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PRESENTED TO THE LIBRARY PROFESSOR H. G. HEDLER

Ftodldr a )ZCrO

MITTELHOCHDEUTSCHE

GRAMMATIK

VON

m KARL WEINHOLD

ORD. PROFESSOB AN DER UNIYEBSITIt ZU BRESLAU.

ZWEITE AUSGABE

PADERBORN

DRÜCK UND VERLAG VON FERDINAND SCHÖNINGH

1883

i

I

JULIUS ZACHER

IN ERINNERUNG ^VERGANGENER ZEITEN

DND

ALS DENKMAL BLEIBENDER FREUNDSCHAFT

GEWIDMET.

Vorwort.

-Nachdem sich eine zweite Ausgabe meiner Mittelhoch- deutschen Grammatik nötig erwiesen hatte, lag es mir ob, die erste 1877 erschienene einer bessernden Durchsicht zu unterwerfen. Ich habe dabei den Vocalismus einer Umarbeitung unterzogen, indem ich die historische Anordnung der früheren nach den verschiedenen Lautzeichen vorzog, und die in der mhd. Periode nachweisbare Ent Wickelung des aus der althoch- deutschen Zeit überkommenen Vocalstandes demgemäss dar- stellte. In einer allgemeinen deutschen Grammatik wäre auf die drei Grundvocale a i u zurückzugehn und die Geschichte eines jeden vorzutragen. Bei der Grammatik des Deutschen in begrenzter Zeit lässt sich das historische Prinzip nicht in ganzer Schärfe durchführen. Ich habe z. B. den Umlaut e zwar unter a abgehandelt, das europäische e aber, das aus arischem ä hervorgieng, selbständig gesezt. Die Brechung des echten i zu e ist bei diesem i vorgeführt; das aus e ent- wickelte i findet sich bei dem europäischen e behandelt. Ich habe z. B. e (aus ei) und 6 (aus ou) in eigenen Gruppen dargestellt, weil sie schon in dem Althochdeutschen als feste Lautbildungen dastehn, und die Veränderungen, denen sie in der mhd. Periode unterliegen, im ganzen bei jedem von ihnen gegeben. Durch das Register wird es leicht möglich sein, sich zurechtzufinden.

VI

Bei den Consonanten Hess ich die alte Anordnung, suchte aber hier wie in den übrigen Capiteln zu bessern und nach- zutragen, 80 weit ich vermochte. An Hemmungen meiner Arbeit hat es nicht gefehlt.

Das Buch ist in seiner ersten Gestalt fast von allen Seiten mit Gunst aufgenommen worden. Jezt wo es zum zweiten Male ausgeht, wünsche ich ihm gleichen Empfang.

Breslau, am Annentage 1883.

K. Weinhold.

Inhalt

Seite

Einleitung 1 5

Erster Hanpttheil. IMe Lautlehre.

Erstes Buch. Die Vocale 6—140

I. Allgemeine vocaHsche Erscheinungen 7—22

II. Die einzelnen Vocale ......... ^. .. .. 22—140

Zweites Buch. Die Consonanten 141 247

I. Allgemeines 141 155

n. Die einzelnen Consonanten 155 247

Zweiter Haupttheil. Die Worüehre.

Erstes Buch. Bildung der Worte 248-349

1. Suffixlose Stammbildung 249-251

2. Stammbildung durch Suffixe 251—277

3. Wortzusammensetzung 277 306

4. Geschlecht der Substantiva 306—312

5. Steigerung der Adjectiva 312 316

6. Adverbialbildung 316—331

7. Präpositionen 331 335

8. Zahlworte 336—345

9. Interjectionen 345 349

Zweites Buch. Wortbiegung 350 584

Erster Abschnitt. Conjugation 350—473

1. Starke Conjugation 351—401

2. Schwache Conjugation 401—436

3. Mischung st. und schw. Conjugation 437 464

•4. Umschriebene Formen 465 473

VIII

Seite

Zweiter Abschnitt. Dedination 473 584

I. Nominale Declination 474—510

A. Vocalische Stämme 474—489

B. Consonantische Stämme 489—506

C. Eigennamen 507—510

n. Pronominale Declination 511 584

A. Pronomina 511 554

B. Adjectivum 555 584

Nachweis . . .' 585—604

Abkürzungen.

Die angewanten Abkürzungen bei den Citaten sind die üblichen, über welche die etwa unkundigen in den Quellenverzeichnissen zu den Mittel- hochdeutschen Wörterbüchern von Benecke-MüUer-Zamcke und von Lexer sich leicht Eat holen können, ebenso in den Verzeichnissen vor meiner Alemannischen und Bairischen Granmiatik. Ich führe hier nur einzelne,

dort zum Theil nicht gebrauchte an.

AI. Alex. Alexander, citirt nach Weismanns Ausg. Ammenhns. Neue Mittheilungen aus Konrads v. Ammen-

husen Schaohzabelbuch von F. Vetter. Aarau 1877. Ans. Anseimus, in Schades Niederrhein. Gedichten 248

bis 286. Böhmer Codex diplomaticus Moenofrancofurtensis, herausg.

von Fr. Böhmer. Frankf. 1836. Brev. Niederrheinisches Brevier, von Frz. Pfeiffer in^

Glossar zum Selentrost bei Frommann Zeitschr. II. III.

ausgezogen. Cd. Sil. Codex diplomaticus Silesiae*, herausg. von dem

Vereine f. Gesch. und Alterthum Schlesiens. Breslau;

nach der Bändezahl citirt. Cod. Sax. Codex diplomaticus Saxoniae regiae; herausg.

von Gersdorf, v. Posem-Klett und Posse. Cronica, Cron., auch Kölner Cron. Die Cronica van

der hilliger Stat Coellen, gedr. bei Joh. Koelhoff. 1499,

benuzt in dem alten Druck. Ebersb. Urkundenbuch der Abtei Ebersbach im Rheingau,

herausg. von Rössel. Wiesbaden. I. IL 1862—70. Tr. Egyd. der Trierer Egydius nach Bartsch Ausgabe

in Germ. XXVI, 1-57. En. Heinr. v. Veldeke Eneide herausg. von 0. Behaghel.

Heilbr. 1882. Ennen Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, herausg.

von Ennen und Eckertz. Köln 1860. ff. Ernst ~ die verschiedenen Emstgedichte : I. oder A die

niederrheinischen Bruchstücke; II. oder B die älteste

Umarbeitung, nach der Ausgabe von K. Bartsch Herzog

Ernst. Wien 1869. Ernst IV. oder D, die zweite Um- arbeitung in V. d. Hagen und Büsching Deutsche Gedichte

des Mittelalters. I. hess. Evang. Fragmente einer Evangelienübersetzung,

herausg. von Heppe bei Haupt Z. IX, 267 302.

Floyris Trierer Bruchstücke des Floyris, heraus^, von Steinmeyer in d. Z. f. d. A. XXI, 320. ff.

Harff Die Pilgerfahrt des Ritters Arnold v. Harff 1496 bis 1499, herausg. von E. v. Groote. Köln 1860.

Heinr. v. Neust. Heinrich von Neustadt: Apollonius, von Gottes Zukunft. Im Auszug herausg. von J. Strobl. Wien 1875.

Henneb. U. Hennebergisches Urkundenbuoh, herausg. von Schöppach, Becbstein, Brückner. Meiningen 1842. ff.

Hieron. Das Leben des h. Hieronymus in der Übersetzung des Bischof Joh. v. Olmütz, herausg. von A. Benedict. Prag 1880.

Hildeg. G. aus dem sogen. Gebetbuch der h. Hildegard, herausg. von Keinz in den Münchener Sitz.-Ber. 1870. n. 114-119.

Höf er Auswahl der ältesten Urkunden deutscher Sprache im Archiv zu Berlin, herausg. v. L. F. Höfer. Hamburg 1835.

H. TJ. Hessische Urkunden herausg. von L. Baur. Darm- stadt 1860. ff. 3 Bde.

Jen. Fragm. Bruchstück eines Gedichtes Unterweisung zur Vollkommenheit, herausg. von H. Rückert in der Zeitschr. d. Vereins f. thüring. Gesch. I. 55 58. Vgl. Vollkommenheit.

Joh. V. Frankenat. KhuU über die Sprache des Joh. v. Frankens t^n, Graz 1880. Der Kreuziger des Johannes von Frankenstein, herausg. v. KhuU. Tübingen 1882.

Jungfr. vgl. Sp. V. d. Jungfr.

Junk. u. Heinr. Maere vom Junker und treuen Heinrich herausg. von Kinzel. Berlin 1880.

Kath. Mart. Katherinen Passie, bei Schade Niederrhein. Ged. 135—151.

Kath. Sp. ludus de beata Katherina, in Stephans Neuen Stofflieferungen. Mülhausen i. Th. 1846. 1, 160—173.

Köditz Leben dös h. Ludwig Landgr. in Thüringen, von Fr. Ködiz, herausg. v. H. Bückert. Leipz. 1851.

Lacombl. Urkundenbuch für die Geschichte des Nieder- rheins, herausg. von Lacomblet. Düsseldorf 1840. ff.

Lampr. Fr. Syon Lamprecht von Regensburg, S. Fran- cisken Leben und Tochter Syon, herausg. v, K. Weinhold. Paderborn 1880.

Mrh. Legend. Legendär aus d. Anfange des 12. Jh. von H. Busch in Zachers Z. f. d. Phil. X. XL

Fl. Licht Die Offenbarungen der Mechtild von Magde- burg oder das fliessende Licht, herausg. von Morel. Regensburg 1869.

XI

Limb. Pred. Limburgsche Sermoe aen, über ihre Formen

Cosijn im Taal- en Letterbode V. Loersch Achen. Rdm. Achener Rechtsdenkraäler aus dem

13. 14. und 15. Jh., herausg. von Fr. Loersch. Bonn 1871. Mantel Der Mantel des Heinr. v. d. Tiirlin, herausg. von

0. Warnatsch. Breslau 1883. Margar. P. Margareten Passie bei Schade Niederrhein.

Ged. 83-96. Marienl., auch Ml. Marienlieder, herausg. von W. Grimm

in Haupts Z. X, 1 133. Mem. Memorial des Strassburger Johanniterordens, her. von

C. Schmidt in s. Gottesfreunden. Jena 1855. S. 34—120. Mone Spiegel Gedicht der Spiegel bei Mone Schauspiele

des Mittelalters 1, 210—250. Mrh. Urk. Urkundenbuch zur Geschichte der preuss.

mittelrheinischen Territorien, herausg. von Beyer, Eltester

und Görz. Coblenz 1860.* 1865. L IL Mülh. E. Das älteste Rech tsbuoh der Reichsstadt Mülhausen,

herausg. von F. Stephan Neue Stofflieferungen I, 27—57. Miilh. U. Urkundenbuch der ehemals fr. Reichsstadt Mül-

hausen i. Th., herausg. von Herquet. Halle 1874. Musk. Lieder Muskatbluts, erster Druck besorgt von

E. V. Groote. Köln 1852. Nassau der Fall K. Adolfs von Nassau, zuerst herausg.

von Massmann bei Haupt Z. III, 7 25. Nordh. W. Weistümer der Stadt Nordhausen herausg.

von Förstemann in den Neuen Mittheil. d. sächs. thür.

Vereins I. 3, 15-82. Halle 1834. Paris. Tagz. Die Pariser Tagezeiten herausg. von St.

Waetzoldt. Hamburg 1880 und Waetzoldts Dissertation.

Halle 1875. Repg. Cr. Die Berlin-Blankenheimer Handschr. der sogen.

Repgauischen Chronik nach dem Druck von G. Schöne.

Elberfeld 1859. Roth. König Rother, nach Massmanns Druck in den deutsch.

Gedichten des 12. Jh. Quedlinburg 1837. Rück er t Entw. Entwurf einer systematischen Darstellung

der schlesischen deutschen Mundart im Mittelalter von

H. Rückert. Mit einem Anhang herausg. von P. Pietsch.

Paderborn 1878. Sachsens p. köln. Die kölnische Handschrift des Sachsen- spiegels von 1295. Salm. Salman und Morolf herausg. v. F. Vogt. I. Halle 1880. Schachb. Mitteldeutsches Schachbuch herausg. von E.

Sievers bei Haupt XVII, 161—379,

XII

Schone b. Das hohe Lied Bruns von Schonebek, nach der

Breslauer Rhedigerschen Handschrift. Secund. Secundus, her. von Ph. Strauch in d. Z. f. d. A.

XXn, 389-398. Sei. L. Gedicht van der seien ind dem licham, herausg.

von M. Rieger in Pfeiflfers Germ. III, 400 405. Sei. Tr. -^ der Selen Trost, nach der Stuttgart. Hs. herausg.

von Frz. Pfeififer in Frommanns Mundarten II. III. citirt

nach den Seiten der Hs. Tr. Silv. Der Trierer Silvester, herausg. v. M. Rödiger

in Z. f. d. A. XXII, 145. ff.; dazu German. XXVI, 57. ff. Sperber das maere vom Sperber, in kölnischer Mundart

bei Mone Quellen und Forsch. I. 1, 134 145. Spiegelb. Das Spiegelbuch, aus der Trierer Hs. gedruckt

bei Keller Fastnachtspiele IV, 265—285. Vergl. dazu , Rieger in der German. XVI, 173—211. Sp. V. d. Jungfr. Spiel von den zehn Jungfrauen, nach

dem Druck von Stephan Neue Stoff liefer. 173 184. Trebn. Ps. Schlesische Denkmäler des deutschen Schrift-

thums im Mittelalter, herausg. von P. Pietsch. I. Treb-

nitzer Psalmen. Breslau 1881. Tristr. Tristran Eilharts, herausg. in Eilhart von Oberge,

herausg. von Fr. Lichtenstein. Strassburg 1877. ülr. ViTh. Wilhelm vjou ViTenden. Gedicht von Ulr. v.

Eschenbach, herausg. von ISf. Toischer. Prag 1876. Vollkommenh. Unterweisung zur Vollkommenheit, herausg.

von Bech in Germ. XXII, 167. ff. vgl. Jen. Fragra. Vor. Ged. Deutsche Gedichte des 11. u. 12. Jh. aus der

Vorauer Handschr. herausg. von J. Diemer. Wien 1849. Vorbewis. dat boich van den vorbewisingen, niederrhein.

Gedicht ; von Simrock, der die Hs. besass, mir mitgetheilt. Wierstraat Des C. v. Wierstraat Reimchronik der Stadt

Neuss. Nach dem Originaldruck von 1497 herausg. von

E. V. Groote. Köln 1855.

Gr. Grimm Deutsche GrammatikI IV. Göttingen 1822—37.

AGr. Weinhold Alemannische Grammatik. Berlin 1863.

BGr. Bairische Grammatik. Berlin 1867.

Mhd. Wb. Mittelhochdeutsches Wörterbuch mit Benutzung des Nachlasses von G. Fr. Benecke ausgearbeitet von W. Müller und Fr. Zarncke. Leipz. 1854—1861. 3 Bde.

Lex er Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Leipz. 1872 —1878. 3 Bde.

§ 1. Die mittelhochdeutsche Grammatik behan- § 1. delt die Sprache der Ober- und Mitteldeutschen vom zwölften bis gegen das Ende des vierzehnten Jahrhunderts.

Die Benennung mittelhochdeutsch ist weder alt noch volksthüm- lich, sondern von J. Grimm nach media latinitas gebildet. Er wolte damit die hochdeutsche Sprache in der Periode bezeichnen, die zwischen alt- und neuhochdeutsch liegt (Haupt Zeitschr. VIII, 545). Käumlich begriff er unter hochdeutsch die deutsche Sprache von ihrer Südgrenze . gegen Eomanen und Slaven bis an das niederdeutsche Gebiet. Kein Grund veranlasst uns, von dem durch J. Grimm eingeführten Namen abzuweichen.

Das Mittelhochdeutsche ist die geschichtliche Fortentwicke- lung des Althochdeutschen. In der ahd. Periode stunden die Dialecte der Alemannen, der Baiern und der verschiedenen fränkischen Völkerschaften in schriftlichem Brauche neben- einander.

§ 2. In dem Mittelhochdeutschen werden zwei Haupt- § 2. dialecte unterschieden: der oberdeutsche und der mittel- deutsche.

Der oberdeutsche Dialect theilt sich wieder in die bai- rischen und alemannischen Mundarten. Die bairischen sind über das alte Herzogthum Baiern, über Tirol, Salzburg, Oester- reich ob und unter der Ens, Steiermark und Kärnten ver- breitet; die alemannischen über das Alpenland zwischen Jura und dem oberen Inn- und Lechthal, über Schwaben und Elsass.

Das Oberdeutsche der mhd. Periode hat die Vorliebe für Diphthonge bewahrt und entwickelt dieselben auf bairischem Boden durch Neubildungen (ei für i, eu für iu, ou für ü) noch weiter. Die Umlaute kommen zur vollen Durchführung. Die althochdeutsche Verschiebung der stummen Konsonanten bleibt bei den Lingualen und theilweise den Labialen, während die

Wein hold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 1

§ 2. Gaumenkonsoiiaiiten in der Regel auf den gemeingermanischen Stand zurückkehren (§§ 146. 147).

Das Mitteldeutsche zerfallt in die fränkische und die thüringisch-ostdeutsche Gruppe. Die fränkischen mitteldeutschen Mundarten breiten sich über Rheinfranken bis an die Grenze des Niederfränkischen aus, ferner über Hessen, die Wetterau und Ostfranken. Die zweite Gruppe gehört nach Thüringen und die östlich davon liegenden germanisirten Landschaften samt den Kolonien in Preussen und Ungarn.

Merkmale des Mitteldeutschen im Gegensatz zum Ober- deutschen sind ausser dem Wortschatz Vorliebe für e und o (gegen % und u\ Sprödigkeit gegen den Umlaut, Abneigung gegen die Diphthonge (daher e für ei, ö für ou, i lür ie, ü für iu und tiö) ; Dehnung kurzer Stammsilben, zähere Bewahrung des Accentes der Endsilben und deshalb Widerstand gegen die vocalische Synkope und Apokope. Die Verschiebung der stummen Konsonanten steht im Ostfränkischen auf dem Stande des Gemeinmittelhoohdeutschen. In dem Ober- und Mittel- fränkischen treten im wachsenden Verhältnis von Süden nach Norden p für pf, t für js;, d für t, k für ch auf 149). Ausserdem macht sich Neigung zur konsonantischen Anglei- chung, zur Umstellung der Liquidae und zur Unterdrückung des h im In- und Auslaute bemerkbar. §3. § 3. Aus den Verschiedenheiten des Wortschatzes, aus

der abweichenden Bezeichnung der Laute in den Handschriften vom XII. bis in das XIV. Jh. sowie in den seit Mitte des XIII. Jh. sich allmählich mehrenden deutschen Urkunden erhellt, dass keine durchaus einheitliche Schriftsprache der mhd. Zeit bestund. Man kann nicht von einem durch das Schwäbische (Alemannische) normalisirten Mittelhochdeutsch reden; dazu war das geistige Ueberge wicht der Alemannen nicht gross genug; ebenso nicht von einer am staufischen Hofe festgestellten Mustersprache der vornehmen und gebil- deten Gesellschaft; dafür hatten die Hohenstaufen trotz ihrer Neigung für deutsche Poesie weder Zeit noch Sinn. Andrer- seits wäre es entschieden falsch, den über dem landschaft- lichen stehnden Schrift- und Sprachgebrauch der gebildeten

Deutschen im Süden wie in der Mitte des Reiches zu läugnen. § 3. Sie trugen das Ideal einer Schriftsprache für ganz Deutsch- land in sich und suchten es zu verwirklichen.

Das Alemannische und das Bairische stunden sich nahe genug, um mit geringem nachgeben in Lauten und Flexionen beim Schriftgebrauch eine gemeinsame Haltung zeigen zu können. Ebenso lässt sich ein gemeinsamer Typus des Mittel- deutschen nicht verkennen. Im Wortschatz wie in den Laut- erscheinungen stehn beide Gruppen von einander ab. Aber es wäre unrichtig, sich klaffende Abscheidungen zu denken. Wir ziehen zwar mit Recht Dialectgrenzen, dürfen aber nicht übersehen, dass an jeder Grenze rechts und links vermittelnde Striche liegen. Während das Bairische sich am Lech mit dem Schwäbischen und am oberen Inn mit dem Alemannischen auch innerlich berührt, zeigt das Schwäbische, noch mehr aber das Elsässische starke Näherung an das Fränkische. In den fränkischen Dialecten dann liegt das absteigen vom Ober- zum Niederdeutschen stufenförmig vor Augen ; der köln-achensche Dialect steht dem Niederdeutschen am nächsten, ja an der Nordgrenze des ripuarischen Landes geschieht der Uebergang in das Niederländische fast unmerklich. Gen Osten bildet das Thüringische eine ähnliche Stufe zwischen Fränkisch und Sächsisch; es enthält unter allen mitteldeutschen Dialecten nächst dem ripuarischen die meisten niederdeutschen Elemente im Yocalismus.

§ 4. Diese natürlichen Uebergänge, welche an das gleiche § 4. Verhältnis der indogermanischen Sprachen zu einander er- innern,^) erleichterten die Bildung einer mittelhochdeutschen Schriftsprache für Ober- und Mitteldeutsche. In dem mhd. Consonantismus zeigt sich fast regelmässig das md. g für obd. k durchgeführt, häufig md. h für obd. p, und md. h in starkem Wechsel mit obd. eh. In dem Vocalismus finden die md. Vereinfachungen i und ü der Diphthonge ie und uo bei obd. Schreibern gegen ihre landschaftliche Aussprache sehr oft Anname. Es lässt sich daher eine Einwirkung des

1) Job. Schmidt die Verwandtschaftsverhältnisse der indogerma- nischen Sprachen. Weimar 1872.

§ 4. Fränkischen auf die mhd. Schriftsprache nicht in Abrede stellen. Umgekehrt äussert sich in sorgsamen md. Hand- schriften und Urkunden deutliches streben sowol in den Formen das grob mundartliche zu vermeiden, als in der Vocalbezeich- nting dem obd. sich zu nähern : ^) daher nicht selten die Di- phthonge ie, iu, uo, üe und die Umlaute gegen md. Aussprache erscheinen. In allem diesem liegt der Beweis, dass man das Bedürfnis zur Bildung eines gemeinen Deutsch in Ober- und Mitteldeutschland empfand, und dass solches ein Ziel war, dem die Gebildeten in der Blütezeit des mittelalterlichen Lebens zustrebten.

Unwiderlegliche Zeugen für die mhd. Schriftsprache sind Hartmann von Aue und Walther v. d. Vogelweide, die sich von hervorstechenden mundartlichen Eigenheiten so frei hielten, dass aus ihrer Sprache der Streit über ihre Heimat nicht entschieden werden kann. Auch Gotfried von Strassburg ist als Muster vornehmer, des landschaftlichen möglichst entbeh- render Sprache anzuerkennen. Berthold von B/Cgensburg pre- digte, da er allen Deutschen verständlich sein wolte, „in einer Art hochdeutscher Gesamtsprache."*) Ans der Zeit, da man sich die Mundarten gewöhnlich in Empörung gegen sprach- liche Zucht denkt, bezeugt das gesetzmässige Ansehn der Schriftsprache Bumslant in seinem Vorwurf gegen den Marner, dass er sein Schwäbisch zu stark in sein Deutsch menge : din ander rat dir swcebisch melt, din diutsch ist uns ze drcete. MSH. 3, 56^ Auch Hug von Trimberg hebt den Gegensatz des tiutsch gegen die lantsprächen hervor und hält es nütz- lich für das tiutsch, wenn in verständiger Weise gutes aus den Mundarten in die Schriftsprache aufgenommen werde (Renner 22206. ff.).

Die Streitfrage, ob es eine mhd. Schriftsprache gab, ist hier nicht genauer zu verfolgen. Vorsichtiger als meist ihm zugeschrieben wird, äusserte sich darüber J. Grimm Gr. I«, 330. 447. f. I», 5. Eine Wider- legung der früher verbreiteten Ansicht, das Schwäbische bilde die Grund-

^) Vgl. auch Bech die bischöfl. Satzungen über das Eidgeschoss in Zeiz S. 11. B. Hildebrand in s. Ausgabe des Sachsenspiegels (1863) S. XHI.

*) Wackemagel Altd. Predigten S. 354.

läge einer mhd. giltigen Hof spräche, versuchte Frz. Pfeiffer über § 4. Wesen und Bildung der höfischen Sprache in mhd. Zeit (Wien 1861). Die Existenz einer mhd. Schriftsprache überhaupt läugnete H. Paul Gab es eine mhd. Schriftsprache? Halle 1873. Gegen ihn schrieb H. Heinz el in der Zeitschr. f. Österreich. Gymnasien 1874. S. 173. ff., angelehnt an MüUenhoffs Ansicht in den Denkmälern d. Poesie und Prosa XXVI ff. (XXHI.). Vom geschichtlichen Standpunct vertheidigte das bestehn der höfischen mhd. Sprache H. Bückert Geschichte der nhd. Schriftsprache I, 122—142.

Erster Haupttheil.

Die Lautlehre.

Erstes Buch. Die Yocale.

§5. § 5. Die ahd. Yocale sind

kurze a e i o u

lange a e t o u

Diphthonge ai ei oa eu iu eo ea io ia ie au ou

imiw ue ' ao

Nach der Verwantschaft geordnet: A-Klasse: a mit den Umbildungen e i, o u

und dem Umlaute e (ä) ä 6 {oa tm uo ue) I-Klasse: i mit Brechung e

ai eiy Vereinfachung S U-Klasse: u mit Brechung o ü, Umlaut iu

eu iu, Brechung eo ea (Verengung e) io ia ie au ou, ao mit Vereinfachung 6.

§6. § 6. In dem mhd. Zeitraum besitzt

1. das Oberdeutsche a mit den alten Umbildungen e i, o u

und dem Umlaut e {ä) ä mit Umlaut te uo mit Umlaut üe i mit der Brechung e % (in neues ei bairisch übergehend) ei {ai) mit der ¥ereinfachung e

u mit Brechung o, dazu die Umlaute ü und ö § d,

ü mit Umlaut iu

iu mit Brechung ie

ou mit Vereinfachung ö, dazu die Umlaute öü und oe.

2. das Mitteldeutsche hat die Vocale a mit den alten Umbildungen e i, o u

und dem Umlaut e ä mit Umlaut e

iio mit den Vereinfachungen 6 und ü, i mit Brechung ^ u mit Brechung o

^ ü mit Umlaut m

ei mit der Vereinfachung e iu mit Vereinfachung w, Bre- chung ie, vereinfacht e und i ou, Vereinfachung ö. Ferner eine Anzahl diphthongischer Vocale, die sich durch !N^achschlag eines i oder e nach dem Grundvocal bildeten

ae

at

••

et

••

le

oe

oi

ue m

I. Allgemeine vooalisolie Ersoheinungen.

QuaUtät. QnaBtität. Tonstärke. 1. Yerandemngen der Qnalit&t

§ 7. Die Grundvocale sind a i u. § ^•

Die älteste Artveränderung, die in allen europäischen westarischen Sprachen in vorgeschichtlicher Zeit erfolgte, war die wahrscheinlich durch Einwirkung der Accentuation voll- zogene Spaltung von ursprünglichem a der Stamm- silben in a e und o. Das e erhöhte sich dann oft weiter zu i, das 0 senkte sich zu u.

Im Gotischen blieben e und o nur vor r, h und in ein- zelnen Worten, im übrigen wurden hier i und u dafür Regel.

Im Oberdeutschen hielten sich e und o nur vor a des Affixes, während sie durch folgendes i oder,;, zuweilen auch durch w zu i und u gewandelt wurden. Doppelnasal oder

8

§ 7. Nasal + Muta förderten selbst vor a des Affixes den TJeber-

tritt des e zu i.

gebam geban gebanti berg(a) weg(a) vedar

ganoma/n gastolan donar wolla tor(a) wolf(a) wort(a)

%Ö>^Ä** sitz(j)an bit(j)an; gibis gibit füjan ßlan.

vihu, vüu, situ. »ibun. gibu sihu sichur» schilt (sküdus). mist(us) wider (vidrus) guttun gullun hulfu/n.

rauli, vuri, turi, fuljan fullan.

wüUtn. güldin, bindan smmman, fimf(a) hunt(a), gabundan, gaswumman garunnan.

Die erhaltende Kraft eines a der Affixe ffir e und o der Stammsilben beruht auf dem sprachlichen Zuge nach Aus- gleichung zwischen Stamm- und Affixvocal: e und o liegen dem a organisch näher als i und u.

In dem Mitteldeutschen beharrten die aus altem a durch jene Spaltung hervorgegangenen e und o weit länger selbst in den Fällen, wo oberdeutsch der Uebergang zu i und u erfolgte. Dazu kam noch, dass auch viele echte alte i sich zu e senkten, so dass sich in den fränkisch - thüringischen Dialecten eine ungemeine Anzahl Worte mit e und o in den Stammsilben finden, was ihnen einen matten trüben Ausdruck gibt. §§ 25. 32.

Die alte westarische Spaltung des a erkante zuerst F. W. Wahlen- berg über Einwirkung derVocale aufVocale, Sigmaringen 1855. Selb- ständig gab den Nachweis davon der Däne E. Jessen (1860 Tidskrift for Filologi ög Pädagogik I. 217), genauer und ausführlicher G. Curtius (1864, über die Spaltung des A-Lautes, Berichte d. sächs. Ges. d. Wiss. Ph. h. EL). Scherer nante dies Gesetz Müllenhof fs Eegel (1868, Gesch. d. deutsch. Sprache 7.). Seitdem gab Nachweise über diese Spaltung Fick 1873 die ehemalige Spracheinheit der Indo- Germanen Europas, femer handelte in besonderer Schrift darüber A. Bezzen- berger über die A-Eeihe der gotischen Sprache, Gott. 1874. Paul in den Beiträgen VI, 76. ff. suchte zu erweisen, dass bereits europäisches e vor Nasal -f- Consonant, femer vor i oder j der folgenden Silbe zu t ward, und femer dass folgendes u ohne Einfluss war. Beachtenswert sind die Abhandlungen des Schweden Leffler Bidrag tül läran om i'Onüydet med särsJcüd hänsyn tu tiden för den gennaniska spräken- heten in Nord. Tidskr. f. Filologi og Pädagogik N. K. 11. (1875). Über die Accentuation als Grund der Gestaltung des alten a zu e und o gab Aufschluss K. Vemer in Kuhns Zeitschr. XXIII, 132. ff.

§ 8. Von jenem aus altarischem a entsprungenen o § 8. scheidet sich das aus altem u durch Einwirkung von Affix-a hervorgegangene o: das o der Brechung, um J. Grimms Benennung beizubehalten.

z. B. gäbtUcm : gdbotan geboten, übana : obana oben, fluta : floz ; bwtan : boto.

Auch in dem Diphthong eu iu unterlag u dieser Brechung: beidan biutan ward zu beotan biotan, deuta diuta : diota, hiufä : Mofa, tiur(a) : tior. Sehr anschaulich zeigt sich diese Einwirkung des a der Endung im Fräs. Ind. der ablautenden Zeitworte der Ü-Xlasse, vgl.

biutu biutis biutit, biotam biotat biotant.

Dieses io schwächte sich zu ie; ie gilt im mhd. als Brechung von iu.

Auf altes indogermanisches i übte a des Affixes nicht dieselbe Brechung, denn i ist stärker als u und leistete in der Regel Widerstand. Es blieb also reines i in gahUan, gatriban, gasigan (und in den andern Ptc. Prt. Pass. der I-Klasse), in widar, wiezan, inan, iz, fisc u. s. w. Die hochdeutschen Ausnamen, in denen sich neben i dennoch ein e zeigt, giebt § 54. e ist das von J. Grimm eingefiihrte Zeichen für diese Brechung.

Der Name Brechung wird von uns nicht in dem ausgedehnten Sinne J. Grimms (Grammat. I*, 544—553) gehraucht, sondern wir be- schränken ihn auf die qualitative Veränderung von ursprünglichem (indogermanischen) u und i zu o und e durch a des Affixes. Wir scheiden davon die e und o, welche auf altarisches a zurückgehn.

§ 9. Eine andere Veränderung der Vocale ist der Um- § 9. laut, worunter wir nach J. Grimm die qualitative Wandelung des Wurzelvocals durch i (oder u) des Affixes verstehn.

Die älteste Form des Umlauts scheint die Einfügung des Affixvocals in die Wurzelsilbe : aus a ward ai, aus o ot, aus u m. Früh giengen aber diese mechanischen Verbindungen in die organischen Zwischenvocale über, in die Vocale also, die zwischen dem betrefienden Wurzel- und Affixvocal liegen.

Das Deutsche kennt nur den Umlaut durch i. Ahd. waren erst vorhanden die Umlaute e (aus a), iu (tiefes langes ü aus ü), und Anfönge von ü (aus u), Mhd. entwickelte sich der

10

§ 9. Umlaut, wenigstens in dem Oberdeutschen, vollständig, obschon das i des Affixes längst zu irrationalem e entartet war. Hier kann also keine Assimilation mehr wirken, sondern es tritt im Lauf der Zeit eine Analogiebildung hervor, unterstützt durch die bei Tonschwächung der Affixe erfolgende Tonerhöhung der Stammsilben. Die Umlautvocale sind sämtlich höher als ihre Grundvocale.

Dieser mhd. Umlaut greift zuweilen fehl, und stösst auch auf Hindernisse, § 20. 21. Im md. entwickelt er sich über- haupt langsamer und spärlicher, welches wahrscheinlich mit der grösseren Tonstärke der md. Afßxsilben zusammenhängt.

Die mhd. Umlaute sind ä oder e von a, ce von a, üe von uo, ü von u, iu von ü, öu von ow, (B von 6.

§ 10. § 10. In dem Umlaut der Stammsilbe, so wie in der

Erhaltung von europäischem e und o vor a des Affixes wirkte der assimilirende Zug, aus dem J. Grimm, Holtzmann und Th. Jacobi Umlaut und Brechung überhaupt erklärten.

Es lässt sich in der ahd. Periode auch innerhalb der Sprosssilben eine Angleichung beobachten, die vorwärts oder rückwärts auftritt. Von der Stammsilbe vorwärts nach dem Affix äussert sich dieselbe zb. in chiborganun : chibor- gonun, Podalunc : Podolunc. Häufiger ist die rückwärts wirkende Assimilation:

adali : edüi, püadi : püidi, sihimi : sibini, hungarü : hungirit, offano : affono, hantalön : hantolön, bittaru : bitturu, Otälo : OtdU>,

Wirkung der vorlezten auf die drittlezte Sübe hungarita: hungirüa, reganöda : regonöda, hrosamöno : brosomöno, üzsanondem : üzsonöndem.

Selbst das irrationale e wirkt assimilirend bittares : bitteres, finstaremo : finsteretno, besamen : besemen, erwechanteru : erwechenteru.

In der mhd. Zeit sind die Vocale der Sprosssilben fast ausnamslos zu e verblichen; daher ist eine weitere Assimila- tionswirkung nunmehr unmöglich. Auf die Durchffihrung des irrationalen e wird jener Ausgleichungszug sehr gewirkt haben. An den Spitzen stirbt auch die Yocalfarbe zuerst ab, und von den Spitzen aus dringt die ansteckende Krankheit in das innere.

11

§ 11. Auch die ConBonanten wirken auf die Qualität §11^ der unmittelbar voraustönenden Vocale ändernd ein.

Vor allen zeigen die Liquidae vermöge ihrer stark voca- lischen Natur Neigung, den vorangehnden Vocal zu ver- schieben, und zwar sowol nach der engeren als nach der offeneren Lage, indem sie selbst durch veränderte Stellung der sie erzeugenden Organe aus ihrer normalen Klangfarbe sich nach i oder u hin färben können. Besonders l und r wirken derartig. Vor ihnen geht a in 0, e in a, e in i,

0 in a und u, u in 0 gern über.

Die Nasale m und n wirken durch ihren u- Klang im allgemeinen verdumpfend. Vor n wandelt sich a leicht in 0, i vor n und m in u oder 0, 0 in u. Andrerseits heben die Nasale tiefere Vocale, so wird mitunter 0 : a und u: 0.

Mouillirtes n wirkt auf den Uebergang von e zu i. Gleiches geschieht zuweilen durch d oder t, die in diesem Falle mouillirt sein müssen, und ebenso durch palatales g und k.

Wärend also die Linguale und Palatale den Vocal erhöhen, was sich bei den Lingualen auch in ihrer Neigung, 0 in a und in 0 zu erhöhen äussert, senken die Labiale vermöge ihres dunkeln Klanges 0 zu u und i zu u. Dieses gilt nament- lich von w, das 6 zu 0 und i zn u mit Vorliebe wandelt.

Die Gutturale verändern ihren Vorvocal ebenfalls : e kann in a, 0 in a, aber auch in u, u kann in 0 übergehn.

Linguale und Gutturale (A, j) sind im Hochdeutschen Feinde der Diphthonge ei und ou: sie heben i und u im Diphthong auf und erzeugen e und 6.

Wichtig ist femer der vocalische Stimmton der Liquidae

1 und r, durch welchen sich zwischen ihnen und einem fol- genden Consonanten ein selbständiger Vocallaut entwickelt (die Svarabhakti der indischen Grammatiker, vgl. Joh. Schmidt Vocalismus II, 1. ff. 373. ff.), zb. aram areniy zurende. Es kann der Vocallaut aber auch vor die Liquida treten, zb. süely tiwer, gehüer; gelas, herust, und sich auch dem Wurzel- vocal verbinden. So entstehn namentlich die scheinbaren Diphthonge ie und uo aus % und u, §§ 45. 49. 71. Sehr be- greiflich stört dieser vocalische Einschub auch die Quantität.

12

§11. Ib Folge des vocalischen Stimmtons des w zeigen sich

bei demselben gleiche Erscheinungen, zb. dewcmc, zewelf,

2. Veränderungen der Quantität.

§ 12. § 12. Unter den drei Urvocalen ist a der schwerste,

wie seine Erleichterung zu e und o, oder zu % und u zeigt.

Unter den mhd. Längen sind die Umlaute <b und die jüngsten, ä, t und % lezteres theils durch Vereinfachung von iu, theils durch Dehnung von u gebildet, sind alt; am jüngsten davon ist ü. * Der Umlaut dieses ü wird zwar zwei- lautig {iu) geschrieben, ist aber eine einfache Länge.

ä (got. fränk. und auch obd. in den ersten geschichtlichen Jahrhunderten bestund dafür S) entstund in den meisten Fällen durch Dehnung von a unter dem Einfluss von consonantischer Syncope. Die eigentliche germanische Steigerung des a ist o, das mhd. fast durchaus in Gestalt der diphthongischen Spaltung uo auftritt. Dass gerade 6 den schwersten a-Yocal abgiebt, erklärt sich aus der bei verstärkter Hervorhebung des a noch heute im Deutschen leicht erfolgenden Senkung des Stimmorgans.

t ist theils Dehnung des i, durch consonantische Syncope, später durch Tonverstärkung veranlasst, theils und für die alte Zeit am gewöhnlichsten Vereinfachung von ei, der Schwä- chung des aL

Bei i und u geschah eine Steigerung durch Vorschiebung von a: so entstunden ai und au. Indem sich nun a zu e schwächen kann, spalteten sich von ai und au die schwächeren ei und eu ab. Durch Verdünnung des e bildeten sich dann ii (i) und iu.

Die Gewichtstufen von a i u sind also

, ; } a a 0 (uo) 0 (u) I ^

i i (ei) ai

u eu iu au

§13. § 13. J. Grimm nante die Gewichtabstufung der

Grandvocale Ablaut und sah darin einen zum Bedeutungs- ausdruck verwanten dynamischen Vocalwechsel, der von dem

13

starken Zeitwort ausgeht und die ganze Sprache durchdringt. § 13. In den ältesten Verben diene er vor allem, den Unterschied von Gegenwärt und Vergangenheit mit sinnlicher £rafk her- vorzuheben. Grimm nam den Fräsensvocal (Laut) für wesent- licher und älter als den Perfectvocal (Ablaut). Auch in der Declination und in der Wortbildung fand er den Ablaut zu intellectuellen Zwecken entwickelt.

Deutsche Grammatik I', 556 ff. Geschichte d. deutsch. Sprache

Cap. xxxn.

Franz £opp dagegen erklärte jene Erscheinung für einen rein phonetischen Vorgang ohne ursprünglich intellectuellen Wert, für Aeusserungen eines Gravitätsgesetzes : die Endungen wirken durch ihr Gewicht auf den Stamm ; die vollere Gestalt desselben hat ihre Stelle vor den leichten Endungen, die engere vor den schweren.

Die Gewichtvermehrung (Guna) erklärte Bopp nach dem

Vorgang der indischen Grammatiker durch Vorschiebung eines

a vor i und u,

Bopp Vocalismus 6. ff. 157. ff. Vergleichende Grammatik I*, § 26—28.

§ 14. Die für das sprachliche Leben ungemein wichtige § 14, Erscheinung, für welche wir den Grimmschen I^amen Ablaut behalten, war durch diese Erklärungen keineswegs völlig verständlich. Darum folgten weitere Bemühungen.

A. Holtzmann (über den Ablaut. Karlsruhe 1844) griff die von Bopp behauptete Wirkung der leichten und schweren Endungen an und sah in dem Ablaut eine vocalische Assi- milation durch a der Endung bewirkt, die auf hoch tonige Silben beschränkt sei. In den tieftonigen oder tonlosen Silben

hindere die Vocalschwächung dieselbe.

Eine weitere Ausführung der Holtzmannschen Theorie versuchte C. Pauli bei Kuhn Z. f. vergl. Sprachforsch. XH, 50—68.

Th. Jacobi (Beiträge zur deutschen Grammatik. Berlin

. 1843) sah ähnlich wie Holtzmann eine Assimilation in dem

Ablaut, hielt aber an der Boppschen Lehre von der Einwirkung

der Gewichtschwere der Endungen auf die des Stammes fest,

wobei er zwischen den Suffixen und den Flexionen unterschied.

14

§ 14. Grein (Ablaut Reduplication etc. Cassel 1862) suchte die

Erklärung allein in der verstärkten Artikulation und läugnete die Einwirkung der Endungen.

Corssen über Aussprache Vocalismus und Betonung der latein. Sprache 8. 621. ff. wolte in der indogermanischen Vocalsteigerung nur die Kundgebung mannigfacher Selen- regungen erkennen, welche nach Fülle und Abwechselung des sprachlichen Klanges drängten.

W. Scherer (zur Geschichte der deutschen Sprache. 2. A. Berlin 1878. S. 38. ff. 219. ff.) hielt an der Unter- Scheidung der starken und schwachen Wurzelform fest und nam die Steigerung nur für die I- und Ü-Klasse an. Dehnung und Gunierung geschehe hier in den starken Formen, welche den Accent auf der Wurzelsilbe trügen (Präs. und Ind. Pf. 8g.) ; kurzer Vocal hersche in den schwachen Wurzelformen d. i. den übrigen Perfectformen. Was in der A-Klasse als Steige- rung erscheine, erkläre sich durch Zusammenziehung {gäbum got. gehum aus geghum gaghum gdgabum).

Friedr. Müller (die Vocalsteigerung der indogerma- nischen Sprachen, Sitz.-Ber. der Wiener Akad. Ph. bist. Kl. LXVI. Wien 1870) lässt die Gunierung (Vortritt eines a vor i oder u der Stoffwurzel) ursprünglich nur bei dem i und u geschehen; erst später sei auch a gesteigert worden. Das vortretende a bedeute nichts weiter als das kräftigere aus- holen der im Vocalansatz befindlichen Sprachorgane.

A m e 1 u n g (die Bildung der Tempusstämme durch Vocal- steigerung. Berlin 1871) suchte die Vocalsteigerung mit Hilfe der Lehre von der Vocalspaltung (a, e, o) und durch die für das westarische unerweisbareVriddhisteigerung (vgl. Leo Meyer in Kuhns Zeitschr. XXI, 341. ff.) zu erklären.

H. Paul versteht unter Ablaut die ursprünglich vier, später drei oder zwei Vocalschattirungen, die sich in den verschiedenen Formen des gleichen Verbums oder in den Ab- leitungen aus derselben Wurzel zeigen und mit dem Wechsel der Accentuation in der indogermanischen Ursprache zusammen- hängen (Beiträge z. Gesch. d. deutschen Sprache u. Literatur VI, 111. ff. Mittelhochd. Grammatik § 42).

15

Im allgememen herscht zur Zeit bei allem unsichern, § 14. das über den Vocalismus noch vorgetragen wird, darin Über- einstimmung, dass der Ablaut (Abstufung der Yocale) meist durch den wechselnden Accent der Ursprache erzeugt ward, und man hat sich ' in so fern der Grimmschen Ansicht wieder genähert, als man ihn nicht allein in der Tempusbildung an- nimt, sondern in der gesamten Eormbildung.

§ 15. Durch Verlängerung der Zeitdauer der kurzen § 15. Vocale entstehn nach und nach eine grosse Zahl Dehnungen. Der Grund der Dehnung kann dreifach sein:

1. Der Ton auf der Stammsilbe wird verstärkt unter Einfluss der Tonschwächung des AfBxes; es fuhrt dies all- mählich zur Verlängerung, § 17. In der mhd. Zeit geschah es noch ziemlich selten ; indessen lässt sich doch das Umsich- greifen der Dehnung in hochtonigen Stammsilben namentUch vor einfachem Consonanten vom 13. Jh. ab genau beobachten. Zweisilbige stumpfe Reime wurden von manchen Dichtem aus den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrb., so von Wolfram V. Eschenbach, Heinrich v. Türlein, Konrad Flecke, Thomasin V. Zirkläre u. a. nach Bedürfnis als klingende behandelt; vgl. Sommer z. Flore 43, Hahn kl. Ged. des Stricker S. XII. Kummer Herrand v. Wildon S. 199 f. Stejskal Hadamar V. Laber S. XXXIH. Vgl. auch § 24.

Aus Tonverstärkung erklären sich wol die schon ahd. lang gebrauchten einsilbigen Worte biy du, nü, neben denen die kurzen 6i, du, nu fort bestehn.

2. Der Wurzelconsonant wirkt dehnend auf den voran- gehnden Vocal. Schon ahd. dehnt h voraustönendes a: dhe, dähCy ähte; mhd. kommen Reime zwischen ach : ach hinzu, ebenso zwischen dht und dht.

Ferner stören die Liquidae vorausgehnde Kürze, indem sich ihr vocalischer Nebenton dem Wurzelvocal verschmilzt. Die mhd. Dichter brauchen häufig Reime von an : an, in : in : er : er, or : br, ir : ier, ur : uor,

3. Consonantenausfall bewirkt Dehnung: a) in der Stamm- silbe schwindet ein Nasal aus der Verbindung mit andern Consonanten und es erfolgt Ersatzdehnung. So entstund das

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§ 15. ä in vähen, hohen, brähte, dahte, dühte, i in sU aus sinty in suid aus swind, ü in süden aus sunden, b) Der schliessende Stammconsonant löst sich auf, Stamm- und End- silbe verschmelzen sich. So entstunden viele ä und i: haben ward zu hän, hagen : hän, jsfagel : zäl, slahen : slän, trahen : trän; in Compositionen im ersten Theil z. B. tagelanc : tälanc, Hadewart : Häwart, gibet : git, liget : lU, pfliget : pflU, geschihet : geschit; in Compositis z. B. sige : ä? vgl. Sibant, Stbalt, Sifrit

Aus chidet wird chit, unter Einiiuss von einem durch i mouillirten d; denn badet schadet werden zu bat schat ohne Dehnung.

In hihte aus higihte erfolgt einfach Verdoppelung des i durch Verschmelzung der beiden i unter Auflösung des palatalen g.

Was e betrifft, so ist nur in Zusammenziehung von ehe die Länge sicher. Durch Zusammenziehung entstandene 6 und ü sind obd. nicht nachweislich; md. lassen sich vot (mhd. voü) und gevlon (gevlohen) durch Eeime belegen.

§ 16. § 16. Die Minderung des Gewichts in den Stammsilben

begegnet im Verhältnis zu Steigerung und Dehnung nicht häufig.

Es gehört hierher das kurze i in wir und ir (got. veis, jtis) für ? und iu; sodann i für ie in iht, niht, imer nimer^ Inder ninder, zuweilen in dirne; md. auch in den Prf. hüt, vinc, ginc. Sodann ö für e in herre, merre, wenc (bair. Gr. § 131); e für ei in ember, zwen^ec, empfetten (bair. Gr. § 13); M für w {iu) in huf, frunt; für ü (wo) in stunt.

Eigenthümlich wirkt die Inclination auf die unursprüng- lichen Längen ja, du, nü, femer auf da, wä, swä, so. Im zweisilbigen Auftact, ebenso bei engem Anschluss eines in- clinirten Pronomens wird die Länge aufgehoben: so er wird zu sor, du in zu dun, du ez zu duz; selbst im Reim sind dun duz zulässig. Auch die Negation ne, sowie angelehntes ist wirken auf jene Worte kürzend : jane, dane, sone, dune, jast, nust, dast, sost.

In dem zweiten Theil der Wortzusammensetzungen hängt die Kürzung mit der Zurückziehung des Tones zusammen: steinmeize wird zu steinmetze; oheim zu ohem zb. H. Trist 3620,

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woraus dem Diefenb. Grloss. 63® und einsilbiges 6m H. Trist. § 16. 5081. 5100. Diefenbach a. a. 0. entsteht. In den mit liehe zusammengesetzten Adjectiven wird nicht selten in der un- flectirten Form das t gekürzt, und lieh auf -ich gereimt. Die Dichter verhalten sich verschieden : Wolfram v. Eschen- bach braucht nur lieh, Gotfried v. Strassburg und Wirnt V. Grrafenberg haben meist lieh, Hartmann v. Aue, Eonrad Fleck und Rudolf v. Ems brauchen überwiegend lieh, Hein- rich V. Türlein lieh und lieh (Adv. liehe liehen lieh lieh), Eonrad v. Würzburg fast nur lieh (selbst liehen, Hartmann V. Aue hat liehen nur im Gregor und Iwein), der Stricker braucht hur lieh, selbst gelieh reimt er ebenso wie Lamprecht von Kegensburg als Eürze ; H. v. Freiberg hat lieh, Jeroschin lieh und liehen. In der Nibelunge Not wird lieh und lieh gereimt ; schon bei den ältesten Lyrikern findet sieh die Eürze (der Rietenburger reimt gelich : mich MF. 19, 19. 28 ebenso wie weit später der Meisner sich : gelieh MSH. 3, 93^). Walther v. d. Vogelw. braucht an den zwei Stellen, die er überhaupt bietet, lieh (7, 34. 116, 39), aber liehe, liehen.

Lachmann zu Iwein 5522. 6405. W. Grimm z. gold. Schm. 51. Hahn zu Otte 120. Sommer zu Flore 15. Karls Stricker v. Bartsch S. LXXXVm. Wümanns Walther S. 57 (2. A. 42).

Die weitere Folge dieser Eürzung ist die Zersetzung des i und seine Vernichtung, wie in den Zahladjectiven zwi- lieh, drilieh geschieht, vgl. zwileh Vor. Ged. 58, 21. iswilh MS. 2, 175'. drileh gSchm. 328. Pass. H. 150, 53. mvilhen drilhen (Zw.) MS. 2, 231^

rieh wird in Eigennamen zb. Dietrich, Ermenrieh, Fri- derieh, Heinrich, ebenso in Zusammensetzungen wie wüeterieh gewöhnlich in den flexionslosen Fällen gekürzt, in den Casus nodt Endung bleibt die Länge : Dietrich Dietriches, Heinrich Heinriche. Spätere erlauben sich auch vor Casusendung die Kürzung des Vocals. Selbst in den Compositis mit dem Neutr. riche kann Eürzung des i verbunden mit Apocope eintreten: ertrich, himelrieh, vgl. BGr. § 19 und Cäcilia 85. 113. 157. 241. 297. 365. 611. MSH. 3, 95^ Auch uncomponirtes rieh (riche adj.) wird auf kurzes ich gereimt, zb. Erec 1944.

Wein hold, mlttelhochd. Gramm. 2. Aufl. 8

18

§ 16. Walth. 81, 23. Nib. C. 1837, L MSH. 1, 29^ 3, 43^ MS.

1, 182*. Erlös. 4932. Orend. 2072. 2433. Ulr. Wilh. 1174. 1635. 2436. 2736. Ludw. Kr. 83. 2578. Junk. u. Heinr. 1303. MSH. 3, 99». Vgl. Lachm. z. Iw. 5522.

3. YeranderungeiL der Tonstarke.

§17. § 17, In den Suffixen und Flexionen waren beim Ein-

tritt der mhd. Periode die älteren Yocale fast ausnamslos zersezt. Zuweilen hielt sich noch in Formen der alten

2. schwachen Gonjugation das alte 6; ebenso noch mitunter i und 6 in den Comparativen und Superlativen, und durchgehends a in den substantivirten P.articipien in ant. Aber die Regel bildet jener durch e gemeinhin bezeichnete Laut, der quali- tativ und quantitativ eine Schwächung der echten Vocale ist Seine wechselnde dialectliche Bezeichnung durch i, a, o, u zeugt für die unbestimmte Vocalfarbe. ^) Vgl. § 81.

Die Entartung des vocalischen Lebens der Affixe hängt mit der Yeränderung ihrer Tonstärke zusammen. Seitdem die uralte Betonung der Endungen der germanischen Betonung der Stammsilben hatte weichen müssen, war ihre Schwächung und Abschleifung vorbereitet.

Der Hochton der deutschen Worte liegt auf der Stamm- silbe, der Nebenton der Affixe richtet sich nach der Quantität des Stammes : nach langer Stammsilbe fällt er auf die nächst- folgende, nach kurzer auf die zweitfolgende Silbe dreisilbiger Worte: sälbete, tsenes lobete, kunege. Sind schwerere SufQxe vorhanden, so hat die bedeutendste Silbe derselben den Nebenton: silhertn, goünne, valandlnne, mänünge, ördenünge, sce'legeste.

Bei Zusammensetzungen liegt der Uochtpn auf dem ersten Wort, der Nebenton auf der Stammsilbe des zweiten: märe- grave, ängestltche. Ausnamen gestatten sich die Dichter zuweilen in allen Theilen des Verses, z. B. Reimar waz

^) Otfried schrieb y für diesen unbestimmten Vocal, der schon im IX. Jh. verbreitet genug war : interdum vero nee a nee e nee i nee u voedUum aonos praecavere potui, ibi greeum y mihi videbatur aseribi. Ad Liuthertum 65 (Kelle).

19 guoter hunst an dir verdirhet Walth. 82, 29. herzöge üz % n.

A

Osterrich Liupolt nu sprich Walth. 32, 5. des sichert ir Büedgeres hant Nib. 1198, 4. die wUe was Hartmüoten Gudr. 598, 4. ratgebmne : kü'neginne MSH. 2, 178\ höf- nager.her Renner 5690. Mrchtüber : her 7020.

Diese Ansnamen von der echten Betonung (schwebende, versezte Betonung) begegnen bei einfachen wie bei suffigirten Worten zb. singet ir einZy er singet driu Walth. 18, 9 AC. wcer ünsümic Walth. 85, 24. einen ünsceligen Itp 118, 15.

Zusammensetzungen der Verba und Nomina mit Partikeln werden anders behandelt. Hier gilt die Eegel, dass die echten Präfixe (he, ge, er, ent, ver, zer), ebenso die unlösbaren Prä- positionen (und Adjectiva: vol, misse) vor Verben tonlos sind, ^e Präpositionen vor, mir und die lösbar gesezten Präpositionen den Hochton erhalten : z. B. bevelhen, erlouben, gebieten, ent- lazen, vergeben, zergan, übersehefi, widersägev, volbringen, missebieten vörgän, vergeben, dürchgän, hinderlegen, ü'berschallen, widerbringen. Bei Nominibus mit den Präfixen be, ge, ver liegt der Hochton auf dem Nominalstamm; die übrigen Präfixe ziehen dagegen den Hauptton auf sich und das Nomen hat nur den Nebenton. Bas wirkt zugleich auf die Erhaltung des alten Yocals in den hochtonigen Präfixen ant, bi, in, ur. Bas Präfix un wird schwankend betont, ebenso das Adj. al: üngerne, ungerne älwtsre, alwcere,

§ 18. In der ahd. Zeit, als die Endungen noch fast § 18. ausnamslos volle Vocale trugen, waren auch alle Endsilben befähigt, einen Accent (Tief- oder Nebenton) zu tragen: thVnä, nuestä, giuürtl, ginüzzim. Selbst die e der Endsilben galten noch als tonfahig und damit auch als geeignet zum Endreim, wenn eine hochtonige lange Silbe oder zwei kurze mit Hoch- ton vorausgiengen ; nur ausnamsweise folgt tiefkoniges e auf hochtonige einsilbige Kürze, vgl. inne : hunnie, güater : mtiater, firlorane : gibörane, himüe : göte. Diese Ton- und Keim- fähigkeit des e in den Endungen ist in der volksthümlichen epischen und lyrischen Poesie des XII. Jh. noch nicht er- loschen, daher begegnen Reime wie ZToten : güoten, Hdgene : degene in den Nib., mee're : wmre MF. 26, 13. sere :

20

§ 18. Berge re 26, 20. slä'ßn : schaßn 27, 16. wäides : gold^ 30, 27,

Bei dem fortschreitenden absterben der Wortspitzen

schwindet auch diese Tonfahigkeit ; der Ton wird ganz auf die Stammsilbe gezogen und früher tonfahige, tieftonige Silben werden nun, wenn sie irrationales e haben, tonlos oder gar stumm.

Tonlos ist das e, welches auf eine hochtonige lange Stammsilbe oder auf eine tieftonige lange Silbe des Suffixes oder des zweiten Worttheils folgt: frauwe, heüec, gülctine, eilende.

Stumm ist das e, welches auf eine kurze hoch- oder tief- tonige Silbe folgt: leben, vären, nime, gibe, lotete, michelen, edeleme. Stummes e unterliegt nach Liquida völliger Ver- schweigung (Syncope,Apocope): Jier, nim, varn, micheln, edelm.

Im Mitteldeutschen hat sich die Tonschwächung der Afßxe nicht mit gleicher Stärke wie im Obd. entwickelt Die md. Dialecte neigen daher weit weniger zur Syn- und Apo- cope, und sprechen Silben, die alem. oder bair. tonlos oder stumm wurden, mit Nebenton.

Der Tiefton bleibt auf schweren Ableitungssilben, schwer durch Vocal oder durch Position: also auf den Suffixen cere, in, inne, ine linc, unc unge, nisse; auf ic nach langer Stamm- silbe, so dass selbst Reime mit flect. -igen (sae'ligen : gedigen, dürftigen : gesigen) vorkommen; ferner auf dem Suffix des Part. Prs. (daher sich auch a und u in dieser Form erhalten konte); auf dem suffixartig gebrauchten -sam; zuweilen auch auf der Superlativbildung -est.

Das von Lachmann aufgestellte Tieftongesetz (Kleinere Schriften 388. ff.) ward von Sievers in Paul und Braunes Beiträgen IV, 528. ff. bestritten.

§ 19. § 19. Aus völliger Tonentziehung erklären sich die

Anlehnungen einsilbiger kurzer Wortformen an voraua- gehnde Worte, mit denen sie logisch eng verbunden sind; ebenso die Vorlehnungen der Artikelformen namentlich an das Substantiv. Der tonlos gewordene Vocal des an- oder vorgelehnten Wörtchens kann ganz schwinden, und dabei consonantischer Ausfall eintreten.

21

I. Pronominal formen: Anlehnung (Enclise) a) an § 19. Yocalischen Auslaut : mohter^ seitez, hetem, dructen, füerstun

swenfieTf wanden dun (: sun Engelh. 1670), doZy dar, soZy wiez, tuojsf, sies; b) an consonantiBchen Auslaut: hater, vander, dranger, hastes (: gastes Iw. B. 2668), lohez, taten, mitter (mit dir), sinter {sint dir), siter {sit ir) ichz, wirz, dirz, erz, manz, solz, wurbenz, bins, mirs, möhiens, muostens. Zuweilen erfolgt durch Abfall des Consonanten des Stütz- wortes Verschmelzung : ime = ich ime, in = ich in, Synizese : deich = daz ich, deir •= daz er, deiz = daz ez, weiz = waz ez,

II. Artikel: 1. Anlehnung: mittem mitme mitten, abeme, anme amme ani'e, anez anz, bime, durhz, hinderm hindren hinders, inme imme inz, geins, nächme, ßfen üfem üfez üfz, urnben, undem underr underz, üzem üzen, vonme vorne, vorme, vorz, zer zen, zuome zum. michm, im, erz, manz, ichz. 2. Vorlehnung, a) die vocalisch auslautende geschwächte Artikelform verschmilzt mit dem vocalischen Anlaut des Nomen: derde, dors, dougen, danderiu, dosten; b) die consonantisch auslautende Artikelform schwindet bis auf den Auslaut und verschmilzt sich mit dem folgenden Nomen: säbents, sandern, smorgens, swirtes, sJcüneges.

III. ist lehnt sich an vocalischen oder r- Auslaut und verschmilzt: sist, erst, mir st, nust, sost. Es verschmilzt mit Torausgehndem daz oder ez (Synizesis) : dest, deist, est, vgl. R. Becker der altheimische Minnesang. S. 217. f.

IV. Partikeln: -ec in Vorlehnung vor Consonant : zwäre, jssamen (Haupt zu Erec 812), vor Vocal: zaller, zAthßne, zeiner, zirste, zetelichen, zerwerben, zim zin zir, zem zen zer {ze dem den der). Anlehnung: daz, hinz, unz.

Die Worte da swä ja do so du bt hie wie swie werden mit angelehnten einsilbigen tonlosen Pronominalformen, mit Präfix er und der Negation en (ne) nach eigener Schwä- chung zusammengezogen, § 16. -r- Bei so ist die ausnams- weise Zusammenziehung seif = sd helf Lanz. W. 4292. Trist. M. 16034 zu erwähnen.

22

§ 19. Die Negation ne lehnt sich mhd. nur selten vor: nist,

und unter Tilgung des anlautenden Gonsonanten neizwer, Anlehnung geschieht häufig zh. don, sin, em mim, e^n, ichn ine in.

Vgl. Grimm Gr. I», 371. IV, 368. Mhd. Wb. I, 313. 435. Wein- hold BGr. § 16. AGr. § 19. Lachmann z. Iw. 2112. 1208. 1223. Haupt z. Engelh. 38. Sommer z. Flore 146. Wilmanns Walther S. 54. f. Bartsch Strickers Kari S. LXXXI. ff.

II. Die einzelnen Vooale.

J. Grimm Deutsche Grammatik I', 125 211. K. Weinhold Alemamiische Grammatik 13 109 und Bairische

Grammatik 15 122.

1. Kurze Vocale.

§20. § 20. Der Umfang des a in den Stammsilben, soweit

er in die historische germanische Zeit nach Abspaltung der e und 0 gekommen war, ist oberdeutsch während der mhd. Periode noch bedeutend. Beschränkt ward er seit dem 8. Jahrhundert durch den Umlaut in e, besonders bei ein- facher Stammconsonanz. Zwiefacher Consonant, namentlich doppelter Nasal, ferner l und r -f" ^w^a, M und andere Gutturalverbindung, ebenso tjz, schüzten das a der Stammsilbe oft vor der Einwirkung des i der Endung. Zur Regel ward e in kurzen Stämmen auf einfache Liquida, zb. in her, her^ mer, wer; in den flectirten Casus der Subst. der I- Klasse: G. D. Sg. stete, megede, verte, hrefte, -schefte; in den Plur, j^en, weide, beige, stehe, siege, heche, schefte, geste; hende, gense, hrefte, nehte; in der 1. schw. Verbalclasse § 379. f. ^ in den Präsensformen einiger Verba des Ablauts a : 6 347) d. i. swern, sehen, hehen, heven, schepfen ; ferner im Zw. em (Pt. ier § 353).

Die Adjectiva in ja 499) zeigen regelmässig den Um- laut des a der Wurzelsilbe, zb. genende, enge, genge, senfte.

^) Ich behandle anter jedem Yocal zuerst die oberdeutschen, dann die mitteldeutschen Erscheinungsformen desselben.

23

herte, veste (das Adv., in dem das Affix unmittelbar an den § 20. Wurzelauslaut tritt, hat reines a, also ange, sanfte, harte, vaste u. s. w.). Ebenso ist der Umlaut in den Substantiven in ja, ja, jan, jän durchgeführt, zb. bette, gehrehte, eilende, ende, erbe, vletze, gelende, netze, weppe, wette. esche, hecke, helle, rede, swelle. erbe, verje, Jcempfe, recke, ge- selle, manslecke. gelle, henne, hehse. Desgleichen haben die aus Adjectiven gebildeten schw. Fem. auf altes t, in 458) den Umlaut, zb. elte, enge, erge, blenke, krenke, menge, senfte, herte, Sterke,

Von den Suffixen mit i wirken die meisten auf a um- lautend, mag nun i ein ursprüngliches oder jüngeres sein; 80 idä, zb. ermede, begrebde, gewehsede, wermede idja: hemde, gemechede, gejegede gesetzede getregede ida (adj.) fremde. Ferner ila : zb. enkel, hefel, gengel ilä : nestel ilja: bendel adj. ilja: edel, frevel, ina: zb. erin, lenzin injä: gestinne, weschinne adj. ina: bergin, glesin, hebrin, herwin, stehelin lina: heselin, krenzelin, vezzelin, wengelin iga (adj.): zb. bennic, ertec, vellic, hezzec, kreftic, genendie, pfentic, schdlic, betrehtic inga: zb. bertinc, helsinc, kerlinc linga: getelinc, helblinc.

In den Compositis mit liehe erscheint ebenfalls der Um- laut, zb. gemelich, genzlich, getelich, hezUch, gemecJdich, tegelich.

Der Umlaut e ist in diesen Fällen der Schriftsprache des 13. Jh. gemäss; es fehlt aber nicht an zalreichen Belegen aus Hss. und Urkunden, dass sich reines a in denselben Worten in der Volks- und Umgangssprache behauptete. Un- umgelautetes a findet sich selbst im Keim bei den Alemannen Ulrich von Zazikhofen, Freidank, dem Dichter der guten Frau, Xonrad von Würzburg, Ulrich von Türheim, Heinzelin von Constanz, Boner, bei den Baiem Wolfram von Eschenbach, dem Servatiusdichter, Neithart von Beuenthal, Alber von Kegensburg, Heinrich vom Türlein, Wernher dem Gärtner, Otacker: AGr. § 10. 79. 112. BGr. § 5.

§ 21. Schon § 9 ward darauf hingewiesen, dass sich § 21. der Umlaut durch die Macht der Analogie ausgebreitet hat.

24

§ 21. im ganzen freilich nait richtigem Gefühl für den geschieht- liehen Standort des i. Dabei überrascht nicht, dass tiefes ü (iu) dem i gleich wirkte, und im 13. Jh. umlaute wie elliu, endriu sich hervordrängen.

Auf Wirkung der Analogie müssen die unechten Umlaute gesezt werden, d. h. die Trübungen des Wurzelvocals, welche nicht durch i des Affixes zu erklären sind. Dieses unechte Umlaut -e erscheint alemannisch gern, und ist auch bairisch nicht unbeliebt : die Liquidae und Gutturale, leztere zu Pala- talen gewandelt, erstere durch Nebenklänge, wirken anscheinend darauf: vgl. gevellen, hehelten, velsch denne, wenne hart (vorzüglich in Namen), wärt, vernde, merder segen^ hlegen, lecken, vervechen (vervahen) gewaschen (ptc.) AGr. § 12. 15. BGr. § 12.

In umgelauteten Comparativadverbien, wie in dem seit Ende des 13. Jh. nicht unhäiifigen lenger, wirkt die Sucht nach Ausgleichung mit dem Adjectiv. § 22. § 22. Schriftliche Zeichen für den Umlaut des a sind

Cy O/j CB, o, ^,

Ferner kommt ei in alemannischen und bairischen Hand- schriften des 13. 14. Jh. für diesen Umlaut vor, z. B. ztveilf, eiltist, keimphe, einde, kreiftig, reiden, veiste, leigen, meigde, AGr. § 58. 131. BGr. § 80. Vgl. auch unten § 89. Im Md. ist solches ei bei weitem mehr entwickelt, § 29.

Für e findet sich seit dem 13. Jh. in manchen Worten in Folge der Neigung, den Vocal zu senken, die Schreibung ö ein, vgl. worthörte Nib. C. 7127. swölf, schöffel Schreiber Urk. I, 185. frömede. hömede Mart. 102, 82. mönsche Geschichtfr. 8, 259. höften Schreiber 1, 185. Dieses ö sezte sich in der nhd. Orthographie in einer Anzahl von Worten fest. AGr. § 28. 117. BGr. § 26. Statt dieses ö kommt auch o hand- schriftlich vor.

Aus dem Streben, e einen höheren Klang zu geben, ent- stund ein dem % sich nähernder Laut, den die Schreiber gradezu mit i ausdrückten. Dieses i für e ist md. stärker entwickelt, § 29. Doch findet es sich auch oberdeutsch, be- sonders bairisch. Heinrich vom Türlein und Otacker brauchten

25

stüiren, bidirbej wirme selbst im Reim ; sonst lassen sich noch § 22. schiften, nigeln {genigelt Heinrich v. Neustadt GZ. 3035) belegen: BGr. § 18. AGr. § 21.

§ 23. Während in dem Umlaut eine Bewegung des a § 23. der Stammsilben nach i hin geschieht^ vollzog sich mit weit geringerer Ausdehnung eine Veränderung nach u hin unter dem Einfluss einer Liquida : a gieng in der Regel zu o über in sol, holn, von, getoon, wonen, dort. Indessen dauert das alte a auch ungetrübt in van, gewan und wanen fort. Reime bezeugen namentlich van för die Alemannen Gotfried von Strassburg, Ulrich von Zazikhoven, Walther von Rheinau und die Oesterreicher, Steirer und Kärtner Heinrich vom Türlein, Gundacker von Judenburg, Otacker, die Dichter der Helbling- büchlein, den Teichner und Lutwin. AGr. § 11. BGr. § 5.

Mundartlich gewann jene liquide Trübung des stamm - haften a mehr Umfang. Man findet z. B. toi, olde, ainvolt, golt, lichome, vürnoms (vürnamens), on, mon, wonde, won, auffort, gort, wort: AGr. §§ 25. 83. 116. BGr. § 22. Die beiden Vocale a und o, ä und 6 vermischen sich überhaupt im oberdeutschen Volksmunde seit dem 12. Jh. nachweislich. Vgl. Jänicke im Deutschen Heldenbuch (Berlin 1866) I, S. XLVIII f. und unsern § 88.

In dem Adjectivsuffix -eht (ahti) ist die Nebenform oht bis in das 15. Jh. nachzuweisen, z. B. bartoht, hoveroht, reideloht, roeseloht, runiseloht, stücJcoht AGr. § 248. BGr. § 206.

Mit vorausgehndem w konte sich a und e zu o ver- schmelzen : quam, quat, quarter, queln konten zu kom, kot, korter, koln werden. BGr. § 23. Vgl. auch § 60. 88.

§ 24. Unter gewissen Bedingungen ist a früh schon zu § 24. ä gedehnt worden.

Die Partikeln da, wä, haben in Folge des Abstosses ihres alten Suffix trd ihr a verlängert. In ja kehrt bei Inclination eines andern Wortes die alte Kürze wieder. Die Länge in blä, grä, lä; brä, krä, klä, ebenso in räwe (quies) ist durch einen suffigirten Consonanten (w) und vorausgehnde

26

§ 24. Liquida bedingt.^) In slä (vestigium) entstund ä durch Zu- sammenziehung aus slage.

Dehnung trai früh vor h ein : aÄe, dähe, ähte. In väkeriy hähen, ebenso in den Perf. brähte, dähte wirkte der schwin- dende Nasal auf Ersatzdehnung, für anh trat äh ein.

Diese Neigung, a zu dehnen, machte in der mhd. Zeit

Fortschritte; mit der zunehmenden Tonlosigkeit der Endung

ward der Ton der Stammsilbe überhaupt erhöht und kurzer

Yocal in offener hochtoniger Stammsilbe gedehnt Daher die

zahlreichen Bindungen von a und ä in klingenden und noch

mehr in stumpfen Reimen, welche bairische Dichter schon in

dem Anfange des 13. Jh.^), alemannische seit der zweiten

Hälfte sich unbedenklich gestatten und die auf gedehnter

Aussprache des hochtonigen a beruhen. Am häufigsten werden

an : an, ar : är gebunden, dann ach : ächy at : ät, ag : äg,

az : äz, al : dl, af: äf, am : am, ade : ade ; nur selten os ; äs

und ab : ab. Im 14. Jh. ist die Dehnung alem. wie bair.

stark entwickelt; ja manche Dichter haben schon in den

ersten Jahrzehnten des 13. Jh. den Unterschied zwischen

hochbetonter langer und kurzer Silbe im klingenden Eeim

ausgeglichen, vgl. § 15. Nachweise geben BG-r. § 36.

AGr. § 33.

Über klingende Cäsuren mit kurzer gehobener Sübe in den Nibe- lungen, der Gudrun und andern Epen in Abarten der Nibelungenstrophe vgl. Lachmann zu Nibel. 118, 2. 2050, 4. Müllenhoff Kudrun S. 115. Martin D. Heldenbuch 11. S. XXXH und Eudrun S. XI.

Der Dehnung unterliegt nicht selten a in fremden Worten, so in bähest, tävel, femer in den Endsilben fremder Namen, obgleich keine Regelmässigkeit waltet, vgl. Grimm Gr. I*, 171.

Zuweilen folgt ä aus der Zusammenziehung des a der Stammsilbe mit der syncopirten AfQxsilbe unter Schwund des Stammauslauts; so entstehn

^) J. Schmidt, Yocalismus II, 454.

'') Auf bairischer Einwirkung werden die Eeime bei Eeinmar und Walther beruhen, vgl. bei Reinmar Idn : an MF. 189, 10. här : gar 160, 39. Walther v. d. Vogelweide ganjär 124, 23. getar:wär 62, 34. Die ungenauen Eeime bei Hartmann v. Aue (Lachmann z. Iw. 5522) unterliegen starken Bedenken. Heinrich von dem Türlein bindet nach Eeissenbergers Zählung über 300 mal in der Krone a : d ; aus dem Fragment des Mantels ergeben sich 13 a : d.

27

aus ahe: mal, twäl, slän^ twän § 24.

aus age : slä, tä-lanc (selbst tan = tagen\ zäl

aus abe: hän hos hat hänt häte

aus ade: Häwart In bat bäte, lat late gelat ist die Länge des a mindestens schwankend, wenn nicht ganz zweifel- haft. — AGr. § 33. BGr. § 37.

§ 25. Die Silben age oder ege werden auch, wenn eine § 25. Linguälis die zweite Silbe schliesst, zu ai oder ei verschmolzen. Früh ward megist- zu meist, magis- zu mais, hd. mer. Mhd. sind häufig maget, jaget jagete gejaget, verekiget, klagete geklaget, saget sagete gesaget, tagedinc zu meit, jeit jeite gejeit, verdeit, hielte gekielt, seit Seite geseit, teidinc geworden. Auch fraget^ gefräget wird von Baiern und Oesterreichern zu freit, gefreit verschmolzen, BGr. § 77. Femer wird megin, regin, gegene, egede, gejegede, getregede, egise, legete zu mein, rein (jReinfrit, Reinhart), geine, eide, gejeide, getreide, eise, leite. In dem bair. österr. Dialect wird age ege auch zu ce contrahirt : zb. tceding, verdcet, Mcenhart, Icete, BGr. § 42.

Die Silbe edet wird in redet redete geredet nicht selten zu reit reite gereit zusammengezogen und von Dichtern werden diese Formen auch im Reim verwant, AGr. § 56. BGr. § 77.

Selten kommen beit scheite für badet, schadete vor.

Auch bei Verschmelzung zweier einsilbiger Worte, deren erstes a, das zweite i oder e enthält, entstund ei : daz ich, daz iz, daz ist, daz er konten zu deich, deiz, deist, deir werden. Für deist, deir kommt dest, der vor.

§ 26. In den Affizsilben ist a im Mhd. durchaus zu § 26. irrationalem e geworden, mit Ausname der substantivirten Participien viant, heilant, välant, wigant. Im Beim wird viant noch in den österreichischen Yolksepen (Gudrun, Biterolf^ Dietrichs Flucht), so wie bei Stricker und Otacker gebraucht. Sonst ist vient häufig, das auch zu einsilbigem vint wird. Ferner ist a erhalten in den Suffixen -ach und -sal, ferner im hochtonigen Präfix ant.

In tonloser Stellung wurden die einsilbigen Worte man, wan, sam, dar, daz nicht selten zu men, wen, sem, der, dez. Neben iem^n nieman sind iemen niemen sehr in Brauch.

28

§ 27. § 27. Im Mitteldeutschen bietet a im Grunde

dieselben Erscheinungen als im Oberdeutschen.

Dem Umlaut widerstrebt das Md., daher kommen in den Schriften der mhd. Zeit viele a gegen gemeindeutsche e vor. Bipuarisch und thüringisch sind sie seltener als nach

8. und W. hin.

J^aUer Hü. I, 660. drangen m, 1579. tagelich I, 605.») hällere. äldim, aMe, versatzit HU. HI, 1012. cmderwarhe H, 587. HI, 1163. Magenzen H, 718. äldern HU. I, 841. kalte (; entwalte) Mor. v. Craon 1069. gewande Elis. 1233. drangen HU. I, 978. 1136. 1266. jsartlich Elis. 5317. graber Friedb. Kr. E. 1, 1. frabü Böhmer 356. frafel HU. I, 806. shadelich Böhmer 357. vatere (pl.) Elis. 1057. magedin 625 (megedin 1036, über a und e neben einander in der Elis. Eieger 28). jagerie 3976. handen : sande Orend. 121. : dannen 2084. .-manne 2718. gesarwe : garwe 3526. manje : Mesopotanje Alex. 1798. manige : zisamene 2566. zande:hande 494. ^e^a^en : ^estofen 4098. statelin 4043. tenzaUiche 276. gescafnisae 274. ingagene : tragene 162. inga^gen : healagen 399. magide 6345. voalsch : välsch Herb. 47. iS^an« (pl.) ; a«« 3257. «antie (f.) : trane2« 8965. oZdere Leyser Pr. 99, 18. aldiste 33. gedrange (n.) 103, 27. i7eran(2ern : wandern Pass. E. 42, 85. wizgehande : Tristande H. Trist. 3981. gehra^e : vaste Pass. E. 135, 12. handin : dttinandin Eilh. Tristr. 307. wart : vart Jerosch. 20627. zuzarren : pfarren 20600. krafte Hieronym. 67, 1. machtige 13, 2. alste Lac. IH, 60. alderen HI, 768. 629. vravel HI, 742. Ennen I, 218.

Trotz diesem Widerstreben hat der Umlaut des a sich

seit dem 12. Jh. im allgemeinen auch md. festgesezt, obschon

er keineswegs zur Durchführung gelangte. Belege für eine

frühe und ziemlich feste Aufname des e bieten u. a. :

Frenkinvelt HU. 1, 213. semenüichen Mone Z. 7, 27. Lempfridus HU. n, 255. Hertwicus 273. MerUn HL, 1042. perrtch I, 210. Hede- toigia, Methüdis HU. 11, 114. daz geszeln HI, 1424. welceda wekkeda Friedb. Er. E. 2, 6. engeslich 8. wetthero 7. misseheheda F. 2, 10. erherwet Amst. Ml. 3, 6. megedlich 1, 13. gevellet. semeliche, eme, Mehtüt HU. I, 155. weide, gehenged, hobstede, eindregdelige I, 515. phei-ner I, 1139. beldedich Elis. 2365. erteg 465. berheftec 2180. ^;?£re 2686. behegelich Erlös. 1663. verjen Alex. 225. creftich, mehtih 53. f. mehten (d. pl. :6reÄfen) 61. crcnde : i^ferend« Herb. 13868. gesteltenisse 18211. in Herrn, v. Fritsl. oft. bedreben Herb. 8906. Pass. E. 433, 55. 688, 32. geweldich Rother 3156. beltliche 2258.

^) Die Beispiele sind landschaftlich von S. nach N. geordnet: südliches Eheinfranken, Mainz, Wetterau u. Lahngau, Moselland, Hessen, Thüringen, Ostdeutschland, Bipnarien.

29

manichveltUch Marienl. 50, 35. umbermlielie 25, 33. engestliche 31, 30. § 27. menliche 25, 15. Merien 29, 32. hezlich 34, 30. heschedwet 9, 10. dreget 9, 13. siege 23, 4. Vgl. auch Busch bei Zacher Z. X, 184.

Eine modale Bedeutung erhält der Umlaut in dem Per- fect der langstämmigen Zeitworte der 1. schw. Conj. In den verkürzten (zweisilbigen) Formen der Zw. mit a in der Wurzel hat der Indicativ reines a, der Conjunctiv den Um- laut e. Es zeigt sich dies vorzüglich bei stellen brennen kennen nennen rennen enden sehenden senden wenden setzen ; hierzu also die Indic. stalte brante Jcante nante rante ante schante sante wante sazte, die Conj. stelte brente Tcente nente rente ente scheute sente wente sejste. Seit Ende des 12. Jh. gilt diese Regel (F. Bech in Pfeiffers Germ. XV, 129—157). Die Erscheinung greift dann weiter: zu den Indic. wachte machte bedrachte swachte werden die Conj. wechte machte bedrechte swechte gebildet, welches regelmässige Formen im 13—15. Jh. sind. Vgl. § 384.

§ 28. Auch im Md. wirkt die Analogie auf Ausbreitung § 28. des Umlauts über seine eigentlichen Grenzen, d. h. auf eine Trübung des a in Worten, die eine gewisse AehnUchkeit mit umlautenden haben. So entstunden die Nebenformen dennCf wenne, wene wen zu danne, wanne, wan ; so die Inf. Segen, clegen, verlengen {poscere), resten; segen namentlich ist eine md. stark beliebte Form. Auffallend sind die Ptc. geweschen (Böhmer 637) und gesdzen (Schröer Vocab. 1329). Die Endung -er, ere der Nomina agentis gilt im allgemeinen als Umlaut wirkend, daher md. Formen wie welUre grRud. 24, 1. meiere Pass. H. 112, 37. hellere HU. I, 833. Franken- deZer ni, 1067. Richenbecher 1, 11, Vlbechere 1,211. pherrer HU. I, 934. Mülh. R. 54. 56. pherner HU. 1, 1139. merterere Kathar. sp. 170. merterer Höfer 11, 172. mecher Brev. 51. boitzenmecher Sei. Tr. 58'. grabenmecher HU. II, 857. duck- mecher Frankf. Urk. v. 1301. Brumgezzere HU. II, 864.

Das führt weiter zu unechten Umlauten wie Welther {Welter US Lac. I, 323. II, 261. Weltirsperch HU. I, 93.) Beider {Beldersheim HU. I, 116.) und elter (altare) Marienl. 12, 28. Höfer 6. u. o. pselter Sei Tr. 19^ Selbst das ripuar.

30

$ 28. ever (aber) scheint unter solchem Einfluss umgelautet. Als eine Art Assimilation kann e für a erscheinen in den md. Namen Elhreht Elhrdht, Elger, Elheid, selbst in Emelger (Eother 2939). Md. beliebt sind ferner Swenhild (Suenehilt 851 c. Laur. I, 612. Sweneburga 772. II, 518) HU. I, 402, Ennen II, 21. Swenolt = Swanhilt Lac. III, 949). Eben- falls ist md. verbreitet erheit Arbeit (im Renner verschieden betont erbeit 6639. erbeit 6609), erbeiten, ermüten, endech-

teclich Elis. 9461. entwerten.

Beispiele aus dem Frankfurter Stadtdialect älterer Zeit sammelte E. Wülcker in Paul-Braunes Beiträgen IV, 16. f.

§29. § 29. Für den Umlaut e findet sich md. seltener als

im Oberdeutschen 22) im 14. Jh. und fif. ö geschrieben, so in

dem Hieronymns des Johann von Olmütz schömet, schSpfere,

vortröget, Hieronymns herausg. von Benedict XLIII. Zuweilen

finden wir auch md. o für dieses ö geschrieben, z. B. zwölfte

Cd. Sax. II. 6, 69. Muskatbl. 8, 347. Ferner finden sich für

den Umlaut die Schriftzeichen i, ei und ie» Sie werden sich

daraus erklären, dass e (wie dies auch bei dem andern e [e\

geschah, § 46) einen zwischen e und i schwebenden Klang

annam, der von den Schreibern verschieden wiedergegeben

ward. Über dieselben Zeichen für den Umlaut von a § 95.

Dieses i zeigt sich namentlich vor Liquidis, besonders

vor nn oder n + Muta.

Hirman, Hirburt HU. I, 586. 692. irbe 684. windüstein Mrh. TJk. 2, 386. irbe Höfer H, 101. Hü. HI, 1395. hirstrasze HI, S. 209. gemyrke HI, 1125. rinneweg Hü. I, 1046. gedinknisse Höfer H, 131. jsintegrebe Hü. I, 772. eyntener Böhmer 638. vinster Amst. Ml. 2, 8. Elisab. 3163. ; dimter Erlös. 460. hirburge Hü. I, 1116. irbe 816. 877. schime Böhmer 343. mirkecmrke Elis. 7464. gemirke Eberbach 881. gewigen : gesigen Elis. 8378. gemirken : birken Alex. 2795. geniinget 7045. verbrinnen : innen Orend. (Dr.) 1569. 1869.. frymde Spiegelb. 271, 12. grimet : zimet Herb. 8266. verbrinnen : hinnen 8405. blinden : schinden 7246. bidirve Ath. D. 49. wirken : mirken Herb. 62. 1810. heiigen : gesigen 4126. brvnnen, Irinnen, sinken für brennen, trennen, senken bei Frauenlob, Bech in German. XXVI, 263. f Belege aus dem altschlesischen bei Bückert^ S. 34 und Khull Sprache des Joh. V. Frankenst. S. 11. vorginclich Leyser Fred. 51, 25. gedirme Jerosch. 9103. vurstirbet : gestirbet Haupt XI, 496. himede Eoth. 1841. minige 3979. 4334. irkinnin : inne 3911. sinnen :bekinnen 527. ride

31

1170. 2240. ridede 1957. migit 2385. intgigin 3095. ligeten 2645. § 29. ^A;enne:inn«£neit 3389. :mmn6 6129. minne8:bekenne8 9764:, erkennen : hinnen 2571. kinde : eilende Serv. 2928. ende : winde En. 33. linde : ende : vinde : überwinde MF. 64, 27. vinden : scenden Serv. 2860. : senden En. 5867. dingen : enge 6430. dinge : lenge 8725. dwingen : gehengen Serv. 11, 188. drinken : denken En. 11001. : erdenken 895. 13149. stinken : bedenken 9489. kent : mint Serv. 809. verwirken : merken En. 11729. merken : wirken Wemh. 63, l9.

Seltener ist ie; es scheint auf das ripuarische Gebiet beschränkt. Ich fähre an als Belege niemen (nominare), stiede Lac. II, 517. stiedegen III, 22. 236. Melde k. Sachsp. III, 39, 1. hiegel Sei. Tr. 226*. hegriefnisse Cron. 164\

ei für e, den Umlaut des a, ist md. früh vorhanden und über alle Landschaften verbreitet, wenn es auch in Ripuarien am häufigsten vorkommt. Dem Obd. ist es nicht

fremd, hat sich aber in ihm wenig entwickelt, § 22.

der eüter Hü. I, 666. eidel I, 578. meigde Salmansw. hs. 199, 2. an der heildun Mrh. Uk. n, 376. heilbeling. meinlich Anzeig. 5, 300. obenweindich Mrh. Uk. n, 383. seinger. einkil HU. IH, S. 317. Anm. Meihtüdis H, 259. eindreichtichlichen Höfer II, 107. zweüfte Böhmer 658. einde HU. 1, 425. eyrbe. Meyrtin. geweyrt Eberbach 767. Heibde HU. I, 886. hovesteide, sceidelich. gereidit 446. seitzen, seitzephand I, 1153. beiste Elis. 6474. ze leist 9434. Riteysd HU. I, n. 886. deyggen (decanus) Höfer H, 109. eyndreychteclich, seys (sehs) Eber- bach 767. zweüf Höfer II, 73. Eimbricho (1041) Mrh. Uk. I, 369. Heiremdn (a. 1103) Mrh. Uk. 1, 467. eirzebischof, eichtzein Höfer H, 54. leisterliche Alex. 420. geylzen (sues) Kath. 168. eynde Sp. v. d. Jungfr. 182. Einseberg Köditz 26, 14. geinzlich Höfer II, 41. heingin n, 14. Theinde Mülh. E. 49. geisten (d. pl.) 37. leigi (legen) 32. eyrbe Henneb. Uk. II, 50. eydil H, 184. heybent Höfer H, 164. geintzlich 193. beiste. geinsit Haupt XV, 378. seyzet Henneb. Uk. I, 118. geleigin n, 53. keigen Cd. Sax. IE. 6, 61. keygenwertig Cd. Sax. H. 6, 35. Belege aus altschles. Schriften bei Ktickert* S. 99 und im Hieronym. S. XUn. zueUf Annol. 72. Eilbe 332. zeinde 194. einti 326. leintin 770. einste 602. deinkin 769. vreinkische 394. sceirphe 601. beizzirimo 561. seide (satietas) 862. einde. eirve, beitte, heitte Nrh. Brachst. 1, 15. 25. 26. 2, 1. Überhaupt im 12. 13. Jh. in Bipuarien häufig und auch im 14. 15. Jh. nichts weniger als selten; vgl. die Kölner Eidbücher bei Ennen I, 1—76. Lac. IH, 47. 60. 120. 247. 318. 422. Wierstraat. Cronica.

Seltener ist ei für a, es scheint an folgendes palatales g oder an cht gebunden. Die Belege gehören dem 14. 15, Jh. an und fallen meist auf Ripuarien:

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§ 29. eygte Lac. ni, 80. eycht greyeht in, 459. peuMe in, 529. 712.

meichten Cronica 17. geseichtin (gesagten) gesaigt Lac. III, 60. up-^ seichte 748.

Aasserhalb des Kölnischen and Jülichschen kann ich för ei statt a nur aus einer Frankfurter Urkunde meygt Böhmer 649 und thüringisch Meigede (ßückert Köditz 162) beibringen.

Anhangsweise sei des seltenen für e gedacht, das u. a. in zweälfte (1323, Eberbach 797) erscheint und auf Einfluss niederländischer Orthographie kommt. Man vergleiche auch eu für ö § 64. § 30. § 30. Der gemeindeutschen Senkung des a zu o in

soly wol, holen, von, gewon wonen, ebenso im Ptc. geswom ist das Md. abgeneigt. Es bleiben daher in der Regel soH s(üt, wale walf halen, vane van, gewan, wanen, geswarn.

wcü Hü. I, 376. ofhalen HU. HI, 1130. van Höfer U, 52. 53. want HU. H, 719. HI, 1043. wale Amst. Ml. 4, 13. 7, 20. 10, 9. Böhmer 647. zu Miene Böhmer 648. wal. van Höfer U, 131. van Friedb. Kr. Amst. Ml. gewaneheyd HU. I, 749. toän : van Wartburgkr. 159, 14. wal : heval Egyd. 1246. wale : sale Alex. 3008. : zale 1834. :tale 2492. isvalen 4897. al:wäl AI. 2626. wale, sah van. wanen Höfer 2. wal, van Muskbl. wal:saJ Herb. 1012. van: man 17475. wal : sal Kathr. 162. derhale Nordh. W. A. 3. van Höfer 11, 175. gewanheit Köditz o. geswaren Höfer H, 171. Fletsch Trebn. Psalm. XLIX. davan : man Livl. Kr. 9950. val : sal Wemh. 9, 28. wale : zale Wemh. 2, 20. 4, 32. Jmik. u. Heinr. 326. wal :val MF. 65, 13. wale : dale Hagen 2261. £mst A. lY, 26. : sale Hagen 2280. : vale 2498. : male 2947. vgl. auch Bartsch über Karl Mein. 218. f. wäU Marienl. o. Bother 1976. Ernst. A. o. übhpt. ripuar. Begel. holen Cronica 144*^. sal ist Begel. vane AnaoL 73. 494. davan : man Hagen 2251. van Marienl. u. überhaupt, wanen : vanen Marienl. 36, 15. ; manen Wemh. 19, 13. Karlm. 467, 52. : ermanen Ml. 53, 22. van, wanagOch^ walgehorin, geswarin Höfer H, 115. Vgl. auch Busch in Zachers Zeitschr. X, 177. f.

Im übrigen bricht auch in den md. Dialecten seit dem 14. 15. Jh. die Neigung hervor, a der Stammsilben vor den Nasen- und Zitterlauten, aber auch vor den lingualen und gutturalen Muten zu verdunkeln. Im Reim tritt dieses o für a, oder das mit o auf Grund dumpfer Trübung gebundene a nur mittelfränkisch meines wissens auf; sonst begegnet es in jüngeren Schriften überall, wo die Schreiber der Mundart starken Einfluss gestatten. Einige Belege:

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hon. hot Hü. III, 1063. won Mainz. Mariensequ. 67. wond § 30. Böhmer 520. dorvon HU. I, 974. hod. pocht I, 749. andlogen 1144. Strebekotze I, 118. 265. Girloch I, 1030. Zahlreiche Frankfurter Be- lege gab Wüleker in Paul -Braunes Beitr. IV, 18. f. irsome Höfer n, 36. moldir Henneb. Uk. n, 180. Olbreht C. d. Sax. II. 8, 51. gor Sp. V. d. Jungfr. 173. bezole Köditz 51, 12. Altschlesische Bei- spiele beiRückert* 39. Ketsch Trebn. Ps. XLVIH. mon Marienl. o. swonne Eoth. 3940. gescholden : behalden Karlm. 344, 14. golde : walde 378, 25. manigfolden : holden mfr. Legend. 437. manigfolt : golt 463. golt : manichvcdt Karlm. 377, 39. Wolter Ennen III, 464. zesomene Lac. ni, 236. crozite Eother 1694.

§ 31. Diese Verdumpfung des a kann einen ganz § 31. dunkeln Klang erreichen^ so dass es als u bezeichnet wird. Der Schlesier Johann von Frankenstein reimte in seinem Kreuziger banden : Urkunden 2013. ; sunden 2679. : stunden 10345. Grade im Schlesischen ist w für a (echtes und ge- dehntes) entwickelt, Dialectforsch. 57. 60.

Aus der Verdunkelung von a und seinem Umlaut e zu

0 und u erklärt sich das md. (und nd.) verbreitete nomen

und numen {benumen, benomen) für nemnen, nennen; durch

Dehnung sezte sich nümen als herschende md. Wortform fest. nwme : blüme Schoneb. 5098. : richtume Altd. Bl. I. 323, 599. ; rume Schoneb. 3950. : Stüme Jerosch. 4790. nümen : Blumen Hagen 1247. benumen :blümen md. Schachb. 809, 30. nümet : geblümet FiaMen" lob 10, 9 (nach Bechs Vermutung in German. XXVI, 259). verdamt (1. verdümt) : benümt Joh. v. Frankenst. 9513. Vgl. § 90 und Lexer Mhd. Wb. I, 182. H, 121.

Das 0 für e, welches den Übergang zu ü in nümen bildet, erscheint auch in fromede, schopfer unter Einfluss der Labialis des Stammauslauts. In zwölf, gewolfe Lorsch Achen. Rqu. 208 wirkte das w verdunkelnd.

§ 32. Die Dehnung des alten a macht in der mhd. § 32. Periode auch md. starke Fortschritte, vgl. § 24. Vor allem wirkten die Liquidae auf Verlängerung der Kürze, die Lin- guale und Gutturale störten ebenfalls die Quantität. Wol alle md. Dichter gestatten sich unbedenklich Heime zwischen a und ä,

Veldeke reimte alden : älden, ame : äme, ane : äne, ande : ände, age : äge, ach : ach, aht : äht, ahte : ähte;

Wein hold, mittelhochd. Gramm. 8. Aufl. 3

34

§ 32. Herbort von Fritslar ande : ände, ar : är, as : äs, ahte : ähte^ der Dichter des Fassional an : an, die : äle, ar : är, aht : äht, Heinrich von Freiberg al : äl, an : an, ar : är, age : äge, aht : äht, Grotfried Hagen are : äre, age : äge, der Dichter der Elisabeth am : am, amen : amen; der Dichter der Erlösung gestattete sich zweisilbige stampfe Reime wie ame, agen^ aget als klingende (Bartsch z. Erlös. 2739), Heinrich von Krolwitz amen : amen, an : an, ar : är, at : ät, az : äz, aht : äht, der Meisner braucht u. a. varen : bewaren als klingende Reime MSH. 3, 88^ Jeroschin reimte al : äl, am : am, amen : amen, an : an, ar : är, aren : ären, ahe : äbe; ade : äde, at : äty age : äge, ach : äch, acht : acht, Hug von Trimberg an : an, ar : är, at : ät, as : äs, ach : äch, acht : acht, der Dichter von Ludwigs Kreuzfahrt an : an, ar : är, ahe : äbe, ap : äp, at : ät, az : ä'js, ac : äc, ach : äch, aht : äht Vor n, ch, t, r wird die Kürze des a am häufigsten gestört. Bei dem Reime aht : äht kann es fraglich sein, ob nicht die Länge des ä vor ht auf- gehoben werde. Wahrscheinlich ward brahte, dahte kurz gesprochen.

Umgelautetes a (e) unterliegt auch der Dehnung, und nicht weniger als e, § 49. Beide gedehnte e werden von md. Dichtern gewöhnlich mit e (= ce) im Reime gebunden. Die Liquidae geföhrden die Kürze am meisten.

z. B. velin:wdm Schachb. 239, 22. veln:weln 191, 1. :zdn 340, 31. wene : sene Ludw. Kr. 7632. her : Mr Jerosch. 8343. ; mir Krolw. 1741. Ludw. Kr. 3199. livl. Kr. 5092. mer : mer Ernst D. 1980. Secund. 368. mer : her Ernst D. 5171. ; gemer Eenner 8230. üherker : mer ülr. Wh. 2616. her : wer 3600. tnere : here Orend. 260. 452. 572. : swere 275. : gewer e Schachb. 186, 31. here : widerMre Jerosch. 25768. geweren : eren Junk. u. Heinr. 99. verzeren : eren Orend. 245. Ernst D. 2272. Junk. u. Heinr. 932. kerm ; dirnerin Schachb. 319, 17. verzert : lert Kenner 17102. vert : vorsert Ludw. Kr. 652. unervert : unver schert 7580. wert : vert : gekert MSH. HI, 23». kerte : geverte Pass. K. 82, 13. Urte : verte Ernst D. 1379. gemerte : virherte Ath. C. 51. geverten : kerten Väterb. 901. Pass. H. 56, 78. stede : toarhede Servat. 2306. deden:8tede Wemh. 52, 16.

§ 33. § 33. Durch Zusammenziehung entstehn auch md.

manche ä:

aus ab e in. hän mit seinen Formen § 390.

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aus age in ^an (gegen) : bestän Ernst A. Y, 57. hän (hagen) § 33. : klän Fundgrub. ^11, 307. Aldinhän, Pedirshän Hü. I, 988. Hcmen- bute Böhmer 58. Ymmichenhdn Hü. I, 291. behdte Alex. 2506. häl- krütz ETO". n, 796. hdn : hejdn Junk. u. Heinr. 1242. clän hedäde Hof er II, 11. mäncraft Annol. 705. Eoth. 591. mdncrefte Hartm. Gl. 1562. mdtdüm Marienl. 63, 5. 94, 35. 105, 13. sdn : man Orend. Dr. 958. : getdn Junk. u. Heinr. 1828. man : versdn 910. sdn sdde gesait Höfer II, 11. sdn Hü. III, 955. 1128. sdt : rdt Orend. 1258. sdnt : hdnt Mone Anz. 3, 36. sds : dwds Karlm. 113, 24. hetdn (hetagen) : an Fundgr. n, 327. wotdn Köditz 81, 4. getrdn Mülh. E. 32.

aus ahe dwdn : geddn Wemh. 6, 26. En. 8245. vdn : gdn Wemh. 36, 25. : getdn Ernst D. 2128. umhevdn : stdn Alex. 1383. intfdn : gesan Annol. 398. inphdn : giddn Wemh. 27, 7. sld/n : hdn Alex. 1335. : cldn (dat.) Herb. 1113. :man Alex. 2591. ipldn ülr. Wilh. 1279. :stdn Ath. C. 88. : geddn En. 8667. :wdn Wemh. 17, 30. Ascdne : sldne 135, 4. stdUn : mdlin Ath. E. 102. trdn : Idn Sp. v. d. Jungfr. 176. : stdn Fundgr. H, 327. trdne : dne Ath. A.* 23. zdr : dar HTrist. 3520. In dem Mittelfränkischen vomemlich erscheint auch e für contrahirtes ahe in den Zw. slahen und vähen, z. B. ersten :8len mfr. Legend. 133. erget : slet En. 11732. gi : sie Wemh. 35, 6. sie : we Hagen 4726. ersU : e 4496. slent : gent Marienl. 27, 2. Ptc. geslen Hü. I, 736. ve : we Alex. 3189. fen : gen mfr. Legend. 199. 215. : geschien 267. Vgl. auch infen Höfer 11, 1 (1301. Oberwesel), entfen Ml. 55, 22. slet : enstet Pass. H. 98, 23. : get 165, 72. Es könnte in ven, slen Analogiebildung zu gen sten (neben gdn, stdn) walten, wie Heinzel Greschäftsspr. 279 und Busch bei Zacher Z. X, 281 anzunehmen gene^ sind. Doch scheint es mir geratener, an e = den Contractions- diphth. ai, ei, ie zu denken. §§ 33. 34.

In den md. Dialecten entwickeln sich diese Zusammen- Ziehungen von age, ahe je länger je mehr. Für die Kürze der Zusammenziehung von ade kann abgesehen von jüngeren Zeugnissen der Beim schatte : haUe Schachb. 340^ 17 sprechen.

Dem ä ist in diesen Fällen ein unechter Diphthong a'e oder al vorausgegangen; der Consonant hatte sich zwischen den beiden Yocalen aufgelöst. Wir können das namentlich bei den 8ilben age beobachten, md. agi, die in den Trebnitzer Psalmen deutlich zu a/i (unterschieden vom echten Diphthong ai) werden (Pietsch Ausgabe S. LXV. und ßückert * 85). Der- artiges Contractions - ai^' reimt auf den Zehrdehnungsvocal a^ = a in ripuarischen und niederfränkischen Gedichten, vgl. die Reime gesait : dait Karlm. 217, 30. 227, 11. 240, 25.

3*

36

§ 33. gesaü : rait 345, 36. ; hau Karlm. 230, 66. vait : dait Hagen 2130. 4186. mait : trinitait Sei. L. 249. verclait: statt 89. zail : stall 217.

Es lag aber die Entstehung des echten Diphthongs ai oder ei durch Palatisirung des g sehr nahe und darum findet sich häufig ei als Zusammenziehung von a) age und b) ege. Einige Belege mögen für den häufigen Vorgang genügen:

a) sein seite geseit (Inf. sein : Hein wetter. Ostersp. 301. seist : geist Pass. H. 50, 92. seit : edelkeit MF. 126, 30. ; selekeit Väterb. 3575), klein hleite gekleit (Mein : geslein Md. Ged. S. 32. v. 1096. wärheit : gekleit MSH. m, 10*>), beheit (; wirdikeit Eenner 2454), hein (hagen Hü. I, 763), treit (:gemeit MSH. IH, 36». :werdekevt Pass. K. 179, 71. treist : volleist Pass. H. 255, 66. :msheit Elis. 8706).

b) in gern sehr häufig {in die geine : gemeine Herb. 1249. 2387. geine : gemeine 6170. .-mne 1737. engein: ein 2224. 2394. :hein 5235. : stein 17912. engeine : eine 17591. gemde : gemeinde Erlös. 5128. .'bescheinde Elis. 4412). lein leite {uzlein : enein Schachb. 353, 21. leite :beite Herb. 852. geleit:eit Herb. 955. :reit Pass. H. 36, 77. : begleit Herb. 16019. geseit : verleit Väterb. 3940. mderleit : sneit Herb. 4375 ; selbst das Subst. lege wird zu leie, vgl. grabeleie : geschreie Elis. 9020). beweite : vorleite Pass. K. 179, 84. beweit (; barmherzikeit Pass. H. 274, 94. K. 140, 44. Schachb. 234, 18. : heüekeit Pass. K. 12, 74. : Märheit 39, 23. : leit Herb. 9830. ; bereit Pass. K. 223, 95. Väterb. 2444. : geseit Karlm. 329, 29. : underscheit Pass. H. 262, 43). Vgl. auch dein (tagen d. pl.) HIJ. I, 446. eyde, seynße (1392) Cd. Sax. n. 6, 349. altschles. neue (negele), ebenso den Plur. neil im Alsfeld. Passionssp. 5600. 5994, wo aber auch der Sing, neil 5604. 5640 erscheint.

§ 34. § 34. Das Contractions-ai konnte sich gleich ursprüng-

lichem ei md. zu e monophthongisiren. So finden wir

e für ei age, z. B. clede Hü. 1, 978, gekürzt cledde Böhmer 765. metlich Marienl. 86, 35. geset : Elisabet Serv. 229. gesed Hü. I, 978. 1175. teding Orend. 82. Höfer H, 13. (Vgl. auch ven, slen =■ vahen, slahen § 33.)

e für ei = ege, z. B. sehr allgemein in gen ken (gegen), gen- wertic, kenwerdic (Cd. Sax. H. 6, 6. 1306), begenen Herb. 1131. Haupt Z. XV, 389. Oft in wem (Plur. Wagen), vgl. femer Ute Trebn. Ps. 138, 5. gurtelmede Elis. 1185. dienstmede 1192. mede Hü. IH, 1502.

Dieses e erhöhte sich zuweilen zu i; so wird segit (sagt) zu sU Tagzeit. 3318, geleget zu gelit gelyd HU. 1, 1001 (Bieden- kopf) und im Reim finden wir niet : gelit Karlm. 138, 39.

37

§ 35. Häufig erscheint in den ScHrifbeu des 14. 15. 16. Jh. § 35. aller md. Landschaften, am häufigsten freilich in Bipuarien, €te für a und ä, und in gleichem Werte stehn in denselben Denkmälern ai, ay^ ai, ay, zuweilen auch ä oder ä, neben dem reinen a. Man vergleiche zb. Lacombl. III, n. 608 (a. 1361), Wierstraat, HarfF, um das nebeneinanderherlaufen dieser Zeichen a ae ay in denselben Worten zu gewaren. Es kann in diesem ae sowenig der Umlaut als in ai der echte Diphthong erblickt werden, sondern diese Lautzeichen gelten einem a oder ä mit vocalisch unbestimmtem Nachklang, der sich unter Einfluss des folgenden Consonanten erzeugen mochte. Die Schreibung ahe {IcJiem Köditz G. 79, 21) gibt für die zwei- lautige Aussprache deutlichen Fingerzeig.

X. Regel nante diese von ihm im Niederdeutschen nach- gewiesene Erscheinung Yocalzerdehnung, bei Haupt Z. f. d. A. III, 55. ff., und H. Rückert wies ihr vorkommen im Thüringischen und Schlesischen nach, Köditz 161 163. Darst. « 80- 84.

§ 36. Äi für a und a, über dessen Bedeutung im § 36. vorigen § gesprochen ist, erscheint in kölnischen Handschriften des 12. Jh.i) zuerst, wird im 13. häufiger und gewinnt später grosse Ausdehnung. Minder ofl kommt es in den andern md. Landschafbeli vor, blüht aber doch auch hier im 14. 15. Jh. Es scheint wesentlich durch Linguale und Gutturale beeinflusst.

§ 37. Zu diesen Variationen von a und d stellt sich als § 37. gleichbedeutend ä, das in Achener Rechtsschrifben des 14. Jh. nicht selten erscheint, aber schon in einer ripuarischen Ur- kunde von 1261 (Höfer I, 6) neben d und ae gleichwertig vorkommt. In jenen Achener Schriften wechseln ä, ay, äy mit einander, Loersch Achener Rechtsquellen 52—54. 67. f. Es vertritt ä, in bäven (neben bSven 67. 68) auch gedehntes a = 0. Für dieses ä zeugt auch eine Sayner Urk. v. 1309 bei Höfer II, 10.

^) Wenn in dem defecten Original einer moselländ. Urk. v. 919 (Mrh. IJk. I, 224) wirklich Eristaü steht, so ist ai noch höher Mnauf zu datiren.

38

§ 37. Diesem ä mag das ä oder av ' gleich zu stellen sein, da»

in der 1333 zu Würzburg geschriebenen Hs. des Herbortschen Trojanerliedes häufig vor palatalem g erscheint: Mägen sägen wägen jsägen, das ferner in der Handschr. des Alsfelder Passions- spiels für a und öfter noch für ä vorkommt, bei Jeroschin auch im Reim mit anderm au erscheint (13590. 23382. 25352) und vorzüglich vor Z aus a sich bildet (24760. 25083. 25774). Es findet sich auch in schlesischen Schriften des 14. 15. Jh. vor Liquida oder Fricativa + ^ oder t: atdde, krauft, aufter^ betraucht Rückert Darstell. ^ 93, wozu sich nachtragen lässt auchte 1328. 1337 C. d. Sil. IX, 235. 240.

§ 38. § 38. In den einsilbigen Worten man, wan, dar, da^

entartete das a durch Tonentziehung zu irrationalem e, da& sich weiter zu i (min, dir, diz) verdünnen konte.

In den Endsilben trat e oder i auch md. an die SteUe der alten Vocale. Nur in heilant, wigant, välant blieb a (vgl. § 26) und oft in viant, das freilich auch zu vient vint vint ward. Reimbeweise für viant geben viande : hande Alex. 1546. : lande Roth. 3098. :sande Fass. H. 37,63. : scande En. 7106. Pass. K. 132, 92. vianden : anden Karlm. 330, 20. : banden Pass. H. 143, 89. : handen Alex. 2024. ; landen Ernst D. 3870. ; schänden Marienkl. 227. : bestanden Väterb. 638. 4216. Wierstr. 1723. .wänden En. 9257. iwiganden Ernst A. V, 51. viandes : landes Pass. H. 37, 81.

E.

§ 39. § 39. Verschieden von dem durch Umlaut aus a ent-

standenen e (§§ 20. 27) ist das weit früher aus altarischem a durch Abspaltung hervorgegangene europäische e der Stamm- silben (§ 7), das wir zum Unterschiede als e bezeichnen. Es war im (xermanischen sehr verbreitet und blieb im Ober- deutschen vor einem a der Endsilben des Wortes erhalten^ erhöhte sich aber vor einem i oder j und vor u (vor u wenigstens oft), ebenso vor nasaler Consonanz zu i. Selbst wenn das af&girte a in früher Zeit geschwunden war, blieb e in der Stammsilbe unverändert. Im Mhd. bleiben diese in

39

der Zeit des vollen yocalischen Lebens der Wortsilben fest- § 89. gestellten Unterschiede von e und i in der Stammsilbe bestehn, obschon die Yocale der Endungen längst verblasst waren. Dieser Wechsel ist in der Conjugation wie in der Stamm- bildung von Bedeutung.

In dem Präsens der ablautenden Zw. der A-Elasse scheidet sich hiemach der $g. Ind. und Imp. von den übrigen Formen :

Pr. Ind. Sg. ahd. fftbu gibig gihit PI. gebam gebot gebant mhd. gibe es et geben —et ent

Imp. Sg. ahd. gip PI. gebat Inf. geban Ptc. gebanti mhd. gip gebet geben gebende.

Die Yerba auf Doppelnasal oder JS^asal cum Muta ge- statten dem e nirgends eine Stelle, sondern wandeln es überall im Präsensstamm in i zb. swimme swimmen swimmende, brinne brinnen, rimpfe rimpfen, binde binden, dringe dringen, trinke trinken.

Ebenso führen die Zw. bitten, sitzen, ligen, die mit dem Suffix ja ihren Stamm bildeten, unter dem Einfluss dieses j durch alle Präsensformen das i durch: bitte bitten bittende, sitze sitzen sitzende, lige ligen ligende.

In der Wortbildung tritt das Verhältnis von e zu i nach obiger Begel sehr klar heraus, e ward zu i, sobald eine Ab- leitungssilbe mit i oder j oder u dem Stamm zutrat: vgl. Adj. ger und gir, ersteres ein a-Stamm, zweites ein ^'a-Stamm ; femer wer : wiric, velt : gevüde {ja Suffix), wert : wirdic, berc : gebirge, werc : wirken (wircjan), kern : kimm kirnen (Zw.), erde : irdisch irdin, verre : virric virren (virrjan), leder : liderin, veder : gevidere, n'ebel : Nibelunc (Nibulunc),

In manchen Worten stehn e und i ohne sichtlichen Grund der Berechtigung für i neben einander, so in schif neben schef, hilfe neben helfe, schirm neben scherm, swiger neben sw'eher.

Die Neigung, e gegen obige Begel zu i zu erhöhen, äussert sich auch in den Nebenformen gilf, lirke, verwihseln, Ptc. begigen AGr. § 21. BGr. § 18.

Festgeworden ist i statt altem e in ich mich mir, dich dir.

40

§ 39. Dagegen hat sich e gegen i behauptet in vehe neben

vihe, wo das thematische u auf die Erhöhung zu i wirkte. Aus der nahen Berührung von e und i erklären sich auch Keime zwischen beiden Vocalen, wie sie im Biterolf vorkommen, vgl. wi^zen : verm'eszen 2160. gemzzen : ver- mezzen 6460. 10882. itewizzen : vermezzen 12506. dicke : recke 9018. ecken : gelicken 10540.

§ 40. § 40. Fremdes e, d. i. e in Worten, die aus dem Latei-

nischen oder Romanischen aufgenommen wurden, wird, selbst wenn es auf ce zurückgeht, als e behandelt, und geht auch zu i über, termina/re wird zu termen tirmen, cerasum zu kerse kirse, thesaurtis zu trese trise, census zu zins, mentha zu minze, prcedicari zu bredigen alem. bridigon. Fremdes i wird auch zu e: Signum segen, pix bech. Daher werden auch die Ausgänge fremder Namen und Worte in el er et ent es est ec im Reim mit el er u. s. w. gebunden, zb.

Frimutel : sinewel Parz. 230, 4. Lond : snel Erec 1643. gugerel : md Lanz. 646. schapel : vel Parz. 776, 7. •— Lucifer : er Bari. 61, 27. Jupiter : toer Parz. 768, 30. Posterne : gerne Erec 1929. Ecuhert : gegert tr. Kr. 33397. Nivers : gers Wh. 413, 18. Navers : spers Parz. 665, 7. Lanzelet : getet Lanz. 7829. Orphüet : bret 1168. Gahmureten : erbeten Parz. 113, 13. : erjeten 317, 11. Kayleten : ge- weten 74, 28. Mähumete : bete Wh. 217, 19. Lunete : bete Iw. 5386. Hercules: des tr. Kr. 12699. Hermlesen : gewesen 12782. Weilest : brest Lanz. 8071. Berbester : swester Wh. 380, 22.

Vergl. aber auch die Eeime von fremdem e mit e und e : geste : Döleceste Erec 1906. Terramer : her Wh. 319, 11. Terra- fixeren : seren 399, 11. Floreten : staten Trist. 5230.

§ 41. § 41. Der Klang des alten e und des Umlaut-e war

verschieden: e war reines e, e dagegen S,^) und feinhörige Dichter des 12. 13. Jh. vermieden daher die Reimbindung beider möglichst. Indessen hielt sich kaum einer ganz frei davon, zumal folgendes l, st, ch, ht, g auf die Gleichmachung des e mit e wirkten. So zeigen Hartmann von Aue, Walther von der Vogelweide, Gotfried von Strassburg, Wimt von Gravenberg, Konrad Flecke, Konrad von Wi^rzburg derartige

^) Die entgegengesezte Ansicht, dass e dem a, e dem i näher steht, suchte J. Franck zu erweisen Z. f. d. A. XXIV, 218. f.

41

Reime. Alber von Regensburg hat unter überhaupt 1095 § 41. Reimparen 10 solche Reime (Sprenger Tundalus 7), Wolfiram von Esohenbach erlaubt sich 70 (A. Schulz Reimregister 49). In den Nibelungen und im Biterolf, bei Heinrich vom Türlein und beim Stricker begegnen sie oft; gegen Ende des 13. Jh. gelten sie kaum noch als ungenau.

Grimm Gr. I«, 139. f. AGr. § 15. BGr. § 12. Haupt z. Engelh. 1611. Sommer z. Flore 127.

§ 42. Seit dem 12. Jh. lässt sich unorganische Ver- § 42. längerung des e namentlich vor r und h beobachten. Die klingenden Reime zwischen ehe und ehe, ere und ire unter die alten ungenauen zu schieben, geht nicht an: ohne An- nahme der Dehnung sind sie nicht zu verstehn. Wie tief dieser Zug im Südosten ging, bezeugt das in der Wiener Genesis und Exodus klingend gebrauchte Gomparativsuffix -ere, wozu sich noch der Dativ eines Subst. in -er verbindet, vgl. b€js;aere : füre Gen. W. 37, 4. : ere Exod. W. 92, 33. ire : bösere Ex. 98, 2. hire : gröisBre 100, 2. pillichere : heildre Genes. 61, 23. ältere (eetate) : wäre Genes. W. 73, 25. Vgl. F. Vogt in Paul-Braunes Beitr. II, 247. 278.

Bei den bairischen Dichtem des 13. Jh. sind Reime zwischen er : 6r, ere : ire, em : im, ert : irt, ehen : ehen häufig ; vor l, t, g, ht begegnen sie auch, aber seltener, BGr. § 48. a. Die Alemannen liessen 'diese Verlängerung des e später und weniger allgemein eintreten; r gefährdete die Kürze besonders, nächstdem h. Seit dem 14. Jh. greift dieses er, eh = er, eh auch hier weiter um sich. Bei Hugo von Montfort (t 1423) werden Reime wie vergeben : Üben 6, 10. sehen : beschehen 6, 39 als klingende behandelt : Wackemell, Hugo von Montfort CXLVIII.

Das aus e (altar. a) hervorgegangene i unterliegt der Dehnung allgemein in ivine win (Freund) bei Composition desselben in Namen: zb. Baldewin, Erwin, Ortwtn, TrtUwin; ebenso bei Stellung im 1. Theil: Winhart Winmar WinoU. Auch sonst zeigt sich im 13. Jh. die Neigung, die Silbe in zu dehnen in der Reimverbindung mit in BGr. § 51 {bin : in, gewin : in). Als Ersatzdehnung nach Ausfall von n erscheint

42

§ 42. i vereinzelt in ingeside = Ingesinde, das in Wernhers Maria 162, 30 anf ntde reimt. Ausserdem tritt Dehnung nur selten ein, doch vgl. den Reim scMben : siben Montf. 4, 75. Bei dem echten (indogerm.) i können wir gleiches beobachten, § 55.

§ 43. § 43. Bei Verschmelzung zweier Silben, deren vorlezte

e enthält, ist die Entstehung von S nur aus verschmolzenem ehe zu erweisen.

gesehen : ergen MF. 183, 13. hegen : versen MSH. I, 289*». sen '.Jerusalem W. v. Bheinau 246, 4.

Aus dem Satzaccent wird sich die Länge übrigens auch ergeben, z. B. oh is not gesche Cd. Sax. IL 6, 23. In set (= sehet) : bet Frauend. 321, 18. : gepet 44, 8 scheint die Kürze durch den Beim bewiesen, ebenso wie in Fleckes sent (2. PI.) : Orbent Flore 141.

Für die Zusammenziehungen nen, gen ist kurzes e an- zusetzen, vgl. nen : den Eeinfr. 26319. vernen : den 5423. gen : den 26645. Eufraten : gen 24957. wir gent : wir went Roseng. von W. Grimm 8. 93. zu Str. 33. Vgl. AGr. § 38. Jänicke bei Haupt Z. XVII, 506.

Verschmelzung von ege : ei ist in Deinhart, gephleit vollzogen.

Auch eine Stammsilbe, welche aus e entstandenes i ent- hält, kann mit der folgenden Endungssilbe verschmolzen werden, wobei i zu i sich dehnt. So werden gibes gibet zu gis gity liget pfliget zu Ut pflit, quidet : quit, JBrigide zu Bride ver- schmolzen.

§ 44. § 44. Durch den Einfluss folgender oder vorausgehnder

Gonsonanten wird e zuweilen verändert.

Im alemannischen Dialect kann folgendes r, Z, h ein e der Stammsilbe in a wandeln, har für her (huc) ist alem. so fest, dasB es der Dichter des Reinhart Fuchs, femer Ulrich V. Zazikhoven, Rudolf v. Ems, Rudolf v. Rotenburg, Ulrich V. Winterstetten, der Dichter des pseudo-gotfriedschen Marien- gesangs, ferner Walther v. Rheinau, die Dichter des Reinfried und des Staufenberger, femer Boner u. a. unbedenklich im Reim setzen. Vor l findet sich a fiir e in sinwcU, salb, Wil- haJm, stacht u. s. w. AGr. § 11. 112.

43

Bairisch ist e selten zu a geworden, doch sind Wilhcdm § 44. (: galm Otack. c. 31. 157) und andre Compos. mit halm = heim bekannt (BGr. § 6); vgl. ferner den Reim entvach (= enwec) : sprach Teichner Ls 53, 23.

Mit vorausgehndem w verschmilzt sich e im bairischen Dialect gern zu o: quene wird zu Jcone, quemen zu komen, qüed^n zu choden, querder : korder, queste : koste, quec zu choch. BGr. § 23. Das aus e entstandene i wird mit w in quime quimt obd. zu kum kumt verschmolzen; in quidet chwidet zu chiut und chüt (abgesehen von quU),

In woche und wol hatte sich unter Wirkung des w altes e gemeindeutsch in o gewandelt.

§ 45. Auch das aus e hervorgegangene i unterliegt zu- § 45. weilen durch einen anschliessenden Laut im Oberdeutschen einer Änderung. Folgt r oder h dem i, so erhält es einen Nachklang, welcher wie unbestimmtes e tönt, so dass man für i dann ie hörte und diesen Zweilaut dem echten Diphthong ie gleich achtete. Bairische und alemannische Dichter gestatten sich seit dem 12. Jh. Reime zwischen ih : ieh, ir : ier als volle Reime. Sie werden namentlich bei den Baiern sehr häufig, BGr. § 90, und ich begnüge mich daher hier an einer kleinen Auswal:

dir : Gaschier Parz. 47, 24. : stier 795, 29. gir : hersenier Dietr. Fl. 9069. :tier Lampr. S. 2409. ir : vier wQast 9128. .-schier Frauend. 552, 10. : Her Kindh. 101, 25. schier : mir Frauend. 221, 5. stier : mir 472, 19. mir : schier Mai 125, 33. geschrirn : diern Otack. c. 96. birn : diern Helbl. 1, 985. hirn : viern 15, 512. girde : vierde Krone 18523. toirde : Zierde j. Tit. 91, 4. gezierde : girde Lampr. S. 155. siech : sich Lampr. S. 3626. ; tegdich Lampr. F. 3485. ziehe : vihe Helbl. 1, 629. giengen : vihe Genes. W. 52, 39. ziehen : vihen Heinr. Tod Erinn. 147. lieht : giht Parz. 314, 8. Wilh. 322, 17. : geschiht Wins- beke 3, 3. : siht Kindh. 81, 6. Helmbr. 1644. lieht : iht Krone 879. 3339. siht : lieht Lampr. S. 217. siht : niht : lieht 311. lichte : ihte Mantel 982. pfiihte : lichte Parz. 613, 11. Vor n, den Labialen und Lingualen kommen diese Beime nur ausnamsweise vor. Wolfram erlaubt sich den Reim . enpfienc : sine lied. 4, 40. liep : sip Parz. 599, 4. Lamprecht von Regensburg F. 1470 reimte dingen : giengen, wo wir wie in empfienc : vinc kurzes i vermuten dürfen.

Bei den Alemannen sind diese Reime seltener, A6r. § 40. Sie zeigen sich hier allein vor r und ht ; aus dem ht

44

§ 45. schwand dann das gutturale h und löste sich in e auf, iht ward zu ie:

tier : wir Freid. 5, 13. 10, 13. 140, 21. : mir Boner 41, 36. 51, 15. 68, 4. gir : tier Lieders. 50, 92. schier : mir Boner 62, 43. dierne : hirne Mart. 10, 31. ; stirne 25, 15. : gestime gSchm. 1847. diem : vrn W. V. Eheinau 251, 6. gir de : gezierde : wirde Heinzel. Joh. 64. ge- schiel : geriet Lanzel. 4674. lieht : verriet : niet : geschiet Fenis MF. 8, 25. gertht : beschiet Boner 57, 103. lieht : giht lieders. 60, 126. versiet : diet Lanz. 4976. gesiet : gediet Boner 40, 24. Vgl. auch Schoch über Boners Sprache S. 31. 32.

Durch folgendes n, r oder Labialis wird i mundartlich mit dunklem Nachklang versezt, so dass man ü hörte und schrieb. Hug y. Langenstein reimte ungewinnes : künnes Mart. 115,98. wirsten : fürsten 4, 108. Andre alem. Belege AGr. § 32. 86. 119, bairische BGr. § 33. Seltener ist i ganz zu u geworden. Doch kommt es alemannisch und bai- riscb vor, AGr. § 29. BGr. § 31. Boner reimte den Lif. entrunnen : gespunnen 23, 12. §46. § 46. In den mitteldeutschen Dialecten nimmt das

aus arischem a abgespaltene e noch eine grössere Stelle als in den oberdeutschen ein. Während alem. und bairisch das alte e nur vor a des Affixes erhalten blieb und selbst in diesem Falle durch starknasalen Wurzelschluss zu t sich er- höhen muste, § 39, erhielten die fränkischen Dialecte und das Thüringische das e mit Vorliebe. Freilich liegt dieses e mit dem i unter den für die Erhöhung zu i überhaupt gün- stigen Bedingungen (§7) im Kampf. In den beiden grossen oberfränkischen Schriftwerken des 9. Jh., dem Tatian und Otfrieds Evangeliengedicht, hat i die Herschaft, aber die dialectlichen e brechen in den Sdss. durch ^). Dasselbe gilt von den Pariser Yirgilglossen, die ich in das Moselland setze. Der Schriftgebrauch der fränkischen Schreiber entschied sich also damals für i, obschon die fränkische Aussprache dieser europäischen Variation des arifichen a entweder wirklich e oder zwischen e und i schwebend gewesen sein wird. So

>) Sievers Tatian S. 29. Müllenhoff- Scherer Denkm. XII. Kelle Otfried II. 440. 443. Dass die Isidorfragmente in dem Yocalismus oberdeutsche Züge durchaus tragen, glaube ich in meiner Ausgabe S. 84 gezeigt zu haben.

45

trat bei den Schreibern Unsicherheit ein, ob sie e oder i § 46. setzen selten; selbst in den altniederländischen Psalmen wechselt e und % in denselben Worten (Cosijn de oudneder- land. Psalmen 57. f.), und später binden am Niederrhein Veldeke, Wemher und der wilde Mann e und % unbedenklich im Reim. Vgl. u. a.

ahereUen : willen MF. 62, 25. sneUe : loülen Wemh. 51, 25. vdt : seilt En. 8772. hüede : helede En. 5041. Serv. 11, 179. lenge:hrenge Wemh. 50, 20. hrengen : lengen En. 767. erre : verre En. 275. Serv. 459. sterre : erre Serv. 809. genesen : risen En. 3508. 7143. liste : swester {suster) En. 2255. Oriste : neste Wernh. 69, 8.

Dieses alte e war nicht bloss in Ripuarien und in Nieder- franken in vollem Leben, sondern auch in den oberen frän- kischen Landschafken und in Thüringen. Es ist nicht erst im XII. Jh. schüchtern herangeschlichen, hat im XIIL XIV. Jh. plötzlich grosse Ausbreitung gefunden und ist dann sofort wieder gestorben, wie die Sache dargestellt ward ; sondern es hat im Volksmunde immer gelebt, hat sogar alte echte i mit zu sich hinübergezogen und ist nur von den Schreibern nicht zu aller Zeit, nicht in allen Denkmälern (z. £. nicht in den Fragmenten des Friedberger Xrist) und nicht folgerecht durch- geführt worden. Im Alexander, in der Strassburger Hs. des Rolandsliedes, in Athis und Prophilias, im Gr. Rudolf, bei Herbort v. Fritslar, Ebernand, in der Erlösung, im Passional und 80 in fast allen md. Schriftwerken zeigen sich diese e sehr lebendig. Besonders hervorzuheben ist, dass das e im Sg. Prs. Ind. der ablaut. A-klasse md. als Regel zu bezeichnen ist. Ganz besonders zäh ist e im Zw. hrengen, worin es selbst da herscht, wo im übrigen i durchgedrungen ist, vgl. W. Grimm Athis S. 12. f. und Wülcker Vocalschwächung im Mittelbinnendeutschen (Frankf. 1868) S. 25. Folgende Nachweise geben für alle md. Landschaften ausgewählte Bei- spiele (von S. nach N.) :

Swenhddis HU. I, 402. wese, segel 579. vehe 576. 650. brenget 684. (Mainz) bender HU. IE, 1173. 1220. brengen Hildeg. Geb. 15. 71. howerdich Höfer H, 110. mettel HL, 1356. Nebdung, wese HI, 1478. vehe, gerehte HI, S. 455. (Wetterau u. Lahngau) schdt- wachte HU. 1, 1196. ben HU. I, 1222. hemdrich HU. I, S. 719. brengen

46

§ 46. Amst. Ml. 7, 8. brengent : lengent Elis. 10290. bendir Böhmer 578. 647. völlebrengen : ersprengen EKs. 55. merren : herren Erl. 3356. verwerret : geverret 723. wertin HU. I, 1037. Skeffenberc Hü. I, 113. 156. darmede Hü. I, 1206. toesin I, 1118. messen (mischen) : pfnessen Elis. 4375. fehe, geshehit Böhmer 357. vgl. auch Wülcker in Paul- Braunes Beitr. IV, 13. (Ostfranken) brenge : strenge Benner 183. senge : toiderbrenge 19448. lengent : widerbrengent 22257. wertin Henneb. ü. in, 125. (Trier) swemmen Alex. 5348 (swimmen : innen 2251). cremfen : remfen 1967. nem 2418. verneinet : irgremet 1368. quelen : bevelen 3706. brengen : lengen 1407. sterben (1. Sg.) 3707. erdische 1400. erre : verre 6694 u. a. (Weismann Alex. I. S. LXXXTV. f.). geschehit tr. Egid. 164. hemel Muskbl. 2, .2. brengen 21, 60. seden : beden 25, 19. (Hessen) gevelde : gelde Herb. 1864. : gezdde 11785. brengen bei Herrn, v. Fritsl. Begel. sehr eckerin 189, 35. 32. (Thüringen) brenge : lenge Pass. H. 258, 56. brengen : hengen Pass. H. 68, 20. 208, 47. K. 244, 82. ; lengen Pass. H. 54, 87. 139, 28. lenget : brenget Luppin MSH. 2, 20». mein : verheln Ebern. 3105. ende : brenge Secund. 252. erde : gerde 414. wel (volo) 42. 98. .347 u. o. nem (imp.) 323. erresäl 363. gesterne 365. legen 120. 289. begerdin : erdin Kittersp. 1543. wert : gefert : zert Eothe (Germ. V, 228). hleckin : steckin Eittersp. 1143. secht : unrecht Pass. K. 83, 42. In den thür. Schriften des XV. Jh. ist e = i überhaupt Eegel. (Meissen und Ostdeutsch- land) spei : vel Schachbuch 345, 11. vele : Mandde Jerosch. 10174. hemele : schemele Schachb. 366, 9. zemt : vernemt 248, 26. brenge : lenge H. Trist. 4612. verre : erre Mügeln Fab. 6, 10. erren : verren Frauen- lob 413, 8. degen : angesegen Damen MSH. 3, 162*. hdt : wüt Job. V. Frankenst. 3483. 3533. ; gestüt 5891. mir : enber 3637. zwirn : gern 9347. irre : verre SS. toirt : bert lllS, verbirt : beschert 6899, Vgl. auch Ktickert Entwurf ^ 29. f. Leben d. h. Hieronym. von Job. v. Olmütz her. V. Benedict XUV. (Kipuarien) vd : Bei Vorbewis. 11.. 12. vele : kele Karlm. 375, 16. gevelde : geschdde Karlm. 479, 5. heifit Bother 370. vssdelgen Cronica 105. nem ich Bother 2210. hemdriche Marienl. 81, 21. glemmen 97, 10. brengin : gedinge Annol. 278. brengen : enden mfr. Legend. 132. : entf engen Marienl. 39, 6. ; Verheugen 86, 4. (über brengen im Karlmeinet Bartsch S. 219. f.) drinken : bedenken Karlm. 432, 21. merre : gestirne mfr. Legend. 610. werbit Eoth. 99. werfit 1163. werd in 2668. geberge 3638. Tierz 226. toirt : pfert Junk. u. Heinr. 449. 525. : geert 2007. gevet Both. 1475. 4303. geve (1. Sg.) 3165. tredet 951. pflegit 1935. gerihte : gebrehte Junk. u. Heinr. 1903. gerehte Ennen III, 300.

§ 47. § 47. Zuweilen findet man in md. Schriften, namentlich

in mittelfränkischen i für e geschrieben,

z. B. sübe Both. 197. 440. 977. bevild ir 730. nimen 1188. 2001. Morant 308. nimet Morant 524. Both. 712. gibin 933. given 1179.

47

gegivm mfr. Legend. 578. liven Both. 1189. livete 1311. livetm 365. § 47. stribete 1039. sigürieme 801. ^^en Annol. 217.

Es erklärt sich aus dem zu i stark geneigten Klange des e, durch den auch Reime wie hüenernest : ist Junk. u. Heinr. 1182. : Christ 1174. :frist 1066. mist 1104. ver- mist 1098. : gewist 1198. : w-s^^ 1038. 1800 als genaue Reime sich ergeben.

Auch aus den andern md. Landschaften ist dieses i für e zu belegen,

z. B. aus dem südl. Eheingau giben HU. I, 533; aus Wetterau tind Lahngau gesihint Eberbach 742. verifßnt Höfer 9. Frankfurter Belege hat Wülcker in Paul -Braunes Beitr. IV, 22 gesammelt; aus Hessen brist : ist Herb. 14151. toigen : ligen 5292. hiU Alsf. Sp. 7353. hüde 6987. hircze hess. Evang. 269. Eine Anzahl Belege des i für e aus Frauenlob gab Bech in Germ. XXYI, 264 ; schlesische bei Eückert ' 34. Verbreitet ist das Adv. virre virren = verre värren, vgl. die Eeime idrre : irre Pilat. 260 (B. 83). : dirre Pass. K. 9, 19.

Stehend ist i für e md. in wilich wilch, swüich swilch und dem Präfix ites ; auch in dem Demonstr. giner erscheint es nicht selten.

Für fremdes e kommt dieses i vor, namentlich in ripuar. sinte = sente sanct und in vinster. Auch im Osten erscheint sinte, zb. C. Saxon. IL 9, 129; vgl. ferner den Reim funda- mint : kint HTrist. 2097.

§ 48. Für die Annahme, dass der Laut des e sich zu § 48. i hin bewegte und zwischen e und i zu liegen schien, bald näher an e bald an i, dürfen wol auch die Schreibungen ei tmd ie in Silben sprechen, denen altes oder auch jüngeres e (lezteres für gemeindeutsches i stehend) zukommt.

Dieses ei ist also ein Schwebelaut zwischen e und i.

Vor dem 13. Jh. kommt es nur vereinzelt vor: Weineswald

950. Ennen I, 464. steincan Paris. Virgilgl. 370. jifeilt Roth.

2719. reichte 1362. heilfa Hildeg. Geb. 23. anegeinnen Nrh.

Br. 4, 26. Seit dem 14. Jh. wird es häufig in allen md.

Landschaften.

weir (nos) HU. I, 570. gegeiben. geleigen, kneiht I, 578. weic weige 223. seilbe Mone Anzeig. 5, 300. derneiben Hü. H, 692. reichte, kneichte HI, 1382. Weildestein HU. I, 750. neyder 741. beit (bit, mit) n, 719. verzeigen (3. PL Pt.) IH, 1012. seylbe. heyr, geweyst Eber-

48

§ 48. bach 767. WtOheylni Hü. I, 844. neiben I, 1122. gegeyhen, geleygen 1156. virdreihin (ptc.) I, 446. beide (bede) I, 479. smeit I, 824. weysent Höfer 11, 109. kneycht Eberbach 878. neiden Lac. IH, 632. gegeiven. weider HI, 172. gescreifven, leigit, leisen Höfer II, 73. breichen II, 122. reicht Lac. HI, 662. weigen Hü. I, 975. geseigenen Myst. I. 194, 37. weilche Herb. 12050. waldsmeit (1284) Hü. I, 246. - geildes Henneb. ük. I, 142. leisen H, 102. geweist U, 35. seihen, reihte II, 102. weigen IH, 121. gegeiben. leibeten, leisen, seihen, zeihende, reihte Höfer H, 212. veilde Höfer H, 41. geüt. breinge 42. ^eyZ<i6 Sp. V. Kathar. 171. %5en Mülh. R. 43. beiti 41. sleycht Köditz G. 71, 13. Uisin Cd. Sax. IL 6, 6 (1306). Witzleiben 6, 20. f. (1355). neymen. geiben, weigegelt ebd. 106 (1442). Aus schlesischen Schriften Beispiele bei Kückert* 99. f. Hetsch Trebn. Ps. XLVIH. vgl. auch Hieronym. 18, 10. 21, 17 seint {sint == sit ex quo), 211, 22 reichten. veü Lac. HI, 179. beveilen, geschreiven III, 47. veilde Lac. HI, 51. gespeiU Harff 15, 33. beylde 16, 26. eyme, vorneimen. geschreyven. vreyde. weyder. deyse. verzeygin. scheyckin Lac. H, 1065. neympt Ennen I, 26. eir (suus) Lac. H, 1064. HI, 247. 876. heir 247. weirlde Vorbewis. 11. vreideliche. weider HI, 120. leidich. seis H, 376. weyren (neben werin, wieren). gegeyven. veichten DI, 167. ghebeiden. gegeiven. leivent 449. deisme (neben deseme, diesme) HI, 180. cdweyge. reicht, kneychte IH, 876 u. o. zobreichen, wreichen Hagen 1215. sleichte, reichte 3760.

In den aus niederrheinischen Urkunden gegebenen Bei- spielen ist das neben diesem ei in denselben Schriftstücken erscheinende ie und der Grnndlaut beider, e, mit angeführt. Seit dem 14. Jh. findet sich dieses Nebeneinander von e, ei und ie in den md., namentlich den mittelfränkischen Schriften sehr stark; es kommt aber schon im 12. Jh. nicht selten vor. Bas ie, welches gemeindeutschem i, md. e entspricht, zeigen z. £. die Trierschen Bruchstücke des Egidius häufig, und auch in der Pfälzer Bolandhandschr., in den Bruchstücken dea Gr. Rudolf, dann in der Trierschen Hss. von Eonrads Sylvester und in der Heidelberger Freidankhandschr. begegnet es nicht selten. Belege aus mfrk. Urkunden gibt Heinzel Geschichte der niederfränk. Geschäftssprache S. 238. 250. 280. 322. 335. 353. 375. 380. 394. 399. 416; aus schlesischen Schriften Rückert 108. Dieses ie ist md. überhaupt seit dem 14. Jh. verbreitet.

§ 49. § 49. Unter der Einwirkung eines unmittelbar folgenden

r, ly ch, g wandelte sich e zuweilen in einen nach a hin

49

liegenden Laut, der schriftlich durch a bezeichnet ward. § 49. Belege geben:

Elhracht Hü. I, 437. Bupracht Hü. I, 581. vaU valde HI, 1279. har Elia. 8900. Gylebracht Hü. I, 446. Engübraeht 479. Albracht 852. Frydehracht 848. hare Trier. Egid. 71. 869. 1635. har : adelar Orend. 3571. : schar 2051. sinewcU : hai Alex. 1298. wag- müder Salman 212, 3. dem salben Herb. 13609. gespare : gare 5215. gart: gespart 2131. 11824. antwarden köln. Sachsensp. hare Eoth. 1267. gegen Betern wart : hervart Ernst D. 1289. barsten Sei. Tr. 139^ Wierstr. 801. brachin (Inf.) Wemh. 12, 17. zübrachin 9, 12.

Auch nach Osten hin lässt sich dieses a fiir e nach- weisen :

darwart : vart Väterb. 2248. bergeswart : hart Passion. E. 601, 27. zu Borne wart : gespart livl. Kr. 3517. bart : vurwart Pass. H. 69, 88. geinwart 1351. Henneb. ü. I, 47. AUtracht H, 77. Babihbarg Köditz G. 66, 10. salbdrytt sälbvierde Cd. Saz. H. 6, 176. saddhof Cd. Saz. n. 8, 83; altschles. befale (1. Pro. Ind.) salb, saiceam. varre, her- borge, gaben gegabin, vorwaser Eückert' 24. f. Über die Verbreitung dieses a in heatigen Mundarten Weinhold Dialectforsch. 23.

§ 50. Mit Yorausgehndem w verschmilzt sich e oder § 50. auch i md. gern zu u^ daher ich kume er kumt toir kumen, Inf. kumen, Partie, kumen {o ist md. seltener). Auch, kune (= quene) findet sich, im Reim auf sune Jerosch. 26427 und ebenso im Nicodemus 11^ kun:sun (Pfeiffer Altd. Ubungsb. Seite 7).

Nicht selten ist suster z. B. HU. I, 586. 687. III, 1013. 1052. 1264. Annol. 865. Marienl. 9, 22. u. ö. Auch in kurre {kirre) wird verschmolzenes w das gewöhnliche i zmu gefärbt haben ; kurre : dürre Pass. K. 97, 67. Dieser Einfluss des w auf i äussert sich nicht selten, vgl. wurt wurst Spiegelb. 267. 273. u. 0. tmsck HU. n, 714. 791. Cd. Sax. n. 6, 114. Witschen Köditz 24, 6. geswusterde ebd. 2, 4.

Besonders wirkt auch n verdunkelnd auf i, vgl. in den köln. Marienliedem sunt, bunt, kunt, unbewunt, begunnen 1, 21. 22. 24. 6, 5. 15. 7, 14. 27, 18. 89, 34. Wo sich Reime von in:un finden, haben wir die Aussprache des in als dunkel, dem un genähert anzusetzen, vgl.

minne : bevinden : bemmden (Hasen) MF. 52, 18 24. gunnen : winnen Karlm. 95, 50. 27, 8. nunnen : getoinnen 280, 22. entbinden : swnden Serv. 3252. versunnden : sunden Wemh. 5, 18. blint : ungesunt Wein hold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 4

50

§ 50. Karlm. 335, 60. kunt : sint 311, 9. stunden : binden 240, 58. : vinden 241, 38. munster : vinster Serv. 1448. gedinge : dwunge Karlm. 126, 22. Auch sonst' finden wir, vor den verschiedensten Conso- nanten, die Neigung in den mitteldeutschen Dialecten i zn u zu verschieben. Darauf beruhen die Reime ungelimp : stump Elis. 7028. abehlim : Jesum Job. v* Frankenst. 10465. wurde : girde 3433. gelust : genist 423. drucJcede : vicJcede Karlm.

119, 51 und Schreibungen des w für i in folgenden Belegen:

Godebuldisberg Hü. I, 608. humelrich Haupt XV, 374, 38 C. hummel ebd. 430. S. gesunde Alsfeld. Sp. 443. 452. 2106. wunde Salm. 175, 1. burnen = brinnen und brennen, selbst im Keim gebraucht .-zürnen Pass. K. 237, 36 bumet : zürnet Pass. H. 117, 59. 214, 95: luste Salm. 238, 3. argelust Ennen I, 9. knusten Myst. I. 202, 12. fusch gefuscliet frusch tusch Bech Klage des Bisch. P. v. Naumburg S. 24. fusche Alsf. Sp. 6261. suben Mone Z. 6, 311. stuckelig Schröer Voc. 694. ducke Hagen 703. Sei. Tr. 69^. Lac. lU, 516. 718. sucher Ennen I, 237. Alsfeld. Sp. 3932. 7799. sucherlich 3723. 6323.

Für e findet sich diese Verdunkelung zu u auch, vgl. burnen hurnehol^ Höfer I, 18. herburge HU. I, 201. 618. Elis. 223. 4900.

Dieses u ist md. für i häufiger als der Zwischenlaut ü, der noch am meisten in wüssen sich schriftlich angedeutet findet.

0 für * ist nur eine mildere Bezeichnung der Verdunke- lung als u. Verbreitet ist bomen = birnen = brinnen; thüringisch meissnisch ist sobin, am Mittelrhein findet sich geswosterde HU. 1, 1024. Im nördlichen Ripuarien zeigt sich 0 für i gern vor n, dessen w-Ton die Verdumpfung wirkte: bon, blonty "kont, sont, sprongen, Formen welche die Marien- lieder bieten, auch nom (nimm) Ml. 2, 11. 33, 36 findet sich und im selben Dialect o für i vor l in Mechtolt Höfer I, 6. Swenolt Lac. III, 949. Blitoldis Ennen III, 273.

Endlich ist auch des Schwebelautes ui zu denken, der in mittelfränkischen Schriften für i vorkommt, z. B. suich (vide) Kath. Pass. 408. Marienkl. 87 ; namentlich auch für das aus ihe gekürzte i: gesehüit Ennen I, 26. geschuyd Lac. III, 904. suit Kath. Pass. 11. Harff 78, 11. u. o. § 51. § 51. Die Dehnung des e entwickelt sich md. wenig-

stens ebenso stark als im Oberdeutschen; sie scheint nach

51

den Reimen zu urtheilen schon im 12. Jh. ziemlich tief ge- § 51. drungen zu sein. Im 13. Jh. hat sie grossen Raum gewonnen; von Einfluss war darauf vor allem r. Vgl. über die zu- stimmende Dehnung des Umlaut-6 § 32. Reimbelege:

gevelin : stelin Schachb. 344, 26. dem : widerzem Benner 8048. hremen : remen 16287. queme : eme Earlm. 295, 53. zeme : netnen Job. V. Frankenst. 273. den : jen : gesehen MSH. 3, 94*. : sen Pass. H. 152, 2. den : virsmen Schachb. 179, 29. er : mer Ath. E. 15. her :her Wemh. 21, 4. Schachb. 183, 11. here : ere Junk. u. Heinr. 924. her : mer Ernst. D. 863. mer : er HTrist. 3594. der : unmer Renner 8010. er : ler 8030. enber : swer Renner 19510. her : ger MSH. 11, 180*». .* zer Ernst D. 4702. swer : her Jerosch. 8403. Ur : ger Schachb. 257, 31. sere : gere MSH. H, 181**. spere : ere Roseng. C. 4. ehberen : schriheren Joh. V. Frankenst. 6189. :weren 8211. geren : latineren 8Q9S. geherde : erde Väterb. 4390. : werde Pass. H. 78, 7. geberden : erden Pass. K. 46, 3. 76, 62. HTrist. 5317. Schachb. 262, 15. wert : unervert Ludw. Kr. 365. Ulr. Wh. 1848. 3176. 3679. unervert : gert 1170. swerte: erverte Pass. H. 267, 18. unvorvert : swert Jerosch. 11480. Jcerte : geverte Pass. K. 82, 13. hegerten : verkerten 97, 45. geben : leben (klingende Reime) Erlös. 1431. ^c6en : ^eren Orend. 207. ; /rc^en 3583. greven : hieven Karlm. 347, 37. schreve : Cleven En. 13447. genedic : ledic Joh. v. Frankenst. 6431. 6565. gebede : arhede Serv. 1536. bevrede : vede Schachb. 268, 33. gebet: stet Ulr. Wh. 3628. getet : get Renner 7137. selgeret : tet Jerosch. 13020. brete : wete Renner 18888. : gerete Schachb. 347, 4. stete: bete Schachb. 255, 11. wege:lege Jerosch. 8566. 11455. lege : pflege Joh. v. Frankenst. 9771. gelegen : pflegen (klingende Reime) Frauenlob Spr. 282, 13. vrech : gesprech Joh. v. Frankenst. 10977. geschehen : smehen : sehen Frauenl. Spr. 108, 6.

Auch das aus e entstandene i erfährt Dehnung: : vil (viel) Ludw. Kr. 2962. bin : din ülr. Wilh. 2972. schin : bin : sin : Bin MF. 64, 20. ligen : gestigen Elis. 3514. stigen : geligen Erlös. 2896. ligen : geswigen Marienl. 41, 8. :verswigen Erlös. 2739. : Ludewigen Elis. 4562. einwich : sich En. 9715. Hagen 3379. Karlm. 424, 6. Elis. 3366. In den Reimen gerihte : Mhte Serv. H, 2344. he- rihten : Mhten Karlm. 165, 36. rihte : lihte Wemh. 26, 26. lihte : gerihte En. 2817. Serv. H, 2446. Karlm. 521, 46. lihte : getihte Ebern. 4460 wird ungenauer Reim oder Kürzung des i anzusetzen sein.

§ 52. Durch Verschmelzung der Silben ehe entsteht § 52. md. nicht selten langes e in den Präsensformen von jehen, sehen, geschehen und dem Ptc. Perf. dieser Zw., sowie im Zahlwort zehen, zehende. Reimbelege können zum Nachweise hiervon genügen.

/ 4-

52

§ Ö2. gesen : jen : flen : verjen MF. 133, 30 (Morungen). gen :jen Secund.

182. get : umbevet : jet 122, 8. verjent : gent MF. 66, 17 (Veldeke). Jet : spet : get Frauenlob Spr. 156, 15. sen : gen : sten : gesehen MF. 1^6, 33 (Mor^ingeii). blen : gesehen Fass. E. 234, 25. gen : gesehen Secund. 114. sten: gesehen MSH. 3, 167*>. gesehen : ergen Ebem. 2401. .üfsten 1384. gesehe :we Herb. 3649. Krolw. 3801. :me Krolw. 2062. gesehet : irget Krolw. 3686. : kret Paes. H. 58, 77. : enpfet K. 133, 52. :hevet Väterb. 4145. :undervet Pass. H. 154, 18. hesen : sten Alex. 5008. sen:nen (nähen) Pass. K. 531, 6. :den H. 152,3. gesen : sten Erl. 4985. gesen : versten Krolw. 4578. trehne : sehne Ath. A*, 16. ge : se {seJie) MF. 125, 18. se : we 140, 38. blS : se {mugiat, videat) Fass. K. 234, 21. zene : wene Jerosch. 16895. zende : wende Pass. K. 83, 25.

Dieses Contractions-e (aus ehe) erhöht sich zu % vorzüg- lich im mittelfränkischen (vgl. auch § 99):

gesehin (Inf.) : Un Karkn. 309, 64. : min Eilh. Tristr. 1513. geschin Inf. Lac. m, 179; 3. PI. Cj, Lac. 11, 435; Partie. Böhmer 523. sin (1. Präs.) Marienl. 3, 6. Haupt L 35, 32. (Inf.) Annol. 217. 457. Haupt 9, 263. Höfer I, 9. Lac. H, 572. 1011. Marienl. 9, 2. vUn : sin Wemh. 28, 4 (mit Sprengers Bemerkungen in den Beiträgen zur deutschen Phi- lologie, Halle 1880, S. 123). sid Friedb. Kr. F. 1, 5. sint Eberbach 626. Haupt -9, 262. sin (videant) Trebn. Ps. 85, 17. gesin AnnoL 178. 800. (Hs. gelten ptc.) : gesin Both. 1790. 1984. dn Annol. 243. 247. sün zinde Lac. H, 744. twOe Sei. Tr. 203^

Verschieden von diesem i für Contractions-^ ist das durch Verschmelzung der Silben ige und ihe entstehnde, das hier

durch Reime belegt werden mag:

Inf. Un : magedin Elis. 935. : sin wett. Ostersp. 715. lis : pris Herb. 14076. Jerosch. 21975. underlU : zit Väterb. 4120. git : gelit Pass. H. 252, 76. geiin : kunegin Elis. 278. geschin : Un Karlm. 309, 64. git (giM) : dit Erlös. 2021. ; zit Krolw. 2332. Jerosch. 15798. gis (gihes) : amis Ulr. Wilh. 1135. :pris Wartb. Kr. 95, 9. sit : gebU Jerosch. 14310. :Zit Marienl. 32, 15. 50, 28.

Die Zusammenziehungen gist git aus gibes gibet, quidet zu quit, pfliget zu pflit sind auch md. geläufig.

§ 53. § 53. Andre Formen der Contraction sind ie und ei.

ie für ehe erscheint häufig in gien sten geschien = jehen sehen geschehen, ferner begegnet es in spien und plien ssz spehen und plegen, auch dürfen wir wegen des aus e ent- wickelten i des Fräsensstammes lien = ligen hierherziehen» Am häufigsten ist dieser Contractionsvocal in Ripuarien, doch

53

bleibt er namentlich nicht in den ersten drei Zeitworten auf § 53,

diese Gränzen beschränkt. Reimbelege verbürgen zugleich das

feste Leben dieses ie.

gien : tüten Karlm. 43, 31. 117, 19 u. ö. : knien 98, 64. : zien 171, 63. ffie (1. 8g. Prs.) : kie : zie Krolw. 1839. giet : niet Ed. 6489. gegiet : niet Karlm. 68, 46. ergiet : gebiet 280, 39. ; niet 168, 29. gient : verdient Karlm. 284, 16. gesie : hie Pasaion. H. 93, 40. sien : vUen Wemh. 28, 4. 31, 22. : knien Serv. 11, 869. Ursula 291. : zien Karlm. 171, 63. sie (inf.) : kirchwie Ebern. 3362. zie: sie Krolw. 978. be8ie:ie Marienl. 64, 37. siet : niet Husen MF. 46, 36. En. 628. 2228. Serv. n, 600. : schiet Väterb. 3649. : verschiet Serv. 3130. siet : niet : verriet : gesehiet Veldeke MF. 66, 3. : niet En. 8927. geeiet : niet Alex. 4680. Ed. 647. 4021. 6163. Herb. 17749. gesien (ptc. gesehen) : knien Junk. u. Heinr. 764. sien : geschien Wemh. 16, 4. Serv. 693. geschien : vlien Anselm 164. : knien 147. : zien Karlm. 160, 32. 160, 33. geschien Hagen D. 4040 (F. geschein). geschie (inf.) : hie Krolw. 4463. geschie : gie (inf;) 4637. geschie : die Hagen F. 2247. : vlie Alex. 1418. : hie Hagen F. 3677. Sibots Frauenz. 339. mastr. Ostersp. 710. : nie ebd. 260. :sie Krolw. 2048. geschiet : niet Wemh. 1, 4. Ed. 7700. Herb. 3629. 3616. 11441. gespiet : niet mastr. Ostersp. 349. lien : gien Karlm. 36, 35. 116, 18. : geschien 309, 64. : sien 36, 26. 107, 26. für plien habe ich keine Eeimbelege, doch vgl. pliet plient Lac. m, 1011. Harff 51, 9. Angefügt mag werden, dass das Adj. hiderve als hierve und beirve (bierfste Ennen I, 66) zusammengezogen vorkommt.

Das als uneigentlicher Diphthong zu nehmende ei (et) erscheint in sein, geschein, gein (jehen) in Mittelfranken sehr häufig. Beweisende Reime weiss ich nicht anzuführen, den einzigen geschein : ein Rother 873 ausgenommen. Die Form ie war beliebter als die Form et. Für das Leben des ei ausserhalb Mittelfrankens zeugen u. a. bejein Höfer II, n. 54. begeyn n. 32. geschein Mülh. R. 47. Henneb. ük. II, 35. gescheyn Schirrmacher Urk. v. Liegnitz n. 88.

Zusammenziehung von ehe zu ei erscheint in geyn Höfer II, n. 109. gegein H. Uk. I, 840.

Übergang des Contractions-ie in iu und Verengung des- selben zu ü muss in geschüt (= geschihet) vorliegen, das Pass. H. 239, 52 auf lüt (= Hut) reimt. Man vergleiche hierzu hujg = hie^s Köditz C. 35, 16 und ü für Brechungs-ie in ftus, slussen, die Rückert * 46 anfuhrt.

54

I.

^ 54. § 54. Das oberdeutsche i, welches aus europäischem e

(altarischem a) entsprang, haben wir bereits §§ 39. 40. 4& behandelt. Hier führen wir altes indogermanisches i vor, da& wir am sichersten in den Formen der ablautenden Zeitworte der I- Klasse und in den aus diesen Stämmen gebildeten Xominibus erkennen, während sich die Worte mit aus e her- vorgegangenem i durch Beziehung zu Tempusstämmen der ablautenden A- Klasse abscheiden lassen.

Altes i der Stammsilbe blieb im Germanischen vor einem a der Enduugssilbe unverändert.

Diese Regel bewährt sich sehr sichtlich in den Part- Prf. Pass. der ablautenden Zw. der I- Klasse: zb. gascinan gahlihan gamitan gasnitan gascriwan = mhd. geschinen gebliben gemiten gesniten geschrien; ausserdem in Nominal- bildungen wie tripj grif, smit, bu, visch, misse, in Pronominal- formen wie inan in, iz {ita\ in Formwörtern wie widar.

Aber die alte Hegel hatte schon in althochdeutscher Zeit Ausnahmen erlitten : es trat in der Stammsilbe mancher Worte e vor a statt i vor a ein, und in einigen Worten ist i ganz verdrängt und durch e ersezt worden. Neben Pt. wista wissa steht gebrochenes westa tvessa; neben iz ist ez gewöhnlich^ neben ir herscht er, neben lidec ledec, neben Urnen sezt sich lernen fest. Festgeworden ist dieses e in degen (puer, vir)^ esse, Tdep hieben kleber, leben, leber, lecken (1. hüpfen, 2. lecken), qtiec, stec, siege, sweben, weche, wehsei. VgL Schleicher bei Kuhn Zeitschr. VII, 224. XI, 52. Bezzenberger A-Reihe 65. Heinzel Geschäftssprache 46. f., Paul in seinen und Braunes Beiträgen VI, 82. f.

Diese Wandlung von altem i durch a des Affixes nennen wir mit J. Grimm Brechung. J. Grimm begriff unter Brechung zugleich die Erhaltung eines europäischen e durch a der Endsilben § 39. 46. Zum Unterschiede von dem Umlaut- e bezeichnete Grimm sein Brechungs-e als e.

§ 55. § 55. In einigen Fällen unterlag altes i der Dehnung.

Gewöhnlich erfolgte dieselbe vor thematischem sich verschmel- zendem J; vijant ward zu mant vient, vrij : vrt, glijan spijan

55

snijan : glien spien s^^nen, drij : dri, zwij : zwi, sij : sl. In § 55. hiCj bri, wie erfolgte die Dehnung vor thematischem iv\ das auch in spien mit j wechselt. In hi (Adv. Praep.) führte Tonverstärkung die Dehnung herbei. Im bairischen Dialect erfolgte diese Dehnung des i vor n zuweilen, wie die Reime bairischer Dichter von In : in zeigen, BGr. § 51. Alemannisch kommt sie seltener vor. Als Ersatzdehnung tritt i in Sit ^= sifU (später, seitdem) auf.

Ausser diesen Fällen kommt Dehnung eines hochtonigen i nur selten vor. Den betretenen Weg deuten folgende Reime an:

vogelin : hin Ernst D. 4066. hieniden : erliden Lampr. S. 2601. biten : ziten Gundach. 2871. voizet : fitzet Krone 4548. vois : getcis Lampr. S. 907. gewissen : flizen Wolkenst. CVHI. 1, 4. rigel : vigel Helbl. 13, 163.

Vergl. auch die Dehnung des jüngeren i (aus e) § 42.

In den aus dem lateinischen und französischen entlehnten Worten und in den zahlreichen fremden Namen der höfischen Epen wird fast jedes i als lang genommen ; zb. schriben (das sogar zum ablautenden Zw. erhoben ward), mile, tvin, pris, gtge, pßfe, amis, aspis, rävit, hamit, ferner die Bildungen in -ie : amie, cumpanie u. a., benedien, die Namen wie Keiy Geori, Deidamie, Obie, Paris, Tampenis, Ampflise, Saladin, Prürin, Davit, Entte.

Sehr selten ward ige zu i verschmolzen in geswigen, vgl. den Reim bei Neifen 37, 8 geswin : schin.

Von Veränderungen des alten i in Stammsilben ist noch die Verdunkelung zu ü oder gar zu u zu erwähnen, der es ebenso wie das jüngere aus e (a) entstandene i 45) nament- lich unter der Einwirkung von vorausgehndem w mundartlich unterliegen kann. So ward wizzen zuweilen zu würzen wüssen und zu wiissen, das Prt. wiste zu wüste, zwischen zu zwüschen und zwuschen: AGr. § 29. 32. BGr. § 30. 33.

wi verschmilzt sich zu u in kuchen hiiken (erquicken), BGr. § 30.

Tiber erhaltenes i in Prä- und Suffixen § 77.

56

§ 56. § 56. Bei der ausgeprägten Neigung des Mittel-

deutschen zu e und seiner Schützung desselben gegen die Erhöhung zu i, deren Grund in einer Abneigung gegen i liegen muss, überrascht es nicht, auch die Erechuug des echten i md. stark vollzogen zu sehen. Sie erfolgt nicht bloss wie im Oberdeutschen vor altem a des Affixes (wie in den Ptc. Pt. und in Stämmen auf d), sondern überhaupt gern und stellt sich als eine beliebte Senkung des alten i dar. Wir beschränken uns auf eine Auswahl von Belegen:

(Mainz) ä/ren {tribua) Hü. m, n. 1401. hender HI, 1128. neder- werther n, 741. smet U, 780. Fredeherg I, 449. hefreden m, 1380. heschreben n, 866. verzegen m, 1172. (Wetterau) uhirgreffen HU. I, n. 1139. geschrehen I; 419. tiedewendig. smedis. wedir I, 763. Frederich Böhmer 576. hefreden 357. vorlehen 944. (Trier) grene Alex. 4160. gdeden Spiegelb. 279, 38. geschreven : hieven Mnsk. 70, 177. rether {eques) Höfer H, 66. -r- (Hessen) ienen : grenen Herb. 6316. frede : rede 7303. f reden : Widerreden 8052. gewes : Ypopedes 14259. (Thüringen und Ostdeutschland) geleden : reden Secund. 171. reden : vormeden 228. vortrd)en 127. heswechen (; rechen) Manuel 34. csncer (M. Sax. n. 6, 54. em : Jerusalem Jerosch. 9716. hen : elderen Schachb. 247,20. uhirdrebin:irhehin S26,6. geswegin : gdegin 211^ 2^. hevrede : vede 268, 33. (Eipuarien) leven : verdreven £arlm. 326, 52. : hieven 417, 64. geven : hieven 486, 15. vreden : reden 436, 64. segen : erstegen 398, 18.

Über md. i für e vgl. § 47.

§ 57. § 57. Durch Dehnung von echtem i entsteht seit

12. Jh. nicht selten i, namentlich vor Lingualis (besonders

vor n). Vgl. auch die Dehnung des jüngeren i § 51. Die

Keimbeweise können schwerlich dadurch beseitigt werden^

dass man die Heime für ungenaue erklärt.

in : guldin Karlm. 427, 3. : kindelin 472, 55. : sin Ludw. Kr. 80. 90. 574. 1869. u. o. Väterb. 30. :win Ludw. Kr. 4043. Sarrazin : sin Ernst D. 5116. sin : hin Ludw. Kr. 2785. 4821. vingerlin : hin Ulr. Wilh. 1638. vogdin : dalwn Ernst D. 4066. schrihen: hiben Pass. K. 86, 83. vride : mtde Pass. K. 149, 93. smiden : verstniden Herb. 3446. git : mit Herb. 10903. : nit Elis. 8718. Sifrit : zit Elis. 9725. dsigewis En. 9956. listen : pristen Ernst D. 2630.

Eine qualitative Veränderung erleidet echtes i weit seltener als das jüngere i 50) durch Verdunkelung zu o oder w. Sie erscheint in den Casus des Personalpronomens der

57

3. Person : G. Sg. PI. or^ D. ome, A. one ow, N. A. Neutr. oz, § 57. oder wne, un, seltener un, uz, unter dem Einfluss von w steht dieses u Rir i im Ptc. geluwen, femer in zwuschen, wofür auch zmchen eintritt oder auch zwoschen erscheint. Verschmelzung von wi zu u ist auch in zuber vollzogen; iLenner 23112 wird zuber: über gereimt.

o.

§ 58. Von - den zwei deutschen Hauptarten des o be- § 58. handeln wir hier das auf arisches a zurückgehnde, welches von diesem sich gleich e, obschon seltener als dieses, ab- gespalten hat, § 7. Das zweite o gieng durch Brechung aus u hervor, § 8, und wird unter m § 72 besprochen.

Wie das e durch ein a des* Affixes vor der Veränderung in i geschüzt worden war, so auch das o vor der Senkung zu u. Beide, e wie o, blieben auch erhalten, nachdem das a der Endsilbe zu e geschwächt oder ganz geschwunden war.

Beispiele des auf indogermanisches a zurückgehnden o sind volj wolle, wolf, galt, holt, molte, holz, from, gome {briutegome), donen, doner, bor, tor, dorn, hom, hörn, zorn, morty wort, börste, borgen, morgen, sorge, forhte, ferner die Partieipia Perf. Pass. zweier ablautender A-Klassen; geholn, gestoln, gekomen, genomen, geborn, geschorn, gesworn, ger troffen, gebrochen, gerochen (ultus), gesprochen, gestochen, erschrocken, gebrosten, gevohten, geflöhten. geböllen, ge- . quollen, geholfen, erböigen, gemolken, gegolten, geschölten, geschmölzen, bevolhen, verworren, gestorben, geworben, ge- worfen.

Vor Doppelnasal oder Nasalverbindung ward o der Stamm- silbe, selbst wenn das Affix a enthielt oder enthalten hatte, zu u gesenkt (sowie e unter derselben Bedingung zu i sich erhöhte). Deshalb führen die Partieipia Perf. Pass. der 3. ab- lautenden A-Klasse mit mm, nn, m + muta oder n -f Jxmta. in dem Wurzelauslaut nicht o, sondern u in der Stammsilbe : gebrummen, geglummen, geswummen, gerumpfen, gebrunnen, engunnen, gerunnen, gesunnen, gespunnen, gewunnen.

58

§ 58. gebunden, geschrunden, gestunden, geswunden, gevunden^ gewunden, gedunsen, gedrungen, geklungen, gelungen, ge- sungen, gesprungen, getumngen, gehunhen, gesunken, ge- stunken, getrunken, gewunken. In dem Nomen hunt hat u denselben Grund.

Wie die Nasale wirkte auch i oder j des Affixes auf die Senkung des alten 6 zu m. Das zeigt sich besonders in der Wortbildung. Wenn also durch ein ^a- oder Ja -Suffix aus einem Worte mit o in der Stammsilbe eine Ableitung geschieht, so geht o zu w hinunter. Von vol wird fulU fülle,, fulljan füllen abgeleitet, von from Zw. frumjan frummen frümmen, von js^orn Zw. zurnjan mrnen, von mort murtjan murden mürden, von forhte furhtjan furhten fürhten, von holt huldi hulde, von wolle Adj. wullin wullen, von wolf wulßn Wulfen, von golt guldin gülden gülden, von höh Adj. hulzm hülfen und das Collectivum gehülee, von dorn hörn die Adj. dumm hurnin und die CoUectiva gedürne gehürne,. und in gleicher Art von vogel, das wahrscheinlich ein Bre- chungs-o hat, das CoUectiv gevügele.

§ 59. § 59. Dieses geregelte Verhältnis des älteren o zu dem

jüngeren u erleidet mundartlich Ausnamen.

Wo 0 bleiben solte, findet sich zuweilen Senkung zu u; so ist elsässisch und bairisch in den Ftc. Perf. Pass. u statt 0 beliebt, zb. genumen, verdürben, gebruchen, unjserbruchen- Itche. Das wirkt auch auf das aus a getrübte o 23), so dass sul sulte, wulte, wunen wunt in oberdeutschen Hand- schriften begegnen, AGr. §§ 29. 118. BGr. § 28. Auch fremdes o ward zu u in kumber, frz. combre.

Andrerseits wird o in Fällen, die seine Senkung zu u

forderten, nicht verwandelt. Wir finden z. B. gereimt:

holden : vergolden Daniel 96^. erfolt : wolt Otack. c. 91. geddt : erholt Wilh. 231, 4. schölt : holt Lanzel. 5405. verscholt : solt Bari. 124, 17. frome : gome Lanzel. 2247. gefromen : benomen Karl 1279. antworte : porte wGast 9155. wor gen : borgen Laber 321, 7. : sorgen Mait. 226, 16.

Demgemäss wird femer geschrieben erfollet, ungoltich, chomftich, konig, gebonden gewonden gelongen gesongen,

59

vergönnen gonst, vermögen u. s. w. Belege finden sich AGr. § 59. § 24. 83. 116. BGr. § 21.

Auch fremdes u kann zu o werden. Neben kupher be- gegnet kopher, vgl. kopher : opher Amis 421. Mart. 14, 78. ; klopher MSH. III, 53*. hasche bosch neben busch kann frei- lich auf boscm, die Nebenform des mit. buscus zurückgehn.

Die Unsicherheit, welche auf diese Weise manche Schreiber durch mundartliche Verschiebung des o und u fühlten, drückt sich in dem Zeichen ü aus, das sich auch hier und da in oberdeutschen Handschriften für gemeindeutsches o findet, z. B. briutigüm Wackern. Pr. 31, 23. hüße Griesh. Denkm. 24. mühte MSA. 269, 23.

Aus dem Schwebelaut ö ward einzeln ein wirklicher Diphthong ou, vgl. briutegoum : troum tr. Kr. 4564. briute- goume : soume Mart. 52, 43.

Eine andre Form des unsichern Doppellauts erscheint in uOy das aus u vor Liquida entstund. Wir finden diesen Doppellaut mit wirklichem Diphthong uo namentlich bei bai- rischen Dichtern im Reim, vgl.

früm : richtuom Krone 22395. ; wistuom Tundal. 56, 10. ; siechtttom Otack. c. 43. verdrümet : geruomet Mart 139,99. stuonden : gebunden Parz. 181, 11. : funden Wh. 208, 4. : künden Parz. 326, 14. stuont : funt Parz. 352, 29. : kunt 218, 18. Mai 83, 32. Ammenhusen 806. :unkunt Krone 8022. :munt Parz. 405, 16. Wigam. 2534. :pfunt Mantel 213. : wunt Wüh. 432, 26. stunt : tuont Dietr. Fl. 9536. hurt : gefuort Wolfd. A. 217, 4. antwurt : zerfuort : ruort Krone 27281. fuorte : hurte Krone 16376. hurte : fuorte Wilh. 29, 12. behurten : beruorten Suchenw. 6, 89. BGr. § 114. AGr. § 78. 111. 114. Echtes u wird ebenso zu uo, § 71.

§ 60. Wie zwischen o imd u Übergänge stattfanden, § 60.

so auch in entgegengesezter Richtung zwischen o und a.

Wir lernten § 23 die Neigung des a sich dunkel zu förben

kennen. Umgekehrt tritt o vor r und l namentlich im bai-

rischen Dialect gern dem a im Klange nahe, und so erklären

sich leicht die Keime zwischen o und a bei bairischen und

österreichischen Dichtern.

gd>ar : vor Teichner Ls 151, 60. wort : vart gem. Leb. 607. Tundal. 59, 58. Worte : harte Wemh. 170, 40. Tund. 42, 57. 47, 7. 54, 65. Krone 3430. harte : worte Mantel 274. Worten : barten Tund. 43, 76.

60

§ 60. Worten : warten Angeng. 8, 1. orten : sparten Laurin 1679. garten : borten 103. 137. 289. 408. 1157. geswom : varn Nib. C. 17860. ; bewam 3641. geboren : wären Kindh. 72, 1. wort : Irmengart Neith. 38, 6. ; wart Krone 11204. Margareta 515. tool : erhol Frauend. 487, 8. ; schal 492, 6. : tal 483, 16. sol : schal Krone 1025. Besonders in den Helblingbüchlein und bei Otacker sind solche Beime häufig. Auch die Alemannen kennen dieses a ; so reimt Hag v. Langenstein Mart. 223, 64 verworren : pfarren, gerade wie Walther v. d. Vogelw. 34, 18. Über die Häufigkeit bei den Schreibern im XIV. XV. Jh. BGr. § 6. AGr. § 11. 79. 112.

§ 61. § 61. Der Umlaut des u (des aus o gesenkten wie des

alten Grundvoeals) wird seit dem 12. Jh. oberdeutsch allmäh- lich durchgeführt, sobald die Bedingungen dafiir (i oder^ im Affix) wirkten. Doch hemmen manche Gonsonantenverbin- dungen im Auslaut der Stammsilbe den Eintritt des ü. Vor II, nn, l + muta, m -\- muta, n + muta, r + muta, zuweilen auch vor ck bleibt daher u nicht selten unumgelautet, z. 6. gtddin, vergulte, umbe, krumbe, wunne, bunde, funde, künde, sunge, junger, gurten, antwurte, geburte, wurde, rucke. Reim- belege AGr. § 29. BGr. § 29.

Vor Liquida erhält das umlautende ü dialectlich einen Nebenklang, der es zu Beimbindung mit üe befähigte, vgl. erfünde : Urkunde : bestüende Krone 2110. Vgl. § 73.

Durch die in § 58 dargelegte Wandelung des o der Stammsilbe vor i oder J des Affixes in u oder umlautendes ü, ist der Umlaut ö ffir das oberdeutsche der guten mhd. Zeit im Grunde ausgeschlossen. Dennoch erscheint derselbe bei Deminutivbildungen in -el oder -lin und vor dem Pluralsuffix (ir) er. In diesen Fällen bleibt o in der Stammsilbe und nimmt auch zuweilen den Umlaut ö an, der überhaupt erst seit dem 12. Jh. autkommt. Wir finden also stalle stöUelin, holz hoheltn höUel, harn homelin hömel, tacke töckel, art örter.

Allmählich stellt sich auch im Plural von Masculinis, die von der A-Klasse in die I-Klasse übertreten, Umlaut des o ein, z. B. stock Stöcke; ebenso in dem Conj. Perf., z. B. mähte, töhte.

§ 62. § 62. Die Zeitdauer des von uns hier behandelten o

ward seit Anfang des 13. Jh. in der Stellung vor Liquiden

61

yermehrt; die bairischen Dichter namentlich, seltener und § 62. später die alemannischen, gestatteten sich nan Reime zwischen öl : dl, om : dm, on : on, ot : dt, und besonders von or : or. £& genüge an einigen Belegen; mehr sind BGr. § 55. AGr. § 43 gegeben.

61 : voi Otack. c. 4. wöl : mal Helbl. 4, 793. vernomen : chomen wGast 7624. genomen : chomen Helbl. 8, 1106. komen : bomen Montf. d,v95. gedon : schon Otack. c. 9. won : Scdomon Helbl. 7, 4. schönest .-gewonest Suchen w. 6, 11. hör : kör Wilh. 308, 6. enbor : mör Krone 6997. vor . mör 19123. : tör wGast 2066. Krone 2227. oren : floren Suchenw. 41, 697. toren : verloren Montf. 4, 154. geboren : hören (hom) als klingender Beim, Wolkenst. XYE. 6, 1. hört : dort Mantel 623. .wort Tandar. 14898. gehört: dort Parz. 426, 22. : hört Kione 20385. : ort Parz. 4, 29. mort : gehört Ammenhaas. 678. wort : erhört Boner 63, 14. : gehört Lampr. F. 430. 1427. hörte : borte Parz. 37, 4. : bechorte Gundach. 100. :poHe j. Tit. 371, 1. erhörte : woHe MSC. 1,27. zer- störte : porte Krone 7672. worten : hörten Parz. 427, 12. Bari. 253, 18. Lampr. Fr. 1166. : gehörten Walth. v. Eh. 28, 39. nöt.-spot Krone 16922. Ideinöt : bot 24804. tröst : erlöst : dost Krone 19273.

Bei der alemannischen Zusammenziehung des Inf. komen zu kon blieb die Kürze des o zunächst gewahrt; noch im fieinfried nnd im 8taufenberger erscheint kurzes kon, vgl. Jänicke Altd. Studien 59 und in Haupts Z. XVII, 506. Dichter aber, die komen als weiblichen Reim brauchten, wie Hug von Montfort, sprachen auch das einsilbige kon gedehnt, vgl. Wackernell Hugo v. Montfort 8. CXLVIII.

§ 63. Über das mitteldeutsche o ist im allgemeinen § 63. dasselbe wie über das oberdeutsche zu sagen, weshalb § 58 zu vergleichen bleibt.

Mehr noch als im Oberdeutschen, vgl. § 59, ist md., nach den schriftlichen Aufzeichnungen der Periode zu ilrtheilen, die I^eigung entwickelt, erstens o von der Senkung zu u, die unter dort bezeichneten Bedingungen gewöhnlich erfolgte, zurückzuhalten, und zweitens o in Verhältnissen, die es nach« der Regel rein erhalten sollen, zu u zu senken. Wenn wir in den Schriftstücken u und o in denselben Worten wechseln sehn und die unbestimmten Zeichen S, ov, ü erwägen^ so scheint ein zwischen o und u schwebender Laut ftlr das o und seine Senkung u mitteldeutsch geherscht zu haben, der

62

§ 63. nach Zeit und Landschaft bald einen helleren, dem o nahen, oder einen dunkleren, mit u bezeichneten Klang hatte. In den nördlichen mittelfränkischen Mundarten und im 11. 12. Jh. hat die dunklere Klangfarbe das Übergewicht, südlicher und östlicher und vom 13. Jh. ab überhaupt gewinnt die hellere (o) die Vorhand (vgl. Busch in Zachers Zeitschr. X, 193. ff. über die niederrheinischen einschlägigen Zustände. Frankfurter Belege sind gegeben von E. Wülcker in Paul -Braunes Bei- trägen IV, 14. f. 22 ; schlesische bei Rückert ^ S. 41 und Pietsch Trebnitzer Psalmen XLIX).

Für md. o gegenüber gemeindeutschem u (das aus älterem

0 gesenkt ist) einige Reimbelege:

sdn : hevoln Eath. Mart. 228. F(Me : wölde Roth. 5165. holde :golde Roth. 2057. Schachb. 212, 27. solde : holde Servat. 1145. Junk. u. Heinr. 279. holden : vergolden 1984. ungeddt : Biterdt Elis. 196. irfolt : goU Alex. 6976. gevolt : golt Herb. 1819. gdi : holt : ungedolt MF. 62, 24. holt : schdt : gedolt : 8oU 57, 37. holt:8choU Herb. 882. Wemh. 16, 11. En. 2213. 10172. Hagen 4420. Karlm. 33, 2 u. o. verscholt : golt Herb. 6615. scholt : golt Karlm. 200, 23. schdt : Bertdt Jerosch. 16582. gefromen : komen (ptc.) Husen MF. 42, 25. gehorn : tom Herb. 8334. tom : hörn 4642. : irkorn Krolwitz 692. torne :zome Hagen 908. gebort : gehört Herb. 1699. Jerosch. 17498. Schachb. 250, 2. : zifört 3509. : wort PUat. 203 (380). Herb. 11401. dorst :fro8t Hartm. Gl. 3098. vorste : torste Pilat. 417 (593). En. 4955. vorsten : dorste En. 9965. : dorsten 11617. erworge : sorge Herb. 2829. erworgen : sorgen Pass. K. 170, 73. : morgen 244, 74. irworgit : bisorgit Schachb. 201, 26.

Andrerseits gibt es genug Beispiele von md. u gegen- über gemeindeutschem o. Von Reimbelegen sind etwa nur anzuführen urbur : vür Ath. E. 143. urburte : vürte A.** 26. urburtin : vürtin A.* 124. benumen : gefrumen M. v. Craon 1287.

Im übrigen aber vergleiche man:

gewunlig HU. I, 534. Herhurt 641. furstmeister 696. humuz 192. genumen, geburen. uffenlich Hü. HI, 999. zum H, 640. totiche m, 1395. huldirstrüch HU. I, 778. mrgtdden (ptc.) I, 816. Sybult fl, 847. hulz I, 479. 743. 944. furhtdze Böhmer 88. Nydernhidz. ctdsch. genuinen Böhmer 508. . wtdte, vornumen HU. 1, 265. Hulzhuaen. Rudulf Böhmer 579. dunrisdag I, 201. sulden, wülden, fulgeten I, 1138. genumen I, 852. ^ beclummen (ptc.) Elis. 4204. gewunheit Eberbach 889. huffenunge 774. huppengarte HU. I, 1143. iduch Friedb.'Kr. A. 1. H. 1, 1. zurnic Alex. 1177. zürne (dat.) 1182. tursten 1192. surc- sam Trier. Ps. 39, 29. hubisch Alex. 3652. kumen (inf.) : frumen

63

Herb. 2845. (ptc.) : frumen 283. 369. 5985. : vemumen 5951. scheHt- § 63. wurt : enphwrt 1153. huffelich. huffenunge Haupt XV, 380. hufte Griesh. Dkm. 24. huvisc Ath. E. 158. hunig Myst. I. 67, 25. wuchen 168, 30. gemmen Mülh. K. 35. Höfer H, 13. vurderst grRud. 12, 26. ^ul Nordh. W. hesurgen Cd. Sax. II. 6, 175. muckte Nordh. W. mite- wuche Cd. Sax. II. 6, 22. umbeicutten. gehiüfm. dbg^umin. wurden <ptc.). surge. burne, gewurcht. huffeliche, muchte. tuchte, vrust Rückert 44.

§ 64. Wir fügen hier Belege für die Lautzeichen ou § 6^:. oder ö und ü an, welche einen Schwebelaut zwischen o und u ausdrücken sollen : ö den helleren mit dunklem Nachklang, ^ den dunkleren mit hellerem Nachschlag.

ov oder ö kommt seit dem 11. und 12. Jh. besondere

am Niederrhein vor, ist aber im 13. 15. Jh. auch in andern

md. Landschaften im Brauch. Es erscheint besonders vor

Liquiden und Palatalen. Einige Belege mögen gentigen:

cöpeleweide (1028) Lac. I, 164. örvare (c. 1100) I, 258. ger^ste Eoth. 4135. vrovcht 3648. mögit Alex. 397. Srvede, enw^den (1257) Lac. n, 434. nakömelinge (1262) 517. vrSmet, körnen, gezörnen Iwein A. 125. 561. 864. onschoult schoiUtisse. woulde, houUz, gehoulfen. wounonge. mouchte belegt von Busch bei Zacher Z. X, 293. gedulde : wUde Elia. 3410. scholde : hSlde 3476. hoülde. houf Kückert 115, TJeber die häufige Verwendung dieses ö genüge noch zu verweisen auf die jülich-köln. Urkunden bei Lacomblet HI., auf Höfer Urk. II, 9. 36. 100; auf Harff, Wierstraet, Kölner Cronica.

Wie dieses S gradezu in den Diphthong ou übertreten konte, indem für das schweben zwischen o und u eine feste Stellung vorgezogen ward, mag der Reim brüdegoum : troum Pass. H. 248, 17. K. 112, 15 beweisen.

In denselben Schriften, welche oti oder ö in der bezeich- neten Verwendung fuhren, begegnet gewöhnlich auch als gleich- oder ähnlich bedeutend ü. Die Beispiele beginnen im 12. Jh., vgl. unmügelich. hünigin Amst. Ml. 1, 17. 7, 15. sülin Annol. 15. güldin 208. Mning 201. ioürdin 68. brüte- güm Ath. C* 48. Für wirklichen zweilautigen Klang spricht der Reim gehurt : verfuort Ulr. Wilh. 1968. Ich verweise im übrigen auf die ripuar. Marienlieder, Morant, Nassau, Strickers Karl B., Kölner Sachsensp. und Repg. Cr., Lacombl. II, 517. 542. 744. 1011. III, 508. 576. 684. Ennen I, 8. ff.

64

§ 64. 230. f.; auf Alex.; auf Elisab. (Riegers Ausg. S. 48); Böhmer 49. 504. f. 532. f. Hess. Uk. 1, 155. 201. Ebersbach ü. 767, 264. Mone Z. 6, 319. f. Henneb. U. H, 54. Höfer I, 6. II, 53. Leyser Predigten 24 136. Vergl. über die ent- sprechenden oberdeutschen Zweilaute ou und uo § 59.

§ 65. § 65. Diesen uneigentlichen Diphthongen ou und uo für

0 und u sind einige andre Vertreter von md. o verwant, die ebenfalls als ein o oder u mit nachschlagendem unbestimmtem Laut zu fassen sind: oe, oi und ue, ui,

oe für 0 ist im westlichen Mitteldeutschland vom 13. bis- 15. Jh. und wol auch später nicht selten ; oi ist weit häufiger und erscheint auch in Thüringen und im Osten. Beide werden fiir 0 (aus arischem a entsprossen) wie für das Brechungs-o verwant. Sie erscheinen oft neben einander in denselben Schriftstücken.

t<6 kommt namentlich vor Liquiden vor; zuweilen wird üe geschrieben, z. B. süelen Ennen I, 117. 269. schüelden JI, 435 (1260); ebenso findet man für das gleichbedeutende ui auch ii oder ^i ; vgl. hüys (Busch) Höfer II, 109. vüymph Henneb. Uk. II, 84. küympt Ennen I, 15.

§ 66. § 66. Wenn u sich aus o fest entwickelte, so kann

dasselbe natürlich vor i oder j des Affixes zu ü umlauten. Die Vorliebe, u vor gewissen Consonanzen festzuhalten 61),.

erscheint auch bei md. Dichtern im Reime. Vgl. auch § 75»

wunne : brunne Benner 128. : aunne Orend. 923. 1926. Heinr.

Trist. 4526. : geumnnen Orend. 1963. sungen : wunne 439. sunnen :

tvunnen Heinr. Trist. 4442. drucke (d. sg.) ; ze rtu:ke Ludw. Kr. 2224.

Bei der Ausdehnung des md. o dürfte man ziemlich viele

ö in Stammsilben erwarten, wenn das Md. dem Umlaut über*

haupt geneigt wäre. Man findet in md. Schriften im 14. 15. Jh*

meist 0 in Stammsilben geschrieben, die mhd. ö und ü fuhren.

Indessen begegnen auch Umlaute, z. B. erhören, wörde, ge*

borde, Döringen, bedörft, möle tnölner moller; höve, möchte^

Auf Bipuarien beschränkt ist eu als Bezeichnung dea

Umlauts von u oder o. Es kommt in Schriften des 14. 15. Jh»

besonders vor l vor und ist Nachahmung niederländischer

Orthographie, in der noch jetzt eu diese Verwendung hat.

65

z. £. CeuUen Lac. lU, 385. geülden 449. aeti^de« HL, 698. § 66. Loersch 67. zeuldener Wierstr. 75. 157. steulUlu^ Wierstr. 619. JieuUzem 791. weulde Lac. m, 884. 489. 595. ceugte HL, 478. meuchten Lac. m, 621.

§ 67. Die Neigung o, entgegengesezt der Senkung zu § 67.

u hin, offener nach a hin auszusprechen, lässt sich auch im

Md. beobachten, vgL § 60. Dieser mit a bezeichnete Laut

erscheint nicht bloss vor l und r, sondern auch vor stummen

Gonsonanten. Solches a für o ist allgemein mitteldeutsch.

Vgl. muntbar HU. I, 1335. mumpar HI, 1130. munthar HU. I, 740. gebam Böhmer 458. tcardin 840. habe (hove) 908, Inxbis 840, habereide 1090. Dudinhaben 1217. aamen : Jcomen Jonk. u. Heinr. 1337. oder, adir Herm. v. Fritsl. o. Cd. Sax. 11. 6, 6. u. o. Backert26. hob. habestat Höfer 11, 160. überkäme Nordh. W. A. 3. scUdener, behalfen, halczer. stcdcz, wart, antwart, adir, wache, gebrachen, ge- sprochen Bückert 26. f. gewart {geworht) : hart Karlm. 157, 20. scuihin : gisprochin Wemh. 53, 26.

Vor r nam dieses aus o entstandene a zuweilen einen nach i sich neigenden Klang an, der durch e 7on den Schreibern ausgedrückt ward. So finden wir derre HU. III, 1181. ertverbe Nordh. W. A. 13. Erferte Dreferte Swinferte bei Köditz.

§ 68. Die Dehnung des md. o (aus altar. a) entwickelt § 68. sieh in selber Art wie die des oberdeutschen. Seit der spä- teren Zeit des 12. Jh. gestatten sich die Dichter Reime zwischen on : on, or : or. Einige Belege mögen es bezeugen :

Un : van Einst D. 1834. Elia. 2388. 7074. 7153. Syon : von EHs. 9156. won : Ion Ulr. Wh. 852. bor : sör Jerosch. 25780. dort : gehört Pass. K. 61, 17. Ebern. 1288. Krolw. 2790. dort : wort : gehört Meißner MSH. 3, 99^ dort: zustört Pass. K. 61, 85. gebort : gehört Herb. 1699. gehört : mort 15823. :wort Veldeke MF. 67, 6. En. 1925. 11667. Herb. 410. Krolw. 113. Ulr. Wh. 2503. Pass. H. 56, 18. 207, 22. wort : hört Ulr. Wh. 345. : getört Pass. H, 308, 58. hört : gehört : bekort MSH. ni, 24^ orte : gehörte Ernst D. 8935. hörte : worte Pass. H. 205, 27. Junk. u. Heinr. 370. ; antworte En.^1647. borte : gehörte En. 1788. borten : hörten 240. Worten : förten Herb. 1450. ; gehörten En. 4518. Serv. 669. 711.

Die Dehnung des Brechungs-o erfolgt auch vor den Muten häufig, § 74.

Auch das aus o gesenkte u erleidet, nach Keimen zu schliessen, Dehnung. Wir finden kumen : hlümen Erlös. 2003.

Wein hold, mittelhochd. Gramm, i. Aufl. 5

66

§ 68. kume : lüme 1355. urbur : vür (vuor) Ath. E. 143. In Spruch : brück Schachb. 295, 3. brücke : sprucke 258, 29 kann Kürzung des ü vorliegen, § 122.

§ 6^- § 69. Bei Zusammenziehung der Silben oge entstund

entweder o, für das wir wol Länge ansetzen dürfen, oder oi, wie in voit, das hierher zu setzen gestattet werde, oder ou : vout. In oi und ou ist ursprünglich o mit nachschlagendem i oder u zu erkennen. Die Aussprache des oi ward aber ew-artig und die von ou ging in au über, vgl. faugt Salm. 1, 2 (Stuttgr Hs.) fougt (alter Druck) faut (Eschenburgs Hs.). Der Ausfall des g ist auch sonst angedeutet, z. B. fatd Mone Z. 6, 320. HU. I, 543. II, S. 775. Anm. no. 1319. Böhmer 543. 562. 658. Cronica v. Cöln o., fautye HU. I, 596. III, 119.

U.

§ 70. § 70. Wir behandeln nunmefir das alte indogermanische

u, das nicht wie das bisher vorgeführte (§§ 58. f. 63) in Bildungen aus A- Wurzeln, sondern aus U -Wurzeln auftritt. Es zeigt sich in den ablautenden Zeitworten der U- Klasse und in damit zusammenhängenden IS^ominibus am greifbarsten. Worte mit u in der Stammsilbe, welche Worte mit iu oder ou zu Verwanten haben, führen altes echtes u in sich.

Dieses u steht also z. B. in den Fl. Perf. Muhen schuhen Stuben suffen sluffen truffen bluwen Tcuwen ruwen suien du0zen verdruezen fluiszen guzzen nutzen sckuzzen sprusseen frum kurn verlurn bugen flugen lugen sugen smugen trugen zugen krucken luchen rucken fluken, femer im Zw. tugen mit den Nom. tugent tukt, in den Nom. kuf, suf, kluft, ludern, verdruz, guz, genuz, lust, verlust, kust, luge, buc, fluc, zuc, zukty ruck, flukt, sukt, trukt.

§71. § 71. Auch dieses alte u konte in einen Schwebelaut

zwischen u und o übergehn, der so ähnlich dem Steigerungs- diphthong uo klang, dass ihn namentlich die bairisch -öster- reichischen Dichter des 13. 14. Jh. mit demselben gern reimten. Einige Belege, frum : richtuom : ruom Krone 22395. vgl. ebd. 12. 216. 5118. 12029. 8un : huon Helmbr. 772. : tuon Heinr. Pfaffenl. 278. Nib. 332, 1. 936, 1. u. o. Jüdel 31. Parz. 28, 24. 198, 6. u. o. Wilh.

67

269, 28. Krone 5031. 21606. Biter. 1947. 6167. Ortn. 20, 4. Wolfd. § 71. A. 6, 1. Mai 130, 32. Wigam. 1405. Meier. 2469. Walth. v. Eh. 136, 42. Otack. c. 17. u. 0. Lutwin 1841. 2110. 2630. 3315. Ammenhus. 1455. stuonden : gebunden Parz. 181, 11. :funden Wilh. 208, 4. stuont : kunt Parz. 218, 18. Mai 83, 32. Gundach. 1644. : munt Krone 25092. :pfunt Mantel 212. stunt : tuont Dietr. Fl. 9636. verlur : fuor Otack. c. 91. : snuar Suchen w. 22, 170. fuorn : kum Dietr. Fl. 9031. antwurt : zevuort : ruort Krone 27279. vurt : ubervuort 9139. vuorte : vurte Krone 4261. hurten : zevuorten 18381. huöhen : schtiben Krone 12416. fuoz : guz Parz. 572, 1. wöUust : tuost Lutwin 698. sluht : nuoht Helbl. 2, 1362. zuht : geruoht Kol. cod. 103, 245. :vermdht 104, 291. gewuohs : fuhs Wilh. 61, 8.

Anhangsweise erwähnen wir auch der Neigung der voca- lisch auslautenden Worte du und nu sich bairisch zu duOj nuo zu gestalten. Demgemäss finden sich die Reime du : ie^fuo Lampr. F. 2812. 3928. ^uo : du Parz. 368, 14. Wilh. 148, 20. nu:fruo Parz. 788, 9. :tuo Krone 3867. :missetuo Lutwin 1089. : mo Parz. 789, 19. Meier. 6664.

Vgl. § 59 über den gleichen Vorgang bei dem jüngeren u,

§ 72. Vor a eines Affixes ward echtes u der Stamm- § 72. silbe zu 0 gewandelt oder nach J. Grimms Bezeichnung ge- . brechen, § 8. Diese Brechung tritt am deutlichsten im Partie. Perf. der ablautenden Zeitworte der TT -Klasse hervor, z. B. gehlohen (ahd. gaklohan), gestöben, gesoten geboten verdrozzen gegozzen geflozzen genozzen geschozzen geJcom gefrorn ver- lorn gebogen geflogen gesmogen gezogen gelogen gekrochen gerochen geflohen. Bei den Verben mit thematischem w geschieht die Brechung im Partie. Perf. nicht, es bleibt also u in gebluwen geruwen geJcuwen; dieses u verlängert sich sogar oder steigert sich zu iu oder ou, z. B. Partie, geruwen geriuwen gerouwen.

Das Brechungs-o erscheint ferner in Ableitungen aus alten w- Stämmen, so in den Nominibus Mobe, schober, lop, knöpf, schöpf, tropfe, offen, böge, vogel, herzöge, gezoc, ge- troc, bloch, lochj gebot böte, kloz, floz, sprozze, kost, frost, tohter, und in Zeitworten wie loben, zocken, sochehfi, kosten.

Zuweilen greift dieses Brechungs-ö über die Grenze hin- über, worauf das schwanken zwischen dem andern o und u

68

§ 72. 59) wirken mag. 8o reimt Stricker im Ameis 721 hom (fiir hurn PL Perf.) : gesworn, erJcom : verlorn im Karl 5845^ im Daniel 63' logen : gepflogen.

Für truhtin ist mhd. troktm durchgedrungen; das schwanken zwischen o und u erscheint noch in trouUin Vor- auer Eaiserkr. 27, 22. Jenes trohtin wird weiter zu troMm geöffnet: Vorauer Ged. 245,17. 260,13. 370,22. 371,13. Karajan 92, 3. 112, 11. trachtein Yintler 3141, und dieses zu trehtin, später trechtein umgelautet, der gewöhnlichen oberdeutschen Wortform im 12. 16. Jh.; vgl Schmeller bWb.« I, 645.

Andrerseits zeigt sich auch in den obd. Dialecten hier und da die Neigung, gebrochenes o zu u zu senken. So ist in österreichischen Urkunden des 14. Jh. luben, gelüb ge- lubnu$8f verleben nicht selten, und auch alemannisch kommt zuweilen luben vor. Man findet trupfstal Meran. Stadtr. 21; t^t Altenb. ük. 106. üb Geschichtfr. 9, 48. guiinne Bari. D. 246, 2. gefruste Krone 5391. u. a. BGr. § 28. AGr. § 29.

§ 73. § 73. Der Umlaut des u z\x ü beginnt im 9. Jh.;

im 12. Jh. scheint er schon sehr entwickelt und zwar nach allem Anschein in denselben Fällen wie im 13. 14. Jh. Als Regel haben also zu gelten die Umlaute kür, verlür, vür, vürder, dürfteCf vürste, kürjge, würze, süne, brünne, sünde, klübe, Schübe, gdübäCy üppic, slüpfe, hüffe, büte, knütel, rüMen, güzze, verdrüzee verdrütjge, schüzee schütze, slüzzel, büge, lüge, tüge, trüge, flücke, brüche, frühte, flüMic, Indessen wird auch Widerstand geleistet und besonders Liquida cum Muta oder auch ck hindern den Umlaut Doch tritt er zu- weilen selbst vor einfacher Liquida nicht ein, wie sich aus Reimen sicher ergibt.

für : Wigamür Wigam. 764. kur : wider fuor Krotte 26288. junger : ünger Helbl. 1, 24. Mart. 180, 111. trutiken : duhken tr. Kr. 10122. Schrifbzeichen sind i ü ^6 ü iv vi y, und schon im 12. Jh. gemäss ungenauer offener Aussprache auch i, vgl. BGr. §32. 19. AGr. § 31. 22. Wenn sich im 12. 13. Jh. zuweilen eu für den Umlaut ü findet, zb. veunf Vor. Ged. 16, 3. 17, 15. veunfzec 9, 12. Preunhilt Wiener Sitz.-Ber. XIII, 172, so ist

69

das ein ungeschickteB Übertragen von eu sss iu auf den Um- § 73. laut des kurzen u.

Vor Tf seltener vor andern Consonanten, erhält das ü zuweilen einen Beiklang, der es wie üe tönen lässt, weshalb österreichische Dichter solches ü mit dem Diphthong üe reimen :

für : gefüer Krone 3475. 16Ö37. 18201. : erfüer 10362. : müer Helbl. 1, 951. :8umer 1, 785. 3, 376. erkür :fuer Enik. 297. verlür : ungefüer : tür Krone 7584. für : voiderfüer : gefüer 2067. führte : ant- würte 10237. ervünde: Urkunde :bestüende Kione 2110. büege: lüge Krone 24177. BGr. § 109. 110. Vgl. oben § 61.

§ 74. In den m d. Dialecten steht u an derselben Stelle § 74. wie in den oberdeutschen, und unterliegt den gleichen Wan- delungen durch Brechung 72) und Umlaut Es ist viel- leicht dem Einfluss des schwankenden Verhältnisses zwischen dem jüngeren u zu o 63. f.) zuzuschreiben, dass sich auch das alte u in Fällen, in denen an keine Brechung zu denken ist, nach o hin neigte, so dass es demselben ähnlich klang und im Beim zu o gebraucht ward.

Belege, san : gewon Herb. 118. : Agamemnon 4858. ; Tenedon 2780. dor : vor Erlös. 2216. kare : vore Pilat. 450 (274). verlwn (3. PI.) : kam Alex. 1015. ; tom Herb. 10192. oUr : Bohir Jerosch. 4546. of : hof Md. Ged. 94, 345. flogen : herzogen Karlm. 394, 6. henogen : bogen Herb. 8996. gesöcht : zockt Hagen 2002. mähten : flöchte £n. 11850. gevohten : tohten Hartm. Gl. 515.

Ausser Beim begegnen solche o häufig. Für das weiter- schreiten von o zu a, das in dem obd. trahtin 72) sich bemerkbar machte, ist wenigstens eih Beleg im Friedberger Xrist (Dkm. XXXIII, 81) in drathin zur Hand,

Den Beweis für das Leben von reinem u können die

Reime vorzüglich geben, in denen gedehntes ti mit ü (= uo)

gebunden wird:

8un : furstendüm Elia. 124. 2190. :tün Erlös. 1215. 2967. u. o. Krolw. 2370. Jerosch. 7537. 8651. Pass. H. 156, 80. Väterb. 258. Kath. Marter 1466. : getim Krolw. 2224. Väterb. 556. mne : süne Jerosch. 18085.

Im Gegensatz zu dem o für u hat das Md. die Neigung,

die Brechung o zu t< zu senken. Dies zeigt sich namentlich

in den Worten uberüte Alex. 4723. -~ uffen z. B. Elis. 720.

9693. Höfer II, 116 ; uffenen Brev. 190 ; uffenbar Herb. 3503.

Myst. I. 166, 32. u. o. Nordh. Weist.; uffenlich HU. I, 623.

70

§ 74. III, 999. Cd. 8ax. II. 6, 43. ufte EHs. 4221. hercjsug Mone Z. 6, 314. gezugenliche Roth. 275.

Das aus u durch Brechung entstandene o unterliegt ebenso wie das aus altem a hervorgegangene 68) seit dem 12. Jh. der Gefahr, gedehnt zu werden. Reime werden diesen Vorgang belegen.

8töU vol Hagen 6191. vor : tör Renner 2978. bekorn : örn Pass. fl. 345, 22. hekorten : hörten Ernst D. 3488. lop : 'stop MSH. HI, 35»>. gelohet : höbet : tobet Veldeke MF. 63, 31. gebot : tot Krolw. 102. Ludw. Kr. 3216. gebot : got livl. Kr. 5316. got : gebot Ulr. Wh. 3020. : not Orend. 1183. Ernst D. 1165. Krolw. 2981. Renner 3700. :töt Orend. 3646. En. 2083. Ludw. Kr. 3998. Renner 398. livl. Kr. 4574. brote : gote Ludw. Kr. 192. dot : spot Wemh. 32, 13. misseböt : spöt ülr. Wh. 1026. spot : not Renner 23260. kose : gelose Elis. 7439. kosen : gelosen 5876. intlösin : hosin Ath. B. 52. kost : gelöst Junk. u. Heinr. 290. tröst : kost Ernst D. 2012. 2580. froste : voröste Jerosch. 25776. bogen : benogen Herb. 8996. dennoch: hoch Krolw. 1450. zöch:noch Renner 3108.

§ 75. § 75. Der Umlaut des reinen u in ü ist md. so gut

wie obd. yerhältnismässig früh zu belegen: Hüften Annol. 212.

triugeheit 818. Im allgemeinen aber liebt das Md. den

Umlaut nicht und u bleibt häufig gleich dem u aus o 66)

unverändert.

Einige Reimhelege sind jungem : hungern MSH. 3, 89^, Väterb. 2506. kuste : brüste Orend. 2472. drucke : brücke Ludw. Kr. 3273. wunne : sunne Wartburgkr. 66, 3. zürnen : burnen Fass. H. 328, 44.

Auch den Umlaut des Brechungs-o oder das aus reinem u dialectlich hervorgegangene o liebt das Md. nicht Im 14. 15. Jh. finden wir aber in der Regel ö geschrieben, z. B. verlöre, löstig, vlöget, öffenlich.

Irrationale Yocale.

§ 76. § 76. Die bisher behandelten Vocale stehn in den Stamm-

silben der Worte. Hier sind die ursprünglichen Vocale in der Regel nur Einflüssen ausgesezt, welche die Qualität leicht abändern und die Quantität in den Gewichtstufen des Ablauts steigern oder mindern. Anders verhält es sich mit den Suffix- und Flexionssilben der Worte, ebenso mit den Präfixen und auch mit selbständigen einsilbigen leichten Worten, die in

71

tonlosen Stellen der Rede stehn oder präfixartig (wie die § 76. Titulaturen) den wichtigeren Worten vorgestellt werden. Auch die zweiten Theile componirter Worte unterliegen bei Ton- entziehung der Yocalischen Entartung, die seit der späteren althochdeutschen Zeit in jene Silben und Wörtlein eindringt Die Farbe der Vocale zersezt sich, die Tonstärke und das Gewicht werden auf das geringste gemindert und so schwinden in vielen Fällen diese Laute ganz. Aus- und Abfall (Syncope, Apocope) verändern die Wortgestalt. Vgl. auch §§ 17 19 hierüber.

Wir nennen diese entarteten Vocale der bezeichneten Silben irrationale. Die gewöhnlichste Schwächung wird durch e bezeichnet; die % a, o, u, welche zuweilen, besonders in Schriften von stark mundartlicher Färbung, in den geschwächten Worttheilen auftreten, sind nur als unbestimmte, an die ge* schriebenen Vocale anklingende Laute^ und von keinem höheren Werte als das irrationale e zu deuten.

§ 77. Von jener Schwächung gibt es nur einzelne durch § 77. die Tonstärke der betreffenden Nebensilben bedingte Aus- nahmen, die wir hier zusammenstellen.

a bleibt a in dem hochtonigen Präfix ant- vor Substan- tiven und daraus entspringenden Ableitungen; femer in dem Snfßx -ant der substantivirten Participien heüänt, välant viant, wtgant; sodann in den Nominalsuffixen -ach und -sdl; zuweilen in den Localadverbien dannan, hinnan.

ä bleibt als a bei den Substantiven in -at und -cUe ; auch in dem Lehnwort arzat,

<B bleibt in den Masculinis auf -cere,

i bleibt im hochtonigen Präfix My das theilweise zu hi verlängert ward ; femer in den Suffixen -inne (verlängert m), -tc, 'ine und inge, -i^cA, "ist {hengist, herbist und zuweilen in den Superlativen), -nisse.

i bleibt in dem Nominalsuffix -in (das freilich auch zu -en geschwächt wird) und der Deminution in -in und -lin.

0 bleibt im hochtonigen Präfix -vor; ferner in dem Adjectivsufifix ^oht -ot.

6 bleibt als 6 oder o in der Substantivbildung -öt, -öde;

72

§ 77. ferner theilweise im Suffix der zweiten schwachen Conjugation und in den Comparationsformen -ör -ost,

u bleibt in den Suffixen "Unc und unge; zuweilen in 'Unt, femer im Doppelsuffix 'nusse oder umlautend nüsse. Es bleibt auch im hochtonigen Nominalpräfix ur und umge- lautet im betonten Präfix vür.

Die erhaltende Kraft des Accents zeigt sich in der Ent- artung der angeführten Affixe und Präfixe, sobald ihnen der Ton entzogen wird. Neben vischcere z. B. steht vischer, neben viant steht vient mntj neben trehün trehten, neben mänot mänetj neben titäisch steht tiutesch tiutsch u. s. w. § 78. § 78. Die gewöhnlichste Bezeichnung des geschwächten

Vocals ist, wie gesagt, e.

Von einsilbigen Worten mit diesem e sind zu nennen: men, wen, sem, der, dez als Nebenformen von man, wan, sam, dar, dae ver für titulares vro vrou, z. B. ver Finte Reinh. 56. ver Hersant 903. ver Krimhüt Boseng. C. 80. ver Katze D. Myst. I. 293, 20. Vgl. auch Grimm dWb. IV. I, 1. Sp. 72. ew für ein in entviht enander. vür (md. vor) in vorlehnender enger Verbindung: verguot Pass. K. 188, 17. Ludw. Kr. 4883. Boner 25, 60. Montf. 18, 205. vemihte Montf. 28, 674. 29, 11. 32, 150.

Von den Präfixen sind nur die hochtonigen ant, bi, in, ur, und das schwankend betonte un dem e entgegen.

Der zweite Theil der Composita behält in gebildeter Sprache seinen echten Vocal, ausgenommen in dem häufigen iemen niemen, ieweht nieweht, lieber dialectliche Entartungen AGr. § 17. BGr. § 13. Auch in fremden Worten kann durch Tonverrückung der Vocal der lezten Silbe entarten, vgl. diäken Silv. 1347.

Über die Behandlung des tonlosen und stummen e in den Wortaffixen hat § 18 schon die Kegel gegeben. Unbe- tontes e nach kurzer hochtoniger Stammsilbe oder tieftoniger kurzer Nebensilbe verstummt, besonders nach Liquida, weniger regelmässig nach h und t. Beispiele für die regelmässige Apocope und Syncope geben u. a. nim, var, hil, schin, sihe, böte helft, vom, gerte, lobte, michelm, siht.

73

Unbetontes e nach langer hochtoniger Stammsilbe oder § 78. nach langer tiefboniger Nebensilbe wird noch gehört und ist nnr tonlos (früher war es tonfähig). Diese Kegel beachten jedoch selbst die Dichter, und zwar durch den Versbau ver- anlasst, nicht immer, d. h. sie gestatten sich überhaupt un- betontes e zu syncopiren und apocopiren, brauchen also Formen wie erte, diende^ ruomtej ssurnäCy ftMcte, und selbst Zioen(e), fuor(e)j hdrt{e)y $U{e), ge8iht{e), daht{e). Namentlich neigen die Südostdeutschen hierzu. Schon gegen Ende des 12. und am Anfang des 13. Jh. begegnet solche Vernichtung des nicht stummen e zahlreich: BGr. § 15. Lachmann z. Klage 27. Jänicke Heldenb. I, S. XL VI. Sprenger über Tundalus 21. 23. Wilmanns Walther « S. 29— 39. Wamatsch der Mantel S. 91.

§ 79. In den Präfixen be, ge^ ver kann das e auch § 79. verschwiegen werden. In be wird es mit folgendem voca- lischem Anlaut zuweilen ganz verschmolzen: binnen, bü^en, beinzigen (Otacker). Vor Consonanten bleibt be, ausgenommen vor l; wenigstens wird es in beliben belangen oft syncopirt.

ge elidirt am leichtesten vor Vocalen sein e, also be- gegnen oft gahten, garnen, genden, giren, ginnem, girren, guneren. Femer schwindet das e leicht vor l n w: glaube, gliche, glücke, gnade, gnoz, gnuoc, gwält, gwinnen, gwisse» Aber die Dichter sind von verschiedener Haltung. Die des 12. Jh. lieben die Kürzung (B.. Hildebrand im deutsch. Wb. IV. I, 1. Sp. 1596. f. Rödiger in Z. f. d. A. XIX, 289. f. Kinzel in Beitr. z. d. Philol. S. 29). Walther gestattet sich solche Formen erst in seiner späteren Zeit ( Wilmanns Walther * S. 38), Neithart syncopirt nur vor w (Haupt z. Neith. 58, 7), der Stricker fast nur vor n und w (Bartsch z. Karl S. LXXXV), Konrad von Würzburg nur in dem Wort gnade (Haupt z. Engelh. 209), Hartmann v. Aue ist freier und syncopirt auch vor m (gmach Greg. 115). Im 14. 15. 16. Jh. gieng man noch weiter, vgl. BCxr. § 14. Grimms d. Wb. IV. I, 1. Sp. 1597. S,, über diese Syncope im Md. ebd. Sp. 1600.

ver syncopirt yot eischen so gewöhnlich, dass vreischen die herschende Form ist. In Verliesen verstümmelt sich das

74

§ 79. Präfix früh und häufig völlig: vliesen vlös vlurn vlust be- gegnen überall.

Auch in präfigirtem dar {der) wird Syncope sehr oft vollzogen: dran, drinne, drüze, drumbe, drunder. Selbst r schwindet darin mitunter: dinne, duze,

§ 80. § 80. Im Mitteldeutschen gelten für die Schwächung

der V^ocale der End- und Vorsilben dieselben Gesetze wie

im Oberdeutschen. Wir sehen hier auch i zu e geschwächt

in den Fem. agent. zb. wirten, deren, clüseneren, und in den

Adj. zb. durnen, linen, wullen. Das zweite Wort in Com-

position wird durch Tonentziehung in vulgärer Rede zuweilen

stark entstellt : wingert, tinselt, Stfert, Godefert Ennen 1, 109.

schöltest HU. III, 1433. fryet Hagen 677. seliket Cd. Sax.

II. 6, 9 (1324J. vortel Cd. Sax. II. 6, 115. Henrech Höfer

I, 15. hilech Leyser Pr. 101, 22. erfreche ebd. 61, 31. messses

Eoth. 2510. hrütleft. Titulares vorgelehntes vrou entartet

auch md. zu ver, z. B. ver Eisbete, ver Golderad Henneb.

ük. I, 166. ver Hadewige Hagen 5024.

Syncope und Apocope des e in tonlosen und stummen

AfBxen und Präfixen geschieht md. nach dem allgemeinen

Gesetz; aber der Ausnamen, dass auch bloss unbetontes e

schwindet, gibt es frühe und zahlreiche.

Bei Heinrich v. Morungen när : war MF. 123, 8. lös : verkös 122, 26 ; im Secundus heiser : Ur 216. mir (mcere) : heiser 173 ; im Passional rün (ruhen) : tun E. 226, 33. vlüt : züt (vUuhet : ziühet} 222, 55; im Benner dem:nem 3916. tcer:gesnerr 21159. gehet :tet 3664. liep : diep (n. pl.) 14087. Examerön : schon 14087. Vgl. Jeroschin v. Pfeiffer LVlll. Ebemand v. Bechstein XXI. Schachzabel- buch V. Sievers bei Haupt Z. XVn, 388.

Stark syncopirte Formen begegnen überall in den md. Schriften, besonders des 14. 15. Jh. häufig, ebenso fehlt es wie erwähnt nicht an apocopirten. Im allgemeinen aber neigt das Md. dazu, die Nebensilben nicht als stumm zu behandeln, sondern mit Nebenton zu sprechen. Daher finden sich oft un- gekürzte Perfecta wie redete lobete legete harrete volgete betrübete drouwete, Nominalformen wie schiene clegere tüfele vingere bürgere, edele, michele, und selbst zweisilbige Worte mit kurzer Stammsilbe, wie js^ale tntde hane schare here iure

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mide, ferner Verbalformen wie die Präsentia nenie vare gebe, § 80. und die Infinitive helen varen generen geren bewaren, ebenso Participia wie gevaren geboren gestolen.

Unzweifelhaft hängt das mit der Erhaltung des Neben- tones der Endung und diese mit Dehnung der kurzen hoch- tonigen Stammsilbe zusammen.

§ 81. Neben dem e treten nicht bloss in der über- § 81. gangszeit vom Ahd. zum Mhd. andre geschwächte Endungs- vocale auf, sondern auch in der mhd. Periode selbst werden von den Schreibern in Prä- und Suffixen wie in den Flexionen i, a, 0, u neben dem e gebraucht. Es scheint mir nicht möglich, diese verschiedene Lautbezeichnung auf gesetzmässige Bedingungen zurückzuleiten, wenn auch in einzelnen Fällen und vielleicht selbst in einzelnen älteren Denkmälern der Unter- schied in der Anwendung z. B. von e und i aus der Ver- schiedenheit der älteren grammatischen Formen gedeutet werden kann.

Vgl. die Ansichten von Paul in s. Beiträgen VI, 139 und Laistner ebd. Vn, 551. ff.; von Pietsch, der in der Anmerk. zu Rückerts Entwurf* S. 35 und (75) den Vocal der Stammsilbe von Einfluss auf e oder i der Endung glaubt.

Im allgemeinen halte ich daran fest, dass der geschwächte gewöhnlich als e wiedergegebene Vocal der Nebensilben einen 80 unbestimmten Klang hatte, dass ihn die Schreiber auch durch andre Vocalzeichen auszudrücken suchten, wobei mund- artliche Eigenheiten und consonantische Einflüsse mitbestim- mend wurden.

Was i in dieser Verwendung betrifft, so zeigt es sich in alemannischen Handschriften und Urkunden vom 12. bis 15. Jh. in Prä- und Sufßxen nicht selten; in bairisch- öster- reichischen beschränkt es sich mehr auf das 11. 12. Jahr- hundert. AGr. § 23. BGr. § 20. Vgl. auch Vogt über die Wiener Genesis in Paul-Braunes Beitr. II, 231. ff. 261. ff.

Mitteldeutsch ist die Bezeichnung des irrationalen Vocals in SufQxen, Flexionen und in Präfixen durch i während der ganzen mhd. Periode sehr beliebt. Namentlich vor den Lin- gualen scheint dieser dünne und hohe Klang jenes Lautes

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§ 81. entwickelt. Interessant ist, dass Dichter sich die Verwendung^ solches i im Reim auf vollvooalisches i und t gestatten :

kundi : mundi (Genit.) Salom. 1, 2. sconi : Sdlomöni 1, 7. tempü : Jerosch. 441. capüü : tDÜ Schachb. 167, 6. schepü : spü Pass. H. 66, 10. vanin : an in Ath. 2, 91. bandin : beJcand in Jerosch. 14650. gevangenin : in Schachb. 244, 12. sin : sprechin Annol. 314. sin : histörjin Schachb. 222, 2. ve/Uin : trehHn Orend. 1706. gunnin : kunigin 1138. lUin : mit in Jerosch. 15391. jungerin : sin Schachb. 175, 26. Ungerin : in 208, 22. düsint : kint Eoth. 490. vUehinde : kinde Tr. Egid. 492. muotir : tuot ir Ath. C. 43. Jerosch. 22046. dir : muodir A.mat. Ml. 222. maris : sunderis 228. aftermalis : materjälis Pass. H. 247, 60. spitalis : Johannis Jerosch. 1358. rätis : majestäHs Pass. H. 105, 7. 150, 43. lönis : Symeönis 97, 47.

In den Präfixen hat sich i namentlich in int in, ir, dir festgesezty häufig ist es in vir, selten in be und ge. Die geschwächten Wörtchen men, der, dez verdünnen sich auch weiter zu min, dir, die. Ebenso dringt i in die titularen er (hirre) und ver (vrou) ein, zb. ir Höfer II, 74. 171. vir Höfer II, 32.

Vgl. auch E. Wülcker Yocalschwächung im MittelbiüLnendeutschen 59. f. und bei Paul-Braune Beitr. IV, 28. Rückert Entwurf 34. f. Ketsch Trebnitzer Psalmen LII. f.

Die Unsicherheit der md. Schreiber darüber, ob sie e oder i in den unbetonten Nebensilben zu setzen hätten, drückt sich in der Lautverbindung ei aus, welche natürlich nicht als

Diphthong aufzulösen ist.

In Präfixen ist dieses ei seltener, zb. einttoichen Salman 192, 4. eingein Ennen HI, 157. hey sitzen, beyweydemt geyveiU Lac. EI, 247. geigeiven ID., 172. veyrgieven Eberbach 767. In Affixen: machtein Hü. m, 1012. scheffein 1099. Uhein I, 616. heischeit Höfer U, 107. dankeit Anz. 3, 37. IngeilhiU HU. I, 886. seczein 948. hupleticheyn I, 786. virbumeit. bezaleit, leufeit, ammeit I, 736. crtbeyz 881. vor- schribein Heuneb. Uk. I, 151. virspHeit Mülh. B. 55. geträveit 51. berichteit 37. biclageit 40. Schlesische Belege bei Bückert 101. Anm. und im Cod. dipl. Sües. IV, 300. hovitlingein (1270) Höfer I, 8. "ärlügedein, seitzein, ürlügient, bimeint (1278) Ennen IQ, 157. duseiwt Höfer n, 100. wanevnt Lac. III, 478. eveir Ennen I, 156. wedeyr 244. halveir 333. middeHeir, wanddeir Lac. IH, 180. andeirs 48. hundeirt 449. gebeszereit Ennen I, 158. gestedegeit. gemaisgeit Bpg. Cr. 62. 85. betirmet Höfer H, 107. röfeit, bibodeit Lac. m, 48. § 82. § 82. Ausser i erscheint als Vertreter des geschwächten

Vocals der Nebensilben auch a.

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In der TJbergangszeit vom Althochd. zum Mittelhochd., § 82. im 11. 12. Jh., erscheint dieses a in oberdeutschen Hand- schriften allerdings vielfach in denselben Endungen, denen a grammatisch zukommt: Aber nicht minder häufig begegnet es dort, vfo i e 6 u gesetzmässig waren, ein Beweis dafür, dass dem a der Endungen in dieser Periode kein gramma- tischer Wert zukommt. Es findet sich im bairisch- öster- reichischen des 11. 12. Jh. häufig (vgL F. Vogt bei Paul- Braune Beitr. II, 231—239, 261—266); später wird es seltener, kommt indessen vor r, n, t im 13. 14. Jh. zuweilen vor, ebenso seit dem 14. Jh. in entarteten zweiten Gompositions- theilen, wie viertal, knoßach, elachy mitach (müewoche); BGr. § 8.

Alemannische Händschriften und Urkunden belegen das irrationale a im 12. und 13. Jh. oft, besonders wird es seit Ende des 13. Jh. beliebt ; es erscheint auch noch in Drucken des 15. Jh., AGr. § 10. 79. 112.

In den mitteldeutschen Schriftwerken tritt jenes a im 11. 12. Jh. in gleicher Stellung wie in den oberdeutschen hervor. Wir finden es zum Theil anstatt des alten a oder ä, zum Theil aber als Vertreter anderer Vocale, aber noch so tonföhig, dass es mit echtem a gereimt ward, z. B.:

gdtan : gewan Annol. 318. man:werdan trier. Egid. 61. :ver- scheidan 67. ; singan 1189. : hehaHdan 1393. hinnan : hegän Bother 2472. :JM(2ian Annol. 369. äbant : jotchant ISiol, 56y 20. : genant 'Fnedh, Kr. E. 1, 10. düsant : Agolant Earlm. 361, 55. : hekant 451, 17. : Bölant 851, 56. : gemnt Alex. 1829. 1845. 6362. ?unban : begräban Friedb. Er. E. 1, 11. näman : man tr. Egid. 638. stündan : man 1439. gnädan (G. PI.) : man 1609. strälan (d. pl.) : virnam 514. erande : lande Eoth. 2904. Stangen : scrickande 2158. Uande : wigande 2621. runande :la^%de 1224. trörande: lande 1392. :viande 1419. weinande: landen 4036.

Die Qualität dieses a sowol = a als = :r schätze ich nicht über das irrationale e. Es treten diese a neben e ganz unregelmässig auf und erscheinen je nach Bedarf im Reim; sie dauerten auch im 13. 14. Jh. fort, als von einer Erinne- rung an historisches a in den Endungen nicht mehr gesprochen werden konnte, und sind deutlich nur eine hellere vollere Variation des unbestimmten Vocals der Nebensilben, vgl.

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§ 82. ifuna ensida helfera doitfeda brodera Trier 1248 Mrh. Uk. DI.

965. gereychta genga geyna eyma eynra weira henda Cöln 1325 Höfer n, 100. hundart : vart Karlm. 344, 66. 345, 23. adar (oder) Cd. Sax. IL 6, 6 (1306). kreczmar ebd. 135 (1455). ohant Cod. dipl. Sil. ViU, 52. Schirrmacher liegnitz. Urk. n. 319.

Das a kommt auch in Präfixen vor : häufig in antweder, ferner erscheint es im titularen ar = er = her Höfer II, 32 ; sodann im entarteten zweiten Theil zusammengesezter Worte : vriat Pass. K. 163, 66. Godevart (Gotfrid) Lac. III, 80. 335. Sivart (Sigfrid) Lac. III, 269. Repg. Cr. Syffart Köditz G.

3, 24. Drefart ebd. 58, 28. ErfaHe G. 49, 12.

§ 83. § 83. Eine dunklere Klangfarbe des geschwächten Vocals

findet sich durch o bezeichnet. Dieses o, das dem e, i, a, die wir besprachen, durchaus gleich zu schätzen ist, zeigt sich schon ahd. yereinzelt und tritt auch in der Übergangszeit auf. Man vergleiche nur die Wiener Genesis (Vogt bei Paul-Braune Beitr. II, 231. ff. 261. ff.) und Otlohs Gebet, wo es neben den Fällen, in denen der Nachklang von historischem o zu- gegeben werden könnte, altes a und i vertritt. Bairisch ist es mir später nicht aufgestossen, wol aber in alemannischen Schriften des 13. 14. Jh., AGr. § 26. 116. Noch im 15. Jh. kommt es häufig vor, vgl. die geistliche vßlegong des lebös Jhesu Christi von ungef. 1470 (Ph. Wackernagel D. Kirchen- lied 1, 371).

<

Mitteldeutsch ist o in der bezeichneten Verwendung eben- falls zu belegen. In dem mitte] fränkischen Legendär wie im Leidener Williram ist o (= geschwächtem e) in den Verbal- wie Nominalendungen sehr beliebt, vgl. Busch bei Zacher Z. X, 198 203. Auch sonst erscheint es für irrationales e in Affixen nicht unhäufig, vgl. Agamemno : ä'andero Annol. 360. stont.'kont Eneit 5132. : düsont 1194. zwitorn.hom Eenner 1748; ferner vogol Ennen I, 535 (Vogolo lat. Eigen- name Ennen III, 419). avont Harff 156, 8. 107, 39. pylgerom

4, 11. kindolin mastr. Ostersp. 504 u. o.; also fast überall unter Einwirkung der Liquida; für die Wirkung der Gut- turalis zeugt ambockt Harff 50, 35. 217, 35.

In dem Präfix vor = ver hat sich o md. allgemein sehr festgesezt; weniger in go = ge, vgl. aber HU. UI, 1024

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gosaezet gosdle ingosygel gomerlce gowende gohangen, Höfer § 83. II, 37 gowon, Pilat. 10 gotöge, Johann. Hieronym. B. 185, 17 gobot, Schröer Vocab. 1062 gobort. bo kenne ich nur aus Hü. III, 1024 boscriben.

In dem geschwächten titularen vrou kommt neben ver und vir auch vor vor: vor Eve Leyser Pr. 48, 34. 101, 9. 127, 13.'

§ 84. Ein noch dunklerer Klang des Endungsvocals § 84. ward durch u wiedergegeben. Wir finden diese Bezeichnung bairisch in dem Partie. Präs. in -uttde, ferner in äbunt, BGr. § 31, auch iemittunt kommt vor Berth. Pred. I. 298, 33. 35. Alemannisch zeigt sich in Formen der 2. schw. Conjug., sowie in dem PI. Ind. und in 2. Sg. Ind. des schwachen Präteritum zuweilen u (Laistner in Paul -Braunes Beitr. VII, 552. ff.), wo altes 6 wiederscheinen könnte.

Auch in den Präfixen be en ent er ver ge wird der unbestimmte geschwächte Vocal mitunter alem. wie bairisch vom 12.— 15. Jh. durch u gegeben. Vgl. AGr. § 30. 118. BGr. § 31.

Mitteldeutsch ward u ebenfalls in der angegebenen Art

gesezt. Sehr verbreitet sind die Präfixformen unt (vgl. über

den mittelfränkischen Gebrauch Busch in Zachers' Z. X, 204),

vur, zur zu. Selten ist gu •= ge, doch vgl. guleigen Höfer

II, 100. guwis Rother 177.

In Suffixen erscheint^ dieses u namentlich vor n : ähunt Alex. 6667. Herb. 5999. 9120. Pilat. 201 (25). Cd. Sax. H. 6, 61. 67. 81. 8, 79. 84. dugunt Friedb. Kr. J. 2, 4. tugunt togunt Pietsch Trebn. Ps. S. LEU. togunt Secund. 40. toguntlich Cd. Sil. IX, 253. düsunt : kimt Wemh. 27, 34. tüsunt : gesunt Pass. K. 65, 93. 574, 8. : stunt Eol. 92, 16. Alex. 898. 962. Pass. H. 114, 64. 254, 85. Jerosch. 10527. Grünhagen Schles. Lehnsurk. I, 96. f. 493. Kückert 47. fimdamunt : grünt Wemh. 28, 20. Die Endung des .Part. Präs. unde belegen varunde Both. 1874. schowunde : umhe 1350. 2450. weinunde : umhe 2376. d^'ewunde varunde vorluffunde reytunde Eückert 47. Pietsch Trebn. Ps. S. Lin. Vgl. femer u in Endungen auf n : erhabun (Ptc.) Friedb. Kr. E. 2, 3. habunt HU. III, 1466. - wölkun Friedb. Kr. H. 2, 4. hinnun Hü. HI, 1403. zussun Mrh. ük. n, 371. Zahlreiches Endungs-Mw bietet die Kölner Urk. v. 1325 bei Höfer n, 100. In anderer Schlusssilbe: eydum, scholtus Achener

80

§ 84. Stadtrechn. apptä Henneb. Uk. 11, 50. mormuUn Bückert 48. stammuln Schröer Vocab. 262. pragiMchj bresslatousch, pcianusch Rückert 48.

§ 85. § 85. Der Apocope des tonlos gewordenen geschwächten

EndungsYocals gegenüber erscheint obd. wie md. die An- fügung eines e an flexionslose Nominalformen und Verbal- endungen, sowie an Pronomina und Präpositionen. Seit dem 12. Jh. gestatten sich bairisch-österreichische Dichter' derartige unecht erweiterte Worte sogar im Reime, z. B.

geteerte : gerte Wemh. 207, 12. greife : umhesweife Neith. 90, 13. vande : rande Mai 114, 22. hige :8<me Gundack. 942. gene : ewene Laber 250, 4. järe : zewdre Helmbr. 792. wire : schiere wGast A. 898.

ddbie : lecherie Laber 427, 7. BGr. § 17. 290. 388. 842. AGr. § 20.

Mitteldeutsch wird namentlich seit dem 14. Jh. im Westen wie im Osten das epithetische e beliebt. Es begegnen also besonders die flexionslosen Casus der Neutra gern mit Cy wie järe, lande, diere, mbe, kleide, gode, pande, femer Nominative von Masc. und Fem. wie rate dUe, Eigennamen wie Cünräte, Ludivige in Nom. und Acc., Pronominalformen wie iche, ine, Perfecta wie vUe, sähe, trüge u. s. w. Vgl W. Grimm Athis I, 17 (361). Rieger EUsabeth 8. 38. F. Vogt Salman 8. HL Pfeifier Jeroschin 8. LVIIL Rückert Entwurf 218. § 86. § 86. Der eigenthümliche vocalische Nebenton

der Liquidae l und r 11) ist in unsem alten Schrift- werken nicht selten bezeichnet worden, und auch bei dem w tritt dieselbe Erscheinung zuweilen heraus. Wir finden einen Vorklang und einen Nachklang. Am häufigsten wird e dafür geschrieben.

a) Vorklang vor auslautendem einfachem l, r, n, m: Süd Vorauer Ged. 12, 4. sivel Vorauer Kaiserkr. 5, 7. fiwer Vorauer Kais. 5, 30. Parz. 222, 5. vüwer Pass. £. 3, 6. fiuwer : ungehiuwer Rabenschi. 698, 1. hiuwer : stiutoer : iuwer Neith. 47, 23. tiwer Nib. A. B. 1974, 2. Neith. R. immer. müer Psalm 17, 32. jähir Cd. 8ax. 11. 6, 90. nüen Cd. Sax. II. 6, 89. friwent Parz. 98, 16. 217, 15. lahem Köditz G. 79, 21. tühem Cd. 8ax. IL 2, 65. BGr. § 94. 108.

b) Vor klang in anlautender Verbindung von muta c. liqu. oder w: phelegen, veliehen, gdas, gelüegende cheniende

kerendin, berust dewcmc, zewelf. BGr. § 17.

81

Nachklang hinter verbundener Liquida. Im Ahd. zeigt § 86. sich noch oft die alte Wirkung des vorausgehnden Vocals als bestimmend fiir den liquiden Nebenton {aramy halam XL. 8. w.). Mhd. herscht nur e: Buregonden, stureme, zur ende arem, hären, hören, zoren, geren, gevureht, Dehnung des vorausgehnden Stammvocals ist im Gefolge, so dass Öster- reicher und Tiroler des späteren 13. und des 14. Jh. diese gedehnten Worte als klingende Reime brauchen, vgl. eren : steren Helbl. 11, 15. ieren : hieren {irren : kirn) Suchen w. 25, 93. geren : herren Wolkenst. LXII. 2, 10. verloren : zoren Suchenw. 38, 78. BGr. § 17. AGr. § 20. Joh. Schmidt Vocalism. II, 376 383.

In mitteldeutschen Schriften der mhd. Periode finden wir die Svarabhakti ebenfalls durch e bezeichnet. Beispiele geben Alef, hallevin; Steremberg (Henneb. Uk. 1, 117), koren, gedarest (Salm. 82, 2). bereit (Salm. 572, 2), gelcLS, gelanz, geleder, geleste. zewei.

§ 87. Statt e wird obd. wie md. auch das dünner § 87. klingende i für den Nebenton, namentlich vor l und r c. muta, geschrieben. Bairisch- österreichisch findet man häufig halif, pelig, chalich, empfelichen eribe, starib, perig, marich, EricMag, durich scriphit, Jcrefftte, funifte; ganiz. Auch im Anlaut begegnet dieses i : ziwelf, vilehet Vgl. BGr. § 20. AGr. §§ 23. 115.

Mitteldeutsche Belege sind u. a. Älif Lacombl. II, 376. werlit Cd. Sil. IX, 254. barin Bother 2212. 3936. horin 4175. Icorin, schoristeyn Lac. III, 179. harinscharin Trebn. Ps. 118, 122. berich ßother 4188. burich 4380. Vorschlag vor r: trüirlichen Trebn. Ps. 41, 10. 42, 2. gemüirte 59, 11. 107, 11. ndkebwir 1368. Cd. Sax. II. 6, 23. Zwischenlaut zwischen h und t: vlugit Both. ,4182.

Eigenthümlich dem Thüringischen und Ostdeutschen ist ein zwischenklingendes o in vorebil = vrebil (vrevel), vgl. Nordh. W. Mülh. St. Kulmer Landr. Schröer Voc. 2257. 2918 und vorebü : nebil Jerosch. 13531. vorebbele : nebbele 26494. vorevel Jerosch. 8809. 9122. 20405. 20576. vorevelich

Wein hold, mittelhochd. Gramm. 3. Aufl. 6

82

§ 87. 9547. vorevinflich Tzschoppe-Stenzel ürk. 8. 521. Vgl. im md. Schachbuch 213, 31. 222, 10 virebilich. Eine falsche Etymologie des Wortes hat wol auf diese Formen gewirkt. Eine Deutung J. Grimms im D. Wb. IV. I, 1. Sp. 171.

In Verbindung mit w erscheint u zuweilen als Bezeich- nung des Ifebenklangs, vgl. zuwtbil Eilh. Tr. 9, 65. suwelehen 9, 13. - toituwe Alex. 7087. HU. III, 1392. 1453. 1488.

2. Lange Vocale.

A

A.

§ 88. § 88. Das mittelhochdeutsche lange ä ist entweder altes

langes ä, das altgermanischem e entspricht, oder Dehnung von a, § 24.

Die vulgäre oberdeutsche Aussprache des langen ä war nicht rein, sondern zur Senkung geneigt, so dass ein mehr oder minder dunkler Zwischenlaut zwischen d und 6 entstund^ ein langes ä. Daher und bei mundartlicher geöffneter Aus- sprache des ö um so erklärlicher, begegnen seit der zweiten Hälfte des 13. Jh., zumal bei den Baiem und Österreichern, Reime zwischen ä und 6; die Alemannen gestatten sie sich seltener und später, BGr. § 38. AGr. § 34. 44. 87. 120. Im 14. 16. Jh. ward dann oft gradezu a für o geschrieben. Anderseits aber, weil man in der Aussprache des ä bis zu o hinab gieng, vertritt im bairischen und alemannischen Dialect 6 nicht selten das ä. Zur Andeutung der Zwischenstellung zwischen d und 6 begegnet in alemannischen Handschriften des 14. 15. Jh. zuweilen das Zeichen ä. Im elsässischen Dialect ist ä im 14. 15. Jh. regelmässig zu 6 geworden, AGr. § 44. 124. BGr. § 56.

Einige Reime mögen oberdeutsches o für d bezeugen:

also : wo : Haupt Neith. XH. Anm. so : wo Wigam. 5682. vro : cmderswö MSH. HI, 467*. : etwo Wolfdiet. D. IV, 107. : kro VI, 218. hlo : kro : zwo : hrö : : Äo : wo : also : 6 Helbl. 12, 33—42. wol: mal 4, 793. m6l:8ol Mumer luth. N. 22. schön: man Wolfd. B. 426, 11. gewon : stän Wolfd. D. IX, 26. kan : frön 157. önen : Ionen Laber 264, 2. schön : erlän Montfort 18, 15. hän : trön 17, 29. getan : Ion

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25, 146. joren : tören Altsw. 57, 32. Swdben : loben Helbl. 4, 306. § 88. not : rät Wolfd. D. VI, 131. brot : wät Altsw. 20, 19. köt : bröt Wolkenst. XV. 1, 7. (Der Reim lernen : tören bei Mich. Beham Grerm. 3, 311 gründet sich auf hören = hären = heren).

Auf Kasalirung beruht das grobalemannische au fär d, das sich schriftlich seit Ende des 13. Jh. nachweisen lässt {an Ulm. Urk. I, 183. a. 1294. navch stavt I, 216. a. 1299. gravf I, 225. a. 1302.) und das im 14. 15. Jh. sehr oft von Schwaben und Alemannen geschrieben ward^ AGr. § 52. 96. Es ist kein reines au, sondern ein nasales a, das durch den te-Elang des nasalen Elementes ungefähr wie au lautete und in der Schrift ohne moderne phonetische Zeichen nicht gut anders ausgedrückt werden konnte : Job. Schmidt Vocalismus I, 169.

Kürzung von ä tritt im bairisch-österreichischen Dialect in släfen und strafen hervor und ist nach den Reimen des

Teichner im 14. Jh. schon fest:

fHaffen : schaffen Lassb. Ls. 88, 135. sunthaft : verslaft 233, 88. geslaffen : schaffen 53, 83. entslaffen (Ptc.) : phaffen 149, 89. verslaffen (Ptc.) : Uaffen 58, 23. straffen : schaffen 207, 7. 229, 29. : geschaffen 209, 27. hlaffen : straffen 54, 154. schaffen : straffen 52, 106. straft : lantschafl 209, 13. : meisterschaft 150, 3. gestraft : lantschaß 52, 97. : lughaft 53, 75. : meisterschaft 208, 126. : snusheschaft 53, 125.

Auch in brähte hrcehte dähte dmhte wird im 14. Jh. die Kürzung vollzogen sein.

§ 89. Der Umfang des ä wird seit dem 12. Jh. durch § 89. den Umlaut beschränkt. Gewöhnlich wird derselbe ober- deutsch durch (B bezeichnet; wie schon im Melker Marienliede. Freilich dringt dieser Umlaut so wenig wie der der übrigen langen Yocale und der Diphthonge leicht durch. Erst nach längerem schwanken wird er im 13. Jh. zur Regel in der Schriftsprache.

Vor r und h wird ä zuweilen gegen den Umlaut ge-

schüzt; Heinrich vom Türlein kennt den Umlaut des ä fast

gar nicht.

gebäre : häre Trist. 3814. ungebdre : häre Krone 6454. ; zewäre 11278. wären : gebären Tundal. 64, 22. bewdren : wären Krone 6661. beswärt (Präs.) ; bewart Mantel 9. : vermärt (Ptc.) 104. unei*värt (Ptc.) -• bewdrt 894. swären : wären Neith. 63, 4. gewäfen : släfen Krone 7352.

6*

84

§ 89. beraten : verspäten 7623. smähen : nähen Bari. 206, 24. versmähen : nähen Gndr. 89, 3. versmähet : enphähet Krone 7605. nähste : gähste Krone 5663.

Unter den Fällen dieses Umlauts ist auf die 2. 3. Sg- Ind. Frs. der reduplic. Verba mit ä aufmerksam zu machen^ in denen ee zuweilen auftritt: rcetest rcet, Icest l(Bt, veehest vcehet, sleefet; das gewöhnliche blieb hier freilich ä. Femer auf die Ortsnamen in läre, die auf Grund des alten Stammsuffix ja zuweilen Umlaut im Sg. und Flur, zeigen, vgl. Goslcere : lobebcere bair. Serv. 2549. Bechelceren : mceren Rabenschi. 233. 719. iwceren Biter. 5325; vgl. Haupt zu MF. 26, 2. (2. A.). Ebenso auf das adverbiale jsewcere, das neben dem gewöhnlichen zewäre vollberechtigt (vom Adj. wcere) wenn auch selten steht, vgl. die Reime zewcere : riuwmre Reinh. 1015. K. iverratcere 1855. K. :sündcere Warnung 3512. : mmre Tund. 41, 54. ; wcere Angenge 40, 7 (Sprenger Tun- dalus S. 7).

Die Schreiber setzen den Umlaut zuweilen ohne dass ein Grund zu erkennen wäre, zb. in cel, mcentag, mcesen, plces- palg, chrcedem, mcec, BGr. § 42. AGr. § 35.

Die Schriftzeichen sind unter Einfluss der verschiedenen Aussprache sehr mannigfach : ce, ae, d, ä, S, ^, |, wozu noch Accente und Circumflexe kommen.^) Beliebt ist vom 14. bis 16. Jh. e für ce, AGr. § 39. 122. BGr. § 47. Lambel Stein- buch S. XIV. Vetter über Konr. v. Ammenhusen IV. Wacker- neil Hugo V. Montfort CLIII ; vorher ist es seltener. Heinrich vom Türlein, der sonst den Umlaut des ä meidet, reimt Krone 22280 wcere : mcere : sere. Der über hundert Jahre jüngere Lutwin reimt in seinem Adam funfinal e auf ce : sce (= scehe} : we 2835. mere : ere : swcere 3941. mere : wcere 2852. wcere :mere 3874. : sere 3679.

Als Vorbereitung des Umlauts erscheint ai schon in alt- hochd. Denkmälern, im 12. Jh. ist dieses ai und cei bairisch- österreichisch nicht selten. Es mag sich zunächst als Ver-

*) Der Schreiber des von Schmeller herausg. Ulrichsleben braucht nicht weniger als 14 verschiedene Zeichen für den Umlaut des a, vgl. Schmellers Ausg. S. XXI.

85

mittelung des ä der Stammsilbe mit dem i des Affixes erklären § 89. und ä mit nachschlagendem i gewesen sein. Für den Um- laut des kurzen a kommt ai ebenso vor, § 22. Auffallend ist aber, dass ai oder, wie nun lieber geschrieben ward, ei im 13. und den folgenden Jahrhunderten ebenfalls noch ab und zu, namentlich alemannisch, weniger bairisch, fiir €e (wie für e) gebraucht ward, zb. dreien, weien, meijen, Icreie, seilic, widerzeime, weinen, seltseine, scheire, geneidig, silgereit, steit, unmeizic, neiste, vgl. AGr. §§ 49. 58. 94. 99. 127. 131. BGr. §§ 66. 80. Wir werden hier diphthongisches ei an- setzen müssen, das sich als Nebenform des Umlautes von a und ä hielt.

§ 90. Für das mitteldeutsche ä gilt dieselbe G-rund- § 90. läge und Entwickelung wie för das oberdeutsche. Zunächst bemerken wir einen starken Zug des ä der Stammsilbe zur Ver- dunkelung. Das ä wird gesenkt gesprochen, der Klang ist nach heutiger md. Aussprache zu schliessen ein gedehntes offenes o, etwa ö, daher unterschieden von geschlossenem 6, weshalb sich im md. Schachbuch 194, 29—32 die Reimpare hote:r6te, enpot : not ohne Anstoss folgen. Spuren dieses 6 lassen sich ziem- lich weit hinauf verfolgen : im Breslauer Williram steht XI, 15 (Hoffmann) gebrohta, im Trierer Floris reimt brockte : ver- cochte 1402, brockt : gecöckt 1830. 2000, zustimmend zu mnl. brockte, brockt, dockte u. s. w. Mitteldeutsche Dichter des 13. und des 14. Jh. gestatten sich dieses grobmundartliche o im Reim, während die md. Schreiber des 13. Jh. es scheuen und es eigentlich erst im späteren 14. Jh. häufig setzen, vgl. auch Rückert Entwurf 40. Pietsch Trebn. Ps. L. Wülcker in Paul-Braunes Beitr. IV, 19. Reimbelege:

etswö : ahö Pass. H. 167, 95. iesö : Brundosio Elis. 4566. ; frö Erl. 4727. : Libanö 5695. wo : so Ludw. Kr. 5751. frö : 1901. : Md. Ged. 92, 301. so : ioo Joh. v. Frankenst. 8919. wo : Lazaro 11163. mal : 8Öl 383. quäl: pol 9155. ndmen:hoinen 4657. kröne :wdne 6623. vor : offenbar 5369. unddre : öre 577. gehört : heswdrt 4105. losen : blasen 6915. genas : begöz 749. hat : bröt 412. rat : not 5377. gebraten : gesoten 258. verldzen : gestözen 9959. phldgen : gezogen 1269. ndch :hdch 10043. mochte :. brachte 8017 (vgl. Kholl Die Sprache des Job. V. Frankenstein 15). stölin : virhölin Jerosch. 20613. wören : vören

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§ 90. Hagen 903. wörn : vorlorn Jerosch. 7845. obinde : tobinde 10969. tot : not 2006. dirbotin : berötin 18523. vorrötin : botin 16245. abschrotende : brötende 26503. pflogin : bogin 23700. zogeten : lögeten 22821. rot : drot Frauenl. Spr. 6, 16. wön : gamälion : spön Mügeln Ml. 3, 1. noch : joch Mügeln Fab. 12, 16. andirswö : (dsö Schachb. 198, 19. vunoör: vor 251, 26. : Gregor 291, 13. dörum : phüosophörum 266, 7. : Macedoniorum 243, 9. bevorn : wörn 288, 30. göbe : grobe 269, 33. ; lobe 162, 1. Mobin : göbin 240, 6. missetöt : got 165, 3. rote : böte 194, 30. herzogin : geschogin 233, 13 (vgl. Sievers bei Haupt XVll,. 387). gön : tön (tuon) Alsfeld. Sp. 8091.

Im östlichen Dentschland senkte sich ä zuweilen bi& nach ü hinab. Johann von Frankenstein reimte in seinem Kreuziger rümen : verdamen 6177, nämen : vrumen 5349, verdamt : benümt 9513. Aus schlesischen Handschriften de» 14. 15. Jh. sind wu, hubin (gedehntes haben), unfttiti nwewer (= näwer = nächbür) belegt (Rückert 47). Eine Chemnitzer Urk. V. 1442 Cd. Sax. IL 6, 106 hat wuruffe {wäruf). Bei Jeroschin 738. 8968. 19024 begegnet, freilich ausser Reim, hevvd = heval mit Dehnung d. i. bevalh. Auch der Reim im Pass. H. 167, 23 vüren : beschüren (= vuoren : beschären) muss hierher gehören. Vgl. § 31.

§91. § 91. Diesem ö = a folgte zuweilen ein vocalischer

Nachschlag, der je nach der Höhe oder Tiefe mit e, i, u

bezeichnet ward, woraus sich oe, oi, ö (ov) ergaben.

06 für 0 = d ist am häufigsten aus Ripuarien nach-

weislich :

ghedoen : stoen Serv. 649. 729 u. o. : entfoen Serv. ü, 1087. ver- stoen : Steffoen Serv. 1662. goen : sone 412. gedoen Loersch aoh. Eqa. 106. irstenmoele. oevent. genoede. ze roede. vroeghen (Jülich) Lac. m, 384. noeme n. 602. loessen, moygh 236. Hessen : Alsfeld. Sp. wo oe für d und gedehntes a häufig ist. Meissen: 6btmde C. d. Sax. 11. 9, 166. Schlesien nicht selten: getoen neben geton getaen getan, cloen. entphoen. twoen (twahen), stod (stcihel), wSrheit roet. sloet (sldt = sldhet), nödel, droeschen, Bückert Barst. 111. Leben d. h. Hiero- nymus XLV.

Auch oi kann ich besonders aus ripuarischen Schriften des 14. 15. Jh. belegen:

hernaemoüz Lac. H, 608. moil Loersch achen. !kqa. 78. goin 77. göin 80. moinde 79. afdoin, stoin. moisse 76. groyschaf, aoyaset 66. joir. poifa 67. Hartroyt Lac. IH, 449. stroiase 667. moygh 236.

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Ausser Ripuarien traf ich oi in dem Alsfelder Spiel und § 91. in schlesischen Schriften, vgl. Rückert 113.

Selten ist ou, ö, ow für 6 = ä; ich kann es nur aus schlesischen Handschriften des 14./15. Jh. nachweisen: goube, slaufen, rowthe, frovge bei Rückert 115.

§ 92. Wir haben bereits unter dem md. a §§ 35—37. 33. § 92. die Zerdehnungsvocale ae, ai, au vorgeführt, welche fär a und auch für ä in md. Handschriften der mhd. Periode er- scheinen. Es sind jene ä mit nachschlagendem e, i oder u, für welche wir die unreinen Varianten oe m ou § 91 kennen lernten. Für au =^ ä mag noch auf die durch Reime an- gedeutete Wandelung in den eigentlichen Diphthong au 37) aufmerksam gemacht werden.

§ 93. Die mitteldeutsche Um laut form des ä ist e; § 93. verhältnismässig selten wird dafür geschrieben. Während das Altsächsische sowenig wie das Ahd. den Umlaut des ä kennen und derselbe sich obd. erst im 12. Jh. entwickelt, § 89, be- ginnt er im Fränkischen weit früher. Schon die altnieder- ländischen Psalmen und die Lipsischen Grlossen (Cosijn Psalm. 61) kennen ihn ; auch in den Pariser Virgilglossen taucht er auf. In dem Friedberger Krist dient er zur Unterscheidung des Conj. Perf. vom Indicativ (Müllenhoff-Scherer Denkm.* 398), im Dialect des mittelfränk. Legendars hat das Umlaut-^ schon um sich gegriffen (Busch bei Zacher Z. X, 282), und die mittelfränk. Dichter des 12. Jh. brauchen es unbedenklich im Reim. Sichtlich wird es von r, w, h begünstigt. Für Heinrichs von Yeldeke Dialect ist characteristisch, dass er gleich dem mittelniederländischen den Umlaut nicht kennt (Frz. Pfeiffer Germ. III, 494, Braune bei Zacher IV, 269, Behaghel Eneide S. LIV. Die Reime im Servatius, welche e bezeugen, werden theils als Assonanzen, theils als Kinder des Überarbeiters erklärt. Der Conj. gedehte wird als gedeckte unter den Umlaut von a gebracht). Erst im 14. Jh. dringt

der Umlaut e in die mastrichter Mundart ein.

Reime aus dem 12. Jh. gese (=^ saje) : irge Wemh. 34, 34. enic : wenic Atfi. A. 25. gidene : sene Wemh. 14, 7. sen (sajen) : vlen 37, 16. ztoene : unwene Herb. 7654. here : scheppere Wernh. 58, 6. ere : sundere

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§ 93. Wemh. 59, 24. gebere:lere Herb. 163. Marienl. 21, 5. :ere Marienl. 111, 26. were : ere Herb. 2205. : herre tr. Egid. 103. Marienl. 3, 19. : lere 21, 5. ; simdere Wernh. 59, 24. : sere Wemh. 8, 1. Pilat. 401 (225). hewere : kere Ml. 54, 15. heawere : sere Ml. 23, 20. geldere : bewere 50, 8. herre : merterere tr. Egid, 1466. herren : gewere 569. .-teere 1178. evenhere : scepere Wemh. 66, 19. schölere : here Ml. 13, 10. heren: irveren Wemh. 55, 28. erveren : keren Ml. 89, 34. sere : giberin Wemh. 67, 15. inkerit : irverit Wemh. 53, 21. lere:inbere 52, 10. gderet : heweret Marienl. 115, 14. gemeret : besweret 97, 13. sere : swere tr. Egid. 702. geberdin : erdin Ath. B. 75. swerden : erden Herb. 1743. deden :8tede Wemh. 52, 16. tete : vlete tr. Egid. 1170. gehe : vehe Pilat. 381 (205). geschehe : nehe Herb. 16845. get : umbevet MF. 122, 6. [bedehte : rehte En. 907. 3802. gedehten : vehten 4867. dehten : gerehten Serv. 1089. brehte : knehte Serv. II, 1619. brehtes : gesUhtes Marienl. 42, 2. rechte : brechte Wemh. 63, 12.]

Die md. Dichter des 13. 14. Jh. geben in gleicher und noch ausgedehnterer Art Belege für den reich entwickelten Umlaut e des ä. Die Aussprache desselben = e erhellt schon aus den oben angeföhrten Beimen des 12. Jh., ferner dass der Dichter des Passionais in den von ihm geliebten vier- reimigen Stellen die i = e und = ce sich folgen lässt, z. B. H. 262, 67 besweren : saubereren : liren : verkeren, Aus den Fällen dieses Umlauts sind einige hervorzuheben. Allgemein md. ^) ist greve {grebe), dessen Umlaut durch gravio erklärlich wird ; ebenso frSgen, nehen (köln. neken), in denen frdgjan, nähjav als G-rundformen anzunehmen sind. Später finden sich noch vereinzelt in md. Schriften Umlaute wie edemen (Myst. I. 37, 32). sweger 242, 32. meler, bloitleser (Harff) u. a. § 94. § 94. Es wird aber auch Widerstand gegen den Um-

laut des ä geleistet, und im 12. 13.^ Jh. begegnen in und ausser dem Reim unumgelaute ä nicht bloss mastrichtisch, sondern auch kölnisch und md. überhaupt. Folgende Reim- belege können genügen:

hdle : stak En. 5634. verhole : male Alex. 6563. sdlde : zcdde Jerosch. 10632. : walde 16968. unsälde : walde Gervelin, MSH. 3^ 38*>. Salden : naUen Herb. 6771. :behalden En. 1135. Earlm. 445, 52. Jerosch. 10847. qtiäme : lancsame En. 4517. : name Earlm. 380, 66.

0 Gegen die Behauptung von Busch bei Zacher X, 282, dass greve ausschliesslich in Mittel- und Niederfranken gebräuchlich sei, sprechen schon die von Lexer Mhd. Wb. I, 1074 gegebenen Belege.

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bequdme : bläme Servat. 250. hrütgamen : amen Erlös. 3842. wane § 94. : äne En. 467. verwcmen : Diane En. 3517. verwäntn : Jordänen MSH. 3, 37^ gebäre: wäre Alex. 187. märe : offenbare : järe : wäre : swäre MF. 56, 1—8. järe : Cläre : offenbare : märe MF. 59, 23. järe : wäre: swäre MF. 45, 29. war : swär Jtmk. u. Heinr. 66. swäre : offenbare Alex. 7054. wä/re:bäre En. 9282. : offenbare Alex. 5629. :järe MF. 45, 31. En. 2979. : zwäre Alex. 1125. leräre : wären Serv. 2876. ge- bären : wären Serv. II, 1040. gebäres : wäres En. 9953. mären : wären Alex. 1180. swären : wären En. 1177. Ludw. Kr. 1929. Octäve: vergäve Serv. 1053. ave : gäve Karlm. 343, 55. genäde : versmäde (cj.) Serv. 175. rate : späte : bäte MF. 57, 26. täte: rate Alex. 3346. En. 658. Serv. 11, 424. Karlm. 111, 51. : späte Herb. 2790. Karlm. 133, 20. gescräte : zindäte Herb. 4751. linwäte : rate Serv. n, 818. haien : bäten Alex. 5117. täten : versmäten Alex. 853. säge : dage Karlm. 389, 25. träge : wäge Alex. 3463. Herb. 750. vervahet : ver- smähet MSH. ni, 10*.

§ 95. Dem Umlaut e stehn. ebenso wie dem Umlaut e § 95. 29) einige Nebenformen zur Seite: t, ie, ei,

% das als Erhöhung von e sich erklärt, ist sehr selten und wie es scheint auf das kölnische beschränkt : wifin Annol. 447. wirlichm Hagen 435. Sei. Tr. 63^

Etwas häufiger ist ie ; ich kann es aber auch nur mittel- fränkisch nachweisen:

grieve Höfer H, 52. 53 (Spanheim), brieche n, 122 (Boppart). quieme. wier. grievinne Höfer I, 6. grieve. stiede Lac. n, 517. offen- bierltch HI, 812. 1020. elterlichen 869. nieste HI, 489. 684. Ennen I, 125. Köln. Sachsp. I. 62, 6. 11. 2, 1. virbrieche Ennen H, 403.

Beliebter war ei, das als ei zu fassen ist Es kommt ebenfalls am öftersten in Kipuarien vor:

seilde Sperber 219. queym, neiste Lac. n, 532. iveint Ssp. HI. 87, 4. underdeinig. steide Lac. lü, 48. weir. breige, gescheige H, 47. irveirde Nrh. Bruchst. 1, 14. gesveisliche 3, 7. seüige, gescheigen Lac. m, 758. meizige Marienl. 21, 35. neist 124, 20. besleif ersehe Sei. Tr. 178\ scheyffer Harff 37, 31. breiehe (; loreche) Hagen 677. breichte (; reichte) 6031. Ausserhalb Eipuariens : leizist Germ. XVH, 340. greife Henneb. Uk. I, 166. getbe. steite II, 66. gneidig II, 102. steitekeit Höfer II, 192. tyschgireit 220. - weir. seylgen. besteitiget Rückert 100. neigen, geweint Pietsch Trebn. Ps. L. seilig, vnderteinig. gereit, vnfleitikeit Joh. Hieronymus XLVI.

90

&

§ 96. § 96. Das hochdeutsche lange e ist kein ursprünglicher

Yocal. Abgesehen von der bereits vorgeführten Entstehung durch Dehnung von e §§ 32. 33. 42. 51 und durch Zusammen- ziehung §§ 34. 43. 52, sowie von der Verwendung des e als Umlaut von ä §§ 89. 93, ist es wesentlich Verengung von ei, indem dieser Diphthong dem deutschen Organ vor j, w, h, r widerstrebte. In 1. 3. Sg. Pf. der vocalischen \rerbalstämme der ablautenden I- Klasse kommen auslautend (vor j oder w ursprünglich) ei und i vor: schrei, spei sind aber nur wenigen Dichtern genehm ; Wolfram, Reinbot v. Dam und Eonrad v. Wirzburg, Wimt v. Gravenberg und Rudolf V. Ems brauchten schrei schre, spei spe neben einander, die andern entschieden sich für S, Der Marner hat selbst das Subst. der schre (: we : re) MSH. 2, 248**. Die Vereinfachung des Diphthongs geschah auch in diesen Fällen unter Wirkung eines ursprünglichen ,; des Stammes.

Über jene Grenze hinaus ward obd. ei nur in wenig Fällen zu e: in zwene, wenic, bSde, also vor Lingualis, die in den obd. Dialecten auch sonst noch die Vereinfachung ver- anlasste. Hier finden sich zuweilen hei, helic, en dehen, wenen, menunge, rSne, gesceden, brStist, gest; auch geniget kommt vor. Aber das sind nur mundartliche Erscheinungen: AGr. § 36. 122. BGr. § 45.

In den beiden comparativen Worten herre, merre tritt durch das aus vocalischer Syncope erzeugte rr obd. häufig die Kürzung des e ein; herre, merre reimen dann auf verre werre, herren auf verren gewerren, so bei Hartmann, Wolf- ram, Wimt, Eonrad Fleck, Stricker, Thomasin, Otacker, Rein- fried. Aus herre ergibt sich dann in der Anrede und als Titel die Eürzung her (selbst er); über Hartmanns Brauch darin Lachmann zu Iwein 5582.

In dem bei Wolfram und Rinkenberg durch den Reim gesicherten Teerren = keren (Parz. 35, 13 : herren, M8H- 2, 341' ; herren : verren) mag eine aus rj sich erklärende Form herren die Vermittelung mit dem gewöhnlichen keren

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übernehmen. Diese vocalische Kürzung scheint sich auch in § 96^. den Reimen lerte : bekerte : herte in Lamprechts von Regens- bürg Franzisk. 991. S. zu verraten. Über md. kerren § 102. Ausserdem wird auch in der Form wenc = wenic, die sich bairisch zuweilen geschrieben findet, z. £. Geisenfeld. Pfr. 28. Parz. G. 20, 26. 193, 14. 227, 17. Lampr. Fr. 2526, kturzes e, begründet durch nc und bezeugt durch die heutige mundartliche Aussprache, anzusetzen sein. Und wahrschein- lich auch in zwenjsiic, wenigstens in späterer Zeit.

§ 97. Durch Einwirkung des folgenden r geht e in § 97. einigen Worten zu d über: am häufigsten in den Prät. von keren und Uren, in denen zugleich das ä gekürzt ward, wie die Reime beweisen:

karterwarte Wigal. 115,2. hart: wart Suchenw. 14, 171. gekart :fart 3, 119. gdart : Gerhart Otack. c. 361.

Im Md. sind diese Formen verbreitet, § 101. Ausserdem ist e:ä nachzuweisen in ebenhäre Milst. 114, 29.

Eine Bewegung nach andrer Vocallage geschieht in dem t, das aus langen e-Lauten (5, ee, ce) in fremden Worten Regel geworden ist: slde entsprang aus seta, sptse aus spesa (= expensa), vire aus feriae, Bin aus Rhenus, krtde aus creta, bridigen aus praedicari, pin ptne aus poena.

In deutschen Worten zeigt sich die Erhöhung von e zu l erst in späterer Zeit hier und da in den oberdeutschen Mundarten: die Liquidae r und n wirken darauf. Hug von Jd^ontfort braucht niemer mir im Reim zu dir 11, 8; bairisch kommen später gin, stin und andres vor, BGr. § 52. Vgl. auch unten § 99.

Auf den Schwebelaut zwischen e und i, welcher dem i z= e vorausgieng, weist das ie in vliehet Nib. B. 1930, 1 und spätere Schreibungen wie gien stien wienig, AGr. §§ 64. 102.

§ 98. Im Mitteldeutschen nimmt das aus ei unter § 98. consonantischem Einfluss vereinfachte e 96) ebenfalls die erste Stelle unter den verschiedenen e ein. Das Fränkische führte nicht wie das Sächsische dieses e überall für ei durch, sondern zunächst nur vor r h w. In den altniederländischen

92

§ 98. Psalmen greift die Verengung zu e nur in einzelnen Fällen über diese Grenze hinaus (Cosijn 62. f.). Auch in der mnl. Periode hielt das Niederfränkische, in dem das ei am meisten dem e wich, den Diphthong nicht selten noch fest, und selbst das Nnl. wechselt nicht bloss in den Subst. auf -heid ohne Regel mit heden, sondern lässt auch in Ableitungen wie Zw. bereiden von Adj. {be)reed, Subst. heil von Adj. heel den alten Diphthong noch heraustreten. Aber schon die nl. Dichter des 13. Jh. gestatteten sich Reime zwischen S (= ei) und anderm e unbedenklich. Im Mittelfränkischen tritt e neben ei im 12. Jh. allmählich hervor, so in dem Legendär (Busch bei Zacher X, 283), im Floyris, in der Handschrift des Wernher V. Niederrhein. Veldeke aber zeigt in der Eneide niemals e für ei; die im Reim stehnden e des Servatius sind später hineingekommen (Braune bei Zacher Z. IV, 272. f. Behaghel Eneide LVI). Im Karlmeinet kdmmt ^ im Reim vor, unter nl. Einfluss. Niederdeutscher Einfiuss ist es, wenn der Magde- burger Brun von Schonebeck sich dieses e im Reim auf ge- meindeutsches e erlaubt, z. B. sele : Mle 9184. mSne : zwene 1920. 1929 oder auf md. e andern Ursprungs, z. B. werte (weene) : Mene 11545. sech (siech) : hUch 674. 3066. Sonst bietet sich e = ei im Reim aus unsrer Periode nur bei Jeroschin vor n und ch, vgl. zwen (dat.) : Pomeisen 4325. 14215. wenin:Pogejsiinin 18662. wech.vorjuech 10618. 17 697, und nicht selten in Br. Philipps Marienleben (J. Haupt in den Wiener Sitzungsber. LXVIII, 163).

Man sieht, wie dieses e ausserhalb Niederfrankens für einen vulgären Vocal galt, der nicht schriftföhig war. ,Auch die Schreiber des 12. 13. Jh. erlaubten es sich nur nebenher, am meisten der des Rother. Im 14. aber drängte es sich im ganzen md. Gebiet in dem Schriftgöbrauch hervor.

del Hü. I, 533. Goshem 677. Costhemer 223. Frankinsten 563. dd Hü. in, 1511. Helewich Mrh. ük. H, 385. helege. hdegiste Hildeg. Geb. 23. Odensheni. Schorshem. Winolteshem Hü. II, 806. dekeen. meenedich Höfer I, 15. beschedinheit Hü. IH, 1208. helic Elia. 2053. heiigen 8290. 8872. Beldirshem, Jcene. gemenlich. Valkensten Hü. I, 479. renekeid. Bredenbach Böhmer 458. humester Hü. I, 438. bezechende Amst. Ml. 3, 15. Vgl. auch Wülcker in Paul -Braunes

93

Beitr. IV, 2ö. en Alex. 200. Ärensten Mrh. Uk. I, 653. Schärpen- § 98. sten. Lonsten Eberbach 361. hdiget Myst. I. 44, 18. irwechit 140, 31. hemelich Haupt XY, 389. wenin, egin 385. genegit 387. streck 387. -— bescheden Henneb. Uk, 11, 1. heaen 6. warzechen 113. gitelit Mülh. B. 39. heiige. heniburge 46. nichenin. schuithezi, ge- schrege, eginis 27. hdige Cd. Sax. 11. 6, 9. Für das schles. Bückert 31. Johanns v. Olmütz Hieronym. XLIY. heliche Marienl. 115, 14. tei Both. 580. hemdich Marienl. 70, 16. sehen Both. 1099. sichenir 587. tcende Floyris 266. lederinne Marienl. 109, 18. suchede 5, 7. 28, 12. degenhet Both. 762. wez Marienl. 127, 23. westu Both. 533. vreslich 766. Jceserinne Ml. 2, 36. Im Wemher v. Niederrhein kommen delen hei heiig en sten cledir meste -het neben deäen u. s. w. vor.

§ 99. Wie sich e zu i md. erhöhte § 29. 47, so be- § 99. bewegte sich auch zuweilen, namentlich vor l n r, e zu t. Es begegnet schon in den Pariser Virgilglossen 451. 870.

yrher HU. m, 1320. stit m, 1115. sügerede HU. I, n. 939. irsame I, 862. Girhart I, 749. 976. Girloch I, 1030. git HU. I, 754. stit Eberbach 876. burglihen HU. I, 765. ir HU. I, 993. ire Als- feld. Sp. 3731. 3807. irlich 2629. widerstist (:gtst) Ehem. 607. giirt Tagzeit. 3613. toir {wer wrere) 3493. altschles. witag syle gin czyne zwine ire iren irsamkeit miren versiren (wire lire, wo * = e = « ist), fyde Bückert 36. f. Femer Girloch z. B. Brieger Urk. v. 1328. Cd. Sil. IX, 235. irsam Vorbew. 19. kirde Nassau 492.

Über i für e, das aus Contraction entstanden war, § 52.

Wie verbreitet in den heutigen md. Mundarten i aus e ist, gibt meine Dialectforschung S. 43 an, wo das kölnische hinzuzufügen blieb.

Vor r -\- r kürzte sich dieses i zu i : hirre z. B. Cd. Sax. II. 6, 91. 94, wobei freilich die Kürzung herre die Vermitte- lung gibt. Kurzes i ist auch in Kirschen anzusetzen, das altschlesisch erscheint, Bückert 36, und auch in dem md. verbreiteten irste, z. B. HU. in, 1065. 1103. 1382. Eber- bach 876. AM. Sp. 2713. 2578. 4709. 6223. Henneb. Uk. II, 104. Cd. Sax. II. 6, 60. 94. altschles. häufig.

Selten findet sich i = ei, wo e für ei die Vermittelung

übernimmt :

kines Schwarzburger Selgerätbr. v. 1369. onryner, schiden, ge- schiden trier. Spiegelb. 270. 272. 274. verzichenisse Höfer I, 9. czychine Rückert 38. zwier Grane 1984. 2079. 3037. u. ö. tvnger Darifant 146. Vergleiche femer die ripuar. Reime schorenstein : sin Marienl. 40, 35. stein : sin Karlm. 367, 1. heiden : hamiden Karlm. 370, 37. begit : bereit

94

§ 99. 332, 61. 535, 62. ; leit 336, 53. zit : leit Schade nrhein. Ged. 229, 22. Es wird hier ei : e : i und mindestens die Aussprache et für ei an- zunehmen sein. Den Beim in Hartmanns Glauhen 1172 geniezen : ge- heizen fasse ich als dialectlich gentzen : gehizen, üher das Partie. § 356. Dagegen wage ich nicht Hartmanns Gl. 1115 priester : meister herbei- zuziehen, da ihm einige Assonanzen bleiben. Wichtig für Beurtheilung des ei = i ist, dass heute noch im siebenbürg.-sächsischen die Ver- drängung des alten Diphthong ei durch i im fortschreiten ist : J. Wolff Natur der Yocale im siebenbürg.-sächsischen S. 53.

Kurzes i für altes ei ist in dem ganz zum mnd. stim- menden Adj. hilig eingetreten, das durch heiig mit der älteren Form vermittelt wird. Kurzes helge und hilge ist auch alem. bräuchlich, § 123. Jenes hilig hilg war über Mitteldeutsch- land verbreitet, vgl. Böhmer 570. Cd. Sax. II. 6, 147. 9, 156. Rückert 38. Im kölnischen herscht hillich hilge durchaus, der hiligeist = heiligeist, heilige geist Leyser Pr. 25, 35. Jeroschin reimte hüigen : Siciljen 25537.

In dem Beim arbeit : isU Eneide 2985 und Sibots Frauenz. 571 bin ich geneigt arhit, also Eeim von i : i anzusetzen, indem ich nfrk. arvit arvidon, alts. arbiäi, altn. arvidi erfidi, ags. earfede herbeiziehe und somit idi id, nicht eit als Suffix hier annehme. Das altschlesische erbit, erhiten (Zw.) z. B. 1369 Cd. Sil. yill, 69. 1479 Anz. f. K. d. Vorz. XXIV, 327 kann dieses kurze i forterhalten haben. Andrerseits ist frei- lich im schles. erhit, erhiten ebenso geschwächter Vocal fiir ei der Nebensilben möglich, als er in schultiss, worhyt, Jcristenhit, gerechtikit u. s. w. sicher ist : Rückert 38. Johanns V. Olmütz Hieronym. 22, 22.

§ 100. § 100. Das eben behandelte e für ^ ist der entschie-

denste Ausdruck der Neigung des e, sich nach ^ zu verschieben. Zwischenstufen bezeichnen ie und ei.

ie fvLT gemeindeutsches e ist ganz überwiegend ripuarisch : hierschaf Hü. I, 791. stiet (: siet) Kjolw. 1211. siele mfr. Legend. 447. Gierlach Lac. HE, 559. ierste. hieren. hierschaf, mierren. stient Lac. UI, 163. lierer Machab. 24. verJderen, versieren 62. 63. sielicheit köln. Sachssp. Prol. 176. Ziviendch Eother 651. aichterlien Lac. m, 335. manlien 397. bieder II, 1056.

Für dialectliches i (gemeind. ei) ist ie ebenfalls fast nur aus Ripuarien zu belegen:

95

gehiene Eoth. 1601. wienen 2413. 2425. tid 595. liede 828. lieder § 100. 347. liet 1731. 2274. herzdiet 3033. vriessam 2701. gdiesten 2438. me^o^« 1877. e^teZen gedeylt stient steint Lac. III, 636. Engdstien. Miene Ennen I, 225. schrief Lac. DI, 634. geriede III, 187. hieschen m, 869. liesten köln. Ssp. I, 9. riechen Lac. U, 1056. heschieden Henneb. Uk. n, 2.

Über ie für e den Umlaut von a § 95 und für das aus Contraction von ehe entstandene e § 53.

ei für ^ zeigt sich ziemlich verbreitet in gein stein §§ 348. 353; femer in deis deit (thust thut) § 358. Sonst kommt dieses ei in Ripuarien am häufigsten vor, ganz be- sonders vor r:

heirro Annol. 9. 723. eirlich 725. kirti 135. heire Nrh. Brachst. I, 0. eirste 3, 5. eirste, keirde. verleint Lac. ü, 744. B4thgeir Ennen n, 485. geeirt, heheirt Hagen 99. u. o. heirliche 1262. Geirlaich 1230. meir, heire, eirsten Lac. III, 47. weyneger Eother 480. leinreth Ssp. Yorr. Ausser Ripuarien ebenso, zb. eir Eilh. Tristr. D. 94. 134 und stets. eirhere Henneb. ük. I, 166. 11, 50. leihen H, 184. meir Cd. Sai. n. 8, 147.

über ei für den Umlaut e (ce) § 95.

§ 101. Der Wandel von e zu a ist durch folgendes r § 101. und Ä bedingt, und beschränkt sich auf die Worte häre, läre, gär^ geväh und (sS, ecce). Die beiden lezten Belege ge- währt nur Jeroschin, gär ist nur aus dem Rol. 90, 5 (: scar) verbürgt, aus dem auch stänhüs {iur stenhüs) 10, 12 herbei- gezogen werden könnte. Nur in häre, läre ist jener Vocal- wandel weit verbreitet. Die Fälle vor einfachem r sind hier nicht häufig,

widerkäre : väre Herb. 5252. : undäre 1398. läre : uffenbdre Elis. 2074. : Cläre 1610. :väre 6065. .

Dagegen ist in den Perfectf. der Verba Mren und Uren | das ä md. Regel ^); dabei scheint, nach den häufigen Reimen \ mit kurzem art zu schliessen, a gekürzt worden zu sein.

karte : Burendarte Karlm. 136, 39. : gebarte 80, 3. : varte Jerosch. 20314. : harte Alex. 1929. Herb. 1160. Pass. K. 576, 32. :paii;e Herb. 2795. Pass. K. 245, 18. ; scharte Jerosch. 4896. : warte 6550. : gewarte Herb. 9034. karte : harte : warte Meisner MSH. 3, 98^ karde:worde

^) Andre meinen, in karte lärte sei eine Art Eückumlaut nach Analogie von märte, swärte anzunehmen, Behaghel Eneide LTV. Paul mhd. Gr. 65. Pietsch Trebn. Ps. S. LXXIH.

96

§101. mfr. Legend. 202. karten : Garten Jerosch. 24392. : partin 21125. : spartin Ludw. Kr. 139. Schachb. 223, 18. : wartin Tristr. 725. Schachb. 318, 7. : ewarten Pass. K. 575, 19. gekart : art Pass. K. 7, 32. 38, 54. HTri8t.298. bekart:art Jerosch. 17813. :vart Pass. H. 260, 54. gekart :vart Herb. 16919. Väterb. 1292. :part Jerosch. 282. :wart Karhn. 3052. : widerwart Pass. H. 179, 87. : zaH Prauenl. L. 11, 19. bekart : wart Pass. H. 180, 80. verkart : hervart Ernst D. 1678. wart : art : üerkart Pass. H. 234, 70. verkart : unart 266,52. vorkart:wart Vor- bewis. 18. larte : arte Schachb. 246, 9. : narte Jerosch. 305. : bewarte Pass. K. 120, 51. larten : bekarten Elis. 5515. gelart : art Pass. H. 206, 32. K. 61, 56. Frauenl. Spr. 266, 2. :vart tr. Süv. 534. Herb. 1294. : hai-t Herb. 41. : Gerhart Frauenl. Spr. 130, 18. : gekaH Ath. F. 17. : schart Mügeln Fab. 8, 16. : wart Pilat. 169. Herb. 819. MSH. 3, 164^. Väterb. 3641. Schachb. 163, 5.

Ausser dem Reim begegnen diese Formen sehr häufig. Für die Länge des a könnte das zuweilen erscheinende 6 sprechen : horte Trebn. Ps. 84, 4. Stolle 30. gekort ebd. 69, 4. 118, 79. lorte Haupt Z. XV, 385. gelort Cd. Siles. VIII. S. 40. 42.

§ 102. § 102. In Bezug auf die Quantitätbewahrung oder Ver-

änderung ist zu bemerken, dass das Wort herre, da& im Obd. gern zu herre sich erleichtert 96), md. die Länge bewahrt. Die gewöhnliche md. Wortform ist here, die oft im Reim steht: vgl. here : ire Roth. 13. Orend. 383. Md. Ged. 90,2014. ikere Job. v. Frankenst. 4127. .lere livl. Kr. 96. Job. y. Frankenst 4539. 4639. : mere 433. 7535. : sere ülr. Wh. 3395. Job. V. Frankenst. 4989. : swSre 3627. 8015. :were 775. 2481. u. 0. (Khull Sprache Joh. v. Frankenst. S. 13). junch^e : ere Junk. u. Heinr. 15. 47. 59. 490. heren : eren^ Rudolf 7, 14. 9, 12. Roth. 6. 124. Orend. 1547. Ernst D. 4659. 5217. Junk. u. Heinr. 1616. Meisner MSH. 3, 97\ Damen ebd. 3, 163\ Joh. v. Frankenst. 3025. 3718. 8961. : glUeniren Joh. v. Frankenst. 645. : Bomeren 7225. : Jceren 987. 3295. 9487. Apocopirte und syncopirte Belege geben her : ser Schachb. 293, 6. Günther : ser Ludw. Kr. 3128. h&rn : dem Schachb. 292, 30. Freilich wird auch md. her in componirten Namen gekürzt, vgl. in Ludwigs Kr. Günther :wer 996. : jser 1720. 6598. Walther : her 5246. :mer 1692.

97

Diesen Namen in -her vergleicht sich die md. nachweis- § 102. liehe Kürzung von ger in Personennamen, vgl. Madelger : er Rolandl. 58, 17. : herg Salm. 730, 3.

Kürzung des ^ erscheint auch in kerren = keren Rolandl. A. 129, 20. 46, 24. 134, 10. 74, 2. 17, 23, das sich einzeln auch obd. findet § 96 ; ferner im Perf. fenc zu van im Rother, wahrscheinlich auch vor ht, vgl. die Reime rechte : hrechte Wernh. 63, 12. knechten : br echten Junk. u. Heinr. 920, femer ehtin : vehtin Jerosch. 8720. gesmecht : recht Joh. v. Frankenst. 6637 :knecht 8309.

Vulgäres e (= gemeindeutschem ei) ward häufig gekürzt in Henrich Henze, in Menze ; vgl. ferner elf aus eilif einlif. helge Höfer II, 171. ledder (leiter) Wierstr. 592.

§ 103. Ein andres e, das in einer früheren Periode § 103. durch Zusammenziehung zweier Silben entstanden war, hatte schon ahd. sich zum Diphthong gestaltet: zu ea eo oder ia io ie. Mhd. ist ie die reguläre Form. Wir finden dieses ie aus e in folgenden Fällen:

1. in dem Perfect der ehemals reduplicirenden Verba, also u. a. in hielt wielt vienc gienc Men riet lieis schiet hiez friesch hie lief stiez. Md. ist I dafür gewöhnlich, dessen Länge vor nc wich; im Rother finden wir S und vor nc kurzes e {venc genc),

2. in den deutschen Worten vier (got. fidvor) und zier (lat. decus). In mieta, ahd. miata meta, got. mizdö, wird merta als älteste hochd. Form anzusetzen sein; nach Ausfall des r trat Ersatzdehnung ein. In niere war wahrscheinlich der labiale Auslaut der Stammsilbe (vgl. griech. veg)Q6q) ge- schwunden und zum Ersatz e gedehnt, worauf e in den Diphthongen sich wandelte.

3. in fremden Worten a) mit gedehntem oder langem e oder mit ce : fieber (febris), brief {breve), bieze {beta), Spiegel (speculum), ziegel (tegula), krieche (Grcecus), b) mit Zu- sammenziehung: priester {presbyter), flieme (fleotomum, flebotomum),

Wein hold, mittelhochd, Gramm. 2. Aufl. . 7

9.8

L

§ 104. § 104. Das lange i der Stammsilben, welches wir hier

behandeln, ist die alte Länge des i (ii aus ai durch ei ent- standen), welche in den Fräsensstämmen der ablautenden Zeitworte der I- Klasse und in Nominibus, die aus diesen abgeleitet wurden, sich findet. Über i aus i gedehnt vgl. § 55. 57 ; darunter mischte sich gedehntes jüngeres i §§ 42. 51.

Schriftzeichen des langen i sind i, i, %, ii, ii. Auch ie, i kommt für i vor. Nach heutiger schweizerischer Aus- sprache zu schliessen^ ist wenigstens in alem. Handschriften des 14. Jh. das e kein Dehnungszeichen, sondern l deutet hifer einen vocalischen Nachschlag hinter t an, AG-r. § 65. Schweizer-Siedler in Kuhns Zeitschr. XIII, 380.

Kürzung von % geschah vor ch in componirtem liehe und riehe § 16. Ferner entstund neben Hier zur Unterscheidung der Bedeutung allmählich, aber nicht folgerecht, die gekürzte Form riter, ritter (eques). Die Dichter selbst, noch mehr die Schreiber schwankten im Brauch der Quantität. Im allgemeinen scheint ritter als Standesbezeichnung in der zweiten Hälfte des 13. Jh. zu herschen, Mhd. Wb. II. 1, 739. Die Nebenform reuter, welche wahrscheinlich falsche Etymo- logie veranlasste oder der Wunsch, die Bedeutungsverschieden- heit zwischen Reiter und Ritter durch starke Lautverschieden- heit hervorzuheben, wird im 15. Jh. nicht selten.

Spuren einer Kürzung des i finden sich auch in iteuns, itemisen, vgl. von itewieise : hiisze Haupt Z. VIII, 285. v. 331. fiizisen : itewizzen Gudr. 331, 2. : vermezzen Biter. 12505. Dazu stimmt aus der md. Erlösung 747 der Reim itewiz : vergiz, vgl. dazu Bartsch in der Germ. VII, 20. In dem Reim, kristen : kristen bei Lamprecht Franc. 2363 wird auch Kürzung des i im syncopirten Präterit. kristen (zu kristen) anzusetzen sein.

über Tausch von i mit iu § 129.

§ 105. § 105. Das i (sowol das alte echte i als die Dehnung von

altem und jungem i) erfuhr im bairischen Dialect Diphthongi- sirung zu ei, ein Vorgang, der mit der Wandelung von iu

99

(der Steigerung und dem Umlaut -iu) zu eu und der Diphthon- § 105. ^isirung von ü zu ou oder au zeitlich und landschaftlioh verbunden ist. Dass diese Verschiebung langer Vocale zu Diphthongen bei dem i begonnen und in Kärnten und Steier- mark den Ursprung habe, ist zwar behauptet aber nicht be- wiesen worden. In Altbaiem begegnen die ältesten datirbaren Spuren, und eu für iu, ou für ü sind mindestens ebenso früh bezeugt als ei für i. Sicher scheint mir nur, dass gegen die Mitte des 12. Jh. im bajuvarischen Grebiet eine Bewegung unter den Diphthongen eintrat, welche mit breiterer Aussprache des ei als ai, des ou als au begann und dazu führte, das i zu ei, das ü zu ou zu steigern. Handschriften aus der spä- teren Zeit des 12. Jh. zeigen die neuen Diphthonge neben den alten Lauten; um 1220 ist der neue Vocalismus schon 80 entwickelt, dass der Kärntner Heinrich vom Türlein ihn in seinen Reimen hier und da einfiihrt (früher hat kein Dichter solches gewagt)^), und dass später andere österreichische und bairische Poeten darin nachfolgen. Der Sieg des mundart- lichen Vocalismus über die Schriftsprache ist nach der Durch- führung der neuen Diphthonge in Handschriften und Urkunden zu schliessen, im bajuvarischen Gebiet Ende des 13. Jh. unzweifelhaft, wenn auch noch im Anfange des 14. Jh. die alten i, iu, ü aus der Schrift nicht ganz verschwunden sind. Der alemannische Dialect nimmt in seinen drei Abthei- lungen (alemannisch, schwäbisch, elsässisch) an dieser Be- wegung keinen Theil. Hier bleiben die alten i, tu, ü erhalten ; nur im schwäbischen ist die Neigung, das ü zu ou zu steigern bemerkbar. Über die Verhältnisse im Md. § 108.

§ 106. Die ältesten bis jetzt nachgewiesenen ei fiir i § 106. sind Hadeweich 1158 M.BoicaXXVni.2,113. Sweinachirchen 1159. ebd. 237. Sweinahe 1160. ebd. 242. Prunleit Berchtes- gad. Schenk, n. 3. In der Vorauer Handschrift erscheinen von 41, 22 (Diemers Ausgabe) ab einzelne ei ^ i, während eu = iu oft, und ö für ü ziemlich oft vorkommen. In der

^) Die von Heinzel in seiner Ausgabe Heinrichs yon Melk ein- geführten neuen Diphthonge halten nicht Stand, vgl. auch Edw. Schröder Anegenge S. 3.

7*

100

§ 106. Yorauer Eaiserkronik sind die drei neuen Diphthonge selten. Die Milstätter Handschriil hat kein ei =^ iy während ^ oder ou = ü hier gewöhnlich ist. Die Grsezer Litanei bietet von den neuen Diphthongen nur einige eu = tu. Für Heinrich von Melk ist keiner derselben gesichert, ebenso wenig för die andern Gedichte der Wiener Sammelhandschrift des 14. Jh. : Angenge, Kindheit Jesu u. s. w. Das Docetische Sruchstück von Wernhers Marienleben hat ein ei, ein eu, ein ow (noch dazu in bowen), gehört übrigens erst der zweiten Hälfte des 13. Jh. an (Eeinz in den Münchener Sitz.-Ber. 1869. II. 3. S. 296). Die Greiffschen (Augsburger) Bruchstücke haben wol ai für ei, aber nur die alten i, iu, ü. In dem Alberschen Gedicht von S. Ulrich (Handschrift bald nach 1200), ebenso in den von X. Roth herausgegebenen Predigten erscheint kein neuer Diphthong; die ü für t^ sind hier, wie ihre andre Ver- wendung ergibt, nicht als ou aufzulösen.

In den aus 8. Lamprechter (also obersteirischen) Hand- schriften durch Schönbach herausgegebenen Breviarien (Z. f. d. A. XX, 129—197) enthält das älteste, das 1150-1190 geschrieben sein soll, ein ei gegen 13 i, 2 iu gegen 1 eu, kein ou oder au = ü. In den Stücken der zweiten Nummer, die auch dem 12. Jh. zugetheilt werden, begegnet kein neuer Diphthong; in denen der dritten stehn 31 i gegen 8 ei (der alte Diphthong ist 15 mal durch ei, 33 mal durch ai gegeben), 6 iu gegen 6 eu, ü ist unverändert. In der ersten Gruppe von JKo. 4 findet sich kein neues ei und ou, aber iu wird von dem neuen eu überwogen ; die zweite Gruppe hat dagegen kein eu, aber 42 neue ei und 2 tei gegen 63 alte i. In der fünften Nummer steht iu gegen eu an Zahl zurück, das alte i ist nur einmal erhalten, 73 ei sind gezählt. In No. 5 findet sich kein neuer Diphthong.

Die von Schönbach aus einer Münchener Handschrift des 13. Jh. herausgegebene deutsche Benedictinerregel (Wiener Sitzungsber. Band XCVIII) bietet 425 ei gegen 536 t, 158 eu gegen 146 iu (und 8 ie = iu), 117 o (wol ou) gegen 9 ü.

In der St. Pauler Predigthandschrift, welche nach Watten- bachs Urtheil um die Mitte des 13. Jh. zu setzen ist, begegnen

101

in der zweiten Hälfte namentlich viele neue ei, das alte i § 106. überwiegt aber, ebenso wie iu über eu. Das alte ü ist nicht zu ou gewandelt.

Suchen wir auf alles dieses einen Schluss zu bauen, so wird derselbe dahin lauten, dass der bairische Dialect eu für iUf ou für ü und ^ für ^ um die Mitte des 12. Jh. so weit entwickelt hatte, dass die Schreiber diese neuen Laute statt der alten zuweilen unwillkürlich sezten. Das nam gegen Ende des Jahrh. zu; je nach der Freiheit, welche sich die Schreiber gestatteten und nach ihrer Unterordnung unter den Dialect^ wuchs das Verhältnis der neuen gegen die alten Lautzeichen. Aber bis gegen Schluss des 13. Jh. dauerte der Widerstand der i, iu, ü fort in der Schrift wie in der Sprache ' der Dichter. Diese gestatteten sich Reimverwendung der neuen Laute nur sehr zögernd.

Was im besondern das neue ei betrifft, so war Heinrich Tom Türlein der erste, der es mit altem ei zu reimen wagte : im Mantel angeleit : sU 716, beit : enzit 405, höchzU : geleit 110, ssit: geleit 216, in der Krone arjsenl : eniswei 8054, samit : geleit 2831, ^U : geleit 25566 (die Reime, in denen phleit erscheint, Krone 1137. 1754. 25942 können fraglich sein, da Heinrich in der Krone ein schwaches Zw. phlegen braucht und phleit also aus phleget contrahirt sein kann). Ulrich von Lichtenstein, Herrand von Wildon und der Stricker ge- statteten sich solches nicht, wol aber bietet der Dichter des Wigamur, ein wenig gebildeter und volksthümlichen Geschmack auch sonst verratender Mann, um 1250 zwei Reime, nämlich sein : kein 2660 und kunegein : kein 2815. In den Helblings- büchlein finden sich

eiden : leiden 8, 322. leit : streit 1, 845. : zeit 1, 1259. : vergeit 7, 1026. geist : seist 10, 50. geleist : seist 2, 190.

Jans Enikel bietet unter andern vingerlein : gestein Fürstenb. 302. geleit: weit 292. höchiseit : ungeleit (Hagen GA. II, 537). angeleit : i2eit (ebd. 540). leit : weit Weltkr. 408'. ; seit 413*. Der Pleier reimt im Tandarois leiden : scheiden 3798. weit .- leit 4333. geleit : zeit 10424 ; im Garel und Meleranz vermied

102

§106. er diese Nachlässigkeit.*) Hadamar von Laber (ca. 1300 1360) hat dreimal neues ei im Reim auf altes: geseinet : peinet Str. 117, 7. leide ireide 391, 1 (63. 386. 415 sind nicht hierher gehörig). Gundacker von Judenburg vermeidet die neuen Vocale, Otacker braucht wenigstens kein neues ei, wenn auch neues ou; beides sind Steirer. Auch Lutwin,. der Dichter des Adam, vermeidet neues ei und eu, hat aber zwei neue au. Aus Teichners Gedichten (soweit sie mir zugänglich sind) kann neues ei nur im Reim proveis : speis (Anm. 285 in Karajans Abhandlung über den Teichner) und dem grob mundartlichen leut : enstreit (PfeijGfers Übungsb- 163, 42) belegt werden. Sie genügen freilich zum Beweise,, dass Teichner neues ei entschieden sprach. Dasselbe gilt für Suchenwirt, obschon er auch nur in zwei Reimen {erleit : gezweit 24, 136. Sameit : höchiseit 4, 257) altes mit neuem ei bindet

Aus diesem allen ergibt sich, dass in der Landsprache des bajuvarischen Gebietes neues ei = i im 13. Jh. schon fest stund, dass aber die Dichter es als einen nicht schrift- deutschen Laut nur ganz ausnamsweise sich entschlüpfen liessen; das stärkste Zeugnis gibt dafiir das fehlen dieses ei bei Gundacker und Otacker. Auch die Österreicher dea 14. Jh. (Teichner, Suchenwirt) verwenden es nur sehr sparsam.

In den deutschen Urkunden der bajuvarischen Land- schaften erscheint dagegen seit 1280 eine unbedingte An- wendung der neuen Diphthonge in den meisten Fällen. Nach- weise aus Baiern, Tirol, Steiermark, Österreich, Nürnberg- (das sprachlich zum bairischen Gebiet gehört) sind BGr. § 78 gegeben. Daneben mischen die Schreiber in vielen Fällen den neuen mit dem alten Yocalismus und brauchen t und eif ü und ou, iu und eu neben einander sowol in Urkunden und Rechtsschriften als in Handschriften von Gedichten und Prosa- werken. In der Wiener Handschrift N. 2696 (rec. 3176) aus dem 14. Jh., welche Anegenge, Tundalus, Kindheit Jesu, Urstende^

') In dem Gedicht Frauenlist (v. d. Hagen Gesamtabent. n. XXVI) hat die Cöloczaer Handschrift in einem Einschub den Beim beweiste : geleiste Colocz. Cod. 107, 384.

103

Jüdel, Pfafifenleben und Todes-Erinnerung, die Warnung, Ser- § 106. vatius, Katharina enthält, ist ei = i mit geringen Ansnamen durchgeüihrt und ai für den alten Diphthong fast regelmässig gesezt. Die .Unachtsamkeit oder Unsicherheit des Schreibers bezeugen die beibehaltenen i und ei, sowie einige cei für neues ei. Für altes ou ist ou geblieben, das zugleich den neuen Diphthong für ü bezeichnet. Dagegen ist iu nur einzeln durch eu verdrängt.

§ 107. Für das mitteldeutsche i gilt zunächst das §107.

allgemeine beim obd. i bemerkte § 104.

(Über gedehntes % §§*57. 51 ; über i aus Zusammenziehung § 52).

Kürzung von i erfolgte auch md. in riter. Als Neben- form stellte sich im 15. Jh. rüter und gekürzt rutter ein. Über itewijs § 104. Der Meisner braucht gelich kurz im Heim auf sich MSH. 3, 93^ In Zusammensetzung wird lieh von Heinr. y. Freiberg, dem Dichter des Fassionais, Nicolaus yon Jeroschin u. a. im Eeim kurz gebraucht, vgl. überhaupt § 80. Im Ernst D. 2844 ist vint auf sint gereimt, ebendas. 3882 wie auf gevolgic.

Seit dem 12. Jh. findet sich zuweilen ie, l für langes i geschrieben: scienet ßother 3577. driezich 1446. gewiehit virciehü tr. Egid. 948. f. 967. flie^se 1432. meseten 1277. werilieches tr. Silv. 191.

Spätere Beispiele: hie Höfer I, 23. Hü. IH, 1112. 1116. u. o. Wide, mieme Mone Z. VI, 320. blyeben Eberbach 767. blieven Lac. m, 172. liep Mülh. E. 44. angriefet Höfer II, 199. hegriefen HU. I, 563. lieden Höfer H, 199. wiet Hü. I, 563. drieczen. Heinrieche» uffinUechin Mülh. ük. Nr. 1002. hie, blieben, schrieben, sien Cd. Sax. n. 6, 27. Frieberk. Siedel, wyese. mieU. sien. vlieze. schrieber ebd. 33. Schlesische Beispiele bei Eückert Entwarf 107.

Möglicherweise bezeichnet dieses ie einen Schwebelaut zwischen i und e. Denn e iür % ist den md. Mundarten der- selben Zeit nicht fremd, wenn auch nicht stark entwickelt, z. B.

dre Rother 444. 1389. 1872. 5054. Wülcker in Paul-Braunes Beitr. IV, 23. drelich Cd. Sax. H. 6, 116. 127. drefaldekeit Paris. Tagz. 283. wesfteit Marienl. 70, 4. drevaldeJceit. czwetracht. cztoege. schregeten. hldnn. hegrefet. sen. weczen (sapientes). lechnam Bückert 32.

§ 108. Die bairische Diphthongisirung des i zu ei, wie § 108. überhaupt der neue Diphthongismus, hat in den md. Dialecten

104

§ 108. während unserer Periode nur theilweise Aufname gefunden. Der Übergang von i zu ei, ü zu ou ist im 14. Jh. nur im bambergischen, deutschböhmischen und schlesischen zu be- obachten.

Johann von Frankenstein in Schlesien, der seinen Ereu- ziger zu Wien 1300 dichtete, braucht 29 mal neues ei im S.eim zu altem ai, 4 mal neues ou gebunden mit altem (KhuU über die Sprache des Johann v. Frankenstein S. 15. f.). Er muss hier aber den Wiener Einflüssen nachgegeben haben. In dem fast gleichzeitigen Gedicht von Landgraf Ludwigs Kreuzfahrt, das ein geistlicher Dichtet im Lande Troppau vor dem Tode des Königs Wenzel IL von Böhmen (Juni 1305) auf Veranlassung des Herzogs Bolko IL von Münsterberg (reg. seit Nov. 1301) verfasste, ist der alte Vocalismus un- verändert. In dem deutschen Trebnitzer Psalter, den ich um die Mitte des 14. Jh. nach den Schriftzügen setze, kommen bereits mehrere ei und eu und 5 au (aber nur in demselben Worte) vor (Pietsch Trebnitzer Psalmen 8. LI). In den spä- teren schlesischen Handschriften des 14. Jh. nehmen die neuen Diphthonge zu und im 15. Jh. verdrängen sie dann die alten ^ ganz und die w fast ganz (Rückert Entwurf 88. f. 95. f.) Genaueres über diese Entwickelung in Schlesien geben die Urkunden. 1) Als Regel ergibt sich, dass die Städte bis gegen Ende des 14. Jh. den neuen Diphthongen Widerstand leisten, dass die fürstlichen Kanzleien in der zweiten Hälfbe denselben sich fügen. Eine Brieger Urkunde von 1318 hat ein ow = ü (Cd. Sil. VIII, 13), eine Schweidnitzer von 1335 nur im Namen Sweydenicz neues ei (S. 16. f.), sonst nichts. Das älteste Striegauer Stadtbuch hat in keiner Aufzeichnung bis 1390 einen neuen Diphthong, dann dringt ei erst einzeln ein (ebd. S. 87. ffi) ; in einer Urkunde von 1393 hat es 9 ei, 3 eu, 1 au, Schweidnitz lehnt 1369 noch das neue ab, trotz der herzoglichen Kanzlei; ebenso Löwenberg noch 1382.

0 Ich habe eine bestimmte Gruppe, die zum Gewerberecht und Innungswesen gehörigen (im 8. Bande des Cod. diplom. Siles. gedruckt), welche städtischen und herzoglichen Ursprungs sind, zur Beobachtung gewählt.

105

Liegnitz hat 1 376/82 ou einzeln (3 mal), eu 6 mal (aber im § 108. selben Wort), und ei g'ar nicht (ebd. S. 74. f.). Reichenbach zeigt 1369 3 ou, 4 eu, kein ei, 1387 16 ei (gegen 12 i) aber kein eu und ou. In einem für die Eeichenbacher Ge- wandschneider und Tuchmacher 1399 von dem Landeshaupt- mann des Fürstenth. Schweidnitz publicirten Vergleich ist ei durchgeführt, ausgenommen im Stadtnamen Rychinbach, und ebenso ou; ü = ü ist geblieben.

Abgesehen von diesen sich allmählich einschleichenden obd. Diphthongen hersoht durchaus der mitteldeutsche Voca- lismus, von dem sich jene fremdartig abheben. In die lebendige schlesische Volkssprache sind die jungen ei und ou (noch weniger eu) im 14. Jb. gewiss noch nicht aufgenommen worden. In den fürstlichen Urkunden der bezeichneten Gruppe aus . der ersten Hälfte des 14. Jh. erscheint kein neuer Diphthong. Eine Urkunde Bolkos II. von Schweidnitz von 1356 (Od. Sil. VIII, 44) hat 2 eu, sonst nichts. Seine Witwe Agnes (eine österreichische Prinzessin) gestattet den obd. Diphthongen Zutritt; eine Urkunde von 1369 hat 11 ei, 3 eu, 1 ou, ausser- dem Österreich, we = uo. Von 1374 ab ist in ihren Urkunden ei durchgeführt, eu ebenso bis auf getruwe, ou bis auf das gekürzte uff (ebd. 72. f. 76. f.). In den deutschen Urkunden des obersten Herzogs von Schlesien, des böhmischen Königs, herscht der neue Diphthongismus, ebenso in denen der böh- mischen Landeshauptleute ; wenigstens gilt dies für K. Wenzels Regierung. ^)

In Böhmen waren die bairischen Diphthonge weit früher eingedrungen als in Schlesien. Aus den von E. Martin (An- zeiger für deutsch. Alterth. u. deutsche Literatur III, 117) gegebenen Nachweisen erhellt, dass schon von 1310 ab die neuen Diphthonge in der Oberhand waren ; in dem Suche der Prager Malerbruderschaft von 1348 herschen sie durchaus.

*) Es mag hier angemerkt werden, dass sich in Br. Philipps Marienleben die 10 Keime zwischen ei und i sowie die 6 zwischen i imd ei nnr begreifen, wenn Diphthongisirung des % angesezt wird. Auch der Reim ouch : iuch 4780 weist auf Diphthongisirung des ü (oitch vobis). Für die Zeit dieses sprachlich merkwürdigen md. Gedichts ergibt sich daraus, dass es nicht in das 13. Jh. gehören kann.

106

§108. Wir sind dadurch zum Schluss berechtigt, dass die königliche Kanzlei sie schon unter Johann angenommen hatte, wobei entsprechend dem in Schlesien beobachteten Zustande sonst der md. Yocalismus blieb und auch das alte ei sehr selten in ai übergieng. Es ist natürlich, dass wir auch in den Hand- schriften und Urkunden, die auf einen der Kanzlei Karls IV. sehr nahe verbundenen Mann, Johann von Neumarkt in Schlesien (1347 Notar in der Kanzlei, 1352 Protonotar, 1353 bis 1374 Kanzler, seit 1364 Bischof von Olmütz), zurückgehn^ dieser Lautbewegung begegnen: i ist fast durchaus in ei gesteigert, aber das alte ei nur nebenher in ai gewandelt; iu ist meist zu eu geworden (ausserdem findet sich au und u dafür), ü zu au, wie auch ou als au gegeben wird und öu . als eu. Im übrigen haben wir e für i, o für m, 6 für ä, e für (B, i fiir ie, ü für uo (Leben des h. Hieronymus in der Übersetzung des Johannes VIII. von Olmütz, herausgeg. von A. Benedikt XLIII. fif.). Diesen Zustand zeigen die Urkunden Karls IV. ebenfalls i), während unter K. Wenzel, wenigstens in den zu Prag und in seinen Kronländem von ihm erlassenen Documenten die neuen Diphthonge ganz durchgeführt sind. Im östlichen Ostfranken ist Bamberg der Ort, von wo aus der neue Diphtbongismus sich verbreitet. Eine dortige Urkunde von 1303 hat 1 ou, 2 eu (Henneb. Uk. I, 62), eine bischöfliche von 1308 (ebd. 65) 1 ei neben 2 i, 1 neues au, aber für iu nur ü. In einer späteren von 1316 sind die neuen ei und au im Übergewicht (M. Boica XXIX, 62. f.), in einer von 1339 (Henneb. Uk. II, 68) ist ei = i, au = ü und ou, eu = iu durchgeführt. Auffallend ist, dass in dem nach Ost- franken gehörigen Herzog Ernst D. 3 mal rüm, 1 mal rümen im Beim auf altes ou erscheint: roum:boum 2429. goum : roum 3072. 4784; ferner gourneri : roumen 3862, Es deutet doch wol darauf, dass dieses Gedicht dem Ende des 13. Jh. näher steht als dem Anfange. Im westlichen Ostfranken (Würzburg) werden die jungen Diphthonge erst gegen Ende des 14. Jh. aufgenommen, aber die alten Vocale dauern

^) E. Wülcker die Entstehung der kursächsischen Kanzleisprache Seite 13.

107

zunächst daneben fort. Die übrigen mitteldeutschen Land- § 108. Schäften verhalten sich dagegen noch abwehrender. In Mainz und Worms erscheinen sie erst gegen Ende des 15. Jh., in Frankfurt in der Schrift am Anfange des 16. und in der lebendigen Mundart noch viel später (Wülcker in Paul-Braunes Beitr. IV, 32).

In der kursächsischen Kanzlei treten erst seit 1425 Spuren der neuen Diphthonge auf; in den städtischen Schriftstücken kommen ab und zu neue Diphthonge im 14. Jh. vor (namentlich * eu), dringen aber nicht durch. Erst seit 1470 erhalten ei eu au in Obersachsen das Übergewicht über i und ü und drängen die alten Laute zurück (vgl. die Urkunden im Cod. dipl. Sax. reg. n. Band 2. 3. 4. 5. 6. 8. 9. und E. Wülcker a. a. 0. 22. ff.), Thüringen hielt im 15. Jh. noch durchaus an dem md. Voca- lismus fest ; die wenigen Ausnamen kommen nicht in Betracht. Dasselbe gilt für Hessen und die mittelfränkischen Gegenden.

Die neuen Diphthonge werden sich von Anfang an in der Aussprache von den alten scheinbar gleichen unterschieden haben. In der Wetterau und im Lahngau z. B. wird jetzt altes ei als ä, neues als ei gesprochen ; obersächsisch und schlesisch ist altes ei zu e veihengt, neues wird ei gesprochen. Eine schlesische Untermundart spricht altes ei als ee, neues als S.

A

O-

§ 109. Wir behandeln hier nur das ö, welches aus ou § 109. verengt ist und dem e aus ei sich vergleichen lässt. Die Reste der alten Steigerung des a und die durch o bezeich- neten mhd. Umgestaltungen von uo besprechen wir unter uo §§ 137. 139-142.

Seit dem 8. Jh. ward der Diphthong au vor den Lin- gualen d t jsi s r n xmdYorh'mo verengt ; die Vermittelung bildete ao, das seit Ende des 7. Jh. durch einige Zeit erscheint (Th. Jacobi Beiträge 115. f. BGr. § 67). Indem germanisches 6 (Steigerung von a) sich hochdeutsch zu uo diphthongisirte^ sind die 6 der Stammsilben, die man seit dem 9. Jh. findet^ fast durchaus auf ou zurückzuführen. Durch jene Spaltung

108

$ 109. von ou in ou und 6 unter dem Einfluss des folgenden Con- sonanten entstunden in dem Sg. Perfecti der ablautenden Zeitworte der ü- Klasse zwei Gruppen a) ou, b) ö, z. B. a) rou bouc, b) bdt floz frös zöh, § 351.

In dem Worte frouwe wird zuweilen bei titularer Ver- wendung das einsilbige frou zu frö verengt, z. B. Walth. 17, 25. Parz. 84, 30. 85, 15. Weinschwelg (Wackernagel Altd. Leseb. » 919, 32).

Der alemannische Bialect hat Neigung, die Vereinfachung des ou zu ö über die gemeinhochdeutsche Grenze auszudehnen, wie manche Zeugnisse aus dem 13. 15. Jh. darthun, vgl. AGr. §§ 42. 124. Hug v. Montfort her. von Wackernell S. CLV. Über diesen Zug im Md. § 112.

§ 110. § 110. Die Neigung des kurzen o sich nach u zu be-

wegen (§ 59) äussert sich auch bei dem langen. Wir finden ü für ö: in fremden Worten wird o und ö vor n und r deutsch zu w,. so in Anhün, Bertün, barün, garzün, cum- paniün, pavilün, prisün, trunaün -4wwr, labür, BedflürSy JBeäcürs, Vgl. die Reime

härme : rune Trist. 10795. 11080. Bertünibrün Parz. 644, 1. garssun : run 660, 27. poulün : run 77, 27. trunsfün : hrün Krone 14398. Amu/r : sür Konr. v. Würzb. lied 2, 16. 67 (Bartsch). Amüren : trwren 2, 53.

Aus den Reimen zwischen 6 und uo, die sich bairisch finden, muss auf eine dem uo nahe liegende Aussprache des 6 geschlossen werden, vgl. frö : zuo Tandar. 12631. sd:fruo Wigam. 1779. gehörde : geruorde wGast 9452. 9486. 9506. Äö^ : ^rwo^ Wigam. 2840. Gernot : guot Biter. 13135. Gemoten : guoten 6209. Auch in alemannischen Handschriften begegnet uo für 6, BGr. § 113. AGr. § 78.

Gewissermassen umgekehrtes uo erscheint in ou = o, wo also die Bewegung von o zu u zu einer festen Zwischen- stellung gelangt scheint, obschon das ou, ö auch einen Schwebe- laut zwischen o und u bezeichnen kann. Alemannisch häufiger als bairisch finden sich im 12. 14. Jh. Schreibungen wie vroidiche, frounehof, loun, schoun, zirstourit, brout, lout, bouse, erlouset, troust, houhir. AGr. § 71. 139. BGr. § 102.

109

§ 111. Der Umlaut des ö ist m, §111*

Seine Spuren lassen sich bis in das 11. (troistest Otlohs Gebet) und 12. Jh. (Melker Marienl. 8, 4 noete, ferner Bei- spiele in der Vorauer grossen Hs., sowie in den Windberger Psalmen) verfolgen; allein noch im 13. vermeiden oe manche gute Handschriften, zb. Kibel. C, Iwein B., Parzival G. grund- sätzlich, und auch manche Dichter, zb. Heinrich vom Türlein und Thomasin von Zirklaere verwenden nur unumgelautete& 0 im Reim; andre gestatten sich das ebenfalls.

schöne : kröne wGast 887. Mantel 537. Krone 12614. : löne Krone 8481. 13Ö30. schön .-persön Lutwin 1277. schone (Subst.) : kröne Krone 8285. :löne 1371.7740. : paviliöne S219, kröne: hone 10351. gehonde :8chönde Mart. 94, 17. höre : rare Hadam. 415, 2. 502, 7. hören :ören Tundal. 64, 6. wGast. 9422. hört : wort Teichner Ls. 62, 33. nöten : töten wGast 11378. gr öze (AdY.) : gestöze Krone 25039. enblöeen:ge- nözen Mart. 94, 13.

Als Schriftdeutsch wird aber der Umlaut ce im ganzen für das 13. Jh. gelten dürfen. Die Schreiber des 14. Jh, dehnen ^ ihn nicht selten über die gesetzliche Grenze, durch mundartliche Aussprache zuweilen gestüzt, auf Worte aus, die nur durch falsche Analogie oe statt 6 annehmen konnten. In manchen Hss., wie in der Wiener Hs. von Wernhers Marienleben und in dem Graazer Marienleben (her. von Schoen- bach bei Haupt Z. XVII) wird oe für 6 mehr oder minder durchgeführt. AGr. § 45. 92. 125. BGr. § 54. 57.

Schrifbzeichen sind oe, ob, 6, oi, d, S,

§ 112. Die mitteldeutsche Yerengung des ou zu 6 §112. steht unter demselben Gesetz wie die oberdeutsche § 109. £s zeigt sich aber die Neigung schon ziemlich früh, auch vor Labialen und Gutturalen den Diphthong zur einfachen Länge zu verwandeln; indessen muss dieses 6 den Geruch des un- gebildeten gehabt haben, denn die md. Dichter im Westen wie im Osten gestatten es sich nur selten im Keime:

hörn : ström Herb. 2044. göme : bisdöme Sery. H, 409. blömen : gömen Prauenlob Ml. 14, 2. lop : stöp Gervelin MSH. HI, 35^.. gdovet : hovet : dovet MF. 63, 31. klög : hedrög Salm. 579, 2. ögen : dogen Karlm. 536, 24. stoc : böc Joh. v. Frankenst. 8009. öch : flöch Jerosch. 8133. : Zöch 1108. 2552. 21626. u. o. Pass. K. 98, 13. flöch : roch Pass. K. 124, 54. roch : doch Karlm. 333, 13.

110

I

§ 112. Ausser Reim findet sich in Handschriften und Urkunden^

besonders yom 14. Jh. ab, das o für und neben ou je später um so häufiger, im Zusammenhang mit der Herschaft, die es in den lebendigen Mundarten gewinnt oder besizt. Vgl. Wülcker in Paul-Braunes Beitr. IV, 26. Rückert Entwurf 43.

§113. § 113. Wie bei dem kurzen o die Keigung erscheint,

demselben einen unbestimmten, mit e oder i oder u von den Schreibern bezeichneten Laut nachschlagen zu lassen, so auch bei dem 6.

oe für 0,

Südl. Rheingau: doester HU. I, 688. Mainz Worms: loes. noet. pastoer HU. IH, 1065. froenen HI, 1026. Wetterau: tSde (d. sg.) HU. I, 1202. Moselland: besloez Moue Anz. 3, 27. doeren (d. pl.) Musk. XVn. Thüringen: hoen. toet, goesz. Jcoes Rückert Köditz 162. Ostfranken: toiderkoef nb. w^iderJcof Henneb. Uk. H, 127. brSt Höfer H, 164. toetpette 188. nStpete 220. doester 193. loes 220. Ripuarien: zoem. doefholz Lac. IH, 384. koefmenschatz Harflf 57, 12.

oi für 0 (aus ou) und für dialectl. 6 =s gemeind. au

begegnet sehr oft, z. B.

Südl. Rheingau : noit HU. I, 540. lois 623. doister. pastoir 696. oister 402. groize 571. hoic. hoyge HU. I, 223. Mainz Worms: froinde HU. H, 244. royde II, 748. soide 701. doit HI, 1159. hroit Mono Z. 6, 18. noit 17. stoizzent HU. HI, 1297. lois 1302. hoyme HU. II, 846. hoymgarten 710. nuzhoime Mrh. Uk. H, 377. hinder nozhoimun 370. dimnehoyhit HU. H, 912. hoige Mrh. U. H, 369. Wetterau Lahn- und Engersgau: loy HU. I, 886. doyde. noythusin Höfer n, 109. schroitammit Böhmer 391. genoyze HU. I, 816. herfroys 875. loyste Böhmer 458. froywe HU. I, 880. ze gloybene Böhmer 444. deinecoif HU. I, 438. firkoyft 845. froide, goide Elis. 5195. jsoigen ich Friedb. Kr. C. 2, 22. oigelgarthe Böhmer 165. oiget Elis. 1685. knoheloidb Böhmer 401. Moselland: loin Spiegelb. 273, 9. loynt 57, 75. doitfede (1248) Höfer I, 2. oich (1288) I, 16. broit geboit Musk. 54, 28. floisz. groisz 6, 59. getroisten 58, 61. Hessen: hoinschaft Myst. I. 131, 3. Moirlute 202, 37. sott 249, 18. kois 215, 40. verlois 216, 17. vloig 226, 19. troyst HU. I, 850. boytri- gartin HU. I, 1019. froywen, Schoywinburg. koyffis. toyfer I, 1056. loife (d. sg.) Myst. I. 9, 23. abgekoyft HU. I, 958. Ostfranken: boimgarten HU. H, 119. Thüringen: boime Secund. 451. noyt Eöditz 30, 17. toitit Mülh. R. 27. oich Cd. Sax. II. 8, 17 (1292). - vroide Köditz 0. erloibe 65, 21. roib, roiblichi Mülh. R. 47. loybi 37. vir- coiphe 28. httsvroywin. koyf (1299) Höfer 24. Für Schlesien vergl.

111

Eückert Entw. 113. Eipuarien: hin Marienl. 126, 1. noit. doit 122, 31. § 113.

troiste 121, 16. scheine Both. 820. inüaich Annol. 549. ndt grdjsliche

Nrh. Br. 2, 18. 3, 2. hoiste Nassau 36. hoisJieit Hagen 139. groif 133

and sehr oft in den köln. Schriften und den alten Drucken. hoihit.

Utoibit Annol. 761. f. zoigit 781. hoim Ernst A. m, 40. royven Lac.

n, 444 (1257). meynkoif (1258) 452. oich (1261) 506. uploift (1262)

515. geroivet (1261) Höfer I, 6. oich. zoinen Lac. H, 537. doyfholz

Lac. m, 29.

ou für 0 begegnet weniger oft. Ich führe an :

gen^z (1178) Lac. H, 464. zouh Alex. 6983. 6996. Eoth. 3022.

JiÖrinth. Wsin Lac. HI, 37. hörent 54. slouss schouss gous vlouch zouch

Anselm. HarfiP. geböd hess. Evang. 268. ff.

§ 114. Mundartlich gefärbte Aufzeichnungen bekunden § ^1^- «ine gesenkte Aussprache des 6, die als ü wiedergegeben ward. In westdeutschen Urkunden des 14. Jh. finden wir huren gehuret Hü. I, 822. 770. 1088. gehurte 1211. £fu- gdiurde III, 1445. dudengrube II, 776. III, 1129. In schle- sischen Quellen frulich, hruty vorstussen, hlusser, Cluster^ bug, Rückert Entw. 44. f.

Im kölnischen erscheint dieses ü auch für 6 == gemein- deutschem ou: bungart Wierstr. 2839. Cronica 221. lufer Hagen 1070. rußich. 1460. kucheler (Gaukler) Vorbew. 24. In shif, Jerosch. 16417 zu m/* gereimt, wird kurzes w, das aus dem Fl. Ff. in den Sg. eindrang, anzunehmen sein.

Auch im Md. ward fremdes 6 vor n und r zu w (vgl. § 110). Wir finden die Reime pavilün : brün Athis D. 133. barünen : rünen Karlm. 286, 20. Amur : sür Tristr. 2464.

Diesem ü für ö schlug besonders im ripuarischen zu- weilen e, i oder o nach.

ue für ö:

hueren Lac. HI, 768. 770. 866. 906. hüeren Ennen 1, 21. gehüert 125. gehiierent Lac. HI, 777. gehuerende 869. gehuerich 715. toebehuer 717. läessen Ennen I, 269. buese Harff 227, 19. buesheyt 101, 36. "Vielleicht ist auch das in einer liegnitzer Urk. von 1421 (Schirrmacher n. 523) vorkommende slewszhof als slueszhof zu deuten.

ui für 6:

^ym Ennen I, 35. zuich Sei. L. 211. h<ä/yfd€ Ennen I, 340. jsüynen I, 353. üyg Repg. Cr. o. Ausser Bipuarien fand ich in einer Urkunde des Landgr. Albr. v. Thüringen v. 1292 einmal vich neben oich, Cd. Sax. H. 8, 17. und in einer Meissner y. 1398 stuys ebd. IL 9, 159.

112

§114. uo für ö

kommt ebenfalls in ripuarischen Schriften am häufigsten vor/ z. B. hüren hürde Sachsp. ProL, Lac. 11, 1064. IH, 22. rät Nassau 50. grüz Sachsp. Prol. 60. hüse 77. Eepg. Cr. Vorr. 5. 24. 269. svoch Rother 4153. 4247. Vgl. auch strü Höfer 11, 123 (Münstermeinfeld).

§ 115. § 115. Die der Senkung nach u entgegengesezte Neigung

des 0 sich zu a zu öffnen (§§ 60. 67.), tritt bei 6 nur spär- lich hervor. Ich kann für 6 aus ou nur schän (: undertän) Alsf. Sp. 3839 anführen, einen Keim überdies, der auf ä für beide Worte sich gründet. Nur uneigentlich kann für so im Reim zu ä Erlös. 3662. 3734. 5754. und ausser Reim in dieser Handschr. sowie in Frankfurter Urkunden öfter (Böhmer 470. f. 504. 532.) hierher gezogen werden.

§116. § 116. Die Abneigung gegen den Umlaut oe ist im

Mitteldeutschen noch stärker als im Oberdeutschen. Die Reime der Dichter beweisen es, und noch im 14. 15. Jh. bevorzugen die Schreiber entschieden 6 vor oe.

schöne : Bdbüöne Ernst D. 4677. 5046. ; döne Pass. K* 127, 64. Karhn. 141, 22. .kröne Morungen MF. 122, 7. Herb. 2980. 10494. Pass. K. 570, 97. Karlm. 58, 35. Junk. u. Heinr. 1300. :löne Orend. 1097. 1187. Herb. 663. 2210. ilönen Orend. 57. 3579. :tTÖne Karlm. 26, 29. schön :trön Bartsch md. Ged. 77, 158. schöne {Kdc^,):gedöne Wartburgkr. 71, 10. Renner 4248. schönen : krönen Ehem. 73." schönist : krön ist MF. 133, 31. höre : döre Erlös. 275. ören : gehören Herb. 10512. döde: blöde Karlm. 419, 14. hungernöde : zubröde Elis. 3486. snöde : zühröde 6944. nöden : göden Orend. 480. : göder 697. 1395. nötin : gegenötin Jerosch. 9196. : Rötin 20484. ; vorschrötin 10356. geköse : böse Brandan 692. bösen : lösen Karlm. 496, 16. trösten : hosten Md. Ged. 92, 298.

In jungen Handschriften kommt neben S, das mit unum- geläutetem o sich dort in die Worte theilt, zuweilen e (S) für den Umlaut von 6 vor, der schlechten md. Aussprache der hohen Vocale entsprechend; vgl. z. B. Job. v. Olmütz Hieronymua herausg. von A, Benedict S. XL VI. und Rückert Entw. 32. f.

U.

§ 117. § 117. Das ü des Mhd. (und Ahd.) ist zum grössten

Theil altes ü und entspricht dem ü in den verwandten ger- manischen Sprachen, Holtzmann Altd. Grammatik I, 246. f.

113

In den ablautenden Zw. süfen sügen lüchen erscheint ü § ia7. als alte Vereinfachung von iu, ebenso in üf (got. iup). In du ist ü verlängertes u; kurzes du und nu haben sich noch daneben erhalten.

So wie kurzes u sich alemannisch und bairisch ziemlich oft zu uo spaltete (§§ 59. 71.), so. kam auch für ü nicht selten tio vor: AGr. § 78. BGr. § 114. Den nicht seltenen Reimen zwischen u und uo können wir aber nur wenige von ü zu uo anreihen. Ich kenne nur fuor : Wigamür Wigam. 640. 1345. gemuot : tut (= Hut) Georg 507. 1371. Bärut : gemuot Dietr. Fl. 411. fiuoch : buch Lutwin 485. Wir werden auch in uo für ü ein u mit nachschlagendem o ansetzen müssen.

§ 118. Über die bairische Steigerung des ü zu ou, die §118. sich seit dem 12. Jh. verfolgen lässt, ist §§ 105. 106 schon gehandelt worden. Sichtlich ist au für altes ü in den ersten Jahrzehnten des^ 13. Jh. der verbreitetste und festeste neue Diphthong gewesen. Das zeigen die Reime küme : soume Mantel 965. soume : Mme Gndr. 1603, 4 und die 26 Reime zwischen altem und neuem ou in der Krone Heinrichs vom Türlein, welcher hier oum : um, oub : üb, ouf : uf als völlig gleichklingend bindet^). Wir finden dieses neue ou ferner ge- reimt im Helmbrecht, in Reinbots Georg, in der Rabenschlacht, in Albrechts Titurel, in den sogenannten Helblingbüchlein, bei Otacker (der so wenig wie Wernher der Gärtner, Reinbot oder Lutwin ein neues ei mit altem ei zu binden wagt), bei Hadamar von Laber, Lutwin, Teichner, Suchenwirt, dem Dichter des Christophorus (Haupt Z. f. d. A. XVII) : BGr. § 100.«)

Die gewöhnliche Bezeichnung des neuen Diphthongs ist dieselbe wie die des alten: ou, ö, doch kommt schon im 12. Jh. auch au für ihn vor. Seit Ende des 13. Jh. drängt au sich stark hervor, doch dauert noch im 14. Jh. der Kampf zwischen ou und au fort, BGr. § 99.

-) Reissenberger zur Krone 22. Ein paar der daselbst aufgeführten Reime gehören anderswohin.

*) Lutwin reimt 1962 träumte : soumte und 3857 touwen (=» tuben) : getrouwen.

Weinhold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 8

114

§ 118. Das alemaDiiiBche hielt an dem alten ü fest und nam an

der neuen Bewegung nicht Theil: AGr. §§ 51. 96.

§119. § 119. Das Oberdeutsche kennt etwa seit ^^^ Ende

des 10. Jh. einen Umlaut des ü, der wie tiefes gedehntes ü lautete und mit iu in der Regel bezeichnet ward. So steht also neben brtU im Gen. Dat. 8g. und im Plur. briute, neben sül im Flur, siule, neben hüt im Plur. Mute, neben fül das Subst. fiule, neben sür siure, neben füst die Ableitung fittste- linc, neben brün, mn, sür die schwachen Zw. briunen, ziunen, siuren, Widerstand gegen den Umlaut ist Regel in sümen (schon ahd, süman) und dem Adj. trürec, ferner ist ü für iu häufig in trüten, subern und dem Femin. trüre.

Manche obd. Handschriften vermeiden die Bezeichnung des Umlautes iu und führen reines u in den betreffenden Wortformen durch, so Parz. G.

Die bairische Wandelung des Ablauts iu in eu 129) ergriff auch den Umlaut iu. Dem Laute entsprechend wird daher im 13. 14. Jh. zuweilen öu von bairischen Schreibern für den Umlaut des ü gesezt, BGr. § 104.

§120. § 120. Für w im Mitteldeutschen gilt zunächst das

allgemeine vom deutschen ü § 117.

Auch bei ü begegnen wir in den md. Dialecten der Neigung, einen unbestimmten, mit e oder i oder o bezeichneten Laut der betonten Länge nachschlagen zu lassen.

ue für ü

Wetterau: hues HU. I, 877. Hessen: vorsiiemen £yang. 277. huedin 270. Ostfranken: hiMS Henneb. U. H, 57. Thüringen: Mulhuesen, Sundershuesen Höfer U, 113. fuest Köditz G. 19, 1. Schlesien: Eückert Entw. 116. f. Eipuarien: commendtier Lac. DI, 622. Tcrueffen (= krüpen) Cronica 7**. dächte Ennen IU, 61.

ui für ü

Wetterau : buimeister Böhmer 158. Moselland : h^Us Höfer 11, 54. huiaz Spiegelb. 168, 12. Muskatbl. 20, 33. huyseommetur HU. H, S. 827. Hessen: kruisp Myst. L 184, 31. Ostfranken: huis Henneb. Uk. n, 136. Thüringen: hui Mülh. K. 31. kruit Haupt XV, 388. duister Nordh. W. B. 25. Schlesien: Eückert Entw. 118. In der Stuttgarter Hs. von Jeroschins Deutschordenskronik sind die m ungemein häufig ; eine Anzahl Belege bei Pfeiffer S. LXIIL Bipuarien: duyme Harff ö6, 23. versuimede Sei. Tr. 69*». luider 68»». druit Marienl. 124, 32.

115

nie, huis (1262) Lac. U, 530. blasen, drüy Ennen I, 36. hardvüigt 77. § 120.

h&yt 137. hruychen Harfif 130, 25. struych 132, 13.

tio, ä für M ist nicht selten und ist früh belegt:

üz Amst. Ml. 8, 10. virsüment, ^ ^«, Hohenhüs, däsent (1294)

Hü. I, 201 (Rieger Elisabeth S. 48). hüwe, Dätschinhüse Eberb. N. 767.

rück Marienl. 65, 9. erlüchdes 125, 31. rümend Karl B. 168. hHin 26.

4i? 53. Als nicht diphthongische Laute und für bloss graphische

Zeichen wolte Bückert Entw. 73 diese ü nehmen.

§ 121. Zuweilen erscheint 6 für ü; es beruht auf der §121. Neigung, ü etwas heller zu sprechen, wie umgekehrt 6 sich zu ü verdunkelt. Im Mittelfränkischen finden wir

voris flamme Bother 4654. troren 2512. trorcmde 1392. trorode 430. trorich 324. 379. u. ö. kome Hagen 1328. mochte : dachte Eneit 4060. 4633. 10440. Serv. I, 2822. bedächte : mochte En. 6869. döchte : mochte Tristr. 349 weist dieses 6 auch in dem zum Mittel- deutschen genäherten Niederdeutschen auf.

Mit e- und t- Nachschlag erscheint auch dieses 6 =^ ü, wenn auch sehr selten:

vloesch (yellns) Sei. Tr. 135^. droeghe Lac. HI, 457. voü Hagen 253.

§ 122. Über die Gunirung des ü zu ou (au), soweit §122. sich dieselbe md. nachweisen lässt, vgl. § 108.

Kürzung von ü z\i u lässt sich vor f, ch und ht nach- weisen. Häufig erfolgte sie in uf. Vgl. die Reime

uf:huf Herb. 8930. Craon 840. Eracl. 3683. MSH. 2, 188^ Pass. H. 68, 26. K. 180, 7. 614, 77. H. Trist. 6589. Jerosch. 22037. Schachb. 252, 11. : sluf Jerosoh. 16417. ttffin.-duffin Ath. A. 10.

Dieses md. uff öffnete sich auch zu off:

of Höfer H, 101. 182. Hü. H, 864. HI, 1024. 1172. I, 761.

off Hü. I, 715. 721. 984. Spiegelb. 272, 20. u. o. Köditz. Eückert 42.

offe Hü. n, 214. 634. 776. u. o. op Höfer I, 9.

Kürzung nehme ich auch an für hruch in den Reimen Spruch : hruch Schachb. 295, 3. brücke : Spruche 258, 29. Femer ist sie möglich in den Heimen luhte : virdühie Wernh. 67, 5. zuhtin : dühte 55, 34.

Dem Umlaut des ü waren die md. Dialecte abgeneigt. Wo sich etwa tu in Hss. jener Zeit findet, ist es auf obd. Einfluss oder den Versuch, sich dem Obd. anzunähern, zu schreiben. Man griff dann auch über die Linie ungeschickt hinüber, wie in der Alsfelder Spielrolle, wo vorsimen 483.

8*

116

§ 122. 4495. simen 7091. 7100. siberlich 2848. 2162 (i für offen gesprochenes tu) steht.

Annäherung an das Oberdeutsche zeigen die Trebnitzer Psalmen mit eu für den Umlaut von ü nach bairischer Art: geleutirt 11, 7. creude 36, 2. seule 74, 4. cseune 88, 41. seume (imp.) 39, 18.

3. Diphthonge. AI, EL

§ 123. § 123. Der Steigerungsdiphthong des t ist ai, wofür

schon in den ältesten ahd. Schriften auch ei geschrieben ward. Seit dem 10. Jh. wich ai hinter ei obd. zurück, yerschwand aber nicht. Seit Ende des 13. Jh. ward es alemannisch wieder häufiger ; im bairischen, wo ei fiir die neue Gunirung^ des t seit dem 12. Jh. in Brauch kam, ward ai und tei seit- dem für den alten Diphthong vorgezogen (§§ 105. 106). In der Bezeichnung ei haben wir eine Unüautung des ai zu sehen und ihr aufkommen in der ahd. Periode hängt mit dem sich ausbreitenden a-Umlaut auch zeitlich zusammen.

Schriftzeichen für den alten Diphthong sind ai, (ßi, diy äi, ai, Si, ei, l (Vor. Ged. 60, 15. 233, 28. 277, 14. 239, 18. 240, 2. Kaiskr. 16, 9. 35, 3. Gundacker oa\.

Über die Vereinfachung von ei zu ^ vor j w h r %96\ ebendaselbst über Ausdehnung dieses Vorganges vor andern Gonsonanten. Wir haben hier anzumerken, dass in einigen Worten dieses e vor doppelter Consonanz sich zu e kürzte : emher Frauend. 225, 18. emmer j. Tit. 513, 4; swenjsic; enpfetten Rabenschi. 60, 6. 574, 5. Dietr. Fl. 3273. Vgl. BGr. § 13. Dasselbe geschah in heüec, wofür bereits in der 1353 geschriebenen Medinger Handschr. der Offenbarungen der Marg. Ebner die weitere Erleichterung zu i vorkommt: hiligen (138, 9 Strauchs Ausg.).

In französischen aufgenommenen Worten ward ai und oi durch ei mhd. wiedergegeben, wenn nicht d beibehalten ward, z. B. finteüe, beie (boie), treie (troie), turnei (turnen), gäleidey kunterfeit. Auch die franz. Endung -ois schrieb man im 13. Jh. bei uns gewöhnlich eis: kurteis, Waleis, templeise.

117

Aus der offenen Aussprache des alten Diphthongs als ai § 123. ergab sich bairisch und alemannisch, namentlich seit dem 14. Jh., eine mundartliche Yereinfachung zu d. Der Teichner reimte entweich : sprach Lieders. 53, 23. In alem. Gedichten des 14./15. Jh. begegnen die Reime hain.'mafif schain : an, stain : man AGr. § 34. BGr. § 39.

§ 124. In den älteren mitteldeutschen Hand- § 124. Schriften steht ai wie in den oberdeutschen gleichzeitigen zur Bezeichnung des Steigerungsdiphthongs der I- Klasse in Brauch. Im 12. 13. Jh. ist ei für ai gewöhnlich geworden. Seit Ende des 13. Jh. tritt ai wieder mehr hervor.

Über die Verengung des ei zu e, die im Md. über die oberdeutschen Bedingungen hinausgeht, § 98. Kürzung dieses zu 6 vor doppelter Consonanz war beliebt in Henrich, dazu die Koseform Henee, in Menze (aus Meinhart), zwemeg, helge (zb. Höfer II, 171), ledder (Leiter) Wierstr. 592.

Dieses e erleichterte sich dann weiter zu i. Häufig ge- schah es in hilig. Vgl. hierüber und über I für c = 6f § 99.

Im 14. und 15. Jh. findet sich in md. Schriftwerken zuweilen eu für ei geschrieben, was am Mittelrhein auf wirk- licher Aussprache, nach der heutigen zu schliessen, beruhen kann : eugentlich HU. I, 505. Wetireuhe Böhmer 728. Wies- leuben Cd. Sax. IL 8, 39. Ende des 15. Jh. erscheint solches eu und oy auch zuweilen in Schlesien, Rückert' 106. 112 Anm.

Wechsel des ei mit ou zeigt sich in den thüringischen Ortsnamen auf leiben (leben), vgl. Hounloubin Cd. Sax. IL 8, 57. Ktitzeloubin Köditz g. 72, 4. Ebelouben, Älslouben 90, 25.

AU, OU.

§ 125. Der Steigerungsdiphthong der TJ-Klasse hat gleich § i25. dem der I-Klasse eine ältere und eine jüngere Bezeichnung, au und ou* Seit dem 10. Jh. ist ou die Regel, in dem wir eine ümlautung des au, ähnlich wie in ei TJmlautung des ai, erblicken könnnn. au wird selten bis gegen Ende des 13. Jh. Dann dringt es wieder stark hervor und wirft ou im Bairischen

118

§ 125. zurück, während sich dieses im Alemannischen länger be- hauptete und landschaftlich darin noch lebt.

ou wird mit tiefer, au mit heller Klangfarbe getönt haben.

Vor h n r d t z s verengte sich ow zu o § 109, auch ein Beweis, dass die Aussprache des au sich früh zu ou ge- senkt haben muss. Im alemannischen hat seit dem 14. Jh. diese Verengung über die gemeindeutschen Bedingungen hinüber gegriflfen, vgl. u. a. hörnen, trom, ogen, wobei auch Kürzung des 6 eintrat, z. B. och, lof, geloffen (Wackernell Montfort CLV, Vetter Ammenhusen V.) und häufig in brüt- hft, brütlof = hrütlouf.

Eine andre Eorm der Vereinfachung des Diphthongen, wobei äu als Voraussetzung erscheint, ist d. ä för au drang^ in sträm aus stroum allgemein durch ; die Beime zwischen a und au bei bair. Dichtem des 13. 14. Jh. beweisen ferner das kräftige Leben jener Vereinfachung im bairischen Dialect, nicht minder die vielen a für au, welche den Schreibern besonders im Südosten entschlüpfen.

stom : zäum Tandar. 8398. zoum : dan Wigam. 3294. sattm : präm Teichner in Pfeififers Übungsb. 160, 102. urlouh : gab Otack. c. 119. äbe : erlaube Laber 80, 4. boum : chdm Teichner E. 73. gab : raub Ls. 231, 114. äfft : verkouft Teichner Ls. 223, 32. sack : ouch Teichner A. 63. u. a.

In den Zeitworten auf thematisches w wechseln die schweren u-Laute d. i. ü iu ou. Neben einander finden sich buwen biuwen bouwen, blüwen bliuwen blouwen. Derselbe Wechsel erscheint bei brüwen küwen nüwen rüwen trüwen. Selbst in denjenigen Perfectformen dieser Verba, welche kurze» u in der Stammsilbe haben, erscheinen auf Grund der Deh- nung des u jene drei Formen: für Plur. biuwen z. B. findet man biuwen bliuwen blouwm.

Der bairische^) Dialect bevorzugt in jenen Zeitworten 'Ouw-, der alemannische -üw- oder Auw-, BGr. § 99. 101» AGr. § 47.

^j Dass dieses ouw- Kennzeichen im besondern der steirischen Mundart des 13. Jh. sei, bestreite ich. Es ist allgemein bajuvarisch.

119

Dieser Wechsel zwischen iu und ou besteht im Bairischeu § 125. des 11. 14. Jh. auch sonst: triuwe trouwe, getriu getrau^ gesoune, frount, vourm, tovfel, doute, houte, lotde, routen, chrouce, louhte, BGr. § 101.

Schriftliche Bezeichnungen unsers Diphthongs sind ausser au und ou oft ö, zuweilen äv, 6w, mitunter ^, wie umgekehrt ö und ov auch uo vertreten. Indem das ^ über dem v manch- mal wegblieb, findet sich selbst v tur ov geschrieben.

Tiber den neuen Diphthong ou, der durch die Gunirung des ü im 12. Jh. bairisch entstund, vgl. §§ 105. 106. 117.

§ 126. Von dem Umlaut des au oder ou gehn§126. Spuren im Oberdeutschen bis in das 11. Jh. zurück, BGr. § 86. 104. AGr. § 61, wenn man von der aus awi um- gelauteten Formel ewi absieht, die schon im 9. Jh. nach- weislich ist.

Wie alle Längen und Diphthonge leistet auch ou dem Umlaut noch im 13. Jh. Widerstand; am leichtesten drang er in der Formel ouwi durch. Aber in houbet, gelouben, erlouben, koufen, roufen^ toufen fand öu keine Aufname ; femer neben ougen (inf.) kommt sehr selten öugen vor; zu den schriftgemässen vröuwen dröuwen ströuwen töuwen finden sich noch oft genug die Kebenformen vrouwen droutoen ströuwen touwen, zu höu hau, göu gou, zu vröüde vroude, zu beschöude beschoude. In bairischen Hss. wird noch im Anfang des 14. Jh. gewöhnlich vroude geschrieben.

Im 14. Jh. gewinnt der Umlaut öu äu weitere Ver- breitung in der Schrift, und jetzt erst ist ein Plur. löuber und sind umgelautete Worte wie röuber, stöuber, stöubelin sicher. Die Aussprache ward mundartlich zu ei geöffnet, vgl. den Reim freude : ougenweide Lutwin 1295.

Bei dem kräftigen hervordringen des neuen au für ü im bairischen Dialect begreifen sich leicht die seit £nde jd^s 13. Jh. vorkommenden äu öu für eu, alt iu, Umlaut von au (alt ü), zb. gröwelich, hövser, sövnen BGr. § 104. Umgekehrt findet sich in österreichischen Hss. des 14. Jh. archaistisches iu für öu geschrieben, weil der Schreiber es als eu dachte, vgl. gestriut : gefriut Tundal. 62, 55. Hut : gestriut Teichner

120

§ 126. (Mhd. Wb. II. 2, 207). vriut Kindh. 97, 79. striut 94, 73. vriu 71, 32. friude beschiude Angenge 26, 75. friuden Gundack. 2134. Vgl. BGr. § 95.

Bezeichnungen des Umlauts von ou au sind öu öu, du aeu Su, eu (namentlich in bair. Hss.), 6i (namentlich in alem. Hss.).

§ 127. § 127. Im Mitteldeutschen sind wie im Oberdeutschen

au, und ou die alten Bezeichnungen des vollen Steigerungs- diphthongs von u. In der mhd. Periode ist au in den Hinter- grund gedrängt, aber seit Ende des 13. Jh. tritt es wieder mehr hervor. Im 14. Jh. gelangt es sehr in Brauch, nur von w f b wird ou mehr geschüzt. Auch zeigen einige Land- schaften (Thüringen, Meissen) überhaupt weniger Neigung für au, und hier kommt es erst in der zweiten Hälfte des 15. Jh. häufiger vor.

Über die Verengung des ou zu 6, die md. über die gemeindeutsche Linie weit hinübergeht, vgl. § 112.

Kürzung dieses o zu o findet sich auch md. in och und brütloft. Die Verengung des Diphthongs zu ä, auf äu be- ruhend, begegnet in Mainz -Wormser Urkunden des 14. Jh. als ay, d. i. a mit nachschlagendem unbestimmtem i: baym HUk. IL S. 755. 765. N. 919. III, 1302. 1330. baymgarte III, 1150.

§ 128. § 128. Im Mitteldeutschen ist der Widerstand gegen

den Umlaut von ou mindestens ebenso stark als im Ober- deutschen. Namentlich bleibt ou in

frouwen (zustroute : fr oute Pass. K. 20, 31. gefrout : bedrout Väterb. 2447). froude, drouwen (; vrouwen Kathar. Hart. 2518. zestrout :drout Väterb. 2426), strouwen, zouicen, krowd schrowel Pass. K. 122, 63. 164, 88. hau (foenum), toidirstroüben (: gdouben d. sg.) Jerosch. 15306, hetouben (: glouhen) Pass. K. 187, 31. doufen, toufen, bäume (Plur. ; goume Schachb. 267, 29), äugen (Zw.), bougen {: ougen Jerosch. 22173. : urlougen Pass. K. 236, 54. ; taugen 166, 69. beuget : geurlouget Pass. H. 66, 89).

Andrerseits sezte sich der Umlaut md. in Worten fest, die ihn gemeindeutsch nicht zulassen, er wird dann mit eu bezeichnet. Als Umlaut des ou au findet sich eu überhaupt md. seit Ende des 13. Jh. und wird im 14. 15. Jh. allmäh- lich häufig. Einige Belege:

121

bedreun {:leun) Pass. K. 166,44. dreuwen Herb. 18161. dreuwe §128. 3425. vervreuwet Sei. Tr. 70». freude HU. HI, 1193. beutne Trebn. Ps. 28, 5. Hölderheumer HU. H, 624. Bosenbeumer HU. HI, 1 173. 5«*me«- hu8 n, 896. gesteube Trebn. Ps. 29, 10. reuftir HU. I, 806. deufir I, 910. ni, 1201. zeunen Ennen I, 371. gereuche Trebn. Ps. 65, 15.

Es erscheint nun auch in Worten, in denen das Obd.

den Umlaut nicht zulässt, zb.

gleüben Mone Z. 7, 8. Böhmer 664. Eberbach 767. Muskatbl. 8, 106. Pietsch Trebn. Ps. XLVI. gdeuven Lac. HI, 384. gdeuffm Harff 97, 18. irleuben Böhmer 545. herleubt HU. I, 670. fleisch- heuwer Hagen 284. heubet HU. I, 687. 649. Pass. H. 65, 60. 71. 112, 66. und sonst geschrieben, obschon das Beim wort betoübet, erlouhet, roubet vom Schreiber mit ou belassen war. Jieubtman Pass. H. 241, 17. wetter. Ostersp. 650. Böhmer 253. heubt Trebn. Ps. S. XLVI. heuft Hagen 4794. Marg. Pass. 329. Vorbewis. V>. u. o. heäft (capita) Ennen I, 425. heuftherre Lac. III, 885. heuftmun 608. 693. deufen wetter. Ostersp. 47. 83. deufte : geteufte Marg. Pass. 317. gedeuft : geleuft 304. Jceufen HU. I, 1103. IH, 1177. 1343. 1399. Höfer H, 11. vorkeuffen Cd. Sax. n. 6, 79. verkeuft (3. sg.) Lac. m, 574. 904. keuften HU. I, 943. verkoeüften Ennen I, 133. gdeufe, gereufe Mone Z. 7, 11. teufen Mone 7, 13. leufet 18. leufeit HU. I, 736. bereufen. streufen Mnsk. 92, 26. beugen (für bougen) Pass. H. 66, 89. Trebn. Ps. 9, 31. geboygit 61, 4. geugeler SeL Tr. 58*.

Für den Umlaut eu = öu findet man zuweilen seit dem 14. Jh. ei geschrieben, was aus der md. Abneigung gegen hohe Umlaute sich erklärt. Beispiele u. a. HU. II, 857. 955. 1391. 1455. Mone Schausp. d. Mittelalt. 2, 327. Alsfeld. Sp. 941. 1784. 1917. 6410. Eückert Entw. 98.

lU.

§ 129. Im ist in der Regel eine Abänderung von altem eu, § 129. der geschwächten Nebenform zu dem Steigerungsdiphthong au §12. In der ahd. Periode ist eu seit 800 etwa hinter das tu fast ganz zurückgewichen und kommt seitdem nur einzeln vor. Der bairische Dialect tritt aber im 12. Jh. wieder gegen iu auf und sezt eu in sein altes Recht ein. Dieses bairische eu arbeitet sich neben den neuen Gunirungen ei von i und au von ü allmählich entschieden vor, dringt aber nicht in das Alemannische ein, §§ 105. 106.

122

§ 129. Im Reim haben sich die bairiBch-österreichischen Dichter

des 13. 14. Jh. das neue eu^fär iu nur selten gestattet, also eu {tu) selten auf eu (öu) gereimt. Heinrich vom Türlein reimt zwar schon in der Krone leute : freute 4:778, leuten : freuten 27159; aber sonst vermag ich nur folgende geringe Belege zu geben: heut: freut Helmbr. 1656. trewen : frewen Otack. c. 429. leut : gestreut Teichner (Karajans Anm. 257). : enstreit Altd. Übungsb. 163, 42. leut : freut Suchenw. 38, 323. : erfreut

4, 139. 10, 121. : gefreut 9, 213. leup : gestreut Wolken- stein LXX. 2, 14.

Lange haben sich triwe und friunt auch im bairischen gegen die Wandelung des iu zu eu gewehrt, BGr. § 84.

Durch suffigirtes w wurde iu vor der Brechung 131) geschüzt; es blieb also in bliuwen briuwen kiuwen riuweuy ebenso in riuwe triuwe iuwer erhalten und ward nicht zu ie. In den Adj. niuwe triuwe schüzte iu ausserdem das Suffix ja. Ferner blieb iu im obd. nach einer alten Regel, die aber seit dem 10. Jh. verfiel (Braune in s. und Pauls ßeitr. IV, 557. E,\ oft ungebrochen in manchen Worten vor Labialis oder vor g : so steht Hup neben liep, tiuf neben tief, fliuge neben fliege, Uugen neben liegen; in geziuc herscht iu allein.

Vor r zerdehnt sich iu durch den vocalisohen Nebenton der Liquida zuweilen, namentlich im Bairischen: iu wird zu iwe iuwe: fiwer hiwer tiwer, fiuwer hiuwer tiuwer. Vor l und n kommt dies selten vor, vgl. jedoch siuel Vor. Xaiskr.

5, 7. vriwent Kelle Specul. 94. friwent Parz. D. 98, 16. friwende 90, 3. niwen Vor. Kaiskr. 5, 23. Vgl. BGr. § 94. AGr. § 108 und oben § 86.

Einige alte iu gehn nicht auf den Steigerungsdiphthong zurück : 1. das Zahlwort niun entsprang aus nivan == navan, friunt aus friünt = frijond, dialectliches niun (nur) aus niwan (newan), niur aus niwäri, 2. In diu siu so wie in der adjectivisch-pronominalen Flexion -iu geht iu Axifjäja zurück; in hiute Mure ist hiu Instrumental zu dem Demonstr. hi.

über iu, den Umlaut des ü, vgl. § 119.

Wechsel zwischen i und iu zeigt sich in hiurät neben hirät; das u entspringt aus thematischem w =j. In dem

123

PL Pf. (nebst Conj. und Partie. Pf.) von spien, schrien, lihen § 129^ (got. leihvan) tauscht i mit iw iuw durch Einfluss des dem Wurzel vocal folgenden w: schritven spiwen liwen wird zu schriuwen etc., dialectl. zu schrüwen und selbst zu schrouwen. über den Wechsel von üw iuw ouw in gewissen Zeitworten § 125.

Die Dehnung, welche iw (iu vor Vocal) zu iuw gewöhn- lich erfahrt, zb. in niwe : niuwe, riwe:riuwe, kniwes : JcniuweSr niwan : niuwan, zeigt sich früh. Im got. trennte sich sogar iu und iggv fest. Im Ahd. Mhd. wird aber fär ein dem got. iggv entsprechendes iuw auch unbedenklich iw gesezt, vgl. iwer, triwe.

Neben iu % wird ui, ü, besonders in alemannischen Hand- schriften geschrieben: AGr. § 76. 110. BGr. § 60.

Daraus dass iu fiir den Umlaut des ü, der als langes U gesprochen worden sein muss, seit dem 10. Jh. geschrieben ward, ergibt sich zugleich, dass im 10. Jh. die alte zwei- lautige Aussprache der Steigerung iu, die aus der Brechung iOy ie erhellt, schon geändert war. Einen andern Beweis der Aussprache des iu als lang ü geben die Reime zwischen iu und gedehntem ü, sowie die Widergabe von französ. u durch iu.

§ 130. In den Zw. süfen, sügen, lüchen, ferner in üf § ISO^ ißt iu in sehr früher Zeit zu ü vereinfacht worden. Ausser diesen Worten erscheint ü für iu namentlich seit dem Anfang des 11. Jh. oft, aber ohne Regelung. Es wird in alem. und bair. Hss. während der mhd. Periode nicht selten gefunden, in manchen, wie in den Benedictbeurer Predigten häufig, in andern, wie in Parz. G., überall: AGr. §§ 47. 93. 126. BGr. § 6a

So brauchen denn auch alem. wie bair. Dichter das aus

iu vereinfachte ü im Reime mit altem ü, sowie mit ü für uOr

ungehür : hur Helmbr. 1783. gemüre : füre Hart. 173, 64. gemüt : lüt Georg 507. 1371. Überlüt : bedüt W. v. Rheinau 63, 27. ItUe (ady.) : lüte (dat) Lampr. Fr. 4482. krute : lüte Steinbach 766. Rüz : üz Helmbr. 1809. suche : buche Lampr. Fr. 3721. schuhen : ver- lühen (Ptc.) Martina 197, 16.

124

§ 130. In getruwe und frünt trozte im bairischen dieses aus iu

hervorgegangene ü im 13. ff. Jh. selbst dem Übergange von iu zu eu, indem getruwe und frünt wenigstens in der Schrift fortgeführt wurden. Gekürztes u in frunt erscheint im Reim beim Brennenberger {enjs^undet : gevrundet MSH. 1, 338') und lässt sich bairisch bis in das 16. Jh. nachweisen (BGr. §§ 60. 30). Es ist auch alemannisch zu belegen, vgl. frurU : unkuftt Lieders. N. 32, 209. Md. ist es häufig § 132. ^131. § 131. Die mittelhochdeutsche Form der Brechung

von iu ist ie. Seit dem J. 1000 ungefähr hatte ie, das sich seit der ersten Hälfte des 8. Jh. nachweisen lässt, die andern» gleichwertigen Diphthonge {eOy io, ia) verdrängt. Der grösste Theil der oberdeutschen ie unserer Periode ist die Brechung von iu (durch a des Afßxes bewirkt). Wie sich ahd. hiutu zu biotam biotan, ziuhu chiusu zu eiohan chiosan verhalten, so mhd. biute ziuhe kiuse zu bieten ziehen kiesen. Den ahd. diota tior liop sioh entsprechen die mhd. diet Her liep siech. In dem Präsens der ablautenden Zeitworte der ü- Klasse tritt das Verhältnis des iu zu seiner Brechung greifbar heraus.

Zu diesem ie^ das als betontes i mit nachschlagendem e gesprochen ward, stellen sich verschiedene andere ie von mannigfacher Abkunft.

In den Pronominalcasus sie die ist ie aus altem ja und ja entstanden ; in dem interrogativen Adverb wie, sowie in den temporalen Adverbien ie nie aus io (got. aiv).

Tiber das aus e hervorgegangene ie vergleiche § 103.

Über te, das für i vor r und h oft eintrat, § 45.

Für ie findet sich alem. wie bairisch schon in ahd. Zeit, dann aber auch im 12. 13. Jh. und noch später mitunter et, z. B. dei, reime, teir, veir, deit, die redupl. Perf. gei geinCf bleis, heiz, reif, hei: AGr. §§ 59. 131. BGr. § 79. Es scheint ein Schwebelaut zwischen e und i, also ein e mit nach- schlagendem i, das dem ei ähnlich geklungen haben muss, denn Heinrich v. Türlein reimt Krone 24827 schiet : reit.

Aus der obd. Aussprache ie und ei ergibt sich, dass ^ir dem i, das sich in alemann, und bairischen Handschriften

125

schon früh, und im 12. 13. 14. Jh. nicht selten für ie ündet § 131. (AGr. § 40. BGrr. § 52), keine phonetische Bedeutung bei- messen dürfen.

§ 132. Auch die mitteldeutschen Dialecte haben §132. den Diphthong iu (die Steigerungsform von u, sowie das spora- disch auf anderm Wege entstandene iuj § 129) besessen. Eine Nebenform davon war ui, das seit dem 7. Jh. nachweisbar wird, im Tatian im Worte fuir «eben dem sonst herschenden iu erscheint und bei Williram häufiger ist. Es geht auch in der Folge neben iu in den Handschriften her (iu, % neben ui, ti) und erklärt am besten, dass im Mitteldeutschen für unsern Diphthong einfaches ü sich verbreitete. Das betonte u blieb hier wie bei wo bestehn, während der Nachschlag i und 0 schwand.

Spuren des ü für gemeindeutsches iu gehn für das

fränkische zurück bis auf altkristliche Grabsteine in Main^

und Worms. Dieses u findet sich dann in Urkunden des

8. Jh., in den Pariser Yirgilglossen, beim Tatian, in den

Lipsiusglossen und den altniederländischen Psalmen. Auch

bei Williram erscheint es mehrmals neben ui und iu. Dieses

nebenein anderhergehn des iu, ui und u dauert in der Folge

fort. Jedoch kommt ü im mittelfränk. seit dem 11. Jh. in

das Übergewicht und erscheint nicht bloss in den meisten

md. Hss. des 12. 14. Jh., sondern auch in der Sprache

mancher Dichter als herschende Form für den alten Diphthong.

Für das mittelfränk. Legendär erweist sich ü als die herschende Monophthongisimng durch die Beime node : lüde 407. 413. 467. lüde : gude 311. crüce : vöze 227 (Busch bei Zacher X, 290). Veldeke sprach nur ü, wie seine Keime zwischen ü und gemeindeutschem iu und uo beweisen, vgl. iu : nu En. 8989. 0 müre : tiure 9233. schiure : müre Serv. I, 2189. diure : fuore 2161. füere : tiure En. 3103. stiuret : fuoret 3037. stiurten : fuorten 6015. ; ruorten 241. hrüde : liude Serv. 2595. liude : hedüde Serv. II, 2213. hüt : Hut En. 319. Aus Wemher vom Nieder- rhein bietet sich luwe : trüwe 24, 34. Die betreflFenden Keime aus Karlmeinet hat Bartsch über Karlm. 226 gesammelt. Im Kother finden wir 859 müle : türe; im Strassburger Alexander für : sur 2399. 2409. 4968. 5141. 5407. gebuwet : vernüwet 6299. frunt : gesunt 2904. 6577.— im Orendel lüte:hedüte(?Qri,)^1l, trutt7cw : wwre 1863. nuwe : stunden 767 (Druck). im Spruchgedicht Salomo und Morolf

126

$132. hüre:natüre 281, frundin : kundin 3ö. 1254. hüde:lüde 1151. im Ernst A. müre : türe 3, 50. im Ernst D. sur : tür 653. 4979. frunden : unden 3643. erkundet : gefrundet 3791. lüte (Perf.) : lüte (liute) 5306. im Trierschen Egidius wird ü = iu auf ü = ü wie auf ü = uo ge- reimt, vgl. trat : Hut 54. livt : trut 1305. livte : trute 84. lute : gute 924. ^ti^en : gute 1026. dieniatlüten : gute 835. ^e ; lanüuten 49. im Athis 4 uud u auf tu (u, ü) lütis : gebutis F. 134. Muzin : inbuein D. 149. frunt : munt E. 39. frundis : mundis A*. 27. frundin : fundin D. 115. : ungesundin B. 129. Heinrich von Morungen reimte f runde ifriunde) : künde : sunde MF. 130, 7 (der gleiche Beim auch bei Hetz- bolt von Weissensee MSH. 2, 23^). ge frunden : künden 131, 31. Herbort von Fritslar bindet ü und u mit iu (ü): hune : gdüne 1381. gebutce : nüwe 1650. hüwet : vemüwet 14091. enhute :hüte\bb%. frunde :unkunde 2355. frimden : unden 4341. : künden 1886. 2833. 16098. Ebenso finden wir beim Meisner uch : drück MSH. 3, 94». sunde : wider- frunde 3, 103**. gefrundet : gekündet : gesundet 99». im Eraclius türe : hüre 499. gehü/re : türe 1310. voUefüren (Inf.) ; sturen Vorr. 131, also ti : M = iu und w == wo. bei Ebemand von Erfurt ürch : sprtuih 3759 A. drück : ück 4750. gefrunden : sunden 2882. in der Erlösung swr : für (fiur) 2331. büwen : rüwen 631. frunt : stunt 5654. 6586. : entstunt 1261. 5430. ; erstunt 1592. 1632. 3976. 5200. bei Heinrich von Erolwitz dübel : übel 4053. irlückt : geduckt 1613. zuckt : irlückt : geduckt 1648. züt (eiuhet) : müt (muowet) 1458. bei Hermann dem Damen erfrunden : sunden MSH. 3, 164^. gevrundet : enzundet 166*. im Brandan sure : vüre 52. vrunden : stunden 141. im Passional und im Väterbuch wird ü : ü (= iu), u : u {= iu) wie ü (iu) : ü {uo) gereimt: kiUe {kuöle) : mUe (vitde) Pass. H. 146, 42. sckvien : külen Täterb. 1092. tüfe : hüfe Pass. H. 107, 94. 147, 77. getrüwen : küwen H. 157, 67. trüten : lüten {liuUn) H. 210, 12. frunt : urkunt H. 36, 63. 125, 15. 200, 40. 312, 25. E. 109, 65. frunde : künde Pass. H. 123, 67. : Urkunde H. 104, 41. 123, 62. K. 39, 10. 117, 55. Väterb. 915. ; sunde H. 71, 11. K. 4, 21. 5, 68. 247, 77. frunden : unden H. 313, 72. : künden H. 103, 81. Väterb. 1771. .Sekunden H. 202, 80. : sunden X. 104, 27. Väterb. 451. Johann von Frankenstein reimt ü und u mit ü (= iu) und ü (= uo), sowie iu : uo = ü : ü, vgl. kuöle : fiuie 8597. verfüit : gekuolt IIHS. liumt : sckunt 9123, gebür : tiur 1091. sür : niur 1833. stiur : kur 2673. büwen : verniuwen 5179. Hülsen : grüsen 1331. frunt : kunt 4017. u. ö. ; stunt 4463. 7349. u. ö. ; ver- wunt 4807. in Jeroschins Deutschordenskronik ist u und ü mit iu (u) gebunden, vgl. trüwe : büwe : getrüwe 320. gebüwe : ruwe 14250. büwin :getruwin 9708. geküre: müre 945. stunt: frunt 10630. 26614. frunt : unkunt 15521. ; inzunt 19648. frunde : Urkunde 10021. frunden :

^) Um die verschiedene Natur des gereimten ü anzuzeigen, gestatte ich mir hier die Zurückführung auf iu, uo, üe.

127

künden 206. 21581. schunden : (runden 10074. In der livländischen § 132. Eeimkrooik findet sich 3746 gehuwet : gerüwet im Schachbach des Pfarrers vom Hechte frunt : gekunt 202, 5. : enzunt 323, 14.

In diesen Belegen ist das Wort frunt = friunt oft aufgeführt und als kurz wegen der Bindung mit unzweifelhaft kurzem unt, unde angesezt worden. Für die Kürze des u spricht auch das westmitteldeutsche front = friunt, z, B. Eother 3411. HU. HI, 970. Böhmer 577. front- schüft HU. m, 664. Höfer H, 179. Lacombl. III, 279.

Durch diese ^^achweise wird die Verengung des iu zu u in mhd. Zeit für Mittelfranken (Ripuarien, Limburg, Trier), für Hessen, Wetterau, Thüringen, -Meissen, Schlesien, Preussen und Liviand gesichert.

Yor r tritt auch md. eine Zerdehnung des aus iu ent- standenen te, wie des fremden ü ein. Wir finden nicht selten füwer tüwer müwer geschrieben, und dann Reime dieser Formen mit -üwer (iuwer), vgl. tüwer .getrüwer Väterb. 3341. Das w wird auch weggelassen, wonach sich füer tüer müer stüer für fiur tiure müre stiure ergeben, vgl. Pass. H. und die Berliner Brandanhandschrift.

Wie sich für altes ü in md. Schriften namentlich des 14. 15. Jh. ue findet 120), so auch für die Monophthongi-

sirung ü von iu,

vgl. Wetterau : lüede Eberbach 767. Hessen : vuer Evang. 270. ruetffe 290. huedin 270. Ostfranken: fruende Henneb. U. H, 40. truetoen 39. Thüringen, Obersachsen : fuer Köditz G. 44, 10. gezcueck Cd. Sax. n. 6, 34 (1368). Schlesien: vuer. nuen. getmelich, czuet (=s ziuhit). luete, geczuek, Rückert Entw. 116. Ripuarien: nuewe Harff 98, 17. ruewe 18, 28.

Auch ui erscheint gleichzeitig in selber Bedeutung. Wir werden wol dariu den bekannten Nachbar von u^, uo sehen dürfen, obschon eine Versetzung von ui = iu nicht unmög- lich wäre. Es ist seltener als ui für altes ü 120).

Einige Belege. Hessen: kuische Myst. I. 234, 10. u. o. kuischeit 161, 39. u. 0. fuirde 243, 26. Thüringen: fuir Haupt Z. XV, 381. gekuisit Mülh. St. 52. gezmc 37.

Über den Übergang von iu zu eu in md. Dialecten des 14. 15. Jh. vgl. § 108.

§ 133. Bemerkenswert ist die md. Neigung, die Formel § 133. iuw oder üw der Worte rüwe trüwe nüwe in ouw zu wandeln.

128

§ 133. Das findet sich vorzugsweise in Ripuarien ; im Mnl. herscht es.

Reimbelege :

vrouwe : Souwe : rouwen : untrouwen : schouwen MF. 56, 10—17. juncfrouwe : rouwe Junk. u. Heinr. 728. rouwe : vrou/we Marg. Pass. 416. Kathar. Mart. 113. rouwen : frouwen Junk. u. Heinr. 29. schoutoen : rouwen Marg. Pass. 433. vrouwen : berouwen Serv. I, 2618. trouwe : vrouwe En. 2063. Serv. 11, 2868. Morant 278. getrouwe : vrouwe Serv. 1636. vrouwe : trouwe En. 2098. ; ungetromoe Morant 82. trouwen : vrouwen En. 458. MF. 58, 14. Serv. 1031. berouwen : trouwen Serv. 1476. getrouwen : Potouwen Morant 232. rouwe : nouwe Serv. II, 899.

Auch schruwen (3. PL Pt. zu schrien) ward dort zu schrouwen und reimt : vrouwen Serv. 2492. beschrouwen : trouwen Wierstr. 363. Ebenso buwen, vgl. bouwen : rouwen Junk. u. Heinr. 62. ; vrouwen Rother 22.

Reimbelege aus Karlmeinet gibt Bartsch S. 227.

Auch ausserhalb Ripuariens fehlen diese ouw für üw

(iuw) nicht. In nouwe nawe (novus) ist ou, au allgemein

md., vgl. die Ortsnamen Nowerode (1260) Eberbach 347.

Nowenhus HU. I, 497. Nawinwdlde Cd. Sax. IV, 301. und

die heute noch fortdauernden Namensformen Nauenheim,

Naumburg, Naundorf, Naunhof. Die Reime bezeugen

dieses rouwe, trouwe, bouwen:

juncfrouwe : rouwe Tristr. 2400. 2600. rouwen : besckouwen MF. 49, 33 (Husen). zeblouwen : gerouwen Renner 746. frouwen : rouwen Herb. 18181. trouwen (d. pl.) ; frouwen Orend. 247. 1840. frouwe : getrouwe (1. Prs.) MF. 124, 24 (Morungen). getrouwen : scouwen Alex. 6958. schouwen : getrouwen Erad. 375. bouwen :juncf rouwen Orend. 239. In Br. Philipps Marienleben sind die Reime von rouwe rouwen, trouwe trouwen auf vrouwen, schouwen nicht selten, J. Haupt in den Wiener Sitz.-Ber. LXVm, 164. f.

Auch vor (palatalem) g zeigt sich ou für iu {u) im Zw. hougen (mit Umlaut später boügen), zb. im Reim auf ougen Pass. K. 688, 2. : urlougen 237, 19. femer gebouget 162, 84. Adj. gebouge : getouge Pilat. 9. ungebouge : urlouge Pilat. 609 (433) ; urlouge, getouge (= gejsfiuge), vgl. die Reime urlouge : getouge Herb. 5534. gebouge : getouge Pilat. 7.

Diesem ou für iu (u) darf auch drou = driu ange- schlossen werden im Wetterauischen, vgl. drouzehin Böhmer 444—450. 461. 464. 468. drou und iswenzigist 464. 468; auch douvel in dauwelslache Hü. II, 472 (1291, Mainz).

129

Sehr entwickelt ist ou, au für iu ü im Schlesischen des § 183. 14. 15. Jh., wo nicht bloss nouwe nawe, tratve getrouwe getrawe, ratoe, sondern auch touwirr (= tiurer), awer (euer, vgL Schles. Lehnsurkunden 1, 99 [1431], Script, rer. Siles. VI, 185), vrountschaft, loute lawte, auch (euch) auftreten, Rückert Entw. 91. f. 114. f.

Übertritt von ewe : ouwe vollzog sich in louwe, lawe == lewe, leo; von äwe.ouwe in rouwe (quies) Ath. B. 141. 147.

§ 134. Die Brechung des iu lautete auch in den §134. mitteldeutschen Dialecten ie, so wie ie auch hier in den redupl. Perfectis und den andern § 131 angegebenen Worten an die Stelle von altem e getreten war. Doch entwickelte sich auch bei diesem Diphthong die md. Neigung zur Mono- phthongisirung, dem ü für iu und uo entsprechend.

Für ie trat entweder langes einfaches i oder e ein.

Wir finden t für ie einzeln schon in moselländischen und Lorscher Urkunden des 9. Jh., dann in den altniederländischen Psalmen, ferner entschieden als lautliche Veränderung in einer ileihe poetischer Denkmäler, welche nach Mittelfranken und Hessen gehören und in den Ausgang des 11. und Anfang des 12. Jh. fallen : Friedberger Krist, Summa Theologiae, Lob Salomons, die drei Jünglinge im Feuerofen, ältere Judith (Müllenhoff-Scherer Denkm. XXXVII), Annolied, Arnsteiner Marienieich. In den md. Handschr. des 12. Jh. finden wir dann i für ie mehr oder minder häufig : so in den Fragmenten des mfr. Legendars, in der Strassburger und Pfalzer Handschr. des Kolandsliedes, in dem £. Rother, im Grr. Rudolf, in der Barmstädter Hs. von Heinrichs Summar (wo ie selten ist), im »Strassburger Alexander (ie und :i kommen fast gleich häufig vor. Weismann S. XCI). In dem 13. und 14. Jh. gehn ie und i in den md. Schriften in gleicher Weise nebeneinander, ohne eine Regelung, so dass die Schreiber selbst im Reim oft ie und i unter einander schreiben. In manchen Urkunden und Hss. wird i fast allein gebraucht, in andern dagegen ie bevorzugt.

Für das Durchdringen und die Verbreitung des mono- phthongischen Zuges von ie zu E, der nhd. zur Herschaft

Wein hold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 9

130

§ 1S4. gelangte, ist der Gebrauch des aus ie yerengten i im Reim entscheidend. Wir haben bei dieser BeobachtuDg die kurzen i vor It, ng, rn, ht mitzuverwenden, welche auf ie zurückgehn. In Lamprechts Alexander kni : dri 1992. ginc : jungelinc 325. 1620. jungelhic : entfinc 1911. kinde: ginge 1312. Jungelingen : gingen 2199. dingen : gingen 2159. lihte : anesihte 6002. Im Rother ging : sint 1837. In Hartmanns Glauben , dinc : ginc 1277. kint : ginc 573. lichte : geeichte 261. In Eilharts Tristran (A wie X) erscheint %e mit i, ing mit ieng öfter gebunden, Lichtenstein LXII. f. Im Pilatus 363 (540) jungelinc : aneihnc. Veldeke bindet En. 12337. 12387 behielt : schilt, Serv. I, 1402 vire : schiere, 2032 spire : schiere, En. 5795 saphire : skiere, 9469 saphire : viere, liecht : bicht Serv. I, 2429. Herbort von Pritslar bietet siten : zuschrieten 13646. hilt : schüt 5160. ginc : dinc 6229. : jungelinc 787, : ursprinc 671. jungelinc : ginc 11212, rinc:ginc 1464. ; enpfinc 5137. enpfinc : jungelinc 8963. erginge : gedinge 2329. ringe : gevinge 8908. ; erginge 9962. vingen : dingen 12990. jungdingen : gingen SS2. singen : gingen 8302, gingen : dingen 3M3, hingen :hr%ngen 4633. Aus dem 13. Jh. fehlen Zeugnisse für die erste Hälfte, es sei denn, dass Ebernands v. Erfurt Heinrich und Euuigunde so früh zu setzen wäre, worin sich findet getoit : rit 3371. :berU 2001. rbe.schit 2041. 2503. 3225, und dass Ernst D. so alt wäre, welcher bietet : kiel 4347. 4479. niender : rinder 4691. lieht : giht 5192. vergibt : lieht 1942. lieht : beriht 2390. In der Erlösung haben wir : 6360. hir : mir 3606. dit : git 2020. lit (liet) : credidit 2058. lobelit : venu 4344. besohlt (beschiet) : tremuit 5194. Derselbe Dichter reimt in der Elisabeth wirde : zierde 9889. git : niet 8717. geniezen : flizen 2271, hat also ie als i (oder i) gesprochen. Aus Heinrichs von Erolwitz Vater- unser ist nur der Reim diet : gewiet 86, der einsilbig sein muss und daher als dit : gevnt zu fassen ist, anzuführen. Der Dichter des Pas- sionals bietet vil {viel) : vil K. 517, 7. liecht : pflicht H. 98, 5. 138, 40. K. 2, 46. 171, 83. : sieht H. 140, 94. : gesicht H. 122, 65. liechte : gesichte H. 171,6. diern:mirn K. 329, 17. :irn 366, 14. Im Brandan findet sich bi : verlie 504. tvibe : liebe 388. 0it : schit (schiet) 1680. zil : gevU (geviel) 1048. kiel : vil 285. Aus Rüdegers von Munre Irregang (v. d. Hagen GAbent. no. LV) kommt ie : si 159. begrife : slife (sliefe) 948 in Betracht, aus Heinrichs von Freiberg Tristan 234 liecht : geschieht, aus Ulrichs von Eschenbach Wilhelm 1850 wil : gevil. 3246 hüt : bevüt. Aus Frauenlob züt:hilt 235, 12. sprincvinc 236, 11. Die Schlesier behandeln ie durchaus undiphthongisch. Johann von Frankenstein reimt JEU : sie 9969. : knie 127. sie : Petri 4971. : blasphemi 7459. die 2 mal, hie 12 mal auf fremde Worte in -i, gie 2 mal also; und hat ausserdem die R«me zH : vil 3405. vil : wUt 11067. schir:mir 3547. : ir 543. vir: wir 10731. mite :margerite 10665. Femer i aus ie (durch Doppel- konsonanz entstanden) zu i gereimt in hilt : schät 110^5. dinc : hinc

131

10293. tmrde:zirde 9081. licht .nicht 3909. 9829. .gesteht 6987. 10609. § 134. : geschieht 9855 (Khull Sprache des Joh. v. Fr. S. 13). In Ludwigs Kreuzfahrt finden wir kU : vil 3730. vil : 2963. tir : wir 2454. Uf : schif 872. 3318. rif : schif 3408. iz : niz 939 ; ferner enthüt : schüt 3454. 5155 (die Beime auf hanier und zimierde übergehe ich). Jero- schins Deutschordenskronik gewährt Benedicti : anevt 1337. irgi: Panonnitani 18160. cUhi : Petri 986. vUin : aprüin 1S86. schim : im 22423. gire : schire 12190. dit : zit 8988. mite : Bagnite 18697. diten : ziten 9216. hiz : Cruschewiz 8375. sich : Heinrich 22637. iclichin : sieheji 380. dinst : zinst 22566. ging : ding 2393. 19055. vorgingin : Buringin 9289. dims : virne 26007. : gevirne 9384. virde : wirde 9249. Der Pfarrer vom Hechte in seinem Schachbuch reimt die hie wie auf lateinisches i, ier auf ir, iech auf ich und ierd iern auf ird im (Haupt Z. XVn, 385). Weniger häufig gestattet sich Heinrich Hesler diese Heime (v. Bahder Problem 42). Br. Philipp im Marienleben reimt einigemal liep auf lip (liebe : Übe) und toip (J. Haupt Wiener Sitz.-Ber. LXVni, 164). Der Dichter -der livländischen Reimkronik vermeidet diese Eeime, woraus aber auf den deutschen Dialect in livland nicht zu schliessen ist, sondern nur auf das Bemühen des Verfassers um reindeutsche Eeime.

Es ergibt sich, dass im reinen Auslaut, ferner vor r, l, dann vor t, ß, eh, b (p), f, m diese Monophthongisirung im Reime vorkommt, sodann dass vor liquida cum muta und vor cht Kürzung zu i Regel war.

Die Landschaften, aus denen in der mhd. Periode i fär ie verbürgt wird, sind das südliche Mittelfranken, Hessen, Wetterau, Thüringen, Meissen^), Schlesien, Preussen. Für Ostfranken sprechen die Reime im Ernst D und vielleicht der Reim Her : gir Renner 19035.

In dem Gebiete, in dem ie zu i überging, erhielt sich in der Zeitpartikel ie die alterthümliche diphthongische Form io. Dieses io (unquam, semper) kann ich belegen durch Myst. I. 8, 12. 105, 6. 162, 17. 179, 11. 22. 204, 16. 244, 33. Haupt Z. XV, 387. 391. Alsfeld. Sp. 1584. 1689. 2418. 4665. Köditz 35, 23. Leyser Pred. 38, 24. 40, 41. 60, 6. 64, 14. Cod. Sax. II. 6, 73. Cod. dipl. Siles. VIII, 50. 64. 108 (14. Jh.).

1) Thüringen und Meissen werden von Wülcker Vocalschwächung im Mittelbinnendeutschen 51 und v. Bahder vokal. Problem im Mittel- deutschen 38. f. gewaltsam aus dieser Reihe beseitigt. Man vergleiche auch das für beide Lande verbürgte ü ==* tu, ü = wo.

9*

132

§ 184. Schachb. 271, 16. 33. 326, 24. Im md. Brandan 42 reimt io auf so.

§.135. § 135. Der zweite Ersatz für ie, nämlich i, erscheint in

denselben Gregenden wie i, ausgenommen Schlesien. Vorzugs- weise ist dieses S in Ripüarien nachweislich. Im Reim wird es nur selten verwant. Abgesehen von einer grösseren, uns kaum, berührenden Anzahl im Xarlmeinet (Bartsch über KM. 224. f.) kenne ich nur entfinge : ende mfr. Legendär 234. vlegen : bedrigen Servat. 1317. schüre : junghire Jnink. u. Heinr. 567. hengere : schere Secund. 232. vUt (Fliess) ; enget FrauenL ML. 32, 2. untvle (entfliehe) : owi Frauenl. L. IX. 5, 4. dem : hirn Schachb. 292, 19. here : schere Philipp Ml. 8978. hegen : vlen (vlien) 2404. uferte {zierte) : erte 65. z&ren : meren 9726- Belege ausserhalb des Reims geben

Demodis Mrh. Uk. n, 385. Dederich HU. III, 1114. angevele

I, 822. ice Hü. 1, 1260. neman 795. denist, href 479. ver, verdunc 446.- 471. kesen 742. 796. knete Alex. 364. eman. breve Höfer n, 80. he. we. de. ne, verdenet, defelisch Spiegelb. 265. leblich 268. gezeret 274. reme Myst. I. 120, 32. besehet 37, 35. Nordh. W. A. 1. kne Roth. 2083. he Marienl. 31, 11. herumbe 81, 7. intfenc Roth. 235. entfengen 1295. geengen 242. schere 1214. derfie Ml. 60, 29. verde

II, 11. verzieh 18, 22. mergrezen 74, 19. refen Roth. 4096. lezin 1296. stez 1636. stezen 201. virlesen 123. 674. kesen Ennen I, 9. Krechen Roth. 200. lecht 4928. Vgl. auch Busch bei Zacher Zeitschr. X, 283. f. und v. Bahder Problem 11. fF., welcher leztere das mittel- deutsche Gebiet für die mhd. Zeit in zwei Gruppen theilt, deren eine e und i (te) wechselnd brauchte, während die andre durchgehends i (ie) sprach.

§ 136. § 136. Mit e für die Brechung ie tritt in den Hand-

schriften gleichwertig, im 14. 15. Jh. am üppigsten, ei auf,, worin wir einen zwischen e und i schwebenden Laut (vgl. § 48) erkennen werden.*) In der Wetterau wird heute noch für ie durchaus ei gesprochen.

Beypurg Hü. I, 211. Deyther 606. veiHeü 586. kneibel Hü. m, 1279. ei, neiman. weivd. gedeinen Hü. I, 446. Deymudi» Böhmer 400. dunnebeyr Hü. I, 448. veyrde Eberbach 767. 6re^. neyt. creych Höfer H, 131. intheUden Höfer H, 54. geingen. neit^

0 V. Bahder Problem S. 11. will, wenn ich ihn recht verstehe^ zwei ei hier scheiden, einen Zerdehnungslaut (wie in preister für priester) und ein neues aus i (für ie) gunirtes ei.

J

13S

o«> n, 112. eiclich Lac. HI, 172. preister Henneb. Uk. 11, 100. § 1S6. neiman Eoth. 2567. neirgen 42. eyman, hey, dey, hreyve Lac. lU, 1065. keil (: deü) Eoth. 841. heilden. geinge Lac. III, 80. deinstman, vleissen 247. vlein {: geschein) Hagen 4042. leive Hagen 3423. u. o. ieif. deif 1571. (greif:) reif Anselm 472. {bleif:) deif Karlm. 201, 5. seiden (: reiden) Hagen 1237. geneiden (: reiden) 2627. {seit :) deit : steit Wemh. 60, 6. deü Hagen 253. neit (: gescheit) 1794. 3456. u. Ö. heiz Hother 50. 386. 411. u. o. (heizen :) geizen Marg. Pass. 290. geneizen (:geheizen) 340. preister {:meister) En. 9065. Serv. 049. 1620. 2728. preister Hagen 297. 4857. leis. heis Qiez. hiez) Hagen 290. keinen ver- leisen 632. seich Hagen 1594.

uo.

§ 137. Für germanisches 6, die Steigerung von a, war § 137.

seit dem 10. Jh. der Diphthong uo in den Stammsilben Regel

geworden, der auch im Oberdeutschen der mittelhochdeutschen

Periode fortdauerte. Das alte 6 hielt sich nur noch in der

Zeitpartikel do und der weiblichen Zahlwortform 0w6. Aber

auch bei do ward die Diphthongisirung zu dtio, namentlich im

bajuyarischen, vollzogen, so dass es selbst im Keim steht :

duo : fruo Gudr. 827, 1. Biter. 1013. Frauend. 206, 3. Meier. 1629. Boner 48, 135. :tuo Biter. 2487. : zuo Vor. Ged. 247, 27. Biter. 1193. Tandar. 2967. Boner 29, 12.

und ebenso ist iswuo für zwo bei Baiern und Alemannen

nachweislich.

Was die Nebensilben betrifft, so hielt sich das alte 6 in dem Substantivsuffix od, dt § 260, ferner theil weise in dem StammsufBx der 2. schwachen Conjugation § 377, und erscheint auch noch, obschon erlöschend, in den adjectivischen Comparationssuffixen or und ost § 309.

Ausser diesen Fällen kommt ö nur mundartlich -aleman- nisch in Stammsilben vor, AGr. § 41. Schriftdeutsch ent- spricht ihm uo.

Auch in Lehnworten ging langes o in uo über, so ward dmosna (eleemosyne) zu almuosan almuosen, provenda zu phruonda, mhd. phruonde phrümde.

Statt MO wird ziemlich früh wegen Unklarheit des nach- schlagenden 0 auch ue geschrieben, AGr. §§ 74. 108. 142. BGr. § 107, seltener wi, BGr. § 112.

134

§ 137. Schriftzeichen waren vo, ^, üe, ^e, ferner ov und ö, z. B,

in der Wiener Genesis, so wie umgekehrt vo, ^ für den Diphthong ov geschrieben wurden. § 138. § 138. HO wird seit dem 12. Jh. nach Analogie der

übrigen Diphthonge von dem Umlaut nach und nach ergriffen und zu üe. Auch hier zeigt sich Widerstand. In die Zw. fluochen und suochen dringt üe gar nicht, in tioben erst später, in das schw. Zw. ruofen (Pt. ruofte) nur zuweilen ein* Ausser zahlreichen von den Schreibern festgehaltenen uo statt üe bezeugen namentlich auch die Reime, vorzüglich der bairischen Dichter, das fortleben des reinen Diphthongs, zb.

muo : ztw Wigam. 1580. luogent : muogent Mart. 61, 77* erchtwl (cj.) : stuol Otack. c. 418. ktwn : tuen wGast 12202. pfruont : ttwnt 6391. muoden (inf.) : luoden Karl 10260. tr. Er. 33754. hluote (cj.) : hiwte tr. Er. 1688. wuote : muote MSC. 1, 45. guoU (f.) : hluote Wigal. 158, 12. Wigam. 1614. ; muote Wigal. 159, 37. gemuote (n.) : hluote 195, 23. :guote Lamprecht S. 1733. fuoz : huoz (1. Prs.) Otack. c. 29. suoz (f.) :muoz wGast 7584. truoge (cj.) : 1dtu)ge j. Tit. 1650, 1. ge- nuogen (Inf.) : geluogen Lampr. S. 2106. : geduogen 1466.

Im allgemeinen aber darf ftir die gebildete Schriftsprache des 13. Jh. der JJmlaut als Regel gelten, zb. früeje blüejen glüejen müejen küele grüene küene süenen rüemen vüeren rüeren trüebe güete büezen grüeeen meze vüeze rüegen vüegen wüeste pfrüende stüende üehse.

Schriftzeichen sind ü üe ue uS üö üi iv öi üei, auch ui wurden für den Umlaut des uo geschrieben.

AGr. § 75. 109. 143. BGr. § 109.

§139. § 139. In den mitteldeutschen Dialecten ist uo

wie in den oberdeutschen die aus altem 6 hervorgegangene Steigerungsform von a gewesen, wie sich aus ahd. und aus md. Ilandschrift;en durch ihre teo, ü = altem 6 ergibt. Dieses selbst dauert wie im obd. noch in und zwo fort, wird aber md. gern auch hier zu duo und zwuo diphthongisirt. Ferner findet es sich im Substantivsuffix öd dt, und absterbend in Formen der zweiten schwachen Gonjugation, vgl. § 137. 377.

§ l^* § 140. Die karacteristische Bewegung nach Mono-

phthongisirung der Diphthonge, die in den md. Dialecten seit Ende des 11. Jh. hervortrat und iu zu ü 132) sowie ie

135

zu i oder i (§§ 134. 135) vereogte^ ergriff gleichzeitig das § uo und machte es md. zu ü oder 6, Es ist ein sehr schwan- kende^ Verhältnis, das in dem Nebeneinander von wo, ue, ui, ü, 6, oi und selbst ou in den Schriften hervortritt. Während in Niederfanken 6 das entschiedene Übergewicht hat, gelangt in Mittelfranken, Hessen und Thüringen ü im 12. 13. Jh. daneben zur Herschaft; im 14. dringt dann 6 im Westen wenigstens über das ü hervor. Vgl. Heinzel Geschäftssprache 26. 100. 103. 112. 240. Busch bei Zacher Z. X, 286—289. Auch hier werden uns die Beime die sicherste Hilfe bieten. Wir müssen .dabei kurzes u, das vor nt, nd ans uo entstund, mitverwenden.

ü für uo erscheint, indem uo auf ü oder iu gereimt wird, im mittelfränk. Legendär, das sonst ö bevorzugt, in den Beimen ffüde (Güte) : liude 311. cruce : vöze ivüae in der Aussprache anzusetzen) 228. gehüve (hübe) : slöge 633 (wahrscheinlich an slüge genähert zu sprechen). Der Limburger Yeldeke sprach ü für uo wie für iu, vgl. vwr : 8Ür En. 475. sur : stour Serv. H, 2030. düre : vure 1, 2152. vüre :düre En. 3103. vuren:müren Serv. ü, 92. En. 257. 704. stüret: füret 3038. stürden : fürden 6015. : rürden 242. Über Veldekes d==uo § 140. Der Dichter des Trierschen Egidius sprach u, vgl. trut : gut 730. trüte.güte 1184. lüte.güte 924. gute : lantlüten 48. dienisüüten gute 836. lüten : gute 1026. In Eilharts Tristan i) begegnet stunt: gesunt 2717. bestunt : munt 3202. bestünde : gunde 479. üf stunde : gunde 2821. Im Bother, der sonst 6 für uo hat, findet sich stunt: June 2169; in Lamprechts Alexander erscheint mir ü neben dem her- gehenden 6 nicht verbürgt genug (vgl. Beispiele bei Weismann Alexander I, XCiV) ; im Athis steht urbur : mr E. 144. urburte :vürte A. 167; im Grendel neben 6 auch ein paf ü, vgl. frü : du 539. hune : lüwe 1099 ; bei Herbort du : zu 701. zu : du 4723. heüictüm : paUadium 15844. rum:paUadium 16627. munt : stunt 9299. bestunt : gewunt 6538. stunde :Jcunde 195. behutten : anschütten 4446; der Dichter zog ö vor. Die Zeugnisse aus dem 13. Jh. sind, soweit ich sie sammelte, folgende. Beinmar v. Zweter reimt tunt : verwunt MSH. 2, 215\ Der Dichter des Ernst D. (ein Ostfranke) reimt üf : ruof 741. 3580. schuof : üf 4275. sun : tum 749. 1060. 1280. 1679. 4643. 5002. u. ö. kunt : tuont 2706. : bestuont 4245. stuont : munt 2659. fanden : stuonden 2179. 2255.

^) Die übrigen Niederdeutschen, welche in einer dem Md. an- genäherten Sprache zu dichten suchten, wie Albrecht v. Halberstadt, Berthold v. Holle, Brun v. Schonebeck und der Dichter der Braunschweiger Beimkronik, habe ich hier absichtlich ausgeschlossen, da sie nur einen persönlichen Dialect vertreten.

140.

X

136

§ 140. Der Dichter der md. Marien Himmelfahrt (Haupt Z. V.) sprach un als ü, vgl. nu : fru 528. : nu 271. sun : dim 276. 344. 909. 1034. 8tunt:kunt 577. 745. 831. 1219. 1560. :wunt 233. bestunt.kunt 426. stunt : besinnt 1044. erstunt : gesunt 1325. In der Erlösung zeugen die Keime ebenfalls für die Behandlung des uo als w, vgl. du : zu 1411. 1522. 1868. 3494. nu : fru 1610. 2986. : zu 2082. 2196. 3284. 4012. hlürmn : kumen 2002. sun : tim 7411 (und noch 10 mal). :getun2Q^ (und noch 3 mal). Blanziflür : snür : amür : für 93. Ahagüc : gnuc 1169. friint : stunt 5654. : erstunt 1592. In der Elisabeth fru : nu 4693. 9544. nu : schü 3745.7398. zu: du 931. 1285. : nu 3217.4131. lüde:güde 431. Gude:mude 6812. frunt : tunt 1719. Im Wartburg- kriege ruft : luft 61, 4. Im Eraclius volle füren (Inf.) : sturen Vorr. 131. Bei dem Meisner üf : geschüf MSH. 3, 95** ; bei Hermann dem Damen erstunden : wunden ebd. 3, 161**. In Heinrichs von Freiberg Tristan büden : lüden 3405 ; in Ulrichs von Eschenbach Wilhelm v. Wenden üf : schuf 234:6. stunt :kunt 335. 3046. :munt 1381. stunde : Urkunde 377. stunden : funden 3164. Heinrich von Krolwitz hat tü/n : sun 23Xi \ Heinrich Erauenlob ku<ihen : strüchen Spr. 55, 12. stunde : sunde Spr. 234, 16 ; Heinrich von Mügeln Fab. 4, 16 müz : schuz, Meidekr. 5b denarius : müz. Der Dichter des Passionais verwendet w (—* uo) oft im Keime, vgl. nu : tu Pass. K. 205, 59. du : zu H. 305, 12. zu : du K. 43, 9. ; nu K. 273, 80. kule (küele) : vule (viule) H. 146, 42. richtüm : darum H. 87, 20. Paulum : richtüm K. 314, 19. bistüme : kume 611, 95. vrume : heüictüme 612, 62. sichtümen : vrumen 207, 77. tun : sun Pass. H. 43, 59. 54, 1. 69, 10. 168, 20, 227, 56. 261, 20. 302, 17. 50. u. ö. K. 29, 10. 71, 43. rün : sun H. 145, 72. 171, 57. vüren : beschüren H. 167, 22. Jude : rüde K. 77, 34. übervlüt :. brüt H. 129, 77. glüte : spute (spie) H. 291, 91. Abaguc : trüc H. 123, 43. Im Brandan lesen wir : 114. üf : geschüf 160. tun : sun 1007. irstunde (Conj.) : wunde 1329. begunden : stupiden 1588. Johann von Frankenstein reimt fremdes ü und deutsches u ungemein häufig auf uo, das als ü und gekürztes u zu fassen ist : KhuU über die Sprache J. v. Fr. 13. f. zählt mehr als 100 derartige Keime auf. Dieses verengte uo steht im reinen Auslaut vor w, n, r, d, z, c, eh. It, nd, nt, mt, rt, cht. In dem Gürtel des Dietrich von Glaz wird v. 857 büz : kus gereimt. Der Dichter von Ludwigs Kreuzfahrt bezeugt ü = uo für die Schlesier weiter, vgl. nu : frü 1148. 6104. 6144. 6162. zu : du 3826. rüm : leopardum 7822. tun :sun 303. 4330. 5030. 5448. 6538. 6656. 7689. Assur:für 168. üf: rüfdSU. 4189. : schuf 688. 962. 2314. 2408. 2900. 6686. stunt : munt 7908. ; ve^wunt 5222. bestunt : verwunt 3060. müz : su^ 5394. Jeroschin sprach ü für uo, vgl. die Keime darzü : gebü 26366. : 7685. zu : du 26014. : Esaü 2654. sun : tun 7538. 8650. süne : lüne 19958. : sune 18084. päbistüm : Innocencium 1220. conciUum : irretüm 21647. /lef- coztüm : um 25863. vür : commetür 13163. dür : vür 21357. beswür

137

:pur 8195. vure : credtüre 4003. üßuhin: Golübin 20911. drüf:güf § 140. 12540. 18759. müde : Spüde 23212. lüden : Spüden 23238. ffüte : Jets- bute 19350. gnüc'Buc 18784. irsiUhin : gebrüchin 3058. vorsücht : gebrückt 2785. -— intstunt : kunt 14015. runkunt 4002. .munt 6536. 16269. : stunt 1246. 2188. 8009. ineunt : stunt 9614. stunt : tuttt 858. m$nde : widerstunde 13936. stundin : gebundin 23605. : toundin 4711. bestundin : begundin 20470. stundin : widirsiundin 15644. voUinvurt : geburt 9246. 9670. 15368. 15534. 22119. 26755. Einige Eeime aus Hesler, die ü für uo (neben den gewöhnlicheren Ö) beweisen, führte V. Bahder (Problem 42) an.

§ 141. Wir geben jezt zunächst Beweise für ö = wo § 141. durch Reime.

Im mittelfränk. Legendär wird gereimt gezo : scö 676. Petrö : tharzo 208. gerömen : Hörnen 159. zestorde : vorde 658. : zevorde 600. göt : not 760. scoze : soze 736. scözen : sözen 728. Nachweise von 6 ausser Beim in jenem Denkmal gab Busch bei Zacher Z. X, 285. Yeldeke, von dessen ü für uo § 140 Belege gegeben sind, bindet noch öfter ein auf uo zurückgehndes 6 mit 6 oder o im Beim, dön ist im Servatius 15 mal, in der Eneide 18 mal mit son gebunden (Braune in Zachers Z. IV, 270), ferner reimt dön : Sinön 1034. 1139. ; Tarcon 8965. : Ion Serv. ü, 1074. sköne : kone En. 4579. : vrö Serv. I, 306. cäsö : dartö 11, 2207. einöde : armöde Serv. I, 1032. vlöt : göt I, 2067.

Im 'Karlmeinet, wenn derselbe überhaupt hier angezogen werden darf, herscht ö, abgesehen von zu : nu 336, 3 vgl. Bartsch über KMt S. 225. f.

Der Bother hat, den einen § 140 angeführten Beim ausgenommen, ö z. B. dön : lön 4120. könen : frönen 1737. nöde : göde 1433. 3162. neigöde : göde 1877. gemöde : verwandelöde 3005. göde : trüröde 430. . gerümöden 3653. göden : virscröden 4334. : geherbergöden 3579. göt : gedienöt 4836. ; geordinöt 3327. : gereitöt 777. : zesweUöt 24:i^. : ge- vazzöt 165. :bröt 3512. : gebot 292. :nöt 50. 108. 3186. u. o. :röt 2025. 2135. Ebenso herscht in Lamprechts Alexander o, wie folgende Beime zeigen : : 1178 (Weismann). ; Dario 1856. 2814. : Alexandrö 1891. :frö 2013. : frö 1206 (danach ist auch frö : 2820 ge- sichert), zeoören : zestören 819. wöks : gröz 5662. In den alten Ernst- brachstücken findet man nöde : einmöde IV, 43. göt : not 11, 11. V, 35; in Hartmanns Glauben ; 1880. : getö bl9. : 2252. noten : göten 1425. göten : töten 1099. 1549. Der Orendel, welcher ein par ü für uo hat, bietet mehr ö daneben, vgl. göden : nöden 480. göder : nöden 697. 1395. 2805. göde : nöden 815. 4033. blöt : gebot 73. 137 ; vgl. noch Harkensee über Orendel S. 71. Von den rheinischen Dichtem unserer Periode bezeugt dann Gotfr. Hagen von Köln ö = uo durch die Beime : 439. 833. 1949. 5306. stöl : vol 6188. sone : : köne 5061. doren : vören 648. wören : vören 904. mosten : hosten 1384.

Für hessisches ö zeugt Herbort von Fritslar, welcher dasselbe dem ü,

138

§ 141. das er daneben braucht 140), vorzieht, vgl. zoidö 4251. 4600. 5526. 5684. 7122. 7741. 7836. 9701 (vgl. do : frö 7207. : so 6680. : ReiM 5243). iezö'.ffö 18011. geawör.-vor 3382. g€vdrt:dort 2664. :wart 7684. .zerstört 18204. enpfört : gehört 2785. :wort 1153. 2966. forte : gehörte 5043. 6472. 10060. 13230. orte : zuförte 10024. gehörte : rörte 1470O. förten : gehörten 6676. : Worten 1450. 4963. 16082. porten : f orten 10174. 14026. henögen : bogen 8996, zogen : genögen 9866. 16069. versuchte : mochte 2090. Das Alsfelder Fassionsspiel kann für spätere Zeit noch das ö bezeugen, vgl. gön : tön 8091. gebot : tot (tuot) 110. got : wolgemöt 7829. Aus wetterauischen und thüring. Dichtem kenne ich kein durch Beim verbürgtes ö, wenn auch die Schreiber o und oe, oi haben. Von den Meissnem hat Frauenlob, der auch einige e = ie reimt 135), ein par o-Reime : kristendöme : Börne : blöme Spr. 128, 6. blömen : gömen Ml. 14, 2. : körnen Spr. 150, 3. söne : kröne 416, 17. Bei den Schlesien! herscht ü ausschliesslich, und von den nordöstlichen Dichtem haben nur Br. Philipp, der wahrscheinlich zu ihnen gehört aber seine grossen Besonderheiten hat, ö und zwar durchgeführt (J. Haupt in den Wiener Sitz.-Ber. LXVlll, 163); ausserdem gibt Hesler dem 6 den Vorzug vor ü (nach Bahder Problem 42).

§ 142. § 142. Aus der Vergleichung der §§ 140. 141 ergibt

sich, dass in dem grösten Theile des md. Gebietes, soweit wir aus Reimen der Dichter es übersehen können, ü und 6 neben einander hergehn. Im Norden Von Mittelfranken (Köln) waltet 0 vor, und auch im Limburgschen und im Mosellande, wenigstens während des 12. 13. Jh., ist 6 beliebter als ü. Für Hessen gilt dasselbe. In der Wetterau aber und wahr- scheinlich in Thüringen, ferner in Meissen und Schlesien herschte ü. Der Nordosten war zwischen ü (Jeroschin) und 0 (Hesler, Philipp) getheilt.

Ausserhalb der Reime ergibt sich 6 nicht bloss für Mittel- firanken, sondern auch für das südliche Franken, Mainz, die Wetterau (für Frankfurt vgl. Wülcker in Paul-Braunes Beitr. lY, 15) und Thüringen durch Handschrifben und Urkunden des 14. 15. Jh. neben ü als Vertreter des gemeinmhd. tM, Aber ü überwiegt hier ; für Ostfranken, Meissen, Schlesien ist ü die herschende Yocalform.

V. Bahder über ein vocalisches Problem im Md. S. 13. ff. 35. ff. hat über das Verhältnis von ü und ö in ihrer landschaftlichen Ver- theilong gehandelt und im ganzen dasselbe Ergebnis erhalten, wie ich oben darstellte.

139

§ 143. In dem ü und 6 ist je einer der zwei Bestand- § 148. theile des tw einseitig fest geworden.

Für das schwanken, welches diese Fixirung begleitete, zeugen die diphthongischen ^Nebenformen, die sich als tie und ui, andrerseits als oe und oi in den Schriften des 14. 15. Jh. finden, und deren u oder o zu den monophthongischen ü und 0 in Beziehung steht.

ue, auch üe geschrieben, kann an die obd. Schwächung von wo erinnern; wir beschränken uns daher darauf zu ver- weisen, dass es im nördlichen Mittelfranken neben oe und oi auftritt, abgesehen von den Monophthongen o und u.

Für ui gebe ich folgende Belege:

Eipuarien: duyn Lac. 11, 532. lU, 167. 236. u. s. o. däit Köln. Sachsp. 0. düit {:noit) Karl C. 70. düyt Sperber 19. müys 87. 304. müysse 182. nvSi/yste 287. zu vüisse Bepg. Gr. 71. leynbuych Loersch Ach. Bqu. 141 (neben hoich und boech), duich 77. genuygen Lac. U, 532. genüych Ennen I, 350. drüyge 36. 359. ungevuych Lac. XU, 657.

Mainz : duin HU. H, 718. guith III, 1328. gädt Höfer H, 53. Wetterau: huin Hü. I, 758. geduit Böhmer 472. guyt 508. struyt HU. I, 786. Moselland : tuin Spiegelb. 273, 3. guider Höfer H, 123.

Hessen: luü Myst. I. 241, 6. mieten (remigebant) Herb. 17044. Thüringen : gebruit. guit. tuit. mite, phluic Mülh. E. 28—37. bluü Haupt XV, 384. guit 388. tuit 383. muiz 377. muistin 373. In schles. Hss. kommt einzeln dieses ui vor, Eückert Entw. 118.

Für oe:

Bipuarien: moeder Hagen 17. goeden 21, goede, moede 42, voeren- 332 (3. PI. Ind. P.) und sonst (häufiger ist oi, Nebenform auch ue); ebenso in den köln. Eidbüchem (o, oe, oi, einzelne ue, ^i Ennen I, 1 76. a. 1321 95), bei Harff und noch in Eoelhoffs Cronica, zb. moene 40**. bedroeffnisse, bedroeven, genoecMich» boich. vervloichen, moitwiU d\ Moselland: doen. voegen, zo. genochlich Höfer II, 122, doen, stoende, behoeven Aufsess Anz. 3, 26. f. Wetterau: soerdude. broeder HU. I, 518. Anm.

Für oi:

Bipuarien : doit Hagen 5. boicJie 6. buschdoim 125. stoint, dovnb Hagen 3123. schoümeisterin Sperber 24. stoynt 221. voirde 136. voisse 79. royfent Nassau 31. droigen Vorbewis. 10. gnoich. irdoich 12*», lHoien Brev. 73. groien 94 (vgl. broen Sei. Tr. 140**). doin, voiren. moissen. boich. soichten Sei. Tr. 1. 2. stoü 15. oiben 222». roif 16*, bedroift 16^. hoit 15. mois 16. u. a. spSüen, spdüknechte Ennen I,. 128. spoüknechte 129. doin, upvoir, verboissen Lac. HI, 180. geroi-

140

§ 143. liehen, stoint. unwoit mois in, 247.. Öyvende Harff 103, 23. gr&m 80, 33. stSyren 101, 40. vSiren 115, 29. scSypen 81, 40. Engers- gau: ^otdc Höfer n, 109. Moselland: doin. voirvoire, goiden Lac. in, 172. moitwiüe. doen. rorent. zu döne. zo. dün Höfer 11, 140. geschoiff Musk. 58, 57. doich 67, 26.

Heinzel nimmt die oi ui ai als accentuirte lange Vocale, denen ein vocalisches Element von erhöhtem Eigenton beigesezt ward. Er erklärt sie für neue Diphthonge an Stelle alter Längen, Nfr. Geschäfts- sprache 197. ff.

§144. § 144. Der Umlaut des uo ist im Md. in unserer

Periode kaum entwickelt. Die Heime beweisen den Wider- stand, bei deren Anführung ich zur Verdeutlichung uo statt

des Monophthongs ü schreibe:

fuoren (3. PI. Pt.) ; ruoren (Inf.) Ernst D. 4821. muo : ruo Jerosch. 5683. :zuo 4983. vdfuoren (Inf .): sturen (stiuren) Eracl. Vorr. 131. 8un : kün (= küene) Jerosch. 14664. fluote (D. Sg.) : gemuote Pass. H. 119, 10. guote (N. Sg.) : gluote 118, 48. gemuoten : wuoten (Inf.) 118, 39. suoze (Adv.) ; fuoze (Plur.) Orend. 190. 3125. suoze (N. Sg.) : muoze (1). Sg.) Jerosch. 21806. muozen (D. PI.) : muozen (Inf.) Meisner MSH. 3, 102. irhuohin : betruohin (Inf.) Jerosch. 21139. genuoge : truoge (Conj.) 19053. wuoste (A. Sg.) : miioste 787. vunde : mderstuonde (-Conj.) 13934. gehurt : vuort (3. Sg.) 4126. irstuonde : wunde (Conj.) Brandan 1329.

Es steht also md. üf vor Doppelconsonanz (namentlich.

nd, nt) Uy wo sich obd. in der Regel üe findet.

Zweites Buch. Die Consonanten.

*

I. Allgemeines.

Die Consonanten nach ihrer natürliohen Eintheilnng.

Brücke Grundzüge der Physiologie und Systematik der Sprachlaute,

Wien 1856. 2. A. 1876.

Eumpelt das natürliche System der Sprachlaute. Halle 1869.

E. Sievers Grundzüge der Lautphysiologie zur Einführung in das"

Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Leipz. 1876.

2. A. Grundzüge der Phonetik Leipz. 1831.

§146.

ArticBlations-

VersehlussIaHte Explosirae

fieibelaite (fricatir oder Spiranten

liS

Zitter- iant

Sasil

Diphthong

(affricata)

Haneh- Iant

stelle

Expl. fortia

(tennia)

tonloB

ExpL lenis

(media)

tOnend

Sp. forUa tonlos

Sp. lex tOnen

Tippen

P

b

f

VyW

m

Pf

Zunge

t

d

s

f

l

r

n

z(ts)

Gaumen Velar Palatal

k

9 9

ch ch'

3

ng

kch

h

§ 146. Wenn wir den oberdeutschen und den mittel- § 146. deutschen Consonantismus der mhd. Periode überblicken, so treten deutliche Abweichungen zwischen denselben hervor; ebenso wenn wir die Vergleichung auf den älteren, im Gotischen, iN'ordischen, Sächsischen, Niederfränkischen bewahrten germa- nischen Consonantenstand ausdehnen. Wir ünden dann bei Berücksichtigung der Mutae (nach altem grammatischem Aus- druck) einen regelmässigen Wechsel derselben in folgender Art:

142

|146. 1.

Labiale : got.

nd.

6

: md.

J!*

: obd.

p, f>-

»

99

P

?>

P,Pf,f

' »

Pf, f.

*" »

»

f :

w

f,v

?>

f,r.

2.

Linguale : ,,

»

rf

»

d

j>

t.

fy

»

^

>?

t, z

»

z.

99

»

th :

»

thy dh, d :

»

d.

3.

Gutturale:

»

^

»

9

w

k, g.

* A

k : h

7>

ch, k. h.

Die Mutae der Gaumenlaute stimmen also im Mhd. durch- aus zu den nd. got., die der Lippenlaute überwiegend, allein es ist bei ihnen auch der obd. Stand nicht unvertreten ; noch stärker ist das bei den Zungenlauten der Fall. Nach der grösseren oder minderen Annäherung der md. Mutae an die obd. gliedern sich die mitteldeutschen Dialecte stufenweise.

§ 147. § 147. Die consonantischen Unterschiede des Md. und

noch mehr des Obd. von den übrigen germanischen Sprachen beruhen auf einer Veränderung der Verschlusslaute und ihrer Spiranten (der Geräuschlaute), welche die Wiederholung einer älteren Veränderung derselben Consonanten ist, die das Alt- germanische an den ererbten Explosiven und deren Aspiraten vollzogen hatte. Jac. Grimm, welcher den gesetzlichen Zu- sammenhang dieser Erscheinung zuerst vollständig erkannte^) und darlegte (Gr. I*, 584 5^2), nannte sie Lautverschie- bung. Er stellte folgendes auf:

Es entspricht urverw. med. der got. (nord. nd.) ten., der ahd. asp. ten asp., ,. ., med.

99

99

asp.

99

»

»

»

med.,

99

»

»

»

ten.

^) Den Nachweis, dass J. Grimm dies Gesetz entdeckte und nicht Kask, wie nahe derselbe auch der Entdeckung kam, gab ß. v. Kaumer (lesch. d. german. Philologie 508 514. Für Rasks Priorität war E. Jessen in seinem Aufsatz ow J. Grimms lydfremskydinqslcere (Tidskrift for Philologi og PsBdagogik II, 165- 171. Köbhv. 1861) eingetreten, und hatte zugleich zu erweisen gesucht, dass Grimm durch seine Formu- lirung des Gesetzes die richtige Erkenntnis des Verhältnisses der german. zu den urverwanten Consonanten nicht gefördert, sondern nur verwirrt habe.

143

Am vollständigsten ist die Verschiebung ausgebildet 1. im § 147. Anlaut, während sie in- und auslautend Äusnamen unterliegt, 2. bei den Lingualen ; bei den Labialen und Gutturalen stockt sie durch die Spiranten. Das Urdeutsche hatte nämliA keine Aspiraten j[>* Ä*, sondern ersezte sie durch die Spirans f und den Hauchlaut Ä, die un verschiebbar sind. Ferner wies Grimm darauf hin, dass im Oberdeutschen th durch den Diphthong ts (0) vertreten wird, dass femer t in den Verbindungen ft ht st, p in spf k in sh sich überhaupt nicht verschieben und tr nicht innerhalb des Germanischen.

Das Germanische zeigt sodann eine wiederholte Ver- schiebung (zweite Lautverschiebung). Die erste behaupten die Dialecte der zweiten Lautstufe : gotisch, nordisch, friesisch, angelsächsisch, sächsisch, niederfränkisch; die zweite vollziehen die Alemannen und Schwaben und die Eaiern; theilweise folgen die Chatten und Ripuarier und die Thüringer.

iü^ach J. Grimm ergibt sich dieses dreigliedrige Schema Labiale Linguale Gutturale

d t ^ (lat. f)

(uTverw.) h p (p (lat. f) griech.

got. P f h

(nord. nd.)

streng ahd. p/i f p

th d

g 1c X (l*t. h) k h g ch h k

z d t

Nicht alle Denkmäler der ahd. Periode zeigen die Mutae in dieser schematischen Gestalt, sondern nur die alemannischen und bairischen. Aber auch in diesen finden sich nicht selten statt der fortes p und Je die lenes b und ^. Die fränkischen Schriften der ahd. Periode stehn auf Ubergangsstufen von dem Ober- zu dem Niederdeutschen, dessen Consonantenstand von dem Niederfränkischen fest gehalten ward. Bei den Labialen behaupten die Franken durchgehends b, schwanken aber bei der Verschiebung des p; bei den Gutturalen haften g und k auf dem alten Stande, nur tritt k in- und auslautend g'ewöhnlich zu ch über; bei den Lingualen ward das nd. th {dh) bewahrt, t in der Regel zu 0 gewandelt, d meist fest g'ehalten.

Für den obd. Consonantismus der m h d. Periode erkannte Grrimm nahe Beziehung zu dem fränkischen. Bei den Lingualen

144

§ 147. ist freilich die zweite Verschiebung darchgefährt, bei den Labialen und Gutturalen aber zeigt sich ein entschiedener I^ücktritt von der sogenannt streng ahd. (dritten) Lautstufe auf die/ zweite, germanische. Es entsprechen also

mhd.

g k h

dem got. nd. & p f

^ ^ ^ h

d t th t z d

Vgl. J. Grimm Gesch. der deutsch. Sprache Cap. XVIL Deutsches Wörterbuch I, 1049 55.

§ 148. § 148. Die Untersuchungen deutscher Gelehrter nach

Grimm über die Lautverschiebung haben sich im wesentlichen der ersten Verschiebung und besonders der Natur und Ge- schichte der Aspiraten zugewendet. Aus diesen Forschungen ergab sich, dass die indogermanische Ursprache ausser den Explosiven die weichen Aspiraten hh dh gh sicher besessen hat^ und dass die harten Aspiraten ph th kh damals wahrschein- lich in der Bildung begriffen waren. Diesen Geräuschlaaten gegenüber verhielten sich die Sprachen bei der Trennung verschieden; es traten Veränderungen d. i. Verschiebungen ein. In allen indogermanischen Sprachen finden sich Belege tür die Wandelung der Medialaspiraten in die Medien; nur ist es fraglich, ob der Übergang unmittelbar geschah (Ansicht u. a. von Curtius), oder ob tönende Beibelaute die Vermitte- lung machten (Ansicht von Scherer, Paul). Im Griechischen und Slavischen kommt ferner einzelne Verschiebung der Medien in Tenues vor, im Sanskrit und im Griechischen Aspirierung von Je t p. Am entschiedensten und vollständigsten vollzog das Germanische diese Verschiebung und gelangte so zu folgendem Lautstande:

Ursprache p b hh Germ. ph p h

k g gh k^ k g

t d dh th t d

jp* und i* wurden dann noch vor der Zeit unserer ältesten

Sprachreste mit /* und A vertauscht und so ergab sich als

ältester Bestand der germanischen Muten

fph\thtd\hkg B. y. Baum er Die Aspiration und die Lautverschiebung. Leipzig 1837. G. Curtius Die Aspiration der indogermanischen Sprachen,

I

145

bei Kuhn Zeitschr. II, 321—337. Lottner Ausnahmen der erst^ §148. Lautverschiebung, bei Kuhn Z. XI, 161 205. Grassmann Die Aspiraten und ihr gleichzeitiges Vorhandensein im An- und Inlaute der Wurzeln, bei Kuhn Z. Xn, 81 138. Scherer Zur Geschichte der deutschen Sprache. 2. A. S. 122-146. 146—150. 151—173. Heinzel Geschichte der niederfränMschen Geschäftssprache. Paderborn 1874. S. 115 179. B. Delbrück Die deutsche Lautverschiebung in der Zeitschr. f. deutsche Philol. 1, 1. ff. 133. ff. Paul Zur Lautverschiebung in Paul und Braunes Beiträgen I, 147 201. Kräuter Zur Laut- verschiebung. Strassburg 1877. Dazu K. Yerner im Anz. f. deutsches Alterthum IV, 334. f.

§ 149. Wann die Germanen die erste Lautverschiebung § 149. abgeschlossen und damit einen ihrer karacteristischen sprach- lichen Unterschiede von den Slawen Kelten Italem Griechen gewonnen hatten, wissen wir nicht. Nur scheint sicher, dass es vor der Beseitigung des freien indogermanischen Accents geschah (Vemer bei Kuhn Z. XXIII, 128. fi:). Der gröste Theil der Germanen blieb auf der neuen Consonantenstufe stehn ; nur die Alemannen und Baiem, wie erwähnt, begannen die Ver- schiebung noch einmal und zwar vermuthlich, nachdem ihre politische Selbständigkeit durch die Franken gebrochen war. Im 7. Jh. stund das Oberdeutsche schon auf der dritten Con- sonantenstufe, und der Unterschied zwischen Oberdeutsch und Niederdeutsch trat nun scharf hervor. Karacteristisch für den oberdeutschen Gonsonantismus sind z und ch als Verschiebungs- formen für i und h (vgl. das Schema in § 147). Es stellte sich gleichzeitig ein allmählicher Übergang von dem ober- deutschen zu dem niederdeutschen Gonsonantismus her. Jene neue Bewegung der Mutae trug ihre Wellenkreise in das Zänkische Gebiet hinüber: die Bewegung kam von Süden, je nördlicher die Landschaft, um so schwächer war ihre Wirkung. Die Franken zerfallen in drei Haupttheile^): Chatten, Bipuarier^ Salfranken. Die Chatten sitzen nicht bloss im alten Stamm- lande, sondern auch links des Bheins im Mosellande, femer

») Ich bin zu derselben Ansicht gelangt, welche E. Schröder bei seiner Besprechung des 5. Bandes vod G. Waitz deutsche Verfassungs- geschichte in Sybels Histor. Zeitschrift XVII, 405. f. ausgesprochen hat. Zum Beweise der Besetzung des Moselthals durch die Chatten ist auch Arnolds Buch Ansiedelungen und Wanderungen deutscher Stämme I. bestimmt.

Weinhold, mittelhochd« Gramm. 2. Aufl. 10

146

§149. südlich links und rechts des Rheins bis zur alemannischen Nordgrenze, ebenso im ganzen Mainthal. In diesen oberen Landschaften waren Mischungen der Chatten mit den Ale- mannen und den Baiern eingetreten. Hier ward auch die oberdeutsche Lautverschiebung am stärksten empfunden und der Gonsonantenstand am meisten dem obd. genähert. In dem altchattischen Lande (Hessen) und an der Mosel blieb die Bewegung schwächer. Die Ripuarier, die von der Brohl bis über den Einfluss der Erft den Rhein hinab sassen und sitzen, v^estlich bis über die Maas, östlich bis an die Sieg- quellen und das Grenzgebirge zwischen Franken und Sachsen ausgebreitet, zeigten fast dasselbe Verhalten gegen die obd. Bewegung wie die Chatten. Je nördlicher die Lage um so schwächer wirkte der Stoss. Die Salfranken in der nieder- rheinischen Ebene nördlich der Erft, und an der untern Maas und Scheide empfanden von ihm gar nichts. Diese mittel- deutsche theil weise, von Süden nach Norden sich abschwächende Lautverschiebung ist ein lebendiger geschichtlicher Vorgang, und nicht eine künstliche Übertragung einer Hof- und Schreiber- sprache in die Mundart gewesen.

Das Thüringische steht auf einer Übergangsstufe vom Ostfränkischen zum Sächsischen.

Das folgende Schema wird den Vorgang in seinem Ab- stufungen veranschaulichen.

Oberdeutsch

P

ph

f

t

z

d

k

ch

h

Oberfränkisch

h

ph,p

f

d,t

z(t)

d

g

ch

h

Hessisch

b

ph, p

f

d

z,t

d

9

ch, k

h

Thüringisch

h

ph,p

f

d

z(t)

d

9

ch, k

h

Bipuarisch

h

P

f

d

z,t

d

9

k, ch

h

Niederfränk.

b

P

f

d

t

th

9

k

h

Über die fränkischen Consonantenverhältnisse W. Braune Zur Kenntniss des fränkischen in Paul und Braunes Beiträgen I, 1 56. Meine Ansicht, aus eigener Quellenforschung gewonnen, steht der Brauneschen sehr nahe. Über die neueren Verschiebungsgebiete län^ des Kheines: F. W Wahlenberg Die niederrheinische (nordrhein- fränkischo) Mundart und ihre Lautverschiebungsstufe. Köln 1871. (Progr. des kath. Gymnasiums an der Apostelkirche.)

§150. § 150. Die Verschiebung der Verschlussconsonanten

(Explosivae) tritt am reinsten nach der Theorie im Anlaut

J

147

hervor ; im Inlaut und Auslaut erfuhr sie Hemmungen. Für § 150. den Inlaut beruht dies wesentlich darauf, dass die alten Medialaspiraten hier selbst oberdeutsch dann noch fortdauerten, als die zweite Verschiebung im Anlaute längst vollzogen war. Die Medialaspirata erleichterte sich dann zunächst zur Media, die also da erscheint, wo im Anlaut die obd. Tennis steht. Zwar wird von den obd. Schreibern iu der Regel auch in- lautend die Tennis gesezt, aber der wirkliche Lautwert ist nicht die Explosiva fortis, sondern ein Mittellaut zwischen fortis und lenis, den Brücke geflüsterte lenis nannte.

Im Auslaut kam das Verschiebungsgesetz nur gestört zur Anwendung, da die Media an dieser Stelle nicht geduldet ward. Oberdeutsch gilt die Hegel, dass im Auslaut nur Explosiva fortis oder fricativa (so wie affricata) stehn kann, denn die lenis hier zu sprechen, schien zu schwierig. Doch ward seit dem 14. Jh. von der alten Regel mehr und mehr abgewichen. Auch mitteldeutsch steht jene Regel bei den Schreibern in Ansehen ; sie setzen abqr auch oft die Media oder die durch die dialectliche Aussprache in manchen Fällen gerechtfertigte Fricativa als Vertreterin der alten Medial- aspirata.

Beispiele obd. gap md. gab gaf, Plur. gäben, lop, lob lof, Gen. lobes. lamp, Plur. lember. rat, Gen. rades. tot, töd : tödes. blint : blindes, tac, tach : tages. sie, sig : siges. junc, jung : junger.

In Zasammensetzungen wird der Auslaut ganz ebenso behandelt, zb. apgründe, selpwdhsen ripuar. selfwahsen, tötvar, betrüepnisse ripuar. bedroefnusae ; jnäcschaft, burcUte,

§ 151. Ausserhalb des Grimmschen G-esetzes der Laut- § 151. Verschiebung treten einige Fälle homorganer Laut- verschiebung auf, die zum Theil nur mundartlich gelten, zum Theil aber allgemein deutsch sind (Rumpelt deutsche Grammatik I, § 40).

1. Verschiebung von Labialen.

Anlautend Wechsel von b und w, besonders im bair. Dialect, § 159. 178. BGr. § 124. 136. AGr. § 166; in- und auslautend Wechsel von w und b in jüngerer Zeit, zb. gräw : grab grober^ gelw : gelb, farwe : färbe, gerwen : gerben.

10»

148

§ 151. Vor sufSgirtem t verschiebt sich b b p des Wurzelaus-

lauts zur harten Fricativa allgemein germanisch: schaft, gift, trift, gruft, dürft.

2. Verschiebung von Lingualen.

Vor allem ist hier der oberdeutsche grammatische Wechsel von d zu t in den kurzvocalischen Perfectformen der Zw. liden miden sntden sieden queden werden zu be- merken: d geht nach dem kurzen Vocal in t über. Vergl. liden : Uten Ute geUten, sieden : suten sute gesäten, seltener in queden : quäten geqmten, werden : wurten geworten. Das Md. hat diesen Wechsel von d und t nicht.

Derselbe grammatische Wechsel tritt zwischen s und r regelmässig ein in den Zw. wesen, Verliesen, vriesen, vgl. wären wcere (aber Ptc. gewesen), verlum verlorn, vrurn gevrorn; schwankend bei kiesen, vgl. kusen kurn, gekosen gekorn ; ausnamsweise im PL Pf. Ind. von lesen genesen risen, denn läsen genäsen risen sind häufiger als lären genären rirn.

Eine grosse Zahl der deutschen r geht bekanntlich auf

s zurück, § 206 ; als Wechsel zeigt sich dieses Verhältnis in

Ableitungen, so steht neben st. Zw. genesen das schw. nem,

st vriesen schw. vroeren, st. lais- schw. leren.

Den Grund des gennanischen Wechsels, der auch bei gutturalen Yerbalstämmen sich äussert 152), hat K. Yemer in dem yariirenden indogermanischen Accent entdeckt und ist durch seine Untersuchung (Kuhn Z. XXIII, 103 114) zu der Begel gelangt: Indogermau. k t p gingen erst überall m h ß f über. Die so entstandenen tonlosen Frica- tivae nebst der vom indogermanischen ererbten tonlosen FricaÜTa 8 wurden weiter inlautend bei tönender Nachbarschaft selbst tönend {g d h r [got. z])y erhielten sich aber als tonlose Fricativae im Nachlante betonter Silbeu. Vgl. dazu Paul in den Beiträgen VI, 538. ff.

Übergang des lingualen Verschlusslautes (d) in den lin- gualen Zitterlaut (r) zeigt sich in unserer Periode im Hes- sischen, § 213.

In einer älteren Zeit der germanischen Sprache galt femer das Gesetz, dass Lingualis vor Lingualis- sibilirt ward d. i. in 5 übergieng; so ward veit-t : veisty möt-da : mosta, mot't : most, hlad-ti : last. Dieses Gesetz verlor später seine Geltung und bei den vielen schw. Perfectis der Verbal-

149

stamme in d oder t wirkte es nicht mehr. Aber in jenen § 151. Fällen blieb es in Xraft und ahd. mhd. nhd. erhielten sich durchaus wiste weist, mfwste muost, last. Die Nachwirkung Jenes G-esetzes äussert sich auch in den verkürzten Super- lativen beste, teste, groeste von haz, laz, gröz.

§ 152. 3. Verschiebung von Gutturalen. §152.

Grammatischer Wechsel zwischen h und g zeigt sich regelmässig bei den Zw. dihen, zihen, ziehen in den kurzYocalischen Perfectformen : digen dige gedigen, zigen zige gezigen, zugen zuge gezogen? Über das ganze Ferfect dehnte er sich aus in den Zw. slahen, twahen, gewahen, vgl. sluoc sluogen slüege geslagen, twtioc getwagen, wuoc getoagen.

Mundartlich, namentlich md., erfolgt dieser grammatische Wechsel bei sehen, geschehen in den langvocalischen Perfecta formen sägen Stege, geschägen.

Eerner wechselt g und j im Anlaut einiger Worte : g bleibt vor i, j tritt vor den andern Vocalen ein, vgl. gihe, gise, gite : jehen jah, jesen jas, jäten jat. Inlautend ist dieser Wechsel der Velaren und palatalen Gutturale häufiger: md. wird g uach Yocal oder Liquida allgemein als j gesprochen. In den Schriften der mhd. Zeit aus dem westlichen Mitteldeutschland besonders findet sich dafür ofb ch geschrieben, § 233.

Auslautend geht g mitteldeutsch fast allgemein in die Fricativa über ; es wird ch dafür geschrieben. Derselbe Vor- gang mit derselben Bezeichnung geschah auch oberdeutsch, so dass hier Reime zwischen g (ch) und ch ebenfalls gebunden werden, AGr. § 224. BGr. § 186. In- und auslautend ver- schärft sich häufig h zu ch.

Vor sufQgirtem t wird Gutturalis des Wurzelauslauts sibi- lirt, d. i. g oder k wandelt sich in h, vgl. mäht slaht traht pfliM zuht, brähte dähte dahte (ducte deckete), dühte, worhte.

§ 153. Die homogene Lautverschiebung ist wesent- § 153. lieh ein mundartlicher Vorgang und nur selten gemeindeutsch.

1. Wechsel der Liquidae.

r und l alem. häufig Mrche : chüche, herjen : hdjen, smieren : smiden, femer im SufQx fremder Worte zb. prior : priol, marter : martel, horper : korpd.

150

§153. l und n kloblouch : knoblouch, werlt : wernt (eis.),

eilende : md. enlende ; im Suffix : adenlich, frevenlich. n und l sniume : sliume, snoede : sloede, m wird zu n allgemein im Auslaut der Flexionen und auch der Suffixe, ferner oft dialectlich im Stammauslaut §§ 215. 217, sowie vor t oder d {kunt, nint, Hunde).

Mundartlich (besonders bairisch) erfolgt Wechsel Yon lingualem und gutturalem« Nasal (n nn : ng), ebenso von gut- turalem und labialem !N^asal {ng : m), § 215. 218.

2. Wechsel der Labiale, m und b -— mit : md. bü.

m und w man : alem. wan.

w und m wir : obd. md. mir mer; niuwan : alem. niuman numen.

3. Wechsel von j w h dui vocalischem Wurzelauslaut : fruoje fruowe, blüejen blüetven, müejen muowen; nhd. trat dann h an die Stelle.

4. Wechsel der harten Fricativen.

kriechen : ripuar. kriefen (Hagen 5940. Sei. Tr. 26'. Harff 16, 18. Cronica 221); slichen : slifen, slaf : slach.

Bekannt ist der Übergang von ft zu ripuar. (und nd.) ehty zb. graft, hraft, -haft, stiften, luft : gracht, kracht, -hackty stichten, lucht. Aber auch cht (ht) geht zu ft und selbst zu st über, vgl. drohtin : druftin drusten; knehte : obersächs. kneste Leipziger Sachsensp. II. 66, 1. rihtet : ristet ebd. II. 72, 2. Ebenso wird ft : st in vernunst (md. häufig), in sigenunst (gereimt auf brunst Reinfried B. 20481, auf kunst Frauenlob 233, 5) und oberdeutsch nicht minder in numft : numst nunst und mit Ausstoss des !Nasals nusty vgl. Lexer U, 917. III, 190. Schmeller bWb. I», 1744. f. Graflf n, 1076. f.

5. Wechsel von harten Explosiven. Mitteldeutsch geht anlautendes tw in kw über: twehele

twerh twingen werden zu quehele querh quingen § 227. Inlautend tritt die homogene Verschiebung auf in schuppen : schucken ; auslautend in dietmarket : dipmart HU. III, 1274. 1210. Andere mundartliche Fälle dieser Verschiebung gibt aus späterer Zeit B. Hildebrand in Grimms d. Wb. V, 5. 6.

151

§ 154. Consonanten wirken auf Consonanten wie Yocale § 154. auf Yocale in Umlaut und Brechung wirken. Biese gewöhnlich Assimilation oder zuweilen Gonsonantenumlaut genannte Veränderung des einen von zwei sich folgenden Consonanten ist verschiedener Art.

1. Yöllige Angleichung a) des ersten Consonanten: anme amme, unmtere ummcere, nemnen nennen; jswinlinc zwilUnc; guotUh guollih; Metfrit {Mahtfrit) Meffrit Meffert; Bichfrit Riffrit; hohfart hoffart; als ass (alem.); wahsen weisen, hehse hesse, ohse össe (md.). b) des zweiten Consonanten: stitnne stimme; wambe wamme, imbe immcy ^imber simmer, umbe umme; demjan demmen, hemjan hemmen; seljan seilen, zeljan seilen; selbe seile; brenjan brennen, kenjan kennen, brunje brünne; phentinc phenninc; gescheftic gescheffig. Die deutschen Doppelconsonanten gehn meistens aus dieser Gleichmachung hervor. Regel ist^ dass Gemina nur inlautend stehn kann, auslautend wird sie zur Simplex: tiifnme um, manne man, kennen kan, vallen val, rosses ros, küssen kus.

2. Homorgane Assimilation.

Der linguale JKTasal geht vor Labialis in den labialen Nasal über: anbos ambos, inbiz imbiz, enbieten embieten, enpfelhen empfelhen, unbris umbris, Reinpreht Reimpreht, Honburc Homburc Homburg, Babenberc Babemberc Bam- berg, Wirtenberc Wirtemberc. In der Wurzelsilbe selbst : panp, germ. fimf.

Explosiva wird vor Nasal zu Nasal : stibne stimne (weiter assimilirt stimme).

3. Homogene Assimilation.

Die Lenis wird vor Fortis zur Fortis; es geschieht be- sonders bei vocalischer Syncope: habte hapte, lebte lepte, uobte uopte, verdarbte verdarpte, neigte neide, vuogte vuocte, hängte hancte; abends äbents. Streng durchgeführt ist diese Assimilation nicht worden.

§ 155. Unter die consonantische Assimilation gehört auch § 155. die mhd. nur vereinzelt, ahd. durch Notker und seine Schule ausgebildete Lautabstufung, wie J. Grimm sie nannte,

152

§ 155. wonach anlautende Lenis nach Yocalisohem oder liquidem Wort- 8chlu88 Lenis bleibt, nach anderm Wortauslaut aber Fortis wird. Mhd. äussert sie sich nach den Hss. zu urtheilen an b und d, die nach anderm als vocalischem oder liquidem Wort- schlusS; namentlich bei Anlehnung, oft zu p und t werden: ich pat, hundert pette, mac porgen, dasi tu^ des tiu. In Zusammensetzungen geht nach diesem Gesetz, selbst wenn der Schlussconsonant ausfiel, b oft in p, g in k über: halsperc^ wütprcete, Liu(t)polt; quecprunne, Liu{t)lcart h^v g zeigt sich namentlich nach dem Präfix ent, wenn dieses auch zu en geworden war : enkegen enkelten enkurten enkän. Dem ent- sprechend ist p für 6: enpieten empieten, enprennen. Am meisten zeigt die Lautabstufung auch ausser Zusammensetzung die Hs. D des Wolframschen Parzival.

J. Grimm Gr. I*, 381. Gesch. d. deutschen Spr. Cap. XVL Höfer in Pfeiffers Germ. XVIII, 200—206. § 156. § 156, Es erfolgen manche consonantische Ab- und Zu-

thaten, welche den An- In- oder Auslaut der Worte vor unsem Augen umgestalten. Die vorhistorische Veränderung des ger- manischen Wortauslauts durch Abstoss gewisser Consonanten und Vocale der grammatischen Formen haben wir hier nicht zu berühren.

Wegwurf (Apothesis).

Am Anlaut geschieht der Wegwurf (Aph aer es is) in der mhd. Periode selten; am häufigsten von j in jäm-er jener : ämer ener. Manchmal in Nortlant Normanie : Ortlant Ormcmie. Über neuere bairische Aphaeresis des n BGr. § 165.

Im Inlaut ist der Ausstoss (Ecthlipsis) häufig; er be- ruht auf Veränderung der Qualität des Conso*nanten, die bis zur Auflösung führt So wird g palatal, dann zu i: maget meit, megin mein, regin rein, liget lit; b und d werden mouillirt, gehn dann in blosses j über und dieses löst sich ganz auf: geben gen, gibet git, haben han habete hate; add dl in Albreht Alheit u. s. w., uodel uol in Uolrich u. s. w. Derselbe Vorgang wird bei l m und n anzunehmen sein: wein wen, soln son, nemen nen. Der Übergang von dentalem zu uvularem r führte weiter zur Vernichtung desselben : werU

153

weit, vordem vodern, dornstag donstag. Der iN^asal löste sich § 156. auf, so im Alemaniiischen häufig, zb. eir, iuser, soft, giegen AG-r. § 200, im Suffix künec phennic. Ebenso verhallte der Hauchlaut h: stdhel stäl, mahel mal, slahen slän, jehen jen; vor t : iet niet, näte brate, et, ot (Partikel und Adjectivsuffix), vor rt: forte worte (forhte worhte), vor st: hoste. Sehr stark ist die Ecthlipsis des £r in län müen = läeen müesen.

In Zusammensetzungen schwindet der auslautende Con- sonant des ersten Theils nicht selten, zuweilen aus Euphonie, meist aber um die Aussprache zu erleichtern; zb. ist t ge- schwunden in Diepolt lAukart, amman, Präfix ew- (zb. en- bieten, engelten, enstän), geisUch, krisnaht, lussam ^ in Stfrit (mit Verlängerung des i durch palatal gewordenes g), ch in riliche, Bifritf kirwihe chilwthe, büstahe.

Abwurf des auslautenden Consonanten (Apocope) wird nicht selten vollzogen. Regelmässig schwanden j und w im Auslaut; sie lösten sich in die verwanten Vocale i und u auf und fielen dann ab.

r fiel ab in den Partikeln da hie, ofb in ave abe, dialectlich selbst in schier.

h verhallte häufig nach langem Yocal oder nach Liquida: na, fä, gä, fld, ho, 16, dur, alem. wel swel,

n verklang dialectlich in der Infinitivendung, § 368. 395.

t fiel während unserer Periode von der Flexion der 3. PI. Ind. Präs. -ent allmählich ab. In grober fahrlässiger Mundart schwindet es auch sonst am Auslaut p/ef*, nimp, schrif, nich,

§ 157. Den Gegensatz zu der Apothesis bildet die Ein- § 157. und Zufügung eines Consonanten.

Die Vorschiebung (Prothesis) ist wenig entwickelt, am meisten noch die Vorschiebung eines h vor vocalischen Anlaut, die wenigstens graphisch auftritt. Vorschiebung von n und t reicht nicht in mhd. Zeit zurück, wenn sie auch später oberdeutsch erscheint. Zu erwähnen ist prothetisches m in Mortenouwe Staufenb. 53. 992.

Epenthesis, Einschiebung eines Consonanten, ward früh vollzogen und lebte auch später. Allgemein germanisch ist

154

§ 157. Epenthesis einer euphonischen Fricativa (f, s) vor suffigirtes t : a) f zwischen Liquida und t (i) ; hulft, humft, numft, b) s zwischen Vocal oder Liquida und ^ 1) in Nominalbildungen: iluost, geswulst galster, unst gunst, gespenste gespinst ge- winst, brunst kunst runst, turst; 2) im Verbum: 2. sg. anst kanst tarst; Prät. (fränk.) onsta konsta, md. gonste gegonst.

Verbreitet ist femer die Einschiebung eines Nasals in die Wurzelsilbe : m vor Labialis, n vor Lingualis oder Gutturalis

a) zb. dimpfen dampf, krimpfen krampf, imbe, tump. Über die obd. Ausbreitung dieser Nasalirung AGr. § 167. BGr. § 138.

b) winter; dringen dranc, dinc, blanc, sinken, trinken, vgl. AGr. § 201. BGr. § 168.

Seltener wird r eingeschoben, d. h. der Vocal der Stamm- silbe wird mit Zitterlaut gesprochen: wirder, verlurst, Nbf. zu wider, verlust.

Häufig wird ein & j9 an m, d oder t an w r Z 5 und Gutturalis epenthetisch und epithetisch angeschlossen ; doch bleibt dies eine mundartliche Freiheit.

1. lampt lempte isimpt kumpt, namblich imber heimbsch; boumb eigentumb.

2. gestalde; andel mendlich indewendig minder dunder morndes. mintst; ellenthaft, wi^zentlich, eintweder; westert- hdlpf magtjsoge, nachtbaur. dannent nebent allewegent, innert iendert, änderst sust, dennocht.

§ 158. § J.58. Consonantische Umstellung (Metathesis) voll-

zieht sich in Stanmi- und Endungssilben.

r wird umgestellt in perht in Eigennamen, zb. Albreht Beinpreht, ferner elsäss. und md. in bemen birnen bume, bersten, dirte; in Endungen: dunrestac, inrethalp, dekeinre, anderre unserre. Das Präfix er- kann nach Vocal oder Liquida umgestellt werden: do restarp, wöl rekande, mir reiseiget. Zuweilen tritt das umgestellte r aus der Endung in die Wurzelsilbe: dornstac; ebenso umgestelltes l: nälde nolde aus nädel.

n wird in den Endungen an Stämmen auf Liquida auch gern umgestellt : einne, anderne, wUne, helfeme für einen^

155

anderen u. s. w. Bairisch und alemaiiDisch tritt es auch in den § 158. Stamm ein : gsenge sang genged = gesegenen sagen gegend. s wird umgestellt in lespe (MSH. 2, 241*) trespe wespe für lepse lefse, trepse trefse, wepse wefse.

n. Die einselnen Consonanten. 1. Die Uppeneonsonanten h p ph f v w m*

B.

§ 159. Oberdeutsch. Im Anlaut setzen die alem. §159. bair. Hss. und Urkunden der mhd. Zeit sehr häufig h, das dem md. nd. h gleichsteht und eine Rückschiebung des streng- ahd. p ist. Unter andern können Windberger Ps., Benedict- beurer Pr., Milstätter Hs., Wernhers Maria A D, Nibel. CBA, Iwein B, Parzival G D belegen, wie b in der mhd. Schrift- sprache Regel geworden war. Ausnamen begegnen freilich genug, und die Schreiber des 14. 15. Jh. bevorzugen sogar wieder p, weil sie der zwischen Fortis und Lenis schwebende £lang des obd. p über die Bezeichnung unsicher machte. AGr. § 148. BGr. § 121.

So werden auch fremde früh entlehnte Worte mit an- lautendem p, sofern dieses nicht zu ph verschoben ward, in der Regel mhd. mit h geschrieben: bähest, balme, baradis, bäte, bech, bügerin, bischof, bir, bühse, bumejs, bütze, bre- digen, briester, brobst, brüeven (probare). Auch bei einigen jüngeren kommt b vor: bris, bappier, bovel, borte, bulver.

Über den Einfluss eines vorausgehnden Lautes auf an- lautendes b §§ 154, 3. 155.

Der bairische Dialect liebt anlautendes b zu sibiliren; so begegnen im 14. 16. Jh. häufige w für b, BGr. § 136 und unten § 178. Den Gegenzug bildet die Wandelung der tönenden Fricativa w zur tönenden Lenis b, die gleichzeitig sehr oft erscheint, zb. ban, gebanheit, bant, gebalt, furbär, sunbenden, sinbel, berden, gebesen, albeg, ebenbeich (eben- wihe), Ludbeig, bü, gebinnen, birt, bot, bort, gegenburtig, bunden, burm, buehs, verbuesten, und selbst in Verbindung

156

§ 159. mit Lingualis : tbingen, zbai zbir zhischen, sbam shert ge^

sborn, BGr. § 124. § 160. § 160. Inlautendes obd. b ist ein Verschlusslaut, neben

dem die Spirans v (= 6*) von älterer Zeit noch fortbestund § 173, wie die Doppelformen derselben Worte bezeugen: aber ater, haben haven^ drchben draven, heben heven, werben werven, elbiis elvie, wibel toively diube diuve, gelouben ge- louven, suber süver. Ganz fest geworden, d. h. nicht von altem v begleitet, steht b in graben, habech, hoher, nabel, schaben, geben, leben, nebel, biderbe, sterben, gibel, Nibelunc, siben, Miben kleiben, beliben, triben, lieben, schieben, obe, loben, toben, houbet, rouben, über, furben, trübe, uoben, buche,

Ausnamsweise wandelt sich aus f entstandenes v zxi b: 80 kommen zuweilen vor hübesch aHeinr. A. 74. hübsch ebd. B. hobesch Nib. C. 11253, frebel, stoebel, AGr. § 155. BGr. § 125.

Häufiger ist, besonders in späterer Zeit, der Übergang von suffigirtem m; zu 6 : grober pläber phäbe, färbe f erben, hauben (houwen), snebes, gelber, gerben, Serben, witebe, hibisk (schon Vor. Kaiskr. 195, 7), speiben, ruoben. AGr. § 155. BGr. § 125.

Das tonlos werden des b vor t, also Übergang von b in p vor t, ist § 154 erwähnt, die Epenthesis von b § 157.

Doppeltes b ist oberdeutsch nicht häufig. Elsässische Schriften des 14. Jh. lieben bb nach Kürzen wie Längen, 2b. abbe, hebben, gebben, getribben, obben, lobben; Ubbe, schribben. Selten vertritt es pp.

Im Auslaut wird nach obd. Gesetz tönender Verschlusslaut

tonlos, b wird also zu p. Sorgsame Schreiber des 12. 13. Jh.

beobachten die Begel meist genau. I^ur erhält oft vocalischer

Anlaut des nächsten Wortes, auch zuweilen m, d, s die Lenis,

so zb. gab in, lob unde, treib er, gib mir, schreib den. Seit

dem 14. Jh. gerät jenes Gesetz bei den Schreibern mehr und

mehr in Vergessenheit.

Wenn in geistlichen und volksthümlichen Dichtungen des 13. Jh., auch bei Wolfram und dann später im 14./16. Jh., Keime zwischen h und d, p (=^ h) und t, ebenso h und g, d und g vorkommen, so sind das alte assonirende auf Homogenität gegründete Beime.

157

§ 161. MitteldeutBch. Anlautend ist md. & durch- §161. au8 die unverschobene gemeingermanische Media; über die Verschiebung desselben in manchen Mundarten zu p % 165. Fremdes ^ wird wie im Obd. als b wiedergegeben, § 159. Auch in den slavischen entlehnten Worten ward p zu h, vgl. buste (slay. pusty) Jerosch. 21930. Für anlautendes w kommt b in späterer Zeit vor, so im hess. (Alsfelder) Passionsspiel : bie 1770, Mich 3215, bo 3450, ferner in harttberg Cod. Sax. II. 6, 101, in schlesischen Schriften des 14. 15. Jh. : balde, irbegit, schuborte (schühworhte, vgl. den heutigen Familien- namen Schubert), vorburfen, Rückert Darstell. 123.

Für m tritt b auf (der Nasal des Lippenschlusses wird zur Lenis) in bit = mit. Dieses bit reicht von dem Worms- felde (HU. III, 1455. Mone Z. 6, 319. Schausp. d. Ma. I, 69) den Rhein hinab bis nach Köln. Am frühesten tritt es im Trierschen Capitulare (M.-Sch. Denkm. No. LXVI), dann im Friedberger Krist und Arnsteiner Marienieich auf; der Rother hat es ziemlich oft, zb. 2969. 3030. 3410. 3528. 3604. 4362. 4471. 4771, ebenso die Erfurter Fragmente des Rolandsliedes (Zacher Z. X, 486), die Lachmannschen niederrhein. Bruch- stücke und die nrhein. Marienlieder. Im trierschen Floris erscheint es nur einmal, kommt aber hier wie in Ulrichs von Eschenbach Wilhelm 2996 auf Rechnung des Schreibers. Noch die Urkunden des 15. Jh. zeigen es. Im nördlichen und west- lichen Mittelfranken erscheint es nicht (Busch bei Zacher X, 303). Aus Hessen, aus Thüringen und dem Osten kenne ich es ebenfalls nicht. Nach Oberdeutschland reicht es in der Verbindung mit dem Instrumental alle in bitalle betalle zb. im Lanzelet und im Tristan F, femer im Tegemseer Arzneibuch 6' (vgl. auch Schmeller-Bergmann Cimbr. Wb. 112), mag aber hier kaum heimisch sein. Wackernagel verglich zu bit = mit gr. jiiöa = iiera.

§ 162. Inlautendes md. b ist im allgemeinen wie §162. gemeindeutsches b Verschiebung der alten Labialaspirata &*. Hieben diesem b zeigt sich die Spirans v sehr verbreitet, § 176. Ausserdem tritt b im Inlaut für v auf, das an Stelle der tonlosen Labialspirans f getreten ist. Es finden sich in den

L

158

§162. md. Schriften des 12. 15. Jh. nebe, frebel frabel vrebellich, swebel, grebe (Graf), swlbel ewibeln, höbe (hobereide. höbe- stede) hobisch hubesch, oben td)ir ; ferner in fremden Worten : briebe, rebindir (Hü. I, 908. rebbinter Jerosch. 9849 = reventer, refectorium), bischobe, tübü, prüben. Das eigentliche Gebiet dieses b ist das südliche Franken, Hessen und Thü- ringen ; in Ripuarien, wo die Spirans ihre Herschaft behauptete, bieten es die Schriften nur ausnamsweise, wie das inlautende

b überhaupt. Die Ostdeutschen haben dieses b.

Eeimbelege : graben : gäben Alex. 1792. habe : abe Jerosch. 27695. neben : geben Herb. 120. 5967. : leben Herb. 207. 1493. Tristr. 689. geneben : geben Alex. 3770. : eben Pilat. 347 (170). swebel : nebel Pass. H. 287, 95. Kristherrekr. 48*. webel : vrebel Frauenlob Spr. 268, 8. 10. vorebü :nebü Jerosch. 13531. liebe : briebe Hartm. Gl. 919. Herb. 1206. 5956. 12434. obe : höbe Damen MSH. 3, 169»». höbe : obe Herb. 16254. ,• lobe Hartm. Gl. 3062. Pilat. 454 (279). Herb. 105. 516 u. ö. Segrem. 138 (Haupt XI, 496). bischoben : oben Jerosch. 25201. gelobet : geftobet Herb. 1918. ubere : Gübere Jerosch. 12167. prubet : trübet Eumsland MSH. 2, 369».

So wie V, geht das nah verwante w md. zuweilen in b

über. Abgesehen von den gemeindeutschen swälbe velben

selben (inf.) varbe gerben herbe verben,

{herbe: erbe Jerosch. 16384. herbin : vorterbin 11655. vorterbete :intverbete 110.)

in denen w auf l oder r folgt, sind hessisch Jcniben (kniewen) Aisfeld. Sp. 1016. und schlesisch aus dem 14. 15. Jh. ebich, ebecUchen, lebe, getrübelich zu belegen, vgl. Hückert Entw. 124. Cod. Sil. IX, 234.

Die Doppelung bb vertritt weit häufiger als im Obd. einfaches b nach kurzem Yocal, zb. abbe, Wcdrabbe, ebbene, JEbbernandf Ebberold, gebben gibbit, hebben, Hebbel, selbst vorebbele : nebbele Jerosch. 26494, obber, ubber. Auf bj geht bb zurück in Jcribbe, ribbe, gestubbe, wahrscheinlich auch in ubbic.

bp, pb für b vor t wird aus Unsicherheit des Schreibers, ob er b oder p zu setzen habe, entstanden sein: zb. ahpit HU. I, 522. apbt, houbpt Köditz G. 15, 30. 63, 2.

VoraDgehndem m assimilirt sich b im Md. sehr gern: ammet, immejs, umme, hummer, tummer, stumme sind recht

159

eigentlich md. Formen dieser Periode, während im Anfang des § 162. 12. Jh. noch mb vorgezogen ward.

Epenthetisches 6 an m zeigt sich in ymher Ath. A°. 47. umher grRud. 23, 7. 24, 11. Alsfeld. 8p. 7773. Lac. IIl, 60. umh€rm& ebd. 647. numberme 792; embder Lac. III, 180. incötwft^ 683.

Ausfall von b (durch v vermittelt) kommt zuweilen vor. Im Orendel wird bidere (= biderbe) gereimt auf nidere 2799 und widere 2565. 2667. Vgl. ferner Orwetthere = Oberwettere hess. TJrk. v. 1301 (Arnold Ansiedel. 633), heutmanne (1426) C. d. Sax. IL 8, 95. 97. brostei Germ. XVII, 350. proest (1317) Lac. III, 163. proyst Kölner Cronica 158^ Vgl. auch meine Dialectforsch. 72.

§ 163. Auslautendes b wird auch md. tonlos und § 163. daher durch p in der Schrift ersezt; aber es ist nicht so fest wie oberdeutsch, denn den md. Dialecten, deren nördlichste in den in Betracht kommenden Worten sogar die Fricativa f haben, ist die tönende Lenis weit gemässer, die daher auch von Schreibern entschieden dem gemeindeutschen p vorgezogen wird; so wird im Athis auslautendes b durchgeführt, in der Elisabeth überwiegend bevorzugt.

Jenem inlautenden b aus f 162) entspricht in den- selben Gegenden ein auslautendes b fiir f:

hob (mare) : ab Jerosch. 4851. 4902. : wah 22692. lieh : tieh Pass. H. 92, 7. hrieb : lieb Alex. 1438. 1900. 2433. Herb. 1037. 2272. 11250 ' : niet Alex. 2428. 2757. 4669. höh : loh Herb. 3033. Segremors (Altd. Bl. n, 153). Gerwelin MSH. 3, 36»>. Gutäre MSH. 3, 42'' ; urloh Herb. 2376. 16105. ertzhischob (Mainz 1347) Mülhaus. Uk. n. 990.

Für b ward auch p geschrieben und wie der Reim hop :r6k Orendel 1108. 1338. 1568 beweist, gesprochen, zb. hop Höfer II, 11. HU. I, 57&. 758. 780. 816. 836. briep Hü. I, 266. 519. 579. Böhmer 508.

Auch w gieng in die Lenis b über, so in Mb (= hie^),

von Jeroschin auf Üb gereimt und dann im Nhd. festgeworden.

Ob in roh Leyser Pr. 62, 13. 35. 36 h für w steht {roh = röw)

möchte ich bezweifeln. Es scheint doch das einfache Adj. zu geroh grob.

L

160

P.

§164. § 16^* Oberdeutsches p entspricht im Anlaut md.

nd. b. Im 12. 13. Jh. weicht es in den Handschriften meist dem b § 159, wird aber im 14. Jh., namentlich in Baiem, wieder häufiger geschrieben, was wahrscheinlich auf einem alten schwanken zwischen Tenuis und Media beruhte.

Fremdes anlautendes p ward entweder zu ph verschoben oder zu b gemildert § 169. 159. Später eingebürgerte Worte behielten p, so palcLS palmat palte pand pantel panzer pär pardris parlieren parrieren parte patene patriarch pavelün penitenze permint persön pigment pin pinen pitanz plage plan plcmke plaz poinder polieren portporte potestät prMät presant presse prior pris prisün prophite punct pundz punieren purper.

Fremdes b wird zu p in palie parat patalje paddle peddl püke purdün.

Von unverschobenem anlautendem p in deutschen Worten kommen in oberdeutschen Schriften manche Spuren vor {peffer plegen plug paffe), die aber md. Schreibern angehören. AGr. § 151. BGr. § 123.

Inlautendes p ist in obd. Quellen der mhd. Zeit selten; ahd. erscheint es für echtes b häufig, AGr. § 149. BGr. § 122. Über j? für 6 vor d und t vgl. § 154, über Ein- und Anschub von p § 157. Über einzelne dialectliche p, die echte Tenues zu sein scheinen, und über unverschobenea (schwerUch obd.) p AGr. § 149. 151. BGr. § 122. 123.

Doppeltes p ist in einigen Fällen Verhärtung von ft, so in hnappe rappe zur Dififerenzirung der Bedeutung, femer in liupper, diuppinne. Gewöhnlich entstund es durch Assimi- lation a) von pj (bj)f so in weppe, krippe, rippe, sippe, luppCy üppic, b) von tp in Zusammensetzungen : Walppurg^ Rappers- wU, Dieppölt, Leuppolt, lüppriester. Einfaches p ward dann gewöhnlich für das leztere gesezt.

In fremden Worten vertritt pp einfaches p nach kurzem Vocal: pappel, kappe, kappel, vipper.

Auslautendes p bezeichnet tonlos gewordenes b, vergl. darüber § 160.

161

§ 165. Mitteldeutsches^ entspricht im Anlaut streng § 165. dialectlich dem nd. p, ist also die nnverschobene germanische Labialtenuis. Durch Einliuss der Schriftsprache ist allerdings hochd. ph daneben verbreitet § 171, aber das p behauptete in der Umgangssprache wie auch in den Urkunden im süd- lichen und mittleren Franken, in Hessen, weniger in Thüringen seine alte Stelle sehr stark. Einige Belege:

Südlicher Bheingau : path HU. 1, 223. rennepad. undirpand HU. I, 647. verpenden 668. paffinstiicke I, 48. paffe 606. palinzgreve 563. parre perner 586. Mainz, Worms: rinnepat (1131) Eberbach. U. I, 5. Wacherpil (1196) HU. H, 19. Pefflincheim 53. underpanth H, 157. pafßnpadde 488. plencerin H, 439. pennec. pert. paffen, pründe H, 833. hdbtpulwe H, 857. stutperrich I, 210. päwenkecke Mrh. Uk. H, 389. loisenpilez 387. plygt HU. HI, 1330. Wetterau, Lahngau: perd, penning HU. I, 201. undirpand Böhmer 253. plüg 356. punt. peffir HU. I, 479. plege, pennig, parrere 758 ; sehr häufig in der Elisabeth, wo ph nur ausnamsweise steht (Bieger S. 33), während die Hs. der Erlösung nur wenige p aus ihrer Vorlage beibehielt (Bartsch zu Erl. 447). Vgl. femer Wülcker bei Paul-Braune Beitr. IV, 42. Moselland: Paffmdorf (1185) Mrh. U. H, 113. paffe Alex. (Weism.) 4. plegen 124. plach29d2, plege2008, plegen ^676, palenzed26. peffer32ö. palincgrebe Höfer n, 54. plegit Lac. HI, 624. Hessen : plaster Pilat. 101. plegen 443 (267). plägm 186(8). . Pancüche HU. I, 136. paffe Herb. 3076. plac 1934. plage 3992. plegen Myst. I. 86, 26. pleger 16, 39. penninge HU. I, 850. pat pant pennig paffe pife planzen plegen plicht Alsfeld. Passionssp. Thüringen : pantlosunge Höfer H, 171. plege Mülh. K. 52. ~ Aus Bipuaiien gebe ich keine Belege, da hier p = obd. ph noch entschiedener die Begel bildet als südlich. Aus dem Osten von Thü- ringen ab kenne ich kein altes p, obschon die heutigen Mundarten darauf schliessen lassen, so hat das Schlesische peffern, pestern.

Wie tief jenes nnverschobene p im V^estmitteldeutschen wurzelt, können Formen wie enpangen HU. I, 580. 816. 870. Elis. 3427. 7900. inpähin HU. I, 519. enplöhen Elis. A. 1082 beweisen, in denen das durch Einwirkung des vorausgehnden nt zu pf verstärkte f nach falscher Analogie in p zurück- geschoben ward.

§ 166. Ganz unbekannt ist nach obd. Art anlautendes p § 166. gegenüber gemeindeutschem b in md. Hss. nicht, vgl. W. Grimm Rolandsl. XIV. Athis I, 15; allein es bildet entschieden die Ausname. Nur unter Einfluss eines unmittelbar vorausgehnden

Weinhold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 11

162

§ 166. Consonanten nach dem Präfix en und in Zusammensetzungen wird gemeines b oft zu p verhärtet, zb. inpor Myst. I. 127, 17. inperen 81, 14. inprant 10, 19. ampäre Elia. 883. 3866. 7816. Waltpodin Annol. 494. hdlspergin 125. Jotpette Höfer II, 88. ertpidem Myst. I. 86, 16. üfpläsen ebd. 198, 6. crewenpuhel Hü. I, 566. enpar Ludw. Kr. 1091. enpir 3772. enporn 4030. 7388. enpot 4616. 8126. enpoten 7742.

Eigenthümlich ist dem Hessischen, Thüringischen und Ostdeutschen, das gemeinmd. b vor dunkelen Vocalen und vor r zu p zu verhärten. Das ist seit dem 14. Jh. nachweislich.

pohen Haupt Z. XV, 378. Myst. I. 97, 39. 149, 24. u. o. Nordh. Weist. A. B. 0. Köditz C. 84, 18. pobe Kathar. sp. 163. pobere hess. Evang, 284. Polke (Bolko) Ludw. Kr. 5578. Schweidn. Handf. v. 1328 bei Tzschoppe-Stenzel 519. poten Pass. K. 439, 46. poterich Trebn. Ps. 32, 7. pokeler Jerosch. 2345. Trebn. Ps. 45, 10. purgrafe C. d. Sax. n. 2, 7. pusch Pass. K. 219, 76. Jerosch. 14978. 24373. Myst. I. 150, 1. 177, 21. Hü. I, 587. Eberbach 767. haffirpusch Nordh. Weist. B. 24. Puschman C. d. Sax. H. 8, 151. Pwrchard Ludw. Kr. 6173. Puttirberc Jerosch. 17711. pUgk Alsf. Sp. 5971. pregUn 2868. prestin 20330. progen Pass. K. 194, 86. prüs Jerosch. 6850. geprüse 12154. prüsin 11218.

Schlesische Schriften des 14. 15. Jh. bieten dies p auch

vor hellen Vocalen, so in peyde peiten pesser pin piten pitter,

Hückert Entw. 125. Doch mag es fraglich sein, ob es in

diesen Fällen phonetischen Wert hat. Der heutige schlesische

Dialect bindet das als p gesprochene p = b durchaus an die

alten Bedingungen, Bialectforsch. 71. Dagegen hat im Dialect

der Oberlausitz, sowie in dem von Meissen und dem Pleissner-

land p durchaus anlautendes gemeindeutsches b verdrängt;

in Thüringen und Hessen ist ein zwischen p und b liegender

Verschlusslaut f ft Raumers) zu hören.

§ 167. § 167. Im Inlaut haben die md. Dialecte unverschobenes

p gegenüber obd. ph oder f. Nach kurzen Vocalen wird es

gewöhnlich verdoppelt.

holzappel Hü. H, 559. 888. ougappd Wiesb. Gl. 2. appd Musk. 3, 95. clappirzan Hü. II, 770. hellecrappe H, 559. crapen Ludw. Kr. 5670. slappen Kenner 20656. gescheppen Amst. Ml. 6, 17. scheppere 7, 13. tr. Egid. 1055. schepper Elis. 2761. 3286. Musk. 4, 54. Swepper- man Hü. I, 464. zippelin H, 774. 780. opper Elis. 10288. opperit Haupt

163

Z. XV, 374. verstoppet Elis. 1394. verstappen Musk. 50, 40. knappen. § 167. trappen 50, 39. huppengarte Hü. I, 1143. kuppe Myst. I. 207, 18.. knuppen hess. Ostersp. 63. galpeden Alex. 5872. Heipenstein (1202) Mrh. U. n, 241. kampe Elis. 3213. kempen. verdempen Musk. 80, 23. gelimpe Silv. (Trier. Hs.) 2469. geschimpet 4013. ungelimpes schimpes EHs. 3357. stumpe «HÜ. II, 770. scharpe Elis. 2321. Scharpenstein HU. I, 223. 596. IH, 1111. Eberbach. U. 262. harpen Elis. 173. karpe Hü. n, 427. dorpe hess. Ostsp. 236. respen Elis. 6845. herespen :verdespen 2328.

Das Ripi^arische stimmt durchaus hierzu, ebenso das Thüringische und Ostdeutsche. Es kann für die südlichen und östlichen md. Dialecte als Regel gelten, dass ihr inlau- tendes p gemeindeutschem ph entspricht ; wo sich aber früher ph zu f vereinfacht hatte, steht in ihnen f. Sobald im Anlaut p steht, wird im In- und Auslaut die Verschiebung f gesezt:

paffe^ peifer, pifen, peif,

Braune in Zachers Z. IV, 285 und in Beitr. I, 23. f. Heinzel Ge- schäftssprache 233. 275. 317. 329. 331. Busch in Zachers Z X, 298. Wülcker in Paul-Braunes Beitr. IV, 42. Eückert Entw. 126. 178.

Doppeltes p steht ausser seiner Verwendung für unver- schobenes p als Assimilationsgemina, gleich obd. pp. Es ist assim. 1) aus tb: Dippurg Mrh. ü. II, 372. Luppolt Rother 2516. HU. II, 19. Od. Sax. II. 6, 39. 2) aus chb, cb : queppurne HU. I, 277. 445. 459. wippilde (1288) Höfer I, 18. Marp- purg Hü. I, 1003. Es vertritt ferner a) bb zb. wappete Herb. 5851. snappin Jerosch. 14773. weppe Elis. 3813. appit HU. III, 1012. eppete Elis. 9478. eppetisse 5363. uppe 7888. luppic uppic snuppic Frauenlob Spr. 368, 6. ff. b) ein- faches b: duppinne Köditz 86, 27.

Statt pp kommt auch pb und bp in der Schrift vor: 1) assimilirt in wipbilde Mtilh. R. 27. Marpburg HU. 1, 1047. Warpberg Köditz 58, 24. Rubpertus Eberbach I, 23. 2) für bb: Hipbeles brunnen Mrh. U. II, 374.

Über Wechsel von t mit p (of dem dipmarte zu Mentzen Ingelheim 1355. HU. III, 1274) § 153, 5.

§ 168. Auslautend ist md. jp zunächst unverschobenes §168. j) = obd. phj pf. Aber nur im Ripuarischen entspricht dieses auslautende p durchaus dem nd. p. In den übrigen md. Dialecten steht f in der Regel dem aus p durch Spaltung

11*

164

§ 168. in pf und f entstandenen f gegenüber und p nur dem pf. RipuariBch ward also up op, haip hehulp, warp werpen, kamp schimp glimp damp dorp u. s. w. behalten, während anderwärts f dafür gilt, mit Ausname der Stellung nach Liquida, in der p auch auslautend (wie inlautend) 4nd. gern haftet. Die ostdeutschen Mundarten halten p nach m fest, nach t

und r haben sie f.

Einige Belege für unverschobenes p ausser Bipuarien: steinkop (1291. Mainz) Hü. 11, 472. Diledop (1218. 1266) ü, 43. 220. tamp: ramp Silv. (Trier. Hs.) 704. kamp : lamp Tagzeiten 2078. schimp. gdimp Muskbl. 41, 66. 42, 26. stump Herb. 4266. Hü. ü, 787. scharp (; erstarp) Elis. 1915.

über auslautendes p als gesetzmässigen Ersatz von b

% 163.

Erwähnung fordert noch die scheinbare Apocope von p nach m, zb. in krum (: dimidium Erlös. 5984). tum ^psai- terium Erl. 5217). Es liegen hier aber die assimilirten Formen krumm tumm zu Grrunde. Die Gemina muste nach der Regel im Auslaut zur Simplex werden.

Ph, Pf.

§ 169. § 169. Der labiale Affricatdiphthong ph, in jüngerer

Zeit mehr und mehr pf geschrieben (daneben zuweilen pph pfh fph ppf pff fpf) ersezt hochdeutsch die tonlose Lippen- aspirata, welche durch Verschiebung des gemeingermanischen p entstehn sollte.

Oberdeutsch kommt ph im Anlaut mit Ausname von Interjectionen und daraus abgeleiteten Worten, "wie phcech phech phuch, phü phiu phi pMsen, phniu, phnehen phnuht, phnäsm phnäst phnüsen phniusel, phnurren phurren, nur in Fremd- worten vor, die früh entlehnt und darum der Verschiebung unterworfen wurden: phaffe phacht phcU phalenjse phanne phant phenninc pharre phat phäwe phebe pheffer phellel pherrich phersich phetter (patrinus) phetertere phife phü phtlcere phiesel phingsten phister phorre pJwste phülwe phunt phütze phuol phlanise phlaster phlüme phragner phropfen phrüende. pheit phose phung, phlegen phliht phiuoc, jyhrange.

165

ff

In entschieden deutschen Worten steht anlautendes ph § 169. nur unter phonetischem Einfluss nach dem Präfix enty wenn das t schwand, wodurch f zum Diphthong ph pf sich wandelte : enphähen enphencnisse, enphdllen, enpharn enphüeren, em- phelhen, enphengen, enphinden, seltener enphestenen enphliehen enphremden u. a.

Der Affricatdiphthong ph ward bequemer Aussprache zu «chwer und diese erleichterte ihn oft zu /*, das schon ahd., bei Notker sogar sehr häufig vorkommt (Holtzmann Altdeutsche Oramm. I, 306) und das auch mhd. von nachlässigen Schreibern gesezt wird. Dieses f = ph hatte wieder j)Ä für f zur Folge, AGr. § 157. BGr. § 128.

§ 170. Inlautendes ohd.ph ist ebenso häufig in deutschen § 170. Worten als nd. p, dem es geschichtlich gegenübersteht. Schon früh beginnt sich dieses inlautende ph hochd. zu spalten, in- dem nach langem Yocal und nach { und r gewöhnlich ph zu f sich erleichterte ; in den übrigen Fällen blieb es in der Regel. So schieden sich folgende Wortreihen, obschon ihr Wurzelconsonant derselbe war:

1. aphel haphen klaphen kraphe staphen zaphen harphe schuhen schephe snephe scherphe scherphen (daneben scherfe) demphen kemphe stemphen stemphel kriphe kriphen wiphel sliphen sliphec gelimphen rimphen schimphen hophe widehophe klophen trophe schophen guphe knüphen ruphen suphen sluphen schuphen stuphen,

2. klaffen laffen schaffen släfen wäf'en leffel treffen helfen werfen wurfel greifen grifen rife sleifen sUfen triefen troufe sliefen sloufen tiufe toufe offen koufen loufen roufen saufen süfen huffe houfe stroufen ruofen umefen,

Schwankungen zwischen ph und f fehlen nicht, indem altes 2^h zuweilen dem f den Platz nicht räumen will, AGr. § 158. BGr. § 129. Auch in entlehnten Worten zeigt sich schwanken, so findet sich neben opfern auch offern, neben kupher auch chofer Vor. Ged. 370, 5 (vgl. § 175). Bei dem lautlichen W^echsel zwischen ph und f wird ph auch mitunter fär f geschrieben, so in geschapht, stiphten.

166

§ 170. Auslautendes ph steht auf demselben Boden wie inlau-

tendes. Es ist Verschiebung des gemeingerm. p und spaltete sich schon ahd. in ph und f:

1. klaph naph scharph gelph (Nbf. gelf) koph schoph zoph damph kamph ramph glimph schimph rumph sumph stumph.

2. traf schaf släf schäf schef schif grif greif lief rief tief kouf louf stouf tottf üf ruof schuof wtwf, half gelf weif fünf warf wurf.

§171. § 171. Mitteldeutsches anlautendes |}% ist eine dem

Md. ursprünglich fremde Affricata, welche bei dem mächtigen Einfluss des Oberdeutschen das dialectgemässe p § 165 zu verdrängen suchte. Je nach dem Anschluss der Schreiber an das gebildete Hochdeutsch gestatteten sie dem ph Raum. Wir finden daher ph neben p in denselben Worten geschrieben^ so in phant, phage (Herb. 5446). phafe. phalenze. pharrer pherrer pherner, pheffer, phenninc. phinne, phorte, phunt^ phuhse. phlacke (Herb. 17923). phründe. Es findet sich sogar^ zum Zeichen der Unsicherheit mancher md. Schreiber über ph und p, gegen den (xebrauch philgerim (1334. Trier. Lac. m, 279), phrister (1339. Mülhauser ük. 918).

Mitteldeutschland zeichnet sich durch lässige Aussprache des anlautenden ph unvortheilhaft aus: es erleichtert den Diphthong zu /", § 174. Daher wurden auch f und ph, als mundartlich gleichlautend, mit einander in der Schrift ver- wechselt. Wir finden ph für f zb. phire (fiere) Elis. 1246. 2858. phtne (fine) 2110. Pharila 1267. bephalen {bevolhen) C. d. Sax. 11. 8, 50. phüten (vulva) Bartsch md. Ged. IV, 43L pfunftjsigiste Henneb. ü. II, 146. pfuthf 147. pfunftzehnH, 166. pfleysbengke ebd. phlid Bartsch md. Ged. II, 708. phedere phurstin gephürt bepholhen Rückert Entw. 136.

Dagegen beruht ph = f in Höhenphels (1270. Worms. Hü. II, 250) auf Einfluss von vorangehndem n, wie die» nach dem Präfix en (= ent) Regel ist: inphallen intphan entphernen enphremmen; ferner in Lempfrit (1271. HU. II, 255). Unter Einfluss von t entstund auch Lupfrit = Lütfrid (HU. II, 255).

167

In- und auslautend begleitet ph als obd. Vordringling §171. ebenfalls das alte md. p. Wie sich dasselbe in der Schrift auszubreiten sucht, wie aber p (pp) da haftet, wo im Gemein- deutschen ph blieb, dagegen dem gemeindeutschen f weicht, wo diese Abspaltung 7on altem ph sich festsezte, ist schon erwähnt § 167. In Ripuarien haftete das alte p am ent- schiedensten. Wenn hier der Schriftsprache nachgegeben ward, brauchten die Schreiber gern ph ftir f (= ph = p)y und auch sonst in Mitteldeutschland begegnet dieses ph,

brüderschaph Ennen I, 386. gräschaph Lac. HE, 433. manschaph 622. buschoph buschopf DI, 342. üph Lac. m, 622. gescüph Annol. 22. 54. dorph Lac. 11, 342—44. n, 744. wurph H, 1. vormunt- schaph Mülh. E. 55, strdphe EUs. 3067. 7246. nephe HU. I, 1142. schiph Mülh. K. 45. hoph Hü. I, 984. Höfer I, 27. helphe Höfer I, 9. darph Mülh. R. 41. Güstorph Tyeendorph Höfer I, 12. dorphe Hü. I, 780.

Wir finden endlich ph zuweilen auch für germanisches f:

hanropht (1270) Hü. H, 275. früher thurphtig Mainzer Beichte 12.

ebenso für f, die Verschärfung von v in- und auslautend:

Uphe Rother 2335. 2429. hüphe (1360. Wetterau) Hü. I, 942. gaph Roth. 1864. aphgote Silv. (Trier. Hs.) 1266. 1594. liph Annol. 674. Roth. 37. wiph Roth. 38. 1820. loph : hof Roth. 232. cUph Silv. 5199. beidenthcdph 5200. sebindehälph (1376, Wetterau) Hü. I, 1088.

P, V.

§ 172. Oberdeutsches f ist im Anlaut die unver- §172. schoben gebliebene tonlose labiodentale Spirans der übrigen germanischen Dialecte. Für dieses /* wird schon im 8. 9. Jh. auch V, das Zeichen der tönenden Spirans verwant; seitdem 10. Jh. kommt v neben f stärker in Brauch und mhd. sezt sich dies fort, ohne dass selbst in sehr sorgföltigen Hss. eine geregelte Scheidung zwischen f und v aufzufinden wäre. Im allgemeinen ward v vor a e i o, f vor u uo iu l und r mit Vorliebe von den Schreibern gesezt. Ein phonetischer Unter- schied, dass etwa v als bilabiale Spirans, d. i. nur mit den Lippen ohne Mitwirkung der Zähne gesprochen wäre, ist

168

§ 172. nicht zu erweisen. ^) Daher wäre es besser, freilich Grimms Vorschlage Gr. I*, 399 grade entgegengesezt, v aus dem Anlaute in unsem mhd. Textausgaben ganz zu verweisen.

Einen Beweis für die Aussprache des anlautenden v als f gibt auch f fiir lateinisches v, das zu heutiger ungelehrter Aussprache stimmt: fers Nps. 143. Fentis Altsw. C. 8, 17. fertige Memor. 14.

§173. g 173 Inlautend sind/* und v durchaus etymologisch

verschieden, sie gehn aber bei ihrer verwanten Natur in ein- ander über.

Es gibt drei verschiedene f im Inlaut :

a) das alte germanische f: in der Verbindung ft und in wenigen Worten : rafe nefe ofen (fornax), in denen das f aber gewöhnlich tönend und damit zu v ward: rave, neve, oven. Dasselbe geschieht bei dem f in hof huof elf zwelf wolf fünf und -olf in der Regel, sobald das f in den Inlaut tritt: hove hövisch, htiove, ehe, zwelve, wölve, Ruodolves, fünve, AGr. § 161. BGr. § 132. In niftel ward / durch folgendes t geschüzt.

b) das aus dem Diphthong ph vereinfachte f § 170. Auch für dieses f wird zuweilen v geschrieben, zb. slävende Vor. Ged. 256, 1. helven Joseph 907. sliven Vor. Ged. 7, 24. BGr. § 132. Nach kurzem Vocal ward gewöhnlich ff gesezt : klaffen, effinne, treffen, griffe n, offen, sluffen; auch in fremden Worten: gaffer, pfeffer, saffer.

c) Schärfung der labiodentalen tönenden Spirans v = 6*. So findet sich afer hafen drafen hefen frefel wefel werfen (= werhen) eifer schifer süfer schüfel für aver haven u. s. w. BGr. § 132. AGr. § 161.

1) W. Wilmanns in der Berliner Zeitschr. f. d. Gymnasialwesen XXIV, 587. fiF. behauptete phonetischen Unterschied zwischen f als der labio- dentalen, und 17 als der labio-labialen tonlosen Spirans. Da nun nach seinen eigenen Beispielen dieselben Schreiber im selben Worte f und v verwenden, müste eine merkwürdig wechselnde Aussprache bestanden haben, welche die Schreibfedem genau wiedergaben. Die unnatürliche gezierte Aussprache mancher Leute, die für /* ein t? oder gar w sprechen, gibt ebenso wenig einen Beweis als der naturgemässe Wandel von in- lautendem f in V. Von jener entartenden Aussprache geben manche uu für anlautendes v = /*, AGr. S. 125. Anm. 1. Andeutung. Vgl. § 174.

169

Das alte inlautende v (fiir 6*) ist in der mhd. Periode §173. obd. noch erhalten, obgleich der Wechsel mit b es beschränkte § 160. Es finden sich noch und werden zum Theil im Reim verwant :

aver haven draven heven frevel kever wevd dviz werven evoer i^chiver wivd diuve hovel hover gelouven suver schüvel beriieven» AGr. § 161. BGr. § 134.

Als Schriftzeichen kommt auch uu namentlich bairisch fiir V vor, BGr. § 134. AGr. § 166.

Auslautendes f ist von derselben dreifachen Art wie das inlautende :

a) ist es gemeingermanisches /*, vgl. oben unter a).

b) ist es Vereinfachung von ph, § 170.

c) ist es die durch das Auslautgesetz, welches tönende Consonanten nicht duldet, bedingte Schärfung von v. Wo sich inlautend die tönende Spirans behauptet hatte, trat f in den Auslaut: von werven (= werben) ward also warf Kaiskr. 371, 7. Gundach. 1 557 gebildet, von diuve düf Walth. 105, 22 oder diuf Bair. Landfr. v. 1281. Dagegen gehört zu werben warpj zu diube diep. Vgl. AGr. § 162. BGr. § 133.

§ 174. Mitteldeutsches /* und v bieten dieselben §174. Erscheinungen wie die beiden obd. labialen Spiranten.

Anlautendes f wird wie im Obd. von der Schreibung

V begleitet; auch in den md. Hss. ist eine feste Regelung des Verhältnisses der beiden Zeichen ' nicht ersichtlich. Der Buchstabe v überwiegt an Häufigkeit das f;

Weit häufiger als obd. findet sich für dieses anlautende

V = f im 13. 15. Jh. uu (w) geschrieben, zb.

geuuallen HU. I, 1250. geuuahen Roth. 2664. geuuarin 2490. uuarindi Mülh. R. 42. geuuangen Hüdeg. Geb. 55. utielt Hü. IH, 1304. utiert Hüdeg. G. 69. uuindet 66. uuiscke 24. uuil Roth. 2574. nuirlös 2570. uueruulüchint Hildeg. G. 33. werchowffet 51. uuor Friedb. Kr. E. 1, 3. ufion Roth. 741. Wolckmar HU. HI, 1309. wolget Leyser Pr. 59, 21. tmgevvägen Kathar. Sp. 171. vvüzen 48. würi 48. wleisch Leyg. Pr. 43, 28. wUzeclich 113, 36. wKkoet Hildeg. G. 17. wrowa 12, 25. iunwrowe Roth. 2480. wrauwe Höfer II, 73. Schonewrowa (1256) HU. n, 148. wrfyit Roth. 1219. getorumit 3770. wrunde Mülh. R. 42.

170

§ 174. Aus schles. Schriften des 14. 15. Jh. gibt ßückert Entw.

132. ff. reichliche Beispiele. Hat dieses uu phonetischen Wert, so bezeichnet es den Übergang der tonlosen Labialfricativa in die tönende labio-labiale Spirans, eine ungesetzliche Erscheinung,, die als Entartung der Aussprache verurtheilt werden muss. Aus der nachlässigen Aussprache des Diphthongs ph, die den Mitteldeutschen eigen ist, erklären sich die f für ph^ die später namentlich häufig werden. Ein altes Beispiel ist fuj^jse Tat. 87, 3. Vgl. dann flef/en MFriihl. 98, 18. fnessen Elis. 4376, aus dem 15. Jh. schlesische Belege bei Rückert Entw. 127. Vgl. § 169. Ebendeshalb wird auch ph für echtes anlautendes f geschrieben, § 171.

§ 175. § 175. Inlautendes md. f ist wie das oberd. /"dreifach:

a) das unverschobene germanische /*, in denselben Fällen und mit derselben Milderung zu v wie obd. § 173. Indessen wird von md. Schreibern f oft bewahrt, zb. hofe Hü. I, 780, 888. hofes hoffe III, 1469. hoßs Köditz 44, 14. hoffe Nordh. Weist. B. 24, vgl. auch Rückert Entw. 127. Im Gegensatz hierzu wandelt sich / am Anlaut eines zweiten Compositions- wortes graphisch und phonetisch zu v: Syverde Godeverde (1283. Sayn. Höfer I, 12) = Sifride Godefride.

Die Verbindung ft geht md., vorzüglich ripuarisch, gern in ht über, § 234. 241 ; h verhallt oft ganz und so erscheint rt für rft: zb. nötdurt Marienl. 50, 16. nötürten Ennen I, 30. bedorten vorten Marienl. 75, 34. endorten vorten 20, 10. Umgekehrt tritt ht zuweilen in ft über, so schon in den alt- niederl. Psalmen und den gl. Lips. (druftin Ps. 3, 13. gl. Lips. 206. 209. süfte Ps. 1, 1. gl. Lips. 874. gesifte 454), später u. a. durchlüftigh (Jülich) Lac. III, 335.

b) Vereinfachung von ph § 171. 167. Gern wird /f* nicht bloss nach Kürzen schon im 12. 13. Jh. geschrieben: gescheffede Friedb. Kr. G. 2, 6. gescaffen Alex. 4722. kaffen : gescaffeii Pilat. 235 (59). griffen (Inf.) Friedb. Kr. G. 2, 6. (Cj. Pt.> Alex. 2819. uffe Friedb. Kr. H. 1, 10. Alex. 1179. uffc. Dyffindal (1297) HU. II, 551. diffenbrunnen Mrh. U. II, 371.

Selbst nach m und r, die sonst pf schützen, wird zu- weilen f statt ph gefunden, zb. cremfen remfen Alex. 1966.

171

harfen 5016. 5904. harfe Leys. Pr. 24, 12. In zügestaft § 175. (: craß) Jerosch. 11962 kann Sibilation wirken. In köln. Schriften findet sich ff für Btrengmd. jt)p, gemeind. pf: öfter in Jcuffer Ennen I, 88. 109. cüffrin köln. Ssp. Prol 250. kouffer Sei. Tr. 140'. kuefferen Harff 10, 17; ebenso in offern Marienl. 15, 14. 6, 21. Kölner Cronica 51. u. o.

c) Verschärfung von t;, das die alte Labialaspirata ersezte.

Dieses f kommt in den md. Schritten häufig vor zwischen

Vocalen, wie nach r, l und vor t oder d,

danafe Lac. III, 624. hafer HU. I, 736. haffirpusch Nordh. W. B. 24. vereffent Lac. III, 124. effeninge, 180. gegefen HI, 246. gefin gegefen geschrefin III, 266. neffen (juxta) Harff 89, 38. grefe Ernst II, 234. Böhmer 356. lantgra/fe Köditz G. 21, 6. vinffent Höfer I, 9. giffint (12Ö1) Lac. H, 376. hescriefin (1263) H, 530. leifedage Sei. Tr. 40*. defelisch Spiegelb. 27. wife Koth. 4740. toifen Amst. Ml. 10, 18. hofen Vorbew. 2». udoffe Lac. HI, 904. woffel Erlös. 1719. ^froi/fc Vorbew. 44b. stoyffe Ennen I, 393. oeffunge (üebung) Cronica 67**. boeferij Wierstr. 2626. berufen Köln. Eepg. Cr. 38. elfinne Sei. Tr. 18'. erfe Ernst A. n, 18. Lac. m, 683. biderfe Henneb. ü. 11, 60. Cd. Sax. E. 8, 18 (1292). biderffe Nordh. Weist. A. 13. sturfe Sei. Tr. 110». erster ff enis Lac. ni, 318. geleft Höfer H, 66. leeft Lac. m, 220. becleiftin (:Ü2reift%n) Jerosch. 9110. liefde (amor) Lac. III, 275. geloft (1263) Lac. m, 573. Sei. Tr. 43»». geloyfde Höfer H, 109. bedroift Sei. Tr. 43**. bedrufft Vorbew. 6**. gerouft Ennen I, 61. verderfde Köln. Eepg. Cr. 26.

Doppeltes ff zeigt sich auch in diesem Falle als Ver- treter des einfachen.

Zuweilen entstund ff durch Assimilation a) aus tf: Dieffrit (1052) Mrh. U. I, 394. Meffrü (1195) Eborbach. U. 50 (1050. 1210) Mrh. ü. I, 423. II, 304. b) aus ft: gescheffig Köditz C. 15, 4. c) aus chf: Riffrit (1200) Mrh. U. II, 224. hoffertig Köditz 50, 32. .

Ausfall von f in der Composition vom Schluss des ersten Wortes begegnet früh und nicht selten in gräfscaf : gräsceffi M.-Sch. Dkm. LXVI, 5. 7. gräshaft (1303) Böhmer 355. gräschaft (1316. 1327) Höfer II, 41. 116.

§ 176. Inlautendes md. v ist in der Regel Ver- §176. treter der alten Labialaspirata. Dass statt der tönenden Labial - Spirans auch die Media h in denselben Worten md. vorkommt, hat § 162 bemerkt. Über f für dieses v handelte § 175, c.

172

§ 176. Belege für die Spirans v, gemeindeutschem b gegenüber,

folgen zunächst aus dem südlichen Franken, dem Mosellande, Hessen, Thüringen uod dem Osten. Zuweilen ward w für dieses v geschrieben.

ave. haven (1272 Isenbarg) Höfer I, 9. htwent Amst. Ml. I, 22. 6, 10. havet 2, 12. knaven : Bruhaven Jerosch. 19005. 19503. Swdvin :grämn 25666. evenöde (d. sg.) Mrh. U. H, 381. Everbach (1192) Eberbach. ü. 48. geven Amst. Ml. 10, 3. geven:greven Orend. 207. gegeven Amst. Ml. 6, 10. 18. Höfer 11, 109. geheve : maregreve Jerosch. 9175. leven Amst. Ml. 6, 19. gdevef. Mone Anz. 3, 26. levendich 27. geschreven Muskbl. 70, 177. strewin.'lemn Jerosch. 23686. byderwir

' Cd. Sax. n. 6, 34. hiverwurz Wiesb. Gl. 246. gescnveh Amst. ML 4, 4.

beschriven, sivenzich (1272) Höfer 1, 9. ztvifd : Übe Orend. 3749. : Tiber 3099. bUven:Liven livl. Kr. 525. 1080. 1118. u. ö. triven:Liven 908. wtven : Liven 1147. bliven Spiegelb. 274, 12. verdrivet Amst. Ml. 1, 22. wiwes 10, 11. schrivet Nordh. Weist. A. 3. lieven Amst. Ml. 7, 7. Hart- Uvu8 (1250) Eberbach 265. ove over (1272) Höfer I, 9. 109. love : have Kath. Sp. 161. clovelouch (1239) Böhmer 68. behoeven Mone Anz. 3, 27. üwü Leyser Pr. 66, 26. üweraz {koertrank 59, 18. süvercheit Amst. Ml. 5, 5. süverlich Myst. I. 69, 31. düvelen Amst. Ml. 7, 8. hme (1298) Höfer I, 22. toufen -.gelouhen Orend. 2833. 3267. toufe : gelouben 2841. hmbet .gebouwet 1005. 1059. 1661. Alveradia (1207) Mrh. U. II, 266. selver Höfer I, 9. selve 2. Colvendensd HU. I, 145 (1275 Wetterau). ^rvischaf (1181) Mrh. U. 11, 89.

In Ripuarien wurzelt dieses md. v in unserer Periode noch fester. Ich begnüge mich an Reimbelegen:

vergäve : Octdve Serv. 1053. grdven:gäven En. 13196. neve:geve 3912. : rätgeve Emst A. I, 26. : leve En. 10858. Cleven : screve 13447. gegeven : geneven 6973. neven : geven Hagen 1491. greven : bleven 6043. lieve : brieve En. 4505. Hagen 5320. brieve : lieve : dieve : grieve Marienl. 27, 26. hove : love Serv. 912. H, 1072. Junk. u. Heinr. 118. 137. 190. 420. 1281. gelouven : frouwen Hartm. Gl. 3641. : scouwen ebd. 7. 2976. bidrüvit : giprüvü Wemh. 51, 11. bedruven :prüv€n Junk. u. Heinr. 140. wolven : kolven En. 7136. Reimbelege aus Earlmeinet bei Bartsch über Karlm. S. 237. f.

Im übrigen verweise ich auf die Fülle von Belegen im Rother, Annol., Marienl., Nrh. Bruchst., Repg. Cr. (Berl. Hs.), Hagen, auf die Urkunden bei Lac. II. III., Ennen I. IL Vgl. auch Busch bei Zacher Z. X, 300.

Die Verbindungen bv, fv vf, die zuweilen erscheinen, be- zeugen das schwanken der Schreiber zwischen v und h 162), zwischen v und f 175), vgl. u. a.

173

gehven, gelobven, nebven, abver (1320. Lach) Höfer ü, 66. § 176. bescrifvin, ofve (1262) Lac. 11, 515. stirfvet. ofve (1263) Höfer I, 7. nefve (1260) Ennen II, 435. bischofve (1283. Sayn) Höfer I, 12. ge- screifven. breifve 1320. II, 73. lantgrevfin HU. I, 974.

§ 177. Das auslautende mitteldeutsche f hat die- §177. selben drei Werte wie das inlautende § 175. Es ist

a) gemeingermanisches /',

b) Vereinfachung von ph § 167. 171.

c) Schärfung der tönenden Labialspirans v nach dem

Auslautgesetz, das keinen tönenden Consonanten duldet. Am

festesten besteht dieses auch dem !Nd. eigene f in Ripuarien^

zumal in den Grenzlandschaften an Niederfranken. Indessen

war es überhaupt fränkisch und auch thüringisch, nur wich

es hier mehr und mehr zurück und gemeindeutsches b (p)

trat an seine Stelle. Spuren davon sind nachzuweisen.

Belege aus Bipuarien: Beime af : geselleschaf Hagen 1562. ; vruntschaf 4655. traf : gaf Wemh. 16, 20. draf : gaf Hagen 3725. gaf : botschaf Marienl. 53, 32. : saf Wemh. 11, 30. bleif : begreif Marienl. 6, 10. 18, 12. brief.Uef En. 4362. 10756. u. ö. dief:brief Marien!. 17, 37. lief : rief M\. 27, 25. lief : stief Wierstr. 1573. lof: biscof Serv. 614. 1493. : hof Eother 232. Marienl. 16, 10. 51, 22. Serv. n, 954. 1452. 2232. Junk. u. Heinr. 88. 110. 2149. Wierstr. 2496. rouf : kouf Wemh. 62, 19. Wierstr. 1927. atouf : kouf Wierstr. 330, half : andirthalf Alex. 4:296. seif : zwelf Wieiütr. 1225. erwar f : bedarf Marienl. 52, 6. Karlm. 44, 10. starf : endarf En. 11967. irstarfcwarf Wernh. 20, 17. warf: starf Alex. 3240. (Im Alex, wird auch zu schreiben sein 175 lif:herlth, 2663 mf:sih, 2665 rouf:ouh; doch vergl. hierzu Kinzel in d. hall. Beitr. z. d. Philol. 53.) Ausserhalb des Eeimes geben die poetischen und prosaischen Schriften der mhd. Periode aus Bipuarien überall Belege dieses /*, wofür auch zuweilen ein 'ph begegnet § 171. Vgl. auch Braune in Paul -Braunes Beitr. I, 23. Busch bei Zacher X, 362. Im Mosellande trifft man dieselben f: so af gaf raf (Rabe) drif lif mf schreif dief lof urlouf gewarf vgl. Tr. Egid. 807, Hof er I, 2. n, 1. 32. 66. 73. 80. 103. Spiegelb. 269. ff. Muskatbl. sehr oft. Im Orendel wird zu schreiben sein 231 graf: heidenscaf, 51 graf .-sprach. Lahn- und Engersgau stimmen zu dem Mosellande auch hierin: im Amsteiner Marienieich gif lif vnf of lof, Belege aus Urkunden des 14. Jh. bei Höfer H, 109. 131. 158. Südlicher kommen nur einzelne Beispiele vor: Wette rau sebindehalph HU. I, 1088. Spanheim schreif miei H, 52. 53. Bickenbach half BJJ. I, 533. Ausserdem einzeln im Osten : im Passional H. 277, 69 half : alf;

174

§ 177. in Chemnitzer Urkunden sente Jacof (1375) Cd. Sax. 11. 6, 40. 42. (1420)78. Jocof 82. t Jocuff 96, Aus Schlesien: traf : af Lndw, Kr. 2747.

w.

§178. § 178. Gleich dem inlautenden v ist w eine tönende

Labialspirans, die aber von dem v sich dadarch scheidet, dass bei ihrer Erzeugung nur die Lippen thätig sind. Es ist im Anlaut häufig.

Vermehrt ward die Zahl der mit w anlautenden Worte noch dadurch, dass aus der Verbindung hw das h seit dem 9. Jh. in Aassprache und Schrift völlig schwand. Mit hw lauteten ursprünglich an die Interrogativa wer wae weih weder war wände wie, ferner wahs oder was, wetzen, weien, weitee, wel, weif, werben, wile, wispeln, wie, wuofen. Das w in wahtel ist aus hw erleichtert : quahtila quattcUa ; ebenso geht w in weinen auf kw zurück, vgl. got. quainon, dazu ags. kvmän md. kwmen.

Die Verbindung wr gieng oberdeutsch ebenfalls verloren, nur r blieb, wie sich zeigt in rechen, recke, räche, racker, ringen, ranc, rimpfen, ritjsen, rüegen; wrase spaltete sich in die jüngeren Doppelformen rase und wase; vgl. § 180.

Das alte Schriftzeichen uu wandelte sich allmählich in UV vu vv, woraus w entstund, das schon im 12. Jh. in deutschen Hss. oft zu finden ist. In Verbindung mit vorangehndem d t z 8 wird auch in mhd. Zeit zuweilen noch einfaches u gesezt, zb. tueln dtianc jsuei suä suern suert, was vielleicht auf dem Übergang des w in den Halbvocal u nach der Den- talis beruht. Wenn u auf w folgt, ist bis in das 13. Jh. einfaches u = w stehend, zb. uunder uüf uühsen. In andern Fällen kann anlautendem v für w kaum eine Bedeutung zu- erkannt werden, AGr. § 163. BGr. § 135. Über w für an- lautendes v=f% 172.

Im Alemannischen geht der Labialnasal m in dem im- personalen man in w über : wan MS. ABC. und AGr. § 166, 80 wie umgekehrt w zu m ward in niumen numen = niuwan ; je später je mehr geschieht dies, AGr. § 168, In eeseme = jseswe kommt dieses m für w auch bairisch vor: Lexer III, 1097.

\

175

Im Bairischen ist Wechsel zwischen tv und b häufig : § 178. h wird zu w im Anlaut, w znb § 159. Seit Ende des 13. Jh. begegnen diese 6 für m? in bair. österr. Hss., zb. we-, Warbara^ Walihasar; offenwar, Srivcer, getvarich, herwerg, geworn, Herwort, Mersewurch, getvurt BGr. § 136. Alemannisch sind geringe Spuren hiervon vorhanden AGr. § 166, Vetter über Ammenhusens Schachhuch VI.

Ausfall von w in Compositionen vom Anlaut des zweiten Wortes ergeben die mit walt und wulf componirten Eigen- namen, in denen sich dafür olt und olf festsezte; ferner die mit wacker {wa,cchar) zusammengesezten Personennamen, wie Otacher, Crundacher, Ausserdem ist miteche = miteweche mitewoche anzuführen, BGr. § 135.

§ 179. Inlautendes w gehört nicht zur Wurzel des § 179. Wortes, sondern ist sufißgirt oder aus auslautendem u des Stammes zur Deckung des Hiatus vor vocalischer Endung entwickelt.

a) SufQgirtes w. Dasselbe blieb nur, wenn ein Vocal oder eine Silbe darauf folgte. Bildete es allein den Auslaut, so löste es sich in den Vocal u, jünger o, auf, der aber mhd. nicht mehr bestund. Mit Endung oder Flexion also bläwer läwer hläwe bräwe gräwer lewer rSwen slewen wewen giwen bltwes kliwe sntwen spiwen frower ruowe küewe blüewen müewen (vgl. dazu die unflectirten Formen blä klä brä grä U ri we bli frö ruo kuo muo). kalwer falwer fal- wische salwer selwen gelwer gilwe milwe farwe garwer gerwen geserwe smerwes smirwen sparweere horwes hurwin mürwe (vgl. dazu kal fal sal gel far gar spar hör mür), swalwe hulwe senwe serweni zeswe ridewen. Später ward dieses w zu by % 160.

b) Euphonisches w: büwen grüwen. iuwih iuwer, hiuwen bliuwen briuwen griuwen kiuwen griuwen. bouwen blouwen kouwen schouwen.

Dehnende Wirkung dieses w auf vorausgehnden Vocal scheint sicher: uw ward zu üw, iw zu iuw, ow zu ouw.

Auslautendes iv gab es nicht, da es sich vocalisirte, vgl. ^ : eo : S, siw : seu : se, gelw : gelv : gel. Wenn ein solches

176

§ 179. w im 14. 15. Jh. geschrieben ward, zb. sew, büw, friletVy kuow, 80 ist anzunehmen, dass entweder ein e dahinterher- klang, oder dass es nur eine Schreiblaune dieser an unnützen Buchstaben sich erfreuenden Zeit war.

§180. § 180. Das Mitteldeutsche zeigt bei w dieselben

Erscheinungen wie das Obd.

Für den Anlaut ist die Verbindung wr zu erwähnen, die im Ripuarischen durch unsere ganze Periode dauert (vgl. § 178).

wrechen Marienl. 49, 4. Hagen 1216. Earlm. durchaus. Sei. Tr. 59*. Lac. m, 496. Köln. Bepg. Cr. D. 19. gewrechen Roth. 37. torache Hanpt Z. I. 37, 115. Ennen I, 33. Brev. 46. Bepg. Cr. 31. wrase Lac IQ, 991. wred Machah. 112. Wieretr. 412. wrede Köhier Cronica 169^ toringen Brev. 133. wringinde Roth. 3824. wranc Roth. 432. 2424. 2464. 4974. Marienklage 119. wrungen UrsuL 222. tprempen Nassau 257 (Teutonista 322 wrimpen), wriven Marienl. 5, 33. 36, 33. Schade nrh. Ged. 58, 207. tcref Roth. 1041. ceicreif Marienl. 37, 8. tvröge Lac. m, 905. wrdginge Brev. 15.

Vereinzelt begegnet w fär b in ivckse Herb. 2568. 3712. 13955, heute noch wird es in Nassau und der Wetterau gesprochen (Weigand deutsch. Wb. II, 1025). Im Mnd. ist wcLSe = hase stehend. Ausserdem kenne ich nur wisher (1368) Cd. 8ax. II. 6, 33 (Pleissnerland). volword (= volbort) 1395. ebd. U. 6, 54.

Über w als Schriftzeichen für t; § 174.

Über das inlautende, suffigirte und euphonische w gilt dasselbe, das für das obd. § 179 bemerkt ward. Im besondern ist der md. Neigung zu gedenken^ sufQgirtes j durch w ver- treten zu lassen.

dorndrewe Wiesb. Gl. 270. crewenpuhel HU. I, 563. krewit Myst. I. 169, 13. mhoen Elia. 3100. Jerosch. 5716. Böhmer 357. Hü. IH, 1455. sewen Jerosch 5717. Erlös. 5834. Myst. I. 61, 34. 214, 1. u. i HU. I, 1063. gesetmt Haupt Z. XY, 400. sprewen Myst. I. 97, 3. wewen 199, 5. zurblewet Sahnan S. 618, 2. vröwer (d. sg. f.) Elia. 7697. hlüwen 1464. Myst. I. 28, 23. bloewen Cronica 8. hrutcel (brogü) Mrh. U. n, 374. Hü. m, 1371. früwe Hü. 1, 615. Salman S. 123, 2. morgen- fr&tce Elis. 2992. glüwen Myst. I. 63, 17. 218, 5. u. o. müwen Alex. 1534. 4074. Eüs. 10365. Ludw. Kr. 2775. Myst I. 40, 34. u. ö. Ködita 34, 1. müwet Leyser Pr. 39, 22. müwesal Böhmer 781.

Über j für w § 238.

177

§ 181. Das Md. lässt auch wurzelhaftes h durch iv §181,

vertreten.

vlmvet : ruicet Frauenlob Spr. 269, 16. flüwe:rmüe Hagen 3680. geflüicen : rüwen Schade nrh. (jed. 104, 13. Sluwet Hildeg. G. 17. vluicen Kölner Cronica 83. entfluwen 20. ruwen Salm. S. 666, 2. sMwe Salm. 701, 5. schöwe Alsf. Sp. 3271. schritschüwe Haupt Z. XV, 385. schüice : rüwe Secund. ö07. schüiüin : trüwin Jerosch. 23931. : ungärüwin 19SS0. schüwe : untrüwe Frauenl. Spr. 297, 17. verschüwet Spr. 268, 17. hmvinizuwin Jerosch. 11274. Wahrscheinlich gehört •auch duiwen Sei. Tr. 193** (= diwhen) hierher. Vgl. auch schüwen Herb. 3160.

w für g, lezteres als palatal zu fassen und daher dem w für j analog, erscheint in Arnshcmve : Turgouwe Ludw. Kr. 5588 ; wol auch in sldwe, woraus slauive ward, Tristr. D. 4480. 4483.

Als Zerdehnungsmittel ist w verwant in füwer, gehüwer Pass. H. 229, 50. tüiver 56, 62. u. ö. nüwen Cd. Sax. II. 8, 148 (1439) vgl. nüen ebd. 150. nun 155.

Das ßuffigirte w schwindet nicht selten aus dem Inlaute : z. B. rue Marienl. 23, 37. rüen 17, 12. ruig 24, 26. trüe 24, 4 ; fraue Salm. 776, 2. schatiete 260, 2. bleichfaren 562, 3. Selbst aus der Composition fäMt w aus: dunninge = dunwenge Brev. 72.

Vom Auslaute schwindet es, sobald die vocalische Endung^ die dem Worte zusteht, apocopirt wird:

riu : niu MSH. 2, 27**. : Jerosch. 5684. : m Schachzab. 298, 29. : zwü 324, 19. gezou : hrou Schachz. 314, 2. stval : nahtegal Morungen MF. 127, 36. gegher {gegerwe) Ennen I, 185.

Auch md. findet sich gegen die ältere feinhörige E,egel im 14. 15. 16. Jh. auslautendes w geschrieben, zb. huw Lac. III, 684. druw Böhmer 750. ruw Harff 147, 21. hauw Lac. in, 905 ; sogar hentschuw Böhmer 749.

Zuweilen wird w für inlautendes v § 176 geschrieben.

M.

§ 182. Der labiale Nasal ist im Anlaut häufig. Inner- g is2. halb der Wurzel schoss m zuweilen vor h oder jp auf, so m imhe, umhe, tump, Jcrump, dampf, stumpf; alemannisch erscheint diese Nasalirung öfter, zb. siumften neben siuften,

Wein hold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 12

L

178

§ 182. Ausfall von wurzelhaftem m erfolgt seltener, u. a. in

componirtem -yiurnft, zb. vernuft, teilnuft.

Die Verbindung mb unterliegt obd. der Assimilation zu mm in der Regel nicht ; es bleibt also wamhe wempel, lamp lember, hrump Tcrumbe, imbe, umbe. Ausnamen kommen aber vor: so brauchen Hartmann von Aue, Wolfram von Eschen- bach und Walther v. d. Vogel weide wamme im Reim auf amme Greg. 763. Parz. 113, 10. Walth. 4, 40. Durchgeführt ist die Assimilation in Tdimmen ahd. chlimban.

Allgemein erfolgt Angleichung von mj zu mm in demmen, hemmen, frummen; von mn in verdammen, nemmen, stimme; ebenso wird nm in den Dativen Sg. M. N. der Fronomina und der Adjectiva auf n der Wurzel oder des Stammes gewöhnlich assimilirt, zb. einme dinnie getänme offenme zu eimme dimme getämme offemme, wo aber in der Regel nur ein m geschrieben wird, also eime dime getäme offeme. Femer entsteht mm bei Anlehnung des verstümmelten Dat. deme an schliessendes n: anme vonme inme werden zu amme vomme imme.

Mehr mundartlich sind Angleichungen wie gib mir : gim mir ; ferner Verschmelzung der Silbe -ben zu m, zb. raben : ram (in den Personennamen Adelram, In§ram, Walram, Wolfram), hulben : hulm, lebentic : lemtic, vgl. auch den Reim salmen : allenthalben Heinrichs Todesgeh. 76 und B6r. § 139.

Durch hombrgane Assimilation 154^ 2) entsteht m aus n vor Labialen, zb. amblic, embor embieten empfelhen, imbiz, umbescheiden ummcere; schimbeerlich, Irmfrit, Limburc, Lamperg; Babemberc, botembrot.

über den Wechsel von m und w § 178.

Ausläutendes m geht alemannisch wie bairisch gern in den lingualen Nasal n über, § 215. Allgemein germanisch geschah dies in den Flexionen.

Grobbairisch ist der Wechsel des labialen Resonanten mit dem gutturalen (ng) im Suffix -ung, zb. samnum, bestce- tigum BGr. § 139.

§183. § 183. Aus dem Leben des mitteldeutschen m

ist folgendes zu erwähnen.

179

mb assimilirt sich md. mit Vorliebe zu mm: vgl. ammet §183. iammicktlüt Ath. C* 162) lamme (Myst. I. 3, 6. u. o.) imme^si (Elis. 239. 3446) ummcy krumme (Athis. Rother 1244. Rudolf 14, 25. Pass. K. 101, 14. Krolw. 482. Jerosch. 7901. u. o.), kummer (: sumer) Morungen MF. 140, 34. Jerosch. 18387). Summer (modius, Sei. Tr. 10*). erstummen. Auslautend wird dieses mm, wie jede Gemina, vereinfacht.

lam : hram Jerosch. 8495. um : bischtum ebd. 25749. : ewangelium 26391. alum : Fabianum Pass. K. 100, 25. : Mercurium 159, 86. drum : heilictüm Jerosch. 6394. krum : dimidium Erlös. 5984. stum : Pärum Pass. K. 143, 58. tum : pscdterium Erlös. 5217.

Durch homorgane Assimilation entsteht auch md. gern m aus n vor Labialis in denselben Fällen wie obd. § 182. Ich gebe im besondem Belege für ummaht Rudolf 23, 28. amvorbvochelich Henneb. TJ. I, 166. Hennemberc ebd. I, 116. 150. Hartemberc I, 150. Steremberc I, ll7. 122. Waldem- berch Cod. Sax. IL 6, 39. schimbere Höfer II, 92. lympat Ennen III, 398. Umbät {b für w) Diefenb. Gl. 269. Fastn. Sp. 440. lymmet Cd. Sax. IL 6, 122. mumbor mumber Lac. III, 163. 261. 299. mumpar HU. III, 1130, ganz assi- milirt mummer mommer Karlm. 5, 36. 54. u. o. Lemfrit HU. I, 289. Gumpreht Lac. III, 748. In mundbor Land- frit GundbreM fiel wie in dem Präfix ent- der linguale Ver- «chlusslaut vor der Wandelung des Nasals aus.

Auch in selbständigen, aber im Satz eng verbundenen Worten assimilirte sich n an Labialis, vgl. disem brief (a. sg.) Henneb. U. I, 22,

In der Verbindung rn geht n gern zu m über, so in türm türme vgl. Alex. 1214. 1196. Krolw. G. 566. u. ö. Myst. L 198, 35. 237, 14. Köditz 95, 30. im Reim: stürme Alex. 4220 (aber : mrne ebd. 1181).

Auf der Homogenität der Resonanten (BGr. § 139) be- ruhen die Reime zwischen mm und ng,

imme : Pfenninge Orend. 673. grimme : ringe ebd. 1055. 1616. grimmen : jungelingen Ernst A. V, 19. gesungen : umme Orend. 842. kummer : hunger Vorbewis. 33. medelidunge : vemumen 42\ und in entfernterem Grade auch die Reime zwischen mp und nt, zb.

12*

180

183. wunt : tump : stunt : mtmt Husen MF. 49, 13 19. wander :

kumher ebd. 44, 4. 52, 20.

Vgl. über Reimbindung von mm : nd § 218.

über fe für m in hit = mit § 161. Für lo zeigt sich auch md. m in nument {nuwen nuwan) Salm. 539, 2 und in zesem, zesme (Schachb., Trebn. Ps.), später in mir wer für wir wer § 468.

2. Die Zungeneonsonanten d t z 8 l r

D.

§184. § 184 Oberdeutsches d entspricht in der Regel im

Anlaut der gemeingermanischen Lingualaspirata th. In frühen ahd. Denkmälern kommt dieses alte th noch vor, ist aber nicht wirklich alemannisch oder bairisch, sondern aus fränkischen Vorlagen abgeschrieben, AGr. § 170. BGr. § 144. Holtzmann Altd. Gr. 281. ff.

Einige Worte verschieben ihre anlautende Media, die aus altem th entstanden war, zur Tennis: tinne, tusent, trübe^ twahen twehele, twerh twern twirl, twingen twengen. Bei twahen, ttverh, twingen ttvengen trat seit dem 14. Jh. eine weitere Verschiebung zu ^ic; ein. In diutsch diute wird im 12. 13. Jh. das echte obd. d gern mit t vertauscht, vielleicht unter Einwirkung des franz. tudesque tyois, des mit. teudiscus.

Im elsässischen Dialect tritt zu dem obd. d {^= germ. th) noch das md. nd, d (= germ. d, obd. t), indem der elsässische Consonantismus wesentlich md. Natur hat, was sich aus der starken fränkischen Mischung in den Elsässem erklärt Elsässisch gelten also anlautend dag dal gedän dete deü dief doufen dilgen dohter döt dör doub dragen drinken drüt dugent duner AGr. § 179.

Wenn sich in bairischen Schriften zuweilen d iiir obd. t im Anlaut findet, BGr. § 145, so ist damit ein zwischen d und t liegender Zungenschlusslaut gemeint, die reine obd. Tennis. Entsprechend wird t für d gesezt.

Fremde Worte mit anlautendem t erhalten mhd. zuweilen d: dalmüt daphart dön doenen. Vgl. b für fremdes p § 159, g für fremdes c § 219.

181

§ 185. Inlautendes obd. d entspricht in der Regel § 1S5. german. th oder dh und der daraus hervorgehnden Lenis d,

über den grammatischen Wechsel von d und t § 151. Widerstand hiergegen zeigt sich in den Reimen Lamprechts von Regensburg mide (Conj. Perf.) : fride Fr. 1189. vermide :fride S. 1978.

Ausserdem kommt inlautendes d als Vertreter von t nicht selten nach langem Yocal vor; die Rindung im Reim mit echtem d sichert es:

A

kemenäden : Aden Lanz. 3485. wärheide : beide 5086. gescheiden : arheiden MSH. 2, V62^. strides : rüdes Tund. 45, 75. lidet : hidet Dietr. Fl. 1143. hluode : miiode Mai 86, 28. mueder : prueder Wolkenst. 85, 1. 13.

Der lange Vocal (zuweilen auch gedehnter, AGr. § 180. BGr. § 146) scheint von Einfluss auf die Erhaltung der alten Media, ebenso anstossende Liquida l n r, wie zahlreiche Reime bezeugen. Daraus eine Auswahl:

aide : holde Lanzel. 2740. zcdde : walde ebd. 3940. gespcUden : hUden Parz. 603, 10. scheiden : melden Walth. 105,21. gezelde : vtlde Lanz. 2834. Dietr. Fl. 570. engüde : wilde fjaber 435, 7. schüde.'toilde Lanz. 5318. sölde: holde Tund. 65, 11. : golde 63, 81. erholde : solde Iw. B. 2795. dulden : hulden Bari. 275, 23. verdulden : scht4Men trKr. 656. erJcande : ande Trist. 11796. besande : lande Greg. 25. nande: lande Gudr. 971, 4. mandel : wandel Mantel 693. Krone 8213. erkt^nden : standen Mantel 528. Krone 263. zetranden : handen Lanzel. 5312. minde : gesinde Mantel 99. hindert : pinden Suchenw. 31, 139. winder : linder Mai 52, 1. vinde : hinte Rabenschi. 516, 3. enzunde : stunde Trist. 1312. Krone 18513. ermundert : gesundert Angenge 7, 53. suonden : stuonden Gundach. 3262. gerde: e^'de Mai 205, 36. werde : verkerde Neith. 34, 4. kerde : erde : erde Krone 17546. erden : gerden Wigam. 609. hekerden : werden Mantel 225. vierde : zierde Flore 200.

AGr. § 180. BGr. § 146.

Auslautendes d muss nach der Regel zu t werdeu. Abweichungen hiervon gestatten sich die Schreiber besonders nach Liquida seit Ende des 13. Jh.

§ 186. Epenthetisches d findet sich zuweilen nach t zur § i86. Deckung des Hiatus; es wird in diesem Fall als mouillirtes d (dj) für^' zu fassen sein: frceuden Fundgr. L 72, 5. hluoden (Inf.) St. Pauler Pred. 44, 15. blüdemic Lampr. S. 2857.

182

§ 186. gltdinc (; mdinc) MSH. 2, 384*, eine Ableitung von glien ; im Md. ist dieses d ebenfalls da § 189.

Beliebt ist die Anfügung eines d an linguale Liquida: nötgestalde ; iender, minder (; kinder j. Tit. 106, 4), dundetf quendel, andel AGr. § 182. BGr. § 148.

An Wurzeln auf d oder t wird bei unmittelbarem (durch Syncope veranlasstem) Antritt eines t der Endung der Wurzel- auslaut d elidirt: fint, ivirt, ermort, ver schult, geschant, geschcU. Femer fallt d vor den Suffixen -l -n -r bei vocalischer Syn- cope mundartlich gern aus: Alheit Albreht Alram, Uolrtch Uolman sind allgemein verbreitet, grob dialectlich aber enschulgen, ern, wern, ivorn, ornung u. s. w. AGr. § 182: BGr. § 148.

Doppeltes d wird elsässisch im 14. 15. Jh., nach md. Gewohnheit, § 188, gern fiir einfaches nach kurzem Vocal geschrieben, zb. schadde, eddel, nidder, widder, odder. Selten erscheint es obd. für tt, AGr. § 181. BGr. § 147.

Wechsel von nd mit ng weist das Alem., namentlich das Elsässische auf, zb. langvogt, vollengen, tüseng, ze vrümeng,. AGr. § 180.

Anfügung eines d an auslautendes n wird seit dem 14. JL nicht selten: niemand, ahvegend, dajswischend ; später und seltener ist Abfall des d von n r l, zb. un, alman, wir, ol, AGr. § 183. BGr. § 149. §187. § 187. Mitteldeutsches d entspricht im Anlaute

altem d und altem th. Die Zwischenstufe zwischen th und d war wahrscheinlich dh, wie aus Isidor und manchen Spuren in Tatian sich schliessen lässt. Belege für d = d geben zb. dag, gedän, däden, dal, deil, dilgen, dief, dier, död, doMer^ doufen, duoch ; für d = th : du, da denne, danc denken, decke^ der du daz, derve, ding, dicke, dinsternisse, diet, doh, dorf, dorn, dri, dürfen, durh, dünne, düsent, dwahen, dwerh^ dwingen, dwengen.

Für die alte Media d tritt in md. Schriften unter obd. Einflass nicht selten und je länger je mehr t ein, ohne dass dies folgerichtig geschähe. Das aus der Aspirata erleichterte d bleibt dagegen mit Ausname von twingen (wofür seit 15. Jh.

183

md. quingen besonders thüring. und ostdeutsch beliebt wird), § 187. twengeUf twahen, twerhy in denen ebenfalls tw zu qu sich, verschiebt, § 227. Die lebendigen Mundarten halten auch, mit Ausname des Schlesischen, das erste d fest.

Über Verschiebung von md. d zu t % 198.

Ausnamsweise mildert sich die unverschobene anlautende Verbindung tr zu dr: drecken Elis. 1615. dröst HU. 1,1156. III, 1251. ungedrüwe Friedb. Kr. C. 1, 21.. drüwen (d. pl.) Ehs. 3211. drüivelich 1601. drüt mfr. Legend. 38. 255.

§ 188. Inlautendes md. d entspricht altem d (obd. t) § 188.

sowie altem thy dh (obd. d). Es ist durchaus Regel in allen

md. Landschaften während der mhd. Periode und steht auch

in dem elsässischen Dialect in beiden Werten (fiir obd. d

und t) fest. Md. sind also vader gesaden rode däden ädern

bede hede gerede spede geliden gemiden siden strlden zide

bereide leiden verbieden gerieden gode hode höden nöden

verscröden gordel drüde lüde güde Müde, Reime können

den festen Gebrauch bezeugen :

ddim: gnaden Tr. Egid. 1711. scade: Stade Eneit 116. staden: scaden 7435. unstaden : beladen Elis. 1725. vader : gader Erlös. 1203. unfläde : gnade Elis. 7473. gnade : hdde 10072. drdde : ungenäde : spdde Frauenl. Spr. 358, 1. räde: gnade Erl. 303. irbäden : genäden Jerosch. 18572. gendden : beräden Junk. u. Heinr. 374. gebede : rede 755. stede : rede Elis. 288. Erl. 2388. irivdede : helede Alex. 1875. bereiden : deiden Elis. 3821. 5697. beiden : scheiden Junk. u. Heinr. 379. cristen- heide : scheide Erl. 931. breidet : cleidet 1043. frideimide Elis. 3322. Erl. 1368. .vermide Pass. K. 93, 16. lide (pt. cj.) :lide Herb. 5208. liden: leiden HTrist. 3095. erliden : befriden Pass. K. 69, 21. geliden : befriden 65, 49. : zufriden Junk. u. Heinr. 719. geliden : smiden : befriden Frauenl. Spr. 320, 2. gliden : vermiden Pass. H. 115, 88- ungeniden : smiden Renner 14586. gewidere : widere Alex. 6606. siden '.geliden Elis. 951. striden : miden Erl. 3944: liden : riden Junk. u. Heinr. 360. snidin : sidin Ath. B. 69. Lycomide : stride En. 7434. zide : gesmide Elis. 377. dide : schide Jerosch. 21876. töde : nöde En. 22. brödes.'tödes Krolw. -2914. müder :br oder Orend. 333.

Der grammatische Wechsel von d und t kann md. hier- nat3h nicht erfolgen. Die scheinbare Erweichung von t durch vorangehndes l n r im obd., die in der That aber nur Er- haltung alter Media durch jene Liquidae ist 185), ist md.

184

§ 188. vollkommen an ihrem rechten Platze. Einige Beispiele mögen

die regelmässige Erscheinung bezeugen :

Salden : behalden En. 1136. wcUde (Conj.) : holde Herb. 14523. einfälde : tccUde Ernst D. 3511. sande : lande Servat. 279. L. Kreuzf. 335. lande : erfände Wemh. 25, 34. besande : lande Orend. 409. 2409. ver- wände :mande En. 8870. sande : toigande Ernst D. 705. .-lande 1621. erkande : lande Ludw. Kr. 5568. vianden : wänden En. 9258. bestanden : sanden 2762. gezelde : velde En. 6036. Ludw. Kr. 3994. : gdde En. 6817. tcerde : begerde (Perf.) Junk. u. Heinr. 2051. holde: weide En. 3604. Serv. 1095. «coZde : ^oWc Orend. 328. soZde : </oWe Ludw. Kr. 1368. senden : golden Orend. 3782.

^ Sehr häufig wird md. dd für einfaches d nach kurzem Vocal geschrieben :

a) hadde bedde stedde midde (präpos.) ridde gewidder gebodde underwisedde harddo (Eriedb. Kr. C. 1, 21) horddent (G. 1, 11) hiddden: selbst nach Längen kommt dd vor: rädde stdden göddir müdde. b) eddel entwedder vedder redde gereddet vridde nidder sidder loidder bidderbe odder goddes judde.

Belege fiir dd (obd. tt) = dj geben

bedde, tcedde, redden, dridde, overmiddes, smidde, bidden, schudden. § 189. § 189. Epenthetisches d findet sich an vocalisch ans-

gehnden langen Wurzelsilben: zwiden Herb. 12105. Pass. K. 251, 31; vgl. zwien Jerosch. 318; henediden Sei. Tr. 91*. benedtdong Wierstr. 878. vermaledidung Kölner Cronica 8^; broede (Brühe) Sei. Tr. 27^ Aus heutiger köln. Mundart führe ich an moeden froeder früder = mühen früher froher. Das ä ist als mouillirtes d zu nehmen, das geradezu für j gebraucht ward; deutlich liegt die Auflösung des d durch dj hindurch zu j im achenschen leje = Uden vor Augen. Vgl. § 186.

Verbreiteter ist epenthetisches d, welches sich an l und

namentlich an n anschliesst:

nötgestalde (vgl. W. Grimm zu Ath. E. 72) mit Umstellung not- Stadel Rother 3544. wiltbande Lac. lU, 1000. anbeginde Köditz G. 12, 7. inden Spiegelb. 279, 8. mynder 266, 35. geginde Hü. I, 512; selbst im Reim sind solche Formen verwant im Trierer Spiegelbuch vgl. mynde : sunde 265, 20. van hinden : findefi 272, 6. vorgeschrebinde (Ptc. P. P.) Cd. Sil. IX, 235.

Ausstoss des d geschieht unter Begünstigung von

benachbartem l r n, d, i. in Folge von Assimilation:

Alf Lac. in, 301. 396. Aleit Höfer I, 12. HU. H, 148. 882. 857. lllbert HU. H, 44. 574. Eberbach I, 103. alen HU. 1, 963. Repg. Cr. 30.

185

Harff 40, 8. (dste III, 1012. ElverveUch Lac. III, 507. Winohheim § 189. (neben Winoldesheim) (1261. 1262.) HU. I, 48. HI, 1543. birve heirve Ennen I, 47. Lac. II, 1065^ HI, 57. 601. birhe Höfer H, 11. bierhe HTJ. m, 1168. aniuer Haupt XV. 375, 52. C. ivinsche (windische) Köln. Eepg. Cr. 19. Deutlich zeigt sich der Ausstöss als Assimilation in innewenig Henneb. U. II, 81. inwenig, ußicenig Cd. Sax. II. 6, 82. uzeicenig Köditz G. 33, 26, in welchen Worten -wennig die gewöhnliche Schreibung ist, ferner in den aus Partie. Präs. gebildeten Adjectiven in -endinc, zb. lebenige Secund. 417. 482. blickening, glüeweningy ligening, stinckening, ueineninc u. s. w., worüber Bech in Germ. XXVI, 273. f. gehandelt hat.

Assimilation ist auch der Grrund des schwindenden d in Compositionen, wenn auch die Schrift die Assimilation nicht bezeichnete oder nur durch Verhärtung des Anlauts des zweiten Theils andeutete, l und r, h und g scheinen besonders darauf zu wirken.

qualich Köln. Cronica 180. Bdbodo (1279) Ennen IH, 147. Baboyde Lac. HI, 748. Tyebertus (1121) Mrh. U. 1, 507. Tipoldus (1238) Ennen n, 188. Lupertus (1216) ebd. 63. Lufrit Hü. II, 7. Lukart Hü. III, 1296. Borich (1313. 1326.) Lac. IH, 124. 210.

§ 190. Im Auslaut blieb d nach md. Regel im allge- §190. meinen unverändert; selbst unverschobenes t wird zuweilen, namentlich im Ripuarischen, durch d gegeben : dad Annol. 222. Nrh. Brachst, immer. Arnstein. Ml. 6, 4. Höfer I, 10. did Annol. 242. id Nrh. Brachst. I, 5. u. o. Ennen I, 1. (1326. Engers) Höfer II, 109. (1327. Boppard) ebd. 122. wad Höfer ebd. Das obd. Beispiel wirkte auf Einführung des t für schliessendes md. d, indessen weicht dieses t seit dem 14. Jh. wieder zurück.

Epithetisches d an auslautendem n ist auch md. nach- weislich.

§ 191. dh, die tönende Lingualaspirata, die in der § 191. ahd. Periode in einer Reihe von md. Schriftdenkmalen, am consequentesten im Isidor, verwant wird (Holtzmann Altd. Gr. 1, 281. f. Isidor herausg. von Weinhold S. 86), begegnet in mhd. Zeit nur ausnamsweise, zb. Rother 3077. 3092. 4633. Hü. I, 15. 1261. II, 35. Lac. I, 462. 554. II, 95. Um so auffallender ist der häufige Gebrauch, den der md. Schreiber der Hamburger Hs. der Braunschweiger Reimkronik (um das

186

§ 191. J. 1300 nach Weiland, Mon. Germ. bist. Deutsche Chroniken II, 453) in allen Stellungen von dfi gemacht hat.

T.

§192. § 192. Oberdeutsches t ist im Anlaut Verschiebung

der gemeingermanischen Media. In der Verbindung tr ist t entweder unverschobene Tennis*, wie in triu (Baum), triuwe trüen trost, treten, trecken, trahen, trahten, troc trügel, trüllen; oder es entspricht tr germanischem dr, wie in tragen, treffen, trahen, trinken, triugen, trör, troum, trucken, tniebe, truht, trüren.

In dem Anlaut einiger Worte ist t an die Stelle von d (= th) getreten, so in tinne trübe tüsent twahen twerh twingen § 184. Ausserdem zeigt das Alem. und Bair. die Neigung, anlautendes d in ^ zu wandeln, zb. in tach tecken verterben tuner ttdden türre betiuten tritte tringen, AGr. § 169. BGr. § 140. Dieses t steht sehr oft nicht unter dem Gesetz der Lautabstufung § 155, wonach anlautendes d nach anderm Auslaut als Vocal oder Liquida tonlos ward, sondern scheint auf einem neuen Versuch weiterer Lautverschiejbung zu beruhen; vgl. L. Tobler bei Kuhn Z. XXII, 127. f. Die Laut-

abstufung scheint grade auf d am wenigsten Einfiuss zu haben : es kommt allerdings werden tach Walth. 62, 36. hiez ter Parz. 162, 6. daz tu 198, 11. verlos ten 161, 4. vert 4, 1 u. a. vor, allein selbst in Parz. D. ohne Festigkeit. Nur in destiu deste, bei völliger Anlehnung also, ist dies t Regel geworden, ebenso bei Enclisis von du an die 2. Sg., zb. bistu, gistu, gibstu u. s. w. §193. § 193. Im Inlaut finden sich einige unverschobene ^.*

ausser in den Verbindungen ft ht st steht germanisches t in Winter, biter, oter, gitec, ferner neben der Verschiebung z in antlüte antlütte, siuften neben siufzen, satte (neben sazte) namentlich elsässisch AGr. § 171. 172.

In der Regel entspricht aber auch inlautendes obd. t gemeingermanischem d. Nur ist die Verschiebung nicht immer ganz durchgeführt: die Media d blieb zb. zuweilen nach langem Vocal und gern nach Liquida § 185. Indessen trat

187

auch nach Liquida obd. die Tenuis für echte Media {d aus § 195- th blieb überhaupt unberührt) gern ein; so sind alten halten spalten gestalten walten gelten schelten selten mute molte solte wolte die gewöhnlichen obd. «Formen dieser Worte, schilte dulten nicht selten. Die Verbindung nt ist namentlich bairisch im 12. 13. Jh. beliebt, zb. schenten hente senten wenten hinten sunte BGr. § 141. AGr. § 171 ; in rt (=germ. rd) dagegen haftet t überhaupt fester, zb. garte warten js;qrten berte herte gerte verte swerte scherten hirte wirfe orte worte geburte vurte gurten,

Einfügung von t geschieht in Zusammensetzungen bei auslautendem n und r des ersten Theils sehr oft: allenthalben eilen thaft wi^isentheit, ^ehentvaltiCj westerthalp ; seltener bei anderm Auslaut, doch vgl. ahtgot magtzoge nachtpür, wo falsche Volksetymologie hineinspielt. Grob mundartlich ist sonstige Epenthese, zb. mintst, erkantnus, erloubtnust u. dgl. AGr. § 175. BGr. § 142.

Ausfall von t erfolgt zuweilen vor affigirtem s: tiasch, nichs; ferner in Zusammensetzungen: angesUch geislich erns- lieh, kosper achper: wilprcete, hanschuoh, Diepolt Liupolt, Liuhart.

Doppeltes t steht a) für einfaches t, b) für tj zb. in bitten mitte smitte bette retten, antlütte hütte schütten. Ferner entsteht es durch Zusammenrückung in den schw. Perfectis der Zw. mit Wurzelauslaut d oder t zb. schatte^ rette, bette, leitte, htiotte. Nach Längen wird die Doppelung gewöhnlich nicht geschrieben : leite, huote.

§ 194. Auslautendes t ist dreifachen Wertes : 1) ist §194. es urfverschobenes gemeingermanisches t in den Verbindungen ft ht st^ ferner in dem Ptc. gesät (zu setzen), das alemann. Dichter (Hartmann, Gotfried, Rudolf, Konrad v. Würzburg, Ulr. V. Türheim, Hug v. Langenstein, Walther v. Eheinau) gern im Reim brauchen auf bat, mat, stat ; bei den Baiern ist es selten, doch haben es der Stricker und Lamprecht von Regensburg im Reim verwa^t Zuweilen hielt sich altes t in antlüt antut, selten in hurt, vgl. aber kurt : geburt Lamprecht

188

§194. Fr. 4753. JcurtUch M. Himmelf. 119. AGr. § 176. BGr. § 141. 2) ist ansl. t obd. Tenuis, 3) tonlos gewordenes d.

Abfall von t kommt nicht selten in den Schriften seit dem 12. Jh. zum Ausdruck. Die Reimverwendung solcher ver- stümmelter Formen beweist, wie sie selbst den Gebildeten zumal nach s im Munde lagen:

wisen {tcisent) : risen Beinh. F. 1103. geican : gestän Boner 10, 28. trös : erkös : lös Eietenburg MF. 18, 26. 28. 19, 1. endelos : trös Walth. 72, 24. lös : trös Wolfd. D. VUI, 14. gröz : trös Montf. 18, 185. 27, 197. gas: was Ulr. Trist. 318. 980. zerbras:gras Sigen. 42. vas:laz Mont- fort 24, 133. dllermeis : wetz Sevelingen MF. 14, 23. veis : tceiz Ammen- husen Schluss 153. gans : Urjans Parz. 524, 20. erhans : Alischans WiUi. 38, 2. guus : uns Ulr. Trist. 187. Dietr. Fl. 8732. hinuf : gruf Montf. 12, 13. mich : nich Altsw. 66, 14. :vernich Montf. 29, 9.

In gewöhnlicher nachlässiger Rede war dieser Abfall des t sehr häufig; darum kommen bei den Schreibern u. a. vor wil, war, nimp, chraf, scaph, nich, lig, pflig AGr. § 177. BGr. § 143. Wackernell Montfort CLXI. CLXXIV. CLXXVIII.

Im Gegensatz hierzu erfolgt oft Epithesis von t an den Wortauslaut auf w, r, s, z, f, ch, zb. niemanty niuwent, innent, nehent, zwischent, allewegent, niergent, mornent, wUent iendert, üjsert, innert ' adamast : glcLSt Montf . 18,138. sust (sehr oft, Mhd. Wb. II. 2, 758. im Reim :flitst bair. Servat. 1228. :chust Otack. c. 32. : tust Montf. 15,,90), im Suff, nus : gelichnust, vanchnust u. s. w. nuzt, unnuzt kouft vgl. Bech in Germ. XXVII, 174. dannocht AGr. § 178. BGr. § 143.

§ 195. § 195. th kommt in ahd. Zeit in sehr alten obd. Hss.

in seiner gemeingermanischen Bedeutung vor, stammt aber aus fränkischen Vorlagen; Holtzmann Altd. Gr. 281. f. Für die mhd. Periode gilt, dass th, wenn es vorkommt, wie seit dem 14. Jh. häufiger geschieht, gemeindeutsches t vertritt, zuweilen auch d. In die Vorauer Hs. ist es aus den md. Vorlagen gekommen. Im In- und Auslaut finden sich auch die Wucherbildungen tth, dth. AGr. § 170. 173. 176. BGr. § 144. Zu erwähnen ist auch die nicht seltene Umstellung von ht \xi th, die schon ahd. begegnet, zb. gedäth MSA. 253, 18. unmathlich Haupt Z. VIII, 107. ^nieth Vor. Ged. 129, 8. lieth

j

189

320, 1. pigithe Diut. 2, 301. sith MSA. 253, 4. tother §195. Wack. Pr. 53, 144. Vgl. § 202.

§ 196. Was das mitteldeutsche t betrifft, so sind §196. zunächst die Belege lurunverschobenes gemeingermanisches t auszusondern.

Im Anlaut ist unverschobenes t nicht häufig, abge- sehen von den auch obd. nachgewiesenen Worten mit gemein- german. ir § 192. Es sind nur anzuführen tuschen (twischen)^ das in ganz Franken herscht, in den südlichsten Gauen von zusehen aussen begleitet ; hess. getouge (obd. ge^oinve) Herb. 5334, getougen (obd. ge^ouwen) Pilat. 10, einmal uhertellich Myst. I. 58, 30 (vielleicht aus nd. Vorlage?), nordthüring. und ripuar. toi neben ssol : Mülh. R. 49. Lac. I, 537. III, 22. 180. 422. 582. Ennen I, 122. Sei. Tr. 181'. Wierstr. 3018. Kölner Cronica 212, ripuar. tiois} zb. Kölner Cronica 132. 169. twelif Strassb. Lit. 570.

In- und auslautend haftet das altgerm. t zäher. Im all- gemeinen freilich ist m d. die Verschiebung der Liogualen erfolgt und ^ die Regel für nd. ^. Es widerstehn nur die Eormwörter und einige andre Wörter ziemlich fest. In den nordwestlichen Grenzstrichen, nördlich von Köln und westlich von Achen, wird der Verschiebung am meisten wider- standen. Aber für Ripuarien gilt so gut wie fiir das Mosel- land und Hessen, dass ^ das unverschobene t überwiegt ; fiir Thüringen und den Osten ist Regel, dass t nur nebenher auftritt und für die südlichen fränkischen Grenzstriche gilt

dasselbe, § 149.

Belege für inlautendes altes t ausserhalb des nördlichen Mittel- franken: Sitten : schütten Orend.Dr. 1029. satte Orend.2073. Ostersp.607. Höfer n, 131 (Hammerstein), satten : hatten Alex. 1046. gesette : hette Alex. 437. setten (1248. Trier) Höfer I, 2. süßen Arnst. Ml. 8, 17. kurte horte (Adj.) Hü. I, S. 437 (Seligenstadt). Höfer I, 18 (1288. Mainz), iurte (Prt. .-anttvurte) Herb. 722. 3567. 7328. 8642. kurtin (D. PL) Ath. B. 21. (Inf.) D. 114. kurtliche Elis. 377. Thüringen und Osten : säte : hate Jerosch. 23288. satin : tätin ebd. 9069. 9212. 25151. besatin : hatin 9SS4. undirsette : bestette 26281. feZw^ew (opfern) Livl. Kr. 4685. blütekirl 4683. einer körten zit Secund. 435. verkurte : aniwtirte Pass. K. 78, 40. bekurten : geburten Krolw. 350. antwurten : verkurten Pass. H. 106, 5. verkorten : antworten Ebern. 1440. vorkorte

190

§ 196. Nordh. W. B. 25. In Eipuarien ist satte und kürten Kegel, ausser- dem begegnen durch den Beim verbürgte folgende Fälle über das ge- wöhnliche md. Mass:

stitrten : hurten Hagen 5741. verlöten : mdten : kartäten : Straten Veldeke MF. 57, 2—8. mdten : preläten Serv. U, 901. liete : riete Eoth. 1175. letten : ketten Wierstr. 1434. voeten : groeten Serv. 618. 2287. 2609. grutenimte Wemh. 24, 20. : sühten Morant 47. grute :sühte Wemh. 23, 28. Vgl. femer swete Koth. 891. vöte 1146. schüttet Ennen I, 245. schottele Ennen III, 140. Harff 119, 10. Kölner Cronica 128.

§ 197. § 197. Im Auslaut findet sich unverschobenes t

häufiger, namentlich bemerkenswert ist sein zähes haften im

pronominalen Neutrum. Wir beginnen hier von NW. :

Eipuarien it dat dit wat Kegel, ebenso das Ptc. gesät besät. Ausserdem mögen, indem wegen dieser Keime in der Karlmeinetcompi- lation auf Bartsch über Karlmeinet S. 236. f. verwiesen wird, folgende Belege zeugen : hlat : stat : gehat Vigldeke MF. 60, 33. hat : vat Hagen 3782. Wierstr. 1444. schat : stat Hagen 2200. beschat : stat 2063. 2209. geschiet : niet : siet : liet MF. 60, 12. riet : liet Serv. H, 1868. verdriet :geschiet Wierstr. 1552. 2154. zit:vlit ebd. 225. 1266. schit:zit 2683. othmüt : gibüt (gebuozt) Wemh. 22, 12. blöt : döt Wierstr. 2557. grot : gemöt 1774. :nöt 1086. : döt Hagen 2284.3772. schöt : döt Wierstr. 344. : not 477. hüt : üt Wierstr. 1030. krut : üt 945. malt : alt Wierstr. 1307. stolt : qolt 1058. Aus dem Rother ausser Keim: 6a* 1180. dat 0. wat 505. scat 190. dit o. did 972. heit 1372. weit 94. Im Alexander stat : bat 2461. ; entsat 449 ; vgl. Kinzel in d. Hall. Beitr. z. d. Phil. 40. 52. Mo seil and: dat wat it Kegel (Höfer I, 2. n, 32. 80. Lac. III, 172. 632), auch die neutrale Adjectivendung in -et findet sich Höfer II, 103. Im 14. Jh. dringt z hier in die Urkunden €in. Lahn- und Engersgau, Wetterau: dat Höfer I, 12. H, 109. 131. 158. dad Arnst. Ml. 6, 4. dit Hü. I, 201 (1294. Frankf.) Höfer II, 131. Haupt Z. Vin, 156. 258. ivat Höfer II, 109. allet I, 12. Eberbach 800. 876. vielleicht auch Morolt 1151. 3976. 4134. Hessen: dat dit (cf. Pronomina §§ 478. 480). kort : wort Alsf. Sp. 3540. Ostfranken: bit her Henneb. ü. II, .120. kurtUchen Job. v. Würz- burg Wh. V. Oesterr. 82^ Mainz, Worms: Nüwesat (I2ß4:. Worms) HU. II, 205. dit (1358. Dalsheim) HU. HI, 1304. bit Höfer I, 15. II, 205. 833. III, 999. 1026. 1065. 1135. 1163. 1304. 1421. Böhmer 758. Südlicher Kheingau: dit HU. I, 540. 608. 700. 722. bit daz I, 534. Thüringen: dit : Berit Pass. H. 283, 80. 284, 89. : glit 275, 90. :nescivit 128, 91. : rit K. 60, 11. 243,97. :trit H. 160, 73. 162, 59. ditte Mülh. U. 973 (1346). gesät : stat Pass. K. 94, 26. 49, 30. 106, 82. Ebern. 1006. Kathar. M. 608. :trat Pass. K. 7, 26. 217, 10.

191

248, 48. hesat : stat Pass. H. 246, 13. ummesat : rat Kath. M. 167. § 197. stolt : holt ebd. 162. kurt : gehurt Pass. H. 142, 29. K. 78, 88. 478, 36. 494,70. Väterb. 3119. ihuhuH Atb. C* 29. Pass. H. 143, 25. : gegurt Ath. D. 161. Meissen: versat : pfat Frauenl. Spr. 289, 19. dit (c. 1405) Cd. Sax. II. 8, 77. flet Frauenl. ML. 32, 2. kurt : gehurt Krolw. 257. 4778. Ev. Nicod. 1040. Nordosten: dat:hat Jerosch. 10338. hesat iS.Frt.) : stat 15S71. gesät {Tic.) : stat 9262. m. o. :mat 11857. :ra* 11700. : getrat 2b6^\. «mdirsat (Subst.);waM3315. : Conrdt 16477. schat : stat 18807. dit : ahit 27562. : Davit 19092. : damit 25585. :gesmit 8914. : snit J4894. : Sifrit 23297. iwidirtrü 9559. 16574. :wit 14894. :wit 23297. stert : wert 4383. 16754. kurt : gehuH 2Q^9^. Hvl. Kr. 429.

§ 198. Ausser dem un verschobenen t findet sich im § 198. Mitteldeutschen t anStellevond, d. i. sowol von der echten Media als dem Ersätze für th, § 187. f.

t für alte echte Media ist nicht häufig und scheint unter Einfluss von u zu stehn : tuft Krolw. 4470. tum Krolw. 4601. Leys. Pr. 96, 12. Kath. 164. getunget Alex. 4557. tunhel Alex. 6895. Krolw. 1605. vertunkeln Alex. 137.

Dagegen begegnet t für d == th oft: regelmässig in verterhen Alex. 4044. 5190. 5203. 7078. Ath. A. 132. F. 3. Herb. 2915. 9823. Leys. Pr. 42. Myst. I. 3, 3. u. o. Secund. 262. 475 Krolw. livl. Kr. 6346. 6483. 6594. u. o. vorterpnis Cd. Sax. II. 6, 174. Ferner in tamp Silv. 704. tacht Myst. I. 27, 23. temütecUche 19, 31. Ticico, Tilmannus (1294) Cd. Sax. II. 9, 31. Ticemannus (1295) ebd. 9, 34. Titzeman Höfer II, 171. torf HU. I, 1101 (Wetterau). tühte Silv. 4799. tunken (1327. Thüringen) Höfer II, 117. turst Myst. 1. 162, 12. tursten Ludw. Kr. 2031. getrangen HU. I, 1136 (Wetterau). tröwen Myst. I. 257, 10. trüget (drucket) Silv. 5199.

Auch in fremden Worten begegnet dieses t flir d : techant Henneb. U. II, 48. techenie II, 108. tuomtechant II, 124 (Würzburg), tekarij tümherre Cd. Sax. II. 2, 1. In tihten hat sich t allgemein deutsch festgesezt. Auch für slav. d kommt es vor in Ortsnamen zb. Toherlü (Dobrilug). Toheran,

Im Altschlesischen begegnen dieselben Beispiele für die Verhärtung lingualer Lenis im Anlaute, vgl. Kückert Entw. 140. Da nun die heutige schlesische Mundart (Dialectforschung 75),

192

§ 198. die sonst nicht wie die meissnische harte und weiche Explo- siva vermischt, in denselben Fällen entschiedenes t (eigent- lich fi) spricht, so scheint ein wirklicher phonetischer Vorgang durch die Schrift hier verbürgt. An „eine Bewahrung von oberdeutschem t^^ kann natürlich nicht gedacht werden.

§199. § 199. Inlautend kommt t für d ebenfalls vor, selbst

schettelich ist geschrieben Spiegelb. 278, 21. Auch an Liquida

ist es geschlossen, welche die Lenis sonst schüzt, zb.

melten Ennen I, 121. geweltygest Spiegelb. 272, 12. twalte Ernst A. U, 23. gewylteniss Harff 84, 24. wolti Annol. 411. halte sculte 755. f.

wante mfr. Legend. 703. vianti Annol. 376. lantin 206. lanie ^cidir- wante 401. 403. bikante 208. rante Ernst A. II, 26. gescente I, 35. begonten Hagen 93. untir Höfer II, 136. fruntelych Spiegelb. 273, 14. suntelych 279, 5. vorwuntin (Ptc.) Köditz 50, 33. gewurte {: gehurte) Alex. 128. pferte Köditz 25, 10. firtung 1410. iC. d. Sü. IV, 252. f.

Als Zeichen des Schwankens zwischen t und d darf die Verbindung td gelten, die md. schon früh (Lorscher Urk. des 9. Jh.) und dann namentlich im südlichen Rheinfranken und der Wetterau bis in das 14. Jh. für md. d, obd. t sehr be- liebt war. So finden sich ratde hüflatdech stetde dömitde mitdebrüder spitdal snitde witder bilde Dytderich Godte- lindis gebütdet fütder gütder altden geltdes hiltde solide LüpoUde werltde genantde wintder gartde hartde swestder

auch in Zusammensetzungen : urtdeilin valtdor mäntdag sontdag.

Auch für tt (md. dd) begegnet td zb. hatde bilden mitdel. Cosijn Psalmen S. 71 hat diese Verbindung daraus erklärt^ dass die erste Silbe wie Wortschluss betrachtet sei {an-mü- dön, gemil'deldn) ; Paul Beitr. VII, 129 nimmt ebenfalls Con- sonantendehnung hier an, wie er es nennt.

dt wird in den früheren Jahrhunderten der mhd. Periode weit seltener als td gebraucht.

II dient zunächst für t nach Kürzen und Längen ; dann

ist es md. sehr häufig Assimilation von hl:

attinhaUh (1310. Speiergau) Anzeig. 5, 304. gereute, reitten {rihten Rheingau) Hü. I, 579. rettem, verrettet (1287. Daun) Höfer I, 15. geslette Friedb. Kr. G. 2, 20. Erenhretteatein (1139) Mrh. U. I, 564. Gisührette, knette, reite (1316) Höfer II, 73. knette (1334. Thüringen) ebd. 175. dottir (1395. Köln) Lac. III, 1011. zutten Ernst A. I, 4.

193

Ausfall des t ist theils in Sprechbequemlichkeit gegründet, § 199.

wie in muchs (mohtes) Spiegelb. 281, 23. lussam Alex. 5155,

hssam Roth. 743. erneslich Elis. 3987. epschin (eptissin)

Miilh. U. 973; theils durch Assimilation vorbereitet:

brulofft Harff 196, 21. brülucht Ostersp. 757. Dimar (1276) Henneb. ü. I, 41. Lipolt Eother 92. 101. Diepdt Kenner 14381 (mit der Deutung Diepolt Nidunc Hnt hoese Jcristen), achpere Herb. 18452. Secund. 213. Hüborgehüsin, WcUpurge Henneb. U. H, 60. Warperg Köditz 45, 24i wübraet Sei. Tr. 5^ lancgräve (1360) Cd. Sax. H. 8, 35. 183. cingrefe Böhmer 356. unbetrachlich Secund. 381.

Einschiebung geschieht zwischen die Compositions-

theile, vorzüglich bei auslautendem n, zb. beidenthMen gr. ßud.

20, 7. degentUche 10, 4. innentliche Roth. 2271. intgegen-

wart 3365. virwenentUche Rud. 20, 10. entbor Alsf. Sp. 5654

und hier selbst nach dem negat en zb. entsaltu 1511. entwöl

3357. Ausser nach -n begegnet dieses epenthetische t öfter

in abtgot.

§ 200. Im Auslaut vertritt t in md. Schriften zu- §200. weilen nach obd. Regel d. Gewöhnlich wird aber die Media behalten, vgl. § 190.

Md. beliebt ist A p o c o p e des auslautenden t ; als frän- kische Eigenheit erwähnt dies Hug von Trimberg in einer bekannten Stelle des Renner 22252 :

wan Te tmd eN und eRre sint von den Franken verre an manegen Wortes ende.

Besonders häufig schwindet t nach s: a) in der Super- lativendung :

ze lezzes Amst. Ml. 10, 4. d jungis Annol. 658. ce eres Nrh. Bruchst. 4, 26. aUer trüwelichis Roth. 99. 121. drüwdiches Elis. 564. holdes 467. wehes 502. dugenttiches (; gltches) 3529. jemirlichis Haupt XV, 373. krenkis, gehrechlichis 404. schieris Genn. XVII, 344. Henneb. TT. n, 1. lütes Myst. I. 153, 38. allergUchis 126, 7.

b) ferner fallt in Verbalformen t nach s oft ab:

is oft. weis hess. Evang. 274. kans : gans Herb. 11301. kans mastr. Ostersp. 678. Earlm. 445, 57. tars : Mars Fass. H. 280, 42.

c) auch vom Stamm schwindet t zuweilen nach s:

vas : daz Orend. 16. vorlös : untrös Tristr. 108. mitetois : gdichenis Joh. V. Prankenst. 823. :vin8temis 4215. : desiderabilis 8907. :biz 1335. diens : zins Jerosch. 22566.

W«inhold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 13

194

§200. Abfall nach z:

gesatz Hü. I, 737. Köditz G. 20, 15. gesatz : schätz Joh. v. Fran- kenst. 2057. ztdetz : gesetz 1163. nach r :

wir Alex. 4724. hunder : stunden Orend. 430. 806. nach 2:

wiel : geviel livl. Kr. 5860. Joh. v. Frank. 9277. vil : wiel 11067. nach n:

tüsin Höfer II, 13. düsen : kirnen Orend. 630. mugen : tugen Joh. V. Frank. 4979. erkan : Duriän Orend. 3818. Vgl. femer den Abfall des * in der 3. PI. Indic. -ent § 396.

nach m:

lam : verdam Joh. v. Frank. 10967. nach b:

iotb : trib Joh. v. Frank. 783. houb : stoub 7295. ; urloub 284. nach p:

unvirdarp HU. I, 201. amp ebd. 782. nach /;

cra/*; ira/" Jerosch. 18885. heidenschaf : graf OTQnd, 232, geHof: buschof Hagen 2856. luf : uf Jerosch. 26013. auf : üf Pass. K. 544, 10. kumf : stumf Jerosch. 12911. darf Alex. 6081. Bartsch üb. Karlmein. 238. nach ck:

geatrick : dick Joh. v. Frank. 9379. nach ch (h): /

vah(t) : sach Orend. 1430. Mnah(t) : mach 3173. andäch : geschach Joh. y. Frank. 9609. stach : darnach 5483. ungemach : nach Tristr. 2396. kra>ch : mach Vorbewis. 8. nach : geschach 16**. brach Alex. 1396. 6821. maich Böhmer 349. na4:h Secund. 391. mastr. Ostersp. 659. knech, rech 106. 458. ich Eöditz C. 11, 3. nich Böhmer 123. 500. Myst. I. 154, 23. hauwemarch Hü. I, 747. gemarck Köditz G. 59, 1. Vgl. anch Pietsch Trebn. Ps. LXI. Eückert Entw. 215.

Anfügung von t geschieht auch md. besonders an die Linguale n und s:

nimanty nebent, irgent nirgent, davorent, nochtant ripuar. oft, levent (Rother 4680), davant (: hant Wierstr. 730). sust : gdust Väterb. 1579. alsust : brüst Pass. K. 101, 89. : Verlust 244, 52. umme- sust: tust Väterb. 1135. : gelust Pass. K. 460, 42. : vertust 442, 68. Ludw. Kr. 4019. Andere Fälle zb. darnacht Roth. 1491. napt Sei. Tr. 163». rompt 135».

§201. § 201. Bei der häufigen Verwendung des Zeichens th

in md. Schriften des 12. und der ff. Jh. verdient dasselbe

>

195

besondere Erwähnung. Ee entspricht nur selten der alten §201. Lingnalaspirata, sondern ist gewöhnlich schriftlicher Vertreter Ton t und d.

Anlautend

Für Aspirata th: gethäht. thare. thetherthat, thin, gethetiken, terthienen. thigev. thiet, thing. thoh. thurfen. thurh. thurst, thu, thriu mfr. Legendär, vgl. Busch bei Zacher Z. X, 306. tho Both. 1466. thin Both. 1078. Thiederich Roth. 1023. 1089. Hü. I, 1051. Thümcmnus (1288) HU. II, 427. Thitze, Thile, thütsche Mülh. U. 926. thutzsch Böhmer 483. thorn 766. thüsent Höfer H, 44. 176. Hü. I, 949. Für «chtes d: thön. thüre. threnken mfr. Legendär, tkctg Bother 2905. 3285. Hü. I, 1121. Mülh. ü. 835. Cd. Sax. H. 2, 62. gethdn Bother 3306. thun Hü. I, 1032. Cd. Sax. U. 6, 43. theil Hildeg. G. 65. theaUh 24. theüung Hü. IH, 735. thische Leys. Pr. 40, 33. Thierolfus Hü. U, 53. 132. thocter Both. 319. 2985. thor Cd. Sax. H. 6, 42. thode Hildeg. G. 46. thörheit Leys. Pr. 38, 2. thüre Bother 1422. thürliche Leys. Fr. 38, 15. Für unverschohenes t: tholnere Ennen I, 9 <1321). thuschen Hü. H, 718. HI, 1384. Eherbach 767.

Inlautend für d (t):

ethlichir Bother 381. Tethirich 1027. Bietherich, 1993. 2789. u. o. hfthe, Ditheric Höfer 1, 26 (Thüringen 1299). iMthewe Mülh. B. 43. sithe (jrieeh. D. 15. dthe Hü. U, 1128. rithir 866. versceithe mfr. Legend. 241. reithe 670. hreither Bother 2637. breithe, lüthe Cd. Sax. H. 2, 62. erheUhere'{l2Q8) Hü. I, 189. Sigehoiho (1161) Hü. H, 10. Reimbotho (1187) Mrh. ü. n, 125. gothishüs (1298. Thüringen) Höfer I, 22. oth- möte Roth. 361. Lütheger Mülh. ü. 926: lütherliche 835. Vtha (1331) Hü. m, 1000. rüthen (1289) Hü. I, 199. tcingarthen (1299) 11, 574. v)er{hin Both. 2948. teirthen Hü. I, 586. geinwortheg (1327) Mono Z. 6, 311. an<«7Mr*Äen. gehurthe (1315) Höfer H, 35. verkoyfthe (Köln 1360) Höfer I, 29. vesthen (1304) Lac. HI, 29. methetoochin (1364) Cd. Sax. n. 6, 23.

Belege für inl. th ^== Aspir. th aus dem mfr. Legendär bei Busch in Zachers Z. X, 307.

Auslautend:

rath mfr. Legend. 90. path Hü. I, 223. aith, saith (1291) I, 199. wirih mfr. Legend. 282. 657. eyth, gevreith Lac. HI, 60. leith Both. 3422. heyzzith Hü. I, 743. geredith 768. x?ie/i Leys. Fr. 40, 22. Ennen I, 239. goth mfr. Legend. 178. 690. Both. 360. Köditz oft. Watzelen- ro«h (1235) Eberbach 178. noth Both. 3461. töth 2742. werstath, hith, underwysith, guith, Crisvelth, hisigüth, hanth, kunth (1328) Hü. III, 963. warth Amst. Ml. 2, 4. mfr. Legend. 733.

13»

196

§201. Wucherformen dieses nachgewiesenen th sind

thd: atethde, leithdun. ebenothde. toingarthde Buprechtsberg.

Mrh. Uk. n, 367-380.

tht: Othtin (1335) Hü. I, 877. lüthte köln. Sachsp. Prol. 171. tth: hatthen Hü. I, 266. Dittherich Köditz G. 4, 5. ritther

Hü. I, 199. 201. 584. 625. 749. Otthirherg H, 321.

§202. § 202. Nicht unhäufig ist th für ht, vgl. §^195.

hrath Friedb. Kr. A. 16. drathin G. 1, 5. nath E. 1, 10. G. 2, 16. hrathen, nath (1294) Hü. I, 201. gerath I, 623. rethe (1263. Sayn) Haupt IX, 262. (1270) Höfei I, 8. retheme genethe Hü. I, 543. kneüh 567. 578. Mülh. E. 55. atheü, methig, rethe (1332) Böhmer 515. Hemer Hildeg. G. 23. mothe Ennen I, 236. tothir Griesh. D. 15. dother Hü. I, 743. duth Friedb. G. 1, 20. süthen (: grüthen) Morant 46. ver- nunthich köln. Sachsp. Prol. 6. virworth Mülh. E. 27. Besonders häufig ist dieses th = ht m den Trierer Psalmen (herausg. mit dea Windbergem von Graff. Quedl. 1839).

Auch für dieses th begegnen Wucherverbindungen :

thd =-ht: dothderltn (1307) Hü. H, 679.

tht = ht: dothter (1359) Hü. I, 939.

tth = ht: ritthan Friedb. Kr. A. 13. rettho C. 2, 22. wetthero E. 2, 7. motthen G. 1, 20. 2, 20. geritthe J. 2, 1. atthent. retthis Hü. I, 201 (1294. Frankf.). Lüthenatein I, 433. retthe Böhmer 349.

z.

§ 203. § 203. Die Oberdeutschen hatten die alte Lingualaspirata

th verloren und dafür den Affricatdiphthong js (ts) angenommen^ welcher bei der zweiten Verschiebung der Mutae an Stelle des gemeingermanischen t trat, über obd. Reste des unver- schobenen t § 192.

Ausser ^ wird im Anlaut vor e und i noch im 12. 13. Jh. gern c geschrieben; im 14. 15. Jh. werden c^ und t^ üblich (über CJS^, CJSC, czcis in schlesischen Schriften Eückert Entw. 149. f.); seltener sind zc und ish. Auch sc erscheint im 13. 14. Jh., worin örtliche Aussprache des e als scharfes s zu erkennen sein mag; sogar schw findet sich im zw, AGr. § 193.

Die Aussprache des anlautenden z war in gebildeter Rede durchaus ts ; mundartliche Abweichungen waren scharfes s, wie umgekehrt z für anlautendes s vorkommt, AGr. § 184. BGr. § 150.

' \

197

Merkwürdig wäre z ixLX \ das alem. Schreiber in zwrz §203. = }i.wrz und zazer = ketzer im 13. 14. Jh. selten freilich setzen (R. Hildebrand im D. Wörterb. V, 4) und das an fries. und slav. Veränderung der Gutturaltenuis erinnern könnte {k würde zuerst palatal und dann zu ts assibilirt), wenn nicht z hier bloss für c verschrieben ist, wie in fiumfzez Griesh. Pr. II, 116.

§ 204. In- und auslautend hat sich z in zwei ver- §204. «chiedene Laute gespalten: in jgr und scharfes 5, gleich wie ph in ph und f zerspielt, z blieb in vielen, nicht auf durchgreifende Regel zu bringenden Fällen, hauptsächlich nach kurzem Vocal, femer nach l n r, und wo es auf tt = tj zurückgeht. Im übrigen wandelte es sich in die scharfe Lingualfricativa s, AGr. § 185. BGr. § 151. Für diesen Reibelaut blieb aber z als Schriftzeichen; auch zz, seltener e;; ward gesezt; seit Mitte des 13. Jh. kam auch ss dafür auf, selbst einfaches s; im 14. Jh. wird sz, das übrigens schon früher sich findet, häufig. Auslautend wird einfaches s seit 14. Jh. oft geschrieben ; es verdrängte das alte z allmäh- lich ganz aus dieser Stelle.

Das Alem. hatte für das alte z (ts) Vorliebe und be- hauptete es gegen die gemeindeutsche Vereinfachung zu 5 vielfach, AGr. § 185. In manchen Worten schwankte der Laut überhaupt, so in reizen, wize, in diz und hirz,^)

Zwischen dem zu scharfem s gewordenen z und zwischen SS oder s gestatten sich manche Dichter des 13. und 14. Jh. Reimbindung, welche durch die harte Aussprache des obd. s sich erklärt:

a) Inlautend: glasen : gazzen Helbl. 1, 1294. underbläsen: gesdzen Virgin. 411, 8. messe : vergeeze Staufenb. 465. mezze : presse Hart. 159, 57. gesezzen : genesen Lutwin 3681. weisen : neizen Montf. 25, 161. mizzen : vermissen Virgin. 480, 8. giezen : fliesen Krone 18117. rossen : merftozzen 982. : heslozzen Montf. 31, 150.

b) auslautend: gras : naz : daz Neifen 48, 19. gras : helmwaz Wolfg. D. m, 24. ; daz V, 132. : vergaz IV, 20. glas : daz VI, 14.

*) Auch zur Unterscheidung der Bedeutung scheint die doppelte Aussprache benuzt worden zu sein, vgl. den Beim toizzen : vizzen Lam- precht Syon 682 mit meiner Anmerkung hierzu.

198

§ 204. gelas : baz Wolfd. D. X, 55. Cädl. 236, 550. Yljas : vergcus Wolfd. 0. 76. was: baz Rügen 374. tr. Kr. 49184. Virgin. 70, 11. Wolfd. B. 454, 55. :daz Tund. 41, 38. Wolfd. 0. 3, 3. Virgin. 923, 4.'Cäcü. 54. Heinz. ML. 130. Ammenh. 608. Steinbuch 134. :vergaz gGerh. 1753. Wolfd. D. IX, 149. :haz IV, 73. Cäcü. 68. :laz Wolfd. D, IV, 1. Virgin. 807, 11. :maz Ammenh. 320. :naz Wolfd. D. V, 81. palasr saZ' Wiga,m, 2510. :haz Wolfd. D. IX, 9. Tarias : daz X, 26. az : genas Ammenh. 135. baz : was Virgin. 959, 1. etewaz : was Mantel 292. daz: glas Steinb. 6. :was Virgin. 19, 11. Montf. 2, 75. 33, 21. saz: genas Wolfd. D. 334. : gras Virgin. 23, 4. : was Krone 25579. Virgin. 1014, 4. Boner 53, 9. Ammenhus. 788. des : nez Otack. c. 8. einez r meines Uelmbr. 774. gebeines : dekeinez Mart. 39, 62. gewis : diz Cäcil. 472. ungewis : diz Heinz. R. 290. ris : wis : fliz Lobges. 18, 8. ßz: tagewis Montf. 37, 36. wiz : pris Wolfd. V, 59. : Treferis V, 172. ; wis Steinbuch 252. 484. kos : gröz : genöz MSH. 1, 136. kos : eitgenoz Wolfd. B. 454, 73. verkös.: verdröz Boner 64, 1. verlos : slöz Wigal. 288, 30. sigelös : gröz Wolfd. D. HI, 38. IV, 8. Virgin. 101, 4. triuwe- lös: gröz Wolfd. 0. 156. blözilös Boner 81, 14. gröz: kos Wolfd. 0. 521, 7. ; verlos Wolfd. D. V, 87. ; ras D. 124. : huotdös Boner 78, 5. : tröst Montf. 18, 185. sus : fluz Mart. 153, 38. Ammenhus. 772. hus : üz Tund. 43, 56. Helmbr. 1710. Steinbuch 494. : drüz Wolfd. D. IX, 91. Ammenhus. 488. üz:hijts Montf. 33, 53. münz: uns Otack. c. 5.

Germanisches Gesetz ist die Sibilirung von Lingaalis vor affigirtem t; daher geht auch js: vor diesem ^ in ^ über. Also wird bei Kürzung der Superlative beste teste groeste aus be^e leiste groezte; alem. findet sich saste kreiste swiste für sazte kragte swizte, AGr. § 185. In weist wiste, muost muoste lebt die vor der Verschiebung des ^ zu ^a^ bereits bestandene Form einfach fort.

Aus- und Abfall des z wird in der mhd. Periode io läzen lies beliebt : län, lie ; alem. auch in müezen : müen.

In neuen Textausgaben wird gewöhnlich nach Grimms Vor- gang z durch Zf die Abspaltung zu scharfem s durch ^ bezeichnet. §205. § 205. Das mitteldeutsche ^ gibt zu denselben War-

nehmungen Anlass wie das obd. über die grösseren Reste von un verschobenem t vgl. § 196, wo auch gesagt ward^ dass die Verschiebung des alten ^ zu ^ für das Mitteldeutsche (Ripuarische, Chattische, Thüringische) als Regel gilt und t nur eine Ausname ist.

Als Schriftzeichen kommen im Anlaut vor z, c, zc, cz, tz, sc, sz, zh, zcz; vor w scz {sczwischen Cd. Sax. II. 8, 23),

199

auch blosses s {swinge, swiende Lac. III, 47. smschen Herb. § 205. 1123. Spiegelb. 284, 33) und vergröbert seh oder gar tsch: mit Auflösung des wi zu u findet sich schuschen HU. I, 1211. n, 758. Böhmer 461. u. o. tschuschen HU. I, 647.

Im In- und Auslaut erfolgt dieselbe Spaltung in jsf

«

und 5 (-gr und 2) wie obd. Als Schriftzeichen kommen für erhaltenes js vor ^, ^^, c^, tcj^ (Höfer II, 13. Cd. Sax. II. 8, 173. Nordh. Weist. A. 24), sc (Rother 317), ^cz czcis (Rtickert Entw. 149), cz^c (Cd. Sax. II. 8, 26). Für das scharfe s be- gegnen z, sodann zs (oft, zb. Marienl. 22, 30. 44, 11. Lac. III, 236. HU. I, 668. 811. II, 735. III, 1208. 1279. Böhmer 520. Rückert Entw. 154) sz (zb. Böhmer 253. 282) sc (HU. II, 851) zc (HU. I, 570) ssz (HU. III, 1306. 1351. Wülcker in Paul-Braunes Beitr. IV, 45) scz (Kath. M. 167) zz (Böhmer 713. 714) SS (Lac. III, 537. 542 a. 1263. 1264. HU. III, 1212. 1274. 1295. 1380. 1385. u. 0.) s (Höfer II, 13. 32. 109. HU. I, 576. 700. Trierer Spiegelb. 267, 12. 269, 6. 273, 20. 280, 1. u. 0.) sh (Lac. III, 163) seh (Vorbewis. ll^ 40^ Kölner Cronica 8. 10. u. 0. in geheischen hiesch).

Auslautendes z (Abspaltung zu s) wird mit echtem s auch md., wenn gleich seltener als obd. gereimt:

furhaz : gras Salm. 491, 2. daz : was 556, 2. Junk. u. Heinr. 436. 1500. saz.-laz Secund. 17. :wa8 Junk. u. Heinr. 1528. gesaz : gras ebd. 558. gras : vergaz Salm. 500, 5. diz : is Schachb. 304, 2. :gewis 375, 23. hüs : üz Hartm. Gl. 1698. 1806. 3200. J. u. Heinr. 154. büz : kus Dietr. v. Glaz Gürtel 857. müz : sus Ludw. Kr. 5395. Reime aus Karlmein, bei Bartsch über KM. 256.

Inlautender Keim : wizzin : trubnissin Schachb. 314, 11. unvir- drozzin : rossin 325, 28.

Sibilation von wurzelhaftem z vor unmittelbar affigirtem

t erfolgte nach dem Gesetz besonders häufig in saste gesast,

auch in beste teste,

best : zelest Marienl. 121, 21. leste : beste Morungen MF. 123, 10. 14. ze leste : veste Alex. 3413. Herb. 5382. Vgl. auch vaste : hazte Schachb. 166, 5. vergizt:ist 346, 32. tr6st:gen6zt 161, 5. haste reiste gereist Köditz 36, 3. 6. 79, 25.

Zu gedenken ist noch des Einflusses, den linguale Liquida {l n r) auf folgendes s und z übt: s wird durch

200

§205. liDgnalen Beisatz zu ^, s dagegen durch Auflösung seines ^-Elementes zu s,

8 wird zu 8: hoUs (1313) HU. n, 741. Sdkdmrg Köln. Bepg. Cr. 42. gatue Lac. m, 801. geruHich Lac. m, 187. 965. Henneb. ü. 11, 104. Cd. Sax. n. 9, 129. Cran8z (1281) Ennen m, 178. munsse HU. I, 529. viersich Lac. IH, 486.

8 wird zu z: vormale Cd. Sax. n. 8, 42. Judzgericht 9, 131. Eren- velts (1276) Ennen m, 112. mammaü HU. I, 579.

Im Kipuarischen herscht die Neigung, e nach r in tsch zu wandeln : ertschehischof Köln. Repg. Cr. 62. Lac. III, 278. 280. 422. 950. lurtsche Xarlm. 333, 55. Köln. Gronica 155.

In läzen wird auch md. das z syncopirt und apocopirt : lan, las (:hä8 Herb. 8655. 10540. : j^aZo^ Elisab. 7458), lie.

S.

§206. § 206. Die linguale Fricativa theilt sich phonetisch in

eine tonlose (fortis) und eine tönende (lenis). Dürfen wir aus heutiger obd. Aussprache schliessen, so war im Anlaut das s die Fricativa fortis ; sie wird von den Phonetikern mit 8 bezeichnet. Unsere alte Schrift wählt dafür f, nicht bloss im Anlaut sondern auch in- und auslautend. Seit dem 14. Jb. sezt sich im Auslaut s dafür fest, das aber an den andern Wortstellen nur selten verwant wird. Über das Zeichen z für s im nfrk., md. und besonders schlesischen Rückert Entw. 152. f.

Die anlautenden Verbindungen sp sw st sl sm sn hatten ursprünglich reines s, das aber allmählich zu seh übergieng. Bei sl lassen sich die Anfänge dazu durch die Schreibung sei bis in das 9. Jh. verfolgen ; fiir das 14. Jh. ist die Aus- sprache schp schw schl schm sehn nachgewiesen, bei st ist die gleiche Vergröberung sehr wahrscheinlich. AGr. § 190.

sc (sk) gieng vor e und i wol schon im 9. Jh., nach der damals auftretenden Schreibung seh zu schliessen, in den cerebralen Reibungslaut über, obschon se noch im 12. Jh. das gewöhnliche in der Schrift ist, im 13. Jh. noch oft vorkommt und selbst im 15. Jh. noch auftritt. In der Schrift haften die alten Zeichen gegen die Aussprache oft lange, wie unsere nhd. st sp beweisen. Die grade nicht häufige Schreibung sg

201

wird andeuten, wie der dem s verbundene velare Gruttural §206. sich in den palatalen wandelte, worauf sich dann weiter seh entwickelte. Im 12. 14 Jh. wird för seh auch sh geschrieben, AGr. § 192. BGr. § 157.

In alem. Hss. des 12. 14. Jh. steht zuweilen s für sc (seh), zb. Satz sepfen sif sriben versrdten harnese ehüsir wunses fleisUch küsUeh mennesUeh mennis hovis. Schwer- lich ist hier s gesprochen worden ; ich glaube vielmehr,, dass die alem. Schreiber s, das sie inlautend und auslautend als seh sprachen, einfach für seh schrieben. Wenn sich Hart- mann Ton Aue, Ulrich von Zazikhofen, Rudolf von £ms Reime erlaubten wie leiste : glaste Erec 1 780. erlaste : glaste Bari. 323, 25. wüste : gelüste Lanz. 2208. wunsten : kunsten 3152 (andere Beispiele BGr. § 154. 190), so beruhen diese dialect* lieh reinen Reime nicht auf s für seh, sondern auf der Aus- sprache des st als seht: laschte glaschte, wünschte kunschte n. 8. w. In den Fremdworten harnasch vdlsch hat sich seh für s in der Schrift festgesezt. Vom In- und Auslaut mag jenes als seh gemeinte s auf den Anlaut übertragen sein. seh für st, das alem. nicht unhäufig ist, zb. maschbotim, Uuotharsch, geischelich, rösch, hrünscJdich, erklärt sich durch Ausfall des t aus seh = st.

Über md. s für seh § 210.

§ 207. Für inlautendes s kommt zunächst der gram- §207. matische Wechsel zwischen s und r in Betracht, §151. Der Wechsel geschieht in mhd. Zeit noch in dem Perfect der Zw. wesen genesen lesen rtsen kiesen vriesen Verliesen. In was wären waere ist der Wechsel fest, ebenso in verlm verlurn verlür, fros frurn frür; alem. geht selbst im Sg. Pf. und im Präsens zuweilen s in r über, AGr. § 196. In ge- nesen lesen risen. kiesen behauptet sich das s noch neben r, bei risen kiesen seltener, bei genesen, lesen häufiger: also rim kum genäsen läsen, seltener risen ktisen genären lären. AGr. § 196. BGr. § 161.

Germanisches Gesetz war die Sibilation wurzelhafter Lingualis vor affigirtem t, wonach also d t z vor ^ zu ^ wurden § 151 ; femer die Einschiebung eines euphonischen

202

§207. 8 zwischen vocalischen oder liquiden Wurzelauslaut und das Suffix t- § 157.

Doppeltes s ist in wenigen Worten alt; auslautend wird es gesetzlich stets vereinfacht: gewisse gewiß, -nisse nis, misse mis, rosse ros, küssen ktis.

Auf assimilirtes st geht ss zurück in wisse wesse (Pt. zu wijs^en).

Aus hs wird ss im Elsässischen, gemäss dessen md. Earacter gern angeglichen, zb. wassen, wessel, hesse, sesste (gewöhnlich seste), osse, busse ; ausserhalb des Elsasses kommt diese Assimilation obd. nur selten vor, AGr. § 1^1. BGr. § 156.

Aus Is entsteht ss mundartlich in ass AGr. § 194. BGr. § 156. Durch Umstellung wird ss selten erzeugt, doch vgl. die Gen. disse Erec 317. Greg. 1776. Kl. C. 1368. u. o. und hüsse Wernh. Mar. 171, 34

Durch geschärfte Aussprache von einfachem s erklärt sich die Schreibung lessen dissen verliessen btwssen. Selbst auslautend wird späterhin dess, hauss rofss alss vnss ge- schrieben. §208. § 208. Das mitteldeutsche s gewährt dieselben

Erscheinungen wie das obd.

Die Verbindungen sl sm sn sp sw st wurden in der mhd. Periode ebenfalls schon mit cerebralem Reibungsgeräusch als schl schm u. s. w. ausgesprochen. Für sohl gehn die An- deutungen weit zurück, vgl. skltwg Ludwigsl. 52. scluvun Paris. Virgilgl. 296. scläphun Mainz. B. 6. scloch Rother 562. scleich 2503. sclufßn 4073. besdagen 1574. u. a. VgL aus späterer Zeit sclideweg (1344) Hü. Ill, 1161. schlose (1383) I, 700. ingeschlossen (1391) III, 1490. Ferner schmäh (1287) Hü. III, 1550. beschwierin (1263) Ennen II, 468.

über sc seh § 210.

Der grammatische Wechsel vollzieht sich md. ebenso wie obd., § 207 ; nicht minder die Sibilation der Linguale vor suffigirtem t, und ebenso die Einfügung eines euphonischen s zwischen vocal. oder liquidem Wurzelauslaut und suffigirtem t Für dieses leztere sind im besondern zu erwähnen die Perfect- formen gonste gegonst von gönnen, und die Feminina begunst

203

(zb. Pass. H. 56, 25. K. 112,8. Jerosch. 12689), munst (Elis. §208. 1962. 3127. 6160. u. ö.), Jcumst (in kumstic Krolw. 2034. 3647), vernunst Qbrunst Pass. K. 153, 39. : gunst Frauenl. Spr. 331, 19. : kunst Pass. K 86, 11. Jerosch. 19560. Krolw. 2997), heginstnus Altd. Neujahrsbl. 70, 23.

Ein jüngerer euphonischer Einschub von s geschieht md. in antstveder Myst I. 23, 16. u. ö. entzwar Köditz 8, 9. 20, 20.

Interessant ist in st für ht, das sich dem ft für ht und ht für ft vergleicht, die Verschiebung der Sibilanten. Schon im got vaurstvja erscheint sie, ferner im altfränk. trust, trustiSy und in den altndl. Psalmen 18, 10 drusten; dann im Leip- ziger Sachsensp. (Ausg. v. 1863) S. 73 kneste, 76 ristet.

Wie in der Verbindung ht das h nicht selten schwindet, § 242, so schwand auch in altschles. Schriften zuweilen in der Verbindung st das s: geytlich, sechte, durchluchtite, leit, seit, hasset, Rückert Entw. 195. 253.

§ 209. TJber ss gilt im allgemeinen das für das Obd. § 209.

bemerkte. Im besondern aber niuss die starke Neigung hs

zu ÄS zu assimiliren, hervorgehoben werden.

wassen Alex. 4950. Herb. 1739. gewassert Alex. 5148. Pilat. 352 (176). Herb. 2972. Marienl. 89, 12. gewasse Lacombl. I, 461. HI, 187. wesset Alex. 1502. Myst. I. 56, 1. woissen Sei. Tr. 141*. weiss Harff 38, 27. gewasses. flasses Elis. 3010. missewasses HU. I, 1024. assa Wiesbad. Gl. 58. assel Herb. 5016. Elis. 3536. vasse Alex. 5149.

tvessel Eberbach 881. HU. HI, 1125. 1372. I, 758. 1019. Henneb. ü. n, 14. Ebern. 426. Lac. UI, 57. 210. sess Vorbew. 2. Harff 62, 8.

0886 Hü. in, 957. Myst. I. 43, 24. Ossendorp (1176) Lac. I, 461. Ossinheim Hü. I, 934. vosses Mrh. U. H, 387. fosspat HÜ. I, 957. fussegräben HI, 1169 (Worms), husse Anzeig. 3, 27. Eeimbelege gewassen : passen Erlös. 455. wöss : gröz Alex. 5662. ossen : trossen Wierstr. 1294. hussen : küssen Herb. 9240. : schlissen Wierstr. 725.

Assimilation von Is zu ss wird auch md. ausgeführt in asse zb. Elis. 2576. Höfer II, 54. asso Kölner Cronica 16^

SS für einfaches s begegnet auch in den md. Schriften des 14. 15. Jh. nicht selten, auch ss findet sich dafür; zb. fassenach HU. 1, 758. wessen (neben wesen, wezen) I, 944. Gissele HU. I, 1051. Ledernhosjse I, 963. fSchsse, wohssen. ahssen Alex. 4889. 4952. 5342. lasjsi. alsz Böhmer 782.

204

§210. § 210. Die Verbindung sc dauert schrifUich im 13. Jh.

und noch später fort, ist aber fär die mhd. Periode und auch gewiss fiir einen Theil der ahd. als seh zu sprechen, das sich zuerst vor und nach e und i, dann auch bei den andern Vocalen durch Wandelung des k in Falatalis entwickelt hat. Im Leidener Williram und im mfrk. Legendär ist sc Regel, aber seh wird daneben nicht selten gebraucht Im Amsteiner Marienieich überwiegt schon seh über sc; im Strassburger Alexander ist sc zwar noch Regel, aber SiJi kommt vor e, % ei, a, 0, ti vor; in den Wiesbadener Grlossen stehn sce scei sei sca scü neben sehe schei schu. Im Annol. werden sc und seh gebraucht; im Kölner Sachsensp. von 1297 steht immer seh, und nur zuweilen sc in scap.

Ausser sc und seh wird mitunter sg {g = cÄ), öfter sh geschrieben; auch die Wucherverbindungen ssh, ssch, sschs begegnen. Nach l n tritt zuweilen t als lingualer Zusatz an, zb. meintsche Schillinge HU. III, 1267. hüntsch win III, S. 103. Anm. mentsch Musk. 8, 263. wuntsch 36, 14. feilschen 8, 201. geseltschaf Ennen I, 30. költsch I, 25. 117.

Sehr häufig ist in den Schriften aller md. Landschaften besonders im 14. 15. Jh., aber schon früher, die Verwendung von Sj SS, sz fär seh.

Anlautend :

sarpenstein HU. I, 223. grasaf, heyrsaf Höfer H, 109. lantsaf Harflf 210, 25. szeffen HU. HI, 1161. »illinge I, 577. sultheiz I, 223. irsrecket Roth. 1275. irsraken Myst. I. 137, 34. sribit Mone Z. VI, 311. srift HU. I, 943. 8nen Anzeig. 3, 37. Belege aus Johann v. Olmtitz Hieronymus in der Aasg. von Benedict LH. Beispiele für sz «=» seh aas den Patschkauer Psalmen bei Eückert Entw. 154.

Inlautend :

dressen HU. I, 895. gelesset Griesh. D. 17. heisent Böhmer 357. tileisis Griesh. D. 16. romesse Wiesb. Gl. 229. swevisse Köln. Sachsp. L 18, 1. disse Elis. 2790. vermisset 4832. zwissen HU. I, 582. Ludw. Kr. 361. zwusser^ HU. I, 623. zussen U, 955. zwossen HU. I, 847. rechttüsserin Alsf. Sp. 5244. vnkeusser Hieronym. UI. wüste Kölner Oronica 52»>. er forste Köditz G. 19, 29. Das älteste Beispiel, das ich kenne, bieten die Pariser Virgilgl. 174 frosse, Beimbelege: messen: pfnessen (mischen : pfiieschen) Elis. 4375. disse : gewisse ebd. 1717. 2923. fnissen : gissen 4469. zussen : kiissen Erlös. 2901. verlast : gleist Elis.

205

2862. Erlös. 3005. miste : geniste Frauenlob Spr. 375, 6. gemisten : § 210. listen Hol. 106, 2.

Auslautend :

fis Elia. 1109. viswise HU. I, 223. vismart HI, 955. fris Elia. 541. frisz Köditz G. 90, 11. rislich 86, 28. Vederwiss (1266) HU. H, 215. vederwusz 11, 714. vederwus II, 791. fleis Elia. 1635. Grieah. D. 16. Myat. I. 64, 26. fleishowere (1267) Eberbach 403. ies Elia. 5841. vries, hies Herb. 8313. frois Böhmer 464. wüs tr. Silv. 290. bus Höfer H, 109. durhtenbus (1252) Eberbach 272. wuns Elia. 5811. hobis : lobis Triatr. 5066. hubes Elia. 167. kindes 1543. criechis Alex. 1207. 1209. vleislich Marienl. 38, 19. küslich Elia. 637. unvorksUch Myat. I. 143, 23. irdeslich Elia. 10131. mendicho Friedb. Er. G. 1, 2. iiKiiflZfe^ Mone Anz. 3, 35. u. o. gotisheit Myat. I. 26, 10. judesheit mastr. Oaterap. 700.

Wir können dies häufig vorkommende s för seh, für das hier eben nur ^ine verhältnismässig kleine Zahl von Belegen aufgeführt ist, nicht wie das alemannische § 206 aus der heute noch lebendigen mundartlichen Aussprache erklären, die dort seh für s sprach, sondern müssen wol wenigstens für Anlaut und freien In- und Auslaut Tausch des cerebralen Reibungslautes mit dem lingualen annehmen. Auf einen Wechsel der beiden Laute weist auch seh für s hin, das zuweilen geschrieben ist:

schipschaft Köditz G. 40, 20. schiezit Eath. M. 165. schufczunge Trebn. Pa. 78, 11. eptischen Cd. Sax. n. 8, 146. persckon Sei. Tr. 115». Harflf 35, 26. 145, 3. Hirschen {hersen) Trebn. Pa. tciscUcTie Both. 4476. wiscMiche 3966. etsMiche Trebn. Pa. 138, 14. bischtüm Hü. m, 1294. 1330. Cd. Sax. II. 8, 153. schüsst^id Cd. Sax. n. 6, 59. buschdöm Hagen 125. Sei. Tr. 139*. ysh (Eia) Trebn. Pa. 148, 8. huysch Köln. Cronica 80. Hoenvdsch HU. I, 671. Juüsch Alaf. Sp. 4677.

seh für st wird sich durch seht mit Verschweigung oder Vernachlässigung des t erklären.

schüre Köditz G. 50, 13. dynschedagh Lac. in, 965 (vgl. heutiges köln. boach = boacht es borat).

L.

§ 211. l ist ein lingualer Reibelaut wie s, aber von §211. diesem verschieden dadurch, dass der Verschluss vom an der MundöfFnung vollständig ist, während hinten eine Öffnung bleibt, durch welche die Luft an den Backen entlang nach vorn strömt (Brücke 41).

206

§211. Unter die anlautenden einfachen l mischte sich im Obd.

seit dem 9. Jh. eine Zahl solcher, die aus hl entstanden, indem h schwand. Dieses secundäre l beginnt die Worte laden last, lochen Zw., lanhe, leip, Idter, le, limmen, Unen, liezen 16^ lui3, lity Ivmtunt, losen, laufen, lüt lüter, liiejen.

Tausch von n miil zeigt die Formel sn in snoede sloede, sniume sliume; Mattend kommt zuweilen (alemannisch) wemt für werlt vor.

Häufiger wechselt r mit / besonders alemannisch: chilche für hirche, helfen für herjen, schalmHizen für scharmütsen AGr. § 194; salworht für sarworht BGr. § 158. r für l tritt auf in huderwät (ülr. v. Türheim Trist.). Häufiger tauscht r mit l im Suffix : engstel (Heinr. v. Neustadt GZ. 475), Aorpel, karkel, horpel, martel^), ebenso in ankel, marmol, TriA^ priol priolin, trisol.

Es zeigen sich daher auch in Reimen Berührungen zwischen l und n, l und r; vgl. Wackemell Montfort CLXIV.

Umstellung des l, sodass es aus dem Suffix in den Stamm trat, erfolgte in alem. nälde.

Ausfall geschah alem. in soln, wellen wein (:son, wen), ferner österr. in werlt: Thomasin von Zircläre reimte dieses wert (= werlt) auf ert wG. 9685. furwerd 9658, vgl. auch wertlich Karajan 98, 15. 101, 13.

In hischof ward l in den vom Volk auf den bekannten Namenstheil ^olf bezogenen zweiten Theil des Wortes in Baiern und Österreich im 12. 15. Jli. gern eingeschoben: 6S entstund also bischölf»

Die Doppelung II ist gewöhnlich aus Z; assimilirt, so in den schw. Zw. qtiellen seilen stellen swellen twelleti wellen zellen stillen füllen und in den Subst. eilen geselle helle wille.

Seltener ist II aus Ih entstanden: weller soller, bevellen, verswellen; noch seltener aus Ib: seller.

Regressive Assimilation aus nl: jsmllinc, Tcüllinc, eigel- lieh, aus tl: guollich.

^) Dass martel nicht md., marter obd. Form war, wie behauptet ist, hat schon W. Grimm über Freidank S. 39 gezeigt.

207

§ 212. Im Mitteldeutschen bietet l dieselben Er- §212. scheinungen wie im Obd. Im besondern ist hervorzuheben Wechsel zwischen l und n: b) l für n in sieche Harff 143, 21, in dem hess. Ortsnamen Sumelesvelt (13. Jh.) für älteres Suminesvelt (Arnold Ansiedel. 630), ferner in orgal Brev. 46. b) n für ? in enlende, wernt § 218.

Wechsel zwischen Z u n d r ; a) Z für r in dem hess. Ortsnamen Brungolsheim = BrungSrsheim (13. Jh. Arnold ADsiedel. 630), in martilie Wernh. 61, 6. Marienl. 31, 2. gemartilt Repg. Cr. 18. mertelunge Vorbew. 42. heveische (Hebamme) Sei. Tr. 156*. prielin (1290) Böhmer 252. priolin (1346) Mülh. U. 973. preolin Hü. I, 805. Rodele {Rhodanus) Myst. I. 204, 4. Trielscher (1288) Höfer I, 16. b) r für l: lixtzer Rol. 232, 14. pf eller (oft), armusen. Ennen I, 245.

Umstellung des l erfolgte in splüter Ath. G* 32 {spliUern : rittem) aus spilter, femer mit Einfügung des safßgirten l in den Stamm in näMcy der gewöhnlichen md. Form des Wortes (im Reim : Salden Herb. 6772), vgl. auch ' ingesilg Henneb. ü. II, 87.

Ausfall geschah zuweilen am Niederrhein in werlt: weritlich Annol. 702. weretlich (1272. Isenburg) Höfer I, 9. Lac. III, 180. wertlich Lac. III, 462. Auch die Reime diet : hielt Karlm. 478, 36. enthielt : niet 255, 5. spielt : niet 248, 27 halte ich für rein, indem das l vor t schwand, vgl. heutiges achen. att zu köln. alt ald (schon), und das gewöhn- liche ass as aus als.

Doppelung vertritt zuweilen einfaches l, zb. walle = wale wol Roth. 3404. Gewöhnlich entstund es wie obd. 211) durch Assimilation von Ij, zuweilen von Ih: bevellen Nordh. W. A. 4, auch von nl: mallich Lac. III, 516. Loersch ach. Rqu. 81. Harff o. allermällich zb. 1380 Wetterau. Hü. I, 1121. 1320 Thüringen Höfer II, 69.

Die Reime zwischen II und Id werden auf Grund der

leichten Assimilation von Id zu II auch wol für mehr als für

Assonanzen genommen werden dürfen,

helde : heUe Orend. 313. snelle : velde 1726. 2790. mlde : «tau 3094.

208

R.

§213. § 213. Der linguale Zitterlant ist häufig nnd ist zu vielen

Verbindungen geschickt Unter den mit r anlautenden Worten sind eine Anzahl, die früher hr hatten, das seit dem 9. Jh. auch aus der Schrift schwand : rctben, rame (G-estell), rey ref^ respen, retten, reine, reisten, rinc, rint, rimpfen, berinen, rife, m, riet, riuwe, ros, rou, ro, ruf, rucke, rüsten, ruoch (garrulus), ruofen, ruom, ruot (in Personennamen zb. Ruodolf),

Auf wr geht r zurück in rechen recke ringen rise rist riden reit risen rüegen.

In- und auslautend giengen viele r aus ^ hervor: tar turren, derren dürre, irre, merren, arn amen, kar, her (bacca), nem, ^e, hire, ger, mer, leren, tier, are, hoeren, ror, trör, femer in den Pronominalformen mir wir, dir ir, in den Adjectivflexionen des Nom. M. Sg., Gren. Dat. Sg. F., Gen. PL und in dem ComparativsufGx. über den grammatischen Wechsel in Yerbalformen § 207.

Umstellung des r erfolgt a) in Stämmen:^) allgemein in berht:breht in Namen, alem. in kirse : kriese, elsäss. in brinnen brunne : bimen bume, in dritte : dirte. Mit Ein- fögung des umgestellten r in den Stamm : damstac dumstac. b) in er des Präfixes nach vorangehndem Yocal oder voran- gehnder Liquida: da restarp, ne rekande, wol regap, un- rekawt, er rebarmde; in er des Suffixes a) im Inlaut des Wortes inrethalp, dunrestac, b) im Auslaut: alre kelre, deheinre minre, irre.

Ausfall von r erklärt sich dadurch, dass es guttural ward. Seit dem 12. Jh. ist weit für werlt namentlich bair. österr. nachweislich; im 13. Jh. wird es im Reim schon ge- braucht :

wdt : geU MSH. I, 298^ Bari. 96, 21. lao, 3. : eneOt Hehnbr. 1779. weite : gelte ülr. Trist. 3665.

Im 14. Jh. ist weit schon häufig. Ausserdem geschieht diese Ecthlipsis des r vor Lingualen und der Verbindung /I:

1) Beispiele von zum Theil vorgerm. zam Theil urgennan. Meta- thesis von Liquida (vorzagsweise r) und Vocal, verbunden theils mit Unterdrückung des ursprünglichen Vocals theils mit Yocaldehnang» legte J. Schmidt Gesch. des Vocalism. 11. 453—463 vor.

209

80 in vodern voder (Österreich, nicht selten Mhd. Wb. 3, 381), § 213. donstag, -hat als Namenstheil = hart, in wän, mader, este, daß dofte duft. AGr. § 197. BGr. § 162.

Abfall des r geschah regelmässig in da, wä, sä, hie, i, oft in m^, ferner in ave, iene (irgend).

Einschiebung eines r, das als gutturales auftritt, geschah seltener, zuweilen in wirder und verlurst, vgl. auch huerch = buech, btwch Fundgr. I. 144, 40. Verschieden davon ist das euphonische, Hiatus deckende r: nurä, järä järiä, (Über das r in bim birt § 363, in schrirrt spirn § 354).

Aus falscher Nachbildung des Comparativs erklärt sich das in Hss. des 13. 14. Jh. vorkommende r in dester bajs, vgl. Mhd. Wb. I, 316^ Grimm D. Wb. II, 1032. f.

Doppeltes r ist theils Vertreter von einfachem r nach kurzem Vocal zb. in starren, snarren snurren, kerren, storre, theils ist es durch Assimilation entstanden : von rs in merren, irre, dürre, dorren, turren, vrahrscheinlich auch in werren^ wirren. Aus rj entstund es in iserren ; aber im allgemeinen ist einfaches r in den schw. Zw. 1. Kl. beliebter : nern swern wern hören fiteren. Durch Metathesis ergab sich rr bei Auslaut des Stammes in r und bei Flexion in r oft, zh, anderre unserre wederre, irre, erre herre mirre tiurre, mit Anglei- chung von 5 an r in dirre. Manche rr sind dunkler Her- kunft, so in narre gesehirre.

§ 214. Mitteldeutsch gilt für das anlautende r zu- §214. nächst dasselbe wie obd. Nur die Verbindung wr hat sich in Ripuarien durch die mhd. Periode hindurch erhalten, § 180.

über r aus s ist dasselbe wie obd. zu sagen.

Zur Umstellung des r ist das Md. in Stämmen ge- neigter als das Obd.

a) r tritt vom Wurzelanlaut an den Auslaut: Unim Marienl. 40, 32. Sei. Tr. 24^. 96^. vvrUrnm tr. Silv. 430. hume Amst. Ml. 8, 9. HU. H, 87. I, 816. Böhmer 253. Trebn. Ps. hemen Lac. in, 444. hürnen Höfer I, 18. Salm. 405, 3. Cd. Sax. 11, 6, 78. Köditz 12, 29. ; zürnen Elia. 6961. hörnen Köditz 19, 5. Bein- hertshom, Mellehorn 2, 3. 77, 17. dirte Höfer I, 22. Lac. HI, 163. Köditz oft. derteil Hü. HI, 1151. gevirstin ßother 811. virschin Ath. C* 35. virsser Lac. IE, 496. kirstan Cd. Sax. II. 8, 29. kirstene Wein hold, raittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 14

210

8 214 Marienl. 90, 11. kmtkirgten Ennen I, 27. kirstdach Lac. HI, 432.

* kerstendöm Eepg. Cr. 37. - huri^ Marienl. 36, 27. Sei. Tr. 25.. Rückert

Entw 185. horste Schade nrh. G. 36, 57. borst Harff 56, 24. - fcolkefir

hurst Köln. Repg. Cr. 84. armhorst Alex. 2107. armhurst Lac. HI, 432.

b) r tritt vom Auslaut an den Anlaut der Wurzel:

Henhret Annol. 722. vrosten Roth. 1587. vrocht (: tocÄ*) Karlm. 344 45 fruchten Harfif 99, 15. Köhi. Cronica 46. gewrocht Roth. 681. Eniien I, 227. gewracht Roth. 1105. Wierstr. 430. stragk Rückert Entw. 185. herhrige ebd.

In den Aiffixen geschieht die Umstellung wie im Obd. Infigirung des affig, r in den Stamm geschieht in dornstag = donerstag, zb. Cd. Sax. IL 6, 77.

Nicht Metathesis, sondern Erhaltung des Suffixausgangs bei Syncope des Vooals liegt vor in den thüring. Ortsnamen auf ere (ara) bei liquidem Wurzelschluss, zb. Melre (1270) Mülh. TJ. 207. Munre Haupt Z. XV, 469. Cornre Mülh. U. (1250. 1348) 109. 1004. Vgl. die vollen Formen ^wftara 1146 Mülh. ü. 40. Ämmera 1338. ebd. n. 856. Bachere 1291. ebd. 378. Egere, Beigere 1282. n. 299. Wertere 1257. n. 147.

Vor ch ward r selbst guttural und verhallte: gewacht Elis. 515. geimcht:flucM Erlös. 56. widerwochtekeü Elis. 8800. voMe mastr. Ostersp. 392. 402. 455. fochten Alsf. Sp. 1855. 1902. u. ö. Ebenso scheint vor t allein Ausfall des r anzusetzen im Reim rate : bekärte livl. Kr. 242.

Am Auslaut schwand r regelmässig in dem Präfix jgir zur; ferner in den schweren einsilbigen Worten wie im Obd. § 213, nur in er hielt das Md. das r fest ; ferner thür. osterländ. in wi {wir), auch in mi di. Hug v. Trimberg im Renner 22252 bezeichnete Apocope des r als fränkische

Eigenheit 200).

Euphonisches, Hiatus zwischen vocalischem Aus- und Anlaut deckendes r erscheint in bisturunschuldic Erfurter Judeneid (vgl. auch wolar abur Ludwigsl. 57), nurä Eilh. Tristr. 8, 87. 3947.

Ein aus c2 entstandenes r tritt in hess. Ortsnamen auf: Wolvolderore 1269, Norfelde 1282, wozu das heutige Hessisch in mere rare harre weitere Belege bietet, Arnold Ansiede- lungen 633. Es ist hier freilich kein volles r anzusetzen,

211

sondern der im Nd. bekannte Zwischenlaut zwischen d und r, § 214.

der am Gaumen gebildet wird, Nerger Grammat. des mecklen-

bürg. Dialects 147. f.

Assimilation von dr zu rr geschieht zb. in smeirre (fabro)

I Hagen 4986. Tirnch 1176. 1197. Lacombl. I, 460. 555. (1217)

I Ennen II, 67. Dierrich Rol. 41, 16.

I Aus rn wird rr mit Vorliebe angeglichen in sterre

I sterre :verre Alex. 6896. Elia. 3967. Erlös. 1307. 2536. 3202.

:herre Erlös. 123. 1334. 5075. 5115. :werre Hartm. Gl. 761. sterren

: Tterren Erlös. 123. 3214. : werren Pilat 221 (45).

sterro herscht schon bei Otfr. and Tatian und geht durch alle md. Schriften des 12. 14. Jh. durch. Übrigens kommt md. auch Sterne vor vgl. morgensteme : verne : gerne Morungen MF. 134, 36. gerne : Sterne Krolw. 1493. steme : geberne Jerosch. 15577. stern : gern Frauenl. Spr. 317, 3. Dagegen behielt das Md. in verne (procul) das rn gern, während das Obd. es assimilirt, zb. verne : gerne grßud. V\ 9. MF. 135, 1. M8H. 2, 24'. Indessen kommt auch md. verre vor, vgl. verre : herre Tristr. 4507. Erlös. 5298. : sterre (vgl. oben). : werre Pass. K. 134, 29. Jerosch. 15087. : here Orend. 221. 2561.

N.

§ 215. Der linguale Resonant ist in allen Wortstellen §215. häufig. Zu den alten Anlauten mit n sind einige jüngere n getreten, die aus hn durch Auflösung des h entstunden; seit dem 9. Jh. wird hn auch in der Schrift obd. aufgegeben. Diese Worte sind nac napf nigen nw nol nutten nuz.

Vorgeschobenes n zeigt sich in nitniuwe, einer Neben- form zu iteniuwe, Mhd. Wb. II. 1, 390. Lexer Wb. II, 88. In noufart dagegen ist n Rest der vorgelehnten Präposition en (in): es geht zurück auf enouwefart.

n fvLT l trat ein im Landnamen Niflant = Lievlant (Grudr., Wh. V. Österr., Sachsenheims Mörin, vgl. Martin z. Grudr. 211, 1).

In- und auslautendes n ist beweglich und veränderlich.

Umstellung nach liquidem Wurzel- oder Stammauslaut ist bei der Endung en häufig: sulne edilne varne unsirne heiferne. In dem negativen proclitischen en für ne ist

14«

212

§215. keine Metatheeis, sondern es entstand im 11. 12. Jh. aus dem proclitischen n für ne vor Yocal^ zuerst in dem häufigen enist. In der zweiten Hälfte des 12. Jh. findet sich en schon vor consonantischem Anlaut; in der Regel schliesst dabei das Yorausgehnde Wort consonantisch : er enist, ich enkafij ez enwil, doch kommt auch en nach Yocal vor : nu enwelle, ja enwas. Grimm Gr. UI, 711. Mhd. Wb. IL 1, 320.

Über Wechsel von n und l § 211.

Im Inlaut schwindet n nicht selten. In den Stamm- silben wirkte n auf den vorangehnden Vocal nasalirend und darauf trat Dehnung des nasalirten Yocals ein. Entweder schwand dann die I^asalirung wieder^ n aber blieb; oder n fiel aus, während der Vocal nasalirt blieb ; oder Näselnng samt dem n wurden aufgegeben und nur der gedehnte Yocal blieb bestehn (J. Schmidt Zur Gesch. des indogerm. Yocalismas 1. 1). Allgemein ist der lezte Fall in sU = sint (GoDJunct); selten in ingestde = ingesinde, vgl. den Reim : nide Wernh. Mar. 162, 30. Im alemannischen der Schweiz ist der Schwund von n und Näselung (samt Dehnung von kurzem Yocal) regel- mässig vor den Spiranten erfolgt, z. B. saß, üsir, ducke (dünken), zuweilen auch vor d und t (Staub in Frommanns Z. f. Munda. YH, 25. 354. 364. f. 381). In den Nebensilben lässt sich nur im fremden permint (permit : lU Georg 3943) Dehnung sicher nachweisen. Im übrigen führte der Ausfall des n zur Zersetzung des Suffixes : künec, phennic, vereinig, harmug; tüset, sagese, AGr. § 200. BGr. § 166. Ein Beispiel des Ausfalls im compon. Wort gibt das häufige Beimar = Beinmär Reginmär.

Abfall des n ist ebenfalls auf nasales verklingen ge- gründet. Wir finden geschrieben ma, le; Teichner reimte g^ : sne Lieders. 67, 49 ; lilachen fiir linlachen ist schon im 13. Jh. verbreitet, Lexer Wb. I, 1928. Namentlich aber ward das n im Infinitiv angegriflfen, und in andern Flexionen auf -en wirkte dieselbe Neigung. Alemannische und bairische Dichter des 13. 14. Jh. (von denen des 12. abgesehen) ge- statten sich Reime zwischen e und der Endung -en (== 2).

213

gesitze : hitze Flore 193. scheide : beide 362. entrinne : gewinne § 215. lieders. 83, 146. scMbe : lihe 50, 75. kere : here MF. 313, 8. prise : toise Freid. 85, 22. mache : sache Flore 1150. sehe : geschehen Virgin. 702, 11. besten : weste Steinb. 995. kästen : vaMe 315. recken : Ecke Eckenl. 2, 3. läge : vrdgen 115, 8. reine : weinen Cädl. 59. erzdien : heUe Tund. 46, 43. gesellen : welle wGast 492. smelzen : geheize Krone 15174. kndben : abe Wigam. 4416. sagen : tage Gudr. 1020, 1. lande :erkanden 9, 3. banne .-mannen Helbl. 6, 52. lange : bevangen Tund. o4, 80. brennen : denne Tund. 45, 41. herze : smerzen Eaben. 380, 3. beginnen : friundinne Mantel 853. kuneginne : getcinnen Dietr. Fl. 2142. künde : gunnen Helbl. 4, 848. betwungen : zunge Tund. 53, 24.

Die Reime der Dichter des 12. Jh. zwischen en und e müssen auch aus diesem Gesichtspunkte beurteilt werden. AGr. § 350. 370. 202. BGr. § 167. Vgl. auch Lambel Stein- buch XV. Wackernell Montfort CLXV.

§ 216. Im Gegensatz zu dem schwinden des n mittels § 216. l^asalirung des vorausgehnden Vocals steht die Einfügung eines n in Wurzel- und Affixsilben, die auf Nasalirung der- selben beruht. Die Ursprünglichkeit nasalirter Stämme ist noch eine Streitfrage ; für dieselbe trat Job. Schmidt z. Gesch. des Vocalismus I, 51 66 ein. Hier ist nur auf die in der mhd. Periode sich äussernde Neigung des Alemannischen, Vocale der Stämme und Suffixe in Nasalvocale zu wandeln, hinzudeuten, die namentlich seit dem 14. Jh. Yon den Schrei- bern gemäss der Mundart bezeichnet wird, zb. verjenhen, senhetij meinst, linse, siunßen, chiunsch, tungende, guonlich ; Lieders. N. 49, 50 steht funst {= füst) im Reim auf hunst. Von den Suffixen wird namentlich ic, alem. und bair., nasal: w^inCy heüinc, Übring; ewencUch, minnencUch, snellencUch u. a. AGr. § 201. 301. BGr. § 168.

Über die Infigirung von n des Suffixes in den Stamm vgl. BGr. § 170. Als Beispiele dienen gemenget : gesegnet j. Tit. 188, 1. gesegent : gesprengt Lutwin 2126.

Im Auslaut geht n nicht selten aus dem verwanten labialen Resonanten hervor: n spricht sich leichter als m. So wich m durchaus in der Flexion des Dat. Plur. dem n schon in ahd. Zeit ; in dem Suffix m- muste es später weichen : vaäem, gadem, besem, buosem werden zu vaden gaden hesen

214

§ 216. huosen. Bei dieser Unsicherheit des auslautenden m in seiner Stellung erklären sich leicht die zahlreichen Reime, die sich die alemannischen Dichter des 13. 14. Jh., aber auch nicht selten die bairischen zwischen m und n gestatten. Allerding& Hartmann von Aue erlaubt sich diesen Reim nur in seiner frühern Zeit im Erec, in einem Liede und im 1. Büchlein; Gotfried von Strassburg und selbst Wolfram von Eschenbach meiden ihn, Walther v. d. Vogelweide braucht ihn ein einzig- mal in einem Liede (63, 3) und einmal in einem Spruche (106, 26) ; aber Ulrich von Zazikhofen, Rudolf von Ems, Hein- rich V. d. Türlein, der Stricker, Konrad von Würzburg, der Teichner, von untergeordneten zu schweigen, ferner die volks- thümlichen Epiker brauchen ihn unbedenklich nach a, i, u und nach den schweren Vocalen ei und wo. Vgl. die Reim- sammlungen AGr. § 203. BGr. § 169.

Aber nicht bloss auslautendes n : m nach Vocal wird gereimt auf Grund des Übergangs von m zu n, sondern auch die Verbindungen amt : ant, emt : ent, imt : int, umt : unt, arm : arn, femer inlautendes emme : enne, imme : inne, ome : one, uome : uone werden gebunden. Diese lezte Freiheit gestatten sich Alemannen (Wackerneil Montfort CLXVI) und Baiern (BGr. § 169). Die Baiem reimen auch nn mit dem Gutturalresonanten ng und der lingualen Verbindung wrf, BGr. § 170, und auch bei späteren Alemannen kommt zu- stimmendes vor:

dannen : bevangen Angenge 21, 1. mannen : ergangen Gudr. 1508, 4. erchenne : lenge Otack. c. 357. dingen : gewinnen Karl 1542. ringe : kuninginne Gudr. 692, 4. bringen : hinnen Tund. 44, 70. sinnes : dinges Angenge 11, 34. gewunne : getwunge Ang. 3, 10. brunnen : sungen Wigam. 4406.

finden : hinnen Stricker Dan. 127*». : erwinnen wGast 12964. simde : kunne Tundal. 44, 58. künde : brunne Laber 113, 4. unden : kunnen Gudr. 842, 4. versunnen : gebunden Laurin 1219. Vgl. über entsprechende Eeime bei Hug v. Montfort Wackemell CLXVn, der ebendaselbst Montfortsche Reime zwischen ng und nd nachweist. Über diese md. sehr beliebten Eeime § 219.

Aus der Verwantschaft von m und n folgt nun auch, zusammen mit der nahen Verwantschaft des n und ng im

215

Dialect, die Reimbindung mm und n^, die bairisch zuweilen §216.

nachweislich ist (auch md. § 183):

Strimme : ringe RabeD. 243, 6. 4ö3, 1. stimme : singen Tiind. 63, 40.

Doppeltes n vertritt zuweilen einfaches n nach £ürzen, entsteht durch Anfügung des Suffix n- an die in n ausgehnde Wurzel, zb. in rinnen, oder gründet sich auf Assimilation, namentlich von njy zb. in brennen kennen, kenne, minne, hriinne, dünne, von nt : channusse und von nd : zb. phe^inen : erkennen Lieders. 28, 505. unnen Montf. 2, 122, von mn: nennen, BGr. § 171. AGr. § 204.

Antritt von unechtem n erfolgte seit 13. Jh. in nun, nuon, das in volksthümlichen Epen und von Dichtern des 14. 15. Jh. auch im Eeim gebraucht wird, vgl. Jänicke zu Wolfd. D. X, 4. Wackernell Montfort CLXV.

§ 217. Für mitteldeutsches n ist zunächst das §217. über den Anlaut § 215 gesagte giltig.

Prothetisches n zeigt sich nur einzeln im späteren Kipua- rischen : naß Pontus und Sidonia (Lexer Wb. II, 15), nernsticheit Kölner Cronica n, 178^

Ausfall in Folge der Wandelung von Vocal -f- w in Nasalvocal mit Dehnung des Vocals und folgender Aufhebung des n sowol als der Nasalirung erscheint auch md. : am ver- breitetsten in Crüd- und Swid- in Personennamen, ausserdem einzeln in swide Brev. 141\ ingeside Rol. 115, 1. 226, 18. Die Kürze des Yocals bleibt unberührt bei dem Ausstoss des n in vunßigeste, zb. fufcygeste (1359) Cd. Sax. II. 6, 22. Ebenso in cofent cavent (Convent) zb. Cd. Sax. II. 6, 78. 348. kölsch (kölnisch) oft im 14. 15. Jh. ellede (eilende) gereimt auf helede Jerosch. 17593. Häufig wurden die tonlosen Affixe von n befreit, namentlich vor g : morges Junk. u. Heinr. 286. 294. phennig pheng (zb. im Schwarzburger Seigerätsbrief von 1369), koneg, irrege (1338. Henneb. U. 11,54).

Assimilation des n erscheint in mallich § 212.

Auslautendes n schwand ebenfalls; im ganzen fränkischen, thüringischen und mittelostdeutschen Gebiete herscht die Nei- gung dazu, daher Reime zwischen e und en im 12. 14. Jh. ohne weiteres gestattet sind:

216

§217. tu (Inf.) : Uvl. Kr. 2888. Krolw. 252. s* : dri 613. 0Ü:mü 124.

e : verste 155. fri : min Husen MF. 44, 5. erhaben : sage : vertragen :verdagen MF. 44, 31—39. sagen : klage : tage 51, 35. tage: klagen Kenner 23096. maden : schade Herb, 6889. anstaren : geware Alex. 361. bewarn : gar Kenner 7819. westirbarn : gar Jerosch. 17347. tveren : here Alex. 1883. 2391. : mere 2247. wecken : bette 5315. meiden : vdde Kenner 14431. lernen : gerne 21359. erwenden : ende MF. 51, 23. strenge : brengen Kenner 183. keren : betelere Herb. 8342. bekeren : mere Alex. 6776. teilen : heile 3762. scheiden : heiden : beide : leide MF. 47, 9 15. scheiden : leide Renner 23605. heiden theide Jerosch. 7085. : geweide 22281. geschinen : mine Alex. 5048. bliben:libe Alex. 313. Kenner 23721. beUiben : Übe 19040. wiben : lide : miden MF. 50, 36—51, 2. mide : ntde : wiben 50, 27—31. prisen : wise Kenner 17825. krönen : schone Kenner 2475. huote : muote : guoten MF. 51, 5 9. verwuoten : behuote 51, 13. Keime aus Earlmeinet bei Bartsch über KM. 228. ff.,- aus Heinr. v. Krolwitz in lisch Ausg. S. 11—16, aus dem Kreuziger des Johann v. Frankenstein bei Khull über Job. v. Fr. 19.

Die Apocope des n erscheint auch sonst. Sie äussert sich zb. in me = men, man Friedb. Kr. G**., femer am Schlass des ersten Compositionstheils in leman lelüde (lehen- len-) Jeroschin 16639. 1359 Cd. Sax. IL 8, 34. 1369 Lac. III, 687. machen Pass. H. 92, 17. 1321 HU. II, 857. Uwäit Ennen I, 101. 351; ferner bei präfigirtem en: a) Präpos. en: ewech Sei. Tr. 64*. Loersch ach. Rqu. 157. HarfiP 22, 2. b) bei negativem. 6w; egein ripuar. häufig, c) bei en = en = ein: ewenich Sei. Tr. 22^ Harff 184, 3. 185, 39.

Ausserhalb des Reims erscheint jene Apocope des n beim Infinitiv wie in andern Endungen in den Hss. und Urkunden häufig; es genüge auf die Hs. des Herm. v. Fritslar, welche Pfeifier Myst I. benuzte, zu verweisen. Die md. Dialecte haben fast sämtlich diese Eigenheit bewahrt. Ygl. meine Dialectforschung 68. 126.

Nasalirung begegnet im Md. seltener als im Obd. Schrift- liche Zeugnisse davon geben a) in Stämmen: plangen Elis. 4887. diensdag (1264) Ennen II, 512. dinsdag Höfer I, 12. 259. smunzen Elis. 267. 2568. gnung (1359) HU. III, 1320. Alsf. Sp. oft. meinst, meinster Alsf. Sp. regelmässig, leinster 415. b) im Suffix -ic : selinc Hildeg. Gr. 23. inne- usjs^ewenning (1325) Höfer II, 101. maning Myst. L 251, 21. wening 142, 20. Leyser Pr. 67, 18. Icbinding Köditz G. 52, 32.

217

iangending Henneb. U. II, 130; ferner in der Verbindung §217. -encUch an componirten Adj., zb. Jcuonenclich Arnst. Ml. 4, 13 und besonders in köln. Schriften des 14. 15. Jh.

§ 218. n tritt zuweilen ein fiir l; der linguale Resonant §218. ersezt den lingualen Reibungslaut : anlautend in Nieflant für Lieflant (Livl. Reimkr.), ferner inlautend in enlende f = eilende) Elia. 4342. 4679. u. ö. Heinr. Trist. 341. 3551. 6726. Altd. Ijfeujahrsbl. 67, 48. enelende MF. 51, 29 (von Lachmann her- gestellt), tr. Egid. 58. Elis. 3650. Ebern. 2230. Frauenl. Spr. 15, 12. 421, 8. Jungfr. sp. 173. Köditz 17, 14. 46, 13. Cd. Sax. II. 8, 15. inelende Elis. 4366. vorenelenden Köditz 54, 8. Engenlant Myst. I. 221, 35. 222, 4. 11. 14. Engengis (13. Jh. hess. Ortsname) Arnold Ansiedel. 631. wernde (1332) Böhmer 516. werntlich Böhmer 768. Hü. I, 742. 982. 1082. J139 (wetter.) HU. II, 830. III, 1093. 1112. 1210. 1333. 1360 (Worms. Mainz). Vorbewis. 14. werentlich Hagen 562. Lac. III, 180. 516. 680. 718. Ennen III, 487. Repg. Cr. 21. Loersch ach. Rqu. 133. Kölner Cronica 141^ Das Ungeheuer werlint Haupt Z. XV, 374. 378. 380. 403. 404. 409. Dativ werlnte Germ. XIX, 311. werlnde Trebn. Ps. 60, 5. 120, 8. ist aus werlit und wernt erzeugt. Mit Wechsel von nt und ng nk: werinklich (1315. Coblenz) Höfer II, 32. werenklig (1333. Sayn) Höfer II, 158. Lac. III, 504 (Achen).

w für m: im Anlaut natte Harff 99, 29. Im Inlaut: ripuar. müne (1261. 1263) Höfer I, 6. 7. möne (1357) Lac. III, 573. moene 608. moyne Ennen I, 35, heute noch bonnisch Mohn. Im Auslaut, abgesehn von der Flexion des Dat. PI. und von dem Suffix -m- {vadem, gadem, eidem, buosem, besem) geht m im Md. zwar nicht so stark wie obd. in n über, aber doch ganz nach demselben Zuge. Vgl. die Reime

man : quam Wemh. 28, 1. ginani : giwan 36, 29. nam : verban Husen MF. 47, 18. vernam : dan Herb. 3540. gewan ■: quam 3624. hequam : gewan Pass. H. 183, 82. vreisam : ran Brandan 1421. stän : grüzsam Herb. 282. dan : län : lobesam Frauenl. Spr. 372, 15. Ähraäm : slän Wemh. 10, 33. gen : Jerusalem 16, 6. 23, 7. gemein : heim Junk. u. Heinr. 1925. heim : grein livl. Kr. 1543. Arnstein : heim 1686. heim : ein Elis. 1300. : sein wetter. Oster^p. 301. sun : furstendüm Elis. 124. 2190. Doppelung : minne : gimme Dietr. v. Glaz Gürtel 852. Ausser

218

§218. Reim: quan (1289) Hü. IQ, 199. Winöldishein, Hagenhein (1328. Worms) HU. n, 953. Budenshein (1346. Bingen) IE, 1190. Spainhein Lac. m, 624. höngart Sei. Tr. 167»». büngart Lac. HI, 397. Harff 49, 39. Wierstr. 2839.

§219. § 219. Das Md. hat grosse Neigung die linguale Ver-

bindung nd, nt in den gutturalen Resonanten, schriftlich ng,

zu wandeln.

schönekinch (1300. Seligenstadt) Hü. I, 314. onversehenglich (Trier) Mone Anzeig. 3, 27. langgräfe Henneb. ü. IE, 119. wening, schining Mülh. E. 30. 34. Beumong HU. HI, 1304. 1438.

Daraus erklären sich die beliebten md. Reime von nd : ng,

deren älteste Belege die im mfränk. Legendär sind, Busch

bei Zacher X, 315. Vgl. ausserdem:

hant : danc Orend. 592. : lanc 1422. gedranc : gewant Roth. 277. dranc : hant Herb. 2022. mgant : spranc Orend. 1008. spranc : insamt Roth. 2163. lange : bekande MF. 49, 16. landen : ergangen 49, 20. Stangen : handen Roth. 2732. erstanden : ergangen Mone altd. Seh. 139. 143. gegangen ; üfgestanden Fundgr. II. 301, 23. gevangen : banden 303, 3. wangen : schänden Vorbew. 38. engel : henden Orend. 1696. hint : jungelinc Orend. 1456. jungelinc : sint Roth. 2155. ingesinde : Tengdingen Roth. 5023. swinde : bringen Orend. 970. 2076. 3146. kinden : dwingen 3136. bringen : vinden, dingen : vinden Mone Seh. d. Ma. 2, 179. stunt :junc Roth. 2170. jung : stunt schles. Menol. 22*. künc : fründ Mone Seh. 2, 179. unbetwungen : bevunden MF. 50, 37. künden : zudrungen Herb. 10205. stunden : zudrungen 6892. jungem :besunder Fundgr. H. 324, 3.

Über die neuere Verbreitung dieses ng = nd in dem md. (xebiet vgl. meine Dialectforsch. 69.

Indem also nd wie ng gesprochen ward, kommt auch nt, nd gradezu für ng in md. Schriften vor:

jungelint Roth. 2155. ingint 2176. abegiende Henneb. U. I, 125. ledegunde köln. Sachsp. IH, 91, irwegunde. ofgande, nidergande Rückert Entw. 198. gerunde Trebn. Ps. 80, 13.

Auf gutturalen Klang des nn lassen die Reimbindungen

desselben mit ng schliessen:

mannen : gegangen Roth. 1880. 2372. ; gevangen 2792. 2802. .'Stangen 5020. .-hangen nrh. Marienkl. 32. minne : jungelinge Ernst n, 53. .'Pfenninge Dietr. v. Glaz Gürtel 844. minnen : bringen Roth. 2227. : dingen Wemh. 69, 25. kwneginnen : springen Orend. 874. 1124. sinnen : bringen 1012. minnit : swingit Wemh. 69, 11. intrunne : junge Roth. 2360. junge : gewunnen, sungen : wunne Orend. 435 38. bekorunge :sunnen Vorbew. 11.

219

Auch das einfache n klang wie ein gutturaler Resonant, § 219. vgl. dincdm Roth. 2252. jungelinc : sin Orend. 1470; und ausser Reim gin (= ging) Roth. 1557. 1942. junvrowe 2523. anegene Trebn. Ps. 39, 8. vgl. auch Rückert Entw. 123. Dazu halte man die phonetischen Schreibungen Mertingstag (1346. Bingen) Hü. III, 1190. fungve (1316. Wildgraf) Höfer II, 36.

Wenn sich nn und nd im Reime decken, so geschieht das in Folge der Assimilation von nd zu nn.

danne : kande Orend. 2084. minne : sinne : inne : gesinde Husen MF. 50, 10—15. minne : hevinden 52, 18. gewinne : vinde Roth. 1442. schinden : binnen Earlm. 140, 23. vorbinden : gewinnen Vorbew. 38. entrunnen : stunden Orend. 432. 500. 1676. : wunden 1426. Vergl. Schreibungen wie spinndmage Cd. Saz. H. 6, 113.

Selbst mm : nd findet sich, vgl. stimme : kinde Orend. 1458, vgl. § 216 sowie die md. Reime imme : kuniginne Orend. 3162. pflegerinne : imme Md. Ged. 87, 101. XJber Keime zwischen mm und ng § 183.

3* Die Ganmeneonsonanten g k eh J h*

Q.

§ 220. Seit dem 11. Jh. ungefähr zog sich im Ober- §220. deutschen das k der zweiten Verschiebung wieder zurück und machte dem g der ersten Verschiebung Platz. In der Regel entspricht also anlautendes g unsrer Periode auch obd. dem anlautenden genieingermanischen g; die Ausnamen sind selten, AGr. § 206. BGr. § 172. In einigen Worten kommen g und k neben einander vor: glocke neben klocke, gratte neben kratte, gripfen neben kripfen, grimmen neben krimmen^ grimpfen neben krimpfen.

Auch auf fremde mit c anlautende Worte übt dies her- vordrängen des germanischen g über k seinen Einfluss: es wird geschrieben gaffer galander gamäleon gamahiu gamille gemer (camarium) gollier govenanz gugel gulter gumpän gumpost guster. Doch überwiegt k in kerner kollier kompost kovenanjsf kulter kumpän.

Nach dem Präfix ent {en) verhärtete sich g in der Regel zu k : enkän enkelten etikeneen enkesten enkinnen enkurten.

220

§220. Zuweilen verschmilzt sich auch g des Präfixes ge nach voca- ' lischer Syncope mit w und s des präfigirten Wortes zu hartem Tcw {qu) und ks (x), freilich nur in vulgärer Rede, zb. quinnefiy quis, xel, Hildebrand im D. Wb. IV. 1, 1109.

Wechsel von g und^* erfolgt im Anlaut der Zw. jehen jesen jeten : g tritt vor i ein, j bleibt vor den andern Vocalen, also gihe gise gite, jah jas jat, Schv^ankend wird g und j gefunden im Zw. gern jern, in getisen jetisen. Zuweilen erscheint dies g für j mundartlich auch in andern Worten und vor den andern Vocalen: gener gegeit gämer gunc gudesch: AGr. § 215. BGr. § 176.

§221. § 221. Inlautendes obd. g ist zunächst die echte

tönende Explosiva, an deren Statt ahd. sehr oft h geschrieben ward. Bei Ausstoss des Suffixvocals ward g vor der Perfect- endung -te des schw. Zw. tonlos und daher in der Regel c geschrieben, zb. lecte, neide, isiocte, oucte, fuocte; auch vor dem 't der 3. Sg. Ind. Prs. geschah es, vgl. dazu den Reim pflict : Benedict Helbl. 5, 57 und die Schreibung ck in tovckt Gundach. 1954. Es ist homogene Assimilation.

Nach älterem Gesetz, dessen Kraft in jüngerer Zeit erlosch, ward g vor suffigirtem t- sibilirt : daher nicht bloss die Feminina mäht slaht traht pfliht sondern auch die Per- fecta brähte mohte, vgl. § 152.

Über den grammatischen Wechsel zwischen Ä und g in den Perfectformen von slwhen twahen gewahen (ganzes Perfect), dihen Aken ziehen (Perfect ausser 1. 3. 8g. Ind.) vergl. § 152. Dieses g ward auch von den besten

Dichtern mit altem g im Reim gebunden :

erslagen : jagen Wh. 118, 15. :bejagen Parz. 607, 25. : gejagen Iw. 1122. .-sagen Trist. 5091. :gesagen Iw. 1037. : tragen Iw. 5617. Wernh. Mar. 157, 40. tragen : getwagen Trist. 4658. Parz. 172, 1. gedigen : gesigen Parz. 335, 12. : geswigen Wh. 114,23. : versteigen MF. 180, 24. verdigen : geswigen Iw. 7433. gezigen : ligen Engelh. 3616. : verligen Iw. 2789. hezigen : verswigen Wh. 154, 5. gezogen : geflogen Trist. 5575. erzogen : gesmogen Trist. 6665. : betrogen MF. 183, 20. Walth. 57, 7. Parz. 224, 25. luge : zuge Trist. 9580.

Der Wechsel tritt zuweilen, obd. freilich sehr selten gegen md., auch in den Zw. sehen, geschehen, jehen auf:

221

gesägen :pfldgen Parz. 164, 7. geschegen .-pflegen Mart. 16, 108. § 221. - Ptc. vergigen (von verjehen) Wack. Pr. 17, 1. Geschichtfr. 6, 244.

Ferner sezte sich ^ fiir Ä ziemlich fest in vlehen, vgl. vUgen Wernh. Mar. 147, 24. Nib. ABC. 2202, 1. Erec 8639. Iw. E. 3315 ; selbst im Reim ; gelegen Otack. c. 309. ; wegen c. 365. Auch in den Steigerungsformen von näh und höh ward mundartlich h durch g ersezt, A6r. § 214. BGr. § 177.

Nach e oder i ward ^ oft palatal und löste sich dann zu i auf, wodurch der Diphthong ei und die Längen e und l entstundjen; auch nach a finden wir diese Auflösung des g^ es entsteht dann ä und ai: § 24. 25. 33. 34. 52.

Auflösung des g geschah auch im dativischen Adv. morne (nicht im Subst. morgen), vgl. morne : verlorne Ulr. v. Türh, Wilh. 83*. enmornen : morfien Bari. 173, 19 und alem. in mun für mugen.

Vertreter von j ist g auch im Suffix an vocalischen Verbal- und Nominalstämmen, vgl. bigen (apes), frige, bligin, zweiger (Gen.), spigen (Inf.), fruoge, ferner im themat. Suffix der Zw. 1. schw. GL, zb. wcegen, mcegen, blüegen, glüegen, müegen, nergen, werigen Werigant, vigant, ebenso im st. Zw. swerigen; ferner in den schw. Nom. winege, brünege, verge, scherge. Es scheint dies kein bloss graphisches g^ sondern für den grösten Theil von Oberdeutschland ist e& auch ein phonetischer Übergang von j zu g; nur Elsass und Niederschwaben sprechen das g inlautend palatal. AGr. § 215. 212. BGr. § 178. 177.

Über Wechsel von snfflgirtem g und w, der besondere im Elsässischen erfolgt, vgl. AGr. § 216. BGr. § 178.

gg geht aus Assimilation von gj hervor in leggen, liggen (zuweilen für das gewöhnliche ligen), lügge. Nicht selten vertritt es kk, zb. in egge, manslegge, brugge, rugge, auch ein Beweis der velaren Aussprache des g. Es kommt auch umgekehrt ck, kk flir gg vor, zb. lukke Vor. Ged. 249, 9. Nach n, l zeigt sich Neigung, das gr zu Ä; zu wandeln : rinke, vertilken.

Auslautendes ^r ward in der Regel tonlos, es wandelte sich in k (c) : mac tac slac wec sie truoc balc rinc berc burc.

222

5 221. über Reime zwischen diesem c = g und den andern Arten des auslautenden c § 228. Seit dem 14. Jh. wird g im Auslaut häufiger. Über die Wandelung von auslautendem c zu ch § 234.

§222. § 222. Mitteldeutsch war g nie zu k verschoben,

daher auch keine Reste der Tennis wie im Obd. nachweislich sind. Im Gegentheil erscheinen sogar Spuren, dass k als g gesprochen ward, wie heute noch in md. Gegenden : gundigte Leyser Pr. 25, 5. Fremde Worte mit anlautendem Je erhalten mit Vorliebe g zum Anlaut.

Der Wechsel von^ und g im Anlaut der Zw. jehen jesen jeten erfolgt wie obd. § 220. Als Vertreter des j findet sich g öfter, zb. hegagen Mone Altd. Schausp. 103, 63. gehen (1. Präs. Ind.) wetter. Ostersp. 340. gener (oft). gSrlich Germ. XI, 321. XIX, 309. Lac. III, 379. Henneb. Uk. II, 140. Cd. Sax. II. 6, 17. Rückert Entw. 126. gämerUche Roth. 3704. gemmerlich Alsf. Sp. 2651. 4950. gamer Hieronym. A. 170, 25. gamern Alsf. Sp. 2650. lergunge Michelsen Rechts-Denkm. 273 ; hierzu ist das köln. get für jet {ieht) zu vergleichen, früh nachweisbar in getisudt (ieteswat) Marienl. 20, 38. u. ö. get Sei. Tr. 23*. HarfT 51, 2. Kölner Cron. 90, sowie heutige thüring., osterländ. und voigtländische g fiir j; vgl. Bech in Germ. XXVII, 172.

Dieses g ist palatal. Palatales g für ch hat sich mittel- fränkisch festgesezt in dem unbest. Pron. engein, ältere Form negein mfr. Legend. 163. 289. 430. 670. 762. Floyris 104. 312. nigein Annol. 304 {nejein, thegein Triersch. Capit. MüUenh.- Scherer Dkm. LXVI). ingein (1263) Lac. III, 530. engein (1261. 1298) Lac. II, 506. 1011. Marienl. 3, 17. 10, 28. u. c, später gein (bei Harff herschend).

Für die von Ripuarien den Rhein hinauf reichende pala-

tale Aussprache des anlautenden g zeugt auch die Schreibnng

gh, die vor e und i auftritt, selten vor anderm Vocal:

neghein Leidener Willir. 3. gheyn. eingheyn (1328) Lac. HI, 236. ghene (1363) Loersch ach. Rqu. 71. gheleget (1297) Köln. Sachsp. I. 3, 2. im Präf. ghe- überhaupt in den ripuarischen Schriften sehr häufig. Ghippeshorn (1235. Bingen) Mrh. U. I, 303. Ghensebom, Gheinheim,

223

Ghehauwenstucke (1317) ebd. n. 738. anegheen Hü. I, 1211. gher §222, (137Ö. Friedberg) I, 1079. ghing, ghingm Elia. 1772. 1603. ghein (gegen) Hü. HI, 1432. ghelSset. ghegunnen (1318. Bheingau) I, 371. ghenge und gyhe, ghehaht, ghegeben 1393. C. d. Sax. H. 9, 150. ghanz (1381) 129.

Seltener ist j für anlautendes g, § 240.

§ 223. Inlautendes md. g ist nach allem zu schliessen §223. palatale Gutturalis. Elsass und Niederschwaben schliessen sich in Folge der fränkischen Mischung ihrer Bevölkerung hierin Mitteldeutschland an. Die Schreibung gh, ferner die Ver- wendung von g für ch, von ch für g deuten diese phonetische Natur des g an und die gegenwärtig geltende Aussprache

bestätigt sie.

gh für g geschrieben : daghe Hü. I, 371. 633. taghe Henneb. ü. n, 104. C. d. Sax. n. 9, 129. 150. draghen. hesaght. vuyghen Loersch ach. Rqu. 70. ungejaghet Sei. Tr. 118*>. keghen Nordh. Weist. B. 25. geleghen. eyghen. hurghen C. d. Sax. 11. 9, 150. Seleghenstat (1289. Wetterau) Hü. I, 263. Sighelo (1297. Worms) H, 543. gesighen. under- dighen Ebern. 489. enighe Ennen I, 9. etoighe Musk. 2, 102. herghe Hü. m, 1432. stanghe (1230) Eberbach 155. Inghüheim Hü. H, 790. volghen Trierer Spiegelb. 25.

g für ch: in Bipaarien sehr häufig, u. a. maget Marienl. 4, 35. 10, 12. tnage 15, 37. spräge Ennen I, 28. lantspräge Both. 5028. spregen Marienl. 121, 9. Lac. HI, 163. spnget Ml. 113, 11. breige (brsßche) Lac. III, 47. eygen Hagen 2914. gelige Both. 4908. Bigolfus (1297) Ennen HI, 434. strygen I, 115. entmgent Marienl. 52, 22. erflige (1263) Lac. H, 530. kugen Ennen I, 346. wilgir (1169) Lac. I, 433. tcilge. sulge HI, 912. Im Kölner Sachsensp. v. 1297 und der Berliner Hs. der Bepgauschen Cron. ist dies g = ch sehr häufig. Ausser Bipuarien: ngis (Coblenz) Lac. HI, 172. wygen Spiegelb. 285, 5. guüigen, genzligen (Büdesheim) Eberbach 876. geystligen, groezligen (Mainz) Hü. m, 1065. Panneküge U, 762. regen (Worms) Hü. I, 633. JEmigo (1148) cod. Laaresh. I, 251. Hazegenstein (1270. Seligenstadt) Hü. I, 192. zeigen Pilat. 37. rcmgen Bud. 11, 17.

gg für ch: maggen (1327) Höfer H, 115. gemaggin Ennen I, 53. 235. deiggen (dechant) 1326. Engers, Höfer H, 109. gebroggin Ennen I, 54. doigge 115. sügger 237.

Dazu stellt sich gh für ch:

platinmagher (Mainz) Hü. U, 865. weighen Musk. 8, 192. glighest 44, 68. lighe sehr oft. welghe Musk. 59, 9. sidghe 75, 44. kirghen (1385) Hü. I, 1155.

ggh für ch: vagghe (1231) Eberbach I, 162. sagghen Lac. IH, 886. spregghen (1258) Ennen. 11, 377. wegghe I, 43.

224

§223. Für die palat^le Aussprache des g ist endlich Doch die

Verbindung gt = ht anzufahren, die am meisten in ripua-

rischen Schriften begegnet:

nagt Rother 3285. tregtin 3208. igtes 3274. dagte Ernst A. 5, 30. slagte ebd. 10. mogte ebd. 5. 13. tnagt Ennen III, 157. (gt = ht ^ft) geschrigte Lac. in, 120. 261. Ennen I, 137. gestigte Lac. III, 163. vercögte Bepg. Cr. 85. vercögt Lac. in, 190. geloegte HI, 163. eintregtiglichin Cd. Sax. 11. 6, 43. uf geragt ebd. 67.

§224. § 224. Der grammatische Wechsel zwischen h und g

vollzieht sich in der gemeindeutschen Weise § 221, greift

aber ziemlich stark über die gewöhnlichen Grenzen hinüber.

Auch in den Präsensformen von jsiihen, im Prt. von Uhen,.

ferner in enphähen sehen jehen geschehen fliehen tritt rad.

^ ftir A auf.

vorziginde : liginde Jerosch. 17643. vorczygin C. d. Sax. 11. 2, 1. geligen (1298) Höfer 1, 22. (1331) HU. 1, 533. gdiegen (Prs.) (1292) C. d. Sax. n. 8, 17. gdegin H. 2, 2. lege (Cj. Pt.) Köditz 47, 13. emphägen : wäge Orend. 624. segen Hü. HT, 1075. sägen : vrägen En. 435. 723. 6699. : dragen Hagen 3459. : jagen Jerosch. 26625. '.lägen Alex. 1999. 4895. Tristr. 4580. En. 1181. 1436. 3287. : mägen Tristr. 979. En. 4050. .plagen Tristr. 4094. Alex. 6313. MF. 62, 37. En. 6852. ; irslagen Jerosch. 13626. ; wägen Alex. 3220. besagen : wäge Alex. 2556. säge : läge En. 1244. 7715. gesäge : dage Hagen 969. sege :plege Alex. 2948. gesege mfr. Legend. 282. :plege Alex. 2164. 2009. hesege : gelege Jerosch. 19992. aneseges : geleges Marienl. 40, 25. Gleiche Keime im Earlmeinet verzeichnet Bartsch über KM.. S. 239, altschles. Belege Rückert Entw. 155. Pietsch Trebn. Psalm. LXXV. geschege (1283) Lac. H, 786. Eberb. I, 843. Lac. IH, 180. 589. Musk. 45, 37. misschege Ennen I, 33. geschegen Lac. IH, 561. vergigen (Ptc. zu. ver jehen, % durch Einfluss des Palatals) ; ligen Krolw. 2806. : verswigen 2880. geflogen : gezogen HTrist. 5587. vgl. auch Trebn. Ps. LXXV.

Ausserdem findet sich ^ für & in höh und näh nähen^ einzeln in den schw. Zw. gähen, spehen, schuhen.

Synagoge : höge En. 8278. ogen : högen Karlm. 536, 26. höge Lac. m, 60. höger Marienl. 8, 33. högeste 53, 27. högste Cd. Sax. n. 6, 105. gehoget Marienl. 119, 6. negin : inkegin Jerosch. 6576^ cf. § 230. gägethe Roth. 4199 (gäckete 4211). spegere Tristr. D. 3529. schuge : ungevuge Orend. 671. : schugen Kirchbergs mekl. Reimkr.

Die palatale Art dieses g erklärt diesen Wechsel, ebenso

die Verwendung von g für suffigirtes j, zb. in mgeid.

225

iidge, frige, sehrigen gesehreige, spigen, eiger, vgl. auch die § 224. zerdehnte Form vigirtag Altd. Neujahrsbl. 53, 38. Anch für fremdes j findet es sich, zb. meige, meiger, vinge, Marge und

in der Endung ie, zb. arj^edige, vogedige, benedigen.

Beimbelege : leigen : r eigen Elia. 3168. geMge : getMge Eoth. 35. vigende : ze frigende Elia. 4161. stigen : schngen Benner 3632. rügete (ruderte) : vugete Pass. E. 125, 84. historgen : verbargen Jeroschin 2916. 21469.

So wie j und w einander vertreten, so erscheint nun

auch das för j verwante md. palatale g statt w, zb.

wage Jerosch. 6059. rügdich, rüget Leyser Pr. 33, 14. rügen Cd. Sax. n. 6, 163. gerügeclich Cd. Sax. n. 6, 152. 8, 50. gerugee- liehen 11. 9, 115. gedoigit : geurlaigit Jerosch. 20800. vngedeuget Altd. Neujahrsbl. 68, 48. Vgl. anch die Zerdehnungen fügir (ignis) Altd. Neajahrsbl. 53, 34. vugr, ungehugr Jerosch. H. 10193. hüaeomdügir :tugir Jerosch. 9055.

Hierbei muss auf die Reime zwischen g und v, g und w

hingewiesen werden:

Im mfrk. Legendär wird g mit v häufig gebunden, Busch bei Zacher Z. X, 316. Femer ave : gesogen Ernst A. IV, 33. dagen : haven Marg. Pass. 420. dragen : begraven nrh. Marienkl. 110. grävin:mäg%n Ludw. £r. 822. kven : degen Ernst A. IV, 55. 59. have : gelogen Eoth. 15. gröwen : herzogen Orend. 637. äugen : beachoutoet 1148. Turgouwe : Amshouge Ludw. Er. 5589 (Es. Amshautce),

§ 225. Die palatale Natur des md. g fuhrt leicht zur § 225. Auflösung; dies veranlasste jene Zusammenziehungen der Silben ige ege age oge zu Längen und Diphthongen wie im Obd. § 221. Ferner schwindet g zwischen i und e im Suffix wenigstens in der Schrift; phonetisch wird ein leiser Palatal

übrig geblieben sein.

menie : Babihnie Orend. 397. kunie : Bäbüonie 2583. : Montelie 2527. sundier, manichvdldier Nrh. Bruchst. 3, 20. 4, 25. ingesid^ besiden (1248) Höfer I, 2. gegenwertier, ewier Höfer H, 104. zwevd- dien Myst. I. 131, 38. unvemumftien Schachzab. 176, 21. hochvertien 199, 33. 202, 5. bestendie Eöditz 68, 13. Vgl. B. Hildebrand im DWb. IV. I, 1107.

Seltener geschieht gleiches dem g nach dem Stammvocal,. doch ist der Schwund hier auch nach a nachweisbar:

daes (1248. Trier) Höfer I, 2. Siebodo. Siemar 1071. Mrh. ü. I, 429. Igen Spiegelb. 271, 32. schwyen 269, 29. ouist {otigest^ August) 1263. Ennen H, 482, daraus entsteht ouM, aust.

Wein hold, mittelhoehd. Gramm. 8. Aufl. 15

226

§225. Auch zwischen r und n schwindet g,

mome : zorne Herb. 9827. Meisner M8H. 3| lOO». ieren Herb. 13035. 18000. fiteren : troijieren Hetb. 10115. 15417. neren Alex. 6710. nime Schachb. 332, 30. C. d. Sax. H. 8, 98. u. ö.

Anders ist der Vorgang, wenn g vor oder nach n schwindet: es verschmilzt sich dann mit n zum gutturalen

Resonanten. Die Belege sind aus Ripuarien:

segnen : senede Marienl. 46, 38. lougnen : verlornen Sei. Tr. 53*. le&nften Ennen 1, 181. verleunt Harff 104^ 35. lounede : eounede WerDh. 18, 6. loende : zoende Schade nrh. Ged. 35, 43. loune : zäune Marienl. 108, 13. jongfrou : jonfrawe Harff 25, 39. jonffer Sei. Tr. 15. Kölner Cron. 8. junferlich Harff 26, 6.

Über gg gilt dasselbe wie im Obd. § 221 ; bei manchen Schreibern war es für einfaches g sehr beliebt, Pfeiffer Jero- schin S. LXVII; vgl. auch wegge Annol. 849. Assimilirt ist gg aus gj in leggen liggen huggen; femer aus tg in langgrgbe Hü. I, 1217. dnggrebe I, 984. Luggart I, 540.

§226. § 2^6. Auslautendes md. g wird im 12. 13. Jh.

häufig nach obd. Art als c in der Schrift gegeben; indessen bleibt es sehr oft g, worunter der md. Aussprache gemäss palatale Fricativa zu verstehn ist. Den Beweis dafür gibt

die Verwendung von g für ch und A.

g für ch: kcägbumer (Mainz) Hü. HI, 1091. geumrdig (Shein- gan) i, 534. lyghove (Mainz) Hü. II, 748. eighom (1255) Eberbach I, 304. röcMog Wiesb. Gl. 38. wiraug (1235. Bingen) Eberbaoh 903. Frankfurter Belege bei Wülcker in Faul -Braunes Beitr. lY, 38. f. völg, 8chalg, dang, kräng, werg Elisab., darin die Reime marg : verbarg 532. 3369. tverg : herg 1310. 1873. zuig : dich Amst. Ml. 3, 16. ig 5, 2. dig 2, 19. sig 4, 13. oug 2, 21. üg 2, 9. 10. ig Ernst A. I, 47. u. 0. dig I, 59. jog I, 51. oug Annol. 495. Ennen H, 435. Lac in, 167. Belege aus dem Legendär und andern mfränk. Quellen bei Busch in Zachers Z. X, 317. In Herrn, t. Fritslars Werk, auch bei Eöditz begegnen diese g =^ch zahlreich.

g für ch:===h: Högheim (Worms. Mainz) Hü. 11, 407. 558. sag Amst. Ml. 2, 23. 3, 15. irsag Bother 693. gesitg : sprach ebd. 4101. sag : sprag Morant 551. gescag Amst. Ml. 3, 14. geschag (1276) Haupt IX, 263. fM)g Amst. Ml. 1, 12. 4, 5. schug : gevug Orend. 671. durg Amst. Ml. 1, 21. u. o. Emst A. I, 30. Marienl. 2, 1. 15, 17. Ennen m, 157. Elis. 3369.

g erscheint auch an Stelle von 1c, das dem obd. ch, welches sich in ch und h spaltet, entspricht, zb. sag Secund. 30.

227

ikg Cd. Sax. II. 6, 44. schog IL 6, 20. 46. 8, 28. starg §226. Secund. 285. werg Cd. Sax. II. 6, 39.

K.

§ 227. Das k der mittelhochdeutschen Periode entspricht § 227. auch in oberdeutschen Schriften dem gemeingerman. Je, nicht dem k der sogenannt strengahd. Denkmäler. Es ist also an die Stelle des strengalthochdeutschen ch getreten und gewissermassen eine £>ückschiebung. Alemannisch wird es im 11. 12. Jh. häufig neben ch ; im 13. Jh. ist k, ohne erkenn- bare Regel, alem. dem ch vorgezogen, ohne aber dasselbe zu verdrängen, und dies Verhältnis dauert im 14. 15. Jh. fort. Die bair. österr. Schreiber halten an dem alten obd. ch fester und bei ihnen überwiegt ch dem k in unsrer ganzen Periode. Im 15. 16. Jh. brauchen sie gern kh, womit die Guttural- affricata gemeint ist. AGr. § 219. BGr. § 180^

Die anlautende Verbindung kw, durch qu bezeichnet, gibt vor u und dem daraus entstandenen o stets das w auf, vgl. quctm kumft kamen. Vor a e und i t schwindet das w oft, zb. kam, kec, kerren, kirre^ kit (=: quidet). Mit a ä ii tritt aber auch oft Verschmelzung des w zxjl o 6 {tu) ein : quime wird zu kume, quirne : kurne, quicken : kucken, quidet : hüt kiut, quam : kom^ quat : kot, quämen : körnen, qmden : hoden. Mit e verschmilzt sich w nicht selten zu o : queden hden, quec koc, qüeln koln, quene kone, querder korder, qmste koste.

§ 228. Inlautendes obd. k geht ebenfalls auf ahd. §228. ch zurück. Dieses spaltete sich wenigstens seit dem 9. Jh. in ch und k, nicht nach fester Regel; aber im allgemeinen sezte sich k (nach Kürzen kk ck geschrieben) fest in wacker vackel nact hecken decken blecken vlecke hecken lecken recke recken stecken smecken stecken strecken wecken blicken dicke schicken schricken sticken stricken klocken locken isocken drucken rucke slucken stucke trucken rucken. Die Verbin- dung nch verhärtete sich auch regelmässig zu fik, während die Fricativa in Ich rch haftete.

15*

228

^228. In backe neben backe schuf die Verschiedenheit der

Bedeutung die doppelte Form. Im Adj. dürkd ist das aus h entstandene cJi zum harten Verschlusslaut geworden.

IJber alemannisches k für gemeinobd. ch im In- und Aus- laut vgl. AGr. § 208. Bairisch kommt dieser scheinbare Rest älteren Gonsonantenstandes weit seltener vor, BG-r. § 181.

Auslautendes mhd. k ist doppelter Art: 1) aus ch zurückgeschoben, aber wie es scheint später und schwankender als im Inlaut. Im allgemeinen sezte sich k für ch fest in nac gesmac erschrac vlec kec blic stric boc roc stoc, femer nach n in banc gedanc kranc stanc tranc wanc. 2) ist k die regelrechte Verhärtung von ^, sobald dasselbe in den Auslaut tritt, § 221. Für c oder k wird zuweilen ck ge- schrieben, zb. lack Nib. A. 2079, 3.

Reime zwischen den beiden c (für ch und g) gestatten sich fast alle Dichter. In der Nibelunge Not wird nur ng : nch gereimt; auch Reinmar erlaubt sich nur diese Bindung und nur einmal MF. 158, 18. Walther braucht diese Reimung

öfter, ausserdem zweimal ag : ach.

lac : sac Iw. 2585. : erschrac Walth. 95, 5. Trist. 9129. Parz. 126, 1. 131, 3. Wh. 228, 27. gGerh. 4630. : smac Iw. 6447. Paiz. 186, 9. Wh. 62, 11. mac: erschrac Wh. 93, 1. :8ac Parz. 364, 11. tiac'wac Bari. 72, 23. pflac : erschrac Walth. 84, 13. :sac Wh. 407, 25. slac : smac Trist. 7280. 7840. quec : wec trKr. 6826. sie : stric Engelh. 4891. : blic Parz. 146, 9. druc : fltic gGerh. 4850. balc : schale Parz. 18, 7. 183, 19. Mart. 122, 14. danc : lanc Walth. 83, 12. Nib. 874, 2. :gelanc Walth. 97, 1. :ranc Seinmar MF. 158, 18. :8atie Nib. 750, 2. Walth. 28, 5. 62, 24. Trist. 4761. : underswanc gGerh. 1434. : betwanc Parz. 585, 3. Trist. 5291. lanc : gedanc Walth. 114, 4. Iw. 2121. gedanc : lanc wGast 8806. misselanc : danc Iw. 2593. spranc :undanc Iw. 5403. bancerklanc Nib. 616, 2. : spranc gGerh. 4568. Uanc : lanc Trist. 3337. gGerh. 3575. kranc : lanc Parz. 339, 23. gGerh. 3744. : sanc Walth. 14, 2. 27, 22. : twanc Walth. 10, 35. gGerh. 2058. tranc : Manc Wh.' 176, Id, :Za«c Trist. 11688. : spranc Nib. 922, 2. stanc : betwanc Iw. 3843. marc : verbarc Wh. 63, 29. Stare :arc Trist. 5977. : verbarc Boner 31, 21. halsberc : werc Trist. 4933. 6545. Gouchesberc : werc Boner 65, 55. §229. § 229. Mitteldeutsches k hat seine alte gemein-

germanische Stelle im Anlaut nie verändert und auf das obd. ch in seinem Übergange zu k ebenso eingewirkt, wie md. g

229

auf den Rückgang des ahd. k zu g. Wo ch = altem Ä; in § 229. ffld. Schriften im Anlaut auftritt, verrät es obd. Einfluss. li^eben h ward c als Schriftzeichen gebraucht.

Bemerkenswert sind einige md. h als Vertreter gewöhn- licher Media. Allgemein von der Wetterau bis Schlesien findet sich das auch obd. beliebte kegeriy zusammengezogen kein, zb. HU. I, 974. 958. Höfer II, 14. Nordh. Weist. A. Eöditz. Sachsensp. (Leipz. Hs.) I. 2,' 2. III. 88, 5. Jeroschin durchaus, kegenwirdig (1299) Höfer I, 24, keginwertig Cd. Sax. IL 6, 40. kenwerdig (1306) Cd. Sax. II. 6, 6. inken- werdic Mülh. R. 27. keinwertig Henneb. U. II, 54. Cd. Sax. IL 6, 40. Rückert Entw. 159.

Ausser kegen erscheint dieses A; für ^ einzeln in bekoUte Herb. 8855. Binekouwe (1215) Eberbach I, 90. Hü. III, 1065. 1089. kugel Myst. I. 83, 25. Vilmar hess. Idiot. 216. koukeUre mfr. Legend. 43, koukeler Altd. Neujahrsbl. 60, 20, keukeler Trebn. Ps. 57, 6, kücheler (Gaukler) Vorbewis. 24, kouchdist mfrk. Legend. 95. eükuker Köditz 46, 2. Dass g nach eni (in) zur Tennis wird, ist allgemein, vgl. u. a. inkeit Mülh. R. 49. Ebenso wird ^ zu A; in Zusammensetzungen unter Einfluss von t (gebliebenem sowie nach Assimilation geschwun> denem) am Auslaut des ersten Theils, zb. der Leitkestere Mrh. ü. II, 385. Lukkardis (1276) Hü. n, 296. Lukart (1337) Hü. III, 1296. Ruckerus (1296) Hü. 1, 198. Rukerus (1219) Böhmer 28. 30.

Besonders md. ist k aus ch -\- g in näkibür Mülh. R. 27. u. 0. näkebur Jerosch. 8213. livl. Kr. 146. 358. u. o. Ladw. Kr. 657. Beheim Evang. Luc. 1, 58. 14, 12. nakebwir Cd. Sax. IL 6, 23 (1364). nackebur Köditz 42, 30. Vgl. Bech zu den Zeizer Satzungen 1, 61. Lexer Mhd. Wb. 11, 7.

Geschrieben wird für c und k im 14. 15. Jh. zuweilen kh besonders in mittelrheinischen und thüringischen Schriften.

Die anlautende Verbindung kw {qu) haftet im Md. zäher als im Obd., die Verschmelzung des w mit folgendem Vocal ist hier weit seltener. Bei quemen bleibt das w durch das ganze Perfect.

230

§229. Dialectlich stark entwickelt ist qu für tw % 153. 187:

quahen Diefenb. n. gl. 230. quüg Germ. VI, 269. queheU Myller Samml. III. 38, 49. quehel Flore H. 4330. quaUen itwalm) Altes Heldenb. 547, 33 (Kellers Druck). quingen quanc bequanc heqimngen Germ. VI, 269. querch Kaspars Sigenot 21. querhes Wolfd. D. X, 57*. quirnstein Pass. K. 440, 56. Vgl. meine Dialectf. 85.

§230. § 230. Inlautendes md. k entspricht in der Regel

dem obd. Tc, welches aus der ahd. Fricativa zurückgeschoben ist^ und dann auch dem gemeingerm. Ä, so in acker, hacke, bacJcen^ Schalkes, danken, denken, dünken, marke, merken, wirken. In einer andern Wortreihe namen die md. Dialecte an der obd. Verschiebung des k zu ch Theil, § 235. 233.

Von unverschobenem in- und auslautendem k hielten sich in diesen Worten nur einige Reste selbst in Ripuarien,. Tgl. im mfrk. Legendär ik (Busch bei Zacher X, 317), im Rother sprac 3055. riclichen 3048. strüke 4202. sulke 3753- femer das Zw. süken, zb. Marienl. 38, 30. Nassau 507. Lac. II, 537. III, 489. 496. 516. 589. 1000. Ennen I, 39. Loersch ach. Rqu. 54. Höfer II, 115. Sei. Tr. 52*. 177^ Kölner Cronica 144**; das Zw. reiken Ennen I, 310. 425. Lac. III^ 504. 1011. Harff 3, 34. Kölner Cronica 22, Nach Süden hinauf lassen sich einzelne unverschobene k in Namen be- sonders aufzeigen :

Wetterau: Storkelin (1223. 1310) Böhmer 43. 391. Serekesbach, GunthardeskyrJcen (1270) HU. I, 136. Eicolveskerken (1306) I, 448. Easeke (1353) I, 877. Mainz: gen der hölzesbecke (1295) HU. I^ 210. Hennekin (1338) IH, 1093. Rheingau: Heyleke HU. I, 586. Heüke 642.

Ein anderes k erscheint in neken (nahen), das nieder- fränkisch so gut wie ripuarisch, thüringisch und schlesisch vorkommt, und im alts. näkön, mnd. näken neken ganz ebenso

auftritt.

ginekeda altniederl. Ps. 54, 22. ginäcont 54, 19. neken Marienl. 65, 26. 85, 21. Ennen J, 64. Karlm. 51, 11. 56, 46. 80, 41. 109, 54. 147, 34. 221, 10. u. ö. Sei. Tr. 114^ 203». 221^ Harflf20, 40. Kölner Cronica 40». Pass. H. 232, 18. Trebn. Ps. 31, 9. 87, 4. Etickert Entw. 160.

231

Das h des Wnrzelauslauts hat sich hier vor ursprünglich § 230. folgendem w (got. nehv-) in den Verschlussiaut gewandelt, wie c für A vor t und s öfter nachweislich ist:

acthe Eoth. 4166. hräcte 3646. bräctin 2627. rectis 3920. frmte (Breisig) Lac. m, 636. Mectildis (1146) Mrh. ü. I, 595. nactwache hess. Evang. 298. irluctis Myst. I. 174, 30. gerietet Henneb. ü. 11, 69. altschles. rect attfectung manslect fluctig Bückert Entw. 161. fucsczagd Cd. Sax. n. 8, 139.

In negen (nahen) scheint dagegen g unechter gramma- tischer Wechsel mit h 224); ^gl. negin : inkegin Jerosch. 6576. Trebn. Ps. 26, 2. 37, 12. 54, 19.

§ 231. Nach lingualer Liquida wird g durch §231. Einfluss des lingualen Elements zuweilen zu k verhärtet:

Elkerhüsen Eherbach 596. Hü. I, 429. 453. 841. wdkern Myst. I. 107, 8. vertüken Griesh. Dkm. 17. gevanken Marienl. 25, 31. gevenkenisse Lac. III, 180. gehenkenisse III, 124. hrenket Marienl. 28, 14. sinkent 9, 19. 23. irken Rückert Entw. 160. galgkeperk 200.

über diese noch heute fortdauernde Erscheinung Dialect- forschung 83.

Verbreitet ist die Verschiebung von ^ zu Ä in loukenen:

louke (Imp.) Salm. 398, 4. geloukenen Myst. I. 147, 2. gelöken Herb. 440. virloukinot Tr. Silv. 469. verloukenen Pass. K. 164, 46. 280, 81. 641, 30. vorloukin Tzschoppe-Stenzel U. 489. lökinen Mülh. E. 27. 36. Nordh. Weist. A. 1. verUuken wetter. Ostersp. 669. 672. Alsf. 8p. 2109. 3290. 3596. lenken Lac. III, 1020.

Vereinzelt kommt dies k für g auch vor in gejsükenisse betrokenisse Rückert Entw. 161. cloicke (prudentes) Kölner Cronica 4.

Ausfall des k zwischen r und t ist sehr häufig in )narct {market, zunächst ist für diesen Vorgang marchet an- zusetzen), vgl.

mart : vart Orend. 738. : hart Wierstr. 2179. 2484. Ausser Reim u. a. deme merte HU. I, 1122. dipmart. vismart HU. HI, 1274. 1375. weclienmart Lac. III, 754. jdrmart Köditz 40, 18. kornmartgasse (Worms) Hü. HI, 1289. martenmeister (1288. Mainz) Höfer 1, 18. mart- jkcke Köditz 87, 24.

Interessant ist die Einschiebung von k zwischen ü und t in lüde (= lüte, liute) Roth. 4677. Barin liegt das älteste mir bekannte Beispiel dieser einer Wurzel auf t infi- girten gutturalen Explosiva^ welche dem heutigen Kölnischen

232

§281. und Siebenbür^sch- Sächsischen sehr wol bekannt ist (Wolff Gonsonantismus der siebenb.-sächs. Mundart, Hermanstadt 1873. 8. 60. 70). Wahrscheinlich ward zuerst das t mouiUirt, das mouillirende Element (j) verhärtete sich hernach und trat von dem Wurzelauslaut in den Inlaut. Vgl. übrigens auch BGr.§ 184.

Echte Gemina hk entstund darch Assimilation a) progressiv aus hj: dekkit Annol. 86. dikke. rekkin 289. f. stukkelin 802. wekkeda Friedb. Kr. E. 2, 6. dikke Arnst Ml. 5, 15. b) regressiv aus tg: Lucgardis (1235) Eberbach 1,303. Luc- gart (1312) Hü. I, 471. Lukkardis (1276) HU. IL 296. Rukkerius (1191) HU. II, 16.

§232. § 232. Das auslautende md. k oder c ist gleich dem

obd. doppelter Art : 1) aus ch entstanden, 2) durch tonloswerden von g erzeugt. Oft wird hier in der Schrift g beibehalten: so stehn in der .Lorscher Beichte, um ein altes md. Denkmal zu nennen, drei ausl. c gegen vier ausl. g. Zuweilen wird auch für k -= g, namentlich im 14. 15. Jh., gk oder ck ge- schrieben, zb. oberick Cd. Sax. IL 6, 78. widerwertigk. tagk ebd. 178. magk, schuldigk. wegk 179. Beide k werden auch

von md. Dichtern im Beim gebunden, zb.

erschrac: lac HTrist. 4961. :8lac Erlös. &175. :tac MF. 126,4. Kenner 14174. mcu: : nac Benner 5082. : sac 5144. smac : mao Elis. 10009. Erlös. 1232. : tac Elis. 1047. 1073. pflac : erschrac Erlös. 2596. : 8mac HTrist. 6635. Elis. 9413. loec : flec HTrist. 5471. hranc : twanc HTrist. 5041. .'sanc MF. 139, 20. 8anc:danc Erlös. 1088. verbare: Stare Erlös. 4863. berc : were 3032. were : Friberc HTrist. 81. Magde- bure : Türe Ludw. Kr. 1233. Popenbure : Türe 984.

Zuweilen begegnet in den Schriften auslautendes c ftir ch und selbst für fricatives h:

a) für ch: sprac Ernst A. IV, 9. Steinbac, Kyncenbae. Gartcarts- de (1258. SchiflFenberg) Hü. I, 116. ungemac, die. untzallic, unvert- zagelie, rie Eückert Entw. 161.

b) für h: .geseac Friedb. Kr. F. 2, 5. geschae. nac. sie. nac Rückert Entw. 161. doc Myst. I. 173, 14. bevalc : marschale Jerosch. 24366. dure Roth. 4447. HU. II, 721. dure : iure : durc : hure Jerosch. 25136.

Dass hier wirklich die tonlose Explosiva gesprochen sei. glaube ich nicht; vielmehr nehme ich tonlose volare Gruttural- fricativa an, welche die Schreiber durch c ausdrückten.

233

§ 233. Die harte ^tturale Fricadva des Obd. ist Ver- § 233. Schiebung der gemeindeutschen Explosiva fortis k. In der mhd. Periode drängte sich k im Anlaut wieder in seine alte Stelle ein, ohne jedoch das ch beseitigen zu können § 227; in Alemannien wird seit dem 13. Jh. allerdings von den Schrei- bern k mehr als ch gebraucht, in Baiern aber überwiegt ch, AGr. § 219. BGr. § 180.

Einzeln vertritt ch in unechter Verschiebung c = g; ara festesten sezte sich dies falsche ch in den sagenbertihmten Frauennamen Chrimhilt und Chütrün, BGr. § 180.

Für h ward ch früh am Anfang des zweiten Theils zusammengesezter Namen gebraucht, mhd. namentlich in den mit hoven zsges. Ortsnamen, zb. Prunnunchoven, Zeeinchoven, woraus dann koven, kon ward.

Inlautendes obd. ch spaltete sich in ch und k § 228, ohne dass eine bestimmte Regel über die Wahl des einen oder des andern Lautes hervorträte. Nach n geht ch gewöhn- lich in k über, nach l und r haftet es dagegen. Als Schrift- zeichen sind ausser ch zu verzeichnen hh, hch, chh ; für k = ch werden gebraucht cch, seit 14. Jh. kch, chk, ckch, geh, ckh, gkh, gk, cg, Andeutungen, dass die Affricata gesprochen ward.

Häufig erscheint im Inlaut dialectlich ch für h sowol

zwischen Vocalen als vor Lingualen. Die guten Dichter des

13. Jh. gestatten sich aber dieses ch nicht im Reim; erst

seit der zweiten Hälfte des 13. Jh. kommen solche Reime

bei nachlässigeren vor, zb.

jachen : sprdcJien WvRheinau 55, 39. sacken : sprächen Lieds. 219, 9. hi'ache : geschtBche WvRheinau 65, 12. scBche : brteche Hadlaub MSH. 2, 278^. enpfächen : machen Teichner im Lds. 67, 97. spechen : gerechen Lds. 50, 260. gdiche : österwiche Helbl. 8, 298. alterwichen : riehen 2, 765. ziechen : siechen Teichner Lds. 140, 58.

Ebenso wird cht für ht mit echtem cht von Dichtern geringeren Kunstgrades im Reim gebunden:

nacht : gemacht Amis 2350. trachte : machte Lampr. S. 2166. preschte : machte Gundach. 148. geswacht : acht Suchenw. 36, 65. ge- schieht : spricht Mantel 342. nicht : bricht wGast 2690. plichte : gerichte

234

§233. Tand. 57, 78. geschickte : blickte Mart. 278, 34. zuckte : leuchte Tund. 62, 78.

Vgl. ausserdem AGr. § 222. BGf. § 183.

Reime zwischen ch und f im Inlaut lassen sich seit dem 14. Jh. alemann, nachweisen, Wackernell Montfort CLXXII. Reime zwischen cht und ft, die sonst nur md. 236) er- scheinen, kommen seit Ende des 13. Jh. einzeln bei aleman- nischen Dichtern vor: Reinfr. 6991. 15629. 19711. Boner 49, 7. Vgl. auch § 234 und Schoch Sprache Boners 15.

Über Einschiebung eines Gutturallautes (ch) vor s und t im bairischen BGr. § 184. §234. § 234. Auslautendes obd. ch hat dreierlei Wert

1) ist es die echte obd. Fricativa (für nd. k), die sich in ch und c spaltete und für die in ahd. Zeit häufig, aber auch noch mhd. zuweilen h geschrieben ward, zb. ih mih hillih sprah btwh werh; 2) Vergröberung von A, in der gebildeten Sprache übrigens fester als inlautendes ch für h; 3) Ver- schiebung von auslautendem c = g, Dass Hartmann v. Aue dieses c (g) wie ch sprach, hat Lachmann z. Iw. 4098 nach- gewiesen. Im übrigen gebe ich Reimbelege für das Leben

dieser drei ch und ihre phonetische Gleichheit.

Keime zwischen ck und ck = k: sackihrack Nib. 814, 1. Gudr. 57, 2. Karl 3646. : dach Walth. 62, 26. Ortn. 97, 4. : gemack Nib. 1248, 3. Erec 1860. Iw. 5928. Trist. 11900. : rack Nib. 19, 1. : sprach Nib. 62, 1. Wolfd. A. 129, 4. Erec 30. Pantal. 170. jach : gemach Nib. 1141, 1. : sprach 624, 1. geschach : brach MSH. 1, 166. Stricker Ged. 4, 2. : sprach Walth. 72, 26. Neith. 45, 37. : gemack Iw. 1780. : Stack Nib. 1833, 3. slack : obedach Georg 470. gebreck : speck Montf. 28, 29. gick:dick Trist. 11349. vergick : dich Helbl. 2, 1078. sich: rieh Krone 7515. dock: lock Neith. 9, 9. bevälck : sckaleh Lanzel. 1179. empfalck : Engdsckalck Fraaend. 314, 29.

Beimo zwischen ck und ck = c(g) : mack : ungemack Mantel 230. tack:sprack Gudr. 1166, 1. : gemack Mart. 88, 96. sweick : bestreich Iw. 3474 BDE. streick : seich Dietr. Fl. 6636. ckarch : sarek Mart. 284, 6. ; starck Otack. c. 753. berck : werck Biter. 4058. Ortn. 176, 2.

Beime zwischen ck = k und ch = c (gj: pflock : sack Iw. Dd. 4431. Mai 51, 10. sla>ck:näck Otack. c. 800. tack : geschack Gundach. 2622. gesckack : tack Lutwin 3869. widerwack : sack Biter. 7362. gedeick : sweick Krone 3555. berck : verck Nib. 2147, 3. Eaben. 810, 4. burck : durck Lanzel. 5523. BGr. § 187. AGr. § 224. 225 geben mehr Belege.

235

Keime zwischen auslautendem ch und f bieten Boner §234. 59, 51. 75, 11. und andre späte alem. Dichter, Wackemell Montfort CLXXII.

Dialectlich, namentlich alemannisch, begegnet c und k für CÄ, AGr. § 208. BGr. § 181.

Abfall von ch kommt am ersten Theil von Composi- tionen obd. zuweilen vor, zb. riltche, buostapy kirwihe chilwih, mümarcht; seltener an einfachen Worten, am häufigsten noch bei ich, wenn die Negation ne oder auch eine Pronominalform angelehnt und Verschmelzung vollzogen wird : ine in Walth. C. 114, 11. ir Parz. G. 269, 22. Ferner bei^'o fiir^'öcA sowol allein stehend, zb. Walth. 72, 7. 102, 35. MF. 41, 6. als mit inclinirter Negation Jone Jon Walth. 73, 4. 89, 27. In der Senkung des Verses begegnet di = dich Frauen d. 45, 1 ; im Beim iu {sloc.) : spriu Walth. 18, 7. : getriu Otack. 8. 84^ wenn man nicht in diesem Fall Tausch mit der dativischen Form ansetzen will, vgl. § 474.

Angefügt als gutturaler Nachschlag tritt ch auf in alem. lach Iah MS. I, 13^ II, 17\ 89^ 98^ 167'. 188^

§ 235. Mitteldeutsch kommt c^ im Anlaut sehr selten §235. vor; denn das gemeingerm. k ist am Wortanfang in den md. Dialecten an seiner alten Stelle geblieben und nur durch obd. Einfluss hat ch in den Übergangslandschaften nach Süden hin in der Schrift Eingang gefunden, § 229.

Indem g md. und namentlich am Mittel- und Nieder- rhein p a 1 a t a 1 ward, begegnet zuweilen ch für anlaut. g, vgl. chegene darchene Mrh. U. II, 388. Eütcher (Jülich) Lac. III, 483. Liuchart (1036) Mrh. ü. I, 359. Lüchardis (13. Jh.) Eberbach I, 287. Lac. II, 480.

Inlautend ward md. die Verschiebung des k theil- weise vollzogen und inlautend ch steht dann obd. ch gleich 230. 233j; die geringen Beste von uri verschobenem, vom oberdeutschen Lautstande abweichenden k vgl. § 230. In ripuar. Schriften erscheint zuweilen ch für gemeind. k hinter Liquida nach strenghochd. Art, zb. drinchen, merchen, wirchen. Zuweilen auch zwischen Vocalen : koucheler kouchelist, nachot nacht j Busch bei Zacher Z. X, 318.

236

$ 236. Schrifbzeichen sind ausser ch : hch chch chg geh hh, fiir

die Spaltung k: chk che Jceh cch.

Aus der palatalen Aussprache des inlautenden md. g ergab sich 223) die Verwendung von g fiir ch bei den Schreibern. Umgekehrt nun finden wir eh für g häufig

nach allen Yocalen und gern vor t und d gesezt.

Am häufigsten in Bipaarien: dache Both. 1728. versacke : sacke Karlm. 263, 65. predechere Lac. 11, 634. virlouchinan Annol. 812. geetedichit Ennen I, 11. einiche Lac. 11, 630. heiUche Marienl. 9, 6. geweldiche 36, 18. barmherziche 11, 18. maniche Bother 2740. ouchen Marienl. 9, 1. u. o. douchen 104, 30. gehuchen 44, 36. lüchen {ltu)gen) : fluchen : ruchen : snehen : buchen Yeldeke MF. 66, 7. gelacht : macht Marienl. 10, 27. : gewracht Wierstr. 492. bdacht : cracM Alex. 2792. Jacht : bracht Wierstr. 1811. gesacht : gebracht Earlm. 336, 68. gesachte : dachte Hagen 1241. lechten : Jenechten 3399. anelechten : gedeckten Alex. 436. inschuldichde Bepg. Gr. 22. volchten Hagen 1086. Harff 160, 9. bor cht. besorcht Ennen I, 33. verburchde Hagen 1189. Ausser Bipuarien: eychencUche. dache, dynstachs (Engers 1326) Höfer n, 109. lustichen, eweches, Sachen, tochendych. sundychen, mochen. arches. karches trier. Spiegelb. 266 284. gesacht Spiegelb. 276, 21. f rächt Musk. 68, 46. neicht 68, 61. versmcht 8, 24. gelacht : gemacht Elis. 8605. ummelacht : acht 1883. widerachte : üflachte 1380. lachte (Mainz) Hü. HI, 440. gelacht 1274. belachten 1330. lechte. siecht vertrecht Mone Z. YII, 16. burchere grBud. 12, 23. Einzelne Belege bei Bückert Entw. 164. f. Ludewiche : Francrtche Jerosch. 22069.

Zuweilen wird chg für dieses eh = g geschrieben,

schwankend aus g und eh gemischt, zb.

einigche. entschuldigcher (1263) Lac. H, 630. dochgentsam Schade nrh. Ged. 63, 40. tSgelichgest C. d. Sax. H. 8, 162. Buechüberchge Henneb. ü. H, 60.

§236. § 236. Auch für h wird ch der vulgären Aussprache

gemäss geschrieben, sowol zwischen Vocalen als vor t, zb.

geschdchen Myst. I. 64, 11. gewechen 21, 6. flöchenen 68, 28. Judinbuchü (1267. Köln) Lac. H, 434. cht für ht begegnet in md. Hs. sehr häufig, man vgl. Athis, grBud., Herbort, Passion., Uvl. Bkr., Herrn, y. Fritslar. cht für das aus Sibilation einer gutturalen Explosiva entstandene ht belegen : machte : dachte Elis. 6646. rächten : machten Wierstr. 104. strachte. gesmachte hess. Evang. 271. 284. schichte : ver- richte Elis. 376. gedruckt Lac. HI, 928.

So wird denn auch cht fiir das durch homogene Ver- schiebung statt ft auftretende ht geschrieben, § 243. Dieses in Niederfranken und Altsachsen allgemein verbreitete cht

237

begegnet im Md. besonders in Ripuarien, kommt aber ver* §236. einzelt auch sonst im westl. Md. vor; wir finden es nament- lich in achter, hacht gehackt, gracht, kracht verkrechdigen, brütlacht, gelachter, geschrichte, gestickte stickten, gicht {kirchgickt Lac. III, 462. 642), nickte^ gelockte (gelofde), gekocht, locht lucht, krocht (kruft Harff 19, 18. 181, 15), sückten. Vgl. die Reime

gedrückt : gracht En. 6858. ; stacht Herb. 6197. gracht : bracht Wierstr. 1595. hacht : gesacht Weberschi. 29. ernesthacht : nacht En. 6017. entnacht : emesthacht 2784. aigehacht : innebracht Iw. A. 6925. toere- hacht : gedacht En. 6379. hesacht : behacht Karlm. 250, 25. craß : niaht Wemh. 1, 5. 22, 15. kracht : bedacht Herb. 5598. : dracht Marienl. 106, 1. :enmaM 9, 11. : gemacht Vorbew. 36. : nacht En. 9267. Wemh. 1,6. vorgisaht : schaft 11,23. judischaf : geschach 51,30. gidichtin : stiftin Wemh. 33, 5. Uhte : gestifte Alex. 5979. stickte : berichte En. 289. gescrichte : gedickte En. 9497 (gesenkte 1261. Höfer I, 6. gescrichte 1264. Ennen II, 54. gescrigte Lac. III, 120). stickten : berichten En. 1977. 3678. 13370. gelohte : mochte Marienl. 80, 13. gelockte : mochte Karlm. 324, 28. : dockte 345, 38. mrlouchte : vircoufte Wemh. 10, 9. lufti : virdühte 67, 5. vrüht : lukt (vrut : lüt) 38, 15. luckt : duckt Earlm. 333, 51. : gesucht Wierstr. 1605. bürg : dürft Ernst A. V, 69. burch : durkt Alex. 1204. : dürft 2113. 2125. 2193; vgl auch worf : burk Alex. 1225. forchte : dorckte {dorfte) Eneit 2910. bedorchte : worchte 5665. bidorftin : vorktin Wemh. 26, 3. bedürften : vorkten Jonk. u. Heinr. 174. bedorckten : forckten En. 6353. worckten :bedorchten 4086. Ausserhalb Bipuariens: krackt 1120. Mrh. Uk. I, 502. gestickte (Sponheim) Lac. HI, 624. ummackt : scacht Ath. F. 161. sukt : luft E. V. Munre Hagen GA. LV, 120. vorkte : dorfte 868. krackt : versmcu:kt Fass. H. 276, 30. : vackt Jerosch. 18838. creckte Fass. H. 39,* 19. Vgl. auch die hessischen Ortsnamen Scaktun c. 1120. Scakte- back 1276, Amold Ansied. 632.

§ 237. Im Auslaut hat das md. ck denselben dreifachen § 237. Wert wie das obd. 1) = ck 2) = c(g) 3) = k. Auch die md. Dichter brauchen die drei ck im Reim auf einander.

1) Reime zwischen ck und ck^= k sack : dack Herb. 1834. Fass. K. 117, 12. ; brack Erlös. 1831. : sprack Orendel (40 mal). Fass. K. 208,20. Elis. 697. Erlös. 1770. besack : dack Ludw. Kr. 1466. gesack : sebrack Wemh. 3, 14. : gemack 13, 6. bejack : ungemack Elis. 3789. gesckack : brach Wemh. 12, 4. Krolw. 1378. : gemack Herb. 1574. 2574. : ungemack Elis. 1122. : sprack Herb. 1347. 2552. 11319. : stach Herb. 12919. Fass. K. 116, 62. sich : mick Herb. 3935. 11914. Höerdöck: joch Jerosch. 20017. scküch : tück HTrist. 2914.

238

§237. 2) zwischen ch und ch = g lach: brach Orend. 96. .-stach

Herb. 9979. : trach Orend. 1267. mach : brach Alex. 268. : gemach Marienl. 110, 5. -.sprach Alex. 335. Herb. 1732. tach: gemach Herb. 91Ö0. : sprach 3274. wach : sprach 13154. stach : dach Wemh. 17, 34. .- lach Junk. u. Heinr. 1118. bech : wech En. 5266. gebrech : wech Wierstr. 1362. dich : hungerich Marienl. 66, 16. mich : trürich Orend. 2382. manich : ich Ludw. Kr. 2668. sibinzich : rieh Alex. 1816. stritich : wunderlich 273. herlich : gwäldich 94. einmch : sich En. 9715. gelich : tujtch 6092. broich : bedroich Wierstr. 442. ouch : gebouch En. 8653. :louch 3634. 4582. 8103. : endouch 10542. flouch:rouch 3211. 7008. boech : droech 4642. buch : ginüch Wemh. 16, 19. 28, 32. genüch : düch Junk. u. Heinr. 221. drüch:düch Wemh. 4, 2. 6, 18. sluch: fluch 12,2.

3) Keime zwischen ch = h und ch = g sachilach En. 1220. 2458. Wemh. 26, 14. Hagen 327. 1069. :gesach Alex. 913. mach : sach Husen MF. 54, 38. En. 10375. plach : sach En. 1311. 6219. p^ach : dach : sach : mach Veldeke MF. 61, 18—23. geschach : dach Wemh. 21, 2. : slach Herb. 5770. sach : dach Alex. 1982. Husen MF. 48, 25. En. 223. 1298. 10501. mäch : nach Alex. 5586. durch : burch Alex. 1106. §238. § 238. Ausfall von ch erfolgt unter Einfluss benach-

barter Lingualis:

vor t in Bipuarien (wie noch heute) brät : geddt mastr. Ostersp. 56. : gesät 69. besoet : goet Earlm. 410, 46. : gemoet 295, 4. sute nrh. Bruchst. 4, 20. Aldemart : vart Weberschi. 423. Isenmart : geschart 419. buntwertermdster Ennen I, 83. boiswortich 91.

vor « tegeUs : pris Ebem. 3165. jeirlis (1325. Trier) Hofer n, 103. gas : äs Ebem. 3465. verweselen (Assimilation) Lac. UI, 549. nestin Eöditz 24. 29. twers Ebem. 3885.

vor « rechUin und redelin (-liclien) Mülh. U. 1003. mam (equis) : foärn Jerosch. 18369.

Crem schwindet ch am Ende erster Compositionstheile :

brämaende (1383. Jülich) Lac. IH, 876. schaitzavel Ennen I, 342. näher Köhi. Cronica 17. Bipertus (1219. 1230) Böhmer 28. 54. Bylindis EJJ. I, 195. 868. heüidom Repg. Cr. 40. marstal Alex. 302. fctr- messe Myst. I. 145, 17. kirwUre (1202. Worms) Hü. H, 195. kirspd (1261. Köln) Höfer I, 6.

Abfall von echtem ch ist nicht häufig nachzuweisen;

ich führe an

knie : die(ch) En. 7800. wel Elis. 7873. wil Böhmer 532. Dagegen schwindet das aus h entstandene ch sehr ofl, §246. Im Gegensatz hierzu zeigt sich ch als palataler Nachlant

hinter Vocal

fr(nch (früh) Harff 34, 3. 59, 37 und heute noch kölnisch froeck; olich Harff 24, 33. 191, 30. Vgl. dazu öleij, das zuweilen vorkommt.

239

Verschiebung von f zu ch im Auslaut entspricht dem §298.

cht für ft. Die hess. Ortsnamen Häldoreh, Oberendorch (1273)

fdr 'dorph darf, Arnold Ansiedel. 632, und die als reine Gon-

sonanzen zu beurteilenden Reime belegen es:

stach : drach Marienl. 25, 15. judinscaf: giscach Weroh. 51, 31. pUxch : wirtscaf Alex. 2932. starch : hidarf Wernh. 59, 19.

J.

§ 239. Die weiche gutturale Fricativa unterliegt so §239. wenig wie f und s der Verschiebung. Über den Wechsel von anlautendem j und g § 220; über mundartliche Ausdehnung desselben AGr. § 215. BGr. § 176. 198.

In jämer und jener unterliegt j der Aphsresis ; nament- lich ener ist alem. und bair. beliebt.

Als Schriftzeichen gilt i, so dass also die verschieden zu sprechenden iemer und iener (ille) gleich geschrieben werden. Ausserdem wird gi verwant (AGr. § 215) und seit 14. Jh. mitunter auch y.

Inlautendes y ist Suffixconsonant und in den Zw. 1. schw. Gonj. so wie in den Nominalstämmen auf ja ja jan jän ur- sprünglich zu finden. In der mhd. Periode ist es nur selten erhalten 377. 458. 460. 462. 503).

Aus themat i entstund j in küejc, Nebenform zu küe, PI. zu kiM.

Auslautendes j ist seit alter Zeit unmöglich, da es sich bei Apocope des begleitenden Vocals zu i (e) vocalisiren muss: winja wird zu wini wine, sconja zu $cdni schoene.

§ 240. Über mitteldeutsches j gilt dasselbe wie über §240. das obd. Über den Wechsel mit g vgl. § 222, ebendaselbst über die palatale Aussprache von anlaut. g, aus welcher auch die Schreibung j für g sich erklärt in Joeelinus (1174. Trier) Mrh. U. II, 61. jauch Musk. 8, 26. jaucJceler 93, 58. u. sonst Aas gleichem Grunde wird auch inlautend j für g gesezt: pleiere, arte (1248. Trier) Höfer I, 2. menie Roth. 3053. livl. Kr. 8709. Myst. I. 4, 39; vgl. auch die Eeime menje : venje (venia) Elis. 599. 716. Erlös. 1130. menjen : Armenjen Jerosch. 15654.

240

§ 240. Wechsel zwiBchen w und j zeigt sich in gerjen = gerwen,

vgl. lattewerjen : gerjen Erlös. 3420. Über w für ^' § 180^ w fäT g § 181.

H.

§241. § ^41. Germanisches h ist 1) Hauchlaut (spiritus asper)^

in Interjectionen und daraus gemachten Worten. Ein milderer Hauchlaut (spiritus lenis) ist das prothetische h vor anlau- tendem Vocal, das sich noch in der mhd. Periode besonders bei alem. Schreibern findet, zb. häbenty hich, höstertac, hüa,. vgl. AGr. § 230. BGr. § 190. 2) ist h germanischer Ersatz der alten Gutturalaspirata Js^; es ist unverschiebbar,, obd. h steht also an derselben Stelle wie das gotische und nd. Die Zahl der mit diesem h anlautenden Worte ist sehr gross. Geschmälert ward sie, indem h aus den Verbindungen hl hn hr hw seit dem 9. Jh. schwand. Aphaeresis des h vor Vocal ist mhd. selten, AGr. § 231. BGr. § 191, am häufigsten noch in titularem unbetontem her, zb. er Sifrit Nib. A. 363, 1. er Hagene 836, 1. er Dietrich Laurin 75.

Inlautendes h hat dieselben zwei Bedeutungen wie da^ anlautende. Als Hauchlaut ist es ausser in den Interjections- Wörtern dort zu nehmen, wo es Hiatus decken soll, wie in Michahel, Raphahil. Gewöhnlich ist h auch hier der Ver- treter der Gutturalaspirata, wie schon die Vergleichung der verwanten Worte, welche k, g, ch enthalten, in den einzelnen Fällen erweisen kann. In nähe und den Zw. sehen und lihen steht h für hw, älteres hw.

über den grammatischen Wechsel von h und g § 221.

An langvocalischen Wurzeln vertritt h zuweilen das Suffix j, zb. drtshen friher muohen bluohen AGr. § 232. BGr. § 192.

Indem sich dem Hauchlaut ein gutturales Element ver- band, ward h zn ch % 233. Umgekehrt gieng ch iu h über. Sehr häufig findet sich solh und wdh, weniger häufig marhe^ ausnamsweise nur mdhen Ziethen gewaltedihen suohen, AGr. § 235. BGr. § 192.

Verschieden hiervon ist die gesetzmässige Sibilation (zu h) von ch, ebenso von k und g vor unmittelbar sufiBgirtem t.

241

die in einer älteren Periode geschah und allen germanischen §24U Sprachen angehört, zb. mäht pfliht gehuht, geloht mähte (mohte) brähte andäht, dahte rahte stahte strahte erwahte hliUe schrihte ruhte zukte dühie ruohte suohte worhte.

Dieses sibilirte h -{- t wird im Reime unbedenklich mit

altem h-\-t gebunden, muss also diesem gleich gelautet haben.

Man vergleiche

hedaht : naht Greg. 762. gGerh. 1816. Krone 4080. gemäht : naht Lanzel. 4790. Moie 1085. mähte : ahte Pantsd. 875. : sHahte trEr. 294. : mähte Gundach. 3711. erschraht : mäht Gudr. 59, 1. ersmahte : (ihte Iw. 3885. gesmahte : ahte Lanz. 3967. brähte : nähte Flore 5150. bUhte :mMe Milst. Gen. 14, 6. Flore 6338. :rthte Mai 92, 27. : genhte Iw. 3506. geschihte : gesihte Biter. 7803. druhte : ziihte Dietr. Fl. 902. verruhte : zuhte Mart. 181, 44.

Dass übrigens ein alter Lautunterschied zwischen ur- sprünglichem ht und dem durch Sibilation entstandenen ht bestanden haben muss^ ergibt sich daraus, dass in jenem das A, dessen flüchtigere Natur sich auch durch den alten Ausfall in hster und mist bekundet, durch benachbarte Lingualis leicht au%ehoben wird, während dies in dem andern nur selten

geschiebt. Keimbelege :

slaht : hat Lanz. 3901. : äbbcU 3863. bräht : stät wGast 3331. nihtnnü Heinz. J. 39, 5. Montf. 24, 117. :sit Lieds. 138, 100. Montf. 17, 18. Uht : dt wGast. 3247. nieht : diet Walth. 103, 33. Lanz. 5953. flieht : riet : liet MSB. 129. nieht : riet Lanz. 460. : schiet Wigam. 3626. sihst : bist Jüdel 365. behuot : verstwht wGast 1948. gesehuoht : guot Lanz. 5185. forht : ort Parz. 222, 26. unerforht : dort Ecke 120. forhte :porie Lobges. 33, 8. porten : forhten Parz. 182, 6. troesten : hoehaten Lampr. Fr. 2505. S. 708. höhsten : erlösten j. Tit. 1594, 1. .-trösten 275, 1. nähst : vast Otack. c. 441.

Ausfall des h sezte sich auch fest in forne, fume, Neben- form zu forhen Forelle. Im j. Titur. reimt fume auf turne 3402, 2. 4186, 2.

Zwischen Vocalen schwindet h weit leichter, zb. enpfäen versmäen gescheen verlien höer hüel, und so findet sich im Reim selbst verzien : gestoien Erec 1338. Daraus ergeben sich dann mit vocalischer Syncope die contrahirten Formen van enpfdn slän stäl Jen gesehen sen vlen Jen stet zien, AGr. § 234. BGr. § 194, die freilich md. gewöhnlicher sind.

Weinhold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 16

242

§ 241. In Zasammensetzungen bleibt h vom Anlaut des zweiten

Theils zuweilen weg, zb. Ertemüde, wäreü.

Über spätalemannische Reime zwischen ht (cht) : ft § 233.

§242. § 242. Auslautendes h ist Vertreter der Gruttaral-

aspirata; in sih sah Uh gieng hv (kv) dem h voraus. Über den Übergang auch des auslautenden h in die Gutturalfricativa und die Reimung dieses ch (= h) mit echtem ch (= altem k) § 234. Dass zuweilen h für echtes ch noch mhd. geschrieben wird (ahd. begegnet es oft), ist § 234 erwähnt worden.

Im Gegensatz zu dem Übergang in ch verhallte rein gebliebenes h leicht nach langem Vocal, sowie nach l und r, wie die Reime auf Worte mit rein vocalischem Ausgang am

deutlichsten zeigen.

: da aReinh. 1730. Wigam. 1087. na : da Iw. 964. Frauend. 51, 27. Ammenhus. 1219. geve : we Lanz. 879. fle : me Frauend. 144, 17. U:JcU Walth. 75, 32. :me Dietr. Fl. 6152. hie: hie Greg. 2453. enpfie : gie Wigal. 23, 23. gevie : lerne 16, 10. verme : gie 86, 10. schie :gie Lanz. 1649. ho : Lanz. 765. Neith. 63, 5. Engelh. 2594. : drö Krone 3750. 4568. :f)rd Erec 1431. Walth. 17, 37. 41, 15. 44, 6. Wigal. 87, 17. Krone 1422. 22947. Mai 18, 36. Lutwin 1857. : so Greg. 562. Walth. 66, 38. 117, 2. Lutwin 3673. 3821. 3835. : stro Walth. 76, 13. fro : ho : Krone 23716. 16 : Erec 2036. .• vro Walth. 76, 11. 80 : ro Walth. 76, 9. gezo : Lanzel. 4541. beval: zal Boner 98, 67. dur : tur 99, 32.

AGr. § 236. BGr. § 195. §243. § 243. Über das mitteldeutsche h ist folgendes

zu bemerken.

Gern tritt im Md. h vor vocalischen Anlaut^ namentlich vor e und t. Am ausgebildetsten und phonetisch sicher ge- schah es in dem Pronomen 3. Person her § 476. Ferner trat h sehr häufig vor das Präfix er- zb. hervaren (1248) Höfer I, 2. herkante HU. III, 1338. herclagit 1395. herfroys 875. herleubt herkennet herstorben I, 670. 687. 718. herlost hermorden Myst. I. 11, 17. 175, 6. herhörest Kath. sp. 168. in dem Alsfeld. Sp. nicht selten. Andre Belege des prothe- tischen h sind his Roth. 459. her den 1849. h^en 1180. herve Höfer II, 36. herbin HU. III, 1163. heyn heyme Höfer II, 37. heit (1257) Lac. II, 435. heischen (1388) III, 934. heischinge (1332) III, 261. Vgl. auch Rückert Entw. 166.

243

Seltener ist der Abfall (Apheeresis) des anlautenden echten § 243. h; er beschränkt sich auf unbetonte 8ilben : irweder Secund. 252. erabe grRud. 11,8. Köditz 29, 19. emidere 13, 26. emedere Kath. sp. 168. emäch vgl. Bech Germ. XXVII, 164. Rückert Entw. 166. Anm. Titulares her vor betonten Namen wird oft zu er, zb. livl. Kr. 7871. 8297. 8311. 10174. u. ö. Höfer n, 32. 74. 75. 171. Henneb. U. II, 77. Cd. Sax. IL 6, 47. 55. 67. u. 0. 8, 52. 79. Köditz 1, 15. 31, 3. 4. 51, 15. 52, 16. Über das schon im 15. Jh. nachweisbare titulare nominatiye em, kern vgl. Bech Germ. XXVII, 164. Ferner schwindet h zuweilen an fremden Worten : abit Jerosch. 9581. u. ö. umerale HU. II, 857. Auch nach dem Präfix ent schwand h: intalten (1287) Höfer II, 857. HU. II, 721.

Inlautendes h vergröberte sich auch md. in vulgärer Rede zu ch, § 236 ; andrerseits kommt, obschon selten, h fiir ch vor, zb. gerühit (1320) Höfer II, 73. In hahelcrüce (13. Jh. Mrh. U. II, 388) möchte ich nicht h für palatales g ansetzen, sondern h als diseretisches Zeichen nehmen.

Die Sibilation der Gutturalen vor t erhielt sich in alter Verbindung auch md. nach allgemeinem Gesetz. Reimbelege:

geiaht : naJU Alex. 2823. : mäht Wernh. 18, 27. : hrc^ mastr. Ostersp. 876. mäht: gesaht Wernh. 23, 2. 42,21. hedaht:naht Herb. 12660. Erlös. 2889. geraht : mäht Herb. 12971. hestaht : vaht 6776. gegtraht : mäht Filat. 580 (440). : naht Herb. 13400. gemacht : braht Ladw. Er. 2476. : gedaht Erolw. 553. : näht Ludw. Er. 5003. 7537. naht : gewaht Herb. 4630. bewacht : gedaht Ludw. Er. 2435. : naht Krolw. 596. mähte : Iahte Elis. 92. 3538. erwehten : lehten Elis. 1607. geachiht : ntht Elis. 2084. :pfliht Erlös. 2817. .-gesiht Elis. 3287. ^ mohte : drohte Herb. 8934. sohte : tohte HTrist. 5027. geruht :zukt Püat. 353 (177).

Die homogene Verschiebung ft zu ht ist im ripua* rischen Gebiete am häufigsten nachzuweisen, ausser diesem seltener. Da meist cht für ht der Aussprache gemäss gesezt ward, haben wir den Vorgang schon § 236 belegt.

§ 244. Inlautendes h, wenn es nicht zur Guttural- §244. fricativa überspringt, schwindet leicht.

Zwischen Vocalen geschieht der Ausfall sehr oft; dabei erfolgt nicht selten Vernichtung des zweiten Vocals verbunden

16*

244

§244. mit Dehnang de8 ersten, wenn er kurz war. Reimbelege können für den Umfang unß. die Tiefe des Vorgangs zeugen.

stal : gemäl Krolw. 1220. van : stän Pass. E. 170, 15. enpfän : hän Husen MF. 49, 23. : Idn 52, 38. vdnde : iraldnde Ath. A. 85. bevät : hat Ulr. v. Eschenb. Wh. 2850. vervät : Pfät MF. 49, 7. enpfdt : rät Pass. E. 131, 25. undervät : hat Pass. H. 209,48. gän : ha/n : bestän Krolw. 2460. erhan : stän Pass. H. 209, 66. sän : stän Pass. 29, 90. 102, 66. : toän MF. 45, 33. anesän : gän Friedb. Er. G. 2, 2. gesän : gän obd. F. 1 , 13. ersän : begän Pass. E. 97, 21. : verlän H. 216, 90. sas : was Alex. 4435. Orend. 1643. geschan : hän Jerosch. 13459. slän : getan Pass. H. 290, 63. :plän 209, 56. gegän : slän mfr. Leg. 146. erslän : sän Eath. Mart. 1233. : stän 20. : getan Pass. H. 43, 82. versmät : rät Pass. E. 129, 67. ; wät Jerosch. 18291. versmäte : rate Pass. E. 179, 91. versmäten : täten Alex. 854. versmäst : hast Pass. E. 179, 4. turnt : gidän Wemh. 6, 25. när : war Morungen MF. 123, 8. Earlm. 374, 2. gas : Satanäs Erolw. 3867. vemen : besen Ernst D. 3378. trene : seltsene Wemh. 57, 20. dretistet Erolw. 1480. gevet : slet : stet Veldeke MF. 65, 26. se : ge MF. 125, 18. : fle 132, 3. 5. : we 140, 38. gese : zerge 136, 84. vlen : sten Erolw. 1355. zwene : vlene Munre Hagen GA. LY, 134. flet : entstet Pass. H. 265, 90. vlete:Agnete Pass. E. 111, 67. bede : vede Pass. E. 189,44. den: Jen Ulr. y. Eschenb. Wh. 3906. gesehen : ergen Ebern. 621. Erolw. 1372. geschiet : diet MSH. 3, 101». stet : niet : verriet : geschiet Veldeke MF. 56, 3-9. 58, 4— 9. dien : abbatien Ebern. 486. : vrien MSH. 3, 168*». gedien : vrien Ulr. v. E. Wh. 3839. lie : drie MSH. 3, 100». Marie :verUe 94^ schrie :fme 102^ schriet : geartet : gevriet : gewiet 160*. tien.'blien En. 9927. : vrien 4000. :geometrieH 9410. vie : zie (Inf.) Renner 7205. zien : Uen (Pt.) Pass. E. 209, 24. ; in Wilh. v. Wend. 2117. : hin Jerosch. 8696. knien : zien Pass. H. 259, 16. : entflien 259, 76. entfiien : spien (Pt.) Pass. H. 79, 9. bezien : spien Pass. H. 74, 37. verlin : gebenedin Marienl. 4, 4. verein : min Husen MF. 53, 31. : Marin Hagen 277. kirchwi : si {sie, sihe) Ebern. 3361. reite (wihete) : nite Ebern. 1993. vorzit : zit Jerosch. 8656. gewU :gebenedit Marienl. 7, 3. :dU Erolw. 87. :mt Jerosch. 25879. :rU Ebern. 3371. :beschit 302. : sit Pass. H. 290, 91. :besit Pass. K. 244, 13. H. 327, 3. :zit Pass. E. 119, 15. tuon : schuon Hagen GA. LV, 246. geschuot : muot H. v. Freiberg Michelsb. 34. vlid : zvUt Pass. E. 222, 55. hör : kor Ebern. 717. 1954. : vor Jerosch. 22423. ; tor 11832. : /ScÄawipt^or Md. Ged. 93, 329. hoste :joste Mh.B,!!. .tröste Ath. F. 100. Eath. Mart. 2812. hosten : trösten Md. Ged. 92, 299. : getrösten Ebern. 1475. Über das Zw. Iwren (erhöhem) Nachweise aus Passional Jeroschin Hesler durch Bech Germ. "VH, 97.

Ebenso dem Md. eigen ist die Verschweigung des h vor t und 5, zuweilen* auch nach l und r. Einige Belege 1) ausser und 2) in dem Heim:

245

1) brat Henneb. ü. 11, 102. gdater Sei. Tr. 148». Erhretenstein § 244. (1160) Mrh. U. I, 681. knet Eoth. 3343. Hü; I, 747. 1142. reüich

flu. I, 747. eintreteg Mone Z. VI, 311. liet Amst. Ml. 1, 11. 2, 1. 3. thoter Koth. 3254. muten (mochten) 1287 Daan. Höfer I, 15. wasmut Hü. n, 559. w<i8zinsich Höfer I, 6. Lac. IH, 715. toinwas Henneb. U. n, 53. wasin Höfer H, 1. tcüs Elia. 126. tcüsen 898. jungefos HU. n, 560. fois I, 385.

2) niet : diet Orend. 2334. Herb. 2152. 3447. Ebern. 556. : liet Herb. 97. 1657. ; liep MF. 48, 13. Koth. 118. ; geniet Herb. 977. : riet Klat. 389 (213). Herb. 1884. : verriet Orendel 48. : schiet Pilat. 55. Herb. 675. 941. 1216. Ebern. 2397. : gesdet Floyris 329. : schriet Herb. 1461. ot : got Jerosch. 8863. : mot 10299. : spot Pass. K. 99, 14.

heoeln : heln Alex. 6853. En. 1521. 5950. ülr. v. Eachenb. Wh. 1785. .• queln Alex. 3705. : stein Pass. H. 69, 36. hevele : quele : stele Morungen MF. 142, 6. ; sele Ebern. 1704. : stele ülr. Wh. 434. bevoln : döln En. 4966. 6961. Hagen 2320. Kath. M. 382. : hole En. 3209. : verholn En. 1903. Marienl. 1, 17. Pass. H. 156, 2. :verstoln Kath. M. 371.

Berte : gerte Elia. 44. vorten : Berten Eoth. 4781. porte : varthe Wemh. 65, 29. worte : forte Annol. 598. Herb. 17451. Elis. 464. Erlös. 6372. antworte : forte Tnstr, 1S42. forten:porten Orend. SS77. Wemh. €5, 30. Hagen 2156. Elis. 44. : Worten Herb. 8244. Elis. 1219. unverfort : wort Elis. 3226. Worten : unervorten 3220. verwort : hört Wartburgkr. 127, 8. -- marn (equis) : warn Jerosch. 18369.

Über den grammatischen Wechsel von h und g § 224.

§ 245. In Zusammensetzungen wird h sowol am An- §245. laut des zweiten^ als am Auslaut des ersten Theils zuweilen gespart, zb.

ellentaft Ernst A. V, 54. wizzintapht Mtilh. E. 33. erapht 39. wdraftich Nordh. Weist. B. 2. wanafftich, lyffaftich Harff 2, 6. 3, 4. üzirtalp Mülh. E. 31. beidentalp 44. Gerart Lac. II, 542. Aleid 572. ^«7«*« Eud. 20, 18. hovischeit Ath. F. 19. menscheit Pass. K. 81, 15. gewissen Cd. Sax. II. 8, 18. tcoreide Höfer I, 2. paffeit boisseit Eepg. Cr. 21. 27. hüscheü Köditz G. 2, 5. trüender Höfer I, 6. Höslade (1080) Lac. I, 229. högezit End. 7, 7. högezydes Lac. IH, 180. hozit Leyser Pr. 87, 36. homüt 102, 3. hömeister Jerosch. 17142. höverdich Sei. Tr. 46^ tcinachten Cd. Sax. IL 6, 124.

Im Gegensatz hierzu begegnet Einschub von h 1) zwischen Vocalen zur Deckung des Hiatus

leihtm (d. sg. 13. Jh.) Mrh. ü. H, 379. zweihen Hü. I, 1122. zweyhinge (1263) Lac. H, 532. Fryhensehen Hü. I, 1143. geswihe I, 601. vysscherihe (1273) Lac. IH, 742. Michahel Hü. I, 942. Henneb. ü. I, 178. Rafahel Myst. L 208, 34. Beyhern Lac. HI, 644. Dagegen wird in folgenden Fällen h=sw stehn : siehe : flehe Eenner 2017. sehen

246

§ 245. : drehen 9595. iheiich Böhmer 519. frohen Alex. 2082. Elis. 7757. bescöhetis Soth. 835. muhen Alsfeld. Sp. 731.

2) als diacrltisches Zeichen zwischen zerdehnt gesprochenen

Diphthongen und zerdehnten Längen (wirklichen Längen oder

gedehnten Kürzen) seit 14. Jh. nachweislich:

zwehin (1320) Höfer U, 73. mehe Köditz G. 14, 20. mehir Nordh. Weist. B. 25. Cd. Sax. U. 6, 40. 105. 8, 121. ehir Köditz g. 30, 3. gehen (1367) HU. HI, 1880. gOiin Köditz Gg. 20, 29, 28, 29. 73, 12. gegehen Cd. Sax. H. 8, 78. aUhin (1461) Nordh. Weist. B. 25. vorstehen (1880) Cd. Sax. H. 8, 50. 1389. Cd. Sax. ü. 6, 48. stehet Brieger ürk. v. 1896. Cd. Sü. IX, 253. stehit (1414) Cd. Sax. n. 6, 78. (1444) Cd. Sax. TL 8, 173. Vorsteher Cd. Sax. U. 6, 60 (1401). gehen [gen = gegen) 1313. Hü. H, 741. Cd. Sax. n. 6, 113. kehel (gula) Köditz G. 95, 19. wehere Cd. Sax. II. 6, 108 (Währung). - lantwehere (1357) Cd. Sax. n. 2, 1. gehener (ille) 1408. Cd. Sax. H. 6, 66. seher (M. Sax. n. 6, 113. lihen (lin, ligen) £li8. 861. - fryhe CJd. Sax. H. 6, 63. fyher Cd. Sax. n. 9, 127. mohel (mola) 1487. Cd. Sax. H. 8, 139. lahem (lam) Köditz G. 79, 21. jähir CJd. Sax. n. 6, 90. smahel ebd. H. 6, 118. tÜhem (Dom) 1365. Cd. Sax. n. 2, 65. tuohen (faoere) Henneb. U. n, 128. nuhen (novem) HU. I, 1154. fifher Cd. Sax. H. 8, 845. nrnher H. 6, 59.

Als Dehnnngs- oder Längenzeichen ist h ziemlich

früh in md. Schriften nachzuweisen ; in Affixen kommt es vor

ohne jede Bedeutung.

gerahten Hü. I, 607. giht (git) Mrh. U. H, 388. gescheiht (1263) Lac. n, 532. aller wehgdich (1262) Lac. H, 517. wehse (pratam) Cd. Sax. n. 8, 189. sciMt Both. 998. scohne 112. hühdin Annol. 288. tüht lieyser Pr. 32, 41. geredeht (1371) Hü. I, 669.

§246. § 246. Auslautendes md. h ist in der B.egel echtes K

Statt ch wird es in unserer Periode md. selten gebraucht, nur

im Strassburger Alexander öfter, zb. mih stah sprah 22. 1722.

1723. 1938; ebendaselbst auch fär ch = c(g), auch im Reim

zb. tah : gimah 5936. mehtich : creftich 54. durh : burh 2071.

Vgl. ferner gevohltche Roth. 1765. virceh Höfer I, 2.

h schwindet md. nicht selten im Auslaut nach langen

Vocalen und nach l und r; in den nördlichen Dialecten de»

Gebietes ist der Abfall Regel, Tgl. Braune bei Zacher Z. iy,281.

Busch ebd. X, 319. Eine Auswahl Ton Reimbelegen:

gevd : Pdtixenä Herb. 11263. gd : da livl. Er. 8620. : Elend Herb. 2401. : Fentesüed 14861. nd : hrd Md. Ged. 85, 50. : da En. 123. 5655. Herb. 17962. Ebern. 2029. Yäterb. 2700. : Andrid Alex. 2466. : aromatd

247

En. 8247. : Magdalena Pass. H. 390, 85. : Indiä Ernst D. 2928. § 246. :Meded Herb. 566. :jä MF. 137, 26. :€npfä Ebern. 1913. :8ä Pass. a 390, ö. : stä Alex. 4772. : verstä Pass. H. 372, 62. : swd MF. 51, 32. .wo En. 10282. :zwd Herb. 3880. geve : ge MF. 52, 19. :me Hagen 4876. : Spalante En. 5854. ; we Ernst I, 24. fle : e HTrist. 5944. Jerosch. 17290. ; we Frauenl. Spr. 289, 19. spe : me Md. Ged. 84, 4. virze : me Wemh. 1, 20. :me MF. 65, 9. : we Marienl. 17, 30. vie (pecus) : hie Pass. H. 54, 15. :Ue Pass. K. 161, 43. vie : sie ' Ernst D. 2925. Ludw. Kr. 1052. 2936. 6244. : Wie Ludw. Kr. 1004. 6392. :de (inf.) Renner 7205. flie : hie MSH. 3, 96*». Hagen 4707. :gie Pass. K. 247, 87. hie : zie (duco) ; gk (profiteor) Krolw. 1837. rUderzie : hie Pass. K. 140,4. fld:frd Herb. 2046. : so Hagen 4906. hö.dö Elis. 1307. Erlös. 4031. Ebern. 1432. Jerosch. 10420. livl. Kr. 5747. :frö En. 594. Elis. 3783. MSH. 2, 24». Pass. H. 391, 25. livl. Kr. 6318. : Paynö PUat. 293. : so MF. 63, 6. En. 967. Püat. 42. Herb. 9774. Erlös. 1772. Ebern. 75. Krolw. 4725. MSH. 3, b\ Frauenl. Spr. 238, 4. ho : fro : so Meningen MF. 122, 12. frö :hd:dd : so MF. 132, 28. 133, 22. : angdö nrh. Tundal. 126. :dd Jerosch. 17370. :fr6 Morant 78. ; Kimenow Jerosch. 16778. : so Herb. 17781. : dru Junk. a. Heinr. 486. schü : du Erlös. 3925. : EHs. 3745. : tu Uhr. Wüh. 447. ; zu Herb. 14420. Elis. 8288. hantschü : zu Tristr. 4638. -> heoal : al Elis. 1183. Kath. Mart. 550. : sal Wemh. 66, 27. Elis. 4028. Junk. u. Heinr. 2106. : scal Wemh. 12, 24. hevü : zil Ulr. Wüh. 4850. twer : ger Jerosch. 16650. for : Clinsor Elis. 202. dur : vur Hagen 3605.

Zweiter Haupttheil.

Die Wortlehre.

Erstes Buch. Bildung der Worte.

§247. § 247. Als Kern und Keim der Worte hat die gram-

matische Forschung einsilhige Lautverbindungen oder selbst einzelne Yocale aufgestellt, welche den Namen Wurzeln empfingen. So weit dieselben wirklich waren, sind sie als Worte einer sehr alten Sprachperiode anzunehmen, welche die Flexion noch nicht kannte. Ein guter Theil der angesezten Wurzeln erscheint aber nur als Abstractionen der Gramma- tiker, die von ihnen zur Veranschaulichung der Wortbildung aufgestellt sind.

Unter den Wurzeln schied Bopp zwei Klassen: Verbal- wurzeln, aus denen die Verba und Nomina entstunden, und Fronominalwurzeln, von denen die Pronomina und pronomi- nalen Form Wörter abstammen. Die Verbal wurzeln sind von M. Müller prädicative, die Pronominalwurzeln demonstrative, von andern wieder anders genannt worden. Doch ist die Zweitheiligkeit der Wurzeln überhaupt angefochten und der Ursprung der Pronomina selbst in verbalen Wurzeln gesucht

worden.

B. Delbrück Einleitung in das Sprachstudium. Leipzig 1880. Seit« 73—84.

Aus den Wurzeln giengen zunächst Wortstämme her- vor. Dies konnte geschehen a) durch Reduplication, b) durch Steigerung oder Schwächung des Wurzelvocals, c) durch Ver. änderung der Gonsonanten: am Anlaut durch Zusatz, Abfall oder Umstellung, im Inlaut durch Nasalirung oder Umstellung, am Auslaut durch Verschiebung, d) durch Anfügung eines vocalischen oder consonantischen Suffixes.

249

Der Antritt eines Suffixes verbindet sich häufig mit einer § 247. der übrigen Arten der Wurzelveränderung. Auch kann an das Suffix noch ein zweites oder drittes antreten (secundäre Sttffixbildung)

Durch Anfügung der grammatischen Formen (Flexionen) an die Stämme erwachsen die Worte.

1. SufOxlose Stammbildung.

§ 248. Meines Erachtens liegt es ausser den Grenzen §248. der mittelhochdeutschen Grammatik, hier die deutsche Stamm- iHldnng näher zu behandeln, selbst wenn dieselbe schon sicherer festgestellt wäre, als zur Zeit der Fall ist. Ich begnüge mich daher mit der Hinweisung auf die einzelnen Erscheinungsarten.

Die Eeduplication der Wurzel hat in dem germa- nischen Verbum Verwendung gefunden, ist aber geschichtlich nachweisbar nur in dem Perfect einer Zahl alter langsilbiger abgeleiteter Zeitwarte, in den sogenannt reduplicirenden, § 356. Die E;edupli<3ationssilbe ist nur im Gotischen klar erkennbar.

In der Nominalbildung fand die Keduplication nur be- schränkte Verwendung : sie machte den Begriff intensiver, so in ßfcdter (papilio), wiwint (turbo), in welchen Worten die Hochtonigkeit der reduplicirten Silbe zur vocalischen Dehnung fahrte. Ausserdem ist wol nur gucJcuk (Zw. guckuken Renner 5862) anzuführen.

§ 249. Steigerung und Schwächung des W^urzelvocals §249. dient in ausgedehnter Weise zur Bildung von Stämmen. Die Ablautformeln u e(i) a ä, a 6 Hai u iu au dienen nicht bloss, die thematischen Formen der grösten Zahl der starken Zeitworte zu scheiden, sondern auch zu der Stamm- bildnng einer grossen Zahl abgeleiteter (schwacher) Verba. Sie differenziren femer viele Nominalstämme.

W. gab: Zeitformen gibe gap gäben; Nominalbildungen: Subst. gebe gäbe, gif-t Adj. gibe gäbe, W. band: Ztf. binde bant bunden; Nominalbildungen Subst. bint bunt, binde, bant, Adj. bunt. W. far: Ztf. far fuor, fueren; Nominalbildungen Subst. far n. f. fair(ej schw. m. ferje schw. m. fart f. ferte.fertec Adj. geferte n. schw. m. fiwre f. gefüere

250

§249. Adj. W. snid: Ztf. sfdde sneit 8mten, sneiten, sniteen; Nominal- bildungen snit m. snite f. sniz m. smde. sneite f. Secondäre Bildung^ snücsre snitzare, meitec. W. fltU: Ztf. fliuze floz fiueeefi, floezen; Nominalbildangen fluz m. flozze f. fliez m. n. flieze f. floz n. Secun- däres Adj. flüzzec.

Ein Verzeichnis der german. ablautenden Zw. mit dazu

gehörigen Nominalbildangen hatte J. Grimm Gr. II, 8 63

aufgestellt, auf das, trotzdem darin vieles hinfallig ward, noch

verwiesen werden muss.

§250. § 250. Veränderung des Wurzelconsonanten

zum Zweck der Stanmibildung geschieht im Deutschen am Anlaut nicht häufig. Abfall von s vor folgendem Conso- nanten vollzieht das Germ, nicht oft; Belege dafür geben aber nuere (märi : W. smar J. Schmidt Vocalismus U, 284), Valien : W. spät, vis-t : W. spds, vrech : W. sparg, denen danen doner : W. stan. Verstärkung des consonan tischen An- lauts zeigt Strom : W. sru. Ferner ergeben sich Anlaut- änderungen durch Metathesis innerer Liquida. So gehört ruojen ruoder zu W. ar, lüqjen (hluojan) zu W. kal, rinnen zu W. rn am, recken zu W. arg, brüejen zu W. bhur,^ glat gluot grüene zu W. ghar, kreejen zu W. gar, kraß zu W. garbh, knode zu W. gandh.

Im Inlaut brachte die eben erwähnte Versetzung der Liquida Veränderungen ; ausserdem ist der Nasal hier wichtig. Derselbe trat entweder aus dem Präsensstamm in die übrigen Zeitformen, oder die nasallosen Formen wirkten auf seine Unterdrückung auch im Präsens. Ersteres geschah zb. in binden trinken, zweites in stechen.

Schwand der Nasal, so ward der vorangehnde Vocal in der Regel gedehnt Dadurch entstunden eine Menge von langen l, und Übertritte aus der a-B,eihe in die t-E.eihe der ablautenden Zw. waren die Folge. (Joh. Schmidt Vocalismoa I, 47-67.)

§251. § 251. Die Veränderung des consonan tischen

Wurzelauslauts durch Verschiebung dient vielfach zur Begriffveränderung. Namentlich werden dadurch in den Zeit- worten eine Menge intensiver Neubildungen gefordert. In den

251

Yolksmundarten ist je länger je mehr diese Intensivbildnng §25ll sehr beliebt worden.

Beispiele aus dem Mhd. für die Auslautverschiebung :

Jcncibe knappe, reiben rappen ; vcUten valzen, vant vam; schaffen schepfen; weben toebbe weppe wappeln; trecken trecken,

grifen gripfen, sUfen alipfen; smiden smitte smüzen »nx%en; mtden sneiten snitzen; Uichen blicken, nigen nicken.

kliehen klopfen md. kloppen, triefen tropfen, schieben schu:; schätze, apriezen sprützen, fliegen flücke, smiegen smticken, biegen bück bühd, ziehen zogen zucken, tüchen tucken, höh houg.

2. Stammbildnng durch SufQxe.

§ 252. Der gröste Theil der deutschen Stämme wird §252. durch Suffixe gebildet, d. i. durch an die Wurzel antretende Bestimmungselemente, welche Lautkörperchen von pronomi- Baler Herkunft sind, in denen sich wol Stämme aber keine Worte erkennen lassen. Die Stammbildung durch Suffixe ist daher keine Wortcomposition, wenn auch eine Composition.

Der durch SufSx gebildete Stamm kann zugleich eine der im vorigen Abschnitt bezeichneten Veränderungen erfahren haben. Es kann femer an den durch ein Suffix gebildeten primären Stamm ein zweites SufSx und selbst noch ein drittes treten. Es entstehn dann secundäre Stämme.

Wurzel mag, primärer Stamm tnah-t, secundärer Stamm mah-t'ic. toac, w'eh-8, ,, weh-s-el,

pak, fingier, fing-er-l-inc.

A. Verbale Stasvnbildong duroh Suffix. § 253. Fast sämtliche starke Yerba setzen an die §25S. Wurzel das Sufßx a, welches scheinbar als Bindevocal fiir die Flexionen dient Ausgenommen sind die § 254 ange- führten starken Yerba, femer die Präsentia bin gän stän tuen. Vgl. Bopp Vergleichende Grammatik § 109', 1.

§ 254. Einige alte Verba hatten das SufBx ja im Prä- § 254. Bens, im Perfect gaben sie es auf. Die meisten von ihnen haben als Präse'nsvocal o, im Perfect 6 (uo). Im Mhd. behielten sehr wenige derselben das j; einige haben noch die Wirkung desselben, den Umlaut e, § 351. Die übrigen schwächten

252

§ 254. den Präsensvocal zu i und traten in die ablautende A-Glasse ein: got. bidjan sitan ligan mhd. bitten sitzen ligen.

Ursprünglich gehörten auch die Zw. säjan wäjan (mhd. stejen weejen) zu dieser Gruppe. Indessen traten sie, nachdem die Suffixe Ja und aja vermischt wurden, zu der 1. schw. Conjug. über ; ihnen folgten drcejen bajen ncejen flcejen. In dröuwen vröuwen ströuwen war j ebenfalls das ursprüngliche Suffix, tauschte aber durch Einiluss des Wurzelvocals mit w.

% 265. § 255. Das Suffix aja bildete aus Verbal- und Nominal-

stämmen, primären und secundären, eine grosse Zahl jüngerer Zeitworte, die sich im Lauf der Zeit nach Analogie der älteren noch vermehrten: die schwachen Terba, wie J.Grimm sie genannt hat. Jenes Suffix naro irä Germanischen dreifache Gestalt an : i, o, ai (e), Bopp vergl. Gr. § 109*, 6. Mhd. sind die drei Vocale zu e geschwächt, und nur geringe Heste von i und 6 vorhanden § 381. fi". Die schwachen Zw. bezeichnen überwiegend das hervorbringen einer Eigenschaft oder Thätig- keit, ferner das versehen mit einer Eigenschafk, das beschäfbigt- sein mit einer Thätigkeit, endlich das sein mit oder in einer Thätigkeit oder Eigenschaft.

In der 1. schw. Conjugationsklasse (Suffix i, j) über- wiegen die Bildiingen aus Adjectivstämmen, die Bedeutung ist meist fäctitiv: das hervorbringen der Eigenschaft am Object wird bezeichnet. Auch Bildungen aus Substantivstämmen sind häufig ; sie bezeichnen das hervorbringen des Inhalts des Substantivs. Die Yerbalstämme, aus denen Verba 1. schw. Gl. abgeleitet werden, haben intransitive Bedeutung und zeigen die Form des Sg. Perf. zb. zamjan lagjan fuorjan beüjan sceinjan stoubjan flözjan.

Die Zeitworte 2. schw. Cl. aus Adjectivstämmen lassen sich in der Bedeutung von denen der 1. Cl. kaum untere scheiden. Mehrsilbige secundäre Adjectivstämme haben ent- schiedene Neigung zu der Suffixform o, und dasselbe ergibt sich für die secundären Substantivstämme.

Die Neubildungen 2. Cl. aus Yerbalstämmen verstärken den Begriff des primären st. Zw. So verhält sich hlaufan

253

zu hlaufan, tribon 2u trtban, korön zu kiosan, dözon zu §255- äiosan, fantön zu fintan als Intensivbildung.

Die Zw. schw. 3. Cl., meist aus Adjectivstämmen ge- bildet, bedeuten gewöhnlich ein sein oder werden. Bildungen aus Verbalstämmen sind hier ebenfalls vorhanden ; sie wenden den Begriff des st. Zw. in das intransitive oder mediale, vgl. hangen darbin stechen bogen,

Tb. Jacobi Die Bedeutung der schwachen Conjugationen, in seinen Beiträgen zur deutschen Grammatik. Berlin 1843. S. 131—196.

§ 256. Die Stämme, an welche das karacteristische Suffix § 256. der schw. Conj. antritt, sind häufig secundäre Stämme. Wir finden an ihnen die Suffixe -m -l -r -n -^ -s.

Die Beispiele, welche hier folgen i), wollen nicht erschö- ' pfend sein, aber die Bildungen möglichst genügend belegen.

Suffix -m-, iterative Bedeutung: lusemen, bidemen (= bibemen).

Suffix 'l'y intensive und iterative Bedeutung (ahd. -t7öw, 'iljan) :

heteln hlinzdn hraatdn bregeln duzein vündeln gikdn grüebdn hingein hirzeln hördeln keimein kipeln koppeln krisßln mischein niseln öugdn rammeln rumein rumpeln schübeln schüteln siffeln spratzeHn sprinzdn stameln striffeln sungdn siveibeln toetdn trampdn triffein trutschdn hetumbeln tütdn wehdn wegdn wiegeln winteln wispeln zahdn zartein zioirhdn.

Suffix -r-, intensive Bedeutung:

hriustern blödem glinstern glunkern klunzern knustern kutern lendern pumpern ddfern slenkern slotern smetern snatem snüdtrn temern Verwaltern wdkern zmnzern zwispern Zwittern zwitzern.

Die den französ. Zw. in -ier nachgebildeten Zw. in -i^en, theils Lehnworte (von Infinitiven in -ier, -ir, -er) theils Ana- logiebildungen, die seit dem 12. Jh. aufkommen und von den höfischen Epikern stark gebraucht werden, mögen an dieser Stelle erwähnt werden. Ein Verzeichnis gab J. Grimm im Anhang zu seiner Abhandlung über das pedantische (Kleine Schriften I, 354—363); wir führen hier nur eine Auswahl an:

a) Lehnworte : aMieren halzieren hehurdieren disputieren faüieren feitieren florieren furrieren hardieren conduwieren cunrieren kroßeren

1) Es versteht sich, dass Ableitungen von Nominalstämmen mit den betreffenden Suffixen hier ausgeschlossen blieben.

254

§ 266. leischieren vemcjieren parlieren parHeren punieren schumphieren sambelieren tjostieren trufieren furnieren,

b) Analogiebildungen: denzieren dütieren gknzieren halbieren hantieren hofieren pflanzieren sameHieren schenkelieren sprenzdieren stolzieren swanzieren wcHkieren wanddieren wedelieren zwitzieren.

Suffix -n- erscheint nur selten, obschon Ableitungen

von Nominalstämmen auf -n häufig sind. Selbständige Verbal-

bildungen mit diesem Suffix sind

verdamnen dienen lernen rechnen warnen, ferner die Intensiva und Iterativa bibenen Tdagenen glihsenen ndhenen rthsenen wintenen.

Suffix 'Z' bildet Intensiva und Iterativa im Ahd. und in den obd. Mundarten zahlreicher, als in den mhd. Schriften nachweisbar ist. Mhd. Beispiele sind

duzen gdzen heizen schdzen smelzen wetzen ergremzen premzen blinzen Münzen lunzen zmnzen irzen storzen blebzen nafzen gagzen gegzen blekzen tokzen wakzen ächzen pfuehzen schiu(h)zen wuchzen blinkezen bockezen flogezen flockezen grogezen heschizen himelizen kachezen rukezen smackizen wiphizen,

Suffixfolge -l + iZ' : weterlitzen ; -n -|- ät- ; snarrenzen.

Suffix 'S' bildet Intensiva und Iterativa. Über die

Häufigkeit gilt dasselbe wie bei -z. Belege:

brünsen veüsen gelsen geüsen glimsen heiUen hersen gelihsen phehaen rehsen rensen trühsen, gttesen richesen riuwesen (riusen) ruomesen gewaltesen,

B. Nominale Stammbildung durch Soffiz. Yocalisehe Slftmme.

§257. § 257. Eine grosse Zahl von Nominalstämmen wird durch

Antritt des Determinativelementes a gebildet. Die Substantiva sind der Bedeutung nach theils Nomina agentis theils Nomina actionis. Die Masculina und Neutra der A-Declination sowie die meisten Adjectiva (im männl. und neutr. Geschlecht) sind Stammbildungen in -a; die Feminina bilden ihren Stamm durch Suffix -a.

Die Suffixe a und ä treten nicht bloss an Wurzeln, son- dern auch an Stämme; es gibt also primäre und secundäre Nomina in a und ä.

Diese Nomina in -a werden einmal begleitet von ver- wanten Bildungen in -ja § 446. 451, andrerseits erweitem sie sich gern durch Antritt eines secundären -n 273). Am

255

durchgreifendsten geschieht dies bei den Adjectiven, indem §257. jedes Adjectiv in -a oder -ja die Nebenform in -an oder -jan annehmen kann, § 456.

In der mhd. Periode ist der Übertritt auch der Sub- stantiva ans der starken in die schwache Declination häufig, der auf jene Neigung zurückgeht, § 459. 461. 463.

§ 258. Seltener als durch a werden Nominalstämme §258. durch Antritt von i oder u gebildet. Aus der geschichtlichen Zeit können wir nur substantivische t- und t<-Stämme nach- weisen: die I- Stämme geben nur männliche oder weibliche Snbstantiva, die Ü-Stämme fast nur männliche, das Femininum und Neutrum kam bei ihnen früh zum absterben. Eine Ver- längerung des Femininsuffix geschah hier nicht, es erscheint also kein i und u {iu) neben % und ti.

In der mhd. Zeit ist weder a ä noch % u ungetrübt erhalten, sondern überall irrationales e der Themavocal. Die Auflösung der alten Verhältnisse hatte früh durch ITbertritte aus der einen in die andere Klasse begonnen, die schliesslich zur Vernichtung der Ü-Elasse und zu Vermengungen der A- und I-Klasse führten, § 446. ff.

§ 259. Undeutsch sind die wegen ihrer Verbreitung im § 259. Mhd. zu erwähnenden Substantivbildungen in -1^, welche seit dem 12. Jh. durch französischen Einfluss sich einbüirgem und zu einer Menge Analogiebildungen fuhren.

Lehnworte sind zb. amie banekie vesperte vüanie goMe mcUie massenie partie probtide prophede, Analogiebildungen appetie pabeatie vogtie vürstie Jcamene (sogar mit persönlicher Bedeiitang Kammerfrau ; Tgl. das nhd. Frauenzimmer) ribaldte, femer areeme buobenie lächenie samenie bucberie dörperie vcUscherie vischerie vrezzerie heiterte jegerte ketzerte luoderie rouberie tenterie waMerie zegerie. Besonders zahlreich werden diese Feminina im 14. '15. Jh. in den kölnischen Schriften.

Abgeleitete Zw. in -ien, wie henedien, merzten, später mdledieny verketzerten büi*gerten sich weniger ein.

Substantiva in -eie begegnen selten: abbateie appiteie, gcdreie, vogteie, Jcöufeleie (Renner 4732).

256

Oonsonantische Stämme. Labiale Suffixe.

§ 260. § 260. Um die consonantischen Suffixe au primären

Stämmen völlig festzustellen, wird noch von den Linguisten sicherer gearbeitet werden müssen als bisher. Auch in den folgenden Beispielen ist vielleicht, soweit es sich um primäre Bildungen handelt, nicht alles gleich sicher.

Labiale Suffixe sind mit Ausname von w- und m- nicht stark verwant.

Suffix 'Ih wird anzusetzen sein in weben schieben, ferner in halbe, selbe, gewelbe, in jsimber, derbe, scharbe scherbe.

Suffix jp ist nur etwa im Md. durch festhalten älterer Consonantenstufe nachweislich, so in gdlpen; hochd. ist es *^ Pfj f verschoben. Wir dürfen es ansetzen in gelpf gelf, streife schuf, scarpf. §261. § 261. Das Suffix w- (indogerm. va, van) ist zum

grossen Theil im Mhd. der vocalischen Auflösung erlegen, tritt aber noch in flectirten und mit secundärem Suffix er- weiterten Formen kenntlich hervor. Es gehören hierher

Subst. Masc. st. JcU le se sne, Msc. schw. spar, grüwe. Neutr. re bU hü, md smer (smirwe) hör (hurtoin) sar (geserwe) ; gehüwe. Fem. hra {Jbräwe) Md (kläwe) selp (mivala ahd. seula). Voll erhalten ist das Suffix, durch vorausgehndes Stamm -a geschüzt, in den st. und schw. erscheinenden Femin. senewe sene, hdwe hidwe svHÜwe narwe varwe toitewe,

Adject. triuwe niuwe, blä grd frö sie, käl väl sal gel schel, gar var mar mürwe, zese hese.

In dem Masc. schate (got. skadtis) ist an Stelle des Suffix u daa Suffix wa getreten : ahd. scato Dat. scatewe Acc. pl. scetiwi, mhd. schate schatewe (schw. Zw. schatetven schetewen Adj. schatewic). Ähnlich ward rite (febris) nach dem schw. Yb. ridewen zu schliessen behandelt. §262. § 262. Suffix -W-

Masc. -ma: houm somn schüm tiwm, galm hälm twaHm undm heim melm, hai*m härm varm swarm schirm mwrm (Heinr. v. Neustadt Apollon. 3171. 4927) stürm wurm, Masc. -man: säme Mtne scMme gome guome, schelme.

Neutr. -ma: heim, Adj. -ma: tvarm.

Fem in. -md: goume,

Masc. -ama: bodem buosem eidem Masc. -am an: beseme deiseme glideme roseme mdewe, Adj. -ama: zesem, tuosem.

257

Suffix -m an bereits suffigirtem Stamm: §262.

-dama: Msc. brääem hlädem krädem, vadem ludern. Adj. tödem. 'tuma: Msc. dtum, -saman: Masc. hrohseme, -arama: Adj. heisram, ^

Linguale Suffixe.

§ 263. Suffix -d- (germ. ä p) tritt an vocalische und §263. liquide Wurzeln unmittelbar, im übrigen fugt es sich voca- lischem Stamm (in a, ja : i) reichlich an. Ahd. war die Zahl dieser Bildungen noch grösser als mhd.

Masc. -da: tot, hdt munt braut. Neutr. ^da: mät, kint rint. Neutr. 'dja: Mde, gehlüede.

Fe min. -da: erde, -djä: bürde, -dän: büde.

Adj e ct. 'da: balt. Adj. dja: wilde linde swinde.

Zw. -dj: bliioden blühen S. Paul. Pr. 44, 16. frcBvden Fundgr. I. 72, 5.

Msc. -adan: ande (ahd. anado). Neutr. -adja: büde. Adj. -adja: fremde (ahd. framadi).

Fem. -adi: maget.

Zahlreich sind die Subst. in id-; es sind zum grösten Theil Bildungen aus schwachen Verbalstämmen 1. Cl., deren i also auf aja zurückgeht. Am häufigsten sind die Feminina^ welche ebenso wie der eine Theil der Neutra, abstracte Be- deutung haben.

Masc. 'idan: juckedewiülede. Neutr. -ida: houbet. Neutr. -idja: hemde; götide jungede stierede (aries. Ijeyser Pr. 62, 11). Mit Präfix ge a) Abstracta : gejegede {gejeide) gelübde genudde ge- mechede gescheffede gesetzede getregede (getreide) gevarde gewizzede gewonede (Lac. n, 435). b) CoUectiva (zuweüen in persönliche Ver- einzelung überspringend) : plüuogide Par Pfiugochsen geveterde (per- sonl.) gemachede (Gemahl) geschühede (geschüde Pass.) gestülde ge- swisterde ungewetterde. Im bair. Dialect begegnen Collectiva mit ver- längertem Suffixvocal 'idja (später eit): diehteride (nepotes) gevetride gemecUde gestdsteride BGr. § 207. In vingeride (Neith. 42, 13. 60, 28) hat das Suffix deminutive Bedeutung, vingeride = mngerin vingerlin, Feminina ida: gebcerde erbermde gebürde diibede (Böhmer 567. äüvede köln. Sachsp. 11. 13, 3) dunnede effede ermde etvede gevcerde (jevehde gefengede bevüde froeude gefroerde frumede fullede gahede gerde girde begrebde gremde grozede gehebede geheimde verhengede missehegede hitzede hoehede hoende gehoerde gehügde klegede klemde krumde kurzede kuolde lemde lengede liefde (Lac. III, 266. 582) ver- manede gemeinde gemerkede mogede (Hü. I, 593) benemede genennede Weinhold, mlttelhochd. Gramm. 2. Aufl. 17

258

§263. nerde genüegede pinde gerüerde gesalhede gescheffede (geschepfede) schemde geschickede schoende heschöude aneschouwede gesegede serde gesippede siuchede (süchede) versmahde gesteUede sterkede sürde he- swarde urteüde tiurde (türde) getrebede betrüebede trurde uobede gewcmde bew€ßrde geweJisede welede gewerde wermde toitzede gewizzede gewonde zierde gezierde.

Zu der Bildung durch german. Suffix -ipa vgl. v. Bahder Die Verbalabs tracta S. 156. ff.

Mit dem Suffixvocal der 2. schw. Conj. begegnen eben- falls Nominalbildungen durch -d-:

Masc. '6 da: bannot biböt brdchöt mdnöt suftöt wizzöt. Nament- lich alemann, sind diese Masc. beliebt, AGr. § 249. Neutr. -öda: wizzöt, Neutr. ödja: ebenöde einoede heimöde kleinoede wisoede, Fem. 'ödin: mittelöde.

Durch das Suffix -da (got. ßa, urspr. ta) wurden die Participia Perf. Pass. der schw. Zw. gebildet, deren Suffix im Ahd. noch nach dem Classenkaracter als i-da, ö-da, e-da anzusetzen ist.

Es ist endlich das zusammengesezte Suffix -nd- anzu- führen :

in dem M sc. -nda: arant; Neutr. -ndja: erindeernde; Fem. -ndi : jugent mugent tugent ; Z a h 1 w. -u nc^^ a : tüsent. Femer in dem Partie. Präs. der st. und schw. Zw.

Dagegen sind anders zu beurteilen die Masc. in -aldei -oldei : guggaldei kot^soldei, zwei persönliche Nomina, und die drei Tanznamen hoppdldei troialdei wänaldei. Zu Grunde liegen hier die Personennamen auf olt (= walt)y so dass also in jenen Worten Wortcomposition mit Anfügung eines vocalischen sonst nicht auftretenden Suffixes vorliegt.

In den Ortsadverbien ennent, mittent, nahent, vernent, sament ist möglicherweise das alte Localsuffix da (gr. ^a) mit vorgeschobenem Nasal erhalten, das sich ohne Nasal in samet samt zeigt.

§264. § 264. Suffix 't' ist im Mhd. entweder unverschobenes

oder aus d verschobenes t,

1. Unverschobenes t besteht a) in Stämmen auf /'s A in unmittelbarer Anlehnung an den Auslautconsonanten, ferner b) in der euphonischen Verbindung ft st.

259

a) S t a m m a u 8 1 a u t f: M s c. -ta: haß scaft stifl wiß louft § 264. ruoft wuoft ramft werft gewer ft. Masc. -tan: nefte. Fem. -ti:

graft klaft kraft gift grift schrift stift trift guft gruft kluft dürft. Adj. -ta: haft keift, -tja: awifte samfte,

b) Stammaaslaut s: Masc. -ta: bläst glast frost geist jest last list. -ti: gast dunst runst Fem. -ti: mast vreist leist genist wist kust verliist wahst. Neutr. -ta: nest, Adj. -tja: veste toüeste,

ünverschobenes t besteht auch in der Suffixverbindung st,

^e hinter vocalischer Wurzel und hinter vocalischem Suffix

Stämme bildet:

'Sta: Msc. dräst. Adj. -star: Mster.

'Sti: Fem. hliwst.

'ista: Msc. hengist herbist.

'Usti: Msc. dienest emest. Fem. angest.

-eistä: Fem. ganeiste.

c) Stammaaslaut h: Masc. -ta: braht späht kneht speht pfnuht. Fem. -tä: wahte. -ti: mäht naht slaht gewäht daht eht giht pfliht geschiht gesiht gehuht genuht fluht zuht. Neutr. -ta: bäht lieht. 'tja: gegihte gewürhte, Adj. -ta: reht sieht berht geslaht. -tja: dihte.

Unverschoben ist t auch in dem häufigen qualitativen Adjeetivsuffix ahtja (mhd. eht, ohte, obd. mit Ausstoss des

h oft et ot). Beispiele:

einzeht eckeht fleckeht gibeUht glatzeht hovereht hogereht kropfeht

leimeht murreht narr, schar, steck, strif. sttick. stumpf, tör, wann.

wazzer. wegg. wormeht. zUeht, Gern tritt das Suffix an Stämme in -d ;

diese Adj. bezeichnen die Näherung an den Stammbegriff: krumpeleht

krüsdeht lenzel. roesel. roetel, runzel. schächzabeU. schtbd. spreckd.

sprickel. zwirbeleht. In späterer Zeit sind diese Bildungen häufiger;

^m schliesst sich auch noch das Suffix -ec an eht oder -leht an,

AGr. § 248.

Für die Nebenform -oht -ot -loht sind Beispiele: bartoht busch. hak. hover. hüb. knurr, löcher, ör. ort. schar.

toroht. buscheloht veistel. voesel. gelbl. klunzl, lund. munzl. rädd.

ringel. rinkd. roesd. roetd. sprickel. süed. trutel, wispd. zispel. zwisdoht

AGr. § 248. BGr. § 206.

2. Ünverschobenes t hinter euphonischem f

oder s an liquidem Wurzelausgang:

a) ft: Fem. -ti: hulft brumft kumft numft zumft.

b) st: Msc. 'ti: durst. Fem. -ti: hülst geswtdst anst unst ge- spanst brunst begunst kunst munst vemunst turst. In harst, hurst, gerste ist s in den Stamm infigirt. Neutr. -ta: gespunst. -star: Ifeutr. galster. Adj. gelster dvnster winster.

260

§265. § 265. Verschobenes t, md. t, d; nd. d.

Unmittelbar der Wurzel angeschlossen:

Msc. -ta: muot walt velt seilt sint wint hunt gart wirt ort hört, 'ti: drät unvlät sprdU -tan: garte, Fem. -tä: motte rinde scande scharte, -tjä: Mite sünde herte (Schulter), -ti : stat sät tat hluot gluot bruot gruot brüt, sctUt vart. Neutra -ta: hluot gelt kint. Adj. -ta: lüt alt kalt schart, -tja: driete staete.

An Yocalischen Stamm geschlossen :

Masculina und Feminina in ät, äte sind obd. und besonders md. beliebt, sie sind Nomina actionis und meist aus Verbalstämmen abgeleitet.

Msc. ä-ta (mhd. gewöhnlich zu et geschwächt): höwat hdsat sterbat. Fem. ä-tä (ät äte) dienat vezzat vülat vinsterat vriat irrat jagat kHutterat martirat murmelat predigat scheltat schreUxt toufat wehseUd. heimate verlobaie martirate merate murmdate predigate scheltate teüate wandelate zweiate.^) AGr. § 247. BGr. § 205. Adj. -ta: nacket.

Fem. i'tä (i aus dem Suffix der 1. schw. Cj.): hoehete melkete geniiegete veizete imhete, zum Theil Nomina abstracta zum Th. Nomina actionis.

Fem. -o-*a, -ö-tjä: ebenot gegenöt. gegenote. Neutr. -ötja: einote heimöte Tdeinoete.

Fem. -ei-ti: arbeit.

§266. § 266. Suffix -^- (nd. t-) tritt a) unmittelbar an

vocalische und liquide Wurzel, b) im übrigen an yocalischen Stamm.

a) Masc. -za: bolz falz ßz kdz trimz stürz schürz schitihz. -zan: smerze. Neutr. -za: salz hdz harz, -zän: herze . Femin. -zän: gaze galze heize stolze lunze runze warze würze, -zi: wirz würz. Adj. -za: holz malz stolz swarz kurz.

b) Der Stammvocal ist zuweilen syncopirt: Masc. -za: krebz hirz (hiruz) simez binez dbiz hornuz; -zan: lengeze lenze, Neutr. 'Za: obez. -i-zja: durch dieses Suffix werden theils Nomina actionis theils Collectiva gebildet, wie durch idja § 263 und nd. üja. Die Bildung ist besonders ripuarisch häufig, begegnet aber auch sonst md. a) Nomina actionis mit Übergang in den Begriff des hervorgebrachten : geburgeze (Bürgschaft. Eberbach n. 878). geboze (Gebäu. Ennen I, 44. Lac. m, 420). gebröchze (Bruch. Harff 238, 13). gedingeze (Henneb. U. m, 139. Eepg. Gr. 85. D). gedeüze (Paris. Tagz. 767). himelze gehimtlze. gejageze (Amsb. ü. 1133). gemcelze, geremze (Harff 19, 13). geruofee (Pusilje 124). gewulfze (Wölbung. Sei. Tr. 68*. 220»». Harff 31, 15).

1) Wackemagel altd. Pred. S. 301. Anm. vermutete für diese Endung -ate roman. Ursprung.

261

b) Collectiva : geherchze gebirchs (HarfF. Cronica 40*. gehirchte 127**). § 266. gdfeifize (Brev. 19ö. Harff. Kölner Cronica). vorgeburchze (Harff 216, 35). gedierze (HarfF. Kölner Cronica). gevogelze (Trier. Ps. 77, 31). gehundeze (Amsb. ü. 1103). gekomze (Nordh. Ges. 120). gekräutze {gekretze Annal. Glogov. a. 1473 Krautwerk). geUnze (Landschaft. Harff). gemürze (Hü. I, 1138. Harff). gesteinze (Sei. Tr. 47*>. Brev. 160). Vgl. Bech in Uerman. X, 395—398. XIV, 431. f. XXH, 290-293. ,

Adj. -aza: einez. Fem. -eizä: ämeize, -eizi: erweiz,

Adj. -eizja: agaleize.

über intensive und iterative schw. Zvr. mit Suffix -z- § 256.

Das Suffix 'js:- dient auch zur Bildung zahlreicher hyper- koristischer Personennamen. Es schliesst sich an den Stamm des ersten Theils des ursprünglichen Compositums : zb. Alhizo Hugizo Sigieo {% für a und u), Bichua, Beginjso ; auch kann dieser erste Theil verändert worden sein, zb. Itegizo Ebeza Imiza (Irmintrut) Luzo Nizo Tiezo Uozo Frizo Volzo Hazo Walzo Ranzo, Mazza Bezo, Sizo Wezo Änze, Vgl. über diese Namensformon Frz. Stark Die Kosenamen der Germanen. Wien 1868. S. 57. f. 63. 75—90.

Doppeltes Suffix -w + ^ Fem. -n + ^^ * vischenze.

§ 267. Suffix -5- an vocalische oder consonantische §267.

Wurzel geschlossen:

Msc. -sa: hals vlans grans vlins runs zers trefs lefs flähs fuhs lühs. 'S an: turse trefse ohse wahse. Fem. -sd {sän): gruose wefse ohse hdhse egedehse. Neutr. -sa: gras fahs sahs.

An vocalischen Stamm (ursprünglich) geschlossen:

Msc. i + sa: vels, % + san: egese, Fem. i + sd: hüse kebse öehise (üehse). Msc. u + sa: nickes, Fem. w-f sa.* nixe, Doppel- snffix + sa: segense sense.

Im Fränkischen, besonders im ßipuarischen, begegnen im 14 15. Jh. eine Menge schwache persönliche Feminina in -se, aus Masculinis in -er gebildet, deren volle Endung wahrschein- lich -esse war und nach J. Grimms Vermutung Gr. II, 328 aus rem. -esse entlehnt ist. Durch Einfluss des r gieng -se oft in -sehe über. Nicht selten schliesst sich diesem -se noch das weibliche Suffix -inne an, so dass eine doppelte Suffigirung an dem männlichen Stamme in -er ausgeführt

wird. Beispiele :

burgerse HU. lU, 1173. Lac. III, 516. Loersch 76, burgersse I, 1261, burgersen I, 1067, burgerssin I, 721, burgerschen Mone Z.

262

§ 267. VI, 15. densersche Sei. Tr. 86^. dienersche Brev. 94. vindersche Brev. 87- frevelerschen Mone Z. VI, 15. noithelpersche Brev. 137. kamerersge Karlm. 211, 50. kemherse (WoUkämmerin) Loersch 77, kemherssche Ennen I, 373. cleigersche Ennen 1, 181. verkundersche Kölu. Cronica 3**. lerersche Brev. 95. meisterse Hü. in, 1242. meistersin 1, 971, meistirsen I, 889, werkmeystirzsen Böhmer 635, meysterschen HU. I, 932. vur- munderse Ennen 1, 181. noepperse (attaminatrix) Ennen I, 376. peUen- ersen Alsf. Sp. 1931. prioerse Höfer H, 197, priehe Hü. III, 1141. roubersche IH, 995. wijssagerse Harff 29, 13. wairsegersse Kölner Cronica 160. hisleifersche Sei. Tr. 180». sundersche Köln. Cronica 145*'. tümerschin Herb. 9303. Selbst werterschen (Ehewirthin) ward gewagt (Mainz, ürk. v. 1325, Höfer H, 101), ebenso heveische (Hebamme) von hevel = hever, Sei. Tr. 156*; und auch aus Mannsnamen bildete dieses rheinisch beliebte Suffix Weibemamen, so Gyaelerse, die Frau des Gy- seier, Ennen IH, 363 (Köln 1293).

§ 268. § 268. Häufig im ganzen wurden Substantiva weibl, und

neutr. Geschlechts mhd. durch das Suffix nüsse nisse ge- bildet. Während im Ahd. noch die Suffixe issa, ussa ohne Yorausgehndes n erscheinen, wenn sie auch bereits sehr stark hinter die jüngeren Bildungen -nissa, nassi nissi nussi zurück- weichen, haben die obd. und md. Denkmäler der mhd. Periode nur nüsse nisse* Es sind Ableitungen aus Nominal- wie Verbalstämmen, im Geschlecht zwischen Femininum und Neu- trum sich theilend (Grundformen Fem. nissä nissm, Neutr, nissjä), die gewöhnlich ein Sein oder einen Zustand bezeichnen,, seltener eine aus dem Zustand entspringende Handlung. Über das Suffix vgl. Sievers in Paul-Braunes Beiträgen V, 140. L Kögel ebd. YII, 181. ff. v. Bahder die Verbalabstracta 109. ff, Oberd. wird der Vocal u, umlautend w, vor dem ss vor- gezogen, md. i.^) Bei den obd. Dichtern des 12. 13. Jh. ist dieses Suffix nicht beliebt, manche wie Gotfried von Strass- burg meiden es, auch in der Nibelunge Not begegnet es nicht. Die md. Dichter lieben es mehr; besonders häufig aber ward es wegen der Fähigkeit, abstracte Begriffe sprachlich aa»- zudrücken, von den theologischen und philosophischen Schrift- stellern des 14. 15. Jh. benuzt.

^) So liest Iw. A 1131 ihrem Dialect gemäss vancnisse, Iw. BI> oanchnusse. Johann von Frankenstein, der Schlesier, gibt in seinem Kreuziger dem Suffix -nus unter Einwirkung des Wiener Dialects melur Raum als dem -nis, KhuU über die Sprache Joh. v. Frankenst, S. 14.

263

Das grammatische Geschlecht des Suffixes lässt sich nicht § 268. überall erkennen, da die Endung e auf a oder t fuhren kann und dasselbe Wort gewöhnlich im Fem. wie im Neutrum vor- kommt. Schon bei Hartmann im Erec und in Wirnts Wigalois begegnen die verkürzten Formen in -nus (Lachmann zu Iwein

1131, Haupt zu Erec 9631). Einige Belege:

-nisse: verbuntnisse erhattn, verdamn. dinstern. bedütn. geväln.

vancn, irvam, vinstern, enphencn, irfuntn. begancn. vergiftn. behegn,

gehencn. hindern, gehugn. irrn, bekantn. gelichn, liepn. phlegn. ent'

qukken, vorrcßtn, nuwen. beruomen. scafn, geschefn. beschirmn. senften.

hespotn. gestcUtn, stiln. vorstöm. besuochen, beswern, (Beschwörung).

getrogn, betruobn, twern. betwingn, ubeln. gewepn, wiltn, zoübern.

gezucnisse.

-nus 86 nüsse: verdamnusse verdroznusse vancnüsse gdbnusse

hehältn, erkantn. kummern. liebnusse (Böhmer 214) verlorn, gestüpn,

besuochn. (Versuchung) trügen, geziugn. verziehnüsse.

Von altem -nesse (nd. beliebt) zeigt sich eine Spur im thüring. hindirnesse (Höfer II, 18).

An gekürztes -ntis tritt obd. epithetisches t; selbst im Reim werden von späteren diese Formen gebraucht, so reimt Walther v. Rheinau 97, 27 übergangnust : gelust.

§ 269. Suffix 'U tritt fast ausnamslos an vocalischen §269. . Stamm in *a -i (ja) -u. Diese Vocale sind mit Ausname des Doppelsuffixes -sal mhd. zu e geschwächt ; altes ila verrät sich aber in vielen Fällen noch durch den Umlaut des

Wurzelvocals.

Msc. -ala -ula = mhd. el: a) lebende Wesen: karl vogel humbel gisel goumel. b) Abstracta : mangel wandet zadel zivivel. c) un- persönliche Nomina agentis: angel bieget brangd hamel snabd stivel sprizel stadel Staffel wadel, gebel hagel haspel nabel nagel nebel satel schamel sedel stcthel tobet. Neutr. -a2a: adel vasel lamel mal (mahel) wasel segel spreckel ruodel stuodel. Fem. -alä: sele, ahsel buckel dehsel vackel gabel hasel hatel (Geiss, im Beim zu satel Renner 2477) wahtel nädel spenel swegel trendel zwisd schuf d Staffel semel quenel nezzel ttcehel wisel gurgel spurkel wurzel,

Adj ect. -ala: berhtel ägezzel gogel behagel (md. nd.) itd krumpel stechd sticket swankel triegel tunket wadel warbel. -alja: edel frevel.

Doppelsuffix 'is-al, Masc. -isala: wehsd, gruozsäl (Wemh. 166, 8), trüebesal (Myst. I, 317). Fem in. -isatä: nuwescU (Serv. 2694. 3020). 4 salin: irreseli sumeseli (Griesh. Pr. 149. 146). Am häufigsten sind Neutr. in -t»aZa: (shtesal bruotesal chuntesal (Sumerl.)

264

§ 269. gedwengesaH {gettcancsaX) flühtesäl giversal (Elis. 3570) griuwesäl irsal kummersdl labesal muogesal {müesal) pfrangs, tobes, zi^hts, zuntes. zwide8al(E\i8.) isalja: lemdse köln. Sachsp. n. 16, 3 (im ndsächs. Text lemnisae),

Msc. 'ila, Nomina agentis, a) persönlicher Art: büel breckel (fridebr.) briuwel bü/rgel bütel dörpel drahsel eninkd äbervengd friedet gengd grübet göumel hirtel (Jerosch.) igd köufel löufd vorreisel seheffd (scabinus) schiuhd üzsetzel sprenzel vortenzd tregel treibel tmdertribel triegd hortübel tceibel toergel voibd mael icinzuril (aus vinitor geformt) zogd, 'ilan: sidel griuwd (griüle) kützd. b) unpersönlicher Art: bengd bendel biegd biutel britel buhel dremd druzzel eckd enkel vezzd vlegel griffd grindd gürtel hiniel kegel kiuwd Tdeckel knebel knottfd knütel kröwel leffd meizel menel nüschel reizet ridel risd schenkd schübd schütel seigel düzd spedel sprenget spräzzd stempfei stigd strigd stumet stützet swengel swubet twirt wedel weizd winket würfet zeppet zwicket züget zündet, 4t an: ermet krüset tümpfd.

Neutr. 'ita: bihd (bil) gouget sprinket wefet, -ilja: samen- trugete (symbolum Haupt Z. VIII, 141).

Fem. -ilä 4t an: drischet eichd höhet hecket hiufet iuwd (iule) langet nestd niftet riutet schüzzel sichet siuwele {siute Pfriem) spin$id sprindet stiget stupfet sturzd windet worbet,

Adject. 'ita: dürJ^et veset krieget michet mittet genuogil (Köditz 8, 30) swankd timet (Montfort) übd wadet zwischd.

§270. § 270. Eine besondere Stellung unter den mit -Z- ge-

bildeten Substantiven nehmen die Deminutiva ein. Aus jejiem Subst. kann durch das Suffix -ila -üja ein neutrales Deminutiv gebildet werden ; wenigstens thun dies die oberd. Dialecte, von den md. neigen sich nur der meissnische und schlesische dazu. Die volle Form -ili (ilja) bewahrte das Alemannische noch in mhd. Zeit zuweilen, wie die Plur. vischeliu vogeliu kindeliu kömliu tüechliu, ebenso die Schweiz. Demin. in -U Gen. Us bezeugen. AGr. § 270.

Die gewöhnliche mhd. Form dieser neutralen Deminutiva ist -el; sie wird auch von den Dichtern gern gebraucht, unter den mitteldeutschen am häufigsten von Heinrich von Freiberg.

Einige Belege: beind btuomet brüstet buochet diechd vlänsel vriuntd vunkd gränset hatmd hendel kindd krenzet tembd mmnel mundd muomet röckd rössd schiffet sitzet sunet tierel tiubel tockei triebet wempet wenget wurmet. Von Abstractis führe ich an : gdüstel j. Titur. 224, 4. HTrist. 714. prisd HTrist. 3557. schedd Rabenschi. 419. wenket MSH. 1, 113*». Vgl. auch umbebticket Laber J. 497.

265

Nach Substantivßtämmen in -er wird der Vocal syncopirt : § 270. vingerl BGr. § 243. tohterl Neith. ß. 22, 9. Dazu entstunden unechte Analogiebildungen im Bairischen schon seit dem 13. Jh., vgl. beischerl Helbl. 1, 1014.

Durch dasselbe Suffix t -f ^" werden aus männl. und weiblichen Personennamen zahlreiche hyperkoristische Namen in ilan, ilän (ilo, ila mhd. el, de) gebildet, indem das Suffix theils an den voll erhaltenen theils an den veränderten

ersten Theil des componirten Namens trat.

Oberdeutsche Beispiele : M a s c. Sigel Merkel Wigel Hetel, Dietzel Heinzel Küenzeh Fem. Berhtel Gisel Jiutei, Diemel.

Mitteldeutsche Beispiele (aus wetter. Urkunden) Masc. Gumple Happele Henkle Markle. Fem. Fickele Gisle Hebele Concele Merkele Sippele.

§ 271. Das Suffix -r- schliesst sich im Ahd. an Stämme §271. m a i u; mhd. finden wir natürlich mit geringer Ausname -er als Form dieses verbreiteten Bildungsmittels.

Mse. -ara: acker anger eher eter vinger gater hader hamer hover jämer klüter (md.) sumer slummer spelter (spliter) tener (palma. vola) Werder wider imwcher zäher zouher, -aran: hoher kever schiver. -ura: swäger sweher.

Sehr zahlreich sind die Bildungen von Nominibus agentis durch a-rja aus primären und secundären Verbal- und Nominal- stämmen. Diese Endung lautete im Got. areis, alts. ags. ere ; im Ahd. stehn ari und äri neben einander, in den verschie- denen Schriftwerken mit verschiedener Erscheinung : im Isidor findet sich nur m, im Tatian kommen eri und äri vor, Otfried hat ari und äri, Notker nur äre. Mhd. gelten dem entsprechend ere und tjere neben einander. Wie schon ahd. sich beobachten lässt (namentlich bei Otfried), wirkte die Quantität des Stammes auf die Quantität des Suffixes : hatte der Vocal desselben den Nebenton, so ward er tonlang; bei Unbetontheit blieb er kurz. Die Dichter ziehen des Reimes wegen das vollklingende -cere (bei Österreichern vom Ende des 13. Jh. €er) vor. In Prosa und der Umgangssprache überwog die Form ^er,

a) aus Verbalstämmen: aehtcere bad. becker briuwer bietcere dien, felsch, fluoch. folg. frier giler hazztsre heil. helf. huot. jeg. unkiuscher macheere moHer minn. merk, mord, münz, nid, pfend, riht, rit, riuw. raub, schepf. seng, slich. smeich. snid, snurr. wetersorg, spil. stmd.

266

§ 271. tiht. trieg» touf. turn, tusch, twing» wall, wescher, betelare bregler (Kenner 1158) videl, gisel. goukel, hechd. itel, lechel. martd. metzd. wehsd, wispeh wurfel. ; velschelare hordel, köufel. listel, tenzel. tüttelare. lusemer. harmencere glthsencere schaffenare smeichencere. senedcere, snarrenzare. klingescere riuwestere ruomescBre ge- waltescere. gewcätigtere.

b) aus Nominalstämmen: bihttere burgtere vamere (vener) vorst vreiser hört. huob. knoter (Jerosch.) krdmer kunster lower mdd, obzer schilt, schuökere eselare slüzzel. schamelcere (Apollon. 186) übdare gädeml. törlcsre. havencere kürsen. lachen, lügen, pfragen. trugen, wagen, wäpencere, bogencere vnlken. garten, kesten. kirchen. klosen, loden. muln, wochenare, huobner keUener (kdner) marmere pherner (parochus) ülner (Töpfer) walden. wilden, zolner. kamercere ledercsre lu>oder. wunder, wuocher. zoubercere behendegcere.

Die sachlichen Mas c. in 'Cere, -er sind Lehnworte, die

sich der deutschen Form anschmiegten, oder sind Nachbildungen

wie buckelcere.

kerkenare (Rother o.) pfetercere trahtcere (tr echter) zentenare. karner keller kerker morser pfiler sehter soler spicher ujier wiler.

Sachliche Fem in. -arä und -arän: veder vezzer heher leber riester schulter slenker. Feminina in arjä, den männl. Nomin. agentis in arja ent- sprechend und im Alid. vorhanden, hat das Mhd. nicht, sondern es zog der Deutlichkeit halber vor, eine weitere Bildung durch -inne aus jenen Msc. in -{ere, -er herzustellen, § 274.

Neutr. -ara:

eiter leder leger luoder süber wazzer zerper zimber. Neutr. in -arja erscheinen nur in den aus neutr. Subst. in ara abgeleiteten CoUectivis wie geligere gewitere.

Adj. ara:

bitter heiter kleber lecker lüter mager mitter schecker sdtite^' seiger sicher (urspr. -ur) swanger tiger (nd. deger) timber zanger.

§272. § 272. Eine Anzahl Nomina werden durch das Suffix

tar gebildet, es sind Nomina agentis. Im German. gehören die Verwantschaftsnamen vatcr bruoder, muoter swester tohter hierher; ferner vielleicht winter und das schw. Msc. hamster (euphon. s vor tar an).

tar ist wol auch anzusetzen in den Adj. glander bister (md., t vor t sibilirt), ferner in gelster dinster finster winster.

267

Das Suffix tra bildet sachliche Nomina meist instru- §272. mentaler Bedeutung, ausserdem einige Abstracta. Sachliche Bedeutung ist sichtlich in den Neutr. vluoder viioter horter körder ruoder, den Fem. (Sufif. trä) oder blätere hader hdlßer leiter muolter riester riter (Sieb). Abstracta sind alter lahter (in gelehter) gehilder und mit eingeschobenem s : galster lasier (aus lahster). Ferner gehören wahrscheinlich hierher weter wunder, holster (aus holstern stolpern HTrist. 2910 zu ziehen), vielleicht auch das Msc. doner (donder).

§ 273. Suffix -n- §273.

Masc. -na: am harn zorn. ^nu dorn, -nan: steme, -ana: degen hagen haven morgen oven raben regen trahen wagen. Neutr. -na: harn hörn körn, -nja: hirne. -ana: bouchen isen gamen lachest lehen tcäfen icolken zeichen. -Jana: eilen {aljan). Adj. -ana: eben offen tougen trucken, -nj a : kleine reine grü^ne schoene, gerne virne. Ferner bildete das Suffix a-nja die germ. Infinitive.

Durch das Suffix -na werden auch die Partie. Per f. Pass. aller st. Zw. im Germ, gebildet, das Suffix schliesst sich dem Stammvocal a an.

Eine besondere Bedeutung gewann das Suffix -na in der Function zur Erweiterung der nominalen Stämme in a. Es entstunden in ältester Zeit schon eine Menge Nomina agentis in -ana parallel mit den Nomina agentis in -a. Ganz beson- ders wichtig ward dies Suffix für das Adjectiv, indem es jedem Adjectiv in -a antreten konnte, um dem Adjectiv sub- stantivische Bedeutung zu verleihen. In späterer Zeit ward diese Substantivirung mit der Vorsetzung des Demonstrativs

(bestimmter Artikel) vor das Adjectiv verbunden.

H. Osthoif zur Geschichte des schwachen deutschen Adjectivums. Jena 1876.

Das Suffix -na bildet ferner Ortsadverbia wie dah hin, oben niden uzen verren wUen ästen westen norden Süden, dannen hinnen ennen wannen innen, samen.

§ 274. 'ina ist Suffix in trehtin Nbf. trohtin; der §274. Suffixvocal wird hier sowol gedehnt, zb. trehtin : min Orend. 2813. Flore 2242 :sin Trist. 2665, als geschwächt, zb. trehten :vehten Iw. 4775. Orend. 1706 : rehten Glaub. 758. Suffix 'inä erscheint in dem Fem. lugene lügen.

2r

§ 271. UM. trieg. touf, tum. tusch, tv nlicher weiblicher ^

(Kenner 1158) videl gisd gr . ^^^^ ^^^

wehsei. wispel. wurfel. \ velsc' ^

- lusmer. - harmm^ . dreifache F^

senediere. snarrenzr^ \ ^' Form t-

wcdtesißre. gewaltig^ J ^ b das '

b) aus Nominp? * -- ^ ie

schilt, schudlare j \ "*■ gädeml tdrlaer' > ^

na .ae brau

loden. mul , im Iwein inn^

(parochn«^ .onbach und Wirnt von c

luoder. ^^^^ ^^jj^ Türlein, Heinrich von Jbi

^dchenbach die drei Formen neben einandt. ^^^ on Wirzburg und der Dichter des Passionais brauchen

^t; und in, Stolle inne und in, Walther v. d. Vogelweide inne, einmal in; Reinmar von Hagenau in, einmal inne. Hug von Trimberg verwendet im Reim immer in. Die Mittel- deutschen erlauben sich auch die geschwächte Endung -en im Reim, zb. lidigiren (; seren Pilat. 99), clüseneren (; meren

Blis. 6479).

Einige Beispiele aus der unbegrenzten Zahl zur Vertretung der Arten: gestinne gotinne maginne (Elis. 5368) mrtinne wülfinne; vür- stinne herzoginne gravinne hempfinne (Pass.) rätgebinne maninne (luna) geseUinne (Lac. m, 346) und selbst gellinne (Herb. 16359) aus dem weiblichen gelle (aemula), so wie triutinne (dem Yolksepos namentlich angehörig), durftiginne Kalskr. 82, 9. stumminne Megenb. 15, 3. välandinne viendinne vriundmne, menninne (virago) dienstmenmnne (Heinr. v. Neustadt Apollon. 18145). küneginne. mzaginne; arzatinne; esdinne. Namentlich werden die Feminina zu den Masc. agent. in -are -er durch dieses Suffix hergestellt, also u. a. gebieterinne bur- gerinne rüegerinne lidigerinne meisterinne minnerinne senedcerin be- sliezerin sündarinne gewalterinne zouberinne u. s. w.

Suffix ina bildet ferner eine grosse Zahl von Adjec- tiven der Eigenschaft, besonders den Stoff bezeichnend. Im Deutschen tritt das SufRx in der Regel gedehnt^ als in, auf, obwol auf bewahrte alte Kürze des i die geschwächte Form en, die obd. und besonders md. nachweisbar ist (blien : eien En. 9928. glesen : gelesen Alex. 3399. gülden : schulden Secund. 66. steinen : weinen En. 2230. : geweinen Lamprecht

"x

s.

271

^m\l

^e^den : be steht eher ^as neben -^nus

a) Eigenschaft vidlin.

■^Itoff zb

^ 6/

§276.

4. .9

1

^ c

^ öer die schw. x üutiva in 4n, -Un § 282.

Suffix 'Si + wa: üehst,.

Suffix -ar + wa: Msc. ftuc Fem. dierne (diwarnä).

Das Adj. nüehtern ist wahrscheinlich nocturnus.

^geschwächt zu i oder w) sich : . ist der Nasal sehr alt, wie chen Suffixes -inkas und ' Vocalismus I, 83. 106). '^hen der Nasal durch ' ' eint schon ahd. neben , in auch namentlich findet sich schon

r

. ^ erst im 14. Jh. , ^anc erhalten,

s abgeleitet:

309 Mainz,

nc heUinc

Terosch.

vrem,

deii-

nc.

Gutturale Suffixe. § 275. Suffix -g-.

Bei unmittelbarem Anschluss des g an vorausgehnd Liquida ist die Sufifixnatur desselben fraglich ; l und r können ' durch Metathesis in den Wurzelauslaut versezt sein, wie in arg; bei ng ist der Nasal secundär und der Guttural zuweilen \ zur Wurzel gehörig wie in fang hang slinge, wol auch in ring. Es folgen daher hier nur eine Reihe Worte mit lg- ng- rg- im Stammauslaut, ohne dass über die Natur des g entschieden werden soll.

Masc. balg; gcdge. - drang fang gang klang sang sträng ring urspring berg twerg schür g, Neutr. marg, wange. Fem. volge mnge zunge sorge zarge.

Adj. lang jung, enge strenge. arg karg kurg murg, ^ An vocalischen Stamm schliesst sich das Suffix -ga sehr zahlreich zur Bildung von Adjectiven ; es sind meist Nominal- stämme, aus denen diese Ableitungen geschehen, a-ga ist die älteste thematische Form, das a schwächte sich zu e und i ; von der im Got. neben -a^r- zahlreich vorhandenen gedehnten Endung -ig- ist hd. keine sichere Spur. Die mhd. Dichter

268

§274. Eine sehr grosse Menge persönlicher weiblicher Subr

stantiya bildete das Suffix -anjä (innä inne) aus persönlichen Masculinis. Im Mhd. hat dies Suffix dreifache Form : inney gekürzt in, gedehnt in. Die einsilbige Form trat zuerst im Nom. Sg. ein ; wo sie sich festsezte, blieb das Wort unflectirt. Die Dichter brauchen nach Bedürfnis die eine oder andere Form : im Gr. Rudolf und im Orendel wird inne und in gefunden; in der Nibelunge Not in und in im Reim, in der Gäsur auch inne; Hartmann von Aue braucht im Free über- wiegend in, daneben auch inne, im Iwein inne in in ; ebenso haben Wolfram von Eschenbach und Wirnt von Grävenberg, Heinrich und Ulrich von dem Türlein, Heinrich von Freiberg, Ulrich von Eschenbach die drei Formen neben einander. Konrad von Wirzburg und der Dichter des Passionais brauchen inne und in, Stolle inne und in, Walther v. d. Vogelweide inne, einmal in; Reinmar von Hagenau in, einmal inne, Hug von Trimberg verwendet im Reim immer in. Die Mittel- deutschen erlauben sich auch die geschwächte Endung -en im Reim, zb. lidigeren (; s&ren Pilat 99), clüseneren (: meren

Elis. 6479).

Einige Beispiele aus der unbegrenzten Zahl zur Vertretung der Arten: gestinne gotinne meeginne (Elis. 5368) toirtinne wulfinne; vür- stinne herzoginne grcemnne kempfinne (Pass.) rätgebinne mceninne (luna) geseUinne (Lac. III, 346) und selbst geUinne (Herb. 16359) aus dem weiblichen gelle (aemula), so wie triutinne (dem Volksepos namentlich angehörig), durftiginne Eaiskr. 82, 9. stumminne Megenb. 15, 3. välandinne viendinne vriundinne, menninne (virago) dienstmenninM (Heinr. v. Neustadt ApoUon. 18145). küneginne, totzaginne; arzcUinne; esdinne. Namentlich werden die Feminina zu den Masc. agent. in '{Bre -er durch dieses Suffix hergestellt, also u. a. gebieterinne bur- gerinne rüegerinne lidigerinne meisterinne minnerinne senedarin be- diezerin sündtßnnne gewalterinne zovberinne u. s. w.

Suffix ina bildet ferner eine grosse Zahl von Adjec- tiven der Eigenschaft, besonders den Stoff bezeichnend. Im Deutschen tritt das Suftix in der Regel gedehnt^ als in, auf, obwol auf bewahrte alte Kürze des i die geschwächte Form en, die obd. und besonders md. nachweisbar ist (blien : eien £n. 9928. glesen : gelesen Alex. 3399. gülden : schulden Secund. 66. steinen : weinen En. 2230. ; geweinen Lamprecht

269

S. 3356. weiden : bescheiden Alex. 158) noch hindeutet Im § 274. Sanskr. steht ebenso ina und ina neben einander, im lat

tnus neben -nus, Bopp vergl. Gr. § 835. f.

a) Eigenschaft überhaupt zb. undurftin froutvin fnefmin wtbin widvin moUn.

b) Stoff zb. oXberin ahormn abkampen (Apollon. 15181) bastin biimn bligin bliumUn buckin durnin distelin eicMn eichumtn escMn erin vdsin visehin vitirin vuhsin glesin gtddin hterin haberin henmn hesin hülzin hundin humin irdin iserin iwin keilber. kupfer, leim, lember, lider, linin luhs, marmel, merder. pelz, pfeü, purper. rinder, sch<ef, achirb, sid. süber, stein, stehet, tennin weit, wehs, %ourm, zobdin.

Über die schw. Fem. in in § 462, femer über die Demi- nutiva in -in, -Un § 282.

Suffix 'Si + nä: üehsene,

Suffix -ar -f- na: Msc. büern ^witern. Neutr. isem Fem. dierne (diwarnä).

Das Adj. niiehtern ist wahrscheinlich entlehnt aus lat. noctumus.

Gutturale Suffixe.

§ 275. Suffix -jr-.

Bei unmittelbarem Anschluss des g an vorausgehnde §275. Liquida ist die Suffixnatur desselben fraglich ; l und r können durch Metathesis in den Wurzelauslaut yersezt sein, wie in arg ; bei ng ist der Nasal secundär und der Guttural zuweilen zur Wurzel gehörig wie in fang hang slinge, wol auch in ring. Es folgen daher hier nur eine Reihe Worte mit lg- ng- rg- im Stammauslaut, ohne dass über die Natur des g

entschieden werden soll.

Masc. balg; galge, drang fang gang Mang sang sträng ring urspring berg twerg schür g, Neutr. marg, wange, Fem. völge Zange zunge sorge zarge,

Adj. lang jung, enge strenge, arg karg kurg murg,

» An Yocalischen Stamm schliesst sich das Suffix -ga sehr zahlreich zur Bildung von Adjectiven ; es sind meist Nominal- stämme, aus denen diese Ableitungen geschehen, a-ga ist die älteste thematische Form, das a schwächte sich zu e und i ; von der im Got. neben -ag- zahlreich vorhandenen gedehnten Endung -ig- ist hd. keine sichere Spur. Die mhd. Dichter

i

270

§ 275. brauchten -ec und -ic neben einander (Lachmann z. Iwein 651, Haupt z. Engelh. 2647); ic wirkte Umlaut durch Kraft der Analogie, i) Beispiele :

a) Ableitungen von Subst. bennic hlest. hluot. hruot. erhünst. hurt, gehurt. (Kristherrekr. 51*) demüet. diuh. dürft, dum. durst. gevcsr. vell, gotic vliz. flüht. flüzz. forht. freid. frost. fürht. fürt, giht gir. git. einvert. gras. grit. grüez. heil. hend. gehulf. gehuht. hunger. üec jämer. j(er, klaff, kumft. unkust. leid, louft. gelust. mäht. mal. nuBZ. med. minn. mord. morgen, muor. muot. müez. gentsd. nid. not. genvM. vemumfi. unpfent. räm. rtet. riht. rit. rimc, ron, rouh, runs. ruom. geruow. scel. schall, schem. sehend, schimel. schuld, gesdl, ser. siun. slim. widerspcBu. spür, stiur. strit. süht. sünd. sweiz. taet. teil. tod. touwec geturst. trur. ulm, gewalt. wazzer. ivilL winter. tüitz. wuot. zäh zit, zorn. zühtec.

b) von Adjectiven : blüdemec gebög. virr. vollec vruot, güet. kund, michelic meist, durhnehtec reinec unschelb. slew. spitz, stat. süez. tödem. üppec. herhaftec diensth. ehaft. schälch. teüh. tiuvelh. wandelh. wärh. zagehaftec.

c) von Participien: bluotendic hrinnend. büezend. ezzend. gebend, glüend. habend, hebend. (HU. 1, 1083. 1203) krädemend. lebend, legend, sinkend, siufzend. sldfend. stinkend, spehend. tobend, wcddend. wallend, wellend, wüetendic. undertcenic, susddnig (Cronica 100). Vgl. über diese Partie, sowie über ihre md. Form ending, -ening Bech in Germ. XXVI, 271. ff.

d) von Verbalstämmen: erbarmic birec enbunnic beväh. gevölg. glüejic hand. heb. hoff, gehoer. bekenn, beker. gelang, leb. lidec ledec geleit. mid. vermüg. genenn, genig. bescheff. sen. slipf. siufz. snuiht. sntd. hinderstell, vertrag, betreht. trink, weig. well. wend. erwirbec. Aus der 3. Sg. Pr. ist bilden die Mystiker (Eckart, Heinr. v. Nördlingen) istic =* essentialis, istikeit essentia.

e) von Adverbien und Präpositionen : gestric morgenie übernehtic. cenec überec. iezec (Erlös. 1912).

f) von Zahlworten : einec zweiec driec. vierdec (Berth. I. 401, 2).

Aus diesen Adj. in -ec -ic wurden schwache Zw. abgeleitet wie hundegen ledigen stcetegen scelegen, welche zu Analogie- bildungen führten wie hriuisigen muotmä^igen erübrigen reinegen ersiufisegen, die indessen erst in der späteren mlfd. Zeit häufiger werden.

4 Die md. Dichter lieben die Adj. in -ec nicht und ziehen die Zusammensetzungen mit -liehe vor, vergl. W. Grimm z. Athis D. 97. Lichtenstein Eilhart liSXXIII.

J

271

§ 276. Suffix -ng-, §276.

In dem an Stämme auf a (geschwächt zu i oder ü) sich anschliessenden Suffix -nga -ngä ist der Nasal sehr alt, wie die Vergleichung des nordeuropäischen Suffixes -inJcas und des lat. 'Uus zeigt (Joh. Schmidt Vocalismus I, 83. 106). In jüngerer Zeit schwindet im Deutschen der Nasal durch Tonschwächung der Silbe, zb. Jcunic erscheint schon ahd. neben chuninc, mhd. wird künec herschend, wenn auch namentlich md. kuninc Jconinc noch begegnet; pfennic findet sich schon im 9. Jh., Graff III, 343, wird häufiger aber erst im 14. Jh.

Die Grundform -anga ist nur im Adj. alanc erhalten,

die Schwächungen -ing- -ung- blühen dagegen.

inga Msc. a) persönlicher Bedeutimg aas Nominibus abgeleitet: amerinc hartinc britUinc hucJcinc (geräucherter Hering, 1309 Mainz, HU. n, 702) edelinc eselinc vrischinc gemzinc glidinc grisinc heUinc hemdinc herinc (aus hälec entstellt) kuninc leitinc {pfatleitinc Jerosch. 16646) müedinc nidinc schiuhelinc sidelinc siurinc murrinc sprem, sprinzel. Stichel, törinc wemplinc (penis). b) unpersönlicher Bedeu- tung : heisinc pfenninc stichelinc (Stachel) windinc zendrinc zwilhinc. «) abstract: hailihc.

Zahlreicher noch sind die an vorangehndes Suffix -l sich

anschliessenden Worte in -inga^) zb.

a) persönlicher Bedeutung : barlinc emerl. mndel. getel. griul. hungert, jungel. Jcehesl, kemerl, konelinc (künl. kiUlink) kumel. ligerl. schevelinc (schäbiger Kerl, Hagen 1931) schiuhl. smcehel. wcBpel. (Hü. I, 481. 685) üzwurfel. zwinelinc (zvyillinc). b) unpersönlicher Be- deutung: heckelinc vierdelinc (vierlinc) vingerl. viustel. helbel. hendel. kniewel. meizl. riutel. schebel. (Handschuh) scherl. schutl, schuzl. silberl. snitel. spitzt, weidl. wiflinc.

Feminina in ingä zeigen sich md. als Nebenformen zu ungä, vgl. § 277.

Adjectiva in -inga sind selten und mehr nd. : un- durftinc (Tr. Egid. 123) eininc vcerinc hcelinc hoinc (Lac. HI, 865) stillinc; etwas häufiger sind die in -linga: blinde- linc fleischt, nüehterl. sunderlinc. Besonders sind sie in adverbialer Form nachweislich : ein^elingen vcerlingen verl.

*) J. Schmidt Vocalism. I, 84 vermutet mit Rücksicht auf die slav. Suffixbildung iniku, dass t auf n zurückgehe. Über die Suffixe 'Unga, -inga vgl. auch v. Bahder Verbalabstracta 163 192.

272

§276. vinsterl. flugl, gcehl. hendel. kreid. lüterl. niuwel. ruckel. sitel. twirhel. hinderwertUngen.

§277. § 277. Masc. in -««n^a; billunc vier dune homunc

ntdunc.

Fem. in -ungä werden sehr zahlreich aus meist schwachen Verbalstämmen abgeleitet, mit der Bedeutung einer Handlung oder eines aus der Handlung entspringenden Zu- Standes. Zwar schon ahd., namentlich bei den Übersetzern und Glossatoren verbreitet, blieben sie doch mhd. der poetischen Sprache entschieden unangenehm und kommen am meisten bei den geistlichen Dichtern und den Prosaikern der jüngeren

Zeit (14. 15. Jh.) voi^.

Eine Auswahl von Belegen: anderunge erarnunge atz. barm» bezzer, vorhüd, hint gebrüch, hmo. verdamn. erdempf, gedenk, dol, hedriick. end, erger. vervazzunge (Hü. I, 1075) übervar. virm, voll, vorder, vrdg. füht. gemd. gast, ger. beger. grab. Handel, hazz. enthob, heisch, hell, jämer. verjeh. irr. her, bekor. erlab, lad. uzleg. lern, Itb, gelichs. liht, erliuht. erloes, erloub. mdhel. man. mand. mäz. meid, mtirmel. na/r, vernüw. phand. bered. reit, beriht, satz. bescheid. schid. schiff, verschin. schirm, schund, besneid. sen. sldf, besorg, straf, suber, süfl. süm, sunder. vertub, troest. truw. Heb. wandet, warn, bewar, wehsei. wein, bewer. werf. werk. werr. wes. winn, wih. wis. zer, verzih. beziug. zweiunge. bibenunge vestenunge lehenunge offen, rechen, schepfen. samen, schuldenunge (Mülh. ü. 885) wvK)sten. bezeichenunge, queUesungCf schuntsalunge. unzagunge, zühtigtmge,

Md. Nebenform ist onge, ausserdem inge, das neben onge in den ripuar. Urkunden und Schriften des 13. 15. Jh. sehr häufig ist (nml. inghe, nd. inge) aber auch sonst md. vorkommt, vgl. woninge Alex. 4683. avesteUinge vorderinge weringe Höfer I, 9. (1272. Isenburg) irrige (mit Ausfall des Nasals) Henneb. ü. H, 54 (1338).

§278. § 278. Suffix -A-

hat sich unverschoben in Verbindung mit $ erhalten. Nomina

mit Stammauslaut s -^ ha sind

M s c. asch fisch tvisch frosch tounsch. N e u t r. fleisch, F e m. »fe a : asche (?skjd: esche). Adj. rasch risch vrisch, -skja: kiusche.

Das Suffix ka erscheint ferner mit vorausgehndem Suffix s bekleidet, das Bopp vergl. Gr. § 952 für einen eupho- nischen Vorschlag nam, in der Adjectivbildung -ischj zu der auch die substantivirten Msc. e^zisch, mennische mensche, Fem. valwisehe rcetische und Neutr. hiwische Mwisch gehören.

273

Die Adjectiva in -isch (a '\- s-ka) werden aus Sub- §278. stantiven abgeleitet und bezeichnen das sein in der Art und Eigenschaft des Substantiven Begriffs. Der Voca), der auch als e erscheint, wird zuweilen syncopirt.

Einige Belege: hiurisch eUnsch engelisch girisch heidenisch hei- misch heUisch himelisch hövisch {hübeMh hübsch) kindisch kleff, knepp. ird. meigesch (meisch) merz, mord, nerr, nid. risisch rouhisch tiutsch toerisch tubisch (Köditz) unwirdesch, Bezeichnungen der nationalen oder Geschlechts-Zugehörigkeit zb. arabisch hiunisch israhelisch kriechisch roemisch weihisch (welsch) windisch.

Mit eingeschobenem n bilden sich die nicht häufigen Nebenformen in -enisch, zb.

heUensch irdensch kindensch risenisch.

§ 279. Das Suffix -ch- wird in der Schrift zuweilen mit §279. -Ä- verwechselt. Die Vergleichung mit dem nd. lehrt die Unter- scheidung beider, da, h = nd. h, ch =s nd. Je auch im Suffix ist.

'Ch am Wortauslaut hinter Liquida mag nicht immer Sufßic sein; ich begnüge mich hier Belege von solchem ch zu ver- zeichnen. Für ch ist öfter k eingetreten.

Masc. schälch, schw. balke. Fem. marche, schw. birke lerche; müch. Neutr. folc, werch. Adj. toelc starch lirc Iure.

An vocalischen Stamm angeschlossen erscheint das Suffix in

Msc. botech retech habech kranech, schw. M. enke (enicho). Fem. morache (morche) snorche {snoraehä). Adj. ebich.

Ausserdem dient das Suffix zur Bildung von Deminu- tiven. Die obd. Dialecte brauchen es freilich wenig dafür, obschon die Personennamen in -icho Acha, so wie das Wort anicho anche (avus) jene Bedeutung des Suffixes auch für das Alemannische und Bairische sichern, AGr. § 273. BGr. § 245. In den mitteldeutschen Dialecten kommt das Suffix allein, ohne weitere Begleitung, auch nur höchst selten vor; ich weiss wenigstens nur noisich, Deminutiv zu no^, aus Leyser Pred. 154 anzuführen. Aber mit Anffigung von -m tritt es häufig auf, sowol bei hyperkoristischen Personennamen, zb.

Diezechin Contzchin Epchin Gudechin (f.) Heinzechin Hennechin Hezzechin Lozzechin (HU. I, 5. 721. 836. 865. 971. 1205. 1210. 1225. m, 1203. 1492. 1496. Böhmer 679)

als bei Verkleinerungen von Appellativen. Dieselben kommen in allen md. Landschaften, besonders seit dem 14. Jh. vor;

Weinhold, mittelhochd. Oramm. 2. Aufl. 18

274

§27^. die md. Dichter aber ziehen im 12. 13. Jh. die Deminutiva

durch "l, 'lin vor.

beinichin veläechin vogelchin fischechen frouchin ge^^echen glocJcichin gotechen holzchin hovechen hüsichin hundichin kapellichen keXbichen Jcindichin knechtichen lemmechin meidichin mennechin ridder- chen (1268. HU. 11, 236) schefichin stetichin atubechin tochterckin.

Bemerkenswert ist die Verkleinerung der pluralen Form, zb. Tcleidercken, welferchen Beheim Evangel. S. 38.

Dem dialectischen Zuge gemäss ward das auslautende -n in vulgärer Rede verschwiegen, wie heute noch im rheinischen Franken; zu diesen Singularen in -e bildeten sich dann neu- trale nasallose Plurale in -er; das älteste mir bekannte Bei- spiel ist hlaesger Harfif 154, 35 (38 blaesgen).

Verbindung dieser Deminutivform -chen mit der Form -el, so dass diese zunächst an den Stamm tritt, ist in ganz Mittel- deutschland seit dem 13. Jh. vorzugsweise bei gutturalem Stammauslaut verbreitet gewesen, zb.

stuckilchin (1290) Böhmer 263, stuklichen (1357) Hü. HI, 1296. pleckilchen (1376) III, 1421. vogelgin Sperber 74. jongeigen Sei. Tr. 97'. her geigen Harff 21, 13. 163, 15. hruggelgen 183, 12. kirchdgen 20, 33. hoichelgyn Kölner Cron. 74. droppelchin 41.

Die umgekehrte Verbindung ich -j- li ist höchst selten, aber nachzuweisen in eniklein nasalirt eninkel BGrv. § 245, und heute noch im nordböhmischen -ichel.

§280. § 280. Suffix -A- erscheint, urverwantem -ka ent-

sprechend, ebenfalls in der Stammbildung. Hinter Liquida am Wurzelauslaut ist die Suffixnatur des h nicht durchaus sicher. Ich begnüge mich auch hier einige Belege dieses

Vorkommens zu geben:

Masc. beveJh elh schelh varh. Neutr. mark verh, Fem. mälhe salhe smelhe merhe vorhe. Adj. twerh schelh.

Häufig dient an Stämmen in a das Suffix hja zur Bildung

von collectiven !N^eutris. Dieselben begegnen obd. (namentlich

bairisch) wie md. Sie gehn oberdeutsch in ahe ehe, apocopirt

ach und ech, mundartlich eich aus, md. meist in ehe, ripua-

risch auch in ihe, ich:

Obd. chindahe Wien. Genes. 70, 11. mttahe Vor. Ged. 148,16. semedehe Sumerl. 22, 33. stüdcehe {: gesahe) Angenge 22, 1. aWer- nach pu8ch(ich domach vedrach (Earaj. 106, 7) ermelach, scheppelach

275

(D. PI. ermdehen, scheppelehen Berth. I. 84, 25) grasach reisach §280. roerach samelach gespreidach atüdach weidach. pirchäch (: gesprtBch Otack. c. 377) plunAräch (; snuech ebd. c. 360). struzeich St. Paul. Pred. 43, 13.

M d. hirchehe 1145. Mainz. Eberbach 1, 10. vennehe (arundinetam) 1208. ebd. I, 63. heseleJie Mrh. ü. 11, 374. lindehe 1266. HU. I, 1323. Böhmer 469. stockehe Mrh. U. 11, 374. widehe (wydeche) Mülh. U. 892.

gestiche (Menge der Gäste) Both. 3854. vederich Annol. 204.

Die Keime Herborts von Fritslar beweisen, dass dieses Suffix -ehe durch Dehnung reimfahig auf ihe geworden war, wie auch obd. gleiche Dehnung und Reimbindung mit -^ehe erfolgte :

* buschehe : nehe Herb. 10577. gertehe : wehe 1979.

Es findet sich daneben auch Zusammenziehung von ehe zu iy vgl. buschS Herb. 1762.

Dieses coUective Suffix wird nicht selten durch Einschie-

bung eines -?- zwischen Stamm und -ehe (-ach, -ich) erweitert ;

es geschieht obd. wie md. In Bertholds von Regensburg

Predigten begegnen diernlech fischelech volkelech (gen. -leches

84, 25) Jcvechtelech lüppelach (II. 172, 12) tüchelech (Dat. -lehe

PI. 'lehen 397, 9) gewendelech zouberlech. Ferner ISbelach

(Collectiv des abstracten lop) Berth. 173, 4. 320, 8. 397, 9

(Dat. lehe). Ausserdem griezelach Griesh. Pr. 1, 32. Sterne-

lach 33. gercetlach Schwabensp. 480.

Md. gevertelehe (:wehe) Herb. 17429. gesindelehe (:wehe) 1577.

tierlich Benner 1354. 8tr4pelich (Gestrüppe) Henneb. U. H, 172.

Aus dem collectiven Sinn dieser -lach, -lieh ergibt sich leicht die Function derselben als Plurale zu den Deminu- tiven in 'le im Alem. Bair., A6r. § 263. BGr. § 245, wie im Fränkischen, Grimm Gr. III, 674. Spiess fränk. henneb. Mundart 35.

§ 281. Suffix -j- wird für die Stammbildung besonders §281. der Nomina (über die verbale Stammbildung vgl. § 254. 255) sehr stark verwant. Von Nominibus werden besonders Adjec- tiva mit Suffix -ja gebildet, das mhd. als blosses e erscheint, zb. genceme geeceme mcere gehcere swcere undcere rceze drcete stcete (hier Suffix t -{- ja) trcege waege gcehe zmhe derbe eilende strenge veige reine kleine mitte nütze hüele gefuore süeze, § 503.

18*

276

§281. Auch in der Substantivbildung tritt ^*a oft hervor:

Masc. mne erbe wecke rücke, hirte endCf femer die Nomina agentis in arja {(Bre, er § 271). Neutr. zb. erbe bette wette vletze netze weppe lüppe stüppe antlutze göu höu und in zahlreichen compo- nirten Neutris wie angenge abgründe antwurte vürbüege underbende Urkunde; femer in den CoUeetivis mit Präfix ge wie gebirge geböume gedinge geveUe gehürne gemerke gesinde gewcefene; in den Collectivi& in ede § 263, in ehe § 280. Fem. Ja zh, helle geUe ecke gerte sippe minne brünne wunne; esche hecke hürde lippe roere schiure ünde üehse, femer in den persönlichen Femininis in -inne {anjä).

Das Suffix Jan zeigt sich in den schwachen Masc.^ zb. veter geverte geselle lantsceze schultheize,

Feminina in jän sind unsicher in vielen Fällen, da alte Feminina in ja erst in jüngerer Zeit zum Übertritt in die schwache Form durch Anname des Sufßx -n neigen. Sicher ist das Sufüx -jän in den zahlreichen aus Adjectiven, seltener aus Substantiven abgeleiteten abstracten schw. Femin.

in i, in, in denen übrigens das -n ebenfalls jung ist, § 462.

W. Schlüter Die mit dem Suffix ja gebildeten deutschen Nomina.

Göttingen 1875.

§282. § 282. Eine besondere Verwendung erhielt das Suffix

ja zum Ausdruck der Verkleinerung in den Neutris auf i.

Es ward durch n erweitert und mit Vocaldehnung entstund in.

J. Grimm Gr. DI, 667—76. 683—86.

Von der einfachsten Form in -i gibt es aus mhd. Zeit meines wissens nur den einen Beleg eni (avus), ausserdem finden sich vulgäre jüngere, AGr. § 269. Die einfache erwei- terte Form 4n erscheint in dem obd. und md. in volksthüm- liehen Dichtungen und bei den Lyrikern oft nachweisbaren Worte magedin megetin (Haupt z. Erec 27, wozu aus md. Gedichten, zb. Rother, Orendel, Passional Nachträge genug zu geben wären) ; ferner in vingerin (zb. Floris 2741. Bother 392 : in, 3869 ; honigin, 3901 : ConstanUn), abgesehen von den hyperkoristischen Namen in -in, BGr. § 242.

Gewöhnlich ist aber jenes Suffix -ja mit einem andern deminuirenden Suffix vereinigt, indem es entweder an -?- oder an -ch" angelehnt ward.

Die Form -ili ist nur vulgär alemannisch in der mhd. Periode noch in Brauch, auch die alem. Plurale in -Hu,

277

bairische in -leu weisen auf die alte Grundform 4ja zurück, §282. Grimm Gr. III, 670. AGr. § 270. BGr. § 243.

Gewöhnlicher und der gebildeten Schriftsprache, nament- lich den Dichtern gemässer, you den höfischen Epikern aber erst allmählich angenommen, sind die Deminutiva in -lin, die von Substantiven der mannichfachsten Bedeutung, selbst von Abstracten abgeleitet werden, zb.

mefdin fröuwelin kinddin dtemelin tohterlin twergeltn schüelerlin tierlin vihelin pferdelin lemhelin vogelin, hettdin hiuselin tischelin huochltn wegerdin türlin stückelin hevelin nestdin toürzeUn, vingerlin henddin hiuflin hrüsteltn megelin hdgdin. gänsterlin muoseltn tropfelin. nuerlin toortdin zeichevdtn. dankelin Walth. 100, 20. dunkdin Trist. 13068. erlin Benner 18380. vröudelin Walth. 52, 22. gnaddin Lampr. S. 2972. hohvertdtn Berth. 83, 20. 397, 15. varhtd. 280, 13. köstelin Benner 1329. kriegeUn Benner 4353. lohdtn Walth. 35, 3. ungemechelin Berth. 427, 27. muotdin Trist. 17913. geniezUn Kenner 4733. schedelin Haupt Neith. 229. sinndin MSH. 11, 355*>. troestdin Walth. 66, 2. tückdin Benner 6280. gewcdteUn MSH. m, 104*. wunderlin Parz. 656, 7. zomelin Walth. 62, 12.

Es kann dieses Deminutiv nach den Umständen auch herabsetzende Bedeutung erhalten, wie in minnerlin MSH. ni, 154'.

Über die Deminutive in -chtn § 279.

3. Wortzusammensetzung.

§ 283. In der Stammbildung durch Suffixe vollzog sich § 283. zwar eine Zusammensetzung, allein der antretende Theil war kein Wort, sondern ein blosses Bedeutungszeichen ohne logische und grammatische Selbständigkeit. In der Wortcomposition dagegen verbinden sich zwei Worte : das erste in Stamm- form, das zweite mit Flexion. Das erste ist das beschreibende Element, der individualisirende Theil, der den Begriff des zweiten bestimmt; das zweite ist das generelle Glied, der bestimmte Theil, der dafür den formalen Ausdruck der Satz- beziehung übernimmt.

J. Grimm Gramm. H, 405—985. Wemhold AGr. §§ 288—314. BGr. §§ 221—238. F. Justi über die Zusammensetzmig der Nomina in den indogerman. Sprachen. Göttingen 1861. L. Tobler Über die Wortzusammensetzung nebst einem Anhang über die Verstärkimgen der Zusammensetzungen. Berlin 1868.

278

§284. § 284. Die beiden componirten Worte behaupten sich

in der Regel in voller Bedeutung, wenn auch durch die gegen- seitige Beziehung und die Bestimmung des zweiten durch den ersten Theil oft ein ganz neuer Begriff hervorgeht.

Nur in gewissen Fällen überwiegt das Bedeutungsgewicht des ersten Theils das des zweiten so stark, dass das formal ungeschwächte, die Satzbeziehung auch ferner vermittelnde zweite Wort zu der logischen Unbedeutendheit eines Afßxe» herabsinkt. Es sind die Substantiva mit heit schaft tuom, die Personennamen, die ihnen ähnlichen Benennungen wie lügehart nagehart vrihart wagehart selphart, und die Adjec- tiva mit baere haft liehe sam, später auch mit mceeie.

Eine Mittelstufe nehmen einige adjectivische Zusammen- setzungen mit löse ein, in denen das zweite Wort den negativen Sinn des ersten nur verstärkt: argelös (sehr arg^ zb. MS. 2, 130^) gäheUs (leichtsinnig MF. 212, 35); ahd. Belege verwanter Bedeutung bei Grimm Gr. II, 565. f.

Diese nur verstärkende Bedeutung übt auch zuweilen der erste Compositionstheil. Nicht gemeint sind hier die Par- tikeln iw, durh, he, ge, ur, üz, das Subst. bor, die Adv. al sunder vol wöl sin, die Zahlw. ein dri vier niune, welche an sich diese Bedeutung haben ; sondern Worte, die erst nach besonderer Entwickelung des Gesamtbegriffs der Composition zu dieser abgeschwächten Bedeutung gelangen, wie diet {diet- degen -vaste -zage) got {goteliep -leity häufiger in uneigent- licher genitiv. Verbindung, zb. gotesarm) vinger (vingerzam) megin mein {meinstrenge) sne {sneblane -dicke) Spiegel (sp.- lieht) strö {-dicke) tot {-arm -vinster -stum -trüebe) werU {'Wunne -zage) wunder {-alt -balt -küene -scharpf).

Ygl. über verstärkende Zusammensetzungen im Deutschen überhaupt L. Tobler in Frommanns Zeitschr. f. deutsche Mundarten V, 1—30. 180—201. 302—310, und in der Schrift über die Wortzusammensetzung 104—138.

Wesentlich für die echte Wortzusammensetzung ist die blosse Stammform des ersten Theils. Ist der erste Theil flectirt, so gibt es uneigentliche Composition, blosse Zusammen- rückung, die in der Verbindung von Accusativ oder Dativ

279

mit Imperativ oder der Zusammenfügung ganzer Sätze noch §284, greifbarer wird.

§ 285. Die logische Beziehung des ersten zum §285. zweiten Theil kann sehr verschieden sein.

Selten ist sie paratactisch : zwei Worte werden coor- dinirt neben einander gestellt, ihre Begriffe sind gleich stark und ihre Beziehung ist nur copulativ {dvandva der Sanskrit- Grammatiker) zb. alt/sierec, edelarm, li&pgenceme, brünreit, gemuotsaelec, lindweichy rötwiz, senftsüeee, tumpwise; viel- leicht auch das Substantiv magenkraft.

Gewöhnlich ist die Beziehung syntactisch, in der man wieder appositioneile und casuelle Beziehung unterscheidet.

In der rein appositioneilen Beziehung (karmü' dhäraya der Sanskritgrammatik) ist das erste Wort das Attri- but des zweiten. Hierher gehören die meisten Zusammen- setzungen von Adj. mit Adj., zb. dlbar lütbreche voilebreit hrünvar vcdvehse Meinvüege bittergrimme ebengröz ebenhire arclistec Uehtgemäl alrot hohsprünge lancstcete altwise halp- zogen; ferner viele Zusammensetzungen von Subst. mit Subst.

kintparn haberhröt zorndrö nötdurft dbentezzen helmvaz isergolze heimholde winehulde himelhort degenkint hdrlachen minneliet aschman lügemcßre wehselrede himelriche verhser hergesinde nitspü ehersmn meintät zwivelwdn hetewip stahdzein sumerzit

Ebenso viele Zusammensetzungen von Adj. mit Subst.: volbat trutgehette hohgedinge vnhfleisch blävuoz juncfrouwe sunder-

haz mittelhof lancUp armman niumare höhgemüete ebennaht niuweriute

smalsdt trütgespü tunkelsterne grdwerch kwrzwüe höhzit

Seltener ist Adverb mit Subst. verbunden, zb. iemerleben woltat,

Adv. mit Adj. zb. boregröz missevar wolveil ertegic.

Pronom. mit Adj. oder Partie, zb. samwitzec, selpwesende selpwitzec,

Zahlwort mit Subst. zb. einhürne zwtlouf drispitz, mit Adj. zb. einvar einöuge driecke viervar.

Von der rein appositionellen Zusammensetzung unter- scheidet sich die vergleichend appositionelle: das zweite Wort wird dem ersten verglichen, zb.

Subst. mit Subst. tötsldf.

280

§ 285. Subst. mit Adj. hendehlöz tötbleich spannebreit wihekal gotformec

schimdgrd loupgrüene heUeheiz steinherte vriunthölt winterkcUt spiegel- lieht winderraze magetreine röseröt sturmrüschende bercswcere swert- toahs rdbenswarz snetoiz viurwüt,

Adj. mit Adj. tumpküene (kühn wie ein unerfahrener).

§ 286. § 286. Die zweite Art des syntactischen Verhältnisses

der Compositionstheile ist die casuelle (im engeren Sinne tatpurusha der Sanskritgrammatik).

Accnsativisches Verhältnis des ersten zum zweiten Theil :

Subst. mit Subst. rätgebe manslecJce ewarte herzöge, tempeltrete merwatcere simnewende, leitvertrip sigenumft lanttver.

Adj. mit Subst. zb. wärsage quätspreche,

Subst. mit Adj. oder Partie, zb. schefbrüche gotvorhtec niugeme sturmgite swnerlanc mortrmte wäcwise, minnegernde.

über Verbalzusammensetzung mit casueller Beziehung § 300.

Dativisches Verhältnis (entfernteres Object, nament- lich Zweck):

Subst. mit Subst. kindelpette videlboge klagebote suonebrief hüsere sturmvane fröudehelfe schatehuot betehüs schiltkneht ezzichkruoc seimesse lipnar bintrieme frideschilt wegespise kerzstap briutestuol tanzmse herzeichen,

Verbalstamm mit Subst. zb. heveamme sitzebanc giezvaz vegeviur suochhunt warthüs grabisen tamkappe brennopher rihtestuol renne- gewant Sprichwort.

Subst. mit Adj. zb. nötveste goiliep herzeliep honecmaze mortraze redespcehe, angestbare (und alle Adj. mit beere), gedanchaft (und alle Adj. mit liaft), adelUch (und alle Adj. mit liclte).

Instrumentales Verhältnis: Subst. mit Subst. zb. hantgetät hantveste huofslac, Subst. mit Adj. zb. erbeigen lobemcere zähernaz hitzer dt sigesalec ruomwcehe wätziere.

Locatives Verhältnis (durch an, in aufzulösen):

Subst. mit Subst. kinnebein armbouc hellegrunt nöthelfer himelhüs veltmüs wdlphat hovewise hüswurz.

Subst. mit Adj. zb. gruntboese waleveige hufhalz mtiottriiehe herzeiibel lideweich hovewert ähselmt.

Adv. mit Subst. herkere.

Adv. mit Adj. innewendic.

281

Ablatives Verhältnis (woher): §286.

Subst. mit Subst. zb. totleibe hovemare vatermäc wurmmel vjüle' tore himeUou hdlewiht

Subst. mit Adj. zb. adelfrt minneglüende strttmüede schameröt mnnetßunt,

Adv. mit Subst. zb. osterwin siinäerwint, danvart hinlouf.

A^v. mit Adj. zb. hinlazic.

Genitivisches Verhältnis:

Subst. mit Subst. zb. brunnäder ougaphel minneviur hüsvrouwe nahtegaU lantgräve hungerjär herbstmänot hereenot lantreht tagereise vogdsanc toerltsüeze tagesteme dderstöz bür^etor spinneweppe volctvic muotwiRe wolfzan,

Subst. mit Adj. zb. friuntlös buozewirdec wetertoise.

§ 287. Es gibt ferner eine Compositionsgattung, in §287. welcher die Wortverbindung als Niederschlag eines possessiven Satzes erscheint, der durch das zu ergänzende Particip habend aufzulösen ist {bahuvrihi der Sanskritgrammatik). Hierher gehören zahlreiche Personennamen wie Adaiger Ruotger, Sigfrit Irminfrit, Reinmunt, Hermuot Wahsmuot, Berhträt Fasträt j Lüdwic; Merkmalsnamen wie muosbart blatvtiojs irreganc isenhuot weiheeagel, und namentlich Adjectiva wie harvuoz wurmceze (Wurmfrass habend) harmherze eilende ebenmceme einmüete einrcete bogenrucJce reinesteete gran- Sprunge meintcete eintrehte,

§ 288. Für die Form der echten Composition ist, wie §288. § 284 angab, wesentlich die Stammform des ersten Theils. Die Nomina in a i u traten also mit diesem Stammvocal dem zweiten Gliede vor. Im übrigen zeigt bereits der älteste histo- rieche Stand unserer Sprache folgende Änderungen. Die Femi- nina in ä {6) zeigen in der Composition nur a als Stammvocal ; die Stämme in ja ja namen statt dieses Suffixes den Vocal i in der Composition an, ebenso die Stämme in jan und jän, wie denn auch die Nomina in -an das n aufgaben, und die Feminina in -an ebenfalls nur a behielten.

Im Gotischen findet sich in der Regel der thematische Vocal in der Composition, es kommen aber auch bereits Zusammensetzungen ohne Vocal vor. Im Ahd. ist vocallose Composition schon gar nicht selten; ausserdem vermischen

282

§288. sich die thematischen Vocale, d. h. a vertritt auch i und u (nahtagala, fridabert) so wie t für a und u und o für i und a begegnen (tagisterno ganädilos Sigihert wegowiso sunnofeld turowart).

In der mhd. Zeit ist e an die Stelle der alten Thema- Yocale getreten; seine leichte Natur begünstigt aber ^ie um sich greifende Neigung, die beiden Worte ohne Vocal an einander stossen zu lassen. Namentlich geschieht dies ebd. bei den alten Stämmen in a, während das aus ä und ja oder ja herrührende e fester haftet. In der gewöhnlichen Rede, wie Predigten und Rechtsschriften sie überliefern, ferner in volksthümlichen Dichtungen ist vocalische Zusammensetzung beliebter als bei den höfischen Poeten. Die Mitteldeutschen, bei denen die Tonverstärkung der Stammsilbe weniger energisch geschah als bei den Oberdeutschen, bewahren das -e des ersten Stammes im ganzen treu.

Die Belege für die Wortzusammensetzung im Mhd., die nun folgen, sind nur Beispiele; nach einer erschöpfenden Sammlung zu trachten, wäre fiir den Umfang dieses Buches unausföhrbar gewesen.

A. Zuiammengesezte Substantiya.

Die Beispiele sind nach dem zweiten Wort gereiht. §289. § 289.

a) Substantiv mit Substantiv.

hrunndder grasaffe tagalt ougaphd helleharn nunnebant mtbalc kinnebein eüenboge narreboc klagebote armhouc heUebrant suonebrief haberbröt järbuoch horndöz zorndrö dümeUe hüsere liberbe tötval sturm- vane eldervater hdmvaz hantveste minneviur wazzerflUz wegevreise nahtvrouwe weideganc mergarte rätgehe nahtgengel heUegluot isergohse lantgräve heUegrunt zoumhaft isen/uilte lichame nöthdfer hruothenne weterherre heimholde himdhort Unhose isenhuot imchüs arnusen hunger- jdr vimtkint loterkleü schütkneht ertknoUe tresterkorp magenkraft lianekrät ezzichkruoc wiüekür wangeküssen harlachen wurmldge tötleibe herzdeit herzdiehe minneliet sumerlote vatermäc hüsgemach sippenioi spüman hovemare schifmeister wurmmd selemesse nahUninne gras- mucke senfmül zornmuot zuhtmuoter vdtmüs lipnar erhenöt sigenumft walphcU hairät hirät wehsdrede sturmrecke kinnereif tagereise hoveribe ertriche wunschdris äbentröt bluotrunst pfennincsaWe wüsalde klagesane

283

nähtsckäch hirnschal hoveschdlc harmschar koufschoitz wegeaclieide §289. ^ mnnescMn bUcschöz houbetschülde schritschuoh tötgesdU herzeser her- gmnde huofslac tötslaf manslecke herzesorge endespü wegespise goukel- sprüize tagesterne äderdöz brütstuöl misdsuht kebissun erbesünde stoertswanc endetac wuoftdl lobetanz meintät herzetohter bürgetor iviUe- töre mütou tempeltrete minnetranc sehirmwafen zmvelwdn ougewanc ewarte krdmwät burcwec sperweide sunnewende spinneweppe lantwer vdcwie heileimht dancwiUe wunschwint trügetme dröwort hüswurz diäzage wölfzan herzeichen stahelzein sumerzit herzöge,

b) Adjectiv mit Substantiv.

vcibcU hergebeine trutgebette volbort sicherbote nähgebür missedäht höhgedinge alierbe sundervarive wihfleisch altfrouwe halpful bldvuoz irreganc missegrif samegunst sunderhaz sunderher juncherre volle- hertunge mittelhof missehoffenunge siechhüs trütkint ebenkrisien nider- hnt blözlege eUende misselinge lancUp sunderlist armman niumcere ebenmdze tolmuot höhgeniüete trutmuot&i* ebennaht vronerast halpritter niuweriute wärsage smdlsät quecsilber trütslac gdhspise sunderspräche tufikelsteme trutsun siechtage guottät merteil lütertranc missetriutoe missetröst ebenwäc tcitweide missetoende grdwerch boesetoiht kurzwile iritoip samtoitze mitteicoche itelwort holwurz sunderziter höhzit

c) Adverb mit Substantiv.

danvart dankere danreise dannenscheide dannenwanc, herkere, hinvluz hinganc hingeber hinkere hinkunft hinlouf hinescheide hinwerfe hifmenkire, inwertwirkung. fruoimbiz, iemerld>en iemerlieht iememöt kmerkuo (Cd. Sax. 11. 6, 75) iemerrint. nordermer österwin sunder- wint westerriche. samenkunft samentheit 'Schaft. wolanst -Up 'lu8t 'tage -tat 'tüülecheit.

d) Yerbaistamm mit Substantiv.

Der Verbalstamm bezeichnet den Zweck: heveamme sitzebanc Jcratzhart suochbracke giezvaz vegeviur mengart gebhart {klinghart slinthart glihsenhart nagehart nemehart smeichart Namen im Benner) suochhunt drabehunt gräbisen ezzeloube nagemüs brennopher bintrieme tempfsac kapfespü wallestap leitesterne lebetage scetuoch rennegewant Sprichwort. Die st. Zw. treten also in der Präsensform ohne themat. Vocal, die Zw. mit ja und die schw. Zw. mit themat. -c vor den zweiten Theil. Abweichungen von der Regel geben zb. kratzbart suochbracke mengart, ezzeloube,

e) Zahlwort mit Substantiv.

eimber einhürne einlant einouge einsidel -traht -wie. zuibar (zvher) zwigelt zwilouf -spüde -traht -wurft, drivuoz -gülte -holz •spitz, dritten, vierbein vierteil, sibenstirne. niunouge. zwdßote.

L

284

§290. § 290. Wir sondern die Zusammensetzungen mit heit

Schaft tuom tac (tage) ab, weil diese zweiten Worte ihre eigentliche Bedeutung in der Zusammensetzung einbüssten und nur die Function von Affixen erhielten. Die mit ihnen herge- stellten Composita bezeichnen eine Eigenschaft, einen Zustand.

heit (ahd. heit. m. f. persona sexus ordo). Beispiele: a) Tnit Subst. affenheit degenheit fräzh, frevüh, fuoch. jugenh. küngh. kristenh, loterh. lugenh, mageth, manh, morth, nthth, pfaß. scheuch, schamh, trugh, trugenh, tvanch. wüleheU, b) mit Adj. un- gemein häufig; besonders werden von den theolog. philosoph. Schrift- stellern des 13.— 15. Jh. mit Adj. in -ec unzählige abstracto Subst. durch -heit gebildet: zb. baltheit hlözh, hösh. voUeh. vreuüh, vrih. viUh, gogelh, guoth, herh, hoveschh. judeschh, kalth, kiuscheh. kranch. kuonh. kneppischh, lanch. läzh, leckerh. gelichh, lösh, nacheit. schoenliS) smäh. späh, stilh. stolzh, geswinth, tiurh, tobeh. trdcK truoph, gewarh. wish. gewonh, zageh. armecheit haldech. barniherzich, unbehaftech, broedech. vorbedcehtech. diusterk. dorperich. geduUech. edelk, einech. endek, vestek. freidek, frümek, girek. gitek. grimmik, güetek. hertech. ingegeistech. ihtik, inner ch, imcendek. irrek, istekeit (essentia). itelk. jämerk. kidrech, lidich. lihtek. gelustech. lüterk. manhaftech. missech. senftmüetech. genendek. remek. senftek. simiek. gespenstek, statek, ver- stendik. gesundek. süezek. türstek. üppech. uzercheit Die volle Form dieser Zusammensetzung ist -echeit, icheit, gewöhnlich wird ekeit iktit geschrieben. elicheit (das h von heit wird in der Eegel weggelassen, in jüngerer Zeit wird A;ei^ angesezt statt heit) gt^rechUchkeit behegelieh. vaterlichh, vihelicheit grüwelichk. heimelich. knehüichk, widerloufliehk. minnlichk. redelichk, ruowelichk. besebelichh unseüichk, vorterplichk, betritoplichk. iötUchk. iceselich. wielicheit zitlicheit c) mit Participien: verdrozzenheit eigenheit üferhabenheit geldzenheit ndheligenh. geschaffenh. bescheidenh. abgescheidenh. beslozzenh, verstandenh, üferstandenh. wiegetänh. vertrogenh. trunkenh. betvegenh, gewizzenh, unverwizzenh. beworrenheit. d) mit Verbalstamm: versmceheit swicheit, gelihsenh. bezeichenheit mit Infinitiv: mugenheit vermugenheit Wesenheit. e) mit Partikel und Adverb: niderheit obenheit umme und ummekeit wölheit. f) mit Zahlwort: einheit zweiheit driheit. Für die Ver- breitung dieser Zusammensetzungen mit -heit bei den Mystikern nament- lich können die uneigentlichen Verbindungen zeugen dine^heit Myst. Ü. öO, 38. 319, 19. sinesheit Myst. I. 252, 32. ü. 319, 19. 636, 7. Haupt Z. 8, 213. iresheit Myst. II. 50, 35. gotesheit I. 252, 31. sdbesheit n. 393, 24.

*). Die Adjectiva in -ja verbinden sich sonst ohne Thema und daher ohne Umlaut mit heit (bösheit kuonh. trdch.), schoene macht eine Ausname, indem es Umlaut hat.

285

schüft j md. in der Eegel schaf (ahd. scaft f. creatura §290. snbstantia modus).

a) mit Siibst. zb. boteschaft bruodersch, gehwrsch, degensch, eschaft erhesch, gevatersch, vedesch, vientsch. vriuntsch. hantsch, heidensch, honsch, konesch, künnesch. lantsch, Uhensch, mäcsch, mahelsch, mansch. niatsch, (Gasterei. Ennen I, 10) meistersch. vormuntsch, nevesch. ge- nözsch. rittersch, sdlesch, gesellesch, sippesch, wersch. winesch, Wirt- schaft. — b) mit Adj. zb. hildeschaft eigensch. Iih-sch. holtsch. kuntsch. UUersch, gemeinsch. berdtsch. gertitsch, trütschaft.

tuom (ahd. [creatio] Judicium [modus]): a) mit Subst. bischtuam ewartttiom vürstent, heilt, herzogent. keisert. lächent. magetuam meistert . scheffentuom. b) mit Adj. eigen- tuom vrtt. heilect, hert. irret, nact. rieht, siecht, mst wizzentuom.

tac, gewöhnlich in schwacher Form tage, bezeichnet das Leben in gewissem Zustand, überhaupt einen Zustand meist mangelhafter Art:

lebetac -tage irretac lamtac riuwetac schelmetac siechtac toetac, mctage nacketage siechtage Sterbetage stmitage wetage.

f) Partikel mit Substantiv.

§ 291. Die Partikeln, welche dem Subst zu fester Ver- § 291. bindung vortreten, sind gröstentheils Präpositionen, welche eine örtliche, zeitliche oder geistige Richtung des Substantiv- begriffs bezeichnen. Es sind zum Theil uralte der Selb- ständigkeit ledig gewordene Partikeln, zum Theil wirkliche Präpositionen. Die Gestalt des Präfixes ist mitunter ver- stümmelt Die unselbständigen Präfixe sind meist unbetont, die übrigen tragen gewöhnlich den Hochton.

ä- negative Partikel, wahrscheinlich eins mit dem a pri- vativum des Sanskrit und des Griechischen (über das bloss euphonische n im skr. und griech. an Bopp VergL Gr. § 538. f.). An sich negative Begriffe werden durch das Präfix verstärkt.

abulge äg€i)elheit ägez ägunst äkraft äkrüt aJcust ämäht ämehti- keü äsmac äsprdche dwasel äwehsd äwerch. älaster dswich ägetroc, Die sinnliche Bedeutmig ab, beiseite tritt hervor in äkamp (Adj. abkampen ApoUon. 15181) äsanc äschric dschröt dswich,

übe, ab {ojto ab got af) hochtonig: ab hinweg, negirend.

dbburt ahunst abegtmst abewitze. abgot (entstellt abtgot) abe- bruch dbeval abevart abgründe abeläz abeleite abeloese abelouf aberum dbsaz abschröt abesnit abesprunc abetrunne äbeivanc abezuht.

286

§291. aber aver^ hoch tonig: gegen, negativ.

aberhdke aherwette. aberlist aberwandeh (In aberäht äberban aberglonbe ist aber entstellt aus ober).

after, hochtonig: nach, hinter.

aftergir (hinterlistige Gier) afterhuote afterkint -kome -kose 'kumelinc -kumft -riuwe -ruom -slac -snü -spräche -wort.

ane, an, hochtonig: an, auf (ava).

anebete -blic -böz -brunst -däht -dunst -val -vanc -vart -vehtunge •ganc -genge -gin -grif -habe -hap -haft -hanc -gehoerde -hurt -laster -leite -schiht -schin -schouwe -siht -gesiht -sitz -spräche »sprunc -stöz -traht -trit -want -nveigunge -wert, -— Mit vorgestelltem ge zu gan ver- schmolzen in ganerbe f ganknabe (conservus, genknabe Wiener Sitz.-Ber. XCVm, 974).

äne nur in späteren Quellen (den Mystikern, Megenberg,

Wolkenstein) gleich dem negativen ä:

ä/ne-endicheit anmacht änsin änewitze. BGr. § 225, 6. ]

anU (gr. avxi, ante, got. anda), hochtonig: gegen, ent- gegen.

antbare {ampcßre) antvanc -heiz -houbet -läz -litze lutze lutte : {antlutze ist obd., antUtze md. beliebt, indessen kommt jenes auch md. und dieses auch obd. vor, W. Grimm zu Ath. E. 105) andouge antreite -sage -wart -werc -wich -wurte. i

In der Yerbalzusammensetzung wird ant durch Tonentziehong j zu ent, welches auch in den jüngeren Substantivbildungen aus jenen Verben behalten wird, zb. enthabunge enthebede enthalt enthaltmsse entredu/nge entsprinc u. s. w.

he- (skr. api gr. ijcl) unbetont, in dieser Form meist vor jüngeren Substantiven.

bedahtekeit bediute -vüde -giht -gin -gir -girde -grebede -grif -gunst -hält -haltnisse -hältunge -hebede -hugede -huof -jac -kerde -kerunge -klibunge -korunge -kumbersal -nemede -redunge -rinc -ruoch -schowede -sitzunge -trähtunge -trüebede -twinc -twungenheit -wegunge •zeichenungt -ziht -zoc,

ht' dieselbe Präposition wie he, durch den Hochton aber

ist die alte Qualität des Yocals geschüzt worden.

a) wmbe: Uhte {a.ns bigihte) bivilde (neben bevüde) bigraft(TLe}m begrdft) bischaft bisez bisezze (Miswachs) bisorge bitraht biziht (n. besiht) b) bivanc -ganc -garte -gurtel -lant -name -rede -gerihte -släfe -sorge -spei -spräche -stal -sträze -trit -wec -wonunge -zunge.

§292. § 292.

durh, hochtonig, meist in jüngeren Worten. durhcehter -bruch -vart -vluz -ganc -kere -schin -gesiht -dae.

287

er- vgl. ur, §292.

ver- (ahd. far, fir, skr. ^ara gr. nagd got. /afr) md. vir,

zuweilen vor, unbetont, vor Subst. selten, am meisten noch in

jungen Bildungen.

xerhuoc -gift -giht -kere Aust -numft -zioiveL verendunge ver- hencnässe verhengunge vermanunge vorretnisse versmeehede vortrüwiinge verdhunge,

vore- vor- (ahd. vora got. faura skr. puras) betont, die md. Form des obd. in vür auftretenden Präfixes. Obd. zuweilen auch für vür gebraucht.

vorbilde vorbote -burc -bedahte -var -vehtcere -vorhte -gäbe -helle 'houbet 'behuge -top 4oube -louf -mac 'tnunt -rede -renner -sage -smac •spreche -sprunc -stat -strit -tanzel -gewerbe -mse -unser -wurf 'Zeichen,

vram- (got. fram skr. parama) hochtonig: weiter,

vorwärts.

framleite framspuot,

vür- (ahd. furi, von selber Herkunft wie vor) [vgl. md. vor) hochtonig.

vürban -hanc -bot -büege -danc "Vanc -vart -ganc -grif -holz 'kauf -loube 4ouf -munt -satz -schöpf -smac -snälle -span -gespenge -spreche -trahtunge -gewage -witze -wurf -gezoehe.

ge- md. zuweilen gi- (ahd. ga, gi, dunkler Herkunft, mit cofif §vv unverwant, vgl. Joh. Schmidt bei Kuhn Z. 25, 103 ; auch Benfeys Vergleichung von ved. gha scheint sehr zweifel- haft) ; unbetont. Das Präfix verstärkt 1) den Begriff des Wortes, 2) bezeichnet es das Zusammensein, betheiligtsein, bei !N^eutris

das coUective.

a) Hervorhebung, Verstärkung : M a s c. gebär -braht -danc -dranc •dwaiic -val -heiz -Idz -Unc -lust -mach -niez -ranc -rieh -sin -site 'Smac -sprinc -suoch -twinc -walt 'Werp -win -wuoc -ziuc, gebreche •breste 'dinge -loube, Fem. gebite -burt -ddht -diet -dult -vaerde •vroerde -giht -hebede -hoerde -hugede -huht -loube -mäht -näde 'nist -nuht -pfliht -räde -schaft -scheffede -schiht -schrift -schulde -gesegede -siht 'Spanst -sunche -tat -trüwunge -tuht -turst -wähst -wer -umrht -Zierde, Neutr. gebet -biet 'bot -bu -drosch -giht -lit -schaf -schoc 'Sloz -trip -zoc. Femer zahlreiche Bildungen in -ja, meist aus schw. Verbalstämmen abgeleitet, seltener aus Nominibus; sie bezeichnen eine Handlung, zuweilen das durch die Handlung hervorgebrachte. Bei- spiele : gebacke gebäge -beize -bilde -biuwe -biuze -blerre -bletze -brache -braste -brehte -bruote -dense -dinge 'diute -doene -doeze -drenge -vehte •veUe -genge -gerwe -gihte 'giude -hege -hiuze 'kose -läge -laze -leite

288

§■292. 'lende 4iuht€ -Hute 'laufe -lühe -lüclce 'male -menge -merke -nasche -reize -renne -rinne 'ruofe -rüste -sceze -schelle -schicke -schirre -schreie -schurge -slende -smelze -smide -snerre -sprenge -spüele 'Stelle -stüU -stüze -swenze -tihte -tiusche -trecke -twenge -weihe -werbe -loette -wide -ziniber -zouwe gedcehte -vreeze -spräche -wilde,

b) Gemeinsamkeit (Masc. Fem.); Menge (Neutr.): Masc. -(meist schw. Declin.) gelmr geerbe gevater geverte -gate -helfe -huöber (Eberb. Urk. I, 299) -hüse -liebe -loufte -mahel -mar -mdze -nanne -nebe -nöz -reise -schöl -sedele -seUe -släfe -span -spü -strite -swte -wete» Fem. gebette -mahde -niftel -rdeze, Neutr. gebeine -bende -bette -birge -bäume -büebe -digene -edele -verte -videre -vugele -hilze -holzede (Lac. I, 650) -hunde -hurne -hüside -loete -miure -nibele -niste -rate -rieme -rigene -serwe -sidele -spenge -steine -stime -stiUle -stüppe -sühte -wafen -wate -würme -zite -ziuge.

über die Syncope des Vocals im Präfix § 79; die Syn- cope kann bis zur völligen Apheeresis des Präfixes führen, die für gewisse Worte {geselle -selleschaft gespil gestehe geschaft gemach genia^ze gebette gebcere gehente gebot geburt gebirge gewmfen gewerp [auch das Adj. gewaltic] gedanc gelit ge- heiis) metrisch zu erweisen ist, Haupt zu Erec 1969. Manche Dichter freilich (Grotfried von Strassburg, Rudolf von Ems, Konrad von Wirzburg) lassen diese Kürzung nicht zu. Die obd. Volkssprache neigt noch jezt zu dieser Aufhebung des Präfixes, BGr. § 14, wie sie es früh gethan hat, Grimm dWb. IV. 1, 1608. Das Md. hat wie das Nd. Abneigung gegen das Präfix ge und tilgt es daher gern : Grimm Gr. 11, 734. ff. W. Grimm über Preidank S. 52. Bech in German. XXVI, 263.

gegen (gein), substant. Präposition, die auch als hoch- toniges Präfix verwant wird.

gegenbiet -gäbe -hart -herte -hurt -kouf -lauf -rede -reise -renne •sidel -stöz -strit -stuöl -stüele -traht -wort -wurf,

§293. § 293.

hinter hindeTy als Präfix verwantes präpositionales

Localadverb, hochtonig: im Rücken, zurück.

hinderbein -degen (Hagen 3664 Hintermann) hinderganc -huot -hüs -koese -läge -list -loch -nuere -rede -sceze -sedel -slac -stiure -swanc •swich -teil -trit -tür -werf.

in- {kv, in) hochtonig; durch den Hochton öifolgt allmäh- lich Dehnung, die jedoch für das 13. Jh. noch nicht sicher ist (AGr. § 298). .

289

inäde^'e inbiz -hlic -bot -bruch -butve -gedanc -druc -val -vatic §293. 'Vart 'vluz 'gäbe -ganc -grimt -gulde -guz -holde 'ker -kneht -leger 'leite -lende -gercete -saze -schin -achouwe -sigel -gesinde -slac -stant -getuome -geweide -wisunge -ziht,

ite- it" (ahd. ita-) selbständig nicht vorkommendes Präfix, Wiederholung, Verstärkung bezeichnend; hochtonig.

iteroche itetvcege itewiz,

mite- mit (got. mip, Zend. mad) erst in jüngerer Zeit mehr gebrauchtes Präfix, hochtonig.

mitebarmen -burgare -danc -dön -erbe -vart -volgare -vrouwunge -gäbe -ganc -giht -gülte -heller -heÜunge -kempfer -kneht -leben -lidunge -genieze -pfliht -ritter -scheffe -geselle -sltsfel -slüzzd -spiUere -wist -woner,

näh Ady., nach und bei, hochtonig.

ndhban -böte -erbe -giht -huote -jage -jehe -klaffer -klage -klanc -kome -künde -rede -reise -rihter -gerihte -riuwe -slac -swanc -tac -var -mrt -volge -wint -zöge, nähbur -name -slüezel.

nid er (Localadverb^ vgl. skr. ni slav. na) hochtonig: niederwärts, unten.

niderburc -val -vart -ganc -gurt -gürtd -guz -hemde -hüs -kleit 'läge -lant -läz -lege -mort -muot -säze -slac -stic -sweif -swif -teil 'Wane -getcant -wät -wint -zuc,

übe- ob' (skr. upa gr. vjto sub) oben, über; hochtonig.

obedach -man -name -süber -zin.

ober- über, ober; hochtonig; vgl. über.

oberälUe -ban -dach -hant -hemde -kdner -kemerer -lant -lefze -man -scheppe (md.) -se -snäbel -werch,

über- (skr. upari vjtig super got. ufar) md. obir, mit

ober eng verwant; a) örtlich über, b) steigernd: über das Mass.

a) Überbein -bort -brä -bu -dach -don -dön -duz -val -vanc -vart -vhot -vluz -ganc -grif -gülde -guz -hanc -hant -hübel -hoehe -kere -kleit -lende -louf -mät -müeder -roc -saz -schür -sehe -slac -soum -sprunc -sticke -suoch -swal -tür -wal -wac -wer -gezimber. b) iJiberäz -Iraht -drö -ere -glänz -her -heü -hitze -hört -huor -Idaf -klage -kraft -krüphe -last -leiste -lede -liebe -mäht -mdze -mez -muot -mutete -not -genöz -genuht -rüste -sage -tranc -trinker -unst -wdn -imUe -wuwne -wünsch -ziere -zins -zuht.

üf- (got. ufj gr. vjto, sub) von unten nach oben, oben- auf; hochtonig.

üßlic -bruch -vart -vluc -gäbe -ganc -gebunge -gift -halt -hap

'habe -haltunge -hüs -louft -runst -satz -satzunge -schup -sitzer

-dac -sluz -sprunc -erstandunge -erstentnisse -swanc -trac -trit -wal

'Zuc -zuht,

Wein hold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 19

290

§293. umbe- md. umme um (lat. amb- gr. äiiq>i skr. ab^i)

um^ hemm; hochtonig.

umbevach -vanc -vart -gane -grif -hoc -hanc -leere -kleU -kreie -list 'lauf -rant -rede -reif -reise -irere -sage -steze -sezze -scheide -schouwe -slcu: -sprunc -strich -stwch -swanc -sweif -sweim -swif -trah^ -tribe -trit -wec -weif -wort -zirkd,

§294. § 294.

un- (got. fin- lat. in- gr. skr. an-) gewöhnlich hochtoniges

privatives Präfix.

unart -bäte -bilde -geburt -gedane -dinc -diet -bedrozzenheü 4 -ere -vcisel -geveUe -geverte -vlät -völe -vrume -vuore -gunst -güete -gehabe -hant -heü -holde -kiusche -leng'e -liumunt -gemcuih -mäht •ffumheit -mäze -minne -genäde -gerate -ruoch -stdekeü -bescheidehheU -geschiht -schidde -schult -stüemekeit -tat -triuwe -trost -tugent -wert •wüle -gewin -getoitere -verwizzenheit -zuht

Der Begriff des übermässigen, welchen das Präfix in heutigen obd. Dialecten zuweilen trägt, AGr. § 300. BGr. § 227, tritt schon im mhd. ungelt, unJeunder, ungesuht (Walth. 20, 4. Neith. 170, 77) unmeisze auf, vgl. A. Höfer in Pfeiffers German. XIV, 201—205. Nur verstärkende Bedeutung hat un in unruochelosikeit.

unter- under- (got. undar lat inter skr. cmtar) a) unter,

b) zwischen; hochtonig. ^ a) underväl underganc -gieH -gurt 4az -genöz -satz -sdze -schid)e

-sluf -ströu -swanc -teü -tiefe -tuoeh -wurf -zoc. b) underbant -bifU -böte -breche -bruch -dige -vcU -viz -gane -heftdin -kauf -köufd -list 'reit -scheit -dac -snit -spräche -stöz -tat -trahte -tribd ^rü -wende -wort.

uo- höchst seltenes Präfix: nur in uomät (uemety Nach- maht) uosejsjsel (Lanzel. 6023, nicht Rücksessel, sondern Auf- satz, Plicken = ersezzede der Heidelb. Hs., Bächtold über Ulrich von Zazikhoven S. 43). Die Bedeutung von uo ist wahrscheinlich auf, zeitlich und örtlich. Ygl. Bächtold in der Germania XIX, 426.

ur- (got. US, ur- vgl. Kuhn Zeitschr. V, 211. L. Meyer got. Sprache S. 563) aus, hervor, hinweg; gewöhnlich hochtonig und dadurch in der vocalischen Qualität erhalten. Vor Verben und daraus gebildeten jüngeren Nominibus unbetont, wird es zu er (Ausname etwa urlosare Wernh. Mar. 199, 15).

291

urbor 'bot -bu -däht -dane -drutze -flüht -gane -gift -giht -gründe § 294, 'haft 'hap -künde -kumft -lac -liuge -hite -Ictster -leip -löse -loup -nrns 'Sache -sage -säte -schin -sldkt 'Sprinc -stende 'Suoche -teil -gewin.

Der ans hinweg sich ergebende negative Sinn tritt in urbunstf urholz (nutzloses, unfruchtbares Holz) ursinnekeit hervor; das volle an Art und Alter in urane, urJeint, urful; urlaster,

üe- (got. üt skr. iid) aussen und hinaus bezeichnend ; hochtonig :

üzbldst 'burger -vart -vliez -vluc -vluz 'Voget -ganc 'guot 'guz 'hunft 'Hute -man 'reise 'Setzel -sprune 'trae -tregd -trit -toetiad 'Zoc.

wider- (got. vipra) gegen; selten: zurück, wieder; hochtonig.

widerblic -bot 'breche -brüht 'dienst 'dön -driez -väl -vart -vehe -vehte -vluz -vreise -gäbe -galm -gelt -ghut -hap -haft -holde -hiuze -hugunge -kere -knote -kraft -kriec -kumft -liebe -Ion -louf -nuere -muot -wüete -murmel -parte -pfliht -qude -rede -reise -ruof -sache -satz 'Schüt -Schrift -slac -späht 'Spdn -spd -spor -spräche -stöz -sträze -strebe -stric -strit -stürz -stutz -swal -swanc -teü -trip -trit -trotz ^rc -wanc 'Want -wende -wart -wehsd -werde -wer -wint 'Wort 'Vmrf -zuc 'Zügel,

zer- ze-, md. jsur- su-^ nnv in jüngeren aus Zw. oder zusammengesezten Adjectiven gebildeten Substantiven.

jSTMO- hinzu, neben; hochtonig.

zubröde (Zubrot Elis. 3486) zuobuoze -vart -vrouwe -vuoge -gäbe -ganc -gelt -grif -klage -verläz -lende -louf -man -name -numft -nutz -pfliht -sät -schütz -versiht -släfe -sunne -tcd -warte -unp -zuht,

B. ZnsammeBgeieBte Adjeotiya. § 295. §295.

a) Adjectiv mit Adjectiv.

eddarm albar cäbrehende lütbreche vöäebreit brwnvar valfehse witvengec rincverte ältvrenkisch aJgar swarzgeL niugeme bittergrimme ihengröz vrischgrüene höhgültic rötguldin wizgehande missehare eben- here rehtherze ebenjunc tumpküene süchelage arclistec wislos höhgemäc liehtgemäl mittdmaze aUmüede höhgemuot stolzmüete liepgename klein- ouge lancrache tumpraze brimreit ebenriche alröt bleichsal genuocs4ßlec seltstene lancseime tötsiech lütersnel höhsprunge reinistcste edelsüeze meistteilec wisetief lindweich witweide rotwiz wanwitze ebenziere haJpzogen.

19»

292

§295. Ferner Zusammensetzungen mit beere haß liehe santy

die sich freilich häutiger mit Substantiven verbinden.

beere (das sich erheben, zielen nach dem Inhalt des ersten Wortes bezeichnend): irrebare verholenb. lihth, lütb. liiterb, offenb. trütb. warb.

haft: blintMft eigenhaft V(Ü8chhaft {gewbhiilich. vcdschaft, A wird gespart) geüh, irreh. unerlösth. gemuoth, sicherh. gesunth, swarzh, timberh. töth, wärh. wizzenh. gewonJiaft. liutSiBlechaft. Gewöhnlich ist in der späteren Zeit der mhd. Periode die Verbindung -haftec, § 275.

liehe lieh in sehr zahlreichen die Angleichong an den Inhalt des ersten Adj. bezeichnenden Worten, oft wird nur eine geringe Modi- fication des Hauptadj. ausgedrückt. Über die Kürzung lieh § 16. ällich ellich and, baitl. bitterl. blintl. bloedel, Uoezl, boesl, edeU. ermd. vaJschl, vril, vrcel. gächl, gend, gogeU. grenU. grimmel, grcßzl, guoü, (guöllidi) hertl. hohl, jufid. karcl. kiuscM. Mierl. krend, kunU. kurzl küenl. Uhtd, liepl. gemeihl. mid* richl. (rUidi) rincl. ruawel. scharpfl. siedd. sicherl, slehth sndl. stiU. suozh swcsrl. tiurl. träd. trutl, tumpl. iibell toackerl. werü, tcüü, icidich. erbolgenHich verbundenl, gedigerU, verdrozzetd. eigetd, völlenkwnehl, verldzenl. gdegenl, vermezzenl, berdtefU. verstandenl, versunnetd, trunkenl, verwegenl, wizzentl. unerwordenl. beworrerU. über- wundenl. gezogenlich, affedich ahtech bcUded. bUdecl. andahted, emzed. endecl. ered. geveUech vliistecl. volled. vrumecL vunded. un- geehed. giudecl, grimmed. güfted. heüecl, heimed. lielfed. behended. herted. herzecl. hezzid, hürted, jämerd. inned, kiusched. listed, durh- liuhtecl, genuezecL mehtecL minned, müezed, genaded. nided. genuhted, vernumfted. oßded. otmuoted. reined, bereited. riuwed, rtwwed. gesdUd. senftecl. sihted, sUeted. stiUecl. swmded, geturstecl. gewäUed. tväned. un- verwended. wiUed, wünned. zühtedich, In den md. Schriften waren diese Adj. in -edich weniger häufig als im Obd., W. Grimm zu Athi» D. 97, sie breiteten sich aber auch hier im 13. 14. Jh. aus. Ein grosser Theil von ihj^en beruht nicht auf Adj. in -ec, sondern ist durch Ana- logie entstanden. Über die nasalirte Nebenform -endieh § 216. 217. höveschlich kindesUch unwirdesehlich, egbarlUih erbaerl, vruTUbari, kostbaerl. ma/nbarl genisb, schtnb. aläfb, straf b, stritbaerlich. In späterer Zeit begegnen auch Zusammens. mit -sandidi, zb. vridsamlich irreaand. gewarsamlich.

8 am nicht häufig mit Adj. zusammengesezt: geheUesam hers. irres, lancs, liMes. gemeins. sats, tunkeis, wertsam.

§296. § 296.

b) Substantiv mit Adjectiv (und Particip).

wurmtsze tcunderbalt erenbernde totbleich muoterbldz gruniboese spanbreit spiegelbrün sdiefbrüche wöücenbriistic erbeigen wibeHoal karkelvar walveige mietegern vreudegernde notveste addvri wunder- gäbe hantgar äzgeü frwrtgir sturmgite sdhimelgrä loubgrüene hnfhais

293

gimeheil helleheiz vlinsherte toineholt kintjunc winterkalt wunderhüene § 296. mmerlanc spiegeUieht herzdiep spiegellüter labrnntBre gelidemcßze reise- müede muotemacket dancfneme 8weiznaz .rederate mortrtBze schifreh {Frz. Pfeiffer zu Megenberg S. 707) miigetreine wcueerriche schameröt sturmruschende vnpstBlec verheer tötsiech nassnitec wortspahe grati' Sprunge Ivftesüeze bluotsuhtic bercswiere verhtief muottruebe herzevbel stoertwahs ruomwcehe handeweich hovewert viurwilt buozwirdec wäcwise ühselmt silberwiz minnewunt wätziere.

Häufig werden Subst mit h(ere haß liehe sam componirt.

htere verbindet sich dem consonantisch auslautenden oder mit Themavocal bekleideten Stamme. Dazu kommen schwach genitivische in -e«, zb. ereribare vröudenbeere seeldenb. sunnenb. wunnenb., sowie die seltenen stark genitivischen kampfesbmre Farz. 209, 20. lobesbtere Wilh. 25, 30, in denen btere wie ein selbständiges Wort erscheint. Neben den Adj. in -btere stehn schon im 13. Jh. solche mit geschwächtem -her, die auf -bd/r Nbf. zu bisre sich zurückleiten. Einige Belege der Oompositionsgattung : adelbare ahtebare angestb, dancb. dienestb. drob. €gd>, eiterb, erb. vrideb. vröneb, vröudeb. vrühtb. goteb. gruozb, g-ilnsteb. heüb. heUeb. herzeb. Juyveb. hungerb. hurteb. kampfb. klagb, kosteb. kriuzeb. kronb. künsteb. kürb. kusseb. lasterb, liehteb. lobeb. löneb. düsteb. magetb. manb. meienb. pflanzb. rätb, redeb, reiseh. riuweb. sehadeb. schalb, schiücb. schimpf b, schinb. sendeb. sigeb, sitmeb. siufleb. stiureb. stritb. sündeb. tötb. toufb. trimceb. tugentb. wandelb. wirdeb. wunneb. zeichenb, zornb. zuhtbare. Auch mit beerec kommen Com- positionen vor: egesbcerec riuwebarec.

haft: angesthaft arth, buh, buozh. gedähth. gedanch. dienesth. eh. eith. ellenth. endeh. erh. emesth. välschh. viurh. vlizh. vröudeh. ganch. gelth. girh, hegeh. heüh. hdfeh. herh, herzeh. hügeh, houbeth. kerkerh, klageh, kriech, legerh. Itph. geloubh. lügeh. manh. nanih. nöth. ordenh. guelh. redeh. sacheh. sageh. sceldeh. schadeh, schalch. schameh. scharh, schuldeh. sedelh. sezh. sigeh, sihth. spoteh. stahdh. stateh. süchh. s&ndeh. gesunth. teiUi. tiuvelh. {sibendmelh. Friedb. Kr. F. 1, 22) törh. trügeh. tugenth. wandelh, werchh. weideh. wich, wunder h, wuocherh. zalh. zinsh. zmvelhaft. Die Zs. mit hafiec sind jünger, kommen zwar theüweise schon ahd. und im 12. Jh. vor, breiten sich aber erst im 14. Jh. mehr aus. Einige Belege: adelhaftec diensthaft. ehafU ganch. durhgrunth. hanth. klageh. mäzh. schalch. teüh. wandelh. zeichenhaftec.

liehe lieh: addlich angestl. ansihtl. arbeitl. arü. betel. bildel. bül. blid. gebrüchl. burgh geburth vürdahtl. degenl. diel, dincl, gedönel. darperl. dröl. düfl. egesl. (eisl.) endel. enstel. ercl. vcerl. gevaterl. vienth vleischl. viel» vorMel. vreisl. vrevelh vridel, vriuntl. gevuoll. girl. gotel. grevel. hazl. behegel. helfl. herl. herrenl. herzel. gehör saml. hovel. hurtl, huorl. jämerl. kampfl. klegd, kostl. kusl. antläd. lipl. lobel. geloubl. lügenl. magenl. meinl. magetl, ma^tuoml. gemechl, manl. menschl, mcezL

294

§296. minnel, mortl, müel. muoterl, nöÜ, ordefd, pfafl. pflegl, pird, reigeL rüterl, rüenü, schau, sehedel. schüU. schriel. geseü. sigd. sinnd, süd. döü. sturmd. sumerl, sufd. simtl, tegd, tierl, tiwodl. toerl, tugentL urteiU. wachl. wand, wazzerl. wd, weidd, werltl. w%pl. wirtl. umaUieh zeichenl. zarfd. ztthüich.

YerBchieden von dieser echten Zusammensetzung ist die Vorrückung eines Gen. Plur. vor gelich oder KcÄ, wodurch der pronominale Begriff jeder gewonnen wird: kinde gelich jedes Kind, dingdich, järgelich, lendelidi, aller manne gelich allermenglich allermehlich mengelich mänedich mätdichy aller ritter gelich rittergeUch, sühtdich, tiergeUch.

sam. Adjectiva aus einem Subst. und sam zusammen- gesezt sind weniger häufig als die mit licJie componirten. Im 12. Jh. begegnen sie öfter als im 13.; manche Dichter, wie der Dichter der Klage, Walther, Wolfram, Wimt von Gräven- berg meiden sie; Hartmann hat sie wol im Erec, Gregor,, armen Heinrich, 1. Büchlein, aber nicht im Iwein und 2. Büch- lein. Andere dagegen, so Gotfried von Strassbui^ und Konrad von Wirzburg, brauchen sie gern, vgl. W. Grimm z. Atbi»

D. 20. Haupt z. Engelh. 1185. z. Erec 214.

arbeitsam eiss. ers. gevaUes, vorhtes. vreiss, vrides. vrühts. griuwes, gruozs. heüs. hons. gehörs. klages. leüs. lohes. lusts. minnes. morts. muots. genözs. genuhts, ruoms. schades. schames. sinnes. sorcs. teäs. trösts. trüges. trures. tugents. wunnes, ziersam.

§297. § 297.

c) Fronomen mit Adjectiv. samwüzec selpwesic.

d) Adverb mit Adjectiv.

hifdazic -nemec. innewendic üzewendic. innerlich üzerlich,

samenthaft 'lieh. hardnderbe -gröz -guot -holt -lanc -mcBre 'Senfte -tiure -tois. ertegic. missevar -meüec -müete 'Z<Bme. wolgebtere wolveil 'gesmac -tan.

e) Yerbalstamm mit Adjectiv.

frdgebare unerforschb. jagd). sageb. simftdt. siMchd). tragd>aere,

arhaft (arabüis HU. 1, 419. Böhmer 263) berhaft ld>eh. tardh. ioane' Itaft. ragehvffe. erbemdich bieglich bUpl. volbrenglich verderpi, verdient, ezzl. bevinü. hebd. hinderl. lachel. lebel. tmlidd. merl. nennd. verseht, sprechd. vertügel. vertuend, tveinl. wesd. zthUch, und mit Einschiebung eines unechten n: vürbergenlich unverbreehenl. btUoenl. mndevd, behagerd. lachenl. versehevd. sterberd. sträfenl. treffenl. betriugetä.

295

troestenl. toeidenl. verwerrenl. toesenl. verzagetd, bezeidhehlieh. §297. vermeinsam,

f) Zahlwort mit Adjectiv.

einh(ßre einborn einvcUt einvar emvormec einhaft einhd ein- heüec einjehtic einkriege ewdich einloetec eitdütze einmuote einnehme eingenote einöuge einrihtec einschüt -trehtec •wiUec. einedUch. zißigebel -lieh -slehtic -apel -spüt drieeke -valtec -houptec -lieh 'Sinnec -spitzec -zinkeht, Vierecke -var -lieh -örtec -schroetec -tage 'tegec, niunherzic,

§ 298. §298.

g) Partikel mit AdJQctiy (über die präfigirten Par- tikeln §§ 291—294).

ä' hochtonig.

ddosme ägezzd -lanc -setze -smeckie -stiure -sunder -mtzec. ahe- ab' hochtonig.

äbegengic abgezzec dbehtBre -hendic -holt -läge -Imze Aip -rinnec dizec 'teüec -trünne.

ane- an- hochtonig.

andenke anveUec anegengic anelich -minne -niBme -ratec -schin •seige -spräche -wart -ziehlich. ant' hochtonig. antfähs -saze -s^ezic,

he- unbetont.

begar -hagel -flogen -hende -kennic -qucsme -reite -ringe -scMbe -Sippe -statec -stendec -toenke.

bi' hochtonig: biderbe,

hochtonig und mit langem i: Hgeloubec -gesdlec -gestendie -wegec,

durh' dur- hochtonig vor einfachen, tieftonig vor ab- geleiteten und zusammengesezten Adjectiven.

a) örtlich durch: durhbrünstec -veUec -gengic -griftic -gründe -liuhJtec -nehte -schinec -sihtec -sieht -zündec. b) die Durchdringung mit der Eigenschaft bezeichnend : durhvlach -vruhtec -ganz -grate -heiz 'hitisehe -klär -liüht -listec -lustee -lüter -rein -scheUec -senftec -siech •spitzec -suber -trehtic, durhgrunthaftec.

ver- unbetont, nur in abgeleiteten Adjectiven, zb.

vergiftec -nünftec -rihtec -tragic.

vor- betont.

vorbedäht -bedtehtec -gar -name -besihtic -wage,

vür- betont.

'&ürd<BhÜich -naeme -besihtic -trehtic.

296

§298. ge- unbetont; das Präfix bezeichnet a) die Verbindung

oder Ausstattung mit dem Begriff des Substantivs, aus dem das Adjeetiv abgeleitet wird, b) hebt es den Begriff des zu Grunde liegenden Adj. hervor.

a) gehart -veder -vriunt -vüege gehant gehende gehär -haz -herze 'hom -Up 'tnäc -man -maze -minne -muot -noete -rede -schuoh -»inne 'Sippe -Site -sitme -slaht -zagel -zan. b) geberht -derbe -dihte -vtere -vage -giwt -heil 4iep -Urne -rat -reht -ringe -ruch -rume -sieht -spraBche -triuwe -wäre; femer gehouge gedrenge gelenge gdenke genende gevölgec gehtdfic geriuwec geruomic, Eine den Stammbegriff verstärkende Bedeutung hat ge wol auch in gemach gemeine gemeit genuoc gereeh gereit gesunt gewar.

Die Ableitungen und Zusammensetzungen mit ^ominibus, welche das Präf. ge haben, sind ausserdem zahlreich, zb. ge- bresthaft gedultec geloublich getiihtec,

gegen hochtonig.

gegenwart; sonst nur in Ableitungen von Subst. mit gegen. hin der hochtonig.

hinderstdlec und Ableitungen wie hindergengec -listec -reddich, in- hochtonig, a) mit örtlicher Bedeutung b) verstärkend, a) inborn indenJce ingendic inheimisch inlih inwart inwendic. b) indurstec in/viuric ingar ingrüene ingruntUch inguot inhitzec. ite- hochtonig. iteniuwe.

mite- hochtonig.

miteewic -hellic mitelös mitesam miteware. näh' hochtonig.

ndhriete nähgrifec 'Vlühtec -ratec -wendic. nide- hochtonig. nidewendic. nid er- hochtonig. niderbrüstec -veUic. obe- hochtonig. obewendiCj Nebenf. obenwendic. über- hochtonig a) örtlicli b) über das Mass, über und

über = durchaus.

a) übervluetec -gare -swenke -wage -wertec -icündec, b) über- vinster -völ -grä -gröz -guot -her -hitzec -kostlich -kreftic -lieht -lui -menschlich -sceUc -sat -sinnec -wesenlich.

üf' hochtonig.

üfreht -rihtec -rüstec -wert.

297

§ 299. un- in der Regel hoch tonig, doch auch zuweilen §299. anbetont, kann mit negirender oder doch verringernder Be- deutung vor jedes Adjectiv und adjectivisch gebrauchte Particip treten. Besonders gern verbindet es sich den Ad. in -ja, in -ic und mit liehe.

Über die privative Bedeutung von un äussert sich Hug

von Trimberg in seinem Renner 9160 85 also:

ein lasterhlech daz heizet un^ daz durh tiutschiu lant nu get und vorn an mangen worten stet, der lob ez nidert unde swacht und ez gar zenihte macht, des hän ich leider vil geziuge^ dies mir gesten daz ich niht liuge: unselc unsinnc unst(Bte unreine^ unedel unertic ungemeine, ungedultic und unordenlich, ungehorsam und unhovelich, unbillich unzimelich, unmenschlich unkristerüich, unversunnen unerlich, nnveterlich unmuoterlichy unswesterlich unhrüederlich, unvriuntlich ungeseRich, untugentlich unendelich, unvlmtic unkiusch unlustic, unheimlich uiitriu unkustic, unwert unwis und ungelert, unglöubic unde unhekert, unbescheiden unredlich, unwiUc ungntedic unfridlich noch vindet man der worte vü, der ich niht mer schriben wil.

Auch bei verbaler Verwendung des Part. Perf. Pass. ist die Präfigirung von un zulässig, zb. dajs^ hän ich ungedienef noch Parz. 362, 7. da^ hän ich unverschuldet noch Flore 3897. du hast min unvergez^sen Trist. 9455. dai^n wirt dir unvergolten Stricker kl. Ged. 6, 52. Der active Sinn, in den das Part, zuweilen übertritt, wird durch un- nicht be- eiüträchtigt : vgl. ungeiszen unervorht ungesungen ungetihtet unbetrogen ungewtjszen, Grimm Gr. IV, 69—71. f. Da Verba die Verbindung mit un nicht eingehen, so ist die Fähigkeit des Partie, dafür besonders beachtenswert.

Die in heutigen Mundarten nachweisliche steigernde Be- deutung von un- kann ich nur an unplot^lich Köditz 61, 25 nachweisen; AGr. § 305. BGr. § 232.

unter- und er- hochtonig.

a) unter: underhöric undertä/n -tcenec undertoendic, b) zwischen: undertdn (Trist. 2390). Konrad v. Megenberg braucht under zur Übersetzung des lat. sub : underbleich -pitter -gel -rot -swarz,

uo-.

Nur in uohaldic fPundgr. II. 216, 9) nachweislich = tviderhäldic, proclivis.

ur- hochtonig, mhd. sehr im schwinden gegen den ahd.

Gebrauch.

298

§299. heraus hervor: urdrütze urdrützec urez (Benner 19580). ver-

stärkend (herausgehn aus dem gewöhnlichen Mass): ureigen urldare urkleine urmcBte urweche, negativ (herausgehn aus der Eigenschaft) : urJcleffe urlende uraorge Ursprache urware urwise,

ÜZ' hochtonig; herausgehn aus dem gewöhnlichen Mass.

uzliep üzwert,

wider- hochtonig.

widergenge -muot 'Soeze -spane -sperre -stdle -zam -ZiBme. widerhüdec -hruhtic -heldic -heUic -sazic -setzte -spanic -stendic -wartic -wendic.

zer- zur- unbetont, nur in Ableitungen oder Zusammen- setzungen mit componirten Adj.

zh. zergancUch zurtodnic,

ZUG' hochtonig.

zuokünftic zuolih WvKh. 27, 21. zuotaetic zuoveUic,

0. Zusammengewsste Zeitvorte.

§300. § 300. Die Zeitworte verbinden sich am liebsten mit

Partikeln oder Präpositionen; die stärkere Bestimmung ihrer

Thätigkeit oder ihres seins durch Nomina widersteht ihnen.

Jene präpositionalen Präfixe bezeichnen nur die Richtung oder

die Stärke des Begriffes.

Substantiva mit Zw. componirt sind im Grunde nur

lösbar vorgerückt. Logisch scheiden wir dabei appositionelle

Verbindung wie kintwesen meitwesen miltekosen vrosangen

wänsangen meinswem, und casuelle Verbindung. In dieser

sondert sich accusatives Verhältnis, zb. jämerbem ebrechen

sippebrechen rätvrägen mceresagen messevrumen minnegem

fröudemachen teilnemen fiuwerniuwen stritscheiden sumber-

slahen härslihten heimesuochen kapeltreten dativisches

(Ziel): Spottelachen schantlachen lobsprechen släf trinken

genitivisches (Grund) : minneglüen jämerschricken vröuden-

weinen instrumentales: radebrechen vingerdiuten veder-

slahen hantslahen zagelweiben vinger zeigen locatives:

hellebrennen knievallen winkelsehen.

Adjectiva, die sich mit Zeitworten fester verbinden,

sind nur volle, misse, seltener eben sunder und das Adv. wdl,

volle- vol-, md, voUen- vdn- : voUebringen -buwen -vam -vikren

-gän -gründen -harren -Herten -langen -leisten -lohen -loufen -machen

299

-mezzen -reden -recken -rihten -riten -rüemen gesogen -speken -spün §300. -sprechen -stän -tihten -treten -trinken -truwen -tuon -wthen -würken -ziehen.

misse -(Men -bieten -bmuen -denken -dienen -dthen -dunkeh -enden -vaUen -vam -vüegen -vüeren -gän -geben -glauben -grifen -gründen -haben -hagen -halten -handeln -hellen -hüeten -jehen -keren -komen 4äeen -Uchen -lingen -louben -machen -niezen -prisen -raten -reden -sagen -schehen -sehen -sprechen -stän -stellen -tragen -treten -tuon -warn -wenden -wenken -toürken -zemen -ziehen -zieren,

eben -doln -heUen -hiuzen -loufen -mäzen -menden -tragen,

sunder -klagen -meinen -sprächen.

wol -kochen -sprechen -tuon.

Ein genitivisches Substantiv. Adv. erscheint mit Yerbam componirt in dingesgeben, Berth. Pr. I. 40, 4. 175, 21. Es ist aber eine trennbare Zusammenrückung.

Von den zusammengesezten Verben ganz zu trennen sind die verbalen Ableitungen von zusammengesezten Nominibus, wie u. a.

offenbeeren herbergen manecvaUen herverten höhverten jdherren slekmitden unruochen botschaften unsinnen unsubern hovetanzen arc- W(ßnen muottvülen kurzwilen vünvitzen.

§ 301. Bei der Composition der Partikeln mit Zeit- §301. werten trennt sich die unlösbare der Partikeln ä-be-ent-er- der-ver-ge-'ite'jser (Grimm Gr. II, 797-— 865) von der lös- baren mit Präpositionen. Von diesen verbinden sich durh hinter über umbe under wider (Gr. II, 875. flf.) fest, sobald ihre Bedeutung abgeschwächt ist; in nachdrücklicher adver- bialer Bedeutung lösen sie sich vom Yerbum ab. Die übrigen Präpositionen und Ortsadverbien haben nur ein adverbiales Verhältnis zu dem Zeitwort und stehn von ihm gesondert, wenn auch gewöhnlich unmittelbar vor oder hinter ihm. Grimm Gr. II, 879. ff.

a) Untrennbare Partikeln mit Yerbiini. § 302. § 302.

a- hochtonig, selten, da derselbe Begriff durch ar (er)

bezeichnet w^ird.

dkösen äsprächen ästiuren ävnchen.

be- md. bi- be, in sehr zahlreichen Verbindungen,

betont die Kichtung auf das Object bei Transitiven: bedenken

-decken -dingen -diuten -dringen -driuzen -vähen -vaUen -vinden -gen

300

§ 302. -giezen -graben -grifen -grüezen ^gürten -haben -halten -heften -henken •hem -hdn -hügen -hüllen -hüeten -jagen -jehen -kewnen -keren -kerkdn 'klagen -körn -laden -langen -legen -leiten -liegen -litihten -Hüten -lüchen •merken -minnen -niden -raten -reden -refsen -rihten -riten -riezen -riuwen -roitben -i'uachen -rüsten -samenen -schaben -scheiden -schein -scheiden -schinen -schauwen -schrien -schütten -sehen -senden -setzen -singen -sitzen -sWten -sliezen -smden -snitzen -sperren -springen -sten -stiften -strichen -soufen -sufen -suochen -swceren -trahten -trecken -triegen -trüren -ttoingen -u/nsubern -taenen -wallen -weüen -wenden -toinden -tvisen -würken -ziehen -zihen -zwagen. Instnimentale Be- deutung (versehen womit): bebreiten, beburggüten (Henneb. ü. 11, 112) bedürnen begedemen behüsen bekleiden -liewen -liumunden -regenen -rigeln -salben -sinnigen -touwen -ziugen -ziunen. Privative Bedeu- tung (bei Seite): begeben behaupten benemen sich bewegen^ begliten (ausgleiten Leyser Pr. 65, 5). Bei Intransitiven verstärkt be den Begriff: beginnen -hagen -kliben -körnen -Üben -nahten -rinnen -schehen -slifen -snaben -stän -tagen.

Vgl. A. Hittmair Die Partikel be in der mittel- und neuhoch- deutschen Verbalcomposition. Wien 1882.

ent-, häufig en- vor Labialen und Gutturalen (folgende

Media wird dann oft zur Tennis, f zu pf), md. int-, ripuar.

int' ont' unt-, Unbetont.

Die ursprüngliche Bedeutung gegen lässt sich noch erkennen zb. in enbieten (etnpieten) enblanden engelten (enkelten) enthoben ent- halten entheizen enkleiden entlihen empfelhen entreden entsagen ent- werfen, entgegen in empfdhen empfinden entnemen entseben enstän. Verstärkung inchoativer Bedeutung: enbrinnen -brennen -flammen -liuhten -schinen -släfen -springen -sweUen -wachen -wecken -zünden; enphlegen. Aus entgegen ergibt sich privative Bedeutung (hinweg, von) und Verstärkung privativer Bedeutung: entänen entbinden [enpinden) enbesten enblecken enblüemen enbrechen entdecken enterben enpfloehen enpfaUen enpfarn enpfremden entfröun enpfüeren entgenzen engesten -gurten -heften enhenden -keren -kleiden entladen -läzen -Üben -luchen •raten -reden -rinnen -risen -rüsten -sagen -schuldigen -schütten -setzen -sin -sinnen -sliezen -spannen -spenen -tragen -tuon -wahsen •%Dd>en -wegen -wellen -wenden -wem -werren -wesen -toichen -wilden -wischen -wonen -zihen -ziehen,

er- md. ir- her- hir-, unbetont

Die Grundbedeutung ist aus, hervor : zb. erähten er amen -beigen -bellen -biten -bieten -blicken -brechen -bürn -denen -denken •diezen -vehten -verren -vinden •vliegen -vlehen -vrischen -vüllen -gän -g^)en -giezen -graben -heben -hügen -kennen -liechen -loesen -louben -mieten -nern -quemen -ringen -rinnen -schiezen -schrecken -sehen •spehen

301

-sperren -spriezen -sprengen -stän -sterben -suochen zwingen -teilen § 302. •traHen -triegen -wdhsen -waüen -wegen -wenden -winden -zeln -zielen. Daraus ergibt sich verstärkende Bedeutung a) bei Transitiven: die Thätigkeit steigert sich bis zum erreichen des Ziels : erarbeiten erbeiten -beizen -blenden -drumen -effen -varen -vinstern -viuhten -vüUen -geüen -geizen -greinen -hoehen -üen -Hein -itefiiuwen -Mengen -hüelen -lernen 'linden -mcsren -mieten -müeden -murdefi -niuwen -oesen -offenen -säten -scheinen -slahen -slichen -stecken -toeten -treten -wellen -werben -ziugen. Bei Intransitiven wird der Begriff des werdons verstärkt : eraffen -alten -armen -balden -bidemen -blinden -bliugen -blasen -dorren -dursten , -mrhten -glüejen -gouchen -hitzen -jungen -lamen -mannen -schämen -siahefi -stummefi -swarzen -tagen -toben -touwen -wachen -warmen -wüden -zamen.

Bei manchen Verben entsteht der Begriff zurück, wieder zb. in ergeben ergeteen -höln -län -quicken -setzen -winden -ziehen (Trist. 19421;.

der- md. dir-, mit er durchaus derselben Bedeutung (nach Kuhn Zeitschr. V, 210. f. auch derselben Herkunft aus anis; er [got. us] entstünde aus a-s, der [dis] aus -nis). Es i^t Yor dem 11. Jh. (Müllenh.-Scherer Denkm. XXX, 6) nicht nachgewiesen, seit dem 13. Jh. kommt es obd. (namentlich bairisch) und md. ziemlich häufig vor, im 14. 15. Jh. drängt 68 im östl. Mitteldeutschland er in den Hintergrund. Es ist noch heute bair. oberpfalz. ostfränk. lausitz. schles. gäng und gäbe, in Thüringen aber (nach Regel Ruhlaer Mundart 79) fast erloschen. Öchmeller BWb. 1«, 531. BGr. § 234. AGr. § 308.

Einige Beispiele aus obd. Quellen:

derarbeiten derbringen derbeizen -malen -gräwen -heben -kennen -lachen -legen -Uuhten -loesen -louben -sehen -seihinen -slahen -sterben -wdn -werben -winnen -zucken.

Aus md. Quellen:

dirbUen derfrdgin derfuUen dirhaldin -holin -kennen -Idzin -manin -mordin -slän -stechin -sten -sticken -wein -wisen,

§ 303. §303.

ver- md. vir- vor- vur-, unbetont. Aus der Grundbedeu- tung bei, neben entwickeln sich die verschiedenen Bedeutungen, die das Präfix dem Vb. gibt : a) bei, zu, b) bei seite, c) auf- hörend zu sein oder zu thun, d) das Mass überschreitend, über.

302

§303. a) verbesten -hlenken -danken -decken -denen -dürnen -ebenen

•vollen -vieren -gelten -graben -haben -harnten -jähen -jehen -Urnen -müren -mßjen -nemen -riben -rigeln -riMen -ruochen -schdken -schrägen •setzen -slähen -sliezen -sorgen -spannen -sperren -starren -suochen -wahsen -walken -wieren -tcizen -toürken -Zinsen -zwicken, b) ver* dringen -vam -vüeren -gdn -geben -haben -jagen -keren -läzen -leiten -schieben -schupfen -spannen -tragen -treffen -trtben -waUen -wanken; verdenken •gunnen -kiesen -kaufen -sprechen -swern -tragen -warten, c) verbaUen -bem -boln -blasen -brennen -derben -diezen -döuwen -drumen -eiten -vellen -klagen -kouwen -liesen -loüben -nihten -pflegen -riuwen •schämen •serten -sinken -slinden -sitzen -sniden »spün -stechen -süfen -swinden -tanzen -topein -tuon -werden -welken -werten -toürken -zern, d) vergdhen -laden -ligen (sich v.) -mezzen (sich v,) verminnen -salzen -schrien -släfen -fitzen -stampfen -trähten -wepfen.

In Ableitungen aus Nominibus verstärkt ver- den Begriff des zu etwas werden oder machen.

veraffen -alten -argen -boesen -dieben -dorpem -dorren -einbtBren -eilenden -veilen -giseln -heilen -herten -herwen -huleen -kapfen -kargen •kebsen -kleinen -krenken -liitzeln -müeden -rüemen -sdwen -spaten -Stäben -steinen -sujochen -swerzen -tören -tauben -wilden -witewen -zagen,

ge-, unbetont (nur im Partieip. Pass. der Lehnworte in

-ieren hochtonig) tritt unzähligen Verben vor. Es gibt 1) als

wortbildendes Präfix eine verstärkende oder den Verbalbegriff

abschliessende Bedeutung; 2) dient es dem Ausdruck der

Vergangenheit, indem es a) vor einfachen Zw. den Begriff des

Präterit. steigert, dem Präsens unter umständen den Begriff

des Perfects und dem futuren Präsens die Bedeutung des

Futur, exact. verleiht, b) indem es in negativen Sätzen dem

von einem Präteritopräsens (namentlich Icunnen mugen soln)

abhängigen Infinitiv die Bedeutung eines Inf. Perf. gibt.

Grimm Gr. II, 848. L. Tobler über die Bedeutung des deutschen ge- vor Verben, in Kuhns Zeitschr. XIV, 108 138. AI. Beifferschoid über die untrennbare Partikel ge- im Deutschen I. 1. ge bei Infinitiven. Breslau 1872. und im Ergänzungsband der Zeitschr. f. deutsche Philol. 319-446.

Zu bemerken ist, dass manche Verba mit ge- die unzu- sammengesezten gleichbedeutenden Verba aus dem Gebrauche ganz oder wenigstens überwiegend verdrängt haben. Dies gilt für gehorwen gelouben gelücJcen genenden genesen' geschehen gesigen gesinen gestemen gewahen gunnen, Über die vocalische Syncope in ge § 79. Ableitungen von mit ge

303

zages. Nominibus, wie gelimpfen gemeinen genäden genozen § 303. genüegen gewaltigen kommen hier nicht in Betracht.

ite- hochtonig, nur in iteruchen, itewtzen.

un- ist kein verbales Präfix. Es zeigt sich nur in Zw., die Yon mit un- präfigirten Nomin. abgeleitet sind. Ebenso

ur-; die verbale Form dieses Präf. ist er (ar).

zer- ze-y md. zir- zi, zur zu zo- (got. tus nord. tar gr. dvg skr. dus, in allen diesen Sprachen mit der Bedeutung schwer, übel, miss-) gibt im Deutschen den Verben die Be- deutung der Ab- und Auflösung; negative Begriffe steigert es.

zerbern -hlcejen -bHuwen -brechen -breiten -dennen -drinden •drumen -väüen -vam -vliezen -vüeren -geben -gen -heUen -houwen 'Idzen -liden -matten -rennen -reren -rinnen -riten -riuten -rizen -Sißjen -scheiden -schricken -schrinden -schroten -senden -serten -slahen ■sniden -spenen -spreiten -sprengen -springen -sprizen -spröutoen •stoeren -stoüben -swellen -teilen -trechen -trennen -treten -triben -tuon -werfen -werren -wirken -ziehen.

b) Trennbare Partikeln mit Yerbum. § 304. Die trennbaren Partikeln, welche mit dem Verbum § 304. eine engere Verbindung eingehn können, sind durh hinter über umbe under wider. Sie sind in dieser engeren Zusammen- setzung unbetont; nehmen sie eine adverbiale Bedeutung an, 80 werden sie hochtonig und stehn in loserem Verhältnis.

durh-

dwrhahten -born -brechen -bresten -dringen -vam -verwen -gdn -giezen -glOejen -graben -gründen -hessen -houwen -jeten -legen -lesen -liuhten -loben -loufen -merken -mezzen -mischen -rinnen -sehen -slahen •smelzen -spehen -sprechen -stechen -stözen -strecken -strichen -süezen -triben -watjen -waten -weben -wieren -würken -zeisen -zieren -zun -zünden -zwien.

hin der-

hinderbrechen -denken -gern -grifen -körnen -legen -riten -schrenken

über- md. ober- ripuar. over-

Überbern -bizen -brehten -breiten -büegen -denen -denken -drengen -em -ezzen -varn -vehten -vliegen -vliezen -vriesen -gern -gelten -gern -gesten -giezen -gimmen -giuden -goumen -gülden -güeten -haben -hähen -hern -herten -heven -hitzen -hoehen -hoeren -hugen -jehen -kempfen 'kergen -kamen -kroenen -krüpfen -laden -leben -legen -lesen -linden 'loben -loufen -maln -mugen -oben -reden -regenen -ringen -riten -ruofen

304

§ 304. -sagen -schallen -schoenen -schrenken -sehen -sinnen -dahen -siihten -spiln -sprechen -springen -siegen -stecken -stözen -strd>en -strichen -striten -süezen -teilen -tragen -treten -trinken -twingen -uoben -vehten -vieren -loachen -wallen -wegen -werden -wilden -winden -wundem -zun -ziehen -zieren -ziugen. Die Bedeutung ist über etwas, über das Mass. In manchen Worten bezeichnet über auch nur das Ziel, zb. in überdenken und zuweilen in überhoeren, übersehen.

umbe- md. umme- um-

umbedrcBJen -vähen -varn -vUhten -vliezen -vüeren -gän -graben •grifen -gurten -haben 'hohen -luüsen -kreizen -legen -ligen -liuTden -mezzen -riten -slahen -sliezen -snurren -sperren -sweifen -swingtn -teüen -tragen -treten -tüUen -turnen -ivürken -zinnen.

under-

a) herunter, unter: underdrumen -graben -leinen -neigen -slaheti -smucken -stiuren -telben -tuon -zucken.

b) dazwischen : tmderbinden -bmoen -dringen -vähen -varn ^vlehten -grifen -komen -nemen -rennen -rihtefi -sagen -schaffen -scheiden -schieben -schiezen -schroten -sehen -setzen -slahen -sniden -spicken -springen -stän -stcingen -teüen -treten -weben -toisen -wurken,

c) untereinander, gegenseitig; reflexiv: sich underbägen, -bilden -dringen -vähen -kennen -küssen -minnen -nemen -schelten -sehen •stechen -werren.

In Übersetzungen lateinischer Verba entspricht es dem Sitb: zb. underdienen subministrarey undervolgen subsequi, undervüegen mbjungere.

Lose adverbiale Stellung nehmen ein abe an dar van vor vür gegen hin in mite nach nider obe üf üz zuo.

Über die Verwandelung einer Präposition in ein Adverb, das zu dem Yerbum in ein freieres Verhältnis tritt und das Intransitivum in Transitivum wandelt, vgl. mit Bezug auf an, in, üf, durh, umbe, über, vür, hinder, wider Grimm Gr. IV, 862—871.

§ 305. § 305. Wesentlich fär die echte Zusammensetzung ist,

dass der erste Theil in Stammform dem zweiten vortritt; unwesentlicher ist, dass das eine Wort selbst schon componirt ist, wie in nah-gebür, minne-gesprinc, char-vrttac, leü'Vertripy hove-gumpel-man, tot-unreine; blierz-berc, Utgeb-hüs, Stuart tuom, genöZ'Schaft, wortwehsel-Uch. Selten sind beide Worte Composita, wie in Meinvel-hitzeröt (Frauend. 433,32). J. Grimm nannte diese Verbindung mehr als zweier Worte zu einem Compositum Decomposition. Gr. II, 924. ff.

305

Eine nicht häufige, nur von Dichtern und dichterisch § 305. gestimmten Mystikern gebrauchte Art ist die Verbindung zweier auf ein generelles drittes sich gleichmässig beziehender Worte, die durch und mit einander zu verknüpfen sind: die Composition eines beiordnenden Compositum (dvandvä) mit einem hierdurch näher bestimmten Wort, zb. liljerdsevarwe Walth. 68, 2 Lilien- und Rosenfarbe, vröudehelfdos Walth. 54, 37 freude- und hilflos, vröudentounnedich Eckart Myst. n. 385, 36 freuden- und wonnevoll, mhtesUegelich Parz. 167, 4 züchtig und sittig, lügetrügelich Bari. 223, 23 lüg- nerisch und trügerisch, wunneiroestdtch Myst. I. 365, 27 wonniglich und tröstlich.

§ 306. Wenn ein Wort in flectirter Form einem zweiten § 306. verbunden wird, so geschieht nur Zusammenrückung. Diese nneigentliche Composition erfolgte am frühesten und hänfigsten durch Vorstellung eines Genitivs vor ein durch ihn näher qualificirtes Wort : in Ortsnamen und bei Übertragung lateinischer Composita findet sie sich zuerst. In der mhd. Periode ist diese genitivische Verbindung längst fest geworden und ganz nach Weise der echten Composition zum Ausdruck eines durch einen andern bestimmten Begriffs verwant: so hotenbrot landesherre goteshüs müncheskldster herskraft tumeiesman mansname sündenstankesswebd, hendewerch sunnenscMn sensenworp, aUerseine gotesarm kreftelos. Auch schwache Genit. PL werden in dieser Art mit Subst. oder mit Adj. verbunden, zb. pfaffenfürste, erenhort, sündenstanc; erengir fröudenflüJitic sceldenriche zühtenriche. Nach deren Analogie bilden sich dann adject. Composita wie sturmemüedey wundernküene und andre Compos. mit wundern.

Seit dem 12. Jh. beginnt auch bei Vorrückung eines weib- lichen Genitivs sich ein -s nach Analogie des männlichen und neu- tralen Gen. einzufinden ; häufiger wird es aber erst später. Die ältesten Belege werden sein suonstac Milst. Ged. 30, 10. Earaj. Ged. 96, 3. suonestac Lanzel. 8848. Freid. AC. 35, 27. 36, 16. tnuweshmde Lieders. 138, 156. Vgl. AGr. § 312. BGr. § 237.

Über die Verbindung der Genitive gotes, mines, dmeSy sines, ires, selbes mit heit § 290.

Wein hold, mlttelhochd. Gramm. 8. Anfl. 80

306

§307. § 307. Das Mhd. weist ferner Zusammenrücknngen

imperativischer und anderer Sätze zu Personennamen und

lebendigen Appellativen mehrfach auf. Wir finden bei Neit-

hart die Namen Wetzenrant, in unechtem Liede HebenstrU;

im Helmbrecht Slintezgeu Müschenkdch RiUelschrin Letnber-

slint Slickenwider; im 13. Helblingbüchlein Brichenvrit

Durhdenswelh StantJndervleschen Aehtdersel Müschenrigd

Endänriu Strütensac, im 15. Getrütsinniht ; im Gedicht von

Dietrichs Gesellen (Virginal) Vellenwalt BümenwaU ScheUen-

walt; im Renner Hugs von Trimberg Fleckenkelch Swellen-

grübel Slickenpfil Schiuhenpfluoc Vegenbiutel Ltsrenbiiäd

L(Brenstal Lcerenschrin Füllensac Schiuhentac Zuckenrigd

Rümentisch SUfenspiee HebenstrU Nagengast Schindengast

ZerrezsUif Stenkezvaz Rümezlant Zuckezswert, Sparhetbiinc

Setzpfantf Nimvol Leipniht VüUin Stigüf Wolenper, Durh-

denpvsch, Vzundin,

Viele dieser Personennamen waren nicht bloss allegorisch,

sondern wurden wirklich gefuhrt. Von ihnen aus entstunden

auch die Appellativa, welche Satzcompositionen sind, wie habe-

danc, rümegazze (Schwertname, Neith. 49, 20), leckespis

(Gutschmecker, Berth. Pr. 85, 25), netzenguomen (Wein, Altd.

Bl. 1, 404), rehtverkire vHuntverlitis cMerguotentätverkius

(MSH. II, 355^) scheuhhunt (Wild, Megenberg 133, 4).

Vgl. über diese Satznomina Grimm Gr. U, 961. f. 1020. (von Mense- bach) Zur Becension der deutscheu Grammatik, unwiderlegt herausg. von J. Grimm. Cassel 1826. S. 40. f. Ferner AGr. § 313. BGr. § 238. Fr. Becker die deutschen Satznamen Basel 1873.

4. Vom Gesohleoht der Substantiva.

§ 308. § 308. Die grammatische Bezeichnung des Geschlechts an

deml^omen ist eine Eigenthümlichkeit der indogermanischen und semitischen Sprachen ; ausserdem hat sie nur das Aegyptische.

Da das Adjectivum abhängig ist von dem Substantivurn (oder Pronomen), so ist nur das Geschlecht der Substantiva für das Verfahren bei der Geschlechtsaustheilung von Bedeutung.

Das lebendige nach seinen beiden natürlichen Geschlechtern trennt sich von dem leblosen; diesem, dem negativen, wird

307

das geschlechtlich noch unentwickelte, neutrale, in der Sprache § 308. beigerechnet. Allein in der Sprache giht es nicht bloss ein natürliches Geschlecht, sondern von besonderer Wichtigkeit ist das grammatische.

Das natürliche G-eschlecht zeigt sich an den Benennungen lebender Wesen: aber nur bei den Menschen und grösseren Thieren.

Der Geschlechtsunterschied kann hierbei auf verschie- denem Wege zum Ausdruck kommen: einmal dadurch dass fnr die verwanten männlichen und weiblichen Wesen ganz verschiedene geschlechtlich sich trennende Worte gebraucht werden, wie in kneht und maget, stier und Jcuo, eher und süj hirz und hinde, ram und owe, hoc und geiz (hierbei kann sogar für das weibliche Wesen neutrales Geschlecht vorkommen, wie in wtp neben man) ; zweitens dadurch dass dasselbe Wort durch verschiedene grammatische Bildung den Geschlechtsunterschied bezeichnet, wie got. frauja fraujö, ^d. wini winja, mhd. mark merhe, hon henhe. Zur Unter- stützung dieses grammatischen Unterschiedes dienen SufQxe, welche weibliche Wesen bezeichnen: inne estre ese, vgl. känec küneg-inne, ags. vebber vebb-estre, md. becker becker-se. Grimm Gr. HI, 337. ff

Schon in der Übertragung des neutralen Geschlechtes auf lebende Wesen liegt eine Abstraction ; noch stärker wird diese dufch Anwendung des sinnlichen männlichen oder weib- lichen Geschlechts auf die sehr grosse Zahl Worte, die etwas unlebendiges oder durchaus abstractes benennen. In der ältesten Zeit wird dabei kindlich lebhafte Phantasie thätig gewesen sein, indem das starke thätige dem männlichen, das schwächere leidende dem weiblichen verglichen ward. Aber diese Auffassung stumpfte sich bald ab, das formale Element gewann allein die Herschaft : über die Zugehörigkeit zu einem der drei grammatischen Geschlechter bestimmte fortan nur die Endung des Wortes.

Wichtig ist nun die Warnehmung, dass der formale Ge- schlechtsunterschied bloss an den a-Stämmen voll entwickelt ist, dass bei den i- und i«- Stämmen sich Masc. und Fem.

20»

L

308

§ 308. nicht unterscheiden ; ferner dass für denselben Gegenstand die Benennung in Folge geringer Formveränderung doppeltes Geschlecht haben kann, zb. halsberc -berge, baue bouge, borst börste, urdrute urdrütee, drüh drühe, und dass eingebürgerte Fremdwörter nach Analogie ähnlicher deutscher ihr gramma- tisches Geschlecht erhalten, nicht nach ihrer Bedeutung.

Im Ahd. sind durch die verschiedenen Endungsvocale die Geschlechtsunterschiede noch einigermassen kenntlich ; im Mhd. erlischt aber auch dieses Kennzeichen. Und da aus der Bedeutung keine Regel über die Zugehörigkeit zu den Masc. Fem. oder Neutris zu ziehen ist, so muss das Geschlecht der einzelnen Substantiva allein durch das Gedächtnis ge- merkt werden.

Über das sprachliche Geschlecht: J. Grimm Gramm, m, 311— 563^ Heyse Lehrbuch der deutschen Sprache I, 443 462 Hannover 1838. Pott das grammat. Geschlecht in der Ersch und Grubersch. Encyclop.^ dazu Steinthal in Kuhn mid Schleicher Beitr. I, 292 307. Oswald das grammat. Geschlecht mid seine sprachl. Bedeutong Paderb. 1866^ dazu Steinthal in der Zeitschr. för Yölkerpsychologie und Sprachwissen- schaft V, 96—106.

§309. § 309. Die Gleichheit der grammatischen Endungen

unterstüzt das schwanken mancher Worte zwischen verschie- denen Geschlechtern, wobei die Dialectverschiedenheit auch von Einfluss ist. Ich stelle im folgenden ein Verzeichnis mir bekannter Abweichungen von dem gemeinmhd. Wortgeschlecht zusanmien.^)

1. Als Masculina kommen vor

a) die gemeinmhd. Feminina

äht (alem. Reinfr. 3752) ätne alem. ämeijse (Bertlu 1. 560, 21. £f.) angest (elsäss. md. zb. grRud. 22,10. Schonebek 290. Marienl. 18, 11. Lac. III, 422) aH bair. (Wolfr.) elsäss. (aReinh.) asche (bair. elsäss. südfränk.) 6a» (Bahn, MS. 2, 175*. 217'. 231*.) bank (obd. nicht selten, auch md. zb. RoL 47, 8) biule (bair.) bluot (Blüte, obd. md.) brutlouß

') Für die obd. Worte verweise ich auf die Belege in AGr. § 274—276. BGr. § 239—241. Für das 16.— 17. Jh. hat J. Kehrein Grammat. der deutsch. Sprache im 15. 17. Jh. 11. § 280 eine Sanun- lung gegeben.

309

(Konr. V. Wirzb.) diet (md. Roth. Eneit G. 9264) (?i/ § 309. (köln. Harff 192, 5) dro (MS. 2, 49') - drüh (Freid. 36, 14. Eeinh. F. 8. 310. 311. W. Grimm z. Ath. D. 148) ungedtdt (Colocz. Cod. 113. V. 633. Bartsch Md. Ged. 32 v. 1101) eren (Ernte, md., Bech zu Vilmar Idiot S. VI.) iwe, e (ripuar. Hagen 5905. Selen Tr. Marienl. 42, 5) vär (Wolfr. Herb.) zuoftuht (Marg. Ebner von Strauch XCVII) vluot (Lanzel. Gudr. Georg. Montf.) varhte (Herb. 8244) i)r%st (md.) glotz (Neith.) goutn (Wolfd. D. IX. 57, 2) gm,me (Lieders. 39, 27) gunst (alem. bair.) happe (alem.)

kogel (Gugel, Heinr. v. Neust. GZ. 435) host (alem.)

hote (Pilat. 270 [94] vgl. Vilmar Idiot. 214) kraft (Marg. Ebner von Strauch XCVII) hrul (cirrus, Haupt XI, 500) hur (Haupt Zeitschr. XI, 500) - mane(Mäne, Eneit 5244. Tristr. 6341. 6543. 7493) - motte (bair.) ruiht (Alex. 4624) narwe (Herb. 13683) rdere (Megenberg) pm (Mhd. Wb. n. 2, 519') riuwe (alem. ripuar.) rose (Walth. 89, 14) sät (Boner 23, 23) schäme (Elis. 6496) seite (Wack. Pr. 3, 31) slä (Gundach. 3494) stift (alem. md.) sträl (MSH. 3, 417»») sträle (Krone 212. Frauenlob 439, 5)

suche (Köditz 90, 30. 91, 13) tjost, just (Jänicke zu Wolfd. D. VII, 155, 3)—geturst (Marg. Ebner v. Strauch XCVI).

b) die gemeinmhd. Neutra

adel (md. neben Neutr.) bam (bei Beziehungen auf männl. Wesen, BGr.) hier (Birlinger alem. Sprache 151) bli (bair.) ende (geistl. Dicht, d. 12. Jh., Tundal., Nib. N. zuweilen, Gudr., Ulr. v. Lichtenst., in adverb. acc. Form auch sonst) ere (Wigal. 7078, sonst daz er, aes) vahs (Herb. 596) vliez (Lichtenstein Eilhart LXXXVII. Pass. K. 3, 90. 192, 9. sonst daselbst N.) Joint (bei Beziehungen auf männl. Wesen, BGr.) hister (Hagen 1160) leben (Alexander. BrOther. Mfränk. Legend.) Ww^ (geistl. Dicht, d. 12. Jh., Bother.)

lob (Iw. 15. Nib. Not [neben N.] MS. 1, 168. 177. MF. 192, 18. Alex. 6459. Amst. Ml. 10, 21. Marienl. Wierstr.)

16z (Bari.) luoc (Wemh. Mar., Krone) meil (Lampr. Syon 1938) paradis (Mfr. Legend. 422. 693) segel (Tristr. 2323. Renner 12355. Wolkenst.) ser (Lampr. S.

310

§ 309. 1480. Silv. 4288) stat (ripa, obd. und md. als M. und N. gebraucht, das N. scheint zu überwiegen) tal (md. I^rL Tundal. 112. Roseng. C. 1694. 1719. 1765. Erlös. 1025, Hagen 313. Sei. Tr. Harff) twerc getwere (Lichtenstein Eilhart LXXXV. Haupt Zeitschr. XI, 500) wal (Jänicke z. Wolfd. B. 295, 2) wandet (obd. M. N., N. überwiegt) wunder (Alex. 2842) zil (Spiegelb. 276, 9) jsouber (Hartm. B. 1, 1347. Krone 25365. MSH. I, 64') ewig (Amst. Ml. 3, 16).

§310. § 310. Als Feminina kommen vor

a) die gemeinmhd. Masculina

back (md. elsäss. schwäb.) erthidem (alem.) hlt4ome (md. und Trist. 11529. Suchenw.) diebstal (Ammenhus. 549)

dil (md.) distel (Voc. optim.) unvlät (Pass.) vlo (Boner 48, 1) vrome (alem.) gruoee (Alexand. 4360)

gürtel (Wigal. 178, 33. Heinr. v. Türl. [Mantel u. Krone]. Lampr. Fr. 4448. Jänicke z. Wolfd. B. 27, 4. Renner 3384.

Heinr. v. Neust. ApoUon. 6745. 15262. Wolkenst. LH. 3, 1)

higürtd (Heinr. v. Neust. Apoll. 19166) -r hake (Meran, Stadtr.) hart (md.) hanehrat (Herb. 1256. 2586) la^ (Herb.) volleist (zw. M. u. F. schwankend) fe^(md.) Ion (Myst. 1. 183,15) gelouhe (geistl. Dicht d. 12. Jh., Hohenburg. Hohenl. 139, 4. ff. Lanzel. Silv. AGr. BGr.) brütlouf (alem.)

luft (md.) lust (Trist. Köditz) mäne (Alex. 3224. MSH. 2, 236^ BGr.) - übermuot (BGr.) - rät (Wacker- nagel in seiner Waltherausgabe XXXVI. Lampr. Fr. 2978. Schonebek 6916) underscheit (Myst. 1. 187, 10) schettewe (elsäss.) schojg (AGr. BGr., md., schoze Roth. 2262) si (md. zb. HTrist. 4056. Jerosch. Myst. I. 222, 38) slange (st. F. Angenge 16, 80. Tund. 51, 60. schw. F. md. zb. Alex. 5676. Renner 6358. Myst. I. 206, 36. aber auch bair. zb. Suchenw. 36, 4. 21. 41, 470. und alem. zb. Pfeiffer TJbangsb. 149, 772. Historienbib. v. Merzdorf 117) smeree (Exod. Alex. 5197. Jeroschin. Trebn. Ps.) sunne (österr. Mhd. Wb. IL 2, 743. md. zb. Annol. 584. Alexand. 216. Marienl. 47, 4. 98, 1. Egid. 289. Erlös. 40. 2991) gewalt (md. gewöhn- lich; BGr.).

311

b) die gemeinmhd. Neutra §310.

her (Urst. 114, 16. j. Tit. 478. Helbl. 4, 421) - biet (bair.) huoch (md. Arnst. Ml. 2, 11. 22. Elia. 2465. viel- leicht Roth. 407) vinster (fenestra, Harfif 169, 24) giU (md.) künne (alem.) ~ laster (Alex. 1775) löe (elsäss.)

mcBre (md. zb. Sperber 1, 305. 315. Elisabeth; einzeln im Parziv., vgl. Zarncke im Mhd. Wb. II. 1, 78) mae (bair.) rippe (md.) gesiM (alem.) urteil (alem. bair.) wcd (AGr., Jänicke zu Wolfd. B. 295, 2; Renner 7483. Roseng. C. 334. 1848) wange (Todes Gehügde 324 nach Massm. ; Diemer and Heinzel dem w, Ebern. 3707. A.) zouher Hartm. Büchl. 1, 1347.

§ 311. Als Neutra kommen vor §311.

a) die gemeinmhd. Masculina

(tcker (alem. als Ackermass) cdp (md.) hast (Erec 2799. Roseng. C. 1937) inibijs (Roth. 1298. Reinh. 175)

hörst (Lohengr. Renner) hu (agricultura, Helmbr. 560, gebü elsäss.) unvlat i[Krone) vliee (Wasserlauf, md. zb. Jerosch. 4585. 12115) g<xter (md.) hegin (md.) hoc (Wigal. Heinr. v. Neust. Apoll. 11220. Teichner, Suchenw.)

harn (Tegerns. Arzn.) hart (alem. vgl. Birlinger Alem. 8pr. 152) jämer (alem.) kämpf {h^xr.) kl& (Jänicke z. Wolfd. D. V, 67) m (Rother 811. 1071. 1360. Eilh. Trist. 3663, vgl. Lichtenstein Eilhart LXXXV. Pilat. 398) licham (ripuar. zb. Sei. Tr. 113*. Cronica 71) Ion (geistl. Dicht, d. 12. Jh., Gudr., Winsbeke, Alex. 7150 u. sonst md.)

urloup (bair. alem.) mist (Reinh. 203. 209. Elis. 6685)

miiot (alem. bair.) pfat (Hahn Ged. 41, 45. 48, 33. Walth. 40, 6. Wigal. 4983. Lampr. Fr. 3984. Bari. 78, 14. HTrist. 3665. Suchenw. 24, 14) morgenrot (Leyser Pr. 95, 1) sdl (bair.) sanc (bair. und alem. zb. Griesh. Pr. U, 2) sant (alem. und md.) scho^ (sinus, Ulr. Trist. 566) snit (bair.) ursprinc (bair. zb. Lampr. S. 3461. Vintler. ferner md. Renner 195) stoup (Mart. 124, 32) swil (Herbort) tadd (Krone 1971) tranc (alem.) wehsei (md. zb. Ebern. 426. 1031. Jerosch. 18345. 21874. Henneb. U. II, 14).

312

§311. b) die gemeinmhd. Feminina

art (Frauenl. 161, 3) diet (Judith 127, 21. Milst Gen. 125, 7. Lanz. WP, 8309. und md. zb. Roth. 964. Ath. A.* 132. EUö. 6977) Versen (Miht Ged. 17, 37) vrist (Genes. 74, 43) hrutloft (md. Alex. 3806^. 3839. brütlofte Alex. 3854. Leyser Pr. 73, 3) milz (Megenberg) ochise Ath. C. 112. uohsen WGrimm zu Ath. C. 112. geschihte (md. EUs. 5275. Köditz 92, 30) tinne (MS. 1, 90\ Flore 1843) jgU (alem. bair. md. Annol. 757. Erlös. 68).

5. Steigerung der Adjeotiva.

§312. § 312. Wenn das Verhältnis des Grades des Attributs

in dem Adjectiv vergleichend ausgedrückt werden soll, so geschieht es durch grammatische Formen, die sich dem Ad- jectivstamm verbinden. Es sind die Steigerungsformen des Comparativs und Superlativs.

Als Sufüx des Comparativs erscheint in mhd. Zeit er, des Superlativ est; Nebenformen sind ir ist, or ost, worin sich die ahd. Doppelform erhielt. Gotisch findet sich ebenfalls im Comparativ entweder ijs:'a(n) oder o;er-a(n), im Superlativ entweder iS't(a) oder ds-t(a).

Bas Steigerungsmittel ist also is oder ös, woran sich im Superlativ das aus tama verstümmelte ta fügte. Im Com- parativ wandelte sich s zu r, im Superlativ ward es durch t erhalten.

is Hihrt auf das im Skr. Griech. Lat ebenfalls zur Stei- gerung verwante Suffix jans (Bopp vergl. Gr. §§ 298*. 303), aus welchem wie im lateinischen und im griechischen Super- lativ der Nasal schwand, jas schwächte sich zu is; es trat unmittelbar an den consonantischen Wurzelauslaut mit Unter- drückung des Staromvocals.

Die Nebenform ös aber scheint Erhaltung des Stammvocals a vorauszui^etzen : aus a -f- jas entstund mit Syncope des j germ. os. Wenigstens finden wir im Got. die Formen 6za(n) öst(a) nur an Adjectivstämmen in a. Auch ist die Zahl der also steigernden Adjectiva dort nicht gross, worin ein Hinweis auf eine jüngere erst entstehnde Weise liegt. Von Super-

313

lativen in öst gewähren unsre got. Schriftreste sogar nur zwei § 312. Belege : armöst, lasivost. Im Ahd. ward diese Eorm beson- ders in abgeleiteten und zusammengesezten Adjectiven der älteren vorgezogen, Grimm Gramm. III, 571 73. Eine ge- regelte Wahl der einen oder andern Form ist nicht zu entdecken.

Die Flexion des got. Comparativs ist durchaus schwach, das Fem. hat die Stammform -ein : aldiza -ieei -izo, frödösa -ozei 'özö; der Superlativ hat wie alle Adjectiva entweder st. oder schw. Endung. Grimm Gr. IV, 519.

Im Ahd. ist die schwache Flexion des Comparativs noch Regele obschon Ausnamen begegnen ; die Feminina gehn nach der a^-Klasse: altiro 4rä -irä, heroro -örä orä. Mhd. be- gegnet zwar auch noch die schw. Flexion des Comparativs ohne Verbindung mit dem bestimmten Artikel; aber die Neigung des Comparativs sich der allgemein adjectiv. "Weise anzuschliessen, ist gewachsen. Grimm Gr. IV, 519. f.

Bereits in der späteren ahd. Zeit beginnt die Abschwächung von i und 6 (Übergang durch o) in e. Doch blieb natürlich der Umlaut in der Stammsilbe und breitete sich sogar noch aus. Mhd. finden wir nicht bloss zu den Adjectivstämmen in -ja, wie herte senfte rceze ncehe schoene süeze die Steigerungen herter hertest schoener schoenest u. s. w., sondern auch zu den Stämmen in -a wie smal arm alt gros hlöis die Steige- rungen smelr smelst, groezer groezest u. s. w., obschon bei Doppelconsonanz des Stammauslauts und bei schwerem Vocal schwanken waltet ; es begegnen also elter alter , lenger langer ^

groezer grozer u. s. w. neben einander. Nie lautet trüter um.

Vgl. langer : anger Parz. 162, 10. Walth. 51, 34 {lenger Walth. 114, 28). langir : swangir Ath. F. 55. armer Greg. 901 Lachm. ermer CE.

Ein Comparativ des Partie. Präs. ist selten. Belege dafür geben die Comparative geTandir (; andir) Ath. C* 90. erkanter Lieders. 421, 91. geruoter Lohengr. 126.

§ 313. Gegenüber der gemeindeutschen Entartung der § 313. Comparationsvocale i und 6 zu e erhielten sich die alten Yocale hier und da im Mhd.

314

§313. In dem Gomparativsuffix freilich schwindet i wegen

Leichtigkeit der Silbe, aber im Superlativ wird es oft ge-

schüzt, und nicht bloss im 12. Jh.

Aus dem 12. Jahrh. Beispiele : oherist : ist Wemh. Mar. 149, 5. öberiste : liste 148, 4. schönist : krön ist, lönist MF. 133, 31 (Morangen). erist : Crist Eoth. 63. minnist : bist 2923. : ist Heinr. Erinn. 984. :list Klage 759. vorderist : list litan. S. 888.

Auch im 13. 14. Jh. begegnen besonders bei Baiern und

Österreichern die Superlative in -ist, zb. im Reim

minnist: list Biter. 84Ö4. :vrist Otack. c. 759. 773. boesist:li9t Teichn. 233, 58. hoehist : geprist Otack. c. 723. liebist : vrist c. 703. fordristen : vermisten c. 154. tiuristen : Christen c. 412.

Vgl. ferner BGr. § 246. AGr. § 282. Das Mitteldeutsche, welches das irrationale e der Affixe gern zu i erhöht, hat die Superlative in -ist besonders an langstämmigen Adjectiven mit Vorliebe bewahrt; zahlreiche Beispiele geben u. a. der ßother, Alexander und die niederrhein. Marienlieder.

Die Comparation in 6 ward mit Vorliebe in alemannischen dem Volksdialect nahe stehnden Schriften bewahrt. Noch über die mhd. Zeit hinaus finden sich Coroparative wie Tdaror meror und namentlich Superlative wie miltost hartost glichost lengost, nidrost ohrost gnedigost heiligost, irbSrost haindichost AGr. § 284. In den bair. Österreich. Schriften begegnen diese Formen selten: für den Comparativ zeugen herore Karaj. ' 38, 10. tiuror 41, 21. gröiszorev Dietr. V\. W. 2818. oheror oheroren minnoren Sonnenburger Urbar (14. Jh. Archiv für österr. Geschichte XL, 64. 69. 102) ; der Superlativ erscheint im Reim, zb.

oberdst : untröst Kaiskr. 905. 1115. oberosten : kosten Servat. 103. vorderöst : tröst Kaiskr. 11243. Nib. 1466, 1. 1957, 2. Biter. 6073. 11114. Haupt Z. I. 275, 216.

Mitteldeutsche Gedichte des 11. 12. Jh. bieten diese alter- thümliche Superlativendung auch noch in einzelnen Fällen;

langore Ezzo 7, 5. vorderöst : tröst Rol. 8, 8 (Karlm. 404, 7). Rother 2650. 4141. Alex. 2202. 2332. Orend. 3711.

Wirklich lebendig scheint die Comparation in -ö- ausser- halb Alemanniens und vielleicht Tirols seit dem 12. Jh. nicht mehr gewesen zu sein.

315

§ 314. Syncope und Apooope des geschwächten Vocals §8l4w

des Steigerungssuffixes wird nach der Regel vollzogen, smdre erger, »meiste ermest wnderste.

Die Stämme in -r syncopiren auch gegen die Regel : irste herste schierste tiurste; es wird daher auch in den Compara- tiven erre herre schierre tiurre Syncope und nicht Metathesis des Suffixes anzusetzen sein, gleich wie in edelre schoenre eigenre.

Auslautendes h der Wurzel föUt vor dem Comparations- sufSx md. besonders gern aus : när näste, hör hoste § 244.

Femer lieben einige Adjectiva auf -z seit Ende des 12. Jh. Kürzungen der Superlativform, indem sich te unmittelbar (ohne das Suffix is) der Wurzel verbindet: beste leste groeste zu ba£^ las: groz. Über 5 für jer vgl. § 204. 205.

Über Abstoss von t in der Superlativendung im Obd., namentlich aber im Md., vgl. § 194. 200.

§ 315. Von einer besonderen Steigerung des Adverbs §315.

ist nicht zu sprechen. Die Adverbien des Comparativs und

Superlativs sind mnlautlose und eines Endungsvocals bare

Formen der Steigerung, indem das aus -o entstandene -e

apocopirt ward,

zb. Miher höhest, schöner schönest, näher nähest {nahest MF. 40, 13. C. nehest ist unrichtig ebenso wie das Adverb lenger Walth. 25, 30).

In den sogenannt anomalen Steigerungen, d. i. bei den Adjectiven guot übel michel lütjsel, die ihren Gomparativ und Superlativ aus andern Stämmen bilden, stehn die Comparativ- adverbien in stark gekürzter, z. Th. wurzelgleicher Form.

guot^)

hezzer

Adv. baz bezziste, beste

übel

wirser

mrs wirseste

michel

merer

mer me meiste

Adv.

merre mir

lützel

minner

,y min minneste minste.

§ 316.

Von andern

Steigerungssuffixen sind im Mhd. §316.

nur einzelne Trümmer erhalten.

^) Zu guot findet sich für die geistliche Bedeutung des Wortes auch die regelmässige Steigerung : Comp, guoter Wackem. Pr. 46, 169. Pass. K. 293, 8. Superl. gmtester Wack. Pr. 91, 1.

316

§ 316. a) Mit dem alten Comparativsuf&x tara gebildet wurden

(mder weder vürder;

b) mit dem Superlativsuffix -ma das Adj. (und Subst) vrume (W. fra = pro), sowie die Pron, sam sum ( W. sä) ; ferner das im 'erleschen begriffene mitteme (Adv. en mittemen Griesh. Pr. 1, 162. 2, 9).

6. Adverbialbildung.

§ 317. § 317. Die Adverbia sind Bestimmwörter des Attributs

(Heyse System der Sprachwissenschaft her. von Steinthal § 197) und ihrem Begriffe nach theils materiell theiis formell. Die materiellen Adverbia sind entweder concret oder abstraet: die ersteren drücken die Qualität aus und sind Gasusformen von Nominibus; die andern deuten Art und Weise nur an und entspringen aus Pronominalstämmen; zugleich bezeichnen sie die syntactischen Verhältnisse.

Die formellen Adverbia bestimmen a) die Quantität (Zahl- adverbia), b) Zeit und Ort, c) logische Verhältnisse. Die Adverbia dieser lezten Art sind Raumadverbia, die als bei- ordnende Conjunctionen dienen.

Indem wir hier zunächst die materiellen (nominalen) Adverbia auffuhren, lassen wir anhangsweise die im Begriff nahe stehnden verbalen Redensarten folgen, welche in ihrer gekürzten Form zum Theil adverbiale Form zu haben scheinen. Nach ihnen reihen wir die formalen (pronominalen) Adverbia auf. Die Zahladverbia fähren wir bei den Zahlworten an.

A. Nominale AdTerbien

(im Anhang die verbalen Phrasen), a) Adjectivische Adverbien. § 319- § 318. Die adjectivischen Adverbien sind sämtlich Casus-

formen ; sie gehn theils auf e (o) aus, theils sind es Genitive Dative Instrumentale Accusative eines st. Adjectivs.

1. Die Adverbialendung e ist Abschwäohung von o, das sich durch das Gotische als 6 erweist. Es geht wahr- scheinlich auf die indogerm. Ablativflexion ät zurück, die auch in den skr. Adv. in df, griech. ooq (cot), lat. e (sd) erhalten

317

ist : Bopp vergl. Gr. § 989. Leo Meyer got. Sprache § 462. § 318. Scherer zur Gresch. d. dentschen Sprache * 597. f. Paul in Genn. XX, 105 und H. Osthoff bei Kuhn Z. XXIII, 90 erklärten das germ. adv. o für die weibliche Accusativendung eines a-Stamms.

Jenes o tritt ohne weitere Vermittelung an den conso- nantischen Auslaut des Stammes.

6 : 0 : e ist der vor Augen liegende Weg, den jene Ad- verbialendung nam. In den Gedichten des 11. 12. Jh. kommen noch Reste des o vor; so steht es in dem Wiener Exodus und der Milstätter Genesis, femer im Yorauer Joseph noch im Reim (BGr. § 248) : erchomenUcho : do Exod. 91, 36. Mast. 126, 23. trüerdicho : do Joseph 217.

Auch die md. Dichtungen weisen es auf, zb. Friedb. £r. C. 1, 4. 21. E. 2, 10. F. 1, 6. 10. G. 1, 2. 6. 14. AnnoL 154. 315. 316. 624. Alex. 5298. Die jüngsten Belege stammen meines Wissens aus alem. Fredigthandschriften : diccho emisigo fasto verro rechto unsanßo bülicho harto wärlicho wirdio- licho Wackem. altd. Fr. XIH, 1. 4. 28. 53. XVII, 2. 16. XVIII, 33. 36. XIX, 4. 5. XX, 34. 61 {schiero Griesh. Fr. 1, 68 steht für schieror).

Im allgemeinen ist im 12. Jh. e überall in Ober- und Mitteldeutschland an Stelle von o im Adverb getreten. Für e zeigt sich md. auch i durch die Tonerhöhung der Endvocale, zb. diJcJci Annol. 493. vüi 410. 810. u. ö. harti 835. drädi 837.

Da 0 mit Unterdrückung jedes Suffixes demAdjectivstamm

sich verbindet, kann der Vocal desselben nicht umlauten.

Adjectiv und Adverb scheiden sich daher unter Umständen

durch Umlaut und Nichtumlaut, zb.

Adj. enge herte senfte veste swtere undaere dr<ßte sptete Adv. ange harte sanfte vaste swäre undäre dräte späte Adj. trtBge wtshe schoene trüehe grüene küene süeze Adv. träge wähe schone truoibe gruone kuone suoze

Eine Ausname macht das Adv. sttete, das fast durchaus mit Umlaut erscheint, obschon stäte bairisch vorkommt.

Manche Adjectiva lieben diese Adverbialbildung -e nicht, 80 die mit Suffix -g, für welche sie zwar bis in das 12. Jh.

318

§ 318. and auch in jüngeren Yolksthümlichen Sprachdenkmälern nach- weislich ist, AGr. § 285, nicht aber in der gewählten Sprache der höfischen Dichter.

Apocope des adverbialen -6 erfolgt zunächst nach der Regel; allein die Ausnamen sind sehr häufig, besonders bei Oberdeutschen, die unter dem Einfluss des zu Kürzungen geneigten Dialects stehn. Doch auch md. begegnen sie selbst in der Reimstelle, obschon das Mitteldeutsche sonst Tonlosigkeit oder Yerstummung auch dieses Endvocals nicht liebt.

Vgl. vast : last Jerosch. 7806. lanc : getranc md. Sohachzabelb. 272, 24. schon : Ion Frauenlob 425, 6. Jerosch. 3491. : Syon Jerosch. 822. kunincUch : mich Alex. 3301. ritterlich : sich HTrist. 4305. innedich : ich HTrist. 4322.

Die apocopirten Adverbia auf -lieh breiten sich seit Ende des 13. Jh. aus. Früher trugen die beliebten Adv. auf -liehe und liehen dazu bei, viele einfache Adverbia ausser Brauch zu setzen.

In den Athisfragmenten stehn Adverbia in -en statt der gewöhnlichen in -e im Reim, zb. tiefin : liefin A* 49. angin : gevangin B. 3. Es sind augenscheinlich Formübertragungen.

§319. § 319. Besondere Erwähnung unter den Adverbien in

altes 0 verdienen wegen ihrer syntactischen Verwendung aleine, eht cht, wan,

aleine dient zur Einleitung von Concessivsätzen.

eht et eff oht dt ot ist eine obd. Verstümmelung von echerodo (Adj. echerodi dünn, zart), dessen Gestalt das Not- kersche echert und die md. Adv. ecJcer (Ka,r\m.) ecJcers (Hansens Marienl.) ockert (Leyser Pr.) ockers (Pass. Erlös.) treu genug bewahrten. Die Bedeutung ist beschränkend und hervorhebend ; als Satzverknüpfung : wenn nur. In den alemann. (Gries- haberschen) Predigten kommt eht als Vergleichungspartikel in positiven und negativen Sätzen vor.

wan, Adv. des Adj. wan ler, eitel, md. wene (Egid. 620) wen; unecht erweitert unter Einfluss von causalem wände wanne zu wefide (Egid. 285), wend (Ath. E. 47), wand (Silv. 1627. 3376. 4000), wanne wenne (Mhd. Wb. KI, 479). Die Bedeutung ist nur; ausgenommen, ausser, sondern; wan dae

319

ausgenommen dass, wäre nicht. £b stirbt im 14. Jh. allmählich § 319. ab und wird durch dan oder newr nur ersezt Mit prä- figirtem ni ne bildet wan: nitoan niuwanj newan, zsgezog. niun, nun; aus nieht wan entstund niewan nihwan, nichts als, nur nicht. Vgl. über wan, niwan Lachmann zu li^ib. 852, 3. 1952, 4. 2081, 2 und zu Iwein 2968.

2. Genitivische Adverbien.

§ 320. Die adverbiale Verwendung des Genitivs Neutr. § ^20. Sg. stüzt sich wahrscheinlich auf die ablative Function, welche der deutsche Genitiv früh übernam. Es sind Adverbia der Qualität, der Quantität und der Ausdehnung in Raum und Zeit.

zb. aMes, anders, verddhtes, eines (einest), deheines (irgend einmal), veiles unveiles, vemes, gähes gaihes Nbf. gähens, vergebenes, halbes, toiderhisres, hinteres, unholdes, krumbes, langes urdanges, geltches, Wies, michels, mittes, vumames fvumamens vurnomens), niuwes (muwens niuns), gerihtes, sehelhes, schipfes, unverschuides, slehtes imslehtes, sneUes, stcstes, strackes, twerhes, uberiges, wdres, intoertes innerwertes hinderwerts niderwerts üfwertes underwertes zöwardes (mfr. Legend, vgl. alts. towardes), jarliches (jtergeUches) mänedee- Uches tegeUches,

Mit Präposition:

van aldes (Lac. in, 401. 720. van oAdz Wieistr. 977), in ehendes, van ers, zevorders (Ennen n, 436. oder ist eevorderst anzunehmen?) zuvergeves Hagen 4340. Brev. 41. 52. overmitz (Ennen in, 88. ^ermitz Lac. m, 376.) vermitz Hagen 222. van nüwes (Lac. m, 47. 576. 744.) van nu/wens (1275. Ennen m, 88. van nüens Marienl. 33, 16.) enrihtes zeriMs (Lac. HI, 589. 657). entwerhes.

Mit unorganischem, nur scheinbar genitivischem s (in falscher Analogie von -ens = es): van verrens (Sei. Tr. 167*. van verns Machab. 389. van verrunte Harff 133, 1). hevorens (Lac. III, 180).

Vgl. Grimm Gr. III, 90. AGr. § 286. BGr. § 250.

3. Dativische Adverbien.

§ 321. Die adverbiale Verwendung des Dativs gründet § 321. sich auf seine instrumentale Function.

Der einfache Dat. Sg. des Adj. ist mhd. nicht zu erweisen, nur mit Präposition begegnen zb. von billtchem, von erstem, jsfuo dem lengesten.

320

^ 321. Die dativ. Adverbien sind meist plurale, so die zahlreichste

Klasse derselben, die in -ßcAcn, welche seit 8. Jh. nachweis- lieh sind {smählthhim 61K. 75) und im 13. Jh. namentlich als bequeme Reimformen sehr beliebt wurden. Ausserdem gehören hierher eivzigen einzehten einjsen, einzelen (md. alenzüen beliebt), dräten, späten, harten, mitten. Die Adv. verren, mten sind nicht dativisch, sondern durch das Local- Suffix -na, nän gebildet.

Von Präpositionen abhängig : heinzigen ^einzigen enhein- sen, belangen Mlangen, von unlangen, in almitten, enzwischen Gr. III, 94. AGr. § 286. BGr. § 250.

Von den instrumentalen Adverbien erhielt sich nur mitalle betälle.

9

4. Accusative Adverbien. § 822. § 322. Sie gründen sich auf die Verwendung des Accus,

zur Bezeichnung der Erstreckung in Raum und Zeit

Durch das Ahd. ergibt sich, dass die Adv. in -ingen, Aingen alte Accus. M. Sg. sind, ebenso nahen.

Häufiger wird der Acc. 8g. N. adverbial verwant: vil getiuoc meist, lützel winic, sieht, lanc (järlanc, tadanc talanc, ie lanc, hiutelam), sU (Nebenf. svnt, comparativ. Adverb sider- md. seder als Adv. Fräpos. und Conj. gebraucht Die drei Formen sit sint sider werden in manchen Dichtungen, so in Nib. Not, neben einander verwant).

Von Präpositionen abhängig : eneben entwerh, in geliche, bi ein, vürbaz vürwär, überal Oberein uberla/nc überlüt, underein, zerest zejungest zelest.

b) Substantivische Adverbien. Grimm Gr. m, 127—161. AGr. §§ 277—280. BGr. § 249.

1. Genitivische Adverbien. §323. § 323. Gen. M. Sg. äbendes, des äbents. borges. danken

Undankes, drdbes. fluges, sametkoufes. morgens (momdes)^ unmuotes. eines mundes. roubes, schäches, urschütes, slages. stapfes. strites, sumers, tages. eines zuges, alzuges alzoges (dltois Karlm. 86, 23. altüs [althüs^ Leyser Pr. 108, 10. mnl. altoes altoos). PL kurzer tage, der tagen, beider taege

321

(livl. Kr. 2700. heider wegefi 4050) dller wegen (Jerosch. aller § 323. wegine Ath. B. 152) mancher wegen (Jerosch.) Zu der auf- fallenden schwachen Flexion wegen, die im altn. vegna sich ebenfaUs findet, vgl. Gr. IV, 585. 797. Mit Präposition: vor äbendeSy wider äbents. von alders (Ennen III, 88. 1, 121. Lac. III, 22. 563j. widerbaches. widerherges {widerpirges Lassberg Lieds. 50, 30). achtermals {Lac. III, 180). von morgens, ze morgens, vor tages.

Gen. F. Sg. Ohne Artikel oder Attribut nur in den mit nichtfemininer Endung bekleideten nahtes, notes. Im übrigen vgl derhalpy deheiner kraft, der mdjse, der nehte, der naht, der zU; kurzer langer maneger stunt.

Mit Präposition in den nichtfeminin flectirten hinachts (Lac. III, 489). zeha^its (Lac. II, 744. III, 236. zuhantz m, 180. 450).

Gen. N. Sg. dinges. des endes, heiles, Unheiles, järes. des mäles, eines mdles. meines, weites, eines zites.

Mit Präpos. wider wazzers (Laesberg Lieds. 50, 108).

2. Dativische Adverbien.

§ 324. Dat. M. 8g. morgene morne. gater, algater (md.). § 324. dancwillen. PI. alwegen (allewen), Mit Präpos. zeberge, endanke, zeväre. zevlize, envluge. zevrumen. be- en- mitvollen, begater (Manuel 63), zegater {zegader Frauenl. 352, 10. zugatir Ath. D. 47). enmornen, benamen. berücke, zerucke, besinne, zespotte, enwadele, ab- en- zewege, öfter- under- wegen, zewunsche.

Dat. F. Sg. maze. note. nehte. Hierher gehört auch obe

ob (ahd. oba uba übe') entstellt aus ibu ibo, Dat. zu iba

(Zweifel), Bedingungspartikel und Partikel zweifelnder Frage

(über deren Auslassung Wackemagel Fundgr. I, 293. Anm. b.

Lachmann zu I^ib. 1775, 1). Die mannigfachen Formen in

mhd. Zeit sind

übe Fundgr. U. 10, 2. Bol. 91, 4. obe ob gemeiomhd., ove ripuar. und südl. Grenzstrich : Lac. U, 572. 450. Ennen I, 9. Höfer I, 2. 12. 28. ofe Ernst A. 11, 38. of Roth. 259. 3044. 3284. Lac. II, 517. m, 15. 450. Höfei I, 6. n, 53. 80. Ennen HE, 475. Am'st. Ml. 8, 5. off Cronica ; entstellt ofte HU. I, 993 (Hessen). Die gewöhnlichste md. Form ist Wein hold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 21

322

§ 324. abe (we, ab af : ave Höfer U, 28. 123. 131 (avo Capital. 6. 11. 20. 22). af Spiegelb. 275, 28. abe Hü. I, 792. Mask. 68, 24. ab Both. 2366. Bad. 13, 13. Spiegelb. 283, 19. Myst. I. 4, 19. a. o. Schachzabelb. o. Schonebek o. Maskbl. 3, 62. 34, 7. 83, 3^ Höfer 11, 41. 69. 136 (Thü- ringeiO. Sp. y. Jangfr. o. Eöditz o. Henneb. U. I, 125. elsäss. alem. ebe Nie. v, Basel 146. 211. ebbe Mersw. 20. 30. a. o. ebe Mone Z. 7, 467. öbe Chron. d. St. IX, 1117*.

Dat. F. Plur. undurften. ällenhalben beidenhalben. mazen, nehten, tioten. Unschulden, al den stunden, triuwen. wUen. Mit Präposit. o. Dat. Sg.: eediute. enerde. iener (io in ero)j niener. an der vart, enverte. begarwe, he- en- gegene. enhende eehant. ee- üzer mäee, eendht he- eenote. mit genuht enrihte. hesUe. ee sttßte, ze stete, an der stunde' "Stunt, ze stunt. entriuwe. ze der wtle, zeinerwile. zezeche, bezUe enzU. Dat PI. in beidenthalben (Ath. C. 50). behanden. üzer mazen, in den sacken, besiten, in andir sitin (Ath. C. 90). zestunden. entriuwen. bewileny underwüen.

Dat N. 8g. heime. Dat. PL drin- manegen- swelhen enden. Mit Präpos. ze järe. von Jcinde. ze lande, öfter- ze male, zetai. enteil, zewäre zwä/re. enwette. ze wunder.

Von instrumentalen Adverbien erhielten sich freilich nur yerstummelt hiure (hiu järu) Mute {hiu tagu).

3. Accusativische Adverbien.

§325. § 325. Acc. M. 8 g. ie {eo, got. aiv) zu jeder Zeit,

jemals ; bei Gomparativen immer, je. Doppeltes durch Copula verbundenes ieundie {ientie, ientiu iendiu, ienti). Mit Negation nie {ni io) niemals, niomier; nie mire nicht länger; niene starkes nicht; nichts, ie wirkt verstärkend, enclitisch särie; proclitisch iener (md. iergen = ie wergin) negativ niener (niergen); iedoch. ienoch. iesä. iewä. iezuo; ieman. ieweder iedeweder. ielich. iewiht iht; nieman. niewiht niekt niht. den ende. äUen tac. aUeti" dehetnen- manegen uns. vollen. Plur. alle tage, alle wege. Mit Präpos. widerberc. dne- sunder danc. in manegen ende, in aUen vltz. ane- sunder haz. über rucke, an den svnt. äne- sunder spot. äne- en- sunder- wider strit. vür den tac. äne- sunder wanc. äne- sunder wän. enwec. in atten- manegen wis. äne zart.

323

Acc. F. Sg. alle- deheine vart. alle- lange vrist. ein- §325. merhcdp, einkleine enMeine. hinaht hinte hinte. die- eine rihte. dise süte. ein- deheine- lange stunt, äne- sunder twäle. anderweide. anderwerbe, diewile. deheine- neheine- manege wis. Mit Präpos. Ober ecke, über mäht, durh not. enouwe. besit. an die stunt. enwäge. äne wende, äne wer. in alle wis.

Acc. N. 8g. heim, einteil. Mit Präpos. Überhoubet. enlant.

c) Yerbale Bedensarten'mit adrerbialer Bedeutung.

§ 326. ich wcene, vor einem abhängigen Satze syn- §326. tactisch (ich wcen man von deheinem künege mere sage Nib. 1307; 2. ich wcen nie ingesinde groezer mute ie gepflac Jfib. 42, 4) oder paratactisch {ich wcene wol si was sin wip Iw. 6450. ich wcen mir ist alsam geschehen Trist. 4837), auch ohne Pronomen (Ja wcene diu naht welle uns niht wem mir Mb. 1787, 2). wäne ich, wcene ich, ohne Pronomen wcene, wcen, dem Satz eingeschoben, der die Meinung aus- drückt: swer mine varwe wolde ^ehen, die wcen ich ie erbliche Parz. 299, 24. dar an lit wcen ich groezer kraft Iw. 5279. er wcen an ir niht anders niwan lougen vant »ib. 1193, 4. Grimm Gr. IV, 218. Mhd. Wb. ni, 496. f.

ich weiz am Anfang untergeordneter Sätze in geist- lichen Dichtungen des 11. 12. Jh. nicht selten: Haupt Z.III, 187. Diemer zu Joseph 36. Das negative ich neweiz (zsg. neiz) gibt Interrogativen indefinitive Bedeutung: neizwer -waz, neizwar -wä -wie. Gr. III, 72. f. AGr. § 323.

ich meine, mit objectivem Satze, die persönliche Meinung hervorhebend : j. Tit. 44, 4. 46, 4. 125, 3.

halt (zu unterscheiden von dem adject. Adv. halt, potius, als Conj. sed) ich halte dafür: in Schriften und Volksdialecten erscheint auch noch die volle Form ich halt, halt ich : Schmeller BWb. I«, 1099. Grimm Wb. IV. 2, 273. Weinhold Beitr. zu e. scUes. Wb. 32. halt steht am Anfang von Sätzen, welche die Meinung aussprechen (halt in allen diutschen riehen kom mir nie deheiner zuo Weinschwelg 306, halt sol ein istich

21«

324

§326. mensche sich erbarmen Leyser Pr. 8, 23) oder wird ihnen eingeschoben (ich räch halt andere lüte dinch Vor. Ged. 307, 25. si warn halt sm in jämers dol Parz. 430, 10).

got weijsf, goteweiz; weiz got, versichernd und be- theuernd gebraucht, zb. Karajan Ged. 111, 7. Fundgr. IL 39,37. Rol. 300, 10. Elis. 7790. Vgl. Grimm Gr. III, 243. AGr, § 328. BGr. § 262. Mhd. Wb. I, 555. Lexer I, 1052. - Ganz gleich wird wizze Christ gebraucht, Gr. UI, 243- Mhd. Wb. I, 883. got erkennen ellipt. betheuernde Redensart Iwein 1679. tveregot, bittend und mahnend in imperativischen und fragenden Sätzen, im 12. Jh. noch beliebt, im 13. Jh. abgekommen. Ein Beleg noch Neith. 37, 8. Vgl. Gr. III, 243. Mhd. Wb. III, 581. BGr. § 262. got segene, verwundernder elliptischer Ruf, Trist. 13694. herre got gesegene Lanzel. 905. got gebe mit concessivem Sinne^ erscheint erst im 15. Jh., zb. Teufels Netz 3118. Sachsenheim Mörin 66. 1521. 5904; es dient auch Interrogativa indefinit zu machen, Gr. III, 74. AGr. § 323.

so helfe got (seife got); so mir got (daz heilige lieht u. a.), sam mir got {der Itp u. a.), ellipt. betheuemde Ausrufe: Mhd. Wb. I, 556. II. 2, 44. 460. Schmeller BWb, n«, 206.

got qiittf got spricht so zu sagen, gleichsam. Diese im Obd. heute noch geläufige Formel (Schmeller I*, 961- Lexer .kämt. Wb. 119. Tobler appenz. Idiot. 229) ist aus dem 15. Jh. belegt: gleich als got spricht Lexer Mhd. Wb. I, 1052.

daz ist war, mit Synizese deiswär deswär, betheuemd^ Gr. III, 243. Mhd. Wb. I, 314. III, 519.

wcere, in voller Form ez wcere, gewöhnlich mit ^N^egation neweere (selten enwcere) es wäre denn, ausgenommen, nur. Durch Verlegung des Tons auf ne entsteht schon im 13. Jh. in lässiger Rede newer niwer; durch Verschmelzung von iw zu ü entsteht nüer mir; bair. neur. Vgl. Grimm Gr. III, 244. Mhd. Wb. III, 767. Schmeller I«, 1755. AGr. § 267.

325

S. Pronominale AdverUen.

§ 327. Die pronominalen Adverbia werden durch Suf- §327. fixe aus Pronominalstämmen gebildet.

Von den personalen Stämmen gibt nur der der dritten Person Adverbia. Aus dem St. sva entstund so (altn. got sve). Basselbe bedeutet demonstrativ so: messend, ver- gleichend und hinweisend, und vertritt in dieser lezten Bedeu- tung zeitliche und causale Partikeln. Am Anfang von Sätzen ^ieht es aus- dem vorangehnden Satz die Folgerung. Relativ bedeutet es als, wie : vergleichend, zeitlich, folgernd (so dass). Es übernimmt auch die Vertretung des Belativpronomens.

In hypothetischen und concessiven Sätzen gibt so Interro- gativen, die es einschliesst, unbestimmten Sinn. Mhd. ist das erste so in der Regel dem Fragewort durch Vorlehnung ver- schmolzen und das zweite so bleibt oft weg: so wer so, so wae so wird also mhd. in der Regel zu swer so, swaz so, oder zu blossem swer swas. Im 14. Jh. wird bereits das Inter- rogativ indefinit neben den mit so gebildeten Formen verwant. Vgl. § 496. Grimm Gr. III, 44. AGr. § 321. BGr. § 367.

so mit lieh verbunden gab solih solh (sölh seih) md. stdich sulh; mit getan: so getan, später sotän.

Aus sva entspringt durch die Suffixe n- und tra das als Adverb, Conjunction und Präposition verwante sunder (got sundro).

Möglicherweise ist auch sus (so, sonst) aus dem St. sva gebildet; doch liegt auch der St. sa nahe.

Zweifelhaft ist ferner der Ursprung von selbe (got. silba) ans sva (sva liba : siliba .\ silba Gr. III, 6. vgl. Scherer zGdSpr.* 496). Das Wort gibt das Adverb selp eben, und verstärkt durch Genit. selbes das locale da, woraus sich der spätere selbständige Gebrauch als Ort- und Zeitadverb (dort, damals, selbt seit) erzeugte.

Aus der Wurzel a wird bei Nasalirung des Vocals und durch das Suffix ti die Copula gebildet: ande findet sich noch im Leydener Williram, in dem mittelfränk. Legendär, auch öfter im Rother (1134. 1296. 2252. 2263. 4797); das nmgelautete nfränk. ende end erscheint im Floyris und in

326

§327. jülichschen Urkunden des 13. Jh.; in de ist ripuar. herschend^ einzeln kommt es auch in moselländ. Urkunden vor (Höfer I, 2. II, 66. 84; für die ältere Zeit belegen es hier die Strass- burger Eide, das Capitularfragm., Ludwigsl., fränk. Geb. [MSch. Denkm. LVIII] ; auch in Sayner Urkunden, Höfer 1, 12. II, 158). Die gemeinmhd. Form ist unde, zu und und unt auch im Verse verkürzt, vgl. W. Grimm über Freid. S. 43—47. Lach- mann z. Nib. 934. z. Iw. 59. 4365. Haupt z. Engelh. 463. Ausser zur Copula dient unde zur Verstärkung von Partikeln, nimmt die Bedeutung von „und sonst, und jedoch, indessen'^ an, und dient zur Anknüpfung relativischer Sätze. §828. § 328. Aus dem Demonstrativstamm ta (got. nd. tha,

obd. da) werden eine Reihe pronominaler Adverbien abgeleitet

danne (ahd. danta, dannd), geschwächt denne, gekürzt dan den (Gr. III, 165—168) zeitlich: dann, damals, cauaal: denn, relativ als, wenn; nach Comparativen Vergleichungs- partikel. — Vor noh : dannoh dennoh damals noch, adversativ dennoch.

Eine weitere Bildung ist danan, verstärkt dannan^ gewöhnlich dannen danne, gekürzt dane dan: local von da (Verbindungen : von dannen, dannen von, dan von, danwert; herdan, hindan), causal: daher, deshalb, relativ weshalb.

Durch das Suffix tra scheint gebildet dar, da {dar kommt ohne folgendes Locaiadverb md. noch zuweilen im 12. 13. Jh. vor; regelmässig erhielt sich r vor vocalisch an- lautendem angelehntem Adverb : daran därinne därumbe u. a.). Die Bedeutung ist da, dort, relativ wo. Das ä kürzt sich zu a, dar schwächt sich bei Tonlosigkeit zu der dir sowol in Verbindung mit Localadverbien als nach Personal- und Demonstrativpronominibus in relativer Bedeutung. Tonlos den Ortsadverbien vorgelehnt bleibt von dar oft nur der Anlaut d in vulgärer obd. und md. Rede übrig : dinne, düee, dobe, düfe. AGr. § 316. Anm.

Durch das Suffix tra scheint gebildet dare dar (ahd. dara), die Sichtung wohin in Baum und Zeit bezeichnend. Zusammensetzungen sind daran -in -über, dardurh -vür -näh -wider. Eine Weiterbildung aus dar durch Anfügung eines

327

locaüven d (ta) scheint in dort (mnndartl. dert, dort, md. §328. dorte) ahd. darot daret doret vorzuliegen.

Ein alter weiblicher Accusativ des Demonstrativams scheint do, welches sächsisch, ags. nnd fränkisch (Otfr. Isid. Tat.) im 9. Jh. in vollem Brauch ist, obd. aber erst allmählich Aufname fand; Gr. lU, 169. Es hat nur zeitliche Bedeutung: dann damals darauf, relativ als. Aus der Bedeutung darauf, nun ergibt sich seine Verwendung, um fortschreitender Er- zählung oder einer Frage Nachdruck zu geben. Über duo für do § 137. 139.

Aus dem Demonstrativstamm ta entstund auch die be- schränkende und eiitgegnende Partikel doh doch {gotpauh) doch dennoch, obgleich. Wahrscheinlich ist doh aus doh ge- kürzt und got. ßäith ags. peäh alts. thoh altn. p6 anzusetzen : do -|- uh, ßau -)- d. i. ^a -f- «I -f- ^hy vgl. Bezzenberger gotische Adverbien 95. 102 und auch Scherer zGdSpr.^ 505.

In starker Verwendung als Conjunction steht der neu- trale Accusativ da^s (vgl. lat. quod) zur Einleitung aller Arten untergeordneter Sätze. Das in gleicher Art verwante got. ßatei legt die Vermutung nahe, dass auch dajsf för dazi steht, dessen lezte Spur im bair. Muspilli (9. Jh.) aufbaucht.

Der neutrale Genitiv des wird mhd. adverbial mit der Bedeutung deshalb, daher gebraucht. Mit Präposition erscheint er in den Zeitadverbien afler des, in des, innen des, vor des, under des; mit Zeitadverb e des, sU des.

Aus demselben Demonstrativstamm ist auch abgeleitet das ripuarische, einzeln auch ins triersche reichende dus, so, sonst: thus Heinrichsl. 5. dus Marienl. 25, 25. 30. aldus Lacombl. n, 434. II, 1064. ni, 180. Hagen 70. 134. 234. u. o. Haupt Z. L 37, 109. Mastr. Ostersp. 29. 58. Vgl. mnl. dus (Moltzer middelnederl. dramat. Poezie S. 9. Anm. 3) mnd. dtiS alts. ags. thiAS fries. thtis dus. Grinam Gr. III, 63.

§ 329. Aus dem Demonstrativstamm sa wurden gebildet § 329. durch das Superlativsuffix ma sam, mhd. als Pronominaladj. sehr selten (Lexer Mhd. Wb. II, 590), dagegen als Adverb und Conjunction (so, wie, wie wenn) noch lebendig. Eine Weiterbildung durch Suffix -fM, ist das Adj. samen, dazu

328

§ 329. das häufig gebrauchte Adv. samen (allensamen, beidensamen, he- en- besamen), Nebenformen sind sament (ahd. samant) und samet samt (got. samaß alts. ags. samad samed).

Durch das Suffix trä entstund die Zeitpartikel sär sofort, sodann. Diese alte Form des Adverbs stirbt im 12. Jh. ab: Beispiele aus der Wiener und Milstätter G-enesis verzeichnet BGr. § 253. Im Salman findet sich sär zweimal im Reim 730, 2. 778, 2. Im Obd. wird sa die gewöhnliche Form (wie da für dar, für war), , Nebenform ist 8 an, das bairisch nicht selten auch im Reim im 13.— 14. Jh. erscheint (BGrr. a. a. 0., Wolfram v. Eschenbach hat es 18 mal im Reim, Lamprecht von Regens bürg 12 mal), und das besonders md. in festem Brauche steht : Pfeiffer in Germ. VI, 642. Lexer Mhd. Wb. n, 602. Unecht erweitertes säne braucht Hug v. Trim- berg einmal im Reim (; äne Renner 71, sechsmal hat er sän), Durch präfigirtes ie wird sa verstärkt zu iesä. § 330. § 330. Aus dem Demonstrativstamm hi (indogerm. ci, Ät),

dessen Casusformen die Zeitadverbien hinaht (hinet, hint Mnte), Mute und hiure bilden halfen, wurden mehrere Orts- adverbien gestaltet.

Durch Suffix na hin e hin von hier, hinweg; zahlreichen Ortspartikeln und Präpositionen vorgestellt : hin -abe an durh vür in näh über üf umbe wider ise, hin -dannen dan wert; erweitert (hinana) hinnan hinnen hinne von hier, fort, das sich ebenfalls in jüngerer Zeit mit Localpartikeln verband: hinnen -dar -vür -hin.

Durch die Suffixe ta + ra entstund hinter hinder, als Präpos. mit G-en. Dat. Acc. verbunden, zusammenges. hinder- wert; durch ta + wöt hinden (got. hindana ahd. hintana).

Die beiden Adverbien here her (ahd. hera) hierher, bisher, und hier, hie md. he (ahd. hear Mar hier) sind wie es scheint durch Suff, trä gebildet, hera würde auf hedra (vgl. altn. hedra ags. hider got. hidri) zurückgehn; fiir den Diphthong in hier ist bis jezt keine genügende Erklärung gefunden, vgl. u. a. Bezzenberger Gotische Adverb. 116. ft J. Schmidt Yocalismus II, 422. ff.

hie verschmilzt sich mit inne, üze üisen zu hinne, hüse hüeen.

329

§ 331. Auf den Demonstrativstamm na geht wahr- §331. scheinlich das Zeitadverb nu zurück, verlängert nü, mit an- gefugtem n nun. Die auf nu beruhende Nebenformen nuo (bei Wolfram namentlich) und nuon werden von denen ge- mieden, welche im Keime brauchen.

Mit enclit. ch (h) bildete sich noh, Zeitadverb und gegen- sätzliche wie beschränkende Partikel (Leo Meyer got. Spr. 199 verglich gr. vv xev, skr. nu kam nun wol, nun eben). Ver- bindungen sind ie noch ausserdem, immer noch, noch denne.

Die zusammengesezten Demonstrativa geben auch einige Adverbien her: aus dise {tja -|- sja) ist freilich nur disent gebildet, wie aus jene (ja + wa) jenen enent ennen ennent ennet und ener ennert AGr. § 317. B6r. § 253.

Auf demonstr. ana + ja führt ali-, das adverbial im genit. alles (anders), verbunden aiswä aiswar (BGr. § 254) und in alem. aide aide (alder ölder), oder, fortlebt.

Das gemeinmhd. ode (aut, sive), md. zuweilen ade {athe Capitul. 3. fif.) erhält an od er, das vielleicht nach Analogie von weder gebildet ward, einen Nebenbuler. oder erscheint zwar schon ahd. (Grafif I, 147), wird aber erst seit Anfang des 13. Jh. häufiger, drängt ode zurück und hat es im 14. Jh. fast unterdrückt. Für oder ist die gemeinmd. Form ader (gekürzt ar Höfer II, 37. har 36), selten uder (Boiandsl. und bei manchen md. schreibenden Niedersachsen), ihmin^. eder edir (Tristr. V, 24. Berth. Crane 2810. 2917. Höfer I, 24. 26. II, 13. Mülh. R. 29. u. o. Nordh. Weist. A. B. Kath. o. Jungfr. 173). Dieses ode (ade, ede) stimmt zu ahd. eddo edo odo ags. edda altnord. e9a eöe got. aippau, über dessen Her- kunft noch Unsicherheit waltet: Grimm Gr. III, 60. Leo Jieyer got. Spr. 493. Bezzenberger Adverb. 93. f

In Ripuarien, seltener im Mosellande, einzeln im Engers- gau begegnet für und neben ode das mit alts. efäo eftho afrs. ieftha verwante ofte zb. Lac. III, 444. 1064. Karlm. 202, 60. 229, 65. oft Lac. II, 1011 ; mit unterdrücktem t ofve Lac. II, 515. ove Ernst A. II, 8. Morant 120. Höfer I, 5. G. 9. 11. II, 80. 84. 88. 109. Ennen I, 9. II, 377. u. o. III, 487. köln. Ssp. I, 28. Lac. I, 534. 744. 1064. II, 435. III, 167.

330

§ 381. Eberbach 810. ove Höfer II, 9. ^ue Ennen I, 242. ave Höfer I, 8. Lac. III, 247. gewöhnlich of (schon Amst Ml. 10, 23) off, af äff. Mnl. ist ofte stehend. Vgl. auch Busch in Zachers Z. X, 397.

Vor Interrogativen findet sich ein Präfix, das indefiniten Begriff ertheilt: ahd. ethes eddes eteSj eta ete, mhd. etes eis ete {etewer -waz -wie 'Wä -war -wanne, femer etelich), zu dem von J. Schmidt bei Kuhn Z. XXII, 318—325 das slav. jede lat. ed" vedisch adas mit gleicher Function nachgewiesen ward. Es ist sonach von eddo, oder, zu trennen. Das ißeswanne der Wiggertschen Psalmen (zweites Scherflein S. 11) ist nichts als eine durch Einwirkung von ifthe eftho (oder) verschuldete falsche Form für itheswanne. §382. § 332. Von dem Interrogativum (St. Tca, germ. hwa)

wurden der Gen. wes und der Instrum. wiu (bair. weu) adverbial gebraucht. Aus wiu entsteht durch Verschmelzung mit enclit. ie (ahd. eo) wie (ahd. w^o wieo wio).

Dem danne § 328 gleich gebildet ist wanne, verkürzt wan; Trübung des a zeigt die im Alem. namentlich beliebte Form wenne, gekürzt wen; zeitlich und bedingend in ihrer Bedeutung. Eine erweiterte Bildung ist wannen (ahd. hwanan hwanna) von wo.

Das Suffix trä bildete war (hwar) wohin, das Suffix tra dagegen war, wo, das sich nur höchst selten noch im 12. Jh. findet und als erscheint. Nur bei Anrückung vocalisch anlautender Localadverbien oder Präpositionen erhielt sich das r, zb. war an Iw. 2716. war umbe Myst. I. 114, 14.

An war fügte sich mit indefiniter Bedeutung das Sufßx gi (Gr. III, 33. ff.): hwergin (Otfr.) irgend wo; mit präfig. ie md. i er gen irgen er gen, negativ niergen nirgen nergen, Obd. sind dafür iener, niener (io- nio + in ero) in Brauch.

Durch das SufBx da (dha) entstund wände (ahd. huanta), wand ward, assimilirt wanne, gekürzt wan, md. wend^ (Ath. A. 32. B. 122. C. 40. 114. 127. E. 89. F. 58. 67. Rud. 11, 20). w&nä (Ath. A. 32) wmt (Alsfeld. Sp. 3790. 3982. 7753) wen (Ath. Roth. Alex. Aegid. Schonebek vgl. W. Grimm z. Ath. A. 32): weil, denn.

331

Das Keatmm des durch Comparativsaffix tara gebildeten § 882. Interrogativs weder (welcher von beiden) wird als disjunctive Fragepartikel verwant.

7. Präpositionen.

§ 333. In Folge der Verringerung der Casus und der § 833. Abschwächung der sinnlichen Bedeutung derselben ist schon ahd. die Verwendung der Präpositionen in yoUem Grange, durch welche die verschiedenen Beziehungen des Subjects zum Object deutlich hervorgehoben werden. Einige alte Prä- positionen sind abgestorben und nur noch als Präfixe in der Gomposition erhalten.

a) Echte alt^ Pr&positionen, ursprünglich meist pronominale

Casnsformen.

abe, ab md. abe, ave af (lat. cib gr. axo) Präp. c. Dat. von, herab hinweg, causal aus, wegen. Ableitung aus der- selben Pronominal Wurzel after (ahd. aftar vgl. got. afta^ aftarö) Adv. und Präp. c. Dat. Acc. Gen. Instr. hinter, nach : örtlich zeitlich modal.

ane an (gr. ovo) c. Dat. Acc. räumlich zeitlich geistig. Aus der Verbindung von af mit an ist vielleicht die Präpos. van von entstanden (Gr. III, 262), welche dem deutschen Festlande eigen ist, Angelsachsen und Skandinaviern fehlt, auch got. nicht nachweislich ist und daher erst nach Abtren- nung der Angeln und Sachsen von der alten Heimat entstanden scheint, über das alte a in van § 23. 30.

äne (verwant mit gr. avsv skr. an(i) ohne, c. Acc., selten €. Gen.; als Conj. ausser, t ant ent als Präp. ausser Brauch. ar als Präp. erloschen.

bi gewöhnlich gedehnt bi (gr. knl skr. api) c. Dat., md. auch c. Acc. (W. Grimm z. Ath. D. 48. Tristr. X, 711. 7459. Mhd. Wb. I, 112. f., auf die frühere obd. Verbindung c. acc. weist das im 12. Jh. noch übliche zeitliche bedae hin) : räum- lieh die Annäherung bezeichnend, zeitlich die Dauer ; auch causal c. Dat. und Instr. pron. Aus bi ajs oder bi ze verschmolz

332

§333. sich biz Adv. Conj., als Präpos. mit an üf gegen verbunden, das obd; hinter unz an Häufigkeit zurücksteht, aber doch bei Gotfried von Strassburg Wirnt Neithart Lichtenstein Rudolf von Ems Konrad von Wirzburg nachweislich ist Md. tritt neben 6t> mit un verschobenem t bit auf, § 197.

bit = mit § 161.

ver (ahd. far fir gr. jtagd skr. parä) als Präp. erloschen.

vore vor (ahd. fora got. faura skr. puras) Adv. Präp., als Präp. c. Gen. Dat. räumlich zeitlich, c. Dat. auch causal. Adverb. Verbindungen: bevor md. bevure, envor, auovor. Localadverbien aus vor gebildet a) vorne forn (ahd. /bma) Zusammensetz, bevorne bevorn (; erJcorn Ath. B. 107. : hom Ulr. Wilh. 1390), jsfevorn, beide md.; genit. Adv. von vomes Eihteb. 14. Erweiterung vornan vomen, h) vorty md. weit beliebter als obd., vgl. W. Grimm z. Ath. B. 106; jüngere Erweiterung vorten. Verbindungen hinnenvort, vort- mer, vorinw.

Durch das Comparativsuffix tara ward vordere vorder, md. vurdir gebildet, Adj. Adv. Aus derselben Wurzel entstund

vür md. vur vor (ahd. vuri) Adv., Präpos. c. Acc, vor etwas hin, vorbei ; für, zum besten ; um, Stellvertretung und Gleichheit bezeichnend. Comparativbildung vurder vürder, Superlativbildung vürste.

vranh, nur noch als Adv. im Brauch. Zssetz. vramort (= vramwert) vorwärts.

hinder (Comparativbildung zu hine) Adv., Präp. c. G.D. A.

in (lat. in gr. kv skr. an) Adv., Präp. c. Dat. Acc, räam- lieh und zeitlich. Die Verlängerung in dient nur als Adv. Die Präpos. iw, welche Lachmann Nib. 235, 4. 259, 4. 363,*4. 821, 4 aus metrischen Gründen ansezte, ist sonst aus dem 12. 13. Jh. nicht nachgewiesen. Später (15. 16. Jh.) ist ein für in nürnbergisch und ostmitteldeutsch im Brauch. Durch Suff, -na entstund innen (ahd. innana innän) Adv., Präp. c. G. D. Instr., mit vorgelehnten Präpositionen binnen Adv., Präp. c. G. D., eninnen (md. zb. Rother 1302. Rud. 14, 6. 25, 20. 25, 4. Glauben 3166), enbinnen inbinnen (inbinnigen

i

333

Xeyser Pr. 53, 30) vgl. W. Grimm z.. Ath. A. 32. Com- § 333. parat. Bildung inner Adv., Präp. c. G. D. Instr., Nebenf. inrent inrunt,

§ 334. mite mit md. met (got. miß zend. mad) Präp. §334. c. Dat. Instr. md. zuweilen unter nd. Einfluss c. Acc. (Schone- bek 3635. Lac II, 515. köln. Sachsp. Prol. 96), GremeiuBchaft Verbindung Mittel bezeichnend. Über die mrhein. Nebenf. bit § 161.

fiide als Präpos. in der Schriftsprache erloschen. Ad- verbiale Weiterbildungen nidene niden, als Präpos. c. Dat. beniden; nidere nider, als Präpos. benidere (Haupt Z. XV, 382).

übe ob (ahd. oba vgl. vjco skr. upa lat. st4b) Adv-, Präp. c. Dat. Acc. über. Ort und Grund bezeichnend. Weiter- bildung durch Suffix na: ebene oben Adv., selten c. Dat. Mit proclinirtem be md. b ebene beben nd. boven Präp. c. Dat. Acc, mit vorgelehntem en: enbebene enboben, Weiterbildung obenan ebenen, von oben. Aus derselben Wurzel durch Suffix ra

über viber md. ober ever (got. ufar gr. vjt^Q lat. super skr. upari) Adv., Präp. c. Acc, md. auch c Dat : räumlich, zeitlich, persönliches Verhältnis bezeichnend.

sam Präp. c Dat. (alem.) sament samt Adv., Präp. c D. vgl. § 329.

sunder Adv., Präp. c Acc, Conj. Comparativbildung zu sun d. i. sva + wa.

t^ (got. uf lat Sfsb gr. vjto skr. üpa) Adv., Präp. c. A. D., räumlich (übertragen auf ein Ziel des strebens), zeitlich. Er- weitert üfe Adv., Präp. c Acc. Dat., mit Suffix na üfen Präp. c Acc. Dat.

umbe um md. umme um (ahd. umMy got. nicht vorhanden, lat. ambi gr. afig)i skr. abhi) Adv., Präp. c A. Instr. : räumlich zeitlich um; Grund und Zweck, ebenso Tausch bezeichnend.

unde Adv. unten; durch Suffix na entstund un'den Adv., durch das Comparativsuffix tara

under (got undar lat inter skr. antar) Adv., Präp. c D. A. Instr. (under diu) Gen. (under des): unter, zwischen.

334

§834. unte (got. und)- sehr selten (Vorauer Ged. 365, 11

untere, md. und als Conj. Pilat. 311. Tri8tr.3772. 5907. 6963); gewöhnlich ist unjs^e, unz (got. unU alts. unti) Adv. Conj. bis, so lange als; verstärkend vor den Präpos. an durh in üf zuo. Vielleicht ist unze unz aus uni + ze oder unt + az verschmolzen, wie hiz ans hize. Wurzel scheint an zu sein wie in unde under.

ur nur als Präfix mbd. im Brauch.

üz (got. üt skr. üd^ Adv., seit 12. Jh. auch als Präp. c. Dat. gebraucht, aus, heraus, hinaus. Weiterbildungen üze Adv.; üzen Adv., Präp. c. D. A., mit be verschmolzen büzen (md.), enbüzen (vgl. binnen, enbinnen); üzen an. Durch Suffix ra: üzer Präp. c. D., erweitert üzeront üzerent üzert.

wante wente (nd. md.) assimil. wanne (Myst. I. 3, 5. Henneb. ü. II, 126) apocop. went, md. gewöhnlich gekürzt zu wan, wen W. Grimm z. Ath. A. 32. Rud. D^ 21. bis, Adv. Oonj. Vgl. ai wante Roth. 1287. wanne her Henneb. U. II, 126. wen biz Ath. A. 94. 101. von 6win wan zen Swin Roth. 4411. Mhd. Wb. III, 504.

wider (got. vipra, Comparativbildung aus W. vi) Adv., Präp. c. D. A. selten c. G., räumlich zeitlich persönlich gegen (gegenseitig, vergleichend). Erweitert widere (ahd. widari).

ze (ahd. za zi ze, alts. ti te, got. du mit gestörter Yer- schiebung, vgl. slav. do. Möglicherweise gehört dieses germ. Adv. und Präp. zu lat ad skr. adhi, Grimm III, 254 und Leo Meyer got. Spr. 116. 351, so dass ze und az, got. du und ai, zwei verschiedene Gestaltungen desselben Wortes wären). Adv., Präp. c. D. Instr., nur md. zuweilen c. Acc. : zu, nach.

zuo md. zu Adv., seit 10. Jh. auch als 'Präp. c. D. zu- nächst vor Pronominibus gebraucht, in welcher Stellung es auch mhd. wesentlich bleibt. Die md. Schriftsteller brauchen es dann ohne weiteres wie ze, um die Richtung worauf oder die Zufiigung wozu zu bezeichnen. Häufig wird es seit Notker dem ze verstärkend vorgestellt: zuo ze. Adverbiale Ver- bindungen ie zuo (grade darauf, grade jezt, jezt) iezd (Griesh. Pr. 2, 138 u. später) ie ze, Nebenf. iezunt izunt izent -en -it («päter itzunds itzunden itzunder).

335

b) Jüngere Prftpositioneii.

§ 335. §335.

durh (gotßairh skr. tiräs, verwant ist lat. tratis) Adv., Fräp. c. A-oc, räumlich zeitlich causal.

eneben (md. in eben) mit Aphseresis neben Adv., Präp. c. Gr. D. A. Zusammensetz, beneben.

er (die md. giltige Form) e (die obd. herschende, doch ^ braucht Heinrich v. Türlein, der in der Krone nur i hat, im Mantel zweimal 211. 222 Sr im ßeim) (got air compar. airis ahd. eiris, gr. ^qi Leo Meyer got. Spr. 492. Ahrens bei Kuhn Z. 3, 171) Adv. eher, früher, Fräp. c. Gr. D., Conj. eher als. Verbindungen er daz i daz, i danne er dan.

gegen älter gagen, zsg. gein gin, md. oft kegen kein kin : Adv., Fräp. c. Gen. (Jänicke z. Biter. 682) c. Dat., selten und meist md. c. Acc. (Weismann z. Alex. 5703. Lichtenstein Eilhart LXXXVII), räumlich zeitlich modal. Verbindungen be- en- zegegene, köln. tegegen tgegen tgaen Adv. aber auch präpositional gebraucht.

lengSy genitiv. Adv., als Fräpos. c. Gen. seit 14. Jh. nachgewiesen, Bech in Germ. XX, 50.

overmiddes overmids overrnüz, mit AphsBres. vermiddes, als Fräpos. c. Dat. Acc., kölnisch seit 13. Jh. im Brauch.

näh nd . (got. nShv nihva), Adv. (Adj. ntehe^ nähi), Fräp. c. Dat., räumlich zeitlich modal.

Sit Ady. (got. adj. seipus spät) Conj., Fräp. c. Gen. Dat. Instr., Nebenf. sint (nrh. sont sunt) Adv., Fräp. c. Gen. Comparativ sider Adv., Fräp. c. Dat, Gonjunction.

wegen ist mhd. noch nicht Fräposition. Diese Ver- wendung entwickelt sich aus dem Adv. von wegen, das durch ein Fossessivum (von mtnen dinen sinen w.) oder einen Genitiv seit Mitte des 13. Jh. näher bestimmt wird, Jänicke z. Wolfd. B. 236, 1.

innewendic Adv., Fräp. c. Gen. Dat., nidewendic ohewendic c. Gen. md. gebraucht.

zwischen (md. zusehen zussen nd. tuschen tussen) dativ. Adverb (mit Fräpos. en- under-zwischen), Fräp. c. G-en. Dat. Acc.

336

8. Zahlworte. §336. § 336.

A. Die Grundzahlen. AGr. § 326. BGr. § 258.

1. ein, adj. flectirt einer -iu -eis,

2. Masc. isivene md. Nebenf. /sweine (Elis. 3860. Lac. in, 172), Fem. ^wö Nebenf. ^wuo, md. JSfwü; zwä (bair. weiter.

^ [zwä: da Elis. 8529] ripuar.). Neutr. zwei md. zwe. zwei kommt md. auch für M. F. und indeclinabel in allen Casus vor, so im Strassburger Alexander, vgl. Kinzel in den Hall. Beitr. zur d. Philol. S. 69. f., thüring. (Nordh. Weist. B. 18) und schlesisch, ßückert Entw. 249. Gen. zweier {zweijer Ath. F. 124. zweiger Vorauer Ged. 21, 12. Konr. Silv. 1. zuwaigere Vor. Ged. 372, 14. zwSgir Haupt 15, 401). Herman Damen reimt mit falscher Analogiebildung Gen. zwier auf drter MSH. 3, 165*, sowie er den Dat. drein im Reime auf zwein sich gestattet. Dat. zwein, zerdehnt z wehin (Höfer II, 73), gewöhnlich md. zwen. Die unechte adject. Form zweien wird im 14. Jh. beliebt. Acc. M. zwine. Fem. zwo, ziüuo (im Reim ; kuo Renner 14345. : darzuo 2668) md. zwue (Eöditz g.); zwü md. oft, zwä ripuar. häufig (auch zwae geschrieben, zb. Lac. III, 621). Nach falscher Analogie mit zwene findet sich zwone Henneb. XJ. II, 147. Neutr. zwei md. zwi {zve Alex. 1390). Vgl. auch Lexer Mhd. Wb. III, 1210.

3. Masc. Fem. drie dri, ripuar. Masc. dre (Roth. 1389). Neutr. driu bair. dreu md. drü (Elis. 3905. Böhmer 253. 515. HU. I, 155. Lac. H, 530. Ennen I, 21. 156) wetter. Nbf. drou Böhmer 464. Gen. dri er driger, älter driero Friedb. Kr. G. 2, 22. driere (Ennen II, 435. Lac. II, 542). - Dat. drin md. dren; verlängert drin (im Alex. :in 1237. :m 180) bair. drein, Adject. Form drien seit 12. Jh. neben drin drin vorkommend (: schrien Wemh. Mar. 207, 41). Herrn. Damen drein : zwein MSH. 3, 164. Acc. wie Nom. (im Roth. 444. 1872. 5054 wird Masc. dre von Fem. drie unterschieden).

4. vier, fl^ct M. F. viere (ripuar. veire md. vere) N. vieriu viere. Gen. viere, vierer (Trist. H. W. 4563. Lampr. Syon P. 230), vierre (Trist. F. 4563. Lampr. Syon L. 230. Ennen UI, 158). Dat. vieren.

337

5. vimf vinf (noch im 12. Jh.); vumf vümf vunf, flect. §336. mnfe (Eud. 28, 7. Lac. III, 292. 683) vunve (Lac. II, 435. III,

425. funffe Alsf. Sp. 3200) md. vonf (Böhmer 533. 649. Höfer II, 103) Gen. vunver (Roth. 484) vünver (Frauenlob 420, 1).

6. sehse sehs md. sesse seisse ses seis (Gen. -er Dat. -en),

7. sihen flect. sibene -iu; md. sivene seven seivene sehen, bair. und md. auch suben (BGr. § 258. HU. I, 1071) thüring. soben (Köditz G. g.).

8. ahtoutve ahtetve ehtewe (AGr. § 326), ehte eht (alem. bair. md.), md. !Nebenf. eihte eichte (Alsfeld. Sp. 3200) ; gemeinmhd. ahte aht.

9. niune m'«*w . (zerdehnt niwen newen BGr. § 258. AGr. § 326. md. nowen zb. 1376. Tzschoppe-Stenzel Urk. 599. nigon mfr. Legend. 362 ist rein mfrk.) bair. neun md. nüne {isüne Herb. 7947) nun,

10. zehene ^ehen, md. zusammengezog. zene {: gene Karlm. 39, 46) ^^w, ziene (Karl A. 228) zien jsein, zine (:Wine Jerosch. 19205) JSfin (Annol 243. 247. Lac. II, 744).

11. einlif einlef, eilif eilf, rfi/* (Pass. H. 32, 52), gekürzt elf; flectirt einleve eilve.

12. zwelify sswelef (Nib. A. 65, 3) iswelf, alem. und md. zweüf, elsäss. md. zwölf zwtdf (AGr. § 326. Elis. 328. 2945. 4116. Höfer II, 36. 137. Muskatbl. 8, 4. Karlm. 150, 11. 409, 37. 54).

lif in einlif und zwelif bedeutet zehn, es führt auf urgerman. lipa = slavolith. lika = indogerm. dakan, Bopp Gr. § 319.

Die Zahlen von 13 19 werden durch Zusammensetzung mit zehen gebildet.

13. driuzehen drizehen md. drüzehen drüzen drüzein (Höfer II, 32. 54. 131. Lac. III, 172. 505) drüzien (Lac, III, 124. 210. Vorbewis. P.) drüzin Höfer II, 1.

14. vier zehen md. virzehen virzen vierzien (köln, Sachsp. I. 2, 2) vierzein (Ennen III, 158) veirzein (Repg, Cr. 67) Virzehen (Höfer II, 134) verzen (Lac. III, 124).

15. vumfzehen vunf zehen -zene {: gene Karlm. 436, 37) vonf^ehen,

Wein hold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 22

338

§336. 16. sehsjzehen sehzehen md. seszehen -jsen sescein

(Annol. 706) seiszein (Höfer II, 131) sesenzein (Ennen 1, 11. Lac. III, 505).

17. sibenzehen.

18. ahtzehen ahzehen achzene (tr. Silv. 612), bair. zu- weilen ohzehen, md. efdzehen eichtzen (Höfer II, 80) eychzein (Lac. III, 172) eichtzien (Lac. III, 901).

19. niunzehen md. nünzen, nuenziene (Lac. III, 384) nuyntzeyn (Harff 174, 15). Selten, in bair. Quellen nachweis- lich, wird 19 durch Subtraction von 20 ausgedrückt : ein3 min zweinzich BGr. S. 262.

Die Bruchzahlen zwischen den ganzen werden durch die Ordinalzahl mit dem Adj. hdlp hergestellt: anderhalp Trist. 2902. dritehcdf Roth. 3335. vierdehalp Nib. 419, 2. vümphk- hdlp 1210, 1. sehstehalp Leyser Pr. 64, 3 u. s. w. Das auf diese Art gebildete Adj. wird flectirt oder unflectirt mit dem je nach Umständen im Sg. oder Plur. gesezten Subst. ver- bunden, zb. anderhalber hende Trist. 2902. drüehalfjär Roth. 3335. vierdehalbez unde drizic jär Berth. Pr. I. 292, 31. in den vierdehalben unde drizic jdren 292, 33. vierdehalp messe Nib. 419, 2. vümphtehalben tac Nib. 1210, 1. §337. § 337. Die Zehnzahlen von 20—100 werden durch

Zusammensetzung mit zic zec, zuc zoc (got. tigjtis PI. zu tigm = tihun = dakan) gebildet.

20. zweinzic -zec, zwinzic -zec, md. zwienzich Roth. 651. zwintzich Lac. III, 494.

Eine zerdehnte Form mit euphon. r zwerunzic Geschichtfr. 2, 246 (Glarus 1324). Das später sich festsetzende zwanzic zeigt sich Mon. Boica 27, 290 (1385). Cd. Sax. II. 6, 120 (1449).

30. drizic -zec, bair. dreizzich. Schon im 13. Jh. er- scheint alem. ss, s für ^ (drisigge 1289. Schreiber TJ. 1, 110), doch wird scharfes z daneben fortgeführt (österr. dreytzich 1332. Notizbl. 6, 464).

40. vier zec -zic, md. vir zuc (Friedb. Kr. H. 1, 8) virzich, verzieh (Eberbach. U. 843. Marienl. 18, 22) veirzich Hagen 1389.

339

50. vunfzic vunfeuc (Friedb. Kr. G. 2, 21) vunßich §33: (Hagen 1392) vonfcich (Eother 3358).

60. sehszic md. seszich, seszoch(W\W\v, vratisl. XXIV, 27. seszogh lugdun. ebd.) seisHch.

70. sibenzic -zec^ sibenzoc (-zock : noch Annol. 161), md. sivenzich sievenzich ostfränk. sohenzic {sobinczk Henneb. ü. II, 147), bair. Nbf. subenzich BGr. S. 263.

80. ahtzic -zec ahzic (Alex. 3476. achzich Roth. 4736. (Mich ^bll) md. ehtzich, eihzig {eitzig Ennen III, 302). 90. niunzic -zec bair. neunzic md. nünzich. 100. zehenzic im 12. Jh. noch ziemlich häufig, vgl. Eilh. Tristr. IX, 175. Alex. 1562. zehevzich Alex. 382 zenzech Rol. 6, 24. zenzec Wack. Pr. 19, 2. cenzic Roth. 2592. 4089. zehenzic Erec 1917. Die Form zehenzuc findet sich Friedb. Kr. G. 2, 21 geschrieben, nach dem Reim auf noh ist wol zehenzoh anzusetzen. Vgl. Mhd. Wb. III, 858. BGr. § 258. Haupt z. Erec 1917.

Das alte einfache hunt ist mhd. noch nachweisbar in drithalphunt (1275. Ulm. ürk. 1, 122). driuhunt (:gewunt Otack. c. 157, wahrscheinlich auch drühunt : stunt Orend. 806). vi er hunt {: stunt Rol. 232, 15 so zu bessern), zehenhunt Orend. 430. funfzehenhunt (: stunt Orend. 430 so zu bessern). Das gewöhnliche ist hundert md. hundirt hundrit (Roth. 5019. Alex. 1118. 1808. hundrith 898. 5392. hunterü Annol. 263. hunderit Haupt Z. 15, 388) hundart {:vart Xarlm. 344, 66. 345, 23), hondert

200 900 neutrale Vorzahl mit hundert: zwei- driu- vier- etc. hundert.

1000. zehenhuntOrQMdiAiO. zehenhundert 8di,\m.726,4:. Engelh. 2677. tr. Kr. 21786. WvRh. 210, 38. Das gewöhn- liche ist tüsent bair. tousent md. düsent. In dem Suffix erscheint noch das alte u zuweilen alem. und md. vgl. AGr § 326 und unsern § 84, ferner tüsunt : hunt Kaiserkr. 13456» du sunt : hunt Wernh. 27, 34. Karlm. 471, 28. : stunt Rol. 92y 16. Alex. 898. 962. 1526. Karlm. 347, 13. :wunt Hester 1867. düsont : stont En. 1194. hont : düsont 5132. Neben- formen tu sin t alem. und md. (AGr. a. a. 0., ; hint Roth. 490),

22*

340

§337. tüsinc iüseng tüsung tüsig alem., düsing md., ripnar. düsant : Agolant Karlm. 361, 55.. ; bekant 451, 17. : Rolant 351, 56, : gesant Alex. 1829. 1845. 6362. Zuweflen wird t apocopirt: thsen Vor. Kaiskr. 478, 12. tüsen (: behüsen) Heldenb. (Keller) 25, 40. tüsin Höfer II, 13. düsm Höfer II, 37. Das n wird auch syDCopirt: tüset, md. düset.

1100. einlif hundert Rol. 171, 14. eilf hundert tr. Silv. 610.

1250. drizehendhcdp hundert Mechtilds fliess. Licht S. 2 (Ausg. Y. Morel).

2000. 3000. ff. Durch neutr. Vorzahl mit tüsent: zwei- driu' vier- vumfdüsint (Roth. 395). zwelf tüsent (mit zwdif düsinden Alex. 1871). fiunfzech tusunt Xaiserkr. Vor. 412, 2. zehenzic füsint (Alex. 1407). hundirt tüsint (Alex. 1494). hundert tüsent (Berth. I. 292, 37). tüsent hundert (MSH. 2, 326*). druhundert tüsint (tr. Süv. 630).

Seltener werden die tausende durch die Multiplication der Zehner mit hundert ausgedrückt, zb. zweinzic hundert Gudr. 697, 3. drizic h. Gudr. 282, 2. viftich handert En. 975. ahzic h. Gudr. 1400, 2.

Die Zwischenzahlen zwischen den Zehnem werden durch die den Zehnem mittels unde vorgesezten Einer bezeichnet, für 1 wird in vulgärer Rede das neutrale einez einz ge- braucht: einz unde zweinzic, sibene unde drizic, vierdhaibes unde vierzic.

Bei 8 oder 9 + ^ ''^rd auch die Subtraction zuweilen angewant, zb. einz min drizic, in zwein min ahzic tagen AGr. § 258.

Bei grösseren Zwischenzahlen kann die kleinere vor- oder nachgestellt werden : fünfzec unde hundert Greg. 1594. sehs hundrit und sehszich Alex. 1808.

Bei Zwischenzahlen zwischen den Tausenden kann die Hundertzahl genannt werden, zb. 2500 fünf und zwenzie hundirt Hü. I, 867.

j

341

B. Ordinalzahlen.

§ 338. AGr. § 326^ BGr. § 259. §338.

1. Der Superlativ von er: er est e erste md. irste (HU.

I, 742. Schonebek. o. Lac. III, 187. 636. Kölner Cronica) eirste Ennen I, 1. u. o. Lac. III, 697. Harff o.

2. ander, zweite kommt erst im 15. Jh. auf, in köln. Schriften siweide Sei. Tr. 121'. Wierstr. 665. Harff o. Cronica o. t^wede Cronica 145.

Die übrigen Ordinalzahlen werden aus der Grundzahl •durch die Suffixe ta und da (te^ de) gebildet, flectiren ur- sprünglich schwach, werden aber mhd. schon als Adjectiva behandelt und sind daher auch st. Flexion fähig.

3. dritte drite, md. dridde, dride, drete (Kath. sp. 167. hess. Evang. 278. 300), mit Metathesis dirte elsäss. (AGr. S. 309) md. (Höfer I, 22. 24. Mülh. R. 27. 45. Köditz Gg. o.), dirde (: wirde Rumsland MSH. 2, 370^ ausserdem u. a. Karlm. 302, 37. 340, 16. köln. Repg. Cr. 21. u. ö. Lac. III, 163. 621. Ennen I, 388. u. ö.) derde (Lac. II, 506. 'lll, 405) derte {dertin : gefertin Rittersp. 690).

4. vierde vierte md. virde verde (Höfer II, 3. Marienl.

II, 11. 56, 9) veirde (Repg. Cr. 25. 41. Ennen I, 388. Höfer I, 2) obd. Erweiterung vierdig BGr. § 259.

5. vinfte (12. Jh., noch köln. Repg. Cr. 51) vunfte vumfte, mit Umlaut vünfte; md. vunfte vonfte (Marienl. 57, 25. HU. I, 742). vunffste Kölner Cronica 19*.

6. seh st e, alem. nicht selten sehte AGr. ,S. 309, md. seste (Marienl. 10, 7. 11, 19. Karlm. 172, 49. HU. I, 963. Muskatbl. 8, 166) seiste (Marienl. 116, 17. Haupt 15, 382).

7. sibente sibende md. sibinde sivende, sebinde HU. I, 1088. Haupt 15,382. Musk. 8, 196. Cd. Sil. IX, 256. sevende köln. Sachsp. I, 38. Harff o. bair. Nbf. subente BGr. § 259, alem. sübunde Ulm. Uk. I, 196. sübenste Griesh. Pr. I, 136, thüring. sobinde Köditz g. 5, 18. sevenste Köln. Cronica 20^

8. ahtode ahtede, nasalirt achtonde achtende AGr. S. 309. BGr. § 259; gewöhnliche mhd. gekürzte Form ahte achte; md. ehte echte (Marienl. 117, 9. 70, 1. HU. I, 1146) eichte Lac. III, 595. ahte achte. Eine rheinische auf niederländ.

342

§ 338. Einflu88 ftihrende Superlative iSTebenform achteste erscheint im

14. 15. Jh. vergl. AGr. 8. 309. C. Schröder in Genn. 15, 419. ff.

9. niunte niunde, nivende Lampr. F.;358. bair. neunte md. nunde {:frunde Elis. 990. 7523).

10. jsehente -de zsg. jsfinde, md. zeihende (HU. U, 65) zeinde (Lac. III, 237) ziende (Lac. II, 786. III, 180. 397)

. zmde (Lac. III, 744). zehenste ist elsäss. im 14. 15. Jh. beliebt AGr. S. 310. Germ. 15, 419.

11. einlifte -lefte, eüifte (Parz. G. 820, 18), eüfte (Annol. 249. Lac. IH, 378. 881) elfte (Parz. D. 128, 30) elfde (Entekr. 128, 38).

12. zwelifte zwelfte, md. Nebenf. zweilfte Lac. III, 814, zwölfte Cd. Sax. IL 6, 69. Muskatbl. 8, 347. zwelfste Germ,

15, 422.

13 19. driuzehende drtzehende md. drtUehende 'Zende -zeinde -ziende -zinde; vier zehende ; vinf zehende Vor. Ged. 286, 29. vunfzehende, fonfczehinde HU. I, 1113 u. s. w. Die Superlativbildung in -ste drängt sich auch hier zuweilen ein: drizehenste HU. 1, 1091. viertzeheste, nünczeheste Germ- 15, 423.

Von 20 90 wird die Superlative Endung -ste regelmässig zur Bildung der Ordinalien verwant, also -zigeste -zigiste, alem. auch -zigoste AGr. S. 310, zb. zwenzigeste zweinzigisttt zwenzegeste Cd. Sil. IX, 235. zwanzigist Myst IL 478, 3. drizigeste vierzigeste vunfzigeste sehzigeste u. s. w. Zu vunfzigeste md. Nebenform fufcygeste (1359) Cd. Sax. H. 6, 22. Im 14. 15. Jh. erscheint md. unter Einfluss der kleineren Ordinalzahlen -te für -ste: zwenzichte Musk. 72, 3. drissichte Lac. III, 275. veirzichte Lac. III, 429. vonfzichte Lac. III, 528.

100. zehenzigiste, Das von hundert gebildete Ordinale hundertist lässt sich erst seit Ende des 13. Jb. nachweisen, BGr. § 259. AGr. § 310. Leyser Pr. 63, 35. Gekürzte Formen sind hundrist hundrost hunderst, a. a. 0. Eine Weiterbildung hundertigest erscheint bei Nie. von Basel. Die Nebenform in te: hundirte Köditz 1, 7.

J

343

1000. tüsendeste, tüsentist (Berth. Pr. 1. 223, 10), tüsentste § 338. (Berth.), köln. duysentzende Lac. III, 163 (1317).

Bei den Zwischenzahlen wird nur der Zehner als Ordi- nale gebildet, der Einer bleibt in der Grrundform, zb. im eins und achtjsigstem järe, in dem jswei und achtzigesten. Selten steht auch der Einer als Ordinalzahl: in dem dritten und achtzigisten,

C. Zahladverbia.

§ 339. AGr. § 326. c. BGr. § 260. §339.

1. eines genit. Adv., mit zutretendem t: einest -ist -ost.

2. md. zwis (: dris Pass. H. 58, 79. :pris Pass. K. 473,92. : wis ebd. 157, 90. 225, 11) Nebenf. zwies Pass. K. 8, 92. zweies Jerosch. 11183. Gewöhnlicher ist zwiro zwire zwir (im Reim : dir gir mir ir AGr. 8. 310. BGr. § 260; md. zwer (Köditz C. 73, 14. zweyr G.), czwer Cd. Sax. II. 6, 54. Erweitert zunrent zmren, zwiement Z. f. d. Phil. XII, 153; zwirocht Sachsenh. Mörin 4672. Dieses zwir, älter zwiro, noch älter zwiror (Otfr.) entstund aus zwisvar, vgl. altn. tvisvar tysvar; var erklärt sich durch skr. vara Zeit, Mal, Bopp Gr. § 309. Selten wird anders für zwei- mal gebraucht, zb. Elis. 835.

3. md. dris (:t{;i5 Pass. K 614,10. :ztois Pass.H. 58,80), Nebenf. dries Pass. K. 44, 40. 146, 5. 588, 78. Jerosch. 14584. Jenens. Martyrol. 25'. 65^ drir ist erloschen. Dafür sezte sich Zusammensetzung mit stunt, mit werbe werve werf warbe warp warf, mit weide, seltener mit vart, später mit mal fest.

Dasselbe gilt för die andern Zahlen. Zusammensetzungen mit stunt zb. dri stunt sehstunt vierzecstunt tüsentstünt, zwelfstunt zwelftüsent (Berth. I. 505, 12). Alem. ward stunt zu sto verstümmelt: dristo sibensto hunder st o AGr. S. 311.

driwerbe driwerp, hundertwerbe (Krone 24434), tüsent- warbe (Eogelh. 4715. Berth. 125, 5) tüsentwarp {:verdarp Engelh. 2380). Diese Verbindung ist md. sehr beliebt ; ripuar. -warf vgl. sevenwarf: bedarf Eu, 12295. dritichwarf: bedarf 9907. Vgl. auch Lexer Wb. III, 695.

Die Bildung durch Compos. mit weide (Ausfahrt, Fahrt) ist md. ebenfalls beliebt, vgl. drieweide Myst. I. 96, 3.

344

§ 339. vierweide (v.^ehen dae sint vierjsic Myst. I. 102, 22). mrziC' weide Myst I. 149, 25>

Selten ist in dieser Zeit vach in Zahladverbien. Der Teichner (Lieders. LVIII, 89) hat den Gen. PL drier vacher = dreimal.

stunt werbe weide werden auch mit der Oixlinalzahl verbunden: anderstunt anderwarbe, anderwarf {: darf) Pass. H. 81, 52. drittewarp W. v. Rheinau 132, 19. anderweide (Athis B. 18. Elis. 7353. Pass. H. 88, 43. im Pass. K. 6 mal Hü. I, 978. Köditz 12, 29 ; andre md. Belege bei W. Grimm zu Ath. B. 18). dritteiveide (dritteweid : gemeit Elis. 835).

mal wird mit Cardinalzahlen im 13. Jh. erst spärlich verwant, doch vgl. drizicmäl Silv. 2289. Alter sind die dativ. adverb. Formeln meinem male Keimöle zeimäl^ ze drin malen u. s. w., ferner mit Ordinalzahlen zem andern male, ze dem dritten male. Auch später findet sich noch die dati- vische Form, zb. achtmulen.

D. Zahladjectiva. §340. § 340.

a) Ableitung durch -ic: einic;

durch -sJc: zwisk zwisch^ W eiterhüdiViiig zwischel, zin- schelie. zwisel, zwiselisch sind vielleicht Nebenformen hierzu. Die andern Adj. sind erloschen.

b) Zusammensetzung mit lieh

einlih; zwilih zwilichj mit Schwächung des zweiten Theilß zwileh (Vor. Ged. 58, 21) zwilh (MS. 2, 175*) ; drüUh drilch (gSchm. 328. Pass. H. 150, 53. K. 79, 91)*; vierlieh (Frauen- lob 367, 9; ebendaselbst 366, 10 quadrilich). mit valt

einvalt zwivalt drivalt sibenvalt zehenvalt, mit valtic ^alteclich: einveltec, zwwalteclich viervaltecUch, mit spilde, spelteclich zwispilde vierspilde, vierspelteelich. Zu erwähnen ist ferner die genitivische Verwendung von leie lei (st. u. schw. Fem.: modus) und von hant zur Ver- tretung von Zahladjectiven :

345

einer leie, dr%er leie, vier leige, ebenso aller leie, §340. maneger leie (schw. bei Steinmar maniger leien : meien M8H. 2, 175^).

einer- zweier- drier- vier- vünf- sehser- niuner- gehen- hande.

9. Interjeotionen. Grimm Gr. III, 288—310. AGr. § 327. 328. BGr. § 261. 262.

§ 341. §341

Eigentliche Interjectionen (Schallrufe).

ä Verwunderung und Schmerz. Enclitisch wird ä Sub- stantiven Imperativen Partikeln und Interjectionen häufig ver- bunden (Mhd. Wb. I, 1. Zingerle in German. VII, 257—267). Das verstärkte Wort wird gewöhnlich einfach wiederholt, zb. sperä sper, wäfenä wäfen, dringä drinc, neinä nein, fiä fl. Es kann auch ein anderes Wort dazwischen treten: bekerä dich beMre, bliuwä herre bliu, heia nu hei.

Zwischen vocalischen Auslaut der Partikel oder Inter- jection und ä tritt zuweilen euphonisches r: nurä Eilh. Tristr. 8, 87. 3947. Herb. 9953. wGast 11360. norä MSH. II. 80'; järäjä, järiä (in bair. österr. Quellen, vgl. Lachmann z. Nib. 446, 3. Jänicke z. Bit. 7873, auch im Rother).

ah, ach Ausruf des Schmerzes (ach der riuwecliche Spruch Engelh. 5577), zuweilen der Verwunderung, überhaupt der lebhaften Empfindung. Verdoppelt a^h ach, Diemer z. Joseph 249, Lexer Wb. I, 17 ; daraus scheint achlach Lieds. 225, 118 entstellt; ach und we Wh. 392, 10 ach mit Genit. des Grundes der Erregung, zb. ach leides MS. I, 1'. Mantel 27, 16. ah les Diut. 3, 38. ach miner not MS. I, 37^ ach mines libes Trist. 1213. Substantivisch wird ach ziem- lich oft (als N.) gebraucht, zb. iemer werndez ache MS. 2, 233^. in werndeis ache 23 P. daz ime nimer sseran ochis noch achis Roth. 4559. vgl. Parz. 302, 12. Bari. 131, 2. Boner 58, 84. Abgeleitetes Zw. achen,

ähä, dhi Staunen, lebhafte Erregung überhaupt.

deilidurei faledirannurei lidundei faladaritturei MSH. 1, 110, Refrain bei Heinrich v. Stretlingen.

346

§341. ei Freude Schmerz Verwunderung, auch Verlangen,

Vorwurf. Verstärkt durch ä: eiä, gern vor Vocativen oder zur Einleitung erregter Redesätze.

fi hönenderReizruf im Kampf; fia fi, Ygl.phiphiuphuk,

ha ha ha Hetzruf. hähä Lachruf (Walth. 38, 4).

har antreibender Ruf Grimm D. Wb. IV. 2, 473). Au» dem frzs. Zetergeschrei hara harou sind entlehnt die bei Lyrikern vorkommenden Interjectionen'Aara^ow MSH. 3, 267*. har norä jou MSH. 2, 80*. harbä, harhälörifä MSH. 1, 15*" (Johann von Brabant).

hei erregter Ruf der Freude Trauer Verwunderung, des Stolzes und Begehrens. Verstärkt heia, heiähei, heia nu hei (MS. 2, 61*). otve unde heia hei Parz. 103, 20. hei wie, hei wae als unhöfisch von Haupt z. Erec 1730 dargestellt.

hi verwant dem hei an Bedeutung.

hiu Freudenruf (Jüngl. 34). ähiu HTrist. 4476. Jerosch. 18927.

ho erst spät nachweisbarer Ausruf der Überraschung oder des Spottes.

hoi Klageruf, Ruf des Staunens und der Freude, oiähoi (in geistlichen Gedichten des 12. Jh.).

anfahrender Ruf; ähü, hui = hiu und hei,

hurra MSH. 3, 188^ vgl. urrä.

hu SS Hetzruf.

t selten allein vorkommend, zb. Trist. 10207. i da Pass. X. 17, 3. 181, 49. 494, 3. Enclitisch mit andern InterjectioneD verbunden: owt outvi, wohri woh (Parz. 584, 25), zäi,

inä erregter fragender auch abweisender Ruf.

Weheruf. ja heil Elis. 4720. wdfen umer achä jo EUs. 4721. Abgeleitetes Zw. j ölen zb. MHimmelf. 1224. Verschieden von diesem jo ist das aus joh (versichernder Partikel) durch Apocope des Gutturals entstehnde jo.

Jubelruf, Windb. Ps. 94, 2. heia hei Wolkenst. 63, 3. jutz 70, 1. Abgeleitete Zw. jüwen Windb. Ps. 65, 1. jüwezen vgl. jüivezunge Windb. Ps. 94, 2.

juch Jubelruf (Hadamar v. Laber 562); abgeleitete» Zw. juchezen, in späteren Quellen Lexer Wb. I, 1484.

347

lodircundie M8H. 3, 445*. §341.

nüträ ermutigender Zuruf (Dietr. FL, Otack.).

6 Belege für diese (von Lachmann z. Walth. 76, 2. z. Iw. 349 dem 13. Jh. noch abgesprochene und aus dem Lat. ent- lehnt geglaubte) Interject. seit dem 12. Jh. im Mhd. Wb. II. 1, 425. Proclitisch o we, 6 wty 6 wach, b woch, b wurrä,

och Schmerzruf. och och leider arme En. 9659. och unde b Reinh. 1555. och und ach Stricker kl. 6ed. 48, 38. we unde och Georg 1078. Substantivisch gebraucht für Wehe Roth. 4559.

oi oy Annol. 447. Erlös. 1617. oiä hoi Karaj. 36, 11.

ou Schmerzruf, häufig mit enclit. i: owi, ouwl; zuweilen ou proclitisch vor we : ouwe, Vermischungen mit b wi, b we Hegen sehr nahe. Gr. III, 293. Mhd. Wb. III, 541.

ph(e, phe, phei (Frauenl. 415, 10), phi mit Acc. des Objects: phi dich. phiu, phü: Ekel- und Hohnrufe; ebenso phah, pheh (bei Eerthold beliebt), phuh. phasch.

prutz Lexer Wb. II, 303. tprütsch MSH. 2, 232*. Zacher ZfdPhil. IV, 309. German. XXI, 399. XXV, 88.

seh och schuch Interject. des Frostes, Garm. bur. 234,12. Reinh. F. 597. schoch schohb Falkenhetze (Hadamar v. Laber).

sc schü Scheuchruf (HTrist. 4678). schuywi schuy Frauenl. Spr. 55, 12.

sim verwunderter Ruf am Anfang von Sätzen (österr.). BGr. S. 272. Lexer Mhd. Wb. II, 925.

tandaradei Walth. 39,18. vgl. tender lender lenderlin Neith. XLVI, 27. 35.

taranüretun taranüritun tundeie Neith. 3, 7.

uch Wehruf (ein jcemerlicher spruch der ist geheimen ach und uch, darzuo me wS unde och Georg 1078).

urrä hurra Neith. von Haupt XLVI, 19. wurrä b wurrä wey Neith. XXIV, 13. Vgl. hurrä.

wach honender Ruf (hess. Evang. 284. Alsfeld. Sp. 5760); Schmerzruf hinter b: b ivach Nassau 17. b wach ind wäfen Karlm. 462, 32. b we bwach 151, 58. b we ind b wach 143, 7. b wach und b wb Marienkl. 17. Karlm. 143, 62. Vgl. Lübben Mnd. Wörterb. V, 569*.

348

§341. wech iveh fragender verwunderter Ruf (Berthold Pr.

96, 28. 107, 2. 447, 31. u. ö.). wach, wuch ebenso: Alex. 4502 (Weism.). Roth. 4103. Wigal. 5581. wohri woch Parz. 584, 25. Schmerzruf 6 woch Mainzer Mariensequ. 47. Wigal. 10156.

wi Wehrnf: we wi unde och Greg. 1078 (nach Lachm. Conjectur). Verbunden mit 6 : 6 wi ; Freudenruf Annol. 746.

woy (Neith. Otack.).

(frz. ga) Schlachtruf Krone 871. Lockruf für Hunde, HTrist. 4565. zä^ä Hetzruf Reinh. 789. m za Lockruf zum Fressen Trist. 3013. zäl Walth. 28, 4.

zähl zähiu. {zey Nib. A. 1812, 1 ist doch nur Schreib- fehler für hey BC.)

zickä (cichä MSH. 3, 447') Helbl. 13, 42.

ziu, zu Hetzruf (Parz. 651, 11). zu zu Schreckruf (Ja£fe Monum. Mogunt. 659). §342. § 342.

üneigentlichelnterjectionen (im Ausruf ver- wante Nominal- und Verbalformen).

ja Versicherungs- und Bejahungswort, in Ausrufen der Freude und des Schmerzes gebraucht, verstärkt durch ä mit euphon. r järä, mit zweitem ja : järd ja, daraus järiäy vgl. d.

joh joch, versichernde Partikel, nach Apocope des h jOy im Ausruf zuweilen verwant: Roth. 1238. tr. £gid. 1027. 1580. MF. 8, 9. 32, 11. 33, 35. 106, 14. Walth. 102, 35; mit angelehnter Negation Jone Jon zb. Roth. 2910. MF. 8, 15. 37, 17. 318, 2. Walth. 89, 27.

heil, als Weh- und Zetergeschrei vorzüglich in Hessen verwant: jo heil alle Elis. 4720. heil alle MSH. 2, 91^ 92' (Tanhäuser). Alsfeld. Sp. 1118. 4619. 4668. Lexer Wb. I, 1211. Grimm RA. 877. Vilmar kurhess. Idiot. 158.

ach leides! MF. 5, 19. leider (ahd. leidör) com- parat. Adverb, Bedauern, Schmerz ausdrückend. Mit Dat. der Person: leider mir, leider uns.

lewes Vor. Ged. 238, 20 (Uwes Fundgr. L 149, 9), lis: ah les Diut. III, 38 (entstellt achlach Lassb. Lieders. N. 225, 118) Klageruf. Genit. zu le, Grabhügel?

349

neinäy nicht bloss verneinender abweisender, sondern auch § 342. aufmunternder Zuruf, Germ. VII, 258. Vogt zu Salman 212, 1.

nu, im Ausruf durch ä verstärkt: nuä Herb. 9953, mit euphon. r nurä vgl. ä § 341; pro- und enclitisch bei Local- partikeln : nu dar- her- dan- när, Fragender Ruf nu ? (Gr. III, 302. 759. Mhd. Wb, II. 1, 421).

se (got. sai) sieh da, nimm hin! Benecke-Müller Mhd. Wb. IL 2, 275'. Lexer Wb. II, 841. seh (Berth. 74, 5. Jerosch. 2465). Nebenf. Jerosch. 2263.

süsä imperativ. Ausruf: a) Ausruf der Freude, Bewun- derung, zb. MSH. 1, 206^ 2, 233^ 3, 266'. Konr. v. W. Turn. 1124. b) beschwichtigend (wie pst!) so süsä süs Rupr. V. Würzb. zwei Kaufl. 327. süsä süsä Ring 35, 10. Vgl. auch das süsä ninne der Wiegenlieder, Lexer Wb. II, 85*.

träte trutz! Trotz sei dir geboten, vgl.LexerWb.il, 1499.

hinweisend, nu ? verwunderte ellipt. Frage, Gr. III,. 302. 759; wan aus nu verschmolzen, Alsf. Sp. 1770. 4546.

iväfen Ruf zu den Waffen: Not- und Klageruf, oft durch ä verstärkt: wäfenä, wäfenä wäfen^ tci unde wäfen.

wan aus wanne, wände ne (warum nicht) gekürzt, in wünschendem Ausruf (utinam) mit folgendem Conj. Perf., vgl. Mhd. Wb. III, 500. Lachmann zu Nib. 442, 5.

we Schmerz Unwillen Staunen bezeichnend ; we we, we unde we. we wird mit Dativ (selten Acc.) der Person und mit Gen. des Grundes verbunden, zb. we mir dises leides Nib. 953, 2. Mit vorgelehntem ö oder ou : 6 we, ou we Schmerz,. Verwunderung, erstaunte Freude.

wenc gekürzt aus wenic (miser, infelix) klagender Aus- ruf, verbunden mit ach, hoy, ja, nu,

wol auffordernd, aufmunternd. Gern mit Ortspartikeln verbunden: wol dan- her- hin- üf,

eeter, iseter, jsiether (MSH. 2, 21*), dunkeln Ursprungs- (Mhd. Wb. III, 873), bei Ober- und Mitteldeutschen Not- und Klageschrei, ach, zeter unde wäfen Mone Seh. d. Ma. 2, 192.

Im Ausruf werden auch die verbalen Formeln weizgot gotweiz, wizze Krist, wer got, got segene, so helfe got, sam mir got, sam mir min Up, so dir got 326) gebraucht.

Zweites Buch. Wortbiegnng.

§343. § 343. Zum Ausdruck der Beziehungen und Verhält-

nisse, in welche die Worte stoif liehen lebendigen Inhalts (Verba, Nomina, Pronomina, Zahlwörter) treten können, dienen grammatische Form Veränderungen der Worte, welche als Flexionen bezeichnet werden. Dadurch kommen zum Ausdruck bei dem Verbum die Vorstellungen der Zeit, der verschiedenen Aussage (Modus), der Zahl, der Person, des handelns oder des leidenden seins ; bei dem !N^omen die Vorstellung der Zahl

und die Beziehungsverhältnisse (Casus).

Heyse System der Sprachwissenschaft herausgegeben von Stein- thal 415. fiF.

Erster Abschnitt. Die Conjugation.

§344. § 344. Das deutsche Zeitwort ist an Formen verarmt.

Es besizt nur eine selbständige Genusform: das Activ; das Passiv und Medium müssen durch Umschreibung ausgedrückt werden. Femer hat es nur zwei Tempusformen erhalten : das Präsens zum Ausdruck der Unvollendung, also für Gegenwart und Zukunft, das Perfect zum Ausdruck der Vollendung; Unterschiede in der Vollendung werden nicht selten durch zusammengesezte Formen bezeichnet. Das deutsche Zeitwort besizt drei Modi: Indicativ, Optativ und Imperativ, zwei Numeri: Singular, Plural, und die drei Personen. Aus dem Präsens- stamm werden durch Nominalsuffixe der Infinitiv und ein Particip gebildet; ein zweites Particip mit perfectisoher und meist passiver Bedeutung entsteht aus dem Verbalstamm durch die Sufßxe na und ta,

§345. § 345. Die germanischen Verba zerfallen nach ihrer

Tempusbildung in zwei Hauptklassen 1) die starken Verba, wie J. Grimm sie benannt hat, deren älteste und zahlreichste Abtheilung den Stammvocal ablautet, während eine zweite da&

351

Perfect durch Reduplication herstellte; 2) die schwachen §345. Verba, die aus Stämmen starker Verba oder der Nomina mittelst eines Suffixes abgeleitet wurden und ihr Perfect durch Zusammensetzung bildeten.

Die starken Verba gliedern sich nach dem Wurzelvocal sowol in der ablautenden als der ehemals reduplicirenden Abtheilung in a- i- w-Klassen. Ihre Flexionen sind die gleichen ; dieselben treten, ausgenommen in den Präs. gän stdn (län) Un ttion, durch einen thematischen Yocal an.

Die schwachen Zeitworte zeigen noch ahd. eine dreifache Gestalt des Suffixes, wonach eine i- ö- ^-Klasse geschieden werden. Mhd. ist ausser geringen Resten des 6 das unbe- stimmte leichte e ihr gemeinsamer Suffixvocal, dessen Erhal- tung oder Unterdrückung, je nach der Quantität des Stammes, Abtheilungen der schwachen Conjugation ergibt.

I>ie starke Ooii]ixgra.tioii.

A. Die TempusbilduxLg.

1. Die ablautenden Slassen.

§ 346. In den §§ 12 14 ist über die Abstufungen §346. der Grundvocale a i u gehandelt und bemerkt worden, dass der Ablaut (wie J. Grimm diese Steigerung und theil weise Erleichterung der Yocale nannte) in der grösten Zahl der starken Verba ffir die Tempusbildung hochbedeutend sei. Man unterscheidet eine ablautende a- 1- w-Klasse der starken Conjugation. Die Zeitworte der i- und w-Klassen haben das einfache kurze i oder u in dem PL Pf. Ind., ferner im ganzen Conj. Pf und im Part. Pf. Pass., die Steigerungsvocale ai {ei) und au (ou) im Sg. Pf. Ind., die ermässigte Steigerung i und iu (iu theilweise zu ie gebrochen) im ganzen Präsens.

Dagegen haben die Zeitworte der a-Klassen vier ver- schiedene Vocalstufen. In dreien steht a im Sg. Perf. Ind., die Schwächung e oder i im Präsens ; für den Plur. Perf (mit Conj. Perf) und das Partie. Perf Pass. weichen die Klassen ab, je nach der Stammconsonanz. Die Verba mit einfachem Consonantenauslaut haben im Plur. Ind. Perf. (und

352

§ 346. dem Conj.) ä ; ihnen schlössen sieh die Verba in k ch f,

st, htj hs an ; dagegen führen die Verba in Liquida + Liquida oder -f- Muta in dem PL Perf. und Conj. Perf. u. Das Partie. Perf. Pass. der Verba in einfacher Muta oder Spirans hat die Schwächung e im Stamm, in allen übrigen Zeitworten die Schwächung o oder u. Die vierte a-Klasse hat a im ganzen Präsensstamm und im Partie. Perf. P., dagegen 6, mhd. uOy im Perfectum.

Präs.

Pf. Sg.

PL

Ptc

Perf. P.

e-i

a

a

^

•• e-i

a

ä

o(v)

e-i

a

u

o(u)

a

HO

uo

a

a) Die ablautenden Zeit werte der a- Klasse.

§ 347. § 347. Im Sg. Präs. Ind. ist das alte a zu i geschwächt;

die ältere Schwächungsform e erhielt sich vor den a-haltigen Flexionen des PL Ind. und Imp., des Inf. und des Partie. Präs. ; ebenso herscht e im Conj. Prs. Der Sg. Imp. folgt dem Sg. Präs. Ind. Im Ptc. Pf Pass. hielt sich e ebenfalls vor dem a der Endung.

Prs. Sg. . ^rifce PL geben Cj. gebe Inf. geben Ptc. gebende, geben, ahd. gibu gebam gebe geban gebanti, geban.

Dem Md. eigenthümlich ist das e auch in dem 8g. Ind. Präs. Das Nhd. folgte darin dem Md., während die obd. Volksdialecte das t in 1. Sg. Ind. bis heute behaupten {ick gib nim triff).

Die Zw. bitten sitzen ligen wandelten wegen ihres ur- sprüngl. Stammsuffix ja (got. in bidjan erhalten) das e überall im Präs. in i (bitte bitten bittende) ; ebenso erhöhte sich e vor m und n -\- m und n oder + Muta überÄÜ im Präs. zu i {binde binden bindende, glimme glimmen glimmende).

Die Entstehung des ä im PL Pf. Ind. zweier a-Klassen ward von Holtzmann (Ablaut 32 40) und Scherer (G-dSpr. 2. A. 231. f ) in Ersatzdehnung gesucht. Das Perfect auch der ablautenden Zeitworte der a-£lasse hatte ursprünglich eine Reduplication vor der Stammsilbe. Im Sg. fiel sie wegen Tonlosigkeit ab; im Plur. dagegen trat der Accent auf sie

353

zurück, während die Stammsilbe tonlos ward und ihr Vocal §347. in Folge dessen ganz schwand. Darauf trat Ersatzdehnung des Vocals der Reduplicationssilbe unter Vernichtung des coDsonantischen Anlautes der Stammsilbe ein : so entstund e hd. d. Aus gägahumäs ward gaghumäs geghma gehum ahd. gabumes.

In dem Conj. Pf. wird ä gewöhnlich durch das urspr. j des Modussuffixes zu m umgelautet.

§ 348. §348.

1. Abtheilung: im Auslaut einfache Muta

(ausser i, ch, f) oder Spirans.

Grimms Kl. X, später II.

Präs. i e Pf. Sg. a PI. ä (Conj. ce) Part. P. e

got. gtba gaf gehum giban

PL gibam Conj. gebjau

ahd. gibu pittu gap gäbum geban

gebam pittames Conj. gdbi

mhd. gibe bitte gap gäben gegeben

geben bitten Conj. gaibe

Zu dieser Klasse gehören : bitten ligen sitzen brehen . (zweifelhaft, da keine Präsensf. sicher zu belegen ist) ej^jsen vrezsen geben verg'ezzen jehen jesen jeten (vor i geht j in g über: gihe gise gite § 220), kneten kresen lecken (nur die Ptc. erlechen Perlechen sind zu belegen ; ursprünglich gehörten alle st. Zw. in -ch dieser Kl. an, sie traten aber in die fol- gende Kl. § 349 über. Doch kommt von stechen noch ripuar. das Ptc. gestechen vor, vgl. im Reim : sprechen Karlm. 129, 3. 153, 2. iwrechen Karlm. 53, 53. 107, 51. 201, 56-, ferner Wierstr. 1147. 2018. Harflf 169, 10. Kölner Cronica 186. Das e des Partie, ward durch ch gestört; vor Tc blieb der rechte Vocal, zb. ags. gesprecen got. vrikans, w-enn nicht gutturaler Nasal wirkte, wie in got. brukans stugqans, vgl. auch J. Schmidt Vocalism. 1, 50) lesen (neben das richtige Ptc. gelesen drängt sich, freilich spät und selten, ein Ptc. gelosen ein, v. Liliencron bist. Volksl. n. 4, 69, das gleich gepflogen gewogen gewoben durch falsche Analogie aufkam; umgekehrt bildeten sich die Ptc. ungestemen gezemen für gestomen gezornen) mezzen genesen pflegen (für das Ptc.

Weinhold, mlttelhochd. Gramm. 2. Aufl. 28

354

§ 348. gepflegen tritt namentlich md. gepflogen geplogen auf, vgl. : herzogen Karlm. 406, 26. :magezogen Pass. H. 83, 29. ; gelogen 160, 45. : gezogen Pass. H. 36, 24. : erzogen HTrist. 5483. Mhd. Wb. II, 497. Lexer Wb. II, 252 ; gepflegen ist aber noch die Eegel) queden (durch Einflu8s des w besondere österr. die Nebenf. quoden hoden, Pf. quot chot hat, im Prs. 3. Sg. chiut chüt = quit = quidet) reden (sieben, nur im Ptc. gereden erhalten) geschehen sehen treten weben wegen Wesen weten.

Über den grammatischen Wechsel von s mit r in lesen genesen wesen vor a § 151. 207 ; über md. ^ für ä in sehen geschehen § 152. 224.

Der Wechsel des Präsensvocals {e i) ist § 347 berührt, ebendaselbst ist erwähnt, dass sich in bitten ligen sitzen das ältere e unter Einfluss des ursprünglichen Suffix ja durch- gehen ds zu i erhöhte.

Im Md. ist das Verhältnis ursprünglich dasselbe wie im Obd., d. h. i steht im Sg. Prs. Imp., e in den übrigen Präsens- formen. Aber seit dem 12. Jh. drängt sich e in 2. 3. Sg. und selbst in 1. Sg. ein.

1. Sg. Ind. 86 (= sehe) : we MF. 54, 9. : owe MF. 128, 4. : me Ebern. 162. sehe Herb. 8663. Myst. I. 7, 4. u. o. Haupt 17, 351. sehen Roseng. C. 1078. -- lesen : wesen Elis. 10251. lesen Sei. Tr. 78». genesen : wesen Alex. 3707. gehe Alex. 3311. 5530. geben Eoseng. C. 1449. geven Vorbew. 11. begeven Amst. Ml. 6, 18. geb 1081. 1303. HU. H, 857. Höfer n, 70. jehen Elis. 5793. bejehen Höfer H, 169.

2. Sg. gebest Jungfr. sp. 181. anesehes hess. Evang. 278.

3. Sg. sehet Rud. 21, 16. Roseng. C. 437. set:get MF. 136, 29. : vorsmet Jen. Pragm. 102. jet (giht) : get MF. 122, 8. spet : get Franenl. Spr. 156, 15. geshehü Böhmer 357. geschet : irget Krolw. 3686. : krei Pass. H. 58, 77. ; enpßt Pass. K. 133, 52. : bevH Väterb. 4145. ; stet Jungfr. sp. 182. gebet Höfer H, 59. Köditz 75, 5. lest : getvest Earlm. 322, 15. 535, 41.

Manche Schreiber, wie der der Elisabeth, lassen das e nur in 1. Sg. zu, wie dies im Nhd. fest geworden ist. Auf- fallend ist im obd. Pfaffenl. 528 pflegt (; lebt), in Lamprechts Syon 1272 jeht (; reht). Vom 14. Jh. ab werden in Baiem ähnliche Fälle häufiger, BGr. § 265. Anm. Im Elsäss. erklärt

355

eich dieser Vorgang aus der starken fränk. Beimischung des § 34d. Bialects, AGr. § 331.

Dem eindringen des e in den Sg. Präs. steht i für e in den übrigen Fräsensformen gegenüber, das md. mehrfach erscheint. So finden sich die Inf. gibin Eoth. 933, given 1179. sihen Annol. 217. wigen : ligen Herb. 5292. ; gestigen Pilat. 466. :uber$tigen MSH. 2, 123*. : gewigen Erlös. 1041; ferner 3. PI. Ind. gigen (= jehent) : gedigen Nicod. 129. vergigen : swigen 110 (Pfeiflfers Altd. IJbungsb. S. 3). Dasselbe i fär e, das wir als einen Schwebelaut zwischen e und i deuten 47), zeigt sich im Ptc. Per f. Pass. : gegiven mfr. Legend. 578. vergigen (= verjehen) Krolw. 2806. 2880.

§ 349. §349.

2. Abtheilung: im Auslaut einfache Liqu. oder starke

Consonanz (f, ck, eh. seh, st, ht, hs). Grimm Kl. XI. später U.

Präs. i e Pf. Sg. a PI. ä (Conj. ce) Ptc. P. o

got. nima nam nemum numans

ahd. nimu nam ndmumes ganoman

nemam nämi

mhd. nim nam nämen genomen

nemen name md. genumen

Zu dieser Klasse gehören : h'em gern quemen (herschend

ist Inf. kamen md. Jcumen, Prs. kum oder kom, Ptc. gekomen,

im Pf. steht kam kam PI. kämen körnen neben dem meist

md. quam quamen) queln (Nbf. koln) nemen schem stein

Sternen (im Prs. belegt, das Ptc. ungestemen [: vernemen Virgin.

394, 11. 823, 4] tritt in die vorige Kl. über, vgl. Jänicke

zu Staufenb. 675) swern tweln z'&men (Ptc. gee'emen Klage

970). brechen bresten dehsen leschen (?) rechen schrecken

sprechen stechen (über ripuar. Pt. gestechen § 348) trechen

trefen vehten (im PL Pf. neben vähten auch md. vuhten Annol.

3. 250. 657. Athis C. 33, 62. Iw. A. 5405. vuhte (Cj.) Iw. A. 5299. vuhten (Cj. PL) 6711. vohten Alex. 895. 1745. 1982. 1985. vohten : dohten Hagen 3718) vlehten (PL Pf. vlohten hess. Evang. 284) dreschen (PL Pf. nicht zu belegen, nach ahd. dhruscun Graff V, 264 schwankte das Wort früh in die folgende KL) leschen (PL Pf. nicht belegt).

28»

356

§ 349. Das überschwanken in eine andere Abtheilung der a-Klasse

erscheint also bei st'emen, js^emen, bair. auch bei quemen (ptc. kernen BGr. § 266),^) ferner bei stechen vehten vlehten und wahrscheinlich bei dreschen. Über spätere Ausdehnung dieser Übertritte AGr. § 331\ BGr. § 266.

Das Ptc. geschafften (; ensafnen Herb. 4382) ist zu einem st. Zw. Schemen, sich schämen, zu bringen und steht für geschonten, ebenso wie genamen Lac. II, 1064 liir genomen und verlaschen {onverlasken : a^hen En. 8408) für verloschen.

Der regelmässige Vocal des Ptc. Pf. P. dieser Abtheilung ist 0, dafür herscht aber md. u, § 63, das auch bair. beliebt ist, BGr. § 266.

Für den Wechsel des Präsensvocals e : i gilt dasselbe wie in der vorigen Abtheilung. In den md. Dialecten dringt das e des PI. auch in den Sg. Ind.

1. Sg. quelen : hevelen Alex. 3706. nemen Roseng. C. 1462. Sei. Tr. 8^ sprechen : vrechen Earlm. 458, 66. sprechin Boseng. C. 322. Elis. 1193. HU. m, 1012. spreche Haupt 9, 262. : gebreche HTrist. 239. Sprech ick Ath. A. 83. Sprech : gelech Wierstr. 1345. fehteti Eoseng. C. 86. 1683. vechte : rechte Karlm. 523, 38.

3. virnemet : irgremet Alex. 1368. nemit Jen. Fragm. 106. eeimi :56r€mitEitter8p.91. cremet Köditz 13,22. 26,11. sprechtKbditLG.60,S2,

Selbst die 2. Imp. Sg. erscheint mit e: nem Alex. 2418. 2677. 4477. jehe Alex. 5496.

§350. § 350.

3. Abtheilung: im Auslaut doppelte Liquida oder

Liqu. c. Muta. Grimm Kl. XH. später I.

Präs. i e

Pf. Sg. a

PI. U

Ptc. u (o)

got. bifida

band

bundum

bundafis

vairßa

varß

vaürßum

vaürßans

ahd. bintu

bant

buntum

bunt an

bintam

wirdu

wart

wurtuf7i

toortan

werdam

mhd. binde

bant

bunden

bundeu

binden

wirde

wart

wurden

worden

werden

') Vgl. auch schon in den fränk. Virgilgl. 467 erquemoner (c ist erquomener zu lesen?).

357

Wie binden gehn die Yerba auf mm nn oder m und §350. n + Muta, in denen sich nirgends das alte e des Präsens- stammes hielt, sondern überall zu i erhöhte : brimmen brinnen dimpfen dinsen drinden dringen be-en-ginnen glimmen grimmen hinken klimmen Jclimpfen klingen krimmen krimpfen limmen lingen rimpfen ringen rinnen schinden schrinden singen sinken sinnen slinden spinnen springen stinken swimmen swinden swingen trinken trinnen (entrinnen) twingen vinden winden winken winnen. Im Ptc. Perf. Pass. haben diese Verba w.

Wie werden, also mit i nur im Prs. Sg. Ind. Imp. und mit e in den übrigen Präsensformen gehn : beigen bellen bergen delhen (nur Ptc. bedolhen j. Tit. Lohengr.) verderben dr'ellen {nur Ptc. gedrollen) gellen gelten helfen hellen kerren knellen melken quellen schellen schelten scherren s'elken (bei Herb, und im Pilat. PI. Pf. solken Ptc. gesolken) sm'eUen sterben Sterzen (PI. bestürmen Ptc. gesturjsen belegt) swelhen und swelgen swellen swerben t'elben bevelhen verzen (nur Inf. be- legt, ahd. auch Prs. 8g.) welgen wellen werben werfen w'erren. Im Partie. Perf Pass. haben diese Zeitworte o.

Auch in dieser Abtheilung ist md. bei den Zw., welche nicht m oder n im Wurzelauslaut haben, e in den Sg. ge- drungen. Man vergleiche

1. Sg. hevdhe Elia. 5819. hevele Alex. 3710. Köditz 54, 11. u. ö. hevdhen Roseng. C. 662. hevelen Amst. Ml. 6, 20. Höfer I, 13. : heien Xarlm. 228, 7. heveln : kein Ebero. 2891. helfe Elis. 3182. helfen Uoseng. C. 1313. vergelt ich Roseng. C. 1836. {utierthe nl. Ps. 61, 3.) werd ich Ath. F. 31. werden Roseng. C. 1609. Marienl. 3, 12. 21, 33. werbe Roseng. C. 422.

2. Sg. werdes hess. Evang. 271.

3. Sg. heifit Roth. 370. hevelet hess. Ev. 276. hevelt Köditz 44, 21. erglemmet {: klemmet) Pass. H. 118, 58. werbit Roth. 99. sterbet Nordh. Weist. A. § 4. werdit Jungfr. Sp. 178. wert Köditz o.

Schon im 12. 13. Jh. lässt sich einzeln die später durch- greifende Störung des Vocalverhältnisses im Perf. nachweisen. Sie begann im Md. und damit, dass das u des Plurals in den Sg. eindrang: man ward is dicke wol gewar gr. Rud. 12, 16. bevul (= bevcdh) Jerosch. 6073 im Heim zu stül, ausserdem

358

§350. 738. 8968. 19024, leful Cresc. (Altd. Bl. I, 301). Später ver- drängte umgekehrt das a des Sg. theilweise den Fluralvocal^ vgl. Gr. I«, 984. AGr. § 331. BGr. § 267. Heyse Ausf. Lehrgeb. d. deutsch. Spr. I, 706. f.

In dem Conj. Pf. kann das uin ü umlauten; allein weder das Obd. (AGr. § 29. BGr. § 29) noch das Md. lieben den Umlaut namentlich vor verstärkter Liquida.^)

Im Ptc. Pf. tritt für gemeindeutsches o md. gern u, namentlich vor l und r ein: iehulfen virguldin wurden ge- würfen^ vgl. schon altnl. Ps. 2, \'i gebvHgan 18, 8. 14 betouUen. Dagegen hebt sich das u des PI. Pf. Ind. zuweilen zu o: solJcen {: wölken Herb. 17087) halfen bevolhen missehollen scharren.

übertritt zur ersten Abtheilung § 348 im Ptc. Pf. zeigt bewellen (; castellin) bei Jerosch. 5752.

§351. § 351.

4. Abtheilung: im Präsensstamm und im Partie. Perf.

Pass. a, im Perf. ua, Grimm Kl. VII. später HI. Die zu dieser Klasse gehörigen Zw. haben den Wurzel- Yocal a im Präs. erhalten und ihn nicht wie die Verba der drei ersten Abtheilungen zu e (i) geschwächt ; ebenso fährt ihn das Ptc. Pf. P. Im Perf. tritt kein Vocalwechsel zwischen Sg. und PI. ein, sondern der gesteigerte Stammvocal, alt 6, diphthongisirt zu uo, bleibt im Ind. und Conj. Sg. Plur. un- verändert, ganz wie bei den reduplicirenden Verben der Vocal in den activen Perfectformen durchgeht. Diesen gesteigerten Perfectvocal ö, später uo, deutete Bopp Vgl. Gr. § 602 aus Verschmelzung des a der Beduplications- und der Stamm- silbe : aus dddrag fäfar ward drög (truoc) för (vuor). Bopp vergl. Gr. I, 208. II, 357 hat auch zuerst das Suffix ja als karacteristisches Stammzeichen dieser Klasse erkannt ; dasselbe fiel im Perf. ab, zeigt sich aber im Präs. noch theils als j theils verrät es sich durch den Umlaut des Stammvocals.

') Die ü der Textaasgaben im Cj. Pf. sind keineswegs sicher. Lachmann z. Iw. 1615 sachte für Hartmann wenigstens schwanken zwischen u and ü za erweisen.

359

Die Boppsche Erklärung ward von Th. JacoM Beiträge zur deutsch. § 351. Grammat. 68 weiter ausgeführt. Holtzmann Ablaut 58. f. nahm langes ä als Stammvocal an und erklärte die Entstehung des 6 im Perf. aus der Festsetzung des Tons auf der Stammsilbe (zb. rarddhima) ehe das d zu a geworden war. Amelurig Tempusstämme S. 29. fT. sezte für das Präsens ä an, für das Perf. a, welches nach Abfall der Keduplications- silbe gesteigert ward. Scherer GdSpr. 2. A. 249—259 nahm Wechsel- wirkung zwischen dem a des ursprünglich reduplic. Präsens und d (öj des Perf. an, ohne eine befriedigende Erklärung des ganzen Vorgangs zu finden. Das redupl. Präsens hatte Delbrück (Z. f. d. PhiloL I, 125) zuerst herangezogen. Vgl. auch Kluge z. Gesch. d. germ. Conjug. 66. ff. 162. ff., welcher für das Perf. ursprünglich Abstufung des Sg. und Plur. ansezte.

Zu dieser Klasse gehören im Mhd.

a) mit Spur des Suffix ja : heben (got. hafjan ahd. hefjan) sehen (be- entseben) swern (swerigen Karaj. 30, 1. ahd. swerjen swerran), Ferner ist schern nach dem Pf. schür {:vür Pass. K. 142, 42) aufzustellen, als Nebenf. des gewöhnlichen schern (schar schären schorn).

b) ohne Umlaut, ausgenommen in 2. 3. Sg. Ind. Prs. : bachen (backen) blappen (ptc. erblappen Frauenl. 447, 20) graben laden laffen (nur Ptc. erlaffen als klassenmässig erhalten) maln nagen schaben schaffen (got. sJcapjan ahd. sceffen) slahen spanen tragen twahen varn gewahen wahsefi (got. vahsjan) waschen (alem. und md. weschen) waten.

In 2. 3. Sg. Ind. Prs. ist der Umlaut gewöhnlich, also grebest grebt, tregest tregt, sieht irslet (Eoth. 2862), twehet (Hildeg. Geb. 49, 52), vert, ledet, wehset u. s. w. Einige Reimbelege aus obd. und md. Dichtern:

melt : erweit Stricker Ged. 11, 12. vert : gert Schoneb. 3581. ; beschert Walth. 54, 16. toidervert : verhert Engelh. 1649. überledet : redet Engelh. 2383. tregt : gelegt Manuel 219. : regt Parz. 698, 5. negt : gelegt Erlös. 1813. : tregt Lamprecht Syon 2322.

Der Umlaut ist aber nicht strenge Regel, vgl. Vertrages: tages Kindh. Jes. 101, 75. varst : bewarst Parz. 9, 9. : sparst 267, 13 (dagegen braucht Wolfram nur vert).

Eine merkliche Spur des Suffixes bewahrt auch die 2. Sg. Imp. in ihrem Ausgang-e: hebe trage lade schaffe wahse u.s.w. In var mal swer schwindet das e freilich nach dem Gesetz durch Apocope.

360

§351. Der Perfectvocal ist md. zuweilen undiphthongirtes ö,

daneben geht je nach der Landschaft md. ü = uo her. Vgl. über dieses 6, ü § 140—142.

Durch Einfluss gleichklingender Worte zeigt sich bei swern Störung im Ptc. ; anderseits wird wegen durch gewahen im Pf. gestört.

Das Ptc. zu swern lautet zwar noch zuweilen geswarn, selbst im Reim : varn Nib. C. 2086, 1. Biter. 3445. ; unervarn Dietr. Fl. 4069. : bewarn Nib. BCD. 421, 6. Helbl. 2, 50. 4, 653. geswarn Schwabsp. Bb. 147. geswaren Höfer II, 171. Lac. III, 442. 691 ; herschend ist aber gesworn geworden unter Einfluss des Ptc. von swern (dolere); in dieses Zw. drängt sich im Pf. für das richtige swar aus swern die Form swuor ein {swür Pass. K. 454, 17). In gleicher Art sezt sich unter Einfluss von gewuoc von gewahen in wegen {wige wac wägen) das Pf. gewüc zuerst md. (Pass. Jerosch. Mhd. Wb. III, 630^) fest und verdrängt schliesslich die richtige Form. Störung unter Einfluss anklingender Formen unserer Klasse erscheint auch im Pf. bluonden von blanden statt blienden, Grimm I^, 941.

Der grammatische Wechsel zwischen h und g in dem Pf. der Zw. slahen twahen gewahen (sluoc sluogen geslagen u. s. f.) ist § 221. 224 dargelegt. Über die durch Ausstoss von h entstehnden, namentlich md. beliebten Formen slän twän § 241. 244.

§ 352. § 352. Besonders zu behandeln ist das zu dieser Klasse

gehörige Zw. st an standen, Pf. stuont PI. stuonden, Ptc. gestän gestanden.

Dieses Zw. bildet seine Formen aus der W. stä und aus dem secundären Stamm stant,

a) W. stä gibt nur das Präsens und das Partie. Pf. P. her. Die Endungen fügen sich unmittelbar an den Stamm. Prs. Ind. Sg. stän stds stät PL stän stät stänt Cj. stä

Imp. stä PL stät Inf. stän Ptc. Präs. stände, Pass. gestän.

Für die karacteristische Endung -w der 1. Sg. Ind. ist zu bemerken, dass der Versuch, dasselbe zu beseitigen, seit

361

dem 12. 13. Jh. obd. wie md. erscheint, vgl. die Reime ste : e § 352. Iw. 4793. : me Greg. 1244. wS : beste : ge MF. 123, 17^ (Morungen). verste : ge (Conj.) Ulr. Wilh. 2584. : me HTrist. 3371. : we Ulr. Wilh. 784. stä : Ämmond Schonebek 347. verstä: Pass. H. 372, 62. vorstä : fantasiä Schoneb. 1752. Spätere Belege AGr. S. 323. BGr. § 271.

Ein Perfect ist nicht nachweislich, denn stie (Sieiger- tüchl. 231, 2) ist eine falsche Analogiebildung nach gie.

Über das Ptc. gestdn ist zu bemerken, dass es von den höfischen Dichtern des 13. Jh. gemieden wird, bei volks- mässigen Dichtern und den späteren Poeten aber, zb. Pleier, Otacker, im Reim erscheint, vgl. Benecke z. Iw. 3694. BGr. §271. Die md. Dichter haben es neben gestanden im Reim, vgl. gestdn :hän Herb. 9321. : cappeldn Morant 175. : wdn Erlös. 4957. üfgestdn: gdn MSH. I, 15^ bestdn : hän Herb. 5709. :ldn livl. Kr. 3120. :sdn Alex. 2777. :wdn 1229. entstdn : hdn Herb. 15208. irstdn : man Annol. 558. verstdn : hegdn livl. Kr. 1963.

Eine sehr verbreitete Nebenform ist sten. Der Grund dieses e für a ist noch nicht gefunden. Scherer GdSpr.^ 265, der den reduplic. Präsensstamm stastdmi ansezt, nam steim als Vorstufe von stem sten an und erklärte es durch An- lehnung an die Flexion der 3. schw. Conjugation. Dagegen spricht, dass in diesen Formen ei später als e auftritt. Bezzen- berger A-Reihe S. 55 sah in dem e ein Überbleibsel des alten e = d. Im Ahd. sind die a-Formen bei stdn den e-Formen an Alter und Verbreitung entschieden überlegen; im Tatian kommt kein sten, sondern nur zuweilen stdn neben stantan vor. Zu gdn findet sich bei Otfried und im Tatian die e-Form. Altsächsisch überwiegt e in 2. 3. Sg. Prs. von stdn bedeutend ; zu gdn kommen keine ^-Formen im Heljand vor. Die andern alten germ. Dialecte zeigen e nicht; selbst im Altfries, steht nur stdn gdn neben stonda gunga, erst neufries. findet sich steafi gean. e ist also eine jüngere Variation des d, die von 2. 3. Sg. Ind. und von dem Conj., nach der Festigkeit des Mhd. in diesem Modus zu schliessen, ausgieng. Man hat sten gen für besonders md. erklären wollen, allein das ist

362

§352. irrig. Obd. kommt sten neben stän häufig vor, wird auch im Reim benuzt, im Conj. überwiegt e das ä bedeutend, A&r. § 332, BGr. § 231, Mhd. Wb. IL 2, 568 ; das heutige Bai- risch hat stän sogar ganz aufgegeben. Umgekehrt ist md. stän neben sten auch im Reim in Verwendung; im Nl. des 13. 14. Jh. ist stät sogar die herschende Form, daneben

kommt stet und steit ziemlich häufig vor.

Belege fürmd. a in st aw: 1. Sg. Ind. bestem :hän Salm. 621, 1. an : verstdn Junk. u. Heinr. 204. verstä : Pass. H. 372, 62. 3. Sg. Ind. stät : ergdt : umhevät : sldt MF. 68, 6. stät : hat MF. 60, 15. Herb. 108. 14235. Pilat. 140. Erl. 283. 1465. Meisner MSH. 3, 96». 101**. : lät Erl. 6184. : rät Salm. 427, 1. livl. Kr. 980. 1368. : rät : gät : hat MF. 143, 8 (Morungen). ; hat 133, 12. : wät Alex. 3488. gestät : rät MF. 67, 9. 3. PI. stänt : empfänt Erlös. 5884. :häiü Herb. 15393. bestän : gevän Alex. 2641. verstänt : hänt Väterb. 2816. Conj. 1. hestä: grä Roth. 3370. 3. Sg. stä:dä Herb. 4082. :nä Alex. 4771. : rota Wemh. 55, 5. virstd : citherä Erl. 5205. 3. PL stän : gedän MF. 64, 28 (Veldeke). Erl. 4635. : enpfän MF. 65, 31. Imp. 2. Sg. verstä : da MSH. 3, 101»>. 2. PL stät : dät Ebern. 4418. Inf. stän : Aspriän Roth. 2721. : gedän Roth. 2790. En. 4854. Herb. 2822. Ebern. 218. MSH. 1, 15»». livl. Kr. 3370. Junk. u. Heinr. 957. Marienl. 75, 20. : gedän : wän : ergän MF. 64, 26. : missedän Elis. 6241. : underdän Amst. Ml. 4, 19. :wölgetän Salm. 101, 2. 104, 2. verstän : getan livl. Kr. 2399. : umhevän Alex. 1383. ; hän MF. 129, 16. 132, 12. Eilh. 295. Pass. H. 244, 40. Ebern. 924. bestän : hän grRud. d»>. livl. Kr. 1822. stän : län Herb. 16238. : man Roth. 2775. Salm. 70, 3. 203, 5. Orend. 612. 1964. tr. Silv. 748. :sän Alex. 2196. 2583. 5624. Rud. 27, 18. Herb. 1939. 3757. : Salmdn Salm. 82, 2. 209, 5. : slän En. 1059. : wän Wemh. 15, 26. MF. 125, 32. Erl. 551. stä : elementä Glaub. 326, gestä : Mar ja Jungfr. sp. 181 . Ptc. Prs. stände : gände Hagen 2260. : wände En. 5161. Im Part. Pf. P. herscht gestän, e ist höchst selten, zb. Hierusalem : bisten Annol. 82. irsten hess. Evang. 286. insten : me Jungfr. sp. 183. (Aus der Genesis Wien. Fundgr. II. 57, 37. Müst. 80, 22 ergibt sich Ptc. besten, später versteen BGr. S. 262.)

Wir bemerken femer, dass im Eother nur stän und gän im Reim stehn, im mfränk. Legendär und im Alex, stän und sten, im Salman überwiegt stän, ebenso beiWemher vom Niederrhein; im Passional und in der Erlös, wird stän bevorzugt, in der livl. Kr. ist sten im Reime selten. Wimt v. Gravenberg, ein Osterfranke, braucht im Reim auf andre Worte stän und gän; die beiden Zw. auf einander gereimt erscheinen stets als sten : gen (auch Pfeiffer 69, 40. 84, 22. 112, 18. 188, 9 ist so zu schreiben). Ebenso steht sten in 1. Prs. : gen 202, 3. : Manien 221, 6. In der 3. Sg. reimt Wimt stät mit hat rät, auch gät mit rät,

363

8tät, aber öfter get mit stet (44, 40. 76, 27. 113, 2. 122, 35. 164, 23. § 362 194, 30) und die e-Form wird gesichert durch die Keime mit der Wirntschen Form der 3. sg. Ind. K. Mt : stet 10, 39. 34, 19. 38, 35. 98, 34. 180, 3. hetiget 81,/40. 91,37. 199,22; femer durch stet : glet 147, 19. 28. In der 2. sg. gest : hestest 143, 14. Im Conj. nur ste ge im Beim :e me we. Heinr. v. Freiberg brauchte nach Bedürfnis ä oder e, vgl. die sich folgenden Eeimpare Tristan : gän, sten : gen Trist. 5443—46; aber es überwiegen bei ihm die a-Eeime.

Das Bestehn der a- Formen von stän bei den Mittel- deutschen ergibt sich hieraus zur Genüge. Bei den Ober- deutschen herscht ä im Ind., e im Conj. Aber auch bei ihnen ist ä ebensowenig für den Ind. die ausschliessliche Regel, al& bei den Mitteldeutschen e. Besonders beachtenswert ist die Neigung der Baiern-Österreicher, die Infin. der Verba stehn und gehn, sobald sie auf einander reimen, mit e zu wählen* So reimen in der Nib. Not sten : gen, während ausser Reim stän und sten, gän und gen neben einander begegnen, im Ind. ä, im Conj. e herschen. Auch der Stricker, der sonst ä liebt, bindet im Inf. nur sten mit gen (Hahn kl. Ged. S. XI) und der Suchenwirt reimt nur sten auf gen, braucht auch ausser Reim die Formen in e durchaus, Koberstein Suchenw. 3, 18. Der bairische Dialect ist also dem neueren e zuge- neigt, und so ist die vermeintlich md. Eigenheit Wolframs,. sten, gen zu brauchen, eben auch etwas bairisches. Dass er übrigens ä nicht ganz mied, wie behauptet ward, beweisen die- Reime stät:rät Parz. 417, 30. ergät:hät 12, 2. zergät :hät 3, 10. 470, 30.

Nebenform zu sten ist stein, hauptsächlich durch 2. 3. Sg. steis steit vertreten. Es scheint dass auf diese Bildung die Analogie von deis deit, geis geit einwirkte, die als Zusammen- ziehungen von däßs däjit, gäjis gäjit zu fassen sein werden (Möller bei P.-Br. Beiträge VII, 469). Wie bei gein hat sich auch bei stein dann eine jüngere Nebenf. stien stin ein- gefunden, stein ist zwar obd. nicht unerhört, AGr. § 332. BGr. § 271, aber doch wesentlich md. und sowol am Mittel- und Niederrhein (an diesem besonders), als in Thüringen und Ostfranken nachweislich. Die andern Formen des Präsens- stammes finden sich immer neben der in -ei» Wie Otfried

364

}352. stät stet steit neben einander brauchte (Kelle Otfr. II, 10), 80 auch spätere, zb. reimte Hartmann im Glauben 6 mal in ä, 5 mal in e, 3 mal in ei. Im sogen. Wernher vom Nieder- rhein ist die 3. Prs. Sg. steit im Reime verwant, stät nur einmal, stet gar nicht. Der Inf. sten kommt keinmal im Reim vor, stein 1 mal, stdn 3 mal.

Sg. 1. stein Haupt 15, 378. 2. steist Musk. 71, 116. 3. steit : arbeit Glaube 3178. :barmhercicheit Marienl. 30, 30. :bittercheit Wemh. 19, 31. :breit Alex. 172. : deit Alex. 148. Wemh. 60, 6. Mastr. Ostersp. 1132. : eit Junk. u. Heinr. 378. : veit Wemh. 63, 22. 64, 5. : geleit Karlm. 29, 16. :gemeit Kathar. sp. 162. : gereit Hagen 2191. 5465. Karlm. 353, 16. ; godeheit Wemh. 64, 8. : idilcheit 36, 9. : cristen- heit Glaub. 1051. ; leit Mastr. Ostersp. 1486. : manheit Marienl. 9, 38. -• müdicheit Wemh. 10, 30. : müzicheit Alex. 32. : richeit Wemh. 9, 26. : sicherkeit Wemh. 25, 6. Karlm. 261, 61. : unstatikeit Stolle MSH. 3, 4*>. : toisheit Schoneb. 3619. Friedb. Kr. D. 2, 2. Annol. 162. 644. Roth. 3183. 3299. Höfer I, 9. 12. H, 123. Lac. H, 376. 434. 506. 534. HI, 60. 167. 247. 279. u. o. HU. I, 882. UI, 1075. 1141. Henneb. U. II, 49. Mülh. R. 29. 36. 47. 3. PL steint Hagen 4655. Ennen I, 51. H, 73. Lac. H, 515. 532. HI, 442. 563. u. o. Höfer I, 9. 12. Hü. HI, 1075. Kölner Cronica o. stein Haupt 15, 373. Inf. steyn HU. 1, 624. Ptc. steynde HU. I, 542. Mnd. sind die 2. 3. Sg. Prs. steist steit neben Mast stät verbreitet.

Belege für st in: 2. sg. widerstist : gist Ebem. 607. 3. sg. stit : git (giht) Schoneb. 3553. stit Eberb. Urk. 876. 878 (1330). HU. HI, 1115. 1125 (1339).

Das Streben, sten in den Präsensformen den Verben mit Bindevocal gleich zu bilden, führte zu den zerdehnten Formen stehen^ die md. seit dem 14. Jh. nachweislich sind, vgL § 245.

5353. § 353.

b) Stamm stant.

Präsens stände ist der gebildeten Schriftsprache nicht genehm, nur Eonrad Fleck erlaubte sich den Conj. stände im Reim, Sommer z. Flore 998; stände lebte aber in dem alem. Dialect, wie Spuren in Schriftwerken des 12. Jh. und in der alem. Prosalitteratur des 13. 14. Jh. beweisen, AGr. S. 324. Strauch Marg. Ebner XCIX. Lexer Wb. II, 1135. Bairisch wird es gemieden. Mitteldeutsch scheint es selten ; der Conj. stände findet sich Salm. 31, 1.

365

Der Imperat. stant standet dagegen ist neben stä stät §353. durchaas im Brauch, Mhd. Wb. II. 2, 567^ Sehr selten ist aber wieder Inf. standen; ich kenne nur stauten : kanten Vor. Ged. 356, 13. verstanten : enplanten 348, 28 und under- stenden Basl. Rqu. 1, 348.

Das Ptc. Präs. standende taucht erst spät auf, AGr. S. 324. Dagegen ist Ptc. Pf. Pass. gestanden wie oben erwähnt in der gebildeten Sprache des 13. Jh. sehr beliebt.

Das Perf. stuont Cj. stuonde stüende herscht aus- schliesslich als Form der Vergangenheit des Vb. stän; md. stünt stunt Cj. stünde stunde Nbf. stont stonde. Wir finden

md. die Reime

3. 8g. Ind. stimt : dünt Erlös. 2945. Hagen 3123. stunt ifrunt Elia. 1978. Erl. 1261. 1593. 5200. ijunc Roth. 2169. ikunt Orend. 75. Ulr. Wilh. 335. : munt Ernst D. 2659. Nassau 155. 165. : gesunt Tristr. 2717. besinnt : wunt 3202. : gewunt Herb. 5538. : verwunt Ludw. Kr. 3060. stunt : verwunt Orend. 140. Ludw. Kr. 5222. 3. PL stunden : gebunden Alex. 5329. : stunden bS2'^. Cj. stunde : irvunde Alex. 5641. : künde Herb. 195. Ulr. Wilh. 377. bestünde : gunde Tristr. 479. bestunden: gebunden Alex. 1450.

Die alte Quantität des ü ist md. durch die Verbindung nt gefährdet, vgl. auch § 140. Wenn aber Wolfram v. Eschen- bach, Heinr. v. Türlein und andre Baiern stuont auf funt hunt munt pfunt wunt, stuonden auf gebunden fanden he- gunden künden reimen BGr. § 114, und auch der Alemanne Konrad v. Ammenhusen stünt : hunt bindet 806, so ist hier dialectliches uo für u vor Liquida und A, § 71, und eine mundartlich begründete Reimbindung anzusetzen.

In Ripuarien und bei md. schreibenden Niederdeutschen findet sich auch aus dem unnasalirten St. stat das Perf. stüty vgL die Reime stüt : hlüt Annol. 527. ; gehüt Eilhart 9, 109. stot : göt Roth. 1845. hestüt : gut Ernst A. II, 32. gestüt : gut Alex. 3384. Mnl. ist stoet neben stont beliebt, vgl. ferner got. stop. Auch obd. finden sich Spuren des nasallosen stuot stuoden AGr. S. 324. BGr. § 271.

§ 354.

Präs. i

Pf. ei (e)

PL i

got. beida

baip

bidum

ahd. bitu

beit

bitutn

dihu

deh

mhd. bite

beit

biten

schrie

schrei schre

schrien

'366 b) Die ablautenden Zeitworte der t- Klasse.

Grimm Kl. YHI. später IV.

Ptc. P. i

bidans

gäbitan

gebiten geschriwen schriwen schrirn geschrirn

dihe deh digen gedigen

Zu dieser Klasse gehören a) biten hizen blichen brisen hriten vUzen glichen (Wolfd. Virgin.) glUen glizen grifen grinen kinen kliben hrigen (md.) beliben liehen nigen pfifen riben riden berinen riten rizen schiben schinen schiten schizen schrtben schriten sigen slichen slifen sluen smUen splUen spriten sügen strichen striten swichen swifen swigen swinen iichen triben tvichen wtfen wizen; b) liden miden niden riden schiden sniden; c) risen; d) glten schrien spien; e) dihen lihen rihen sihen (nur Ptc. ge- be- ersigen belegt) wihen (nur Ptc. erwigen nachgewiesen) ^ihen.

Für den consonantischen Auslaut kommt zunächst der grammatische Wechsel von d mit t, s mit r, h mit g in den kurzvocalischen Perfectformen in Betracht : Abth. b) Uten miten niten riten schiten sniten Ptc. geliten u. s. w. § 151 ; Abth. c) rim gerirn § 207; Abth. e) digen gedigen u. s. w. § 221. 224.

Was den kurzen Wurzelvocal im Perf. betrifft, so er- scheint md. e für t § 46. Es findet sich im NW. selbst im Reim, vgl. resen : wesen Alex. 496 (Vor. Ged. 195, 1). gebleven : leven Vorbew. 40. zur essen : besessen 16^.

Bei den W^urzeln in h oder in Vocal unterliegt das ei des Sg. Pf. Abänderungen. Im Obd. geht ei vor h stets zu über, also Abth. e) deh leh zeh u. s. w. Die Mitteldeutschen dulden ei vor Ä, zb. gideih Alex. 142. hess. Ev. 300. leich Köditz 43, 27. verzeich Sei. Tr. 23^ vertzeich HU. I, 1107, mit Apocope des h virlei : geschrei Schachb. 302, 3. virzei : enzwei 345, 33. In den vocal. Wurzeln mit altem sufßg. w (Abth. d) stehn ei und e neben einander im Brauch. Die Dichter verwenden im Reim ei und e, so Wirnt v. Gravenberg, Rudolf V. Ems, der Dichter des Passionais und Väterbuchs wie der

367

von Ludwigs Kreuzfahrt, oder entscheiden sich für ei, so §354. Wolfram, Reinbot von Dum, Konrad von Wirzburg, oder für e, wie Hartmann von Aue und der Redactor der Nibelunge Not.

In dem Plur. dieser Zw. (Abth. d) wirkt das alte Suffix -w; auf das i der Wurzel : es entsteht iuw oder üw aus iw, wobei Uhen als ursprünglich lihwen (got. leihvan) gleich spien und schrten steht : zb. schriwen schriuwen schrüwen, besonders alem. AGr. S. 326 und md., vgl. PI. Pf. schrüwen : zunüwen Elis. 4709. spüen : müen Pass. H. 297, 27. Cj. Pf. lüwe : trüwe Wernh. 24, 34. virlüwe : trüwin 16, 27. Ptc. geschrüwen : trüwen Wierstr. 363. verschrüwen : trüwen Marienkl. 104. bespüen : getrüen Marienl. 25, 34. verlüwen : getrüwen Hagen 4277. In den bairischen Pluralformen schrirn spirn BGr. § 268, wozu sich auch md. zustimmendes findet, vgl. schrerin Jerosch. 11406 S, erscheint ein Rest sigmatischer Aoristbildung, vgl. V. KnoT)lauch bei Kuhn Z. I, 573. Joh. Schmidt ebd. XXV, 599.

In jüngerer Zeit begann eine durchgreifende Störung der Ablautverhältnisse des Pf., indem der Vocal des PI. den des Sg. verdrängte, wobei theilweise auch Dehnung des i erfolgte, vgl. Grimm Gr. 18,983. AGr. §333. BGr.§268. HeyseLehrb. 1,712. ff. Das älteste Beispiel gibt meines wissens blip : lip Schoneb. 698.

c) Die ablautenden Zeitworte der t«- Klasse.

Grimm Kl. IX. später V.

§ 355.

Präs. iu ü

Pf. ou

6 PI. u

Ptc. 0 uw

PI. ie

got. biuda

bauß

budum

gabudans

tiuha

tduh

taühum

gataühans

lüka

lauk

lukum

galukans

ahd. fliugu fliogam hiutu

flouc

flugum

gafiogan

bot

butum

gabotan

biotam

mgu sugam

souc

sugum

gasogan

mhd. vliuge

vlouc

vlugen

gevlogen

vliegen

suge sugen

souc

sugen

gesogen

Mute bieten

bot

buten

geboten

vriuse wiesen

vrös

vrurn

gevrorn

ziuhe ziehen

zoh

zitgen

gezogen

bliuwe

blou

blüwen

geblüwen

bliuwen

bliuwen blouwen

•bliuwen -blouwen

§355.

368

§355. Zu dieser Klasse gehören a) biegen vliegen Hieben

kriechen (köln. hriefen) Hecken liegen riechen schieben sliefen smiegen stieben triefen; b) sieden; c) bieten diesen verdrießen vliegen gießen nieisen rieben schieben spriesen; d) vriesen kiesen Verliesen niesen; e) vliehen, ziehen; f) bliuwen briuwen Jciuwen niuwen riuwen, vielleicht auch driuwen md. drüwen wachsen, vgl. Ptc. üfgedrouwen FrauenL 158, 19 (ahd. trouuen Diut. 1, 269* ist schw. Zw.) g) lüchen süfen sügen.

Für den consonantischen Auslaut kommt der grammatische Wechsel von d mit t (Abth. b) sieden suten § 151, von s mit r (Abth. d) vrurn gevrorn kurn gekorn verlurn verlorn § 207, von h mit g (Abth. e) jnugen geisogen § 221. 224 in Betracht.

Der Yocal des Präs. iu unterliegt im PI. Ind. (und im Cj. wie im Inf. und Ptc. Präs.) der Brechung mit Ausname der Zw. in -w, welche iu überall bewahren : biute PL bieten Oj. biete Inf. bieten /^io,. bietende. Im Md. dringt schon im 12. Jh. das streben hervor nach Ausgleichung, indem die Brechung auch auf die 1. Sg. Ind. übertragen wird: biete grRud. 3, 9, und aus dem 13. Jh. schiebe : liebe Pass. H^ 281, 22.

Die Zw. lüchen süfen sügen haben seit ältester Zeit ein- faches ü in allen Präsensformen, als Best alter undiphthongi- sirter Länge. Hier kann sich natürlich keine Brechung äussern.

Im Sg. Pf. vereinfacht sich ou vor Lingualis und h zu 6: sot bot gojs vros vlöh § 109. 112. Im Md. finden sich schein- bar Spuren, dass ou vor h blieb: zouh Alex. 6983. 6996. Roth. 3022. Allein dieses ou ist nicht der alte Diphthonge sondern ö mit nachschlagendem dunkelm Laut, § 113.

Die vocalischen Stämme in -w (Abth. f) behalten im Sg. Pf. den Diphthong ou. Sie neigen sich dazu, die plurale Stammformel uw zu dehnen oder auch zu steigern: blüwen- bliuwen blouwen, § 125. Diese Formel wirkt selbst auf das Zw. vliehen ein, welches im Ripuar. statt uh im Plur. üw ouw zeigt, als ob der Stammauslaut hv (wie in Wien) gewesen wäre: 3. PI. vlüwen Roth. 4263. Wierstr. 328. : schüwen

369 .

Hagen 919. ivlotiwen Kölner Cronica 19**; Ptc. intflüwen: §355. rüwen Hagen 4789. entflüwen : getrmven Karlm. 128, 18. gevlüen : trüen Marienl. 29, 12. geflouwen Machab. 724. Harff 20, 5. Den Gegensatz zn diesen sich ausbreitenden Formen bietet einsilbiges vlun (3. PI.) Roth. 2741, das aller- dings als vlün anzusetzen sein wird.

In den kurzvocalischen Perfectformen dieser Klasse hat das Md. statt u das ihm gemässe o, zb. PI. Ind. verlorn : körn Alex. 1015. enboten : röten 995. genozisen : gefloiszen (Ptc.) 6769. zogen : hogen Pilat. 334; Cj. missehote : böte Alex. 6175. irzoge : herzöge 6178.

Das Ablautverhältnis wird im Pf. auch in dieser Klasse später gestört : der kurze Vocal des PI. drang in den Sg., bei den Zw. mit 6 im Sg. aber trat dieses 6 in den Plural : Grimm Gr. 12, 983. AGr. § 334. BGr. § 269. Heyse Lehrb. I, 715. f. Die ältesten Beispiele geben sluf: uf Jerosch. 16417, slof: of Frauenl. Spr. 204, 1.

2. Die früher reduplioirenden Elassen.

§ 356. Eigenthümlich den Zeitworten, welche den ehe- § 356. mals reduplioirenden Klassen zufallen, ist im Präsensstamm und im Ptc. Pf. Pass. ein gesteigerter Vocal (wo, ei, ou [ö]), femer ä vor l oder vor n -\- l oder n öder Muta, auch ä in nasalem Stamm. Im Pf. herscht mhd. und in der lezten ahd. Zeit ie, in älteren Denkmälern finden sich ia ea io eo und in sehr alten Quellen e. Die Reduplicationssilbe hat von allen germ. Dialecten nur das Gotische deutlich bewahrt, in dem sich zu den Präs. halda faha slepa hvopa haita auka die Perfecta haihald faifah saizlep hvaihvöp haihäit aiauk finden. Dem Stamm ward sein consonantischer Anlaut mit einem aus a geschwächten e {ai), bei vocalischem Anlaut dieser Vocal e allein vorangestellt. Von Consonantenverbindungen ward mit Ausname der festen Verbindungen st sk hv nur der erste Con- sonant in die Eeduplicationssilbe herübergenommen. In dem Sg. Perf. teta tete zu tuon ist die Reduplicationssilbe te auch ahd. deutlich erhalten, § 362.

Weinhold, mittelhochd, Gramm. 2. Aufl. 24

370

§366. Die reduplicirenden Verba sind abgeleitete (Ad. Moller

Die reduplicirenden Verba im Deutschen als abgeleitete Verba. Potsd. 1866). Ursprünglich ist die ßeduplication allen alten germ. Zeitworten im Perf. zugekommen. Sie schwand aber bei der älteren ablautenden Abtheilung, deren Stammsilbe auch im Perfect hochtonig blieb, und erhielt sich nur bei den jüngeren langstämmigen. Dies führte zu einer Vorrückung des Hochtons von dem Stamm auf die Reduplication, wodurch sich dann eine Schwächung des Vocals der Stammsilbe ergab, die schliesslich die Vernichtung desselben veranlasste. An die Stelle des kurzen Reduplicationsvocals trat zum Ersatz der Zerstörung des Stamms ein langes e, das auch in andern Fällen solche Ersatzverwendung hat, und dieses & diphthongi- sirte sich, wie es auch sonst thut, zu ea eo ia io ie.

Th. Jacobi Beiträge zur deutschen Grammatik 55 64. Scherer z. Gesch. d. deutschen Sprache 2. Ausg. 279. Sievers in Paul u. Braunes Beiträgen I, 504—512. Kluge z. Gesch. d. germ. Conjugat. 52. ff. 70. ff. Osthoff in Paul-Braunes Beitr. Vm, 540—567. Joh. Schmidt Voca- lismus II, 444. ff. nimmt für die reduplic. Zw. mit a ä ai im Präs. als Perfectvocal e, für die mit ö uo au ü dagegen eo, iu an, wie auch Scherer GdSpr. 280. f. für die Verba mit innerem 6 au ü nicht Tilgung, sondern nur Kürzung des Wurzelvocals (fe-o, e-u) ansezt.

a) Die reduplicirenden Zeitworte der a- Klasse.

Abtheilung ä vor verstärktem l oder n oder vor

Gutturalnasal. Grimm Kl. I.

§357.

357.

Präs. ä

got. valda faha

ahd. waltu fähu

mhd. walte vähe

Pf. ie md. i (e)

vaivald faifdh

wialt feng fiang^

wielt

Ptc. Pf ä

valdans fahans

gawaltan fangan-

gewalten gevangen

vtenc me

Zu dieser Klasse gehören bannen enhlanden vallen valten halsen halten sahen schalten spalten spannen walken wallen walten walzen vähen hähen gän: ern.

Das Zw. ern Pf. ier Ptc. gearn gehörte ursprünglich schwerlich hierher. Das Präsens weist auf einen Stamm arja ;

371

der Grund des Übertritts zu den reduplicirenden ist dunkel. §357. Vgl. Kluge z. Gesch. d. germ. Conjug. 85. 137.

In 2. 3. 8g. Ind. Frs. dieser Klasse äussert sich nicht «elten Umlaut, vgl. § 368.

In den Zw. vähen hähen, deren ä zweifellos ist, schwand im Präs. der Nasal, ebenso in der Perfectform vie(h) hie(h). Die volle nasalirte Stammform herscht im PL Pf., im Cj. Pf. und im Ptc. Pf. Ps. : viengen vienge gevangen, Mengen Menge gehangen. Übrigens dauern auch mhd. die ahd. allein vor- handenen vollen Formen vienc Menc fort, md. ving hing, im ßother fenc fengen, mit kurzem i oder e, wozu altn. feng, geng zu vergleichen sind. Wolfram braucht nur vienc hienc, nie vie hie im Reim. Kürzung des ie zu i in vinc erweist für ihn der Reim enpfinc : sine Lieder 4, 40. Vgl. ginc = gienc weiter unten. Md. sind die einsilbigen zusammen- gezogenen Formen van väst vät gevän beliebt.

Zu dieser Kl. gehört auch gän gangen, das Seiten- stück zu stän standen. Im Präs. ist die erweiterte Stamm- form gange, die zu got. gaggan stimmt, nicht geschwunden, wenn sie auch seltener und mehr dialectlich (alem.) beliebt ist, als gän, Ahd. steht gangan gleichfalls neben gän; im Perf. findet sich ahd. nur genc Jceanc gianc gienc, kein gie, das eine jüngere nach vie hie gemachte Form ist.

Mhd. finden sich 1) von folgende Formen : im Präs. mit unmittelbarem Anschluss der Endungen an den Stamm: Ind. 1. Sg. gän, gen, Cj. (gä) ge, Imp. ge, PL gät get, Inf. gän gen, Ptc. gände gende, Ptc. Pf. P. gegän, selten gegen (Vorauer Ged. 249, 20. Herb. 12544. thüring. er gen : gesehen Ebern. 622. missegen : gesehen Kath. sp. 165. bigen Mülh. R. 47). Die jüngere, erst im Beginn der mhd. Zeit anhebende Perfectform ist gie, gegen welche sich im allge- meinen obd. und md. Abneigung äussert und die nach dem 15. Jh. wieder erlischt. Im Rother steht gie im Reim {:hie 3949. : lie 2369, so zu bessern), auch im Orendel wird gie im Reim gebraucht, Heinr. von Morungen reimt es auf enpfie (MF. 125, 25), im Alexander findet sich sogar der Plur. gien : hesien 1042 gereimt; dazu gehören auch mit Einschiebung

24*

372

§357. eines dieeretischen h oder ^ die Formen gihen : jsihen Alex. 210. : geflihm 121. giegen Leys. Pr. 18, 25 (obd. Hs.) gigen Vor. Ged. 150, 18. 191, 19. Cj. Pf. giege Mone Z. 15, 212. Eine 2. PL gmt erscheint in dem Ged. von d. Tag- zeiten 1232. Es ergibt sich also, dass gie selbst mit Plural- und Conjunctivformen im 12. Jh. nach Entwickelung strebt^ und dass Mitteldeutschland auch für diese abnormen Formen empfanglicher Boden war. Aber auch die Oberdeutschen des 13. Jh. bedienen sich der bequemen Reimform gie häufig genug, und der Steirer Otacker wagt c. 439 selbst eine 2. Sg^ du gie (: die) im Reim, ebenso wie Gundach. 634 eine 2. Sg* enphie, Neben gän steht die Nebenf. gen, worüber im allgemeinen schon § 352 gesprochen ist. Abzulehnen ist, dass g^n wesentlich md., gän wesentlich obd. sei. Der Friedberger Krist hat gän und gen, ebenso Lamprechts Alexander und das mittelfränk. Legendär. Im Rudolf werden beide Formen im Reim verwant (W. Grimms Ausg. S. 9j, im Rother und Athis herschen die a- Formen, im Orendel werden sie im Reim gebraucht, im Salm an wird gän im Reim dem gen vor- gezogen, in Hartmanns Glauben stehn 3 a- 3 ^- 3 ei^Yormen. Herbort bevorzugt entschieden gä'n, stän, der Dichter der Erlösung ebenfalls, nicht minder Heinrich von Erolwitz und der livländische Reimkronist. Im Passional finden sich viele gän stän u. s. w. im Beim. Der Dichter von Ludwigs Kreuz- fahrt braucht die a- und ^-Formen. Abneigung waltet im allgemeinen gegen den Conj. gä, der indessen bairisch selbst im Reim öfter erscheint, BGr. § 274. Beachtenswert wegen Apocope des n ist 1. 8g. Ind. ge Roth. 1934, in Ulrichs V. Eschenbach Wilhelm im Reim auf e 1775 ; ferner der Inf. : domicilia Glaub. 400, ge : e 466.

Die Form gein ist wesentlich md. (bairische aber viel- leicht entlehnte Belege BGr. § 274, jüngere alem. AGr. S. 330) ; in ripuar. Denkmälern ist sie besonders häufig, lässt sich jedoch auch am Mittelrhein so wie in Ostfranken und Thü- ' ringen nachweisen. Bei Wernher v. Niederrhein herscht geit in 3. Sg. (16 mal im Reim), es stehn hier ferner 4 gän gegen 1 gin und 1 gein.

373

2. Sg. Ind. geia geist Muskatbl. XVII. 71, 116. 3. Sg. geit Friedb. § 357. Xr. A. 1, 11. Annol. 586. Ernst A. I, 55. Hü. I, 540. m, S. 71. Anm. Henneb. U. 11, 49. Im Eeim : arbeit Arast. Ml. 2. : barmhercicheit Marienl. 57, 26. ; deit Wemh. 30, 21. 57, 12. : edelcheit Marienl. 57, 26. :ktmdicheit Alex. 222. :idüch€it Wehih. 36, 9. :leit Marienl. 30, 29. 7 ötmüdicheit Wemh. 48, 23. : sneit Marienl. 22, 19. : stedicheit Wemh. 37, 30. ; wisheit Alex. 216. bigeit : drivddicheit Wemh. 48, 15. irgeit : Sicherheit Wemh. 25, 5. tirnbegeit : bebreit Glauben 115. zügeit : Medicheit Wemh. 30, 13. : wisheit Glaub. 427. 433. 3. PL geint Koth. 3164. Cj. 3. Sg. gey Mülh, K. 61. Inf. gein Spiegelb. 266, 30. 273, 10. ubirgein Haupt 15, 385. gey Mtilh. K. 54. Rc. Pf. virgein Mülh. R. 37.

Die Qualität dieses ei deutet der Reim geit : schinit Annol. 585 an. Auf ei weisen auch die Nebenformen in ie, ■die im mfrk. Legendär schon auftreten, vgl. gien: gesien 81. Ebenso \%i gien zu setzen im Reim zu gesien 107. 121. 289. ,• geschien 273, ferner giende : gesiende 686. Dennoch scheint dieses ei = ie, d. i. Zerdehnungsdiphthong, eine jüngere Ände- rung des Contractionsdiphthongs ei zu sein, der auf gäja {urg^rm. gheja) als Nebenform zu führt (Möller in P.-Br. Beiträgen VII, 469). Vgl. deis deit § 362. Vergleiche ferner Inf. gien:zien Schoneb. 3680 und Ennen II, 378 (1258) Part. Prs. gient HU. I, 816. 3. Sg. giet : ziet Schoneb. 4436. git Hü. I, 754 (1335). 3. PI. Cj. gyn Eberbach 878 (1330).

2) Von St. gang ist das Prs. gange alem. besonders beliebt, AGr. S. 331, bair. und md. weniger; Conj. gange genge. Der Imp. ganc mit den Nebenf. genc und ginc (in Vorauer Ged. 123, 4. Windb. Ps. 7, 8 geinc) ist alem. wie bair. stark im Brauch, AGr. S. 331. BGr. 8. 285. Der Imp. ganc kommt auch md. vor, im Reim auf lanc Väterb. 1721. ; twanc Pass. H. 144, 74. Vgl. ferner Stolle MSH. 10*. Pass. H. 138, 93. Trebn. Ps. 44, 5. 142, 2. geng erscheint md. ebenfalls, zb. Jungfr. sp. 180. Kath. sp. 160. 163. 166. Inf. gangen gengen ist alterthümlich und selten (gengen Vor- auer Ged. 32, 20. 234, 25). Das Perf. gienc giengen ist die herschende obd. alte Perfectform des Zw., auf deren Kürzung manche Spuren deuten, vgl. ginc Lamprechter Brevier (Haupt Z. XX, 137), gingen': dingen Lampr. Franc. 1471, vgl. auch BGr. S. 286. Md. ist ginc gingen herschend, vgl.

374

§ 357. Reimbelege dafür § 134. Im Rother steht auch geng, geengen (242) ; ebenso kommen alem. bair. im 14. 15. Jh. genc gengen vor (AGr. 8. 330. BGr. S. 286), dazu die Nebenformen geinc geingen in Denkmälern des 11. 12. Jh., BGr. S. 286. Aus der gutturalnasalen Bedeutung des n in vulgärer Schrift erklärt sich gien gin in bair. Schriften, BGr. a. a. 0. Dazu stimmt auch gin Roth. 1557. 1942. Entartete Form ist gung Heldenb, (Keller) 613, 32. güng Uhland Volksl. 185, 30. ~ Ptc. gangen (grob mundartl. gang) gegangen ist häufig.

In den zusammengesezten Formen wird das Ptc. Pf. P. gewöhnlich mit sein verbunden: bin was gangen oder gegän. Mit haben verbunden kommt es obd. sehr selten vor (MSH» I, 112"^), md. öfter, Lexer Wb. I, 734.

§358.

358.

Präs. ä

Pf. ie

got. slepa reda

saizlep rairdp

ahd. rätu

riat

TTihd. rate

riet

Abtheilung ä (got. e) im Stamme.

Grimm Kl. IV.

Ptc. ä

slepans redans

garätan

geraten

Zu dieser Kl. gehören bägen blasen braten lassen raten släfen verwaisen.

Zu bemerken ist der Umlaut, der in 2. 3. Sg. Ind. Prs. beliebt wird, zb. rUis Roth. 1549, gemeinmhd. rcetes rcet, slcefes slcefet vgl. § 368. Md. ist der Perfectvocal gewöhn- lich i, auch e {Uzin Roth. 1296).

Dem Zw. läisen eigen sind einsilbige durch Apo- und Syncope des ;8^ karacterisirte Formen. Im Ahd. zeigen sich erst einzelne (Imp.) lie (Pf.) ; mhd. sind die Formen beliebt : Prs. Ind. Sg. län last (las) lät (mit Umlaut Icesty Icet, lezteres im Parz. ; femer beim Stricker und Teichner häufig), Plur. län lät länt, 3. Sg. Conj. MF. 167, 20 (Reimar); 3. PL län Erec 7636 im Reim auf bestän, ausser Reim län MF. 118, 17 nach Haupts Besserung. Imp. (mit gutturalem Nachschlag läh MSC. 2, 98^ lach ebd. 1, 13^ 89^ 167». 188^ 2, 190^), 2. PI. lätj Inf. län; Pf. lie, im PI. (dem gien zu gie

375

entsprechend) zuweilen lien Virg. 396, 6. Sigen. 38, 10. verlien § 358. Ecke 105, 2. Das Ptc. län gelän. Die 1. Sg. Präs. Ind. län ist nach ich gän stän gebildet, und wird unbedenklich im Eeim gebraucht, vgl. Haupt z. Erec 9348. Die 1. Sg. Ind. braucht Heinr. vom Türlein im Reim, vergl. ebendaselbst.

Abtheilung uo im Stamme.

Grimm Kl. m. § 359. §359.

Präs. uo Pf. ie Ptc. uo

mhd. riwfe rief geruofen

Ausserdem ist mhd. das Pf. wiefen zu wuofen belegt. Im Pf. steht auch hier md. i, im Rother i rrefen 4096, vgl. § 135.

ruofen und wuofen sind in schw. Formen mhd. schon beliebter. Die Klasse ist im absterben: got. ist nur hvopan (Pf. hvaihvop) sicher hierher zu stellen ; ahd. gehört plozan hierher, ferner hwuofan, hruofan, die von schwachen Formen begleitet werden, und nach dem Ptc. farfluahhan auch fluochan ursprünglich, dessen Formen sich freilich im übrigen nach der 2. schw. Kl. (fluochon) richten.

b) Die reduplicirenden Zeitworte der i- Klasse.

Grimm Kl. 11. § 360. §360.

Präs. ei Pf. ie Ptc. ei

got. haita haihait haitans

ahd. ?heizu hiaz heaz gdhaizan

mhd. heize hiez geheizen

Es gehören hierher heijsen leichen (nur Ptc. geleichen ist mhd. bezeugt) met^en scheiden sweifen j^feisen.

eischen (seit 13. Jh. auch heischen mit prothet. h) ist gleich seinem Compos. vereischen, gewöhnlich vreischen, eigent- lich ein schw. Zw. 2. Kl. (ahd. eiscon). Mhd. steht aber neben dem noch gebrauchten schw. Pf. ein st. Perf. iesch vriesch gevriesch, so bei Fr. v. Husen, Herbort, in der Klage, in der Nibel. Not, bei Wolfram, Walther, Konrad v. Fusses- brunnen. Das st. Ptc. geeischen ist erst einmal nachgewiesen Mon. Zoller. IV, 156.

376

§ 360. Neben hiej^ ward nach Analogre von He für liejsf vereinzelt

ein hie gewagt, vgl. Kaiskr. 13471 Heidelb. Hs. (81*). Im Ftc. zeigt sich md. seit 12. Jh. ein den ablaut. Ptc. nach- gebildetes geM^en, lang auf gemzen gereimt Glauben 1115, richtiger kurz gehiezen Hü. I, 550 (1366), welche Form sich in Mitteldeutschknd bleibend festsezte und heute auch bei hochdeutsch redenden Niederdeutschen (zb. in Holstein) Regel ist. Eine gleiche falsche Analogiebildung ist das Ptc. geschiden Trierer Spiegelb. 270, 2.

Md. Perfectvocal ist t, seltener et ; Entartung tritt später in huz Köditz C. 35, 16 (höfs hess. Weihnachtsp. 527) auf, dem gung § 357 vergleichbar.

§361.

Präs. oUf 6

Pf. ie (iu)

got. auka

aiauk

ahd. hloufu stözu

hliof stioz

mhd. loufe houwe stöze

lief liuf hie hiu stiez

c) Die reduplicirenden Zeitworte der w- Klasse.

Grimm Kl. IH*.

Ptc. OU, 0

aukans

hloufan stözan

geloufen

gehoHwen

gestözen

Es gehören nur noch wenig Zw. hierher: loufen houwen houwen (nur im Ptc. Pf. P., die übrigen Formen sind schwach) schroten stozen aus ou vor Lingualis § 109).

Bei houwen zeigt sich Einfluss des ic; auf den Perfect- vocal, indem ie oft zu iu oder eu wird: hiu (selbst hiuw) PI. hiwen hiuwen, auch hewen, Cj. heuwe AGr. § 337. BGr. § 277; auch md. hiu Alex. 1614. 2489. 2796. Karl B. 16. 23. hiwen : lewen Alex. 4838. hewin Hagen 2516. Aus hiew ward nhd. hieb. Die labiale Fricativa f wirkt ebenso : für lief liefen erscheint liuf Hufen, grobösterr. leuf AGr. BGr. a. a. 0.

Auch in dieser Klasse* ist md. der Perfectdiphthong ge- wöhnlich zu i monophthongisirt ; selbst e kommt vor (= ie), vgl. stez Rother 1636, stezen 201. § 135.

Die allmählige Zersetzung dieser Klasse bezeugt sich durch überschwanken in die ablautende u-Klasse : zu houwen

377

findet sich die Nbf. hiuwen {:niuwen) MSH. 3, 197^ Pf. hou, §361. und zu loufen das Ptc. geloffen geluffen gewöhnlich, ausser- dem kommt vor Cj. Pt. lufe, im 15. Jh. selbst Ind. Perf. luf, Tgl. AGrr. BGr. a. a. 0.

Zu den Ptc. gehouwen gebouwen finden sich ferner die !Nbf. gehüwen gehüwen, vgl. dazu den ähnlichen Vorgang in den ablau t. Zw. der w-Kl. mit suffigirtem w § 355.

3. Die Zeitworte tuon und stn.

§ 362. Die Zeitworte tuon und sm mischten ihre Tempus- § 362. formen aus v-erschiedenen Stämmen. Mit stän und gdn hat tuon den unmittelbaren Anschluss der Präsensendungen an den Stamm gemein; bei sein geschah es nur in den aus abgeleiteten Formen und wahrscheinlich auch nur scheinbar. In der 1. Prs. Sg. Ind. haben die vier Verba die Personal- endung n (alt m = mi) erhalten.

K, tuon.

Die Formen dieses Zw. sind aus den Wurzeln da und dad gemischt.

a) W. da (dhä)

Präs. Ind. Sg. 1. tuon 2. tuos 3. titot

md. dün düst deist düt deit

PL 1. tuon 2. tuot 3. tuont

md. dün düt dünt

Conj. Sg. 1. tuo tüeje 2. tuos tüejes u. s. w.

md. du Imp. Sg. 2. tuo PI. tuon tuot Inf. tuon Ptc. tuonde

md. du düt dün

Perf. Ind. Sg. 1. 3. tete tet

md. tede dede

Ptc. tan getan md. gedän.

b) W. dad Perf. Sg. 2. täte

PI. taten tätet täten md. däden

Conj. t(ßte -es -e PI. taten -et -en, md. dede däde. Im Prs. ist uo der herschende obd. Vocal, daneben vulgär ue; md. ist ü der gewöhnliche Vocal. Daneben kommt mittelfränkisch 6 vor ; man vergleiche die Reime bei Veldeke :

378

§ 362. Inf. doen : 8on En. 764. 3622. 3784. 7815. 11222. : toe 2164.

; Tumum 9788. 11078. 2. Sg. Ind. does : moest 2781. 3. Sg. doet :go€t En. 9946. :mo€t : froet : goet MF. 60, 21. 61, 29. 2. PI. düt : goet En. 4261. 1. Cj. doe : toe En. 2288. 3. Cj. doe : toe En. 4964. Imp. 2. Sg. doe : toe En. 4981.

Vgl. ferner im Rother Inf. don : Ion 4120. : stol 105; Imp. tho Roth. 1466; 2. Sg. Ind. thos 263; PI. Ind. L wir Roth. 502 ; im mittelfränk. Legendär 1. PL Ind. wir 433, 3. PI. Ind. don 438. In den Hss. und ürk. des 14. 15. Jh. wird meist Oßf oi dafür geschrieben. Schwanken zwischen 6 und ü deutet b ou an, vgl. dbn:zb Roth. 115. toim ich Iw. A, 2409. 3622. doun ih 4260. Vgl. § 140. ff.

Eine andere in Ripuarien verbreitete Form der 2. 3. Sg.

Prs. Ind. ist deis deit, welche dem steis steit, geis gdt

analog lautet und durch Zusammenziehung aus däjis däjit

(urgerm. dhejesi dMjeti), einer zweiten Präsensform von dhäy

entstund (Möller in Paul-Braune Beitr. VII, 469).

2. Sg. deis.-weiz mastr. Ostersp. 1196. 3. deit : bamihercicTwit Haupt Z. I. 38, 133. ' :higeit Wemh.* 30, 22. Ostersp. 562. :girheit Wemh. 39, 34. :jämerkeit 21,16, ; Zci* Hagen 40. 1620. 2446. : gemeit Karlm. 32, 41. : gereit Hagen 2036. Karlm. 325, 17. : Sicherheit Hagen 1522. isleit Wemh. 11, 16. : stediclieit Morant 280. : steit Wemh. 39, 28. .'Streit Hagen 4973. : süzicheit Marienl. 10, 6. luoerdicheit Marienl. 53, 27. Vgl. ferner u. a. Ennen I, 16. 27. u. ö. Lac. IH, 301. 506. 516, Karlm. durchaus, Loersch Ach. Equ. 52. 97; im Vorauer Alexander deit : reit 198, 2. 218, 8. : smächeit 194, 22. : steit 186, 14. 191, 7. 214, 10. im Amst. Ml. 2, 8 deit. Neben diesen Formen mit et kommen in unserm Gebiet die in o (uo, ü) überall vor. So braucht Hagen düt und deit neben einander. Im Mnl. überwiegt doet stark das deit; mnd. sind deist deit die vorwaltenden Formen in 2. 3. Sg. Ind.

Folgendes ist noch zu bemerken. Die 1. Sg. Prs. Ind. geht in n (= m) aus; wie bei gän stän bin ist das alte Personalsuffix nii darin erhalten. Indessen tritt seit Ende des 12. Jh. flexionsloses tiu> selbst im Eeim bei Uartmann V. Aue daneben auf: AG-r. S. 355. BGr. § 302. Lachmann zu Iw. 2112. Haupt z. Erec 4968. Auch md. begegnet es, zb. tu Secund. 330. tu : Tristr. 656. : so 7097. : m 8811. 9173. tuo : zuo HTrist. 4298. Für 3. PI. Ind. erscheint Apocope des t schon in tux>n Ath. F. 95.

379

Im CoBJ. ist alem. eine erweiterte Form tuoje tüeje, §362. tueje, ttiewe nicht unbeliebt, A6r. S. 356. Überhaupt hatte die Volkssprache entschiedene Abneigung gegen die vom ge- wöhnlichen Schema abweichende unvocalische Anfügung der Personalendung und sie bildete daher früh regelmässig schei- nende Nebenformen : ahd. Inf. toen tuoen, mhd. tuoen tuogen {tuohen Henneb. TJ. II, 123. tuhen Schoneb. 7025). tuonen (Lexer Wb. II, 1575), md. düin düen.

In der Redensart waz du tuo kommt scheinbar die 2. Sg. Conj. flexionslos vor: im Reim : fruo Wolfd. 276, 1^ 353, 3. ; nüo Ernst D. 5294. ; schuo Ulr. Wilh. 446. : mo Kaiserkr. 1290. Wernh. Mar. 185, 37. Hartm. B. 1, 737. Trist. 3364. Gudr. 149, 2. Dietr. Fl. 2951. Engelh. 343. 4232. Eracl. 5294. Colocz. Cod. 121, 151. Ulr. Wilh. 2322. 4810. Earlm. 446, 8. Indessen ist hier eine eigenthümliche Ver- wendung der 2. Imp. in abhängigen Sätzen anzunehmen, der sich aus dem Griech. und aus dem Deutschen gleiches zur Seite stellt: J. Grimm Gr. IV, 85. bei Kuhn Z. 1, 144. kl. Schrift. 1, 316. Fr. Dietrich bei Haupt 13, 137. f. Scherer GdSpr. (2. A.) 305. Erdmann Syntax Otfrieds I. § 18.

Der Inf. erscheint md. zuweilen mit Apocope des n, zb. frü : tu Secund. 42. Kath. 162. tu : livl. Kr. 2888. tu : zu Alex. 3554. Secund. 144. 32L 347. Wartburgkr. 54, 5, Md. Ged. 93, 304. getü:nü Md. Ged. 94, 364. :m Alex. 2623. 2974. Rolandl. 7, 12. z^ : t^ tr. Silv. 198. tu, getue Henneb. U. I, 57. Eine bairische junge Form des Inf. ist tan, grob mundartlich tain BGr. § 301.

Das Ptc. Prs. lautet tuonde, md. dünde donde. (Die von Sommer Flore 7886 gebrauchte umlautende Form tuende ist schwerlich richtig ; der Conj. stüende gibt keinen Beweis,, da stuonde zu schreiben sein wird; der Conj. Frs. tüeje hat nichts mit dem Ftc. zu thun.)

Im Ptc. Pf. P. tan getan blieb der alte Wurzel vocal erhalten. Obd. mundartliche Nebenformen sind ton und tun AGr. S. 357, BGr. § 301. Im Md. Nd. hat der Steigerungs- vocal 6 uo der Präsensformen das ä zum Theil verdrängt: im 14. 15. Jh. ist gedon md. häufig, zb. getön Böhmer 608. 725.

380

§362. Myst. I. 101, 16. 137, 18. u. o. gedoen Loersch Aohen. Rqu. 106. gedoin Sei. Tr. 72. 80. 172. Kölner Cronica o. (heute köln. gedo", gedonn), vgl. auch das altsächs. Ptc. gidtmn. Für getan wird md. (mrhein. nrhein.) nicht selten gedain geschrieben, zb. HU. I, 623. Ill, 624. 1152. Höfer II, 112. Lac. II, 434. 744. III, 172. Ennen I, 348. Loersch Rqu. 53. Sei. Tr. 132^ 171*. Kölner Cronica 54. u. ö.

Per f. 1. 3. Sg. Ind. ist durch die Wurzelsilbe ta mit vorgesezter Reduplication te gebildet; sie lautet ahd. teta mhd. tete. Die apocopirte Form tet gilt wesentlich für die 3. Pers., in der 1. erlauben sich manche Dichter nur tete, nie tet. Übrigens ist tete auch für die 3. die volle Form; Konrad Fleck braucht tete 6 mal, tet 1 mal im Reim, Sommer z. Flore 477. Eine md. Nebenform teit steht zb. Haupt 15, 379. geteit 376. 402.

Die übrigen Formen des Pf. Ind. und Conj. sind der W. dad entlehnt und auf ein anzusetzendes ablaut. Zw. tetan zurückzuführen. Für die 2. Sg. Ind. täte erscheint md. auch tätes Roth. 333. thädis 1992; mit conj. Umlaut dedes mfrk. Legend. 160. tetis Trebn. Ps. 38, 10. 12. 49, 21. 51, 4. u.ö.

Eine Eigenthümlichkeit der Haupthandschrifben des Wolf- ramschen Parzival ist die conjunctivische Form taeten für den indicativen Plur. täten: Parz. 17, 3. 82, 5, wozu die indica- v. tiven Formen ncemen ebd. 18, 2. wceren 34, 26. 56, 13. 183, 19. , wceret 166, 7. hrcehten 25, 19 Seitenstücke sind. Da sich

V r y auch bei Lampr. v. Regensburg Syon 1402 tceten auf rtsten

I

gereimt findet, so zeigt sich hier nicht bloss eine Wolframsche Eigenheit. Das obd. (bair. und alem.) hcete (Indic.) deutet weiter darauf, dass a in den Indicativen zum Umlaut Neigung hatte, vgl. § 394.

Der Unterschied der Perfectformen erschien übrigens allmählich anstössig und man bildete nach tete die Pluralformen ieten, die schon Otacker und Lutwin im Reim brauchten, BGr. § 301, heten : teten Lutw. 3025. Ripuar. deden (: ge- treden Vorbew. 16**) ist im 15. Jh. häufig. Ein conjuncti- visches tete kommt schon im 13. Jh. vor, AGr. S. 355. 357. Die umgekehrte Ausgleichung durch Übertragung der

381

Pluralform auf den Sg. erscheint meines wissens zuerst bei §362. Jeroschin, vgl. tat : gesät 20364. Aus dem 14. Jh. gibt that Trebn. Ps. 77, 12 Zeugnis, (tat Ulr. Wilh. 4780 ist schwer- lich gerechtfertigt.)

B. sin, Wesen.

§ 363. Bas Zeitwort sein bildet hochd. seine Formen §363. aus drei Wurzeln : die Präsensformen aus und as, aushilfs- weise aus was, die Perfectformen allein aus was.

W.

Prs. Ind. Sg. 1. hin (ben hon) 2. bist bis

W. as

W. was

PI. 1. bim bin 2. hirt hint

Conj.

2. PL Sit sin sinde

3. ist

{sin sint)

(sit sint sin) 3. sint (sin)

1. si sie sige wSse

2. sis siges

3. si sie sige PL 1. sin sien

2. sit

3. sin siefi

wis

weset wesen wesende

Sg. 1. 2. 3. was wäre was PL 1. 2. 3. wären wäret wären

wcere -es -e

waren -et -en

gesin gewesen gewest

Die Formen aus der W. (skr. bhü gr. q/v lat. fu) sind ahd. bereits in Trümmern, mehr davon hat das ags. erhalten. Die 1. Sg. Ind. bin ahd. pim ist aus einer Com- binaiion von bium (alts. bium, ags. beöm) und im (1. Sg. Prs. zu W. as) entstanden (Kluge in Paul-Braunes Beitr. VI, 388- Joh. Schmidt bei Kuhn Z. XXV, 594. ff.). Der Vocal ist durch Einfluss des n verdunkelt in bon, in den nrhein. MarienL 34, 17 :Syon, ausserdem 1, 1. 5. 8, 28. 19, 5. 24, 9. 50, 13. 75, 37). Das nl. ben (13. Jh. zuweilen noch bem) kommt vereinzelt bis Hessen und Thüringen vor: Secund. 152. Alsfeld.

Imp. 2. 8g. bis

Inf. -

Parte. Prs.

Perf. Ind.

Conj.

Ptc. P. P.

382

§363. Sp. 436. 3956. 2. Sg. bist ist ebenfalls durch Verschmel- zung der Formen aus und as entstanden, bis findet sich

im 12. 13. Jh. namentlich md. im Eeim gebraucht:

bis : is Marienl. 12, 6. : lis Pass. H. 55, 55. : excelsis Glauben 1522. iheüeris Wernh. 4, 6. .-patris Glaub. 1541. :trugms Pass. H. 313, 16. :tüis Georg 2643. :gems Arnst. Ml. 115. grKud. 15, 8. Hagen 3464. Eracl. 311. 1612. Marienl. 48, 33. Jerosch. 2702. 3493. 3535. 6653. Karlm. 7, 21. 330, 17. 439, 47. lungexois Lampr. Syon 819. Die Pluralformen sind mhd. im erleschen. Die 1. PL Ind. ist in bair. österr. Schriften des 12. Jh. noch häufig, BGr. § 298, und wird auch noch im 13. Jh. im Reim gebraucht, zb. :schrirn Serv. 3236. :diern Helbl. 1, 985. 1188; mit ausgestossenem r bin : hin Karl 11373. Lamp rechts Franz. 249. Bei Anlehnung des Pronomens bir wir, Ahd. begegnen die volleren Formen birin (noch Annol. 27) biron pirum piromes pirumes, scheinbar gleich dem Plur. Pf. eines ablaut. Zw. der i-Kl. mit sigmatischer Aoristbildung, wahrschein- lich aber gleich der 1. 2. Sg. durch Combination der Formen aus und as (1. PL esum, irum) entstanden, vgl. J. Schmidt bei Kuhn Z. XXV, 597. 2. PL birt ist von den Baiern und Österreichern des 12. 13. Jh. am zähesten festgehalten und wird von vielen, zulezt von Otacker, auf wirt gereimt BGr. a. a. 0. Die Nebenf. bint (für bimt) kommt alem. und fränk. vor, im Beim ; hint Karaj. Ged. 53, 7. Fundgr. II. 137, 1. ülr. Trist. 2301. Ahd. findet sich birut, biret, birt, bei Notker birint, birent, bimt, bint.

Der Im per. bis ist obd. (namentlich alem.) und md. häufig; oberdeutsche Belege sind gegeben AGr. S. 352. BGr. § 298. Einige md. Belege folgen hier: Erlös. 1694. 5692. Hagen 5962. Marienl. 33, 24. Myst. I. 135, 11. 226, 15. Spiegelb. 279, 30. Kathar. sp. 162. Musk. 18, 46. 34, 9. 78, 7. Wierstr. 642. 2415. u. ö. Alsfeld. Sp. 1593. 1623. u. ö. bis:is Mastr. Ostersp. 520. Dieses bis ist nach Analogie von wis (Imper. zu wesan) gebildet, Sievers in den Beitr. von Paul- Braune VI, 572. Joh. Schmidt bei Kuhn Z. XXV, 597.

8 364 § ^^^' ^^^ ^®^ Wurzel as ist der Vocal nur in 3. Sg.

Ind. erhalten. Die 1. 2. Sg. Ind. erscheint aus dieser W. über- haupt in den germanischen Dialecten nur im got. im is, altn.

383

em est (ert), ags. eom eart mit alter Schwächung des a, die § 364. auch das hd. ist trägt. In den übrigen Formen schwand ganz wie im Skr. durch Einfluss der schweren Endungen der Wurzelvocal, und der consonantische Wurzelauslaut ward zum Anlaut des Stammes.

Die 3. Sg. ist wirft früh ihre Endung t ab; is ist eine geläufige Nebenform von ist, die zu sächs. ags. is, altn. es er stimmt, hochdeutsch und fränkisch aber nicht alt ist. Sie wird von den Mitteldeutschen seit dem 12. Jh. auch im Reim verwant:

18 : Athenis Pass. K. 453, 3. : bis Marienl. 12, 5. (; celis Schoneb. 2004. .Ddvidis 3700.) :di8 Pass. K. 4, 72. : goldis Karlm. 432, 1. : güdis Wemh. 16, 15. : Jerosölymis Ludw. Kr. 186. ; Jöhannis Jerosch. 546. :li8 Pass. H. 292, 48. : geröchis Eoth. 978. : Satonionis Jerosch. 2302. :spit(üis 582. :tddis Ath. A. 20. : Termis Karlm. 159,8. :wis Karlm. 128, 25. : gewis Tristr. 507. Wemh. 59, 27. Ernst B. 1241. 1297. D. 3254. Morant 453. Karlm. 119, 38. u. o. Hagen 722. 3170. Marienl. 7, 21. Ebern. 934. 4210. MSR 3, 164^ Jerosch. 3739. Pass. K. 104, 26. Schoneb. 2865. 4874. .-wunderes Amst. Ml. 81. Ein oberdeutscher Eeimbeleg ist is : gems Angenge 2, 48.

Isord westliche Nebenform ist es (auch mnl. stehn is und es neben einander) ; Yeldeke brauchte sie im Reim auf Anchises En. 3124, wonach auch 381. 969. 2590. 5492. MF. 64, 16 die Schreibung es : gewes gerechtfertigt scheint. Ausserdem Tgl. es : Joannes Mastr. Ostersp. 1213.

Yon den pluralen Formen ist nur sint indicativ; die 1. 2. sm Sit sind optative Formen, welche seit 12. Jh., beim absterben von bim birt, in den Indicativ übertragen wurden.

Zu der 2. PI. sU kommt namentlich alem. die Nebenf. sint vor, durch nt zu sint erleichtert, wie die Reime auf llint Boner 68, 29, kint Reinh. 1858. Flore 781. 3433. 4005. Ulr. V. Wintersteten (Benecke Beitr. 1, 183) Wernh. v. Tüfen MS. 1, 44'. Virgin. 916 beweisen. Im 14. 15. Jh. ist dies sint alem. sehr verbreitet, AGr. S. 351. Es kommt auch md. Tor, vgl. Rother 1398. Die Form sin ist selten.

Die 3. PI. sint behauptete sich in der Schriftsprache, obschon Versuche gemacht wurden, auch sie durch optat. sin zu verdrängen. Das Md. gibt dafür Belege ; im Reim findet sich sin zb. : hindelin Rother 3158. ; konigin 5093. : din

384

§ 364. Heinr. v. Freib. Kreuz 209. ; mm Tristr. 209. Dietrichs von Glaz Gürtel 578. Heior. v. Freib. Kreuz 506. ; Hermorm Schoueb. 349. ; vin Md. Ged. 80, 253. ; in Ludw. Kr. 5Q57 ; vgl. ausserdem Roth. 478. 876. 1114. 1774. Alex. 6495. Pass. K. 302, 51. 305, 14. Leyser Pr. 91, 1. 134, 14. Myst. L 7, 34. 8, 33. 12, 7. Höfer II, 13. Mülh. U. 837. Henneb. U. II, 103. Cd. Sajc. II. 6, 6 (1306). Spiegelb. 281, 35. Musk. 18, 53. Köditz o., vgl. auch R. Hildebrand Yorr. z. Sachsen- spiegel (1863) S. XV.

Eine Gegenbewegung gegen dieses vordringen von opta- tivem sin in den Indicativ bildet die Übertragung der 3. PL sint auf die 1. PL Ind., die ebenfalls md. zuerst geschah: im Reim wir sint : Jcint Krolw. 2614, ausser Reim Ebern. 936. trKr. 21468. Myst. I. 14, 3. Jungfr. sp. 174. Kath. sp. 164. Memor. 6. Schoneb. 8813. 10430.

Oberdeutsch ist dieses sint in 1. PL handschriftlich aus dem 14. Jh. belegt, vgl. Boner 15, 24. 23, 8 mit den Les- arten der Handschr.

Der Conj. (eigentlich Optativ, Grundform 5;a) lautet in der Regel im Sg. si sis si PL sin sit sin. Erweiterte Neben- formen sind sie sies u. s. w. und namentlich alem. mit g = j sige siges u. s. w. AGr. S. 351. BGr. § 297.

Jüngere Bildungen aus diesem optat. Stamm sind der Imp. si sit, die Ptc. sinde und gesin. Der erste Versuch, der schon ahd. erscheint, war der Inf. stn, im 13. Jh. gern mit Präfix gesin. Thür. ostfränk. lautete er si, vgl. die Reim- belege si : hi Wartburgkr. 31, 1. Md. Ged. 73, 16. : Benedicti Ebern. 1814. :di Md. Ged. 81, 279. dri : si Secund. 62. si: dri VV^artburgkr. 59, 1. si : fri MSH. 2, 24*. Jungfr. 181. gesi'.fri Wartburgkr. 146, 2. si:hi Md. Ged. 86, 86. si : Pauli Ebern. 1096. Aber auch im wälschen Gast kommt diese Form mit geschwundenem n vor, BGr. § 297. Das Ptc. gesin ist alem. beliebt; auch md. erscheint es selbst im Reim, vgl. darin : gesin Väterb. 1354. gesin : kunigin Pass. H. 313,89. :schin ebd. 114, 70. Väterb. 1849. 3395; vergL ausserdem gesin Roth. 1789. 1983. Auch mnl. war ghesin neben ghewesen im Brauch.

385

§ 365. Aus der W. was entsprang ein ablautendes Zw. §365. der a-Klasse, wisu was warum § 348, das aber im Prs. Ind. sehr selten für das Hilfsverbum gebraucht wird, etwas häufiger im Conj. ist und früh im Imp. wis beliebt ward, AGr. 8. 352. BGr. § 299. Zu wis ist eine md. Nebenform wes Rol. AS. 55, 5. Tristr. D. 3031. Das Ptc. Prs. {w'esanti) wesende war schon ahd. im Brauch.

Das Perfeot des Vb. sein wird allein aus diesem Stamm genommen: was PI. wären; Conj. wcere md. w^e, Obd. und md. kommt auch wäre ohne Umlaut für den Conj. vor. Im Plur. Ind. schwindet alem. zuweilen das r : wan, want AGr. S. 353. Die Form wasen, die im 15. Jh. auftritt, ist Gegenbewegung gegen den Sing, war, der nach dem Plur. waren gebildet wird.

Das Ptc. gewesen findet sich erst im 12. Jh.; es herscht

bair. und md., während alem. gesin vorgezogen wird. Die

schlechte Nebenf. gewest erscheint md. seit 13. Jh., bair.

seit 14.; sie bleibt aber, obschon bei den Schreibern beliebt,

plebejisch. So kommt sie auch nicht häufig im Beime vor: gewest :nest Pass. E. 241,51. :je8t Frauenl. 164, 1. :le8t Karlm. 322, 14. 535, 40. .-est Pass. H. 77, 76. .-forest 143, 32.

Md. Nebenf. sind geweisen (Höfer II, 192 Ostfranken), geweist Eberbach. Uk. 767. Henneb. TJ. II, 35 (Hersfeld). Cd. Sax. IL 6, 39. - \Gr. § 353. BGr. § 299.

Die umschriebenen Formen der Vergangenheit, die in der mhd. Zeit aufkommen, werden obd. durch das Ptc. Pf. P. mit

bin oder was gebildet: ich bin

gestn . , f gestn

ich was \ ^ gewesen \ gewesen.

Nur in Denkmälern, deren Heimat an das !Nd. grenzt, welches die Umschreibung mit haben der mit sm vorzog, weil dieser Dialect nach Grimms Worten (Gramm. IV, 160) den Begriff der Existenz auf ein Bewustsein von Selbstthätigkeit gründete, finden sich auch mit halben umschriebene Perfectformen, zb. hette der so na gesin Roth. 1789. da^ du in desseme hove heves gewesen 1983. da£f der Tcüne helt dar häte gewesin Tristr. 1301. du hast doch me denne ein jär gewesin bi dinem manne 6166. do sie in dem getwange gewesen hatten lange Ernst D. 3532. nu hän ich gewesen Schoneb. 6717. hedde

Weinhold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 25

386

§ 365. gewesen Karlm. 206, 13. hedde si gewest Sei. Tr. 203**. hat gewesen Vorbewis. 18. es hat ein spil gewesen Pass. K. 442, 63. di0 volc daz lange hat gewesen Erlös. 5123; för wolte Claris stn gewesen Flore 6322 schrieb der elsässische Schreiber von B han gewesen der fränkischen Beimischung seines Dialects gemäss. In Mechtilds y. Magdeburg üiess. Licht S. 275 min gerihte hat gewesen lange unde groz stammt das hat aus der niederdeutschen Grundschrift.

B. Die EndungexLi

§366. § 366. Die Bezeichnungen des persönlichen und des

modalen Verhältnisses, ebenso die nominalen Suffixe treten

mit Ausnarae der Präsensformen von tuon (bin) stän gän

an den Verbalstamm mittels eines Vocals, der gröstentheils

ursprünglich a war oder eine Schwächung von a. Im Mhd.

ist überall e dafür durchgeführt, das überdies nach kurzem

Stamm, namentlich solchem in Liquida, Syncope oder Apocope

erleidet. Die folgenden zwei Paradigmen zeigen die vollen

und die durch Syn- oder Apocope gekürzten Formen.

Inf. gehen varn

Präs. Ind. Sg. gibe gibesßj gibet var ver8(t) vert

PL geben gebet (-ent, -en) gebent varn vart varnt

Conj. Sg. gebe gebes gebe var var8(t) var

PL geben gebet (-ent, -enj geben varn vart varn

Imp. Sg. gip (bitte, hebe) var

PL geben gebet varn vart

Ptc. Prs. gebende varnde

Perf. Ind. gap gäbe gap vuor vüere vuor

PL gäben , gäbet gäben vuoren vuoret vuoren

Conj. gcebe gabes gäbe vüere vüeres(t) vüere

PL gceben gäbet gaben vüeren vüeret vüeren

Ptc. Pf. Pass. gegeben gevarn

Dazu vergleiche man die ahd. und gotischen Flexionen

ahd. Inf. geban got. giban Präs. Ind. Sg. gibu -is -it giba -is -iß

PL gebam -at -ant gibam -ip -and

Conj. Sg. gebe -es -e gibau -ais -ai

PL gebem -et -en gibaima -aiß -aina

Imp. Sg. gip gif

PL gebam -at gibam -iß

387

Ptc. Prs. gehanti gvband-s § 366.

Perf. Ind. Sg. gap gdbi gap gaf gaft gaf

PL gdhum -ut -un gebum -uß -un

Cj, Sg. gähi 4s -i gehjau -eis -i

PL gdbim -it -in gebeima -eiß -eina

Ptc. P. Pass. geban giban-s

§ 367. Wir verzichten hier darauf, die Geschichte der § 367. germanischen Verbalendungen zu verfolgen und ihre Bildung aus den Pronominalstämmen mit dem thematischen Vocal, im Optativ mit dem Modussuffix, darzulegen (vgl. Bopp Vgl. Gr. § 434. ff. Scherer Gesch. d. Spr. 299—311), sondern beschränken uns auf die mhd. Zustände.

Präsens Indicativi, thematischer Vocal a, der vor s und t zu i sich schwächte; mhd. allgemein ß, das der Ver- geh weigung nach dem Gesetz verföUt; md. und auch sonst mundartlich verdünnt sich e gern zu i,

Sg. 1. -e, in der Regel bleibt der Vocal auch nach kurzen Stämmen, sobald sie nicht in Liquida, namentlich in l oder r schliessen. Bei Anlehnung des Personalpronomens flehwindet er : gibich, biutich. Der bairische Dialect, der zur Apocope überhaupt strebt, stösst das e auch nach langen Stämmen oft ab, und so gestatten sich manche bairische Dichter des 13. 14. Jh. Formen wie ich sprich besinn schin lä^ heis selbst im Reim, BGr. § 280.

Neben dieser gewöhnlichen Endung -e der 1. Sg. Ind. «teht die in -en, bairisch seit 11. Jh., alem. seit 12. Jh. nach- weislich und so entwickelt, dass selbst Dichter der guten Zeit

«ie im Reim brauchen, zb.

ver sinnen : hinnen Lanzel. 718. : beginnen Lampr. Syon 1192. ^ddn : getan Lanzel. 3775. Idzen : sträeen Konr. Otte H. 355.

AGr. § 339. BGr. § 280.

Fränkisch ist die Endung der 1. Sg. Ind. in un on en früh nachweislich :

unsliuzun Paris. Virgilgl. 702. biddon altnl. Ps. 63, 2. singon 70, 23. wirihon 68, 18. gihun Mainz. B. 1. uuirdon 20. behalton Wülir. vrat. "VTEI, 13. biton ih XLV, 13. biten ih IX, 6. voUebringon X, 18. geligon XIV, 25. besueron XV, 10. gibm XXIX, 4. inphähon ich XXXV, 23. gestigon LXIV, 22. uuirdon 26. gewinnon ih LXVn, 11. gegriffon LXIX, 8. raten ih LH, 7. flien ig Amst. Ml. 140.

25*

388

§ 367. Im 12. 13. Jh. bezeugt ihr Gebrauch im Reim, wie fest-

gewurzelt die Endung -en war, u. a.

lesen : (wesen Elia. 10251. : (gewesen Karlm. 259, 33. genesen : (wesen Alex. 3707. geven (: leven Karlm. 253, 68. begeven : leven Amst^ Ml. 172. sprechen (:wrechen Earlm. 458, 66. rechen (:heswechen Manuel 33. sehen (: geschehen Erl. 1877. 4465. hegdn (igesein Anselm 49- quelen : beveUn Alex. 3706. bevden (: helen Karlm. 228, 7. bevdn (: verhdn Ebern. 2891. sen : gejen Wemh. 17, 32. biden (: siden Elia. 8340. vurbrinnen (: innen Herb. 772. getvinnen (: minnen Alex. 5478.. liden (ivermiden Haupt I. 34, 23. wtsen (: Dionysen Karlm. 29, 14. bemsen (itsen Herb. 2146. : Parisen ^101. schrien (iverzkn Karlm, 49, 11. enbviten (: litten Herb. 398. dragen (: Magen Haupt I. 34, 22. gewagen (: sagen Karlm. 9, 39. nidervaUen (: allen Pilat. 83. roden (: staden Hagen 4309. bescheiden (: beiden Herb. 927. : gebeiden Karlm. 171, 62. heizen (:verweizen Karlm. 49, 31.

Vgl. ausserdem die von W. Grimm aus Roseng. C. ge- gebenen zahlreichen Belege dieser Endung in jener einen Hs. S. LXXXni. der Ausg. und § 395.

Wahrscheinlich ist diese Endung -en (on un) nur eine Analogiebildung nach der 1. Sg. Ind. der 2. 3. schw. Conj»

Über das md. e für i im Stamm in dieser Person §§ 348-350.

Das alte n (Personalendung -mi) in der 1. Sg. Prs. stän gän tuon ist §§ 352. 357. 362 besprochen, hin § 363; die nach stän gän gebildete 1. Sg. Prs. län § 358, ebendaselbst sind die jüngeren 1. Prs. stä tuo sowie erwähnt. § 368. § 368. Die 2. Sg. endet in -es, Nbf. -is. Schon in der

lezten ahd. Zeit tritt unechtes t dem s gern an und haftet fortab. Es scheint unter Einfluss von bist zu geschehen : Scherer GdSpr. 331 (2. A.). J. Schmidt bei Kuhn Z. XXV^ 597. Das alte es stirbt allmählich ab, md. erhielt es sich länger als obd., im Kölnischen erscheint es noch im 15. Jh. Einige B^eimbelege aus 12. 13. Jh. werden das zähere md. fortleben des -es -is vertreten, indem die obd. Zeugnisse an Zahl zurückstehn:

vindis : kiMdis Dkm. XTjTT, 56. Vertrages : tages Kindh. 101, 75. klages : tages Sibots Frauenz. 98. onttoikes : rikes En. 4208. rites : stntes Parz. 154, 4. gebtUis : lütis Ath. F. 134. scheides : leides MSH. 2, 13m (Winli). las : häs Herb, 8655. 10540. 12120. Krolw. 245. 501. 3332. ipalas Elia. 7458. vorstes : Spes Lampr. Syon 1191. lis (liges) : pris

389

Herb. 14076. Jerosch. 21976. gta Cgibes) : amis ülr. Wilh. 1135. :pri8 § 368. Wartburgkr. 95, 9.

Einige Belege ausser Reim für -s: obd. spriches M8A. 141, 7. riuwes Walth. 83, 1. gewinnes Lampr. S. 3904. gihes Mone Seh. 1, 330. md. vorlüses Leyser Pr. 51, 23. gibes 57, 31. hindes 85, 11. nimes 111, 13. retis Germ. 17, 541. sihes nimis 343. hilfis Haupt 15, 397. ^ies Repg. Cr. 47. Trebnitzer Ps. in der Regel, Pietsch LXVIII. hylffs Wierstr. 288. geifs Harff 226, 9. gyffs Kölner Cronica 193^ vindes HarfF 224, 37. les Kölner Cronica 205.

In den Zw. der Abstufung a-o § 351 lautet a in 2. 3. Sg. Präs. theils regelmässig, theils oft um. Das wirkte auf die reduplic. Verba der a-Klasse, §§ 357. 358, die nicht selten obd. und namentlich md. den Umlaut e in diesen Formen zeigen, zb.

geveUit : wellit Ath. F. 158. gevdlet : erweUet Bari. 47, 36. gecelt : erweit Heinz. E. 250. vdUt Hildeg. G. 64. geveUet HU. I, 155. Mdit ebd. 758. Höfer II, 185. Myst. I. 36, 25. heldet Leyser Pr. 43, 30. versehet ebd. 40, 6. weidet Friedb. Kr. A. 1, 1. : heldet Pass. H. 78, 15. laezzest Milst. 132, 5. last 132, 19. Uzes Elia. 935'. lest Köditz 23, 31. Uzit Myst. I. 26, 5. Köditz 14, 25. Itet Parz. 301, 2. 436, 15. Stricker M. Ged. 8, 32. verltet : stcet Helbl. 8, 906. let Ath. F. 2. ratet : bestatet trKr. 18759. ratet Nib. C. 15144. retet Parz. D. 8, 14. ratest Iw. B. 2099. rceis. Germ. 17,341. blaset Karaj. 74, 23; slaffes Parz. 43,28. daffet Karaj. 74, 23. slafet Stricker kl. Ged. 8, 39 ; gevahet Nib. B. 1852, 1. enphaket : drohet Parz. 470, 11. gevaht : erhöht Lampr. Syon 1285. vehet grEud. 20, 18. get : umbevet : jet MF. 122, 6 (Morungen). enpfet : stet Tristr. 2598. : vorsmet Jungfr. Sp. 175. enpßt Myst. I. 58, 34. 174, 1. Vgl. AGr. § 340. f. BGr. § 281. f. und unsere §§ 89. 93.

An Stämmen auf d oder t treten in 2. 3. Sg. und 2. PL zuweilen Kürzungen ein, indem der linguale Auslaut der Wurzel mit dem Endungsvocal zugleich syncopirt werden kann, vgl. für die 2. Sg. zb. tvirst Q verbirst trKr. 1.4216, ferner Nib. 16, 3. Walth. 91, 33.

Zusammengezogene Formen der 2. Sg. sind gist = gibest, list pflist = ligest pfligest, freist = tregest. Über last =■ Uzest § 358.

Die 3. Sg. endet in -et -it. Die Kürzung dieser Form durch Syncope in den Verbell auf d oder t ist stark ent- wickelt ; gewöhnlich sind die Formen bit trit schilt gilt vint

390

368. wirt brist vikt, hU rit, biut, helt rmt. Sie wurden auch im Reim gebraucht, zb. trit : lit Freid. 90, 9. engilt : wilt Heinz- ML. 2250. vint : blint Mart. 21, 102. wirt : hirt Trist. 8578. trKr. 36. :verhirt Flore 50. rät : gät Boner 72, 89. VgL AGr. § 341. Die Md. zeigen sich im allgemeinen den vollen Formen mehr geneigt.

Gern werden die Zusammenziehungen gtt chit lit pfltt treit lät u. a. selbst im Reim verwant, md. auch vät vetr slät sUt,

über den Umlaut von a, ä vgl. oben, über e für ge- meind. i §§ 348-350. §369. § 369. Die 1. PI. Ind. endet mhd. in -en, -in. Wird

das Personalpronomen angelehnt, so kann das n der Endung^ abfallen; nach kurzem Stamm in Liquida schwindet die ganze Endung: gebe wir, lese wir, schaffe wir, biete wir; hei wir, var wir. Doch wird auch nach langen Stämmen die ganze Endung vor wir zuweilen abgestossen; schon Hartmann von Aue erlaubte sich die starke Kürzung grif wir Erec 1838, verswig wir aHeinr. 756. Diese Apocope der Endung der 1. PL ist bei Notker und Williram bereits ausgebildet, bei Otfried noch nicht. Von den otfriedschen Handschriften zeigt cod. F Anfänge davon, Kelle Otfr. II, 33. 87. 94.

In jüngerer Zeit fügt sich namentlich alem. oft t oder d dem -en an, zb. gebent sprechent bittend AGr. § 342.

Die 2. Plur. endet in -et -it. Kürzung bei Ausgang des Stamms in d oder t durch Syncope erfolgt wie in 3. Sg. : ir bit wert gebiet halt rät bescheit, und wird selbst im Reim von Oberdeutschen benuzt, AGr. 8. 337. BGr. § 284.

lieben -et steht eine nasalirte Endung -ent, die mög- licherweise aus der 3. PI. übertragen ist. Sie ist vorzüglich alem. eingewurzelt. Hartmann im Erec Gregorius Iwein, Konr» Fleck, Konr. von Wirzburg brauchen sie im Reim, AGr. § 342. Die Baiem kennen sie wol, verhalten sich aber spröde, BGr. § 284. Die Mitteldeutschen haben sie früh : suerrent (; uuerrent Otfr. IL 19, 8. intfähent Otfr. P. F. IL 12, 56. sdezzent (Imp.) Paris. Virgilgl. 876. geswichent MeAnz, Gl. 286^ vindent Friedb. Kr. F. 1, 2. Vgl. ferner lä/sent Alex. 2070. Erlös. 277.

391

erwindmt (; bindmt) Ulr. Wh. 1039. nement Musk. 28, 61. § 369. 70, 140. Kath. Pass. 143. sprechent Vorbew. 40^. Jcoment Sei. Tr. 16*. Vgl. auch Mone Schausp. d. Ma. I, 72.

Eine andere Nebenform der 2. PI. ist -en, die zu der gleichzeitig auftretenden Endung der 3. PI. Ind. in -en in Beziehung stehn kann. Sie kommt seit 12. Jh. vor und zwar zuerst md., vgl. nemen (: leven) Roth. 1161. getvrechen Roth. 37 ; aus späteren md. Quellen werden Trier. Spiegelb. 268, 33. 269, 2. nemen 269, 33. vechten Machab. 134. Ganz besonders beliebt ist sie elsässisch, auf Grund des starken fränkischen Elements dieses Dialects, AGr. S. 338.

Das älteste rein obd. Beispiel gibt meines wissens Nib. C. 12308 vinden (: ertoinden), vgl. auch versehen (: spehen) trKr. 21266. Bairisch begegnet -en nicht. Der Reim in Nib. C. rührt von keinem Österreicher her, sondern von dem alem. Schreiber der Hs. C. Wie im altschwed. die 2. PI. Ind. Conj. Prs. Pf. in -n ausgeht, im Gegensatz zu dem alt- norweg. isländ. -t, so tritt auch hier eine gegensätzliche Bildung zu der gemeindeutschen Form auf, die nur nicht so consequent wie dort durchgeführt ward.

Die 3. PI. Ind. endet in -ent -int. Das Ausgleichungs- streben mit der 3. PI. Conj. wirkte wol darauf, dass eine Nebenform -en -in sich bildete, die zuerst fränkisch begegnet : aus Otfr. V. P. Belege bei Kelle Otfr. II, 35. Bei den Mittel- deutschen des 12. und 13. Jh. ist sie schon häufig:

weben (: leben) En. 6823. geven (:levenj Serv. I, 148. plegen: Norwegen 1, 978. (erthen) : werthen mfr. Legend. 206. virderbin : werbin Ath. F. 3. 4. sterbin 26. geben : eben Ulr. Wilh. 2011. pflegen : degen Heinr. v. Freib. Trist. 3726. : rätgeben grEud. 23, 11. .'wegen Heinr. v.Freib. Michelsb. 107. : erw?e^6»Ärlö8.2382. : underwegen Ulr. Wh. 2040. : segen Ludw. Kr. 7465. singen (: springen Alex. 6409. scheiden (: ver- gelden MF. 61, 26 (Veldeke). werden (: erden Elia. 3611. Erlös. 6152. quomen : vernomen livl. Kr. 4965. sin (: ergen MF. 126, 33 (Morungen). stän:gedän Serv. I, 1639. enpfän stän (:vergän MF. 65, 29. tragen (: sagen Krolw. 1930. striden (: ziden En. 3630. vlizen (:vertoizen grBud. 11, 24. besliezin (: geniezin Ath. F. 73. Verliesen (: kiesen Heinr. Trist. 246.

In den md. Prosaschriften des 14. Jh. ist -en völlig Hegel ;

für das schlesische vgl. Bückert Entw. 254, der darauf hin-

392

§ 369. weist, dass die k. böhmische Eanzlei in ihren nach Schlesien gerichteten Schreiben im 14. Jahrh. das indicat. -ent noch festhielt.

Die Elsässer haben dies -en ebenfalls angenommen, AGr. S. 339. In Baiern und Osterreich kommt -en im 13. Jh. einzeln vor, vgl. verterhen Wiener Sitz.-Ber. XCIV. 194, 18. hewellen 209, 1. Bei Lampr. v. Regensburg im Reim diezen (: entsliezen) Syon 2525. Die Österreicher des 14. Jh. brauchen durchaus -en, BGr. § 285, Koberstein Suchen wirt I, 41. Dagegen halten die Alemannen das richtige -ent zäher fest, wie noch heute in Alemannien und Schwaben in dieser Verbal- form ent oder et gesprochen wird, AGr. a. a. 0. Indessen ist auch bei ihnen das -en in die 3. Fl. der Schriftsprache des 14. 15. Jh. neben -ent eingedrungen : Schoch Sprache Boners S. 45. Wackernell Hugo v. Montfort CLXXV.

§370. § 370. Der Conjunctiv. Präs. hatte zum karacteri-

stischen Suf&x e d. i. ai, entstanden aus thematischem a -f- dem Potentialsutfix ja, Mhd. ist natürlich e an die Stelle getreten, mundartlich zu i verdünnt, zuweilen in a spielend, wie solches auch sonst dem e der tonlosen Endsilben geschieht. Sg. 1. 3. haben secundäre Endungen. Die Personalsuffixe fielen ab; beide Personen gehn in blosses e aus, welches der Apocope nach der Regel unterliegt. Von österreichischen Dichtern des 13. Jh., von alemannischen des 14. werden aber auch von Stämmen in Muta, selbst nach langem Vocal, apo- copirte Formen im Reim verwant, zb.

1. Sg. geniez (: verliez Krone 25247. kies (: blies Helbl. 3, 7. 3. Sg. hdib : wtp wGast 432. schin : min Krone 144. veht : reht wGast 11683. les : des Helbl. 2, 278. trib : voip Mone j. T. 202. schelt : tvider- gdt Spieg. 174, 9.

Vgl. AGr. § 343. BGr. § 286.

Die 2. Sg. geht in -es aus; schon in ahd. Zeit tritt -t gern an, doch ist es neben est durch unsere ganze Periode nachzuweisen und namentlich auch von den md. Schreibern häufiger als im Ind. festgehalten. Selbst im Reime erscheint eSf is zuweilen:

enbindes : kindes Erlös. 5791. kindes : vindes Stolle MSH. 3, 8*. beginnes : sinnes Hagen GAb. 55, 965. Verderbes : gewerbes 102. bl^ns

393

: Ubis Alex. 6498. Pariser Tagz. 1326. gebutis : lütis Athis F. 134. § 370. scheides : leides Pass. H. 216, 67.

1. Plur. geht in -ew, -in aus. Bei Anlehnung des Pro- nomens fallt -n oder die ganze Endung, selbst von schwerem Stamme wie im Indicativ ab, zb.

geloube wir Leyser Pr. 62, 20. wir Kud. 20, 19. intfä wir Eoth. 252. läz wir Klage A. 1762. verewig wir aHeinr. 756.

2. PI. -et hat dieselben llfebenformen -ent und -en, wie im Ind. Im Reime erscheinen sie selten, doch vergl. wesent (; lesent) Greg. 3824. geben (: leben) Lieds. 148, 269. walten (; halten) Montiert 5, 231. treden (; beden) Anselm 142. sin :drehtm Roth. 1407.

3. PI. endet in -en. Epithetisches t findet sich seit dem 14. Jh. ; es wird namentlich von alem. Schreibern gern gesezt, die es auch an die 1. PI. anfügen.

Alemannisch wird auch eine erweiterte Form des Conj. in -eje, et seit dem 11. 12. Jh. gebildet, zb. nemeist, ferwer- feist, irsterbeiUj bellbein, AGr. § 343. 344. In der schw. Conj. ist sie verbreiteter.

§ 371. Imperativ. In 2. Sg. erscheint der Präsens- §371. stamm nackt bei allen st. Zw., die nicht den Stamm mit jar- Suffix bildeten, also gip nim lis sih sprich viht hilf wirt sine rtt biut släf halt heiis louf sto^ u. s. w. Bei den Zw. in 'ja endet die 2. Sg. Imp. in e = i als vocalisirtem Rest des Suffixes, also bitte lige sit^e; ebenso bei den Zeitworten der Abstufung a-ö: hebe trage grabe lade schaffe twahe wahse; nach kurzer Wurzel in Liquida ist jedoch auch hier Apocope gefordert: mal var swer; gewöhnlich ist auch slah oder slä, Das streben nach Ausgleichung führte aber dazu, dass schon seit 12. Jh. auch die andern Yerba in der 2. Sg.. Imp. zuweilen e als Endung zeigen; die Dichter brauchen mitunter diese Imperative im Verse und im Reime: riche, Stiche Buch d. Rügen 1003. versinn^ (: minne) Walth. 51, 5. Ute (: gerite) 82, 16. wiche (: griulicJie) Wigal. 80, 16. scheide {: leide) 128,26. vermide {:ntde) MSH. 1, 143^ vgl. auch Haupt z. übl. Weibe 355. Wenn ülr. von Winterstetten sich vliehe (:schiehe) MSH. 1, 151* erlaubt, so liegt hier zugleich

394

§ 371. ein Imper^i mit pluralem Stammvocal vor, den wir auch md. finden, vgl. jehe Alex. 5496. nem 2418. 2677. 2898. 4477, neme Sei. Tr. 76\ Vgl. AGr. § 349. BGr. § 287. W. Grimm Altd. Gespr. 1, 17.

l^Plur. endet in -en, und ist von der 1. PL Ind. Conj, nur durch das fehlende Personalpronomen unterschieden. Nach der got. Endung -am und der ahd. Endung -amSs (Miillen- hofif Altd. Sprachpr.i S. IV.) zu urtheilen, fiele diese 1. PI. Imp. mit der 1. PI. Ind. zusammen, wie auch Grimm Gr. IV, 82. f. annam. Indessen scheint doch, dass hier ein Rest des sonst verschwundenen Conjunctivs (unser Conjunctiv ist formaler Optativ) vorliege und am fiir am stehe, vgl. Westphal phil. hist Grammatik d. deutsch. Spr. 226. J. Schmidt Verwandt- schaftsverhältniss der indogerm. Sprachen 4.

2. Plur. stimmt durchaus zu der 2. PL Ind. und ist auch von den Nebenformen in -ent und -en begleitet, AGr. § 349. BGr. § 287. Auch md. begegnet -enty zb. bitent Myst. I. 17, 19. 63, 26. sehent 141, 22, sowie -en, zb. drinken Salm. 285, 4. raten 24, 3.

§372. § 372. Der Infinitiv ist ein verbales Nomen, das aus

dem Präsensstamm durch das Suffix na gebildet wird. Neben ihm steht ein durch das Suffix nja gebildetes Gerundiv, welches declinirt wird und einen Genitiv und Dativ hat. Die begriffliche verbale Natur des Infinitivs ergibt sich daraus, dass er die Casusrection des Verbums hat, ferner dass er Zeitbeziehungen enthält und dass seine Art durch Adverbien

näher bestimmt wird.

Über die im German. stark verdunkelte Casusform des Inf. vgl. zur Übersicht 0. Erdmann Syntax Otfrieds I, 198. ff.

Die mhd. Endung des Infinitivs der st. Zw. lautet in der Regel -en. Nicht selten wird aber der geschwächte Endungs- vocal verdünnt und durch i bezeichnet, was namentlich im Mitteldeutschen unsrer Periode beliebt ist. Ausserdem finden sich die Vocalschattirungen a und o im Infinitiv, besonders im 11. 12. Jh., über deren Vorkommen auf §§ 81 84 ver- wiesen wird. Alemannisch ist -an in mundartlich geförbten Schriften des 14. 15. Jh. nicht selten, AGr. § 350.

395

Die Sprache neigt sich dazu, das n des Infin. zu nasa- §372. liren und darauf ganz verhallen zu lassen. Alemannische Dichter des 13. Jh., mehr noch der späteren Zeit, brauchen diese Inf. in -e im Reim:

gesitze : Hitze Flore 193. scheide : beide 352. entrinne : gewinne lieders. 83, 146. Andre Belege AGr. § 350.

Bairische Eeime apocopirter Infin. sind smel^e (: gehehe) Krone 15174. (underwinde) : vinde Brennenberg MSH. I, 337^. In Lamprechts Syon 1192 hat nur die Lobriser Hs. Apocope: beginne : versinne. Die Schlussverse der Krone erkenne : eteswenne 30020 sind zweifelhaft. Dennoch sind die bair. Infin. in e (für en) gesichert. Für die schw. Zw. vgl. lerne : gerne Hadamars Jagd 491, 3. walge Lamprechter Brevier in Haupts Z. XX, 158. Andre Zeugnisse bei Reissenberger . zur Krone S. 25. Noch die heutigen bajuvar. Mundarten beweisen gleich den alemannischen, dass man im Infin. das n zuerst nasalirte und dann verschwieg. Schon früh wurde im bair. Dialect auch die ganze Infinitivendung nach ng nn mh abgestossen, zb. bring dring gewinn nem Tcom blib, BGr. § 288.

Das Fränkische und Thüringische haben diese Infinitive

in -e am stärksten aufzuweisen. Schon in der Würzburger

Beichte findet man furstä 2. uuasge 7. sprehe 22. Im übrigen

genügen Reimbelege.

neme (: gezeme Ebern. 802. ; gezeme Karlm. 224, 26. pflege (: wege Pass. H. 314, 27. (hetej : trete Pass. K. 567, 16. heiige (: sige Ebern. 594. jehe 0 geschehe MSH. 2, 22**. 25*. kome (: vrome Jungfr. 174. verslinde (: vinde Glaub. 942. twinge (: singe MSH. 2, 25*. gewinne (: unminne Rud. 12, 22. hi^inne (: meisterinne Ebern. 928. vinde (: kinde Jungfr. 178. werde (: engerde Karlm. 356, 36. :perde 348, 5. erhebe (: entsebe Herb. 2128. geschaffe (: äffe MSH. 2, 22». blibe (: Übe Alex. 313. Secund. 109. Renner 2372. hiclive (: mve Wernh. 47, 3. beclibe (: Übe Renner 19040. geschine (:mine Alex. 5048. scrive (:w%ve Wernh. 23, 19. begrife (: sliefe Hagen GA. 55, 947. striche (: iegeliche Väterb. 31743. bestriche (igeliche MHimmelf. 1360. genieze (:lieze Ebern. 2588. rüwe (:trüwe Rud. 19, 5. walke (:v<üke 20, 33. Idze (: sträze Secund. 106. scheide (: leide Renner 23605. MHimmelf. 1842. verscheide : ougenweide 369. Dazu tritt nach kurzem Stamm in Liquida Apocope der ganzen Endung^ vgl. bevel : kel MSH. 23» (dialectl. beveln für bevelhen), var (: gar Wartb. 48, 9. : kar 11, 9. ban (: man 18, 5. Bei den Verben, welche die Endung ohne Yocal anschliessen, bleibt natürlich auch nur der

396

§ 372. nackte Stamm nach Schwund des n bestehn, vgl. sie : e Wartb. 58, 9. : me Wartb. 45, 4. Ebern. 1056. 3718. : sne MSH. 2, 27»». :ge8che (Conj.) Secund. 134. geste : me Wartb. 22, 3. gestd : Mar ja Jungfr. 181. vorste :me Secund. 118. vorstä : andirswä Md. Ged. 188, 152. gd:nä Eud. 11, 7. :domicüia Glaub. 400. ge:Girahöhe Kud. 11, 18. :me Ebern. 3188. : spe Md. Ged. 86, 76. (Die apocop. Infin. st und tuo sind belegt §§ 364. 362.) Dazu fügen sich durch Zusammenziehung einsilbig gewordene Stämme wie gesche : me Eltern. 4172. : gese Koth. 538. 86 : nime Md. Ged. 87, 108. gese : me Jungfr. 177. (ge) : se Md. Ged. 94, 369. phki (:sei, sage) Secund. 64. zie : sie Ebern. 3871.

Die fränkischen und thüringischen Mundarten haben diese Apocope des -n im Inf. bis heute festgehalten. Vom Oster- lande ab nach Osten lässt sie sich nur durch Heinr. von Krolwitz, aber durch diesen sehr stark bezeugen, Lisch in 8. Ausgabe 8. 11. ff. Für Schlesien ist der Mangel alter Belege um so auffalliger, als die heutigen schlesischen Mund- arten diese Apocope kennen: Weinhold Dialectforsch. 126. Rückert Entw. 261. f.

Genitiv und Dativ des Gerundivs lauten voll mhd. -ennes, -enne; das nn ist aus Angleichung von nj entstanden, wie das Germanische selbst noch aufweist, vergl. die alts. Genitive suerjannjas, liagannjas Dkm. LXXII, 8. Volle mhd. Formen sind also Gen. ezzennes trinJcennes loufennes, Dat. jse gebenne bittenne homenne sldfenne.

Daneben kommen die erleichterten Endungen -enes -ene vor: lideneSy tragenes, ^e sprechene genesene ligene tragene schrlene haldene; mit Syncope: ze varne verberne keine. Diese Formen mit einfachem -n sind md. sehr beliebt,

vgl. die Reime

ze gehene : ebene Alex. 4226. Elis. 53. 118. Jungfr. 175. ze sehene : zehene Herb. 4767. zenberne : gerne Karlm. 363. ze tragene : ingagene Alex. 161. zu diezine : zu sUezine Ath. A.* 35. zu sldne : zu vdne ebd. C. 53. ze sene : gedene Wemh. 14, 8. Vgl. W. Grimm zu Ath. A. 31 ; die späteren md. Prosaschriften wie Herm. von Fritslar, Köditz geben reichliche Belege.

Die genaue Behandlung der Regeln für Syn- und Apo- cope des e in diesen Endungen -enes -ene lassen selbst genaue Schreiber des 13. Jh. vermissen. Zu bemerken ist, dass die apocopirten Dative des Gerundivs in -en im Reim bedenklich, sind, vgl. Lachmann z. Walth. 78, 8.

397

Im Bairisch - Österreichischen findet sich ein Gen. des §372. Gerundivs in -es, also mit gänzlich geschwundenem n : swindes springes trinJces BGr. § 288.

Seit dem 12. Jh. erscheint epenthetisches d in diesen Dativen alemannisch und mitteldeutsch, das Bairische hält sich frei davon. Alem. Belege aus 13. 14. f. Jh., zb. ^i geltinde körnende tuonde sehende niesende verzeichnet AGr. § 351. Für das Md. zeugen folgende Beispiele :

zu tragende Eud. 25, 16. zu cumende 25, 28. zu gescende sende Ath. D. 29. 30, hier selbst im Keim zu lesende (: wesende j. Tit. 418, 3. ze gehende (-.lebende MSH. 2, 369» Kumsland. In den von md. Schreiber aus bair. Vorlage umgeschriebenen Predigten Leysers begegnen diese Dative oft ; im Altschles. gehn die Dative in -ene und -ende neben einander her, in den Trebnitzer Psalmen wenigstens überwiegen die ersten, Pietsch Ausgabe S. LXX. f.

§ 373. Das Particip. Präs., durch das Nominalsuffix §373- -nt' (Bopp Vergl. Gr. § 779) gebildet, geht mhd. in -ende aus. Das e spielt auch in dieser schweren Endung in den vocalischen Schattirungen i a u. Die Endung inde ist alem. und besonders md. verbreitet, unde ist bairisch beliebt, vgl. die Reime hrinnunde : munde Tundal. 52, 77. släfunde : munde Earaj. 80, 5. snidunden : wunden Biter. 6535, und weiter BGr. § 289. Es kommt aber auch md. vor, vgl. oben § 84, Seltener ist -ande, das md. im 12. Jh. und alem. in jüngeren Hss. belegt ist, vgl. oben § 82 und AGr. § 352.

Folgenreich war der Ausfall des d, so dass ene, apocopirt en ftir ende entstund, was zur Vermischung des Partie, mit dem Iniin. namentlich in den mit sein und werden umschrie- benen Formen* (zb. si weeren vischen üf den si Greg. 775. sin öre wart db biegen der heiser Pass. H. 173, 21) führte. Die participiale attrib. und prädicat. !Nfatur dieser scheinbar in- finitiven Formen ist aber überall klar, zb. al swigene he ging Tristr. 7797. 9422. der lebene geist in den ädern ApolL V. Tyr. (her. v. Schröder) 47, 23.

Diese Abschleifung des partic. Suffixes ist wesentlich md. verbreitet, und greift mit Ausname der durch sein und werden umschriebenen Tempusformen nur wenig in das Oberdeutsche über. Vergl. F. Bech Beispiele von der Abschleifung des

398

§373. deutschen Partie. Präs. (Zeizer Progr. v. 1882). Vgl. auch § 401.

Oberdeutsch fällt der If asal des Participialsuffixea zuweilen aus, wodurch stark syncopirte Formen entstehn : helede Parz. G. 466, 22. Wolfr. Lieder 5, 34. helde Nib. 436, 4. wahsede Lobges. 88, 1. wahsde 87, 11. brinnede Griesh. Pr. 1, 125. brinnde Lobges. 89, 1. AGr. § 352. BGr. § 289.

Diese Participia in -ede sind übrigens auch md. im 14. Jh. nachzuweisen, Pietsch Trebn. Psalm. S. LVI. Gemäss der md. Neigung, die Verbindung nd in ng zu wandeln, § 219, finden sich auch md. Participia Präs. in -enge, -unge, Trebn. Psalm. S. LXXI.

Das Particip. Perf. Pass. wird durch das Suffix -na gebildet (Bopp vergl. Gr. § 834. f.) und endet mhd. in -en; über die Spielarten -in, -an, -on, -un vgl. §§ 81 84. Auch von dieser Endung schwindet das n mundartlich, zb. gegebe Mülh. U. 837. Von Stämmen in m oder n fiillt obd. auch die ganze Endung ab, bair. österr. Dichter des späteren 13. und des 14. Jh. brauchen selbst kom benom besunn enpfang a. a. im Reim, BGr. § 294 und auch alem. geschah gleiches, vgl. den Reim erschin : in Lanz. WP. 4244.

Die Flectirung beider Participia geschieht mhd. bereits ganz nach Art der Adjectiva, hängt also von der syntactischen Stellung ab, § 500.

Das Ptc. Perf. P. erscheint mhd. fast durchaus mit dem Präfix ge. Ohne das Präfix kommen jedoch gewöhnlich vor geben vreiszen troffen kamen worden vunden beliben (bliben) läzen (län); nachweislich ohne ge sind auch brocken biiseen goezen braten heilen, Vergl. Grimm Gr. I, 1016. II, 847. Haupt z. Engelh. 4257. Herm. v. Sächsenheim v. Martin S. 49. §374. § 374. Perfect im Indicativ. Das germanische

Tempus der Vergangenheit entspricht formal dem griech. Perfect und dem sanskrit. reduplic. Präter., Bopp Gr. § 588. Die Endungen sind secundäre.

Die 1. 3. Sg. giengen ehemals in a aus, anstatt altem ma und ta. Das a muste nach dem germ. Auslautgesetz abfallen und so erscheint in beiden Personen der nackte Perfectstamm.

399

Seit dem 12. Jh. zQJgt sich in beiden Personen zuweilen ein §374. epithetisches e, zb. 1. Sg. sähe vande schuofe stuonde ver- lose Menge. 3. 8g. selbst im Reim, zb. hiejs^e : genießen Rother 4466. scheine : reine Wernh. 164, 21. greife : um- hesweife Neith. 90, 13. vande :rande Mai 114, 22. läge: sagß Gundach. 942. AGr. § 345. BGr. § 290.

Md. tritt derselbe Zusatz auf, auch hier findet siöh namentlich im 14. 15. Jh. dieses epithetische e häufig. Der Grund davon lag in der auffallenden Endungslosigkeit dieser Formen, die zu einer Anähnlichung an die Endung der schw. Perfectformen verleitete. Nicht darf aber dieses e als Rest eines uralten ä betrachtet werden, wie Cosijn oudnederl. Psalm. S. 52 gelegentlich des in den Psalm. 54, 17 geschriebenen riepo behauptete.

Die 2. Sg. hat im Hd. gemeinhin die im Got. und Alt- nord, bewahrte alte Endung -t (ta) aufgegeben und sie nur in den Präteritopräsentibus erhalten. Die hochd. Endung der 2. Sg. Prs. Ind. in den ablaut. und reduplic. Klassen ist i mhd. e, welches an den conjunctivischen Perfectstamm, unter Umständen also mit ümlautwirkung, angetreten ist: gcebe nceme vcehte trünke trüege bite hüte viele hieise liefe, Nach kurzen Stämmen wird das e gemäss der Regel apocopirt ; die Baiern und Österreicher thun dies aber auch nach langen: du wcer s<bb gieng, wobei der Umlaut auch aufgehoben wird. So braucht Suchenwirt im Reim du näm : anisam 41, 303. du gepär : offenbar 41, 203, vgl. Koberstein Suchenwirt III, 17. Besondere Erwähnung verdienen die apocopirten 2. Sg. du gie : die Otack. c. 439. du bege : sie Schoneb. 6333. du enphie Gundach. 634.

Diese 2. Sg. in -i führt auf altes optatives -is zurück (vgl. Scherer GdSpr. 304) und ist also Übertragung einer fremden Modusform in den Indicativ.

Wie gegen die flexionslose 1. 3. Sg., so regte sich der Widerstand auch gegen diese auffallende 2. Sg. in -e. Seit 11. 12. Jh. beginnt sich md. und obd. -es -C5^'Statt-e dem conjunctiven Stamm anzufügen.

400

§ 374. säzes mfrk. Legend. 752. gewunnea 95. uri^fienges 749. Uezes 751.

lides Ath. A^ 15. hulfes A.\ 9. werest Eoth. 4479. zugist 4483. hiwhest Vor. Ged. 297, 4. truogest geberest 5. M?Mi-(fes< 23. Aus dem

13. Jh. lides (-.vrides) Meisner MSH. 3, 86». sugest (imugest) Eums- land ebd. 2, 367.

Diese Form wird neben der alten in -e im 13. 14. Jh.

häufig gebraucht, md. ist auch hier es is neben est ist stark

vertreten. Man vergl. Evang. Nicod. 471. 485. 1072 (Pfeiflter

Altd. Übungsb.). LeysersPred. 75. 98. 107. 111. 112. Marienl.

4, 8. 5, 36. 6, 31. 7, 2. 17, 1. 3. u. o. Pietsch Trebn. Ps.

5. LXIX. Muskbl. o. Rüokert Entw. 257. Seit Ende des

14. Jh. wird die Ausgleichung der Form mit dem übrigen Indicativ weiter geführt und die 2. Sg. aus dem indicativen Stamm gebildet : genasest Lieders. 28,657. säst : genas Wölkst. CIL 3, 8. göhist plaibist Rückert Entw. 258.

Im 14. Jh. kommt obd. noch eine andere Form der 2. Sg. Ind. Pf. auf, nämlich -t an conjunctivem Stamm, vgl. du scecht sprcecht geschueft verlurt enphiengt; es scheint hier das s vor t unterdrückt, und diese Form also nur eine Abänderung der Endung -est: AGr. § 345. BGr. § 291. Koberstein Suchenwirt III, 18. Birlinger Alem. Sprache S. 195. Martin zu Sachsenh. Mörin 539.

TIbrigens erscheint die alte Endung der 2. Sg. in -e selbst noch im 15. Jh. nicht selten, wenn sie auch schon in sichtlichem I^iedergange steht.

§375. § 375. Im Got. und Ahd. war im Plural Ind. Pf.

das thematische a in u oder o gewandelt ; mhd. gilt natürlich nur e: 1. -en 2. -et 3. -en.

In der 2. PI. stehn neben -et die nasalirten Nebenf. -ent und -en wie in 2. PI. Prs., über die zu vergleichen ist § 369. An Stämmen auf d oder t erfolgt zuweilen Abstoss der ganzen Endung : ir wurt, but, riet. Apocope von t allein zeigt sich in ir täte : rate Krone 17265.

Die 3. PI. ist eine secundäre Form: un für unt. Für mhd. -en in 1. 3. PI. erscheint -in häufig, seltener an on un, wie in der Wiener Genesis, in Otlohs Gebet, im Friedberger Erist. Epithetisches t lässt sich seit 12. Jh. (bätent BiOth. 439)

401

in der 3. PL nachweisen ; der Alemanne Hug von Langenstein § 375. gestattet sich diese Form selbst im Reim : gabent : äbent Mart. 88, 84. sugent : tugent 87, 39. AGr. § 346. BGr. § 292. Auch in der 1. PI. zeigte sich dieses -t im 14. 15. Jh. in nachlässiger Schriftsprache häufig.

§ 376. Der Conjunotiv Perfecti ward durch das §376. Potentialsuffix ja gebildet, das ohne Vocal dem Perfectstamm sich anfügte. Germanisch ward ja : ji : i; mhd. ist allge- mein e, mundartlich unbestimmtes i, an die Stelle getreten. Die Endungen sind mhd. also dieselben wie im Conj. Präs.; den Unterschied gibt allein der Stamm.

Nebenformen der 2. PI. sind auch in diesem Modus -ent und -en; für lezteres sind alte md. Belege wären {: sägen) Roth. 1542. lieHn 3304. An Stämmen in -t kann dieselbe Verkürzung wie in 2. PI. Prs. vollzogen werden : ir baet, ir büt.

Epithetisches t fügt sich auch der 1. und 3. PI. in vulgärer Sprache an. Die 3. PI. Ind. Präs. gab dazu den Anstoss. AGr. § 347. 348. BGr. § 293.

II. Die scliTV'a.clie Ooiijixg^a.tioii.

A. IDie Tempusblldung'.

§ 377. Die Zeitworte, welche die sogenannt schwache §377. Tempusbildung haben, sind jünger als die starkeil Verba : es sind Ableitungen aus starken Yerbalstämmen oder aus Nominal- stämmen; die Bildungen aus Formwörtem (zb. bien, vonen, üfen) und aus Interjectionen kommen nach Zahl und Alter gar nicht in Betracht.

Während die Begriffe, die in den st. Zw. zum Ausdruck kamen, die ältesten und einfachsten waren, sind* die Begriffe in den schw. Zw. abgeleitete : sie geben nähere Bestimmungen zu Thätigkeiten und Zuständen (Th. Jacobi Beiträge S. 131. f.). Die Art der Bestimmung des Begriffs kann verschieden sein ; zur Andeutung davon vollzog das Germanische an dem Suffix, welches der alten Conjugationsklasse, aus der unsere schwache Conjugation hervorgieng, ursprünglich eigen war, eine drei-

We inhold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 26

402

§ 377. fache Änderung. Das SufSx dja (Bopp Gr. § 109. a. 6. Band I. S. 225 229. 2. A.) ward nämlich germanisch entweder zu ja (i) oder zu ö (a + ^) oder zu ai. Vgl. Scherer GrdSpr. 2. A. S. 285—298. Amelung in ZfdA. XXI, 229. ff.

So entstunden drei Klassen der schwachen Con- jugation, welche verschiedene Bedeutung hatten. Die erste Klasse, Suffix ja (i), überwiegend aus Adjectiven gebildet, hat wesentlich factitive Bedeutung : die Zeitworte bezeichnen das hervorbringen einer Thätigkeit oder Eigenschaft, oder das sein mit einer Thätigkeit oder Eigenschaft. Die zweite Klasse, Suf&x 6, überwiegend aus Substantiven der a-Klasse abgeleitet, hat vorzüglich instrumentale Bedeutung und be- zeichnet das beschäftigt sein mit etwas, das sein in etwas. Die dritte Klasse, Suffix got. ai hd. e, wie es scheint die jüngste, hat mediale Bedeutung und gibt eine Thätigkeit an als ein sein „mit Zurückbeziehung auf das Subject".

Th. Jacobi die Bedeutung der schwachen Conjugation, in seinen Beiträgen zur deutschen Grammatik S. 131 196.

§ 378. § 378. Die Suffixvocale i 6 e (ai) geben die Klassen-

themen und schliessen die Verbalendungen an den Stamm. Im Präsens waren dieselben denen des st. Präs. durchaus gleich, es traten aber theils durch Ausfall des Suffixes, theils des Flexionsvocals, viele Änderungen in den Endungen ein.

Über die Entstehung des scl^wachen Präteritums gehn die Ansichten zur Zeit noch sehr auseinander.

J. Grimm in der Grammatik und in der Gesch. der deutschen Sprache 877. ff. erklärte das schw. Prät. entstanden durch Zusammen- setzung des Präsensstamms des schw. Verba mit dem Perf. eines starken Hilfszeitworts, das er in dem abl. Verb didan (thun) fand. Die Formen desselben bot das gotische im Dual und Plural unverkürzt {dedn dedun), im Sg. Ind. dagegen verstümmelt. Bopp Vgl. Gramm. § 620. ff. schloss sich dieser Erklärung an. In neuerer Zeit ist die Frage von neuem und von verschiedenen Gesichtspuncten aus behandelt worden. Holtzmann Isidor 110. ff. und L. Meyer Got. Spr. 129. ff. hielten an der Zusammensetzung fest, und nahmen im Sg. Prät. ein reduplic. Perf. von dhä, im Plur. die Perfectformen eines ablaut. Verbums didan an. Die Erklärung durch Zusammensetzung ist in anderer Weise durch Seh er er G. d. d. Spr. (2. A.) 322. ff. versucht. Er nimmt als ersten

403 '

Theil den Accusativ eines abstracten Nomens, als zweiten den peri- § 378. phrastischen Aorist von dhd (thun) an. Modificationen dieser Erklärung sind von Amelung und Kluge aufgestellt. Amelung (Z. f. d. A. XXI, 229 253) sah im 1. Theil ebenfalls einen Accusativ, aber bei transi- tiven Verben den eines Adjectivs, bei intransitiven den eines Substantivs ; im 2. Theil nam er als ursprünglich ein redupl. Perf. von dhä an, woran <iie germ. Dialecte ausser dem gotischen festhielten. Das got. führte im Du. und Plur. eine irrthümliche ablaut. Perfectbildung ein. Kluge (zur ■Gesch. d. germ. Conjug. 109 117) kehrte zur Schererschen Erklärung des 2. Theils aus dem Aorist von dhä zurück und sah im 1. Theil den Accus, eines Adj. oder Subst. wesentlich wie Amelung. Die Zusammen- setzungstheorie ward zunächst durch Begemann (das schwache Prä- teritum der german. Sprachen Berlin 1873. Zur Bedeutung des schw. Prät. 1874) angefochten und eine Erklärung der Bildung durch das im Part. Perf. Pass. auftretende Suffix -ta versucht. Er nam damit eine von Bopp in seinem Conjugationssystem 1816 aufgestellte Erklärung des schw. Prät. wieder auf. Paul (Beitr. VII, 136 152) erkannte an, dass Prät. und Partie. Pf. P. sich gegenseitig beeinflusst haben, stellte aber für das Prät. das Suffix -dh auf, während im Partie, das Suffix -t ist. H. Möller (ebd. VII, 457. ff.) bestritt wieder das -dh und behauptete auch für das Prät. das Suffix -t, welches aus dem zweiten (nicht prä- sentischen, aber auch nicht perfectischen) Verbalstamm das schwache Präteritum gegeben habe.

§ 379. Paradigma der gotischen

I. J-Klasse II.

Präs. Ind. Sg. 1. nasja

2. nasjis sökeis

3. nasßp söTceip Du. 1. nasjös

2. nasjats PI. 1. nasjam

2. nasjip söJceip

3. nasjand Conj. 1. nasjau

2. nasjais

3. nasjai

1. nasjaiva

2. nasjaits 1. nasjaima

^ 2. nasjaip

3. nasjaina

§379.

schwach

A

O-Klasse

scUhö

sälhos

scdböp

sälbös

sälböts

saJböm

saXböp

scdbönd

sälbö

salbös

scdbö

scdböva

saTbots

scdboma

salböp

salböna

en Conjugation.

III. -^i-Klasse

häba habais habaip habös habats häbam habaip haband habau habais habai habaiva * hcLbaits habaima habaip habaina

26*

404

§379. I. /-Klasse

Imp. 8g. 2. nasei sökei 3. nasjadau Du. 2. nasjats PI. 1. nasjam

2. nasßp sökeip

3. nasjandau Inf. ncuijan

Ptc. Prs. nasjands

Perf. Ind. 1. nasida

2. nasides

3. nasi(2a

1. no^ic^^e^M

2. tta«te2e(2t«t5

1. no^eeZum

2. nasideduß

3. nasidedun Conj. 1. m(^'(7€(7jau

2. nasidedeis

3. nasidedi

1. nasidedeiva

2. nasidedeüs

1. nasidedeima

2. noMdideip

3. nasidedema Part. Perf. P. wa«i^s »oäjiJs

II. O-Klasse IIL -^i-Klasse

wie nasida in den Endungen.

hübüi habadau habats häbam häbaip hdbandau hob an habands häbaida wie nasida

salbödedjau habaideäjau

wie na«i(26(2jau in wie nasidedjatt den Endungen.

sälbdps

häbaips

§380. § 380.

Paradigma der althochdeutschen schw. Conj.

I. /-Klasse

n. O-Klasse

TIT. JE;-Kla

Präs. Ind. Sg.

1.

wcr/t*, sentu

saJbam -n

hareim

2.

neris

saibos

hares

3.

nerit

saXböt

haret

PL

1.

nerimes, sentames

sälbömes

haremes

2.

nerit nerjet

sälböt

haret

3.

nerant -ent

salbönt

harent

Conj.

nerje ner, sente

sälböe salbö

hare

neres

salböes saJbös

hares

nerje ner

U. 8. w.

U. 8. w^

nerjen neren

nerjet nerit

nerjen neren

405

I. /-Klasse ]

LI. Ö-Klasse

III. -E-Kla

Imp.

neri, senti

aalbö

hare

nerjat nerit -et

saXbot

haret

Inf.

nerjan, sentan

salbön

hären

Ptc. Prs.

nerjanti, sententi

salbönti

ha/renti

rf. Ind. Sg.

nerita, sentita santa

sälböta

hareta

neritos santös

salbötös

haretös

neiita santa

U. 8. w.

U. 8. w.

neritumea santumes

neritut santut

neritun santun

Conj.

neriti, sentiti santi

salböti

hareti

neritis, santis

U. 8. w.

U. 8. w.

neriti

neritimes

neriUt

neritin

Ptc. P. P.

ginerit, gesentü gisant

gisalböt

giharet

§ 381. Der Unterschied der Suffixvocale erlosch schon § 381. in der lezten ahd. Zeit durch Störung der Längen 6 und e und Entartung derselben zu irrationalem e, zu dem das i der

1. Kl. schon früher verblasst war. Die drei Klassen ver- schmolzen mhd. also wieder zu einer, in der freilich dadurch Theilungen entstunden, dass die Yerba mit i in den meisten Fällen, wo es möglich war, den Wurzelvocal umlauteten, die mit altem 6 oder S ihn aber rein erhielten; femer dadurch dass in der 1. schw. Klasse die Perfectendung mit Vorliebe «inmittelbar an den Stamm trat, wobei die kurzstämmigen Umlaut haben, die langstämmigen ohne Umlaut sind, da bei ihnen die Unterdrückung des Suffixvocals i jkooh. energischer geschah.

Die zur 2. 3. Kl. gehörigen Zw. hielten an dem Suffix- vocal treuer fest, da er eine alte Länge war.- Besonders haftete 6, Alemannisch pflanzen sich durch die ganze mhd. Zeit zahlreiche Yerba in -o fort, wenigstens haftet das 6 in geschlossener Silbe. Kürzung des 6 tritt dabei vielfach ein, auch Verdunkelung des o zu w kommt vor. Auch Klassenvermischung geschieht, denn es finden sich nicht bloss Verba der alten

2, Kl., sondern auch der 1. 3. Kl. mit o und u in der Suffixsilbe.

406

§381. Ganz derselbe Zustand war einige Jahrhunderte früher in) I^iederfränkischen eingetreten, Cosijn oudnederland. Psalmen 28. f. 52. Ein Verzeichnis alem. Zw., in denen o vor n und t mhd. haftete, steht AGr. § 357.1)

Im 12. 13. Jh. begegnet das o vor t aber auch bairisch und mitteldeutsch. Im 13. Jh. bedient sich kein höfischer Dichter dieser Form, sie ist volksmässig. Besonders ist e& das Ptc. Pf. P., in welchem der alte Vocal haftete. Im Rother kommen nicht weniger als 32 mal Participia in -ot vor, im Salman und Morolf nur 4 Partie, in der Nibelunge N^ot bloss 2. Folgende Belege werden genügen, um das Auftreten des o (ö)

in diesem Particip zu beweisen:

auf gebot reimt gebar öt Kl. 566. gemahelöt Wemh. Mar. 212, 18^ gesamenöt Eoth. 135. Wemh. M. 192, 35. zestöröt Wien. Gen. 11, 33» gewandelöt Pass. K. 78, 55. gewarnöt Eol. 203, 22. auf verbot gebüdöt Roth. 4402.

auf bluot: geheiligdt Ezzo 15, 6.

auf bröt reimt beschatewöt Wemh. M. 148, 24.

auf göt reimen gedienöt Bother 4836. gevazzöt 164. genendöt 2585. geordinöt 3328. gereitöt 776. gerihtöt 2495. gesendöt 2690. virstmöt 2715. zesweUöt 2443. gewäfenöt 2763. 3529.

auf not reimen gedienöt Genes. W. 58, 45. Both. 4514. geer gerät Angenge 3, 33. gevalscöt Both. 2792. gevolgöt aBeinh. 1645. gechouföt Genes. W. 59, 13. gelägöt aBeinh. 1697. gemardelöt Friedb. Kr. E. 2, 3* Freid. 173, 9. gemarteröt Both. 3462. Lieds. 113, 208. geoffenöt Tristr. 2702. geringelöt MSH. 3, 236^ gesenftot Biter. 12374. verwmdeUi Kaiskr. 12429. MF. 196, 37 (Beimar). Tundal. 58, 17. Neith. 11, 12. 99, 2. Warnung 3058. gewäfenöt Both. 2972. gewarnöt Kaiserkr. 5403.

auf röt reimen erarnöt Enenkel Weltkr. 406*>. gesatelöt Wigam. 1751. verwanddöt Both. 3533. MF. 107, 13 (Bugge). gewieröt Both. 391. 1816. geciröt 1098.

auf tot reimen virdampnöt Tr. Egid. 1138. Tr. Silv. 475. gehoubitöt Both. 511. erkennöt Earaj. 36, 25. gelasteröt Alex. 3442. gdedigöt Both. 4124. gelönöt Ezzo 28, 12. gemartüöt Wemh. v. Nrh. 27, 14. Karlm. 402, 66. gemarteröt Mart. 37, 26. ermorderöt Mb. 953, S. genagelöt Warnung 1233. geoffenöt Kindh. J. 81, 16. berouböt Ezzo 23, 2. unversculdigöt Alex. 2439. verseröt Biter. 9536. getemperöt Tiistr. 2298. verwandelöt Tundal. 44, 72. Salman 111, 5. 125, 5. 135, 6.

*) In einem Aufsatz über die Vocale der Verbalendungen der Zwiefaltener Benedictinerregel (Anfang des 13. Jahrb.) erwies Laistner (P.-Br. Beitr. Vn, 558), dass sich hier altes ö in geschlossener Silbe als u (gekürztes o geht voraus) reflectirt.

407

Kl. C. 769. entwäpenöt Biter. 8910. gewarnot Kaiserkr. 7618. Hart- § 381, mann Glaube 816. Nib. 1685, 3.

auf westeröt reimt güiberöt Merigarto 37.

Auch auf ot werden diese Participien gereimt; die Quantität des mhd. o ist daher als schwankend anzusetzen.

Auf gebot reimen geopferot Mart. 235, 82. gesaminot 68, 103. gesegenot Heinz. J. 83, 5.

auf got reimen verdamnot Mart. 42, 68. verdienot Boner 22, 62. virhengot Eoth. 4032. gelönot Eoth. 3202. 4812. Karaj. 42, 9. vir- loukinot Tr. Silv. 469. gemachot Tr. Silv. 427. gemardelot Friedb. Kr. E. 2, 3. umbemürot aEeinh. 830. gepredigot Tr. Silv. 451. gesegnot Mart. 30, 17. getroumot Eoth. 2331. unverwandelot Friedb. Kr. G. 2, 8. irwechot Wiener Genes. 39, 22.

auf rot (= rotte) reimt geleidigot Mart. 34, 24.

auf spot reimen erledigot Salm. 246, 3. gerechenot Mart. 77, 7. verwandelot Boner 29, 18. verzimflot Mone j. T. 844.

Dazu vergleiche man die ungenauen Reime engilon: ge- sunterot Ezzo 18, 1. wort : gichouffot Genes. W. 81, 18. ; irvollot Ezzo 26, 7. ; gemartirot Karaj. 43, 11.

Ausser dem Partie. Pf. P. hielt sich das 6 in dem Perfect, namentlich in 3. Sg., doch auch in 3. PI. Ind. Conj. Alem. Denkmäler des 14. 15. Jh. bieten ausser Reim sehr zahlreiche Belege ; im Reim weiss ich alem. nur Jcestigote (3. Cj.) : spote Mart. 139, 69 und etwa das apocopirte gelernot : not Lieds. 127, 14 anzuführen. Bairisch kommen diese o im 11. 12. Jh. ziemlich häufig vor, man vergleiche die der Ava zugeschriebenen Dichtungen und die Wiener Genesis (über diese Vogt in P.-Br. Beitr. II, 334). Wir finden auch bis in das 13. Jh. hinein Reimbelege dafür; so reimt der bairische Servatiusdichter (Haupt Z. V) auf böte ordenote 1787. ge- samnote S6d. ^eichnote 1597 , smf gote hez^erote 20hA:, veste- note 202. ermugote 838, kestigoten auf geboten 2212. Im Angenge reimt auf guote erbarmote 13, 25. geordenote 8, 61. Vergl. ferner die apocopirten Perfectformen im Reim:

marteröt : tot wGast 11636. ordenöt : not Milst. 18, 8. Angenge 3, §7. pfefirot : bot Milst. 47, 2. irwachot : gemachot Vor. Ged. 7, 3. verwandelot : not Milst. 83, 16. zimberot : gebot 27, 11.

In den mitteldeutschen Gedichten des 12. Jh. begegnen die Pf. in -öte, -ote ebenfalls in und ausser Reim ; im 13. Jh. sind sie verschwunden:

408

§ 381. 3. Sg. gehüidöte : note Roth. 374. kestigöte : notin Tr. Egid. 145.

näöte : genöte Roth. 2367. neigote : göten 1877. iroffenöte : genöte Tr. Silv. 37. schouwöte : göte Roth. 3694. ; note 2463. tröröte : göte 430. verwandelote : gemote 3006. weinote : gehörte 2413. toeigeröte : lute Tr. Egid. 948. hewurcdöte : stete 141. cimerote : heimote 145. 3. Sg. Conj. geheüote : gute tr. Silv. 212. 3. PL Ind. gerumöten : göte Roth. 3654. Ausser Reim sind diese öde -öte natürlich bis in das 12. Jh. verhältnismässig noch verbreiteter. Über ihr Vorkommen im mfränk. Legendär Busch bei Zacher Z. X, 198. f. 322. Vgl. femer verwandelote Roth. 4012. Alex. 135. 5988. bezeichinote Alex. 1101. Annol. 197. saminödi Annol. 123. vertunlcelöte Alex. 136. warnöte 2447. michdöde Trier. Ps. 40, 10. 3. PI. verwandelöten Alex. 3225. weinötin Roth. 438.

§ 382. § 382. Für das Mhd. ist eine Theilung der schw. Conj.

in die drei ahd. Klassen nach § 381 nicht ausfuhrbar; denn als Suffixvocal zeigt sich abgesehen von den wenigen Eesten des 0 und den mundartlichen unechten i a u nur e. Allein aus dem leben oder schwinden dieses e und aus seiner Wir- kung auf den Stammvocal ergeben sich Unterschiede unter den mhd. schw. Zw., die zu einer äusseren und dabei ge- schichtlich vielfach begründeten Eintheilung veranlassen.

Umlaut des Stammvocals fehlt zunächst bei den ursprünglich a) der 2., b) der 3. Kl. zugehörigen Verben, also a) bei laben laden baden schaden säten gestaten jagen klagen wagen machen hallen wallen salben halsen mannen danken wanken vazzen ahten trahten, malen twälen entänen vären genäden lägen, boln körn spornen vorsehen toben stopfen kosten zogen brocken locken, Ionen kosen, schouwen, wunden tunken, hüfen müzen, huoren vluochen-; nabeln zuA- vdn, verdamnen samnen warnen wäfenen bibenen ebenen regenen segenen vordem ermordern geltchesen richesen, b) bei lamen schämen vermanen harn scharn sparn hazzen dagen sagen tagen zagen lachen wachen alten erkalten langen erbarmen amen darben warten haften vasten lasten, rämen swären vrägen betragen gähen, giliven, doln wonen losen volgen borgen sorgen, erstummen, ervülen brünen türen trüren, kuolen gruonen luogen u. a. Allein zu derselben Abtheilung stellte sich auch eine nicht unbedeutende Menge nicht umlautfähiger Verba der alten 1. schw. Kl. mit e i ei i ie im Stamm, während umgekehrt einige mit themat. j vor

409

dem Suffix Umlaut haben {kern reden == herjon redjdn), §382. 80 dass der Zustand des Stammvocals allein kein genügender Theilungsgrund sein kann.

Zu Hilfe kommt die Bildung des Perfects. Wegen der alten Schwere des Suffixvocals ist dem aus 6 oder e entstandenen e eine mindere Flüchtigkeit eigen als dem aus i (j) hervorgegangenen: es unterliegt also der Syncope weniger leicht als dieses. Allerdings föUt der Suffix- vocal in dem Perf. kurzstämmiger Zw. in Liquida auch hier aus, denn spilte holte dolte schämte vermante wonte sparte sind die regelmässigen Formen ; und auch bei den Stämmen in t oder d sind die syncopirten Formen wie begatte, gestatte, rette {: bette Engelh. 1948. Secund. 149), halte (halten: ge- stalten Herb. 10558), ahte {:slahte Wigal. 160, 5) gewöhnlich, 80 wie die Krasis in den auf g auslautenden Stämmen häufig zweisilbige Formen (verdeite hielte jeite seile) erzeugt. Von Einfluss hierauf waren eine Reihe Verba, die von jeher die Endung im Prät. und im Part. P. P. unmittelbar (ohne Vocal) dem Stamm anfügten, § 386. Allein im übrigen wird das e auch nach kurzem Stamm gern bewahrt, und die dreisilbigen Perfecta wie lebete strebete lobete ladete schadete redete losete jagete Tdagete sagete gelten als gute Formen. Noch fester haftet das e in den Perfectis langstämmiger Zw., wie lachete machete salbete dankete erbarmete warnete vrägete erete minnete sorgete lönete. Bei ihnen ist das e der End- silbe stumm und kann daher apocopirt. werden; solche Formen gestatten sich bair. österr. Dichter selbst im Beim (BGr. § 313. Lachmann z. Walth. 36, 33). Innerhalb des Verses erlauben sich auch gute alem. und bair. Dichter die Apocope vor Vocal und selbst vor Consonant, wenn es sich darum handelt, ein dreisilbiges Perf. langstämmiger Verba auf Hebung mit Senkung zu brauchen, zb. volget ich, erjsieiget er, minnet allejs endet der segen, endet sich, lengert die hohmt, Lachmann zu Iw. 6514. AGr. § 359. In solchem Falle kann auch in 3. PI. das stumme e vor folgendem Vocal syncopirt werden : minnetn äne, ervolletn ir.

410

§ 382. Statt der Apocope ist die Syncope zur Herstellung zwei-

silbiger Perfectformen freilich noch mehr in Brauch: zwei- silbige Formen wie erte trürte machte^) volgte erbarmte warnte herber gte borgte werden im Verse verwant, in der obd. Prosa begegnen sie häufig.

Die Zw. mit den Suffixen -l -n -r bilden das Perf. in der Regel mit Syncope des Suffixvocals, zb. zabelte, wapente, wunderte. Bei den Zw., deren Stamm oder Suffix in -t aus- geht, erscheinen syncopirte Formen oft, zb. enpfette, enthoubte.

Die Kürzung der Perfecta kann, unter Umständen in den überhaupt zur Kürzung stark geneigten oberdeutschen Dialecten bis zur Einsilbigkeit geschehen. Das wird ausgeführt

a) durch Syncope und Apocope: lebt strebt jagt vertagt,

b) durch Krasis und Apocope: jeit Meit leit reit (redete) j

c) durch consonantische Syncope (bei Stämmen in d oder t) und Apocope, zb. ret (redete) verriht huot antwurt.

Vgl. BGr. § 313. AGr. § 359.

§388. § 383. Bei den schw. Zw., welche der alten 1. Conj.

angehörten, ist das Suffix -j in der Regel geschwunden ; nur

im 12. Jh. finden sich in Österreich. Gedichten noch Spuren

davon: berjen, cherigen, her gen, nerigen, terigen, irwerien

werigin wergen werjen, BGr. § 311. Ausserdem wirkt j in

' der consonantischen Gemination nach, zb. in leggen huggen

vellen seilen schellen twellen wellen vüllen lemmen stemmen

dennen mennen berren bürren nerren werren zerren retten

Zeiten. Eine durchgehnde Erinnerung an das suffigirte i

gibt die Durchführung des Umlauts, soweit der Stammvocal

ihn gestattet.

Umlautende Zw. der alten 1. schw. Conjugationsklasse

sind zb. a) die kurzstämmigen

aelwen hern nern beschern wern zern verwen gerwen gremen lernen zemen denen menen senen spenen wenen treten zeten legen regen wegen und die aus den positionslangen qudlen seilen twellen zeUen gewöhnlich gekürzten queln sein tweln zeln ; bürn spürn schüten (neben schütten) hügen.

') Über machte mähte bei Konr. v. Wirzburg und dem Dichter der guten Frau Sommer z. Flore 1085.

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b) die langstämmigen (in sehr grosser Zahl), zb. §383.

vellen gellen schellen gesellen snellen stellen twellen zeUen velschen wehen, temmen hemmern denipfen kempfen, brennen kennen nennen rennen trennen enden blenden lenden nenden pfenden sehenden senden swenden wenden senften schrenzen swenzen engen hengen Mengen mengen sengen spengen sprengen twengen benken blenken krenken schenken schrenken senken trenken wenken, sperren zerren wermen erben verderben sterben (trans.) herten scherten swerzen merken serken Sterken verterken, heften refsen, enpfetten retten zetten, ergetzen hetzen letzen netzen schetzen setzen wetzen, gebesten glesten mesten resten leschen, blecken decken recken erschrecken stecken strecken wecken pfehten, hüllen vüUen vrümmen krümmen dünnen gründen künden schünden zünden wünschen bedümen zürnen schürfen gürten antwürten kürzen schürzen würzen würgen vürhten knüpfen schupfen nützen stützen küssen lüsten rüsten bücken pflücken smücken zücken bajen drajen vlcejen najen scejen wcejen, vcelen nemen cenen wcenen leeren vermaren vceren beswaren bewaeren ncehen smaehen cehten, blüejen brüejen müejen vüelen küelen wüelen blüemen rüemen süemen vertüemen erküenen süenen vüeren trüeben brüsten wüeten vüetem büezen grüezen süezen wüesten vüegen genüegen rüegen siuwen briunen sliunen ziunen siufzen diuten Muten Hütern drömoen vröuwen ströuwen, doenen vroenen hoenen kroenen schoenen erboeren vroeren hoeren stoeren toeren noeten rocten toeten vloezen oesen loesen roesten troesten vloehen.

Dem Umlaut widerstehf u vor Id und ng : dulden ver- gülden jungen tungen ; auch vor r + Muta und vor ch bleibt u gern rein. Der Umlaut tritt femer nicht ein in sümen^ gewöhnlich nicht in trüten; ferner nicht in gelouben häufen \

toufen raufen, selten in ougen, stroufen stauben touben, oft auch nicht in trouwen ssouwen; ebenso fehlt der Umlaut in suochen ruochen und meist in uoben. Der Grund dafür wird in der frühen Vernichtung des Suffix -j in diesen Zeitworten zu suchen sein, Lachmann z. !Nibel. 1462, 2.

Umlautunfahig sind natürlich die Zw. mit e i i ei ie in der Stammsilbe.

Von der modalen Verwendung des Umlauts im Conj. Prät. zum Unterschiede von dem umlautlosen Indic. Prät. kenne ich obd. nur Spuren im 15. Jh. bei Hermann v. Sachsenheim, welcher in der Mörin die Conj. mecht 1542. 3124. 3156. 4532, sehet (schadete) 2693. besegt 2045 hat. Vgl. § 388.

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§883. Das Mitteldeutsche, das den schweren Umlanten nicht

geneigt ist, hat den Umlaut in langstämmigen Zw. weniger als die obd. Schriftsprache ; md. gelten also u. a. verwänen hören stören sünen. Die w-Umlaute (u geht meist in o über) fehlen hier gänzlich. Späterhin neigen grade md. (und auch elsässisch) die Zw. mit ou im Stamme zum Umlaut, zb, ge- leüben keufen reufen deufen, § 128.

Aus diesem allen ergibt sich, dass der Umlaut für eine grosse Zahl der zur alten 1. schw. Conj. gehörigen mhd. Verba ein Merkmal bildet, das aber keineswegs für alle zutrifft.

§ 384. § 384. Wichtig zur Kenntnis der alten 1. schw. Conj.kl.

bleibt die Behandlung des Suffixvocals. Schon ahd. ist in den Präsensformen das j oft geschwunden, mhd. haftet es nur in geringen Fällen 383) und lässt sich nur in seiner Umlautwirkung spüren. Im Perfect aber wird das aus i hervorgegangene e in der Regel ganz aufgegeben und die Tempusendung tritt unmittelbar an den Stamm, dessen Vocal daher dem Umlaut nicht unterliegt (J. Grimm nannte die Erscheinung des reinen Stammvocals in dem suffixlosen Perfect . Rückumlaut, weil der Umlaut hier zurücktrete). Es entstehn also neben den vollen dreisilbigen Perfectis zweisilbige.

Schon das Ahd. zeigt diese zweisilbigen Perfecta sehr häufig bei den langstämmigen Zeitworten. Mhd. lässt sich folgendes beobachten :

a) die kurzstämmigen Zw. alter 1. schw. Conj. geben

den Umlaut bei fehlendem Suffixvocal im Präteritum nur

theilweise auf: es finden sich

herte nerte scherte werte zerte dente mente sente spente wente queUe (von dem gekürzten queln) schelte smelte weite, zamte, varte garte (neben verwete gerwete), legte (selten Iahte) regte wegte, hugte hurte spurte,

b) die langstämmigen ziehen die suffixlose Perfectform

ohne Umlaut vor. Die Gemination wird bei den Zw. in d

oder t gewöhnlich gemieden; h wird vor t im p, g zu c,

k und ch nach altem Gesetz oft zu h. Es finden sich

valte gälte seilte schalte snalte stalte twalte zaUe valsehte wälzte dampfte kämpfte, brante kante nante rante tränte, ante blante lante nante (zu nenden) pfante sante schante swante (swande vgl. ii>erswandenT

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wiganden Wigal. 283, 1 nach l und n erweicht sich * gewöhnlich zu d) § 384. wante, schranzte swanzte, sanfte, ancte Jclancte lande mancte sancte sprancte twancte, krancte sancte schancte trancte wancte, sparte zarte wärmte arpte verdarpte starpte, harte scharte swarzte marcte (marhte) starcte, hafte rafste, rotte zatte, ergazte hazte lazte nazte sazte, gebaste glaste raste, laschte (laste), dacte (daMe) racte smacte erschracte stacte stracte wacte vulte htdte Icrwnte Icunte schunte zunte wünschte zürnte gurte anttvurte kürzte würgte vurhte (vorhte) stumpfte schupfte schütte nuzte huste luste rvMe bucte smucte zucte bäte drdte näte säte Schrate wate, vcUte rämte ante wänte värte lä/rte vermärte beswärte bewärte versmähte dönte honte erbörte hörte störte törte nöte röte töte löste tröste vlözte vlöhte, brünte zünte düte lute lüterte, bluote bruote erluote muote kuölte ruomte suonte vuorte truopte bruote huote wuote buozte gruozte wuoste vuocte genuocte ruocte.

Ebenso sind von den nichtumlautenden Zw. die zwei- silbigen Perfecta die regelmässigen

zb. stüte schimpfte zinste irte ervirte schirmte schifte stifte miste mischte rizte blicte (blihte) niete erquicte schicte stricte pflihte vernihte rihte slihte, sm'erte swebte, kerte lerte rerte, Ute wihte, heute teilte leinte meinte, kleite (zu kleiden), beite breite leite bereite, beizte reizte, leiste, neide sweicte, zierte liepte, boute zoute geloupte stoupte roufte toufte oucte, dulte vergulte, sümte trüte, uopte ruöhte suohte.

Den Umlaut bei Zweisilbigkeit haben dröute vröute strimte wenigstens obd. in der Regel; ferner zeigt er sich (neben reinem Vocal) in hleste (Parz. 604, 3) gleste (Parz. 630, 10. Trist. 566). Auch die mit Suffix -el oder -er abgeleiteten haben den Umlaut, zb. riegelte hemmerte.

Obd. Dichter geringeren Kunstgrades erlauben sich in diesen verkürzten Prf. auch Apocope wie in denen der beiden andern alten Klassen § 382 ; wir finden also sali stall erschamt hant spart vensart sazt bedaht beswärt Teert erbeijst bliht hört geloubt hust versuont jeit kleit seit u. a. selbst im Eeim : vgl. zahlreiche Belege BGr. § 313. AGr. § 359.

§ 385. Die zweisilbigen Perfecta ohne Suffixvocal und §385. ohne Umlaut sind nicht die allein lebenden Perfectformen langstämmiger Zw. der alten 1. schw. El. !Neben ihnen kommen auch bei den obd. Dichtern die vollen Formen mit Suffixvocal und wo möglich mit Umlaut vor. Allerdings werden Perfecta wie endete vermcerete lerete prüevete von feinhörigen Dichtern grade nicht geliebt und von guten

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§ 385. Handschriftenschreibern gern gemieden; aber sie begegnen doch, zb.

luthcßrete : vermarete Trist. 13615. ersinnete : minnete 7924. merket e aHeinr. A. 468. erzurnede Nie. C. 18441. endete Nib. A. 636, 4. prüevete Parz. 392, 15. siufzete 383, 7.

Sie sind in Hss. prosaischer Werke des 13. 14. Jh. sogar häufig zu finden, oft mit mundartlicher Färbung des e zu i und selbst zu unechtem o.

Für jene Perfecta mit Suffixvocal zeugen ferner die durch Apocope zweisilbig gemachten Formen, die -auch von Zw. der alten 1. schw. Kl. durch minder gebildete bair. österreichische (selten durch alem. und mitteldeutsche) Dichter im Reim ge- braucht werden

zb. kündet (: enzündet) Walth. 36, 33 (unechtes lied). Georg 4021. erzeiget (; geneiget) Walth. 37, 17. mset (; geprtset) Meier. 3308. hewiset (: gespiset) Ulr. Wilh. 132. genüeget (: gevüeget) Mantel 70. iwhet (; hetruobet) Ernst 5027. mochet (: beruochet) 4008. endet (: verswendet} 690. klaget {: betaget) MSH. 1, 9». gehöret {: erboret) Mart. 52, 3.

Innerhalb des Verses werden diese apocopirten Formen

unbedenklicher gebraucht. Vgl. Lachmann zu Iwein 6514

und zu Walth. 36, 33. B6r. § 313. Kummer Herrand von

Wildon S. 190. f.

§ 386. § 386. Einige Zeitworte fügten stets die Perfectenduag

unmittelbar, ohne Suffixvocal, an den Stamm brücken Pf. brühte denken dähte Ptc. gedäht dünken dühte gedüht wiirken worhte geworht.

denken und dünken dehnten im Pf. nach Ausstoss des Nasals den A^ocal. Die Sibilirung des Gutturals ist Folge des unmittelbaren Anschluss des t an den Stamm.

In den lezten drei Verben haben sämtliche germanische Dialecte die gleiche Form : got. ßähta pühta vaurhta, altn. pdtta pütta orta, ags. ^ohte dühte worhte, ahd. däMa dühta worhta. Zu ihnen tritt ferner im Pf. bringen mit der schw. Form hrdhte § 407. suochen dagegen hat mhd. neben suohte die volle Form suochete, wenn auch selten; ebenso zeigen sich ahd. neben dem gewöhnlichen suohta Spuren von sochita Graff VI, 80.

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Zu dem Pf. dähte ist die 2. Sg. Ind. dcehte zu erwähnen, § 386. jr\ die ahd. noch nicht erscheint. Sie kommt neben der regel- mässigen dähtes am meisten, aber nicht allein in bair. österr. Schriften vor, zb. gedcehte : brcehte Georg 2342. Lamprechts Syon 4032. Eracl. Vorr. 41. gedcehte gem. Leb. 763. gedcecht Angenge 1, 21. gedehte Myst. I, 274. Analogien zu diesem dcehte §§ 402. 407. -^—

Zu dünken sei bemerkt, dass mfrk. döhte für dühte auf- tritt, § 121, ferner dass der Conj. Pf. in sehr guten Hss. / des 13. Jh. dühtt Ijichj; ditdite lautet : indessen ist auch der Umlaut sicher nachzuweisen. Neben dühte tritt bairisch seit 12. Jh. dovhte, für diuhfe seit 13. Jh. devhte auf. Seit An- fang des 14. Jh. wird conjunctiv. Umlaut für den Indic. ver- sucht: Lampr. Syon 4240 schreibt G deucht für 3. Sg. Ind. Eine Neubildung, die im 13. Jh. zuerst erscheint, ist dunkete dünkte und sogar dunhte, AGr. S. 387. Ein präsent, deucht finde ich zuerst Fastn.sp. 552, 3.

§ 387. Die Behandlung des Perfects der alten §387. 1. schw. Conj. im Mitteldeutschen ist der im Obd. durchaus verwant; auch hier stehn bei langstämmigen Zw. die Formen mit und ohne SufBxvocal neben einander. Aller- dings wollte man mit Rücksicht darauf, dass in den Isidor- fragmenten nur die Pf. 1. schw. Kl. in -ida erscheinen, diese Form für eigenthümlich fränkisch und somit für md. erklären. Allein andre unzweifelhaft fränk. Denkmäler der ahd. Periode zeigen auch die suffixlose Form. In den niederländ. Psalmen , überwiegt zwar das Perfect mit sogenanntem Bindevocal, aber das vocallose ist genügend vertreten (Cosijn oudnederl. Ps. 31. f.) In den Pariser Virgilglossen steht die vocalische hinter der vocallosen in der Häufigkeit entschieden zurück (die Bemerkung Steinmeyers in Haupt Z. XV, 27 genügt nicht). Das Ludwigslied kennt an langstämmigen Zw. 1. Kl. nur -ta, -da, ebenso die Mainzer Beichte; in den Mainzer Glossen überwiegt -da -te; die Lorscher Beichte hat 5 ida, 9 da ta. So finden wir auch bei den md. Dichtern und Prosaikern des 12. 13. f. Jh. beide Formen neben einander. Im Friedb. Krist, im Annolied, in den nrhein. Marienliedern, im Alexander, in

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§387. der Elisabeth zb. liegen genügende Belege dafür vor; ebenso zeigen Prosaschriften, wie der sogen. Hermann von Fritslar und Köditz, neben den Ff. in -ete die in -te oft genug. Zum Beweise dieser sufßxlosen Ff. von langstämmigen Zw. genügen die Reime

ante:rante Herb. 1561. :wante Elis. 7271. hlanteirante Herb. 17616. erkante : ertrancte Alex. 2261. nante : sante 1766. bekande : lande Marienl. 63, 1. sande: lande Alex. 2933. sndde : velde Hagen 1071. brende : ende Marienl. 44, 6. twaiten : vcUten Alex. 957. schatte : begatte Elis. 9368. tratte : beratte Herb. 4255. ; watte 1545. Iahte : mähte Elis. 3538. rächten : machten Wierstr. 104. gähte : brdhte Ludw. Kr. 7207. näden (nähten) ; gnaden Elis. 5154. cieide : beide Hagen 4321. vorte : worte Annol. 598. rüsten : gesten Alex. 4438. döden : nöden Hagen 5047. düde : gecrude Morant 31, Ulrich v. Eschenbach, dessen Sprache nicht rein mitteldeutsch ist, hat auch Apocope mit Syncope verbunden, zb. hört : wort Wüh. 1703. sant : gewant 1618. Auch im Ernst D. hört : wort 2753.

§888. § 388. Für das Mitteldeutsche ist femer zu merken

1) dass der Umlaut auch in den suffixlosen Ferfectformen langstämmiger Yerba erscheint, zb.

snelde (: velde) Hagen 1071. brende (: ende) Marienl. 44, 6. erkenten (: dementen) MS. 1, 134*. kente Elis. 219. engeste : gereste 237. sencte Alex. 999. krencte Köditz 28, 14. demphte 28, 23. stercte Erlös. 4474. Obd. Beispiele vgl. § 384.

2) dass auch dreisilbige Ferfecta ohne Umlaut vorkommen da^ikete {:plackete) Elis. 7012. erwackete 9117. dackete Myst. I.

103, 2. satzite 103, 13. drangete (Conj. Pf.) Böhmer 470.

3) dass der Conj. Ff., der sich oberdeutsch nur nach allgemeinen Lautgesetzen von dem Indicativ unterscheidet,

J mitteldeutsch den Umlaut hat, wenn der Indicativ ohne den-

selben ist. Es ist solches bei den Zw., deren Stamm in gestärkte Liquida sowie in t^ ausgeht, seit dem 12. Jh. allgemeine md. Regel. Von stellen brennen kennen nennen rennen enden sehenden senden wenden setjsen wird also zu den Indic. staMe brante kante nante rante ante schante sante wante sazte der Conj. stelle brente kente nente rente ente schente sente wente sezte gebildet. Dies dehnt sich dann auch auf andre Zw., nament- lich solche in ch, aus, so dass zu den Ind. machte swachte be- drachte racte die Conj. mechte swechte bedrechte recte beliebt wurden, von sagen mfrk. sechte gebildet wird (sechten : knechten

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Junk. u. Heinr. 2061); vgl. F. Bech in Pfeiffers Germ. XV, §388. 129 157. Es sind Differenzformen, die unter dem Einfluss der umlautenden starken Conj. Pf. stehn mögen. Ausnamen ^ kommen natürlich vor, vgl. Conj. nande : lande Ludw. Kr. 45.

Die Analogie der dreisilbigen umlautenden Perfecta der alten 1. schw. Conj. wirkte femer darauf, dass

4) auch von den Zw. der alten 2. 3. schw. Kl. die Indicative und Conjunctive mit Umlaut vorkommen, vgl.

Ind. snebete : uherhebete Elis. 3444. verzegete :jegete 9113. : segete 1349. 4181. Conj. lengete : drengete Elis. 7956. : er^rengete 9007. lechte : mechte 6349. toechte : stoechte 1546. segeten EUs. 4762.

§ 389. Die Behandlung des Partie. Perf. P. entspricht §389. durchaus der des Perfects. Die Partie, der alten 2. 3. Kl. zunächst haben in der Regel die volle Form in -et (über Beste des dt ot § 381), zb. gesaget gelobet gestatet gdonet geloset gevolget gemachet gewachet getrüret gekuolet u. a. Bei kurzen Stämmen in Liquida ist Syncope Kegel: gespilt gedolt geholt gemant gewont gespart gekort; von andern Con- sonanten begünstigen ch und d, t die Syncope, vgl. gemacht, das von ITlrich von Zazikhofen, Konrad Fleck, Stricker, Kon- rad von Wirzburg im Beim auf hedaht naht slaht u. a. ge- v braucht ward (Sommer zu Flore 1085), gewacht {ungewaht : naht MF. 76, 19). Häufig ist die Syncope (vocal. und con- sonant.) bei den Stämmen in Lingualis, wie schon die Beime zeigen

gelat : hat Heinz. J. 57, 5. : grät Hartm. B. 1, 1765. :pfat Virgin. 641, 4. bestat : trat Ernst D. 3139. geschat :8tat Wierstr. 426. geret : stet Mart. 33, 40. underret : tet Helbl. 4, 289.

Über die fär den Beim bequemen durch Krasis bewirkten Ptc. in -eit (aus aget, edet) §§ 25. 33. BGr. § 77. AGr. § 56.

§ 390. Bei dem Partie, der Zw. der alten 1. schw. §390. Kl. scheiden sich zunächst die kurz- und die langstämmigen.

1) Die kurzstämmigen lieben im Partie, die Syncope

zumal nach Liquida, behalten aber gewöhnlich den etwaigen

Umlaut bei. Beimbelege:

verselt : weit Parz. 218, 11. : erwdt Greg. 1353. erweit : helt Erec 1735. :gezeU Parz. 221, 23. trKr. 1337. Heinz. ML. 1198. bezeltihelt Lanz. 3924. : weit gGerh. 1393. gezelt : wdt Bari. 69, 23. MSH. 1, 299^. Weinhold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 27

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§ 390. erlernt : gezemt Parz. 95, 17. gement : ungewent Wilh. 437, 23. getoent (:8ent Erec 1881. versent (: gewent trKr. 8847. emert {:vert Trist. 10140. beschert (: ernert aHeinr. 1254. : erwert Bari. 166, 36. (: geteert Flore 426. unerwert (.-ernert aHeinr. 214. verzert : erwert Parz. 191, 7. ; unemert 643, 10. gespurt {: gehurt Engelh. 1481. 2497. bewegt (: enmegt Erec 4686.

Der Umlaut wird namentlich in dem Ftc. von legeHy zumal im Md. vermieden:

geiaht : bedaht Virgin. 923, 9. : gebraht Pass. K. 296, 34. :graf Glaub. 2314. : mäht Marienl. 41, 38. 58, 7. Erlös. 2014. 2735. Väterb. 698. Elis. 5775. : getnucht Erlös. 4405. : ncOit Alex. 2823. Eracl. 2795. Junk. u. Heinr. 287. : slaht Marienl. 26, 1. bdaht : craft Alex. 2782. : mäht Elis. 3424. irlaht : braht Marienl. 59, 6. ummdacht : cuht Elis. 4405. Ausser Beim geiaht besonders oft in ripuar. Schriften, zb. Lac. n, 506. m, 422. 684. 768. 1020. Sei. Tr. 203. u. o.

Bei Zw. mit liquidem Suffix bleibt in der Regel nach dem Betonungsgesetz das e der Participialendung erhalten: genegelet gewedemet, doch kommt auch genegelt gewedemt vor.

In den md. Gedichten des 12. Jh. findet sich auch nach Liquida mitunter der Endungsvocal geschrieben, zb. bescheret (igeneret) Rud. 20, 12. §39L § 391.

2) Die langstämmigen Zeitworte haben ganz wie im Perf. entweder unmittelbaren Antritt des ParticipialsufBxes an den Stamm und daher keinen Umlaut, oder die volle Form in -et mit Umlaut des umlautfahigen Yocals. Beide Formen sind häufig und auch von obd. wie md. Dichtem im Reim verwant. Bei der kurzen Form tritt in den Zw. auf Lingualis auch consonantische Syncope ein.

a) Die kurze Form; Reimbelege

gevoUt : walt Ernst D. 4183. Ludw. Kr. 7199. :gewalt Lobges. 37, 11. Herb. 1600. Ebern. 341. Marienl. 58, 14. Väterb. 669. : entwalt Krone 3322. gestcUt : manicvält Mai 4, 3. ; wait Wigal. 61, 16. : gewcUt Walth. 16, 13. Pantal. 1420. Alex. 1198. verstalt : gewalt Pass. H. 43, 93. umbestalt : zalt Erec 742. ummestcUt : alt Elis. 10159. gezalt : gewalt Ernst D. 5362. ungezalt : alt Wilh. 203, 13. überzaUt : tüsentvält Iw. 8007. virant : hant Ath. B. 87. : lant Ebern. 2025. volant : zu hant Pass. H. 15, 32. : lant 46, 42. geblant : va/nt Herb. 9780. : Hüdebrant Virgin. 690, 2. verbrant : vant Herb. 9359. : zehant Ebern. 2025. : lant Greg. 1670. Flore 482. Alex. 1274. bekant : vant Parz. 453, 11. ericant : vant Iw. 7950. :lant Pass. H. 306, 54. :ge8ant

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Flore 966. : ^escÄant Bari. 231, 24. ftcnant : 6ran* WDh. 289, 9. genant: §391. vant aHeinr. 4. 18. : lant Alex. 4612. Pass. H. 306, 11. gepfant : lant Walth. 77, 3. gerant : enpfant Parz. 155, 15. be8ant:hant Iw. 2177. gesant : gepfant : lant : verhrant : hant : bant : enblant MF. 140, 2 10 Morungen. geschant : lant Pass. H. 305, 82. ; mant Karlm. 195, 37. .* gemant Wilh. 121, 9. verswant : getcant Hartm. 1. Büchl. 1681. hewant -: viant Alex. 3732. : lant Iw. 2438. gewant : hant Greg. 290. : lant Trist. 1657. beschart : wart Flore 566. verschart : bewart Parz. 3, 24. unverschart : wart Walth. 4, 18. : bewart Bari. 65, 24. enspart : wzvart Iw. 6247. verspart : wart Krone 26420. zerzart : vart Väterb. 2136. : bewart Wilh. 242, 25. behaft : erhaft Lanz. 2785. begat : stat Elis. 7642. gerat : stat Herb. 2631. : getrat 6460. gesät {^^gesazt) : stat Erec 675. Greg. 3327. ersat :bat Greg. 2007. bestat: gesät Erec 9580. ertrat : stat Herb. 1482. 3527. zetrat : gestat Karl 6587. enzat : drät JInenkel Weltkr. 411»». : sät Helbl. 8, 555. gezat : blat Herb. 8560. -entnact : bedact ülr. Wilh. 571. geäht : mäht Ludw. Kr. 6648. beddht ^braht Iw. 681. :maht Bari. 48, 16. :naht Erec 1769. Greg. 184. Wigal. 55, 35. Elis. 2301. geraht : mäht Herb. 12971. : näht Junk. u. Heinr. 1658. bedroht : mäht Elis. 1931. unerschräht : verdaht Krone 7121. bestäht : näht Erec 2376. gestakt : naht Erlös. 2532. erwäht : näht aHeinr. 541. gedrät : rät Partonop. 2363. gemät : Wolfrät Virgin. 728, 13. genät : wät Heinz. ML. 677. Herb. 621. Orend. D. 29. 4urhnät:wät Virgm. 172, 3. gesät : hat trKr. 9329. :tät 32152. virsmät:rät Pass. H. 233, 16. gekleit : breit Krone 21131. :gemeit Erec 12. .bereit Morant 174. : richeit Wigal. 244, 31. : seit 24, 3. gescheit : seit wGast 658. gebeit : leit Herb. 9593. ungebeit : gewon- heit Erec 1784. gebreit : werdekeit Erec 376. zerbreit : breit 8727. :: geleit 2309. gdeit : arbeit Erec 6485. bereit : arbeit 1534. unbereit: ewekeit Walth. 10, 5. gespreit : leit Greg. 674. 827. : geleit Erec 368. Oreg. 538. übirspreit : breit Alex. 3114. zuspreit : innekeit Väterb. 3474. geleist : meist Tr. Egid. 1112. Freid. 38, 18. beschint : rint Herb. 15741. beriht : niht Freid. 24, 4. 70, 20. verriht : gesiht Flore 2230.

gehit : amis Alex. 3208. : zit Iw. 2672. besnit : zit Trist. 13501. :gebit : zit Herb. 940. zuschit : zit Herb. 7758. geniet : niet Herb.

15741. gedolt: erholt Wüh. 231, 11. verscholt : solt Bari. 124, 17. ^rmort : hört Kl. C. 64. ervorht : entworht Greg. 716. Wilh. 320, 13. unervorht : geworht Iw. 6730. Parz. 435, 9. Bari. 335, 9. : verworht Iw. 2567. erdrot : not aHeinr. 1075. getöt : not wGast 113^7. belost : tröst Erec 8821. erlöst : tröst Greg. 3606. aHeinr. 178. Walth. 124, 40. gelöst : tröst Flore 167. vhervtdt : verschult Mart. 25, 112. verwunt : munt Heinz. ML. 134. enzunt : grünt trKr. 359. ; munt Pantal. 257. begurt : geburt ülr. Wh. i082. gegurt : geburt Ernst D. 4510. engurt : hurt Georg 5428. gehurt : fürt Wilh. 58, 9. ermurt : geburt trKr. 14464.

getrut : lüt Mai 184, 15. erlüht : bedüht trKr. 3407. bebluot :

t 27"

420

§391. hluot Flore 4451. behmt.guot Greg. 81. Flore 5218. Amis 458. :miwt Bari. 103, 2. Boner 13, 20. : gemuot MF. 118, 18. :tuot Wh. 229, 6. verwuot : ungemuot Hartm. Büchl. 1, 1795.

Dass auch bei dieser Farticipialform der Umlaut erscheint^ können u. a. beweisen die Reime

geedt : hdt ülr. Wh. 3124. beJcent : sacrament Schoneb. 7070. gesent : went WvRh. 83, 15. getvent : versent trKr. 8847. getret : gewet Parz. 133, 1. ülr. Wilh. 1578. gevreut : bestreut Iw. 611.

§392. § 392.

b) Die volle Form wird neben der kurzen von denr selben Dichtern auch im Reim gebraucht (über Hartmann» verhalten Lachmann z. Iwein 7967. Lamprecht v. Regensburg' gestattet sich volle und kurze Form des Partie, hinter einander im Reim, vgl. Syon 1326 29 genant : unhekant, unbekennet : nennet) ; sie zeigt sich namentlich gern nach Diphthong, femer an den Stämmen in doppelte Liquida, sowie in pp pf tt nd rw rt ht $t ft. Ausserhalb des Reimes ist sie besonders in unflectirtem Stande beliebt, während bei Fl^ctirung die kurze Form vorgezogen wird.

ungahtet : gepfahtet Walth. 10, 8. geveUet : wellet Parz. 381, 27. verscheUet : gevellet Alex. 1642. gestellet : geveUet Wolfr. L. 9, 36. enbrennet : erkennet Bari. 348, 21. Pantal. 458. bekennet : unbenennet Wilh. 128, 13. unerkennet : genennet Parz. 620, 10. genennet : brennet trKr. 33. verpfendet : gelendet Parz. 307, 27. geschendet : endet Erec 9361. gesendet : volendet Iw. 7968. Heinz. ML. 1609. :pf endet Walth. 34, 14. bewendet : verdiendet Flore 7778. : besendet 4516. gewendet z volendet Walth. 110, 22. zerschrenzet : engenzet trKr. 39626. unver- krenket : gelenket Parz. 806, 25. gesenket : gewenket Wilh. 77, 3. ver- derbet : ersterbet Greg. 3191. Iw. 717. geverwet : gegerwet Engelh. 4862. trKr. 33946. unoerschertet : behertet Parz. 625, 19. gezetet : tmzertretet Engelh. 4664. ergetzet : ersetzet Erec 7275. geletzet : benetzet Parz. 572, 13. gesetzet : letzet Flore 2057. bedecket : enblecket Parz. 818, 21. : überstecket Flore 766. gestecket : getrecket Parz. 799, 19. gestrecket : bestecket Wigal. 265, 11. erwecket : völrecket Parz. 652, 3. : erschrecket Erec 6596. unervceret : gescharet Parz. 424, 3. ; beswaret Iw. 4622. : bewceret Erec 2779. Iw. 3250. bewaret : erlaret Parz. 345, 3. gesnueTiet : genahet Wilh. 303, 21. enteret : keret Iw. 235. geeret : verkeret aHeinr. 82. gekeret : liret Parz. 49, 7. gekeret : geseret : guneret Wigal. 57, 21. verkiret : gemeret Erec 6686. gemeret : enteret Parz. 300, 29. geteüet : geseüet Tit. 142. vereinet : weinet Erec 5341. bescheinet : meinet Iw. 7979. erscheinet : meinet Erec 7933. erbeitet : verleitet Walth. 12, 5.

421

bereitet : geleitet Trist. 4984. gespreitet : verleitet aHeinr. 731. gereizet § 392. :he8foeizet Wilh. 270, 11. geneiget : erzeiget Erec 9088. aHeinr. 83. ungesmeichet : erreichet Wilh. 429, 19. geminnet : enbrinnet Parz. 741, 3. gevirret : verirret Tit. 160. geirret : wirret Erec 3074. ver- tnischet : erlischet aHeinr. 108. geschicket : gezmcket Parz. 739, 1. gewiset : gepriset Erec 9672. ^ gevieret : geeieret Erec 4636. Ö209. gezieret : getccdopieret Iw. 2554. gezimieret : gezieret Erec 736. genietet : gebietet Iw. 7959. gekroenet : geschoenet Erec 8270. geloetet : toetet Parz. 482,9. erloeset : eroeset Parz. 213, 11. erkoehet : gefloehet 82, 19.

erlaubet : houbet Walth. 50, 32. geloubet : houbet Iw. 4262. beraubet ^haubet Erec 868. betäubet : haubet Erec 771. Parz. 40, 17. gekaufet

: taufet Greg. 948. gestraufet : zeraufet Erec 5323. getaufet : geslaufet Elore 7810. selbschauwet : gevrauwet Parz. 148, 23. beschauwet : betauwet 573, 25. gebrunnet : wunnet Lobges. 25, 8. enzündet : durhgründet trKr. 14700. : kündet Georg 4020. gesnurret : ergurret trKr. 35064.

gebuwet : vemüwet Alex. 6298. betüret : gemüret Parz. 230, 7. berüeret : vüeret aHeinr. 691. gerüeret : unzevueret Greg. 2754. behüetet : gebrüetet Wilh. 364, 29. gebüezet : gesüezet Parz. 789, 23. gevüeget :genüeget Iw. 2745.

Da stiochett, uoben den Umlaut überhaupt meiden, so erscheinen auch die Participia versuochet (: ruochet Erec 6850. geuohet (: getruohet Erec 9663 umlautlos. Auffallend dagegen ist verwarret : versparret Mart. 106, 29. In Rheirigauer Urkunden finden sich gescutzet versatzet gelatzet gedranget HU. I, 543. 571. 625. 627. 684; auch sonst begegnen nament- lich in md. Frosaübersetzungen des 14. 15. Jahrh. diese un- sypcopirten und nicht umlautenden Participia. Vgl. Rückert Entw. 264.

393. §393.

Paradigma der mhd. schwachen Conjugation. 1. Alte 1. schw. Kl.

a) kurzer Stamm b) langer Stamm

Präs. I. Sg. a) ner, nerst, nert ß) lege, legest, leget legt kenne, kennest, kennet

PI. nern, nert, nernt legen, leget, legent kennen, kennet, kennent

Conj. Sg. wer, nerst, ner lege, legest, lege kenne, kennest, kenne

PL nern, nert, nern legen, leget, legen kennen, kennet, kennen

Imp. ner lege kenne

nern, nert legen, leget kennen, kennet

Inf. nern legen kennen

Ptc. Prs. nemde legende kennende

422

a) kurzer Stamm b) langer Stamnx

Prf. I. Sg. nerte nertesft) nerte legete {legte, leite) kante, kennete

PI. nerten nertet nerten lohte sante, sendete

dcbhte leite

Cony Sg. nerte nertest nerte legete (legte, leite) kante md. kente,kennete

nerten nertet nerten sante sente, sendete-

Ptc. Prf. P. genert geleget (gelegt, geleitj gekant, gekennet

geiaht gesant, gesendet

' gedaht, geleit 2. Alte 2. 3. schw. KL

Prs. I. Sg. sage, sagest, saget sagt Conj. sage, sagest, sage

PI. sagen, saget sagt, sagent sagen, saget sagt, sagen^

Imp. sage Inf. sagen Ptc. Prs. sagende

PL sagen, saget sagt Perf. Ind. Sg. sagete (sagte seite), sagetest, sagete PL sageten, sagetet, sageten Conj. Sg. sagete u. s. w. Ptc. Pf. P. gesaget (gesagt, geseit),

§394. § 394. Zu der alten 3. KL gehörte das Zw. haben

(ahd. haben hapin; got. haban, Pf. habaida). In der mhd. Periode zieht dasselbe bei seiner Verwendung als Hilfs- zeitwort zusammengezogene Formen vor, die neben der Zusammenziehung auch Veränderungen des Stanrnivocals zeigen, können. Die vollen Formen

haben Pf. habete hapte Ptc. gehabet gehapt gehn durchaus regelmässig. Oberdeutsch, namentlich aleman- nisch, zeigt sich Neigung zu Umlaut. Theils erfolgte er durch alte Nebenformen aus der 1. schw. Kl. (vgl. Sievers in Paul- Braunes Beitr. VIII, 90. f.), theils wirkte das st. Zw. heben (Pf. huop) verwirrend ein, AGr. § 373. BGr. § 319. Nieder- fränkisch ist wie im Sächsischen hebban die herschende Präsensform; schon in der Ubergangsgegend zum mfrk. und ripuarisch gilt haven (Inf. ; begraven Hagen 125. MarienL 34, 8. : laven MarienL 45, 35. : Walraven Karlm. 229, 19.. Prs. Ind. 1. haven : gaven MarienL 10, 20. : laven 81, 29. ; entsaven Karlm. 101, 2). Vgl. dazu die Reime aus demr mfrk. Legendär, Busch bei Zacher X, 175. f.

Die zusammengezogenen Formen beruhen auf Aus- stoss des b (v). Sie kommen erst in der lezten ahd. Zeit auf.

423

Der Stammvocal wird dadurch in der Regel verlängert ; doch § 394. bleibt er im Präsens und im Perfect auch kurz, wie Reime belegen. Auch die umgelauteten Formen können contrahirt werden. Die gewöhnliche zusammengezogene Präsensform ist Ind. hdn hdsftj hat PL hdn hat hdnt Inf. hdn Conj. (häj PL hdn hat hdn

Reimbeweise tiir ä sowie für a AGr. § 373. 374. BGr. § 319. 320. Auf die feststehnde Endung -w der 1. Sg. Ind hän haben gän stän län gewirkt; in md. Schriften kommt mit geschwundenem n auch ha vor, Tristr. D. 6731. 7150. Kath. sp. 163. 166. 169. Die 2. Sg. häs ist obd. und md. durch Reime für 12. 14. Jh. gesichert, vgl. lur obd. BGr. § 319, für md. Herb. 4720. 5265. 7256. 7524. 8603. 8656. 9784. 11884. 13948. 15056. Pass. H. 252, 81. Schoneb. 6339. 7157. Wernh. v, Nrh. 9, 32. MarienL 2, 14. 75, 24. u. ö. Karlm. 188, 36. 348, 60.

Der Sg. Conj. und Imper. liebt nicht die Zusammen- ziehung; nur aus Herbort kenne ich Cj. 1. Sg. ha : da 5563. :jä 3725. - 3. Sg. ha : Priseidä 8955.

Die Zusammenziehung hen hein Conj. heige (aus habege) ist alem. verbreitet, AGr. a. a. 0.; die 3. Sg. het heit begegnet auch hess. und thüring. ; hon haun findet sich schwäbisch schon in dieser Zeit, hon auch md., ebenso hain, hoin hoen.

Von den zusammengezogenen Perfectformen ist hdte md. häte häde, Conj. h{ßte md. hete hede die häu- figste. Für obd. stehn die Beweise aus Reimen AGr. 8. 384. BGr. § 321. Mitteldeutsche Reimbelege folgen hier:

Ind. Sg. hdte : hdte Ebern. 2036. ; drdte Ath. C. 127. Tr. Egid. 485, Pass. H. 320, 25. livl. Kr. 3515. : gndde Elis. 983. 1420. u. o. ; kemendte Alex. 5997. : rdU Alex. 2392. Herb. 371. Elis. 1404. 4733. Ebern. 1020. Ulr. Wh. 1568. 3401. Väterb. 1536. livl. Kr. 3287. : schrdte Herb. 490. ; späte Pass. H. 57, 89. : zinddte Herb. 1334. PL hdten : bdten Alex, 5117. Tr. Egid. 94. : braten Ernst D. 3544. : gnaden Erlös. 3131, ; wiaZdten Elis. 9698. : 5emte« Ernst D. 1887. Ulr. Wh^ 2169. :verrdtm Pass. H. 58, 58. :sdten 185, 80. : späte Alex. 2265. : State Ernst D, 841. 4567. : täten Ath. E. 95. Ernst D. 1482. 2505. Elis. 1376. : träten Ath. A.* 133. D. 61. Ebern. 69. Pass. H. 260, 1. 320, 51. livl. Kr. 3783, Conj. Sg. Mte : Ute Tr. Egid. 25. : rete Elis. 6119. : spete Pilat. 244,

t I

424

^tete Herb. 113. Ernst D. 4399. Elis. 4002. u. o. :tete Pilat. 394.

{erb. 16698. Elis. 1780. : trete Herb. 437. : missetete Schoneb. 7688.

jwete Elis. 6318. ülr. Wh. 2151. PL heten : steten Ebern. 629. 2363.

Bemerkenswert ist die 2. 8g. hcete, nach Analogie von

tcete in mhd. Zeit gebildet; sie ist'^esonders im bairischen

Dialec1Lbeliebtr-'^t)r1K:?. tpö3) Tundal. 45, 72. 50, 35. Wilh

','nr Stricker Karl 10648. 'kl. Ged. 6, 63. Lampr. Franz! 4032. MMagd. f. 26. Gundach. 1236. Überhaupt dringt im Obd. der conjunctiv. Umlaut seit 12. Jh. nicht selten in den Indicativ; indicat. hcßte hceten wird von einer Reihe alem. und bair. Dichter selbst im Reim gebraucht, vgl. AGr. BGr. a. a. Kjm

Das kurzvocalische hatte (aus habte entstanden) Conj. hette ist in alem. Schriften des 14. 15. Jh., auch mit Apocope als hat beliebt, AGr. S. 383 ; vgl. auch Schoch Sprache Boners S. 20. Mitteldeutsche Dichter des 12. 13. Jh. brauchen es mitunter im Reim neben dem häufigeren häte hite:

Ind. hatte : Glatte Alex. 969. ; begatte Elis. 492. ; bestatte 3812. mit Apocope hat : stat Ernst D. 4884. ; bat 5086. Jiatten : satten Alex. 1045. Conj. heUe : bette Elis. 3718. Erlös. 2737. Marienl. 37, 27. Karlm. 14, 30. 68, 27. 409, 10. : irgetzin Annol. 412.

Aus der umgelauteten Perfectform hebete (AGr. § 374. BGr. § 319) wird hSte zusammengezogen, das im Ind. und Conj. bei Baiern und Österreichern auch apocopirt {het) oft im Reim gebraucht wird, vgl. BGr. § 321. Bei Wirnt von Gravenberg erscheint gern mit Apocope het {iget Wigal. 81,40. 91, 37. iglet 142, 21. 146, 22. 147, 39. : stet 10, 29. 34, 19. 38, 35. 98, 34). Auch die Mitteldeutschen haben das indi-

cative hete hede:

Ute : drete Pilat. 614. : gerete Ludw. Kr. 3250. 5318. 7446. : stete Ath. E. 124. Ebern. 1054. 1370. Manuel 51. Schoneb. 2100. Ludw. Kr. 39. 1962. u. ö. : tete Alex. 3337. Pilat. 394. 408. : missetete Schoneb. 9243. :vertete Ludw. Kr. 3472. :wete Glaub. 2691. grRud. 24, 5. : gewete Ebern. 3387. heten : beten Herb. 7182. : vimetin Ath. D. 108. : teten grRud. 17, 25.

Kurzes hette hete (aus hebte assimilirt) ist alemannisch

beliebt, AGr. § 385, wenn es auch im Reim nicht sehr an- gewant ward. Aber im Verse war es metrisch bequem und Dichter, wie Hartmann und Konrad Fleck, die häte^ heete

425

reimen, brauchen innerhalb des Verses gern hete (Lachmann §394. zu Iw. 602. Sommer z. Flore 171). Die Baiern und Öster- reicher wenden es auch gern an, schon in den grossen Vorauer und Milstätter Hss. begegnet es oft ; Stricker meidet es zwar im Reim, aber nicht im Verse (Bartsch Strickers Karl S. XCVI), andre reimen es auch, wie Heinr. v. Türlein, der Dichter des Mai, des Wigamur, der Pleier, Otacker, Suchenwirt, BGrr. § 320. Auch mitteldeutsch ward es selbst im Reim verwant, vergl. u. a. :

Ind. Sg. hette : leite Pass. H. 35, 68. 36, 46. Elis. 806. 1573. u. ö. hete : bete Ebem. 860. Karlm. 94, 46. ; gehete Väterb. 2408. : rette Ernst A. 1, 32. Orend. 713. : gesette Alex. 437. : stete Ernst D. 944. Pass. H. 17, 78. 103, 52. 142, 7. Väterb. 2295. Schoneb. 5400. : trete Pass. H. 46, 94. Rur. ketten : ketten Pass. H. 320, 5. : nephe Alex. 3396. : geseten Väterb. 4464. ; treten Ernst D. 3134. : wetten Karlm. 277, 36. Conj. Sg. hette : bette Elis. 3552. Hagen 3928. : gebete Pass. H. 103, 16. ; stete Schoneb. 3366. Plur. ketten : metten Pass. H. 141, 74. Auch die apocopirte Form ket ist in 3. Sg. Ind. md. nicht selten. Auf tet reimt sie im Ernst D. 12 mal, in Ludwigs Kreuzf. (nach Kinzel bei Zacher Z. Vin, 380) 23 mal, vgl. femer ket : bet Ernst D. 1569. 4945. : gebet Ulr. Wh. 2807. : bret Ludw. Kr. 7594. 7600. :Arnstet Ludw. Kr. 2316. : Elisabet ebd. 2780. 4974. 8106. 8174. : magnet Ernst D. 3244. 3614. ; Mackmet Ernst D. 4688. Ludw. Kr. 1366. 6566. : Nazaret Ulr. Wh. 2799. Ludw. Kr. 7882. : stet Ernst D. 865.

Auf die Zusammenziehung Mte gründet sich hiete (Ind. Conj.), das bair. österr. seit 11. 12. Jh. erscheint und auch im Reim oft verwant wird, vgl. BGr. § 321. Schon früh begegnet auch die nach Art der 2. Sg. Pf. Ind. der st. Verba gebildete 2. Sg. Ind. hiete Vor. Ged. 178, 25. Litan. 217, 11. 222, 37; apocopirt Met zb. Tundal. 45, 81. Helbl. 1, 1165.

Die Zusammenziehung heite ist alemannisch, AGr. S. 387, Ulrich V. Türheim brauchte sie im Beim auf reite Trist. 3125. ; Seite 3456 ; er reimte auch im Präsens heit 36. 129. Im Bairischen tritt sie nur spärlich und unsicher auf.

Das Partie. Perf. P. lautet bei den Oberdeutschen regelmässig gehabet, gehabt gehapt. In jüngerer Zeit wird alem. und md. auch gehaben, gehan falschlich gebildet, AGr. S. 384. Rückert Entw. 265. Trebn. Ps. 89, 5. ümgelautetes gehebet gehept ist alem. und bair. im 14. 15. Jh. verbreitet, AGr. § 374. BGr. § 319.

i

426

§394. Die mitteldeutsch geläufige Form des Partie. P. P. ist

gehat. Reimbelege : gehat : hat Herb. 12436. Ursula 87. : berat Herb. 14772. : stat

6003. 8287. Hagen 3526. Wierstr. 1382. ; bestat Herb. 8586.

JB. Die Endung'en.

§395. § 395. Im Präsens sind die Personal- und Modal-

endungen, ebenso das Suffix des Infin. und Partie, dieselben wie in der st. Conj. Über die Gleichmacbung der alten drei Formen des Suffixvocals im Mhd. § 381 ; das aus i, o, e ent- standene e unterliegt der Syncope und Apocope nach der gewöhnlichen Regel. Mundartliche Färbungen des e sind i 0 u a, von denen i obd. und md. am häufigsten sind^ vgl. §§ 81—84. Eine Übersicht der Flexionen gab § 393. Für die einzelnen Endungen ist folgendes zu bemerken.

Ind. Sg. 1. Die gewöhnliche Endung ist -e. Neben diesem gemeindeutschen Ausgang steht im Alemannischen und Fränkisch-Thüringischen -en; im Bairischen gibt es nur 'wenige und zum Theil verdächtige Spuren davon (BGr. § 307, dazu Strobl Heinr. v. Neustadt IX. X). über diese Endung bei den st. Verben § 367.

Entstanden ist dieses -en durch Übertragung der Endung der 1. Person der 2. 3. schw. Kl. auf die 1. Person der allgemeinen mhd. schw. Conjugation ; es sind wesentlich Verba, welche jenen Klassen angehörten, die damit erscheinen. Im alemannischen Dialect haftete es so fest, dass Dichter des 13. und 14. Jh. es sich auch im Reim gestatteten, zb. leben : gehen Lanz. 2713. Lieders. 11, 47. 148, 721. Boner 27, 23. ; ergeben Lanz. 1470. schämen : namen Lanz. 317. senen : wenen M8H. 2, 70. sagen : belagen WvRh. 61, 46. Vgl. AGrr. S. 364. Für den bair. Dialect bezeugt Lamprecht V. Regensburg Syon 3913 ich sagen (: tagen) diese Endung.

Mitteldeutsch ist dieses -en verbreitet. Reimbelege:

haben :8caden Alex. 6197. .'begraben Ebern. 4098. haven:laven Marienl. 81, 29. : gdven 10, 20. : entsaven Earlm. 101, 2. spam (:varn Herb. 2163. staten (:unbaten 718. verdagen ('.sagen Ebern. 4028. sagen (: dagen Alex. 141. Karlm. 276, 22. : dragen Erl. 3374. ; haben Alex. 2677. :magen Orend. 160. : zagen Alex. 85. dagen (:h<iben

427

Alex. 6468. vrdgen (: betragen Herb. 8210. hegern (: zern Junk. u. § 395. Heinr. 243. Üben f: geben Alex. 445. 2281. Elia. 515. Ebern. 916. Hagen 1611. reben ('.gegeben Herh.lbl, irlechen (: sprechen VihX. Ib, zeUen Ogevellen Karlm. 139, 15. kennen (: genennen Karlm. 18, 17. bekennen (: genennen Marienl. 18, 38. leren (: keren Herb. 3531. verwenen (: Ionen Alex. 2680. meinen (: reinen Marienl. 119, 36. bereiten (:beiten Alex. 6744. gedingen (: singen Herb. 8688. bekorn (: geborn Ebern. 3895. gewonen (:donen Pilat. 58. loben (: geschoben Ebern. 3021. unhogen (: gelogen Herb. 2272. bocken (: trocken Pilat. 78. geröken (:besöken Karlm. 219, 55. anschowen (: vrowen Marienl. 3, 13. getruwen (: büwen Alex. 404. düden (: lüden Earlm. 49, 34.

Bas Niederfränk., welches noch im 11. Jh. die Endung 'On, -en kannte, hat sie im 12. Jh. aufgegeben, Braune bei Zacher Z. IV, 300. Busch ebd. X, 321.

Das Endungs-e wird natürlich nach kurzen Stämmen in Liquida mhd. apocopirt, zb. ich dol, erhol, schäm, ner, spür; mundartlich geschieht die Apocope auch nach Muta und ohne Rücksicht auf die Quantität der Stammsilbe, besonders bairisch^ aber auch im jüngeren Alemannisch, zb. ich sag, bejag, meifif bewcer, diut, zell, meld, warn BGr. § 307. AGr. S. 364

Die 2. Sg. gieng in -es aus; früh trat t an, so dass -est die gewöhnliche mhd. Endung ist; vgl. § 368.

Belege für die Erhaltung der alten Endung -s sind ober- deutsch u. a.

klages Otages Trist. 12487. maches (: gemaches Kindh. 87, 85, mans : Alischans Wh. 55, 10. wens : Orlens 124, 4. wendes MSA. 126, 2, gelönes 205, 10. laistes Gundach. 4337. tFber häs BGr. § 319.

Md. hielt sich das -es, -is zäher. Im Niederfränkischen

des 12. 13. Jh. herscht es durchaus. Stehend ist diese

Endung in der Strassburger Litanei (Massmann 43—63), vgL

ausserdem

geröchis : is Both. 978. zuckis 1083. levis sirevis 1547. quelis 3325. sundigis 1957. säs (säges) : dwds Earlm. 113, 24. : häs Mastr. Ostersp. 623. Beime auf häs § 394. höres Marienl. 24, 23. cmsea laches maches 38, 23. bekennes 49, 33. nideres 61, 2. beflickes beklickes Elia. 7447. vräges : tages Schoneb. 4563. getrouwes : touwes 796. sezzes wetter. Ostersp. 40. keres versmehes Leyser Pr. 45, 28. geloübes 122, 15. redes lüchtes Eath. sp. 163. 169. lönes Trier. Spiegelb. 269, 9. lüchtes Musk. 52, 33. tzwyfels Harff 196, 6. ferfolchs 197, 28. In den Treb- nitzer Ps. ist -s die regelmässige Endung, Pietsch LXVJLU. f.

428

§395. Auffallend ist die Endung -et, -t, die sich wenn auch

selten in altschles. Kss. findet: du hasset, leit, seit Rückert Entw. 217. 253. Das s schwand hier vor t. Auf gleiche Ur- sache wird sich mache du Elis. 1190 zurückführen: s schwand vor der angelehnten Lingualis. Vollständigen Abstoss der Endung bei lingualem Stammauslaut vor angelehntem Pronomen zeigt erglastu Lamprecht Syon 863.

3. Sg. 'et, 't. Linguale Stämme üben vor dieser Endung zuweilen starke Syncope (von Consonant und Vocal). Reim- belege :

schat : hat Hartm. B. 1, 1761. :hat Helbl. 3, 3. :mat Boner 16, 45. ret< (redet) : gelegenheit Georg 3338. :ge8eit Freid. 124, 9. gehet : tet Freid. 108, 25. swent : Jent Helbl. 2, 78. verscholt : holt Bari. 27, 14. muot:guot wGast 3198. beriht : niht JJlr. Wh. 1151.

§396. § 396.

Plur. 1. -en, -n. Bei Anlehnung des Pronomens tvir schwindet das n, zb. gelobe wir, sage wir, wise wir, zume wir; nach kurzem Stamm in Liqu. fällt die ganze Endung ab : dol wir, ner wir, schäm wir, auch nach Suffix in Liqu., zb. zwivel wir (Vor. Ged. 42, 26). Es findet sich aber auch überhaupt Abwurf der ganzen Endung vor enclit. wir, zb. loh wir, mach wir, vuog wir. An Stämmen auf nn wird die Endung in vulgärer Sprache ganz gespart, zb. wir bekenn Henneb. U. II, 66.

Epithetisches t schliesst sich der Endung unter Ein- wirkung der 3. PI. leicht an ; schon Eriedb. Kr. F. 2, 6 duldent.

Plur. 2. -et, 't; die Endung wird wie in der st. Conj. § 369 von -ent und -en als Nebenformen begleitet. Auch hier ist -ent am häufigsten alemannisch AGr. S. 367, bairisch ist es seltener BGr. § 308, aber doch durch einen Eeim bei Heinr. v. Türlein (Krone 2685 gemant : hant) gesttizt. Mittel- deutsche Belege mangeln nicht:

wardent Friedb. Kr. H. 2, 11. havent Koth. 3134. kerent Sel.Tr. lß\ mirkent Musk. 70, 151. 87, 101. hereident wett. Ostersp. 48. vrägent 59. wenent 336. habent Nordh. Weist. A. § 7.

-en ist von Zazikhoven ab (Lanz. 2723) sicher belegt,

AGr. S. 367.

429

Bei den Zw. in Lingualis geschieht auch an dieser Person § 396. starke Syncope, zb. ir beriht, hmt, enmnt u. s. w.

Plur. 3. -ent, -nt. Im Md. fällt t früh ab. Aus Otfried F. V. hat Kelle Otfr. II, 87 Belege verzeichnet. Das mfrk. Legendär hat -on -en fast durchweg und verwendet es auch im Reim, Busch b6i Zacher X, 321. Im Athis begegnen die Reime irbeizin {: ummecreizin C* 132. uobin Qtruobin 155. irzouwin (: vrouwin 162. virröstin (; kostin F. 1. virminnin (: beginnin 7; vgl. ausserdem Ath. F. 5. 6. 9. 10. 11. 12. 16. Auch im Gr. Rudolf steht haben C. 7. achten rüchen C\ 24. 25. Veldeke brauchte diese 3. PL Ind. in -ew im Reim: (geven) : leven Servat. 1, 148. Trojanen : wänen En. 4490. luochen {:fluochen MF. 65, 7. suochen (:ruochen 65, 11. minnen {: sinnen 67,28. Die-md. Dichter des 13. 14. Jh. bedienen sich dieser Endung ebenfalls, vgl. vorschouwen (:vrouwen Ebern. 1436. hän (: sän 1685. leben {: geben ülr. Wh. 3062. zelten (; gelten 3096. haben (: Swäben Ludw. Kr. 1061. verren (: erren Frauenl. 413, 16. leben (: gegeben Jungfr. sp. 182. streben (; geben Kath. sp. 167. Bei Johann von Frankenstein ist -en nach den Reimen zu schliessen (Khulls Abhandl. S. 20) die Regel. Im 14. Jh. ziehen die md. Schreiber das -en dem -ent entschieden vor, vgl. u. a. Leysers Pred. aus dem 14. Jh.

Der elsässische Dialect zeigt auch hierin seine enge Beziehung zu dem Md., dass die 3. PI. Ind. in -en häufig in ihm begegnet, AGr. S. 368. Die Obd. enthalten sich im 12. 13. Jh. dieser Nachlässigkeit meist, doch steht Freid. 77, 7 hän {: gän), Lamprecht von Regensburg reimt Syon 2530 wüeten : behüeten (Inf.) und einzeln begegnet auch ausser Reim -en, zb. haben Wiener Sitzungsber. XCIV. 191, 3. Im 14. Jh. hat unter Einfluss der Ausgleichung zwischen Ind. und Conj. im österr. Dialect das -en sich rasch entwickelt: Suchenwirt brauchte nur die 3. PI. Ind. in -en, Koberstein Sprache des österr. Dichters Suchen w. 1, 41.

§ 397. Conjunctiv Präs. Der Moduskaracter ist völlig §397. verwischt; tiberall herscht das der Tonlosigkeit oder dem verstummen unterworfene e, mundartlich von den Spielarten i a u begleitet. Der mhd. Conj. unterscheidet sich von dem

430

§397. Ind. nur noch in 3. Sg. und in 3. PI. Aber in 3. PI. tritt auch der Versuch zur Beseitigung des Unterschiedes hervor, da einerseits die 3. PI. Ind. ihr -t aufgibt, andrerseits die 3. PL Conj. ihrem -en zuweilen -t anfügt.

Die alemannischen erweiterten Formen in -eje (ege) sind in mhd. Zeit noch erhalten, vgl. macheje -est, vastegest, irreie, sträphege, habege, besorgege, ahtegen, opheregen AGr. S. 369. f.

Von dem alten Stammkaracter der 1. schw. Conj. zeigt sich noch eine Spur in 1. PI. cherigen Xaraj. 32, 3.

Die alte Endung der 2. Sg. in es, -s ist neben der

herschenden in ^est, -st noch nachzuweisen und wird besonders

md. fortgeführt.

gers : Nivers Wh. 413, 17. '.enpers Jen. Fragm. 160. muotes Oguotes) lieds. 192, 442. leiates MSA. 210, 22. »umes Alex. 2908. eres leeres 4095. f. vorchtes Roth. 3331. lönis 3057. gefromes (: sunis) Glaube 38. maches erschozes Elis. 7214. achtes 7215. vristes Leyser Pr. 31, 20. getruwes ewivdes 31, 33. lebes 43, 26. hdbis 76, 28. gemaches Myst. I. 4, 24. höres 9, 39. erheües 152, 27.

Die Endung -ist steht im Eeim bei Morungen MF. 133, 35 lönist : krön ist. Sie war bereits in den notkerschen Hss. nicht selten neben -est; in Otlohs Gebet ünden sich 3 est, 2 astj 1 ist, 1 ost.

Die 2. PI. hat wie im Indicativ die Nebenformen -ent und -en, die hauptsächlich alemannisch zu belegen sind, u. a. gesigent (: ligent Bari. 226, 3. bereiten (: beiten Lieds. 166, 263. Sie werden namentlich in den Hss. des 14.— 16. Jh. häufig, AGr. S. 370. f. §398. § 398. Imperativ. Die 2. Sg. endet in -e, als den Rest

des Conjugationssufßxes. Dasselbe unterliegt der Apocope; bairisch erfolgt sie selbst nach langen Stämmen seit 13. Jh., BGr. § 310, und auch Hartmann von Aue brauchte Greg. 2639 vor tonlosem daa den apocopirten Imperat. rüm (die Schreiber von AG namen daran Anstoss). Jedenfalls hat der endungs- lose starke Imperativ eingewirkt, wie umgekehrt der schwache Imperativ auf die Anfügung des e an den st. Imper. Ein- iluss hatte.

1. PI. in -en wird in den Schriften des 13. Jh. oft gebraucht, AGr. § 369.

431

Die 2. PI. endet in -et, -t, mit denselben Nebenformen §398. -ent und -en wie im Ind. und Conj. Die Endung -ent ist alem. und md. beliebt.

Ein Beimbeleg lerent (: erent Pantal. 1770, weiteres AGr. § 369. Md. Belege u. a. sagent Elis. 4463. prüfent 1439. merkent Myst.

1. 6, 8. myrkent Vorbew. 21. gedenkent 21. weinent 42. verzagent Xarlm. 145, 37. körent wett. Ostersp. 204. fullent 30. bedrachtent 539.

Die Endung -en ist in alem. Schriften des 14.— 16. Jh., namentlich in elsässischen, beliebt, AGr. § 369 ; mitteldeutsch erscheint sie auch, zb. hoden Trier. Spiegelb. 269, 6. ge- denken 268, 35.

§ 399. Die gemein mhd. Endung des Infinitivs ist §399. -en. Nebenher geht obd. und md. -in (von Otfried im Reim gebraucht I. 25, 8); ferner unbestimmtes -an (bair. selten, alem. in vulgären Schriften des 13. 15. Jh. nicht selten, BGr. § 311. AGr. § 370, über die Verhältnisse im 11. Jh. Vogt bei Paul -Braune Beitr. 11, 233. 264. Md. ist an im 11. 12. Jh. ebenfalls nachweisbar, vgl. cheran Friedb. Kr. A.

2, 8. gesagan J. 2, 4. gewan : munechan Ezzol. Einl. 10. giner Jan : man Annol. 224. minnan : man 70. siechan : man 710. dienan : gän Roth. 2482. warnan : man 3004. vrägan : man 4017). Alem. ist auch -un in jüngerer Zeit öfter zu finden, AGr. a. a. 0., Laistner in P.-Br. Beitr. VII, 558, das sich an das fortlebende -on 381) zunächst lehnt. Aus bair. Quellen ist -un aus 11. 12. Jh. belegt P.-Br. Beitr. II, 233. f., wozu noch zu stellen ist bluotun (: situn) Karaj. 35, 13.

Stämme in n und m können in nachlässiger Rede die

ganze Infinitivendung abstossen. Reimbelege:

vbergin : »in Freid. 126, 20. man : darum Otack. c. 74. mein : zwein c. 105. Ion : schön Orend.58. gearn : harn Ammenhus. 466 (Vetter). lern : gern Jüngl. 480. ; kern wGast. 10676. verlougen : tougen Wemh. Mar. 183, 45. lougen : ougen Trist. 15717. gelaufen : ougen Flore 1829. entwäfen : släfen Krone 26290. orden : worden 7909. rechen : sprechen Teichner Lieds. 172, 88. kon (= komen) : gewon Lieds. 187, 84. erparm : arm Otack. c. 56. 102. Vgl. ausserdem AGr. § 370. BGr. § 311. Landschaftlich entwickelt ist der Abstoss des n; bei kurzen Stämmen in Liqu. schwindet dann auch der Vocal. Diese Infinitive in -e sind dem alem. Dialect sehr ge- läufig und werden von den Dichtem des 13. 14. Jh. auch im

432

§399. Reim benuzt, AGr. § 370. Wackernell Montfort CLXXVl. Im bairischen sind sie selten, vergl. die Ifachweise § 372. Dagegen sind sie in dem Fränkischen und Thüringischen ganz gewöhnlich. Schon eine massige Sammlung von Reimen kann das bezeugen.

were (:here Alex. 1883. 2391. irwere (:mere 2247. anestare (:geware 361. bekere (:mere 6776. teüe (.-heile 3762. werke (: bette 5315. Rother o. aber nicht im Reim; heüe (: eine Glaub. 855. mende (:ende 909. geleiste (-.geiste 1629. weine (-.gemeine 1588. schenke (: benke Herb. 532. wander (: ander Erlös. 331. spar (: dar M. Himmelf. (Haupt IV) 1151. gespar : adelar Wartb. 23, 13. selber : her 17, 2. künde (:sunde grRud. 22, 13. lerne (: gerne 6, 23. Ü6 : sinen 11, 5. löne 4, 7. sage 10, 2. sente 18, 26. kaffe (: geschaffe MSH. 2, 22'. Hetzb. V. Wissensee. pfende (: eilende 24». gebüze (: süze 23*. dol : wöl Ebern. 1316. Jungfr. sp. 183. erhol : wcH Ebern. 682. bewar : dar 2456. wer : her 385. schimele (: himele 362. berihte : nihte 355. wende (: ende 794. barine (: warme 1526. erlange (: umbehange 3268. verwene (: trene 1343. leite (: gereite 1494. genüge (: füge 8. vernmoe (: getrüwe 3564. (serej : lere Väterb. 5366. (mere) : vorkere Secund. 76. ; kere 355. zustore (: köre) Brandan 810. note (: töte) Secund. 338. knie : hie 291. lerne: gerne Md. Ged. 92,283. labe:abe 95,380. grüze : vüze 96, 43S. sende : enelende Jungfr. sp. 173. durhgrunde (: stmde 182. kere (: lere 174. (sa^e) : mache Krolw. 50. ere (: mere) 246. meine (: eine) 415. sage (: tagej 864. u. o. ygl. Lisch Heinr. v. Krolw. Vaterunser S. 11. f.

Über den Mangel an Belegen der apocop. Inf. im Ost- deutschen vgl. § 372.

§400. § 400. über den Genitiv und Dativ des Gerundivs

gilt zunächst das allgemeine, das § 372 bemerkt ward. Die vollen Formen sind -ennes -enne, die erleichterten -enes -ene {enSy en)f die von Alemannen und Mitteldeutschen gern ge- braucht wurden: AGr. § 371. W. Grimm zu Ath. A. 32.

Epenthetisches d wird alemannisch seit 13. Jh. beliebt: Gen. -endes, namentlich Dativ -ende (apocop. end, ent), mit verhallendem Nasal -ede, -ed, AGr. a. a. 0., zb. an hunic- lichem lebende, ze lobende, ze besetzende, ze sagent, ze 'ähentf ze bekennede, ze wandelde.

Fränkisch - thüringisch kommt das epenthetische d seit

12. Jh. vor:

ze tagende grRud. 23, 28. ze heilende Herb. 11057. habende 11355. ze rihtende Höfer 1, 17. ze lengende kurtzende Hü. m, 1208. mit irem

I

I

433

lebende Leyser Pred. 56, 24. zu pinende 44, 38. zt* lösende 55, 36. § 400, tötende 56, 23. Bei Herrn, v. Fritslar neben -ene nicht selten, zb. Myst. I. 8, 10. 9, 25. 18, 39. 35, 22. 92, 17. 120, 15. 121, 18. u. ß. f. ; zu vordirndi Mülh. R, 46. czu teilende -lehinde Nordh. Weist. B. 1213. zu weynende Köditz C. 23, 2^. weynde 55, 5. 8. zu sendende (1480. Mainz) Mone Z. VII, 26. In altsohles. Schriften gehn die Dative in -ende und -ene neben einander her, vgl. Pietsch Trebn. Ps. LXX. f.

§ 401. Das Participium Präsentis endet mhd. §401. gewöhnlich in -ende; dialectlich (alem. und md.) ist -inde bei Partie, der alten 1. schw. Conj. vornemlich beliebt. Alem., aber namentlich bairisch, kommt -unde vor, vgl. die Reime

dienunde : umbe Vor. Ged. 246, 3. toeinunde : munde Eab. 324, 1. : chunde Otack. c. 738. tvartund : stund c. 733. trahtund : stund c. 819. suechund : vund c. 149.

Vgl. Bair. Gr. § 312. AGr. S. 380. Alemannisch ist dies unde bis in das 17. Jh. nachweisbar.

Über md. Participia in -unde sind § 84 Nachweise ge- geben.

-an de kommt im 12. Jh. zuweilen obd. und md. im Reim vor: *

ilande : gesande Wemh. Mar. 199, 16. üande : tvigande Roth. 2621. runande : lande Roth. 1224. scrickande : Stangen 2158. trörande : lande 1392. :viande 1419. weinande : landen 4036.

Alemannisch ist es ausser Reim noch im 13. 14. Jh. zu belegen, AGr. a. a. 0. Vgl. auch § 82.

Zu bemerken ist ferner Ausfall des -n, der alem. und bair. im 13. 14. Jh. nicht selten auftritt und nach Liquida oft mit vocal. Syncope verbunden ist:

töude O^föude Parz. 76, 28. 230, 40. 291, 4. schamediu Parz. G. 27, 9. senede MF) 158, 3. senide MSA. 125, 21. klagede MF. 168, 23. minnede Trist. M. 1349. meinede wonede Mem. 20. spüde Walth. 45, 38. sende Trist. M. 61. schamde Bari. B. 124, 8. werde Trist. MW 5080. diende Nib. C. 11873. glenzde Lobges. 89, 2. Vgl. BGr. a. a. 0.

Das Vorkommen dieser Ptc. in -ede, -de im Md. belegen die Trebnitzer Psalmen, vgl. Pietsch LVI.

Auch bei den schw. Zw. erscheint der Ausfall des d in der Endung des Part. Präs., der für die st. Verba § 373 erwähnt ward ; es zeigt sich also -ene, en für ende, end, und die Vermischung mit dem Inf. ist in manchen Verbindungen die Folge. Im Md. ist der Vorgang am entwickeltsten, vgl.

Wein hold, mittelbochd. Oramm. 2. Aufl. 2B

434

§ 401. Bechs Abhandlung 373 angeführt). Doch erscheint er auch obd., und Hug von Montfort brauchte diese Formen selbst im Reim, zb. ir sigint tot od leben (: begeben) 5, 229. frölich und och lachen (: gemachen) 31, 175. 180. an kreften was er der wem (: Bern) 24, 63.

Für -nd' ward md. vulgär auch -ng- gesprochen, § 219. Flectirt wird das mhd. Ptc. Prs. stark und schwach gleich dem Adjectivum.

§402. § 402. Perfectum Indicativi. 8g. 1. 3. -te md. de,

und der Apocope unterliegend in stärkster Verstümmelung der alten Verbalform § 378. Über die Behandlung der Perfect- endung in Syncope und Apocope §§ 382 385. Auffallend ist eine späte md. Nasalirung der Endung der 3. 8g. : tnaoten (vor Vocal) Leyser Pr. 24, 4. duyrden Wierstr. 1310. vtdten 1372. leschten 1374. sorgden 1810. neyghden : eyghden 2139. handelden : wandelden 2793. Bass dies lebendige Formen sind, lernt man aus der heutigen kölnischen Mundart.

Die 2. 8 g. geht mhd. in -tes (tis) aus, geschwächt aus tos. Epithetisches t findet sich so häufig, dass -tes Ausname ward. Einige Belege für erhaltenes mhd. -tes:

Windberg. Ps. 5, 6. 9, 5. 42. 21, 17. 29, 3. 53, 7. u. ö. volgedis Both. 4547. trudü 44dl. lerdis 4485. santes 470. gertis 980. versmädis 4545. hetis, lebetis, plegetis Litan. S. 598. löstis 919 (überhaupt Regel in Lit. S.). ladetes Nib. C. 2038, 3. versmähtes Bari. B. 43, 27. wachtes (: fuwhtes) Pass. K. 2, 90. wöldes (: gddes) Pass. H. 285, 77. erharmetia Leyser Pr. 75, 32. hattea 73, 19. geopfertes Myst. I. 175, 31 ; Marienl. 6, 21. 13, 19. 18, 25. 27. 29. 61, 7. 66, 25. u. ö. ertretiketes ver- hengetes Jungfr. sp. 180.

Der alem. Dialect hielt -tost, das auch bair. und fränk. im 11. 12. Jh. noch erscheint, mit gestörter Quantität lange fest, zb. Diut. 2, 288. 292. 297. Wack. Pr. 69, 81. 77, 12. 17. 82, 1. 83, 48. 51. 84, 22. 85, 46. 90, 8. Griesh. Pr. 1, 158. 164. Mone Anzeig. 8, 491. Bihteb. 27. 38. Martina 1, 66. 227, 20. WvRh. 200, 55. 201, 15. 19. Beispiele von -tust gab Laistner bei P.-Br. Beitr. VII, 553 aus der Zwiefalter Benedictinerregel (13. Jh.).

In obd. Hss. des 12. 13. 14. Jh. zeigt sich zuweilen epithetisches e, zb. du gruntfesteste Windb. Ps. 101, 26. ver-

435

Zeiteste Bened. Pr. 67. ladeste Nib. A. 2038, 3. irjs^umdoste §402. Anzeig. 8, 506.

Nach der Analogie von brcehte dcehte 386. 407) und der 2. Sg. Pf. Ind. der st. Conj. § 374 tritt seit" 12: TEI eine IJebenform der 2. 8g. in -te auf. Am frühesten geben sie

bair. österr. Hss., zb.

hdte : getäte Ezzol. 2, 5. 6. du ruohte Denkm. XLVI, 49. rekote du Vor. Ged. 9, 19. hiete : gemäte ebd. 178, 25. Litanei 217, 11. 222, 37. wcmtelote du Windb. Ps. 40, 3. gegerte : gewerte Stricker Karl 9228. erlöste (: tröste) Lampr. Fr. 1905. du htjete 21H. minte 4037. Apoco- pirte Fälle geben BGr. § 314 und Diemer Genes, und Exod. 11, 43.

Alemannisch ist die Endung -te seltener und später, zb. gewenkte verJcrenJcte Hätzl. 126^ lept Lieds. 164, 59. Häufig ist sie in den fränkischen Dialecten,

zahlreich in den Trierer Psalmen (Bech Germ. 15, 156), femer Salom. 1368 du hrente, MHimmelf. (Giessen. Hs.) 134. 145. 154 du gerückte, 166 du koufte, Erlös. 2148 du mehte, 5783 aougte, Heinr. Trist. 5085 du moMe, Paris. Tagzeit. 1950 du meinte : vereinte, 2812 du erkente : Oriente; Ged. v. d. Herren Leichn. Altd. Bl. H. 351 du mehte : getrehte, 352 : knehte. Beispiele aus den Trebnitzer Psalmen in Pietsch Ausg. LXX.

Der Conjunctiv-TJmlaut begleitet auch diese Endung.

§ 403. Der Plural gibt zu wenig Bemerkungen Anlass. §403. An das "ten der 3. und dann der 1. Person trat unter Ein- wirkung der 3. PI. Ind. Präs. t in nachlässiger Rede und Schrift, wie schon seit 12. Jh. nachgewiesen werden kann: mantent si Vorauer Kaiskr. 93, 27.

Die 2. PI. in -et, -t hat die Nebenformen -ent und -en wie im Präsens, namentlich alemannisch, doch auch mittel- deutsch, vgl. AGr. S. 373 und horddent Eriedb. Kr. G. 1, 11. mochtin Roth. 1968. Eür -en vgl. auch die alem. Reimbelege Seiten {: leiten trKr. 5179. walten {: halten Montf. 5, 231. An Stämmen auf Lingualis schwindet die Endung zuweilen; Abwurf nur von 4 erscheint in tröste Wigal. A. 161, 8.

Für das gemeine e der Endungen ist i obd. (alem.) und md. verbreitet. Femer sind bis zum 15. Jh. alemannisch --ton -tot 'ton sehr beliebte dialectliche Formen, AGr. 8. 373. Bairisch kommen sie im 12. Jh. noch vor, BGr. § 315. Paul- Braune Beitr. II, 234.

28*

/

436

§403. Seltener sind -tun und -tan. Für -tun, das in alem.

Denkmälern zuweilen für -ton eintritt (P.-Br. Beitr. VII, 552),. finden sich auch alte md. Belege in dranMun Friedb. Kr. B. 2, 4. sagedun G. 1, 18.

§404. § 404. Im Gonjunctiv Per f. sind die gemein mhd.

Endungen denen des Indicativs durchaus gleich. Für e haftet im Alem. i grade im Conj. so fest, dass sogar Reime darauf erscheinen, wie die 3. PI. lebetin : erin Flore 1956. wissetin :sin WvRh. 21, 51; vgl. AGr. § 368. Wackernell Mont- fort CLXXVII.

In der 2. Sg. ist die Endung mit epithet. t, 4 est, Regel,, die alte -tes ist Ausname. Belege für sie geben u. a. dorftes Nib. C. 445. hetis Alex. 2747. bereditis, bescohetis Roth. 334. f.. gloubetes Myst. I. 20, 35. betetes 90, 3. hettis Germ. 17, 347. Köditz 68, 2. heddes Marienl. 56, 33. 79, 22. Kath. sp. 162. Das Md. zeigt sich auch hier der Endung -es länger geneigt als das Obd.

Epithetisches ^ in 1. 3. PI. und die Nebenformen -ent und -en in 2. PL erscheinen auch in diesem Modus, vgl. AGr. S. 375. Ebenso schwindet auch hier die Endung der 2. PL nach Lingualis der Wurzel. Abstoss nur von -t zeigt sich in müeste Frauend. 230, 7. möhte : töhte Krone 21531.

§405. § 405. Das Participium Perf. Pass. wird durch

das indogerm. Suffix -ta gebildet, Bopp Gr. § 817^ ff. Das- selbe tritt entweder ohne vocalische Verbindung an den Stamm oder mittels des Sufßxvocals der schw. Conjugation. über die verschiedenen Formen vgl. §§ 381. 389—392. Flectirt wird das Partie. P. P. wie die Adjective entweder stark oder schwach nach der geltenden Regel, § 500. f.

Abstoss des -t bei Bewahrung des Endungs-6 kommt in späterer Zeit vor ; Hug v. Montfort reimte betrachte (: machtey Montf. 32, 33. ; (achte) 15, 150. verfuere (; schnuere) 38,^114. Gewöhnlich tritt dem Partie. P. P. das Präfix ge vor. Ohne ge ist gebräuchlich bräht, femer zeigt sich einfache» decket vreischet veget keret Meidet krönet koufet küsset. Auch die Participia der Zw. in -ieren meiden gern das Präfix gcy Grimm Gr. II, 847.

437

XII. IMEischiing' sta.]:*kei* und sch.\^a.cli.ei*

TempusfoiTiiieii«

A. Feste Miscixung'. 1. Starkes Fräsena, sohwaches Ferfeot. § 406. ginnen, gewöhnlich beginnen, st. ablaut. Zw. §406. <ler a-Klasse (i, a, u) geht regelmässig nach seinem Klassen- karacter beginne began begunnen begonnen, Neben dem st. Terfect began steht aber schon ahd. eine schwache Neubildung : bei Tat. Otfr. Notker bigonda, selten bigunda, im Isidor und in den gl. Lips. 81 bigunsta (mit euphon. s).'^) Mhd. herscht neben began das häufig im Reim von Ober- und Mitteldeutschen gebrauchte begunde mit der alem. beliebten Nebenf. begonde. Belege aus alem. und bair. Denkmälern AGr. § 377. BGr. § 324. Aus mitteldeutschen Quellen Belege, aus denen sich ergibt,

<lass -w- vorgezogen wird:

Ind. begunde : unde Herb. 5145. : hunde Pass. H. 77, 83. : hunde 247, 6. : künde Ernst A. I, 8. Karlm. 147, 14. 258, 34. : munde Pass. H. 242, 37. : stunde Alex. 6470. Herb. 2540. 6189. u. ö. Marienl. 3, 24. ■91, 28. Pass. H. 253, 57. Karlm. 93, 16. Plur. begunden : gebunden Pass. H. 60, 86. : vunden 82, 38. : künden Alex. 5908. Pass. H. 93, 58. -Sunden Marienl. 8, 35. : stunden Pilat. 211. Earlm. 125, 36. 207, 50. ,• wunden Alex. 4608. Marienl. 45, 20. Conj. begunde : gunde Karlm. 574, 62. : künde 126, 50. ; sunde Pass. H. 53, 34.

begonde : konde Ath. A.* 34. Ausser Reim Rud. 11, 5. u. ö. <xlaub. 218. 1952. 1966. begonden Glaube 366.

Im Partie, kommt fast nur das starke begunnen vor, das schw. beginnet ist selten: j. Titur. 311, 1. 328, 3. 1428, 1 vom Schreiber der Heidelb. Es. 383 gesezt ; begunt : kunt Hagen 6121. :s^ww^Jerosch. 184. 6e^wn^ Schoneb. 8706. begont : Piremont Jerosch. 24976. begont Leyser Pr. 36, 30.

Die Form mit euphon. s weiss ich mhd. nur aus Thü- ringen zu belegen; später hat sie der in Thüringen auf- gewachsene M. Luther (Ph. Dietz Wörterb. 1, 231) und der Wetterauer Alberus.

begunste Köditz 11, 29. 12, 12. 23, 26. 39, 17. 44, 13. PL be- gunstin Köditz 43, 15. 55, 5. begonste Köditz 12, 8. 40, 15. 41, 22. 42, 28. 52, 25. 65, 4. 68, 15. 92, 12. PI. begonsten 69, 26. begonstin

*) Mutmassuugen über dieses -st stellt P. Möller bei Paul-Braune Beitr. VH, 459. 467 auf.

438

§ 406. 54, 13. Ptc. begunst : brunst Pass. H. 56, 27. ; kunst Väterb. 1132, Ausser Reim Pass. H. 286, 69. Rothe Kr. 210. 466. begonst Pass. K. 5, 77. Höfer ü, 75.

Den Beweiß, dass die meisten mhd. Dichter im Verse präfixloses gunde brauchen, der Dichter des Mai auch präfix- loses gan, und dass jüngere Schreiber gunde nicht selten dem begunde vorziehen, gab Haupt zu Erec 23; vgl. auch Serv. 885. 2113. Stricker kl. Ged. 5, 2Q, Lampr. v. Regensburg^ Fr. 3401. 4691. Ulr. Wh. 371. Frauenl. 369, 5 und hierzu Ettmüllers Anm.

§407. § 407. bringen (md. br engen) bildet das Präs. durch-

aus stark. Das starke ablautende Perfect brang brungun ist ahd. nur bei Otfr. erhalten, das st. Partie. P. P. ziemlich häufig in alten Glossen. Mhd. ist es selten, aber aus Reimen

zu belegen :

PI. brungen : sungen Earaj. 37, 10. Conj. brunge:sunge MSH. 1, 146. Ptc. vöUebrungen : gedrungen Virgin. 329,' 10.

Vgl. AGr. § 377^ BGr. § 324.

Die gewöhnliche Perfectform ist mhd. brähte (ahd. /' prähta brähta), Conj. brähte brcehte^ Ptc. bräht (mundartL bracht, braicht). Der Nasal schwand aus dem Perfectstamm,. an den die Endung ta unmittelbar sich anschloss, wie in dahte und dnhte. Das a ward gedehnt. Eine Spur des Nasals- zeigt noch branhten Vor. Kaiskr. 296, 9.

Die 2. Sg. Ind. lautet brähtes, daneben kommt brcehte

vor, gleich dem dcehte § 386. Belege: ~

gedrehte : brahtelCSStpiechtB Syon 4033. fürbrcehte : gedahte EracL Vorr. 42. brähte Windb. Ps. 39, 9. 70, 23. Milst. 161, 20. Lobges. 41, 9. du brceht Wh. 454, 1. brehte Vor. Ged. 301, 10. Mart. 115, 38.

Ohne Umlaut bracht : macht Wolkenst. CXIX. 3', 20. : vermocht Otack. c. 164.

Zu dieser conjanctivisch umlautenden 2. Sg. Ind. stellt sich die 3. PI. Ind. brcehten Parz. D. 25, 19; vgl. das über indicatives treten § ^3ß3-bemerkte.

Die Dehnung des a und seines Umlautes mag wenigstens

für den Nordwesten fraglich sein, vgl. die Reime:

Ind. brähte : ahte Pass. H. 203, 34. brahten : ahten Alex. 1524.

Conj. brehte .'hnehte Alex. 268S, :rehte Hagen 6031. Karlm. 210, 63. : geeichte 'NrKBnchst.lyS. PI. brehten : knehten Alex. 4i96l, nnehten Alex. 62. : sehten Morant 260.

439

2. Verlsa preeteritoprsesentia, Zeitworte mit versohobeBem

FräteritTun.

Starkes Perfect mit Präsensbedeutung, schwaches Perfect neu gebildet

zur Bezeichnung der Vergangenheit.

§ 408. Die Zeitworte mit verschobenem Präteritum haben § 408. die formale Eigenthümlichkeit, nur Perfectformen zu besitzen ; die Präsensform ist verloren gegangen. Ihr Präsens hat die Form eines ablautenden Perfects; zur Bildung der Ver- gangenheitform trat die Endung des schwachen Perfects ohne Suffixvocal an den Perfectstamm und zwar mit Ausname von mugen, wo früh eine Störung eingetreten ist, an den Stamm des Plur. Perf. Der Infinitiv, Imperativ und das Partie. Präs. musten sich erst alimählich bilden, da Infin. und Imper. im german. Perfect fehlen und ein Particip des activen Perf. ebenfalls mangelt.

Diese Verschiebung der Bedeutung, welche die Form- veränderungen veranlasste, gründet sich auf die Herausbildung eines abstracten aus ursprünglich concretem sinnlichem Begriff. Als allgemeinen Karacter dieser Zeitworte kann man den Ausdruck einer Fähigkeit oder Bereitschaft zu einer näher zu bestimmenden Handlung bezeichnen; sie haben etwas unselb- ständiges, der Ergänzung durch einen zutretenden Infinitiv bedürftiges und finden daher als Hilfsverba starke Verwendung.

Versuche, die Grundbedeutung derjenigen alten starken Verba, auf welchen die PraeteritopraBsentia ruhen, zu ergründen, sind mehrfach ge- macht, vgl. überhaupt J. Grimm Gesch. d. deutsch. Sprache Cap. XXXV. und C. Pauli über die deutschen Verba prsBteritoprsBsentia. Stettin 1863. Femer: Scherer zur Geschichte d. deutschen Sprache (2. A.) 311—319. Kluge Beiträge z. Gesch. der german. Conjugation 81. ff.

Die Präteritopräsentia gehören gröstentheils der a-Klasse an, eins der i-Klasse, eines der w-Klasse, vgl. die Präsentia

mac scäl an kan tar darf muoz

wetz

touc.

Ihnen gemeinsam ist die Endung der 2. S^. Prs. Ind. auf t, worin sich die altgerm. Personalendung der 2. Sg. Ind. Perf. erhalten hat, die sonst im starken Perf. dem Deutschen wie den andern germ. Dialecten, ausser dem Gotischen und Nordischen verloren war 374).

/• /

f 440

§409. § 409.

Präs. Ind. 1. 3. nute 2. mdht PL magen megen, mugen mügen mögen

(mun) Conj. mege muge Inf. fnv^en

müge möge mügen mögen

Part, megende mugende mügende Perf. Ind. mähte mohte Conj. mehte mohte (möhte) Ptc. (gemohtj

Oberdeutsch und noch mehr md. wandelt sich die aus- lautende Explosiva von mac oft in die Fricativa ch nach allgemeinem Vorgange § 234. 237.

Für den Plur. Präs. wäre nach dem Klassenkaracter mägen (got. megum) zu erwarten. Allein im Grot. lautet er magum, im Ahd. magun neben mugun, ags. magon, altnord. megum, altsächs. mugun (Erklärungsversuche bei Scherer GdSpr. 312. Huge^^zg^egfilu-A.. Coxy. 62). Das alte magen ist bis in das 12. Jh. hochdeutsch nachzuweisen:

zb. Fnndgr. I, 61, 4. 63, 26. 64, 35. Haupt Z. 8, 107. 146. 149. Windb. Ps. 17, 43. 74, 6. 94, 2. Vor. Ged. 348, 28. 363, 23. 371, 6. Joseph 650. Genes. (Fundgr. IL) 25, 34. 36, 12. 57, 13. 60, 44. 81, 3. auch wol nach den Keimen anzusetzen Angenge 22, 46. 27, 22. 32, 84.

Auf kurzes magen geht auch der Umlaut -6 zurück, der ^ aus dem Conj. in den Plur. Ind. eindrmgt. Dieses megen

_ .a»i Hat Ml* Uli»»,,. , , ,

"' ist fast nur oberdeutsch ; es wird im Reim gebraucht von dem Dichter des Angenge, von Hartmann im Erec, von Ulrich von Zazikhofen, Wolfram von Eschenbach, . Ulrich von Türheim im Tristan, vom Stricker, Pleier, Otacker, Enikel; der Conj. mege steht im Reim in Wernhers Maria, im Angenge, in der Kindheit Jesu, bei Hartmann, Wolfram, Ulrich von Zazikhofen, Ulr. von Lichtenstein, Neithart, Heinr. von d. Türlein, Enikel, Otacker, Lutwin. Überhaupt sind die Präsensformen mit e bis an das Ende der mhd. Zeit obd. neben den jüngeren in u bräuchlich, AGr. § 378. BGr. § 325. Mitteldeutsch weiss ich nur aus Hartmanns Glauben und dem Wartburg- kriege für sie Belege :

3. Plur. Ind. m^egen : legen : wegen Wartb. 3, 12. Conj. 3. Sg. mege : siege Wartb. 9, 4. fnege Glaub. 932. 1. PI. Conj. megen Glaub. 926.

441

Versuche, die anomale Präsensfofm '^n'' ^nhi Av^^h §409. scheinbar regelmässiges mäge magest zu verdrängen, treten seit 12./13. Jh. obl aui, Aijr. JtKxr. a. a. 0. Vereinzelt erscheint auch eine 2. Sff. Ind. Präs. du mcehte m^^ (Pfeiffer \ Übungsb. 177, 14. 36. 178, 5. - 176, 26. 178, 7. Der md. Schreiber der Giessener Hs. machte möhte moht daraus, Adrians Mittheil. 459, 3. f. 460), gebildet nach brcehte dcehte.

Vgl. § 402. 407. t^::^^i:ij^.^^^s!;ii^-!^^:^^^-^(^,^

Das wim PL Ind. und im Conj. kommt zuerst md. vor, wie es denn im altsächs. bereits allein herscht. Tatian, Otfried (bei ihm einige e im Conj. vgl. Kelle Otfr. II, 109), Williram haben es durchaus. Es dringt dann nach Alemannien vor, wie die Notkerschen Formen mugen mugin zeigen, und breitet sich seit 11. Jh. immer weiter in Oberdeutschland aus. Die alem. und bair. Dichter brauchen den PL Ind. mugen, den Conj. muge (der Umlaut ist wahrscheinlich, wird aber durch Reime auf tuge trüge ^uge, deren ü in gleichem Masse dis- putabel ist, nicht bewiesen) zwar neben megen, aber doch häufiger als dieses AGr. S. 392. BGrrsr325. Sei den Mittel- deutschen sind mugen, Conj. muge die gewöhnlichen Formen.

Epithetisches t in 3. PL Ind. mugent (: tugent) Pass. K. 577, 61. Die 2. PL in -ent belegen die Reime mugent : irhugent Ebern. 1437. .tugent Ebern. 3637. Krolw. 698.

Neben mugen muge geht zunächst md., aber seit 13. Jh. auch alemannisch nachweislich, seltener bairisch, mögen und möge nebenher; im Conj. tritt wenigstens alem. äef' llmlaut ^'vröge hinzu. AGr. BGr. a. a. 0.

Alemannisch werden auch die zusammengezogenen Formen mun munt gebraucht, im Eckenlied und bei Hug v. Langen- stein sogar im Reim: AGr. S. 392.

Der Inf in. lautet in der Regel mugen, Nebenformen sind mügen und mögen.

Das Part. Präs. ist mugende

im Reim :hugende j. Tit. 226, 2. : gehugende Pass. K. 339, 89. .-jugende trKr. 10454. ; tugende j. Tit. 193, 2. 596, 1. Pass. K. 440, 20. 454, 86. vermugende : lügende Ulr. Wh. 3673. Ludw. Kr. 1002.

Bairisch erscheint daneben, wenn auch selten, megende: Vorauer Kaiserkr. 101, 25. gemegend : regend j. Tit. 266, 1.

'"k

442

§410. § 410. Der Stammvocal im Präteritum ißt durch die

Doppelform des Plur. Präs. in a (e) und u (o) als zwiefacher für das mhd. gegeben, wie denn auch ahd. mahta und mohta (lezteres fränk.) auftreten.

Im allgemeinen wir^d a im Perfect fester gehalten als im Präsens ; auch Notker hatte noch das Perf. mahta Oj. mahti, während er im PI. Prs. mugun brauchte. Das Präteritum mähte wird von Hartmann v. Aue in seinen älteren Dich- tungen (Erec, Gregor) im Eeim gebraucht, im armen Heinrich und Iwein reimt er dagegen nur mohte^ welcher Wechsel für die Zeitdauer des mähte bedeutsam ist. Im Reim steht mähte neben mohte ferner bei Gotfried von Strassburg, Ulrich von Zazikhofen, Wirnt von Gravenberg, K. Fleck, in der Klage, bei Heinr. vom Türlein, bei den Dichtern der Warnung, des Mai und des Wigamur, und auch bei den spätem Alemannen und Baiern, zb. Walth. v. Rheinau, Hadlaub ; bei dem Dichter der Helblingbüchlein, bei Otacker und Gundacker von Juden- burg. — Der Conj. mehte wird auch von Hartmann, Got- fried und Fleck gereimt; unumgelautetes conjunctives mähte dauert bairisch noch im 14. Jh. fort : AGr. S. 393. BGr. § 326. Mitteldeutsch war mähte (neben mohte) im 12. Jh. auch noch vorhanden: im Rolandliede herscht es (nur dreimal mohte -en), im Roth. 3837 und Karlmein. 387, 5 reimt mähten : nahten, im Ath. C* 58 Conj. mehte : ehte. Dieser Conj. mehte erscheint auch (ausser Reim) im mfränk. Legendär 181. 391. Die eigentlich md. Präteritalform ist aber mohte. Sie herscht schon im Tatian, bei Otfried und Williram durchaus. Dieselbe ward, wie schon bemerkt, gegen Ende des 12. Jh. auch in die oberdeutsche höfische Sprache aufgenommen und von den Dichtern neben mähte im Reim verwant. Später (15. Jh.) kommt flir mochte zuweilen muchte vor.

Der Conj. mohte wird von sehr guten Schreibern des 13. Jh. ohne Umlaut geschrieben; möhte ist daneben wahr- scheinlich, namentlich für die spätere Zeit des 13. Jh., aber keineswegs so sicher, wie Lachmann z. Iw. 2088 aufstellte. Md. Nebenformen sind moichte und muchte. Indicatives möhte kommt in elsäss. Hss. des 14. Jh. vor, Haupt Z. VII, 148.

v% ' i.

443

Das Part Per f. Pass. bildete sich jspät. Vor Otacker §410. c. 164 vermoht (ihrdht) kann ich es nicht nachweisen; es wird hier ausserdem vermaht (Otacker brauchte im Pf. mähte und mohte) geschrieben werden müssen.

§ 411. §411.

Präs. Ind. Sg. 1. 3. 8C€U sal, schol 8ol 2. scalt sält, scholt solt

Plur. schtdn suln (sun), scholn söln (son)

schvUlen suUen sHUen sÖUen f^^^ , ^

Conj. ßchül sül 8ül, 8ol Inf. scholn, soln stdn

schulle sulle solle G ( , ^ '

Perf. schölte solte sdde (sötte) Conj. solte sölte sulte '' A

solde sölde

Der alte Wurzelanlaut sc, der mhd. phonetisch als sah

zu nehmen ist, wenn die Schrift auch sc fortführte, hat sich

bairisch durch die ganze mhd. Periode erhalten, BGr. § 327.

Im Alemannischen des 13. 14. Jh. begegnet er nur selten,

schon Notkers Schule gab ihn auf. Auch md. kennt ihn

meines wissens nur das Thüringische und nächstangrenzende

Ostdeutsche ; die fränkischen Dialecte haben ihn nicht. Schoiy ^ ^ .

altfränk. und dann auch mnl. erscheint nur sal; das thüring. ^'

sc steht wohl in Eeziehung zu dem altsächs. scah \'

Belege für thüring. ostd. seh: 1. Prs. schäl Cd. Sax. 11. 6, 34. schol Mülh. Urk. 888. 3. schal Höfer H, 13. 176. Mülh. Uk. 877. Cd. Sax. n. 6, 40. PI. 1. schullen Höfer 11, 13. 14. 18. 92. 142. . ' v^ Mülh. Uk. 877. 2. PI. schult Kath. sp. 163. - 3. PI. schuUen Höfer n, 13. Mülh. Uk. 888. Cd. Sax. H. 6, 33. f. 35. schüUen Cd. Sax. 11. ' " 6, 40. schoUen ebd. Cj. Pf. schdde Cd. Sax. 11. 6, 27 (Chemnitz). schoilde Mülh. Uk. 877. 1. PI. scholdin Cd. Sax. 11. 6, 33.— 3. PL . schuldin Höfer II, 13. . ' . < .

Der alte Wurzelvocal a ward im Präs. Sg. Ind. schon

in der spätem ahd. Zeit durch l gewöhnlich zu o verdunkelt. (^

Er ist obd. in unserer Periode selten, doch erscheint im Reim

reines sal : al Helmbr. 756. ; tal Neith. 239, 67. Vgl. BGr.

§ 327. AGr. § 379. Dagegen hält das Md. an sal sali fest:

es herscht in fränk. thür. Hss. und Urkunden des 13. 14. Jh.

vor, obschon auch die Pormen sol solt seit dem 12. Jh. von

den Dichtern (zb. vom Dichter des Athis, von Herbort, Eber-

nand, Brun v. Schonebek, im Passional und der Erlösung)

gebraucht werden.

n

"K-^l^y

,P

444

§411. Reimbelege für a: Präs. Sg. 1. sal : dl En. 3225. Hagen 4399.

Karlm. 373, 63. Pass. H. 165, 69. Erlös. 4860. Kath. 170. : schal Ebern. 4487. : tdl Pass. H. 44, 68. ; voä Krolw. 2310. Pass. H. 289, 64. 2. seilt : alt Erlös. 1970. Karlm. 476, 10. : halt En. 3177. ; einvalt Pass. K. 241, 67. .manicvält Erlös. 1281. 4406. : gestalt Erl. 6429. Karlm. 448. 54. : gewalt En. 9777. Herb. 3776. Pass. H. 67, 66. 108, 22. 161, 46. Pass. K. 16, 62. Erl. 688. 3. sal : al En. 2558. 3681. 9802, MF. 61, 8. Alex. 4075. Herb. 568. Pass. H. 148, 37. 273, 64. Pass. K. 603, 53. :val Alex. 1290. Wemh. 9, 28. Herb. 5559. Pass. 10, 51. 159, 71. Pass. K. 6, 58. Erl. 4023. Ebern. 195. :heval Elis. 4028. : verhol Elis. 8730. : kanal Pass. H. 147, 51. ; scA Hagen 2157. Ulr. Wh. 2931. Pass. H. 278, 59. : schal Pass. H. 190, 49. : smal Herb. 610. 6693. :stal Pass. H. 12, 71. :tal Pass. H. 129, 30. : zdl Pass. H. 110, 10. Erl. 1115. 5501. Krolw. 719.

Für den Sg. Präs. Ind. mag noch die im wälschen Gast 13290 erscheinende Form du sol (; wol) angeführt werden, eine unglückliche, vielleicht durch du wil veranlasste Neu- bildung des deutsch dichtenden Friaulers.

Im PI ur. Ind. ist w der allgemeingerm. Stamm vocal, der auf alter Störung beruhen muss, da ä nach dem Wurzelauslaut in Weise der Ablautformel ü al äl ul zu erwarten wäre. Das doppelte l, das seit Anfang des 14. Jh. obd. recht häufig geschrieben wird, verdankt sein entstehn dem streben, eine volle zweisilbige Form mit entschiedener Vocalkürze neben die syncopirte einsilbige zu stellen. Im klingenden Reim wurden diese Formen erst später verwant; meist ist dann auch ö für w = w eingetreten. Süllen kommt seit Ende des 13. Jh. obd. vor. '^^^ "

Seit dem 12. Jh. drängt sich o neben u in den Plural

und den Conj. ein, gewinnt aber erst allmählich Boden. Im

Reim weiss ich es aus Oberdeutschland nur in 2. PI. solt :

golt Karl 1596 zu belegen; md. kommt es öfter vor:

PI. 1. seilen : holen Karlm. 447, 43. : hevolen 443, 4. sollen : umbewollen Elis. 2148. - PL 2. solt : golt Alex. 6980. PI. 3. solen :bevolen Serv. 57. : holen Karlm. 398, 22.

In den alem. Rechtschriften des 14. 15. Jh. wird o dem u vorgezogen; alem. und bairisch tritt im 15. 16. Jh. der Umlaut in dem PI. Ind. sehr stark hervor: sollen^ schölte schöln, AGr. BGr. a. a. 0. "^...^

445

Alemannisch beliebte Kürzungen sind $un, son. An §411. ihnen, wie an den vollen Formen liebt der alem. Dialect auch Anfiigung eines t: sulent sullent sulnt sunt, sollent sont sönd. Hug v. Langenstein reimte Mart. 23, 17 die 3. PL sunt : munt.

Im Conjunctiv sind für 12. 13. Jh. u und ü die Vocale der Stammsilbe ; für sül zeugt u. a. der Eeim ; mül Walth. 65, 16. Freid. 126, 27. Neith. 70, 3. Mitteldeutsch wird später o vorgezogen, und auch obd. werden o und ö seit dem 14. Jh. sehr beliebt. Für ö wird gemäss der vul- gären obd. Senkung dieses tJmlautvocals alem. im 14. 15. Jh. auch e geschrieben: sellent Mersw. 11. 52. 65. sent Lieds. 113, 15.

Im Perfect ist o der regelmässige Stammvocal de& Indicativs, im Conj. stehn o und der Umlaut ö neben ein- einander. Für reines o des Conj. zeugen Eeime:

1. Sg. Conj. 8olt : holt Junk. u. Heinr. 1958. 3. Sg. Conj. solde : golde MF. 64, 13 (Veldeke). Greg. 544. 569. Wigal. 26, 10. Erlös. 3476. Heinzelm ML. 200. ; holde Ebern. 2447. : Isolde Trist. 9854. 15327. : wolde Alex. 6106. Herb. 13445. Trist. 7331. Lampr. S. 2777. soU : gölt Krone 7772. Meier. 2510. : geholt Krone 316. 2875. 3. PL solden: vergolden trKr. 38476. : wolden 47349.

Im 14. 15. Jh. sezte sich wenigstens obd. der Umlaut im Conj. als Regel fest ; md. ward auch oi geschrieben ; obd. schrieb und reimte man auch selte in der Übergangszeit {seit : velt Beheim kl. G-ed. 5, 904).

Für solde erscheint im Ind. und Conj. obd. wie md, mundartliches sulde. In niederrhein. Schriften des 14. 15. Jh. findet man nicht selten soulde, mit dem Schwebelaut zwischen 0 und w § 64. Auffallender ist das conjunctivische seulde, zb. Ennen I, 68. f. 423. Lac. III, 829. 1011. Loersch 67. Harff 11, 32. 52, 24. 162, 37. u. ö.; es ist eu hier Umlaut- zeichen des u, Unter dem Einfluss des Präs. sal mag da& Perf. salde stehn: Pf. Conj. sdlde 1402. Cd. Sax. IL 6, 64- ; vgl. gande § 412.

Der alem. Dialect liebt Ausstoss des l mit Verdoppelung des t: sötte, apocop. sot, sötte, söt. AGr. § 379. Mouillirung des l mag zwischen It und diesem tt vermittelt haben.

446

§412. § 412.

Präs. Ind. Sg. 1. 3. gwn 2. ganst PI. gunnen (günnen, gönnen)

Conj. gunne Imp. gunne Inf. gunnen (günnen, gönnen) Perf. gunde gonde Ptc. P. gunnen gegonnen fyunnet, gegonstj.

Das einfache an unnen tritt nicht mehr, wie es noch im Ahd. der Fall war, auf; sondern mhd. finden sich nur die präfigirten Zw. gunnen und mit Doppelpräfix eniunnen ver- bunnen.

Die 2. Sg. Präs. Ind. schiebt zwischen n und die Personalendung t euphonisches s, welches auch in den Sub- stantiven anst unst gunst, sowie in dem fränk. Perfect ^nsta erscheint. Bei Wolfram zeigt sich in dieser 2. Sg. Abfall des tj vgl. gans : Urjans Parz. 524, 20. verbans : Alischans Wh. 38, 2.

Das u des Plurals ist im 12. 13. Jh. ungestört, vergl.

die Reime

1. PI. gunnen : gewunnen Herb. 15571. 2. PL gunnet : erkunnet XJlr. Trist. 124. 3. PL gunnen : hrunnen Trist. 4873. : versunnen Ernst 512. Otack. c. 332. : gewunnen Krone 11685. vergunnen : un- versunnen Herb. 12324.

Ebenso im Infinitiv:

gunnen : hrunnen Gudr. 653, 4. : verhrunnen Amis 1144. : hegunnen Krone 1640. : kimnen Heinzel ML. 596. : entrunnen Vor. Kaiskr. 20, 19. .• hespunnen MSH. 1, 10». : sunnen Angenge 11, 50. Herb. 12786. Wilh. 394, 28. Gudr. 95, 4. Amis 173. : versunnen Tit. 31, 2. Krone 23371. Georg 4380. :wunnen Laber 276, 3. Wiener Merf. 506. : gewunnen Walther 86, 7. Gudr. 528, 4. Krone 4489. Flore 7861. Kari 9244. trKr. 4325.

Im Conjunctiv wird von den besten Hss. des 13. Jh. ii gesezt, da nn den Umlaut des u hindert. Die Umlaute günne u. s. w. unserer mhd. Textausgaben unterliegen starkem Zweifel; in den Reimverbindungen mit dünne Jcünne wünne gewünne liegt keine Entscheidung, da das ü dieser Worte ebenso bedenklich ist wie das von günne. Entschieden für u spricht der Reim gunne : Bunne Hagen 3148.

Der Imperativ gunne ist alem. verbürgt: Engelh. 5776. Lieders. 132, 55. Altsw. 112, 11. 27; ebenso ripuarisch: Machab. 719. Eine verfehlte Bildung ist die 2. Imper. gan {:man) Altsw. 69, 13.

447

Seit dem 14. Jh. kommen die Formen gönnen, gönne, §412. später auch mit Umlaut gönnen, gönne obd. auf, AGr. 8. 396. f. BGr. § 328. gönnen ist md. ebenfalls beliebt, aber es ver- drängt gunnen keineswegs.

Im Perfect herscht mhd. nicht die Brechung o, sondern auffallend u, wie die Reime verbürgen :

Ind. Sg. 1. gunde : gründe Altsw. 80, 19. Sg. 3. gtmde : hunde Alex. 251. Krone 12132. Pantal. 30. Eracl. 3311. .-stunde Klage 245. MF. 64, 1. Herb. 7832. Trist. 2051. verbünde : künde i?arz. 481, 18. PL 3. gunden : bevunden Alex. 956. : gebunden Karlm. 459, 3. : Jcunden Trist. 2598. : stunden Meier. 9039. : tounden Gudr. 648, 3. .'Verwunden Wierstr. 1326.

Für den unumgelauteten Conjunctiv

Sg. 1. gunde : drunde Parz. 71, 4. :ktmde MF. 198,27. .-munde Mai 63, 23. : stunde Biter. 1257. 3. Sg. gunde : vunde Wilh. 38, 10. :begunde Karlm. 374, 61. : künde Vor. Ged. 189, 5. Heinz. ML. 16. : Urkunde Flore 3708. : munde MSA. 120, 11. Krone 4097. Laber 398, 3- ; stunde Amis 1024. gund : Ädmunt Otack. c. 392. 3. PI. gunden : verbunden Hagen 1193. .-künden Creg. 2982.

0 statt des gemeinen u zeigt sich dem mhd. Yocalismus gemäss 63) auch im Prt. gonde; im 14. 15. Jh. ist es im Elsass und Mitteldeutschland herschend. Dann findet auch der Umlaut ö im Conj. gönde mehr Eingang.

Unter Einfluss des Präs. gan mag sich aus gonde weiter- hin gande md. gestaltet haben, als Conj. Perf. (1402) steht es Cd. Sax. II. 6, 64. vgl. sdlde.

Als Partie. Perf. Pas s. ist gegonnen gegunnen, erbunnen enbunnen für das 12. 13. Jh. durch die Reime bei Ober- deutschen (AGr. S. 397. BGr. S. 329) und Mitteldeutschen (zb. gegmtnen : begonnen En. 4161. : gewonnen En. 1078. 1178. 2194. 3601. Karlm. 422, 7. gegunnen : verbrunnen Ebern. 3554) gesichert. Seit 13. Jahrh. schleicht sich ein schwaches Partie, gunnet erbunnet (gegont, später gegqnt) ein, das sich im 14. 15. Jh. stark verbreitete, AGr. BGr. a. a. 0. Lachmann z. Nib. 2241, 4. Mitteldeutsch tritt das Partie. gegunst, gegonst seit dem 14. Jh. auf, Lexer Mhd. Wb. 1, 1119. Pietsch bei Rückert Entw. 265.

448

§413. § 413.

Präs. Ind. Sg. 1. 3. hci/n 2. Icanst Plur. hunnen (können) Conj. kunne Jcünne Inf. kunnen

könne Perf. künde konde

Das Zw. kunnen verhält sich in seinen vocalischen Zu«

ständen ganz wie gunnen. Wir belegen die wichtigeren.

Formen durch Reime.

PL Ind. 1. kunnen : gewannen Herb. 13044. Marienl. 14, 4. Flore 6078. 2. kunnent : gewunnent trKr. 12421. 3. kunnen : hegunnen Otack. c. 117. : runnen trKr. 14041. : sunnen Walth. 46, 3. : versunnen Karl 66. Heinz. J. 10, 6. : gewunnen Amis 635. :verwuhnen MF. 64, 36 (Veldeke). Conj. Prs. 1. kunne : hrunne Flore 211. 4226. Mart. 109, 43. : gunne Karlm. 195, 33. : kunne Marienl. 121, 38. : wunne Silv. 633. Gundack. 244. 3. kunne : gunne trKr. 100. : wunne Walth. 54, 18. Inf. kunnen : versunnen Heinz, J. 79, 4. erkunnen : sunnen Lampr. Syon 332. ; versunnen Otack. c. 293. ; gewunnen Krone 21057. verkunnen : begunnen Karl 97.

Über den Umlaut im Conj. gilt das für gunnen bemerkte ; er sezt sich in der obd. Schriftsprache im 14. 15. Jh. fest und dringt dann auch in den Ind. Plur., sowie in den Infinitiv ein. Alemannisch, zuweilen auch bairisch, schiebt sich im 15. 16. Jh. unter Einfluss der Präteri talformen epenthetischea d ein: Jcunden künden.

Mitteldeutsch, und seit Ende des 13. Jh. auch alemannisch^ tritt 0 neben u auf: können, könne, für welches sich alem. seit 14. Jh. auch der Umlaut bemerkbar macht: können könne AGr. § 381.

Seit 14. Jh. fügt sich den pluralen Endungen -en un- echtes t, d häufig au. In 2. Sg. Prs. Ind. erfolgte zuweilen Abfall der Personalendung t und das euphonische s ward scheinbar Endung : kans Glaub. 1947. Karlm. 445, 57. mastr. Ostersp. 678; im Reim : gans Herb. 11301.

Imperativ kunne wird aus Ulr. von Türheim Wilhelm 111'' verzeichnet.

§414. § 414. Für das Perfect gilt mhd. wie bei gunnen

u als Stammvocal, obschon ahd. o vorherschte.

Ind. Sg. 1. künde : vunde MSA. 98, 19. :begunde trKr. 232. 10730. Virgin. 8. .-gründe Herb. 837. Lieds. 25, 632. .-stunde BarL

449

10, 25.. : unde Herb. 4450. 3. kimde : blunde Trist. 18157. ; drunde § 414. Parz. 278, 22. :gunde Flore 5051. Pantal. 29. trKr. 21056. :hegunde Ernst A. I, 9. trKr. 10730. : gründe Trist. 14022. Virg. 173, 6. : munde Herb. 15066. Trist. 7988. Marienl. 42, 37. : runde Wigal. 45, 25. : schünde Greg. 107. : stunde Klage 116. 1663. Greg. 668. Iw. 24. Trist. 2097. Flore 509. Bari. 43, 2. Junk. u. Heinr. 52. ; unde Herb. 11552. Wilh. 365, 18. : tc^nde Herb. 5897. apocopirt kunt : stunt Meier. 12419. Teichner Ls. 233, 6. Wierstr. 2792. ; umnt Teichner Ls. 85, 71. 3. PI. künden : gebunden Krone 25132. :vunden Herb. 310. Trist. 15335. Flore 5573. Otack. c. 316. :vrunden Herb. 1886. : hegunden Trist. 7993. Gudr. 1118, 3. Krone 8004. Otack. c. 130. .-stunden Trist. 2649. : wunden Marienl. 39, 2. ; underwunden MF. 169, 27 (Eeinmar). Conj. Sg. 1. künde : unvrunde Karlm. 97, 42. : gunde MF. 198, 25. Heinz. ML. 15. .-gründe Frauonb. 640, 27. : munde Amst. Ml. 4, 2. Greg. 1216. Angenge 1, 6. Herb. 4486. Neith. 17, 29. MSA. 120, 13. Mai 3, 20. 3. künde : vunde Elis. 744. : bevunde Bari. 138, 15. ; eri>unde Alex. 6975. : gunde Alex. 250. MF. 57, 25 (Veldeke). ; begunde Neith. 23, 24. : künde aHeinr. 218. Bari. 17, 1. : munde Greg. 2468. Trist. 7727. Helbl. 8, 792. : stunde Trist. 1125. Lieds. 76, 22. : verwunde Mai 65, 17. 3. PL künden : vunden Lieds. 138, 233. : stunden Kl. 124.

0 tritt alemannisch im Ferfect seit 13. Jh. ziemlich häufig neben u; im 14. Jh. sezt sich auch ö für den Conj. Perf. fest, Ygl. AGr. 8. 399. Bairisch wird u fester gehalten; md. ist 0 der eigentlich dialectliche Vocal 63), indessen erscheint u, wie oben die Reime beweisen, häufig bei den Dichtern.

Das euphonische s im Perfect, welches nur einmal au» ahd. Zeit in Otfrieds Conj. konsti III. 16, 7 belegt ist, weiss ich mhd. nur aus Floyris 255 (3. PL consten) und zwei jülichschen Urkunden zu belegen : Conj. 3. Sg. hunste Lac. III, 794. PL Jcunsten Lac. III, 829.

4

Für das Partie. Perf. P. finden sich st. und schw. Formen : erkunnen : sunnen MSH. 2, 242*. : gewunnen Angenge 19, 71- verJcuhnen : gewunnen Kindh. 70, 63. erkunnet : gunnet XJlr. Trist. 123. Vgl. auch AGr. S. 399. BGr. § 329. Da& Partie, gekonst ist schlesisch aus einer Urkunde von 1428 (Cd. SiL VI, 101) zu belegen.

§ 415. §415.

Präs. Ind. 1. 3. tar (dar) % tarst Plur. turren (dorren)

Conj. tu/rre türre Inf. turren (türren dorren)

Perf. torste (turste)

Weinhold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 29

X

450

§ 415. Der Stammausgang war rs, wie das got. gadars -daiyrsum

und griech. d-dgCog zeigen ; rs assimilirte sich hd. zu rr, das auslautend sich vereinfachen muste. In der 2. Sg. Ind. und im Perf. ward rs durch angeschlossenes t geschüzt. Im Elsässischen und Md. lautet das Wort mit d an, wie in allen nichtoberdeutschen germ. Dialecten.

Das Zw. kommt mhd. einfach und mit Präfix ge fast gleich häufig vor.

In der 2. Sg. Ind. zeigt sich vereinzelt Abstoss des per- sonalen 't, vgl. tars : Mars Pass. H. 280, 42.

Der Umlaut im Conj. wird seit Ende des 13. Jh. ge- wöhnlicher, und das ü dringt dann auch in den PI. Ind., AGr. § 382. Für u ist md. und elsässisch o beliebt, zb. 1. PL dorren : verworren En. 2710. torren : geworren Ulr. v. Türh. Wilh. 175^ Pfalz. Hs. Dazu tritt der Umlaut ö, wofür in elsäss. Schriften nach vulgärer Aussprache fe' Jl^eschrieben wird, zb. 3. PI. Ind. gederent Mersw. 27. Iliy 1- Conj. getere Mersw. 48.

Eür den Inf. turren weiss ich erst aus dem 14. Jh. (Trienter Stat. B. 69. XLIII. LX) einen Beleg.

Im Perfect steht o als Stammvocal fest, obd. wie md., auch für den Conj., in dem der Umlaut sehr allmählich Ein- gang findet. Md. (seltener bairisch) senkt sich das o gern zu Uf daher in Hss. des 12. 13. Jh. nicht selten durste turste im Ind. und Conj. erscheint, zb. Alex. 968. 1192. 1218. 2482. 2570. 6481. Ath. A* 144. Herb. 4356. 6220. 12112. 16687. 16782. Salm. 51, 5. Pass. K. 468, 58. Metathesis (wenn es nicht Schreibfehter ist) erscheint in 2. Sg. Ind. trostis Rother 561; 3. Sg. Conj. tröste Roth. 1796.

Die Participia sind mhd. unbelegbar.

§416. § 416.

Präs. Ind. Sg. 1. 3. darf 2. darft Plur. dürfen

Conj. dürfe (dürfe dorfe) Inf. dürfen (dürfen dürfen)

Perf. dürfte (dorhte dortej

Häufig ist das mit be zusammengesezte bedürfen. Die 2. Sg. Ind. darft (zb. Walth. 55, 31. Bari. 122, 26. darftu Nib. 1860, 1. Iw. 552. bedarft Nib. AB. 1019, 2.

451

Osw. 292. gRom. 53. dart [d. i. darht = darff] : vart Hagen § 416. 769; mit Abfall des personalen t dar/* Alex.. 6081) wird von ^iner Neubildung (bedarfes Windb. Ps. 15, 2. bedarfis Trebn. Ps. 15, 2. darfst Ecke 89. bedarfst Nib. C. 9020. bedarfstu gem. Leb. 709) begleitet, welche die alte echte Form allmäh- lich tötet. Indessen ist darft bis zum 16. Jh. obd. nach- zuweisen.

Im Stamm des PI. Ind. und im Conj. Präs. ist u alter Vocal; elsässisch und md. tritt o nicht selten, dafür auf; in •den ripuarischen Schriften haftet aber u. -'

Für 0 zeugt zb. bedorfen : erworfen Virgin. 470, 10. 3. PL Conj. dorfen Friedb^Kr. G. 2, 9.

Der Infinitiv belegt sich durch bedürfen Iw. 7937. Trist. 5132. MSA. 94, 29. Freid. 95, 23. bedorfen (: ge- worfen) Virgin. 385, 10. 808, 10.

Der Umlaut ü für w, ö für o sezt sich erst in jüngerer :Zeit fest.

Das Partie. Präs. bedurfende kommt im 13. Jh. vor in -einer Ulmer Urk. v. 1270 (Ulm. Urk. I, 108), ferner Griesh. Pr. 1, 84. Das Partie. Per f. P. bildet sich erst spät und erscheint dann in st. und schw. Form : bedorfen bedorft bedürft, AGr. § 383. BGr. § 331.

Bei dem Perf. dorfte, Conj. dorfte später dörfte, ver- dient die ripuarische Form dorchte dorhte (cht ht für ft % 236. 243) Erwähnung. Gewöhnlich ward die Fricativa durch t unterdrückt und dorte gesprochen und geschrieben: bedorte Ennen I, 25. gedorten Roth. 224. bedurte Lac. III, 578 und der Eeim bedorte : porte Wemh. 57,31. Aus bedorfte entstund mundartlich bedarfte (1408) Cd. Sax. IL 6, 66.

In bedrochte (; mochte Karlm. 382, 28) ist die Fricativa bei Metathesis des r erhalten.

§ 417. §417.

Präs. Ind. Sg. 1. 3. muoz 2. muost Plur. müezen

Conj. muoze müeze Perf. muoste muose Conj. muoste müeste

muose müese

29*

452

\

§ 417. muo^ ist formell Perfect eines Zw. der Ubergangsklasse,

das als massan matjan aufzustellen wäre.

Md. lautet das Präsens gemäss der geograpb. Verbreitung

des ü und 6 für uo (§§ 140— 142) im Westen gewöhnlich

. mo^y in der Wetterau, sowie in Süd- und Ostfranken und im

VlTordosten müjs und mojsf, in Thüringen, Meissen, Sohlesien.

müz. Wit" geben für mojs einige Belege:

Präs. Ind. 1. mdi Kother 1801. 2. Sg. möst Rother 2068. 2. PI. mözet Iwein A. 1826. Lac. IQ, 432. 3. Plur. mözen mfränk. Legend. 454. Conj. 1. moce Roth. 1188. 3. Sg. möze Roth. 61 1^ Iwein A. 838. Infin. mözen mfr. Legend. 449.

In Trierer und Kölner Schriften des 14. 15. Jh. kommt oe oder oi für o häufig vor, § 143.

ünverschobenes t zeigt Veldeke in einem Liede MF. 64,.

25 im Beim

geblüt : müt : düt : gebüt : müt.

Im Conj. und danach auch im PL Ind. bricht der Umlaut üe durch, obschon viele Hss. des IS.lind selbst des 14. Jh- an uo festhalten. Die Reime müezen : büejsen : vüeeen Flore 2448. 6527. ; lüeeen : grüe^en MSH. 1, 154*^ (ülr. v. Winter- stetten) sind keine streng beweisenden.

Das Perfect lautet wie ahd. so auch überwiegend in: den älteren mhd. Handschriften bis in die erste Hälfte de» 13. Jh. ohne t: mttose Conj. muose müese, in den md. Hss, des 12. 13. Jh. überwiegt aber moste (moeste meiste), müste: 80 kommen im Strassburger Alexander 12 st, 6 s votTvie^ Dichter des 13. Jh. brauchen maoste moste im Reim:

Ind. 3. Sg. muoste : vmoate trKr. 38230 ; 3. PL muosten : huosten Parz. 137, 9. : griMsten Otack. c. 399. : wuosten c. 47. mosten : hosten Hagen 1384. Conj. 3. Sg. muoste : wuoste Kindh. 89, 65. Greg. 2686, Lanz. 2610. müeate : wüeste j. Tit. 514, 2. Süv. 673. trKr. 498. 13596. Gondack. 125. 3. PL müeaten : wuesten Pantal. 98. Gekürztöa muste gereimt auf wüste Väterb. 2924. ""^

"-- -Reimbetege -fttr m^usf (muose) finden sich im Passional

und Väterbuch auf grüse {gruose) H. 35, 83. 90, 82. K. 320, 26.

Väterb. 836. 3922.

Für 0 bei Veldeke zeugt der Reim moste : wöste En. 107. 8437.

Der Schwebelaut ou erscheint in mou^te Iw. A. oft.

./

453

ümgelautetes müeste im Indicativ bieten die Nürnberger § 417. Farzivalbruchstücke mehrmals in denen umgekehrt auch eine nicht umlautende 1. Fl. Conj. wir müsen sich findet, Zacher Z. f. d. Ph. IX, 397. f.

Die Participia bilden sich erst spät.

Für den Infijutiv ist mösen im mfrk. Legendär 449 der älteste mir bekannte Beleg.

§ 418. §418.

Präs. Ind. Sg. 1. 3. weiz 2. weist PI. wizzen

Conj. wizze Imper. wizze Inf. wizzen Partie, wizzende Perf. toisse wesse, wiste weste wuste woste

Ptc. Pf. P. gewizzen; gewisset gewist, gewesset gew'est

Vor angeschlossenem t (2. Sg. Ind.) ward e zxjl s «ibiUrt 151).

Schon ahd. sind bei diesem Yerbum Imperativ, Infinitiv und Participium Präs. vorhanden.

Im Präteritum ergeben sich mannigfache Formen durch das Vorkommen von ss und st und den Farbenwechsel des Vocals.

In der ahd. Periode herscht im Oberdeutschen die ger- manische Form wissa (aus witsta entstanden). Die Franken {Otfr., Tat.) haben wessa im 9. Jh. zwar im Brauch, ziehen ^ber schon westa vor ; etwas früher (im Isidor) kommt wista Tor. Im Mhd. verhält es sich damit so:

wisse ist mhd. eine absterbende Form: mitteldeutsch «rscheini^ sie höchst selten; obd. wird sie zwar, namentlich im 12. Jh. (AGr. S. 403) noch ziemlich oft geschrieben, auch noch im 14. Jh. tritt sie auf, allein bei den Dichtern ist «ie wol wegen der geringen Beimfähigkeit nicht beliebt. Ich kenne den einzigen Beimbeleg wisse (3. Cj. Pf.) : gewisse Köre 5921.

toi st e ist sehr häufig obd. wie md. und kommt im Beime oft vor; Belege aus alem. und bair. Gedichten sind AGr. S. 403. f. BGr. S. 333 zu finden. Aus md. Dichtungen folgen hier Zeugnisse:

Ind. 1. Sg. wiste : liste Herb. 845. 18237. Karhn. 376, 47. 3. Sg. fviste : Criste Herb. 1697. Erlös. 2274. Ebern. 1371. ; kiste Karlm.

454

z'

§ 4ia 333, 8. : mi&te Elia. 800. 7260. Hvl. Kr. 4683. : liste Alex. 2580. 2844. 3900. Floris 310. Glaub. 222. 412. Orend. 1938. 2122. 2228. 2964- Herb. 847. Pilat. 545. Karlm. 217, 63. 351, 25. Pass. H. 157, 46. Junk. u. Heinr. 834. : ge/msse Tr. Egid. 481. : geriUe Orend. 2308. 3. PL Ind. toisten : Cristen mfrk. Legend. 90. Erlös. 1177. livl. Kr. 5831- :vristen Elis. 37. :listen Alex. 5653. : misten Glaub. 585. Conj. 1. Sg. wiste : geste Eoth. 252. : vristen Tristr. 696. 3. Sg. : vriste Elis. 6031. Erlös. 2365. : vermiste Ath. C. 117. Karlm. 365, 18. : liste Tristr. 285. 5090. Karlm. 174, 6. 302, 59. PL 1. vdsten : listen Herb. 378. 3. PI. listen : leisten Hagen 860. toisten : liste Alex. 6886- Im ßipuarischen ist wiste die herschende Form (ebensa im MnL vgl. auch altnfr. wista), daher auch Iwein A. e&^ überall (nur drei Stellen ausgenommen, Lachmann zu Iwein. 1721) schreibt.

§419. § 419. wesse wird von alem. und bair. Dichtern im>

Reim auf esse presse messe Hessen, wenn auch enthaltsam,.

gebraucht, vgl. die Nachweise AGr. S. 403. BGr. S. 334^

Aus dem Umstand, dass Hartmann es nur einmal und noch.

dazu in seinem ältesten Werk, Erec 6786, anwante, ergibt

sich, dass es aus der Mode gekommen war. ^) Ausser Reim

bieten es alem. Hss. bis in das 14. Jh. häufig; dann stirbt

es ab. Mitteldeutsch ist es in dieser Periode sehr selten ;.

ich kann nur anführen wesse : esse Litan. 8. 643 (in einer

Stelle, die in der Gräzer Hs. fehlt), : messe Ebern. 2434. 4257

und allenfalls wessen : messen Wigal. 55, 15. 98, 39.

tveste ist oberdeutsch neben wiste die beliebte Form^

Von den Baiern wird es im Reim sogar dem wiste vorgezogen,^

BGr. S. 333: Koberstein Suchenwirt III, 40. Heinrich vom

Türlein braucht nur weste im Reim. Auch alemannisch wird

weste gern gereimt ; es ist zb. Hartmanns Reimform, abgeseheiv

von dem einmaligen wesse Erec 6786. Mitteldeutsch kommt

es neben wiste (in Ripuarien war wiste die herschende Form)

oft vor. In der Strassburger Alexanderhs. stehn beide Formen.

neben einander. Herbort reimt weste häufiger als wiste:

3. Ind. weste : beste Herb. 54. 278. 14985. :veste 2635. 6202. : geste 946. 1393. 3. PL westen -.besten 10686. Conj. 3. Sg. weste : beste 13794. 3. PL westen : gesten 2446. : lesten 12981.

*) Wolfram v. E. hat nur zweimal Perfectformen von wizzen int Reim gebraucht: Wh. 391, 19 wesse : presse, Wh. 107, 1 gewisten : misten^

455

Auch die andern md. Dichter brauchen wiste und weste § 419. neben einander. Belege unter Beziehung auf § 418:

3. Ind. weste : beste HTrist. 5034. Pass. H. 36, 29. 222, 30. Väterb. 3079. : veste Pass. H. 91, 4. K. 230, 14. 336, 64. 365, 20. u. ö. Väterb. 839. livl. Kr. 7244. : geste Pass. H. 34, 83. Väterb. 2210. :lesckte Tristr. 5308. : swester 639. 3. PI. westin : hestin Ath. A.* 106. : brestin Schachzab. 195, 36. Conj. 1. Sg. west ih Ath. A. 61. weste : veste Pass. H. 327, 56. 3. Sg. loeste : veste Ludw. Kr. 2541. : geste Pass. H. 47, 64.

Durch Wirkung des w auf den folgenden Vocal bilden sich verschiedene verdunkelte Formen. Alem. wird seit 14. Jh. /' nTcT:t sältm i(;^Sfj?"'^schrieben AGr. S. 404. ^-^^

Mitteldeutsch kommt woste seit 12. Jh. vor; woste und wüste sind im Ind. und Coni. namentlich seit 14. Jh. ver- Weitet, das Elsässische nimmt auch an dieser md. Eigen- heit theil. N-—

woste : tröste Glaube 1382. Mersw. 5. 15. 58. 139. Keller Erz. 646, 14. Böhmer 713. Herb. 8421. Leyser Pr. 80, 31. 90, 5. Alsfeld. Sp. 6004. 6008. Köditz o. Harfif o. PL wosten : trösten Glaube 1414.

wüste.: juste Ulr. Wh. 3657. : luste Orend. 67. 2122. 2228. 2710. Littau^^?u^ mwZms*6 Schachzab. 298, 26. :WMS*e Väterb. 2923. Ausser Keim zahlreiche elsäss. (und auch alem.) Belege AGr. S. 404. f. ; md. zb. Hü. I, 974. Herrn, von Fritslar (Myst. I.) o. Köditz o. in den köln. Schriften und Drucken des 15. 16. o., toüste Elis. 373. Höfer II, 88. 112. 199.

Aus dem Md. kam wüste zur Herschaft in der nhd. Schriftsprache.

Das P a r t i c. P e r f. P. gewisizen hat meist adjectivische Bedeutung (besonnen, verständig), eine seltene Nebenform ist gew'ezzen (iverme^^en Biter. 6461. 10880).

Häufiger in participialer Bedeutung ist die schw^. Form gewist (alem. und md., seltener bairisch), gewest (bairisch), die beide im Reim vorkommen, vgl. AGr. S. 405. B(xr. S. 334 ; vgl. ferner md. wüst Griseldis 16, 26. bewost (1459) Cd. Sax. II. 6, 150. bewust (1470) ebd. 173.

Verfehlte Bildungen sind gewiziset Bari. B. 191, 13. geivisset Nib. C. 17045. Heinz. E. 24. gewesset Bari. A. 191, 13. bair. Landfr. v. 1281. c. 7.

■v

456

§420. § 420.

Präs. Ind. Sg. 1. 3. tatic PL tugen (dogen)

Conj. tuge tage Inf. tugen (dogen)

Perf. töhte (dohte)

Der md. Anlaut ist d, statt u hat das Mitteldeutsche in der Regel o.

Die 2. Sg. Ind. ist weder ahd. noch mhd. nachzuweisen.

Der Umlaut des u im Conj., im Inf. und selbst im PL Ind. ist gleich dem Umlaut des o im Conj. Perf. in unsere Ausgaben zwar eingeführt, aber nicht streng zu erweisen. Reime auf mügen und möhte, die auf gleich sicherem Boden mit tilgen töhte stehn, überführen nicht. Md. begegnet im 15. Jh. im Perf. tuchte, zb. Cd. Sax. II. 6, 179.

Der Infin. wird unter anderm belegt durch tuge : muge Renner 11107, dogen : mögen Karlm. 490, 68.

Seit dem 12. Jh. geht neben dem anomalen tugen ein nor- males schwach gebildetes tugen und tougen (Prs. touge, Prt. tougete, touhte douhte) nebenher AGr. § 388. BGr. § 336. Lexer Mhd. Wb. II, 1559.

3. Das Zeitwort wSUen wollen.

§421. g 421. Das Zw. wellen ward früher zu den Präterito-

präsentibus gerechnet, wobei auf Grund der Präsensformen got. viljau ahd. tvili das fehlen des Indicativs allerdings als besondere Anomalie betrachtet, aber aus der Optativen Be- deutung erklärt ward. Man nam ein altes Vb. der ablaut. i-Elasse als Grundverb an: veüa vail vilum. Dagegen sind aber Bedenken erhoben, und nachdem schon Pott (Wurzel- wörterb. II. 1, 605) die enge Verwantschaft von viljau und velim betont hatte, ist von J. Schmidt Vocalismus II, 468 und Scherer Z. f. d. A. 19, 157. f. (Gesch. d. deutsch. Spr. 2. A. 319) viljau, will als Optativ Aoristi oder Optativ Präsent, eines Vb. der a-Klasse erklärt worden. Durch die Ähnlich- keit von viljau und vitjau ward die Bildung der Perfects in Weise der Präteritopräsentia veranlasst und hierdurch dieses anomale Zeitwort vervollständigt.

457

Die mhd. nachweisbaren Formen sind §421.

Präs. Ind. 1. 3. wil 2. wÜ, wilt PL vfeUen (wen), wollin

Conj. welle woUe Inf. wellen wollen

Imperat. welle Part. Präs. wellende

Perf. wdlde wolte Conj. wölde wölte wolde

Im Got. und selbst im Ahd. noch sind für das Präsens nur aptative Formen vorhanden (vgl. 8g. Präs. got. viljau vileis vili ahd. wili will wili). Auch mhd. lautet noch die 2. Sg. häufig wil (für wile = wili; über diese der 2. 8g. Ind. Perf. starker Conj. gleiche Endung der 2. Sg. § 374). Reimbelege für du wil

:va Koth. 681. Karaj. 47, 9. Tund. 45, 5. 60, 30. Nib. 642, 1. Walth. 88, 36. MSA. 142, 18. Hartm. B. 1, 45. 1173. wGast 92. 9763. Prauend. 5, 21. Krone 13407. Bari. 304, 20. Mai 27, 7. 131, 19. Georg 537. Helbl. 3, 140. Gundack. 4289. Wolkenst. LXVm. 1, 10. : spü MF. 138, 3 Morungen. Wigal. 176, 26. Ulr. Trist. 3117. Eracl. 3924. :8tü wGast 11664. : zil Ulr. Trist. 2899. Mai 26, 9. Helbl. 10, 15. Otack. c. 429.

Die nach Analogie der 2. Sg. Präs. der Präteritopräsentia

{mäht solt Jcanst u. s. w.) gebildete Form wilt drängt sich

seit dem 11. Jh. (zuerst bei Williram) hervor und wird gern

im Reim benuzt:

wüt : bevüt Wilh. 194, 25. gGerh. 1509. Bari. 233, 23. Lampr. Syon 968. Süv. 3354. Partonop. 2009. Pass. H. 107, 96. 108, 26. :vervüt Georg 234. : engüt Heinz. ML. 2249. :gehilt Otack. c. 458. :8cMt Herb. 11915. 13959. 15547. Erec 8811. Ortn. 115,2. Wolfd. A. 64, 1. livl. Kr. 3813. cspüt Trist. 3733. E»gelh. 4335. :wüt Erec 7181. :gezilt Parz. 304, 30. Partonop. 1973. Wigam. 3165. : hezüt Väterb. 4453.

Vgl. AGr. S. 406. BGr. S. 335.

In Ripuarien wirkt in dieser 2. Sg. w auf i verdunkelnd : weit, woult, wult finden sich.

wolt : holt Wemh. 4, 9. Marienl. 12, 19. 132, 11. Karlm. 176, 31. :gedoU Machab. 539. :golt Wemh. 22, 24. Karlm. 429, 45. 450, 15.

woult Sei. Tr. 19\ 22». 46^. u. ö. Anselm 28. 164. 902. wtdt Harff 36. 224.

Alemannisch schwindet l gern vor dem personalen t; dies wit wird von späteren Dichtern selbst im Reim verwant, vgl. AGr. S. 406.

Mitteldeutsch kommt für i des Sg. zuweilen e vor ; es ist aus thüring. und hessischen Quellen belegbar, so im Secundus

458

§421. 42. 98. 224. 236. 267. u. ö., in den Spielen von den Jung- frauen und von 8. Kathar., im Alsfelder Spiel, ferner oft bei Köditz, vgl. auch den Reim wel : spei Ebern. 3729.

Im Plur. Ind., im Conj., Inf. u. s. w. ist e der alte Vocal der Stammsilbe, der im 12. 13. Jh. alem. und bair. herscht Seit Ende des 13. Jh. kommt wolle wollen daneben vor. Oberdeutsch wird das plurale wellen etc. durch Syncope zu welln (Erec 4149. 9430) wein (Bari. 87, 32. 166, 38. Krone 17391. Warnung 181), dialectlich alemannisch zu wen went wen gekürzt, vgl. AGr. S. 407. BGr. 8. 335. f.

Mitteldeutsch ist e ebenfalls als Stammvocal aufzuweisen, vgl. die Reime

2. PL wellit : stellit Ath. C. 129. weMet : gesellet Ebern. 799. weit : helt Ernst D. 2825. 4627. 3. PL wellen : geseUen Herb. 2222. Conj. 3. Sg. welle : helle Herb. 13360. : geselle 16954. Vgl. auch welle Höfer I, 17 (1288). Nordh. Weist. A. § 7. wellet A. § 2. wein B. 5.

Aber das w wirkte auf e verdunkelnd und die Formen mit 0, die schon im 9. Jh. (Tatian, Ötfried) südfränkisch durchgeführt sind und auch bei Williram herschen, werden im 13. Jh. md. die gewöhnlichen, wenn auch wie gezeigt die mit e noch im 14./15. Jh. hier nicht erloschen sind. Das o

senkte sich dann weiter zu u:

wtdle Böhmer 515. wullen Böhmer 356. Hü. I, 1041. 1056. 1196. 1217. Cd. Sax. H. 6, 53. Nordh. Weist. B. wuUm Cd. Sax. H. 6, 50. 55. wuUe : erftiUe Elis. 6734 ist in wolle : ervoUe zu ändern, vgl. 5822 woUe : solle.

In der 3. PL Indic. bleibt die optat. Endung im allge- meinen Regel. Aber schon in früher ahd. Zeit ward mit indic. Endung wellant gewagt, und dieses wellent findet sich neben dem richtigen wellen mhd. oft. Von Reimen führe ich an wellent : bestellen Heinr. PfaffenL 46. : stellent trKr. 3082. :vellent 6993. Bairisch hielt sich wellen zäher als alemannisch, vgl. BGr. § 335. AGr. S. 407.

§422. § 422. Neben diese anomalen Präsensformen tritt in

den fränkischen Bialecten schon in sehr alter Zeit eine nor- male Neubildung nach schwacher Conjugation, in allen Präsens- formen mit durchgeführtem % das sich auch nicht zu o oder u verdunkeln liess. In der mhd. Periode findet sich dieses

459

schwache Präsens auf das Mitteldeutsche beschränkt, und ist § 422. namentlich im Ripuarischen beliebt. Im Niederfränk. (Nl.) erscheint auch. das Perfect wilde,

Ind. Sg. 1. toille : stille Karlm. 30, 24. 44, 7. 270, 8. mfrk. Legend. 123. 126. 130. Alex. 3035. 4768. Kother 715. 1231. Berth. Crane 4615. Hagen 1956. Sei. Tr. 209*. willen Marienl. 45, 5. 50, 3. 108, 3. Höfer I, 12. 13 (Sayn). Lac. H, 783 (a. 1283). 3. Sg. loiUet Arnst. Ml. 8, 5. Höfer I, 5. 11. Lac. H, 744. willit Annol. 648. 775. Floyris 83. Haupt Z. I, 38. 148. wüt Wernh. 1, 7. Floyris 71. Höfer II, 122. Trier. Spiegelb. 276, 7. 282, 21. Marienl. 7, 37. 45, 27. Hagen 64. 302. u. 0. PL 1. Berth. Crane 766. 2524. wülen Höfer I, 9. Lac. n, 517. 530. 542. 557. HI, 47. 167. ivülin Nrh. Bruchst. 4, 4. Lac. n, 542. wiln Berth. Crane 2533. 2. PI. wiMet : gestület Karlm. 113, 65. 134, 30. Alex. 3556. 4182. Marienl. 30, 9. 39, 18. Frauenl. Spr. 63, 4. wilt:schUt Karlm. 113, 8. 374,27. Roth. 1154 (wild er) Hagen 1475. 1946. Berth. Crane 3177. 4361. Eepg. Cr. 31. Sei. Tr. 75*. 200^ Lac. HI, 557. Ennen I, 185. willen Arnst. Ml. 2, 9. Krolw. S. 3983. Berth. Crane 3868. Spiegelb. 282, 1. 3. PI. wülevvt Alex. 4416. Glaub. 762. Marienl. 7, 29. 10, 30. 74, 18. Iw. A. 1554. Lac. H, 1064. ni, 180. 480. 595. toüleTid Karlm. 44, 6. Spiegelb. 277, 27. 269, 18. wülen: hinnen Floyris 40. Roth. 2775. Karlm. 463, 1. Sei. Tr. 43»>. Lac. in, 576. Kölner Cronica o. Harff o. Conj. Sg. 1. wiUe : stille Karlm. 134, 24. Höfer I, 13. 2. Sg. tüüles Arnst. Ml. 5, 11. Marienl. 44, 37. 45, 12. Karhn. 407, 19. wiUest : willen Rother 309. tmls Sei. Tr. 226». Harfif 260, 14. Kölner Cronica o. 3. Sg. tüiüe : hulde Arnst. Ml. 255. : stille Hagen 4433. Karlm. 26, 59. 31, 5. Kath. sp. 163. Rother 98. Marienl. 41, 14. Iw. A. 4777. 4782. Berth. Crane 2098. Lac. II, 444. 560. 572. HI, 15. 47. u. o. PI. 1. wülen Lac. in, 768. 2. PL wület Iw. A. 1824. 3. PL willen Roth. 665. Lac. in, 711. willin Annol. 744. Inf in. tüülen : stiUen Karjm. 438, 65. Tristr. D. 9000. Herb. 15231. Lac. HI, 621. 953. HarflF 16, 9. 151, 1. Kölner Cronica 51. 253. u. ö. Perf. Conj. wüde Alsfeld. Sp. 2232.' 2669. 4049. 4363.

§ 423. Im Perfect ist schon ahd. das alte e durch o §423. verdrängt (wolta für weltd); nur einzelne Spuren in altbair. Denkmälern zeugen für die ältere Form. So herscht denn auch mhd. wolte oder wolde durchaus. Nur im Conj. erscheint zuweilen e, vgl. 3. Sg. weit : hell Wigam. 3333. ; ungeeelt Montf. 2, 43. 3. PL weiten : Polten Helbl. 3, 348. Indessen wird sich empfehlen, darin Entstellung von wölte wÖlten anzunehmen, ebenso wie in den seit 14. Jh. fiuüiffgen älem7 weite und wette (zu den indicat. wolte, wotte) AGr. S. 409

460

§ 423. und in dem md. und bei Schonebek hersohenden weide. In der Löwenberger Wilkür v. 1311 (Tzschoppe - Stenzel 489) steht oonj. wöldiriy in einer Chemnitzer Willkür von 1401 (Cd. Sax. II. 6, 59) wSlden, in Urkunden des 14. 15. 16. Jh. weiden, zb. Cd. Sax. IL 6, 23 (1364). 6, 66 (1408). Cd. Sil. IV, 217. Daraus ergibt sich dann auch ein indicat. welde^ weite Schles. Zeitachr. XIV, 565 (1581).

!N'eben dem Umlaut im Conjunctiv steht auch der reine Vocal 0 für die Stammsilbe dieses Modus fest. Vgl. die Reime

Conj. Sg. 1. wolt.'hdt Neith. 72, 28. Spiegelb. 178, 33. :8olt Montf. 3, 13. 3. Sg. wolde : gölde Herb. 260. 10931. Ebern. 3131. Bari. 211, 1. : Isolde Trist. 17730. : solde Trist. 7332. Herb. 13446. woU : holt Altsw. 51, 18. ; sdt Mone jüngst. T. 752. 2. PI. woldet : vergoldet Helmbr. 182. wolt : solt Frauend. 53, 8. Krone 19594. woldent : soldent gGerh. 894. wolden : solden trKr. 1789. 3. PI. wolden : dolden Baben. 232, 1. : solden Heinz. ML. A. 439.

Auch die md. Nebenform wtdde bezeugt das fehlen des Umlauts; sie ist im 14. 15. Jh. häufig. In den kölnisch- jülichschen Schriften jener Zeit findet sich au, der Schwebe- laut zwischen o und u. Zu diesem woulde kommt dort auch der Umlaut weulde vor.

Über die Endungen ist nichts besonderes zu erwähnen, nur für die 2. Sg. Ind. die in dem md. Gedicht von den Tagzeiten mehrmals vorkommende Form du wolde, Weetzoldt über die Pariser Tagzeiten S. 39.

Das Partie. Per f. P. gewellet geweit, gewollet gewollt bildet sich erst spät, A&r. S. 410. BGr. S. 336.

S. Xjose Miscb.uiig'.

Starke Zeitworte mit schwachen Nebenformen, schwache mit starken. 1. Starke Zeitvorte mit sohwaohen Nebenformen. § 424. § 424. Der Zug der Sprache geht im allgemeinen nach

Zersetzung der alten Formen. Daher werden die starken Verba in dem besonders karacteristischen Perfectum ange- griffen, schwaches Perfect tritt als Nebenbuler auf und ver- drängt zum Theil das starke. Wie weit dies allmählich im Oberdeutschen, besonders im Bairischen gieng, ist bekann t, BGr. § 323.

461

Wir verzeichnen hier aus der mhd. Zeit Verba, in denen § 424. neben die alten starken Formen einzelne schwache traten, lassen aber die vollen schwachen Neubildungen bei seite, die sich schon ahd. mit einem Unterschied in der Bedeutung zu den alten starken Verben fanden, wie zb. g'ebön zu geban^ treten (tretjan treton) zu tretan.

geschehen, geschien. Dem Md., vorzüglich dem Ripua- rischen sind schwache Perfectformen geläuiBg : Perf. geschiede (geschide) Part geschiet (geschit gescheit). Das i, ie, ei beruht

auf e aus ehe, §§ 52. 53. Belege:

Perf. Ind. Sg. 3. geschiede :liede Alex. 1687. —Lac. 11, 444. 504. Kölner Cronica 47. geschide Marienl. 47, 26. 62, 24. 106, 4. gescheide Hagen 5276. Lac. 11, 1064. PI. 3. geschieden Kölner Cronica 167**. Conj. 3. Sg. geschiede Lac. 11, 444. 506. ÜI, 384. 605. 687. 828. gescheide in, 180. Part. Perf. P. geschiet : iet Wierstr. 1356. :niet Alex. 1223. 2984. 3123. 3442. Nrh. Br. 3, 21. Ath. E. 46. Eüh. Tristr. IX, 125. Herb. 6144. 6508. Marienl. 40, 4. Marienkl. 20. 30. Sibots Frauenz. 216. Junk. u. Heinr. 3. Wierstr. 894. : riet Lachmann Nrh. Br. 1, 6. Herb. 16024. geschit:Ut Karlm. 193, 47. geschieht Ennen 11^ 436 (1260). geschäht Lac. H, 530 (1263). geschet Höfer H, 36 (1316. Wildgraf), geschiet Lac. H, 434. 506. 534. u. o. gescheit Lac. U, 532. 1064. m, 57. 80. 167. u. o. gescMt Höfer I, 2 (Trier 1248).

Das Particip geschiet ist also in Ripuarien und in den angrenzenden md. Landschafben häufig. Daneben ist das st. Ptc. geschien in Brauch: für Ripuarien beweisen dies Wernh. v. Niederrh., Hagen, die Vorbewisinge. Das schw. Pf. geschiede ist in seiner Verbreitung beschränkter: Köln Jülich Limburg sind sein Boden, heimischer noch ist es im Niederfränkischen, wo es nicht wie in Ripuarien von gescach begleitet wird. Im Mnl. herscht ghesciede allein, und hier entstund sogar ein Infin. ghesdeden (Maerlanls trKr. 3361). Mit Bezug auf Veldeke handelte W. Braune über geschien in Zachers Zeit- schrift f. d. Ph. IV, 258—260.

jehen: hierzu im Ripuarischen das schwache Ptc. gegiet gegeit, dem geschiet gleich gebildet.

gegiet : niet Karlm. 58, 46. begiet : niet 32, 32. ergiet : niet 158, 29. 194, 11. : gebiet 280, 39. ergeit Lac. IE, 261.

komen: dazu im Alem. im 14. 15. Jh. das schw. Perf» Icemete Tcomete AGr. S. 389.

462

§424. besinnen: alem. und bair. findet sich im 13. 14. Jh.

ein schwaches Perf. mit Partie, selbst im Reim AGr. S. 389. BGr. § 323. Jänicke z. Wolfdiet. D. VIII. 116, 4.

bevelhen: schw. Perf. bevalhte Karaj. 41, 10. 12.

brechen: schw. Perf. brechte Trebn. Ps. 73, 14. 15. 115, 16.

heben. Unter Einfluss der umlautenden Formen von haben erscheint zuweilen das schw. Perf. hebete hebte, Ptc. gehebt erhebt, vgl. Lexer Mhd. Wb. I, 1199. MüUer-Benecke Mhd. Wb. I, 643. Trebn. Ps. 28, 2.

§425. § 425.

schrien: das schw. Pf. schrtete schrUe mit Ptc. ge- schriet geschrtt ist obd. neben den st. Formen schrei oder schre, geschri(r)n im 13. Jh. stark entwickelt Bei Wolfram, Lamprecht v. Regensburg, dem Dichter des Mai, Konrad von Wirzburg, Otacker stehn diese ^Neubildungen gleich den alten im Reim, vgl. AGr. S. 389. BGr. § 323. Sie sind auch md. im Brauch:

Perf. schrite : vrite Pass. K. 264, 67. Väterb. 4411. :8tnte Herb. 14744. ; zite Herb. 11953. ülr. Wh. 5892. PL sehnten : riten Herb. 5817. ; siten Uvl. Kr. 5526. Partie, geschriet : gevriet Pass. K. 97, 82. gesehnt : strit Ludw. Kr. 7266. : zit Herb. 2773. 5278. 10504. Heinr. Trist. 2900. 3480. MSH. 3, 6*. besehrtt : zit Ernst D. 3861. : sit Ludw. Kr. 4624. Vgl. ausserdem PI. Pf. sehrieten Pass. K. 48, 50. schrigiten Haupt XV, 374. seriede schreide Marienkl. 64. 80. Brev. 58. Kölner Cronica 60 und Mhd. Wb. H. 2, 213. f.

spien hat ebenfalls ein schw. Perf. neben dem st., aber

weit seltener als schrien,

Perf. sptete Berth. 28, 7. 254, 6. Pass. K. 555, 51. spigte Konr. Alex. J. 698. M. Spieg. 394. mit dem md. Übertritt in die te-Beihe spute : mute Pass. H. 222, 47. : ungute 291, 91. Ptc. gespiet Berth. 370, 24.

pfifen: schw. Ptc. bei Konr. v. Wirzb. Turn. 711 im Reim: begrifet. angepßfet Hätzl. 245^

biten : schw. Pf. bei Herbort, bite : isite 17396. Ptc. gebit : strit 6663.

verglichen: schw. Pf. alemannisch, B. R. 1, 341.

wichen schw. Pf. bei Hagen 1072 wichde.

463

verzihen schw. Pf» vor^ihete Henneb. Uk. II, 104 (1344). §425.

bieten schw. Pf. erhiede (:kniede) Karlm. 271, 10.

Von den reduplicirenden Zw. kommen zunächst houwen und homven in Betracht. In bau wen ist schon in vorhistorischer Zeit das redupl. Perf. durch die schw. Bildung verdrängt worden. Neben das fortlebende st. Partie, gebouwen hat sich mhd. ein schw. gebouwet gebaut gestellt, vgl. auch gebüwet HTrist. 2681. gebüt : guot Otack. c. 686.

Zu houwan ist schon ahd. eine vollständige schw. Neben- form houwon vorhanden, die mhd. fortdauert. Vgl. houte Grudr. 1407, 2. PI. honten : b&uten Raben. 612. Ptc. gehout : beschaut Otack. c. 210.

Ausserdem kann ich nur walten anführen; ein schw. Pf. walte (: js^alte) erscheint Pilat. 152. Jerosch. 17128.

Von hangen hat sich das schw. Perf. hangete neben dem ftt. hienc erhalten, obd. Serv. 271 {: gelangte), md. öfter, zb. Herb. 10392. 10606. Trebn. Ps. 24, 21. 62, 9. 100, 3. 118, 25. 31.

2. Schwache Zeitworte mit starken Nebenformen.

§ 426. §426.

begäben: st. Ptc. begäben : haben Teichner in Pfeiffers Übungsb. 158, 29.

laben: st. Ptc. erlaben : haben Boner 54, 40.

machen: st. Ptc. gemachen bei Hug v. Montfort drei- mal im Keim AGr. § 376.

g es taten: st. Ptc. gestaten : gesäten Strassb. Litanei 35.

phenden: st. Ptc. gephenden : sehenden Teiohner in Pfeiffers Übungsb. 162, 51.

schenken: st. Pf. schank Heldenb. (Keller) 547, 34.

wurken: st. Ptc. gewarchen Lieds. 8, 74.

vürhten: das st. Ptc. gevarhten ervarhten ist nicht selten, vgl. ungevarhten Ernst D. 1155. ervarhten Trist. 13099. unervarhten Hol. 194, 7. Nib. 1723, 4 Mai 22, 2. 148, 14.

erkunnen: das st. Ptc. erkunnen : sunnen MS. 2, 170^ (Kelin), ausser Reim erchunnen Nib. C. 1064, 2. BCD. 1331, 1. verkunnen : gewunnen Kindh. 70, 63.

464

§426. laden (invitare): st. Pf. (unter Einwirkung von laden^

onerare) luot : Uuot Lampr. Syon 632. Elisab. 7726. Myst. I, 241. 282. geluot:muot Otack. c. 363. Ptc. geladen Nib. AB. 2096, 2.

jagen: Ptc. gejagen : geslagen Karlm. 206, 8. zsgez. bejän (:hän) Junk. u. Heinr. 1241.

klagen: Ptc. gehlagen : gesagen Pleiers Garel 9, 58 (Lexer I, 1601).

schaden: im 16. Jb. alem. st. Pf. schuod Ptc. geschaden AdEva 1289. Zimmersche Kr. IV. 225, 31. 35.

glichen (gleichen): Pf. gleich Virg. 289, 10. 291, 8. 3. PI. glichen Wolfd. D. V. 59, 4.

prisen: "Pf. preis Wolfd. D. 301, 4 (Holtzmann). prisen^ :wisen Virg. 886, 3. Ptc. geprisen : risen Virg. 375, 6. Sigen. C. 10, 10.

leTcrltzen: st. Pf. hekreiz Köditz 78, 17.

§427. § 427, In der Weise der reduplicirenden Zw. gedacht

salben: Perf. sielb Anzeig. 8, 481. Gundack. 751.

salzen: Perf. sielzen Griesh. Pr. 2, 18.

schaden: Perf. schied Tristr. H. 1652.

wein: Perf. erwiel Schoneb. 7097 gereimt auf beviel Pf. zu bevelhen.

welben: Perf. wielb Mone Anz. 8, 481.

denen: Ptc. gedannen : gespannen Mart. 37, 60.

blcejen: Ptc. geblän, Belege AGr. S. 389.

drcejen: Ptc. gedrän, von Alemannen wie Hartmann von Aue, Ulr. von Zazikhofen, Rudolf von Ems, Heinzelin von Constanz, Walther von Rheinau, Hug von Montfort im Reim gebraucht, AGr. a. a. 0.; vgl. auch Hohenburger Hoheslied 83, 1. 110, 6. 11.

kaufen: Pt. Cj. kiefe Mon. Genn. Script, lingu. vern. IV, 1. S. 106, 8.

Über die Doppelformen von eischen (seit 13. Jh. heischen} vreischen im Perf. § 360.

465

IV. Umscliriebeiie Formen.

§ 428. Das deutsche Zeitwort war formenarm geworden § 428. und bedurfte daher der Ergänzung durch künstliche Mittel, welche in der Umschreibung mittels Zusammenstellung verbaler Nomina (Infinitiv, Particip) mit Hilfsverben gesucht wurden.

1. Umsohreibung des Verbalgenus. Grimm Gr. IV, 4—50.

Das Activum besizt alle einfachen Verbalformen, welche überhaupt im Germanischen erhalten sind. Daneben bildeten sich umschriebene, nicht bloss zum Ausdruck der Zukunft und der vorgeschrittenen Vergangenheit, sondern, was hier zunächst in Betracht kommt, zur Bezeichnung der einfachen Gegenwart und Vergangenheit.

a) Umschreibung durch Partie. Präs. mit Zw. sein.

Zunächst liegt in dieser Umschreibung die Stätigkeit imd die Dauer des Zustandes oder der Thätigkeit, zb. mit dem der leu varend ist Iw. 7927. die freude ze der ich dingende bin Trist. 8202. wis vorbedenkende alle'wis dinen frumen 8422. ir grölen klage sie niht Idnt wan sie in s&re kla- gende sint Bari. 74, 31. diz sunt ir uobende sin vil dicke Mart. 31, 21.

Zuweilen stehn die einfache und die umschriebene Form neben einander: der sin bedarf und ouch bedurfende ist Griesh. Pr. 1, 84. daz si nach der selben zU jcehe unde jehende weere Trist. 1899.

Die Umschreibung drückt zuweilen nur die einfache Hand- lung ohne den Nebenbegriff des dauernden aus, zb. alle die mich sehende sint aHeinr. 673. da/^ er unt sin pfärdeltn muosen vollende üf die bluomen sin Parz. 154, 30. Bis zum Überdruss wird diese Umschreibung im jüngeren Titurel gebraucht.

Zu diesen Beispielen, in denen das Partie, seine Endung deutlich zeigt, stellen sich andre, in denen es eine durch Syncope des d verursachte abgeschliffene Endung, -ene, -en hat, w^odurch es dem Infinitiv gleich scheint, vgl. §§ 373. 401.

Weinhold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 30

466

§428. Seit dem 12. Jh. tritt dies auf, zb. du bist dich Tuomen, wiss£!e Christ Orend. 561. er was schowen die riterschaft Lanz. 3014. er wcere noch gerne hundert jär in dem vege- fiur hrinnen Myst. I, 278. Erst seit dem 14. Jh. wird diese Verbindung beliebt und hält sich dann im Brauch bis in das 16. Jh. Vgl. F. Bech Von der Abschleifung des deutschen Partie. Präs. und von seinem Ersatz durch den Infinitiv (Zeitz 1882) S. 3. f. §429. § 429.

b) Umschreibung durch Part. Präs. mit werden.

Zunächst bezeichnet diese Verbindung das beginnen der Handlung oder das worden des Zustandes, zb. wan si noch Mnaht swanger wirt und einen sun wirt tragende, trKr. 4573. do ez lichtende wart Trist. 3837. so würde man in suochende trKr. 13703. so si an got geloubitin, so wurdin si varinde Griesh. Dkm. 14.

Der BegrifiT des Futurum liegt hier ganz nahe, vgl. ja wirt ir da diende vil manic wcetUcher man Nib. 1150, 4. der trage wolte durh den vrost niht ern, davon wirt er ze sumer betelnde Myst. I. 311, 37 und § 435.

Die Umschreibung bezeichilet aber auch das blosse Präsens oder Perfect, zb. den kinden wart do sin gebot gesuntheit wider gebende Engelhc 6379. vriunt wirt uns hie verjehende Pantal. 781. daz ist daz er ouch trege wirt und daz er hüme wirt ginde ze dem dienste unsers herren Griesh. Pr. 1, 51.

Auch hier kommen die abgeschliffenen, dem Infinitiv sich gleich machenden Formen des Partie, in -ene -en auf und nicht bloss für das Präsens, sondern auch für das Perfect. Die präsent. Umschreibung hat ziemlich stark ausgeprägt die future Bedeutung, zb. ich wcene ir werdet mir es jehen (.-gesehen) Flore 3144. so wirstu mir gelouben, wan si dich danne rouben wirt herzen unde muotes Konr. Partenop. 12191. mich wirt hin einer iuwer geben an den tot Walther v. Bheinau 150, 40.

Das Perf. mit scheinbareminfin. hat zunächst inchoative Bedeutung, umschreibt aber auch die geschehene Handlung.

467

Diese Form kommt schon im Anfang des 12. Jh. vor (Annol. §429. 639), bildet sich im Verlauf des 13. Jh. aus und blüht in der folgenden Zeit: do wart ouch her Wolf hart Magen Virginal 921, 9. dafn wart man sie erkennen Berthold Pr. I. 403, 37. da^: wart in tragen aber sit Schwanr. 1289. dajs Maria na der art wahsen an dem hinde ivart Fass. H. 16, 23. sin ore wart do biegen der heiser Pass. H. 173, 21. der kunic wart si vaste klagen Heidin 1660. Bech a. a. 0. 8. 5. fif. O. Jänicke Altd. Studien S. 49. f. (Berlin 1871).

§ 430. Das Passivum, das schon früh sich auflöste, §430. so dass nur im Gotischen einige Beste insofern blieben, als Trümmer des Mediums passive Bedeutung überkamen, muss überhaupt durch Umschreibung gegeben werden. Es geschah ahd. durch Verbindung des Part. Perf. Pass. mit sein oder werden, wenn nicht die Übersetzer der lateinischen Texte die Verwandelung des Passivs in das Activ vorzogen. Für die mhd. Zeit kann im allgemeinen folgende Formel das ge- wöhnliche angeben (Gr. IV, 12. ff.) :

Präs. Pass. ich wirde gelobet Imp. ms (bis) gelobet Inf. ge- lobet sin Imperf. ich wart gelobet Perf. ich bin gelobet Plusqu. ich was gelobet

Zur Verstärkung des Perfects und Plusquamperf. Pass. kommt seit Anfang des 13. Jh. der Zusatz von worden auf; er ist im 13. Jh. noch selten und wird erst seit dem 14. Jh. beliebter, vgl. von älteren Beispielen

Perf. mit riemen sint disiu lider worden gemezzen j. Tit. 885, 1. Plusqu. daz Gahmuret gepriset vil was worden Parz. 58, 1.

Vgl. Weigand bei Haupt Z. VII, 557. f.

§ 431. Das Medium, dessen Formen im Germanischen §431. nur das Gotische erhalten hat, wird durch Zufügung eines Casus des Personalpronomens zu dem intransitiven Verbum umschrieben, dessen Bedeutung dadurch auf sich zurückbezogen und damit verstärkt wird. Im Gotischen war die mediale Bedeutung vielfach auf die Zw. auf -nan oder auch auf die Verba 3. schw. Conjug. übertragen. Althochdeutsch sind unter den reflexiv gebrauchten Zeitworten auch viele der 3. schw. Klasse angehörige, allein di#Zufügung des pronominalen Casus wird nun notwendiger.

30*

468

§431. Der eigentliche Reflexivcasus ist der Dativ. Mhd. er-

hielten sich aber wenig Spuren davon, die sogen, ethischen Dative zählen mit darunter. Solche mediale Verbindungen sind zb. ich stuont mir nehten späte MF. 8, 1. so stünt ime üf der güde man Annol. 614 sldf dir gnuog Megenb, 6, 2. den tiuvel ich mir selben weiis Erec4790. ich vurhte mir vil sere Yor. Ged. 13, 20. do gedähten in die besten Nib. 1964, 5.

Von der reflexiven Verwendung des Genitivs gibt e& nur einzelne mitteldeutsche Spuren: Sent Anno wart sinis gemeit Annol. 726. daz du dm jsfouwis deste baz Alex. 3466. zouwe dm Renner 11373.

An die Stelle des Dativs trat mhd. fast durchaus der Accusativ sich. Dieses mediale sich erscheint besonder» in alterthümlichen und volksmässigen Dichtungen bei sein und werden, bei heissen, bei Verben der Empfindung und der Be- wegung, zb. der eine was sich her Vasolt Ecke 2. der was sich Bibunc genant Virgin. 801, 4. do sprach sich Gernöt Nib. 1423, 1. die helde sich des erkäm&n Lanzel. 6722. der kappelän begund sich klagen Reinh. 1563. hart zürnt sich Alexander duo Vorauer Ged. 207, 25.

2. ümsohreibung der Zeltformen.

§432. § 432. Das Präsens hat im Deutschen die Aufgabe,

die unvollendete Handlung oder den nicht abgeschlossenen Zustand auszudrücken, dient also je nach Umständen zur Bezeichnung des gegenwärtigen oder des zukünftigen. Die Verwendung des Präsens in Art des griech. und lat. histo- rischen Präsens widerstrebt dem Deutschen, und nur in belebter Rede, wo die unmittelbare Folge einer erzählten Handhing ausgedrückt wird, finden sich mhd. Präsentia, die dem histor. Präsens sehr nahe kommen ; so u. a. in dem Gedicht von Athis und Prophilias und bei Wolfram, Grimm IV, 140. fif. W. Grimm zu Ath. C* 132. P. T. Förster Zur. Sprache und Poesie Wolf- rams V. Eschenbach Leipzig 1871. S. 5. fi*. Das älteste Bei- spiel scheint Ludwigsl. 45.

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Um 80 bedeutsamer wird die Kraft des Präfix ge, welches §432. dem Präsens die Bedeutung eines Präteritum verleihen kann, Mhd. Wb. I, 491'. W. Wackernagel Glossar zum Altd. Lese- buch (1840) CCXV. Durch dieses Präfix erhält auch der Infinitiv bei den als Hilfszeit werten dienenden Präterito- präsentibus die Bedeutung eines Infin. Perfecti, W. Wacker- nagel Glossar CCXVI, Grimm Gr. IV, 172.

Die Umschreibung des Präs. durch Verbindung des Präs. von sin oder werden mit dem Partie. Präs. ist §§ 428. 429 •erwähnt.

§ 433. Das Futurum besizt keine eigene grammatische §438. Form im Germanischen mehr, sondern wird in der Regel durch das Präsens ausgedrückt, so dass der innere Zusammenhang des Satzes die Zeitbedeutung bestimmt. Diese uns noch heute geläufige Verwendung des einfachen Präsens steht mhd. in voller Blüte, Gr. IV, 176. f.

Bei Erzählungen aus der Vergangenheit kann das Perf. Conj. die Verwendung als Conj. Fut. erhalten, zb. ich wcen in hete ir herjse rehte daz geseit, daz in so vil der vriunde davon gelcege tot Nib. 71, 2.

Um aber die Zukunftsbedeutung genauer hervorzuheben, werden Umschreibungen durch Hilfszeitworte mit dem Infinitiv versucht.

Die got. Umschreibung durch haian c. Inf. ist hochd. nicht vorhanden. Im Ahd. kommt langsam die durch suln c. Inf. auf, mhd. ist sie sehr beliebt, vgl. u. a. ir solt üch minre scanden vele gemeit maken En. 2216. ich hän, swan hernach sulle geschehen, so lieben tac an iu gesehen Trist. 1515. du bis ein algeweldiger got und wires ie und solt immer sin Leyser Pr. 112, 35. ich sol dirz alliz geldin vil gerne ebd. 75, 27. Gr. IV, 179. f. Mhd. Wb. U. 2, 181. Im 15. 16. Jh. stirbt diese Umschreibung langsam ab.

§ 434. Als Umschreibung des Futurums ward femer §434. müezen c. Infin. verwant, das wie sidn c. Inf. zunächst das bestimmt sein wozu ausdrückt. Es ist nicht so häufig wie jenes. Einige Belege : sin zorn vil harte ergän muoz über in MFr. 96, 16. det vil s^ze der ie an anegenge was und

470

I

§ 434. muo£! an ende «in Walth. 36, 37. ir sult vil richiu Meider da ze hove tragen, wan uns da sehen müeaen vil minnec- Uchiu wip Nib. 475, 3.

In ähnlicher Weise tritt die Verbindung wellen c. Inf. aus der Bezeichnung der Absicht oder des Wunsches in die der Zukunft über; die Stellen sind in der eigentlichen mhd. Periode nicht häufig und mehren sich erst im 15. 16. Jh. ;. nachher stirbt auch diese Umschreibung ab. Belege : ich vertrage als ich vertrttoc und als ich iemer wil vertragen^ Walth. 50, 8. uns wil schiere wol gelingen 51, 21. ich triuwe vinden aldä si kan verswinden Parz. 2, 1. er über- tuot, er unls niht lange triben Hätzl. 150\ § 435. § 435. Weit nachhaltiger ist die Verwendung von werden

c. Inf. oder c. Partie. Prees. für das Futurum ; sie ist die Fort- föhrung der inchoativen Bedeutung dieser Verbindungen § 429^

a) werden c. Partie. PrsBs., das gewöhnlich dem Verbum nachsteht, zb. so wirt daz volc mich vände und sän ze töde irslände Ath. A. 85. er unrt mich gerne sehende und wird ich im verjehende Trist. 3985. man wirt uns schiere Jcomende an von den burgtsren mit übelichen mceren Trist 8706. in den wölken vuor er zu himile, in den tvolken unrt er ouch swebinde mit den heiligen zwelfbotin Grrieshab. Dkm. 17. die rehten Hute werdent stunde ze der jungesten urteilde in dis wis Wackem. Pr. 58, 1. daz er uns helfe umbe unsem herren erwerben daz wir uns erkennende werden in der himelischen JerusaUm Berthold 219, 15. aber alle die heiligen die werdent alle an dem jungesten tage über iuch ruofende 324, 25.

Auch hier kommt allmählich die abgeschliffene, dem Infin. gleich gemachte Form des Partie. 373. 401) auf und ver- drängt allmählich die andre. Die ältesten Belege dafär kennt man aus Flecks Flore 3414 ich waene ir werdent mir es jehen, 3609 der wirt iuch wol enhalten, 4656 so wirt er sprechen zehant; vgl. femer Frauenlist GrAb. 26, 140 ich weiz wol daz diu guote wirt zürnen und mir tragen haz. Aber diese Verbindung breitet sich im 13. Jh. noch nicht aus^ erst im 14. 15. Jh. wird sie bei den theologischen Schrift-

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steilem beliebt, und in der zweiten Hälfte des 16. bezeichnen §435. sie Grrammatiker schon als die einzige Form des Futurums.

§ 436. Die schwerfälligen neuhochdeutschen Umschrei- § 436. bungen des Futurum exactum (wird gewesen sein, wird gehabt haben) kennt die ältere Sprache nicht. Es wird dafür das durch Präfix ge in das vergangene gezogene future Prä- sens verwant, zb. der geringeste helbelinc, den iemer ieman dar geleget, der newirt ime niemer versaget Glaube 2612. swenn er hie geringet und üf sin älter bringet den lip mit micheler not, so muoz er liden doch den tot aHeinr. 601. sun als din heim genem den stric, zehant wis muotic unde halt Winsbeke 20, 1.

Ausserdem wird stimmend zu der Verwendung des Präs. als Futurum, das Perfectum als Futurum exactum gebraucht, zb. swojsi ir gebietent, deist getan Iwein 243. sweder der sol geschehen, daz hat man schiere gesehen 4988. Yergl. Gr. IV, 185.

§ 437. Das deutsche Tempus der Vergangenheit §437. ist seiner grammatischen Form nach Perfect; in logischer Hinsicht bezeichnet es überhaupt die vollendete Handlung und dient nach dem Satzinhalt für Imperfect, Perfect und Plusquamperfect, Grimm Gr. IV, 148. ff.

Die Verwendung als Plusquamperfect ist mhd. ungemein häufig. Ich gebe daher nur wenige Belege: den Eteden rechen so rehte leide nie geschah Nib. 2169, 4. do sich dae ros erholte, der Jcüene Sifrit der gewan einen vreisUchen sit Nib. 209, 3. den brunnen ich därunder sach und swes mir der waltman jach Iw. 622. in dais lant fuor der künec Artus als er swuor 2488. er gcebe drumbe niht ein strö ob si mit glichem volle Icegen üf den baren 1440. öbe joch niemer kröne hceme üf min houbet MF. 5, 39.

Bemerkenswert ist auch hier die Kraft des Präfix ge. So wie es einer Präsensform die Perfectbedeutung geben kann § 432, so gibt es dem Präteritum, das sich auf einen Satz der Gegenwart bezieht, Perfectbedeutung, zb. swa/s ich fröuden ie daher gepflac, der bin ich eine hie beliben Walth. 42, 9; dem Präteritum aber, das sich auf einen Satz der

472

§ 437. Vergangenheit bezieht, Plusquamperfectbedeutung, zb. nu hoert, i sich der rät geschiet, wa^s man des landes künege riet Parz. 424, 7. er hete sich bewegen der schände, die ie Jcünec gewan Nib. 308, 3.

§438. § 438. Als Form der Vollendung kann das Perfect

auch das bleibende, herkömmliche ausdrücken, zb. sipflegents noch als mans do pflac, swä lU und welhsch gerihte lac Parz. 4, 27. darnach hie^ si schenken sän ez müete si deiz niht beleip, wand ez die ritter ie vertreip, die gerne sprächen wider diu wip 29, 13. diz mcere der daz ie'gelas Trist. 2016.

So dient das Perfect auch in Sprichwörtern und stehnden Redensarten dazu, das erfahrungsmässige, herkömmliche aus- zusprechen, ähnlich dem gnomischen griechischen Aorist, zb. sin triuwe hat so kurzen zagel daz si den dritten biz niht galt, vuor si mit bremen in den walt Parz. 2, 21. bi einer wtl gedäht ich: der gewagte der genas, die wil er unver zaget was Lieders. 173, 215. nu genas der tiuvel doch vor den vorloufen noch, also mac mir beschehen ebd. 265. Vgl. Lach- mann über den Eingang z. Parzival S. 14. Frz. Dietrich bei Haupt Z. XIII, 124—128.

Das Perfect in Segensformeln und Verwünschungen

gründet sich auf den Begriff des dauernden Zustandes, den

Segen und Fluch bezwecken :

wöl im wart der gereit Freid. 80, 14. gesach in got, der ir reines Itbes ?uit gewalt Neifen 12, 15. we dir' wart da£ dich din mtioter ie getruoc an dise werlt Berthold. Vgl. Gr. IV, 176. Haupt z. Neifen 12, 15.

§ 439. § 439. Seit dem 9. Jh. bildeten sich im Hochdeutschen

umschriebene Perfectformen aus. Es verbanden sich die Hilfsverben sein und haben mit dem Partie. Perf. Pass. ; ihr Präsens hilft das Perfect oder Imperfect bilden, ihr Per- fect das Plusquamperfect. Das Particip steht anfänglich in flectirter Form: bei sein im Nom., bei haben im Accusativ; aber es wird bald die unflectirte Form vorgezogen, die auch mhd. überwiegt. Die äectirte Form ist indessen nicht erloschen. Gr. IV, 150—167.

473

Im allgemeinen verbinden sich die intransitiven Verba, §439. die eine passive oder inchoative Bedeutung haben, mit sein, die andern Intransitiva und die Transitiva mit haben, die Präteritopräsentia und die unpersönlich verwanten ebenfalls mit haben. Die Verba der Bewegung umschreiben das Perf. mit sein oder mit haben. Gr. lY, 149 173.

Zweiter Abschnitt. Die Declination.

§ 440. Die Nomina (Substantiva und Adjectiva) sind §440. von den Pronominibus in ihren Wurzeln verschieden; ihre Declination ist aber, das geschlechtlose Personalpronomen ausgenommen, nach den Casussuffixen dieselbe. Nur tritt bei den Pronominibus in mehreren Casus zwischen Stamm und Flexion ein Suffix ja ein, durch welches die nominale und pronominale Declination Verschiedenheiten gewinnen, welche sie getrennt zu behandeln Anlass geben. Die pronominale Declination wirkt auf die sogenannt starke Declinationsart der Adjectiva ein.

Die Nomina zerfallen in Nomina mit vocalischem Thema (a, ij u) und Nomina mit consonantischem Thema, das ist in vocalische und consonantische Stämme. Die Declinationsweise jener nannte J. Grimm die starke Declination; unter schwacher Declination verstund er die Flexionsweise der zur zweiten Abtheilung gehörigen Stämme in -n.

§ 441. Die deutsche Declination kennt zwei Numeri: §441. Singular und Plural ; von dem Dual erhielten sich ahd. mhd. nur bei dem 1. 2. Personalpronomen einige Eeste. Es gibt ferner fünf Casus : Nominativ Accusativ Genitiv Dativ Instru- mentalis; der Instrumental ist aber mhd. im absterben. Der Vocativ, der sich noch gotisch im Sg. Masc. von dem Nomin. unterschied, aber die gemeinsam europäische Flexion a auch hier längst eingebüsst hat, ist hd. dem Nom. durchaus gleich geworden.

474 I. Die nomina^le DecliYia.tioii«

A. Vocalisclie Stänmie. Starke üeclinatioii.

Fr. Dietrich historia declinationis theotiscae primariae. Marburg 1859',

J. Grimm Gr. I«, 596—835. Weinhold AGr. § 390. ff. BGr. § 338. ff.

§442. § 442. Die thematischen Yocale der stark flectirteB

Substantiva sind durch die Stammsuffixe a, i, u gegeben^ wonach sich eine -4-, eine /-, eine Z7- Klasse der starken Declination gebildet hatte. Die CasussufQxe sind zwar in den drei Klassen dieselben mit Ausname des Gen. Dat. Sg., welche in der I- und U- Klasse eine andere Endung als in der -^-Klasse hatten ; aber durch die Verschiedenheit der Stamm- vocale und die verschiedenen durch Schwächung und Steige- rung sich äussernden Abwandelungen derselben ergaben sich dreifache Biegungsformen. Der -4- Klasse gehört die gröste Zahl der starken Substantiva an ; in ihr bildeten sich dadurch . TJnterabtheilungen, dass auch die Substantivstämme in ja und va (wa) ihr zugehören.

Von allen germanischen Sprachen bietet die gotische die alterthtimlichsten Nominalflexionen ; allein auch hier sind durch das germanische Ausiautgesetz sowie durch manche Verwitterungen bedeutende Entstellungen der urdeutschen

Declination vollzogen.

B. Delbrück über die Declination der Substantiva im Ger- manischen insonderheit im Gotischen, in Zachers Zeitschr. f. deutsche Phüologie n. 381—407.

Im Althochdeutschen ist die Auflösung durch Erleichte- rung der langen und Verförbung der kurzen Endungsvocale noch vorgeschrittener; indessen lässt die Declination des Hochd. im 9. 10. Jh. die alten Verhältnisse immer noch erkennen; vgl. Braune über die Quantität der ahd. Endsilben in den Beitr. II, 125—167 und Paul die Vocale der Elexions- und Ableitungssilben in den ältesten germanischen Dialecten, Beitr. IV, 315—475. Dann freilich zersetzten sich die Vocale der Endungen völlig, indem das tonlose oder stumme e allent- halben eintrat. ^) Indessen lassen sich auch mhd. noch Klassen-

*) Über die Vocale * a o w in den Endungen anstatt e vgl. die §§ 81-84.

475

theilungen der Substantiva machen, die sich auf die alten Vei"- § 442. hältnisse gründen. TJm dies deutlicher zu machen, stellen wir die Paradigmen der got. und ahd. starken Declination voraus.

§ 443. §443.

1. Deolination der A-Zlaise.

a) Stämme in -a (Masc. Neutr.) -a (Femin.)

Go

tisch

Althochdeutsch

Masc. St. daga Fem. gibö N. vaurda M

. taga F. kebd N. warta

Sg. N. dags

^*6a

vaurd

tac

Uba

wort

G. dagis

^riftÖÄ

vaurdis

tages

keba -0 -w

Wortes

D. dctga

^«&ai

vaurda

taga, -e

kebo -a -u

worta, -e

k.dag

^i&a

vaurd

tac

keba

wort

Instr.

tagu -0

wortu 'O

PI. N. dagös

gibös

vaurda

taga

keba, -o

wort, -u

G. dage

gtbö

vaurde

tago

keböno

worto

D. dagam

giböm

vaurdam

tagum

keböm

wortum

A. dagana

gibös

vaurda

taga

keba, -o

wort, 'U

b) Stämme

i in ja ji

Gotisch

Stamm M. harja

hairdja

Fem. sibjö

bandjö

Neutr. kunja

Sg. N. harjis

hairdeis

sibja

bandi

ku/ni

G. harjis

hairdeis

sibjös

bandjös

kunjis

D. harja

hairdja

sibjai

bandjai

kunja

A. hari

hairdi

sibja

kuni

V. Äan

hairdi

PI. N. harjös

hairdjös

sibjös

bandjös

kunja

G. Äarje

hairdje

sibjö

bandjö

ktmje

D. harjam

hairdjam

sibjöm

bandjöm

kunjamr

A. harjans

hairdjans

sibjös

bandjös

kunja

Althochdeutsch.

Msc. Äir<;a Fem. sippjä

Neutr. chunja

Sg. N. ÄtX*

sipjpea sippa

chunni

G. Äiries

die andern Ca-

chunnes

D. Ä*>*c, -a

sus meist ohne

chunne

A. hirti

Spur des j.

chunni

Tnstr. chunnju

chunnu

PI. N. Mrto

PI. N. chunniu chunnu chunni

G. hirtjo

chunnjo

D. hirtum

chunnjum -um (im)

A. Äirta

chunnju

•u -i.

476

§443. c) Stämme in va

Gotisch Althochdeutsch.

Stamm M. fiva Fem. triggvä Neutr. kniva M. sewa F. triuwd N. horwa kniwa

seu, '0 triuwa horo kniu sewes triuwa horwes kniwes setce tiiwjDO horwe knitoes seu, '0 triuwa horo kniu

Sg.

'N.pius

triggva

kniu

Gcßivis

triggvos

knivis

D.piva

triggvai

kniva

A.piu

triggva

kniu

PI.

N.^*t;Ö«

triggvos

kniva

Qc.pive

triggvö

XL, 8. w.

knive

§444.

§ 444.

2. reoUnation der X-Zlasse.

Stämme in i.

Gotisch

Althochdeutsch

öom M. gasti

Fem. ansti

Neutr.

M. kasti

F.

ansti

Sg. N. gasts

ansts

fehlt

kost

anst

G. (gastis)

anstais

(kastes)

ensti

D. (gasta)

anstai

(kasta,

e)

ensti

A. gast

anst

käst

anst

PI. N. gasteis

ansteis

kesti

ensti

G. gaste

anste

kestjo

enstjo

D. gastim

anstim

kestim

enstim

A. gasti/ns

anstins

kesti

ensti

§445.

§ 445.

3. Deolination der Ü-Slasse.

Stämme in u.

Gotisch Stamm M. sunu Fem. handu

Sg. N. sunus G. sunaus D. sunau A. sunu

PI. N. sunjus G. sunive D. sunum A. sununs

handus ebenso wie stmus

Althochdeutsch M. sunu F. hantu N. vihu

vihu

sunu, suno suniu sunu,

sunum

hantum

vihu viho viho

vihiu

§446. § 446. Bereits in den ältesten ahd. Denkmälern ist die

Vereinigung der Substantiva der I- und U-Klasse durch das absterben der Formen der U-Klasse und den Übertritt der dazu gehörigen Worte in die I- Klasse stark vorbereitet.

j

477

mittelhochdeutsch ist sie vollzogen. Hier sind also nur zwei § 446, Klassen der starken Declination abzutheilen. Die Masculina scheidet der Nichtumlaut (A-Klässe) oder der Umlaut (I-Klasse) im Plural. Die Feminina theilen sich in zwei Abtheilungen a) der alten a-Klasse im ganzen entsprechend mit Endungs-e im N. A. Sg., im Gen. Plur. -en, im Stammvocal durchgehends kein Umlaut, und b) der alten I-Klasse entsprechend: im N. A. Sg. keine Endung, im Gen. PI. -e, im G. D. Sg. oft, im Plur. stets Umlaut.

Die Masculina und Neutra in -ja haben mhd. von dieser Stammform gewöhnlich keine andere Spur als im N. Acc. Sg. die Endung -e oder den Umlaut. Diese Masc. fallen dadurch mit den ursprünglich zur U- Klasse gehörigen Substantiven vride site wite schate mete sige (gewöhnlich sie) zusammen. Bei den Femininstämmen in ja ist ebenfalls der Unterschied von denen in ä meist aufgehoben, § 451.

§ 447. Wir fuhren nun die mhd. Declinations-Erschei- §447^ nungen im einzelnen vor. Die Unterdrückung des e der Endung durch Syncope oder Apocope spielt dabei eine grosse Rolle.

a) Masculina.

1. Kasoolina der alten A-Elasse (theüweise der ü-KIasse). Stämme in -a

Sg. N. tac Jcünec nagd dtem

G. tages kils küneges nageles nagds ätems

D. tage künege nagde nagd dtem

A. tac kil künec nagel dtem

PI. N. A. G. tage künege nageile nagel negd dtem

D. tagen kün künegen nagden nageln negeln dtemen Stämme in -ja Stämme in -u

Sg. N. A. D. hirte wine viscJuere vischer site

G. hirtes wines mschares vischers sites

PI. N. A. G. hirte wine vischare vischer site

D. hirten toinen vischceren vischern siten

Stämme in -wa Sg. N. A. se

G. sewes D. sewe, se PI. N. A. G. sewe D. sewen

478

$448. § 448. Anmerkungen. Im N. A. Sg. erscheint seit

12. Jh. im Obd., besonders im Alem., gern Antritt eines un- echten e, zb. Nom. boume Voran er Kaiserkr. 167, 33. Übe Mart. 85, 15. friunde Virgin. 716. rate BR. 1, 33. gruoze Wabk. Pr. 43, 26. Acc. hnehte (: rehte) Bari. 159, 21. Wunsche Virg. 621. hove 782. ruome Mart. 166, 35. Vgl. AGr. § 391. BGr. § 338. Jänicke z. Staufenb. 254. Md. ist dieses e in der mhd. Periode nicht beliebt, wenn es auch vor- kommt, zb. Ovenwische (irische) Junk. u. Heinr. 1412. 1675. büe, pusche HU. I, 578. 587. (In dunre Hagen GA. III. 81, 1426 ist Metathesis.) Dagegen liebt das Md. in den lang- stämmichten Nominib. agentis in -ere das End-e zu erhalten, d. h. lässt es nicht stumm werden, zb. rittere (; bittere Pass. H. 189, 30. bürgere sengere richtere Myst. I. 12, 24. Hü. I, 201. 454. 502. n, 833. Böhmer 516. Mühlhaus. R. 48. 46. 30. Urk. 918.

Das Mitteldeutsche schüzt überhaupt in den Masc. mit liquidem Suffix (also nach l m n r) das e gegen die Ver- stummung; das nur tonlose e wird gern zu i erhöht:

Gen. Sg. himeles Friedb. Kr. A. 2, 2. Arnst. Ml. 8, 9. Myst. I. 9, 14. mor genes Friedb. Kr. G. 2, 10. sunderis Amst. Ml. 8, 8. winteris Alex. 3379. heHeris (; bis) Wemh. 4, 6. düveles Marienl. 37, 9. zagelis : hagelis Schoneb. 3247. eydemis HU. I, 454. Dat. Sg. himde Friedb. Kr. A. 19. Arnst. Ml. 10, 23. Myst. I. 9, 9. Cd. Sax. n. 6, 40. : nidere Orend. 1403. 2045. 2817. esele Alex. 282. gisele 4548. nebele Myst. I. 94, 7. vridele 242, 14. zagele 211, 36. huhele Mrh. U. n, 379. buUle Mülh. R. 53. ordene Hü. I, 454. Myst. I. 213, 6. swehere HU. I, 827. angere meistere mhere H, 634. wintere Myst. I. 162, 18. hungere 235, 39. pherere Mülh. R. 54. mezere Köditz 98, 13.

Gen. Bei den Stämmen in wa tritt hier der Suffixvocal gewöhnlich hervor: Tdewes, rewes, sewes, büwes u. a. Md. wird das e der Endung oft zu i erhöht, vgl. selbst die Reime trostis : is Schoneb. 4203. konigis : regis 4888. Die Syncope wird nach der Regel vollzogen, doch erscheint auch ungeregelter Ausstoss, zb. äbents, vriunts,

Worte in £f oder s zeigen vulgärer Aussprache gemäss in den Hss. und zuweilen selbst im Vers und Reim auf voca- lische Syncope und consonantische Verschmelzung gegründete

479

Aufhebung des flexiven s, zh.pris Wilh. 213, 20. kus 156, 23. §448. genöe'}) (: heslösi) Frauenl. 264, 10. Sehr stark ist die Syn- kope mit Apocope verbunden in dem Gen. diens für dienstes bei Wolfram, zb. Parz. 244, 21. 279, 6. 362, 3. 554, 1. 608, 3. u. ö., vgl. Paul in Beitr. II, 73.

Aber auch nach anderm Wurzel- und Suffixauslaut be- gegnet, zumal in österr. bair. Quellen, doch bei keinem der strengen Dichter, Flexionslosigkeit im Genitiv:

zb. marterare : sware tibi. Weib 176. ban : gewan Otack. c. 227. gewin : hin c. 274. ; in Krone P. 9974.' degen : gepflegen Krone P. 6748. frum : pistuom Otack. c. 357. smit : lit Walber. 798. rät : hat Neith. 38, 19. nit : lit 75, 17. tot : not Nib. 1020, 3. : rot Otack. c. 162. munt : sttmt Otack. c. 311. kneht : reht Lieds. 50, 353. back : sprach TJlr. Trist. 1399. Vgl. BGr. S. 340. AGr. S. 413. Beispiele aus ' Joh. V. Frankenstein bei Khull 19. 20.

Titel vor Namen, besonders künec, erscheinen oft flexions- los, zb. des Jcünec Artüses Iwein 4513. des künec Etiselen Nib. 1301, 4. des künec Gorhandes Wilh. 35, 20. Vgl. Grimm Gr. IV, 421. 464. Jänicke z. Wolfd. D. 72, 2.

Dat. Die Endung -e bleibt in der Regel, wenn nicht einfache Liquida auf kurzen Vocal vorangeht. Doch kommt die Apocope auch nach Muta und nach langer Silbe schon im 12. Jh. vor, wie die Reime belegen; indessen bleibt das immer eine Abweichung von der reinen Form. Beispiele:

kram : nam Parz. 663, 16. wän : gän Walth. 65, 33. plan : getan Engelh. 2493. rät : Idt MF. 33, 12. ; tat Amis 2506. schat : blat Neith. 6, 15. tac : slac Stricker Dan. 143**. bach : sach Parz. 663, 1. klanc : sanc Nib. 1984, 1. galm : twälm Helbl. 15, 769. braht : näht Greg. 466. se : me Trist. 2411. melm : heim Otack. c. 9. sit : trit Helbl. 1, 156. schimpf : gelimpf Flore 5057. win : sin Krone 13086. lip : toip Nib. 336, 3. strit : Davit Amis 652. got : gebot Stricker kl. G. 12, 45. soHt : dolt Otack. c. 9. tot : not wGast 2824. tröst : vorderöst Nib. 1957, 1. grünt : gesunt Alex, 1005. muot : guot Walth. 150, 31, 172, 4. ; tuot Wemh. 151, 27. vuoz : gruoz Herb. 4400. gelust : brüst Karl 5065. Vgl. über die apocop. Dative in Wemhers Maria, Tundalus, Nibel., Laurin Deutsches Heldenb. I, XLVll; über Walthers apocopirte Datire Wihnanns Walther S. 23^ über Strickers Hahn kl. God. S. XH. Bartsch Karl S. XCV; über Konrads Brauch Haupt z. Engelh. 2493.

^) Über unflectirtes genöz Haupt z. Erec 2109. Jänicke z. Wolfd. D. 97, 2.

480

§ 448. Von dem Instrumental ist mhd. keine Spur in der

substantivischen A-Declination. Im 11./12. Jh. hat derselbe noch in o gelautet, wie der Reim muote : do Genes. W. 40, 17. 48, 5. 51, 6. 68, 10 andeutet.

§449. § 449. Für den Plural der Masc. der A- Klasse ist

Nichtumlautung karacteristisch. Wo also ursprünglich hierher gehörige Masculina den Umlaut haben, sind sie Überläufer zu der I-Klasse. Es kommt dies seit 12. Jh. obd., namentlich bairisch oft genug vor, später geschah der Übertritt noch häufiger. So finden wir henne durchaus mhd. (ahd. erst ein- zelne hanni neben bannä), setele (Nib. 530, 1. seile 267, 1) mentel (Nib. 1792, 3) wegen {: pflegen Otack. c. 743. Spiegel 141, 31) helme, helse Qiels : weis Helbl. 4, 170), weide (weiden : velden Partonop. 2372. trKr..676), gedenke (gedenken: wenken Heinz. ML. 1138), schelke, merchte, rcete (: stcete Raben. 731, 5. : tcete 738, 6), toede, köufe, hüete (Met : müet Helbl. 3, 368). Vgl. BGr. § 339. AGr. 8. 415. f.

Auch md. tritt dieser Umlaut auf, vgl. weide HU. I, 515. Höfer II, 112. Lac. III, 636. helse Kath. sp. 168. welle {wellen : gesellen Wierstr. 866. serke (: merke Karlm. 309, 24. hevene Elis. 7422. Steffel 2638. negele {: segele En. 497. beche Köditz 41, 32.

Nach liquidem Suffix wird im 12. Jh. und auch später in volksthümlicher Sprache das e der Endung oft behalten, zb. PI. Nom. Acc. engele Walth. 79, 1. engle Haupt Z. XV, 39. dremele Windb. Ps. 106, 16. grintele 147, 2. wagene Milst. 100, 33. rittere Nib. 1889, 4. helfere Schreiber 1, 151. bür- gere pflegere 1, 227. bürgere Cd. Sax. IL 2, 43. köujfere 353. scheffele 352. meistere BR. 1, 36. eckere Cd. Sax. IL 6, 27. Gen. himile Windb. Ps. 148, 4. vingere 8, 4. achere widere Haupt Z. VIII, 131. Dat. heidenen Tit. 82, 4. Lampr. Franz. 2397. keiseren Wilh. 66, 11. bürgeren Bluntschli 1, 488. Im Md. ist diese Bewahrung der vollen Endung häufiger als im Obd., da es die Verstummung der Endsilben nicht liebt. Beispiele aus dem Strassb. Alexander stehn in den (Hallischen) Beitr. z. deutschen Philol. Si 29.

481

Der bairisch-österreichische Dialect, gestattet sich dagegen § 449. namentlich seit Ende des 13. Jahrb., und der alemannische schliesst sich später an, Apocope des -e in N. A. PL, zb. wint : sint wGast 3250. diep : liep 3091. tac : lac Otack. c. 105. wdlf: bischolf c. 738. hischölf: Ruodolf c. 713. fründ : sünd Mone Pass. sp. 316. BGr. § 339. AGr. 8. 415. Auch md. kommt im Reim diese Apocope mitunter vor, vgl. masboum (: stroum) Herb. 2044. vleh : weh HTrist. 5472. diep : liep Renner 14087.

Der Übergriff des neutralen Pluralsuffix -er in die Mas- culina zeigt sich zuerst beim Marner, vgl. geister : meister MSH. 2, 242*. Häufiger wird er seit 14./15. Jh. und findet sich dann alem. wie bairisch, zb. pacher steiner chöler, BGr. AGr. a. a. 0<

Für den Gen. PI. ist die schwache Endung -en zu er- wähnen, die in alem. Hss. des 13. 14. Jh. begegnet, zb. friunden Nib. C. 1332. A. 545, 4. helden Nib. A. 735, 3. jegern 906, 4. Nibelungen 461, 2. 1035, 4 und welche von alem. Dichtern des 14. Jh. auch im Reim gebraucht wird, zb. ougenblicken : schicken Lieders. No. 46, 28. hunden : stunden Boner 12, 3. vgl. AGr. S. 415. Es ist eine Analogiebildung, durch den Gen. PI. der Feminina der A-Klasse erzeugt und zusammen- hangend mit der Neigung der st. Masc. in der späteren mhd. Zeit in die schwache Declination überzutreten, § 459.

Im Dat. Plur. schwindet die Endung zuweilen hinter stammhaftem w, zb. schrin : sin Parz. 77, 7. wegen : phlegen Otack. c. 555. Starke Roheit ist die Apocope auch nach andern Consonanten, zb. weg {:meg) Enikel 312.

2. Kftsotllina der alten I-Zlaeie (theilweise der U-Klasse).

§ 450. §450.

Sg. fehlt, indem PL N. A. G. geste süne sün

hier Übertritt in die D. gesten sünen

A.-Elasse geschah.

Der Sing, der Masculina der I- Klasse ist nicht mehr vorhanden; schon gotisch sind die betreffenden Substantiva in diesem Numerus in die A-Klasse übergetreten. In den andern

Weinhold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 81

482

§ 450. germ. Sprachen (altn., alts., ags., ahd.) fiDden sich nur Trümmer. Dagegen hat der Plur. auch mhd. den Klassenkaracter durch den von dem thematischen i gewirkten Umlaut bewahrt. Übertritte von Masc. der A- Klasse erwähnte § 449. Dass der Umlaut von den Schreibern nach ihrer Mundart zuweilen nicht bezeichnet ward, wird nicht überraschen.

Von Masc. der alten U-Klasse schlössen sich sun und ^ant {^an) dieser Klasse nach Ausweis des im 13. 14. Jh. regelmässigen Plur. süne und ^ende jsfene an. Ausnamen von dem Umlaut begegnen namentlich md., so braucht Herbort £iene und js^ane neben einander, vgl. jsfenen : jenen Herb. 8811. 13897. zaneiane 3257. 4898. mnen.gramn 3216. 5847. Auch im Alexander stehn die nichtumlautenden zane : allizane 4898. zande.hande 495. 4858. : verwände 3011. wanden 4838 neben dem Umlaut senden : lenden 1634. In einem von . der Würzburger Hs. dem Walther v. Metz zugetheilten Liede M8H. 1, 310** reimt der Plur. zane:manen. sune Höfer I, 2. HU. II, 721. Myst. I. 249, 37. sunen HU. II, 721.

b) Feminina.

1. Feminina der alten A-Elasse. §451. § 451.

Stämme in Stämme in -ja Stämme in -wä

Sg. gebe zäl versen (versene) sünde riuwe brd

durch alle Casus.

PI. N. A. gebe zal versen sünde riuwe brd

G. D. geben zäln versen Sünden riuwen brdn

Diese Declination ist sehr einförmig, denn nur der Gen. Dat. PI. unterscheiden sich, der Grenit. PL überdies nur durch Übertragung schwacher Endung, die im Hochdeutschen (ebenso im Altsächs. und Angelsächs.) uralt ist. Ablehnend gegen die schw. Endung des Gr. PL verhalten sich mhd. die Lehnworte : äventiure ville Jcrone mile rotte, ferner gewöhnlich varwe raste ünde und zuweilen sträle, vgl. Lachmann z. Iw. 554. 3266. AGrr. § 394. BGr. § 341. Bei Suchenwirt finden sich auch die st. flect. Gren. PL stimme stimm, rais, sei, panier Kober- stein queest. Suchenwirt. II, 25.

483

Apocope und Syncope des e erfolgen der Regel gemäss. § 451.

Aber auch nach Muta und selbst nach langem Vocal treten

«ie ein. Österreich, und bair. Dichter des 13. Jh. erlauben

sich stark apocopirte Formen auch im Reim, vgl. u. a.

Nom. Sg. l^g : tac Wigam. 755. schant : genant wGast 2912. €r : mer Helbl. 7, 577. suon : tuon Krone 20146. Dat. Sg. hah : gap wGast 14179. sträz : daz Otack. c. 15. wäg : lac Krone 17250. sei : Ezechiel Lampr. Syon 2861. rer : mer Parz. 170, 18. sit : Ut Lampr. Syon 41. : loit Meier. 6056. suon : tuon Frauend. 68, 16. A c c. Sg. sack : nach Krone 25412. sträz : maz Krone 14219. räch : nach Teichner Ls. 52, 66. sei : Israel Georg 3016. er : mir Alph. 62, 1. minn .\sin wGast 8358. stwn : tuon Mai 114, 28. Vgl. BGr. § 340.

Die Apocope findet sich im Reim aber auch bei mittel- deutschen Dichtern, zb.

Acc. Sg. ker : ser Ulr. Wh. 2467. pin : dm Jerosch. 2636. : in -ebd. 2502. sit : strit livl. Kr. 7607. sei : spei Schachzab. 345, 11. stim : pügerim 324, 13. Gen. Sg. wart : entwart HTrist. 2414. er : her Schachz. 226, 19. Dat. Sg. schäl : mal UWh. 492. ansprach : nach Jerosch. 17647. er : wer Schoneb. 11742. acht : nacht Schachz. 248, 3. stur : natür ebd. 190, 24.

Die Stämme auf -twa, zb. versen, lügen, samt den Lehn- worten Jcüchen heften metten werden seit dem 13. Jh. ge- wöhnlich flexionslos gebraucht, da die apocopirte Form die ältere (versene, lugene^ mettene, kettene, Jcuchene) verdrängte und im Gen. Dat. PI. die Endung -en schwand.

Reste des j erscheinen bis in das 13. Jh., im 11. 12. haftet der Themaconsonant noch fester: winiga : Sicilia Merigarto 80. winege Fundgr. II. 18, »24. winige Vorauer Xaiserkr. 352, 16. winja Wackern. Pr. 56, 471. winge Nib. Jh. 765, 2. brunije Annol. 125. brunige Rol. 164, 9. Orend. 2012. 2067. 3870. brüneje Nib. 67, 3. brunje Rol. 680. 3442. 3500. Alex. 1146.

Im übrigen zeigt sich mit Ausnam^ des Umlauts in einigen derselben keine Verschiedenheit der Fem. in -ja von denen in ä; es gehören hierher gerte hitise wine minne sippe sünde brünne.

Die Feminina agentis in -inne (inja) haben die Neben- formen -m und in § 274, die im Sg. und PI. unflectirt bleiben.

Die Stämme in -wä haben theils das w erhalten: otiwe, riuwe, swdlwe (daneben swal), varwe, narwe, theils stiessen

31"

484

§451. sie es nach schwerem Vocal ab: bräy klä, e, diu (alterthüm- lieh noch diuwe), drö (selten drouwe). Mit Ausname des- G. Dat. PI. sind sie flexionslos. Übrigens kommen bei meh- reren von ihnen volle Pluralformen vor, die sich aber der schwachen Declination zuwanten: bräwen, Tdäwen.

Übertritte in die schw. Declination erlauben sich die Femininstämme in -a überliaupt je später je mehr, § 461.

Über die Färbung der Endungsvocale in t a o m. inr Oberdeutschen, namentlich im Alemannischen vgl. AGr. § 393. f.. BGr. § 340. Vogt in P.-Br. Beiträge II, 231. 262. f.; über diese Vocale überhaupt unsre §§ 81 84.

2. Feminina der alten I- Klasse (mit Rest der U-Klasse).

§452. § 452.

Sg. N. A. kraft kuo hant

Gr. D. krefte, kraft unverändert hande hende, hant

PI. N. A. G. krefte küeje hande hende

D. kreften küejen handen henden

Neben den flectirenden und daher umlautenden Forme» des G. D. Sg. stehn häufig die nicht flectirenden und daher nicht umlautenden. Übrigens zeigt sich auch in den flecti- renden Casusformen obd. und md. zuweilen Widerstand gegen den Umlaut, zb. Gen. Sg. magde Kindh. J. 67, 19. Greg. 2302.^ Mart. 21, 111. Dat. Sg. magede HTrist. 3776. magde Angenge 35, 68. krafte (: Schafte) Virgin. 985, 10. makte : ähte Jerosch. 6166. 20963. täte {.rate) 12806. statte Schreiber 1, 537. gehurte Geschichtfr. 8, 259. G. PI. magede Alex. 6335. Dat. kraften : dähten Alex. 5582. magden Walth. 4,37. A. PI. magede Milst. 121, 24. magde Kindh. 69, 22.

Die vocalischen Stämme kuo, fluo, floh, sind im Sing, in der Hegel flexionslos ; es lassen sich nur einzelne alem. Spuren der Flexion nachweisen, zb. siuwe Reinfr. 366. Schwabsp. Lassb. 263.

Im Nom. Acc. Sg. erscheint zuweilen epithetisches e: vgl. glüfe (Nom.) : stüte Jerosch. 21238. dite (Acc.) ; gebite Jerosch. 11997. bürge (Acc.) : turne Orend. 3787. brunste

485

rwerlte zUe AGr. § 398.^) Die Analogie der a-Stämme wirkt §452. wahrscheinlich ein; ebenso zeigt sich diese Einwirkung im Oen. Plur., der zuweilen in -en statt -e flectirt, vgl. u. a. Mhten Karaj. 33, 3. magden St. Pauler Pred. 39, 24. fugenden Nib. A. 440, 1. f ruhten Boner 4, 6. nussen Habsb. Urb. 65, 4. Jcünsten Schreiber 2, 426. .vgl. A&r. S. 428. Im übrigen neigen die i-Stämme weit seltener zu Übertritten in die con- :sonantische Declination.

Tiber den G-. Dat. Sg. reete zu rätj die einen weiblichen Stamm räti neben dem männl. rata anzusetzen Grund geben, Tergl. Wackernagel in seiner und Riegers Waltherausgabe S. XXXVI. f.

Apocope der Endung im N". A. PI. erlaubt sich der bair. Dialect, zb. vurh : durh Wilh. 327, 22. hunst : wunscht wGast 8901. schüer : erJcür Helbl. 3, 228.

Yon dem Instrumental erhielt sich in dieser Klasse ein Eest in ihtiu (zb. Krone 11670. Ges. Abent. 2, 606) nihtiu {Kaiserkr. W. 2312. 7626. Parz. 544, 15), bair. ichteu nichteu BGrT. § 345; der Instrumental von wiht ist darin enthalten.

§ 453. Das Wort hant, das zu den w-Stämmen gehörte, §453.

hat in seinen nicht umlautenden flectirenden Casus, die obd.

und md. häufiger als die umlautenden erscheinen, eine Spur

des alten Stammverhältnisses bewahrt. Es genügt zu belegen Gen. Sg. hande sehr oft in adverb. Verbindung: einer, ander, maneger ^ guoter hande Mhd. Wb. 1, 630. Dat. Sg. hande igigande Alex. 4923. : danne Orend. 2084. ; lande Pass. K. 574, 20. : Tristande Trist. 1639. 11403. 15038, ausser Keim zb. Nib. AB. 843, 2. Nom. PL hande Alex. 5124. Frauend. 50, 14. Gen. hande oft in dem tidverb. Ausdruck zweier drier u. s. w. hande Mhd. Wb. I, 630. Dat. handen: anden Herb. 1466. 5759. 6825. Eaben. 519, 1. trKr. 17826. : banden Schoneb. 10240. ; enhlanden Iw. 6392. Frauend. 404, 5. Kindh. 92, 35. : landen Parz. 78, 14. Wilh. 461, 5. Gudr. 833, 4. Wigam. 5864. Mai 77, 13. : randen Krone 11913. Eaben. 391, 6. ; schänden Parz. 338, 2. ,' bestanden Parz. 418, 1. Ernst B. 2506. ; gestanden Wilh. 188, 14. Lampr. Fr. 3406. ; wänden Herb. 10622. : gewdndin Ath. C. 67. Ausser . Eeim ist der D. PI. handen sehr häufig, namentlich in den adverb.

0 I^^r Nom. Sg. arebeite (; bereite) Neith. II, 32 ist von Haupt in ^luralen Zusammenhang gebracht. Der Acc. tugende MSH. 1, 131' C ist in MFr. als Dativ gestellt.

486

§ 453. Formeln behanden, zehanden Mhd. Wb. I, 629. f. Acc. hande : brande livl. Kr. 3999. : lande ebd. 4614. : sande Ath. E. 34. : zande Alex. 4857. : genande Iw. 405.

c) Neutra.

§454. § 454.

Stämme in -a Sg. N. A. wort sper

G. Wortes spers

D. Worte sper

PL N. A. wort, -er sper G. Worte, -ere er sper D. Worten, -ern spern

Stämme in -wa md

melwes mels mdwe mel Stämme in -t^ vihe wie Icünne

Stämme in -ja

Icünne her

künnes hers

Icünne her

Icünne her Icünne her Icünnen hern

Die Unterdrückung des Endungsvocals an kurzen Wurzeln in Liquida (namentlich Z, r) ist Regel; ebenso erfolgt sie au Suffixen mit l, n, r ohne besondere Rücksicht auf die Quantität der Stammsilbe, indem im Obd. wenigstens die Tonföhigkeit der Flexionssilbe bei diesen Subst. in -el -en -er aufgehoben ist Im Mitteldeutschen bleibt sie und daher finden wir auch, gern md. volle Formen in diesen Fällen gebraucht, zb.

Gen. Sg. lebenes Myst I. 92, 38. isenes 215, 25. wunderis Alex^ 5056. süberes Höfer II, 137. obezes Alex. 4961. obizzis 6618. Dat. Sg. wesene Myst. I. 209, 13. isene 12, 28. addere 53, 10. Haupt Z. 15,. 389. legere Pilat. 192. süvere Morant 443. silbiri Mülh. E. 33. wazzere Annol. 382. Marienl. 10, 36. Myst. I. 3, 4. 42, 4. wundere Marienl. 55, 14. Gen. PI. wäfene Alex. 6226. hindere MjBt. I. 42, 12. Jcornere Marienl. 45, 33. mezzere Myst. I. 256, 19. rädere Alex. 5958. wazzere Marienl. 12, 6. Dat. PI. bücheren Myst. I. 4, 16. 209, 3. velderen Mone Anzeig. 3, 27. deideren Marienl. 107, 4. lemmeren Myst. I. 155, 23. wazzeren Alex. 218. Marienl. 98, 29.

Im Zusammenhang mit dieser Bewahrung der Flexions- vocale steht die md. Neigung auch dem N. Acc. PI. dieser

Neutra in -el -er einen Endvocal zu geben, vgl. u. a.

Nom. PI. bladere Marienl. 7, 39. fcmdere 37, 23. Myst. I. 14, 9. 39, 6. lemmere 167, 29. wazzere 84, 36. Acc. segele Herb. 17907- : ebene Orend. 3361. dorfere Henneb. ük. I, 142. grebere Alex. 3392. hornere Myst. I. 53, 30. hindere Marienl. 100, 4. Mülh. E. 42. lidere Marienl. 26, 37. löchere Myst. I. 23, 31. redere 256, 18. hüsere Cd. Sax. n. 6, 27. tüchere Köditz 14, 13.

Hier wirkt zugleich das Streben nach Gleichmachung^ welches an der Nacktheit der Formen im N. Acc. Anstoss nam

487

und auch für den Nom. Acc. Sg. unter Einfluss der Neutra § 454.

in 'ja ein epithetisches -e hervorbrachte, das seit dem 12. Jh.

auch im Reim von md. Dichtern und von solchen obd., welche

dem' volksthümlichen sich zuneigten, nicht verschmäht ward.

Belege :

Nom. Sg. järe : zewdre Helmbr. 792. hörne : vorne Mart. 202, 64. Acc. Sg. hdre : zwäre Helmbr. 433. Nom. PI. tiere : ziere Alex. 5802. : haniere Ath. C. 24. : schiere Wernh. Mar. 198, 16. hinde : gesinde Iw. B. nach 6904 (Ben. zu Iw. 6904). : underbinde Elis. 4384. lide : vride Biter. 11424. pferde : generde Jerosch. 9880. wihe : lihe Montf. 38, 36. Acc. PI. lande : sande Denkm. XLVII. 4, 4. : gewande Elis. 3676. trincvazze : hazze Schoneb. 249. heine : eine Neith. 84, 26. ; Meine Eeinh. 480. kleide : hescheide Neith. (MSH. 2, 112*». Haupt S. 130). dinge : burcringe Lampr. Syon 194. kinde : winde Elis. 4989. diere : schiere ebd. 9242. Pass. H. 53, 71. jdre : vdre MS. 2, 21^ : zwäre Elis. 6033. pferde : werde livl. Kr. 7298. spere : ere Eoseng. C. 4. höubete : erlöubete Pass. H. 71, 23. Einige Belege ausser Beim aus alten und guten Hss. : Nom. Sg. mile Milst. 109, 30. Wiener Genes. 78, 37. Acc. Sg. völche Nib. 6474. N. PI. tiere Eol. 118, 15. A. PI. werche Wernh. Mar. 213, 5 (Fundgr. II.). warte ebd. 149, 39. lucworte Wernh. v. Niederrh. 11, 7. pferde Freid. B. a. 127, 11. Vgl. AGr. § 395. f. BGr. § 342. f. W. Grimm Ath. S. 361 (17) und zu Wernh. v. Niederrh. 11, 7. Lichtenstein Eilhart LXXVII. Pietsch Trebn. Psahnen T^XXXTT. f.

Dieses -e hat im Plur. zuweilen umlautend gewirkt, wahrscheinlich unter Analogie der Ja- Stämme, vgl. pfende (; ende) j. Tit. 4175, 2.

Im übrigen lässt sich folgendes bemerken:

Im Gen. Sg. schwindet die ganze Endung von Stämmen auf s oder ^ in vulgärer Sprache leicht, zb. des hüs, mdi3, kriujSy BGr. § 342. AGr. § 395. Auffälliger ist dieser Abfall auch nach anderm Stammauslaut, zb. völ Mein Unin tuoch Helmbr. 1332 und selbst im Reim, vgl. teil (: meü) Wernh. 147, 23. wilt unde zam Pilat. 207. hurctor: vor Walberan 545. ort : bekort Parz. 14, 29. mer (; swer) Montf. 13, 1. himel- rieh (; gelich) ebd. 28, 613. des leben : gegeben Warnung 222. des scheiden : leiden j. Tit. 263, 2. unnütises Maifen : phaffen übl. Weib 87.

In Fällen wie Trist. 1345 weder Joint noch todes un- geschiht ist der erste unflectirte Genit. gewissermassen der Flexion des zweiten Genitivs teilhaftig ; es ist diese ünflectirt-

488

§454. heit des ersten von zwei coordinirten Genitiven bis in unser Jahrhundert zu verfolgen.

Der Dativ. Sg. erscheint auch nach schwerem Stamm in Lingualis nicht selten ohne Endungsvocal ; vgl. die Reime hüs : Artus Lanz. 9272. Wigal. 57, 18. paradts : tvis Silv. 4363. holz: stolz Ath. A.* 85. lant:vant Nib.. 311, 3. Joint : erwint Lieds. 49, 13. vel:sinewel Wilh. 246, 27. ros : Epistros trKr. 35490.

Im Dativ PI. wird die Endung nach -n der Suffixsilbe gern verschwiegen, zb. vogelin (; Mnegin) Parz. 119, 10. Auffiilliger ist der Abstoss auch nach anderer Consonanz, der zuweilen selbst im Reim sich zeigt, zb. mit eier : meier Helmbr. 917. mit den zehen gehot : got Volmar Steinbuch 50. Ausöer Reim vgl. mit chleider clär Albers St. Ulrichs Leben 661 und das über diese Apocope bei den Masc. § 449 bemerkte.

Im Gren. PI. ist die Apocope eine Roheit; sie kommt aber bei md. und obd. Dichtern aus der zweiten Hälfte des 13. Jh. selbst im Reim vor:

amt : ensamt Pass. H. 97, 60. lant : genant Otack. c. 56. : under- want c. 10. reht : sieht c. 112. Mnt : sint Erlös. 3648. Elia. 9797.

Schwache Flexion des Gr. PI. Neutr. kommt schon in ahd. Zeit auf, oberd. Dichter aus dem Ende des 13. Jh. gestatten sie sich im Reim, in obd. und md. Hss. des 14. 15. Jh. ist sie nicht splten, aber sie bleibt vulgär.

mceren : hiXetceren WvRh. 217, 8. rehten : Albrehten Otack. c. 248. dingen : teidingen Otack. c. 554. .'tnisselingen Boner 25, 61. toiben: bUhen WvRh. 14, 5. Vgl. AGr. S. 425. BGr. S. 349.

Die Deminutiva in-'Un verschmähen im ganzen Plur. gern alle Flexion; für die flectirten Gen. Dat. PI. können zeugen Gr. PI. vogelUne Walth. 92, 14. Dat. PL vogelltnen : schtnen Walth. 28, 4.

In dem Plur. der Neutra ist seit ahd. Zeit Antritt des Suffix -er (-ir), das aus altem as entstund, Bopp vgl. . Gr. § 241, nicht unbeliebt. Anfangs ist dieses Suffix auf einen kleinen Kreis Worte beschränkt, es greift dann aber, nament- lich bairisch und auch md., stark um sich und kann an alle einfache Neutra antreten, AGr. S. 424. BGr. S. 348. Belege

489

ans md. Quellen sind oben S. 486 bei Gelegenheit des epi- §454. thetischen e gegeben.

§ 455. Die Zahl der Neutra in -ja ist mhd. durch die be- §455. liebte CoUectivbildung mit Präfix ge § 292 sehr gross geworden.

Von dem j des Suffixes erhielten sich nur geringe Spuren in den Anfangen der mhd. Zeit : herie Arnst. Ml. 4, 9. rippie Vorauer Ged. 7, 1. geslahtie Wackern. Pr. 10, 8. Dat. herige Annol. 441. Vorauer Ged. 47, 7. Eundgr. II. 100, 29. herie Vorauer Ged. 381, 8. Es ist also das e im N. A. Sg. PI. das einzige unterscheidend^ dieser Neutra. Indem nun dieses e der Apocope und Syncope unterliegt, wurden Worte wie her, her, mer, öl, ferner suffigirte wie getvcefen, geisimher und selbst gesidel gevügel, den Stämmen in -a gleich.

Die Apocope des e {= ja) wird übrigens auch in eigentlich nebentonigen Silben vom bairischen Dialect schon

im 13. Jh. vollzogen:

N. Sg. end : eleinent wGast 2361. het : stet Warnung 2973. rieh : Dietrich Alph. 64, 4. A. Sg. gehend : element wGast 2310. bet : tet Helmbr. 1855. kinn : hin ebd. 185. rieh : Heinrich Servat. 2898. gefüer : für Krone 3475. N. PL geslaht : mäht Mai 207, 6. A. PI. mcer : leer Alph. 66, 1. Vgl. BGr. S. 347.

Auch md. Dichter zeigen zuweilen diese rohe Apocope, vgl. mer (mcere) : er HTrist. 3593. : her ebd. 2852. .• wer Jerosch. 13143. rieh : glich Ulr. Wh. 3060.

In den schwervocalischen Worten ei, bli, i3Wi hat sich das j des Stammes zuweilen erhalten, vgl. eiger Boner 49, 29. IMge MS. 2, 176^ Bei hll tauscht j (g) zuweilen mit w.

Die Neutra in -wa sind nur noch in den flectirenden Casus mitunter kenntlich, und auch hier schwindet das w in jüngerer Zeit. Im N. A. Sg. zeigt sich höchst selten noch eine Spur des o (= iv) in der geschwächten Gestalt e, zb. höre Eundgr. II. 87, 11. Sumerl. 4, 33. Die hergehörigen noch erhaltenen Neutra sind mel, hör, we, knie, strö, tou.

B. Consonantisclie Stämnae. I. Stämme in -n-. Schwache Peclination. § 456. Die Masculina und Neutra dieser Klasse wurden § 456. durch das Suffix -an gebildet. Die Masculina sind in ihrem

490

§ 456. ursprünglichen Bestände !N^omina agentis ; zn ihnen traten eine Anzahl männlicher a-Stämme über. Die Feminina beruhen auf den Suffixen an (got. on) und in (aus jän entstanden), sind aber jüngere Bildungen, indem das n erst verhältnismässig spät diesen ä- und Ja-Stämmen zutrat.

Die lebendige und belebende, individualisirende Bedeu- tung der Stämme in -an führte zu der Verbreitung dieser Formbildung, welche am fruchtbarsten für das Adjectivum geworden ist. Wenn ein Adjectivum substantivirt ward, so erhielt es die Bildung der Masculina in -an : es trat, um den gewöhnlichen Ausdruck der deutschen Grammatik zu brauchen, in die schwache Declination. Zuerst mag dies wie gesagt bei den Masc. geschehen sein, die Feminina folgten; am spätesten wird, wegen seiner unlebendigen Bedeutung, das adjectivische Neutrum entstanden sein. Mit der Ausbreitung des Gebrauchs des einfachen Demonstrativs als bestimmter Artikel, hat sich dann auch die Verbindung desselben mit dem schwachen Adjectiv festgesezt.

H. OsthofiF Zur Geschichte des schwachen deutschen Adjectivums Jena 1876. und bei Paul-Braune Beitr. III, 1—89.

Die Flexionen der -w- Stämme waren ursprünglich die- selben wie an den vocalischen Stämmen; aber es traten früh eigenthümliche Wechselwirkungen zwischen StammsufSx und Flexion, Schwächungen, Verschmelzungen und Formüber- tragungen ein, welche die eigenthümliche sogenannt schwache germanische Declinationsweise schliesslich gestaltet haben. Da im Mhd. auch diese Formen verwischt und verunstaltet sind, folgen hier zunächst die gotischen und ahd. Paradigmen. §457. § 457.

Masculinum in -an Neutrum in -an

got.

ahd.

got.

ahd.

Sg.

N. rtiena

mäno

hairtö

herza

G. menins

mänin

hairtins

herzin

D. menin

mänin

hairtin

herzin

A. menan

mänun -on

hairtö

herza

PI.

N. menans

mdnun -on

hairtöna

namna

herzim

G. menane

abna

mänöno

hairtane

herzöno

D. menam

dbnam

mdnöm

hairtam :

namnam

herzöm

A. menans

mänun -on

hairtöna

namna

herzün

m 'On,

-an

got.

ahd.

Sg. N. tuggö

zunga

G. tuggöns

zungün

D. A. tuggön

zungün

PL N. A. tuggöns

zungün

491

Feminina ^ §457.

in -ein, -i 4n

got. ahd.

managei managi managtn

manageins

managein

manageins managi managin, %na

G. tuggönö zungöno manageino managino managino

B. tuggöm zungöm manageim managim managim, -inum

§ 458. Im Mittelhochdeutschen ist an die Stelle der §458. leichten und schweren Vocale der Flexionen überall e getreten, das natürlich, wenn es stumm ist, der gänzlichen Unterdrückung nach dem Gesetz verfallt. Tiber die mundartlichen Färbungen der Endungsvocale, obd. o, u, a, i vgl. AGr. §§ 402 408. BGr. §§ 347 351 ; md. erscheint i am häufigsten in diesen Silben. Vgl. auch unsre §§ 81 84.

1. Schwaches Masculinnm.

Stämme in -an Stämme in -jan, -wan

Sg. N. mäne böge bot{e) van ar verje erbe wewe

G. D. A. mänen bogen boten vanen am verjen erben wewen

PI. N. A. G. D. mänen bogen boten vanen am - verjen erben wewen

Die kurzstämmigen Masc. in Muta bewahren in der Regel den Endungsvocal mit Ausname derer in t, die im Nom. Sg. obd. wenigstens Apocope lieben, zb. hot : got Frauend. 29, 14. Georg 483. Meier. 2863. ; spot Krone 1238. Die in m und n apocopiren das e, syncopiren es aber nicht; an denen in 7 und r wird es durchgehends unterdrückt. Nomina von kurzem Wurzelvocal mit Suffix -el -em -er behalten der Nebentonigkeit des £ndungs-ß gemäss dasselbe zuweilen, also nabele beseme gevatere kevere; indessen sind doch die Formen nabel besem gevater hever die gewöhnlichen.

Apocope des e im N. Sg. erscheint übrigens auch gegen die Regel sowol obd. als md. Namentlich bairisch sind gekürzte Nominative, wie tvill, geloub, fürst, der Jceck, der guot, der mifruot, der ein, der rieh, ferner auch der beraubet, der verme^zen selbst im Reim im wälschen Gast, bei Heinr. V. Türlein, dem Pleier, dem Suchenwirt zu finden, BGr. S. 354,

492

§ 458. Koberstein qusest. Suchenwirt. II, 37. Mitteldeutsche Belege geben u. a. man : an Jerosch. 4006. säm : ge^am ebd. 21689. Wend : sent Ulr. Wh. 3268.

Die dem Md. genehme Yerschweigung des auslautenden n 217) tritt hier auch in der schwachen Declination hervor; aus obd. Schriften kenne ich nur einzelne Belege.

Dat. Sg. hote (:hote) Alex. 6174. mlle : stille Alex. 5483. 5549. Hagen 4438. brunne : inne Karaj. 32, 12. Acc. wüle Annol. 413. vleklce 732. vane : ane Morant 531. : name Alex. 5555. ande : viande Karlm. 330, 19. 427, 16. : lande 45, 54. scad^e Alex. 921. herre : erre Alex. 1631. : sere 3730. »merze (: herze) Junk. u. Heinr. 786. greve Höfer I, 2. bode : gode Karlm. 16, 31. 321, 8. mlle Heinzel. ML. C. 28. grise (: wise) Hadam. Jagd 181, 1. Nom. PI. böte : gote Alex. 2738. gemazze Türl. Wh. 147**. Acc. PI. herre : sere Alex. 3218. slange 5676. Sterne : gerne Lampr. Franz. 3029. In den niederfränk. Psalmen ist dieser Abfall des n im Acc. Sg. gewöhnlich, m Mnl. ist er Regel: Cosijn Psalm. S. 11. Über diese Apocope in den Trebnitzer Psalmen Pietsch ebd. LXXXVHI.

An 8täm,men in Nasal (n, ng, m) vollzieht sich zuweilen Verschweigung der Endung -en. Diese vulgären Kürzungen erlauben sich manche obd. und md. Dichter sogar im Reim: Gen. Sg. mcm : hän wGast 2279. 2350. nam : cdsam MSH. 2, 250^. toibesnam : kam Väterb. 371. Dat. Sg. nam : gram MSH. 3, 205». : gehorsam Gundack. 647. : Parinam Schachzab. 325, 18. säm : kam Lutwin 3934. : nam Otack. c. 11. licham : quam Pass. H. 80, 88. 171, 90. schelm : heim Wolfd. D. V. 7. 4. fruni : secretorum Suchenw. 38, 348. guom : pluom 15, 21. an : dan Biter. 3567. : sän Jerosch. 3366. van :an Wemh. Mar. 184, 7. han : an Schachzab. 188, 26. dem jung : Warnung Otack. c. 596. Acc. Sg. nam : Adam Milst. 11, 6. rvredesam Schoneb. 1268. : gram Schachz. 317, 19. : benam Krone 16520. : vernam ebd. 8674. : lobesam Krone 10438. : schäm Mantel 270. mbesnam : lobesam Pass. H. 129, 55. lichnam : gezam Gundack. 1137. säm : schäm Suchenw. 25, 236. van : an Ortn. 381, 2. ; man Suchenw. 18, 188. ; nan Staufenb. 857. :Salmdn Salm. 558, 5. man : an Krone 28943. :han wGast. 2603. brunn : sun wGast 12878. geborn : verlorn Parz. 326, 15. - Nom. PL die min : din Parz. 49, 14. die sin : Lambekin 74, 2. Dat. PI. den sin : Brandeliddin Parz. 75, 2. : schin 707, 27. : pin Otack. c. 120. Acc. PI. wibesnam : bequam Väterb. 3517. nam : Abram Schoneb. 1960. die jung : meinung Otack. c. 200.

Nach dem Participialsuffix -en begegnet dieser Abstoss der Flexion -en ebenfalls, selbst Hartmann v. Aue gestattete ihn sich hier:

493

Acc. Sg. den gevangen : begangen Krone 3094. : erlangen Parz. § 458 218, 29. Nom. PI. die verschaffen : phaffen Tund. 53, 30. die gevangen : ergangen Flore 6791. : belangen Ulr. Wh. 2887. Acc. PI. sine ge- vangen : begangen Iw. 4917. : belangen Kindh. 86, 75. die besezzen : vermezzen Otack. c. 45.

Seltener ist diese Apocope nach anderen Consonanten ; doch kommt sie bei Österreichern mitunter vor:

Dat. Sg. gesell : well Suchenw. 4, 562. chinnebach : ach Milst. 36, 22. Acc. wiU : pill Suchenw. 10, 47. gart : missewart Karl 1641.

Nom. PI. Sachs : wachs Otack. c. 158.

Wir könnten hier Übertritte in die starke Declination ansetzen, und dafür u. a. beibringen : Gen. 8g. wmgartes Henneb. Uk. II, 120. Mischung st. und schw. Endung im Gen. 8g. erscheint obd. öfter, zb. pfäns Ulr. Erauend. 485, 25. smer^sins Colocz. Cod. 287, 407. ewiw5 Kopp ürk. 2, 136.

Die Masculina in -jan haben mit Ausname von verje verge, scherje scher ge das j verloren ; es gehören hierzu erbe recke schenke vende einhürne wille und nach dem Umlaut zu urteilen rüde (ahd. rudo ohne j),

§ 459. In der mhd. Zeit traten manche 8chwankungen § 459. zwischen st. und schw. Declination ein, indem eine grössere Anzahl st. Masc. sich zur Anname schw. Eorm neigten. Es ist dieser Vorgang verschieden von dem weit älteren, wonach sich männliche a-8tämme zu an-8tämmen umbildeten und von der damit zusammenhängenden ^N^eigung componirter Masculina den zweiten Theil „schwach" zu bilden, wobei eine Bedeutungs- Veränderung geschah, vgl. darüber schon Grimm Gr. II, 542. IV, 585 und neuerdings Osthoff z. Gesch. des schw. deutsch. Adject. 8. 169—171.

Ich kenne bei folgenden st. Masc. im Mhd. schwache Nebenformen:

arm Acc. 8g. armen : erbarmen Karlm. 464, 33. 466, 20.

N. PI. armen Mart. 138, 100.

bercfrit Acc. PI. bercfriden Alex. 4220. buosem Acc. 8g. buosmen Bonus 135. duner Gen. des dunren Mart. 210, 95 (durch Meta- thesis entstund der N. 8g, dunre).

494

§459. ermel Freid. 132, 4. Ulr. v. Türh. Wh. 37^ 125'. Elia.

1990. 8297.

vlec (in der Bedeutung Ort) Griesh. Pr. 2, 138.

vride Griesh. Pr. 2, 146. Schreiber Uk. 1, 393. Gen. Sg. vriden : siden Elis. 9028. Erlös. 1931. : stden Marienl. 116, 38. ausser Reim Alex. 1204. 2125. 4580. ^Reinfried 17815. 25868. Dat. Sg. ci vridin Annol. 340. vreden : bestreden Hagen 1168. ; entreden Karlm. 512, 41. Acc. Sg. friden : siden Erlös. 1074. 3897 ; ausser Reim Wolfdiet. D. V. 155, 4. VI. 160, 1. Reinfried 25895. Vgl. Jänicke zu Wolfd. D. V. 155, 4.

gast Nib. 0. 4180.

ger Sg. Dat. geren.heren Rol. 158, 11. Acc. geren : seren Alex. 1099. Milst. 160, 21. Nib. 74, 2. Dietr. Fl. 1557.

heideUy Plur. heidenen Glauben 2246. Ulr. v. Türh. Wh. 96.

keim Alex. 1132. Nib. A. 67, 4. 73, 2. 190, 4. 1682, 3. 1775, 2. 1779, 1.

hir^ Virgin. 567, 11. W^lfd. B. 24, 3 (mit Jänickes Anm.). Suchenw. 7, 229.

lint Nib. C. 3977. schw. Plur.

loa schw. Plur. loclcen : zochen Pass. H. 294, 70. Vgl. ferner Trebn. Ps. 67, 22 den wirbelocJcen (A. Sg.) und fiir später DWb. VI, 1102.

mäc schw. Plur. : lägen Tristr. 980. 1345. Wernh. Mar. 193, 8 (Fundgr. IL). Nib. 289, 1. 1076, 1. Gudr. 4, 3. 507, 3. Biter. 3822. Neith. 241, 4. Servat. 130. 170 (Haupt Z. V.). Staufenb. 803. Vgl. Jänicke zu Bit. 3822. Den schw. Sg. mäge wies aus Nib. D. 841, 1. 1953, 2. Sigen. 6, 8 (Strassb. Dr.) Jänicke z. Staufenb. 803 nach.

man et schw. D. Sg. mänden : wänden Silv. 682. schw. Acc. :volanden Jerosch. 23184.

rahen rahe : habe Krone 7750. Milst. 28, 24. Gudr. 911, 2. Renner 8726. Myst. I. 56, 18. vgl. Lexer Wb. II, 329.

rücJce Walth. AB. 55, 36. Neidh. 66, 32. 103, 19. Wolfd. B. 500, 3. Helbl. 1, 69. Reinfr. 3464. 6676. Myst. I. 233, 24. vgl. Jänicke z. Wolfd. B. 500, 3. Pietsch Trebn. Ps. LXXXIV.

495

ruom Mart. 123, 4. §459.

sal PL seien : gezelen Mart. 3, 89. Harff 51, 3.

schalch Milst. 32, 3.

schate Bened. Pr. 43. Reinh. 835. Walth. 94, 25. Bari. 75, 19. Marienl. 7, 8. Apoll. 6739. Megenb. 142, 16. Trebn. Ps. S. LXXXIV. Im Reim Dat. Sg. schaten : hlaten Ulr. Trist. 1543. A. Sg. schaten : hlaten trKr. 10022. : säten ebd. 20172. : staten Flore 191. gSchm. 170. N. Sg. schatewe Myst. I: 92, 40.

schöjs G-riesh. Pr. 1, 39.

sc hu oh Acc. Sg. schon : an Roth. 2061; ausser Reim Roth. 2071. 2101. Gen. PI. schon Roth. 2096. schoen 2065. Acc. PL Roth. 2185.

sige AnnoL 317. Griesh. Benkm. 19. A. Sg. sigefh : bedrigen Marienl. 126, 12. :ligen Hagen 1152^ :erligen Marienl. 58, 35. 127, 7. : erstigen Karlm. 398, 17.

Site A. Sg. siten : hiten Altsw. 152, 31. A. PL : driten Mantel 12, 21. Krone 7285. Warnatsch z. Mantel 101. Megenb. 35, 8. Suchen w. 31, 114; besonders md., vgl. D. Sg. siden : vriden Erlös. 3898. A. Sg. setin : betin Tristr. 2812. 3704. G. PL siden : versnid^n HTrist. 2941. Acc. PL siten : fiten Ludw. Kr. 3868.

st am A. PL stammen : flammen Heinz. ML. 821. D. Sg. Eckenl. 134, 8. Vgl. Schmeller bWb.« 2, 755.

sun Acc. sunin Volkomenh. 13.

weif N. PL weifen : gehelfen Mart. 92, 77.

wigant Nom. PL wiganden : handen Wigam. 485.

2. Schwaches Femininum.

a) Stämme in -an und -jän,

§ 460. §460.

Thema -an Thema -jän

N. Sg. Zunge hir gabele vackel hrünne

alle andern Casus

Bungen bim gabelen vackdn brünnen

Die Unterdrückung des e der Endungen geschieht nach der Regel, wie die Paradigmen andeuten. In den Subst. mit liquidem Suffix wird das nebentonige e an kurzer Stammsilbe

496

§460. oft genug als stumm behandelt. Im 12. Jh. dauert es noch^ und md^ lebt es länger als obd. Auch entgeht md. das e der Endungen nach langen Stämmen mit liquidem Suffix ziemlich oft der Verschweigung. Im bair. Bialect erscheint häufig Apocope gegen die Regel, indem das Endung-e ohne Rücksicht der Quantität der Wurzelsilbe als stumm behandelt wird, vgl. bas : was Krone 18723. nas : was 7503. malh: enpfalh Otack. c. 408. wund : Icunt wGast 3582.

Nach einem Nasal der Wurzel oder des Suffixes schwindet in vulgärer Rede die Endung -en oft; vgl. Dat. Sg. flam : schäm Suchen w. 7, 9. 18, 559. muom 41, 196. 305. kon : trön 41, 347. Acc. Sg. lan:län Suchenw. 44, 40. kon : gedon 40, 75. pluom : guom 15, 22. slang : gevang 18, 301. N. PL gran:man Ulr. Wh. 2635.

Wenn sich in den Casus von vrouwe nicht selten Abfall des n zeigt, so scheint hier Übertritt in die st. Declin. zu geschehen. Vgl. u. a. Gen. Sg. vor unser vrowe tage Henneb. ük. I, 198. A. Sg. juncfrouwe : Mortenouwe Staufenb. 991. ausser Reim die frouwe Staufenb. 309. 483. 550. 614. 648. 996. Pass. K. 57, 49. vrau Suchenw. 25, 153. juncvrouwe Köditz C. 48, 6 u. ö. Ähnlich erscheint der Dativ Sg. von gema^jsfe,. Tischgenossin, zuweilen in der Verbindung j^e gemaiszen geben, nemen (Wolfd. B. 55, 3. Wolfd. D. V. 42, 2. VI. 56, 4) in starker Flexion. Häufiger kommen von sunne st. Formen vor, vgl. Haupt z. Neithart 62, 35. Mhd. Wb. IL 2, 743.

Bei der Einförmigkeit der Endungen dieser Declination war es sehr natürlich, dass der einzige, im Nom. Sg. erschei- nende Unterschied angegriffen ward. Das Md. gieng dariu voran: schon im 12. Jh. finden sich hier (vgl. § 461) die Nominative grevinnen Rud. 2, 6. kuniginnen Rud. 25, 12. 26, 5. 27, 10. 14. 17. Vgl. ferner die Reime des 13. Jh. erden : werden Erlös. 1480. kuneginnen : sinnen Elis. 438. 487 ; ausser Reim kuneginnen Elis. 410. 553. 658. 7665. frouwen 4992. 7614. 8305 und bei attribut. schw. Adj. im Nom. Sg. di Mren kunegin Elis. 367. Oberdeutsch kenne ich diese Form erst aus 14. Jh. : padstuben Klosterneub. Uk. (1315) n. 160, oft bei Suchen wirt, zb. flamen : zuosamen Suchenw. 4, 162.

497

herben : merken 20, 156. pliu>men : guomen 25, 19. isungen: §460. jungen 5, 102; ausser Reim leisten pforten plähen salben Seiten wunden zehen^ Koberstein qusBst. Suchenwirt. II, 40.

Von den Stämmen in -ya>^ ist wenig erhalten; in roere, herpfe (neben harpfe) weist der Umlaut, in krippe, smitte die Doppelconsonanz auf das alte j zurück.

§ 461. Bei Suchenwirt werden manche schwache §461. Feminina stark flectirt: nach Koberstein quaestion. Suchenwirt. II, 23 albe, galle, glocke, hei, Urche, nase, sunne, swarte, ferner die Feminina in -ele und -ere (alän ilän, arän irän). Es ist also der später im Sing, zur Regel werdende übertritt der schw. Fem. in die st. Decl. damals im bsterr. bair. Bialect im Beginn. Am frühesten, schon im 13. Jh., zeigt er sich ausser bei sunne, vgl. § 460, bei kel, Haupt z. Neifen 19, 24. Strauch z. Marner XV, 306. Über vrouwe § 460.

Schwankender verhalten sich die starken Feminina, bei denen die Neigung, schwache Flexionen anzunehmen, nament- lich im Md. stark hervortritt. Kann doch für das benachbarte Niederfiränkische schon für das 9./10. Jh. als Regel gelten, dass alle starke Femin. auch schwach flectiren.

Die zahlreichen Fem. in -inne und -unge haben neben den st. Endungen im Md. auch schwache, zb. keiserinnen (D. Sg. : binnen) Ebern. 3814. kuneginnen (A. Sg. : hinnen Herb. 2577. :minnen Ea,geri 522. G. Sg. Alex. 5416. G. PI. Hildeg. Geb. 24). beddelerinnen Marienl. 42, 3 ; vgl. auch die Nominative Sg. in -innen § 460. beszeringen (1251) Lac. n, 376. gebrüchingen Marienl. 8, 7. deilungen HU. III, 1168. hoffenungen Marienl. 80, 23. mardelungen Friedbi Kr. F. 2, 3. Marienl. 31, 1. Aus der ahd. Periode vgl. G. Sg. samnungun Ps. 73, 2. D. Sg. samonungun Capitul. 23. inquedungun Paris. Virgilgl. 244.

Von einzelnen Femininis kann ich folgende verzeichneuj welche neben ihren alten starken Formen schwache in mhd., besonders in md. Quellen aufweisen.

bare .wären Acc. Sg. Alex. 3727. Dat. Sg. En. 9317. 9364. Ebern. 3930. Hartmann brauchte im Erec die schw., im Iwein die st. Form, Lachmann z. Iw. 1443.

Weinholdf mittelhochd, Gramm. 2. Aufl. 82

498

§461. brücke Alex. 2484. 2513. Parz. 181, 3. HU. I, 540.

624. II, 582. III, 1242. Im mfrk. Legend, wird br. nur schw. liectirt, Busch in Zacbers Z. X, 326.

geburt D. Sg. geburten Böhmer 253 (1290) Eberbach. Uk. 876. Höfer I, 26. II, 42. 171. Henneb. Uk. II, 53. Cd. Sax. IL 6, 43. Lac. IH, 47.

erde Gr. Sg. erdun Friedb. Kr. A. 2, 1. erden Myst. I. 9, 26. Dat. erden : werden Alex. 1454. 7045. Griaub. 575. En. 3433. Lampr. Franz. 15. Konr. Silv. 511. Elis. 1898. 2134. Erlös. 6039. Acc. erden : gebirdin Ath. 0. 74. ; gewerden Pilat. 47; ausser Beim Amst. Ml. 1, 4. Suchenw. 7, 234. 41, 1487. Trebn. Ps. o. Im mfrk. Legendär wird erde nur schwach flectirt, Busch in Zachers Z. X, 326. In der adverb. Redensart üf der erden, üf erden häufig bei Konr. von Würzburg (Haupt z. Engelh. 43) ; eer erden Parz. 92, 3 ; üf der erden (: werden) Trist. 8480. 8518. u. ö.

ere D. Sg. eren Marienl. 59, 28. Die schw. Flexionen sind bei Personification der ^e beliebt, vgl. Ath. C. 72. Erec 9962. Frauend. 81, 14. Engelh. 4122. gSchm. 1874. Suchenw. 4, 552. Trebn. Ps. 23, 7. ff. 25, 8. 144, 5.

vehte Gr. Sg. vehten : knehten Alex. 4049. vgl If. PL fehton gl. lips. 308.

vorhte G. Sg. vorten :porten Alex. 4782. D. Sg. vorten Marienl. 59, 28. Trebn. Ps. LXXXV. Im mfrk. Legendär kommen nur schw. Flex. von vorhte vor, Busch a. a. 0.

vröude Trebn. Ps. S. LXXXV.

gäbe D. Sg. gäven Marienl. 9, 18. A. PI. gäben: fragen Alex. 5384. Trebn. Ps. S. LXXXV.

gebe Gen. Sg. geben : leben Alex. 3325. 3787. Vgl. A. PI. gevon Ps. 67, 13. 71, 10.

gimme über die st. und schw. Flexion dieses ahd. nur st. flect. Fremdworts W. Grimm z. gSchm. 1795.

gru'oze (Anrede) Marienl. 72, 16. Trebnitzer Psalmen S. LXXXIV. f.

heide D. Sg. heiden : sceiden Alex. 3972. A. Sg. heiden: gesceiden Alex. 4628.

helfe D. Sg. helfen Amst. Ml. 8, 3.

499

helle D. Sg. hellen : allen mfrk. Legend. 709. ; wallen § 461. 155. : gesellen Lampr. Franz. 8. Erlös. 4186 ; ausser Reim Alex. 6521. Trebn. Ps. S. LXXXIV.

Jcetnenäte A. Sg. : häten Alex. 5930. : beraten 5962.

hetiney namentlich md. schwach, vergl. Rother 1652. W. Grimm z. Ath. A. 143.

k ich er A. Sg. kichirn : sichirn Ath. B. 8. vgl. W. Orimm- hierzu.

kröne D. Sg. krönen : Ionen Alex. 7139. Marienl. 118, 35. A. Sg. : scönen Alex. 3836.,

lüchte i(. ^l Myst. I. 228, 1.

mä^^e D. Sg. mäi^en Elis. 170. Ludw. Kr. 5033. Megenb. 187, 11. 190, 4 in formelhaftem Ü£f der mä^en. Über die adverb. Formeln in, mit mäisen im Karlmeinet Bartsch über Karlm. 306. f.

fiiinnß G. Sg. minnen : enbinnen En. 2400. Marienl. 93, 35. Dat. Sg. ; sinnen Alex. 6369. Vgl. femer Alex. 6381. Elis. 968. 1424. 1912.

müre D. Sg. müren: füren Alex. 6707. : sturen 6825; ausser Reim im m&k. Legendär (Busch a. a. 0. 326), Alex. 1055. 1075. 6825. Vgl. auch Jänicke z. Wolfd. D. IX. 49, 1. Bech in German. XVII, 175.

naht Plur. nachten Gen. Acc. Lac. III, 595. Acc. Sei. Tr. 69.

genäde D. Sg. Höfer I, 2 (1248). A. PI. mfrk. Legend. 410. 431.

ouwe D. Sg. ouwen : hescouwen Alex. 1800. 3107. Suchenw. 25, 10. 102.

pine N. PL mfrk. Legend. 694. A. PI. ebd. 430. 461. Trebn. Ps. LXXXIV.

quäle A. PI. mfrk. Legend. 745.

rede Trebn. Ps. S. LXXXV.

scelde Nom. PI. Salden Alex. 6028. Die personificirte Beeide wird auch bei obd. Dichtern schwach flectirt, Benecke z. Iw. 1579. Lachmann z. Iw. 4449.

schände bei Personification schw. flectirt. Benecke z. Iw. 1579. MS. 2,172^ Suchenw. 21, 126. Trebn. Ps. S. LXXXV.

32*

500

§ 461. schar D, 8g. scharen : varen Alex. 7146. Karlm. 397, 45.

398, 47. : gevaren Alex. 5571. Karlm. 390, 31. 45. : sparen Alex. 3476. Acc. Sg. scharen : missevaren Karlm. 441, 44-

Kom. PI. scharen Annol. 416. Acc. PL scharen AnnoL 424. : varen Karlm. 470, 28. ibewaren 476, 18.

sile G. 8g. Lampr. Pranz. 521. Lac. n, 744 (1280).

D. 8g. Tr. Egid. 260. 1674. Marienl. 66, 10. Acc. PL Marienl. 99, 27. vgl. 8chon Acc. PL selun Ps. 18, 8: seiUm 71, 13. Im mfrk. Legendär erscheint s&le nur schwach, Busch a. a. 0. In alemannischen Schriften seit Mitte des 13. Jh. tritt s^le im Plur. gewöhnlich schwach flectirt auf, vgl. Jänicke z. Wolfd. D. IX. 4, 3. Haupt Z. XVI, 478. Trebn. Ps. 8. LXXXIV. f.

sorge bei Personification schw. flectirt Engelh. 1941 ; Yon Hartmann y. Aue überhaupt schwach gebraucht, Lachm. z. Iw. 1534.

spräche Trebn. Ps. 8. LXXXV.

stimme D. 8g. stimmen: innen Alex. 1649. Trebn. Ps. 8. LXXXV.

strale Pass. H. 40, 11. Pass. K. 353, 11. Myst. L 224, 2.

strafe über die schwankende Flexion dieses Worte» bei Veldeke, Walther v. d. Vogelweide, Wolfram v. Eschen- bach (im Parz. schwach, sonst stark), Konrad Fleck, Konrad V. Würzburg, in der guten Frau 8ommer z. Flore 2961.

stunde Dat. 8g. Vorauer Kaiserkr. 475, 10. Marienl. 29, 21. Karlm. 31, 52. 56, 43. Acc. 8g. stunden : sunden Alex. 7141.

sunde A. PL mfrk. Legendär 294. Trebn. Psalmen 8. LXXXV.

triuwe Gen. 8g. trüwen Alex. 6381. treuwen 8uchenw. 21, 187. trüen : gevlüen Marienl. 29, 14.

unde Alex. 1042. Pass. K. 454, 43. Myst. L 356, 27.

Nom. PL unden : sunden Krolw. 4083.

vrie (Liebe, Liebeswerbung) G. 8g. vrien : vorisien Tristr. 6703. vgl. Lichtenstein Eilhart LXXXVII.

wäge Dat. 8g. Alex. 7031. 7049. Acc. 8g. Erlös. 891, 1018.

501

§ 462. ^ §462.

Stämme in -jän (4 und -in)

Sg. und N. A. PI. veste mnster vestin, vesten

G. D. PI. vesten vinstern (PI. im alem. Dialect vestmen)

AGr. § 406.

Die hergehörigen Feminina, in der Bedeutung Abstracta, sind gröstentheils aus Adjectivstämmen gebildet ; einige wurden s^TjLS Stämmen der 1. schw. Conj. genommen, zb. ahd. neri toeri jsferi, mendin chilaubin ursuohnm; wenige aus Sub- stantiv stammen, wie übervlüge, übervlüete. Durch falsche Ana- logie wurden diesen gleich behandelt die aus -inne gekürzten und im Vocal dann gedehnten Feminina agentis wie hünegmj her^ogm u. s. w., ferner die Feminina bürde (Belege der schw. Flexion bei Jänicke z. Wolfd. 0. VIII. 3, 4), lüge, mül, deren alte Endung -ene, -inä war, und die Lehnworte küche, sege mit der gleichen alten Endung (coquina sagena).

Jene abstracten Feminina wurden ursprünglich durch das Suffix -ja gebildet, dem sich -n erst später anschloss: Bopp Or. § 896. Delbrück bei Zacher Z. f. Ph. II, 401. J. Schmidt in Kuhns Z. XIX, 293. f. Im Hochd. (wie im Gotischen) ist ja zu i geworden ; das Ahd. zeigt die -w-lose Form des Suffixes neben der durch -n erweiterten in allen Casus, während das Gotische das -n nur im iN*. Sg. mied, vgl. das Paradigma § 457.

Mhd. entspricht der Endung i, welche im Ahd. mit Ausname der G. D. PI. unverändert blieb, die Endung e. Nur Gen. und Dat. PI. unterscheiden sich durch die Endung -en von den übrigen Casus. Es fallen also diese Feminina mit denen der alten starken A-Klasse (Stamm -ja) zusammen und breite broede dürfte veste vinster(e) viuhte grüene güete herte hoehe gehorsame helte kerge mute ncehe oede stcete Sterke stille süeze tiufe tougen(e) tvite wilde im^e umeste, ferner ner wer eer, bürde lüge mül, unterscheiden sich durchaus nicht mehr formal von gerte, sünde oder selbst von jsal schäm nar.

Der bairische Dialect gestattet sich auch hier starke Apo- cope, so dass ganz nackte Stämme dastehn; vgl. die B^imbelege :

502

§ 462. Nom. Sg. guot : tuot wGast 8372. suoz : muoz 14091. schoen : hoen

Helbl. 2, 150. Gen. gehorsam : nam Otack. c. 46. Dat. ungehorsam r Adam Lampr. Syon 2081. Helbl. 2, 234. hoen : schoen 2, 149. grüen : hlüen 7, 23. Acc. toU : lit wGast 8995. suoz : muoz 7584. Vgl. über die starke Apocope bei Sachenwirt Eoberstein qaaast. Sachenw. 11, 26.

Der ahd. Endung ■4n entspricht im älteren Mhd. noch erhaltenes -in. In den geistlichen Gedichten des 11. 12. Jh. finden sich die alten äbulgtn, ödtn, prodm, diemuotm, ediltn^ guotin, vinsterin, menegm, wuostm, vgl. Müllenhoff- Scherer Denkm. XXXIX. 13, 2. Karajan 11, 11. 17. 12, 16. 15, 5. 6. 20, 23. 25. 21, 5. 23, 23. 25, 10. 39, 14. Das Leben dieser Substantiva im 14. Jh. können die in den Ofltenbarungen der Marg. Ebner gebrauchten bezeugen, Strauchs Ausgabe S. C. sowie die unten folgenden in -en aus Konrad von Megenberg,. Für die alte Länge des i zeugen Heime des 12. 13. Jh. :

finsterin : sin Eeinh. 1713. Freid. 25, 16. :dm Lobges. 33, 7. menegin : Bin Grendel 848. ; sin MF. 8, 6. Lanzel. 5489. Flore 6538. 6793. 6997. 7236. :gesin Lanzel. 1326. :künegin Erec 1699. : Mabona- grin 9657.

Auf schwankende Quantität deutet menigin : in Flore 189^ Kurzes i wird überhaupt seit dem 13. Jh. die Eegel sein^ dafür zeugt md. -en, nachweislich u. a. in den Dativen vesten : gesten Alex. 1025. :listen 1080. Jcülen : vülen Schoneb. 6223. tüfelösen : ndsen 3741. goden : behoden Karlm. 396, 64.

Dieses -en herscht auch im bairischen Dialect, soweit hier diese Endung der Fem. überhaupt bewahrt ward. Bei Eonrad V. Megenberg finden sich zb. Nom. 8g. vaizten 75, 23. 115, 36* fäuhten 9, 27. kelten 81, 31. Gen. Sg. väuhten 313, 4. Dat. Sg. vaizten 199, 1. praiten 243, 10. langen 102, 4. Acc. Sg. praiten 15, 33. dürren 367, 3. Sterken 36, 26.

Besonders beliebt sind aber diese Formen in -in, -en mhd. nicht gewesen; die Schriftsprache und die höfischen Poeten zogen -e vor. Nur in volksthümlicher, namentlich alemannischer Sprache dauerten die abstracten Feminina in 'in, Plur. -inen -inan -ina bis in die Gegenwart fort^ AGr. § 406. 407 ; bairisch finden sie sich ebenfalls noch mit unveränderlichem -en, BGr. § 350.

503

3. Schwaches Neutrum. § 463. §463.

Stämme in -an.

Sg. N. A. herze G. D. herzen Fl. durchaus herzen

Ausser herjse gehören von Substantiven nur ore äuge wange hierher; auch ome (Nebenform zu ömt Spreu) wird mhd. als schw. N. flectirt. Der Grund der geringen Zahl der schw. Neutra liegt in der Bedeutung der Themen in -an als Bezeichnungen lebendiger oder lebendig gedachter Wesen oder Wesenheiten; vgl. schon Grimm Gr. IV, 511.

Zuweilen kommen von herze im Dat. Sg. und im Plur. Formen ohne n vor und es flectirt dann wie ein st. N. in -ja.

Vgl. D. Sg. herze Nib. A. 135, 3. Kl. 151. : merze wGast 2091. N. A. PI. Wemh. Mar. 183, 9. Nib. 752, 3. Ml!\ 184, 3. Walth. 21, 19. 73, 9. 95, 38. Greg. 632. Iw. 6523. 7387. Trist. 8125. Augenge 10, 13. Frauend. 342, 17; :smerze Wigal. 270, 40. Mai 229, 18. Lampr. Syon 3454. Gen. PI. Neith. 9, 15. 32, 8.

Auch apocopirtes herz findet sich, obschon es noch nicht beliebt war, im 13. Jh. zb. Lampr. Syon 830. Mischung von st. und schw. Endung im G. Sg. herzens Colocz. Cod. 287, 408.

Auch von ouge und wange finden sich jene in die starke Decl. überspringenden Formen : ouge N. PI. MS. 1, 164. Parz. Ddg. 18, 11. D. Sg. wange :lafige Trist. 1304. A, PI. wange lange Trist. 1210. : lange Preid. 42, 14.

ore tritt durch Apocope des e im N. A. Sg. bei Baiem und Österreichern scheinbar zu den st Neutr. über, vgl. daz 6r Kaiskr. W. 2140. Wh. v. Österr. 20*.

Umgekehrt zeigen st. Neutra in a und -ja mitunter schw. Pluralformen, vgl. speren Alex. 4152. elementen Berth. Pr. I. 95, 38. j. Tit. 43. Elisab. 208. gewerken (: merJcen) Alex. 1052. stuJcen Lac. III, 358. meren Sei. Tr. 16\ Urkunde und urteil haben in den Trebn. Ps. schwachen Gen. PI., vgl. Pietsch S. LXXXiy.

über die Färbung des en in iw, an, on, un AGr. § 408. BGr. § 351 und oben §§ 81—84.

504

n. Stämme in -tar.

§464. § 464. Von den Nominibns agentis in -tar sind im

Deutschen nur die Verwantschaftsnamen vater bruoder muoter swester tohter erhalten. Mit Ausname des Gen. Dat. PI. sind sie in der Regel flexionslos. Indessen traten Nebenformen hinzu, indem im Gen. Dat. 8g. Masc. schon ahd. flectirte Formen {vater es vater s, bruoder es; vater e hruodere) aufkommen. Im Ahd. erscheint auch ein Acc. 8g. faterar^, und im Plur. äussert sich der Umlaut neben den unumge- lauteten Formen : veter hrüeder müeter töhter. Daneben kommen seit 10. Jh. auch regelmässig flectirende N. A. PL vor, die mit alterthümlichem und volksmässigem Zlange in mhd. Zeit obd. wie md. fortdauern: vatere vetere, hruodere muotere tohtere. Im Reim zeigen diese flectirenden Formen im

II. 12. Jh. Dehnung der vorlezten 8ilbe, vgl. brüderen : zware Tr. Egid. 1338. Vgl. über solche Reime Vogt in Paul-Br. Beitr. II, 278. Seit dem 11. Jh. zeigen sich namentlich bei muoter und swester auch schw. Pluralflexionen obd. wie md., vgl. AGr. 8. 446 und ripuar. susteren Ennen I, 368. Lac.

III, 516. Selbst in den Gen. Dat. Sg. dringt obd. später

schwache Endung ein, zb. vatern, vater Sg. N. vater

unflectirt G. vateres vaters, vatern

im Sg. und Plur., D. vatere

nur D. Plur. vatern. A. vater

PL N. vatere vetere veter Gr. vatere D. vateren vetern A. vatere vetere veter

Vgl. AGr. § 409. BGr. § 352.

III. Andere oonsonantisohe Stämme.

§466. § 465. Zu den Nominibus mit consonantischem Thema

gehörten ursprünglich auch die Participia Praesentis sowie die Substantiva, die aus diesen gebildet wurden. Zu dem consonantischen Suffix trat aber allmählich das Suffix -a oder -ja, wodurch die abweichende Declination dieser Parti- ^ cipialsubstantiva schwand.

505

Von den hierher gehörigen mhd. Masc. zeigt vriunt §466. (md. vrunf) noch die Spur der alten Absonderung - von den Tocalischen Stämmen durch die nicht selten flexionslosen N. A. PL vriunt md. vrunty zb. Alex. 4289. Rol. 93, 1. Ernst A. 1, 22. . Eilh. Tristr. 8595. Nib. 155, 3. 1338, 3. Trist. 3952. 11350. Parz. 187, 30. Freid. 95, 18. 178, 10. Waf^ nung 65. Lampr. Franz. 2627. 2637. Pass. K. 36, 7. In den Trebnitzer Psalmen kommt vrunt nur flexionslos vor, Pietsch S. LXXXVIII.

Dagegen sind vlent, heilant, wigant meines wissens durchaus den Masc. in -a gleich geworden. Ein Rest alter pronominaler Declinationsweiso kann der Acc. Sg. den mganden sein, der Elisab. 153 im Reim zu landen erscheint, welcher «ich also dem alten Acc. trohtinen BGr. § 353, ebenso wie mannen zur Seite stellt.

§ 466. Zu den consonantischen Stämmen gehörte auch §466. das Masc. man. Schon im Gotischen tritt aber ein schw. Nom. Sg. (manna) hinzu und im Ahd. werden die älteren flexionslosen Formen von den nach Analogie der a-Stämme gebildeten begleitet. Dazu kommt ein pronominal flectirter Acc. Sg. mannan, Mhd. ist dies fortgeführt, und hier findet sich seit 14. Jh. auch ein schw. N. A. PL mannen hinzu, seit 15. Jh. ein durch das neutrale Suffix -er gebildetes menner. Von dem pronominalen Acc. Sg. zeigen iemannen Vor. Ged. 308, 25. niemannen Fundgr. IL 56, 40. Lampr. Franz. 3444. niemanen Lampr. Fr. 1517. niemenen ebd. 34 (wie die Hand- schrift gegen den Versbau sezt) Spuren.

Ausserdem ist zu erwähnen die Accusativform in -e:

niemanne Glaube 2617. Alex. 4970. Nib. D. 1713, 4. nie-

mene Nib. C. 2074, 4.

1) man 2) N. man

unflectirt G. mannes

D. manne A. man (mannen, manne)

PI. N. A. manne (mannen) {menner J G. manne D. mannen

506

§466. Vgl. Mhd. Wb. n. 1, 30. Lexer Wb. I, 2021. AGr.

§ 410. BGr. § 353.

Tiber die Stammunterschiede von man stellten Ver- mutungen auf Delbrück in Zachers Z. f. d. Fh. II, 406 and H. Kern de verbuiging van mar^ in't gotisch, im Taal- en Letterbode V, 1 9. §467. § 467. Yon den Femininis, die im Gotischen zu den

consonantischen Substantivstämmen gehörten {alhs, baürgs, hrusts, dulßs, mitapSy miluks, nahts, spaürds, vaihts, vgL TL Jacobi Untersuchungen über die Bildung der Nomina in den german. Sprachen S. 4. ffi) zeigen mhd. nur naht und brüst noch Erinnerungen der alten Declinationsweise, während burc und wiht durchaus zur I-Klasse übergetreten sind.

naht hat nämlich zu den regelmässigen Formen eines i- Stammes folgende Nebenformen:

G. Sg. nahte Mb. BC. 943, 1. Dat. Sg. nachte : brachte Tristr. 4897. ; erwachte Rol. 244, 32. PI. N. naht : endaht Herb. 8125. : gemacht Ludw. Kr. 5003. Gen. nähte : wahte Steinmar MS. 2, 208^. Dat. nahten :ähten Herb. 1245. :hrahten Tristr. 523. :bedahten Wierstr. 1982. : mähte Roth. 3872. tmnahten : trahten Tanhäuser MS. 2, 66*». nahten Nib. A. 1420, 3. Leyser Pr. 33, 10. Höfer H, 1. Lac. H, 515. vierzennachten Hess. U. I, 288. Lac. HI, 187. 392. 627. 657. Acc. PL naht : hedaht En. 9719. Greg. 761. : mäht MF. 126, 21. Lanz. 1834. Tri8t.2435.livl. Kr. 6244. .-^remacÄetTKr. 23080. Ludw. Kr. 7537. : sprach Roth. 564. naht Müst. 2, 11. nähte Parz. G. 592, 2. In der accusat. Fristbestinmiung ist näht gradeza formelhaft, vgl. die oben gegebenen Reimbelege und ausser Reim Parz. 795, 13. Iw. 2763. Myst. I. 6, 4 und oft in Rechtsschriften des 14. 15. Jh. Der adverbiale G. Sg. ndhtes, des n., eines n, ist Analogiebildung nach tages, äbents, morgens. Beachtenswert ist unadverbiales des nahtes krefte MS. 1, 37*; femer mit Attribut des selben nachtes Rud. 28, 3. Bari. 282, 23. des andirn des drittin nachtis Germ. XV, 347. des vinstern nahtis Hartm. Büchl. 1, 1503. eines heüegen nähtes Bonus 63. Hier ist naht zu dem Masc. übergetreten.

Von brüst führen wir Eeimbelege für unumgelautete

flectirte Formen auf:

D. S. brüste : huste Flore 801. : gdtiste Flore 2765. D. PL briisten : kitten Erec 9113. Flore 700. : kusten (= kuste in) Erec 5757. Trist. 14164. MSH. 2, 180». A. PL brüste : kuste Erec 6792. Kind. 88, 13. HTrist. 4578. : luste Er. 9311. Ernst B. 3147. Ausser Reim vgl. den endungslosen A. PL brüst Parz. 35, 30. trKr. 538. Wackem. Pr. 64, 81.

507

C. IDedination der DSügenrLaxaen. § 468. Die Personennamen werden nach ihren §468. Themen stark oder schwach flectirt.

Masculina Ludetoic Otte

Ludewiges . Otten (Otte)

Ludemge (-toic, -toigenj Otten (Otte)

Ludewigeny -tote (wige) Otten

Femininum

Hütgtmt üote

Hütgunde, -gunt (-gundenj üoten

Hütgunde, -gtmt (-den) Voten

Hütgunt, -gunde (-den) üoten (üote)

Bemerkungen. Neben dem flectirten starken Dativ kommt, wie bei den Masc. in -a überhaupt, auch die flexions- lose Form vor, zb. Ludewic, Kuonrät, Karl; ausserdem aber auch die schwache Endung, vgl. Hiltebranden : handen Virgin. 109, 6. Stfriden Nib. 581, 4. GSrnoten 147, 4. Alpharten Alph. 15, 4. Umgekehrt zeigt sich bei den consonantischen Stämmen zuweilen im G. D. A. Abstoss des n, also scheinbar starke Flexion: Gen. Hagene Nib. A. 1221, 1. Hagen ebd. Jh. Dat. Hagene Nib. 0. 647. 1446. Acc. Hagene Nib. A. 1019, 4. Hagne Nib. A. 1965, 4.

Die Masculina in -ele {-ilan) treten zuweilen ganz in die st. Declination über, vgl. Gen. Hetels Gudr. 552, 4. Dat. Et^ele Nib. 1314, 4. Acc. Wet^ele Ernst A. II, 35. Et/s^d Nib. 1150, 2. 1155, 2.

Verbindung st. und schw. Endung erscheint im Gen. Watens Rol. 266, 19. Ottens Arch. f. Unterfranken XI. 2, 34. 74.

Der Acc. der st. Masc. geht oft in -en aus, worin nach der ahd. Endung -an (Aoträtan, Adalhohan) zu urteilen, die pronominale Accusativflexion zu sehen ist. Belege: Wolf- raten : dräte Roth. 3609. Hademären : marcgräven ebd. 2942. Dietmaren : wären Krone 2439. Kuonräden : genauen Silv. 82. Bdianden : handen Karlm. 368, 57. Bdharden : warden 266, 53. Engelharten : garten Engelh. 2958. Otacheren Vor. Kaiskr. 432, 9. Nitig^en: meren Virgin. 816, 3. Ludewigen : ligen Elis. 4562. Dietrichen : geliehen Virg. 462, 3. Helferichen :

508

§468. glichen Virg. 253, 8. Friderzchen : lobelichen Elia. 4554. Morolden. : vergolden Tristr. 549. Ymelotin Rother 2812. Luppoldin : woldin Rother 4163. Leopolden Vorauer Kaiskr. 514, 14. Karlin Tr. Egid. 1180. Ausserdem begegnet in bairischen und mitteldeutschen Schriften der Acc. in -e : Diet- riche Nibel. 2263, 2. Büedegere 2267, 2. 2271, 3. Hildebrande 2278, 4. Engelwäne Hildemäre Gunthere Rüedegere Nantmne Welsunge BGr. § 354. Haupt z. Neith. 54, 32. Md. Belege sind Heinriche : riche Annol. 632. Alhrechte : gerechte Jerosch. 25197. Cunräte : dräte 3420. Ludewige: stige 25532. Bertolde : solde Jerosch. 16589. Manegolde : solde 17361. Luppolde Roth. 3672. Ymelote ebd. 2901. Lodewige Höfer I, 5 (1261). Arnolde Sebrehte Wigande I, 6. Godarde Lac. III, 404. Gotisberte Myst. I. 154, 7.

Die st. Feminina sind nach Art der i-Stämme im G. D. flectirt und unflectirt. Im Acc. kommt neben der regelmäs- sigen flexionslosen Form auch die auffallende Endung -e vor, worin Grimm Gr. IV, 464. Anm. eine adjectivische (prono- minale) dem männlichen Acc. ^en parallele Flexion zu sehen geneigt war; vgl. Kriemhilde Nib. 65, 4. 332, 3. 608, 3. Prünhilde Nib. 330, 4. 376, 4. Sigelinde Kl. 62. Kunigmde : munde Ebern. 1304. ; stunde 1373. Irmgarde Lac. III, 990.

Im Gen. Dat. Acc. der vocal. Stämme kommen zuweilen schwache Flexionen vor: Gen. Herräten Kl. 1144. Hilden Alex. 1677. Sigelinden Nib. 178, 4. Hedetoigen Cd. Sil. IX, 257. - Dat. Brünhilten Kl. 1637. Friderünen Lac. III, 797. Acc. Kriemhilden Nib. 49, 4. Kl. 35. Mech- tilden Höfer I, 5. 6 (1261).

Dagegen treten die schw. flectirenden weiblichen Namen zuweilen in die st. Declination über : Acc. üote : muote Virgin. 592, 10. §469. § 469. Die fremden Personennamen werden

I) unverändert in ihren Formen beibehalten, zb. Thymoteus : sus K. Silv. 166. Tarquinid:d6 224. 2) umgestaltet: a) die Nominativform wird leicht geändert, zb. Philippes Walth. 19, 17. Tarquines Ath. A** 46. hiemach auch Adämes (: ge- tanes Angenge 15, 44). Jöhans, Gedris:prts Georg 188.

509

mit schwacher Endung Honorie Lampr. Fr. 1457. Fran^iske §46ft. ebd. 2089. Beätrlse Rud. 17, 20. b) die fremde Endung wird ganz abgestossen, zb. Mertm, Constantin, Geöri, Hönori, Priani (; nam En. 990), Johan, Bartelme Eisehe (; we Marienl. 72, 23), Kristin, Katrt (: frt Otack. c. 644). Eine Zusammenstellung der Formen der fremden Namen im Alexander (Strassb. Hs.) gab Kinzel in den Hallischen Beitn z. deutsch. Philol. S. 65. f.

Die Flectirung geschieht, so fern sie eintritt, ganz in Art der deutschen Eigennamen :

Masc. Gen. Danusis Alex. 2395, Bariesis 2592, Baries 2577- Paulses Tr. Silv. 224. Cristis Annol. 536. Maternis 544. Scdomönes, Moysesis Wernh. v. N. 16, 19. Orphees Trist. 4788. Äheles : des Angenge 20, 47. Pompejis Annol. 459. Petiris Annol. 546. Petris Tr. Süv. 320. Petirs 224. Barten Alex. 1938. 2663. Poren 4535. Geörien, Jansen, Mauricien. Dat. Artuse, Jesuse. Tristande : lande Trist. 8605. Petre, Athise : prise Ath. D. 85. Aimöne : löne A** 56, Jasone : me Herb. 234. Ectore : e Herb. 5749. : me 5004. Paride : we 2764. Püäte : dräte Pass. H. 85. 71. Baviden : strtden Pass. H. 5, 65. Püäten : verraten ebd. 87, 49. Iwänen, Alexandren, Phüipsen, Bönifacien. Acc. Andren :sten Otack. c. 381. Abrahamen : sämen Pass. K. 2, 65. Micha- helen: seien Eoth. 4437. Ebern. 1119. Jaco6eti : o&cw Lampr. Syon 3637.. : toben Pass. H. 262, 88. Sethin : hßtin Angenge 21, 45. AchiUen : willen Herb. 11908. Tristanen : vanen Ulr. Trist. 146. Tristanden : behanden^ Trist. 2174. : toiganden Tristr. 629. Tarquinin : sinin Ath. A* 99- Constantinin : minin Eoth. 4639. Partonopieren : fieren Partonop. 494. Xersen : den Alex. 103. AncMsen : vnsen En. 3579. Biomsin -Äsen Ath. B. 109. Eväsin : Pröphiljdsin Ath. D. 49. Erecken : flecken Erec 7036. Neren : eren Mor. Craon 134. Johanne Andriese Gyliise Höfer I, 6 (1261). Artuse Parz. 218, 7. Baxdlige Parz. 50, 20. Sälomdne : kröne MF. 66, 16. Tristra/nde : lande Tristr. 1360. :hande Heinr. Trist. 2605. Eneäse: genäse En. 1372. Mertine : Iteddine Jerosch. 14534.

Fe min. Gen. Blansseflüres Floyris 165. Entten : striten Parz, 187,14. Marien, Elizabeten, "Dat. Jsote:^ewo*e Trist. 8256. Isolde : golde Trist. 8218. Blanscheflüre : äventüre 920. Gaytin : sitin Ath, D. 79. Blancandinen : pinen Karlm. 263, 17. Bidön : Ion En. 801. Bidnen. Clauditten : mitten Pai'z. 390, 23. Ernten, SibiUen, Sigünen : brünen Tit. 36, 1. Acc. Isöte : röte Trist. 10893. Isolde : solde 15388. Blanscheflüre : äventüre Trist. 1608. Blanschefluoren : vuoren Trist, 806. Liäzen:mäzen Parz. 188, 4. Meliüren : trüren Partonop. 11781. Beätrisen Eud. 17, 16. Gäytin Ath. D. 43. Kam^Unen : schinen HTrist, 4429. Cardjonesin : wesin Ath. E. 9. G. PL Isolden : walden Parz, 187, 19. Vgl. AGr. § 411. BGr. § 335.

510

§470. § 470. Die deutschen Ortsnamen haben die Decli-

nationsart ihres zweiten Compositionstheils. Dativische Namen^ wie Hüsen, Oieisen, Bergen, Steten, die patronym. Bildungen in 'ingen, die Zusammensetzungen mit hüsen, lären, steten, bergen bleiben unverändert. So bleiben auch die aus dem D. Fl. der Volksnamen gebildeten Landnamen wie Bür- genden Franken Kriechen Sahsen Swäben unverändert, nachdem überhaupt aus der dat. Verbindung £^e Burgonden jse Franken u. s. w. sich ein nominativisches Burgonden Franken gestaltet hatte; Grimm Gr. I, 779. f. III, 420. Bei den Ortsnamen hat der Dativ locative Eunction übernommen.

Fremde Ortsnamen mit consonantischem Schluss werden gewöhnlich nicht flectirt, zb. Meilän Karidol Jerusalem Ähers. Doch kommt auch dativ. Flexion vor, zb. von Arie, Con- stantinopole {: borge Rother 4025), in Wormee, Babüone. Zuweilen schwindet dabei auslautendes n, zb. von Babilö : da Ludw. Kr. 35.

Es sei auch der Umschreibungen gedacht: diu stat ze

' Borne, ze Paris, an Merän, Mhd. Wb. II. 2, 600^

Manchmal wird die fremde Flexion beibehalten : in Babüonia

Alex. 3412. von Damasco : Babüo Ulr. Wh. 3595. zu Hiero-

solymis : gewis 3546. ze Cesaream Alex. 448.

Fremde Namen mit langem Vocal im Auslaut bleiben unverändert, zb. Aglei, Preslä, Ninive.

Die fremden Namen mit e im Schluss werden wie deutsche weibliche Namen in -e behandelt und entweder stark oder schwach flectirt:

st. von Beme, von wöster Babüonie : konige Bother 8764, von Troie Annol. 349, von Kolne, von Hetze, ze Bdbene, ze Barne, ze Wiene, schw. von Sodomorren : gorren md. Mar. Himmelf. 1374. von Bahilonjen Myst. I. 229, 2. Coelnen Sei. Tr. 229**. von Hetzen Nib. 9, 2. gein Hetzen Hü. 1, 616. zu Hegenzen HU. H, 718. von Hegnzen HL, 1012. von der alten Troien Virgin. 149, 12. von Tyren Alex. 1268. zu AUxomdrien : vHen Pass. H. 330, 30. ze Wienen : dienen Helbl. 4, 151. :niemen Kl. C. 2903. Nach Analogie hiervon findet sich auch ci Trierin Annol. 555. van Trieren Höfer I, 2. van Wormezen Hü. H, 721. zu Wormzen H, 857.

511 II. Die pi*oiioiiiiiia.le II>eclina.tioii.

A. Die lE^onoinirLa. 1. Persönliohe Fronomina.

Über das etymologische des gescMechtlosen pers. Pronomens 1. 2. Person

Bopp Vgl. Gr. §§ 326-340. Bugge in Kuhns Zeitschr. IV, 241--256.

Leskien Declination im Slav. lith. und Germ. 138. ff. 162. ff. Scherer

zur Geschichte der deutschen Sprache 2. A. S. 333—381.

Pronomen erster Person. § 471. §471.

Sg. ich G. min (mines, minerj D. mir (mi) A. mich

PL wir (wi) G. unser D. unses uns A. unsih uns

Für ich wird im 12. Jh. noch öfter ih geschrieben; im NW. kommt auch ig vor, gemäss der dortigen fricativen Aus- sprache des g nach i : zb. Arnst. Ml. 5, 2. ff. Ernst A. Morant 66. 90. Lac. H, 506. Höfer I, 29. Durch Tonentziehung schwächt sich ich zu unbestimmtem ech, das sich enclitisch dem vorangehnden Wort eng verbindet, zb. dlsech Roth. 219, sagech 635 oder das sich mit vorausgehndem Yocal verschmilzt: diech, wiech Walth. 119, 19. 28, 4. Proclitisch verschmilzt es mit engfolgenden vocalisch anlautenden Pronominalformen, zb. ir = ich ir Parz. Gr. 269, 22 ; «> = ich e^ Herb. 400 ; is = ich es Herb. 12393 ; iu = ich iu. Auch mit folgender Negation verschmilzt es : ine in = ich ne. Ein epithetisches, heute noch in vulgärer Rede mit accentuirtem Laut erhal- tenes e erscheint in iche : Frideriche Jerosch. 17907. .-Hein- riche ebd. 9800.

Zu dem Gren. min findet sich seit dem 12. Jh. die Nebenf. mines, aber nicht selbständig, sondern verbunden mit selp oder einem Substantiv: mines selbes Up Alex. 2610. 6136. Roth. 197. Glaub. 2183. En. G. 2263. H. 569. 6188. 11537. mines selbes Uchame Glaube 993. mines armen man Roth. 4419. vorsigilt mit mins Hermannis insigile Henneb. tJ. II, 110 (1346). Es ist deutlich der Gen. des Possessivs: min selp, min armer man, min Uerman sind Umschreibungen für ich, ich armer, ich Herman. Am frühesten kommt diese auch in den andern Personen nachweisliche Umschreibung bei Otfried vor: iues selbes wort Salom. 12. iues selbes guati 15.

512

§ 471. Sie ist besonders md. entwickelt, aber auch obd. seit Anfang' des 13. Jh. nachweislich; vgl. darüber H. Rückert z. wGast 12541. .Grimm Gr. IV, 358 und im Reinh. Fuchs S. 274. Im Mnl. hat sich, mijns als selbständige Genitivform festgesezt. Neben diesem rnmes erscheint auch miner ^ ebenfalls zunächst mit selp possessiv verbunden : miner selbes MS. 2, 22** (Winli)^ dann aber im 14. 15. Jh. auch selbständig : meiner Suchenw. 44, 20. miner Sei. Tr. 16*. minre 25*. miner Harff 116, 28. von minerwegin Köditz 57, 28. Wir haben wol diese femi- nine Form nur auf jüngere Ausdehnung des Gebrauches des possessiven Gen. für den persönlichen zu bringen, wobei der Geschlechtsunterschied verwischt ward.

Der Dativ mir kann durch Tonentziehung zu mer ge- schwächt werden, doch weisen md. Quellen selbst an betonter Stelle m^r auf, zb. Rother 215. 517. 1987. HU. I, 1211.

Tiber Dehnung und Bindung von mier mit -ier § 45 und BGr. § 357.

In dem nördlichsten Strich des ripuarischen Dialecta und im thüringischen erscheint neben mir auch die im Nd. herschende Form mi:

mi Alex. 6094. Eother 2670. 4174. : U Servat. 1271. Anselm 394. :8% Karlm. 90, 13. 537, 2. Anselm 162. mi:d M^H. 2, 23*. Jungfr. sp. 179. nyy Kath. sp. 161. 166. mie : hie Bartsch Md. Ged. I, 842. mie Höfer I, 23. Vgl. über mir als die eigentlich mittelfränk. Dativ» form Busch bei Zacher Z. X, 391. f. Behaghel Eneide TiXXXTTT.

Aus dem Thüringischen kam mi in das Ostfränkische: schon Würzburger Beichte (Dkm. LXXVI, 20) steht es, ferner aus 14. Jh. in Henneb. U. I, 57. II, 104.

« Zu diesem Dativ werde angemerkt, dass im Md. bei den reflexiv gebrauchten Zeitworten des empfindens und sinnena der Dativ (nicht bloss der Acc.) des Personalpron. verwant wird, zb. ob ich mer rehte versinnen kan Rother 259. du^ müst mir imer rüwen Alex. 3644. unde läget ü rüwen- darum mit trüwen Alex. 4411. ob eu ewere sunde werlich , rewent Haupt XIX. 186, 27 (in einer aus md. Quelle stam- menden bajuvarisirten Predigt), mine wunden smerz&nt mir sere Alex. 3695. Vgl. über md. Dativ für Accus. Kinzel in Z. f. d. Phil. XI, 77.

513

Accus, mich herscht durchaus; nur im thüring. Katha- §471. rinensp. 167 findet sich die nd. Form mi : 6?, die selbst in Kölner und jülichschen Schriften fehlt.

§ 472. Plur. Nom. wir, in tonloser Stellung zu wer §472. geschwächt; md. zuweilen auch an betonter Stelle wer, zb. Eoth. 1057 oder später mit w für w; mir, ^ner § 183, zb. im Alsfeld. 8p. sehr oft. Im Thüringischen und Ostfränkischen ist wi (welches nd. herscht) nicht selten; in ripuarischen Schriften begegnet es nur einzeln, und stammt aus dem nfränkischen.

thüring. wi Höfer I, 24. 26. U, 13. 171. Mülh. E. 27. 46. Cd. Sax. U. 8, 23. Kath. sp. 165. Köditz 50, 16. 51, 16. 74, 24. 75, 6. wy Jungfr. sp. 173. u. o., Kath. sp. 164. f. Henneb. ü. U, 148. tm€ gr. Eud. 12, 8. 14, 20. Höfer I, 22. 23. 24. U, 18. 41. 42. 68. 74. 75. 119. 142. Zeizer Urk. (Bech I. a. 1322). Kath. sp. 165. Henneb. ü. U, 50. tüye Höfer I, 27. geschwächt we Jungfr. sp. 174. ripuar. tt;te Koth. 510. 2824. wi Litan. S. 792 (Spur des ripuar. Schreibers), wy : vry Wierstr. 2770. ischrij 2630. Im Floyris gehn wie und wir neben- einanderher, im mfränk. Legendär kommt nur wir vor.

Im Gen. Dat. Acc. sind obd. seit Ende des 13. Jh. neben den gewöhnlichen Formen die umgelauteten imser uns uns nachweislich, AGr. § 412. BGr. § 357. Für den Genit. werde noch unsere mfrk. Legend. 313 erwähnt.

Für den Dat. ist die alterthümliche Form ^) unsis Fundgr. IL 28, 23. unses Griesh. Pr. I. 124, 1 zu bemerken. Im übrigen herscht uns. Beim Wilden Mann erscheint nd. üs im Reim auf sponsus Wemh. v. Nrh. 46, 13.

im Acc. ist das alterthümliche unsih neben uns bis Ende des 13. Jh. nachweislich, wenn es auch im 13. Jh. immer seltener wird. Es haftet obd. fester als md.

unsih Alex. 5007. 5165. Glaube 566. 622. 722. 852. 2595 u. ö. unsich Fundgr. 11. 59, 19. 80, 38. Windb. Ps. durchaus. Müst. 128, 5. Vorauer Ged. 10, ^4. 42, 2. 64, 24. 101, 9. 315, 7. Joseph 277. Kother 504. 1222. 2768. 2894. 4058. 4130. 4402. Trierer Egid. 1642. 1676. Wack. Pr. 7, 30. 70, 12. 74, 15. Parz. D. 121, 6. Wüh. 122, 6. 124, 23. 142, 7. unsich : gelich MSH. 2, 179*> (Zweter). unsich MSA. 128. MS. 2, 63b. 171». 174''. 194^ Geschichtfr. 8, 20 (1283). Über die ün Verse und im Beim (MSH. 2, 179^) gebrauchte Betonung misih Scherer z.

^) Dieselbe darf also nicht für ein ausschliesslich ostgermanisches Kennzeichen erklärt werden.

Weinhold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 33

514

§ 472. Denkm. XXXIV. 2, 8. unsech Fnndgr. n. 22, 41. Vorauer Ged. 44, 1. Bened. Pr. 124. 148.

Die gewöhnliche mhd. Form des Acc. uns reicht bis in

das 9. Jh. hinauf: sie steht schon im Augsburger Grebet,

Müllenhoff-Scherer Denkm. XIV, 3.

Pronomen zweiter Person. §473. § 473.

Sg. N. du du G. dm (dines. dinerj D. dir (di) A. dich Dual ez enk enk

PI. ir iuwer (üwer) iu (ü) iuwih iuch (üchj

Vgl. über die zu Grunde liegenden ViTurzeln Bopp Gr. §340.

du ist ursprünglich kurz; die alte Kürze erhielt sich auch noch zuweilen, zb. im Beim du'n : sun Engelh. 1670. trEr. 4922. 6620. Tonlos schwächt sich du bis zu de, nament- lich in Anlehnung, vgl. doMe Hartm. B. 1, 1375. wüte Farz. 475, 26. Wülste 49, 29. - Gedehntes du ist häufig und wird auch im Reim auf ü gebraucht. Eine obd. Nebenform ist duo vgl. § 71. BGr. § 114 und die Reime duo:tuo Trist. 10300. :£uo Trist. 3708. 10310. Parz. 368, 14. 752, 8. Wh. 148, 20.

Zu Gen. din kommt obd. und md. die Nebenf. dines späterhin in Gebrauch, durch die possess. Umschreibung yor- bereitet: dines selbis Alex. 3703. Rother 115. dins selhis Ath. F. 141. dines selbes Silv. 3021. 3277. 3330. dins selves Hagen 693. dines heldes (dein des Helden) j. Tit. 3212, 3. Im alem. Neujahrsp. (Mone Schausp. d. Ma. II, 383. Y. 138) mit verhallendem Nasal dis. -r- diner kann ich nur durch dinre 8el. Tr. 16* belegen. Vielleicht ist thinere mfrk. Legend. 126 das älteste Beispiel. Tiber deiner Grimm DWb. II, 1484. f.

Dat. dir wird bei Tonlosigkeit bis zu der geschwächt, doch erscheint md. auch betontes der, zb. Roth. 1232. 1426. 1989. 2132. 2276. Eine oberdeutsche, besonders bair. Nebenf. zu dir ist dier, § 45, das auf -ter reimt, zb. dier : hanier Helbl. 7, 410. :vier Suchenw. 39, 215. ; Qaschier P^rz. 47, 24. : schier Mai 178, 28. : stier 'Bb.tz. 795, 29. : zier Gundack. 396.

Thüringisch und ostMnk. findet sich nd. di neben dir^ vgl. di Würzb. Beichte 1. 14. 31 (Denkm. XXXVI). di:Engadi Schoneb. 7782. si : dt Md. Ged. 81, 280. dy : sy Kath. sp. 162.

515

dy Kath. 166. die Volkommenheit o. dye Kath. 164. In § 473. ripuarischen Denkmälern kommt es geschrieben einzeln vor: di : Constantin Roth. 4618. : si Anselm 607; ausser Reim Roth. 4771. Glaube 2446.

Acc. dich, ripuar. zuweilen dig geschrieben, zb. Ernst A. 1, 59. Annol. 738. Der gutturale Auslaut löst sich in vulgärer Rede obd. auf; das älteste Beispiel ist di Frauend. 45, 1. Md. ist mir nur ein Beleg aus dem eigentlich niederfr. Anselm bekannt, di : st Anselm 193.

§ 474. Die dualen Formen finden sich nur im bair. §474. Dialect, sie haben aber hier plurale Bedeutung. Obschon sie uralt sind, finden sich e£f und enJc allein bei österr. Dichtem und erst seit Ende des 13. Jh., Otacker ist der älteste Gewährs- mann. Der Gen. enker ist noch nicht aufgefunden. BGr. § 358.

PI. Nom. ir. Die Kürzung des Vocals (vgl. got. jiis), welche in dem herschenden hd. ir vollzogen ist, führte weiter zu er, einer Form, die nicht bloss in tonloser Enclise erscheint, zb. gänd er : ander Heinr. Pfafienl. 82. süt er : riter Helbl. 8, 342. ausser Reim u. a. bedürfet er Rud. 4, 5. sulder Roth. 177. 1011. wert er Heinr. gem. Leb. 957. claffet er Ffaffenl. 83, sondern die zuweilen auch in betonter Stellung vorkommt, zb. Rol. 33, 12. 53, 16. Roth. 1398 {her Roth. 37. 1979). Wernh. v. Nrh. 14, 26. Fundgr. IL 66, 19. Nib. B. 125, 1. 365, 1. MS. I, 176. Bair. Nebenform ist ier, im Reim auf -icr gebraucht, vgl. § 45. BGr. § 90.

Thüringisch kommt neben ir die dem niederdeutschen gi entsprechende Form I vor, vgl. i Eöditz C. 25, 19. ie Jungfr. sp. 0. Kath. sp. 162—165. 168. 172. ye Jungfr. sp. 183. Köditz G. 25, 19. Im Floyris sind gi und ir zu gir ver- schmolzen, Haupt Z. f. d. A. XXI, 320. ff., wie dies schon im altd. Gesprächbüchlein und sonst geschah, vgl. meine Bruch- stücke eines fränk. Gesprächbüchlein S. 24 (Wiener Sitz.-Ber. LXXI, 788).

Gen. iuwer, iwer, iur, md. üwer, üher Alex. 3807. 7051, ür Herb. 4519. Marienl. 31, 10. 41, 16. 112,30. Hagen 298. 1655. Mit epithetischem e findet sich ure Hagen 4133. Karlm. 255, 60. urre Hagen 176. 951. Karlm. 149, 48.

SS*

516

§ 474. Dat iUy md. ü; aus iu entsteht durch epithet. e das seltene

iwe Fundgr. II. 58, 3. Ziemlich früh dringt die accusativ» Form in den Dativ ein: iwih Willir. (Ebersb. Hs.) XL VI, 5. iuh Notk. ps. 61, 11. 65, 15. 101, 23. Vorauer Kaiskr. 28, 11- euh Vorauer Ged. 35, 12. iuch Reinh. 630. Nib. C. 2692. aHeinr. A. 1475. M8A. 23, 3. MSB. 140, 1. Im 14. Jh. gelangt dieses iuch, euch mehr und mehr zur Herschaft. Doch erlischt iu nicht ganz, vgl. ü : drü Ludw. Kr. 3752. 6555. iu:0iu Ulr. Wh. 2116. drü:ü Ammenhus. 2357, und noch im 16. Jh. ist bairisch eu zu belegen, BGr. S. 368. Md. tritt ebenfalls früh üch neben das richtige ü ; im mfränk. Legendär, im Werner v. Nrh., in den Marienliedern steht die

accus. Form üch für den Dativ fest, aber herscht nicht allein.

üch Friedb. Kr. B. 2, 16. C. 2, 22. grEud. 3, 9. Roth. 143. 490. Wemh. V. Nrh. 17, 32. Herb. 11375. 11440. Marienl. 35, 24. 43, 6. 125, 3. 4. Erlös. 280. Elis. 6096. Secundus o. Myst. I. 8, 6. 122, 8 u. o. Lac. m, 170. 557. Spiegelb. 269, 18. Jungfr. sp. Kath. sp. o. Köditz o. ueh'.gezüch Karlm. 237, 14. 238, 15. 242, 57. Junk. u. Heinr. 427. ouch : üch Philipp Ml. 4781. euch Cd. Sax. ü. 6, 23 (1364). üh Alex. 109. 5113. 7067. Glaube 1623. Litan. S. 334. Iw. A. 118. üg mfrk. Legend. 8. Morant 342. 285. 218 u. o. Ernst A. 4, 33.

Acc. iuweh Fundgr. I. 31, 35. Parz. G. 438, 27 (das jüngste Beispiel dieser alten Form), iuuih Milst. 149, 4. ivih Eened. Pr. 37; gewöhnlich iuch, bair. euch, md. üch (uh Alex. 2073. 7012. 7074. üh 7010. ug Arnst. Ml. 2, 9. 10). ouch Philipp Marieal. 4781. Rückert Entw. 114. och (1439) Cd. Sax. II. 6, 101. Wie nun das accus, iuch in den Dativ eindrang, so umgekehrt das dativische iu, ü in den Accusativ^ ohne jedoch sich behaupten zu können. Vgl. iu : spriu Walth. C. 18, 7. : driu Mor. v. Craon 1325. : getriu Otack. S. 84**. Ausser Reim iu Denkm. XCVI, 25. Gerh. A. 2372. Martina 31, 8. 34, 7. 150, 67. Gundack. 81. Nachweise aus 14. 15. Jb. BGr. S. 368. md. ü Iw. A. oft (vgl. Lachmann zu Iw. 118). Jungfr. sp. 173.

Fronomen dritter Person.

a) Geschlechtloses Pronomen. §475. § 475.

Gen. stn (sines, siner) Acc. sich.

517

#

Über das etymologische (W. sva) Bopp vgl. Gr. §341. §475,

Nur Gen. und Acc. Sg. haben sich hochd. erhalten ; der Acc. sich dient auch für den Plural. Der im Got. und Altn. bewahrte Dat. sis ser ist verschwunden und wird durch den Dat. des geschlechtigen Pron. im, ir ersezt. Auch dient der Acc. sich, am frühsten bei Notker, schon nebenbei obd. und md. für den Dativ, Mhd. Wb. II. 2, 291. f.

Neben sm bildet sich durch possessive Umschreibung, wie bei din und min, die Nebenf. sines aus: a) sines selbes Friedb. Kr. C. 1, 3. Alex. 1264. 1465. 1487. 1913. grRud. 4, 7. Tr. Silv. 351. Glaube 1080. Eneit G. 5953. H. 9840. GH. 12099. Herb. 5273. Lampr. Franz. 4244. Silv. 2116. 2859. 2884. Hagen 475. Schoneb. 3539. 6556. Frauenl. 423, 8. Myst. I. 75, 10. 252, 22. Henneb. ük. I, 166; umgekehrt selbes sines (iwmes) En. 6674. -— sines eines Herb. 11623. ^nes wolves ruore wGast 12541. b) ohne Beiwort: sinis Annol. 726. sines Herb. 2526. (an beiden Stellen nur durch den Schreiber gesezt). sines Schoneb. 700. Schreib. 1, 76. sins Schwabsp. 2. 131 (111). syns Lac. IH, 516 (1352).

sin er kommt seit 12. Jh. mitunter vor: sire. Floyris 115. sinre Mem. 6. Karlm. 212, 10. Sei. Tr. 115^ 116^ seiner Suchenw. 28, 75. sinen seinen wird erst später üblich, AGr. § 414. itückerts Köditz S. 142.

Zu dem Acc. sich sei die Verschmelzung mit angelehnten vocalisch anlautenden Pronominalformen erwähnt : siz =? sich ez Mülh. R. 27, = sich es Herb. 570. Myst. I. 243, 28. 250, 23.

b) Geschlechtiges Pronomen.

§ 476. §476.

Masc. Sg. N. er (her, hej F. siu (su seu) sie si si se N. ez iz

G. es

ire ir

es is

BAme im

ire ir

ime im

(em om um)

k,inen in

sie st si se

ez iz

(en on un)

PI. IS, sie 81 si 'se

sie si si se

siu (seu) sie se

G.

ire ir

D.

in

k,8ie si si se

sie si si se

siu (seu) sie se

518

§ 476. Der 8g. M. N., ferner G. D. Sg. Fem., Gr. D. PL M. F.

N. sind ans der Pronominalwurzel i gebildet; K A. 8g. F. und N. A. PI. M. F. N. aus dem componirten 8tamm sja (tja), vgl. Bopp Gr. §§ 360-363. 353. 354.

Sg. Masc. K^om. er ist im 12. 13. schon von der Dehnung^ berührt, obschon die alte Kürze entschieden noch Yorhersoht. Für die Dehnung zeugen die Reime er : mir Ath. E. 15. :nkBr HTrist. 3594. 3984. er : her Wigal. 286, 15. Über die alem. ^Nebenform ir AGr. § 415. Im Mitteldeutschen kommt mit prothetischem h häufig her vor. Daneben steht aber he (schon im Ludwigslied he y. 40 neben her) als die eigentlich fränkische und thüringische Form, die möglicher- weise aus dem Demonstrativstamm hi entlehnt ist he reicht von Niederfranken den Rhein hinauf bis zur fränk. Südgrenze und erscheint auch häufig hessisch, thüringisch und ostdeutsch: zb. fränkisch Roth. 37. 465. 3043. 3122. mfränk. Legendär 37. 171. 346. 406. 462. 724. Morant 3. 50. 58. 74. u. ö. Marienl. L Höfer I, 2. 18. n, 1. 11. 66. 73. 123. 131. HU. I, 37L 623. f. 645. 655. 771. 805. 860. 976. 1045. 1142. 1211. Myst. L 3, 17. 6, 14. u. o. Böhmer 458. 467. 617. 647. Henneb. Uk. I, 57. vgl. Busch in Z. f. d. Phil. X, 393. Thüringisch und obersächsisch: hi:nime Md. Ged. 89, 103. : me 193. Höfer I, 22. 24. 75. 136. II, 41. Cd. Sax. IL 6, 6 (1306). Mülh. R. Jungfr. sp. Eath. sp. o. In schlesischen Schriften des 14. 15. Jh. ist her weit häufiger als he, dieses leztere aber ist dem Dialect, wie noch die heutigen Verhält- nisse zeigen, das eigentlich zukommende. Nebenformen: hie zb. Nassau 86. Ennen III, 475. Lacombl. II, 434. III, 315. hye HU. I, 975 (hessisch). Alsfeld. Sp. oft. hei zb. Höfer I, 8 (1270 Linz). Hagen o. Ennen I, 45. Lac. UI, 47. 80. Sei. Tr. 0. hey Lac. II, 1064. f. HI, 80. 180. 422. u. ö. Unter dem Einflüsse des echt md. he hatte sich also die Form her gebildet, welche je nach der Nachgiebigkeit der Schreiber gegen das schriftgemässe er das dialectliche he zurückdrängte. Vgl. Busch a. a. 0. X, 393.

Gen. M. es ist in der Regel durch sin ersezt, indessen kommt er noch vor; so braucht Hartmann v. Aue männl. es

519

gern, vgl. Erec 979. 5815. 5821. 6231. 6393. 8949. Büchl. §476.

I, 676. 2, 455. 551. aHeinr. 1161. Iw. 2105. 2215. 4197. 5246. 6004.

Dat. M. ime die vollere Form findet sich im 12. 14. Jh. namentlich in Schriften, welche der volksthümlichen Rede nahe stehn, häufig; im 12. Jh. kommt auch noch imo vor: mfrk. Legendär 34 mal. Hol. 20, 5. Wack. Pr. 1, 17. 7, 79. Yorauer Ged. 94, 19. 96, 5. 102, 28. Genes. 31, 12. 37, 20 (AGr. 8. 455. BGr. 8. 370), selbst eine Trierer TJrk. v. 1248 (Höfer I, 2) hat noch himo. Jenes ime wird auch durch Doppelung des m verstärkt: imme Vorauer Ged. 206, 8. 211, 20. 219, 7. Höfer I, 15. HU. III, 1336. Myst. I. 7, 11. Vgl. ferner die Reime imme : stimme M8H. 1, 70' (Eberh. V. Sax.). imme : kuniginne Orend. 3162. : Pfenninge 673. : pflegerinne Md. Ged. 87, 101. Die streng mhd. Form des Dat. ist im. In Anlehnung schwächt sich im zu em, das nach Liquida Umstellung erfahrt, nach Vocal als blosses m sich äussert, zb. erme Fundgr. II. 72, 21. Joseph 1144. Jmnderme Iw. 3890. hetem Parz. 571, 23. Mitteid. Neben- formen zu ime sind eme, zb. emo mfrk. Legend. 224. 292. 640. Annol. 52. Rother 1145. Repg. Cr. o. Lac. II, 1066. III, 57. 163. 180, gedehnt im Reim : queme Karlm. 259, 53. 323, 36. Junk. u. Heinr. 1780. ; unge^eme Karlm. 317, 16. Höfer I, 18. II, 110. 175. HU. III, 1063. I, 454. 755. 770. 1191. 1211. - Secundus 16. 86. 249. u. ö. Jungfr. sp. 177. S, Kath. sp. 163. 169. eime zb. Höfer II, 110. Lac.

II, 1064. f. III, 47. 507. ieme zb. Marienl. o. Lac. II, 376. 434. 537. Höfer n, 11. Böhmer 349. 443. Henneb. Uk. I, 17. Cd. Sax. II. 6, 27. Mit Verdunkelung des Vocals ist md., namentlich im Ripuarischen und Thüringischen ome om be- liebt, zb. Lac. n, 506. III, 711. Höfer II, 7. Höfer ü, 136. 175. Nordh. Weist. A. 1. 3. 17. B. o. Ebern. 514. 1099. Köditz C. g. 0. ome 6m (= ome, om) Cd. 8ax. 11. 6, 349. öm Henneb. U. II, 148. Ferner ume Annol. 234. Roth. 1099. Lac. II, 506. III, 80. ume : kume Md. Ged. 93, 304. 320. ume : willekmne 94,359. Ferner Höfer 1, 22. 11, 18. Mülh. R. 27. 28. 32. 36. 40. 42. 51. Haupt XV, 387. 404. Henneb. Uk. I, 57.

520

§ 476. Prothet. h zeigt sich auch im md. Dat., vgl. himo Höfer

I, 2. hyme Höfer II, 37. hume Roth. 1044.

Accusativisches in für im bricht schon Alex. 2445. 5225 durch, wird aber nicht häufig.

Aoc. M. Die alte volle Form iwew erscheint zuweilen noch : mfränk. Legendär 9 mal. Fundgr. II. 22, 5. 59, 33. 63, 39. Physiol. 2,. 30. Morolt 1136 ; im Lanz. 4244 ist sie auf er schiften gereimt. Die gewöhnliche mhd. Form ist in. Mit epithet. e zuweilen ine mfrk. Legendär 8 mal, Vorauer Ged. 139, 23. HU. I, 595. Höfer II, 33. Mone Z. 7, 19 und obd. im 14. 15. Jh. nicht selten, AGr. S. 456. BGr. 8. 370.

^ Angelehnt wird in zu en geschwächt, vgl. wiren : schriren Urst. 115, 14. baten : unstaten Biter. 9050; nach Vocal bleibt dann blosses n übrig, zb. dun : sun Engelh. 1670. Helbl. 10, 43. Tiber die Anlehnungen des Pronomens überhaupt vgl. Benecke Wb. zum Iwein 8. 101 110 und oben § 19.

Mit prothet. h steht hin Nrh. Bruchst. 4, 32. Höfer I, 2. vgl. auch den Leidener Williram.

Gedehnt steht ien Henneb. TJ. I, 179. II, 17. und schon Nib. 1191, 4 reimt in : sin, vgl. Lachm. hierzu.

Mitteldeutsche ^Nebenformen sind: ewew mfrk. Legend. 654. ene mfränk. Legendär 47. Rother 18. 75. 571. 1119. 1143. 1158. 1416. 1454. 2050. u. ö. Morant 119. Morolt 1108. Iw. A. 6175. 6785. Betontes en Alex. 418. Rother 2421. Rud. 16, 4. 18, 25. Herb. 8934. Höfer II, 110. Secund. 8.

II. 263. Mit Verdunkelung des Vocals im Ripuar. und Thüringischen : onen Loersch Achen. Rdenkm. 80 (c. 1400). one Morant 47. on Marienl. 1, 18. 7, 16. 14, 38. 22, 10. u. o. ofie on Mülh. R. 28. Nordh. Weist. A. 3. B. o. Köditz C. o. Henneb. Uk. I, 177. ripuarisch erscheint auch une Annol. 660. 661. 694. un Annol. 31. 58. 222. 232. 737. 793. u. ö. Ennen I, 124. Lac. II, 572. ni, 462. hun Annol. 707. Auf schwanken des Schreibers zwischen un und en weist ven Henneb. Uk. II, 35.

§477. § 477. gg. Fem. Nom. siu. Diese alte Form (aus

sjä entstanden) ist aus dem 12. 13. Jh. noch nachvreislich, zb. Fundgr. IL 19, 7. Vorauer Ged. 79, 17. Entekr. 108, 22.

521

Wack. Pr. 5, 48. Griesh. Denkm. 28; im Reim ; diu Lanz. 6654. § 477. : siu (neutr.) Trist. 17418. :iu Stricker DaD. 142.a. Hagen GA. 21, 84. Im bair. Dialeot lebte es als seu fort, BGr. 8. 371. Die md. Form dafür ist sü, zb. Friedb. Kr. F. 1, 20. 2, 1. J. 1, 3. Alex. 6427. Roth. 3215. köln. Sachsp. o. Hü. I, 841. Nordh. Weist. AB. Mtilh. R. o. Köditz C. o. Aus siu entstund sie, das im 12. 13. Jh. obd. und md. nicht selten ist. Im Reim :ie trKr. 46739. Ebern. 3472. : gie Lampr. Syon 3205. :hie Lampr. Syon 2914. Jüdel 361. HTrist. 3512. 4169. 4493. Elis. 8905. : nie MF. 127, 35 (Morungen). Parz. 344, 7. Lampr. Franz. 4415. Syon 876. 3178. 3196. : wie Lampr. Syon 1952. Seit dem 9. Jh. ist si eine Neben- form, die obd. häufig wird ; in der Milst. Handschr. steht sie immer, in der Wiener Genesis oft; vgl. auch die Reime :fel Iw. 342. MSH. 1, 137. MMagd. 4^ :brieveU Heinzel. ML. 1171. :vri MSH. 1, 135. Wolfdiet. 12, 1. : griff eli Flore 1322. : Prudenti Wemh. 47, 30. : js;wi Lobges. 96, 9. st wird durch Tonentziehung zu si erleichtert, das sich ebenso wie sie zu se schwächt. Bei Anlehnung bleibt namentlich vor Vocal nur s übrig, vgl. § 19.

Gen. Dat. ire, im 12. Jh. gewöhnlich, aus iro oder ira und iru entstanden. Formen die alem. bis in das 17. Jh. geschrieben wurden, AGr. S. 455. Die gemein mhd. Form ist ir. Mitteldeutsche Nebenf. sind ere (älter era vgl. 0. IV. 31, 35 VP. Merseb. Spr. II, 3. 4), er. Thüring. finden sich daneben die verdumpften or Nordh. Weist. B. o. Köditz 7, 22. 60, 1. 64, 2. ure uri Mülh. R. 31. 41. 51. ur Haupt Z. XV, 387.

A CO. sie, die gewöhnliche aus altem sia entstandene

Form. Reimbelege :

: gie Enik. 6, 85. ; ergie Ulr. Trist. 1467. : hie Herb. 2529. Kindh. 73, 58. Parz. 104, 30. 329, 15. 438, 19. 504, 29. 640, 21. 713, 29. Lampr. Syon 853. 3047. : knie HTrist. 3536. Ebern. 3545. : lie MF. 144, 5. (Morungen). Kindh. 73, 58. :nie MF. 125, 22. Herb. 8427. :enphie Kindh. 70, 74. Frauend. 322, 11. :wie Parz. 272, 27. Lampr. Syon 2951.

Zuweilen wird von obd. Dichtern sie mit Dehnung des i (also als sie) im Reim gebraucht, vgl. sie : Marie Fundgr.

522

§477. II. 166, 17. :ar£fatte Trist. 12173. :brie übl. Weib 334. :drte ebd. 283. 570. 773.

Zu dem sie für siu im Nom. ist eio Gegenstück siu Mt accus. 5ie, zb. Fundgr. 11. 18, 30. Vorauer Ged. 80, 28. u. ö., bair. seu (soe), md. Henneb. Uk. II, 99. Mülh. R. 41. Kath. sp. 0. Köditz C. 21, 17. Eine besonders von obd. Dichtem gern gebrauchte Nebenf. für sie ist si, ygl. die Reime

; bi Iw. 1426. MS. 2, 182* (Gotfr. v. Strassb.). Flore 654. gGerh. 4699. 5010. Bari. 149, 5. Krone 7791. 23027. MSH. 2, 279»» (Hadlaub). Teichner (Ldsal. 88, 72). Marienl. 63, 26. : dri Iw. 5183. :vn MSH. 1, 159». JFlore 3861. gGerh. 3313. Krone 5072. MSH. 2, 279*. W. v. Rheinau 14, 46. Gundack. 2153. Karlm. 36, 10. 203, 59. : griffeU Flore 1329. : Km Iw. 107. : Zelom Kindh. 77, 67.

Im bairischen Bialect hat sich st seit dem 13. Jh. zu sei diphthongisirt, BGr. S. 372. Durch Tonentziehung ward si zu kurzem si. Die Schwächung des si zu se, s geschieht wie im Nominativ.

§478. § 478. Sg. Neutr. Nom. Acc. ej^. Das alte iz ist bairisch

beliebt, von Lampr. v. Regensburg Franz. 378 im Reim ; dij^ gebraucht; md. herscht es. Vgl. u. a. die Reimbelege aus dem Kreuziger Johanns von Frankenstein ijsf : dis 2705. 5291. 11469. : Udnis 3345. ; riz 9359. : wi^i 4509. Anlehnung des ez mit vocal. Syncope ist häufig: zb. lobejsf, wandez, siz, wiez, solz, irz, ichz; verbunden mit Verschmelzung, durch Unterdrückung des Schlussconsonanten des ersten Wortes: iz = ich ez zb. Herb. 400. 561; auffallend = ir ez Herb. 2786. 8100. 14953. Die Verschmelzung ist Synizesis: deiz = daz ez, weiz = was ez Vorauer Ged. 297, 18. Umgekehrt verschmilzt sich mit ez auch ein ihm angelehntes Wort, zb. est = ez ist; vgl. § 19. Verdumpfung des Vocals ist im Thtiringischen aus 14. 15. Jh. zu belegen, vgl. oz Ebern. 204. 272. 773. u. 0. Nordh. Weist. B. 18. Köditz C. 56, 13. oez Henneb. U. II, 148. oes I, 177. uz Mülh. R. 41—51.

Im Ripuarischen und im angrenzenden Moselländischen kommt dieser N. A. Sg. noch zuweilen mit unverschobenem t (auch d geschrieben) vor, zb.

ripuar. it mfrk. Legend. 696 (ith 273, neunmal im Nom., 19mal im Acc. iz, schwankend izt 589). Annol. 749. Bother 1277. 3046. 3151.

523

4782. Marienl o. Lac. II, 376. HI, 48. 51. 163. 187. Höfer 11, 115. §478. it, id Sperber. Repg. Cr. id Nrh. Brachst. Lac. 11, 376. 506. 1011. m, 47. 57. 163. 179 u. o. Höfer I, 4. ed Höfer 1, 4. Lac. m, 400. 416. . moselländ. it Höfer H, 1. 54. 88. 93. Lac. IH, 172. Höfer I, 2. ith n, 66. id Höfer 11, 53. 84. 112. 122; enclitisch dirt Musk. XVII. Wirt Höfer H, 1. VgL § 197.

Gren. es; obd. ist im 12. Jh. neutr. is sehr häufig, im 13. Jh. wird es seltener. Die Stellen aus Hartmanns Iwein stehn bei Benecke Wb. 106. f. Belege für md. is geben mfrk. Legend. 149. 159. 161. 673. Annol. 94. 628. Alex. 16. 2241. 2678. 4567. Rother 1278. 2052. 3202. u. ö. Rud. 16, 23. Marienl. 129, 3. Pilat. 575. Elis. 6237. Böhmer 357. Lac. III, 180. 363. 516. Henneb. Uk. I, 142. Enclitische Anfögung an vorausgehnden Wortschluss vollzieht sich bei es wie bei ez, vgl. selbst im Reim düs (= du es) : hüs En. 2602. Ver- schmelzung mit vorangehndem Wort : is = iches Herb. 12393.

Auch das neutr. es wird durch das reflex. sin verdrängt, vgl. Grimm Gr. IV, 332.

Dat. N. ime im zeigt dieselben Formen wie im Masc.

§ 479. Plur. Nom. Acc. M. F. sie ist di6 herschende, §479. auch im Reim oft gebrauchte Form :

Nom. :die Biter. 5339. Stricker kl. Ged. 12, 611. Bari. 90, 13. 244, 2. trKr. 49165. :gie Lanz. 848. 7610. Flore 5479. Mai 59, 22. :hie Parz. 353, 11. Biter. 7521. trKr. 47151. 48547. Ottack. c. 384. :ie BarL 270, 27. :knie Eindh. 82, 12. :nie Karl 204. .toie Parz. 502, 29. Acc. M. :die Wh. 250, 21. 337, 29. :vervie Bari. 58, 5. 265, 31. :ffie Lanz. 4503. Krone 12382. Karl 626. : hegte trKr. 47303. :eryie trKr. 44865. :hie Parz. 99, 5. 769, 29. Wüh. 269, 11. Biter. 10088. Amis 878. gGerh. 1785. 2795. trKr. 46765. : ie Bari. 109, 19. trKr. 45937. : knie Parz. 740, 26.

Neben sie ist si im Brauch, aber im Reim kommt es seltener vor. !Nom. si : bi Lampr. Franz. 3552. trKr. 49680. WvRh. 244, 3. Marienl. 16, 21. Hagen 2309. Karlm. 448, 37.

: dri Karlm. 229, 32. - : vri trKr. 49585. Hagen 3345. Karlm. 18, 27. 283, 46. 396, 56. Acc. si : bi Wernh. 17, 18. 20, 3, 13. Iw. 104. Im bairischen wird es seit 13. Jh. zu sei diphthongisirt.

si erleichtert sich zu siy das sich weiter zu se in tonloser Stellung schwächt ; es schliesst sich eng an das vorangehnde

524

§ 479. Wort an, von Wolfram selbst im Reim gebraucht, vgl. tvac se : antraxe Wh. 377, 2. Häufig bleibt namentlich vor folgendem Vocal von dem enclit. se nur s übrig; ebenso verschmilzt

/ es sich proclitisch mit folgendem vocalisch anlautendem Wort

zb. sijif, sim = si u, si im.

Für das Masc. sie, seltener für das Femin. findet sich

zuweilen siu, bair. seu, md. (auch alem. su neben sü):

AGr. S. 456. f. BGr. S. 372. f., md. Belege zb. Friedb. Kr. F.

1, 11. Höfer I, 22. 23. II, 136. Mülh. R. 28, 31. Jungfr.

sp. Kath. sp. 0. Otacker brauchte das männl. siu nicht

selten im Reim

N. Masc. siu: tu Otack. c. 313. :niu 638. : getriu 738. -— A. M. siu : diu Otack. c. 741. : iu 30. 156. : triu 166. : wiu 229. Ein älteres Reimbeispiel gibt für A. F. 8iu:mu Heinr. Todes Geh. 615.

N. Acc. Neutr. siu, bair. seu, md. sü. Wie siu in Masc. und Fem. sich eindrängte,- so umgekehrt sie in das Neutrum, vgl. die Reime Nom. sie : gie Flore 5952 : hie Parz. 679, 23 ; nie Flore 6125. -^ Acc. sie : knie Flore 7298. 7453. Auch si kommt für das Neutr. vor.

Gen. in allen Geschlechtern gleich. Das alterthümliche iro findet sich noch in alem. Urkunden des 14. Jh., mund- artliches ero Wack. Pr. 18, 52. 20, 16. Die gewöhnliche Form des 12. Jh. ist ire, die unter Verstärkung der Stammsilbe und mit Dehnung auch noch später sich findet, zb. irre Alex. 4963. Ennen I, 11. 98 u. ö. Nicol. Br. 167. iere Lac. II, 537 (1263). yerre Lac. III, 339. 595. Mitteldeutsche Neben- formen: ere Lac. III, 247. eire III, 124. urre Höfer II, 13.

Die gewöhnliche mhd. Form des G. PI. ist ir-, dazu mund- artliche Formen: ier zb. Böhmer 443; er Herb. 4338. Mülh. R. 48; or Nordh. Weist. A. 12. B. 16; ur Höfer I, 4. Mülh. R. 39. 45.

Mit adjectiv. Endung findet sich seit dem 14. Jh. irer zb. Klosterneub. Uk. 233. Trierer Spiegelb. 269, 24. erer Earlm. 230, 25. 264, 61. Spiegelb. 269, 26. 271, 24. Später bildet sich auch mit schwacher Endung iren, AGr. S. 457.

Dat. aller Geschlechter in. Auf Dehnung, die eintreten konnte, weisen die Reime in : Bloedelin Klage 1893 : gtddm

525

Roth. 1101 : sidin Biter. 5804 : sin Roth. 724. Wernher §479. V. Nrh. 67, 9. Klage 1354. Biter. 5394. 8264. 11858. 12122. ; win Bit. 12382. Md. Nbf. en (betont) Roth. 1466. 2287. Höfer II, 18. 171. HU. I, 774. 850. 859. 917. 934. 1032. 1211. Cd. Sil. IX, 255. Verdnmpfung : on Marienl. o., auch gereimt : bon Marienl. 110, 40 : son 82, 31. Höfer 1, 12. Nordh. Weist. A.'o. Cd. Sax. IL 6, 80. Köditz o. oen {= pn) Henneb. Uk. II, 78. Cd. Sax. II, 6, 74.. 79. un Annol. 73. 95. 334. 410. Ennen I, 45. 126. Lac. III, 489. 496. Höfer I, 12. 24. Mülh. R. 45. ün Höfer I, 23.

Adjectiv. Endung sezte sich seit 11. Jh. neben in allmäh- lich in inen fest, welches in alem. volksthümlichen Schriften des 13. Jh. schon beliebt ist, AGr. S. 457. Zwischen in und inen Hegt ine Hü. I, 624. IH, 1347. inne Harff 67, 22.

2. FossesBivpronoxnina.

§ 480. Die mhd. Possessivpronomina sind min, din, §480. sin, enker, unser, iuwer und ir. Ihre Beziehung zu den Genitiven der persönlichen Fürwörter ist deutlich; ob sie aber aus denselben unmittelbar gebildet wurden, kann fraglich sein, Bopp Gr. § 408.

Declinirt werden die Possessiva nach Art der st. Adj. Selbst wenn ihnen der bestimmte Artikel vorstund, hatten sie ursprünglich starke Flexion und erst allmählich kam mhd. die schwache daneben in Brauch. Grimm Gr. IV, 513. f.

Über min din sin ist nichts besonderes zu bemerken. Das bairische in der Form duale enker kommt bei Otacker^ dem Teichner und in einem Fastnachtspiele des 15/16. Jh. vor, BGr. § 362.

unser, steht im Nom. Sg. gewöhnlich ohne Flexion, im

N. PI. ist es oft unflectirt. Im Md. herscht die Nebenform unse

unse unse, die stark flectirt; über das vorkommen derselben

im Alem. vgl. AGr. § 417. Belege für das Md. sind:

Sg. N. M. unse heilant Arnst. Ml. 2, 4. unse herre EHs. 670. unse hoferichter Cd. Sil. IX, 236. N. F. unse spise Herb. 8057. unse sacke Elia. 2995. N. N. unse lant Herb. 15130. Gen. M. unses Marienl. 7, 38. unsis Hü. I, 265. Cd. Sü. IX, 235 (1328).

526

§ 480. Dat. M. unseme Glaub. 709. HU. m, 1012. D. R unsir HU. I, 456. D. N. unseme HU. I, 758. unsem Alex. 4822. unsim Cd. Sil. IX, 236. unsin Cd. Sil. IX, 235. Acc. M. unsin Glaub. 770. Cd. Sü. IX, 236. unsen Amst. Ml. 1, 7. A. F. ww«e Alex. 4316. Herb. 11896. Pass. K. 57, 49. HU. I, 994. A. N. unse Herb. 11923. Böhmer 520. Cd. Sil. IX, 236. PL Nom. M. unse vatere Tr. Silv. 427. unse getruwen Cd. Sil. IX, 239. N. F. unse Jungfr. sp. 176. N. N. unse Herb. 9178. 15316. Gen. unsir Cd. Sil. IX, 235. Dat. M. F. N. unsen Friedb. Kr.* D. 1, 1. Herb. 9955. 12261. Acc. M. F. N. unse Alex. 4304. Jungfr. sp. 176. Alex. 4813.

Über späteres bairisches under = unser BGr. § 362 und Lexer Mhd. Wb. II, 1936.

iuwer iwer, md. ütoer und üwe mit gleichem Abstoss des Suffix -ar wie bei unse = unser (vgl. üwe Floyris 142. 143. 149 u. 0. iwe ebd. 144; aus der Elisabeth Belege : Dat. Sg. F. üwer dugent 64. Dat. M. üweme räde 6253. üme rode 6233. Acc. M. üwen müt 8858. A. F. üwe nar 8615. A. N. üwe ungemach 268. Dat. PI. üwen handen Eoth. 1000). Elsäss. mit g für w: üger ügen Orend. 937. 3526. ühland Volksl. 2, 1. Ripuarisch zuweilen üher zb. Alex. 1340. 1362. 2078. 4376. 6205. 7071 und noch elfinal neben fünfmaligem üwer-, auch in der Strassburger Litanei nhis 680. ühen 1093. üher 1249. Im Schlesischen findet sich im 15. Jh. mit neuem Diphthong awer awir, zb. Schles. Lehnsurkunden I, 99.

iuwer wird zuweilen, bei Dichtem aus metrischen Gründen, zu iur zusammengezogen, zb. Nib. 147, 3. Walth. 11, 33. Silv. 749 (vgl. Haupt z. Engelh. 382). Diesem obd. iur ent- spricht md. ür, zb. Marienl. 20, 1. 30, 11. 32, 24. 63, 29. Hagen 182. 189. Morant 89. 228. 421. 501. Sei. Tr. 16'. 2b\ §481. § 481. Das Possessivpronomen ir ist das jüngste

Fossessivum; ahd. erscheint es noch nicht, aber im 11. und 12. Jh. kommt es in geistlichen und Spielmannsepen, ebenso später in den der Volkssprache verwanten Dichtungen ziemlich oft vor: so im Friedberger Erist (£. 2, 8), im Amst Marienl. (4, 15), im Annoliede, Rolandsliede, im Alexander (137. 662. 893. 958. 1313. 3010 u. o.), im Äother (144. 18Q. 525. 2324), im Trierer Egidius, im grRudolf (11, 23. 26. 17, 5. 26, 7. 17), Athis (A* 1. C. 19. C* 8), in Hartmanns Glauben (3044),

527

in der Strassburger Litanei^ im Pilatus 292. Es sind dies §481. sämtlich mitteldeutsche Quellen; indessen tritt das Possessiv ir auch im Bairischen im 12. 13. Jh., obschon seltener auf: so Milst. 159, 33. Todes Gehügde 205. 958. Nib. 1473, 4. 1556, 3. 2198, 2. Klage 189. 2138. Ortn. 161, 3. 168, 4. 205, 3. 261, 4. 407, 2. Wolfram hat es Wh. 259, 9. Bei Herrand v. Wildon steht es III. 2, 7. MSH. I, 348\ In den Helblingbüchlein ist es sicher. Bei Hartmann, Grotfried, Rudolf V. Ems, Konrad v. Würzburg zeigt es sich nie. Bei den Mitteldeutschen des späteren 13. Jh. ist das Possessiv ganz fest, 80 in Hagens köln. Cronik und in der Elisabeth; im 14. Jh. wird es auch obd. ganz gebräuchlich, A6r. § 417. Koberstein quaest. Suchenwirt. II, 64.

Mitteldeutsche Nebenformen von ir sind er zb. mfrk. Legendär (immer). Annol. 756. Morant 249. 287. 423. Höfer

I, 27. HU. I, 579. 628. 880. 910. 916. 939. 958. 994. 1032. 1211. III, 1099. 1264. Kath. sp. 162—166. Cd. Sil. IX, 255. f.; dazu eir Lac. III, 876 (Jülich). Im Thüringischen und Ripuarischen sind verdumpfte Formen beliebt : or (thür.) Ebern. 512. 548. Höfer II, 59. Nordh. Weist. AB. Köditz C. 2, 21. 61, 16. 64, 9. Henneb. Uk. I, 177. (ripuar.) Lac.

II, 506 (1261). oer Lac. III, 504. ur (thür.) Mülh. R. o. (ripuar.) Marienl. 10, 16. 23, 6. Sei. Tr. 17'. Lac. II, 506 (1261. Jülich), uer Henneb. Uk. II, 35, 50. Haupt Z. XV, 392. (ripuar.) Lac. III, 172.

3. SemonstratiTpronomina. § 482. §482.

Sg. N.

M.

der (de die)

F. diu (die)

N.

daz (dat)

G.

des

dere der

des

D.

deme dem

dere der

deme dem

A.

den

die

daz (dat)

L

diu

PI. N. A.

M.

die

F. die

N.

diu

G.

dere der

D.

den (dien)

Als Stamm hat Bopp vgl. Gr. § 355. f. den zusammen- gesetzten Pronominalstamm tja aufgestellt. Ich habe AGrr. § 418 die beiden Stämme ta und tja herbeigezogen, wie auch

528

§482. Leo Meyer bei Kuhn XXII, 67 that. Dagegen nimmt Sievers in Paul-Braunes Beiträgen II, 115. ff. nur den Stamfn ta an und erklärt die nicht dazu stimmenden Eormen aus Form- übertragung.

der dient als Demonstratiyum , als Belativum und als bestimmter Artikel.

Sg. Nom. Masc. der, im 12. Jh. obd. und noch später md. geschwächt zu dir, eine unursprüngliche, nach Analogie von er und wer gebildete Eorm. Die echte ältere Form war de, die sich md. durch die ganze Periode erhielt und von der erhöhten Form di begleitet wird. !Neben de und di stehn die tonlangen de und die; vgl. auch bei Tatian thi thie, alt- niederfrk. thie, alts. the thie, mnl. die. In den md. Schriften begleitet fast überall das Schriftdeutsche der die fränk. thüring. Form des Nom. Sg. Masc. Ygl. auch Busch in Z. f.

d. Phil. X, 394. Einige Belege:

de Annol. 122. Amst. Ml. 3, 1. 16, 4. 15. 16. Eoth. 89. 1053. 4386. Nrh. Br. 1, 3. Ernst A. o. Pilat. 565. Marienl. 52, 37 (: wej. Lac. n, 376. 506. 517. lü, 180. 261. 280. 516. 745. Höfer II, 11. Ebersb. 793. dee Lac. HI, 561. Loersch Achen. Ed. 79.

di Alex. 908. 1969. 3527. 3560. 4562. 5711. 6531. Glaub. 41. 68. 71. 881. 2838 u. o. PUat. 517. Litan. S. 410. 765. Secund. 364. Mariensequ. 45. Lac. 11, 434. HU. I, 533. Höfer I, 1. Mülh. B. o. Henneb. U. H, 104.

die Rother 93. 1210. 1477. 2174. 2226. 2384. 3060. Lac. HI, 47. 163. 167. 187. 364. Glaub. 1085. Herb. 7884. Höfer I, 18. H, 122. HU. III, 1065. giRud. 8, 8. 14, 17. 16, 21. 18, 12. 23, 23. 24. 25. 26, 2. 25. 27, 25. 0 Segrem. 31. 158 (Haupt XI, 493. 497). Hagen GAb. 55, 74. Nordh. Weist. A. 7. 8. 11. B. Mülh. R. 27. (Aus schwanken des Schreibers zwischen der und die entstund dier in Eoth. 1041). dei Ennen m, 160. dey Lac. HI, 261. 400. 636. 754.

N. Fem. diu, bair. deu; md. du zb. Friedb. Kr. A. 3. C. 2, 4. E. 2, 6. J. 1, 2. Amst. ML o. Rother 250. Alex.

^) die in Lachmanns Text von Wolframs Farzival und Wilhelm, an einer Anzahl Stellen für der gesetzt, vermag ich nicht zu recht- fertigen. Die Form ist aus Irrthümem und Misverständnissen einzelner Schreiber gezogen. Sie ist entschieden unwolf ramisch; ihm aber zu- trauen, dass er an einigen Stellen das in Thüringen gehörte die von seinem Schreiber für das sonst überall gebrauchte der habe eintragen lassen, halte ich für unglaublich. Ich stimme also im wesentlichen den Ausführungen Pauls in den Beitr. z. Gesch. und litterat. 11, 65 zu.

529

2504. Marienl. o. Neben diu kommt seit 11. Jh. (Grrafif§482. Sprachsch. III, 6) die auf, das in der mhd. Periode sich aus- breitet, sowol obd. in guten Hss. begegnet (vgl. Hahn z. Stricker 5, 212; im Reim :alhie Heinr. v. Neust. GZ. 8016) als md. beliebt ist, zb. Rother 1197. 2385. u. o. Ath. D. 18. Tr. Egid. 312. 322. u. 0. Marienl. o. Nrh. Br. 2, 2. 4, 1. Lac. II, 434. 537. III, 387. Höfer I, 2. 23. II, 11. Nordh. Weist. A., im Reim : nie Pass. E. 434, 85. Nebenformen hierzu sind di Friedb. Kr. 1, 18. Alex, (die gewöhnliche Form). Pilat o. Marienl. o. Höfer I, 1. 2. Griesh. Dkm. 10. ff. Elis. o. Köditz 0. dei Annol. 25. Rol. 85, 24. Lac. III, 80. dey Lac. II, 1065. III, 247. 261. 669. Ennen I, 388. dee Lac. III, 602. de Rother 2083. Höfer I, 6. Lac. II, 435. 506. III, 180. 220. Ennen I, 388.

Bei Tonlosigkeit schwächt sich die zu de, vgl. Parz. D. 209, 11. 228, 15. 327, 21. In dieser Form verschmilzt es sich in Vorlehnung vocalisch anlautendem folgendem Worte, zb. daventiure, derde.

Nom. N. da^f in tonloser Stelle de^, zb. Iw. B. 460. 1836. 3668. Walth. AC. 12, 26. AB. 22, 15; auch di^ zb. Annol. 187. 328. 443. f. 525. dis Mone Z. 8, 20. In ProcUsis mit Aphäresis wird es ejsf iz, zb. e^ swert MS. 2, 155**. ez volch Pass. 13, 68. ijs gestuole Mh,!). 124. t> i^^n Mülh. R. 32 ; accu- sativ. es brot Pass. H. 33, 22. an i^ lant Annol. 230. uffiz gras Ath. E. 4. uf es veU Pass. H. 188, 70 ; und weiter sich verschleifend an^, üfz u. s. w.

Mit folgendem ist oder einer mit i (e) anlautenden Prono- rainalform verschmilzt sich daz^ Es ergeben sich daz ist : däst dest deist, daz ich : deich, daz er : deir dSr, daz ez : deiz, daz es : des deis. Mhd. Wb. I, 313. f.

Unverschobenes dat kommt dem ripuarischen Dialect zu, es hat aber in den Schriftwerken an daz einen vordringlichen Nebenbuhler. Das Verhältnis von dat zu daz ist in den verschiedenen Denkmälern sehr verschieden. In dem mfrk. Legendär steht nominat. that 9 mal gegen 7 mal thaz, accus. that 38 mal gegen 19 mal thaz (Busch in d. Z. f. d. Ph. X, 394). Im Strassburger Alexander findet sich ein einziges dat

Weinhold, mittelhochd. Gramm. 2. Aufl. 34

530

§ 482. Im Eeim steht dat : gät Roth. 4386. Geschwächte Formen sind det Ennen I, 345. did Annol. 242. (acc.) 326. Ansser- halh Ripuariens belegt sich der alte Gonsonantenstand durch dat Höfer II, 109 (Engers). Arnst. Ml. 6, 4. Höfer I, 12. 13. II, 131. 158 (Sayn). Höfer I, 2. II, 1. 32. 36. 37. 54. 66. 73. 103. 112. 123 (Moselland). Ebersbach 800 (Limburg). Pilat. 575. Pass. H. 15, 36. det Rud. 23, 12. Vgl. § 197. §483. § 483. Gen. M. N. des, obd. und md. erscheint die

verdünnte Nebenf. dis. Beide sind reimfahig, vgl.

G. N. des : Achilles Herb. 3543. Erlös. 1943. : Bares Herb. 14946. : Macedones Alex. 2271. : Xerses Herb. 4053. dis : is Mastr. Ostersp. 680. :gems Karlm. 334, 9. Ostersp. 1150.

des verschmilzt sich nach Aphseresis des d (es für des schon bei Otfr. VP.) in Proclise und Enclise, vgl. säbents, shüneges, smorgens, sheldes, eis vicmtes Annol. 807. üjs^s heidens her Parz. D. 786, 20.

Eine verstärkte und erweiterte Form desse (Diut. 2, 280) wird erst nach der mhd. Zeit häufiger und zu desses und dessen verunstaltet.

Gen. F. dere im 12. Jh. häufig, gemeinmhd. der, ver- dünnt dir. In alem. Schriften selbst der späteren Zeit (15. 16. Jh.) begegnet alterthümliches dero, AGr. S. 460.

Dat. M. N. deme ist im 12. Jh. und noch im 13., nament- lich md., nicht selten, zb.

deme : weme MF. 175, 19. Herb. 16747. ; zeme MS. 2, 210». ; gezeme Herb. 6205. Mart. 156, 54. Walth. 30, 25. 35, 2. 46, 6. Engelh. 1352. Marienl. o. Lac. IE, 172. 275. 279. Myst. I, 3. ff. Höfer I, 6. 18. 24. n, 11. HU. I, 155. 201. 558. 574. 936. 1143. H, 883. IH, 1061. Böhmer 532. Cd. Sax. H. 6, 27. Kath. 166. Jungfr. 181. demi Mtilh. E. 27. 32. Md. Nebenf. dime Mülh. R. 32. dimi 29. dieme Lac. H, 434. 1064. deime Roth. 244. Lac. HI, 172. Höfer H, 73. deim Lac. m, 425. 505. 630. Ennen I, 335. ff.

Enclitisch schmilzt bei Apheeresis des d der als Artikel verwante Dativ dem zu em oder m zusammen, zb. die Ver- schmelzungen mit Präpositionen anme amme ame, inme imme, iseme zem, vonme vomme vom, nächme, üfme üfem, üjseme üzem, hinderme hinderm, geinme geim.

Schon im 11/12. Jh. findet sich, meist in md. Schriften, die accusative Form den für dem, zb. Augsb. Schenk. (Wackem.

531

leseb. 5 326, 4). mfrk. Legendär 262 {then, sonst themo). §483.

Friedb. Kr. F. 2, 4. Roth. 1409. 2872. 5039. 5509. 6574.

Alex. 152. 1011. 1212. 1700. 1746. 2636. 2827. u. ö. Ath.

A* 104. grRud. 4, 4. Tr. Egid. 304. 463. 474. Pilat. 602.

Glaube 989. Herb. 1221. 1409. 5039. 5509. 6574. Höfer I, 2.

Lac. II, 357. 376. 515. III, 60. MSB. 145. MSH. 2, 259^

Haupts Z. Vn, 142. Es scheint hier in der That die Ver- .

drängung des Dativs durch den Accusativ vorzuliegen, da

zb. then für themo sich nicht durch den Übergang von m

zu n erklären kann.

der für dem Roth. 631. Herb. 4476. 5674 kann nur Schreibfehler sein, ebenso der für Acc. den Herb. 10156. 15164, wo der sogen, rhei- nische Accusativ (Hildebrand bei Zacher Z. I, 442. Bossler ebd. H, 190. Tobler ebd. IV, 375—400) nicht zu suchen ist.

Acc. M. den, verdünnt din (AGr. S. 461. BGr. S. 376), schwindet in Enclise an Präpositionen zu in en oder n, vgl. umben, ummin, üfen, übern undern.

An betonter Stelle, namentlich im Reim gebraucht, wird den mitunter gedehnt, vgl. den : gen Otack. c. 374. 629. ; sten Helbl. 7, 434. Erweitert durch epithetisches e findet sich zuweilen dene zb. Rother 1034. 1053. 1539. 2060.

Aus dem Dat. PI. (vgl. § 484) übertragen scheint alem. dien für den, AGr. S. 461, eine Nebenf. dazu dein Wst. 1, 439. Beide Formen begegnen auch niederfränkisch, von wo sie einzeln in das Ripuarische übertraten.

Acc. F. die, daneben obd. md. di, gekürzt di und de, welche proclitisch mit vocal. anlautendem Worte verschmelzen: -üf derde u. a. Betontes und gedehntes de findet sich u. a. Rother 81, Ath. 15. Im mfränk. Legendär ist the die durchgehnde Form für Nom. Acc. Sg. Fem. und für N. A. PL MFN; Busch bei Zacher Z. X, 394.

Wie die accus. Form die in den Nom. F. Sg. übergreift 482), so die nominative in den Accusativ, vgl. Acc. diu Griesh. Dkm. 26. Annol. 350. 696. 700. du AGr. S. 461. deu BGr. S. 376. md. du Arnst. Ml. 3, 9. 4, 17. 5, 56. Marienl. o.

Acc. N. da0, des; dat § 482.

34*

532

§483. Der Instrumental ist nur imNeutr. erhalten, in prä-

positionalen und comparativen Formeln: after diu, an diu^ he diu, von diu, in diu, in alle diu, inner diu, mit diu, mit alle diu, nah diu, umbe diu, under diu, ze diu. er diu, sU diu, des diu, diu haz, diu geliche, diu me u. a. VgL Mhd. Wb. I, 316. BGr. S. 377. Bair. Form des Instr. ist deu, BGr. S. 377; md. im 12. Jh. du vgl. Amst. Ml. 1, 11. 5, 7. 20. Alex. 2765. Roth. 1014 1801. 1865. 1889. 4375. u. ö., später die (di) zb. sint die : knie Tristr. 902. des die Pass. 209, 14. des die haz Lac. III, 576. die ba^ ebd. in, 717. die Ithtere Marienl. 101, 31. die trüwelicher gunstelicher Lac. III, 542. die minre Elis. 7120. dl me Elis. 2272. di beldeclicher 2365. di lobelicher 4643. des dt Haupt XV, 387. Eine ältere md. nd. Nebenform von die = diu ist de : von de Griesh. D. 29. theste Willir. lugd. 27, 20. des dS ebd. vratisl. des dS baz Friedb. Kr. G. 1, 16. de baz Hagen 3745. Elis. 2272. Lac. III, 489. 529. des di Elis. 8040. de me Hagen 1856. dhe gelich Braunschw. Reimkr. 3507. di vaster Lac. III, 563. de sichire HU. III, 1421 (Mainz), di sicherre ind de velicher Harff 3, 6. Die Länge des i in di ward oft genug durch Tonlosigkeit ge- fährdet, und aus der gewöhnlichen Verbindung mit Compara- tiven ward auf deste zuweilen comparative Form übertragen: zb. dester baz Nib. 102, 1. 441, 3. Walth. 28, 33. Trist. 7391. dester gerner Lampr. Syon 2870 LG. dester bereiter Jüdel 129, 47. Die weitere Folge war Flexion von dester, vergl. mit desterem groezerem ernste und mit dester groezer minne Griesh. D. 56.

§484. § 484. Plur. Nom. Acc. M. F. die. Daneben steht in

md. Denkmälern des 12. 13. Jh., aber auch obd., di zb. Friedb. Kr. E. F. Alex. Rol. Elis. Herm. v. Fritslar. Mülh. R. o. ; Nib. C. 2138. A. 1561, 1. Bei Tonlosigkeit schwächt sich di zu de, das in Proclise mit vocalischem Anlaut leicht ver- schmilzt, zb. danderen, dirsten, Von diesem verstummenden de zu scheiden ist de = die, das md. nicht selten ist : grRud. 3, 3. Lac. n, 357. 376. 1011. Ennen I, o. Karlm. o. Spiegelb. 265, 24. 269, 25. dee Lac. III, 151. 505. Dazu die Nebenf.

533

dei Höfer II, 18. Lac. III, 80. 261. 382. 400. 694. Unecht §484. aus dem Neutr. übertragen ist alem. du AGr. § 419.

Nom. Acc. Neutr. äiu, bair. deu; md. du, zb. Friedb. Xr. F. 1, 3. Hildeg. Geb. 2*, doch auch obd. duv Vorauer Ged. 93, 5. 99, 12. 118, 13. du Martina 106, 11. 166, 102. Zur Ausgleichung mit M. und Fem. ward auch für das Neutr. die gebraucht obd. wie md., zb. Milst. 11, 5. Vorauer Ged. 269, 16. Reinh. 626. Nib. A. 515, 1. Parz. G. 447, 7. Wilh. 160, 6. Frauend. 20, 17. Wildon 3, 465 (Kummer). Bari. BE. 20, 28. Amis 593. 1257. Arnst. Ml. 2, 3. 6, 5. Ath. A* 132. 133. Rud. 1, 1. 19, 22. Dazu die erleichterte Form di, zb. Parz. D. 447, 7. Schottenurk. 235. Friedb. Kr. A*. 16. E. 1, 1. H. 2, 4. Alex. o. Ernst A. II, 51. Höfer I, 6. Weitere Schwächung ist de, das proclitisch mit folgendem Worte ver- schmilzt, zb. dougen. Eime Nebenform von die war de Ath. 5, the mfränk. Legendär. Häufiger ist dei bairisch öowol im 11. 12. Jh., als md., vgl. BGr. § 364; Rol. 85, 24. Lac. III, 80. 382. 400.

Gen. M. F. N. dere im 12. Jh. noch nicht selten, vgl. auch die Reime ; here Alex. 4066. ; mere 3250. ; spere 1997. Die alem. alterthümliche Form dero ist in der ganzen mhd. Periode verbreitet, AGr. § 419. Die gewöhnliche mhd. Form ist jedoch der; md. ist sie oft zu dir geschwächt.

Dat. M. F. 'S. den, zuweilen zu din geschwächt, zb. Annol. 132. 599. Enclitisch verschmilzt sich den zum Theil mit Aphärese den Präpositionen: mitten, üfen u. s. w.

Die alem. Form ist dien, sogar im Reim : £iien Lanz. 5715, AGr. S. 463. Altes din (ahd. dem altn. peim got. paim) hat sich darin diphthongisch gespalten.

§485.

§ 485.

Sg. N. M.

dise diser dirre

F. disiu

N.

ditee diz dii^

G.

dises disses dis

diser dirre

dises

D.

diseme disem

diser dirre

diseme disem

A

disen

dise

ditze diz dis;

PI. N. A.

dise

dise

disiu

G.

diser dirre

D.

disen

534

§ 4d5. Über die Zusammensetzung dieses Bemonstrativpronomen»

aus zwei Bemonstrativstämmen tja und sa Bopp Gr. § 357.

Sg. Kom. M. Bie älteste und" allein echte Form (ohne adjectiv. Endung -r) ist dise, die indessen nicht die gewöhn- liche mhd. Form war. Sie lässt sich jedoch aus allen Mund- arten, namentlich aus den md. belegen, vgl. Wack. Pr. 56, 4- mit Apocope dis : gewis Otack. c. 455. 542. 571. Alex. 2282. 3527. Roth. 3517. Höfer I, 24. 26. Kath. sp. 162. disse Kölner Cronica o. Höfer II, 52. Haupt Z. IX, 263. Lac. II, 435. Repg. Cr. 25. 32. Karlm. 206, 5. Bialectliche md. Formen: ^Äe^e mfrk. Legend. 715. dese lia,t]i, 171. Kölner Cronica 9. 152. 208. desse Nordh. Weist. B. 8. deis Höfer n, 141. Lac. ni, 358. düse Ennen III, 476. dus Höfer II, 115. düs II, 73. duis Haupt Z. IX, 263. düis Höfer II, 131.

dis er wird im 12. 13. Jh. ^weniger gebraucht als vorher und nachher. Neben diser erscheint auch disser. Mundart^ liehe Variationen sind deser Lac. III, 180. Sei. Tr. 20*. 217^. Harff 0. Kölner Cronica o. desir Cd. Sax. IL 6, 82. deiser Höfer II, 140. doser Nordh. Weist. B. 8. dusir Höfer II,. 32. 36. Musk. 8, 268.

Aus disre entstund durch Assimilation dirre, die ge- wöhnliche mhd. Form ; Reimbelege : clamirre Helmbr. 446. :irre Engelh. 509. trKr. 27776. Lieders. 24, 1278. dierre : pateliiere Wh. 223, 9. Eine md. Nebenf. derre Alex. 315 und im Reim t here 2882 (sonst wird im Strassb. Alex, dirre geschrieben). Höfer II, 175. Apocopirtes dirr, dir ist obd. und md. nicht selten : AGr. S. 464. BGr. § 365 ; dir Alex. 5502. HTrist. 2833. Höfer II, 37. 53. Ebersbach 878. dur Höfer II, 109.

Nom. F. disiu, bair. diseu; im 12. 13. Jh. bereits ist mit geschwächter Endung dise nicht selten, vgl. AGr. S. 464. BGr. S. 379. Hahn kl. Ged. des Stricker S. 95. Seit 14. Jh. wird dise sehr gewöhnlich. Md. Nebenformen sind dese und duse, zb. mfrk. Legend, these (nach dem Acc. Sg.). dese Cd. SiL IX, 240. Höfer II, 66. 73. dtise Musk. 5, 49. 58, 24. Mit verstärkter Consonanz disse, zb. Spiegelb. 266, 28. Ennen I, 263. Harff; desse Cd. Sax. IL 6, 68; andre Nebenf. sind

535

diesse, deisse. Apocopirtes dis erlaubte sich schon Wolfram, § 485. dann der Stricker und namentlich Konrad v. Würzburg, vgl. Hahn Stricker kl. G. S. 95. Haupt z. Eügelh. 191. AGr. S. 464. BGr. S. 379.

Nom. Acc. N. Die älteste hochd. Form ist dit^e. Sie ist bairisch noch im 12. Jh. häufig, auch im 13. Jh. begegnet sie noch, vgl. AGr. BGr. a. a. 0. Einige Reimbelege:

Nom. ditze : hitze Krone 3393. Dietr. Fl. 9506. : sitze wGast 6672.

Acc. ditze : geislitze Helmbr. 474. -.sitze Laber 291, 2. : witze j. Tit. 483, 2.

Gewöhnlicher ward einsilbiges ditjsi, di^, dessen jsf auch in scharfes s {t;) tibergeht. Der Gebrauch dieser beiden Formen {dijsf, di^) ist verschieden : im bair. Dialect herscht der scharfe Auslaut ^, vgl. u. a. ditjsf : wit^ Helbl. 6, 71. Otack. c. 687. 689. 733. ; Kostnitz Otack, c. 694. 797. ; Leibnitz c. 393. ; slitz c. 738. Bei Suchen wirt erscheint noch ditz, Koberstein II, 66. Das erste bair. Beispiel von dii; gibt meines wissens der Teichner (Lieds. 281, 120 di^ : ungewis). Alemannisch scheint di^ vorgezogen worden zu sein, vgl. di^ : gehii, Flore 2869. .mii, trKr. 27769. : spii, Engelh. 2214. : gewis Mart. 210, 43. Dass Eudolf v. Ems diu, sprach, zeigte Haupt z. Engelh. 545. Yon den alem. Schreibern wird häufig dis gesezt. Md. begegnen ditz und dii,

zb. dii : Uz Erlös. 1618. : si% Ulr. Wh. 2157. 3344. disz Böhmer 432. Nordh. Weist. B. 25. dis HU. HI, 1012. 1051. Ebersbach 626. Böhmer 523. Köditz C. 1, 5. Eückert Entw. 248. ditz Henneb. U. I, 93. 98. dicz HU. HI, 1112. Cd. Sax. H. 6, 174. Köditz 1, 5.

Jüngere Erweiterungen durch adjectiv. Flexion wurden ditzes disses dises.

Die karacteristische md. Form des Neutrums zeigt un- verschobenes t. Zweisilbiges ditfe (dem ditze, altn. petta entsprechend) kenne ich nur aus Nordh. Weist. A., aber ein- silbiges dit ist häufig; einige Belege für N. A.

Büdl. Eheingau dit HU. I, 540. 608. 700. diet 722. Wormsfeld HU. m, 1304. Mainz Höfer I, 18. Spanheim Höfer H, 52. 53. Wetterau mid Lahngau: Laubacher Bari. o. HU. I, 201. 244. 454. 519. 769. 836. 864. 874. 1107. 1124. 1139. 1217. Höfer I, 9. 12. 13. H, 131. Böhmer 617. 623. 644. 659. Ebersbach 878, heute noch wetterauisch deatt neben deatz (Weigand). Hessen: Athis A. 16. 41. 64. C* 94. 121. E. 2. 10.

536

§ 485. Herb. 8570. 11339. 15154. Hü. I, 958. Höfer H, 160. Herrn, v. Fritsl. o. Alsfeld. Sp. 0. Thüringen: grEud. 6, 10. 24. lä, 23. 22, 1. 26, 1. Fass. H. 13, 64. 218, 60. 219,65 und herschend, im Beim auf glit 275, 90. auf trü Pass. K. 243, 97. Ebern. 949 (dut 426. 1051). Secundus 509. Höfer I, 1. 22. 24. 26. 27. H, 59. Cd. Sax. H. 8, 17. Mülh. E. Kath. 161. 164. 168. Haupt XV, 385. 391. u. ö. Köditz C. 2, 15. CG. 63, 13.

Meiflsen Cd. Sax. H. 8, 77. Preussen Jerosch. 8914. 9559. 14419. u. ö.

Moselland dit Silv. 113. 316. u. ö. Höfer I, 1. 2. diet Tr. Silv. 27. 60. vgl. § 197.

In Hipuarien herscht dit durchaus, dijs und ^is kommen freilich daneben in allen Schriften, aber in verschiedenem Prozentsatz vor, so hat das mfrk. Legend. 4 thit neben 5 thiz. §486. § 486. Gen. Sg. M. N. dises. Neben dieser gemein-

mhd. Form sezt sich die ahd. herschende mit ss noch fort: disses, und mit explosivem Beisatz düjses dizzes. Durch Apocope des s entsteht disse, zb. Erec 317. 4749. 4966. Greg. 1776. 3575. Kl. C. 1368. Parz. g. 456, 20 und durch Abstoss der ganzen Endung ditis, diss, dis,

Obd. Belege AGr. S. 465. BGr. S. 379. Md. Belege für düses zb. HU. m, 805. 1069. 1177. Pilat. 379. Herb. 3239. 13816. Pass. H. 219, 56. dissis Germ. XVU, 345. Haupt XV, 389. desses Cd. Sax. H. 6, 54. desm Nordh. Weist. A. 24. disa Myst. I. 179, 13. u. o. Lac. HI, 617. Wierstr. dißs Cd. Sax. H. 6, 117. diz HU. HI, 1163. 1190. 1494. Böhmer 253. dicz Henneb. ük. H, 76. Cd. Sax. H. 6, 47. dis : is Pass. K. 4, 71. HU. H, 866. IH, 1409. Herb. 8307. 12328. Marienl. o. Hagen 210. Lac. IH, 80. 220. 364. 482. 657. dys Cd. Sax. H. 6, 35.

Neben dises gehn md. die Formen deses, desis nebenher, vgl. die andern Casus.

Gen. F. di^ere im 12. Jh. noch nachweislich, diser im 12< 13. f. Jh. im Brauch, md. Nebenf. deser Höfer II, 91. Jungfr. 183. Hagen 209. Lac. lU, 533. 617. 744. duser Musk. 2, 57. Mit Verstärkung des Inlauts disser. Die ge- wöhnliche mhd. Form ist dirre, assim. aus disre, bair. auch dierrej md. Nbf. derre Secund. 512. Höfer II, 175. dürre Jungfr. 183. Apocopirte Formen dirr, dir: AGr. S. 465.

Dat. M. N. diseme (disimo AnnoL 765. disime Ath. A. 77). Cd. Sax. II. 6, 6 (1306). Nbf. dieseme Böhmer 460. 472. deseme Höfer II, 3. 119. Lac. III, 180. dtiseme Mülh. R. 45. Mit consonantischer Verstärkung disseme Höfer I, 26. dissime Henneb. U. II, 83. desseme Roth. 1983. Nordh. Weist. B. 18.

537

Mit Syncope disme Nbf. diesme Höfer II, 80. Böhmer §486. 253. desme Höfer II, 175. Lac. III, 930. deisme Ennen I, 243. Lac. III, 266. 358. dusme Höfer II, 66. 169.

Apocopirtes disem ist die gewöhnliche mhd. Form. Md. Nbf. diesem, zb. Cd. Sax. II. 6, 27. diesim 42; desem, zb. Spiegelb. 268, 13. Cd. Sil. IX, 239. 256. desim Cd: Sax. IL 6, 23. dusem Musk. 33, 13, 48, 1. u. o. Mit Ver- stärkung des s : dissem Cd. Sax. IL 6, 43. diessem Böhmer 724. dessem Henneb. Uk. I, 177.

Mit Verdünnung des Flexionsoonsonanten zuweilen disen, zb. thesen mfrk. Legendär 123, disen Glaube 2174; diesin Henneb. Uk. I, 154. dusin Ebersb. 626.

Dat. F. (gleich dem Gen.) disere, apocopirt diser; md. ^Nebenformen deser Kath. 163. 169. Köditz o. Spiegelb. 280, 15. Hagen 217. Lac. III, 60. 180. 278. 474. 617. desir Cd. Sil. IL 6, 68. deiser Lac. III, 180, duser Musk. o.. Sei. L. 227. Mit consonantischer Verstärkung disser HU. I, 1090. Spiegelb. 280, 15. Lac. III, 463. Kölner Cronica o. diessiir HU. I, 1217. desser Secund, 334. deisser Lac. III, 247. dussir HU. I, 1237.

Die gewöhnliche mhd. Form ist dirre, apocopirt dir, Md. Nebenf. dierre Ernst A. IV, 42. derre Secund. 437. Harff 3, 27. deirre Lac. III, 180. dürre Mülh. E. 27. Kath. 167. 168. Mit unechter adjectiv. Endung obd. und md. dirrer Wiener Sitz.-Ber. XCIV. 197, 25. HU. III, 1065 (1336. Mainz), derrer Roth. 375.

Acc. M. disen; md. Nebenformen disin Annol. 739. diesen Roth. 696. diesin Cd. Sax. IL 6, 34. thesen mfrk. Legend. 113. 446. desen HU. I, 479. 579. 755. 1024. III, 999. 1023. Böhmer 508. Höfer II, 3, 119. 137. 172. Lac. II, 786. 1011. III, 15. 22. Cd. Sil. IX, 236. desin Cd. Sax. IL 6, 39. deisen Lac. III, 47. 80. 124. 172. dusen Höfer II, 109. Musk. 30, 69. Lac. HI, 48. 172, düsen Höfer II, 142. dw^iw HU. III, 1152. düsin Höfer II, 21. 27. 32. Mit Verstärkung des s dissen, vgl. AGr. S. 466. HU. I, 758. 994. III, 963. Ebersb. 841. 855. Henneb. Uk. I, 98. Cd. Sax. II. 6, 43. Nordh. Weist. A. 1. disssen Cd. Sax, IL 6, 48.

538

§ 486. dyssen Cd. Sax. II. 6, 35. diessen Böhmer 724. diessin Cd. Sax. II. 6, 69. dessen Rother 1079. Nordh. Weist. A. 24. Cd. Sax. II. 6, 121.

Aco. F. dise, häufig apocopirt obd. dis vgl. AGr. 8. 466. Mit unechter nominativer Endung im Bairischen zuweilen diseu BGr. S. 380. Md. Nebenformen dese Jungfr. 182. Kath. 162. 167. Spiegelb. 268, 33. Hagen 219. Sei. Tr. 17*. duse Böhmer 253. Arnst. Ml. 10, 10. Musk. 78, 59. Marienl. 34, 29. u. ö. Mülh. R. 50. Mit Consonantverstärkung zuweilen disse (apocop. diss):, Nebenf. desse Roth. 478. Secund. 139.

Das auffallende diusi Annol. 750 kann aus schwanken des Schreibers zwischen disi und dtisi entstanden sein. Doch erinnert es auch an alts. thius und den im Strassburger Segen (Denkm. IV, 6) erscheinenden Acc. titisa tiosa, vgl. auch dheasa Isid. 41, 1.

Acc. N. ist gleich dem Nom. §487. § 487. Plur. Nom. Acc. M. F. dise; mit Apocope

oberdeutsch nicht selten dis; Österreicher vom Ende des 13. Jh. erlauben sich dis sogar im Reim, vgl. dis : Paris Otack. c. 303. ; wis Helbl. 4, 479. : gewis Otack. c. 82. 303. 399. 458. BGr. § 366. AGr. § 421'.

Die Nebenformen sind dieselben wie im Sg., also md. dese deise duse, obd. und md. mit Consonanten Verstärkung disse, desse. In dem mfrk. Legend, kommt für Nom. M. PL dreimal these, einmal thiese, für das Fem. zweimal these, ein- mal thise vor.

Obd. dringt zuweilen die neutrale Endung -iu in das M. F. ein, AGr. § 421.

Nom. Acc. N. disiu, bair. diseu, obd. und md. nicht unhäufig zur Ausgleichung mit M. F. dise zb. Rother 4630 (Annol. 745 disi). Parz. 2, 23. Bari. K. 20, 28. Silv. 301. Mem. 14. mit Apocope dis, Dazu die Nebenf. diese dese deise duse (HU. III, 1152. Ernst A. I, 64. Mülh. R 36), mit Schärfung disse desse deisse (Lac. III, 266) dusse HU. I, 1237. Ebern. 106.

Gen. M. F. N. disere, diser, dazu die Nebenf. dieser deser deiser duser und disser. Die gewöhnliche mhd. Form ist

539

dirre, md. Nbf. derre zb. Roth. 671. Mit falscher adject. §487. Endung dirrer zb. Stricker kl. Ged. 7, 61.

Dat. M. F. N. disen, dazu die gewöhnlichen Neben- formen disin, diesen desen (thesen) deisen diesen; dissen, wie im A. Sg. M.

§ 488. §488.

jener jeniu jenem obd. häufig ohne j: ener -iu -eis, elsässisch und mitteldeutsch dagegen gen er -iu -ee, Mhd. Wb. I, 771, mit den Neben- formen gienir Tr. Egid. 657. giner Tr. Egid. 103. 190. 517. 525. 701. Nie. v. Basel 82. 87. HU. III, 1257 (Worms). Höfer I, 29. Lac. III, 713, Ennenl, 117. gremer Rother 2989. Haupt Z. IX, 263. gheiner Lac. III, 496. ghiener Lac. III, 496. 768. Ennen I, 130 {hienir Germ. XVII, 348) ; zerdehnt gehener (1408) Cd. Sax. IL 6, 66.

jener ist eine Zusammensetzung des Relativstamms ja mit dem Demonstr. na, Bopp Gr. § 376.

Dies Fronomen flectirt stark selbst nach dem bestimmten Artikel, der md. nicht selten vorgestellt wird, zb. der jener Herb. 6461. Pass. K. 106, 26. der gynre HU. III, 1257. die jene (Nom. PI.) Herb. 3643. der jener (G. PI.) Alex. 2206. derjenige ist md. seit dem 15. Jh. nachgewiesen, vergl. Bech German. XXVII, 163.

4. Fragepronomina. § 489. §489.

M. N. wer (we toi wie) N. waz (wat)

G. wes wes

D. wem wem

A. wen waz

I. tviu (weu)

Fem. und PI. fehlen. Die Formen des Masc. werden auch auf weibliche Wesen bezogen, und die singularen erschei- nen auch in pluraler Verwendung, vgl. Nib. 346, 2. 1117, 4. Parz. 700, 2. Iw. 7514. Glaube 2629.

Wurzel für die deutsche Form des Interrogativs ist hja (: hioja : hwi), für die got. und nord. Form ka (: hva) Bopp Gr. § 388. Sievers stellte Jca auch für das Deutsche als Wurzel

540

§489. auf und wendete die Formübertragungstheorie an, wer habe sich ganz nach der gebildet; Paul-Braune Beitr. II, 120.

wer ist im Nom. M. die herschende Form ; nur im Bipuar. findet sich als Grenzform gegen das !Niederfränkische (alt- ndfrk. huie, alts. hue) we, selten wi Glaub. 2629 und zu- weilen wie, lezteres zb. Rother 3231. Floyris 64. Ennen I, 95. Lac. III, 167. wei Ennen III, 158. Im Thüringischen begegnet ebenfalls als Grenzform wi Mülh. E. 53. Eath. 161. Jungfr. 177. wy Henneb. TJ. II, 148. Das wir Litan. S. 492 entspricht dem dir = der.

Zu dem K. was ist wat md. I^ebenform. In Bipuarien herscht es, wenn auch in den Schriften Ton was begleitet. Dann lässt es sich den Ehein hinauf verfolgen, aber weniger hoch hinauf und überhaupt seltener wie dat und dit.

Höfer I, 12. 13. H, 158 (Sayn), 109 (Engers). 112 (Coblenz). vjad n, 122 (Boppart). wat Pass. H. 31, 93. Im Tristr. 557 ist wat : rät gereimt. Vgl. § 197.

Der Instrum. wiu (bair. weu, we BGr. § 367) ist in präposit. Verbindung (in, miif nach, umbe, von, ze wiu) bis in das 14. Jh. häufig, Mhd. Wb. III, 567 und haftet nament- lich bairisch.

Aus wiu mit sufGigirtem ie (aus eo) entstund wie, das ala Adverb und Conjunction dient. Md. Nebenf. zu wie ist we vgl. Roth. 1057. 2316. 3020. 3228. u. o. Ath. A^ 20. Nd. wb erscheint Floyris 252.

Über die mit M;ör gebildeten unbestimmten Pronomina §496.

§490. § 490.

weder wer von zwein (got. hvdpar ahd. huedar alts. hueäar) aus der Interrogativwurzel durch das Comparativsuffix tara gebildet.

Im Nom. steht es oft unflectirt, sonst wird es wie ein st. Adj. declinirt, selten nimmt es schw. Form an. Über die Indefinita aus weder § 497.

welich (wtUch wilch) qualis (ahd. hu^Uh welih alts.

huilic ags. hvelc hvylc) Composition aus einem interrogativen Adverb hva und

541

Uchy während in altn. hviUkr got. hveleiks Compos. des In- §490. Strumentals mit leiks vorliegt. ~ welich, weih toelch ist die herschende mhd. Form. Im Alem. wird der gutturale Auslaut gern verschwiegen : wel, flect. weler -iu -?. Auch md. findet sich wel zb. Elis. 2041. 5331. 7873 u. ö. wil Böhmer 532.

Beliebte md. Form dieses Interrogativs ist wilich, zb. Annol. 782. Alex. 4176. Roth. 2207. Marienl. o. Rud. 25, 2. HU. III, 1218. Elis. 1069. Mülh. R. 53. In obd. Hs. Kaiskr. W. 5243 wilich, Milst. 105, 6 wilech. Gekürzt wüch wilh Alex. 21. 1211. Ath. A. 148. Tr. Egid. 188. Höfer I, 8. Lac. HI, 180. 187. 220. 428. 576. Ennen I, 398. HU. I, 999. 1047. 1176. Böhmer 532. Leipziger Handschrift * des Sachsensp. Mit doppeltem l willich HU. I, 601. Böhmer 545. 614. Karlm. 11, 24.

Eine seltenere Bildung ist wielich Kaiskr. H. 5243. Mechthild fliess. Licht S. 18. 23. Elis. 4468. HU. HI, 1177. melh Tr. Egid. 570. Vgl. ahd. hweoUh wiolih,

5. Belativum.

§491. Das Mhd. besizt kein eigenes Relativpronomen, denn §491. dieses ist dem Grermanischen überhaupt früh abhanden ge- kommen. Die Vertretung des Relativums übemam das Demon- strativum der diu dasr; auch das Demonstrativadverb so (cdsö als) diente dafär. Nach persönlichen und demonstrativen Prono- minibus heben die Partikeln dar {der) und da die relativische Function hervor. Sodann dient die Conj. unde zur Anknüpfung relativ. Sätze. Später werden die Indefinita swer^ swelh rela- tivisch gebraucht, die seit dem 14. Jh. zu wer weih wurden, so dass dann scheinbar die Interrogativa für das Relativum ein- traten. Zuweilen ist das Relativum in Gedanken zu ergänzen : der Ifebensatz, der uns als ein relativer erscheint, ward ohne Vermittelung eines Pronomens oder einer Conjunction dem Hauptsatz eng angeschlossen. Auch die durch das Demon- strativum und durch Demonstrativpartikeln eingeleiteten relativischen Nebensätze der mhd. Schriftsteller sind ur- sprünglich nur beigeordnete engangeschlossene, nicht unter- geordnete Sätze.

542

§491. L. Tobler über Auslassung und Vertretung des Pron. relat. in

Pfeiffers Germ. XVII, 257 294. über den relativen Gebrauch des deut- schen und ebd. XTTT, 91 104. Kölbing Untersuchungen über den Ausfall des Relativpronomens in den german. Sprachen. Strassburg 1872, und: Zur Entstehung der Relativsätze in Germania XXI, 28 40. Vgl. 0. Erdmann Untersuchungen über die Syntax Otfrieds I, 48 58. 124 139. Windisch Untersuchungen über den Ursprung des Relativ- pronomens in den indogerm. Sprachen, in G. Curtius Studien IL. 2, 201 419. Tomanetz die Relativsätze bei den ahd. Übersetzern. Wien 1879.

6. Unbestimmte Pronomina.

§ 492. § 492. Als pronomina indefinita besizt das Mhd. einige

* einfache Worte theils pronominalen theils nominalen Ursprungs; häufiger aber braucht es dafür, gleich dem Ahd., Pronomina, welche durch Prä- und Suffixe gebildet sind.

einer -iu -ez wird als unbestimmtes Pronomen irgend ein, ein gewisser namentlich mit Beziehung auf einen Relativsatz häufig ver- want: Mhd. Wb. I, 416. f. Grimm Wb. III, 120. ff.

einic irgend ein, aliquis, uUus, ist in der mhd. Schriftsprache in solcher Bedeutung nicht beliebt, aber im Volke obd. und md. ge- braucht. B/heinische, namentlich kölnische Belege für einich eynich eynch enich ienich geben Kother 4809. Hagen 581. 1620. Sei. Tr. 118. Ennen I, 19. Lac. III, 80. 187. 247. 261. 595. 657. eynig Lac. III, 279; vgl. auch eyncher kunne, eyncher ley Lac. III, 563. Tiber alem. fortdauerndes indefinites einic AGr. § 320. Belege für md. einic gab Bech in Genn. XVni, 269. f.

Häufiger sind die durch Präfixe mit ein gebildeten unbestimmten Pronomina.

Mit dem Präfix dih oder deh (ahd. auch doh), worin J. Grimm mit Hinweis auf sih (in sihein) den pronominalen Accus, dih sah (Gr. III, 39), während Wackernagel von doh ausgehend „doch einer, mindestens einer*' deutete (Glossar LXXXV) wird dihein dichein dikein, de kein (dehein und dehein dhein betont) dechein dekein gebildet, aliquis, quidam, in negativen Sätzen nuUus. dihein, dichein begegnet noch im

543

12. Jh. in md. Hss. öfter, zb. dihein Alex. 414. 1061. 2351. §492.

3505. 4098. 6175. dicÄeiw Alex. 40. 2106. Kai8kr.H.790. 1197.

3224. u. ö. Belege für dihein, dihein aus md. Hss. und Urk.

des 14. 15. Jh. stehn in Diefenbach-Wülckers Wörterb. I, 341.

Die gewöhnliche mhd. Form des 12 14. Jh. ist dehein, dechein.

Die gekürzte Form chein, kein ist seit Ende des 12. Jh.

nachweislich, Glauben 838. Mhd. Wb. I, 422. Sie gieng

übrigens auch aus nehein nechein hervor, vgl. R. Hildebrand

DWb. V, 457-492. Schoch Sprache Boners S. 27. i)

ichein welches E. flildebrand DWb. V, 458 als Vermittler zwischen dichein und kein auf stellte, indem er es aus md. und elsäss. Quellen nach- wies, ist nichts weiter als ie kein : vgl. iechein Eoth. 3686. iekein Myst. I. 196, 7. 215, 13. ichein ikein Tristr. 313. 1595. Höfer II, 75. 172. Jungfr. 173. Kath. 162. ychdn Höfer I, 27. ykein Nie. v. Kosel. icheyn Henneb. U. 11, 110. Negative Gegenform ist niekein zb. Erec 9841. Volles nie dehein zb. Trist. 1011. Kl. C. 825. Wigal. 1456. ^ie dekein Trist. 1154.

sihein sichein

findet sich nur in md. Quellen des 12. 13. Jh.

Roth, sich hein 56. sichein 570. 663. 3327. 4808. sihein 1118. 4273 (sigein) 2805. (sigen) 3721. (ie sichein), Alex. 823. 920. 1340. 1354. 4145. sichen Alex. 6173. Roth. 587. sichein Kaiskr. H. 923. 1194. Glaub. 139. 141. 145. Ath. D. 73. F. 150. grRud. 13, 13. litan. S. 774. 1071. Die Nebenf. so hein (durch dohein und nohein ent- standen) erscheint Roth. 1623. Iw. A. 95. 375. 813. 1608. 2151. 4015. u. ö. sochein 237.

n ich ein nehein nechein nehein, mit Umstellung en- hein enchein enhein, daraus blosses hein (Fundgr. II. 74, 6. Nib. A. 1564, 4. Wigal. A. 182, 36. MS. 2, 171^) und gewöhn- lich hein, vgl. das vorhin gesagte und Mhd. Wb. I, 422. Die im Ahd. auftretende Färbung des negativen Präfixes nih zu noh (nohein) erscheint mhd. nicht. Höchst selten ist die Zu- sammenziehung von nehein zu nein, belegbar Nordh. Weist. A. 3.

Im besondem mögen hier die im Ripuarischen und auch im Mosellande üblichen Formen unserer Periode angeführt werden :

») Der Behauptung Pauls Beitr. VI, 559 dass kein sich nur aus ne-kein, nicht aus dekein habe entwickeln können, widersprechen die thatsächlichen Verhältnisse, nach denen kein für dekein wie für nekein auftritt.

544

§492. nihein Alex. 5698 (sonst nehein im Alex.), niehein Eoth. 648.

nichein Annol. 702. Kaiskr. H. 170. 1098. Roth. 336. 814. 3785. nechein Roth. 3502. necken Roth. 4869. negein Roth. 719. 1021. 3270. nigen 1091. inhein Ernst A. I, 30. inchein Eilh. Tristr. 2, 7. Höfer I, 2. einchein Annol. 801. tn^rctn Nrh. Br. I. 2, 26. Lac. in, 180. köln. Ssp. 1, 16. ni, 35. ingeyn engeyn Lac. HI, 47. innegein Ssp. L 2, 4. ingheyn eyngheyn gheyn Lac. UI, 236. engein Marienl. 24, 25. 55, 7. u. o. engeyn geyn Ennen I, 19. e^ein Hagen 3221. Ennen I, 9. Lac. HI, 684. 809. 831. Vorbew. 27»». gein Roth. 4858. Hagen 584. 570. Höfer I, 9. Harff . Kölner Cronica. gen Roth. 3224. Ygl. anch Busch in Zachers Z. X, 316.

Verstärkung des negativen nehein erscheint in en nehein Fundgr. IL 192, 13. Wahrscheinlich ist es Schreibfehler.

§493. § 493.

sum stark flectirend, im Flur, gebraucht = einige, manche, mhd. im absterben, Mhd. Wb. 11. 2, 726. Haupt z. Engelh. 7635.

Häufiger ist sumeltch, ebenfalls im Flur, mit der Be- deutung einige, manche; md. somelich. Über simelich seme- lieh sameUch F. Bech in Germ. V, 505.

man geschwächt bei voller Tonlosigkeit zu men und selbst zu min ' (Vorauer Ged. 111, 23. 365, 14; im mfrk. Legendär stehn elf min gegen ein man und ein men, Busch a. a. 0. 177.); alem. wan, wen AGr. § 166; als unbestimmtes Fronomen häufig. Zuweilen steht es mit bestimmtem Artikel : der man, selbst ie der man Trist. 5325 = irgend einer.

Auf manno lieh (Gen. Fl. mit folgendem liehe) führt mannelich manlich menlich, md. assimilirt mallich mellich malch melch (ndfränk. nl. mallic molk) = jedermann. Zu- weilen wird es durch aller verstärkt. Am häufigsten ist die assim. Form im Bipuarischen und Thüringischen, zb.

mallich Hagen 4010. Lac. HI, 516. Ennen I, 1. mdlch Wierstr. 180. aUremdlch Lac. IH, 433. almaleh Wierstr. 1915; thüring. aUermelch Höfer n, 175. ider mdch Köditz 46, 12. Noch heute kölnisch mdllich, jeddeiinaUich.

Auf manno gelth geht mannegelieh mennegelich man- ne dich mennecUch mengelich, das neben mannelich im Brauch ist. Auch hier wird aller verstärkend vorgestellt, Mhd. Wb. IL 1, 33. f.

545

Die häufigsten Pronominalbildungen aus man entstehn §493. durch vorgestelltes ie und nie,

ieman betont iemän und ieman, daher iemen; md. iman tmen; in der Declination wie man behandelt, seit Ende des 13. Jh. auch mit epithetischem d : iemant iemand (Acc. iemande : lande Jerosch. 19208), im 14. Jh. mit epithet. s : iemans AGr. 8. 448, ymans HU. I, 1033 (Wetterau), mit d und s, t und s im- mandes Alsfeld. Sp. 5918. immants 1442, schles. ymandis ymancns ßückert Entw. 220 ; heute noch hess. immets, ripuar. ümmss ömmes. Durch gänzliche Tonlosigkeit des man ent- steht bei Ausfall des Nasals obd. iemt, iems im 14. 15. Jh. AGr. S. 448. BGr. S. 362.

Md. Nebenformen sind ^an Lac. III, 163. emant ebd. 180. Dat. emande Karlm. 265, 31. eyman Lac. III, 180.

nieman mit denselben Formveränderungen wie ieman : niemen nie- mant niemans niemt, md. nimen nimans (nimannts Alsfeld. Sp. 128. 2250 u. 0. nimmandes ebd. 495. 1033 u. o. nymandes Cd. Sax. IL 6, 130. vgl. auch Rückert Entw. 221) neman.

m

TJber den Gebrauch von ieman (das im abhängigen Satz negative Bedeutung erhalten kann) und nieman Mhd. Wb. IL

I, 40—42.

Selten scheint alman = jedermann, das Alsfeld Sp. 475 steht.

Nicht von man abgeleitet ist manec syncop. manc manch, mit unechtem Umlaut menic meng mench, das als unbestimmtes Pronomen vielfach verwant wird, Weigand Wb.*

II, 19. f.

Bugge bei Kuhn Z. XlX, 444—46 stellte manags zu altn. margr, slav. mlogi, kirchenslav. munogu, ital. mulgus = multus, J. Schmidt Vocalism. I, 30 dagegen nam manag = lat. mag-nus und erklärte das Nasalinfix aus früherem Nasalsaffix.

§ 494. Das Subst. wiht (M. N.) Wesen, Ding, wird §494. mit Präfix ie, so wie mit ni und nie zu den pronominalen Bildungen iht und niht gebraucht. Die Erscheinungsformen sind sehr mannigfach, wie folgende Beispiele zeigen.

Weinhold, mittelhocM. Gramm. 2. Aufl. 85

546

§494. iuweht Fundgr. IL 11, 20. inwet Wack. Pr. 2, 41.

üwet ebd. 74, 57. iuwit Alex. 3993. iwü 3316. iewiht Annol. 646. ietc;eÄ^ Willir. lugd.26,17. iew^e^ ebd. vratisL ieÄ^Fundgr. II. 35, 13. 40, 1. ieth Wack. Pr. 26, 7. ie^ (1 «cÄie^; MF. 40, 11. tut Wack. Pr. 2, 39. Myst. I. 278, 1. üt Griesh. Dkm. 47. Schreiber Uk. 1, 79. ut Kopp 1, 177. Mem. 1, 6.

tA^ die gewöhnliche mhd. Form (mit Präpos. an ihte : gerihte Ath. A. 129. JSfihte Walth. 51, 6. Wigal. 60, 32), mit Schwund des Gutturals it (id) obd. md. häufig. Bedeutung a) substant. irgend etwas b) adv. etwa, irgend. In abhängi- gem Satz steht es auch mit negativer Bedeutung s= nicht. Mhd. Wb. in, 652. f.

Durch vorgestellten Genit. verstärkt erscheint ihtes iht (ßud. 4, 4. an ihtes ihte Erec 5810) alem. ütjsfit Schreib. 1, 80. Wack. Pr. 70, 60. mit seh für hs : tuschet Griesh. ' Pr. 2, 12. Für ihtes iht blosses tÄ^^Megenb. 18, 8. 176, 11. 326, 2. 383, 21 etwas, negativ: nichts. Über die Ver- bindung ieht mi, iht me (danne) nicht mehr, ebenso wenig Graff Spr. III, 836. Bech in Birlingers Alemannia 3, 74.

Die flectirt erscheinenden Casus sind Gen. ihtes und Instr. ihtiu (bair. ihteu) gewöhnlich ihte in Verbindung mit den Präposit. an von in mit ze, Mhd. Wb. III, 652. Lexer Wb. I, 1419.

Aus ni mit wiht entstund niwiht nicht etwas, nichts. Formen: niwiht Vorauer Ged. 118, 10. Annol. 132. niweht Fundgr. IL 37, 36. 55, 40. Vorauer Kaiskr. 154,10. Karaj. 4,23. 51, 24. niwit Alex. 4101. 4189. 6196. Eoth 2910. Glaube 229. 1634. -2584. Litan. S. 177. niwet Bened. Pr. 48. MF. 8, 12. Iw. A. 958. 2156. 3468. u. o. Mit Betonung des zweiten Theils newiht Windb. Ps. S. 572. neweht Vorauer Ged. 219, 15^ WvRh. 149, 28. Gewöhnlich mit Umstellung der Negation enwiht Nebenf. inwiht Vorauer Ged. 302, 26. entwiht Mai 39, 21. Wigam. o.; entstellt einmht Alex. 3993. Walth. 27, 14. Trist. 3768. MS. 1, 45\ gGerh. 2467. Pass. K. 88, 62. u. 0.

Aus nie mit wiht bildete sich niewiht nicht irgend etwas, nichts. Die Formen sind sehr mannigfaltig: nieweht

547

Fundgr. IL 16, 7. Bened. Pr. 14. Vorauer Ged. 321, 2. §494. niuweht Fundgr, I, 35. Vorauer Ged. 197, 12. niuwet Iw. E. 2148. Wack. Pr. 4, 5. 13, 27. 18, 21. nuiwet ebd. 1, 70. muwit 3, 113. nuwet Roth. 3652. Floyris 297. Rud. 11,19. Wack. Pr. 3, 47. nuwit Roth. 3151. 3552. Alex. 6209. Ath. A* 59. D. 5. F. 53. Floyris 321. Trier. Egid. o. Glaube 1626. Pilat. 247. 390. 427. Herb. 16682. nüwit köln. Ssp. Prol. nuit Glaube 81. 746. 1594. Wack. Pr. 1, 20. 2, 74. fliehet Wack. Pr. 5, 70. 6, 37. nichit Roth. 599. nieM Wack. Pr. 3, 97. 5, 40. Fundgr. H. 13, 7. 16,. 3 u. o. nieht (: lieht) Parz. 82, 23. 236, 2 u. o. Wigal. 268, 23. 277, 37. me^Roth. 1995. Ath. E. 165. Alex. 4373. Pil. 56. MS. 1, 40*. 68*. Wack. Pr. 8, 47. 18, 18; md. auch nlt zb. Elia. 4405. 8717. Reimbelege § 244. niuht Fundgr. 1. 110, 32. Vorauer Ged. 255, 5. nieuht Vorauer Ged. 221, 6 (schwanken zwischen nieht und niuht). neuht Vorauer Ged. 194, 13. niid Fundgr. n. 133, 5. Wack, Pr. 6, 31. 45, 108. wGast 1877. Iw. A. 7246. Myst. I. 265, 7. IL 12, 3. nüt Kopp 2, 155. Mem. 15. fon nüde M. Himmelf. 10 (Haupt Z. 5, 515). neiht Roth. 513. neit Lac. III, 167. Repg. Cr. o. niht ist die gewöhnliche mhd. Form; häufig ohne Guttural nit, geschwächt net zb. Wack. Pr. 11, 66.

Mit vorgestelltem Genitiv niht es niht Barf. 82, 29. M8. II, 16*. Pass. 61, 32. 121, 64. Myst. IL 539, 17. nichtis nicht Ath. F. 114. nichtes nicht Pass. H. 219, 22. nichtes niet Herb. 14934. nisnicU Henneb. U. II, 113. III, 67. niutsniut Boner 59, 21. niutsiut Habsb. Urb. 138, 12. niutzit Wack. Pr. 68, 288. 69, 103. nützet Wack. Leseb. 1064, 11. 1070, 10. nüt^it Boner D. 59, 21. nützschit Lieders. 127, 28. niuschit Ulm. Urk. I, 250. nüschet Wiener Arch. I. 3, 110. nitASchent Germ. III. 232, 41. nüst Krone P. 1488. u. ö.

Blosser Genitiv ohne folgendes niht kommt seit dem 14. Jh. auf: nihtes Städtekr. IV. 137, 14. nihts Megenb. 61, 24. 176^ 10. u. ö. nihtz Pfeiffer Übgb. 136, 34. 50. nichs Ring 30, 12. nütis Schreiber Tlk. I, 79. nüt^f Schreiber I, 443. Megenb. 196, 28. 210, 23.

35*

548

§494. Die flectirten Casus von niht sind Gen. nihtes, und

Instr. nihtiu (nihteu) abgeschw. nihte in Verbindung mit den Präpos. an bi he von mit ze Mhd. Wb. III, 655. Lexer Wb. II, 83. f.

§495. § 495. Das Adjeetivum l%cl% bildet mit Präfixen unbe-

stimmte Fürwörter. Über die Zusammensetzungen sumdic^ und mannd%ch manneclich § 493.

Mit dem Präfix etes 331) entsteht eteslich, etsUch, etUch: einer und der andere, mancher. Belege der Formen:

etesUch Nib. 2101, 2. MS. 1, öK 68*. 183^ Iw. E. 7178. etis- lieh Herb. 9118. etteslieh Nib. C. 2514. etslieh Parz. 85, 4. 587, 24. Iw. A. 7178. Sei. Tr. 18»>. eczlich Eepg. Cr. 19. etzlich Lac. UI, 478. Harff 3, 27. eytzlich Lac. IH, 742. etelkk Nib. 1012, 1. Iw. ADE. 2687. ettelich Iw. B. 1763. 2687. 7178. Greg. 2253. itUlich Tzschoppe- Stenzel ürk. 522. itthelich Bother 505. etlich Iw. A. 1763. Herb. 4084. eitlich Lac. ni, 478. *

eteslich und eteUch wurden durch vorgestelltes ie, das

sich yerschmolz, verstärkt; so entstunden i et stich ieslick

ietlich. Formbelege :

ietslich Wack. Leseb.* 588, 24. eytslich Ebersbach I, 626. ttesltch Alex. 918. 1114. 3612. 3807. itislich 6691. 6890. itdich MSH. 3, 100». 107». Köditz 12, 22. 44, 32. ytslich Ludw. Kr. 6110. Jungfr. 174. itdich Henneb. U. m, 54. iczlich Cd. Sax. 11. 6, 174. itzleich Suchenw. 25, 22. iesUch Parz. D. 7, 15. 15, 23. Wh. 311, 13. Nib. 1584, 4. islieh Nib. W, 1. Klage 141. Prauend. 8,24. Trist. F. 1750. Leyser Fr. 3, 20. 8, 25. iesleich Snchenw. 5, 13. ideich 24, 147. i etlich Städtekr, IL 250, 1. iedlich Haupt Z. L 124, 260. ieOeich Megenb. 317, 13. iüich Karaj. Frühlingsg. 114, 429. Städtekr. I. 241, 9. Cd. Sai. H. 8, 33. 82. idlich Städtekr. L 2, 16. köhi. Brev. 172.

Durch das Präfix ie vor Hch und gelich entstunden

ielich und ie gelich, mit der Bedeutung jeglich, jeder.

ielich ist nicht häufig: zb. Schreiber U. I, 83. EUs. 1490. köln. Ssp. Prol. ylich HU. I, 880 (Wetterau). eylich Ennen I, 237.

iegelich Milst. 1, 8. 87, 8 u. ö. Alex. 3742. 6999. Iw. AB. 624. 2491. 3372. Herb. 3177. 4083. Pass. K. 12, 45. 35, 33. iechelich Pass. H. 219, 84. 220, 2. iefceZicÄ Pass. H. 43,58. tgdich'RotliAdO. y gelich Lac. m, 1002. ichelich Pass. H. 17, 48. ehelich Höfer 11, 123. eygdich Morant 262. Repg. Cr. Vorr. 11. ey ehelich Lac. HI, 340. iegjiich Nib. 1314, 2. Walth. 21, 27. Flore 4184. Elis. 3498. iedidi Rud. 5, 16. Ath. A. 168. Gudr. 105, 4. yedich Ennen I, 55. Vorbew. 11\ iegleich Suchenw. 94, 38. Megenb. 5, 12. 151, 29 u. ö. iecJdech Lac. HI, 187.

549

edich Eoth. 4725. Lac. HI, 450. ecfdich HI, 187. idich Myst. I. 208, 15. § 495. -234, 33. igleich Suchenw. o.

Unter Einfluss von ietesUch entstund iegeslich, zb. Walth. 20, 12. 31, 10. 83, 29. Parz. G. 15, 23. MS. II, 16^ 560^ iegsleich Megenb. 34, 26. 244, 10. ichslich Leyser Pr. 126, 8. ixlich Nordh. Weist A. 6. ixslich B. 12.

s dl ich, mhd. mit Kürzung des ö soUch solch (Nebenf. selch seih), md. sulich sulch siUch nimmt neben seiner ge- wöhnlichen Bedeutung sobeschaffen sogestalt im Plur. auch die von dieser und jener, manche an, Mhd. Wb. II. 2, 465. sulch stdch, der eine der andere Hagen 1341. sulche die andern^ die einen die andern ebd. 1543. Für solich kommt im 13. S, Jh. mit selber Bedeutung sögetän auf, woraus sich sogtän sochtan socJctän verstümmelt, anderseits sotän soten sutten, Lexer Mhd. Wb. II, 1050.

Ein sehr seltenes Wort ist (al)sö lote, talis, wie lote qualis, in Leysers Pred. 65, 3. 152, 3. Es entspricht dem got. svalaups, hvilaups.

§ 496. Aus den Fragepronominibus und ihren §496. Adverbien ergeben sich durch Präfixe eine Anzahl von Indefiniten.

wer wai2 {wie wanne) werden mit ete, ie, so, neiz {neweiz) zusammengesezt.

et e wer -wajs irgend jemand, etwas: zb. Vorauer Eaiskr. 403, 24. Bari. 80, 12. eUewer Vorauer Kaiskr. 443, 9. Greg. 2339. eUewaz Vorauer Ged. 314, 15. Fundgr. IL 53, 37. Greg. 2296. etwet Angenge 22, 8. etwem ebd. 11, 2. ettwer Greg. A. 2404. etewä, etwa irgendwo, hier und da, etuwa grRud. H. 24 (über Verwechselung mit etwan Lexer Wb. I, 713. ettewenne irgend wann, manchmal, einst Nib. 1356, 4 etwennen : brennen Tund. 47, 24. etwan Leyser Pr. 5, 34.* Henneb. Uk. II, 32. eteswer Trist. 12648. etuswer EilL Tristr. IX, 107. etswer Parz. 86, 8. geiswe Wernh. v. Nrh. 30, 4. eteswaz Walth. 62, 15. etteswaz Wigal. 250. ezwat köln. Ssp. Prol. 143. etzwat Harfif 104, 33. getzuat Marienl. 20, 38. 41, 3. eteswes MS. 1, 178*. etswen Iw. 1826. eteswiu Hartm. B. 1, 472. eteswenne MS. 1, 72'. ettiswenne Ath.

550

§ 496. A. 50. eteswennen : nennen Neith. 30, 28. etswenne Parz- 224, 8. ec0wen Cd. Sax. II. 6, 42. etswar Trist. 12761. etswo : so Pass. H. 167, 95.

iewer irgend jemand: eitver Lac. II, 444 (1257). iewa Fundgr. IL 44, 36. Karaj. 87, 1. iegewä, überall, Glaube 125. Sehr häufig dient die Demonstrativpartikel so, das In- terrogativ in ein Indefinitum zu verwandeln. Ursprünglich trat das Interrogativ zwischen ein demonstratives und ein relatives so: so wer so Gr. III, 44. Graff IV, 1190. f. Dies^ ist auch mhd. im 12. 13. Jh. noch erhalten, nur hat sich das- erste so proclitisch dem wer etc. verschmolzen, zb. stver so, swojsi so, vgl. swe so En. 13172. G. swer so Nib. A. 1729, 3. Glaube 2989. Herb. 12410. swaj^ so Walth. 42, 30. swat sa En. 4271. 4297. swer so der MS. 2, 230». sivie so Nib. 511, 1. swie lief so En. 4267. swie wale so 4270. swar so Trist. 16352. swenne Alex. 4147. Ath. A. 128. Zuweilen erscheint das zweite so am Anfang des Nachsatzes, zb. swer den strit da hüebe, so wcere da geschehen Nib. 1731, 1. swer dich slahe an din wange, so süme dichs niht lange Bari. 104, 5. swie ich nie mere Sifriden habe gesehen, so- wil ich wol gelouben Nib. 87, 2. swenne unfuoge nu ^ergät,^ so sing aber Walth. 48, 19.

Schon bei Otfried und im Tatian, später bei Notker sehr häufig bleibt das relative so weg. In ripuar. Denkmälern des 12. 16. Jh. sind diese so wer, so wat nicht selten, vgl. u. a. so wer Rother 409. 495. u. o. so we Marienl. o. Lac. III,. 60. 187. 278. 496. Ennen I, 45. u. o. Harff 16, 29. Kölner Cronica 197. so waz Roth. 135. so wat Marienl. o. Höfer I, 12. II, 114. Loersch 98. 211. Sei. Tr. 78'. so wes Roth. 1066. Höfer I, 12. Lac. ni, 692. 885. so weme ebd. m, 450. Harff 197,37. so wie Marienl. 121, 36. Ennen I, 101. Lac. III, 339. so wanne Roth. 414. 484. Lac. III, 80. 230. Ennen III, 348. Sei. Tr. 71^. Im übrigen Md. so wie in der ober- deutschen höfischen Sprache ist dafür proclitisch verschmolzenes swer swaz u. s. w. während des 12. Jh. schon häufig, zb. im Grafen Rudolf; im 13. Jh. ist es die Regel. Der entgegen- gesezte Eall, dass das demonstrative so wegbleibt, das relative

551

bewahrt wird, ist sehr selten : vgl. waz so Roth. 3014. wy soe § 496. der Henneb. U. II, 148. Aber wenn nun im 14. Jh. neben dem noch fortlebenden swer swa^ swie n. s. w. blosses wer wae wie n. s. w. mit der Bedeutung „wer was wie irgend" sehr stark sich entwickelt und im 15* Jh. die ältere Form ganz tötet, so wird für die Geschichte dieser Erscheinung jenes wer so nicht bedeutungslos sein. Da sich bereits in der Lobriser, 1314 vollendeten Handschrift der Syon Lamprechts von Regensburg Spuren der Verdrängung des swer finden und in alem. Urkunden und Schriften aus den früheren Jahr- zehnten des 14. Jh. (AGr. S. 298) swer und wer bereits durcheinander stehn, so wird der Beginn des indefiniten wer schon in die zweite Hälfte des 13. Jh. gehören. Für den Übergang des Interrogativs in das Indefinitum beachte man auch die Formel ahd. war enti ivär, passim, Graff IV, 1198 und mhd. unde wä, zb. Trist. 653. 3885 u. sonst. Gegen Ende des 14. Jh. ist der Kampf noch nicht abgeschlossen. In der Luzerner Hs. von Konr. v. Ammenhusen Schachbuch sind wer was wie gewöhnlich, dagegen kommen swes sweli noch einzeln, swenne immer vor (Vetter Mitth. über K. v. A. S. IX).

Seltener ist die Bildung des unbestimmten Pronomens durch präfigirtes neij3 {=newei0): nei^wer, waz, wä, wanne, war, wie, ich weiss nicht wer was wo wann wie = irgend wer was wo wann wie. Schon ahd. vorhanden, finden sich diese Indefinita im 12. 13. Jh. nur bei Dichtem, die zur volksthümlichen Sprache sich unbefangen verhalten; im 14. Jh. breiten sie sich alem. mehr aus: Haupt z. Erec 7990. Mhd. Wb. III, 567. 573. Lexer Wb. II, 44.

Über die späteren alem. Formen: Proben aus dem für d. schweizerdeutsche Idiotikon gesammelten Materiale 25 27.

§ 497. Mit dem Interrogativ weder, uter, gebildet §497. finden sich mhd. folgende Indefinita.

^Mit Präfix deh: de weder einer von beiden, negativ keiner von beiden Gr. III, 40, md. Nebenform diwedir. Mit Syncope dweder Parz. 275, 25. 746, 11. Greg. A. 1960. tweder Frauend. 518, 21. MS. II, 39'. Das Neutrum dient als Disjunctivpartikel deweder oder, deweder noch,

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§497. Verstärkt durch ie: iedeweder, ieteweder GregC A. 1952. iteweder 1945; gewöhnlicher ietwede^- {ietwedir Ath. A. 34. iedweder Fundgr. II. 90, 2. itweder Herb. 13183. Pass. K. 445, 15. ydweder Greg. E. 1960), selten ietsweder Parz. D. 517, 22 jeder von beiden, jeder von mehreren.

Mit Präfix ein: einweder, mhd. nur als Disjunctiv- partikel im Brauch einweder oder MS. II, 185*. Gewöhn- licher ist eindeweder mhd. eintweder, am geläufigsten als Disjunctivpartikel eintweder oder. Dieses eintweder wird zu entweder Glaube 2588. Angenge 4, 74. Parz. 79, 16; md. meist antweder Pass. K. 179, 10. 314, 14. Leyser Pr. 61, 14; mit eingeschobenem s antsweder Myst. I. 23, 16. eniswar Köd. 8, 9.

Mit Präfix ge bildet sich geweder Alex. 4515, gewöhn- lich durch ie verstärkt iegeweder iegweder Alex. 1581. 2561. 3591. iegueder Hildeg. Geb. 62. iquedir Jerosch. 2498. 11706. 20157.

Mit Präfix ie entsteht das obd. und md. häufige ieweder jeder von beiden, seit Ende des 13. Jh. gewöhnlich zu ieder, jeder, zusammengezogen: ieder Suchen w. 20, 195. yder Suchenw. o. ider Elis. 668. Mer Karlm. 363, 44. eider Ennen I, 275. Sei. Tr. 5^

Verschieden von diesem ieder = ieweder ist das für sich sowie vor man und manlich erscheinende ieder: immer der welcher, jeder welcher; immer der Mann, der einzelne Mann : ie der der Parz. 15, 28. ie der man Trist. 5325. MSH. 1, 141^ Elis. 175. 1387. 8717. Lieders. No. 184, 13. 235, 47. ederman Trierer Spiegelb. 272, 20. 282, 20. idermelch Köditz 46, 12.

Mit dem negativen Präfix nih neh: neweder, mit Um- stellung enweder, keiner von beiden; als Disjunctivpartikel neweder noch. Für neweder findet sich schon bei Hartmann und Wolfram, bei Walther und in den Nibelungen blosses weder in selber Bedeutung, Mhd. Wb. III, 545.

Von doppeltem so umfasst, so weder so, ward mit proclit. Verschmelzung sweder so, sweder welcher auch von zwein, welcher immer, erzeugt.

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§ 498. Aus dem Interrogativ welich entstehn durch §498. dieselben Präfixe Indefinita.

deh vor welich gibt de weih, irgend welch, welch immer; es ist selten, zb. Berth. 284, 28. dewilch Harflf 1, 27. diewilch Lac. III, 657. diewylch Harff 3, 32.

ie vor welich gibt iewelh, jeder, md. iwellh Annol. 51. 131. Marienl. 19, 31. iwelh Glaub. 3687. iwel Glaub. 2192. ewdih Hagen 1050. 4855. Lac. II, 532. III, 180. eweligh Ennen I, 11. eywelich Ennen I, 238. Lac. III, 57. 80.

so bei welich, ursprünglich so welih so, mhd. swelh so, zb. Trist. 1340. Das zweite so am Anfang des Nachsatzes zb. Nib. 2091, 1. Walth. 30, 7. Mit voll erhaltenem ersten so: so welich köln. Ssp. I. 2, 1. so uöüich Roth. 666. Ennen I, 24. 398. Lac. III, 80. 516. 678. so willich Loersch 77. so wüch Roth. 2268. so wilgh Lac. III, 717. Die gewöhn- liche Form ist swelh, md. swilh, mit geschwundenem Guttural swel, swil.

7. Fronominaladjeotiy s^p.

§ 499. Ein Pronominaladjectiv, das sich oft den persön- § 499. liehen und demonstrativen Pronominibus sowie Substantiven verstärkend anschliesst, ist selp, gotisch nur in schw. Form silba -ö, ahd. mhd. st. und schw.: a) selp, flect. selber -iu "CT,, b) selbe -e -e.

Im Nom. Voc. Sg. wird die schw. Form vorgezogen, sowol bei selbständiger Stellung, vgl. selbe tcete selbe hcete Berth. 92, 36. selbe tuo selbe habe ebd. 323, 29. rihtet selbe über mich Iw. 2289, als in anlehnender Verbindung, zb. got selbe, der Jcünec selbe ich selbe, er selbe bei Ordinalen vorgestellt selbe dritte. Doch kommt auch st. Form vor: got selber Berth. 358, 39. ich selber Walth. 92, 4. er selber Berth. 358, 12.

Den obliquen Casus des Personalpronomens folgt in der Regel die st. Form, im Gen. wol ausnamslos: min selbes, min selber (auf eine Frau bezogen), sin selbes, iuwer selbes (Höflichkeitsplural) Nib. 1405, 3. Parz. 343, 14. Belege im Mhd. Wb. II. 2, 246. Grimm Gr. IV, 357. Vergl. auch

554

§499. § 471. 473. 475. -- Im Dat. Acc. kommt die schw. Form vor, aber die st. überwiegt.

Nach den Bemonstr. der und diser folgt die schw. Form.

Auffallend sind die im 12. Jh. aufkommenden und allmäh- lich sich ausbreitenden indeclinabeln Genitive selbes {seihest) selber selben. Belege:

selbes: eres selves lif mfrk. Legend. 583. üe ir seibes lande Fundgr. I. 144, 21. mit ir selbes hende Elia. 2359. mit ir (G. PI.) selbes arbeit ebd. 3747. he selbis Eöditz 63, 25. dich sdbis 68, 4. dich selbs Spiegelb. 280, 20. uns selbs ebd. 34. uns selfs (G. PI.) Lac. in, 504. ich selfs Harff 96, 29. sich selffs 29, 21.

selber: vrouwe rihtet selber Trist. 775. sich selber Alex. 7032. vor gote selber Berth. 350, 18. von sich selber Altes Mgb. 8'. von in selber Myst. I. 235, 22. 24. sie (A. Sg. F.) selber Elis. 1776. die vin- sternisse (A. PI.) selber Beheim Matth. 6, 23. selbers: ir selbers (G. Sg.) not Boner 54, 34. von ir selbers (G. PL) toitzen Boner 78, 48.

selben: ich bin selben her komen Leyser Pr. 80, 40. daz wizze got selben 87, 26. ich selben Eath. sp. 55. 359. du seibin 380.

selbes wird seit dem 13. Jh. auch bei dem hinweisenden Localadverbium da zur Verstärkung verwant, zb. da selbes Ludw. Kr. 5353. da seihest Pass. E. 17, 71. 168, 86. Köditz 66, 3. aldd seihest Pass. H. 59, 12. da selhens Henneb. Uk. II, 15 (1333). Cd. Sax. IL 6, 35. da selbins Jerosch. 1142. 22814. Cd. Sax. H. 6, 47. daselbinst (1368) Cd. Sax. II. 6, 33. daselbinst (1395) ebd. 6, 52. In der Folge erhielt selb (seihen, seiht, seihst) auch ohne Verbindung mit da locale und selbst zeitliche Bedeutung: da, dort dann, damals: Schmeller bWb. II«, 263. f. Vilmar hess. Idiot. 382. Wein- hold Dialectforsch. 142.

In Zusammensetzung mit Subst. Adj. Partie. Ordinalien wird stets das endungslose selb- verwant. Auch in inten- siver Selbstcomposition: selheselhe B,ol. 100, 26. MS. 1, 50\ selhselbe Freid. 85, 23. Griesh. Pr. 2, 86.

Vgl. Mhd. Wb. IL 2, 245—247. Weigand Wb.» II, 689 -.693.

selhic mit vortretendem bestimmten Artikel : der diu daz selbige, ist seit dem 14. Jh. in Brauch, Mhd. Wb. IL 2, 248*. Lexer II, 862.

555

B. Das Adjectivum. § 500. Das germanische Adjectivum konnte auf dreifache § 500. Art flectirt werden 1) nach Art der Pronomina (pronominale starke Declination), 2) in Weise der nominalen a- Stämme, 3) in Weise der Nomina in an- (schwache Declination). Die starke und schwache Declination, deren Anwendung sich nach deni Satzverhältnis richtet, sind voll erhalten; die nominale

Declination ist sehr früh verkümmert.

Leo Meyer über die Flexion der Adjectiva im Deutschen. Berlin 1863.

Die pronominale Declination der Adjectiva wird ver- schieden erklärt. Bopp nam die Zusammensetzung des Ad- jectivstamms mit dem Pronominalstamm ja an und verglich dazu die lith. slavische bestimmte Adjectivdeclination, Vergl. Gr. §§ 280—290 und Ebel bei Kuhn Z. V, 304. ff. 356. ff. Dagegen erklärte Holtzmann (Germ. 8, 261 268) die starke

mm

Adjectivdeclination durch übertritt von der adjectivischen m die pronominale Declination unter wesentlicher Einwirkung der Flexionen des Demonstrativum der diu da^. Scherer GdSpr.» 527. ff., Joh. Schmidt (bei Kuhn XIX, 289. f.), Sievers (Paul-Braune Beiträge II, 98 124) und Leskien (die Decli- nation im Slavisch-Lithauischen und Germanischen. Leipz. 1876. S. 130—138) haben diese Auffassung genauer begründet. Die Gegner der Boppschen Erklärung hüben wesentlich hervor, dass das unbestimmte (starke) deutsche Adjectiv unmöglich mit dem bestimmten lith. slav. Adjectiv verglichen werden könne; ferner dass im Lith. Slav. die Verbindung des pro- nominalen Stamms mit dem Adjectivum durch alle Casus ge- schehe, während sie im Germanischen nur in einzelnen Casus (Dat. Acc. Sg. M., Gen. Sg. F., N. A. D. Sg. N., N. PI. M., G. D. PI. M. E. N.) hervortrete. In diesen Casus, zu denen im Hochdeutschen noch der N. Sg. M. kommt, habe das Adjectiv die nominale mit der pronominalen Flexion vertauscht, wie schon im Sanskrit eine Anzahl Adjectiva ganz oder theil- weise zur pronominalen Declination übertraten und wie bei der nahen Beziehung zwischen Pronomen und Adjectivum und der mehrfachen Übereinstimmung zwischen pronominaler und nominaler Declination nahe liege.

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§501. § 501.

Paradigmen der mhd. AdjectiTflexionen.

1. Starke Declination.

Sg. N. blinder hlindu -iu (-e) hlindez

G. blindes blindere -er blindes

D. blindeme -em Mindere -er blindeme -em

A. blinden blinde blindez

PL N. blinde blinde blindu -tu (-e)

G. M. F. N. blindere -er

D. M. F. N. blinden

A. blinde blinde blindu -iu (-e)

2. Nominale Declination, Thema -a.

hli/nt unverändert durch alle Geschlechter und Casus im Sg. wie im PL

küene

grd

3. Nominale schwache Declination, Thema -n-.

Sg. N. blinde blinde blinde hol hol hol

G. blinden blinden blinden holn holn holn

und so fort durch alle Formen, mit Ausname des A. Sg. N. blinde, hoL

Starke pronominale Declination. §602. § 502. An den starken Adjectiven wird die Syncope

und Apocope des e der Endungen im allgemeinen nach der Regel vollzogen; indessen zeigen auch gute Hss. viele Ab- weichungen namentlich bei den Adjectiven mit liquidem Suffix. Nach der Regel ergeben sich folgende Formen

Sg. grober -iu -ez Sg. holr holiu holz PL hol hol holiu

wie blint 501) hols hoHre hois holre

holme holre holme holn

holn hol holz hol hol holiu

Sg. bar bariu barz bars barre bars und so fort wie hol, mit Ausname des G. PL barre.

ebner ebniu ebnez eigenr eigeniu eigenz

ebnes ebner ebnes eigens eigenre eigens

ebnem ebner ebnem eigenme eigenre eigenme

u. s. w. eigeme eigeme

eigen eigen eigenz u. s. w.

557

michelr micheliu michelz magerer mageriu magerez §502^

michels michelre michels mageres magerre mageres

u. 8. w. u. 8. w.

heiter (-errej heiteriu heiterz

heiters heiterre heiters

heiterme heiterre heiterme

heitern heiter heiterz

u. 8. w.

Wie mager und heiter werden die Comparative flectirt zb. michelrer, beisiserre, ebenso die Pronomina weder ietweder u. 8. w.

§ 503. Die Adjectiva in -ja sind mhd. reichlich vor- §503^ banden; wenn sie ohne pronominale Flexion sind, gleichen sie im Nom. Sg. den schwachen Adjectiven durch das gleich- massige e, das auch der Apocope nach kurzer Wurzel in Liquida verfallt zb. mare mcere mcere, gir gir gir. Kennt- lich sind sie in vielen Fällen durch den Umlaut des Wurzel- vocals, zb.:

gahe, räche, trcege, W(ßge, gcehe, ncsihe, rahe, spähe, sm<ßhe, wcehe, zähe, htde, gevueme, gerame, gezame, seltsuBne, arcwane, -bare, abehcere, übergäre, geveere, liere, meere, sw\sre, geware, drate, durhgrcste, mein" rcste, spate, gem^eze. edele, vrevele, gestdle, vremde, eilende, behende, unwende, senfte, enge, genge, strenge, gelenke, uberswenke, tenke, biderbe, scherpfe, herte, merke, Oberleste, veste, wehse, rösche. oede, bloede, broede, snaede, hoene, schoene, boese, genoete, vlücke, dünne, dürre, mürwe, nütze, viuhte, gehiure, tiure, hinsehe, niuwe, trüebe, müede, gevüege, ungestüeme, gruene, küene, tßüeste, einmüete, süeze,

Eigenthümlich diesen Adjectiven in -ja ist, dass sie im Nom. Sg. Fl. das Stammsuffix nicht selten ganz abwerfen und dann ohne jede Endung stehn. So steht gäh häufig neben gaehe, besonders in prädicativer Verbindung mit sin und werden; -hcere neben -här; wcere ist nur Nebenform des über- wiegend gebrauchten war; näh ist die übliche mhd. Form geworden, neehe sehr selten Mhd. Wb. II. 1, 283. 293; träc (Ath. B. 134) konmit neben trcege vor; swär ist besonder» prädicativ ziemlich häufig, steht aber swcere nach; zach be- gegnet zuweilen im 12. Jh.; hart ist seltener als herte, in den Fersonennamen aber herscht es; va^t ist md. beliebt; lanc ist gewöhnlich, lenge selten ; sanft erscheint nur einzeln

558

§503. neben dem gewöhnlichen senfte; scharpf scharf überwiegt scherpfe, ebenso bereit durchaus das seltenere bereite, her rieh gris wis erscheinen attributiv und prädicativ und als zweite Theile von Compositis neben here riche grise wise; milt neben milte^ gemein neben gemeine y ^ier neben JSfiere sind nicht häufig. Von den übrigen gehn mir sichere Belege ab, manche dieser Adjectiva scheinen den Abstoss des Suffixes überhaupt nicht zu vollziehen.

Die Flexion der Adjectiva in -ja ebenso wie die der Adj. in 'Wa erfolgt ganz nach dem Satzverhältnis wie bei den übrigen Adjectiven. Es stehn also meerer -iu -ez, mcere mtere niare gräwer -iu -ez, grdwe grdwe gräwe, grä

je nach Umständen, § 508. ff.

§504. § 504. Zu den einzelnen Casus der starken pronomi-

nalen Declination des Adj. ist folgendes zu bemerken:

Sg. Nom. Mas c. Die Endung -er, längst der ahd. noch nachweisbaren Länge (-^) verlustig, hat die mundartlichen Ifebenf. -ir und obd. auch -ar. Von ^ar verhallt das r zu- weilen ganz, zb. wela, üssra^ AGrr. § 423. Nach Liquida kann Metathesis des -er eintreten, vgl. welre (= welher), eddre, jenre, einre, anderre. Diese Umstellung zeigt sich an den Comparativen in Verbindung mit Abstoss der Nominativ- flexion zb. mirre, tinrre. Fe hl Die Endung -w erscheint noch im 12. Jh., und obd. auch noch später, zb. wihu Denkm. 61, 19. bitteristu Friedb. Kr. J. 1, 5. braitu Vor.Kaiskr. 16, 26. unfi/rtragenlichu Wack. Pr. 1, 18. halbu 100. muodu hun-- gerigu (14. Jh.) ebd. 56, 462. f. cdlo Sachsenhein Mörin 3097.

Die gewöhnliche Endung ist -iu, bair. -eu seit 12. Jh. BG-r. 8. 383. Das iu wird aber auch früh zu e geschwächt, welches mundartlich in i und a spielt: di werlt eile (mit Umlaut) Glaube 2506. 2853. ire vil reine tugent gr. Rud. 26, 17. dtne Marienl. 12, 4. sine ebd. 17, 29. nidere Walth. A. 47, 5 (B. nideriu), alle sine tat Amis 2505. deheine (: algemeine) Lampr. Syon 1530. himilschi Annol. 520. niwi Wack. Pr. 3, 77. liebi MSA. 262, 1. elichi Schreiber Urk. I, 444.

necheina mina dina Denkm. 82, 39. 40. Hildeg. Geb.

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23. 24. solicha Mem. 23. In al und ander lautet -iw den § 504. Wurzel vocal nicht selten um, zb. elliu Wernh. Mar. 156, 37. elliu ellu ilolandsl. P. A. häufig (W. Grimm VI. XIX). elliu Nib. C. 3220. Griesh. Denkm. 43. enderiu Parz. D. 313, 28.

N e u tr. Die Endung ist ^e^, obd. und besonders md. gern zu -iz erhöht, alem. im 14. 15. Jh. auch in -ais spielend, AGr. S. 470. Unverschobenes -et ist dem Ripuarischen bei al, ein, ander, se?/* gesichert: allet Marienl. 47, 28. Hagen 1373. u. ö. Limburg. Pred. 4^ Lac. III, 187. Ennen III, 169. Loersch 98. Harff immer, allit Ernst A. 1, 6. Eepg. Cr. 26. Lac. III, 247. 561. (üt Lac. III, 220. eynt Harff 239, 33.

ändert Hagen 229. dat seift Lac. III, 261. Vgl. ausserdem allet Höfer I, 12 (Sayn 1283). II, 103 (1325. Münstermeinfeld), ändert Höfer II, 93 (1324. Moselland), wo Grenzformen angenommen werden können, während armet Germ. IIL 401, 30. vülit ebd. 35 einem niederländischen Schreiber zufallen mögen.

§ 505. Gen. M. N . -es, mundartlich -is (alem. auch ils § 505. geschrieben), obd. auch -as, BGr. S. 383. G. E. -ere, im 13. 14. Jh. gewöhnlich -er, nach l n r in der Regel -re (Syncope und Bewahrung der vollen Endung): alre edelre, minre einre, irre wärre swcerre merre anderre bitterre. Dies Gesetz gilt für Obd. Md. und wie Cosijn oTer de ver- buiging van het dietsche Adjectif (Taal- en Letterbode VI, 148. ff.) nachwies, auch für das Mnl. Der Dat F. ist for- mal dem Gen. durchaus gleich.

Dat. M. N. -eme ist bei langer Wurzelsilbe im 13. Jh. oft noch erhalten, zb. groeeme, mitteme, nach l n r in der Regel syncopirt, wobei Assimilation des n und daraus folgende Vernichtung gewöhnlich erfolgt : zb. alme edelme, minme einme getänme offenme eigenme gebundenme : mime eime getäme offeme u. s. w., sw^erme irme unserme: Neben diesen Formen eineme eime wird aber auch einem, gebundem (mit üf ge- bundem keime Nib. 2108, 2) u. s. w. gebraucht. Syncope nach andern Consonanten als l n r ist gegen die Regel: engme, altme, grozme, mehtigme u. dgl. sind also nicht in der Ordnung.

560

§505. Das m der Dativflexion giesg in nachlässiger Rede des

Tages in n über, das sich schon im 12. Jh. in Hss. bemerk- lich macht und obd. wie md. Schreibern oft entschlüpft ; selbst in den Reim drängte dieses n sich ein:

Obd. Belege: werden man Engelh. 43. von liehen manne Parz. D. 172, 24. Freid. 165, 16. munigen man Freid. Ae. 68, 17. ungevarnen man Parz. D. 144, 22. bi lieben man MS. 1, 182^. mit gemeinen rate Nib. C. 217, 1. mit herlichen site Nib. A. 856, 1. mit senften muote Greg. Eg. 1072. in ml grimmen muote Nib. C. 116, 1. von seregen muote Vorauer Ged. 9, 15. mit wüligen muote Greg. A. 2582. mit reinen Witten Eonr. Silv. 124. von lieben ougenblicke Klage ABG. 1419. von 8wac?ien sämen Freid. C. 144, 22. ein : mevn Otack. c. 8. Sinen reht MS. 2, 260»». von minnedichen wibe Tit G. 3, 3. vgl. BGr. S. 384. W. Grimm z. Freid. 165, 16. Mitteid. Belege: gote almahtigen Lorscher B. 1. an drmogon möde mfrk. Legend. 276. mit trurigen mute Bad. 24, 24. mit scönin bühurde Ath. D. 125. mit manigin senftin gruoee ebd. 98. von spiegilbrtmin stcUe ebd. B. 57. under sinen man Both. 2782. a/n sulhen anlaze Pilat. 18. einen Alex. 1456. 1675. 2597. 2735. 3257. minen gote ebd. 5382. an allen sinen Übe 4217. zeinen guten knehte 2597. mit michden sinne 6159. mit üweren venre Litan. S. 404. bi unsin heuere ebd. 635. in sinen scöze 637. an einen (:besceinen) En. 4193. von edeln marmelsteine Herb. 470. sinen munde ebd. 15065. an mime sune dinen man Elis. 4797 (vgl. Eieger Elisab. S. 39). bit gesunden live Höfer I, 12. eynen manne Bepg. Cr. 31. eynen bürgere Lac. ÜI, 180. mit guden winde Harff 76, 28. dinen Jcinde Litan. S. 304. an dem orte ietwedirin (: vedirin) Ath. D. 144. von bemischvn gold ebd. B. 27. mit rötgebrantin golde Ath. D. 98. in allen den gebere Alex. 5512. Glaube 2307. von edelen gesteine Alex. 6705. von minen gesinde 5546. mit susgetänen urbote ebd. 6358. von kranken gevdle Pilat. 267. sinin unbe Germ. 17, 353. ce einin wäreeichine ebd. 354. <ülen natürlichen vorstentnisse Myst. I. 228, 9. mit unsin ingesegü (1328) Cd. Sil. IX» 235. Vgl. auch W. Grimm Eoseng. LXXXTV.

Aus diesen Belegen ergibt sich, dass die Dative Sg. M. N. in -en obd. wie md. begegnen, und keine niederfränkische Eigenthümlichkeit sind, wie Cosijn auf Grund des ältesten Vorkommens derselben in den Psalmen und wegen der Her- schaft; des Dat. in -en im Mnl. aussprach, Oudnederl. Psalm» 8. 15. 17. Kinzel in Zachers Z. f. d. Phil.XI, 74. f. nimmt in allen diesen Fällen Vertretung des Dativs durch den Accu- sativ an.

561

Wir haben hier ferner noch einen Dativ Sg. M. F. N. §505. in -e zu erwähnen, der schon früh in md. Denkmälern tiir die st. Endung erscheint:

Masc. gote cUmahtige schon Würzb. Beichte 8 (Denkm. 76, 31). mir arme (:arme) Pass. K. 301, 69. mir arme prister Rückert Entw. 244.

Fem. in einer guldine tavelin Annol. 262. meiner erste messe Rückert Entw. 244.

Neutr. von starke gewidere Alex. 6705 Massm. mir vil arme imve Marienl. 32, 38. in weseltche löne Myst. I. 208, 19. zu eine gezüge und zu eine Urkunde Cd. Sax. n. 6, 6 (1306).

Zur Erklärung dieser Dative in -e, die schon in den alt- niederl. Psalmen (2, 12 fan wege rehta) und in den Bruch- stücken eines fränk. Gesprächbüchleins {jse tine rugge 66, gueliche lande 20, in ore bette 62) auftreten, ist von Cosijn Oudnederl. Ps. 46 der Instrumental herbeigezogen worden. Eückert Entw. 244 sah darin schwache Endungen, die durch ausgefallenes n undeutlich geworden seien. Ich habe (Bruchst. eines fränk. Gesprächb. S. 23) zwar auch Abfall eines -w ange- nommen, aber die dem -e vorausgegangene Form -en nicht für die schwache Flexion erklärt, sondern für ew = em, S. 560, welcher Ansicht auch W. Grimm Altd. Gespräche 1, 20 unter Hinweis auf die fries. Dative in -e, die J. Grimm Gr. I*, 736 als durch Apocope von -m entstanden deutete, zu sein schien. Die weiblichen Dat. in -e müsten dann durch Formübertragung sich erklären, wenn man nicht Abfall des -r § 214 annimmt. An einen Kest der alten nominal-vocalischen Declination hier zu denken, ist wol nicht erlaubt.

§ 506. Acc. Sg. M. -en, Nbf. obd. und md. -iw, obd. §606. -an. Nach l n r geschieht zuweilen Umstellung der Endung : edelne, einne, gehundenne, andirne. Die flexionslosen Formen zb. ein mm dm gehören zu der nominalen Declination. Eine Spur des rheinischen Accusativs (= Nom.) taucht Hohen- burger Hohesl. 130, 23 auf: do isöch er siner arm widere.

A. F. -e, mundartliche Nebenformen -i, -a. Zuweilen findet sich im Obd. Übertragung der Nominativendung auf den weiblichen Accusativ (alem. -iu, -w, bair. eu) AGr. 8. 472.

Wein hold, mittelhochd. Oramm. 9. Aufl. 36

562

§506. BGrr. S. 384, wie umgekehrt das nominative iu durch e be- einträchtigt ward. Acc. N. flectirt wie Nom.

Instrum. Neutr. ist nur erhalten in alle : in cHle, mit cUle, bet alle, von alle Mhd. Wb. I, 19. f. Die ältere Endung zeigt sich noch zuweilen, vgl. in elliu diu Fundgr. IL 55, 31. f. in alleu Mon. boica XXXV. 2, 262. mit elleu deu Klosterneub. Urk. 59.

§607. § 507. Nom. PI. M. F. -e, mundartliche obd. md.

Nebenf. -i, obd. auch -a. Zuweilen drängt sich für e alem. iUy ü, bair. eu ein, AGr. § 424. BGr. § 369.

Neutr. 'iu, bair. -eu, im 11. 12. Jh. -u (zb. heidu Friedb. Kr. G. 1, 15. smu wunderlihu Physiol. 1, 17. 19. Acc. neheinu, suntlichu Friedb. Kr. C. 2, 3. menigu Vorauer Ged. 344, 25. ediluu 102, 8. Dialectlich erscheint dieses u noch im 15. Jh., vgl. allu Sachsenh. Mörin 2042. bedu 5817. 5998. In al und ander wirkt die Flexion durch ihren i-Gehalt zuweilen Umlaut: elliu, enderiu; auch ältü, gäntzü weisen alem. Quellen auf, AGr. a. a. 0. Nicht selten schwächt sich aber die Flexion iu, ^ zu e ab; es tritt dies namentlich in md. Schriften schon sehr früh ein.

N 0 m. hevige Paris. Virgilgl. 775. selige Amst. Ml. 7, 10. so ge- dorne liude mfrk. Legend. 87. sumeltche uveldedige liude 468. alle andere Alex. 143. jämerltche 3202. aUe mtne jär Walth. C. 124, 1. Acc. ideHe Psalm. 2, 1 (gewöhnlich a). geherstide Paris. Virgilgl. 745. uvüe liude mfrk. Legend. 42. lugeliche thing 45. aUe werdtUche thing 439. gröze tnartiria 458. aUe cnechische lant Alex. 346. itesltche dinc 2326. alle mine dinc Both. 2251. romiske hüs Yorauer Eaiskr. 221, 10. beide :heide Walth. 39, 15. alle sine dinc Trist. H. J. 701. mihhüi mezssir Annol. 336. alle wunder Elis. 1405. sine kni 695. Im 14. Jh. ist dies e md. Eegel.

Gen. M. F. N. -ere, mit Apocope -er, nach l n r mit Syncope -re. Mundartliche Färbungen sind -ir und -ri: alri Wackem. Leseb.* 260, 27. iuwerri Bened. Pr. 64).

Dat. M. F. N. -en, mundartl. -in, seltener -an, -an: BGr. § 369. AGr. S. 474. Apocope des n : mit den sini Annol. 387. in alle unsern landin Cd. Sax. II. 6, 55.

Acc. flectirt wie Nom.

563

Nominal-Yocalische Declination.

§ 508. In dem Nom. Sg. und PL, seltener in den übrigen § 508.

Casus, steht das Adjectiv in attributiver und besonders in

prädicativer Stellung nicht selten ohne Flexion. Es sind

darin die Reste der alten vocalisch-nominalen Declination der

Adjectiva zu erblicken. Die Flexionslosigkeit in den Casus

ausser dem Nom. 8g. M. N. und Nom. Acc. PL N. muss auf

Übertragung dieser auch im Subst. der Flexion .früh ledig ge-

i/vordenen Formen auf die andern Casus geschrieben werden. J. Grimm Gr. IV, 460 508 hat unter dem Titel Weggeworfene «tarke Flexion über diese Erscheinung gehandelt, 480—496 über die mhd. Fälle im besondem.

Vor den Adjectiven sind die Possessiva, ferner weder, welich, und dl, ander, ein, manec besonders zu betrachten.

min, din, sin sind als vorausgestellte Attribute im Nom. Sg. fast durchaus flexionslos, ebenso im Acc. Sg. Der Nom. Acc. PL kommt seltener ohne Endung vor, der Gen. Dat. nie. Die nachgestellten attribut. Possessiva sind gewöhnlich in allen Casus flexionslos. Gr. IV, 480. f.

unser, iuwer, weder, weih stehn im Nom. Sg. M. N. meist unflectirt; auch im Acc. 8g. und Nom. Acc. PL kommen sie ohne Flexion vor.

al kann vor dem bestimmten Artikel oder vor einem Possessivum in allen Casus unflectirt gebraucht werden, vgl. ul ir muot Iw. 3807. al iuwer arbeit ebd. 6010. al die ere 5442. über al daz lant 3700. in al der wUe Parz. 633, 2. ul der frouwen scMn 561, 14. in al den landen 556, 10. al sine sinne Trist. 938. Neben diesem unflectirten al tritt erweitertes unflectirtes alle auf: zalle ten sUen Hohenb. HohesL 144, 18. alle heilige man (N. Sg.) Trebn. Ps. 31, 6. alle der erdin ebd. 46, 8. alle den tac 31, 3. vgl. Pieitsch Trebn. Psalmen XCII. f.

ander kann in allen Casus ohne Flexion stehn, zb. manec ander schoeniu vrouwe Trist. 645. ander manegen man Nib. 479, 2. ein ander (A. Sg. N.) : Alexander Alex. 805. ein ander (A. Sg. F.) Berth. 318, 14. mit ander siner vrümeheit Iw. 2098. in ander hünege lant Nib. 28, 3. mit

36*

564

§508. ander ir gesellen Rol. 83, 1. mit ander pilgermen Elia. 4595. ander decke (A. PI.) Trist. 667.

ein ist als unbestimmter Artikel im Nom. Sg. M. F. N.,. ferner im Acc. Sg. N. immer, im Acc. M. F. sehr oft flexionslos. Der Gen. und Dat. werden stets flectirt.

manec steht sowol als Attribut wie als Pronominal- adjectiv im Nom. Sg. M. F. N. nicht selten unflectirt, Mhd. Wb. II. 1, 58. Lachmann z. Iw. 251. Belege für Gen. Sg. manec wibes Parz. 3, 11. manec orses Parz. 379, 20; für Dat. Sg. manic man Roth. 2776; fär Acc. Sg. M. F. einige Belege bei Amelung zu Ortnit 308, 1; für Acc. Sg. N. vil manec wehselmcere Iw. 6076.

§509. § 509. Bei den eigentlichen Adjectiven ist die flexions'

lose Form yam häufigsten im Nom. Sg. M. F. N., femer im Acc. Sg. N. Es ist daran za erinnern, dass die pronominale Endung des Nom. Sg. M. überhaupt nur dem Hochd. eigen ist und dass die pronominale Flexion des Nom. Acc. Sg. N. nur das Gotische mit dem Hochd. theilt. Die folgenden Belege zeigen die flexionslosen Formen in den verschie- denen vorkommenden Fällen.

a) Attributives Adjectiv.

Flexionslos vor dem Substantiv, ohne Artikel.

Nom. Sg. M. giiot man Walth. 44, 10. gröz genöz Bari. 375, 26- gröz jämer Parz. 127, 10. reht rihtere Eol. 23, 10. valsch geloube Lampr. Syon 1319. reht gdotibe B&il, 354, 32. michel zorn Vorauer Ged. 14, 16.' michel gedranc Nib. 594, 4. salic man MF. 179, 12. grüen Tele stoübec sant Parz. 679, 28. war mensche und war got Pass. H. 15, 48. uwreht gewalt Berth. 89, 13. geschaffen sin Haupt Z. JX, 30. F. mekel richeit En. 12982. guot geseUeschafl Iw. 5110. gröz vekte Roth. 1704. gröz seelde Parz. 545, 8. gröz müede 142, 9. höh pure 292, 30. reht witze Bari. 239, 27. michel höhvart Vorauer Ged. 15, 10. michel früntscaft Eol. 115, 4. michel vreude Nib. 596, 3. uhü weide Alex. 2463. werltlich ere Warnung 2867. mplich güete Ulr. Wh. 3739. roemisch kröne Wilh. 434, 11. N. guot gedinge MF. 18, 20. guot mp Parz. 740, 30. guot wort Eabenschl. 7, 5. snel ors Parz. 292, 30. gröz zeichen mfrk. Legend. 682. michel guot Amis 1591. getriuwer toip Kl. 417. sidtn hemde Nib. 1792, 2. riuwic herze Walth. 76, 33 (die Adj. in 'ic sind mit einziger Ansname von 94, 39 bei Walther im Nom. Sg. immer flexionslos), schoene ivip MSH. I, 309b. grüene griMs

565

MF. 90, 32. boese unkrut Walth. 103, 21. edde gesteine Alex. 6302. § 509. vamde guot Walth. 8, 14. rieh gewant Iw. 3Ö93.

Voc. Sg. M. guot man Greg. 2895. guot ritter Krone 4570. trut ^un Orend. 383. 699. Trist. 3958. trut geselle Iw. 1471. trut geselle inin Heinzel. ML. 1775. gröz gebure Greg. 2619. sailic habest Silv. 1406. SiBlie herre Engelh. 1290. unsailic man MF. 160, 3. gnadic tmde gewaltic got Kindh. 67, 1. edel Tcunic Herb. 2294. edel toigant El. 876. F. edd marcgrävin Kl. 1523. edel vrouwe guot Kabenschl. 129, 2. 1^. guot swert Kl. 847. trut gespü MF. 98, 37. liep salic ^p Krone 26602. schöne wiph Eoth. 2402.

Acc. Sg. M. gut gewin Herb. 4018. rot schüt Parz. 211, ^9. heidensch orden 13, 28. tezzer schüt Nib. C. J. 1640, 2. tu^/entlicher -vrouwen lip Kl. 31. F. gröz ere Kol. 74, 13. Parz. 13, 7. gröz unmuoze Iw. 5208. gröz pine Lampr. Fr. 2572. höh art Wh. 346, 2. ■michd arbeit Iw. 5565. toenic ere Nib. 591, 1. bezzer tugent Roth. 2265. an schütlich vart Tit. 147, 4. N. guot 7ml Iw. 596. kalt toazzer liampr. Fr. 2141. herlich gemüte Rol. 67, 11. künftec guot Lampr. Fr. 2026. geverwet här MSR 1, 309^. durh michel wcdtgeveUe Iw. 3836. in eunc leben Wack. Pr. 70, 21.

Gen. Sg. M. unverzaget mannen Parz. 1, 5. unrecht tödes Baxihaenh. Mörin 1104. N. snewec bluotes Parz. 296, 3. unverwonnen einich rechts Lac. HI, 683 (1383).

Dat. Sg. N. von roemisch lant Babenschl. 18, 4. rein erz Sachsenh. Tempel 34. '

N. PL M. so üzerkoren helde Rol. 8, 7. N. edel hinder Ulr. Wh. 1644.

Gen. PL guot frouwen MF. 14, 19. vil heimlich bund Sachsenh. Mör. 4096.

Dat. PL mit guJMn nagelen Tit, 141, 4. mit toenec liuten Parz. 700, 26. von heidnisch landen Sachsenh. Mör. 4907.

Acc. PL M. rilemic man Walth. 66, 20. bezzer vriunde Nib. 1342, 4. küener degene 2037, 4. wipltch site Lampr. Fr. 4320. an sumdich rime Reinh. 2258. ~ F. blanc hende Tit. 156, 2. N. starch gewerche Alex. 1052. schoene mp Walth. 50, 6. niwe mcsre Nib. BC; 88, 1. ^choener büde Trist. 6695.

Beispiele der Behandlung mehrerer attrib. Adjectiva:

Yoc. Sg. junc süezer man Parz. 47, 6. junc vlcetic süezer man 141,5. Dat. Sg. üz röt getriutcem munde Ulr. Wilh. 1133. Nom. Sg. N. zomec eUenhaftez her Parz. 182, 24. .— Acc. Sg. N. vür aUez hdlisch ungemach Ulr. Wh. 3467. Gen. PL werHlich unde tumber Mte Lampr. Fr. 686. Acc. PL M. er bat die tumben tmde msen, guot und unguot Lampr. Franz. 3260.

566

§610. § 510.

Flexionsloses attributives Adjectiv nachPronominibus*

a) nach dem Personalpronomen, zb.

Nom. Sg. M. ich arm und du rtche Wh. 1, 18. ich unwirdich prtster, ich unwirdich man Marienl. 39, 25. N. PL N. «i 8€Eilic wip WvRh. 216, 8. Voc. PL ir guot Hute St. Pauler Pred. 10, 9.

b) nach possessiv. Genit. des Personalpron., zb.

Nom. Sg. M. ir edel lip Ernst B. 236. N. Sg. F. ir reine minne Partonop. 9500. Dat. Sg. F. in ir eigen veste Ernst B. 2991. D. Sg. N. von ir lieht antlüte Mart. 7,21. Acc. Sg. N. ir gröz eUen Hol. 211, 19. Nom. PL N. ir lütir augin Ath. A* 14.

c) nach Possessivpron., zb.

Nom. Sg. M. sin gut spiez Rol. 198, 24. N. Sg. F. din einte drtvalt unitas Bari. 1, 24. N. Sg. N. sin menlich eUen Ulr. Wh. 3710. Dat. Sg. F. mit iuwer gröz unvuoge Nib. C. 618, 3. Acc. Sg. F. in sin alt släßamer Sei. Tr. 184*. A. Sg. N. min schoene unp Iw. 3993. sin gar edel swert Partonop. 12580. durh unser ewie leben Ulr. Wh. 3462. sin snevar tcesterhemde 3567.

d) nach Demonstrativen, zb.

Nom. Sg. N. so schoene wip MSH. 1, 281». —Acc Sg. N. diz Imsam büide Eaiskr. 832. ditz ungesalzen maz Iw. 3906. Nom. PL M. dis guot gesellen Sachsenh. Mörin 2839.

§611. § 511.

Flexionsloses Adjectiv nach dem unbestimmten

ArtikeL

Nom. Sg. M. ein alt herzöge Both. 556. ein war gotis holde Tr. Egid. 688. ein war hdt Bad. 20, 21. ein gut kneht Bol. 82, 18. ein guot säme Yorauer Ged. 11, 20. ein guot gewin MF. 154, 16. ein wert hrutegum Ath. G* 48. ein starch man Bol. 98, 23. ein stoaeh sin Parz. 524, 23. ein gröz marterare Lampr. Fr. 3803. ein wöl gemuot man Iw. 5786. ein vrö man Germ. 17, 348. ein vul holzaphd Myst. I. 171, 30. ein gröz meisterphaffe Mem. 8. ein niuweoaUen sne Mart. 143, 54. ein frumich man Alex. 182. ein grimmic man Nib. 1736, 3. ein salec man Iw. 3969. ein ledic man Berth. I. 318, 1. ein vomeme man Alex. 200. ein kiiene spüman Nib. 1416, 1. ein wtse man Parz. 102, 1. ein tugentlich herzöge Bol. 34, 18. ein minneclich anüiitzes schin Parz. 186, 17. ein edel man Nib. 14, 3. Engelh. 270. ein blöz toiser Parz. 161, 19. ein getoiht hischof Berth. I. 300, 2. Nom. F. ein gröz höhzit Bari. 352, 15. ein michd tumpheit Alex. 6518. ein michel diet Iw. 1488. ein iibel vart Beinh. 1212. ein übel höheit Nib. 2056, 4. ein guldin cröne Alph. 193, 3. ein offen Sünderin Berth. I. 569, 19. ein hövesch magt Iw. 1417. ein gut frowe Eöditz 77, 17. ein erliek

567

maget Earaj. 21, 9. ein heimlich kemenäte Iw. 5606. ein zärtlich §511. zuhtegunge Bari. 379, 39. ein unergetzet not Ulr. Wh. 1168. ein ge- blüemei wise K. Silv. 495. Nom. Acc. N. ein vrö gemüte Rud. 25, 12. ein Stare sper Ath. B. 98. ein gröz dinc Ath. D. 28. ein steinhart gemüte Fass. H. 33, 87. ein genuoc tttrnieren MS. 2, 124^. ein michel tounder Alph. 163, 2. ein edel herze E. Silv. 24. ein guldin vingerlin Mb. 627, 3. ein heidenisch buch Myst. I. 210, 17. ein wenic twirgelin Alex. 2955. ein gut wif mfr. Legend. 5. ein ssinnic unp MF. 153, 24. ein Mint toip Lampr. Fr. 4540. ein scheddich slöz Berth. I. 570, 24. ein schoene ros Rud. 9, 2. ein schoene magedin Nib. 2, 1. ein veste hüs Reinh. 1683. ein kleine fröudelin Walth. 52, 21. ein niuwe hp Walth. 64, 25. ein ziere (C. zier AB) wäfen Nib. 892, 3. ein angestb€ere dinc trEr. 14150. ein minnende mp Greg. 704. über ein weich här Ath. C* 86. an ein schoene wip MF. 99, 37. an ein grüene grcts Reinh. 715.

Bei mehreren Attributen erscheint die Flexions- losigkeit an einem oder auch an allen:

ein stolz werder man Farz. 102, 1. ein alt virwizzer man Rol. 68, 6. ein betrüebeter alt mensche Mechtild. fl. L. 222. ein wer diu windisch diet Parz. 496, 17. ein schoeniu icolgezieret heide Walth. 21, 4. ein underwebin brun samit Ath. E. 110. ein gröz dar spiegel Schoneb. 6872. ein reine wise saelic tcip MF. 153, 3. ein iedich scelec unp Parz. 660, 23. ein küene verwegen gemüete Mem. 14. ein heüic geistlich leben Myst. I. 236, 14.

Zuweilen wird der unbestimmte Artikel zwischen

Attribut und Substantiv gesezt:

ellenthaft ein man Parz. 296, 22. höfsch mit zuhten u)is ein man ebd. 825, 8. lones rieh ein man MGraon 306. unnutze lebende ein man Trist. 999. wert wolgemuot ein man Ulr. Wh. 2293. lieht ein spiegel MS. 2, 96*. vne reine ein nam MF. 165, 21. so nähe gende ein swcsre Trist. 918. valsch lügelich ein mare Parz. 338, 17. aus körnende ein wip ebd. 192, 7. reine gemuot ein wip Ulr. Wh. 2294. vjie trüredich ein leben Trist. 2009. wie onrecht ein Ion £n. 10665.

Wir erwähnen femer des flexionslosen Vocativs de» attributiven Adjectivs. Der Vocativ des Subst. wird durch Verbindung mit dem unbestimmten Artikel aus der zweiten in eine unbestimmte dritte Person im Höflichkeitsstyl (vgl. Er^ Sie für Du) verrückt, zb. willejcommen Günther ein helt Ü0^ Burgonde lawt Nib. A. 2299, 3. genäde, ein Jcüneginne Walth. 118, 29. Er kann natürlich auch mit einem Attribut bekleidet werden:

568

§511. 8t wiUekomen her Sifrit, ein edel rtter guot Nib. 291, 3. meister

Ise, ein vischer her und toise Orend. 660. 2198. ach genäde, ein stslic mp MS. 1, 200'. ach genäde, ein süeze frouwe min 201». gnade ein edd hunigtn Salman 100, 2. Flectirt: ach genäde, ein suezer Zip MS. 1, 201a. lache ein rösevanoer munt 1, 10^. daz bedenke, ein schoenez mp 2, 183*».

§512. . § 512. Das flexionslose attributive Adjectiv steht nach dem bestimmten Artikel.

a) es steht ohne Substantiv:

Nom. Sg. M. der höhgemuot : guot MS. 2, 38'. der reine wolgemuot : guot Ulr. Wh. 3521. der ungemuot : tuot Alph. 242, 3. der süeze alles wandeis vrt:ln Engelh. 2484. der sorgen rieh der vrouden fear Haupt Z. XIX. 162, 107. der wolgeporn der auzerkom der wölvermezzen der wolgeräten der tmversprochen der wolversunnen Suchenw. Eoberstein 3, 44. N. Sg. F. diu liehtgemal : Parziväl Parz. 619, 9. diu suoze gemuot:guot Ulr. Wh. 4014. diu minneclich : dich lieders. 2, 211.

N. Sg. N. Haz eingeheUist edler here M.-Sch. Denkm. XXX, 22. Dat. Sg. M. dem tugenthaft : kraft wGast 5183.

b) das Attribut steht nach einem Eigennamen:

Nom. Sg. M. Artus der valsches laz Parz. 310, 8. Titurel der lieht gemäl j. Tit. 257, 1. Matheus der böte gröz Pass. H. 295, 64. F. Krienihüt diu reine gemuot Nib. 1165, 1. Hildeburc diu schänden vrt Kl. 1108. Condunramur diu lieht gemäk Parz. 801, 3. Olympia diu valsches laz. "Keler, 3781. Dat. Sg. M. Gramofkmz dem höhgemuM Parz. 618, 11. Meleranz dem unverzagt Meier. 10873.

c) Artikel und Attribut vor dem Substantiv:

Nom. Sg. M. der war heilant Germ. 17, 350. der bluotee sweiz Parz. 387, 24. der trurec man Wolfr. L. 3, 23. der heilig geist aHeinr. 863. Lampr. Syon 706. 2636. Wack. Pr. 64, 51. 67, 32. u. ö. der heüig 4ngel Wack. Pr. 12, 50. der almehtigot Schwab. Vorr. Griesh. D. 11. 19. der allerherist chneht Karaj. 8, 3. N. F. diu gröz unstaete j. Tit. 282, 4. diu sinwel erde Mart. 91, 23. diu verborgen gotheit Myst. n. 539, 18. diu jungest rede Greg. 2566. diu heidensch ungdoubic diet Wh. 31, 27.

N. A. Sg. N. daz toit abgründe Mart. 1, 93. daz her begancnisse Elis. 5915. daz nidir teil Ath. A* 28. daz heüiggrab Wack. Pr. 12, 148. daz lobelich gebeine Elis. 5611. daz din vil götelich gebot Walth. 24, 32. daz schoene Sidic wip Partonop. 11854. in daz geheizen lant Berth. I. 443, 26. Gen. Sg. M. des vil heüigeistes Schoneb. 4234. Dat. Sg. M. dem schalkhaft gouch Sachsenh. Mör. 2208. D. Sg. F. mit der vil armer spise Hohenb. Hohesl. 106, 17. der edel küngin Sachsenh. Mör. 3483. Gen. PI. F. der ewig froeden Sachsenh. Tempel 929.

569

§ 513. Attributives Adjectiv ist flexionslos dem Subst. §513. nachgestellt.

Die Plexionslosigkeit des dem Subst. nachgestellten attrib. Adj. ist sehr gewöhnlich und in allen Casus zu finden, Grimm Gr. IV, 486. f. Dem Subst. kann best, und unbest. Artikel oder ein Pronomen vorangehn, es kann auch ohne

jede Begleitung stehn. Es genüge an folgenden Beispielen:

Nom. Sg. M. der winter hält Walth. 114, 30. der helt gemeit Herb. 3959. der künec her Nib. 2116, 1. der künec rieh Nib. 670, 1. der engü aUerherist Denkm. XXXIV, 51. ein stumi hart Alex. 1008. ein kern üzgeschelt j. Tit. 258, 1. ein zage vil hose Eol. 143, 16. ein vagü wilde Ath. E. 61. ein jungelinc gröz Mechtild. fl. L. 31. ein hdt kune unde snel Eol. 145, 28. F. diu heide rot Walth. 122, 31. ein linde breit Salm. 188, 1. ein hohzit lohesam Herb. 2434. N. daz golt rot Eud. 5, 22. daz tmp schöne Herb. 2403. ein ingesinde guot Greg. 59.

Vo*c. Sg. helt guot Nib. 2121, 4. künec her Biter. 4198. vürste lohesam Alph. 18, 2. künic riche Babenschl. 298, 3. vrowe liep Nib. 976, 4. küneginne rieh 1729, 1. kint vil junc Schoneb. 7584.

Gen. Sg. M. des heldes unverzagt Parz. 426, 11. des schaden schedelich Nib. 1729, 2. F. varwe glänz Parz. 765, 9. der küneginne guot Nib. 1326, 4.

Dat. Sg. M. deme juncherren gut Bud. 1, 5. dem steine herte j. Tit. 70, 2. üf dem helme hoch Parz. 36, 16. üf einem adamante hart Alex. 6238. von dem risen mare Iw. 5683. F. der meide stelden riche Parz. 179, 27. zer meide wolgevar Parz 632, 23. von der küne- ginne rieh ebd. 48, 1. in einer bürge riche Nib. 20, 3. in einer wurmläge herlieh Ernst B. 2373. von der heide grüene Alph. 23, 4. ttf der heide wit Alph. 159, 3. in wirde gröz Ulr. Wh. 3414. N. mit dem blute iüröt Herb. 5196. mit gezierde wunnesam ülr. Wh. 4634. in wcste lieht gevar Nib. 81, 2. in ir hüse wit K. Silv. 910.

Acc. Sg. M. jämer also gröz Nib. 2172, 1. manegen stürm hart Alex. 6553. den fürsten edele Nib. 1290, 4. den herren gut Tr. Egid. 1694. einen lewen von golde röt Alph. 193, 2. für einen anker gröz Parz. 18, 9. durh den wdld wilde Lanz. 677. an einen got drivaltec Ulr. Wh. 3558. uf einen plan niht ze breit Parz. 144, 18. F. die vrouwen icolgetdn Babenschl. 145, 4. die tvüeste wit Bari. 399, 39. ein sul erin Vorauer Kaiskr. 169, 32. klage also f reissam Bol. 115, 9. N. här toiz Herb. 3063. daz blüt röt Alph. 243, 4. in daz apgrunde tief Karaj. 23, 15. an ein wazzer snel Parz. 180, 21.

Nom. PL M. die hdde gemeit Nib. 1815, 1. die herren ver- mezzen Warnung 2733. tische nider unde breit Eindh. 95, 53. heide vil gut Bol. 3, 12. heide unverzagt Parz. 60, 22. näphe goltröt Ernst B. 2394. blicke lieht Ortn. 542, 3. F. meide wol gevar Parz. 637, 6.

570

§ 513. Jcerzen harte gröz Parz. 35, 17. schüzzd süberin Ernst B. 3188. N. Her gtüdin Wigal. 24, 37. diu wcuszer wüde trKr. 6178. Voc. helde gut Alex. 6630. Mde halt Ernst B. 2348. recken her Nib. 1794, 3.

Gen. PI. der Schilde unt Nib. 217, 2. aller berge hoch trEr. 1012.

Dat. PL den helden lohesam Alph. 465, 1. üf tepchen wölge- worht Parz. 627, 25. von herren und von frouwen klär HTrisi 4350. mit varwen glänz Parz. 641, 2. mit schalen gröz ülr. Wh. 1645. mit den ecken bluotvar Wh. 385, 29. in den wazzern reine Herb. 4046. mit wärzeichen ungelogen Parz. 626, 11. mit den zeichen gvHdin Ulr. Wh. 3577.

Acc. PI. ir arme blanc, ir äugen klär MS. 1, 28*. blttomen rot Walth. 114, 32. üf die helme guot Nib. 2296, 3. gäbe rieh : sich Ludw. Kr. 83. in diu venster wit Parz. 24, 3.

Von mehreren nachgestellten attribut. Adjectiven kann, abgesehen von der pronominalen Flexion beider, zb. sun lieber unde guoter trKr. 14377. mit steinen graten ende kleinen En. 8414 das erste flectiren, das zweite unflectirt stehn: ein man äldir unde gris Ath. C* 105; das erste flexionslos, das zweite flectirend sein: ein brunne hoch der lebende j. Tit. 30, 1. creatiuren zam und wilden MS. 2, 242*; end- lich können beide ohne Endung stehn :

der knappe tump unde wert Parz. 126, 19. der riter küen unde guot Nib. 2156, 4. ein enget schoene unde lieht Eindh. 69, 76. ein hure guot unde vast Lanzel. 2315. ein hemde wtz ddin Parz. 192, 15. den bern gröz unde starc Nib. 898, 4. einen helmen glänz lüter unde herte Stare unde ganz Nib. 1779, 1. zuo dem mer tief unde naz trEr. 14022. ir mündel hitzic rot Ulr. Wh. 1154. ir hr&stel linde unde wiz Parz. 110, 25. den helden kiiene unde guot Nib. 1355, 4. den goten bescheiden unde wis trKr. 1583. mit so guoten Schilden niu unde breit Nib. 81, 3.

§614. § 514.

Die Attribute umschliessen das Substantiv. Das vorstehnde Adjectiv ist flexionslos, das nachstehnde

flectirt:

Pronominale vorangestellte Attribute: manic boum so frumer :sumer Lanz. 3944. dehein man wiser Alex. 2351. min lip siecher unde lazzer HTrist. 4636.

Das vorstehnde Adj. ist flectirt, das oder die nach-

stehnden nicht:

ein sneUer hdt guot Nib. 2210, 2. ein reiner bthtare guot Bari. 396, 37. ir dicker munt heiz rötgevar Parz. 765, 22. ein jungen kint unser (A. Sg.) : griser Flore 5823. des heizen bluotes rot Nib. 1564, 1.

571

dem edelen heiser zart Roseng. C. VIII. 21, 4. in decheineme strite § 514. 80 herte Eud. 20, 25. süeeem munde rosenrot Partonop. 2840. mit tiurem golde swtere Farz. 628, 16. von rotem goLde guot Nib. 1733, 2. von tiurem samit wize Ulr. Wh. 3131. mit getriülicher liebe ganz Parz. 765, 22. mit maniger hanier liehtgevar Parz. 69, 6. von grözer Zierde reine Ernst B. 2462. mit siner toizen Tuende dar trKr. 5523. mangen soumer richlich HTrist. 4364. manegen künec her Wh. 11, 14. sine vreude kranc Parz. 645, 12. heiliger heiser here (Voc.) Karl 1281. die hluotvarwen helde unde ouch harnasch var Nib. 2025, 2. ndner sorgen tief trKr. 18928. vil Mewer helde unverzagt Parz. 65, 28. mit swinden siegen grimme Nib. 2232, 1. mit so guoten Schilden niu unde breit Nib. 81, 3. in grözen hopfen göltvar Ulr. Wh. 1641. an manegen vreuden guot Gudr. 314, 3. die liehten Schilde breit Nib. 2107, 3. die tiefen wunden vnt Alph. 157, 4.

Beide sind flectirt

manegen biz tiefen Eeinh. 326. ein liehten roc vesten Bol. 116, 24. sine vinger idze Trist. 3699.

Die Attribute sind flexionslos

der edel reche tbält Ernst B. 914. manic helt vvrmezzin Ath. A* 87. manich riter gemeit En. M. 12982. manec edel riter wert Parz. 624, 14. vil manec vürste batt trEr. 1360. ^n name heidensch Parz. 13, 20. dirre arm man unschüldic St. Pauler Pred. 55, 24. edd marcgräve her (Voc.) Biter. 7094. barmfierzie muoter uzerhorn (Yoc.) Walth. 7, 22. trüt tohter min (Voc.) Roth. 3881. min hemde so blanc Nib. 618, 2. durh wilde gebvrge hoch Parz. 180, 19.

b) Prädicatives Adjectiv.

§ 515. Die Adjectiva in prädicativ er Stellung bleiben §515. im Nom. Sg. und PI. in der Kegel ohne Flexion, vgl. Gr. IV, 492. ff.; zb.

er was getriu unde guot Greg. 1067. daz ich ie wart diso uns (: AtMs) Ath. A. 46. iz inwas negein stdl so hart nah so vast Roth. 4155. da Ut manic höher man tot trEr. 8109. ir munt was heiz dich unde rot Parz. 405, 19. sie wären alle wol bereit Herb. 2373. arme sint an eren worden blint trEr. 10. miniu ors sint guot unt wol getan, mine hnappen biderbe unde guot Greg. 1550.

Indessen kommt auch flectirtes prädicat Adj. im Nom. gern vor, zb.

min gewalt ist sihter Parz. 213, 14. nie dehein tac so langet' wart Trist. 3867. er heizet unwandliger starcher und hreftiger Angenge 5, 43. der noch wunder Ut Nib. 256, 4. dirre rüter wunder lac unde ungesunder Erone 9573. er wart gesunder Lampr. Fr. 2577.

572

§ 516. gesihe ich sie gesunder Nib. 2142, 4. Chmther bestuant in müeder Kl. 1947. die ir muot ist so laezer Lampr. S. 1747. also naezer (: wazzer} tnuost ich scheiden Walth. 104, 31. d^ er gar wart drinne nazeer Lampr. Fr. 2655. er stoehete da/rinne nazzer MCraon 792. diu naht was tool haMu hin Wigal.' 56, 82. ich muoz e der erden tötiu werden ze teile Krone 9650. ailsam ez voUez haismen si Walth. 54, 14. ob ez hie berdtez läge Parz. 485, 18. daz gevüde was üf unt zetal vollez pavdüne geslagen Wigal. 71, 22. daz wtere niht wan hälbez geseit Krone 8508. die da wunde lägen Nib. 307, 1.

Im Accusativ steht das prädicative Adj. zwar auch flexions- los, Gr. IV, 495, allein die flectirte Form wird im Sg. und

Plur. vorgezogen, Gr. IV, 493. f.; zb.

er in töten vant Iw. 1834. den valter darnach töten j. Tit. 4201, 4. man sol in holden hän Nib. 102, 3. er sah in bluotes röten Nib. 947, 1. si in gesunden westen Milst. 94, 14. heiz mir gewinnen minen schrin vollen tocicen Tit. 30, 2. da habt ir mich bereiten an Trist. 8792. als si mich wolgemuoten sehent MF. 152, 28. daz sie dir in tuot vkA bekanden Lampr. Syon 934. wanne sahen wir dich hungergin aide dur stegin alder nachenden alder siechen Griesh. Fr. 1, 141. die naht er wol halbe lac Bari. 17, 8. er valte die maget töte nider Wigal. A. 281, 6. daz er äl bereite vant spise Parz. 238, 14. dojs er die süezen fruht unwerde &ach ligen Ulr. Wh. 1960. der din guote hat gezalte Womh. Mar. 157, 20. der westez wärez als den tot Trist. 17751. si ir liebez kint von in gefrumten so gesundez hin aHeinr. 1034. ich hän die beide holde Trist. 19160. der sine mäge nach vroun Müden het gesande Gudr. 523, 4. e man si vinde töte Warnung 1750. Vgl. auch Holtzmann in Germ. VE, 17. fF.

Auch für den flectirten prädicativen Genitiv gibt es Belege: ich wil der wärheit halber niht verjehen Walth. 84, 16. mirter sinne halber ich vergaz Sax, MS. 1, 28*. wenn hier nicht nachgestelltes Attribut anzunehmen ist.

Eigenthümlich ist die Flexion des prädicativen Adjectiva in einzelnen Fällen: ir tat ist voller suchen Frauenl. Spr. 55, 6. die sporn Mengen voller schellen MSH. 3, 236*". drü hüser das sie fallen wurden Const. Chr. 1445. ob ein vaz volles (?) goldes wcere Leyser Pr. 13, 18; der Brauch des indeclinabeln Nom. voller sezt sich bis in die Gegenwart fort, Gr. IV, 499. Ygl. ferner Nom. M. für Nom. F. do viel si in daz trüebe waezer, do tnuost si werden nazzer Enenkel (Hagen GAb. II. S. 545. in den si ungesparter sus mit got rette Mart. 103, 42. Nom. M. für Nom. N. zehant stuont ez

573

(daz kint) üf gesunder Lampr. Fr. 2675. Nom. Sg. M. auf § 515. Nom. PI. bezogen : in den si ungesparter iemer muoisen siechen Mart. 67, 102. manic stric, die siu tmngent harter (:marter) Mart 136, 77. Nom. M. Sg. auf Acc. F. bezogen : vunden wir dich süeze gotes muoter bescheiden und dimuoter W vRh. 268, 40.

In den süddeutschen Mundarten findet sich prädicatives Adject. mit der Flexion des N. M. Sg. in ganz ähnlicher Weise noch heute, zb. er sah ihn toter liegen. Es scheint sich hier der Nom. Sg. M. zu einer indeclinabeln Flexions- form des prädicat. Adj. eingerichtet zu haben.

Über die Verbindung des prädicat. Adj. mit dem be- stimmten Artikel § 522.

Über den Gebrauch starker (pronominaler) und schwacher Form des Adjectivs.

Grimm Gr. IV, 509-Ö87.

A. Starke (pronominale) Form. § 516. Starke Form galt ahd. ohne Eücksicht auf die §516. Artikelbeifügung flir die possessiven Pronomina als Eegel. Mhd. aber ist die schwache Form nicht bloss nach dem bestimmten Artikel vorhanden, sondern auch ohne den- selben für attributiv gebrauchte Fossessiva entwickelt, obachon

die st. Form noch überwiegt

Belege der st. Form: die mine fröude Walth. 72, 10. diemne rede MF. 157, 24. der mtner minne MF. 9, 35. der diner ötmute Amst. ML 10, 7. des dnes : wines MGraon 789. swaz des mines Iw. 5733. die sine (N. PL) :ptne Parz. 27, 7. ; Sarrazine Ludw. Kr. 7214. die sine (A. PL) : Biwdline Trist. 486. 1270. die dine wege die dine Stege Trist. 39. . der miner einiu MF. 158, 36. diu siniü keiserlichiu hein Trist. 708. durh die sine namen dri Walth. 16, 32. schw. Form: der ane dine : Gandine Parz. 498, 26. unse vor genante herre Lac. ni, 540. den sinen : den minen Clip) Walth. 86, 20. f. des sinen willen Nib. 1976, 4. dem namin sinin Annol. 491. die iuwem schoenen tphter Nib. 1614, 3. in unse hits Pass. H. 34, 29. liehen kint diu minen : scMnen Ck>locz. Cod. S. 159. V. 65. die sinen degene Nib. 102, 7. Weit häufiger freilich ist die Flexionslosigkeit der Possessiva sowol vor dem Substantiv (bei best, und unbest. Artikel) als namentlich nach dem Subst., Gr. lY, 480. f. Bemerkenswert ist die nicht seltene Begleitung des Possessivs durch

574

§ 616. den unbestimmten Artikel. Das Possessiv steht im Nom. und zuweilen im Acc. flexionslos, in den andern Casus in st. Form, zb. ein nun gast Parz. 143, 24. ein din fürste 128, 8. ein min lieber frunt Pass. H. 46, 63. ein sin friundin Parz. 12, 11. ein ain nähgebur MF. 29, 23. einen sinen mäc Nib. 1953. 2. eine sine tohter Flore 428. ein min wange Walth. 8, 8. ein rrnn phert Partonop. 9970. ein ir wartman Ludw. Kr. 7184. gein einer einer veste Iw. 3769. in einer siner hant Rol. 236, 6. Gr. IV, 418.

ein, al, genuoc und sämtliche Cardinalzahlen werden nur stark flectirt. Gr. IV, 515.

§617. § 517. Die übrigen Adjectiva stehn, so fem sie flectirt

werden (§§ 509 514), gewöhnlich in pronominaler starker Form, wenn sie nicht durch den bestimmten Artikel begleitet werden. Es gilt dies für attributive wie für prädicative Stellung.

Im einzelnen sei folgendes hervorgehoben:

Bei dem attributiven Vocativ, der gotisch nur schw.

Form hatte (Gr. IV, 559), erscheinen schon ahd. schw. und st.

Flexion neben einander, die st. allerdings seltener. Mhd. ist

im Sg. die st. Form im Übergewicht, doch begegnet noch

die schwache, zb.

' guote (m.) Neith. 88, 14. geselle guote MF. 6, 7. trechtin gute Tr. Egid. 1608. herre göäe Eoth. 1063. hole guote (: muotej Kl. 1486. reche guote Babenschl. 220, 5. guote herre Predigtm. 428, 4. liehe trat Eud. 28, 27. liehe sun Ath. F. 37. liehe vatir F. 44. liehe herre Eaiskr. 12468. min liebe son hess. Evang. 287. wahter liehe MS. 1, 37^ heree- tohter mine (:dinej Trist. 10289. stm mine Griesh. Pr. 1, 168. vcUer mine 2, 80. bitterliche tot Bud. 28, 28. aller tciseste tcip Nib. 1483, 4. St. und schw. Form verbunden: gnadeclicher trehtin guote Kaiskr. 12624. Schw. und unflectirte Form : vil werde helt min Ernst B. 1368. Im Plur. überwiegt mhd. noch die schw. Flexion, die

«t. ist aber daneben im Brauch, Gr. IV, 561. ff., vgl. u. a. schw. PL eUenden Nib. 1862, 3. wdg&nuoten MSH. 2, 86b. gütvn knehte Both. 4066. türin toigande ebd. 712. ir türen vökdegene Bol. 139, 21. liehen kint MS. 1, 44*. edden koufman Trist. 2228. eieren helde Trist. 6490. Kenner 21142. kleinen vogeUin MS. 1, 137\ hohen Herren Frauenl. 412, 2. helde snellen Eol. 10, 23. vründe lieben Eud. 3, 9. liehen friunde min Gudr. 260, 2. ir kint also jungen (: gesungen) MSH. 3, 87». ir engele seligen unde guten Litan. S. 442 (lit. Or. S(ßlige unde guote). st. PI. stolze helde MF. 99, 3. tun^e getelinge Neith. 90, 36. ir wäre gotes hdde Eol. 33, 8. Mde gute Eol. 13, 20.

575

helede göde En. 8925. stolze magde Ben. Beitr. IL, 441. stolziu magedin § 517. Neith. 18, 9. guotiu herze Wemh. Mar. 162, 34.

Angemerkt sei die grade nicht häufige Verbindung des Vocativs mit dem best. Artikel, die sich der Ver- bindung mit dem unbest. Artikel § 511 zur Seite stellt. Das Subst. kann sowol ohne Attribut derartig gebraucht werden, zb. lieher herre der bischof gGerh. 685, als mit einem attribut. Adj., das vor oder nach dem Subst. steht, zb.

got der guote Karaj. 42, 21. herre got der guote Erec 4232. richer got der guote Er. 3148. Iw. 5972. swester sun und der herre min Parz. 798, 10. vrouwe Bride, diu schönste aUer wtbe Orend. 1928. 2432. die zehen süne min, ir stüt Wilh. 345, 2. her, der gröe roc Orend. 2755. dcus sag uns, daz äUenmseste wip Nib. B. 1483, 4. ritestu nu hinnen der aUer lid>este man MF. 4, 36.

§ 518. Nach den persönlichen Pronominibus §518. kann das adjectivische Attribut in starker und in schwacher Form stehn ; die starke ist häufiger, Grrimm Gr. IV, 565. f. Beispiele flexionslosen Adjectivs nach den Personal- pronominibus finden sich in § 510.

Belege für beide Formen a) stark: ich tumher gouch MS. 1, 65'. ich tumher : kumher MF. 180, 16. ich armiu Parz. 194, 26. ich armez wip MS. 1, 28». ich hdflösez vnp Kindh. 77, 75. wiin tumbes mannes munt MF. 96, 9. rmn eilendes hant Nib. 2081, 4. min armer KriemhiMe not Nib. 997, 4. we mir armer Greg. 1134. öwe mir armer meide Nib. 517, 4. wol ir suezer MS. 1, 49*. unser eilender tot Nib. A. 2130, 4. uns sturmmüede Nib. 2034, 3. ir jungiu vnp Ben. Beitr. IT, 452. er süezer man vil guoter Parz. 374, 22. b) schwach: ich tunibe MF. 135, 29. Lampr. Syon 3189. ich arme (: erbarme) MF. 101, 28. ich arme verlorne Iw. 4139. ich arme tore Eoth. 4425. ich arms mensche Litan. S. 503 (G. ich armer mennisk), ich armman verlorne Greg. 3459. ich klagende wip MSH. (A) 1, 32*. mir senden MSH. 1, 337*». mir armen : erbarmen MF. 101, 15. mir armen wibe Eoth. 1207. uns armen Bari. 35, 40. uns eilenden geste Gudr. 259, 3. unsich armen wiph Eoth. 2894. wie sol ez armen dir ergwn MS. 1, 93*>. dir oeden gouche Mart. 113, 81. an dir unreinen Kaiskr. 12367. thig heiligen fruwen mfr. Legend. 303. ir türin volcdegene Eol. 144, 13. ir vertanen Parz. 284, 15. ir guoten recken Nib. 309, 1. er guote : muote MF. 180, 7. si guoten : muoten Lanzel. 2724.

Bei mehreren sich folgenden derartigen Verbindungen wird zuweilen in der Form gewechselt: ir werden man, ir reiniu wip Walth. 81, 16.

576

§519. § 519. Nach den Possessiven steht das attribu-

tive Adjectiv stark und schwach, Gr. IV, 567. f.; zb.

st. Form din minneclicher zorn Wolfr. L. 7, 36. min riterUchiu Sicherheit Parz. 15, 12. ir hestiu vretide Greg. 337. iutoer anrehtiu gir Bari. 198, 13. (mit mänol. statt weiblicher Flexion sin werdet vrowe Bramischw. Beimkron. 401. 455. sin werdet geseUescapht 697). sin Hege- lichez ungemach Greg. 2146. von sinem michelem grimme Vorauer Eaiskr* 173, 28. an siner junger angesihte Ulr. Wh. 3064. sinem tugentricJiem wtbe Wemh. Mar. 158, 40. an sime rotem helme Nib. B C. 190, 4. mit siner eUenthafter hant Eoth. 4336. nach siner genaturter art Bari. 241, 32. ztio siner iwiger selikeit Myst. n. 453, 4. min wüde gedanke Tit. 116, 4. mine vil liebe (Vocat.) Vorauer Ged. 85, 25. sine heriste chnehte Earaj. 22, 24. dir^ kurze tage Greg. 1624. mdu wäpenlichiu Jcleit Wilh. 83, 22. siner ungeteilter spü Kl. C. 806. durh sine swinde blicke Nib. 1733, 4. schw. Form tJwn güde sun mfr. Legend. 307. unser rehte rihtare Beinh. 1859. sin erste swertes strit Parz. D. 197, 3. unset geistliche vader Elis. 4133. unse liehe getrüwe rittet Henneb. ü. n, 15. unse ohirste schriber Cd. Sil. IX, 240. ir meiste tröst ir beste leben Trist. 1081. ir selige herre Elis. 5936. ir listege gegenstrit Lampr. Syon 167. sin herzehltche liebe Tit. 81, 1. sin liebe wip Ath. F. 106. sines «testen muotes Iw. 3211. mms rehten namen Iw. 5500. siner lieben swester Greg. 129. von ir röten mimde Walth. 112, 8. mit ir valschen schine Lampr. Syon 182. in ir besten wise Walth. 46, 3. sime lichten liebe Parz. 126, 27. mine guoten (A. Sg. F.) :wolgemuoten MSH. 2, 86\ min alten not MF. 187, 31. sin alten kunst Greg. 3303. ir jungen dohter heren Elis. 370. ir varnde guot (A. Sg. N.) MF. 155, 16. mtmu werden kint Parz. 177, 23. ir lichten ougen Walth. C. 74, 32 (A. liehtiu), unser besten vriunde (A. PI. M.) Nib. 1357, 4. mit rate unser getrüwen mannen Cd. Sil. IX, 256.

Bei mehreren Attributen wechseln die Formen, zb. minem seneden klagendem Übe Tit. 3, 4.

Zuweilen, namentlich in Anrede, wird das Possessivum zwischen Attribut und Subst. gestellt, zb. lieber min vHunt Greg. 1777. liebiu min vrou Grüdrün Gudr. 1302, 2. liebe min vrö Stcete Walth. 96, 35. 6i gesundem sinem Übe KL 973. getriwer miner mäge Nib. 1196, 3. mit starken sinen handen ebd. 466, 1. Selbst der possess. Genitiv ir wird so gestellt, zb. niwez ir gewant Nijb. 359, 2. üf liehtez ir gewant 1975, 2. Häufiger steht das Possess. unflectirt hinter dem Subst., zb. vil lieber herre min Nib. 1341, 1. trüt geselle min Wilh. 290, 19.

577

§ 520. Nach diser wird das folgende attrib. Adject. §520.

stark und schwach gebraucht, während ahd. die schwache

Form nur selten erscheint; zb.

st. Adj. dirre angestlieher strit Iw. 7237. diser heiliger man Lampr. Fr. 4258. disiu liebiu naht Iw. 7409. diz jamerlichez wort Wigal. 151, 34. diz starchez hazzen Nib. C. 2031, 2. dise selbe sache Iw. 7841. dise röte hottge Nib. A. 2141, 2. dise jämerhafte man Ernst B. 4165. disiu richiu Jcint Greg. 103. schw. Adj. disiu gröze kkige Iw. 4011. dises höhen gruozes Nib. C. 297, 2. in disem herten strite Nib. C. 1558, 4. nach disem »uzen segene Eol. 139, 20. von dirre werlüichen bröde ebd. 140, 23. dise grözen ungefüegen not Wilh. 325, 25. ditz guote lügemtere Iw. 3680. ditze starke hazzen Nib. B. 2031, 2. dise röten bouge Nib. BC. 2141, 2. disiu jcemerlichen dinc Wilh. 120, 27. disiu starken ser Nib. C. 2139, 2. dirre lügerdichen mtere Kl. 1527. Gr. IV, 554.

jener kommt selten vor einem attribut. Adj. vor, scheint aber wie diser st. und schw. Flexion nach sich zu haben, vgl. gienir schuldigir man Tr. Egid. 656. ienir kindischir man Aegid. Fdgr. L 247, 28. gienis armen mennischen Trierer Egid. 525. in jenem sale wUen Nib. 79, 2.

Bei manec zeigt sich zuweilen ein Einfluss auf die

Flexion des folgenden Adjectivs, insofern dem unflectirten

oder stark flectirten manec auch schwach flectirtes Adjectiv

folgt, zb.

maneges guoten recken Itp Nib. 1243, 4. maneger schoenen frouwen lip Nib. C. 735, 2. maneges reinen herzen tat Lampr. Fr. 544. maneger höhen tugent K. Silv. 113. mit manegem riterlichen slage Iw. 7344. mit manegem küenen man Nib. 1603, 3. zuo manegem werden man Wilh. 297, 2. mit maneger werden frouwen Parz. 61, 5.

In allen Casus ist hier stark flectirtes attribut. Adjectiif nachzuweisen, so wie im Nom. Acc. Sg. auch flexionsloses Adj. häufig hinter manec gebraucht wird : Gr. IV, 555. Holtzmann in Pfeiffers Germ. VI, 14.

Wenn auf al ein attributives Adjectiv unmittelbar folgt, so steht dasselbe gewöhnlich in st. Form: al werltUchiu schände Parz. 476, 3. maller guoter kündeJceit Iw. 2182. elliu riterlichiu lant Parz. 478, 3. Ausnamsweise begegnet aber auch schw. Form : aUejsi himelische her Kl. 1482. alle^ roemische riche Hol. 111, 12. elUur omisken lant Vorauer

Wein hold, mittelhochcU Gramm. 2. Aufl. 37

578

§520. Kaiskr. 161,12. aller guoten wibe MS. 2, 36'. dller vcdschen dinge Nib. 802, 3. Gr. IV, 556.

Gewöhnlich folgen Possessiva in der ihnen eigenen st. Fonn hinter al,

§521. §521. Nach dem nnbestlmmten Artikel ein folgt

in der Eegel die starke (pronominale) Form des

attributiven Adjectivs, Gr. IV, 569. f.; zb.

ein alter jagere Nib. 876, 1. ein awarziu frouwe Parz. 41, 18. ein langez mare Parz. 3, 27. eins süezes sldfes Keinh. 351. einer ktmcUcher bürde Wemh. Mar. 154, 40. in einem schoenem brunnen Nib. B. 1473, 3. mit eime geruowetem here Wilh. 53, 23. mit einem starkem swerte Nib. A. 2297, 3. in einer kurzer stunt Nib. AB. 876, 2. Wemh. V. Nrh. 5, 9. mit einer gewäfinder schare Alex. 1030. gein einer siner veste Iw. 3769. üf eine liehte heide Parz. 516, 22.

Aber ausnamsweise kommt die schwache Form (besonders

im Gen. Dat. Sg.) vor, zb.

ein grimme kunig mfr. Legend. 595. ein arme ma/n Altd. Wald. 3, 176. ein werbende böte Schoneb. 6884. ein kriechische diet Amis 1692. ein vliezende wazzer Haupt. Z. IX, 32. eins angestUchen sldfes Parz. 103, 26. einer stolzen werden minne (Gen.). Parz. G. 44, 28. einis andiren büdes Wemh. v. Nrh. 5, 22. einem so grözen Herren so hohen unt so verren Lampr. Syon 3288. ä/" einim' höen steine Wemh. V. Nrh. 7, 30. gein eime grözen wälde Parz. 735, 6. bt einem ddren sneUen bach Parz. D. 663, 1. zuo einer stolzen witwen Nib. 1083, 4. in einer kurzen stunt Nib. CJ. 876, 2. eine reinen süezen fniht M8H. 1, 337*.

Bei mehreren Attributen nach dem unbest. Art kommen

zuweilen st. und schw. Form vor, zb.

einer werden suezer minne Parz. D. 44, 28. einer kranken ernst- Jiicher bete Parz. D. 6, 13.

Empfangt das Adjectiv substantivische Bedeutung, so ist

die schwache Form Regel, zb.

ein tumbe Alex. 2573. ; umbe Eindh. 75, 83. ein stumbe Iw. 481. ein blinde Wilh. 303, 26. ein tote : genöte Partonop. 1249. ein dürf- tige Greg. 2683. ein unscelige Berth. I. 325, 23. ein heilige Berth. I. 408, 15. Myst. H. 462, 3.

Auch ohne Artikel erscheint die schw. Form des sub- stantivirten Adjectivs als Regel, vgl. u. a. Nom. PL siechen Greg. 3604. töten Lampr. Fr. 1520. stummen lamen blinden WvRh. 263, 13.

579

Nur ausnamsweise erscheint das substantivisch gewordene § ö2l. Adjectiv nach ein in starker Form, vgl. ein tumher Walth. 56, 28. ein tumbiu ebd. 96, 27. ein siecher Pass. H. 218, 46.

Steht das Attribut dem von ein begleiteten Subst. nach, 80 kann das Adj. st. oder schw. Form haben, zb.

cm altherre guoter Kindh. 87, 73. ein wurm toilder Wolfd. A. -557, 3. ein lewe wilder ebd. 600, 4. ein wuotelgöz unreiner Pass. H. -64, 41. ein helt gute Eol. 4, 27. ein wip so guote Ortn. 161, 2.

§ 522. Das prädicativ gesezte Adjectiv steht, §522. sofern es überhaupt iiectirt wird, in der Regel in starker Form, § 515. Beliebt ist aber die Substantivirung des Prä- -dicats durch schwache Form mit best. Artikel, zb.

Etzel was der hiiene Nib. 1958, 1. mit ungercete der geüe was 'der riter Lanzel. 1686. der scol der edde und der vrte sin Milst. 14, 25. des was er der verlorne Iw. 5630. so sit ir der verlorne Parz. 467, 8. daz der von gotes zorne solde wesen der verlorne Lampr. Fr. 2081. des bistu der verlorne Ecke 122. des dunkt ir mich der tumhe Parz. ^30, 10. so bin ich der verwäzen Wilh. 453, 6. der ist der freuden Bernde j. Tit. 202, 4. Titurel was der wol lebende 210, 4. des ist si ^iu verlorne tibi. Weib. 104. wis vor mir diu frie Wilh. 92, 26. Böme ist nu diu mcere diu edel und diu geheret j. Tit. 84, 1. Börne was diu mare MCraon 107. daz ich muoz sin an vreuden diu kranke IVolfr. Tit. 67, 2. unr werin die verlorne Eoth. 845. wir sin die ver- lornen Ulr. Trist. 1130. si warn gein strit die herten Parz. 664, 28. daz wären ouch die kecken Eabenschl. 482. si wolden werden niht die ■nazzen j. Tit. 120, 3. gewer dikeit si wären die benanten 170, 4. Vgl. <jr. IV, 580. Amelung zu Ortnit 158, 1. P. T. Förster Zur Sprache 4ind Poesie Wolframs von Eschenbach Leipz. 1874. S. 8. f.

Selten ist das Prädicat durch ein mit st. Adj. gegeben, ab. Karsidoriis was ein guotir Ath. E. 24.

Für die ausnamsweise schwache Form des ohne Artikel gesezten prädicativen Adjectivs werden die folgenden Belege zeugen :

und bin din dürftige nu aHeinr. 429. der heilige lichame inwas nit grüwesame Elis. 9383. du bist gar an eren lame : schäme Hart. 163, 51. der brief sol töde und unkreftic sin Schreiber Urk. I, 435. daz si was so nacte : dacte Ulr. Wh. 930. da müezen werden siechen ^Kriechen Eabenschl. 53, 1.

Nominative Form wird zuweilen auf prädicativen Accus.

übertragen: er fanden dürftige Greg. 1165. den du rehte

liebe hast Mart. 180, 41.

37»

580

B. Söhwaohe (oonsonantUoli-Bominale) Fonn.

§ 523. § 523. Das karacteristische der schwachen AdjectivforiD

besteht in dem Antritt des Suffix -n- an den a-Stamm des- AdjectivS; desselben Suffixes, welches auch die schwachen Substantiva bildete, § 456. Diese Bildungsgleichheit bezeichnet» schon die schwache Form, welche jedes Adjectiv annehmen kann, als der substant. Bedeutung sehr nahe stehend. Es- kann jedes schwache Adjectiv besonders im männlichen G-e- schlecht als substantivisches Appellativ verwant werden, wie sich dies in herre, jünger ßungiro), vürste, tore, in dem PL eidern einbürgerte. Die Art des Artikels ist dabei gleich- giltig: der tumhe, ein tumbe; diu heilige, einiu heilige^ Wie die Zahl der schw. neutr. Subst. wegen . der lebendigen thätigen Bedeutung jenes Suffixes höchst beschränkt ist, so begegnet auch die Substantivirung des schwachen neutr. Adj^ sehr selten; ein Beispiel gibt Germ. 17, 349 stnis unrektin^ Grimm Gr. IV, 256. 511. 571. f.

In der älteren Zeit galt schwache Flexion für den Com- parativ als B/Cgel; mhd. ist aber die starke daneben häufige und die Comparative werden also wie die Particip. Präs. und die Ordinalzahlen formell den Positiven und Superlativen gleich und je nach der Stellung stark oder schwach gebraucht

Für das Adjectiv gilt die Ilegel: nach dem bestimm- ten Artikel folgt das attrib. Adjectiv in schwacher Form. Gr. IV, 526. 537 (got. ahd.). 537—542 (mhd.).

Das Attribut kann mit dem Artikel vor dem Subst. stehn : der alte Hildebrant, die besten recken, oder ihm mit dem Artikel folgen : Hildebrant der alte, Waten den alten, Wormee diu vil wite, her daz groze, von riterschaft der nusren,. heiden die grimmen, helde die jungen, swert diu scharpfeny hüs diu allerbesten (vgl. Gr. IV, 538), oder das Adject steht hinter dem durch Artikel oder anderes Pronomen bestimmten Substantiv : der heiser hohgeborne, der kunic guote, diu schar gröjse, über da£i palas breite, die hSrren fronten^

Erwähnt sei die Verbindung von unbestimmtem mit be- stimmtem Artikel vor einem schw, attrib. Adjectiv, besonders in

581

«uperlativer Steigerung, zb. ein der allerbeste Nib. 1157, 2. § 523. «m der tiurste Lanz. 3051. ein der vorderste man ebd. 1337. «in der hertiste strtt Greg. 1983. ein der liebeste kneht Berth. I. 84, 4. 208, 20. ein der . hoste smit Schoneb. 4106. ein diu schoenste maget Erec 310. ein diu hoehste tugent MS. 2, 175*. -ein daz liebest ingesinde Lanz. 8044. ein den liebesten man Iw. 1316. an ein dais schoeneste gras Iw. 334. Vgl. selbst ohne attribut. Adjeotiv: als ein der man Trist. 15232. ein den man Wigal. 97, 26. ein diu vrouwe Nib. 131, 3 (mit nachfolgendem Relativsatz). Vgl. Gr. IV, 453. Diesem ein der vergleicht sich die Verbindung dehein der, zb. dehein der gast, von dem Iw. 375. dehein daz guot, das Iw. 3728. -deheinen den gewalt, daz er tcete MF. 152, 17.

Selten ist eine im Ahd. schon nachweisliche Fassung des Attributs, wonach das Adjectiv in schwach neutraler Form mit dem Gen. Plur. des Subst. verbunden wird, zb. gäben si im aller rouche beste Fundgr. I, 146. daz er Stfriden sluoc sterkest aller recken Nib. 1671, 3. vgl. Lachmann zu diesem Verse und Grimm Gr. IV, 272 und dagegen Holtz- mann in Pfeiffers Germ. VI, 4. f.

§ 524. Ausnamen von der Regel, dass der bestimmte §524. Artikel für das attributive Adjectiv schwache Form fordert, l)egegnen schon ahd., Gr. IV, 533. ff. Mittelhochdeutsch sind die Fälle dieses starken Adj. nach bestimmtem Artikel weit häufiger und sowol aus poetischen als prosaischen Schriften obd. wie md. Verfasser beizubringen. Gr. IV, 540. f.

Weniger fühlbar wird die Regelwidrigkeit, wenn das

Adj. ohne wiederholten Artikel hinter dem Subst. steht, zb. der herre guoter Tr. Egid. 1275. der vater guoter (-.rimoter) Wemh. Mar. 160, 2. der knappe guoter (: muoterj Parz. 188, 7. 0 fuoter) Partonop. 574. der degen guoter (: muoterj Gudr. 409, 4. Lanz. 586. der furate guder (: bruderj EKs. 9113 (dieses guoter erscheint gewisser- massen typisch selbst hinter Femininis in der Braunschw. Beimkr. 2072. 4241. 4262. 8169.). der wirt richer (: minnecUcher) Lanz. 806. der goteskempfe truter (: lüter) Pantal. 1180. diu Eva schuldigiu Gundack. 120. die maget jwnge Womh. M. 171, 15. die fürsten wolgehome {: zome) Parz. 30, 22. die biscofe heidinische Germ. 17, 351. die degene höhgemuote (: guote) Eabenschl. 232, 6.

582

§ 524. Die Abweichung von der gewöhnlichen Form macht sieb

aber sehr bemerkiich, wenn das Adj. dem Artikel unmittel- bar folgt:

der güdir (: müdirj Elia. 7367. Schoneb. 4335. 0 hrüdirj ebd. 8545. got der guder (:müderj Orend. 665. 1401. 2621. Constantinus der- guoter (: muotir) Kaiskr. H. 8495. Joseph der guder (: müder) Erlös. 3755. Joannes der vil guoter (: muoter) Heinz. J. 54, 2. Jesus der vil guotir (: muotir) Mart. 38, 11. der süeze unt der guoter (: muoter) Ulr. Wh. 4212. der vil ungv^ter Mart. 181, 61. der woT gemuotir (: muotir) Ath. F. 49. der sturnigiter (: riter) Lanz. 1781. dem einem Iw. Dd. 6937. zuo der guoter (: muoter) aHeinr. 971. Schoneb. 6243. von der reinen guoter (: muoter) Mone Spiegel 1111. die eUende^ (N. PI.) Nib. AB. 2072, 1. die wegemiiede ebd. 454, 4. die wandelbisre- Heinr. Todes Erinn. 226. die aUervorderiste Rol. 178, 5. die verlorne- Eoth. 845. die veige (N. PI. : heide) Mone Spiegel 4558. die aide (: ge- zalde) ebd. 3222. der höhgehorner (G. PI.) Kl. 1101. der wegewerender Walth. 26, 19.

§525. § 525. Das Adjectiv steht zwischen Artikel und Sub-

stantiv :

Nom. Sg. M. der listiger man Both. 2193. der türlichir degen ebd. 238. der gähindir man 2582. der waldindiger got 214 u. ö. der eilender- degen Rud. 19, 4. der richer kuninc Alex. 449. der guoter riter- Lanzel. 3429. der himelischer hof Amst. Ml. 4, 7, der vU tugenthafter gast Wigal. 15, 10. der vil getriwer man Nib. C. 2078, 1. der geist- licher sin Lampr. Syon L. 149. der törehter Saulus Silv. 1801. der hoher man WvRh. 63, 44. der üzerwdter inan 59, 54. der vermeinder heiser- Mart. 111, 61. der rösenlachender man Heinr. v. Neust. Apoll. 192. der eigener wüle Mechtild. fl. Licht 26. der hemdscher god Sei. Tr. 128*. N. F. diu wenigiu schare Wemh. Mar. 176, 12. diu grim- migiu vanchnusse St. Paul. Pr. 21, 5. diu heüigiu maget 40, 15. diu wegemüediu not Iw. B. 5587. diu schoeniu meit Nib. C. 301, 3- diu schedüichiu not El. 184. diu jämerhceriu maget Parz. 255, 2. N. N. daz listigez wip Both. 1942. das Heynes kinddin Harff 29, 17.

Gen. Sg. M. des ganzes apfels Parz. D. 278, 15. des zehindes tages Mart. 43, 33. des lebendiges gotes Griesh. Pr. 2, 147. des leven- diges godes Vorbew. 21. Fem. vil der varnder diete Nib. BC. 39, 2. ein bilde der houbethafter zuht MS. 2, 149*». der mennisddicher bröde St. Paul. Pr. 8, 4. der angd)orner mütekeit Lanz. 8389. der nach schriender diet Lanz. 1517. der zarter küneginne Griesh. Pr. 1, 27» in gebrüchwnge der niuwer gegenwürtekeit Mechtild. fl. L. S. 5. der reinen unbewdlener milch ebd. S. 12. der oberster scelekeit Haupt Z. 8, 221. der gotlicher sunnen Marienl. 5, 23. der seleger gebrüchingenS, 1, der süzer winreven 8, 22. der rechter truen 32, 10. der wunnedicher

583

git Musk. 21, 1. der heiliger kirchen Lac. ü, 534. in, 278. der varinder § 525. have Lac. m, 163. Neutr. des schoenes swertes Wigal. A. 173, 5. Dat. Sg. M. deme sigehafteme degene Vorauer Ged. 28, 16. dem irdiskem schine Wemh. Mar. 165, 17. dem einem man Nib. ABC. 2148, 3. dem älmahtigem got Bened. Pr. 5. dem leidigem vcUcmde St. PauL Pr. 23, 22. dem hdfelichem tage Wilh. 215, 2. an dem jungistem tage St. Panier Pr. 7, 23. bi dem Uehtem mänen Parz. 376, 7. dem mütem Jcünege Wigal. A. 67, 17. dem verworhtem man Warnung 533.

Fem. ivöl der sanfte tuonder swcere MF. 125, 35. we der nahe- gender sware Neifen 23, 18. in ther diefer hellen mfr. Legend. 155. in der scönistir bürge Annol. 107. van der grözer not Amst. ML 7, .2. in der grözer engeste ebd. 7,4. in der geistlicher wunnun Friedb. Kr. F*». 3. zu der urdeilischer dt ebd. J. 2. an der vil armer diete Eoth. 1202. von der suzir stimme Alex. 5142. zuo der angestUcher not Wigal. 132, 23. zu der lester stunden Marienl. 22, 12. der rtterlicher maget Iw. A. 387. von der zornedicher urteüde Griesh. Pr. 1, 60. an der froelicher Udunge Haapt Z. 8, 222. mit der geistlicher gewalt Bepg. Cr. 21- mit der vrischer dait Lac. UI, 768. in der alder ee Wierstr. 9. der

. groisser stat Harff 2, 33. der tzweyder heuftkirchen 16, 35. von der verborgener inde sonderlicher hochwyrdicheit Kölner Cronica 141.

Neutr. dem reinem toibe Trist. 1782. in deme ewigeme leven Arnst. Ml. 10, 5. an dem jungistem gerichte Tod. Geh. 39. St. Pauler Pr. 7, 27. zem urteiUichem ende Parz. 788, 2. üz dem betouwetem grase Trist. MH. 562. ze dem drittem male St. Paul. Pred. 49, 27. von dem kiuschem Übe Mart. 28, 30. in dem sübendem järe, an dem ncehstem tage Ulm. Urk. I, 204. in dem dreizzigestim jär Geschichtfreund 1, 22 (Urk. K. Ludwigs d. B. v. 1347).

Acc. Sg. Fem. die herzeliche eide Eud. 28, 26. die erste naht Boseng. C. 74. die himelische meit ebd. 151. die schoene meit ebd. 906. in die guote stat ebd. 76. die schoene bluot K. Silv. 9.

Acc. Sg. N. daz keiserlichez gebot Braunschw. Eeimkr. 2338.

Nom. PI. M. die eregernde man Nib. ABC. 2155, 3. die stürm- küene man Nib. 200, 3. die zwene grimme küene man Nib. 1975, 4. die sneUe ritter balt Gudr. 355, 1. die mggrimme man Ernst A. 5, 10. die vreisliche konige Koth. 4235. die kleine vögele Walth. AC. 75, 15. die schöne Sterne St. Paul. Pr. 16, 19. Fem. die eregernde vrouwen Kl. C. 969. Neutr. die brinninde büde Alex. 4266. diu steheUniu bant Kl. BC. 232. Wüh. 423, 21. diu kleiniu vogellin MS. 2, 106». di heilsame wazzer Marienl. 10, 29. di gesunde herzen Wierstr. 1283.

Acc. PL M. die meinstrenge man Annol. 275. die lichte schUde breit Nib. A. 2107, 3. die spcehe koufliute Gudr. 293, 4. die engelsche geiste Marienl. 4, 19. die mine tage K. Silv. 31. di guten mpliche Site Rud. 25, 13. A. PL F. di zitige nutze St. Pauler Pr. 44, 16. A. PI. N. diu snidunde wäfen Nib. A. 2146, 3.

584

§525. Gen. PI. M. der heiliger engele Amst. Ml. 10, 7. der dinender

engele Marienl. 53, 8. der unreiner geiste St. Paul. Pr. 14, 14. der hoser geiste Marienl. 82, 32. der vorgenanter drier pflegere Mem. 6. der heüeger apostdlen Lac. m, 280. na inhald der alder ind der nüwer brieve TU, 683. F. der unmüder hende Marienl. 25, 38. der vaLscher lugene Schoneb. 2068. der fleischlicher pine Mecht. fl. L. 12. N. der süezer äinge Lampr. Syon L. 3460.

In den Trebnitzer Psalmen (14. Jh.) steht das Partie. Präs., seltner das Ptc. Perf. P. nach dem bestimmten Artikel oft in starker Form, Pietsch Trebn. Ps. XCIV.

Aus diesen Beispielen ergibt sich zur G-enüge, dass die starke Form des attributiven Adjectivs nach dem bestimmten Artikel nicht bloss im Gen. Dat. Sg. und Gen. PL und nicht bloss in fränkischen Dialecten (Braune in Paul- Braunes Beitr. I, 14) vorkommt, sondern dass sie oberdeutsch wie mittel- deutsch (auch niederfränkisch) in der ganzen mhd. Periode sich hervorthut als ein Gegenzug des Sprachgeistes gegen die einengende Regel.

Nachweis.

Die Ziffern beziehen sich auf die Paragraphen.

A.

a md. 27—38, obd. 20—26.

a aus 6 43. 49.

a aus 0 60. 67.

a Determinativelement 257.

a europäische Spaltung demselben

7. 39. 58. a gedehnt 24. 32. a geschwächt 26. 38. a getrübt 28. a irrationales 82. o-Elasse ablautende der Yerba 346

351, reduplicirende 357—59. a-Klasse in der Declination 447

449. 451. 454. a-Stämme 257. 447. 454. a umgelautet 20—22. 27. 28. a verdunkelt zu o 23. 30. 31,

zu u 31. a zu ae m 33. 35, zu ^ ^ 37. ä 88—95. ä aus ai 123,' aus au 125, aus e

97. 101, aus 6 115. d durch Dehnung 24. 32, durch

Zusammenziehung 24. 33. d gekürzt 88. d Interjection 341. d im Plur. Perf. 347. d Präfix 284. 291. 298. 302. d-Stämme 451. d umgelautet 89. 93. 94. d zu au 88, zu ö 88. 90, zu oe

oi ou 91, zu u 90.

aby af (Präpos.) 333.

Ablaut 13. 14. 249. 345.

ablautende Verba 346 355.

aheräht, aberban, abergloube 291.

Accusativ, rheinischer 483. 506.

ach, ahi ehe, coUectives Suffix 280.

Activum umschrieben 428. 429.

ader (oder) 331.

Adjectivum 500 525. attributives Adj. flexionslos 509 514. stark flectirt516 521. schwach flectirt 523 525. Prädicatives Adjecti- vum 515. 522.

Adjectiva in -ja 281. 503.

Steigerungsformen 312 314.

Zusanmfiensetzung 295 299. Adverbialbildung 317—332. Adverbien adjectivische 318 322.

pronominale 327—332.

Steigerung 315.

substantivische 323 325.

verbale 326. (B 89.

ae 35. 37.

€ei 105. i06.

(ßre, er Suffix 271.

after 333.

age zusammengezogen 26. 33.

ahe zusammengezogen 33.

ahte 336. 338. ahtode 338. dhtouwe

336. ai alter Diphthong 12. 123. 124. ai Umlautzeichen 22. 89.

588

denne 328.

der diu daz 482—484. der {dar)

491. der Präfix 302, Suffix (tra) 272. des (Genit.) 483. (Adverb) 328. dest 19. 25. dester 213. 483. dewht 386. ^ieti/m 128.

deweder 497. d««?«?^ 498. dh 191.

Ji (= dir = dich) 473. dtcA, (2in diner dines, dir 473. <ii<j « der 482, = dii* 482. dien (D. Plur.) 484. Diphthonge neue 105. 106. 108. dirre 485—487. 520. dirU drite 214. 338. dise 485. di* 197. 485. diu (Instrum.) 483. diutsch 184. diz ditze 485. 328. docfc 328. dd^to 121. 386. dorfte dorhte dorte 416. drtsjen 427. dreien 350. dreschen 349. drt 336. dn« 339. driuwen 355. drou (dritt) 133.

druften, drusten = drohtin 175. 153. dt 199.

du duo 71. 473. Dual 474. duhte 386. dünken 386. duo == do 137. dür/en 416. dürkd 228. du« 328. dt;andt7a 285.

£.

e europäisches 7, im Oberdeutschen 39-45, im Mitteldeutschen 46 53 ; Reime mit Umlaut -e 41 ; gedehnt 42. 51.

e Brechung von i 54.

e Umlaut von a 20—22. 27 29. 31; gedehnt 32.

e fremdes 40. 47.

e irrationales 78 81.

e Aussprache 41. epithetisches im Perfect 374, in der Declina- tion 448. 452. 454. 483, epen- thetisches 86, apocopirt vergl. Apocope.

e aus e {ei) 123. 124. e zu a 44. 49, zu 0 44, zu ei, te 48. e aus 0 67.

e (Monophthong aus ei) 96—103.

e Umlaut von d 89. 93.

e durch Dehnung 32. 42. 51, durch Verschmelzung 34. 43. 52. 356.

e für i 107, für ie 135.

e zu d 101, zu i 34. 97. 99, zu ie 103. 356.

e, er 335.

e&e, ob 324.

ec Suffix 275.

ecÄ, eÄe Suffix 280.

ecker Adv. 319.

Ecthlipsis 156.

ede Suffix 263.

eder, edo eddo 331.

ehe verschmolzen 52.

e^e Suffix 280.

eht Suffix 264.

eht et Adv. 319.

ei alter Diphthong 123. 124, neuer Diphthong 105. 106. 108, ei zu e verengt 96. 98. 123, ei und e im Perf. 354, ei für a 29, für e und i 48, für e (Umlaut) 22. 29, für (B 89. 95, für e 100, für ie 131. 136, für öu (eu) 126. 128,

589

zu eu 124, ei für frzs. ai, oi 123,

ei aus Zusammenziehung 26. 33.

53, ei mit ou wechselnd 124. eie Substantivsuffix 259. Eigennamen declinirt 468 470. ein 336. 492. 508. 516. 521. einic 492. einlif 336. Einschub vocalischer 86. 87, oon-

sonantischer 157. einweder 497. eischen 360. elf 102. 336. eÜiu 504. 506. 507. em, eme Dativ zu er, ez 476. emmer 123.

en ßne enen Accus, zu er 476. ew in 1. Sg. Präs. Ind. 367. 396.

in 2. PI. 368. 370. 371. 375.

376. 396-398. 403. 409. in

3. PL Ind. Präs. 369. 396. €w, ene im Partie. Präs. 373. 401. en apocopirt in der Declination

449. 454. 458. 460. 505. en für ne 215. enbinnen 333. enchein engein enhein 492. Enclisis 19. ende Copula 327. endic Suffix 275. Endungen der starken Conjug. 366

376, der schwachen Conjug.

395—405. Endungsvocale 76—84. enelende 218. engein 222. 492. enk enker 474. 480. enlende 218. ent Präfix 291. 302. ent in 2. Plur. 368. 370. 371. 375.

376. 396—398. 403. 409. in

3. Plur. 369. 370. 375. 376. 396. enweder entweder 497. enwiht 494.

Epenthesis, Epithesis 157.

er Pronomen 476. Possessivpro- nomen 481.

er Präfix 302, Suffix 271.

er Pluralsuffix 449. 454.

er = her, herre 81. 83. 248.

^r 335.

erhit Arbeit 99.

erde 461.

ere 461.

erkunnen 426.

ern (Zeitwort) 357.

Ersatzdehnung 42. 215. 347.

es (Genit.) 476. 478.

es 2. Sg. 368. 370. 395. 397.

esse Suffix 267.

ete etes Präfix 331.

ete Suffix 265.

eteslich etslich eüich 495.

etestoer etewer etwer 496.

eu alter Diphthong 129, neuer Diphthong 105. 106, eu neuea gereimt auf eu (öü) 129.

eu für e 29, für ei 124, für ü 73.

eu Umlaut von ou 128, von u, o 66. 69, von ü 122. 126.

eu zu ei 126. 128;

Explosivlaute wechselnd 151—163.

ez Dual 474. Pronomen Neutr. 478.

F, vgl. T.

f, V 172—177.

f aus ph Pf 169—171. 177. für v

172. 173. 177. f ausgefallen 175. f zub 163, zu p 163, zu pf 169.

171, zu ch 153. 233. 238. f und ch gereimt 233. ff für f 175, für i>/ri>JR> 175, aua

Assimilation 175. faut 69. fiwer fiuwer füwer füer füir 86.

129. 132. 181. fliuge 129.

590

flöh 462.

fluo 452.

fluochen 138. 359.

fome furne 241.

Fragepronomina 489 491.

fränkisclie' Lautverschiebung 149. f.

fregen 93.

Fricativen wechselnd 153.

ffiunt fritoent frünt frunt 129.

130. 132. 465. frö frou 109. ft aus ht 175, zu hty cht 153. 175.

233. 241. fügir fmr 132. 224. Futurum 429. 433—436. Futurum

exactum 436. fv 176.

G. g 220 226. g xmdj wechselnd

150. 220. 222. 224. ^ und X;

im Anlaut wechselnd 220. 222.

g auslautend 221. 226. 232.

g palatales 221—224, auf- gelöst 221. 225. g aus h 162. 221. 224. g für ch 223. 225. 226, g zu ch

233—235. g für k (ch) im Auslaut 225, g zu

k 220. 221. 226. 229. 231. g für w 224. g und v reimend 224.

w füi g 181. 221. g Suffix 275. gäbe 461. ^on gunnen 412. ^an Präfix 291. </an gen gein gien 352. 357. gangen 357.

Gaumenconsonanten 220 246. ge Präfix 79. 292. 298. 303. 373.

405. 432. 437. gehen 43. 347. gehurt 461. gegen 335. ^e^on^ ^e/ia^ 394.

gehen 245.

geMzen gehizzen 99. 360.

gekonst 414.

^fZaÄt (Partie.) 390.

geloüben 383, ^e2et<&en 128.

Gemina im Auslaut zur Simplex

154. 168. gen = gehen 43. pewer 488. Genitiv apocopirt 448. 454. Gen.

Plur. schwach 449. 451. 462. 454.

weiblicher Genit. in in der

Composition 306. ger 459. ger = ger 102. Gerundiv 372. 400. gesät 197. geschehen geschien, Perf. geschiede,

Partie, geschiet 424. Geschlecht der Substantiva 308

311, schwankendes grammatisch.

Geschlecht 309—311. geschüt 53. gesin 364. 365. gestaten 426. getouge 133. getrmoe 130. getzuoe getzwat 495. gewahen 351. gewesen gewest 365. Gewichtveränderung der Vocale

12—14. getvizzen gewizzet gewist gewest 419. ^^ 221. 223. 226. 226. ggh 223. gh 222. 223. pfX; 232. gi (ihr) 474. ^ie 357. gimme 461. ginnen 406. ^2»c^en 426. go Präfix 83. gotgehe, gotquU gotspricht, got-

weiz 326.

591

grammatischer Wechsel 151. 152.

221. 224. greve 93. Grimms Lautverschiebungsgesetz

146. f. gt « ht 223. güd 217. gunnen 412. gunde Perf. zu ginnen 406, zu

gunnen 412. gung 357.

•Gunirung 12 14. Vgl. Diphthonge. Gutturale 220-246. gutturale Suffixe 275—282.

H.

h 241—246.

h ausgefallen 241. 244. 245. ab- gefallen 242. 246.

Jh für ch 234. 241. 243. 246. zu ch 233. 234. 236. Ä mit ^f wech- selnd 152, mit j 241. h ver- treten durch w 181.

7t Aphäre8is241.243, prothetisches 241. 243, diakritisches 241. 245.

Jh aus Sibüation der Gutturale 151. 241. 243.

Jt Dehnungszeichen 245.

h Suffix 280.

haben 394.

haft (Adj.) 295. 296. haftec 296.

Mhm 357.

halm =^ heim 44.

halt 326.

hän 394.

hangen 425.

hant 453.

har = Äer 44. har Interjection 341.

häte hatte 394.

hcste (2. Sg. Ind. Perf.) 394.

he hei hie (Pron. == er) 476.

Aß&en 424.

hei 341.

Aßt'de 461.

heil (Interject.) 342.

hein = ncÄci« 492.

^i^ in Zusammensetzungen 290.

heizen 360.

7i«^e 102. 123.

heUe 461.

/ieZm 459.

Äer «= er Pronom. 476. Adv. 330.

her, here = herre 102.

Äerrc 96.

Äcrjsre 463.

het hete hette 394.

hetd)et 128.

M& BS ^iete? hie 163. 361.

Äier 330.

Mete 394.

Äiit^ 99. 123.

him, hin (Dat. Acc. zu he = er)

476. /iin hinnen Mnden hinten 330. Äirrc, hirschen 99. %mre, Tiiu^e 324. 330. hl zu Z 211. hn zu n 215. Hochton 17. homogene Lautverschiebung 153.

homorgane 151. 152. houwen 361. 425. hr zu r 213. Äs zu SS 207. 244. Ä« 241. 243. ht zu cÄt 233, zu st 208, zu t 244,

Ä^ und /K tauschend 153. 175.

233. 236. 241, zu th umgestellt

194. 195. 202. himt hundert 337. huz = hiez 53. hw zu w 178, zu Ä 242.

L

i echtes altes 54—57, gebrochen

54. 56, gedehnt 55. 57. i aus e erhöht 7. 39. 47. 347—350,

592

gedehnt 42. 51, i und e gereimt

39. 46. i aus i 104. i fremdes 55.

i irrationales 81. i für Umlaut-6 22. 29. i zu 0 und u 50. 57, zu ü 45. 55. i verkleinerndes Suffix 281. i-Klasse der Substantiva 258. 450.

452, der Verba, ablautende

354, reduplicirende 360. * 104—108, diphthongisirt zu neuem

ei 105. 108. i aus Dehnung 55. 57, aus Ersatz- dehnung 42, aus Verschmelzung

43. 52. 55. i gekürzt 104. 107. i für e 33. 34. 97. 99, f ür e = «

95, für fremdes e (B cr 97. I für ie 134, für iu 122 ; i und iu

wechselnd 129. i, in in Feminin stammen 462. . i Interjection 341. i, ie = ir (Pronom.) 474. ic Adjectivsuffix 275. ich Pronomen 471. id^ein ikein 492.

id Suffix 263. ide eide Suffix 263. idermdch 493.

ie Brechung von iu 131. 134—136. ie aus e früh diphthongisirt 103. tc' neueres für e (Umlaut) 29, für

e = « 95, für e 97, für i =

100, für i 107. ie für e 48, für t (vor r und h) 45. ie aus Verschmelzung 53. ie zu ei 31. ie Adverb 131. 325. «6 Substantivsuffix 259. ieder iedeweder ietweder 497. iegelich iegeslich ielich 495. iegeweder iegweder 497. ie/»t ieweht iht 494. ieman iems iemt 493. ter^ Infinitive 256.

iergen 332.

te«Ztc/t ietlich ietslich 495.

ietoeder 497.

ieu^ei^A 498.

iöWJcr 496.

ifteswanne 331.

i^^ t'At« 494. t^tti« 452.

im im« 476.

Imperativ 371. 398. 412. 413. 418.

Imperativische Namen 307.

in zu un gereimt 50.

in Präpos. 333.

in Suffix 274. 281.

in ine inen (Acc.) 476, in inen

(Dativ) 479. inä Suffix 274. ine Suffix 276. inchevn inkein 492. vnde Copula 327.

Indicativ Präs. 367—369. 395. 396. Infinitiv 372. 399. imge Suffix 277. inne Suffix 274, DecHnation der

Femin. in inne 460 462. innen inner 333. Instrumentalis 441. 448. 452. 483.

506. Intensivbildungen 256. Inteijectionen 341. 342. Interrogativa 489 491. io = ie Adv. 134. ir (Pron. 2. Pers.) 474. ir Gen.

Dat. Sg. 477; Gen. PL 479.

ir Possessivpron. 481. Irrationale Vocale 76— -84. irste 99.

is Genitiv = es 478. isch Suffix 278. ist 364.

istic istikeit 275. ib (Pronom.) 197. 478. it = iU 494. ite Präfix 293. 298. 303. Iterativbildungen 256.

593

itetoiz 104.

iu alter Diphthong 129—136. Aus- sprache 129. zu ie gebrochen 131. zu eu gewandelt 106. 108. iu für eu (öu) 126. zu w verengt 130. 132.

iu ou ü wechselnd 125.

iu und i wechselnd 129.

iu Umlaut von ü 119.

iu Dativ 474.

iuch iuwih 474.

iur iuwer (Gen.) 474. Possessiv- pron. 480.

iuw zu ouw 133.

iuweht tut 499.

iwe : iuwe 129.

iwe iuwe ouwe im PI. Perf. 354. 356.

iz =:s ez 478.

J.

j 239. 240.

j Aphaeresis 239. j aus d 186.

189. j mit g wechselnd 162.

220. 222. 240. j mit Ä und

w wechselnd 163. 240. ja Suffix an Verben 254. 255. 361.

377. an Nominibus 257. 281.

292. 446. 451. 455. 503. ja Suffix 281. 451. 462. ja Interjectlon 342. jagen 426. jan Suffix 281. 458. jcm Suffix 281. 460. 462. järä järid 341. 342. jehen 220. 348. 424. jener 488. 520. j6 341. 342. joh joch 342. 341.

K, C (vgl. C, Ch).

k 227—232.

Ä; für ^ im Anlaut 229. für ch, h 232. Wein hold, mittelhochd. Gramm. 2.

k, ch ausgefallen, eingeschoben 231.

k im Beim 228.

k unverschoben 230.

k aus qu 227. 229.

k vertreten durch z 203.

k Suffix 278.

kan kunnen 413.

Kardinalzahlen 336. 337. 616.

käre karte = kere kerte 97. 101.

Kasusverhältnis in der Wortcompo- sition 286.

kegen 229.

kein 492.

kd 461.

keren 97. 101.

kerren = keren 96. 102.

ketine 461.

keufen 128.

kirsten 214.

kk ck 228. 231.

klagen 426.

kneste = knehte 153.

komen 227. 229. 349. 424.

Komparation der Adjectiva 312 316.

Komposition 283—307. Form 284. 286. Tonschwächung 78. 80. 82. uneigentliche 306. Kompo- sitionstheile , ihre Bedeutungs- beziehung 284—287. Kompo- sitionsvocal 288.

kon »» komen 62.

kone 4A.

Konjugation 344—439, starke 346 —376, schwache 377—406, Mischungen 406—427. En- dungen 366—376, 896—406. Bildung der schwachen 265. 346. 377. ff. Bedeutung der Klassen 255. 377.

Konjunctionen 327—332.

Konjunctiv 370. 376. 397. Kon- junctivische Form im Indicativ 362. 394.

Auf). 38

ii

594

Konsonanten 145 246. Ein- theilung 145 Ausfall 15 Umlaut 154 Verschiebung 146 150. homorgane Verschiebung 151. 162. homogene 153. Wir- kung auf Vocale 11. Vgl. femer die einzelnen Konsonanten.

konste 414.

Kosenamen 266. 270.

koufen 383. 427. keufen 128.

kröne 451. 461.

et für ht 230.

kunnen künde 413. 414.

ktto 452.

kurre 50.

hurt 194.

Kürzung der Vocale 16.

kw und tw wechselnd 153. 187. 229.

L.

l 211. 212.

l ausfallend 211. 212. für hl 211.

für r 153. 211. 212. mit m und

n wechselnd 153. 211. 212. 218.

Umstellung 212. l Suffix 256. 269. 270. lach Iah Imperativ 358. Iahen 426.

Labiale Konsonanten 169—183^ Labialsuffixe 260—262. lach loh Imperativ 358. lach lech lieh CoUectivsuifix 280. laden 426. län läzen 358. Landnamen 470.

lären lärte = leren lerte 97. 101. 'lare in Ortsnamen 89. Lautabstufung 155. 192. Lautverschiebung 147 - 160. 151

153. lauwe Löwe 133. lech Suffix 280. lecken 348. •leihen -louhen in Ortsnamen 124.

leidei' 342.

leie in Zahladverbien 340.

les 348.

lesen 348.

leufen 128.

Uwes 342.

Ih zu l 244.

li lin Suffixe 281.

liehe lieh 16. 107, in Zusammen- setzung 295—297.

lie 358.

lif in Hnlif zwelif 336.

ligen 39. 348.

lUjerösevarwe 305.

lin Suffix 281.

linc Suffix 276.

Linguale Konsonanten 184—219. Linguale Suffixe 263—274.

Lippenkonsonanten 159—183.

liquidae Nebenton 11. 86. Wechsel 151. Wirkung auf Vocale 11.

liugen 129.

liup 129.

U 211. 212.

loc 459.

laufen 361. leufen 128.

loukenen 231.

luben lubnus 72.

lüchen 117.

lücte = lüte Hute 231.

lüge 462. lügetrügeUch 306.

M.

m 182.183. ausfallend, eingeschoben 182. m zu n 182. 216. 218. 505. m und n gereimt 216. 218. m aus Assimilation 182. 183. m mit l wechselnd 153, mit w 178. 183. & für w 161. aus ben wird m verschmolzen 182.

m Suffix 256. 262.

nmc magen mugen 409.'

mdc 459.

machen 426.

595

magedin 282. maget 452.

mähte mohte 410.

mähte (2. Sg. Ind.) 409.

mal in Zahladverbien 339.

maUich 212. 493.

man (Subst.) 466. (nnbest. Pron.)

193. manec 493. 508. 520. mannegelich mannecUch 493. ^art == mar cht 231. Masculinum schwaches 458. starkes

447—450. mdze 461. wft 182.

Medialaspirata 148. Medium 431. megen 409. ich meine 326. menegin menigin 462. nwr = wir 472. wierre = werre 96. Metathesis 158. 250. mich, mir, min mines miner 471. miete 103. mile 451. minne 461. Mischungen starker und schwacher

Tempusformen 406 427. starker

u. schwacher Deolinationsformen

459. 461. 463. misse 300. mit 334.

Mitteldeutsch 2. 4. Mittelhochdeutsch 1 4. mitteme 316. ww 182. mm gereimt mit nn 219, mit nd

219, mit ng 183. mp und w* gereimt 216. müezen 417, zur Umschreibung des

Futurums 434. mugen 409. mal 462. twwn = mugen 409.

muose muoste 417. WMO^er 464. mwo;? 417. mtire 461.

N.

n 215—219.

n im Anlaut aus hn 215, vorge- schoben 215. 217, eingefügt 216, ausgefallen 215. 217. 401, ab- gefallen 215. 217. 364. 372. 399. 458, umgestellt 215.

n guttural resonirend 219.

n mit l wechselnd 153. 215. 218, n aus m 182. 216. 218.

w-Stämme declinirt 456—463.

w-Suffix 256. 273. 274.

naht 461. 467.

nakehür 229.

nälde 211. 212.

Nasalirung 157. 215. 216. 217. 250.

nauwe == niuwe 133.

nd und ng gereimt 219, wechselnd 186. 219.

ne 19. 215.

NebensJlben, ihr Vocalismus76— 84.

Nebenton (Accent) 17.

Nebenton der Liquidae 11. 86. 129. 132.

negen nehen neken, nahen 93.' 230.

nehein nihein 492.

neizwer neizwaz 496.

nen = n,emen 43.

nesse Suffix 268.

newisre newer nur 326.

neweder 497.

ng Suffix 276. 277.

ng aus nd nt 186. 219. ng mit mm gereimt 183. 216.

nicht niewiht 494.

nieman 493.

niere 103.

niewan 319.

niht niwiht nit 494.

38*

596

nisse Suffix 268.

nitniuwe 215.

niuht 494.

niun 129. 336.

niur 129.

nitoan 319.

nn 216.

nn gereimt mit mm 219, mit n(2

216. 219, mit ng 216. 219. noch dSl, nömen 31. Nominale Declination der Substan-

tiva 440—470, der Adjectiva

600. Ö08— 515. 523—525. Nominalsuffixe 257—282. Nominativ Sg. der schw. Femin.

dem Accus, gleich gemacht 460. naufart 215. nouwe = niuwe 133. nt und mp gereimt 183. 216. nu nuo 71. 331. nun 216. 331.

nuä nurä 341. 342. nüehtem 274. nimen 31. nur 326.

nu8 nusse Suffix 268. nu^ ^=^ numst numft 153. nöst nüschet nützet = ni^^e« mTi^

494.

0.

0 europäisches 7. 58 69. 0 Brechung von u 72. 74. 0 aus a 23. 30, zu a 60. 67.

aus e 31, zu 6 67.

aus i 50, aus we 44. 57.

zu u 58. 59. 63. 72. 74. 0 gedehnt 62. 68. 74, gekürzt aus

6 (ou) 125. 0 irrationales 83. 0 Adverbialendung 318. 6 alter Steigerungsvocal 12. 351.

erhalten im Nominalsuffix öd öt

263.265, in der schw. Conjug.381,

in der Adjectivcomparation 312.

313, zu uo diphthongisirt 137, 6 aus ou 109—116. 125. 127.

zu ä 115, zu ou 110, zu u 110.

114. 121, zu ue ui uo 114.

umgelautet 111. 116. 6 neues aus ä 88. 90. 6 dialecÜich aus uo 141. 142. ö gedehntes o 62. 68. 74. 6 Interjection 341. 6b obe o/*(Conj.) 324. —ob (Präpos.)

334. och Interj. 341. och = ouch 125. ode oder 331. öde Suffix 263. ö Umlaut 61. 66. 75. ö für e 22. 29. (B Umlaut 111. 116. oe für 0 65, für ö (ou) 113, für

ö (ä) 91, für ü 121, für uo 143. of (Conj.) 324. off 122.

ofte ove oder 331. oht ocker 319. oht Suffix 264. für ö(ou) 113, für of^wo; 143,

für ö (^a; 91, für ü 121. aus

Zusammenziehung 69. ocker 319. oZ(2e 331. oldei Suffix 263. Ol» omc (Dativ) 57. 476. öme 463.

on onen (Acc.) 57. 476. or (Gen. Dat. Sg.) 477. (Gen. PI.)

479. (Possessivpron.) 481. Ordinalzahlen 338. öre 463.

Ortsnamen flectirt 470. öt Suffix 263. öte 265. ou alter Diphthong 125 128, neuer

Diphthong 105. 106. 108. 118. ou zu ö verengt 109. 112. 125.

597

ou umgelautet 126. 128.

au tu ü wechselnd 125. ouw für üw (iuw) 133.

ou für o 110. 113, für ö (ä) 91, für 0 64.

ou Umlaut 126. 128, für iu (Um- laut von w) 119, zu et 126. 128.

oz ez 478.

P.

p 164—168.

j? im Verhältnis zu 5 159—161. 163. 164. 166, im Anlaut fremder Worte 164, im Anlaut für f 165, im Auslaut für / 163.

'g unverschohen 164. 165. 167. 168.

'p und i wechselnd 153, 5.

Paradigmen der st. Conj. 366, der schwachen Conj. 379. 380. 393, der st. Declin. 443—445. 447, der schw. Decl. 457. 458, der adjectiv. Declin. 501. 502.

Participium Präs. 373. 401, ahge- schliflfen 373. 401. 428, comparirt 312, dedinirt 465, in Umschrei- bungen 428. 429.

Participium Perf. P. 373. 389—392. 405, in 6i ot 381.

Partikelcomposition mit Adject. 298. 299, mit Substant. 291—294, mit Verben 301—304.

Passivum 430.

pb 162. 167.

Perfect Bedeutung 437. 438.

Perfectbildung starke 346—361, schwache 378—388, in den Prä- teritopräsentibus 408 421, um- schrieben 439.

Perfect Endungen st. Conj. 374 376, schw. Coiy. 402—404.

Personennamen declinirt 468. 469.

pf, ph 169—171. Spaltung in pf und f 170. 171, zu. f durch

schlechte Aussprache 174. 175, für f 169—171.

pfenden 426.

pßfen 425.

pflegen 348.

Plusquamperfectum 437.

Possessivpronomina 480. 481. 508. 516. 519.

pp 164. 167.

Präpositionen 333—335, adverbiale Stellung der Präposition zum Verbum 304.

Präsens umschrieben 428. 429. 432.

Präsensendungen 367—373. 395— 401.

Präteritopräsentia 408—420.

Primäre Stammbildung 252. 260.

prisen 426.

Proclisis 19.

Pronomina 471 499; demonstra- tive 482—488, fragende 489— 491, persönliche 471—479, rela- tive 491, unbestimmte 492— 499.

Pronominale Adverbia 327—332.

Prothesis 157.

Q.

qu 229. Wechsel mit tw 153.

187. 229. qusden 348. quemen 229. 349.

r 213-215. Abfall 213. 214, Ausfall 213. 214, eingeschoben 157. 213. 214, umgestellt 213. 214.

r aus d 214, aus hr 213, mit l wechselnd 153. 211. 212, aus s 151. 207. 213.

r in schrirn spirn 354.

r Suffix 256. 271.

r(ise 178.

rät 452.

598

re Suffix in Ortsnamen 214.

reden 348.

Keduplication 248. 356.

Keduplicirende Verben 356—361.

Keflexivpronomen 431.

Keime zwischen a und a 24. 32, e und a 49, o und a 30. 60. 67, 6 und a 88. 90, d und au 125 zwischen e und e 42, e und i 47, e und e 42. 51, c und e 32, « und i 29. 46 zwischen (B und e 88 zwischen i und % 51. 55. 57, i und m 45, i und ie 45, t und u 50, zwischen t und ie (i) 134 zwischen o und 0 (gemein m) 59. 63, 6 und o 62. 74, 0 und o (=r uo) 141 zwischen u und i6 74, uo und u 59. 71, Ä und ü (= tw, == uo) 130. 132. 140, wo und ü 117, zwischen ü und üe 73 zwischen h und t? 162, 6 und f 163, s und z 204. 205.

Keime homogene 160.

Kelativum 491.

rht zu rt 244.

ncÄe ncÄ 16.

Kipuarien 149.

nter ritter 104. 107.

rob 163.

rot^e 451.

roufen 380.

roMtoe = n'Mit'e 133.

n- 214.

rf für rft 175.

rücfce 459.

Kückumlaut 384.

ruochen 383.

rwo/ew 138. 359.

S.

8 206—210. Abfall im Anlaut 250, grammatischer Wechsel mit r löl. 207. 213, euphonisches s

157. 208, scharfes s aus z 204, 8 zu z 205. Keime zwischen s und z 204. 205, s, 88 für 8ch 206. 210, scÄ für 8 210.

8 Suffix 256. 267.

'8 Endung der 2. Sg. Prs. 368. 370. 395. 397.

8är 8dn 329.

= 80 115.

8äl = scaZ 411.

8äl, 8el Suffix 269.

salben 427.

s<^Z£?c 461.

Salfranken 149.

salzen 427.

sam Adv. Conj. 329. samen 329.

-som Adj. 295. 296. 316.

sammirgot 326.

Satznamen 307.

sc seh 206. 208. 210. seh für s 210, für st 210.

sc, 8ch Suffix 278.

schaden 426. 427.

scÄa/it in Composition 290.

scal schal 411.

schände 461.

scÄar 461..

sc^aee 261. 459.

Schemen 349.

schenken 426.

Sehern 351.

ac/ioZ schold^ 411.

scÄre 5CÄr6* 96. 354.

schrien 425. scÄnrn, scÄrtwen sc/irut(;en 354.

Schriftsprache mittelhochdeut8che4.

sc^usc/iett 205.

schwache Declination Konjuga- tion, vergl. Declination, Konju- gation.

Schwächung der Endungen 74 86.

schwebende Betonung 17.

8e Interj. 342.

selbe 327.499. selben selber selbes

599

471. 473. 475. 499. selbt 499.

selbic 499. sele 461. selfgot 326. selp 499. selken 350. seidde 411. si si siu 477. 479. si&ew 336. sibenzic 337. Sibilation 151. 204. 205. 241. 243. sich 475. sider 322.

5ie (Pronom.) 477. 479. sie (Conj.) 364. sige 459. sigenunst 153. (Conj.) 364. 627iein sichein 492. Simplex für Gemina 154. 168. sin siner sines (Gen.) 475. sin Zeitwort 363. 364. sint (3. Plur.) 364. sint Sit Adv. 322. sinte = sewfc, sanct 47. 5ite 459. 5i*;8rew 39. 348. siu (Pronom.) 477. 479. slaffen 88.

slen = slän slahen 33. so 327. söhelfegot 326. somirgot

326. so weder so 497. so w?eZt/i so 498. so K^er so 496. so5tw 50. 336. so getan 495. sohein 492. soZ soZw 411. söl zur Umschreibung

des Futurums 433. solh 327. soZo^e 495. sorge 461. so^te 411. spe spei 96. sjpien 425. spirn 354.

sprechen 348.

SS 207. 209.

SS Suffix 268.

st' Suffix 264.

s* für ht 208.

s* durch scÄ vertreten 210.

StammbiJdung primäre, secundäre

252. 260. suffixlose 248—251,

durch Suffixe 252—282. Stammform des ersten Theils der

Composita 284. stän sten stein stin 352. standen

353. stechen 348. stehen 245. Steigerung der Adjectiva 312—316,

der Adverbia 315, anomale 315. Steigerung der Vocale 7. Sternen 348. 349. Sterne sterre 214. sto stv/nt in Zahladverbien 339. Störungen des Ablautverhältnisses

im Perf. 350. 354. 355. stouben 383. stunde 461.

stunt in Zahladverbien 339. stuont stuot 353. straffen 88. sträle 451. stroufen 383. SU 452.

Substantivcomposition 289 294. Substantivdeclination vergl. Decli-

natiou. süfen 117. 130. Suffixe 252—282; nominale 257—

282, verbale 253—256. Suffixvocal der schwachen Verba

377. 378. 381. 384-387. 397. sulh 327. sum sumelich 493. sümen 119. sun (suln) 411. sun (Sohn) 450.

600

sunder 327.

suochen 137. 383. 386. 392. Superlativbildung 312. 313. SWS 327. susä 342. suster 50.

Svarabhakti 11. 86. 87. sweder 497. stoelch 498. swer 496. swern 361. swester 464.

Syncope 18. 78. 79. 80. 314. 368. 369. 373. 451. 454.

im schwachen Perf. 382. 384.

386. 387.

im schwachen Partie. Perf. P. 390. 391.

Synizesis 19.

T.

* 192—202. * und d im Anlaut 184. 187. 192, im Inlaut 185. 193. t unverschobenes im Anlaut 192. 196, im Inlaut 193. 196, im Auslaut 194. 197. 504. •- gram- matischer Wechsel 151 t und p wechselnd 153.

t Abfall 194. 200. 369. 396. 403. 404. 413. Ausfall 193. 199.

t epenthetisches 193. 199. epi- thetisches 194. 200. 369. 370. 375. 376. 395. 403. 404. 409. 411.

t- Suffix 264. 265.

ta te im schw. Perf. 378. 386.

387. 402.

tac tage in Zusammensetzimgen290.

tar turren 415.

tar ter Suffix 272. Stämme in

-tar declinirt 464. taete 2. Sg. Ind. Perf. 362. t€eten = täten 362. td 199.

Tempora umschrieben 432 439. Tempusbildung starke -346 361,

schwache 377—394.

tete 362.

th 195. 201. th für ht 195. 202

thd tu tth 201. 202.

Thüringen 149.

Tiefton 18.

tiuf 129.

tohter 464.

'ton, 'tot im Plur. Perf. 403.

Tonschwächung 18, Tonstärke ver- ändert 17, Tonversetzung 17.

torste 415.

'tost (2. Sg. Ind. Perf.) 402.

touc 420.

toufen 126.

tougen 420.

tr zu dr 187.

tra der Suffix 272.

trahtin trehtin trohtin 72. 74. 274.

triuwe trouwe 125. 129. 133. 461.

trouwen 383.

trurec 119.

traten 119. 383.

tsch 205.

tschuschen 205.

tt 193. 199.

tagen 420.

tuo (1. Sg. Ind. Präs.) 362. ~ waz du tuo ebd. (S. 379).

tuom in Zusammensetzungen 290.

tuon 362.

turnt 183.

turren 415.

tüsent 337.

tuwer 132.

tw und kw wechselnd 153. 187. 229.

U.

u altes 70—75, gebrochen 72. 74.

u-Stämme 258. u aus 0 58. 59. 63. 72. 74. u gedehnt 68. 74. u aus t^ 121. u verschmolzen aus w'e m 50. 55. 57. u aus a 31, aus i 50. u irrationales 84.

601

n umgelautet 61. 66. 73. 75.

t(- Klasse der ablautenden Verba

355, der reduplicirendQn 361. ü 117—122.

ü für iu 130. 132. für uo 140. ü diphthongisirt zu neuem ou au

105. 106. 108. 118. ü iu ou wechselnd 125. ü gekürzt zu u 122. ü aus Verschmelzung 53. ü umgelautet 119. 122. ü für ä 90, für ö 110. 114, zu 6

121. ü Umlaut 61. 66. 73. 75. u für i 45. 55.

Übergangsklasse der Verba (a o) 351. tJbertritte aus der st. in die schw.

Declination 458. 460. 463. uch (= iuch) 474. ue für ü 120. 132, für 6 114, für

0 65. ue für uo 137. 143. üe Umlaut 138. 143. für ü

61. 73. üf 117. 130. uff 122. uffen 74.

üger, üher = wwer iuwer 480. ui für iu 132. für uo 137. 143.

für u 120. 132, für 6 114, für i 50.

um ume (Dativ) 476.

um = ung Suffix 182.

Umlaut 9. 21. 27. 28. Umlaut unterscheidend für Adjectiv und Adverb 318 Umlaut in der Declination der Masc. 446. 449

in der Ablautklasse a 6 der Verba 351 in der 2. Sg. Ind. Perf. 358. 368 in den schw. Zeitworten 382. 383 im Ind. des schw. Perf. 381. 384. 388, im Conjunctiv 383. 388 im schwachen Partie. Perf. P. 890 —392.

Wein hold, mittelhochd. Gramm. 2.

Umschreibung des Verbalgenus 428

431, der Tempusformen 432

-439. un unen (Acc. Sg.) 476. (Dat. PL)

479. un Präfix 294. 299. un auf in gereimt 50. unc Suffix 277. unde 327. ünde 451. 461. unge Suffix 277. Declination der

Femin. in unge 461. uns unsis (Dat.) 472, uns unsiJi

(Acc.) 472. unse unser (Possessivpron.) 480. unt Präfix 84, Suffix 84. unte (bis) 334. unz 334.

uo Steigerungsdiphthong 137 144 '' umgelautet 138. 143. - mono-

phthongisirt zu ü oder ö 140

—142. uo für ü 117. 120, für u 59. 71.

für 6 114, für o 59. 64. uo Präfix 294. 299. uoben 138. 383. 392. ur Präfix 294. 299. ur (Gen. Dat. Sg.) 477 (Gen. PI.)

479 (Possessivpron.) 481. ür == üwer iuujer (Gen. PI.) 474.

(Possessivpron.) 480. Uwe üwer (Possessivpron.) 480. Uwe : ouwe 133.

T, vgl. F.

V und f in der Schrift wechselnd 172. vzxLf geschärft 173. 174. 175. 177. 17 für /• (pf) 173 V (f) als w geschrieben 174.

V = 176 r im Verhältnis zu 5 160. 162. 173.

vähen 357.

van von 23, 30. 333.

vater 464.

Aufl. 39

602

vehte 461.

vehten 349.

f)en = van vdhen 33.

ver vor vür Präfix 79. 292. 303.

ver für vür 78.

ver vor Verstümmelung von vrou 78. 80. 83.

Verba starke 345—361, schwache 255. 377-392.

Verbaladverbia 326. 342.

Verbalsuffixe 253—256. Verbal- zusammensetzung 300 304.

Verbum vgl. Konjugation.

verglichen 425.

Vemer 7. 149. 151.

vernunst 153.

verre 214.

Verschmelzung 19. 24. 25. 33. 43. 52. 53. 57. 69.

versihen 425.

veste vesten vestin 462.

veunf 73.

vf X76.

vtant 26. 37. 465. vtnt vint 107.

wmf 336.

vmster vinsterin 462.

virebü 87.

vlegen » i7Ze^en 221.

vlehten 349.

vUehen 355.

Vo«ale, allgemeine Erscheinungen 5—19.

Vocalgewicht verändert 12 16.

Vocaleinschiebung 11.

Vocalspaltung (a : e o) 7.

Vocalzerdehnung 35. 36.

Vocativ 511. 517.

voget : voit vout faut 69,

voUe in Zusammensetzung 300.

voUer 515.

vor vür 292.

vor = ver Präfix 83.

vor = vrou 83.

vorehil = t?re6i? vrevel 87.

«orÄ*« 461.

Vorlehnung 19.

vout = w^ct 69.

vreischen 360.

vn'de 459.

vrttm* 465 vgl. friunt

vrou vrouwe 78. 80. 83. 460.

vroude 126.

vugir vügr 132. 224.

vürhten 426.

m; 178—181. anlautendes hw zu w 178, wr ZM r 178. 213, md. wr bewahrt 180. wiüxv 174. 176, für h 181, für g 181. 221, für j 240 w zu ^r 224.

w zu 5 159-162. 178 w wech- selnd mit m 178. 183.

w ausfallend 178. 181.

w zerdehnend 181.

w suffigirt 179—181. 261.

•UJO-Stämme 447. 455. wd-SiSjoame 451.

332.

toac^ Interj. 341.

wäge 461.

«;a^^eZ 178.

walten 425.

waw (Adv. CJonj.) 319.

wan wanne wände 332.

wan Inteij. 342.

wan gekürzt aus waMe (bis) 334

wan = rrurn 178.

^ande tcanne wan 332.

K^opne tr^en 326.

wange 463.

tränke ii^enfe 334.

wänu 342.

war 332.

trar&e warp in Zahladv. 339.

was 365. wasen (3. PL Pf.) 365.

wase = 6asc 180, ^^wrase, rase 178.

603

wat 197. 489. waz 489.

we wei wie (Interrogat.) 489.

we (Interjection) 342.

wech (Interject.) 341.

Wechsel grammatischer 151. 152.

Wechsel der Explosiven 153, der Fricativen 153, der Labialen 153, von j h w 153.

weder 490. 497.

wegen 335.

wegen 351.

weide in Zahladverbien 339.

weinen 178.

weiz 418. weizgotf wizze Christ 826.

weihen 427.

weih welich 490.

wellen woUen 421, zur Umschrei- bung des Futurums 434.

wein 427.

weit = werlt 213.

weite 423.

wenc 91.

wer Interrogativ 489. wer «=« swer 496.

wer = trtr 472.

werbe in Zahladverb. 339.

u;er(2en zur Umschreibung des Fu- turums 435.

weregot 326.

werl%nts=Bwerlt2\Q, wemt=werlt, wemklich wernUich Adj. 218.

wert = werlt 211.

1(769 332.

wesen 363.

tresse 1(769^6 419.

toi = tnV 472.

toi Interject. 341. Interrogat. 489.

wichen 425.

tcie wei = tre, wer 489.

wie Adv. 489.

wielich 490.

m^an^ 465.

iri^e 494.

wilt 421. toi/?^ 422.

wüch 490.

t(7tn6 t(7m 42.

ioisse wiste 418.

tiTit« Instrumentalis 489.

wizzen 418.

t(7oZc^ wolte 423.

t(7oZZm 421. tooZe (2. Sg.) 421.

irorÄfe 386.

Wortbiegung 343—525.

Wortbüdung 247-342.

Wortstämme 247.

Wortzusammensetzung 283 307.

woste wüste 419.

wr im Anlaut 178. 180. 213.

wundem 306.

wuofen 359.

wurken 386. 426.

Wurzeln 247.

Wurzelvocal verändert 250. 251.

wüst Partie. 419. wüste Perf. 419.

Z.

;? 203—205. Spaltung in z und s 204. ;? und s gereimt 204. 205. z in 8 gewandelt 205. z syn- copirt und apocopirt 204. 205. z für k 203.

Z' Suffix 256. 266.

Inteijection 341.

Zahladjectiva 340.

Zahladverbia 339.

Zahlworte 336—340.

zant 450.

'Zec 'Zuc 337. -zigeste 338.

zehenhunt 337. zehenzic 337.

Zeitformen vgl. Tempora.

Zeitworte vgl. Verbum.

zemen 348.

zer 'Ze Präfix 294. 299. 303.

Zerdehnungsvocale 33. 35—37. 92.

zeter 342.

zewcere 89.

zouh 355.

£ru, ;e:ur Präfix 294. 299. 303.

604

zu Inteijection 341. züber 57.

Zungenconsonanten 184—219. Zusammenrückang 300. 306. Zusammensetzang der Worte 283

—307. Zusammensetziuig verstärkende 284.

Zusammenziehung 19. 24. 25. 38.

43. 52. 53. 69. zusehen zwischen 55. 57. 335. zwei zwene zwuo 336. ztoir zms 339. Zwischenzahlen 337. 338.

Verbesserungen,

Durch ein unliebsames Versehen in der Bezifferung der Paragraphen des Manuscriptes, welches erst während des Druckes bemerkt ward, ist eine Eeihe von Citaten in der ersten Hälfte des vorliegenden Buches- nicht richtig. Man bittet folgende Verbesserungen auszuführen:

S. 22, Z. 4 V. u. § 499 1. 503.

»

>>

»

5>

»>

»

>>

>>

23,

,, 9

V.

0.

§ 458 1. 462.

29,

17

V.

0.

§ 384 1. 388.

34,

» 1

V.

u.

§ 390 1. 394.

94,

,, 4

V.

0.

§ 356 1. 360.

95,

10

V.

0.

§§ 348. 353. 358 1

. 352. 357. 362.

108,

4

V.

0.

§ 351 1. 355.

133,

,, 13

V.

u.

§ 260 1. 263. 266.

))

,, 12

V.

u.

§ 377 1. 381.

»)

10

V.

u.

§ 309 1. 313.

134,

,, 4

V.

u.

§ 377 1. 381.

148,

» 6

V.

u.

§ 213 1. 214.

149,

16

V.

u.

§ 233 1. 235.

150,

,, 6

V.

0.

§ 215. 217 1. 218.

219.

))

,, 9

V.

0.

§ 215. 218 1. 218.

183.

j>

5

V.

u.

§ 227 1. 229.

170,

15

V.

u.

§ 234. 241 1. 233.

236. 243.

178,

,, 6

V.

u.

§ 215 1. 216.

180,

3

V.

0.

§ 218 1. 219.

)>

,, 7

V.

0.

§ 468 1. 472.

))

,, 1

V.

u.

§ 219 1. 220.

203,

,, 14

V.

0.

§ 242 1. 241.

4t^/;8

^

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