulteriori esempi della stessa scena della uccisione di Argo ampliata mediante l'aggiunta di altri personaggi ci sono dati e dal piü re- cente cratere assai noto di Ruvo (Mon. d. Inst., v. II, t. 59) e dalla tarda pittura apula assai restaurata su vaso viennese (Arch. Zeitg., 1873, t. 15) ove il grande numero di personaggi di fantasia ag- giunti ottenebra la visione netta del soggetto a cui la pittura allude : la domanda di Ermete ad Argo di liberare Io (').

(') Altro esempio bellissimo di adattamento mediante aggiunta di altre figure accessorie di una scena con contenuto relativo a pochi personaggi a grandi superfici di vasi ci e dato dal giudizio di Paride riprodotto attorno alle ampie pareti di idrie c crateri. L'elenco seguente di vasi ci fa vedere questo processo di adattamento dai primi tentativi sino al perfetto sciogli- mento del problema: la idria della collezione Spinelli (Roem. Jl/itth., 1887, t. 11, 12), 2a idria di Palermo (Gerhard, Apul. Vasenb., t. D. 1), 3a idria di Berlino (Gerhard, op. cit, t. C, 1), 4a idria di Carlsruhe (Furtwaengler e Reichhold, Gr. Vasen , t. 20), 5a cratere a campana di Vienna (Wiener Yorlefl., S. E, t. 11), Ga cratere a calice dell'Eremitaggio {C. R., Atlas. 1861, t. III, 1, 2). AI contrario del Von Dulin (Rom. Mitlh., 1887, p. 264), che per Pidria Spinelli asseri essere nella sua pittura riuniti due momenti della vita di Pa- ride, credo di vedere nell'aggiunta delle quattro rozze e trascurate figure at- torno alla scena del giudizio un complement'o decorativo per la IuOga fascia da decorarc con figure attorno all'idria. II pittore di questa idria Spinelli pel problema suddetto di adattamento non ha saputo trovare una giusta soluzione

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10G p. ducati

Di sopra ho usato la espressione di vacca Io. Ora e noto che l'Engelmann, seguito in ciö da Hoppin ('), e davviso che i mo- nnmenti rappresentanti questo personaggio sotto forma intierainente di animale debhano essere anteriori alla esecuzione del Prometeo

ed ha pertaato dovuto ricorrere a riempitivi che gli potevano essere forniti dal repertorio di figure note presso i ccramisti. Egli ha aggiaiito quattro figure, dne femminili e due maschili, delle quali uliime una ha il solito schema delle figure amm antäte, l'altra, in vista all'croe della scena, ha assunto an vestito Orientale. La stessa cosa si pnö ripetcre per l'altra idria di Palermo, ma qui il ceramista lia saputo dare una importanza piü che di semplice de- corazione alle figure del lato posteriore perche PEros e la Nike che tra di esse appariscono ben possono esprimere im legame un po' piü inümo coi pcr- sonaggi della scena principale. Nelle figure accessorie dell'idria berlinese, ove la composizione divcnta piü libera, piü pittoresca, si e voluto esprimere cliiaramente mediante attributi quäle genere di personaggi e stato riprodotto: alla scena del giudizio assistono Artemide ed un uomo barbuto (Zeus), Apollo e Ganimede (giovinetto troiano). Ma, e per la scelta di queste figure (all'in fuori, come si vedrä, di Zeus) e pel punto di vista artistico sul modo della uaione di questi personaggi con la scena del giudizio, la composizione della pittara del vaso berlinese mostra cliiaramente che non ancora si e raggiunta una soluzione del tutto dcfinitiva neiradattameuto della rappresentanza del giudizio di Paride sullc spalle di nn'idria. II problema e invece pienameute risolto nell'idria di Carlsrahe; la figura ammantata dell'idria Spinelli diventa proprio Z;us cd il carro di Elios sorge dietro nn'altara soprastante al luogo ove al livello diverso stanno i vari personaggi si da presentare un quadro del tutd> armonico e connesso in ogni sua parte. Nel cratere viennese v'ha di piti ; al Carro di Elios e conirapposta Selene che cala. Concepito con piü profondo pensiero mi pare infine.il giudizio di Paride nel cratere dell'Eremitaggio ove 1 1 scena e divisa in due piani. In terra avviene il giudizio coi personaggi che fin dalle piü antiche rappresentanze vi jtrendono parte e con le figure scguaci di Ebe e di Eros. Nel piano Celeste non piü Elios e Selene sono con- trapposti, ma tra due quadrighe condotte da Iride e da Nike, Temide ed Bride (la quäle ultima di nuzzo busto apparc minacciosa nell'idria di Carls: ruhe), incontratesi, giä sono in colloquio per cio che sotto succede, menlre Zeus dietro la quadriga di Temide in disparte, pur esteriormente essendo quasi un membro accessorio e trascurabile, tuttavia e qui riportato in atteg- giamcnto quäle si conviene ad un alto e vigile spettatore all'aTVonimento foriero di si infinita gaerra (si osservi la forte analogia coi principio delle Ciprie).

(') Ilopjiin aminette tuttavia che, essendo Parte conservatriee, una radi- cale introdazione di una ragazza in laogo di una bestia non poteva essere subito gencralmente accettata.

FRAMMKNTI DI VASO ATTICO 107

eschileo il quäle, trasportando sulla scena il personaggio di Io, avrebbü dato occasione a tralasciare il corpo bovino ed a trasfor- maro Io in una BovxeQaq naqü-aroq. II Prometeo adunque, presu- mibilmente negli anni tra il 471 ed il 468 (''), sarebbe stato di assai grave importanza per lo sviluppo della figura di Io nell'arte Hgurativa.

Uno stadio breve ed intermedio tra la forma intieramente bestiale e quella di donna cornuta per l'Engelinann e rappresen- tato in im luogo delle Supplici di Escbilo (2) e per l'arte figurativa dalla oinochoe di Boston dallo stesso Engelmaun riprodotta (Jahrb. d. last., 1903, p. 39, fig. 1) e di fabbrica apula.

Ora il nostro frammento mostra Io con corpo bestiale, ma purtroppo non ci e dato di sapere se sul vaso intiero tutta la figura fosse di vacca o se al corpo bestiale fosse adattato un capo umano. Ad ogni modo il detto frammento e una prova contro l'asserzione dell'Engelmann del pronto influsso del Prometeo nel- l'arte, perche, anticipo fin d'ora il mio giudizio cronologico, esso frammento appartiene ad im vaso che, secondo verosimiglianza, non puö risalire ad un'etä anteriore al 4(30 o al 465 al massimo.

Ma sono di avviso che nel vaso di cui sono parte i fram- menti di Pictroburgo Io fosso rappresentata con corpo del tutto bovino. Sopra ho notato come, nonostante un aspetto assai piü lodevole artisticamente, la pittura dei frammenti si unisca in modo stretto a quella dell'idria di stile severo. Chiaro mi pare il col- legamento per quello che riguarda la morte di Argo p:esso il valente ceramista dei frammenti con lo schema quäle ci e noto e dalla detta idria e, sebbene con varianti ed in direzione inversa, dalla oinochoe napoletana, dal tondo Pizzati, dalla kelebe di Oxford (3). Potrebbe solo ammettersi che il ceramista dei fram- menti avesse espresso in modo totalmente nuovo e diverso da vasi anteriori di dieci anni o poco piü la figura di lo, qnalora nel bre- vissimo spazio di tempo tra i vasi di stile severo teste citati ed i frammenti fosse avvenuto tale mutamento nella concezione di

(') Wilainowitz, Hermes XXI, 611, n.

(*) V. 568 e 569.

(3) Si potrebbe aggiungere ancbe lo siamiio viennese ove il gruppo di Ermete od Argo ricorda quello dei vasi citali, ma dove I" e per errore sotto forma di toro.

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essa figura nello svilnppo verso forme parzialmente umane da es- sere subito accolto dall'arte figurativa. Una prova di tale muta- mento vuol vedere l'Eugelmann nei versi delle Supplicl, versi che, secondo lo stesso dotfco, avrebbero avuto per fondamento l'analoga figura artistica di mostro mezzo bovino e mezzo nmano il quäle, aualogamente älla forma di Acheloo, sarebbe stato creato sotto influsso di forme dell'Orieute.

Ma ora e stato dimostrato da Alfredo Koerte (') che la ese- cuzione delle Supplicl deve cadere negli auni 481 e 480 in etä pertanto contemporauea ed auche anteriore ai vasi citati poche righe sopra, i quali tutti vappresentauo lo in forme totalmente bovine.

Si deve osservare inoltre che un passo solo, come nota A. Koerte, delle Supplicl ci da lo sotto la mostruosa forma mista, mentre costantemente in detta tragedia questo personaggio e considerato come vacca, ed e pertanto poco plausibile che im passo solo di una tragedia sia stato di cosi grave momento da inrluire sulla concezione artistica di un dato personaggio.

Per di piii il racconto nelle Supplici di ciö che succede ad lo nella valle del Nilo (v. 310 e seg.) concorda col parallelo rac- conto eschileo del Prometeo (v. 846 e seg.) : ora nella valle del Nilo appunto la dea Iside era veuerata con l'aspetto eguale del tutto a quello di lo sotto forma di donna cornuta (2), e giä per questo mi pare meno probabile in Egitto l'apparizione di lo con figura mostruosa mezzo bovina e mezzo umana, quäle rEngelmann vorrebbe vedere nei versi delle Supplici, che non quella umana cornuta.

E questo sarebbe comprovato da una testimoniauza monu- mentale, dalla pelike Spinelli (Engelmann, arfc. cit.. pp. 46 e 47, figg. 3 e 4) ove e appunto rappresentata la fine del lungo errare di lo nei momento in cui essa e toccata da Zeus ed e in aspetto di donna cornuta. Ora questa pelike Spinelli per lo stile dclla sua pittura non puö essere ritenuta posteriore, anzi si palesa

(') Die Entstehungszeit der Hiketiden des Aischylos, p. 289-300 delle Melanies Nieole. Debbo alla gentilezza <lel prof. Gustavo Koerte di essere stato informat" questo articolo o di arerlo potnto leggere.

(2) Erodoto, II, 41. Kpafo e poi identificato col buc Api presso lo t( so Erodoto (II, 153; III, 27, 28).

FRAMMENTI DI VASO ATTICO 109

eontemporanea ai. frammenti di. Pietroburgo che avrebbero serbato aucora la figura boviua di Io.

Eschilo ha contribuito col suo Promcleo a togliere questa disü'ordauza dolla figura di Io nei due momenti di sua vita, e l'aspetto di fanciulla cornigera applicato a questo personaggio resta fissato nella posteriore arte ügurativa anche quando esso e rappresentato sotto la custodia di Argo.

Ma si potrebbe obbiettare che la forma mista appare su im monumento, uella oinochoe apula del museo di Boston gia citata ove Io e rappreseutata sotto forma ambigua ('). Ma per la sua tesi l'Eugelmann e costretto a porre questa oinochoe in un'epoca piuttosto remota in un'etä anteriore al 471-468 (anni del Pro- meteo) ed a collocare accanto all' idria di Bryn Maiur Colleye, che, in seguito alle scoperte della macerie persiana dell'acropoli ateniese ed alle ricerche di Hartwig sulla ceramica di stile severo, non puö essere ritenuta di molto anteriore al 470, questa oinochoe che, pur essendo d' imitazione apula, palesa uuo stile tanto piü sviluppato di quelle dell' idria (2).

Naturalmente il pittore apulo della oinochoe era in ragione di dipendenza da un modello attico che si puö ammettere con- temporaneo o di poco posteriore ai vasi che ci danno l'intiera forma bovina di Io, e si deve forse al Capriccio di esso pittore o al desiderio di rendere piü chiaro per la sua clientela il soggetto della morte di Argo, la cui pluralitä di occhi non e riprodotta, e forse anche alla mancanza di gusto artistico, se ha voluto indi- care l'antica sacerdotessa di Era trasformata in giovenca con ag- giungere una testa femminile umana ad un corpo bovino.

La pittura del noto cratere ruvestino e stata posta anche assai di recente (3) in relazione con l'arte polignotea; il fatto invece che i

(1) Si potrebbe aggiungere, coine fu aggiunta dall'Engelmann, una ter- racotta siciliana di Cavlsruhe (Kekule, Terracotten von Sicilien, t. 1!'. 1 = Röscher, Lexikon, v. II, col. 279) ; ma il corpo bovino attaccato alla pro- tomo femminile cornuta e opera di an restauratore, il quäle tuttavia per l'Engelraann avrebbe restaurato bene. La eseeuzione di questa terracotta nun perraette poi di farla risalire ad epoca anteriore al 470 a. C; tutt'altro. essa e opera del IV secolo avanzato.

(2) Cosi noWArch. Anz , 1901, p. 167, n. 21 e stata ritenuta come imi tata da vaso attico della metä del V secolo.

(3) Eizzo, J/on. dei Lincei, v. XIV, p. 12. In altro suo scritto (Sludi

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frammeuti nostvi con Io con corpo bestiale appartengono circa al 460 a. C al tempo in cui, come e presumibile, fu specialmeute attivo il grande Polignoto, ritengo che faccia escludere totalmente la derivazione di esso cratere da im modello dell'arte polignotea. E ad accentuare vieppiü la distanza tra questo cratere ed i vasi a cui si collegano, corne si vedrä, i nostri frarnmenti. distanza che il Rizzo vuol restringere a solo poco piü di dieci anni (*) e destinata specialmente la seconda parte di questo mio articolo contenente osservazioni d'indole prettamente stilistica.

Debbo peraltro fare ruenzione di un ultimo vaso con la morte di Argo in cui si e mantenuto lo Schema e di Ermete e del nav- öiiii^ noto a noi dalla maggioranza dei vasi: cioe la kotyle del museo di Atene (2) (Engelmann art. cit., pp. 48 e 49, figg. 5 e 6) pertinente alla ceramica locale beotica (v. nota in appendice p. 138).

*

Sopra ho detto che le nobili fignre dei frarnmenti di Pietro- burgo hanno l'eguale altezza di quelle componenti l'amazzono- machia attorno il ventre della nota anfora a volnte del museo di Napoli (Furtwaengler e Reichhold, op. cit., t. 20-28), ed appunto ad una grandiosa anfora a volute gemella piü che ad un vaso di forma diversa sono convinto che essi frarnmenti dovevano appar-

archeologici sulla tragedia ed il äitirambo. nella Rivista di Filologia das- sica, 1902, p. 501) il Rizzo erroneamente, come notö rEngelmann, lia voluto sostcnere la derivazione della pittura ruvestina dal ditirambo, meiitre nel ditirambo di Bacchilide (XVIII. ed. Blass, v. 16) Io e chiainata XQva^(( ß(,t'S- (') Mon. dei Lincei, v. XIV, p. 49. II Rizzo per la cronologia dei vasi segue le vedute del Milchhoefer (Jahrb. d. Inst., 1894, Zur jüngeren attischen Vasenmalerei, pp. 57-82).

-) Qui manca la figura di Io ed invece sono un flautista ed un Sileno danzante. Di tale mancanza ha voluto vedere la ragione 1'Eugelmann nel fatto della dipendenza di questa pittura da un mftno, dipendenza rneramente ipote- tica c non avvalorata da alcuna ragione. Io non e rappresentata perche nel inimo, non essendovi nessuna necessitä di far parlare questo personaggio, essa aveva mantenuto la sua forma intieramente bovina! Cosi viene spiegata la mancanza di Io nella pittura di un tardo ed ignorante ceramista. Ed allora la mancanza di Io nella pittura arcaica della morte di Argo su pelike del LouVTfl [Mon. d. lnst.,v. II. t. 59, 5)?

FRAMMENTI DI VASO ATTICO 111

teuere (')• Ed allora a cMunque e im po' famigliare coi prodotti deH'indiisti'ia ceramica atfcica verrä fatto di porre i nostri fram- menti in uia serie nobilissima di anfore a voluto che, raccolte dal Robert (') e dal Furtwaengler (:!), fonnano nn gruppo in se omogeneo dovuto all'arte attica in im brevissimo periodo di tempo. Gli esempi uoti di questo gruppo credo pertanto opportuno racco- gliere :

1) Da Altamura, museo britannico, Brit. Mus. Cat., v. III, E, 4G9; sul collo: partcnza di Trittolemo ed incoronazione di an citaredo; sul venire: gigantomachia (Hoydemann, Giqantomachie auf einer Vase aus Alta- mura, 1881).

2) Da Gela, museo di Palermo, amazzonomachia (in parte edita presso Furtwaengler e Reichhold, op. cit., testo, S. I, pp. 125, 128-128, 132).

3) Da Ruvo, museo di Napoli, n. 2121 (Heydemann) ; sul collo: in- Seguimento di una giovine e lotta di Peleo e Tetide; sul venire: amazzo- nomachia (l'ultimo disegno e del Reichhold, op. cit., t. 26-28).

4) Da Bologna, museo tli Bologna; sul collo: centauromachia cd Eracle presso Folo; sul ventre: scene della Iliuperside {Mon. d. Inst., v XI, t. 14-15).

5) Da Bologna, museo di Bologna; sul collo: inseguimento di una giovane e sacririzio; sul venire: Elena e Menelao, Etra coi Tescidi e qua- driga con due gucrrieri (Mon, d. Inst., v. X. t. 54, 54a).

6) Da? Loa vre ; sul collo: partenza di Trittolemo e caccia ad una cerva; sul ventre: commiato di gucrrieri e combattimento. (Millingen, An- cient uned. mon., v. I, t. 20-24 .

7) Da Ruvo, Halle, frammenti che si riferiscono al rapimento delle Lcucippidi (Robert, Marathonschlacht, pp. 56-57).

Si deve poi aggiungere :

8) Da Bologna, museo di Bologna; sul collo: scena di simposio; sul ventre: amazzonomachia (Pellegrini, Di alcuni vasi con rapp. di Amazzoni.

(') II Pridik ini scrive che il diametro interno del vaso alle spalle mi- sura cm. 49,2, l'esterno cm. 50,6.

(2) Marathonschlacht, p. 55; Mon. dei Lincei, v. IX, p. 24.

(3) Testo alla Gr. Vas., S. I, p. 131 e seg. Rimando al testo del Furtwaengler (op. cit., S. II, p. 4) per le osservazioni riguardo al legame che uirsce, per cio che spetta a forme tettoniche del vaso, Fanfora delFamaz- zonomachia ruvestina, l'esempio piü chiaro di queste anfore, con le autece- denti Fran^ois ed aretina {Gr. Vas., t. 61, 62, attribuita a Smicro da Gaspar in Mon. et Mim. Piol, 1902, p. 28 e seg., a Smicro o ad Eufronio dal Furtwaengler) e con la posteriore anfora di Talos. E singolare poi osservare il modo coi quäle fu trattato BulFanfora aretina il tema deH'amazzonomachia tanto preferito nella ceramica attorno la metä del V secolo e non piü ap- plicato ad Eracle, ma a Teseo o ad Achille.

112 p- DUCATI

Atti e Memorie della Dep. di storia palria per le Romogve, S. III, v. XXI, t. 2) (»).

Ed invero lo stile dei nostii frammenti in modo cosi mani- festo presenta analogie vivissime ed innegabili con quello delle pitture dei vasi teste citati in nota che mi pare inutile insistere su questi faeili confronti tra i frammenti ed i vasi. II nostro Er- mete non pare forse una delle figure di Greci coinbattenti con petaso dell'anfora mvestina?

E la ligura di Era non fa sorgere impellente il confronto con quella di Elena su anfora bolognese? Si deve aggiungere che il Posidone dei frammento nell'attitudine sua e dei tutto eguale al- 1' Apollo sull'anfora bolognese con l'inseguimento di Elena.

Ma se si pongono questi frammenti di Pietroburgo nella serie delle aufore a volute, ad ognuuo apparira la grande importanza dei rinvenimento di frammenti, adorni secondo questo indirizzo di arte attiea, nella lontana Crimea, prova ulteriore dei giä iniziato commercio tra 1' Attiea e le regioni dei Bosforo ciinmerio, com- mercio che giunge a tanta importanza nel secolo IV (2).

(') Si potrebbe aggiungere ua'altra anfora la quäle tuttavia non palese- rebbe tutti i caratteri stilistici delle aufore suddette; e l'anfora a volute deWAshmolean Museum in Oxford, edita in Journal of Hell. St., 190!, t. I, e rappresentante ZEYZ, HEPME2, EniME&EYI, IUNJOPJ. Vi e la scritta di iiXxluaxog xa'Aög, sul quäle Alchimaco si v. Klein {Vasen mit Lieblings- namen, p. 105). Le orribili riproduzioni dell'anfora londinese con Aiace e Cassandra (Röchelte, Mon. inöd., v. I, t. 00 da cui Arch. Zeug., 1848, t. 14, 2 ed Overbeck, Her. Bildwerke, t. 27, n. 4) non sono base sicura, perche essa anfora sia posta col Furtwaengler nella suddetta serie. AI museo di Bologna, come provenienti da necropoli felsinee si notano altre aufore a volute appartenenti a questa serie; solo una di esse e edita da Zannoni {GH seavi della Certosa di Bologna, t. 135, figg. 1-6); ma, come per quasi tutti i monumenti pubblicati in quest'opera, la riproduzione colä offerta e senza valore aleuno. Essa anfora ci offre da an lato le tre divinitä apollinee in scena di libazione. Hi aggiungano le anfore con le seguenti scene: Achille che si arina alla presenza di Tetide, di sette Nereidi, di Nereo (Museo italiano, v. II, p. 37), Borea ed Orizia e sette donne faggenti da Eretteo (id., pp. 19, 20), centauromachia con episodio di Ceneo (id., p. 11), frammenti di Dioniso, di un uomo, di Sileni, di Menadi (id., pp. 39, -10, sei frammenti bellissiini riferibili con verosimiglianza alla scena di Efesto ricon- dotto all' Olinipo).

(2) Riguardo agli sbocchi principali dei commercio ceramico atlico in questo periodo si veda l'articolo citato dei Pellegrini, p. 7 e seg.

FRAMMENTI DI VASO ATTICO 113

Giä il Furtwaengler lia osservato conie non tutte le anfore di questa serie siano all'identico livello stilistico o perö cronolo- gico e per di piü e noto che accanto a queste anfore a volute altri vasi di altre forme sono stati posti dallo stesso Furtwaengler e dal Robert (').

Certo la piü antica opera di tutta la serie e, come ebbe a notare il Furtwaengler, quella che ci offre attorno al ventre la scena di gigantomachia; questa, per quanto si puö capire dalla riproduzione di Heydemann, quasi quasi si accosta ai vasi di stile severo, e basti a tal scopo osservare il rendimento delle barbe e dei capelli, il disegno dell'occhio, lo schematismo nelle pieghe dei vestiti. Maggiore omogeneitä presentano tra di loro le altre anfore si da ascriverle aila niedesinia fase artistica, sebbene qual- che differenza si possa percepire (2) e sebbene la singulare anfora edita dal Pellegrini con amazzonomachia, sulla cui importanza rimando alle giuste osservazioni di questo dotto, si palesi di di- segno piü recente della maggioranza delle altre anfore (3).

E noto che il Robort (4) pose tra lo stile severo e questo gruppo di anfore 1' opera dei due pittori di stamni, Errnonatte e Polignoto. Negando fin d'ora le grandi affinitä tra questi due ceramisti ed auzi giudicando le opere dei secondo piü recenti di quelle di Er- rnonatte non solo, ma di quelle della serie di anfore a volute, credo che all'incontro un'affinitä disegnatoria, tale da dedurne una identitä di cronologia, colleghi la gigantomachia di Altamura con le pitture di Errnonatte.

Lo stamno Faina di Orvieto (Arch. Ztg. 1878, t. 12) e la pelike .viennese con la stinge {Mon. d. Inst., v. VIII, t, 45) di questo ceramista palesano invero lo stesso stadio artistie.o del- l'anfora di Altamura, giä una cspressione della figura che, pur

(') Si vcda pure. Milchhoefer, Zur jüngeren attischen Vasenmalerei {Jahrb. d. Inst., 1894, p. 77, n. 44 e 45).

(2) II Furtwaengler avvicina 1' amazzonomachia geloa all'anfora con Iliuperside, quella ruvestina all'anfora con l'incontro di Menelao cd Elena e crede anteriori i due priini vasi agli altri due. Posteriori per nie sarebbero i frammenti di Pietroburgo che daterei pertanto verso il 450, e questo in base specialmente al disegno dell'occhio qui reso piü di profilo che nelle opere antecedenti.

(*) Pellegrini, op. cit., p. 25 e seg.

(4) Mon. dei Lincei, v. IX, Sopra i vasi di Polignoto.

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non essendo piü quella dei grandi pittori di tazze del periodo persiano, ha mantenuto ancora molto di essa. E la stessa espres- sioue che si puö scorgere in pitture di altri stainni che pertanto con probabilitä possono essere riferiti ad Ermonatte e cioe uno con nascita di Atena (') (a Londra, Gerhard, Auserl. Vasenb., t. 4), im secondo con Menadi contro Orfeo (Gerhard, op. eil, t. 156; si confrontino le Menadi con le donne fnggenti snllo stamno Faina), un terzo infine con lo stesso soggetto (al Louvre, Mon. d. last., v. IX. t. 30) (*).

Ma, se cronologicamente il vaso di Altamura e queste opere di Ermonatte stanno all'identico livello, noi vediamo che al primo sussegue il grnppo nobilissimo delle anfore a volute con caratteri tutti particolari, alle seconde invece col Furtwaengler si puö ac- cordare come sviluppo ulteriore il cratere del museo di Villa Giulia da Faleri con le ragazze che eseguiscono un nctqfrkviov (Gr. Va- senmalerei, t. 17, 18, testo. S. 1°, p. 81) con disegno che pa- lesa una mano diversa da quella degli autori di dette anfore, la mauo di im pittore che, pur essendo abile e coscienzioso nel ren- dere le figure umane, non mostra arditezza e vivacitä di motivi c di composizione, la mano infine di un pittore il cui carattere combina del tutto con quello a noi noto di Ermonatte. E perö le opere a noi note di questo ceramista, non tanto lontane da quelle di stile severo (:t), ammettendo che l'epoca dei grandi pittori di tazze si sia estesa per tutto il primo quarto del V secolo, ritengo

(') Giä dal Winter (Die jüngeren attischen Vasen, p. 23) avvicinato ad Ermonatte,

(*) Di poco anteriore a questi vasi sarebbe lo stamno di Würzburg (Arch. Ztg., 1883, t 12) con la morte di Ipparco, ove la figura di Armodio ben palesa di esserc inspirata dall'originale della statua napoletana (477 a. C). Lo stile vi e ancora severo e la testa di Armodio e simile a quella di Acbille sulla nota tazza policroma di Eufronio. Probabilmente questo stamno e di poco posteriore al 475.

(•'') Pel suo carattere conservatore delle forme e dei motivi l'opera di Ermonatte si puö collegare a quella antecedente di Duride definita dal Furt- waengler (Gr. Vas., testo, S. I, p. 111) con le parole: bei ihm (Duride) ist alles ordentlich und sauber; allein Geist, Feuer und Schwung fehlen ihm. Si confrontino le Nereidi dello stamno Faina con le Nereidi della tazza di Monaco (Gr. Vas., t. 21), i Tebani della pelike viennese con gli Acbei della tazza viennese (Gr. Vas., t. 54).

FRAMMENTI DI VASO ATTICO 115

che nei quindici anni appnnto prima del 460 circa (cratere di Faleti) debbano essere poste.

Quasi coutemporaneitä con l'anfora di Altamura mi pare che presenti la tazza monacense di Tityos (FurtwaeDgler e Reichhold, op. cit. , t. 55) che parecchio ancora ritiene dello stile severo ('); tuttavia le sue figure mostrano alla pari di quelle della gigan- tomachia citata un passaggio ad disegno meno schernatico. La tazza di Titj^os, segnende- il Furtwaengler (2), si colleglierebbe con una serie di tazze che dalla policroma berlinese della officina di Eufronio (Hartwig, Melslerschalen. t. 51-52), andrebbe fino a quella di Pentesileia di Monaco (Gr. Vas., t. 6) gruppo che si dovrebbe ad im solo artista, al maestro della tazza di Pentesileia, e che, in base al nome di rXavxo)v in aleune di queste tazze lodato, si dovrebbe porre nel decennio tra il 470 ed il 4(30.

Consento nella deterininazione cronologica di tutte le tazze citate dal Furtwaengler, rna non consento nel vedere in esse l'opera di un solo artista. Ed invero come si spiegherebbe in questo caso quell'assenza di nädoq laddove si richiederebbe che fosse espresso, cioe nei frammenti con la raorte di Orfeo (Journal of Hell. St., 1888, t. 6) (3) accanto a quolla viva espressione degli intimi sentimenti dell'auimo per cui sono veramente degne di essere am- mirate le tazze di Tityos e di Pentesileia?

Anello di congiunzione tra l'anfora di Altaraura con la tazza di Tityos e le due anfore con amazzonomachia di Napoli e di Pa- lermo ci rappresenterebbe la preziosa tazza di Pentesileia snl cui alto valore artistico non ho che da riraandare alle osservazioni del Furtwaeugler nel testo della sua pubblicazione. Dopo essa tazza, e ciö e sfuggito al Furtwaengler, non giä al Klein iu nn suo vecchio lavoro (4), si deve porre quella del Louvre con Aiace e Cas-

(') IIa antecedente della tazza di Tilyos e deH'anfora di Altamura nello stile severo dell'ultima fase sarebbe dato dal vaso di Berlino (Gerhard, Etr. und Kamp. Vasenb., t. VI, VII) col rapimento di Arianna da parte di Di<>niso.

(2) Testo alla Gr. Vas., S. I, p. 283 e seg.

(8) Questi frammenti ci offrirebbero un esempio dell'esaurimento dello stile severo, esaurimento manifestatoci e dalla kelebe di Villa Giulia con Iliuperside e da numerose kelebai di varia provenienza (si v. le mie Brevi osserv. sul ceramista attico Brigo, p. 64).

(4) Ann. d. Inst., 1877, pp. 216-267.

116 P. DUCATI

sandra (Ann. d. Inst., 1877, t. IV). Sebbene la pubblicazione di questa pittura non sia di certo esatta, pure essa rende sempre abbastanza manifesta la piena del sentimento che anima quelle (igure allo stesso modo di quelle della tazza di Pentesileia alla quäle credo che sia di qualche anuo posteriore.

Le tre tazze di cui ho fatto ora nienzione appartengono al gruppo di vasi da porre allo stesso livello stilistico della serie delle anfore a volute; di essi vasi faccio seguire iu nota l'elenco rnettendo accanto a ciascuno di essi i nomi dei dotti che hanuo riconosciuto la loro pertinenza alla fase della ceramica attica di cui qui faccio cenno (').

Ed a questi vasi ue aggiungo altri, senza tuttavia pretendere

(') 1. Stamno; da S. Agata de' Goti. Napoli. Eracle e Dessameno (uiii- maniente riprodotto nei Mon. dei Lincei, v. IX, p. 10, fig. 2 (Robert).

2. Frarnmenti di stamno; Berlino. Centauromacbia. Arch. Ztg., 1883, t. 17 (Milchhoefer, Robert, Fnrtwängler).

3. Cratere di Bologna. Museo di Bologna. Amazzonomacliia. Furtwängler e Reiclibold, op. cit., t. 75-76, (Pellegrini, Furtwängler).

4. Cratere; dall'Italia meridionale. Louvre. Monomachia di Achille e Memnone e Filottete ferito. Millingen-Reinach, Peintures des vases, t. 49-50 (Robert, Furtwängler).

5. Cratere; giä Campana. Eremitaggio. Quadriga corj due guerrieri ed un nemo, scena di libazione. C. R. Alias, 1874, t. 5, (Furtwängler).

6. Idria; da Capua. Museo britannico. (Brit. Mus. Cat., v. III, E, 170). Apollo iusegue una donna Mon. d. Inst ., v. IX, t. 28 (Milchhoefer, Robert).

7. Idria; da Capua, ove ? Ermete, Apollo, Arteniide, Latona. Mon. d. Inst., v. IX, t. 17, 1, (Robert).

8. Idria; da Capua. ove? Borea ed Orizia. Mon. d. Inst. v. IX, t. 17,2. (Rohert).

9. Tazza; da Vulci. Monaco. I. Apollo, Tityos, Gea. Furtwängler e Reichhold, op. cit., t. 55 (Furtwängler).

10. Tazza; da Vulci. Monaco. I. Achille e Pentesileia. Furtwängler e Reichhold, op. cit., t. 6 e t. 50, 1-3 (Furtwängler).

11. Lekythos; da Gela. Giä coli. Navarra in Terranova. Amazzone Benndorf, Griech. u. Sicil. Vasenb., t. 46, 2 (Furtwängler).

Eseludo da questo elenco l'anfura del Louvre con Apollo e Tityos, inessa giä qui dal Milchhoefer, non apparendo dalla sua riproduzione, certo ine- satta {Mon. d. Inst., 1856, t. 10,2) le particolaritä del nostro gruppo di vasi. La tazza di Tityos e certo il piü antico vaso della serie, dopo porrei lo stamno di S. Agata (n. 1), mentre tra i piü reeenti sarebbero da porre i frarnmenti con centauromaebia (n. 2), il cratere deirEreniitaggio (n. 5), la lekythos di Gela (n. 1 1).

FRAMMENTI U I VASO ATTICO 117

di riuseire a dare im elcnco compinto di tutto qnesto gi'iippo ccra- mico. dovendomi basare spesso su cattive riproduzioni (') :

1. Cratere, giä coli. Laval. Eremitaggio. Lolta di Dionisio cd an gi- gante, Monade c Sileno con armatura. G. R. Alias, 1807, t. 6.

2- Idria da Vulci. Inseguimcnto di Elena da j»artc di Menclao (2). Des Verges, VEtrwie et les Etrusques, t. 39.

3. Stamno da Gela. Ashmolean Museum. Tosco c Reco contro duc Amazzoni. Journal of Hell. Studies 1004, t. 8.

4. Stamno. Musco gregoriano. Duc greci contro un'Aniazzone. Gerhard, Aus. Vasenb., t. 16.

5. Anfora, da Capua. Musco Britannico (E. 280). Acliille e Pentesileia. i/o», d. Inst. v. X. t. 9. 1.

6. Pelike. Museo di Lecce. Polinice offre la collana dell'Armonia ad Erifile. Furtwänglcr e Reichhold, op. cit., t. 66.

7. Kelebc, giä Campana. Louvre. Centauromachia. Ann. d. Inst., 1860, t. 1.

8. Kelebe. Vienna. Centauromachia. Labnrde, Vases Lamberg, v. I, t. 36. La pittura e identica a quella pure su kelebe riprodotta presso Millingcn, Vases Coghill, t. 40 per la cui autenticitä S. Reinach (Repertoire, v. II, p. 14) esterna dei dubbi.

9. Lekythos, centauromachia, presso Millingen, Vases Coghill, t. 35, 2.

10. Coperchio di tazza, da Locri. Napoli. Peleo e Tetide, Mon. d. Inst. v. I, t. 37.

11. Tazza, giä Campana. Louvre, I. Aiace e Cassandra, Ann. d. Inst., 1877, t. N.

12. Frammento di anfora o di pelike. Nascita di Erittonio ed apertura della cista da parte dellc Cecropidi. Jahrb. d. Inst. 1896, pp. 189/190 (3).

(') Cosi e incerto il mio giudizio su questi vasi: stamno da Vuki, al- l'Eremitaggio col congedo di Amfiarao da Erifile (Mon. d. Inst., v. III, t. 54) idria del Louvre con la scena di Peleo che sorprende Telide (Mon. d. Inst. v. I, t. 7), idria di Palermo con Zeus e Semele (Arch. Ztg., 1870, t. 31, 1) cratere della coli, ßiscari a Catania con scena relativa a Perseo (Milliu- Reinach, Vases antiques, v. II, t. 3,4), una riprodnzione presso Tischbein, (Coli, of Engravings, v. IV, t. 41 = Reinacb, Repertoire, v. II, p. 330,1) di Ermete che afferra Ersc in modo da riprodurre esattamente la piltnra di una kelebe da Camarina (edita da Orsi in Mon. dei Lineei, v. XIV, t. 50).

(*) Come nella notissima brocca del Vaticano (Museo Gregoriano, v. II, t 5, 2) Menclao lascia cadere la spada e fra gli sposi e la dea Afrodite. Elena poi e una figura quasi eguale a quella dello stesso persouaggio sulTan- fora a volute bolognese, e comune a questi due vasi e la figura di Apollo.

(3) Tra questi dodici vasi il frammento sarebbe il piü antico e ]iiii re- cente di tutta la tazza n. 11. Affini, ma palcsanti an disegno sotto certi punti

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In tal modo ritengo che si debba alimentäre la serie di questi magnifici prodotti di ceramica, magnifici non solo per lo stile grandioso non scevro di tratti di arcaismo in cui le loro pifcturc sono espresse, ma anche per la bellezza delle forme tettoniche, degli ornamenti decorativi distribuiti con gnsto squisito snlle parti di ciascun vaso, della intera composizione delle pitture ottima- mente adattata alla superflcie da doversi adornare, della diligenza con cui sono rappresentati i miuimi e ricchi particolari.

Giä e nota la perfetta corrispondenza di stile, si da conclu- dere ad una contemporaneitä di esecuzione, tra le pitture di questi vasi e le sculture del tempio di Zeus ad Olimpia ('), ondo la considerazione di tale corrispondenza, unita alle altre riguardo allo sviluppo dello stile severo della pittura vascolare, iuduce a ritenere questo gruppo di vasi uscito da una o püi officine atti- che (2) negli anni 465 o poco piü in su ed il 450 circa.

un po' diver so sarobbero i dipinti di due kelebai bolognesi: uno con Eracle accolto in Olimpo {Mon. d. Inst., v. XI, t. 19), l'altro piü antico in cattivo modo edito presso Zannoni (Scavi della Cerlosa, t. 79, f. 3), con la mortc di Egisto.

(') II Curtias fa il priino a notare tale affinitä a proposito del fram- racnto di stamno con centauromachia (Arch. Ztg., 1883, p. 347).

(2) Non piü, coine nel periodo dulla ceramica di stile severo, si lianno forti ed indipendcnti individualitä come sarebbero i grandi pittovi di tazzc ; ma rari si fanno i nomi dei ceramisti le cui opere in realtä poco o nulla differiscono dalla maggioranza delle opere anonime. Ai gruppi cbe si pos- sono collcgare a vari e distinti ceramografi. succedono i gruppi di vnsi cse- gniti sccondo determinati indirizzi, indirizzi che, con le dovute trasforma- zioni di stile, si mantengono attraverso il secolo V. Ancora piü anonima diventa nel secolo saccessivo la produzione ceramica con aspetto maggior- mente uniforme. A questo processo di annullamento delle pcrsonalitä arti- Btiche si accompagna l'apparizione sempre piü frequente di opere lontane da quella dxqi^eva di cui belli e numerosi esempi ci offrono i ])ittori a figure nerc e i pittori di tazze. Cosi in un medesimo vaso, nella tazza di Pentesi- leia, accanto alla magnifica pittura deH'interno si lianno le figure dei lati csterni espresse in modo aegligente e tutt'altro che lodevole. E cosi accanto alle belle anfore a volute ed ai crateri a calice accurati nel discgno (in ta- lnni tuttavia appare la fretta nel comporre) si lianno altri vasi decoraü in modo del tutto trascnrato, kelebai e crateri a campana (noto alcuni usciti dalla necropoli di Camarina editi da P. Orsi in Mon. dei Lincei, v. XIV ed anche il cratere a campana edito dal Rizzo, Mon. dei Lincei, v. XIV, t. 4,

l'RAMMENTI DI VASO ATTICO 119

Anche qui, como negli stadii precedenti della pittura cera- mica attica, lo scopo principale delle figure rappresentate e quello di coprire il meglio armonicamente possibile le varie paiti del corpo del vaso ed a concorrere a raggiungere questo fine insieme coi puri ornati. Ed invero, pur mutaudo la forma prediletta della tazza nelle forme piii voluminöse, atte a raccogliere piü vaste composizioni, e ciö probabilmente perche si voleva mantenere il ricordo delle grandi pitture monumentali contemporanee, questa armonia tra forma tettonica e decorazione pittorica si e mante- nuta perfetta. Ed alla ragione di questo principio di armonia si debbono i mutamenli uelle figure di im medesimo vaso: cosi sul- l'anfora a volute accanto alle tozze figure attorno al collo sono le snelle figure della pittura principale attorno al ventre.

A Polignoto ed alla sua scuola si fa risalire con ragione il metodo d' introdurre nella pittura vari piani in cui sono poste le figure ; ora in questo gruppo di vasi e palese il tentativo di mu- tare, in ragione dell' influsso esercitato dalla pittura monumentale, ciö che sinora si era osservato nella pittura ceramica attica, la positura su una linea sola di tutti i personaggi. Questa introdu- zione timida da prima, frutto di prove ripetute, ci appare su al- cuni vasi, per esempio sui frammenti berlinesi di stamno con gi- gautomacliia, ed in modo non tanto ben riuscito nell'amazzono- machia dell'anfora a volute bolognese.

Ma l'espressione piü compiuta di questo adattamento del nuovo metodo di composizione ci e dato dal notissimo cratere di Orvieto del Louvre il quäle, sebbene anteriore all'anfora bolo- gnese con amazzonomachia, ci mostra in bei modo risolto il pro- blema (').

ivi giudicato a torto posteriore al cratere a calice da Camarina edito dallo stesso dotto). Le pitture sin qui da me menzionate, essendo espresse con di- segno accurato e presentando carattere imifurme tra di loro, possono esserc consideiate come coinposte contemporaneamente e condottc sccondo im daio iudirizzo, indirizzo clie, in relazionc alla contemporanea pittura di Polignoto denomino poligaoteo seguendo Tavviso di altri. Non cosi spiccatamente po- lignotea e invece l'altra classe di vasi mono numerosa, <piella dei crateri & zone di cui diede Telenco l'Hartwig (in queste Mitth., 1897, p. 102, n. 1).

(lj Mon. d. Inst., v. XI, t, 38-39. Dal Furtwängler e stato posto ac- cauto all'anfora ruvestina con ainazzouomacliia; tuttavia il carattere stilislico

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Anche in tal caso, come del resto in tutta la ceramica at- tica, si vede il solito sforzo di coordiDare il piü armonicamente possibile alla forma del vaso l'oniamento pittorico, ed in tal modo si vede la innovazione polignotea della grande pittura in- trodursi, adattarsi, assimilarsi al ramo minore dell'arte ceramica.

Inoltre i mezzi di quest'ultima erano assai limitati in con- fronto di quelli piü ricchi della pittura parietaria; qui si poteva far uso di policromia, la invece le figure erano lasciate in rosso su cui si delineavano i vari elementi di esse figure e solo in po- chissimi accessori accedevano come colori sussidiari o il bianco o il violetto. Cosi nella pittura parietaria si potevauo aggruppare insieme varie figure senza che ciö nuocesse alla chiarezza della rappresentazione, il che non poteva farsi se non con prudenza da parte dei ceramisti per tema d'incorrere in difetto di perspicuitä. Onde e che, pur essendo dipendenti questi vasi dell'arte polignotea per lo stile, pel modo di rappresentazione a livello diverso, pei motivi delle figure ed anche pel contenuto delle rappresentazioni, nondimeno questi elementi poliguotei sono stati adattati ed assi- milati dai ceramisti nei loro prodotti in modo cosi vario ed arti- stico che essi prodotti non debbono essere considerati come sem- plici imitazioni, ma come splendidi esempi di un ramo speciale dell'arte attica.

II metodo di composizione a livello diverso si pud osservare non solo nel citato cratere di Orvieto, ma in una serie di vasi che

della pittura ini pare un po' diverso da quello della serie suddetta di vasi. E noto poi che il Fürtwängler ed il Girard (Jl/on. grecs, 1895, p. 44) lianno posto in relazione con questo cratere la bella kelebe di Orfeo da Gcla ora a Berlino (Fürtwängler, Orpheus, attische Vase aus Gela) la quäle ritengp dipinta con disegno un po' piü progredito. Ed accanto a questi due vasi allri ne porrei che qiu menziono : 1. Stamno del Louvre con Filottete ferito (Mon. d. Inst., v. VI, t. 8). 2. Cratere a campana con Perseo, Andromeda. Atena (Arch. Ztg., 1852, t. 42). 3. Anfora, giä Pizzati con Eracle Ira Er- mete ed Atena (Gerhard, Auserl. Vasenh , t. 114). 4. Vaso da Girgenli, con la uccisione di Tityos {Ann. d. Inst., 1830, t. H). 5. Idria di Napoli (Arch. Ztg., 1845, t. 29. migliore pubblicazione e in Museo Borbonico,v. II, t. 29); ]>cr ciö che essa idria rappresenta sarei incline a seguirc il Pottier prcsso li'einach (Repertoire, v. I, p. 357) nel vedervi un frammento di un giudijsio di Paride. 6. Idria del Museo Britannico (E, 1G9) col inito di Andromeda (Fortwacngler e Reichhold, op. cit., t. 77).

FRAMMENTI DI VASO ATTICO 121

si e voluta riconnettere con l'arte poliguoteaC), serie in cui si e voluto porre pure il cratere di Ruvo con la morte di Argo c che si e giudicato audio reccntemcnte (2) non esscre tanto lontana pel tempo dell'altra serie di vasi di cui e ceuno nelle righe prece- denti.

Ed iuvero questa seconda serie di vasi creduti poliguotei, es- sendo nel diseguo meno fedeli traduttori dello stile della mega- lografia, rua serveudo nella composizione a far meglio comprendere le linee generali dei prodotti dell'arte di Polignoto, sarebbe lon- tana dalla prima della distanza di solo 10 o 15 anni e questo secondo il giudizio del Eizzo (')• AI contrario di questo dotto credo che questa seconda serie di vasi sia piü lontana cronologicamente della prima.

Sopra ho notato come per varie considerazioni si debba am- mettere che le anfore a volute ed i vasi affini da me citati non possano oltrepassare come limite di tempo in cifra tonda il 450, anno nel quäle io porrei la esecuzione delle piü recenti pitturc della serie. Tra di esse annovero 1'amazzonomacliia su anfora a vo- lute bolognese, amazzonomacliia che, essendo appunto un tema assai in voga nella pittura ceramica di questa etä, ci puö offrire, insieme con gli esempi a noi giunti dalla tazza di Pentesileia in poi, un gruppo di vasi di egual contenuto dipinti l'uno di seguito all'altro. Nel tempo stesso si puö notare come dopo la detta anfora a vo- lute bolognese il tema polignoteo dell'amazzonomachia venga espresso dai ceramisti non piü con quella esattezza di particolari e con quella diligenza di disegno che si ammirano nella tazza di Pen- tesileia e nelle due anfore di Gela e di Ruvo, ma con una certa fretta, col mero intento di raggiungere una bella composizione pit- torica senza scrupoloso ed esatto rendimento dei particolari e delle forme. All'anfora a volute bolognese succede il deinos giä Forman (Museo Britannico, Furtwaengler e Reichhold, op. cit., t. 58), che ben puö essere considerato come esempio di questo decadimento pittorico delle amazzonomachie polignotee e che d'altro lato pel

(') Uobert, Die Nekijia, p. 43; Die Mamthonschlacht. p. 72. {-) Rizzo, Vasi greci della Sicilia (Mon. d. Lincei. v. XIV), p. 12 p. 49.

(s) Art. cit., p. 49.

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122 P. DUCATI

suo stile piü sviluppato ben puö essere posto, come fu fatto dal Furtwaengler (l), verso il 440 (2).

Questa data del 440 mi serve come punto di partenza per porre con detto deinos in rapporto di cronologia altri vasi. Un con- fronto tra le figure del deinos e quelle della tazza di Codro mi convince nel dare a q liest' ultima e perciö a tutti i vasi che ad essa si collegano per identitä di stile (3), una etä un po' piü recente (4). Sebbene le tigure del deinos siano espresse con diseguo leggero e rapido e per questo lontano dalla diligente cura con cui sono con- dotte le figure della tazza di Codro, tuttavia nella nobiltä dei mo- tivi e dell' indirizzo pittorico comune ad ambedue i vasi vedo una quasi contemporaneitä di esecuzione. Ho aggiunto la parola quasi perche, ponendo accanto la riproduzione certamente esatta del deinos con quel poco che con esattezza e stato riprodotto fin ora della tazza di Codro (Jahrb. d. Inst., 1898, 1' interno a t. lVa, parte superiore di Medea a p. 70, d'Egeo a p. 71, di Aiace a p. 71) (5), vedo un profilo piü sviluppato sciolto dagli Ultimi legami dell'ar- caismo nella tazza di Codro ed un rendimento dell'occhio piü con- forme a veritä.

(«) Gr. Vas., testo, S. I, p. 294.

(2j Anteriori al deinos sarebbero lo stamnos del Louvre edito ncgli Ann. d. Inst., 1867, t. F, ed il cratere gia Luynes in Luynes, Vascs, t. 43, ove il disegno ö giä sciolto dalle convenzioni arcaiche ; non crcdo pertanto cbe abbia ragionc il Purtwaengler nel porre il cratere Luynes nella scrie di vasi di cni e ccnno nelle pagine addietro.

(s) Per vasi dipinti nello stile della tazza bologuese rimando all'articolo del Graef, Die Zeit der Kodrosschale (Jahrb. d. Inst., 1898, pp. 6Ge67). Tra i vasi qui citati giudico il piü antico la tazza dei Niobidi (Berichte der suchs. G eselisch., 1875, t. III), cbe ricorda ancora lo stile dei vasi polignotei.

(4) E noto cbe il Graef, csagcrando i risultati dell'articolo giä citato dal Milchhoefer, innalzö fin verso il 480, verso il periodo delle lazze di stile severo, la tazza di Codro. Con ragione questo dato cronologico fu oppngnato dal Robert [Man. d. Lincei, 1899, p. 1 e seg.) e con tagliente fräse del tntto respinto dal Furtwaengler (testo alla Gr. Vas., S. I, p. 30, n. 2). Ma i pit- tori di stamni (Ermonatte prima, Polignoto poi) ed i grandi vasi polignotei e lo stesso deinos giä Fonnan che mostrano il normale evolvcrsi di un'arte disegnatoria, debbono forse essere ammassati nel brevissimo intervallo veduto del Graef tra Brigo ed Eufronio ed il pittore della tazza di Codro ?

(5) Esistendo solo la veccbia riproduzione del Braun (Die Schale des Kodros, 1813), non e forse desiderabile una pubblicazione piü esatta di questo iraportante eimelio di arte greca?

FRAMMENTI DI VASO ATTICO 123

La tazza di Codro, su cui sono notni scritti nell'alfabeto non puramente euclideo con la forma ancora della f per rj, sarel)be po- steriore ancora, ma di pochissimo, aH'ariballo giä Sabouroff ora a Berlino con thiasos bacchico (Furtwaengler, Sammlung Sabouro/f, I, t. 55), e cotiteiuporanea invece al cratere di Bologna cou cousa- crazione di un tripode (Pellegrini, Calalogo dei vasi, coli. Palagi ed Universitaria, n. 286, fig. 35), che tuttavia appartengono ad im indirizzo di disegno diverso, indirizzo di miniatura che rag- ginnge il suo culmine nella idria di Midia (Furtwaengler e Reich- hold, op. cit., t. 8-9) e nelle due idrie fiorentine di Faone e di Adono (Milani, Mo)i. scelti di Firenze, fasc. I, t. 3 e 4).

Ma di piü il Robert (Mou. dei Lirice i, 1899, pp. 27, 28), ha colto le somiglianze tra le figure dei pittore di stamui Polignoto e figure di questo ciclo di pitture, chiamiamole cosi, di Codro. Pertanto non consento con lo stesso Robert nel volere avvicinare Polignoto ad Ermonatte, im ceramista prossimo allo stile nobile dei Partenone, per prendere i paragoni dalla scultura a noi nota, ad im ceramista ancora imbevuto deli'arte di Duride con uno stile ancor anteriore a quello delle sculture di Olimpia.

Dove si ridurrebbe, secondo il Robert, il creduto arcaismo di Polignoto? Per lo stamno londinese di Dessameno (Mon. dei Lincei, 1899, t. 3) al contorno tondeggiante di Eracle, ai delicati ricci di Eneo (e ciö e un contrassegno di arte arcaica?), alla tigura di Deianira che sembra una Nereide di Duride ridotta alla moderna (ma da una somiglianza di motivo si e forse costretti a dedurre una somiglianza di stile?).

Un confronto tra detto stamno e lo stamno da S. Agata dei Goti (riprodotto certo iuesattamente negli stessi Mon. dei Lincei, 1899, p. 19) mi pare che parli in favore di un'anterioritä dei se- condo stamno al primo (profilo di Eneo piu arcaico nello stamno napoletano, drappeggio di Eneo piii schematico). L'Eneo di Poli- gnoto si avvicina dei tutto ad una figura su stamno di Pietro- burgo con scena di partenza di un giovane (posto con ragioue dal Furtwaeuglor neH'etä periclea, si v. il testo alla Gr. Vas., p. 189, ove e riprodotto il vaso) (').

(') Kaffigarato dal Fuitwaengler per la quasi identitä con la pittura di altro stamno di Monaco (Gr. Vas., t. 35).

124 P. DUCATI

Giä lo sfcesso Fnrtwaengler, ammettendo che l'eta in cui do- vette principalmente lavorare Polignoto ceramista doveva essere la etä di Pericle, ha notato le analogie tra l'anfora londinese di Po- lignoto con scena di preparativi di un sacrifizio, piü antica {Mon. dei Lineei, 1899, t. 1), e lo stamno di Monaco con egual conte- nuto (Fnrtwaengler e Reichhold, op. cit., t. 19), al quäle il Furt- waengler ha dato come limite di esecuzione il decennio tra il 450 ed il 440 (p. 83 del testo, S. Ia alla Gr. Vas.) e che io, in vista specialmente della data proposta dallo stesso dotto pel deinos delle Amazzoni, porrei piuttosto verso il 440. In conclusione, come Er- monatte sarebbe il precursore della serie di vasi polignotei, Poli- gnoto ceramista sarebbe di poco anteriore ai vasi nello stile della tazza di Codro, e perö sarei incline neH'ammettere una contempo- raneitä tra alcuni prodotti di questo ceramista (forse lo stamno monacense e una delle sue opere piu recenti) ed il deinos delle Amazzoni.

Non credo pertanto di essere lontano dal vero nel porre la esecuzione della tazza di Codro e dei vasi che ne mostrano lo stesso stile (') attorno o poco dopo il 440. Con ciö combina la

(') Altro eollegamento della tazza di Codro e del suo gruppo di vasi con pitture anteriori vedrei in questo: su una tazza il cui interne- rappresen- tante due efebi fu edito da Hauser {Jahrb. d. Inst., 1890, p. 143, n. 40), e che appartiene alla collezione universitaria di Lipsia, e la scritta Ku'/.lins xaX6g. Lo Hauser noto la somiglianza con la tazza berlinesc della nascita di Erittonio (Mon. d. Inst., vol. X, t. 38), tazza che per tanti rapporii si col- lcga con quella di Codro a cui pertanto il vaso di Lipsia deve essere avvi- cinato. Ora lo stesso Callia e lodato sul cratere di Napoli inedito con scena di convito (Klein, Lieblingsnamen", p. 131), ma e lodato con un altro nome noto, quello di Eiaiwv, nome conosciuto appunto da alcuni vasi che, presen- tando una unitä di stile, palcsano ancora qualche piecolo resto di arcaismo e debbono essere posti pel tempo accanto e prima del deinos giä Forman ed essere ritenuti come post-polignotei pei legami che li avvicinano ancora :ii veri polignotei. Giä il Milchhoefer (art cit., p. 74, n. 11) ha notato lc rcla- zioni tra i vasi con Eialtou xukög ed i vasi precedenti. Specialmente il cra- tere a campana con la morte di Atteone {Mon. d. Inst., vol. XI, t. 12, 1, la) e la pelike con la libazione di un guerriero (Gerhard, Auserl. Vasmb., t. 150), si avvicinano ai vasi polignotei; piu il cratere ancora della pelike. Ad etä piü recente rimonterebbe invece la idria del Vaticano con Tamiri {Mon. d. Inst., vol. II, t. 23), con la quäle si possono aggruppare .alt ri due vasi con scena relativa allo stesso personaggio, cioc la idria di Napoli (Mon. d. Inst.,

KRAMMENTI DI VASO ATTICO 125

corrispondenza del tutto palese di stile che con le figure di questo grnppo di vasi (') presentano le figure del fregio fidiaco del Par- tenooe, la cui eseeuzione sarebbe appunto anteriore, ma di poco, al 438 a. C. ('-).

Manifestamente in etä piü recente mostrauo di essere stati esegniti i vasi creduti polignotei nella composizione; ma a raeglio determihare l'etä loro giova osservare che essi mostrano differenze stilistiche tra di loro si da non concludero ad nna perfetta con- temporaneitä.

In ima nota precedente ho citato alcuni vasi con la scena di gindizio di Paride che apparterrebbero appunto al grnppo ceramico in questione e li ho citati secondo il grado di sviluppo che presso di essi manifesta la composizione di questa scena, sviluppo di com- posizione al qnale corrisponde, a mio avviso, uno sviluppo di stile. Cito pertanto di nuovo gli stessi vasi nell'ordine che a rae pare esatto rispetto alla cronoTogia da etä meno a piü recente,

Quattro idrie : la prima della coli. Spinelli (in questo MitL, 1887, t. 11, 12), la seconda di Palermo (Gerhard, Apulische Va- senbüder, t. D, 1), la terza di Berlino (Gerhard, op. cit, t. G, 1), la quarta di Carlsruhe (Fnrtwaengler e Reichhold, op. cit., t. 30). Un cratere a calice da Jouz-Oba, all'Eremitaggio (C. R. Atlas, 1861, t. III, 1, 2, l'altro lato del cratere, t. IX, ha la nota scena dell' incontro amichevole di Apollo e Dioniso a Delfi). Un cratere a campana di Vienna al Kansthistor Ische Hofmuseum ( Wiener Vorleg., S. E. t. 11, sull'altro lato del cratere sono varie divi- nitä).

Manifeste assai sono le somiglianze che tra di loro presentano le idrie Spinelli e di Palermo, tali che credo superfluo insistervi

v. VIII, t. 43, 2), e la idria di Oxford {Journal of Hell. St., 1905, t. 1), che ci mostra la rovina di Tamiri giä reso cieco.

•(') Un'opera assai simile a quelle del grappo della tazza di Codro, ma di etä piü recente, ci e data dalla tazza madrilena con la firma di Aison, adorna degli u&Xcc di Teseo {Ant. Denkm., vol. II. t. 1); il Bethe nella breve notizia con cui ne accompagnö la pubblicazione notö le analogie di questa tazza con quella londinese di egual contenuto {Journal of Hell. St., vol. II, t. 10), la quäle rientra nel gruppo della tazza di Codro (si cfr. specialmente coi lati esicrni della tazza Lerlincse di Egeo edita in Gerhard, Auserl. Vasenb., t. 327-328).

(2) Fnrtwaengler, Meisterwerke, p. 73.

126 P. DUCATI

sopra. Alla stessa fabbrica se non alla stessa mano si debbono ascrivere i due vasi e pure a questa medesima fabbrica appartcr- rebbe l'idria berlinese (!). Giä il Furtwaengler (2) ba cliiaramente osservato ed esposto le ragioni per cui, pur ammettendo le analogie manifeste dell'idria di Carlsrube con l'idria di Midia, non e pro- penso a credere che la mano di questo ceramista si sia acciuta a riprodurre qui la scena del giudizio di Paride. Lo stesso dotto ha notato la inabilitä nel rendere i volti quasi di tre quarti di pro- spetto in questa dipinto. L'autore di questa idria non si e accinto ad espriraere volti di quasi pieno prospetto in uno Schema frequente piuttosto nella ceramica anteriore e nella cui esprcssione egli, pit- tore altrimenti cosi abile, non poteva incontrare gravi difficoltä, ma ha voluto rendere essi volti in modo che di metä di essi grandissima parte rimanesse nascosta. Ma ciö che non e riu- scito all'autore dell'idria di Carlsruhe era giä stato raggiunto dagli autori dell'anfora di Talos (Furtwaengler e Reichold, op. cit., t. 38-39) e del cratere falisco di Villa Giulia (Furtwaengler e Reichhold, op. cit., t. 20) (3) Ed invero contemporanea a questo cratere giudicherei la bella idria di Carlsruhe, ai quali due vasi pure comune sarebbe l'aspetto nobile e per nulla agitato delle tigure veramente olimpiche.

Perfetta analogia di stile presenterebbero invece con 1' idria berlinese un'altra idria pure come quella ritrovata a Vulci e che e nella raccolta di vasi a Berlino ed un'anfora a volute da Ruvo della collezione Iatta. La seconda idria vulcente e quella

(') Ermete e quivi discostato da Paride che e posto a livello piü alto; l'Atena ha lo stesso atteggiamento della dea snll' idria di Suessula, solo l'elmo e il corinzio, ma l'egida ha l'ornato peculiare a scacchi, ornato che si osserva pure neH'egida del cratere di Villa Giulia con Tapoteosi di Eracle (Furtwaengler e Eeichhold, op. cit., t. 20), il quäle vaso credo tuttavia po- steriore.

(2) Testo alla Gr. Vas., S. I, p. 143.

(3) Allato di questo cratere ne porrei un altro come uscito contempo- raneamente dalla stessa fabbrica, se non dalla stessa mano, uno cioe di Chiusi adorno di scene di saghe puramente attiche, la consegna del piccolo Erittonio da <iea ad Atena (Mon. cl. Inst., v. III, t. 30), rinseguimento di Cefalo da parte di Eos. Nella vecchia riproduzione, certo indcgna deH'originale, noto la piecola figura di Nike volante e la ricchezza non barocca dell1 inep^vrrjq (per questo nome si v. Hauser in Oesterr. Jahresh., 1905, p. 33) di Cecrope.

FKAMMENTI DI VASO ATTICO 127

adorna della lutta tra Cadmo ed il dragone (Gerbard, Etrusk. u. Camp. Vasenb., t. G. 3, fotografia del vaso in Mon. dei Lincei, v. XIV, t. 3), l'anfora a voluto ha da im lato la gara tra Marsia ed Apollo (Mon. d. Ist., v. VIII, t. 42), dall'altro Dioniso ed il suo seguito (Heydemaan, Satyr- und Bacchennamen, 1880). Sebbune le riproduzioni delle due idrie berlinesi e dell'anfora di Ruvo non diano, come pare, con la massima esattezza gli originali, tuttavia la identitä del modo col quäle sono trattate le figure in questi tre vasi e cosi manifesta che ritengo superflua ogni parola a difesa di questo aggruppamento giä da altri riconosciuto (1).

Non nego la identitä d'indirizzo sia per disegno che per mo- tivi identici ed analoga composizione per questi tre vasi e pei crateri di Bologna (2) e di Camarina il quäle ultimo ci e noto dalla recente sua pubblicazione nei Mon. del Lincei (3), ma, e appunto la ri- prodnzione, certo esatta, di quest' ultimo vaso e la visione del cratere bolognese mi hanno persuaso a credere che, mentre nelle due idrie berlinesi e nell' anfora di Ruvo si hanno nobili e sobrie figure con- dotte con uno stile del tutto diligente, in questi due ultimi vasi si ha un decadimento di stile, una trascuranza palese.

I profili dei volti non sono sempre condotti secondo un mede- simo schema, con negligenza sono trattati vari accessori, vi si vede

(0 Si noti nelle pitture di questi tre vasi, la figura di Atena quasi simile per ogni dipinto con l'elmo corinzio e con lunga treccia che cade sulla uuca.

(2) Mon. d. fast., supp. t. 21 e 22. Enoto di quante controversie sia stato og- getto il lato di questo cratere con la rapp. di Teseo ricevuto come figlio da Posi- done. Cito la bibliografia: Klein (Euphronios 2, p. 186 e seg.), Ghirardini (Museo ital,, v. III, pp. 1-40), Robert e Furtwaengler (Arch. Am., 1889. p. 141), Iatta (Not. degli scavi, 1893, p. 241), Ghirardini (Rend. Acc. d. Lincei, 1895, pp. 86-99), Robert (Marathonschlacht, p. 50), Schreiber (Wandbilder des Polygnotos, p. 132 e seg.), Robert per la terza volta (Theseus und Meleagros bei Bakchylides: Hermes, vol. XXXIII, 1898, p. 130), Sauer (Das sogennante Theseion, p. 75), Svoronos (Jounal d' 'Arch. nun. 1901, p. 454). Mi associo, senza perdermi in discussione sulle" altre opinioni che mi fuorvierebbero d'assai, alle idee del Ghirardini di vedere rappresentato nel vaso bolognese non il fondo del mare, ma un luogo roccioso vicino alle acque e sono con- trario al Robert negando ogni rapporto da lui veduto con la pittura di Micone nel Theseion ateniese (Pausania, I, 17, 2) e col peana Jbacchilideo fn. XVII della edizione del Blass).

(3) All'abbandono di Arianna da parte di Teseo su di un lato corri- sponde sull'altro la gara tra Marsia ed Apollo.

128 P- DUCATI

inline il lavoro di un routinienpiu che qnello di im vero artista. Alla maneanza di axqißsia nel disegno si aceompagna una com- posizione non sempre lodevole. Nella sceiia di Teseo presso Posi- done conie riscontro alle principali figure dell'eroe e del Tri tone, alla prora della nave, all'elemento non del tutto secondario della quadriga di Elios, sono state poste due figure di Nereidi all'avve- nimento superflue e di cui una, quelle che suona il tamburello, del tutto estranea per la sua azione, e stuechevolmente riprodotta su altri vasi (1).

Se questi due crateri rni sembrano esempi del decadimento di un indirizzo al quäle si debbono le idrie giä sopra notate col giudizio di Paride, non ritengo d'altra parte lontana da essi pel tempo la esecuzione dell' idria di Midia. 11 Teseo nel cratere di Siracusa, piü recente forse del bolognese, arieggia, sia nell'atteg- giamento che nel trattamento le figure di giovinetti presso Midia, per esempio, mutato lo Spielbein dalla gamba sinistra alla destra, il Deinofoonte nella zona di figure dell'idria londinese. Ma in questa idria si ha un'opera yeramente artistica ove l'indirizzo miniatu- ristico assurge appunto alla cima sua piü alta per poi ben presto cadere nel convenzionale e nel manierato di cui le tracce appa- riscono nel cratere palerinitano di Faone da porre col Furtwaengler giä aU'inizio del secolo IV (Furtwaengler e Reichhold, op. cit. t. 59, testo, S. Ia, p. 296 e seg.) ; nei crateri invece di Bologna e di Si- racusa contemporanei o quasi si hanno giä gli esempi di decadimento di un altro indirizzo in cui e le figure ed il contenuto dei dipiuti lianuo qualche cosa di piü alto e di piü eroico. Nella sua idria il pennello di Midia si Sforza di rendere le forme che vuole esprimere secondo il meglio che puö fare e che vuole raggiungere ; il cera- mista o i ceramisti anonimi dei due crateri con imprese di Teseo giovinetto, causa l'abitudine contratta nel dipingere secondo altre tendenze piü antiche, dipingono in fretta e non producono pertanto vere opere artistiche.

Crederei pertanto giusto assegnare come data di esecuzione pei- le due idrie berlinesi e per l'anfora ruvestina gli anni primi dol-

(') Xotu per di piü che l'Atena nella gara di Marsia ed Apollo ha l'egida a scacchi nota a noi dallo rappresentanze del giudizio di Paride; ma qui la La sembra piü Parma terribile della dea, ma an giubbetto femminile

FRAMMENTI DI VASO ATTICO 129

l'ultimo quarfco del V secolo (') e di credere posteriori di almeno dieci auni i due crateri bolognese e siraeusano, le quali date ri- tengo di poter convalidare mediante altre osservazioni.

Piü sopra ho citato due pitture del giadizio di Paride su due crateri, uno di Vienna, l'altro dell'Eremitaggio. II primo, che ha traccia di dorature negli accessori, sarebbo da ritenere come uno svilnppo ulteriore dello stile quäle ci e presentato dall'idria di Carlsruhe. Tuttavia nelle figure appare uua schematizzazione piü spinta assai (Atena da un lato ed Afrodite dall'altro hanno l'ovvio Schema di tenere una gamba sollevata su altura) ed un segno di etä relativarnente recente vedrei auche nella figura di Afrodite (giudizio di Paride), aualogamente alla Io del cratere ruvestino, giä denudata fino alla cintura. E per questo crederei contemporanei i dne crateri di Ruvo e di Vienna che sarebbero giä del IV secolo e ad essi aggiungerei per le sue analogie fortissime un cratere a campaua da Creta esistente nel museo di Atene (2).

Sebbene la composizione della scena del giudizio di Paride sul cratere a calice dell'Eremitaggio presenti un grado di svilnppo ulteriore rispetto al cratere viennese, sono tuttavia incline a cre- dere il primo cratere anteriore a quest' ultimo. Contemporaneitä presenterebbe a mio avviso il vaso di Pietroburgo con l'idria di

(') Con ciö combinerebbe anche 1' uso dell'alfabeto puraraente iouico.

(") II lato principale e edito nella 'Eqpißti. uo/. , 1886, t. 1 e rappresenta da sinistra verso destra Artemide, Marsia aulete, una piccola Nike volante verso Atena, Apollo; nel lato inedito sono un Sileno e due Menadi. Lo stile nella pittura di questo cratere si appalesa meno diligente e con tendenza vieppiü spiccata ad uno schematismo indizio di decadimento e di lavoro di un artigiano che segue la cieca pratica. Cosi quella irregolaritä nel rendi- racnto dei profili delle figure, irregolaritä che ho giä osservato a proposito dei crateri di Bologna e di Siracusa, si manifesta anche in questo cratere. la quäle cosa ho avuto campo di poter osservare nell' originale al museo di Atene. La piccola Nike volante con vestito a pieghe del tutto stilizzato fa venire alla mente le piecole figure di Nike dei crateri di Chiusi e di Villa Giulia. Ma quäle inferioritä pel piü recente cratere di Creta! E curioso che come avversaria del Sileno Marsia e posta Atena verso cui vola la Nike por- tando la benda simbolo di vittoria, mentre al dio Apollo e riserbato un posto accessorio e secondario del tutto come pendant ad Artemide. Lo stesso sna- turamento del mito si puö notare nelle kelebe del museo brittannico (/•.'</■>,//. "Qu-, 18S6, p. 5) che ci si presenta come uno sviluppo ulteriore verso un convenzionalismo piü banale.

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Midia; comuni ai dipinti sono parecchi particolari dei vestiti, si- mile al cocchio deH'auriga Crisippo si mostra quello d'Iride nella posa g nel rendimento dei cavalli. Analoglii poi per stile al detto cratere dell'Eremitaggio sono altri due vasi della stessa collezione, la idria di Taman con Cadtno incoraggiato da Atene contro il dra- gone (') ed il frammento col mito singulare della punizione di Iasios (2).

Cito in in appendice (p. 140) altri esempi a me noti di pitture vasculari condotte secondo questo indirizzo stilistico e che, giä im- pregnate di un convenzionalismo e di una negligenza maggiore, rno- strano di appartenere alla languente cerarnica attica dei IV secolo.

Da altre considerazioni sono indotto a porre i vasi attribniti ultimamente dal Rizzo agli anni subito dopo la metä dei V secolo ad etä piü recente. La prima di queste considerazioni mi e sug- srerita dal fatto che uno dei vasi teste citati, e che sarebbe tra i piü recenti di quelli adorni col giudizio di Paride, cioe il bei cratere dell'Eremitaggio, proviene dal tumiüo di Jouz-Oba in Cri- mea, tumulo la cui esplorazione ha procurato una bella serie di vasi edita nel Compte Rendu.

II Milchhoefer (3), basandosi specialmente sulla magniiica gemma di Dessameno trovata iu una tomba di detto tumulo, giä posta dal Furtwaengler (4) nel V secolo, ascrisse tutto il materiale ceramico rinvenuto in questo tumulo a detto secolo. Prescindendo da Offni altra osservazione di stile dei vasi, il fatto solo dei rin- venimento di una gemma di Dessameno insieme a prodotti cera- mici non sarebbe ragione sufficiente per porre questi Ultimi vicini di tempo ad essa. Ed invero dallo stesso tumulo di Jouz-Oba e

(') C. R., Altas, 1860, t. V, 1, 2. Segao La opinione dei Crusius (Röscher, Lexikon, art. Kadrnos) in vista alle analogie di comnosizione con la idria di Berlino di egual contenuto.

(9) Strena Helbigiana, 1900, p. 161 (Kieseritzky, Iasios, pp. 160-163, da la spiegazione dei frammento che b veramente un unicum e ne afferma rafQnitä col cratere di Jouz-Oba).

(3j Art. cit., n. 52.

(Jj Jahrb. d. Inst., 1888, p. 200. E edita questa gemma, rappresentante un airmi'' rolante nell'opera dello stesso Furtwaengler {Die antiken Gemmen, Tafelland, t. XIV, 4). Su Dessameno e sulle sue opere si veda pure il testo dei Furtwaengler nella stessa opera, v. III, p. 137. L\cxf*rj di questo artista sarebbe appnnto rappresentata da questa gemma ed andrebbe dal 430 al 420.

FRAMMENTI DI VASO ATTICO 131

uscita anche una pietra co:i una Gorgono di tipo jonico {Antike Gemmen, t. VIII, 52) innegabilmente anteriore e di non pochi anni non solo ai vasi rinvenuti, ma alla stessa gemma di Dessa- meno. Qaest' ultima pertauto insieme con l'altra piü antiea come oggetti preziosi ed autichi furono deposte nelle tombe in cui al momento della sopoltura dovettero essere pure collocati i vasi che, per essere di materia esposta facilmente a guasti, non potevano essere stati fabbricati in epoca molto anteriore a quella del sep- pellimento.

Ora questi prodotti ceramici noti a noi dalle riproduzioni del Compte Rendu ci si mostrano come anelli di una catena nello svi- luppo dell'arte ceramica attraverso la fine del V secolo e grande parte del successivo ('). II piü antico e certo il cratere suddetto col giudizio di Pari de al quäle si collegherebbe il coperchio di tazza con la consegna di Dioniso bambino a una Menade (C. R., Atlas, 1861, t. 2) dipinto che, presentando analogie con quello su vaso napoletano con personaggi del dramma satirico (Mon. d. Inst., v. III, t. 31) pud benissimo essere posto agli albori del IV sec. La idria con Elena e Paride e con tante figure accessorie e di mero scopo decorativo e 1'ariballo col rapimento di Elena, dipinti riprodotti nella tav. V dell'atlante del C. R. per l'anno 1861, formerebbero insieme con un'idria di Berlino {Jahrb. d. Inst., 1889, p. 208, Afrodite su di una capra (2)) il passaggio ad una serie di vasi del sec. IV in cui si ha un breve rinascimento doll'in- tirizzita arte ceramica, rinascimento su cui e merito del Furtwaen- gler aver rivolto l'attenzione ed aver espresso giuste osservazioni (3). A questa serie appartengono tre vasi usciti da Jouz-Oba e certo non tra i peggiori : il coperchio di tazza con scena allusiva ad

(') La esecuzione della maggior parte di questi vasi importati in Crimca cadrebbe appunto nel periodo di maggior impulso ateniese sotto il re bosfo- rano Leucone (393-353).

(2) Tale e l'animale cavalcato dalla dea, come nota il Furtwaengk-r nel suo articolo: Aphrodite Pandemos als Lichtgöttin {Sitzungs berichte deröayrr. Akad., 1899, v. II).

(3) Testo alla Gr. Vas., alle t. 40, G8, 69. 70. AI Furtwaengler fa se- guito lo Hauser (Oesterr Jahresh., 1903, p. 94) che istittu confronli con rilievi neo-attici. E noto che il punto di partenza ])er determinazioni cruno- logiche di questo gruppo di vasi fu dato al Furtwaengler dall'idria di Ales- sandria (Gr. Vas., t. 40) che ci da una tra le piü stilizzate pitture del gruppo.

■J32 P- DUCA.TI

uno sposalizio {Gr. Vas., t. 68), im secondo coperchio di tazza con varie donne in vari momenti di toilette (C. R., Alias, 1861, t. 1) e la pelike con la scena, secondo il Furtwaengleu, che segne lo Sfcrtibe ('), del consulto di Zeus con Temide e divinitä per la guerra di Troia {Gr. Vas., t. 69). A questi vasi si aggiunga infine, conio proveniente da Jonz-Oba, nna pelike con figure di Nereidi sn ippocampi {CR-, titolo del testo per l'anno 1863) che rientra nel crenere delle rappresentazioni marine che adornano piatti per pesci, e sn cni giä trattö lo Stephani (2) e sn cui ha richiamato recen- tamente l'attenzione il Watzinger (3).

E da questa ennmerazione credo che ben apparirä chiaro il carattere omogeneo della serie di vasi usciti da Jonz-Oba si da dednrre nna data non molto lontana dalla fine del qninto secolo pel cratere del gindizio di Paride e consegnentemente per tntti gli altri vasi di diverse provenienze che con esso cratere formano ornppo per analogie di stile.

Un'altra considerazione mi viene offerta dal confronto di questi dipinti vasculari con la pittnra di im vaso che credo di poter datare con snfficiente probabilitä. Intendo parlare dell'anfora a volnte ritrovata nelle vicinanze di Bologna ed osistente al mnseo di questa cittä, anfora che reca attorno al suo corpo im epi- sodio largamente rappresentato sni prodotti della ceramica at- tica, il ritorno di Efesto all'Olimpo {Antike Denkmaeler, v. I,

t. 36) (*).

üu pimto di attacco che tende a dimostrare pur esso la vici- nanza cronologica di questa anfora a volnte e di quella notissima con ravventnra di Talos e dato dalle rappresentazioni snl collo

(») Bilderkreis von Eleusis, p. 86, si v. anclie Klein {Jahrb. d. Inst.,

1894, p. 251 e seg.)

("-) C. R-, 187G, }). 164 e seg, si v. i frammenti a t. V {Atlas, 1876)

nn. 4-15.

(3) Ath. Mitth., 1901, p. 51.

{*) Solo nel vaso Francis riappare Era seduta in trono come nel vaso bolognese. Nella lacuna di questo vaso tra Efesto ed Era dobbiamo iraraa- ginarci, come si vede nel vaso Frai^ois, Afrodite, la figura di colei che, c ime premio, servirä a persuadere Efesto a liberare la madre ? Sotto Efesto e conservata la parte inferiore di una donna ed accanto ad Era e un'altra figura femminile; ma gli avanzi di tirsi posti accanto dissuadono dal vedere in una delle due figure la dea Afrodite.

FRAMMENTJ DI VASO ATTICO 133

dell'anfora ruvestina (l) ehe rientrano nel ciclo dionisiaco con mo- tivi che sono riprodotti con maggiore o minore varietä presso Si- leni e Menadi di altri vasi. II motivo della prima danzatrice sulla fascia del collo dell'anfora con la testa rovesciata all'indietro e, come e noto, assai frequente nella pittura ceramica. Esso, che ci si presenta pure nello stile severo (2), s'incontra anche appli- cato nella pittura dello stamno di Napoli proveniente da Nocera dei Pagani (Furtwaengler e Reichhold, op. cit., t. 36-37) (:!).

La stessa figura di Menade esaltata e pure nella pittura del- l'anfora bolognese sotto il gruppo di Arianna e di Dioniso; tut- tavia qui si ha una varietä del tipo ed una ulteriore trasforma- zione ; la Menade ha la parte destra del petto scoperta e nella forte agitazione prodotta dalla danza il corpo si ripiega assai si da presentare una linea piü curva.

Pure nella striscia inferiore della nota idria di Carlsruhe due Menadi, l'una di fronte all'altra, sono in rnoviniento a^itato di danza con la testa all'indietro; ma quivi, conformemente a ciö che si osserva nelle pitture d'indirizzo miniaturistico, il sottile vestito a linee numerosissime e parallele nella loro ondulazione lascia apparire le forme del corpo sotto il rnoviniento vorticoso causato dalla sfrenata dauza. Sebbene, come pare, la pittura del vaso bolo- gnese mostri altre tendenze e carattere diverso, tuttavia essa sembra tutt'altro che lontaua pel tempo in cui dovette essere eseguita

(') Per la riproduzione delle figure del collo del vaso di Talos bisogna ricorrere sempre al Bull, nap , III, t. 2 e 6.

(2) Cito la preziosa anfora di Monaco edita da Furtwaengler e Reichhold (op. cit., t. 44-45) per la Menade a sinistra nella t. 45; noto poi che la Me- nade a destra nella t. 44 si puö confrontare pel motivo con la QaXei« dello stamno napoletano. Lo stesso motivo di Menade esaltata e in una tazza ber- linese (Gerhard, 7'rinksch. u. Gefässe, t. 6, 7) che il Furtwaengler {Sammlang Sabouroff, Einl. z. d. Vasen, p. 7) disse essere opera meno recente del pittore del noto ariballo giä Sabouroff (op. cit., t. 55). Si veda per questo motivo anche Eapp presso Röscher Lexikon, v. II, col. 2266, e Winter (50. Berl. JVinckelmannsprogr., p. 112 e seg.). II medesimo motivo e noto che si trova di frequente usato nei rilievi neo-attici; ne sono prova i tipi nn. 29, 32, 24 (Me- nade che lascia apparire nuda la parte laterale del corpo e che nelle maiii ha un timpano, es. cratere napoletano di Salpione), di figure da s. verso d., il tipo n. 30 da d. a s. in Häuser, Die neu-attischen Reliefs.

(3) Identica scena come e nello stamno napoletano e nella tazza berli- nese di Ierone [Wiener Vorlegehi, S. A, t. 4).

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detta idria basandoini in questo specialmente sul rendimento dei profili e delle forme delle figure.

Di pochissirno anteriore deve essere all'anfora bolognese quella ruvestina cou la gara di Apollo e Marsia e col thiasos baccbico dati i eonfronti che alcuue figure di questi due vasi possono richia- mare tra di loro. E questa brevissima anterioritä del ruvestino rispetto al vaso bolognese mi sarebbe data dai profili delle figure e dall'aspetto delle figure stesse piu severe che qui.

La pittura del vaso bolognese e certamente condotta con un indirizzo intermedio tra il grandioso e l'aggraziato ; se da un lato le figure sono espresse con uno stile ancora nobile nella sua so- brietä, dall'altro lato e nella composizione e nei rnotivi delle figure o nel trattamento del drappeggio si palesa 1'influsso assai forte della nuova tendenza alla miniatura siguoreggiaute nella pittura ceramica della fine del V secolo (').

Giä il Milchhoefer (2) espresse la ipotesi di una dipendenza del disegno sul vaso bolognese dalla pittura su cui con parecchie parole si sofferma Pausania (I, 20, 3) e che adornava il piü re- ceute ternpio di Dioniso nel peribolo del dio presso il teatro in Atene. Tale ipotesi mi si ripresenta ora cosi attraente che quasi sarei indotto ad identificaiia con la veritä.

La vasta composizione che gira tutto attorno a quest'anfora a volute, e nelle anfore a volute siamo abituati a vedere i ricordi della grande pittura monumentale polignotea, o che ci porge in modo del tutto nuovo e ricco la scena deH'arrivo del dio ubbriaco neirOlimpo nolvJeiQag, e pei nostri occhi come una pittura celebrante l'invitto Dioniso ed il suo sfrenato corteggio. Nou potrommo pertanto pensare che altrimenti fosse concepita ed espressa la medesima scena sulle pareti del ternpio, dimora appunto del culto del dio.

(') La figara di Efesto conserva nel suo aspetto analogia con quella dello stesso dio su pitture di cgual contcnuto riferibili all'etä periclea c certo dipendenti da un unico modello : cratere di Monaco {Gr. Vas., t. 7), cotyle del Louvre {Elite cdram., v. I, t. 4G), stamno (Gerhard, Aus. Vascnb., t. 58), vaso (Tischbein, op. cit., v. IV, t. 38 = Reinach, Repertoire, v. II, p. 329). Cosi la figura di Sileno nell'atteggiamento MYünooxonf-vow e quasi identica nel cratere pure bolognese con scena di consacrazione di un tri- pode coragico alla figura di lluog.

(«) Art. cit, p. 82.

FRAMMENTI DI VASO ATTICO 135

Si aggiunga che la unione di Menadi L'una quasi sovrap- posta all'altra sotto Diouiso ed Arianna si da formafe im gruppo del tatto contrario all'indole eminentemente lineare del disegno su vasi, ci obbliga, come pel caso del gruppo centrale nol vaso di Talos, a pensare ad im prototipo della pittura monumentale.

Tale prototipo non doveva essere condotto secondo le tendenze poliguotee in uno stile nobile nella sua grandiositä e con le traccie ancora di arcaismo; al contrario le movonze delicate delle Menadi, tutta la vita focosa che agita le flgure del thiasos fanno legit- timamente supporre im prototipo monumentale assai posteriore e, prescindendo dai punti di appoggio, se si vuole, non tanto fissi di pitture ceramiche e basandosi su quelli piü determinati di opere scultorie, non tanto lontano dagli albori del IV secolo.

Ma allora tutto ciö puö benissimo combiuare con la data che necessariamente si deve dare e al nuovo tempio di Dioniso in Atene e alla statua crisoelefantina del dio, opera di Alcamene (') e di conseguenza alla pittura nel tempio ateniese d'identico con- tenuto dell'anfora bolognese fabbricata e dipinta nella stessa Atene.

Ma se si ammette, e non vedrei ragioni in contrario, la dipen- denza dell'anfora bolognese dalla pittura del Dioniseion, si ha im dato importaute per porre essa anfora verso la fine del V se- colo e presumibilmente verso 1' ultimo decennio di tal secolo e, per via di confronti, si puö con sufficiente e plausibile probabilitä datare la serie di vasi piü o meno distanti dall'anfora bolo- gnese, ma pure o contemporanei o da lei lontani breve numero di anni.

(') Per l'uso della breccia nelle fondamenta del tempio il Doerpfeld (Doerpfeld e Eeisch, Das griechische Theater, p. 22) crede che esso tempio si debba riportare persino ai primi anni del IV secolo, il che mi sembra una data troppo bassa anche in relazione a ciö che si sa di Alcamene autore della statua del culto. II Reisch invece {Eranos Vindobonensis, p. 1 e seg.) pro- pose giustamente lo spazio di tempo 421-415 per la csecuzione della statua del cnlto e eiö combinerebbe con la data (un po' prima del 410) che darei all'anfora bolognese. II Milchhoefer invece, partendo dalla sua esagerata cro- nologia dei vasi attici, credette di potere, in base ad una supposta anterio- rioritä dell'anfora bolognese, distruggere gli argomenti solidi della costruttura dell'edifizio e della esecuzione della statua e dare al tempio di Dionisiu um etä molto piü antica.

136 P. DUCATI

Neue due idrie berlinesi col giudizio di Paride e con la lotta di Cadmo col dragone, nell'anfora nivestina con Apollo e Marsia, nei crateri bolognese e siracusano di Teseo appare la figura di Atena che sembra derivazione da im tipo unico, con la chioma in lunga treccia che sfugge dall'elmo corinzio. In questa figura vedrei l'influsso di un'opera monumentale che specialmente vedrei imitata neH'Atena deH'abbandono di Arianna sul cratere di Sira- cusa. Con grande probabilitä il Keisch (') ha indentiticato 1' origi- nale di una statua di Cherchel acefala di Atena alla quäle ben si adatta la testa di un tipo Disney {Journal of Hell. St., 1899, t. I) e Louvre (Oesterr. Jahresh., 1898, fig. 32), con 1' Atena Efestia di Alcamene la cui esecuzione lo stesso dotto ha dirao- strato doversi porre tra il 421 ed il 417. Ora grande affinitä, che ritengo innegabile, collega questa statua specialmente con 1' Atena del cratere siracusano e per questo dovremmo ammettere una certa contemporaneitä tra queste opere ceramiche e l'opera di Alcamene.

Tale affinitä invece non fu veduta dal Rizzo che erroneamente credette derivazioni contemporanee da un medesimo prototipo della grande arte prefidiaca la figura di Atena del cratere e quella del noto rilievo dell' Atena cosidetta melanconica del museo dell'acro- poli di Atene. Ma forse nella pittura ceramica sono quegli stessi carattori ancora arcaici del rilievo per cui a giusta ragione esso rilievo fu posto nel decennio dal 460 al 450? (2). Ma un con- fronto tra lo stesso rilievo e 1' Atena del cratere bolognese (scena di Eraele e della cerva) che ne riproduce l'identico motivo, di- mostra chiaramente che uno spazio di tempo non breve deve esi- stere tra le due opere e questo specialmente riguardo al tratta- monto del vestito cosi diverso nelle due figure del rilievo e del vaso piii che del viso che in quest' ultimo monumento e gnasto (:i)-

(») Alhena Hephaistia (Oesterr. Jahresh., 1898, p. 35-93).

(2) Joubin, Sculpture grecque entre les guerres mediques et Periclis, 1». 196.

(3) ün'analogia di motivo che appare evidente tra queste due figure di Atena si da concludere ad un unico prototipo non e una ragione bastante per ritenere queste due figure contemporanee. AI contrario di qu'i, in un altro caso il motivo artistico ci si e conservato neiresempio piü antico in una pittara ceramica, in un rilievo neH'esempio piü recente. C^uesto si puo osser- vare pel gruppo della Nike che governa il toro sulla balaustrata del tem-

KKAMMENTI DI VASO ATTICO 137

A presupporre im modello comnne all'Atena del cratere sira-

cusano ed all'Atena del rilievo, pur diverse l'una dall'altra, piü che a riconoscere la identitä di tipo per l'Atena del detto vaso e l'Atena di Cherchel, fu indotto il Rizzo dalla sua cronologia per nie esagerata della ceramica attica posteriore allo stile severo.

Ma il Rizzo trova una con forma per quosta sua alta data pel cratere di Siracusa e pei vasi che ad esso cratorc si avvicinano in considerazioni d'indole politica date dalle condizioni di Cama- rina d'onde esso cratere proviene. Nel quinto secolo si ha il periodo 461-405 cui fu importato nella cittä questo vaso; pel Rizzo si deve escludere il tratto dal 427 al 405 per la guerra tra Siracusa ed Ateue che, secondo la pereDtoria affermazione sua e del Milch- hoefer, deve aver interrotto il commercio dell' Attica con tutta Visola.

Ma giä nella breve guerra tra il 427 ed il 424 Camarina tenne il campo con Leontini ed Atene contro Siracusa; perö se si vuole ammettere la esagerata e non plausibile ipotesi che per la guerra tra Atene e la cittä di Siracusa dovette estinguersi ad un tratto il commercio tra l'Attica e tutta la Sicilia, si deve notare che ciö non pote avvenire se non negli anni tra il 415 ed il 413 in cui ebbe misera fine la spedizione di Sicilia.

Di piü per esempio un vaso aucor posteriore, la oinochoe Vagliasindi (Mon. d. Lincei, XIV, t. 5) uscita dal suolo sici- liano e ritenuta dallo stesso Rizzo (lvi, p. 82) come pertinente all'ultimo scorcio del V secolo, onde ben si puö ammettere che aache dopo il 413, in seguito alle vittorie navali di Alcibiade (Abido e Cizico) ed al ripristinamento della signoria marittima di Atene (410 a. C.) si siano mantenuti legami di commercio tra l'isola ed Atene. E per questo non sarei alieno daH'attribuire il cratere del museo siracusano agli anni immediatamente antece- dens alla distruzione di Camarina per opera dei Cartaginesi (405 a. C.) 0).

Bologna, marzo 1906. Pericle Ducati.

pietto di Atcna Nike e sul vaso ad essa balaustrata anteriore del museo di Bologna giä altrove da me citato.

(') Si aggiunga che il cratere proviene dal sepolcreto Face, che, e pel suo matcriale (vi compariscono i vasetti grezzi di fabbrica locale del sec. IV) e per ragioni topografiche (lontano da m. 1.200 a 2.000 dalle inura urbane) deve essere ascritto alla fine del V ed al prineipio del IV secolo (Orsi, Camarina, p. 246 nei Mon. del Lincei, v. IX, 1899).

10

P. DTICATI

APPENDICE

1. Sulla ceramica locale beotica.

Che, dopo lc fabbviche beotiche del periodo geometrico a cui sub- entrö una lunghissima fase di quiete per la produzione ceramica beotica, oltre ai curiosi prodotti noti specialmerite dagli scavi del Kabirion tebano (si v. Winncfeld, in Ath. Mitth., 1888, pp. 411-428 ed in Arch. Am., 1893, pp. 63-64; il Wolters, in Jonrn. of Hell. St., 1892-3, pp. 77-87; il Bloch, ncl Lexikon del Ro.cher, art. Megaloi Theoi), oltre ai cinque singolari vasetti studiati dal Wide (Ath. Mitth., 1901, pp. 143-150) non si debba attribuire alla Beozia alcun altro prodotto ceramico e una opinione che trovö anni ad- dictro il suo principale sostenitore nel Pottier (in Duraont et Chaplain, Les cc- ramiques de la Grcce propre, v. I, p. 375 e sog.) e che pare abbia im difen- sore nel Furtwaengler, sebbene questi non si sia espresso esplicitamente nel testo alle Griechische Vasenmalerei (S. Ia, p. 207), e ciö conlro le opinioni del Pumont (Peintures ceram., p. 51), del Collignon (CWaJ. d. vases d'Athenes. n. 545), del Benndorf (Gr. und Sicil. Vasenb., p. G8). II Pottier credeva in questo stretto esclusivismo, che cioe i Beoti si fossero dedicati solamente alla fabbrica delle figurine in terracotta, gli Attici a quella dei vasi, e per la man- canza di qualunque fabbrica ceramica beotica egli si fondava sul fatto che vasi snpposti beotici si erano trovati in ogni parte del mondo ellenico. Ciö per se stesso non sarebbe stata una ragione sufficientc per arrivare alla con- clnsione del Pottier, ma di piü gli esempi di vasi citati da questo dotto a conferma della sua tesi hanno tra di loro caratteri cosi spiccatamenie diversi da dover concludere non giä ad una unicitä di provenienza che dovrebbc es- sere l'attica. ma a fabbriche diverse, beotiche, attiche, italiote.

Sta invece chiaro il fatto che prodotti ceramici con provenienza sicnra dalla Beozia a figure rosse presentano tali caratteri speciali c per forme tet- toniche e per disegno ora accurato, ora simile del tutto o ad uno schizzo senza pretesa o ad uno sgorbio quasi infantile da non poterli a mio avviso confondere con la rimanente produzione attica sia pur negligente e da doverli ascrivere ad un'altra fabbrica ceramica che, in base alla provenienza dei vasi. si dovrebbc porre appunto in Beozia. Su questa classe di vasi beotici qnalche notizia ha dato sinora il Rubensobn a proposito di uno di essi, uno skyphos di Berlino (Ath. Mitth., 1899, p. 67, t. VII). facendo una suddivisione in un grappo piü antico, al quäle apparterrebbe il detto skyphos. ed in uno piü recentc in cui sarebbe l'uso, anzi Vabuso del bianco. Convengo col Rubensohn in questa suddivisione, ma piü che Bull'uso del bianco credo che si dovrebbc basare sul carattere del disegno piü o meno accurato. Faccio pertanto se-

FRAMMENT1 DI VASO ATTICO 139

guire un olenco di alcuni di questi vasi pubblicati in base a cio che ho po- tuto osservare al museo d'Atene.

gruppo: 1) kantharos; Atene: pel Couve (n. 1583 del catalogo dei vasi del museo di Atene) e rappr. Dioniso, pel Rubensohn un morto eroieiz- zato (Rayet e Collignon, Hist. d. I. ceram. yrecque, fig. 111). 2) cratcre a campana; Atene: A. Asclepio, B. Igea {'E'f. «(»/., 1890, t. VII). 3) cra- tere a campana; Atene: parodia del mito delle Esperidi ('Etp, «p/., 1883, t. VII, «). -1) cratere a campana; Atene: Dioniso che assiste ad una danza di donna in costume frigio (Dumont e Chaplain, op. cit., v. I. t. 17, riproduzione inesatta per cui roriginale e reso abbellito). 5) cratere a cam- pana; Biblioteca Nazionale di Parigi: Artemide, Apollo, Ermete (De Biddcr, Gat. d. vas. de la Bibl. Nat., v. II, fig. 2).

gruppo: 1) skyphos; Berlino: A) Giudizio di P aride; B) Tritto- lemo (Atk. Jllitth., 1899, t. VII e p. 67). 2) skyphos; Atene: A e B) due uomini barbuti di fronte stendono la mano ; scena di giuramento? (Jahrb. d. Inst., 1895, p. 186, n. 7). - - 3) kotyle; Atene: A) uccisione di Argo; B) Ermete, Dioniso bambino, Ire ninfe (Jahrb. d. Inst., 1903, pp. 48 e 49). 4) cratere a campana; Atene: A) Selene su carro; B) Atena su quadriga (Journ. of Hell. St, 1899, t. X e p. 269). 5) cratere a campana; Atene; due uomini con mortaio in mezzo che respingono eiaseuno un'oca (Ath. Jllitth., 1894, p. 346). 6) cratere a calice ; Zurigo: Menelao insegue Elena (E. Mueller, Drei gr. Vasenb., 1887, t. I).

Caratteristica in questa serie e la forma di kantharos ad alto piede e provvisto di alte anse, come peculiari sono pure le forme del cratere a campana e dello skyphos. Ma piü che le forme dei vasi, sebbene io creda che questi alti kantharoi siano esclusivamente beotici, ein che indica Torigine beotica dei vasi e lo stile del disegno il quäle e qnasi sempre di caricatura. Ed e questa tendenza al grottesco che collega in special modo questi vasi a quelli cosidetti dei Cabiri : la figura della divinitä sdraiata su letto che si ripetepiü volte nei vasi specialinente del primo gruppo, rammenta assai da vicino Tana- loga figura di KäßiQog sdraiato sul noto frammento di Atene (Ath. Jllitth., 1888, t. IX). Le intiere composizioni di questi singolari frammenti di ceramica a figure nere hanno il suggello di un umorismo sfrenato, umorismo pur comune, ma non in cosi grande copia espresso, ai vasi della serie beotica.

Nel primo gruppo di questi vasi si nota una ricercatezza, una diligenza di espressione la quäle tuttavia non supera i difetti palesi di disegno e pare anzi di essi compiacersi, diligenza che manca affatto agli esemplari del se- condo gruppo in cui le pitture talora, piü che il valore di rozzo schizzo sono veri sgorbi lontani da ogni pretesa artistica. Si notano in tutti questi vasi una secchezza, una rigidita di linee, una mancanza di proporzione delle vavie parti del copo tra di loro nelle figure dalle grosse estremitä e dalle gigantesche teste. Si aggiungono le irregolarita della rappresentazione che allontanano assai questi vasi dalla produzione attica, o con accenni forti a eulti locali nelle figure di divinitä sdraiate o sedute, o con allontanamento pel modo con cui sono trattati i miti nella ceramica attica e con snaturamento dei miti

140 P. DUCATI

stessi come nella singulare parodia del mito delle Esperidi, o nell'insegui- mento di Elena, o con burlesche scene senza significato apparente come nel vaso n. 5 del secondo gruppo.

2. Sulla ceramica attica del IV secolo (v. p. 130).

Propongo qui gli eserapi a mc noti di pitture vascolari condotte secondo il sopra esposto indirizzo stilistico, ed impregnate giä di un convenzionalismo e di una negligenza maggiore.

1. Idria da Creta: Giudizio di Paride (meschinamente riprodotta in 'Ecp. <IqX-, 1862, t. 14)# 2) cratere a calice di Berlino: Perseo ed An- dromeda (Jahrb d. Inst., 1896, t. 2). 3) cratere a campana; di Bologna: apoteosi di Eracle {Ann. d. Inst. 1880, t. N). 4) cratere a campana di Kiew: danza arm ata di un giovane guerriero {C. R., Atlas, 1864, t. 6). 5) cratere a campana: Leda scopre Povo di Elena [Arch. Ztg., 1853, t. 59). 6) cratere a campana di Berlino: Apollo, Ermete, Menade, Sileno, {Arch. Ztg., 1865, t. 202, 1). 7) cratere a campana: riconciliazione di Apollo ed Ercole (Miliin gen, Vase» Coghill, t. 11). 8) pelike dell' Eremitaggio : ovo di Leda su altare (C. R. Atlas, 1861, t. 6, 1, 2). 9) oinochoe di Ber- lino: Afrodite su cigno {Jahrb. d. Inst., 1886, t. 11, 2). 10) vaso: Dioniso e thiasos (Tischbein, Coli, of engr., v. II, t. 46 = Reinach, Repertoire, v. II, p. 303, 1). 11) vaso: ievodog di Iacco (cosi il Furtwaenglcr, nel testo alla Gr. Vas., S. II, p. 60) in presenza di thiasos dionisiaco (Tischbein, op. cit., v. I, t. 32 = Reinach, op. cit., v. II, p. 287, 2).

I caratteri stilistici di questi dipinti vasculari, fine di un indirizzo della ceramica attica del V secolo, si ripetono tali e quali in una serie di vasi pro- venienti dall'Italia e pei quali e assai difficile deeidere so si tratta di prodotti importati dall'Attica o di prodotti di una fabbrica locale. Intendo parlare di vasi, crateri a campana per lo piü, di cui possono essere citati come esempi i seguenti: il cratere berlinese edito in Arch. Ztg., 1865, t. 203, un altro con scena dionisiaca, in Arch. Ztg., 1855, t. 84, i frammenti di cratere pure con scena dionisiaca dell'Eremitaggio in C. R. Atlas. 1860, t. 3, il vaso edito in Panofka {Cabinet Pourtalcs, t. 16) ed in Gerbard (Gesamm. Akad. Abhand., t. 71) con la iniziazione di Eracle e dei Dioscuri ai misteri eleusinii. A questi vasi altri se ne collegano di origine evidentemente italiota come il cratere a campana di Napoli coi preparativi per la gara tra Pelope ed Enomao {Arch. Ztg., 1853, t. 55) che col Patroni {Ceramica delVItalia meridionale, p. 94 e seg.) ascriverei alla fabbrica italiota dell'antica Saticula corris])ondente aH'odierna S. Agata dei Goti. I caratteri di talo ceramica furono sufiieiente- mente messi in chiaro dal Patroni per cui essa ceramica tra le altre fabbriche italiote ci presenterebbe conservata in modo piü genuino la impronta attica. Non sembra dunque azzardato supporre che una fabbrica attica sul ])rincipio del IVr .secolo si sia impiantata in Saticula ed abbia continuato a produrre in terreno italioto sino al suo irrieidimento ed isolamento in mezzo allo fio-

FRAMMENTI DI VASO ATTICO ]|]

renti fabbriche di Pesto o di Cama. Porse esempi di questa prima ceramica attica trapiantata su suolo straniero li abbiamo su vasi di carattere ancoi dubbio quali i due citati crateri a campana di Berlino che il Furtwaengler (Be- schreibung der Vasensammlung, nn. 2642 e 2645) non si peritö di ascrivero alla produzione attica e che sono provenienti da S. Agata. Anche recenteraente il Furtwaengler (testo alla Gr. Vas., S. I, p. 207 e S. II, pp. 46, 51 e 56) «- ritornato sulla atticitä di questi vasi e degli altri citati ora in nota, prove- nienti dalla Campania e specialmente da S. Agata. Ma la presenza ivi di nn dato materiale ceramico del tutto omogeneo con dati caratteri a lui propri (quali la prevalenza o la quasi esclusivitä di soggetti dionisiaci o di soggetti adattati nel ciclo dionisiaco c della forma del cratere a campana) con svi- lappo proprio, mi pare che parli a favore dell'impianto di una oflicina attica in Saticula a cui si dovrebbero i prodotti cosi profondamente atticizzanti. Scene dionisiache che sono su vasi di Saticula si notano poi con analogie caratteristiche di motivi e di stile su vari vasi inediti del museo di Atene che non si puö credere che siano stati importati nelPAttica dalla cittä cam- pana. Si ha forse in questi vasi una prova che resaurimento di un indirizzo pittorico vasculare ha dato luogo, sia nel suolo ove esso nacque e si sviluppö, sia nel suolo ove fu trasportato, ad analoghi prodotti ?

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HE RONS CHEIROBALLISTIU.

Im Museum zu St. Germain - en - Laye steht neben den Ge- schützen, die der General de ßeffye im Auftrage Napoleons des III. erbaut hat, ein sehr zierlich ausgearbeitetes Modell (s. die Abbil- dung am Kopfe dieses Aufsatzes) mit der Aufschrift : « B allste, Re- stauration de Mr. Victor Prou, Execution de Mr. Albert Plat », die gemeinsam dem Museum diese Gabe überreicht haben.

Der eigentliche Urheber ist also Victor Prou, ein französischer Civil-Ingenieur, der ein gut Stück seines Lebens darauf verwendet hat, das kurze Schriftstück, ohne Anfang und ohne Ende, zu er- läutern, das uns unter dem Titel "Hqmvog XeiQoßaXXtaroag xata- tfxsvri xal avfifisTQia überliefert ist ('). Den Gang und das Ergeb- nis seiner unablässigen Studien hat Prou in einer umfangreichen Schrift dargestellt, die im Jahre 1877 auf Staatskosten gedruckt

(l) C. Wescher, Poliorcetique des ßrecs. Paris 1867 p. 123-134.

HEKO.NS CHEIROIJAI.LISTRA 143

worden ist ('), mit der Ueberschrift « La Chirobaliste d'JIcron d' Alexaadrie * . Der Verf. ist in das ihm anfänglich ganz fremde Gebiet der Philologie tief eingedrungen; er hat nicht nur die Litteratur gewissenhaft durchgearbeitet und den griechischen Text sorgsam gemustert, sondern hat sogar neue Handschriften ausge- kundschaftet, die den Fachgelehrten entgangen waren. Aber neben diesen Vorzügen stehen leider bedeutende Fehler. Alles misst er lediglich nach seiner Elle : wer zu widersprechen wagt, wird schroff abgetan; wer zustimmt, ist immer der rechte Mann. Und doch ist sein Resultat verfehlt, da die ganze Arbeit von einer leiten- den Idee beherrscht war, die sich als vollkommen irrig erweisen lässt. Diese leitende Idee ist, dass « Herons Cheiroballistra » ein vollständiges Schriftwerk sei und in seinen einzelnen Teilen fest zusammenhänge: und nun konstruiert er alles gehörig so zurecht, dass daraus eine Art Chalkotonon, d. i. ein Geschütz mit elasti- schen Schienen aus Stahl, Avird, bringt daran, um dem Namen der Ueberschrift gerecht zu werden, auch noch zwei Hände an, von denen die Beschreibung des Textes nichts weiss, deutet diese tech- nisch ganz überflüssigen Hände in mystischem Symbolismus aus und ist zum Schlüsse von seinem Werke so begeistert, dass er seine Cheiroballistra zu den interessantesten Entdeckungen des 19. Jahrhunderts rechnet (2).

Unsere deutschen Fachmänner sind Herons Cheiroballistra geflissentlich aus dem Wege gegangen. Der Grund ist klar, und die Herausgeber der griechischen Kriegsschriftsteller haben ihn ehrlicher Weise eingestanden (3) : « Heron hat ausser der hier gelieferten Schrift {Bslonoiixä) noch mehrere andere über Gegen- stände der Naturkunde und Mechanik geschrieben, darunter auch eine über die Konstruktion der Handballiste (jtiQo^ülhaiQa, ma- nuballisla) deren Verständnis uns aber bis jetzt verschlossen ge- blieben ist, das wir folglich auch dem Publikum nicht vorlegen konnten ».

(') Notices et Extraits des manuscrits de la Bibliothtque nationale et untres bibliothcqv.es. t. XXVI, 2 p. 1-319. Paris 1877.

(a) p. 25: le dechi/frement de 1% Xeigo^dUarQ« comptera, fen ai Vespoir, parmi les plus interessantes trouvailles de ce siede.

(:)) H. Köchly und W. Rüstow. Griechische Kriegsschriftsteller. Leipzig 1853. I, 199.

144 RUD. SCHNEIDER

Vom persönlichen Standpunkte aus betrachtet, ist gegen diese Erklärung nichts einzuwenden. Aber wir dürfen doch darum die Sache nicht immer wieder auf die lange Bank schieben und ge- mächlich zusehen, wenn ein Techniker in Holz und Eisen aus derselben Schrift uns ein kunstvolles Gebilde herauszaubert, die wir nicht anrühren, weil wir sie nicht verstehen. Und nehmen wir dazu, dass unser Schriftstück gut überliefert ist, dass der Wort- laut des Textes durchaus verständlich ist, dass die in den Hand- schriften überlieferten Bilder genau zum Texte stimmen, so ist damit eine Grundlage gegeben, auf der die Philologie aufbauen kann und aufbauen muss, um so ihrerseits dem Techniker wie- derum erst den festen Boden zu bereiten.

Auch ich bin nicht ganz freiwillig an dieses Thema herange- gangen. Da ich mich aber verpflichtet habe, dem Oberstleutnant Schramm in Metz die philologische Grundlage für seine weiteren Re- konstruktionen antiker Geschütze zu beschaffen, musste ich unbedingt zu einem Schriftstücke Stellung nehmen, das seit tausend Jahren XsiQoßalXfarQct heisst. Dabei habe ich für die folgende Untersu- chung auf die Beihülfe des Technikers zunächst verzichtet, was mir der besondere Charakter der « Cheiroballistra » zu fordern schien. Ich hatte nämlich bemerkt, dass diese Ueberschrift den Konstrukteur bereits in eine bestimmte Bahn drängt und ihn zwingt, die einzelnen Bilder, die dem überlieferten Texte beige- geben sind, von diesem Standpunkte aus zu betrachten; und wenn er sich davon gewaltsam freimacht, wird er, seinem Naturtriebe folgend, doch immer wieder die Einzelbilder componieren. Von diesem Einflüsse musste ich mich fernhalten, um ganz unbefangen die einzelnen Abschnitte und einzelnen Bilder zu betrachten, was sie an und für sich darstellen, ohne jede Rücksicht auf etwaigen Zusammenhang.

Der folgende Text und die kritischen Noten beruhen auf der Ausgabe von C. Wescher, Polio rcctique des Grecs, Paris 1867. Diese Arbeit entspricht durchaus den Anforderungen einer kritischen Ausgabe, wie sie die heutige Philologie stellt; man merkt nur, dass dem Verfasser technische Kenntnisse fehlen, die ihm der General de Reft'yo leicht hätte schatten können. Und um- gekehrt: wenn der General für seine Rekonstruktionen antiker

chütze Weschers philologische Kenntnisse ausgenützt hätte,

HERONS CHEIROBA.JXISTRA ]-l")

würde er die ihm vom Kaiser Napoleon gestellte Aufgabe besser gelöst haben. Weschers Poliorcetique ist vergriffen, und Vin- cent, La Chirobaliste, Paris 1866, den ich unten nach Wescher eitiere, überhaupt nicht mehr zu beschaffen.

Die im kritischen Apparate aufgeführten Handschriften sind :

M= Cod. Parisinus Suppl. Gr. 607. saec. X-XI. P = Cod. Parisinus Gr. 2442. saec. XI-XII. V= Cod. Vaticanus Gr. 1164. saec. XI-XII. F = Fragmenta Vindobonensia in codice ms. philo- losoph. graec. olim. 113 nunc 120. saec. XVI.

Neben der ältesten Handschrift M haben die Zwillingsbrüder

P und V selbständigen Wert; F dient nur gelegentlich als Zeuge, wenn M, der Führer dieser Handschriftenklasse, versagt. Den Wert der einzelnen Handschriften für die Textsrestaltuncr hat

o o

Wescher richtig festgestellt; dass sein Resultat auch für die Bilder gilt, wird die Untersuchung über « Geschütze auf handschriftlichen Bildern » nachweisen, die demnächst in Metz erscheinen soll. Die Abbildungen sind sämtlich auf die Hälfte der Originalgrösse reduziert, mit Ausnahme der xXetaig aus cod. M (S. 150), welche im Interesse der Deutlichkeit nur auf er. '2/3 verkleinert ist.

UG

RUD. SCHNEIDER

HPSiNOZ XEIP0BAAAI2TPA2 KATA2KEYH KAI 2YMMETP1A ■)•

p. 123 w 1. rsyovscaMfccv xavörsg ovo rcsXsxii'coioi ol Aß, rj, ev '-')

tsrqaywvoig nsXsxivoig, uav 6TtXvg /utv sffvu) ö AB, äoQrjv (Je ö TJ. Kai tu (ihv (jl7jxo$ e%biw 6 AB nodag y xcä öaxivXovg d', xb d& nXcuog 3) dctxTvXovg y'c, io dt näyjiK daxzvXovg d'c. O di fJ

cod. M fol. 5G.

') Ueberschrift : avfifieiQiu Malhemalici veteres cd. The'vcnot; ai\u/us- rniiq MPV. Am Schlüsse der Fragmentes stellt in P V" "Hgcovog %6iqo- ßaXXioTQas xctTctaxtvrjv xcd avfx/nerQiag, M hat keine Unterschrift. 2) lieber tr zur Bezeichnung der Qualität von Mass, Materie, Preis in hellenistischer Sprache vgl. Kuhring, De praeposilionibics Graecis in chartis Aeijyptiis. Bonn, Dissert. 1900 p. 21. -- 3) nUrog ixerat PV.

HERONS CHF.IKOHAU.ISTRA

117

Heron, Aufbau und Verhältnisse der C h e i r o b a 1 1 i s t r a .

Es seien zwei auf Schwalbenschwanz gearbeitete Latten (') AB und rJ mit vierkantigen Schwalbenschwänzen, davon heisse die

*v

cod. P f.d. 68".

weibliche AB, die männliche TJ. Und AB soll eine Länge haben von 3r 4" (= 961 mm) (2) eine Breite von 3 4" (= 65,0 nun),

(') Man verbindet zwei Latten durch den « Schwalbenschwanz » (nefa- xtvog) indem man der oberen unten einen Vorstoss giebt 7 - ' der in

die eingeschnittene Kinne der unteren hineinpasst j" [.Der obere Teil

heisst « Schwalbenschwanzfeder » {netextvog äQQtjv) der untere « Schwalben- schwanznute » {netexivog #/;Ar?).

(a) Die Massbestimmungen sind nach der früher bei uns üblichen Weise wiedergegeben: 31 4" = 3 Puss 4 Zoll. Gemeint ist der griechische Fuss (jiovg) = c. 30 cm. und der griechische Zoll {tftixtvkog). Der Fuss hat IG Zoll.

148 RL'D. SCHNEIDER

tu }t7]xog sxstut nbdag y', xb 6i nXiuog [wc] ') (öc<xxvXovg) 2) fi'c, p. 124Wto (H näyog däxxvXov cid. *E%biw 3) de xb ßäOog b Gtoiijv xov AB xccvovog (jukxvXov d 4). xov öi AB 5) r) fihv AZ °) GtawXij- viffOeo otöct nodibv ß'c (xai) 7) daxxvXwv q'. Xoitvi) aoa stixiv r) ZA daxxvXu)v <;'. AjreiXt'jcpOco 60 netkiv xov AB xavövog rj (1U6v)s) A& Ttoöbg a'c xal daxxvXarv 6' . rj di Ali 9) rroöb; a xal öaxxv- Xoiv t' 10). Xotni) aoa r) K& sGiai, daxxvXwv £' '. AnsiXr)<p\) (o dt nahv tov AB xavövog xov nayovg tSav d'c ") öaxxvXwv düxxv- Xog a'c ie), xal xsxurjödco t'cog xr)g AK xal xTjg AQ, mGis sivai xb K0 l3) fit'Qog iu)v avewv d'axivXo)v ö'c, xovrtöct xijv 14) XQ)Y(lK reyove'xM xal GsXyrosidc'g 15) xi GyTjtia ib HB 1(i), xal xorjÖsv sv [ik'Grp xsTQaywr«) xQijfiaxi GiuKpvi; ysysvijGÖo) xio AB '') axo'p rov AB xavovi'ov, mg xb GyT^ia vrroxeixui. P.125W Tov 6s rj [gcoXTj i'o;] 1s) r) [tsv E / e'axu) aoorjV ntXsxTvog,

xal aotLiuGtbg ysyorsxu) xio Ot'jXt-i nsXsxivfp xov AB (7mA/~i'oc xio AZ /ik'oei, rovxeoxi xb JE fisoog xov TJ xavövog.

') [w?] R Sehn. - - 2) (JaxTvkovg) Vincent. 3) «cF. 'E^ereo Vincent, A i):yi,w M., ö Äl i/eio) l'V. 4) 1 M. ÄE PV. B) AB M, AB

owhjtxK l'V a) rj ptv AZ M, 6 fiev OZ P V. ") (xal) R Sehn. - ") (uir) Vincent. 3) AK II, X PV. - 10) daxtikcav e' R Sehn., öaxtvlov A MPV. - ") iGiv JC'M.tö v JZ PV. •*) ,T6'M,^Z PV. - 13) K9 M, 0K l'V. - «*; xi]V M; fehlt PV. ,5j fftf^voniMf PV. -- ,6) HB MV, ,v///'. _ •') Ali l'V , AB M. lli) [awXfjyog] R Sehn ; denn TA («ee^) hat keine Nute {auArjv); y.uvövog Vincent,

HERONS CHEIROBALLISTRA 149

eine Dicke von 4 \" (= 83,2 mm). TJ aber soll eine Länge haben von 3' (= 887 mm), eine Breite von [beiläufig] 2 \" (= 46,2 nun), eine Dicke von \\" (= 23,1 mm).

Die Kinne der Latte AB soll eine Tiefe haben von 1" (= 18,5 mm); es soll aber von AB nur das Stück AZ gerillt werden in einer Länge 2' 14" (= 850,1 mm); somit bleibt das Stück ZA mit 6" (=111 mm) übrig. Weiter aber soll auf der Latte A li das Stück A0 abgemessen werden = 1' 12" (=517,5 mm), und AK= V 5" (= 388,1 mm)(1), somit wird K& = 7" (= 129,4 mm) übrig bleiben. Es soll aber weiter auf der Dicke der Latte AB, die A\" (= 83,2 mm) beträgt, 1 V' (= 27,7 mm) abgemessen und von A bis K, und von A bis 0 (unten) weggeschnitten werden; also das Stück von K bis 0 behält seine frühere Dicke von 4 \" (=83,2 mm) und soll XWYQ heissen (2).

Es sei ferner ein halbmondförmiges Stück HB, das soll in der Mitte mit einem vierkantigen Loche durchbohrt mit dem (un- teren) Rande AB der Latte AB fest verbunden sein, wie die Figur unten zeigt.

Von der Latte TJ soll das Stück EJ eine Schwalbenschwanz- feder sein, die in die Scliwalbenschwanznute auf AB d. h. in die Rinne von A bis Z hineinpasst, d. i. der Teil J E &m Latte rJ.

(') In dem überlieferten Texte steckt ein Rechenfehler: ist ./ 0= 1' 12" und AK = V 1", so bliebe für K & 11" statt 7". Die Aenderung /ml <fnx- xvliav E statt xcti tfaxTtiXov A bringt Ordnung ins Exempel; aber der Fehler kann natürlich eben so gut in SaxxiXmv Z stecken, oder auch in SaxxiXmv ./.

(2) Auf der Figur in M stellt XlIiY4> links heraus; nach dem Texte gehört dieses Stück auf die Rückseite, die bei der Vorderansicht der Figur verdeckt bleibt. Die Beischriften &f)Xvs äyxtiv und tlyxibr xärw müssten lau- ten: DrfAvg y.arwv und üoQrjv xaviov. Die Zeichnung in M wird durch P be- richtigt: die Schwalbenschwanzfeder ist durch die stereometrische Wiedergabe in P gut veranschaulicht, und auch das mondfrrmige Stück erscheint als ein Körper.

150

RUD. SCHNEIDER

2. Nvv dij tu ttsqI xTyc xXsia ta>g l) sx8rla6(.itßa. rsyovtiw

idrjg 2) (Tiörjoug %£iQoläßi] r) ABTJ zip ai^naxi ol'cc vnoyi-

P.12GW yqajitcu. JC%rjXov St EZ /utQog e%ov :?) to St Z0 roQ^og ') saxm

TSTQaymog, ü^aarqqia St <■/)> 5) KAM 6), Sqaxöitiov Sh zb IV3"7),

miccQiov s) St vb 0J1P2.

cod. M. fol. 56".

■) xXeiaeux; Vincent, yXaem; MPV. 2) ex 2tfXi]Q V, ex gvXüoyg P. :!) e^oy P V, t/o,y M. 4) rdppo« M. 5) <£> R Sehn. e) KAM M. K.tMV l>y_ _ 7j 7y/T py# _ 8) mTU'iaici> M V, niryÜQiov P.

HERONS CHEIROIUIXISTKA 151

2. Wir wollen also nun vom Verschlusse sprechen ('). Es sei eine Handhabe aus Eisenmaterial (2) AB TJ von der Ge-

XV

V,

Uli

_

cod. P fol. 69.

stalt, wie sie unten gezeichnet ist; und eine zweizinkige Gabel EZ mit einem viereckigen Zapfen ZQ (3); ein Drücker KAM; ein Riegel N S ; und ein viereckiger, unten offener, Rahmen

o n pz.

(') Ueberliefert ist xXiaecog, was aber gewiss mit Vincent in xXslaems geändert werden muss, denn dieses Kapitel handelt vom « Verschlusse ».

(2) Auf der Figur in P stehen die Beischriften M%r}Xov und nixaqiov richtig, aber ä/srokus muss getrennt werden in A, das an die linke Ecke oben gehört, und /stoXrcg das aus %EiQoXäßi] entstellt ist. Ebenso ist oticus verschrieben statt a/aartjoia.

(3) Es fällt auf, dass der Buchstabe H im Texte und auf der Figur fehlt; und man muss auch annehmen, dass das Si^tiXav mit 4 Buchstaben bezeichnet wird, also EZH&. Aber es heisst hier EZ und später (12G, 8 und 127, 2) E 9. Diese letztere Bezeichnung E & passt aber wiederum nicht zur Bezeichnung des Zapfens Z 0. Ich glaube, die ganze Figur hiess EZ H 9, der Zapfen Z // und die Gabel ohne den Zapfen E &. Uebrigens hat diese Verwir- rung bei der Verteilung der Buchstaben glücklicherweise gar keinen Einfluss auf das Verständnis der Konstruktion.

152 RUD. SCHNEIDER

Kai TiTQrj&üto /) ABVA %HQoXdßr) xaxa xb /f. b dt- E1 xa-

rior, ö sv tm 7iQ(sn<<) dsojQrjitaxi, xsxq/jo'Oü) xara (xa) l) M, N, Js, xal xara fisv ia M, JV 2) GiQoyyvX'p TQrjficcxi diafiTtsQhg, xara (U xb Js TtaQaXXqXoyQäfifirp 3). xal ovriog svr]Qfi6(fd(o fj %siooXäß>], wGxe nsQovrjv 4) did rmv M, N dmtfö-fjvai xal chd xov J rQ*J- fiaxog xfjg %eiQ<)Xdßrjg xoivuBTjvai 5).

To/jöavxsc di xo E0 ') 3C%r]Xov xara <t«) "') TY xal x>]v KAM G%uGxn]Qiav xaid xo CT>, xal SitßaXovxsg 8) nsqoviqv c)V dacpoTtocov xo)V ö/rwi1 °) xfi>v T, Y, <J), xoivovfisr, wffxs 10) ntgl ai'xijv xwelaOai xr)v <7yriaVxy]oiav dv£}inodio~xit}g. 'Ey^ü uj 6* i) (T^affrrjoia n) svxofirjv xi]i> AM zyovtav xara /iiTjxog ödxivXov a '.

P.127W (^An6)Xaßövx£g 12) ovv xrjv JO 13) srii xov FJ xavovog daxxv-

hov s xal xQijtiai'xsg xaxa 16 O, xatiis^isv [i) xo E0 Si'yrjXor xal xoivovfisv, müts axivtjxov diafit'vsiv.

"Eneira XQrjcTavtfg xo NB '') ÖQaxövxiov xaid xo N ll?), xal tbv T/l xavöva xaid xo II n) xov sv xio Tioioxy Oso)Qt'jfiaxi, äni- yjov 18) xov M d'axxvXovg cT, xal xatiitvxsg öid xt ll) xov xQi'jfiaxog xov ÖQaxorxi'ov xal xov II nsooviqr, xoivovfjLSV, wöia tvftSQüK xi- VHGÜai xo NB 2n) Sqaxorxiov nsgl avn'jv.

Kai ndXiv aTtoöxrfiarxtg anb x7tc %eiQoXaßr)$ /'~c (AB) TA 21) xrjv BP-, xixQwfxsv xaxa xb P, xal ndXiv an avxov ßaxQrjo'avx{-g öaxxvXovg 6'c [ß><f\ ") TfjV P2 23), xiiQMiitv xaxa xb 2, xal ovto)g

p.i-23Wxa0f£f.isv (•■••) li) sv xm TA xavovi, offcig iäilv sv xfh rrQwxro dswgrjßaxi.

[_'E£r)g xsixai~\ 25).

') (xti) I! Sehn. ; y.uik MV, xarä to X . 2) xktCc tu,8V MNCM. 3) na- QttXkrjXoyQti/tfMog l'V. 4) nsQÖvr] rjv M. r') xoovtodfjvca jüiio-. Ildscli ; xsxvvcoöfjvai M, xal xvvotöfjvai PV. c) 10 l'V. 7) (rCt) Vincent. - Bj ifjßükXoyieg l'V. :i) <37iw^ PV; fiBQtav M. l0) xoivofifzet' üaie PV ynovfxsfovg re M. ") r\ iy^usjrrjnia M. l2) 'Anoh<ß6uT(-g \\, Sehn , 'J.aßövieg M l'V. Vgl 124, 3 ü. ü. -- ") JO M, PV. - «*) xadiapev M. '•) '<' V3 I'" rbi> 5 M P V. "') t<) N V V, tov N M. -- ,7) to 11 M, föv II P V. "i (cit/mr M. >»)t6 t'otJTS fehlt P. - - ü") rbv 3 M V. - - -') rjj? (Ali)

r , Wescher. 2") [c&<r] R. Sehn - ■•) i>z PV; Ci> M. -- ^4) Hier Fehlt ein Stück, worin das Pitarion genannt war; der Schlusssatz ist unverständlich. 25) rE*fjs xehat l'V, fehlt M.

HKRONS CHEIROBALLISTRA 153

Die Handhaba ABTJ soll bei ^ durchbohrt sein; und die Latte rJ, die im ersten Abschnitte genannt ist (1), soll durch- gebohrt sein bei M, N und 3, und zwar bei M und N mit ei- nem runden Loche ganz durch, bei S aber mit einem rechtecki- gen; und die Handhabe soll so eingefügt sein, das3 ein Bolzen, durch M und N und durch das Loch der Handhabe durchgesteckt, eine Verbindung herstellt.

Dann durchbohren wir die Gabel ES bei T und Y, den Drü- cker KAM bei <P, schieben einen Bolzen durch die Löcher beider Teile T, Y und </>, und stellen eine derartige Verbindung her, dass der Drücker sich ungehindert um den Bolzen drehen kann. Der Drücker soll der Länge nach einen Einschnitt haben A M= 1" (= 18,5 mm).

Wir messen nun das Stück JO auf der Latte rJ ab = 5" (= 92,4 mm), bohren bei O durch, setzen die Gabel E0 ein, und stellen eine derartige Verbindung her, dass sie unbeweglich ver- bleibt.

Darauf durchbohren wir den Riegel NB bei N , und die Latte rJ, die im ersten Abschnitte genannt ist, bei dem Punkte II, der 4" (= 74 mm) von M entfernt ist, lassen durch das Loch im Riegel und durch II einen (senkrechten) Bolzen ein, und stellen eine derartige Verbindung her, dass der Riegel N 3 sich leicht um den Bolzen drehen kann.

Wir messen nun weiter von der Handhabe (AB)rJ aus das Stück SP ab und bohren bei P durch; darauf messen wir von diesem Punkte aus 4|" (= 83,2 mm) weiter, nämlich das Stück

P2. und bohren bei 2 durch; und nun setzen wir ein in der

Latter,/, die ja im ersten Abschnitte genannt ist (').

(') Worauf der Hinweis « in dem ersten Kapitel » gilt, wissen wir nicht, auch 127, 1 rbv iv xw tiqwuo OsüjQi^uaxi und 128,1 oarig sgtIv iv rffl nQ(t>Tia Oswnt'junri, klären uns nicht auf. Die Figur zeigt diesen xavüv als ein ein* faches Brett, das zur Beschreibung passt. Mit den durch « Schwalbenschwanz»

verbundenen Latten der ersten Figur, die unten einen Halbmond haben, darf unsere Konstruktion nicht in Verbindung gesetzt werden.

11

154 RUD. SCHNEIDER

3. Kaxsüxe väffdatffccv *) dh xal ict xccXovfisvct xccfiß Jtfi q i a tQOTZOJ toi (nde.

üoi^Caizsg yao Gidygovg xavöva; ti-GGaoag, ^i^xog s^pvcag ixarsgov önxcvXovg i'c 2), nXaxog dh SaxzvXov dif.iotQOV [iixqm ') tjXuw 4), ncc^ng dt r'), u'xTts fiij tv%f qwg xdfirtriaOai ' (■ •) G).

f ./\..

cod. M ful. 58.

EaiwGctv dh ol AB, Fz/, EZ, HO, o'toi, elcfi 7) t~» c^ijfimi, xaraysyqaßfisvoi, tyovxtg Gr/HpvtTg xoixovg zovg KA, MN, jETO, IIP, zo svoog s%0VTCcg daxivXovg ß' , ro nXciiog öäxzvXov a' , zo dt nityog ro avzb zotg xavovioig.

" 5&T0) (U zo fitza'§h Siaütmiu zfitv xctvovcov daxzi>X(ov y'c,

') xaieaxeviiffdfoaav Vinccnl \xctTccaxFvünO(»<mi steh! in allen] Handschrif- ten und kann nach IC. Pieterich, die griechische Sprache S. 212 richtig sein. 2) 10 M; elxoai PV. 'Error ßuxit ex similitudine htlerarum numeralium IC cum littera K" Wescher. 3) {j.iy(>g> l'V; (UxqoV M. *) ntei'u ist Nebenform von nhüov. Vgl. Willi. Ciönert. Philologus LXI, 2 S. 161 ff. ') Sk M; JFPV. °) BVfiEQßg xXtfnTSoOci M. 7) oTol siai, M; otov

eioi l'V.

IIERONS CHEIROBALLISTRA 1 55

3. Es sollen aber auch die sogenannten Kambestria (') auf folgende Weise hergestellt werden.

\\

'

Ha

w

cod. P fol. 69».

Nachdem wir nämlich vier Eisenstäbe angefertigt haben, die eine beiderseitige Länge von 10 4" (= 195 mm) haben, eine Breite von 2/3" (= 12,3 mm) und etwas mehr, eine Dicke, so dass sie sich

nicht leicht biegen Sie sollen AB, TJ, E Z, HO heissen,

wie sie in der Figur bezeichnet sind; mit angefügten Ringen KA, M N, SO, IIP, die eine Weite von 2" (= 37 mm) haben, eine Breite von l" (= 18,5 mm), und dieselbe Dicke wie die Eisenstäbe. Der Abstand der Eisenstäbe im Lichten soll 3?," (= 65,6 mm) betragen (2).

(l) Ueber die Bedeutung dieses Wortes s. u. S. 165.

(3) Die Figur zeigt nicht vier gerade Eisenstäbe, wie unser Text es ver- langt, sondern die beiden äusseren Stäbe sind in der Mitte nach Innen um- gebogen. Diese Abweichung vom Texte ist mir ebenso unverständlich, wie die Bedeutung dieses Bogens. Nach meinen sonstigen Erfahrungen muss ich die Zeichnung für zuverlässiger halten als den Text, denn so gewaltsame Umänderungen des überlieferten Bildes sind in M und P nirgends nachzu- weisen.

15<'> RUD. SCHNEIDER

Tsyovävmüav dh xal mxaiia ') xa 1, T, Y, <P, X, *P, 42, ,./ '-') avu(pv7j xoig 3) ./ß, Fz/, isZ, H0 xavovioig syovxa 4) nXatog xf« rcir/og xb avib xoTg xavovioig, xb ob evQvg 5) J«xrtUoi> <?,'-

IIOIQOV °).

"EtTxaMlav <T£ xcm xi; avÖqoi %aXxol xovipoi 01 fB rF, rJ rE, rg ,Z

,H ,0 7) /LiTjxo; t%mv i'xadxog s) tfaxrvAeoi' /?r, näyog db l'aov xo)v

xavoviiav '), tijv db SiafisxQov xov svqov; daxxvXov a'y 10).

'E%iTG)7ccv ob xal rsviKfVbTq xofxovg nsQixeifisvovg xf) xvqxTj

AB TA Et ZU

emtpaveia xwv xvXivöowr zovg MM, MM, M(M) il), MM, an*-

Xovxag ccTib xatv ,B fJ ,g ,11 12) öaxivlov a'ö 13) nXäio; ob £%J-

xwGav daxivXov öiitoiQov, na%og 6b i'tiov xwv xavovicov.

Ol Je ,B ,r , ,J rE , rg,Z, ,H ,0 u) xvXivSüoi 15) svtoßag t%J-

Kotfccv xccxa diä/ibxoov lag g, g, (g, g), l6) big ag n) xavöna ffißs-

P.130W ßXrjce 0a> ag/no(fxa xaxd xqöxayov xa 1S) M, M, M, M 19) |i*iJxo; e%ov *°) txarsQov daxxvXovg y', nXäxog dh daxxvkov difioiqov 21).

rsyorsvco rJt xal 2i) xb xaXovfJisror x a ii ä q i o v 23) r£» Gyj'jiiart oiov vnoyiyqanxat xb ABEJEZH-1), s%ov xi]v 2~J) jiitv T E iG)

') ni.tzihnu MPV. 2) 2TY<£X42 M. SJ rof? M ; r//< P V. 4) s%ovxa-xa.vovioiq fehlt PV. B) evqov M. 8) SifXoiQOv Weschor ; Ji/aoIqoü MP, doipolgov V. 7) ,iirr,,j,E, ,g,z,,//,@ Wescher; /; r ./ E,g rZ ,// ,0 P V. ,./ ,/< ,/' ,./ ,]') t'A iH r& M. K) /LiTjxog e/tov s/mozo; F ; /urjxog e/.ccatog hx"n' M PV vgl. 1.30, 2. 9) xavovlcov M; x«roVwr PV vgl. 129, 1 u. 11. 10) AI

M PV. ") (ji/) Wescher « ßa; figura ». '-) ,fi r^ /? r'^ Wescher « e.i' figura » ; ,li , l^ II P V //j x? // M. 13) 2 d1 ' ; ]7 x? d" M P V. »*) ot ,j ,// ,r ,//, rE ,/ ,// ,0 PV. '«) xiU^dpoi fehlt P V. "!, gg<gg> Wescher «ex figura » ;

,S Z M, gg PV. - - ,7) fiff fehlt M. IS) fehlt M. - '") M MM PV. - 2eJ t'/wv M. 21) (hu(H(>ov P V. 2a) de x«( F, cFä M, xal P V. --1) ««<!- nmr M - 24) ro AliTAK7.ll M; J/ P V. 23) 6/ov r»;«/ M, e/o*rt r^»* V, t/o/rt ro^üf P. -a) TE M. iE PV.

HERONS CHEIRORALUSTRA. 157

Es seien aber auch <S> Vierkante 2. T. Y. <D. X. «P. Si. ,A an die Eisenstäbe AB, r J, E Z, HO angesetzt, die mit den Eisen- stäben gleiche Breite und Dicke haben, und eine Weite (') von 2/V' (= 12,3 mm).

Es seien aber auch (4) leichte Cylinder aus Erz, ,B ,r , ,/l rE, rgrZ,rHr0, jeder mit einer Länge von 2" (= 37 mm), derselben Dicke, wie sie die Eisenstäbe haben, und mit einem Durchmesser ihrer Weite von 1 l/3" (= 24,6 mm).

Ihnen sollen aber auch Ringe angefügt sein, die um die kon-

I ii r j e g zu vexe Oberfläche der Cylinder herumlaufen MM MM MM MM

und von den (4) Punkten ,B ,J ,g und ,H 1 1/4" (= 23,1 mm) abstehen. Sie sollen eine Breite von 2/3" {— 12,3 mm) haben und eine Dicke wie die Eisenstäbe.

Die Cylinder ,B ,r, ,J ,E, ,c;,Z, ,H,& sollen in der Richtung des Durchmessers die Einschnitte g, g, (g, g,) haben, in welche kleine Eisenstäbe von der Seite eingepasst werden M M M M, die eine beiderseitige Länge von 3" (= 55,4 mm) haben, und eine Breite von 2/3" (=12,3 mm).

4. Es sei aber das sogenannte Kamarion, nach der Figur wie sie unten gezeichnet ist, ABTJEZH; die Linie rE soll

(') Die "Weite" (svQog) bezeichnet wohl den lichten Abstand, und die Ureile (nhiiog), denke ich, den umschliessenden Band des Ringes.

158

R. SCHNEIDER

nodbg u xal duxivXwv £'c< to diaßtr^icc rov xaitaQi'ov to OK l) daxTvXtüV (■'. Tb dt fxfjxog excnkqag twv A, Z 2) daxTvXwv <T, sxarsQag 3) dt tüov B, H daxT&Xwv ß' . to S& fjtsra^v diatfi-rjfia Tun' A, B xal Z, H \_6)g~\ i) daxivXoiv y'c. näyog dl i%kTU) i'cov Tun' TTQOsior/u'rcov xaroriwv.

Tb d& xaXovfievov xafiaxiov 5) söia to A M N 3 O II P 2. ix dvo xavoviov 6) xttt <Xpjtaaci o'iov vTtoy&yqunTcti, /uTjXog s%(ov b p. i:;iW((ii' 0IIP2 xavwv nodbg et xal docxxvXwv i\ b dt A M N 3 nodbg a xal daxTvXwv >/, nXäxog ngbg /.ih' ToTg Y T ~) /jh'qsGi di<- xtvXcik s) ß', Tiobg dt ToTg O II P 2 ddxivXov ad. 9) nä%og dt(- ■) l'xaöiog xun' 10) ArB, N,r, 0,z/, PrE ") ibo/iuir efftu) daxTvXcov B.

r -r

V

cod. M'fol. 58".

1 @K M, OK PV. - 2) AZ M, AB PV. - - ;1) exattgeeg M, txurtQov V. 4) [a>?] E Schi). B) xauüxiov M, xhfxt'cxiov Pb, xXtfidxtv Pa V. ' I y.ftvnvitov PV. 7) YT M; ^YT P V. - - 8) rfrcxrt'Aw»' PV. 9) ~Ä~J M. /4 0 P V. - ,u) u Post 7i(c%og de lacunam esse suspicatur vir doctis- simusVincent, quam explevit in hunc modwn nci/og JV ixdarov (ßa.y.rvXu)v ßf. /ufjxog Je ex«<xro»>) xtov xis. Ipse sxiiorov tG>v scripsi ex coniecturu ». r. -") lHNTÖTPEM J,U, N,r, 0,J, V,B Wescher; ~i b NP Ö J /' I PV.

IIERONS CIIEIROHALLISTHA 159

1' 7 ' ;'■/' (= 424,3 mm) betragen, die Weite im Licliten von 0 bis K aber 5" (= 92,4 mm) ; die Länge der beiden Stücke A und Z soll je 4" (= 74 mm) sein ; der beiden Stücke B und U je 2" (=37 mm);

cod. P fol. 70.

der Abstand im Lichten zwischen A und B, Z und K beiläufig 3 y2" (= 64,6 mm) betragen. Die Dicke aber soll dieselbe sein wie bei den vorher genannten Eisenstäben.

Das sogenannte Kamakion AM N S O 77 P 2 soll aus zwei Latten bestehen, der Figur entsprechend, wie sie unten gezeich- net ist; und die Latte O n P 2 soll eine Länge haben von 1' 10" = 480,5 mm, aber A M N 5 eine Länge von 1' 8" (= 443,7 mm) ; die Breite soll bei den Teilen Y und T 2" = 37 mm betragen, bei O n und P2 1 \W (=23,1 mm). Die Dicke... eines jeden der <4> Zapfen AfB,N,r, O ,,/ , P ,E soll 2" (= 37 mm) be-

160 RUD. SCHNEI OER

Ka dirjQrjGÜooGav ol A M N 'S, O TJ P ~ xavors; tlg zout l'Ga (I>, T, *P, Ä', Y, ü 1). x«? zsxQ-qGÜw %a fi&v T, Y 2) xaxa tb fjiTJxog TQtjfiaGi 7zagaXXr]Xoy()ä[ifJotg, zd dt <V, X, *P, ii tqi'^iciGi

GTooyyvXoi :.

Kai yeysvfjüd-oo dianrjytov zb T Y, £%or zb tih> fxrjxog %ooQlg zun' TOQficov daxTvXovg y , zb dt nXdiog daxzvXovg ß'c.

"EGtwGav dt xal GivXäoia tcc (I> X, *P/<?, 8%ovrcc !) ro iiT^xog X(ooic Tübv TOQficov daxzvXovg y', zb de nXäzog daxzvXovg ß'c. p. 132 w Kai xaOtfaüwGav 4) zd Tt r>) GzvXdqia xal zb diani'jyiov slg

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5. JlsnoiijG^oiGav dh xal xo) voeid Tj dvo zd ABT /, EZ HO, e%ov (Jihv ,0) txdztQov u) iiTjxog daxzvXmv id . Tb dt nd%og T&v AB, E Z xoQi>(jun> exdffzov xwvosidovg txk,0) daxzvXov li) zb Yjiigv, zb dt v-qg ßaGscog ndyog ixddzov zwv EA, H & daxzvXov d. E%t-

') <P T '!' X r 11 P. s) TY l'V; toi M. s) t'/oy M. - - ') xadi-

othoma' M. ) tu re M; tu j TV. B) i-ni oigßg Wescher; iniovQae L'V iniovQog M. - 7) A M N i\I « sed litteram M delendam notavit prima mannt » Wescher; AM PV a) Ol' M. y) öaxtvkwv r nXiaog dl F, düxTvXov a nXuTog tft M , fehlt in P V. lu) I^fov /ulv M h/oiuey V V i'/or 1"'. - •!) ixäzeQOP P6; tTtoov MPV. - '-) ihcxu'hor V X .

HERONS CHEIROBALLISTRA. ]G1

tragen. Nun sollen die Latten AMNS und 0 // P Z in drei gleiche Teile, d>, T, «P und X, r, £ geteilt werden ; dann soll T und F der Länge nach mit rechteckigen Löchern durchgebohrt werden; aber 4> und X, *P und ß mit runden.

Nun sei der Qnerriegel TV in einer Länge von 3" (=55,4 mm), ohne die Zapfen; in einer Breite von 2 l/2" (= 46,2 mm). Es seien aber auch <2> Stützen 0> X und *P & in einer Länge von 3" (= 55,4 mm), ohne die Zapfen ; in einer Breite von 2 l/2" (= 46,2 mm).

Nun sollen beide Teile, die Stützen und der Querriegel, in die Löcher der Latten eingelassen werden; und die Zapfen des Querriegels sollen hinten au den Latten festgenagelt werden, so dass die Latten zusammengehalten werden und deren Abstand im Lichten 3" (= 55,4 mm) beträgt.

Es sollen aber ferner an der Latte /i N und der Latte O P die (Träger) g , g zu beiden Seiten des Querriegels T Y festgena- gelt werden, die eine Länge haben von 3" (=55,4 mm), eine Breite von l"(=18,5mm) und eine entsprechende Dicke; in der Mitte sollen sie durchbohrt sein und von einander 2 V' (= 46,2 mm) abstehen.

5. Es sollen aber auch zwei k e g e ] f ö r m i g e K ö r p e r ange- fertigt werden AB r J und EZ HO, in einer Länge von je 11" (= 203,3 mm). Die Dicke der Spitze jedes Kegels AB und EZ soll Va" (=9,2 mm) betragen, die Dicke der Grundflächen rj undff© je 1" = 18,5.

•jß) RUÜ. SCHNEIDER

twdav dh xara fifjxog ötölyvccg vsTQCcywvovg xai ioQ{XOvg er l) rate A B, E Z xoQvyaic, mäis xavoviav ysvofie'vwv 2) (fvficpv&v xoUoic, äquoavibv ;?) rotg TOQfXoig xcä toTg atotfdiv, eIöxo^s- ö))ca 4) im T&v Gwb'p'cov xal rmv voq{imv ev toig xavoeidettt

yeyovoGir.

cod. M. fol. 57".

"Etfcwttav de ph' xavovia GviupvTj xoig xoixoig ia 5) KAMN, *OnP ) xoi'xoi ds ol KA, SO '), ävccxa/iTCag s) de exs-cmöav xavovia nqbg xoig nsgaGi tag 9) M N, IIP, vipog 6e 10) sfovdag öaxivXov tb rjfiiav . . .

') iv PV; fehlt M. 2) yeveaOai P V. - 3) cäy,oGTwv V V. 4) etoxo- ui&Bai Bruno Keil; ixxop&adai PV ixxoaui&aOai M. s) rtPVj *d «f! M. - 6) K .4 M A, HO 7/ 2' Wcsclier ; K M A P S U M, KAMNPSlI? V. ») KA&0 P. - K) «vafxvas M. 9) rö; Wesclicr, MPT. - ,0) M, fehlt P V.

HERONS CHEIROBALLISTRA

163

Sie sollen aber der Länge nach viereckige Rinnen haben, und Zapfen an den Spitzen AB und EZ, so dass die mit Ringen ver- sehenen Stücke, die für die Zapfen und Rinnen passend angefertigt sind, auf die Rinnen und Zapfen der hergestellten Kegel eingefügt werden können.

cod. P fol. 70».

Die mit Ringen versehenen Stücke sollen KAMN und SO 77 P heissen, die Ringe KA und SO. Die Stücke aber solleu (oben) an ihren Enden M N und II P jedes eine Umbiegung haben, deren Höhe Y2" (= 9,2 mm) beträgt. . .

1G4 RUD SCHNEIDER

Die Bestandteile der Schriftstückes.

Selieu wir uns nunmehr die Bilder einzeln an, unbekümmert um die Ueberschrift und ohne den Versuch zu machen, aus den Einzelabschnitten ein Ganzes herzustellen.

Das erste Kapitel handelt von zwei Latten, die durch den Schwalbenschwanz verbunden sind; die untere Latte ist auf der Rückseite oben und unten beschnitten, in der Mitte ist ein Stück in seiner ursprünglichen Dicke stehen geblieben. Am unteren Rande der unteren Latte ist ein halbmondförmiges Stück angesetzt. Wozu diese Konstruktion weiter gedient habe, wissen wir nicht. Ich will meinetwegen zugeben, dass man dabei an Geschützteile denken kann, weil die Diostra als Schwalben- schwanzfeder in die Syrinx (Schwalbenschwanznute) eingreift, auch das halbmondförmige Stück erinnert an die Wölbung des Gastra- phetes, worein der Schütze seinen Bauch stemmte, um die Arm- brust zu spannen. Aber, bei Lichte besehen, sind doch diese Aehnlichkeiten recht allgemeiner Art, unsere Konstruktion passt ebensogut auf verschiedene andere Dinge; und wenn sie denn durchaus zum Gastraphetes gehören soll, so ist sie kein Teil eines Geschützes (balista), denn eine Armbrust ist kein Geschütz, und sei sie noch so gross und stark.

Das zweite Kapitel « vom Verschlusse » erinnert weit lebhafter an technische Ausdrücke, die wir bei der Geschützbe- schreibung wiederrinden. KaraxXek heisst der Riegel, der in die seitlichen Zahnstangen eingreift, um das Spannen zu erleichtern; die Wörter di%)]Xov und a%<cc;z^Qict kommen dort auch vor, und die Funktion des dQctxuvrwv ist dieselbe wie die der axaffIVQlcc bei den Geschützen. Aber der Schein trügt. Zunächst ist die Ver- schiebung der Namen höchst auffallend, da die Techniker immer mit der grössten Genauigkeit dasselbe Ding mit demselben Namen bezeichnen. Und auch sachlich ergeben sich wesentliche Unter- schiede. Das ÖQaxovxiuv hat nach der Figur eine Krümmung die bei jener a%ciati-)Qia fehlt und zwecklos wäre. Unsere ayiaaii^iu heisst bei den Geschützen %h'q 5 während aber die « Hand » bei den Ge- schützen gerade ist, muss sie hier gebogen sein, weil sie von oben tiefer nach unten greifen soll. Und dC%i]lov heisst bei den G ehützen die Zweiteilung des eben besprochenen Geschützteiles,

HEKONS CHEIROBALLISTRA 165

hier aber ein ganz selbständiger Konstniktionsteil, von dem in den Geschützbesclireibnngon so wenig die Kede ist wie von der x^QoXaßtj und dem tiuccqiov.

Was die xa/Ltße'GiQtct des dritten Kapitels betrifft, so kommt das Wort nur hier vor (') und ist aus dem Griechischen nicht zu erklären: ich stimme daher einer Vermutung Hülsens bei, welcher annimmt, dass darin nichts anderes stecke als das lateinische campestria. Campestre heisst der Schurz (Augustinus de civ. Dei XIV, 17: campestria Latinum quidem verbum est, sed ex eo dictum quod iuvenes, qui midi exercebantur in campo, pndeuda operiebant; s. a. Forcellini s. v.); das beschriebene Gerät besteht aus zwei durch vier Stäbe verbundene Eisenringen, welche man sich als Bekleidung der Mitte eines hölzernen Schaftes oder einer Stange wol denken kanu (2). Aber kein einziger Teil erinnert auch nur im Entferntesten an irgend einen uns bekannten Geschützteil (:5).

Und mit derselben Sicherheit stellen wir fest, dass auch das vierte Kapitel {xanäqiov und xctßäxiov) und das letzte (xarosidT,) nichts mit dem Geschützbau zu tun haben.

In dieses Dunkel dringt plötzlich ein schwacher Lichtstral von ganz anderer Seite. Der Mathematiker Eutocius, aus Justinians Zeit, sagt in seinem Kommentar zu den Schriften des Archimedes (ed. Heiberg, Leipzig 1880, III p. 98) ganz beiläufig Folgendes: Fqc((fsiai d& r) nccQccßoXi] diu rov svqedsi'toq diaßrjtov rio Mi~ Xrßioj [irj%avixu) 'Iffidcoqco zip rj^isrsqro diduGxüXy, yqccyi-vzoq, d& vn^ avxov sig rb yeroiisvov avrih vnofivr^ia tmv "äqwvog xafia-

(') [Als Lehnwort kommt xä^imaxqov = campestre vor in einer soeben von Th. Beinach {Revue des etudes grecques 1906 p. 104) herausgegebenen und erläuterten Inschrift aus den Thermen von Aphrodisias in Karien : i&v Ttg e/ioi' %a'kxbv /ui) n ceoa^el^rj, ^re ev (povv3r\ ijrs iv xaixnlaTQM, uvrbv ra- ndasTCci. Ch. H.].

(2) Dass wir es mit einem Gegenstande römischen, nicht griechischen Ursprunges zu tun haben, wird (wie Hülsen bemerkt) durch die Maasso be- stätigt: dieselben gehen nämlich nicht auf den griechischen sechzehnteiligen, sondern auf den römischen zwölfteiligen Fuss zurück. Daher die in diesem (und nur in diesem) Paragraphen so häufigen Masse 1 Vs" = und«, 2/3" = se- muncia u. s. w.

(3) Prou in seiner phantastischen Rekonstruktion (oben S. 112) machl die xcciuJeotQicc zu Trägern der von ihm hinzugedichteten Hände : die Abbil- dung mag wenigstens zeigen, wie sich ein moderner Techniker den Gegen- stand in Metall ausgeführt denkt.

166 RUD. SCHNEIDER

oixSäv. « Die Parabel zeichnet man mit dem Diabetes, den mein Lehrer Isidorns ans Milet erfunden hat. Beschrieben hat er dieses Instrument in seinem Kommentar zu Herons Schrift Kamarika » .

Den Wert dieser kurzen Notiz hat bereits Baldi richtig er- kannt, nur darin irrte er, dass er hinter den xcc/iiccQixa ein Geschütz suchte (*) ; xa/jiaQa heisst die Wölbung, und diese Bedeutung passt ausgezeichnet zum Texte und Bilde unseres Frag- mentes. Und daraus folgern wir, dass Heron ein Buch « über die Gewölbe » geschrieben hat, und dass der Baumeister Isidorns von Milet, der im Auftrage Justinians mit Anthemius aus Tralles die Sophienkirche nach dem Brande von 532 wieder aufbaute, diese Schrift kommentiert hat, weil sie ein grundlegendes Werk über die Konstruktion der Gewölbe war.

Ueber die xmoeidTj, die kegelförmigen Körper, besitzen wir keine Tradition. Aber hier führen uns Text und Bild selber zu einem greifbaren Ziele. Das genaue Ineinanderpassen der Zapfen und Rinnen bezweckt doch offenbar einen luftdichten Verschluss; und « die mit Ringen versehenen Stücke » sind nach der Figur Röhren, die oben « eine Umbiegung haben ». Danach scheint es mir sicher, dass wir hier ein Instrument vor uns haben, durch das man Wasser aufsteigen lassen kann.

Ueberblicken wir nun nach diesen Einzelbetrachtungen das ganze Schriftstück, so haben wir leider feststellen müssen, dass wir über den Inhalt nur wenig Positives herausbringen. Nur das negative Resultat ist gesichert, dass vom Geschützwesen kaum eine Spur darin zu linden ist, und dass die Einzelabschnitte für sich stehen und sich nicht aufeinander beziehen (2).

(1) Baldi, Heronis Ctesibii Belopoeca seu telifactiva. Augsburg 1G1G. ]>. 71 « Scripsit praeterea quaedarn (Heron).. de Gamaricis. Ilarum machi- narum descriptionem quandam habemus in calce libri ßelopoeecon. » (nach Trou).

(2) Henri Martin, Recherches sur la vie et les ouvrages d'IIeron d'Alex- andrie (Mimoire* prcsentcs ä VAcade'mie des inscriptions et belies lettres t. IV, 1 Paris 1854) hat das Richtige herausgefühlt, sich aber zuletzt doch noch durch die Ueberschrift xst,(jnßcMiaTQK täuschen lassen. Er sagt p. 38 . rompose de trois parties; et le titre commun pourrait bien ne convenir qu'ä lapremüre, qui parait un fragment plutöt qu'un opuscule complet; et qul est peu intelligible. La x^QoßaXXlaTgn rCest pas nommöe dans le texte mdme man st-ulement dans le titre.

HERONS CHEIKOBALLISTRA 167

Dieses Resultat findet eine überraschende Bestätigung durch die einfache Aufzeichnung der Kapitelüberschriften :

Kavövsg

KluGig

KccjLißt'criQia

Kafiaoiov

Ka/iäxior

KmrosidTj

Alle diese Wörter haben den Anfangsbuchstaben K. Demnach haben wir dao Bruchstück eines (antikem Brauche gemäss nur nach dem ersten Buchstaben der einzelnen Worte geordneten) Lexikons für Konstrukteure vor uns, dessen Inhalt uns unklar bleiben musste, weil wir durch eine täuschende Gesamtüberschrift irregeführt wurden. Von dem richtigen Verständnisse der einzelnen Abschnitte sind wir allerdings noch weit entfernt, aber wir sind doch nun wenigstens auf dem richtigen Wege und dürfen hoffen, dass das Ingenium geübter Techniker, oder auch ein zufälliger Fund, uns weiter helfen.

Die Uebersclirift und das Schlusswort.

Die Uebersclirift unseres Fragmentes hat auf die Forscher genau so eingewirkt wie ein Gespenst: die einen wichen schau- dernd vor dem Anblicke zurück, die anderen folgten dem geheimnis- vollen Winken und Hessen sich in einen grundlosen Sumpf locken. Dagegen giebt es nur ein einziges Mittel, aber das hat auch noch niemals versagt; tritt mau dicht ans Gespenst heran und fragt es dreist nach Namen und Herkunft, so verschwindet es.

Also was heisst denn %HQoßaXXiavQ<x eigentlich? Das Wort giebt es gar nicht, weder bei den griechischen Technikern noch bei den griechischen Historikern. Und damit wir jede Gegenrede kurz abschneiden: auch ßaX{X)(axu, ßaX(X)iGxoct sind keine ursprünglich griechischen Wörter. Die Griechen kennen nur xuxanäXxi]q, xa- xccTisXx^g, XifroßoXog, nsxooßoXog u. dergl. ; nirgends ein Wort von der Stammstufe ßaX-, wodurch es mir beinahe zweifelhaft wird, ob die heutigen « Balistiker « ihren Namen mit Recht vom Ver- bum ßaXXnv herleiten. Sicher ist jedenfalls, dass das älteste Zeug-

1G8 RUD. SCHNEIDER, HERONS CHEIROBALLISTRA

nis für « Balliste » aus dem Lateinischen stammt und dort den Grundstock bildet für allerlei Ableitungen und Kompositionen: balistarius, arcubalista, carrobalista, manubalista etc., und dass erst die Byzantiner nach diesem römischen Vorbilde diese Ausdrücke in ihr Griechisch aufgenommen haben. Die richtige Schreibung der einzelnen Wörter ist bisher weder für das Lateinische noch für die Byzantiner genau festgestellt, man schwankt zwischen: balista und ballista, zwischen balistarius und balistrarius, zwi- schen xBiQoßaXUarQa und xeiQoßoUa-cqu u. s. f. Aber das küm- mert uns hier nicht weiter, denn es kann in keinem Falle die Tatsache umstossen, dass die Byzantiner die lateinischen Wörter übernommen haben, und dass also xsiQoßallidiQcc in unserer Ueberschrift nach dem lateinischen Worte manubalista gebil- det ist (»).

Haben wir somit festgestellt, dass ein byzantinischer Biblio- thekar dem überlieferten Fragmente einen Namen gegeben hat, um es zu rubrizieren, so brauchen wir uns wohl nicht weiter den Kopf zu zerbrechen, warum er gerade diesen Namen gewählt hat. Es kann ja sein, dass der Autor der Ueberschrift ein bischen von der Sache verstand und dass er durch die Figur zum ersten Ka- pitel an den rc«jroa<psvr]g des Heron erinnert wurde, der unten auch ein « mondförmiges Stück » als Ansatz zeigt und oben einen «« Schwalbenschwanz » ; vielleicht hat auch die Beischrift auf der zweiten Figur auf ihn eingewirkt: aber das sind alles Nebensa- chen, die nur dadurch ein gewisses Interesse haben, weil durch den falschen Namen für Jahrhunderte eine falsche Auffassung her- vorgerufen worden ist. Denn ohne diese irreführende Ueberschrift wäre sicherlich unsere Schrift längst als das erkannt worden, was sie ist: als ein Fragment aus einer Konstruktionslehre, die aus guten Quellen in lexikalischer Ordnung zusammengestellt wurde.

Heidelberg. Rudolf Schneider.

C) Ich läugne natürlich nicht, dass die Römer die Geschütze und deren Namen von den Griechen in hellenistischer Zeit entlehnt haben; aber ich bestreite die landläufige Ahleitung vom Verbum ßäXXeiv mit Entschiedenheit. Die militärischen Kunstausdrücke verdienen eine sorgsame Untersuchung, die für Sprache und Geschichte wertvolle Resultate bringen wird.

DER DORISCHE TEMPEL BEI S. NICOLA IN CARCERE.

(Mit Taf. V).

Während den Architekten der Renaissance für ihre Studien über composite, korinthische und ionische Ordnung ein äusserst reichhaltiges Material in den Bauten der römischen Kaiserzeit zu Gebote stand, waren Monumente dorischer oder « tuscanischer » Ord- nung ihnen nur in geringer Anzahl zugänglich. Die unteren Stock- werke des Colosseums und des Marcellustheaters, die Reste der Basilica Aemilia am Forum, die Substructionen des Caelius bei S. Giovanni e Paolo (sog. Vivarium), ein jetzt verschwundenes Grab bei Ponte Nomentano (v. Fabriczy Giuliano da Sangallo S. 51. 81) sind deshalb immer und immer wieder aufgenommen worden, und ihre Zeichnungen von einem Künstler zum andern, aus einem Musterbuch ins andere gewandert: denn der praktische Gesichtspunkt der Wiederverwendung für moderne Bauten stand bei diesen Auf- nahmen fast immer in erster Linie. Zu den im sechzehnten Jahrhun- dert viel studierten Monumenten dorischen Stils gehört auch ein heut nur noch zum Teil erhaltenes, der südlichste unter den drei Tempeln bei S. Nicola in Carcere am Forum holitoriuin : eine Zusam- menstellung der Renaissance - Zeichnungen und eine kritische Erör- terung ihres Wertes scheint um so erforderlicher, als in der neuesten Monographie (*), die sich mit diesem Bauwerk beschäftigt, jenes

(') R. Delbrück, Die drei Tempel am Forum holitoriuin in Uom (1903). Auf S. 8. werden ausser Serlios und Labaccos Publikationen noch citieit « B. Peruzzi Ufliz. n. 477. 478. 536. 537. 573. 631 » (das sind die von Lanciani, Ruins and Excavations S. 514 angeführten Blätter) und » Sangallo Uli/. 1657; danach lieber Ruinen Korns Taf. zu S. 208». Schon aus X. I-Yrris In- dice geografico-analüico dei dlsegni di architettura d-- Uleria degli

U/fizi (Rom 1885) hätte D. entnehmen können, wie zahlreiche Blätter sich ausserdem allein in Florenz befinden.

12

170 CH. HUELSEN

reiche und wichtige Material sehr mit Unrecht fast ganz vernach- lässigt ist.

Ich stelle zunächst die mir bekannt gewordenen Zeichnungen, die sich ganz oder hauptsächlich auf den südlichen Tempel be- ziehen, zusammen. Manches, und vielleicht manches wichtige wird sich noch in mir unzugänglichen Sammlungen verbergen, oder in den von mir durchgesehenen übergangen sein (J) : mögen diese Zeilen dazu beitragen, solche Nachträge ans Licht zu fördern !

I. Baldassarre Peruzzi (1481-1536) hat, als er für die Massimi ihren Palast auf den Ruinen des Marcellustheaters um- baute, die drei Tempel, wie überhaupt alle benachbarten Ruinen, für sein beabsichtigtes libro dell'Antichitä di Roma, gründlich studiert. Auf den dorischen beziehen sich:

Uffiz. 477. Sorgfältige Federzeichnung mit vielen Maassen in braccie Fio- rentine. Plan, Aufriss der Fassade, Profil von Kapitell und (iebälk, Ober- schwclle und Gewände der Tür. Reproduziert auf Tf. V.

Uffiz. 478-f- 631. Desgleichen. Pläne aller drei Tempel; vom südlichen nur ein kleiner Teil (2).

Uffiz. 536. Skizze in Rotstift. Profil von Kapitell und Gebälk « in carcere Tulliano »; Plan des Tempels « prope theatrum Mareelli».

Uffiz. 536 v. Skizze in Rotstift mit wenigen Maassen. Plan des Tempels und Profil des Türgewändes.

Auf Peruzzi beruhen (3) die von Seb. Serlio {Architeltura, 1551) publizierten Zeichnungen (1. III p. 25: Plan des dorischen

(l) Absichtlich nicht weiter berücksichtigt ist im Folgenden der kurze Abschnitt aus Ligorius Bodleianus f. 14 (Middleton, Archacologia, LI, 1, p. 196), wo zwei restaurirten Plänen des mittleren und südlichen Tempels beigeschrieben ist: Quesle (lue piante sono delli due templi; questa pianta disegniata minore et segniata A e di un tempio Dorico ; la pianta mag- giore ctie segnata G e del tempio lonico. Ambedue li templi parte sono pigliati dalle ruine, et parte le ho consideratc dalle istesse ruine, secondo si e potuto considerare. I detti templi erano Vuno appresso deWaltro, come mostrano le presenti piante.

(3) Die beiden Blätter 478 und 631 sind seit Jahren als zusammenge- hörig erkannt und vereinigt : sie waren es freilich noch nicht, als Lanciani .-'■ine Studien über die Florentiner Zeichnungen machte.

(9) Vgl. Vasari Vita cli Baldassarre (vol. IV p. 606 ed. Milanesi 1879): rima i molte cose di Baldassarre, Sebastiano Serlio bolognese ; il

quäle [<■< e il terzo libro deWarchitettura ed i! quarto deWantichitä di Borna misurate; cd in queste le giä dette fatiche di Baldassarre furono parte messe in margine, e parte furono di molto aiuto alVautore.

DER DORISCHE TEMPEL BEI S. NICOLA IN CARCERE 171

Tempels; p. 26 Kapitell. Gebälk, Türgewände; 1. IV p. 19 v. : Kapitell allein).

II. Skizzenbuch aus dem Anfang des 16. Jhdts., sog. An- dreas Coner, (') im Museum Soane in London (herausgegeben von Ashbj, Papers of the British School al Home vol. II. 1904) f. 74. Saubere Federzeichnung, mit Lineal, in den Schatten ein wenig laviert. Perspektivische Ansicht des Kapitells mit vielen Maassen nach Florentiner oiice und minuti; vom Architiav darüber nur die Hauptmaasse verzeichnet.

Copiert nach dieser Zeichnung resp. nach gemeinsamer Vorlage ist ein Kotstiftblatt ohne Maasse, in Casa Buonarroti in Florenz. S. Ashby p. 82. Dass dies letztere eine eigenhändige Zeichnung Michelangelos sei, bestätigt mir Hr. Dr. H. E«-£rer.

III. Sehr eingehend haben sich die San gallo, namentlich An- tonio d. J. mit dem Tempel beschäftigt: wir werden unten (S. 176) sehen, aus welchem äusseren Anlass. Ausser den nachstehend ver- zeichneten Blättern finden sich gelegentliche Erwähnungen des dori- schen Tempels auch auf anderen, welche hauptsächlich den mittleren und nördlichen behandeln. Alle Blätter bei denen nichts anderes bemerkt ist, sind Handskizzen in Federzeichnung, ohne Lineal und Zirkel, von Antonio d. J. :

Uffizi 1090 (Ferri Inclice p. 195). Skizze mit vielen Maassen : « questo era Joricho caveva lo intercolumnio degli angoli piü stretti tanto che il trigliffo veniva in sul canto e le metofe si erano equale e le colonne none avevano basi».

Ufliz. 1090 v. Vordere Ecke des Tempels, Plan mit einigen Maassen.

TJffiz. 1174. Pläne aller drei Tempel und Kekonstruktionsversuche, namentlich auf Grund der Aufnahmen Bl. 1090. Dem dorischen ist beige- schrieben: «questo aveoa li triglifi, in sul canto eile metofe eguale, maliin- tercolumni di sul cantone erano piü stretti chelli altri d'da 8, cosl delli

(') Die Benennung des Skizzenbuches beruht darauf, dass auf f. 47 ein Brief dieses Gelehrten an Bernardo Bucellai (über das Menologium rusli- cum Vallense) in Abschrift enthalten ist. Aber Coner war, wie der Brief und die von Ashby im Anhange S. 75-79 herausgegebenen Dokumente zeigen, Philo- loge und Astronom, und verstand ohne Zweifel mehr Latein als der Autor der Zeichnungen. Eher dürfte der Zeichner oder Sammler ein den Kucellai naheste- hender Florentiner Architekt gewesen sein, worauf auch schon die durchgän- gige Anwendung des Florentiner Maasstabes hinweist. Vgl. auch H. Egger's Besprechung in den Wiener « Kunstgeschichtlichen Anzeigen » 1906 n. 3.

r/2

CH. HUELSEN

(due) lali come per faccia, quäle e uno dei due inconvenienli che dice Vi- truvio che sie quando si mette li triglifi in sulli canti che necessario o che si faccia ditto intercolumnio piü stretto e la metofa del canto piüllarga chellaltri ».

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Fig. 1.

Uffiz. L230 (Ferri Indice p. 195. 199). Gebälk, mit Maassen: « la cor, doriea di giovc Statoren. Durchgestrichen. Darüber: Versucb der Triglyphen- ung, ähnlich 1090.

üffiz. 1233 (Ferri p. 195). System der Intercoluinnicn (ohne Maa und Gesims (mit wenigen Maassen): « di love Statore».

DER DORISCHE TEMPEL BEI S. NICOLA IN CARCERE

IT:'.

Nach diesem Blatt ist copiert (von Gio. Battista da Sangallo) Uffiz. 1270 (Ferri p. 199): « cornice dorica di guel tempio presso S. Nicola; porta delle

carceri ".

Uffiz. 1372 (Ferri p. 199. 195). Schcmatischc Skizze von Podium, Siiulen-

> Jörne Y) ^pr>

Fig. 2.

Ordnung und Gebälk mit wenigen Maassen : « Tempio doricho acanto S'° Ni-

chola».

Uffiz. 1373 v. Planskizzen der drei Tempel; der südliche bezeichnet

u quello del fieno achanto a Sto. iXiehola».

Uffiz. 1374 v. Plan der Pronaos (ohne Masse) und Skizze der Thiir (mit wenigen Maassen): « achanto a S. Nichola in charcere ».

174 CH. HUKLSEN

Uffiz. 1375. Gio. Batt. da Sangallo (Ferri p. 190). Thüreinfassung mit vielen Maassen in braccia und minuti. « Questa porta doricha si e dirieio savegli a rischontro a S. Nichola in charciere cioe alla porta del fiancho ».

Uffiz. 1376 (Ferri p. 195). Skizze in Rotstift, einiges mit der Feder nachgezogen. Grundriss der Vorhalle : « a Santo Nichola in carcere adentro ».

Profil des Kapitells mit zahlreichen Massen: « chapitegli di queslo edifizio di studio ».

Uffiz. 1377 (Ferri p. 195). Grundriss mit Maassen an der Rückwand des Tempels: « da mezo a mezo delle cholone da chapo, perche non si puo misurare dapie». Nach einer von mir genommenen Pause reproduziert (in er. lU der Originalgrösse) S. 172 Fig. 1.

Uffiz. 1377 v. Aufriss des Gebälkes und der Giebelecke, mit vielen Maassen. « Di dentro posava la volta suWarchitrave coine qui in disegno Archi- traue groso el suo letto dove posa sulle cholonne B. I o. 3 ». Nach einer Pause, die ich der Güte von IL Brockhaus verdanke, reproduziert (in '/-) S. 173 Fig. 2.

Uffiz. 1657. Gio. Batt. da Sangallo (Ferri p. 195. 199). Planskizzen aller drei Tempel, mit vielen Maassen, einige Details. Reproduziert auf Taf. V.

Uffiz. 1658. Derselbe (Ferri p. 195. 199). Profil des Thürgewändes, mit Maassen. « Cornicie de quell o tempielto dove staoa giä el fieno acanto a Santo Nicola in carciero, sta nel cortile de farnese adesso, del difizio dorico ».

Uffiz. 1883. Derselbe. (Ferri p. 195). Fassade des dorischen Tempels, flüchtig mit wenigen Maassen. « Acanto S. Nicola in carcere ».

IV. Andrea Palladio (in Rom 1541-1548) hat unter seinen Zeichnungen, früher in der Sammlung des Duke of Devon- shire, jetzt im Royal Institute of British Architects in London, Band XL Blatt 5, Grundriss, Aufriss und Details vom dorischen Tempel. Sorgfaltige Linearzeichnungen, in den Schatten etwas laviert.

- Questo lempio c appresso S. Nicola in Carcere Tuliano, et c di travertlno, coperto di studio » . Masse in Vicentiner Fuss (zu 12 once zu je 4 minuti: der Maasstab am oberen Rande angegeben). Beiste- hend (Fig. 3) auf etwa '/3 der Originalgrösse reduziert.

Nimmt man hierzu noch die publizierten Blätter in Antonio Labaccos Libro appartenente all' Architettura (Tf. 24 Plan und Gesamtansicht der drei Tempel; Tf. 25 grössere Perspektivansicht des dorischen Tempels allein), so wird jeder Sachkundige zugeben, ilass wir für nicht viele der verschwundenen Monumente des alten Roms ein so reiches Material besitzen, wie für den « lempio dorico » . Und die Zeugen, auf welche dies Material zurückgeht, sind in hohem Grade sachverständig und vertrauenswürdig. Selbst wenn nur die eine Zeichnung Baldassarre Peruzzis n. 477 auf uns gekommen

DER DORISCHE TEMPEL HEI S. NICOLA IN CARCERE

175

Piff. 3.

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wäre, dürfte sie nicht unberücksichtigt bleiben; werden nun Pe- ruzzis Angaben noch durch andere von ihm unabhängige (') Zeug- nisse bestätigt, so hat eine methodische Untersuchung die Pflicht, mit ihnen als mit Tatsachen zu rechnen (2).

Fassen wir zunächst zusammen, was sich aus den Angaben Peruzzis und Sangallos über die Gesamtanlage des Tempels ergiebt. Es standen in der ersten Hälfte des 16. Jhdts. nicht nur, wie heute, einige Säulen des nördlichen Pteron, sondern auch grosse Teile des Pronaos, ferner die Cellamauern und das rückwärtige Pteron: von allen drei Tempeln war damals dieser der am besten erhaltene (3). Wahrscheinlich in dem Dezennium 1540-1550 fiel er dann der Zerstörung zum Opfer: bei welcher Gelegenheit, deutet uns die Beischrift auf Gio. Batt. da Sangallo's Blatt 1658 an : « comice di quello tempio clove stava giä ü fieno [vgl. n. 1373 « quello del fieno »] accanto a San Nicola in Carcere, sta nel cortile de Farnese adesso, del edißäo dorico » . Ohne Zweifel gehörte also der Tempel zu den zahlreichen antiken Gebäuden, die für den Palazzo Farnese, wahrscheinlich in der grossen Bauperiode 1542- 1549, Material liefern mussten; dass urkundliche Belege dafür bisher nicht zu geben sind, kann nicht verwundern, wenn man be- denkt, wie wenig die (von Lanciani slor. d. scavi 2, 149 f. zusam- mengestellten) Dokumente gerade darüber lehren, woher die Ma- terialien genommen wurden.

(') Von Peruzzi abhängig scheint, ausser Serlio, auch Palladio : auffällig ist namentlich, dass auf demselben Palladio-Blatte links unten (unbezeichnet) das rrofil vom Basament des Grabes der Caecilia Metella erscheint, gerade so wie bei Peruzzi 477. Doch scheint er, wofür sowohl die Verwendung des verschiedenen Massstabes wie manche Abweichungen im Einzelnen (s. u. S. 180 Fig. 5) sprechen, die Details selbst aufgenommen und gemessen zu- haben.

(2j Delbrück, der freilich das Material nur sehr ungenügend gekannt hat, verwirft diese sämtlichen Zeugnisse weil « die Zeichnungen der Renaissance - Architekten bei ihren starken Abweichungen von der Wirklichkeit [wir werden unten seilen wie es sich damit verhält] nicht zur Ergänzung verlorener For- men und Maasse zu gebrauchen sind ». Ich kann dies Verfahren nicht eben lugisch finden. Wer einem Peruzzi und Sangallo nicht traut, dürfte conse- quenter Weise auch die Angaben Caninas und Uggeris nicht verwerten.

Dies bestätigt auch die Häufigkeit der Zeichnungen: ist er doch der einzige von den dreien, den Serlio überhaupt, und den Labacco in grös- m Maasstabe in seine Sammlung aufgenommen hat.

DER DORISCHE TEMPEL BEI S. NICOLA IN CARCERE 177

Ueber den Grundriss des Tempels, von dem nach Delbrück so gut wie nichts bekannt wäre ('), können wir demnach folgendes als gesichert annehmen : es war ein Peripteros mit acht Säulen in der (dem Forum holitorium zu, nach Osten gerichteten) Front, elf Säulen an den Seiten. Die Vorhalle war drei Intervalle tief: ihre Ausgestaltung bleibt infolge der starken Zerstörung ungewiss (2). Erhalten war die Vordermauer der Cella, und in ihr die unge- wöhnlich hohe Tür mit marmornem Gewände (')• Grossenteils erhalten waren auch die äusseren Langwände der Cella: sie waren, entsprechend den sieben Säulen der Ptera durch ebensoviele Pi- laster gegliedert. Das Material der Cellamauern war Peperin.

Die Angaben über die Axweite der Säulen des Pterons stim- men hinlänglich zu den von Delbrück festgestellten, um die Genauig- keit der alten Aufnahmen zu gewährleisten. Peruzzi und Sangallo 1377 geben dafür br. 3 m. 14 = m. 1,865, Sangallo 1657 giebt 6 p. 6 onc. = m. 1,92 (m. 1,875 Delbrück). Dagegen weichen sie nicht unerheblich ab für die Säulendicke. Delbrück giebt den un- teren Durchmesser an mit 625 mm., die Zahl für den oberen ist auf seiner Taf. II augenscheinlich fehlerhaft mit 452 eingeschrie- ben, vielleicht ist 542 gemeint. Dagegen haben

Peruzzi Sang. 1377 Sang. 1657

unterer Durchm. br. 1 m. 18 br. 1 m. 20 p. 2

= m. 0, 707 =m. 0,728 = m. 0,735

oberer Durchm. br. 1 m. 5 br. 1 m. 3

= m. 0,604 =m. 0,574

Canina giebt p. 2 o. ' /. = m. 0,663 und p. 1 o. 9 = m. 0,569 an.

(') S. 23: « Die Fassade sah nicht nach Norden, weil hier der mittlere Tempel so nahe an das Podium herantritt, dass kein Raum für die Treppe bleibt; wohin die Fassade aber gerichtet war, ist unbekannt, ebenso Länge, Breite und Form des Tempels ».

(2) Vgl. Serlio p. 25: 11 portico inlorno al tempio era lacunariato, cioe fatto a quadroni (flüchtige Andeutung von « lacunari » haben die Zeich- nungen Sangallos Uffiz. 1174), ma la parte davanti spacciosa non si com prende in che modo fasse coperta per essere ruinata.

(3) Die Oberschwelle der Tür lag in gleicher Hübe mit dem Abacus des Kapitells der Säulen, wie Peruzzi und Sangallo ausdrücklich bezeugen (diese Dimensionen giebt der Tür auch Labacco Tf. 25, während Serlio sie zu klein

178

CH. HUELSEN

Direkt messbar ist heute keine einzige Säule, da alle zur Hälfte und mehr eingemauert sind. Auch ist Bearbeitung und Erhal- tung der einzelnen Schäfte so verschieden, dass sich volle Ueber-

"■v" . " ^*

Fi. 4.

einstimmuug in den Maassen nicht erwarten lässt. Die einzige von aussen sichtbare Säule des nördlichen Pfceron ist in Fig. 4 wie-

dergegeben.

zeichnet). Die Grösse der Tür wird dadurch erklärlich, das.s sie die einzige Lichtquelle für den Innenraum bildete; Serlio a. a. 0. Bagt ausdrücklich: non vi si veggono veslvji di finestre.

DER DORISCHE TEMPEL BEI S. NICOLA IN CARCHRE 179

Nicht minder wichtige Aufschlüsse geben uns die alten Zeich- nungen über die Einzelformen des Tempels. Ganz verloren ist heutzutage das Giebelgeisou mit weit ausladender Hohlkehle: zu seiner Rekonstruktion bieten die Detailzeiclinungen Peruzzi's und Sangallos hinlänglichen Anhalt.

Das Gebälk war im 16. Jhdt. gleichfalls besser erhalten. Das Gesims au der Aussenseite hatte als oberstes Glied eine ziem- lich stark ausladende Hohlkehle mit schmalem Streifen darüber. Heutzutage fehlt diese: statt ihrer sieht man nur einen er. 10 cm. hohen Streifen mit rauher Oberfläche (')• Irrtümlich giebt Delbrück's Zeichnung Tf. II hier eine senkrechte glatte Fläche: im Text wird dies Gebilde beschrieben als « stark ausladendes Blockgesims mit wagerechter Häugefläche und senkrechter Stirnfläche, die in zwei gleich hohe Streifen zerlegt ist » eine unschöne und plumpe Form, für die sich im Bereich der griechischen und italischen Ar- chitektur keine Analogien linden lassen.

Dem Friese sehreibt Peruzzi bei: ' opera dl tiburtino giä co- perta dl stucchi ' ; und offenbar ist von der Dekoration hier schon im 16. Jhdt. nichts mehr vorhanden gewesen. Den Triglyphenfries mit Waffen in den Metopen auf Labaccos Stich wird natürlich niemand ernst nehmen; auch die Beischriften A. da Sangallos zu Uff. 1090 und 1174 sind nur als Erläuterungen zu einer hypothetischen Kekonstruktion zu betrachten.

Den Architrav, den äusseren wie den inneren, zeichnen die alten Architekten sowie er sich jetzt zeigt. Sehr bemerkenswert ist dagegen die Differenz in der Darstellung des Kapitells. Während jetzt über dem obersten glatten Streifen des Schaftes nur ein ein- faches dorisches Kapitell mit niedrigem straffen Echinus und ebenfalls niedrigem Abacus sichtbar ist, zeichnen die Architekten der Renaissance ein weit reicheres, durch Riemcheu, Stäbe und Kymata belebtes Profil. Delbrück (S. 8) findet sich mit dieser Dif- ferenz sehr leicht ab, indem er erklärt, Peruzzi habe sein Kapitell « ähnlich dem vom Scenenhause des Marcellustheaters •>, Sangallo das seinige « ähnlich dem aus dem Stadium des Palatins » (das aber erst im 19. Jhdt. bekannt geworden ist) ergänzt. Wer einige

(') Hr. Dr. H. Egger macht mich darauf aufmerksam, dass die oberste Hohlkehle möglicherweise auf dieser rauhen Fläche in Stuck anmodelliert war.

180

CH. HUELSEN

Vertrautheit mit der Arbeitsweise der Renaissance-Architekten be- sitzt, wird es unglaublich finden, dass beide Künstler sich das Ver- gnügen gemacht haben sollten, einem von ihnen restaurierten Detail so viele genaue Masse beizuschreiben. Die beistehende Figur 5 gicbt die Profile nach den vier wichtigsten Zeichnungen: die Ue- bereinstimmung ist so gross, wie man sie bei nicht in Stein ge-

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Fig. 5.

hauenen, wohl auch in der Ausführung und Erhaltung verschie- denen Formen erwarten kann. Unsere Gewährsmänner haben ohne Zweifel alle nur gezeichnet und gemessen was sie sahen ; und die scheinbare Differenz mit dem heutigen Zustande erklärt sich durch die wiederholte ausdrückliche Angabe, Säulen und Kapitelle seinen dl studio oder coperte di stucho gewesen. Der jetzt übrige Tra- vertin-Abacus und Echinus sind nur die Unterlage, übe* welche jene Zierglieder in Stuck anmodelliert waren: wie man sich das zu 'lenken hat, und wie die Maasse der alten Autoren dazu stimmen, mag Figur 6 zeigen.

DER DORISCHE TEMPEL UFA S. NICOLA IN CARCERE

181

Dass diese Kapitellform die ursprüngliche des Tempels ge- wesen sei, kann natürlich nicht mit Sicherheit behauptet werden : möglich dass die erste einfacher war, und sich derjenigen der Ka- pitells vom Tempel des Juppiter Latiaris (u. S. 186) näherte. Bei

Fig. 6.

späteren Restaurationen wurden dann allmählich reichere aufge- tragen, in ähnlicher Weise wie dies bei dem Tempel aui Ponte Rotto (Delbrück Tf. III, 1) oder dem Magna Mater-Tempel auf dem Palatiu der Fall ist.

Die Berichtigungen und Ergänzungen, welche wir so aus den alten Zeichnungen gewinnen, wirken aber wesentlich ein auf die Ge- samtresultate der D. 'sehen Untersuchung. Weder die relative noch

182 CH. HUEI.SEN

die absolute Chronologie der Bauten, wie D. sie ermittelt zu haben glaubt, lässt sich aufrecht erhalten.

Für den ältesten Tempel erklärt D. den südlichen « dori- schen » und zwar nur auf Grund stilistischer Analyse der Einzel- formen, da er sich die Beurteilung des Grundrisses durch Nicht- beachtung der älteren Quellen unmöglich gemacht hat. D. findet (S. 24) : « ohne weiteres wird jeder zugestehen, dass seine (des dorischen Tempels) Formen ganz ungriechisch sind, die der beiden anderen Tempel aber hellenistisch, dass er also, wie die römische Kunstgeschichte verlaufen ist, älter sein muss als seine Nachbaren » . Die Säulen, heisst es weiter S. 45 sind ausgesprochen etruskischen Stils, mit glattem Schaft, und einem Kapitell, das fast nur in Etrurien und Nordafrika einige Analogien hat.

Nun sind aber sämtliche Säulenschäfte (wie D. S. 23 selbst angibt) gerauht zur Aufnahme von Stuck. Ob dieser Stuck eine glatte cyliudrische Fläche repräsentierte, oder ob flache Kanneluren an- modelliert waren, ist nicht zu entscheiden ; für die erste Möglichkeit spricht Sangallos Zeichnung Uff. 1657 (S. Tf. V) vom > Capitello dello Loscano ».

Auf die Form des Kapitells legt Delbrück besonderes Gewicht; am Schlüsse seiner ausführlichen Erörterung bezeichnet er es als « eine nicht unwahrscheinliche Vermutung dass hier vielleicht eine chalkidische Säulenform vorliegt, die in vorderasiatischer Tradition stände und von den chalkidischen Colonien Campaniens sich nach Mittelitalien und Afrika verbreitet und dort im stillen Wasser erhalten hätte, während sie in Griechenland früh von den kano- nisch-dorischen Formen verdrängt worden wäre . Sehen wir, wie es mit der Begründung steht.

Für den chalkidischen Ursprung soll beweisen die Amphora bei Gerhard AV. 190 (das Original, nach einer freundlichen Mit- teilung F. Hausers, j. in Paris Cabinet des medaüles). Auf dieser ist eine Säule mit mykenischen Toruskapitell (also sehr verschieden von dem römischen) sichtbar, um deren Hals eine horizontale Linie geht. Dass das einen breiten Halsmantel bedeuten solle, ist ganz unsicher, da die Hauptsache, nämlich ob der Streifen plastisch abgesetzt sein soll (wie auch D. selbst zugiebt) gar nicht zu sehen ist. Darauf dass die Säule keine Kanneluren hat, wird bei der Dar- stellungsweise schwarzfiguriger Vasen wohl Niemand Gewicht legen.

DKR DORISCHE TEMPEL BEI S. NICOLA IN CARCERE 183

Reichlicher sind scheinbar die rnittelitalischen Beispiele ; aber schon das einzige welches D. abbildet, die Mittelstütze in der Grotta della Colonna bei Bornarzo (') zeigt in der Kapitellform wesentliche Unterschiede, da dort kein Abacus und statt des breiten Halsmantels nur ein schmaler Streifen vorhanden ist. Das Fehlen von Kauneluren am Schaft ist hier auch kein Beweis, da es sicli gar nicht um eine Vollsäule, sondern um eine Stütze von unre- gelmässigen Querschnitt handelt. An den Grabfassaden von Nor- chia sind heutzutage nur ganz kümmerliche und fast formlose .Reste vom Abacus des Kapitells vorhanden ; Delbrück hält sich an Cauinas Kecoustruction {Etruria marütima II Tf. 94), deren Zuverlässigkeit er durch eine sehr gezwungene Argumentation zu retten sucht (2). Schlägt man Cauinas Werk selbst auf, so wird man erstaunen, wie D. an diesen winzigen und schematischen Zeichnungen charakterische Aehnlichkeit mit dem römischen Ka- pitell zu erkennen in Stande gewesen ist. Noch mehr aber wird man überrascht sein wenn man Caninas andere beiden auf diesel- ben Grabfassaden bezüglichen Tafeln ansieht: Tf. 93 zeisffc statt der Säulen quadratische Pilaster mit ganz verschiedenen Kapitel- len, und der stato attuale Tf. 91 bestätigt, was auch in Text (p. 68) ausdrücklich steht, dass Canina von den Säulenschäften gar nichts mehr gesehen, und die Kapitelle frei ergänzt hat ! Sehr entfernt

(') Nach der Zeichnung Knapps Mon. delVIst. I Tf. 40, deren geringe Zuverlässigkeit im Vergleich zu Dennis ( Cities and Cemeteries of Etruria I3 p. 167) neuerdings Petersen (in diesen Mitteilungen 1904, 247) dargetan hat.

(2) S. 44: «die Felsfassaden von Norchia scheinen Säulen zu haben, welche denen des tuscanischen Tempels sehr nahe stehen. Die Capitelle glei- chen sich nach Caninas Reconstruction , auch in Norchia sind die Schäfte glatt und fehlen die Basen. Die Photographioen lassen nicht erkennen, ob Canina die Formen richtig auffasste ; dafür spricht aber der Umstand, dass sie ihm wenig geläufig waren, und man nicht versteht wie er auf sie geführt wurde, wenn nicht durch das Aussehen der Reste «. Als ob Canina oder seine Zeichner bei dem Grossbetriebe, der in seinen Ateliers in den vier- ziger Jahren berrschte, für millimeterhohe Details viel Zeit und Gedanken übrig gehabt hätten ! Die ganzen auf die Gräber von Norchia bezüglichen Tafeln sind nichts als eine Ueberarbeitung der Leuoirschen (Mem. dell'Istit. I Tf. 18), mit wenigen auf eigener Beobachtung beruhenden Veränderungen und Zusätzen Ein Kapitell aber wie das Tf. 94 zu rekonstruieren konnte dein Autor der Ar- chiteltura antica wahrlich nicht schwer fallen.

184 CH. HUELSEN

ist auch die Aehnlichkeit mit den Waudpilastern in den Gräbern von Cerveteri und Corneto.

Die Säule vom Mons Albanus (Fig. 8 S. 186) zeigt, neben eini- gen Aehnlichkeiten, auch manche Abweichungen, und ist für die Da- tierung des römischen Baues jedenfalls nicht zu gebrauchen. Die ein- zige wirkliche Parallele bietet das Kapitell des griechisch punischen Mausoleums Souma-el Kroub bei Cirta : namentlich hat es den auffal- lend breiten Halsmantel. « Nach ihrem Schnitte » sagt D. S. 45 « würde man diese Kapitelle in Griechenland in das sechste Jhdt. setzen, während mau in Afrika wohl erheblich herabgehen muss » . Das unbestimmte « erheblich » können wir ruhig durch ein « etwa 400 Jahre » ersetzen. Das Mausoleum von Soumaistein Prachtgrab von so komplizierter Form (massives quadratisches Sockelgeschoss, zweites Stockwerk von vier massigen Pfeilern, oben eine lichte Halle von acht Säulen mit Giebeln nach den vier Seiten) wie sie in Griechenland und dem Osten schwerlich vor dem 4. Jhdt. nachzu- weisen ist: in Cirta wird man es mit der Epoche des Micipsa zu- sammenbringen, der nach Strabos Zeugnis (') « die Stadt stark befestigte und schön ausbaute, und auch Griechen dort ansiedelte » . Damit kommen wir aber ans Ende des zweiten, wenn nicht noch in das erste vorchristliche Jahrhundert.

Wollte man Abbildungen dorischer Architekturen auf Reliefs heranziehen, so wäre es nicht schwer, noch manche Beispiele mit dem breiten Halsmantel zu finden, die jedoch keineswegs hochar- ehaisch sind. Ein solches, von besonders guter Ausführung und Erhaltung, ist ein Relief im Museum zu Modena, welches von einem Grabmonument aus dem Anfange der Kaiserzeit herrührt, und beistehend (Fig. 7) zum ersten Male vollständig abgebildet wird (2). Das Pilasterkapitell hat breiten Halsmantel, welcher deutlich plastisch abgesetzt ist. Aber folgern wird man daraus weiter

(') 17 p. 832: KiQta . .. rröhg tvsQxeari'arj xal /.((xaaxevnauivt] xu'ACog roTg no.ai . yav fidXiora bnb Mcxiipa, ügrtg xal "EXXrjvag awioxiasv £v ai>t%. S. Gsell Mon. de VAlgSrie I, 62 f.

('-) Das Relief, mit mehreren arideren Stücken gefanden bei Saliceto Panaro 2 kra. östlich von Modena, bestellt aus zwei Tafeln von je 1,04 m. (=4 rüin. Fubs.) im Quadrat. Nur die Phalerae sind, nach einer ungenügen- den Zeichnung, abgebildet Annali 1846 tav. d'agg. D (mit Commentar von i pp. 110-128).

DER D01USCMK TEMPEL BEI S. NICOLA IN CAKCERE

185

niclits dürfen, als dass Laune oder Ungeschick eines provinzialen Steinmetzen gelegentlich auch noch in später Zeit eine Kapitell- form entstehen Hess, welche mit entlegenen archaischen eine ge- wisse Aehnlichkeit zeigt, obwohl der Urheber wohl selbst sehr erstaunt wäre, sein Elaborat mit Khorsabad und Ninive in Ver- bindung gebracht zu sehen.

Fig.

Ein zweites Merkmal von hohem Archaismus soll die Ge- simsform des römischen Tempels sein, ein « Blockgesims »: als hauptsächliche Analogien werden zwei etruskische Hausurnen an- geführt, welche eine Holzkonstruktion darstellen, die als Urform des Horizoutalgeisons des südlichen Tempels zu betrachten sei. Bewirkt wird die Aehnlichkeit hauptsächlich dadurch, dass sich zwei Trägerschichten übereinander vorschieben, so dass die Balken- köpfe zwei ziemlich gleich hohe Streifen bilden. Aber dass etwas ähnliches an dem Steingesims der Fall gewesen sein sollte, beruht nur auf einer ungenauen Beobachtung Delbrücks (s. o. S. 179).

13

186

CH. HCELSEX'

Dagegen ähnelt allerdings das Gesims vorn Mons Albanns dem römischen mehr, nur in einer andern Weise als Delbrück annimmt. Die « starke Bosse au der oberen Hälfte der Stirn » ist nämlich

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Fig. 8.

viel stärker als sie auf dem Facsimile Tat'. IV. 2 erscheint. D. muss hier durch ein schadhaftes oder interpoliertes Exemplar des Piranesisehen Stiches irre geführt worden sein: wie die Form in sämtlichen mir hier zugänglichen Abdrücken Piranesis aussieht,

DER DORISCHE TEMPEL BEI S. NICOLA IN CARCERE 187

zeigt Fig. 8. Und nur zu dieser stimmt auch die (von D. über- sehene) perspektivische Darstellung desselben Gesimses auf Tf. I, D der Antichitä di Albano.

Nehmen wir hinzu, dass auch der Grundriss des Tempels nicht (wie der des nördlichen) italisch, mit dreiseitiger Peristasis und verlängerter Rückwand der Cella war, sondern ein griechischer Peripteros, so wird der Glaube an den hohen Archaismus des Baus wohl einigermassen erschüttert sein. Und zum gleichen Re- sultat führt uns die Prüfung des für den Bau verwendeten Ma- terials.

Am südlichen Tempel ist Peperin nur für Podium und Cel- lawände, Travertin für Säulen, Kapitelle und Gebälk verwendet: charakteristisch im Vergleich zu den beiden benachbarten Tempeln ist die starke Verwendung von Travertin. Delbrück (S. 24) rindet sich mit diesem Tatbestande einfach so ab : « sicherlich der älteste Tempel ist der südliche, er ist blos aus Travertin gebaut, die beiden andern technisch vollkommener aus mehreren Steinarten » . Dass dieses « technisch vollkommnere » Verfahren auch bei dem südli- chen Tempel angewandt war, lehren die alten Zeichnungen (o. S. 177). Ferner aber ist es bekanntlich noch ungewiss, wann denn eigentlich die Ausnützung der Brüche von Tivoli begonnen habe. Für die Ent- scheidung dieser Frage ist von grosser Bedeutung ein Gesichtspunkt, den schon H. Jordan (Topogr. I, 1,8) mit Recht hervorgehoben hat, dass nämlich die Verwendung des Travertins als Baumaterial nicht zu trennen ist von der als Inschriftenmaterial. Die von Jordan (a. a. 0. S. 8 A. 11) gegebenen Zusammenstellungen sind durch die Ergeb- nisse der Ausgrabungen in den letzten 30 Jahren, die so viel datier- bare Inschriften aus älterer Epoche zu Tage gefördert haben, vollauf bestätigt worden. Man verwendet in Rom noch in der Mitte des 2. Jhdts. v. Chr. als Material, auch für Monumentaliuschriften von Bedeutung, überwiegend den vulkanischen Tuff oder Peperin, ob- wohl dieser we^eu seiner ungleichen Struktur und seiner dunkeln Farbe keinesweges zum Inschriften tnaterial besonders geeignet ist (1). Daneben findet sich, aber meist nur in kleinen Stücken,

(') Aus Tuff oder Peperin sind z. B. die Basen für die Weihgeschenke des M. Claudius Consul 543/21 1 aus der Beute von Enna (CIL. VI, 1281; 474-30771), des M. Fulvius Nobilior Co::sul 5G7/187 (CIL. VI, 1307) aus

188 CH. HUELSEN

ein feiner Kalkstein verwendet, der sich aber durch seine gleich- massige Struktur und das Fehlen von Einschlüssen vom Tra- vertin merklich unterscheidet ('). Inschriften auf wirklichem lapis Tiburtinus kommen in Rom nicht vor der gracchischen Zeit vor (2). Häufig wird er als Material für Inschriften erst seit der sullanischen Zeit. Und es ist selbstverständlich, dass die Verwen- dung für grosse Bauteile analog vor sich gegangen sein muss.

Also auch von dieser Seite werden wir bestimmt, den südlichen Tempel nicht für den ältesten sondern für den jüngsten zu halten. Und zu dieser relativen Chronologie stimmt schliesslich die absolute, wie sie sich aus der litterarischen Ueberlieferung über die Namen und Gründungsdaten der Tempel feststellen lässt.

der Beute von Ambrakia, ebenso die Inschriften des C. Fannius Consul 632/122 (CIL, VI, 1306) und des T. Quinctius Consul 631/123 (CIL. VI, 1322), die Grabschrift des Ser. Sulpicius Galba Consul 610/144 oder 646/108? (CIL. VI, 31617), ferner die altertümlichen Altäre des Verminus (CIL. VI, 31057) und der Fortuna (30870); auch noch die Bauinschrift der curatores viarum von 683/71 CIL. VI, 1299.

(') Von solchem Stein ist z. B. die uralte Strassensäule von der via Ostiensis (CIL. VI, 30913), welche der Geologe Ponzi für pietra Corniculana (aus der Gegend von Monticelli) erklärt hat. Aehnlicher Qualität sind die im Tiber gefundenen hocharchaischen Weihinschriften an Aesculap (CIL. VI, 30842-30846) und Hercules (n. 30898), ebenso die Weihung an Numisios Martios (n. 30986) und das Fragment vom Quirinal n. 31113.

(3) Vielleicht die älteste annähernd zu datierende Travertiniuschrift in Born ist das Edict über den esquilinischen Begräbnisplatz des paagus Mon- tanus (CIL. VI, 31"77): wegen der Vokalgemination dürfte sie älter sein als das Jahr 120. Dagegen gehört die Bauinschrift der Via Caecilia (CIL. VI, 31603) nicht, wie Jordan, Henzen und Mommsen folgend, annahm in das Jahr 639/115, sondern etwa in die sullanische Zeit. Dem Edict vielleicht gleichzeitig sind die Inschrift des Q. Marcius Eex Consul 636/118 (CIL. VI, 31613) und die Weihinschrift des Bicoleius (C. n. 30913). Etwas jün- ger, etwa um 100 v. Chr.. mögen anzusetzen sein der palatinische Altar sei cleo sei deivae (CIL. VI, 110 = 30694), die Grabschrift des Bibulus (n. 1319) und das Edict des Prätors Sentius (n. 31614. 31015). Im Scipionen- grab ist nur der später eingebaute Sarkophag der Paulla Cornelia Hispalli (<'. n. 1 •_".»!) zum Teil aus Travertin. Aus sullanischer Zeit stammen CIL. VI, 1297 Weihung an den Dictator Sulla von den Vicani des Lacus Fun- danus; n. 1303-1305 Inschriften des restaurierten Fornix Fabianus; n. 372-371. 30920-30929 Weihinschriften der lykischen Gemeinden nach dem mithridati- Bchcn Kriege, u. s. w.

DER DORISCHE TEMPEL »EI S. NICOLA IN CARCERE 189

Delbrück formuliert seine Zeitansätze am Schlüsse seiner Unter- suchung (S. 07) mit grosser Bestimmtheit folpendermassen: « Den südlichen Tempel liess vielleicht in der Mitte des dritten Jahr- hunderts A. Atilius Calatinus bauen, der Griechenland nie gesehen hatte; er nahm sich einen einheimischen Meister, der mit römi- schen Arbeitern den Auftrag ausführte, in Stil und Technik nach italischer Art. Freilich ist die frühe Datierung nicht sicher, und der Tempel kann ein Geschlecht später sein ; dann ist er aber von ähnlichen Menschen in gleicher Gesinnung erbaut » . Und auf dieser Datierung beruht seiner Ansicht nach zum grossen Teil die historische Bedeutung der Tempel: « Zwischen der Erbauung des tuscanischen Tempels und der beiden jonischen vollzog sich die grösste Wandlung, welche die römische Architektur je erfahren hat, derüebergang aus dem etruskischen in den griechischen Formenkreis, in eine neue Aera, in die sie aus der Vergangenheit nur weniges herübernahm. Die historische Bedeutung der drei Tempel liegt eben darin, dass sie in der kritischen Zeitspanne der römischen Kul- turentwickelung erbaut sind, um die verhängnisvolle Wende des dritten und zweiten Jahrhunderts, und dass sich an ihren Formen der für immer entscheidende Wechsel der gesamten Bildung beob- achten lässt, der damals den Römern widerfuhr » .

Diese Ansätze beruhen hauptsächlich auf der Identifikation des südlichen Tempels mit dem der Spes (den mittleren hält D. für das Templum Pietatis, den nördlichen für das Templum Junonis Sospitae). Aber diese, durch sehr weni * methodische Behandlung der historischen Zeugnisse gewonnenen Benennungen sind unhaltbar, wie schon G. Wissowa in seiner ausführlichen Besprechung des D. sehen Buches (Gott. gel. Anzeigen 1903 S. 556-563) gezeigt hat. Ich kann mich in Rücksicht auf Wissowas Ausführungen, mit denen ich in allem Wesentlichen übereinstimme, kurz fassen.

Von den vier Namen von Tempeln, die am Forum holitorium ihren Platz hatten, ist zunächst auszuschalten der der Pietas, weil dieses Heiligtum dem Bau des Marcellustheaters zum Opfer fiel. In dem nördlichsten erhaltenen Tempel ist ohne Zweifel der von C. Duilius zur Zeit des ersten punischen Krieges gegrün- dete des Janus zu erkennen : nur dieser kann, wie es in den Heme- rologien der Kaiserzeit ständig ist, ad theatrum Marcelli genannt werden. Nur durch Strassenbreite von der SW. Ecke des Theaters

190 CH- HUELSEN

getrennt erscheint er auf der severianischen Forma Urbis, deren bezügliche Fragmente beistehend (Fig. 9) zum ersten 'Male in rich- tiger Zusammensetzung publiziert werden ('). Als ältester zeigt er das italische Grundrissschema mit dreiseitiger Peristasis und ver- längerter Cellarückwand, welches ihm auch durch die Restauration unter Tiberius nicht genommen ist.

Fig.

Für die beiden anderen Tempel, den ionischen, der unter allen dreien der grösste ist, und den dorischen, mit dem wir uns hier

(M Das Fragment Jord. 118 hatte Guattani Mon. ined. 1816 p. 17 ganz richtig auf den nördlichen und mittleren Tempel bezogen: Delbrück vorwirft die Vermutung aus unzureichenden Gründen. Bestätigt wird sie jetzt durch das neugefnndene Stück, welches die Westecke der Cavea zugleich mit dem n<".r.l- lichen Pteron des Janustempels zeigt. Die übrigen Fragmente der Cavea hatte man bisher unrichtig auf das Mausoleum Augusti bezogen. Die Zusam- mengehörigkeit aller Stücke ist, nach Arbeit, Dicke der Platten und Qualität der .Marmors zweifellos.

DRK DORISCHE TEMPEL BEI S. NICOLA IN CABCERE 191

beschäftigen, bleiben die Namen Juno Sospita und Spes übrig. Der Tempel der Juno Sospita wird selten erwähnt (') und kommt in den Hemerologien der Kaiserzeit nicht mehr vor; der Spestempel wurde von Tiberius wiederhergestellt und die Hemerologien ver- zeichnen seinen Gründungstag, den 1. August (')• Man würde also an sicli geneigt sein, den grösseren Tempel für die Spes in An- spruch zu nehmen; und bestätigt wird diese Benennung m. Er. durch die bekannte Nachricht bei Livius 40, 51, 4 (z. J. 1 79 v. Chr.) M. Fulvius locavit... porticum... post Spei a Tiberi od aedem {ad Tiberim aedem die Hs.) Äpollinis Mediä. Die Ortsbezeichnung wird erst recht verständlich, wenn der Tempel der Spes der grösstc, dem Tiber nächste war. Demnach bleibt für den südlichen Tempel der Name der Juno Sospita übrig.

Das wenige was wir aus der Geschichte dieses Tempels wissen, stimmt hierzu: wurde er, wie Cicero und Obsequens angeben, in der sullanischen Zeit restauriert, so ist es sehr verständlich, wenn bei dieser Gelegenheit das Baumaterial aus den neuerschlossenen Brüchen von Tivoli ausgiebig verwendet ward.

(') Die Gelobung und Weihung des Tempels berichtet Livius XXXII, 30, 10. XXXIV, 53,3. Wahrscheinlich auf den römischen, nicht den lanuvi- nischen Tempel der Sospita bezieht sich auch Cicero de divin. 1, 2, 4: me- moria nöstra templum Iunonis Sospitae L. Julius, qui cum P. Rutilio consul fuit (00 v. Chr.), de senatus sententia refecit ex Caeciliae, Baliarici filiae somnio-, ders. 1, 44, 90: Caeciliae Q. filiae somnio modo Manko b templum est a senatu Iunonis Sospitae restitutum. Ausführlicher Obsequens 55 (115): L. Iulw Caesare, P. Rutilio coss. Metella Caecilia somnio Iwnonem Sospitam profur/ientem, quod immunde sua templa foedarentur, cum suis preeibus aerjre revocatam diceret, aedem matronarum sordidis obscoenisque corporis conquinatam ministeriis, in qua etiam sub simulacro deae cubile canis confetae erat, commundatam supplicationibus habitis pristino splendori restituit. Dagegen bezieht sich Ovid fast. 2, 55, falls der Dichter nicht über- haupt eine Confusion gemacht hat, auf ein sonst unbekanntes Heiligtum aut dem Palatin.

(2) Hemerol. Antiat. Vall. Arv. zum 1. August; desgleichen des neue Fragment aus Praeneste Not. degli seavi 1897,422. Alle vier Zeugnisse fehlen bei Delbrück S. 3 (allerdings auch in meinem Nomenciator Topograjihicus). Der bei Cassius Min 50,10,3 genannte vabg 'Ekniäos, den eine Feuersbrunsl zusammen mit Teilen des grossen Circus und dem Cerestempel zerstört, isl natürlich weder der der Spes vetus bei Porta Maggiore, noch das Templum Spei novum, welches die constantinischen Regionarier in der 7. Region auf- führen, sondern eben der des Forum holitorium.

192 CH. HOELSENj DER DORISCHE TEMPEL BKI S. NICOLA IN CARCERE

Die Reihenfolge der vier Tempel ist also:

197-194 v. Chr.

ca. 258

ca. 260

181

J u iio S »spita

Sj>es

Janus

rictas

Die Bebauung der Westseite des Forum Holitoriuni hat sich in der Weise entwickelt, dass zuerst, um die Zeit des ersten punischen Krieges, die beiden grossen Tempel des Janus und der Spes be- gründet wurden, dann, fünfzig bis sechzig Jahre später, in dem zwischen ihnen und der Serviusmauer verbliebenen Räume der kleine Tempel der Juno Sospita, und nördlich von allen der nicht mehr vorhandene der Pietas. Von der interessanten Periode römi- scher Kunstgeschichte, in welcher sich der Uebergaug aus dem ctruskisch-italischen in den hellenistischen Formenkreis vollzog, können uns die existierenden Ruinen kein Zeugnis mehr geben: die der grösseren Tempel nicht, weil wir sie nur in späteren Umbauten haben, die des kleinen südlichen nicht, weil, als er ge- gründet wurde, jener Uebergang bereits vollzogen war.

Ch. Huelsen.

abgeschlossen am 30. November 1906.

COMITIUM UND ROSTRA

Hülsen hat Mitt. XX, S. 36 die kreisbogeuförmig vom alten Comitiuin aufsteigenden Rostra, die ich (Comitium Rostra Grab des Romulus S. 14) in der Ausgrabung um den niger lapis und vor der Caesarischen Curia nachgewiesen hatte, angenommen. Auch hat er durch eine Beobachtung, die sich mir kürzlich bei einer Nach- prüfung an Ort und Stelle bewährte, eine Lücke in meinem Nach- weise ergänzt. Denn rückwärts, gegen das Forum, wo ich keine andre Grenze jenes Tribunal oder Suggestus fand als dieselbe gradlinige, nur im Winkel gebrochene alte Mauer, die einen noch älteren Suggest gegen das Forum abgestützt hatte, erkannte H. 2 bis 3 Meter weiter gegen das Forum eine nicht nur in Material und Technik sondern auch in der Rundung gleichartige Mauer (in seiner Tafel II v v' v"), von der allerdings nur eine Steinlage noch erhalten und nur c. 7 m. lang freigelegt ist, und zwar fast nur an ihrer Innenseite, die natürlich minder sorgfältig bearbeitet ist.

Den weiteren Zusammenhang freilich, in den ich diesen Rostra- bau brachte, sucht H. mit seinen Bemerkungen zu durchkreuzen. Er leugnet S. 33, l zunächst, dass der Suggestus gestuft sei, (obgleich er, S. 32 unten, selbst von dem Stufenrund spricht). Seine eigene Abbildung (S. 33) jedoch bestätigt die Stufen. Denn hier sieht man über einem wenig vortretenden Unterlager eine erste Stufe von 0,30 m. Steigung und 0,59 m. Auftritt, sodann eine zweite von gleichem Auftritt, doch nur halber Höhe und den Be- ginn einer dritten. Nun hat freilich H. richtig gesehen, dass zwar nicht auf der Horizontalfläche dieser zweiten (wo nur Verwitte- rung wie auf der ersten zu erkennen), wohl aber an der Vertikal- fläche der dritten die zweite halbhohe Stufe als erst später ein-

14

294 E- PETERSEN

gehauen worden sich kundgibt. Ergänzt man aber die ursprüngli- che Höhe der zweiten, so hat man eben zwei ganz genau gleiche Stufen und ein Stück vom Unterlager einer dritten, wenn eine solche sonst wahrscheinlich ist. Ferner stellt man sich angesichts von H.'s Durchschnitt und Ansicht auf Taf. III leicht vor, wie die zweite, bezw. dritte Stufe hinterher aus irgend einem Grunde halbiert und aus zweien drei, oder aus dreien fünf gemacht wurden. Dass es wirklich drei bezw. fünf waren ergibt sich daraus, dass die hinter dem Bomulusgrabe vorzüglich erhaltene Plattform (stu im Plan), die jenen Rostrastufen gleich an Material und Technik ist, genau die Höhe jener drei Stufen hat, wie ich a. a. 0. behauptet hatte, und an H.'s Durchschnitt Taf. III (D verglichen mit H daselbst) ein jeder leicht abmisst.

Auch hier freilich sucht H. den von mir behaupteten Zusam- menhang zu zerreissen, indem er die Rostrastufen S. 32 als zweiten, die Plattform S. 32 als dritten Bau bezeichnet und jene als aus grossen braunen Tuffquadern bestehend beschreibt, von deren Bearbeitung er schweigt, diese als aus sehr exakt ge- schnittenen und gefügten Quadern aus grauem und braunem Tuff bestehend. Und doch ist, wie wir alsbald bestätigt sehen werden, nicht nur das Material und die Technik sondern auch der Erhal- tungszustand, wo nicht gewaltsame Hand eingriff, an beiden Teilen

gleich.

Auch die Beziehung dieses gerundeten Suggest zu einem äl- teren gradlinigen, der ebenfalls in Stufen über dem Comitium sich erhob und später, wie ich ausgeführt hatte, von dem höher ge- legenen neueren ersetzt worden wäre, sucht H. zu beseitigen. Denn er sagt kein Wort darüber, dass der gerundete über dem graden liegt (wie doch sein Plan erkennen lässt), und bestreitet auch die Zusammengehörigkeit der beiden Teile des gradlinigen Suggest, d. h. der Stufen am Comitium (a-d im Plan) und der Stützmauer am Forum (e-i). Doch sind seine Einwendungen unzutreffend, und es ist einfach unmöglich in dem geringen Zwischenraum von reich- lich 3 Metern zu den Stufen noch einen andern Suggest und zu der Stützmauer ein andres Vorderteil zu ergänzen. Dass der tiefer- gelegene gradstufige Suggest (rot im Plan) durch den höherge- legten rundstufigen (gelb im Plan) ersetzt wurde, erhellt ja auch nur um so mehr, wenn man zu diesem zweiten die von H. nach-

C0M1TIUM UND ROSTRA 195

gewiesene runde Mauer zieht; denn nun greift der jüngere nach beiden Seiten über den älteren hinaus, und dieser ist jenem völlig einverleibt.

Meine Darlegungen, die ich hiermit gegen H. aufrechterhalte, wurden inzwischen aber auch von andrer Seite her bestätigt in einer Studie ü comizio nella elä repubblicana ed i suoi monu- menli, die Giov. Pinza in den Annali della Sociela degli Inge- gneri ed Architetti Itallani 1905, 2 veröffentlichte. So sehr dieser ungemein rührige, auch im Technischen nicht unerfahrene Forscher hier seinen eigenen Weg zu gehen bemüht ist, so geht er doch grossenteils den meinigen ; und so sehr er in der Ergänzung des unvollständig erhaltenen oder des noch nicht ausgegrabenen und in der zeitlichen Bestimmung der verschiedenen Perioden von mir abweicht, so sehr stimmt er doch in der Auffassung der vorhan- denen Reste mit mir überein. Was Studniczka (I Wiener Jahres- hefte 1903 S. 129, II 1904 S. 239) zuerst ernstlich in Angriff nahm, führt Pinza, so weit es mit Bonis stratigrafia möglich ist, zu Ende, indem er in den fünf Durchschnitten Bonis (IX-XIII) durchgehende Bodenflächen mit autliegenden Massen, je eine Periode darstellend nachweist. Lässt man von diesen die praehistorische A (gleich Bonis Schicht 1 und 2), die mir gänzlich aus dem Spiele blieb, bei seite, so sind diese Perioden von der zeitlichen Be- stimmung abgesehen keine andern als die auch ich unterschied : B (Schicht 3), deren einziger in situ befindlicher Rest, der Inschriftcippus mit seioem Unterbau, nicht recht genügend ist, um einen Suggestus dazu zu ergänzen; C (4-6) mein Comitium mit gradstufigem Tribunal; D (7-9) das mit dem rundstufigen und dem Grabe des Romulus; E (10-12) die Sullanische, F (13-15) die Caesarische Regulierung. Schon ein vergleichender Blick auf Pinzas Grundriss (seiner Taf. 1) und den meinigen (CRGdR. S. 10), den Pinza auf S. 7 wiedergegeben hat, lässt erkennen, dass Pinza den östlichen Teil des Comitium bis etwas über das Grab hinaus, d. h. soweit es bis jetzt in Resten kenntlich wurde, fast ganz so zeichnet und deutet wie ich. So betont er auch im Text nament- lich, dass die Suggeste sich einer über den andern legen, jeder spätere (denn er zählt drei: BCD) den vorhergehenden möglichst an gleicher Stelle ersetzend; und die uns vorliegenden Reste des Romulusgrabes gehören auch nach Pinza zum Comitium D.

iQß R. PETERSEN

Pinza hat mm aber den Mut gehabt, unbeirrt durch Orien- tiernngstfaeorien, die alten Stufen, die vor der späteren Curia auf dem Boden C sichtbar gworden sind (l in H.'s Plan) als die Stufen vor der Curia Hostilia zu verstehen (was vor ihm schon Boni ver- mutet und bestimmter Studniczka I 135 und 152 ausgesprochen und begründet hatte) und zwar die drei unteren zur Curia C, die oberste, deren Verschiedenheit von den andern mir nicht entgan- gen war, zur Curia D. Ich hatte S. 38 wohl anerkannt, dass sich aus Dios (XLIV 17, 8) Angabe: Caesar, der die Sullauische Curia abgebrochen hatte, habe Auftrag erhalten die Hostilia wiederauf- zubauen, allerdings ergebe, dass nicht Caesar sondern Sulla vom Alten abgewichen, Caesar dagegen zum Ursprünglichen zurückge- kehrt sei. Weil aber der alte Suggest C so genau ostwestlich orien- tiert ist, hatte ich auch die Curiafront ihm parallel gedacht, und da die mit andern zum Sullanischen Neubau gezogenen Travertin- platten (bei k in H.'s Plan) von jener Orientierung nur wenig abweichen, glaubte ich, bis zu Caesar sei die Front der Curia im Wesentlichen dieselbe geblieben. Und doch war nicht zu verkennen, dass grade so wie in der Ueberlieferung Sulla als der Neuerer auf sie bezieht sich ja auch Cicero de flu. VI Caesar als Wiederhersteller des Alten erscheint, auch die Sullanischen Tra- vertinplatten mit ihrer abweichenden Richtung zwischen den gleich- gerichteten Stufen und Platten der älteren Perioden C D und der letzten F liegen. Jene alten Stufen (bei / im Plan), die ich zur Curia zu ziehn mich scheute, lassen sich schlechterdings nicht an- ders verstehen als Pinza sie versteht.

Wie war denn nun das Verhältniss der Rostra zur Curia? In seiner früheren Konstruktion des Comitium, oben 1893 S. 79 ff., entworfen, als noch kein Stück weder vom Comitium noch von Curia und Rostra republikanischer Zeit sichtbar war, legte H. zwischen die Curia im Norden und die Rostra im Süden, beide als Recht- ecke gedacht und gezeichnet, einen Zwischenraum von 30 Metern. Das fand ich Anm. 44 in Widerspruch mit dem Zeugniss des Asco- ii iib. Milon. 34, wonach die alten Rostra prope iuncta curiae waren. Diese Worte, unbegreiflich, wenn man Curia und Rostra als zwei Rechtecke mit parallelen Fronten einander gegenüberliegend denkt, ebenso wie die von Plinius n. h. XXXIV 26 uns erhaltene Nachricht von den comua comilii, und darauf aufgestellten Statuen,

C0M1TIUM LM) ROSTKA 197

werden plötzlich verständlich und lichtvoll, sowie man dies Stu- fenrund, das auch nach H. ja die Bostra sind, ins Auge fasst, und diese auch da, wo das Cömitium noch nicht ausgegraben ist, den locus inferior des Cömitium (vgl. CRGdR. S. 23) umkreisend denkt, wie die Orchestra von den Stufen des Theaters umkreist wird. Auch dies will H. nicht gelten lassen. Die weitere Ausdeh- nung des Bostrakreisbogens über die aufgedeckten Keste hinaus findet er unstatthaft, und meine Auffassung der Zeugnisse des Asco- nius, des Plinins, von Varro und Cicero pro Flacco 57 und meine Kritik der seinigen weist er ab. Ausführlich ergeht er sich nur über die wenigst belangvollen Worte Ciceros: speculatur atque obsidet curia roslra, um deren ausdrucksvolle Anschaulichkeit zu dem wenigstens topographisch nicht anschaulichen : ' der Senat sieht den Volksrednern auf die Finger' zu verflüchtigen. Ausweichend dagegen äussert sich H. über die, namentlich mit jener Plinius- stelle verbunden, belangvollste Stelle des Asconius: 'was sich gegen P.'s Interpretation von Asconius Milon. 34, argum. 15, Varro 1. 1. V 155 sagen lässt, werden sachkundige deutsche Leser selbst finden '. Was das sein sollte ist mir den ganz unzweideuti- gen Worten des Asconius gegenüber unerfindlich. In Varros ante haue (sc. Cariam) rostra, quoins id vocabuhm, ex hostibus capta ßxa sunt rostra. sub dextra huius a comitio locus substruetus u.s. w. werden 'sachkundige Leser', auch 'deutsche', die Worte a comitio gewiss nicht mit sub dextra huius verbinden, um 'rechts vom Cömitium aus gesehen' zu verstehen, sondern, wie z. B. auch Detlefsen in seinem ' klassischen ' Aufsatz, mit substruetus. Solche Leser haben es auch immer schwierig befunden cuius und huius in dem Text, wie er überliefert ist und von H. citiert war, auf rostra zu beziehen. Schiebt man mit K. 0. Müller nach quoius loci (und nach vocabulum qitod) ein, so ist die Beziehung natür- lich möglich und vielleicht richtiger als huius ohne loci auf curia zu beziehen, anaphorisch wie etwa V 41 und 58. So hatte ich gemeint, weil doch sowohl für die Lage der Rostra wie der Grae- costasis die Curie maassgebend gewesen war. Für die Sache ist es freilich einerlei, ob wir sub dextra 'zur Rechten' der Curia (d. h. vor, nicht neben ihr, wo die Basilica Porcia lag) oder rechts von den Rostra (für den vom Cömitium Schauenden) verstehen: wir wissen ja anderswoher dass die Graecostasis westlich lag. Aber

19S E. PETERSEN

freilich, wenn diese sub dextra der Kostra lag, dann konnten die Rostra nicht schon östlich vorn Romulusgrabe ihr Ende haben, weil dann dieses, nicht jene an der bezeichneten Stelle lag.

Auch was H. jetzt (S. 38, 2) über die cornua ausfuhrt ver- kehrt die Sache. Nicht darauf kommt es an, ob auch solche viereckige Zipfel des Comitium, wie sie Detlefsens und Hülsens schematischer Grundriss neben der Curia (an einer Stelle wo nach- weislich kein freier Raum war) voraussetzten, cornua ge- nannt sein könnten, sondern vielmehr darauf, ob es richtig ist, die Pliuianischen cornua in etwas ungewöhnlichem Sinne verstanden auf etwas das garnicht gegeben ist und der Basilica Porcia wegen kaum existieren konnte zu beziehen, oder in durchaus gewöhnlicher Bedeutung auf etwas das in der Ausgrabung wirklich zutage kam? Ganz überflüssig war es darauf hinzuweisen dass gelegentlich die Enden einer Rolle oder eines Rollenstabes cornua genannt werden. Hier ist das tertium comparationis freilich ein andres als bei den cornua eines Theaters oder des Sigraaförmigen Lagers um den runden Speisetisch; wiederum ein andres beiden 'Hörnern' eines zur Schlacht aufgestellten Heeres; immer jedoch sind es konkrete, so zu sagen vorstossende Dinge, die so angeschaut und genannt werdeu. Die willkürlich vorausgesetzten Zipfel eines Platzes, selbst wenn sie, wie H. jetzt weiter vorauszusetzten beliebt, gegen Norden etwas anstiegen, hätten doch nur dann so angeschaut werden können, wenn sie sich auch über ihre Umgebung erhoben, wovon grade das Gegenteil der Fall war. Das cornu einer Portikus der Tusci-Villa des Plinius ep. V 6, 23 endlich bestätigt, richtig verstanden, das Avas ich eben sagte, ergäbe zu H.'s Vorstellung jedesfalls auch dann keine Analogon, wenn es richtig wäre, dass diese Halle 'nach dem ganzen Zusammenhang nur gradlinig gedacht werden kann '. Doch ist es leider nicht richtig, was hier dargetan werden darf. Die Halle sah nach Süden, und von ihrem einen Ende caput , wir nehmen mit Winnefeld in seiner sehr durchdachten Erläuterung (Jahrbuch 1891) an, dass es das rechte war , sprang ein Speisezimmer vor iriclinium excurrit; an dem audern, das nun eben cornu genannt wird, lag ein Schlafzimmer; doch von diesem heisst es occurrit triclinio. Die in beiden Verba ausge- sprochene Richtung war also eine verschiedene. Wie ist das mög- lich, wenn beide Zimmer von der Halle nach Süden vortraten?

COMITIUM IIiND UOSTRA 199

Bei dem Text, den die schlechteren Handschriften geben, dem Winnefeld S. 207, 12 ausdrücklich den Vorzug gibt, wie Keil und Müller in den kleinen Ausgaben, ist es unmöglich. Danach hätte Plinius die Halle, wo sie zuerst erwähnt wird, latam et pro modo longam genannt. Erregt dies schon an sich Bedenken, weil es bei Hallen keine Norm (modus) für das Verhältniss von Länge und Breite gab und das war wohl der Grund weshalb Keil in der grossen Ausgabe villae vor longam einschob so muss weiter eben auch das eine cornu einer solchen Halle stutzig machen. Alles klärt sich, sobald man statt pro modo longam das promi- nulam der besten Handschrift einsetzt: prominula war die Plini- anische Portikus am linken, wie die der Basilica Aemilia am rech- ten Ende. In cornu, d. h. an der nach Süden gehenden, Umbie- gung des westlichen Hallenendes hing wieder das nach Osten gerichtele cubiculum. Das Schema war also nicht sondern

|_ |. Genug, was unter den cornua comitii zu verstehen ist

kann, seitdem das Stufenrund der Eostra am Comitium zutage kam, füglich nicht zweifelhaft sein. Weil darauf die von Plinius genannten Statuen standen, werden wir, obgleich sowohl der Ge- brauch von ' cornua ' wie von ' comitium ' beides gestattet (vgl. CRGdR. S. 17) doch besser die Erhöhung des Suggestus als das Planum des inferior locus (vgl. a. a. 0, 23) verstehen.

Von diesen Cornua nun sehen wir eines, im Unterteil erhalten, ganz wie ein Theatev-cornu an der Parodos abgeschnitten, in etwa 5 Meter Abstand der zur Hostilia-Julia Curia gehörigen Stufen- flucht (l im Plan) gegenüberliegen : das ist im wörtlichsten Ver- stände was Asconius sagt rostra prope iuncla curiae. Obgleich nun mit solcher Annäherung eines der beiden cornua dem Wort- sinne genügt sein könnte, wird es doch, sofern nicht andres im Wege steht, das Nächstliegende sein, der Forderung architekto- nischer Symmetrie Gehör zu geben, und auch das andre, in ent- sprechender Weise geschmückte cornu gleichermaassen der an- dern 'Parodos' der Curia gegenüberliegend zu denken. Gewissheit können hierüber nur Spaten und Hacke bringen, wenn Boni sich entschliesst das nur Angefangene fortzusetzen.

Schon jetzt aber müssen wir sagen (vgl. CRGdR S. IG), dass es keinen rechten Sinn hätte, an Stelle des graden Tribunal die schwierigere Rundform zu setzen, wenn man sich auf einen so klei-

200 K. PETERSEN

uen Kreisbogen beschränken wollte : zu aesthetischer Wirkung kam ein solcher erst bei grösserer Ausdehnung. Dass dafür auch die oben besprochene Varrostelle eintritt, grade, wenn man sie mit H. erklärt, ward schon gesagt. Denn, wenn rechts, nahe (sub) den Rostra die Graecostasis lag, müssen die Rostra sich bis in die Nähe der Severusbogens und des Volcanal, wo jene lag, erstreckt haben.

Uebrigens ist durch die Ausgrabung doch auch soviel bereits erwiesen, dass die Plattform der Rostra D nicht vor der Nische mit dem Grabe und dem Cippus endete, sondern um dieses her- umreichte, folglich, eben jener Unterbrechung wegen, um so ge- wisser jenseits sich weiter erstreckt haben muss. Es war ein un- richtiges Bestreben, dass ich früher (S. 18) das Grab in die Mit- tellinie der Rostra zu bringen suchte ; dass aber der uns vorliegende Grabbau zu den runden Rostra D gehört und zu ihnen normal liegt erkennt auch Pinzas Text und Tafel an. Wenn das Königs- grab nicht in der Mitte der Rostra liegt, wohin es doch gehörte, so ist das nur ein weiterer Beweis dafür dass das 'Grab' selbst älter ist als das Comitium D.

Das letzte Argument, das H. bleibt, ist der Protest gegen die Kleinheit des Comitium. Was hilft das aber, wenn den auch von ihm anerkannten Rostra so nahe gegenüber, prope iuncta die Stufen liegen die nur der Hostilia gehören können? Nur nach einer Seite hin, nach Nordwesten gibt das noch nicht durchforschte Comitiumsgebiet der Phantasie etwas Spielraum, das republika- nische Comitium zu erweitern, und eben da tut das Pinza mit einer Ergänzung der Rostra, die das Ueberlieferte geschickt benützt, aber auch mehrfachen Anstoss gibt.

Die Plattform hinter dem Grabe bildet mit ihrer bestimmt angezeigten Umgrenzung, einer niedrigen Schwelle, an der Sud-, West-, und Nordseite (die letzte in H.s Plan nicht angegeben, obwohl sie, wie bei Pinza, schon in meiner Grundrissskizze (bei b2) eingetragen war, ein Trapez, das hinter den Rostra, wie ich sie skizziert hatte, ausspringend, allerdings befremdlich aussieht. Um so ansprechender ist Pinzas Vorschlag, diese Schwierigkeit zu lö- sen, indem er die Schwelle an der Westseite des Trapezes grade weiter gehen lässt, als hinteren Abschluss der an seine Nordseite gelegten grossen rechteckigen Tribima degli oratori. Diese dehnt er soweit aus, dass das zum erhaltenen Ostcornu symmetrisch er-

COMITIUM UND ROSTRA 201

gänzte westliche dem andern Ende der Curiafront ebenso gegen- überliegt, wie jenes dem östlichen. Unter der Voraussetzung ferner, dass so wie das Osteom u ü über dem graden Suggest C liegt, auch den übrigen Teilen des ganzen von ihm ergänzten Rostrabaus schon ähnliche von C und gar von B entsprochen hätten, gibt P. auch diesen älteren Suggesten schon ein Mittelstück mit vortre- tenden corma, nur gradlinigen statt gerundeten, alles von gleichem Längen - aber geringerem Breitenmaass.

Haben diese älteren solchergestalt ergänzten Tribunale in den Resten noch keinen speciellen Anhalt, so findet das letzte, D mit den gerundeten cornua einen solchen, wie gesagt wenigstens an der Gestalt jener Plattform. Eben hier erhebt sich indessen auch der erste Anstoss : die Schwelle, welche einst allem Anschein nach an allen drei genannten Seiten herumging, bekommt in Pinzas Projekt an der Nordseite eine ganz andre Bedeutung als an den beiden andern: hier niedre Schranke, soll sie dort eine Stufe zur Besteigung der Tribuna sein.

Schwerer wiegt ein zweites Bedenken: auf Pinzas 'Redner- bühne', die ihm die Rostra ist, passt, was auch immer er S. 54 sagen mag, nicht wohl was Varro von dem Grabe bezeugt hatte, dass es in oder pro rostris oder post rostra gelegen habe.

Noch unverträglicher mit Pinzas Hypothese ist die bis ins dritte Jahrhundert v. C. hinaufgehende Ueberlieferung bei Plinius n. h., VII 212, wonach der Accensus der Consuln Mittag und Abend von der Curia aus abzurufen pflegte, Mittag sobald die Sonne in der Zwischenraum zwischen Rostra und Graecostasis eingetreten war. Ein Blick auf Pinzas Tafel III zeigt, dass man auch von dem westlichsten Punkt der Caesarischen Curia, die doch sicherlich nicht kleiner war als die Curia zur Zeit der punischen Kriege, die Sonne Mittags nicht neben, sondern noch über seinen Rostra sah. So hat denn Pinza dies Zeugniss, soweit es die Rostra betrifft, S. 56 verschwiegen, und den Rest, der den Abend nach dem Son- nenstande zu andern Denkmälern des Forums bestimmt, dadurch sinnlos gemacht, dass er die suprema für den Mittag statt für den Abend erklärt. Auf solche Weise jedoch lässt sich dies wertvolle Zeugniss nicht diskreditieren.

Feststehen nach allem die Tatsachen, dass am Comitium zuerst, für unser Wissen, auf erhöhtem Platze der Inschriftcippus errichtet

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wurde; dass später gleichzeitig eine (neue) Curia über den Stufen l erbaut wurde und schräg gegenüber ob auch grade vor ist zweifelhaft das gradgestufte Tribunal; dass danach abermals der Boden des Comitiums erhöht wurde, ebenso das Tribunal, das jetzt, das neu hergerichtete Grab einschliessend und das Comitium umfassend, seine Arme, oder wie der Römer sagt cornua bis nah an die auf erhöhten Stufen neugebaute Curia vorstreckt. Und so viel ist gewiss, dass wir für die Glanzzeit der römischen Republik nur die Wahl haben zwischen den Comitien C und D. Denn dies letzte dauerte bis zur Regulierung des Faustus Sulla, der die Caesarische innerhalb eines Decenniums folgte. Aber während ich D bereits zur Zeit des Galliersturmes existierend dachte, wäre nach Pinza schon C nachgallisch. Ja, in seiner Neigung das Alter aller Pe- rioden herabzudrücken steht er nicht an, den Inschriftcippus, den Mommsen nach reiflicher Ueberlegung der Königszeit zuschrieb, in die Mitte des 5. Jahrhunderts herabzusetzen und vermisst sich gar, .mittels einer Behandlung der Schriftzeugnisse, die den Praehisto- riker verrät, fast aufs Jahr sein Alter zu bestimmen. Ebenso ge- wagt ist es die gerundeten Rostra mitsamt dem Grabe erst in Pompeius' Tagen erbaut sein zu lassen. Denn wie hätte Varro, fin- den doch des Grab das ursprüngliche, nicht ein renoviertes ist, von einem Grabe des Romulus sprechen können, wenn dies erst in seinen Tagen erbaut wurde; wie den Gebrauch der laudationes funebres, den uns Polybius um 200 v. C. schildert, von diesem Grabe her- leiten? Hatten doch die Statuen des Pythagoras und des Alcibiades, die erst der Sullanischen Regulierung weichen mussten, nach Pli- nius a. a. 0. seit etwa 300 v. C. auf den cornua gestanden.

Pinzas Hauptbeweis sind die Spuren von Feuersbrünsten, durch welche sowohl Curia und Comitium von B wie von D betroffen wären, und die er mit den zwei überlieferten Bränden beim Gal- liersturm und dem Tode des Clodius identificiert. Ferner operiert er, immer mit gleicher Zuversichtlichkeit, mit den Vasenscherben, die in den verschiedenen Schichten gefunden wurden. Ohne auf Einzelnes einzugehn, muss ich einige allgemeinere Bedenken er- heben. Erstens ist es fraglich, ob die Gattungen von Vasen, deren Scherben inbetracht kommen, wirklich innerhalb so niedriger Zeit- grenzen eingeschlossen sind, wie z. B. der bucchero greve vom 5. bis :;. Jahrhundert. Sodann ist der Grundsatz, eine Schicht nach

COMITIUM UND ROSTRA 203

den jüngsten in ihr gefundenen Stücken zu datieren, selbstvertänd- lich richtig; sobald jedoch vereinzelte Stücke viel jüngeren Datums gegen eine Menge älterer stehen, ist doch die Frage der l iafil- trazione \ d. h. späteren Eindringens solcher Einzelstücke in eine ältere Schicht ernstlicher zu erwägen als es von Pinza geschehen ist. Die wichtigsten Durchschnitte IX und X sind die Ergebnisse von Boni's esplorazioni bei zweien der posti, Schachten, die ein- gestandenermaassen in Caesarischer Zeit durch die älteren Schich- ten hinab getrieben wurden. Ihnen entstammt die einzelne Buc- cheroscherbe die gegen das Votum der 'rhodischen' Vasen das Co- mitium B herabdrückt; ihnen die einzelne Scherbe ' etruskisch- campanischer' Gattung, mit um deren willen C ins vierte Jahr- hundert gesetzt wird, während die zahlreichen Scherben der- selben Gattung, die auf dem Boden von D lagen, vielmehr dieses so hoch hinauf zu setzen empfehlen.

Doch das schwerwiegendste Argument bleiben, namentlich nach der eingehenden Behandlung Studniczkas I 145, die Dach- ziegel und Brandreste der B - Periode, die ja Boni Hülsen und an- dre dem Gallierbrande zuschrieben. Studniczka war sich dabei al- lerdings der Gegeninstanzen gegen so späte Datierung von B, na- mentlich des archaischen Charakters des Gemäuers am Susrsrest C und der rhodischen Scherben, wohl bewusst, und in sorgfältiger Prüfung das Alter von D, d. h. des Grabes aus den tektonischen Formen ermittelnd, kam er für dieses wenigstens zu einem weit höheren Ansatz als Pinza. Solange wir indes nicht in der Lage sind, die Technik und Formen des Grabes mit Sicherheit genauer zu bestimmen, und auch die Ausgrabung nicht zwingendere Beweise liefert, gilt es m. E. Schwierigkeiten, die der früheren wie der späteren Datierung von C und D im Wege stehen, gegeneinander abzuwägen. Ist es denn unmöglich, den Brand von B älter als den Galliersturm zu denken, ihn als ein so zu sagen gewöhnliches Er- eigniss anzusehn, von dem uns keine Nachricht blieb? Mir scheint so etwas anzunehmen weit leichter als vom Standpunkte Studniczkas und Pinzas der andern Frage zu begegnen : wie ist der Zustand zu erklären, in dem das Romulusgrab zutage kam, da doch nie- mand zweifelt, dass es so gefunden wurde, wie es durch Sulla oder Caesar unter die Erde kam: nicht allein die Löwen verschwunden, sondern auch ihre Basen zertrümmert, z. T. ebenfalls verschwun-

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den, z. T. verschoben? Dass Studniczkas Erklärung (I 150) durch ein Tiberhochwasser unmöglich ist liegt auf der Hand. Pinza meint S. 42, dass der Sullanischen Aut'höhung und der Eindeckung des Grabes die Plünderung, spogliazione aller monumentalen Teile und die Beschädigung, scannezzamento, die man heute an jenen Denkmälern beklage, habe vorausgehen müssen. Eine Erklärung die keine ist und sowenig einer Kritik bedarf wie die Weiterbil- dung von Studniczkas (S. 132) haltloser Vermutung, dass einer der beiden Löwen vor der Verschüttung des Grabes aufgehoben und konserviert worden sei. Und wollte man auch diesen Phan- tasien Kaum geben, so wäre der Zustand des Grabes damit ja doch nicht erklärt: das kahle Fundament das hinter dem Grabe liegt, sieht so aus, als wäre sein Aufbau reinlich abgenommen um ihn anderswo wiederaufzurichten; die Basen sehen nicht so aus. Wer die Pietät besass, die Stätte wo in der Tiefe das Kö- ni^sorab las, bei der notwendig befundenen Bodenerhöhung durch das schwarze Pflaster kenntlich zu machen, der konnte das Grab nicht vorher schänden. Also sage man, wer anders als Barbaren, als Feinde des römischen Namens, d. h. die Gallier dies verübt ha- ben kann. Bis das geschieht, scheint es mir sehr viel wahrschein- licher, Curia und Comitium B von einem nicht überlieferten Brande betroffen zu denken und D für einen Zeugen des Galliersturmes, doch weiterbestehend dis zur Sullanischen Regulierung: die Curia konnte ja wiederaufgebaut sein; das Comitium d. h. die Rostra- stufen mochten wenig oder gar nicht beschädigt worden sein. Ue- brigens sahen wir ja, dass die Stufen zwei und drei wahrscheinlich einmal durch Reducierung auf die halbe Höhe erneuert wurden. Und das Grab? Sollte dies Heiligtum über drei Jahrhunderte lancj in so zerstörtem Zustande belassen worden sein? Wenn nach Isokrates die Jonier, nacli Herodot die sämtlichen Hellenen (vgl. Koepp im Jahrbuch 1890 S. 271) vor der Schlacht bei Plataiai geschworen hatten, die von den Mederu zerstörten Heiligtümer als vTiofivrifia . . . z/~c tav ßuQßüooov titffeßsfag im Zustande der Zerstö- rung zu belassen, so konnten die Römer solchen Beschluss wohl auch fassen: es wäre weder die erste noch die letzte Wirkung griechischen Vorbildes, von der das Comitium zu sagen wüsste. EÜ8 war ja doch sehr viel einfacher und unanstössiger ein Grab in solcher Verfassung zu belassen als einen Tempel. Dieser war für

COMITIOM UND ROSTRA 205

den Gottesdienst nicht weiter wie bisher zu benutzen; die Op- fergaben, die man auf das Grab legte, konnte man auch ferner nur mit um so besserem Fug und Hecht darauf breiten, ohne dass das Aussehen des Grabes viel anders war als früher. Pinza meint zwar durch seine Argumentation S. 42 f. die stipe votiva als einen Wahn beseitigt und erwiesen zu haben, dass diese Opfergaben an- derswoher geholt und liier lediglich als Schutt werwendet worden seien. Radikal wie er ist, leugnet er S. 28 auch das Grab, weil jede Analogie eines so beschaffenen Grabes fehle. Doch scheinen Fossagräber und grabhütende Löwen Etruriens immer noch ana- loger als der lacus Juturnae mit seinem Postament darin, den Pinza als analog geformtes Heiligtum anführt. Mag also immer- hin die Schuttmasse mit Opfergaben, so wie sie über dem Grabe liegend gefunden wurde, nur die continuazione des über dem ganzen Comitium ausgebreiteten Schuttes sein, so ist doch darin, dass die Opfergaben nur über dem Grabe und seiner nächsten Um- gebung lagen, ausgesprochen, dass jene zu diesem gehörten.

Wenn der Aufbau hinter dem Grabe vor der Verschüttuno- bis auf das Fundament herab abgehoben wurde, um vermutlich wiederbenut/.t zu werden, so spricht eben das gegen die Heiligkeit desselben : wäre es ein Altar des Romulus gewesen, so hätte man ihn doch wohl mit verschüttet. Wenn ein solcher, wie Studniczka I 136 meinte, 'abgetragen worden wäre um anderswo neu errichtet zu werden' so wäre es allerdings auffallend, wenn wir keine Kunde von ihm hätten. Die Front des Grabes wird durch die Löwenbasen angezeigt, sie kehrte sich, wie ja auch die Gesamtanlage des Co- mitium D heischt, gegen Comitium und Curia. Wie käme also der Altar dahinter, dahin wo er auch mit der o-eringen Erweiteruno-, die die Plattform durch die von H. nachgewiesene Rückmauer erhielt, noch recht unzugänglich blieb, wenn auch nicht so unzu- gänglich wie das vermeintliche Schlachtbänklein vorn zwischen den Löwen ?

Ich gründete auf die von Varro konstatierte Beziehung der laudatio nes funebres zum Romulusgrabe, womit m. E. ein fester Standort des jeweiligen Redners zu dem Grabe (wie zu dem zu feiernden Toten) gegeben ist, die Vermutung, dass auf jenem Fun- dament hinter dem Grabe die eigentliche Rednerbühne gestanden habe. Dies schien mir bestätigt zu werden durch die Nachricht

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bei Livius VIII 14, 12 von den verbrannten Äntiatenschiffen ro- strisque earum Suggestion in foro extructum aclornari placuit. Rostraque id templum appellatum. Florus I 11 und Neuere ha- ben hier allerdings einen bereits vorhandenen Suggest verstanden ; man braucht die Worte aber nur ins Deutsche zu übertragen um inne zu werden, dass dann extructum und erst recht das nach- drücklich verweisende id templum nicht zu ihrem Rechte kommen. Es scheint also mir wie auch andern richtiger, dass an einen neu erbauten und inaugurierten Suggest zu denken ist. Damit steht nicht in Widerspruch dass Livius bereits II 56, 10 und III 17, 2 den Amtsplatz der Tribunen templum nennt, da er ob mit Recht lasse ich dahingestellt der Meinung sein konnte, dass dieser Platz inauguriert sein müsste. Wirklich widersprechend ist, es, dass Livius auch die Rostra bereits IV 17, 6 als Ort wo Sta- tuen errichtet werden nennt, aber widersprechend doch nur inso- fern, als er einem älteren Suggest, den ja jetzt niemand leugnen kann, schon den späteren Namen beilegt. Meine Auffassung von Livius VIII 14 schien mir eben in so gutem Einklang mit der Tat- sache, dass das Fundament hinter dem Grabe zwar dem Grabe an- gepasst aber von ihm isoliert ist; denn der mit Rostra geschmückte Suggest wurde erst 838 v. C. erbaut, wogegen das Grab m. E. schon ca. 50 Jahre früher von Barbarenhand angetastet worden war. Ja, man könnte in der Erbauung eben dieses Suggest und der viel- leicht schon alsbald damit in Verbindung gebrachten Einrichtung der Leichenfeiern berühmter Männer eine weitere Sühne für den Stadtgründer sehen. Doch habe ich Einwendungen zu begegnen.

Studniczka betonte I 136, dass der oblonge Bau hinter dem Grabe nicht jünger, sondern älter als dieses scheine, weil das Grab mit den hinten nicht profilierten Löwenbasen denselben vorausset- zen. Dem gegenüber will ich nicht geltend machen, dass die Deck- ung jenes Mangels ungenügend war, da grade das abgeschnittene Profil beiderseits sichtbar blieb; will auch nicht fragen was denn in der Lücke vor dem vermeintlichen Altar gewesen sei : mir ge- nügt als Analogon des nur für drei Ansichten berechneten Grab- monuments der tuskanische Tempel mit der gleichen Beschrän- kung auf eine Front.

Gegen meine Unterscheidung des im J. 338 erbauten rostra- geschinückten kleinen Suggestus, der 'eigentlichen Rednerbühne'

C0M1TIUM UND ROSTRA 207

und des grossen Suggestus, auf dem Ehrendenkmäler errichtet zu

werden pflegten, haben Studniczka II 24 und namentlich Hülsen oben S. 36 f. Einwendungen erhoben. Ich erschaffte mir, heisst es da, einen Begriff, von dem die antike Tradition nichts weiss. Nun jedesfalls kennt doch die Tradition den Unterschied von Rostra in eigentlichem und in uneigentlichem Sinne: jene gab es erst seit dem Jahre 338, diese eben in jener Liviustelle schon vorher, und die Tradition bei Livius, so wie ich sie im Einklang mit den bauli- chen Besten erklärte, weiss von einem Suggest der als templum erst 338 erbaut und mit sechs rostra (die Zahl bei Florus) ge- schmückt wurde; dieselbe weiss aber auch von Ehrenmälern, die schon früher auf einem Suggestus errichtet worden waren. Ist es denn an sich so unwahrscheinlich, dass der Name rostra, wenn er zuerst nur einem kleinen Suggest zukam, von diesem allmählich auf den grossen, dem jener eingefügt war, überging? Oder ist es etwa un- wahrscheinlich, dass das Rostratemplum von Anfang an klein war und nicht den ganzen grossen Suggest bedeutete, auf dem die Denk- mäler Platz fanden; das die Beamten nicht allein, sondern mit Scharen ihres Gefolges bestiegen; von wo bevorzugte Zuschauer den Anblick der Spiele genossen? Bietet nicht die Curia eine Analogie? Auch sie war nicht ganz und gar ein templum, sondern enthielt ein solches, wenn wir wörtlich nehmen was Gellius XIV 7, 7 aus Varro überliefert: propterea et in curia Hostilia et in Pompeja et post in Julia, cum profana ea loca fuissent, templa esse per augures constitula. Für die Kleinheit der eigentlichen Ro- stra machte ich ja auch die geringe Zahl der sechs Schnäbel, die nicht anders als von den ersten eigentlichen Rostra überlie- fert sein kann, geltend; zumal wenn sie in der typischen Weise, alternierend übereinander angebracht waren, wie es nur zu dreien auf zwei Seiten möglich war. Um solchergestalt auf dem 3,50 m. langen Suggest Platz zu finden, brauchten sie nicht dichter als an den Caesarischen (s. S. 60) oder den Trajanischen Rostra ange- bracht zu werden. Für wirkliche rostra wie es diese ersten gewiss waren, möchte auch eine Höhe des kleinen Suggest über dem gros- sen von einem Meter genügen, und diese Höhe zu ersteigen, mochten an beiden Schmalseiten ein paar Stufen vorgelegt sein, die aus Holz zu denken allerdings unnötige Bescheidenheit war. Die Zwölf Ta- feln, die ja mehr als hundert Jahre, bevor es 'eigentliche Rostra'

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gab, aufgestellt wurden, gehören deshalb nicht an den Suggest, von 338, wie H. S. 36, 1 meint sondern an den grossen alten.

Wenn endlich Studniczka II 241 f. diesen kleinen Suggest für so lebhaft agierende Redner wie Tiberius Gracchus nicht gross genug fand, so ist zunächst zu erwidern, dass solche Redeweise um 338 natürlich noch nicht gebräuchlich war, und weiter fragt sich, ob jeder Redner notwendig die Bühne besteigen musste.

Uebrio-ens hielt ia doch auch Mommsen, wenn auch aus an- dem, nicht stichhaltigen Gründen (vgl. CRGdR. S. 23) dieselbe Unterscheidung auch grade zweier Sprechplätze für möglich.

So führt mich auch heute noch der Versuch, die aufgedeckten Reste durchdenkend mit der litterarischen Ueberlieferung zu ver- einigen, zu der Ansicht zurück, dass das Comitium D mit dem Romulusgrabe, den Galliersturm überdauernd, bis zur Sullanischen Regulierung bestand. Was ich S. 31 f., Lanciani folgend, über die Aehnlichkeit ausführte, welche die rostra ad D. lull mit dem Altar des Divus und die republikanischen rostra mit Grab und Opferstätte des Romulus verbindet, wird mitnichten, wie K. S. 39 sagt, hinfällig mit meiner Unterscheidung von Rostra in engerem und weiteren Sinne: die Aehnlichkeit besteht auch ohne sie.

AVer nun an der Kleinheit des Comitium, das mit Aner- kennung der Curiastufen (/ im Plan) ja noch kleiner geworden, und dessen Erweiterung durch Pinzas Hypothese dahingestellt bleibt, anstoss nimmt, der bedenke, dass die Volksmenge, die auf dem Comitium nicht Platz fand, ja Freiheit hatte auf dem Forum rings um das Comitium herum sich zu scharen. Was bedeutet denn die Nachricht, dass Gracchus und Crassus angefangen hätten ge- gen das Forum hin, statt wie früher gegen das Comitium gekehrt zu reden, als dass sich die Menge, auf die man einwirken wollte, dort auf dem Forum befand, und schon aus dem Jahre 218 v. C. berichtet Livius XXII 7, 6 von der das Comitium umdrängenden Menge auf dem Forum.

Ob auch unter Sulla schon das Grab eingedeckt wurde oder erst unter Caesar, macht an sich wenig aus, und auch wer jenes an- nimmt kann doch nicht, es sei denn mit einigen tiefer gedrunge- nen schwarzen Splittern, erweisen, dass auch damals schun des Grabes Stelle durch ein schwarzes Viereck im Pflaster angezeigt worden sei. Im Gegenteil könnte man die maugelhafte Kongruenz

C0MIT1UM UND ROSTKA 209

des niger lapis mit dem Grabe eben daraus herleiten, dass er erst später gelegt wurde. Gegen zweimaliges Verlegen und nachträgliche Erhöhung des schwarzen Piiasters schien mir jetzt wie früher die Gleichartigkeit der Schuttmasse zu sprechen, die man auf der rechten Löwenbasis, bis zum niger lapis reichend, liegen gelassen hat. Jedenfalls ist es kein glücklicher Gedanke, die Defekte des schwarzen Vierecks aus dieser zweifachen Manipulation zu erklären, wie Studniczka II 148 tut. Noch mehr streitet es freilich gegen den Augenschein, wenn H. S. 15 diese Unregelmässigkeiten für ursprünglich hält: nicht genug, dass der niger lapis eben gegen Süden, wo die eine Ecke abgestumpft ist, wirklich höchst schad- haft ist, auch die Schwelle, in welche die Balustrade eingelassen ist (diese selbst ist viel späteren Datums) liegt an der Ost - und Westseite in ursprünglichem Verbände, ist dagegen an der Südseite ein rohes Werk später Zeit. Das Travertinpflaster das den niger lapis auf drei Seiten in gleichem Niveau umgibt, war. weil weiterhin beim Grundlegen für den Severusbogen abgebrochen, für vorseverisch, also wohl Caesarisch erklärt. Um seine Datierung des niger. lapis unter Maxentius zu retten, sagt H. S. 45, mit jener Durchbrechung habe es wohl seine Richtigkeit, doch beweise das nichts für den er. 30 m. entfernten n. lapis. Das tut es dennoch; denn vom Severusbogen bis zu diesem ist das Pflaster ganz gleich- artig, und hat gleichgerichtete Fugen; erst östlich vom n. lapis ändert sich das.

Hülsen fährt eben fort, das schwarze Pflaster das tatsächlich, wenn auch ein wenig schief, über dem Romulusgrabe hegt, nicht für den niger lapis zu halten, der nach Verrius locum funestum significat... Romuli morti destinatum, sondern diesen für irgend ein mit dem Grabe verschüttetes Symbol zu erklären. Auf. S. 44 findet er jene andre Auffassung sogar 'in Widerspruch mit dem gan- zen Charakter des Verrianischen Werkes', zumal der topographischen Artikel, die überhaupt, und grade der über den n. lapis, nicht 'Denkmäler aus des Schriftstellers eigener Zeit beschreiben, son- dern sich durchweg mit der Erklärung der Namen alter grossen- teils schon verschwundener Monumente beschäftigen'. Und das träfe hier bei der von H. bekämpften Ansicht nicht zu? War denn das Grab nicht ein zu Verrius' Zeit schon 'verschwundenes Monument'? Freilich, H. scheint aber zu verlangen, dass auch der

15

210 E. PETERSEN, COMITIUM UND ROSTRA.

' Schwarze Stein ' damals schon verschwunden sein müsse. Ja, wer würde dann nach ihm fragen ? Und würde Verrius dann im Praesens von ihm sagen : significat, und zwar niger lapis in comitio ? Versteht das H. etwa so: 'wenn irgendwo von einem n. I. i. c. die Rede ist, so bedeutet das das Romulusgrab', und nicht der kn. I. i. c. be- zeichnet die Stelle u. s. w.' ?

Hülsen ' wiederholt ' S. 44 auch die alte Behauptung, ' dass niger lapis eben nicht mit locus lapide nigro stralus gleichbe- deutend ist? Hätte denn Verrius in unserem Sinne etwa sagen sol- len: locus lapide nigro stratus in comitio locam funestum significat? Was zeigt denn die Stelle des Grabes an? Die Stelle die mit dem schwarzen Stein gepflastert ist, oder eben das Ma- terial des Pflasters? Was ist dies für ein Material? Eben lapis niger, oder vielmehr, da nicht der Stein sondern die Farbe das Merkmal ist, niger lapis. Wer das noch bezweifelt, der lese doch Juvenals VI, 350 nee melior, silicem pedibus quae content atrum.

E. Petersen.

DER HAIN DER ANNA PERENNA BEI MARTIAL.

Zu den in Rom am häutigsten zitierten Versen gehören gewiss die bekannten Hendekasyllaben, in denen Martial die Aussicht von dem auf dem Janiculum gelegenen Landgütchen seines Verwandten Julius Martialis schildert (IV, 64, 11-24):

11 Hitic septem dominos videre montes

Et totam licet aestimare Romain,

Albanos quoque Tusciilosque colles

Et quodcumque iacet sub urbe frigus, 15 Fidenas veter es brevesque Rubras

Et quod virgineo cruore gaudet

Annae pomiferum nemus Perennae.

Illinc Flaminiae Salariaeque

Gestator patet essedo tacente, 20 Ne blando rota sit molesta somno,

Quem nee rumpere nauticum celeuma

Nee clamor valet helciariorum,

Cum sit tarn \wope Mulvius sacrumque

Lapsae per Tiberim volent carinae.

Dass in ihnen noch manches der Erklärung harrt, weiss der Kundige. Zwar die topographischen Schwierigkeiten haben sich beträchtlich vermindert, seit man das Landgut nach dem Vorgänge A. Elters (Rhein. Mus. 46, 411) nicht mehr bei der ungefähr vier Kilometer entfernten Villa Lante oder noch südlicher sucht, sondern auf dem Monte Mario. Der Dichter bezeichnet die Mul- vische Brücke ausdrücklich in V. 21-23 als so nahe gelegen, dass man sich wundern müsse, das Geschrei der Schitfsleute nicht

212 H- SCHENKL

stärker zu vernehmen. Das lässt sich nur durch eine verhältnis- mässig hohe Lage erklären, eine Bedingung, die einzig und allein der von Ponte Molle 1-2 Kilometer entfernte Monte Mario erfüllt. Ausserdem scheint es, dass der Dichter den Hain der Anna Per- enna. die Via Flaminia und Salaria, sowie den Pons Mulvius als nahe gelegene ßuhepunkte für das Ause bezeichnet, im Gegen- satze zu den in weiter Ferne sichtbaren Hügelketten und Ort- schaften, die in V. 13-15 genannt sind. Zwischen diesen beiden Grenzen erstreckt sich Rom, das man « wie auf der Landkarte« über- blicken kann. Denn diese Bedeutung nehme ich für das bisher nicht richtig gewürdigte aestimare (V. 12) in Anspruch. Die Glosse Corp. Gl. Lat. II, 12, 28: aeslimatum rfv avvoipiv Vjtoi €£ccq- yvQKTiibv rjroi diaTi'firjöiv empfängt ihre richtige Beleuchtung durch Tebtunis Pap. 82, 1 f.: Maydwfojv xlrjgovxix^g avvcoipMT/ievriv TTQbi tu eyvaxffiiva imaxsipswg, womit wieder der Brief des Strategen Revenue Laws 26, 13 ff., worin er die Schreiber auffor- dert \'v oi'v rovg avvoipiovvTccg x-ttjüiv rwv ix iTtg enslsv-

osm; ('Begehung'; auch irre'QxsOai (i) lässt sich so nachweisen)

(pccve'vTwv ävadwts, sich inhaltlich vollständig deckt. Da von

dem Verbum (fvvotfß&iv das Lexikon von Sophokles Weiterbil- dungen wie Gvvoipiafiog und sogar awoipicig nachweist, so wird man kein Bedenken tragen, Corp. Gloss. III, 367, 64 f. in aesti- mator Uoxpidtog und aestimatores laoipiitca das aktive Verbal- substantivum awoipKJrrjg herzustellen; denkbar wäre allenfalls enoipMrtrjg; sehr schwer glaublich das allerdings ohne Aenderung herstellbare elaoipirrt/jg. Nach den oben angeführten Papyrusbe- legen haben wir in der imöxexpig die Aufnahme oder Vermessung durch den Geometer, in der avvoxpig die Verarbeitung, Zusammenstel- lung und Ausgleichung der Vermessungsergebnisse zu Steuerzwecken, also die Herstellung des Katasters durch einen Finanzbeamten zu verstehen, wie ja auch Constantinus Porphyr, de caerim. 717, 9 f. zwischen den irnaxenryxai und inörtrai unterscheidet. Bei der (fvv- oiptg ging es ohne Abrundungund ähnliche arbiträre Entscheidungen nicht ab ; so gewinnen die Ausdrücke opinio (opinator) und taxatio,

(l) Zu den sonstigen Belegen kommt Basil. LVIII, Tit. 9 p. HG Mer- cati-Ferrini El de /p«t« xektvaei y.al airbg (6 juerp^rr/?) inikei'aei (1. inelev- (TtT((i) rovg TÖnovs.

DER HAIN DER ANNA PERENNA HEI MARTIAI. 213

welcho die Glossen (s. den Index von Heraeus) mit cvvoipig identi- fizieren, erst ihre richtige Bedeutung. In der römischen Amtssprache lässt sich ein lateinisches Aequivalent für snidxs\pig erst seit Konstantin nachweisen: Cod. Theod. II, 26, 1 (v.J. 330) electus agrimensor dirigatur ad loca, ut si ßdelis inspectio tenentis locum esse probaverit, pelitor vicius abscedat, womit 4 demselben Titels (v. J. 385) artis haius peritis omnem commisimus sab fideli ar- bitrio noüonem und Dig. X, 8 mensores mitlere oculisque suis subiectis locis zu verbinden ist. Die ars ist natürlich die Feld- messkunst und eine Anweisung zu derselben ist uns noch erhalten in der Abhandlung Agrorum quae sit inspectio (Agrim. 281). Hingegen lässt sich aeslimare mit seinen Ableitungen aus der amtlichen Ueberlieferung, wenn man von einem leisen Anklang in dem obencitierten fidele arbitrium absieht, nicht belegen ; dass die Juristen es in dieser Bedeutung zu gebrauchen vermeiden (man vgl. das Vocabularium Jur. Rom.), ist nicht auffallend, da eine Verwechslung mit althergebrachten Rechtsbegriffen nahegelegen hätte. Aber der Gebrauch ist durch die Glossen hinreichend festge- stellt und wenn anders meine Deutung des Martialverses richtig ist, sogar schon für das erste Jahrh. n. Chr. gesichert. Er hat in der Tat nichts Unwahrscheinliches. Denn dass unter Umständen beide Amtshandlungen von einer und derselben Person besorgt werden konnten und dass man die Vermessung auch etwas ungenau als aestimatio bezeichnen konnte, liegt auf der Hand. Dass wie in unserer Martialstelle, so auch in einigen anderen die eben hervor- gehobene Bedeutung von aestimare schärfer betont werden muss, als es in dem betreffenden Thesaurusartikel geschehen ist, sei nur im Vorübergehen erwähnt.

Eine weit grössere Schwierigkeit, eine wahre crux philologorum^ bietet jedoch der Vers 16, der trotz aller Bemühungen eine befriedi- gende Lösung bis jetzt noch nicht gefunden hat. Einen Niederschlag dieser Bemühungen aus älterer Zeit findet man in den Anmerkungen der Ausgabe Lemaires, meist offenbare Ungereimtheiten, wie die Deutung der Worte virgineo cruore auf blutige Opfer, auf Knaben- geisselung am Altare, auf den Tod der Anna Perenna oder gar (man staune) auf das von der jungfräulichen Diana erlegte Wild u. dgl. Nur Heinsius meinte, dass hier das Faunsohr des lascivus Mar- tialis irgendwo hervorgucken müsse: er erinnerte sich des lustigen

214 H. SCHENKL

Treibens am Feste der Anna Perenna, das Ovid (fasti III, 522 ff.) schildert, und änderte demgemäss. Ihm sind andere gefolgt (man- chen gefiel Munro's virgine nequiore), auch Wissowa in den beiden von ihm bearbeiteten Artikeln über Anna Perenna bei Röscher und in seiner Real-Encyklopädie. Andrerseits haben Fr. Härder (Wo- chenschr. f. kl. Philologie 1902, 164) und Assmann (Rh. Mus. 60,637) unabhängig von einander durch die Aenderung virgineo liquore eine Beziehung auf die Aqua Virgo herstellen wollen. Alle stimmen aber darin überein, dass der Vers eine schwere Corruptel zu enthalten scheine.

Und doch klingt das überlieferte virgineo cruore so sicher und echt lateinisch; es ist auch römisches Versgut:

virgineamque alte bibit acta cruorem

schrieb Vergil (Aen. XI, 804) und der Prinzenerzieher Ausonius hat sich die billige Gelegenheit nicht entgehen lassen, den Vers zur Zote zu missbrauchen, wie man in seinem Cento nuptialis nachlesen mag. Fände sich eine anderweitige Ueberlieferung, die einen Obstgarten mit « jungfräulichem Blute » in Verbindung bringt und Nota bene ein wenig martialisch gefärbt ist, so würde man, glaube ich, kaum zögern, in ihr die Erklärung für den seltsamen Ausdruck zu finden.

Diese Ueberlieferung existiert in der That und nicht bloss einmal. Ich fand sie zuerst im 10. Buche Columella's, der von den Feinden der Obstgärten, dem Ungeziefer und den Raupen, sowie den Mitteln zu ihrer Vertilgung viel zu sagen weiss und dann so fortfährt :

357 At si nulla valet medicina repetiere peslem Dardanicae veniunt artes, nudataque plantar Femina, quae iuslis tum demum operata iuventae

360 Legibus obsceno manat pudibunda cruore, Sed resoluta sinus, resoluto maesla capillo Ter circum areolas et saepem ducitur horti, Quae cum lustravit gradiens, mirabile visu Non aliter quam decussa pluit arbore nimbus

365 Vel tereti mali vel tectae cortice glandis

Volvitur in lerram distorto corpore campe.

DER HAIN DER ANNA PERENNA BEI MARTIAI. 215

Ein Kommentar ist überflüssig; besser und überzeugender als durch die einfache Gegenüberstellung kann die Beziehung der beiden Stellen zu einander nicht dargetan werden. Dagegen mö- gen hier die übrigen Zeugnisse für den von Columella geschil- derten, von Martial in deutlicher Anspielung gestreiften Zauber- brauch aufgeführt werden, die mit Hilfe der Kommentare zu den Bei rusticae scriptores leicht zusammenzubringen waren, nachdem einmal der Ausgangspunkt gefunden war. Am nächsten kommt Pliuius Nat. Hist. XXVIII, 77: iam primum abigi grandines tur- binesque contra fulgura ipsa mense nudato . . (78) quoeumque autem alio menstruo si nudatae segetem ambiant, urucas ac vermiculos scarabaeosque ac noxia alia decidere. Metrodorus Scepsius in Cap- padocia inventum prodit ob midtitudinem cantharidum, ire ergo per media arva retectis super clunis vestibus ; alibi servatur, ut nudis pedibus eant capülo cinctuque dissoluto. Es werden hierauf auch schädliche Einflüsse der menses auf die Saaten ge- schildert, mit dem Zusätze (79): quin et adspectu omnino quamvis procul visas, si purgatio illa post virginitatem prima sit aut in virgine aetatis sponte. Beide Autoren schreiben also bei dem Zauber der Jungfräulichkeit grosse Bedeutung zu; bei den fol- genden Zeugnissen ist dieser Umstand ausser Acht gelassen. Eine andere Quelle nennt ausdrücklich Columella XI, 3, 64: Sed De- mocritus in eo libro, qui graece inscribitur nsol ävxinaBibv af- firmat has ipsas bestiolas (er spricht von den xdi.inai) enecari, si mulier, quae in menstruis est, solutis crinibus et nudo pede unamquamque aream ter circum eat: post hoc enim decidere omnes vermiculos et ita emori. Kurz Plinius Nat. Hist. XVII 266 privatim autem contra urucas ambiri arbores singulas a midiere incitati mensis, nudis pedibus, recincta. Daran schlies- sen sich Apuleius in den Geoponica XII, 8; Tivlg dt', oxav xdfinai noXXa wert, yvvaixa xu\)aiQO[.isvr>v siöayovGiv slg %bv x\]nov ävv- Ttoderov XvG[TQi%a sv fJiovov irdedvfitnjv l/AaTiov xal /nrjd&v aXXo oXcog syjovGav [irres nsoi^coßcc f.irjT£ k'rsoöv zr avxrj yao iv tovx(o T(ö Gyj)iia%i rolg TtsQieX&ovGa rbv xT-nov xal diu i^ieGov i%eX- Oovüa ev&soog noilfiei äcpavsig Tag xäfiTvctg, und eine knappe Notiz bei Aelian Hist. anim. VI, 36 : avcöXXvvxai 61 xal abtat (at xafinai), yvvrj tijv «7iY(urJi70v xaOaqaiv xa^aioo/ntirj ei di&Xüoi (ittfr) twv Xaxavcov. Ein Nachhall aus späterer Zeit ist Pal-

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ladius I, 35, 3 : Aliqui midierem menstruantem nusquam cinctam solutis capillis nudis jwdibus contra erucas et cetera hört um faciunt circumire.

Die gegenseitigen Beziehungen dieser verschiedenen Zeugnisse mit ihren Übereinstimmungen und Abweichungen oder die Frage nach ihrer Abhängigkeit von einander zu erörteren, hat hier we- nigstens — keinen Zweck. Das Demokritzitat des Columella hat schon Diels (Vorsokratiker 461,3 und 462, 8) mit Recht unter die späteren Apokrypha eingereiht. Die Metrodorosstelle sucht Müller (fragm. Hist. Graec. III, 204) in der Schrift ttsqi laxoqiug. Sie könnte nach allem, was wir wissen, ebensogut in der nsol owrj- tieiac, gestanden haben ; und wenn ich richtig vermuthe, dass die beiden Schriften ehemals als Gegenstücke die Unterabteilungen eines Werkes gebildet haben, so ist das letztere sogar viel wahr- scheinlicher. Der Gegensatz der beiden Begriffe ist hinlänglich bekannt und schon von Aristoteles in seinen tisqI xa £']>« '«fzogiai I, 16 = 494 b 19 ff. klar ausgesprochen: Ta füv olv ^ogia xa TTQog zijV t£o) imipävsiav xovxov xsxaxxai xbv xqotiov xca', xa&- antQ tXk'y&rt, öicovo^ciGxaC xs [läXiGta xcti yvcogi/Jict dia xt]v Gvvrj&eiav sGzir, xa 6'ivTog xovvaviCov. Auch das Sachliche kann hier nicht besprochen werden. In dem grossen Sammelsurium von Ploss-Bartels, ' Das Weib ', findet sich sonst Material genug über die Rolle, welche die menses im Volksaberglauben spielen, aber nichts, die hier behandelte Frage förderte. Darum sei hier auf die Note des alten Needham zu den Geoponica hingewiesen, der aus Antonius Mi- tzaldis de secretis hortorum lib. I zitiert: ' huius modi praeüi- gium referre puduisset, nisi multi experti fuissent scripsissetque doctissimus medicus lo. Langius in Noricorum terris observa- tum et approbatum fuisse '.

Aus den Worten Martials geht deutlich genug hervor, dass der erwähnte Gebrauch etwas war, was zu seiner Zeit zum Hain der Anna Perenna gehörte; etwas, woran jeder dachte, wenn man des Hains erwähnte, was ihm eine gewisse Berühmtheit verschaffte. Das Verbum gaudere wird mit Vorliebe zur Bezeichnung von Dingen verwendet, auf die jemand stolz ist. Zahlreiche Stellen, wie natis gaudeat illa tribus oder gaudent iocosae Cassio suo Gades bei Martial selbst oder das allbekannte Maniua Vergitio gaudet, Verona Catullo beweisen es. Damit ist aber nicht ge-

DER HAIN DRR ANNA PERENNA BEI MARTIAI, 217

sagt, dass, was zu Marfcials Zeit so war, auch von Alters her so gewesen sein rnuss. Und hier erhebt sich eine wichtige Frage, die wichtigste, die sich an die Martialstelle und ihre eben gegebene Erklärung knüpft. Hängt vielleicht dieser Gebrauch, die Lustratio des Obsthaines der Anna Perenna, mit dem Kult selbst seit alter Zeit zusammen? Erklärt sich vielleicht die Ausgelassenheit, die sich an diesem Tage kund gab, aus dem Seltsamen und zugleich Obscönen dieses Gebrauches? Wenn sich ein solcher Zusammenhang sicher nachweisen liesse, so wäre man in der Tat berechtigt, dar- aus weitere Schlüsse auf die bekanntlich noch immer in tiefes Dunkel gehüllte mythologische Figur der Anna Perenna zu ziehen. So verlockend dies wäre, so muss doch die Frage verneint werden. Martial, der den Gebrauch kennt, spricht nur vom Haine und nicht vom Fest. Ovid, der den Verlauf des Festtages schil- dert, erwähnt den Gebrauch mit keinem Worte. Es ist übrigens nicht zu verkennen, dass die ganze Ovidstelle sich aus zwei scharf von einander getrennten Teilen zusammensetzt. In dem ersten (fasti III, 513-674) erzählt Ovid zunächst von dem lustigen Trei- ben im Haine (523-542), worauf er seine eigene Aetiologie folgen lässt (543-656), um anhangsweise noch einiger anderer Deutun- gen der Anna Perenna zu gedenken (657-674). Nun folgt, ganz äusserlich mit nunc mihi superat - dicere angeknüpft, die Er- wähnung des Brauches der Mädchen, an diesem Tage obseöne Lieder zu singen und seine Erklärung durch das Geschichtcheu vom gefoppten Mars (675-696). Unrichtig ist es, wenn Peter meint, dass « dieser Abschnitt angemessener hinter der Beschrei- bung des Festes v. 542 seine Stelle gefunden hätte »; Ovid sagt auch gar nicht, dass die obscönen Lieder beim Feste im Hain gesungen werden. Die beiden Angaben sind vielmehr ganz ausein- ander zu halten. Im ersten Teile berichtet der Dichter, dass die Pärchen (nicht durchwegs ' Liebespärchen ' im strengen Sinne des Wortes ; vgl. 542 senem potum poia trahebat anus) im Haine sin- gen quiequid didicere theatris (535) und um den Weinkrug tan- zen : dueunt posito duras cratere choreas (537 ; Tänze im kräf- tigen trochäischen Rhythmus, im Gegensatze zu weichlich üppigen, wie z. B. dem jonischen). Von obscönen Liedern, von Spottgesän- gen ist hier gar nicht die Rede; die Leutchen singen eben die gerade beliebten Couplets. Ganz anders lautet die Schilderung des

218 H. SCHBKK.L

zweiten Teiles. Die Mädchen tun sich an diesem Tage zusammen und singen herausfordernde Lieder: coeunt certaque probra ca- uviit (676). Die Situation ist ganz deutlich gezeichnet. Wer Volks- sitte kennt, der weiss, dass die Mädchen, wo sie sich in grösserer Zahl oder in Ueberzahl zusammenfinden und demgemäss gesi- chert fahlen, gegen die Burschen allerlei Trutzliedeln und Schna- dahüpfeln loslassen, die häufig an Saftigkeit gar nichts zu wün- schen übrig lassen. Unbefangene Deutung der Verse Ovid's lässt nur die Auffassung zu, dass diese Spottverse das Missgeschick des Mars bei seiner Werbung um Minerva und seine Täuschung durch die alte Anna Perenna zum Gegenstande oder doch zum Ausgangs- punkte hatten: lade ioci veteres obscenaque dicta canuntur (695) ; und ebenso, dass diese Lieder der Befriedigung über die Anführung des verliebten Gottes Ausdruck gaben : iuvat hanc magno verba dedisse deo (696). Es war eben ein Abenteuer, bei dem einmal der weibliche Teil besser abschnitt, im Gegensatze zu dem Lied des Demodokos, das die Männer gerne hören. Dass es von Ovid erfunden sein sollte, wie Wissowa annimmt, wird durch nichts bewiesen.

Auch in diesem zweiten Teile ist jenes Zauberbrauches gar nicht gedacht. Er wäre auch schlecht geeignet gewesen, für Mädchen die Veranlassung zu obscena dicta und certa probra ihrerseits abzugeben ; weit eher hätte der männliche Teil, der den Mädchen die Antwort gewiss nicht schuldig geblieben ist, eine gute Ver- anlassung gehabt, dieselben damit zu necken. Der Gedanke vol- lends, dass die Zeremonie selbst bei dieser Gelegenheit öffentlich vorgenommen und bewitzelt wurde, ist ganz abzuweisen; solchen Zauberspuk treibt man eher bei Nacht und unter ehrfürchtiger, peinlicher Beobachtung aller Förmlichkeiten. Auch das resolulo maesta capillo bei Columella ist zu beachten.

AVie nun das Schweigen Ovids über einen so auffallenden Vorgang es höchst unwahrscheinlich macht, dass er zu seiner Zeit bestand und bekannt war, so spricht auch der Wortlaut bei Co- lumella deutlich dagegen. Ganz ausdrücklich sagt er: Dardanicae veniunt arles (358) und bezeichnet damit den Gebrauch als einen fremdländischen, als ein äusserstes und letztes Mittel, das ihm eher als ein notwendiges Uebel erscheint. Dort wo er in Prosa spricht, wo er sich sozusagen ' fachwissenschaftlich ' ausdrückt, zi-

DER HAIN DER ANNA PERENNA BEI MARTIAL 219

tiert er keine römische Autorität, sondern einen Griechen; ebenso Plinius.

Der Gebranch kann also kein altrömischer gewesen sein; ja er muss, wenn wir die Zeitverhältnisse berücksichtigen, offenbar erst nach Ovid, vielleicht sogar erst nach Columella and Plinius, also gar nicht lange vor der Abfassung der Verse Martials (88 n. Chr.) eingeführt worden sein, so dass an der Berühmtheit, auf die Martial durch jenes gaudet hinweist, eher die Neuheit als das ehrwürdige Alter des Gebrauches Schuld gewesen zu sein scheint. Ob endlich die seltsame Lustration eine förmliche offizielle Einsetzung erfahren oder sich so unter der Hand eingebürgert hat, wissen wir nicht; ebenso wenig, wie lang sie sich in Uebung er- hielt. Vielleicht geriet sie schon sehr bald wieder in Verges- senheit. Die Kirchenväter, denen sie ein wirksames Beispiel von der Unsittlichkeit des antiken Kultes geboten hätte, sagen nichts davon (').

Rom.

Heinrich Schenkl.

(') [Was die Lage des Haines der Anna Perenna betrifft, so scheint es mir überzeugend, dass er ein augenfälliger Punkt für die Aussicht von der Villa des Iulius MaTtialis war (o. S. 212). Damit ist eine Lage innerhalb des jetzigen Stadtgebietes, etwa bei Via Vittoria, wie Assmann zu gunsten der unnötigen Aenderung virgineo liquore will, nicht zu vereinen. Wohl wa- ren diese Gegenden noch im dritten Jhdt. privatorum possessionibus et hortis et aedificiis occupata (Hist. Aug. Gordian. c. 32), aber gerade bei dieser Verzettelung des Grundbesitzes hätte ein pomiferum nemus, das auf drei Ki- lometer Entfernung sichtbar gewesen wäre, doch eine Grösse nach Hektaren haben müssen: und für ein solches ist in der siebenten Region kein Platz. Aber man darf, wie mir scheint, die Angabe des Hemerologium Vaticanum ad primum lapidem hier ebenso wenig wie in ähnlichen Fällen so pressen, als habe die Kultstätte und der Hain genau am ersten Meilensteine gelegen. Genauer würde man gesagt haben : inter lapides 1 et IL wobei sich ver- stand, dass die Stelle dem lapis I näher lag. Für die Via Flaminia haben wir zwar keine Meilensteine aus der Nähe der Stadt (s. CIL. XI p. 005 ; aber die Gewissheit, dass der Ausgangspunkt der Strasse am Norderide des Kapitols lag, und die Angabe der Itinerarien, dass der Pons Mulvius ad la- pidem III war, geben hinreichenden Anhalt. Die Mitte zwischen Piazza Ve- nezia und Ponte Molle mp. IS. fällt etwa in die Gegend von Villa Ponia- towski, wenig diesseits der Via deH'Arco Oscuro. Demnach wird der Hain der Anna Perenna auf der Höhe ein wenig stadtwärts, etwa bei der jetzigen Villa Strohl-Fern gelegen haben. Ch. H.].

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO IN ROM

(S. Maria Egiziaca)

(mit Taf. VI-XII).

Die vorliegende Arbeit (*) befasst sich mit einem der kleinen Denkmäler römischer Baukunst, das noch ziemlich wohlerhalten, doch trotz mannigfacher Aufnahmen und Beschreibungen, die da- rüber veröffentlicht worden sind, nie genügend untersucht worden ist, so dass seine Stellung in der römischen Baugeschichte bis heute zweifelhaft blieb.

Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts (2) wird unser kleiner Pseudoperipteros, die heutige Kirche S. Maria Egiziaca, Tempel der Fortuna virilis genannt : ein Name für den aus der alten Lit- teratur kein Zeugnis beizubringen ist (3). Nur so viel steht fest,

(') Besonders erwähnen möchte ich an dieser Stelle die überaus gütige Unterstützung meiner Arbeit von Seiten des Hrn. Prof. Chr. Hülsen, dem ich vielfache Litteraturangaben sowie die nötigen Empfehlungen zur Erlangung der Permessi verdanke. Auch für seine wohlwollende Durchsicht meines Ma- nuscripts hin ich ihm sehr verbunden. Herrn Dr. R. Delbrück danke ich für seine Mitteilungen und Aufschlüsse über seine Studien am Tabularium und Pons Milvius ebenfalls bestens.

(2) Der erste welcher diesen Namen aufgebracht hat, ist Bartolomeo Marliani (Topogr. 1. IV cap. 3. f. 76 ed. 1534, 1. III c. p. 16 p. 57 ed. 1544); vorher hatte Flavius Blondus {Roma instaurata, 1. II § 59 f. 18 ed. Venet. 1510) den Bau templum Asyli, Andreas Fulvius {Antiquitates urbis 1. III f. 46' ed. 1527) aedes Pudicitiae Patriciae getauft. Marlianis Benennung, obwohl nur auf irriger Deutung der Dionysstelle (s. A. 3) beruhend, behielt trotz Ligorios Widerspruch {Paradossi, 1553, p. 45), der nach dem Inschrif- tenfunde von 1551 (s. S. 221) das Gebäude mit grosser Sicherheit für die ' Ba- silica Gai et Luci Caesaris'1 erklären wollte, für die Folgezeit die Oberhand.

(3) Dionys. Halic. IV". 27 sagt von Servius Tullius: vctovg di'w xaiaaxevct' aäutiog Tv%t]g, ibv [iev iv äyoQu t# tcaXovfiivff Uoccqiu, t6v d' eitgov £ni ralg r/iöoi xot Teßegtog, i)v tU'^QElav nQogtjyöfjsvost', wg x«l i^v vnö Vw- H«ioi> xaXehc.i. Mit dem zweiten Tempel ' am Tiberufer ' ist die aedes Fortis Fortunae an der Via Portuensis rechts vom Tiber gemeint; Dionys hat falsch Fortis für ein Adjectivum gehalten, spätere Uebersetzer haben den Fehler durch Uebertragung von dvögeia-virilis vergröbert.

DER IÜMSCHK TEMPEL AM PONTE ROTTO 221

dass am Forum boarium so hiess der Platz an dem unser Bau liegt zwei Tempel standen, welche zwei ihrem Wesen nach verwandten Göttinnen an demselben Tage (11. Juni) geweiht waren und stets zusammen erwähnt werden : die Tempel der Fortuna und der Mater Matuta (l). Vor den Tempeln errichtete L. Ster- tinius i. J. 196 v. Chr. zwei Bögen (fomices) mit vergoldeten Statuen darauf (Livius XXXIII, 27). Wir werden uns daher beide Tempel symmetrisch gestellt, und wohl auch baulich überein- stimmend denken. Dass jedoch unser Tempel einer von diesen beiden sei, ist bisher nur Vermutung. Auch ältere Ausgrabungen haben für die Geschichte des Baus nur eine Thatsache constatiert: nämlich dass im Jahre 2 v. Chr. den beiden Adoptivsöhnen des Augustus C. und L. Caesar Statuen vor dem Tempel, wahrschein- lich auf den Treppenwangen, gesetzt worden sind. Im Jahre 1551 fand man vor der Kirche zwei gleiche Travertinblöcke von 1,35 m. Höhe, 0,90 m. Breite, welche nach dem Wortlaut der alten Be- richte mit dem Bauwerk in Verband gewesen zu sein scheinen (2). Doch lassen sich die angegebenen Breiten- und Höhenmaasse der Stücke nicht mit Maassen des Podiums in Zusammenhang; bringen. Immerhin ist es möglich, dass beim scavo von 1551 die Tempel- treppe zerstört worden ist. Für den Namen unseres Baues jedoch erfahren wie aus diesen Notizen nichts.

Zur genauen Kenntnis des Bauwerks ist eine Untersuchuno- der technischen und formalen Einzelheiten notwendig. Der aus-

(') lieber Fortuna und Mater Matuta s. Wissowa Religion der Römer p. 207. Beides sind Frauengottheiten; die erstere will Wissowa mit Pudicitia identifizieren. Ganz verschieden von ihr ist die nur einmal (in den Kalenda- rien zum 1. April) erwähnte Fortuna Virilis, die mit der Pudicitia in einem gewissen Gegensatze gestanden zu haben scheint.

(2) Mart. Smetius inscr. 49, 4, 5 giebt an: bases duae aequales ex Ti- burtino altae palmos VI, latae IUI coronis suis spollatae, repertae Romae a. 1551 ante aediculam S. Mariae Aegyptiacae; in seinem Neapolitaner Ms. (p. 114) sagt derselbe: a. 1551 e basi templi, quod quidam Forti Fortunae, alii vero Pudicitiae hactenus ascripserunt. diculsae. Aldus Manutius (cod. Vat. 5253 f. 348) fügt hinzu : horum (saxorum) alterum e/fossum a dextris, alterum a sinistris. Endlich erzählt Pyrrho lAgovio,delle antichiiä di Roma ; paradossi (1553) p. 45: essendosi cavato Vanno passato in questo luogo (S. Maria Egiziaca) s'e trovato per lettere che v'erano intagliate, che questa era la Basilica di Caio e di Lucio. Vgl. C. I. L. VI, 897. 898, wo weiter«' Litteratur.

222 E- R- F1ECHTER

führlichen Baubeschreibung aber sei zuerst ein kurzer Bericht über die bisherigen wichtigsten Darstellungen und Veröffentlichungen des Denkmals vorangeschickt.

Bisherige Kenntnis des Tempels.

I. Alte Zeichnungen und Aufnahmen.

Aus der Zeit der Renaissance, in der die Künstler mit gros- sem Eifer die antiken Bauten studierten und zeichneten, sind mir folgende Berichte und Darstellungen bekannt geworden:

1. Zeichnungen in Florenz, Uffizien.

a) Antonio da Sangallo il giovane (1485-1546). N. 1166 Grundriss mit Maassen der Axweiten und der Türöffnung. Die Sei- tenansicht mit Pfeilerpodium ohne Einzelheiten. Zwischen den Wandsäulen ist ein Sockel mit Abschlussleiste, darüber 12 gleich - grosse Qnaderschichten. Flüchtige Darstellung des Frieses : über den Säulen Stierschädel, über den Intervallmitten je ein Putto, und beiderseitig zwischen Stierschädel und Putto je ein Kandelaber, alle durch Laubgewinde verbunden. Einzelheiten und Profile nicht gezeichnet. Auf dem Giebel erheben sich Postamente von First- und Eckakroterien.

b) Salvestro Peruzzi, Sohn des Baldassarre (geb. 1500, lebte bis 1573). N. 664 u. 689 nur flüchtig gezeichnete Grund- risse ohne Einzelheiten.

c) Giovanni Antonio Dosio (1533-1609) N. 2027, 2028, 2029 bis; gibt sorgfältige Aufzeichnungen, meist wohl nicht vor dem Objekt selbst gemacht, obschon er dies genau beobachtet hat. 2027 und 2029 bis v. Grundriss mit wenig Maassen. Türweite auf 10 f. angegeben. 2027 r. u. 2028 geometrisch aufgezeichnete Vorderansicht mit Stufen eines Peripteraltempels. Im Fries über den Säulenaxen Stierschädel, in den Zwischenräumen je zwei Kan- delaber und ein Putto (wie bei Sangallo). Ferner Basis, Kapitell- und Gesimseinzelheiten mit grosser Sorgfalt. Die Formen sind gegenüber der Wirklichkeit verfeinert. Am Architrav sind beide Fascien mit Perlschnüren geziert. Auf Blatt N. 2027 die Notiz: « tutli gli intagli che sono in detto, sono coperti di stucco e fatti con bellissima grazia » . N. 2029 bis enthält noch einmal ein

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 223

Gebälkdetail mit gross gezeichnetem Stierschädel und wulstigem Laubgewinde den leeren Raum über dessen Rundung füllt eine Scheibe aus ferner ein grosses schematisch es Kapitell- detail ohne Einzelheiten.

In der Mappe : Vedute degli antichi Edißsi dl Roma, dise- gnati da Giovanni Antonio Dosio {dipoi incisi da Giovanni Bat- tista de' Cavalicri l'anno 1569) sind noch zwei malerische An- sichten 2506 y. u. 2530 r. Die eine giebt den Tempel restauriert und mit peripteralem Stufenbau (ohne Podium); die andere zeigt den damaligen Zustand mit vermauerter Vorhalle, aber ohne die Fenster an der Langseite. Der Bau steckt ganz im Schutt. Im Fries nur Stierschädel und Gewinde angegeben.

2. Zeichnungen in anderen Sammlungen.

a) Berlin, Kunstgewerbe-Museum, Sammlung Destailleur. Grosses Blatt, von demselben unbekannten französischen Kunst- ler, der um 1550 namentlich die Kaiserthermen äusserst sorgfäl- tig studiert hat (Jessen, Aus der Anomia, 1890, p. 114 ff.). Auf der r. Hälfte: Ansicht der westlichen Langseite; 1. Details der Basen, Kapitell und Gebälk. Eine Photographie der 1. Hälfte ver- danke ich, durch. Herrn Professor Hülsens Vermittelung, der Güte der Hrn. Prof. Loubier.

b) Wien, Hofbibliothek.

1) Unbekannter Franzose (XVI. Jhdt.): Kopie nach dem eben genannten Blatte des Anonymus Destailleur.

2) Unbekannter Italiäner (XVII. Jhdt.): Profil der Halbsäu- lenbasis und des Unterbaues « questo e il pidistallo di quello tenpieto dove ogi e la chiesa di Santa Maria Egitiacha » etc.; Grundriss einer Säule und einer Halbsäule.

Ueber diese beiden Blätter vgl. H. Egger, Katalog der Wiener Handzeichnungen p. 46. 47 n. 152. 153, dem ich auch eine Pho- tographie von n. 2 verdanke.

3) Unbekannter Italiäner (XVI Jhdt.) : Grundriss mit wenigen Maassen : c ternpio di martte a ponte Sta. Maria, hopera ionica composta di studio in Roma '. [Auf demselben Blatte Grund- riss eines Rundbaus: « di la da Palestrina, ternpio di mattoni arrotati »; auf der Rückseite Grundrisse dreier anderen Rund- bauten u. A. eines angeblichen « Ternpio di Äpolline a Bene- vento »].

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224 E. R. FIECHTEH

3. Darstellungen in verschiedenen alten Architektunverken.

a) Bartolomeo Marliani, Urbis Romae Topographia, Romae 1544 p. 57, giebt nur einen Grundriss, ohne die moderne Vermauerung der Vorhalle von den antiken Cellawäuden zu unter- scheiden. Sein Text ist lediglich topographischer Natur.

b) Stich im Speculum Romana e Magnificentiae, N{icolaus) B(eatricet) f(ecit), Tomasius Barl(acchi)exc(udit)M'DL. Beischrift: « Templum Fortmae Virilis ad ripas Tiber is in Foro Piscario, nunc Mariae Aegyptiacae sacratum, Romae ». Vielleicht abhängig von der angeführten Zeichnung von A. da Sangallo. Es ist eine perspektivische, rekonstruierte Ansicht. Das Podium der Vorhalle erscheint ganz aufgelöst in Pfeiler, auf welchen die Säulen stehen; im Fries nur Stierschädel und Vasen gezeichnet. Oft nach- gestochen, z. B. in Jac. Lauri Splendor Antiquae Urbis (1613); P. Schenk, Roma aeterno, (Haag 1705) T. 64, u. A.

c) Sebastiano Serlio. Architettura 1. IV. Venezia 1552 f. 38' giebt eine schematische Ansicht des Kapitells bei Anlass seiner Auseinandersetzung von Vitruvs Regel (Vitruv. III 5, 5 f.)

d) Andrea Palladio (1518-1580), / quattro libri del- V architettura 1576. 1. IV. S. 48 giebt auf 3 Tafeln 1) einen er- gänzten Grundriss mit wenig Maassen (Türweite 9 V4 f-), gänzlich falsche Profilzeichnung des Podiums, eine Türverdachung in Einzel- heiten, deren Schönheit er besonders rühmt; 2) eine Vorderansicht mit hohen Akroterpostamenten und Figuren; im Fries über den Säulen Putti, dazwischen Stierschädel und Guirlanden, keine Kande- laber; dann Kapitelleinzelheiten; 3) eine Seitenansicht mit durch- geführtem Basisprofil als Sockel der Cellawand; schöne üppige Fries- zeichnung und genaue Kapitelluntersicht. Stucküberzug erwähnt.

Wenn diese alten Aufnahmen meist in der Angabe der Einzel- heiten von bedeutender Genauigkeit sind, so dürfen doch weder die Grundrisse, noch die Aufrisse und Schnitte, also die Gesamtdarstel- lungen mit dem Maasstab archäologischer Gewissenhaftigkeit geprüft werden. Sie stellen vielmehr meist geniale Ergänzungen dar, die die tatsächliche Wirklichkeit wenig oder gar nicht berücksichtigen.

e) Ans Ende dieser Reihe stelle ich den französischen Ar- chitekten Ant. Desgodetz, welcher in Colberts Auftrage 1675- 76 die Ruinen Roms genau untersuchte, und 1682 in Paris sein Werk u ßdiföces antiques de Rome » veröffentlichte. PI. 38-41 ent-

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 225

halten eine Aufnahme unseres Tempels. Trotz seiner lauten Rügen über die Darstellungen älterer Architekten begegnen auch ihm ver- schiedene Fehler; doch bedeutet sein Werk für seine Zeit eine ganz bewunderungswürdige Leistung. Er ist der erste, der das Podiurnpiofil richtig zeichnet, und zwar auf Grund eigener Gia- bung (p. 98). Auch erkannte er richtig den Unterschied zwischen Stuck- und Steinformen, wenngleich er für seine Publication ein Normalkapitell zurechtzeichnet. Unrichtig sind nur die Mauer- maasse im Grundriss und die Friesornamente. Er zeichnet Eichen- kränze, steife Putti, Kandelaber und Stierschädel (').

Aus den unzähligen römischen Vedulen des 17. und begin- nenden 18. Jhdts (-) lernen wir für das Bauliche unseres Monu- ments nichts. Den Erhaltungszustand zeigen am treusten die Vedute in Alö Giovannolis Antichi vestigj di Roma (circa 1616) Tav. 66, und (fast hundert Jahre später) Bonaventura van Over- beke Iteliquiae antiquae urbis Romae (1709-1753) I Tf. 55. Danach war der Tempel bis über die Säulenbasen verschüttet und besonders an der Südseite durch Anbauten entstellt.

Eine beklagenswerte Beschädigung erlitt der Tempel im Jahre 1718, als Papst Clemens XI das Gebäude des armenischen Hospizes vergrössern liess: damals Avurde ein Teil des Gebälks weggenom- men, und der Travertin für die Fassade der nahen Basilika von S. Maria in Cosmedin, die gleichzeitig auf Veranlassung des Car- dinais Hannibal Albaui restauriert wurde, verwendet (3). Den Zustand des Monuments (westliche Langseite) um 1750 zeigt eine Vedute G. Vasi's {Magnificense di Roma, 1. V, 1754, Tav. 94).

t1) Nach den Aufnahmen von Desgodetz hat G. Ant. Guattani in den monumenti antichi tnediti (1789) T. III und seiner Borna antica descritta e i Hlustrata (1805) T. XXII eine Darstellung im kleinsten Maasstab nach- gestochen. Im Fries zeichnet er bewegte Putti, Stierschädel, wesentlich ab- weichende Kandelaber und wulstige Laubgewinde. Guattani berichtet in den Memorie enciclopediche Romane (1816), p. 5 von der Absicht der Wieder- herstellung des Tempels.

(-) Ein reichhaltiges Verzeichnis von solchen giebt F. Hermanin, Cata- logo delle incisioni con vedute romane nel Gabinetlo Nazionale delle Stamp>\ Rom 1897. Hervorgehoben seien die entzückende kleine Radierung von Gio- vanni Mercati, Alcune vedute dei luoghi dishabitati di Roma (1629) und der Stich des Israel Silvestre (1621-1691).

(3) G. M. Crescimbeni, Stato della Basilica di S. Maria in Cosmedin (Roma 1719. 4) p. 41: notiü che i trivertini adoperati {nella nuova fac-

16

226 k K- FIECHTEK

IL Neuere Aufnahmen und Bearbeitungen.

1. Mit Giovanni Battista Piranesi beginnt eine neue Aera in der Stellung zur Antike. In « Le antichitä Romane » T. IV (1756) Tav. XXXXVIII-LII giebt er Ansichten und Einzelheiten unter Weglassung alles Modernen. Der Bau war nach seinen Angaben bis über die Säulenbasen verschüttet ; aber die Podium- profilierung ist richtig gezeichnet. Auf der Cellawand giebt Pira- nesi vielfache Reste der Stuckverkleidung mit der Quaderzeich- nung an. Unrichtig ist der wirkliche Steiuschnitt und unwahr- scheinlich seine ganze Darstellung des (unzugänglichen) Unterbau.?. Beide Räume, Vorhalle und Cella waren nach ihm überwölbt. Treff- lich sind die Einzelheiten: er unterscheidet Steinform und Stuck- überzug; freilich am Kapitell nicht, da ist auch die Herausdre- hung der Voluten ein Irrtum. Von der Friesdekoration giebt er einen mageren Putto mit fadendünnen Laubgewinden; sonst nichts. In Piranesis Werk: Bella magnißcenza ed architettura clei Ro- mani (1761) Tav. VI fig. II ist die stark idealisierte jonische Ordnung unseres Tempels besonders wiedergegeben.

2. Uggeri, Journees piltoresques vol. II (1800) pl. XII, ver- öffentlicht einen sehr genauen Grundriss des Tempels unter Angabe der modern ergänzten Teile. In seiner Collection : Les trois ordres grecs d' apres les monuments de Rome antique (1803) vol. IV ordre jonique pls. XIV-XVII, sind gute Aufnahmen. Abgesehen von kleinen Fehlern ist im allgemeinen das Bild des dick mit Stuck überzogenen Bauwerks dargestellt. Im Fries aber stehen geflügelte Putti, welche feinteilige Laubgewinde mit flatternden Bändern tragen.

3. Eine durch ihre Trefflichkeit ausgezeichnete Darstellung des Tempels geben: Taylor und Cresy The architeclural antiqui- ties of Rome {taken in 1817 to 1810) ed. 1874 pl. XCVII-CI. Die malerische Ansicht des Tempels mit den Anbauten und dem Glockentürmchen zeigt, dass an der Nordfront von den Säulen

data della chiesa) sono i medesimi che sono stati levati dal cornicione delVantico Tempio etnico, poi imitolato a S. Maria Eyisiaca, per poU rvi fabbricare Vappartamento {per comodo de' Vescovi Armeni) Vgl. ebda. S. 82 über das Ospizio degli Armeni. Nocb Rid. Venuii, Descrisione Topograßca delle antichitä di Roma (Roma 1703) p. II c. 2, sagt: le colonne del prin- cipal prospetto e quelle d'ua lato non e gran tempo che vennero rovinate.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO _''_' i

nichts mehr zu sehen ist; von der westlichen Laugseite ist nur das nördliche Stück (wie heute noch) besser konserviert. Der Grundriss (Tat*. XCIX) mit ergänzter Treppe (aber wohl unrichtig), die Seitenansicht (Taf. C) mit Andeutungen des Steinschnitts. Die Einzelheiten unterscheiden am Architrav deutlich zwischen Stuck- und Steinformen; im Fries werden die Kränze, Zweige und Bänder annähernd richtig beobachtet, zum ersten Mal die üblichen Laubge- winde nicht schematisch dargestellt. Das Kapitell wird ohne die Stuckumhüllung gezeichnet.

4. Eine gute und grosse Ansicht der Vorder- und der rechten (westlichen) Langseite der Baus giebt L.Rossini, Le antichitä di Roma (R. 1822) T. 51. Im Fries sind Stierschädel, Laubge- winde und Putti angedeutet.

5. In « Aggiunte e correzioni all'opera sugli edlßci antichi di Roma dell'Arch. Desgodetz » von Valadier und Canina, 1843, wird von einer Ausgrabung beim Tempel berichtet, bei welcher hinter der Rückfront eine nach der Stadt sich wendende Strasse ent- deckt wurde. T. 19 giebt eine kleine perspektivische Ansicht.

6. Die Aufnahmen in Canina' s grossem Werk: Edißzi di Roma atitica, 1848, vol. II, Tav. XLI und XLII, Text S. 8G lehren nach Uggeri nichts neues. Inkonsequent sind teils Stuck- teils Steinformen gezeichnet. Die ergänzten Plan- und Aufrisszeich- nungen enthalten keine Maasse. Auf der Vedute des gegenwärtigen Zustands ist die bereits renovierte Vorderseite zu sehen.

7. Als « Architecte pensionnaire de l'Academie de France ä Rome » machte Blondel zwischen 1878 und 1880 Aufnahmen an unserem Tempel, die soviel mir bekannt ist, nur in der Collectioii Lampue (N. 202-207) veröffentlicht sind. In vorzüglicher Darstel- lung sind Grundplau und Aufrisse unter Weglassung alles Mo- dernen gegeben. Die Profillinie im Gebälkdetail zeigt eine etwas unsichere Trennung von Stucküberzug und Steinform. Zum erstenmal aber ist die Friesdekoration genauer nach dem Original darge- stellt. Fraglich bleibt freilich, ob Blondel die steifen Putti, die sehr an Piranesi erinnern, wirklich noch gesehen hat. Der Mäander auf der Abschlussleiste des Architravs ist wohl Erfindung des Ver- fassers. Das ganze Gebälkdetail auf Blatt N. 206 giebt ein vor- zügliches Bild der Architektur, wie sie durch die Ueberstuckie- rung der Steinformen entstanden ist.

228 E- R- FIECHTER

8. Vortreffliche photographische Wiedergaben des jetzigen Zu- standes findet man in Stracks Baudenkmälern des alten Rom, Berlin 1870 Taf. 14 und 23; gute Abbildungen blos des Kapi- tells in R. Delbrück die drei Tempel am Forum holitorium Taf. IV 1 u. in K. Ronczewski: Motive. Riga 1905. S. 37.

Die Zeichnungen und Berichte vermitteln bereits eine genaue Kenntnis unseres Tempels Zu dem heutigen Erhaltungszustand geben sie die fast übereinstimmende Notiz, dass im Fries Putten die Laubgewinde trugen. Ferner überliefert Palladio Formen der Cellatürumrahmung. Nur von der Freitreppe vor der Nordfront weiss niemand etwas genaues zu berichten. Entweder ist sie gänzlich verschwunden (vielleicht bei der Ausgrabung 1551, s.o. S. 221) oder man hat nur nie nach ihren Resten gesucht.

Wenn ich nun trotz dieser Menge von Berichten es unter- nehme, den kleinen Bau am Forum boarium zu beschreiben, so ge- schieht dies einmal, um eine Reihe von Beobachtungen über Ma- terial und Technik, die uns heute beim archäologisch gewissen- haften Studium der alten Bauwerke nötig sind, in Bezug auf diesen Bau mitzuteilen, und zum andern möchte ich, angeregt durch die Beschreibung der drei Tempel am Forum holitorium (') versuchen, den ionischen Pseudoperipteros zu den ihm nächst verwandten Bauten in Beziehung zu stellen, dann aus dem Vergleich aller Formen von Grundriss und Aufbau ein Datum seiner Entstehungszeit abzuleiten und zugleich sein Verhältnis zu den altitalisch - einheimischen wie zu den hellenistisch - kleinasiatischen Bauwerken festzustellen.

II. Baubesckreibimg.

A. Lage des Tempels (Fig. 1).

Unser Tempel liegt am ehemaligen Forum boarium, am Rin- dermarkt des alten Rom (2). Der Platz wurde westlich durch den

(') 1!. Delbrück, Die drei Tempel am Forum holitorium in Rom. Rom 1903.

(2i Nibby, Roma neu" anno 1838, parte antica II p. 666 ff.; Jordan, To- raphie 1, 2. S. 470 ff.; Hülsen, II Foro boario e le sue adiacenze neWanti- chitä. Dissertazioni delVAccademia Pontificia, Ser. II vol. VI (1808) p. 231 ff.; 0. Richter, Topographie2 S. 165 f.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO

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Tiber begrenzt, über den vom nördlichen Ende des Forums der Pons Aemilius nach der Regio Transtiberina (XIV) hinüberführte. Am Südende standen die Carceres des Circus Maximus und der Cerestempel. Die jetzt in die Kirche S. Maria in Cosmedin verbaute antike Säulenreihe wird der Statio Annonae zugeschrieben; die in der orleichen Kirche rückwärts eingeschlossenen Tuffmauern dem Tempel des Hercules Pompeianus (l). Der Eingang zum Forum boa- rium bildete im Osten in späterer Zeit der sogenannte Arcus Jani (Constantini). Auf dem Platz selbst standen der bronzene Stier aus Aegina, die Ära maxima, und dicht dabei der Rundtempel des Her- cules Victor mit der Bildsäule dieses Gottes. Gegenüber erhoben sich die Tempel der Fortuna und der Mater Matuta, und vor ihnen die Bögen des L. Stertinius.

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B. Erhaltungszustand.

Der Tempel stand einst frei. Auf das hohe Podium führte eine Freitreppe, die die ganze Breite der Nordfront umfasste. Das ist ersichtlich an der über die Nordwestecke vortretenden Wan- genmauer (Taf. VIII). Die Mehrzahl der früheren Darsteller ergänzte diese Wan^enmauer conaxial zu den Ecksäulen. Wie im übrigen die Treppe angeordnet war, ist nicht zu bestimmen. Es fehlen zu- verlässige Angaben aus früheren Darstellungen, und Untersuchungen an Ort und Stelle. Wahrscheinlich waren für den Auf- und Ab- stieg am rechten und linken Ende verhältnismässig schmale Trep- penläufe angelegt, zwischen welchen sich etwa auf halber Podium- höhe ein Altar erhob (2).

Die Länge des Podiums ist also unbestimmt; sie mag etwa 26 m. gemessen haben. Die Breite beträgt 11, 13 m. Sichtbar

(») Giovenale, Annuario delVAssociazione artistica fra i cultori di ar- chiteltura, V, 1895; Hülsen, Atti deWAcc. Pontif S. 271.

(2) Aehnliche Treppenanlagen mit Altar am Treppenaufgang: der Tempel des Zeus Meilichios in Pompei (Mau, Pompei S. 168); ebenda der Tempel der Fortuna Augusta (Mau a. a. 0. S. 118). Am Forum Romanum : der Tempel des Divus Julius (Hülsen, Forum Romanum, 1905, S. 140), der Tempel des Antonin und der Faustina (Hülsen Mitth. 1902 S. 92) und wahr- scheinlich auch der Castortempel. Vergl. auch das kleine naive Relief am Larenaltar im Hause des Caecilius Jucundus in Pompeji (Weichardt Pompeji S. 102).

DER IONISCHE TEMl'EL AM PONTE ROTTO

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Fi?. 2. Nördliche Hälfte der Westseite.

Fig. 3. Nordosteeksäule (teilweise ein getaut).

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E. R. FIECHTER

vom Podium ist ausser der westlichen Langseite beinahe die ganze Südseite; verdeckt durch die Anbauten des ehemaligen armenischen Hospitals, die zur Kirche gehörigen Sakristei räume und die Tauf- kapelle ist die ganze Ostseite des Baues, so dass jetzt der Tempel au diese ihn überragenden Bauten anzulehnen scheint (Taf. VI).

Fisf. 4. YVandecksäule an der Westseite.

Vom Aufbau erhalten und sichtbar sind die Nord-, West- und Südseite sammt dem oberen Gesimsabschluss. In den oberen Sa- kristeiräumen der jetzigen Kirche sind von der Ostfront die Säulen der Vorhalle halb\rerrnauert noch zu sehen und die Cellawand bis zum dritten Interkolumnium. Die sechste und siebente (Ecksäule) sind verbaut. Der Architrav liegt noch über den freistehenden und den Wand-Säulen; das Gebälk wird durch die Deckenkonstruktion des Sakristei-Anbaus verdeckt, ist aber wahrscheinlich überhaupt nicht mehr da, oder gänzlich abgeschlagen (s. o. S. 225).

Völlig fehlt jeder Anhaltspunkt für die antike Decken- und Dachkonstruktion, da das Gebäude innen gänzlich mit modernem

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 233

Stuck ausgekleidet ist (s. u. S. 240 A. 1) Ebenso wissen wir

nichts über den antiken Fussboden, dessen Höhenlage aber etwa der des heutigen entsprochen haben rnuss (Taf. IX).

Fi£. 5. Wandsäulcn an der Ostseite (in der Sakristei).

Die ursprünglich offene Vorhalle ist durch Mauern zwischen den Säulen ganz geschlossen und mit zum Kirchenraum zugezogen worden (vergl. Taf. Vll u. Fig. 2 u. 3).

In der Vorderwand der ehemaligen Cella befindet sich jetzt eine grosse Oeffnung, die von einem wahrscheinlich antiken Wandbogen überspannt ist. Alle übrigen in die Kirche hineingrei-

234 E. R. FIECHTER

fenden Mauerkörper sind aus nicht antikem Ziegel mauerwerk. Auf Taf. VIII ist der Erhaltungszustand so gut als möglich dargestellt. Im einzelnen ist er folgender:

Nordseite : Säulenbasen modern vorgesetzt, auch die Stufen und Stjdobat- platten, Schäfte mit rötlichem Mörtel neu aufgeputzt, Kapitelle ebenso. Das rechte Eckkapitell nur teilweise und unrichtig ergänzt (vergl. Fig. 2). Das ganze Gebälk ebenso neu aufgeputzt. Giebel im antiken Zustand erhalten, aber übermauert.

Westseite, erstes Interkolumnium: Stylobat modern ergänzt. Ecksäule : rechte Volute i:i der ersten Form ohne Blume im Volutenzentrum. An der zweiten Säule (von der Nordseite gerechnet, Ecksäule immer mitgezählt) unten die Steinform des Schaftes, oben die erste und zweite Stuckschicht, Ka- pitell in der zweiten Form gut erhalten (im Innern der Kirche stark zer- stört). Darüber Architrav, Fries und Gesims sehr deutlich, ebenfalls in der zweiten Form (Fig. 6). Dritte Säule (Wandecksäule) hat unten modern vorgelegte Basis. Schaft wie bei der zweiten Säule. Diagonalvolute ganz abgebrochen, die andere stark verstümmelt (Fig. 4). An Säule 4-7 mo- derne Basisergänzungen. Schäfte teilweise geflickt. Kapitelle bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Architrav und Gesims darüber ohne Stuck- überzug erhalten. Tuffquaderwand im 3.-6. Interkolumnium durch drei moderne Fenster durchbrochen. Stuckreste der Quaderimitation im 3. Interkolumnium.

Südseite: Basis der Ecksäule und der 2. Säule durch überputztes Ziegel- mauerwerk ergänzt, ebenso der ganze Stylobat. An der Basis der dritten Säule modernes gegen das Lager gestelltes Travertinflickstück. Säulen- schäfte und Wand fast ganz überputzt. Kapitell der zweiten Säule in der zweiten Form gut erhalten. Kapitell der dritten Säule ziemlich zerstört. Von der Wandecksäule ein Viertel sichtbar; das übiige eingebaut und sehr zerstört. Das horizontale Gebälk modern überstrichen und geflickt, Giebel im antiken Zustand, aber mit moderner Aufmauerung.

Ostseite: Südostecksäule zu drei Viertel eingebaut. Zweite Säule ebenso. Dritte bis siebente (vordere Ostfrontecksäule) im oberen Teil erhalten; unten abgeschlagen und überputzt, bezw. eingemauert. Kapitell der dritten Säule ganz zerschlagen. Am Schaft beide Stuckschichten sehr gut sichtbar. Kapitell der vierten Säule: rechte Volute in der ersten Form mit den umhüllenden Akanthusblättern gut erhalten. Schaft stark zertrümmert und wie die Wand mit Ziegel und Kalk geflickt (Fig. 5). Kapitell der fünften (Eck-) Säule : Diagonalvolute gut erhalten. Auf dem Rücken derselben in der ersten Form ein Akanthusblatt. Kapitell der sechsten (Vorhalle) Säule am besten erhalten (Tf. XII), rechts in der zweiten, links in der ersten Form. Schaft in der zweiten Form, nach innen gegen die Vorhalle ganz verstümmelt. Nordosteckkapitell: Diago- nalvolute abgeschlagen, linke Volute in der ersten Form erhalten, mit deut" liebem erstem Stücküberzug. Cellawand meist modern verputzt. Zwischen der 1. u. 5. Säule (von links gezählt) Reste der Quaderstuckierung.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 235

Die modernen Ergänzungen und Erneuerungen sind 1830 ge- macht worden. Der dazu verwendete rötliche Mörtel lässt sich leicht von dem antiken unterscheiden.

C. Beschreibung der Einzel formen. Podium (Tf. X).

Auf einem roh bearbeiteten Sockel vorsprung steht das Fuss- glied des Podiums: eine niedrige Platte, darüber eine abgesetzte schlanke Sima, darauf wieder durch ein Plättchen abgetrennt ein umgekehrtes lesbisches Kvma. Die Pussgliedschicht ist als Bin- derschicht aufzufassen. Darauf stehen die glatten Verkleidungs- platten des Podiumkörpers. Das Abschlussgesims ist aus mehreren Formen zusammengesetzt. Zu unterst ein lesbisches Kvma mit Plättchen, dann ein glatter Zahnschnittstreif, darüber ein kleineres und ein grösseres Kyma und zuletzt eine weitausladende schwache Platte mit schwerem lesbischem Kyma und oberem Plattenrand. Um die ganze Ausladung zurückspringend liegt darüber als Ab- schluss des Podiums eiue durchgehende Stufe, die mit dem Gesims zusammen aus einem Stein geschnitten ist (Tf. VIII). Die ganze Steinlage ist merkwürdigerweise eine Läuferschicht. Nur an der Ecke auf der Südseite ist ein kurzes Binderstück eingeschoben, dann folgen wieder Läufer. Konsequent folgt dann eine aus Bindern gefügte Stufe, die bereits zum Aufbau des Tempels gehört und als Stylobat zu bezeichnen ist.

Basen (Tf. X).

Die Basen der freistehenden und die der Wandsäulen ruhen auf diesem Stylobat. Nur an den vier Gebäudeecken sind sie mit dem Stylobat aus einem einzigen Travertinblock gebildet. Die Form der Basen ist die attische : eine kräftige Plinthe, starke Tori und dazwischen eine ziemlich gedrückte Kehle.

Säulen (Tf. XI und XII).

Die nach Norden gerichtete, einst offene Vorhalle ist in der Front viersäulig, und zwei Jochweiten tief. Die dritte Säule der Langseiten des Baues (von Norden gezählt) verwächst als Dreivier- telssäule mit der Cellawand, an welcher dann in gleichen Inter-

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vallen der Rhythmus der Säulen Stellung in weiteren 3 Halbsäulen wiederholt und endlich mit einer Dreiviertelssäule die hintere Eck- lösung gebildet wird. Die Rückfront (Südseite) ist demnach durch zwei Dreiviertel-Ecksäulen und zwei Wand-Halbsäulen gegliedert.

Die Schäfte der meist freistehenden und der übrigen Säulen endigen oben und unten im Ablauf und Plättchen. Zwanzig ionische Kanneluren umgeben die freien Schäfte, vierzehn die Dreiviertel- säulen-, und elf die Halbsäulenschäfte. Sie sind oben und unten bis nahe an die Ablaufkante geführt und endigen rundbogig. Die Bearbeitung der Hohlflächen ist äusserst roh (s. u. S. 250), die der Stege sorgfältiger. Ein Stucküberzug hatte sie zu verdecken, und das für die Erscheinung der Säule fertige Bild abzugeben. Das Maass des unteren Durchmessers schwankt zwischen 0,445-0,465, das gerin- gere bei den Halbsäulen, das stärkere bei den freistehenden; die Maasse sind aber wegen des schlechten Erhaltungszustandes und der modernen Renovationen nicht mehr ganz genau zu bestimmen. Der obere Durchmesser misst ca. 0,79-0,71 m. Die Säulenhöhe be- trägt 8,22 m., die Verjüngung also ca. ein Achtel.

Ueber der ursprünglichen Stuckschicht befindet sich auf den. Säulen noch ein zweiter späterer Ueberzug aus Kalkmörtel, der mit groben Marmorkörnern gemischt ist. Die ganze Säule wird dadurch im ca. 5-6 cm. verdickt, der Anschnitt der Kanäle an der Basis wird sehr stumpf, und das Verhältnis der Verjüngung auf etwa 1/10 verringert. Der Schaft verliert an Grazie und erhält mehr einen derbkräftigen Charakter.

Beim jonischen Kapitell der Säulen unterscheiden wir eben- falls zwischen einer ursprünglichen Steinform mit dem gleichzei- tigen Stucküberzug und einer späteren umgestalteten Stuckforra. Der Abakus des Kapitells hat eine hohlkehlige Abschrägung der unteren Kante. Der Canalis ist niedrig und nur nach oben von einem Mach vortretenden Saum begrenzt; nach unten stösst er an das stark vortretende Eierstabkyma an. Die Voluten rollen sich dreimal auf. Die Canalisrläche liegt in einer mit dem Architrav parallelen vertikalen Ebene ; weder das Volutenzentrum noch die Volutengäge drehen sich hinter oder vor diese Ebene heraus (').

(') Im Gegensatz zu verschiedenen Aufnahmen aus früherer Zeit, z. B. Taylor und Cresy Taf. Ol. vergl. Durm a. a. o. S. 381 Abb. 411.

DEK IONISCHK TEMPEL AM PONTE ROTTO 237

Von den einzeln beobachteten Kapitellen (die fünf nördlichen der Ost- und das zweite und dritte von Norden an der Westseite) haben alle eine glatte Scheibe als Volutenzentrum ; nur am Dia- gonalkapitell der nordwestlichen Wandecksäule (Fig. 4) fand ich eine vierteilige Blüte an dieser Stelle; da die übrigen Säulen der Vorhalle entweder zerstört oder gänzlich verdeckt sind, ist nicht zu bestimmen, ob nicht vielleicht alle Kapitelle daselbst so verzierte Volutenzentren besassen.

Das Kyma ist kräftig entwickelt, der Eierstab hat klassische Form. Die Zwickel werden durch äusserst flache vierblättriere Pal- metten ausgefüllt. Unter dem Kyma folgt ein herunterhängender Kundstab. Die Polster treten weit vor; ein breites glattes Band umfasst sie in der Mitte. Daneben liegen auf den Flächen sehr weich modellierte Akanthusblätter, die keine Zeichnung der Blatt- rippen zeigen. Zwischen den Akanthusblättern erscheinen noch die Spitzen von einfachen Lanzettblättern. Die dem Beschauer immer unsichtbare obere Seite der Polster war nicht verziert. Ein Akan- thusblatt gleichen Stils, dessen Blattspitze aufgebogen war, ist auch auf der einzigen noch erhalteuen Diagonalvolute der nord- östlichen Wandecksäule aufgelegt.

So die alte ursprüngliche Form, die nur mit einer leichten Stuckhaut überzogen war. Eine neue Gestalt erhielten die Kapitelle durch einen späteren Ueberzug mit einer bis zu 4 cm. starken Stuck- schicht. Bisher wurde, wie wir oben sahen, niemals ein klarer Unterschied der beiden Gestaltungen des Kapitells festgehalten. Nur Delbrück (a. a. 0. Tf. V, 1) zeichnet Stein- und Stuckform nebeneinander. Der Ueberzug verändert das Kapitell wesentlich. Der Abakus erhält ein richtig lesbisch profiliertes Kyma ; der obere Canalisrand wird als Rundstab mit Plättchen ausgebildet, dem sich um die Voluten herum nach aussen noch ein begleitendes Rundstabprofü anschliesst. Er wird erheblich erhöht, so dass die Canalisfläche tief ausgehöhlt erscheint; im Zentrum wird die vier- blättrige Blume eingesetzt. Die Zwickelpalmetten wölben sich stark vor und bekommen eine ganz neue Zeichnung ; sie sind nur noch dreiteilig. Das Eierstabkyma wird nach oben erhöht und nach unten durch den neuen Ueberzug stärker vorgezogen, um an den eben- falls verdickten Rundstab besser anzuschliessen. Plättchen und stumpfe Lysis bilden den Uebergang zum Schaft. Die seitlichen

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Polster erhalten ebenfalls einen entsprechend starken Ueberzug; die ursprünglichen Akanthusblätter werden zugedeckt; neue, kräftig in Stuck modellierte aufgelegt, die durch Gurtbänder mit Bandlei- sten und Schuppenmuster zusammengehalten werden. Die Ausbil- dung der Diagonalvolute der Eckkapitelle im zweiten Stadium ist nicht mehr anzugeben, da kein Originalstück mehr vorhanden ist. Die Eckvolute der Säule an der Nordwestecke ist modern und falsch ergänzt. Von der Ausbildung der Innenseite der Eckkapitelle ist nichts mehr zu sehen.

Cella.

Die Cellawände bestehen aus Tuflfquadern ('). In die Westwand sind drei moderne Fenster, in die Ostwand eine Sakristeitüre ein- geschnitten worden. Sonst sind sie noch intakt. In der Nordwand der Cella war einst die Eingangstüre (Taf. IX, 1). Die beiden jetzt kulissenartig vortretenden Wandteile sind durch einen hohen Bogen verbunden, von dem nur der Schlusstein sichtbar ist. Im übrigen sind die Mauerflächen durch modernen Putz verdeckt. Nur unge- fähr vier Meter über dem jetzigen Kirchenfussboden ist beiderseitig der moderne Ueberzug beseitigt (Taf. IX, 5-7). An den inneren Mauer- kanten beider Wandteile rinden sich dort rohe Abschrägungen, die sich nach oben verbreitern ; beide in gleicher Höhe ungefähr gleich gross. Wie weit sie sich nach unten fortsetzen, ist ohne Beseiti- gung des Mörtels nicht zu bestimmen. Rechts (von innen gesehen) ist in Schicht 8 ein 15 cm. grosses quadratisches tiefes Loch, an der gleichen Stelle links jedoch keines. Diese Einarbeitun- gen sind, wie die ganze Maueröftnuug, antik. Aber erklären kann ich sie nicht. Hier stand der Türrahmen aus Stein, dessen Sturz jedenfalls bedeutend unter dem Architrav der Vorhalle lag und durch den grossen Bogen entlastet wurde. Auch die Cella- wände waren anfänglich mit einen Stucküberzug sowohl innen als aussen verkleidet (Reste davon deutlich am ersten Mauerintervall der Ostwand, von Norden gezählt, und am gleichen der Westwand). Die Dicke desselben beträgt etwa 2 cm. Das Material ist feiner grauer Sand und Kalk. Bei der Umgestaltung des Baues erhielten

(') Ueber den Mauerverband siehe unten S. 247.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 23'J

auch die Wäude einen Ueberzug aus den gleichen Materialien wie der an den Säulen. Darauf wurden flache Bossenquadern mit breiten Nuten uud eingeritzten Fugen aufgetragen. Piranesi (l) sah noch grosse Reste davon; ebenso zeichnen die meisten frühe- ren Darsteller diese Quadrierung. Zu erkennen und zu messen ist sie noch an der Ostwand.

Gesims.

Ueber den Säulen der Vorhalle besteht der Architrav aus einsteinigen bis zu 3,05 m. langen Balken aus Travertin. An den Ecken sind diese innen in Gehrung geschnitten. Die Gliederuug ist beiderseitig, nach aussen und gegen die Vorhalle, gleich : drei übereiuandergelegte, nach oben höher werdende Platten, die mit Kyma und Plättchen bekrönt werden (2). Dieses oberste Ab- schlussprofil ist ausserordentlich hoch an allen freitragenden Archi- traven und setzt daun plötzlich noch vor dem Uebergang zum Architrav über der Cellawand ca. 8 cm. ab (an der Westseite sicht- bar, s. Tf. VIII). Ein zwingender Grund zu solcher Verschiedenheit ist nicht ersichtlich. Die Wandarchitrave sind als scheitrechte Bogen konstruiert (3). Zwischen den sehr ungleichen Widerlagerstücken aus Travertin über den Säulenkapitellen sind je 2 oder 3, ungleich grosse Tuffkeilquadern eingespannt. Die Eckverspanuung ist nicht mehr ersichtlich (vergl. Tf. VIII).

Jm Innern der Cella ist überhaupt keine Horizontalteilung, auch nicht in Architravhöhe, zu erkennen. Der moderne Putz verdeckt die Mauern bis unter den wahrscheinlich aus dem 18. Jahrhundert stammenden Dachstuhl (s. o. S. 232).

Aehnlich wie Säulen und Wände erlitt auch der Architrav eine Umgestaltung durch Putzummantelung (Taf. XI). Der Perl- stab und das von Taylor und Cresy überlieferte (bei Durm Abb. 420 reproduzierte) Blattornament des Kymas sind in Marmorstuck aufgetragen, ebenso die veränderte Soffite der freien Architrave.

(i) A. a. 0. Tav. L fig. 2.

(a) Durm a. a. o. Abb. 420. Die S. 385 zitierte Zurückneigung dei vertikalen Flächen kann ich nicht bestätigen. (3) Durm a. a. o. Abb. 243.; s. u. S. 249.

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Ueber den Mauerarchitraven der Cellawände besteht der platte Fries aus normalen Tuffquadern; nur das sichtbare Eckstück ist Travertin. Ueber den freien Architraven der Vorhalle hingegen sind die Quadern des Frieses durchaus Travertin und zur Ent- lastung ihrer Unterlage als scheitrechte Bögen gefügt. Sie sind einsteinig; ihre rauh gespitzte Rück-, d. i. Innenseite ist gegen oben etwas nach vorn geneigt, so dass die obere rohe und unre- gelmässig verlaufende Innenkante ca. 11 cm. vor der Architravflucht vorsteht. Man ist versucht, diese Vorkragungen für die Anfänger eines muldenförmigen Gewölbes (*) zu halten, wobei freilich sofort ein statisches Bedenken aufsteigt, denn ein solches Gewölbe übt einen starken Schub nach aussen auf seine Unterstüzung aus; in diesem Falle auf ein schlankes Gerüst von Säulen, das hier wohl kaum geeignet wäre, einen solchen aufzunehmen. Piranesi zeichnet (a. a. o. Tav. L) ebenfalls ein Gewölbe, und überdeckt auch die Cella mit einem solchen. Er hat aber sicherlich nicht mehr ge- sehen, als heute noch vorhanden ist, soweit man aus seinen Zeich- nungen erkennen kann. Und in der Cella kragt überhaupt kein einziger Stein aus der Wand vor. Es ist wahrscheinlich, dass die Vorkragung zur Vergrößerung des Balkenauflagers angeordnet wurde; denn hinter den Gesimssteinen, die doch tief einbinden müssen, war nur sehr wenig Platz zum Auflegen eines leichten Balkengerüstes, das verschalt und dann mit Stuckdekoration, die ringsum an den Architrav anschloss, verziert zu denken ist.

Auch der Fries trug über seiner ziemlich rauhen Oberfläche eine ursprüngliche Stuckschichte, die jedoch nur da noch sicher zu erkennen ist, wo die zweite spätere darüber erhalten ist. Ob die erste eine Stuckverzierung trug, konnte ich nicht ermitteln. Die zweite aber besitzt an der Westseite (s. o. S. 234) eine solche. Was jedoch davon übrig blieb, ist wenig genug (Abb. 6 ; Tf. XI) : zwei Laub-

(l) Vergl. Tf. IX. Antike Muldengewölbe aus opus caementicium im Ta- bularium, 78 v. Chr.; dorischer Tempel bei S. Nicola in Carcere, s. o. S. 173 Fig. 2. Auf der oben S. 223 genanten Zeichnung in der Wiener Hofbibliothek nr. 3 sind in der Cella Kreuzgewölbe angedeutet; ob die Angabe auf wirkli- cher Beobachtung beruht, bleibt fraglich. Immerhin könnten solche Gewölbe auf den in die Cella (s. Taf. VII) eingebauten modernen Pfeilenvorlagen, die für die heutige Deckenkonstruktion gar keine Bedeutung haben, aufgelegt gewesen sein. Antik war eine solche Gewölbeanordung also nicht.

DKR IONISCHK TEMPEL AM PONTE ROTTO 241

gewinde, die von einem Kandelaber ausgehen, und links ein fast noch ganz erhaltener Stierschädel. Weiter rechts davon in der Mitte des zweiten Interkolumniums noch ein Teil eines Stierschädels, und im dritten lnterkolumniiim der Oberteil eines Kandelabers. Mehr nicht! Auch diese Reste sind sehr brüchig und werden bald herun-

Ficr. 6. Stuckiertes Friesornanient an der "Westfront.

terfallen. Frühere Beobachter haben noch mehr gesehen; denn fast alle zeichnen über den Säulenaxen noch stehende Figürchen, welche die Laubgewinde tragen. Freilich sind die Darstellungen sehr ver- schieden: Desgodetz, Piranesi, Uggeri, Canina und Blondel geben sie in steifer strenger Stellung mit symmetrisch erhobenen Armen und geschlossenen Beinen ; andere aber, Palladio, Serlio, Taylor und Cresy zeichnen lebendig bewegte Formen. Es ist nach dem Erhal- tungszustand von heute nicht mehr auszumachen, wer besser beob- achtet hat. Wahrscheinlich sind diese (auf Tf. XI nach den früheren Darstellungen frei ergänzten) Putti nicht ganz so steif

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242 E- R- FIECHTEK

gewesen, wie sie besonders Canina abbildet; im übrigen mögen die strengen Formen, die Desgodetz und Piranesi geben, zu be- vorzugen sein. Am besser erhaltenen Stierschädel fehlen die Hörner und ihr Ansatz, sonst ist die Umrisslinie ganz sicher zu bestimmen, das plastische Detail freilich kaum mehr. Neben dem Schädel flat- terten buntbewegte Bänder, das sieht man (Fig. 6) noch an den vom dunkleren Grund sich abhebenden helleren Streifen. Die Laub- gewinde sind vielfach recht flüchtig betrachtet und falsch abge- bildet worden. Am meisten weichen von der Wirklichkeit ab : Dosio, Palladio, Desgodetz, Piranesi, näher stehen Taylor-Cresy und Canina, richtig hat Blondel (Coli. Lampue BL 206) beob- achtet. Die Laubgewinde sind nicht geflochtene Kränze, sondern lose gebundene Blätter, zwischen denen vielleicht Beeren gesteckt haben. Der Stuckauftrag ist sehr schwach, die Blätter waren einzeln auf und neben einem wulstigen Kranz aufgesetzt, sind aber nun abgefallen. Man sieht ihre Form nur noch durch die hellere Tö- nuno- des Grundes. Wenig deutlich erkennbar sind die Spuren der kleinen Zweige, die ober- und unterhalb der Gewinde vorhanden waren. Blondel zeichnet sie unabhängig von den Guirlanden; ich klaube deutlich erkannt zu haben, dass sie, an dünnen Stielen herauswachsend, mit den grösseren Kränzen zusammenhingen. Das ist nicht nur nach dem Befund wahrscheinlicher, sondern auch organischer. Die Kranzenden werden abwechselnd von den Putten getragen und abwechselnd an den Stierschädeln aufgebunden. Je- desmal fallen flatternde Bänder den Kaum gut aus. Gegen die Kandelaber laufen die Kranzgewinde ohne organischen Zusammen- hang an. Die Kandelaber selbst sind ziemlich roh; drei scheiben- artige Füsse tragen den Unterteil des Leuchters. Der Schaft ist durch ein doppeltes Blattbüschel verziert, vom dem sich eben- falls flatternde Bänder loslösen. Der Lichtträger ist mit einem gelappten Rand versehen. Die Ornamentausteilung richtete sicli nach den Säulenasen. Ueber jeder Säule stand ein Putto, über jedem Interkolumniummittel war ein Stierschädel aufgehängt ; zwischen diesen aber stand jeweils ein Kandelaber und die Laub- gewinde bildeten von Figur zu Figur eine weiche Verbindung. Die ganze Dekoration ist im Vergleich zu den übrigen plastischen Formen das Gebäudes zart. Sicherlich war sie einst durch Bema- lung wirkungsvoller gemacht worden.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 2-13

Vom Hauptgesims ist das Stück unmittelbar über dem eben beschriebenen noch gut erhaltenen Friesornament am geeignetsten zur Untersuchung, denn sonst sind fast alle Teile durch mo- dernen Putz verdeckt und verschmiert. Tf. XI zeigt uns das ursprüngliche Steinprotil, und das durch die spätere Ueberstuckie- riiDg umgestaltete. Man sieht, dass die ganzen Verhältnisse des Gesimses durch diese spätere Ueberkleidung wesentlich verändert worden sind. Das Verhältnis der Frieshöhe zu der des Gesimses wurde von 3:4 auf 2y2:4 erniedrigt, der Architrav ausserdem wenig erhöht. Die Steinformen des Gesimses sind einfach: Kyma mit Plättcheu, darüber eine Zahnscbuittleiste, darüber dann eine kleinere Platte und ein jonisches Kyuia. Die Hängeplatte wird durch ein lesbisches Kyma bekrönt. Bei der späteren Umge- staltung wird das Kyma über dem Fries verziert mit grossem breit- lappigem Blattstab; darüber folgt dann ein Zahnschnitt, mit breiten Zähnen und schmalen Zwischenräumen, der ganz in Stuck aufge- trogen und mit der darunter befindlichen Steinform verquickt ist. Die Zwischenräume sind dadurch flach statt tief geworden. Ueber dem Zahnschnitt folgt ein skulpiertes Eierstabkyma, das in einer ca. 7-8 cm. starken Stuckschicht aufgelegt ist. Dadurch wird die Unterschneidung der Corona geringer als in der Steinform; das Ganze sieht also stumpfer aus. Die Untersicht der Corona und die Vorderseite waren glatt verputzt. Darüber folgte, wahrscheinlich ähnlich gebildet wie im Stein, das oberste Kyma, von dessen anti- kem Stucküberzug jedoch nichts mehr erhalten ist.

Eine ungemein schwere und massige Sima bekrönt das Ge- sims. Sie ist auf der Westseite ganz erhalten und besteht aus vielen kurzen, jedenfalls tief einbindenden Travertinstücken. Lö- wenköpfe in Abständen von ca. 1,25 m. ohne Rücksicht auf die Axenteilung des Gebäudes durch die Säulen sind daran als Zierrat angebracht. Das Relief derselben ist ursprünglich zart gezeichnet, doch jetzt fast ganz durch Verwitterung ver- wischt. Eine reiche flache Mähne legt sich krauzartig um die Köpfe. Auch hier veränderte die spätere Ueberstuckieruug die frühere Bildung. Die Simafläche wurde mit einer grossen breitlappi- gen Blattverzierung überzogen, welche dicht an die Löwenköpfe, die Mähnen verdeckend, auschloss gut zu sehen am (3. und 7. Kopf der Westseite, von Norden gezählt). AVahrscheinlich waren dann auch

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die Köpfe selbst durch Stuck vergröbert und vergrössert (Tf. XI). Wie die Sirna im übrigen beschaffen war, konnte leider nicht er- mittelt Averden, da das moderne Dach sonst hätte aufgebrochen werden müssen. Die Akroteraufsätze, die Palladio zeichnet (s. o. S. 224) sind selbstverständlich nur Gebild seiner Phantasie, denn ausser ihm und Sangallo hat kein gleichzeitiger Beobachter solche notiert (1).

Endlich noch die Giebel dor Schmalseiten. Die Tympana sind aus Travertinquadern in zwei Schichten aufgemauert. Mit flacher Neigung, 1 : 2 V2 liegen darauf die schweren Gesimsblöcke, die die ganze Horizontalgesimsgliederung wiederholen. Der Nordgiebel ist bemerkenswert dadurch, dass der Zahnschnitt und das darüber- liegende Eierstabkyma nicht in Stuck, sondern in Stein gebildet wird, während am Südgiebel nur die einfachere « Stein form » wie am Hauptgesims ausgebildet ist. Da wir durchaus am ganzen Bau einfachste Gesimsprotilierungen, und gar keine skulpierten Glieder gefunden haben, werden wir wohl richtig annehmen, dass die Ver- zierung der Nordgiebelprofile eine nachträgliche sei, also wohl je- ner Veränderung angehöre, die wir bisher an allen Formen des Aufbaues feststellen konnten. Auch die Formbildung spricht für diese Annahme (s. u.). An beiden Giebeln ist die Corona und ihre ganze Untersicht völlig und bis in die Ecken hinein heraus- geschlagen; allerdings sehr roh. Es hat aber dennoch den An- schein, als ob darin eine bestimmte Absicht liege. Man könnte dann annehmen, dass man bei der Bauveränderuug das Gebälk, das durch den Ueberzug noch schwerer gewirkt hätte, leichter gestalten wollte. Von einem Stucküberzug, der diese Abarbeitung bedeckt hätte, konnte ich jedoch nichts mehr beobachten (2).

D. Technische Eigenschaften.

Material: An dem relativ kleinen Bauwerk sind zweierlei Steinmaterialien verwendet, jedoch nicht regellos verteilt, sondern nach bestimmten Absichten angeordnet.

(') Vgl. Palladios Zeichnung des dorischen Tempels bei S. Nicola in Carcere, o. S. 175 Fig. 3.

{•) Die Beobachtung war nur von den Fenstern des angebauten Hospi- tals aus möglich, da es nicht gelang, mit den schwachen Leitergerüsten zu jungen an die Profile des Giebels heranzukommen.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE KOTTO 245

Travertin ist verwendet für alle Bauteile, welche statisch wich- tig sind, also für die Säulen, dio freien Architrave und die Platten des Hauptgesimses; ferner für alle jene Bauglieder, die der Wit- terung sehr ausgesetzt sind, wie die Basen der Säulen, das Po- diumgesinis und die Sima; dann für solche Teile, die vom Ver- kehr berührt werden : also die Treppenstufen und die Podiumver- kleidung; endlich für alle feiner skulpierten Teile, also auch für die Kapitelle der Wandsäulen (l).

Tuff, grünlicher und bräunlicher, wurde für alle geschützten Wandteile und die in die Wände einbindenden Halbsänlen ver- wendet. Eine so zweckmässige Materialverteilung setzt eine grosse praktische Bauerfahrung voraus, nicht nur die Kenntnis der Lei- stungsfähigkeit des verwendeten Steins selbst, sondern auch be- stimmteste Vorstellungen von den in einem Bau auftretenden Be- wegungs- und Druckkräften. Der Erbauer arbeitet mit den gering- sten Mitteln und muss, wo er kann und wo es zulässig ist, das geringere Material anwenden. Die Bauten der caesarisch-augusti- schen Epoche (Marcellustheater, Basilica Julia, Basilica Aemilia) verwenden den geringen Tuff nicht mehr, oder dann nur als Kern- mauerwerk hinter Verkleidungen ans hartem Stein. Dieselbe ge- mischte Bauweise wie hier zeigen der 110 v. Chr. erbaute Pons Milvius, der Pons Aemilius (Ponte rotto) und besonders das Ta- bularium; dort bestehen die Pfeiler der grossen Arkadenarchitek- tur aus Travertin ; die Halbsäulen, die nur davorgestellt sind und statisch keine Bedeutung haben, aus dem grünlichen Peperin. Mar- mor wird erst bei den Bauten der caesarischen Zeit beliebt und dann in der Kaiserzeit für den Monumentalbau fast aus- schliesslich als Verkleidungsmaterial und für Säulen gebraucht.

Steinformat. Auffallend ist die Verschiedenheit der Stein- grössen. Bei streng konzipierten Bau formen ist die Konkordanz der Stoss- und Lagerfugen doch sehr naheliegend. Griechische Bau- meister erstrebten sie, und wandten sie dann Jahrhunderte lang an. Der durchaus praktische Römer legt mehr Wert auf eine zweckmässige Ausnutzung seines Steinmaterials, als auf ein idea-

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(') Auf Taf. VIII sind die Mauerquadern von Travertin durch Punk- tierung ausgezeichnet. Ueber die Verwendung des Travertins als Baumaterial

siehe Hülsens Ausführungen oben S. 187 f.

24t") E. R. FIECHTER

leres Einheitsformät der Baublöcke. Travertiü ist für ein solches ungeeignet; er bricht schwer, ist vielfach muschelig und löche- rig ('). Es ist also unzweckmässig und darum teuer, eine einheit- liche Steingrösse anzuwenden ; man würde viele kleinere gute Blöcke nicht brauchen können, und wäre andrerseits gezwungen, andere grössere zu zerteilen, wobei unbrauchbare Abfälle übrig blieben. Aus diesem Grund nützte man jeden einmal gebrochenen guten Block möglichst aus. Dieselbe Ausnützung rinden wir viel später bei der sorgfältigsten Arbeitsweise auch unter ähnlichen Materialverhältnissen an deutschen Domen. Es haben daher Blöcke von gleicher Funktion im Baukörper ungleiche Abmessungen. An unserem Bau schwanken z. B. die Maasse der Podiumgesimsplatten zwischen 1 ,20 bis 2,57 m, oder die der Verkleidungsstücke des Po- diumkörpers zwischen 0,68-1,69 m. Die Wandquadern wechseln in Längen von 0,70-1,30 m. Aehnlich wechselnd sind die Bogen- einfassuugssteine aus Travertin an den aus Tuft'quadern hergestell- ten Gewölben des Ponte Molle. Auch die späteren Travertin- bauten, wie z. B. das Colosseum zeigen von Bossen zu Boszen wechselnden Fugenschnitt. Anders beim Tuffstein: wir sahen, dass er vorzüglich für geschützte Bauteile, besonders für Wand- und Bogenleibungsquadern verwendet wurde. Für solche Kon- struktionsteile ist ein Einheitsformat erwünscht, und dieses er- möglicht der Tuff; er ist dem Einheitsformat günstig, weil er leicht bricht, leicht zu bearbeiten und homogener Natur ist. Es lassen sich also schon im Bruch gleiche Abmessungen herstellen. Wir rinden demnach bei allen Tuffmauern schon von frühester Zeit an ein bewusst angewandtes gleiches Steinformat (2). Wo Ab- weichungen vorkommen, geschieht dies in Rücksicht auf ein an- stossendes Travertinstück, das man ganz ausnützen wollte; man nahm lieber den Tuffstein ab. Solche Abweichungen sind recht deutlich an den Bögen des Ponte Molle zu sehen ; an unserem Bau richtet sich die unterste Tuffquaderschicht der Wand nach der Basishöhe der Säulen, die oberste nach der Kapitellhöhe. An den

(') Gottgetreu, Baumaterialien, I, S. 98 f.

(2) Einheitliches Format annähernd am Unterbau des capitolinischen Jupitertempels (vgl. Durm Baustile 11,2; Baukunst der Etrusker u. Kömer, 26 ; Delbrück, Apollotempel a. d. Marsfeld S. 13), am Kern des älteren Castortempels (484), an der Stützmauer des alten « Agger ».

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 247

Eckverzahnungen aus Travertin sind vielfach kleinere Tuffstücke eingepasst.

Der Mauerverband wird an den beiden Langseiten durch ge- kreuzte Schichten bewirkt; aber genau senkrecht stehen weder die Stossfugen der Binder- noch die der Läuferschichten übereinan- der. Das kommt einerseits von den beträchtlichen Ungenauigkei- ten in den Quaderabmessungen, andrerseits von den ungleichen Travertinecksteinen, an die man das normale Quaderwerk an- schloss, wodurch Verschiebungen der Vertikalfugen entstehen

Fisr. 7. Mauerverband der Cellawände.

mussten. Die Abmessungen der Quadern entsprechen einem Nor- malmass von 2 Fuss Höhe, 2 Fuss Breite und 4 Fuss Länge. In die Cellalängswände sind die Halbsäulen folgerichtig eingebunden. Je zwei benachbarte, zu Viertelstrommeln abgerundete Quadern bilden in den Binderschichten den Halbsäulenkörper; in den Läuferschiohten ist eine Halbsäulentrommel vor die glatt durch- laufenden Wandsteine gestellt. Es fällt also in jeder zweiten Schicht eine Stossfuare in die Säulenmitte. Ein solcher Steinschnitt vereinigt den Vorzug guten Verbandes und sparsamer Material- verwendung (Fig. 7).

Von den 14 Wandschichten ist die dreizehnte im Gegensatz zu allen übrigen durchgehends aus Travertin hergestellt. Auf ihr ruhen die Halbsäulenkapitelle aus Travertin, welche ihrerseits den Architrav aufnehmen. Die Absicht dieser Anordnung erscheint uns

248 E. R. FIECHTER

klar, wenn wir vermuten, dass sie aus statischen Gründen zu erklären ist. Man schuf dadurch eine durchgehende Basis für die Last des Gebälks, die sich, von den Kapitellen übertragen, auf die ganze Cellawand gleichrnässig verteilen konnte ('). Die Schmal- wände sind einsteinig. Die Südwand besteht aus zwar gleich ho- hen, aber ungleich langen, ohne Wahl und Regel nebeneinander geschichteten Quadern. Die nördliche Cellawand, welche die Tür enthielt, ist ganz modern verputzt. Wo die Putzdecke fehlt, ist zu ersehen, dass die Mauer meist aus schmalen, quer zur Mauer- flucht gelegten Stücken besteht. Auch eine zweisteinige Schicht ist dazwischen (Tf. IX).

Das System gekreuzter Schichten ist in Rom schon früh an- gewendet worden. So am Mauerkern des älteren Castorentempels (484 geweiht) und am Unterbau des kapitolinischen Jupitertempels. Dort wechseln aber die Längenmaasse der Quadern noch vielfach. Für zweisteinige Wände kam man auf ein bewusstes Verhältnis von Steinlänge zu Steinbreite. So entsteht ein Mauerwerk von Quadern, die doppelt so lang als breit sind, bei denen aber die Schichtenhöhe noch in keiner Beziehung zu den anderen Steiuab- messungen steht (2). Endlich aber wurden Quadern von quadrati- schem Querschnitt angewandt, die ebenfalls doppelt so breit als lang sind und die nun beliebig entweder als Läufer oder als Bin- der in jeder Schicht verlegt werden konnten und keinerlei Diffe- renzierung ihrer Lager- oder Stossfugenflächen mehr erhielten. Solches Normalquaderwerk hommt in Rom bereits an der « ser- vianischen » Mauer vor, die nach Richter (3) mit dem Könige Ser- vius Tullius nichts zu tun hat, sondern weit jünger sein muss (4). Ebensolche Quadertechnik finden wir am Tabularium, au den Fun-

('} Nicht ganz ausgeschlossen wäre auch die Begründung dieser Anord- nung durch die Annahme, dass diese Travertinschicht einem Gewölbe über der Cella als Auflager gedient hätte. Darüber wäre aber nur durch Beseiti- gung des jetzigen Wandputzes etwas Bestimmtes zu erfahren.

(2) Terrassenmauern am Tempel der Aphaia von Aegina: Heiligtum d. Aphaia. Bd. I, S. 88.

(3) Topographie a. a. o. S. 41 ff. T. 5.

(4) Hülsen setzt sie in die Zeit zwischen der Gallierkatastrophe (364 a. u., 390 v. Chr.) und den Samniterkriegen. Nach Livius VII, 20 wurde 402 a. it., 352 v. Chr. reliquum anni muris turribusque reficie?idis consumptum. In diese Zeit passt der Mauerbau vortrefflich.

DER IONISCHE TEMPEL AM l'ONTE ROTTO 249

damenteii des Rundtempels am Forum boarium, und weiterhin an der Abschlussmauer des Augustus-Forums (Arco dei Pantani) (').

Die Architrave über den freistehenden Säulen der Vorhalle sind einsteinig und aus Travertin. Die Fuge über den Ecksäulen erscheint von innen her auf Gehrung geschnitten. Von aussen ist sie durch Putz verdeckt. Ueber den Halbsäulen den Wänden ent- lang waren grosse Steinbalken unnötig; man konnte den Archi- trav aus mehreren Stücken zusammenfügen und musste nur Vor- sorge treffen, dass diese, bei der starken Ausladung vor der Wand- flucht, nicht nach vorne umkippten. Man legte demgemäss über die Kapitelle in der Art von Sattelhölzern Travertinstücke, schrägte diese beiderseitig als Widerlager ab, und spannte so von Säule zu Säule mit 2 oder 3 Keilsteinen aus Tuff scheitrechte Bögen (Tf. IX). Starker Horizontalschub war ausgeschlossen, da die Ar- chitravkeilsteine gut in die Mauer einbinden. Scheitrechte Bögen sind im ersten vorchristlichen Jahrhundert bereits datiert am Ta- bularium, wo sie nicht nur am Aussen-, sondern auch im Innen- bau wiederholt vorkommen. Ebenso sind scheitrechte Bögen von Noack an zwei Toren von Perugia und am Theater von Ferento (2) nachgewiesen worden. Wenn diese vorrömisch sind, so ist die Er- findung dieser Konstruktion den Etruskern anzurechnen. In Rom ist sie vielfach angewandt worden (Colosseum, Severus-Bogen. Janusbogen u. a.).

Den Fries bilden über diesen so gefügten Architraven klei- nere Tuffquadern. Ueber den Travertinbalken der Vorhalle jedoch sind zur Entlastung ebenfalls scheitrechte Bögen konstruiert; das ist im Innern der Kirche deutlich sichtbar. Dort ragen die ein- zelnen Quadern, rauh gespitzt, aus der Wand heraus.

Eisenklammern sind an den Orthostaten des Podiums sichtbar. Ihre Länge beträgt 22 ein. d. i. genau einen römischen Palm. Wie weit zum Aufbau sonst Klammern und Dübel ver- wendet wurden, entzieht sich unserer Betrachtung.

(«) Abb. 201 bei Durm a. a. 0.

(2) Noack in diesen Mitt. XII, 171 f. Daselbst werden auch die Porta Marzia und der Aico di Augustö mit den Resten der Torre S. (.liacomo und bei Madonna della Luce ins vierte vorchristliche Jahrhundert hinein datiert. Vgl. dagegen Durin a. a. 0. S. 35 ff. u. Abb. 234.

250 F.. R. FIECHTER

Fugondichtung mit Kalk lässt sich an der Tuffquadermauer mehrfach beobachten ; nicht aber an den Travertinteilen des Po- diums. Die Fugen selbst sind durchweg sehr fein, kaum mehr als '/2-I nam. In Pompei ist Fugendichtnng mit Kalk mehrfach nachzuweisen.

Stein bearbei tu ng. An den Travertinteilen sind ebene Flä- chen mit dem Zahneisen ziemlich roh geglättet, unter dessen Spuren erkennt mau noch Schläge des Spitzhammers. Die letzte Abrich- tung der Verkleidungsplatten am Podium wurde nach dem Ver- setzen der Steine vorgenommen (1). Mit dem Meissel sind alle profilierten Teile, die Bildhauerarbeit und die Stege der Säulen behandelt, Nur gespitzt aber sind die Kanäle der Sänlenschäfte und die Stossflächen der Quadern. Gegen den Rand der Stossfugen- flächen ist mit Zahneisen und Meissel eine feine Auschlussfläche für einen guten Fugenschluss angearbeitet. Eine richtige Anathy- rose ist das also nicht. Die Lagerflächen wurden mit dem Zahnei- sen gleichmässig übergangen.

Bei den Tutfquadern ist die Bearbeitung eine ähnliche: glatte Flächen sind jetzt allerdings kaum mehr vorhanden. Man erkennt an den Architravkeilstücken noch Spuren der Behandlung mit dem Zahneisen. Die Sänlentrommeln sind gleich bearbeitet, wie die Schäfte aus Travertin. Die feine Anathyrose, die alle griechischen Bauten zeigen, ist bei dem geringeren Material hier nicht durch- geführt. An den Gesimsstücken der Unterbaues der Fassade am Scipionengrab (■) aber ist der Fugenschluss mit einem äusserst präcisen Randstreifen hergestellt, ebenso am Podium des Apollo- tempels (3), weniger schön auch in Tivoli am rechteckigen Tempel. In Pompeji finden wir schöne Anathyrose an oskischen Bauten, z. B. an der alten Forumshalle (') und an der Stadtmauer. In Rom findet sie sich auch bei den Marmorbauten nicht.

Stuck Verkleidung. Die Verschiedenheit der Baumateria- lien in Farbe und Struktur verlangt aus praktischen und aesthetischen Gründen eine Bekleidung mit Stuck. Alle alten Tuffbauten waren

(') Die Unterseite der Arcliitrave (Soffitte) ist mit dem Zalineisen ziemlich 10I1 bearbeitet, die Ansichtseiten innen und aussen aber feiner. 12) Piranesi, Monumenti degli Scipioni Tav. 2. (■'') Delbrück, der Apollotempel auf dem Marsfelde S. 9. (<) Mau, Pompeji S. 43 f.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 251

mit Stuck überzogen, nicht nur in Rom, sondern auch in Pompeji, im ganzen Süden, überall, wo ungleiches, leicht verwitterndes Material verwendet wurde. In Griechenland war es Tradition, die aus Kalktuffen oder ähnlichen Steinen erbauten Gebäude mit Stuck zu überziehen, auch die sorgfältigst ausgeführten (') und zwar bis ins fünfte Jahrhundert hinein, als dann die Marmorbauten die Monumentalbauten in geringerem Material verdrängten. Der Stuck- mantel war geeignet, den ungleichen löcherigen Baustein zu verdecken und farbigen Schmuck zu ermöglichen. In Sicilien, wo der Marmorbau nie geübt wurde, blieb die Technik bestehen (2) ; sie ist dann in Pompei vom ersten Tag an zu Hause und wohl ebenso, wie gesagt, im ganzen Süden Italiens.

Auch unser kleiner Tempel war mit Stuck bekleidet. Beste von diesem Ueberzug können noch an den Säulen und Wänden und am Gebälk (siehe oben) nachgewiesen werden. Ob das Podium auch verkleidet war, bleibt unbestimmt. An und für sich hat Tra- vertin, auch besonders unten am Sockel, einen Ueberzug nicht so nötig. Nur wo er neben Tuff verwendet ist, wird er verputzt. Es ist daher ungewiss, ja unwahrscheinlich, dass z. B. das Colosseum als reiner Travertinbau aussen mit Stuck bekleidet war. Meines Wissens wurden nie Spuren eines solchen Ueberzugs daran beobachtet.

Die Stuckhaut auf den glatten Wänden ist 1 l/t-2 mm. stark. Sie besteht aus grauem Sand und Kalk und ist äusserst fein und glatt. An den Säulenschäften bildet ein etwas gröberer Ueberzug über den nur gespitzten Kanälen erst die reine Form, die dann mit einer feinen Haut noch überzogen wird. An den Kapitellen und am Gesims folgte die Stuckhaut genau den in Stein vorgebil- deten Formen; sie ist beinahe so dünn wie ein einfacher Kalkan- strich (darum auch die glatte Behandlung der Steinflächen !). Es ist leicht einzusehen, dass man mit einem so feinen Ueberzug nicht Formen oder Profile bilden, sondern eben nur überkleiden wollte.

(') S. Aegina I Heiligtum d. Aphaia S. 46; vgl. auch die aus Mexer- stein hergestellten Architekturen in Alexandrien, die durchweg mit Stuck beklei- det und bemalt waren (im Museum von Alexandria) ; ebenso H. Thierseb, Zwei antike Grabanlagen in Alexandria S. 5.

(2) Vgl. Koldewey u. Puchstein, die griechischen Tempel in Unteritalien und Sicilien.

252 E- R- FIECHTER

Ausser diesem ersten, gleich nach der Erbauung des Tempels aufgetragenen Stuckmantel, ist an unserem Bau viel deutlicher der zweite kräftige Stucküberzug zu beobachten. Er ist von ganz unglei- cher Dicke, und wir erkennen, dass er nicht die im Stein vorge- bildeten Formen wiederholt, sondern vielmehr umbildet (siehe

Tf. XI).

Seine Masse besteht aus einer groben Unterschicht von Kalk mit 3-4 mm. grossen Marmorkörnern; diese Schicht ist oft, z. B. in den Säulenkanneluren, an den aufgesetzten Wandquadrierungen und am Gesims 2-3 cm. und mehr stark. Darüber folgt noch eine feine Ueberzugsschicht grauem Saud und Marmorstaub gemischt, deren glatte Oberfläche dann äusserst hart ist.

Schon aus der Zusammensetzung, mehr noch aus der Selb- ständigkeit dieses Ueberzugs, erkennen wir im Gegensatz zum ersten Stucküberzug, dass dieser zweite nicht ursprünglich ist, also nicht die Formen, die der Baumeister und seine Zeit dem Bau geben wollten, wiedergiebt, sondern in einer späteren Zeit ent- standen sein muss, sei es aus Gründen eines veränderten Zeitge- schmackes, oder einer nötigen Renovation, oder aus beiden. Solche Formveränderungen sind nicht selten. Von Pompeji (l) sind viele Beispiele anzuführen ; weniger bekannt aber ist, dass auch die mit unserem Bau oft in einem Atem zitierten Bauten am Forum holitorium (2) und ebenso der Magna-Mater Tempel auf dem Palatin (3) ganz ähnliche Umgestaltungen durchgemacht haben.

(') Pompeji: Hof des Apollotempels s. Mazois IV, XXI; Mau, Pompeji S. 75; Stabianerthermen Mau S. 183; Isistempel Mau S. 15G f. Von Privat- häusern z. B. Casa delle nozze d'argento Mau S. 288.

(2) Rom, Forum holitorium: Tempel A (Delbrück a. a. 0. S. 15) eine ältere Stuckschicht aus Kalk und vulkanischem (?) Sand, bis zu 8 mm. stark, Zahnscbnitt noch zu erkennen; sie ist aufgerauht zur Aufnahme einer zweiten gröberen, die Puzzolane enthält. Marmorteilchen fehlen, so weit erkennbar, durchaus. Tempel B: am Gesims (im Hof von S. Nicola in Carcere) vom alten Stucküberzug nichts mehr zu sehen, ausser im Zusammenhang mit einem Stück späteren Ueberzugs, für den jedoch die Flächen aufgerauht worden sind. Ebenso am Architravblock (im Keller der Kirche). Die untere Schicht besteht nur aus Weisskalk u. Sand; die obere aus einem Gemisch von klei- neren .Marmorkörnern und Kalk. Tempel C: Kapitell, vgl. Hülsen o. S. 109 ff.

(3) Besonders deutlich an dem auf der Südseite neben der Statue auf einer Säulentrommel liegenden Gebälkstück zu sehen: ältere Stuckschicht sehr dünn,

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 253

Wir erkennen also eine durchgehende Praxis: die Bauten aus Tuff oder aus gemischtem Hausteinmaterial waren mit Stuck überzogen. Dieser Ueberzug passte sicli genau den im Stein vor- gebildeten Formen an, und erhielt keine selbständige Ausbildung (Ausnahmen kommen höchstens bei feinen Blattornamenten vor, wo die Blattrippen in Stuck noch schärfer betont werden konnten oder z. B. in Pompeji bei feineu Leistchen oder liiemchen unter Ka- pitellen). Die Stuckhaut war geeignet, glatte glänzende Wandflä- chen zu bilden, die Känder zu verschärfen und dem Schattenspiel durch die weisse oder helle Farbe mehr Intensität zu verleihen, endlich besonders als Grundlage der buntfarbigen Behandlung der mancherlei Bauglieder zu dienen.

Das Kernmauerwerk des Podiums besteht wahrscheinlich aus opus caementicium. So scheint es nach dem, was man durch die klaffende Fuge der Travertinplatten am Podium erkennen kann (*). Aus opus caementicium ist auch der Podiumkern des Magna Mater- Tempels auf dem Palatin und des Tempels B am Forum holito- rium. Nach Promis ('-) und Delbrück (3) sind die Mauererneu- rungen von Alba Fucens das älteste Beispiel dieser Bauweise. (302 v. Chr.). Zur Erweiterung des grossen Theaters in Pompeji (4), die aus stilistischen Gründen noch in die Tuffperiode dieser Stadt zu setzen ist, wurde ebenfalls opus caementicium verwendet. Sicher datiert sind die Gewölbe des Tabulariums (78 v. Chr.). Daselbst ist schon ein sehr weitgehender Gebrauch dieser Mauer- technik und eine grosse Erfahrung über ihre Güte und Haltbar- keit vorauszusetzen.

Für die Datierung unseres Baues lässt sich aus der Be- schreibung der technischen Eigenschaften Folgendes entnehmen : die Verwendung von Normalformat der Tuffquadern kommt wahrschein-

enthält feinen Marmorstaub; die zweite bildet neue Formen und bestellt aus Weisskalk, mit Ziegelmehl und Kieseln vermischt. Darüber ist noch eine glatte feinere Oberschicht wieder mit Marmorteilchen.

(!) Es war mir nicht möglich, näher an den Baukörper heranzugelan- gen; Piranesis Zeichnung (a. a. 0. Tf. L) vom Unterbau ist jedenfalls unrichtig und stellt im Widerspruch zu ähnlichen, besser bekannten Anlagen.

(2) Promis, Antichitä cli Alba Fucense. Mauer, S. 110.

(3) a. a. 0. S. 63.

(*) Mau, Pompeji S. 136.

254 E- R- FIECHTER

lieh schon im vierten Jahrhundert in Rom vor. Die scheitrechten Böo"en im Tabularium lehren uns für die geschichtliche Stellung unseres Tempels nichts, da die Konstruktion vielleicht schon früher angewendet wurde. Ob Stuckierung von Quadermauern in Etrurien üblich war, ist mir unbekannt; sie scheint auf den Einfluss von Süditalien und Sicilien hinzuweisen, der wahrscheinlich schon mit der Eroberung von Campanien (Ende des dritten Jahrhunderts) be- gonnen hat.

Die geschichtliche Stellung eines Bauwerks aus seinen techni- sehen Eigenschaften zu ermitteln ist nur möglich, wenn eine grosse Anzahl von datierten Bauten technisch genau bekannt und zugänglich gemacht wird.

III. Stilistische Untersuchung.

A. Grundriss und Aufbau.

Im Anschluss an die Baubeschreibung untersuchen wir nun, welche Stellung der Pseudoperipteros am Forum boarium in der Entwicklung der römischen Baukunst einnimmt. Seine Formen und Eigenschaften in Grundriss und Aufbau sollen mit ähnlichen und womöglich zeitlich genau bestimmten Bauten verglichen werden, damit ihr Verhältnis zu diesen festgestellt, und auch eine annä- hernde Entstehungszeit unseres Tempels daraus abgeleitet werden könne.

Podium.

Unser Pseudoperipteros ist ein Podiumtempel. Wir wissen, dass der Podiumtempel in Rom häutig vorkommt. Femer erfahren wir aus Delbrücks (') Zusammenstellung der bis jetzt bekannten Podientempel, dass die Podien von den ältest erhaltenen her eine allmähliche Veränderung in Gestalt und Form erlitten haben. Die älteren Podien sind fast quadratisch oder haben ein Verhältnis von ca. 5:6 (2) so das des kapitolinischen Jupitertempels in Rom mit ca. 52: 57 m. (auf dem allerdings drei Cellen stehen), und ein Tem- pelpodium in Alba Fucens (3). Mit der überhandnehmenden Herr-

(') a. a. 0. pag. 26 ff.; Capitol v. Si<rnia p. 21 ff. (a) Nach Yitruv IV 7, 1. Darm a. a. 0. S. 97 Abb. 108. Promii a. a. 0. S. 232 T. 2. G.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 255

schaft der Podientempel von Etrurien über Latium und den Süden Italiens (') veränderte sich auch ihre Gestalt: ihr Verhältnis von Länge zu Breite verschiebt sich nach und nach bis auf 2:1. So verlaugt Vitruv vom Massverhältnis des « Tempels -, dass die Breite die Hälfte der Länge betrage. Unser Pseudoperipteros hat ein Podium von ulibekannter Länge, nach der mutmasslichen Ergänzung aber ungefähr das Verhältnis 1 : 2. Ebenso der Saturn- tempel (*) (bei beiden der Treppenaufgang eingerechnet). Eine weitere Veränderung erfuhr das Podium durch die Profilierung seiner Fuss- und Gesimsglieder nach der Art griechischer Gesims- formen. Die etruskischen Podien waren entweder glatt, oder mit wuchtigen, den griechischen gänzlich unähnlichen Gesimsen ver- ziert (3). Ferner scheint es einer ebenfalls durchgehenden Regel zu entsprechen, dass bei den etruskischen Podien meist nur schmale Treppenaufgänge vorhanden waren, Avährend bei den Podien späterer Zeit die Freitreppen die ganze vordere Breite einnahmen. In der Kaiserzeit freilich hört ein einfaches gesetzmässiges Fortschreiten der Entwicklung und Veränderung der Podien auf. Die Mannig- faltigkeit der Bedürfnisse und der Platzbedingungen ist einer ge- radlinigen Entwicklung ungünstig.

Vorhalle.

Die frühitalische Tempelform verlangt vor dem Cellahaus eine tiefe Vorhalle. Entweder sind neben dem Mitteltempel Seiten- cellen oder offene Seitenhallen. Mit dem Vordringen des itali- schen Podientempels nach Latium, und weiter nach Campanien und Süditalien verändert sich sein Charakter durch die Einflüsse der dortigen griechischen Kultur. Die Eigenschaften des länglich gestreckten Peripteralbaues werden auf den von den vordringenden Römern mitgebrachten norditalischen Bau übertragen ; es entstellen neue Gestaltungen.

(') Vitruv. 1. IV, 41.

(2) Hülsen, Forum Romanum 1905 S. 74.

(3) Tempel d in Marzabotto, Mon. dei Lincei I, t. II hat ein wuchtig profiliertes Podium. Glatte Podien in Alba Fucens gehören wahrscheinlich der römischen Kolonie (bald nach 304 v. C.) an: Delbrück, Tempel am For. hol. p. 28. Glatte Podien wahrscheinlich auch in Cosa (Ansedonia) soweit gegen- wärtig davon etwas zu erkennen ist, obschon von Dennis, cities and cimit. 3. Aufl. 1883 p. 245 ff. Podien nicht ausdrücklich erwähnt werden.

256 E. R. FIKCHTER

Grrundriss.

Die gestreckte Grundrissform wird durchaus angenommen; bei vielen Bauten freilich nur diese ohne die anderen peripteralen Eigenschaften. Dahin gehört z. B. der Magna Mater-Tempel auf dem Palatin ('), der Jupitertempel auf dem Forum in Pompeji (2) u. a. Gerade diese neue Form wurde sehr beliebt und vielfach an- gewandt in Rom, z. B. der Saturntempel, die Tempel des Vespasian und der Faustina am Forum Romanum ; ausserhalb Roms z. B. Pola (3), Pergamon, etc. Dies ist der spezifisch römische Tempel Vitruvs (Lib. IV).

Zugleich mit der gestreckten Grundrissform nehmen aber eine Reihe anderer Bauten durch eine Halbsäulen- oder Pilasterglie- derung der Cellawände auch den Rhythmus der peripteralen Halle an. Für bescheidene Verhältnisse ist diese Anpassung des grie- chischen Vorbilds besonders geeignet. Tempel mit gleichmässig angeordneter Pilastergliederung der Cellawände stellen den Pe- ripteros gleichsam in Flachrelief dar, so z. B. der sogenannte Herkulesternpel in Cori (4), das Grabdenkmal des Bibulus am Fusse des Kapitols (5), der kleine Bau des sogenannten Dens Redi- culus (6) vor der Porta Latina, die Tempel in Tebessa (7), in Henchir Debbik, und die Seitentempel auf dem Kapitol zu Sbeitla (8).

Noch besser ist der peripterale Charakter durch vorgestellte Halbsäulen, gewissermassen in Hochrelief, zum Ausdruck gebracht. Dieser Gruppe gehört unser kleiner Pseudoperipteros an. Ferner der kleine sog. Tiburtustempel (9) in Tivoli, und der mittlere Tempel am erwähnten Kapitol zu Sbeitla. Vielleicht gehört in diese Gruppe auch das Asklepieion von Agrigent (,0).

(lJ Hülsen Rom. Mitt. X S. 1 ff.

(2) Mau, Pompeji S. 53 ff; Weichardt, Pompeji vor der Zerstörung, Abb. 72.

(3) Darm. a. a. o. Abb. 617; Pontremoli-Collignon, Pergame, p. 178 ss-

(4) Piranesi, Antichitä cli Cora; Canina, Edifizi T. CI. (B) Canina, Edifizi di Roma antica LXXVII A. 1-4.

(«] Canina, Edifizi CCLXXVI 1-5 (falsch ergänzt). (7) Gsell, Monuments antiques de VAlge'rie 1 pl. XIX.

Darm, a. a. 0. Abb. 665, 665 bis, 668. i'i Canina, Edifizi VI T. CXXXIII. (,0j Koldewey und Puchstein a. a. 0. S. 183. T. 27.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 257

und in Rom der Tempel A am Forum holitorium ('); zur zweiten der Mars Ultor-Tempel am Augustusforum in Korn. Frühe Peripte- roi auf italischem Podium sind der Apollotempel in Pompeji (2), und in Korn die Tempel B und C am Forum holitorium : diesen folgt dann eine lauge Reihe von stadtrömischen Kultbauten der Kaiser- zeit. Der eigentliche griechische Peripteros also ohne Podium kommt erst durch Hadrian, den Griechenfreund, mit dem Bau des Tempels der Venus und Roma in summa sacra via nach Rom.

Sobald der Rhythmus der Säulenstellung um den ganzen Bau herumgeführt wird, ist das Verhältnis der Tiefe der offenen Vor- halle zum geschlossenen Cellakörper gebunden. Aus der folgenden Zusammenstellung ergiebt sich ausser der zahlenmässigen Darstel- lung dieses Verhältnisses für einige der genannten Bauten auch zugleich die Proportion des Gesamtgrundplans für dieselben.

Tempel Säulenintervalle

Vorderfront Seitenfront

oft'en geschlossen

des Tiburtus, Tivoli (3) . . . 3 1 4

dorischer, Cori (4) 3 3 ?

Tempel am Ponte Rotto . , 3 2 4

Maison carree, Nimes (5) . . 5 3 7

Mittlerer, Kapitol Sbeitla (6) .3 2 5

Seitliche, " » . . 3 2 5

Henchir Debbik (7) .... 3 2 5

(') Delbrück a. a. 0. S, 38.

(a) Mau, Pompeji S. 72 f; Mazois, IV T. 16-23.

(3) Gründungszeit unbestimmt. Wird im allgemeinen an das Ende des II. Jahrhunderts v. Chr. gesetzt.

(*) Annähernd datiert durch den Charakter seiner Inschrift. CIL. X, 6517 und seiner Formen auf den Anfang des ersten Jahrhunderts, v. Chr. Doch steht er nicht in Rom. sondern draussen in der Provinz. Wenn er, was wahr- scheinlichist, von der tonangebenden Hauptstadt beeinflusst wurde, kann seine Gründungszeit für den Vergleich mit einem stadtrömischen Bau nur mit einem gewissen Abzug in Betracht gezogen werden. Piranesi, Antichitä di C Tav. IV-X; Canina, Edißzi CI; Antonio Antolini, Uordine dorico ossia il tempio d'Ercole nella cittä di Cora, 4 Tafeln (Born 1785); Attigli Sev. Tempio d'Frcole e gli altri monumenti di Cora, Roma 1001.

(5) Cltfrisseau, Antiquars de France, Tome I, pl. III-XI.

(ö) Sufetula: Schulten, das römische Africa(1899) S. 39 Anm.; Cagnat- Gauckler Monuments de la Tunisie I pl. VIII. IX.

(7) Dünn, a. a. 0. Abb. 055; Cagnat-Gauckler a. a. 0. pl. XXXIII.

18

258 E. R FIECHTER

Nur beim kleinen Tiburtustempel ist die Vorhalle seicht, sonst aber an den viersäuligen zwei, an den sechssäuligen drei Intervalle tief. Die Seiten des Grundrissrechtecks verhalten sich, wie wir be- reits feststellten. wie 3:4 in Tivoli; wie 3: (3 oder 5:10, also wie 1:2 an den drei folgenden Bauten und endlich wie 3:7, also mehr als 1:2 an den afrikanischen Tempeln der späten Zeit ('). Die Reihe ist aber zu klein um ein klares Resultat zu geben; wir nehmen daher noch einige Peripteroi zum Vergleich dazu :

Tempel Säulenintervalle

Vorderfront Seitenfront

Apollo, Pompeji (2) 5 9

Tempel B, Forum holitorium . . 5 10

der Castoren, Rom (Umbau) (3). . 7 10

der Venus und Roma, Rom (4) . . 9 20

des Jupiter, Baalbek (5) .... 7 14

Wir erhalten auch hier eine gleiche Folgerung. Die Gruud- rissform hat in der letzten Zeit der Republik etwa das Verhältnis 1:2; in der Kaiserzeit ist sie zumeist mehr in die Länge gestreckt.

Die Säulen stehen am grossgriechisch dorischen Tempel eng; weit aber am italisch-etruskischen (6). Die Tendenz zur Weitsäulig- keit ist in der Tiiit'periode noch vorherrschend ('). Von Osten aber dringt mit der griechischen Bauart auch die griechische Engsäu- ligkeit ein. Vitriiv beschreibt die 5 Tempelarten und verlangt den Eustylos « welcher am meisten zu billigen ist » (*). Die fol-

(') Womit nicht gesagt sein soll, dass nicht manche späte Tempel auch kürzere Podien haben, wie z. B. der Tempel von Zanfour (Assuras). Cagnat- Gauckler a. a. 0. p. 142 pl. XXXIX.

(a) Aus vorrömischer Zeit. Mau Pompeji S. 73. Mazois IV, XVII-XX.

(3) Der jetzige Peripteros ist ein Umbau aus hadrianischer Zeit, der im Anschluss an die ältere Gestalt und wohl auch aus Platzbeschränkung die kurze Grundrissform beibehielt: Hülsen, Forum Romanum 1905 S. 142.

(4) Canina, FAijxzi Tf. LI-LVI; Reber, Ruinen Roms 400-405; Hülsen, Forum Romanum 1905 S. 218. Von Hadrian im Jahr 135 n. Chr. geweiht.

(5) Wool, Ruins of Balbek XXIV-VI; Puchstein, Zweiter Jahresbericht über die Ausgrabungen zu Baalbek, Jahrb. d. Inst. 1902, T. V.

(6) Vitruvs tuskischer Tempel IV, 7. vgl. Durm a. a. 0. 96 ff. u. Abb. 129.

(7) Forumshallen in Pompei, mit Holzarchitraven und Steingebälke.

(8) Vitruv III, 3, 1-8.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ftOTTO 259

gende Zusammenstellung giebt ein Bild der mit dem Vordringen klassischer Formen zunehmenden Eagsäuligkeit römischer Tempel.

Tempel Axenabst. in u. D. Bezeichg. nachVitruv

Cori : dorischer T. (l) . . 3 V, < diastyl

» korinth. Tempel (2). 3 »/, < diastyl

Tivoli: Tiburtus » . . 3 '/, > eustyl

Rom : Magna Mater »(3). 31-? < eustyl

Pseudoperipteros . 3 l/A-S l/5 < eustyl

" Tempel A.Forum h. 3 tyl

B. » » 2 " < systyl

Pompeji: Jupitertempel (') 2 2/3 < systyl

Rom: Divus Julius (5) . 2 \ , pyknostyl

» Castoren ... 2 72 »

» Venus u. Roma (c). 2 2/3 »

Unser Pseudoperipteros ist somit vom engsäuligen langge- streckten griechischen Peripteros bereits stark beeinflusst, und steht dem alten etruskischen quadratischen und weitsäuligen Tempel schon recht fern. Aber er hat noch nicht jene Stufe der Klassi- zität der grossen Bauten der Kaiserzeit erreicht.

B. Einzelformen.

Podium. Für das Fussprofil bieten die Podien der Tuffpe- riode keine nahen Analogien ; diese haben meist stark ausladende, grosszügige, aber durch zarte Zwischenglieder fein geteilte Haupt- formen mit scharfen Kanten. Knapper sind die römischen an den Tempeln A und B am Forum holitorium. Am nächsten steht das Fussglied unseres Baues demjenigen des Divus Julius-Tempels am Forum Romanum (Abb. 8). Weit entfernt ist es aber von allen den schlichten tuskischen Profilierungen, wie sie an den Tempeln

(i) Canina, Edifizi T. CI.

(2) Canina, Edifizi T.C.

(3) Säulenstellung nur in der Kekonstruktion bestimmt. Rom Mitt. X. S. 19 ff.

(4) Mazois III, XXX.

(5) Jahrbuch d. Inst. IV, 1S89, S. 137 f.; Rom. Mitt. 1902, 61. 62.

(6) Canina, Edifizi LI.

260

E. R. F1ECHTER

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Fig. 8. Verschiedene Fussgesimsprofile von Podien.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE KOTTO 2Ö1

in Tivoli vorkommen. Die Ausladung wird an den Profilen der ausgehenden Republik geringer als im eigentlichen Tuffstil. Fig. 8 gibt eine Zusammenstellung einiger Fussprofile (').

Auch die Bekrönungsprofile machen ähnliche Phasen durch. Wir finden einerseits die grossen derben Gesimse etruskischer Art, andrerseits die feingegliederten Tuffstilformen mit ihren zarten entzückenden Leistchen und den scharfen Unterschneidungen, die so wirksame Gegensätze zu hell beleuchteten Kanten erzielen. Eines der schönsten Gesimse dieser Art ist das vom Podium der Tabula- rium-Rückwand (s. A. 1). Während die Tuffstilgesimse das Motiv eines Hauptgesimses mit vortretender Hängeplatte noch erkennen lassen, vertreten die Profile der Tempel A und B eine Gruppe ohne solche Teilung, so etwa wie sie an griechischen Basen man- nigfach vorkommt. Auch die Gesimse der klassischen Zeit zeigen mehr oder minder bewiest die ganze Gesimsgliederung, zuerst ohne gut abgewogene Verhältnisse der Einzelglieder, wie an unserem Bau, später mit mehr Eleganz. So besonders am Castorentempel, wo man schon am Gesimsprofil ersieht, dass es einem Bau von ganz hervorragend künstlerischer Gestaltung angehört haben muss. Fig. 9 giebt eine Zusammenstellung einiger solcher (meist nach eigenen Aufnahmen gezeichneter) Bekrönungsprofile. Sehr nahe sind unserem Podiumprofil auch diejenigen in Praeneste am Ron- dell und in der Aula des sullanischen Fortunatempels (Canina Eäi- fiti VI Tf. CXVI. UXVII). Die Häufung von kleinen Profilierungen erinnert noch an den Tuffstil, ihre formale Ausbildung jedoch nicht mehr, soweit sie Canina mitteilt. Eigene Untersuchung an Ort und Stelle war mir nicht möglich. Eine klare Reihe sich in gerader Linie entwickelnder Profilierungen können wir jedoch nicht darstellen. Oertliche Traditionen und Vorbilder wirken bei der Ausbildung der Einzelformen mehr mit als in der Anlage der Gesamtverhältnisse (*). Wir erkennen aber immerhin aus der gegebenen Zusammenstellung der verschiedenen Podiengesimse, dass die unseres Podiums entschieden vor denjenigen des Divus Julius-Tempels und nach denen des Tabulariums anzusetzen sind.

(^ Profil 4 vom Podium der Nordseite des Tabulariums unter Michel- angelos Freitreppe des ^heutigen Senatorenpalastes. Die Originalzeichnung wurde mir von Delbrück gütigst zum kopieren zur Verfügung gestellt.

(2) Puchstein und Koldewey a. a. 0. S. 30 ff. Aegina a. a. 0. S. 59.

262

E. K. FIECHTEK

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296 ?[

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Fig. 9. Verschiedene Bekrünungsprofile von Podien.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 263

Säulen. An unserem Bau halten die Säulen die normale attische Basis mit quadratischer Plinthe. Wie ist die Basis älterer Gebäude? Die tuskische Säule hat keine quadratische, sondern eiue kreisrunde Fussplatte ('). Die quadratische schreibt Vitruv III 52 vor, offenbar auf Grund römischer Bauten seiner Zeit. In Athen haben die jonischeu Basen keine Plinthe. Aber im helle- nistischen Kleinasien kommt sie an den attischen und jonischen Basen vor (Priene, Magnesia) und ebenso an spätgriechischen, von Kleiuasien aus beeinrlussten Bauten in Olympia und Athen. Ur- sprünglich mag sie aus Vorderasien stammen (2), wo sie z. B. am Felsgrab des Amyntas zu Telmissos (3) der jonischen Basis einer primitiven jonischen Säule untergeschoben erscheint. Jedenfalls kommt sie mit den übrigen klassischen Formen nach Rom. Wenn man annimmt, dass die Halbsäulenfassade des Scipionengrabes (4) erstlich mit der sehr uuregelmässigen Grabanlage, für die nach neuesten Beobachtungen ein Steinbruch benützt worden ist, zu- sammengehörte, und zum andern, dass sie mit dem Podium, auf dem sie sich erhob, gleichzeitig entstanden sei, dann wäre bei der bisherigen Datierung des Grabmals nach dem vatikani- sehen Scipiosarkophag die quadratische Plinthe in Rom schon im ersten Viertel des III. Jahrhunderts üblich gewesen. Aber es be- stehen schwere Bedenken gegen diese Annahme. Einmal ist nicht nur die Datierung des berühmten Sarkophags des Cornelius L. Sci- pio. der im Jahr 298 Konsul war, ganz sicher, da die jetzige Schrift an der Stelle einer früheren weggemeisselten steht; zwei- tens ist es sehr unwahrscheinlich, dass das Felspodium, in dem jene rohe Bogenöffuung eingebaut, und dessen oberste Kante durch eine Schichte von ungleich grossen Quadern abgeglichen und dann von einem altertümlichen (Abb. 9) Gesims bekrönt ist, wirklich

(') Vgl. die Säulenbasen von Marzabotto JlJon. dei Lincei I t. VIII. 9 Tempel d (Brizio); Alba Fucense (Promis); Alatri (Winnefeld); tuskisches Gebälk (nach Piranesi) vom Mons Albanus (oben S. 186); ebenso die beim Kundtempel am Forum boarium liegende Rundbasis (Köm. Mitt. VII S. 108).

(2) Vgl. Delbrück a- a. 0. S. 54, ferner die runde Basis plinthe am ko- rinthisch-dorischen Tempel in Paestum KoMewey und Pnchstein a. a. 0. S. 33.

(3) Bühlmann Architektur I, 19, 1 u. 2.

(4) Piranesi. Monumenti degli Scijnoni T. '_'.

264 E. R. FIECHTER

gleichaltrig sei mit der darüber zurückstehenden Halbsäulen fas- sade ('). In Stil und Technik sind beide Bauteile verschiedeu. Auf der Podiumwand sind wenigstens zwei Stuckschichten aufgetragen, auf der oberen konnte ich bei genauer Betrachtung noch deutlich die rote Zeichnung eines Mäanderbandes, eines sogenannten laufenden Hundes, erkennen, das von roten Linien eingefasst, offenbar die Ab- schlussleiste eines dunkler bemalten Sockels bildete (1,45 unter dem Bekrönungsgesims). Diese Dekoration passt zu der späteren Halb- säulenfassade gut und ist also jedenfalls erst bei einer späten Um- gestaltung der älteren Wand, die dann als Podium für den Aufbau benützt wurde, entstanden.

Es ist somit kein sicheres Datum für das erstmalige Auftreten der quadratischen Plinthe in Rom gegeben. Bei den Bauten des k Tuffstils » fehlt überall die Plinthe, in Pompeji (2) sowohl als in Rom (3) und seiner Umgebung.

Meines Wissens stehen jedoch am älteren Bau des Atrium Vestae (4) auf dem jetzt freigelegten Stylobat Basen aus Travertin mit Plinthe. Ferner stehen die Säulen der sogenannten Aula in Praeneste auf Basen mit Plinthe (5). Die jonischen Säulen des Marcellustheaters haben mit denen unseres Tempels fast genau gleiche Basen (6). Die Tempel A und B am Forum holitorium jedoch besitzen Standplatten unter jonischen Basen. Die einfache attische Form scheint in der Kaiserzeit weniger beliebt; denn viele Bauten zeigen Kombination von jonisch-attischen Basen: z. B. der Saturntempel, geweiht 44 v. Chr., der Tempel des Divus Julius, geweiht 29 v. Chr. ; oder sie werden reich ornamentiert, wie Bei-

(') Nach den Beobachtungen von Prof. Hülsen und mir (16. VI. 05) steht übrigens fast noch genau so viel davon als Piranesi zeichnete ; die Fassade ist also nicht, wie Delbrück sagt, verschwunden. Man erkennt die Plinthe und die stark verwitterte attische Basis deutlich. Höhe der ganzen Basis 0,56m.; Platte 0,11 h., 0,93 br., 0,48 t; u. D. der Säule 0,55.

(-) Basilica, Apollotempel und in den Privathäusern des Tuffstils, auch im römisch erneuerten Jupitertempel.

(3) An den beiden Tempeln in Tivoli, am Castortempel in Cori (Pira- nesi, Antickitä di Cora, T. III), am sog. Magna Mater-Tempel auf dem Pa- latin (Rom. Mitt. X, 1 ff.)

(■*) Hülsen, Forum Romanum 1905, S. 184.

(s) Nibby, il tempio della Fortuna Praenestina Tav. V.

(c) Vgl. Durm a. a. 0. Abb. 411; Canina, Edißzi CLVII, 6.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 265

spiele im jetzigen Museo Capitoliöo, die Basen vom Concordia- tempel (7 v. Chr.), und viele andere beweisen (').

Die Schaftform der Säulen unseres Tempels ist die klassische; d. h. der Schaft endigt oben und unten mit einer Lvsis und die Kanneluren sind ruudbogig abgeschlossen. Diese Art der Ausbil- dung unterscheidet sich von der des Tuffstils bei jonischen kannel- lierteu Säulen wesentlich. Dort stehen die Stege hart auf einer schrägen Profilfläche auf; der Schaft hat keinen Ablauf (Lysis). Es entstehen also scharfe Kanten und Kehlen und scharfe Schatten, wie man es im « Tuffstil » (2) liebte. Die Ausladung der Basis vor dem Schaft ist meist ziemlich gross, wird aber gegen Ende des Tuffstils knapper. Auch die obere Schaftendigung ist verschieden von der « klas- sischen ». Die Tuffstil-Säulen besitzen oben einen breiten glatten Halsstreif (Kragen), an dem die Kanäle geradlinig abgeschnitten endigen. Bei den jüngeren Ausbildungen folgt dann der Uebergang zum Viertelstab mit Lysis und Plättchen, der bei den älteren unvermittelt war. Wir finden diese Tuffstilformen besonders in Pompeji häufig (?). Auch die Schäfte des näherliegeaden Tempels der Vesta in Tivoli haben noch Tuffstilcharakter, während die un- tere und die obere Schaftendigung an den Resten des Magna-Mater- Tempels weichen, aber grossen Ablauf zeigen. Die beiden jonischen Tempel am Forum holitorium haben schon die reine klassische Schaftform, ebenso die jonischen Säulen am Marcelinstheater (4). Die Tutfstilform war also aus Rom verschwunden, als diese Bauten errichtet wurden. Ein Datum des gleichen Umschwungs für Pompeji giebt uns der Jupitertempel, der wahrscheinlich in der Zeit bald nach 80 v. Chr. seine hauptsächlichste Gestalt erhielt (5). Dort haben die jonischen Säulen der Cella noch keine Plinthen, aber die Schaftendigungen sind weich ausgezogen, und die Kanneluren endigen rundbogig. Der « neue Stil » hat sich demnach etwa in der Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts durchgesetzt.

(i) Canina, Edifizi CCXCVI 1 und 2.

(a) Nicht so ausgeprägte Taffistilformen haben Säulen am korinthisch- dorischen Tempel in Paestum. Pnchstein und Koldewey a. a. 0. S. 33.

(3) Z. B. Eingangshalle zum Foruni trianguläre, Casa del Fauno, del Cinghiale und unzählige andere Beispiele.

(4) Von Caesar begonnen, also frühestens Mitte des ersten vorchristli- chen Jahrhunderts. Canina, Edifizi CLXII, G.

(b) Mau, Pompeji S. 59.

266 K. R. Kl ECHTER

Besser noch erkennen wir die gleiche Wandlung beim Ver- gleich der Kapitelle unseres Baues mit anderen jonischen Säu- lenkapitellen. Die ursprüngliche Form unserer Kapitelle hat, wie wir oben sahen, ein glattes Leistchen als Saum des flachen Ca- nalis. Der Abacus ist ziemlich schwer und nicht klar lesbisch profiliert. Aehnlich scheint, nach Caninas Aufnahme (l) das Kapi- tell vom Tempel A am Forum holitorium gewesen zu sein, dessen Abacus auch eine Schräge zeigt, und dessen glattes Leistchen sich in zwei Windungen um ein glattes Auge herumlegt. Verwandt ist ferner das Kapitell der jonischen Geschossordnung am Marcel- lustheater (6). Nach Canina hat es auch einen schweren und ähnlich profilierten Abacus; der Saumstreifen des Canalis ist glatt und verläuft unter der Deckplatte in die Canalisfläche. Das Kyma ist mit einem Eierstab verziert.

Das Gemeinsame der drei Kapitelle ist der mit einer Schräge profilierte Abacus, ferner der geradlinige untere Canalisrand ohne Saumleiste, das glatte Canalisleistchen ; ausserdem liegen die Vo- lutenzentren bei allen dreien ungefähr in der Höhe des unteren Kymationrandes und ziemlich nahe der Verlängerung der Schaft- umrissliuie. Die Lage der Volutenzentren scheint also in dei Komposition mehr oder minder gebunden. Die von Vitruv (III, 55) aufgestellte Regel über die Komposition eines jonischen Kapitells verlangt diese Gebundenheit. Dass nun das nach der Vorschrift des römischen Baumeisters konstruierte Kapitell mit dem kano- nischen des Hermogenes beinahe identisch ist, bat Puchstein (3) nachgewiesen. Die Vorbilder unseres römischen Kapitells sind in der Tat in Kleinasien. Dort finden wir den hermogenischen Typus an den Bauten von Magnesia (4) am reinsten und schönsten. Die Kapitelle des Artemisions und des Propylons stehen besonders nahe. Sie zeigen alle Eigenschaften unserer Kapitelle vorgebildet : die lesbisch profilierte Platte, den flachen Saumstreif des Kanals, dessen unterer Rand aber ebenfalls keinen Saum hat, und die Bindung der Volutenzentren. Auch am Propylon des Athenetempels

(») Canina, Edifizi T. XXXIX; Delbrück a. a. o. T. II.

(2) Durm, a. a. o. Abb. 411; Canina, Edifizi IV. CLXII, fig. 6-10.

(3) Puchstein, Das jonische Kapitell. Berl. Winkelmannprogramm 47. (*j Magnesia Abb. 35 u. Abb. 158.

DKR IONISCHE TEMI'FL AM l'ONTO ROTTO

207

in Priene ('), an den Tempeln in Aphrodisiaa und in Teos sind Kapi- telle dieser Art (8). Sie stellen den nach Rom übertragenen Typus dar, der bis in Einzelheiten, die vierblättrige Zwickelpalmette und die Bekleidung der Polster mit Akanthuslaub, wiederholt wird.

Unsere Kapitelle sind daher wohl in erster Linie von den kleinasiatischen beeinflusst, wir haben auch für den Säulenfuss in Kleinasien die nächsten Vorbilder gefunden. In der Ausbildung

Fig. 10. Ionische Säulen in der Cella des Jupitertempels am Forum

von Pompeji.

der Form mag noch eine Reminiszenz an die älteren einheimi- schen Gestaltungen stecken (3). Das ist das Lokalcolorit an einem im übrigen hermogenischen Kapitell aus dem hellenistischen Klei- nasien.

Zur zeitlichen Bestimmung dieser neuen Bildung kann uns der Jupitertempel in Pompeji ein annähernd bestimmtes Datum

0) Priene, Abb. 101.

(") Vgl. die Kapitelle der Palaestra und die des Leonidaions in Olympia Bd I, T. LXV. LXXIV.

(3) Vgl. Säulen an etruskischen Aschenkisten, z. B. Glyptothek München

N. 53.

268 E. R. FIECHTER

geben- Die Kapitelle (l) der Säulenstellung in der Cella dieses Baues zeigen zum ersten Mal in Pompeji eine von der früheren Tuf- form wesentlich verschiedene Ausgestaltung. Einmal ist die Nor- malform des jonischen Kapitells wieder angenommen die spezi- fisch pompejanischen Tuffkapitelle sind Diagonalkapitelle ; dann scheinen die Volutenzentren gebunden, der Abacus ist zart und lesbisch profiliert. Der Canalisrand ist mit feinem Rundstab, Plättchen und Lysis eingefasst, die Canalisfläche selbst eben, nicht wie im Tuffstil gefurcht oder gekrümmt. Das Eierstabkyma hat den Tuffcharakter auch ganz abgestreift. Darunter ist der Rund- stab als Perlschnur, allerdings ohne Axenübereinstimmung mit den Eiformen, ausgebildet. Wir glaubten, wie schon bemerkt, den Jupitertempel in die Zeit nach 80 v. Chr. setzen zu müssen (2), denn es ist anzunehmen, dass die Römer bald nach der Koloni- sierung von Pompeji den Haupttempel des Forums als Capitolium einrichteten (3).

Das jouische Kapitell der oberen Arkaden des Marcellus-Thea- ters (4) ist unserem Kapitell am nächsten verwandt. Das des Tempels A am Forum holitorium ist nur durch Zeichnung be- kannt, das des Tempels B ganz verstümmelt. Sie können zu wenig als Vergleiche dienen und sind ausserdem nicht datiert. Ganz anders sind die Kapitelle der zweiten Arkade am Kolosseum (5). Sie haben freilich wie die korinthischen dort nur abgekürzte, scliematisch behandelte Formen ; aber doch ist das Breitenver- hältnis im Vergleich zur kräftigeren Höhe der früheren Kapi- telle ein ganz anderes geworden. Das jonische Kapitell war in der Kaiserzeit nicht so beliebt, wie das korinthische. Erst in der späteren Kaiserzeit tritt es wieder mehr auf, und wird dann in reicher üppiger Ausbildung, über und über mit Rankenwerk ver- ziert (fi).

(') Mazois III, XXXV.

(2) Vgl. dazu Rom. Mitt. XI, 131 ff. (Mau).

(3) Mau Pompeji S. 58.

(*) Von Caesar begonnen, 13 v. Chr. beendet. Canina Eclifizi CLIX ff.

(5) 80 n. Chr. von Titas beendigt.

(,;j Kapitelle in S. Maria in Trastevere; vom Portikus an der Piazza Colonna, die aus Veji stammen, ferner vom Portikus der Kirche S. Maria in Cosmedin. S. o. S. 225. Kapitelle im Lateran mnseum.

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 2G9

Durch die Bekleidung mit Stuck ist das ursprüngliche Ka- pitell unseres Baues verändert worden. Die platten Canalissaum- streifen werden durch Rundstäbe und schmale begleitende Plätt- chen ersetzt, der Abacus wurde rein lesbiscb profiliert, die Akan- thusblätter der Polster und die Zwickelpalmetten mit kiäftigeren derberen Formen überkleidet, so dass die Gesamtgestalt, wenn-

Fig. 11. Ionisches Kapitt.ll aus Pergamön.

gleich nicht wesentlich umgeändert, doch schwerer und massiger geworden ist. In dieser Form erinnert es immer noch an die klein- asiatischen Vorbilder, und ist dann den Kapitelleu vom Zeustempel von Magnesia (') oder vom didymäischen Apollotempel in Milet (2) freilich ohne skulpierten Perlstab, vergleichbar. Ferner gleicht ihm ein Kapitell aus Pergamön, das aus dem Hause des Konsuls Attalos (am Burgberg) stammt; vgl. Fig. 11 (:i). Auch die Säule, die vor dem Apollotempel (4) in Pompeji die Sonnenuhr trug, hat ein analoges Kapitell.

(■) Magnesia Abb. 157 u. 158.

(2) Büblmann Architektur T. 20 B. 5.

(3) Bei den Ausgrabungen 1905 von Dörpfeld gefunden; die Photographie wurde mir in liebenswürdigster Weise zur Verfügung gestellt.

(*) Mazois IV, XXXV; Mau Pompeji S. 78.

270 E. R. FIECHTEK

Aus dieser Veränderung unserer Kapitelle ist nun aber auf keine Regel zu schliessen, etwa dass von einem bestimmten Zeitpunkt an die jonischen Kapitelle in Rom keine platten Saum- streifen melir hätten, sondern nur noch solche mit Rundstäbchen. In der späteren Kaiserzeit kommen alle möglichen Spielarten vor, streng gebundene und ganz vom Kanon gelöste Kapitellformen; solche, deren Canalis reich mit Blattwerk verziert ist, andere mit griechisch profiliertem Mittelstück (*). Es ist deshalb für die Ver- änderung unserer Säulenkapitelle durch Vergleich kein Datum zu ermitteln. Das Akanthusornament lässt sich, soweit überhaupt noch ein Vergleich möglich ist, neben die Formen des korinthi- schen Kapitells des palatinischen Stadiums stellen: breitlappige längliche Einzelblätter ohne Randkante, ohne scharfe Blattrippe, von wulstigem Fleisch. Auch die Hauptblattrippen sind wenig betont.

Architrav. Die dreiteilige Gliederung des Architravs ist allgemein jonisch. Der obere Abschluss, ein lesbisches Ivyma mit Platte, gleicht den kleinasiatischen Formen von Pergamon, Ma- gnesia und Priene nicht. Bei der Umgestaltung wird auf die zweite Fascie ein grober Perlstab aufgelegt; ob auch das Kyma eine De- koration bekam, bleibt unsicher. Der Architrav hat eine einfach profilierte Soffite im ersten Baustadium, im zweiten wird sie mit einem plastisch vortretenden Band etwas reicher verziert.

Fries. Unser Tempel hat einen mit dem Architrave fast gleich hohen Fries. Er sollte nach Vitruv nur 3/4 der Architravhöhe messen, und diese wieder müsste bei einer Säulenhöhe von mehr als 25 Fuss ein Zwölftel desselben betragen. Sie misst hingegen fast nur ein Vierzehntel. Die Friesflächen bekamen im zweitou Baustadium eine Dekoration aus Stuck: Stierschädel, Putten, Kandelaber und Laubcrewinde. Sie ist weit verschieden von den Bukranienfriesen am Vestatempel in Tivoli oder am Bibulusgrab (2), die schwere und massige Formen zeigen. Auch an dem aus augustischer Zeit stammenden Grabmal der Caecilia Metella sind altertümliche Formen, ebenso aber auch am Fries der Moles Hadriana, die wohl

(') Vgl. Pirancsi, Marjnificenza ed architettura dei Romani. Tav. XIX und XX.

(2) Piranesi, Antichitd II. Tav. 4 u. 5.

DER IONISCH!' TEMPKli AM PONTE HOTTO 271

bewusst auf ältere Vorbilder zurückgegriffen hat ('). Die Schädel in unserem Fries sind ziemlich zart gezeichnet, auch die Kande- laberfonn ist schlicht, nicht so prächtig wie z. B. an den Gesim- sen des Antoninustempels. Die Feinheit des Ornaments möchte eher an die augustische Zeit erinnern, besonders die frei am Kranz hangenden Blätter und Zweige. Diese Feinheit ist aber wohl in erster Linie im Wesen der Stuckdekoration begründet, und we- niger im Zeitgeschmack. An den Dekorationen des Isistempels in Pompeji (zwischen 63-79 n. Chr.) sind ebenfalls zarte Stuckformen, die Akauthusblätter der Pilasterkapitelle am kleinen Brunnenhaus dort erinnern vollkommen an die auf den Polstern unserer Kapi- telle. Auch im Laconicum des Frauenbads der Stabianerthermen von Pompeji sind ähnliche einfache Gewinde und Kandelaber. Eine genauere Datierung für die Stuckdekoration ergiebt sich jedoch daraus nicht. Ein Ornament von Putten und Stierschädeln mit Laubgewinden findet sich am Bogen der Sergier in Pola (2).

Der Friesabschluss ist dreiteilig: Zahnschnittleiste zwischen lesbischem Kyma und Echinus; alle drei sind nicht skulpiert, sondern nur als glatte Prorilstreifen durchgezogen. Man wird erinnert an die im römischen « Tuffstil » angewandte Häufung von Profilstreifen. Die Dreiteilung (3) selbst mag auch auf klein- asiatische Vorbilder zurückzuführen sein. Auch Vitruv fordert einen von Gesimsleisten eingefassten Zahnschnitt. Nur sind diese dort sehr schmal, wie am Artemision in Magnesia, während sie hier sehr kräftig entwickelt sind und stark ausladen. Die Verwandtschaft mit den kleinasiatischen Bauten ist in den Einzelheiten nicht auf- recht zu erhalten, wohl aber mit den jonischen Bauten am Forum holitorium. Auch das Gesims am korinthisch-dorischen Tempel in Paestum lässt sich damit vergleichen. Nur sind an unserm Bau die Protilleisteu, wenigstens an den Nebenseiten, nicht skulpiert auch sind noch mehrere kleine Plättchen eingeschoben, was wir als für den Tuffstil charakteristisch bereits kennen.

(') Bruchstück im Museo Nazionale, Korn.

(2) R. v. Schneider in Kunstgeschichtliche Charakterbilder aus Oesterreich- Üngarn (Wien 1893) S. 34 ff. Datierung: er. vorletztes-letztes Jahrzehnt des ersten vorchristlichen Jahrhunderts.

(•') Vgl. Delbrück a. a. 0. S. 59.

272

E. R. FIECHTER

Durch die spätere Stuckumkleidung ist der Formcharakter bereichert und verändert. Das untere Kyrna ist mit einer wulsti- gen Blattwelle verziert, der Zahnschnitt mit breiten Zähnen und schmalen Zwischenräumen ausgebildet, worauf dann ein plastisches Eierstabkvma mit breiten kurzen Eiformen folsrt.

TtA\PEl_A FOR.HOL.

PALATI /V /^AGfVA /vvatE.R

Fig. 12.

Fig. 12 a.

Gesimse mit späterer Stucküberkleidung.

Alle diese neuen Formen sind derb und schwer, insbesondere der Zahnschuitt. Er entspricht noch Weniger den von Vitruv aus den kleinasiatischen Vorbildern entnommenen Regeln; die Stirn- seite der Zähne hat sonst das Verhältnis 1:2, hier ist sie quadra- tisch. An der Technik liegt das nicht, man hätte mit Leichtigkeit auch in Stuck feinere Zähne herstellen können. Die Zahnschnittge- simse des pompeianischen (') Tuffstils, in Stein an den Aussen- seiten, in Stuck zumeist im Innern der Häuser, haben äusserst

(') In Pompeji an unzähligen Bauten der vorrömischen Zeit, z. B. Nord- halle am Forum trianguläre Mazois III 19. Wandverkleidungen I. u. IL Stils, tu Rom am Scipiosarkophag. Vgl. auch etrusK. Terrakottagesims Annali delVhtituto 1807 T. I, also auch nördlich vom Tiber.

DER IONISCHE TEMPEL, AM PONTE ROTTO 273

schmale und lange Zähne. Am Marcellnstheater ist das Verhältnis von Zahnbreite, Höhe und Intervall bereits ein anderes. Wir nennen diesen Zahnschnitt klassisch ('). Aehnlich sind die Zähne am Tempel A und B am Forum holitorium. Und diese von Vitruv ge- forderte Form gilt dann im ersten Jahrhundert, bis in der Fla- vierzeit jene Löckchen in den Zahnintervallen beliebt werden. Gleichzeitig wird auch die Zahnbreite grösser, die Höhe geringer, nach und nach erhält der Zahn fast quadratische Form. Noch den vollkommen klassischen Zahn, allerdings mit den Löckchen, hat der Castorentempel. Den gedrückten breiten finden wir aber an den severischen Bauten : Triumphbogen, Arcus argentariorum, und am Vestatempel des Forums. Endlich schon mehr liegende als ste- hende Zähne sind an den Gebälken der Kolonnaden des Nerva- forums und des grossen Saals der Diocletiansthermen (S. Maria degli Angeli). Es zeigt das also eine fortlaufende Entwicklung von den stabartig schmalen Zähnen der Tuffperiode bis zu den qua- dratisch breiten der späteren Kaiserzeit.

Wir haben der späteren Umformung des Gesimses am Tempel A schon gedacht (2). Durch den Stucküberzug wurden die Ein- schnitte enger, die Zähne aber breiter gemacht. Ebenso an einem Gesims im Hof von S. Nicola in Carcere. Man veränderte also absichtlich die Form der Zahnschnittleiste an unserem Bau gerade so, weil dies offenbar der augenblicklichen Geschmacksrichtung entsprach, während ein schmaler stabartiger Zahnschnitt nicht mehr beliebt war.

Die Bildung des Eierstabs erinnert am meisten an Stuck- formen in den Cassetten der palatinischen Gewölbe der Palastgruppe des Septimius Severus; an die pompejanischen (3) Formen we- niger.

Die Hängeplatte unseres Tempels ist mit einem weitauskra- genden lesbischen Kyma bekrönt. An den Nachbartempeln des Forum holitorium ist der Abschluss ähnlich, nur nicht so stark ausladend. Also auch darin wieder ein gewisser Gegensatz zu den jonischen Vorbildern des Ostens, wo diese Leiste, wie auch Vitruv

(') Vgl. Lysikrates-Monument in Athen.

(*) Siehe oben S. 252.

(3) Isistempel : Mau, Pompeji S. 154 ff.

19

274 E. R. FIECHTER

fordert, nur niedrig ist und den Uebergang zur Sirna vermittelt. Ein schweres Kyma an der Gesimsstirn kommt in Epidaurus und in Olympia (') vor. Ausser an den beiden jonischen Tempeln am Forum holitorium ist auch am palatinischen und am Divus-Julius- Tempel ein ähnlich schwerer Abschluss.

Endlich die Sima. Sie ist sehr gross, etwa ein halbmal höher als die Geisonstirn samt ihrer Bekrönung. Die wenigen Reste der Tuff- stilbauten Roms zeigen nirgends das Simaprofil, ausgenommen das Podium am Tabularium. In Pompeji kommt die Sima an den Wand- dekorationen ersten Stils vor (2). So wie sie an unserem Bau mit Löwenköpfen verziert ist, erinnert sie entschieden an die kleina- siatischen Vorbilder. Nach oder gleichzeitig mit unserem Bau finden wir überall Simaprofile: am Forum holitorium, am palati- nischen Tempel ; auch am Jupitertempel in Pompeji, dort bezeich- nender Weise in Stuck über der älteren Hohlkehle am Podium.

Z u s am menfassung.

Aus der Betrachtung und dem Vergleich der Formen unseres Tempels mit den Formen anderer verwandter Bauten ergiebt sich demnach Folgendes.

Unser Tempel steht auf dem italischen Podium. Aber sein Grundriss, seine Aufbauverhältnisse und seine Einzelformen sind nicht mehr italisch und unterscheiden sich auch von der in Rom vor der Errichtung dieses Tempels giltigen « Tuffstil »-Bauweise (3). Sie erinnern vielmehr an hellenistische kleinasiatische Vorbilder, etwa vom Beginn des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts. Die Grundrissform, die Stellung der Säulen, ihre Anordnung, die Aus-

(') Lechat, Epidaure I. 7; Olympia, IL T. 81 Philippeion.

(2) Haus des Fauns : Mau, Pompei S. 274.

(3) Von dieser sind uns nur wenige Beste erhalten : Aufzählung bei Delbrück, a. a. 0. S. 60 f. Dazu gehört vor allem noch das Tabularium (78 v. Chr.), dann das Bibulusgrab (vgl. CIL. I, 635), ferner der Scipiosar- kophag im Vatikan, ein Travertinarchitrav von einem kleinen dorischen Monu- ment mit Taenia und Tropfenregula in den Ruinen des Divus Julius-Tempels am Forum liegend, auch ein kleines typisches Kapitellfragment im Hof von S. Nicola in Carcere. In der Umgebung von Rom die Bauten von Cori und Palestrina (Praeneste) aus sullanischer Zeit, und in Tivoli die Tempel der Akropolis, welche sicherlich von Rom aus beeinflusst sind.

DER I0NISCI1K TEMPEL AM PONTE UOTTO 275

bildung der Bauglieder, alles verrät den Einfluss von Osten und kennzeichnet eine neue Stilrichtung, neu im Gegensatz zu der frü- heren Bauart. Ob nun von Kleinasien direkt oder über Alexandrien der starke Einfluss griechischer Formenwelt eingedrungen ist, lässt sich leider nicht mehr beweisen. Alexandria selbst ist ja ganz zerstört. Nur in seinen Totenstädten können wir noch etwas von seiner Kultur sehen (!). Die bildlichen Darstellungen in Pompeji sind nachweislich von alexandrinischen Vorbildern beeinflusst (2). Auch architektonische Kunstformen mögen also über Alexandrien von Kleinasien nach Italien und Rom gekommen sein. Es ist ebenso möglich, dass zugleich auch die Beziehungen des per- gamenischen Königs Attalos III. (f 133 v. Chr.) und von da an die vielen Berührungen mit Kleinasien überhaupt, auch die mi- thradatischen Kriege die Uebertragung vermittelt haben, bis im Jahre 64 v. Chr. der Verkehr durch die Errichtung der römischen Provinzen in Kleinasien und Syrien ein dauernder wurde. Die Wirkung dieses Einflusses lässt sich in Rom einigermassen zeit- lich bestimmen. Wir wissen, dass das Tabularium im Jahre 78 v. Chr. von Q. Lutatius Catulus gebaut worden ist. Es gehört noch dem « Tuffstil » an. Das zeigen die Säulen des Hauptge- schosses und das Podium an der Nordseite. Die neuen Formen sind zunächst datiert am Saturnustempel, der 42 v. Chr. von L. Munatius Plancus, dem Sieger über die Alpenvölker, gänzlich erneuert wurde ; ferner durch das Marcellustheater, das von Caesar begonnen, von Augustus 13 v. Chr. fertiggestellt nach seinem Neffen benannt worden ist.

Man könnte aber einwerfen, der Saturntempel sei in seiner noch erhaltenen Gestalt kein Beispiel der Frühzeit des « neuen Stils » . Das ist insofern richtig, als seine Säulen und Kapitelle, und auch die Architrave wirklich nicht vom Bau des Munatius stammen. Aber ich glaube bestimmt, dass die Basen sowohl, als vor allem, und darauf kommt es mir in erster Linie an, die Gesimse bei der

f) Gräber in Gabbari, Sidigaber und Kom-es-Schug'afa welclie von der Sieglin' sehen Expedition im Winter 1900/01 untersucht wurden und deren Publikation vorbereitet wird.

(2) H. Thierscb, zwei antike Grabanlagen in Alexandrien S. 16, dort auch die Literatur zitiert. Vgl. Loewy, Festschrift zu 0. Hirschfelds 60. Ge- burtstag (1903) S. 117.

276

E. R. FIECHTER

späten rohen Wiederherstellung des Tempels wieder verwendet worden sind. Das scheint einmal aus der Darstellung des Gebälks bei Canina (') hervorzugehen, wo man deutlich ersehen kann, dass Gebälk und Gesims gar nicht zueinander passen. Zum andern aber aus der Verwandtschaft dieses Gebälks mit dem vom Divus- Ju- lius-Tempel, der 42 v. Chr. beschlossen, aber erst 29 v. Chr.

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Fig. 13. Verwandte Konsolengesimse.

geweiht worden ist (2). Beide gleichen sich sehr. An dem des Cae- sartempels fehlt die Bohrlochtechnik, die schon an den Ornamenten der ersten Jahrzehnte nach Chr. überall angewendet wird, gänz- ich. Ich halte das Gesims deshalb für früh und zum ersten Bau des Divus Julius-Tempels gehörig. Darin wird man bestärkt bei einem weiteren Vergleich dieses Gesimses mit dem des palatinischen Tempels, den wir oftmals als Vergleich herangezogen haben. Beide haben sehr ähnliche Formen bei fast gleichen absoluten Grössen (vgl. Fig. 13). Am Divus Julius-Tempel ist's ein Marmorgesims, hier eines aus Peperin, das stuckiert und in späteren Zeit noch- mals mit einer neuen Stuckhaut überkleidet worden ist. Die Ein-

(>) Edifizi, Tav. XXXIL

(s) Jahrb. d. Inst. IV, 1889. Einzelheiten S. 137 ff.

DER IOMSCHE TKMPEL AM TONTE ROTTO 277

facbheit der Formen, besonders der Konsolen ('), die schweren Simeu, eine gewisse Häufung von Profilen sind beiden gemeinsam. Das frühere mag aber immerhin das des palatinischen Tempels sein (2).

Diesen beiden Gesimsen (3) steht also das des Saturntempels nicht unähnlich zur Seite. (Fig. 13) Wir werden daher wol Recht ha- ben, es als ursprüngliches Bauglied des Tempels vom Jahr 42 v. Chr. anzusehen. Danach kommen wir also urteilen und ersehen, dass es bereits den Tuffstilcharakter überwunden hat, und dass also L. Mu- natius Plauens seinen Saturntempel im « neuen Stil » errichtete.

Die Zeitspanne zwischen den so bestimmten Daten ist ge- ring. Der Tuffstil herrscht noch 78 v. Chr. Der klassische Stil zeigt sich bereits 30 Jahre später. DerjjEiniluss der neuen Formen mag vielleicht schon früher begonnen haben, aber der völlige Sieg derselben ist doch wohl erst in der baulustigen Zeit Caesars zum Durchbruch gekommeu. Von da an beherrschen sie das ganze Feld, der Tuffstil ist überwunden.

Wollte man aber behaupten, dass sie schon früher in Rom eingedrungen wären, so müsste man annehmen, das Lutatius Ca- tulus ein bewusster Reaktionär gewesen sei, oder als Vertreter einer ähnlich gesinnten Staatsleitung im Gegensatz zu den impe-

(•) Canina, Edifizi Tav. C flg. 4. Konsolengesims ähnlicher Art am Ca- starentempel in Cori überliefert.

(2) Die Gründungszeit des Magna Matertempels auf dem Palatin fällt (nach Hülsen Rom. Mitt. X, 1. ff.) ins Jahr 204 v. Chr. Aus unserer bishe- rigen Betrachtung geht aber hervor, dass die heute noch erhaltenen Bausteine, die um den Mauerkern herumliegen, jedenfalls einer späteren Bauperiode angehören. Die ausgeprägten korinthischen Säulenkapitelle, das Konsolen- gesims und die Gestalt der Schäfte, alles weist auf eine Erneuerung des Tem- pels etwa in der Mitte des ersten Jahrhunderts hin. Es ist dann nicht auffallend, dass die Formen des Akanthus denen unserer Volutenpolster nicht unähnlich sind, und dass auch gegen die frühere]Annahme der Divus Julius-Tempel wahr- scheinlich korinthische Kapitelle und Pilaster hatte. Die Analogie mit dem Sa- turntempel fällt ja nun weg. Der « palatinische » Tempel ist also nicht der älteste; und Durm a. a. 0. S. 112 hat Unrecht, ihn bei der Besprechung der etruskischen Baukunst anzuführen.

(3) Aehnlich nah verwandt scheint ein von Canina T. LXXV mitgeteiltes Gebälk aus dem kleinen von Livia erbauten, unter Septimius Severus erneu- erten Tempel der Fortuna muliebris (CIL. VI, S83) am vierten Meilenstein der via Latina (Original jetzt im Tabularium).

27S E. R. FIECHTER

ratorischen « modernen » Strömungen gehandelt hätte. Doch lässt sich das nicht beweisen.

Im der Umgebung Roms hat der Tuffstil wohl noch länger geherrscht. Aber jetzt erst wird es verständlich, dass die grossar- tigen Anlagen Sulla's in Praeneste noch durchaus Tuffstilcharakter zeigen, denn wir wissen nun, dass in der Hauptstadt selbst in den 90er Jahren des ersten Jahrhunderts noch so gebaut wurde. Sulla hätte sonst wohl seinen Fortunatempel «modern» gebaut.

Unser Tempel steht also in der Zeit dieses Uebergangs vom Alten zum Neuen. Wir werden ihn daher wohl ungefähr in die Mitte des ersten Jahrhunderts ansetzen dürfen. Die jonischen Tempel am Forum holitorium sind später entstanden und A sicher vor B: beide zeigen die Formen des klassischen Stils entwickelter als unser Tempel. Die Datierung dieser beiden Bauten etwa ums Jahr 200 v. Chr. (Delbrück a. a. 0. S. 67) in Anlehnung an das bisher fest geglaubte Datum der Erbauung unseres Tempels lässt sich demnach nicht mehr halten. Der Einfluss Kleinasiens und Alexandriens erscheint bei dieser frühen Ansetzung geradezu unmög- lich, besonders im Hinblick auf den hermogenischen Kanon; sind ja doch die Bauten des Hermogenes in Magnesia und Teos selbst erst um 200 v. Chr. entstanden ! Und bis diese in Rom bekannt wurden, und die Zeit reif war, sie nachzuahmen, mag es immerhin lange gedauert haben. Nach Livius (-') fand nach dem Brand vom Jahre 213 im darauffolgenden Jahr eine Erneuerung der Tempel der Fortuna und der Mater Matuta statt. Von einer späteren Er- neuerung wird nichts mehr berichtet. Wenn nun unser Tempel einer der beiden genannten war, was wir, wie eingangs bemerkt wurde, wegen der spärlichen topographischen Notizen überhaupt nicht wissen, so sind wir zur Annahme gezwungen, der im Jahre 212 neu gebaute Tempel sei in der Mitte des ersten Jahrhunderts, also er. 160 Jahre später durch einen Neubau ersetzt worden.

(l) Livius XXV, 7, 6: comitia deinde a praetore urbano de senatus sententia plebique scitu habita, quibus creati sunt quinqueviri muris et tur- ribus refteiendis, et triumviri bini, uni sacris conquirendis donisque persi- gnandis, alteri, reficiendis aedibus Forlunae et Matris Matutae intra portam Carmcnlalem et Spei extra portam, quae priore anno incendio consumptae fuer

DER IONISCHE TEMPEL AM PONTE ROTTO 279

Schill s 3.

Wichtiger als die genaue Datierung und Benennung unseres Tempels ist uns die genaue Kenntnis seiner Eigenschaften. Damit ist ein Beitrag zur römischen Baugeschichte gegeben. Zusammen- fassende Ueberblicke über dieses grosse Gebiet können erst ge- wonnen werden, wenn möglichst viele Monumente beschrieben und genau untersucht worden sind.

Möge sich die Zahl solcher Beiträge stetig mehren, damit wir die römische Baukunst in ihrer Fülle und Grösse, in ihren inneren Zusammenhängen und in ihrer Stellung zum politischen Leben kennen und begreifen lernen. Dazu einen kleinsten Teil beizu- tragen erschien mir wünschenswerter Beruf.

München, Januar 1907.

Ernst R. Fiechter.

ZUM SILBERBECHER CORSINI.

Die Beobachtung, der die folgenden Zeilen gelten, würde der vereinzelten Publication nicht wert sein, wenn sie nicht meine eben gedruckten Ausführungen über die Darstellung des iudicium Orestis auf dem Corsinischen Silbergefäss (Mitt. 1906, S. 289 ff. Taf. IX. X) ergänzte und für die Kenntnis der künstlerischen Quellen, aus denen die Bildhauer der römischen Denkmäler am Rhein ihre Motive schöpften, bedeutsam wäre.

Kürzlich hat Körber in der Mainzer Zeitschrift (1906) die glücklich wieder hergestellte grosse Juppiter-Säule von Mainz ver- öffentlicht. Unter den Reliefs der würfelförmigen Basis ist nun eines, dessen Compositum zu einem Teile jenes Bildes des iudicium Ore- stis in unverkennbarer Beziehung steht, trotzdem es inhaltlich mit ihm nicht das Geringste zu tun hat: das Relief, das Minerva und Fortuna zu beiden Seiten eines Altars darstellt (Abb. 1) (*).

Die beiden Figuren entsprechen der Athena und der stehenden Erinys zu beiden Seiten des Tisches. Einfach copiert ist die Athena ; während sie dort einen Stimmstein in die Urne legt, lässt sie hier ein Weihrauchkorn in die Flamme des Altars fallen (ob der Bildhauer dies Motiv wohl zu erklären gewusst hätte?). Um keinen Zweifel zu lassen, hat die Göttin auch hier jenen seltsamen Aermel am 1. Arm (vgl. in meinem Aufsatz S. 290), und es zeigt sich damit, dass der Künstler schon aus zweiter Hand die Kenntnis der Figur empfangen hat. Einen Vorzug hat diese Copie vor allen

(') Nach Taf. III, n a der Publication, zusammengestellt mit Abb. 2, der Nebenseite eines Sarkophages, auf der die beiden entsprechenden Figu- ren wiederholt sind (= Robert, Die ant. Sarkophagreliefs II, S. 173 Abb. 157'a).

ZUM SILBERBBCHER CORSINI 281

anderen: sie giebt den Kopf der Göttin wohlerhalten, in guter Arbeit und in einem Typus der unserem Zeitansatze des Originales an das Ende des 5. Jahrhunderts durchaus entspricht.

Der Altar steht ebenso wie der Tisch (auf dem Becher) mit einer Kaute vorau. Von der Erinys ist in der Fortuna einer sehr graziösen Gestalt abgesehen von ihrer Stellung in- nerhalb der Composition nur ein Zug geblieben : die in der R. gehaltene und schräg nach vorn gesenkte Peitsche wurde zum horizontalen Griff des Steuerruders. Im 1. Arm ruht statt der Fackel das Füllhorn. Sonst aber musste natürlich Alles geändert werden. Zu der Uebertragung veranlasst wurde der Bildhauer zwei- fellos vor Allem durch das brauchbare allgemeine Schema und sein Gefallen an der schönen Athena.

Will man nicht annehmen, dass dem Künstler in Mainz zu- fällig eine gute Copie jener Darstellung des iudicium Orestis zu Gebote stand, so ist eine derartig genaue und geschickte Ueber- tragung nur erklärlich, wenn wir voraussetzen, dass der Mann selber einst eine Reise in ein reicheres Kunstcentrum unternommen und von dort nach Art der Renaissance-Künstler ein Skizzenbuch gefüllt mit Studien, heimgebracht habe, oder dass es planvoll her- gestellte und im Handel oder doch in den Bildhauerschulen ver- vielfältigte Musterbücher gab, die man sich sehr sorgfältig aus- geführt denken müsste.

Zweifellos wird man geneigt sein, dieser letzten Annahme den Vorzug zu geben, zumal man ihrer kaum wird entraten können, um sehr ähnliche Erscheinungen auf dem Gebiet der decorativen Wandmalerei, die Jedem geläufig sind, zu erklären. Auf dem der Vasenmalerei ist mir ein entsprechendes Beispiel gegenwärtig, auf das meines Wissens noch nicht hingewiesen wurde: man vergleiche das bekannte Antigone-Bild {Mon. cl. I. X, Taf. XXVII = Ar- chaeol. Zeitung, XXVIII, Taf. 40 = Baumeister, Denkmäler d. kl. Alt. Abb. 88), mit einem Berliner Vasenbild (Nr. 3289; abgeb. bei Röscher, Mythol. Lexikon III, Sp. 298, Abb. 7), das Tele- machs Ankunft bei Nestor darstellt; in dem Nestor erkennt man den Kreon des andern Bildes wieder, und der Telemach entspricht, abgesehen von den Attributen, durchaus dem Herakles. Da Mo- tive und Gruppierung in dem Antigone-Bilde sehr charakteristisch und natürlich sind, das Berliner Bild in dieser Hinsicht weniger

282

V. AMELUNG

überzeugend wirkt und so viel schlechter ausgeführt ist, kann kein Zweifel sein, wo wir das Original zu suchen haben, oder welches von beiden Bildern dem Original, für das die Motive geschaffen wurden, näher steht. Immerhin aber haben doch die Maler der beiden Yasen zur selben Zeit und in der gleichen Gegend gelebt,

Fig. 1.

die Uebertragung könnte also ohne jenen Umweg vor sich gegangen sein, den wir in unserm Falle unbedingt annehmen müssen.

In einer seiner letzten Arbeiten hat Graeven ein Bildwerk der Igeler Säule und ein Relief aus dem Igel benachbarten Ons- dorf auf griechische Vorbilder zurückgeführt (Zeitschrift f. bild. Kunst. N. F. XVI, S. 165 ff.), auf das bekannte Orpheus-Relief und den Hermes des Praxiteles in Olympia. Die zweite dieser Rück- führungen wäre besonders bedeutsam, da der Hermes an seinem Ort verblieben und augenscheinlich niemals copiert worden ist, in Italien also unbekannt war; sie wäre es, wenn sie schlagend wäre.

ZUM SILBEKBECHEK CORSINI

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Nun bat es aber von dem Hermes mit dem Dionysoskinde mebrere Fassungen gegeben, und darunter aucb eine, die weit genauer mit dem Relief in Onsdorf übereinstimmt als die Statue des Praxi- teles. Die Schöpfung ist uns in zwei Bronzen erhalten, die nur in der Haltung des r. Armes von einander abweichen (beide sind abgebildet in der Gazelte archeologique 1889, pl. XIX und bei Collignon, Ilistoire de la sadplure grecque, Fig. 151: vgl. Klein, Praxiteles, S. 97 ff. Fig. 10; dort weitere Litteratur). Bei der

P.a. 2.

einen ist die Hand mit einer Traube erhoben, bei der andern hing sie nieder. Da diese die künstlerisch bedeutendere und der r. Arm auch auf dem Relief gesenkt ist, dürfen wir dasselbe am Original voraussetzen und mit Klein die Traube in der Hand der andern Bronze für « praxitelisches Gewächs » halten. Die Wiederholung des Typus auf dem Onsdorfer Relief spricht zweifellos für seine Berühmtheit, und so ist die Vermutung Kleins, dass uns in dieser Composition das von Plinius überlieferte Werk des Kephisodot erhalten sein könnte, nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Wenigstens lässt sich die andere Darstellung des gleichen Gegen- standes, die Klein glücklich wieder hergestellt hat, kaum auf den gleichen Künstler wie die Eirene zurückführen, obwohl sie zwei- fellos dieser zeitlich näher steht als dem praxitelischen Hermes.

284 "W. AMELUKG

Uebrigens darf man nicht übersehen, wie geschickt und mit wie viel Stilgefühl es der Onsdorfer Bildhauer verstanden hat, die Haltung der Linken und des Kindes soweit zu ändern, dass sie sich vollkommen ins Relief fügen.

Mir schien dieser Hinweis in dem hier gegebenen Zusammen- hang nicht überflüssig. Gewiss setzt man mit Recht voraus, dass den Bildhauern der römischen Rheinlande und des Moselgebiets viele Anregungen aus rein griechischer Quelle auf dem Wege über Massilia zugeströmt seien, ohne Rom zu berühren. Da wir hier aber Alles einzig aus den Denkmälern selbst erschliessen müssen, ist Vorsicht doppelt geboten. Allerdings können wir ebenso wenig behaupten wie verneinen, dass jener Hermes in Rom bekannt ge- wesen sei (die kleinere schlechtere Bronze ist in Frankreich ge- funden worden; der Fundort der anderen, auf deren Kopf man übrigens der vielumstrittenen Kopfschmuck des Hermes-Toth bemerkt (') ist unbekannt): keinesfalls aber ist das Onsdorfer Relief eine Nachbildung der in Rom unbekannten Schöpfung des Praxiteles.

Zuletzt hat über diese Beziehungen Michaelis in dem Jahr- buch der Gesellschaft für lothringische Geschichte u. Altertums- kunde 1905, S. 213 ff. (mit 4 Tafeln) gehandelt. Er geht aus von einer weiblichen Statue, die in Metz gefunden wurde; sie ist in einem unweit von Metz gebrochenen Sandstein, also dort gearbeitet worden ; ihr Stil aber ist nur mit dem kleinasiati- scher, hellenistischer Werke zu vergleichen. Mit Recht zieht Michaelis zum Vergleich ähnliche Statuen aus Oxford und zwei von den weiblichen Einzelstatuen aus Pergamon im Berliner Mu- seum heran, erklärt demnach den Stil der Metzer Figur für per- gamenisch, und nimmt, da die pergamenische Kunst aus der Zeit des Altars, aus der jene Statuen stammen, in Italien mit einer Ausnahme keine Spur hinterlassen habe, an, der Metzer Bild- hauer habe die Kenntnis jenes Stiles über Marseille erhalten. Aber die Heimat jener eigenartigen Darstellung weiblicher Ge- stalten war nicht Pergamon, sondern Rhodos. Von Rhodos kam die Anregung nach Pergamon die eine jener Figuren ist die Nach- ahmung einer Musenstatue aus der berühmten Gruppe des rliodi-

(*) Vgl. zuletzt Fnrtwängler in den Rhein. Jahrbüchern 1906 S. 193 ff.

ZUM SII.ÜERßECHER CORSINI 285

scheu Künstlers Philiskos (Watzinger, 63. Berliner Winckelmanns- programm S. 8) , von Rhodos kam sie nach Magnesia am Maeander (Hnmann-Kohte- Watzinger Magnesia S. 197 ff. Taf. 8), von dort ver- breitete sie sich auf die ganze kleinasiatische Küste und die nahen Inseln, wo wir ihre Wirkungen auf unzähligen Grabreliefs rinden, von dort nach Italien ich brauche nur an die berühmteste Figur dieser Art, die Pudicitia, und Alles was mit ihr zusammenhängt, zu erinnern. Unter all diesen Werken nehmen die pergamenischen Statuen eine Sonderstellung ein ; sie copieren nicht einfach, son- dern sie übersetzen die rhodischen Motive in eine eigene Sprache, in den breiten, monumental-decorativen Stil der Altarreliefs.

Wie stellt sich nun dazu die Metzer Figur? Ist ihr Stil so ausgesprochen pergamenisch ? oder ist es nicht vielmehr der rho- dische Stil, wie er in Italien wohlbekannt und häufig nachgeahmt wurde? Nach der Abbildung scheint sie rhodischen Stil zu haben. Ist es doch auch kaum glaublich, dass jene pergamenischen Sta- tuen, die in Pergamon selbst augenscheinlich vereinzelt geblieben sind, in so weite Kreise gewirkt haben sollten, während das für die rhodischen Gestalten ohne Weiteres verständlich wäre. Deren Weg aber geht über Rom.

In meinem Aufsatz über das iudicium Orestis habe ich S. 294 mich der Ansicht derer angeschlossen, die annahmen, von den drei Erinyenstatuen in Athen seien zwei von Skopas gewesen, die dritte von einem Kalos (nicht von Kaiamis). Jetzt hat Reisch uns in sei- nem vortrefflichen Aufsatz über Kaiamis (Oesterr. Jahreshefte 1906, S. 212 ff.) belehrt, dass es einen berühmten Kaiamis zur Zeit des Skopas gegeben habe ; er schliesst daraus, es liege kein Grund mehr vor, der Ueberlieferung, nach der ein Kaiamis die dritte Brinys zu den zweien des Skopas geliefert habe, zu mistrauen; und zwar hätten beide Künstler gleichzeitig gearbeitet. Das Zeugnis des Phy- larchos für die Zweizahl der athenischen Erinyen könne, wenn nicht ein Missverständnis vorliege, nur dadurch erklärt werden, dass Ph. von den zwei « Eumeniden » die dritte Genossin unter einem Son- dernamen abgetrennt habe. Sollte uns aber darüber jede sonstige

286 W. AMELÜNG

Kunde verloren sein? Die Sache liegt doch so: Phylarchos be- zeugt eine Zweiheit der Erinyen, der in Athen auch ein Zweiheit von Bildern entsprochen habe. Polemon dagegen sagt, der Bilder seien drei gewesen, darunter zwei von Skopas, das dritte von Kalos oder Kaiamis; und zwar giebt er ganz genau an, die Bilder des Skopas hätten zu beiden Seiten gestanden, jenes andre in der Mitte. So war also zweifellos die Aufstellung im athenischen Heiligtum zu seiner Zeit. Wie konnte Phylarchos nur von zwei Bildern reden, mit denen er doch augenscheinlich die beiden des Skopas meinte?

Wenn auch die mittelste einen besonderen Namen trug, dar- über, dass sie wesensgleich mit den andern sei, konnte doch kein Zweifel herrschen. Deshalb genügt es auch nicht, bedeutende Un- terschiede in der äusseren Erscheinung der Bilder anzunehmen. Wie sollten auch gleichzeitig entstandene und für das gleiche Heiligtum bestimmte Darstellungen so verschieden ausfallen ? Der Zwiespalt ist wohl nur auf eine Weise zu erklären: zur Zeit des Phylarchos, d. h. im dritten Jahrhundert ('), standen im atheni- schen Heiligtum die beiden Statuen des Skopas allein; zur Zeit des Polemon, zu Beginn des zweiten Jahrhunderts, hatte man in ihre Mitte das Bild des Kalos oder Kaiamis gerückt. Ob Polemon gegen Phylarchos geradezu polemisiert hat, können wir aus dem Wortlaut des betreffenden Scholions (Soph. Oed. Col. 39) nicht schliessen; es stellt in der Tat nur die beiden Angaben neben einander (2).

Hat man aber die mittlere Statue erst am Ende des dritten Jahrhunderts zugefügt, so kann sie unmöglich gleichzeitig mit den Werken des Skopas entstanden sein. Es bleiben nur die zwei Mög- lichkeiten: entweder Avar sie eine neue Schöpfung oder ein altes Bild, das man zurückgestellt hatte und nun wieder hervorholte. Einen dritten Kaiamis wird man nicht bemühen wollen, und so gewinnen Loeschcke's Combinationen (Enneakrunos-Episode S. 25 f.),

(') Hecker hat im Philologus IV, S. 489 statt Phylarchos Philochoroe als Autor der Angabe vermutet; ob mit Recht, entzieht sich meinem Urteil. Zugestimmt zu haben scheint nur Nauck (ebenda V, S. 696). Das Zeugnis der Zweiheit würde damit höheres Alter und einen bedeutenderen Gewährs- mann gewinnen.

(2) 'I-t'/.un/ös yrjoi <h'o avjüg ttvta iit rs 'Afirjvrjoiv äyukucerct ovo. JIo- ke'fio)y ö'e intii (ccidg q.ijoiv.

ZUM SII.BERHECHER CORSINI 287

nach denen man das alte Bild dem kretischen Meister Kalos, dem Neffen des Daidalos, zugeschrieben habe, neues Gewicht. Der Einwurf der Geschmacklosigkeit gegen die Zusammenstellung eines so altertümlichen Bildes mit zwei Werken des Skopas verfängt nicht, da es sich um Kultbilder handelt. Zweifelhaft bleibt, ob man folgern kann, dass es in Athen ursprünglich nur eine Bild- säule einer Erinys gegeben habe.

Werden meine Ausführungen angenommen, so verliert der jüngere Kaiamis ein Werk, die Arbeit ßeischs nichts an überzeu- gendem Gehalt.

W. Amelung.

SITZUNGEN UND ERNENNUNGEN.

14. December 1906 (Festsitzung zur Feier von Winckelmanns

Geburtstag) : G. E. Rizzo, Le origini di Lavinio e il matri- monio di E/iea, altorilievo di un sarcofago romano (s. Mit- teilungen Heft 4). G. Körte, Das Alexandermosaik aus Pompeji (s. Mitteilungen später). 18. Januar 1907: R. Engelmann, Herakles und Linos.

G. E. Rizzo, II discobolo di Caslel Pornano. 1. Februar: G. Boni, 77 locus del Forum Ulpium.

15. Februar: L. Pollak, Altgriechische Elfenbeinreliefs (s. Mit- teilungen Heft 4).

Am Winckelmannstage wurden ernannt zu ordentlichen Mit- gliedern die Herren

Corrado Ricci in Rom

A. von Premerstein » Athen Paul Schazmann » Genf

zum correspondierenden Mitgliede

Mrs. E. Strong nee Sellers in Chatsworth.

Abgeschlossen am 26. Februar 1007.

LEGGENDE LAUNE ANTICHISSIME

ALTORILIEVO DI UN SARCOFAGO ROMANO (*). (Tav. XIII-XIV).

Nelle Notine clegli Scavi del 1905, ho pubblicato una prima relazione sommaria delle scoperto fortuite, avvenute nel 1903, presso le rovine di una villa roiuana, a Torre Nova, sulla via Labicana, in una tenuta di don Scipione Borghese. Da scavi abusivi e clandestini provennero tre sarcofagi, uno dei quali veramente insigne: quello con la rappresentanza di una sceoa di iniziazione ai Misteri Eleu- sini ('). I frammenti di im quarto sarcofago della stessa provenienza potei studiarli, col gentile consentimento del Principe e della Principessa Borghese, che mi e caro ringraziare qui pubblica- mente.

Questi frammenti giacevano nelle cantine dello storico palazzo, ed erano oltre che numerosissimi piccoli; e talora anche in- certi e dispersi ; e fu veramente opera non facile poter ricomporre

(*) Questo articolo, con lievi modificazioni nella forma, b il discorso da me tenuto nell' Imperiale Istituto archeologico, per la Festa di Winckelmann. il 14 dicembre 1906. Esso era veramente destinato per la seduta solenne delle Palilie, essendo il monumento in intima relazione con le origini di Roma: ma nell'aprile passato ero lontano dalla cittä, e la mia lettura fu necessariamente differita. Ho voluto conservare la forma, piuttosto piana e semplice, di una conferenza occasionale. aggiungendo qualche breve nota.

(') Per le condizioni della scoperta, rimando a quanto ebbi a riferire nelle Notizia degli scavi, anno 1905, p. 408 s. Del sarcofago con rappresen- tanza di Misteri sarä presto pubblicata un'ampia illustrazione nei Monumenti antichi dei Lincei, la quäle chiarirä meglio la spiegazione sommaria, e ne- cessariamente incompleta, da me data nelle stesse Notizie, specialmente per quanto riguarda una piü precisa esegesi dei lati corti c di quello dove sono scolpite le Piangenti.

20

290 G. E. RIZZO

la parte inferiore del rilievo principale, la quäle, quantunque mu- tila, puo essere perö sicuramente interpetrata, per il confronto con altri monumenti di schema, se non di soggetto, simile (').

I.

II sarcofago, di marmo pario, era lungo ni. 2,42 (2), con im rilievo cosi considerevole, che raggiunge spesso i 15 cm. di al- tezza. Anzi parecchie delle figure sono interamente s'accate dal fondo, simili a Statuette riposanti su di un piano ondulato, che corre lungo il prospetto principale del sarcofago.

Cosi come si presenta dai frammenti ricomposti (cfr. tav. XIII), il rilievo puö esser descritto, seguendone Timagine, a questo modo: abbiamo, dalla sinistra, una figura seduta sopra un rialto roccioso, vestita di un semplice manto, che lascia nude le gambe. I piedi sono calzati di stiväli (una specie di e/ußädeg), con orli rimboccati e va- riamente ornati. Accanto ad essa sta poggiato un graude scudo circo- lare, sul quäle e effigiata, a basso rilievo, una scena di combatti- mento. Segue il frammento di un'altra figura virile, di cui esiste soltanto il piede, con parte della gamba destra, coperta di anassiridi ; e a questo gruppo, che, com'e meglio dire subito, si ripete nella parte centrale del rilievo, segue una figura incedente a grandi passi verso destra; figura, per disgrazia, anch'essa talmente frammentata, che ne esiste soltanto la parte inferiore delle gambe. II gruppo centrale della rappresentanza e occupato da una scena di sacrificio. Un'ara, con frutta e con liamme, una scrota, accanto alla quäle sei porcellini, e due alte figure : evidentemente quella del popa e del vittimario. Una di queste due figure e appena visibile nella fotografia; poiche di essa non esiste, nel secondo piano del rilievo, che il frammento di una gamba, quasi nascosta dal collo della scrofa. AI gruppo del sacrificio segue ancora un altro che, come sopra ho detto, e simile a quello che e scolpito nell'angolo sinistro del sarcofago. La stessa

(') Mio collaboratore, per la ricerca e la materiale ricomposizione dei pezzi, fu il valente sig. Dardano Bernardini, restauratore nel Museo Nazio- nale Romano.

(') Alt. della parte conservata alFangolo sinistro m. 0,49; alt. massima m. 0,59; profonditä del sarcofago m. 1,07; alt. del coperchio m. 0,37.

LF.GGKNDE LAHNE ANTICIIISSIM E

291

figura troneggiante, che tiene accanto lo scudo, sul quäle e rappresen- tato il Lupereale, con la Lupa allattaute i due gemelli, e con la Ficus ruminalis, i cui rami si svolgono intorno ai inargiai della piecola caverna. Uu gioviuetto, in perfetto costume frigio, sta tra le gambe della figura sedtita: anassiridi, piecolo chitone manicato, clamide fimbriata, berretto frigio; e non mauca il pedum a reudere com- pleto il costume di questo piecolo asiatico; al quäle segne, an-

Fiir. 1.

cora, la parte inferiore di un'altra figura, incedente verso destra, nello stesso schema di quella notala nell'altro lato del rilievo. Di fronte a questa, vediamo la parte inferiore di una figura rauliebre, vestita di lunga tunica; e fra di esse, un putto tutto nudo, del quäle e stata anche ritrovata, dopo eseguita la fotografia, la parte del braccio destro mancante, con la mano che teneva una face. Un frammento di questa face, capovolta, si vede ancora accanto ai piedi della figura virile incedente.

Oltre questi frammenti, che ho potuto a stento ricomporre, con tutti gli attacchi sicuri e senza restauro di sorta (la testa del piecolo frigio, p. es., Consta di otto frammenti, ch'eran qua e la dispersi), avanzano anche altri pezzi minori, che non poterono trovai

292 G- E- bizzo

posto nella ricomposizione, raa che mirabilmente ci aiutano per l'in- terpetrazione della scena rappresentata nel rilievo (cfr. le fig. 2 e 3). Altui pezzi appartengono al coperchio del grandioso sarcofago; e vi si possono vedere le teste barbariche agli angoli ; e, Della tabella rettangolare, avanzi di scene di combattimento (fig. 1).

*

Non era, a prima vista, facile riconoscere il soggetto della rappresentanza figurata; per quanto avessimo giä alcuni accenni probabili, come la scrofa, lo scudo con il Lupereale e il piecolo Fri- gio. Questi accenni facevan giä pensare a qualche soggetto che si ri- collegasse con le prime origini di Koma. Ma le basi dell' inter- petrazione, piü che in questi elementi, non troppo sicuri, dato lo stato frammentario del rilievo, sono nello stesso schema della composizione; ed e stata questa la chiave che mi ha aperto la via ad una interpetrazione, che io reputo convincente in ogni sua parte.

Esistono, nell'arte romana dell'etä imperiale, molti sarco- fagi, nei quali e rappresentata una scena di matrimonio; questa nurnerosa serie di sareofagi puö essere divisa in varie classi; in quanto che la scena del matrimonio e coneepita in maniera di- versa e oecupa un posto piuttosto che un altro nell' insieme della rappresentanza figurata. Seguendo in gran parte le conclusioni del noto libro del Rossbach sul matrimonio romano ('), noi diremo che una classe comprende principalmente i sareofagi nei quali la dextrarum iunetio e rappresentata insieme con il corteo nuziale; e un'altra classe quei sareofagi nei quali la dextrarum iunetio costituisce, per dir cosi, un episodio della vita privata o militare della persona alla quäle il sarcofago era destinato.

Pero e da notare che, tanto nella prima che nella seconda classe, la dextrarum iunetio sta sempre nella parte destra della rappresentanza: cosi, almeno, in tutti i sareofagi romani che ho potuto esaminare ; e questo fatto ci guida mirabilmente alla retta interpetrazione del nostro rilievo.

(') Rossbach, Römische Hochzeits- und Ehedenkmäler ; specialniente a ] 105 ss. e p. 118 ss. Cfr. le principali rapprosentanze figurata di questi sar- eofagi in Wiener Vorlegeblätter, 1888, tav. IX.

LEGGENDE LATINE AMTICHISSIMK 293

Ossermnio, intanto, che tra i frammenti superetiti, che, come ho detto, non poterono trovar posto nella ricomposizione, abhiamo due mani che si stringono (fig. 2). Ora chiunque esamini l'ordine e la direzione delle (igure del nostro rilievo, potra, senza stento, con- vincersi che, per esclusioue, queste due mani che si stringono non possono appartenere che alle due figure dell'angolo destro; le quali, perciö, si completano, come le due figure della parte destra

Fiir. 2.

di tutti gli altri sarcofagi, in un gruppo rappresentante un uomo incedente a destra, che stringe la mano ad una donna velata, che gli sta di fronte.

Per cbiarire il concetto, scegliamo uuo di questi sarcofagi : p. es. quello che si trova nella chiesa di s. Lorenzo fuori le Mura (')> il quäle appartiene alla prima classe accennata, in cui la dextra- rum iunctio e come seguita dal corteo nuziale (Tav. XIV. tig. 1).

Questo e il famoso sarcofago, adoperato come tomba del Car- dinale Guglielmo di Lavagna, nipote di Innocenzo IV, morto nel

(,') Matz o von Duhn, Aat. Bildw. in Rom, n. 0090. C'fr. Rosabacb, op. cit, p. 40 ss. (ivi la bibliografia preccdente).

294 o. e. rizzo

1256. Non e mio compito descrivere qui il monumento, piü volte effigiato, pubblicato e discusso. Fermiamo, pinttosto, la nostra at- tenzione sul gruppo a destra della rappresentanza. Un uomo, non piü giovane, in tunica e toga, con le tabelle nuziali nella sini- stra, da la mano destra ad nna donna, velata del ßammeum. Fra di loro sta la piccola figura di Imeneo; e, nello sfondo, Iuno Pro- nuba. Gli altri personaggi harmo, per il confronto col nostro ri- lievo, un' importanza molto secundaria; ed ho appena bisogno di ricordare che assai diverse sono le interpetrazioni che di queste figure si sono date. Orä, esaininando lo Schema delle due figure a destra con lo Schema delle medesime figure nel nostro sarcofago, noi non troviamo alcuna differenza notevole.

* *

Ma a rendere il coafronto ancor piü convincente, sceglierö uno dei sarcofagi della seconda classe: di quella, cioe, in cui il matrimonio e considerato come un episodio della vita del defunto; di modo che il lato principale era destinato alla rappresentanza dei fatti piü importanti; e nei lati corti si svolgevano, per dir cos'], le minores res gestae, le quali continuavano, alcune volte, anche sul coperchio di questi sarcofagi, come appunto doveva es- sere nel nostro.

E stato osservato che queste interessanti rappresentanze del- l'arte romana dei sarcofagi, rassomigliano, quasi, ad un panegirico dell'estinto; sono, nella storia della plastica romana, ciö che la laudatio funebris e nella storia della letteratura.

Scegliamo il sarcofago (tav. XIV, fig. 2), ora conservato nel Museo Civico di Mantova ('), e confrontiamolo direttamente con quello Borghese. Tutto il rilievo e, come nel nostro, tripartito: nel centro la scena del sacrificio, ai due lati la dexlrarum iunctio ed un altro fatto insigne della vita. Anche qui la scena di destra e concepita ed eseguita come nel nostro rilievo.

(') Pubblicato <;üi dal Labus, Museo di Mantova, III, 52; e poi y\i\ accuratamente descritto e interpetrato dal Dütscbke, Zerstreute ant. Bildw. in Oberitalien, IV, n. 643. Cfr. Wiener Vorleget/lütter, 1888, tav. IX, n. 1 (riproduce la infcdele c manicrata incisione del Labusj.

LEGGENDE LATINE ANTICHISSIME 295

C'e soltanto di piü la figura di Inno Pronuba e quella di ima donna, a destra, accanto alla sposa: la madre, certamente, o la nutrice. La scena centrale, cioe quella del sacrificio, pu6 essere riferita al matrimonio, o secondo altri, puö anche esser rife- rita all'augurio delle imprese militari svolte o accennate nel resto del rilievo. Infatti l'abito militare che i sacrificanti indossano in alcune di queste scene, lascia credere che il sacrihcio non sia sempre e necessariamente collegato col matrimonio.

Chiara e la scena che sta a sinistra del sarcofago. Una fami- glia di barbari, nemici vinti dall' « Imperator » romano, a cui il sarcofago era destinato, viene condotta dinanzi a lui, per implo- rare pietä e benevolenza. Questo e certamente im ricordo del prin- cipale fatto militare dell'estinto; onde in questi sarcofagi era gentile uso effigiare i momenti fortunosi della vita, sia nella pace serena degli sponsali, che nella gloria tumultuosa della guerra.

E ben noto anche che nessuna di queste rappresentanze figu- rate, finora conosciute, puö esser riferita ad uu personaggio stori- camente noto; ed e soltanto per la fallace interpetrazione datane dal Labus, che il sarcofago di Mantova pote essere riferito alle gesta di Lucio Vero: ne altrimenti ancora esso e chiamato.

Tanto meno poi queste rappresentanze conosciute possono es- sere riferite a miti e leggende : che anzi le mitiche nozze greche sono trattate assai diversamente nei rilievi dei sarcofagi romani ; e basterä che io qui richiami alla vostra memoria il modo in cui e concepita la scena delle nozze di Peleo e Teti, nel grazioso sar- cofago di Villa Albani (').

#

Nel nostro rilievo, intanto, ci sono certamente elementi non comuni, sia nella composizione, che nello stile e nella stessa gran- diositä delle proporzioni.

Imponente e la figura seduta, che si ripete per due volte nella scena figurata, e nell'identico Schema. Essa si appoggiava con la sinistra ad un lungo scettro (cfr. fig. 3), del quäle e conser-

(l) Robert, Sarkophagreliefs, II, 1.

296 G- E- Rizzo

vata una parte invisibile nella fotografia ; e le aggiungono maestä la posa diversa da quella di tutte le altre figure ed il grande scudo istoriato. 11 gruppo centrale non puö essere riferito ad un sacrificio cornune, che allora noi non sapremmo spiegarci il perche dei nu- merosi porcellini sotto la scrofa e accanto all'ara.

Singulare e, inoltre, la figura del giovinetto frigio; e che qnesta debba avere, nell' intenzione dell'artista, nno speciale si- gnificato, che non possa essere nna figura di geuere, e di una

Fig. 3.

tale evidenza, che non sento il bisogno di troppe dimostrazioni. E tra i giovinetti frigii, poiche si deve escludere Paride, al quäle non conviene quell' etä troppo giovanile, noi non avrerno altra scelta che fra Astianatte ed Ascanio.

Mi sembra, dunque, che sia il momento di dare un nome a tutte le figure del nostro rilievo: Ascanio e Imeneo sono, per- tanto, sicuri; e l'insieme della scena ci da egualmente come sicuri Marte, Enea, Lavinia, il popa e il vittimario.

IL

Nota e la leggenda, che riposa sul culto patrio dei Penati (2) : leggenda, diro cosi, indigena, essenzialmente latina, tradotta nel

(*) Vedi, per le fonti, il manuale del Preller-Jordan, II, 325 ss. ; e cfr. l'artic. «Aineias» in Roscher's Lexikon, I, 1, p. 177 ss. ; o altrove. Cfr. poi

I.KGGENDE I.ATINK ANTICHISSIME 297

marrno da un'arte esseuzialmentc romana. E lo scultore ha scelto, della poetica leggenda, i momenti principali : Yaugurium che pre- cede la fondazione di Lavinio, col sacrificio della bianca scrofa ; ed il matrimonio di Enea con la figlia di Re Latino.

L' una e l'altra scena si svolgono alla presenza di Marte; ed e notevole che fra i personaggi nominati nelle fonti superstiti (molte, perö, noi ne abbiamo perdute, sia fra le storiche, che fra le poetiche antichissime), e notevole, dicevo, che Marte non ap- paia, con intervento diretto, nel prodigio e nella pace, seguita dal matrimonio. Perö il Dio trova benissimo il sno posto in questa rappresentanza. Non e forse Marte il dio italico per eccellenza ? E il sno cnlto e talmente diifnso nel Lazio, che non vale addurre qni citazioni e prove di im fatto assai noto ; ne ho bisogno di soffermarmi snlla intima relazione di qnesto dio con tntta la leg- genda delle origini di Roma.

Vale pinttosto ricordare che Marte era per gli italici il di- vino progenitore di stirpi, protettore delle nnove cittä, fondate dagli eroi avventurosi ('). Simile all'Apollo dell'Olimpo greco, vene- rato dai coloni, che propagavano, per i mari e le terre lontane, il nome e la civiltä della patria, Marte e anch'egli Patroos ed Ar- chagetes; e cosi si spiegano gli appellativi di Mars pater, Mars- piter: ne altra origine e significazione hanno alcnni nomi di popoli e di cittä, come Mamertini, Marsi, Marrncini, Mamertnm, Marrnvium ed altri.

E non puö davvero presentare difficoltä la figura di Ascanio accanto alle ginocchia di Marte; che Ascanio, nipote di Veuere, e intimamente conginnto con il dio gnerriero, che ha tanta parte nell'Olimpo italico e nelle tradizioni preromnlee. Si osservi, poi, che 1' etä nella quäle lo scultore ha rappresentato il piccolo figlio di Enea, concorda con la tradizione piii antica e piü diffusa: egli e ancora un giovinetto, quasi un bambino, quando il padre arriva nel Lazio e stringe lega con Latino; onde noi ben comprendiamo

specialmente, per il « momento » rappresentato nel nostro rilievo, Dionys. I, 56 s.; Varro L. I. V, 144 etc.

(•) Vedi, p. es., Röscher, Apollon und Mars, p. 78 ss. ; e cfr. Corssen, Aussprache, I2, p. 405.

298 G. E. RIZZO

la tradizioue acccolta da Tito Livio (I, 3, 1), che, morto Enea, il figlio Ascanio fosse rimasto sotto la tutela della matrigna Lavinia. Ma torniamo ancora alla figura di Marte, per ricordare come nelle leggende che accompagnavano la fondazione della cittä, aves- sero sempre parte un dio e i suoi figli, da un canto ; e, dall'altro, un prodigio. Questo dio e Apollo, nel mito greco, Marte, nel mito italico. Basta richiamare alla memoria la leggenda di Ciro, quella di Miletos e Kydon, tigli di Apollo; basta appena fare im cenno della notissima leggenda di Romolo e Remo; e ricordare che gli animali del prodigio sono sernpre il picchio ed il lupo. Onde ben si spiega come lo scultore, con una specie di prolessi artistica, abbia adornato lo scudo di Marte con la simbolica rappresentanza del Lupereale, quasi a significare

l'alto effetto,

Che uscir dovea di lui, e il chi e il quäle.

*

E una vera disgrazia che questa figura ci sia arrivata tanto mutila; pur non v'ha dubbio che noi dobbiamo in essa ricono- scere Marte che presiede al mitico matrimonio di Enea e al sa- crificio per la fondazione di Lavinio, nella sua qualitä, molto dif- fusa nel mito latino, di Nume patroos ed archagetes. A rendere sernpre piu sicura la nostra esegesi del rilievo, vediamo nella parte destra di esso la figura di Imeneo, da me fortunatamente rintracciata, in mezzo ad altri frammenti.

Che manchino in questa scena la figura di Iuno Pronuba ed altre accessorie, non puö sorprendere, dato il carattere divino, o mitico che dir si voglia, dei personaggi che compiono la dextra- rum iunetio. Si noti perö (il che non so quanto possa apparir chiaro nella figura), che proprio nel secondo piano del rilievo, tra Enea ed Imeneo, era soltanto scolpita, in rilievo basso, un'altra figura virile, di cui rimangono le gambe : forse ma non oserei affermarlo la figura di Re Latino.

E interessante notare che la scena del sacrificio puö avere un significato triplice: in quanto che puö riferirsi, oltre che al pro- digio preannunziato dell'Oracolo, alla lega tra Enea e Latino e al matrimonio di Enea con Lavinia.

LEGGENDE I. ATI NE AMICIIISSIMK 299

E questo, per il ricordo che noi ne abbiamo conservato in Varrone ('), il quäle riferisce che, stringendosi uu'alleanza, si deve, secondo il rito, immolare una scrofa; che l'antico Ke e gli alti personaggi dell' Etruria immolavano, nel momeuto delle nozze, una simile ostia; e che anche i Latini e i Greci pare abbiano fatto altrettanto in Italia, come afferma l'antico scrittore.

Nella tradizione antichissima, rimane un famoso esempio di questa rappresentanza artistica della scrofa (2) ; il cui simulacro di bronzo era, fino a tardi tempi, esposto a Lavinio.

Da questo esempio monumentale, a noi tramandato dalle an- tiche fonti latine, derivauo le rappresen tanze snperstiti, delle quali gioverä fare un rapido cenno, per il confronto con il gruppo cen- trale del nostro rilievo.

Alla prima etä imperiale appartiene Tara dei Lares Au- gusti » , conservata nel Belvedere del Vaticano (3) ; e le rappresen- tanze figurate di questo piccolo monumento sodo intimamente connesse con lo spirito della letteratura e della religione del tempo. La Vittoria con lo scudo, su cui e inscritta la dedica ad Augusto, l'apoteosi di Augusto, e 1' « augurium » per la fondazione di Lavinio(fig. 4), sono inspirate ad un unico concetto politico e let- terario, il quäle, anche nei piccoli monnmenti dell'arte, voleva ri-

(') Varro R. r. II, 4, 9: quod inltiis pacis foedus cum feritur porcus occiditur, et quod nuptiarum initio antiqui reges ac sublimes viri in Etruria in coniunctione nuptiali nova nupta et novus maritus primum porcum immo- lant. Prisci quoque Latini et etiam Graeci in Italia idem factilasse vi- dentur Cfr. l'reller- Jordan, II, 325, n. 3; Wissowa, Religion und Kultus der Römer, p. 477.

(2) Varro R. r. II, 4, 18: « huius suis ac porcorum etiam nunc ve- stigia apparent Lavinii, quod et simulacra eorum ahenea etiam nunc in pu- blico posita et corpus matris ab sacerdotibus quod in salsura fuerit demon- stratur ». Quanto alla statua di bronzo della scrofa coi porcollini, noi possiam credere clie fosse come un'imagine del culto esposta nel santuario dei Penati, oppure anche in quello di Vesta; e quanto al corpo conservato in salsura, sarä facile credere alle solite imposture sacerdotali. Cfr. Preller-Jordan, II, p. 326, 2.

I3) Visconti, Museo Pio-Clementino, VI, 20; Jl/useo Chiaramonti III, tav. XIX. Eaoul-Rochette, Monum. ined., tav. LXIX. Qui per la prima volta riprodotta fedelmente con mezzi fotomeccanici. Cfr. Heydemann, in Arch. Zei- tung, XXIX [1872], p. 122.

300 G. E. RIZZO

collegata la « donius Julia » alle fcradizioni antichissime di Enea e di Ascanio-Julo.

Incerta seinbra anche a me l'interpetrazione del lato sul quäle e scolpita la scrofa del sacro prodigio; ue oserei afferuiare che la figura seduta sia quella di Re Latino, che legge i patti

Fig. 4.

di alleanza ad Enea. Ed escludendo che questa figura sia mu- liebre e che possa rappresentare la Sibilla, rni sorrido quasi l'idea che im poeta, forse Virgilio, legga dinanzi ad PJnea il racconto delle gesta future.

Certo e, perö, che noi abbiamo qui la sicura rappresentanza di Enea e del prodigio per la fondazione di Lavinio; ed e questo l'unico raonumento artistico a noi rimasto delletä augustea, nel quäle si possa trovare uua certa analogia di soggetto, se non

[.EGGENDE I- ATI NE ANT1CH1SS! MK 301

di composizione col nostro rilievo, ü quäle ha, peiö, tutta rimpronta di una eta piii tarda.

Notissima e anche la scrofa della « Sala degü animali » nel Vaticano('); la quäle ha comune con quella del rilievo Borghese e con altre uua specie di « abbreviazione artistica «: poiche lo scul- tore, non potendo scolpire tutti i treuta nati dalla scrofa, si e contentato di efh'giarne dodici in quella del Vaticano, sei appena nella nostra. Dal simulacro di Laviuio (la metropoli Sacra del- l'antica Koma, rioo a tarda eta imperiale) derivano certamente le uguali tigure simboliche o religiöse nelle monele di Antonino Pio (2), ed altre che qui tralascio di enumerare (')•

*

Della leggenda di Enea nel Lazio, ci rimangono altre rappre- sentanze di eta augustea: principali quelle che si svolgono nelle pitture del Columbario dellEsquilino, ora conservate nel Museo Nazionale Romauo. Ma di queste importantissime pitture sono andate perdute le scene iniziali del lato occidentale ; le quali do- vevano appunto contenere l'arrivo di Enea nelle coste del Lazio, e il suo incontro con Latino, non che il prodigio della scrofa e il raatrimonio con Lavinia; di modo che i quadri superstiti comin- ciano soltanto con la fabbricazione di Lavinio (4).

Non abbiamo, quindi, alcuna altra opera d'arte, non una sola rappresentanza figurata a me nota, la quäle ci rappfesenti Marte che assiste e presiede al sacrificio della scrofa del fatidico prodigio, e al matrimonio di Enea con la figlia di Re Latino.

Questi episodi, scolpiti nel lato principale del sarcofago, erano stati certamente concepiti dallo scultore come i fatti piü insigni

(') Visconti, Museo Pioclem., VII, 32; Heibig, Führer, P, n. 182.

(2) Lenormant, Trdsor de numism. tav. XXXII, 9, 10; p. 60 (in Da- remberg-Saglio, I, 1, 107, fig. 153 e 154).

(3) Singolare, per la storia della diffusione di questo simbolico simulacro, e il ricordo conservatosi in un1 iscrizione di Obulco {CLL. II, 2126), mu- nicipio romano della Hispania Baetica, ora Porcuna, nella quäle si legge che alti magistrati della cittii avevano dedicato « scrofam cum porcis triginta ».

(4j Cfr. Robert, in Annali delVIstiluto, 1878, p. 267 ss.

302 G. E. RIZZO

relativi alla veuuta di Enea Del Lazio ; ed ho giä detto quanta importanza abbia l'intervento divino di Marte Padre, intervento che, se noa e tradizionale, e certarnente dovuto ad una fönte poetica od artistica, che noi ignoriamo.

Infatti lo scultore ha concepito la sua composizione romana, con arte essenzialmente romana: e questo e pregio singolarissimo del nostro rilievo. Qui Selene non discende a trovare Endimione dormiente; ne Medea fugge dalla reggia fatale sul carro tirato dagli alati dragoni, ne Fedia gerne per Tamore di Ippolito, ne le Meaadi sbranano Penteo, ne altre mitiche leggende g reche sia pure prescelte con signiticato simbolico adornano la funebre arca di maruio pario. Komano e sacro e il soggetto della rappre- sentanza figurata; romane le fonti tradizionali o artistiche seguite dallo scultore; romano lo Schema della composizione, come nei sarcofagi rappresentanti il matrimonio della vita comune ; romano e lo stile della scultura.

Se la dextrarum imictio completava gli episodi principali del ciclo, gli altri « fatti di Enea » dovevano certamente svol- gersi nei lati corti e nel coperchio, come negli altri sarcofagi men- zionati ; tanto verö che un grande frammento del fianco sinistro del sarcofago Borghese rappresenta un guerriero incedente a destra. seguito da un giovinetto vestito di una semplice tunica.

Non fn possibile fotografare questa parte del rilievo, sia perche non lo permettessero le condizioni di luce, sia anche perche lo stato di conservazione e talmente cattivo, da lasciar appena inter- petrare, nelle linee generali, le due tigure rappresentate. Nulla si conserva del fianco destro del sarcofago; ma da quel frammento che ho potuto far vedere, si desume che il coperchio doveva anche esso contenere fatti allusivi alle guerre combattute nel suolo latino; poiche rimane in questo frammento la figura di un cavaliere vit- torioso incedente sopra un nemico abbattuto.

Se dai frammenti superstiti non e facile risalire subito all'ef- fetto che l'intera composizione doveva produrre, possiamo, pero, affermare che, dal lato artistico, la distribuzione delle figure e ben riuscita, quantunque non ci sia in esse una soverchia varietä, per la ripetizione dei due grappi piincipali di Marte, Ascanio ed Enea.

LEGGENDE LATINE ANTICHISSIME 303

La mancanza della testa e della parte principale dei personaggi ci rende disagevole im completo esame stilistico. II trattarnento della scultura e fin troppo levigato, di una fredda eleganza, quasi accademica. Vi si nota un'accuratezza grande, forse soverchia, nei particolari ; il nudo e disegnato con linea convenzionale e stentata.

Ma grande e l'abilitä tecniea del nostro scultore; ed ho giä osservato che il rilievo e molto alto, e che alcune delle figure sono, si puo dire, concepite ed eseguite come statue interameute staccate dal fondo; quantunquo, date le proporzioni del rilievo, esse fossero grandi im terzo del voro. Mirabile per la tecniea doveva essere la tigura del vittimario : statua non staccata dalla base del rilievo, ma insieme con esso scolpita, e rieavata da un unico masso.

Elementi raigliori per lo studio stilistico troviamo negli seudi, dei quali non abbiamo nell'arte rornana altri esempi che possano prestarsi al paragone. II rilievo, basso rna nitido, e preciso di con- torni, e trattato con una evidente imitazione della metallotecnica ; e la conservazione quasi perfetta di questi seudi, ci lascia, oltre che il soggetto, apprezzare il genere d'arte e la tecniea prescelta dallo scultore.

In quello del Lupereale (tav. XIII n. 2), la lupa volge la testa verso i gemelli : e questo « Schema » e comune nelle monete impe- riali. a cominciare dai Flavii fino a Costantino, ed anche piü tardi. Solo nella serie di Adriano, la lupa e disegnata nel tipo piü antico, simile alla statua di bronzo del Campidoglio. Con Antonino Pio troviamo l'aggiunta del Lupereale ; fatto di cui bisogna tener conto, per quanto fra poco dirö sulla cronologia del nostro rilievo (1).

Piü importante per noi e l'altro seudo (tav. XIII n. 3) con rap- presentanza di battaglia; il quäle richiama subito alla memoria il f rammen to dello seudo Straugford (£), pertinente, come si sa, ad una copia della Parthenos di Fidia. Spicca nel mezzo un guerriero vitto- rioso, che sta per ueeidere un nemico, un barbaro, il quäle e giä ca-

(1) Una ricerca di questi tipi di monete nel medagliere del Museo Na- zionale di Napoli, fece, da ine pregato, il mio dotto amico E. Gabrici, con la sua ben nota competenza: e qui gliene rendo pubbliche grazie.

(2) Cfr. Conze, Die Athenastatue des Phidias im Parthenon; ed al- trove.

3^4 G. K. RIZZO

duto dal cavallo ; e intorno a questo gruppo si addensano cavalieri e pochi combattenti a piedi, in una mischia furiosa; concitati sono i movimenti, ottima la distribuzione degli spazi nella superficie circo- lare; sieche la composizione riesce piena ed armonica. L'origine di queste scene di combattimento, diffuse nell'arte ellenistica e nel- l'arte imperiale romana, e senza dubbio pittorica. E bene a ragione queste rappresentanze sono state ricollegate con un ciclo, certa- mente numeroso, di pitture ellenistiche ; poiehe non doveva essere sola la pittura di Pergamo, descritta da Pausania (1,4,6), rap- presentante la scontitta dei Galli in Asia.

I soggetti e i « motivi » di queste pitture servirono all'arte romana, assumendo la signirieazione di vittorie dei Iiomani su ßarbari, su Galli e su Daci, principalmente: basterä ricordare i rilievi dei sareofago Amendola nel Museo Capitoliuo, dei sarco- fago Ludovisi, e di altri dei Palazzo Giustiniani (1).

In tutti questi rilievi e ripetuta quasi come un « motivo di predilezione » la figura dei combattente barbaro. nudo, che cade dal cavallo, col dorso rovescio, e visto sempre da tergo: l'identica figura, che e come un contrassegno dell'originale comune o dell'unica fönte d'ispirazione, troviamo, appunto, nello seudo dei sareofago Borghese ; nel quäle e anche ripetuto lo « Schema » dei cavaliere vittorioso, che oecupa, come nel sareofago Giustiniani e in altri simili, il centro della rappresentanza.

Volle lo scultore, neH'effigiare questa battaglia, alludere alle lotte di Enea nel Lazio? Volle egli attenersi a quell'innegabile concetto simbolico, al quäle e inspirata la rappresentanza dello seudo col Lupereale? Certamente, noi vediamo, nel piecolo rilievo, dne tipi di combattenti: i « barbari » nudi, e quelli che chiame- remo « indigeni » vestiti, oltre che armati. Ma questo non puö bastare, per dare una signifieazione determinata alla scena di com- battimento, la quäle, forse, allude in generale ad una vittoria ge- nerica di Romani su Barbari ; ed e quindi, come tante altre, destinata a lusingare l'eterno orgoglio della stirpe dominatrice.

(') Sareofago Amendola: Heibig, Führer, P, n. 430; sareof. Ludovisi: Schreiber, n. 138, Heibig, op. cit., II2, n. 936; sareof. Giustiniani: Rizzo, Sculture ant. fiel Palazzo Giustiniani, Bull, comun. 1905, p, 02 ss., tav. IV (ivi la bibliografia e gli studi precedenti).

I.EGGENUE I.ATINK ANTICHISSJME

Kimaue che io dica alcuue parole relative alla cronologia del rilievo. Muoviamo dagli elementi stilistici esterni, per osservare che i sarcofagi cou le rappresentanze mitiche sono straordinariamcnte rari nel primo secolo dell'Impero; e che la forma del coperchio, con la tabella allungata, terminata agli spigoli da due grandi teste, o di Meduse, o di Barbari, diveuta giä comune nel secondo secolo ('). Notiamo, inoltre, che nessuno dei sarcofagi con scene di matrimonio e anteriore al principio del secondo secolo; air/i la mag- gior parte, e i migliori di questi sarcofagi, devono sicuramente essere riferiti alVetä degli Antonini, come, per esempio, quello di Mantova, nel quäle il tipo delle teste e la forma caratteristica della barba, non lasciano alcun dubbio sulla precisa attribuzione cronologica del rilievo. Alla medesima etä io riferisco il crrandioso sarcofago Borghese; e precisamente all' etä fra Adriano e Antonino Pio.

E noto come in quel tempo dell'impero. grande e potente, ma non lontano dalla decadenza, si cercassero di richiamare in vita le antiche tradizioni, la religione patria, e i prischi costumi in- corrotti; ma questo richiamo ußciale e politico all'antieo rito, non trovava piü una rispondente eco nell'anima romana. Teutato giä da Augusto, quando la invasione dei culti e dei riti stranieri cominciava, e rinnovato dagl'imperatori della famiglia degli An- tonini, questo richiamo rimase infecondo, che la sentimentalitä religiosa invano tentava frapporre un argine al freddo scetti- cismo delle societä colte, alla moda de' piü strani culti orien- tali, alla frenesia di misteriosi riti, e confessiamolo ! al ca- lore sincero, onde l'unica e vera fede di quel tempo dava spe- ranza di pace alle anime affaticate.

Ed anche l'arte rispecchia questo freddo richiamo alle prische leggende, che oramai non avevano piü alcun altro valore, se non quello letterario ed artistico. Basterä ch'io ricordi alcuni monumenti di questa etä, dei quali e come una sintesi (ed e certamente la piü solenne affermazione di questo idealismo religioso) il tempio

(') Cfr. Altmann, Archit. u. Ornam. der ant. Sarkophage, p. 05 ss.

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306 G. E. RIZZO, LEGGENDK LATINR ANTICHISSIME

di Venere e Roma, amorosa opera di Adriano, nel cui frontone occi- dentale stava effigiata la leggenda romulea: Marte e Rea Silvia, la lupa allattante i Gemelli, e probabilmente la fondazioue di Roma. Questo, come e notissimo, noi possiamo vedere nel frammento di rilievo, con la rappresentanza del tempio di Venere e Roma; rilievo ora conservato, in parte, nel Mnseo Nazionale Romano (*)•

Alla medesima etä appartiene certamente l'ara di Ostia (2); come si puö desnmere, oltre che dalla dedica, con l'anno conso- lare 124 d. Cr., dallo stile levigato e freddo, il quäle non puö certamente essere di etä augustea.

Se dunque l'ara del Belvedere e le pitture del Columbario dell'Esquilino, sono una fra le tante prove, desunte dall'arte figu- rata, per quel ritorno alle antiche tradizioni, nel quäle si impernia tutta la politica e tutta la religione dell'etä augustea, altri rao- numenti dell'etä degli Antonini, ai quali viene ad aggiungersi questo sarcofago, ci parlano del medesimo fatto. E ci sarebbe anche da indagare se fosse possibile il perche di queste scene della prisca leggenda latina nel rilievo di un sarcofago.

Esso doveva essere, forse, destinato ad un grande perso- naggio, data la mole e l'eccellenza del lavoro, la magnificenza e la raritä del soggetto ; e considerato anche il significato religioso, e forse simbolico ed allusivo, delle rappresentanze figurate. E se vorrä la fortima (il che non e ancora lontano dalle mie speranze) che si ritrovino, se non tutti, alcuni almeno degli altri frammenti del grandioso rilievo, noi potremo aggiungere alla storia della plastica, meno incompleto, un monumento insigne, anche per il modo in cui erano effigiati gli eroi tradizionali consaerati, oltre che nella religione e nel culto, neu' arte schiettamente romana.

G. E. Rizzo. Roma, nel dicembre del 1906.

(») Heibig, Führer, I=, n. 047, e IIa, n. 1037. Cfr. Preller-Jordan, II, p. 357. Tralascio di citare altri monumenti di data incerta, per quanto pro- babilmente dello stesso tempo, come l'Ara Casali ei frammenti dell'alto- rilievo donato da P. Hartwig al Museo delle Terme (Roem. Mitteil, 1904,

p. 23 ss.).

(2) Notizie degli Scavi, 1881, p. 112 s., tav. II; Heibig, II«, n. 1086; . 1 >ra nel momento di correggere le bozze l'articolo de] dott. P. Ducati, L'Ara di Ostia, in Melange* d'Archeol et d'histoire, XXVI, p. 483 ss.

ZUR ERKLAERUNG DES LUDOVISISCHEN MARMORTHRONES.

Die Schönheit der Reliefs, die den sog. ludovisischen Marmor- thron zieren ('), ist ebenso allgemein bewundert wie ihre Erklä- rung unsicher und umstritten ist. Nicht einmal die Bestimmung des Monuments ist allem Zweifel entrückt. Der erste Herausgeber C. L. Visconti meinte, dass die drei Platten als Umfriedigung einer Treppe gedient hätten, die in ein unteres Stockwerk hinabführte, eine Annahme, die nicht mehr widerlegt zu werden braucht. Pe- tersen hat in einem Aufsatz, der für das Verständnis des Monu- ments grundlegend ist (2), die Ansicht ausführlich begründet, dass die drei Marmorplatten Rückwand und Seitenlehnen eines Thron- sessels sind. Diese Erklärung ist jetzt herrschend, obgleich auch sie Widerspruch erfahren hat. In seinem Führer II2 S. 118 nennt Heibig das Monument ein dreiseitiges Marmorwerk und äussert sich dahin, dass gewisse Einzelheiten sich nur in etwas gezwun- gener Weise mit der Auffassung als Thron in Einklang bringen lassen, weiss aber keine befriedigendere Hypothese vorzuschlagen. Jene Einzelheiten hat er nicht näher ausgeführt. Jedenfalls kami das Monument, das dem Anfang des 5. Jahrhunderts angehört, nicht profanen Zwecken gedient haben, sondern muss einem Gott geweiht gewesen sein. Dann legt jedoch die Form den Gedanken an einen Throusitz am nächsten. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass ein Götfcerthron wegen seiner besonderen Bestimmung sehr wohl etwas abweichend von einem gewöhnlichen Thronos gestaltet

(i) Abbildungen Bull, comun. 1887 Tf. XV. XVI; Rom. Mitth. VII ^1892) Tf. II u. Fig. X u. XI S. 54 u. 55 ; Ant. Denkm. II Tf. 6 u. 7 u. ö. (2) Petersen, Aphrodite, Rom. Mitt. VII (1802) S. 32 ff.

303 M. P. NILSSüN

sein kann. Auch die in Terrakotta vorhandenen Typen weisen sehr mannigfaltige Formen auf. wie ein Blick auf die thronenden Fi- guren in Winters Typen der figürlichen Terrakotten zeigt, obgleich etwas genau entsprechendes sich nicht findet.

Es kommt noch eines hinzu. Wir wissen noch nicht, welche Gottheit den Thron besessen hat; denn die Hypothese von Pe- tersen a. a. 0. S. 61 ff., dass der kolossale archaische Kopf der Sammlung Ludovisi (l) zu einer Statue der Aphrodite, die den Thron einnahm, gehört habe, dürfte aufzugeben sein. Noch weniger wissen wir, wie das Bild auf dem Thron aussah. Man stellt sich es unwillkürlich als sitzend vor, aber auch das ist in dieser frühen Zeit nicht sicher. Auf den Münzen von Ainos (2) ist ein hermen- förmio-es Idol auf einem Thronsitz stehend dargestellt. Dasselbe bezeugt uns Pausanias für das Bild des amykläischen Apollon.

Auch für unseren Fall muss diese Möglichkeit offen gehalten werden. Jedenfalls spricht die höchste Wahrscheinlichkeit dafür. dass die Platten zu einem Throne gehört haben. Sie dienten aber nur als Füllungen der Rückwand und der Seitenlehnen. Peter-

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seil hat darauf hingewiesen, dass die abgearbeiteten Ausschnitte an den Unterkanten der Platten durch einen Metallbelag verdeckt gewesen sein müssen. Auch die Innenseiten, die gerauht sind, können nicht sichtbar gewesen sein. Mag das Bild gestanden oder gesessen haben, unbedingt müssen auch sie auf irgend eine Weise verdeckt gewesen sein, vielleicht auch durch Metall. Die Sitzfläche fehlt, so dass wir von ihr nichts sagen können. Danach will es uns am wahrscheinlichsten dünken, dass das Gerippe des Thrones aus irgend einem anderen Materiale bestand und dass an der Oberseite der Sitzfläche Falze angebracht waren, in denen die als Füllungen dienenden Marmorplatten vermittels Dübel, für welche die Löcher noch vorhanden sind, befestigt werden konn- ten. Doch sind das nur Vermutungen. Bei der Erklärung ist an der sacralen Bestimmung des Monuments unverrückt festzuhalten.

(') Mon. ined. X Tf. I; Baumeister, Denkm. des klass. Alt. I S. 337; Heibig, Fülirer II* Nr. 027.

(2) Abbildung, z. B. Müller-Wieseler A. D. 11,28,298; Reiche!, Vorhell. Götterkulte S. 16, Fig. 5 u. 6; vgl. Furtwängler, Meisterwerke IS. 001 A. 1,

wo noch andere Verweise.

ZUM LUDOVISISCHEN MARMORTHRON 309

Ich lasse zunächst die am lebhaftesten umstrittene Darstellung, die der Rückwand, bei Seite und gehe von den beiden Seitenstücken aus, die weniger Aufmerksamkeit erregt haben, aber m. E. weit auffallender und noch nicht genügend erklärt sind. Auf der einen Seite sieht man eine ganz nackte Hetäre in lässiger Stellung, das eine Bein über das andere geschlagen, die Doppeltlöte blasen. Dass diese Gestalt einen aus Vasengemälden vom Anfang des 5. Jahrhunderts bekannten Hetärentypus widergibt, ist gleich ausgesprochen worden ('). Auf der anderen Seite sitzt eine Frau in fast derselben Stellung, aber im Gegensatz zur ersteren dicht eingehüllt ; sie hat ihr Himation über den Kopf gezogen, so dass nur ein schmaler Streifen der Stirnhaare sichtbar ist; in der lin- ken Hand hält sie ein Kästchen (mit Weihrauch), mit der rechten streut sie einige Körner in das vor ihr stehende Thymiaterion. Der Gegensatz ist augenfällig und deutlich von dem Künstler beabsichtigt. Für unser Gefühl ist es ein Ämore sacro e profano aus dem Anfang des 5. Jahrhunderts.

Allegorien sind freilich dieser Zeit fremd; Petersen hat daher auch nur im Vorübergehen an jenen Vergleich erinnert, sachlich fasst er die beiden Frauen als Verehrerinnen der Aphrodite auf, die eine als eine Hetäre, die andere als eine Braut. Die Deutung der einen Frauengestalt als Braut beruht aber ausschliesslich auf ihrer Verhüllung ('-'). Genügt nun diese allein schon um eine Frau als Braut zu kennzeichnen? Die Monumente lehren das Gegen- teil. Allerdings war die Braut bei dem ersten Teil der Hoch- zeitsfeier verhüllt, erst am Schlüsse des Festmahles wurde ihr Antlitz dem Bräutigam enthüllt. Daher heissen die bei dieser Ge- legenheit dargebrachten Geschenke caaxaXvjix^uia (3). Aber die Verhüllung des Kopfes war keineswegs auf diese Gelegenheit beschränkt, die Monumente zeigen vielmehr, dass die gänzliche Einhüllung in den Mantel allgemein üblich war, wo Frauen in der Oeffeiitlichkeit züchtig und angemessen auftraten und zwar

(') Petersen a. a. 0. S. 56; vgl. Klein, Gesch. d. gr. Kunst I, 395.

(?) H. v. Fritze, die Rauchopfer bei den Griechen S. 30 hat Wider- sprach erhoben, dabei gibt er aber sowohl den offenbaren Gegensatz wie jede Deutung preis.

(») S. Deuhner, Jahrb. d. Inst. XV (1900; S. 149.

310 M. P. MLSSON

sowohl für verheiratete wie für nicht verheiratete Frauen ('). Aus die- sem Grunde sehen wir auch bei Opferszenen anwesende Frauen mit über den Kopf gezogenem Mantel dargestellt (2). Dass man graeco ritu unverhüllt opferte, gilt also nicht von ihnen. Dass übrigens die Braut ein Rauchopfer darbrachte, ist nirgends bezeugt: die ttqo- rsksta yafioor bestanden in ihrem Spielzeug, Mädchenkleidern u. s. w.

Man darf also, wie mir auch ein vorzüglicher Kenner der Kul- tusaltertümer, Dr. P. Stengel schreibt, in der Verhüllung der Frau des Thrones Ludovisi nur deren Strassentoilette erkennen. Wenn man sie trotzdem als eine Braut deutet, baut man auf jenen allegorisie- renden Gegensatz zwischen Aphrodite Urania und Pandemos : der Künstler soll unter den Verehrerinnen der Aphrodite eine Hetäre und eine Braut ausgewählt haben, um durch sie die beiden Seiten der Lie- besgöttin auszudrücken, richtiger zu svmbolisieren. Es hilft hierbei nichts, wenn man mit Petersen auf die Hierodulen auf dem Eryx und in Korinth hinweist. Der Anlass, die Hetäre neben die Braut zu set- zen, könnte nur jener allegorisierende Gedanke gewesen sein. Das ist aber dem Anfange des 5. Jahrhunderts fremd. Wenn die Dar- stellungen, welche Tempel und Geräte der Götter schmücken, nicht aus dem Mythenschatz geschöpft werden, sind sie durch

(') So richtig Heydemann, 4. Hall. Winckelmannsprogr. S. 14 f. Ich erin- nere noch an die zierlichen Terracotta-Figuren : sie stellen sicherlich weder Bräute noch Matronen dar ; vgl. Winter, Typen der figürl. Terrakotten I S. 90 n. 5 ; II S. 4 n. 6, 7 n. 3, 34 n. 7. 35 n. 7. Auf der Sosias-Schale (Berlin n. 2278) haben auch die jungfräulichen Göttinnen Arterais und Athene, ebenso Hebe und zwei der Hören den Mantel über den Kopf gezogen. Die- selbe Tracht finden wir bei einem der Mädchen auf der Schale Gerhard A. V. Tf. 297, 2 und an dem Innenbild Tf. 296, 3: beide Bilder stellen Jünglinge im Verkehr mit Hetären dar. Sehr häufig ist die Verhüllung des Kopfes auf den attischen Grabreliefs, und zwar nicht nur für die Hausfrau, sondern auch für Nebenpersonen und Besuchende (z. B. Conze Tf. LXXII). Schliesslich sei noch auf die Manteltänzerinnen hingewiesen, bei denen die Verhüllung nur die Anmut der Tanzbewegung heben soll (vgl. Heydemann a. a. 0.)

(2) Vgl. Relief im Louvre Clarac 214, 256 = Baumeister Denkm. I. 297; Votivrelief aus Eleusis ebenda Baumeister I. 416; Relief in Villa Albain Jahrb. d. Inst. II (1887) 109; Votivrelief an die Nymphen und Pan, Müller- Wieseler II, 14, 555; Votivrelief an Asklepios aus Athen, Svoronos National- mus. Tf. XXXV, 4. XXXVI, 3, die Fragmente ebenda XXXVII, 6. XL, 2.

ZUM LUDOVISISCHEN MARMORTHRON 311

bestimmte Anlässe des Kults hervorgerufen. So hat Pheidias auf dem Cellafries des Parthenon nicht beliebige Verehrer der Athena dargestellt, sondern die feierliche Prozession, die an dem Fest der Göttin nach ihrem Tempel zog. Wir müssen also, um den Anfor- derungen an eine Erklärung zu genügen, eine Gelegenheit suchen, wo Bürgerinnen eine solche ist jene Frau sicher, denn der Künstler hat sie im bewussten Gegensatz zu der Nacktheit der Hetäre so anstandsvoll dicht eingehüllt dargestellt und Hetären an einem Kult als solche teilnehmen und in ausgesprochenen Gegensatz zu einander treten. Es giebt einen solchen Kult. In Korinth fei- erten die Bürgerinnen für sich und die Hetären für sich der Aphrodite ein öffentliches Fest, bei welchem die Hetären auch im Komos umherzogen wie, eine Stelle des Komikers Alexis (') lehrt. Die flöteuspielende Hetäre vertritt so recht die im lustigen Komos umherschwärmenden Hierodulen, die dicht verhüllte Frau die Bürgerinnen, welche gerade, weil sie gleichzeitig dieselbe Göttin wie die Hetären feierten, noch strenger auf ein gemessenes Auftreten Wert gelegt haben werden.

Bei der Besprechung unseres Monuments ist an das bekannte Skolion von Pindar erinnert worden, wo er die Hierodulen zu Ko- rinth ihre Göttin mit Räucherwerk verehren lässt (-). Nun ist es gerade die Bürgerin, die Rauchopfer darbringt; warum sollte aber nicht auch sie der Aphrodite ein so gewöhnliches und besonders in dem Kreise dieser Göttin häufig vorkommendes Opfer darbrin- gen können? Die Hetäre bläst die Flöte, weil der Künstler den das Fest begleitenden Komos im Sinn hat.

Wenn also die Bilder der Seitenlehnen aus einem Fest der Aphrodite zu erklären sind, so folgt, dass dasjenige der Rückwand sich auf dieselbe Göttin beziehen muss. So wird hierdurch eine

(') Fr. 253 Kock:

'Jifoodiai i]yt taig tTatQaig ij nü'/.ig. ereoa de /wjn'c toxi rmg ikerd-igats " taig fjuegaig xavxatg tft x<o(id£eiv tüog iaxlr vöuog xe lüg ixaloag iv&i'.Je (us!>ve(y) fied-' ijuwv.

(2J Pindar Fr. 122 B4: iBg /honüg hßuvov gcci&ü ddxQTt 'Uutris. S. Petersen a. a. 0. S. 57; v. Fritze- a. a. < >.

312 M. P. NILSSON

Stütze gefunden für die glückliche Deutung Petersens auf die aus dem Meere auftauchende Aphrodite, welche die Hören empfangen und bekleiden ('). Hierzu möchte ich noch auf eines aufmerksam machen.

Die beiden Hören fassen auf dieselbe Weise jede einen Zip- fel des Gewandes an, das vor dem Unterkörper der Göttin nieder- hängt. Der obere Rand des Gewandes musste, wenn die Hand still bleibt, von der Hand aus schräg einwärts verlaufen; so links. Nun bildet er aber über dem Zeigefinger der Höre rechts, an welchen er dicht gepresst liegt, einen Knick und nimmt darunter einen zuerst etwas nach aussen abbiegenden Verlauf an. Ein solcher Verlauf des Randes kann nicht entstehen, wenn das Tuch frei niederhängt, sondern nur wenn es von der Hand nach hinten be- wegt wird. Dieses Bewegungsmotiv zeigt also in der Tat, dass die Höre im Begriff ist, das Kleid um die Göttin zu legen (2).

Stellen die Reliefs also die Feier eines korinthischen Aphro- ditefests dar, so hat der Thron vermutlich der Aphrodite auf Akrokorinth gehört. Eine Reihe korinthischer Münzen aus der Kai- serzeit zeigen uns das Tempelbild: eine Aphrodite, die den Schild des Ares als Spiegel vor sich hält; sie wird auch auf Akro-

(») Wolters, 'Ecf r,u. uQxaio'A. 1897 S. 222 hat die bekannte Hypothese vorgetragen, dass eine Geburtsgöttin unter dem Typus einer in Kniestellung gebärenden Frau dargestellt sei; ihm schliesst sich neuerdings Klein an, Gesch. der gr. Kunst I, 397. Entschiedenen Widerspruch hat der Gynäkologe Morgoulieff erhoben, Ftudes sur les mon. ant. repr. seines d'aecouchement, Paris 1893, S. 45 ff.; vgl. Dümmler, Berl. philol. Wochenschr. 1894, S. 963. Wolters hat selbst darauf aufmerksam gemacht, dass das kreuzweise über- schlasene Bein der Hetäre als die Geburt hemmend betrachtet werden könnte, dies aber abgewiesen, weil das Zeugnis römisch ist. Aehnlicher Aberglaube begegnet aber auch in Griecheland, vgl. z.B. Schob Townley. T, 119: 'Iargog de (frtaiv ätiivovarjg üXxfJirjvrjg xüg /eigug awax^v lüg Molgag. Uebrigens dürfte die Flötenbläserin bei einer so ernsten Gelegenheit nicht nackt auf- treten können. Heibig, Führer II3 119 vergleicht die Darstellung mit den Vasenbildern mit der heraufsteigenden Göttin, hebt aber die grossen Ab- weichungen hervor, welche hindern das Bild hierher zu ziehen.

(2) Leider ist dies in den bisherigen Abbildungen nicht genau zu er- kennen, weil sie alle von rechts aufgenommen sind, so dass der Rand des andes an der entscheidenden Stelle teils von der Hand, teils von dem .Schatten verdeckt ist.

/IM I.rDOVISISCIlEN MARMORTIIRON 313

korinth oder in ihrem Tempel auf dein Berge dargestellt ('). Diese Statue kann aber erst der Zeit nach der Wiederherstellung der Stadt durch die Römer angehören. Wie die ursprüngliche Statue aussali, ist vielleicht aus einem Versehen des Pausanias zu erschliessen. Er nennt II, 5, 1 die Aphrodite von Akrokorinth eine (bnAiGfievr); man wird .sich aber schwer denken können, wie er eine Gestalt, die sich halbnackt in einem Schild spiegelt, be- waffnet nennen kann. Vielleicht beschreibt er hier nicht das zu seiner Zeit tatsächlich vorhandene l>ild, sondern gehöpft nach seiner Gewohnheit die Notiz aus einem älteren Periegeten. Man wird auch leicht verstehen, dass bei der Wiederherstellung des Kultes in der Römerzeit die fremdartig anmutende bewaffnete Aphro- dite durch den geläufigen, etwas anklingenden Typus ersetzt wurde. War aber das alte Idol bewaffnet, so müssen wir die oben er- wähnte Möglichkeit in Anspruch nehmen, dass es auf dem Thron- sitz stand.

Bei der Plünderung Korinths durch die Soldaten des Mum- mius wurde auch der Aphroditetempel ausgeraubt. Die schönen Reliefplatten, die den Hauptschmuck des Thrones der Göttin bil- deten, sind mit so viel anderen nach Rom geführt worden, wo ein günstiges Geschick sie uns bewahrt hat.

Martin P. Nilsson. Rom, Februar 1907.

(') Catal. of. Greek Coins in, Brit. Mus. Corinth. n. 592, PI. XIX. 12; n. 664 PL XXII, 7; im Tempel n. <i23, PI. XX. 23; die Münzen sind zu- sammengestellt JUS. VI (1885) 75 ff. PI. Uli, <;. n. CXXI-CXXVI.

ARCHAISCHE ELFENBEINRELIEFS (Mit Taf. XV-XVI).

Die auf Tafel XV in Originalgrösse reproduzierten archai- schen von einem Kästchen stammenden Elfenbeinschnitzereien waren in der Sammlung Guilhou und sind in Buvo gefunden (J) wor- den. Die Anordnung auf der Tafel folgt der willkürlichen vom früheren Besitzer vorgenommenen Verteilurjg auf dem modernen Untergrunde, Man sieht zwei nach links sitzende als Appliquen gedachte Löwen (Halbfigur, je 3,9 cm. lang, 1,75-1,9 cm. hoch) und vier längliche dreimal mit seitlichen Falzen versehene, in drei Fällen mit je vier, in einem mit nur zwei länglichen paral- lelen Linien verzierte Streifen, deren Länge (einer ist fragmentiert) von 4,9 cm. bis 10,7 cm. und deren Höhe von 1,2 cm. bis 1,8 cm. variirt. Die ganz erhaltenen Leisten tragen auf ihrer schmalen unteren Kante vier (das fragmentierte nur zwei) in regelmässigen Abständen angebrachte Bohrlöcher; in dem einen auf A steckt noch der Kest eines verrosteten Bronzenagels. Zwischen diesen Streifen befinden sich nun zwei mit flachen Reliefs versehene oblonge Platten. Die eine (auf A) ist 9,3 cm. lang und 3 cm. hoch. In einem seitlich von einem Kymation begrenztem Rahmen sind zwei mit jonischem Chiton und um den Unterleib geworfenem Himation bekleidete Frauen auf einer Kline nach links hin gelagert. Unter den 1. Armen kommt je ein Kissen zum Vorschein. Bei der rechts gelagerten quellen unter der Spitzenhaube fünf sorgsam frisierte gewellte Haarsträhnen hervor. Sie hat in eifriger Unterhaltung mit der anderen ihr den Kopf zuwendenden Frau die rechte Hand ge- sticulierend erhoben. Die andere Frau hält in der Rechten eine

(') Kurz erwähnt im Catalogue des oojets antiques et du moyen äge provenant de la collection de M. Guilhou, Paris 1905 p. 49 n°. 327.

L. POLLAK, ARCHAISCHE ELFEN BEIKKEMEFS 31")

Blutenknospe am langen Stengel, in der Linken einen länglichen Gegenstand, der seine Erklärung erst weiter unten finden wird. Das Relief ist so wie es jetzt erhalten ist, nicht vollständig. Eine untere Begrenzung fehlt. Hier schloss sich eine ebenso grosse Re- liefplatte an, welche wahrscheinlich die Kline, dann vielleicht noch ein Tischchen mit Speisen enthielt.

Den bankettierenden Frauen entspricht auf dem anderen leider nicht so gut erhaltenen (9,8 cm. 1. 2,9 cm. h.) Relief B ein Jüng- ling, der im Begriffe ist von einem nach links rennenden Rosse, jenseits dessen ein zweites sichtbar wird, herunterzuspringen ('). Der Reiter, dessen lange Haarsträhne im Winde flattern, trägt einen kurzärmeligen Chiton und eine Chlamys, deren Enden schwal- benschwanzähnlich verlaufen. Vom jugendlichen Gesichte ist nur ein Teil der Stirn und Nase und der Mund erhalten. Mit der ausge- streckten Rechten hielt er die einst gemalt gewesenen Zügel, die Linke scheint geballt gewesen zu sein und hielt einen stabarti- gen Gegenstand vielleicht eine Peitsche. Die Pferde tragen vorne auf der Stirne in der eiligen Bewegung hin und her geworfene Haarbüschel, im Maule werden Zähne sichtbar. Auch hier schloss sich eine zweite Platte an, welche das Relief weiter nacli unten fortführte. Reste von roter Farbe sind auf dem ersten Relief in der Haube, dem Gewände der Frau rechts und auf ihrem Kissen, dann im Gewände der zweiten Frau und der von ihr gehaltenen Knospe zu constatieren ; auf dem Reiterrelief in den Mähnen der Pferde und der Chlamys. Auch der Löwe, welcher über dem Relief sitzt, war bemalt. Dasselbe Rot sitzt noch jetzt in seinem Maule und auf den Hinterbeinen. Auch die länglichen Streifen zeigen in den parallelen Linien Spuren dieser Farbe.

Auf der Rückseite weisen alle diese Kästchenteile schräg ein- geritzte, theils parallel laufende, theils sich kreuzende Linien auf. Ihr Zweck kann- nur der gewesen sein, dem Klebemittel, mit dem diese Blättchen auf dem hölzernen Gestelle befestigt waren, durch die so erzielte Rauheit einen stärkeren Halt zu geben als ihn sonst die flache Rückseite bot ('-).

(*) Vgl. die freilich ein Jahrhundert jüngere Gruppe aus Lokri Pe- tersen Rom. Mitth. 1890 Taf. IX.

(a) So müssen wir auch die Linien auf dem Elfenbeinrelief aus Sputa B. C. II. II pl. XVI. r. p. 2 13 erklären.

316 L- PULLAK.

Diese lleliefs stellen eine wichtige Frage für eine ganze Klasse von Denkmälern aus Elfenbein und Kuochen, welche stili- stisch und zeitlich einheitlich sind und im Zusammenhange bisher nie behandelt wurden. Eine Aufzählung wird nötig sein. Es sind mir folgende Exemplare die meisten auch aus Autopsie bekannt geworden (*) :

I. Louvre. Aus der Sammlqng Campana. 1855 in Corneto gefunden. Elfenbein.

Brunn in Jen Ann. delVIst, 1860 p. 478, Mon. delVht. VI pl. 46 (1-4). Hier auf Tafel XVI nach freundlichst von der Direktion des Louvre gestatteten zum ersten Male hergestellten photographischen Aufnahmen. Die aus je zwei separaten Täfelchen gearbeiteten keine richtigen Oblongen bildenden Platten gehören, wie mir Michon schreibt, paar- weise zusammen und zwar einerseits a) Bankettscene (11,4 cm. 1., 6,6 cm. h.) und b) Wagen (11, 6 cm. 1., 6,4 cm. h.); andererseits c) Me- erwesen (10, 6 cm. 1., 6,5 cm. h.) und d) Hirschjagd (11 cm. 1„ 6,5 cm. h.) Ich notierte mir im Sommer 1906 Reste von Rot im Haare des Meerwesens, dann auf seinem Polster, in der Mähne der Flügelpferde; Reste von aufgesetztem Schaumgolde in dem die Reliefs umgebenden Kymation. Ob auf der Rückseite Buchstaben eingeritzt sind, kann man nicht mehr entscheiden, da die sehr zerbrechlichen Platten seinerzeit unlösbar auf Karton aufgeklebt wurden.

II. Museo archeologico in Florenz. Knochen. Aus Orvieto. Publ. Museo Ital.

III p. 213. Graeven, antike Schnitzereien Phot. 10. 11. Kymationrand a) Zwei Jünglinge bankettierend ; b) Hirschjagd; c) fragmentiert, drei bankettierende Personen; d) Löwe, Rundfigur.

III. Unsere auf Tafel XV publizierten Elfenbeinreliefs aus Ruvo.

IV. British Museum. Elfenbein. Neue Erwerbung 1906. Vgl. Archaeologischer

Anzeiger 1906 p. 250. Meiner Ansicht nach wahrscheinlich identisch mit den im Catalogue Guilhou unter n. 328 ohne Provenienz angege- benen drei Fragmenten.

Hier nach freundlichst von der Museumsleitung erlaubten Photogra- phien publiziert (Fig. 1) und zwar: a) ein Steinbock wird von einem Löwen in den Nacken gebissen, 10,5 cm. 1., 3,3 cm. h. Der untere Teil der Platte fehlt; b) kleines Fragment, 4,6 cm. L, 2,2 cm. h. Zwei beflü- gelte Vorderfüsse eines Pferdes. Die Darstellung muss dem Pariser Re- lief Ib ähnlich gewesen sein; c) im Museum selbst zusammengestellt und darnach so photographiert, aber meiner Ansicht nach trotz der

Ci Der Unterschied des Materials, ob Elfenbein oder Knochen, ist nicht

scheidend. Die Alten benützten beide gleichwertig. Ich habe hier nicht

bloss die Reliefs sondern auch die anderen in jeder Hinsicht zugehörigen

figürlichen Appliquen der Kästchen aufgezählt. Nicht notiert sind dagegen

die in vielen Sammlungen sieh findenden einfachen Leisten.

AHCHAISCHE F.LFENBEI.NRELIEFS 317

scheinbar auf der Rückseite übereinstimmenden schrägen Striche nicht zusammengehörig. 11,5 cm. 1.. 6 cm. h. Oben Silen nach 1. gelagert. Von einer zweiten links von ihm gelagerten Figur ist nur eine Hand erhalten (die unmöglich zum silen gehört hat) die ihm eine Schalt (?) (Trinkhorn?) reicht, unklar ist der über die Brusl des Silens querüber- gehende Schweif. Gehörte er zu der fehlenden Figur links? Auf der

Fi?. 1.

unteren Platte sieht man einen Panther, über ihm ein Krotalenpaar, links einen Silenschweif und dazwischen einen unklaren einem Thier- schenkel ähnlichen Gegenstand.

V. Ebenda. Aus der Sammlung Millingen. Knochen. 10,5 cm. 1.. 2,3 cm. h.

Zwei nach 1. gelagerte Frauen mit Spitzhaube in Conversation. Auf der Rückseite eingeritzt S'-fc .

VI. Ebenda. Bein. Einst Sammlung Chester. Aus Chiusi. 8.7 cm. 1., 1,2 cm. h.

Nach r. gelagerter Hund. Auf der Rückseite geritzt T-J'

VII. Ebenda. Pein. Fragmentiert. 3,3 cm. 1., 2,2 cm. h. Nach 1. gelagerter grosser Vierfüssler (Rind?).

318 POLLAK

VIII. Ebenda. Unter den Ivoiries befindet sich als n. 10 ein archaisches Kiistchen aus Chiusi. Einst Coli. Castellani. Als einzig erhaltenes Spe- cimen eines solchen Kästchens wäre es sehr wertvoll, wenn es nicht leider ein Pasticcio wäre. Es sind darin folgende Reliefs eingelassen (je ca. 12 cm. 1., 8 cm. h.): a) Mann mit einem Pferd (rote Farbspu- ren); b) Sphinx nach r. gelagert; c) fliehende Gestalt (weiblich?). Iden- tisch mit dem von Graeven a. a. 0. p. 36 (Anm. 4) citierten Kästchen ?

IX. Bei Pröhner in Paris. Elfenbein. Einst Sammlung Gre'au. Aus Etrurien.

7 cm 1., 2.8 cm. h. Nach von Froehner liebenswürdigst gesandter Pho- tographie auf Taf. XVI publiziert. Drei Tauben fliegen nach 1. über das Meer. Auf der Rückseite eingeritzt A-

X. Ebenda. Aus Etrurien. 6,6 cm. L, 2,2 cm. h. Kymationrand. Löwe nach

1. liegend leckt die linke Vorderpfote. Rückseite : L XL Ebenda. Aus Etrurien. 5,8 cm. 1., 1,7 cm. h. Kymationrand. Ein Löwe beisst in den Rücken eines Esels, ein zweiter Esel liegt r.

XII. Ebenda. Aus Cypern. Einfacher Rand. 6,2 cm. 1., 2,5 cm. h. Hase nach 1. liegend. Rückseite A

XIII. Ebenda. Aus Cypern. Einfacher Rand. 7,4 cm. 1., 2,2 cm. h. Nach 1. liegender nicht näher charakterisierter Vierfüssler.

XIV. Ebenda, Aus Cypern. Einfacher Rand. 8,2 cm. 1., 2.2 cm. h. Ein nach 1. laufender Hase wird von einem Hunde verfolgt. Rückseite 14^ N°. XII- XIV stammen möglicherweise von eine m Kästchen.

XV. Im Pariser Kunsthandel. Elfenbein. 11 cm. 1., 3,3 cm. h. Kymationrand.

Zwei Löwen haben von r. und 1. her ein Rind überfallen und zu Boden geworfen. Rückseite'. -^ Ausgezeichnete Arbeit. Auf Tafel XVI nach einem freundlichst von Froehner besorgten Abgüsse publiziert.

XVI. Genf. Musee Fol. Elfenbein. 10,3 cm. 1., 2,1 cm. h. Einfacher Rand. Drei bankettierende Jünglinge (im Catalogua als Frauen bezeichnet). Publ. Musee Fol, catalof/ue descriptif vol. II pl. XIV p. 551.

XVII. Berlin. Antiquarium- Knochen. Terr. luv. 2570. 7 cm. 1., 2,3 cm. h. Kymationrand. Nach 1. gelagerte vollgekleidete Flügelfigur, die in der B. einen Zweig hält. Wie die folgenden bis XXI von Gerhard, also höchst wahrscheinlich aus Etrurien. Mit Erlaubnis des Geh. R. Kekule v. Stradonitz, dem auch die Photographie verdankt wird, hier publi- ziert. Spuren roter Bemalung in den Vertiefungen.

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ARCHAISCHE ELPBNBEINRELIKF8 319

XVIII. Ebenda. Knochen. luv. 2573. 8,1 cm. 1., 2,4 cm. h. Kymationrand. Zwei gelagerte Frauen mit Spitzhaube. Die Frau links halt einen Zweig.

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XIX. Ebenda. Knochen. Inv. 2569. 7,9 cm. 1., 2,8 cm. h. Einfacher Fand. Nur die untere Hälfte des Reliefs ist erhalten. Man sieht den 1. Ann mit der Hand und den in ein Gewand gehüllten Unterleib einer auf Kissen gelagerten Gestalt.

Fig. 4.

XX. Ebenda. Knochen. Inv. 2572. 7,8 cm. 1., 2.3 cm. h. Vielleicht Pendant zum vorhergehenden. Untere Hälfte eines nach r. liegenden geflügelten Tieres mit Spalthufen.

Fig. 5.

XXI. Ebenda. Knochen. Inv. 6362. 11. 4 cm. 1. 2,3 cm. h. Einfacher Fand Wasservogel und Hund? (geflügelt?) Rückseite A Vv

Fiff. 6.

320 L. POLLAK

XXII. Aus Marzabotto. Knochen. Publ. Gozzadini, ulteriori scoperte a Mar- zabotto tav. XII, 4 p. 11. Drei nach r. fliegende Tauben Rückseite: f\.

XXIII. Aus Vulci. Von Micali, mon. per servire alla storia etc. tav. XLI, n°. 10 publiziert. Verbleib unbekannt. Kymationrand. Bankettscene. Reste von Vergoldung im Kymation, von Rot in den Haaren, Gewand, Kissen und Kline.

XXIV. Ebendaher. Micali 1. c. XLI n°. 11. Kymationrand (Vergoldungsreste). Ein nackter Jüngling attakiert einen überaus mächtigen Löwen (Kiefer roth). Rückseite ^-Q.

XXV. Museo Gregoriano. Wie bis n°. XXXIII aus Vxüci. Elfenbein. Einfacher Rand. S, 9 cm. 1., 2 cm. h. Zwei nach r. liegende grosse Hunde. Publ. Mus. Greg. A. II tav. XCIX; Kanzler avori della biblioteca Vaticana tav. d'app. n. 16 (mit Micali 1. c. n. 12 identisch). Rückseite: 4, Ö-

XXVI. Museo Gregoriano. 6, S cm. 1., 2, 4 cm. h. Einfacher Rand. Nach 1. liegendes Rind. Kanzler 1. c. n. 15 Mus. Greg. A. II tav. XCIX, Mi- cali 1. c. n°. 13. Rothe Farbenreste. Rückseite >j.

XXVII. Museo Gregoriano. Kymationrand, Spuren von Gold. 7, 2 cm. 1., 2,8 cm. h. Zwei Tauben im Wappenschema zu Seiten eines palmartigen Strauches etwas am Boden aufpickend. Auf der Rückseite sah ich die bis jetzt übersehenen geritzten Zeichen: |>|(. Kanzler 1. c. n°. 10. Mus. Greg. A. II tav. XCIX.

XXVIII. Museo Gregoriano. Sphinx 4, 5 cm. 1., 2 cm. h. Die Gestalt (der Kopf fehlt) war aus zwei aneinander geleimten Hälften zusammengesetzt, die später auseinander fielen und getrennt publiziert wurden. Kanzler 1. c. n. 23. 24 (= Mus. Greg. A. I tav. VIII, 6). In einem Loch auf der Unterseite sass ein Nagel, mit dem die Sphinx auf einem Kästchen akroterienartig aufsass.

XXIX. Museo Gregoriano. Löwe, 3, 1 cm. 1., 2,2 cm. h. Wie bei der Sphinx bildeten auch hier die von Kanzler 1. c. n. 11. 13 getrennt publizierten zwei Teile ein Ganzes. Mus. Greg. A. I. t. VIII, 5. Loch auf der Un- terseite.

XXX. Ebenda. Löwe, grösser als der vorhergehende. 4, 7 cm. 1., 2,1 cm. li. Kanzler 1. c. n. 20; Mus. Greg. A. I. t. VIII, 7.

XXXI. Ebenda. Löwe, kleines Fragment 2,5 cm. 1., 2 cm. h. Kanzler 1. c. n. 17.

XXXII. Ebenda. Taube, ganz erhalten 4,5 cm. 1. 2,5 cm. h. Auf der Unter- seite ein Loch. Kanzler 1. c. n. 25.

XXXIII. Ebenda. Drei Fragmente einer grösseren Platte aus Elfenbein. 8, 5 cm. 1., 7 cm. h. Die Darstellung zeigt einen Mann mit Lendenschurz im Kampfe mit einem mäehtigen Thiere, das den Tatzen nach katzen- artig gewesen sein muss. Der Mann würgt das Thier ungefähr wie der Jüngling den Hirsch in II b. In der alten Publikation Mus. Greg. A. I tav. VIII 4 sind die drei Fragmente in ihrer richtigen Lage publi ziert, die neue von Kanzler (1. c. n. 28.36) besorgte hat nur zwei von ihnen gebracht, diese in ihrer Zusammengehörigkeil nicht erkannt, das dritte überhaupt weggelassen. Reste von Rot in den Haaren. Auf der

ARCHAISCHE ELFBNBETNREL1EFS 321

Rückseite nur schräge Linien. Die untere Einfassung ist nicht wie die Publica! innen zeigen ein Wellenband, sondern das gewöhnliche Ky- raation.

XXXIV. Rom, Kunsthandel. Die von Graeven Antike Schnitzereien Phofc. 76 (Text]). 121 f.) publizierten Knoclienreliefs aus Capua und zwar a) zwei Eber (der eine zeigt ein Loch, der andere zwei zur Befestigung); //) zwei Löwen, der kleinere ist intakt, der grössere hat auf der Rückseite ein | eingeritzt.

XXXV. Bei mir. Elfenbein. Fragmentiert, 8, 0 cm. 1., 1,8 cm. h. Nach rechts liegender grosser Hund (?).

XXXVI. Einst im Besitze Emil Brauns. Löwe. Elfenhein. 6 cm. 1. Pnhl. Ann. 1856 tav. XXX p. 118, ss.

XXXVII. Museo Faina in Orvieto. Löwe. Graeven Phot. 11. Text p. 64.

XXXVIII. Aus Nora in Sardinien. Publiziert Patroni in Mon. dei Lincei XIV (1904) p. 203-204 fig. 29. Knochen, a) Hase und Kalb?; b) Och- and ein anderes fragmentirtes Thier ; c) Hase.

XXXIX. Hannover. Kestnermuseum. 1 2.5 cm. h., 5 6 cm. 1. Knochen. Citiert Schuchhardt Führer2 S. 71 n. 1031-32 gelagerte Franen, n. 1033- 1034 liegende Thiere. (Reste von Blattgold, Kot und Blau nach freundli- cher Mitteilung Schuchhardts). Vgl. auch Graeven 1. c. p. 21 A. 1.

Alle diese Elfenbein - oder Knochenschnitzereien bilden in jeder Hinsicht eine einheitliche Gruppe von Denkmälern. Sie stammen von kleinen Kästchen. Die grösseren Reliefs sassen höchst wahr- scheinlich in der Mitte der Langseiten, die kleineren in den Neben- seiten, die Rundfiguren wie die Löwen. Sphingen und Tauben muss man sich akroterienartig auf den Deckeln befestigt denken. Wie man sich eine solche Verteilung vorzustellen hat, versinnbildlicht am besten der grosse Sarkophag aus Golgoi bei Cesnola Descr. Atlas I, pl. LXX1V n. 476-479. Hier sehen wir auf den Hauptseiten in durchaus rein griechischer Auffassung ein Bankett und eine Jagdscene, auf den Nebenseiten in stark orientalisierender Dar- stellung einerseits einen von zwei Pferden gezogenen "Wagen, ande- rerseits Perseus und die Medusa. Auf dem Deckel ihn flankierend vier Löwen. Für ein kleines Kästchen werden wir aber besser statt des Satteldaches einen flachen Deckel mit oder ohne Char- niere (') annehmen müssen. Leider ist nicht ein einziges .-olches hölzernes Schmuckkästchen uns ganz erhalten geblieben (-). Was

(') Vgl. die Lade der Danae z. B. in der Vase Mus. Borh. II tav 30,4.

(2) Au- Mykenae iCypressenholz) vgl. Schliemann Mykenae S. IT."«

Fig. 222 dazu s. :'.79;als Nachahmung solcher Kästchen die Aschenkisten

•J-J

322 L- poi.i.ak

dem Zahne der Zeit widerstand, sind nur die festeren Teile; das Holz selbst, welches das Gerüste bildete, zerfiel. Die seitliche Be- grenzung dieser Reliefs bildet, wenn sich der Künstler nicht mit einem blossen Rähmchen begnügt hat, ein Kymation, an dem in einigen Fällen noch Spuren von Vergoldung zu constatieren sind. War das Relief etwas grösser, so half sich der Künstler um Ma- terial zu ersparen in der Weise, dass er es aus zwei aneinander- schliessenden Platten herstellte. Jetzt da die Reliefs des sie festhal- tenden Gerüstes entbehren, ist der Anschlusspalt oft störend sichtbar. Er verschwand sobald das Relief in den Kasten eingelas- sen war. Ueberdies hat der Künstler in dem Orvietaner Relief der Hirschjagd (II b) diesen Spalt in sehr geschickter Weise dadurch zu verdecken gesucht, dass er einen genau der Richtung des Spaltes folgenden Speer schnitzte. Hat der Speer aber bei der Hirschjagd einen Sinn, so entbehrt dessen der aus gleichem Grunde ange- brachte Stab in der Rechten des bankettierenden Jünglings.

Was die näheren Fundumstände betrifft, so sind von der ganzen Reihe nur die der Orvietaner und des gewiss gleichzeitigen Reliefs aus Marzabotto genau bekannt. Von Wichtigkeit ist, dass man in demselben Orvietaner Grabe eine Schale des Chachrylion (Mus. Hai. III 209) und schwarz figurige Vasen fand, die man ungefähr dem Ende des sechsten Jahrhundertes v. Chr. zuschreiben muss. Aber die Reliefs sind entschieden altertümlicher und so mag schon eine Generation das Kästchen, dem sie angehörten, als kostbares Gut besessen haben ehe es dem Todten ins Grab mitgegeben wurde. Einen entschieden noch etwas älteren Eindruck machen die Pariser Reliefs aus Corneto (n. I), die Glanzstiicke der ganzen Serie. Die markanteste Gestalt dieser Reliefs ist das merkwürdige Meerwesen.

aus Thera Dragendorff Thera p. 56 Abb. 190, p. 90; Fragment aus Lusoi Oesterr. Jahresh. 1901 S. 57 Fig. 114; aus Dodona Carapanos Dodona pl. 54,8. Kalkstein aus Cyperu Cesnola 1. c. pl. 79 n°. 505-507. Vgl. auch das Kästchen der Hegeso, die xißtoroi des Parthenongiebels Studniczka Jahrb. 1904 S. 5. Sehr gross ist die Zahl solcher Kästchen auf den unter- italischen Vasen, vgl. Watzinger Holzsarkophage aus der Zeit Alexander d. Gr. S. 90 f. Eine weitere Fortbildung dieser Kästchen Verzierung bilden, freilich zu sepulkralen Zwecken, die stilistisch ganz anderswohin gehörenden genannten 'nierischen' Thonreliefs.

ARCHAISCHE ELFENBEINREL IEFS '■•-■'>

Es ist die individuellste Gestalt unserer ganzen Keine. Die grosse semitische Hakennase giebt ihm einen persönlichen Charakter, der dieses Fabelwesen unter allen hervorhebt. Am nächsten stehen ihm unter etwa gleichzeitigen Werken der Alkyoneus einer caere- tanischen Hydria (') und der Eurytion des grossen Heraklespiede- stalreliefs aus Golgoi (2). Auch auf anderen cyprischen Sculptu- ren (:!) begegnen wir dieser so prononciert gebogenen Nase. Die Anordnung des Haares hat er mit dem grossen Kopfe aus Didyma (') gemeinsam. Die Fische, welche er symbolisch in den Händen hält, scheinen eher Thunfische (5) als Delphine zu sein. Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen die prfichtigen Pferde der Wagenscene (Taf. XVI), deren Köpfe bis in die Details hinein sich in den auf Taf. XV publizierten fast identisch wiederholen. Es sind edle Rennpferde, auf deren Pflege grosse Sorgfalt verwandt wurde. Auch hier wieder ein geradezu frappierender Realismus, der schwerlich überboten werden kann. Sie erinnern auffallend an die assyrischen Pferde, die treulichsten des Alterthums (ö). Vorn auf der Stirne die gesondert gekämmte lose Locke, weiche bei der eiligen Bewegung zum Teile seitlich unterhalb der Ohren, zum Teile zwischen ihnen im Winde flattert. Wir werden an die Stele vom Dorylaion (7), an das Relief aus Brussa (8), an eines von Kv- zikos (9) und an die Pferde des Frieses vom knidischen Schatz- hause in Delphi (10) erinnert. Auch ein jonischer Goldring (u) wäre hier herbeizuziehen. Für die Beflügelung, die auf der Pari- ser Platte wie der Londoner Replik nur die ausgezeichneten Renn- qualitäten der Thiere symbolisiert, sei hier nur auf die ungefähr

(') Mus. Greg.B. II T. XVI. 2; Endt Beitritte zur jonischen Vasenma- lerei n. 4. Vgl. auch die Kentauren Ann. delVIst. 1863 tan. d? agg. E. (2) Cesnola descr. atlas pl. 122 N°. 912. (s) Vgl. Holwerda, die alten Kyprier in Kunst und Kultur p. 12 Taf. V. 16.

(4) Collignon hist. de la sculpt. I fig. 79.

(5) Vgl. den Goldfund von Vettersfelde Furtwängler S. 27; Münzen von Kyzikos Cat. Brit. Mus. Mysia.

T) Vgl. Coli. Barracco pl. XVa Text p. 18 ff.

(7) Ath. M. 1895 Taf. II S. 5.

(8) Arch. Anz. 1905 S. 55.

(9) B. C. IL 1894 i». 49:].

(10) Fouilles de Delphes pl. VII- VIII. (u) Furtwängler Gemmen Taf. VII, 1.

324 L- POLLAK

gleichzeitigen überirdischen Pferde des Peruginer Reliefs (') hin- gewiesen. Die Zähne der Pferde werden auf den Vasen von Da- phnae (2), Sarkophagen von Klazomenae (:i) und den Peruginer Reliefs (4) ebenso sichtbar. Die Pferde der Elfenbeinreliefs sind entschieden assyrischer Zucht. Von den persischen unterscheidet sie deutlich das Fehlen des aufrechtstehenden aufgebundenen Scho- pfes (5). Sie sind schlanker, ihr Kopf ist viel edler und. wenn man sagen darf, mehr durchgeistigt gebildet als die plumperen gedrun- genen persischen Rosse ihn besitzen. Zwischen diesen assyrisch- griechischen Rossen und denen des Mutterlandes liegt eine weite Kluft. Die letzteren sind eben eine andere Rasse, wie auch die ganze Kultur eine andere war.

Der Lendenschurz des Jünglings in der Bankettscene links (Tafel XVI), der in dem Luterion seine Hände wäscht, ehe er seine Herren bedient, findet seine genaue Analogie im Relief n. XXXIII und am Achill der stark unter jonischem Eimiuss stehenden Cor- netaner tornba dei tori (6), die überhaupt auch in den wehenden Haaren des Troilos an unsere Reliefs erinnert. Hingegen erschei- nen, was sehr wichtig ist, die Haare auf den klazomenischen Sar- kophagen ganz anders gebildet ("). Dass der ' Tutulus ' und die Schnabelschuhe jonisch sind, weiss man schon seit längerer Zeit (8) Aus dem Oriente kamen beide zu den Joniern und von da mit vielen anderen jonischen Elementen auch nach Athen (9).

Die Kränze auf dem Pariser Bankettreliefe hängen an Wandnä- geln. In gleicher Bildung, wie aus Ringen zusammengesetzt kom- men sie auch auf einer jonischen Vase (10) vor. Zum Halsbande der

(i) A. Denkm. II Taf. 14.

(2) A. Denkm. II Taf. 21,2.

(3) Zum Beispiel A.D. II Taf. 26. (*)R. M. 1894 B. 315.

T) Vgl. Amelung im Nachwort zu Clierbuliez Ath. Plaudereien über ein Pferd des Phidias, S. 20 des Separatabdrucks. («) Ant. Denkm. IL Taf. 41 Text S. 3 ff. V) Vgl. z. B. Ant. Denkm. II. 26.

(8) Dümmler IL M. 1887 p. 185; Savignoni Mon. dei Lincßi 1808 p. 534, R. M. 1906 p. 71 f.; Petersen a. a. 0. p. 290 fig. 4; Endt 1. c. 51. Vgl. auch die Scherbe aus Eleusis Ath. M. 1906 Taf. XVII, I.

(9) Vgl. die Euthvmidcsvase Klein M. S.s 195, Euphronios' p. 110.

Micali mon. ined. tav. XXXVI. Vgl. auch diu Caeretaner Hydria < 'astellani, Endt Abb. 3.

ARCHAISCHE ELFENBEIHEELIRFS 325

Frau vgl. die eine AViener Caeretaner Hydria Masner n. 218 und Scherben aus Daphnae (M- Die auf dem Boden stehenden Gefässe verdienen eine besondere Aufmerksamkeit. Solche Kannen mit hohem Schnabel, runden seitlichen Knöpfen am oberen Austritte des Hen- kels aus dem Gefässkörper, werden auf einem Bronzehenkelreliefe aus Kition (2) von Löwendämonen gehalten. Eine ähnliche Kanne sieht man im oberen Streifen des Wandgemäldes der tomba delle leonesse ('■). Die auf hohem Fusse in Pariser Relief links von der Kanne steheude henkellose Schale findet ihr Analogie auch in cy- prischen Funden (4). In den vier auf der Schale liegenden länglichen Gegenständen könnte man besten in Scheiben geschnittene Früchte (Melonen?) erkennen. Eine solche Scheibe hält auch die eine Frau des Ruveser Reliefs (Taf. XV).

Die Vorliebe für Flügel, welche der Künstler der Pariser Reliefs überall wo es nur irgendwie ging, anbrachte, ist echt jo- nisch (■') und bezeichnend für den am meisten poetisch beanlagten aller griechischen Stämme. Die Flügel am Rücken und Füssen des Hirschjägers (Taf. XVI) sollen auch nur die Schnelligkeit symbo- lisieren, mit der er den flüchtigen Edelhirsch (6) eingeholt und gestellt hat. In merkwürdigem Gegensatze zu der Wucht und Schnelligkeit des Vorganges beisst das hündinähnliche Thier sehr gemächlich den Hirsch in den Bauch. Die Hirschjagd ist ein be- liebtes Thema klazomenischer Sarkophage und caeretanischer Hy- drien (7). Ein Edelhirsch ist auch jedenfalls auf dem Orvietaner Reliefe n. II £ gemeint. Die zwei Jünglinge haben eine mächtige Arbeit das gewaltige Thier zu bewältigen. Der vom Löwen des Londoner Relief (v. S. 317) in den Nacken gebissene Steinbock

(') Endt a. a. 0. S. 13.

(2) Cesnola Descr. Atl. vol. III pl. LIV ; Perrot-Chipiez hist. III p. 795 fig. 556.

(3) Antike Denkm. II Taf. 12.

(*) Murray excavaliom of Cyprus fig. 63 n". 1011.

(5) Vgl. Savignöni K.M. 1S97 p. oll ; Klein Kunstgesch. I. S. 189.

(öJ Wie auf den 'politischen' Vasen im Gegensatze zum Damhirsche, den die caeretaner Eydrien und die klazomenischen Sarkophage bevorzugen. Vgl. Endt 1. c. S. 71.

(T) Z.B. Sarkophag in Wien, Ant. Denkm. 1. Tai. 15; Paris, Caeretaner Hydria E 697, B. C. H. 1892 fig. 8.

326 L. PÖLLAK

erinnert genau an die Steinböcke der altinilesischen Vasen und klazomenischen Sarkophage (1).

Ein besonderes "Wort hoher Anerkennung erfordert das herr- liche lebensvolle Relief (Taf. XVI) der zwei Löwen, welche das Rind zu Fall gebracht haben. Der Typus ist häufig, aber dieses Speciruen gehört zu den trefflichsten seiner Art und kein Lob ist zu viel. Die griechische Heimat dieses Typus ist wahrscheinlich Phokaea (2), seine Urheimat war aber der Osten.

Die nächsten Analogien boten also, wie wir sahen, jonische oder durch diese beeinflusste Denkmäler. Oft wurden klazomenische Sarkophage und , pontische ' Vasen zum Vergleiche herbeigezogen. Nachdem einmal die Theorie des etrnskischen Ursprunges der Pariser Reliefs Milani (3) und Graeven (4) suchten sie als letzte vergeblich noch festzuhalten überwunden war, forderte die Pro- venienzfrage eine strikte Antwort. Furtwängler (5) hat die Pariser Reliefs als in Italien von Phokaeern gearbeitet erklärt. Furtwäng- lers Hauptgrund war, dass es etruskische, nicht griechische Sitte gewesen sei, Mann und Frau auf einem Lager beim Mahle darzu- stellen. Der Grund ist nicht stichhaltig, wie letzthin G. Körte (6) bewies. Ob die grossen jonischen Terracottasarkophage mit dem Ehepaare auf den Deckeln aus Cervetri wirklich in Italien gear- beitet sind, ist bis jetzt nicht erwiesen und scheint mir (7) sehr wenig wahrscheinlich ; auch die von Furtwängler einer phokaeeisch- italischen Fabrik zugewiesenen archaischen Goldringe sind wahr-

(') Vgl. Thiersch, tyrrhen. Amphoren S. 105.

(2) Usener, de Illiaclis carmine phocaico p. 6,15. Vgl. z. B. auch Ke- kule Terr. v. Sicilien S. 47 Fig. 100, Taf. 54,2. Aus Lokri Epizephyrioi Not. d.egli scavi 1906 p. 55.

(») Mus. Ital III. S. 213.

(*) A. a. 0. p. 124. Er setzt die zwei Eber auch sicher zu spät an. Die Eber erinneren ganz an das Relief von Syme (B. C. IL 1894 pl. VIII ; Perrot-Chipiez VIII p. 331) und an klazomenische Sarkophage (Endt S. 9). Zu vergleichen ist noch der prächtige jonische Bronzeeber aus Cumae Bur- lington föne arts club exhibition 1904 pl. LVIII, C. 63, (zu spät angesetzt). Vgl. auch Furtwängler Gemmen VI »17. VII 67.

(5) Gemmen III S. 88 f.; vgl. Savignoni Jl/on. d. Lincei 1897 p. 367.

(•) Pauly-Wissowa s. v. Etrusker, S. 13 des S..«paratabdrucks.

(7) Allerdings kann ich mir sie nicht aus kretischer Provenienz stam- mend denken wie Hauser Oest. Jahresh. 1906 p. 119 f. annehmen möchte.

ARCHAISCHE KLFENBEINRELIEKS 327

scheinlich doch ostjonisch. Ein typisch ganz ähnlicher, nur in dem Motive des Zwillingskastens abweichender Goldring wurde in Cu- rium auf Cypern gefunden (*), ein anderer derselben Provenienz mit einfachem oblongem Kasten und zwei Flügeliiguren (2) schlicsst sich ihm an. Dies sind genug Instanzen gegen eine phokaeisch-ita- lische Provenienz (:1).

Wie verhält sich nun dazu die evident typisch wie künstle- risch gleichartige auch chronologisch gleichzeitige Serie unserer Elfenbeinreliefs?

Keines von ihnen stammt von dem kleinasiatischen Festlande. Weitaus die Mehrzahl ist in Italien, die meisten von diesen wie- derum in Etrurien gefunden worden, drei (n. XXXVIII) in Sar- dinien ; die auf Taf. XV publicierten kamen in Apulien zum Vor- schein, drei aber (n. XII-XIV), und das ist wichtig, stammen aus Cypern.

Die die Reliefs seitlich einfassenden Kymatien finden ihre Ana- logien in specifisch jonischen Denkmälern (4), die von den Frauen gehaltenen Ranken und Knospen begegnen uns öfters in Bildern der klazomenischen Sarkophage. Aber von Grund aus verschieden und auf keinen andern, weder aus dem Mutterlande oder Kleinasien noch Italien stammenden griechischen Werken genau so vorkom- mend sind die merkwürdigen strauchartigen Gewächse wie sie auf den Pariser Reliefs in der Bankettscene links, in der Hirschjagd rechts, dann weiter auf dem fragmentierten grösseren Reliet des Museo Gregoriano (n. XXXIII) und einfacher auf dem Taubenreliefe (n. XX VII) sichtbar werden (s. u. S. 331). Man sieht am Stengel eines ziemlich hohen Strauches eine pinienzapfenähnliche Knospe und weiter oben eine zwar schon etwas mehr aufgegangene, aber doch noch nicht offene Knospe. Dies sind ganz andere Gewächse als aus dem Boden spriessenden das Terrain bezeichnenden Ranken, die wie sie ostgriechische (5) Denkmäler öfters vor Augen führen. Die

(') Cesnola 1. c. III. pl. XXX n. 1 ; Furtwängler III S. 87.

(") Cesnola 1. c. n. 7. Dieser mag vielleicht wegen des 'Xilschlüssels' ans Daphnae importiert sein.

(:i; Vgl. auch R. v. Schneider in der Festschrift für Th. Gomperz S. -Hl.

(*) Savignoni Mon. Lince» 1897 p. 278 ff., Rom. Mitth. 1906 Taf. II. Fig. 1 S. 67.

(5) Klein Kunstgesch. I S. 159; Mon. Piot 1S97 pl. V-VII.

328 L. POLLAK

nächsten Analogien zu diesen vielleicht doch Lotos darstellenden Gewächsen bieten im Orient entstandene Bildwerke. An assyri- schen heiligen Bäumen (l) kommen solche noch geschlossene Blü- tenknospen ähnlich vor, weiter aufgegangene Knospen derselben Art zeigen cyprische (2) Denkmäler; ersteren ähnliche begegnen auch auf einer rein aegyptischen Silberschale aus Caere (3). Es blieben also für die Provenienz dieser Platten, welche mit den anderen aufgezählten dieses Pflanzenornaments entbehrenden Reliefs stili- stisch und zeitlich eine Einheit bilden, zwei Möglichkeiten: jo- nisch-cypriscli oder jonisch-aegyptisch. Gegen die zweite Annahme spricht aber, abgesehen davon, dass keines dieser Reliefs aus Ae- gypten stammt, die trotz verschiedener Analogien im Kleinen doch unleugbare Verschiedenheit des Stiles. So ist z. B. der assyrische Pferdetypus der Elfenbeinreliefs weit entfernt von dem Pferde- typus, den wir auf jonisch-aegyptischen Vasen sehen. Es bleibt also als antike Provenienz dieser Elfenbein - und Knochenreliefs das jo- nische Cypern übrig.

Schon Martha (4) hatte die Pariser Reliefs hypothetisch für schlechthin cyprisch angesehen ohne eine Begründung oder einen Beweis für seine Behauptung zu liefern. Unsere Sammlung aller einschlägigen Reliefs führte mich unabhängig von Martha's flüchtig hingeworfener Ansicht dahin, dass wir in ihnen nicht rein cypri- sche, sondern von Joniern in Cypern hergestellte Arbeiten erkennen müssen. Hiefür sprechen aber ausser dem Umstände, dass drei der Reliefs unserer Aufzählung aus Cypern selbst stammen, noch an- dere wichtige Gründe.

Die dicken auf den Oberarmen getragenen Armbänder des Meer- wesens und der bankettierenden Frauen des Pariser Reliefs linden sich gleichartig auf cyprischen Skulpturen (5) und in cyprischen Metalloriginalen (6). Die Zweige des Berliner Reliefs n°. XVII,

(>) Pcrrot-Chipiez II fig. 411 p. 772.

(*) Ohnefalsch-Eichter 1. c. Tat 161,3; Perrot-Chipiez III fig. 603 p. 835. Vgl. auch Riegl Stilfragen S. 35 Fig. 4.

(3) Grifi monum. di Caere tav. X fig. I ( = Perrot Chipiez III fig. 553 p. 790).

(*) Vart Hrusque p. 304.

(5) Vgl. z. B. die Stele Sargons, Perrot-Chipiez II p. 631 frg. 308.

(•) Cesnola descr. atlas I. pl. VII, IX, XXXIII; III pl. II 1, 2.

ARCHAISCHE ELFENBEINRELIEFS 329

XVIII sind identischer Bildung mit den ' Lustrations ' - Zweigen, welche cyprische Sculptureu (') in Händen halten. Auf den be- rühmten Aphroditecultus in Paphos mögen das poesiedurchhauchte Froehner'scho Taubenreliei' n. IX und die inhaltlich gleichen Re- liefs n. XXII und XXX 11 zurückgehen Die Behandlung der Haare an Menschen und Tieren in den Reliefs ist durchaus assyrisch beein- rlusst. Was überhaupt von assyrischer Kunst nach Jonien und Grie- chenland kam, wird erst durch Cypern, das gerade bis in die Mitte des VI. Jahrhunderts, die Zeit unserer Reliefs, politisch zu Assyrien gehörte, vermittelt worden sein. Auch auf die etruskische Kunst des sechsten Jahrhunderts muss das jonische Cypern einen grossen EinMuss geübt haben. In der iomba dei fori ('-) weist der Mannsstier deutlich nach Assyrien, das Mittelglied wird Cypern gebildet haben. Typen etruskischer und cyprischer Münzen des 5. Jhdts. zeigen grosse oft zur Verwechslung führende Aehnlichkeit, das lässt aufrege Beziehungen auch im sechsten Jahrhundert schlies- sen (3).

Schon in mykenischer Zeit excellirte Cypern durch seine herrlichen Elfenbeinarbeiten, von denen glänzende Exemplare eine Zierde des Britischen Museums bilden (4). Dann wurde es wieder im sechsten Jahrhunderte, der Zeit unserer Elfenbeinreliefs, ein Hauptort für Verarbeitung dieses edlen Materials (/').

Von einem wichtigen Detail unserer Reliefreihe war hier noch nicht im Zusammenhange die Rede und zwar von den auf der Rück- seite eingeritzen Schriftzeichen. Bei einigen Buchstaben, wie dem fl, E, », Y, vk / , kann man schwanken ob sie jonisch oder etrus- kisch, bei den drei letzteren auch ob sie nicht cyprisch sind. Für die ganze Frage aber direkt entscheidend ist die bisher noch nicht beobachtete Inschrift auf n. XXVI I. Sie gehört evident nach Cypern und ist im cyprischen Syllabar abgefasst wie die von Her- mann auf cyprischen Vasen constatirten Graffiti ("). Zwei Zeichen, das B auf n°. XXIV, XXV, das £ in n°. V wären dann von phöniki-

(') Z. ]!. Holwerda, die alten Eypricr Taf [V 1"«.

(2) G. Koerte in Auf. Deiikm. II. Taf. 11 S. 15.

(3) G. Koerte in Pauly-Wissowa s. v. Etrusker S. A. S. 15. (•*) Murray excavations of Cyprus pl. I. II.

(5i Vgl. Perrot-Chipiez II p. 847, Ohnefalsch-Richter a. a. 0. p. 143. («) Gräberfeld von Marion S. 31 f.

330 L. POLLAK, ARCHAISCHE ELFENBEIMIELIKFS

sehen oder wahrscheinlicher etruskischen Händlern, welche die c/rössten Abnehmer dieser Täfelchen waren, eingeritzt. Die Be- dentuno- dieser eingeritzten Zeichen ist bisher nicht mit Sicher- heit festzustellen. Der Gedanke an Versetzmarken mnss wohl bei so kleinen Objekten ausgeschlossen werden (l). Diese haben nur bei grossen Gegenständen wie z. B. Sarkophagen (2), wo jedem zie- rendem Bestandteile sein Platz angewiesen werden soll, einen Sinn. Bei kleinen Gegenständen wie Kästchen war das nicht nö- tig. Die Zeichen bedeuteten wahrscheinlich Geheimmarken der Künstler oder Händler, wie sie noch heutzutage im Handel im Gebrauch sind und deren Sinn dem Nichteingeweihten entgeht. Sicher aber geht daraus hervor, das die Täfelchen nicht montiert in den Handel kamen und so exportiert wurden.

Von vergoldeten Kaninchen umgeben hoben sich die Reliefs farbig vom sorgfältig geglätteten Grunde ab und mögen so einen schönen Eindruck hervorgerufen haben, den wir freilich jetzt in ihrer Zerstörung und Isolierung nur ahnen können. Ihr Inhalt zeugt nicht von besonderer Vorliebe für den Mythus. Das Alltagsleben mit seinem poetischen Realismus interessierte die Künstler dieser Reliefs sicht- lich bedeutend mehr. Auch sie erzählen von der jonischen revyr], uad man fühlt sich bei ihrem Anblicke versucht die Inschrift einer römischen Spieltafel aus Timgad (3) ' venari, lavari, ludere, ridere hoc esl'vivere, zu eitleren: liebenswürdige, des Lebens sich so recht freuende Menschen, Poeten und Künstler.

Ludwig Pollak. Rom, Januar 1907.

(>) So z. B. irrtümlicherweise Perrot-Chipiez III p. 851, 855 s. über die Polledraraeier. Auch die Ansicht Schöne's in Comment. in honorem Mommsenii S. 049 f. über analoge Vaseninschriften scheint sich nicht mehr halten zu lassen. Vgl. Furtwängler - Reichhold Vasenmalerei Text zu Taf. 71, S. 68, Serie I p. 179.

(a) Vgl. Koerte Gordion S. 110, 116 (wegen der speeifisch korinthischen Form des Epsilon als korinthisches Fabrikat erklärt); hingegen Watzinger 1. c. S. 92, vgl. auch Watzinger 1. c. S. 36.

(3) Ihm, Rom. Spieltafeln in den Bonner Studien für Kekule S. 238 n°. 48; E. v. Schneider Oest. Jahresh. 1905 S. 296.

331 EXCURS ZU S. 327. 328.

Die auf den vorstellend beschriebenen Elfenbeintäfelchen vorkommenden

Pflanzengebilde stellen offenbar Korbblütler (Compositen) mit teils geschlos- senen, teils aufblühenden Blütenkörbchen vor. Die ersteren zeigen die zapfen- artigen, von kleinen Hüllblättern umschlossenen Knospen, die letzteren die sich erschliessenden Blutenstände mit den aus dem Hüllkelche hervortretenden « Zungenblüten » ( Rundblüten). Welche Pflanze specioll gemeint ist, lässt sich nicht bestimmen, da viele Glieder dieser ausserordentlich reichen Pflanzenfa- milie, wie z. B. die Centaurea- und Distelarten unter .sich g;nz verwandte For- men aufweisen. Ganz identische Blüten and Knospen wie die vorliegenden finden sich in unzähligen Beispielen unter den Schinuckgegenständen und in den Wandmalereien des neuen aegyptischen Reiches von der 18. Dynastie ab, z. 1'.. in den aus mehrfarbiger Terracotta hergestellten Halsketten des neuen Reiches und zwar ebensowohl als von oben gesehene Blütenrosettchen wie in der den vorliegenden Darstellungen zu Grunde liegenden, noch nicht völlig geöffneten Form der im Profil gesehenen Blüten. Als solche dienen sie in den künst- lichen Halsketten der Aegypter in gleicher Weise als Bommeln wie sie zu- vor in den Reihungen natürlicher Pflanzenelemente verwendet wurden, die uns aegyptische Gräber aus den ersten Dynastien des neuen Reiches über- liefert haben. Georg Schweinfurth wies unter den in Gräbern erhalten ge bliebenen Pflanzenresten verschiedene Compositen nach, wie z. B. die Blü- tenköpfchen von Pteris coronifera und Antaurea depressa in den Blumen- gewinden der Mumie der Prinzessin Nsi-Chonsu (XX. Dyn.); Carthaunus tin- ctorius (Saffior) in Guirlanden von Amenhotep I und andere mehr. Gleichen Compositenblüten begegnen wir in den Wandmalereien thebanischer Gräber der 18-19. Dynastie, von denen Prisse d'Avennes Abbildungen giebt. Dass die ornamentalen Anwendungen von jenem natürlichen Pfianzenschmucke abge- leitet sind, ergiebt sich sowohl aus der ganzen Anordnung der Gehänge, wie aus Farbe und Form der angewendeten Compositenblüten.

Ausserhalb Aegyptens und wahrscheinlich von dort übertragen kommen dieselben Compositenblüten namentlich in der assyrisch-babylonischen Kunst häufig vor, zumeist als Rosetten, in welcher Form sie zu den in Jonien and Griechenland allgemein angewendeten Typen wurden, für die die Trauerrose der attischen Grabstelen das bekannteste Beispiel giebt. In der dem Cypri- schen Elfenbeinrelief eigentümlichen Profilstellung, die dem Ornamente grie- chischer Blütezeit fremd ist, finden sie sich in Assyrien als Gehänge an Balken von zeltartigen Holzbauten wie z. B. an dem sogenannten Feldtaber- nakel auf den Toren von Balawat aus der Zeit Salmanassars II ; ebenso auch auf Elfenbeinarbeiten, wie auf einer phönizischer Provenienz zugeschriebenen Täfelchen aus Nimrud (British Museum), das eine, aus einer Umbildung des aegyptischen Südzeichens wachsenden Lotosblütenschaft darstellt, von dem sich beiderseitig die gleichen Compositenblüten abzweigen, die jene cypri- schen Elfenbeintafeln schmücken. M Meirer.

DIE THENSA CAPITOLINA. (Mit Tf. XVII. XVIII).

I. Vorbemerkung.

Ueber die Fundgeschichte und Wiederherstellung der Thensa gibt Augusto Castellani in seiner Veröffentlichung (Bull, comu- aale II, 1874, p. 25(3, und V, 1877, p. 119-134, tav. xi-xv) Auskunft. Ein Bauer aus Campanien brachte 1872 eine Anzahl Bronzeblechstücke, die er aus der Erde gegraben hatte, zum Ver- kauf nach Rom. Sie kamen in Castellani' s Besitz. Wie es dabei zuging, dass ein Stück nach Paris verschlagen wurde (vgl. unten S. 363), bleibt unklar. Als er die Stücke reinigte, ergab sich, dass die Bronze von zahlreichen Bronzenägeln durchbohrt war, an denen teilweise noch vermoderndes Holz hing. Die Bronze war also ursprünglich auf einer Holzunterlage befestigt. Zwei geschwun- gene, mit schweren Nägeln beschlagene Stücke konnten nichts anderes sein als die Seitenteile eines Wagenkastens. Der gegossene Oberkörper eines Eroten (Abb. 1) war offenbar das Kopfende einer Deichsel. Die übrigen Bronzestücke zeigten Reliefs. Es Hessen sich zwei Arten unterscheiden, nämliche höhere und niedrigere Streifen. Die höheren stellen Scenen aus dem Leben Achills dar, denen sich manchmal ein Venusmedaillon zugesellt. Von den nie- drigeren Reliefs stellen die einen gleichfalls Achilleusbilder, aber in kleinerem Format dar, die anderen einen bacchischen Thiasos. Castellani gewann aus diesen Fundstücken die zweifellos richtige Ueberzeugung die Ueberreste eines Wagens vor sich zu haben. Er Hess daher einen Wagenkasten aus Holz herstellen und auf ihm

F. STAEHUN, DIE THENSA CAPITOLINA 333

die Bleche in der Weise anbringen, dass immer ein Streifen des höheren mit einem des niedrigeren Formats abwechselt. Von unten gezählt sind es folgende Streifen :

1. Thiasos (kleines Format).

2. Achilleusbilder (grosses Format).

3. Thiasos (kleines Format).

4. Achilleusbilder und Venusmedaillons (grosses Format).

5. Achilleusbilder (kleines Format).

6. Achilleusbilder (grosses Format).

Fig. 1.

In dieser Wiederherstellung wurde der Wagen von Castellani veröffentlicht, der Stadt Rom geschenkt und im Conservatoren- palast aufgestellt (Heibig I- 568). Kr wurde dann von Heyde- mann einer flüchtigen Betrachtung unterzogen (Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1878 p. 124 f.) und nach der Castellanisehen Publica- tion in Baumeister (Denkm. d. kl. Altertums III Taf. xc fig. 2325 S. 2082) und in den AViener Vorlegeblättera (Serie B Tf. 7) abge- bildet.

K. STAEHL1N

Die Zeichnungen Castellanis sind recht hübsch, aber vielfach ungenau, so dass sie ein richtiges Verständnis der Reliefs hindern. Bei einer neuen Bearbeitung die Reliefs nach Photographien zu veröffentlichen, war deshalb nicht tunlich, weil jedes Relief in mehreren Wiederholungen vorhanden ist, die unter sich nicht gleich gut ausgeprägt erhalten sind. Sämtliche Reliefs in allen Exemplaren photographiscli wiederzugeben, wäre aber sehr kostspie- lig. Wir wählten daher den Weg, aus allen Wiederholungen durch genaue Vergleichung das richtige Urbild durch Zeichnung herzu- stellen. Herr Dr. Walter Altmaun photographierte in freund- schaftlichster Bereitwilligkeit die ganze Thensa in vielen Teil- aufnahmen; später Hess ich noch einige Teile von dem Berufs- photographen Luigi Rocca in Originalgrösse photographieren. Nach diesen Photographien stellte Hr. Architekt Kristenson die neuen Zeichnungen (Abb. 2-5) her. Stehen diese auch an Eleganz den Castellanischen nach, so sind dafür Bewegungen, Geräte, Kleidung der Figuren und alles für das Verständnis der Bilder Wichtige genauer angegeben. Für den Stil geben die beigefügten Tafeln nach den Photographien Proben. Damit man den etwas schwie- rigen Ausführungen über die technische Herstellung und Rekon- struktion des Wagens, die oft sehr ins Einzelne gehen müssen, leichter folgen könne, wende ich mich zunächst zur inhaltlichen Erklärung der Reliefs. Bei den Parallelen, die ich zu den Darstel- lungen der Thensa anführe, berücksichtige ich die Kunstwerke und die Litteratiu- der römischen Zeit, während Darstellungen früherer Perioden, z. B. auf Vasenbildern, nur ausnahmsweise in Betracht kommen.

ÜIE 1 Hl- .N.SA i AMT' I.I.SA

335

II. Die zwölf Achilleüs-bilder.

1 . Achills F e i u n g.

Der Mittelpunkt des Bildes ist Thetis; sie ist mit einem Chiton and einem Mantel bekleidet. Die Verhüllung des Kopfes bezeichnet sie als eine mütterliche Gottheit (vgl. Wiederholung 1, 3 und 4). Sie kniet auf dem r. Fuss undj hält in der r. Hand den zappelnden (anaiqovta rhu nitida Apollnd. 3, 13, 6 = Apollon. Rhod. Arg. IV, 874) Achilleus in das Wasser der Styx, das aus einer Urne, über Felsen geflossen kommt. Auf den Felsen sitzt die Personifikation der Styx als Quellnymphe. Sie ist am Unterkörper von einem Mantel bedeckt, stützt den r. Arm auf die Urne und hält in der Linken einen Schilfzweig. Während sie noch zur Handlung in Beziehung steht und auch auf Wiederholungen (3 u. 4) sich findet, ist die Nymphe zur Linken nur zur Raumfüllung beigegeben (vgl. über diese Lokalgötter S. 382). Sie greift mit der Rechten in die Aeste eines Baumes und hält in der Linken einen Zweig. Die Beine sind von einem Mantel bedeckt.

Die Darstellung der Feiung war in der römischen Epoche beliebt. Mir sind folgende Wiederholungen bekannt (vgl. Stephani, Compte Rendu 18 76, 3. Conze, arch. epigr. Mitt. 1877, 73-76):

1. Relief im Johanneum in Graz. Muchav, Gesch. v. Steiermark I. 422 t. X, 2 = Wiener Vorlegeblätter Ser. 15 t. VII, I.

2. Relief von Champlieu. Rev. Archiol VIII, 1 (1851) p. 191 pl. 160, 5.

V. STAEHLIN

3. Monument von Igel. Abb. d. bayer. Ak. cl. W. I, 1835 S. 287.

4. Kapitolinische Brunnenmündung. Eighetti Mus. Capit. t. 277 =

Foggini, IV, t. 17.

5. Matz-Duhn 3344. Palazzo Castellani. Achills Festigung?

6. Dechelette, la Gaule Romaine, II, p. 212, nr. 76. Terrasigillata- Relief von Lezoux, zu vergl. mit der Waschung Achills auf der kapitolin. Brunnenmündung.

7. Cameo der Ermitage in Petersburg. Tommaso Cades. Sammlung v (ii Gemmenabdrücken, Kasten 26, 147.

8. Cornalina der kaiserl. Sammlung in Wien. Cades 26, 148.

9. Gravierter Stein. Cades 26, 149.

Die letzteren drei sind mir nur aus der Photographie bekannt, nach der beifolgende Abbildung gemacht ist und die ich Herrn Prof. Körte's Güte

Fig. 3.

verdanke. Die Echtheit, besonders von nr.'147, scheint mir verdächtig. Fälsch lieh auf die Feiung bezogen wurde Heibig, Wandgemälde 1390.

Die Feiung Achills hängt mit seiner Unverwundbarkeit zusammen. Das Alter beider Sagen ist umstritten. In der Ilias, die mährchenhafte Züge mei- det, ist die Unverwundbarkeit von der Haut auf die Rüstung des Helden übertrafen (* 165- 594. Y 264. Lehrs, de Aristarchi studiis Homericia p. 178). Auf einer hocharchaischen chalkidischen Vase (Mon. d. Inst. I, 51) ist Achilleus durch einen Pfeil der in seiner Ferse steckt, getötet. Ob ein zweiter Pfeil in oder hinter der Leiche steckt, ist unklar. Die Darstellung mit Xamenbeischriften schliesst sich in vielen Einzelheiten an die Aithiopis an (Schneider, troisch. Sagenkr. 153) Also war auch die Auffassung, dass Achilleus an der Ferse verwundbar sei, diesem Epos bekannt, das hierin vielleicht noch älter ist als die Ilias (Gruppe 680 u. 682, 5), zumal die Ilias, wie oben bemerkt, auf die Unverwundbarkeit auch anspielt (vgl. Eo- berl (Bild und Lied 9; Studien zur Ilias S. 463).

\ '.,ii den Berichten über die Feiung können wir einen, wahrscheinlich die Feiung durch Feuer, bis auf Sophokles zurückverfolgen (Nauck fr. tragg. 155).

DIB THENSÄ CAI'ITOLINA 337

Die Wasserprobe kam schon in dem alten Gedicht Aigimios vor (Kinkel fr. Ep. Gr. I, 83). Die Feiung speziell durch Styxwasser tritt in unserer Ueber- lieferung erst bei Stalins (Achill. I, 134. 269. 480) und anderen Spatlingen (Röscher Lexicon I. 1, 8p. 21, 58) auf. Doch scheint auch diese Version auf Vorstellungen zurückzugreifen, die von der ältesten Zeit Ins zum späten Altertum lebendig blieben. Das Styxwasser war das Wasser der Unsterb- lichkeit (Ber^k, kl. Schrift II, 700). Auf Gemmen der mykenischen Zeil tragen Daemonen Styxwasser als belebendes Wunderwasser (Furtwängler <<>-u\- men I, t. 2, 32. III, p. 40). Iris holt das Styxwasser zum Göttereid (Thei gonie 784-806. Gerhard, etrusk. Spiegel I, Tf. 11).

Das hohe Alter der Feiungssage iiberhaupl geht am deutlichsten daraus hervor, dass sich die gleiche Sage bei Demeter und Demophon findet (Hom. hymn. in Ger er. 219 f.). Von Demeter aber ist Thetis (Kurzname zu <->s<t- tuo9eti<; Gruppe 618') abgezweigt. Also gehörl dies..' Sage zu ihn ursprüngli- chen Zügen, die Thetis und Demeter geraeinsam haben. Varianten zu der Feuer- und Wasserprobe aus der indogermanischen Mythologie führt Elard Hugo Meyer (Achilleis 659-661) an.

2. Begrüssung zwischen Peleus, Achilleus

und C h e i r o n .

Ein Schiff mit gerefften Segeln, die Argo, hat am Land angelegt. Es hat •einen über das Wasser emporragenden Sporn (ifdßoXog). Das Vorderteil bil- det einen nach innen geschweiften Halbkreis. Nicht so weit wie der Sporn ragt das Proembolion vor, ein Balken, der in einen Tierkopf endigt. Der Stolos oben läuft in ein schneckenförmig nach rückwärts gewundenes Akro- stolion aus (ein ähnliches Schiffsvorderteil aus röm. Zeit bei Altmann. röm. Grabaltäre p. 244, Abb. 192: Grabstein des L. Precilius). Auf römischen Kunst- werken häufig ist das Missverhältnis zwischen der vorauszusetzenden Grösse des Schiffes und der Insassen. Diese tragen vielleicht Schilde, entsprechend der Weisung Iasons (Apoll. Rh. IV, 199-202), oder wie die Argonauten auf der delphischen Metope (Assmann, das delphische Schiff Jahrb. 1905, 32). Schilde am Bordrand sind das Gewöhnliche bei Kriegsschiffen von der Di- pylonzeit her (Pernice, Athen. Mitt. 1892, 303) bis in die römische Epoche (Brunn, urne Etr. I, 87,4. 90,1-94. 8 Schiff des Odysseus; Woermann, Odys- seelandschaften t. III; Cod. Ambrosianus ed. Ceriani et Ratti, Mediolani 1905. pict. 31. 32. 36. u. a.). Ruder sind nicht vorhanden. Vorn im Schiff steht aufrecht Peleus und empfängt mit ausgestreckten Bänden den kleinen Achilleus, den Cheiron dein Vater hinreicht. Cheiron steht auf dem etwas erhöhten, felsigen Ufer. Der Baum hinter ihm deutet den Bergwald des Pelion an. Vor dem Schiff liegt die typische Gestalt eines Meergottes, der den pagasaeischen Busen personifiziert. Er hall in der erhobenen Linken ein Ruder; die Schenkel sind vom Gewand brduckt. Kr stützt sich auf den r.

23

338 F. STA EH LI N

Ellenbogen (Philostr. mai. II, 14 (fvMtxwv ib ig äyx&va vgl. 0. Schulz, die Ortsgottheiten, Berliner Studien VIII, 3, 1889, p. 43).

Castellani erklärte unrichtig, dass hier Cheiron den Achilleus von Pe- leus zur Erziehung erhalte. Allein diese Aufgabe fällt in römischer Sage, an die sich die Thensabilder durchaus anschliessen, nicht Peleus, sondern der Thetis zu (Orphica Arg. 387 u. die Achilleuscyclen S. 381). Auch lehrt der Augenschein dass vielmehr umgekehrt Peleus das Kind von Cheiron empfängt : es ist naturgemäss vom Ueberbringer fort zum Empfänger hin gewendet (vgl. die Ueberbringung des Achilleus. an Cheiron durch Thetis auf der kapitolini- schen Brunnenmündung Righetti, Mus. Cap. t. 277; Deidamia, dem Achilleus den Pyrrhus reichend, auf dem Elfenbeinkästchen in Xanten, Bonner Jahrb. V u. VI, t. 7 u. 8). Auch Heydemann erkannte nicht die dargestellte Sage (Apollonius Rhod. I, 553 ff.) Als die Argonauten durch den pagasaeischen Busen fuhren, staunten alle Nymphen des Pelion über das Schiff und die Helden :

JvtC'.o öy' e| vtütov ögeng xCev tcy%i i'hakdaaTjg Xelooji' <PiV.vni<frjg, noX(t} öinl xi\u((tog ilyfj reyye n6(fc(g. . .

ovv xai oi naoäxotttg inwket'ioi' (pogeovoct üifAslö^v 'A/iAfja (piXio ÖEiöiaxETo ttcctql.

Abweichend ist nui', dass Cheiron selbst das Kind trägt. Dieselbe Ab- weichung findet sich bei dem römischen Dichter Valerius Flaccus, der im übrigen diese Begegnung in deutlichem Zusammenhang mit Apollonius er- zählt Argonaut. I, 255 :

Iamque aderat summo decurrens vertice Chiron clamantemque patri procul ostentabat Achillem.

Nur ist Achilleus schon grösser; v. 260:

adsiluit caraque diu cervice pependit.

Auf dieses Ereignis Aveist vermutlich auch Statius Achill. I. 1 50-158 hin. Aehnlich ist Orphica rec. Abel 370-455. Vielleicht bietet unser Bild, auf dem eine Ueberfüllung mit Figuren vermieden werden sollte, nur einen Ausschnitt aus einer grösseren Komposition, in der auch Chariklo ihren Platz hatte. Jedenfalls ist es lehrreich als Illustration zu einer alexandrini- schen bezw. römischen Dichtung, an die sich der Künstler enge anschliesst (vgl. Robert Bild und Lied p. 49).

3. U n t e r r i c h t im Leier spiel (vgl. Tafel XVIII, 1).

Die Vorlage zu diesem Bild gab die Gruppe, die in Rom in den Saepta

Julia stand und als Gegenstück Pan hatte, der den Olympos (besser Daphnie

iher III. I Sp. 1453) im Syrinxspiel unterwies (Plinius n. h. 36, 29).

DIE THENSA CAPITOLINA 339

Die Identifikation ist gesichert, weil beide Darstellungen in Herculaneum als Gegenstücke gefunden wurden (Heibig, 226, 1291 ; Trendelenburg, Gegen- stücke der Wandmalerei Archaeol. Zeit. 34, 1876, p. 3). Die Cheirongruppe ist aus zahlreichen Nachbildungen bekannt (Wandbilder Heibig 1291-1! Gemmen bei Overbeck, Bildw. zum theban. und troischen Sagenkr. p. 286, 13-16; Furtwängler, ant. Gemm. I, t. 24, 65. t. 43, 10 u. 16; Friederichs-Wol- ters 1510). Muchar, Gesch. v. Steiermark 1, 430 n. 10 berichtet von einem anf Schloss Seckau bei Lcibniz befindlicher, Fragment Der Centaur Chiron mit der Lyra, neben ihm der kräftige Achill. Ein schön gearbeitetes, leider ver- stümmeltes Werk ». Auch der Kentaur allein wurde gerne von der Kleinkunst als Vorlage genommen (Silberbecher bei Zahn III, 28; Babelon Ant. de la Biblioth. Hat. XIV u. LI).

Cheiron ist mit der Chlamys bekleidet. Er legt den 1. Arm um Achills Schultern und fasst mit der Rechten Achills r. Arm, der als hochgewachse- ner Knabe aufmerksam zu seinem Lehrer hinunterblickt. Er hat in der r. Hand das Plektron und trägt eine Chlamys. Die Leier muss man sich durch ein Band gehalten denken, von dem aber keine Spuren zu sehen sind. Im Hintergrund dient ein nackter Berggott zur Raumfüllung. Die campani- schen Maler haben der Gruppe bald eine architektonisch gegliederte Wand, bald eine Landschaft als Hintergrund gegeben. Auf Gemmen findet sich ein mal kein Hintergrund (Furtw. 24, 65) einmal Waffen (43, 10), einmal ein flötenspielender Satyr (43, 16). Wir sehen daraus, dass das Beiwerk zur Hauptgruppe vom Künstler nach Belieben aus seinem Typenvorrat gewählt wurde.

Die Sage von dem musikalischen Unterricht will Gruppe (117 u. G68, 1) unter Umständen für vorhomerisch gelten lassen. Die statuarische Gruppe gehört ihrem Kunstcharakter nach in die hellenistische Zeit, wie auch der mutmassliche Cheironskopf im Konservatorenpalast bezeugen würde (Heibig I2 589. Heibig, Untersuchungen zur Wandmal. p. 156. Dagegen Brunn-Bruck- mann 535; Kroker, Testa marmorea del palazzo dei Conservatori Ann. d. Inst. LVI, 1884, 50-74). Der Schilderung in Orphica Arg. rec. Abel 394 hat zweifellos diese Gruppe als Muster gedient:

K«l ot xexXtfxeyog uh' i:i" oi&aloto yauti n. xeuo (j.ey«s KevtavQog, änrjQijQStaro dt th-hd, (Tineirjoi Ö7i'A.rjG(. Tuvvßü/uei'og froä xCbkct. dy/ov cT iardfisvog @erodog xai JIf]keog vlbg /egal Xvqtjv fjgaaoe, (pgevctg &J inetegneio Xsioo v,

Achills Gesang und Leierspiel blieb im Anschluss an II. IX, 186 be- sonders bekannt als ein menschlich liebenswürdiger Zug, sogar in der sonst nur das Morden schildernden Ilias Latina 586. Häutig ist die Darstellung des leierspielenden Achilleus unter den Töchtern des Lykomedes (Stat. Ach. 573. Sarkophage Robert II t. VI, 22a. X, 22b. XVI 26a. Elfenbeinkästchen von Xanten Bonner Jahrb. V u. VI, t. 7 u. 8). Andere hieher gehörige Kunst-

340

F. STAEHLIN

werke, besonders die prachtvolle Gemme des Pamphilos im Louvre (Furtw. I. t. 49, 18) führt Sauer an (Strena Helbigiana 1900 p. 465 : Achilleus vom Saitenspiel ausruhend, Marmorstatue in Neapel). Bilder des leierspielenden Achilleus waren noch im späten Altertum allgemein bekannt (Aristaenet. epist. II. 5 in Hercher, epistologr. Gr.). Bezeichnend für die Auffassung der Alten von Achills Kunst ist das schöne Wort, das Kalliope zu Achilleus sasrt Phil. her. 730 ed. Kayser II, p. 197: <i> n«T. /uovaix>]g /neu xal notqrixfjg rftJutfii aoi tu drrn'/nwy, dig jjdiovg iiir tu; (Frame ioyü^oio. xoiultoig de rüg Minus.

4. Unterricht im Reiten und Jagen (vgl. Tafel XVII, 3).

Fiff. 4.

Achilleus, Cheiron und ein Bär heben sich deutlich als der Kern des Bildes ab. Es schliesst sich nicht an ein bestimmtes Kunstwerk an. Denn wenn man für Cheiron ein wirkliches Pferd einsetzt, so hat man einen bekannten Typus, der häufig auf Sarkophagen mit Jagddarstellungen, besonders ähnlich aber auf dem Medaillon mit Trajans Bärenjagd am Konstantinsbogen vor- kommt. Nur fällt bei diesem Vergleiche der dicke Leib und die kurzen Beine Cheirons gegenüber den edleren, langgestreckten Formen der Pferde auf dem Medaillon auf (vgl. Altmann, Archit. u. Ornam. d. Sark. p. 106). Es konnte also dieses Bild auch von einem unbedeutenden Künstler mit leichter Umände- rung des in den Vorlagebüchern für Jagden überkommenen Typus hergestellt werden. Kr fügte der Mittelgruppe zwei weitere typische Figuren bei, links

DIE THENSA CAPITOLINA 341

eine Nymphe mit dum Mantel über den Beinen, rechts einen nackten Berg- gott. Felsen, belaubte Zweige und ein Baum deuten den Bergwald an. Achil- leus als Knabe, mit einer wehenden Chlamys bekleidet, schwingl einen Wurf- speer. Phil. her. 7:;o ed. Kayser II, p. L97 /> fi «faß xal ut'/.ia u,y,>< rexiujiitvij f>nb nti> XeiQWPog xui iioxet tps^h^ofiivm ig no'liaixd.

Cheiron trägt einen Baumast, drehl sich zu seinem Zögling am und /• mit der 1. Hand ermunternd auf den Bären, als solcher is1 er am Bpitzen Kopf und kurzen Schwanz kenntlich, von Castellani fälschlich als Fanther gezeichnet der in eiliger Flucht sich noch mit dem bis zum vollen Profil gedrehten Kopf gegen seine Verfolger wend

Auf der kapitolinischen Brunnenmündung sitzt Achill als Waffen! Kind jauchzend auf Cheirons Rücken, der eben mit glücklichem Pfeilscl den verfolgten Löwen getroffen hat. Beide Darstellungen entfernen sich oichl weit von Philostr. mai. imag. II, 2, 5: Mäaxet ö Xeiqmv tbv :t/t'/J.ku fand- Ceo&ai . . . xay/ä^ovxi, 6e ccitG) inö top ijtfsa&cct, ngoauei&ia ueraoTQecpöuevos- Eudociae violanum ed. Flach p. 143, 10-. imxad-ioag oiV aixbv önio&ev < xazcc rov Inniov fiSQOvg ovxwg eyvixra^s xal id'üfccoxe aixbv xt}v xo^ixrjv, vgl. Statius Achill. I, 116; Sidon. Apollin. ep. 9, 131; Lihanius fj&onobtat ed. Reiske p. 1013. Wesentlich anders ist der Unterricht im Bogenschii auf der Achilleusschale in Kairo dargestellt (vgl. unten S. 381).

Overbeck (Bildwerke 285. n. 10, n. 11) führt zwei Gemmen an, die Achills Ritt auf Cheirons Rücken darstellen. Ein Relief in Turin (Marmora Taurinensia, II, 23), stellt die Erziehung des Achilleus durch Cheiron und die Naiaden Philyra und Chanklo dar (Ap. Rh. IV 811 mit Schol.). Das bei Daremberg-Saglio (s. v. Chiron p. 1106 Anm. 28) angeführte Wandbild stellt nicht Achilleus dar, welcher von Cheiron Unterricht in Heilkräutern erhält. sondern Apollo, Cheiron und Asklepios, die drei Heilgötter (Helhig 'J'1,' .

5. Achilleus auf Skyros (vgl. Tafel XVIII, 5).

Das Bild wurde von Castellani richtig gedeutet; nur hielt er die Eaupt- figur für Lykornedes. Heydemann wollte dagegen hier die Abholung der 1 iri- seis erkennen, was Heibig I2 nr. 568 und andere übernahmen. Diese Erklä- rung, die auch die zeitliche Reihenfolge der Bilder umstossen würde, ist aber falsch, weil auf dem Bilde vier Personen in weiblicher Kleidung und nur zwei Männer dargestellt sind. Auf dem hochlehnigen Thron, dessen Reine in Lüwenklauen endigen, sitzt Achilleus. »eine Füsse ruhen auf einem Schemel. Thron und Schemel wiederholen sich auf dem Mosaik in Sparta (Arch. Zeit. 1881, t. 6). Er trägt einen hochgegürteten Chiton, von dessen Vorhanden- sein allerdings nur wenige feine Linien und die Zusammenschnürung unter der Brust Zeugnis geben, und einen .Mantel, der den Oberkörper frei läast.

342 !•'. STAEHLIN

In der rechten Hand hält er ein Schwert am Griff, die Scheide ruht in der Linken. Erträgt langwallendes Haupthaar. Daran ist er auch bei Philostr. min. (Schenkl-Reisch) 1, 3 unter den Töchtern des Lykomedes kenntlich: r/eft de ij ih'u/('iTiZoiac( tjjv xourji' .... airixa fiäka . . . rbv 'A%i%X£a ixdei^st. (Statins Ach. I. 771 ; Philostr. her. 733 ed. Kayser p. 200; dagegen bei Bion id. II, 20 Mein, heisst es von ihm: xöixc.g ^snvxaCe xaXt'moc;.). Auf Sarkophagen ist dies sein Hauptkennzeichen wenn er in Weiberkleidung unter den wohl- gekämmten Mädchen sitzt (Robert II. t. VI, 20 a, u. t. X, 22 h).

Hinter ihm steht Deidamia. Sie ist wie Achilleus und ihre beiden Ge- fährtinnen mit einem hochgegürteten Chiton und Mantel bekleidet. Ihre Haar- tracht ist nicht deutlich zu erkennen. Sie stützt den 1. Arm auf die Stuhl- lehne und legt die R. auf den Rücken. Gelassen schaut sie der Scene zu, man möchte sagen, mehr bereit, den Achilleus vor unüberlegten Kundge- bungen zurückzuhalten als die Fremden beachtend. Die beiden anderen Mäd- chen sind aber durch den Besuch ganz ausser Fassung geraten. Die eine spricht mit lebhaften Handbewegungen auf Achilleus ein, die andere sieht neugierig die Gäste an. Bemerkenswert ist bei beiden die Haartracht. Das Haar ist glatt zurückgekämmt, am Hinterkopf doppelt mit einem Band um- wunden und in ein grosses Nest zusammengefasst. Die gleiche Mode be- obachten wir auf Bild 6 und an dem weiblichen Kopf zwischen den Giebeln (vgl. Tafel II, 5). Sie steht der sogenannten attischen Frisur noch näher als der mit Beginn des 3. Jahrb. aufkommenden Tracht. Sie gehört dem Ende des 2. Jahrhunderts an (über Datierung der Sarkophage nach Haarmoden vgl. Altmann, Arch. u. Orn. der Sarkophage S. 99 ff.).

Rechts stehen zwei fast nackte, nur mit der Chlamys bekleidete Männer. Der vordere ist Odysseus, der naturgemäss den Sprecher macht; er hält einen undeutlichen Gegenstand in der R.. wahrscheinlich ein Geschenk für die Mädchen, wie auf dem Kästchen in Xanten (Bonner Jahrb. V u. VI t. 7 u. 8 p. 365). Die 1. Hand ist zum Sprechen vorgestreckt. Der zweite hält in der 1. Hand eine Trompete (oder ein Schwert? also Agyrtes oder Diomedes). Ueber den Unterarm fällt das Gewand. Die R. hält er mit ausgestrecktem Zeigefinger an den Mund, wohl ein Zeichen der Ueberraschung, weil sich Achilleus durch das Ergreifen und Anstaunen des Schwertes schon halb ver- raten hat.

Widerspruchsvoll ist, dass Achilleus auf dem Bilde thront. Er wird damit schon so geehrt, als ob er bereits erkannt wäre. Aber auch auf Sar- kophagen finden sich ähnliche sinnstörende Verstösse. Achilleus sitzt mit entblösstem Oberkörper unter den Mädchen, während sein Geschlecht doch noch unentdeckt ist (vgl. Robert a. a. 0.). Eine solche Gleichmütigkeit gegen das Naturgemäase pflegt einzutreten, wenn ein Typus nicht mehr frisch empfunden, sondern als allbekannt nachgeahmt wird.

Den Hintergrund bilden nicht mehr Lokalgötter, wie in Bild 1, 3 u. 1, von denen dieses Bild sich scharf scheidet. Ohne Hintergrund und Rauman- dentung ist es in reinem Reliefstil gehalten. Es gehört enge zusammen mit Bild

DIE THENSA CAPITOLINA 343

(5. Achills Erkennung (vgl. Tafel XVIII, 5)

Das Bild zeigt wie das vorige zwei Personen in männlicher und vier Personen in weiblicher Kleidun". Achilleua träßl ein Gewand mit langem Ueberschlag. Sein Haar ist langwallend. In der L. hält er den Schild, der 1. Oberarm ist dabei perspektivisch verkürzt , in der R. den Speer. Mit gewaltigem Schritt stürmt er nach l., wo der Feind gemeldet ist. Auffallend herausgetrieben ist der Unterleib und zwar auf beiden Wiederholungen. Dies muss daher auf einen Fehler der Form selbst zurückgehen. Ob Achilleus einen Frauenschuh trägt, lässt sich nicht erkennen, da die Bildung der Zehen auch sonst verschwunden ist. Achilleus ist am einen halben Kopf grösser als die Mädchen. Den Kopf wendet er zu Deidamia; doch verrät seine entschlossene Bewegung, dass er ihrem Flehen kein Gehör schenken wird. Deidamia, in lang- ärmeligem Chiton und Mantel, ist aufs 1. Knie gesunken, wobei der 1. 1 unnatürlich hoch in der Luft schwebt (vgl. Furtwängler Gemmen t. Gl, 47). Sie uinfasst mit beiden Händen Achills Knie. Ihr Kopf ist flehend zu ihm erhoben. Das Haar ist zu einem Nest aufgebunden. Zur L. sind zwei Töchter des Lykomedes, die erschreckt entfliehen. Beide haben die bei Bild •'. beschriebene Haartracht. Die Figur ganz 1. mit den entsetzt erhobenen Hän- den kehlt wieder auf den Sarkophagen im Kapitol und im Louvre (Kohert, IL n. 25 u. 26), auf letzterem auf der Vorder- und r. Schmalseite. Zur R. steht ein, wie man auf den kleineren Bildern deutlich sieht, (vgl. Tafel I, 2) runder Turm mit hohem Tor. Die Zinnen sind rund, die Quadern genau angegeben. Am Tor befinden sich Querbeschläge. Die Lunette oben ist mit einem Speichenornament verziert. Oben steht perspektivisch verkleinert Odys- seus, der mit der Hand auf den angeblichen Feind zeigt, und Agyrtes. der in eine lange Tuba bläst. Ob Odysseus eine Kopfbedeckung trä^T. lässt sich nicht erkennen. Die Szene spielt im Freien ausserhalb der Burg. Die Oertlichkeit stimmt zu der Schilderung bei Philostratus min. imag. 1 (ed. Schenkl- Reisch). Auf dem dort beschriebenen Bild von Achills Entdeckung war ein Turm unten am Berg (6 d" vnu toi$ nQonoaiv tov öooi's nvoyoc:). Auf einer Wiese vordem Turm legte Odysseus seine Waren: Wollkörbe, Weberschiffchen, Kämme, Frauengeräte und eine Rüstung ans. Den Raum vor einer Mauer zeigt auch das Mosaik von Vienne (Arch. Zeitg. 1858 t. 113) und ein Sarkophag ( la- bert II nr. 28). Bei Statius I, 812. Hygin f. 86. Schob T 326 ed. Bekker spielt die Szene in einem geschlossenen Tnnenhof, ebenso im Mosaik von Sparta (Arch. Zeitg. 1881 t. 6) und zwei Gemälden (Heibig 1297 = Herrmann- Bruckmann Denkm. d. Malerei t. 5 und Genelhliacon Gottingense 1888 tab. I).

Den Aufenthalt des Achilleus auf Skyros kennt schon die Ilias (T 326. I 668 m. Schob), die kleine Ilias (fr. -1 Kinkel) und nach Bethe auch die Kypricn (theh. Heldenlieder 81). Ein Teil dieser Quellen erzählt ausdrücklich eine gewaltsame Eroberung der Insel und damit auch der Deidamia (Paus. I 22, 6). Robert (Bild und Lied •"•■">) schliesst mit Recht, dass erst später

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der Lokalpatriotismus der Skyrier aus der gewaltsamen Eroberung ein fried- liches Liebesabenteuer gemacht habe. Indem sie aber dabei das Motiv des in Weiberkleidern versteckten Achilleus benützten, schlössen sie sich an eine alte Kultlegende an (Gruppe p. 669 u. 904). Die älteste Darstellung der Er- kennung des Achilleus giebt das Bild eines Kraters im Louvre. das Ravaisson [M6m. de VAcad. Paris 1895 pl. V p. 309-852) gegen Robert (archaeol. Zeitg. 1S81, 138) statt auf die Gesandtschaft (/ncä) der Ilias vielmehr auf Achills Abholung aus Skyros deutete. Auf das von Paus. I 22, 6 erwähnte Gemälde des Polygnot führt Robert (Arch. Anzeiger 1889 p. 151) die Darstellung auf dem goldenen Köcherbeschlag von Tschertomlitsk (Cotnpte Rendu 1864 pl. 4) zurück. Doch ist die Deutung unsicher. Denn die einzelnen Formen, aus denen das Goldblech geprägt ist. stehen wenigstens teilweise offenbar unter sich in keinem Zusammenhang. Man kann also nicht von einer einheitlichen Kompo- sition reden. Das Stück zeigt in dem Aneinanderschluss der einzelnen Be- standteile alle Merkmale einei nachlässigen Handwerkerkunst (vgl. Hauser. die neuattischen Reliefs 127).

Auf dem Vasenbild im Louvre wird die Erkennung mit einfachen Mit- teln, nämlich der Erregung des Heldenblutes durch den blossen Anblick von Waffen hei beigeführt, wenn man hier überhaupt von der Erkennung und nicht vielmehr von der Oeberredung zur Teilnahme am Kriege sprechen darf. Aus- führlicher mag die Geschichte schon in den jüngeren Ixvoioi des Euripides (Welcker Griech. Trag. I, 476) geschildert worden sein. Lycophron (276-278), der mit Vorliebe älteren Quellen folgt, spielt darauf an. Besonders aber mussten sich die Alexandriner in der Ausmalung dieses reizenden Verhältnisses zwischen Achilleus. Deidamia und den anderen Töchtern gefallen, wie es das IL Idyllion des Bion (ed. Meineke) bezeugt. Damals bereits wurde auch die Erkennungsgeschichte in aller Breite ausgearbeitet, wie sie uns jetzt bei Schriftstellern und Kunstwerken römischer Zeit vorliegt. Unbegründeter Weise schreibt Fleischer (Röscher myth. Lex. I Sp. 27) erst dem Statius die Aufstellung einerneuen Version zu. in der die Erkennung durch das Ergreifen der Waffen und den Trompetenstoss erfolge. Offenbar falsch ist seine Behaup- tung, bei Philostratus min. 1 erfolge die Erkennung nur durch das Ergreifen der Waffen. Es wird j;i neben dem Kaufmann auch der Trompeter ausdrück- lich genannt 6 r?, adXmyyt aTjfialvcov ri cf/; ßoiXsrai ;). Die sonstigen Quellen übersehen offenbar nur der auch sonst bemerklichen Kürze halber bald die Kaufwaren (Apollod. 3,13,8). bald den Trompetenstoss (Ovid. met. 13. 165. schul. T 326), während schon Hygin (f. 86), jedenfalls nach einer älteren Quelle, beide Motive verbindet. Weil also die Trompete und die Kaufwaren zusammen- gehören, darf man auch nicht annehmen, dass die Wollkr.rbe, die auf zahlrei- chen Darstellungen den Boden bedecken, bloss die Kemenate bezeichnen. Es sind vielmehr die von den Autoren (vgl. Genethl. Gott. 119 Fussn. 1-8) aus- drücklich genannten Geschenke, die am vollzähligsten ein Gemälde (Heibig 7) verführt. Nur aus Nachlässigkeit werden sie manchmal auf einen Woll- korb beschränkt oder ganz weggelassen.

In zwei Stufen vollzieht sich also nach der Sacre und auf den Bildern

DIE THENSA CAPITOLINA :ii".

die Erkennung. Achilleus verrat sieh zuerst schon, indem er das Schwert in die Hand nimmt (vgl. Statius I, 852 f.). Odysseus aher lässt, um sicher zu gehen, auch die Trompete blasen, worauf Achilleus anzweifelhaft erkannt wird. Bild- 5 und 6 gehören zusammen, ohne dass sich streng genommen Bild 0 aus 5 entwickeln könnte. Spielt doch Bild 5 in einem Innenraum, wie der Thron beweist, Bild 6 aber im Freien. Ebenso isl die Kleidung Achills verschieden. Auf Bild 5 hält er ferner das Schwert, auf Bild 'i die Lanze. An solchen Kleinigkeiten nahmen aber die Alten keinen Anstoss. Auch am Telephosfries tragen ein und dieselben l'ersonen in aufeinander folgenden Scenen verschie- dene Kleidung (Hubert Jahrb. III. 1888. p. I:'. Schrader Jahrb. XV. 1!

p. 122). Die nämliche Zweiteilung der Scenen zeigt die Achilleusschüssel in Paris (vgl. S.381), die sich enge au Statius anschliesst. ]\Iit diesem Dichter zeigt unser Bild manche Berührungen: I, 6 dulichia tuba; •'■' ixmclipeus breviorque manu conswnitur hasta;880 Achills plötzliche Riesengrösse ; 883 sein gewaltiger Sturmschritt, im Gegensatz zu Bions Schilderung id. II, 19 ßd&Ktftu naodsvtxSg ißdfo£e. I >ie Uebereinstimmung zwischen Dichter und Künstler erklärt sich nicht aus gegenseitiger Abhängigkeit, sondern aus dein Einwirken der bildlichen Tradition auf beide.

An der Komposition des Bildes ist die Entfernung des Bläsers vom Vor- dergrunde anzuerkennen. Sie ist auch auf anderen Darstellungen angestrebt. Auf dem Louvresarkophag (Robert II, 26) ist der Bläser auf die r. Schmäh versetzt, wird aber doch auf der Vorderseite gehört. Beim Mosaik von Vienne steht er mit Odysseus auf der Mauer im Hintergrund. Auf einem Gemälde (Heibig 1296) steht er unter der Tliüre. Er ist nach der Absicht des Malers jedenfalls ausserhalb des Zimmers zu denken.

"Während die Darstellung auf der Thensa wie eine Münze durch vielen Gebrauch (die Aufzählung der vielen Reliefs, Gemälde und Mosaike bei Jahn, arch. Beiträge 353, ergänzt von Graeven, Genethliacon Gottinijense 1888 p. 121) schon abgeschliffen ist, verdient das Vorbild, dessen Hauptzüire erhalten sind, hohes Lob. Wenn man unter den erhaltenen Werken einzelne Typen un- terscheiden will, darf man nicht von Unterschieden ausgehen, die nur durch geringfügige zeichnerische Aenderungen bedingt sind, z. B. ob die Bewegung nach r. oder 1. gewendet ist, oder ob Achill ins Frauengewand gehüllt oder mit abgleitendem Gewand dargestellt ist (Altmann, Ornament, der Sark. p. 37). Auch darf man nicht den vollbekleideten Achilleus auf Sarkophagen für älter, den entblössten für jünger halten, da Achilleus entblösst schon früher als auf Sarkophagen in Litteratur und Kunst vorkommt (Hygin. f. 86: veslem mu- liebrem dilanlavit; Statius 1,878 illius intactae cecidere a peclore veates: Heibig 1296; Baehrens Poet. Lat. min. IV p. 322 Verba Achillis v. 7).

Ein gewichtiger Unterschied scheint es mir aher zu sein, dass auf den einen Darstellungen Deidamia flieht ",1er zur Flucht sich wendet oder voi Schrecken ohnmächtig zurücksinkt (Heibig 1297; Genethl. Gottinj. t. I ; Mo- saik bei Raoul-Rochette, choix de pcintures pl. XX p. 259. Mosaik von Vienne; Robert Sark. II nr. 23), auf den anderen aber bleibt und Achill fuss- fäilig zurückhalten will. Darstellungen, die' einen Uebergang zwischen beiden

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bilden, indem sie Deidamia halb fliehend, halb den Geliebten festhaltend zeigen, gibt es auf Sarkophagen (Eobert II nr. 22. 39. 25. 26) und Gemälden (Heibig 1299) und dem Mosaik aus Sparta (arch. Zeit. 1881 t. 6).

Die erstere Darstellung stimmt mit dem Dichter Statins überein, die zweite ist ein künstlerischer Fortschritt. Denn beim Dichter stiebt auf den Trompetenstoss die Schar der Mädchen auseinander, Deidamia nicht ausge- nommen (Statins I 876. 885. 918). Nur Achill bleibt mit den Waffen da. Dann beginnen die Verhandlungen und geraume Zeit darnach erfolgt der Abschied von Deidamia (Stat. I 940-960). Der Maler fasst dagegen die beiden zeitlich getrennten Momente der Entdeckung und des endgiltigen Abschieds zusammen. Es ist das echt hellenische Bestreben, den Gehalt einer ganzen Geschichte in e i n Bild zusammenzufassen, wie es uns auf dem olympischen Bronzerelief mit Hektors Lösung (Furtwängler in Festschrift für Curtius Berlin 1884) so grossartig entgegentritt. Es ist der « distinguierende» Stil Wickhoffs (Wiener Genesis S. 9). Diese Aenderung der dichterischen Ue- berlieferung ist also ganz dem Wesen der bildenden Kunst entsprechend und eines grossen Künstlers würdig. Wer dieser Künstler war, bleibt unbe- kannt, wenn wir auch wissen, dass sich das erwähnte Gemälde des Polygnot vielleicht, und eines von Atlienion von Maroneia (Plin. N. H. 35, 134) gewiss auf diesen Gegenstand bezog. Lehrreich ist auch ein Vergleich mit Bion, auf den oben mehrfach hingewiesen wurde. Der Dichter muss das in der Vorstellung des Lesers festsitzende Bild des männlichen Achilleus verdrän- gen durch Betonung seines weiblichen Aussehens z. B. in den Haaren und im Gehen. Der Künstler aber muss, um verständlich zu sein, an dem weiblich gekleideten Achilleus die männliche Art doch irgendwie zu Tage treten lassen.

Bereits in krasser Weise sind die wirkenden psychologischen Momente auf dem Elfenbeinkästchen in Xanten zusammengedrängt, wo Deidamia ihr neu- gebornes Kind Pyrrhos dem dahinstürmenden Achilleus entgegenhält (Bonner Jahrb. Bd. V u. VI, t. 7 u. 8 p. 365 f.). Aus diesem Zusammenhang ist wohl das Relieffragment aus Athen, jetzt in Prag, wenn es nicht die Ueberbringung des Achilleus durch Thetis an Cheiron darstellt, entsprechend der kapitolini- schen Brunnenmündung (Wiener Vorlegeblätter Serie B, t. IX, 3a).

Die bisher besprochenen sechs Bilder umfassen die Zeit vor dem troja- nischen Krieg, die folgenden sechs spielen vor Troja. Zur Trennung der beiden Hälften sind in den Zwickeln statt der sonst verwendeten Medaillons zwei aus- einander fließende Niken angebracht.

7. Achills Zorn.

Das Bild zerfällt in zwei durch eine Säule getrennte Hälften. Zur L. sitzt Achill. Er ist mit einem lose umgeworfenen Mantel be- kleidet. Die I>. ist auf den Speer gestützt, wobei der Zeigefinger lang aus-

DIE THENSA CAPITOUNA

:;i7

gestreckt ist. Die r. Hand ist vorgestreckt. Das bedeutel die Gewährung der Bitte, ebenso wie auf Bild 10. Neben seinem Sitz ruhl ein Panzer. V'>r Achil- leus kniet Patroklos. Er ist nackt abgesehen von einem Mantel, der über den Rücken fällt. Mit beiden Händen berührt er Achills Küsse. Dargestellt ist, wie Patroklos den zürnenden Freund bitte!, den Achaeern beistehen zu dürfen (vgl. Walters, Bronzen in the Brit. Mus. n. 883 ; Strena Helbigiana p. 268; Heibig Wandgem. 1404. 1389. 1389 3).

Die Erfüllung der Bitte zeigt uns die rechte Hälfte. Achilleus ist wie- der nur mit dem Mantel bekleidet; obwohl unbewaffnet isl er doch gri als der gewaffhete Patroklos. Er fasst den Patroklos mit der R. am rechten Arm, den 1. Arm legt er ihm auf die Schultern, ihn so väterlich mahnend

Fig. 5.

wie auf Bild 3 Cheiron den Achill. Die Mahnung kann nur sein die von 7/. 87-96 ix vr\&v iXdaag levcu ndXiv. Patroklos trägt die volle Rüstnng Achills. Die L. hält den Speer, die R. stützt sich auf den aufgestellten Schild. Der Kopf ist zu Achilleus gewendet und erhoben.

Die trennende Säule hat ein fast altjonisch anmutendes Kapitell mit stark hängenden Voluten. Oben steht eine Urne. Säulen und Pfeiler mit Urnen bedeuten zwar ursprünglich Grabsäulen (Weisshäupl, Grabgedichte p. 61 f.), aber allmählich verlieren sie ihre bestimmte Bedeutung und g reu zum festen Bestand landschaftlicher Typik (Pfuhl. Jahrb. 1905, p. 63 f.). Daher ist es hier unberechtigt, in der Säule einen Hinweis auf den nahen Tod des Patroklos zu sehen, sondern der Künstler hat nur einen be- liebten Typus als Trennung der beiden Scenen benützt. In ähnlicher A\ trennen auf dem Telephosfries Pfeilerund Bäume (Schrader Jahrb. 1900 Tf. I), an der Trajanssäule Bäume, auf Hipp rkophagen ein Thorbo-

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gen die einzelnen Scenen. Zu vergleichen ist eine ähnliche Säule mit Urne auf Dioskurensarkophagen (Robert III, 2 t. 57, 180« u. b. 181 a. Rilievi delle urne Etrusche IL t. XXXVIII, 3). In diesem Fall bedeutet die Urne einen Kampfpreis.

Das Bild stellt in einer Hinsicht einen grossen Gegensatz dar zu den bisherigen. Es gehurt nicht dem distinguierenden Stil an, den wir besonders für Bild 6 feststellten, sondern dem kontinuierenden, der, in römischer Zeit neu belebt, sich die Zukunft erobern sollte Er lässt eine Handlung durch Bilder in ununterbrochenem Fluss vor unseren Augen sich entwickeln (Hartel-Wickhoff, die Wiener Genesis 7-8).

8. Hektors Tod.

Bild 8 und 9 bilden zusammen ein Bilderpaar, das nur einen Schritt entfernt ist von dem rein kontinuierenden Stil. Dieser würde den Hintei- grund, der beiden Bildern gemeinsam ist, nämlich die Mauer Trojas mit den Eltern, nur einmal darstellen und davor die zwei Teile der Handlung. Diese Art der Darstellung, auf die beide Bilder hinzudrängen scheinen, ist Hin- durch ein äusseres Hemmnis, die Einrahmung, unmöglich geblieben. Beide Bilder zerfallen in Vorder -und Hintergrund, dessen Personen wie auf Bild 6 perspektivisch verkleinert sind. Sie erinnern dadurch an malerische Vorbilder, z. B. die Hydria der Münchener Sammlung Jahn n. 65.

Die Mauern Trojas zeigen regelmässigen Quaderbau, sogar die Rustika scheint angedeutet. Das (skäische) Thor hat Querleisten, die mit grossen Nä- geln beschlagen sind. Es ist oben halbrund. Die Zinnen sind rund. Links steht ein runder Turm mit spitzem Dach. Hekuba auf der Mauer rauft sich mit der R. das Haar, während sie die L. nach Hektor ausstreckt (ähn- lich auf orientalischen Reliefs z. B. einer assyrischen Städteeroberung La- yard Niniveh PI. 66). Priamos, kenntlich an der phrygischen Mütze, erhebt die R. mit ausgestrecktem Zeigefinger an den Mund. Dieselbe Gebärde des Schreckens und Schmerzes zeigt Decebalus auf der Trajanssäule (Cichorius t. C'XXXT), der die Niederlage seiner Dacier ansieht.

Im Vordergrund stüsst Aehilleus, mit Helm, Schild, Panzer, Leibrock und wehendem Mantel bekleidet, mächtig vorstürmend seine Lanze in Hektors r. Seite. Dieser ist ebenso bewaffnet wie Aehilleus. Er ist im Fliehen niedergestossen und in die Kniee gesunken. Der Kopf ist bis zum vollen Profil rückwärts gegen Aehilleus gewendet. Es ist ein altertümliches Kam- pfesschema. Bei Bie, Kampfgruppe und Kämpfertypen (Berlin 1891) p. 50 wird als dritter Kampftypus genannt: Sieg eines Ausschreitenden gegen einen knie- enden Umblickenden. Der Unterschied von unserer Darstellung ist nur der, dass der Besiegte auf den alten Vasen den Rücken, Hektor aber die Brust dem Beschauer zukehrt. Auch zielt meist der Besiegte noch im Knieen zurück,

DIE THENSA OAPJ 1'iI.INA.

IM!»

während Hektor keinen Widerstand mehr leistet (vgl. Gerhard A. V. III, nr. 212, 1, Lenormant et de Witte Mite cSram. I, pl. 7).

9. Hektora Schleifung

Der Hintergrund ist wieder die Mauer Trojas. Sie hat eine runde Zinne und einen runden Turm, dessen Zusammenhang mit der Mauer nicht weiter angegehen ist. Oben stellen Priamos mit phrygischer Mütze und Eekuba und strecken jammernd die Hände nach dem toten Sohn. Im Vordergrund stürmt der mit zwei Pferden bespannte Streitwagen Achills dahin (II. Lat. 1000 altior ipsos fett domini sieccessus et/uos). Als Wagenrosse tragen sie den Leihgurt. Die Zügel, über dem Rücken der Pferde deutlich sichtbar, sind wahrscheinlich um Achills Leib geschlungen. Achilleus hat dieselbe Bewaff- nung wie im vorigen Bild. Er kehrt sich um gegen Priamos und Bekuba und sticht mit dem Speer nach Hektors Leiche. Es ist ein Zug wilder Kach- sucht nach Ilias X 346. Die Ilias Latina hat trotz ihrer sonstigen Kürze gerade diese grausamen Worte bewahrt v. 990. Hektor ist nackt; nur der Oberkörper ist sichtbar. Der 1. Arm fällt über den Kopf zurück, der r. ist unten an die Seite geschmiegt (Dieselbe Armlage auf einem Sarkophag Bobert II nr. 34 am Helm Achills und auf der Patroklosvase in Neapel Heydemann 3254, Furtwängler-Reichhold. t. 89).

Brüning (arch. Jahrb. IX, 1894) zeigt, dass die bildliche Ueberlieferung in vielen Einzelzügen und dem ganzen Kolorit die Sage umgestaltet hat. so dass sich in griechisch-römischer Zeit die Bilder und die Ilias Latina in gegenseitiger Uebereinstimmung etwas von Homer entfernen. Der Gegenbe- weis von Paulcke (de tabula Iliaca quaestiones Stesichoreae Diss. Königs- berg in Pr. 1897) ist nicht gelungen (vgl. Philolngus 61. 1902. p. •">:'.:' Weber, Homerus Italicus). Brüning handelt ausführlich über den Archetypus dieses auf den ilischen Tafeln wiederkehrenden Bildes. Die verwandten Dar- stellungen führt er p. 149. 37 und p. 154, 57 an: beizufügen ist Bartoli- Bellori, lucerne antiche, III, 9 (wo auch Priamos auf der Mauer ist) und die Oenochoe von Bernay (Babelon cab. d. ant. pl. XVII). Um das mehrfach wiederkehrende Umdrehen Achills zu begründen, nimmt er aus der Zeichnung des Codex Coburgensis (Robert IL nr. 45) in das Urbild die Figur des Odys- seus auf, dem der davonfahrende Achilleus einige stolze Siegesworte zur Allein gerade dieser Odysseus ist eine vielbenutzte Füllfieiir. die' ihren Platz eigentlich im Palladionraub hat (Schreiber, hell. Reliefb. MI aus Palazzo Spada u. unten. S. 353). Kr gehört also nicht in eine Originalkomposition. Die Thensa scheint vielmehr den richtigen Grand des Umdrehens bewahrt zu haben. Auch auf einer Gemme schwingt Achilleus die Lanze gegen den schleiften Leichnam Hektors (Furtwängler I, t. 64,49). Wo diese Bedrohung mit der Lanze fehlt, dreht sich Achilleus um, um sich an dem Anblick Beines

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F. STAEHLIN

gedemüti<rten Feindes zu weiden. Dasselbe Motiv findet sich auf einer Vase (Gerhard A. V. III, 199).

10. Hektors Lösung.

Fisr. 6.

Die Hauptpersonen sind Achilleus und Priaraos, von denen jeder einen Diener bei sich hat. Zwischen ihnen am Boden liegt die Leiche Hektors. Priamos trägt Chiton und Mantel, auf dein Haupte die phrygische Mütze. Er ist vor Achill niedergekniet. Homers Worte 42 502 cpeQu) d'dneoeiai' änoiva drückt das Bild durch die Geschenke aus, die er Achill anbietet. Er hält ein breites Band in den Händen. Der Diener hinter ihm, der mit einer kurzen Exomis und Mütze bekleidet ist. trägt einen grossen geriffelten Krug. Neben Achills Sitz steht ein Panzer. Er trägt einen Mantel und eine Chlamys. Die L. hält den Speer. Auch hier ist seine Grösse betont. Die offene vorge- streckte R. drückt die Gewährung von Priamos Bitte aus. Hinter ihm steht ein Speerträger mit Helm und Schild man beachte den langen Zeigefinger am Speer , der jedenfalls ursprünglich Automedon bedeutet. Wenigstens ist er noch auf einem römischen Mosaik von Varhely im Hanyader Comitat, das unserem Bild in der Gruppierung entspricht, mit dieser Namensbeischrift versehen (Arneth, archäol. Analekten. Sitzungsber. d. Wien. Ak. VI, 1851, S. 281 t. XV).

Das Bild der Thensa ist nur ein Ausschnitt aus einer grösseren Kom- position, die figurenreicher war. Neben Achill steht Hekuba (Robert II, t. XX IV, 54). Links von Priamos ist meistens der Wagen mit Geschenken und die Leiche Hektors. Diese wird entweder mit (lesclienken aufgewogen

DIE THKNSA CAP1T0LINA 351

(Babelon, cabinet des anliques, pl. XLI; Robert II, t. XXII, 17 c) oder von Dienern herbeigetragen, am auf den Wagen gehoben 7.11 werden (Jahn-Mi- chaelis, Griech. Bilderchroniken, tab. IliacaA, t. I n. II a. F t. IV) oder ist auch noch zur Schleifung an den Streitwagen gebunden (Roberi II, u. 26c).

Die selbständige Gestaltung des Thensa-Bildes liegt darin, dass Ilektors Leiche, die wegen Raummangels nicht links hinter Priamos angebracht werden konnte, andererseits aber doch notwendig zum Verständnis war. zwischen den beiden Hauptpersonen Tlatz fand. Die Anordnung ist übersichtlich and fast symmetrisch. Man wird aber auch an ältere Bilder der Vasen erinnert, wo die Leiche häufig unter Achills Kline liegt, eine Aenderung, die der .Maler an Homers Darstellung </J" 24 vornehmen musste (vgl. Arthur Schnei- der, Bildwerke zum troianischen Sagenkreise p. 34. Litteratur und Kunstwerke zu den Xvtqk siehe bei Gruppe 679 a).

11. Achills Tod.

Achill steht in überragender Grösse da. Er ist nur mit einer über den Rücken herabfallenden Chlamys bekleidet. In der L. hält er den Speer wieder mit lang ausgestrecktem Zeigefinger , in der R., Trankopfer spendend, eine Schale. Er steht vor einer Aedicula mit dem Kultbild Apollos. Der Giebel ist von zwei jonischen Säulen gestützt. Apollo hält in der R. einen Lorbeer- zweig. Er ist ganz nackt; das 1. Bein ist über das R. gekreuzt, der 1. Unter- arm lehnt sich auf eine Stütze. Der Blick ist auf Achill gerichtet. Vor dem Bild steht ein viereckiger Altar. Die Seiten tragen eingetiefte Felder. Auf dem Altar steht eine Schale, in die Achill libiert. Aehnlich ist das Opfer des Hippolytos an Artemis auf einem Sarkophag im Lateran (Robert III; 2.Teil t. 5-t nr. 167 a). Das Kultbild mit Altar soll den Tempel des thvin- bräischen Apollo bezeichnen, so wie z. B. am Telephosfries der Tempel in Delphi durch die Statue Apollos versinnbildlicht wird. Hinter Achills Rücken und unbemerkt von ihm stehen Paris und Apollo. Paris trägt ein hochge- gürtetes Gewand wie der Diener auf Bild 10, und dazu einen kurzen Mantel, auf dem Kopfe die phrygische Mütze. Er hat schon den Pfeil auf den Bi gelegt und die Sehne angezogen. Er steht in gespreizter Stellung da, so dass er einen festen Stand bei der Abgabe des Schusses hat. Zugleich aber deutet das zurückgesetzte und gebogene r. Bein an, dass er dann sofort entfliehen will. Seine feige Natur ist dadurch aufs treffendste bezeichnet. Er würde nie den Schuss wagen, wenn ihn nicht Apollo selbst ermutigte. Der Gott be- teiligt sich nicht tätig am Morde, sondern sein Bogen hängt über dem Rücken. Er trägt nur eine Chlamys. Mit der r. Hand stützt er Paris, der fliehen will, von hinten, mit der 1. deutet er auf Achills Ferse, gegen die der Pfeil gerichtet ist. Die Wendung des Kopfes zu Paris drückt noch aus- serdem die Eindringlichkeit der göttlichen Mahnung aus.

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Ohne Zweifel ist hier dargestellt, wie Achilleus in das Heiligtum des thymbräischen Apollo kommt. Er trägt keine Rüstung {rvurpoarohy.ios tioqev- öusvog Argum. II Hecuba; vvucfiy.ijv orokfjv ivdvoAperos, lustin. coli, ad Gr. II, p. 37), da er um Polyxena freien will. Die Sage ist litterarisch vielfach überliefert (vgl. Koscher I, 1, Sp. 48-50), als Darstellung der Kunst aber nur in dem Madrider Sarkophagrelief (Robert II nr. 62*) und einer mir nicht bekannten Vase (Bull. d. Inst. 1834, pp. 234-238). Wie nahe die litte- rarische Ueberlieferung mit unserem Bild sich berührt, zeigt besonders Seiwius Aen. VI. 57: Achilles cum amatam Pohjxenam ut in templo aeeipe- ret, statuisset, insidiis Paridis post simulacrum latentis occisus est. Unde fin<;iitur,quodtenente arcum Apolline Paris dir 'exerit tela; vgl. Hygin. fab. 110. Man vermisst nur den Hinweis auf die Verwundung der Ferse oder des Knö- chels (Achilleus an der Ferse oder dem Knöchel verwundet bei Furtwängler Gemmen t. 16, 39. 18,22. 20,54. 64,67).

Das Bild ist künstlerisch und sagengeschichtiieh wertvoll. Es zerfällt im zwei Hälften, die im nächsten Augenblick zu einer Handlung zusam- menfliessen werden. Die Sorglosigkeit Achills, die Feigheit des Paris ist le- bendig dargestellt. Apollo zeigt dieselbe Lust zu betrügen, mit der er schon in der Ilias dem Achilleus entgegentritt. Derselbe Gott, dem Achill auf der einen Seite ein frommes Opfer bringt, schickt ihm auf der anderen Seite den Tod. So ist über das Ganze eine tragische Stimmung gelagert. Man kann die Grundzüge des Bildes nur der Erfindung eines grossen Mei- sters zutrauen.

Mythologisch betrachtet liegt das Bild in einem Knotenpunkt, an dem die Sagen von Polyxena, Troilos, Achills Verwundbarkeit an der Ferse und seinem Tod im Apollotempel zusammenlaufen, über deren Alter und Zusam- menhang schwer zu urteilen ist. Auch die Ilias scheint ausser der Version, dass Achilleus am skäischen Thor fällt, X 359, auch die andere zu kennen, dass er von dem versteckten Paris durch einen Schuss in den Fuss erlegt wurde. Freilich handelt es sich dabei nur um eine Anspielung. Diomedes nämlich wird in einem Teil der Ilias als zweiter Achilleus hingestellt (Ro- bert, Stud. z. Ilias 463). Er überwindet Hektor A 355, will mit Sthenelos al- lein Troja erobern wie Achilleus mit Patroklos I 42 und 11 97. Nach allen seinen Heldentaten wird er von Paris, der sich hinter das Grabmal des Hos duckte, in den r. Fuss geschossen und ausser Kampf gesetzt A 369-379. Man möchte vermuten, dass auch dies nach dem Vorbild der Achilleussage ge- dichtet ist.

12. Die Kettung von Achills Leichnam (vgl. Tafel XVII, 1, etwas unter natürlicher Grösse).

Den Hintergrund bilden zwei runde Türme mit spitzen Dächern und ein Thor mit korinthischen Pilastern; die als Verbindung anzunehmende Mauer

DIE THKNSA CAPITOLINA

ist uichi ausgedrückt. Im Vordergrund trägl Aias den nackten Leichnam Achills. Der Künstler hat dazu die Pasquinogruppe benützt, die Menelaos und Patroklos darstellt. Der Mantel des Aias ist um die Hüften mit einem Band festgehalten, aber verschoben, so dass die ganze rechte Seite entblösst ist. Der Kopf mit dem Helm, der beim Tasquino bis zur Linie der Schultern gedreht und etwas gehohen ist, zeigt eine ganz unnatürlich starke Wendung, weil der Künstler das volle Profil gewinnen wollte. Am linken Arm trägt Aias den Schild, dessen Rundung von der Schulter des Aias zu der des Achilleus überleitet. Er hält mit der rechten Hand Achills Leiche am Leib gefasst, mit der nicht sichtbaren Linken stützt er sie im Lücken an den Schultern, wie man ans .1er Lage des Schildes schiiessen kann. An Achilleus sind die Glieder, Haupt, linker Ann und Beine gelöst und hängen schwer lastend nieder. Unrichtig ist die Stellung der Unterschenkel, die nachschleifen. Sie sollten in ver- kürzter Ansicht gegeben sein. Das vermied der Künstler und brachte dadurch eine ähnliche Verrenkung hervor wie bei der Stellung des Aiaskopfes. Der rechte Arm ist gehoben. Eine längliche Relieferhöhung, die links von Aias Kopf sichtbar wird, kann nur die offene Hand Achills sein, die über die 1. Schulter des Aias hängt. Hinter Aias eilt Odysseus. Sein flatternder Mantel wird durch ein Band gehalten. In der Linken trägt er das in der Scheide steckende Schwert, mit der Rechten greift er zum Munde, ein vielfach vor- kommendes Zeichen der Erregung und des Schmerzes (Vgl. S. 348). Ob der Kopf unbedeckt ist oder ob über dem stark hervorquellenden Lockenkranz ein eng anliegender Pilos liegt, ist nicht zu erkennen. Dieser Odysseus ist eine beliebte Figur aus den Vorlagebüchern. Er kommt ganz ähnlich nach links gewendet vor auf einem Silberbecher von Bernay, wie er mit Diontedes den Dolon verfolgt (Raoul Röchelte, .Von. inecl. t. 53, wiederholt unten S. 386 Fig. 12; Babelon, cab. des antiques ä la Bibl. nat. pl. XVII. vgl. S. 380). Aehn- lich bis auf die Kopfwendung ist der Odysseus von Antikythera, dem Svo- ronos seinen Platz in der Scene des Palladionraubes zuweist (Tb iv l-llh'jvaig 'Efri'iy.bv Movaelov rsv^og 2 pl. XIII, p. 68. Tu £!■ llrtixi&ijnov tvo^uaret vnb Bcdeoiov 2tärj. Athen 1905, elxiov 17, atk. 43).

Der Künstler hat also aus seinen Vorlagebüchern zwei Gestalten ge- nommen, die eigentlich in anderen Zusammenhang gehören. Denn durch das Thensabild kann die Deutung der Pasquinogruppe auf Menelaos und Patroklos keine Aenderung erleiden. Sie begründet sich auf die Wunden des Toten am Bauch und Rücken und auf seine Waffenlosigkeit. Diese ist für Patroklos, dem Hektor die Rüstung geraubt, ebenso charakteristisch als die Rüstung es für den toten Achilles wäre, um dessen Waffen ja dann der Streit entbrennt. Deshalb hat der Künstler eines homerischen Bechers (Robert 50. Winkelmanns- programm, homer. Becher E) gewissenhaft Achills Leiche in Waffen dargi - stellt, obwohl ihm dabei vermutlich der Pasquino vorschwebte (ebenso die archaische Vase Jl/on. delVInst. I, 51). Für Patroklos bezeichnend ist aber auch besonders der Reiz, den die weichen fliessenden Formen, die rührende Anmut des Toten hervorrufen. Denn Patroklos ist für die spätere Zeit der Geliebte Achills (Aischylos bei Plato Symposion 179E-180A), während bei

24

354 P- STAEHLIN

Homer Achill jünger ist als Patroklos (Lehrs Aristarch2 187). Dem Thensa" Künstler war die Gruppe wohl von Rom her geläufig. Dort und in der Villa Hadrians sind fünf Kopien mehr oder weniger fragmentiert gefunden worden (Friederichs-Wolters Bausteine nr. 1397, 1398). Eine Wiederholung nach dem Pasquino vermutet Stais in einer schlecht erhaltenen Statue von Antikythera (Stais a. a. 0. fig. 20 p. 44; Svoronos a. a. 0. p. 72).

Eine gewisse Uebereinstimmung mit dem Epos Aithiopis (Kinkel p. 34 und Ilias Parva p. 39 fr. 2) ist auf dem Thensabild erzielt, indem Aias die Leiche trägt, Odysseus dahinter geht (vgl. Furtwänglcr Gemmen t. 23, 40 u. 41, t. 25, 13). Aber die Figur des ungerüsteten und den Feinden den Kücken kehrenden Odysseus bleibt doch eigentlich sinnlos. Ganz anders zeigt der erwähnte homerische Becher den Odysseus im heftigsten Kampf mit einem nachdrängenden Troer. Durch den Vergleich wird die Mattigkeit des Then- sabildes recht fühlbar. Man könnte einwenden, dass hier Achills Leiche nicht aus der Feldschlafht gerettet werde, sondern aus dem Heiligtum des Apollo, wie es Dictys Cretensis IV, c. 12 schildert. Daraus würde sich scheinbar auch die Waffenlosigkeit gut erklären. Allein offenbar ist durch die Türme und das Tor im Hintergrund Troja angedeutet, also der Tod Achills vor dem skäisehen Tor vorausgesetzt. Es passt also dieser Ausgang auch nicht zum vorhergehenden Bild 11.

Da der Künstler die Pasquinogruppe abgesehen von den durch sein Unvermögen veranlassten Verrenkungen des Kopfes und der Beine offenbar getreu kopiert hat, kommt seine Darstellung für die Ergänzung des Pasquino in Betracht. Nur den Helm hat er geändert, da er ein bestimmtes Schema für die Helme auf allen Bildern befolgt (vgl. S. 383). Der schon mehrfach von Archaeologcn geforderte Schild, der den hässlichen Winkel zwischen den Schultern des Menelaos und Patroklos schliessen und den dreieckigen Aufbau der ganzen Gruppe vollenden soll, ist hier überliefert, und ebenso auf dem homerischen Becher. Die Haltung des rechten Patroklosarmes und der Hand stimmt mit dem Würzburger Fragment überein (L. Urlichs, über die Gruppe des Pasquino. Bonner Winckelmannsprogramm 18G7). Das Bruch- stück aus der Villa Hadrians, welches den r. Arm des Patroklos gestützt von der 1. Hand des Menelaos zeigt (Heibig I2, 232) lehrt ebenfalls, dass der r. Arm des Patroklos erhoben war (vgl. den im Dresdener Albertinum zusammen- gesetzten Abguss, abgeb. Zeitschrift für bild. Kunst N F. XIV S. 178). Diese Haltung erklärt sich nur, wenn man annimmt, dass Menelaos nur 1 mgsam gehend, wie die schleifenden Füsse zeigen, die Leiche eben nie- derlegen will, die er bisher auf der 1. Schulter getragen, (vgl. Kekule, das akadem. Kunstmuseum zu Bonn 1872, nr. 248, p.00). "Was uns hur der Thensa Künstler über das Original lehrt, hat er selbst nicht verstanden. Denn er hat den Menelaos mächtig eilend dargestellt und diesen Eindruck durch den nachlaufenden Odysseus verstärkt.

DIE THEN8A CAPITOLINA ■'>'>'>

III. V e nu smedai Hon (vgl. Tafel XVIII, 1).

Das kreisrunde Bild ist v ünern Myrtenkranz eingerahmt, der unten

zusammengesteckt ist und oben eine oval'- Gemme umschliesst. Zwei - kentauren, ein bärtiger und ein unbärtiger (weiblich?), halten eine grosse

Muschel, in der Venus sitzt. Sie haben Panshörner, Pferdefüsse und ''inen Fischschwanz, der sich am .Myrtenkranz emporringelt. Unten ist 'las Meer in Wellenlinien angedeutet mit zwei Delphinen. Venus ist als Anadyoineiie dargestellt und ordnet ihr Haar nach einem bekannten Schema (vgl. Selbig I2 nr. 260 u. Bronzestatuetten aus Aegypten in Collection de Clercq, III, pl. X, l'aris 1905). Sie sitzt auf einem Gewandstück, das von ihrem Kücken über die Oberschenkel fällt. Drei geflügelte Amoren stehen ihr bei der Toilette bei. Der Linke hält einen Spiegel, der rechte ein Band, der oberste einen Kranz. Während sonst auf allen Darstellungen die Köpfe im Profil stehen, sind sie hier in Vorderansicht. Die Gesichtzüge sind daher auch entsprechend roh, be- sonders die der Venus. Die Augen scheinen an allen drei Köpfen von aussen bearbeitet worden zu sein.

Die Darstellung der von Tritonen in einer Muschel gehaltenen Venus kehrt auf Sarkophagen häufig wieder (vgl. Altmann, Archit. u. Ornam. d. S. p. 84). Die grösste Aehnlichkeit bietet ein Relief, das im vorderen Hof des Palazzo Mattei links vom Eintretenden eingemauert ist (monum. .][ntthap'iana III, 2 fig. 1 = Bartoli Admiranda t. 30). Eine ziemlich entsprechende Dar- stellung findet sich auf einem späteren, gleichfalls mit einer Form hergestellten Bronzeblech (Catalogue gen<!r. du J/usee du Gaire, vol. XII. Koptische Kunst von Strzygowski 1904 nr. 9038 t. XXV, 13). Venus sitzt in einer Doppelmu- schel, die von « zwei Knaben mit Hörnern » gehalten wird. Diese Knaben scheinen aber Seekentauren zu sein. Man sieht in der Abbildung die dünnen Pferdefüsse. Recht ähnlich ist auch ein 1856 in der römischen Villa in Ha- likarnassos gefundenes Mosaik im britischen Museum.

IV. Der Thiasos (Abbildung 7).

Ein bärtiger, kahlköpfiger Silen (1), von den Hüften ab mil einem Rock bekleidet, in der Linken eine starke Weinrebe haltend, greift mit der off Hand nach einer Syrinx, die ihm ein bocksfüssiger Tan (2) entgegenhält. i'an hält in der Linken ein Pedum. Eine Mänade $), die wie fast alle an- deren, einen Peplos mit starkem Ueberschlag und einen flatternden .Mantel- streifen trägt, tanzt nach rechts. Die Rechte hält den oben und unten mit Bändern gezierten Thyrsos, die Linke streckt ein Tympanon vor. Die Hand ist dabei durch eine der vielen daran angebrachten Schlingen gesteckt. Ein

35 G

F. STAEHI.IN

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nackter Satyr (4), zu dessen Füssen ein Pedum steht, bläst die Doppelflöte. Zu der Musik führt eine Mä- nade (5) einen Tanz aus, wobei sie anmutig über dem Kopf die Cymbeln zusammenschlägt. Ihr Peplos ist übu- dem Ueberschlag mit einem Band gegürtet. Nach links hüpft ein nackter Satyr (6), über einen Panther weg- springend. Die Linke hat das Pedum, mit der Re- chten hält er neckend über dem rückwärts gewendeten Kopf eine Traube, nach der eine nachfolgende Mä- nade(7) mit offener Hand hascht, Sie ist bekleidet und hat den Thyrsos geschultert. Den Mittelpunkt des Frieses bildet der Wagen des Dionysos, dem sieben Personen vorangehen und acht folgen. Ein nackter Sa- tyr (8) mit Pedum führt an einem Band die beiden Panther, die das Gespann bilden. Der vordere von ih- nen ist weiblich. Neben ihnen eilt eine Mänade (9), die Doppelflöte blasend. Der Wagen ist vierräderig und reich mit Ornamenten verziert, wie wenn er mit Metall beschlagen wäre. In ihm thront Dionysos (10). Kr sitzt in dem bekannten Schema, das rückwärtige Bein hochsetzend. Den Unterkörper bedeckt ein Man- tel. Die Linke hält den Thyrsos, die Rechte einen Kan- tbaros, aus dem reichlicher Wein fliesst. Von vornen fliegt ihm ein Amor entgegen mit einem Kranz und einer Traube. Hinter dem Wagen steht ein Pedum. Ein nackter Satyr (11) bläst auf der Doppelflöte fast in derselben Haltung wie Figur 4 , dazu tanzt eine nackte Mänade (12), indem sie zierlich ihren ausgebrei- teten Mantel wie eine Draperie hinter sich hält. Es folgt eine Gruppe eines nackten Satyrs (13) und ei- ner Mänade (14). Neben dem Satyr steht eine Keule. Der trunkene, kahlköpfige Silen (15) sitzt auf einem nach 1. schreitenden Esel. Er hält in der Rechten den bändergezierten Thyrsos, die Linke mit einem doppel- henkeligen Becher hängt schwer über den Rücken eines Satyrknaben (16), der den vom Esel Sinkenden mühsam stützt. Schon hebt sich bedenklich das r. Bein Silens über den Eselsrücken, der Oberkörper fällt haltlos zurück, der nächste Moment droht schweren Sturz. Aber der Knabe hält mit den Armen den Oberkörper und stützt mit dem r. Fuss. den er auf einen Stein gesetzt hat, den Oberschenkel des Trunkenen. Neben dem Knaben ist ein Pedum. Diese Gruppe ist fast bis in die Einzelheiten genau wiederholt auf einem bacchischen Sarkophag (Brit. Mus. X t. 39; Bartoli

DIE THENSA CAPITOLINA

Admiranda t. 49; Gerhard Auf. Bildwerke HO, I). Eine bekleidete Mä- nade(17) spielt im Kreise tanzend die Doppelflöte, ein nackter Satyr (18), in jeder Hand einen Stock haltend, tanzt um den heiligen Korb, ans dem eben die Schlange zischend in die Höhe schiesst. Ein Panther hebt, von der lebhaften Bewegung erregt, die Pfote gegen den Satyr.

Eine Besonderheit in der Trachi der Mänaden bildet das Mantelstück, welches hinter den Schultern weil vom Luftzug gebläht wird und über die beiden Arme in Zipfeln frei flattert. Es findet sich häufig an den Figuren der sog. neuattischen Reliefs (Hauser t. II nr. 30). An die Figuren dieser Reliefs und an die bacchischen Sarkophage schliesst sich unser Thiasos an. Bi ders verwandt ist ein Relief in Pal. Mattei (Matz-Duhn II, 2291). Im Ver- gleich mit Sarkophagdarstellungen fällt auf, dass die Figuren weil ausein- ander gezogen sind. [Jeberschneidungen sind vermieden, sobald man den Fries in seine acht deutlich sich absondernden Gruppen zerlegt (1 + 2, 3+4 + 5, 64-7, 8 + 9-1-10, 11 + 12, 13+ II, 15 + 16, 17 - Man

hätte die einzelnen Gruppen gesondert aus der Form ausprägen können, ohne dabei Teile der anstossenden Gruppen mit auszuprägen (vgl. Häuser, die neuatt. Reliefs p. 127)

An künstlerischer Schönheit ist dieser Fries den Achilleusbildern weit überlegen. Er gehört dem Stile nach ganz an den Anfang der Antoninenzeit, wenn nicht in die hadrianische Epoche, zu der besonders das Festhalten an der ebenen Grundflache des überall sichtbaren Reliefgrundes passt. Jede Gruppe zeigt gegen den Hintergrund die volle Silhouette. Verwandt ist etwa die Hochzeit des Peleus (Robert Sark. II t. 1).

V. Technik.

Das Blech hat eine beträchtliche Dicke von c. 0,5 mm. Die Länge der einzelnen jetzt erhaltenen Blechstücke lässt sich nicht überall bestimmen: denn moderne Blechbänder mit Kugelstab unterbre- chen die antiken Stücke und man kann nicht sehen, ob die antike Bronze unter der modernen Ergänzung zusammenhängt oder ge- trennt ist. Doch sind mehrfach Bleche von über 40 cm Länge erhal- ten und im fünften Streifen vou über 55 cm. Die ausgeprägten Formen sind ziemlich stumpf, rundlich und flau. Bei manchen Bildern sind Einzelheiten undeutlich geblieben z. B. Zweige, Speere. Gerätschaf- ten, die in den Händen gehalten werden. Ein Nachziselieren der Oberfläche fand nicht statt, ausser an den Augen der Venus und der Tritonen im Veuusmedaillon. Alan bemerkt bald, dass gewisse Bilder stets in derselben Reihenfolge sich wiederholen. Daraus darf

358 F. STAKHLIN

man schliessen, dass die Reliefs mit Hilfe von negativen Formen hergestellt sind. Auf diese wurde das Blech gelegt und sorgfältig an den Rändern befestigt, so dass es sich nicht verschieben konnte. Mit leichten Schlägen eines hölzernen Hammers trieb man es dann im allgemeinen in die Form. Da das Blech an den Stellen, die besonders hoch reliefiort werden sollten, leicht durch die Hammer- schläge zerriss, legte man hierauf zum Schutze eine Lage Blei oder anderes nachgiebiges und doch zähes Material über das Blech und arbeitete jetzt erst mit sorgfältigen Hammerschlägen alle Einzel- heiten aus. Wenn man heutigen Tages solche Reliefs ausprägen will, so geschieht es auf galvanoplastischem Wege oder durch hy- draulischen Druck.

Unsere Aufgabe ist es, aus dem Wirrwarr des jetzigen Zustandes der Thensa, wo sich z. B. das Bild mit der Rettung von Achills Leiche nur einmal, die Scene von Achills Jagd sechsmal findet, die zur Herstellung verwendeten Formen herauszufinden (1).

Bei den grossen Achilleusbildern bemerkt man sofort, dass die Form mindestens je drei Darstellungen umfasste, die mehrmals in der gleichen Reihe folgen. So sehen wir im 2. und (i. Streifen je einmal: Feiung, Begrüssung, Unterricht; im 2. Streifen zweimal: Jagd, Gesandtschaft, Erkennung; im 6. Streifen zweimal: Achills Zorn, Hektors Tod und Schleifung; im 2. Streifen zweimal: Hek- tors Lösung, Achills Tod, Rettung seiner Leiche (letzteres Bild ist einmal verloren gegangen). Aber eine genauere Beobachtung klärt uns noch weiter über den Umfang der Form auf. Nämlich bei den Uebergängen von Bild 3 (Unterricht) zu Bild 4 (Jagd) und von Bild 9 (Schleifung) zu Bild 10 (Lösung), wo man dem ersten Eindruck folgend ein Aufhören der Form annehmen möchte, ist die trennende Säule (zwischen Bild 3 u. 4 eine geschuppte, zwischen 9 u. 10 eine mit Spiralen nach rechts) mit dem darüber befindlichen Medaillon immer zweimal ausgeprägt d. h. einmal als Abschluss rechts von Bild 3 bezw. 9 und einmal als Abschluss links von Bild 4 bezw. 10. Dazu ist neben dem Medaillon abwechselnd der linke oder rechte Erote ausgepr;'i'it. Mehrfach sind aber liiebei die Hände des gegenständigen Eroten, die das Medaillon halten, mit ausgeprägt, so in Bild 9 und

(') Zu den folgenden Ausführungen wolle der Leser die Tafel XIV u. XV Dei Castellani vergleichen.

DIE THENSA CAPITOMNA

359

Bild 3 rieben dein Venusmedaillon. Beide Arme des Eroten sind im 2. Streifen links von Bild 4 erhalten; auch reicht an dieser Stelle der Giebelarchitrav noch ein Stück weiter nach links (Ab- bildung 9 u. Tafel XVII, 3). Was man schon aus der Gleichheit der Säulen und des darüber befindlichen Kopfes schliessen durfte, wird durch diese Spuren gesichert: zwischen Bild 3 und 4 und zwischen Bild 9 u. 10 hörte die Form nicht auf, sondern ging in einem Stück weiter. Bild 1 6 und Bild 7 12 waren in je einerForm zusammengefasst. Der Handwerker prägte aber niemals die ganze

Fig. 8.

Form auf einmal aus, sondern immer nur die drei ersten oder drei letzten Bilder (über den Grund vgl. S. 375). Dabei prägte er leicht ein Stück des anstossenden Bildrahmens mit aus, besonders die Hände des gegenständigen Eroten. Jede der Formen hat er ge- rade zweimal benützt. Wir gewinnen als Resultat dieser Untersu- chung das planvolle Ganze eines aus 12 Bildern bestehenden Achilleuscyklus. Die Länge von 3 Bildern an der Thensa beträgt 0,395 m, die Länge von 6 Bildein dann 0,79 m. Davon müssen wir die Breite einer Säule abziehen, die durch die Zerlegung des Bleches in zwei Teile zweimal ausgeprägt wurde, und erhalten

360 F- STAF.HLIN

so 0,79 0,014 = 0,776 m als Länge der Form, die wir I (Bild 1-6) und II (Bild 7-12) nennen. Oben und unten begrenzt die Form ein Rundstab. Auf ihm stehen unten die Figuren des Bildes, oben stossen an ihn. die Spitzen der Giebel und die Eroten mit Kopf, Flügeln und Fnsssohlen.

Der Handwerker hatte nicht nötig immer die ganze Form auszuprägen, sondern konnte auch einen einzelnen Teil mitten aus der Form auswählen. Er legte dann das Blech auf die Form und schlug es nur an dem Teil ins Negativ, den er ausgeprägt haben wollte. An der Stelle, wo die Reliefierung enden sollte, bog er das Blech etwas in die Höhe (vgl. Rom. Mitt. 1906 S. 84). Dies Verfahren ist im 4. Streifen angewandt. Hier umfasste gleichfalls je ein Blechstück drei Bilder, nämlich das Venusbild in der Mitte und je ein Achilleusbild auf der Seite, das aus der Form I und II genommen ist. Wo der Myrtenkranz des Venusbildes mit den zwei inneren Säulen der Achilleusbilder zusaminenstossen musste, sind die Spuren des leichten Knickes, den das in die Höhe gebogene Blech erhielt, noch deutlich erhalten (vgl. Tafel XVIII, 1). Besondere Sorgfalt hätte es dabei erfordert, die Grundlinie der beiden Seiten- bilder in die gleiche Linie zu bringen. Allein sie haben ver- schieden hohe Grundlinien und sind schief nach oben oder unten geneigt. Dies entspricht der auch sonst mehrfach festzustellenden Sorglosigkeit des Handwerkers. Zuerst wurden die beiden Achilleus- bilder ausgeprägt, dann erst das Venusmedaillon. Sein Rahmen greift auf die zwei inneren Säulen über und verwischt sie, soweit sie überhaupt ausgeformt waren. Die Länge des relierierteu Teiles beträgt wieder 0,395 m, der Länge von drei Achilleusbildern genau entsprechend.

An diesem vierten Streifen sieht man, dass der Handwerker von der Bedeutung der Achilleusbilder keine Kenntnis hatte. Er hielt nämlich ihre Reihenfolge für gleichgiltig und verwendete sie nur als Schmuckstücke. Ohne jeden Grundsatz wählte er das eine oder andere Bild zur Verwendung aus. Nur seiner Bequemlichkeit trug er Rechnung, indem er immer die Seitenbilder beide entweder der Form I oder der Form II entnahm. So setzte er zusammen: Un- terricht und Jagd. Begrüssung und Feiung (zweimal) aus Form I, Hektors Schleifung und Achills Tod aus Form II. Wir ha- ben also aus dem vierten Streifen als neue Form, die IV. benannt

DIR THENSA CAPITOLINA 361

sein soll, nur das Vennsmedaillon zu entnehmen, das 0,138 m breit und hocli ist.

Die Achilleusbilder des tauften Streifens sind von einem untergeordneten Künstler, nach dem Vorbild der grossen Bilder in verkleinertem Massstab gefertigt (vgl. Tafel XVII, 2). Ihre Minder- wertigkeit zeigt sich in der durchgehenden Verschlechterung der Zeichnung, indem z. 13. die Personen un verhältnismässig grosse Köpfe haben, besonders bei der Begrüssungsscene; ferner in der missglückten Aenderung der Vorlage, wenn in der Jagdscene Achill nicht auf dem Rücken Cheirons, sondern auf einem eigenen Pferd reitet, sodann iu der Vernachlässigung der zeitlichen Ordnung, indem die Gesandtschaft erst hinter Achills Zorn kommt. Solcher Unkenntnis der Sage begegneten wir auch im vierten Streifen. Eine Kleinigkeit ist, dass die jonische Säule iu Achills Zorn in eine korinthische verwandelt ist.

Der Streifen beginnt mit Achills Feiung, ohne dass auf dem breiten links erhaltenen Rand die linke Anfangssäule mit der Zwickelfüllung darüber ausgeprägt wäre. Dagegen sieht man, dass das Blech an dieser Stelle einem starken Druck (vgl. S. 375) ausge- setzt war. Wir müssen daher annehmen, dass es hier unter dem Wagenrand steckte und von ihm breitgedrückt wurde. Also gehört dieses Bild ganz links an den Anfang des Streifens. Da- rauf folgen in ungestörter Reihe die sieben ersten Achilleusbilder, in denen aber die Gesandtschaft an den Schluss gestellt ist, was dem besprochenen Unverständnis des Verfertigers zuzuschreiben ist. Die Zwickelfüllung über der ersten Säule ist nicht erhalten. Dann folgeu in drei Zwickeln drei nach rechts fliegende Eroten, deneu iu den nächsten drei Zwickeln drei nach links fliegende Eroten entgegenkommen. Ueber der letzten Säule ist im Zwickel der aufgerichtete Oberkörper eines Eroten. Er bezeichnet das Ende dieser Form. Wir haben eiue genaue Symmetrie in den Säuleu, deren Spiralen nach rechts und links wechseln, und in den Zwik- kelfüllungen (vgl. unten S. 369) und dürfen annehmen, dass auch über der ersten Säule ein aufrechter Erote war. Die Einheit und der Abschluss, der diesen sieben Bildern ihrem Inhalt nach fehlt, ist der Form durch die symmetrische Ornamentik gegeben. Die Länge dieser Form III ist 0.555 m.

Nachdem die Form einmal abgedrückt war, wurden ein oder

362

F. STA EH LI N

mehrere Bilder eingeschoben, die mitten aus der Form mit dem oben bezeichneten Verfahren geprägt wurden. Die Reihenfolge der Bilder war ja dem Handwerker gleichgiltig. Erhalten ist das an die Gesandtschaft anstossende Stück des Jagdbildes (Abbildung 8). Es ist jetzt zur Linken begrenzt von der Säule mit dem aufge- richteten Eroten. Innerhalb der festen Form aber ist im Zwickel

Fisr. 0.

links über dem Jagdbild einer der nach rechts fliegenden Eroten. Die hieraus sich ergebende Schwierigkeit hat ihre Spuren hinter- lassen. Denn 1) reicht der flache Bogen über dem Jagdbild nicht bis an die linke Säule; 2) ist das ganze Bild etwas von der linken Säule abgerückt; 3) ist der Arm mit dem Kranze des nach rechts fliegenden Eroten neben dem aufrechten Eroten mit ausgeprägt.

Nunmehr folgt ein völliger Bruch des Bleches, an den kein anderes Stück anpasst. In Castellanis Rekonstruktion folgt nach der Lücke der Unterricht und die weiteren vier Bilder bis zur Ge-

DIE THKNSA CAPITOLIKA 363

sandtschaft in der Reihenfolge der Form. Die beiden ersten Bilder, nämlich Feiung und Begrüssung, fehlen. Merkwürdigerweise tauchten sie aber in Paris auf und sind im Versteigerungskatalog der Col- lection Hotfmann (von Froehner, Paris 1888) auf p. 107 n. 394 in Originalgrösse abgebildet (danach Abbildung 10). Ich verdanke den mir sehr wertvollen Hinweis auf dies Stück Herrn Dr. Frie- drich Hauser in Rom. Kann schon wegen der Maasse und der Dar- stellung kein Zweifel sein an ihrer Zugehörigkeit zur Thensa, so ist sogar ihr Platz zu bestimmen, da die rechte Bruchseite der

ppatä^

Fi«?. 10.

beiden in sich zusammenhängenden Pariser Stücke genau anpasst an die linke Bruchseite des Unterrichts. Ich habe dies durch An- passen einer ausgeschnittenen Pause am Original erprobt. Leider ist auch an diesem Stück die Zwickelfüllung über der ersten Säule, wenigstens nach der Abbildung, nicht zu erkennen. Wo es sich jetzt befindet, ist mir nicht bekannt.

Es war also nach der oben bezeichneten Lücke noch einmal die ganze Form mit den sieben Bildern ausgeprägt. An das siebente Bild (Gesandtschaft) schliesst sich der Unterricht an. Auch an ihm sind infolge dessen Unregelmässigkeiten zu bemerken : 1 ) Es hat zur Linken die Schlusssäule der Form mit Spiralen nach links, während

364 F- STAEHLIN

es innerhalb der Form zur Linken eine Spiralsäule nach rechts hat; 2 1 auch hier reicht der Bogen über dem Bild nicht an die linke Säule heran; 3) das Bild ist zu nahe an die Säule gerückt. Dadurch ist vermieden oben im Zwickel ein Stück des fliegenden Eroten neben dem aufrechten auszuformen. Dafür blieben aber auch der linke Baum und die Füsse des Lokalgottes unausgesprägt. Von dem hierauf folgenden Jagdbild ist nur ein kleines Stück der fliegenden Chlamys Achills erhalten. Dann folgt eine glatte Fläche, die unter dem Wagenrand verschwand. Wir haben also von diesem Streifen die beiden unter den Wagenrand gehörenden Enden und in der Mitte eine Lücke, die mindestens noch ein verlorenes Bild umfasste. Es wird die an das Jagdbild anstossende Szene der Erkennung gewesen sein. Es ist auch noch ein nach links fliegender Erot erhalten, der zu diesem Bilde passen würde. Castellani hatte, bevor die Pariser Stücke zu Verlust gingen (p. 131 Ire dei ret- tangoli aadarono perduti), siebzehn Bilder dieses Streifens (p. 131 la quinta fascia era scompartita in dicisette rettangoli). Jetzt sind noch fünfzehn am Original ganz oder teilweise erhalten.

Die Form V endlich bildet der Thiasos in der Reihenfolge, wie er oben beschrieben ist. Castellani und Heydemann hielten irr- tümlicherweise den Dionysos für Ariadne und gründeten darauf die Vermutung, dass noch Reliefstücke mit Dionysos verloren seien. Nach Beseitigung des Irrtums darf auch die Vermutung für ab- getan gelten. Die Form ist von dem kahlköpfigen Silen bis zur heiligen Cista mit der Schlange 55 cm lang, also der Länge von Form III fast genau entsprechend. Au technischen Besonderheiten ist Folgendes zu erwähnen: bei dreien der vier erhaltenen Stücke bildet Figur 1 den Anfang. Also nahm der Handwerker jedesmal für Ausprägung der Form ein eigenes Blechstück, das der Länge der Form entsprach. Denn links von Figur 1 schneidet das Blech immer glatt ab, nicht mit unregelmässigem Bruchrand. Nach wie- derholter Ausprägung der V. Form blieb dem Handwerker noch bis zum Seitenbord eiu leerer Raum von 0,095 cm Länge übrig. Hier schob er mitten aus der Form nicht eine der oben (S. 357) bezeichneten zusammengehörigen Gruppen ein, sondern Figur 5, 6 und 7. Mit so geringer Sorgfalt fügte er sie ein, dass die Grund- Linie der angeflickten Figuren um 3 mm zu tief ist und schief nach abwärts steht. Weil er sich nicht an die Gruppeneinteilung an-

DIK THENSA CAP1T0LINA 305

schloss, sind trotz der lichten Zwischenräume in dieser Form doch nicht zugehörige Reliefteile mit ausgeprägt, so die Doppelflöte des Satyrs 4, der Arm und das Pediini des Satyrs 8. Man sieht auch an der Anschlussstelle den oben erwähnten senkrechten Knick im

Bleche.

Als Resultat der technischen Untersuchung stellt sich heraus, das sämtliche Reliefs der Thensa mit nur fünf Formen ausgeprägt sind, nämlich :

Form I (grosse Achilleusbilder 1-6).

Form II ( » » 7-12).

Form III (kleine Achilleusbilder).

Form IV (Venusmedaillon).

Form V (Thiasos).

VI. Ornam e n tik.

Aus den bei der technischen Untersuchung gewonnenen Re- sultaten ergibt sich, dass wir zunächst nicht nach der Ornamentik der ganzen Thensa fragen dürfen, sondern nach der der einzelnen Formen. Was über die Ornamentik des ganzen Wagens zu sagen ist. wird in Kap. VIII zur Sprache kommen.

Von den grossen (Form I und II) und kleinen (Form III) Achilleusbildern ist jedes für sich eingerahmt, und zwar die grossen Bilder mit Säulen und einem Giebeldreieck. Trennung der einzelnen Bilder durch Ornamentstreifen (Flechtband, Triglyphen- und Metopenband) war schon bei älteren griechischen Bronzen das crewöhnliche Schema. Aber während diese die einzelnen Bildvier- ecke senkrecht unter einander anordneten (De Ridder de eötypis quibusdam, quae falso vocantur Argivo-Corinlhiaca Paris 1896) und die Nebeneinanderreihung, wie sie die Bronze von Eleuthe- rae zeigt (de Ridder nr. 36), eine Aenderung des ursprünglichen Schemas bedeutet, befinden sich auf der Thensa die Bilder neben- einander. Aller Nachdruck ist hier darauf zu legen, dass die Ein- rahmung durch architektonische Vorbilder, die in wagrechter Linie sich ausbreiten, bestimmt ist. Die Aedicula-artige Einrahmung des Einzelbildes hat auf griechischen Votivtafeln und Grabreliefs.

366 F- STAEHLIN

den Mittelbildern ünteritalischer Prachtvasen, römischen Grabur- nen (vgl. besonders Heibig IP nr. 1082) und Grabaltären und be- sonders im Bildträger in der Wandmalerei ihre Vorläufer. Bei der zusammenhängenden Säulenhalle aber, in der oder durch die man die Achilleusbilder sieht, schwebten dem Künstler Werke der Wandmalerei vor und zwar ein grösserer Cyklus von Gemäl- den. Für die Darstellung eines grösseren Gemäldes auf einer Wand ist eine durch einen Prospekt durchbrochene Wand mit Einrahmung des Bildes durch seitliche Pfeiler oder Säulen das naturgemäss geforderte Schema (Mau Gesch. d. Wandmalerei S. 187 und die Wand aus der Villa des Diomedes Taf. 7). Ein ganzer Cyklus derartiger Bilder ist uns in den Odysseelandschaf- ten vom Esquilin (herausgegeben von Karl Woermann) erhalten, auf die man durch eine kräftige Pfeilerarchitektur hinaussieht, Da das gleiche Schema zur Einrahmung der Thensabilder ange- wandt ist, so darf man einen direkten Einfluss der Architektur- malerei auf die Gestaltung der Formen I und II annehmen.

Die Säulen sind korinthisch, an den Basen mit Tonis und Tro- chilus versehen. Am Kapitell ist eine dreifache Akanthusausla- dung nach den Seiten hin angegeben. Die Säulen sind so breit wie in der Wirklichkeit Säulen als Dachträger sein müssten. Sie gleichen hierin den Pfeilern der Odysseelandschaften, die dem ar- chitektonischen (zweiten) Stil angehören (Mau, Wandmalerei S. 164). Wir unterscheiden Säulen mit geraden Rillen, mit Spiralen nach links und rechts und mit Schuppen. Letztere, die ursprüng- lich den Palmbaum nachahmen, sind in der römischen Wand- malerei (Mau t. 13, 14) und Skulptur (Rom. Mit. 1904 p. 24. Heibig P nr. 694 u. 695 ; E. Würz, plast. Dekoration des Stütz- werkes, 1906 p. 87 f.) nicht selten. Gleichgeordnete Stützen der Architektur sind in guter griechischer Zeit unter sich gleichartig. Den Anlass zu Abweichungen scheint die Wandmalerei gegeben zu haben. Schon im zweiten Stil werden die Säulen des Bildträgers, der ja nach der Absicht des Malers peispeldivisch vor den Sockel vor- springt, also der übrigen Wand nicht gleichgeordnet ist, vor den übrigen Pfeilern oder Säulen der Wand ausgezeichnet (Mau t. 5 u. 6). Der dritte ornamentale Stil, der diese perspektivisch gedachte Ar- chitektur ins Flächenhafte überträgt, auch die Stützen ihres eigent- lichen architektonischen Charakters entkleidet und sie als Orna-

DIE THKNSA CAP1T0MNA 36"i

mente verwendet, stellt auch in derselben Ebene Stützen von ver- schiedener Art dar. So sind im Peristyl der casa del Citarista (Mau S. 302 t. 11 e) schwarze Pfeiler, auf die in rytlimischem Wechsel ein Kandelaber, eine Rundsäule und ein Pfeiler gemalt sind (vgl. Zahn III, 59). Ein Beispiel aus der wirklichen Archi- tektur liefert das Monument von Adamklissi, zu dem Studniczka viele Analogieen anführt (Monumentum Traianum. Abli. d. sächs. Ges. d. Wiss. Bd. 22, 1903 04, S. 38).

Besonders auffallend ist die Symmetrie der Säulenstellung. Versteht man unter 1 Säuleu mit senkrechten Rillen, unter 2 mit Spiralen, unter 3 mit Schuppen, so ergibt sich folgende Reihe:

12 2 3 3 11 Mitte 112 2 3 3 1.

Die Säulen folgen also nach einer bestimmten Kunstabsicht. Von der Mitte aus genommen sind beide Flügel symmetrisch. Das Mittel des Kontrastes ist angewandt, indem die Säulenpaare 2 und 3 umgestellt sind. Sechs Bilder ergeben noch nicht die Symmetrie, sondern erst alle zwölf zusammen. Sie werden durch die Symmetrie zu einer Einheit zusammengefasst. Solche auf die Mitte hinzielende Symmetrie klingt leise an bei den Odysseeland- schaften (Wörman a. a. 0. S. 3). Sie geht aus von dem Augen- winkel des Beschauers, der nach der Absicht des Malers dem Kirke- bild als der Mitte gegenüberstehen . soll. Infolgedessen lassen die fünf Bilder links vom Beschauer rechts hinter dem roten Pfeiler, die fünf Bilder rechts vom Beschauer links hinter dem roten Pfeiler einen schwarzen Pfeiler und in entsprechender Weise die Seitenansicht des roten Pfeilers sehen (natürlich so weit eben die Bilder erhal- ten sind). So sind diese gleichwertig aneinander gereihten Bil- der doch gewissermassen zusammengefasst. Beherrscht von die- sem Prinzip ist die symmetrische Anordnung der Wand mit einem Gemälde in der Mitte (Mau Kap. 9). Der Hauptteil der Wand zerfällt dabei in drei Teile, ein selbständiges Mittelstück und zwei sich entsprechende Flügel. (Genau so findet sich um dies liier gleich vorwegzunehmen an der Thensa die Form IV mit Form I und II zusammengestellt. Das Venusmedaillon ist das Mittelstück, zwei Achilleusbilder sind die Flügel). Besonders zu beachten aber ist der obere Wandteil bei solchen Wänden. Da gehen oft von dem festen Mittelpunkt 4-0 sich entsprechen'!.' Glieder aus (Säulen, Gebäude, Veranden, Bilder, Pflanzen u. <1lt1

V. STAKH! IN

vgl. eine Wand vierten Stils bei Zahn 111, 9(3). Die künstlerische Absicht ist dabei die gleiche wie an der Thensa, nämlich eine langgestreckte Fläche durch Symmetrie zu einer Einheit zusam- menzufassen. Freilich wird auch ein geschultes Auge eine solche Entsprechung in der Verschiedenheit nicht leicht auffassen können.

Zu vergleichen sind auch die Säulensarkophage. An den He- raklessarkophagen rinden wir nur, wie bei Form III, den rhyth- mischen Wechsel zwischen Säulen mit Spiralen nach 1. oder r. An den christlichen Sarkophagen ist es aber schon ganz geläufig, dass zwei verschiedene Säulenarten (mit Ranken, Spiralen, gera- den Rillen und Rillen, die in der unteren Hälfte wieder mit Rund- stäben ausgefüllt sind) in bestimmtem Wechsel einander gleich- geordnet sind (vgl. Garrucci, Storia dell'arte cristiana V t. 331,2. 347,2. 4.3).

Aehnliche Beobachtungen wie an den Säulen machen wir an den Giebeldreiecken. Es folgt über dem Abacus der Säulen nicht Epi- styl, Fries und Sima, sondern nur die aus einem Kugelstab be- stehende Sima ist auf allen drei Seiten des Dreiecks herumge- führt (vgl. Schild des Scipio Monum. Piot VI, 1S99. p. 29, fig. 3; Terrakottafries des Octavius Oesterr. Jährest. VI, 1903, p. 16 t. II). Im Tympanon ist der gebräuchliche Lorbeerkranz. Die kleinen A- chilleusbilder in Form III sind mit ganz linienhaften, flachen Bögen überspannt. Sie enden direkt am Abacus der korinthischen Säulen, deren Kapitell nur zwei Akanthusausladungen zeigt. An den He- raklessarkophagen sind die Bögen noch hochgewölbt, bei den christlichen Sarkophagen findet man häutig Flachbögen.

Besondere Beachtung verdient die Füllung der Zwickel zwi- schen den Giebeln bezw. Bögen. Leerer Raum wird vermieden und bei der Raumfüllung wird nach den Gesetzen der Symmetrie und der Centralisation verfahren (vgl. Alois Riegl, spätrömische Kunst- industrie S. 78 f.). In Form I und II sind die Zwickel durch ge- genständige, ganz von der Seite gesehene Eroten ausgefüllt, die ein rundes Medaillon mit einem Porträt tragen. In den Medaillons kehren stets die gleichen Köpfe wieder, nämlich ein nach links .sehender männlicher und ein nach rechts sehender weiblicher Kopf. Die Abwechslung der beiden Köpfe bringt in die sonst gleichartige Reihung doch eine gewisse Gegensätzlichkeit. Die an den beiden Enden der Form I und II befindlichen Köpfe sehen nach der

DIE THK.VSA CAI'ITOLINA 369

Mitte zu und dienen so der Centralisation, die nur schwach aus- gedrückt ist. Auch in der Mitte ist sie mehr in negativer als in positiver Weise angedeutet, indem dort zwei Niken mit Kränzen auseinander fliegen und die Zwickel füllen (vgl. Viktorien als Zwickelfüllung bei Triumphbogen). Durch diese Hervorhebung der Mitte zwischen zwei sich entsprechenden Flügeln erhält das Ganze eine symmetrische Anordnung.

Stärker noch ist das Prinzip der Centralisation und Sym- metrie an Form III durchgedrungen. Im ersten (vgl. oben S. 361) und im letzten (achten) Zwickel ist der Oberkörper eines aufrechten Eroten, der gleichsam aus der Säule wächst. Im zweiten bis vier- ten Zwickel fliegt je ein Erote mit Kranz in der vorgestreckten Rechten nach rechts, während ihnen in Zwickel 5-7 je ein Erote gleichfalls mit Kranz in der vorgestreckten Rechten entgegenkommt. Alles strebt also der Mitte zu. Sehr ähnlich ist ein Sarkophagre- lief im Palazzo Mattei (Robert III, 2 nr. 192 vgl. nr. 309). Zwik- kelfüllung finden wir auch bei den Herakles-und anderen Säulen- sarkophagen. Aber besonders ausgebildet ist sie bei den christlichen Sarkophagen. Das symmetrische Spiel, das dort mit Pflanzen, Vö- geln, weiuerntenden Eroten, Körben, Delphinen, Tritonen, geflügelten Köpfen getrieben wird, erregt unser Staunen und geht für unseren Geschmack ins Kleinliche (vgl. Garrucci, V, t. 315,2. 335,4).

Form IV, das Venusmedaillon, ist selbst als ein Ornament aufzufassen (vgl. S. 367 über seine Zusammenstellung mit Form I u. II). Form V, der Thiasos, hat gar kein Ornament und beweist auch hierin seinen von den anderen Formen abweichenden Cha- rakter.

Während die figürlichen Darstellungen noch unter der Tra- dition des griechischen Reliefstiles stehen, folgt die Ornamentik den Gesetzen, die in der römischen Zeit immer mehr ihre volle Ausbildung erhielten, nämlich der Verdrängung des Reliefgrundes durch Ausfüllung des Raumes und dem Streben nach Svmmetrie und Centralisation. Wir finden unter den christlichen Sarkopha- gen des 3. und 4. Jahrhunderts mehr Analogieen zu der Orna- mentik der Formen I-III als unter den Sarkophagen der Antoni- nenzeit. Auch hier haben Neuerungen, denen die Zukunft gehören sollte, zuerst in der Ornamentik sich Bahn gebrochen. Nach den

25

370 F- STAEHLIN

ornamentalen Elementen und dem Stil geordnet würde sich für die fünf Formen folgende zeitliche Reihenfolge ergeben :

1. Form V (Thiasos).

2. Form I u. II (grosse Achilleusbilder).

3. Form III u. IV (kleine Achilleusbilder und das Venus- medaillon).

VII. Die Medaillons.

Bei Verzierung der Thensa ist ein reichlicher Gebrauch ge- macht von Medaillons. Als Zwickelfüllung bei den grossen Achilleus- bildern sind Eroten verwendet, die ein rundes Medaillon (Durchm. mit Rand 2 cm) mit abwechselnd einer männlichen und einer weib- lichen Gewandbüste halten. Der männliche Kopf ist ziemlich aus- druckslos, mit eingebogener Nase, halblangen Haaren, unbärtig, runder Schädelform. Der weibliche Kopf ist durch seine Haartracht bemerkenswert (vgl. S. 342). Man möchte glauben, dass die weiblichen Köpfe nicht immer die gleichen seien. Der Hals scheint manchmal dünner, die Nase spitzer, das Haar in einer Flechte am Hinter- kopf hochgezogen. Doch können diese Unterschiede ihren Grund nur in Unregelmässigkeiten bei der Ausprägung oder in späteren Verletzungen haben. Die Gesichtszüge sind so matt ausgeprägt, dass es aussichtslos wäre, die Köpfe mit bestimmten Personen identifizieren zu wollen (vgl. Tafel XVIII, 5).

Während diese Köpfe mit zu Form I und II gehörten, sind noch drei andere Medaillons vorhanden, die aus eigenen Formen gepresst und dann auf die Bronzebleche aufgelötet sind. Sie sind durch Stanzen hergestellt und haben schärfere Umrisse. Der Durch- messer ist 4. 8 cm. Auf einem Medaillon (Tafel XVIII, 3 in Origi- nalgrösse) ist Kopf und Hals (ohne Büste) einer unbärtigen Person mit langem wallendem Haupthaar dargestellt. Die Haltung und die Züge sind edel, die Stirne hoch, die Nase fein geschwungen, die vollen Lippen fest geschlossen. Um den Hals scheint sie ein nicht deutlich erkennbares Band zu tragen. Man wird unwillkür- lich an eineu Kopf aus der Zeit Ludwigs XIV. erinnert. Der Kopf sieht nicht römisch, sondern griechisch, fast wie ein Apollo!«*!»!'

DIE THENS.V CAPITOLINA 371

aus. Ich halte die festen, stark ausgeprägten Züge für männlich Während dieser Kopf nach r. sieht, ist der andere (Tafel XVIII, 4) nach 1. gewendet. Er hat kurzes Haar, hohe Stirn, starke Ein- biegung am Nasensattel, ziemlich spitze Nase, festgeschlossenen Mund mit schmalen Lippen, starkes, spitz vorspringendes Kinn. Die Augen sind etwas zusammengekniffen, die Wangen mager, die Ohren gross. Es ist ein soldatischer, römischer Charakterkopf, ver- wandt im Aussehen mit der Togastatue im Lateran (Heibig I2, 674, abgeb. Garrucci, Museo Laterauo VIII ; Bernoulli, röm. Iko- nographie II, 1 p. 214).

Das dritte Medaillon (Tafel II, 2) stellt den Kampf mit der Chimaera dar. Bellerophon sitzt auf dem geflügelten Pegasos. Mit der L. hat er den Kopf des Pferdes herumgerissen, mit der R. stösst er die Lanze in den Rücken der Chimaera, die einen Lö- wenkörper und Schlangenschwanz hat, während vom Ziegenkopf nichts zu erkennen ist. Die Darstellung ist schwungvoll und be- wegt. Sie fügt sich besonders gut in einen runden oder ovalen Rahmen. Auf einem der eingeritzten schwarzen Grabsteine in Theben, die Vollgraf veröffentlichen will, ist sie als Zeichnung auf einem Schild benützt.

Vou diesen Medaillons ist ganz oder in Bruchstücken erhal- ten der hellenistische Kopf viermal, der Römerkopf fünfmal, der Chimaerakampf dreimal. Castellaui hat sie teils in den sechsten Streifen unter die grossen Achilleusbilder gesetzt, und dafür hatte er Spuren an den antiken Teilen, teils hat er sie an beliebigen anderen Stellen angebracht. Das Wahrscheinlichste ist, dass sie im zweiten und sechsten Streifen unter den grossen Achilleusbiidern waren. Sicher bestimmen lässt sich das nicht, weil im zweiten Streifen die Teile unter den Reliefs teils ganz verloren, teils so oxydiert sind, dass sich Ansatzspuren nicht mehr feststellen lassen. Die Wendung der beiden Porträte entspricht der in den Zwickel- füllungen. War unter jedem x\.chilleusbild ein Medaillon, so müssten es ursprünglich je 8 Medaillons gewesen sein. Sie schlössen dann immer je 3 Achilleusbilder so viele waren auf ein Blechstück geprägt zu einer Einheit zusammen.

Diese Medaillons sind Münzprägungen ähnlich. Die aufgelö- teten Köpfe sind älter als die Gewandbüsten in den Zwickeln. Erst seit Hadrian wird es Regel ausser Kopf und Hals auch ein

;372 V. STAEHLIN

Stück der Büste auf die Münzen zu prägen. Die Haartracht der weiblichen Büste weist uns ins Ende des zweiten Jahrhunderts. Der Chirnärakampf erinnert an die korinthischen Münzen (Catal. of Greek Coins in the Brit. Mus. Corinth pl. XIX, 13. XX, 18. XXIII, 13, 14. u. a. ; Etruskische Spiegel IV t. 334. V 72 u. 73). Keine stimmt genau überein; besonders ist unserem Medaillon allein eigen das lebendige Herumreissen des Pferdekopfes. Allein der Künstler kann ja ein Münzbild auch in freier Weise benützt haben. Porträtmedaillons als Ornamente waren in der römischen Kaiserzeit beliebt. Sie treten an Sarkophagen auf (Altmann, Or- namentik der Sark. S. 100). Kaiserporträts befanden sich als ima- gines an den Fahnenstangen der Praetorianer (Domaszewski, die Fahnen im röm. Heere Wien 1885 S. 69). Besonders bezeugt ist die Benützung: der Münzen als Ornament in der Antoninenzeit. Die von Münsterberg (Österr. Jahreshefte 1904 S. 139) veröffent- lichten Proben eines Steinschneiders zeigen wahrscheinlich die Köpfe des jugendlichen Marc Aurel und des Antoninus Pius. Jünger ist das Bronzeblech im Kircherianum mit den Köpfen des Traianus Decius, Herennins und der Etruscilla (Röm. Mitth. 1906 S. 83). Das berühmteste Beispiel aber ist die Patera von Rennes (Babe- lon, Cabinet des antigues ä la Bibl. nat. pl. VII). In ihren Rand sind 16 Goldmünzen, die Zeit von Hadrian bis Caracalla umfas- send, so eingelassen, dass Vorder - und Rückseite zu sehen sind und immer ein bärtiger Kopf, von einem Lorbeerkranz umgeben, mit einem weiblichen oder unbärtigen männlichen Kopf, von Akan- thos umgeben, abwechselt. Auch die Art dieses Rhythmus erin- nert an die Thensa. Die Schale ist wegen der Getamünze auf 210 n. Chr. zu datieren. Interessant ist, dass auf der Kehrseite bei jeder Münze die Abkürzung des Namens steht, damit der Hand- werker die richtige Münze einsetze und nicht aus Unverstand den beabsichtigten Rhythmus störe. Solche Beaufsichtigung durch einen Kundigen fehlte dem Handwerker der Thensa.

VIII. Zusammensetzung.

Der Wagen ist durch viele Hände gegangen, bis er vollendet war. In einer Werkstatt wurden mit den fünf Formen die relie-

D1K THENSA CAPITOLINA 010

tierten Streifen hergestellt, deren Grösse genau bestellt war. Jedoch stand die Länge der an dem Wagen zu besetzenden Strecken nicht mit der Länge der Formen in einem bestimmten Verhältnis. Die Länge der betreffenden Form ging nicht restlos auf in die Aus- dehnung des Streifens, sondern es mussten mehrfach einzelne Stücke aus der Form angesetzt (1. und 3. Streifen) oder eingeschoben (5. Streifen) werden, um die ganze Länge des Streifens zu bedecken.

1. 2. 3.

5.3.4 6 7 5. (4>Lüc K e 1.8.3.4.6.7.5.3

V 4.

2. V 1.

12 3

T H I A S O S

T H ! A S O S

Fig. 11.

Im zweiten, vierten und sechsten Streifen, wo gleichfalls der zur Verfügung stehende Raum von den reliefierten Stücken nicht ganz ausgefüllt wurde, schob man glatte Bronzebleche dazwischen, von denen einige erhalten, andere von Casteilani ergänzt sind. Man sieht daraus, dass die Formen nicht eigens für die Theusa gemacht, sondern dem in der Werkstatt vorhandenen Vorrat an Formen entnommen wurden. Andere Arbeiter befestigten die Bronzeteile am Wagenkasten aus Holz. Holzreste waren ja noch an den Pnndstiicken erhalten. Zuerst wurden die reliefierten Teile festgenagelt. Die Nägel sind dünn und kurz, haben aber grosse Köpfe von 1, 3 cm Durchmesser, ähnlich unseren Reissbrettnägeln. Sie wurden ohne Rücksicht auf das Relief eingeschlagen, wie wir das auch an an- deren Brouzegeräten sehen. An der Vulcenter Ciste (Heibig II2 1388) ist durch einen Nagel gerade der Kopf einer Amazone ver- deckt. Nach Befestigung der Reliefs wurden die senk- und wag- rechten Lücken zwischen den einzelnen Bronzestücken mit einem

374 F. STAEHLIN

Kugelstab überdeckt. Der senkrechte Kugelstab fehlte im fünften Streifen, dagegen im ersten und dritten Streifen muss er vor Figur 1 immer ergänzt werden. Zuletzt wurden die massiven Seitenteile mit grossen Nägeln festgeschlagen. Sie gaben der ganzen Verkleidung den grössten Halt. Sie sind die Grundlage jedes Rekonstruktionsver- suches.

Dereine ist ganz, der andere zur Hälfte erhalten. Der Seiten- teil ist geschwungen und oben und unten wagrecht d. h. parallel zum oberen und unteren Rand des Wagenkastens abgeschnitten. Die Länge von der Mitte dieser Schnittlinien gemessen, ist 0.95 m. Dies bildete das Grundmass für Castellanis Rekonstruktion : der jetzige Wagenkasten ist genau 0,95 m hoch. Allein dabei hat Castellaui die Neigung des Seitenteils ausser Acht gelassen. Des- halb ragt bei ihm auch der Wagenkasten oben und unten in unschöner Weise über die Enden der Seitenteile hinaus. Man muss als Höhe des Wagenkastens nicht die absolute, sondern die senk- rechte Entfernung der oberen und unteren Schnittlinie nehmen. Dann bekommen wir als Höhe des Wagenkastens 0,84 cm. Castel- lani hat zur Ausgleichung seines ersten Fehlers noch einen zweiten begangen. Er ergänzte nämlich in der wagrechten Linie immer einen zweireihigen Kugelstab. Allein die zahlreichen erhaltenen Bruchstücke zeigen den Kugelstab immer nur einreihig (0,015 m breit). Zieht man von 0,95 m 5 X 0,015 ab, da Castellani den Kugelstab 5 mal zu viel genommen hat, so erhält man 0,95 0,075 = 0,875 m, was mit der senkrechten Höhe des Seitenteils ziemlich genau stimmt. Ganz genau kann man die senkrechte Höhe der einzelnen Streifen nicht angeben, da man nicht weiss, wie weit das Blech oberhalb und unterhalb der Reliefs sichtbar war. Setzt man x = Höhe des 2. 4. und ß. Streifens, y = Höhe des 1. 3. und 5. Streifens, so erhält man die Gleichung

S.v -f- 3y + 7 X 0,015 m (Kugelband) 0,84 m, ausgerechnet x -j- y = 0,245 m, von denen man dann 17 cm auf x und 7,5 cm auf y nehmen kann, was ungefähr mit Castellanis Maassen stimmt.

Es fragt sich nun, ob wirklich, wie bei letzterer Berechnung vorausgesetzt ist, die senkrechte Ausdehnung in 6 Streifen zerlegt war, und welche Länge für die einzelnen Streifen, d. h. für die Entfernung der beiden Seitenteile von einander ermittelt werden kann. Von vornherein ist dabei klar, dass durch die Einziehung

DIE THENSA CAPITOLINA 375

der beiden Seitenteile eine bedeutende Verkürzung der oberen Streifen bedingt ist. Man hat also die Streifen je nach der Länge, die sich von ihnen erweisen lässt, so anzuordnen, dass der kürzeste oben und die anderen je nach zunehmender Länge weiter unten anzuordnen sind.

Für die Ausdehnung der Streifen mit den grossen Achilleus- bildern gibt uns folgende Erwägung einen Anhalt. Warum hat der Handwerker nicht die ganze Form I und II in einem Blechstück ausgeprägt? Da die Herstellung dieser fast 80 cm langen Form besonders kostspielig gewesen sein muss, hätte sie doch auch aus- genützt werden sollen! Der Grund kann nur der gewesen sein, dass Streifen mit je 6 Bildern von 0,76 m Länge sich nicht auf den zu besetzenden Raum verteilt hätten. Wie nämlich die Bilder der Form I und II verteilt waren, können wir noch nachweisen. Der Seitenteil griff wegen seiner Neigung auf das Relief über, wie man es auch bei der jetzigen Zusammensetzung sieht. Durch die wuch- tigen und rücksichtslosen Hammerschläge aber, mit denen der schwere Seitenteil festgenagelt wurde, wurde der Rand des Reliefs d. h. die Säule und der Medaillonkopf, breitgedrückt. Diese breit- gedrückten Ecksäulen befinden sich bei der Castellanischen Anord- nung teilweise in der Mitte des Wagens, wo eine solche Eindrük- kuno- unerklärlich bliebe. Ordnet man aber die Bilder so, dass in einen Streifen die Bilder 1-9 und in einen anderen Streifen die Bil- der 10-12 und dann noch einmal die ganze Reihe von 1-12 kommt (vgl. den Wiederherstellungsentwurf Abb. 11), so zeigen sämtliche Säulen und Medaillons, die an den Enden der Streifen ihren Platz erhalten, die Spuren vom Druck des Wagenbordes. Die Eindrückung ist am stärksten an der linken Ecksäule eines Bildes 1, der rechten Ecksäule eines Bildes 9 (Schleifung) und der 1. Ecksäule eines Bildes 10 (Lösung). Geringer ist sie bei der r. Ecksäule eines Bildes 12. An anderen Säulen findet sich diese Art der Beschädi- gung nicht. Somit ist die angegebene Anordnung als die ursprüng- liche bewiesen.

Recht augenscheinlich tritt uns dabei die Beobachtung ent- gegen, dass Form I und II nicht etwa eigens für die Thensa ge- macht oder ursprünglich für sie bestimmt waren. Denn ihr Haupt- vorzug, die Länge und die Symmetrie, kam an dem Wragen gar nicht zur Geltung. Die Niken z. B., die den Mittelpunkt bilden,

376 F. STAKHLIN

stehen niemals in der Mitte. Im kürzeren Streifen sind links von den Niken 6, rechts 3 Bilder, im längeren Streifen links 9, rechts (3 Bilder. Ganz verloren geht durch die bei der Zerlegung in 2 Teile notwendige Verdoppelung einzelner Säulen die feine Sym- metrie der Säulen. Dem Verfertiger der Form I und II müssen wir ein ungleich höheres Kunstverständnis zuschreiben als dem Hand- werker, der daraus die Reliefs schlug. Dieser hatte von der Be- deutung der Bilder keine Kenntnis, wie wir im 4. und 5. Streifen sahen. Er hätte sie niemals zeitlich richtig zusammensetzen können und noch weniger die troischen und vortroischeu Scenen gerade durch die Mitte mit den Niken getrennt. Alle diese Feinheiten geben der Form I und II eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Jedoch die interessante Frage, welches Gerät ursprünglich mit Re- liefs aus Form I und II beschlagen werden sollte, kann ich leider nicht beantworten.

Die vier Stücke mit dem Venusmedaillon in der Mitte, von denen jedes eben so lang ist wie ein Stück mit drei grossen Achil- leusbildern (0,395 m), gehören naturgemäss in eine Reihe. Wir haben also einen kurzen Streifen mit Bild 1-9, der aus drei Stücken besteht, den Streifen mit den Venusmedaillons, der aus 4 Stücken besteht, und den langen Streifen mit Bild 10-12 und 1-12, der aus 5 Stücken besteht. Nach dem oben aufgestellten allgemeinen Grundsatz müssen wir diese drei stufenweise länger werdenden Streifen so anordnen, dass der kürzeste an die schmälste Stelle d. h. oben, der mittlere in die Mitte, der längste an die breiteste Stelle d. h. unten hinkommt. Wenn aber diese drei Streifen unmittelbar unter einander sich befänden, so würde ihr erlieblicher Längenun- terschied zu der mehr allmählichen Ausbiegung der Seiteuteile nicht passen. Deshalb muss man die höheren Streifen durch Ein- schiebunu der niedrigen von einander trennen und erhält so die auch au3 ästhetischen Gründen erforderliche Abwechselung zwischen hohen und niedrigen Streifen. Durch die im wesentlichen vollstän- dig erhaltenen hohen Streifen ist auch die Entfernung der beiden Seitenteile von einander zwar nicht genau, aber doch im allge- meinen bestimmt (bei Castellani 2, 11 m im untersten, 1,36 m im obersten Streifen). Nach diesen allgemeinen Maassen muss man sich auch bei den niedrigen Streifen richten. Aus den erhaltenen Stücken des Thiasos sieht man, dass Form V mindestens viermal

DIE THENSA CAPITOLIN.Y 377

ausgeprägt war (4 X 0,55 = 2,20 m.). Dazu kommt noch zweimal das angeflickte Stück (2.0,095 m). Das gäbe zusammen 2,89 m und würde die Lauge des untersten Streifens jedenfalls über- schreiten. Also müssen mit Reliefs aus Form V zwei Streifen ge- füllt gewesen sein. Auch müssen diese zwei Streifen ziemlich gleich lang gewesen sein, weil zur Füllung des Streifens beidemale gleich viel Figuren angeflickt sind, die beidemale an das rechte Ende des Streifens gehören. Diese Voraussetzung trifft aber nur für die unteren Streifen zu. Also müssen mit dem Thiasos die zwei un- teren niedrigen Streifen, mit den kleinen Achilleusbildern der al- lein übrig bleibende oberste schmale Streifen gefüllt werden.

Erfreulicherweise stimmt die so begründete Zusammensetzung mit der von Castellani bewerkstelligten in den Hauptzügen über- ein. Nur hätte er die grossen Achilleusbilder in der von mir dar- gelegten Weise auf den zweiten und sechsten Streifen verteilen und den fünften Streifen anders anordnen sollen.

Der Deichselkopf Abb. 1 (S. 333) stellt einen Eroten dar, dessen Oberkörper aus Akanthusblättern herauswächst. In den Händeu hält er Spielzeug. Das Haar ist in einen Schopf an der Stirn hoch- gebunden. Der Umfang an den Akanthusblättern beträgt 0,15 m. Der Kopf ist bezeichnend für den friedlichen Charakter des Wa- gens, der zu Festzügen gehörte. Streitwagen tragen am Deichsel- ende z. B. einen Geierkopf.

IX. Art des Wagens.

Es sind aus dem Altertum mehrere Bronzewagon erhalten Z. B. im Gregorianum (Heibig II2, 1352), von Perugia (Rom. Mittei- lungen 1894), von Monteleone (Brunn-Bruckmann 586 u. 587), von Brescia (Dütschke IV, p. 152), von Castellina {Notiz, d. Scavi 1905 p. 231). In Alter, Technik und Form unterscheiden sie sich wesent- lich von unserer Thensa. Der Name thensa bezeichnet einen Wa<?eu nicht so sehr nach seiner Form als nach seinem Zweck, nämlich die Attribute {exuviae) der Götter oder als Götter geehrten Personen in der feierlichen Pompa vom Capitol zum Circus Maximus zu fahren (Mommsen. röm. Altertümer VI, 509. Marquardt, Privatleben II, 729.

F. STAEHLIN

Becker-Marquardt IV, 500). Die Form der Thensa wechselt. Die Thensa mit Götterattributen war meist viereckig, dagegen die, in der Imperatoren zum Schauspiel fuhren (thensa triumphalis), war rund oder halbrund. Auch war der Wagen meist zweiräderig, zu- weilen aber auch vierräderig und deshalb vom pilentum, das vier- räderig und oben gedeckt war, nicht immer zu unterscheiden. Zwei- räderig und rund ist die Thensa bei Visconti, Mus. Pio-Clement V, t. 43. Zweiräderig und viereckig sind die Thensen auf den Münzen der gens Kubria (Eckhel V, 296 = Babelon, Monn. d. 1. Rep. Rom. II, 406 u. 407), ferner in Anc. Marbles in the British Museum, X, t. 48, p. 122 und bei Gerhard, ant. Bildw. t. CXX, 1 und verschiedene der in Eckhel Bd. V-VII auf Münzen angeführten Thensen. Vierräderig, nach vornen offen, nach hinten durch eine halbkreisförmige Wand abgeschlossen ist die Thensa am Con- stautinsbogen (Graeven, Gott. gel. Anzeigen 1901, 83-85) und die Thensa, in der Dionysos auf dem Fries unseres Wagens sitzt. End- lieh gibt es auch Thensen, die halbrund, vorn geschlossen und zweiräderig sind (Dechelette, la Gaule Romaine, IL 217, nr. 81« und b; 263, nr. 51).

Fast alle diese Nachbildungen von Thensen zeigen reichlichen ßeliefschmuck. Das Material war, wie es dem feierlichen Zweck entsprach, meist sehr kostbar, Elfenbein und Silber (Festus p. 364). Der Luxus auch in dem für Privatwagen verwendeten Material nahm in Rom zu (Friedländer Sittengesch 5I, 62). Den Metall- beschlag seilen wir besonders deutlich an dem Marmorrelief einer zweiräderigen Thensa im Lateran nachgeahmt (Benndorf-Schöne, 515, t. XX, 2 = Schreiber, heilenist. Reliefbilder t. 52). Bänder, welche mit grossköpfigen Nägeln beschlagen oder mit Punkten gesäumt sind, teilen den hohen Wagenkasten in wagrechter und senkrechter Linie in parallele Streifen und in einzelne vertiefte Felder, die mit Reliefs geschmückt sind. Es ist genau dieselbe Technik, die bei der Aufnagelung unserer Bronzereliefs angewen- det wurde.

Gesichert durch die Rekonstruktion ist an der Thensa nur der Wagenkasten, der ziemlich hoch und halbrund ist. Es konnte jemand in dem Wagen stehen (dann war die geschlossene Seite vorn) oder sitzen (dann war die offene Seite vorn). Ob er aber zwei oder vier Räder hatte, lässt sich nicht feststellen. Jedenfalls

DIE THENSA CAl'ITOLINA. 3/9

passt die Form ganz gut für eine thensa und der Wagen darf seinen Namen, der an die aedes Ihensarum in Capitolio (Moram- sen, Ann. d. List. 1858, 203) erinnert, mit Recht führen. Aus dem Fundort und dem einfacheren Material darf man schliessen, dass er nicht in Rom, sondern in einer campanischen Provinzial-

stadt die Festzüge verschönte.

X. Achilleuscyklen.

Form I und II geben eine gedrängte Uebersiclit aus einem reichen Cyklus von Achilleusbildern. Spuren von allgemein be- kannten Bilderkreisen, die die Ilias und besonders Achills Leben darstellten, haben sich erhalten. Brüning (über die bildlichen Vorlagen der irischen Tafeln, Jahrbuch IX, 1894, S. 13(3 f.) hat nachgewiesen, dass die sog. ilischen Tafeln und die Ilias Latina in vielen gemeinsamen Zügen von Werken der Malerei abhängen. Von den so auf indirektem Wege erwiesenen Cyklen haben sich aber auch litterarische Nachrichten (bei Brüning a. a. 0. S. 164 zu- sammengestellt) und wirkliche Reste erhalten. In Rom fand mau die Odysseelandschaften vom Esquilin. In der Porticus des Apollo- tempels von Pompei war eine Reihe von Bildern zur Illustration der Ilias gemalt, von denen mehrere noch erkennbar waren (Hei- big 266 : Diomedes und Pallas, erläutert von Brüning a. a. 0. S. 148; nr. 1306: Streit der Könige ; nr. 1324: Hektors Schlei- fung?; nr. 1325: Hektors Lösung; Heibig Nachtrag S. 461: Kal- chas und Achilleus, erläutert von Brüning a. a. 0. Abb. 6 ; Nach- trag S. 462 : Raub des Palladiums. Alle diese Bilder sind veröf- fentlicht bei Steinbüchel, grosser antiquarischer Atlas VIII. B 1 bis VIII. D. 2.) Vier Bilder zur Ilias waren im Atrium der casa del poeta tragico (Heibig 114: Hochzeit des Zeus und der Hera; Streit der Könige, Archaeol. Zeitg. 34. 1876 p. 83 von Trende- lenburg erkannt; Helb. 1308: Chryseis Abfahrt; 1309: Briseis Wegführung; Hermann-Bruckmann, Denkm. d. Malerei t. 10, 11, 12). Auf einen Achilleuscyklus führt Graeven (Genethliacon Gottiagense p. 144) drei im Cubiculum des Hauses reg. IX. 5, 2 gefundene Bilder zurück (Achills Entdeckung, Werkstätte

380 F. STAEHLIN

des Hephästus , Thetis auf einem Seekeutauren mit Achills Waffen). In der casa dei Dioscuri war Achills Streit mit Aga- memnon (Helb. 1307) und Achills Entdeckung (Helb. 1297). Die zwei Oenoehoen von Bernay (Babelou cab. des antlques pl. XVII u. XLI), die von einem Stifter und Künstler stammen, zeigen vier Ächilleusbilder : die Beweinung des Tatroklos, die Schleifung Hektors, die Lösung Hektors durch Aufwägung der Leiche, und den Tod Achills vor den Mauern Trojas. Auf solche Cyklen gehen auch zahlreiche einzelne Ächilleusbilder zurück, die sich an Produkten des Kunsthandwerks wiederholen z. B. Cheiron den Achilleus im Leierspiel unterrichtend (Helb. 1291- 1295), Achills Entdeckung (Helb. 1296-1303). Ein unentbehrliches Hilfsmittel waren dabei die Skizzenbücher, die man sich in den Händen der Wandmaler und aller Kunsthandwerker der römischen Kaiserzeit denken muss. Diese haben auch oft auf eigene Faust aus bedeutenden Originalen der Vorzeit neue Bilder zusammen- gestellt. So kommt es, dass einzelne Typen in den verschiedenar- tigsten Darstellungen sich wiederholen z. B. Odvsseus aus dem Palladionraub vgl. S. 349 u. S. 353, die Lykomedestochter in Achills Erkennung vgl. S. 343.

So schliessen sich auf der Thensa die Bilder an an Werke der grossen Kunst, die nachweislich in Rom standen (Bild 3 Chei- ron, Bild 12 Pasquino) und an Cyklusbilder, die in anderen Cyklen wiederkehren (1. Feiung, 4. Jagd, 6. Erkennung, 7. Achills Zorn, 9. Schleifung, 10. Lösung). Nur die Begrüssung (3), Gesandt- schaft (5) und Hektors und Achills Tod (8. und 11) finden wenig oder keine Anknüpfung in der gleichzeitigen Kunst.

Aus dem reichen Vorrat an Achilleusbildern, über den die alten Kunsthandwerker verfugten, hat der Künstler der Form I und II zwölf Bilder ausgewählt. Diese Zahl hat bei Achilleus keinen tieferen Sinn. Man könnte, ohne den Sinn zu stören, die vortroischen Bilder auf drei beschränken: Feiung, Unterricht bei Cheiron, Entdeckung auf Skvros. Oder man köunte ebenso gut ein siebentes Bild einschieben, das bei den späteren Achilleuscyklen immer vor- kommt: wie Achilleus von Thetis (nicht mehr von Peleus wie auf den griechischen Vaseubildern) dem Cheiron übergeben wird. Ebenso fehlen in den troischen Bildern manche sonst beliebte z. B. Wegfahrung der Briseis (Heibig 1309; Schild des Scipio

Diu THENSA CAPITOLINA ;>,sl

Monum. Piot. VI p. 29 ; Ceriani et Ratti, Homeri Iliadis pictae fragm. Ambrosiana, 1905. pict. VI; Walters, bronzes in the Brit. Mus. nr. 883; Secchia di bronso, Mon. d. last. VI, 48 == Brunn, kleine Schriften I, 125). Es rnuss also ein äusserer Grund, eine Analoo-ie, den Künstler zu der Zwölfzahl bestimmt haben, und das waren jedenfalls die 12 Heraklestaten, die der Antoninenzeit so geläufig waren.

Gerade der Achilleuscyklus hat sich lange erhalten. Man darf das mit der Dichtung des Statius in Zusammenhang bringen, die in Mittelalter sehr gelesen war. Statius wurde sogar für einen Christen gehalten (vgl. Constans, la legende d'Oedipe dans le Roman de Thebes. Paris 1881 p. 150. Philologie LH. 1898, p. 538-545 Manitius, Statius im Mittelalter). Drei Achillouscyklen aus spä- terer Zeit sind erhalten.

In Rom ist die neu aufgestellte kapitolinische Brunnenmün- dung (Righetti, dcscrizione del CampidogU.o. t. 277). Sie ist bedeutend roher als die Zeichnung bei Righetti ahnen lässt. besonders die riesigen, plumpen Augen. Sie umfasst acht Bilder (Thetis im Wochenbett, Feiung, Achills Uebergabe an Cheiion durch Thetis, Jagd, Achilleus und Deidamia, Achills Erkennung, Hektors Tod, Schleifung). Bemerkenswert ist, dass die aegyptisch- koptische Kunst den Achilleuscyklus kannte. Er findet sich auf einer sehr roh gezeichneten Schüssel, die Strz3'gowski dem 4. - 8. Jahrb.. zuweist (Catalogue general du Musöe du Caire, vol. XII. nr. 9039. Taf. 26). Sie umfasst sechs Bilder: Achills Uebergabe durch Thetis an Cheiron, Achilleus im Bogenschiessen unterrichtet, Jagd. Hektors Tod, Schleifung, Lösung. Dem 11.-12. Jahrb. gehört eine Bronzeschüssel im Cabinet des Medailles in Paris an {Gazette Archeologique XI, 18S6, p. 38 pl. V). Ihre sieben Bilder sind alle vortroisch : Leierspiel, Achilleus von Thetis ent- führt, dem Lykomedes vorgestellt, Odysseus als Kaufmann, Achills Entdeckung, Werbung um Deidamia, Mittelbild: Achills Abfahrt von Skyros. Sie sind mit Text versehen und schliessen sich enge an Statius an, der auch an derselben Stelle abbricht. Ein Brief der verlassenen Deidamia an Achilleus bildet den Gegenstand einer mittelalterlichen Nachahmung der ovidischen Heroiden (Riese Rhein. Mus. 34, 1879, 474-480). Auch dies ist ein Zeichen vom Fortleben der Achilleussage.

382 F. STAEHLIN

XI. Stil.

In den figürlichen Darstellungen ist im ganzen der helle- nistische Stil und der überkommene Besitz von Formen festo-c- halten, wie sich an verschiedenen Eigentümlichkeiten zei^t. Da ist besonders die Verwendung von Lokalgöttern zu nennen. In den ersten vier Bildern unseres Cyklus ist die Oertlichkeit durch symbolische Gestalten angegeben. Das ist nicht römisch. Auf der Trajanssäule z. B. steht einer Personifikation, dem Danubius (Ci- chorius t. VI, vgl. Juppiter auf t. XIX) eine ganze Keine von realistischen Hintergrunddarstellungen gegenüber. Zur Verwendung gelangen auf den Thensabildern nackte männliche oder am Un- terkörper mit einem Mantel bekleidete weibliche Figuren, die auf Felsen sitzen, sich an Bäumen halten und Zweige oder Schilf tragen. Immer sitzen sie in gleichem Schema. Der Kopf sieht in entgegengesetzter Richtung als die Beine. Das dem Beschauer zu- nächst befindliche Bein ist gestreckt, das zurück befindliche ist hochgestellt, so dass man das Knie und den hochgestellten Fuss vom Knöchel abwärts sieht. Mit der gleichen Fussstellung: sitzen die Fluss- und Lokalgötter, die als Zwickelfüllung an Triumph- bögen beliebt sind z. B. am Septimius- oder Konstantinsbogen. Auch im Osten des Reiches finden wir diese bequemen Typen z. B. auf einer Caracalla-Münze von Laodikea (bei Imhof, antike Münz- bilder, Archaeol. Jahrb. 1888 t. 9 nr. 18 S. 289). Uebrigens hat der Künstler dies Schema auch auf Achilleus in Bild 7 und 10 übertragen. Es findet sich ebenso für Alexander d. Gr. angewendet auf einem Goldmedaillon (Dressel, fünf Goldmed. von Abukir, 1906, t. II E p. 51). Diese Lokalgötter gehören auch zum Repertoir der Philostrafcischen Bilder. So sitzt auf dem Gemälde « Achilleus auf Skyros» Phil. min. 392 K die Insel Skyros als Frau im Vorder- grund und trägt ein Oelreis und eine Weinrebe (vgl. Flussgötter 405 K Xanthos, 35 t K Meles, 360 K Peneios und Titaresios, 402 K Phasis (J). Dass diese Personifikationen dem hellenistischen Stil entstammen, führte Heibig aus (Rhein. Mus. 1869 S. 479 ff. u.

(') Sonstige Uebereinstimmungon mit philostr.-itischen Bildern s. S. ;Y.',S. 341. 342 343. 344, 385.

IHK THKNSA CAFITOMNA 383

Untersuchiuigeu zur kampan. Wandmalerei S. 84. 116. 288.) Sie haben teils eine bestimmte Bedeutimg z. B. die Styx in Bild 1, der pagasaeisehe Busen in Bild 2, teils sollen sie nur im allgemeinen die Oertlichkeit als Fels- und Waldlandschaft bezeichnen und ihr wesentlicher Zweck ist die Raumfüllung. Man darf die nackten männlichen Figuren als Berggötter, die weiblichen als Nymphen bezeichnen (vgl. Otto Schulz, die Ortsgottheiten. Berliner Studien VIII, 3 p. 7(3). Verwandt mit diesen symbolischen Figuren ist die Versinnbildlichung eiues Tempels durch die blosse Kultgestalt des Gottes in Bild 11 (vgl. S. 351). Sie findet an der Statue des del- phischeu Apollo im Telephosfries eine Analogie ebenso auch die Lokalgötter in der Bergnymphe, die dem Verschmieren des Ka- stens für Auge zusieht (Jahrbuch 1900 S. 114).

So verschieden Herkunft, Alter und Güte der einzelnen Bil- der ist, so lässt sich doch nicht verkennen, dass sie alle schliess- lich von einem Künstler überarbeitet wurden. Stilistische Eigen- heiten, die sich bald auf diesem, bald auf jenem Bild finden, drücken allen einen einheitlichen Stempel auf. Dahin gehört, dass alle Köpfe in vollem Profil gebildet sind, selbst wenn dadurch schwierige oder unmögliche Stellungen entstehen, so beim jagen- den Cheiron und dem Bären in Bild 3, dem niedersinkenden Hektor Bild 9, dem Aias Bild 12 und bei allen Lokalgöttern. Ueber die missglückte Darstellung in Vorderansicht beim Venusmedail- lon vgl. S. 355. Ferner ist Bild 5 12 gemeinsam die autfallende Grösse Achills. Merkwürdig ist bei mehreren Figuren, die einen Speer halten, der langgestreckte Zeigefinger (Bild 7. 10, 11). Auf allen Bildern übereinstimmend ist auch die Bewaffnung. Der Panzer ist erkennbar auf Bild 7, 8 und 10. Es ist nicht der römische Soldatenpanzer, sondern der durch die Kunst idealisierte griechische Panzer (Guhl-Koner Privatleben der Griechen u. Römer p. 833). Der Helm ist auf Bild 7, 8, 9, 10 u. 12 gleich gebildet. Er passt sich der runden Kopfform an und hat einen Stirnschirm. Aus dem Bügel ragt über die ganze Scheitellänge der kurze Busch ; Bak- kenschirme fehlen, sogar das Ohr bleibt frei. Der Schild ist läng- lich rund; über dem Panzer wird ein kurzer Mantel getragen. Da wir den Helm des Pasquino in mehreren Wiederholungen kennen (Brunn-Bruckmann, Ant. Denkm. 207). so können wir fest- stellen, dass der Künstler sein Vorbild zu Gunsten seines allge-

<3S4 V. ST A EH 1. IN

meinen Schemas geändert hat (Dressel, Goldmedaillons von Abu- kir p. 18). Auch die Haartracht der Frauen ist in den vor- kommenden Fällen gleich. Der weibliche Medaillonkopf und die Lykomedesstöchter auf Bild 5 und 6 zeigen eine der unter Ha- drian modernen attischen Hartracht noch nahestehende Frisur, wie sie im ausgehenden 2. Jahrhundert n. Chr. gebräuchlich war. Im Beginn des 3. Jahrhunderts kommt eine ganz andere Haarmode auf, die man an Julia Mammaea sehen kann.

In Rücksicht auf den Hintergrund kann man die 12 Achil- leusbilder in drei Gruppen teilen, nämlich solche ohne Hinter- grund (Bild 5, 7, 10, 11), solche mit symbolischem Hintergrund (Bild 1, 2, 3, 4) und solche mit realistischem Hintergrund (Bild 6, 8. 9, 12). Während die beiden ersten Gruppen im reinen griechi- schen Reliefstil genug Analogieen findeu, zeigt die dritte Gruppe den Einfiuss der malerischen Vorbilder. Im Hintergrund be- iluden sich Gebäude uad die Stadtmauern, auf denen Menschen ste- hen. Sogar die Perspektive ist dabei angewendet, indem die Personen des Hintergrundes wesentlich kleiner sind. Es erinnern diese Bilder aber auch au os tgriechische Darstellungen z. B. das Nerei- denmonument (Brunn-Bruckmann 216) und an Gjölbaschi (Brunn- Bruckm. 486). Von einer sehr verwandten Gattung von Kunstwerken, den tabulae Iliacae, hat Jahn-Michaelis den alexandrinischen Ur- sprung nachgewiesen. Auch in ihnen zeigt sich das Eindringen ostgriechischer kleinasiatischer Formen, so in dem offenen Heroon des Hektor (Benndorf-Niemann Gjölbaschi p. 44) und besonders dem an lycische Monumente erinnernden Grab Achills (Jahn-Michaelis, griech. Bilderchroniken p. 37 nr. 77 A). Ueber die Bedeutung Kleinasiens für die Entwicklung des landschaftlichen Reliefs hat sich Pfuhl geäussert (das Beiwerk auf den ostgriechischen Grab- reliefs, archaeol. Jahrbuch 1905, p. 154). Orientalisch muten auf der Thensa besonders die runden Mauerzinnen an, die ich sonst auf römischen Kunstwerken nicht gefunden habe. Sie könnten missverstandene Nachahmungen der lykischen Zinne in Spitzbo- genform sein (Benndorf Reisen in Lykien 1, 102-107). Dass diese von der aegyptischen Kunst übernommen wurden, zeigt das Berliner Stuck- modell aus Benha (Theod. Schreiber, die alexandriuische Toreu- tik Abi), d. sächs. Ges. d. Wiss. Bd. XIV, 1894 S. 470 t. V). Die Zinnen krönen liier die Mauern eines heiligen Bezirks. Nach dem

DIE THENSA CAPITOLINA 385

Osten speziell nach Aegypten könnte uns noch der Umstand wei- sen, dass der Achilleuscyklus und das Venusmedaillon in der koptischen Kunst auftritt (vgl. S. 381 u. 355). Allein letztere Uebereinstimmungen möchte ich doch nur mit der Gemeinsam- keit der Vorlagebücher erklären, die für derartige mythologische Gegenstände im ganzen römischen Reich wesentlich gleich gewe- sen sein müssen.

Beachtenswert ist auch das Eindringen des kontin ui er enden Stils, der gleichfalls im Osten seine Heimat hat (vgl. von Hartel und Wickhoff, die Wiener Genesis S. 7, 8). An einzelnen Bildern (6 und 11) ist oben der distinguierende, echtgriechische Stil besonders hervorgehoben worden. Andere aber nähern sich dem kontinuierenden Stil. Der Untericht im Leierspiel und in der Jagd sind gleichsam zwei Teile eines Bildes, wie es Philostratus mai. imag. 342 K. 3-5 schildert: auf der eineu Seite beschenkt der Kentaur den Zögling mit Früchten, auf der anderen lässt er ihn auf seinem Rücken reiten und jagen. In derselben Art gehören noch paarweis zusammen und streben hin auf kontinuierende Dar- stellung die Gesandtschaft und Achills Erkennung. Hektors Tod und Schleifung, Achills Tod und Rettung seiner Leiche Ganz dem kontinuierenden Stil gehört das Bild von Achills Zorn an (S. 348).

Die Frage, die sich aus allen diesen Beobachtungen erhebt, ob die Thensa im Osten oder in Italien entstanden sei, vermag ich nicht zu entscheiden. Ich will nur auch auf die Punkte hin- weisen, die eine Entstehung in Campanien oder in Rom glaub- haft machen können. Der Fundort ist Campanien. Der Künstler konnte die Vorbilder für sein Werk, besonders troische Cyklen, in den campanischen Städten und Rom leicht linden. Tatsächlich hat er berühmte Kunstwerke, die in Rom standen, nachgeahmt, die Cheirongruppe von den Saepta Julia und den Pasquino. Nocli andere Bilder haben Aehnlichkeit mit Werken, die fest an Rom gebunden sind, z. B. Hektors Lösung in Stuck an der via Latina Mon. deW Inst. VI, t. 49, die Bärenjagd auf einem Medaillon des Trajansbogens verglichen mit Bild 4, das Opfer Trajans an Diana auf einem anderen Medaillon verglichen mit Bild 11. Der Thiasos passt ebenfalls in die klassizistische Kunst der hadrianischen Zeit. Auch gelangten römische Bronzefabrikate in auswärtigen Handel (Marquardt, Privatleben II 714).

26

F. STAEHLI.N, DIE THE.NSA CAPITOLINA

Die Zeit der Thensa kann nur aus allgemeinen Erwägungen erschlossen werden. Die Formen, die zur Herstellung benützt sind, gehören nicht derselben Periode an. Die aufgelöteten Medaillon- köpfe gehen wohl noch auf Formen des ersten Jahrhunderts zu- rück (vgl. Dressel, Goldmedaillons von Abukir 1906, p. 25). Die an- deren Formen reichen von der hadrianischen Zeit (Thiasos) bis zum ausgehenden 2. Jahrh. n. Chr. Die Haartracht des 3. Jahr- hunderts ist noch nicht angewendet. Auch die Ornamentik, in der sich schon spätrömische Kunstprinzipien regen, weist uns an das Ende des 2. Jahrhunderts, dem wir mithin die Verfertigung der Thensa zuschreiben.

F. Staehlin.

München.

Fig. 12.

ZUR GESCHICHTE DES ETRUSKISCHEN EINFLUSSES

IN MITTELEUROPA.

Bei Gelegenheit wiederholten Besuches der reichhaltigen prä- historischen Sammlung des ungarischen Nationalmuseums in Bu- dapest ward meine Aufmerksamkeit auf einige Schmucksachen der Eisenperiode gelenkt, welche inmitten der anderen Funde einzeln dastehen und sich nur durch die Annahme erklären lassen, dass ihre Entstehung durch den vom Süden kommenden Einrluss der klassisch-antiken Formen hervorgerufen wurde. Die betreffenden Schmuckstücke kamen in den Jahren 1890-1892 bei zwei Ort- schaften des Tolnaer Komitates zum Vorschein und sind durch Kauf in den Besitz des Nationalmuseums gelangt. Nähere An- gaben über die Fundumstände, welche den Wert des Fundes nur erhöhen könnten, sind leider nicht bekannt (1).

I. Aus Szarazol stammt die zum grössten Teil bereits in Ar eh. Ertes. 1891 S. 279 publizierte Gruppe von Goldsachen, welche hier zum zweiten Mal wiedergegeben sind. Es sind mei- stens zerstreute Anhängsel von Halsketten in Form von Rädchen, Perlen und cvlindrischen Röhrchen.

1. Sechs fünfspeichige Rädchen S. 890 Nr. 8-11 in drei Grös- sen sind aus feinen zusammengelöteten Goldblechen verfertigt. Dünne Filigrandrähte umsäumen die Enden der Achsen und Spei- chen, der Reif selbst ist geperlt.

2. Sieben Goldperlen in Form von Doppelkegeln S. 890 Nr. 1-5 in vier Grössen, in der Mitte und an den Enden mit gedrehtem Filigrandraht verziert. Der Schmuck der beiden streifenartigen

(!) Die folgenden Bemerkungen sind zuerst, in ungarischer Sprache, in den Archaeologiai Ertesitö, XXXII (1907) S. 166-171 erschienen. Hrn. Di- rektor Hampel sage ich für die freundlichst gestattete Benutzung der Origi- nalzinke besten Dank.

338 K- HADACZEK

Felder besteht aus je vier gestanzten menschlichen Köpfchen und je vier konischen gerippten Buckeln, welche auf dem goldenen Grunde durch Lötung symmetrisch befestigt sind. Kleine mit Filierrandraht umsäumte Häuflein von Goldkörnchen füllen freie Zwischenfelder aus. Filigrandraht und Reihen von winzigen Gold- körnern sind gleichfalls zur Schrnückung der menschlichen Köpfe und Buckeln verwendet.

3. Zwei Goldperlen in Form von Doppelkegeln S. 390 Nr. 6-7 ; ihre Mitte und Enden sind mit gedrehtem Filigrandraht, die freien Felder beiderseits mit doppelten Reihen von gebogenen glatten Drähten verziert.

4. Drei cylindrische Röhrchen, von denen zwei gleicher Grösse, S. 390 Nr. 12, ein Paar bilden; das dritte Exemplar, von ver- schiedener Grösse, stellt eine etwas anders dekorierte Variante desselben Typus dar. Die Röhren verjüngen sich an dem einen Ende. Die äussere Oberfläche der zwei Röhren ist durch die quer angebrachten Windungen von Filigrandraht in drei Streifen geteilt, deren Felder mit Zickzackmotiven und Häufchen von Gold- körnern geschmückt sind; das dritte Röhrchen, S. 391 Nr. 1, zeigt nur zwei Streifen und an Stelle der Goldkörnchen kleine Kreise aus Filigrandraht.

IL Stilistisch eng verbunden mit den beschriebenen Goldsa- chen sind silberne, mit schwärzlicher Patina bedeckte Schmucksa- chen, welche im Jahre 1892 bei Regöly ausgegraben wurden. Zu- gleich mit ihnen kam auch eine bauchige Goldperle mit fein ge- ripptem Körper zu Tage (S. 391 Nr. 2).

Die silbernen Schmuckstücke sind in sehr defektem Zustande erhalten, durchweg nur in Fragmenten, aus denen der ganze Zier- gegenstand erst rekonstruirt werden muss.

1. Vorwegzunehmen ist das kleine Fragment einer feinen Kette aus doppelten Drahtgeflechten (S. 391 Nr. 3).

2. Andere Fragmente stammen von zwei fast gleichen, zerris- senen Kettengehängen, deren ganze Form sich leicht erraten lässt. (S. 392).

Die Fragmente (S. 391 Nr. 4-7) gehören dem oberen Teil des Schmuckstückes an. Dieser hatte die Gestalt eines rechteckig zugeschnittenen etwa 17 mm. langen und 7 mm. breiten Bleches, an welches oben vier gebogene Haken angelötet, unten vier in Born-

ETRIJSKISCHER EINKLUSS IN MITTELEUROPA 380

mein endigende Ketten angehängt waren. Das Blech ist umsäumt mit gewundenem Filigrandraht, die Dekoration des freien Feldes bilden vier angelötete, gestanzte menschliche Köpfe, ferner runde jetzt leere Hülsen, in denen einst wahrscheinlich kleine Bernstein- perlen sassen, endlich Linien und Kreise von Silberkörnchen. Jeder Haken ist unten und oben platt geschlagen. Mit dem un- teren Ende war er an das viereckige Blech angelötet, sein oberes Ende ist blattartig geformt und mit je einem menschlichen Köpf- chen in Filigranumsäumung dekoriert.

Die Kettchen (S. 391 Nr. 8-9) sassen oben in kleinen cylin- drischen Hülsen, vermittels deren sie an den unteren Rand des beschriebenen Bleches so angelötet waren, dass jede Kette gerade unter einem Köpfchen des Bleches und unter einem Haken er- schien. Ihre Länge beträgt 9 cm., ihr feines Geflecht ist vierfach. Bevor sie in Bommeln auslaufen, werden sie in ähnlicher Art wie oben noch einmal durch ein mit Köpfchen verziertes viereckiges Silberblech (S. 891 Nr. 10) aufgenommen und mit kurzen cylin- drischen Hülsen (S. 391 Nr. 8) belastet, deren Filigranwerk aus Drahteinrollungen, aus dem Wellenmotiv und Pünktchen besteht.

Auffallend ist die Form der durch kleine Ringe mit Ketten verbundenen Anhängsel S. 391 Nr. 11. Sie sind aus zwei ge- pressten Blechen zusammengesetzt, oben mit einer Oese versehen und zeigen beiderseits eine stark stilisierte menschliche Büste, welche unten in zwei schräg gestellte, fein profilierte Nägelchen ausläuft. In den in Brusthöhe sichtbaren runden Vertiefungren sas- sen ehemals wohl auch Bernsteinperlen.

Beide Gruppen von Schmucksachen verraten eine so enge Verwandtschaft in Arbeit und Ziermotiven, dass sie nicht nur der- selben Epoche, sondern aucli derselben Juwelierschule zugeschrie- ben werden müssen. Deutlich lässt sich in diesen Werken der Kleinindustrie der Einfluss griechisch-etruskischer Kunst erkennen und durch genaueren Vergleich auch die Entstehungsepoche näher bestimmen.

Die Abhängigkeit dieser Bijouterie vom Süden verrät schon das Filigranwerk, welches in der griechisch-etruskischen Welt seine schönste Ausbildung erfahren hatte. Hier arbeitet es mit winzigen Edelmetallkörnchen und äusserst dünnem Draht, ganz einfache Dekorationsmotive bildend, wie gerade oder Wellenlinien.

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K. HADACZEK

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ETRUSKISCHER EINFLUSS IN MITTELEUROPA

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K. HADACZEK.

Diesen Charakter zeigt das griechische Filigranwerk im VII. und VI. Jahrh. vor Chr. (*)■

Ungemein charakteristisch ist ferner auf den ungarischen Schmucksachen das sicli öfters wiederholende Motiv der menschli-

chen Köpfchen, durch welches sie mit einer Gruppe von griechi- schen (2) und etruskischen (3) Schmucksachen des VII Jahrh. ganz

(') Siehe Hadaczek, Der Ohrschmuck der Griechen und Etrusker S. 16.

(8) Zu berücksichtigen sind: goldenes Medaillon aus Melos abg. bei Perrot-Chipiez, Hist. de Vart dans Vantiq. III S. 829 Abb. 591; goldene Brosche im Museo civico in Bologna Arch. Ztg. 1884 S. III; Anhängsel aus Delos abg. Arch. Ztg. 1884 Taf. IX 11-12; das Gehänge von Kameiros abg Revue arch. 1863 Band VIII pl. X.

(a) Vergleiche etruskische Armbänder abg. in Studi e Materiali B. II S. 106, Fig. 60; S. 107, Fig. 63-65; S. 116, Fig. 83; S. 117, Fig. 86, ferner

ETRUSKISCHER EINFLUSS IN MITTELEUROPA 393

eng verknüpft wird . Auch für menschliche Büsten, welche unten in leblose Ziermotive auslaufen, lassen sich treffliche Parallelen unter den etruskischen Schmucksachen (') jener Epoche auffinden. Beachtenswert ist zugleich die starke barbarische Umbildung der einzelnen Kunstformen, welche in der schematischen Model- lierung der Köpfe ihren grellsten Ausdruck rindet. Infolge dieses Umstandes kann an eine direkte Provenienz unserer Schmucksa- chen aus Etrurien nicht gedacht werden, sondern sie dürfen nur als freie, zum Teil unbeholfene Imitationen etruskischer Werke der Kleinkunst gelten. Deshalb sind sie aber nicht gering zu schätzen, denn sowohl für die Form der goldenen Perlen, als auch des silbernen Gehänges sind bis jetzt ganz entsprechende Beispiele aus dem Süden nicht bekannt.

Rom, im Dezember 1906.

Karl Haoaczek.

Anhängsel der Halsketten abg. ebda. S. 126, Fig. 107-100 und Tat. I Abb. 1-4.

0) Vergleiche Anhängsel der etiuskischen Halskette abg. in Studi e materiali Bd. III Taf. I. Abb. 6.

EINE NEQE INSCHRIFT AUS TERRACINA

Bei einem Besuche in Terracina im Mai d. J. hörte ich von einer grossen Inschrift, welche in dem Grundstück des Herrn

Fitr. 1.

Crescenzo di Biagio, etwa drei Kilometer nördlich von der Stadt, ausgegraben war. Ich begab mich an Ort und Stelle und fand etwa 200 Meter östlich von der alten Via Appia einen grossen Block aus weissem Marmor (0,65 h., 1, 56 1. 0,28 d.). Der Block, welcher in vier Stücke gebrochen ist (Fig. 1), enthält das folgende

NEUE INSCHRIFT AIS TERRACINA 395

Fragment einer Mouumentalinschrift in schönen grossen Buch- staben (0,14 m. hoch) der frühen Kaiserzeit;

Der Kahmen an der linken Seite des Steines zeigt, dass wir hier den Anfang von zwei Zeilen haben; die glatte Fläche an den drei andern Seiten, in Verbindung mit den Spuren von vorhergehenden und folgenden Zeilen oberhalb und unterhalb ('), beweist, dass die vollständige Inschrift mindestens sechs Blöcke umfasste. die wahr- scheinlich von derselben Grösse wie der neuentdeckte waren.

Es ist auf den ersten Blick klar, dass wir es hier mit dem Rest einer Inschrift von ungewöhnlichem Interesse zu tun haben. Dass auf demselben Stein der Name der legiö sexta Victrix, welche von Augustus bis auf Nero in Spanien stand, und der Name des bellum Milhridaticum erscheint, könnte auffallen; wie es überhaupt sonderbar scheinen dürfte, dass der Krieg mit dem be- rühmten König von Pontus in einer Inschrift aus der frühen Kai- serzeit noch erwähnt wird. Allenfalls könnte man an ein grosses Grabmal denken, das für einen Tribunus oder Legatus der sechsten Legion errichtet war, und welches gleichzeitig die Gebeine seines am Kriege gegen Mithridates beteiligten Vaters geborgen hätte. Jedoch war der berühmte Gegner des Pompejus nicht der einige Mithridates, gegen den die Römer sich genötigt sahen die Waffen zu ergreifen, und es ist sehr wahrscheinlich, dass, worauf Hr. Prof. v. Domaszewski mich freundlichst hinweist, in unserer Inschrift der weniger bekannte rex Bosporamts gemeint ist, dessen Empö- rung, Unterwerfung und Gefangennahme Tacitus (Ann. XII, 15 ff.)

(M In der untersten Zeite scheinen die Reste deT letzten drei Buchsta- ben sicher CAS; davor fehlt ein Buchstabe, am Anfang scheint prae gestan- den zu haben.

396 H. L. WILSON

erzählt (s. auch Prosopogr. II, 382, n. 455). Das Datum dieser unter Claudius Kegierung fallenden Kämpfe stimmt sehr gut zu der Epoche unserer Inschrift, welche sich demnach auf einen an diesem Feldzuge beteiligten Offizier beziehen wird. Tacitus (a. a. 0.) nennt bei dieser Gelegenheit den C. Iulius Aquila (Prosopogr. II, 168, n. 108) und den A. Didius Gallus (Prosopogr. II, 9. 10, n. 60): jedoch können wir von keinem dieser beiden nachweisen, dass er mit der sechsten Legion oder mit Terracina in Beziehung gestan- den habe. Da der erstgenannte von Herkunft Asiat und an Rang niedriger war, so scheint mir die grössere Wahrscheinlichkeit für den zweiten zu sprechen.

Gleichfalls ungewiss ist der Charakter des Denkmals, an wel- chem die Inschrift angebracht war. Die Entfernung von der Via Appia ist doch wohl zu gross für ein Grabmal von der Bedeutung wie wir uns dieses vorstellen müssen, und andere Reste in unmittel- barer Nachbarschaft legen die Vermutung nahe, dass es sich um ein grosses Bauwerk von etwas verschiedenem Charakter handele. In der Grube, aus welcher das Fragment herausgehoben ist, waren, wie es scheint, andere grosse Blöcke von demselben Marmor zu sehen, welche regelmässig wie ein Fundament lagen, jedoch war es unmöglich zu sagen, wie weit sie sich ausdehnten. Dicht daneben ist ferner eine kleine jüngst gemachte Oeffnung, die zu einer un- terirdischen gewölbten Kammer führt, und in einem Abstand von wenigen Metern davon ein grosses antikes Wasserreservoir. Diese Reste in Verbindung mit den Fundamenten, welche aus grossen Blöcken von lokalem Stein hergestellt sind und an zwei oder drei Stellen in einem Abstand von hundert Metern auch über dem modernen Boden sichtbar werden, deuten auf ein oder mehrere grosse Gebäude, mit welchen unsere Inschrift in Verbindung stehen dürfte. Weitere Ausgrabungen würden so gut wie sicher andere Stücke dieser Inschrift zu Tage fördern und wertvolle Resultate liefern ; und es ist zu hoffen, dass ein so wichtiges historisches Denkmal nicht verschwinde, oder seinen Platz in irgend einem modernen Bau finde, statt in einem Museum, wohin es gehört.

In einer kleinen Hütte etwa zehn Meter von dem oben beschriebenen Fragment liegt ein Teil eines schönen Cippus von Marmor, wahrscheinlich aus Angustischer Zeit. In der Oberseite ist wie gewöhnlich die runde Vertiefung für die Aschenurne; an

NEUE [N8CHRIFT AIS TERKACINA

397

der Rückseite ein urceus, an der rechten Seite ein Ornament von Blattwerk mit Vögeln in Relief (Ficr. 2); die linke Seite ist leider nicht erhalten. Auf der Vorderseite des Bruchstückes, welches

Fig. 2.

Fig. 3.

43 X 50 cm. misst, sind folgende in einen verzierten Rahmen ein- geschlossene Reste der Inschrift erhalten (Fig. 3) :

tius

ras I ... sibi et \ . . . e

Es war mir nicht möglich den Fundort dieses Stückes genau festzustellen; doch ist es aller Wahrscheinlichkeit nach vor kurzem

in derselben Gegend ausgegraben.

Johns Hopkins University.

Harry Langford Wilson,

SÜLLE « LEGGENDE LATINE ANTICHISSIME ..

Aggiunta.

La mia interpetrazione dei frarnmenti del sarcofago di Torre Nova, sia per il numero non piccolo di essi, sia per le gravi lacime del monumento (rnancando per intero la parte superiore del rilievo), ha potuto, forse, lasciar qualche dubbio, non ostaate la sicurezza del metodo esegetico comparativo.

Una conferma inaspettata viene ora dall'esame di un singola- rissimo monumento, non ricordato da quanti si sono oecupati delle rappresentanze figurate relative ad Enea e alle altre leggende pre- romulee.

Questo monumento, descritto piü recentemente dal Dütschke, Zerstreute ant. Blldw. in Oberitalien, III, 526, trovasi nella Galleria degli Uffizi a Firenze, ed io ne devo l'indicazione all'amico dott. W. Amelung, il quäle contribuisce, cosi, a render sicura la ricostruzione dei frammenti borghesiani da me fatta, merce il con- fronto di altri monumenti della stessa classe (1).

La figura che qui presento del rilievo degli Uffizi mi di- spensa da troppo lunghe descrizioni. Esso riproduce, con piena concordanza schematica, il gruppo di sinistra, quello centrale e una figura vedremo come e perche moditicata del gruppo di destra del rilievo di Torre Nova ; e la disposizione delle singole

(') Per la bibliografia anteriore, cfr. il luogo citato del Dütschke. II rilievo fu fotografato nelle Einzelaufnahmen (Serie I, anno 1894, n. 236) aecompagnato da questa semplice nota : « Römisches Relief mit Darstel- 'ii : >l>-r Ai'net/ssage; wird von II. L. Urlichs demnächst erläutert werden ••. Ma questa spiegazione si aspetta ancora; e cosi il singu- lare monumento mi era rimasto i^noto. II rilievo; di marmo italic*;. e lungo in. 1.21, alto in. 0,60; la sua conservazione e eccellente.

SÜLLE «LEGGENDE LATINE ANTICHISSIME » :;'-':'

figure conferma completamente il posto da nie assegaato a cia- scuno dei numerosissimi frammenti. Un confronto con la tav. XI 11 dimostrerä che l'ordine e lazione dei singoli personaggi sono assolutamente identici. Si aoti la piceola figura di Ascanio ri- petuta anche come l'avevo sup posto nel gruppo di

sinistra.

Abbiamo perö due differenze, gravi in apparenza: 1) il rilievo degli üffizi riproduce soltanto i due terzi di quello di Torre Nova;

2) le due figure sedute con accanto lo scudo, da nie interpetvate come Marte, sono muliebri nel rilievo tiorentino ; e quella a destra ha u n movimento diverso.

Per spiegare queste due differenze, e necessario premettere al- cuue considerazioni stilistiche sul rilievo degli üffizi, dai prece- denti editori e dal Dütschke ritenuto pertinente all'etä imperiale ro- rnana. Esso e chiuso da due pilastrini ricavati nel medesimo marmo, ornati di « candeliere > sorgenti da im piccolo vaso. Le figure, piuttosto tozze, sono singolarmente notevoli per la forma delle teste, i cui caratteri stilistici si allontanano da tutto quanto noi conosciamo nella scultura imperiale romaua. Si osservino la dispo- sizione dei capelli e della barba, la forma insolita delle corone di alloro di cui sono einte le teste, i tratti faciali dei personaggio che sta a destra dell'ara, di fronte ad Enea, si considerino l'espressione e il ca rattere di queste fisonomie.

400 G. E. R1ZZO

Non minor campo di osservazione ci apprestano gli abiti delle figure: fraintesi e falsati quasi tutti, con movimenti e con par- ticolari non antichi. La forma e lo stile delle « candeliere » , l'aspetto generale delle figure, la stessa tecnica del rilievo devono indurci a credere questa scultura eseguita nel rinascimento (').

Alcnne teste come, p. es., quelle delle due figure stanti nei lati estremi, quella del vecchio di fronte ad Enea nulla hanno di romano: e ricordano i busti di terracotta della line del quattrocento e del Cinquecento: cosi dicono la forma ampia del cranio. i piani asciutti e duri delle facce, e lo stesso « tipo » non piü romano, ma italiano, starei quasi per dire toscano.

Non mi dilungo in altre piü minute osservazioni (la forma dell'ara, p. es., e quella del praefericulum, che tiene uno dei sacrificanti), constatando, invece, che lo scultore ebbe la buona intenzione di imitare il suo modello, anche in alcuni particolari, come negli alti calzari rimboccati delle figure sedute, nel costume frigio del piccolo Ascanio. Altre volte, nelle proporzioni piü ri- dotte della sua opera, preferi abbreviare: sostituendo, nel rilievo dello scudo, alla rappresentazione della battaglia una semplice testa di Medusa (poiche non sembra probabile che il modello non fosse simile, anche in questo particolare notevolissimo, al sar- cofago di Torre Nova), o tralasciando addirittura lo scudo nella seconda tigura seduta. la quäle e modificata nello Schema e nello atteggiamento.

*

Cosi siamo venuti alle due differenze principali, di cui ho parlato in principio.

Era impossibile che nel rilievo originario mancasse la parte di destra : il gruppo, cioe, in cui non solo si svolge, ma si com- pleta l'azione che si voleva rappresentare, merce la dextrarum iunctio di Enea con Lavinia. Senza questo gruppo, la scena sarebbe monca e non avrebbe, quasi, un significato ; ed il perfetto paral-

I1) A questa eonclusione l'Ameluug ed io siamo arrivati l'uno indipen- dentemente dall'altro: e mi piace dir questo, per aggiungere al mio giudizio

queil" >li un -l fine ed esperto conoscit"iv della scultura antica.

SÜLLE « LEOGENDE LATINE ANTICHISSIME » 401

lelismo da me stabilito fra i savcofagi romani rappresentanti il matrimonio (sarcofago di Mantova ed altri numerosi) g il rilievo di Torre Nova verrebbe a mancare.

Dunque il modello preso ad imitare dall' ignoto artista del nostro rinascimento era frammentato a destra ; ed una sicura riprova di ciö l'abbiamo neH'atteggiamento della ligura seduta: la quäle in questo modello, come nel rilievo di Torre Nova, doveva esser volta completamente verso destra. Ma nel rilievo degli Uffizi essa e disegnata quasi di prospetto ed ha la testa volta a sinistra, perche lo scultore moderno volle che questa figura chiudesse, dalla parte destra, la scena rappresentata, della quäle egli non comprendeva tutto il significato, e non ne sapeva, quindi, imaginäre e supplire il seguito (dextrarum iuncüo : Enea-Imeneo-Lavinia). Quindi fu costretto a modificare il movimento della ligura seduta.

Ma tanto questa che l'altra simile dell'angolo sinistro erano veramente 'muliebri nell'originale imitato dallo scultore del rina- scimento? E l'esame delle parti che di questa figura rimangono nei frammenti da me ricomposti, puö forse lasciar dubbio sul sesso della medesima? Insomma il mio preteso Marte diventa una divinitä o una personiticazione muliebre ('), per la testimonianza del rilievo di Firenze?

Vetamente direi di no! E basta osservare, per convincersene. la gamba lunga e ossuta, dal polpaccio asciutto e muscoloso, il piede di grandezza poco femminea di questo personaggio (tav. XIII, 2). E nulla io aggiungo dell'ampio mantello, che lascia ie gambe a metä scoperte : abito quasi incomprensibile in una figura muliebre.

Come mal, dunque, nel rilievo di Firenze la parte superiore del corpo di questa ligura ha forme cosi spiccatamente femminili ? Noi non sappiamo quäle parte del rilievo preso ad imitare fosse conservata, e quanta, invece, fosse andata perduta. Credo di aver dimostrato, in modo inoppugnabile, che mancava tutta la parte a destra: e non ci sarebbe quindi da stupire, se fossero anche per-

(•) Per il Dütscbke, questa figura seduta sarebbe la personificazione della cittä di Troia, per il berretto frigio (??) cb'essa porta e per le pan- nocchie di grano turco (?) cbe tieue nella sinistra. La figura del fanciullo e interpretata come Ascanio. II primo cbe nel rilievo di Firenze, creduto da tutti antico, abbia intraveduto una rappresentanza relativa ad Enea, e stato lo Zannoni (Galleria di Firenze, serie IV, tav. 119).

27

402 G. E. RIZZO, SÜLLE « LEGGENDE LATINE ANTICHISSIME »

dute o gravemente deteriorate altre parti comprendenti le tigure male interpretate dall' ignoto scultore. U quäle, forse, fu indotto ad interpretare la figura seduta come muliebre, dalla presenza del piccolo Frigio che le sta accanto (').

Checche sia di ciö, io insisto nel credere che codesta figura, virile senza dubbio, come fa vedere anche la riproduzione della tavola rappresenti Marte. Onde il rilievo di Firenze, se da un canto e la piü eloquente conferma della esegesi generale da me data, non la modifica nemmeno in questo particolare.

Conchiudendo : il rilievo degli Uffizi e un' imitazione relati- vamente fedele, eseguita forse nel principio del XVI secolo, di un rilievo frammentato di etä imperiale romana, simile a quello di Torre Nova; e serve a darci un"idea delle parti mancanti di questo monumento, la cui interpretazione puö dirsi oramai assolutamente sicura.

G. E. Rizzo.

(') E appena il caso di ricorJare qui le false interpretazioni e le in- terpolazioni, spesso capricciose ed assurde, che non e raro riscontrare nelle traduzioni, o imitazioni che dir si vogliano, che gli artisti del rinasci- mento facevano da monumenti antichi, copiati nel loro insieme o in singoli gruppi e figure adoperati come motivi ornamentali. Le Logge di Raffaello, p. es., potrebhero fornire ancora ampia materia di ricerche e di confronti particolari e minuti, dopo il molto che se n'e detto in generale. Io stesso ebbi occasione di far vedere in quäl modo fossero State fraintese con aggiunte assurde alcune figure del sarcofago Giustiniani rappresentante la morte di Clitemnestra ed Egisto (Cfr. Rizzo, Sculture antiche del Palazzo Giusti- niani, Bull, comun., 1905, pp. 18-36). Non potrebbe quindi sorprendere la falsa interpretazione della figura di Marte nel nostro rilievo.

SITZUNGEN UND ERNENNUNGEN.

1. März 1907: M. Meurer, Die Entstehung des Decorations- Scheinas aegyptischer und griechischer Decken aus dem Zeltbau.

15. März: F. Weege, Oskisclie Grabmalerei. A. Haselofe,

Die Mosaiken von Casaranello. 5. April : R. Eisler, Weltenmantel und Himmelszelt. 0. Schoe- newolf, Elfenbeinrelief in München.

19. April (Festsitzung zur Feier der Gründung Roms): G. F. Ga- murrini, della climora di alcuni re asiatici nel territorio Falisco, Ch. Huelsen, Der Hain der Furrina am Jani- culum.

Am Palilientage wurden ernannt:

zum Ehrenmitgliede

Herr G. F. Gamurrini in Arezzo

zu ordentlichen Mitgliedern die Herren

G. E. Rizzo in Rom

L. Pernier in Florenz

zum correspondierenden Mitgliede

Herr E. Gabrici in Neapel.

REGISTER

Achilleuscyklen 379 f. Achilleus Thaten, Bronzcreliefs 335 fF. Achill leierspielend 339, jagend 340. Achill auf Skyros Sil. 343. Achills Feiung 335 Tod 351. >j Zorn 346. Aeneas, Hochzeit mit Lavinia 297. Aestimare 212. Anna Pexenna, Fest 217. » n Hain 219.

Aphroditefest in Korinth 311. Aphrodite-Kullhilder auf Akrokorinth

313. Architrav, ionischer 270. Argos 'Jod. Vasenhild 98 f. Asiatische Elemente in röm. Archi- tektur 82. Attische Amphoren 111.

» Keramik des 4. Jlidts 140. Aushängeschild, römisches 96. Bankett auf Elfenbeinrelief 315. Bellum Mithridaticum 395. Berlin, Vase 3289 281. Berlin, Antiquarium, Knochenreliefs

318 f. Blockgesims, angebliches 185. Böotische Keramik 138. British Museum, Elfenbeinreliefs im

316. Bryn Mawr College, Vase im 100. Cadus 97.

i Iheiroballistra 1 52. Cheiron und Achill 337 f.

Chimaerenkampf, Bronzerelief 371.

Cirta, Grabmonument bei 184.

Cista von Vulci im Gregorianum 84.

Columella X 357-366 214.

Comitium 193.

Coner, Andreas, Skizzenbuch 171.

Cornua 198.

Corsinisch.es Silbergefäss 280.

Deidamia 342. 343. 345 f.

Dextrarum iunctio 292.

Dorischer Tempel am Forum holito-

rium 169. Elfenbeinreliefs, archaische 314 ff. Erinys des Kalos od. Kaiamis 285. Ermitage (Petersburg), Vasen in 98. Erotenkopf, Bronze 333.

n als Deichselschmuck 377.

Etruscilla od. Otacilia, Porträt 86.

Etruskische Goldarbeiten 389 f.

Etruskische Terrakottenfriese 64. 67.

Forma Urbis Bomae 190.

Forum holitorium, Tempel am 189. 192.

Fortuna virilis, angebl. Tempel 221.

Fries, ionischer 270.

Fröhner, Sammlung (Paris), Elfenbein- reliefs 318.

Gemmen mit Achills Feiung 336.

Gesims vom Tempel des Iuppiter La- tiaris 186.

Gewandbewegungsmotiv am Ludovisi- Thron 312.

Goldschmuck, etruskischer 387.

Grundrissform italischer Tempel 256.

REGISTKH

405

Haartracht auf röni. Reliefs 381. Hektors Lösung 350. n Schleifung 349. Tod 348. Heron, Mechaniker 142. Hiketiden des Aeschylus, Erstauffüli

rung 107 f. Hoffmann, Sammlung (Paris) 363. Jagdreliefs 340

Lupa Capitolina auf Schildrelief 291.

303. Lupercal, Schildrelief 291. Lykische Grabbauten 78. S. Maria Egiziaca 220. Mars 297.

Martialis ep. IV 64. 11-24 211. Mauerverhand an römischen Bauten

217.

Janus, Tempel am Forum holitorium Modena, architekton. Relief in 184.

189.

Jo, in Kuhgestalt 107.

Jonische Kunst 327.

Judicium Orestis 280 f.

Juno Sospita, Tempel am Forum ho- litorium 191.

Münzporträts Bronzeblech 83.

Münzen als Ornament 86.

Museo Gregoriano, Elfenbeinreliefs 320.

Musterbücher 281.

S. Nicola in Oarcere 169.

Niger lapis 209.

Juppitersäule von Mainz, Relief an der Norchia, Grabfassaden 183.

Basis 280 Kästchen mit Elfenbeinreliefs 321 Kauaxiov 158. Ka^iÜQioy 156. Kafi^iarQta 151. Knvoveg 146.

Nymphaeum 92.

Odysseus 353.

Gnsdorf, Relief von 282.

Palaekastro, Ausgrabungen in 65.

Paraskenien 6.

Paris 351 f.

Kapitell vom Tempel am Forum ho- Pasquino-Gruppe 353.

litorium 180 Kapitell vom Tempel des Juppiter La

tiaris 181. 186. Kapitelle, ionische 266. Klazomenä, Sarkophag von 68. Kkeioos 150. Kodros-Schale 122. Kütuosidfj 160. Kontinuierender Stil 385.

Patroklos 24'«. 353. Pflanzenformen auf Elfenbeinreliefs

331. Philippus Caesar, Porträt 85. Pietas. Tempel am Forum holitorium

189. Plattenbelag des Rundbaus an den

Rostra 57.

Kretische Künstler am Artemision in Podien italischer Tempel 254. 259

Ephesus 75.

Polygnot, Maler 119.

Kultbilder der Erinyen in Athen Pompeji, das grosse Theater 1 ff.

286. Kyprische Kunst 328.

Schriftzeichen 329.

Porträtmedaillons als Ornament 372. Prägung von Bronzereliefs 84. 358 f. Priamos 350.

Lares Augusti, Altar im Belvedere Profile von Podien 260. 262

299.

Lavinium, Gründungssage 299 ff. Lokalgötter auf Reliefs 382. Louvre, Elfenbeinreliefs im 316.

» Relieffragment 90. Ludovisischer Marmorthron 307 ff.

Prometheus des Aeschylus, Erstauf- führung 106.

Regöly, Goldfunde 388.

Reliefstil 367 f.

Rheinische Provinzialkunst u. ihre Vorlagen 284.

406

REGISTER

Römische Sarkophage und Architektur

79. Romulusgrab 204. Rostra 193.

n Caesaris 57. Ruvo. Elfenbeinreliefs aus 314. Säulenbasen, italische und römische

263. Säulenschäfte 265. Sallustius Crispus 87. Sarkophag von Torre Nova 289. Schildreliefs 303. Schlachtscene, Schildrelief 303 f. Scholion Soph. 0. C. 39 286. Scipionengrab 263 f. Septimius Severus, Münze des, von Ha-

drianopolis 93. Septizonium 94. Sidonischer Sarkophag « des Pleureu-

ses » 74. Sima, Form 274.

» jonische Terrakotta in Candia

64.' Sima, jonische in Etrurien und auf

att. Grabstelen 77. Sima aus Balustrade des flachen Da- ches entstanden 76. Simonius Julianus, Stadtpraefect 88. Spes, Tempel am Forum holitorium

191.

Steinmetzzeichen 61.

Stele vom Diktynnaion in Creta 77.

Stuckformen römischer Bauten 179.

Stuckverkleidung an römischen Bauten 250. 272.

Sulla, gentilicium 87.

Szasazol, Goldfunde 387.

Tempel, ionischer, am Ponte Rotto 220.

Terracina. Inschrift aus 394.

Theaterfrage 53 ff.

Thensa Capitolina 332.

Thensa, Form 378.

Thiasos, Bronzerelief 355 f.

Torre Nova, Sarkophag von 289.

Trajans Rostrabau 62.

Traianus Decius, Porträt 85.

Travertin, Verwendung an röm. Bau- ten 187.

Uffizi, Relief in 398 f.

Vatikan, Galleria delle Statue, Relief 89.

Venus, Medaillon in Bronze 355.

Verhüllung in der Frauentracht 309.

Wagen aus Bronze 377.

Wasserbassins im Theater von Pom- peji 45 ff.

Zahnschnitt 272.

Zauberbräuche zur Vertreibung von Ungeziefer 215.

TAFELN

I. Skenenbau und Orchestra des grossen Theaters in Pompeji.

II. Terrecotte cretesi di uso architettonico.

III-IV. Frammenti di vaso Attico nel Aluseo di Pietroburgo.

V. Tempel bei S. Nicola in Carcere, Ansicht.

VI. Ionischer Tempel am Ponte Kotto in Rom.

VII. Ionischer Tempel am' Ponte Rotto in Rom. Grundriss mit den moder-

nen Einbauten.

VIII. Ionischer Tempel am Ponte Rotto in Rom. Seitenansicht (Westseite)

und Rückansicht (Südseite) im gegenwärtigen Zustand (Kapitelle ergänzt).

IX. Ionischer Tempel am Ponte Rotto in Rom. Schnitte und Details.

X. Ionischer Tempel am Ponte Rotto in Rom. Podium und Säulenbasis. XL Ionischer Tempel am Ponte Rotto in Rom. Säulenkapitelle und

Gebälk.

XII. Ionischer Tempel am Ponte Rotto in Rom. Dritte und sechste Säule

der Ostseite.

XIII. Sarcofago di Torre Nova.

XIV. Rilieui romani con rappresentazioni di matrimonio. XV-XVI. Archaische Elfenbeinreliefs.

XVTI-XVIII. Bronzereliefs von der Thensa Capitolina.

Abgeschlossen am 10. Juli 1907.

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Aufgenommen und gezeichnet von E. Fiechter.

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SARCOFAGO NHL MUSEO

XIV.

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ARCHAISCHE ELFENBEINRELIEFS

Fotot. Danesi - Roma

ARCHAISCHE EL

JBEINRELIEFS

Futut. Hanesi - Roma

BRONZERELIEFS DER THENSA CAFITOLINA.

J. B. Obenietter, München. J. B Obernetter. München.

XVIII.

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BRONZERELIEFS DER THEN5A CAPITOLINA.

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