i ^^56 HARVARD UNIVERSITY LIBRARY OF THE Museum of Comparative Zoology MITTHEILUNGEN AUS DER ZOOLOGISCHEN STATION ZU NEAPEL ZUGLEICH EIN REPERTORIUM FÜR MITTELMEERKUNDE. 10. BAND. MIT 40 TAFELN (1—22, 24—41) UND 2 ABBILDUNGEN IM TEXT, SOWIE MIT DEM AUTORENREGISTER ZU BAND 1—10. BERLIN, VERLAG VON R. FRIEDLÄNDER & SOHN. 1891—1893. Inhalt des zehnten Bandes. Erstes Heft. Ausgegeben deu 21. Juli 1891. Seite Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. Von Anton Dohrn Mit Taf. 1 — 5.) 16. Über die erste Anlage und Entwicklung der Augen- muskelnerven bei Selachiern und das Einwandern von MeduUarzellen in die motorischen Nerven 1 Untersuchungen über die Entwicklung von Nereis Dumei-ilü. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Polychaeten. Erster Theil. Von C. V. Wistinghausen. (Mit Taf. 6 und 7.) 41 Recherches sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Medi- terranée. Par C. Pictet. (Avec les Planches 8 — 10.) 75 Wie bohrt Natica die Muscheln an? Von P. Schiemenz. (Mit Taf. 11.) , 153 Über das Färben mit Hämatoxylin. Von P. Mayer 170 Zweites Heft. Ausgegeben den 30. December 1891. La Dolchinia mirahilis (nouveau Tuuicier). Par A. de Korotneff. (Avec les Planches 12 et 13 et une figure dans le texte.) 187 Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. Neue Unter- suchungen über das Nervensystem der Nemertinen. Von O. Bürger. ;Mit Taf. 14 und 15.) 206 Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. Von A. Dohrn. (Mit Taf. 16 — 22.) 17. Nervenfaser und Ganglienzelle. Histogenetische Unter- suchungen 255 Zur Kenntnis des Stoffwechsels der Fische, speciell der Selachier. Von E. Herter 342 IV Drittes Heft. Ausgegeben den Ifi. Juli 1892. Seite Contraetile und leitende Primitivfibrillen. Von St. Apathy. Mit Taf. 24.) 355 Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. Von R. v. Erlanger. (Mit Taf. 25 und 26 und 1 Holzschnitt.^ 376 Die Metamorphose von Esperia lorenzi O. S. nebst Beobachtungen an an- dern Schwammlarven. Von O. Maas. (Mit Taf. 27 und 28.) 408 Ricerche sullo sviluppo del sistema vascolare nei Selacei. Per F. Raffaele. (Con le tavole 29 a 31.) 441 Über das Färben mit Carmin, Cochenille und Hämatein-Thonerde. Von P. Mayer 480 Zur Kenntnis von Coccus cacti. Von P. Ma ver. Mit Taf. ;i2. 505 Viertes Heft. Ausgegeben den 1. April 1893. Intorno ad un nuovo idroide. Per R. Zoja. (Con la tavola 33.) 519 Sviluppo e Morfologia degli OxyrhjTichi. Per G. Cano. (Con le tavole 34 a 36.) 527 Über den Entwicklungscyclus der zusammengesetzten Ascidien. Von J. Hjort. (Mit Taf. 37—39.) 584 Eine neue Stauromeduse [Capria n. Sturdzii n). Von G. Antipa. (Mit Taf. 40.) 618 Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 18S5 bis 1892. Von A. Dohrn. (Mit Taf. 41.) 633 Autorenregister zu Band 1—10 (1879—1893) 675 Berichtigungen: Seite 477 Fig. 26—31 statt Embrione 4 lies Embrione 5. Band 9 Seite 645 letzte Zeüe statt 1888 lies 1885. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. Von Anton Dohrn. Mit Tafel 1—5. 16. Über die erste Anlage und Entwicklung der Augeuniuskel- nerven bei Selachiern und das Einwandern von Medullarzellen in die motorischen Nerven. In der 14. Studie (Mitth. Z. Stat. Neapel 8. Bd. 1888 pag. 441 fif.) habe ich meine Erfahrungen über die erste Anlage und Entwicklung der motorischen Rückenraarksnerven niedergelegt; ich will diese Angaben durch Darlegung der Beobachtungen, die ich an den moto- rischen Hirn nerven gemacht habe, jetzt vervollständigen. Mein Aufsatz fand bald nach seinem Erscheinen eingehendere Besprechung durch His in seiner Schrift ^iDie Neuroblasten und deren Entstehung im embryonalen Mark« (in: Abh. Math. Physik. Classe Sachs. Ges. Wiss. Leipzig 15. Bd. pag. 313 — 372). His glaubt, dass keine medulläre Zelle aus dem Vorderhorn in die motorischen Nerven dauernd übergehe, während ich die Überzeugung aussprach, dass gewisse Zellen, deren Eindringen in die Wurzeln ich beobachtet zu haben glaube, darin blieben; freilich musste ich zweifelhaft lassen, welche Rolle ihnen etwa bei dem weiteren Aufbau der motorischen Nerven zufiele. Meine damals geäußerten Anschauungen waren stark beeinflusst durch Bilder, die ich bei dem Studium der Entwicklung des vor- dersten aller motorischen Nerven gewonnen hatte, des Oculomotorius, an dem ich wiederholt deutliche Ganglienzellen wahrgenommen zu haben glaubte. Es war natürlich, dass ich bei dem Widerspruch, Mittheilungeu a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 1 2 Anton Dohrn den meine in der 14. Studie ausgesprochenen Ansichten bei einem der erfahrensten Kenner der Nerveneutwicklung gefunden hatten, und bei der eignen Unsicherheit, die mir verblieben war. von Neuem meine Aufmerksamkeit auf die Phänomene richtete, welche die Ent- wicklung des Oculomotorius bei den Selachiern begleiten. 1. Der Oculomotorius. Von " allen motorischen Nerven ist mit Ausnahme vielleicht des Hypoglossus kein anderer zum Gegenstand so widerspruchsvoller Anga- ben und Deutungen geworden, wie der Oculomotorius. Er ist als dor- saler, als ventraler und als gemischter Nerv in Anspruch genommen worden; man hat ihm metamerischen Werth zu- und abgesprochen; er ist als Theilstück des Trigeminus definirt, und ihm sind alle Be- ziehungen zum Trigeminus geleugnet worden. Man hat Ganglien au ihm entdeckt , deren Ursprungsort man in der Ganglienleiste sah ; man hielt sie dann für eine Abspaltung des G. ciliare; man schrieb sie einem eigenen G. oculomotorii zu, das nichts mit dem G. ciliare zu thun habe ; man leugnete die Ganglien ganz und gar — kurz es war nicht mit ihm fertig zu werden. Auch der Verfasser dieser Stu- dien hat sich vorzuwerfen, dass er halbe und unfertige Beobachtun- gen gelegentlich zu Papier gebracht hat, die sich contradictorisch widersprechen — ja er ist jetzt sogar gezwungen, seine erst vor einem Jahre gemachten Angaben über die Ursprungsart des Oculo- motorius und dessen Beziehungen zu den in seinem Laufe vorkom- menden Ganglien (Bemerkungen über den neuesten Versuch einer Lösung des Wirbelthierkopfproblems. in: Anat. Anzeiger 5. Jahrg. 1890 pag. 60) völlig zu widerrufen. Dabei leuchtet ein, von welcher Bedeutung für die gesammten morphologischen Probleme des Wirbelthierkopfes , ja auch für die histogenetischen Probleme der Nervenentstehung die Entscheidung aller dieser Streitfragen sein musste — und wenn es trotz Allem nicht gelaug, dieselben einigermaßen festzustellen, so durfte die Ursache davon wohl in der großen Schwierigkeit der Untersuchung, in der außerordentlichen Compii cation der Verhältnisse, unter denen der Oculomotorius entsteht und durch seine Entwicklung geräth, und schließlich in den überraschenden und die Tradition durchbrechenden Resultaten gesucht werden, die sich dabei ergeben haben. Wenn ich es jetzt unternehme, diese Schwierigkeiten zu lösen oder wenigstens einen sicheren Boden für weiterbauende Forschung Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 3 zu gewinnen, so brauche ich, Angesichts der eben erwähnten Präce- dentien, wohl kaum darum zu bitten, au das Nachstehende den Maßstab legen zu wollen, der so schwierigen Untersuchungen ge- bührt; ich glaube aber immerhin einige Schritte vorwärts gekommen zu sein und einige der fundamentalen Fragen, die mit der Entwick- lung des Oculomotorius in Zusammenhang stehen, gelöst zu haben. Meine Darstellung wird sich zunächst an die Embryonen von Scylliutn canicula halten, welche in sehr viel deutlicherer Weise die auffallenden Phänomene der Entstehung des Oculomotorius ent- hüllen, als z. B. Pristiuriis. Die ersten Anfänge bemerkt man an Stadien, welche zwischen den Stadien /und /i'Balfour's liegen. Sie machen sich bemerk- lich als Aufhellung der basalen Partie des Mittelhirns, deren dicht gedrängte Medullarzellen beiderseits von der Mittellinie sich in dem »Randschleier« (His) vereinzelt vorschieben und zugleich jenes blas- sere Aussehen haben, welches ich schon bei der Bildung der moto- rischen Spinalnerven als der Bildung der Nerven vorausgehend er- wähnte (14. Studie 8. Bd. 188S pag. 451). Das Plasma dieser helleren Zellen tritt nun an einzelnen Stellen aus der ventralen Begrenzung des Mittelhirnes hervor und bildet feine Ausläufer, die ersten Anfänge des Oculomo- torius, welche zu einem unregelmäßigen Netz zusammentreten, das erst in gewisser Entfernung von der Bodenplatte des Mittelhirnes, etwa in der Mitte des von sehr locker gefügten Mesodermzellen ein- genommenen Innenraumes der Kopf beuge, oberhalb und zur Seite des umgebogenen vorderen Chorda-Endes, ein schmales Nervenstämmcheu aus sich hervorgehen lässt. Dieses Netz bietet in der That einen merkwürdigen Anblick. Es macht einen durchaus verschiedenen Ein- druck von der Anlage der motorischen Spinalnerven. Seine Maschen erscheinen gebildet durch das Aneinanderfließen von Fortsätzen großer Zellen, deren Kern in der Plasmaraasse selbst befindlich bleibt; eine Anzahl dieser Fortsätze stammen unmittelbar aus dem Mittelhirne. Wo weiterhin das Netz zu dem dünnen Nerven- stämmcheu wird, liegen einige lange schmale Kerne demselben an, auch finden sich deutliche Kerntheilungsfiguren an einigen der- selben. Vielleicht wird ein mit dem Anblick von Schnitten von Selachier- embryonen aus dem BALFOURSchen Stadium K und L vertrauter Forscher sofort die Vermuthung äußern, dass dieses Netz nichts An- deres sei, als die ausgetretenen Oculomotoriusfasern, umgeben und 1* 4 Anton Dolirn verknüpft durch die netzförmig verbundenen Mesodermzellen. In der That liegt eine solche Deutung sehr nah. Wenn ich mich dennoch nicht entschließen kann . derselben zuzustimmen, so bewegen mich dazu zwei Gründe. Der erste besteht in der Beobachtung, dass unmittelbar am Anfang der Plasma- Ausflüsse, welche zur Bildung des Oculomotorius zusammentreten, Zellen sich finden, die halb im Medullarro hr, halb außerhalb desselben liegen, gerade wie ich es an den Wurzeln der Spinal- nerven beobachtete. Die zweite Thatsache ist auch schon von Andern festgestellt worden, dass im Oculomotorius der er- wachsenen Selachier und auch anderer Wirbelthiere Ganglienklümpch en und zerstreute Ganglienzellen vor- kommen. Ich werde weiter unten von diesen Oculomotoriusganglien aus- führlicher zu reden haben, hier will ich nur bemerken, dass diese Ganglienzellen und Ganglienklümpchen nicht aus der Trigeminusplatte herstammen, sondern von Anfang an dem auswachsenden Oculomotorius angehören, da sie sich schon bei Embryonen zahlreich auf derjenigen Strecke desselben vorfinden, welche zwischen Mittelhirn und der Kreuzungsstelle mit dem G. mesocephalicum seu ci- liare Aut. verläuft, ja sogar dicht an der Austritts- stelle des Oculomotorius aus dem Mittelhirne auch schon erkennbar sind, ehe irgend eine Verbindung mit dem G. mesocephalicum besteht. Diese beiden Thatsachen lassen jenes oben erwähnte Netz von Nervenfasern in anderem Lichte erscheinen, als es wohl sonst er- scheinen möchte. Ich lege an dieser Stelle kein ausschlaggebendes Ge- wicht auf den Umstand, dass die Kerne des Nervennetzes größer sind, als fast alle umliegenden Mesodermkerne — es wäre immerhin mög- lich, dass ihre Lage an den Nervenfasern sie flacher und darum größer erscheinen ließe, als die Mesodermzellen. Aber die Thatsache, dass dicht neben diesem Netze einige ähnliche Kerne liegen, deren einer eben Anstalt trifft, aus dem Meduliarrohre auszutreten, während die beiden anderen demselben dicht anliegen, und der Umstand, dass in späteren Stadien eine größere Zahl solcher Zellen im Begriff des Austretens beobachtet werden können, lässt die Vermuthuug be- rechtigt erscheinen, dass auch schon die Kerne dieses Anfaugsnetzes ausgetretene Medullarelemente seien. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthiertcorpers. 16. 5 Man könnte vielleicht behaupten, class jene zahlreicheren Elemente, die ich auf Taf. 1 Fig. 1 — 13 i abgebildet habe, Medullarzellen im Begriffe des Zurücktretens seien; oder überhaupt nicht Medullarzellen, sondern Mesodermzellen seien, welche sich in die Randzone des Mit- telhirnes eingedrängt, oder dem ausgetretenen Nervenplasma so dicht angeschmiegt haben, dass sie wie ein dazu gehöriger Kern erschei- nen. Alle diese Beobachtungen wären an sich selbst vielleicht nicht entscheidend, eine so der Tradition widersprechende Thatsache, wie das Vorkommen von Ganglienzellen in einem motorischen Vorder- hornnerven, festzustellen. Aber die unzweifelhafte Thatsache, dass sich in dem Lauf des Oculomotorius Ganglienzellen nicht nur verein- zelt, sondern in außerordentlich großer Zahl vorfinden, deren Her- kunft nicht aus irgend einem Ganglion der Ganglienleiste, auch nicht aus Zellen der lateralen Ganglien abgeleitet werden kann, macht es mehr als wahrscheinlich, dass sie eben aus dem Vorderhorn aus- treten, und dass die Fig. l — 13 in der That den Austritt solcher Zellen bezeichnen. Das Punctum saliens der Beweisführung muss somit dahin verlegt werden, das Vorkommen dieser Ganglienzellen im Laufe des Oculomotorius nachzuweisen, ehe derselbe mit irgend einem Ganglion des Kopfes in Contact tritt. Dieser Nachweis lässt sich auf zweierlei Weise führen : die eine betrifft das zeitliche , die andere das räumliche Auftreten der Gan- glienzellen im Oculomotorius. Dasjenige Ganglion der Gangiienleiste, welches allein in Frage kommen kann, wenn es sich darum handelt, die Ganglien des Ocu- lomotorius aus ihm abzuleiten, ist das G. mesocephalicum Beard (ciliare Aut.), Theilstück der Trigeminusplatte ^ Über seine Ent- stehung und anfängliche Entwicklung werde ich in einer späteren Studie ausführliche Mittheilungen macheu, die ich hier nicht voraus- nehmen will. Dass es seiner Entstehung nach nichts mit dem Oculomotorius zu thuu hat, geht aus den früher schon von anderen Autoren gegebenen Nachrichten hervor: ist es doch das erste Gan- glion der Gangiienleiste, das sich gesondert beobachten lässt, und zwar zu einer Zeit, in der an die \Yurzelbildung der Oculomotoriusfasern noch nicht zu denken ist. Der Oculomotorius findet mit seinem nach abwärts wachsenden Stamme das G. mesocephalicum fertig ' Ich schließe mich jetzt der Terminologie von Beard durchaus an. / \ 6 Antou Dohrn zwischen den Wandungen der 1. und 2. Kopfhölile liegen. Er trifft auf dasselbe, umwächst es aber an der inneren Seite und breitet seine Fasern an der hinteren und unteren Peripherie der 1. Kopfhöhle aus, während das G. mesocephalicum zunächst einen Ast dicht neben und vor dem Oculomotorius längs der Hinterseite der 2. Kopfhöhle absendet, mit seinem Hauptstamme aber, der zum N. ophthalmicus profundus wird, über die Außenseite derselben hinzieht (Taf. 2 Fig. 1 — 13). Bevor der Oculomotorius aber auf das G. mesocephalicum stößt, erkennt man in seinem Laufe eine Anzahl von nahe an einander liegenden runden und ovalen Zellen (Taf. 2 Fig. 1n^ Fig. 3 c] . Dieselben liegen zumeist dicht vor der Kreuzungsstelle mit dem G. mesocephalicum. Die Richtung ihrer Längsachse ist senkrecht zu der der Ganglienzellen des G. mesocephalicum, sie stehen auch eine Strecke weit von demselben ab, so dass man schwerlich dazu berechtigt ist, sie als aus demselben in den Lauf des Oculomotorius übergegangen anzusehen, wie es von so vielen Autoren, früher auch von mir selbst angenommen worden ist. Diese Zellen sind es aber, aus denen in etwas späteren Stadien eines der Ganglien des Oculomotorius hervorgeht. Die Dicke des Oculomotorius in dieser frühen Pe- riode beträgt vielleicht 4 bis 6 Fasern, es ist aber bemerkenswerth, dass er an seinem unteren Ende stärker erscheint, als an seinem oberen. Auch an dem distalen Ende des Oculomotorius, unterhalb der Kreuzungsstelle mit dem G. mesocephalicum, erkennt man deut- lich zu dieser frühen Zeit zwei Gruppen von Ganglienzellen, deren eine am Eintritt des Nerven in sein Endgebiet , den M. obliquus inferior, gelegen ist, während die zweite, in mancher Beziehung in- teressantere, etwas oberhalb davon an der Stelle sich befindet, wo die Arteria chorioidalis, bekanntlich die Verlängerung der Spritzloch- vene, den Lauf des Oculomotorius kreuzt, um sich an die Innenseite des Bulbus zu begeben und daselbst später die Gefäße der Cho- rioidea herzustellen. Auch diese beiden Gruppen von Ganglien sind dem Oculomotorius schon ein- resp. angelagert, ehe irgend eine Verschmelzung mit dem G. mesocephalicum stattfindet. Nun ist es ja bekanntlich schwierig, in frühen Stadien der Ent- wicklung isolirte Ganglienzellen von Mesodermzellen zu unterscheiden, und desshalb könnte man diese drei Oculomotoriusganglien für An- häufungen von Mesodermzellen halten, wäre nicht, wie schon oben Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 7 bemerkt, durch Schwalbe und Andere naclige wiesen, dass in der That aucli bei erwachsenen Selachiern und bei anderen Vertebraten an denselben Localitäten deutliche Ganglienzellanhäufungen existiren, und könnte man nicht die weitere Entwicklung- dieser Zellen zu wirk- lichen Ganglienzellen bei älteren Embryonen mit größter Sicherheit verfolgen. Dadurch aber wird es zur T h a t s a c h e , dass in den Lauf des entstehenden Oculomotorius Ganglienzellen gerathen, und dass diese Ganglienzellen keinen anderen UrspruDg haben können, als die Region des Vorderhorues im Mittelhirn. Nach Feststellung dieser Thatsache ergab sich die NothAA^endig- keit, die Entstehung und die ersten embryonalen Stadien des Ocu- lomotorius von dem Gesichtspunkte aus zu untersuchen, ob es nicht ge- länge, den Austritt von Medullarzellen in die Wurzeln des Nerven direct zu beobachten. Auch das gelang. Ich habe oben schon von dem Netz plasma- tischer Ausflüsse von Medullarzellen gesprochen, welche den Anfang des Oculomotorius bilden. Ich kann mittheilen, dass bald nach der Bildung dieses Netzes Medullarzellen im Moment des Austrittes aus dem Medullarrohre und Übertrittes in dieses Wurzelnetz von mir beobachtet worden sind (Taf. 1 Fig. 1 — 13). Diese Zellen treten theils vereinzelt, theils in mehrfacher Zahl neben oder hinter einander aus, wie die Abbilduugen erweisen. Auch zeigen Fig. 10 und 11, dass die Kerne als lange blasse Stäbchen mit dem ausfließenden Plasma von tieferen Schichten des Vorderhorues durch die davor liegenden dichten Fasergeflechte der weißen Substanz durchpassiren. Durch diese Beobachtungen , welche an Scyllmni canicuia und catulus^ Torpedo und Raja gemacht sind, erfahren nun Thatsachen eine definitive Deutung, die ich früher schon öfters ge- macht, dann aber des anomalen Charakters halber wieder aufgegeben hatte. Es finden sich nämlich bei allen Embryonen der Selachier Ganglienzellen in demjenigen Theile des Ocu- lomotorius, welcher zwischen dem Mittelhirn und dem ersten Theilungspunkt des Nerven, wo er den Ast zum M. rectussuperiorabgiebt, sich erstreckt, also an seinem eigentlichen Stamme. Ja, in gewissen Stadien trifft man diese Zellen am zahlreichsten gerade an den Wurzeln und auf der ersten basalen Hälfte des Stammes an. Auf Taf. 2 Fig. 5—9 sind solche Ganglienzellen in concentrirten Anhäufungen von einem T^t'yö-Embryo 8 Anton Dohrn abgebildet ; auch in späteren Stadien findet man sie daselbst noch, aber je weiter sich der Embryo entwickelt, um so seltener werden sie. Deutliche Anhäufungen solcher Ganglienzellen sind bei Torpedo^ Mustelus und Scyllium leicht zu beobachten , ich bilde sie aber nicht weiter ab . um die Zahl der Abbildungen nicht ins Ungemes- sene zu vermehren. Diese Anhäufungen von Zellen habe ich seit Jahren gekannt und anfänglich, auch ihrer äußeren Erscheinung halber, als Ganglien gedeutet. Ihr Vorkommen bewog mich . das von mir beobachtete Eintreten von MeduUarzellen in die Anfänge der motorischen Spinal- nerven in der Weise hervorzuheben, wie es in der 14. Studie ge- schehen ist. Später ward ich wieder an der Natur jener Zellen des Oculomotorius als Ganglienzellen irre und hielt sie für Anhäufungen von Mesodermzellen (Anat. Anzeiger 5. Jahrg. pag. 60). Jetzt aber bin ich zur definitiven Überzeugung gelangt, dass es sich um Ganglien- zellen handelt. Den Beweis hierfür liefert gerade diejenige Strecke des Oculo- motorius , welche zwischen dem Medullarrohr und dem G. mesoce- phalicum verläuft, also diejenige, welche von dem Verdachte absolut frei bleibt, durch Anlagerung an ein existirendes Ganglion der Trigeminus- platte Ganglienzellen in sich aufgenommen zu haben. Mag es auch schwer, ja unmöglich sein, mit unseren heutigen Conservirungs- und Färbungsmethoden ausgetretene MeduUarzellen und angelagerte Me- sodermzellen in frühen Embryonalstadien zu unterscheiden ; je weiter sich die Ganglienzelle entwickelt, um so sicherer gelingt es, dieselbe von den Mesoderm- resp. Neurilemm bildenden Zellen zu unter- scheiden. Konnte es also zweifelhaft bleiben, ob die Anhäufungen von Zellen am oberen Theil des Oculomotorius aus Medullär- oder Mesodermzellen bestehen, so schwand dieser Zweifel, als es mir ge- lang, bei einem Embryo von Raja (Taf. 2 Fig. 10 — 12), der be- trächtlichere Größe besitzt, einige ausgebildete Ganglienzellen auf- zufinden, die nur durch Umwandlung jener Zellanhäufungen ent- standen sein können . welche auf Taf. 2 Fig. 5 — 9 abgebildet sind. Zugleich liefern aber diese Zellen auch den Beweis, dass die größere Zahl derselben verschwinden. Was aus ihnen wird, ob sie einfach zu Grunde gehen, oder vielmehr Umwandlungen erleiden, das will ich nicht au dieser Stelle erledigen : wir werden weiter unten sehen, dass die histogenetischen Vorgänge bei der Bildung der motorischen Nerven von Neuem auf die Frage untersucht werden müssen, ob nicht doch zahlreiche MeduUarzellen in ihren Lauf auf- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 9 genommen werden, und welche Bedeutung- sie für den histogene- tischen Aufbau des Nerven, resp. auch für die Urgeschichte des Nervensystems haben. 2. Zur Entwicklung des Trochlearis. Leider bin ich nicht im Staude über die allererste Entstehung dieses Nerven Angaben zu machen. Ich kann denselben erst sehen, wenn er bereits eine gewisse Länge erreicht hat. Dies ist um so bedauernswerther, als sein merkwürdiger Abgang von der dorsalsten Kuppe des Mittelhirns trotz seiner Natur als motorischer Nerv ein bisher ungelöstes topographisches Problem bildet, ein Problem, das noch complicirter wird durch die auffallende Chiasmabildung, der seine Fasern unterliegen. Der Trochlearis theilt mit den übrigen Augenmuskelnerven zwei Eigenthümlichkeiten : er ist wie sie einer der spätest entstehenden Nerven, vielleicht der späteste; und wie sie verläuft er erst auf geraumer Strecke durch embrj^onales Mesoderm, ehe er an sein End- gebiet, den M. obliquus superior, gelangt. Beide Eigenthümlichkeiten bilden bei der phylogenetischen Betrachtung des Trochlearis wie seiner beiden Genossen eine weitere Instanz, die bisher allzu wenig in Rechnung- gestellt worden ist. Auch wäre wohl gerade der Troch- learis ein Nerv, dessen Betrachtung für das Problem der Verbindung zwischen entstehendem Nerv und seinem Endorgan von ganz beson- ders schwieriger Natur ist. da die auswachsendeu Fasern kein vorgebildetes Organ zu ihrer Verfügung haben, an dem entlang sie sicher zu ihrem Endorgan herantreten könnten, welches so weit von dem Austrittspunkt entfernt liegt, wie bei keinem anderen motorischen Nerven. Des Problematischen ist aber auch damit noch nicht genug. Wie ich schon früher (Anat. Anzeiger 5. Jahrg. 1890 pag. 61 und 15. Studie, Mitth.Z.Stat. Neapel 9. Bd. 1890 pag. 346) erwähnt habe, findet sich bei Embryoneu mehrerer Selachier — nach Hoffmaxn auch bei Reptilien — dem Trochlearis ein Ganglion angelagert, dessen Ursprung von mir in einer späteren Studie nachgewiesen werden soll. Ich gebe einige Abbildungen, die von Tor/>ef/o - Embryonen genommen sind und das Ganglion resp. die Ganglien, um welche es sich hier handelt, in situ darstellen (Taf. 3 Fig. 1 — 6 et). Bei Torpedo wird es fast regelmäßig gefunden, aber nicht immer au derselben Lo- calität. Ja, sogar auf den beiden Seiten desselben Embryos können 10 Anton Dohrn Differenzen der Lagerimg' vorkommen; ich besitze auch einige Em- bryonen, bei denen es auf der einen Seite kräftig entwickelt ist, auf der anderen aber fehlt. Ich habe es auch bei Raja^ ScylUum und Mustelus nachweisen können — aber bei all diesen Embryonen findet es sich nur in den frühereu Stadien. Bei Embryonen von Torpedo ocellata^ die mehr als 30 mm Länge messen, habe ich es nie mehr angetroffen. Mitunter gewahrt man eine Ganglienmasse den Fasern des Trochlearis dicht angelagert, als bildete sie einen Theil seiner Fasern (Taf. 3 Fig. 4 5), gleichzeitig aber besteht eine andere Gangiienzellanhäufiing davon getrennt (Fig. 5). Beide Ganglien senden Fortsätze aus, als wollten sie wirkliche Nervenfasern bilden — aber ich habe mich bisher nicht davon überzeugen können, dass es sich um vollkommen ausgebildete peripherische oder Wurzelfasern handle : ich habe zwar in den betreffenden Ganglien die charakte- ristische Umwandlung ihrer Zellen zu spindelförmigen Elementen beob- achten können, welche mit der Bildung echter Nervenfasern verbunden ist, aber ob dieser Proeess wirklich dazu führt, sensible Fasern in den Lauf des Trochlearis einzuschalten, muss ich dahin gestellt sein lassend Diese Frage zu entscheiden wird wohl nur der ana- 1 Sollten dieses vergängliche Ganglion und seine Fasern vielleicht doch nicht ganz vergänglich sein? Bei den älteren Anatomen finden sich Angaben über »knotiges Ansehen des Trochlearis« (Arnold, in: Tkeviranus, Zeitschrift für Physiologie 2. Bd. Heft 1. 182G. pag. 165). Freilich nimmt Arnold drei Jahre später diese Angabe wieder zurück (dieselbe Zeitschrift 3. Bd. pag. 151), aber vielleicht variirt auch bei Säugethieren dieses Vorkommen. Varren- TRAPP beschreibt den N. tentorii cerebelli (Observat. anatom. de parte cepha- lica nervi sympathici 1832) mit den Worten (pag. 33): «Ramulum illum, quem Arnoldus primus in dissertatione inaugurali a nervo trochleari retrorsum ad duram matrem decurrentem et plerumque ex nervi laudati ganglio parvo orien- tem descripsit, equidem saepissime reperi.« Varrentrapp spricht sich nicht deutlich aus, ob er auch ein Ganglion beobachtet hat. Wohl aber bestätigt BiDDER dasselbe (Neurolog. Beobachtungen, Dorpat 1836 pag. 16) mit den Worten: »Schon Arnold und Varrentrapp bemerkten an der Stelle des N. trochlearis, wo die Nervi tentorii cerebelli abgehen, häufig ein Knötchen; ich konnte ein solches , nicht immer' sehen, wohl aber beständig eine veränderte Färbung desselben, wie auch die Hirnhautnerven selbst durch ihr ganzes Aus- sehen sich deutlich als organische Zweige erwiesen.« XOb diese N. tentorii cerebelli mit den oben beschriebenen sensiblen Fasern jenes vergänglichen Ganglions zusammenhängen, Avürde wohl nur durch eine er- neute monographische Bearbeitung des N. trochlearis festgestellt werden können, welche in ähnlicher Weise unternommen werden müsste, wie die Bear- beitung des Oculomotorius durch Schwalbe. Die Möglichkeit liegt sehr nahe, dass es sich nur um Aste des Ophthalmicus superficialis p. facialis handelt. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. IJ tomisch histologischen Untersuchung ausgewachsener Formen ge- lingen, wie dieselbe das Vorkommen von Ganglienzellen im Oculo- niotorius nachwies, lange bevor es gelaug, auf entwicklungsgeschicht- lichem Wege die Herkunft dieser Ganglienzellen festzustellen. Bleibt nun auch bei dem Oculomotorius zweifelhaft, welcher Natur die ihm angehörenden Ganglienzellen sind, so würde darüber bei dem Troch- learis kein Zweifel sein können, da, wie gesagt, die erratischen Ganglien, von denen ich eben spreche, nachweisbare Producte der Trigeminusplatte, also der Ganglienleiste sind. An der Stelle, w^o eine Anzahl von Ganglienzellen sich dem Laufe der Trochlearisfasern unmittelbar anschmiegen, mitunter auch schon vorher, sieht man auch meistens eine Theilung dieser Fasern, eine Astbildung, die aber, wie es scheint, in vielen Fällen nur zur Bildung einer Schleife führt. Es sind freilich schon bei anderen Wirbelthieren, sogar beim Menschen, Spaltungen im Faserverlauf des Trochlearis beobachtet worden , aber doch nur als Varietäten ; bei den Torpedo- und anderen Selachier-Embryonen ist es aber fast Regel,^ dass der Trochlearis , wenn er seinen Weg durch das embryonale Mesoderm macht, sich spaltet — ja oft sieht man, wie diese Äste einzeln von Knorpelzellen umwachsen werden, so dass sie nachher jeder für sich durch einen eigenen Knorpelcanal das Cranium ver- lassen, a]ber doch in vielen Fällen wieder zu einem Stamme ver- einigt werden, der sich an den M. obliquus superior begiebt. Diese Verästelung erzeugt gelegentlich auch irreführende Beziehungen, zu- mal mit Zweigen des Ophthalmicus superficialis p. major s. facialis. Diese Zweige machen häufig den Eindruck, als gehörten sie zu dem Trochlearis, aber bei genauerer Verfolgung ihres Laufes wird man fast immer finden können, dass sie dem mächtigen Ophthalmicus und nicht dem wesentlich schmächtigeren Trochlearis angehören. 3. Die Entwicklung des Abdueens. Die ersten Angaben über die Entwicklung des Abdueens verdanken, wir, eben so wie über die beiden vorhergehenden Augenmuskelnerv eu, MiLNES Marshall , der diese Nerven sowohl beim Hühnchen , wie- bei den Selachiern zuerst in frühen Stadien beobachtete. Freilich deren Verwechslung mit jenem Trochlearisgeflecht sehr nahe liegt, auch schon bei den Embryonen leicht irre führt. Für die eben erwähnten Citate bin ich der Güte und freundlichen Zuvor- kommenheit Professors W. Krause in Göttingen verpflichtet. 12 Anton Dohrn sind diese Angaben Marshall'» heute nicht mehr erschöpfend, auch in manchen Einzelheiten weder thatsächlich richtig-, noch auch in ihrer Deutung- aufrecht zu halten — was wir oben bereits sahen. Vom Abducens hat Marshall Abbildungen geliefert, welche den Nerven schon als aus 4 — 7 Wurzelsträngeu entstehenden Stamm zeigen, aber nicht zur Anschauung bringen, wie diese einzelnen Wurzelsträuge sich bilden. Ich habe mich bemüht , diese Lücke auszufüllen, und kann neue Abbildungen liefern, welche die ersten Stadien besser illu- striren. Es ergiebt sich, dass die ersten Aufäuge des Nerven zu einer Zeit auftreten, welche dem Stadium L Balfour's «ntspricht. Zu dieser Zeit habe ich den Abducens aus zwei Wurzelfaseru entstehen sehen , die ziemlich weit von einander ge- trennt sind, aber in einander fließen. Die Breite dieser Fasern entspricht je einer Zelle, es ist also wahrscheinlich, dass die Plasma- masse, aus der sie bestehen, nur einer oder höchstens zwei Medullar- zellen angehört. Bei dem gleichen Stadium eines Mustelus-FAm- bryos finde ich die Zahl der Plasmaausflüsse beträchtlich größer: ich zähle deren sechs auf jeder Seite. Auch gehen sie nicht gleich fast wagerecht aus dem Medullarrohre ab, sondern treten nach ab- wärts in z. Th. wohlgerundeten Bögen hervor (Taf. 4 Fig. 2 — 51. Bei einem Embryo von Pristiurus . aus dem BALFOUR'scheu Stadium L\ sind die Plasmaausflüsse zur Bildung des Abducens gleichfalls schon zahlreicher, als bei dem vorher geschilderten Em- bryo von Scylliimi canicula. sie sind auch gleichzeitig- breiter und setzen sich zu netzförmigen Maschen (Taf. 4 Fig. 6 u. 7) zusammen, aus denen ein nach vorn, parallel der Grundlinie des Medullarrohres laufender Nerv hervorgeht, der aber kaum bis an seinen Endbezirk, die noch nicht zur Muskelbilduug vorgeschrittene dritte Kopf höhle, herangewachsen ist. Innerhalb des Netzwerkes und an den Wurzel- fasern des Nerven sieht man Zellen liegen, welche größer erscheinen, als die umliegenden Mesodermzellen ; ähnliehe Zellen liegen auch innerhalb des Medullarrohres gerade an den Stellen, aus denen die Plasmaausflüsse hervorgehen, welche die Wurzeln des Abducens bilden. Immerhin aber ließe sich aus diesem Bilde keines- wegs mit Sicherheit folgern, dass diese Kerne resp. Zellen aus dem Medullarrohre stammen: ihre Größe ließe sich auch so erklären, dass sie durch Anlagerung an die nervöse Plasmamasse sich mehr ab- platten, als die umliegenden, netzförmig durch Ausläufer verbun- denen Mesodermzellen. Wenn ich trotzdem vermutbe , dass schon Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 13 diese Zellen Medullarzellen seien, so ist das ein Schliiss, den ich auch hier wieder aus Beobachtungen ziehe, die au späteren Stadien gemacht sind und weiter unten ausführlich beschrieben werden sollen. Es ist nun auffallend, dass die Wurzeln des Abducens — meist sind es vier Stränge , es kommen aber auch bis zu sieben vor — bei ihrem Austreten schon die Richtung nach vorn einschlagen, die hintersten am deutlichsten, die vorderen weniger ausgesprochen; sie scheinen durch die Chorda und deren mesodermale Bekleiduugs- schichten, aus welchen später das Cranium sich bildet, an einem Wachsthum nach abwärts gehindert zu werden. Dass aber der ganze N. abducens sich in horizontaler Richtung nach vorn wendet, hängt mit der Verschiebung der bisher sog. dritten Kopfhöhle zusammen, aus derem vorderen Abschnitt der M. rectus externus wird, während der hintere Abschnitt an dieser Muskelbildung nicht participirt, wie an anderer Stelle näher dargestellt werden wird. Der Abducens tritt an den M. rectus externus von hinten heran, er spaltet sich, sogar gleich von vorn herein in zwei Aste, deren einer an der Innen- seite des Muskels entlang läuft und von dort zwischen die Muskel- bündel sich vertheilt, während der andere Ast an der Außenseite eindringt. Man sieht den Abducens anfänglich nur in der Breite eines Kerns an die dritte Kopf höhle herantreten, ehe in den Wandungen derselben die Umwandlung zu Muskelfasern vorgegangen ist. Erst später erlangt der Nerv einen größeren Umfang. Fragt man nun, woher dieser größere Umfang stammt, so bleibt man natürlich darauf angewiesen, eine Zunahme der Plasmaaus- flüsse anzunehmen, welche aus dem Medullarrohr hervorkommen. Und da die erste Entstehung des Nerven eine vergleichsweise späte ist, eben so wie bei dem Oculomotorius, so kann man, zumal da die Ursprungsstelle so weit ausgedehnt ist, leichter dazu gelangen, die Zunahme der Elemente des Abducens zu beobachten. Und da kann es nun nicht zweifelhaft sein, dass fort- gesetzt, und bis zu ziemlich vorgeschrittener Embrj^onal- periode, Medullarzellen aus dem Vorderhoru austreten und in den Verband des embryonalen Nerven übergehen. Ich besitze eine beträchtliche Zahl von Embryonen aller Selachier, welche auf Sagittalschnitten dieses Auswandern der Medullarzellen demonstriren. Häufig sieht man solche Zellen als Plasmaausflüsse mit einem Theile des Kernes halb außerhalb , halb innerhalb des 14 Anton Dohrn Medullarrohres liegen; es gelingt, zumal bei Hämatoxylinfärbimg, mitunter die eben ausgetretenen Kerne von den umliegenden Meso- dermzellen zu unterscheiden, so dass man ihrer eine größere Anzahl in dem Netzwerk der Wurzeln neben einander liegen sieht. Aber am auffälligsten ist es, dass dieses Auswandern am stärksten auf bereits vorgerückteren Embryonalsta- dien einzutreten scheint. Ich habe Embryonen von Maja. Tor- pedo, Mustelus., Scylliifm catulus imd canicula, welche nicht nur eine außerordentliche Zunahme der charakteristischen, an einander würfel- förmig abgeplatteten Medullarzellen (Taf. 4 Fig. 10) an den Wurzeln des Abducens, sondern auch diese Wurzeln im Zusammenhang mit Zellen- klümpchen zeigen, die aus den tiefer liegenden Bezirken der Yorder- hörner durch den bereits sehr beträchtlich starken Belag mit weißer Substanz hindurch dringen und sich an die Wurzeln begeben (Taf. 4 Fig. 9) — so dass ein Bild entsteht, w^elches den Zellenbelag der Wur- zeln und die Zellen im Inneren der weißen Substanz als continuirliche Masse aufw^eist. Und da diese Bilder für alle vier bis fünf Wurzel- stränge dieselben sind, in den Zwischenräumen aber, eben so wie davor und dahinter, keine ähnlichen Phänomene sich zeigen, so ist man wohl um so mehr berechtigt, diese Bilder in der eben erör- terten Weise zu deuten, als ein Embryo von Baja ein solches MeduUarzelleuklümpchen ausgetreten und ganglienartig dem einen Wurzelstrang angelagert (Taf. 4 Fig. 8a) zeigt, während das davor liegende halb drinn, halb draußen, das noch weiter davor liegende aber noch ganz in der weißen Substanz, freilich dicht am Rande des Medullarrohres, beobachtet werden kann (Taf. 4 Fig. Sb). Dieses vergleichsweise späte, aber massenweise erfolgende Aus- treten von Medullarzellen in den Abducens ist darum von hohem Interesse , weil es vielleicht eine Erklärung und Analogie für die Erscheinung bietet, auf welche zuerst Van Wijhe (Ànat. Anzeiger 3. Jahrg. pag. 76 aufmerksam gemacht hat, und welche ich in der 14. Studie erwähnt habe. Van Wijhe hatte im Stadium 0 »an den ventralen Wurzeln der Spinalnerven an der Stelle, wo dieselben die Dura mater durchbohren, zellige Verdickungen gefunden, welche Ganglien täuschend ähnlich sehen«. Ich habe nun bei den Embry- onen, an denen ich das Auswandern der Medullarzellen in die Abdu- censw'urzeln genau beobachten konnte, auch an den Wurzeln der eigentlichen Spinalnerven dieselben Klümpchen dunkel gefärbter Zellen wahrgenommen und zweifle nicht daran, dass sie den Van WiJHE'schen Verdickungen entsprechen und mit den in die Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 15 Wurzeln des Abduceus auswandernden Mednllarzellen dieselbe Natur und Provenienz haben, woraus dann das wiclitige Kesultat sieb ergäbe, welches ich in der 14. Studie bereits aussprach, dass nämlich Medullarzellen in alle motorischen Nerven übertreten.! In den motorischen Spinalnerven sieht man gerade au der Stelle, die Yan Wijhe richtig- bezeichnet, die Wurzel umgeben von dunkelgefärbten kleinen Zellen, welche theils zwischen den Fasern — die man nun schon Achsencylinder nennen kann — zum größten Theile aber um sie herumgeordnet sind und oft jenes ganglienförmige Aus- sehen haben, auf welches Van Wijhe hinweist (Taf. 5 Fig. 1 — 8 m). Auch noch eine Strecke weiter abwärts, zumal an der äußeren Seite der motorischen Nerven sieht man diese Zellen denselben an- resp. eingelagert. Genau dasselbe Bild gewähren die Wurzelstränge des Abducens. und da man bei diesem Nerven mit annähernder Sicherheit nach- weisen kann , dass diese Zellen aus dem Medullarrohre heraus- gleiten, so ist es wohl erlaubt, auch für die Spinalnerven einen ähn- lichen Modus anzunehmen, zumal man fast in allen Wurzeln der- selben, so weit sie ins Innere des Yorderhornes zu verfolgen sind, einzelne Kerne sieht, die aus dem Yerband der großen Masse der Yorderhornzellen losgelöst, abwärts, oft sogar dicht am Rande des MeduUarrohres innerhalb der Faserzüge sich finden, die in die mo- torischen Wurzeln hinein gehen (Taf. 5 Fig. 9 — 12 m). Ich muss an dieser Stelle eines Argumentes gedenken, welches Sagemehl benutzte, um die Möglichkeit des Auswanderns von Me- dullarzellen in die motorischen Nerven in Abrede zu stellen. Er sagt (Unters, ü. d. Entw. d. Spinalnerven 1S82 pag. 32): »Der An- nahme, dass diese Zellen von dem Medullarrohre herstammen, wider- spricht schon der Umstand, dass letzteres wahrscheinlich noch vor der Entstehung der motorischen Wurzel, jedenfalls aber zu einer Zeit, wo die motorische Wurzel noch ganz schwach ausgebildet ist und keine Zellen enthält, an den lateral -ventralen Theilen von einem Mantel weißer Substanz umgeben wird, der ein Herauswuchern von Zellen mit den Fasern nicht gestatten würde.« Ich habe schon in der 14. Studie pag. 447 auf das Irrige der Meinung hingewiesen, als wenn weiße Substanz bereits im Medullarrohr existire, ehe die motorischen Wurzeln auftreten : aber ich will auch auf das Bestimm- teste der Meinung widersprechen, als wenn vorhandene weiße Sub- stanz das Auswandern von Medullarzellen unmöglich mache. Die Erscheinungen, welche oben vom Oculomotorius und Abducens be- \Q Anton Dohrn schrieben sind, finden zu einer Zeit statt, wo ein beträchtlicher Be- lag von weißer Substanz vorhanden ist, durch welchen hindurch sich die Medullarzellen ihren Weg bahnen, und wenn man die Ab- bildungen (Taf. 1 Fig. 9 und 10, Taf. 4 Fig. 9) betrachtet, so wird man sehen , dass die Kerne der Medullarzellen sich comprimiren und in die Länge ziehen, um mit dem Plasma zugleich durch die ad hoc gemachten oder immer vorhandenen Lücken der weißen Sub- stanz auszuwandern. Es ist aber von einer gewissen Wichtigkeit, dies festzustellen, aus demselben Grunde., welcher mich bestimmt, den Ausdruck Ach- sencylinder nicht ohne Weiteres auf die Plasmaausflüsse der ersten Anfänge der motorischen Nerven anzuwenden. Diejenigen Zellen nämlich, welche zu späterer embryonaler Zeit aus den Yorderhörnern durch die weiße Substanz hindurch in die motorischen Nerven hinal)- steigen, scheinen eben auch keine Spur von Achsencylinder zu be- sitzen, sondern sind einfache, aus Plasma und Kern bestehende Zellen, welche ihre definitive Bestimmung noch zu erwarten haben und die Fähigkeit des Wanderns in hohem Grade besitzen, da man der- artige Medullarzellen wie beim Oculomotorius so auch beim Abdu- cens längs des ganzen Nervenstammes beobachten kann, ja sogar dem Endausbreitungsbezirk desselben, dem M. rectus externus, anliegend findet (Taf. 4 Fig. 12.r). 4. Allgemeinere Erwägungen. Die vorstehenden Angaben thatsächlicher Natur erlauben nun nicht nur, sondern fordern dazu auf, in verschiedener Eichtung ihre theoretische Verwerthung vorzunehmen. Die Erörterung derjenigen Probleme indessen, welche die Histo- genese des ganzen peripherischen Nervensystems betreffen und wohl als die fundamentalsten anzusehen sind, will ich in dieser Studie nicht vornehmen, da ich sie, auf eine große Zahl neuer Beobach- tungen gestützt, in der nächsten Studie ausführlich behandeln werde. Hier will ich das Auswandern von Medullarzellen in die motorischen Nerven nur mit der Bildung gewisser Ganglien innerhalb der moto- rischen Nerven in Zusammenhang bringen. Unter den auswan- dernden Zellen wären also hiernach echte Ganglienzellen. Außer meinen eigenen und Schwalbe's Beobachtungen am Oculomotorius bestärken mich in dieser Auffassung die Befunde, welche Thomsen und Gaskell am Oculomotorius, Ersterer auch am Abducens ge- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 17 macht haben, und die, wie es scheint, von anderer Seite nicht hin- reichend gewürdigt worden sind. Unter dem Titel : » Über eigenthUmliche aus veränderten Gan- glienzellen hervorgegangene Gebilde in den Stämmen der Hirnnerven des Menschen« beschreibt Thomsen in Virchow's Archiv 109. Bd. 1887 pag. 459 ff. gewisse Gebilde, welche sich als Umwandlungs- producte von Ganglienzellen herausstellten, die in den centralen, also proximalen Bezirken des Oculomotorius, Abducens und Facialis des Menschen in größerer Zahl und regelmäßig zu finden seien. Es ist sehr charakteristisch, dass Thomsen »die besprochenen Herde, meist in rundlicher Form, in fast allen motorischen Hirnnerven ge- funden hat, ganz besonders aber an einer bestimmten Stelle, näm- lich da, wo der Nerv, gerade extracerebral werdend, noch aus den einzelnen Wurzelbündeln besteht, während die Herde vereinzelt sind oder ganz fehlen, wenn die Bündel sich bereits zu dem nur durch die gemeinsame Scheide zusammengefassten Stamme vereinigt haben. Vorzugsweise häufig sind sie im Oculomotorius und Facialis, seltener im Abducens und anscheinend fehlend im Trochlearis«. Und in einer Anmerkung setzt der Verfasser noch hinzu: »einmal fand ich einen gleichen Herd übrigens auch in einer hinteren Lumbaiwurzel«. An- fangs hielt Thomsen diese Herde für pathologische Producte, nach- dem es sich aber herausgestellt hatte, dass sie bei ganz normalen Indivi- duen ebenfalls vorhanden waren, wurden die Untersuchungen weiter ausgedehnt, und der doppelte Nachweis geführt, dass 1) sehr viele Ganglienzellen in den erwähnten Nerven vorhanden seien und 2) dass dieselben in den meisten Fällen zu jenen »Herden« sich umbildeten, welche wohl mit Recht als Zerfallproducte angesehen werden können. Aus der nicht langen, aber sehr wichtigen Abhandlung Thomsen's will ich den Schluss hierher setzen, da er uns in der Erkenntnis der hier behandelten Probleme wesentlich weiterhelfen wird (1. c. pag. 463 fi".). »Wenn somit nicht zweifelhaft sein kann, dass die erwähnten Herde aus veränderten Ganglienzellen hervorgehen, so ist die wei- tere Frage: wann und wie hat der Process stattgefunden? Über die Natur der Veränderungen haben mir Färbungen und chemisches Verhalten keinen Aufschluss geben können. Gegen eine postmortale Entstehung spricht die regelmäßige Form der Herde und das Neben- einander von Herden und normalen Zellen — wohl sicher bestan- den die Herde bereits intra vitam. Die Entstehung der kleineren Plaques aus der Zelle ist direkt verständlich, was die größeren Mittheilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 2 lg Anton Dohrn anlangt, so ist schwierig, anzuuelimeu, dass dieselben durch un- regelmäßige Quellung nur einer Zelle entstanden sein sollten — dazu sind sie zu groß und das Vorkommen von Nervenfasern inner- halb der Herde . soAvie die kränz- bezw. septumartige Gestalt der- selben wäre kaum zu erklären. Gegen eine Confluenz mehrerer kleiner Herde durch Zugrundegehen der dazwischen liegenden Nervenröhren spricht das völlige Fehlen atrophischer Fasern. »Dagegen scheint es mit EUcksicht auf den Befund mehrerer nahe zusammen liegender Ganglienzellen ohne Kapsel zwischen den Nervenbündeln nicht unwahrscheinlich, dass die größeren Herde frühereu Ganglienzellenhaufen entsprechen, bezw. aus ihnen hervor- gehen. Das Vorhandensein reichlicher normaler Ganglienzellen im Oculomotorius eines Neugeborenen einerseits und von ausgebildeten Herden ohne Zellen im gleichen Nerven eines Vierjährigen anderer- seits legt die Vermuthuug nahe, dass die Umwandlung der Zellen • — wenigstens größtentheils — in eine sehr frühe Lebensperiode fällt, woraus sich erklären würde, dass beim Erwachsenen ausgebil- dete Herde so häufig, normale Gaoglienzellen dagegen nur selten gefunden werden ; — in der embryonalen Entwicklung des Nerven dürfte dann vielleicht der Grund zu suchen sein, warum die Herde um so seltener werden bezw. ganz verschwinden, je weiter peri- pherisch der Nerv untersucht wird. Handelt es sich bei unseren Plaques thatsächlich — was erst ausgedehntere Untersuchungen feststellen können — um in den Nerven eingesprengte Ganglienzellen, die in allerfrühester Lebensperiode einem Absterbeprocess anheim- fallen, so kann die eigenthümliche Form der Herde , ihre Lage als Caput mortuum im gesunden Nervengewebe, der amorphe Charakter ihrer Substanz eben so wenig auffallen, wie ihr häufiges und regel- mäßiges Vorkommen gerade in demjenigen Theile des extracerebralen Nervenstammes, der am meisten central gelegen ist.« In der embryonalen Entwicklung habe ich nun zwar keinen Grund gefunden, wesshalb die Herde entarteter Ganglienzellen peri- pheriewärts verschwinden, wohl aber habe ich nachgewiesen, dass die Ganglienzellen schon in sehr frühen und frühesten Stadien in die mo- torischen Nerven eintreten. Thomsen seinerseits hat aber den Be- weis geliefert, dass echte Ganglienzellen, außer am Oculomotorius, in dessen Faserverlauf, wie gesagt, sie schon durch Rosenthal und Schwalbe nachgewiesen waren, sich auch im Abducens beim Erwachsenen finden, und hat dadurch der Forschung einen um so größeren Dienst erwiesen, als mm wohl durch den doppelten, ana- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 19 tomischen wie embryologischeu. Nachweis der GaDglieuzelleii in rein motorischen Nerven, welche noch dazu nicht in Anlagerung au Spinal- ganglien treten, die bisher fast allgemein geltende Lehre fallen wird, motorische Nerven besäßen keine Ganglienzellen. Ehe wir uns aber daran geben, die Ursache des Zugrundegehens dieser Ganglienzellen in motorischen Nerven aufzusuchen, haben wir vor Allem einen Grund für ihr Dasein resp. für ihre Bedeutung und Function anzugeben, wobei denn freilich die Thatsache ihres theilweisen und frühen Zugruudegehens sehr ins Gewicht fallen wird. Zunächst wird es sich um die Feststellung der Natur derjenigen Ganglienzellen handeln, die im Oculomotorius nachgewiesen worden sind. Schwalbe und andere Autoren, welche sich mit dem G. oculomo- torii befasst haben, scheinen keinen Zweifel gefühlt zu haben, dass es sich um sensible Ganglienzellen dabei handle. Der Begriff motorischer peripherer Ganglien scheint so gänzlich widersinnig gewesen zu sein, dass eben nur daran gedacht ward, die Herkunft selbst der in den Faserverlauf vereinzelt eingesprengten Ganglienzellen des Oculomo- torius nur durch Abspaltung und Einwanderung aus Elementen der Trigeminusganglien zu erklären: auch Beard. welcher zuerst eine scharfe Unterscheidung der unter dem Namen Ganglion ciliare so lange vermischten Ganglienbildungen durchgeführt hat, gelangt nicht weiter, als dass er dem Ganglion des Oculomotorius den Charakter eines wahrscheinlich sympathischen Ganglions zuspricht , wenn schon er ganz richtig seine Reserven gegenüber Hoffmann macht, welcher das G. oculomotorii durch Abspaltung aus dem G. ciliare Aut. (mesocephalicum Beard) hervorgehen lässt. Dass aber mit dem Wort sympathisches Ganglion nichts gewonnen ist. so lange nicht Bedeutung und Entwicklungsmodus der Ganglien des Oculomo- torius auf die der sympathischen Ganglien des Greuzstranges zurückge- führt sind — wobei dieselben denn freilich als nicht sympathisch klar erkennbar würden — liegt auf der Hand. Aber es lag eben auch Beard als Stein des Anstoßes im Wege, dass Ganglienzellen in rein motorischen Nerven kein Heimatsreeht haben, oder, wie es His einmal ausdrückt, »dass der Oculomotorius als ein rein moto- rischer Nerv kein Anrecht auf ein Ganglion besäße«. Nur van Wijhe hat die Existenz von Ganglien und Ganglienzellen in den motorischen Nerven für möglich gehalten, aber leider hat er ihr Vorkommen und ihre Herkunft aus der Medulla nicht bündig nachzuweisen vermocht, und so ist bis heute die Frage nicht gelöst worden. 2* 20 Anton Dohrn Fragt man sich mm aber, ob es auf Grund der bisherigen, wenn auch sehr unklaren und unbestimmten Vorstellungen über die Bedeutung der Ganglienzellen peripherische motorische Gan- glien geben könne, so muss man dabei sofort in die Erwägung ein- treten, auf welche Weise derartige Ganglien zur Thätigkeit gebracht, ihre motorischen Kräfte ausgelöst werden können. Wenn nicht Alles trügt, so nähern wir uns immer mehr der Vorstellung, dass dazu directe oder indirecte Anregung aus der sensiblen Sphäre gehört, und dass die materielle Grundlage zur Übermittlung dieser Anregung in Nerven- bahnen gegeben sein muss, welche die einzelnen motorischen Ganglienzellen in so oder so gestalteten Contact mit den Ausläufern sensibler Fasern versetzen, sei es direct durch Wurzelfasern der sen- siblen Ganglien, sei es durch Vermittlung medullärer Leitungsbahnen indirect. Wie aber sollte man sich die Anregung auf motorische Ganglienzellen übertragen denken, welche am Ende eines motorischen Nerven liegen , wie es die Ganglienzellen des Oculomotorius thun ? Ist es denkbar oder wahrscheinlich, dass Wurzelfasern von sensiblen Hirnnerven durch die ganze Masse des Hirns hindurch in die Bahn des Oculomotorius eintreten, um sich auch durch dessen Fasermasse hindurch bis an den M. obliquus inferior zu begeben und da die Ganglienzellen zu umspinnen ? Es wäre gewiss einfacher, die betref- fenden Ganglienzellen blieben im Mittelhirn liegen und erführen dort ihre Anregung, wie alle anderen. Oder soll man daran denken, dass sie direct von Wurzelfasern peripherischer sensibler Ganglien in Er- regung gebracht würden, welche Wurzelfasern dann nicht in das Hirn eingingen, sondern direct aus dem sensiblen an das motorische Ganglion gingen? An und für sich wäre ja ein solcher Vorgang keineswegs widersinnig, aber bisher haben wir von solchen Einrich- tungen keine Kenntnis. Blicken wir aber auf die Verbreitung der in den motorischen Augenmuskelnerven enthaltenen Ganglienzellen, so muss uns an einer solchen Auffassung besonders irre machen der Umstand, dass sie — wenigstens nach Thomsen's Erfahrungen, denen sich, wie gleich weiter angeführt werden soll, auch Gaskell ange- schlossen hat — sich besonders innerhalb der Wurzelfäden zahlreich finden und die Ausbreitung selbständiger sensibler Wurzelfasern an diese Localitäten wenig wahrscheinlich wäre. Fragt mau nun nach der Structur der Oculomotorius-Ganglien- zellen, so antwortet Schwalbe, dass sie in Gestalt und Conformation der Kapsel- und Scheidenbildung vollkommen den Ganglienzellen gleichen, welche den Spinalganglien angehören: sie haben die T- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 21 Faserbildimg Ranviee's,. woraus zu schließen sei, dass sie ursprünglich bipolar seien, also eine centrifugale und eine centripetale Faser entsenden . Entgegen den Angaben Schv;albe's fand Retzius (Untersu- chungen über die Nervenzellen der cerebrospinalen Ganglien und der übrigen peripherischen Kopfganglien, in: Archiv Anat. Phys. Anat. Abth. 1880 pag. 392 ff,), dass die Ganglienzellen des G. ciliare in ihrem Bau mehr den sympathischen Ganglienzellen sich anschlössen, wenn schon auch Zellen, zumal beim Huhn, sich finden, welche wiederum mehr den Bau der cerebrospinalen aufweisen. Schließlich hat Jegoroff in seiner umfassenden Monographie des G. ophthalmicum (Recherches auatomo-physiologiques sur le gau- glion ophthalmique. in: Arch. Slaves Biol. Tome 2 und 3) sich der gesammten Frage nach der Natur dieses Ganglions bemächtigt und giebt ausführliche, wenn auch nicht abschließende Antwort auf eine Menge aufzuwerfender Fragen. Ich halte es für nöthig, die Angaben, welche Jegoroff über die Structur der Zellen des Ganglions macht, zumal bei dem Widerspruch derjenigen Schwalbe's und Retzius", in extenso hier mitzutheilen. Es heißt 1. c. Tome 3 pag. 100 ff: » — le ganglion ophthalmique contient deux sortes de cellules nerveuses ; certaines d'eutre elles, les plus grosses, se trouvent munies de cap- sules épaisses, formées de tissu conjonctif, présentant une quantité considérable de uoyaux et recouvertes d'un réseau serre de fibres nerveuses à double contour. D'autres cellules sont bieu plus petites, au contraire ; leurs capsules sont beaucoup plus miuces et la quan- tité des fibres nerveuses qui les entourent est si insignifiante en comparaison de celle qu'on trouve sur les capsules de la première catégorie , qu'elles semblent presque nues comparativemeut. Les cellules qui font partie de cette dernière espèce, se présentent ordinairement sous forme d'agglomératious et adhérent intimement les unes aux autres. Il est toujours facile de distinguer dans les grandes cellules de méme que dans les petites, le protoplasma granuleux ainsi que le noyau et le nucléole. Certaines cellules présentent des dimensions particulièrement considérables ; on y trouve plusieurs noyaux ainsi que plusieurs nucléoles; mais elles sont comparativemeut rares. Dans les préparations bien faites on peut voir les prolongements de chaque cellule qui sont au nombre de un à trois. Il ne m'est jamais arrivé den voir sept ainsi que l'affirme Retzius. La capsule présente un épaississement considérable à l'endroit où naìt le prolongement . et les noyaux qu'elle renferme s'entassent tellement les uns sur les autres qu'il est très difficile 22 Anton Dohrn d'examiner plus en detail les rapporta du prolongement et du cou- tour de la cellule. Si uous examinons l'une des cellules qui se sont échappées de leur capsule avec les restes de prolong-ements plus ou moins longs. nous voyons que ces derniers représentent la coutiuuation immediate du protoplasme cellulaire qui renferme parfois des filets extrémemeut fins, paralleles à laxe longitudinal du pro- longement. Une euveloppe de myéline vient revétir les prolon- gements dans le cours de leur trajet; de plus, ils préseutent toutes les propriétés décrites par Retzius (divisions de tonte espèce:. Les prolougements quitteut la cellule séparément dans la majorité des eas ; cependant il u'est pas rare den voir deux ou trois naìtre d'un petit tronc commun, qui sort de la cellule, pour se diviser aussitòt: quant aux rameaux qui résultent de cette division ils se dirigent aussitòt de différents còtés. Si l'on fait des coupes microscopiques paralleles à la direction des rameaux nerveux qui entrent dans le ganglion ophthalmique ou en sortent, on voit que les fibres qui les constituent vieunent se disperser entre les cellules nerveuses à mesure qu'elles pénètrent dans le ganglion ; ces fibres se relient directement à Celles qui enveloppent la capsule de la cellule uerveuse : elles présentent la particularité caractéristique d'une division dichotomique qu'on observe tantòt sur la capsule méme et tantòt à une petite distance de celle-ci.« Nach dieser Beschreibung der Structur der Ganglienzellen versucht Jegoroff die Herkunft des CI. ophthalmicum aus den Beziehungen zu eruiren, in die es mit den verschiedenen Nerven tritt, welche Fasern in es hinein senden, resp. von ihm empfangen, und findet, dass die Beziehungen zum Oculomotorius Constant sind, wenn auch bei verschiedenen Thieren in verschiedener Weise ausgebildet. Nicht ganz so Constant sind die Beziehungen zum Trigeminus, aber auch da glaubt Jegoroff einen bestimmten Autheil an der Bildung des Ganglion dem Trigeminus vindiciren zu müssen. Ablehnend verhält sich Jegoroff aber gegen die Annahme, dass das G. ophthalmicum, was für Verbindungen auch gelegentlich coustatirt werden können, zu dem System des Sympathicus gerechnet werden könnte. So gelangt Jegoroff zu der kritischen Frage, welchen Nerven die Ganglienzellen denn nun eigentlich angehören, oder wie er sie stellt: jjjusqua quel point la partécipation du nerf trijumeau est- elle indispensable à la formation des ganglions secondaires? Peut- on nier cette partécipation en se basant uniquement sur des cas ou il a été impossible d'iudiquer Texistence d'une branche à part, inde- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 23 pendante, provenant du nerf trijumeau et qui se dirigerait directe- ment vers l'ag-glomération gangiioiinaire, ce qu'on remarque, ainsi que nous l'avons dit déjà, daus la raajorité des cas, lorsque les gan- glions secondaires se disposent dans le tronc du iierf moteur-oculaire ? Nous devons nous demander enfin jusqu'à quel point la rencontre des fibres des deux nerfs ditférents est vraiment nécessaire pour pro- voquer Tapparition d'éléments gangliounaires, et, sii n'y a pas encore d'autres conditions qui influent sur ce pliénomène ?« (1. e. pag. -108). Gewiss ist die Vorstellung befremdend, die in dieser Fragestellung liegt; als ob Ganglienzellen durch das Zusammeutreifen der Fasern zweier verschiedener i^Ferven hervorgerufen würden ! Indessen will ich mich damit nicht weiter beschäftigen, sondern die Antwort her- setzen, die Jegoroff selbst giebt. Er sagt: »la paire uerveuse de ce ganglion est représentée d'un còte par le nerf moteur- oculaire, qu'on pourrait considérer comme sa racine motrice, et d'un autre par la première branche du trijumeau, qui constituerait sa racine sensitive« (1. e. pag. 118) — also dieselbe Antwort, die schon von den meisten früheren Forschern gegeben worden ist. Um aber diese Hypothese sicher zu macheu. hat Jegoroff physiologische Ex- perimente angestellt, die wesentlicli darauf hinauslaufen, dass durch Durchschueidung des Oculomotorius centralwärts vom G. ophthalmicum und durch Reizung des centralen Stumpfes dieses Nerven keine Reac- tion erhöhter Sensibilität erreicht wird, während andererseits mecha- nische und elektrische Reizung der Cornea und Sclerotica , nach wie vor^ die ungestörte Sensibilität darthun, deren Wege also außerhalb des durchschnittenen Oculomotorius gelegen sein müssen, und wirk- lich zu liegen scheinen , da die Durchschneidung des Trigeminus centralwärts vom G. Gasseri die Sensibilität unterbricht. In der That spricht sich Jegoroff dahin aus (1. c. pag. 121): «Cette sèrie d'ex- périences nous dèmontre que toutes les fibres sensitives qui se trou- vent dans le tronc du nerf moteur-oculaire se trouvent empruntèes à la première branche du nerf trijumeau, car sa section au dessus de l'endroit où les fibres du rameau ophthalmique viennent se joindre à Celles du tronc du nerf moteur-oculaire, entraìne la perte com- plète de la sensibilitè de ce dernier. De cette facon le nerf moteur- oculaire n'est sensitif qu'autant qu'il recoit des fibres de la pre- mière branche du nerf trijumeau. Il ne peut donc guère étre question d'un faisceau quelconque de fibres sensitives, naissaut du cerveau, d'après la supposition de Schwalbe, et apparteuant exclu- sivement au nerf moteur-oculaire. 24 Anton Dohrn »Nous devous donc conclùre, en nous basant sur tout ce qui vient d'étre exposé plus haut, que le ganglion ophthalmique est l'ho- mologue, en tout point, des g-auglions spino-eérébraux. De plus, sa paire nerveuse sera représentée par le uerf moteur-oculaire qui cou- stituera sa racine motrice ou antérieure et le premier rameau ou rameau ophthalmique du trijumeau qui sera aualogue à la branche sensitive ou racine postérieure des nerfs spino-cérébraux.« Der Schluss, den Jegoroff zieht, beantwortet nur implicite die Frage, welche er weiter oben gestellt hat: »jusqu'à quel point la partécipation du nerf trijumeau est-elle indispensable à la for- mation des ganglions secondaires?« Oifenbar nimmt auch Jegoroff an, dass die Ganglienzellen dem Trigeminus angehören, und dass sie nur da sind, weil der Trigeminus mit dem Oculomotorius zusam- mentrifft. Diese Auffassung ist eben die allgemein verbreitete, und wenn ich so ausführlich geschildert habe , wie Jegokoff sich zu dieser Frage stellt, so habe ich es gethan, weil dieser Forscher die um- fassendsten und eingehendsten Untersuchungen darüber angestellt hat, wie das G. ophthalmicum beschaffen sei. In einer fleißigen Arbeit »Contributo allo studio del significato morfologico e della struttura del ganglio ciliare« (Giornale d. Asso- ciazione dei Naturalisti e Medici di Napoli 1890) pag. 209 — 264 macht A. Antonelli ausführliche Angaben über die Structur des G. ophthalmicum, das er für ausschließlich dem Oculomotorius zu- gehörig erklärt und homolog einem Spiualganglion setzt. Anders als Schwalbe und auch anders als Jegoroff spricht sich ein vierter Forscher aus, der kürzlich die Verhältnisse des Ocu- lomotorius und des G. ophthalmicum untersucht hat. Gaskell. In seinem Aufsatz »On the relation between the structure, function, distribution and origin of the Cranial Nerves, together with a theory of the origin of the nervous system of Vertebrata« (Journ. Phys. Cam- bridge Voi. 10 1889 pag. 153 — 211) werden neben anderen Proble- men auch diejenigen der metamerischen Anordnung der Hirnnerven discutirt und dabei eine Auffassung des morphologischen Werthes der Nn. oculomotorius, trochlearis und abducens entwickelt, welche von allen bisherigen abweicht und darum auch an dieser Stelle besprochen werden soll, Ida sie mit dem Vorhandensein der Ganglienzellen im Oculomotorius und Trochlearis in Zusammenhang gebracht wird. Gaskell beschreibt zunächst (1. c. pag. 163 fif.) den Faserver- lauf im Oculomotorius der Säugethiere. Er lässt den Nerven aus einer großen Zahl von Wurzelbündeln zum Stamme zusammentreten : Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 25 die Fasern gehören zu den breiten und den schmalen markhaltigen. von 14,4 bis 18 f.1 die ersteren, von 3 bis 5 ,« die letzteren; hieraus folgert Gaskell die große Ähnlichkeit des ganzen Nerven mit den moto- rischen Spinalnerven. Die breiten Fasern innerviren die Augen- muskeln, während die feinen, welche anfänglich den breiten unter- mischt sind, sich allmählich an einer Seite sammeln, eine besondere Gruppe bilden und zu dem G. oculomotorii werden, dessen Radix brevis sie darstellen. Gaskell sagt: «here they enter into a large number of ganglion cells resembling those of a spinal ganglion and issue forth to form the short ciliary nerves i. e. the motor nerves of the sphincter and ciliary muscles.« Zu diesen feinen Fasern, welche zum Ganglion treten, und aus ihm heraus gehen, lässt Gaskell noch ein bis zwei feine Nerven gelangen, welche anscheinend vom Naso-ciliaris und vom Sympathicus abstammen. Diese feinen Nerven setzen sich aus breiten und schma- len markhaltigen und aus marklosen Fasern zusammen; die breiten Fasern gehen in die Muskeläste des Oculomotorius über, ohne das Ganglion zu berühren, während die übrigen in das Ganglion ein- treten und eine kleine Gruppe von Zellen bilden, welche in Form und Erscheinung mehr sympathischen als spinalen Ganglienzellen gleichen. Hiernach ergiebt sich, dass dies Oculomotorgangliou keinerlei breite sensible Fasern aus dem Bereich des Trigeminus empfangt, dass es also nach Gaskell's Meinung «in fact as typical a motor vagrant ganglion is. as any in connection with the spinal nerves.« Fragt man nun, was ein »motor vagrant ganglion« ist, so kann man aus den Auseinandersetzungen auf pag. 165 entnehmen, dass Gaskell vagrant ganglion für sympathisches Ganglion setzt, und so sagt er (pag. 164) : «we see theu, that Schwalbe is right in looking upon this ganglion as essentially belongiug to the 3''^ nerve, and that VAN Wijhe would have beeu right in considering it as whoUy sympathetic, if he had only known the true meaning of a sympa- thetic ganglion.« Was nun aber ist nach Gaskell «the true mean- ing of a sympathetic ganglion«? Wir finden darüber auf pag. 162 die folgenden Andeutungen : » — a spinal nerve must be defined as formed by 1) a posterior root composed of afferent fibres, both somatic and splanchnic, the ganglion of which group is stationary in position and is always si- tuated near the entrance of the fibres into the central nervous system ; 2) an anterior root composed of a) efferent uon-gauglionated splanch- nic and somatic fibres, and b) efferent ganglionated splanchnic 26 Anton Dohrn ^ fibres characterised by the fineness of their ealibre. the ganglion of which is vagrant and has travelled to a variable distance from the centrai nervous system.« Hieraus geht hervor, dass Gaskell im Gegensatz zu allen bis- herigen Forschungen die sympathischen Ganglien als aus den vor- deren Wurzeln hervorgegangen ansieht. Nach Balfouu's Unter- suchungen, die später von Onodi u, A. weiter ausgeführt wurden, entsteht das sympathische Ganglion als eine Abtrennung des spinalen, würde also essentiell sensible Ganglienzellen enthalten. Auch mir ist es bisher Axiom gewesen, die sympathischen Ganglien als Theil- product der Spinalganglieu anzusehen, und als ich in der 14, Studie meine Forschungen über den Ursprung der motorischen Nerven be- gann, leitete ich sie damit ein, dass ich die Angaben Julin's, welcher in den motorischen Nerven des Petromyzon sympathische Ganglien gefunden haben wollte, in Zweifel zog, weil bei den Cyclostomen motorische und sensible Nerven nicht zu einem gemeinsamen Stamme werden , sondern getrennt verlaufen , somit keine Ganglienzellen aus den Spinalganglien in die motorischen Nerven übergehen können. Ich verband damit die bekannten Angaben van Wijhes, der an allen motorischen Wurzeln vorübergehend Ganglienbildung beobachtet haben wollte ; mir schien das mit den herkömmlichen Auffassungen über die Composition der motorischen Nerven unvereinbar und so ward ich dazu gebracht, durch neue Untersuchungen schließlich doch die Thatsache des Austreteus medullärer Zellen in die sich bildenden motorischen Wurzeln festzustellen, konnte aber damals noch nicht angeben, was aus diesen Zellen im motorischen Nerven würde. In der vorliegenden Studie ist nun der Nachweis geliefert, dass auswandernde Medullarzellen in den motorischen Nerven in der That zu Ganglienzellen sich umgestalten, es wäre also dadurch der Auffassung Gaskell's möglicherweise ein thatsächlicher Untergrund gegeben. Indessen fehlt doch viel daran, dass ein Zwang bestände, diese Ganglienzellen der Vorderhörner für sympathisch zu erklären. Die Schwierigkeit der ganzen Frage liegt aber offenbar in dem Aus- druck »sympathisch«. Was sind denn sympathische Ganglien? Einstweilen nennen wir alle Ganglien sympathische, welche weder Spinal- noch Hirnganglien sind und durch den Grenzstrang mit ein- ander verbunden werden. Wir nennen ferner alle Ganglienzellen der visceralen Sphäre sym^iathisch, und wir haben uns bisher damit beruhigt, die Herkunft aller dieser Ganglien durch Abspaltung und Wanderung aus den Spinal- resp. Hirngauglien geschehen zu lassen. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 27 Wenn an eine andere Abstammung noch gedacht ward, so wurde autochthone Bildung aus dem Entoderm angenommen. Besäßen wir irgend ein aus der Structur hergenommenes , strenges Unter- scheidungszeichen zwischen sympathischen und Spinalganglienzellen, so ließe sich ja Avohl die Frage leichter lösen, ob die Ganglienzellen, die aus den Vorderhörnern herstammen , sympathisch oder spinal seien — aber wir haben nichts derart, und wo wir etwas zu be- sitzen glaubten, hat sich dieser Besitz als illusorisch erwiesen. Denn ob die Unipolarität. Bipolarität oder Multipolarität irgend einen qua- litativ durchgreifenden Unterschied zwischen den verschiedeneu Gan- glienzellen desselben Thieres oder verschiedener Thiergruppen ab- giebt, ist wohl noch zweifelhaft. Eben so wenig stichhaltig sind die Unterscheidungen zwischen marklosen und markhaltigen Fasern, breiten und schmalen etc. etc. Was uns allein helfen und fördern könnte, wäre eine Eintheilung der Ganglienzellen nach dem Ur- sprungsort und der Ursprungsart — aber dass wir auch damit noch in den Anfangsschwierigkeiten stecken, beweist diese Studie, welche das Auswandern von Ganglienzellen aus den Vorderhörnern, also einen neuen Ursprungsort peripherischer Ganglien, nachweist. Gaskell aber geht noch weiter in seinen Deductionen bezüglich der im Oculomotorius und auch im Abducens aufgefundenen Gan- glienzellen. Wie er die au der Peripherie gelegeneu Ganglien des Oculomotorius für wandernde motorische, also nach seiner Definition sympathische Ganglien erklärt, so glaubt er die Ganglienzellen, die er an den Wurzelsträngen des Oculomotorius und im Verlaufe des Abducens gefunden hat, seltsamerweise als Spinalganglienzellen deuten zu können (1. c. pag. 167). Die Gründe, die er dafür giebt, erscheinen um so weniger ausreichend und für die ganze Theorie der »efferent vagrant motor ganglia« verhängnisvoll, als es längst ein sehr sicheres Kriterium giebt, welches die Charaktere der Spinal- ganglien bestimmt: nämlich ihre Herkunft aus der Ganglienleiste. Da ich nun den stricten Nachweis führen konnte, dass sämmt- liche Ganglienzellen, peripherische wie centrale, des Oculomotorius aus dem Vorderhorn auswandern, so ist es ganz unmöglich, auch nur einen Theil derselben mit den Spinalganglieu parallelisiren zu wollen, mithin auch unmöglich, den Oculomotorius als vollständigen segmentalen Nerven des ersten Segmentes zu proclamiren. Der Ocu- lomotorius ist und bleibt der vorderste motorische Nerv des gegen- wärtigen Wirbelthierkörpers und repräsentirt, wie ich schon in der 15. Studie ausgesprochen habe, wahrscheinlich eine größere Zahl 28 Anton Dohrn früher unabhängiger Nerven, welche durch die Umwandlungen des Vorderkopfes zu dieser Concentration in einen Stamm gelangt sind. Der Trochlearis seinerseits hat, wie ich oben nachgewiesen habe, wirkliche, wenn auch vielleicht nur vorübergehende Beziehungen zu Ganglienzellen der Ganglienleiste, die also nicht mit den Ganglien- zellen des Oculomotorius verwechselt oder parallelisirt werden dür- fen. Ob außer dieser Quelle noch andere Quellen für den Eintritt von Ganglienzellen in seinen Verlauf bestehen, muss dahingestellt bleiben. Über seinen morphologischen Werth habe ich in der 15. Studie (pag. 345 &.) mich zweifelhaft geäußert. Sein Verlauf im Inneren des Medullarrohres , sein Austritt an der dorsalsten Stelle und seine Beziehungen zu dem oben erwähnten embryonalen Ganglion ließen mich zweifeln, ob er wirklich ein reiner Vorderhornnerv sei, oder nicht vielmehr Seitenhornfasern empfinge. Ich ließ die Entscheidung davon abhängen, ob es gelänge die Entwicklung des M. obliquus superior mit Sicherheit auf diejenigen Abschnitte des Kopfmesoderms zurückzuführen, welche zweifellos als Myotome zu betrachten seien. Ich habe seitdem Gelegenheit gehabt, die Entwicklung der Vorder- kopfmyotome näher zu untersuchen, und habe die Überzeugung ge- wonnen, dass in der That die Muskelmasse des M. obliquus supe- rior ausschließlich aus Myotomen hervorgeht, und zwar vielleicht aus zweien. An anderer Stelle werde ich diese Angabe ausführlicher begründen. Dadurch fällt meine Vermuthung, im Trochlearis einen Seiten- hornnerven erblicken zu dürfen: er ist ein Vorderhornnerv, der zwischen Abducens und Oculomotorius sich einschaltet. Welche Motive zu so abweichenden Verlaufsverhältnissen im Medullarrohre geführt haben, bleibt freilich dadurch nur um so räthselhafter. Der Abducens schließlich stehtauf demselben Niveau, wie der Oculomotorius. Auch in ihm sind Ganglienzellen aufgefunden wor- den, und ich habe ihren Austritt aus dem Vorderhorn und ihre Wanderung den Nerven entlang verfolgen können. Die exclusiv mo- torische Natur des Abducens kann füglich nicht in Zweifel gezogen werden, und da die Einwanderung der Medullarzellen in ihn fast genau dieselben Bilder an seinen Wurzelsträugen ergiebt, wie sie sich zu gewisser Zeit an den sämmtlichen motorischen Spinalnerven erkennen lassen, so haben wir es hier offenbar mit einem Phänomen allgemeiner Natur zu thun, dessen Bedeutung erst nach einer um- fassenderen Ermittlung des Thatsächlichen möglich sein wird, zu der nachfolgend noch einige Beiträge geliefert werden sollen. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 29' 5. Das Einwandern von Me dullarz eilen in die motorischen Spinalnerven. Es ist natürlich, dass ich nach der Feststellung des Einwandern» von Medullarzellen in den Oculomotorius und Abducens, die beiden vordersten rein motorischen Nerven des Körpers, von Neuem die Untersuchung der motorischen Spinalnerven aufnahm, um zu ver- suchen, ob ich nicht, gestützt auf diese Erfahrungen, in der Ermitt- lung der schon in der 14. Studie behaupteten Einwanderung von Medullarzellen in dieselben einen Schritt weiter käme. Dabei war nun von der größten Bedeutung, dass die Einwan- derung der Medullarzellen in die beiden Augenmuskelnerven nach- weislich am stärksten in Perioden vor sich geht, wo diese Nerven bereits in allem Wesentlichen ihre definitive Lagerung erreicht haben und an ihre Endorgane gelangt sind. Zugleich mussten die Bilder, welche zumal an den Wurzelsträngen des Abducens gewonnen waren, nach- dem eine größere Zahl von Medullarzellen auf einmal in sie über- getreten waren, also die auf Taf. 4 Fig. 9 u. 10 dargestellten Verhält- nisse, zur Orientirung und Deutung ähnlicher Bilder dienen können, falls solche an den motorischen Nerven des Rückenmarks gefunden würden. Beim Abducens war es gelungen, die an den Wurzel- strängen reihenweise gelagerten, durch Abplattung fast cubisch er- scheinenden Zellen als Medullarzellen zu erkennen; ließ sich nun ein ähnliches Bild bei den motorischen Spinalzellen nachweisen, so musste die Annahme, dass es sich dabei gleichfalls um Medullar- zellen und nicht um angelagerte Mesodermzellen handelte, fast un- ab weislich erscheinen , und damit eine Instanz gewonnen werden, welche bisher fehlte, um diesen beiden Kategorien von Embryonal- zellen einen Antheil an der definitiven Constitution der motorischen Spinalnerven einzuräumen. In der That gewähren gewisse Stadien der Selachierembryonen an allen motorischen Spinalnerven Bilder, welche durchaus jenen eben citirten des Abducens gleichen. Es sind das die Bilder, welche schon VAN WiJHE (Anat. Anzeiger 3. Jahrg. pag. 76) veranlassten, »von zelligen Verdickungen, welche einem Ganglion täuschend ähn- lich sehen« zu sprechen. Früher war ich abgeneigt, diese Zellagglo- meration au den Wurzeln der vorderen Spinalnerven als Gauglien- bildung anzusehen, aber jetzt kann ich van Wijhe's obigem Ausspruch mich nicht nur anschließen, sondern muss ihn sogar noch erweitern. 30 Anton Dohrn Es fällt zunächst auf, dass die »zelligeu Verdickungen« nicht wie die aus ihnen abwärts dringenden Nervenstämme mit Zellen aus- gestattet sind, welche eine vorwiegend spindelförmige Gestalt haben und im Zusammenhange mit längeren Fasern oder Membranen stehen, sondern theils kuglig, theils abgeplattet cubiseli erscheinen. Fortsätze bilden sie nicht, hängen auch nicht unter einander zusammen, sondern liegen frei neben einander und umgeben den eben aus dem Medullarrohr hervorgegangenen Nerven wie mit einem Mantel. Auf Querschnitten triift man den austretenden motorischen Nerven immer schräg, da er nicht senkrecht auf die Längsachse gerichtet ist, sondern schräg nach unten und hinten verläuft. Verfolgt man aber Schnitt für Schnitt, so sieht man, wie erst dunkel gefärbte Zellen getroffen werden, die auf dem folgenden Schnitt bereits einen Anfang von Faser- bildung zwischen sich erscheinen lassen (Taf. 5 Fig. 1 — 8). Diese Fa- sermasse nimmt auf den folgenden Schnitten zu, gleichzeitig zeigt sie sich aber oben und unten umgeben von durchschnittenen dunkel gefärbten Zellen. Trifft der Schnitt gerade die Mitte, so erkennt man den Zusammenhang der Fasermasse mit Fasern, die aus Zellen des Vor- derhorns durch die zwischenliegende weiße Substanz des Rücken- marks in den motorischen Nerven sich begeben ; man sieht die Fa- sermasse wiederum oben und unten von jenen dunkel gefärbten kugligen oder cubischen Zellen umgeben und dieses danze nochmals eingeschlossen von einer Membran, die aus den Mesodermzellen ge- bildet wird, welche auch, in gewissem Abstände, die Medulla um- geben, etwas unterhalb der »zelligeu Verdickung« der motorischen Wurzel aber mit denjenigen Zeilen in Zusammenhang treten, oder wenigstens nicht weiter von ihnen unterschieden werden können, die sich dem Nerven als Mesodermbelag anschließen. Der Gegensatz zwi- schen den Zellen, welche diese äußere Hülle um die zellige Wurzelver- dickung bilden, und denjenigen, w^elche die Verdickung selbst aus- machen, tritt auch dadurch häufig grell hervor, dass die hüllbildenden Zellen immer in gewissem Abstände von einander liegen und mit ihrem Längsdurchmesser meist parallel dem Laufe der Nervenwurzel ge- richtet sind, während die innerhalb der Hülle der Nervenwurzel eingefügten Zellen dicht au einander sich abplatten und dabei häu- fig mit ihrem Längsdurchmesser quer auf die Richtung der Nerven- wurzel gelagert sind (Taf. 5 Fig. 2 — 4). Zelltheilungen finden sich innerhalb der Verdickungszellen sehr häufig. Untersucht man nun die Partie des Medullarrohres näher, aus welcher die motorischen Nerven hervorgesprosst sind, so zeigen sich Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkürpers. 16, 31 fast regelmäßig inmitten des durchschnittenen Fasernetzes der weißen Substanz, die völlig ungefärbt geblieben ist, röthliche Plasmazüge, welche von den Vorderhörnern aus an die motorische Nerven wurzel herangehen, auch wohl in dieselbe hineindringen. Innerhalb dieser blassröthlichen Plasmazüge begegnet man fast regelmäßig einigen Kernen, welche durchaus mit den Kernen resp. Zellen der Vorder- hörner übereinstimmen, auch denen der in den motorischen Nerven eingetretenen gleichen. Ihre Lage ist verschieden, eben so ihre Zahl : oft genug, besonders in noch späteren Stadien, ist der Austritt der motorischen Wurzeln durch 1 — 2 Dutzend solcher Zellen inmitten der weißen Substanz gekennzeichnet (Taf. 5 Fig. 9 — 12). Es ist mir mehr als wahrscheinlich, dass diese Zellen Abkömm- linge der Vorderhoruzellen sind und zu den motorischen Nerven sich genau so verhalten, wie die am Oculomotorius und Abducens be- schriebenen, in diese Nerven auswandernden Medullarzellen. Verfolgt man die »zellige Verdickung« an der Wurzel der mo- torischen Nerven über das Stadium O Balfoürs hinaus in immer weiter entwickelte Stadien, so sieht man, dass die Verdickung sich in die Länge zieht, d. h. dass sie auf immer weiter abwärts gele- gene Theile des motorischen Nervenstammes sich erstreckt. Offen- bar geschieht dies^ in Folge von beträchtlicher Zunahme der die Ver- dickung bildenden Medullarzellen, einer Zunahme, welche sowohl aus Theilung der bereits in den Nerven sich befindenden Medullarzellen als auch, und vielleicht hauptsächlich, durch unausgesetzt stattfindende weitere Einwanderung von Vorderhoruzellen in seine Wurzel bewirkt wird. Dadurch wird zunächst die Erscheinung der cubischeu Ab- plattung dieser die Verdickung bildenden Zellen bedingt, weiterhin aber das Vordringen resp. Vorschieben der zuerst ausgewanderten Zellen, welche hauptsächlich an der äußeren Seite des Nerven weiter abwärts gleiten. Der Stamm des motorischen Nerven kommt dann auf der Höhe der am meisten nach innen vorspringenden Partie der Muskellamelle des zugehörigen Myotoms zur Spaltung in den dorsalen und ven- tralen Ast : an dieser Stelle finden sich regelmäßig und in größerer Zahl solche dunkel gefärbten Zellen, welche ich für Medullarzellen halte: ich glaube sogar, dass sie von hier weiter auf die beiden Aste übergehen und in selbständiger Wanderung peripheriewärts vordringen. Eine Verschmelzung dieser Zellen mit dem dicht dahinter fol- genden Spinalganglion habe ich nie beobachtet : ob sie trotzdem 32 Anton Dohrn stattfindet, steht dahin: es sind das schwierige Verhältnisse, die wohl noch weitere und tiefer greifende histogenetische Untersuchun- gen verlangen, um sie zur Klarheit zu führen. Von Wichtigkeit ist diese Frage aber desshalb, weil es sich darum handelt, ob die in die motorischen Nerven auswandernden Medullarzellen sich am Auf- bau der sympathischen Ganglien betheiligen. Die Anlagerung des motorischen Nerven au den sensiblen er- folgt auf deijenigen Sti*ecke des letzteren, die zwischen dem Ende des Spinalganglions und der Abzweigung des E. communicans liegt, näher diesem letzteren, als dem ersteren. Der Kamus communicans wird zur Zeit, wo die eben beschriebenen Verhältnisse bestehen, aus Ganglienzellen gebildet, mit geringer oder gar keiner Faserbildung; die Ganglienzellen liegen in langer Reihe , mehrere Lagen stark, horizontal gegen die Mittelebene des Körpers gerichtet neben ein- ander und sitzen dem sensiblen Aste direct auf; der ventrale mo- torische Ast liegt demselben dicht an, aber es gelingt fast immer um diese Zeit der embryonalen Entwicklung die beiden Aste zu unterscheiden. Es folgt hieraus, dass noch kein Abschnitt des be- reits recht ansehnlichen sympathischen Ganglions mit motorischen, aus dem Vorderhorn stammenden Ganglien- zellen vermischt ist, während doch schon längst die Ganglien des Oculomotorius gebildet sind; letztere dür- fen also keinesfalls mit den bisher ausschließlich sym- pathische Ganglien genannten Bildungen in eine Kate- gorie geworfen werden. Nachdem ich so weit gekommen, hielt ich es für angezeigt, zu versuchen, auch darüber mir klar zu werden, in welchen Proportionen Medullarzellen und Mesodermzellen sich an der ersten Anlage der motorischen Nerven betheiligen, und bediente mich diesmal der Ho- rizontalschnitte durch J/ws^e/«/* -Embryonen von 7 — 10 mm Länge, während ich die in der 14. Studie gemachten Angaben hauptsächlich an Querschnitten gewonnen hatte. Die Resultate dieser Beobachtungen haben zur Folge gehabt, dass ich von Neuem zweifelhaft geworden bin. Meine Zweifel aber sind nicht dieselben gewesen, welche mich früher beschlichen, als ich die 14. Studie bearbeitete. Damals wehrte ich mich mit vorgefasster Meinung gegen die Vorstellung, dass Medullarzellen aus dem Vorder- horn in den Lauf der motorischen Nerven übergingen, und nur dem un- widerstehlichen Eindruck, den der thatsächliche Befund auf mich Stildien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 33 machte, wichen die Zweifel, es blieb mir aber immerhin die Vor- stellung-, dass die Mehrzahl der Zellen, welche in den ersten Sta- dien der motorischen Nervenanlage zur Beobachtung- kämen, dem Meso- derm angehörten und in die Nervenanlage eingewandert seien. Jetzt, zumal nach dem Eindruck, den die an Horizontalschuitten gewon- nenen Bilder auf mich hervorrufen, bin ich überzeugt, dass die Mehrzahl, wenn nicht alle Elemente dieser Nervenanlage ausge- wanderte Medullarzellen sind, welche vom ersten Augenblick an in die Nervenanlage eintreten, mit deren peripheriewärts gerichtetem Wachsthum sich fortbewegen und bis zu einem gewissen Sta- dium fortdauernden Zuwachs aus dem Vorderhorn erhalten. Ganz besonders überzeugend wirken die Bilder, welche an Horizontal- schnitten von Musfelus -Evabvyoììen gewonnen werden, und desshalb gebe ich auf Taf. 5 Fig. 17 — 18 m eine größere Anzahl von Abbildun- gen, welche wohl auch auf Andere denselben Eindruck hervorrufen werden, wie auf mich. Es ist meiner Meinung nach ganz unmöglich, den Bildern gegenüber, welche Horizontal- und Querschnitte von Mu&ielus-Emhryoneia. von 7 — 10 mm Länge gewähren, den von An- fang an erfolgenden Austritt zahlreicher Medullarzellen in die motorischen Nerven zu leugnen, wenn es auch schwer sein mag, die einzelne Zelle im Verlaufe des Nerven als Medullär- oder Meso- dermzelle zu diagnosticiren. Ich benutze diese Darstellung noch dazu, ein anderes Factum von Neuem hervorzuheben, worauf ich schon in der 14. Studie mit Nachdruck hinwies : nämlich die außerordentlich frühzeitige Verbin- dung des motorischen Nerven mit seinem Endorgan, den Muskeln. Je früher man , auf Horizontalschnitten, dies Verhältnis beobachtet, um so sicherer gelingt es, sich davon zu überzeugen, dass dem aus- wachsenden motorischen Nerven eine conische Erhebung derjenigen muskelbildenden Zellen des entsprechenden Myotoms entgegenkommt, welche ihm zunächst gelegen sind — und das sind immer oder fast immer die mittleren. Ich bilde auf Taf. 5 Fig. 15 a auch dies Ver- hältnis ab, welches deutlich bew^eist, dass entweder ein actives Ent- gegenwachsen der betreffenden Muskelzellen statt hat, oder aber bereits eine Verbindung beider Elemente hergestellt ist, deren durch den Conservirungsprocess verursachte Zerrung zu einer Vorwölbung und Ausziehung der Muskelzellen geführt hat. In beiden Fällen könnte daran gedacht werden, dass bereits eine Verschmelzung von Nerv- und Muskelsubstanz stattgefunden habe. Mittheilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. ,3 34 Anton Dobrn Wir sind somit zu einer neuen K a te g- ori e von periphe- rischen Ganglienzellen gelaugt, vou deren gesonderter Existenz und Herkunft bisher keine oder nur sehr unbestimmte Kunde vor- handen war. Alles, was nicht Spinalganglienzelle war, ward bisher einfach als sympathische Zelle benannt und behandelt. Es Avar desshalb sehr wichtig, die Entwicklungsgeschichte der sympathischen Ganglien festzustellen, eine Aufgabe, welcher sich nach einigen vorbereitenden Andeutungen Balfour's hauptsächlich Onodi unterzog. Seine Resul- tate finden sich in einer größeren Anzahl von theils deutsch, theils ungarisch publicirten Abhandlungen niedergelegt. Onodi gelangt zu demselben Resultate, welches schon durch Balfour ausgesprochen war : die S3^mpathischen Ganglien sind ein Theilstück der Spinalganglien. Die Abtrennung derselben vom Spi- nalganglion möchte Onodi dem Heranwachsen und Eindringen des motorischen Nerven in dasselbe zuschreiben, welcher den unteren Abschnitt des Spinalgauglions mit sich führe (Onodi, Über die Ent- wicklung des sympathischen Nervensystems, in: Arch. Mikr. Anat. 26. Bd. 1886 pag. 565). Dagegen ist meinerseits zu sagen, dass von einer solchen frühzeitigen Verbindung zwischen motorischen Ner- ven und sympathischem Ganglion, bei Selachiern wenigstens, nichts gesehen wird : die das spätere sympathische Ganglion bildenden distalen Zellen des Spinalganglions schieben sich mit den auswach- senden peripherischen Fasern des letzteren nach abwärts, bis sie auf die Höhe des unteren Aorta -Umfanges gelangen: dort bleiben sie liegen, dem sie tragenden Nervenstamm angelagert, der seiner- seits weiter in die Peripherie wächst. Sie vermehren sich daselbst stark, und erst spät tritt zwischen ihnen Faserbildung auf. Der moto- rische Nerv aber hat bis dahin keine Verbindung weder mit dem Spinalganglion noch mit dem abwärts wachsenden sensiblen Nerven und natürlich auch nicht mit dem sympathischen Ganglion. Er liegt diesen Gebilden hier und da an, vermischt sich aber in den frü- heren Embr3^onalstadien weder mit den Zellen noch den Fasern der sensiblen und sympathischen Ganglien. Ich muss hierauf besonderen Nachdruck legen , weil Onodi sich geneigt zeigt, das hier und da in der Litteratur erwähnte Vorkommen von Ganglienzellen in den Wurzelstämmen der motorischen Spinal- nerven darauf zurückzuführen, dass zufolge frühzeitiger Durchdringung des Spinalganglions seitens des auswachsenden motorischen Nerven eine Überleitung von Ganglienzellen des letzteren auf den motorischen Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 10. 35 Stamm eingetreteu sei : und da Onodi als der genaueste Keuuer der Entvvicklungsverhältnisse der sympathischen Ganglien gilt, so könnte leicht diese Auffassung sich allgemein verbreiten. Auf pag. 564 1. c. sagt Onodi : »Jene abnormen Entwicklungsfälle besitzen ein beson- deres Interesse, indem sie die abnorme Verbindung der vorderen Wurzeln mit dem Ganglion intervertebrale und dieser Art das Hineingelangen von Ganglienzellen in die Bahn der vorderen Wurzeln erklären. « Weiter 1. c. pag. 567: j)Die vorgebrachten Befunde documentiren auf eine, jeden Zweifel ausschließende [?] Art, dass in die Bahn der vorderen Wurzeln Ganglienzellen mittels Abschnürung [seil, vom Spinalgangliou] gelaugen können.« Koch an mehreren anderen Stellen spricht sich Onodi so aus, und in einem Aufsatz im Medie. Central- blatt 1885 No. 16 und 17 sagt er sogar ausdrücklich: »Auf Grund unserer, das peripherische Nervensystem betreffenden Untersuchungen können wir auf das Bestimmteste behaupten, dass der normale Ent- wicklungsgang der vorderen Wurzeln keineswegs im Stande ist, die Herkunft der in ihren Bahnen auftretenden Ganglienzellen zu er- klären ; aus diesem Grunde sind wir unsererseits genöthigt, das Vor- kommen solcher Ganglienzellen in die Reihe der anomalen morpho- logischen Verhältnisse aufzunehmen.« Meine Beobachtungen besagen im Gegentheil, dass bei Selachiern MeduUarzellen aus dem Vorderhoru normalerweise in alle moto- rischen Nerven gelangen, dass es also keiner besonderen Hypothesen bedarf, um die Fälle zu erklären, wo sie bei erwachsenen Verte- braten im anatomischen Befund nachgewiesen werden. Onodi citirt selbst zwei solcher Befunde, die ich, da sie nicht Jedermann zugänglich sein w^erden, auch meinerseits hier anführen will. Der erste der beiden Autoren ist Freud, der in seiner oft ci- tirten Arbeit »Über Spiualganglien und Rückenmark des Petromy- zon(.i (in: Sitz. Ber. Akad. Wien 78. Bd. 3 Abth. pag. 155) sagt: «In einigen vorderen Wurzeln des Caudalmarkes fand ich nicht weit von der Theilung der Wurzel in den dorsalen und ventralen Ast kleine, aber vollkommen deutliche Ganglienzellen eingelagert, nie mehr als eine in einer Wurzel, welche zwei oder in einem Falle drei Fortsätze hatten, die in feine Fasern übergingen. Die Beobachtung war eine ganz unzweifelhafte ; die Zellen konnten den Wurzeln auch nicht aufgelagert sein, denn man sah sie mitten zwischen den Fasern der vorderen Wurzel liegen.« Der zweite Autor ist A. E. Schäfer, welcher (in: Proc. R. Soc. 3* 36! Anton Doliru London Voi. 31 ISSI pag-. 34S) in einer »Note on the occurrenee of Ganglion Cells in the Anterior Boots of the Cat's Spinai Nerves (f schreibt : » Ganglion cells are of Constant occurrenee among the nerve- fibres of the anterior roots of the cat's spinai nerves. They are ge- nerally to be found in that part of the anterior root which passes by the ganglion which is seated upou the posterior root. They are not necessarily situated next the ganglion, but are often imbedded in the middle of the anterior root, or found lying along its anterior margin and therefore as far removed as possible frora the ganglion upon the other root. Moreover they sometimes occur in the anterior root before this has come in contact with the ganglion, just as iso- lated ganglion cells are occasionally to be found in the posterior root, some little distance on the spinai- cord side of its g-auglion. The cells in question, althoiigh not in any case numerous, are to be found in most longitudinal sections of the anterior roots, but they seem to be especially abundant in those of the lower dorsal and lumbar nerves. They resemble on the whole very closely the gan- glion cells in the spinai ganglion upon the sensory root, but it has not hitherto been possible to make out their mode of connexion with the nerve-fìbres. »I bave sought in vain for ganglion cells in a similar Situation in the nerve-roots of man, the dog, the rabbit and the mouse. The evidence, therefore, appears against the existence of any relation between the occurrenee of these cells in the anterior root and the phenomenon of sensibility in that root, known as »recurrent Sensa- tion«, for the latter has been observed in animals in which I bave been entirely unable to detect the existence of the cells in question.« Es muss weiteren anatomischen Untersuchungen vorbehalten bleiben, über das Vorkommen dieser Ganglienzellen in den motorischen Nerven auch bei anderen Vertebraten Aufklärung zu schafien. Es wird vielleicht nicht immer gelingen, diese Zellen in der Nähe der Wurzeln zu entdecken, aber das kann nicht beweisen, dass sie nicht in dieselben aus dem Bereich der Vorderhöruer ausgetreten seien. Gerade die am Oculomotorius und z. Th. auch beim Abducens beob- achteten Thatsachen zeigen , dass diese Ganglienzellen eine ganz specifische Fähigkeit des Wanderns besitzen : und sie können wahrscheinlich an allen motorischen Nerven solche Wanderungen in die Peripherie vornehmen. Ob die Ganglienzellen, welche man in den Wandungen der Gefäße tindet, auf solche Vorderhornzellen zu- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 37 rlickzuführen sind, steht dahin — sie können auch von den eigent- lichen sympathischen Ganglien abstammen und desshalb sensiblen Ursprungs sein. Ob auch die aus den Vorderhörnern auswandernden Ganglienzellen sensibler Natur sind: ist freilich noch durch nichts bewiesen oder widerlegt — ihre Function ist einstweilen durchaus räthselhaft und unbekannt. Damit aber stehen freilich diese Gan- glienzellen nicht isolivt da. auch von den Ganglienzellen anderer Nerven wissen wir nichts, und es wird vielleicht zeilgemäß sein, über die Beziehungen der Ganglienzellen zu den Nervenfasern neue Auf- schlüsse zu gewinnen. Ein solcher Versuch wird in der nächsten Stu- die unternommen werden, wobei denn auch die gesammten histo- genetischen Verhältnisse der motorischen Nerven noch einmal be- sprochen werden dürften. Mögen einstweilen die Physiologen mit den hier dargelegten anatomisch-embryologischen Thatsachen etwas anzufangen wissen. Erklärung der Abbildungen. Tafel 1. Entwicklung des Oculomotorius. Fig. 1 — 5. Embrj'O von Scyllium caniculu. Länge 12 mm. Anlage des rechten Oculomotorius; die Schnitte sind sagittal und gehen von außen nach innen. Austritt von MeduUarzelleu in die Wurzelstränge. Bildung des Wurzelnetzes, aus dem der Stamm des Oculomotorius weiterwächst. Vergr. 225. A. Bodenfläche des Mittelhirns, aus Vorderhonizellen gebildet, bei B weiße Substanz. C Mesodermzellen. D Wurzelnetz [des Ocu- lomotorius, aus dem der Stamm E hervorgeht. In dem Wurzelnetz liegen eine Menge MeduUarzellen (a), während noch fortdauernd bei [h) neue MeduUarzellen aus dem MeduUarrohre austreten, neben und mit plasmatischen Ausflüssen der Nervenwurzeln (c). Fig. 6 — S. Die Anlage des linken Oculomotorius an demselben Embryo, Schnitte von innen nach außen gehend. F Durchschnitt durch die Arteria spinalis. Die übrige Buchstabenbezeichnung wie bei Fig. 1 — 5. Vergr. 225. Fig. 9— 11. Embryo von Toiyedo ocellata, beträchtlich älteres Stadium als der vorhergehende. E der Oculomotorius, dessen Wurzelstränge in eine Masse zusammengeflossen sind. Die weiße Substanz [B] ist schon sehr viel größer als bei dem vorigen Embryo, bei [h] sieht man MeduUarzellen aus dem Vorderhorn durch die Aveiße Substanz als schmale Körper sich hindurchzwängeu. Vergr. 320. 38 Anton Dohrn Fig. 12 n. 13. Embryo von Scyllium catulus. Das gleiche Stadium wie Fig. 1 — S. Buchstabenbezeichnung wie oben. Vergr, 225. Fig. 14. Embryo von TorpedoYig. 9—11, Anlage eines Blutgefäßes, welches von der Basis durch die weiße Substanz hindurch in die graue Substanz dringt und dabei ein wesentlich anderes Bild bietet, al» die auf Fig. 9 — 1 1 dargestellten auswandernden Medullarzellen. Vergr. 320. Tafel 2. Entwicklung des Ocnlomotorius. Fig. 1. Embryo von Torpedo ocellata. Sagittalschnitt. Kreuzung des Ocn- lomotorius und des Nasociliaris (Ophthalmicus profundus). Vergr. 38. [A ) Durchschnitt durch den hinteren Theil der embryonalen Scle- rotica, [B] das Ganglion Gasseri mit (C) Ganglion ciliare s. meso- cephalicum (Beard), aus welchem [c] der Nervus ophthalmicus pro- fundus s. nasociliaris quer durch die Anlage der Sclerotica hindurch zieht, [d) der Ocnlomotorius, welcher an der Kreuzungsstelle mit dem Nasociliaris ein Ganglion bildet, (e) der N. ophthalmicus su- perficialis p. facialis, (/) Durchschnitt durch den Stamm des Opticus, {(j] Durchschnitt durch die Arteria chorioidalis, (/*) Durchschnitt durch den Muse, obliquus superior, (^) durch den Muse, obiiquus inferior, in welchem der Ocnlomotorius endet, ik) durch den M. rectus supe- rior, [l] durch den M. rectus externus. Fig. 2. Derselbe Schnitt, die Kreuzungsstelle des N. nasociliaris und Ocn- lomotorius, bei 320facher Vergrößerung. Buchstabenbezeichnung wie bei Fig. 1, außerdem bei (?») Ganglienzellen des G. mesocephalicum in den Lauf des Nasociliaris eingeschaltet, [n] Ganglienzellen des Ocnlomotorius, [n] Durchschnitt durch den N. abdncens, [j)) Meso- dermzellen. Fig. 3. Horizontalschnitt. Embryo von Scyllium catulus. Länge 28 mm. Kreuzungsstelle des Ocnlomotorius und Nasociliaris. [A] Stück des Infundibulum, [B) Stück der Augenblase (Retina und Chorioidea) (C) G. Gasseri, [a] Ocnlomotorius mit Ganglien bei (b), [c] und [d), (e) Stück des Nasociliaris, [f] Stück des Muse, rectus externus. Vergr.225. Fig. 4. Horizontalschnitt. Embryo von Raja spec. — Situationsbild für die Gruppirung der Oculomotoriusgauglien am Stamme vor der Kreuzung mit dem Nasociliaris. Vergr. 30. [A] Mittelhirn, (B) Infundibulum, (C) Augenblasen, [D] und [E] Ocu- lomotoriusgauglien, die punktirte Linie ist der Ocnlomotorius selbst, der außerhalb des Schnittes liegt. Fig. 5 — 9. Horizontalschnitte durch den Ocnlomotorius desselben Embryos bei 225facher Vergrößerung. [D] das basale Ganglion, [E] das mehr peripherische Ganglion. Die Schnitte fangen dorsalwärts an und gehen ventralwärts weiter, so dass die Ganglien dorsalwärts ge- troffen werden, der Faserverlauf ventralwärts davon. [F] die Ocu- lomotoriusfasern, [G] dieselben begleitende Blutgefäße. Fig. 10— 12. Sagittalschnitte durch den Oculomotorius eines bedeutend älteren J?a7«-Embryos. [G] Oculomotoriusfasern mit den ScHWANN'schen Kernen, [E] Ganglienzellen als letzte Beste des gleichnamigen Gan- glions in Fig. 5—9. Vergr. 320. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 16. 39 Tafel 3. Em b ry 0 n a 1 s t il d i e n des T r 0 ch 1 e a r i s. Fig. 1 — 3. Schematische Abbildungen dreier Torpedo - Emhvjonen, welche auf combinirten Sagittalschnitten die N. trochlearis und oculomotorius zeigen. Der Trochlearis [t) bildet auf Fig. 1 ein Netz, in welches das Ganglienleistenganglion («) einbezogen ist. Auf Fig. 2 ist dies Ganglion [a] ohne Faserverbiudung mit dem Trochlearis, welcher aber bei (c) ein anderes Ganglion, gleichfalls aus Ganglienleistenzellen herrührend, zeigt. Bei Fig. 3 sind drei Ganglien («, b, c) mit dem Trochlearis verbunden, (o) Oculomotorius. Fig. 4 zeigt bei 320facher Vergrößerung die Verhältnisse des Trochlearis, wie sie auf Fig. 1 dargestellt sind. Fig. 5 zeigt die Verhältnisse des Trochlearis, wie sie Fig. 2 darstellt, wo- bei zu bemerken, dass das Ganglion [a; nicht in derselben Ebene mit dem Trochlearis [t) und seinem Ganglion [b] liegt, sondern mehrere Schnitte weiter lateralwärts. Vergr. 320. Tafel 4. Entwicklung des Ab du ce ns. Fig. 1. Schematisches Situationsbild des Ursprungs des Abducens von Scylliiim catulus. (E) Epiphysis, [H] Hypophysis, [Ch) Chorda, (O) Oculomotorius, [A] Abducens mit 6 Wurzelsträngen. Fig. 2. Derselbe Embryo, den Ursprung des Abducens zeigend. Sagittal- sehnitt. Vergr. 320. Fig. 3. Wenig jüngerer Embryo von Scyllium canicida. Ursprung des Ab- ducens. Vergr. 320. Fig. 4 u. 5. Mustelus-Embxjo. Ursprung der beiderseitigen Abducens. Vergr. 320. Fig. 6. u. 7. Pristiurus - Embryo. Ursprung der beiderseitigen Abducens. Vergr. 320. Fig. 8, TEfya-Embryo. Wurzeln des Abducens. Bei (a) sind bereits eine größere Zahl von Medullarzellen zur Bildung eines Ganglions ausge- treten, während sie bei ih) im Austreten in den vorderen Wurzel- strang begriffen sind. Der Schnitt ist schräg gegen die Sagittal- ebeue gerichtet, so dass nicht alle Wurzelstränge dargestellt sind. Vergr. 320. Fig. 9. 3/i 4, Avril 1891). Cet auteur décrit avec un soin minutieux les premières phases de la fécondation , et la formation du premier amphiaster dans l'oeuf des Oursins. Au moment de la péné- tration du zoosperme dans l'oeuf, il se détaclie de la pointe du còne céphalique un corpuscule special, le sperraocentre, tandis que le pronucléus ovaire possedè aussi un corpuscule semblable, l'ovo- centre. Cet ovocentre provenant du deuxième amphiaster polaire, on pourrait admettre a priori, et comme cela a été décrit par Platner chez les Lépidoptères (GÌ), que le spermocentre provient aussi de Taster de la dernière division cinétique des spermatides. Mais nous avons vu que le centrosome de cet aster est employé, de méme que les autres cytomicrosomes, à la formation du Nebenkern , qui occupe dans le spermatozoìde mur une position exactement opposée à celle que demanderait la théorie, et qu'il ne reste pas ici, comme cela a lieu chez les Lépidoptères, isole à la pointe antérieure du sperma- tozoìde. On n'observe dans l'étude de la Spermatogenese de l'Oursin aucune partie différenciée à la pointe du còne céphalique du zoo- sperme; ce còne est forme entièremeut par le noyau de la sperma- 108 C. Pìctet tide, et s'il s'en séparé une portiou apres la pénétration daus l'oeuf, il est difficile d'admettre que ce soit autre cliose qu'iiu simple morceau du uoyau, et non pas im corpiiscule orig-inairement distinct. Quoi qu'il eu soit, Tobservation de Fol présente \m grand in- térét, et il serait à désirer que l'étude de ce spermocentre soit reprise chez d'autres formes de spermatozoides. afin d'élucider si sa présence est constante, et s'il provient toujours, corame l'a décrit Platner pour les Lépidoptères, du centrosome de la dernière division cinéti- que. Gomme nous venons de le voir, ce mode dorig-ine me semble peu probable dans le cas qui nous occupe ici. II. Spermatogenese chez les Siphonophores. Méthodes employées. Le mode opératoire pour l'étude de la Spermatogenese chez les Siphonophores est à peu de choses près le méme que j'ai décrit déjà pour les Oursius. C'est toujours Texamen des éléments frais dans l'eau de mer qui en forme la base. Chez XHalistemma rubrum Vogt, que j'ai plus spécialement étudiée, les testicules sont facile- ment reconnaissables à leur couleur plus ou moins laiteuse. Il suffit general ement d'agiter l'eau dans laquelle se trouve la colonie pour que les testicules se détachent et tombent au fond du bocal. Ou uà plus alors qu'à les dilaeérer sur le porte -objet dans une goutte d'eau de mer, soit pure , soit additionnée de Dahlia. On reconnaitra facilement le degré de développemeut des spermato- zoides à la couleur des capsules séminales. Celles qui ne renfer- ment encore que des spermatocytes sont presque transparentes, tandis que Celles qui contiennent des spermatozoides mùrs sont entièrement Manches et opaques. J'ai fait cette étude avant mes essais sur le chlorure de man- ganése corame réactif histologique. aussi j'ai essayé beaucoup de li- quides qui m'ont donne généraleraent d'assez mauvais résultats. Pour l'étude du noyau, il n'y a aucune difficulté , le vert de méthyle ou le Dahlia dans l'acide acétique dilué convienneut parfaitement. Mais corame toujours ces réactifs ne valent rien pour la partie protoplas- mique des cellules séminales. J'ai eu recours dans ce cas à la so- Rech, sur la Spermatogenese chez quelquesinvertébrés de la Mediterranée. 109 lution de Ripart et Petit, recommandée par Caknoy, qii'on peut addi- tionuei" de quelques gouttes d'acide osmique. Elle uè deforme pas trop les cellules, et le uoyau se différeucie assez uettement. Pour letude du filameut caudal on obtieut uue très bonne fixation pal- la solution d'iode dans l'iodure de potassium; le noyau accessoire y apparaìt aussi assez nettement, mais toute coloration subséquente est rendue très difficile. Pour l'étude generale de la Spermatogenese, le meilleur liquide est encore l'eau de mer au Dahlia, recommandée par Lee, et dont j'ai déjà parie à propos des Échinides. En ladditìonnant d'une trace de Dablia acétiqae, ou obtient une solution un peu plus chargée de matière colorante, et qui fera mieux apparaìtre le noyau et le Nebenkeru, sans ratatiner les cellules, ce qui est d'une grande im- portance. Tous les autres réactifs usuels, tels que l'acide osmique, le sublime, la liqueur de Flemming etc. donnent de mauvais résultats, de méme que les préparations montées à la glycérine ou au baume. Les cellules séminales des Siphonophores sont beaucoup trop délicates pour se préter à ces Operations, et ce n'est que sur des matériaux frais quon peut faire une étude de quelque valeur. Développemeut des spermatozoides. Ces recherches ont été faites à la station zoologique de Ville- franche, pendant les raois de janvier à mars. Elles ont porte parti- culièrement sur un Siphonopbore assez abondant dans cette baie, YHalistemma rubrum Vogt. J'ai étudié aussi, mais plus superficielle- ment, les espèces suivantes: Forskalia contorta M. Edw., Physophora hydrostatica Forsk., Gleba Mppopus Forsk, et Praya maxima Ggbr. Le développemeut des spermatozoides étaut à peu prés semblable dans toutes ces espèces. je le décrirai en detail seulement chez YHalistemma. Si l'on examine un testicule encore très jeune, on le trouve rempli de grosses cellules spbériques ou ovalaires (pi. 8 fig. 54) longues de 25 à 30 a. Ce sont les cellules mères des sperma- tozoides (spermatogonies de La Valette). Elles possèdent un gros uoyau de 20 ,« euviron de diamètre, renfermant un boyau de nucleine bien visible, et un petit nucléole réfringent. 110 e. Pictet Ces cellules mères se divisent activement, et produisent im cer- tain uombre de générations de cellules filles, oii spermatocytes. Cette division se fait par caryocinèse (pi. 8 tìg. 56). Les sperma- tocytes de la deruière generation (pi. 8 fig. 55) sont des cellules sphériques, de 12 /n de diamètre; leur noyau est assez considérable. et renferme un gros boyau de nucleine qui le reraplit complétement. Ce boyau, d"un diamètre de 1,5 /< paraìt étre continu, et Fon peut facilement en suivre les circonvolutions en élevant ou abaissant la vis micrométrique. Ces spermatocytes vont, en se divisant encore une fois, donner uaissance aux sperma ti des, c'est-à-dire aux cellules qui se trans- formeront directement en spermatozoides. Cette dernière division paraìt se faire non par caryocinèse, mais par simple étrauglement du noyau, pliénomène qui paraìtrait se présenter assez frèquemmeut chez les cellules sexuelles. Les spermatides (pi. 8 fig. 57) ont un diamètre de 9 — 10 u avec un noyau de 6 — 7 ,u. Ce noyau, chez les spermatides jeunes, semble étre encore finement réticulé. Le cytoplasme est clair et renferme un certain nombre de granules réfringents. Etudious maintenant le développement du spermatozoide aux dépens de cette cellule, et voyous d'abord ce qui se passe dans le noyau. Le réticulum de nucleine disparaìt, et tout le noyau prend un aspect homogene, du au mélange intime de la nucleine et du caryo- plasma. Nous avons déjà observé ce phénomène chez les Échinides : aussi ne nous y arréterons-nous pas ici; coustatons seulement que dès maintenant, et jusqu'à la maturité du spermatozoide, il n'est plus possible d'apercevoir aucune structure dans l'intérieur du noyau, et que ses modifìcations se borneront à des changements de forme. Pendant ce temps, il se passe un phénomène important dans le cytoplasme. Les granulations réfringentes qui y étaient répandues se fusionnent en une seule masse, qui devient un noyau accessoire (Nebenkern) (pi. 8 fig. 58). Ce dernier prend une forme sphérique. devient homogene, et se place latéralement contre le noyau, ce qui pourrait faire croire à première vue qu'il est d'origine uucléaire, tandis qu'un examen atteutif nous a montré qu'il était forme uni- quement par les granulations cytoplasmiques (cytomicrosomes de Prenant) . Jusqu'à ce moment, la cellule est restée sphérique. Elle va maintenant s'allonger pour former le filament caudal. A cet effet le Eech. sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 1 1 1 cytoplasme se rassemble sur im des pòles de la cellule, de teile sorte qu'il n'en reste, du coté oppose, qu'une très mince couche autour du Doyau. La spermatide prend uu aspect piriforme (pi. 8 fig-. 59 et suiv.) , puis cette protubérance cytoplasmique s'allouge de plus en plus en s'amincissant, pour former aiusi la queue du sper- matozoìde. Pendant ce temps le noyau est reste à peu près stationuaire : notons seulement que par suite de l'écoulement du protoplasme dans la queue, le Nebenkern se trouve mainteuant comprime contre le noyau, qui s'est légèrement invaginé à cet endroit pour lui faire place. Outre le noyau et le Nebenkern, on observe encore dans les jeunes spermatozoides deux globules brillants situés contre le noyau, et vers le point d'origine du filament caudal (pi. 8 fig. 60 et suiv.). D'après leur position, ces deux globules paraìtraient provenir du noyau, mais ils ont, d'un autre coté, une grande analogie avec les cytomicrosomes qui donnent naissauce au Nebenkern, et je crois qu'ils peuvent leur étre assimilés. Ils paraissent avoir la méme Constitution chimique, et ne renferment. dans tous les cas, pas trace de nucleine. On peut s'en convaincre en colorant les spermatozoides au vert de méthyle acétique: le noyau seul se colore d'une manière intense, tandis que soit le noyau aecessoire, soit les deux corpus- cules restent iucolores. Ce sont des formations purement plasmati- ques. Maintenant proviennent-ils originairement du caryoplasma ou du cytoplasma de la spermatide, c'est ce que je n'ai pas pu élucider complétement. Il me paraìt probable cependant que ce sont, comme les cytomicrosomes, des produits d'élimination de la dernière division caryocinétique des spermatocytes. Bientòt ces deux globules se fusionnent en un seul, qui s'éloigne un peu du noyau et vient se piacer exactement au point d'origine de la queue (pi. 8 fig. 63, 64). Cette fusion s'opère généralement assez tòt, quelquefois aussi lorsque la queue a déjà atteint un cer- tain développement (fig. 65—66). On observe ici, comme c'est du reste le cas pour la Sperma- togenese de beaucoup d'animaux, d' assez grandes variations dans l'ordre du développement des différentes parties du spermatozoide. Ainsi quelquefois la queue est déjà assez développée avant que le noyau aecessoire soit constitué, tandis que dans la règie c'est l'in- verse qui a lieu. On volt souvent aussi le développement de's spermatozoides commencer avant que la dernière division des sper- 112 C. Pictet matocytes en spermatides soit complétement achevée. On observe alors une grosse cellule à deux noyaux (pl. 8 fig. 67) qui émet deux prolong-ements protoplasmiques opposés (fig. 68) ; les deux sper- matozoides jumaux ne se séparent que lorsque les queues da cette cellule bipolaire ont atteiut une grande longueur [üg. 69). De toutes les parties de la cellule, le noyau est celle qui subit le moins de raodifications , et dont le mode d'évolution est le plus Constant. Pendant toute la durée de la formation du sperniatozoide, il reste homogene, réfringent, et dans une période de repos. On remarque seulement que de spliérique qu'il était primitivemeut , il devient ovalaire, puis s'aplatit d'un coté, pour procurer de la place au Nebenkern, qui se presse contre lui par suite de l'écoulement du protoplasme cellulaire. Il est facile de se convaincre que chez les Siphonopbores , le noyau de la cellule sexuelle ne prend aucune part à la formation du filament caudal, et quii reste tout entier dans la tète du spermatozoide. Pour en revenir au développement de la queue, il suffìt d'ajouter qu'elle s'allonge toujours plus en s'amincissant. On observe générale- ment à son extrémité un léger renflement protoplasmique (pl. 8 fig. 65) qui disparaìt peu à peu. L'accroissement se fait ainsi à la fois sur toute la longueur par l'amincissement du filament, et à l'extrémité, au dépeus de cette gouttelette. La partie antérieure de la queue reste encore un certain temps plus élargie que l'extrémité, en laissant voir à sa base le corpuscule brillant dont nous avous parie (pl, 9 fig. 70); puis elle se condense aussi en un fin filament. Le corpuscule reste encore visible quelque temps (fig. 71 — 72), puis il finit par disparaìtre complétement, en se fusionnant probablement avec le Nebeukern, ce qui serait une preuve de plus à l'appui de leur origine commune. Ce ne serait alors qu'un cytomicrosome qui est reste individualisé plus longtemps que les autres. Nous verrons plus loin que les spermatozoides de Gleba Inppopus nous confimi eront cette hypotlièse. Le spermatozoide mur se compose alors de deux parties bien distinctes (pl. 9 fig. 73 — 75): 1^ la téte, ou corps, à peu près sphérique, et d'un diamètre de 5 — 6 \.i\ elle renferme deux éléments d'inégale graudeur, le noyau et le Nebenkern, dont la Constitution paraìt étre semblable sur des spermatozoides frais; mais il suffit d'appliquer un colorant nucléaire tei que le vert de méthyle acide pour les distinguer nettement. On voit alors le noyau se colorer fortement, tandis que le Nebenkern, qui se distingue aussi par ses Rech, sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée, 113 dimensiòus plus faibles, reste absolument incolore. Autour de ces deiix corpnscules, ou volt encore la membrane cellulaire de la sper- matide, très mince, enveloppant une faible conche de protoplasme dans ■ laquelle le noyau et le Nebenkern sont immergés. C'est le reste du cytoplasme de la spermatide qui n'a pas été employé à la formation de la queue du spermatozoide. 20 le filament caudal a une longueur de 70 — 80 i^i. Il est très fin et visible seulement sous un fort grossissement. Son point d'insertion sur la téte se trouve en face du sillon qui séparé le noyau du Nebenkeru. Il est anime de mouvements ondulatoires très rapides. Pour résumer, les spermatozoides de \ HuUstemma sont de véri- tables cellules, normalement constituées. Les spermatides ont seule- ment changé de forme, sans perdre aucune de leurs parties, et nous retrouvons chez le zoosperme miìr une membrane cellulaire, un cyto- plasme, un noyau et un Nebenkeru. La téte du spermatozoide est donc ici uue cellule entière et non pas seulement un noyau, tandis que la queue peut étre considérée comme im appen- dice vibratile, de ri va nt du cytoplasme, et servant à la loco- motion. Je n'ai malheureusement pas pu observer la fécondation et* la pénétration du spermatozoide dans l'oeuf, je ne peux donc pas parler du ròle physiologique du noyau et du Nebenkern pendant cet acte. Dans tous les cas, ce spermatozoide renferme un noyau normalement constitué, et pourvu de nucleine, il est donc probable que l'observation prouvera qu'il se fusionne avec le noyau femelle, comme cela a été établi déjà chez plusieurs formes animales. J'ajouterai encore quelques mots sur les autres espèces que j'ai eu l'occasion d etudier. Chez la Physophora hydrostatica^ les sper- matozoides sont tout à fait semblables à ceux ^Hàlutemma^ sauf que leur taille est un peu plus considérable (7 n) ; leur développement est le méme. J'en dirai antant pour la Forskalia contorta. Chez la Praya maxima les spermatozoides sont aussi tout à fait analo- gues, mais le filament caudal se forme un peu dififéremment (pi. 9 fig. 77 et 78). Au lieu d'envoyer un large prolongement qui s'amin- cit ensuite, comme nous avons vu pour V Halistemma , la sperma- tide émet un fin filament, le long duquel coulent les gouttelettes de protoplasme qui servent à le former. C'est le méme mode de développement que nous avons vu chez les Echinides, et qui est du reste la règie dans la majorité des animaux. Nous observons aussi que chez la Praya, le Nebenkern se forme très tard, et l'on volt Mittlieilungen a. J. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 8 114 C. Pictet très distinctement sa proveuance directe des cytomicrosomes de la spermatide. Les spermatozoides miirs ont une téte de 7 — 8 i-i, c'est- à-dire un peu plus grosse que ehez la plupart des Siphonopliores. Eufin les spermatozoides de Gleba Mppopus nous présentent un phénomène assez curieux. Nous voyons dans la téte trois corpus- cules au lieu de deux comme cbez les autres Siphonopliores (pl. 9 fig. 79) ; et la réaetion du vert de méthyle ou du Dablia aeétique nous montre que le plus gros de ces corps est le noyau de la cel- lule, tandis que les deux autres sont des noyaux aecessoires. Nous avons dono ici deux Nebenkerns (on voit encore sur la figure un quatrième corpuseule, plus petit, qui n'est qu'uu cytomicrosome qui va se fusionner avec un des noyaux aecessoires) . Remarquons en passant que lun de ces deux noyaux aecessoires occupe exacte- ment la place du corpuseule que nous avons observé cbez VHali- stemma au point d'origine du fìlament caudal. Il est donc probable qu'ils ont .la méme significatiou, mais que cbez THippopode les cyto- microsomes de la spermatide se réunissent en deux masses qui restent distinctes jusqu'à la fin, tandis que cbez les autres Siphono- pbores ils finissent par se fusionner tous ensemble et forment un seni Nebenkern. Sur une Eudoxie observée aux Moluques [Biphyesf] j'ai pu m'assurer que la Spermatogenese était semblable à celle des Pbyso- phorides. Les spermatides avaient un noyau bomogène de 6 [l et un Nebenkern de 4 [.i. Les testicules ne renfermaient malbeureuse- ment pas de spermatozoides entièrement mùrs. Bibliographie. L'immense littérature relative à la Spermatogenese reuferme très peu de cboses concernant les Sipbonopbores. Quelques auteurs seulement ont décrit plus ou moins exactement la forme des sperma- tozoides mùrs, sans s'occuper de leur origine, et il n'y a guère que DÖXITZ (12) qui nous donne quelques lignes sur leur développement. Les spermatozoides de V Halistemma ruhrum ont été décrits en premier lieu par VoGT (80) . D'après lui. »les zoospermes sont ronds, formés de deux globules dont le plus petit est superposé à l'autre«. Cotte description de la tete du zoosperme est assez exacte, mais Vogt ajoute que malgré le grossissement employé, il n'a pas pu constater avec certitude la présence du filament caudal. Les mémes spermatozoides sont décrits quelques ahnées plus Rech, sur Uv Spermatogenese chez quelques luvertébrés de la Mediterranée. 115 tard par Gkaeffe (25). Il remarque quils out des aspects diffé- rents dans les différentes capsules testiculaires, souveut sans queue. comme les décrit Vogt : d'autres fois avec ime queue très apparente. Il est probable que ces derniers sont des spermatides eu voie d'évo- lution, dans lesquelles le filament caudal est encore dune certame épaisseur, ce qui lui a permis de le voir; du reste les figures qu'il en donne sont assez mauvaises, et ne permettent pas de reconnaìtre si l'on a affaire à des zoospermes de Siphonophore ou de tout autre animai. Claus (11) donne une meilleure description des spermatozoides ^Halistemma tergestinum , qu'il reproduit assez exactement. Mais il dit: »Die Samenfäden bergen in dem rundlich elliptischen Kopf einen relativ großen , aus dichterem Plasma gebildeten Körper, welcher wohl dem Kern der kleinen Geißelzelle entspricht. « Or d'après sa figure, ce corpuscule n est que le Nebenkern de la cellule, qu'il aura pris pour le noyau, erreur facile à comprendre si lon na pas suivi le développement de la cellule, ou étudié la Constitu- tion chimique de ses parties. Enfin DöNiTZ (12) dit, en parlant de la Spermatogenese chez les Siphonophores : »Die Genitalkapseln füllen sich dicht mit großen Zellen an, deren Inhalt sich zu charakteristischen lang geschwänzten Zoospermien umbildet, ohne dass der Zellkern sieh bei die- sem Vorgang betheiligte.« Cette description est assez obscure ; il est certain dans tous les cas, que Tauteur commet une grave erreur en prétendant que le noyau de la cellule sexuelle ne prend aucime part à la formation du spermatozoide. Nous avons vu que cest le contraire qui a Heu. III. Spermatogenese chez les Ptéropodes. Methode employée. Mes recherches ont porte presque exclusivement sur la Cymhulia Peronii Cuv., que j ai étudiée pendant les mois de mars et davril. A cette epoque, il suffit de dilacérer une portion du testicule dans une goutte d'eau de mer pour trouver souvent, dans une seule pré- paration, les spermatozoides à des degrés de développement très variés. On obtient de bons résultats avec le Dahlia en solution dans l'eau de mer, soit neutre, soit additionné d'une trace d'acide acétique, ou encore d une goutte d'acide osmique. Si les cellules sont trop for- 116 C. Pictet temeut ou trop imiformémeut colorées, il suffit de laver à raeide acétique à 0.5 oa 1 % poiir localiser la eoiüeur dans les uoyanx. Pour l'étude de l'élément micléinien, j'ai toujours coutròlé mes obser- vations par le vert de méthyle acétique. On obtient aussi de bonnes fixations au moyeu de la teiuture d'iode ou du permauganate de potasse, mais ces deux méthodes ne se piétent pas à une coloration subséquente. Spermatogenese. Si lon examine le contenu d'un testicule jeune de Cymbulia Peronii, on y trouve d'abord un assez grand nombre de sperma- togouies. Ce sont des cellules spliériques et isolées, de 30 à 40 ,u de dìamètre ; leur protoplasme est finement granuleux , et renferme un gros noyau de 25 à 30 jtt, avec un boyau de nucleine enroulé. Ces cellules se divisent activement. et donnent naissance à plusieurs générations de spermatocytes (pi. 9 fìg. 8J), d'abord par caryocinèse; puis, au bout d'un certain temps, il paraìtrait que les dernières divi- sions se font par simple étranglement (fig. 82 ; di vision acinétique, caryosténose de Carnoy . A partir de ce moment, il arrive généralement que la division cellulaire est incomplète. Les noyaux seuls se divisent par sténose, tandis que le protoplasma des spermatocytes ne se scinde pas, ce qui produit de grosses cellules multinucléées. Dans la plupart des cas, la Separation complète du protoplasma des cellules filles cesse dès que la division directe des noyaux commence à s'opérer. De cette facon, le spermatocyte primitif donne naissance à une sper- mato gemme, renfermant un nombre plus ou moins considérable de noyaux, qui se rangent à la périphérie d'une masse protoplasmique commune. Il se forme ainsi un cytophore (Jensen) analogue à ceux décrits par beaucoup d'auteurs cbez d'autres formes animales. Cependant il arrive souvent aussi que le cytoplasme du sperma- tocyte primitif ne reste pas commun à un grand nombre de noyaux, mais qu'il se divise aussi. Au lieu d'avoir alors de grosses spermato- gemmes qui donneront naissance à tout un faisceau de spermato- zoides, nous voyons des cellules à quatre. trois ou deux noyaux, qui évoluent pour former chacune un nombre égal de spermatozoides. Souvent méme la division cellulaire s'effectue jusqu'au bout, avant que le spermatozoide ne commence à se former, et nous avons alors sous les yeux la sperma ti de isolée, qui donnera nais- sance à un seni spermatozoide. Rech, sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 117 Dans tous ces différeuts cas. cest toujours le uombre des uoy- aux qui détermiue le uombre fiual des sperraatozo'ides. Que la cel- lule spermatique ait un ou phisieurs uoyaux, que ce soit une sper- matide isolée ou une grosse spermatogemme. chaque uoyau formerà un spermatozoide, avee le concours. toutefois, du protoplasme adja- cent. Voyous maiuteuaut commeut eette évolutioii a lieu. eu étu- diaut d abord la spermatide isolée pour suivre eusuite les diverses phases de son développement. La spermatide (pi. 9 fig. 83) se présente sous la forme d'une cellule sphérique. de 10 à 12 ,/t de diamètre. eutourée d'une fine membrane, et possédant un protoplasme fìuemeut granuleux, avec quel- ques granulations plus grosses, dout uous aurons à reparler. Son noyau est sphérique, dun diamètre de 5 — 6 i.i, et uniformémeut pourvu de nucleine dans tonte sa masse. Nous constatons ici. comme nous Tavons déjà vu ailleurs, le pliéuomène de la dissolution de la nucleine dans le caryoplasma. au commeneement de revolution du Si)ermatozoide. Le uoyau est entouré d'uue membrane très mince; on n'y remarque pas de uucléole. Étudions maintenant la formation du zoosperme aux dépeus de cette cellule. La partie qui se ditféreucie en premier lieu est le filament caudal. Son origine présente ici une particularité curieuse. En effet, contrairement à ce qui a lieu généralement , où.la queue part directement de la périphérie de la cellule, sans avoir primiti- vement de rapport avec le uoyau, ici nous la voyons se former dabord à l'intérieur de la cellule. Le protoplasme se condense et forme un filament qui part du noyau, et traverse la cellule jus- qu'à. sa périphérie, et ce nest que lorsque le commeneement de la queue est déjà visible à l'intérieur du cytoplasme, qu'elle continue à se développer et à pousser au dehors de la cellule (pi. 9 fig. 84) sous la forme d'un filament très fin. La membrane cellulaire. qui était très mince, a maintenant com- plétement disparu. Alors, rien ne retenant plus le cytoplasme, celui-ci commence à couler en gouttelettes le long de la queue, qui s'allonge ainsi à ses dépens. Ce mode d'origine de la queue m'a beaucoup surpris. En efifet, à première vue, ce filament qu'on volt à l'intérieur de la cellule, et qui part directement du noyau, semblerait proitver que c'est aux dé- pens du noyau de la spermatide que se forme la queue du sperma- tozoide. Il n'en est rien cependant comme jai pu meu convaincre. Si nous appliquons les réactifs colorants du noyau, et surtout le 118 . C. Pictet vert de métliyle, on voit facilemeut que le noyaii seni se colore fortement, tandis que le filament reste absolnment incolore. Pour acqiiérir plus de certitude encore, j'ai soumis les sperraatides à l'ac- tion de la potasse caustique: dans ce cas, le noyau est immédia- tement dissout, tandis que le filament persiste. Mais la meilleure preuve de son origine cytoplasmique est la suivante : comme uous le verrons, le spermatozoide mür possedè une queue d'une longueur de 300 /t environ, et d'un diamètre de 0,8 i^i. Son volume total est donc d'environ 150 {.i cnbes. D'un autre coté, si nous mesurons les dimensions de la spermatide, nous trouvons que sou volume total est de 200 /< cubes, tandis que celui du noyau n'est que de 50 /.i cubes. Or ce dernier chiffre correspond exactement au volume de la téte du spermatozoide mür, que le calcul m'a raontré étre de 50 /t cubes. Le noyau est donc employé entière- ment à la formation de la partie céphalique, et il n'y a que le cy- toplasme qui ait les matériaux nécessaires à la formation de la queue. En effet, si nous déduisons le volume du noyau, soit 50 /.i cubes environ. de celui de la cellule entière, c'est-à-dire de 200 /^i cubes, il nous reste 150 /< cubes pour le cytoplasme, c'est-à-dire exactement le volume de la queue. Pendant tout le commencement du développement, le noyau ne subit -aucune modification. Ce n'est que lorsque le filament caudal a déjà atteint une certaine long'ueur qu'il coramence aussi son évolu- tion, dont nous allons nous occuper eu detail. De sphérique qu'il était, le noyau de la spermatide prend une forme ovalaire. En méme temps, il s'éloigne du point d'origine de la queue, pour venir s'appliquer contre l'extrémité opposée et anté- rieure de la cellule. Là, il continue à s'allouger, et, n'étant pas retenu par la membrane cellulaire qui s'est dissoute, il sort de la cellule à mesure qu'il pousse à sa partie antérieure (pi. 9 fig. 85 — 88). Le noyau, en s'allongeant, ne reste pas longtemps cylindrique. Lorsqu'il a atteint une certaine longueur, il subit un aplatissement, qui lui fait prendre absolument la forme d'une feuille, plus ou moins allongée. La partie antérieure se termine en pointe, tandis que la partie postérieure, figurant la queue de la feuille est réunie au fila- ment caudal (pi. 9 fig. 93, 97). Ajoutons que le noyau est mainte- nant complétement degagé du protoplasme cellulaire, que Fon voit, sous la forme d'une grosse gouttelette, entourant l'origine de la queue. Après s'étre séparée du noyau, cette gouttelette continue son mouvement de descente, et se met à couler lentement le long du Rech, surla Spermatogenese chez quelquesinvertébrés de la Mediterranée. 11 9 filament caudal. Nous remarquous ici ime formation semblable à celle qui a déjà été décrite par Jensen (31) chez Triopa. On volt en effet que la portion de la queue qui se trouve an- dessous de la gouttelette protoplasmiqne est filiforme et très mince, tandis que la partie qui se trouve soit à l'iutérieur de la gouttelette, soit. entre elle et le noyau , présente une certaine épaisseur. C'est donc aux dépens de cette goutte de cytoplasme que la queue sépais- sit subséquemment , et à mesure qu'elle descend vers lextrémité postérieure. Le filament caudal se développe ainsi en deux fois, dabord sous la forme d'un fil très mince ; puis ensuite ce filament s'entoure d'une nouvelle conche de protoplasme qui lui donne son épaisseur definitive. On peut donc regarder la queue primitive comme un fila- ment axial, autour duquel vient sajouter secondairement une gaìne protoplasmiqne. Cette formation se rencontre assez fréquemment dans le règne animai ; mais il faut reraarquer ici que chez les spermatozoides murs, et méme dans la portion épaissie des spermatozoides qui sont encore en voie d'évolution, on ne peut pas distinguer ces deux parties ; elles s'unissent intimement pour former un filament nnique. Toutes deux du reste proviennent, comme je l'ai dit, du cytoplasme et non du noyau, et ont donc la méme composition chimique. Les réactifs colorants de la nucleine les laissent, lune comme l'autrc, absolument intactes. J'ai dit plus haut que le protoplasme de la spermatide renfer- mait un certain nombre de granules réfringents (pi. 9 fig. 83 — 86). Ces granules, les ,cytomicrosomes de Prenant, se fusionnent de bonne heure en un seul globule sphérique de 1 à 2 ^t , qui constitue le noyau accessoire (Nebenkern) du jeune spermatozoide (pi. 9 fig. 87; 88). Ce Nebenkern me paraìt absolument l'horaologue de celui qu'on retrouve chez les spermatozoides d'autres animaux, mais il faut remarquer qu'il n'a ici que peu d'importance , et que sa durée est très passagère. En effet, peu de temps après que les cytomicrosomes de la spermatide sont réunis pour former un globule unique, le protoplasme commence à se détacher du noyau, et à couler le long de la queue. A ce moment, et dès que le noyau est entièrement degagé, le Nebenkern commence à se dissoudre dans le cytoplasme. et bientòt on n'en voit plus trace. Il servirà, comme le reste du cytoplasme, à la formation de la queue. Il est aisé de voir que ce corpuscule est de nature exclusive- 120 C. Pictet ment protoplasmique. car il n'eutre jamais eu rapport avec le uovau. et les réactifs de la uucléiue ne le coloreut pas. L'acide acétique, méme à0,5%, le dissout, en ne laissaut qivime vaeiiole à sa place. Ce n'est donc quuue formation secoudaire. qui ne paraìt pas avoir dimportance dans le développement du spermatozoide. Reveuons maintenaut à revolution du noyaii. Kous avous tu qu'il s'aplatissait en forme de feuille. Ce pliéuomèue ne se })réseute pas toujours au méme stade de développement. Il arrive souvent que Faplatissement commence dès que le noj^au a atteiut une lon- gueui* de 12 à 15 ,u (pi. 9 fig. 88 et 93) ; taudis que quelquefois au contraire, le noyau s'allouge encore considérablement tout en restant cylindrique dans sa partie moyenne, et effilé en fuseau aux deux bouts (pi. 9 fig. 89 — 92). Il prend alors une forme plus ou moins contournée en tire-bouchon. et cest plus tard seulement que lapla- tissement se produit. Ceci n'est. du reste, quune petite variante dans le développement. comme on en rencontre si souvent dans la Spermatogenese, et qui na aucune influence sur le résultat final. Si l'aplatissement a lieu de bonne beure, le noyau continue alors à s'allonger sous la forme d'une feuille. A ce moment, son contenu est encore homogene: il renferme uu caryoplasma hyalin, dans lequel la nucleine est également répandue. Mais bientót, nous assistons à une modification très importante dans sa structure. La nucleine se retire de la partie centrale, et vient s'amasser sur les bords de la feuille. Elle forme ainsi un bourrelet réfrin- gent entourant le noyau, dont le centre reste occupé par le caryo- plasma. Si Fon soumet alors les spermatozoides à l'action du vert de méthyle, on voit tout le pourtour du noyau fortement colore, tandis que la partie centrale reste incolore. Nous assistons ici à un phénomène de retrait de la nucleine, analogue à celui que A. Bolles Lee décrit chez les Némertiens (461 , avec cette dififérence que chez ces animaux le retrait a lieu sur uu des còtés de la cellule seulement, en forme de croissant, tandis qu'ici la nucleine vient se condenser sur toute la périphérie du noyau. eu laissaut le centre inoccupé. Chez la Sagitta. Lee (47) a aussi observé le méme phénomène, et cette fois dans les deux directions, soit centripete, soit centrifuge. Le noyau continue à s'allouger, et en méme temps il commence à se tordre en tire-bouchou (pi. 9 fìg. 98, 99). Il résulte de ceci que les deux cordons de nucleine qui limitent le noyau chacuu d'un coté, s'enrouleut l'un autour de lautre, exactement comme le feraient les deux brins d'une corde. A mesure que le noyau s'allonge, le Rech, sur la spenucatogénèse cliez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 121 mouvement de torsion continue (fig. 99 — 101), et clans le spermato- zoìde miir (fig. 102;, ou peut compter une trentaine de tours de spire consécutifs. Pour en finir avec le développement du zoosperme, il nous suffit d'ajouter que le protoplasme cellulaire a continue pendant revolu- tion du noyau à couler en gouttelettes le long du filament caudal. fournissant ainsi des matériaux pour son alloDgement , jusqu'à ce quii ait atteint ses dìraensions definitives. Le spermatozoide mùr se compose alors des deux parties suivantes (pi. 9 fig. 102): 10 la t et e. ou plus exactement le corps. Cette partie est formée, comme nous lavous vu, par deux cordons tordus en spi- rale Tun contre Tautre, et se termine en poiute effilée à la partie antérieure; son diamètre est denviron l\U f-f-- En arrière, elle est reliée directement à la queue. sans aucun segraent intermédiaire, et il est méme difficile de déterminer exactement le point de Separa- tion des deux parties, si Fon n'a pas recours aux matières colorantes. La téte provient uniquement du noyau de la sperma- tide, qui est employé entièrement à sa formation. Elle renferme donc à la fois la nucleine et le caryoplasma de la si)er- matide. 2" la queue. Elle est cylindrique: sa longueur est de 300 a envi- ron, et son diamètre de 0,8 /.i, ce qui fait pour tout le spermatozoide une longueur de 450 .u, c'est-à-dire de près d'un demi-millimètie. Nous avons vu que la queue était formée originairement de deux parties distinctes. un fil axial et une gaìne. Cliez les spermatozoides murs, ces deux parties sont intimement soudées et il u est plus pos- sible de les distinguer Tune de l'autre. L'épaisseur de la queue est la méme sur tonte sa longueur, et elle se termine brusquement à l'extrémité postérieure. Le spermatozoide est anime de mouvements ondulatoires assez lents, qui le font progresser. Mais il semble aussi étre doué d'un mouvement de rotation sur lui -méme , qui le ferait avancer comme une hélice, gràce à la formation en spirale de la téte. Il est pro- bable que ce mode de progression joue un role au moment de la pénétration du spermatozoide dans l'oeuf. Mais je n'ai pas pu men assurer expérimentalement. Je viens de décrire le développement d'un spermatozoide isole, mais ceci est l'exception. Dans la plupart des cas ils se développent en grappes, renfermant un nombre plus ou moins grand de sperma- tides réunies autour d'un cytophore centrai. Ce cytophore est 122 C. Pictet forme par le reste du protoplasme d'im gros spermatoeyte, dont le noyau s'est divise un grand nombre de Ibis, pour donner naissance à autaut de spermatozoides qu'il y a de noyaux fils. II faut reraar- quer que, dans ce cas, tous les noyaux ainsi engendrés sont em- ployés à la formation des spermatozoides , et que la cellule cyto- phorale ne garde pas de noyau propre, comme cela a Heu quelquefois. Lorsque les spermatozoides sont complétement développés, le reste du protoplasDie du cytopbore qui n'a pas servi à la formation des queues disparaìt, ce qui permet aux zoospermes réunis en grappes de se séparer. Dans beaucoup de cas aussi, les spermatozoides se forment par petits groupes, ou par paires (pi. 9 fig. 104 — 108). Mais, qu'ils se développent isolément ou réunis en plus ou moins grand nombre, revolution de cbaque spermatozoide est toujours identique; je n'ai donc pas à y revenir. J'ajouterai èncore deux mots sur la Spermatogenese chez une forme voisine de la Cyrabulie, la Tiedemamiia neapolitana van Ben. Un exemplaire de cet animai, captare en jauvier, montrait des sper- matozoides à tous les degrés de développement, et j'ai pu me con- vaincre que sa Spermatogenese se rapprocbe beaucoup de celle de la Cymbulie. Les spermatides sont semblables, et possèdent un noyau sphérique et bomogène de 4 [i de diamètre. La principale différence est que cbez la Tiedemannia le noyau s'allonge simple- ment, en se contournant légèrement, et ne se tord pas autant que chez la Cymhuìia. La localisation de la nucleine sur la périphérie du noyau se présente aussi, mais elle est moins prononcée. Les spermatozoides miirs sont analogues. mais on compte moins de tours de spire dans la portion cépbalique. Bibliographie. Le Seul auteur qui ait étudié, à ma conuaissance, la Sperma- togenese chez les Ptéropodes est Gegenbaur (23), qui donne une description, assez exacte pour l'epoque, du développement des sper- matozoides chez la Tiedemannia. Cet auteur décrit la formation des spermatogemmes, qui se transforment en faisceaux de spermatozoides formés de deux parties, une antérieure contournée en spirale, et une postérieure filiforme. Mais il ne s'occupe nullement du role que remplissent les différentes parties de la cellule seminale dans la Rech, sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 1 23 compositiou du zoosperme, et sa description qui ne se mpporte guère qu'à l'aspect extérieur des eellules, n'a plus pour nous qu'un intérét purement historique. IV. Spermatogenese chez les Céphalopodes. Methode employée. J'ai choisi corame représentant de la classe des Céphalopodes la Sepia officinalis L. qui est commune dans toute la Mediterranée. Si lou dilacère au printemps une portìon du testicule de cet animai, on est sur d'y rencontrer des spermatozoides à tous les degrés de déve- loppement. Pour en étudier la structure, les meilleurs résultats mont été donnés par l'emploi du Dahlia en solution neutre dans l'eau de mer. Cette matière colorante a la propriété de pénétrer dans les spermatozoides de la Seiche sans les tu er, en leur donnant un aspect très favorable à Fétude. Quoique cette coloration ne soit pas purement nucléaire, vu la neutralité de la solution, le noyau s'y colore cependant plus fortement que le reste de la cellule, et on a l'immense avantage que, les élé- ments restant vivants un certain temps, on est certain que leur forme et leur structure n'ont pas été altérées, comme cela arrive toujours plus ou moins en employant les agents fixateurs. Cette propriété des spermatozoides de Sepia de se colorer assez fortement pendant la vie est assez rare chez les eellules auimales, et en fait un objet très propice à Fétude de la Spermatogenese. La solution de Dahlia dans le chlorure de manganése, que j'ai essayée derniérement, donne aussi d'excellents résultats pour Fétude generale du développement. Les eellules y vivent un certain temps. en se coloraut d'une facon remarquable. Pour Fétude speciale du noyau, j'ai toujours employé le vert de méthyle en solution dans l'acide acétique k \ %, soit Seul, soit précède d'une fìxation par les vapeurs osmiques. Spermatogenese. Le Stade d'èvolution le plus jeune que j'aie observè chez la Sepia officinalis est celui de spermatocytes (pi. 10 fig. 109 et 110). Ce sont des eellules sphériques, de dimensions variables, suivant le nombre de divisions qu'elles ont déjà subies ; elles possèdent un 124 C. Pictet gros uoyaii spbériqiie renfermant uu rétìculum de nucleine. Ces cellules se divisent activement par carjocinèse, jusqu'aii moment où elles ont atteint un diamètre de 15 n euviron. A ce moment, il s'opère encore une dernière division (fig-. Ili); qui m'a paru se faire par simple étrauglement (division acinétique). et dout le résultat serait la formation des spermatides, cest-à-dire des cellules qui vont se transformer directement en spermatozoides , sans subir de nouvelle division. Il m'a semblé que la dernière division seule s'effectuait par voie acinétique. Il y a cependant un fait qui semblerait prouver quii n'en est pas toujours ainsi. Eu etfet, la division des sperma- tocytes en spermatides s'eifectue en general complétement avant que le développemeut des spermatozoides ne comraence: cbaque cellule renferme alors un noyau. et donne uaissance à uu seul zoosperme. Cependant il arrive très souvent aussi que la dernière division du noyau des spermatocytes n'entraìne pas la division du reste de la cellule, et il se forme des cellules à deux noyaux, produisant deux zoospermes qui ne s'indi vidualiseront que plus tard. Mais OD observe aussi de grosses cellules à trois, quatre, ou plusieurs noyaux, quelquefois méme formant un véritable cytopbore, et il est probable, dans ce cas, que tous les noyaux qui ont pris naissance dans l'intérieur de cotte cellule unique se sont formés par une sèrie de divisions successives du noyau primitif de la cellule par voie acinétique. Ceci n'a du reste pour nous qu'une importance secondaire. L'important est de constater que chacun des noyaux de la cellule cytophorale va se transformer en un spermatozoide , avec la parti- cipation du protoplasme adjacent. Maintenant, que les spermatides soient réunies en un cytophore ou qu'elles soient isolèes, le développe- meut du spermatozoide est identiquement le méme. Preuons donc pour l'étudier le cas le plus simple, qui est celui d'une spermatide isolèe. Immédiatement après sa naissance aux dépens du spermatocyte, la spermatide (pi. 10 fig. 112) se présente sous la forme d'une petite cellule spbérique, mesurant S à 10 /-i de diamètre, entourée d'une membrane très mince, et renfermant, à l'intérieur d'un cyto- plasma faiblement granuleux, un noyau sphérique de 5 jn de dia- mètre. Sa nucleine a encore une apparence réticulée. mais elle va bientòt perdre cet aspect pour devenir homogene, et se répandre uniformément dans le noyau. On remarque eu outre dans le cyto- plasme de la speraiatide un ou plusieurs corpuscules réfringents. Rech, sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 1 25 La première ébauclie de la formation du spermatozoide est repré- sentée par la iiaissance d'un filament excessivemeut fio, émergeant de la membrane cellulaire (pi. 10 fig". 113). Son lieu d'origine par rappoi't au noyau varie d'une cellule à Tautre; tantòt il se forme près du noyau, tantòt du coté oppose, et il est facile de constater qu'il ne se trouve pas originairement en rapport avec lui, et qu'il provient donc uniquement du cytoplasme. Ce filament acquiert une certaine longueur sans (pie la sperma- tide change de forme. Mais bientót le noyau commence à s'allonger. De sphérique qu'il était, il prend une forme ovalaire, en s'orientant dans le sens du filament caudal. Dès qu'il commence son évolution, on volt disparaitre le réticulum nucléinien, dont la substance se répand uniformément dans le noyau, qui devient pour un certain temps entièrement homogene (pi. 10 fig. 115, 116). Mais cet état n'est que passager. En effet, l'allongement con- tinuant à s'accentuer. le noyau prend la forme d'un batonnet légère- ment renflé à sa partie mediane, et pendant ce temps la nucleine vìent se condenser au milieu du batonnet, de facon à laisser aux deux extrémités un espace clair où il ne reste plus qu'une gouttelette de caryoplasma hyalin, entourée par la mince membrane nucléaire (pi. 10 fig. 117, 118). Nous assistons ici au méme phénomène de retrait de la nucleine, que nous avons déjà constate chez d'autres spermatozoides. Mais ici il affecte une nouvelle disposition, et le noyau se trouve étre com- pose de trois zones, l'antérieure et la postérieure ne renfermant que du plasma nucléaire, tandis que toute la substance chromatique s'est condeusée dans la zone mediane. Nous verrons bientòt quel est le rule de chacune de ces parties dans la formation du spermatozoide. Examinons en detail le développement ultérieur du noyau ainsi constitué. A sa base, et près de la naissance de la queue, on observe l'apparition de deux petits granules réfringeuts, placés contre la membrane nucléaire, et paraissant formés par condensation du caryoplasma en cet endroit (pi. 10 fig. 115, 116i. Ces corpuscules ne renferment pas de nucleine, car le vert de méthyle ne les colore pas. Le noyau, en continuant à s'allonger, forme un petit batonnet cylindrique de 10 — 12 fi de long sur 2 ,« de large. On volt alors ces deux granules dont je viens de parler, s'allonger dans le méme sens que le noyau, et former deux petits trabécules paralleles (pi. 10 fig. 117, US). Ils émergeut bientot hors de la membrane 126 C. Pictet nucléaire (fig. 119), et atteigiient iine lougueur d'environ 5 ,«. L'im d'eiix vient s'appliquer contre la base de la queue, eu formant aiusi un trait d'union entre cette dernière et la téte du spermatozoide. tandis qua le secoud reste isole, devient pointu à son extrémité, et forme un petit piquant ayant Faspect d'une seconde queue rudimen- taire (pl. 10 fig. 121, 122). Ces deux trabécules sont séparés de la portion cliromatique du noyau, ou téte proprement dite, par une gouttelette du caryoplasma hyalin, et ils forment ensemble un véri- table Segment intermédiaire, reliant la téte à la queue du spermatozoide. Pendant ce temps, le filament caudal a continue sa croissance, et la spermatide tout entière a pris une forme ovalaire, en sulvant revolution du noyau. La membrane cellulaire, déjà très mince, devient de moins en moins visible, et finit par disparaìtre eutière- ment. Le résultat de ce pliénomène est le suivant: le cytoplasme, n'étant plus retenu par la membrane, se met à couler le long du filament caudal, laissant ainsi le noyau à nu pi. 10 fig. 119 — 122). Il continue à desceudre, et diminue de volume à mesure que la queue s'allonge à ses dépens. Il faut remarquer qu'on nobserve ici ni fìl axial ni gaìue comme nous avons vu cbez les Ptéropodes; la queue reste très mince, et paraìt formée d'un seul filament. Lorsqu'elle est entièrement formée. elle atteint une longueur de 100 /t. J'ai dit plus baut qu'on observait daus le protoplasme de la spermatide un ou plusieurs corpuscules réfringeuts (pl. 10 fìg. 112). Ces granulations ne sont que les cytomicrosomes de la cellule qui se réunissent pour former un tout petit noyau accessoire (Neben- kern). Ce dernier uà ici que fort peu d'importance. Il est interes- sant de constater sa présence, qui paraìt étre un fait assez general dans la plupart des formes animales dont la Spermatogenese a été étudiée attentivement, mais il n'est pas possible de lui attribuer ici aucun role important dans la formation du spermatozoide, et son existence n'est pas de longue durée. On pourrait croire. à première vue. que c'est de lui que provien- nent les deux trabécules du segment moyen, ou peut-étre aussi la coiffe céphalique du spermatozoide, mais il est aisé de se convaincre du contraire. Si nous examinons en efifet les fìgures 115 — 118 (pl. 10), nous voj^ons que soit la coiffe céphalique, soit le segment moyen sont déjà formés, tandis qu'on volt encore le petit Nebenkeru inactif au milieu de la spermatide. Il reste ainsi tant que le noyau est encore entouré du cytoplasme. Dès que ce dernier se met à Rech, sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 127 couler le long- de la queue, le uoyau accessoire se dissout dans le plasma celliilaire et disparaìt (pi. 10 fig. 119. 120). On neu observe alors plus trace, et il est probable que sa substance est utilisée en méme temps que le cytoplasme pour la formatìou du filament caudal. Je vieus de décrire le développemeut d'une spermatide isolée. Il arrive cependant plus fréquemment, comme nous l'avous vu plus haut, qu'elles sont réunies par groupes de deux ou trois (pi. 10 fig. 127 — 130), ou méme en véritables cytopbores (pi. 10 fig. 131, 132). Dans ces différents cas, le mode de développemeut de cbaque sper- matozoìde est absolument identique à celui qui a lieu dans les sper- matides isolées, comme on peut s'eu convaiucre par Texamen des figures. Chaque noyau évolue individuellement pour former la téte d'un spermatozo'ide, tandìs que le protoplasme adj acent est employé à la construction de la queue. Lorsque les zoospermes sont mürs, ils se séparent, et le reste du cytopbore disparaìt. Notons encore que tous les noyaux de la cellule cytopborale sont employés à former des spermatozoides , et qu'il ne reste pas de noyau cyto- l)horal propre, comme on en a décrit quelquefois chez d'autres ani- maux. Parvenu à sa maturi té, chaque spermatozo'ide renferme les par- ties suivantes, que je vais énumérer d'avant en arriére (pi. 10 fig. 123, 124): 1^ la coiffe cép bali que, formée par une gouttelette de caryo- plasma hyalin, et entourée de la mince membrane nucléaire. Nous avons vu qu'elle a prìs naissance par retrait de la nucleine dans la partie mediane du noyau. Elle reste incolore sous l'action des réactifs, et il faut un grossissement assez fort pour la voir uette- ment. Cette première partie est suivie immédiatement par: 2'^ la téte proprement dite du spermatozoide. Celle-ci est la partie la plus importante, et renferme, comme nous l'avous vu, la portion chromatique, ou nucleine de la cellule seminale. Elle affecte la form« d'un batonnet cylindriqne de 8 — 9 /t de long, sur 2 /^i de large environ; elle est un peu plus large à la partie postérieure qu'à la partie antérieure. Elle est entourée, de méme que la coiffe céphalique, par la membrane nucléaire, qui est trés fine, et qu'on ne peut apercevoir qu'en soumettant les spermatozoides à l'action d'un dissolvant de la nucleine. Il est à remarquer que la téte n'est pas uniquement formée de nucleine, mais quelle renferme aussi le reste du plasma nucléaire 128 C. Pictet qui n'a pas été employé à la formation de la coifife céphalìque ou du segmeut moyen. Ce plasma est intimement mélange avec la nucleine en une seule masse homogene. Lorsqu'ou dissout la nucleine dans un alcali, on volt alors clairement le caiyoplasma de la té te, qui ne forme plus qu'un avec celui du segment procéphalique. 3" le segment moyen, proveuaut du plasma nucléaire, et forme premièrement d'une portion transparente en contact immédiat avec la téte, et en second lieu du segment moyen proprement dit, forme de deux trabécules dont Tun s'est constitué en un petit piquant long de 5 /<, ou queue rudimentaire, tandis que l'autre sert de trait d'union entre la téte et le filament caudal. 40 la queue du spermatozoide. Cette dernière est filiforme, très mince et d'une longueur de 100 /t environ. Elle est légèrement élargie à sou point d'attaché avec le segment moyen, et il est diffi- cile de déterminer exactement le point où commence l'une et où finit l'autre. Elle provient entièrement du cytoplasme de la sper- matide. Lorsque les spermatozoides sont arrivés à ce degré de développe- ment, la portion cytophorale qui les réunissait par petites masses se dissout. Les zoosperraes, très mobiles, uageut alors librement, et sont bientòt expulsés par le canal déférent, et emmagasinés dans les spermatophores, par un procède que je n'ai pas eu l'occasion d'ètu- dier. Si l'on examine les spermatozoides contenus dans un sperma- tophore, on leur trouve la méme Constitution, et les quatre parties que je viens de décrire se voient toujours distinctement. Il est à remarquer toutefois qu'on trouve beaucoup de tétes de spermatozoides isolées. sans queue ni segment moyen, et quelquefois méme sans coiffe céphalique (pi. 10 fig. 125). Ce phènomène est èvidemment accidentel, et tient sans doute à la fragilité du segment intermèdiaire , qui uest reliè à la téte que par une gouttelette de protoplasme transparent. Bibliographie. La Spermatogenese des Céphalopodes a èté ètudièe par Brock (8) chez Sepiola. D'après lui, les spermatozoides de ce genre ont une grande analogie avec ceux de Sepia ^ et leur dèveloppement est le méme. Il commence par une sèrie de divisions des noyaux des cellules mères, puis ces grosses cellules multinuclèées émettent cha- cune un prolongement protoplasmique qui formerà les queues des Rech, sur la Spermatogenese chez quelquesinvertébrés de la Mediterranée. ] 29 spermatozoides, en se divisant subséquemment en aiitant de filaments qii'il y a de noyaux dans la cellule mère. Chaque filament entre alors en rapport avec un noyau, par une portion plus élargie, tandìs que son extrémité postérieure est excessi vement fine. Pour terminer revolution du spermatozoide , le noyau s'allonge. et s'aplatit en arrière, puis chaque zoosperme ainsi forme se séparé de la cellule mère, qui subsiste sous la forme d'une goutte de protoplasme hyalin. Gomme on le volt, cette description est assez incomplète. Cepen- dant, Brock a fort bien observé que la téte du spermatozoide est d'origine nucléaire, et la queue d'origine protoplasmique ; mais je ne peux pas étre de son avis, au sujet du mode de formation de la queue, car j'ai toujours vu, dans les cas où les spermatozoides se formaient dans des cellules multinucléées, chaque filament caudal nattre isolé- ment, tandis que Brock décrit un gros prolongement commun, qui se scinde en fibrilles secondairement. En outre, il ne décrit le Seg- ment intermédiaire que comme une partie plus élargie de la queue, et il n'étudie pas son mode d'origine . pas plus que de la coiffe céphalique, dont l'existeuce lui a évidemment échappé. Sabatier (74) a étudié la Spermatogenese chez YEledone. Il paraìt y avoir chez ces Céphalopodes deux formes de spermatozoides, les uns spiriformes, les autres filiformes. Cet auteur remarque qu'il se forme une condensation de la substance chromatique, tantòt au centre de la cellule (spermatozoides spiriformes) tantòt à la péri- phérie (spermatozoides filiformes). La téte des spermatozoides serait formée par le cordon chromatique du noyau, tandis que le filament caudal paraìt provenir du cytoplasme. Les zoospermes ([^Eledone différant, d'après sa description, notablement de ceux de Sepia ^ je ne my étendrai pas plus longtemps. V. Spermatogenese chez les Polyehètes. Methode employée. Ayant trouvé, dans des draguages pratiqués par M. le Professeur H. Fol dans les environs de Nice, une petite Annélide peu connue, VEteone pteropJwra Ehlers, j'eus l'occasion d'en observer la Sperma- togenese, et comme elle me parut présenter des dififérences notables avec celle qu'on observe généralement chez les Annélides, je l'ai choisie comme objet d'étude, de préférence aux types connus, comme le Lombric, par exemple, qui a déjà donne matière à de nombreux travaux. Mittlieihmgen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 9 130 C. Pictet Malheiireiisement, je n'ai eu que peu cl'exemplaires à ma dis- positiori; ce qui en reuclra la description moins complète que je l'eusse désiré, surtout pour ce qui a rapport aux premiers Stades du développement. Pour étudier la Spermatogenese cliez cette espèce, il suffit de dilacérer uue portion du corps de lanimal sur le porte-objet. Les produits génitaux qui sout répandus daus la cavité du corps s'eu échappent, et Ton ua plus qu"à y aj outer une goutte de la solution de Dalilia daus Teau de mer ou dans le chlorure de manganése, pour obtenir d'excellentes préparations. Pour Tétude du noyau. j'ai toujours emplojé le vert de raéthyle acétique, Selon la méthode ordinaire. Spermatogenese cliez Eteone pterophora Ehlers. Dans l'espèce qui nous occupe, les éléments séminaux sont formés dans de petites capsules renfermant chacune une grappe de spermatocytes. II ne m'a pas été possible détudier l'origine de ces capsules, vu Tétat généralement avance de maturation des sperma- tozoides. Mais j'ai pu me convaincre que cette formation est très diiférente de ce qui a été décrit soit par Bloomfield chez le Lom- bric (7) soit par Jexsen chez Clitellio (31). Dans la grande majo- rité des Annélides, en effet, chaque spermatogonie donne naissance à une spermatogemme forniée par un amas de spermatocytes, ou cel- lules filles, issues par division de la spermatogonie, c'est-à-dire de la cellule mère. Ces spermatocytes sont dabord des cellules bien iudividualisées , ayant chacune sa membrane propre. Mais bientòt, les cellules qui se trouvent au centre de la spermatogemme se fusion- nent pour former ainsi un cytophore (Jensen) ou blastophore (Bloomfield), à la périphérìe duquel sont groupés les spermatocytes qui sont destinés à former les spermatozoides. Chez YEteone . au contraire , il eu est tout autrement : en premier lieu. la si)ermatogemme se trouve ici renfermée, comme je l'ai dit, dans une enveloppe ; nous nous trouvons donc, pour employer l'expression de La Valette St. George, en présence d'un sper- matocyste. Celui-ci renferme un nombre variable de cellules filles ou spermatocytes, que nous aurons à décrire plus loin. En second lieu , nous n'observous pas chez YEteone de formation cyto- phorale. A un certain moment, Fenveloppe du kyste se déchire. et Reell, sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 131 les spermatocytes se séparent et continuent leiir développement. soit isolément, soit par petits groupes de deux à quatre cellules. Ces différenees établies. suivous mainteuaut le développement des spermatozoides. Je pvendrai pour point de départ le sperma- toeyte, qui est la forme la plus jeune que j'aie pu rencontrer. Ce sont de grosses cellules sphériques, d'un diamètre variant de 15 jft à 8 jit, suivant le uombre de divisions quelles ont déjà subies (pi. 10 fig- 133). Leur protoplasme est fìnement granuleux, et ren- ferme un gros noyau , d'un diamètre de 9 à 6 /<. Ce noyau eon- tient un réticulum de nucleine, et en outre, près du centre, un petit nucléole réfringent. Ce nucléole ne se colore pas par le vert de méthyle, il ne renferme donc pas de nucleine: c'est un nucléole plasmatique (Carnoy] . Ces spermatocytes subissent, comme je lai dit, une sèrie de divisions subséquentes. Ce fractionnement a lieu d'abord par caryo- cinèse, puis il parait y avoir au moins une derniére generation formée par division directe (acinétique) qui donne alors naissance aux s per- niati des (pi. 10 fig. 134), c'est- à- dire aux cellules qui vont se transformer directement en spermatozoides. Ces cellules sont d'une grande simplicité de structure. Leur protoplasme est très fìnement granuleux et parait homogene à première vue. Il est limite par une membrane cellulaire très miuce. Le noyau est sphérique, et homogene dans tonte sa masse. Il ren- ferme un caryoplasma hyalin, dans lequel la nucleine s'est uniformé- ment rèpandue. Le diamètre de la spermatide est de S f^t: celui du noyau de 4 /.i. On observe en outre dans le cytoplasme un certain nombre de granulations réfringentes, ou cytomicrosomes. Fassons maintenant au développement du spermatozoide aux dépens de cette cellule, et oecupons nous d'abord de la formation de la queue. Nous assistons ici à deux processus bien distincts, que nous allons étudier successivement. Dans le premier cas, la queue se forme, comme chez la plupart des autres animaux, de la manière suivante. On volt sortir de la pèriphérie de la cellule un fin prolongement, qui s'accroìt peu à peu aux dépens du protoplasme cellulaire. La membrane de la sperma- tide s'amincit et disparaìt peu à peu; le protoplasme se met alors à couler en gouttelettes le long du filament caudal. qui s'allonge au fur et à mesure. Jusqu'à une epoque avancèe de développement, le noyau reste place au centre de la cellule, et ce n'est que lorsque la queue a déjà atteint une certaine longueur. gràce à l'ècoulemeut du proto- 132 C. Pictet plasme, qivil reste isole ìDOur former la tete du spermatozoide (pl. 10 fig. 144—146). Mais ce mode de développemeut est le moius fréquent. Daus la grande majorité des cas, en eäet, la queue se forme d'une fagon très differente, et voici commeut. La membrane cellulaire disparaìt; la spermatide se compose alors seulement d'un uoyau et d'un Neben- keru, dout nous aurons à reparler, tous deux placés au ceutre d'une gouttelette de protoplasme. Il arrive alors ceci. que le noyau et le Nebenkeru émigreut du centre à la péripbérie de cette goutte- lette protoplasmique, puis ils en sortent entièrement. A ce moment, la spermatide présente la forme d'un noyau isole de tous còtés, sauf à la partìe postérieure où se trouve le protoplasme cellulaire, formant une goutte transparente (pi. 10 fig. 137 et 13S). Si nous observons maintenant un stade plus avance, nous voyons que le cytoplasme s'est séparé presque complétement du noyau. Il ne reste plus entre eux quun trait dunion, sous la forme d'un fin filament, qui est l'origine de la queue du spermatozoide ;pl. 10 fig. 139). Primitivement, ce filament est très court, et la goutte de protoplasme assez volumineuse. Mais bientòt il s'allonge, et la gouttelette diminue graduellement, pour disparaitre complétement lorsque la queue aura atteint son entier développement pi. 10 fig. 140 et 141). Quoi quii en soit, ces deux modes d'évolution concourent d'une manière differente au méme but. Dans les deux cas, il est incontes- table que c'est le protoplasme cellulaire qui donne nais- sance à la queue du spermatozoide. Occupons nous maintenant de l'origine de la téte du zoosperme, et de son développement. Pour cela il nous faut remonter un peu en arrière, au moment oìi le filament caudal nest pas encore dififé- rencié. J'ai dit que le cytoplasme de la jeune spermatide était fine- ment granuleux, et paraissait presque homogene à première vue. Au centre de la cellule se trouve le noyau, nettement circonscrit par sa membrane, et autour de lui, épars dans le protoplasme, se voieut quelques granules réfringents, ou cytomicrosomes (pl. 10 fig. 134). Nous voyons maintenant ces granulations du cytoplasme devenir plus apparentes. puis se fusionner en une seule masse, pour former ainsi le noyau accessoire de la spermatide (pl. 10 fig. 135 et 136). Le Nebenkern prend donc ici naissance de la méme manière que chez les animaux que nous avons étudiés jusqu'à présent. Il offre surtout une grande analogie avec celui quon observe cbez les Oursins, comme nous allons le voir tout à l'beure. Ce Nebenkern a la forme Eech. sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 1 33 d'un corpnscule sphérique. ou légèrement ovalaire , de 3 u euvirou : son contenu est homogene. Etndious maiuteuant son róle dans la formation du spermatozoìde. Pour cela il nous faut suivre en méme temps les modificatious du novau véritable de la cellule. Dans Tori- g-ine, c'est un globule sphérique, uniformément pourvu de nucleine, mais dès que la queue a commeucé son développemeut, nous le voyons s'allonger, et prendre une forme ovoide. Le uoyau accessoire vient alors se piacer entre Textrémité du noyau et la naissance du filament caudal (pi. 10 fig. 137 et 138). Il est applique intimément contre le noyau. ce qui pourrait donner lieu à l'hypothèse quii est d'origine nucléaire, mais il est facile de se convaincre du contraire, en examinant un sta de plus jeuue, où l'on peut observer le noyau et le Nebenkern uettement séparés Tun de lautre. En outre. ce dernier présentant un certain volume, s'il était d'origine nucléaire, les dimensions du noyau devraient étre plus faibles après sa forma- tion qu'avant, ce qui n'est pas le cas. 11 se passe maintenant dans le noyau ce phénomène particulier de retrait de la nucleine, dont j'ai déjà parie à propos des Ptéro- podes et des Céphalopodes. Nous voyons en effet la nucleine, qui était primitivement répandue uniformément dans le plasma nucléaire, se retirer peu à peu et se localiser dans la portion mediane et posté- rieure du noyau, de sorte que ces deux parties se colorent forte- ment, tandis que la partie antérieure reste transparente et incolore, et ne renferme plus qu'un car^^oplasma hyalin, sans aucuue trace de nucleine (pi. 10 fig. 136—138). A ce moment, nous voyons donc la téte du spermatozoìde formée d'une portion presque cylindrifiue, réfringente, surmontée à sa partie antérieure d'un petit bourrelet transparent, qu'on peut assimiler à la coiffe céphalique décrite par plusieurs aiiteurs. A la partie postérieure du noyau, au contraire, nous voyons le Nebenkern, ayant aussi l'aspect d'une gouttelette claire, et qu'on peut regarder comme l'homologue d'un segment moyen (pi. 10 fig. 139 — 141). Mais, quoique à première vue sa Constitution paraisse identique à celle du segment antérieur, il en diffère cependant totalement, étant lui-méme d'origine cytoplasmique, tandis que le segment antérieur, ou procé- phalique, pro vient directement du noyau de la spermatide. En outre, un examen attentif nous permet de constater que la membrane nucléaire englobe en un seul tout la téte proprement dite et le segment procéphalique, tandis que le segment moyen se trouve en dehors de cette membrane, et coustitue un corpuscule à part. 134 C. Pictet Il De uous reste que peu de clioses à ajouter ponr décrire la fin de revolution du spermatozoìde. Pendant les différentes modi- fications dont nous venons de parier, la queue a atteiut son complet développement. Quoique paraissaut fixée sur le Nebenkern, elle est en réalité réunie directement au noyau, c'est-à-dire à la téte du spermatozoìde, eomme on peut s'en convaincre en examinant la figure 142 (pi. 10). La raison de ce pliénomène est dans le fait que le segment moyen n'a qu'une existence passagère. Lorsque le spermatozoìde atteint sa maturité, le uoyau accessoire se décolle et tombe, pour disparaitre ainsi complétement (pi. 10 fig. 142 et 143). Nous avons déjà vu exactement le méme phénomène se produire chez les zoospermes des Echinides. Ce eorpuscule n'est donc pas à proprement parler un véritable segment moyen, puis qu'il n'existe plus dans le spermatozoìde mfìr, et son mode de formatiou et d'expulsion paraissent indiquer que son but est plutót d'éliminer du cytoplasme de la spermatide, des matières qui sont inutiles à la formation du spermatozoìde. Le noyau ac- cessoire est, ici comme ailleurs, un eorpuscule de rebut. Si nous examinons maiutenant un zoosperme miir, nous voyons quii est d'une grande simplicité de structure. On y distingue deux parties bien nettement délimitées (pi. 10 fig. 143) : 1^^ la téte, formée d'un globule cylindro-conique, long de 4 /t, sur 3 f.1 de large. Elle est homogene, fortemeut réfringente, et provient du noyau de la spermatide. Elle renferme donc tonte la nucleine de la cellule seminale, intimement mélangée avec le plasma nucléaire. Elle est surmontée à sa partie antérieure d'un petit capu- chon transparent, la coiffe céplialique, provenant, comme nous l'avons vu, du retrait de la nucleine en cet endroit. La téte pro- prement dite et la coiife cépbalique sont entourées d'une fine mem- brane, qu'on peut mettre en évidence en soumettant les spermato- zoi des à l'action d'un dissolvant de la nucleine. 2^ la queue du zoosperme. Cette dernière est filiforme, dime longueur de 60 jit, et implantée au milieu de la base de la téte. Elle est animée de mouvements vibratoires rapides qui font progresser le spermatozoìde. Comme on le voit d'après cette description, la Spermatogenese de cette Annélide ressemble beaucoup à celle des Echinides. Le noyau accessoire se forme, et surtout disparait de la méme manière. La seule dififérence que nous ayons ici est la forme un peu plus élargie de la téte. et le phénomène de retrait de la nucleine, que Rech, sur la Spermatogenese chez quelquesinvertébrés de la Mediterranée. 135 Ton n'observe pas chez les Oursius. Il est interessant de constater des Processus de développement aussi analogiies dans des classes d'animaux assez éloignées dans 1 echelle zoologique. Bibliographie. La Spermatogenese des Annélides a été étudiée principalement par Bloomfield (7) et par Jensen (31). Bloomfield décrit avec beaucoup de détails le développement des spermatozoides du Lom- bric. Chez cet animai, les cellules mères des zoospermes, ou sper- matospores, engendreut par division nucléaire des spermatosphéres, c'est-à-dire de gros amas cellulaires dont chaque partie est un sper- matoblaste , autrement dit une cellule qui se transformera en sperma- tozoide. Ces spermatoblastes se groupent à la périphérie de la sphère, entourant une portion centrale, le blastophore, qui reste passif dans le développement des spermatozoides, et joue seulement le ròle de cellule de soutien. Lorsque les noyaux des cellules filles sont groupés à la périphérie du blastophore, revolution des spermatozoides s'eifectue, de teile fagon que la queue du zoosperme provient du protoplasme, tandis que la téte est formée par le noyau du sperma- toblaste. Lorsque les spermatozoides sont mùrs. ils se détachent, et le blastophore disparaìt. Jensen (31) a étudié attentivement la Spermatogenese de Cli- tellio arenarius. Il décrit chez cette espèce la formation d'un cyto- phore (qui est Thomologue du blastophore de Bloomfield), et il nomme spermatocytes les cellules qui se groupent à la périphérie de ce cytophore pour se transformer en spermatozoides. Voici, en deux mots comment il décrit cette évolution. Il se forme à la périphérie du spermatocyte un fìlament trés fin , qui s'allonge peu à peu aux dépens du protoplasme de la cellule ; une partie de ce protoplasme se condense en outre à la base du fìlament, et forme un petit bouton réfringent. La cellule et le noyau s'allongent en bàtonnet. La téte du jeune spermatozoide est formée par le noyau, sauf à la partie antérieure oìi l'on voit une gouttelette protoplasmique inco- lore, et à la partie postérieure oìi se trouve le petit globulo dont nous venons de parler. Le noyau continue à s'allonger et s'effile en avant; en méme temps on observe la disparition d'une portion de la substance nu- cléaire, dont il ne reste plus que la partie postérieure, qui forme 136 C. Pictet la véritable téte du spermatozoide. Jensen insiste sur ce fait quii y a disparition véritable de la nucleine et non condensation, car la portiou qui subsiste naugmente pas de réfringence. Cette opi- nion me parait difficilement admissible, et il est probable qu'il n'y a là qu un phénomèue de retrait de la nucleine, comme uous Tavons observé chez YEieoìie. Le spermatozoide mùr est alors compose des parties suivantes: 10 un filaraent antérieur pale, provenaut du protoplasme du sper- matocyte; 2^ la petite portion persistante du noyau, ou téte propre- meut dite: 3^ un petit bouton très réfringent provenant aussi du cytoplasme: 4» la partie épaissie du long filament caudal, formée au début par le protoplasme du spermatocyte. et ensuite par celui du cytophore, et 5" la partie mince de la queue, dérivant seulement du protoplasme du spermatocyte. Dans sa grande monographie des Capitellides, Eisig (18) décrit rapidement Forigine des spermatozo'ides dans cette famille. Il pa- raìtrait que cbez Capiìella, la Spermatogenese se rapproclie beau- coup de celle du Lombric. Il se forme partout des spermatosphéres. à la péripbérie des- quelles se groupent les spermatoblastes , aux dé])eus desquels se formeront les zoospermes. Ces derniers ont en general un globule procépbalique, et souvent aussi deux petits globules entre la téte et le filament caudal. L'auteur ne soccupe pas en detail de l'origine des différentes parties du spermatozoide. VI. Spermatogenese chez les Tuniciers. Methode employée. J'ai cboisi comme représentants de l'Embranchement des Tuni- ciers les Salpes. dout la Spermatogenese n'a. à ma connaissance, encore jamais été étudiée, et parmi celles-ci je me suis occupé plus spécialement de la Salpa virgula Vogt. Cette espèce n'est pas très rare dans la baie de Yillefrancbe pendant l'hiver. Si Fon examine. pendant les mois de février ou de mars un testi- cule de cet animai, ou le trouve généralement rempli de spermatides en voie d'évolution, et de spermatozoides murs, mais je ny ai ren- contré que rarement des Stades d'évolution plus jeunes. Je m'occu- perai donc seulement du développement des spermatozo'ides aux dépens des spermatides. Pour Tétude de cette espèce, jai employé les mémes métbodes Rech, sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 137 que poiu* les animaux déjà décrits. Cepenclant les nieilleures pré- parations m'ont été fournies par Temploi du clilorure de manganése en solution aqueuse à 5 ^. Ce réactif fixe admirablemeut les cel- lules, sans en älterer aueunemeut la forme, et en faisant apparaìtre distiuctement le noyau. Il a, en outre, l'avantage de dissoudre le vert de méthyle et le Dahlia, ce qui perni et de fixer et de colorer en méme temps les éléments spermatiques, sans que le protoplasme soit altère, comme cela arrive par lemploi du vert de méthyle acétique. Il est toujours bon, cependant, demployer ce dernier liquide comme moyen de contròie dans létude de Télément uucléinien. La solution de potasse caustique m'a aussi été utile pour dé- terminer exactement la localisatiou de la nucleine dans le noyau, particulièrement pour l'étude du fil spirai qui entoure la téte du spermatozoide. Spermatogenese. Si Fon dilacère une portion d'un testicule de Salpa virgida dans une goutte d'eau de mer. on y trouve des spermatozoides à différents degrés de développemeut. A lepoque où jai étudié cette espèce, la Spermatogenese était déjà assez avancée: cependant j'ai pu encore observer quelques spermatocytes en train de se diviser par caryocinèse, etil m'a semblé aussi qu'avant la formatiou des cellules de la derniére generation, ou spermatides, il s"opérait une dernière division par simple étranglement du noyau (division acinétique . Ces spermatides (pi. 10 fig. 147 et 149) sont des cellules sphé- riqiies, de 12 à 14 a de diamétre: leur protoplasme est finement granuleux, et on y remarque en outre trois ou quatre globules ré- fringents, ou cytomicrosomes. Le noyau est spliérique, d'un dia- métre de 6 f-i et pourvu d'une membrane miuce et finement réticulée : liutérieur est rempli par la nucleine d'aspect homogene, et répan- due uniformément dans un plasma hyalin. Etudions maintenant la formation du spermatozoide aux dépeus de cette cellule. En general, chaque spermatide se développe isolé- ment; cependant il est des cas où le développemeut a lieu par groupes de trois à quatre (pi. 10 fig. 161 et 162), et quelquefois méme, comme nous le verrons plus tard, on assiste à la formation d'un véritable cytophore compose de dix à douze spermatides. Nous nous occuperons d"abord de revolution d'une spermatide isolée. Tandis que chez les animaux étudiés jusquà présent. c'est J38 C. Pictet généralement par Tébauche du filament caudal qiie commence le dé- veloppement dii spermatozo'ide, ici la qiieiie apparaìt ordinairemeut beaucoup plus tard, et c'est le noyau de la cellule qui se modifie en premier lieu. Ce noyau devient ovalaire, puis fusiforme, et preud enfiü la forme d'un long bàtonnet. Il arrive ainsi à étre en contact avec la membrane cellulaire par ses deux bouts (pi. 10 fig. 149 et 150). Ici au lieu que ce soit. comme cest le cas le plus fréquent. la membrane cellulaire qui cède, et s'allonge en suivant la forme du noyau, c'est ce dernier au contraire, qui, moins résistaut, se replie à rintérieur de la cellule à mesure qu'il continue à s'allonger. A ce moment, la spermatide se présente donc sous la forme d'une cellule ronde , reufermant un noyau replié en forme de C (pi. 10 fig. 155). L'aspect de ce stade isole pourrait faire croire que c'est le boyau uucléinien de la cellule spermatique qui va à lui seul former la téte du spermatozo'ide. Mais si l'on suit pas à pas le dé- veloppement, on constate facilement que cest le noyau tout entier qui a pris cette forme. Le reste de la cellule est rempli par le cytoplasme qui. de granuleux quii était dans les spermatides, tend à devenir de plus en plus homogene, en se préparant ainsi à la formation de la queue. Nous avous vu que la cellule renfermait un certain nombre de granulatious. Ces cytomi crosomes ont un sort assez différent de celui que nous avons observé chez les animaux étudiés jusqu'à pré- sent. En eifet, ces globules se réunissent en general en une seule masse, qui constitue le noyau accessoire. Chez l'espèce qui nous occupe, cela n'est pas le cas. Ici les cytomicrosomes, qui sont très visibles dans la jeune spermatide (pi. 10 fig. 147 et 149) tendent à s'effacer lorsque le noyau commence son évolution; ils se dissolvent dans le protoplasme de la cellule, et disparaissent ainsi isolément, sans sétre réunis pour former un Nebenkern (pi. 10 fig. 155, 156, 153). Nous u'avons donc pas ici de noyau accessoire proprement dit; il est incontestable cependant, que les microsomes de la spermatide ont la méme valeur morpbologique, et que nous pouvons les assimiler au noyau accessoire que nous avons observé chez les Ptéropodes et les Céphalopodes. Dans ces deux derniers cas, il disparaìt aussi avant la maturation du spermatozo'ide. Chez la Salpa ^ ce phéno- mène de dissolution dans le cytoplasme se présente à un stade un peu plus precoce, mais sa signification reste la mème. Pendant que la disparition des cytomicrosomes s accomplit, nous Rech, sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 1 39 voyons le protoplasma cellulaire commencer à émettre un fin fila- ment. En méme temps, la membrane cellulaire se dissout peu à peu, ce qui permei à une partie du cytoplasme de couler le long- de la jeune queue, pour aller former une gouttelette à son extrémité. C'est aux dépens de cette gouttelette que le filament caudal va s'al- longer, comme nous l'avons déjà souvent observé (pi. 10 fìg. 151—153). La formation de la queue a lieu près d'une des extrémités du noyau recourbé, qui continue à sallonger en s'amincissant. Puis, comme il n'est plus retenu par la membrane cellulaire qui s'est résorbée, il se redresse peu à peu, et forme un bàtonnet cylindrique. En méme temps, le reste du cytoplasme continue à couler en gouttelettes le long de la queue, pour aller contribuer à son allonge- ment. Le noyau du spermatozoide a maintenant la forme d'un bàtonnet de 2U /i de long sur 1 ,a environ de diamèti-e, tenniné en pointe à la partie antérieure et arrendi à la partie postérieure, à laquelle est fixée directement la queue sans aucune formation inter- médiaire. Le filament caudal entièrement développé atteint alors une longueur de 50 a environ. Quant au noyau, qui forme la téte du spermatozoide, il présente une structure particulière sur laquelle nous aurons à revenir, mais auparavant jetons un coup d'oäil en arrière sur revolution des spermatides. On observe, en effet, de grandes variations dans leur mode de développement, principalement dans ce qui touche l'ordre de forma- tion des différentes parties du spermatozoide. En general, le fila- ment caudal ne commence à se former que lorsque le noyau s'est déjà considérablement allongé. Mais on observe aussi des cas où la queue se forme beaucoup plus tot. On voit quelquefois des sper- matides ayant eucore leur noyau sphérique, et possédaut déjà une queue d'une certaine longueur (pi. 10 fig. 151). Au contraire, on rencontre souvent le cas où la tete du spermatozoide est compléte- ment développée, et a déjà sa forme definitive, tandis que la queue est à peine ébauchée (pi. 10 fig. 156 et 157). Ces différences dans l'ordre de formation des deux parties du spermatozoide se ren- contrent constamment dans Fétude de la Spermatogenese, et nous en avons déjà constate de nombreux cas. Elles n'ont, du reste, aucune importance au point de vue théorique. Une seconde modification importante qui se produit dans le développement des spermatozoides est celle qui a trait à la réunion de plusieurs spermatides en une masse commune. Dans la règie, chaque spermatozoide se développé isolément. Mais souvent, lors 140 C. Pictet de la division des spermatocytes eu spermatides, il arrive que cette divisiou ne s'effectue pas complétemeut. Le noyau du spermatoevte seiil se partage eu deux. taudis que le protoplasme reste commim aux deux noyaux fils. On volt ainsi souvent deux spermatozoides se développer conjointemeut: chacun des deux nojaux forme une téte, et le protoplasme de la cellule mère fournit les matériaux néces- saires à la formation des deux queues. Les deux zoospermes ne se séparent que lorsqu'ils sont complétemeut développés (pi. 10 fig. 148 et 154). On volt souvent aussi des cellules à trois ou quatre noyaux former autant de spermatozoides (pi. 10 fig. 161 et 162); jai méme eu loccasion dobserver quelques cas oìi ce mode de développement était poussé beaueoup plus loin. Il arrive quelquefois que les diffé- rentes générations de spermatocytes, au lieu de se séparer en autant de cellules filles, restent toutes réunies eu une seule masse unique, semblable en tous points aux spermatogemmes que La Valette St. George a décrites cbez plusieurs animaux. Ou volt alors 12 ou 15 noyaux se grouper régulièrement à la péripbérie d'une grosse cellule qui constitue un véritable cytopbore, autour duquel les spermatozoides se développent. Il est à remarquer que ce cytopbore ne possedè pas de noyau centrai; ce n'est quune masse proto- plasmique, et tous les noyaux qu'elle renferme forment chacun un zoosperme. Ce mode de développement nest , du reste , que Texception ; daus la règie, chaque spermatozoide se développe isolément. Mais dans tous ces cas, je le répète, la valeur morpbologique des diffé- rentes parties du spermatozoide reste la méme. La téte du zoo- sperme est toujours formée par un noyau unique et en- tier, et le filament caudal est toujours d'origine cyto- plasmique. Etudions maintenant plus en detail le spermatozoide miir. Il se compose de deux parties principales (pi. 10 fig. 158): 1^ La téte, qui a la forme d'un bàtonnet cylindrique, long de 20 — 22 f.1 et large de 1 f.i. Elle est terminée en pointe à la partie antérieure et arrondie à Textrémité postérieure. Si l'on examine ce Segment cépbalique sous un fort grossissement , il semble étre strie trans versalement. Un examen plus attentif montre que cette appa- rence de striation est produite par un filament euroulé en spirale. Ce filament est très fin, et eutoure la téte dune extrémité à Fautre, en faisant une vingtaine de tours de spire pi. 10 fig. 159). Nous Rech, sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de laMéditerranée. 141 nous trouvons ìci eu présence d'une formation semblable à celle qui a été décrite chez les spermatozoides de plusieurs auimaux, en parti- culier chez le Gammarus pulex par Leydig (48) et qui a été plus récemment étudiée en detail par Jensen (32) chez le Rat, avec cette différence que, chez ce dernier animai, le filament est entouré autour de la queue du spermatozoide. Chez la Salpe, ce fil spirai n'apparaìt que trés tard, lorsque le zoosperme est presque arrivé à maturité. Les colorauts de la chro- matine le laissent intaet, il n'est donc pas forme par la nucleine du noyau, et parait plutòt provenir d'une condensation du caryo- plasma. Si Fon traite le spermatozoide par un alcali, la potasse caustique par exemple, le bàtonnet de nucleine centrai se dissout, tandis que le filament spirai n'est pas attaqué, ce qui prouve encore en faveur de son origine plasmatique (pi. 10 fig. 160). Kemarquons, en outre, quii ne peut provenir que du plasma nucléaire, et non du cytoplasme, puisque ce dernier se séparé du. noyau pour former la queue longtemps avant Tapparition du fil spirai. Tout le segment céphalique provient donc, comme nous l'avons vu, du noyau de la spermatide. 1^ La queue du spermatozoide est formée par un simple fila- ment très fin, long de 80 /<. Elle est fixée directement à la tete sans aucun segment intermédiaire. Elle est formée par le cyto- plasme de la spermatide. C onclusions. Il nous reste à réunir les faits observés jusqu'ici, et à tàcher d'en tirer quelques conclusions générales. Je n'ai pas la prétention, cela est evident, de vouloir généraliser sur tout le règne animai des phénomènes observés chez cinq ou six groupes d'Invertébrés pris un peu au hasard; mais comme, chez toutes les espèces que j'ai étudiées, on retrouve une certaine uniformité dans le processus de la Sperma- togenese, je vais résumer en peu de mots mes observations. La Spermatogenese proprement dite, c'est-à-dire revo- lution de la cellule sexuelle que nous avons nommée spermatide, en spermatozoide, n'est que le chang-ement de forme d'une cel- lule dans un but déterminé. Le principe héréditaire de l'orga- nisme paternel se transmet, par un procède que nous ignorons, dans les cellules séminales du testicule. Pour qu'un nouvel organismo 142 C. Pictet puisse prendre naissance, il faiit que les deux cellules qui renfer- meut ce principe héréditaire piüssent arriver à se fusiouner. La cellule sexuelle male, ou spennati de. doit fécouder la cellule femelle, c'est-à-dire lovule, et le développement du sperma- tozo'ide aux dépens de cette spermatide, u'est qu'un phé- nomèue secondai re d'adaptation, servaut à faciliter le rapprochement de ces deux cellules. Le zoosperme n'est quuue spermatide qui a changé de forme, c'est donc une véritable cellule, dans laquelle nous devons retrouver les deux parties Constituantes de tonte cellule animale, le noyau et le protoplasma Étudions séparément chacune de ces parties; après quoi nous dirons quelques mots d'un troisième élément que nous rencontrous dans les cellules sexuelles, le noyau accessoire. 1. Noyau. On admet généralement, d'après les théories actuelles, que le noyau est la partie la plus importante de la cellule animale. C'est en lui que réside la fonction de reproduction, tandis que le cyto- plasme prèside surtout à la nutrition de la cellule. Il y a donc beaucoup de raisons pour regarder le noyau de la cellule sexuelle comme étant la partie destinée à transmettre le principe héréditaire de l'organisme paternel; Tétude de la Spermatogenese contìrme pleine- ment cette manière de voir. Il est, en effet, généralement admis par les auteurs qui ont ètudiè avec soin la Spermatogenese, que le noyau de la spermatide se retrouve dans le spermatozoide , dont il forme la portion cépha- lique, la téte, ou corps du zoosperme. Comme nous venons de le voir, mes observations sont absolument d'accord avec cette thèorie, et je suis intimement convaincu que Ton arriverà à retrouver dans tous les spermatozoìdes animaux un noyau plus ou moins normale- ment constitué. Mais il est souvent difficile de constater sa préseuce; car autant il est facile, dans une cellule sphérique normale, comme la sperma- tide, de mettre le noyau en évidence, autant il est souvent malaisè, lorsque le spermatozoide a pris sa forme definitive, de retrouver ce noyau. Deux mèthodes nous permettent d" arriver à ce but: en premier lieu, l'observation attentive de tous les Stades d'évolution depuis la spermatide typique jusqu'à l'achèvement du spermatozoide, Rech sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 143 et en second lieii. et simultanément, lapplicatioii métbodique des réactifs histolog'iqiies, et priucipalement des colorants de la nucléiue. On arrive ainsi à pouvoir dire avec une certitnde presque absolue ce que devient le noyau de la cellule sexuelle, et quel róle il joue dans la Constitution du spermatozoide. Mais le noyau n est pas un tout homogene et forme d'une seule substance. On y distingue deux parties , de Constitution chimique bien differente: la nucleine, ou ehr ornatine, et le plasma uu- cléaire, ou caryoplasma. L'étude combinée de la Spermatogenese et de la fécondation doit pouvoir nous renseigner sur l'importance et le ròle de chacune de ces deux parties. Les belies découvertes qui ont été faites pendant ces dernières années sur les pbénomènes de la cavyocinèse, ont jeté un grand jour sur cette question. et la plupart des auteurs admettent actuellemeut que la nucleine, c'est-à-dire l'élément figure du noyau. est la partie principale, et pour ainsi dire vitale de la cellule, tandis que le plasma environnant nest qu un sue d'une importance secondaire pour la vie et la reproduction des cellules. Je crois aussi que la nu- cleine est la portion principale du noyau, et il est fort probable que c'est par elle que se transmet l'bérédité des parents, mais je suis persuade que le plasma nucléaire a aussi son importance daus la formation du spermatozoide, et dans lacte de la fécondation. Quel- ques auteurs, qui ont étudié la Spermatogenese, ont cru s'apercevoir que cétait la portion chromatique seule du noyau de la spermatide qui constituait tout le spermatozoide. Si cette hypotbèse était con- firmée, on serait fonde à admettre que le caryoplasma ne joue aucun rfìle dans la fécondation; mais toutes les recherches récentes tendent à prouver que cela u'est pas le cas, et que, comme nous l'avons vu aussi chez les animaux que nous venons d'étudier, la téte du spermatozoide est constituée par un noyau en- tier, et forme donc de deux parties, la nucleine et le caryoplasma. Si nous examinons les relations qu'ont entre elles ces deux par- ties, nous trouvons qu'elles sont trés variables suivant le Stade d'évolution des spermatozoides. Quelques mots d'explication à ce sujet: taut que les cellules séminales sont eu voie de divisiou ciué- tique, e est-à-dire pendant la sèrie des générations de spermatocytes, la nucleine et le caryoplasma restent nettement différeuciés. La nu- cleine affecte la forme d'un hojsm plus on moins enchevétré, qui, au moment de la division cellulaire, se groupe en anses qui se 144 C. Pictet scindent en deux parties siiivant im procède que je u'ai pas à dé- crire ici. Noiis obsei'vous pendant la caryocinèse des fìgures assez compliquées dont le but est évidemment de répartir d'une facon abso- lument précise entre les deux cellules tìlles l'élément nucléinien de la cellule mère. La formatiou d'un boyau de nucleine dans les cellules animales n'existe douc que dans le but de la division. On pourrait donc admettre à priori que dès qu'une cellule animale est arrivèe, pour une raison ou pour une autre, à un Stade de son existence où elle ne doit plus se diviser, le boyau de nucleine, n'ayant plus sa raison d'étre, doit disparaìtre. Or c'est précisèment ce cas que nous observons dans les sper- matozoides. Gomme nous l'avons vu, les spermatocytes, par une sèrie de divisions successives, donnent naissance en dernier lieu aux spermatides, c'est-à-dire à une generation de cellules qui doivent se transtbrmer directement en spermatozoides . sans subir de division ultèrieure. L'observation confirme ici pleìnement cette thèorie. et j'ai tou- jours observè que. dans les spermatides, le uoyau perd son aspect structurè. Le boyau disparait, et la nucleine se dissout dans le caryoplasma pour former une seule masse homogene. Nous remarquons tout de suite que ce mélange intime des deux parties Constituantes du noyau est d'une grande utilité pour le dé- veloppement ultèrieur du spermatozoide. En effet, il est rare que le noyau des zoospermes conserve sa forme sphèrique. Dans la plupart des cas, il s'allonge. et prend la forme, soit d'un cone. soit d'un bàtonuet. Nous lavons vu se tordre en hèlice: chez quelques auimaux, comme cbèz les Crustacés par exemple, il se présente sous les aspects les plus variès. Nous concevons fort bien qu'un globule homogene puisse prendre ces dififérentes formes, tandis que si le uoyau restait compose de deux parties distinctes et structurèes, et renfermait soit un boyau, soit un réticulum plus ou moins compliquè. il nous serait difficile de comprendre comment il peut se plier à ces chaugements de forme si complexes. Les auteurs qui ont étudié la Spermatogenese décrivent générale- ment le noyau des spermatozoides comme paraissant homogene, mais comme étant réellement structurè (granuleux, etc.), ce dont on peut se convaincre par l'emploi de certains rèactifs. En effet, la plupart des rèactifs fixateurs font apparaìtre une sorte de structurè dans les Rech, sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 145 noyaiix des zoospermes, mais il me semble qiie cette structure n'est qu'uue modificatìon artificielle de la substance nucléaire. Si, comme je l'admets, la nucleine des spermatozoides est à letat de dissolution dans le caryoplasma, lorsqu'on ajoiite un réactif acide, qui ne dis- sout pas la nucleine, cette dernière doit évidemment se precipite!- sous une forme plus ou nioins granuleuse; c'est un pliénomène chimi- que élémentaire; et puisque sur les éléments frais, l'état homogene est celui que Fon observe, il me semble plus naturel d'admettre que l'état granuleux n'est qu'uue altération due à l'empiei des réactifs fixateurs. NÄGELI a dit que la nucleine se trouvait dans un état org-anisé avant, pendant et après la fécondation. Je ne peux pas étre de son avis, et je crois qu'il y a, au moment de la maturation du sper- matozoide, un stade où la nucleine est à l'état de dissolution dans le plasma nucléaire. Cet état dure jusqu'après la pénétration du spermatozoide dans l'oeuf; alors le noyau reprend sa forme struc- turée pour se fusionner avec le noyau femelle. Deux mots encore au sujet de la division acinétique des eel- lules séminales. Comme nous l'avons vu, les spermatocytes se multi- plient dans la règie par caryocinèse; mais ou observe quelquefois, à la fin de ce mode de division, une ou deux générations de cellules qui prennent naissance par simple étranglement du noyau (division directe, ou acinétique); voici commeut je m'explique ce pbénomène. La division par caryocinèse est nécessaire pour diviser l'élément nucléinien des cellules sexuelles d'une facon rigoureusement exacte. Si l'on admet que la nucleine renferme le principe héréditaire de l'organisme paternel, il est important que ce principe soit divise avec la plus grande régularité possible entre les différentes cellules filles, afin que toutes renferment les mémes facultés héréditaires. D'un autre coté, si, comme l'ont admis certains auteurs, il y aurait, dans le cours de la Spermatogenese une ou plusieurs divisions qui seraient bomologues de Télimination des globules polaires que l'on observe chez l'oeuf, il est evident que cette expulsion des corpus- cules polaires màles doit se faire aussi par caryocinèse. Je n'entrerai pas ici dans la discussion de la probabilité de ce phénomène, n'ayant pas pu faire d'observations concluantes à ce sujet, et je me borne à citer l'hypothèse de quelques auteurs. Je ne m'oc- cuperai pas non plus de la signi fìcation des globules polaires; c'est un sujet de controverse actuelle qui m'entraìnerait trop loin; mon but est seulement d'arriver à cette conclusion, que la di vision Mittheilungen a. d. Zoolog. Station zxi Neapel. Bd. 10. 10 146 C. Pictet caryocinétique des spermatocytes est clestiuée à foiiruir à chaque cellule seminale une substance uueléaire ayant exactement la Constitution organique et cbimique néces- saire à la fécondation. Or il peut arriver que lorsque les noyaux ont acquis ces pro- priétés, ils soient encore trop volumiueux pour former des sperma- tozoides. Ils sont alors obligés de se fractionner encore une ou plusieurs fois, dans le seul but d'acquérir les dimensions nécessaires, et ce fractionnement se fait alors par voie acinétique. La divisiou des spermatocytes par simple étranglement est donc uni- quement destinée à donner à cbaque spermatide la quan- tité de substance nucléaire nécessaire à la formation d'un spermatozoi de, cette substance ayant déjà acquis les qualités requises, grace aux divisions antérieures par voie caryocinétique. 2. Cytoplasme. Nous avons admis que le noyau était la partie principale de la cellule sexuelle: c'est en lui que siége la faculté de reproduction, tandis que le protoplasme cellulaire prèside aux fonctions de la vie vegetative, c'est en quelque sorte le magasin de nourriture de la cellule. Il n'est donc pas étonnant de voir que les cellules qui mèuent une vie active et qui se multiplient rapidement , comme les spermatogonies et les spermatocytes, soient riches en protoplasme. Au contraire, lorsque la dernière division cellulaire a eu lieu, et que les spermatozoides se forment, la cellule sexuelle est arrivée au terme de son existence individuelle: elle n'a plus besoin de se nourrir, puisqu'elle ne doit plus se fractionner: sa partie proto- plasmique est donc deveuue inutile , et ce n'est plus que le noyau qui est appelé à jouer un role dans l'acte de la fécondation. Le spermatozoide n'ayant plus besoin de protoplasme, il devient evident que ce dernier doit disparaìtre, à moins qu'il ne puisse se modifier dans un but utile à la fécondation. Or c'est précisément ce qui arrive. Dans la plupart des cas. en effet, le noyau male doit parcourir un certain espace pour arriver eu contact avec Tovule. Le sperma- tozoide a donc besoin d'un organe locomoteur, et c'est le cytoplasme de la cellule seminale qui se ebarge de ce role: de cette fagon il n'y a aucune partie perdue dans la cellule. Rech, sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 1 47 La queue du spermatozoide est dono formée par le cytoplasme de la spermatide. L'étude attentive de son dé- veloppement me l'a toujours prouvé; mais nous avons, en ontre, une raison théorique d'une certaine valeur à l'appui de cette manière de voir. Nous considérons, en effet, la fécondation proprement dite comme la conjugaison plus ou moius intime, dans Tintérieur de l'oeuf, de deux noyaux, le noyau male et le noyau femelle. Or nous observons toujours, au moment de la pénétration du spermatozoide dans l'oeuf, que le filament caudal reste en partie à l'extérieur de l'ovule, et que méme la portion qui a penetrò à Fintérieur avec le noyau, ne le suit pas jusqu'à sa reneontre avec le pronucléus femelle, mais reste en arrière, et se dissout finalement dans le vitellus. Si dono le filament caudal était d'origine nucléaire, tonte la partie du noyau employée à le former serait perdue, ce qui est fort peu probable. La queue du spermatozoide n'est donc qu'un organe d'impor- tance secondaire: c'est un organe locomoteur, servant uniquement à amener le spermatozoide en contact avec l'oeuf. Elle pourra donc se présenter sous des aspects assez variés, suivant le mode de fécon- dation propre à chaque animai. Cependant sa forme la plus fre- quente est celle d'un filament long et mince, anime de mouvements ondulatoires plus ou moins rapides. Il nous faut remarquer que le volume de la queue est en general beaucoup plus faible que celui de la partie cytoplasmique de la cellule employée à la former. Il s' opere évidemment une condensation du protoplasme, dans le but de donner plus de rigidité au filament caudal, et lui permettre de resister aux mouvements souvent assez violents dont il est anime. J'ajouterai encore quelques mots sur la membrane cellu- laire. Cette dernière paraìt jouer un très petit róle dans la Sper- matogenese. On l'observe en general assez distinctement chez les jeunes spermatides, sous la forme d'une très mince cuticule, mais dès que revolution du spermatozoide commence, elle disparaìt, et l'on n'en'voit plus trace dans le cours du développement. Il est probable qu'elle se dissout dans le cytoplasme, et que sa substance concourt ainsi à la formation du filament caudal. Cependant, dans les spermatozoides de quelques animaux, par exemple chez les Si- phonopbores, elle semble persister jusqu'à l'acbèvement complet du spermatozoide, servant d'enveloppe commune au noyau et au Neben- kern. Il est probable qu'elle se dissout ultérieurement, au moment de la fécondation. 148 C. Pìctet 3. Noyau accessoire. On a beaucoup écrit sur le noyau accessoire dans ces dernìères aunées, et cependant ou est encore loin détre au clair sur l'origine et la signification de ce corpuscule, qui se rencontre d'une facon si generale dans les cellules séminales. Dans tous les animaux que j'ai observés, je me suis attaché à étudier aussi soigneusement que possible sa naissance, et le ròle quii remplit dans la formation du spermatozoide, et voici les conclusions auxquelles je suis arrivé. Le noyau accessoire, ou Nebenkern, est un corpus- cule destine à éliminer de la cellule seminale les sub- stances devenues inutiles au spermatozoide. N'oublions pas en effet, que le spermatozoide est une cellule véritable, mais qui a un ròle physiologique tout différent de celui des cellules dont il provient. J'appuierai surtout sur ce fait que le spermatozoide est une cellule mure, qui ne doit plus donner nais- sance à des cellules filles par divisiou. Donc, tout ce qui, dans la cellule seminale, spermatocyte ou autre, est nécessaire uniquement pour l'acte de la division cellulaire, n'a plus sa raison d'étre dans le spermatozoide, et par conséquent doit étre éliminé. Après que la dernière division caryocinétique s'est effectuée, on voit dans le cytoplasme un certain nombre de corpuscules qui parais- sent étre les restes, soit du fuseau achromatìque, soit du corpuscule polaire ou attractif, qui se forment pendant la division, et qui pro- viennent, comme cela a été prouvé, du plasma nncléaire de la cellule mère. Ces granulatious se retrouvent donc dans la spermatide, et for- ment ce que Prenant a nommé les cytomicrosomes; ils sont devenus inutiles pour la vie future de la cellule, ils doivent donc étre éliminés. Pour cela nous les voyons se fusionner eu un seul globulo plus ou moins considérable, qui constitue le noyau acces- soire de la cellule. Le Nebenkern se forme donc dans le cyto- plasme de la spermatide, mais il provient réelleraent d'une portiou du caryoplasma de la cellule mère. Je tiens à bien appuyer sur le fait qu'il ne se forme pas au dépens du noyau de la spermatide, comme certains auteurs Tont admis. Il entre quelquefois en rapport avec lui, il est vrai, mais ce n'est jamais que secondairement ; en outre, le noyau véritable a toujours exactement les mémes dimensions Rech, sur la Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 1 49 avant et aprés la formation du Nebenkern, ce qui ne serait pas le cas si ce deruier se formait à ses dépens. Voici pour l'origiue du noyau accessoire ; maintenant que devient- il pendant la maturation du spermatozoide ? lei nous observons de grandes variations chez les difFérents animaux. Quelquefois, et c'est le cas le plus simple, il se détache simplement de la cellule et dis- parait ainsi sans concourir en aucune facon à la Constitution du spermatozoide : c'est ce que nous avons observé chez VEteotie , et accidentellement aussi chez les Echinides. D'autres fois, il persiste dans la téte du zoosperme à coté du noyau, comme chez les Siphono- phores. Enfin, et c'est ce qui arrive le plus fréquemment, il peut se dissoudre simplement dans le cytoplasme, à un stade plus ou moins avance de revolution du spermatozoide, et sa substance est utilisée, en méme temps que le reste du protoplasme, pour la formation du filament caudal. Il se peut aussi que, chez d'autres animaux, le noyau accessoire forme le segment moyen du spermatozoide; nous avons vu ce cas se présenter chez la plupart des Oursins; ainsi, comme on le volt, son ròle est éminemment variable, et lorsqu'il n'est pas simplement expulsé, il n'est utilisé que pour la formation d'une des parties secon- daires du zoosperme. Dans tous les cas, le fait quii peut manquer totalement nous prouve avec évidence que ce corpuscule ne doit JDas étre regardé comme une des parties Constituantes du spermatozoide normal. Son existence n'est généralement que passagère, et il ne sert qu'à éliminer du spermatozoide des sub- stances qui ne sont pas nécessaires pour l'acte de la fécondation. Le noyau accessoire des cellules séminales n'est donc qu'un corpus- cule de rebut. 150 C. Pictet Explication des Planches 8 à 10. Remarques. Toutes les figures (saiif la fig. 159) ont été clessinées an grossissement de 'Ooo/j ; chaque millimètre sur le papier correspond donc h 1 /u. La plupart ont été faites avec l'objectif apochromatique 2,5 inm. de Zeiss (immersiou à l'eau) sur des matériaux frais, et lorsque l'emploi de la chambre claire n'était pas pos- sible, vu la mobilité des cellules, les dimensioas exaetes ont été prises au micromètre. ; Planche 8. Fig. 1 — 23. Spermatogenese chez Strongylocentrotus lividus Brdt. - 1. Spermatocyte. - 2, 3. Spermatocytes en voie de division cinétique. - 4. Dernière division par simple étranglement. - 5. Spermatide. - 6 — 10. Développement du filament caudal. - 11, 12. Développement de spermatozoides jumaux. - 13 — 18. Développement de la téte du spermatozoTde. - 19, 20. Spermatozoides normaux de Strongyloceìurotus. - 21 — 23. Spermatozoides ayant perdu leur segment moyen. - 24, 25. Spermatozoides de Sphaerechinus granularis. - 26, 27. - ói'Echinus microhiberculatus. - 28, 29. - d'Arbncia pustulosa. - 30 — 53, Spermatozoides de Strongylocentroiiis sous l'influence de divers réactifs : - 30. Chlorure de manganése et Dahlia. - 31. Dahlia dans l'eau de mer légèrement acide. - 32. Chlorure de platine. - 33. Vert de méthyle dans l'acide acétique à 1 X- - 34. Bichlorure de mercure à 5 X- - 35. Acide chlorhydrique dilué. - 36. Acide nitrique à 3 X- - 37. Acide acétique à 2 X- - 38. Liquide de Flemming. - 39. Liquide de Kleinenberg. - 40. Acide osmique à 1 X- - 41, 42. Acide osmique à 1 X et acide pyrogallique. - 43. Carmin acétique de Schneider. - 44. Alcool à 30 X- - 45. Alcool absolu. - 46, 47. Permanganate de potasse. - 48, 49. Jode dans l'iodure de potassium. - 50. Sulfate de cuivre à 10 X- - 51. Eau douce. - 52. Potasse caustique. - 53. Sonde caustique. Eech.surla Spermatogenese chez quelques Invertébrés de la Mediterranée. 151 Fig. 54 — 69. Spermatogenese chez HaUstemma rubrum Vogt. - 54. Grosse spermatogonie. - 55. Spermatocyte, immédiatement avant la division. - 56. Spermatocyte eu voie de division cinétique. - 57. Jeune spermatide. - 58. Spermatide normale. Le noyau est devenu homogene, et les cyto- microsomes se sont fusionnés en un Nebenkern. - 59 — 66. Développement de la queue du spermatozoide. - 67 — 69. Spermatides à deux noyaux, donnant naissance à deux spermato- zoides jumaux. Planche 9. Fig. 70 — 72. Achevement du développement des spermatozoi'des (}a Haiistemma rubrum. - 73 — 76. Spermatozoi'des mùrs (k^ Haiistemma rubrum. - 11 , 78. Deux phases du développement des spermatozoi'des de Fraya maxima. - 79. Spermatozoide de Gleba hippopus. - 80. Spermatozoide de Gleba hippopus soumis à l'action du Dahlia acé- tique. Le noyau seul est colore. - 81 — 108. Spermatogenese chez Cymbulia Peronii Cuv. - 81. Spermatocyte. - 82. Dernière division des spermatocytes, par simple étranglement du noyau. - 83. Spermatide. - 84, Origine de la queue du spermatozoide. - 85 — 88. La queue continue à s'allonger, et le noyau prend une forme ova- laire, puis piriforme. Les cytomicrosomes se sont fusionnés pour former un petit Nebenkern. - 89 — 92. Continuation de l'allongement du noyau. Le cytoplasme coule le long de la queue, et le Nebenkern a disparu. - 93 — 97. Aplatissement du noyau en forme de feuille. - 98, 99. La nucleine se condense à la périphérie, et la feuille se tord eu tire-bouchon. - 100, 101. La téte du spermatozo'ide continue à se tordre en hélice. - 102. Spermatozo'ide mùr de Cymbulia Peronii. - 103 — 108. Développement de spermatozo'ides jumaux, dans des spermatides à deux noyaux. Planche 10. Fig. 109 — 132. Spermatogenese chez Sepia ofßcinalis L. - 109, 110. Deux générations de spermatocytes. - 111. Dernière division acinétique des spermatocytes. - 112. Spermatide possédant un très petit Nebenkern. - 113, 114. Développement du filament caudal. - 115 — 122. Evolution de la tòte du spermatozo'i'de. Le noyau s'allonge en bùtonnet, puis la nucleine se retire au centro, laissant en avant une gouttslette claire, la coiffe céphalique, et en arrière le segment 152 C. Pìctet, Rech, sur la spermatogéuèse etc. moyen, forme d'un espace clair et de deux petits trabécules, dont l'un forme un piquant, et lautre sert de trait d'union entre la tète et la .queue du spermatozoide. Pendant cette évolutìon, le petit Nebenkern a disparu. Fig. 123, 12-1. Spermatozoides mùrs de Sepia officinalls. - 125. Tète d'un spermatozoide, ayant perdu la coiffe céplialique, le Seg- ment moyen et la queue. - 126. Spermatozoide mùr, traité au vert de méthyle acétique. - 127 — 131. Développement des spermatozoides dans des cellules multi- nucléées. - 132. Gros cytopliore, donnant naissance à un grappe de spermatozoides. - 133 — 146. Spermatogenese chez Eteone jiteroiìlmra Ehlers. - 133. Gros spermatocyte pourvu d'un nucléole. - 134. Spermatide, avec 4 cj'toiuicrosomes. - 135, 136. Les cytomicrosomes se sont fusionnés en Nebenkern, et la nu- cleine se retire de la partie antérieure du noyau. - 137 — 140. Formation de la queae du spermatozoide par écoulement de la gouttelette de cytoplasme. - 141. Jeune spermatozoide; on y remarque la coifFe céphalique, la tete proprement dite, le segment moyen et la queue. - 142. Separation du segment moyen. - 143. Spermatozoide mur à'Uteone jìtemphora. Le segment moj'en a disparu. - 144 — 146. Autre mode de développement de la queue du spermatozoide. - 147 — 160. Spermatogenese chez Salpa virgula Vogt. - 147. Spermatocyte. - 148- Dernière division acinétique des spermatocytes. - 149. Spermatide. Le noyau commence déjà à s'allonger. - 150. Le noyau continue à s'allonger en bàtonnet. - 151 — 153. Développement de la queue du spermatozoide. - 154. Deux jeunes spermatozoides jumaux. - 155. Le noyau continue à s'allonger et se replie dans l'intérieur de la spermatide. - 156. La membrane cellulaire s'est dissoute et le noyau se redresse. - 157. Jeune spermatozoide. La tète est déjà entièrement formée, tandis que la queue n'est québauchée. - 158. Spermatozo'ide mùr de Salpa vircjida. - 159. Une portion de la tète d'un spermatozoide mùr (grossissement 2000/,) montrant le fil spirai. - 160. Spermatozoide miir traité à la potasse caustique. La nucleine a disparu, et le fil spirai n'est pas attaqué. Wie bohrt Natica die Muscheln an? Von P. Scbiemenz in Neapel. Mit Tafel 11. In den letzten Jahren habe ich einige Male , ich weiß nicht mehr wo, gelesen, class die runden Löcher in den Muschelschalen, welche man so häufig am Meeresufer ausgeworfen findet, von Natica herrühren und zwar mittels der Radula gebohrt würden. Eine kleine Umschau in der Litteratur ließ mich denn auch erkennen, class diese irrige Auffassung noch heute die allgemein gültige zu sein scheint. Viele Notizen über diesen Gegenstand habe ich freilich nicht ge- funden, aber es mag wohl sein, dass sich in der so ausgedehnten Litteratur über Mollusken hier oder da zerstreut und verborgen hier- hergehörige Bemerkungen vorfinden mögen, die mir nicht aufgefallen sind; doch hoffe ich, dass man mir das Übersehen derselben nicht zu hoch anrechnen wird. Selbstverständlich kann ich hier auch nur auf diejenigen Angaben Bezug nehmen, welche das Anbohren von Muscheln oder Schnecken betreffen, und ich lasse diejenigen über das Bohren in Stein, Kalk, Korallen oder Holz ganz bei Seite. Hancock 1 glaubte gefunden zu haben, dass die Radulazähne 1 Alb. Hancock, Note on the bòring apparatus of the carnivorous Gastero- pods etc. in: Ann. Mag. N. H. Vol. 15. pag. 113—114. 1S45 und in: Amer. Journ. Sc. (2) Vol. 1. pag. 130—131. 1846. Eine ältere Arbeit von Réaumur, Observations sur la manière dout un petit coquillage appellò en latin Trochus ou Turbo, perce la coquille d une moule pour succer la moule. in : Mém. Acad. Se. Paris. ITOS. Hist. pag. 28 ist mir nicht zugänglich gewesen. 1 54 P- Schiemenz der Eolididae z. Th. aus Kieselsäure bestehen, und scliließt aus ihrer Ahnlichl^eit mit den Zähneu von Buccimmi^ dass auch die letz- teren Kieselsäure enthalten und so ihren Besitzer befähigen, auch ohne Anwendung von Säuren, die Schalen anderer Mollusken anzu- bohren. Jedoch schon Keferstein * bezweifelt das Vorkommen von Kieselsäure in der Eadula und hebt hervor, dass Hancock's Befund von Niemand bestätigt worden ist. Dies hinderte jedoch Wood- ward nicht, Hancock's Angaben in der 2. Auflage seines Lehr- buches''^ von 1871 unbeirrt wiederzubringen, und eben so wenig Fischer, den betreffenden Passus von Woodward in seinem Lehr- buches zu reproduciren. Später berichtete Hancock*, dass es ihm öfters gelungen sei, Purpura dabei zu überraschen, wie sie Mytilus ausfraß. Er glaubte auch da noch, dass das Loch, welches '/ir; Inch im Durchmesser zu haben pflegte und gerade groß genug war, um den Küssel durchtreten zu lassen, durch die als Feile dienende Eadula gebohrt werde. Es entging diesem Forscher jedoch nicht, dass die Eadula nicht so breit war als das Loch, und es kam ihm schwer verständlich vor, wie eine schmale, bandförmige Zunge ein so kreisrundes Loch bohren könne. Es fiel ihm auch auf, dass die Schalenepidermis von Mijtilus im Umkreis des Loches nicht einen zerrissenen sondern einen ganz glatten, ebenfalls kreisrunden Eand besaß. Leuckart^ schloss sich der Ansicht, dass die Eadula das Bohrinstrument sei, an und dasselbe that Keferstein (1. c. pag. 1070). Bouchard-Chanteraux ß beobachtete wiederholt, wie Buccmum^ Purpura u a. innerhalb 4 — 6 Minuten Muscheln anbohrten und glaubte, dass dies vermittels einer aus dem Magen erbrocheneu Säure geschehe , welche durch die Mündung des Eüssels direct auf die anzubohrende Stelle der Schale ergossen werde. Bei dieser Thätigkeit umgebe der Vorderfuß den Eüssel jederseits mit einem Lappen , die sich vorn an einander legen , so denselben wie mit einer Scheide umhüllen und auf diese Weise während 1 Bronh's Klassen und Ordnungen des Thierreiches. 3. Bd. Malacozoa 2. Abth. pag. 949. ■- S. P. Wood ward, A mannal of the Mollusca etc. 2. ed. London 1871. 3 P. Fischer, Manuel de Conchyliologie etc. Paris. 1880 — 1887. 4 Alb. Hancock, On the boring of the Mollusca into rocks etc. in : Ann. Mag. N. H. (2) Vol. 2. pag. 225—248. T. 8. 1848. 5 RuD. Leuckart, in: Bergmann & Leuckart , Anatomisch -physiolo- gische Übersicht des Thierreichs. 2. Ausg. Stuttgart 1855. pag. 124. ^ Bouchard-Chanteraux, . . ., Obsei'vations sur les hélices saxicaves du Boulonnais. in: Ann. Sc. N. (4) Tome 16. pag. 197—218. T. 4. 1861. Wie bohrt Natica die Muscheln an? 155 des Bobractes von dem Contact mit dem Meerwasser abschließen. Während des Bohrens mache das Thier mit keinem seiner Theile irgend welche Bewegungen. Wir werden später sehen, wie diese Beschreibung den Verhältnissen bei Natica außerordentlich nahe kommt. Leidy 1 tritt dagegen wieder der Ansicht von Hancock bei. Nach ihm befindet sich das Bohrloch immer in der Nähe der Umbonen, und er ist geneigt; anzunehmen, dass sich Natica diese Stelle darum aussuche, weil sie von beiden Adductoreu gleich weit entfernt ist, und letztere daher von ihr aus leicht zerrissen werden könnten, wodurch die Schale geöffnet und so die Weichtheile der Räuberin zugäng- licher gemacht würden. Wir werden auf diese Hypothese später zurückkommen. Issel'^ beschreibt die Löcher, welche Murex erina- ceus in die Austernschalen bohrt. Sie haben 1,5 — 2,5 mm im Durch- messer, sind rund und außen ein wenig weiter als innen. Auch er hält die Radula für das Bohrwerkzeug und beschreibt sogar den Vorgang des Bohrens. Das Thier soll nämlich um einen festen Punkt herum, welcher der Spitze seines Rüssels entspricht, unregelmäßige Bewegungen, bald nach der einen bald nach der anderen Seite aus- führen. Das Loch befindet sich meist über dem Adductor oder einem der hauptsächlichsten Eingeweide, niemals am Schloss oder am Rande. Man hat Verf. versichert, dass eine Auster von einem Monat von einem kleinen Murex in einer halben Stunde angebohrt würde, wo- nach ein erwachsener Murex für eine erwachsene Auster 8 Stunden nöthig haben würde. Ingersoll^ nennt unter den der Muschelzucht am gefährlichsten Bohrern an erster Stelle (außer Fuicjur) Lunedia [Natica] her OS, welche sich der Radula zum Bohren bediene. Lock- wood (citirt nach Ingersoll pag. 696) giebt eine detaillirte Be- schreibung des Bohractes, wie er sich «nach seiner Ansicht« bei Fulejur abspielt. Nachdem sich das Thier vermittels seines Fußes befestigt hat, wird die bandförmige Zunge bogenförmig gekrümmt und dann mit einer Stelle dieses Bogens auf den ausgesuchten Punkt der Schale aufgesetzt und abwechselnd nach beiden Seiten gedreht. i Jos. Leidy, Remarks on Jlactra. in : Proc Acad. N. Sc. Philadelphia 1878. pag. 332—333. - Art. Issel, Istruzioni pratiche per l'ostricoltura e la mitilicoltura. Ge- nova. 1882. (pag. 158). 3 Ernest Ingersoll, Mollusks in general, in: Fisheries and fish Industries of the U. S. by G. B. Goode. Washington Sect. 1. Text pag. 687—710. 1884. 156 P- Schiemenz , .bis das Loch vollendet ist. Letzteres sei ganz »symmetrisclKf und »regelrecht (true)«. und die Bohrthätigkeit sei sogar den Zähnen dienlich, indem diese durch die beschriebene Bewegung zugeschärft würden. Dessgleichen soll nach Tare^ ZWosalpinx cinerea sich beim Anbohren der Austern an der amerikanischen Küste der Radula be- dienen. SiMROTH^ dagegen ist der Meinung, dass die Löcher nicht allein von der Radula gebohrt werden, sondern dass vorher eine An- ätzung der betreifenden Stelle der Schale durch 'Säuren stattfinde. In einer frühereu Mittheilung ^ habe ich mir bereits erlaubt, für Natica wenigstens, daran zu zweifeln, dass die Radula oder Zunge das Bohrwerkzeug sei. und ich suchte dagegen eine auf der Unter- seite des ausgestreckten Rüssels gelegene Drüse dafür verantwortlich zu machen. Näheres darüber theilte ich damals noch nicht, mit, weil es mir nicht gelungen war. einige Beobachtungen, die ich für wün- schenswerth hielt, anzustellen. Wie bereits oben erwähnt, glaubte Hancock das Vorhandensein von Kieselsäure in der Radula auch bei den Raubschueckeu an- nehmen zu müssen, offenbar von dem Gedanken geleitet, dass eine »hornige« oder »chitinöse« Radula nicht gut im Stande sein könne, Löcher in so harte Schalen, wie sie z. B. die Venus- Ayìqxì. haben, zu bohren. Die Kieselsäure sollte dann wahrscheinlich nach seiner Ansicht den Zähnen der Zunge mehr Festigkeit verleihen. Nach einer Untersuchung, welche Herr Dr. E. Herter auf meinen Wunsch anstellte, findet sich in der Radula von Natica keine nach- weisbare Menge von Kieselsäure , so dass also das Bedenken , die hornig- weichen und elastischen Zähne seien nicht im Stande, die in Rede stehenden Löcher zu bohren, vollkommen bestehen bleibt. Nehmen wir jedoch vor der Hand einmal an. das Bedenken wäre nicht gerechtfertigt, und Natica bohre wirklich mit den Zäh- nen, so könnte unmöglich ein solches Loch resultiren. wie es die augebohrten Muschelschalen aufweisen. 1 R. S. Tarr, Natural eneinies of the oyster. in; Science Vol. 6. pag. 392. 18S5. '- H. SiMROTH, Bemerkungen zu Herrn Semon's Aufsatz über die Aus- scheidung freier Schwefelsäure bei Meeresschnecken, in; Biol. Centralbl. 9. Bd. pag. 287. 1889. 3 P. Schiemenz, Über die Wasseraufuahme bei Lamellibranehiaten und Gastropoden (einschließlich der Pteropoden). 1. Theil. in; Mitth. Z. Stat. Neapel 7. Bd. pag. 467. Anmerkung 1. 1887. Wie bohrt Natica die Muscheln an ? 1 57 Die Radula ist, wenigstens der Tlieil, welcher zur Wirkung- kommt, wie bei den meisten Schnecken, so auch bei Natica, ein bandförmiges Organ, und die Zähne auf ihm sind so angeordnet, dass sie eigentlich nur in ganz bestimmter Richtung wirken können, und hiermit harmonirt auch die ganze Bewegung des Organs. Die mittleren Reihen der Zähne wirken nur in der Richtung vom vorderen Theile der Radula nach dem hinteren. Die seitlichen Zähne sind meist, und so auch bei Natica, lange, gekrümmte Haken, welche im Ruhezustande wegen der dann concaven Form der Radula von der Seite nach der Mittellinie eingeschlagen sind. Wenn sie in Thätigkeit treten soll, so wird die Radula nach vorn geschoben, dadurch ihre Rinnenform ausgeglichen und die Seitenzähne aufge- richtet. Beim Rückwärtsziehen der Radula wird diese wieder concav, und die Seitenzähne schlagen nach der Mittellinie nach Art von Haken in die Beute, und zwar wird ihre Funktion dabei durch die medianwärts gerichtete Krümmung ihrer Spitzen verstärkt. Wenn man nun bedenkt, dass die Bewegung der Radula stets eine solche ist, dass man sie sehr passend mit dem Lecken unserer Zunge ver- glichen bat, so ist es absolut nicht einzusehen, wie dabei mit dem eben beschriebenen Zahnapparat ein nahezu kreisrundes Loch ge- bohrt werden kann. Zur Herstellung eines solchen müsste sich die Radula ganz um ihre Achse drehen. Ganz abgesehen davon, dass etwas Ahnliches bisher von Niemand und auch nicht von mir trotz meiner langjährigen Beschäftigung mit Mollusken gesehen worden ist, so ist eine solche Bewegung wegen der anatomischen Verhältnisse (Muscu- latur etc.) der Zunge gar nicht möglich. Dass etwa dafür das Vorderende des Rüssels eine derartige Rotation ausführe, ist eben so unwahrscheinlich und zum Theil unmöglich'. Es ist natürlich und sowohl in der Anatomie des Rüssels als der Zunge begründet, dass letztere nicht immer genau in gerader Linie nach vorn zu wirken braucht; im Gegentheil kann die Zunge ziemlich weit nach beiden Seiten ausholen, und Issel will das ja auch bei dem Bohracte be- merkt haben, aber auch durch noch so starkes x\usholen nach rechts oder links könnte niemals ein rundes Loch entstehen. Doch nehmen wir einmal an, dass in Wirklichkeit Zunge oder Rüssel eine vollständige Drehung um ihre Achse machen könnten, so folgt doch 1 Von der Annahme, dass sich das ganze Thier während des Bohractes um einen Punkt der Muschelschale dreht, sehe ich ab; bei Natica wäre das ganz ausgeschlossen. 158 P- Sehiemeuz schon aus der Form und Insertion der Zähne, dass auch dann ent- weder gar kein Loch gebohrt werden könnte, oder dasselbe eine ganz andere Gestalt haben müsste als es in Wirklichkeit hat. Wenn Natica ihre Radula auf eine Muschelschale aufsetzen wollte, so würden mit dieser zunächst nur die großen Seitenzähne in Berührung kommen, weil sie die mittleren Reihen bei Weitem überragen. Würde nun von der Schnecke ein Druck ausgeübt, und das müsste doch zum Zwecke des Anbohrens geschehen, so würden die Seitenzähne wegen ihrer sehr nachgiebigen Befestigungsweise entweder nach außen oder innen umgeschlagen werden. Meist wird wegen der nach innen gekrümmten Spitze das Letztere stattfinden, und dann ist von einem Bohren durch sie keine Rede mehr. Es könnten dann höchstens die von den Seitenzähnen unbedeckten Reihen der Mittel- zähne in Wirkung treten, und das Loch w^ürde viel zu klein aus- fallen. Nehmen wir aber den ersten Fall an, dass beim Andrücken der Radula die Seitenzähne mit der Spitze gerade so aufstießen, dass sie nach der Seite umgeklappt Avürden, so könnte im günstigsten Falle ein Loch resultiren, welches im Anfangsstadium einen Durch- schnitt wie Fig. 13 zeigen würde, wo die seitlichen tiefsten Stellen (5) von den Seitenzähnen und die geringe Einsenkung auf dem centralen Plateau von den Mittelzähnen herrühren würde. Jedenfalls müsste man aber auch eine der Thätigkeit der einzelnen Zähne entsprechende coucentrische Streifung wahrnehmen können. Im Übrigen gilt für die Mittelzähne bezüglich des Umklappens bei der Ausübung des Druckes ganz genau dasselbe wie für die Seitenzähne, nur dass dasselbe hier entweder nach vorn oder nach hinten stattfinden würde, wodurch die Chancen der Hervorbringung eines brauchbaren Loches noch um ein Bedeutendes herabgemindert werden. Wenn man in ein Bassin mit vielem Sande und vielen Natica eine reichliche Menge Muscheln giebt^, so findet man nach einiger Zeit außer durchgebohrten und ausgefressenen Schalen, wenn mau den Sand durchwühlt, auch hier und da Muscheln, welche nicht voll- ständig angebohrt sind, weil die vielen Natica sich zum Theil gegen- seitig bei dem Bohracte stören oder auch beim Durchwühlen des Sandes von Seiten des Beobachters veranlasst werden, ihre Opfer fahren zu lassen. Ein halbvollendetes Loch zeigt nun Folgen- des. Zunächst ist es kreisrund oder beinahe kreisrund oder oval 1 Man thut gut, hierzu die wärmeren Monate zu wählen, da im Winter die Natica, in den Bassins wenigstens, keine große Fresshist zeigt. Wie bohrt Natica die Muscheln au? 159 (Fig. 9), sein Raud fällt ziemlich steil ab und geht ohne be- sonders markirteu Absatz in die ganz glatte ßodenfläche über. Ist das Loch noch sehr flach, so sind mitunter noch die Rippen auf dem Boden dadurch sichtbar, dass sie noch um ein ganz Geringes höher stehen (Fig. 8). Bei vielen Löchern ist der Boden genau in der Mitte mit einem bald größeren bald kleineren Centralhügel [cJi. Fig. 7 und 9) versehen, dessen Fuß allmählich in den Boden ver- streicht; doch ist dies, wie gesagt, nur bei einem Theile der Fall, und bei manchen ist er kaum wahrnehmbar angedeutet. Der Boden des Loches ist mit einem feinen Staub bedeckt, welcher sich fort- kratzen lässt, von einer concentrischen Streifung oder irgend welcher Bearbeitung durch Zähne ist aber absolut nichts zu entdecken. Auch die Epidermis der Schale ist im Umkreis des Loches ganz glatt und nicht etwa ausgerissen und ausgefasert, wie sie es sein müsste, wenn die Radula nach Art einer Raspel daran herumgearbeitet hätte. Wenn schon die ganze Beschaffenheit des Loches dagegen spricht, dass die Radula das Bohrorgan sei, so ist vor Allem das häufige Auftreten des Centralhltgels ganz und gar nicht damit vereinbar. Denn da (von den eigentlichen Seitenzälmen abgesehen) die mittleren Reihen von den Mittelzähnen die höchsten sind, so müsste der Boden, mag die Radula nun als Raspel dienen oder durch Rotation bohren, ge- rade in der Mitte tiefer sein, genau so wie in Fig. 13 (im Durch- schnitt) . Ich habe nur von Natica herrührende Bohrlöcher untersucht, und man könnte mir einwenden, dass andere Schnecken, z. B. Murex, doch vielleicht mit der Radula bohrten. Ich kann das natürlich nicht absolut in Abrede stellen. Murex trunculus und hrandaris, welche ich gleichfalls mit Muscheln zusammen in den Bassins hielt, scheinen nicht zu bohren ; ich sah sie nur über verendende andere Schnecken herfallen, indem sie ihren Rüssel zwischen Deckel und Schale hinein- steckten und das Thier herausfraßen. Aber immerhin erlaube ich mir auf Grund der Beobachtungen an Natica auch für die übrigen Schnecken ein anderes Bohrorgan als die Radula annehmen zu dürfen. Es ist wahr, dass z. B. eine Austernschale bedeutend weicher ist als eine Fernes- Schale, aber dafür ist erstere auch dicker im Allge- meinen, und jedenfalls sind die Radulazähne verhältnismäßig so weich und elastisch, dass die Schnecken, wollten sie mit diesen bohren, wohl kaum die Freude der Vollendung des Loches erleben würden. Wird die Bohrthätigkeit lange genug fortgesetzt, so wird schließ- lich der Boden der Grube an einer Stelle durchbrochen. Dies ge- 160 P. Schiemenz schiebt nicht an einem beliebigen Orte, sondern meist an einer ganz bestimmten Stelle, nämlich in deijenig-en Hälfte der Grube, welche der Vorderseite der Muschel zugekehrt ist. Das Loch zeigt dann mehr oder minder nierenförmige Gestalt (Fig. 7 und 4), und man er- kennt an den mit r bezeichneten Stellen ganz deutlich die Wirkung der nunmehr in Thätigkeit tretenden Zähne der Radula, indem der schneidende Rand des Loches unregelmäßig ausgekerbt ist (Fig. 4). Offenbar erweitert das Thier mit Hilfe der Zähne nun das Loch, welches nach seiner Vollendung in Fig. 6 dargestellt ist. Es ist hier der Boden vollständig beseitigt, die äußere Öffnung ist ein gutes Stück weiter im Durchmesser als die innere, und der Rand der letzteren ist ziemlich scharf, zeigt jedoch in ganz verschiedenem Grade feine Einkerbungen. Nicht gar selten werden Muscheln gerade dort angebohrt, wo beide Schalen zusammenstoßen (fast immer hinten), dann bekommt das Loch wegen der nach innen vorspringenden Schalen- räoder eine etwas complicirtere Form Fig. 10 und 11). Aber gerade diese Art von Löchern spricht zu deutlich dafür, dass die Radula nicht das Bohrorgan ist, denn so nadelspitz auslaufende Pfeiler, wie in Fig. 10, würden unfehlbar, wenn sie mit den Zähnen bearbeitet würden, abbrechen. Später bin ich noch auf eine Muschel aufmerk- sam geworden, welche gerade über dem Ligamente angebohrt war. Wenn das Loch auch nicht zur Vollendung gebracht war, so war sein Boden doch auf der einen Seite vom Ligament bereits durch- brochen und auf der anderen beinahe. Dennoch erhob sich mitten vom Boden das nur am hintersten Ende etwas zerfetzte, sonst aber intacte Ligament. Ein solches Verhältnis wäre beim Bohren mit der Radula unverständlich. Schon Bouchakd-Chanteraux führt die scharfe Berandung und außerordentliche Dünne der Begrenzungs- wände der Löcher, welche gewisse Arten von Helix in Kalkfelsen bohren, als Beweis dafür an, dass diese Thiere eben nicht mit der Radula, sondern mit Hilfe eines sauren Sekretes bohren, und ich kann mich seinen Ausführungen nur anschließen. Es ist allgemein bekannt, dass viele Meeresschnecken einen sehr sauren Speichel besitzen, und dieser ist denn auch wiederholt als Agens beim Anbohren der Muscheln durch Schnecken in An- spruch genommen worden. Es fragt sich nun, ob auch bei Natica eine säureproducirende Drüse vorkomme. Malard ^ nimmt an, dass ' Malard, . . ., Le Systeme glandulaire oesophagien des Taenioglosses carnassiers. in: Bull. Soc. Philomath. Paris (7) Tome 11. 1887 pag. 108 — 111, Wie bohrt Natica die Muscheln an? 161 die Ösophagealclrüse eine solche sei und auch beim Bohreu benutzt werde, allein in seiner kurzen Notiz vermissen wir für Beides den Beweis. Dagegen beschrieb Troscheli seiner Zeit bei Natica vorn und unten am Rüssel eine »Saiigplatte« und glaubt, dass dieselbe in der That der Besitzerin dazu diene, während des Bohractes den Rüssel auf der Schale zu befestigen. Wenn auch die Abbildung, welche Troschel davon giebt, richtig ist, so stellt sie doch das Thier mit halb eingezogenem Rüssel dar und giebt also keinen guten Begriff von ihr. so dass ich es für angezeigt halte, sie von Neuem abzubilden und zu beschreiben. Es ist dem Beobachter leider nicht oft gegönnt, derselben ansichtig zu werden, und ich gebe dess- halb hier einige Winke, wie man sich ihren Anblick in natürlicher Lage verschaffen kann. Da mim Natica von den Fischern, welche sie auf den Markt bringen, meist massenhaft haben kann, so setzt man eine verhältnismäßig große Menge in ein niedriges flaches Gefäß, in dem sie ungefähr 1 cm mit Wasser bedeckt sind. Die Thiere schwellen sich bald und kriechen umher, von dem Gedanken beseelt, zu entwischen, woran man sie daher verhindern muss. Allmählich wird das Wasser der zur Athmung nöthigen Gase beraubt, und die Schnecken fangen an sich unbehaglich zu fühlen. Es findet sich dann meist die eine oder die andere darunter, welche besonders ärgerlich wird und nach den über sie hiuwegkriechenden Kameraden beißt. Bei dieser Gelegenheit muss sie natürlich ihren Rüssel ausstülpen, wodurch die »Saugplatte«, die ich, den späteren Auseinandersetzungen vorgreifend, schon jetzt als «Bohrdrüse« be- zeichnen will, sichtbar wird. Betupft man nun vorsichtig mit irgend einem kleinen Gegenstande die Radula, so beißen die Thiere zu, und man kann so, wenn man vorsichtig verfährt, den Rüssel lange genug ausgestreckt erhalten und die Bohrdrüse beobachten. Hält man eine Schlinge bereit, schiebt sie vorsichtig, so weit es geht, über den Rüssel und zieht zu, so kann derselbe von der Schnecke nicht wieder zurückgezogen und, ehe das Thier sich in die Schale einzieht, hinter der Schlinge abgeschnitten werden, wobei man das Thier an der letzteren aus dem Wasser hebt. Natürlich contrahirt sich nun das abgeschnittene Rüsselende heftig und mit ihr die Bohr- drüse, immerhin aber können sie ihre Lagebeziehungen nicht mehr ändern. Will man beide im ausgestreckten Zustande haben, so be- 1 F. H. Troschel, Das Gebiss der Schnecken zur Begründung einer na- türlichen Classitication. Berlin. 1. Bd. 185(3—63. Mittheilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. H 162 P. Schiemenz täubt man die Schnecken durch langsamen Alkoholzusatz, und es finden sich dann hier und da welche, die vor dem Absterben den Rüssel herausstülpen, welchen man dann, wie oben angegeben, abschnürt und behutsam conservirt. In diesem Zustande ist das Rüsselstück meist nicht mehr im Stande, den durch die ZuschnUrung in ihm bewirkten Turgor zu überwinden und wird fixirt, ehe es sich contrahiren kann. Man erhält so in der Form bessere Präparate, die freilich in histologischer Beziehung bereits einige Änderungen erlitten haben. In Fig. 1 sieht man das Thier mit ausgestrecktem Rüssel und in hdr die Bohr druse. Fig. 3 zeigt das Vorderende des Rüssels und die Bohrdrüse von unten (beide leicht contrahirt). In Fig. 12 gebe ich einen schematischen Durchschnitt durch den unteren Theil des Rüssels (nur durch das Epithel angedeutet) mit der Drüse. Auf histologische Details will ich hier nicht eingehen, weil die Drüse in dem Besitze einer dicken Cuticula und einer geradezu fabelhaften Gefäßversorgung so viel Eigenthümliches bietet, dass es mir wün- schenswerth erscheint, dieselbe eingehender im Zusammenhang mit anderen Säuredrüsen in einer besonderen Arbeit zu behandeln. Hier sei nur bemerkt, dass sie eine tellerartige Form hat und im Leben von gelblicher Farbe ist. Von der Wand des Ösophagus ist sie durch einen aus Polsterzellen [po] gebildeten Ringwulst [rw] getrennt. Nach Troschel soll also dieses Gebilde eine «Saugplatte« sein, oder, wie es besser heißen müsste, ein »Saugnapf«. Wenn man die Saugnäpfe innerhalb der Molluskengruppe vergleicht, und ich verweise zu diesem Zwecke auf Niemiec ^ , so sind es da besonders 2 Arten von Muskel- systemen, welche in die Augen fallen. Das eine besteht aus circu- lären Fasern und dient offenbar dazu, beim Ansetzen des Saugnapfes dessen Innenraum zu verkleinern. Das andere System besteht aus Fasern, welche ungefähr senkrecht auf die Innenwand gerichtet sind, durch ihre Contraction den Innenraum des Saugnapfes vergrößern und so denselben durch die Herstellung eines Vacuums befestigen. Ich glaube, man wird wohl kaum etwas dagegen einzuwenden ha- ben, wenn ich diese beiden Systeme als für die Function eines Saugnapfes für absolut nothwendig erkläre. Von derartigen Muskel- systemen findet sich jedoch nichts bei der Bohrdrüse von Natica. Es heften sich hier an der der Innenseite des Saugnapfes ent- 1 J. Niemiec, Recherches morphologiques sur les ventouses dans le règue animai, in: Recneil Z. Suisse Tome 2. pag. 1 — 147. Taf. 1 — 5. 1885. Wie bohrt Natica die Muscheln an? 163 sprechenden Fläche zwischen den DrUsenschläuchen (dr) überhaupt gar keine Muskeln an, und von circulären Muskeln habe ich eben so wenig etwas entdecken können. Das einzige hier zur Verwendung kommende System von Muskeln ist das in Fig. 12 mit m bezeich- nete. Es wird dieses gebildet von Fasern, welche von den Seiten kommend sich ungefähr über dem Mittelpunkte der Bohrdrüse kreu- zen und dann radien artig der Peripherie zustrahlen. Sie heften sich dort au, wo der Ringwillst an die eigentliche Drüse grenzt, oder ziehen auch zum Theil zum Epithel des Ringwulstes selbst. Wenn diese Muskeln sich kontrahiren, so können sie nur die Wir- kung haben, dass der Querdurchmesser der Bohrdrüse hinter der Drüsenschicht verkleinert, die letztere daher selbst nach außen her- vorge wölbt, d. h. an einen etwa darunter gelegenen Gegenstand angedrückt wird. Dass durch diesen Druck auch die Entleerung des Secretes nach außen beschleunigt wird, ist sehr wohl möglich. Von einer Wirkung vorliegender Drüse als Saugnapf kann daher gar keine Rede sein'. Zudem besitzt dieses Organ eine so enorm ent- wickelte Drüsenschicht, dass an seiner Natur als Drüse gar kein Zweifel obwalten kann. Es fragt sich nun, ob diese Drüse zum Bohren benutzt wird. Natica bohrt unter dem Sande verborgen seine Opfer an, es ist daher nicht möglich , den Vorgang direkt zu beobachten, und es ist mir nicht geglückt, sie durch Hunger dazu zu bewegen, auch außerhalb des Sandes eine Muschel zu verzehren. Wir müssen daher auf an- dere Weise versuchen, die Beziehungen zwischen Loch und Bohr- drüse nachzuweisen. Oben sagte ich, dass das Loch meist ganz oder beinahe kreis- rund oder auch oval ist. Genau dasselbe gilt für die Bohrdrüse. Die Größe beider stimmt gleichfalls überein. Exacte Maße habe ich freilich nicht nehmen können, da man ja nicht immer zu jedem Loche die betreffende Bohrdrüse messen kann ; aber ich glaube, dass ich die Übereinstimmung auch schon so nach meinen Beobachtungen behaupten kann. Wenn das Loch immer zuerst an der nach der Vorderseite der Muschel gelegenen Seite durchbricht, so stimmt das * Die beiden Ansichten von Troschel, dass dieses Organ als Saugplatte diene, und dass das Loch mit der Radula gebohrt werde, schließen sich, we- gen der so nachbarlichen Lage beider Organe, gegenseitig vollständig aus. Diente die Bohrdrüse als Saugnapf, dann könnte die Radula keine großen Be- wegungen mehr machen. Umgekehrt aber könnte sich die Drüse bei der Be- wegung der Radula nicht anheften. II' 1 64 P- Scliiemenz damit überein. dass die Drüse in ihrem hinteren Theile vielfach kräftiger entwickelt scheint. (Der hintere Theil der Drüse entspricht dem vorderen des Loches; vgl. Fig. 2.) Endlich aber, und das ist die Hauptsache, zeigt die Drüse, dem Centralhügel des un- fertigen Loches entsprechend, sehr oft im Centrum eine Ein- senkung. Man kann dieselbe in Fig. 3 sehen, wo sie freilich durch Schrumpfung etwas übertrieben und in Falten ausgezogen ist. Wenn die Bohrdrüse ihre Function als solche erfüllen soll, so muss sie ein saures Secret haben. Betupft man nun bei einer Schnecke in dem Momente, wo sie ihren Rüssel herausstreckt, die Bohrdrüse mit Lackmuspapier, so wird man wohl, wie ich, meist keine oder alkalische Reaktion erhalten. Aber dies ist natürlich, da das Papier zunächst nur mit dem Schleime des Thieres in Berührung kommt, welcher ziemlich stark alkalisch ist. Einer intimeren Be- rührung beugt aber die Schnecke sicher mit Einziehen des Rüssels vor. Ich legte daher eine ganze Menge Schnecken in ein Gefäß und stellte es zeitweilig in die Sonne, bis die Thiere anfingen abzuster- ben, musterte sie dann und fand eine riesige Nafica millepunctata mit ausgestülptem Rüssel darunter. Das erste blaue Lackmuspapier, welches ich auflegte, und Avelches also wohl nur mit dem Schleime in Berührung kam , zeigte keine Reaction, dagegen färbten sich 3 weitere nach einander aufgelegte genau nur an den Stellen, wo sie der Drüse auflagen, roth, so dass also auch von dieser Seite aus die Bohrdrüse den an sie gestellten Anforderungen genügt. Welcher Natur nun die von der Drüse producirte Säure sein mag, das habe ich nicht untersuchen können. Allein, worauf Herr Dr. Herter mich freundlichst aufmerksam machte, es dürfte wohl das feine Pulver, welches sich auf dem Boden der unfertigen Löcher findet, darauf hindeuten, dass wir es hier mit Schwefelsäure zu thun haben. Diese würde den kohlensauren Kalk der Schale lösen und als schwefelsauren gleich wieder als Pulver ausfällen. Aus- scheidung gerade dieser Säure kommt ja, w'ie bekannt, auch bei anderen Prosobranchieru vor. In einer früheren Abhandlung ^ suchte ich die Aufgaben, w^elche den einzelnen Theilen des Fußes zukommen, klar zu legen. Vom Hinter fuße sagte ich, dass derselbe als Reservoir bei der Trans- locirung des Wassers diene und wohl auch zum Festhalten der 1 P. ScHiEMENZ, über die Wasseraufnahme etc. 2. Theil. in : Mitth. Z. Stat. Neapel 7. Bd. pag. 468. 1887. Wie bohrt Natica die Muscheln an? 165 Muscheln wälirend des Anbohrens Verwendung finde. In der That kann man gelegentlicli beobachten, wenn man den Sand der Bassins, welche Muscheln und Natica enthalten, durchwühlt und die Natica heraushebt, dass bei manchen Exemplaren gleichsam mit Schleim bedeckte Muscheln aus dem Fuß herausfallen, wie auch bereits Leidy (s. 0.) angiebt. Ferner giebt Morse' an, dass Natica ihren Fuß zum Ergreifen und Festhalten der Beute benutze. Meyer und MöBius"^ berichten Ahnliches von Buccinum und Nassa. Durch einen glücklichen Zufall ist es mir gelungen, den Gebrauch des Fußes zu diesem Zwecke bei einer Natica miUepunctata direct zu beobachten; allerdings war hier das Opfer nicht eine Muschel, sondern eine Natica Josephina. Fig. 2 giebt die Stellung der Natica miUepunctata bei diesem Acte wieder, nur habe ich für die Zeichnung eine N. Jose- phina gewählt und an Stelle der als Opfer dienenden N. Josephina eine Venus gesetzt, über deren Lage dabei ich später Einiges sagen werde. Der Räuber hatte sein Opfer mit dem Hinterfuß fest umfasst, und zwar wurde besonders dessen hinterer Rand [hr] mit großer Kraft angepresst, ein Verhalten, das in der Figur nicht deutlich genug wiedergegeben ist. Die Umklammerung war derartig fest, dass ich die Natica miUepunctata an der Schale fassen, mit ihrem Opfer aus dem Wasser herausheben, von allen Seiten betrachten und nach einander in 3 verschiedene Gefäße transportiren konnte, ohne dass sie sich abhalten ließ , ihr Opfer mit der Radula zu be- arbeiten 3. Merkwürdig dabei war, dass die Natica Josephina sich nicht einfach in ihre Schale zurückzog. Wenngleich, wie es schien, sie einige Male daran von ihrer Feindin verhindert wurde, so war dies doch oft sicher nicht der Fall. Dass hier die Natica ihr Heil 1 E. S. Morse, A Classification of Mollusca, based on the principles of cephalisation. in: Proc. Essex Inst. Salem, Mass. Vol. 4. pag. 174. 1865. - H. A. Meyer & K. Mößius, Fauna der Kieler Bucht. Leipzig 2. Bd. 1872. pag. 51 und 52. 3 Da dieses Individuum im Gegensatz zu den meisten anderen seiner Spe- cies so wenig empfindlich war, benutzte ich es dazu, um nach meiner früher angegebenen Methode die Menge des aufgenommenen Wassers zu bestimmen. Es hatte das in so fern Interesse, als Natica miUepunctata ihren Fuß, und spe- ciell den Vorderfuß, bei Weitem weniger schwellt als josephina. Es ergab sich denn auch, dass dieses Exemplar, welches im zusammengezogenen Zustande aoch nicht ganz 5 ccm Wasser verdrängte, beim Zusammenziehen nur 5 ccm Wasser abgab, wovon nun aber noch 1 ccm oder etwas mehr auf das anhaf- tende Wasser zu rechnen war. 166 P. Schiemenz lediglich in der Flucht suchte, beweist einmal wieder, dass die Thiere von ihrer Fähigkeit sich einzuziehen, gar nicht so oft Ge- brauch machen, wie es manche Forscher anzunehmen geneigt waren, um ihre Ansicht, wonach das aufgenommene Wasser zur Athmung diene, zu stützen. Überhaupt habe ich gefunden, dass das Einziehen fast nur stattfindet, wenn man die Thiere aus ihrem Element, sei es der Sand oder das Wasser, herausnimmt. Die Stellung, welche der Vor der fuß in Fig. 2 einnimmt, hatte ich früher schon einige Male beobachtet: sie war stets mit einem Ausstrecken des Rüssels verbunden. Es ist klar, dass die Schnecke, wenn der Vorderfuß seine gewöhnliche Stellung und Form beibehält (Fig. 1), gar nicht zu ihrem Opfer gelangen kann. Er wird daher von vorn her in der Mitte eingezogen und bildet dann vermittels zweier Wülste (iv) um den Rüssel eine Scheide, während seine seit- lichen Theile mit zum Festhalten der Beute benutzt werden. Ich mache darauf aufmerksam, wie diese Stellung ungefähr mit der- jenigen harmonirt. welche Bouchon-Chanteraux (s. o.) bei anderen Schnecken beschreibt. Die Bohrlöcher befinden sich meist, wie schon Leidy (s. o.) bemerkt, in der Nähe der Umbonen. Indessen glaube ich nicht, dass die Schnecke sich gerade diese Stelle aussucht mit der Absicht, recht bald zu den Adductoren zu gelangen. Es würde der Schnecke, welche die Muschel von hinten ausfrisst. gar nichts nutzen, wenn die letztere ihre Schalen öifuete; im Gegentheil würde durch die Öffnung nur Sand eindringen, an dem der Schnecke sicher nichts gelegen ist. Außerdem wird aber gerade das Öffnen der Schale durch das Festhalten mit dem Hinterfuße verhindert. Man muss sich natürlich die Frage vorlegen, warum die Schnecke sich immer gerade diese außerordentlich dicken Stellen der Schale aussucht, aber ich glaube, dass man darauf eine sehr einfache Antwort geben kann, ohne der Natica irgend welche Überlegung zuzuschreiben. Von 79 Muscheln, die ich daraufhin untersuchte, waren nur 2 gerade auf der Mitte der Umbonen, 14 davor, aber 61 dahinter an- gebohrt. Bei 22 von den letzteren, 4 von den vorn angebohrten lag das Loch auf der Schaleunaht, mehr oder minder von der Mittellinie entfernt (Fig. 10 und 11). Bei 2 Muscheln befand sich das Loch am Schalenrand, einmal nach vorn, einmal nach hinten von der verticalen Mittellinie. Wenn man in Betracht zieht, dass man in den Wasserbassins nicht die natürlichen Bedingungen bieten kann, und dass die Muscheln, besonders wenn man viel Natica hineinthut, Wie bohrt Natica die Muscheln an? 167 unruhig' werden und oft unnatürliche Stellungen annehmen, so kann man wohl ganz sicher aus den obigen Befunden folgern, dass die Muscheln meist hinter den Umbonen angebohrt werden. Im Übrigen waren auch in einem Bassin mit tiefer Sandschicht alle 1 3 Muscheln , welche dort ausgefressen waren, von hinten angebohrt. Eine andere Zusammenstellung ergiebt. dass von obigen Muscheln 28 das Bohrloch, oder doch dessen größten Theil auf der rechten, 49 auf der linken Schale trugen, so dass also die Stellung der Muschel der Schnecke gegenüber ungefähr so ist, wie ich es in Fig. 2 angegeben habe. Die Muscheln werden also von vorn ange- griffen. Man könnte vielleicht auch hier versucht sein, anzunehmen, dass Natica die Muscheln desshalb von vorn angreift, weil so die- selben am Entweichen gehindert werden, aber ich glaube, dass die Verhältnisse doch viel einfacher liegen. Die Muschel steckt, wie bekannt, schief im Sande, indem das Hinterende mit den Siphonen der Oberfläche des Sandes zugekehrt ist. Da die Natica noch tiefer im Sande kriechen, so werden sie die Muscheln zunächst an ihrem Vorderrande spüren und auch von dort her anfallen. Wenn sie nun eine Muschel umklammert haben und ihren Rüssel herausstrecken, so triift das Vorderende mit der Bohrdrüse, je nach dem Verhältnis der Größe von Schnecke und Muschel, verschieden weit auf den hinteren Theil der Muschel, und damit hängt es wohl auch zu- sammen, dass gerade die größeren Muscheln den Umbonen am nächsten angebohrt sind. Durch diese Stellung kommt es auch, dass das hintere Ende der Drüse dem der vorderen Hälfte der Muschel zugekehrten Theile des Loches entspricht, und dass der erste Durch- bruch im Boden desselben gerade vorn erfolgt und au den Stellen r (Fig. 4 und 7) mit den Zähnen bearbeitet ist. Sowie nämlich die Schnecke bemerkt, dass ein genügender Durchbruch erfolgt ist. so setzt sie ihre Radula in Thätigkeit und sucht das Loch durch Weg- brechen des dünnen Randes vermittels der Zähne (wohl besonders Seitenzähne) zu vergrößern. Der Körper der Schnecke hat, vermöge der Schalenwindung nach rechts, seinerseits auch bis zu einem ge- wissen Grade eine Richtung nach dieser Seite, dem Fuße gegen- über, und so mag es wohl kommen, dass der Rüssel beim Aus- strecken ebenfalls etwas nach rechts gerichtet ist und demgemäß in den meisten Fällen die linke Schale der Muschel trifft (Fig. 2), die ja gerade umgekehrt orientirt ist. Bei dem Auffinden der Muscheln leisten die Fühler der Natica wohl kaum irgend welche Dienste. Ich habe nie beobachtet, dass 168 P- Schiemenz dieselben zum Tasten benutzt werden. Nur wenn das Glas, in denen Natica saßen, erscliüttert wurde, dann wurden sie nach vorn gerichtet. Was die Thiere mit ihren Fühlern unter dem Sande machen, kann man natürlich nicht beobachten; eine große Bewegungs- lahigkeit dürften sie wohl dort kaum besitzen. Man pflegt oft Varia- tion. Verminderung resp. Verdoppelung eines Organs als Zeichen an- zusehen, dass es auf dem Wege ist, rudimentär zu werden. Da möchte ich denn bemerken, dass bei Natica Josephina ziemlich häufig nur 1 Fühler vorhanden ist, und dass ich einmal einen mit 2 Spitzen gesehen habe. Das Organ, dessen Natica sich zum Tasten bedient, ist wie bei vielen anderen Schnecken der vordere Rand des Vorder- fußes. Schon eine flüchtige Beobachtung lehrt dieses. Seine Inner- vation ist daher auch außerordentlich reichlich, wie ich das bereits in meiner Arbeit über die Wasseraufnahme ' angegeben habe. Es gelang mir auch einmal, direkt zu beobachten, wie eine Natica^ die so dicht an der Glaswand eines Bassins unter dem Sande saß, dass ich sie sehen konnte, vorsichtig den Fuß aus dem Sande heraus- streckte und nach einer dort liegenden Muschel tastete, dann ein wenig näher herankroch und abermals den Fuß emporstreckte und die Muschel betastete. Leider wurde der weitere Fortgang durch eine andere Natica gestört. Ich möchte diese kleine Arbeit mit einem biologischen Frage- zeichen beschließen, welches wohl eigentlich nicht hierher gehört, aber doch hier einen Platz finden mag, weil es Natica betrifft. Ich 1 2. Theil. pag. 453—459. Brock behandelt (Zeit. Wiss. Z. 48. Bd. 1889. Zur Neurologie der Prosobranchier pag. 67 — 83 Taf. 6 — 7) die Innervation des Vor- derfußes einiger Schnecken und schildert auch die maschenförmigen Coraplexe bei Natica. Er citirt dabei auch meine Figur, jedoch nicht den Text, in wel- chem bezüglich dieser Schnecke bereits ungefähr dasselbe angegeben ist, was Brock später gefunden hat. Brock sagt, es sei die physiologische Bedeutung dieser Nervenendausbreitung vollkommen räthselhaft und unerklärlich, dass ge- rade der Tuß so ungeheuer reich an Nerven, das Tastorgan par excellence da- gegen, der Fühler, so spärlich damit versehen sei. Er glaubt es der Zukunft vorbehalten zu müssen, den Schleier hierüber zu lüften. Ich muss gestehen, dass ich nicht begreife, wie man so etwas sagen kann. Es genügt, wie oben bemerkt, auch die allerflüchtigste Beobachtung, um zu erkennen, dass bei Natica etc. eben nicht die Fühler, sondern der Vorderrand des Vorderfußes das Tastorgan par excellence ist. Dass hier ein solcher Funktionswechsel statt- gefunden hat, mag wohl, unter Anderem, auch damit zusammenhängen, dass die Fühler unter dem Sande kaum ihrer Aufgabe als Tastorgane gerecht werden könnten. Wie bohrt Natica die Muscheln an? 169 habe öfters Gelegenheit gehabt zu beobachten, wie Individuen dieser Art, mehr oder minder tief im Sande, viele Tage lang an einer Stelle saßen, ohne auch nur irgend wie wesentlich ihre Lage zu ändern. Wie bringt es in diesem Falle das Thier fertig, dafür zu sorgen, dass die genügende Menge Wasser behufs Athmung seine Kiemen- höhle durchspült, und wie verhindert es, dass nicht der Sand durch den Sipho des Fußes (Fig. 1 und 2 s) in die Kiemenhöhle dringt? Neapel, April 1891. Erklärung der Abbildungen auf Tafel 11. Fig. 1. Natica Josephina mit ausgestrecktem Rüssel, bdr Bohrdrüse; de der den Deckel verbergende hintere Schalenlappen des Hinter- fußes; Ä/" Hinterfuß; t/ Vorderfuß ; r Eüssel ; s vom Fuß gebil- deter Sipho ; t Tentakel. Fig. 2. N. j. eine Muschel anbohrend Combinationsfigur). Buchstaben- bezeichnung wie in Fig. 1. Dazu: A;' Hinterrand des Vorderfußes ; mii Muschel; rv Wülste des Vorderfußes, welche gebildet werden, um den Rüssel passiren zu lassen. Fig. 3. Vorderes Ende des Rüssels von N. J. von unten, m Mundöffnung; bdr Bohrdrüse. Fig. 4. Bohrloch in 3/4 Vollendung, h ist dem hinteren, v dem vorderen Theile der Muschel zugekehrt; r Stellen, wo die Radulazähne be- sonders wirken. Fig. 5. Ganze Muschelschale mit Bohrloch, h und v wie in Fig. 4. Fig. 6. Vollendetes Bohrloch in einer Muschelschale stärker vergrößert. Fig. 7. Bohrloch, bereits ein wenig durchgebrochen, c. h. Centralhügel ; h und V wie in Fig. 4. Fig. 8 — 9, Bohrloch, noch ohne Durchbriich. c. h. wie in Fig. 7. Fig. 10—11. Zwei aiif der hinteren Schalennaht angebohrte Muscheln. Fig. 12. Schematischer Schnitt durch die Bohrdrüse, c Cuticula; dr Drü- senschläuche ; ep Epithel ; m Muskeln der Bohrdrüse ; po Polster- zellen ; rio Ringwulst. Fig. 13 zeigt, wie der Durchschnitt eines Bohrloches aussehen müsste, wenn die Radula das Bohrorgan wäre und durch Rotation bohrte; s bezeichnet das Wirkungsfeid der Seitenzähne. über das Färben mit Hämatoxylin. Von Paul Mayer in Neapel. Trotz der vielen Vorschriften, welche zur Anfertigung guter Hämatoxylinlösuugen existiren und meist allerdings den Charakter von Magistralformeln an sich tragen, scheint über die chemischen Vorgänge beim Färben mit Hämatoxylin bisher nichts Genaueres be- kannt geworden zu sein. Die mir zugänglichen Lehrbücher der mikroskopischen Technik enthalten wenigstens keine Angaben dar- über, obwohl sie dem Hämatoxylin Raum genug widmen; so Fol, Garbini, Lee, Rawitz, Böhm & Oppel, Whitmax. Und der Einzige, welcher die Chemie hierbei etwas berücksichtigt hat. nämlich Gierke', bringt, wie auch beim Carmin, fast nur Irrthümer vor. Dagegen findet man häufig die Bemerkung, die frisch bereiteten Lösungen seien zum Färben nicht tauglich, sie müssten erst «reifen«, und man könne dies beschleunigen, indem man Licht und Luft hinzutreten lasse. Was das Licht dabei thun soll, ist mir nicht klar geworden, mit der Luft hat es aber seine Richtigkeit, denn es handelt sich bei der 1 Hans Gierke, Färberei zu mikroskopischen Zwecken, in: Zeit. Wiss. Mikr. 1. Bd. 18S4 und 2. Bd. 1885. Er sagt auf pag. 14 und 15 des 2. Bandes vom Hämatoxylin : «Die Einwirkung des Lichtes färbt die Lösungen roth, starke alkoholische Lösungen werden dunkelbraun Die Alkalien, Ammoniak und Alaun machen aus der gelblichen oder rothen Farbe ein schönes inten- sives Blau oder Violettblau.« Ferner: »aus ihm lässt sich noch ein gefärbter Körper Hämatein, und zwar in seiner Ammoniakverbindung abscheiden. Da er aber für uns kein weiteres Interesse hat, auch noch ziemlich unbekannt ist, so gehe ich nicht weiter auf ihn ein.« Über die Ansichten von Sanfelice s. unten pag. ITS Anm. 1. über das Färben mit Hämatoxylin. 171 »Reifung« lediglich um eine Oxj'dationi. Will man sich also ein »reifes« Hämatoxylin in kurzer Zeit herstellen, so braucht man es nur in geeigneter Weise zu oxydireu. Dies habe ich anfänglich durch Kochen einer frischen Lösung des Hämatoxylins in Alkohol mit Krystallen von übermangansaurem Kali bewirkt, bin aber dann zum bequemeren und einfacheren Wasserstoffhyperoxyd übergegangen und habe erst zu guter Letzt entdeckt, dass das Oxydationsproduct unter dem Namen Hä matein nicht nur den Chemikern längst wohl bekannt, sondern auch in den Preislisten der chemischen Handlungen aufgeführt ist. Ich kann also nur dazu rathen, das Hämatoxylin überhaupt aus der Reihe der Farbstoffe zu streichen und an seiner Stelle das Häma- tein als den wirklich färbenden Stoff in die mikroskopische Technik einzuführen. Dem ganz neuen Werke von Nietzki'^ entnehme ich folgende Angaben von Interesse für unser Thema. »Obwohl das Hämatoxylin an und für sich kaum den Farbstoffen zuzuzählen ist, bildet es doch den einzig für die Färberei wichtigen Bestandtheil dieses Holzes [des Blauholzes], weil es durch Oxydation leicht in das stark ge- färbte Hämatein übergeht.« Jenes krystallisirt mit 3H2O in Säulen oder mit lH20in rhombischen Krystallen. «In Alkalien löst es sich mit Purpurfarbe. Die Lösung färbt sich unter Bildung von Häma- tein schnell blauviolett, später braun.« Das Hämatein »entsteht bei vorsichtiger Behandlung des Hämatoxylins mit Salpetersäure, sowie durch Einwirkung des Luftsauerstofifs auf die alkalische Lösung desselben«. Es bildet »dunkelgrüne metallglänzende im durchfal- lenden Lichte rothe Massen, welche sich zu einem violetten Pulver zerreiben lassen, oder kleine rothe Krystalle. In heißem Wasser löst 1 Wenn (nach einem Referate von Edinger in; Zeit. Wiss. Mikr. 2. Bd. 1885. pag. 400) C Weigkrt hervorhebt, das »Reifen« beruhe auf der Über- führung des Hämatoxylins in eine dunklere Substanz durch das Ammoniak der Luft, und man könne durch Zusatz eines Alkalis momentan die Tinctionsfähig- keit herstellen, welche sonst nur dem »abgelagerten« H. zukomme, so ist dies nur bedingungsweise richtig. Vgl. darüber, was ich aus Nietzki abdrucke. — Ähnliches scheint Flemming zu glauben, wie ich aus folgender Notiz schließe, auf die ich nachträglich durch Zufall gestoßen bin: ». . . . bekanntlich sind die Hämatoxylinlösungen äußerst veränderlich, je nach der Menge Hämatein, das sie durch Ammoniakaufnahme aus der Luft bilden, und vielleicht noch aus anderen, nicht näher bekannten Ursachen.« (Über das E. HERMANN'sche Kern- färbungsverfahren, in: Arch. Mikr. Anat. 19. Bd. 1881. pag. 328). 2 R. Nietzki, Chemie der organischen Farbstoffe. Berlin, Springer 1889. 256 pgg. Citate auf pag. 215—217. 172 Paul Mayer es sich schwierig mit gelbbrauner Farbe, eben so in Alkohol und Äther. Von Alkalien wird es mit blauvioletter Farbe aufgenommen«. Im Handel habe ich bisher reines Hämatein nur bei J. R. Geigy & Co. in Basel gefunden ; es ist ein braunrothes Pulver. Was De Haén in List vor Hannover als Hämateinum purum anzeigt, ent- spricht in der Farbe der Angabe von Nietzki, enthält aber einen in Alkohol unlöslichen schwarzen Körper, ist also nicht ganz rein. Die Verbindung Hämatein-Ammouiak, im Handel auch als Häma- teinum crystallisatum bekannt, löst sich vergleichsweise leicht in Al- kohol oder Wasser, und zwar mit tieferer Farbe als das Hämatein. Der chemischen Formel zufolge sollte es ungefähr 9 % Ammoniak enthalten. Ganz rein scheint es bisher nicht käuflich zu sein, wohl aber habe ich es ohne besondere Mühe selber rein hergestellt'. Als Kriterium der Reinheit gilt mir hierbei sowohl für das H. als auch für sein Ammoniaksalz die völlige Löslichkeit in Alkohol und destil- lirtem Wasser sowie das Klarbleibeu der Lösung bei Zusatz von Essigsäure; natürlich darf auch beim Verbrennen keine anorganische Asche übrig bleiben 2. Aus Hämatein oder H.-Ammoniak bereite ich nun eine dem be- kannten BöHMER'schen Hämatoxylin entsprechende Lösung, die ich Hämatein -Alaunlösung, kürzer Hämaliiun nennen will, in der Art, dass ich 1 Gramm des Farbstoffes in 50 ccm Alkohol von 90 % durch Erwärmen löse und zu einer Lösung von 50 Gramm Alaun in 1 Liter dest. Wassers gieße. Nach dem Erkalten und Absetzenlassen kann man filtriren. aber 1 Man lüse A g Hämatoxylin unter Erwärmen in 20 ccm destillirten Was- sers, filtrire eventuell, setze 1 ccm kaustisches Ammoniak (spec. Gew. 0,875) hinzu und bringe die purpurne Flüssigkeit in eine Schale, die so geräumig sein muss, dass der Boden höchstens V2 cm hoch bedeckt wird. Man lasse an einem staubfreien Orte bei gewöhnlicher Temperatur abdunsten. Die Ausbeute an trockenem Hämatein-Ammoniak beträgt etwa eben so viel wie das angewandte Hämatoxylin. Beschleunigt man den Process durch Anwendung künstlicher Wärme, so bilden sich nebenbei leicht Stoffe, die in Alkohol unlöslich sind. Man benutze übrigens, so lange das Präparat noch nicht trocken geworden, zum Umrühren und Loskratzen nur Spatel aus Glas, Porzellan oder Platin. 2 Alles dies würde auch für Hämatoxylin zutreffen, und ich weiß in der That nicht, wie man das Vorhandensein desselben oder von Zwischenstufen zwischen ihm und dem Hämatein in letzterem bequem auf anderem Wege fest- stellen kann als durch die Probe auf die Färbekraft. Dass aber wirklich Dif- ferenzen in dieser vorkommen, zeigt die folgende Anmerkung, und vielleicht sind sie wie angedeutet zu erklären. über das Färben mit Htiraatoxylin. 173 bei Verwendung von reinem Material ^ ist dies überflüssig-, wenn man nur immer vorsichtig abgießt oder noch besser das gewünschte Quantum mit einer Pipette aus der Mitte der Flasche schöpft. Das Hämalaun färbt gleich von Anfang an so gut wie später und überhaupt so gut wie die Böhmer' sehe Lösung es ver- mag. Schnitte durch den Darmcanal von Rochen (conservirt in Sublimat + Chromsäure) haben sich durch bloßes Übergießen mit Hämalaun und sofortiges Abspülen mit Wasser , also in unglaublich kurzer Zeit tief und, wie zu erwarten stand, auch ganz distinct gefärbt. Natürlich kann man das Hämalaun, welches, nach obiger Vorschrift gemacht, eine dunkle Flüssigkeit etwa vom Farben- ton des GRENACHER'schen Boraxcarmins darstellt, auch verdünnen oder von vorn herein dünner bereiten, ohne Zweifel auch mit anderen Proportionen der beiden festen Stoffe anfertigen — es scheint darauf innerhalb gewisser Grenzen ebenso wenig Etwas anzukommen wie bei dem BöHMERSchen Liquor, der ja auch nicht Constant zusammengesetzt ist2. Was ich hervorheben . möchte, ist aber dies: das Hämalaun ist sofort zur Verwendung bereit und braucht nicht erst Tage lang zu stehen. Wie lange es sich hält, darüber fehlen mir die Erfahrungen ; wahrscheinlich werden in ihm, wie selbst in concentrirten Lösungen von Alaun, Pilze auftreten, aber dies kann man durch einen Thymolkrystall verhüten 3. Übrigens wird auch 1 Eigentlicli sollte man vom H.- Ammoniak 10 X mehr nehmen als vom Hämatei'a ; aber der Unterschied in der Färbekraft ist zu gering, um für die Praxis von Bedeutung zu werden. Dagegen musste ich vom H. eryst. de Haen etwa die doppelte Menge (also 2^/qq] anwenden, um dieselben Resultate zu er- zielen wie mit meinem H. -Ammoniak ; auch das MERCK'sche Präparat färbt merklich schwächer als das meinige. Das H. purum de Haün giebt, trotzdem auf dem Filter ein beträchtlicher Rückstand bleibt, doch ein kräftiges Häm- alaun; man muss es aber sehr fein zerreiben, da es sich sonst zu langsam löst. Einstweilen empfehle ich also in erster Linie das H. von Geigy oder das H.- Ammoniak, welches man sich nach obiger Vorschrift selbst bereitet. '" Mit destillirtem Wasser habe ich es bis auf das 2üfache verdünnt, so dass V20000 Hämatein darin vorhanden war! Und doch färbte diese Lösung, wenn auch langsam, prachtvoll ; so z. B. waren in 1 Stunde die Tentakel einer Tubularia durchgefärbt, und zwar merkwürdigerweise das Entoderm sehr viel stärker (und das Ectoderm schwächer) als in dem concentrirten Hämalaun. Brunnenwasser (oder Leitungswasser mit viel Kalk) darf aber hierzu nicht benutzt werden, und im Allgemeinen ziehe ich Verdünnungen mit schwacher Alaunlösung vor. 3 Der Zersetzung durch das Ammoniak der Luft und das Alkali des Glases unterliegt es freilich eben so viel wie jegliches wässerige Alaunhämatoxylin. Es bildet sich ein Bodensatz , aber die Flüssigkeit färbt genau so gut wie 174 ' Paul Mayer diircli Zusatz einiger Tropfen einer alkoholischen Lösung des Häma- teins zu einer Alaunlösung von beliebiger Stärke ein sofort verwend- bares Hämalaun leicht erhalten. Im Gebrauch verhält sich das Hämalaun wie die Böhmer' sehe Flüssigkeit. Schnitte mögen je nach Absicht mit destillirtem oder gewöhnlichem Wasser abgespült werden , bei Durchfärbung größerer Stücke empfiehlt sich hingegen sorgfältiges Auswaschen mit schwacher (etwa 1 %iger) Alaunlösung, falls man absolute Kernfärbung haben will. Das Hämalaun färbt vorzüglich durch, selbst recht an- sehnliche Stücke, freilich kostet das mitunter 24 Stunden und eben so viele nimmt das Auswaschen in Anspruch. Wie sich in den anderen mehr oder minder complicirten Ge- mischen, welche als DELAFiELD'sches, EsNAUT'sches, EHRLicn'sches etc. Hämatoxyliu bekannt sind, der Ersatz des Farbstoffes durch das Hämatem gestalten wird, namentlich in welchem Verhältnisse er zu geschehen hat, habe ich nicht untersucht. Das DELAFiELo'sche, welches Lee so rühmt, verdankt seine Güte in erster Linie wohl seiner Concentration — Vs gesättigte Lösung von Alaun ; das Böh- MER'sche nur 7:,oo — ist aber erst nach wenigstens 2 Monaten reif. So einfach die Herstellung des Hämalauns ist, so viel Schwie- rigkeiten hat mir die Untersuchung des einzigen wirklich alko- holischen Hämatoxylins, nämlich der KLEiNENBERG'schen Lösung, und ihr Ersatz durch eine Mischung, in welcher Hämatein vorkommt, bereitet. Das Hämalaun und eben so die BöHMERsche Lösung färben so distinct die Kerne wie es nur das Alauncarmin thut, und das mag auf den ersten Blick als das Verdienst des Alauns erscheinen. Leider ist dieser nicht in Alkohol ' löslich oder doch nur in so schwa- chem, dass eine wirkliche alkoholische Tinctur nicht damit bereitet wer- den kann. Nun habeich freilich schon vor langer Zeit bei Besprechung zuvor. Will man dies übrigens umgehen, so füge man nach dem Vorgange von P. Ehrlich Eisessig (2 % oder von gewöhnlicher Essigsäure 4 %] hinzu. Die Flüssigkeit (saures Hämalaun) wird zwar bedeutend heller, färbt aber die Kerne womöglich noch präciser als es Hämalaun thut. Es empfiehlt sich dann das Auswaschen mit gewöhnlichem Wasser, um die Säure zu entfernen und einen blauvioletten Farbentou zu erhalten. Es bedarf kaum der Erwähnung, dass sich Hämalaun mit Alauncarmin oder Lösungen von Säurefuchsin etc. mischen und zu Doppelfärbungen ver- wenden lässt; einstweilen scheint es mir aber, als erreiche man durch die allerdings weniger bequeme Behandlung der Objecto mit 2 getrennten Farb- lösungen nach einander bessere Tinctionen. 1 In Methylalkohol zwar etwas mehr, aber auch nicht in genügendem Grade. Vgl. hierüber auch unten pag. 183 Anm. 1. über das Färben mit Hiimatoxylin. 175 der KLEiNENBERGt'schen Lösung ^ darauf aufmerksam gemacht, dass in ihr das wirksame Thonerdesalz nicht der Alaun, sondern das Chloraluminium sei; aber erst durch genauere Analyse bin ich allen ihren EigenthUmlichkeiten auf die Spur gekommen und kann nun in der That eine einfachere Vorschrift geben. Anfänglich hat Kleinenberg in einer concentrirten Lösung von Chlorcalcium in 70 %igem Alkohol Alaun bis zur Sättigung auflösen und ferner eine gesättigte Lösung von Alaun in 70 böigem Alkohol herstellen lassen ; beide Flüssigkeiten waren dann im Verhältnis von 1:8 zu mischen, und zum Schluss wurde das zuvor in Alkohol gelöste Hä- matoxylin hinzugefügt. In dieser Form ist die Vorschrift nicht nur ganz unbestimmt, sondern auch theilweise kaum erfüllbar. Denn der 70*'/oige Alkohol löst bei gewöhnlicher Temperatur so gut wie gar keinen Alaun 2, also darf mau diese »gesättigte Lösung« einfach durch gewöhnlichen Spiritus ersetzen, und dies hat Kleinenberg später auch selbst gethan •'. Wenn nun beim Auflösen von Chlorcalcium in Alkohol dieser seine Stärke beibehielte, so würde sich auch in ihm kein Alaun auflösen (resp. zu Chloraluminium umsetzen) ; da aber jenes etwa 50% Krystallwasser enthält, so wird er allmählich schwächer, löst in Folge davon mehr Chlorcalcium, und so kann man es bis zu einer dicklichen Flüssigkeit bringen, welche auf 100 ccm 1 Paul Mayer, Über die in der Zoologischen Station zu Neapel gebräuch- lichen Methoden zur mikroskopischen Untersuchung, in: Mitth. Z. Stat. Neapel 2. Bd. 1880. pag. 1 ff. Es heißt hier pag. 13: »Beim Zusammenbringen von Alaun und Chlorcalcium bildet sich übrigens ein Niederschlag von Gips; man würde also wahrscheinlich von vorn herein statt des Alauns bequemer Chlor- aluminium verwenden.« Damals habe ich die Sache nicht weiter verfolgt, weil mir das letztgenannte Salz nicht zur Hand war. Inzwischen hat aber Dippel, ohne indessen meiner zu gedenken, in seinem Handbuche der Mikroskopie (2. Aufl. 1. Bd. pag. 719—720) nicht nur die gleiche Ansicht ausgesprochen, sondern auch selber 2 Vorschriften gegeben : eine »gesättigte alkoholische Chlor- aluminiumlösung verdünne ich mit 6 — 8 Raumtheilen 70Xigem Alkohol und setze tropfenweise eine alkoholische Hämatoxylinlösung zu, bis intensiv blauviolette Färbung eintritt. Auch mit einer Mischung aus alkoholischer Alaun- und Hä- matoxylinlösung, welche ich beim Gebrauche mit 50 — 70Xigem Alkohol oder auch Wasser verdünne, habe ich gute Resultate von Kernfärbung erzielt«. Wie es übrigens um diese beiden Lösungen bestellt ist, werden wir unten sehen. '- Selbst kochender Alkohol von 70 % löst noch lange nicht V2 X» und es fällt beim Erkalten so gut wie Alles wieder aus (nur ein Theil der Schwe- felsäure bleibt gelöst). Alkohol von 40 % dagegen löst heiß wenigstens 3 %, kalt noch nicht 1/3 %- Wenn Dippel also von alkoholischer Alaunlösung redet, so kann der Spiritus nur schwach gewesen sein. 3 Sullo sviluppo del Lumbricus trapezoides. Napoli 1S78. pag. 6. 176 Paul Mayer xykohol sogar 70 g- Chlorcalcium entliält. Giebt mau nun Alaun hinzu, so entsteht ein Niederschlag von Gips, nnd von diesem be- deckt führen, auch wenn man oft iimschüttelt, bei der Consistenz der Lösung die Alaunkrystalle ruhig ihr Dasein weiter, ohne sich viel um das Chlorcalcium zu kümmern. Man sieht also, was es mit der »gesättigten Lösung« von Alaun auch in diesem Falle auf sich hat: die Flüssigkeit enthält nur Spuren von Chloraluminium. Nimmt man dagegen dieselben Operationen in der Wärme vor. so löst sich nicht nur viel mehr von beiden Salzen ^ und setzt sich zugleich um, so dass man viel mehr Chloraluminium bekommt, sondern die Flüssig- keit wird auch stark sauer. Dies hängt so zusammen: heißer Alkohol löst zwar auch nicht viel Alaun, aber er zerlegt zugleich den ungelösten allmählich in freie Schwefelsäure und basisches Salz. Durch längeres Kochen kann man in Folge dessen den Alkohol immer saurer machen; natürlich tritt aber in unserem Falle an Stelle der Schwefelsäure, welche sofort auf das Chlorcalcium einwirkt, Salz- säure. In der That gelingt es mitunter wider Willen eine so saure Lösung zu erzielen, dass sie für die Färbung mit Hämatoxylin nicht gut zu verwenden ist. Mit freundlicher Unterstützung des Herrn Dr. C. v. Wisting- HAUSEN, der in Messina bei Kleinenberg selber die Lösung öfter gemacht hatte, habe ich eine Berechnung der Mengen der hierbei in Betracht kommenden Substanzen vorgenommen und ermittelt, dass eine gute KLEiNENBERGSche Lösung enthält etwa 8 7o Chlorcalcium , etwas 1 1/2 Voo (a^lso sehr wenig) Chlor- aluminium, etwas Chlorkalium oder Chlorammonium (je nach der Art des verwendeten Alauns), eine geringe Menge freier Salzsäure, keine freie Schwefelsäure — alles Dies in einem Alkohol, der etwa 60 — 65% stark ist. Bei der Bereitung wurde indessen so verfahren, dass Chlorcalcium und Alaun mit Alkohol gekocht und eben so Alaun allein heiß in Alkohol ge- löst wurde 2. Der meiste Alaun blieb dabei ungelöst, schmolz aber in seinem Krystallwasser. \ Chlorcalcium zerfließt heiß in seinem Krystallwasser, mithin kann man schier unglatibliche Mengen davon «lösen«, in 100 ccm Alkohol bis zu 340 g. - Vgl. hierzu auch die Ausführungen Wistinghausen's in seiner Arbeit über JS^ereis (oben pag. 49). — Eine andere, ebenfalls gute Lösung der Salze hatte vor der Verdünnung mit Alkohol und dem Zusätze des Hämatoxylins Herr Dr. E. Cohen die Freundlichkeit zu analysiren. Die Umrechnung ergab dann einen Gehalt der definitiven Lösung von 8/- 0 qq Chloraluminium und 81/2 X Chlor- calcium (dielV2Voo Chlorkalium vernachlässige ich), was also gut genug zur über das Färben mit Hämatoxylin. 177 Man wird mir nach dem Gesagten wolil Recht geben, wenn ich behaupte : die KLEiNENBERGsche Vorschrift ist nicht bestimmt genug ^ gefasst und kann daher nicht immer gleich gute Resultate liefern. Die Praxis hat dies reichlich bestätigt. Wenn es sich nun um die Ersetzung derselben durch eine einfachere handelt, so muss zuvor noch die Frage beantwortet werden: welche Bewandtnis hat es mit den großen Mengen Chlorcalcium in ihr? Kleinenberg selber hat es nur desswegen zugesetzt, um zwischen dem Alkohol in den Geweben und der Lösung einen kräftigen Diffusionsstrom zu erzeugen (Mayer, 1. c. pag. 14 Anm. 1). Nun lässt sich zwar mit Hämatein und Chloralumiuium allein auch eine leidliche Färbung er- zielen , aber sie wird unvergleichlich besser , wenn Chlorcalcium dabei ist. Das ist jedoch keineswegs eine Eigenthümlichkeit dieses Salzes, sondern jedes andere Salz, falls es nur genügend in Alkohol löslich ist und nicht Umsetzungen mit der Lösung bewirkt, verhält sich eben so. Als Probeobject haben mir dabei Schnitte von Darm und Pankreas eines Selachiers gedient ; es ergab sich, dass die ein- fache Farblösung Hämatein und Chloraluminium in den noch zu erör- ternden Mengen) stets die Kerne zwar etwas stärker als das Plasma, aber viel schwächer als den Schleim aus den Becherzellen färbte, während Formel im Texte passt. Dabei habe ich allerdings vorausgesetzt, dass im Chlorcalcium 6 Moleküle Krystallwasser enthalten seien ; da es aber an der Luft begierig Wasser anzieht, so gaben mir die Herren Dr. E. Herter und E. Cohen den Rath, in die Vorschrift nicht das Chlorcalcium selbst, sondern eine wässerige Lösung desselben von bestimmtem specifischen Gewichte auf- zunehmen. Indessen hat dies für uns Zoologen doch wieder andere Unbequem- lichkeiten im Gefolge, und da es sich ja bei allen unseren Färbmethoden nicht um die Genauigkeit handelt, welche der Chemiker mit Recht für sich bean- sprucht, so möchte ich es bei dem festen Salze bewenden lassen, wie es die Handlungen als »reines krystallisirtes Chlorcalcium« führen. Leider war bei der Anfertigung der so eben besprochenen Kleenenberg- schen Lösung versäumt worden, die Menge des Hämatoxylins zu be- stimmen. Ich habe dies nachträglich gethan, indem ich 10 ceni langsam ab- dunsten ließ und aus dem Rückstande die Salze mit Wasser + etwas Essigsäure wegschaffte. Es blieben 0,4 g schöner Nadeln von Hämatoxylin übrig, mithin sind wenigstens 4 % davon genommen worden. Nach der Intensität der Fär- bung zu schließen, ist aber nur ein verschwindender Theil bereits zu Hämatein oxydirt, der Rest wird dies Schicksal wohl nie erleiden und einstweilen nur dazu beitragen, die Flüssigkeit etwas dicklicher zu machen. 1 Dies gilt auch vom Hämatoxylin, das in beliebiger Menge zugesetzt werden soll. Häufig nimmt man davon zu viel, und dann bilden sich auf den Objecten metallglänzende Niederschläge, verhindern das Eindringen der Lösung in die Tiefe und müssen mit saurem Alkohol entfernt werden. Vgl. auch die vorige Anmerkung. Mittheilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 12 178 Pa"l Mayer bei Gegenwart von 10 — 20% von Chlormagnesium, salpetersaurem Ammoniak, Cblorlithium oder Chlorcalcium ganz präcise Kerafàrbung eintrat 1. Ähnlich verhielten sich Kochsalz und Chlorammonium: nur kommt es hier leicht vor, dass bei Übertragung der Schnitte in stärkeren Alkohol sich Krystalle ausscheiden, was bei den erstge- nannten Salzen, da sie alle zerfließlich sind, nicht der Fall ist 2; auch war die Färbung nicht ganz so präcis, wahrscheiulich weil sich nicht viel von den beiden Salzen in lO'^/oigem Alkohol löst. 1 Man hat es also ganz iu der Gewalt, ob man den Schleim färben will oder nicht. Ich betone dies gegenüber der neuesten Auslassung Hoyer's, der in einer sehr ausführlichen, eigens dem »Mucin« gewidmeten Studie (Über den Nachweis des Mucins in Geweben mittels der Färbemethode, in : Arch. Mikr. Anat. 36. Bd. 1890. pag. 310—374) dies nicht erkannt hat und auch andere schwere IrrthUmer zu Tage fördert. Er setzt nämlich das verschiedene Verhalten des Hämatoxylins gegen Mucin auf Eechnung der »Reifezustände« der Lösung, da überreife Lösungen den Schleim nicht mehr färben (pag. 365). Ferner behauptet er, die »so mannigfach variirten Carminlösungen« verhielten sich wie die sauren Theerfarben, d. h. sie tingirten den Schleim entweder gar nicht oder nur ganz schwach; und doch ist leider mit einer sonst sehr schönen Lösung von Carmin + Chloraluminium in Alkohol das Gegentheil der Fall ! Und wenn er pag. 360 im »Mucin« ein Gemenge von 2 Substanzen erblicken möchte, von denen die eine, da sie mit basischen Theerfarben sich stark färbe, viel- leicht die Rolle einer Säure spiele, so ist darauf hinzuweisen, dass gerade im GRENACHER'schen Boraxcarmin, also einer alkalisch reagirenden Flüssigkeit, der Schleim sich nicht färbt, im sauer reagirenden Hämatei'n + Chloralmuinium aber wohl. Die chemische Basis in der HoYERSchen Abhandlung scheint mir, trotz- dem diese es nach beliebten Mustern nicht an Formeln fehlen lässt, genau so sicher zu sein, wie bei dem sogenannten neutralen carminsauren Ammoniak, das Hoyer erfunden hat (Biol. Centralbl. 2. Bd. 18S2. pag. 18). Auch F. Sanfelice hat sich neuerdings mit Hämatoxylin beschäftigt (Dell' uso della ematossilina per riconoscere la reazione alcalina o acida dei tessuti. Napoli 1889, 3 pgg., abgedruckt in: Zeit. Wiss. Mìkr. 6. Bd. 1890. pag. 299—301) und will es sogar zur Unterscheidung der alkalischen oder sauren Beschaffenheit der Gewebe benutzen. Da er es aber fertig bringt, die BÖHMER'sche Lösung, weil sie Alaun enthalte, alkalisch zu nennen (»il colorito azzurro .... è dovuto all' allume, che la rende alcalina«), so brauche ich wohl nicht näher darauf einzugehen und will nur noch bemerken, dass er auch die Schleimpfröpfe alkalisch sein lässt (. . . . »prendono una bella tinta azzurra, ciò che dimostra la loro reazione alcalina«). Die von ihm empfohlene Lösung (1 g Hämatoxylin, 0,3 g Alaun, 30 g absol. Alkohol, 90 g Wasser) ist übri- gens im Wesentlichen eine BÖHMER'sche, nur mit etwas mehr Alkohol, und sie färbt auch dem entsprechend gut, wenn sie erst »reif« geworden. 2 In der Meinung, diese Wirkung der Salze beruhe auf der Vergrößerung des specifischen Gewichtes, habe ich dem Alkohol Glycerin oder Zucker hin- zugefügt, aber der Erfolg blieb aus. Jedoch gilt obiger Satz von den Salzen nur für alkoholische, nicht auch für wässerige Lösungen; denn nicht nur lässt sich Hämalaun ungestraft mit Wasser sogar auf Ioq verdünnen, sondern ich habe über das Färben mit Hämatoxylin. 179 Bemei'kenswerth ist beim Zusatz des Farbstoffes (Hämatein + Thonerdesalz in Alkohol) zur Salzlösung, dass er sofort von Eotli- violett in Blauviolett übergeht und nach einiger Zeit in feinen Par- tikeln ausfällt. Dies geschieht auch, wenn der Alkohol Glycerin oder Zucker enthält, so dass es eine Regel zu sein scheint, dass bei Gegenwart anderer Substanzen der Farbstoff nicht gelöst bleibt, falls die Lösung nicht angesäuert ist'. Letzteres ist bei der Kleinen- BERG'schen Flüssigkeit der Fall, aber man kann auch statt der Salz- säure in ihr Salpeter- oder Essigsäure nehmen. Immer handelt es sich dabei nur um geringe Zusätze. Was endlich das Verhältnis der beiden Componenten des Farb- stoffes angeht, so ergeben mir zahlreiche Versuche Folgendes. Viel Thonerdesalz (Chloraluminium oder salpetersaure Thonerde) und wenig Hämatein liefert Flüssigkeiten von schön blau violetter Farbe, die zwar gut eindringen und bei der nöthigen Concentration auch tief, jedoch stark diffus färben 2. Man muss dann sauer ausziehen, um auch beim directeo Vergleiche von analogen wässerigen Farblösungen ohne und mit Chlorcalcium gefunden, dass in beiden Fällen der Schleim ungefärbt bleibt. Wird andererseits Hämalaun mit Alkohol verdünnt, so färbt sich der Schleim stets intensiv mit. 1 Es findet also statt, was der Chemiker »Aussalzen« nennt. Ganz eigen- thümlich verhalten sich die essigsauren Salze, in so fern schon geringe Mengen von ihnen selbst bei Gegenwart von freier Essigsäure den Farbstoff blau aus- fällen. Das sonst beliebte Mittel, eine blaue Färbung hervorzubringen, besteht bekanntlich aus schwachem Ammoniak, aber man kann sich statt dessen des jedenfalls unschädlicheren essigsauren Natrons oder Kalis bedienen, und zwar am einfachsten einer V2 bis i^igen Lösung in absolutem Alkohol. Denn auch das Ammoniak wirkt nicht etwa durch Abstumpfung der Säure bläuend, son- dern indem es die Thonerde ausfällt, welche das HämateYn mit sich reißt. Hämatein allein mit Ammoniak wird ja nicht blau , sondern purpurn. Das doppelt kohlensaure Natron, wie es Wistinghausen (oben pag. 49) empfiehlt, ist übrigens recht brauchbar. 2 Dies halte ich auch Dippel gegenüber (vgl. oben pag. 175) aufrecht. Die Kerne sind freilich immer noch dunkler gefärbt als das Plasma, und in so fern kann Dippel von Kernfärbung reden. — Aus genanntem Grunde darf man denn auch nicht statt irgend eines der oben erwähnten Salze einfach Chloralu- minium (etwa 10 X) anwenden; denn die Färbung ist zwar ganz präcis, aber ungemein schwach , da beim Auswaschen in neutralem Alkohol unge- fähr alle Farbe an diesen wieder abgegeben wird. — Löst man in 100 ccm Al- kohol (von 70 X) je 4 g Hämatoxylin und Chloraluminium, so ist die Flüssig- keit bekanntlich anfangs ganz hell; später wird sie intensiv blauviolett und färbt dann diffus ; erst nach weiteren Wochen oder gar Monaten wird sie, offen- bar in Folge der fortschreitenden Oxydation des Hämatoxylins, rothviolett und fäi'bt dann unglaublich stark ; setzt man nun Chlorcalcium und Säure in der richtigen Menge zu, so erhält man gute Färbungen. 12* 180 Paul Mayer gute KerafärbuDg zu erhalten, und darum zuvor stark Uberfärbeu. Andererseits ist auch ein Üb ersehn ss an Hämatein schädlich, weil sich, wie schon oben angegeben, ein metallglänzender Niederschlag auf der Oberfläche des Objectes bildet und das Eindringen in das Innere erschwert i. Auch hier ist Ausziehen mit saurem Alkohol er- forderlich. Theoretisch ist also Nichts leichter, als durch Versuche zu ermitteln, wie eine wirklich brauchbare Lösung beschaifen sein muss. Leider aber ist das nicht so einfach, denn das Object selber redet dabei ein bedeutendes Wort mit. Ist z. B. die Oberfläche mit einer Gallerte bedeckt, welche den Farbstoff begierig aufnimmt, oder mit Salzen imprägnirt, die sich mit der Lösung umsetzen, so muss man letztere viel saurer wählen als gewöhnlich. Ja. ich habe bis- her mit keiner einzigen Lösung, auch mit der BÖHMER'scheu nicht, die Tunikaten gut färben können : stets nahm der Mantel die Haupt- menge des Farbstoffes in Anspruch und hielt ihn auch beim Aus- ziehen mit Säure viel zu fest, als dass ich gute Übersichtsbilder be- kommen hätte. Immerhin lässt sich so viel sagen: eine gute Lösung darf nicht blauviolett sein ; ist sie es, so lässt sie sich durch vorsichtigen Zusatz von Säure etwas verbessern. Richtiger ist es aber, von vorn herein weniger Thonerdesalz zu nehmen. Bei der ungemeinen Empfindlichkeit des Hämateins gegen Säuren, Alkalien und Salze — • sie ist früher lange nicht genug erkannt und betont worden — Averden einige Bemerkungen über die Eeinheit der Ingredienzien wohl nicht überflüssig sein. a) Über das Hämatein s. oben pag. 172. b) Das Chloraluminium darf nicht feucht sein. Es löst sich in Alkohol etwas trübe und reagirt auf Lackmus, ähnlich dem Alaun, stark sauer. c) Der Alkohol und die Gefäße dürfen nicht alkalisch reagiren. Beides ist häufiger der Fall, als mau glaubt, und manche 1 Wenn also Sakfelice (Dell' uso dell lodo nella , colorazione dei tessuti con la ematossilina. in: Boll. Soc. Naturai. Napoli Voi. 3. 1889. pag. 37 — 38) sich darüber beklagt , man könne mit der KLEiNENBERGschen Lösung keine Stücke in toto färben, so hat er zufällig mit einer solchen zu thun ge- habt, die zu viel Hämatein enthielt. Alsdann hat auch das Mittel, welches er zum Durchfärben vorschlägt, nämlich das vorlierige Tränken der Gewebe mit Jod oder den Zusatz von Jod zur Lösung selber, seine Berechtigung. Nur be- findet sich in der SANFELiCE'scheu Flüssigkeit selber das Hämatoxylin ebenfalls im ÜberschuSjS, so dass sich ohne Jod leicht Niederschläge auf den Objecten bilden. über das Färben mit Hämatoxylin. 181 Lösung verdirbt nach einiger Zeit, weil das Glas nicht gut ist. Namentlich gilt das von den Reagenzgläsern und den Flaschen mit Pipetten darin. Man erkennt dies leicht daran, dass eine schwache Lösung von Hämatein in Alkohol (etwa 1 : 1000) ihre hellgelbe P^arbe allmählich in purpurn um- wandelt, wobei man natürlich, um während der Prüfung das kohlensaure Ammoniak der Luft abzuhalten, das Gefäß ver- schließen muss. Eine nicht angesäuerte violette Lösung von Hämatein und Chloralumiuium (je 1 Theil in 100 Theileu Alkohol) darf, etwa im Verhältnis von 1 : 100 dem zu prü- fenden Alkohol zugesetzt, auch nach 24 Stunden noch nicht ausgefällt sein. Arbeitet man nur mit stark sauren Lösungen oder wäscht man die gefärbten Objecte so wie so mit Säure aus, so wird der oben besprochene Übelstand wohl keine Rolle spielen; man sollte es sich aber doch zur Regel machen, namentlich wenn man vor langer Zeit conservirte Objecte färben will, den Alkohol wie angegeben zu prüfen, und falls er die Verbindung Häm.-Thonerde ausfällt, ihn zu wech- seln. Denn auch bei saurer Reaktion (z. B. wenn Sublimat darin ist) hält er mitunter diese Probe nicht aus, und die Folge davon ist natürlich bei Durchfärbungen grö- ßerer Stücke, dass im Inneren derselben unliebsame Nieder- schläge auftreten. d) Das C h 1 0 r c a 1 c i u m reagire neutral oder doch nur schwach . alkalisch, sei auch nicht feucht (vgl. oben pag. 176 Anm. 2). e) Ein geringer Gehalt der Thonerdesalze an Eisen scheint nicht schädlich zu wirken. Die Verbindung Hämatein-Eiseu hat zwar nicht die schön violette Farbe, sondern ist mehr blaugrau, aber zugleich so ungemein intensiv, dass ganz schwache Mengen von Eisen nur zur Verstärkung der Färbung dienen werden. Nur färbt sich dann das Plasma leicht mehr mit, als erwünscht ist, auch bedarf es relativ großer Mengen Säure, um die Eisen Verbindung gelöst zu halten. Vielleicht erwartet man nun, wenn man sich geduldig durch diese Auseinandersetzungen hindurchgearbeitet hat, von mir eine Vor- schrift für eine dem Hämalaun ebenbürtige alkoholische Tinctur zu erhalten. Leider muss ich aber bekennen, dass es mir trotz der mannigfachsten Versuche nicht gelungen ist, eine solche ausfindig zu machen. Dies scheint überhaupt nicht möglich zu sein, und der 182 Paul Mayer Grund dafür liegt offenbar in erster Linie, wenn nicht sogar aus- schließlich darin, dass im Hämalaun den Geweben Wasser dargeboten wird^. So kommt denn auch — und dies ist für mich der einzige Trost, falls es einer ist — nach meinen Erfahrungen selbst die beste KLEiNENBERG'sche Lösung den wässerigen Hämatoxylinlösungen, spe- ciell der BöHMER'schen und der ÜELAFiELD'schen, durchaus nicht gleich, sondern unterscheidet sich davon zu ihrem Nachtheil durch ihr vergleichsweise geringes Vermögen, in die Tiefe zu dringen 2. Nicht als wenn sie dies überhaupt nicht thäte, aber sie färbt als- dann die oberflächlichen Schichten zu stark 3, und man muss dann unter Umständen sogar mit Säure den Überschuss entfernen. Immer- hin empfehle ich aber als Ersatz der KLEiNENBERG'schen Tinctur die folgende, bequem, rasch und Constant herstellbare alkoholische Lösung, für die ich den kurzen Namen Häiiiacalciuni vorschlage. Hämatein oder H.- Ammoniak 1 g, Chloraluminium 1 g, Chlorcalcium 50 g, Eisessige 10 ccm, 70%iger Alkohol 600 ccm. Man zerreibe die beiden ersten Stoffe fein, gebe die 1 Lost man Hämatein und Chloraluminium unter Zusatz von Essigsäure in Wasser, und zwar genau dieselben Mengen, wie bei dem gleich näher zu be- schreibenden alkoholischen »Hämacalcium«, so wirkt die Flüssigkeit beim Färben nicht gleich dem Hämacalcium, sondern gleich dem Hämalaun. Es muss also das Wasser von vortheilhaftem Einfluss auf die Tinction sein. Ich habe mich übrigens davon überzeugt, dass auch ein längerer Aufent- halt im Hämalaun selbst zarten Geweben nicht schadet, falls sie nur gut gehärtet waren. Vom Alauncarmin und der Alauncoohenille ist Ähnliches bekannt, und ich bin jetzt auch von meiner Vorliebe für alkoholische Färbemittel etwas zu- rückgekommen. Sie sind allerdings meist bequemer in der Anwendung und aus diesem Grunde den wässerigen vorzuziehen ; wenn es sich aiber um Fein- heiten handelt, so würde ich gegenwärtig doch zu Lösungen mit Alaun greifen. 2 Hierüber habe ich Folgendes ermittelt: bei im Übrigen gleichbleibenden Verhältnissen zwischen Chlorcalcium, Alkohol und Hämatein muss man, um eine Wirkung in die Tiefe zu erzielen, viel Thonerdesalz nehmen; will man hingegen eine Lösung haben, die sich mehr auf die Oberfläche beschränkt, so darf man nur wenig Thonerdesalz zusetzen. Jene Lösung färbt aber im All- gemeinen langsam und schwach, daher muss man sie überhaupt stärker anfer- tigen, als die andere. Ein Zusatz von Glycerin erleichtert das Eindringen in die Tiefe, verlangsamt aber gleichfalls die Färbung. 3 Auch das von Sanfelice empfohlene Jod (s. oben pag. ISO) hilft diesem Übelstande nicht ab, sondern verhindert nur die Bildung des metallisch glän- zenden Niederschlags. ■* Oder von der gewöhnlichen Essigsäure des Handels (sie enthält etwa 50 % Eisessig) 20 cera. über das Färben mit Hämatoxylin. 1S3 Essigsäure und den Alkohol dazu und löse kalt oder warm : zuletzt setze man das Chlorcalcium ^ hinzu. Die Flüssigkeit ist rothviolett (aber mehr nach Roth hin als das Hämalaun) und giebt, so weit ich bisher gefunden habe, keinen Niederschlag auf den Geweben, falls diese nicht selber dazu Aulass bieten: sollten die Objecte zu roth gefärbt sein, so mag man sie mit etwas Chloraluminium (2o/o in Alkohol gelöst) oder mit den oben pag. 179 Anm. 1 genannten Lösungen behandeln. Gewöhnlich werden sie aber beim Waschen in neutralem 70% igen Alkohol bereits von selbst violett oder blau. Ausziehen mit saurem Alkohol ist in der Regel nicht nöthig. Speciell für Hydroiden habe ich. um das Entoderm in den Tentakeln ähnlich stark zu färben wie es das Hämalaun thut, die Verdünnung des Hämacalciums mit Yg des Volumens Glycerin gut gefunden 2, Gleiches erzielt man durch Zusatz von Chloraluminium bis etwa zum 8 fachen der Menge des Hämateins. Und so wird man je nach dem Objecte wohl die Lösung etwas variiren müssen. Über die Haltbarkeit der Färbungen mit Hämatein habe ich begreiflicherweise nur geringe Erfahrungen sammeln können. Schnitte mit Hämalaun tiugirt sind seit fast 3 Monaten in Glycerin theils offen, theils unter dem Deckglase völlig gut geblieben — und das will schon 1 Ich habe das Chlorcalcium beibehalten , möchte aber befürworten, dass ein Anderer, dem Salze wie Chlormagnesium, Carnallit etc. leichter zugänglich sind, diese auf ihre Anwendung genau prüfe; ich musste mich darauf be- schränken, ihre Verwendbarkeit überhaupt festgestellt zu haben. Längere Zeit habe ich geglaubt, das salpetersaure Ammoniak sei vorzuziehen, und in der That bietet es auch den großen Vortheil, dass es sich mit Alaun nicht um- setzt und dass sich bei seiner Gegenwart entschieden mehr Alaun löst als in reinem Alkohol. Indessen bin ich wieder davon abgekommen, denn um dieselben Wir- kungen zu erzielen, wie mit 10 % Chlorcalcium, muss man 20 — 25 % salp. Ammo- niak nehmen, und dann schrumpfen manche Gewebe doch nicht unbedenklich. Recht gut ist indessen folgende sehr bequem herzustellende Flüssigkeit : Hämalaun 10 ccm, TOXiger Alkohol 10 ccm, salp. Amm. 5 g; das Salz löst sich rasch auf, man lässt aber über Nacht an einem kühlen Orte den Überschuss an Alaun auskrystallisiren und filtrirt dann ab. Schnitte und kleinere Objecte (Auricularien, Eier mit Keimstreifen, Hydro- iden) werden sehr gut darin, freilich nicht so gut wie im Hämalaun; größere Gegenstände damit in toto zu färben, habe ich nicht versucht. An Alkohol enthält die Lösung so viel wie das GRENACHER'sche Boraxcarmin. 2 Das Hämatoxylin von Ehrlich enthält noch mehr Glycerin und ist er- heblich schwächer an Alkohol. Übrigens ist auch Zucker (10 — 20 %] hierfür ein gutes Mittel. Vielleicht ist selbst der Überschuss an freiem, unoxydirtem Hämatoxylin in der KLEiNENBERGschen Lösung, dessen ich oben gedachte, nach dieser Richtung hin nicht bedeutungslos. 184 Paul Mayer etwas heißen. Die Präparate in Balsam haben sich gleichfalls un- verändert erhalten (nur wo das Bergamottöl, das ich angewandt hatte, nicht gut durch Terpentinöl entfernt war, blassten sie bereits nach einigen Tagen erheblich ab ; auch das Nelkenöl ist gefährlich), nur mache ich hierbei auf die Möglichkeit aufmerksam, dass sie nach einiger Zeit doch verderben könnten. Das Hämatein nämlich wird sowohl durch Oxydation als auch durch Reduction zu farblosen Körpern umgewandelt (zu Oxalsäure resp. zu Hämatoxylin) ; und da wir nun den Canadabalsam noch viel zu wenig kennen, um zu be- urtheilen, welche Umsetzungen er allmählich erleiden oder auch ver- anlassen kann, so wäre es immerhin möglich, dass die Färbungen sich nicht hielten. Ein Nachdunkeln aber, wie es beim Hämatoxylin zufolge eigenen und fremden Erfahrungen mitunter vorkommt und sich ja auch jetzt leicht verstehen lässt, ist natürlich beim Hämatein nicht zu befürchten. Zum Schlüsse möchte ich noch mit einigen Worten auf das Wesen der Färbung mit Hämatein eingehen, wobei ich aber weit davon entfernt bin, mich über die Theorie des Färbens im Allgemeinen aussprechen zu wollen. Falls ich meine obigen that- sächlichen Angaben richtig deute, so beruht die Wirkung des uns beschäftigenden Farbstoffes darauf, dass die Verbindung Hämatein- Thonerde aus der Lösung in Wasser oder Alkohol ausgefällt wird, und zwar nicht durch freies Kali, Natron oder Ammoniak — denn diese Basen sind in conservirten Objecten doch wohl nicht vorhanden — sondern durch organische und anorganische (z. B. phosphorsaure) Salze, sowie vielleicht durch andere organische Körper. Wir hätten es demnach mit einer rein chemischen Umsetzung zu th un, nicht etwa mit Oberflächenattraction oder ähnlichen nicht allzu klaren Vorgängen. Leider kennen wir die Verbindung Hämatein-Thonerde nicht näher, sonst könnten wir vielleicht Genaueres über die Art, wie sie unlöslich ge- macht wird, ermitteln. So viel steht jedoch schon jetzt fest, dass bei der enormen Färbekraft des Hämateins nur ganz geringe Mengen desselben zur Ausfällung gelangen, also auch nur unbedeutende Quantitäten von Salzen in den Kernen vorhanden zu sein brauchen. Dürfen wir diese aber darin erwarten? Gewiss. Denn im lebenden Gewebe sind sie bekanntlich vorhanden und so können sie auch bei der Conservirung entweder direct oder nach Umsetzung mit dem Con- servirungsmittel darin fixirt werden. Jenes würde für Alkohol zu- treffen, dieses für Sublimat ^ etc. Hat man also ein Object 1 Mir ist da besonders lehrreich der Fall gewesen, wo auf Schnitten durch über das Färben mit Hämatoxylin. 1§5 für das Färben mit Hämatein gut conservirt, so hat man es, ohne dies eigentlich zu beabsichtigen, entweder noch be- sonders mit Salzen etc. versorgt oder die ihm normal eigenen nie- dergeschlagen; und hat man es schlecht conservirt, so hat man es entweder mit Stoffen (Chrom- oder Osmiumverbindungen etc.) über- laden oder der natürlichen Salze etc. beraubt, so dass die Hämatein- Thonerde nicht eingreifen kann. Dabei mag im letzteren Falle das »Chromatin« im Kerne noch vorhanden und durch andere Färbemittel nachweisbar sein; und es würde sich damit gewissermaßen so ver- halten wie mit dem Chlorophyllkorn, das auch ohne sein Grün exi- stiren kann. Es wäre zu wünschen, dass an geeignetem Materiale diese meine Vermuthung auf ihre Richtigkeit hin geprüft würde; man hätte dann aber auch in den Conservirungsflüssigkeiten die Stoffe festzustellen, welche sie den Objecten entzogen haben. Wie com- plicirt übrigens diese Dinge alle sind, geht aus dem Verhalten des Schleimes in den Becherzellen gegen das Hämatein hervor, dessen ich bereits oben pag. 177 ff. gedachte: bei Gegenwart von Alaun bleibt er ungefärbt, mit Chloraluminium in wässeriger Lösung ebenfalls, in alkoholischer hingegen nur dann, wenn sie außerdem eine bedeutende Menge Salze enthält; hat man ihn zunächst im Häma- calcium ungefärbt gelassen und wäscht nun das Chlorcalcium durch Alkohol aus dem Schnitte aus, so färbt sich der Schleim hinterher mit Hämateinthonerde, falls sie ihm in Alkohol ohne Salze dargeboten wird. Ich sehe wohl ein, dass man gerade diese Reihe von Erscheinungen gegen meine obige Ansicht geltend machen und darauf hinweisen kann, dass sie sich leichter durch den Grad von Dicklichkeit der Lösungen und die darauf zu beziehende verschieden starke Quellung des Schleimes, also mehr auf physikalischem Wege, erklären lassen; aber dem steht wieder entgegen, dass der Zusatz von Glycerin oder Zucker zum Alkohol den Schleim nicht unfärbbar macht. Kurz, einstweilen ist noch keine Aussicht auf eine befriedigende Erklärung die in Sublimat gehärteten Eingeweide eines Fisches alle Kerne in den älteren Ovarialeiern undurchsichtig erschienen, und erst nach Anwendung von Jod- alkokol die Carminfärbuug, welche im Reste des Präparates überall deutlich war, auch hier hervortrat; das zeigt doch nur, dass diese Kerne das Queck- silber des Sublimates entweder von vorn herein stärker angezogen oder beim Auswaschen des ganzen Fisches mit Jodalkohol länger festgehalten hatten als die übrigen und das gesammte Plasma. Und ich wüsste nicht, wie man diese Erscheinung ohne Zwang anders als rein chemisch deuten wollte. Freilich ist damit nicht erklärt, wie der lebende Kern zu seinen Salzen kommt und warum er davon mehr oder andere hat als das Plasma. 186 Paul Mayer, Über das Färben mit Hämatoxylin. vorhanden, und man muss sich daran genügen lassen, für die Praxis der Färberei mit Hämatoxylin einige Erleichterungen geschaffen zu haben. Dass sich Manches von den obigen Ausführungen auch auf das C arm in anwenden lässt, versteht sich von selbst, und ich habe in der That bereits für mich Vortheil davon gezogen, bin aber noch nicht zur Aufstellung neuer einfacher Vorschriften gelangt. Neapel, im Mai 1891. FEB 1 La Dolchinia mirabilis (nouveau Tunicier) par Dr. Alexis de Korotneff, Professeur à Kiew. Avec les Planches 12 et 13 et une figure (laus le texte. N'est-il pas étonnaiit qu'ime forme, aussi considérable que celle qui fait l'objet de notre étude, alt pu échapper, jusqu'ici, à Tinvesti- gàtion des observateurs? Dans le coiirant du mois de février, cette année pendant mon séjour à Naples, Mr. Lo Bianco m'apporta, un jour, une forme sur- prenante, qui lui était complétement inconnue ainsi qu'aux pécheurs de la station zoologique , dont cependant la surveillance faunistique s'exerce dans le Golfe depuis près de vingt ans. Au premier aspect; ce specimen inconnu se présente comme un corps cylindrique, mesurant deux ceutimètres de diamètre sur une longueur de trente cinq centimètres environ (PI. 12 Fig. 2). Mais cette longueur, spécifiée ici, ne peut étre prise comme mesure de- finitive, puisque le corps en question n'est qu'un tron§on, comme le prouve la similitude absolue de ses deux extrémités. On peut donc presumer que la longueur totale de la forme entière doit de beaucoup dépasser la mesure du fragment qui nous occupe. Ce cordon, si je puis m'exprimer ainsi, est gélatineux, trans- parent et jaunàtre. A travers la transparence , près d'un coté, on distingue nettement l'existence d'un axe — tube colonial. Une secousse imprimée à cette forme en fait détacber des étres salpiformes, qui se dégagent assez facilement de l'axe intérieur dont nous avons parie. Cet axe se dénude ainsi rapidement, tout en restant couvert de petits bourgeons. Mittheiluugen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 13 188 A. de Korotneff Qu'est-ce en réalité que cette forme nouvelle, nommée Dolchinia^ dont le noni nous rappelle deux formes parentesi VAncJdnia et le Doliolumì Quelles sont les distinctions de ces trois formes? Premièrement , l'Anchinie en diffère par la présence d'un pigment rouge, taudis que la forme en question est jaunàtre; ensuite la Dol- cldnia est composée d'individus, entassés les uns sur les autres, qui forment une masse entiòre ; tandis que l'Anchinie présente une agglo- mération de formes isolées, dont les contours se dessinent très nette- ment; enfin, troisiòme dififérence, et c'est la plus essentielle, l'An- chinie, ayant un Systeme musculaire rudimentaire, flotte à la surface de l'eau ; d'une part, les contractions des individus sont trop faibles, et diverg-ent trop de direction pour pousser la colonie dans un certain sens determinò; d'autre part, elle est incapable de se mouvoir spon- tanément, et se trouve toujours à la merci des flots. Notre forme, au contraire, n'offre pas ce caractère d'inertie : une Observation super- ficielle suffit à démontrer l'autonomie et Tindépendance des mouve- ments de la Dolchinia\ la colonie se recourbe sur elle-méme, descend dans la profondeur du bocal ou remonte à la surface. Ces mouve- ments sont dus, comme nous le verrons plus loiu, à un développe- ment considérable du Systeme musculaire. Enfin, au moyen de violentes contractions, les individus de la colonie s'en détachent assez facilement et conti nuent à exister par eux-mémes; tandis que les individus de l'Anchinie, séparés arti- fieiellement, vivent difficilement une fois isolés. Examinons mainteuant les analogies que notre forme semble présenter avec une queue enorme (prolongement dorsal) qui se serait détachée à un Doliolutn nourrice (Pflegethier) : cette comparaison s'offre fort justement à l'esprit. En effet, les individus qui flottent en quantité autour de notre forme apparaissent comme de vrais Doliolums, avec leurs formes caractéristiques de petits tonneaux, avec leurs muscles entourant le corps, genre cerceau, et enfin avec leurs mouvements énergiques et saccadés. Mais un examen plus approfondi nous montre que la ressem- blance, qui paraìt exister entre notre colonie et le DoUolum, est loin d'étre complète. Premièrement un choc fait détacher de notre colonie 1 Ce sont Mrs. les Professeurs EisiG et Mayer qui ont bien voulu ètra les parrains de cette forme singulière et la dénommer ainsi (ce double par- rainage, qui n'est pas d'usage entre les bons protestants, s'explique par l'impor- tance. phylogénétique du filleul). La Dolchinia ìnirabilis (nouveau Tunicier). 189 tous les individus : chez le Doliolum la qiieue reste toujoiirs eouverte des individus latéraux. Deuxièmement , les individus, qui se trouvent sur la queue de uotre forme, appartiennent tous au merne genre, et ne diffèrent que par les dimensions et non anatomiquement; au contraire cliez le Doliolum, comme on le sait, on trouve deux sortes de formes steriles : l'une (bourgeons latéraux), qui n'a aueuue ressem- blance extérieure avec la forme sexuée; lautre, qui ressemble à la forme sexuée (bourgeons médians). En deruier Heu, la grandeur des dimensions et l'existence indépendante de toute la colonie de la Dol- chinia l'éloignent sensiblement du Doliolum. En résumé, il est incontestable que nous sommes eu présence d'une forme »sui generis«, qui doit étre placée à coté de VAnchinia et du Doliolum, et qui constitue, avec ceux-ci, un groupe à part, une famille si l'on veut, des Cyclomyaria (v. page 125 de la Mono- graphie d'ÜLJANiN sur le Dolioltmi; Fauna und Flora des Golfes von Neapel 1884). Ainsi la Dolchinie est composée d'un tube colouial qui porte des zooides, fixes d'une fa^on peu solide. La disposition des zooides est assez reguliere : de deux còtés du sillon qui parcourt le tube le , 1 , ,. , . / • 1 /» ^iS- 1- Tube colonial avec ses zooides. long de la partie superieure (voir la ligure dans le texte), se trouvent les plus jeunes zooides, et à mesure de leur éloignement du sillon indiqué, l'àge et la grandeur des zooides augmentent: les plus adultes sont les plus éloignés. La face in- férieure du tube reste toujours libre de zooides. Ce qui regarde les bourgeons ambulants, on les trouve partout entre les zooides. Tube colouial (Planche 13). Le tube colonial, dont une petite partie est présentée à la Fig. 4 (PI. 12), se compose d'une seule couche de cellules epitheliales (PI. 13 Fig. 4) qui rappellent beau- coup Celles du DoUolutìi ; leur forme est hexagonale ou pentagonale ; elles contiennent un noyau, recourbé en fer à cheval, qui a des granulations réfringentes. Ce noyau est entouré d'un amas de proto- plasma qui donne des pseudopodes vers la périphérie. Les cellules en question ont une tendance prononcée à se diviser. Ce phénomène est surtout visible le long du sillon qui parcourt le tube au milieu des zooides. Intérieurement le tube colonial est rempli d'une masse gélatineuse, dans laquelle on trouve des cellules arrondies (Fig. 4 et) et disséminées en assez grande quantité; ces cellules possèdent un noyau volumineux et sont pourvues de prolongements étoilés (Fig. 34) ; 13* 190 A. de Korotneff en somme , ce ne sont que les éléments caractéristìques de la tunique des Ascidies ; ils font absolument défaut cliez le Doliolum , tandis qiie leur présence est très accentuée cliez l'Aucliinie. Ils se mul- tiplieiit avec rapidité, ce qui occasionile leur agglomération sur certains poiats du tube : de là, il est à presumer que les cellules se dispersent tout le long de la tunique. Le secoud genre d'éléments , qui se trouvent également dans l'intérieur du tube colonial, est constitué par de grosses cellules douées de mouvements amiboides très actifs (Fig. ic.ab). Le noyau de cette espèce de cellule est peu volumiueux; il est entouré de granulations, qui ne passent jamais dans les prolongements amiboides. Extérieurement, le tube colonial est enveloppé d'une épaisse conche gélatineuse, qui à son tour contient des éléments cellulaires également de deux espèces: premièrement ceux que nous avons signalés dans l'intérieur du tube, mais ici sans agglomération ; deuxièmement des cellules amiboides lobées, avec une granulation grossière (Fig. 16 cani) qui rappellent beaucoup les grosses cellules, déjà mentionnées, tout en étant d'une dimension plus petite ; il est probable qu'il existe une affinité entre ces deux genres de cellules — je veiix dire que les petites cellules extérieures peuvent étre produites par les grandes cellules intérieures ^. Cette seconde espèce de cellules joue un role des plus importants dans le maintien constitutif de la colonie : elles servent à la loco- motion et à la fixation des bourgeons. Ce sont de vrais pbagocytes, comparables aux éléments connus cbez l'Anchinie (leur signification est identique). En examinant un bourgeon vivant, place au-dessus de la conche gélatineuse du tube colonia! , nous le voyons muni de grands pro- longements en quantité differente et pourvus d'un protoplasma trans- parent, d'où partent de tous cotés des pseudopodes minces et granu- leux. Par l'adhérence de leurs pseudopodes, les bourgeons se fixent et se déplacent le long du tube (Fig. 1 , 5 et 8). Les prolongements des bourgeons ne restent pas seulement à la surface de la tunique, mais encore ils pénètrent dans l'intérieur de la conche gélatineuse (Fig. 8), en se dirigeant vers lepithélium du tube sur lequel ils se fixent définitivement. ^ Indépendamment de ces trois genres cellulaires , on trouve , en dedans et en dehors du tube, un autre genre de cellules très peu nombreuses, d'un aspect alvéolaire, et qui ont un tout petit noyau; ces cellules se rencontrent aussi à la surface de la masse gélatineuse; leur róle m'est complétement inconnu. La Dolchinia mirabilis (uouveau Timicier). 191 Ou peilt expliquer la provenance des pseudopodes de deux ma- nières: Uljanin a pensé pouvoir affirmer que chez le Doliolum les pseudopodes appartenaient à l'exoderme des bourgeons; J. Barrois au contraire indiqua chez l'Aücliinie la présence d'une rangée de grosses cellules amiboides speciales cLargées du transport des bour- geons le long du tube colonial i. En ce qui concerne la Dolchinia^ a priori il serait déjà difficile d'admettre que des prolongements aussi cousidérables que ceux que nous avous trouvés, puìssent étre produits par la mince coucbe des cellules epitheliales du bourgeon. Si nous admettons l'opinion de Barrois, il nous paraìt peu plausible d'attribuer les prolongements en question à une seule et unique cellule. Une coupé effectuée au travers de n'importe quel bourgeon prouve premièrement que l'explication d'ÜLjANiN n'est pas admissible, et deuxièmement que les pseudopodes du bourgeon sont dus en majeure partie à un amas entier de cellules ambulantes (Fig. 13). On peut facilement constater la vérité de cette dernière assertion sur un bourgeon primaire (Urknospe) qui dans tonte sa longueur est muni de deux rangées de cellules ambulantes, disposées bieu symmétriquement (Fig. 15); ces mémes cellules ambulantes accompagnent non seule- ment le bourgeon-mère, mais encore les petits bourgeons secondaires qui en proviennent. Zooide. Celui-ci présente comme tous les Doliolums la forme d'un petit tonneau à doubles parois (PI. 12 Fig. 1) ayant deux ouvertures: Fune antérieure, qui conduit dans une cavité pharyngienne, et Tautre postérieure, celle du cloaque. Le pharynx est séparé du cloaque par la membrane branchiale , dont la disposition est assez particulière chez notre espèce: elle ne présente pas une membrane simple, une cloison trouée, comme chez le Doliolum MUlleri, mais une voile fortement gonflée en arrière, et dont les bords sont at- tachés suivant une ligne courbée, comme nous le voyons chez le D. Ehretihergii et D. Gegenhauri. Par suite de cette disposition de la membrane branchiale, la cavité du cloaque chez notre espèce est plus spacieuse. Une coupé transversale (PI. 13 Fig. 35) nous démontre que chaque branchie est attachée aux parois de la cavité pharyn- gienne non seulement par ses bords, mais aussi par sa partie me- diane qui séparé les deux rangées d'ouvertures branchiales. Les 1 J. Barrois, Eecherches sur le cycle génétìque et le bourgeonnement de l'Anchinie. in: Journ. Anat. Phys. Paris Tome 21 1885. 192 A. de Korotnefif deux espaces, placés derrière chaque branchie, tombent dans le cloaque, qui possedè ainsi quatre prolongements très prononcés : deux du coté ventral et deux du coté dorsal. Un point important à citer, c'est que le sommet de la membrane branchiale s'attache, du coté dorsal, aux parois de la cavité pharyngienne dans le troisième espace intermusculaire , du coté ventral dans le quatrième espace près du quatrième muscle transversai; cette disposition rappelle suffisamment le D. Gegenhauri ^ dont la branchie dorsale a le méme point de départ, mais dont la branchie ventrale s'attache plus en arrière. Muscles. Le zooide possedè huit bandes muscnlaires, d'une largeur moyenne ; les deux terminales sont, comme toujours, les plus minces; le pédoncule possedè une paire supplémentaire de muscles longitudinaux (PI. 12 Fig. 1) qui commencent à la base du pédoncule et montent vers l'intestin ; cette paire représente le septième muscle du Corps, reculé complétement dans le pied. La structure des muscles de la Dolchinie diffère, en quelques points, de celle du DoUolum: au lieu de noyaux allongés et en quantité restreinte, on les trouve arrondis; et leur faculté de se propager est si active qu'elle produit des agglomérations nucléaires. Le Systeme nerveux de la Dolcìnnia (PI. 12 Fig. 1) ne présente aucune particularité : il est exactement conforme à celui du DoUolum. Le ganglion se trouve situé dans le troisième espace intermusculaire; d'après les recherches d'ÜLjANiN sur le Bolioliim^ ce ganglion pos- sedè trois paires de nerfs latéraux et deux nerfs impairs, dont l'un, autérìeur, se dirige vers l'ouverture du pharynx et l'autre, postérieur, vers la membrane branchiale. En avant du ganglion nerveux on trouve une fosse olfactive qu'un funicule relie avec celui- ci. La vésicule auditive fait com- plétement défaut chez la Dolchinie. Rien de bien nouveau pour l'intestin. Le sac pharyngien, très spacieux, est muni d'une bande vibratile qui est en spirale. L'endostyle est long. Le tube digestif rappelle celui du D. Gegen- bauri: il compreud un oesophage. un estomac qui affecte la forme d'une vésicule gonflée, et un intestin aplati qui, après avoir décrit une courbe complète sur lui-méme, s'ouvre dans le cloaque; l'anus, par sa position, fait face à la bouche. Le canal intestinal offre une teinte jaune sur tonte son étendue. Il me reste encore à mentionner deux glandes ramifiées qui sont placées près de l'estomac im- médiatement après l'intestin (PI. 12 Fig. igl). Les mémes glandes se retrouvent chez le DoUolum, mais avec cette différence que leurs La Dolchinìa mirabilis (nouveau Tunicier). 193 canaux excréteurs se réunissent avant de s'ouvrir dans l'intestin, tandis que chez la DolcJiinia les canaux restent séparés sur toute la longueur. — Le coeur se trouve, comme à l'ordinaire, situé à l'ex- trémité postérieure de Tendostyle; sa structure présente un caractère qu'il est important de raentionner. Déjà Grobben 1 a signalé la présence d'un épithélium cylindrique au dos du pérìcarde (Mittelfeld de Grobben). Toutefois Uljanin a su démoiitrer que le dos du péricarde est compose au contraire de cellules plates ainsi que tout le reste du péricarde, et que par con- séquent, le prétendu Mittelfeld n'est, d'après lui, qu'une formation qui se trouve dans le coeur lui-méme. Cette dernière affirmation n'est pas exacte, comme la fig. 20 (PI. 13) le prou\!.e d'une fagon évi- dente: la plaque centrale (Mittelfeld) est une formation tout à fait indépendante qui n'a rien à faire avec le coeur proprement dit ; c'est un corps semi-lunaire dont la partie adliérente au coeur est composée de cellules allongées, tandis que la partie qui forme la voùte contìent une rangée de cellules cylindriqucs. Cette formation doit étre en- visagée comme une partie détacliée du péricarde, elle ne joue pro- bablement pas de ròle pliysiologique , ce n'est qu'un organo rudi- mentaire. Organes génitaux. La forme sexuée de ]& Dolc/iima, comme le DoUohmi, est hermaphrodite ; les orgaues génitaux [PI. 12 Fig. 5yw) sont disposés dans la cavité du corps ; ils affectent chez la Dolcbinie la forme d'un sac recourbé, dans le fond duquel les zoospermes se développent iudépendamment des oeufs, qu'on trouve seulement dans la partie antérieure du sac. D'après cet aspect extérieur les organes génitaux de la Dolcbinie se rapprochent de ceux du D. MiiUeri et s'éloignent entièrement de ceux du D. Gegenhauri , dont les organes sont si longs qu ils atteignent avec leur bout antérieur le troisième espace intermusculaire. Boiirgeonnement. Ainsi que nous l'avons dit, la distribution des bourgeons ambulants le long du tube colonial n'offre aucune ré- gularité : on les trouve confondus sans distinction d'àge ni de grandeur au milieu des zooides ; toutefois leur agglomération est toujours plus considérable le long du sillon median du tube que sur les parties laterales. La face inférieure, privée de zooides, ne porte jamais de bourgeons ambulants. 1 Carl Grobben, Doliolum und sein Generationswechsel, in : Aib. Z. Inst. Wien 4. Bd. 1882. 194 A. de Korotneflf Qnand le bourgeon est simplement implanté dans la gelatine du tube colonial, l'épithélium du tube ne manifeste aucun changement; mais dès que le bourgeon touclie les parois du tube, Taspect de son épithélium se modifie (PI. 13 Fig. 25): il devient eylindrique et montre une tendance prononcée à la multiplication. Plus tard, quand le bourgeon est déjà forme dans tous ses points essentiels et qu'il laisse apparaìtre les dififérents organes, la paroi du tube s'accroìt rapidement de manière à produrre un épaississement. Les dimensions de cet épaississement saugmentent très vite; ses cellules se multiplient et constituent bientòt une plaque ovale, qui reste entièrement soudée au pédoneule du zoo'ide. Nous partageons complétement l'opinion de Barrois qui pense que non seulement cette plaque sert à assurer Tadbérence du bourgeon au tube colonial, mais encore qu'elle joue un ròle assez important dans les écbanges qui s'effectuent, sans aucun doute, entre les zooides et la colonie entiére. Il est incontestable que les bourgeons n'ont aucune relation génétique avec le tube colonial et que par conséquent, ils ne peuvent étre regardés comme issus d'un bourgeonnement à la surface de ce tube: ils doivent certainement leur origine à une source étrangère, et le tube ne les porte que pendant la durée de leur développement. Mais alors d'où proviennent ces bourgeons? La résolution de cette question ne peut étre qu'hypothétique jusqrfà ce que la forme-mère (ou plutòt la forme agame) du tube colonial soit trouvée. Mais en nous rapportant à Tanalogie que présente la DolcMnia avec le Doliolmn^ nous devons supposer que la forme agame mère de notre animai possedè un stolon prolifere, dont les bourgeons se détachent pour aller se planter le long de la queue (prolongement dorsal). Les bourgeons du tube colonial jouissent de la propriété de se séparer en petites particules — bourgeons se- condaires — par un procède qui peut étre regardé soit comme bour- geonnement soit comme division. Ces particules, ou si l'on veut, ces germes, produisent, au moment de leur Separation, des pseudo- podes dus aux cellules ambulantes, et se propagent dans un certain rayon (Fig. 7), ce qui est nullement le cas des bourgeons qui se sont fixes sur les zooides: en quittant r»Urkuospe« (bourgeon primaire du zooìde), ils s'établissent dans son voisinage (Fig. 3 et 6). La fixation sur le tube colonial s'effectue, ou par des bourgeons primaires, ou par ses germes. Ainsi la Fig. 6 (PI. 12) nous représente un bourgeon primaire au moment où un germe, prét à se séparer, tend déjà de tous cótés ses pseudopodes, tandis que le bourgeon lui-méme La Dolchinia mirabilis (nouveau Tunicier). 195 produit un pedoncule (qui n'est autre chose que la couclie epitheliale du bourgeon allongée dans le sens du tube colouial) qui dierche à péuétrer la tuuique. En méme temps les parois d'un zooide tout jeune présentent au niveau de la masse gélatineuse du tube (Fig. 12òr.p) un renforcement qui n'est pas recouvert de gelatine: les parois de cette cavité sont composées de cellules cyliudriques, qui contiennent des granulatious. Quand un bourgeon secondaire se promène le long du tube, il peut arriver qu'il tombe directement dans cette petite crevasse et, y trouvant peut-étre un milieu favorable à la nutrition, il s'y fixe immédiatement. Une fois fixe, il commence à se déve- lopper rapidement en longueur, et se trausforme en un corps allongé qui a l'apparence extérieure d'une fève dont on distingue facìlement l'extrémité antéricure plus ou moins conique de l'extrémité postérieure arrondie. Le bourgeon de cette forme est la vraie »Urknospe« d'ÜLJANiN. Mais le terme laisse à désirer, parcequ'il designo im- proprement ici une formation secondaire qui ne provient directement en aucune fagon du stolon prolifere de la forme-mère. L'extrémité antéricure distribue des bourgeons, qui ne peuvent etre considérés comme germes: leur dimension est beaucoup plus grande et leur structure laisse transparaìtre des organes naissants. Cepeudant voici la dififérence principale qui existe entro les bourgeons des zooides et ceux du tube colonial: ceux-ci ne se divisent jamais après leur fixation, mais ils se transforment directement en zooides; tandis que le bourgeon primaire fixe sur un zooide ne se transforme jamais en zooides, et sert uuiquement à produire tonte une generation de nou- veaux bourgeons. Le bourgeon primaire du zooide est accompagné (Fig, 15) de cellules ambulantes, qui lui servent comme de roulettes. Au fur et à mesure que les bourgeons se détachent, ils se disposent régulièrement en formant une colonie complète de bourgeons. Un tout jeune groupe est présente à la Fig. 3 (pi. 13): on y distingue trois bourgeons d'une venne successive; deux sont placés dans la concavité du bourgeon primaire. La Fig. 6 présente un groupe d'un àge beaucoup plus avance : les bourgeons sont disposés en rangs qui divergent oblique- ment, à partir de l'extrémité antéricure du bourgeon primaire (Ur- knospe). On rencontre les bourgeons adultes à la périphérie, tandis que les jeunes sont compris dans l'angle forme, d'un coté, par le bourgeon primaire. de l'autre par la sèrie des bourgeons adultes (Fig, 6). C'est à plus de quarante que se monte le nombre de bourgeons d'un groupe (PI. 12 Fig. 5), sans que pour cela nous ayons pu constater 196 A. de Korotneff un amoindrissement quelconque du bourgeon primaire: il est vrai- semblable que, tandis qu'une extrémité donne des bourgeons, l'autre s'accroìt d'autant. Toutefois le nombre des bourgeons ne dépasse pas la cinquantaine , parceque, dès que les bourgeons peripberiques ont atteint un assez grand développement pour pouvoir quitter leur point de fixation, ils se détachent pour vivre d'une existence in- dépendente. Dans un groupe adulte il y a toujours deux bourgeons en état de quitter le zooide nourrice. L'excavation du zooide, qui aceapare le bourgeon primaire, ne produit pas de tunique, ainsi que nous Tavons déjà signalé; ce sont surtout les éléments environnants qui contribuent le plus à la formation de celle-ci. C'est pour ce motif que la masse gélatineuse s accumule par dessus les bourgeons, en les couvrant d'un épais manteau qui les protége (PI. 12 Fig. 3). Ainsi les bourgeons restent libres dans une sorte de niche d'où sur- gissent les parties autérieures des adultes , lorsqu'ils sont préts à quitter la nourrice (Fig. 5). Ce caractère manque chez VAnchinia et se rencontre seulement chez le Doìiolum. En ce qui concerne les phénomènes Interieurs du bourgeonne- ment, il est fort à remarquer que ce procède chez la Z)o/c7i/ma rap- pelle au commencement beaucoup plus celui de VAnc/miia, que celui du DoUohwi. Nous avons étudié le bourgeonnement de la DolcJmiia tour à tour sur un matèrici frais, et sur des éehantillons colorès par le borax carmin ou par THaìmalaun de P. Mayer que je recommande particulièrement. Il ne faut pas songer à dètacher les bourgeons: on est obligé de couper ensemble tout le groupe avec le pédoncule du zooide, ou avec le tube colonial qui les porte. Les plus jeunes bourgeons se trouvent sur le tube ; le premier Stade que j 'ai réussi à observer (Fig. 21) présente un petit globule, accompagné de trois petites cellules ambulantes. Ce qu'il y a sur- tout d'extraordinaire , c'est que les éléments de ce germe minuscule sont en rapport avec sa propre grandeur: le bourgeon s'accroìt et ses éléments grossissent simultanément. Les cellules du germe sont tellement petites que leurs noyaux se présentent comme des granulations. Extérieurement le bourgeon est couvert d'une couche épidermique (exoderme) qui offre Taspect d'un épithélium aplati; la masse Interieure du bourgeon est solide ; on y distingue deux genres de cellules: les unes contenant de grands noyaux, et les autres ne renfermant que des noyaux à peine perceptibles. La composition du bourgeon reste la méme aux Stades postérieurs ; on y volt les trois sortes de cellules (Fig. 21, 22 et 23). Si l'on prend comme point de La Dolchinia mirabilis (nouveau Tunicier). 197 départ les caractères morphologiques des éléments, on peut distinguer les trois couches embryonnaires : exoderme ou couclie epitheliale, endoderme ou l'amas de gros noyaux, et mésoderme ou cellules d'une taille minime, qui forment le reste de la masse Interieure. Jusqu'ici les bourgeons sont indépendants du tube eolonial, mais après ces modifications ils commencent à s'empàter dans la eouche géla- tineuse; après l'avoir perforée, le bourgeon se fixe (Fig. 25) et sa structure laisse entrevoir la formation des organes futurs. Pour ce qui regarde les changements ultérieurs, passons aux bourgeons qui se plantent sur le zooìde. En examinant la coupé longitudinale d'un bourgeon primaire, on trouve dans sa composition les troìs sortes d'éléments cellulaires déjà mentionnées (Fig. 13): 1° Texoderme comme enveloppe de tout le corps, 2° une masse in- terne inférieure avec des éléments minces, et 3° une masse interne supérieure avec des éléments grossiers; les cellules ambulantes qui accompagnent le bourgeon primaire, atteignent parfois des proportions considérables. Ce bourgeon, presque rond, se transforme en un corps allongé (en forme d'haricot, Fig. 14) qui a la méme structure intime; il est déjà susceptible de détacber à son extrémité antérieure des bourgeons secondaires. La coupé transversale (Fig. 26) d'un bourgeon primaire démontre que la conche inférieure de la masse interne se compose de trois bandes cellulaires longitudinales dont Tune est mediane [ph) et les deux autres laterales (m); les dernières produisent le Systeme musculaire, tandis que la première prèside à la formation du pha- rynx. La méme structure est propre à un bourgeon qui vient de se détacher; cependant il ne conserve pas longtemps le méme caractère. Tonte la eouche inférieure devient laterale (Fig. 27); la disposition de ses trois parties (pharynx et muscles) change (suivant la fig. 27): de verticales elles deviennent horizontales par rapport au pharynx. Dans la masse des grosses cellules on volt une cellule de la base devenir distincte pour former l'organe genital (Fig. 27 g7i), tandis que le reste sert à la production du Systeme nerveux. Le pha- rynx [ph) devient bientòt un corps particulier et circonscrit, pendant que les éléments de l'organe genital se sont multipliés (Fig. 28 et 29 gn). On retrouve la méme disposition dans la fig. 28, mais avec cette seule différence que la naissance du cloaque y est apparente. Bientot le pharynx augmente de volume et occupe la partie supérieure du bourgeon (Fig. 30). Cette coupé, qui est faite dans un sens ver- tical à la coupé 28, nous fait voir le pharynx déjà volumineux, ac~ compagne, au-dessus, de l'extrémité supérieure du ganglion nerveux; 198 A. de Korotneff et au-clessous, des organes génitaiix, poiirvus de cliaque coté de bandes musculaires , partagées en deux moitiés. Dans un Stade ultérieur, une cavité se creuse dans le pliarynx, dont les parois présentent alors, du coté ventral, un sillon, qui est l'endostyle (Fig. 31). En méme temps, le cloaque se développe considérablement et forme un enfonce- ment exodermique qui correspond à celui du pliarynx (Fig. 17). Puis le pliarynx s'allonge dans la direction du pédoncule pour produire l'intestin (Fig. 10), et les parois du pbarynx, de cbaque coté de l'in- testin, portent deux appendices solides. Ceux-ci, peu après leur apparition, devienuent creux (Fig. 32), et leur cavité communique avec la cavité du pharynx (Fig. 9). Ces deux appendices creux qui, on vient de le dire, communiquent déjà avec la cavité pbaryn- gienne, se dirigent ensuite vers le cloaque, dans la cavité duquel ils viennent également s'ouvrir (Fig. 11). L'intestin s'ouvre aussi dans le cloaque, et, par suite de cette disposition, le pbarynx est mis en communication interne avec le cloaque, par la cavité de Tin- testin et par les deux ouvertures des appendices pbaryngiens. Alors quatre prolongements creux partent du cloaque et se dirigent vers le pbarynx: les deux postérieurs viennent s'appuyer sur le pbarynx du coté dorsal Fig. 33), et les deux antérieurs, qui se portent da coté ventral, n'atteignent pas directement le pbarynx, mais ils lougent les sacs ou appendices pbaryngiens (Fig. 12). C'est à ce moment que survient la forni ation des branchi es. Entre les deux prolonge- ments ventraux du cloaque et les sacs pbaryngiens, une communication s'établit par des ouvertures brancbiales (Fig. 12); ainsi est constituée la partie ventrale des brancbies. Quant à leur partie dorsale, elle est formée par la soudure des prolongements postérieurs du cloaque avec le pbarynx, qui entre ainsi en communication directe avec eux, également par des ouvertures brancbiales. Plus tard, les sacs pba- ryngiens deviennent une partie intégrante du pbarynx, sans qu'on puisse établir une délimitation entre ces deux formations. Le rapport du pbarynx au cloaque est alors celui que présente la fig. 12, qui nous montre le cloaque avec deux de ses prolongements seulement: l'un antérieur et Tautre postérieur (les deux autres prolongements, pas figurés dans le dessin, doivent étre imagiués, à son arrière-plan). La formation du coeui; s'opère par un procède tout à fait typique: il se manifeste d'abord par un prolongement du pbarynx (Fig. 18), puis ce prolongement se détacbe et se transforme en un sac (Fig. 19) qui constitue le péricarde, qui à son tour, par voie d'invagination, produit le coeur. La Dolchìnia mirabilis (noiiveaii Tunicier). 199 En comparant le bourgeonnement de la BolcMnia avec celui du Doliolum^ nous trouvons le bourgeon de notre forme beaucoup plus simple au début , sans aucune trace d'organes futurs ; ce n'est que dans les phases ultérieures de leur évolution que leur ressemblauce devient alors frappante: chez les deux sujets, le cloaque est une for- mation exodermique , un renfoncement tout à fait indépendant du pharynx; les deux prolongements ou appendices du pliarynx con- stituent avec le cloaque les branchies (Fig. 35). Le bourgeonnement de TAnchinie offre avec celui de la Dolcbinie une assez grande ana- logie dans la première phase de forra ation où le bourgeon apparaìt tout à fait simple et primitif. Mais dans les transformations succes- sives le bourgeonnement de l'Anchinie présente des caractères qui rappellent les Ascidies, et Téloignent en conséquence absolument du Doliohim et de la DolcMnia. Car le méme mode de formation des cavités péribrauchiales et du cloaque existe chez l'Anchinie et chez les Ascidies. En effet, d'après le travail de Barrois, les cavités péribrauchiales ne se produisent pas corame chez le DoUolmn, à Faide de prolongements provenant du cloaque, mais bieu par suite d'une double invagiuation de l'exoderme à droite et à gauche de la ligne mediane du corps. Ces ouvertures , corame on le sait , s'avancent l'une vers l'autre , et une dépression mediane les unit pour former un cloaque commuu. Cette disposition est parfaitement conforrae aux recherches que E. van Beneden et Ch. Julin ont faites sur le déve- loppement posterabryonuaire de la Phallusie i. Il en ressort que le cloaque du Doliohim d'une part, et celui de l'Auchinie de l'autre présentent une formation morphologique bien differente. Essayons maintenant de comparer le bourgeonnement exposé avec un développement embryonnaire. Dans le chapitre sur le bourgeonnement du Dolìoliim^ Uljanin se garde bieu de parler de couches embryonnaires ; il signale dans le bourgeou la présence d'un épiderme et de sept masses intérieures, sans les rapporter aux couches embryonnaires. Si uous consultons le remarquable memoire de Barrois sur l'Anchinie. nous nous apercevons que le savant auteur, en traitant la question des couches embryonnaires, l'a laissée quelque peu confuse. Aiusi il parie «d'un endoderme, qui se séparé en un noyau endodermique (raasse pharyngo-stomacale) entouré de cellules nerveuses, cellules genitales et cellules disséminées« ; en 1 Ed. van Beneden et Charles Julin, Recherches sur le développement post- embryonnaii'e d'une l'hallusie [Fhullusia scuhroides). iu: Arch. Biol. Tomeo 1885. 200 A. de Korotneff outre, il Signale encore intérieui-ement »un épaissìssement méso- dermiqiie«. La masse nerveuse et les cellules genitales auraient dono alors la méme provenance endodermique? Une semblable confusion résulte de nos propres observations. Dans le boiirgeon du débnt, on discerné nettement troìs sortes d'élé- raents qu'on est très tenté de regarder comme trois couches embryon- naires. Mais la conche extérieure (exoderme?) ne donne qne des tég'uments; la masse interne avec de gros noyaux (endoderme ou mésoderme?) produit le Systeme nerveux et les organes génitanx! enfin la masse interne avec les petits noyaux (mésoderme ou endo- derme?) forme l'intestin (pharynx et estomac) et le système musculaire. Ainsi toutes nos idées sur l'infaillibilité du principe embryogénique sont contredites et ne peuvent s'api)liquer au cas présent. La seule manière possible d'expliquer ce phénomène c'est de le rapporter à des analogies connues. Le développement des Salpes paraìt seul préseuter le méme genre de phénomènes. Cliez la Salpe, comme chez les Cyclomyaria, le développement des organes s'accomplit in- dépendammeut des couches embryonnaires. A quelle cause attribuer cette formation? Ne semble-t-il pas que Ton se trouve en présence du caractère rudimentaire qui distingue tout le groupe des Tuniciers? Ne faut-il pas rapporter à la teratologie les particularités d'organi- sation et de développement qui caractérisent ce groupe? Il existe une grande ressemblance entre la forme sigualée par EscHSCHOLTz et RathkeI, sous le nom diQ Anckinia Savigniana, et la Dolchinia. Cette A. Savigniana est un trongon, d'une longueur de 6 pouces, couvert de Doliolums ; elle a été trouvée par Rathke (à une latitude de 46") dans le Nord de l'Océan Atlantique. Gegenbaur et Grobben supposent que ce n'est qu'une partie du prolougement dorsal d'un Doliolmn considérable, couvert de zooides nourrices de la deuxième catégorie. Signalons également un autre caractère qui tendrait à prouver l'identité probable de YAncJdnia Savigniana et de la Dol- chinia; c'est que les branchies de la première rappellent les branchies du D. Ehrenhergii. Si le Doliolum et l'Anchinie d'un coté sont comparés avec la Dolchinia de l'autre, on découvre que les deux premiers présenteut un cycle compose de quatre formes différentes; une forme agame, 1 Ardi. Naturg. Jalirg. 1835. La Dolchinia mlrabilis (nouveau Tunicier). 201 deux steriles et une sexuée ; avec cette seiile différence que chez le Doliolum le ròle des formes steriles est plus spécifié , au point de vue morphologique et physiologique, que cliez rAnchinie : nous con- statons en effet que l'une des formes steriles (forme laterale) nourrit la colonie, l'autre (forme mediane) nourrit le bourgeon sexué. Mais chez l'Anchinie on ne distingue pas le ròle special de chaque forme sterile: toutes deux servent probablement à nourrir la colonie, sans que le bourgeon sexué, qui se place directement sur la queue, ait besoin d'une nourriture speciale que lui aurait procurée la nourrice (Pflegethier). Ainsi une des formes steriles de l'Anchinie * — pré- cisément celle que j'ai découverte — ressemble à la sexuée, et peut étre mise eu parallèle avec le »Pflegethier«: elle doit étre cousidérée comme un organisme rudimentaire, dont la mission directe, de soigner le bourgeon sexué, ne se remplit plus. En admettant ce point de vue, l'Anchinie serait une forme plutot moderne, ce qui serait en contradiction avec l'opinion d'IlLjANiN. Le savant russe, prenant comme base un polymorphisme plus restreint (le travail de Barrois sur l'Anchinie n'ètant pas encore publié) , com- pose seulement de trois et non de quatre générations. regarde l'An- chinie comme une forme ancestrale. Mais actuellcment, quand nous savons que l'Anchinie contient aussi quatre formes différentes, dont une est physiologiquement rudimentaire, nous sommes obligés d'accorder au Doliolum la priorité d'origine sur l'Anchinie. Si nous imaginions une forme hypothétique encore plus moderne, postérieure à l'Anchinie, nous la trouverions déjà complétement privée de »Pflegethiere«, tout en restant composée de trois générations : une agame, une stèrile (forme laterale) et une sexuée. D'autre part, si nous remontions à une forme phylogénétiquement antérieure, ancestrale, au Doliolum^ nous la verrions constituée aussi par trois générations, mais dont la mediane serait le »Pflegethier«; cette forme, connue maintenant, est la Dolchinie qui en réalité n'a que trois générations, dont une est le »Pflegethier«, qui remplace pour ainsi dire la forme laterale. De cette fagon la suite phylogénétique serait celle-ci : 1. Ics bourgeons provenant du stolon prolifere produisent seulement une nourrice (Pflegethier), qui soigne la forme sexuée Dolchinia. 2. les bourgeons produisent déjà deux nourrices différentes: une de 1 Zeit. Wiss. Zool. 40. Bd. 1884. 202 A. de Korotnefif la colonie (forme laterale) et ime autre (Pflegethier) de la forme sexuée Doliolum. 3. les boiirgeons produiseut aussi deux nourriees dìiférentes, mais la forme sexuée , ou plutòt son germe , ne veut plus se planter sur sa nourrice, préférant se fixer ^ directement sur le tube colonial ; le Pflegetbier est rudimentaire Atichinia. 4. les bourgeons produisent seulement une nourrice qui soigne la colonie (forme laterale): le »Pflegethier« n'existe plus Forme Injpoiliétìquc . Eufin une réduction génétique plus extreme serait une simple alternance de générations, agame et sexuée, avec une abolition de la forme stèrile. Il est difficile de dire quelque cbose de bien positif sur la forme agame inconnue de la DolcJiinia. Il nest pas douteux cependant qu'elle possedè un stolon prolifere, et une queue comme le Doliolum. Chez la Dolchinia^ les dimensions de la forme ag-ame devraient dé- passer de beaucoup celles de la forme sexuée, pour qu'elle put traìner une queue aussi lourde et d'une aussi prodigieuse longueur. Mais dans le cas où l'animai en question se serait séparée prématurément de sa propre queue, aucun motif ne nécessiterait qu'elle présentàt alors de fortes dimensions. Barrois suppose un rapport proportionnel entre la queue de l'Anchinie et la forme agame; il s'ensuit qu'il est obligé d'admettre une taille très volumineuse pour la dernière. Des dimensions aussi développées entraìneraient fatalement une grande fragilité de parois, qui forcerait la forme agame à se maintenir à une profondeur con- stante de quelques métres à l'abri de l'agitation de la surface : ce serait pour cette raison que la forme agame de l'Ancbinie a passée inapergue jusqu'à ce jour. Suivant les indications de Barrois, quelques uns des tubes flottants d'Ancliinie qu'il a rencontrés, at- teignaient une longueur de 10 à 12 centimètres; tandis que chez la Dolchinie les tubes que j'ai pu observer dépassaient 35 centimètres. En adoptant la manière de voir de Barrois, on devrait canclure de la longueur des tubes de la Dolchinie à une dimension de sa forme agame triple ou quadruple de celle de l'Anchinie; dimension néces- saire à la traction de cette queue si considérable qui exige une force 1 II est evident que je partage complétement l'opinion de Barrois, d'après le quel les trongous de l'Aucbinie avec leurs plantatious différeutes, ne sont que des parties consécutives d'une seule queue. La Dochilnia mirabilis (nouveau Tunicier). 203 musculaire très grande pour que l'intégrité de l'ensemble soit main- tenue. Nous trouvons cependant que la supposition de Barrois est facul- tative et ne s'impose pas absolument. Car dans le cas de la Dol- chinia^ son tube, apres la Separation, méne une existence indépen- dante et complète : ce tube vit ; ses éléments se multiplient ; il se nourrit à l'aide de zooides et je ne doute pas qu'il ne s'accroisse. De quelle utilité lui serait alors la forme agame, surtout si elle s'est délestée de ses intestins et de ses branchies? Absolument d'aucune. Ce qui tendrait à prouver, que la queue se détacbe de la forme agame d'une fagon normale et non abnorme, pour vivre d'une exis- tence propre; ainsi disparaìt le motif qui nous amenait à supposer chez la forme agame des proportions considérables. Maìntenant pourquoi la forme agame nous a-t-elle échappé jusqu'ici'? Cette question est facile à résoudre: c'est qu'elle est très rare. Gomme preuve , il suffit de citer le cas de la Dolcbinie : pendant trois ou quatre jours elle s'est trouvée en grande quantité dans le Golfe de Naples. Chaque trongon portait des centaiues de zooides, et cbaque zooide possédait plusieurs dizaines d'individus sexués. Après cette courte période d'apparition, non seulemeut les troncons de tube, mais méme les zooides détachés, qu'on pouvait compter peut-étre par mil- lions, disparurent complétement. Dans tout le mois qui suivit, il me fut impossible de rencontrer dans la péche pélagique une seule de mes Dolchinia , tandis que le Doliolum Millìeri et le D. Ehreìihergii y puUulaieut. Il n'y a donc rien d'étonnant, puisque déjù les formes sexués, qui proviennent par milliers d'une forme agame, se rencon- trent si rarement, à ce que la forme agame se rencontre plus rare- ment encore, et méme qu'elle soit restée jusqu'à ce jour tout à fait introuvable. Villefrancbe-sur-mer, Mai 1891. Mittheilnngen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 14 204 A. de Korotneff Explication des Planches. br branchies end endostyle Irg bourgeou ex exoderme hì-.p bourgeon primaire gìi organes génitaux br.s bourgeon secondaire gr germe e cceur int intestin cab cellules ambulantes qui sont dans in muscles l'intérieur du tube colonial ms mésoderme c.am cellules ambulantes qui sont à n sj^stème nerveux l'extérieur du tube colonial. ph pharynx ci cloaque pr.cl prolongements du cloaque et cellules de la tunique ps pseudopodes en endoderme s.ph sac pharyngien Planche 12. P'ig. 1. Vue totale de la Dolchmia mirahilis , détachée de la colonie. Gr. 20. 0 bouclie, a anus. - 2. Colonie de la Dolchinia mirabilis ; les individus sont d'un àge diflférent. Gr. 2. 3. Pédoncule avec ses bourgeons. Gr. 50. - 4. La tige gélatineuse de la colonie avec les individus adhérents. Gr. 15, - 5. Bourgeon primaire produisant une quantité de bourgeons secondaires, donnant naissance à des individus sexués. Gr. 30. - 6. Bourgeon grimpant le long de la tige gélatineuse, ayant un pied et don- nant naissance à un autre petit bourgeon. Gr. 400. Planche 13. Fig. 1. Un bourgeon, qui s'est piante sur le zooi'de à l'aide d'un pseudopode. Gr. 250. 2. Un zooide sexué encore fixe à la nourrice. Gr. 80. 3. Un bourgeon primaire en état de separar de bourgeons secondaires. Gr. 400. 4. Epithélium du tube colonial, vu de la face Interieure. Gr. 400. 5. Bourgeon avec ses pseudopodes, grimpant le long- du tube colonial; à cute une cellule ambulante. Gr. 400. 6. Un bourgeon primaire avec ses bourgeons secondaires (germes) qui y sont produits. Gr. 250. 7. Bourgeon du tube colonial, produisant des germes. Gr. 400. 8. Bourgeon du tube colonial, penetrant avec ses pseudopodes à travers la tunique pour se fixer au tube. G. 400. 9. Conile longitudinale du bourgeon, pour démontrer la communication du pharynx avec les sacs.^pharyngiens. Gr. 250. - 10. Coupé longitudinale du bourgeon, pour démontrer qu'au début les sacs pharyngiens ne sont que l'excroissance des parois. Gr. 250. La Dolchinia mirabilia (nouveau Tunicier). 205 Fig. 1 1 . Coupe longitudinale du bourgeon , pour démontrer que les sacs pha- ryngiens tombent dans le cloaque. Gr. 250. - 12. Coupe longitudinale d'un Stade beaucoup plus avance, oi\ Von voit le bourgeon, qui vient de se fixer. Le sac pharyngien tombe dans le cloaque et avec le prolongement du cloaque produit les branchies. Gr. 250. - 13. Bourgeon primaire qui s'est fixe sur le zooide à l'aide de cellules am- bulantes. Gr. 400. - 14. Le memo bourgeon, qui s'est accrü considérablement et qui séparé un bourgeon secoudaire. Gr. 250. - 15. Bourgeon primaire accompagno de cellules ambulantes. Gr. 250. - 16. Bourgeon secondaire et à coté de lui des cellules ambulantes. Gr. 250. - 17. Coupe oblique du bourgeon; d'un coté de la masse intestinale le cloaque et le pharynx. Gr. 250. - 18. Formation du coeur. Gr. 250. - 19. Le cceur déjà forme. Gr. 250. - 20. Structure du cceur adulte. Gr. 250. - 21. Germe (petit bourgeon) compose d'éléments infiniment petits. Gr. 250. - 22, 23 et 24. Bourgeons plus développés. Gr. 250. - 25. Bourgeon qui s'est fixe sur le tube colonial; on y distingue Ics trois masses embryogéniques. Gr. 250. - 26. Bourgeon dont la couche inférìeure de la masse interne s'est sóparée en trois amas (pharynx et deux muscles). Gr. 250. - 27. Les deux couches de la masse interne changent de disposition. Ap- parition des organes génitaux, Gr. 250. - 28. Apparition du cloaque. Gr. 250. - 29. On distingue: pharynx, Systeme nerveiix et cloaque. Gr. 250. - 30. Coupe prise dans une direction perpendiculaire aux précédentes. Gr. 250. - 31. Coupe transversale d'un bourgeon déjà assez développc; le pharynx a forme l'endostyle. Gr. 250. - 32. Le mème Stade; le pharynx a produit les sacs pharyngiens. Gr. 250. - 33. Le cloaque du bourgeon avec ses deux prolongements. Gr. 250. - 34. Cellules tunicales. Gr. 400. - 35. Les branchies d'une forme adulte, composóes de deux parties attachées au milieu; la moitic droite est coupée obliquement, ce qui explique la présence de la portion hr. Gr. 120. - 36. Cellules endodermiques d'un bourgeon primaire en vive multiplicatiou. Gr. 400. 14* Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbeilosen. Nene Untersuchungen über das Nervensystem der Nemertinen. Von Otto Bürger in Güttingen. Mit Tafel 14 und 15. In einer früliereu, ausgedehnteren Arbeit ^ über das Nervensystem der Nemertinen habe ich behauptet, dass sämmtliche Ganglien- zellen des Gehirns und der Seitenstärame unipolar sind und den einzigen Fortsatz in die Centralsubstanz ent- senden. Ich habe mich damit gegen die oft vertretene An- sicht verwahrt, dass die Ganglienzellen unter einander mittels besonderer Fortsätze anastomosiren. Die unipolare Ganglieuzelle habe ich sehr vorsichtig definirt, indem ich ausführte, sie sei durch den Besitz eines einzigen Fort- satzpoles cbarakterisirt. Ich ließ es gleichgültig sein, ob von dem Fortsatzpol nur ein einziger Fortsatz — «wie es in der Regel der Fall ist« — oder mehrere in die Centralsubstanz abgehen. Ich darf heute erklären, dass die citirte Clausel das Product der äußersten Vorsicht war. Da ich niemals beobachtet hatte, dass eine Ganglien- zelle zwei Fortsätze abgiebt, und ich mich an den sog. kolossalen Ganglienzellen oder Neurochordzellen — wie ich jene nach ent- sprechenden Zellen, die bei anderen Thierclassen im Centralnerven- system vorkommen, nennen durfte — bestimmt immer nur von der Existenz eines Fortsatzes überzeugt hatte , so würde ich schon da- 1 Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Nemertinen etc. in: Zeit. Wiss. Z. 50. Bd. 1890. Nervensystem pag. 96—154 und 208—234. Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 207 mais nicht zu weit gegangen sein, wenn ich allen Ganglienzellen im Gehirn und in den Seitenstämmen der Nemertinen nur den Besitz eines einzigen Fortsatzes zugeschrieben hätte. Besonders darum nicht, weil ich diesen einzigen Fortsatz ganz scharf gefasst hatte. Ich sagte : »Der Fortsatz, welcher der Ganglienzelle entspringt und dieser entsprechend stark ist , muss aus ihr heraustreten , von Säulen des Paramitoms gebildet sein.« Unter Paramitom verstand ich ein hyalines kaum färbbares Protoplasma, das die Hauptmasse der Zell- und der Fortsatzsubstanz ausmacht, im Gegensatz zu einer Rindenschicht von Zelle und Fortsatz, die in beiden ein Gerüst bildet — dem Mitom, das körnig ist und sich mit den üblichen Farbstoffen tingirt. Von Hyalo- und Spongioplasma würden Leydig,i Nansen 2 und ihre An- hänger anstatt von Paramitom und Mitom reden — doch das sei nur im Interesse des allgemeinen Verständnisses hinzugefügt. Es war nothwendig, dass ich seiner Zeit auf den Bau des ein- zigen Ganglien Zellfortsatzes einging, denn ich musste auch feine Fasern beschreiben, die sich von der liindenschicht der nackten Ganglienzelle abspalten und in eine haubenartige Bindegewebshülle hineindriugen. Diese Faser eben, wie man sie im Vergleich zu dem dicken Fortsatz nennen muss, wenden sich nie in die Ceutral- substanz und verbinden sich nie mit denen benachbarter Zellen oder diesen selbst. Doch nicht allein vom morphologischen Standpunkte aus habe ich nur äußerlich die Ganglienzelle des Centralnervensystems der Nemertinen betrachtet und charakterisirt, sondern auch ihre physio- logische Deutung gestreift, indem ich die unipolare Ganglieuzelle als das »selbständige, kernführende, kolbige Endgebilde der Nervenfibrille« hinstellte, »fertig in sich, ein Organ für sich, wenn man will«. Ich fasste sie im Sinne Kleinenbekg's^ als automatische Ganglienzelle auf und setzte ihr die bi- und multipolare als reflectorische gegenüber. Betreffs der Ganglienzellfortsätze und der Fibrillen der Central- substanz hatte ich die Ansicht gewonnen, dass jeder der Gan- glienzellfortsätze in eine einzige Fibrille der Central- substanz übergeht und die Fibrille als Faden in dieser 1 Zelle und Gewebe. Bonn 1885. - The structiire and combination of the histological elements of the central nervous system, in: Bergens Mus. Aarsberetn. (f. 1886) 1887. pag. 27 — 214. 3 Die Entstehung des Annelids aus der Larve von Loiiadorhynchus etc. in: Zeit. Wiss. Z. 44. Bd. pag. 1 — 227. Nervensystem pag. 52. 208 Otto Bürger sich fortsetzt, mag sie Seitenfäsercheu. also ungleich- werthige Verästelungen, besitzen oder nicht. Es geht schließlich aus meiner Darstellung hervor, dass die Zweige des Seitenstammes (die »Spinalnerven«) durch die Fibrillen des Wurzelbündels in directer Verbindung mit den Ganglienzellen sich befinden. Das »Wurzelbündel« nannte ich einen besonderen Längsfibrillenstrang in der Centralsubstanz des Seitenstammes, von dem allein seine Zweige (die »Spinalnerven«) entspringen. Trotzdem ich hoffe, dass diese längere Darlegung, in der ich einige Punkte im Auszug aus einem eigenen Artikel brachte, durch die nachfolgenden Seiten gerechtfertigt wird, bitte ich den Leser um Entschuldigung. Während sich jene Arbeit bereits im Druck befand, erschienen Hallers' »Beiträge zur Kenntnis der Textur desCentral- nervensystems höherer Würmer«, in welchen auch die Nemer- tinen kurz berücksichtigt werden 2. Es wird von diesem Autor behauptet, dass die Ganglienzellen, im Centralnervensystem multipolar sind (»wo die Ganglienzellen lockerer liegen, diese im höchsten Grade multipolar sind«). Ge- sperrt gedruckt folgt: »Die verschiedenen großen Ganglien- zellen waren sämmtlich multipolar.« Dann: »Die Fortsätze der Ganglienzellen verbanden sich entweder sofort mit solchen ihrer Nachbarn oder sie verästelten sich in ein gröberes Nervennetz, das zwischen den Ganglienzellen lagerte.« Sehen wir uns eine Figur an, z. B. Taf. IS Fig. 28, in welcher theilweise ein Schnitt aus dem äußeren Rande der Lateralstränge (Seitenstämme) von Cerehratulus crassus abgebildet wurde, so er- blicken wir unter einer Nervenhülle die Ganglienzellschicht , dann 1 In: Arb. Z. Inst. Wien 8. Bd. 1889. pag. 175—312. 2 Im Text giebt Haller an, er habe einen nicht weiter bestimmten Cere- hratulus untersucht. In der Tafelerklärung ist zu den drei Abbildungen da- gegen ^'Cerehratulus crassus [Meclielia somatostomus F. S.)« hinzugefügt. Ich habe nach dem Autor »F. S.« gesucht, bis ich entdeckte, dass Haller davon Abstand genommen hatte, zu den Anfangsbuchstaben der Vornamen «F. S. den wohl nicht minder wichtigen Zunamen Leuckart hinzuzusetzen. Nämlich F. S. Leuckart stellte das Genus Mechelia mit der Art somatotomus (und nicht somatostomus) (1S2T) 1828 auf. Diese Species wird aber von den heutigen Systematikern (Hubrecht, Genera of European Nemerteans etc. und Joubin, Ke- cherches sur les Turbellariés des cotes de France etc.) als Synonym von Cerehra- tulus marginatus (Renier) aufgeführt und diente mir zum Ausgang aller meiner früheren und jetzigen Untersuchungen des Centralnervensystems der Nemertinen. Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 209 die Schicht des weiten Nerveunetzes und schließlich die Schicht des engen Nervennetzes, »Dieses weitmaschige Nervennetz,« heißt es im Texte, »ging auf einmal in ein äußerst zartes Netz über, welches die ganze innere Faserschicht ausfüllte, und welcher nur longitudinale gröbere Nervenfaserzüge, nie aber Ganglienzellen ein- gestreut waren.« Ich war seiner Zeit sehr überrascht, als ich das sah, überraschter aber darüber, dass man solche Bilder sehen konnte. Vergeblich suchte ich in den Bildern Haller' s nach einer Scheide- hülle zwischen Ganglienzellbelag und Centralsubstanz, vergebens nach dem dicken Mantel von Bindegewebszellen um die Ganglienzellen herum und nach jenem dichten Kernlager, das die Centralsubstanz (das enge Nervennetz Haller's) immer außer der besonderen Haut umgiebt. Dagegen sah ich die Ganglienzellen mittels dicker Fortsätze sich wie durch Brücken verbinden und so mit einander verwachsen, und selbst die Fortsätze der Zellen, welche dieser allgemeinen Ver- schmelzung der Ganglienzellen sich entwanden, bildeten alsbald ein Netz, das dichter und dichter wurde. Dem ist nicht so. Die Beobachtungen sind ganz ungenau. Sonst hätten Haller die vermissten Elemente nicht entgehen dürfen. Zwar wird daran vor allen Dingen die schlechte Couservirung Schuld sein, wenigstens stelle ich mir so etwa einen Schnitt durch den Seiten- stamm eines arg misshandelten Cerehratulus vor. Der Autor widerspricht Hubrecht, welcher sich übrigens schon vor Jahr und Tag viel richtiger über die Textur des Centralnerven- systems der Nemertinen informirt hatte, als es heute irgend Jemand mit Hilfe von Haller's Ausführungen gelingen könnte. Jener hat das Hüllgewebe der Ganglienzellen gesehen und die Scheide zwischen ihnen und dem Faserkern bei vielen Nemertinen erkannt und oft mehr gezeichnet als beschrieben, so im Challenger Report, wo die betreffenden Querschnittsbilder einen Begriff vom Bau z. B. des Seiten- stammes zu geben vermögen, mit deinen beiden bindegewebigen Häuten, dem Bindegewebspolster der Ganglienzellen, dem Kernlager innerhalb des inneren Neurilemma um die Centralsubstanz herum'. Auch Dewoletzky^, dem es doch gewiss nicht auf die Ergründung 1 Hubrecht, Report on tbe Nemertea collected by IL M. S. Challenger etc. in: Report Cliallenger. Vol. 19. 1887. — The peripheral nervous system etc. in: Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 20. 1880. — Zur Anatomie und Pliysiologie des Nervensystems der Nemertinen. in: Verh. Akad. Amsterdam 20. Deel. 1880. 2 Dewoletzky, Das Seitenorgan der Nemertinen. in: Arb. Z. Inst. Wien 7. Bd. 1887. pag. 233—280. 210 Otto Bürger der Textur des Centralnervensystems ankam, hat (Taf. 12 Fig. 2) eine Seheide zwischen dem Ganglienbeleg und der Centralsubstanz im Seitenorgan von C. fasciolatus eingezeichnet. Doch dies sei genügend, um die Untersuchungen Haller's in das rechte Licht zu setzen. Nicht um die Ansichten und Befunde dieses Autors zu wider- legen, stellte ich die Experimente an, deren Resultate dieser kleine Aufsatz bringt, sondern lediglich, um mein eigeries Opus in Punkten zu verbessern, die mir die Schnittmethode recht unzulänglich auf- geschlossen hatte. Daher beabsichtigte ich , mich auch weniger mit dem Centralnervensystem zu befassen, als vielmehr, Untersuchungen über das periphere Nervensystem anzustellen , das ich ehedem , wie gesagt, aus Mangel an Erfolg nur skizziren konnte. Ich gedachte mit Hilfe der Maceration vorzudringen, sobald sich mir Gelegenheit bieten würde, frisches Material reichlich zu bekommen. Das war mir in der Station zu Neapel vergönnt. Hier an der besten Quelle des mich interessirenden Materials nahm ich die Nervenstudien wieder auf und begann zu maceriren. Das brachte mich indessen kaum vorwärts, und ich versuchte die EuRLicu'sche Injectionsmethode mit Methylenblau. Ein Sporn waren mir die herrlichen Untersuchungen von Retzius^ hauptsächlich am Bauchmark und peripheren Nerven- system von Astacus ßumatiUs und Palaemon squilla. Durch diese Methode hoffte ich nun aber auch die Beziehungen der nervösen Elemente unter sich und zu den anderen Körpergeweben eben so wie ihren Bau und ihre Anordnung in klareren Bildern zu bekommen, als sie je die Combination endloser Schnittserien ergeben könnten. Zur Injection wurden 100 g einer 72 .^ig^n Kochsalzlösung mit 0,5 g Methylenblau versetzt, oder einfach eine V2 ^ige Methylenblau- lösung in Aqu. dest. angewandt. In Seewasser löst sich Methylen- blau nur sehr unvollkommen ; ich hatte mit dieser Farbstofflösung keinen Erfolg. Zumeist injicirte ich die hier sehr häufigen Cerehratulus margina^ tus (Renier), Eupolia delineata (Delle Chiaje) und curta (Hubr.), ferner Nemertes gracilis (Johnston), die häufigen Dr epano phorus- und mehrere Amphiponts- Arten, schließlich auch verschiedene Carinelliden. Es lässt sich in Darm und Rhynchocoelom injiciren. Und die er- probte Regel ist: je mehr und je öfter, um so besser. Eine Injection genügt selten auch nur für eine schwache Färbung. Biologische Untersuchungen. Stockholm 1890. Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 211 Die Färbung- tritt bei den Nemertinen während des Lebens ein. Ich betone dies, weil ich gehört habe, bei anderen Thieren (Mollus- ken) sei dieselbe eine entschieden postmortale Erscheinung, trotz- dem aber sehr brauchbar. Bei den Nemertinen ist nach meinen Er- fahrungen die Färbung dagegen nur dann eine brauchbare, den Er- wartungen entsprechende zu nennen, so lange der Thierkörper oder Stücke desselben noch Leben zeigen, z. B. die Wimperung der Haut, des Darmepithels, des Excretionsgefäßes etc. anhält, oder der Muskel- schlauch noch thätig ist. Dann aber ist sie die vollkommenste, wenn die Lebenserscheinungen , namentlich die Thätigkeit des Muskel- schlauchs auf ein äußerstes Minimum herabgesunken sind, also auf der Orenze des Absterbens der Gewebe. Ist diese überschritten, so wird die Färbung diffus. Das einzelne nervöse Element, die Fibrille oder die Zelle, hebt sich nicht mehr klar aus der Gesammtheit heraus, und das ist es doch, was in erster Linie erstrebt wird. Schließlich wird eine Bläuung beinahe aller anderen Gewebe eintreten. Recht wesentlich waren auch für mich die Rathschläge, welche Retzius zur Injectionsmethode giebt. Die Nemertinen vor der Behandlung nur feucht zu halten, ist schon desshalb gut, weil sie dann erschlaffen und den nothwendigen Manipulationen weniger ausweichen oder sie völlig vereiteln, indem sie unter enormen Schleimabsonderungen und heftigen Contractionen sich so zu sagen in ihre Atome auflösen, wie Zunder zerbrechen, ehe die Spritze noch fest einsetzte. Geschlechtsreife Individuen sind überhaupt zu vermeiden. Auch nach der Injection habe ich die Thiere nur feucht gehalten, ja selbst so trocken wie möglich. Sie k()nnen viel vertragen und vor dem Vertrocknen schützt sie der wie zu einem Cocon abgesonderte Schleim. Sodann calculirte ich, dass die Farbflüssigkeit auch eher und energisch von innen nach außen durch die Gewebe diffundirt, eben in Folge der wenig gehemmten Verdunstung von der Körper- oberfläche. Man muss bedenken, ^lass die Flüssigkeit recht dicke Gewebs- schichten zu durchdringen hat, um bis zu den Seitenstämmen zu ge- langen, zumal bei den unbewaffneten Nemertinen, wo diese mitsammt der peripheren Nervenschicht in den Hautmuskelschlauch eingebettet sind. Bei den Enopla ist nur das Darmepithel und das Parenchym bis zu demselben zu durchtränken. Auf die Tinction der Seiten- stämme kam es mir aber vor Allem an, nachdem meine Gehirn- färbungen immer recht mangelhaft ausgefallen waren. 212 Otto Bürger Imbibi tionsversiiclie führten nie zu nennenswertlien Resultaten. Merkwürdigerweise verbesserte sich die Färbung nur in geringem Maße nachträglich , wenn ich den Körper zerlegte und die Gewebe, so die Seitenstämme, direct der Luft (dem Sauerstoff) aussetzte. Leider trat sie niemals überhaupt erst nachträglich ein, d. h. war nichts im Körper selbst gefärbt, so färbte sich auch nach langem Liegenlassen weder in den Stücken das Geringste, noch auch färbten sich nach- träglich die im geöffneten Körper bloßgelegten Seitenstämme. Diese Experimente haben mich längere Zeit irre geführt; erst später er- kannte ich, dass nur dadurch, dass möglichst große Mengen der Farb- flüssigkeit in den Körper gepresst wurden — ein solch starkes Quan- tum, dass derselbe sich aufblähte — und durch die rücksichtslos trockene Aufbewahrung des Objectes nach der Injection die ge- wünschte Färbung erzielt wurde. Die Färbung tritt an vielen Punkten im injicirten Object gleich- zeitig ein: gefärbte Elemente tauchen überall auf, aber noch zerstreut; erst mit der Zeit wird die Färbung vollständiger, indem die blauen Elemente dichter und dichter erscheinen. Die Zeit bis zur relativen Vollkommenheit hängt vom Object ab. Sechs bis acht Stunden habe ich nach der letzten Injection meist bis zur Untersuchung gewartet, bei Cerehratulus margitiatus, von dem ich Exemplare von 20 cm Länge injicirte, 12 bis 18 Stunden. An einem solchen Injectionspräparate begann ich dann mit der Untersuchung an einem Ende, indem ich ein Stück nach dem anderen unter das Mikroskop brachte. Allein der Erfolg kam erst nach Wochen. Und so fasste ich den Gedanken, nur ein Organ der Nemertinen, das durch seine große Lebenszähigkeit noch nach seiner Trennung vom Körper bekannt und berüchtigt ist wie der Polypenarm, mit Methylenblau zu injiciren. Ich hatte den Rüssel ins Auge gefasst. Kam es mir einerseits darauf an, im Interesse einer späteren Arbeit das Nervensystem dieses Organs möglichst genau festzustellen, so hoffte ich doch andererseits augenblicklich mehr darauf, auch über Fragen allgemeiner Natur Aufschluss zu erhalten, über die Art der Ganglienzellen, die Innervirung von Muskulatur und Epithel etc. Die Versuche schlugen ein ; nicht nur, dass der Rüssel der Ne- mertinen, sofern er nicht zu winzig ist, nach Wunsch auf die Injection reagirt und eine treffliche Färbung der nervösen Elemente insgesammt und im Einzelnen erzielt wird — auch das Studium dieser selbst bot so viel Mannigfaltiges, dass ich jetzt nicht mehr befürchte, das Inter- esse für das Speciellste des Speciellen in Anspruch nehmen zu müssen. Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 213 Der Methylenblaufärbung- wurde von Denen, welche sich ihrer bedienten, außer den reichlich gespendeten Lobeserhebungen doch auch ein Klagelied gesungen, in das ich leider gleichfalls einstimmen muss. Da ist ihre Unzuverlässigkeit hervorzuheben: die Nerven färben sich vorzüglich, von den Ganglienzellen keine einzige, oder es tritt (nicht minder unerklärlich) der völlig entgegengesetzte Fall mit derselben Ausschließlichkeit ein. Auch als specifisches Nervenfärbe- mittel kann das Methylenblau nicht gelten. Ich konnte ja nicht z. B. die Seitenstämme so zu sagen direkt injiciren, wie es bei dem freier liegenden Bauchmark der Articulaten eher möglich ist — und da erhielt ich denn im Laufe der Untersuchungen schöne Epithel- färbungen vom Darm und von der Haut, Muskeln tingirten sich, ja ganze Organe wie das Nephridium. Das nahm ich freilich ge- legentlich gern mit in den Kauf, da ich ja nicht lediglich Nerven und Ganglienzellen verfolge. Die Vergänglichkeit der Färbung ist auch bei unseren Objecten eine ziemlich rasche, obwohl ich glaube, dass sich die Tinction länger hält als es Retzius von seinen Injectionspräparaten angiebt. Das hat aber sicher seinen Grund in der langen Lebensdauer des Nemertinengewebes. Diese Eigenschaft erleichtert die Untersuchungen ungemein und gleicht manche Widrigkeiten aus, welche die Behand- lung dieser zähen Würmer mit sich bringt. So habe ich Objecte, die ich Abends zu untersuchen begonnen hatte, in die feuchte Kammer zurückgestellt und am nächsten Morgen noch wohl erhalten und brauchbar gefiirbt fortstudiren können. Das war aber im Winter. Die Färbung verblasst am schnellsten unter dem Deckglase, wohl aus Mangel an Luftzufuhr in Folge des noch in den Geweben anhaltenden Stoffwechsels. Sie tritt selbst da, wo sie völlig ge- schwunden ist, wieder ein , wenn das Deckglas gelüftet wird. Das versäumte ich darum nicht, von Zeit zu Zeit zu besorgen. Kommt man ohne Deckglas aus, so ist es für das gefärbte Object das beste. Feinheiten, wie Muskeliunervirungen, die Nervenversorgung des Epithels etc. gehen übrigens am ersten verloren und zwar unwieder- bringlich — so ist es gut, von der Peripherie zum Centrum hin zu untersuchen ; man schlägt auf diese Weise auch eine kritische Unter- suchungsmethode ein, indem man die peripheren nervösen Elemente zum Nervencentrum hin verfolgt und ihren Zusammenhang mit diesem feststellt und sie erst damit als wirklich nervös in Anspruch zu nehmen berechtigt ist. 214 Otto Bürger Zur Fixiruug- benutzte ich das bekannte pikrinsaure Ammoniak in verdünnter Lösung. Die in Glyceriu aufbewahrten Präparate halten sich zwar längere Zeit, aber die feinsten und am ehesten ver- gänglichen Dinge conservireu sie nicht; ich habe sie auch nur an- gefertigt, um die Kerne sichtbar zu machen, die in den blau gefärbten Zellen meist nicht zu erkennen sind. Wie Retzius habe ich vielfach mit Glyceriu 4- eine Spur pikrin- saures Ammoniak aufgehellt; gewiss, es ist oft auch gerade bei meinen dicken, wenig durchsichtigen Objecteu unumgänglich nothwendig, aber die Färbung verschwand dann in der That während des Zeichnens. Die Untersuchung concentrirte sich auf das periphere Nervensystem, wenn man zu demselben dasjenige eines Organs, z. B. des Rüssels, rechneu will. Dieses wird daher in der folgenden Darstellung voran- gestellt werden. Die Resultate, welche die Untersuchung des Centralnervensystems ergab und die einzig an den Seitenstämmen gewonnen wurden, bilden eine Ergänzung meiner früheren Darstellung, die damit aber noch unvollkommen genug bleibt. Das Nervensystem des Rüssels. Der Rüssel der bewaffneten Nemertinen setzt sich bekanntlich aus zwei gleich langen Röhren, die aber einen sehr verschiedenen Durchmesser besitzen , zusammen. Das vordere weite Rohr, welches im Kopfe angeheftet ist, vermag das hintere vollständig in sich aufzunehmen und diesem noch Raum genug zu bieten, dass es sich beliebig schlängeln kann. In der Rüsselmitte, gerade zwischen dem weiten und dem engen Abschnitt, befindet sich der Wafifenapparat, welcher mit verschiedenartigen Stiletten und einer Menge von Drüsenzellbündeln ausgestattet ist. Da der Wafifenapparat nicht bei allen Formen der Enopla gleich gebaut ist, so gebe ich hier nur eine Orientirung desselben von AmpMporus ^ welche wohl noch durch Taf. 14 Fig. 1 unterstützt wird. In dieser ist die Stilettregion von A. marmoratus dargestellt, dessen Rüssel in erster Linie das Object meiner Untersuchungen bildete. Es charakterisirt die Stilettregion des Amjìhiporus-'^Vi^'&éì^ (wie überhaupt der meisten anderen bewaffneten Rüssel) eine zwiebei- förmige Blase, die mit einer sehr dicken Muskelschicht bekleidet ist. Sie communicirt durch einen engen kurzen Ductus mit dem hinteren Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 215 RUsselrohr und steht mittels eines längeren Canals auch mit dem vorderen in Verbindung. Dieser Canal durchbohrt einen sonst soliden Gewebswulst, welcher sich kuppelartig in dem vorderen Rüsselcylinder vorwölbt, in dessen hinteres Ende er gewissermaßen wie ein Pfropf hineingeschoben ist, dasselbe verschließend. In den Gewebswulst ist das Hauptstilett mit seiner Basis, an die rings Muskelfasern sich heften, eingesenkt. Wird der Rüssel ausgeworfen und der Stilett- apparat vorgestoßen, so tritt auch die Kuppe des Wulstes frei zu Tage. An diese Skizze vom Bau des bewaffneten Rüssels schließe ich eine solche von der Schichtenfolge in der Rüsselwand an. Als innere epitheliale Schicht bezeichne ich das Lager der Pa- pillen oder Zotten, als äußere das Plattenepitheli. Zwischen ihnen ist der Muskelschlauch eingeschlossen, bestehend aus einer äußeren Ringmuskelschicht (unter dem Papillenlager) , einer Längs- und einer inneren Ringmuskelschicht (unter dem Plattenepithel). Nunmehr werde ich nach den vorangeschickten Bemerkungen ein Bild von der Nervatur des Rüssels geben können, ohne in Ver- suchung zu kommen, die leicht störenden Auseinandersetzungen der Anatomie dieses Organs auf Schritt und Tritt einzuflechten. Die Innervirung des Rüssels der bewaffneten Ne- mertinen erfolgt, wie bereits v. Kennel^ und Hubrecht 3 festgestellt haben, vom Gehirn aus durch eine größere Anzahl von Nerven. Die Zahl der Nerven ist für jede Art eine bestimmte. Ich hatte Ge- legenheit, darauf schon früher^ hinzuweisen. Jetzt konnte ich das- selbe- wiederum constatiren und hinzu lernen, dass die Nervenzahl bei den Arten einer Gattung wechselt, dass es aber vorkommt, dass zwei Species verschiedener Gattungen dieselbe Anzahl von Rüssel- nerven charakterisirt, Z. B. ein AmpUporus und Drepanophorus (beide nov. sp.) besitzen jede 14 Nerven im Rüssel. Es seien als andere Beispiele angeführt Ä. marmoratus mit 16, A. pulcher mit 10, D. serraticollis mit 20 und D. ruhrostriatus mit 24 Rüsselnerven. 1 Am ausgestülpten Rüssel ist zwar im vorderen Cyliuder das innere Epi- thel das äußere, aber man könnte, vi^enn auch dies, doch nicht dieselbe Scliicht im hinteren Cylinder als äußere bezeichnen. So ziehe ich die Consequenz vor. 2 Beiträge zur Kenntnis der Nemertinen. in: Arb. Z. Inst. Würzburg 4. Bd. 1877. 3 Zur Anatomie und Physiologie des Nervensystems der Nemertinen. in Verh. Akad. Amsterdam 20. Deel. 1880. 4 Op. cit. pag. 206. 216 Otto Bürger Es war mir indess früher nur gelungen, Nerven im vorderen Rüsselrohr nachzuweisen. In die hintere Rüsselhälfte, auch in die zwiebeiförmige Blase hinein, hatte ich sie auf Schnitten, an denen ich damals studirte, nicht mehr verfolgen können. Die neue Färb- methode verschaffte mir vollständige Bilder. Wie ich andeutete, habe ich meine Hauptstudien an Rüsseln von A. marmoratus gemacht. Diese Art stand mir in zahlreichen Exem- plaren zu Gebote und ist ihren Verwandten besonders ihrer beträcht- lichen Größe wegen vorzuziehen. Da nun der Rüssel eine ent- sprechende Größe besitzt, lässt sich besser mit ihm experimentiren, und außerdem ist er auch widerstandsfähiger, besonders auch in seinen Geweben, die sich länger, ohne in Maceration überzugehen, erhalten, als in irgend einem anderen mir zu Gebote stehenden Aììi- /?7«joon<5- Rüssel. Manches, was mir im Bau des Rüsselnervensystems überhaupt von besonderem Interesse erschien, fand ich in dem dieser Art aber auch marquirter. Im injicirteu Rüssel von A. marmoralus erscheinen die Nerven als hellblau gefärbte Stränge, oder besser Bänder, die in der gesamraten Länge des Rüssels deutlich sind. Im vorderen Cylinder vor Allem treten sie prächtig hervor und heben sich klar aus dem anderen durchsichtigen ungefärbten Gewebe der Rüsselwand heraus. Noch schöner erscheint der Nervenkranz, wenn man das Objekt auf weißem Grunde betrachtet. Die Anordnung der 16 Nerven zum Kranze ist sehr regelmäßig : es verlaufen die Nerven in gleichen Ab- ständen vertheilt mit einander parallel. Auch in der Stilettregion verändern sie wesentlich erst hinter dem WaflPenapparat ihren Lauf, indem sie sich einwärts biegen, um sich in der Wand der zwiebei- förmigen Blase fortzusetzen. Sie verlaufen völlig an der Innenseite derselben, da in der Blasenwand die innere Schicht der Längs- und Ringmuskulatur fast völlig fehlt, dagegen die äußeren Muskel- schichten einen dickeren Mantel bilden als sonst wo im Rüssel. Nach hinten zu zwängen sich die Nerven gleichsam durch das enge Rohr, mittels dessen die Blase mit dem hinteren Rüsselcylinder in Verbin- dung steht, um sich auch in ihm fortzusetzen bis in die verjüngte Endspitze hinein, an welche der Retractor sich anheftet. Im vorderen Rüsselcylinder sehen wir breite Nervenbänder, aber hinter den Stiletten , in der zwiebeiförmigen Blase nur schmale Stränge, die im hinteren Rüsselcylinder noch dünner werden. In den Rüsseln kleinerer Amphiporus-kxi^'ù. stellen die Nerven im hin- teren Cylinder feine blaue Linien dar, sie sehen aus, als ob sie mit Beiträge znr Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 217 dem Stift eingezeichnet wären, so fein, dass es mich nicht wundern kann, wenn ich sie auf Schnitten in solch kleinen Rüsseln vergeblich gesucht hatte. Das vom Stammsystem der Rüsselnerven gegebene Bild bedarf noch einer Ergänzung für die Stilettregion, in der sich der sonst so einfache Nervenapparat ein wenig komplicirt hat. Die Nerven durchsetzen in der Stilettregion den Ge- webswulst, in den das Hauptstilett eingebettet ist. Sie verlaufen in ihm peripher;. zwar sind die Taschen der Nebenstilette nicht in das Gitter , das sie bilden , eingeschlossen , aber dem Ilauptstilett und seinem muskulösen Basalapparate haben sie sich nicht genähert. Im Gewebswulste erfährt jeder Nerv eine namhafte Anschwellung. Zwischen jedem Paar der Anschwellungen besteht je eine Verbin- dung, so dass ein Ring die Nerven mit einander verknüi)ft. Wir können diese Verbindung der 16 Nerven, welche einen weiten Ring um die Stilettbasis beschreibt, den vorderen Nervenring im Rüssel nennen, da wir ihm einen anderen, einen hinteren Nervenring, gegenüber zu stellen haben, welcher die Nerven weiter hinten beim Eintritt in die zwiebelförmigc Blase mit einander in Connex setzt. Es war mir früher gelungen, für Prosadenoporus arenarius einen Nervendoppelring vor der Blase nachzuweisen. Beim ersten Anblick der gefärbten Rüsselnerven fällt noch eins auf. In jedem Nerven hat sich in seiner ganzen Länge ein sehr dünner Strang viel intensiver tingirt als die übrige Substanz des breiten Nervenbandes; derselbe tritt überall scharf aus ihr heraus, fast schwarzblau. Um diese Erscheinung zu deuten, ist es nöthig, vorerst die Nerven zu verlassen und zu einem anderen Factor des Rüssel- nervensystems, den Ganglienzellen überzugehen, die so überaus reichlich vorhanden sind und deren Studium viel Interessantes bietet. Dass der Rüssel Ganglienzellen besitzt, habe ich bereits angeben könnend Ich beschrieb je eine Ganglienzellsäule zwischem jedem Nervenpaar und konnte hinzufügen, dass bei A. jmlcher von der Säule, in der freilich nur die Kerne, nicht auch die Zellleiber her- vortreten, Faserzüge nach beiden Seiten zu den Nerven abgehen, in diese eindringen und in ihrer Achse sich umbiegen, nach vorwärts oder rückwärts ziehend. Op. cit. pag. 206. 218 Otto Bürger Am frischen mit Methylenblau gefärbten Rüssel, den man am besten in ruhendem Zustande betrachtet (die Papillen müssen nach innen gekehrt sein, wie sie es während seiner Lage im Ehynchocoelom sind, da sie sonst sehr verdecken), fallen schon bei sehr schwacher Vergrößerung tiefblau tingirte, äußerst feine Fäden auf, die straff zwischen den Nerven ausgespannt sind, das Bild einer engmaschigen Strickleiter vorführend, da sie wohl in nahen Zwischenräumen aus- gespannt, aber nicht dicht an dicht gedrängt sind (Taf. 14 Fig. 5). Desshalb ist das Bild auch so einzig klar: die Enden jeder Fibrille lassen sich ohne Mühe verfolgen bis an und in die zugehörigen beiden Nerven hinein. Die Fibrille zeigt gerade in der Mitte zwischen den beiden Nerven eine spiudelige Anschwellung. Viel mehr ist am frischen Präparat kaum zu sehen, und beim ersten Anblick glaubte ich bipolare Zellen vor mir zu haben, freilich merkwürdige Gebilde, da die Anschwellung durchaus nicht wie im Ganglienzellkörper aussah, sondern viel eher an eine Pigmentzelle erinnerte , da sie der scharfen Coutourirung entbehrte und sie unregel- mäßige, kurzlappige, gleichfalls blau gefärbte Fetzen umhingen. Doch sobald das Präparat zu verblassen beginnt, rundet sich der Körper ab , die Fetzen verschwinden und schließlich beginnen in der glatten, elliptischen Anschwellung zwei kuglige Kerne nebst ihrem Kernkörperchen deutlich zu werden. Wir haben eben in jeder Anschwellung ein Paar von Ganglienzellen, deren jede einen Fortsatz nach einem der Nerven entsendet, vor uns. Jede Zelle besitzt eine regelmäßig birnförmige Gestalt, der einzige Fortsatz zieht in der Längsachse der Zelle vom zugespitzten Pol in directester Richtung zum Nerven fort. Es sind unipolare Zellen, die in der Regel gepaart geradezu typisch für den Rüssel der von mir untersuchten Nemertinen, vor Allem der Enopla sind. Ich will sie fortan als die paarigen Ganglienzellen bezeichnen (Fig. 6 und 7). Um die Anschwellungen, die wir durch die paarigen Zellen ge- bildet fanden, zu ergründen, ist es vortheilhaft, anstatt mit der Zeit zumanipuliren, indem man auf das öfters langwierige Verblassen wartet, das Object mittels pikrinsauren Ammoniaks zu üxiren, da dann so- wohl die Zellen selbst als auch ihre Kerne deutlich hervortreten; letztere nachzuweisen , wird man sich am frischen Präparat meist vergeblich bemühen, da die Zellen sich zu stark färben. Die paarigen Zellen decken sich öfters völlig ; meist aber sind sie mit ihren verdickten Enden an einander gepresst. Hieraus resultirt Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 219 die Spiudelform der Gesammtverdickiing-. Günstig für die Erkenntnis sind die nicht seltenen Fälle, in denen die Zellleiber über Kreuz liegen und so die Umrisse eines jeden schön zu constatiren sind. Woher kommt aber der merkwürdige Eindruck, den die Ver- dickung, in der wir die paarigen Zellen nachwiesen, am noch in- tensiv gefärbten Object macht-, ein so merkwürdiger Eindruck, dass selbst ein Vergleich der Bilder mit Pigmentzellen nicht ferne liegt? Wir werden, um anknüpfen zu können, zu einem dritten Factor im Rüsselnervensystem übergehen müssen, der eine durchweg unterschätzte Rolle im Nervensystem der Wirbellosen überhaupt spielt, dem Bindegewebe. In einer Schlussbetrachtung über das Bindegewebe im Nerven- system des Nemertinenkörpers kam ich nach einem weiter ausge- führten Vergleich desselben mit entsprechenden Geweben anderer Wirbelloser, hauptsächlich der Anneliden, an der Hand der Unter- suchungen verschiedener Autoren zu der Einsicht, dass im Central- nervensystem der Nemertinen außer hautartigem neurilemmati- schen Bindegewebe ein sehr feinfaserig-zelliges Bindegewebe, das auch Pigment führt, besteht. Ersteres bildet eine Kapsel um das Ge- sammtcentralnervensystem, also Ganglienzellbelag und Central- substanz, und innerhalb dieser noch eine zweite um die Central- substanz besonders; das zweite aber umhüllt die nervösen Elemente für sich, bildet so Hauben um die Ganglienzellen und bettet die nervösen Fibrillen der Centralsubstanz ein. Ich betonte dann weiter, dass letzteres nicht allein für das Centralnervensystem specifisch ist, sondern überhaupt die nervösen Elemente begleitet, mithin auch im peripheren Nervensystem Bedeutung erlangt. Aus meinen neuen Untersuchungen folgt, dass dieses Hüll- gewebe auch im Nervensystem des Rüssels sehr stark entwickelt ist, es ist aber compacter als irgendwo im peripheren Nervensystem des Nemertinenkörpers. Es wurde hervorgehoben, dass sich innerhalb der breiten blau tingirten 16 Längsnerven je ein dünner Strang besonders intensiv färbt. Es kommt nun selbst nicht selten vor, dass sich nur die centralen Stränge tingirt haben und die übrige Masse des Längsbandes auf den Farbstoff kaum reagirt (Fig. 7). Es ist ferner schon jetzt einzuflechten , dass es sich niemals ereignet hat, dass sich die Gesammtmasse der Centralsubstanz eines Seitenstammes färbte, sondern auch nur innerhalb dieser bestimmte Faserzüge mit größter Präcision immer wieder stark tingirt hervortraten. Mittheilungren a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 1 .ö 220 Otto Bürger Färbte sich die gesammte Ceutralsubstanz des Seitenstammes, so war das Thier resp. das Körperfragment desselben längst abgestorben, die Differenziruug durch die Färbung, welche im lebenden Gewebe so schön zum Ausdruck kommt und ihr den Werth verleiht, war verloren gegangen, es hatten sich auch andere Gewebe gefärbt — die ganze Färbung hatte aber einen diffusen Charakter angenommen. Und selbst in solchen Präparaten waren dennoch in der blauen Ceu- tralsubstanz die bewussten Stränge durch die intensivere Färbung- deutlich zu erkennen. Nur den centralen Strängen, sei es denen der Ceutral- substanz des Seitenstammes, sei es dem im Rüsselnerven, schließen sich die Fortsätze der Ganglienzellen an. einzig aus ihnen entspringen die an die Muskulatur etc. abgehenden Nerven- fibrillen. In den Centralsträngen fällt die Längsstructur leicht ins Auge, sie setzen sich aus parallel verlaufenden Fibrillen zusammen ; in der Masse um sie herum dagegen ist nichts dergleichen zu erkennen, sie erscheint in der That, wie es so oft von der soge- nannten Punktsubstanz angegeben wurde, als eine schwammige. In ihr sind kuglige große Kerne eingebettet, ähnlich jenen, die für das Hüllgewebe um die Ganglienzellen herum charakteristisch sind. Zwischen den 16 Längsnerven des Rüssels befinden sich zahl- lose Brücken, Anastomosen, die sich verzweigen, sich von Nerv zu Nerv ausspannen und sich auch mit einander verbinden. Niemals betheiligt sich an der Bildung der Anastomosen der centrale Strang (Fig. 8 u. 12 rechts oben). In das Maschenwerk der Anastomosen sind die paarigen Zellen gebettet, ihre Fortsätze werden gleichsam von diesen Gewebsbrücken bis zu den Nerven getragen. In ihnen verlaufen sie in derselben Gewebsmasse fort, bis sie sich dem Centralstrang anschließen und in ihm dann nicht mehr als einzelne Fibrillen distinct zu verfolgen sind. Auch jene Fibrillen, die von dem Centralstrang des Rüsselnerven sich loslösen, um z. B. an die Papillenschicht abzugehen, werden von einem Mantel desselben Gewebes umkleidet, der erst unmittelbar unter dem Papillenlager aufhört (Fig. 20). Jetzt glaube ich den Leser bitten zu dürfen, mir nachträglich eine Berechtigung zu ertheilen, welche ich mir bereits zu Anfang dieser Ausführung genommen hatte, nämlich die, der gegebenen Darlegung entsprechend, das Gewebe, in dem der Central- strang liegt, das die paarigen Zellen und ihre Fortsätze umkleidet, also auch die Anastomosen bildet und die vom Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 221 Centralstraug abgeheudeu, der Inuer\ iruug- dienendeu Fibrillen begleitet, als Bindegewebe aufzufassen und so zu nennen. Im Laufe dieser Arbeit werde ich Gelegenheit haben, auch noch Manches zum Beweis hinzuzufügen. Es ist noch betreffs der Ganglienzellen zu bemerken, dass außer den paarigen Zellen auch einzeln liegende im vorderen Rüsselcylinder vorkommen, darunter größere, als es die paarigen sind (Fig. 7). Die Fortsätze der Ganglienzellen im vorderen Rüsselcylinder von A. marmoratus biegen fast immer in den nächsten Nerven ein; nur selten sah ich, dass sie über ihn hinaus zu dem zweitfolgenden strebten. Die Fortsätze schlagen im Nerven bald die Richtung nach vorn, bald die nach hinten ein und sind oft durch das ganze mikrosko- pische Gesichtsfeld zu verfolgen, ehe sie sich den Fibrillen des Ceu- tralstranges beimengen. Die Gangli enzellfortsätze , eben so wie die Fibrillen des Centralstranges, besitzen viele kleine Verdickungen, die ihnen ein perlschnurartiges Ansehen geben. Der Ganglienzellbelag der Rüsselnerven, wenn ich so sagen darf, ist ein zweizeiliger. Er beginnt gleich am vorderen Rande des Rüsselcylinders, scheint aber in der Stilettregiou sehr dünn zu werden und schließlich nahe der zwiebelförmigeu Blase überhaupt zu ver- schwinden. Am hinteren Nervenring konnte ich indess einen Kranz kurzgestielter einzelner Zellen feststellen (Fig. 2). In der Blase ver- misste ich die Ganglienzellen. Der Ganglienzellbelag tritt dagegen wieder eigenartig im hinteren Rüsselcylinder auf. Der nervöse Apparat der hinteren Rüsselhälfte zeigt in vieler Beziehung ein eigenthümliches Gepräge (Fig. 8 und 9). Zwischen den 16 Nerven hat sich in ihm ein unentwirrbares Netzwerk von Anastomosen des gekennzeichneten Bindegewebes ent- wickelt. Es fallen vor Allem ringartig verlaufende Stränge , besser gesagt breite Bänder auf, da sie den Nerven, denen sie entspringen, an Breite nicht nachstehen. An einem der Nerven setzen sie an, ziehen über mehrere derselben hinweg und heften sich selbst erst wieder auf der entgegengesetzten Rüsselseite an einen entfernt liegenden Nerven an. So bilden sie kürzere und längere Bogen. Ähnliche Bänder verlaufen diagonal. Zwischen den breiten Bändern sind dünnere Stränge ausgespannt, die längs verlaufen, sich mit jenen und unter einander verknüpfen und von Nerv zu Nerv ziehen. Zahllose Stämmcheu feinster Natur kommen noch hinzu: kurz es wird ein dichtes regelloses Netzwerk zwischen den Rüssel- nerveu des hinteren Cylinders hergestellt; nicht nur ein Flechtwerk, 15* 222 Otto Bürger da die Bänder, Sträng-e und Stämmchen, darauf kommt es vor Allem an, mit einander und den Nerven nicht nur verflochten, sondern auch verwachsen sind (Fig. 8 u. 9). Der Centralstrang charakterisirt die 16 Längsnerven. Aber auch in den Anastomosen verlaufen intensiv gefärbte Fibrillen , die sich zu feinsten Strängen an einander geschlossen haben. Diese führen zu Granglienzellen hin, die auch hier in den Faserzügen des Netzwerkes eingebettet sind. Die Fibrillen ziehen zu den Ceutralsträngen. Es bilden nämlich die unzähligen Anastomosen auch hier ein gerüst- artiges Lager für die Ganglienzellen und ihre Fortsätze. Es existirt hier wie im vorderen Rüsselcylinder eben so wenig wie sonst im Nemertinenkörper eine vollständige Bindegewebsschicht als Trägerin der nervösen Elemente Für die periphere Nervenschicht ist schon früher die Gitterung nachgewiesen. Der Vertheilung der nervösen Materie entsprechend ist die Hüllsubstanz entwickelt. Die nervösen Elemente bilden aber auch niemals irgend wo im Nemertinenkörper außer im Centralnervensystem eine vollständige Schicht. Im vorderen Eüsselcylinder werden von den Ganglienzellen und ihren Fortsätzen, um etwas zu schematisiren, Ringe in der Rüssel- wand gebildet, welche die 16 Nerven durchbrechen. Im hinteren Cylinder sind dagegen die Ganglienzellen regellos verstreut, ihre Fortsätze steuern auf Umwegen den Nerven zu, vereinigen sich auch schon zwischen ihnen zu feinen Strängen, die in Windungen bald längs neben den Nerven her, bald quer über sie hinwegziehen, ehe sie sich mit dem Centralstrang eines derselben vereinigen. Daher finden sich im vorderen Cylinder die queren Anastomosen von Nerv zu Nerv ausgespannt, im hinteren Cylinder aber erklärt sich das complicirte bindegewebige Maschenwerk. Die paarigen Zellen sind in diesem Abschnitt selten; auch ihre Fortsätze verlaufen bald in dieser, bald in jener Richtung. — Die einzelnen Ganglienzellen sind häufig zu kleinen Bündeln vereinigt. Der hintere Rüsselcylinder ist minder reich an Ganglienzellen als der vordere. Die Masse der Ganglienzellen zeigt aber eine ge- wisse Mannigfaltigkeit. Auffallend große Zellen sind hier zahlreicher vertheilt als im vorderen Rüsselabschnitt, daneben fallen Zellen ins Auge mit eigenthümlich breitgedrücktem, etwa herzförmigem Körper, der äußerst begierig den Farbstoff aufsaugt. Die Nervenfibrille im Rüsselnerven besitzt, so viel ich fest- stellen konnte, keine Verzweigungen. Sie ist ein sehr feiner Faden mit unzähligen körnchenartigen Verdickungen. Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 223 Dies ist das Bild, das ich nur mit Hilfe der Methylenblau- färbimg vom CentralnervensYStem des Rüssels von AmpJiiporus marmoratus erhalten habe. Es sei noch vervollständigt durch einige Beobachtungen über die Innervirung des Muskelschlauches und des Basalapparates des Stilettes, sowie auch der papil- lären Schicht. Im vorderen ßüsselcylinder gehen in nahen, recht regelmäßigen Abständen von jedem der 16 Nerven aus dem Centralstrang Fibrillen- bündel ab, welche auf kürzestem Wege im geschlossenen Zuge die Längsmuskelschicht durchsetzen und bis an die unter dem Platten- epithel gelegene Ringmuskel schiebt treten (Fig. 3 u. 4). Unter der Ringmuskelschicht verändern sie ihren Lauf, indem die Fibrillenzüge umbiegen und sich zu einem Längszuge zusammen an einander schließen, der genau parallel dem entsprechenden Rüsselnerven ver- läuft, ihm gerade gegenüber liegt und ihn von oben gesehen verdecken wird. Fig. 3 und 4 sind nach einem Präparat gezeichnet, in welchem der Längszug, oder Hauptparallelzug des Nerven, wie man ihn nennen könnte, durch Quetschung seitlich gezerrt wurde. So wie dem Centralstrang des Rüsselnerven die Fibrillenzüge des Haupt- parallelzuges entsprangen, gehen von diesen wieder in derselben Weise Fibrillenbündel seitlich ab, die sich wiederum zu Neben- parallelzügen an einander zusammenschließen, und auch von diesen wieder u. s. f. — Aus den Parallelzügeu treten dann einige wenige Nervenfasern in den gleich nahen Abständen, in denen die Fibrillenbündel aus dem Rüsselnerven abgingen, heraus, um in die Ringmuskelschicht zu dringen. An jeder Stelle, wo Nervenfibrillen zwischen die Fasern der Ringmuskelschicht treten, bemerkt man ein kleines, durch die Färbung hervortretendes spindelförmiges Ge- bilde (richtiger sollte ich wohl anstatt Gebilde Erscheinung sagen), erzeugt, indem sich die wenigen den Parallelzügen entspringenden Fibrillen verflechten, ehe sie rechts und links zwischen die Muskel- fibrillen der Ringschicht ausstrahlen. Die »Spindel« mit ihren feinsten Enden, den ausstrahlenden Fädchen, liegt in der Richtung der rings- verlaufenden Muskelfibrillen, verläuft also mit ihnen parallel. Sie ist das letzte Glied in der Kette der eben beschriebenen Innervirung. Wie erklärt sich diese Kette, wird man fragen, wie sind die Parallelzüge zu deuten? Eben so wie die Centralstränge. Es zielt Alles darauf hin, dass die leitenden nervösen Elemente möglichst alle mit einander und unter einander in Berührung kommen; das wird erreicht, wenn sie 224 otto Bürger SO lange als möglich zu Bündeln oder Zügen vereinigt bleiben ; denn mit um so mehr Fibrillen wird die einzelne in Beziehung treten, je länger der Weg ist, den sie in der Gemeinschaft der Nerveufibrillen einge- schlossen bleibt, wo fortgesetzter Wechsel durch Abgang und Zufluss von Nervenfibrillen stattfindet; aber auch als um so intimer wird man die physiologischen Beziehungen der Fibrillen bezeichnen dürfen, je andauernder sie mit einander verflochten waren. Aus unserem Falle ist zu folgern, dass die Nervenfibrille, die in a vom Central- strang entspringt (Fig. 4), nun nicht direct geradauf zur nächsten Spindel steigt, sondern vorwärts oder rückwärts im Hauptparallelzuge über mehrere Spindelabstände hinaus verläuft, dann seitlich umbiegt, aber wiederum nicht zur nächsten Spindel sich begiebt (an ihrer Bil- dung Theil nehmend), sondern noch ein Stück im Nebenparallelzuge weiter verläuft, dann erst in die zweit- oder drittfolgeude Spindel aufsteigt, dort mit ein paar anderen Nervenfasern sich trifft und ver- flicht (kreuzt ! ) , die einen ganz anderen Weg genommen haben — kam z. B. die ins Auge gefasste Nervenfibrille von hinten, so kamen andere wohl von vorn — um mit jener das Endglied, eben die »Spindel c, zu bilden. So können Fasern von a nach h und einige weiter nach c und darüber hinausziehen oder von a über h, d nach e u. s. f. ihren Weg nehmen. Fortwährend werden andere Fibrillen einander kreuzen. So sind die Parallelbahnen, so ist das überraschend schematisch an- geordnete System der Nervenzüge innerhalb des Hautmuskelschlauches nur eine Folge des größten Wechsels im Verlauf der Nervenfibrillen. Es ist merkwürdig, dass ich nichts über die Innervirung der Längs muskel schiebt, welche die Fibrillenzüge der Nerven ja durchsetzen, herausbekommen habe. Ich nehme an, dass sie durch Fibrillen, die sich von den Parallelzügen abzweigen, besorgt werde. Ich komme hierauf zurück. Dagegen hat mir die Färbmethode die Art der Innervirung der zwiebeiförmigen Blase aufgeschlossen. Ich bekam wiederum die Nervenversorgung der Ringmuskelschicht, welche als ein äußerst dünnes Lager die ungemein mächtige Längs- muscularis der Blase umkleidet, zu Gesicht (Fig. 1 u. 2). Etwas vor dem hinteren Nervenringe entspringt von dem Rüssel- nerven eine entsprechende Anzahl von Nerven (bei Amphiporus mar- morahis sind es 16). Jeder der Nerven begiebt sich nach rück- wärts an die Außenfläche der zwiebeiförmigen Blase unter die Ring- muskelschicht. Hier angelangt bilden die Fibrillen der Nerven einen dem Ringnerven parallelen Ringzug, ganz wie vorhin den Haupt- parallelzug der Rüsselnerveu. Sonst aber werden weiter keine Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 225 Parallelbahnen geschaffen, sondern an dem Punkte, wo die Zweige der Rüsselnerven auf die Ringmuskelschicht treffen und sich um- hiegend den parallelen Ringzug erzeugen, strahlen wie die Aste einer Baumkrone rings Nervenfibrillen aus , die ein oberflächliches Gitterwerk in der Muskulatur der Blase bilden. Ein Gitter, das durch die zahllosen Fibrillen, die überall, nach hinten und vorn ziehend, aus der parallelen Ringbahn heraustreten und sich schon von den Zweigen der Rüsselnerven abspalten, ein ungemein dichtes ist. Die Fibrillen ziehen, wie gesagt, nach vorn und hinten, der parallele Ringzug liegt ein gutes Stück vor dem Äquator der Blase, in die Kreuz und in die Quer, sich wohl verflechtend, aber keine Anastomosen eingehend. Sie verlaufen nicht wellig, sondern sind zickzackartig gebrochen, und viele kleine kuglige Anschwellungen verleihen auch ihnen das charakteristische perlschnurartige Aussehen. Den nach hinten ziehenden Fibrillen kommen solche entgegen, die sich dort von den Rüsselnerven abzweigen, wo diese in den engen Ductus einbiegen, durch den die Blase mit dem hinteren Cylinder communicirt (Fig. IFh). Es giebt zu denken, dass die Centrirung der nervösen Elemente, die der Versorgung des motorischen Apparates des Rüssels dienen, allemal wieder an der Grenze zweier Muskelschichten stattfindet, ge- wissermaßen Centren untergeordneter Bedeutung bildend, aus denen in letzter Instanz die Nervenfibrille der Muskelzelle heraustritt; namentlich, wenn man sich erinnert, dass auch die sogenannten peripheren Nervenschichten in der Haut des Nemertinenkörpers zwischen zwei Muskelschichten oder Hautschichten gebettet sind. Man darf schließen , dass von dem intermuskulären Centrum aus auch beide Muskelschichten innervirt werden, nicht nur die Ring- schicht, wie ich es specieller feststellen konnte, da ich zwischen ihre Zellen die nervösen Fibrillen tief hineindringen sah. Schließlich fand ich, dass auch Züge von Nervenfibrillen un- mittelbar sich vom Rüsselnerven abzweigen, um sich direct in das äußere Muskellager der Rüsselwand zu vertheilen. Solche entsprangen im vorderen Rüsselcylinder in der Stilettregion und endigten in der Nähe der Taschen der Nebenstilette (Fig. 1). Zur Innervirung des Muskelmantels, welcher zum Basalapparat des Hauptstilettes gehört, entspringen vom vorderen Nervenringe nahe bei den Verdickungen der Rüsselnerven 16 starke Nervenstämme, die sich nach innen wenden, radienartig auf das Hauptstilett als Centrum zustrahlend (Fig. 1 v.R). Um den 226 Otto Bürger Muskelmantel herum bilden sie einen Ring, einen Parallelring zum vorderen Nervenringe. Von den Nervenenden, die auch in diesem Parallelringe eine Anschwellung durch eine lockere Aufknäuelung zeigen, eben so wie vom Parallelringe selbst ziehen die Fasern ab, welche zwischen die Zellen des Muskelmantels des Hauptstilettes ein- dringen und deren letzte Endigungen stärkere Verdickungen zeigen, von denen ich aber schließlich noch ein feines Spitzchen ausgehen sah. Über die Innervirung der Papillen schiebt werde ich nachher eine gemeinsame Darstellung, die auch gleich die Rüssel der anderen Formen der Enopla berücksichtigt, geben, hier dagegen sofort das anschließen, was ich bei anderen Formen über das ins Auge gefasste Thema an Stoff gesammelt habe. Die gewonnenen Resultate be- stätigen wesentlich die bereits dargelegten. Bei Drepanophorus serraticollis und ruhrosti'iatus sehe ich von einer Beschreibung der gröberen Anatomie des Nervensystems ab, obwohl der Stilettapparat anders, wenn auch einfacher gebaut ist, als bei Amphiporus marmoratus^ da es mir hier nur auf die histo- logischen Verhältnisse ankommt, und ich jener von vorn herein nur in so weit Rechnung tragen wollte, als es mir unbedingt zum Ver- ständnis nöthig erschien (Fig. 11 — 16). Besonders interessirte mich im vorderen Rüsselabschnitt das aus- schließliche Vorkommen paariger Zellen. Sie sind minder zahlreich als am gleichen Orte bei Ampltiporus marmoratus ^ aber bedeutend größer. Desshalb sind in den mit Methylenblau intensiv gefärbten Verdickungen zwischen den Rüsselnerven leichter ein Paar Zellen zu erkennen. Ihre Form hebt sich schärfer aus dem Hüllgewebe ab, und auch der größere Kern ist besser und schärfer ohne Hilfsreagen- tien zu constatiren. Die sehr langen Fortsätze der paarigen Zellen — sie ziehen meist über mehrere Nerven hinweg, ehe sie in einen derselben einbiegen — verlaufen wie die Ringmuskelfibrillen sehr regelmäßig, fast alle mit einander parallel. Sie bilden vollständige Ringe in der Rüsselwand, da die Fortsätze oft gegenüber in den Nerven eindringen; wo der eine Fortsatz aufhört, setzt scheinbar der andere an, oder sie verlaufen auch theilweise dicht neben einander gelagert mit einander bis zum Eintritt des einen in den Nerven. Kurz, das gefärbte Nervensystem vom Z>re/j>«wq/j/iorMs-Rüssel, die Längsnerven mit ihren Ganglienzellen, bieten ein Bild von erstaunlicher Klarheit. indem jeder Ganglienzellfortsatz vom Ursprung bis zum Eintritt in den Nerven und in diesem noch fort sich geltend macht (Fig. 11 u. 12). Übrigens ist wenig hinzuzufügen. Die Ganglienzellfortsätze Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 227 zeigen viele größere und kleinere Verdickungen , sie schließen sich dem Centralstrang an, sind wie dieser vom Hüllgewebe begleitet, das auch um die Zellen gemeinschaftliche Kapseln bildet, also es fällt nichts auf, was bei der ersten Art nicht schon berücksichtigt worden wäre (Fig. 13 u. 14), Ganz und gar wie Drepanophorus seiTaticollis verhält sich D. ruhrostriatus mit Rücksicht auf die uns angehenden Verhältnisse des Rüsselnervensystems ; dass die sämmtlichen Elemente sehr viel win- ziger sind als in den bisherigen Arten resultirt einmal aus der großen Anzahl der Rüsselnerven (24) , sodann aus der geringen Größe des Rüssels dieser kleineren Species selbst. Schließlich habe ich noch den Rüssel eines bisher nicht beschriebenen Drepanophortis des Neapler Golfes, welchen nur 14 Nerven charakterisiren, untersucht (Taf. 14 Fig. 15 und 16). Mutatis mutandis bietet er die gleichen Verhältnisse wie seine Verwandten. Die Nerven sind dicker als die von Drep. serraticoUis^ mit dessen größten Rüsselexemplareu der Rüssel dieser Form concurriren kann; es sind ihrer ja um 10 weniger als dort, also ist auch die Masse der paarigen Zellen auf entsprechend wenigere aber breitere Längsfelder vertheilt, in denen die Zellleiber ungefähr in zwei Parallelreihen arrangirt sind, während sie bei den anderen Brepanop/torus-Arten sich nur in einer Reihe ziemlich gerichtet hatten. Die Innervirung der Papillen schiebt. Der Rüssel der bewaffneten Nemertinen ist mit dachziegelartig angeordneten Zotten oder Papillen bedeckt, w^elche beim ausgeworfenen Rüssel die äußere Schicht bilden (Fig. 17, 19 u. 20). Jede Papille setzt sich aus einer großen Anzahl von Zellen zusammen, deren jede einen cylindrisch verdickten äußeren und einen fadendUnnen inneren Abschnitt, mit dem sie sich auf eine Basilarmembran anheftet, aufweist. Der erstere ent- hält ein zu kleinen Kügelchen geformtes Secret, das bei Gelegenheit ausgestoßen wird und durch welches sich der Rüssel äußerst zähe an Gegenständen festzukleben vermag. Betreffs der Innervirung der Papilleuzellen, von denen ich nur solche, wie sie eben skizzirt wurden, kenne, lieferte unsere Methode recht merkwürdige Resultate, vor Allem darum, weil sie bei den verschiedenen untersuchten Formen so sehr übereinstimmten. Gehe ich nämlich die bekannten Typen durch, so habe ich anzugeben, dass sich mit auffallender Übereinstimmung bei allen Injectionspräparaten niemals säramtliche Papilleuzellen gefärbt haben, sondern nur eine bestimmte Anzahl in jeder Papille, die dann nicht allein für den gerade beobachteten Rüssel, sondern auch für 228 Otto Bürger den Rüssel der Art überhaupt Constant war. Bei den verschie- denen Arten erst wechselte sie. Und nur an die gefärbten Papillen- zellen tritt eine tingirte Nervenfibrille heran. Die Färbung- ist eine ungemein distincte. Außer den wenigen Papillenzellen, die sich je nach der Nemertinenart färben, und den ihnen angehörenden Nervenfibrillen, ist auch auf weißem Untergrunde nicht ein Schimmer von Blau in der Papille wahrzunehmen. Man sollte in den gefärbten besondere, vor den ungefärbten eigenthUmlich ausgezeichnete Papillenzellen vermuthen ; ihr Bau be- rechtigt nicht dazu: weder ihre Gestalt noch die Art ihres Inhaltes, so weit betreffs dieses die nur äußerlich mikroskopische Prüfung (eine mikrochemische steht aus) zu schließen erlaubt, unterscheidet sie von jenen. Auch das äußere Ende der blauen Zellen ist cylindrisch ver- dickt, am Grunde desselben oder durch eine Einschnürung etwas ab- getrennt liegt ein spindeliger Kern. An ihn setzt sich der Fadenfortsatz, und mit diesem ist eiue Fibrille mit vielen Anschwellungen und Kügel- chen verknüpft, die bis in den Rüsselnerven hinein verfolgt wurde. Die Natur des Inhaltes der Zelle tritt oft schon ohne Weiteres, wohl immer aber nach Behandhmg des Präparates mit pikrinsaurem Ammo- niak deutlich hervor. Er erweist sich als ein drüsiges Product. Nie ist die Zelle durch ein Haar oder etwa ein Stäbchen wie eine Sinnes- zelle im Allgemeinen charakterisirt, dagegen ist das Secret der blauen Zelle öfters hervorgepresst, einen kurzen, feinen Zapfen bildend. In jeder Papille von AmpMporus marmoratus färbten sieb 2 be- nachbarte Zellen, und an jede ti*at eine Nervenfibrille heran (Fig. 21). In jeder der Rüsselpapillen von Drepunopliorus serraticoUis da- gegen und auch in jeder von der neuen Drepcmophorus -Art hatten sich relativ zahlreiche Zellen, mindestens 10, gefärbt (Fig. 19 u. 20). Diese vertheilten sich unter die Menge der Zellen einer Papille, welche den Farbstoff auch in diesem Falle nicht imbibirt hatten. An jede der gefärbten Zellen heftet sich eine tingirte Fibrille. Die Fi- brillen schließen sich noch in der Papille zu einem Strang zusammen und verlaufen gemeinsam bis zum Rüsselnerven, in dem sie dicht an einander geschlossen die Grundmembran des Zellenlagers und die Muskelwand (Ring- und Längsschicht) durchbrechen, welche zwischen dem Rüsselnerven und der Papillenschicht sich befindet. Zu jeder Papille zweigt sich also vom Rüsselnerven ein Nervenast ab, dessen stark tingirte nervöse Elemente, die Fibrillen, vom Centralstrange abziehen ; der Nervenast ist aber auch mit einer bindegewebigen Grund- masse ausgestattet, da das gekennzeichnete Hüllgewebe einen dicken Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 229 Mantel um den Fibrillenstrang- bildet, einen Mantel, in den die großen kugeligen Kerne, die charakteristischen Kerne des neuralen fein- faserigen Bindegewebes reichlich eingestreut, und gut zu consta- tiren sind [Fig. 20). Der Eindruck, welchen die gefärbten Zellen machten, war auch hier nicht immer der gleiche , da das Secret , welches sie führen, bald homogen bald schaumig, weil aus vielen kleinen Bläschen zu- sammengeballt, erschien. Auch in jeder der Rüsselzotten von Dre- panopho)-us ruhrostriatus färbten sich eine Anzahl Zellen sammt ihren Nervenfibrillen. Übrigens ist das Bild der Zellen und der Nerven- fibrillen immer das gleiche , wie es durch die erste Schilderung zu geben versucht wurde. Im hinteren Rüsselcylinder von Amphiporus marmoratus gewann ich durch die günstige Reaction, welche auf die Injection hin regel- mäßig eintrat, Bilder, die ganz an die erinnerten, welche im inneren Rüsselepithel auch bei einer unbewaffneten Form erschienen. Dieser Rüsselabschnitt, welcher sich bekanntlich nicht umstülpen kann, besitzt keine Zotten, sondern ein sehr hohes, dem Zottenlager homologes Epithel, das sich aus äußerst langen Drüsenzellen zu- sammensetzt, die das Secret erzeugen, welches durch den Ductus ejaculatorius ausgespritzt wird (Fig. 1 Dct). Viele dieser Zellen, die sich regelmäßig unter der übrigen, bei Weitem vorwiegenden Zell- masse vertheilen, hatten sich tiefblau gefärbt. Der innere, dem Rüssellumen zugekehrte Abschnitt dieser Zellen ist stark angeschwol- len, er sieht wie ein voller Schlauch aus. Ein dünner Faden heftet sich ihm an und befestigt ihn auf der Basalmembran mit Hilfe von mehreren feinsten Fäden, in die er sich am Ende zerfasert (Fig. 23 a). Der spindelige Kern der Zelle liegt am Grunde des schlauchförmigen Abschnittes, dort wo sich dieser plötzlich in den fadenförmigen ver- jüngt. Zwischen die Wurzelfasern, wenn ich die der Basalmembran anhaftenden Fäserchen so nennen darf, ist eine andere Zelle ein- gedrungen, in der vor Allem der große Kern auffällt. Sie sendet eine Fibrille zum Rüsselnerveu. Es ist eine Nervenzelle, ein Bindeglied zwischen den Rüsselnerven und der Epithelzelle eingeschaltet. Diese Art der Innervirung ist wie angedeutet wurde, bei einer waffenlosen Form, bei PoUa noch ausführlicher zu beschreiben. Der Nervenapparat des waffenlosen Nemertinenrüssels ist äußerst einfach gebaut. Das ist zu erwarten, weil der comjjlicirte Stilettapparat fehlt. Der Rüssel wahrscheinlich sämmtlicher Anopla 230 Otto Bürger (jedenfalls der von Cannella^ Cerehratulus und Polio] steht, wie das Hubrecht bereits erkannte, mit dem Geliirn durch zwei Nerven in Verbindung, die den Rüssel von vorn bis hinten durchziehen. Früher bemerkte ich schon, dass sich die Nerven bei Polia delineata zu einer Schicht ausbreiten. Ich kann jetzt hinzufügen, dass die Nerven, welche entweder unter dem inneren (dem Papillenlager homologen) Epithel liegen (z. B. Carinella, Polia) oder in den Muskelschlauch des Rüssels eingeschlossen sind (z. B. Cerehratulus)^ immer ein Netz- werk von Anastomosen bilden, ganz analog jenem näher beschriebenen im hinteren Rüsselcylinder vom Amphiporus marmoratus. Nur sind die Anastomosen bei Weitem länger, denn sie verlaufen nicht quer, son- dern längs (man könnte sagen, den Nerven fast parallel), sie zweigen sich unter sehr spitzem Winkel ab und treten unter solchem wieder mit einander in Verbindung. Die Anastomosen sind meist so dick wie die Nerven, wenigstens bei Polia kaum von diesen zu unter- scheiden (Taf. 15 Fig. 18 u. 31). Im Rüssel dieser Gattung glaubt man darum zuerst eine große Anzahl von Rüsselnerven zu erblicken, wie etwa im Rüssel von Drepanophorus rubrostriatus. Das Netz der Anastomosen im hinteren Abschnitt des Rüssels von Carinella gleicht am ehesten noch dem von Ampliiporus ^ da hier die Nerven fort- gesetzt an Stärke vor den Anastomosen prävaliren und diese zu einem krausen, weiten Netzwerk verwachsen sind. Die Grundmasse der beiden Rüsselnerven eben so wie. die der Anastomosen bildet das feinfaserige genugsam gekennzeichnete Binde- gewebe. Es sind in dasselbe wie immer die großen, kugeligen Kerne eingestreut. Die vorwiegende Gewebsmasse der beiden Nerven und der Anasto- mosen ist Bindegewebe; es bildet das Gerüst, in welchem die vom Gehirn kommenden Nervenfibrillen und die eigenen, die zu den Gan- glienzellen des Rüssels hinführen, verlaufen. In das gleiche Gewebe sind wie die Fortsätze auch die Ganglienzellen selbst gebettet. Sind die Anastomosen so zahlreich , d. h. liegen sie so dicht beisammen wie bei Polia ^ und gehen die beiden Nerven in ihnen fast auf, so müssen auch Schnitte wohl den Glauben erwecken, es sei kein Nerven- gerüst, sondern eine Schicht vorhanden. Früher erblickte ich noch in einer unverhältnismäßig beträchtlichen Quantität der die «Schicht« bildenden Gewebsmasse lediglich nervöse Materie. Es ist vorauszusehen, dass die Ganglienzellen — diese fehlen im Rüssel der Anopla keinesw^egs — nicht nur an den beiden Nerven vertheilt sind, soudern auch den Anastomosen anliegen, mithin sich Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 231 im gesammten Umfang des Rüsselcylinders finden. Dies bestätigt die Untersuchung. Im Rüssel von Cerehratulus marginatus ist der Ganglienzellreieh- thum so bedeutend, ^ dass er dem der bewaffneten Rüssel wohl fast gleichkommt. Die Ganglienzellen bilden auch hier vor Allem jeder- seits der Rüsselnei*ven eine Zeile, in welcher sie ungemein dicht an einander gereiht sind. In der Wand der beiden Halbcylinder, in welche der Rüssel durch die beiden Nerven zerlegt wird, nehmen sie zwar an Fülle ab, aber mit der quantitativen Abnahme geht eine auffällige qualitative Entwicklung derjenigen Zellen, die von den Nerven entfernt sich vertheilen, Hand in Hand. Hier finden sich nämlich viele colossale Ganglienzellen, die einen entsprechend dicken und langen Ausläufer aussenden. Die Fortsätze verlaufen in der Längsrichtung; ich musste das Object selbst bei schwachen Ver- größerungen öfters verschieben, wenn ich sie verfolgen wollte. Zwi- schen den Nerven sind auch häufiger paarige Zellen anzutreffen, die ihre Fortsätze zu beiden Nerven entsenden. Übrigens sind solche selten. Die typische Ganglienzelle des Cerehratulus -^x^^^%\^ ist eine einzelne unipolare Ganglienzelle, deren Größe sehr variirt, deren Fortsätze in verschiedenen, meist in Längsrichtungen ziehen, um schließlich oft erst nach langen Umwegen in einen der Nerven einzubiegen (Fig. 18). Die Zellen sind retortenförmig , birnförmig oder kugelig. Von ihrer Structur habe ich ein Bildchen beigefügt, wie es häufig beim Verblassen der Färbung auffällt (Taf. 15 Fig. 18a). Es zeigt sich da, dass die Zelle aus einem Gerüst aufgebaut ist, das die Farbe noch hält, und einer Zwischensubstanz, welche schon völlig hell erscheint. Man sieht in der Zelle Zellchen, deren Wände jenes Gerüst bilden, das einen Inhalt, die entfärbte Substanz, einschließt. Die Zellchen legen sich in mehreren kugelschaligen Schichten um den Kern herum. Dem entsprechend, dass die beiden Nerven am wenigsten im Polia- Rüssel aus dem Anastomosenwerk sich herausheben, ist auch der Ganglienzellbesitz des Rüssels noch weniger an die Seiten dieser Nerven concentrirt als im Rüssel von Cerehratulus marginatus. Der- selbe ist aber auch keineswegs sehr imponirend. Überall findet man, also ziemlich gleichmäßig, birnförmige Zellen in geringer Menge zer- streut, welche den Anastomosen oder den Nerven mit kurzen Stielen gleichsam anhängen. Es ist mir bisher nicht gelungen, etwas über die Innervirung des inneren Rüsselepithels von Cerehratulus marginatus zu 232 Otto Bürger erfahren. Erst bei Eupolia curia und delineata erhielt ich Bilder, die mir auch iu dieser Frage Aufschluss gaben. Hier werden in der inneren Epithelschicht, welche sich im vorderen Rtisselabsclmitt zur Papillenschicht diiferenzirt hat, in allen Abschnitten des Rüssels durch das Methylenblau lange hakenförmige Gebilde, welche gleich- mäßig und reichlich vertheilt sind , kenntlich gemacht. Dieselben machen den bizarrsten Eindruck, sind aber dennoch nicht schwer zu enträthselu (Taf. 15 Fig. 22 und 23). Sie setzen sich nämlich aus zwei Zellen zusammen und zwar erstens aus einer sehr langen schmächtigen Zelle, einer Papillenzelle, mit verdicktem oberen Ende und einer verstärkten Basis, welche einen kugeligen Kern enthält, und sodann aus einer anders gestalteten Zelle, welche sich quer über die Basis jener gelegt hat. Diese wird nämlich nur durch einen kleinen spindeligen, mehr oder minder regelmäßig geformten, sehr intensiv tiugirten Kern und einen fadenartigen Fortsatz reprä- sentirt. Es ist eine Nervenzelle; den Fortsatz können wir in die Längsnerven hinein verfolgen. Am meisten Mühe macht es noch, den kugeligen Kern der Papillenzelle festzustellen, da er meist ge- rade durch den Kern der Nervenzelle verdeckt wird und auch nur undeutlich durch die Färbung hervortritt. Indess das öfters geübte Abwarten des Yerblassens der Präparate führt auch hier zum Ziel. Die Papillenzelle, welche immer nur einen hellen Farbeuton an- nimmt, ist oft bis in die feinen Fortsätze hinein hervorgehoben, die von ihrer Basis ausstrahlen und sich in die Grundmembran der Pa- pillenschicht zerfasern. Die Nervenzelle tritt auch nicht immer von der Seite, quer an die Papillenzelle heran, sondern ist ihr öfters der Länge nach angedrückt. Häufig zeigte sie außer dem Kern und der zum Nerv ziehenden Faser noch einen kürzeren Fortsatz, der über ihren Kern hinausragend an der Papillenzelle aufsteigt und der Innervirung dienen wird. Die gefärbten Papillenzellen zeigten keine andere Beschaffenheit als die vielen ungefärbt gebliebenen. Bei der großen Anzahl von Rüsseln, welche ich untersuchte, fand ich, dass die Köpfe sowohl jener wie dieser bald ein zu winzigen Stäbchen oder Kügelchen geformtes Secret enthielten, bald dieses durchaus homogen erschien. Auch in dem hinteren Rüsselcylinder, der sich ja bei Eupolia durch eine Einschnürung noch auffällig vom vorderen absetzt, war kein anderer Unterschied zwischen den Epithelzellen — die Anordnung dieser zu Papillen ist im hinteren Rüsselabschnitt nicht erfolgt — zu constatiren, als einzig der durch die Blaufärbung eines Theiles derselben Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 233 markirte. Die Zellen sind im Vergleich zu denen im vorderen Rüssel- cylinder kürzer und gedrungener. Merkwürdigerweise war auch die Zahl der gefärbten Zellen im Rüssel von Eupolia höchst Constant. In den allermeisten der In- jectionspräparate bekam ich nur durchweg eine gefärbte Zelle in der Papille. Aber es gab doch einige wenige Ausnahmen, in denen sich mehrere Zellen gefärbt hatten. Das bestärkt mich in der natür- lichen Ansicht, dass alle Zellen der Papille, welche dieselbe Gestalt und denselben Inhalt wie die gefärbten zu besitzen scheinen, auch physiologisch gleichbedeutend sind und demnach auch der Innervirung nicht ermangeln werden (Fig. 22). Noch ein paar Worte habe ich über einige sonderbare, mir ziemlich unerklärliche Befunde, die ich durch die Färbung im Muskelschlauch des Rüssels machte, anzufügen. Im Rüssel von Eupolia liegt die Nervenschicht bekanntlich un- mittelbar unter dem Papillenlager, während sich bei Cerehratulus noch Muskelschichten auch zwischen der Nervenschicht und derjenigen der Papillen befinden. Es kommen bei Eupolia nicht allein in der Nervenschicht große Zellen vor, sondern auch in der Muskulatur befinden sich solche (Fig. 32 a u. i). Wir erkannten die Verbindung der Zellen der Nervenschicht mit den Rüsselnerven und durften sie mit Bestimmtheit Ganglienzellen nennen , konnten auch sie selbst und ihre Fortsätze bei der Be- sprechung des Cereèra^eJws -Rüssels, welcher, was die Ganglienzellen und ihre Fortsätze anbetrifft, entsprechende Verhältnisse bietet wie der Rüssel von Eupolia, eingehender charakterisiren. Eine bestimmte Benennung der großen Zellen in der Muskulatur möchte ich dagegen gern vermeiden, da ich damit leicht schon mehr und Bestimmteres sagen könnte, als es in meiner Absicht liegt. Ich schildere mithin nur, was mir an ihnen bemerkenswerth erschien. Diese Zellen, große, kugelige Gebilde, heften sich mit einem oder zwei feinen Fortsätzen an eine intensiv gefärbte Fibrille, die ring- förmig oder längs verläuft. Es fiel mir sehr auf, dass diese Fibrillen immer genau so zogen wie die Fibrillen entsprechender Muskel- schichten, dass sie, wie auch eine Muskelfi brille in der Mitte am dicksten ist, sich nach den Enden zu verjüngen und in je eine feine Spitze ausziehen. Die Fibrillen verbinden sich nicht mit einander, wenn die eine aufhört, beginnt die andere. Man sollte sie nach ihrem Aussehen für gefärbte Muskelfibrillen halten, aber sie sind sehr 234 Otto Bürger fein g-ekörut , und die hyaline Mnskelfibrille , der sie anliegen , ist außerdem sehr scharf von der gefärbten Fibrille abgehoben, trotzdem die hyaline Mnskelfibrille sich nicht im geringsten tingirt hat. So habe ich auch nur an die Möglichkeit gedacht, dass sich die Zell- substanz der Muskelfibrille gefärbt habe und nun diese räthsel- haften Bilder veranlasse, indem dann die großen Zellen für den Plasmaleib der Muskelfibrille zu halten wären. Jedenfalls hätten wir eine merkwürdige Muskelfaser im Rüssel der Eupolia (ich fand bei delineata und curia genau dasselbe), zumal im hinteren engen Rüssel- abschnitt, wo die Zellen an den Ringfasern eine ganz enorme Größe erreichen, dass sie in gar keinem Verhältnis stehen zur Muskelfibrille und dem dünnen Rüsselrohre selbst. Das wäre ja eine Nematoden- muskelfaser par excellence! Leider ist meines Wissens die Technik der Methylenblaufärbung noch nicht so weit fortgeschritten, dass man das mit diesem Blau tingirte Object auch noch anders färben könnte, um andere Elemente gleichzeitig studiren zu können. Ich versuchte es, die auf bekanntem Wege fixirten Objecte mit Anilinfarben zu behandeln, aber ohne den gewünschten Erfolg. So habe ich warten müssen, bis ich ab und zu Muskelfibrillen neben ihren Kernen vollständig auch durch das Me- thylenblau gefärbt bekam. Dann durfte ich mich jedes Mal davon versichern, dass diese sich ganz so, wie ich sie kennen gelernt hatte, verhielten (Taf. 15 Fig. 32a und 325). Der breiten (im Verhältnis zu den sehr feinen gefärbten Fibrillen, die ich vorhin beschrieb) , glänzenden Muskelfibrille, deren contractile Substanz nur leicht gebläut ist und sehr hyalin erscheint, ist ein kleiner ovaler Kern angedrückt, von dem jederseits ein dünner Flasmastreif ausstrahlt, der schon eher an die gefärbte Fibrille er- innern konnte. Leider traten an solchen Objecten aber die großen kugeligen Zellen nicht hervor. Für Muskelzellen halte ich die großen Zellen demnach nicht, sondern weit eher für solche, die im Dienst der nervösen Function stehen. — Das Merkwürdigste aber sind endlich feine blaue Fibrillen, die diagonal verlaufen und sich zwischen Muskelfibrillenzügen gleichen Verlaufes kreuzen. Sie bilden ein dichtes Kreuzgitterwerk im Muskel- schlauch des Rüssels. Es sind nun aber immer zwei Fibrillen am Kreuzungspunkte verklebt. Es zeigt sich nämlich, dass immer zwei Fibrillen zusammengehören und je zwei mit entgegengesetztem Ver- lauf bilden ein Paar. Beide Fibrillen kreuzen einander genau in der Mitte. Die Verklebung besorgt ein schwach tingirtes Plasma Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 235 mit körnigem Saum, das sich an jedem der vier Strahlen der Fi- brillen vom Kreuzimgspunkte aus noch etwas entlang zieht. An der nämlichen Stelle liegt immer ein stark gefärbter Kern. Die Ver- klebung der Fibrillen besorgt mithin eine Zelle. Die diagonalen Fibrillen verhalten sich übrigens ganz eben so, wie die rings- und längsverlaufendeu , man könnte an sie dieselben Vermuthungen anknüpfen und würde dann ein diagonales Muskel- paar mit einem Kern erhalten — oder zwei diagonale Muskelfibrillen, an deren Kreuzungspunkte eine Nervenzelle liegt. Vergegenwärtige ich mir noch einmal den Eindruck, den mir die vielen Bilder gemacht haben, die ich immer wieder durchmusterte, um zur Klarheit zu ge- langen, so scheint es mir, dass sich in der That das Zellplasma der Muskelzellen gefärbt hat und dieses die in den verschiedenen Richtungen verlaufenden gefärbten körnigen Fibrillen vorstellen, dass aber die anliegenden Zellen, die mit jenem nur lose durch Fortsätze verknüpft sind, nicht den eigentlichen kernführenden Leib der Muskelzelle zeigen, sondern dass es Nervenzellen sind, ähnlich solchen, wie wir sie an den Papillenzellen desselben Rüssels be- schrieben. Es wäre mithin auch die Zelle am Kreuzungspunkte der diagonalen Fibrillen eine Nervenzelle. Das Hindernis, welches einer exacten Erklärung der eigenthüm- liehen Bilder im "Wege steht, besteht darin, dass ich niemals in jenen feinsten, längs und rings verlaufenden Fibrillen in einem Bilde einen Kern sah und außerdem noch die große Zelle an ihnen. Nie fand ich solch merkwürdige große Zellen an den diagonalen Fibrillen — ich glaube demnach, dass die Zellen am Kreuzungspunkte dieser den kugeligen Zellen an den Ring- und Längsfibrillen entsprechen. Dazu kommt, dass ich über die Innervirung des Rüsselmuskel- schlauches der Eupolien nichts habe auffinden können. Studien zum centralen Nervensystem. Um dasselbe zu studiren, habe ich es vortheilhaft gefunden, ein- fach ein kurzes Stück einer injicirten Nemertine mäßig unter dem Deckglas zu pressen. Man wird alsdaon einen Einblick in den Bau des Lateralnerven eher und besser bekommen , als wenn man den- selben aus dem Körper herauspräpariren wollte, eine Manipulation, die, wenn sie auch nicht schwierig ist, so doch immer Zeit genug kostet, dass während derselben die Feinheiten der Färbung verloren gehen; und so viel ich erfahren habe, wird die Vollkommenheit der Mittheilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 16 236 Otto Bürger Fär])img sogar stärker beeinträchtigt, als es der geringe Zeitverlust erklären könnte — ich glaube durch Berührung der injicirten Gewebe mit Stahliustrumenten. Diese vermied ich und suchte sie , wenn ich präpariren musste, durch Stachel und Spatel von Hörn zu ersetzen. Am Seitenstamm z. B. eines Cerebratulus marcjinatus fällt es sofort auf, dass nicht die gesammte Centralsubstanz, sondern nur ein Theil derselben durch das Methylenblau tingirt ist. Ähn- lich wie im Rüsselnerven haben sich in der Gesammtmasse der Central- oder Punktsubstanz, um diese allbekannte Bezeich- nung für den fibrillären Theil des Nervensystems der Wirbellosen anzuwenden, nur bestimmte Züge gefärbt. So viel Seitenstämme man immer untersuchen wird, man wird immer dieselben Züge wieder gefärbt finden, d. h. im Seitenstamm des noch lebenden Körpers. Eine Färbung der gesammten Punktsubstanz ist eine postmortale Erscheinung. Die Züge bilden in der Fibrillenmasse einen Strang für sich, analog dem Centralstrang der Rüsselnerven. Doch sind es im Seitenstamm von Cerebratulus marginaius ihrer zwei. Der eine, peripher gelegene, ist tief blau gefärbt, der andere, centrale, hat aber nur eine hellblaue Färbung angenommen. Außer diesen beiden Strängen tingiren sich die Ganglienzellen, die die Seitenstämrae bekanntlich als eine obere und untere Schicht bekleiden. Ein lateraler und medialer Ganglien- belag fehlt (Taf. 15 Fig. 25 u. 26). Es sind die Ganglienzellen, die Centralstränge und ihre gegen- seitigen Beziehungen zu besprechen. Die Ganglienzellen sind blaue Birnen von verschiedener Größe. Ich habe früher ^ am Seitenstamm ihren Dimensionen gemäß drei Arten unterschieden : 1) mittelgroße als Art II — die kleinen, Art I, kommen ausschließlich dem Gehirn zu — ; 2) große, Art III, und 3) colossale, Art IV, letztere als Neurochordzellen. Diese drei Arten bringt auch die neue Färbemethode zum Ausdruck. Alle Ganglienzellen sind unipolar, d. h. sie besitzen nur einen einzigen Fortsatz, und dieser wendet sich, so viel ich constatiren konnte, immer in die Central- substanz der Seitenstämme. Die Ganglienzellen sind in ein lockeres Hüllgewebe eingebettet, das sich nicht gefärbt hat. aber von Natur eine gelbe bis röthliche Färbung in Folge von eingelagerten Pigment- körnern besitzt. Die Fortsätze der Ganglienzellen mit Ausnahme derjenigen der Neurochordzellen, von denen ich noch reden werde, zeigen perlschnurartige Verdickungen, die bei den dünneren nur 1 Op. cit. pag. 106. Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 237 Körnchen gleichen. Die Fortsätze, die Stammfortsätze nach Retzius, sind in der Centralsubstanz auf lange Strecken weiter zu verfolgen. Viele derselben legen sich zusammen zu einer Gemeinschaft, sie bilden schon Faserzüge und diese erst schließen sich dem Centralstrang und zwar dem intensiv gefärbten an; viele streben einzeln für sich direct jenem zu und verlieren sich in ihm, d. h. sie entziehen sich im Centralstrang^ dem Auge des Beobachters. Die Fortsätze der kleineren Ganglienzellen verfolgen wir als gekörnte Fibrillen, die der größeren als ziemlich dicke Fäden mit recht beträchtlichen Anschwellungen. Weil sämmtliche Fortsatzfibrillen, wie ich die Stammfort- sätze der Ganglienzellen I — III nennen möchte, in den Central- strang übergehen, da, wie wir ferner sehen werden, die austreten- den Nervenfasern (Analoga der Nervenfasern der Spinalnerven) nur vom Centralstrang entspringen, so ist dieser nichts Anderes als das Bündel der Stammfortsätze der Ganglienzellen und voll- ständig eine dem Centralstrang im Rüsselnerven gleichartige Bildung. Die Neuro chor dz eilen entsenden den einzigen Fortsatz gleich- falls in die Centralsubstanz des Seitenstammes. Derselbe ist aber, wie auch die Neurochordzelle , nur hellblau, wasserbiau, um den Eindruck der Präparate wiederzugeben, gefärbt. Er stellt nicht eine feine Fibrille dar, die sich schwer messen ließe, sondern einen wenn auch sehr feinen Cylinder. Seine Contouren aber sind rauh, zackig, wie zerfasert. Es charakterisiren ihn nicht die perlschnur- artigen Verdickungen, die an den Stammfortsätzen der anderen Gan- glienzellen so sehr auffallen. Sein Stammfortsatz, ein Fortsatz- cylinder, ist gleichfalls weit im Seitenstamm hinauf oder hinab zu verfolgen, bis er sich dem mehr central gelegenen Bündel der hell- blauen Stammfortsätze anschließt. Dem ersten Abschnitt des Stamm- fortsatzes, demjenigen, welcher noch außerhalb der Centralsubstanz liegt, entsprechend ist auch der Fortsatzcylinder der Neurochordzelle in seinem weiteren Verlauf innerhalb der Centralsubstanz zu be- schreiben: als mit zackigen Contouren versehen, der Verdickungen ermangelnd. So erscheint der ganze hellblaue Strang, zu dem sich die Stammfortsätze der Neurochordzellen zusammenfügen, nur aus eben solchen Cylindern zusammengesetzt, die sich deutlich in ihm einzeln abheben. Dieser hellblaue Strang ist derjenige der Neuro- chorde. Die nervösen Fibrillen der Centralsubstanz, mit welchen die Ganglieuzellfortsätze in Verbindung treten , sind in der Regel iii ihrer ganzen Länge außerordentlich fein und gleichen zartesten Fäden, 16* 238 Otto Bürger an denen die Verdickungen, die hier oft prismatische Formen zeigen, wie Perlen aufgereiht sind. Nur stellenweise sind sie in manchen Abschnitten dick angeschwollen, so dass man sie mit den Neuro- chorden verwechseln könnte, wenn sie sich nicht immer viel intensiver als jene färbten. Nichtsdestoweniger hat mau Fortsatzfibrillen von verschiedener Feinheit. Die der größeren Ganglienzellen sind nicht so fein, wie die der kleineren, die sich in ganz außerordentlich zarten Fasern fortsetzen. Um in den Bau des Seitenstammes einzudringen, ist es vortheil- haft, einen Körperabschnitt nach der Angabe von Retzius mit Gly- cerin, dem etwas pikrinsaures Ammoniak zugesetzt ist, aufzuhellen; ich wandte das Glycerin in fast concentrirter Lösung auch ohne jenen Zusatz mit gutem Erfolg an. Dann wird man von der Structur der Centralsubstanz oft ein vorzügliches Bild bekommen, man wird ein und dieselbe Nervenfaser viele Millimeter lang im Auge haben und nicht selten am einen Ende eines Seitenstamm -Bruchstückes (ich hatte solche von 1 — 2 cm Länge unter dem Mikroskop) ihre Verbin- dung mit der Ganglienzelle constatiren können, am anderen Ende aber sie austreten und als Faser, die in den Hautmuskelschlauch hineindringt, sogar in diesem noch halbwegs bis zur Körpermitte weiter ihre Bahn ziehen sehen i. Aber ich constatirte auch, dass der Fortsatz einer Ganglienzelle in eine Faser der Centralsubstanz über- ging, die unmittelbar darauf aus dem Seitenstamm abging (Fig. 25). Wenn ich von einer Fortsatzfibrille oder einem Fortsatzcylinder sprach und es vermied, an Stelle dessen durchweg vom Stammfortsatz zu reden, oder sagte, der Fortsatz der Ganglienzelle trete mit der Fibrille oder Faser der Centralsubstanz in Verbindung, so geschah dies, um einen gewissen augenscheinlichen Gegensatz anzudeuten, durch den sich Ganglienzellfortsatz und Fortsatzfibrille oder -Cylinder, d. h. ein kurzer Abschnitt des in die Centralsubstanz eintretenden Ganglienzellausläufers auch noch innerhalb dieser von einem bei Weitem längeren Fortsatz (eben der Fortsatzfibrille oder dem Fortsatz- cylinder) recht häufig unterscheiden lassen. Die Fibrille der Centralsubstanz stellt nicht dem Bilde nach einfach im Seitenstamm der Nemertinen den verlängerten Stammfort- satz der Ganglienzelle dar (Fig. 2Qx,y u. Fig. 27). Nämlich der 1 Es ist zu bemerken, dass die Figuren (Taf. 15 Fig. 24 u. folg.), auf denen derartige Bilder wiedergegeben wurden, um Raum zu sparen, in der Längs- ausdehnung sehr verkürzt wurden. Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 239 Fortsatz einer Ganglienzelle verjüngt sieh in der Centralsubstanz oft bis in eine recht feine Spitze und tritt mit dieser an die Fibrille heran, die häufig diesen Stammfortsatz überhaupt, jedenfalls aber sein verjüngtes Ende sehr an Dicke übertrifft. Merkwürdig ist be- sonders die starke Anschwellung, welche die Fibrille an dem Punkte, wo sie mit dem Stammfortsatz zusammentrifft, fast regelmäßig be- sitzt. Auch die Art, wie Stammfortsatz und Fibrille mit einander verschmelzen, ist eigenthümlich. Da fügt es sich oft, dass der sanfte Übergang mittels einer Curve, mit welcher der Stammfortsatz um- biegen sollte, um in der zum Eintritt entgegengesetzten Richtung als Fibrille (Faser) weiterzuziehen, ganz fehlt; sondern im spitzen Winkel selbst treffen sich vielfach Fortsatz und Fibrille. Charakteristisch schon ist es, dass man überhaupt in zahlreichen Fällen scharf den Punkt kennzeichnen kann : hier hört der Stammfortsatz der Ganglieu- zelle auf und es beginnt hier die Nervenfibrille der Centralsubstanz des Seitenstammes. Diese Fibrille durchzieht die Centralsubstanz •des Seitenstammes in gleicher Stärke. Sie gabelt sich nicht, sie löst sich nicht auf, sie bildet weder ein Maschenwerk noch anastomo- sirt sie mit ihres Gleichen. Sie documentirt sich stets als ein einziger dünner oder dicker Faden. Aber sie giebt äußerst feine Fädchen ab, so fein, dass sie die Zeichenfeder noch immer zu dick darstellt. Diese Nervenfaserästchen, welche meist rechtwinklig von ihr rings ausstrahlen, erscheinen wie puuktirt. Sie verästeln sich, die Äst- chen zeigen wie die Fasern selbst die an der peripheren Nervenfaser so oft auffälligen zickzackartigen Knickungen. Sie durchflechten den Centralstrang und durchsetzen auch die übrige Masse der Central- substanz des Seitenstammes. Es sind die Nebenfortsätze, welche freilich anders aussehen als die von Retzius ' gezeichneten dei' Stammfortsätze im Bauchmark von Astacus ßiwiatilis. Unsere Neben- fortsätze entspringen den Verdickungen der Fibrillen. Starke, kurze Aste, wie knorrige Verdickungen aussehend, entspringen von den un- regelmäßigen Anschwellungen am Verschmelzungspunkte von Stamm- fortsatz und Fibrille oder auch sonst ab und zu von besonders starken Verdickungen im Verlaufe der Fibrillen, dann auch kleine kolben- artige und knollige Anhängsel bildend (Fig. 26 u. 27). Ich glaube auch, sie als Nebenfortsätze deuten zu müssen im Sinne von Retzius. Nichts von Nebenfortsätzen, überhaupt nichts von Verzweigung habe ich an den Neurochorden nachzuweisen vermocht. Ich habe aucli 1 Op. cit. Taf. 3. 240 Otto Bürger in keinem Falle den Abgang eines solchen in die Körperwand beobachten können, obwohl ich mein besonderes Angenmerk auf diesen Punkt gerichtet hatte. Schließlich muss ich noch hinzufügen, dass eine Nervenfibrille der Centralsubstanz nicht immer ausschließlich zu einer Ganglien- zelle zu gehören scheint. So sah ich zweifellos, dass einmal die Fortsätze von zwei großen Ganglienzellen sich an die bewusste End- anschwellung der Fibrille hefteten, sich also die Fortsatzfi brille, die als einziger Faden fortlief und lange verfolgt wurde, gewissermaßen in zwei Stammfortsätze von Ganglienzellen gabelte (Fig. 26 y). — Aber vor Allem fand ich, dass sich an eine sehr feine Fibrille, deren Ver- knüpfung mit einer Endganglienzelle ich constatirt hatte, in ihrem Verlaufe noch mehrere Stammfortsätze anderer Ganglienzellen an- schlössen und sich jedes Mal mit einer Verdickung an sie hefteten. Es ist kaum ein Irrthum möglich gewesen, denn durch Hin- und Her- schieben des Deckglases konnte ich die Elemente des Seitenstammes ziemlich beträchtlich verziehen, Fibrillen und Stammfortsätze spannen und zerren, Manipulationen, die zur Orientiruug das Beste thun. In diesem Falle verzog sich mit den Ganglienzellen und deren Fortsatz gerade die Fibrille mit, an die ich dieselben angeheftet gefunden hatte. Es ist diese Beobachtung nicht selten gewesen ; so finden wir auch bei der Untersuchung des Seitenstammes von Eupolia delineata jene eigenthümlichen Verhältnisse auf. Zur Controlle meiner Unter- suchungen des Seitenstammes von Cerehrafulus marginahis habe ich auch außer denen von Eupolia delineata jene von DrepanopJiorus und Nenicrtes gracilis untersucht. Ich fand zwar theilweise andere Bau- verhältüisse , sonst aber eine Bestätigung der vorgetragenen Be- obachtungen. Meine Tinctionen des Gehirnes ließen zu wünschen übrig. Nur einige hübsche Färbungen des Ganglienbelages setzen mich in die Lage, hier noch einmal versichern zu können, dass derselbe gleichfalls nur aus unipolaren Zellen besteht. Untersuchungen über das Nervensystem der Körperwand. HuBEECHT 1 beschrieb bekanntlich bei verschiedenen waffenlosen Nemertinen eine periphere Nerveuschicht zwischen Ring- und äußerer Längsmuskulatur. In meinen histologischen Untersuchungen kam ich 1 The peripheral nervous system etc. in : Q. Journ. Micr. Sc. (2; Vol. 20. li Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 241 seiner Zeit zu der Überzeug'img', dass diese Schicht mit aus den Ele- menten des Bindegewebes sich zusammensetzt, das ich als ein be- sonderes Hüllgewebe, als pigmentführeudes HUllgewebe, dem Neuri- lemma gegenüberstellte und von diesem scharf trennte. Meine jetzigen Untersuchungen haben mir gezeigt, dass ich früher richtig gesehen habe. Die periphere Nervenschicht besteht in der That aus dem nämlichen Hüllgewebe, das in einer Modification die Ganglienzellen, in der anderen, wie ich es früher angeben konnte, die Nervenfibrillen der Centralsubstanz einbettet. Es ist bei manchen Nemertinen sehr stark pigmentirt, so bei Borlasia Elizabethae , wo, wie die Seitenstämme, eine feine Schicht zwischen Ring- und Längs- muskulatur blutroth aussieht. Dies Gewebe ist auch nicht auf die dünne Schicht beschränkt, es durchsetzt auch die Muskelschichten. Aber dieses pigmentirte Hüllgewebe birgt die Nerven ; denn dass die den Seitenstämmen entspringenden Nervenfibrillen unserer Anopla zwischen Ring- und Längsmuskulatur eindringen, wurde bereits im vorigen Abschnitt gesagt. Eben so ist hervorgehoben worden, dass ich diese Nervenfibrillen in anderer Richtung oft bis an eine Ganglien- zelle verfolgen konnte. Die Nervenfibrillen gehen unter einem stumpfen Winkel aus dem Seitenstamm ab, die vom Schwanzende kommenden Fibrillen treten in der Richtung nach vorn aus, umgekehrt die von vorn nach hinten ziehenden. Beide Arten kreuzen sich daher, da der Austritt der Nervenfibrillen in ganz hervorragender Weise einseitig in derselben Ebene unter derselben Neigung erfolgt; man könnte sagen, die Fibril- len bilden einen Kamm am Seitenstamme, dessen Zähne über Kreuz stehen. Der Riagmuskelschicht sich anlegend, stellen sie ein Gitter- werk mit gekreuzten Stäben dar. In der Regel trat nur je eine Nervenfibrille am selben Punkte aus dem Seitenstamme heraus ; nur selten beobachtete ich den gleichzeiti- gen Abgang von zwei und höchstens drei. Wie wir große und mittel- große Ganglienzellen und demgemäß feine und sehr feine Fibrillen in der Centralsubstanz unterscheiden, so sehen wir zwei durch ihre Stärke verschiedene Nervenfaserarten dem Seitenstamm entspringen. Beide aber machen den gleichen seltsamen Eindruck durch die perlschnur- artigen Verdickungen, die auch an ihnen, und zwar noch viel reich- licher als an den Nervenfibrillen in der Centralsubstanz, aufgereiht sind (Fig. 24). Aber es sind nicht allein Verdickungen, die auch diese charakte- risiren , sondern birnförmige Anhängsel , welche oft die Größe der 242 Otto Bürger Ganglienzellart , zu der die stärkeren Nervenfasern schließlich hin- führen, erreichen. Die feinen Fasern besitzen entsprechend winzig-e Anschwellungen und Anhängsel, die aber dagegen sehr dicht auf- gereiht sind. Die hängenden Birnen mit dem kurzen Stiel und die kugligen oder ovalen dicken Anschwellungen, als welche jene Ge- bilde, die den Nervenfasern unmittelbar angedrückt sind, auch oft er- scheinen, sind Zellen, in denen ich habe Kerne nachweisen können (Fig. 28). Sollten diese Zellen, welche der Nervenfaser anliegen, einer Scheide, welche um dieselbe gebildet ist, angehören? Eine solche nachzuweisen ist mir freilich bei der Feinheit auch der stär- keren der Nervenfasern nicht gelungen, indess wüsste ich kaum, wie sie anders zu deuten wären. Das letzte Ende einer Nervenfaser, das ich immer nur constatireii konnte, w^ar eine feine Spitze, in die sie sich schließlich auszog, nachdem sie sich schon mehr und mehr verjüngt hatte; diese Spitze endigt in der Muskulatur. Ich habe also an der Fibrille weder in ihrem Verlaufe noch am Ende eine Art Verzweigung feststellen können; letzteres w^rd wahrscheinlich ein Mangel der erzielten Fär- bung sein, den es mir leider nicht bei Cerehratulus und Eupolia zu beseitigen gelang. Indess bei einer bewaffneten Nemertine, Drcpano- phorus rubrostriatus ^ bekam ich sehr schön die Innervirung querer Muskelzüge , welche die Kopfspitze vor dem Gehirn durchsetzen. Genau verfolgte ich drei Nervenfasern, welche medial vom Seiten- stamme hinter dem Gehirn abgingen. Sie zogen über dasselbe hin- w'eg nach vorn und verästelten sieh zwischen den Muskelzellen jenes Muskelzuges. Die Ästchen besaßen beträchtlich große Anschwellun- gen, mit denen sie entweder endigten, oder von denen nur noch ein winziges Fäserchen ausstrahlte. Sie waren außerdem auch mit Knöt- chen besetzt. Aber auch vor der Verästelung besaßen die Nerven- fasern varicose Verdickungen. Von Retzius' Zeichnung der Innervi- rung quergestreifter Arthropodenmuskeln weicht die bei dieser Ne- mertine studirte im Schema nicht ab (Taf. 15 Fig. 30). Ferner orieutirte ich mich über den Bau des großen Rücken- uerven. Dieser ist wie ein Rüsselnerv gebaut. Es gehen von ihm jene seitlichen Faserzüge ab, die von Hubrecht als metamere be- schrieben wurden, von deren Art des Abgehens ich aber einen solch regelmäßigen Eindruck nicht bekommen konnte. Der Rückeunerv besteht vor Allem aus dem im Rüsselnerven besprochenen und ge- würdigten Bindegewebe mit den großen kugligen Kernen; auch die Gewebsmassen. die seitlich von ihm so zu sagen ausfließen, sind nichts Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 243 Anderes. Aber aucli der Rückennerv führt nervöse Fasern, die theils vom Gehirn stammen, theils aber einem eigenen, freilich sehr dünnen Belag- unipolarer Ganglienzellen zugehören. Ich habe den großen Rückennerven von Polia delineata genauer studirt und, wie aus dem kurz Gesagten hervorgeht, gefunden, dass er einen dem Rüsselnerven äußerst ähnlich gebauten nervösen Strang darstellt. Heute erkläre ich mir auch die Beobachtung, welche ich früher öfters an Schnitten machte, wie nämlich aus der Centralsubstanz des Seitenstamraes an vielen Stellen direct ein Theil der Gewebsmasse herausgedrungen erschien und dieser in die periphere Nervenschicht hinein zu verfolgen war. Damals glaubte ich, dies Bild als eine Art Communication der Centralsubstanz des Seitenstammes mit jener Schicht deuten zu müssen. Aber es ist nichts Anderes, als wenn sich von einem Rüsselnerven ein mächtiger Strang loslöst und zu einem anderen hiuantritt. Denn das austretende Gewebe ist Binde- gewebe, das wie dort Brücken, Anastomosen bildet, hier zwischen Seitenstamm und großem Rückennerven und selbst von Seitenstamm zu Seitenstamm. Kritik und Sehluss. Nicht eine Kritik über die Nervenlehre der Wirbellosen in ihrer heutigen Entwicklung werde ich mich unterfangen, auf die voraus- gehenden wenigen Blätter hin zu üben, sondern vielmehr eine Kritik meiner Darstellung nachholen, die objectiv gehalten wurde, um ihren Gang nicht durch die fortgesetzt eingestreuten Wenn und Aber zu unterbrechen, aus der indessen vielleicht Mancher mehr und Anderes herausliest als mir lieb wäre. Da mir das Nervensystem der Ne- mertinen durch eine andere Untersuchungsmethode gut bekannt ist, so werde ich sie weniger zaghaft üben dürfen, als es ohne dies wohl möglich wäre, und sicherer den Kern der Untersuchung herausschälen. Eins greife ich sofort heraus, was ich vorhin nur streifte: es frappirte, wenn durch das Methylenblau in der Papillenschicht des Rüssels in jeder Papille eine gewisse Anzahl von Zellen sich färbt, die sich durch ihren Bau nicht von den übrigen Zellen der Papille unterscheiden und ihrem Wesen nach wie jene eine Art Drüsenzellen sind. Es ist besonders merkwürdig, dass sich nur die gewisse Anzahl bei allen Nemertinenarten bei fast allen Wiederholungen wieder einstellt. Bei Polia delineata habe ich indess, wie angedeutet, Injectionspräparate bekommen , wo in vielen der Papillen mehrere 244 Otto Bürger (2, 3 imd 4) Zellen mitsammt der angepressten Nervenzelle sich tingirt hatten. Dies Verhalten hat mir einen Fingerzeig* gegeben, es hat mir einen gleichzeitigen Nachtheil imd Vortheil der Methylenfärbung aufgedeckt. Die Färbung ist eine partielle: es färben sich nicht sämmtliche Elemente auf einmal, sondern nur einzelne, diese jedoch vollkommen, wie es sich durch ihren Bau selbst ergiebt und durch fortgesetzte wiederholte Untersuchungen bestätigt wird. So müsste bei Ampliiporus marmoratus sich ein noch dichterer Ganglienbelag im Rüssel, nach Schnitten durch denselben zu urtheilen, durch die Färbung darstellen lassen, als er erschien und so gezeich- net wurde : man würde in den Seitenstämmen eine bei Weitem größere Menge von Ganglienzellen zu erwarten haben, wenn sich sämmtliche des Belags gefärbt hätten. Aber wiederhin ist die Fülle des gefärb- ten Zellmaterials bei den verschiedenen Individuen durchaus pro- portional. So hat Drepanopliorus serraticollis thatsächlich , wie es auch schon durch Schnitte zu illustriren ist, eine dünnere Ganglien- zellreihe zwischen einem Paar von Rüsselnerven als Ampliiporus mar- moratus-^ der Drepanophorus nov. sp. mit der geringen Anzahl von Nerven hat dagegen eine bei Weitem dichtere als sein Verwandter, er zeigt sogar zwei Reihen zwischen je einem Nervenpaare ; es wird also das Verhältnis der Quantität sehr gut auch durch die Methylenblaufärbung zum Ausdruck gebracht. Indem die Färbung aber keine totale ist, besitzt sie einen größeren Werth als sie in ihrer ganzen Vollkommen- heit haben würde, da die Elemente, einzelne Zellen und Fasern, zum Ausdruck kommen und nicht ihre Gesammtheit als eine schwarz- blaue unauflösbare Masse. Es wird — ich darf dies in Hinblick auf meine früheren Untersuchungen sagen — nichts durch die Färb- methode verschwiegen, nur werden uns gewissermaßen nur Beispiele vorgeführt. Sind so von den drei Arten der Ganglienzellen im La- teraluerven vielleicht in einem gewissen Abschnitt 1:00 der mittleren, 40 der größeren und 8 der Neurochordzellen factisch vorhanden, so sah ich nur drei Viertel derselben, 75, 30, 6. Lehrreich ist es jedenfalls, und für die Beurtheilung der Fär- bung von Werth, zu controlliren, wie sie im injicirteu Gewebe eintritt. Sie setzt an allen Punkten zugleich ein, die Ganglienzellen tauchen überall auf, und nach und nach wird die Schicht, die Reihe, die sie bilden, dichter und dichter. Also die Färbung unserer Objecto war meistentheils in einem gewissen Stadium stehen geblieben ; nicht dass ich ihren Fortschritt voreilig unterbrochen hätte, ich habe mit Geduld und allen Graden von Dosen der Injectionsflüssigkeit experi- Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 245 mentirt, indess hat sich die Erhaltimg- der Gewebe verschlechtert, die Färbung nicht vervollständigt. Ich glaube nun nicht, dass Jemand sagen könnte, auch die theilweise Färbung der Nerven selbst, so der Rüsselnerveu, so wie die theilweise Tinction der gesammten Central- substanz der Seitenstämme , in welchen in beiden Fällen nur die Ceutralstränge sich stark, bezw. allein tingirten, erkläre sich durch unvollständige, partielle Färbung, wie ich sie vorhin nannte. Dem ist zu entgegnen, dass der Bau der Ceutralstränge eben so klar auf ein Bündel von längszieheuden Nervenfibrillen hinweist wie die un- gefärbte Substanz auf ein verfilztes Bindegewebe, dass ich ferner jene schon früher als Wurzelbündel und Stränge der Neurochorde be- schrieben habe. Ob sich dagegen sämmtliche Fibrillen eines Central- stranges gefärbt haben, ist eine andere Frage. Doch ich komme nach dieser Auseinandersetzung auf die Papillen- zellen, welche dazu den Anlass gaben, zurück und bemerke, dass ich mich nicht im geringsten auf ihre Anzahl steife. Ja, ich glaube vielmehr, dass eine jede Zelle der Papille gleich organisirt ist, wie die durch die Färbung herausgehobenen, jede einen Nervenapparat vorstellt. Von den Zellen des vorderen Rüsselcylinders, die mit der Außenwelt in Berührung kommen, ist das auch leicht zu ver- stehen. Und die Zellen im hinteren Cylinder, die immer in der Rüsselcavität geborgen sind? Sie werden gerade zur Zeit, wo der Rüssel als Waffe functionirt, das Secret reichlich absondern, das durch den Ductus ejaculatorius mit dem Stilett zugleich aus- gestoßen wird, denn dasselbe ist nicht in so großen Mengen im hin- teren Cylinder oder der zwiebeiförmigen Blase vorräthig, wie es aus- gespritzt wird. Also gehören doch Nerven als Erreger den Zellen auch des hinteren Rüsselcylinders zu. Diese Erklärung lässt sich auch auf die entsprechenden Verhältnisse bei den Arten von Eupolia anwenden. — Die Papillenzellen des vorderen Cylinders im Rüssel der Nemertinen wirken unmittelbar, die im hinteren erst mittelbar. Eine Beurtheilung vieler Ergebnisse der Färbmethode wurde mir durch das frühere gleiche Studium, wie gesagt, erleichtert. Den Nervenapparat des Rüssels hatte ich schon früher auf der Basis von Beobachtungen älterer Autoren eingehender studiren können. Auch hinsichtlich des Centralnervensystems fand ich größtentheils bereits Gesehenes bestätigt. So überzeugte ich mich wieder von dem alleini- gen Vorkommen unipolarer Ganglienzellen, ich verfolgte ihren Fort- satz in der Centralsubstanz , ich sah ihn als eine Faser sich dem Centralstrang beimischen und aus diesem heraus in den Hautmuskel- 246 Otto Bürger schlauch treten. Den Centralstrang habe ich früher als »Wurzel- bündel« der Nervenzweige des Seitenstammes beschrieben, ich hatte mich von ihm bereits an Längs- und Querschnitten überzeugt. Nur hinsichtlich der Neurochorde war ich zu anderen Ergebnissen ge- kommen. Ich glaube nunmehr, dass auch diejenigen der unbewaff- neten Formen einen einzigen Achsencylinder vorstellen, welcher sich nicht in mehrere theilt, wie ich dies hatte schon früher bei den bewaffneten angeben müssen. Von größtem Werthe aber waren für mich die Ergebnisse, welche Retzius durch dieselbe Methode gewonnen hatte. Buchstäblich das- selbe erwarten, hieße der Mannigfaltigkeit der Organisation auch dieses Organsystems bei verschiedenen Thiergruppen, noch dazu so entfernt stehenden, wie Crustaceen und Nemertinen, wenig Rechnung tragen ; aber es wäre auch eine tiefe Unterschätzung der erfahrungsmäßig überall verwandten Principien, ex fundamento auf anderes »Neues« gespannt zu sein. Geleitet von den Untersuchungen Retzius' fasse ich vergleichsweise zusammen. Die Ganglienzellen der Nemertinen sind einzig unipolar wie bei Asiacus, wo auch die scheinbar bi- oder multipolaren medianen Zellen nur einen Stammfortsatz besitzen. Der Stammfortsatz entspricht morphologisch unserer Fortsatzfibrille. Die Fibrille giebt feinere Äste ab, die mau im Vergleich zu ihrer Dicke als ungleichwerthige bezeichnen muss. Diese meist rechtwinklig entspringenden Aste entsprechen den Nebenfortsätzen bei Retzius. Nur ist hinzu- zufügen: hei As f actis gehen, wie ich mich bei Retzius orientirte, die Nebenfortsätze (relativ wenige) nur im Anfangsabschnitte des Stamm- fortsatzes ab, bei Cerelratuhts sah ich sie auf einer laugen Strecke entspringen; in Folge dessen waren ihrer sehr viele. Der Neben- fortsatz besitzt bei Cerebratulus nur sehr kleine Körnchen und unter- scheidet sich damit auffallend von dem von Astacus^ dessen Zweige imzählige und relativ starke Verdickungen haben. Nur die Anfangs- abschnitte der Fibrillen im Seitenstamme haben kurze knorrige Aste mit Verdickungen, welche aber den Nebenfortsätzen von Astaciis un- ähnlicher sehen als die erst beschriebenen. Dagegen besitzen die Fibrillen selbst dicht gereihte perlschnurartige Verdickungen, und es will mir scheinen, dass auch durch diese jener Contact der Fibrillen unter einander bei Cerehratulus hergestellt wird, der durch die Ver- dickungen der Nebenfortsätze bei Astacus die Verbindung der nervösen Elemente unter einander besorgen soll. Es gelang mir, die peripherisch aus dem Seitenstamm abgehenden Fibrillen in Verbindung mit den Beiträge zur Kenntuis des Nervensystems der Wirbellosen. 247 Gauglienzelleu nachzuweisen, entsprechend wie Retzius in die peri- pherisch abgehenden Nervenzweige der Ganglien Stammfortsätze der Ganglienzellen als peripherische Nervenfaser eintreten sah. Ich musste indess betonen, dass zwischen zwei Abschnitten des Stamm- fortsatzes (im Sinne von Retzius) bei Cerebratulus zu unterscheiden ist, ich redete daher von einem Ganglienzellfortsatz und einer Fort- satzfibrille. Retzius sagt, dass die Nervenfasern von Astacus und Homarus eine Scheide ohne Myelin und Einschnürungen, der außen Kerne an- liegen, haben ; ich glaube auch der Nervenfaser von Cerebratulus eine solche zuschreiben zu müssen, der jene Zellen angehören, welche die Nervenfasern begleiten, ihnen anhängen oder angedrückt sind. Die Verzweigung der Nervenfibrillen an Muskelfasern sah ich bei Drepatiophorus in ganz ähnlicher Weise, wie es Retzius von Nervenfasern, die er an thoracalen Muskelfasern des Flusskrebses verfolgt hat, abbildet. Wesentlich ist die Centralsubstanz (Punkt- substanz) des Seitenstammes von Cerebratulus von der des Bauch- markes von Astacus im Bau verschieden. Ich musste das ganz enorme Vorwiegen der bindegewebigen Grundsubstauz im Seitenstamm hervor- heben. Es fehlt die Art der Verästelung der Nebenfortsätze wie bei Astacus, wo die gesammte Masse der Centralsubstanz gerade aus den Nebenfortsätzen mit ihren Verdickungen wesentlich besteht. Alles in Allem ist die Übereinstimmung der nervösen Elemente ihrem Bau nach bei jenen Krustern und den Nemertinen unverkennbar sehr groß. Die Anordnung ist natürlich grundverschieden. Hier fehlten die Ganglien -und mithin fehlt die Isolirung der Ganglien- zellen auf solche Anschwellungen. Das mag manche Differenzirung im Gefolge haben, z. B. den Abgang der Nebenfortsätze nicht nur im Anfangsabschnitt der Fibrille, die geringe Länge und geringe Verzweigung der Nebenfortsätze , die bündelweise Centrirung der nervösen Fibrillen, die perlschnurartigen Verdickungen dieser selbst. Indem ich die neueste umfangreichere Untersuchung aus dem Gebiete der Nervenlehre der Wirbellosen zum Vergleich mit den Ergebnissen dieser kleinen Studie heranzog, habe ich zugleich Ge- legenheit gehabt zu zeigen, wie ich das Gesehene beurtheile und deute. Die unipolare Ganglienzelle hat sich uns vornehmlich beim Studium der Wirbellosen aufgedrängt, und so viel und andauernd auch ihre Existenz angezweifelt wurde, so hartnäckig ist dieselbe vertheidigt worden. In neuester Zeit haben wir nun erfahren, dass Zellen, welche 248 Otto Bürger bei den Wirbellosen als typisch bi- oder multipolai' beschrieben wurden, sich nicht, was die Art ihrer Fortsätze anbetrifift, von den unipolaren unterscheiden. Diese wie jene besitzen einen einzigen Stamm fortsatz. Den bipolaren, eventuell auch den multipolaren Charakter bekommt die Ganglienzelle lediglich, indem die Nebenfort- sätze an den Zellleib hinanrücken. Das aber ist eine Erscheinung, der kaum principielle Bedeutung beizumessen ist, und deren Eintreten mit der Lage, welche die Gan- glienzelle zur Central- (Punkt-) Substanz einnimmt, der Erfahrung nach zusammenhängt. So ist die multipolare Ganglienzelle ja dort Regel, wo Ganglienzellen und Punktsubstanz vermischt sind, eine Masse bildend; dort aber treffen wir fast ausnahmslos unipolare an, wo Ganglienzellbelag und Punktsubstanz scharf getrennt sind, jener als eine abgegrenzte Schicht diese umgiebt. Jedenfalls wird man mit den auf die Polarität der Ganglien- zellen gegründeten Bezeichnungen, wenigstens bei Wirbellosen, nicht mehr als morphologische Begriffe verbinden dürfen ; und es ist viel- leicht nur eine Frage der nächsten Zeit, ob man überhaupt wird berechtigt sein, zwischen Ganglienzellen zu unterscheiden, ob man nicht der Ganglienzelle, in welcher Form sie sich uns immer prä- sentirt, den physiologisch gleichen Werth beimessen muss. Ich gedenke der Vermuthung Retzius' betreffs des centralwärts gehenden Fortsatzes der cerebrospinalen Ganglienzelle. Bei den Nemertinen fand ich Zellen zwischen der Nervenfaser und der zu innervirenden Epithelzelle eingeschaltet. Ganz entspre- chende Zellen sind ja vielfach meist durch Maceration in allen Thier- gruppen festgestellt und erst verschiedenartig benannt worden : Kern, Ganglienzelle, Nervenzelle. Nervenzellen sollte man sie immer nennen, nie aber Ganglienzellen, denn beides sind fundamental verschiedene Gebilde. Die Nervenzelle ist als eine den Reiz leitende Zelle aufzufassen und stellt als solche keine selb- ständig reagirende dar, im Gegensatz zur Ganglienzelle, die als das eine Ende einer Leitung erregt wird und erregt, und nur in so fern leitet als sie sich anderen Ganglienzellen mittheilt. Es spricht bei den Nemertinen nichts für eine doppelte Ursprungs- weise der Nerven. Am Seifenstamm sieht man zwei Arten von Nervenfasern, die, wie geschildert wurde, jede ungemein kenntlich, nicht mit einer anderen zu verwechseln sind, regelmäßig austreten. Jede Art kann man bis zur Ganglienzelle verfolgen. Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 249 Es liegt sehr nahe, die dünne Art für sensible, ergo die kleineren Ganglienzellen gleichfalls für sensible, die dickere Faser, die der größeren Zelle entstammt, für motorisch zu halten. Diese beiden Zellenarten besitzt der Seitenstamm jeder Kemertine, während ihm die Neurochordzellen abgehen können. (Wahrscheinlich, ich gedenke dies später einmal nachzutragen, steht die verschiedene Art des Be- wegungsvermögens von Vertretern gewisser sonst nahe stehender Ne- mertinengruppen mit dem Besitz und dem Ausfall der Neurochord- zellen in Beziehung.) Die Nervenfasern, welche nun dem Nerven- netz entstammen sollen, mussteu demnach an allen meinen Objekten sich nicht gefärbt haben. Das kann ich bei meinen sonstigen günstigen Resultaten nicht annehmen, überdies existirt ein Nerven- netz im HALLER'scheu Sinne nicht. Wie außerordentlich ausgeprägt der Ganglienbelag durch die Masse der höchst charakteristischen kleinsten Zellen dort ist, wo die Nerven der Sinnesorgane entspringen, habe ich schon früher hervor- gehoben. Man ist aber auch genöthigt, anzunehmen, dass im Rüssel, den motorischen und sensiblen Nervenfasern entsprechend (beide wurden nachgewiesen), motorische und sensible Ganglienzellen vorhanden sind, obwohl sie nicht äußerlich als solche durch Unterschiede ihrer Größe sich sondern, wenigstens bei den Enopla nicht, und sich als zwei verschiedene Arten documentiren. Denn der vom Körper los- gelöste Rüssel zeigt folgende auffallende Lebenserscheinungen: er windet sich, kriecht, stülpt sich ein und aus, ein Ende schiebt sich tastend aus dem umgestülpten Rüssel vor, es klebt sich fest, es löst sich los — der Gesammtrüssel folgt kriechend. Das Alles aber erfolgt nicht etwa in mechanischer Weise, sondern in zweckentsprechender, ich möchte sagen, der Rüssel benimmt sich wie ein Thier selbst. Diese Lebenszeichen, die Tage andauern können, die so energisch und ohne jeden äußeren sichtbaren Reiz selbständig erfolgen, sind mehr als Reflexe, man kann sie nicht durch Nachwirkung erklären, sondern lediglich durch den ungemeinen Reichthum an (unipolaren) Ganglienzellen. Das Nervensystem des Rüssels ist das eines Thieres, und der Muskelapparat des Rüssels ist dem Hautmuskelschlauch nachgebildet. Der Rüssel besitzt Zellen, die als Sinneszellen dienen. So erklären sich die aufgezählten Erscheinungen. Der Rüssel besitzt ein ausgezeichnetes Nervensystem , aber es ist darum ausgezeichnet, weil es unipolare Ganglienzellen besitzt. 250 Otto Bürger Es besitzt eben Ganglienzellen und nicht nur Nerven- zellen. Es ist mitbin ein Gehirn in seiner Art, und sicher sagt man nicht zu viel , wenn man das Nervensystem des Rüssels mit einem accessorischen Ganglion vergleicht. Wie dieses steht auch das Nerven- system des Rüssels in Beziehung mit dem Gehirn als nervöser Apparat eines Organs, das dem Körper dient, es empfangt zweifellos Nerven- fasern und schickt nicht minder sicher dem Gehirn Fortsatzfibrillen zu. Überhaupt wüsste ich nichts, was das Nervensystem des Rüssels und ganz allgemein eines solchen nervösen Apparates, welcher Gan- glienzellen besitzt, von einem Ganglion unterscheiden sollte, außer der Concentrirung der Ganglienzellen und in Folge dessen der Fortsatz- fibrillen im Ganglion im Gegensatz zur Vertheilung dieser Elemente in einem Nervenapparate, wie ihn der Nemertinenrüssel uns de- monstrirt. Die Erfahrung lehrt, dass Letzteres eine ursprünglichere Orga- nisation sein wird. Wodurch ist das Gehirn aber ausgezeichnet ? Einzig durch seine Beziehungen, so zu den Sinnesorganen, nicht durch seine Elemente selbst; denn die nervösen primitiven Organe haben im Nemertinen- körper sich nicht ausschließlich zu einem Organsystem (Gehirn und Seitenstämmen) concentrirt, sondern sie sind im ganzen Körper und dessen Organen verbreitet; ich wies sie im Rüssel, den Rücken- nerven und früher am Schlundnerven nach. Mit der Decentralisation der wirkenden Elemente geht natürlich eine solche der vom Nerven- system abhängigen Wirkung Hand in Hand. Dieselbe ist hier im hohen Grade eine örtliche, d. h. directe, vom Centralsystem nur mittel- bar abhängige. — Interessant wäre es mir, zu erfahren, wie es mit dem Reichthum des Hectocotylus (an unipolaren) Ganglienzellen bestellt; ist. Neapel, im Mai 1891. Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 251 Erklärung der Abbildungen. Die Färbung sämmtlicher Objecte wurde vermittels Injection von Meth5^1en- blau erzielt und ist grüßtentlieils in entsprechenden Tönen in den Figuren wieder- gegeben. Sie wurden gezeichnet bei Zeiss Objectiv A und B mit Oc. 2 und 3. Nur bei der Wiedergabe einzelner Zellen wurde F angewandt. Tafel 14. Fig. 1 stellt die Stilettregion des Eüssels von AmpMporus marmnratus dar. Es sind nur die 8 vorderen der 16 Nerven eingezeichnet. In ihnen tritt der Centralstrang [CStr) als dunkelblaue Linie hervor. Diese werden von einem vorderen Ringe [v.R] um das Haupstilett herum zusammen- gehalten. Hier entspringen die Nerven, welche um die Basis des Haupt- stiletts einen Ring bilden. Ein hinterer Nervenring [h.R] umschließt den Ausfuhrcanal der zwiebeiförmigen Blase [Z.Bl]. Von demselben gehen von den 16 Nerven Faserzüge [FZ\ an die Oberfläche der Wand der Zwiebelblase ab, die sich zu einem Riugfaserzug [R.F.Z) zusammen- schließen. Der hintere Rüsselcyl Inder [h.R.Z) communicirt durch den Ductus ejaculatorius [Dct) mit dem vorderen Cylinder {oR2^. NSt Neben- stilett. Die Nervatur der zwiebeiförmigen Blase ist stärker vergrößert in Fig. 2, zur Anschauung gebracht, wo 2 Riisselnerven, ein Stück des hinteren Nervenringes [h.R], die von jenem vor ihr abgehenden Faserzüge {F.Z) und deren Ring [RFZ] gezeichnet sind. Sowohl von den Faserzügen als auch dem Ringfaserzuge zweigen sich Fibrillen ab, die sich zwischen Muskelzellen drängen [Fo), ihnen kommen solche von hinten ent- gegen [Fh). Fig. 3. Aniphiporus marmoratus. Vorderer Rüsselcylinder dicht vor dem Stilett- apparat. Ein Längsnerv, dessen centraler Fibrillenzug dunkler gefärbt ist, sendet Faserzüge durch die Längs- [LM] an die Ringmuskulatur (RM). Unter dieser schließen sie sich zu einer Längsbahn zusammen. Zwischen den Ringmuskelfibrillen liegt eine kleinspindelige Verdickung, von der jederseits einige Fasern ausstrahlen. Der Rüssel ist etwas gedrückt, und so ist die Längsbahn, welche, von oben gesehen, genau den Längsnerven decken müsste, seitlich verzerrt. Der Rüssel ist in dieser wie der folgenden Figur umgestülpt gesehen, die innervirte Musku- latur liegt unmittelbar unter der Papillenschicht. Fig. 4. Amphiponis marmoratus. Bezieht sich auf das vorige Bild. System der vom Centralstrang des Rüsselnerven abgehenden Faserzüge innerhalb der inneren Muskelschichten (Längs- und Ringschicht). Es sind außer der schon in Fig. 3 gezeichneten Längsbahn noch links und rechts von ihr je zwei Längsbahnen eingezeichnet, die von jener, der mittleren, stärkeren, ihren Ursprung nehmen und aus denen die wenigen Fasern heraustreten, die zwischen die Ringmuskeln dringen, die Spindel bildend. Über die Buchstaben a — e vgl. den Text. Fig. 5. Amjihijiorus marmoratus. Vorderer Rüsselcylinder. Es sind drei Rüssel- nerven dargestellt. In jedem fällt der Centralstrang besonders tingirt auf. Zwischen den Nerven sind wie die Sprossen einer Strickleiter die paarigen Granglienzellen ausgespannt. Es sind in die Ganglien- Mittheilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 17 252 Otto Bürger Zellen die Kerne nicht eingezeichnet. Das Hüllgewebe der paarigen Ganglienzellen und ihrer Fortsätze ist nur in der oberen rechten Ecke einzuzeichnen begonnen. BgK Kern des Hüllgewebes. Fig. 6. Paarige Zellen aus dem vorderen ßüsselcylinder von Amph. mar. nach der Fixirung durch pikrinsaures Ammoniak gezeichnet. Das dunkelgefärbte Hüllgewebe lässt die beiden hellblauen Zellleiber scharf hervortreten. Fig. 7. Amph. ìnarm. Ein Abschnitt eines Rüsselnerven aus dem vorderen Rüsselcylinder mit paarigen Zellen und links und rechts einer einzelnen unipolaren Ganglieuzelle. Fig. 8. Anqih. mann. Hinterer Rüsselcylinder. Es sind 5 Rüsselnerven ab- gebildet. Zwischen ihnen ist ein auffallendes Flechtwerk fast wie die Nerven selbst gefärbt. Besonders machen sich drei Querstämme be- merklich, deren oberer vom ersten Rüsselnerven rechts, deren mittlerer vom ersten Rüsselnerven links entspringt. Der untere geht von keinem der hier gezeichneten Rüsselnerven ab. lu allen Richtungen ziehen von diesen und anderen Stämmen , eben so von dem Rüsselnerven hinweg und zu ihnen hin breitere und schmale blaue Brücken. Sie tragen die Ganglienzellen und ihre Fortsätze. Fig. 9. Ein Motiv aus dem vorigen Bilde stärker vergrößert. Es wurde nur ein Rüsselnerv dargestellt. Die Mehrzahl der Ganglienzellen liegt einzeln. Es sind drei paarige Zellen, einige einzelne sehr große und viele der kleinen für den hinteren Rüsselcylinder charakteristische Ganglien- zellen zu sehen. Einige dieser sind in Fig. 10 noch stärker vergrößert gezeichnet. BgK Kern des Hüllgewebes. Fig. 11. Brepanophorus serraticollis, vorderer Rüsselcylinder. Fünf Rüsselnerven wurden dargestellt. Jeder zeigt den Centralstrang. Die paarigen Zellen liegen minder dicht als im Rüssel von Amphiporus marmoratus. Fig. 12. Ein Motiv aus der vorigen Figur stärker vergrößert. Es treten in den Hüllen die paarigen Zellen gut hervor bis auf die mittleren rechts. Die Zellen decken sich theilweise oder liegen gekreuzt. Die Fortsätze zeigen die charakteristischen Knötchen. Fig. 13 u. 14. Zwei paarige Zellen eben daher. Fig. 13 während des Verblassens gezeichnet, die Färbung der Hülle ist verloschen. Fig. 14 nach der Fixirung durch pikrinsaures Ammoniak. Die Hülle umgiebt die Zellen, nur ein Fetzen derselben hängt einem der Fortsätze an. Fig. 15. Drepanophorus nov. sp. Vorderer Rüsselcylinder. * Bei sehr schwacher Vergrößerung sind die paarigen Zellen nur als minimale Anschwellungen eingezeichnet. Eine zweizeilige Anordnung derselben zwischen einem Nervenpaar ist unverkennbar. Die paarigen Zellen liegen weit zahl- reicher zwischen den Nerven als bei Drep. serraticoUis. Fig. 16. Zwei paarige Zellen eben daher. Das eine Paar ist aus einander gerückt und wird durch das Hüllgewebe scheinbar zusammengehalten. Fig. 17. Amphiporus marmoratus, hinterer Rüsselcylinder umgestülpt gesehen. Innen liegen die Nerven [RN), zwischen ihnen einzelne unipolare Gan- glienzellen [GZ). Es folgen Längs- und Ringmuskulatur, dann die papilläre Schicht. In dieser (man beachte links den im Profil gesehenen noch etwas vorgequetschten Rand) sind lange schlanke Zellen gefärbt [REpZ], die sich ziemlich regelmäßig in der äußeren Rüsselwand vertheilen. Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. 253 Tafel 15. Fig. 18. Cerebratulus marginatus. Rüssel. Es siud der eine Riisselnerv und zahlreiche Längsanastomosen eingezeichnet. Fig. 18«. Eine Ganglienzelle aus dem Rüssel von Cerebratulus marginatus im Verblassen gezeichnet. Der Zellleib zeigt eine concentrische Structur. Fig. 19. Drejmnophorus nov. spec. Der vordere Rüsselcylinder ist umgestülpt gesehen. In jede Papille [HP] geht ein Nerv vom Rüsselnerven [UN), deren zwei gezeichnet sind, ab. UM Ringmuskelschicht. Fig. 20. Einzelne Papillen eben daher, um die Innervation vom Rüssel- nerven [RN] aus zu zeigen und die tingirten Zellen in der Papille. CStr Centralstrang; BgK Bindegewebskern. Fig. 21. Einige Papillen vom vorderen Rüsselcylinder von Amphiporus mar- moratus. Fig. 22, Polia delmeata. Rüsselpapillen [RF, von oben gesehen. In jeder ist eine Zelle [REpZ) gefärbt, an diese legt sich eine Nerven- zelle [NZ). K Kern der Rüsselpapillenzelle. Fig. 23. Einzelne Zellen aus Rüsseljjapillen von Polla delmeata. Es ist nur die Nervenzelle blau dargestellt. K Kern der Papillenzelle , NZ Nervenzelle. Fig. 23«. Zelle aus dem Drüsenepithel des hinteren Rüsselcylinders von ^m- phiporus marmoratus. Die Nervenzelle tritt zwischen die basalen Ausläufer der Drüsenzelle. K Kern dieser Zelle. Vgl. Fig. 17. Fig. 24 — 28 stellen Abschnitte und Elemente aus den Lateralnerven von Cere- bratulus vtarginatus dar. Fig. 24. Das Stück eines Lateralnerven ist leicht gepresst. Der Ganglien- belag ist in ein Hüllgewebe, das hier grau wiedergegeben wurde, gebettet. Es ist von Natur gelblichroth und hat sich nicht gebläut. Der Strang der Neurochorde [Nc) ist hellblau, derjenige der Nerven- fibrillen dunkelblau und gekörnt. Von ihm gehen die Zweignerven der Lateralnerven (Spinalnerven) ab. Sie breiten sich an der Ring- muskulatur des Hautmuskelschlauches aus imd kreuzen sich, indem sie theilweise schräg nach rückwärts und theilweise schräg vorwärts verlaufen. NcZ Neurochordzelle. Fig. 25. Wie vorher. Ein Abschnitt des Lateralnerven stärker vergrößert dargestellt. Die Ganglienzelle A gehört zur Nervenfibrille a, die unter einem stumpfen Winkel aus dem Lateralnerven heraus- uud in die Muskulatur hineintritt. Eben so sieht man , dass die abgehende Nervenfibrille b zur Ganglienzelle B gehört. Es befindet sich auch eine Neurochordzelle [NcZ) im Ganglienbelag des dar- gestellten Lateraluervenabschnittes, deren Fortsatz sich dem Strang der Neurochorde [Nc] anlegt. Fig. 26. Es sind zahlreiche Fibrillen meist bis zu den zugehörigen Ganglien- zellen zu verfolgen. Die abgehenden Fibrillen sind nicht gefärbt. Besonders stark sind dagegen die Neurochorde tingirt, zu denen der Fortsatz einer Zelle [NcZ) hinzutritt. Derselbe ist auch noch, nachdem er sich bereits jenem zugesellt hat , eine längere Strecke gut vermöge seiner dunkleren Färbung zu identificiren. Scharf tritt in X und y die Art der Verschmelzung von Ganglienzellfortsatz und Fortsatzfibrille hervor. 17* 254 Otto Bürger, Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Wirbellosen. Fig. 27. Zwei Ganglienzellen des Lateralnerven sind nebst den zugehörigen Fibrillen dargestellt. Fig. 28 giebt ein Bild von den über Kreuz vom Seitenstamm in den Haut- muskelschlauch abgehenden Nervenfibrillen. Sst. Seitenstamm (nur angedeutet). Fig. 29. Polla delineata. Aus dem Lateralnerven. Ganglienzellen des Be- lages im Zusammenhang mit Fibrillen der Centralsubstanz. Fig. 30. Drepanophorus rubrostriatns. Die Endverzweigung einer Nerven- fibrille an einem queren Muskelzug in der Kopfspitze vor dem Gehirn. Es Avurden seiner Zeit am betrefi'enden Präparat drei Nervenfibrillen vom Seitenstamni , medial entspringend über das Gehirn hinaus nach vorn bis an den beschriebenen Muskelzug ver- folgt, an welchem sie sich in gleicher Weise verästelten, wie es die Figur von der einen zeigt. Fig. 31. PoUa delineata. Rüssel. Ein Bildchen aus der sog. Nervenschicht. Fig. 32a u. 6 Folia curia. Rüssel. Durch Methylenblau gefärbte Längs-, Ring- und Diagonalfasern ILF, PF, DF] aus der Muskulatur des Rüssels nebst Zellen, m eine Ringmuskelfibrille. [Mìttheìlungen a. d. zoologischen Station zu Neapel. 10. Bd. 2. Heft. 1891.] Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. Von Anton Dohrn. Mit Tafel 16—23. 17. Nervenfaser und Ganglienzelle. Histogenetische Untersuchungen. Die zahlreichen Untersuchuugen , welche in dem letzten Jahr- zehnt das peripherische Nervensystem der Selachier zum Gegenstand hatten, wurden fast alle angestellt, um morphologische oder phylo- genetische Probleme der Lösung näher zu führen. Nur wenige Forscher bedienten sich des neuen und vorzüglichen Materials, um die vielleicht noch wichtigeren histogenetischen Probleme zu behan- deln, welche nicht nur den Ursprung und die Beziehungen der ein- zelnen Nerven und Ganglien zu den übrigen Orgauen des Körpers, sondern auch den Ursprung und die Beziehungen aller Theile und Gewebe des Nervensystems zu einander betrefifen und fundamentale Aufgaben einschließen, deren Lösung von der größten Bedeutung für Anatomie, Physiologie und wohl auch Pathologie sind. Von Hause aus waren es gleichfalls phylogenetische Probleme, welche mich beschäftigten, deren immer schwieriger werdende Lösun- gen mich indess schließlich zu intensiver Berücksichtigung der histo- genetischen Fragen drängten, und wenn, wie ich zu hoffen wage, das Nachfolgende unsere Kenntnis und Erkenntnis vom Bau und der Entstehung, ja auch von der Function des gesammten Nerven- systems fördert, so möge es Zeugnis dafür ablegen, wie wichtig auch für die sog. descriptive Anatomie und für die Physiologie die phylogenetischen Untersuchungen sich gestalten können, wenn sie 256 Anton üohrn hinreichend in die Tiefe gehen und die Lösung der gestellten Pro- bleme nur dann für gesichert halten, sobald die einzelnen Organe nicht als an sich bestehende, sondern als dem ganzen Organismus unlösbar verbundene, von ihm bedingte, mit allen übrigen Organen in Wechselwirkung stehende Dinge behandelt werden. Da aber kein Organsystem in dieser Beziehung über dem Nerven- system steht, so ward ich, je tiefer meine phylogenetischen Studien gingen, um so unwiderstehlicher dazu gedrängt, den histogeneti- schen Verhältnissen des Nervensystems meine ganze Aufmerksamkeit zu schenken. Wer die 14., 15. u. 16. Studie gelesen hat, wird erkennen, wie allmählich der Weg der phylogenetischen Forschung mich zur histo- genetischen Fragstellung führte, so dass die vorliegende Studie mit Nothw^endigkeit aus den früheren hervorging. Indess hat sie auch unabhängige Bedeutung, da sie sich mit Problemen befasst und der Lösung näher zu führen sucht , die auch mit Beiseitesetzung phylo- genetischer Gesichtspunkte von fundamentaler Bedeutung bleiben, ja zu den wichtigsten Aufgaben der Biologie gehören. Den Ausgangspunkt der nachfolgenden Untersuchungen über die Histogenese der peripherischen Nerven nehme ich von denjenigen Nerven, welche als Rami dorsales der Kopfnerven von der Vergi. Anatomie beschrieben worden sind, und die Innervirung der sog. Schleimcanäle besorgen, deren Ausbildung bei den Selachiern eine ganz besondere Höhe erreicht hat. 1. Histogenetisohe Entwicklung der Nn. bucealis, ophthalmicus superficialis p. major und des Bamus dorsalis des Glossopharyngeus. Wenn die Ganglienleiste des Kopfes sich so weit entwickelt hat, dass die einzelnen Gruppen der Ganglien deutlich hervortreten, wenn also sowohl das G. mesocephalicum (ciliare Aut.), das G. Gasseri, die einzelnen Componeuten der Facialisplatte und auch die der Glossopharyngeus- Vagusplatte in ihren ersten Umrissen ab- gegrenzt sind, so beginnt an ihnen allen ein Vorgang, der, anfänglich übersehen, in den letzten Jahren aber eben so oft behauptet wie bestritten, in seiner weittragenden Bedeutung noch von keinem Embryologeu oder Morphologen erschöpfend dargestellt worden ist : die Antheilnahme des Ectoderms außerhalb des Medullar- rohres und der Ganglieuleiste an der Bildung der sensiblen peripherischen Kopfnerven. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 257 In den frühen Stadien bis Balfour's / bleibt das Ectoderm ziemlich gleichmäßig einzellig. Es machen sich aber Unterschiede in den verschiedenen Regionen des Körpers schon frühzeitig geltend, und die Einzelligkeit des Stirnectoderms ist eine andere als die des Rumpfectoderms : jenes ist aus würfelförmig und ziemlich dicht an einander gereihten Zellen zusammengesetzt, dieses aus platten Zellen gebildet, die in beträchtlich großen Zwischenräumen ihre Kerne zeigen. Anders ist wiederum in der Kiemengegend das Ectoderm gestaltet, denn hier beginnt das anfänglich auch würfel- förmige Zellmaterial sich zu säulenförmigen Zellen umzugestalten, und was noch wichtiger ist, diese Zellen gehen zuerst dazu über, mehrschichtig zu werden. Gerade dieser Process an dieser Stelle ist aber von großer Bedeutung, und so lohnt es der Mühe, sein Zustandekommen und seinen Verlauf etwas eingehender zu schildern als es bisher geschehen ist. Der Anstoß zu den Veränderungen in der äußeren Gestalt der Ectodermzellen in der Kiemenregion ist wohl in der stärker auf- tretenden Vermehrung derselben zu suchen. Die zahlreicher werden- den Zellen platten sich an einander ab und dehnen sich in der Richtung auf die Körperachse hin aus. Aber da diese Vermehrung keine einfache Längstheilung ist, so stellen sich auch die daraus hervorgehenden neuen Zellen nicht einfach parallel den bereits be- stehenden, sondern man sieht sie, unregelmäßig gelagert, bald nach außen, bald nach innen vorspringen. Zwischen die cylindrisch ab- geplatteten drängen sich ganz kugelige Zellen, andere erscheinen konisch, wieder andere flaschenförmig ausgezogen, kurz die ganze Partie des in Rede stehenden Kiemenectoderms ist sehr unregelmäßig und fällt unter dem Mikroskop gleich durch seine dunklere Farbe auf. Diese Unregelmäßigkeit führt nun über zur Mehrschichtigkeit. Aber auch dabei unterscheidet sich das Kiemen ectoderm von den übrigen Ectodermpartien. Wenn letztere aus der Einschichtigkeit zur Zweischichtigkeit übergehen wollen, so sieht man — ich mache besonders auf die Partie hinter der letzten Kiemenspalte aufmerksam — wie allmählich die Zellen des einschichtigen Ectoderms sich über einander schieben in der Weise, dass von drei Zellen eine mehr vor- springt und von den zurückbleibenden ganz herausgeschoben wird. Natürlich handelt es sich auch dabei zunächst um eine Vermehrung der ursprünglichen Zahl der Zellen, zumal ja auch der Gesammt- umfang des Körpers wächst, mithin die Zahl der Zellen des Ecto- derms zunehmen muss, soll dasselbe dem größeren Körperumfang 258 Anton Dohrn entsprechen. Aber doeli ist dieser Vermelirungsprocess weniger in- tensiv als bei dem Kiemenectoderm , welches letztere eben auch nicht nur zwei- sondern mehrschichtig wird. Es giebt indessen auch im Bereiche des Kiemenectoderms wieder Unterschiede, welche nicht zufällig sind. An bestimmten Localitäten bleibt das Ectoderm, wenn auch ausgeprägt cylin drisch, so doch ein-, höchstens unregelmäßig zweischichtig. An anderen dagegen wird es eben so ausgeprägt mehrschichtig. An diesen Localitäten springt der Contour des Ectoderms nach außen vor, und diese Vor- sprünge sind hervorgebracht durch die dem Ectoderm angelagerten Ganglienplatten oder bereits locai gesonderten einzelnen Ganglien des Kopfes. Man findet diese mehrschichtigen Partien des Kiemen- ectoderms an den einzelnen Ganglien der Trigeminus- und Faeialis- gruppe und in fast zusammenhängender Ausdehnung neben den noch nicht ganz differenzirten Ganglien der Vagusgruppe. Außer der Mehrschichtigkeit werden diese Stellen des Ecto- derms noch durch eine andere Eigenschaft charakterisirt. Wäh- rend die einschichtigen oder zweischichtigen Abschnitte des Kiemen- ectoderms zumeist nach innen durch eine glatte Linie begrenzt werden, über welche keine der Zellen vorspringt, ist Letzteres viel- mehr die Regel bei den mehrschichtigen Partien. Blickt man ge- nauer hin, so gewahrt man, dass die an diesen Localitäten vor sich gehende stärkere Vermehrung der Zellen zur Folge hat, dass einzelne Zellen nach innen aus dem Verbände des Ectoderms sich loslösen und sich den anliegenden Kopfganglien beigesellen. Dieses Verhältnis giebt auch die richtige Auffassung über die Mehrschichtig- keit: es handelt sich dabei nicht um gleichmäßig über einander ge- schichtete Lagen, sondern um unregelmäßig durch einander geschobene Zellen , welche durch Karyokinese, vielleicht auch durch einfache Abschnürung sich vermehren und dabei statt neben einander, sich über- resp. unter einander lagern. Ob dieser Process auch an anderen Stellen des Ectoderms sich vollzieht , und welches seine Resultate sind, soll uns hier zunächst nicht weiter beschäftigen. Die aus dem Verbände des Ectoderms frei werdenden Zellen gesellen sich den verschiedenen Kopfganglien bei, d. h. sie lagern sich an ihre Außenseite an. Einen Unterschied zwischen den ursprünglichen Zellen der Ganglien und diesen neu hinzutretenden Elementen festzustellen, ist mir bisher nicht gelungen — sie sind alle ziemlich gleichgeartet , was schließlich auch nicht wunderbar ist, da ja auch die Ganglienleistenzellen , ehe sie sich Studien zur Urgeschichte des Wirbel thierkörpers. 17. 259 ZU wirklichen Ganglienzellen differenziren , nichts als Abkömmlinge des Ectoderms sind. Dieses Auswandern von Ectodermzellen in die Gan- glien- resp. Nervenanlage dauert ununterbrochen fort bis zur völligen Herstellung des ganzen Schleimcanal-Nerven- systems. Es wird nun meine Aufgabe sein, den Verlauf dieses Processes an zwei Kopfnerveu im Einzelnen darzustellen. Ich wähle dazu. Elemente der Facialis- Acusticusplatte, im Speciellen die Nervi buccalis, ophthalmicus und byoideus mit den zugehörigen Ganglien. Dabei lasse ich an dieser Stelle jede rein morphologische Betrachtung weg, und beschränke mich auf die histogenetischen Vorgänge, welche die Bildung der Ganglien und der Nerven betreffen. Die phylogenetische Bedeutung dieser Vorgänge wird in einer anderen »Studie« klar- gestellt werden. Die Facialisplatte legt sich bei Selachiern, wie bekannt, an die eingestüljite Ohrblase von vorn und unten an. Sobald das geschehen, beginnt die Ohrblase in außerordentlich reichlichem Maße eben so wie das Ectoderm Zellen an die Facialisplatte abzugeben ; die Zellwucherung der Ohrblase geht in die Formation des Acusticus ein. Dieser Process soll uns hier aber nicht weiter beschäftigen. Vor der Ohrblase liegt derjenige Theil der Facialisplatte, der sich als das Ganglion des Ophthalmicus superficialis zu erkennen giebt, welcher im erwachsenen Thiere die gesammten Schleimcanäle des Vorderkopfes bis zur Nase hinab innervirt. Auch mit diesem mächtigen Nervencomplex will ich mich zunächst nicht beschäftigen. Unterhalb dieses Ganglions, schräg nach vorn und unten gerichtet, liegt aber eine andere Partie der Facialisplatte: sie bildet die Ganglienzellen des Buccalis, und ihre Schicksale sollen Gegenstand meiner weitereu Darstellung werden. Sowohl dem Ganglion des Ophthalmicus , als auch dem des Buccalis liegt eine jener mehrschichtigen Stellen des Kiemenectoderms an, und beiden Ganglien werden sofort bei dem Beginne des Con- tactes Ectodermzellen beigemischt. Dieser Process dauert auch fort, wenn die Phänomene eintreten, die ich jetzt beschreiben und von Horizontalschnitten eines Prisfkcnfs-Emhrjo (Taf. 16 Fig. 10 — 22) und JIustehis-EmbYjo (Taf. 16 Fig. 1—9) ablesen will. Dicht hinter und unter dem Ganglion des Buccalis befindet sich der dorsalste Abschnitt der vordersten Kiemenspalte, des Spritzloches (Taf. 16 Fig. 11 — 13 K^p)- Er schiebt sich zwischen dieses Ganglion und das Ganglion geniculi (Taf. 16 Fig. 10 G(/), aus welchem der 260 Anton Dohrn N. palatìnus nach vorn und innen, der N. hyoideus nach unten und hinten abgehen, ein, so dass die beiden Abschnitte der Facialisplatte auf der Spritzlochspalte zu reiten scheinen. Dem entsprechend ist das Ectoderm an dieser Stelle und um die Zeit, von der ich spreche, einschichtig und plattenförmig, bildet also eine ziemlich dünne Mem- bran. Hingegen ist es, so weit es dem G. buccalis und G. ophthalmici superficialis außen anliegt , in der oben bezeichneten Weise mehr- schichtig, d. h. nach innen proliferirend. Das Ganglion des Buccalis steht somit eigentlich in genetischem Zusammenhange mit dem Ectoderm ; prüft man die Horizontalschnitte in ihrer Aufeinanderfolge ventralwärts, so sieht man das Ganglion gleichsam als einen integrirenden Abschnitt des Ectoderms erscheinen. Seine Zellen sind fast alle quer durchschnitten, zeigen nichts als Kern und Plasma: zwischen ihnen ist keine Spur von Mesoderm- zellen zu sehen, eben so wenig liegen freilich Mesodermzellen der äußeren Peripherie des ganzen Ganglions an: dies ist aber offenbar nur die Folge der Conservirung , welche bewirkt hat, dass die Mesodermzellen sich rund herum von diesem und allen Ganglien, eben so auch vom Medullarrohr und vielen Stellen des Ectoderms zurückgezogen haben, so dass freie Eäume um all diese ectoderma- tischen Gebilde sich finden. Die Mesodermzellen selbst bilden feine Ausläufer, die in netzförmiger Verbindung zu einander stehen. Wenn man die Schnitte der Reihe nach mustert, so sieht man, dass der Umfang des Ganglions allmählich abnimmt, natürlich auch die Zahl seiner Zellen. Aber die Anlagerung an das Ectoderm bleibt bestehen, eben so auch der künstliche Hohlraum um dasselbe. Ein paar Schnitte unterhalb des größten Durchmessers erscheint das Ganglion nur noch als eine halbkuglige Prominenz des Ectoderms: auf dem Durchschnitt zählt man ca. 20 durchschnittene Kerne. Stellt man auf den 15^t starken Schnitt aber tiefer ein, so sieht man eine beträchtlichere Verschmälerung des Umfaugs und natürlich auch eine Abnahme der Kerne eintreten , die auf dem nächsten Schnitte schon auf 5 reducirt sind. Die Richtung der Längsachse dieser Kerne war schon in dem Schnitte, welcher noch 20 Kerne enthielt, nicht dieselbe. Einige der dem Ectoderm zunächst liegenden Kerne stehen schräg, so dass von ihnen ausgehende Fasern nach vorn und unten, nicht gerade nach unten verlaufen. Auf solche Fasern trifft nun jeder weitere Schnitt, und daraus folgt, dass bereits einige der Zellen des Ganglions die Einleitung Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 261 zur Bildung der Faserbabn des Buccalis getroffen haben. Aber auch von ventraler gelegenen, und auf den Horizontalsebnitten quer ge- troffenen Zellen geben schon Fasern nach abwärts, was bewirkt, dass die Kerne auf den weiter ventralwärts gelegenen Schnitten weniger nah an einander gelegen sind, da die Faserbildung den Kaum zwischen ihnen beansprucht. Von einer Anlagerung oder gar Einlagerung von Mesodermzellen in diesen fasrigen Theil des Nerven ist aber eben so wenig die Rede, wie beidem Ganglion. Die Kerne, welche dieser Theil des Nerven aufweist, sind entweder durch Prolification von Zellen des Ganglions oder durch Prolification der Ectodermzellen, denen das Ganglion angelagert ist , entstanden, oder bereitsaus beiden Provenienzen gemischt. Diese Kerne liegen nun auf den weiter folgenden wenigen Schnitten nicht mehr alle in solcher Richtung, dass die Schnitte sie quer durchschneiden, sondern einige liegen schräg, andere parallel zur Schnittrichtung. Besonders bemerkenswerth ist, dass die letzteren an dem Innenrande des Nerven liegen und eine scharf bestimmte Grenze gegen den Hohlraum zwischen Nerv und Mesoderm bilden, mit dem sie auch nicht den geringsten Zusammenhang zeigen, wäh- rend die innere Begrenzungslinie klar bestimmt und ohne irgend welche Unterbrechung in die eben so scharfe Grenzlinie des Ectoderms übergeht. Letzteres zeigt jetzt die folgende Structur. Die Zellen, durch welche es gebildet wird, sind da, wo sie dem Nerven anliegen, meist cylindrisch, und concentrisch um einen Mittelpunkt gelagert, der außer- halb der Körperoberfläche liegt |(Taf. 16 Fig. 1 — 5 C.mfr.). Diese Oberfläche ist scharf begrenzt, während das nicht der Fall ist an den Stellen, wo das Ectoderm nichts mit dem Nerven zu thun hat. wo vielmehr jede einzelne Zelle ein Weniges gewölbt, ihren eigenen bestimmten Bezirk zeigt. Auch scheinen die cylindrischen Zellen dunkler gefärbte Kerne zu besitzen, was vielleicht nur daher kommt, dass sie näher an und über einander liegen. Das Plasma der cylin- drischen Zellen ist an beiden Polen mehr zusammengedrängt und erscheint hellglänzend, wie dasjenige, welches die Kerne im Nerven umgiebt. Nach innen finden sich den cylindrischen Zellen einige Kerne an- und zwischengelagert, welche nur Theilungsproducte eben dieser cylindrischen Zellen selber sein können: zwischen ihnen und den Kernen der Nerven ist kein Unterschied wahrzunehmen, wie 262 Anton Dohrn denn auch das hellglänzende, etwas fasrige Plasma des Nerven direct und ununterbrochen in das Plasma der cylindrischen Zellen über- geht, ohne dass irgend eine Grenze zwischen beiden Gebilden zu erkennen ist (Taf. 16 Fig. 6, 7, 16—21). Auf den nächsten Schnitten ist nun kein diiferenzirter Nerv mehr vorhanden , dass aber das Ectoderm innen eine Anzahl von runden Kernen mit hellglänzendem Protoplasma, außen zahlreiche Mitosen, dazwischen Cylinderzellen von unbestimmterer Begrenzung aufweist (Taf. 16 Fig. 8, 9, 22). Die innere Begrenzungslinie des Ecto- derms bleibt immer noch eine sehr scharfe, nach innen etwas vor- springende. So geht es wiederum mehrere Schnitte weit, dann fängt das cylindrische Epithel an, in die gewöhnliche Form überzugehen und schließlich kommen wir zu ganz normalen und keine Differen- ziruug irgend welcher Art mehr aufweisenden Ectodermverhältnissen zurück. Was ich vorstehend geschildert habe, ist die Differen- zirung eines Schleimcanals, beziehentlich Sinnesorgans mit seinem Nerven, und zwar des infraorbitalen Schleimcanals mit dem zugehörigen Nervus buccalis. Sehen wir nun zu, wie diese Differenzirung weiter geht. Ich nehme dazu wiederum Horizontalschnitte eines Pristiurus-Emhvyo aus den Stadien L M Balfour's. Die Facialisplatte hat sich beträchtlich weit vom Ectoderm nach innen zurückgezogen, Ihre Wurzelfasern haben sich gebildet und gehen zahlreich in das Medullarrohr hinein. Die Scheidung der ein- zelnen Componenten der Platte ist sehr viel mehr accentuirt: das Ganglion des Ophthalmicus superficialis ist bestimmt und weit nach vorn und oben gerichtet, das des Buccalis nach unten. Das Ein- wandern von Ectodermzellen in beide Ganglien oder in den sie ver- bindenden mittleren Theil hat aufgehört. Der durch die Conservirung verursachte Hohlraum, der sie urogiebt, ist nach wie vor sehr deutlich, nur wird er gelegentlich von Ausläufern der Mesodermzellen durch- zogen. Das Mesoderm um den Hohlraum herum ist sehr viel dichter geworden, wie überall im Körper dieses Embryos. Die Zahl der Zellen in beiden Ganglien hat sich außerordentlich vermehrt, alle sind ziemlich gleich geartet, karyokinetische Figuren sind vorhanden, aber nicht in nennenswerther Zahl. Auf dem größten Querschnitt enthält das Ganglion des Buccalis jetzt wenigstens 80 — 90 Zellen, wonach die Zahl der gesammten Zellen dieses Ganglions wohl mehr als 1000 beträgt. Studien zur Urgeschichte des Wirbeltbieikörpers. 17. 263 Auf diesem größten Querschnitt des Ganglions bemerkt mau an den Rindenzellen, welche dem Ectoderm gegenüberliegen, also an der Außenseite des Ganglions, ein etwas abweichendes Verhalten der Kerne gegenüber dem der größeren Masse. Die Kerne sind auf dem Querschnitte um weniges kleiner als die anderen und stehen etwas weiter von einander ab. Zwischen ihnen sieht man nicht nur wieder jene hellglänzende Plasmazwischenschicht, sondern sehr deutlich feine silberglänzende Körnchen, welche letztere aber, beim Heben und Senken des Tubus, sich als feinste Fäserchen zu erkennen geben. Offenbar sind dies die späteren Fibrillen der Achsencylinder. Da das Ganglion und der ganze Nervus buccalis schräg nach unten und hinten gerichtet sind, so treffen die Horizontalschnitte auch schräg auf den Verlauf dieser Fasern und man sieht sie z. Th. recht wirr durch einander nach abwärts laufen. Auf den weiter ventralwärts liegenden Schnitten verringert das Ganglion seinen Durchmesser und natürlich auch die Zahl seiner Zellen, dagegen dehnt sich die vom Schnitt getroffene Faserschicht relativ immer mehr aus, bis sie mehr als die Hälfte des Umfangs ein- nimmt, und die letzten Ganglienzellen nur noch am inneren Rande des Nerven zu finden sind. Das Ectoderm liegt, wie schon oben erwähnt, nicht mehr dem Ganglion an. Außer dem breiten künstlichen Hohlraum wird es auch noch durch eine ansehnliche Brücke von Mesodermgewebe vom Ganglion geschieden. Wie ich vermuthe, ist das Zwischenschieben dieser Brücke activ wie passiv an dieser Trennung beider, vorher innig ver- bundenen Gebilde betheiligt, und es ist wichtig, hierauf zu verweisen, da das Abrücken des Ganglions vom Ectoderm, oder des Ectoderms vom Ganglion immer weiter greift und einen sehr hohen Antheil an der Ausbildung und Ausgestaltung der ganzen Nervenbilduug nimmt, wie wir gleich des Näheren sehen werden. Die Differenzirung des Ectoderms selbst ist dabei die folgende. Das Gebiet der cylindrisch gestellten Zellen der Schleimcanalaulage schränkt sich gegenüber dem Ganglion genau auf die demselben an- liegende Stelle ein: sie behält ihren bisherigen Charakter bei; die Zellen proliferiren durch Mitosenbildung, die an der äußeren Peripherie vor sich geht, auf der inneren aber vollzieht sich die Theilung beson- ders der im Mittelpunkt der Schleimcanalaulage belegenen Cylinder- zellen, und durch Abschnürung ihrer inneren Partien entstehen neue Zellen, welche um sich jenes hellglänzende Plasma bilden, das über- haupt an diesen cylindrischen Zellen fast stets gefunden wird. 264 Anton Dohrn Außerhalb der Schleimcanalanlage hat sich das Ectoderm zur nor- malen Zweischi chtig-keit entwickelt, die äußere Schicht zeigt flach biconvexe Kerne und breitere Plasmabezirke darum, die innere ist cylindrisch und darum dichter gestellt. So erstrecken sich Ganglion und Schleimcanalanlage neben ein- ander, aber ohne sich zu berühren, nach unten, bis eine neue Com- plication eintritt, die von wichtiger Natur ist. Der Schleimcanal, welcher mit seinem inneren Contour weiter vor- springt als die benachbarten Ectodermpartien , erzeugt plötzlich eine noch größere Prominenz von hellglänzendem Plasma , und auf dem hierauf folgenden Schnitt erkennt man, dass diese Prominenz sich zu einer kleinen ovalen Platte (vgl. pag. 274) auszieht, in welcher dieselben Kerne gefunden werden, die bereits als Prolificationsproducte der Cylinderzellen der Schleimcanalanlage uns bekannt sind. Diese kleine ovale Platte ist mit ihrem Längsdurchmesser gegen den Buccalis gerich- tet, erreicht ihn aber erst auf ein paar weiter ventralwärts gelegenen Schnitten, auf denen ihre Fortsetzung als schmaler faseriger Nerv erscheint, mit einigen wenigen Kernen, die denen, welche im Schleim- canal und auch im Buccalis selbst gefunden wurden, gleichartig sind. Woher kommt diese Platte? Woher kommt dieser kleine Nerv? Er ist zunächst eine Folge des eben erwähnten Abrückens des Ganglions und des Nervus buccalis vom Ectoderm, von der Schleim- canalanlage, bildet aber den ersten Anfang der vielen späteren Äste, mittels deren der Buccalis mit den Sinnespapillen des infraorbitalen Schleimcanals in stetiger Verbindung bleibt. Sein Zustandekommen und damit das Zustandekommen all der zahllosen Nervenäste, groß und klein, welche die Tausende von Papillen und Ampullen des ganzen Schleimcanal- und Seitenlinien- systems mit den Stämmen des Ophthalmicus superficialis, des Buc- calis, des Maxillaris superior, der Rami dorsales des Glossopharyngeus, des Vagus und des Lateralis verbinden, begreift sich auf die folgende, allereinfachste Weise. Wenn die Stämme dieser Nerven durch Anlagerung der bezüg- lichen Ganglien an das Ectoderm und durch Wucherung dieses letz- teren anfangen, sich zu bilden, so bleiben einige der wuchernden Zellen der Schleimcanalanlage doch in Berührung mit dem Nerven, während das Ganglion und nach und nach auch der Stamm des Nerven sich von dieser Anlagerung an das proliferirende Ectoderm frei machen und Mesodermelemente zwischen beide sich einschieben. Diese Berührungsstellen scheinen in mehr oder weniger regelmäßigen Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 265 Intervallen bestehen zu bleiben , und an ihnen erfolgt eine fort- dauernde Zunahme der Zellen theils durch weitere Prolification vom Schleimcanal aus, theils durch Karyokinese der bereits vom Schleim- canal abgegliederten Zellen, vielleicht auch, wie mir manchmal ge- schienen hat, durch einfache directe Theilung eben dieser abgeglieder- ten Zellen. Je weiter nun der Nerv vom Ectoderm abrückt, manchmal einfach nach innen, manchmal aber auch nach unten oder nach oben, nach vorn oder nach hinten, was von anderen Umständen abhängt — um so mehr zieht sich dieser Verbinduugszweig zwischen Schleim- canalanlage und Nervenstamm aus. Das Material hierzu liefern eben die vorhin erwähnten Proceduren der Zellvermehrung. Die dünnste Stelle der Verbindung zwischen Hauptnerv und Papille ist fast immer die, wo der Nervenzweig sich dem Hiiuptstamm verbindet: sie ist auch zugleich die älteste Partie, welche die zuerst aus dem Schleim- canal ausgetretenen Zellen enthält; alle weiter peripheriewärts ge- legenen sind später erschienen, da die Zunahme der Zellen, abgesehen von den im Laufe des Nerven geschehenden Theilungen an der Peripherie, im Mutterboden der Schleim- canalanlage selbst stattfindet. An dem hier behandelten Embryo ist erst dieser eine oberste Zweig entstanden: er ist noch sehr kurz, und gleich unter seiner Vereinigung mit dem nach unten fortwachsenden Hauptstamm legt sich dieser wiederum der Schleimcanalanlage dicht an, oder hat sich, richtiger gesagt, aus dieser Lage noch nicht frei gemacht, sondern wächst mit ihr zusammen ventralwärts stetig weiter. Dabei ist die Schleimcanalanlage dem Nerven immer um einige Schnitte voraus, was sich leicht begreift, weil die fortschreitende Differenzirung des Ectoderms zunächst die Schleimcanalanlage producirt und dann erst diese aus sich die Prolification der — ich will sie von jetzt an ein für allemal so nennen — Nervenzellen vornimmt. Ehe ich aber weiter gehe, habe ich noch zwei weitere Punkte hervorzuheben, die für das Verständnis der gesammten Nervenbildung von Bedeutung sind. Zunächst möchte ich darauf aufmerksam machen, dass der eben beschriebene kleine Nervenzweig von seinem Endorgan, dem Schleim- canalepithel, nach abwärts gerichtet ist, und erst zwei bis drei 15 ^t messende Schnitte später in den Hauptstamm einmündet. Diese Ein- rnündungsstelle lag aber von Anfang an in dem Schleimcanalepithel gerade an derselben Stelle, wo auch jetzt der Zweig noch mit dem Epithel in Berührung steht. Der Stamm muss also selbständig 266 Anton Dohrn abwärts gerückt sein; woraus folgt, dass er uicht nur an seinem Ende durch Apposition immer weiterer, aus dem Scbleimcanal resultirender Zellen weiter wächst, sondern auch durch Dehnung, resp. Ver- mehrung derjenigen Zellterritorien zunimmt, welche ihn von Anfang an herstellten und nicht mehr durch Einwandern weiterer Ectoderm- zellen sich ausdehnen können. Sein Wachsthum ist also von vorn herein ein doppeltes : eines ist rein terminal , das andere geschieht auf der ganzen Ausdehnung des Nerven. Offenbar sind beide Pro- cesse auch bei dem Wachsthum aller seiner Äste und Zweige, der wie vielten Ordnung auch immer, geltend. Dass er auch schließlich im Querschnitt wächst, wird an anderer Stelle zur Sprache kommen und auf einfache Weise erklärt werden. Der zweite Punkt, auf den ich hinweisen möchte, betrifft die Bildung anderer Zweige und Äste aus demselben Ganglion, aus wel- chem der Buccalis mit all seinen späteren Ästen und Zweigen hervor- geht. Ich finde nämlich einen Zweig, der bereits oberhalb des eigent- lichen Buccalisstammes an sein Ganglion sich begiebt imd nicht in dem Schleimcanal endet oder aus ihm entspringt, welcher als Mutterboden des gesammten Buccalisgebietes anzusehen ist. Offenbar stammt dieser isolirte Zweig aus Ectodermzellen her, welche ursprünglich in breiterer Anlage sich dem Ganglion buccalis angelegt hatten und nun weiter rückwärts als der eigentliche Canalis infraorbitalis ge- legen sind. Auch diese Erscheinung hat eine allgemeinere Bedeutung, als bisher gewusst worden ist, und weiter unten werde ich bei Be- sprechung des gesammten sensiblen peripherischen Endnetzes auf sie näher eingehen. Anlässlich dieser letzteren Erscheinung möchte ich aber gleich Diejenigen, welche sich die Nachuntersuchung der -hier geschilderten Vorgänge angelegen sein lassen wollen, darauf aufmerksam machen, dass die Buccalisbildung kein so localisirter Vorgang ist, dass nicht Verwechslungen eintreten könnten. Es begiebt sich nämlich neben •dem Buccalis auch der R. maxillaris inferior in diese Gegend, und mannigfaltig sind die Kreuzungen, und darum wahrscheinlich auch die Varianten und Plexusbildungen, welche zwischen diesen Nerven statt- finden. Es wird Aufgabe weiterer morphologischer Detailforschung sein, für diese Nerven und die ihnen als Mutterboden zugehörigen Theile des Caualsystems eine gewisse Norm aufzustellen, falls eine solche besteht. Nachdem jener erste kleine Zweig die Verbindung mit dem Stamme erreicht hat, zeigen die weiteren Schnitte diesen letzteren Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 267 fortdauernd der Selileimcanalanlage dicht anliegend, aber docli von derselben schon geschieden. Nur einige Male scheinen beide in zel- ligem Contact, ja sogar verschmolzen zu sein, und sicherlich sind das solche Stellen, aus denen später wieder ein Zweig abgehen wird, sobald der Stamm weiter vom Ectoderm abrückt. Erst auf seiner untersten Partie, in der nächsten Nähe des Mundrandes liegt der Buccalisstamm dem Schleimcanalepithel in director Berührung an. Man erkennt ein halbes Dutzend durchschnittener Nervenkerne und zugleich eine fast gerade Berührungs- um nicht zu sagen Begrenzungs- fläche zwischen Nerv und Schleimcanal. Unterhalb dieses Schnittes senkt sich der Nerv tiefer in das Ectoderm ein und endet schließlich in derselben Weise wie im vorigen Stadium auf einem dorsalwärts höher gelegenen Schnitte, während der Schleimcanal sich noch ein Paar Schnitte weiter verfolgen lässt. Ich lasse nun die Beschreibung eines dritten, um Weniges weiter entwickelten Stadiums der Prtótó^rws- Entwicklung folgen. Der Umfang der Facialisplatte ist nach allen Richtungen ge- wachsen, ihre Componenteu weichen weit aus einander. Gleichzeitig ist auch die Infraorbital- Schleimcanalanlage dorsal- wie ventral wärts fortgeschritten , auch haben sich benachbarte Partien des Ectoderms ähnlich ausgebildet, so dass mehrere Reihen von Papillen und Am- pullen allmählich angelegt werden. Ganglion und Nerv haben sich noch weiter vom Ectoderm ab- geschoben, das zwischengetretene Mesoderm ist dichter geworden. Im Zusammenhange damit sind die Zweige, welche sich zwischen Schleimcanalepithel und Nerv, buccalis bilden, zahlreicher geworden, wie auch die ursprünglichen sich länger ausgezogen haben. Zugleich siejit man auch Zweige von den neuen Schleimcanalanlagen an den N. inframaxillaris herantreten (Taf. 19 Fig. 1 — 6). Die Rich- tung dieser Zweige ist nicht ohne Interesse. Sie verlaufen nämlich an ihrer breiteren peripherischen Partie theils im Ectoderm, theils demselben nahezu parallel, ehe sie abbiegen und sich ihrem Nerven- stamm einfügen; sie haben also eine sehr viel schrägere und längere Bahn zu durchlaufen, als die des Buccalis, und, — was noch auf- fallender ist — sie gehören einem Nervenstamm an, der von Hause aus vor den Facialiscomponenteu liegt, während die Zweige doch aus Schleimcanälen herstammen, die hinter dem Buccalis- Schleimcanalsystem liegen. Diese auffallende Verbindung hinterer Ectodermpartien mit vorderen Nerven machte mich argwöhnisch, ob überhaupt eine Regel in diesen Verbindungen zu erkennen sei ; Mittlieilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. 10. Bd. lg 268 Anton Dohrn desshalb verfolgte icli sehr sorgfältig die beginnende Zweigbildung all' dieser Schleimcanalnerven. Ich konnte dabei constatiren, dass aus derselben Schleimeanalaulage Zweige an ver- schiedene Nervenstärame abgegeben werden, und dass derselbe Nerv Zweige aus verschiedenen Schleimcanälen empfängt. Dies scheint darauf zu deuten, dass außer den Zweigen, welche von vorn herein bei dem Auseinanderweichen der Nerven und der zugehörigen Ectodermpartien als Brücken zwischen beiden bestehen bleiben und sich allmählich in die Länge ziehen, noch andere Zweige selbständig vom Ectoderm gegen das Innere zu wachsen und sich mit denjenigen Nerven secundär verbinden, welche sie auf ihrem Wege finden. Ob dabei irgend ein noch unbekanntes Agens diesen beginnenden Nerven den Weg zeigt, mag dahingestellt bleiben. Vielleicht giebt diese Erscheinung einen Fingerzeig, wie Plexusbildungen zu Stande kommen, und wie es leicht geschehen kann, dass die größte Variabilität dabei herrscht. Der Stamm des Nervus buccalis verläuft schließlich wiederum im Ectoderm , wie bei den vorigen Stadien, nur ist die Localität noch etwas ventraler zu finden als früher, greift sogar auf den spä- teren Oberkiefer über, und geht bis in die Nähe der Nase. Was man also — beiläufig bemerkt — in der vergleichenden Ana- tomie bisher N. buccalis nannte, sind peripherische Äste sowohl des N. buccalis (aus der Facialisgruppe) als auch des N. inframaxillaris (aus der Trigeminusgruppe) . In dem Vorstehenden habe ich in großen Zügen die Art und Weise dargestellt, wie das Ectoderm sich an der Bildung eines der sensiblen Nerven betheiligt. Aus dieser Darstellung folgt, dass bei Selachiern nicht bloß die sog. lateralen Ganglien Beard's, von mir Nebenganglien genannt,- aus dem Ecto- derm hervorgehen, sondern dass aus ihnen die Nerven- stämme mit all ihren Ästen und Zweigen sich bilden. Ich will nun versuchen, diesen letzteren Process durch Beschrei- bung der Verhältnisse an einem anderen Schleimcanal und auch eines anderen Embryo noch klarer zu machen. Ich wähle dazu einerseits einen bedeutend selteneren Embryo von Centrina Sahianii^ der bereits beträchtliche äußere Kiemenfäden besitzt, andererseits den Schleim- canal des Glossopharyngeus, der, auf Horizontalschnitten verfolgt, die Entstehungsweise der ersten Nervenzellen und Nervenfasern sehr gut erkennen lässt. Der Glossopharyngeus-Schleimcanal hat sich bereits dorsalwärts Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 269 bis auf die Höhe der Mündung des Aquaeductus vestibuli entwickelt und liegt natürlich etwas analwärts von dieser. Ein Horizontalschnitt durch das noch höher liegende dorsale Ectoderm zeigt die beiden es bildenden Zellschichten als plattenförmiges Epithel : die innere mit enger an einander liegenden abgeplatteten Zellen, die äußere mit etwas weiter von einander entfernten Zellkernen. Der erste Schnitt, welcher den gegen dieses Epithel auslaufenden Schleimcanal trifft, zeigt die äußere Schicht mit ihren gerundeten Kernen schräg durchschnitten, die innere Schicht dagegen bereits im Begriff, sich zu langen cylindrischen Zellen umzugestalten, zwischen deren inneren Enden kleinere runde Zellen sich erkennen lassen. Die Kerne sind länglich und die Zellen im Ganzen erscheinen etwas dunkler gefärbt, als die umliegenden Epithelien. Auf dem nächsten Schnitt ist das in noch höherem Maße der Fall ; die Richtung der einzelnen cylindrischen Zellen ist conceutrisch gegen einen außerhalb des Embryo gedachten Mittelpunkt gerichtet. Die äußeren schmalen Enden der Cylinderzellen sind von hellem, ungefärbten Inhalt erfüllt, die äußere Epithelschicht scheint auf- gehört zu haben ; an ihrer Stelle findet sich hier und da eine größere Zelle mit Kerntheilungsfiguren. Die innere Grenze der Cylinderzellen ist unbestimmt, manche Zellen ragen über die anderen hervor, da- zwischen sind kleinere runde Zellen, und da der Schnitt schräg gegen die Achse der Cylinderzellen gefallen ist, so geht auch das Mesoderm unregelmäßig in die Grenze des Schleimeanalgebietes hinein. Die inneren Cylinderzellen stehen senkrecht zur Sagittal- ebene des Körpers, während die äußeren, je weiter entfernt von der Achse des Schleimcanals sie liegen, in um so spitzerem Winkel gegen dieselbe gerichtet sind. Auf dem nächsten Schnitt erscheint der Schleimcanal in breiter Anlage in seiner anfänglichen Gestalt als Lager von 20 — 30 cylin- drischen Zellen, deren äußere Oberfläche glatt und scharf begrenzt ist, als wären sie abgestutzt, deren äußere Zellenden matt glänzend erscheinen, während ihre Kerne dunkler gefärbt sind, als die Kerne des übrigen Ectoderms und besonders als die des Mesoderms. Der innere Rand des Schleimcanals beginnt nun auch scharf begrenzt zu sein, und der Inhalt aller Cylinderzellen ist an den inneren Polen der Zellen gleichfalls glänzend. An der mittleren Partie ragt der innere Contour etwas gegen das Mesoderm vor : diese Vorragung wird bewirkt durch eine Differenzirung der Cylinderzellen. Es finden sich nämlich gerade an der am meisten nach innen vorspringenden 18* 270 Anton Dohrn Partie zwei Zellen, welche nicht cylindriseh, sondern rund erscheinen. Ihr Kern ist umgeben von jenem mattglänzenden Plasma; hebt oder senkt man den Tubus, so erkennt man, dass diese Zellen im Quer- schnitt zu ihrer Längsachse getroffen sind, denn ihr Kern und ihr Plasma verlängert sich nach beiden Seiten bei Senkung und Hebung. Gegen das Cylinderepithel sind beide Zellen ziemlich scharf ab- gegrenzt, so dass es den Eindruck macht, als schöben sie die Cylinderzellen aus einander. Auch nehmen diese Zellen nur die Hälfte der Breite des Schleimcanals ein, die äußere Hälfte wird von den Cylinderzellen gebildet, welche durch diese inneren Zellen etwas aus einander gedrängt werden. Auf dem nächsten Schnitt sieht man, wie die Plasmakörper dieser beiden Zellen den Schnitt als glänzende Cylinder durchziehen, gleichzeitig aber eine dritte ähnliche Zelle zwischen sich fassen, deren Kern in diesem Schnitte liegt. Im folgenden Schnitte erscheinen wieder solche glänzenden durchschnittenen Cylinder und wieder andere Kerne mit ähnlicher Plasma-Umgebung. Auf dem folgenden Schnitt sieht man, wie einer dieser glänzenden Cylinder aus dem Verbände des Schleimcanals nach innen hervor- tritt, aber gleich zwischen Schleimcanalcoutour und Mesodermmasse einen Kern aufweist, welcher dunkler gefärbt ist, als die umliegenden Mesodermkerne, mit diesen aber in keinerlei Faserverbindung steht Beim Heben und Senken des Tubus erkennt man, wie der glänzende Cylinder schräg gerichtet ist, so dass er schief aus dem Verbände des Schleimcanals gegen den eben beschriebenen dunklen Kern ver- läuft. Ein anderer glänzender Cylinder macht es gerade eben so, aber sein Verlauf ist auf dem vorliegenden Schnitte noch ganz inner- halb der Schleimcanalanlage , der zugehörige Kern liegt im vorigen Schnitte. Noch ein dritter derartiger Cylinder ist auf diesem Schnitte getroffen, auf der tiefsten Ebene desselben sieht man ihn, wie er fast parallel mit der Schnittebene den Schleimcaual verlässt und auch gleich mit einem außerhalb desselben, aber auch frei zwischen Schleimcanal und Mesoderm liegenden dunklen Kern zu- sammengeräth. Auf dem nächsten Schnitte ist nun das Bild bereits wesentlich klarer. An verschiedenen Stellen nahe dem inneren Contour sieht man im Schleimcanal feine, glänzende, beim Heben und Senken des Tubus sich schlängelnde Cylinder, auch einzelne runde Kerne am Boden der Cylinderzellen, innen aber, zwischen der Schleimcanal- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 271 anläge und dem Mesoderm trifft man auf eine ovale Masse, welche aus mehreren jener dunkleren Kerne und durchschnittenen glän- zenden Cylindern besteht. Diese ovale Masse ist die Fortsetzung der auf dem vorigen Schnitte außerhalb des Schleimcanals gefun- denen zwei glänzenden Cylinder mit zugehörigen Kernen. Auch einige der eben erwähnten neuen glänzenden Cylinder sieht man bei hinreichender Senkung des Tubus in der Richtung auf diese ovale Masse zu sich schlängeln, andere verlassen selbständig den Schleim- canal, und werden auf dem nächsten Schnitt gleichfalls mit Kernen in Verbindung außerhalb des Contours des Schleimcanals gefunden. Auf dem folgenden Schnitt sieht man nun die ovale Masse strangförmig sich durch die Dicke des Schnittes ( — all diese Schnitte sind ziemlich alten Datums, ich glaube aus dem Jahre 1884, und sind 15 [X dick — ) fortsetzen, aber nicht gerade nach unten, sondern in gebogenem Verlaufe. Vier weitere Kerne werden in ihr beobachtet und die dazu gehörige glänzende Substanz. Auf dem nächsten Schnitt zerfällt dieser Strang in kleinere Stränge, deren jeder einen Kern und einen zugehörigen glänzenden Cylinder zeigt. Aber gleichzeitig gehen wieder aus verschiedenen Bezirken der Schleimcanalanlage neue Cylinder hervor, und man sieht auch weitere Kerne zwischen dem Cylinderepithel des Schleim- canals daliegen oder auch im Heraustreten begriffen. So geht es noch eine Reihe von Schnitten weiter fort, bis die scharf bestimmte Gestalt der Schleimcanalanlage wieder aufhört und einer indifferenteren Bildung des Ectoderms weicht, die sehr an die oben beschriebenen Dififerenzirungsstadien für den Beginn des dorsalen Theils des Schleimcanals erinnert, so dass dieser an beiden Enden ähnlich gestaltet erscheint. Aber ein Unterschied ist doch zu bemerken. Dem ventraleren Theil des Canals liegt ein deutlicher Nerv an, der aus jenen dunkleren Kernen mit den glänzenden Cylindern sich zusammen- geballt hat und Schnitt für Schnitt weiter ventralwärts verfolgt werden kann. Er entfernt sich anfänglich nur sehr allmählich vom Ectoderm, dann aber plötzlich sehr stark und geht quer durch das Mesoderm und über dem Blutsinus, der die Kiemenganglien umspült, an das Ganglion des Glossopharyngeus heran, dessen sog. Ramus dorsalis er vorstellt. Was eben geschildert worden ist, steht durchaus im Einklang mit den vorhergehenden Darstellungen der Bildung des R. buccalis und seiner Aste hei Pristiurus . Auch bei Centrina und an dem 272 Anton Dohrn Glossopharyngeus wiederholt sich die fundamentale Er- scheinung, dass das wuchernde Ectoderm der Schleimcanäle den Mutterboden für den wachsenden Nerven bildet. Ich will mich nun dazu wenden, den weitergehenden Process der Art und Zweigbildung eines dritten und zwar des größten all der Schleimcanalnerven zu schildern : des N. ophthalmicus super- ficialis und des dazu gehörigen, gewaltig ausgedehnten Systems des Canalis supraorbitalis resp. frontalis. Die Schilderung soll von den- selben Centri?ia- 'Embryonen abgelesen werden, welche eben be- handelt worden sind. Der N. ophthalmicus superficialis entsteht aus dem vordersten und zugleich dorsalsten Ganglion der Facialisplatte, welches in reicher Entfaltung seine große Zahl von Ganglienzellen über dem Auge gegen die Stirn zu nach vorn entsendet und mit mächtigem Nervenstamme in großem Bogen bis hinab zur Nase reicht. Wie bei den übrigen Ganglien trifft man auch bei diesem an- fänglich eine dichte Anlagerung und Verschmelzung mit dem Ecto- derm ; ja früher und leichter als bei irgend einem anderen Ganglion erkennt man, wie die Faserbildung gleich von Anfang an auf Kosten des Ectoderms zunimmt. Auf Horizontalschnitten eines Pristiurus- Embryo sieht man den beginnenden N. ophthalmicus im Inneren des Ectoderms entlang laufen. Auf diesem Verlaufe enthält er eine ganze Anzahl von Kernen, immerhin aber doch viel weniger als die Zahl der Ectodermzellen beträgt, an denen er vorüberzieht (Taf. 16 Fig. 10 Sup.orb.). Ich habe früher dieses Eingelagertsein des Nerven in das Ecto- derm als ein Durchwachsen der vom Ganglion ausgehenden Fasern durch das Epithel angesehen , wie es auch von Balfour geschah : die Kerne nahm ich als angelagerte Mesodermkerne in Anspruch und zweifelte so wenig an der Richtigkeit dieser Auffassung, dass ich sogar die von anderer Seite behauptete »Abspaltung« des Nerven vom Ectoderm als eine nicht zu verstehende Ausdrucksweise ansah. Eben so ging es mir mit der Faserbildung des Lateralis. Ich habe jetzt, auf die hier dargelegten, wie mir scheint, aus- schlaggebenden Beobachtungen gestützt, meine Meinung völlig ge- ändert, und muss desshalb auch schon die ersten in den auswachsen- den Ophthalmicus eingelagerten Kerne als zum Theil aus dem Gan- glion, zum anderen Theil aber aus dem Ectoderm stammend ansehen. Bei späteren Stadien löst sich natürlich auch das Ganglion und der Nervenstamm aus dem unmittelbaren Contact mit dem Ectoderm Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 273 los und sinkt mehr und mehr in die Tiefe. Bei diesem Process bilden sich wieder eine große Zahl von Ästen, ja wohl eine größere als bei irgend einem anderen Schleimcanalsystem, zufolge der enormen Vermehrung der Papillen und Ampullen , welche von der Stirn bis zur Nase hinab ein fast unentwirrbares Knäuel von Canälen und Nerven bilden. Die obersten, d. h. dorsalsten dieser Zweige sind diejenigen, welche das Ganglion des Ophthalmicus an derjenigen Stelle mit dem Ectoderm in Verbindung halten, wo es sich von dem ventralwärts absteigenden Ganglion des Buccalis trennt. Dieselben sind auch wiederum charakteristisch für die leichte Entstehung von Plexus- bildungen. Während diese Zweige sich dem Ganglion direct anfügen, er- kennt man gleich auf weiter stirnwärts gelegenen Querschnitten die ersten und ziemlich langen Zweige an den obersten Anlagen der Schleimcanäle. Es ist bemerkenswerth , dass einige dieser Zweige noch feiner und jünger erscheinen, als die weiter nach vorn, also dem mehr peripherisch gelegenen Theile des Ophthalmicus angehörenden. Dass man daraus schließen soll, sie hätten sich später ausgezogen, er- scheint mir aber doch gewagt. Wir werden weiterhin sehen, dass die Loslösung des Nervenstammes vom Ectoderm nicht regelmäßig vom Ganglion als Anfangspunkt bis zum terminalen Ende des Nerven fortschreitet, sondern hier und da rascher, an anderen Stellen lang- samer geschieht. Es ist desshalb sehr wohl möglich, dass auch dieser basale Theil des Nerven länger dem Ectoderm angelegen hat, und dass desshalb die dorsalsten Zweige weniger differenzirt sind, als weiter terminal gelegene; sie könnten aber auch später gebildet sein, zumal mehrere von ihnen Zweige zweiter und dritter Ordnung zu sein scheinen. Gleich auf diese feineren, meist nur 1 — 2 Fasern starke Zweige folgt ein sehr langer Zweig, der wohl 4 — 6 Fasern stark ist. Man muss aber mehrere Schnitte frontal wärts gehen, um seine Einmündung in den Ophthalmicus zu finden, woraus folgt, dass auch dieser Zweig schon einen geschwungenen Verlauf nimmt (Taf. 17 Fig. 9 Sup.orb.). Für Denjenigen, welcher diese Beobachtungen wiederholt, sei es auch an Embryonen einer anderen Selachierart , will ich gleich eine kleine Warnung hinzufügen. Neben dem Stamme des Ophthal- micus superficialis liegt ein Weniges weiter nach innen der Stamm des Nasociliaris oder Ophthalmicus profundus (Taf. 17 Fig. 9 Ophth. 274 Anton Dohrn prof.). Beide Stämme sind von nahezu gleicher Stärke, beide haben auch gleich complicirt gebildete terminale Verzweigungen. Bisher habe ich noch keine Vermischung ihres Fasernetzes gesehen, halte es aber doch nicht für unmöglich, dass eine solche stattfindet. Man möge sich aber nicht irre führen lassen, wenn man abgeschnittene Zweige des einen oder des anderen ins Auge fasst: ihre Verbrei- tungsbezirke im Ectoderm sind offenbar sehr geschieden. Einen Unterschied aber möchte ich hier andeuten: im Nasoeiliaris findet man auch noch in terminaleren Partien des Stammes echte Ganglien- zellen, beim Ophthalmicus superficialis habe ich bisher keine Spur davon gefunden. Die ursprüngliche Entstehung des Nasoeiliaris aus Zellen der vordersten Partie der Trigeminusplatte macht das verständ- lich, wie ich es in einer si>äteren Studie ausführlicher darlegen werde. Der Ophthalmicus superficialis tritt nun immer näher an das Ectoderm heran, und so kommt mau auf Querschnitten an diejenige Region, wo er, dem Ectoderm beinah angelagert, nach unten hinab- steigt. Durch den Embryo gelegte Querschnitte müssen ihn desshalb fast der Länge seines Laufes nach treffen. Das geschieht auch, und man kann deutlich sehen, dass er, nur durch wenige Mesodermzellen ge- trennt, neben dem gleichfalls der Länge nach durchschnitteneu Canalis supraorbitalis liegt (Taf. 17 Fig. 1). Das Epithel dieses Canalis ist bereits deutlich zu auf einander folgenden Papillenanhängen diffe- renzirt: im Ceutrum jeder Papillenanlage (Taf. 17 Fig. 1 Pap) liegen mehrere Schichten runder Zellen, um sie herum stehen sehr zahlreiche, gebogene, aber doch schmale, stab- und stilettförmige Zellen, welche gegen das Centrum convergiren, so dass eine so durchschnittene Papillenanlage wie die Knospe einer eben sich öffnen wollenden Rose oder Camelie aussehen, nur mit dem Unterschiede, dass die äußeren Blätter schmal und gekrümmt stäbchenförmig erscheinen, während die inneren kegelförmig gestaltet sind (Taf. 17 Fig. 2 Pap.). Da ich mich an dieser Stelle mit der inneren Structur und Differenzirung der Papillen und Ampullen nicht beschäftigen will, so übergehe ich Alles, was auf dieselben weiter Bezug hat: nur darauf kommt es mir hier an, die Beziehungen dieser Organe zu den Zellen aufzuklären, welche den dazu gehörigen Nerven bilden. Es ist freilich kaum möglich, darüber zu ganz sicheren und detaillirten Einsichten zu gelangen, in so fern es zweifelhaft bleibt, welche Zellen der Schleimcanalanlage , resp. der Papillen und Ampullen den Mutterboden der fort und fort neu producirten Nervenzellen ab- geben : ob die runden centralen Zellen, ob die gebogenen Stäbchen- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 275 förmigen peripherischen, oder ob drittens noch ein anderes Element hinzutritt: indifferentere benachbarte Ectodermzellen. Indessen wird sich hoffentlich bald Gelegenheit finden, auch diese Frage zu lösen und die Entwicklung und Differenzirung des Ectoderms zu Schleim- und Seitencanälen , resp. zu Drüsen- und Sinneszellen eingehend darzustellen. Hier begnüge ich mich mit der folgenden Angabe. Schon auf früheren Stadien ließ sich constatiren, dass an der Basis jeder späteren Papille, zuerst innerhalb der Epithelschicht, nachher zwischen ihr und der anliegenden Mesodermmasse die Nervenzweige mit einer kleinen rundlich ovalen Zellanhäufung (vgl. pag. 263) beginnen, die sich dann zu ein oder zwei Zellen starken Zweigen ausziehen und den Stamm erreichen . An dem vorliegenden, schon weiter fortgeschrittenen Supraorbital- Canalsystem haben sich diese Zellen bereits vermehrt, wie denn auch aus solchen stärkeren terminalen Klümpchen von Nervenzellen stärkere Zweige hervorgehen und sich dem Stamme anfügen. Taf. 17 Fig. 2 bis 5 zeigt drei solcher Bildungen. Aus diesen Klümpchen gehen feine Fasern zu den Zellen jedef anliegenden Papillenanlage ab, — mit welchen ihrer Zellen sie sich in Verbindung halten, lasse ich, wie gesagt, hier auf sich beruhen. Dieses Stadium der Papillen- und Nervenbildung soll nun den Übergang bilden zur Darstellung des weiteren Schicksals je einer Papille und ihres zugehörigen Nervenzweiges. Die Entwicklung der Papillen setzt sich durch viele Stadien fort. Wenn einige Papillen bereits einen lang ausgezogenen Gang haben, befinden sich andre noch in dem allerersten Anfang ihrer Anlage, und nach ihnen bilden sich noch viele aus, die einstweilen noch im Ectoderm nur potentia vorhanden sind. Ich will hier den Beginn einer solchen Papille von einem bereits beti'ächtlich weit entwickelten Embryo von Pristiurus kurz beschrei- ben. Die Papillen — es liegen vier neben einander — stellen eine knopfförmige, nach innen gerichtete Verdickung der inneren Schicht des Ectoderms dar. Diese innere Schicht ist aber selbst wieder zwei- schichtig, und so ist auch die beginnende Papille mit zweischichtigen Wandungen ausgestattet. Ein eigentliches Lumen existirt noch nicht, an einer oder der anderen Papille erkennt man aber einen schmalen Centralspalt , aus welchem später das Lumen wird, welches dann auch nach außen sich öffnet. Die Zellen, welche die Wandung bilden, sind einfache, cubische, an einander abgeplattete Körper 276 Anton Dohrn mit kugeligem Kerne : Absonderliches ist von ihnen nicht zu melden. In beiden Schichten finden sich karyokinetische Figuren. Am Grunde einiger Papillen sieht mau einzelne, unbestimmt be- grenzte, plasmatische Fortsätze, aber da die Conservirung das um- liegende Mesodermgewebe von dem Ectoderm abreißt und künstlich einen ähnlichen Zwischenraum schaift, wie wir ihn schon oben zwi- schen Ganglien und Mesoderm kennen lernten, so lässt sich nicht sagen, was diese plasmatischen Fortsätze vorstellen. Wir werden gleich darauf zurückkommen. Erwähnenswerth scheint mir noch, dass die Zellen derjenigen Schicht, welche das spätere Lumen be- grenzen, weniger dicht stehen, als die der anderen Schicht, welche vom Mesoderm umgeben wird. Die eben beschriebenen Papillen gehören zum Bereich der Supraorbital-Canäle , liegen aber der Mittellinie näher und ziemlich dorsal. Etwas ventraler gelegene Papillen zeigen schon eine weitere Dififerenzirung. Vor Allem haben sie schon ein Lumen, das als runder Hohlraum die Papille durchzieht und sich auf der Haut öffnet. Aus der Knopfform der einzelnen Papille ist eine Sackform geworden, die Zweischichtigkeit ist an der Öfifnungsseite noch gut ausgeprägt; aber auf der geschlosseneu Bodenseite stehen die Zellen unregel- mäßig. Die Zellen selbst haben sich zumal am Grunde der Papille pyramidenförmig ausgezogen und couvergiren alle gegen einen Central- punkt, der auf dem letzten Drittel des Lumens gelegen ist. Die Zellen dieses letzten Drittels haben einen langen, nach innen gerich- teten Abschnitt, dessen Inhalt ein mattgrau gefärbtes, körniges Ge- rinnsel darstellt, welches trotz der Doppelfärbung der Schnitte mit Carmin und Hämatoxylin von keinem der beiden tingirt worden ist. Die Kerne liegen näher dem Grunde und sind zufolge der jetzt laug ausgezogenen Gestalt der Zellen oval. Kerntheiluugsfiguren sieht man vorwiegend innerhalb der Zone der ungefärbten inneren Zellabschnitte in größerer Zahl. Aber auch die äußere Zellschicht lässt sie zahl- reich genug erkennen, und kaum eine Papille ist zu sehen, deren 5 oder T'/a /^^ dicker Längsschnitt nicht eine oder zwei karyokinetische Figuren enthielte. Am Grunde des Sackes aber erkennt man einige runde Kerne; ihr Plasma ist matt violett, also doppelt gefärbt und steht in directer Verbindung mit einigen ähnlichen Zellen, welche außen der Papille dicht anliegen, ja sogar mit einem Theil ihres Plasmas in die- selbe eindringen. Gelegentlich sieht man auch den Kern solcher Zellen Studien zur Urgeschichte des Wirbel thierkörpers. 17. 277 halb in der Papille, halb aus ihr heraustretend. Das Plasma dieser außen liegenden Zellen ist gleichfalls matt violett gefärbt. Sie stehen nicht mit ihrer Längsachse parallel zu der Längsachse der Papille, sondern beträchtlich schräg dazu, — als wären sie durch einen von andrer Richtung kommenden Zug schräg gerichtet worden. Verfolgt man auf dem nächsten Schnitt diese außen liegenden Zellen, so sieht man, dass sie mit einem schmalen Klümpchen ähnlicher Zellen in Verbindung stehen, diese wiederum sieht man sich in einen aus zwei Zellen starken Strang sich fortsetzen, und schließlich endigt derselbe, indem eine Zelle sich an die andere linear ansetzt. Dieser lange Strang ist freilich auf den vorliegenden Schnitten nicht weiter zu verfolgen, aber weiter ventralwärts sieht man ähnliche Stränge, welche schließlich in den embryonalen Nervus ophthalmicus superficialis übergehen. Was wir bei dieser Strangbildung vor uns haben, ist die embryonale Bildung eines sensiblen Nervenzweiges (Taf. 18 Fig. 1—12). Verfolgen wir diese Bildung zunächst noch in höhere Difife- renzir ungsstadien . In dem schmalen Zellklümpchen, das den Ausgangspunkt des Stranges dicht an der Papille bildet , sehen wir oft karyoklnetische Figuren (Taf. 18 Fig. 6), woraus folgt, dase die Kerne resp. die Zellen, aus denen der Strang gebildet wird, zunehmen. Aber gleich- zeitig sehen wir auch, dass am Boden der Papille (Taf. 18 Fig. 5) die Zell Vermehrung fortdauert, und dass fortgesetzt von ihr aus Zellen in den Strang übergehen ; das Klümpchen vergrößert sich da- durch, und es lagern sich mehrere Zellschichten unregelmäßig au ein- ander. Je jünger die Papille ist, um so schmaler ist das Klümpchen, ja bei den eben beginnenden Papillen sieht man nur je eine Zelle aus der Papille hervortreten, und den Strang erkennt man als eine einzelne Reihe an einander gereihter Zellen. Weiter entwickelte Papillen finden sich nun theils im Bereich des Infraorbitalcanals , theils auch am Rücken in der Nähe des Aquaeductus vestibuli, also in nächster Nähe der Ohrblase. Welchem Canalsystem und welchem Nervenstamm diese letzteren angehören, möge einstweilen dahingestellt bleiben. An ihnen aber erkennt man nun schon eine deutliche Differenzirung im Bau der eigentlichen Papille und ihres Ganges. Letzterer bleibt nach wie vor von doppelter Zellschicht umgeben , die Zellen sind cubisch resp. kuglig abge- plattet, der Kern rund, Zelltheilungen finden sich vorwiegend in der 278 Anton Dohrn inneren, dem Hohlgang zugekehrten Seite. Die Papille selbst da- gegen ist meist einschichtig : ihre anfänglich auch doppelschichtig ge- stellten Zellen haben sich durchgehends lang ausgezogen und neben einander gestellt. Die Kerne sind länglich oval, die Zellen conisch, mit hellgrauem, ungefärbten körnigen Inhalt auf der gegen das Lumen gekehrten Hälfte. Am Grunde der Papille sieht man wieder, wie einige Zellen in unregelmäßiger Weise über einander gelagert sind, und wie ihr Plasma mit dem Plasma der Zellen in Verbindung steht, welche den Strang beginnen, der von dieser Papille in der axialen Richtung ihres Lumens nach der Stirn zu verläuft. Der Strang hat nun schon eine viel breitere Verbindung mit den Bodenzellen der Papille, als auf dem vorher beschriebenen Stadium, auch ist im Zusammenhange damit, aus dem Klümpchen von wenigen Zellen, aus welchem allmählich der nur eine Zelle starke Strang her- vorging, eine breitere und vor allen Dingen längere Zellauhäufung hervorgegangen, in der man bis zu vier Zellreihen neben einander gelagert sieht (Taf. 18 Fig. 8, 9). Sehr häufig findet man in dieser Zellmasse karyokinetische Figuren. Der Strang, der aus ihr hervor- geht, verschmächtigt sich allmählich, ob er aber bis zu einer Zeil- Breite herabsinkt, kann ich leider nicht constatiren , da ich ihn auf seinem langen Wege nicht bis zu Ende verfolgen kann, wegen der Un- möglichkeit, ihn von zahlreichen anderen, daneben liegenden Strängen auf denjenigen Schnitten zu unterscheiden, welche ihn nicht mehr in der Längsrichtung, sondern schräg treffen. So kann ich auch nicht feststellen, wohin er sich schließlich wendet, aber auf Längs- schnitten und an den Strängen anderer Papillen bleibt kein Zweifel bestehen, dass diese Stränge ketteuartig an einander gereihter Ectodermzellen die embryonale Bildung der Nerven der Sclileim- canäle vorbereiten (Taf. 17 Fig. 11—13, Taf. 18- Fig. 10 u. 11). Verfolgen wir nun die weitereren Schicksale eines solchen Stranges. Anfänglich sind die Stränge, welche aus den Schleimcanalpapillen als aus ihrem Mutterboden herauswachsen, nichts als von homo- genem Plasma umgebene Kerne. Zelle reiht sich an Zelle, ihre Grenzen zu unterscheiden ist anfänglich unmöglich, zumal begreif- licherweise keine Spur einer Membran zu beobachten ist. An der Basis der Stränge, also dicht an der Papille, liegen, wie schon oben beschrieben, die Zellen öfters und besonders in späteren Stadien neben einander, so dass ein Querschnitt 2 — 6 Zellen trifft. Meistens aber sind von Anfang au nur einreihige Zellketten vorhanden; doch Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 279 ist eine bestimmte Regel nicht zu erkennen. Verfolgt man auf Quersclinitten einen solchen Strang, so behält er fortdauernd den- selben plasmatischen Charakter. Bei den mit Sublimat getödteten Enibryonen, die erst mit Carmin und dann mit Hämatoxylin nach- gefärbt sind, ist der Kern röthlich violett, das Plasma grauviolett. Von den umliegenden Mesodermzellen sind die Nervenzellen durch dieses grauviolette Plasma leicht zu unterscheiden. Die Mesoderm- zellen haben keine oder nur geringe Plasmamasse um den Kern, letzterer liegt in einem Netz feinster, fast ungefärbter Fasern. An der grauvioletten Plasmamasse erkennt man aber die durchschnittene Nervenzelle auch inmitten dieses Mesodermfasernetzes, selbst wenn der Schnitt nur das Plasma und nicht den Kern getroffen hat. Liegen auf solchem Querschnitte, was häufig der Fall ist, zwei Nerveukerne neben einander, so ist es nicht möglich, ihre Plasmabezirke von einander zu unterscheiden, der ganze Strang macht eben den Eindruck einer homogenen Plasmamasse, in welche zahlreiche Kerne an ein- ander gereiht sind. Macht man Querschnitte durch einen Pnstiurus-Embryo von 2,7 mm Größe, so trifft man auf den vordersten Schnitten, welche noch vor den Nasengruben liegen, zahllose Papillen im Anfangs- zustande ihrer Bildung (Taf. 19 Fig. 7 — 10). Von all diesen Papillen gehen Stränge, oder, wie ich sie jetzt schon nennen will, Nerven in dem eben beschriebenen rein plasmatischen Zustande aus. Die Schnitte treffen sie theils quer, theils schräg, theils horizontal. Da aber all diese Nerven gegen den vordersten Theil des N. ophthal- micus superficialis convergiren, welcher vom Rücken über dem Auge herkommt und mit seinem vorderen Theil gegen die Nase zu sich umbiegt, so treffen die Schnitte die einzelnen plasmatischen Nerven- fasern, je mehr sie sich dem Nervenstamme nähern , immer mehr auf dem Querschnitte und in immer größerer Nähe zu einander. Auf denselben kann man auf zahlreichen Bildern die Beschaffenheit der plasmatischen Anfangsstadien erblicken und sich überzeugen, dass in der That durchgehends nichts als grauviolettes Plasma mit Kernen vorliegt. Der Kern ist meist rings von Plasma umgeben. Diese einkernigen plasmatischen Nervenzellketten durchziehen das Fasernetz der Mesodermzellen in allen Richtungen, ohne dass eine andere Beziehung zwischen beiden Gebilden zu entdecken wäre, als dass solche feinste Ausläufer der Mesodermzellen sich gelegentlich an Nervenzellen ansetzen und bei ihrem Aneinanderlegen also auch zwischen sie eingeklemmt werden können. Ob hierdurch frühzeitig 280 Anton Dohrn auch Mesodermkerne zwischen die Nervenfasern gerathen, möge zu- nächst dahingestellt bleiben, es wäre aber nicht nur nicht unmög- lich, sondern sogar wahrscheinlich (Taf. 19 Fig. 13, Taf. 18 Fig. 11, Taf. 17 Fig. 11-13). In einigen der Zellen, welche im Querschnitte getroffen sind, wird man aber doch einer Differenzirung gewahr, welche von wesent- lichster Bedeutung ist. In dem grauvioletten Plasma erkennt man nämlich mit großer Deutlichkeit eine kreisrunde, hellglänzende Stelle, welche den ganzen Schnitt durch- setzt, also beim Heben und Senken des Tubus als ein glänzender Cylinder in der Plasmamasse verfolgt werden kann. Der Kern wird auf diesem Anfangsstadium durch das Auftreten dieses glänzenden Cylinders gar nicht afficirt, er liegt als runde Scheibe daneben, resp. liegt dieser glänzende Cylinder neben dem Kern (Taf. 19 Fig. 11 ar). Diesen Cylinder erkennt man auch hin und wieder an solchen Quer- schnitten der grauvioletten Nervenplasmamasse, die keinen Kern ge- troffen haben, — er muss also als glänzender Faden größere Strecken der Nervenzellen durchziehen. Ich wiederhole aber, dass er einst- weilen nur auf einem Bruchtheile der Querschnitte zu sehen ist", nicht einmal auf der Hälfte. Hin und wieder habe ich in demselben Strange zwei resp. sogar drei solcher Cylinder bemerkt, aber dann waren auf demselben Schnitte oder auf den folgenden auch zwei oder drei Kerne zu sehen, es handelte sich also dabei um mehrere Zellen. Am häufigsten aber war er in denjenigen Schnitten zu er- kennen, auf welchen auch die Kerne durchschnitten waren, woraus wohl geschlossen werden darf, dass er in der Umgebung der Kerne zuerst auftritt. Diese hellen Cylinder trifft man aber nicht in den Zellen an, welche an dem Anfangstheil der Nerven, dicht am Boden der Pa- pille sich finden; sie treten erst an den weiter entfernten Partien des Nerven auf. Etwas weiter entwickelte Stadien gewähren das folgende Bild. Von dem Boden der Papille geht zunächst jene Platte von rein plasmatischen Zellen aus, in denen sehr häufig Kerntheilungsfiguren angetroffen werden. Eine, oft zwei bis drei Zellen breit, erstreckt sich diese Platte durch die Mesodermelemente nach innen hinein und verdünnt sich bald zu einem , nur eine höchstens zwei Zellen ent- haltenden Strange oder Kette, in der sich der Länge nach Zelle an Zelle reiht. Auf Horizontalschnitten sieht man dieselben lang aus- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 281 gezogen, ihr Kern ist oval oder spindelförmig, Va ^^^ Länge der Zelle messend (Taf. 17 Fig. 12, 13 Sc/m.). Die Zellen verschmälern sich da, wo zwei an einander stoßen. Durch die ganze Zelle sieht man nun den hellglänzenden Cylinder (Taf. 17 Fig. 12, 13 ax) ziehen, der sich an ein gleiches Gebilde der benachbarten Zellen anschließt, an den betreffenden Kernen vorbei- zieht und rings von Plasma umgeben wird. Auf Quer- schnitten dieses Stadiums ist der hellglänzende Cylinder nicht mehr bloß ein schmales Pünktchen inmitten des mattvioletten Plasmas, sondern er hat sich auf Kosten des letzteren vergrößert, und nimmt einen wesentlich größeren Raum ein, wird aber immer noch von einer feinen Plasmaschicht umgeben. Der Kern verdrängt ihn aber noch aus seiner sonst axialen Lage, so dass man neben dem kreisrunden Kern- durchschnitt den hellen Cylinder inmitten einer dünnen Plasmaschicht zur Seite liegen sieht. Vielfach liegen eine oder mehrere einreihige Zellketten so dicht an einander, dass kein Zwischenraum bleibt: man erkennt dann aber jedes Mal, wo zwei Kerne dicht neben einander liegen, auch zwei hellglänzende Cylinder. Und das sowohl auf Horizontal- wie auf Querschnitten. Verfolgt man nun wiederum auf Längs- oder Querschnitten eine Anzahl solcher einreihiger Zellketten, so erkennt man, wie sie mehr und mehr convergiren und schließlich zu einem Stämmchen sich zu- sammenschließen. Auf dem Querschnitt sieht man solche Stämmchen aus einer Anzahl Kerne mit daneben und dazwischen liegenden hell- glänzenden Cylindern bestehen, auf dem Längsschnitt hat man das Bild zahlreicher länglich ovaler oder spindelförmiger Kerne, von deren beiden Polen deutliche hellglänzende, von dünner Plasmascheide umgebene Cylinder auslaufen. Natürlich gehen diese Cylinder auch über, unter oder neben den Kernen vorbei. Damit aber haben wir das Bild eines Nerven, wie er sich typisch überall zeigt. Die Kerne sind die Schwann'schen Kerne, die hellglänzenden Cylinder sind die Achsencylinder, das Plasma ist der Mutterboden tier Schwann'schen und der später auftre- tenden Miirkscheide. Diese vier, den typischen Nerven bildenden Elemente sind mithin ausschliefsliche Produkte der zur Bildung der einzelnen Nervenfasern kettenartig an einander gereihten Ectoderm Zellen. 282 Anton Dohrn 2. Diflferenzirung der die Ganglien bildenden Embryonalzellen zu Ganglienzellen und Nervenzellen ; Bildung der Ganglienzellkapseln. Zur gründlichen Erörterung des obigen Themas müsste ich eigent- lich etwas weit ausholen und die Bildung der Ganglienleiste, ja des Medullarrohres von Neuem erörtern, trotzdem oder gerade weil über diese Dinge schon so viel beobachtet und geschrieben worden ist. Aber ich kann mich an dieser Stelle darauf beschränken, die ein- zelnen Gauglien als gegeben, als Theilproducte der Ganglienleiste anzusehen, und nur ihre innere Dififerenzirung, die Ausbildung wirk- licher Ganglienzellen, ihre Beziehungen zu den Nervenfasern, sowohl den peripherischen wie den Wurzelfasern, und die Entstehung und Bedeutung der Ganglienzellkapsel zu schildern. Des Neuen und Unerwarteten wird es dabei genug geben, und eine folgende Studie wird sich mit der ursprünglichen Bildung des Medullarrohres und seiner Diflferenzirung beschäftigen. Als Grundlage für die Angaben, welche jetzt folgen sollen, nehme ich das Ganglion, welches dem N. ophthalmicus superficialis major zugehört. Es stammt aus der Facialis -Acusticusplatte, in welcher es, wie wir wissen, die am weitesten nach vorn vordringende Partie bildet. Sobald sich dieses Ganglion aus der Facialisplatte als ein von den übrigen Componenten derselben Geschiedenes abgesondert hat, besteht es aus einer beträchtlichen Anzahl von Ganglienleistenzellen, die ihrerseits nichts sind, als Abkömmlinge des Ectoderms, — ob mit oder obne genetische Vermittlung der Medullarplatte mag an dieser Stelle unerledigt bleiben. Eben so will ich auch ununtersucht lassen, wie viel Zellen des Ganglions von Anfang an aus der la- teralen Ectodermpartie abstammen, die als zweitei* Mutterboden für dasselbe anzusehen ist, und aus welcher später, in der oben ange- gebenen Weise, das gesammte Zellmaterial der peripherischen Theile des N. ophthalmicus superficialis herstammt. Letztere Quelle ist wahrscheinlich sehr ergiebig, vielleicht ergiebiger, als der eigent- liche Ganglienleistenantheil. Jedenfalls erkennt man schon sehr frühzeitig, dass eine beträchtliche Anzahl derjenigen Elemente, welche später das Ganglion bilden , als spindelförmige Zellen zwischen Medullarrohr und Ectoderm da liegen und den Eindruck machen, als seien sie durch Zug zu dieser spindelförmigen Gestalt gebracht und aus dem Ectoderm herausgezerrt, mit dem ihr peripherisches Ende noch in Contact zu stehen scheint. Ähnliche spindelförmige Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 283 Zellen zeigen alle Kopfganglien, eine Erscheinung, die wolil davon abzuleiten ist, dass der Zug, der auf die Zellen durch die rasche Dififerenzirung des Branchialapparates hervorgebracht wird, bei dem Fortbestehen ihres Zusammenhanges mit dem lateralen Branchial- ectoderm das Ausziehen zur Spindelform mit sich bringt. Wie vielen Antheil daran eine bereits bestehende wirkliche Faserbildung hat, vermag ich freilich nicht zu sagen, obwohl viele von den Zellen in lange Fortsätze ausgezogen sind; keinesfalls darf die Mehrzahl der Zellen, welche das Ganglion bilden, als Glieder bereits bestehender Kettenfasern angesehen werden ; sie liegen wahrscheinlich nur lose neben einander. Später werde ich die Gründe aus einander setzen, die mich zu dieser Auffassung geführt haben. Es wäre nun nicht richtig, alle die Zellen, welche das Ganglion bilden, für künftige Ganglienzellen zu halten. Eine beträchtliche Zahl, vielleicht die größere Hälfte derselben, werden nie Ganglienzellen, sondern begnügen sich mit der Rolle der Nervenzellen, ihre Kerne werden ScHWANN'sche Kerne. Wir werden das gleich des Näheren zu erkennen haben. Es ist mir freilich noch nicht ge- lungen, den Unterschied beider Zellarten frühzeitig in den Kopf- ganglien festzustellen, während das verhältnismäßig leicht bei den Spinalgan giien gelingt, wie wir weiter unten sehen werden. Legt man aber äer Beobachtung ein etwas vorgeschritteneres Stadium zu Grunde, etwa das Stadium LI Balfour's, so zeigt sich ein ge- wisser Gegensatz zwischen der äußeren Schicht des Ganglions, und der inneren. Erstere ist die wesentlich dünnere, ich nenne sie die Rindenschicht, da sie nur eine, höchstens zwei Zellen dick zu sein scheint, aber sie hat doch einen stärkeren Antheil an der äußeren Erscheinung des Ganglions, da sie es ist, welche die be- reits bestehenden Wurzel- und peripherischen Fasern liefert. Die innere stärkere Schicht nenne ich die centrale oder Ganglien- zellschicht. Verfolgt man auf Längsschnitten das Ganglion des Ophthalmicus superficialis, so erkennt man, dass diejenigen Schnitte, welche der Peripherie näher liegen, durch Faserzüge ausgezeichnet sind, die das Ganglion von einem Pole zum anderen durchsetzen. Es ist nicht möglich, eine solche Faser isolirt zu untersuchen, und darum ist nicht zu entscheiden, in welchen Beziehungen diese Faserzüge zu den darin resp. darum liegenden Ganglien- und Nervenzellen stehen. Verfolgt man aber die Wurzelfasern oder die peripherischen Mittheiluugeu a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 1 9 284 Anton Dohrn Fasern bei ihrem Übertritt auf resp. in das Ganglion; so sieht man, dass sie aus einander treten und der Hauptsache nach in der Rinden- schicht des Ganglions weiter verlaufen. Dass sie kernhaltig sind, erkennt man ferner auf denjenigen Schnitten , welche durch die Sa- gittal- oder Frontalebene des Ganglions gegangen sind, denn man sieht auf ihnen am Rande, in gewissen Entfernungen von einander, aber in plasmatischem Zusammenhange mit einander stehend, eine Schicht Kerne, welche offenbar nichts Anderes darstellen, als diese Rindenschicht und ihre Faserbildung im Profile. Am peripherischen Ende des Ganglions sieht man ferner . wie diese Rindenschicht cou- vergirend in den peripherischen Nervenstamm übergeht, so weit dieser schon gebildet ist und frei vom Ectoderm verläuft, mit dem er freilich in der auf pag. 264 dargestellten Weise in steter Verbindung behufs Herstellung der Äste und Zweige des Nerven verbleibt. Vergleicht man nun um diese Zeit die Zahl der Fasern des Nerven, auch nur im großen Durchschnitt, mit der Zahl der Zellen des Ganglions selber, so wird man sofort finden, dass letztere die erstere sehr stark übertrifft. Wollte man also annehmen, dass die Fasern, welche den peripherischen Nervenstamm jetzt bilden, als Ausläufer aus den Ganglienzellen herstammen, die zu derselben Zeit im Ganglion gefunden werden, so müsste man jedenfalls einräumen, dass eine große Zahl der Ganglienzellen an dieser Faserbildung keinen Antheil nehmen. Und prüft man auf feinen Schnitten die Zellen, welche das Ganglion zusammensetzen, so sieht man in der That zwischen jenen oben beschriebenen peripheren Fasersträngen viele Zellen, welche an einander mehrseitig sich abplatten, andere, welche als Kugeln dazwischen liegen und wiederum andere, welche mehr oder weniger die Spindelform angenommen haben. Von keiner dieser Zellen aber kann man mit irgend welcher Sicherheit behaupten, sie stünden im Zusammenhang mit den Fasersträngen. Blickt man andererseits bei demselben Embryo auf die Verhält- nisse des Ganglions des N. buccalis, des zweiten aus der Facialis- platte hervorgehenden Schleimcanalnerven , welcher seiner Richtung halber eben so wie sein Ganglion bei Frontalschnitten im Querschnitt getroifen wird, so kann man sich noch besser überzeugen, dass die Zahl der von diesem Ganglion abgehenden Fasern seines Stammes bei Weitem geringer ist, als die Zahl der das Ganglion bildenden Zellen. In beiden Fällen also muss man zugeben, dass, so wahrschein- lich es sei, dass die Rindenzellen der beiden Ganglien kettenartig zusammenhängende Fasern herstellen, so wenig Sicherheit bestehe, Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 285 dass centraler gelegene Zellen sich an dieser Faserbildung betlieiligeu. Die Möglichkeit indess, dass eine gewisse Anzahl solcher cen- traler gelegener Zellen, die aber doch nicht eigentliche Ganglien- zellen sind , bei der Faserbildung sich betheiligen, soll hier keines- wegs in Abrede gestellt werden, nur muss angenommen werden, dass eine große, ja wohl die größte Zahl dieser centralen Zellen keine Fasern aussenden, auch nicht mit kettenartigeu Fasern bereits in Zusammenhang stehen. Während nun aber der peripherische Nervenstamm in der Weise, wie wir oben sahen, durch fortschreitende DifPerenzirung von Ectoderm- zellen an Ausdehnung wächst, wächst gleichzeitig das Ganglion so- wohl in seiner centralen Zellenmasse wie auch in der Zahl der die Rinde bildenden Zellen, und das Wachsthum dieser beiden Zellarten führt gleichzeitig zu einem stärker ausgesprochenen Unterschiede in ihrer äußeren Erscheinung. Die centralen Zellen nämlich erscheinen blasser und von homogenerem Plasma mit größerem Kerne gebildet, in den kleinereu Riudenzellen hingegen zeigt sich eine stärkere An- sammlung von Chromatinköruchen, die ihnen ein dunkleres Ansehen giebt und es erleichtert, centrale und Rindenzellen gleich beim ersten Blick zu unterscheiden. Zwischen den centralen blasseren Zellen bemerkt man aber den- noch eine Anzahl dieser körnchenreichereu Rindenzellen, von deren Betheiligung an der Faserbildung ich bereits sprach. Es ist mir nicht gelungen festzustellen, ob dieselben durch Einwanderung von der Rinde zwischen die centralen Zellen gerathen sind, oder ob sie von Hause aus dort sich befanden und erst nachträglich durch die stärkere Accentuirung ihres Chromatinreichthums von den blasseren und etwas größeren centralen Zellen leichter unterscheidbar werden. Ich habe Gründe, die ich weiter unten hervorheben werde, die erstere der beiden Alternativen für die richtige zu halten. Gleichzeitig aber mit dem Eindringen und Ausbreiten der chro- matinreicheren Rindenzellen zwischen den blasseren centralen Zellen des Ganglions sieht man in allen Hirn- wie Spinalganglien einen überaus lebhaften Zellvermehrungsprocess vor sich gehen. Und wiederum sind es die chromatinreicheu Rindenzellen, welche diesen Vermehrungsprocess durchmachen. Zunächst stellt er sich dar in einer großen Zahl von normalen Mitosen, die in allen Phasen -beobachtet werden. Hat dieser Proeess in den Ganglien einmal begonnen, so kann man darauf gefasst sein, zahlreiche Chromatinkörperchen isolirt zwischen den Ganglienzellen zu 19* 286 Anton Dohrn finden, jedes umgeben von einer hellglänzenden Substanz. Die Chro- matinkörperchen sind in den verschiedensten Abstufungen ihrer Größe zu beobachten, von solchen an, welche mit ihrer umgebenden Substanz- schicht beinah die Größe einer der Rindenzellen haben, bis herab zu wohl zwanzigmal kleineren (Taf. 21 Fig. 7 a — iv). Als ich zuerst auf diese Chromatinkörperchen und Körnchen aufmerksam ward, hielt ich sie für Zerfallproducte von- Ganglien- zellen. Ich sah sie nämlich dem N. nasociliaris auf seinem Verlauf vom G. mesocephalicum bis vorn an die Nasengrube eingefügt, und da ich wusste, dass dieser Nerv von Hause aus die vorderste Partie der Trigeminusplatte bildet, die ihre Ganglienelemente zumeist ver- liert, so sah ich die Chromatinkörnchen als den Ausdruck eines histo- lytischen Processes an. Eben so traf ich sie in ähnlicher Situation am vordersten Ende des N. ophthalmicus superficialis portio minor s. Trigemini, und da es mit diesem Nerven sich ähnlich verhält wie mit jenem, so glaubte ich um so mehr dieselbe Erscheinung auch auf dieselbe Weise deuten zu dürfen. Ich bin indessen bei Zeiten eines Besseren belehrt worden und erkenne nun, dass es sich mit diesen Chromatinkörperchen nicht nur nicht um eine Histolyse, sondern gerade um das Gegentheil, um eine rapide Zellvermehrung handelt. Es wird wohl nicht leicht sein, die Umwandlung der Chromatin- körperchen in neue Zellen continuirlich zu verfolgen und darzustellen. Aber wenn man mit Ptegelmäßigkeit die einzelnen Stadien des Ge- sammtprocesses auftreten sieht — ich werde weiter unten bei den Kiemenganglien und Spinalganglien noch einmal darauf hinweisen — und die jedesmaligen Resultate als Stufen eines rapiden Vermehrungs- processes erkennt, so kann man schwerlich bezweifeln, dass die Um- wandlung der Chromatinkörperchen zu Zellen sich- vollzieht, und so ist man dazu berechtigt, die Details dieser Umwandlung aus den verschiedenen Bildern, die das Mikroskop ofi"enbart, zu erschließen. Da indess die Phänomene der Mitose mir nur bruchstückweise aus eignen Forschungen bekannt sind, so gehe ich hier nicht näher darauf ein, empfehle aber um so mehr den Cjtologen, ihre Aufmerksamkeit auf diese Vorgänge in den Selachierembryonen zu richten. Es will mich bedünken, als handle es sich bei dem obigen Process um multiple Kerntheilung innerhalb einzelner Zellen, da ich mir sonst die zahlreichen kleinen Chromatinkörperchen nicht erklären kann, die man in allen Kopfganglien findet, und für die sogar gewisse Stellen, wie z. B. die Verbindungsstelle des G. lateralis mit dem Wurzel- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 287 stamme des Vagus, typisch zu sein scheinen, da sich hier derartige Phänomene mit Regelmäßigkeit beobachten lassen (Taf. 21 Fig. 6 a:). Verfolgt man nun auf etwas weiter entwickelten Stadien das Schicksal dieser Chromatinkörperchen, so wird man gewahr, dass sie sich durch das ganze Ganglion vertheilen (Taf. 19 Fig. 16.r) und den einzelnen Ganglienzellen anlegen (Taf. 21 Fig. S.r, Fig. 7 a, d). Anfangs sind die Chromatinkörperchen noch vollkommene Kugeln, mit stark glänzender, dunkel gefärbter, centraler Chromatinkugel (Taf. 21 Fig. 7 a, ö?, g, m, p^ u) und heller, ungefärbter Umgebung, auch zeigen sie noch beträchtliche Größenunterschiede. Allmählich gleichen sich letztere aus , gleichzeitig aber verändern auch einige Körperchen ihre Gestalt, platten sich in verschiedener Weise ab und legen sich den einzelnen Ganglienzellen dicht an (Taf. 21 Fig. 7 w, o, 5, iv). Die Chromatinkugel wird manchmal pyramidenförmig, manchmal halbmondförmig, auch ist ihre Peripherie nicht mehr so scharf gegen den hellen Zellinhalt — denn so darf ich wohl jetzt schon die helle Umgebung der Chromatinkugel nennen — geschieden, letzterer aber legt sich wie eine Kappe oder Platte der benachbarten Ganglienzelle auf. Die nächste Entwicklungsphase stellen die einzelnen Kopfganglien mit zahlreichen und größer gewordenen Ganglienzellen dar. Fast jeder Ganglienzelle liegen ein oder zwei der jetzt zu normalen Zellen herangewachsenen Chromatinkörperchen an, und unterscheiden sich von ihr nur durch etwas geringere Größe und stärker tin- girten Zellinhalt, welcher von den nun wieder in der ganzen Zelle verbreiteten kleinen Chromatinkörnchen herrührt, die durch Decentralisation aus der Chromatinkugel hervorgegangen zu sein scheinen (Taf. 21 Fig. 1 — 5). Die Ganglienzellen sind nach wie vor blass, haben einen sehr gleichmäßig und fein geköniten Inhalt und einen großen kugligen Kern, der beinah die ganze Zelle ausfüllt und meist zwei, gelegentlich auch drei kleine dunklere Körnchen aufweist. Zwischen den Ganglienzellen ziehen Nervenfasern durch , mit deut- lichen langen, körnchenreichen Kernen, den ScHWANN'schen Kernen, deren Tinktion eben so stark ist, wie diejenige der den Ganglien- zellen anlagernden Zellen (Taf. 21 Fig. 1 — 4). So erscheinen die Ganglien des N. ophthalmicus superficialis, desBuccalis, des Lateralis, also die specifischen Seitenorganganglien. Die Ganglien des Trigeminus, Facialis, Glossopharyngeus und Vagus zeichnen sich im gleichen Stadium durch den Besitz wesentlich kleinerer Ganglienzellen aus, so dass der Größenunterschied zwischen 288" Anton Dohrn ihnen und den sich ihnen auflagernden, chromatinh altigen Zellen geringer ist. Man kann sagen, dass die Ganglienzellen der letzt- genannten Ganglien doppelt so groß sind, wie die aufgelagerten Zellen (Taf. 21 Fig. 5), während bei den erstgenannten die Ganglien- zelle an Größe die aufgelagerten Zellen um das Drei- und Vierfache übertrifft (Taf. 21 Fig. 1-4). Normale Mitoseubildungen fahren übrigens in allen Ganglien fort, für Vermehrung sowohl der ScHWANN'schen Kerne wie auch der aufgelagerten Zellen zu sorgen, und so sehen wir denn in höheren Embryonalstadien jede einzelne Ganglienzelle eingefasst von einer Anzahl der aufgelagerten Zellen, die unter einander in gewissen Be- ziehungen stehen (Taf. 21 Fig. 1 — 3). Fast regelmäßig nämlich liegen zwei solcher Zellen in entgegengesetzter Richtung, also, wenn man den Ausdruck gelten lassen w^ill, an den beiden Polen der Ganglien- zellen; ihr Kern hat meist eine dreieckige oder besser gesagt pyramidenförmige Gestalt ; die Spitze der Pyramide ist der Ganglien- zelle abgekehrt. Man sieht aber deutlich, dass dem Plasma der Ganglienzelle auch an anderen Stellen Zellen aufgelagert sind, die meistens durch feine Fasern unter einander und mit den Polzellen in der Weise verbunden sind, dass sie die Ganglienzelle ganz ein- schließen. Es ist klar, was wir jetzt vor uns haben. Die aufgelagerten Zellen stellen die Ganglienzell- kapseln her, die beiden Polzellen aber sind die letzten Glieder der Nervenfaserketten, welche sich mit ihrem Plasma der Ganglienzelle anlagern und secundär mit ihr verbinden. So unerwartet dies Resultat auch erscheinen mag, so bestimmt muss ich doch behaupten, dass die Kapseln der Ganglienzellen eben so wenig mit dem Bindegewebe zu thun haben, wie die ScHWANN'sche Scheide und die ScHWANN'schen Kerne; beide Gebilde sind viel- mehr ectodermatisch. Aber damit erschöpft sich keineswegs die Tragweite dieser That- sache. Ihre größte Bedeutung liegt vielmehr darin, dass die Ganglienzelle als solche gar keinen Antheil an der Bildung der Nervenfaser resp. des Achsencylinders nimmt. Was man Mslier, auch hei Knochenfischen und Selachiern, als Fortsatz der peripherischen Ganglienzelle beschriehen hat, steht mit der Ganglienzelle in keinem genetischen, sondern nur in Contact- zusammenhang. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 289 Die oben erwähnten Polzellen sind ScHWANN'sche Zellen , wie alle übrigen Nervenzellen, sie treten in Zusammenhang mit den Faser- ketten, welche vom Ectoderm herstammen und erzeugen in sich genau so wie jene ein Stück des Achsencyliuders. Nur darin weichen sie von den anderen Nervenzellen ab , dass ihre der Gaoglienzelle zugekehrte Seite sich nicht faserartig oder spindelförmig auszieht, vielmehr legt sich die Zelle wie eine Kappe oder Platte auf das Plasma der Ganglienzelle auf und scheint mit demselben zu ver- schmelzen. Aber da man fast immer eine ziemlich scharfe Grenze zwischen dem Plasma der Ganglienzelle und dem der Nervenzelle erkennen kann, die manchmal so bestimmt ist, dass beider Plasma an einander abgeplattet erscheint, so ist wohl anzunehmen, dass zunächst keine Durchdringung, sondern eben nur ein Contact statt- findet. Dafür spricht auch, dass in etwas späteren Stadien der Achsencylinder dieser aufgelagerten Nervenzelle sich mit seinen Fibril- len strahlenförmig über das Plasma der Ganglienzelle ausbreitet. Aber auch die Kapselzellen haben ihr sehr eigenthümliches Ver- hältnis zur Ganglienzelle. Es ist bekannt, dass durch die meisten ConserviruDgsmethoden die Ganglienzellkapsel von dem Plasma der Ganglienzelle abgehoben wird — ja häufig macht es den Eindruck, als sei der Zwischenraum zwischen Beiden normal. Das ist indessen sicher nicht der Fall . denn man sieht auch bei Embryonen ziemlich häufig die Kapsel der Ganglienzelle dicht aufgelagert, ohne dass der geringste Zwischenraum übrig bliebe. Es kommt aber auch nicht selten vor, dass die Kerne der Kapsel nur zum Theil mit der letzteren sich abheben, während andere auf dem Plasma der Ganglienzelle liegen bleiben. Und da ist es denn bemerkenswerth, dass man fast immer, wenn die Kapselbildung begonnen hat, eine plasmatische Rindenschicht der Ganglienzelle von ihrer centralen Plasmamasse unterscheiden kann und die Kapselkerne, welche auf dem Plasma verbleiben, in eben dieser Rindenschicht vorfindet. Dieselbe erscheint etwas stärker gekörnt, als die centrale, und färbt sich mit Hämatoxylin dunkler als das centrale Plasma der Ganglienzelle. Sie beginnt sich zu bilden, wenn die ersten Kapselzellen sich der Ganglienzelle auflagern, und hält mit ihrer Vermehrung auch gleichen Schritt; somit ist es kaum zu bezweifeln, dass die Rindenschicht durch das Plasma der Kapselzellen hergestellt wird und von Hause aus der Ganglienzelle nicht angehört (Taf. 21 Fig. 3 r). 290 Anton Dohrn Sieht man mm weiter auf die Beziehungen der Ganglienzelle zu den an- und abgehenden Achsencylindern, so wird man bald ge- wahr, dass die Ausstrahlung der Fibrillen beider Fasern innerhalb dieser Rindenschicht erfolgt, woraus sich die be- deutsame Thatsache ergiebt, dass die eigentliche Ganglien- zelle zunächst gar nichts mit den Nervenfasern zu thun hat, vielmehr von ihnen resp. vom Plasma der Kapsel- zellen, die ihrerseits aber nichts als Nervenzellen sind, umsponnen resp. umflossen wird, während erst allmählich, in noch unbekannter Weise, intimere Structur- und Fuuctions-Be- ziehungen zwischen den beiden Zellarten und ihren plasmatischen Bestandtheilen sich herstellen. Ehe ich indessen diese neue Auffassung, zu der wir durch die vorstehend dargelegten Thatsachen geführt werden, weiter erörtere, will ich die Bildung anderer sensibler Nerven behandeln und wende mich zunächst zu dem Nervencomplex , welcher den Hyoidbogen versorgt. 3. Histogenese des N. hyoideus und N. palatinus. Die Facialis-Gangliengruppe giebt außer den sog. dorsalen Ästen, unter welchem Namen die N. ophthalmicus superficialis und buccalis verstanden werden, auch dem N. hyoideus und maxillaris externus den Ursprung. Letzterer soll uns indessen hier nicht beschäftigen, da er als Schleimcanalnerv in die Kategorie der oben behandelten Nerven fällt und histogenetisch nichts Neues liefert. Die ihn be- treffenden Probleme sind wesentlich morphologisch-phylogenetischer Natur und werden an anderer Stelle abgehandelt werden. Dagegen ist der N. hyoideus als gemischter Kiemenbogennerv ein Gebilde, welches andere Verhältnisse darbietet, als die Schleimcanalnerven, und in seiner Entwicklung von ihnen abweicht. Der N. hyoideus entspringt aus dem G. geniculi, dem am weitesten ventralwärts gelegenen Theil der Facialis-Acusticus-Gan- glienplatte. Dieses Ganglion liegt vor der Ohrblase am Beginn des Hyoid-Kiemenbogens , an dessen Vorderrand. Seine vordere und Außenfläche liegt dem Ectoderm dicht au, und schon im ersten Be- ginn seiner weiteren Differenzirung nimmt diese Ectodermpartie Antheil daran. Bei einem Embryo von Scijllium canimla im Stadium L Balfour's sind die Ectodermzellen hier in lebhafter Vermehrung begriffen und stellen rasch eine stärkere Wucherung chromatinreicher Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 291 Zellen her, welche sich den aus der Ganglienleiste herrührenden Zellen des G. geniculi beifügen. Anfänglich sind beide Zellarteu noch leicht zu unterscheiden: während die Ganglienleistenzellen spindelförmig ausgezogen erscheinen, sind die Ectodermzellen des Kiemenbogens theils rund, theils an einander eckig abgeplattet (Taf. 20 Fig. 1 u. 2 Nz). In wenig älteren Stadien vermehrt sich der Zellreichthum der Ectoderm Wucherung; dieselbe schiebt sich eben so sehr nach innen vom G. geniculi an seine Vorderseite, wie sie auch an der Vorderseite des Hyoidbogens (also an der Hiuterseite der Spritzlochspalte) nach abwärts zunimmt. Die Wandung des Hyoidbogens besteht an dieser Stelle aus cylindrischen Epithelzellen, zwischen denen verschiedentliche Mitosen erscheinen, die immer au der freien Oberfläche des Cylinderepithels gefunden werden. Während diese branchiale Eetodermwucherung sich dem G. geni- culi anfügt, sind bereits Zellen des letzteren zwischen die Ektoderm- wandung und den Muskelschlauch der Hyoidkopfhöhle nach abwärts vorgedrungen zur Anlage des N. hyoideus (Taf. 20 Fig. 1 N./i). Das Wesentliche dieses Processes besteht darin, dass das G. geniculi sich ventralwärts spindelförmig zuspitzt, wobei einige seiner Zellen an einander vorbeigleiten, sich noch mehr in die Länge ziehen und wie die Zellen der Schleimcanalnerven in ihrem Plasma Achsencylinder diiferenziren, welche zur Bildung einer Gesammtfaser verschmelzen. Auch bei diesen Nerven, die also keine s peci fi sehen Sinnes- organe mit dem Centralnervensystem zu verbinden haben, ist die Histogenese der Nervenfaser ganz dieselbe, wie bei den Schleim- canalnerven, nur ist der Unterschied festzuhalten, dass die erste Entwicklung des N. hyoideus vom Ganglion zur Peripherie, nicht umgekehrt, geht, und dass auch auf demselben \YegG der Nerv sich weiteres Zellmaterial für sein Längs wach sthum beschafft, wobei freilich Zelltheilung der bereits bestehenden Faser eben so wie bei allen übrigen Nerven eine wesentliche Rolle spielt. Am Stadium L und an späteren Stadien habe ich genau kon- statiren können, dass von den so auswachsenden Nervenfasern des N. hyoideus einzelne Zellen schon sehr früh ihren Achsencylinder an Zellen des Ectoderms senden. Ob sie damit verschmelzen oder zwischen ihnen frei an der Oberfläche hervortreten, habe ich einst- weilen nicht untersucht, da die Frage der Nervenendigungen nicht zu den Problemen gehört, welche ich diesmal zu behandeln unternahm. Nur glaube ich aussprechen zu dürfen, dass die sensiblen Hyoideus- fasern zunächst vom Ganglion an die Peripherie sich begeben, nicht 292 Anton Dohrn umgekehrt. Ob auch der letztere Modus bei der weiteren Ausbildung des Nerven seinen Antheil hat, vermag ich vor der Hand nicht zu behaupten, freilich noch weniger in Abrede zu stellen. Was aber in noch höherem Grade den N. hyoideus von den oben behandelten Scbleimcanaluerveu unterscheidet, ist sein Charak- ter als gemischter Nerv. In seiner Bahn verlaufen nicht bloß sen- sible Fasern, sondern auch die zur Innervirung der Kiemenbogen- Muskulatur bestimmten motorischen Fasern. Ich habe mir angelegen sein lassen, auch über ihre Bildung ins Klare zu kommen, und möchte die Vermuthung aussprechen, dass sie aus demselben Zellmaterial sich aufbauen, wie die sensiblen Fasern. Ich habe Nervenzellen beobachtet, welche, in der Mitte des Hyoidbogens gelegen, ihren Achsencylinder an die benachbarte vor- dere Wandung der Kopfhöhle richten (Taf. 20 Fig. 4 y). Ob dieser Achsencylinder, der natürlich zunächst nur ein Product einer Nerven- zelle ist, sich bereits mit der entsprechenden Muskelzelle in irgend welchen plasmatischen Contact gesetzt hat, vermag ich nicht zu entscheiden ^ . Die Muskelzelle aber , an welche sich der Achsen- cylinder begiebt, hat noch keine weitere Differenzirung aufzuweisen : sie ist eine einfache aus Plasma und Kern bestehende Embryonal- zelle. Wir werden weiter unten sehen, dass man auch zu ähnlich früher Zeit embryonale Achsencylinder zwischen den Zellen der Myotonie erkennen kann. Woher stammt nun die Nervenzelle, welche den Achsencylinder liefert, der offenbar dazu bestimmt ist, motorisch zu wirken? Die motorischen Nerven der Kiemenbogenmuskulatur gehören bekanntlich zur Kategorie der Seitenhorufasern, und nach den alten Anschauungen müsste dieser Achsencylinder der Ausläufer einer Seitenhornganglien- zelle sein, welche zu dem motorischen Wurzelgebiet des Facialis ge- hört. In der That besitzt der betreffende Embryo bereits den Anfang der Seitenhorufasern in seinem Wurzelstrange: aber behaupten zu wollen, dass eine dieser Fasern das Ganglion und den peripheri- schen Nervenstamm so weit durchzogen habe, um bereits bei einer • In der 14. Studie und eben so in der 16. (pag. 33) habe ich hervorgehoben, dass die auswachsenden motorischen Nerven gleich von vorn herein in plasmati- schen Contact mit den Myotomen treten. Ob sich diese Behauptung aufrecht halten lässt, ob es sich nicht vielleicht um zufällige Berührung, die ohne Folge bleibt und vielleicht durch die Conservirung bewirkt ist, handelt, ist mir sehr zweifelhaft geworden. Vielleicht gelingt es später, sogar die Bildung der motorischen Endplattun in ihren histogenetischen Einzelheiten zu ergründen. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 293 embryonalen Muskelzelle angekommen zu sein, wäre doch sehr ge- wagt, denn es ist nicht daran zu denken, eine solche Faser isolirt verfolgen zu wollen. Aber weiter unten, bei Erörterung der Wurzel- bildung dieser und anderer Nerven, werden wir Umstände kennen lernen, welche eine solche Anschauung überhaupt überflüssig, ja sogar irrig erscheinen lassen, da die motorischen eben so wenig wie die sensiblen Nerven auswachsende Fasern einer einzelnen Ganglienzelle, sondern Producte von kettenartig verbundenen Nervenzellen sind. Die aus dem Medullarrohr hervorwachsende Faser der Seitenhornnerven verbindet sich anscheinend sofort mit Nervenzellen der Ganglienleiste, und mittels derselben wird sich auch im Laufe der weiteren Ent- wicklung eine Nervenfaser herstellen, deren Endapparat aus eben der Nervenzelle hervorgeht, die auf Taf. 20 Fig. 3 abgebildet ist, falls nicht diese Zelle selbst sich noch vorher theilt und andere Ner- venzellen oder aber Zellen des motorischen Endapparates producirt, durch welchen die Endigung der Faser resp. ihre Verbindung mit der betreffenden Muskelfaser hergestellt wird. Die fortschreitende Entwicklung des N. hyoideus bietet aber noch weitere und sehr interessante Züge. In den Stadien O und P Balfour's macht sich die (schon oben erwähnte) multiple Kernvermehrung auch in den Zellen des G. geniculi geltend und führt dazu, dass die Rindenzellen, ferner die Zellen der branchialen Ektodermwucherung das Ganglion durchsetzen und die Zahl der Nervenzellen in starker Weise vermehren. In seinen Einzelheiten schließt sich dieser Process durchaus dem bereits oben pag. 285 ff. geschilderten an. Ehe aber die Zellen der branchialen Wucherung sich ganz mit den Zellen des Ganglienleistentheils des G. geniculi vermischen, geht von dem vorderen inneren Winkel des letzteren die Bildung eines Nervenstammes aus , welcher sich nach innen auf der dorsalen Kante der Spritzlochwandung entlang streckt. Ich habe genau zu beobachten gesucht, ob an der Bildung dieses Nerven sich Zellen der Wandung des Spritzloches in der Weise der Schleimcanäle betheiligen, habe aber nichts derart gesehen. Vielmehr erscheint mir der neue Nerv durch das Fortschieben von Nervenzellen aus dem Ganglion geniculi zu entstehen. Freilich legt er sich der Spritzlochwandung dicht an, und da die Kuppe derselben mit der branchialen Nervenzellwucherung noch zusammenstößt, so ist es schwer zu sagen, ob die Anfangszellen des N. palatinus — denn um ihn handelt es sich hier — nicht doch aus dieser Ver- dickung herstammen. Aber sein weiteres, peripheres Auswachsen 294 Anton Dohrn gellt am Vorderrande der Spritzlochspaltenwandimg vor sich, ohne gleichzeitige Aufnahme aus dem Epithel dieser Wandung stammender Zellen. Wie weit freilich das Epithel resp. einzelne seiner Zellen sich zu Endorganen der Zweige des N. palatinus ausbilden und mit seinen Fasern sich verbinden, lasse ich einstweilen dahingestellt. Da aber der N. palatinus, nachdem er eine Strecke weit der Spritz- lochwandung angelagert gewesen ist, sich von ihr entfernt und durch das Mesoderm durchwächst, so kann er auf diesem letzteren Wege natürlich keine neuen Epithelzellen an seinem freien Ende incorpo- riren, muss also am Grunde oder durch Theiluug der ihn zusammen- setzenden Zellen das Material zur Faservermehruug resp. zum wei- teren Längs wach sthum empfangen. In einem späteren Stadium sehe ich den Palatinus als einen dicken Stamm vorn aus dem G. geniculi vor dem Spritzloch nach abwärts steigen. Er kreuzt daselbst den dorsalen Theil der Spritzlocharterie und läuft dann den Gaumen entlang bis beinah zur Nase hin. Sein Stamm verschmälert sich all- mählich, bis er schließlich in eine Reihe von Zweigen sich auflöst, welche nur aus je einer Zelle bestehen, in denen man nur den Kern und das Plasma erkennt, noch nicht einmal den dififerenzirten Achsen- cylinder. Es bleibt einstweilen fraglich, ob diese Endausbreitung durch Abspaltung von Zellen des Gaumenepithels bewirkt wird. Rührten die vordersten, also eben diese noch undiiferenzirten Zellen aus dem Ganglion her, so müssten sie früher aus demselben hervor- gegangen sein, als die späteren, welche den Stamm bilden. Letztere aber haben schon ganz deutliche Achsencylinder, ja z. Th. sogar Fibrillen in demselben. Es müssten also die ersten Zellen am läng- sten undiiferenzirt geblieben sein — was zwar gewiss nicht unmög- lich, aber doch a priori nicht wahrscheinlich ist. Indess vermag ich der vielfachen anderen Aufgaben wegen für diese, 'wenn auch wich- tige Frage im Augenblick nicht die erforderliche Zeit zu gewinnen und muss ihre Lösung vertagen. An dem Hauptstamme, dem eigentlichen N. hyoideus, erfolgt nun eine weitere charakteristische Entwicklung, deren Darstellung aber nur möglich ist, wenn ich vorher einige Worte über die Com- position der Kiemenbogen sage, die schwerlich allen Lesern bekannt oder gegenwärtig sein wird. Ich kann mich dabei auf eine frühere Studie berufen, die vierte, welche unter dem Titel »die Entwicklung und Differenzirung der Kiemenbogen der Selachier« (Mitth. Z. Stat. Neapel 5. Bd. 1884) auf pag. 105 ff. eine Darstellung der Entstehung und Differenzirung der Gefäße des Kiemenbogens giebt. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 295 In der erwähnten Studie wird u. A. beschrieben, wie anfänglich nur die Arterie besteht, welche vom Conus arteriosus zur Aorta ver- läuft , wie aber allmählich , gleichzeitig mit der Ausstülpung von Kiemenblättchen , an der Arterie kleine Schleifen entstehen, welche unter einander einen kleinen aufsteigenden Verbindungsstamm bilden, den ersten Beginn der Kiemen venen. Diese Kiemenveuen laufen aber anfänglich nur als Nebenläufe von einem ventraleren Theil der Arterie zu einem dorsaleren. Es entstehen zwei solcher Kiemen- venen, eine hintere und etwas später eine vordere. Zwischen beiden Venenstämmchen bilden sich zwei Quergefyße, deren eines allmählich sehr groß wird und die Blutmasse des ventralen Theiles der hinteren Hyoidvene fast ganz in den dorsalen Theil der vorderen überleitet; diese letztere wird dann, nach Abschnürung der Arterie, das Haupt- gefäß zur Beförderung des branchialen Blutes in die Aorta. Inmitten dieser drei großen Gefäßstämme, oralwärts von der mus- kelbildenden Kopfhöhle, nach außen von den sich allmählich bilden- den Kiemenbogeuknorpeln verläuft nun der Kiemennerv — in unserem Falle also der N. hyoideus. Nachdem er bis in den ventralen Theil des Kiemenbogens, sogar bis in die Nähe der ventralen Mittellinie mit seinen Faseranfangen vorgedrungen ist und in der oben bezeichneten Weise bereits einige Verbindungen mit seinen Endorganen, seien sie nun Epithelzellen der Haut oder Zellen der muskelbildenden Kopf höhle, vorgenommen hat, geht nicht nur eine stets fortschreitende Verstärkung dieser Faserbil- dung vor sich, sondern es gleiten auch mit den faserbildenden Zellen Ganglienzellen ventral wärts. So sieht man denn im Stadium P Bal- four's und auch später den Lauf des N. hyoideus mit einigen dunkel gefärbten Zellen besetzt, die sichtlich keinen Antheil an der Faser- bildung nehmen, dagegen allmälich zu kleinen Agglomerationen sich anordnen, denen eine ganz bestimmte Regelmäßigkeit zukommt (Taf. 20 Fig. 5, 6 S.g). Und gerade die Quercommissuren der beiden Branchialvenen sind es, welche topographisch wichtig für diese kleinen Ganglien werden. Das größte derselben bleibt genau dorsal von der Quercommissur dem N. hyoideus angelagert und umgiebt mit seinen Ganglienzellen den Nervenstamm an seiner Außen- seite. Dorsalwärts davon auf halbem Laufe des Nerven zwischen diesem Ganglion der Quercommissur und dem eigentlichen Ganglion geniculi (eben so auch bei den anderen Kiemennerven) liegt gleich- falls ein beträchtliches Ganglion, von dem zahlreiche Nervenfasern an die dorsale Partie der Kiemenmuskulatur gehen ; dann findet man 296 Anton Dohrn wiederum ventralwärts von der Quercommissur der Kiemenvenen ein sehr ausgeprägtes Ganglion, und schließlich noch eine Reihe kleinerer Ganglien auf dem noch weiter ventralwärts gerichteten Laufe des N. hyoideus — dessgleichen auch auf dem N. glossopharyngeus und auf den Vagusästen der übrigen Kiemenbogen. All diese größeren und kleineren Ganglien des Hyoidbogens stammen natürlich von dem Hauptganglion, dem G. geniculi ab. Da sie sich in allen Kiemenbogen wiederfinden . so ist nicht daran zu zweifeln, dass es sich um eine normale Bildung handelt, und prüft mau ältere Stadien , so erkennt man diese Zellen als kleinere Gan- glienzellen und hat wohl jedes Recht, sie mit dem Namen sym- pathische Ganglienzellen zu belegen. In der That sind die Bildungsweise dieser Ganglien und ihre topographische Beziehung zu den großen Gefäßen der Kiemenbogen Grund genug, in ihnen die bisher vermissten sympathischen Ganglien der Kopfnerven der Selachier zu erblicken (Taf 20 Fig. 7 S.(/). welche also nicht, wie Onodi's Hypothese behauptete, der ich mich auch eine Zeit lang anschloss, im Verbände der Kopf- ganglien verbleiben. Vielleicht ist diesen Kiemenbogenganglien noch eine wichtige phylogenetische Bedeutung zuzusprechen, wenn es sich einmal darum handeln wird, sowohl den Ursprung des eigentlichen Sympathicus als auch die Urgeschichte des Gefäßsystems der Wirbel- thiere in grundlegender Weise zu bearbeiten. In diesem letzteren Betrachte ist es wichtig , gleich hier zu erwähnen , dass an anderer Stelle der Nachweis geführt werden soll, wie die Atrio-Ventri- cularganglien durchaus mit diesen Kiemenbogenganglien seriell zu homologisiren sind, da sie aus dem letzten Vagusganglion in eben derselben Weise hervorgehen, wie diese Ganglien des Hyoidbogens aus 'dem G. geniculi (Taf. 20 Fig. 9, 11, 12 At.V.G)K 1 Es ist anfänglich meine Absicht gewesen, diesen Abbildungen entsprechen- den und ausführlicheren Text beizugeben.- ich habe es aber unterlassen, da die zu behandelnden Probleme zu groß und zu fremdartig für die vorliegende Studie erschienen. In der That handelt es sich dabei mehr um die phylogenetische Bildungsgeschichte des Herzens und des ganzen Körperabschnittes zwischen der letzten Kieme und den Nieren, als um die Histogenese der Nerven ; die Wich- tigkeit der bezüglichen Probleme ist aber so groß , dass sie den Anspruch er- heben dürfen , in einer oder mehreren Studien für sich allein behandelt zu werden. Sie können erst in Angriff genommen werden, wenn die Hand an die Lösung der gesammten Blutgefäßfragen gelegt wird ; ich muss mich desshalb hier mit diesen Andeutungen begnügen. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 297 Hervorheben möchte ich ferner noch , dass es mir vielfach ge- luugen ist, bereits in frühen Stadien — z. B. im Stadium O Balfour's — Nervenzellen mit beginnender Achsencylinderbildung an die noch sehr ursprüngliche Gefäßwandung der Kiemenarterie sich begeben zu sehen. Da um diese Zeit die Arterienwanduug noch nicht die verschiedenen Schichten besitzt, die sie später aufweist, da zumal noch keine muskelbildende Schicht vorhanden ist, so be- greift sich leicht, wie das vasomotorische Nervennetz überhaupt zu Stande kommt. Es brauchen eben nur in so frühzeitigen Stadien Nerven- resp. Ganglienzellen von diesen größeren sympathischen Kiemenbogenganglien sich an die Wandung der Gefäße, neben denen sie von Hause aus liegen, zu schieben, um allmählich durch Zelltheilung und fortgesetzte Einwanderung an die innersten Schichten der Gefäßwandung zu gelangen und schließlich von den sich an- lagernden Muskelzellen und Bindegewebszellen eingeschlossen zu werden. Das Problem, welches so lange in der Anwesenheit der zahlreichen Ganglien und Ganglienzellen im Inneren der Gefäßwände lag, ist auf diese Weise leicht zu lösen. Schwieriger ist dagegen die Frage zu beantworten, ob das Nervennetz der Gefäßwandungen motorisch oder sensibel sei, und ob die Fasern, welche die Ganglien der Gefäß Wandung umspinnen, zu der einen oder der anderen Classe dieser Nerven gehören. Aber da w'ohl viele der bisherigen Frag- stellungen bezüglich des peripherischen Nervensystems durch die in dieser Studie gegebenen Aufklärungen über die Entwicklung und Histogenese desselben eine wesentliche Veränderung erleiden dürften, so mag auch diese Frage vielleicht anders zu stellen sein. Es liegt nicht im Plane dieser Studie, eingehender derlei Detailaufgaben zu behandeln, und so begnüge ich mich mit den vorstehenden Darlegungen und Abbildungen über die Entwicklung eines typischen Branchialnerven. Wir sahen das Ganglion aus den Elementen der Ganglienleiste hervorgehen, sich mit einer lateralen, resp. epibranchialen Ectodermwucherung verbinden, welche zu zahl- losen Nervenzellen und Kapselzellen sich umwandelt; wir salien ferner den Nervenstamm aus diesen kettenartig an einander gereihten Nervenzellen hervorgehen und sich frühzeitig durch einzelne dieser Zellen mit seinen Endorganen, der Haut, dem Muskel und den Geräß- wandungen, in Contact setzen; wir sahen ferner das Auswandern von zahlreichen kleinen Ganglienzellen zur Bildung sympathischer Ganglien längs des Stammes des N. hyoideus und konnten auch die Entstehung des pharyngealen Nerven, des N. palatinus verfolgen. 298 Anton Dohrn Mehr von der Entwicklung eines specifisehen Brandi ialnerven zu be- richten , ist an dieser Stelle uiclit meine Absicht, und so wende ich mich nun zu einem typischen sensiblen Spinalnerven. 4. Histogenetische Differenzirung eines Spinalganglions und seiner Nerven. Über den Ursprung und die Beziehungen der Ganglienleiste zum Medullarrohre spreche ich mich auch an dieser Stelle nicht aus; dazu wird eine bessere Gelegenheit sich finden , sobald die histo- genetischen Fragen des Centralnervensystems zur Erörterung ge- langen. Hier nehme ich die Ganglienleiste wiederum als gegeben und behandle die histogenetische Differenzirung eines einzelnen Gan- glions vom Augenblick an, wo es sich anschickt, zu einem peri- pherischen Nerven auszuwachsen. Die Gestalt eines solchen Ganglions ist zu dieser Periode die einer lang gezogenen Vase (Taf. 21 Fig. 8, 10). Wo die Vase ihren stärksten Querdurchmesser besitzt, kann man auf Schnitten eine wesentliche Differenzirung der das Ganglion bildenden Zellen er- kennen. Diese Differenzirung besteht in der Bildung eines Gegensatzes zwischen centralen und peripheri- schen oder Rinden Zellen (Taf. 21 Fig. 8 u. 11 Rz^ Gz). Erstere erscheinen etwas größer und zugleich blasser gefärbt als letztere, deren Zellinhalt mit sehr viel mehr Chromatinkörnchen ausgestattet ist. Von Anfang an scheinen freilich alle Zellen denselben Chro- matingehalt zu haben , wenigstens giebt es in früheren Stadien, so weit ich bis jetzt habe sehen können, keinen derartigen Gegensatz. Ist aber die Scheidung in centrale und Riudenzellen einmal durchgeführt, so tritt sofort noch eine andere Differenzirung dazu. Eine feine Längsstrichelung, die sich besonders an der inneren Seite der oberen, dorsaleren Partie des Gan- glions geltend macht, wird sichtbar; dessgleichen auch eine Strichelung an der äußeren ventralen Partie (Taf. 21 Fig. 9 F). Diese Längsfaserung — denn um eine solche handelt es sich — ist schon von mehreren Autoren bemerkt worden, und mir ist sie seit vielen Jahren sehr gut bekannt. Aber erst in der letzten Zeit ist mir ihr Ursprung ganz deutlich geworden, und dadurch habe ich einen Irrthum einzusehen gelernt, in den ich selbst und alle früheren Autoren verfallen waren. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 299 Die Längsfaserung ward nämlicli als ein Auswachsen jener blasseren, centralen Zellen, aus denen die eigentlichen Ganglien- zellen hervorgehen, augesehen. Die dorsalen Fasern sollten zu den Wurzelfasern werden, die ventralen den ersten Anfang der peri- pherischen Fasern bilden. In der That wird es auch so, aber der Irrthum steckt in der Meinung, dass diese Fasern durch Auswachsen der blassen centralen Zellen des Ganglions zu Stande kämen. Gerade diese centralenZellen scheinen keinen Antheil an derFaser- bildung zu nehmen, diese wird vielmehr ausschließlich durch die Rindenzelleu bewirkt. Davon kann man sich über- zeugen, wenn man Sagittalschnitte prüft. An ihnen erkennt man, dass die Fasern gegen beide Pole des Ganglions convergiren, aber am centralen Theile, wo die Ganglienzellen liegen, in die Peripherie aus einander weichen. Mustert man geeignete Sagittalschnitte, so findet man beim Heben und Senken des Tubus, dass an der Ober- fläche des Ganglions zunächst eine oder zwei Schichten der Rindenzellen erscheinen, dann Fasern, welche über die cen- tralen Zellen hinweglaufen, darunter erst die centralenZellen selbst. Die stärkste Faserbildung zeigt sich auf der dorsalen Hälfte des Ganglions , von der die Wurzelfasern ausgehen ; da convergiren die Fasern zu einem Bündel, welches näher der Innenseite des Ganglions gelagert ist und später in die Medulla einwächst, wie wir weiter unten näher erkennen werden. Noch deutlicher gewahrt man die Topographie der ersten Faserbildung in den Spinalganglien auf Horizontalschnitten. Da sich die Fasern schlecht färben, sobald in ihnen schon der embryonale Achsency linder dififerenzirt ist, so kann man auf Horizontalschnitten, welche natürlich für die Spinalganglien Querschnitte bilden , die Lagerung der Fasern auf das deutlichste erkennen, wie die iVb- bildungen auf Taf. 22 Fig. 1 — 9 sie geben. Der dorsalste Schnitt be- steht aus wenigen Rindenzellen, ohne jede Spur einer Faserbildung. Es sind das die Rindenzellen, welche das Ganglion noch mit der Längscommissur der Ganglienleiste in Verbindung setzen. Dann folgen Schnitte, in denen bereits ein oder zwei Achsencylinder getroffen sind, die aber noch nicht bis zum Einwachsen in die Medulla vor- gedrungen sind. Auf den weiteren Schnitten vermehrt sich noch die Zahl der durchschnittenen Achsencylinder, die aber zu einem Bündel vereinigt sind. Es ist dabei zu bemerken, dass die Achsencylinder meist an der dem Centrum des Ganglions zugewendeten Seite ge- legen sind, während die zugehörigen ScHWANN'schen Kerne an der Mittheilungeu a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 20 300 Anton Dohrn Peripherie liegen. Allmälilich werden die Schnitte im Durchmesser größer, die Achsencylinder weichen aus einander, bleiben aber immer zwischen den Eindeu- und centralen Zellen befindlich, bis schließlich, noch vor der Mitte des Ganglions, nichts von ihnen mehr zu sehen ist, und der Schnitt nur eine Menge von theils blassen, theils chromatinhaltigeren Zellen getroffen hat, die mit ihren Plasma- massen sich einander anpassen. Erst auf der ventralen Seite der Ganglien trifft man wieder distincte Faserbildung und durchschnittene Achsencylinder, welche nach unten convergiren und den peripheri- schen Nerven in seiner ersten Anlage bilden. Um diesen Process der Differenzirung eines Spinalganglions so sorgfältig wie möglich festzustellen, habe ich mich bemüht, die ersten Spuren der Faserbildung aufzusuchen, und habe an einem sehr jungen Embryo von Scyllium cutulus das Folgende bemerkt. Die Ganglienleiste besteht noch in ihrer vollen Ausdehnung von vorn nach hinten, an den mittleren Rumpfgauglien ist die Differen- zirung in Rinden- und Centralzellen deutlich zu erkennen (Taf. 21 Fig. 8); die Rindenschicht ist meist nur von der Stärke einer Zelle. Dorsal- und ventralwärts von den Centralzellen spitzt sich das Ganglion zu, besteht aber nur aus Rindeuzelleu. Sobald die Schnitte die Läugscommissur der Ganglienleiste ventralwärts über- schritten haben, bemerkt man an einem Ganglion, dass eine an der inneren Seite gelegene Rindeuzelle ganz in der Weise der Zellen, aus welchen die Schleimcanalnerven hervorgehen, einen Achsen- cylinder gebildet hat, welcher gegen das Medullarrohr , dem das Ganglion anliegt, sich umbiegt, fast möchte ich sogar sagen, ein- dringt. Beim Heben und Senken des Tubus kann ich mit Sicher- heit genau das Bild erhalten , welches ich von den Querschnitten der Kettenfasern, die nur eine Zelle breit sind, kenne. Der Kern liegt neben der runden glänzenden Achseucylindersubstauz , beide umgeben von geringfügigem Plasma. An einigen anderen Ganglien sieht man ähnliche Bilder, die zu charakteristisch für die ersten Anfänge der Achsencyliuderbildung sind, als dass man sie über- sehen könnte. Ahnliche Bilder gewährt auch der ventrale Pol der Ganglien, an dem sich auch einzelne Zellen zur Faserbilduug an- schicken. Daneben gelagert sind die Anfänge der motorischen Nerven, deren ausgewanderte Medullarzellen schon einige Schritte weiter in der Differenzirung zu sein scheinen. Gleichzeitig mit diesen Anfängen der Faserbildung geht ein anderer Process im Ganglion vor sich. Es schieben sich nämlich Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 301 erst wenige, dann immer mehr cliromatinhaltige Rindenzellen zwischen die centralen Zellen, bis das ganze Ganglion davon durchwachsen ist iTaf. 21 Fig. 12). Sobald das geschehen ist, treten auch zwischen den centralen Zellen Fasern auf. welche das Ganglion durchziehen, aber die Gauglienzellen einstweilen unberührt lassen. Derweil löst sich das Ganglion von der Ganglienleiste los, d.h. die Verbindungsbögen, die, immer dünner werdend, sich zwischen den einzelnen Ganglien ausspannen, reißen ein, und jedes Gan- glion zieht die ihm benachbarten Stücke derselben an sich, aus ihnen einen weiteren Zuwachs der Rindenzellen gewinnend. Gleich- zeitig wächst auch das Bündel der Wurzelfasern in die Medulla ein. Es erfolgt nun auch in den Spinalganglien der rapide Zell- vermehrungsprocess, den wir schon oben an den Ganglien der Schleimcanäle und des Lateralis kenneu gelernt haben. Eine große Zahl der chromatinhaltigen Rinden- oder, wie sich jetzt schon bestimmt sagen lässt, Nervenzellen geht zur Mitosenbildung über, aus der theils durch einfache, theils durch multiple Kerntheilung eine überaus große Zahl neuer Nervenzellen hervorgehen (Taf. 21 Fig. \'ix), und wie bei jenen Ganglien wird auch bei den Spinal- ganglien daraus das Material für die Polzellen — oder um mich der bereits bestehenden Terminologie anzuschließen: der Courvoisieu- schen Polarzellen und das der Ganglienzellkapseln. Der letzterwähnte Process hat eine so weitgreifende Bedeutung für unsere Auffassung von der Natur und Bedeutung der Ganglien- zellen, dass ich es für richtig halte, ihn auch bei den eigentlichen Spinalganglien im Detail zu schildern. Bei Prùfiiir US-Embryonen von 28 mm Länge sieht man in Spinal- ganglien, z. B. in der Gegend der Beckenflosse die Ganglienzellen ziemlich locker neben einander liegen. Jede Zelle hat ihren kreis- runden oder etwas spindelförmig ausgezogenen, mit Carmin matt rosa tingirten Kern und einen beträchtlichen, etwas röthlichgrau ge- färbten, überaus feinkörnigen Plasmaleib, welcher je nach der Lage der Zelle und ihrer Umgebung rund oder abgeplattet oder spindelförmig ausgezogen ist. Zwischen den Ganglienzellen sind kleinere ovale Zellen gelagert, angefüllt mit vielen dunkler gefärbten Körnchen, so dass man sie für »freie Kerne« halten möchte, da die Plasmahülle kaum wahrzunehmen ist. Mitunter liegen diese körnchenreichen Zellen den Ganglienzellen so dicht an, dass sie förmlich darauf geklebt zu sein scheinen; meistens aber haben beide Zellen noch keinen un- mittelbaren Contact mit einander. Außerdem sieht man noch zwischen 20* 302 Anton Dohrn den Ganglienzellen Faserzüge mit langgestreckten Kernen, die auch sehr körnchenreich sind. Geht man weiter nach vorn, in die Gegend der Brustflosse, so gewahrt man schon bestimmtere Beziehungen zwischen den Ganglien- zellen und den körnchenreicheu Zellen. Kaum eine Ganglienzelle findet sich , der nicht an irgend einer Stelle ihrer Peripherie ein solcher Kern angelagert wäre. Hier und da sieht man auch Gan- glienzellen, deren Plasma zwei solche Zellen anhaften. Weiter oralwärts finden sich bei den über den Kiemen ge- legenen Spinalganglien fast regelmäßig diese Körnchenzellen in Mehr- zahl den einzelnen Ganglienzellen angelagert, und schließlich erkennt man an den vordersten Ganglien, die auf den Hypoglossus folgen, mit Deutlichkeit an einzelnen Ganglienzellen die Bildung einer be- sonderen, körnchenhaltigen Plasmaschicht in der Umgebung der auf- gelagerten Zelle oder Zellen. Diese körnchenhaltige Plasmaschicht umgreift einen Theil des röthlichgrauen Plasmas der Ganglienzelle; in ihr, meist aber auf ihr ist der Zellkern der angelagerten Zelle gelegen. Solcher Zellen mit beginnender körniger Rindenschicht sind erst wenige in den vordersten Spinalganglien zu finden, die Mehrzahl zeigt nur die körnigen Zellen angelagert, von denen ein feiner Contour sich auf die Ganglienzelle begiebt, den Plasmatheil der körnigen Zelle andeutend, aus dessen Umwandlung die Rindenschicht der Ganglienzelle hervorzugehen scheint. Je weiter der Embryo sich nun entwickelt, um so stärker wird die Zahl der angelagerten Zellen, um so dichter die körnige Rindeu- schicht, welche allmählich die ganze Ganglienzelle umschließt, und um so klarer wird auch die Verbindung der angelagerten Kerne mit Nervenfasern, welche das Ganglion durchziehen. Fragte man mich nun, ob ich durch die obigen Darstellungen einen bündigen Beweis dafür geliefert zu haben glaube, dass die Rindenschicht der Ganglienzelle aus der Umwandlung des Plasmas der angelagerten Zellen — die ich nun mit dem Namen der Kapsel- zellen bezeichne, den sie in der That beanspruchen dürfen — hervor- gehe, so kann ich für die Zellen der Spinalganglien kaum unbedingt Ja sagen. Dass es sich so verhält, ist mir sehr wahrscheinlich, aber ich kann nicht leugnen, dass es schwer sei, den Process Schritt vor Schritt zur Beobachtung zu bringen. Die Argumente, die am meisten für die Richtigkeit solcher Auffassung sprechen, sind die folgenden. Keine Rindenschicht entsteht, ehe nicht eine oder zwei Kapsel- zellen sich dem Plasma der Ganglienzelle angelagert haben. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 3()3 Die erste Spur der Rìndenschicht bildet sich au derjenigen Seite der Ganglienzelle, der eine Kapselzelle augelagert ist. Je mehr Kapselzellen sieh anlagern, um so vollständiger umgiebt die Rindenschicht das Plasma der Ganglieuzelle. Sehr häufig liegen die Kerne der Kapselzellen ganz in der Rindenschicht, sobald dieselbe eine hinreichende Dicke erlangt hat. An demjenigen Pole der Ganglienzelle, an den sich die Nerven- faser anschließt — oder, um mich der alten Ausdrucksweise zu be- dienen: von dem der Ausläufer ausgeht — ist die Rindenschicht beträchtlicher und ganz besonders deutlich von dem centralen Plasma der Ganglienzelle geschieden. Die Rindenschicht enthält immer größere Körnchen, als die centrale Plasmamasse der Ganglienzelle, und diese Körnchen sind chromatinreicher , als die der centralen Masse, was besonders bei Hämatoxylinfärbung in die Augen springt. Die Grenze zwischen beiden Schichten ist bei Schnitten, welche die Ganglienzellen im Meridian treifen, bei jeder Vergrößerung fast immer deutlich. Erst wenn die Rindenschicht hergestellt ist, entsteht die Membran der Kapsel, welcher die meisten Kerne der Rindenschicht eingefügt sind. Die Kapselmembrau muss also ein Product der Rindenschicht sein. Wäre die Rindenschicht aber eine weitere Diiferenzirung des Plasmas der Ganglieuzelle selbst, so müsste auch die Kapselmembran ein Product der Ganglienzelle sein — woher kämen aber dann die Kerne , die man doch mit größter Sicherheit sich der Ganglienzelle auflagern sieht, ehe eine Riudenschicht da ist? Die Provenienz der Kapselkerne und Kapselmembran aus Mesodermzellen ist ausgeschlos- sen, so bleibt also kaum etwas Anderes übrig, als die Annahme, dass die Rindenschicht der Ganglienzelle ein angelagertes Product der Kapselzellen selber sei. Ich unterbreche hier die Schilderung der Ganglienentwicklung, um zunächst auf ein früheres Stadium zurückzugreifen und die Entwick- lung des peripherischen sensiblen Nervenstammes darzustellen. Die Entstehung des peripherischen sensiblen Spinalnerven greift zurück auf ein Stadium, bei dem es eben erst zur Differenzirung der centralen Zellen des Spinalganglions zu eigentlichen Ganglienzellen gekommen ist, in dem also der Gegensatz von blassen centralen Ganglienzellen und körnchenreichen Rinden- oder Nervenzellen fast noch latent oder eben in der Ausbildung begriffen ist (Taf. 21 304 Anton Dohrn Fig. 8). Um diese Zeit sind die einzelnen Ganglien, die Producte der Ganglienleiste, schmale, ventralwärts weit Verabreichende Gebilde, ihre am weitesten nach unten reichenden Ausläufer liegen als einzelne Zellen fast auf der Höhe des Urnierenganges. Durch die Ausbildung der centralen Ganglienzellen tritt die ScheiduDg der beiden Abschnitte des ursprünglich einheitlich er- scheinenden Ganglions stärker hervor: der dorsale Abschnitt wird zum Spinalganglion, der ventrale zum Anfang des peripherischen Nerven und des sympathischen Ganglions. Während das Ganglion breiter und dicker wird, wächst der veutrale Theil in die Länge. Zunächst freilich sieht man nur ein an einander Vorbeigleiten von rein plasmatischen Embryoualzellen, von denen jede einzelne sich in die Länge zieht. Allmählich aber erkennt man denn auch die in derselben Weise, wie sie oben pag. 299 geschildert ward, vor sich gehende Ausbildung oder Differenzirung des Achsencylinders in dem Plasma und kann feststellen , dass sie an dem tiefsten Stück des Ganglions, unterhalb der Anlage der centralen Zellen, zuerst beginnt. Es muss auch hier wieder ausgesprochen werden, dass die centralen Ganglienzellen nichts mit dem Beginn der Achsencylinder- resp. der gesammten Faserbildung des peri- pherischen Nerven zu thun haben. Eine zusammenhängende Nervenfaser ist indess in diesen An- fangsstadien wohl nicht vorhanden, vielmehr nur an einander stoßende Nervenzellen mit differenzirten Achsencylindern. Wie aus ihnen sich später iudividualisirte Fasern herausbilden, vermag ich vor der Hand nicht zu sagen. Außer diesen, die Achsencylinder bildenden Nervenzellen finden sich noch einige andere Zellen der ursprünglichen ^ianglienleiste dem beginnenden Nerven angelagert, und aus dem ventralen Theil des eigentlichen Spinalgauglions gleitet eine Anzahl von Zellen abwärts. Aus einigen dieser Zellen, welche die Differenzirung zu Achsencylindern nicht mitmachen, w^erden die sympathischen Ganglienzellen. Sie sammeln sich zu einem Klümpchen, welches auf der Höhe der Aorta dem sensiblen Stamme auf der Innenseite an- gelagert bleibt; eine weitere Differenzirung geht innerhalb der sym- pathischen Ganglien zunächst nicht vor sich. Ich werde später ihre Schicksale näher darlegen. Der peripherische Nerv wächst, unbekümmert um das sympathi- sche Ganglion, weiter abwärts, dem Myotome des Rumpfes auf seiner Studien zur Urgescliichte des Wirbelthierkörpers. 17. 305 Innenseite angelagert (Taf. 22 Fig. 10 31.1s/ i^-i). Auf dem Quer- selinitte zeigt er sich nicht stärker als 2 — 3 Zellen, deren Kerne alternirend auf verschiedenen , mitunter auf demselben Schnitte sich finden; jeder Zelle entspricht ein Achsencylinder, so dass der Nerv in diesem Stadium schwerlich stärker als drei Fasern ist. Es ist wichtig, hier ein Verhältnis hervorzuheben, das weiterhin sich etwas verwischt : die Selbständigkeit des sensiblen Nerven gegen- über dem motorischen und umgekehrt. Der sensible Spinalnerv liegt von Anfang an hinter dem motorischen desselben Metamers, beide aber in derselben Sagittalebene. Auf Horizontalschnitten (Taf. 22 Fig. 10) liegt der motorische Stamm immer vor dem sensiblen. Erst in der Nähe des sympathischen Ganglions ändert sich dieses Lage- rungsverhältnis, denn der motorische Nerv rückt neben den sen- siblen, aber an seine Außenseite. In diesen frühen Stadien bleiben aber beide Nerven deutlich von einander getrennt, weder im Ganglion noch auf dem weiteren peripherischen Verlaufe vermischen sich ihre Fasern, auch bildet jeder für sich ein eigenes Bündel. So wachsen sie neben einander ventralwärts, von einander nur durch ihre gegen- seitige Lagerung, nicht durch ihre Structur unterschieden. Ich halte es für nützlich, an dieser Stelle über die Verhältnisse der Ast- und Zweigbildung der Nerven, sowohl der sensiblen, wie der motorischen zu sprechen. Was letztere anlangt, so könnte es sonderbar erscheinen, über ihre Verzweigung und peripherische Ver- breitung Angaben zu machen, ehe von Neuem ihr Ursprung in histo- genetischer Beziehung näher behandelt worden ist. Ich könnte zwar auf die 14. und 16. Studie verw^eisen, in denen mehrfach auf die Composition der motorischen Nervenwurzeln eingegangen ist — aber beide Studien verhalten sich nur andeutend in Bezug auf das, was über die Histogenese der motorischen Nerven zu sagen ist. Bei Er- örterung der Probleme, die mit der Wurzelbildung und ihrer Ver- bindung mit und im Centralnervensystem zusammenhängen, wird auch die eigentliche Histogenese der motorischen Wurzeln von Neuem erörtert werden. Bei der Bildung der peripherischen Zweige der Spinalnerven geht der motorische Stamm dem sensiblen zeitlich voraus, wie er ja überhaupt früher angelegt wird, als dieser. Kaum ist er so weit ventralwärts gewachsen, dass er dem Myotom anliegt, welches letztere eben die Bildung der Muskelfasern begonnen hat, so erfolgt auch schon die erste Zweigbildung. Eine der Zellen, aus denen der herabwachsende Nerv besteht. 306 Anton Dohrn sondert sich aus dem Verbände desselben ab, verlängert sich zu einem langen, schmalen Gebilde, in dessen Mitte sich der spindelförmige Kern befindet und differenzirt aus dem Plasma einen Achseneyliuder, dessen eines Ende im Nerven bleibt, während das andere Ende zwischen die Muskelfasern eindringt und so den ersten Zusammenhang zwischen dem motorischen Nerven und seinem Endorgan, dem Muskel, bildet (Taf. 22 Fig. 10, 11«, a,). Die Lagerung der beiden Nerven zum Myotom ist bemerkens- werth. Sie liegen immer in der Mitte des Myotoms oder in der Nähe des Skierotoms, das auf das Myotom folgt, welches von dem ins Auge gefassten motorischen Nerven innervirt wird. So gehen denn auch die sensiblen Fasern in ihrer späteren Verästelung alle durch dieses Skierotom hindurch, ja später, und besonders wenn es sich um die Bildung der Äste des Plexus brachialis handelt, und sogar auch die Nervenstämme an die Außenseite der Myotonie treten, geht der Weg durch diese Skierotomräume. Auch die embryonalen, einzelligen Nervenfasern machen alle den Weg vom motorischen Stamme gegen das Skierotom; dort fangen die Muskelzellen an, dort dringen auch die Achseucylinder zwischen sie ein. Aber es giebt nicht bloß am hinteren Skierotom solche Ein- trittsstellen für einzellige Nervenfasern: auch an dem den Myotom- fasern vorausgehenden Skierotom bahnen sich einzellige Nervenfasern den Weg zu demselben Myotom, so dass also von beiden Insertions- punkten der embryonalen Muskelfasern Nervenäste von dem zu- gehörigen motorischen Stamme sich an sie begeben. Man kann freilich in diesem Embryonalstadiam kaum von Muskelfasern und Nervenfasern sprechen: aber um so interessanter ist es, dass man schon so früh den Zusammentritt beider Gebilde beobachten kann. Derlei einzellige Nervenfasern finden sich nun, wenn man die Horizontalschnitte ventralwärts weiter verfolgt, noch mehrere, und je weiter der Embryo sich entwickelt, um so zahl- reicher werden sie. So frühe Zweigbildung der sensiblen Nerven habe ich nicht beobachtet — und das ist auch begreiflich. Die Verzweigung des sensiblen Eudnetzes liegt von dem Stamme des Nerven entfernter, als die motorische, und der sensible Nerv muss erst aus der Muskelschicht in der oben angegebenen Weise hervortreten, ehe er Endverzwei- gungen bilden kann, die sich an die späteren aus dem Septum her- vorgehenden Sehnen und an das Ektoderm begeben. In späteren Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 307 Stadien kann man aber mit Leichtigkeit constatiren, dass alle sensiblen Zweige und Endverzweigungen immer von dem Septum ausgehen, welches zwischen je zwei Myotomen gelegen ist, also jenen früheren Skierotomen entspricht, durch welche die sensiblen und eventuell auch die motorischen Stämme und Äste an die Außenseite der Myotome gelangen. Was nun die Verästelung in etwas späteren Stadien anlangt, so möchte ich folgendes Thatsächliche mittheilen. An den meisten Theilungsstellen einer bereits weit vom Stamm abliegenden, also schon mehrfach getheilten Nervenfaser findet sich ein Kern, von dem aus die weitere Theilung vor sich geht. Dieser Kern hat gewöhnlich eine dreieckige Gestalt, mit abgerundeten Ecken. Sind mehrere Fasern vorhanden, so liegen meist mehrere Kerne zusammen, und es theilt sich dann die Faser häufig auf einmal in mehrere Zweige. Sehr oft erscheinen Bilder von Schlingen, aber ich bin nicht sicher, ob es sich dabei um wirkliche Schlingenbildung mit Wiedereinmüu- dung der leitenden Theile in die ursprüngliche Faser handelt, oder ob nur eine Anlagerung der rückläufigen Schlinge stattfindet. Die Kerne, w^elche den langen schmalen Fasern des Endnetzes auf ihrem Laufe anliegen, sind alle länglich und schmal, deutliche ScHWANN'sche Kerne und von genau derselben Beschaffenheit, wie die ScHWANN'schen Kerne in den eigentlichen Nervenstämmen. Dass unter jenen dreieckigen Kernen, welche ich eben bei der Theilung der Faser erwähnte, gelegentlich auch eine Mesodermzelle sich befindet, ist ja nicht unmöglich, aber ich darf im Übrigen zuversichtlich be- haupten, dass dies ganze peripherische Nervennetz ohne irgend welche namhafte Betheiligung des Mesoderms zu Stande kommt: die Fasern sind klar und scharf begrenzt; auf ihrem Laufe begegnet man nur hier und da Berührungen mit ganz schmalen Ausläufern von Meso- dermzellen , die am besten erkennen lassen , wie unwahrscheinlich die bisherige Annahme ist , dass die Nerven von sich auflagernden Zellen eingescheidet würden. Die dreieckigen Kerne, welche meist an den Stellen liegen, wo eine Theilung stattfindet, lassen aber eine andere Frage entstehen: ob nämlich eine Nervenzelle mehr als einen bipolaren Achsen cylinder produciren kann, ob etwa ein Achsency linder in derselben Zelle sich theilen und an dem einen Pol bifid werden kann? Ich will nicht leugnen, dass mich die Verästelung sensibler Endnetze oft zu der Vorstellung geführt hat, dass ein solcher Vorgang angenommen werden müsse. Aber ich bin nie über den Zweifel hinaus- gekommen; ob die entsprechenden Bilder sich nicht auch so erklären 308 Anton Dohrn ließen, dass der eine Schenkel des bifiden Nerven als normaler Fortsatz des wenn auch noch so dünnen Stammes, der andere aber als angelagerter Achsencylinder einer anderen Zelle anzusehen sei, mit anderen Worten, dass keine Theilung, sondern eine Verschmel- zung zweier Achsencylinder an der Stelle des dreieckigen Kernes stattfinde. Auf diese Frage weiter einzugehen Avird sich später wohl einmal Gelegenheit finden bei Besprechung der Anschauungen, die Hensen, KöLLiKER und KouGET bei Beobachtungen über die terminalen Nervennetze des Amphibienschwanzes entwickelt haben. Außer dem ventralen Hauptstamme des sensiblen Nerven geht noch ein dorsaler aus jedem Spinalganglion hervor. Dieser dorsale Ast entsteht aber viel später als der ventrale, dessen histogenetischem Verhalten er sich freilich durchaus anschließt. Und wie der ventrale hat auch der dorsale einen motorischen Nerven als Begleiter, und auch hier geht die Bikluug und die Ausbreitung des motorischen Nerven der- jenigen des sensiblen beträchtlich vorauf. Der motorische dorsale Ner- venzweig geht von dem zugehörigen Stamm kurz nach seinem Austritt aus dem Medullarrohr ab, legt sich der Innenseite des Ganglions dicht an, aber ohne mit ihm zu verschmelzen oder einen Faseraus- tausch zu bewirken, und verästelt sich dann in der dorsalen Musku- latur. Sobald er am Ganglion vorbei gewachsen ist, geht auch aus dessen oberer, äußerer und vorderer Partie der sensible dorsale Ast ab, zunächst ähnlich gerichtet, wie der motorische, dann aber selb- ständig seine Eudverzweigung vornehmend. Wie die End ver zweigung, speciell die Bildung der eigent- lichen Nervenendigungen geschieht, ist gewiss eine Frage von höchster Bedeutung, deren Lösung indess neue und eingehendste Untersuchungen erfordert und außerhalb des Rahmens der vorliegen- den Studie liegt. Eben so ist die Wurzelbildung der sensiblen sowohl wie der motorischen Nerven eine Frage, welche sich kaum ohne eingehende Besprechung der histogenetischen Vorgänge des Ceutralnervensystems behandeln lässt, und desshalb in die nächste Studie gehört. Aber ich möchte doch schon hier einige Beobachtungen anführen, die sich auf das Problem der Wurzelbildung beziehen , welches bei der hier festgehaltenen Auffassung der Nervenfaserbildung natürlich anders erscheint und erscheinen muss, als bei Zugrundelegung der Annahme der Ausläufertheorie, die bisher fast ausnahmslos galt. Es ist bekanntlich das große Verdienst von His, das Hinein- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 309 wachsen der sensiblen Wurzelfasem in die Medulla festgestellt zu haben. Nachdem er, auf theoretische Erwägungen gestützt, dies Hineinwachsen wahrscheinlich gemacht hatte, beobachtete er au einem menschlichen Embryo das bipolare Auswachsen einzelner Ganglien- zellen eines Spinalganglions und schloss hieraus, dass alle Ganglien- zellen von Hause aus bipolar seien und oppositopole Ausläufer be- säßen, die allmählich, durch seitliches Ausweichen der Ganglienzelle und Verschmelzen der Basaltheile beider Ausläufer zu jener uni- polaren Gestalt übergehen, welche bei den höheren Thieren so weit verbreitet ist. Bilder, wie His sie a. a. 0. abbildet, habe ich auch, besonders an den Kopfganglien der Selachier, mehrfach beobachtet, bin aber doch nicht zu demselben Schluss wie His gelangt. Ich habe früh- zeitige bipolare Faserbildung an einer großen Zahl von Zellen auch der Ganglien des Ophthalmicus superficialis und Buccalis gesehen, aber ich muss doch Anstand nehmen, zu behaupten, dass diese Zellen bereits Ganglienzellen im wahren und bisher herkömmlichen Sinne des Wortes gewesen wären. Ich halte vielmehr diese Zellen zunächst für Nervenzellen, d. h. also für ScHWANN'sche Zellen, bestimmt, in sich Achseucylinderabschnitte zu bilden und erst nach- träglich, durch seriales Verbinden mit anderen Nervenzellen und deren Achseucy linderabschnitten, ganze Nervenfasern herzustellen. His erwähnt ausdrücklich , dass zur Zeit jenes von ihm beobachteten Auswachsens der in dem Si)inalgangliou befindlichen Zellen noch keine Mesodermzellen sieh den Elementen des Ganglions beigemischt fänden, und da er keinen Unterschied zwischen Nerven- und Ganglien- zellen macht, so blieb natürlich nichts übrig, als diese zu langen Fasern sich ausziehenden Zellen für die späteren Ganglienzellen zu halten. Da ich keine Untersuchungen an menschlichen Embryonen an- gestellt habe, so vermag ich mir über den Thatbestand kein eigenes bestimmtes Urtheil zu bilden — aber wenn die Verhältnisse bei Se- lachiern in Rechnung gezogen werden dürfen, so möchte ich die Vermuthung aussprechen, dass die von His abgebildeten Zellen embryonale Nervenzellen und noch nicht zu Ganglienzellen differenzirt waren. Dass solche embryonale Nervenzellen, die bereits deutliche und lange Ausläufer gebildet haben, nachträglich noch zu Ganglienzellen sich umbilden können, ist a priori schwerlich zu verneinen — ja die mitten in den Lauf einzelner Nervenfasern eingeschalteten Ganglien- zellen, die man an vielen Stelleu findet, machen eine solche An- 310 Anton Dohrn nähme fast zur Gewissheit. Aber der Bereich einer solchen Ganglien- zelle, d. h. also die Länge ihrer ursprünglichen Ausläufer bleibt doch sicherlich auf den Bezirk ihrer nächsten Umgebung begrenzt und er- streckt sich nur bis zu den ScHWANN'schen Kernen, welche ihr cen- tral- wie peripheriewärts zunächst angelagert sind. Diese Frage berührt das histogenetische und phylogenetische Problem, wie man sich überhaupt Ganglienzellen aus Nervenzellen hervorgegangen vor- stellen soll, berührt ferner die fundamentale Frage nach der functio- nellen Bedeutung der Ganglienzellen, ob sie eine specifisch nervöse oder nur eine trophische Function für die Nervenfaser besitzen. Es war anfänglich meine Absicht, schon in der vorliegenden Studie diese Frage nicht nur für die peripherischen sondern auch für die centralen Ganglienzellen zu erörtern und mich durchaus für eine specifisch nervöse und gegen jegliche Art von ausschließlich trophischer Function der Ganglienzellen zu erklären. Ich hatte zu dem Behufe bereits einen Excurs auf die Verhältnisse des Central- nervensystems gemacht und speciell die Bildung und Beziehungen der sog. riesigen Ganglienzellen der Selachier und von Lophius piscatorius untersucht. Aber die Fortsetzung dieser Studien hat mir so unerwartete Zustände der Ontogenese des Medullarrohres. wenigstens bei Selachiern und Teleostiern offenbart, dass ich es vor- ziehe, die Erscheinungen der Ontogenese des Centralnervensystems im Zusammenhange in einer oder mehreren separaten Studien zu erörtern und bis dahin auch die Discussion über die Fragen nach der functionellen und phylogenetischen Entstehung und Bedeutung der Ganglienzellen zu verschieben. Aber auch für die Fragen der Wurzelbildung der peri- pherischen Nerven ist es fast unentbehrlich, die Ontogenie und Histogenie des Centralnervensystems als in den Grundlagen bekannt vorauszusetzen. Wenn ich nun aber über den fundamentalsten aller Punkte, welche das Nervensystem betreffen, in dieser Studie eine Anschauung zur Geltung zu bringen mich bemüht habe, welche der fast ausnahmslos geltenden Hypothese von der Natur der Nerven- faser auf das schroffste widerspricht, so folgt daraus schon von selber, dass auch meine Auffassung der Histogenie des Central- nervensystems von der herkömmlichen stark abweichen muss. In der That ist das auch der Fall, wie es später dargelegt werden soll. Die Wurzelbildung der sensiblen Nerven wird nun aber von den meisten Forschern unmittelbar mit der Bildung der Hinterstränge, der BuRDACH'schen sowohl wie der GoLL'schen Stränge, in gene- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 1". 311 tischen ZusammenliaDg gebracht, und zwar so, dass die letztere nur das Endproduct der ersteren sei. Ich habe Gründe, dies Verhältnis, wenigstens in der exclusiven Fassung, in der es angenommen wird, nicht gelten zu lassen, und habe u. A. bereits auf Taf. 22 Fig. 12 Schw.K. eingewachsene Wurzelfasern abgebildet, welche unzweifel- hafte ScHWANN'sche Kerne aus der Ganglienanlage in den Bereich des Medullarrohres hinübergefUhrt haben. Ich glaube ferner den Beweis liefern zu können, dass unabhängig von den einwachsenden Wurzelfasern, autochthon im Bereich der Hinterstränge Längsfasern sich bilden, deren Ursprung auf Zellen des Medullarrohres zurück- zuführen ist. Diese Verhältnisse bedürfen also zu ihrer Klarstellung einer vorgängigen Erörterung der onto- und histogenetischen Diffe- renzirung des Medullarrohres selber und müssen bis dahin auf- geschoben werden. Fast noch mehr aber erfordert die Darstellung der motorischen Wurzelfaserbildung eine solche vorgängige Behandlung des Central- nervensystems. Der schroffe Gegensatz, in welchem meine Dar- legungen über Ursprung und Zusammensetzung der Nervenfaser mit den geltenden Doctrinen stehen, tritt nirgends stärker hervor, als bei der Ermittelung der Natur der motorischen Wurzeln. Es mag desshalb gestattet sein, diese Gegensätze am Schlüsse dieser Studie und im Anschluss an die Forschungen Vignal's über die Histogenese der peripherischen Nervenfasern noch einmal zu- sammenfassend zu erörtern. ViGNAL hat in seiner Schrift »Développement des éléments du Systeme nerveux cérébro-spinal. Paris 1889« seine Forschungen und Anschauungen über die Bildung auch der peripherischen Nerven sehr detaillirt ausgesprochen; es ist vielleicht nicht zu viel gesagt, wenn ich diese Darstellung als die eingehendste bezeichne, die wir über- haupt besitzen. Leider bin ich erst kürzlich in den Besitz von Vignal's Schrift gelangt, habe somit nicht bei Zeiten auf sie Rück- sicht nehmen können, was ich um so mehr bedauere, als Vignal durch die Verbindung der Schnittmethode mit der Dissociations- technik unzweifelhafte Vorzüge meinen eigenen Untersuchungen gegen- über geltend machen kann. Dennoch glaube ich, dass meine Forschungen über die Ent- stehung der Nervenfasern des Schleimcanalnervensystems für die Entscheidung der fundamentalen Frage: was sind die Schwann- schen Kerne? von größerem Gewichte sein werden, als die auf Dissociationen gegründeten Angaben des französischen Forschers, 312 Anton Dohrn welche ich in ausführlicher Analyse und z. Th. wörtlicher Wieder- gabe hier wiederholen will. ViGNAL beschreibt und bildet ab ein Stück des Ischiadicus eines Rindsembryos von 25 mm Länge. Der Nerv dieses Embryos »est forme par plusieurs faisceaux dont la pmphérie est enveloppée de cellules semblables aux cellules connectives qu'on rencontre chez un embryon de cet age, c'est-à-dire qu'elles ont un noyau volumineux, sphérique, entouré d'un protoplasma peu granuleux, s'étendant sou- vent au loin sous la forme de prolongements plus ou moins volu- mineux et définis« (1. e. pag. 8). Vignal vergleicht die Fibrillen dieser Nerven mit denen, «qui se trouvent dans la substance corticale des cellules nerveuses des cornes de la moelle épinière. La seule diflfé- rence qui existe entre ces deux sortes de fibrilles est le volume moins considérable des fibrilles des nerfs de Tembryon; quant à la matière qui les enveloppe, elle ressemble exactement à celle qui se trouve entre les fìbres des cordons de la moelle.« Die beiden Vergleiche, die Vignal mit diesen Worten ausführt, sind nicht ohne Bedeutung. Die Fibrillen der Rindensubstanz der Ganglienzellen der Vorderhörner sind nach Auffassung der meisten Forscher und auch Vignal's entweder die Anfänge der Fibrillen, die den Nerven selbst bilden oder Avenigstens mit ihnen in gene- tischem Zusammenhange, in so fern sie derselben Ganglienzelle an- gehören, aus welcher als Ausläufer der motorische Nerv hervorgeht. Der zweite Vergleich zwischen der die Fibrillen des Nerven umhüllen- den Substanz mit derjenigen, welche die Längsfasern der weißen Substanz umgiebt, soll eine wichtige Abweichung Vignal's von der bisherigen Annahme des Ursprungs der Myelinscheide anbahnen, auf die wir weiter unten mit seinen Worten zurückkommen werden. Das nächste Stadium, welches Vignal untersucht hat und ab- bildet, gehört einem Rindsembryo von 7 — 8 cm Länge an. »Les faisceaux nerveux ont pris uu volume plus considérable; leur péri- phérie est recouverte par un grand nombre de cellules connectives, qui leur forment une sorte de gaine qu'il est cependant facile de détacher avec les aiguilles; les faisceaux eux-memes, formés par la méme substance que nous avons vue précédement, renfermeut, outre les fibrilles dont laspect est le méme que dans les nerfs de l'embryon de 25 mm., de fines granulations rangées à la suite les unes des autres , parallèlement aux fibrilles. Ces granulations me paraissent destinées à la formation de nouvelles fibres, car plus fard (dans un embryon de 15 centimètres de long) on n'en trouve presque plus Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 313 trace, et le nombre de fibrilles contemies dans le faisceau a con- sidérablement augmeuté« (1. e. pag-, 9). Aber in diesem Stadium findet Vignal außer den eben er- wähnten »cellules connectives à leur péripbérie« auch ein beträcht- liches Quantum derselben im Inneren der Nerven zwischen den Fibrillen. Sie sind daselbst unregelmäßig gelagert; an einigen Stellen sehr zahlreich, an anderen sehr selten, oft fehlen sie auf beträcht- lichen Strecken. Sie zeigen auch meist starke Tendenz zur Bildung von Mitosen. »S'il est impossible« fährt Vignal 1. c. pag. 10 fort, »de donner une preuve directe de la provenance de ces cellules, c'est-à-dire de voir une cellule périphérique pénetrer dans un des faisceaux, cependant Thypothèse que Ics cellules qui se trouvent dans le faisceau nerveux proviennent de celles qui recouvrent la péripbérie me semble étre la vraie, car les cellules externes et internes du faisceau ont exactement les mémes caractères, de plus les cellules sont surtout abondantes dans les points proches de la péripbérie, rares et mcmc souvent complètement absentes au centre des faisceaux, enfin si, à l'aide de méthodes appropriées on cherche les signes de la prolifération cellulaire, on rencontre un grand nombre de figures karyokinétiques, ces figures sont surtout abon- dantes dans les cellules situées à la péripbérie du faisceau, là ou elles sont si proches les uues des autres, qu'elles lui forment une véritable gaine cellulaire. « Auf der folgenden Seite bildet nun Vignal dissociirte Fasern eines Bündels des Ischiadicus ab, der einem Embryo von 18 cm an- gehört, und beschreibt dies Präparat folgendermaßen: »ces faisceaux ou plutot ces fibres sont formés par la ré union d'un nombre con- sidérable de fibrilles et de la substance qui les englobe. Ces fibres sont recouvertes par de grandes cellules plates très minces ayant un noyau ovalaire renfermaut un ou plus généralement deux uueléoles. Autour du noyau, mais surtout aux deux pòles du noyau, la cellule présente une plus grande épaisseur que dans les autres points; la substance — le protoplasma — qui la forme est presque homogene. Le diamètre longitudinal de ces cellules l'emporte beaucoup sur leur diamètre transversai, et elles se distinguent sourtout par ce caractère des cellules connectives ordinaires, qui existent en nombre relative- ment petit entre les fibres formant le faisceau nerveux. »Ces lougues cellules plates viennent évidemment d'une trans- formation, qu'il est possible de voir s'effectuer sur les embryons plus jeunes, des cellules connectives intra-fasciculaires ; elles sont appli- 314 Anton Dohrn quées à la surface des petits faisceaux de fibrilles nerveuses, elles se modèlent sur eux, les enveloppent, et contractent avec eux une adhérenee très intime; puis lorsqu'elles ont complètement entouré les faisceaux de fibrilles, les bords de la substance qui les forme — • leur protoplasma — se soudent à eux-mémes. Ce pbénomène indique que la substance qui compose ces cellules est excessivement malléable, demi-molle et a une grande plasticité. »Dans un memoire que j'ai précédemment publié sur le déve- loppement des nerfs, je disais que si on dissocie des fibres nerveuses d'un embryon de cet àge, après que le nerf a séjourné pendant vingt-quatre heures dans l'alcool au tiers ou dans le sérum jodé faible, il était impossible d'obtenir intactes et complètement isolées quelques-unes de ces cellules et qu'on ne trouvait dans la préparation que des noyaux entourés d'une masse irrégulière et déchiquetée de protoplasma; ce fait vient, il me semble, à l'appui de l'opinion que j'ai emise sur la mollesse du protoplasma de ces cellules; il prouve qu'elles ne sont pas capables de resister à la traction que la dissocia- tion du faisceau nerveux leur fait subir. «J'ajoutais de plus que si on dissocie un nerf d'un embryon de cet àge dans une solution de nitrate d'argent à 1 p. 300 ou 500, on ne voyait jamais, sur les fibres nerveuses, des lignes noires indiquant un ciment intercellulaire interpose entre les deux bords de la cellule, comme on le voit si aisément avec les cellules endotheliales.« ViGNAL erwähnt dann, dass er auch an einem fünf Monat alten menschlichen Embryo dieselben negativen Resultate bei der Disso- ciation erhalten habe, dass somit Rinds- und menschlicher Embryo darin sich völlig gleichen, und fährt dann fort (1. c. pag. 13): j)La distribution des cellules à la surface des fibres nerveuses ou faisceaux de fibrilles est essentiellement irrégulière, ce qui paraìt étre du a ce qu'elles continuent à prolifèrer; en eflfet, on voit souvent un noyau présentant un étranglement en son milieu, deux noyaux si proches l'un de l'autre qu'ils se touchent, enfin des noyaux pré- sentant entre eux des intervalles plus ou moins considérables, de plus si on recherche à Faide de méthodes appropriées les signes de la division indirecte, on apergoit un grand nombre de figures karyo- kinétiques. « Dies ist die Darstellung Vignal's über die Entstehung der ScHWANN'schen Kerne und ihre Beziehung zu den Nervenfasern, und damit auch der letzte Zweifel über seine Stellung zur Frage nach der Natur der ScHWANN'schen Kerne schwindet, fügt er hinzu (1. c. pag. 13): Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 315 »Un examen un peu superficiel peut faire supposer que les fibres nerveuses possèdent des noyaux qui seraient directement appli- que» à leur surface: mais cette supposition ne peut resister à un examen un peu approfondi. En effet, ménie lorsqu'on examine une dissociatiou très incomplète, on voit des cellules en partie ou com- plètement isolées des fibres nerveuses. Ces dernières se préseutent sous la forme de tuile allougée plus ou moins ouverte, ayant à leur centre un noyau ovalaire. Les cellules incomplètement isolées (à raoitié, aux trois quarts), plus fréquentes que les premières dans la préparation, par leur forme, leur aspect, montrent que les cellules isolées sont bien semblables à celles qui recouvrent les faisceaux nerveux.« Vignal's Auffassung ist also dieselbe, wie die bisher von fast allen Autoren geliegte. Ihr zufolge w^ächst die Nervenfaser als nackter Achsenc^iinder aus einer zugehörigen Ganglienzelle hervor, nimmt an Länge immerfort zu und bedeckt sich mit Bindegewebs- zellen , die sich allmählich in bestimmte Intervalle zur Herstellung der RANViER'schen »Segments interannulaires« anordnen, wobei sie den Achsencylinder völlig umgeben. Nur die SchnUrringe sind die Stellen, wo die Grenzen je zweier »Unités histologiques« sich vorfinden. Die ScHWANN'schen Kerne sind hiernach Mesodermelemeute, wo immer sie sich finden, denn weder Vignal, noch ein anderer Forscher wird annehmen wollen, dass es Nerven geben könnte, deren ScHWANN'sdie Kerne au.snahmsweise auch vom Ectoderm geliefert würden. Vignal hat die Schnittmethode und die Dissociationsmethode zum Beweise der Richtigkeit seiner Angaben verwandt, die von den allgemein herrschenden nur darin abweichen, dass er das Myelin nicht aus der Bindegewebszelle, wie fast alle seine Vorgänger, sondern aus dem Protoplasma, welches die Fibrillen von Anfang an umhüllt, hervorgehen lässt. Ich werde weiter unten auf diesen aiicht un- wichtigen Unterschied zurückkommen. Vignal's und wohl der meisten anderen Forscher Untersuchungen über die Entstehung der SciiWANN'schen Kerne in ihren Beziehungen zur Nervenfaser sind entweder an sensiblen oder motorischen Spinal- nerven gemacht worden, an ihnen aber bekommt man nicht die Ent- stehung einer isolirten Nervenfaser, sondern eines ganzen Bündels von Fasern zugleich vor Augen. Es ist desshalb schwer, wenn nicht unmöglich, an den Spinalnerven mit Sicherheit die Herkunft der ScHWANN'schen Kerne festzustellen, zumal an den höheren Thieren ; und wenn ich dennoch schon in der 16. Studie mich für die ecto- Mittheiluugen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd, 10. 21 316 Anton Dohrn dermatische Natur der ScHWANN'schen Kerne der motorischen Nerven erklärte, so bewog mich dazu wesentlich die dort beschriebene Be- obachtung vom Vorkommen echter Ganglienzellen an Stellen der motorischen Nerven, welche nicht mit sensiblen Nerven oder Ganglien in Contact gerathen sein konnten, wie am Oculomotorius und am Abducens, ferner aber die Beobachtung vom Heraustreten von Me- dullarzellen aus der Medulla behufs erster Anlage der motorischen Nerven. Dass diese Zellen zu ScHWANN'schen Kernen würden, ließ sich freilich nur wahrscheinlich machen, und bei den entgegenstehen- den peremptorischen Angaben aller übrigen Forscher, unter ihnen der anerkanntesten Autoritäten, blieb doch immer noch dem Zweifel Kaum genug, zumal die Nachuntersuchung gerade der Verhältnisse des Oculomotorius und Abducens der Selachier so großes Material voraussetzt, wie es sich Forscher im Biunenlande doch nur langsam verschaffen können. ^ Die Entwicklungsgeschichte der Schleimcaualuerven hat nun aber die Gelegenheit geboten, auf das Bündigste die Frage zu er- ledigen, ob die ScHWANN'schen Kerne Bindegewebs- oder Nerven- kerne sind. Auf weite Strecken sieht man an ihnen eine große Zahl völlig isolirter Nervenfasern sich bilden und in ihrer Entwicklung vor- schreiten, und es bedarf keines Eingriffes mittels Reagentien oder mechanischer Dissociationeu , wie Schütteln oder Zerren, um eine klare Vorstellung dieses fundamentalen Entwicklungsprocesses zu ge- winnen. Wir konnten feststellen, dass eine Verbindung zwischen dem von der Ganglienleiste abstammenden Ganglion und dem Ectoderm als Endorgan des Nerven sich frühzeitig bildet, dass zahlreiche Mengen von Ectodermzellen theils in den Verband des Ganglions selbst über- gehen, theils das Material für den zwischen Ganglion und End- organen sich aufbauenden und ausziehenden Nerven hergeben. Wir konnten Schritt für Schritt in den von den Papillen abstammenden, an ihnen haftenden Platten (Taf. 18 Fig. 1 — 10) den Übergang kugliger, voluminöser Kerne und Zellen, in denen noch keine Spur eines Achsencylinders sich vorfand, zu ovalen Kernen und spindelförmigen Zellen beobachten und feststellen, wie letztere länger und immer länger wurden und in ihrem Inneren auf der ganzen Länge einen hellen Cylinder differenzirten, der an dem Kern vorbeizieht und aus sich die Fibrillen des Achsencylinders hervorgehen lässt. Diese Kerne, deren ectodermatische Abkunft also zweifellos ist, und die Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 317 SO charakteristisch sind durch ihre lange ovale Gestalt, inmitten der Mesodermzellen, welche sie eben so umgeben, wie jedes andere Organ oder zelliges Gebilde des Selachierembryos, gleichen nun durchaus den Kernen, welche man in den vom Ganglion ausgehenden Stämmen und Ästen 1. und 2. Ordnung der Schleimcanalnerven findet, also an Localitäten, wo ihnen kein Mensch den Charakter der Schwann- schen Kerne absprechen würde; und diese Ähnlichkeit oder Gleich- heit tritt hervor, mag mau die Schleimcanalnerven vom Ganglion aus bis an die Papillen oder Ampullen, oder umgekehrt von diesen zu dem Ganglion verfolgen, und nirgends wird man andere Kerne den Nervenfasern angelagert finden als immer diese ovale Art. Und wie ViGNAL am Ischiadicus des Rindsembryos diese Kerne erst als im Besitze eines »noyau volumineux, 8i)hérique, entouré d'un protoplasma peu granuleux« beschreibt, so sind diese Kerne anfänglich eben so im Ganglion, wenn sie aus dem Ectoderm in dasselbe übergehen, wie auch später in der den Papillen anhängenden Platte, dem zweiten Mutterboden der fortschreitenden Nerveobildung, rundlich, von be- trächtlichem Umfang, und ziehen sich erst allmählich, je weiter sie durch fortgesetztes Wachsthum sich von ihrem Mutterboden entfernen, zu langen Elementen aus, aufweiche durchaus Vignal's Beschreibung passen würde, die er von dem Ischiadicus des 18 cm langen Rinds- embryos (oben pag. 313) giebt. Vergleicht man aber diese läng- lichen Kerne und die sehr viel längeren spindelförmigen Zellleiber der Schleimcanalnerven mit denen irgend eines sensiblen oder motorischen Spinalnerven der Selachierembryonen, so wird man keinen Unter- schied finden, sondern bei all diesen Nerven auf dieselbe Structur dieser Kerne stoßen, die eben die ScHWANN'schen Kerne sind. Kann also nicht mehr bezweifelt werden, dass die Schwann- schen Kerne der Schleimcanalnerven unmittelbar aus Zellen der ecto- dermatischen Schleimcanalanlagen resp. in späteren Stadien aus den bereits differenzirten Schleimcanalpapillen hervorgehen, so scheint dadurch die Natur und Bedeutung aller ScHWANN'schen Kerne ent- schieden zu sein, und auch Vignal's Bemühungen, die Kerne des Ischiadicus der Säugethierembryonen als angelagerten Mesodermzellen angehörig zu erweisen, müssen als misslungen betrachtet werden. Wäre es anders, hätte Vignal Recht, so müsste umgekehrt der Be- weis geführt werden können, dass auch die Kerne jener Faserketten der Schleimcanalnerven dem Mesoderm entstammten. Wir brauchen aber nur den ernstlichen Versuch zu machen, eine solche Annahme in ihren Folgerungen anzudeuten, um das Ungereimte, ja das 21* 318 . Anton Dohrn Unmögliche sofort zu übersehen. Die Schleimeanalnerven müssten dann angesehen werden als Fasern, welche von Ganglienzellen der zugehörigen Kopfganglien an die Peripherie, d. h. also an die Papillen, heranwüchsen. Wäre das der Fall, so müsste man die Bündel dieser Fasern in ähnlicher Verfassung finden, wie die der Spinalnerven, d. h. sie müssten als vermeintlich kernlose Fasern inmitten des umgeben- den Mesoderms zu erkennen sein, und jede Faser müsste kerolos bis an die zugehörige Papille zu verfolgen sein. Davon ist aber nichts zu sehen. Dann müssten weiter Mesodermzellen sich unregelmäßig auf die Faserbündel und sogar auf die vereinzelten Fasern nieder- lassen und allmählich jene langgestreckte Gestalt annehmen, welche diese Kerne nachher so leicht von den umliegenden Mesodermzellen unterscheidbar macht. Auch das ist nicht zu finden. Immer aber müsste man das Fibrillenbündel als das Präformirte von dem Belag dieser Zellen deutlich unterscheiden können, und das gelingt nicht. Solchen Postulaten entspräche vielleicht aber der Befund, welcher die Entstehung der motorischen Spinalnerven bei den Selachiern .begleitet — man vergleiche meine Darstellung in der 14. und 16. Studie — und desshalb ist auch dieser Befund von His sowie anfänglich auch von mir in der herkömmlichen Weise gedeutet wor- den. Es ist eben schwer, wenn nicht unmöglich, die zahlreichen Zellen an den Wurzeln der motorischen Spinalnerven der Selachier mit Sicherheit als Mesoderm- oder Medullarzellen zu deuten. Dass aus den Kernen dieser Zellen jene länglichen Kerne hervorgehen, welche als ScHWANN'sche Kerne zweifellos angesehen werden müssen, stand immer fest, aber Herkunft und Abstammung der Zellen selbst blieb zweifelhaft. Und darum ist auch der motorische Spinalnerv, selbst bei Selachiern, kein Object, um ganz unzweideutige Auskunft über die Natur der ScHWANN'schen Kerne zu erlangen, obwohl diese Bilder große Vorzüge vor denen der höheren Thiere haben. Eben so wenig gewähren die sensiblen Spinalnerven die Gelegenheit einen bündigen Beweis zu führen. Es ließ sich nie mit absoluter Sicherheit ein allmähliches Einwandern von Mesodermzellen in die Ganglienanlage ausschließen , freilich noch weniger ließ sich diese angenommene Einwanderung beweisen. Nur bei den Schleimeanalnerven lässt sich unzweideutige Ge- wissheit finden. Wollte man dennoch ihre langgestreckten Schwann- schen Kerne als Mesodermkerne deuten, so müsste mau die obige An- nahme machen, dass die Nervenfaser in latenter Form bereits gegeben wäre, oder aber, dass sie nachträglich durch jene langen, spindel- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 1". 319 förmigen Zellen hindurchwüchse I Zu solchen Annahmen aber wird Niemand greifen wollen, und selbst wenn man es thäte, so bliebe die Platte von Ectodermzellen unerklärt, die vom Boden der Papillen ausgehend, den Mutterboden jener langgestreckten Zellen abgiebt. Auch sie müsste dann als Mesodermgebilde gedeutet werden, welches, statt aus der Papille heraus , vielmehr in sie hineinwüchse ! Zu so abenteuerlichen Deutungen müsste man seine Zuflucht nehmen, um die mesodermatische Natur der ScHWANN'schen Kerne an den Schleim- canalnerven zu erweisen. Worauf aber beruht denn schließlich die herkömmliche Vorstel- lung, dass die ScHWANN'schen Kerne mesodermatisch seien? Außer auf einer Jahre und Jahrzehnte alten , von der Autorität der bedeutendsten Anatomen und Histologen getragenen Tradition, wie mir scheint, auf folgendem Umstände. Die motorischen Nerven der höheren Wirbelthiere treten zuerst als lange Ausläufer von Medullarzellen auf, deren Kerne anfänglich im Medullarrohre verbleiben. Wie lang diese peripherischen Aus- läufer sich gestalten und dabei durch Mesodermzellmassen hindurch- wachsen können, mag" bei verschiedenen Thieren verschieden sein — aber die anfängliche Kernlosigkeit dieser hellen, silberglänzenden Ausläufer ist eine Thatsache, und diese Thatsache hat die Annahme hervorgerufen, die ganze motorische Nervenfaser sei nichts, als der Ausläufer einer im Medullarrohre verbleibenden Ganglienzelle. Wie es kam, dass man sich so rasch und so allgemein für diese Annahme aussprach, gehört zu jenen, theils auf subjectiven, theils auf objectiven Motiven beruhenden, wissenschaftlichen Mythen- oder Dogmenbildungen, die, man sei noch so »exact«, doch schwerlich je aus einer so complicirten Wissenschaft, wie es die Biologie ist, ver- schwinden werden. Mir scheint, man war auf eine andere Beobach- tung a priori gefasst gewesen. Man erwartete die Anlage der peri- pherischen Nerven, nachdem einmal ihr Gesammtaufbau aus Ectodemi- elementen als Corollar einer scharf gefassten Keimblättertheorie ein unabw eisliches Postulat geworden war, durch Austritt von Zellen, sei es aus dem Medullarrohre direct, sei es aus den Spinalganglien, vorgebildet zu sehen. Da aber jene feinen Fasern als erste Anlage der motorischen Nerven erschienen und zwischen die Anlage der Muskeln sich begaben, so sah man in ihnen den ganzen Nerven, wenn auch erst in gebührender embryonaler Kleinheit. Erst in späteren embryonalen Stadien erschienen Kerne auf, und noch später zwischen diesen Fasern. Da nun zugleich die Continuität der 320 Anton Dohrn Nervenfaser durch Function und Gestalt auch bei den Erwachsenen nie verleugnet zu sein schien, der Achsencylinder auch bei den höchst entwickelten markhaltigen Nerven immer als einheitliches Gebilde in seinen verschiedenen Hüllen sich anatomisch und physiologisch be- merkbar machte, so blieb es bei der Vorstellung von der uranfäng- lichen Einzelligkeit und Zusammengehörigkeit jeder Ganglienzelle und der von ihr ausgehenden Nervenfaser. Hätte man statt am Hühnchen und am Kaninchen an Selachiern die ersten Beobachtungen über die Entstehung der Nervenfasern ge- macht, so wäre wahrscheinlich jene Doctrin von vorn herein ent- weder vermieden worden oder wenigstens nicht zu solcher Exclusivität herangewachsen. Das beweist der Umstand, dass Balfour, der erste Forscher, welcher die motorischen Nerven der Selachier sich ent- wickeln sah, sofort mit größter Bestimmtheit die Lehre von der Viel- zelligkeit der Nervenfasern aussprach, und dass diese Lehre von mehreren seiner Nachfolger in der Bearbeitung der Selachierembryo- logie bestimmt vertheidigt ward. So viel ich Aveiß, ist dieser Deutung Balfour's und seiner Nachfolger auf Grund eigener Nach- untersuchung der Selachierentwicklung nur His entgegengetreten — und außer His noch Einer: der Verfasser dieser Studien. Dass His, gestützt auf seine vieljährigen Beobachtungen an höheren Wirbelthieren , sich bemühte, Balfour's sehr wenig detail- lirte Beobachtungen zurückzuweisen , kann nicht Wunder nehmen, und Niemand kann seine Angaben besser schätzen, als der Schreiber dieser Zeilen, der trotz reichhaltigen Beobachtungsmaterials zwischen beiden sich diametral entgegenstehenden Auffassungen lange Zeit unentschieden hin und her schwankte und bald mehr der Balfour- schen, bald der His'schen Auffassung zustimmte. Es war eben schwer geworden, einer herrschenden Anschauungsweise den Boden zu entziehen, zunächst in der eigenen Vorstellung und dann bei Anderen, und dennoch glaube ich heut, dass die Lehre von der Einzelligkeit der Nervenfaser als herrschende Doctrin schwerlich verkündet worden wäre, hätte die Forschung sich von Hause aus auf die Beobachtung der Selachierembryouen stützen können. Denn gerade bei den Selachiern findet, wie meine 16. Studie schärfer begründet, sich jenes Verhältnis vor, nach dem bei den höheren Vertebraten vielleicht, wenn auch vergeblich, gesucht worden ist: das Austreten ganzer Zellen aus dem Medullarrohre vor der Bildung und dem Austreten zahlreicher, isolirter, kernloser Ausläufer. Freilich ist dies Austreten nur in bestimmten Stadien mit einer meiner Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 321 jetzigen Auffassung- nach beinah jeden Zweifel ausschließenden Sicher- heit zu beobachten; ich habe solche Stadien auf Taf. 5 Fig. 13 — 17 der 16. Studie (Mitth. Z. Stat. Neapel 10. Bd.) abgebildet. Hat man ein- mal derlei Bilder vor Augen gehabt, so wird man den entgegen- stehenden Befunden bei den höheren Vertebraten nicht ohne Weiteres gesetzbildende Kraft zumessen, sondern an Modificationen des Pro- cesses glauben und Zwischenglieder suchen und annehmen, welche die Einheit des morphologischen Geschehens auch hier erkennen lassen. Zudem glaube ich, dass es nicht schwer ist, eine Hypothese zu bilden, welche die beiden, scheinbar unvermittelten Processe ziemlich leicht vermitteln dürfte. Ich möchte annehmen , dass die Kerne, welch« den motorischen Ausläufern bei höheren Wirbelthierembryonen angehören, erst vergleichsweise spät aus dem Verbände des Medullar- rohres austreten und dann bei der starken Zunahme des Mesoderm- gewebes und seiner bei den höheren Wirbelthierembryonen beträcht- lich größeren Dichtigkeit nur schwier zu beobachten und von den Mesodermkernen zu unterscheiden seien. Die langen peripherischen Ausläufer dieser Zellen würden also längere Zeit zwischen dem Mesodermgewebe sich aufhalten, ehe die «sphärischen voluminösen« Kerne, von denen Vignal spricht, sich an und auf den Fasern bemerklich machen, falls diese Kerne wirklich austretenden Me- dullarzellen angehören. Es könnte ja auch sein, dass diese von Vignal an Embryonen von 25 mm Länge beschriebenen Kerne wirk- liche Mesodermkerne wären, und nicht die Vorstadien jener, nach- her bei Embryonen von 18 cm sich findenden, längeren ovalen Kerne, welche der Abbildung nach unzweifelhaft als ScHWANN'sche Kerne zu beurtheilen sind. Vielleicht ergeben weitere Untersuchungen mit schärferen Kriterien angestellt, ob eine solche Hypothese sich be- wahrheitet und erweisen lässt. Vignal betont selbst, wie schwer die ovalen Kerne und das ihnen zugehörige Plasma sich von den Fasern isoliren lassen, und das begreift man, wenn Kerne und Plasma den Fasern eben nicht aufgelagert, sondern ihr genetischer Mutterboden sind. Wenn trotz- dem Vignal die »supposition«, diese Kerne könnten den Fasern an- gehören, als auf einem »examen un peu superficiel« beruhend ansieht und es für ausreichend hält, auf die Isolirung der Kerne resp. der ganzen seiner Meinung nach auf- oder angelagerten Zellen hin- zuweisen , die selbst bei sehr unvollständigen Dissociationen doch gelänge ( — steckt hier nicht ein eclatanter Widerspruch? — ), so ist 322 Anton Dohrn darauf zu antworten, dass derlei Dissociationen . gelingen sie oder gelingen sie nicht, doch wohl in ihrer Beweiskraft tiberschätzt werden. Und gerade Vignal wird das um so eher zugeben müssen, als er sich bei Erörterung der Herkunft des Myelins entgegen allen bisherigen Annahmen dafür entscheidet, dasselbe nicht als ein Pro- duci der vermeintlich aufgelagerten Bindegewebszelle, sondern des die FibrillenbUndel von Anfang an umgebenden Plasmas anzusehen. Nichts aber ist leichter, als das Myelin vom Achsencylinder zu »dis- sociiren« — wenn also in diesem Falle die Dissociation nichts gegen die genetische Zusammengehörigkeit beweist, so kann ihr auch nicht eine höhere oder gar durchgreifende Beweiskraft zugesprochen werden, wo es sich um die Dissociation der ScHWANN'schen Kerne und des sie umgebenden Plasmas von den bereits zu größerer Selbständigkeit gediehenen Achsencylindern handelt. Mir scheint desshalb, dass alle bisherigen Beobachtungen über die Bildung der Nervenfasern in ihrer Beweiskraft bezüglich der Natur und Herkunft der ScHWANN'schen Kerne anfechtbar sind, in keinem Falle aber den in dieser Studie gebotenen Beobachtungen über die Bildung der Schleimcanalnerven die Wage halten können. Letztere erscheinen mir als durchaus unzweideutig; beim besten Willen ist es w^eder mir, noch Anderen, denen ich die betreffenden Präparate gezeigt habe, möglich gewesen, die Bilder anders zu deuten, als hier geschehen; — wenn aber diese Deutung richtig ist, so dürften wohl auch die Folgerungen zugegeben werden, die ich bisher daraus gezogen habe. Diese Folgerungen sind freilich viel weittragender, als ich bisher hervorhob. Ich nannte schon oben die Entscheidung der Frage: »ist die Nervenfaser der Ausläufer einer Ganglienzelle? oder setzt sie sich aus zahlreichen Zellen zusammen, als deren Exponenten die ScHWANN'schen Kerne zu gelten haben?« das Fundament unserer Auffassung des Nervensystems. Das könnte übertrieben erscheinen, — ich will desshalb versuchen, den Einfluss einer der bisherigen entgegengesetzten Entscheidung dieser Fundamentalfrage in wenigen großen Zügen zu entwickeln mit dem Vorbehalte, das sehr viel aus- führlicher zu unternehmen, wenn ich einen Theil der mir bereits vorliegenden, manches Neue und Überraschende enthaltenden Be- obachtungen über Onto- und Histogenese des Medullarrohres ver- öffentlicht haben werde. Hier seien nur einige entscheidende Punkte berührt. Ich habe oben dargelegt, wie sich meinen Beobachtungen zu- Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 323 folg-e die Nervenfaser mit der Spinalganglienzelle verbindet. Ob alle Einzelheiten dieses immerhin schwierig zu beobachtenden Vor- ganges sich genau so verhalten, wie es oben geschildert ist, mag meinethalben in Zweifel gezogen werden : ob die Rindensubstanz durch die Verbindung des Plasmas der umlagernden Nervenzellen mit dem Plasma der Ganglienzelle entsteht, oder ob sie einer aus- schließlich in der Peripherie der Ganglien"zelle vor sich gehenden Differenzirung ihren Ursprung dankt, darüber mag man streiten, und es wird ja über diesen Process sicherlich binnen Kurzem weiteres Licht verbreitet werden. Ob die Ganglienzelle der Spinalganglien von Anfang an auch Ausläufer nach Art der ScHWANN'schen Zellen bildet, ob diese Ausläufer mit Ausläufern eben solcher ScHWANN'schen Zellen distal sich verbinden oder etwa der Länge nach , durch Ap- position , verschmelzen , ob sie sich etwa bei Verbindung mit Aus- läufern von Nervenzellen zurückziehen und mit in die Bildung der Rindensubstanz aufgehen — das Alles mag so oder so sein — Eins aber wird sicherlich nicht in Zweifel gezogen werden können und es ist das Wesentlichste : die Nervenfaser, welche von einer Ganglien- zelle Peripherie- oder centralwärts ausgeht, ist nicht ein Theil des Plasmas der Ganglienzelle selbst, sondern gehört von dem ersten Schnürring oder von dem ersten der Ganglienzelle angelagerten ScHWANN'schen Kerne an genetisch anderen Zellen an, ist ein Com- positum. Wenn aber für die sensiblen Fasern und die Spinalganglien- zellen diese Thatsache nicht wegzuleugnen ist, wie steht es denn mit den motorischen Fasern und den Ganglienzellen der Vorder- hörner? Nach hundert- und tausendfach wiederholten Behauptungen sollen die motorischen Nervenfasern Ausläufer der Vorderhorn- Ganglienzellen sein, und der sog. DEiTERs'sche Fortsatz, den man mit bestimmtester Sicherheit als Fortsatz des plasmatischen Körpers der Ganglienzellen beschrieben hat, ist als der Anfang und integri- rende Theil der motorischen Nervenfaser so allbekannt, dass es fast als Sacrileg erscheinen könnte, die Frage aufzuwerfen: ob denn die genetische Zugehörigkeit dieses Fortsatzes resp. der motorischen Faser zur Ganglienzelle, aus der sie abgeht, sicher gestellt sei? Der erste ScHWANN'sche Kern, der sich an àer motorischen Faser findet, eventuell der erste vor diesem Kern gelegene Schnürring pro- testirt gegen diese Deutung für sich und alle folgenden Schwann- schen Kerne: sie haben alle Anrecht an der Production dieser be- stimmten Nervenfaser, und ob das basale Stück derselben, welches 324 Anton Dohrn im Inneren des Medullarrohres verläuft, nicht auch ein Produet be- sonderer Zellen, nicht aber der Ganglienzelle selbst sei, ist doch immerhin, gelinde gesagt, eine Frage. Freilich eine Frage, mit der sofort eine andere Frage Hand in Hand geht, welche die Natur und den Ursprung der Fasern der weißen Substanz selbst betrifft. Vignal freilich behauptet — und damit spricht er nur die fast allgemein geltende Überzeugung aus — (1. c. pag. 108): »H nous est impossible d'admettre, méme pour un instant, que la substance blanche puisse avoir une autre origine que les cellules nerveuses« [d. h. die Ganglienzellen] «qu'elle ne soit pas une émana- tion des prolongements de ces cellules, et qu'elle ait, comme Boll et Eichhorst l'ont dit, une origine distincte des cellules nerveuses. Tout vient militer en faveur de notre opinion; jamais à aucun moment de la vie, on ne rencontre d'éléments cellulaires dans les fibres ner- veuses en dehors de ceux qui leur constituent un revétement. Si l'hypothèse de Boll et d'EiCHHOKST était du reste admise, comment expliquer la soudure des fibres nerveuses et des prolongements des cellules? Que deviendraient ceux-ci s'il n'y avait pas soudure, et quel serait leur sort? Comment transmettraient-elles les impressions?« ViGNAL kann sich die seriale Verschmelzung von Nervenfasern offenbar gar nicht denken, führt aber doch wenigstens die entgegen- stehende Auffassung Eichhorst's an (1. c. pag. 111): »Eichhorst fait provenir la substance blanche de la trans- formation des cellules fusiformes qui se souderaient bout à bout et qui se transformeraient en longues fibres ; il dit méme que Ton peut suivre cette transformation . dans la moelle d'embryons aussi àgés que ceux de trois mois, et qu'elle s'efifectue dans une zone inter- médiaire entre la substance grise et la blanche.« Vignal leugnet zwar diese Vorgänge , aber seinerseits macht er Angaben , welche unter dem Lichte der hier gegebenen Auffassung über die Constitution der peripherischen Nervenfaser doch Deutungen und Folgerungen zulassen, welche die Vielzelligkeit auch centraler Nervenfasern wahr- scheinlich machen. Die Darstellung, welche Vignal über die Bildung und Entwick- lung der weißen Substanz giebt, erscheint mir vortrefi'lich, und man muss sie, da sie ziemlich ausführlich ist, nachlesen, um die wenigen Stellen, die ich hier abdrucken will, völlig zu verstehen. Dennoch glaube ich, dem Zweck dieser Studie wesentlich zu dienen, wenn ich wenigstens die folgenden Angaben Vignal's hier hervorhebe, »Que les fibres de la moelle,« heißt es 1. c. pag. 113, »soient Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 3*25 ou non enveloppées par de la myéline, on apercoit eutre elles im grand nombre de cellules et ime matière granuleuse, à l'aide d'un fort grossissement, on reconuait que la majorité de ces cellules sont des cellules de la névroglie que uous décrirons plus loiu . . . Outre les cellules de la névroglie, on volt d'autres cellules allongées ne présentant pas de prolongemeuts; ces dernières sont formées par une masse de protoplasma toujours plus allongée suivant un sens que suivant les autres, renfermant un noyau ovalaire. Le protoplasma est toujours assez épais autour du noyau, il diminue de plus en plus d'épaisseur à mesure qu'il s'en éloigne et est bientot réduit à une simple lame. Les cellules isolées de cette espèce sont rares; géné- ralement ou les rencontrq, intimement appliquées sur une fibre ner- veuse et s'enroulant autour d'elle de manière à lui constituer un mancbon. »Ces cellules ne possèdent jamais une membrane d'enveloppe; le protoplasma qui les forme, presque homogene, se colore assez fortement par l'osmium; mais comme elles ne sont pas entourées par une membrane, il est fort difficile de voir leur limite lorsqu'elles se trouvent appliquées sur une fibre nerveuse, et celles qu'on ren- contre isolées portent toujours les traces d'un décbirement.« Und weiter pag. 115: »Dans les tubes des nerfs périphériques, le noyau de la cellule formant le segment interannulaire est toujours logé dans une encoche de la myéline, dans les tubes complètemeut développés, ainsi que dans les tubes en voie de développement. Il n'en est pas de méme dans les tubes de la moelle, ainsi que Mr. Kanvier Fa signalé pour les tubes adultes. Les noyaux qui se trouvent sur ces derniers font, au contraire, une saillie en dehors .... »Il me semble probable que le protoplasma de la cellule en- veloppante a une très grande longueur ... Le protoplasma entourant les fibres à myéline de la moelle n'est généralement pas aussi net que dans les fibres des nerfs périphériques, car ces tubes ne sont pas limités par une membrane d'enveloppe. »L'existence d'une mince conche de protoplasma, ainsi que les saillies qu'on observe en divers points du tube nerveux, aussi bien que l'existence de quelques rares gouttelettes de myéline dans la cellule qui vient d'entourer le cylindre-axe , me paraisseut étre la preuve que la myéline se développe dans l'intérieur méme du proto- plasma qui entoure les fibres à myéline. »Dans le chapitre dans lequel je traile du développement des fibres 326 Anton Dohrn des nerfs périptiériques ... je disais que je peusais que le proto- plasma propre à la fibre nerveuse devait jouer un certain role dans la formation de la myéline, qui ne devait pas étre considérée comme se développant uniquement aux dépens de la cellule connective. . . . Il est difficile d'admettre que la myéline se développe uniquement dans une cellule aussi mince que la cellule qui entoure le cylindre- axe; si Ton admettait, en efi'et, que la myéline se développe seule- ment dans le protoplasma de cette cellule, on serait fort embarrassé pour expliquer le ròle du protoplasma périfibrillaire ; tandisque si on admet que le protoplasma de ces cellules, en se confondant avec celui qui recouvre les cylindre-axes, prend la propriété de sécréter de la myéline, toutes les difficultés sont levées d'une manière qui me semble rationelle et en accord avec les faits; en outre il serait curieux de voir une substance aussi speciale que la myéline se dé- velopper dans des cellules d'origine aussi différentes, comme nous allons le voir [?], que la cellule de revétement des tubes nerveux périphériques et la cellule de revétement des tubes de la substance bianche »Il nous reste à cbercher d'où viennent les cellules qui entourent les fibres de la moelle et les transforment en cylindre-axes. Nous savons [?] que celles qui forment les segments interannulaires des nerfs périphériques viennent des cellules conjonctives embryonnaires, qui entourent les faisceaux et se transforment lorsqu'elles ont pénétré dans leur intérieur. »Nous ne pouvons guère supposer que celles qui se trouvent dans la moelle ont la méme origine, car, d'abord. au moment où la myéline fait son apparition, peu de septa de la pie-mère pénètrent dans la substance bianche, puis les cellules myéliniques de la moelle se distiuguent de celles des nerfs périphériques en ce qu'elles n'ont pas de membrane d'enveloppe. formant par leur soudure la gaine de Schwann, il serait donc étonnant [?] de les voir posseder dans une partie du Systeme nerveux une membrane d'enveloppe dont elles seraient dépouillées dans les autres »Dans la substance bianche d'embryon du mouton long de 10 centi- mètres, outre les cellules de la névroglie, que nous allons décrire dans la suite, on rencontre d'autres cellules qui n'ont pas de carac- tères bien définis; elles ne paraissent étre que de simples cellules embryonnaires. On pourrait supposer qu'elles se transformeront toutes en cellules de névroglie, si dans la substance bianche d'embryons de 14 et 15 centimètres, on ne voyait pas au milieu des cellules de la Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 327 névrog-lie et des cellules embryonnaires d'autres cellules allougées, ayant souveut la forme d'une tuile creuse et dont le protoplasma et le noyau présentent exaetement les memes earactères que celui des cellules embryonnaires ; et de plus il ii'est pas rare de voir quelques- unes de ces cellules appliquées sur des fibres nerveuses. »Nous pouvons donc légitimement supposer que les cellules entourant les cylindre-axes et se trausformant en cellules myéliniques viennent, comme l'a dit Boll, des cellules embryonnaires de la sub- stance grise et nous ajouterons qu'elles ont la méme origine que les cellules de la névroglie.« Wir ersehen aus dieser Auseinandersetzung, in wie nahem Zu- sammenhange die Doctrin, die peripherische Nervenfaser sei nichts als der Ausläufer einer Ganglienzelle, mit der anderen steht, die Fasern der weißen Substanz seien Ausläufer j e einer Ganglien- zelle des Medullarrohres. Wie Vignal aber aus dem Umstände, dass beiden Faserarten das Myelin gemeinsam sei, folgert, letzteres könne nicht ein Product der vermeintlich bindegewebigen SciiwANN'schen Zellen sein, sondern müsse dem ursprünglichen Plasmamantel des Achsencylinders angehören, von ihm secernirt werden, so werden wir folgern dürfen, dass eben so wie die peripherische Faser zufolge des in dieser Studie gelieferten Nachweises ein Compositum sei, auch die Fasern der weißen Substanz zusammengesetzt seien. Beiden Faserarten werden Belegzellen zugeschrieben, den peripherischen Fasern die ScHWANN'schen Zellen, den centralen die länglichen Neurogliazellen, von denen Vignal in der eben citirten Weise Nach- richt giebt. Da wir nun aber den bündigen Beweis geführt haben, dass die vermeintlichen Bindegewebszellen der peripherischen Fasern nicht Bindegewebe sind, sondern Ectodermzellen , die sogar im Falle der motorischen Fasern denselben Ursprung haben, wie die sogenannten Neurogliazellen , welche den Beleg der weißen Sub- stanzfasern bilden sollen, so ist wohl nichts leichter zu folgern, als dass diese Neurogliazellen mit den ScHWANx'schen Zellen identisch seien. Dann aber sind sie eben nicht nur Belegzellen , welche die vorgebildeten Achsencylinder umwachsen und ihre plasmatischen Scheiden bilden, sondern sie sind der Mutterboden der Fasern der weißen Substanz selber, und scheiden aus ihrem Plasma die Achsen- cylinderstücke derselben eben so aus, wie die ScHWANN'schen Zellen die Stücke Achsencylinder der peripherischen Fasern. Und wenn auch bei den centralen Fasern eine eigentliche ScHWANN'sche Scheide bisher nicht hat nachgewiesen werden können, so ist das doch bei 328 Anton Dohrn Weitem nicht ausreichend, um einen genetischen Unterschied beider Zellarten zu deduciren: sie könnten, unbeschadet ihrer Identität, scheidenlos bleiben, zufolge ihrer anderen Lagerung und Umgebung in der Medulla. Auch die Schnürringe der medullären Fasern sollten fehlen, sind schließlich aber doch von verschiedenen Forschern nach- gev^'iesen worden. Können wir also durch diese Schlussreihen wenigstens die Wahr- scheinlichkeit der Thatsache folgern, dass die Fasern der weißen Substanz eben so wie die peripherischen zusammengesetzt sind, so gewinnen wir andererseits einen neuen Einblick in die Natur wenig- stens eines Theils der Neuroglia. Was es mit der ganzen Kategorie der sog. Stützzellen und Stützfasern auf sich hat, wird viel- leicht dabei auch mal endlich vom phylogenetischen Gesichtspunkte aus zur Klarheit gebracht werden ; und das wäre eine wahre Wohlthat für die rationelle Erfassung des Ceutralnervensystems. Wie das geschehen kann, hoffe ich in der nächsten Studie des Weiteren aus einander zu setzen. Erweist sich aber die Feststellung der Vielzelligkeit der peri- pherischen Nervenfaser als der Ausgangspunkt einer Eeform für die Natur und Genese der Fasern der weißen Substanz, der Neuroglia und der ÜEiTERs'schen Fortsätze, so wird sie auch auf die Auffassung der Ganglienzellen des Rückenmarks und Gehirns einen weitgehenden Einfluss auszuüben im Stande sein. Durch Golgi ist die Lehre der Protoplasmaausläufer auf eine Spitze getrieben worden, welche Nansen Anlass geboten hat, die ausschließlich trophische Bedeutung der Ganglienzellen zu verkünden. Die Unrichtigkeit einer solchen Lehre ergiebt sich wiederum als Folge des Nachweises der Vielzelligkeit der peripherischen Nervenfaser. In der peripherischen sensiblen Faser kann die Gangiienzelle nicht das trophische Centrum der Faser sein, da sie keinen genetischen Zusammenhang mit derselben hat. Worin die Abhängigkeit der Faser von der Ganglien- zelle bestehen mag — dass eine solche besteht, lehren die Wal- ler sehen Experimente — ist einstweilen unaufgeklärt: dass sie nicht in dem Sinne eine trophische ist, wie bisher angenommen, folgt aus der Entwicklungsgeschichte der Faser, der eine eben so große Zahl von Ernährungscentren zugeschrieben werden muss, wie ScHWANN'sche Kerne an ihr nachgewiesen werden. Ist aber eine solche trophische Abhängigkeit der peripherischen sensiblen Faser von der Spinalganglienzelle nicht aufrecht zu halten, so besteht auch kein Grund, die Vorderhornganglienzellen für die trophischen Centren Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 329 der motorischen Fasern anzusehen. Beide Faserarten werden Avohl auf andere, weniger mysteriöse Weise für ihre stoffliche Ernährung sorgen, wie das ja auch schon von Engelmann, Sigmund Mayer und E. Neumann durch ihre Untersuchungen über De- und Regene- ration der Nervenfasern wahrscheinlich gemacht worden ist. Worin der Einfluss der Ganglienzelle auf die functionelle Gesundheit der Fasern besteht, wird sich vielleicht durch erneute und noch weiter detaillirte Durchschneidungsexperimente nach Waller näher ergrün- den lassen, vielleicht tragen auch die Nicotin-Bestreichungs-Experi- mente Langley's zu einer Klärung der Begriffe über die specifische Function der Ganglienzellen bei und lassen einen mehr tonischen Einfluss an die Stelle des abgewiesenen trophischen treten. Was dann aber die GoLGi'sche Hypothese über die ausschließ- lich ernährende Function der sog. Protoplasmaausläufer der centralen Ganglienzellen anlangt, so wird sie vollends problematisch, sobald der Ganglienzelle selbst die trophische Function für die peripheri- schen Fasern genommen ist. Die GoLGi'sche Hypothese hat freilich schon bei den Neurologen hinreichend viel Gegner gefunden, Golgi und seine nächsten Schüler halten indessen noch immer an ihr fest. Vielleicht ergiebt eine genauere histogenetische Analyse des Zustande- kommens dieser Protoplasmaausläufer einen näheren Einblick in die Bedeutung auch dieser Bildungen, und so sei die Discussion darüber vertagt, bis neue Thatsachen vorliegen. Dieser kurze Überblick über die veränderte Auffassung der drei das centrale Nervensystem bildenden Kategorien — Fasern der weißen Substanz , Neuroglia und Ganglienzellen — und ihrer Be- ziehungen zu einander wird mich rechtfertigen, wenn ich die Ent- scheidung der Frage: was sind die ScHWANN'schen Kerne? für das Fundament unserer gesammten Anschauungen über den Bau und Zusammenhang des Nervensystems erklärte. Aus der klareren und richtigeren Erkenntnis des Baues folgt aber ein besseres Begreifen der Functionen , und da die Functionen des Nervensystems wie die kleinsten vegetativen Processe des Körpers so auch die höchsten und complicirtesten seelischen Processe einschließen, so hat die Ent- scheidung jener Frage wohl eine Tragweite, wie wenig oder keine andere histogenetische Frage. Möchte es mir gelungen sein, zu dieser Entscheidung beigetragen zu haben. Vor dem Schluss dieser Studie habe ich noch die erfreuliche Pflicht, zweier Autoren zu gedenken, welche in der von mir ein- 330 Anton Dohrn geschlagenen Eichtung schon eine Strecke Weges zurückgelegt hatten, ehe ich die entscheiclenden Thatsachen kennen lernte. Der Eine dieser Forscher ist Goette. In seiner »Entwicklung-s- geschichte der Unke«, die im Jahre 1875 erschien, wird die Ent- wicklung der Spinalganglien auf pag. 479 beschrieben. Eine Reihe von Angaben, die an dieser Stelle gemacht werden, kann ich freilich nicht als zutreffend anerkennen, auch wenn ich des Umstandes ein- gedenk bleibe, dass Goette an anderem Material als ich gearbeitet hat. Über die Beziehung der Ganglienzelle zu den Nervenfasern hat aber Goette, wie es scheint, den meinigen sehr ähnliche Be- obachtungen gewonnen. Ich halte es für meine Pflicht, die bezüg- lichen Angaben hier w^örtlich zum Abdruck zu bringen (1. c. pag. 480] : » — Die Ganglienzellen bleiben bis in die spätere Larvenzeit ohne alle Verbindung mit den Nervenfasern, w^achsen aber beträcht- lich in ihren feinkörnigen Zellenleibern. Sobald sie eine gewisse Größe erreicht haben, bemerke ich häufig an gehärteten Präparaten, dass zwischen den scharfen Grenzlinien der Ganglienzellen und deren feinkörnigem Inhalte entweder stellenweise oder im ganzen Umfange ein schmaler klarer Saum entstanden ist, den ich an frischen Prä- paraten nicht wiederfinde. Ich schließe daraus auf die AuAvesenheit einer festen äußeren Hülle, von welcher die zarte Inuenmasse sich bei der Erhärtung trennt. Zu gleicher Zeit erhalten die Ganglien- zellen ihre Fortsätze auf folgende Weise. Zwischen ihnen liegen sowohl breite , doppelt contourirte Nervenfasern , mit denen sie eine unmittelbare Verbindung nicht eingehen , als auch spindelförmige Kerne, an deren beiden Enden äußerst dünne Fäden auslaufen, Bil- dungen, wie ich sie gleich auch an den eigentlichen Nervensträngen beschreiben werde. Diese Kerne schmiegen sich nun einzeln oder zu zweien (mehr habe ich wenigstens nicht gesehen) einer Ganglien- zelle an, so dass man Anfangs beide Körper deutlich unterscheidet; darauf verschwindet aber die Grenze zwischen ihnen, der freie Um- riss des Kerns geht unmerklich in denjenigen der Ganglienzelle über, und die Verschmelzung beider ist endlich so weit vofgeschritten, dass der frühere Kern nur wie eine dunkle Spitze der Zelle erscheint, welche in einen fadenförmigen Fortsatz ausläuft. Zur weiteren Be- stätigung dieses Vorganges führe ich noch an , dass , so lange die Grenze zwischen dem Kerne und der Ganglienzelle noch scharf aus- geprägt ist, die peripherische, durch die Schrumpfung des Zellen- leibes zwischen ihm und der äußeren Hülle hervorgerufene Lücke auch unter dem Kerne sichtbar ist, nach der genannten Verschmel- i Studien zur Urgeschichte des Wirbel thierkörpers. 17. 331 zuDg aber dort unterbrochen erscheint. Dass an den Kernen, welche mit den Ganglienzellen verbunden sind, oft kein Fortsatz vorhanden ist, darf bei der großen Zartheit dieser Ausläufer und bei der sich daraus ergebenden Schwierigkeit, sie in dem Gewirr der übrigen Fasern zu erkennen, nicht Wunder nehmen; dagegen ist es auf- fallend, dass solche Kerne nie mehr als je einen Fortsatz zu besitzen scheinen, während die freien Spindelkerne ihrer stets zwei zeigen. Mir scheint dies so zusammenzuhängen, dass diese zwei Fortsätze von zwei entgegengesetzten Polen des Kerns abgehen und der Achse des Ganglions parallel laufen; sieht man nun einen Fortsatz mitten aus dem mit einer Ganglienzelle verschmolzenen Kerne entspringen, so muss der andere in entgegengesetzter Kichtung liegen , also der Ganglienzelle angeschmiegt und dadurch unkenntlich sein, um sie dann ohne Kernanschwellung und daher eben so unbemerkt zu ver- lassen. Eine andere Entstehungsweise der Ganglienzellfortsätze als die geschilderte habe ich nirgends angedeutet gefunden ; doch genügt diese Kenntnis vollständig, um sich die Entwicklung der unipolaren wie der bi- und multipolaren Ganglienzellen zu erklären. Die Er- haltung und Verwachsung oder der Schwund des der Ganglienzelle angeschmiegten Fortsatzes kann uni- und bipolare, bei der Anwesen- heit von mehr als einem angewachsenen Kerne multipolare Zellen oder solche mit zwei nicht polar entgegengesetzten Fortsätzen her- stellen. Eine wesentliche Veränderung der beschriebeneu Form der Spinalganglienzellen habe ich bis nach dem Ablauf der Larvenmeta- morphose nicht angetroffen. Erwähnt sei nur, dass gegen das Ende dieser Periode die Oberfläche der inneren Zellsubstanz mit der Hülle bisweilen in ähnlicher Weise, wie ich es am Rückenmarke beschrieb, au vielen discreten Punkten in festere Verbindung tritt, so dass bei der schon erwähnten Schrumpfung jener Substanz zwischen ihr und der Hülle eine Anzahl von zarten Brücken ausgezogen wird, welche an die von Max Schultze innerhalb der Ganglienzellenscheide abgebilde- ten Fortsätze erinnern. Diese bindegewebige Scheide entwickelt sich aber natürlich nicht unmittelbar aus der structurlosen Cuticula, son- dern die letztere ist nur die Unterlage für die von außen hinzutreten- den bindegewebigen Elemente der Zwischensubstanz der Ganglien.« Habent sua fata libelli! Dass diese, im Wesentlichen richtige Darstellung des wirklichen histogenetischen Verhältnisses zwischen Ganglienzelle und Nervenfaser volle sechzehn Jahre in einem doch häufig citirten Werke von allgemeiner Bedeutung völlig hat über- gangen werden können, ist gewiss merkwürdig genug. Merkwürdig in Mittheilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 22 332 Anton Dohrn doppelter Richtung, sowohl wegen des Verhaltens der Leser wie des Autors. Dass Kölliker z. B. diese GoETTE'schen Beobachtungen nicht einmal in seinem Handbuche der Entwicklungsgeschichte er- wähnt, ist eben so auffallend, wie dass Goette selbst, bei der weitreichenden, principiellen Tragweite seiner Beobachtungen sie nicht weiter verfolgt und dem wissenschaftlichen Publicum aufge- zwungen hat. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass sich Goette da- mals dieser Tragweite nicht bewusst gewesen wäre , zumal er im Jahre 1888 gelegentlich einer vorläufigen Mittheilung über die Ent- wicklung der Petromyzonten (in: Z.Anzeiger 11. Jahrg. 1888. pag. 162) sagt: »die Gewebsbildung des Nervensystems fand ich bei Petromyzon wesentlich eben so wie s. Z. bei den Amphibien« und ausdrücklich wiederholt: »jedenfalls entstehen Nervenfasern und Nervenzellen ge- trennt und verbinden sich erst secundär«; immerhin enthalten doch andere , auch hier wieder gemachte Angaben so wesentliche Ab- weichungen von meinen Beobachtimgen, dass ich beinahe annehmen möchte , Goette habe den principiellen Gehalt der von ihm beobachte- ten Thatsachen weniger vor Augen gehabt, als man a priori glauben sollte. Dass er auch die Composition der Nervenfaser aus getrennten Zellen gesehen hat, geht aus seiner Darstellung (Entwickl. der Unke pag. 482 ff.) hervor, aber auch dabei gelingt es ihm nicht voll- ständig, die wirklich sich abspielenden Processe zu sondern, und er nimmt an, dass durch Verschmelzung des nach der »Fibril- lenbildung« übrig bleibenden Plasmas eine »Zwischensubstanz « zu Stande kommt, welche theils die ScHWANN'sche Scheide, theils später die Marksubstanz liefert. Diese Darstellung ist gewiss nicht unrichtig, aber sie ist — so weit ich über das mir fremde Beobach- tungsmaterial zu urtheilen befugt bin — nicht bestimmt genug, so dass sich schwerlich ein mit den Vorgängen der Nervenfaserbildung Vertrauter ein klares Bild der Vorgänge, wie sie Goette schildert, machen kann. Verfehlt aber ist es, dass Goette nicht nur die sen- siblen Nervenfasern aus Zellmaterial der Ganglienleiste hervorgehen lässt, sondern auch die motorischen, deren Wurzeln er von dem peripherischen Ende der Ganglienanlagen in das Medullarrohr hinein- wachsen lässt! Vielleicht erklärt sich der todte Punkt, auf den die Goette' sehen Darlegungen gerathen sind, durch diesen und einige andere Missgriffe in der Beobachtung und Darstellung des Details. Immerhin aber bleibt es ein unzweifelhaftes Verdienst Goette's, die genetischen Beziehungen zwischen Ganglien - zelle und Nervenfaser zuerst erkannt zu haben. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 333 Der zweite Forscher, dessen ich hier zu gedenken habe, ist Apatit?. In einer ungarisch geschriebeneu Abhandlung hat Apathy die Resultate von Untersuchungen niedergelegt, welche er im Jahre 1884 über die Molluskenfamilie der Najaden angestellt hat (in: Nat. Abhandl. Ungar. Akad. 14. Bd. 1885). Ein Auszug dieser Arbeit, von Apathy selbst geliefert, findet sich im Biolog. Central- blatt 7. Bd. 1887. pag. 621 unter dem Titel: »Studien über die Histologie der Najaden.« Auf pag. 628 beschreibt der Verfasser das Nervengewebe folgendermaßen : »Ich unterscheide die zelligen Elemente des Nervensystems der Muscheln in Ganglienzellen und Nervenzellen. Erstere dienen für die Nervenzellen als Ausgangspunkte, unterbrechen sie hier und da und vermitteln ihre Endigung. Die Nervenzellen liegen in den Nervenfasern selbst, eingebettet zwischen den Primitivfibrillen derselben, und entsprechen histogenetisch den zwi- schen den Primitivfibrillen der contractilen Substanz eingelagerten Muskelzellen. Die Nervensubstanz, d. h. die leitende Sub- stanz, ist auch hier Product der Nervenzellen und ist nicht als bloßer Fortsatz aufzufassen. Die Primitivfibrillen sind hier, ähnlich wie bei den Muskeln, durch eine interfibrilläre Substanz zu- sammengehalten. . . . Bei den Verzweigungen der Faserbündel gehen die einzelnen Fasern mit der Gesammtheit ihrer Primitivfibrillen in die Zweige über. An ihrem Bestimmungsorte angelangt bilden die Fasern ein dichtes Netz, in welches hier und da Ganglienzellen ein- gelagert sind und in welchem sich die Primitivfasern unter einander vermischen. Von diesem Netze gehen endlich kleine Nervenzweige aus, welche Primitivfibrillen von verschiedenen Fasern enthalten und sich unmittelbar vor ihrer Endigung noch einmal verzweigen und ein Endnetz bilden, dessen Faden den Primitivfibrillen entsprechen und dessen Knoten entweder ganz kleine Ganglienzellen oder nur einfache Verdickungen, hauptsächlich an Kreuzungspunkten, sind. Von dem Endnetze treten die Endfasern, welche immer nur einer Primitivfibrille entsprechen, ab und setzen entweder unmittelbar oder durch Vermittlung von kleinen Anschwellungen oder Endplättchen an die Zellen an oder umgeben auch im Epithel die letzereu mit einem feinen Netze. »Die länglichen Kerne der Nervenfasern, resp. Nervenzellen, sind eben so wie die Kerne der Muskelfasern mit einem Protoplasma- hofe umgeben, der an den beiden Seiten kaum wahrnehmbar ist, aber an den beiden Polen sich zu einem langen Fortsatze auszieht. Diese 22* 334 Anton Dohrn Fortsätze enthalten eine oder mehrere Reihen Körnchen, welche sich in Überosmiumsäure stark schwärzen. Diese Zellen (Nervenkern mit Protoplasmahof) verwechselt H. Schultze mit jenen wirklich binde- gewebigen Zellen, welche nicht in, sondern zwischen den Nerven- fasern gelegen sind und dorthin mit den Fortsätzen der bindege- webigen Hülle der Faserbündel gelangen. Einigemal fand ich auch Nervenkerne in Theilung begriifen und erkläre diese eben so wie die betreffende Erscheinung bei den Muskelfasern. »Die Angaben von H. Schultze, dass die bindegewebige Hülle der Hauptganglienpaare keine Fortsätze in das Innere hineinsende, kann ich nicht bestätigen; ich fand zwischen den einzelnen Ganglienzellen feine Fortsätze des Bindegewebes, dessen Zellen bis in den centralen Fasertheil mit hineindrangen. Die Fort- sätze umhüllen einzelne Ganglienzellen oft in der Weise, dass sie nach dem Ausfallen der letzteren als deren Membran erscheinen können, wie sie denn auch Schultze für solche hielt. Andererseits könnte eine solche Membran auch durch den Umstand vorgetäuscht werden, dass bei der Conservirung der centrale Theil einzelner Ganglienzellen verhältnismäßig schneller sein Volum verringert, als ihr peripherischer, concentrisch geschichteter Theil , welcher in die Fasern übergeht. Die von Dogiel beschriebenen apolaren Gan- glienzellen, von denen allein die Herzmuskeln innervirt werden sollen, fand ich sowohl hier wie anderwärts und halte ihre Wir- kung für eine Art von Inductions Vorgang, doch bemerkte ich eben so gut eine große Anzahl mit Fortsätzen versehener Gan- glienzellen in der Herzwand. . . .« Auf diese Darstellung seiner histologischen Befunde beruft sich Apathy in einem späteren Aufsatze, welcher unter dem Titel: »Nach welcher Richtung hin soll die Nervenlehre reformirt werden?« im Biolog. Centralblatte 9. Bd. 1889 erschienen ist. Dieser Aufsatz stellt eine Reihe von Thesen über die histologische Beschaffenheit und den Zusammenhang der Elemente des Nervensystems auf, welche sich mit den traditionellen Auffassungen nicht, mit den in dieser Studie aus der Entwicklungsgeschichte ermittelten Thatsachen aber sehr gut vereinigen lassen. Es ist ein entschiedenes Verdienst Apathy's, die meisten der jetzt thatsächlich an embryologischem Materiale gewonnenen Erkenntnisse, gestützt auf frühere an Mollusken und Anneliden gemachte histologische Befunde behauptet resp. postulirt zu haben, und es ist nur ein Act der Gerechtigkeit, wenn ich hier mittheile, dass Apathy einen Theil seiner Auffassungen in Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 17. 335 mündlichen Debatten gegen mich vertheidigte, als ich noch an der Ausläufertheorie festhalten zu müssen glaubte, obwohl schon der erste Schritt zu ihrer Erschütterung durch die in der 14. Studie be- schriebene Einwanderung einzelner Medullarzellen in die motorischen Rückenmarkswurzeln auch für mich selbst gethan war. Apathy unterschied schon damals zwischen Ganglien- und Nervenzelle, fasste die ScHWANN'schen Kerne als Nervenkerne, ließ die Nervenfaser durch die Verbindung vieler Nervenzellen entstehen und sah, in der Weise, wie er es in jenem oben citirten Aufsatz im Biolog. Central- blatt geschildert hat, den Achsency linder, das Myelin und die ScHWANN'sche Scheide durch innere Differenzirung aus dem Plasma seiner Nervenzellen hervorgehen. Die Bestätigung, welche diese Studie seinen Auffassungen gewährt, ist der beste Beweis, wie gleich- mäßig die Structur des Nervensystems im Thierreich ist, da, was von Mollusken und Anneliden behauptet und abstrahirt ward, nun durch die Embryologie der Vertebraten bewiesen und erweitert werden konnte. Der APATHY'sche Aufsatz befindet sich wohl in den Händen der meisten Leser dieser Studie, kann also leicht nachgelesen wer- den : ihn in seinen Einzelheiten hier genauer zu analysiren, kann ich desshalb füglich unterlassen. Erklärung der Abbildungen. Tafel 16. Fig. 1 — 9. Horizontalschnitte durch den Nervus buccalis eines Mustelus-Emhryos von 14 mm Länge. [N.b] Nervus buccalis; [C.infr) Canalis infra- orbitalis. Bei Fig. 8 u. 9 ist der aus dem Ectoderm sich abspaltende Nerv nicht mehr von seinem Mutterboden, dem Epithel des Schleim- canals, zu unterscheiden ; der auf Fig. 9 folgende Schnitt zeigt keine Differenzirung des Schleimcanals mehr. Vergr. 330. Fig. 10 — 22. Horizontalschnitte durch das Ganglion ophthalmici u. buccalis und durch den N. buccalis eines P/7s^tM;-Ms- Embryos von 10 mm Länge. Vergr. 330. Fig. 10. Schnitt durch das Ganglion des Nervus ophthalmicus superficialis und des Nervus buccalis. [Sup.orb] Epithel des Canalis supraorbitalis; [H] durch die Conservirung hervorgerufener Hohlraum zwischen Ganglion und Mesodermgewebe; [G.opMh] das Ganglion beider Nerven in unmittelbarem Contact mit der anliegenden Epidermis, aus welcher Nervenzellen in das Ganglion übertreten; [N.ophth.super) der Anfangstheil des N. ophthalmicus superficialis, welcher wie in 336 Anton Dohrn einer Einne des anliegenden Schleimcanalepithels verläuft; {G.g) oberstes Stück des G. geniculi. Fig. 11. {K.sp) dorsale Partie der Spritzlochspaltenwandung. Fig. 12. {G.b) Partie des G. ophthalmicum für den N. buccalis. Fig. 13 — 22. [N.b] Nervus buccalis; [Cinfr] Canalis infraorbitalis. Auf Fig. 22 ist der Nerv nicht mehr vom Epithel des Schleimcanals zu unterscheiden. Tafel 17. Fig. 1 — 10. Schnitte durch einen Embryo von Centrina Salvianii von 32 mm Länge. Fig. 1. Querschnitt, welcher den N. ophthalmicus superficialis an seiner gegen die Nase zu absteigenden Partie getroifen hat. Der Nerv ist eben im Begriff, sich von dem Epithel des Schleimcanals [C.supr) loszulösen, bleibt aber mit den sich aus demselben differenzirendeu Papillen [Pap] in Zusammenhang. Vergr. 330. Fig. 2 — 5. Papillen des supraorbitalen Schleimcanals mit von ihnen abgehen- den Nervenästen [N] des N. ophthalmicus superficialis. Vergr. 330. Fig. 6 — 8. Horizontalschnitte durch die absteigende Partie der Lorenzini- schen Ampullen. Aus dem verdickten Ectodermepithel derselben sondern sich Nervenzellen [N] ab, welche zu Asten des N. ophthal- micus superficialis werden. Vergr. 330. Fig. 9. Horizontalschuitt durch den Kopf, um den Verlauf des N. ophthal- micus superficialis mit seinen Zweigen und daneben den N. ophthal- micus profundus [ophth.prof] oder uasociliaris zu zeigen. Vergr. 90. Fig. 10. Eine Papille des infraorbitalen Schleimcanals mit dem von ihr aus- gehenden Zweige des N. buccalis, welcher durch Zerstörung des Zusammenhanges frei zwischen der Papille und dem Mesoderm liegt und bei [ax) zwei differenzirte Achsencylinder erkennen lässt, deren ScHWANN'sche Kerne bei [Schw] liegen. Vergr. 330. Fig. 11 — 13. Schnitte durch einen Pmùwr« entsprechend 24,8% des mittleren festen Rückstandes 51,85 %o (^)l für den Hund bei reiner Fleisch- ' Von Mustelus laevis wurde einmal etwas Urin erhalten und das specifische Gewicht zu 1,0240 bestimmt. Ob dieser Werth ein normaler ist, erscheint frag- lich, da der Urin (Nr. 18) einem kranken Thier kurz vor dem Tode entnommen war. 2 Eine andere Portion von Scylliwii-Vrin (Nr. 20, vom 6. XII.) lieferte 61,038 o/oo festen Klickstaud. 3 Nach Erman (3) enthält 1 Theil Meerwasser 0,036019 + 1,29367 x (17 5° \ Sp-G. jyTö — 1, 02751 Theile Salz; nach Hercules Tornoe (4) erhält man den Salzgehalt des Meerwassers, wenn man das specifische Gewicht des- /17 5°i selben pn^ mit 131,9 + 0,058 multiplicirt. 346 Erwin Herter kost fanden Bischoff und Voit (6) durchsclinittlicli 13,6 o/,,^ Asche, entsprechend nicht mehr als 12,2 % des festen Rückstandes 111,9 ^o ^• Dagegen ergab eine an Sci/nium-Vrm Nr. 17 vorgenommene Verbren- nung 36,043%o feuerbeständiger Salze ; dieselben machten also hier 57,6% des Rückstandes aus. Gegenüber den Landbewohnern hat demnach Scyllium als Repräsentant der Meerthiere im Verhältnis zur Gesammtmenge der festen Bestandtheile viel anorgani- sche Salze im Urin. In der Kloakenflüssigkeit von Torpedo marmorata bilden die Aschenbestandtheile einen noch höheren Bruchtheil des festen Rückstandes. In Flüssigkeit Nr. 8 vom Sp.G. 1,0260 fanden sich 34,542%o Salze, und 36,130 7oo in der Flüssigkeit Nr. 9 vom Sp.G. 1,0267. Für Nr. 8 wurde der feste Rückstand zu 45,415 %o bestimmt: die Aschenbestandtheile betragen hier demnach 76,0% des Rückstandes. Der Scyilium-V>xm enthält mehr unlösliche Salze als die Kloakenflüssigkeit, letztere dagegen mehr lösliche Salze als ersterer. Die folgende Tabelle II enthält Bestimmungen einiger der wich- tigsten anorganischen Substanzen des Urins von Scijllium catulus und der Kloaken flüssigkeit von Torpedo marmorata (Nr. 22 resp. Nr. 9, beides Gemische verschiedener Portionen) : zum Vergleich sind ferner entsprechende Zahlen für menschlichen Urin und für Meer- wasser aufgenommen. Die Zahlen für die menschliche Ausscheidung sind nach G. Bunge (7) berechnet: sie betreffen einen jungen Mann, Tabelle II. Bestandtheile Urin vom Menschen Urin von Scyllium Kloaken- flüssigkeit von Torpedo M es rwasser pro Liter 8 pro Kilogramm g Calcium Magnesium Schwefelsäure (SO4). . . Phosphorsäure (PO4) . . Chlor 0,140 0,106 3,354 2,750 2,283 0,415 1,416 5,276 4,834 13,543 0.120 0,478 1,160 0,459 20,239 2 0,464 1,421 3,014 0,010 21,142 1 Der Urin wurde bei 100° getrocknet; nach den Verfassern (1. c.) fällt eine solche Bestimmung immer zu hoch aus, «da der Harn bei 100° nie ganz trocken zu bekommen ist«. 2 Nicht direct bestimmt, sondern aus der Differenz berechnet: weitere Chlorbestimmungen siehe unten. Zur Kenntnis des Stoffwechsels der Fische, speciell der Selachier. 347 der während der zweitägigen Versuchszeit nur Rindfleisch, ge- braten mit etwas Kochsalz, und Brunnenwasser zu sich nahm, geben also gute Vergleichsobjecte für die entsprechenden Werthe der car- nivoren Selachier. Die Zahlen für das Meerwasser beziehen sich auf Grundwasser, in 4ü m Tiefe zwischen Neapel und Capri ge- sammelt, und stammen von "Walther und Schirlitz (8); die Phosphor- säure, welche diese Autoren nicht bestimmten, wurde nach zwei Analysen berechnet, welche C. Schmidt und von Bibra (9) an Wasser aus dem Atlantischen Meer ausführten. Bei der Analyse einer anderen Portion von S'cì/Ilnim-Uim (Nr. 17) wurden ähnliche Werthe erhalten; die Zahlen für Calcium und Magnesium stimmten nahe mit denen der Tabelle überein; die Menge der Schwefelsäure war kleiner, die der Phosphorsäure größer als die oben aufgeführten Werthe. Im Vergleich mit dem menschlichen Urin zeigt das Excret von ScylUum einen reichlichen Gehalt an diesen beiden Säuren. An Phosphor säur e enthält das Meerwasser nur eine verschwindende Quantität; die ausgeschiedene Phosphorsäure ist demnach zum größten Theil durch den Zerfall organischer Sub- stanz entstanden, ein kleiner Theil derselben mag gelegentlich aus der Nahrung, besonders aus den Knochen der verzehrten Thiere stammen, die Versuchsthiere nahmen indessen im Aquarium keine Nahrung zu sich. Die Kloakenflüssigkeit enthält viel weniger Phosphorsäure als der Urin , aber doch immer noch weit mehr als das Seewasser. Die Schwefelsäure des Urins, welche hauptsächlich aus den Albuminstoffen der Nahrung gebildet wird, bietet im Allgemeinen ein gutes Maß der Eiweißzersetzung im Körper; bei Meerthieren ist jedoch anzunehmen, dass ein Theil derselben aus dem umgebenden Medium stammt. Es war angezeigt, die Ausscheidung der Schwefel- säure und der übrigen Schwefelverbindungen etwas eingehender zu verfolgen. In mehreren Portionen von Urin und von Kloakenflüssig- keit wurde nicht nur die Schw^efelsäure der Sulfate (A), sondern auch die mit organischen Radicalen gepaarte Atherschwefelsäure (B) bestimmt (10), ferner der nach Ausfällung der gesammten Schwefel- säure (enthaltend Schwefel I) in Lösung zurückbleibende Rest des Schwefels (II). Die erhalteneu Resultate sind, wie auch sonst immer, in Gramm pro Kilogramm der Flüssigkeiten ausgedrückt. Mittheilungeu a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. !()■ 23 348 Erwin Heiter Tabelle III. Specifl- scihes Gewicht Schwefelsäure (SO4) Schwefel Nr. A B Summa in in anderen Schwefelsäure Verbindungen I II Summa K) 1,034;^ Urin von Scyllium catulus. 4,486 I Ü,03S I 4,474 1 1,494 0,75(i 2,250 Kloakeuflüsöigkeit von Torpedo marmorata. 1,0255 0,069 0,325 0,394 1,0260 1,228 0,313 1,541 1,0267 1,160 1,0272 2,188 . 0,292 2,430 0,132 Spur 0,132 0,514 0,150 0,064 0,387 0,353 0,740 0,811 0,168 0,979 Aus dieser Tabelle ergiebt sich zunächst, dass die Selachier Atherschwefelsäuren bilden; in der untersuchten Portion von Scyl- lium-ViX\\i w'aren dieselben nur in sehr geringer Quantität zugegen, so dass das Verhältnis A:B i 16,7: 1 betrug, dagegen waren die- selben in der Kloakenflüssigkeit von Torpedo in reichlicher und recht constauter Menge 0,292 bis 0.325 %o) vertreten, während die Schwefelsäure der Sulfate größere Schwankungen zeigte; das Verhältnis A : B betrug hier 7,3 bis 0,2 : 1. (Für den Hund bei reiner Fleischkost [11] schwankt dieses Verhältnis von 37,4 bis 6,5:1.) Ferner wird ein beträchtlicher Theil des Schwefels in nicht oder nicht vollständig oxydirtem Zustand ausgeschieden (als Schwefel II); in obiger Urinportion betrug dieser Theil 33,6 7o des Gesammtschwefels, in den Flüssigkeiten aus der Kloake 17,2 bis 47,7%, wenn man von Flüssigkeit Nr. 4 absieht, welche nur eine Spur von Schwefel II enthielt. Die Zahlen der Tabelle zeigen, dass die Ausscheidung des Schwefels ziemlich großen Schwankungen unter- liegt: diese Schwankungen betreffen sowohl die Gesammtnienge des Schwefels als auch die Vertheilung desselben auf die verschiedenen Formen der Bindung. Die Zahlen für Calcium und Magnesium (siehe Tabelle 11) sind im Scyllium-l] i-'m viel höher als im menschlichen; sie stehen denen des Meerwassers nahe; die Salze der alkalischen Erden sind demnach zu den Stoffen zu rechnen, welche eben so wie die Sulfate und Avohl auch die Chloride der Alkalien aus dem umgebenden Medium durch Diffusion in reichlicherer Menge aufgenommen werden, als das Bedürfnis der Thiere erfordert, und zum großen Theil scheinbar Zur Kenntnis des Stoffwechsels der Fische, speciell der Selachier. 349 ohne Nutzen den Organismus durchlaufen: dies gilt besonders für die Salze des Magnesium. An letzterem Metall besitzt der ScylUimi- Urin einen sehr hohen Gehalt, nicht nur absolut, sondern auch relativ zum Calcium. Während in obigem menschlichen Urin das Verhältnis von Magnesium zu Calcium 0,8 : 1 beträgt, fand sich das- selbe in dem Scyllrum-Vr'm gleich 3,4 : 1 . in einer anderen Portion gleich 2,7 : 1, ähnlich wie im Meerwasser, wo es sich auf 3,1 : 1 berechnet; 4,0:1 ist das Verhältnis in der Kloakenflüssigkeit, in welcher die alkalischen Erden nur etwa den dritten Theil der Menge ausmachen, welche der ScylUumAjxm aufweist. Da indessen die Phosphorsäure auf weniger als den zehnten Theil vermindert ist, so ist in der Kloakenflüssigkeit, wie im Meerwasser, das Magnesium nicht nur als Phosphat, wie im Urin, sondern auch als Sulfat und als Chlorid enthaltend Für die Flüssigkeit Nr. 9 lassen sich die Salze der alkalischen Erden folgendermaßen berechnen: Calciumphosphat Ca3(P04)2 0,311 %o Magnesiumphosphat Mg;i{P04)2 0,370 7oo Magnesiumsulfat 1,450 o/,jo Magnesiumchlorid 0, 340 "/oo Die Summe dieser Verbindungen beträgt 2,471 **/oo ; dei" große Rest der Salze kann als aus Alkalichloriden bestehend angenommen werden; das Verhältnis von Kalium zu Natrium in denselben er- gab die Analyse gleich 1 : 12,47. Wie die Erdsalze des Meerwassers, so finden sich auch die Alkalisalze desselben, speciell die Chloride, reichlich im Urin der Selachier. Während der menschliche Urin bei ausschließlicher Fleisch- nahrung nach Bunge nur 2,283 %o Chlor enthielt, fanden sich bei Scijllium 13,5430/00- Die Kloakenflüssigkeit erwies sich noch reicher an Chloriden; die Flüssigkeit Nr. 23 von Torpedo marmo- rata enthielt 19,924 %0) f^ie Flüssigkeit Nr. 24 von Torpedo ocellata 21,025"/oo; ilii' Chlorgehalt nähert sich also sehr dem des Meer- wassers. Im Blutserum von letzterer Species betrug das Chlor 15,586 %o- Für Cohcher natrix bestimmte Hoppe-Seyler (12) das Chlor zu 5,147 %ü. Die Säugethiere zeigen bekanntlich eine große 1 Da in der Kloakenflüssigkeit die Erdalkalien über die Phosphorsäure überwiegen, so fällt letztere vollständig aus, wenn man die Flüssigkeit alkalisch macht; im Urin bleibt unter diesen Umständen ein beträchtlicher Theil der Phosphorsäure, an Alkalien gebunden, in Lösung. Dieses für die Säugethiere bekannte Verhalten findet sich auch bei Scyllium, wie es sich auch beim Frosch constatiren lässt- 23* 350 Erwin Herter Übereinstimmung in dem bei wechselnder Zufuhr von Chlornatrium sehr Constanten Chlorgehalt des Blutserum; beim Menschen fand C. Schmidt (13) 3,565 und 3,659 o/„o, beim Hund Sertoli (13) 3,585, beim Schwein, Pferd und Rind Bunge (7) 3,611, 3,750 und 3,717%o Chlor 1. L. Fredeeicq (14) zeigte, dass die Evertebraten , speciell die Crustaceen, im Salzgehalt ihres Körpers sehr abhängig sind von dem des Medium, in welchem sie leben, für die Meerfische gab er in- dessen an, dass ihr Blut nicht wesentlich salziger sei als das der Süßwasserfische. Zur Erklärung dieses Verhaltens nahm er an, dass die Salze, welche durch die Branchien der Evertebraten mit Leichtig- keit aus dem Wasser in das Blut diffundiren, die Branchien der Fische nicht zu durchdringen vermöchten. Gegen diese, vom Autor selbst als paradox bezeichnete Annahme spricht die Thatsache, dass die Salze des Meerwassers sich im Urin der Selachier vorfinden ; die- selben können nur durch das Blut zugeführt worden sein; wenn sie hierin nicht in erheblicherer Menge sich anhäufen, so muss in regel- mäßiger Weise für die Ausscheidung derselben gesorgt sein. Unter den anorganischen Bestandtheilen der Selachierexcrete sind schließlich noch die Amm-oniumsalze zu erwähnen, welche in beträchtlicher Menge zugegen sind : wird das frisch entleerte Excret in der Kälte mit Baryumhydrat versetzt, so findet sofort eine kräftige Entwicklung von Ammoniak statt. Auf die organischen Stoffe hat sich die Untersuchung bisher kaum erstreckt. Es wurde ein hoher Gehalt an Harnstoff con- statirt, wie nach dem reichlichen Vorkommen desselben in Blut und Geweben zu erwarten war. Harnsäure ließ sich aus dem Rück- stand von 30 ccm Urin mittels Chlorwasserstoffsäure nicht isoliren, Kreatinin konnte mittels Nitroprussidnatrium und Natronlauge (15) nicht direct nachgewiesen werden ; wenn überhaupt, sind diese beiden Substanzen demnach nur in geringer Menge vorhanden. Die Kloakenflüssigkeit von Torpedo ist, wie eingangs an- gedeutet, ein Gemisch von Flüssigkeiten verschiedenen Ursprungs. 1 G. Bunge (7, pag. 118) macht die interessante Bemerkung, dass der hohe Chlornatrium-Gehalt der Wirbelthiere des Festlandes und unser Bedürfnis nach einem Kochsalzzusatz zur Nahrung eine befriedigende Erklärung nur finde in der D esce n den z lehr e. Er sieht in dem hohen Kochsalzgehalt unserer Gewebe ein Erbstück aus der Zeit, da die Vorfahren der jetzigen Landwirbel- thiere noch im Meere lebten, und einen Beweis mehr für den genealogischen Zusammenhang, welchen anzunehmen wir durch die morphologischen That- sachen gezwungen werden. Zur Kenntnis des Stoffwechsels der Fische, speciell der Selachier 351 Ohne Zweifel enthält dieselbe den Urin, welcher sich in die Kloake ergießt, und die nicht resorbirten lieste des Darminhalts. Diese Reste stammen zum Theil aus den Ingestis, sowohl aus der Nahrung als aus dem Meerwasser, welches manchmal in beträcht- lichen Quantitäten verschluckt wird, zum Theil aus den Secreten, Magensaft, Pankreassaft, Galle. Der hohe Chlorgehalt kommt aus dem Meerwasser und aus dem Magensaft, dessen Acidität nach RiCHET (16) bei SctjUium catuhis 6,9 bis 12,9%o freier Ohlor- wasserstoffsäure entspricht. Auffallend ist die oft sehr entschieden sauere Reaction, welche nicht aus dem Magen herrühren kann, da der Chymus im Mitteldarm durch die alkalischen Darmsecrete über- sättigt wird. Die sauere Reaction des Urins genügt schwerlich, den Darminhalt aufs Neue anzusäuern. Die Acidität des Kloakeninhalts mag zum Schutz gegen das Eindringen von Bacterien und anderen Parasiten dienen, wie auch die Mageusäure nicht nur bei der Ver- dauung thätig ist, sondern auch antiseptische und antiparasitäre Wirkung hat^. Diese Untersuchungen werden fortgesetzt, um weitere Anhalts- punkte zur Kenntnis des Stoffwechsels der Fische zu gewinnen. Zu einer Übersicht über denselben genügt es nicht, die durch die Nieren erfolgende Ausscheidung zu verfolgen, es müssen auch der Darm, die Kiemen und, bei Fischen mit Abdominalporen, auch das Peritoneum berücksichtigt werden. Der Darm entleert nicht nur die unverdauten Reste der Nahrung, sondern außer anderen Secretresten auch die ziemlich reichlich secernirte Galle, so weit deren Bestandtheile nicht im Darmcanal wieder resorbirt werden. Die Kiemen scheiden nicht nur gasförmige Kohlensäure aus, sondern, wie P. Regnard (17) zeigte, auch Salze, speciell Carbonate; wahrscheinlich werden auch andere leicht diffusibele Stoffe auf diesem Wege aus dem Blute austreten. Ein weiterer, bisher noch nicht beachteter Weg der Ausscheidung geht durch das Peritoneum. In der Bauchhöhle der Selachier findet sich in wechselnder, manchmal bedeutender Menge eine Flüssig- keit, in welcher Staedeler und Frerichs sowie auch Wurtz (18) und Rabuteau und F. Papillon (18) viel Harnstoff fanden; nach 1 Versuche, durch Ausschluss des Darminhaltes von der Kloake weitere Aufklärung zu gewinnen, hatten kein günstiges Resultat. Als die Kloake vom Darm abgebunden wurde, der durch einen künstlichen After einen neuen Ausweg erhielt, trat eine Entzündung der Kloakenschleimhaut ein. und es entleerte sich eine alkalische, stark eiweißhaltige, manchmal blutige Flüssig- keit mit den Eigenschaften eines Exsudats. Der Chlorgehalt derselben betrug 15,2450/00 [Torpedo marmoratu Nr. 25) resp. 14,431 o/qq [Torpedo ocellata Nr. 26). 352 Erwin Herter Letzteren kommt daneben ein Methylamin liefernder Körper vor, den sie für einen substituirten Harnstoff halten. Durch die Abdominal- poren tritt diese Flüssigkeit nach außen, besonders bei Körper- bewegungen in Folge Contraction der Bauchmuskulatur. Um die Flüssigkeit bei den lebenden Thieren zu sammeln, wurden in den Abdominalporen Canülen mit Recipienten befestigt, wie die zur Sammlung des Urins (siehe oben) angewendeten. Die Quantitäten, welche auf diese Weise gewonnen wurden, waren sehr wechselnd, bei Torpedo im Allgemeinen bedeutender als bei Scylliutn. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die Bedeutung der Abdominal- flüssigkeit für die Ausscheidung im Körper producirter oder aus dem Wasser aufgenommener Stoffe aufzuklären. Neapel, im September 1891. Analytische Beläge. Bestimmungen des s peci fi sehen Gewichts. Pyknometer E 11,1502 g, Wassergehalt bei 26,9° 1,1088 g. Pyknometer K 1,9895 g, Wassergehalt bei 23,7° 0,8722 g, bei 26,7° 0,8715 g. Pyknometers 3,6433 g, Wassergehalt bei 25,7° 6,2920 g, bei 26,1° 6,2915 g. Nr. 1 2 3 4 5 6 7 10 11 12 13 14 15 16 17 18^ 19 Gewicht der Kloaken- Pyknometer Temperatur flüssigkeit s 26.7° 6,4693 g s 27,3° 6,4613 g K 25,3° 0.8949 g s 26,5° 6,4589 g K 26,7° 0,8739 g S 26,7° 6,4576 g s 25,3° 6,4645 g s 25.5° 6,4640 g s 25,9° 6,4676 g Gewicht des Urins. E 27,3° 1,1404 g E 27,8° 1,1427 g s 28,3° 6,4986 g s 28,7° 6.4969 g s 28,8° 6,5053 g s 28,9° 6,5180 g s 26,1° 6,5152 g E 26,7° 1,1473 g E 26,7° 1,1229 g S 26,6° 6,4827 g 1 Der Urin war zur Bestimmung des specifischen Gewichts mit dem gleichen Volum Wasser verdünnt worden. Zur Kenntnis des Stoffwechsels der Fische, speciell der Selachier. 353 Meerwasser vom 6. VIII. 1891 wog im Pyknometers bei 25,5°: 6,4776 g. Fester Rückstand bei 75° und Asche: 5,1828g Urin von SctjlUuvi cat. Nr. 17 hinterließen 0,3244 g Rückstand und 0,1868 g Asche. 4,4350 g Scyllium-Wm Nr. 20 hinterließen 0,2707 g Rück- stand. 6,9740 g menschlicher Urin Nr. 19 hinterließen 0,4589 g Rückstand. 5,0402 g Kloakenflüssigkeit Nr. 8 von Torpedo mann. hinterließen 0,2289 g Rückstand und 0,1741 g Asche. 7,8189 g Flüssigkeit Nr. 9 hinterließ 0,2825 g Asche. Analyse des Urins von ScylUum cat. Nr. 22: Mehrere Portionen von nicht ganz frischem Urin, welche beim Stehen Tripelphosphat abgesetzt hatten, wurden mit Essigsäure behandelt, um die Absätze zu lösen, und dann vereinigt. 9,9330 g der Lösung hinterließen 0,3423 g Asche; aus der Differenz zwischen diesem Aschengehalt und dem von Nr. 17 wurde das Gewicht des frischen Urins berechnet. In der essigsauren Lösung der Asche wurde das Calcium als Oxalat gefällt und als Sulfat gewogen 0,0134 g, im Filtrat das Magnesium bestimmt als Pyrophosphat 0,0622 g. Eine andere Portion der Lösung von 10,0004 g, mit Salzsäure und Baryumchlorid behandelt, lieferte 0,1225 g Baryumsulfat, das Filtrat 0,0540 g Magnesiumpyrophosphat zur Bestimmung der Phosphorsäure. Kloaken flu ssigkeit von Torpedo marm. Nr. 9: 7,8199 g gaben 0,2825 g Asche, darin Calcium, als Oxalat gefällt und als Sulfat gewogen 0,0032 g; im Filtrat das Magnesium bestimmt als Magnesium- pyrophosphat 0.0173 g. Von den Alkalichloriden ging ein Theil ver- loren: 0,1983 g derselben lieferten 0,0367 g Kaliumplatinchlorid, bei 130° getrocknet. 7,2802 g Flüssigkeit mit Chlorwasserstoff behandelt lieferten 0,0205g Baryumsulfat, das Filtrat 0,0039 g Magnesium- pyrophosphat zur Bestimmung der Phosphorsäure. 5,5749 g Flüssigkeit mit Kali und Salpeter geschmolzen lieferten 0,0300 g Baryumsulfat. Bestimmung der Schwefelverbindungen: J 2,0667g Urin Nr. 1(1 lieferten aus essigsaurer Lösung 0,1300 g Baryumsulfat, das Filtrat mit Chlorwasserstoff behandelt 0,0011 g, das Filtrat mit Soda und Salpeter geschmolzen 0,0664 g Baryumsulfat. 4,8073 g Kloaken- flüssigkeit Nr. 4 lieferten aus essigsaurer und aus salzsaurer Lösung 0,0008 resp. 0,0038 g Baryumsulfat, das Filtrat geschmolzen setzte nur noch Spuren von Baryumsulfat ab. 8,5515 g Flüssigkeit Nr. 7 lieferten 0,0255 g, 0,0065 g und 0,0093 g Baryumsulfat. 6,8780 g Flüssigkeit Nr. 1 gaben 0,0357 g, 0,0049 g und 0,0084 g Baryum- sulfat. Die Bestimmung des Chlor geschah durch Titrirung nach 354 E. Herter, Zur Kenntnis d. Stoffwechsels d. Fische, speciell d. Selachier. MoHR in der mit Salpeter und Soda veraschten Substanz. 10 ecm der Silbernitratlösung lieferten 0,1420 g Silbercblorid. 2,4815 g der Lösung von Urin Nr. 22 erforderten 9,15 com Silberlösung. Kloaken- flüssigkeit von Torpedo marm.: 1,8365 g von Nr. 23 erforderten 10,42 com Silberlösung, 4,3765 g von Nr. 25 erforderten 19,0 ccm. Flüssigkeit von Torpedo ocell.: 0,6831 g von Nr. 24 zerlegten 4,09 cera Silberlösung, 2,2776 g von Nr. 26 zerlegten 9,36 ccm. 2,8163 g Blutserum von Torpedo ocell. N. 27 zerlegten 12,5 ccm Silberlösung. Litteraturverzeicbnis. 1. Sennebier, Rapport de l'air avec les etres organisés, 1, 130. 2. Staedeler & Frerichs, Joiirn. Prakt. Chem. 73,48, 1858; Staedeler, ibid., 76, 58, 1859; C. F. W.Krukenberg, Centralbl. Med. Wiss. 1887 Nr. 25; Ann. Mus. H. N. Marseille, Zoologie, 3, Mém. Nr. 3, 18S8; W. V. Schroeder, Zeit. Phys. Chem. 14, 578, 1890. 3. Erman, Poggendorff's Ann. 101, 577, 1857. 4. Hercules Tornoe, Norwegia nnorthatlantic expedition 1876 — 78, Christiania, ISSO, pag. 58. 5. Jac. Moleschott, Physiologie der Nahrungsmittel, 2. Aufl., Gießen, 1859, Zahlenbelege, pag. 48, 6. Th. L. W. Bisch oft' & Carl Voit, Die Gesetze der Ernährung des Fleisch- fressers, Leipzig & Heidelberg, 1860, pag. 299. 7. G. Bunge, Lehrbuch der phj'siologischen und pathologischen Chemie, Leipzig, 1887. pag. 311, 218, 8. J. Walther & P. Schirlitz, Studien zur Geologie des Golfes von Neapel, Zeit. D. Geol. Ges. 38, 235, 1886. 9. C. Schmidt & von Bibra, Bull. Acad. Pétersbourg 24, 232, 1877. 10. E. Baumann, Zeit. Phys. Chem. 1, 71, 1877. 11. E. Baumann & E. Herter, Zeit. Phys. Chem. 1, 246, 1877. 12. F. Hoppe-Seyler, Medicinisch-chemische Untersuchungen, pag. 395, 353 13. C. Schmidt, Charakteristik der epidemischen Cholera. Leipzig & Mitau 1850, pag. 29, 32. 14. L. Fredericq, La lutte pour l'existenee chez les animaux marins, Paris 1889, pag. 36; Livre jubilaire de la soc de med. de Gand, 1884 pag. 9. 15. Th. Weyl, Ber. D. Chem. Ges. 11, 2175. 16. Ch. Eichet, Du sac gastrique chez Thomme et les animaux, Paris 1878 Journ. Anat. Phys. Paris 14, 170; Compt. Rend. 86, 676. 17. P. Regnard, C R. Soc. Biol. Paris 1884, 188. 18. Rabuteau & F. Papillon, Compt. Rend. 77, 135, 1873. Contractile und leitende Primitivfibrillen, Von Prof. Dr. St. Apäthy in Kolozsvàr. Mit Tafel 24. Einige Thatsachen möchte ich mittheilen, welche, wie ich glaube, geeignet sind, zu beweisen, dass man bisher, obwohl man meist die Existenz von Primitivfibrillen auch in den Nervenfasern zugegeben hat, die eigentlichen Primitivfibrillen weder in ihnen noch in den glatten Muskelfasern erkannt hat. Für die leitenden und con- tractilen Primitivfibrillen hat man immer die zwischen den Primitiv- fibrillen befindlichen und mit interfibrillärer Substanz gefüllten Zwi- schenräume angesehen und demonstrirt. Die Primitivfibrillen selbst hat man übersehen, weil sie bei den üblichen Tinctionen ungefärbt bleiben und, in stark lichtbrechenden Medien bei gewöhnlichem Licht untersucht, auch durch ihre eigene Lichtbrechung nur wenig sichtbar werden. Besonders von den leitenden Primitivfibrillen kann man auf Schnitten und in Balsam oder concentrirtem Glycerin nur aus- nahmsweise positive Bilder bekommen; meistens fällt nur das auf, was sich zwischen ihnen und um sie herum befindet, d. h. die inter- fibrilläre und perifibrilläre Substanz. Diese ist es, welche am leichte- sten tingirt werden kann und auch ohne Tinction ins Auge fällt, weil sie das Licht bedeutend schwächer und in anderer Weise als die Primitivfibrillen bricht. Also: die Primitivfibrillen der glatten Muskelfasern und der Nervenfasern waren bisher, so zu sagen, bloß durch ihr Negativ bekannt, und man kannte bloß die fibrillare Structur, nicht die Primitivfibrillen selbst. Bei den Nervenfasern — wenigstens der Hirudineen — ist das Positiv der Primitivfibrillen in erster Linie durch ein von mir angewandtes, sehr einfaches Vergoldungsverfahren sichtbar zu Mittlieilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 24 356 St. Apàthy machen. Hat man den riclitigeu Grad der Goldtinction, eine sehr starke Tinction — nach meiner Ansicht keine Imprägnirung durch niedergeschlagenes Metall — erreicht, so erscheinen die Primitiv- fibrillen dunkelviolett, beinahe schwarz, wogegen die inter- fibrilläre Substanz, resp. der Mantel, welcher einzelne losgelöste Primitivfibrillen , wie Wachs den leitenden Kupferdraht, umgiebt, blass hortensiaroth ist. Bei den Muskelfasern hingegen bleiben die Primitivfibrillen in Goldchlorid beinahe ungefärbt, wenn die Zwischensubstanz schon eine sehr dunkelrothe Farbe angenommen hat. Übrigens muss man, um die Primitivfibrillen positiv sehen zu können, nach gewissen Methoden macerirte Muskel- resp. Nerven- fasern in verdünntem Glycerin, Wasser oder, wenn es aus anderen Gründen zulässig ist, am besten in Methylalkohol, ungefärbt unter- suchen. Es lassen sich einzelne, besonders leitende Primitiv- fibrillen auch ganz isoliren, oder sie stehen wenigstens an den Riss- enden einzeln hervor und können in den Nerv oder in die Muskel- faser hinein weiter verfolgt werden. Sie werden von dunklen Reflexlinien begleitet, wie ein Glasstäbchen im Wasser, und haben nebst stärkerer Lichtbrechung einen eigenthümlichen Glanz, ja sogar eigene, obwohl sehr geringe Farbe. Die in dieser Weise, bei gedämpftem Lichte — ohne ÄBBE'schen Apparat, mit tief gestelltem Spiegel und engem Diaphragma — unter- suchte contractile und leitende Substanz erscheint im optischen Längs- schnitt aus alternireuden dunklen (schwarzen oder grauen) Linien und lichten glänzenden Streifen zusammengesetzt, welche mit einander und der Längsachse der Muskel- resp. Nervenfaser parallel verlaufen. Liegt die Muskelfaser gestreckt und die Nervenfaser gedehnt (nicht nur gestreckt) vor uns, so sind die genannten dunklen Linien so regelmäßig gerade, als wären sie mit dem Lineal gezogen; auch ihre Abstände sind in der coutractilen Substanz der glatten Faser immer, in der leitenden Substanz nicht selten ganz gleich. Sind die Muskelfasern nicht gestreckt, sondern gekrümmt, zusammengedrückt oder passiv contrahirt — falls nämlich die Biude- substanz, in welcher sie eingebettet sind, elastischer ist und sich (schon vor dem Maceriren) stärker contrahirt hatte als die Muskel- fasern selbst — so verlaufen die Linien in der coutractilen Substanz wellig. Auch diese Wellen sind oft ganz regelmäßig und bewirken so eine ganz überraschende Querstreifung der glatten Muskelfaser, worauf ich noch zurückkommen werde. Sind die Nervenfasern nicht gedehnt, sondern nur gestreckt, Contiactile und leitende Primitivfibrillen. 357 SO verlaufen die genannten Linien beinahe immer wellig", meist in sehr kurzen Wellen. In den Nerven vom röhrenförmigen Typus mit dünner AVand aus leitender Substanz bewirkt dieser wellige Verlauf, welcher hier sehr regelmäßig sein kann, auch eine Querstreifung der Wand, d. h. eine Querfaltung. In den Nerven vom bündeiförmigen Typus correspondiren die Wellenlinien viel seltener in dieser Weise mit einander, so dass mau auf den ersten Blick gelegentlich nur ein Durcheinander von längeren oder kürzeren Streifen sieht. Ist noch dazu die Nervenfaser passiv verkürzt oder gekrümmt, so kann man über ihre Structur nur sehr schwer, auf dünnen Schnitten gar nicht ins Klare kommen. Die dunklen Linien entsprechen den interfibrillären Käumen, die hellen, glänzenden Streifen den Primitiv- fibrillen. Letztere sind das eigentlich Körperliche sowohl in der contractilen, als auch in der leitenden Substanz; und sie sind es, welche an den Hissenden, nicht selten ziemlich lang, gerade oder gekrümmt, hervorragen und sich auch iso- liren lassen. Losgelöst bilden sie die schon erwähnten glasartigen Stäbchen resp. (z. B. in den Muskelfasern der Hirudineen) Leistchen, welche oft ziemlich lange Strecken der Primitivfibrille darstellen. Die dunklen Linien verdanken dieses Aussehen einerseits der schwachen Lichtbrechung der Interfibrillärsubstanz, welche die glän- zenden Primitivfibrillen von einander trennt, andererseits der starken Lichtbrechung der Primitivfibrillen selbst, welche von dunklen Keflex- linieu begleitet werden. Die Interfibrillärsubstanz lässt sich durch Carmin, Häma- toxylin und mehrere Anilinfarbstoffe stark tingiren, wogegen die Primitivfibrillen entweder ganz ungefärbt oder wenigstens viel heller bleiben. Die Behandlung mit Methylenblau nach Ehrlich und nachherige Fixirung in Ammoniumpicrat verleiht den Primitivfibrillen der leitenden Substanz dieselbe violette Farbe, wie jenem Theile der Interfibrillärsubstanz, welcher die Primitivfibrillen unmittelbar umgiebt und einzelne Primitivfibrillen in den Endverzweigungen als Mantel begleitet, d.h. der Perifibrillärsubstanz ^. 1 Noch stärker färben sich gewisse Körnchen in der j^erifibrillären Sub- stanz, und eben so die fett- oder chitiuartigen Körnchen in allen bindegewebigen und epithelartigen Zellen, ja sogar in der protoplasmatischen Achse und in der Interfibrillärsubstanz der Muskelfasern , wenigstens bei Hirudineen. Daher ist eine sehr vorsichtige Beurtheilung der durch Methylenblau zu erzielenden Fär- bungen dringend zu empfehlen. 24* 358 St. Apàthy Eben so vermögen die meisten Vergoldungsverfahren, welche die Endästchen der Nerven wohl sehr gut verfolgen lassen, das leitende Primitivfibrillum von der perifibrillären Hülle nicht zu diffe- renziren. Eine Vergoldung ist nur dann vollkommen gelungen zu nennen, wenn die Primitivfibrille, welche ihren eigenthUmlichen Glanz auch dann nicht verliert , sehr dunkelviolett , die peri- oder inter- fibrilläre Substanz dagegen viel blasser, hortensiaroth, erscheint. Ich erinnere mich aber nicht, diese Dififerenzirung in den Nervenenden bei anderen Autoren schon abgebildet gesehen zu haben i. Da die leitende Primitivfibrille bei den meisten üblichen Tinctionen ganz oder beinahe farblos bleibt und so ihre Existenz, wenn man in stark lichtbrechenden Medien untersucht, dem Beobachter entgeht, wogegen die intensiv gefärbte Perifibrillärsubstanz geradezu ins Auge sticht, so ist es nicht zu verwundern, dass die leitende Primitiv- fibrille, von ihrem Mantel umgeben, auf manche Forscher den Eindruck einer Röhre gemacht hat. In dieser Weise ent- stehen die NANSEN'schen Primitivtuben: der Querschnitt des Nerven kann nämlich im Innern kleine Kreise, der Längsschnitt diesen ent- sprechende parallele Linien zeigen. Und eine Summe von Röhrcheu kann in der Schnittserie unter dem Mikroskop wirklich nicht anders aussehen; nur ist der vermeintliche flüssige Inhalt der Röhre, das vermeintliche Hyaloplasma, im Gegeutheil das Solide, das isolirbare Fibrillum selbst; also ist wirklich das Innere der vorgetäuschten Röhre die leitende Substanz, ein Draht, welcher ununterbrochen von der Ganglienzelle bis zur innervirten Zelle reicht; das was als Wand der Röhre aussieht — die inter- oder perifibrilläre Substanz — ist auch wirklich nicht das Leitende (Fig. 11). Da nun weiter die dunklen Linien in den Nerven und auch in den Muskelfasern einmal der Eindruck von interfibrillären Zwischen- räumen sind, so sind diese mit einander — um die Primitivfibrillen. die vermeintlichen Zwischenräume, herum — eo ipso in Com- munication, welche nicht überall im gleichen Grade sichtbar sein 1 Auch Methylenblau ist nach dem Verfahren von Ehrlich, Dogiel, Eetzius u. A., wie erwähnt, nicht im Stande die Primitivfibrillen zu diiferenziren. In neuester Zeit habe ich eine Methylentinction (nicht Imprägnirung intra vitam) ausfindig gemacht, welche nicht nur sehr dauerhafte (gelungene Präparate sind nach 5 Monaten nur noch schöner geworden) und überhaupt bei Weitem reinere Bilder als die bisherigen Methoden liefert, sondern auch so regulirt werden kann, dass einzig und allein die absolut nicht varicösen leitenden Primitivfibrillen tingirt bleiben, eine beinahe unglaubliche Schärfe erlangen und die dickeren von ihnen sogar ihre Elementarfibrillen deutlich erkennen und weit verfolgen lassen. Contractile und leitende Priraitivfibrillen. 359 muss; und so köniien die dunklen Linien, die Primitivfibrillen von BÜTSCHLi, in querer, ja sogar verschiedener Richtung mit einander verbunden sein. Der coagulirte Inhalt dieser thatsächlichen Zwi- schenräume kann aber auch in Form von regellos verfilzten Fäserchen erscheinen, und Rohde hat vollkommen Recht, dass diese Fäserchen, deren Zahl in seinen Zeichnungen durch gewaltige Myelinformationen vermehrt ist, nicht das Leitende der Nerven sind. Die Leitung be- sorgen eben die Primitivfibrillen, welche er nicht gesehen hat. Die leitenden Primitivfibrillen selbst, wie sie sich an meinen Goldchlorid- und Macerationspräparaten darthun, sind nie varicös, sondern, obwohl sie ja beinahe immer wellig verlaufen, ganz glatt (Fig. 8^4). Die Varicosität wird immer durch die Zwischen- substanz des Nervenästchens, resp. durch den Mantel des End- ästchens verursacht. Diese Kitt- oder Hiillsubstanz, welche auch das Myelin enthält, ist nicht immer gleichmäßig in der ganzen Länge der Fibrille vertheilt. Ihre Vertheilung hängt vom Dehnungszustande des Nerven ab. Sehr dünne Nervenästchen sind, wenn sie ungestreckt, ja sogar passiv verkürzt vor uns liegen, auf- fallend varicös; ganz glatt dagegen, wenn sie gedehnt sind. Eine Varicosität kann aber auch durch blasige Quellung entstehen ; die Fibrillen selbst erfahren keine unregelmäßige Quellung; um so mehr die Inter- resp. Perifibrillärsubstanz, und diese bildet dann die Varices. Diese Art der Varicosität ist an Methylenblaupräparaten besonders auffällig. Meine Macerationsmethode löst die Zwischensubstanz auf, es bleiben höchstens geringe Coagulationsfäserchen übrig, welche hie und da an den glatten Primitivfibrillen kleben können, sich aber von diesen schon durch ihre Blässe deutlich abheben (Fig. 8BÒ). Endlich seien noch die optischen Eigenschaften der Pri- mitivfibrillen erwähnt. Was die contractile Substanz be- trifft, so erscheinen die beschriebenen hellen Streifen des optischen oder wirklichen Längsschnittes auch zwischen gekreuzten Nicols hell und glänzend, besonders an frischen Präparaten ; die dunklen Linien bleiben auch dunkel, von welcher Richtung man sie auch betrachten mag. Die hellen Streifen, oder die losmacerirten Stäbchen oder Leistchen, welche sich in erstere fortsetzen, erweisen sich als positiv einachsig doppeltbrechend, was bekanntlich die charakteristische Eigenschaft der contractilen Tagmen (der Inotagmen) ist. Die dunk- len Linien können also schon aus diesem Grunde nicht den contractilen Primitivfibrillen entsprechen. Stehen die Primi- tivfibrillen senkrecht zum Gesichtsfelde, so sind sie bei gewöhnlichem 360 St. Apàthy Lichte zwar glänzend, bei gekreuzten Nicols aber dunkel. Bei ge- kreuzten Nicols sind sie dann am hellsten, wenn sie parallel zum Gesichtsfelde liegen. Verlaufen sie wellig und sind die Wellen senkrecht auf das Gesichtsfeld gerichtet, so erscheinen die Fibrillen aus hellen und dunklen Strecken zusammengesetzt, als ob sie, wie man es von den Muskelsäulchen der quergestreiften Muskelfasern annimmt, aus alternirenden isotropen und anisotropen Partien be- ständen. So kann z. B. eine glatte Muskelfaser der Hiru- dineen ganz die optischen Eigenschaften quergestreifter zeigen; denn auch bei gewöhnlichem Lichte können in ihr helle und dunkle Querstreifen sehr regelmäßig alterniren. Ich will mich hier auf diesen Gegenstand nicht weiter einlassen, so viel möchte ich aber schon bei dieser Gelegenheit mittheilen, dass triftige Gründe für die Annahme vorliegen, dass eine Qu er streifung der soge- nannten quergestreiften Muskelfasern zwar durch drei ver- schiedene Ursachen hervorgerufen werden kann, die eigentlich cha- rakteristische aber durch den welligen Verlauf der Elemen- tarfibrillen innerhalb der Muskelsäulchen bedingt wird; die Elementarfibrillen (s. unten pag. 365) selber sind auch hier in ihrer ganzen Länge eben so beschaffen, wie die der glatten Fasern. Der ganze Unterschied beschränkt sich in dieser Hinsicht darauf, dass die Elementarfibrillen der glatten Muskelfasern normal in gerader Linie parallel mit der Längsachse, diejenigen der quergestreiften normalerweise in regelmäßigen Wellen- linien verlaufen. Durch Contractiou werden die Wellen verkürzt, in der ruhenden Faser sind sie verlängert; durch Dehnung über das normal Mögliehe hinaus, ja sogar innerhalb des normal Möglichen, können sich die Wellen so verlängern, dass die Elementarfibrillen ganz gerade werden, und die früher quergestreifte Faser ganz den Eindruck einer glatten macht. Abwechselnde Verdickungen und Einschnürungen der Muskelsäulchen, wie sie Haycraft (in: Zeit. Biol. 28. Bd. 1891 pag. 105 ff.) zu seiner neuen Erklärung der Quer- streifung nothwendig hat, sind nach meiner Ansicht, wo sie vor- kommen, Kunstproducte. Die thatsächliche Unebenheit der Ober- fläche der Faser selbst lässt sich in anderer Weise erklären, näm- lich durch die zweite Art der Querstreifung, welche auf dem welli- gen Verlauf der Muskelsäulchen in ihrem Ganzen beruht, oder durch die dritte, welche durch Querfaltung des Sarcolemmas, resp. durch überwiegende Zusammenziehung der die Muskelfasern zusammenhal- tenden Grundsubstanz des Gewebes entsteht. Contraetile und leitende Piimitivfibrillen. 361 Die leitende Substanz verleiht den Nervenfasern, vielleicht allen, seien sie von Wirbelthieren, seien sie von Wirbellosen, wie ich es bereits gezeigt habe und Ambronn bestätigt hat, eine doppelte Lichtbrechung. Diese hat neuerdings Ambronn als in Bezug auf die Längsachse negativ einachsig bestimmt. Losgelöste oder an den Rissenden hervorstehende, leitende Primitivfibrillen, wie ich sie besonders von Hirudineen darstellen konnte, zeigen aber in Bezug auf die Längsachse eine deutliche positiv ein- achsige doppelte Lichtbrechung, wie die contractilen Primitiv- fibrillen, nur bedeutend schwächer, wenigstens bei den Hirudineen. Extrahirt man die Nerven in Äther-Alkohol, so verschwindet die negative Lichtbrechung; die Interfibrillärsubstanz, d. h. die tingir- bare Partie, verhält sich dann optisch neutral, wogegen die Primitivfibrillen selbst die positive Lichtbrechung zu Tage treten lassen. Die negative Lichtbrechung des Nerven wird also durch das Myelin, die positive hingegen durch die Primitivfibrillen, das eigentlich Leitende, verursacht. Das Myelin ist in den sogenannten marklosen Nervenfasern, so lange sie leben, in der interfi- brillären Substanz gleichmäßig vertheilt; nach dem Absterben fließt es innerhalb der leitenden Substanz zu kleinen Tröpfchen zusammen oder bildet daselbst kleine Bläschen, ßöhrchen, Kolben etc. ; an den Schnitt-, resp. Rissenden quillt es aber* in Form der bekannten Myelinformationen hervor. Überwiegen die optischen Eigen- schaften des Myelins, so ist der Nerv negativ, über- wiegen die der leitenden Primitivfibrillen, so ist er po- sitiv doppeltbrechend, wodurch die Befunde Ambronn's, was das Wechseln der optischen Eigenschaften betrifft, erklärt werden. Die positive Doppelbrechung fand ich aber nie so aufialleud, wie die entsprechende negative. Meine Untersuchungen über die contraetile und leitende Substanz erstrecken sich zwar auf sehr verschiedene Wirbelthiere und Wirbel- lose ; das im Vorhergehenden Mitgetheilte fand ich zwar im Wesent- lichen überall bestätigt: ich habe jedoch die erwähnte Vergoldungs- und Macerationsmethode, nach welcher ich die am meisten bewei- senden Nervenpräparate erhielt, erst bei den Hirudineen vollkommen auszuproben Gelegenheit gehabte Specielleres könnte ich also vor- läufig* nur über diese Gruppe mittheilen. Für die Muskelfasern habe 1 Dasselbe kann ich von der oben erwähnten Methylenblautinction sagen, welche aber auch bei Lumbricus , Astacus und Unto sehr schöne Resultate ge- liefert hat. 362 St. Apàthy ich es gegen Bütschli bereits gethan; und auf die Nervenfasern will ich mich auch diesmal nicht tiefer einlassen. Ich habe Einiges von meinen Präparaten in den beigegebenen Figuren (Fig. 6 — 11) abzubilden versucht und beschränke mich darauf, dieselben zu er- klären. Die Präparate selbst stehen Jedem zur Verfügung, der sich von den vorgelegten Thatsachen mit eigenen Augen überzeugen will. Da aber ohne die Kenntnis meiner histologischen Parallele zwischen Nervenzellen und Muskelzellen weder das Vor- hergehende hinreichend gewürdigt, noch das Folgende richtig ver- standen werden kann, so verweise ich auf meine früheren Mitthei- lungen ^ und fasse das Wesentlichste davon in einigen apodiktischen Sätzen kurz zusammen. Nervenzelle und Ganglienzelle sind histologisch und physiologisch verschiedene Zellarten. Phylogenetisch stammen sie wohl von gemeinsamen Epithelvorfahren: die Nerven- zellen und Ganglienzellen sind nach zwei verschiedenen Richtungen hin differenzirte Neuroganglienzellen , und diese waren bloß um- gestaltete Sinnesepithelzellen, von deren ursprünglichen morphologi- schen Eigenschaften die Nervenzellen mehr als die Ganglienzellen behalten haben. In der Ontogenese ist dies aber keineswegs immer der Fall ; die Nervenzellen scheinen vielmehr meistens aus frühzeitig von den Ganglienanlagen getrenntön ektodermalen Epithellagen zu entstehen. Die Nervenzelle findet in der Muskelzelle in jeder Hinsicht ihr Gegenbild.- Als Nervenspindel, resp. Muskelspindel, bezeichne ichjene Strecke einer Nervenfaser, resp. jene Muskelfaser, welche entweder dauernd einer Zelle entspricht oder — durch endogene Zelltheilung mehr- zellig geworden — wenigstens auf eine bereits differenzirte embryo- nale Nervenzelle resp. Muskelzelle zurückzuführen ist. So sind die Muskelspindeln der glatten Muskulatur in der Kegel einzellig; die der quergestreiften Muskulatur sind dagegen meistens mehrzellige. Nervenspindel und Muskelspindel können sich sowohl an ihren 1 Studien über die Histologie der Najaden (ungarisch), in: Math. Nat. Abb. Ungar. Akad. Wiss. 14. Bd. 1884. Ein deutscher Auszug in: Biol. Centralbl. 7. Bd. 1887. — Nach welcher Eichtung hin soll die Nervenlehre reformirt wer- den? in: Biol. Centralbl. 9. Bd. 1889. — Über den Unterschied zwischen Nerven- zellen und Ganglienzellen (ungarisch), in: Gyógyàszat (Heilkunde) 31. Jahrg. 1891. — Über die Schaumstructur hauptsächlich bei Muskel- und Nervenfasern, in: Biol. Centralbl. 11. Bd. 1891. Nachtrag. Ebenda. 2 Andere wollen letztere bloß als mehrkernig und dann beide auch ent- wickelt als je einer Zelle entsprechend auffassen. Contractile und leitende Primitivfibrillen. 363 Enden in sehr verschiedenem Grade verzweigen als auch seitliche Ästchen, Fäserchen abgeben (die Collateralen der Nervenfasern). Die Endästchen der Muskelspindel dienen entweder als Ansatz oder als Ursprung. Nervenfasern werden entweder dadurch gebildet, dass sich mehrere Nervenspindeln hinter einander reihen und mit einander verwachsen, und dann können, von kleinen Col- lateralen abgesehen, bloß die terminal gelegenen Spindelenden Ver- zweigungen eingehen (Vertebraten, Arthropoden, Mollusken); oder jede Nervenfaser wird von einer Nervenspindel gebildet, welche mit ihren Endästchen vom Centrum bis zur Peri- pherie, resp. von einem Centrum bis zum anderen reicht. Die centralen Endästchen der Nervenspindel treten, falls sie nicht frei endigen, mit den Ganglienzellen, die peri- pheren, wenn sie nicht ebenfalls frei endigen, mit den zu innervirenden Zellen in Verbindung (Fig. 4 u. 5)^ Von Muskelspindelu und Nervenspindeln giebt es zwei Haupt- typen; dabei sind aber sowohl Combini rungen der beiden, nament- lich in den Nerven, als auch verschiedene Übergänge zwischen den beiden vorhanden. Der eine Spindeltypus ist der bünd eiförmig- massive, der andere der röhrenförmig-hohle. Letzterer Typus geht in der Histogenese oft (vielleicht immer) durch den ersteren hindurch. Röhrenförmig sind z. B. sowohl die Nervenspindeln mit Markscheide bei den Wirbelthieren und den Crustaceen als auch die scheidenlosen Spindeln mancher anderer Wirbellosen. Bündeiförmig sind u. a. die nackten Spindeln der Wirbelthiere (die REMAK'schen Fasern) ; aus solchen fand ich auch die Nerven der Muscheln etc. zusammengesetzt. Den combinirten Typus zeigen die Hirudineen und wahrscheinlich auch andere Anuulateu. In der Gegend des Kernes 1 Die Art und Weise, wie sich die centralen Verästelungen der Nerven- spindeln mit den Ganglienzellen verbinden, habe ich schon vor mehreren Jahren richtig gesehen und beschrieben (»Nach welcher Eichtung hin etc.« 1. c.) und mich mit meiner neuen Methylentinction wieder davon überzeugt. Bei der Ganglienzelle angelangt, divergiren die Primitivfibrillen des betreffenden Spindel- astes und umgeben in der Richtung der Meridiane die Ganglienzelle, um sich nachher in den »Dendritenfortsätzen« der Ganglienzelle zu vertheilen oder in denselben Spindelast wieder zurückzukehren, resp. in dessen Verzweigungen ab- zulenken. Die einzelnen Primitivfibrillen spalten sich in ihre Elementarfibrillen und diese verbinden in schräger Richtung die Meridiane mit einander. Die Elementarfibrillen endigen also in den Ganglienzellen nicht und verflechten sich auch nicht mit dem eventuellen Faserwerk im Zellkörper der Ganglienzelle. 364 St. Apàthy imtersclieiden sich letztere Nerven von den beiden Haupttypen kaum ; bald sind sie dem einen, bald dem anderen abnlicher. Nur in dem weiteren Verlauf der Spindel resp. in ihren Verästelungen vereinigen sich Bündel von leitender Substanz mit Röhren. Fig. 1 stellt schematische Quer- und Längsschnitte des bündei- förmigen, Fig. 2 [C ausgenommen) des röhrenförmigen und Fig. 3 des combinirten Typus, letztere durch Nerven von Hirudineen, dar. Was die Muskelspindeln betrifft, so sind z. B. die querge- streiften der Wirbelthiere und der Arthropoden, sämmtliche Muskel- spindeln der Mollusken, der Chaetopoden etc. bündeiförmig; röhren- förmig sind u. a. die der Hirudineen. Erstere illustrirt Fig. 1, letztere Fig. 2 Aa, Ab u. C, sowohl als auch Fig. 6. Die contractile Substanz ist ein intracelluläres Proto- plasmaproduct der Muskelzelle; die leitende Substanz ein intracelluläres Protoplasmaproduct der Nervenzelle. (Die Nervenzelle producirt das Leitende, die Ganglienzelle das zu Leitende.) Das eigentlich Fortlebende, der Kern und das Protoplasma der Muskel-, resp. Nervenzelle, bildet bald den überwiegenden (Fig. 2 Aa^ Ab), bald einen beinahe verschwindend kleinen (Fig. 1 Aa, Ab) Theil der Spindel. Auch befindet sich der Kern und das Proto- plasma in beiden Typen bald innerhalb der contractilen resp. leiten- den Substanz (Fig. 1 und 2 Aa), bald außerhalb (Fig. 1 Ab und Fig. 2 Ba, Bb) ; oder in dieselben eingebettet. Nicht selten be- findet sich ein Theil des Protoplasmas mit dem Kern außerhalb der leitenden Substanz, wogegen der andere Theil, von Zellsaft sehr ge- lockert, das Lumen der röhrenförmigen Nervenspindel ausfüllt. (Fig. 2 Ba, Bb: Nervenfasern mit Markscheide bei den Wirbel- thieren und den Crustaceen.) Was aber die Lage des Kerns zur Längsachse betrifft, so halten sich die vor und hinter dem Kerne befindlichen Mengen von contractiler oder leitender Substanz in den meisten Fällen das Gleichgewicht. Die contractile Substanz besteht aus den eigentlich contractilen Primitivfibrillen und aus einer interfibril- lären Substanz, welche die mehr oder weniger beträchtlichen Zwischenräume zwischen den Primitivfibrillen ausfüllt. Die leitende Substanz besteht ebenfalls aus den ei- gentlich leitenden Primitivfibrillen und aus einer inter- fibrillären Substanz, welche der der Muskelspiudeln eutspricht. Nicht selten überwiegt das Interfibrilläre an Menge das eigentlich Contractile und leitende Piimitivfibrillen. 365 Leitende; und dann ist jener Theil der interfibrillären Substanz, welcher die Primitivfibrillen immittelbar umgiebt, die perifibrilläre Substanz, etwas anders beschaffen als der übrige; er ist namentlich viel dichter und enthält mehr Myelin. Myelin ist in allen Nerven vorhanden. Es kann, mehr oder weniger gleichmäßig, in der interfibrillären Substanz ver- theilt sein, oder es bildet eine gesonderte periphere Lage (die Mark- scheide) in der Wand der Spindel, welche in diesem Fall immer zum röhrenförmigen Typus gehört (Fig. 2 Ba^ Bb). Der Verlauf der Primitivfibrillen entspricht immer der Haupt- richtung der Spindel und in ihren Verästelungen der Längsachse des betreffenden Astes. Li einer Muskelspindel können die Primitiv- fibrillen je nach ihrer Lage zwar verschieden lang sein, sie durch- setzen aber immer ununterbrochen die ganze Spindel. Auch in einer und derselben Nervenfaser können die Primitiv- fibrillen verschieden lang sein, immer reichen sie aber ununterbrochen vom Centrum bis zur Peripherie oder bis an andere Centren. Die contractilen Primitivfibrillen können außer in cylindrischer Form (als Muskelsäulchen, Primitivsäulchen) auch als Leistchen oder Bänder (Primitivleistchen der Hiriidineen) auftreten; von leitenden Primitivfibrillen kenne ich dagegen nur die cylindrische Form. Die Primitivfibrillen, sowohl die leitenden, als auch die con- tractilen, sind je nach ihrer Stärke aus mehreren Elementar- fib rillen zusammengesetzt, oder sie entsprechen selbst einer Elementarfibrille. Die Elementarfibrillen können wir innerhalb der Primitivfibrille gewöhnlich nicht unterscheiden; stärkere Primitivfibrillen können aber durch geeignete Macerirung gelegentlich in ihre Elementar- fibrillen aufgelöst werden. Andererseits kann man — falls gelungene Vergoldungen zur Verfügung stehen — auch in den peripherischen Eudverzweigungen der Nerven sehen, wie sich dickere Primitiv- fibrillen allmählich in dünnere Astchen spalten und endlich für die einzelnen zu innervirenden Zellen die allerdünnsten Elementarfibrillen abgeben. Die Elementarfibrillen scheinen — bei einem und dem- selben Thiere wenigstens — gleich dick zu sein; die contractilen Elementarfibrillen sind aber bei den Hirudineen dicker als die leitenden 1. 1 Die leitenden Elementarfibrillen in den dickeren Primitivfibrillen von Hirudo werden nach meiner Methyl enblautinction etwas gelockert und sind dann deutlich zu erkennen. Primitivfibrillen, welche nicht dicker sind, als 0,1, a = Viooooiiiin) sind, kann man durch mehrere Gesichtsfelder verfolgen. Primitiv- 366 St. Apäthy Der protoplasmatisclie Theil der Spindel reiclit in die dünneren Verzweigungen nicht mehr hinein, ausgenommen gewisse centrale Endäste bei den Nerven, welche zu Ganglienzellen führen. Jene bestehen also bloß aus leitender, resp. contractiler Substanz. Verfolgt man die Nervenästchen gegen die Peripherie, so findet man in denselben bald nur noch eine Primitivfibrille, welche mit einem Mantel von perifibrillärer Substanz umgeben ist; auch die Primitivfibrille verästelt sich weiter, bis sie, wie schon gesagt, in Elementarfibrillen aufgelöst ist. Noch ist aber die Elementarfibrille, das eigentliche Nervenende, von einem perifibrillären Mantel umgeben. Dieser bildet die verschiedenen Varicositäten, die Endplatten an den Epithelzellen etc. und bleibt an der Ober- fläche, wogegen die Elementarfibrille wohl meist in die betreffende Zelle hineindringt. Wo sich nun die Primitivfibrillen speciell bei den Hirudineen befinden und wie sie sich unter dem Mikroskop präsentiren, will ich an der Hand der hier beigegebenen Holzschnitte etwas eingehender darstellen. Fig. 6 zeigt Querschnitte röhrenförmiger Muskelspindeln von Pontobdella^ alle vor oder hinter dem Kern. Nach den üblichen Tinctionen, und besonders nach meiner Hämatoxylintinction, erscheint der axiale Theil (/>), ein durch Zellsaft sehr gelockertes Protoplasma- netz, viel heller als der Mantel aus contractiler Substanz. Letztere besteht immer aus einer Lage meist leistchenförmiger Primitiv- fibrillen, welche von der interfibrillären Substanz mit einander ver- kittet werden. Diese interfibrilläre Substanz ist, in Form von kurzen Linien, welche mit einander parallel auf der Oberfläche der Spindel vertical stehen, schwarz gezeichnet, da sie in gelungenen Präparaten allein tingirt ist. Diese Linien des Querschnittes haben BtJTSCHLi und alle Anderen für das contractile Protoplasma gehalten, Ersterer speciell aus je einer radiären Wabenreihe bestehend beschrieben. Andere haben die darin liegenden Körnchen, gelegentlich radiäre Reihen (C), für Querschnittbilder von Primitivfibrillen demonstrirt. Die in der Zeichnung hell gelassenen Zwischenräume zeichnen sich im Präparat durch einen eigenthümlichen Glanz und gelblich-grün- lichen Schimmer aus : sie sind gegen den viel weniger lichtbrechenden fibrillen, wahrscheinlich schon einzelne Elementarfibrillen von 0,05 ^/, kann man in den Ganglien und Connectiven von Hirudo noch scharf unterscheiden. Contractile und leitende Primitivfibrillen. 367 (daher iu C dunkler dargestellten) protoplasmatischen Theil durch eine schwarze Reflexlinie deutlich abgegrenzt; gegen die Peripherie grenzt sie dagegen eine Zone erhärteter Interfibrillärsubstauz {<7, in D] ab, welche ihrerseits an eine ebenfalls erhärtete Grenzschicht der hyalinen Grundsubstanz des betrefienden Gewebes [g^ in D und F) stößt. Eine eigentliche Zellmembran, welche — aus chitinoider (chitinartiger) Substanz bestehend — schonenden Macerirungen Widerstand leisten würde, besitzen die Muskelspindeln der Hirudi- neen nicht. Wie irrthümlich es von Bütschli war, die hellen Leisten [l] als Wabenreihen gewöhnlichen Protoplasmas zu bezeichnen, zeigt ein Blick auf gelungene Goldpräparate [E und F) am schla- gendsten. Das wirklich gewöhnliche Protoplasma [p) des Lumens erscheint stark granulirt und sehr dunkel violett : dieselbe Farbe setzen die Streifen if gegen die Peripherie fort, wogegen die dazwischen liegenden Felder l beinahe ganz farblos bleiben und sich durch Lage, Form und eigenthümliche Lichtbrechung, durch einen starken Glanz, als identisch mit den Leistchen / in C und D erweisen. Und doch sollen nach Bütschli diese, weil sie sich durch Carmin, Hämatoxy- lin etc. kaum färben lassen, Wabenreihen gewöhnlichen Protoplasmas darstellen. Hätte Bütschli Recht, so müssten diese »Wabenreihemr eine ähnliche Goldreaction wie das medulläre, wirklich gewöhnliche Plasma zeigen, und nicht die mit ihnen alternirenden, welche ja aus contractilem Plasma bestehen sollen. Die Sache verhält sich also genau umgekehrt, wie er und beinahe alle anderen Autoren es meinten. — Die glänzenden contractilen Leisten /, deren gewöhn- liche Form bei Pontobdella D genauer darstellt, sind vollkommen homogen; es lässt sich nicht eine Spur von Wabenstructur in ihnen auftreiben; es würde mir aber wahrscheinlich auch gelingen, eine solche künstlich herzustellen. Fig. 7 stellt Theile von Muskelfasern einer Pontobdella vor. Die in A und B weniger, in C stärker macerirten, ungefärbten Muskelfasern sind mit Nadeln zerstückelt; an den Rissenden ragen die Primitivleistchen frei vor ; / in ^ und l^ in C auf der Kante stehend, 4 auf die Fläche umgebogen. Das, was da frei hervor- ragt, ist die Fortsetzung der lichten Längsfelder, welche im Prä- parat stark glänzen und das Licht doppelt brechen. Die schmäleren, dunkel erscheinenden Linien if ragen nirgends hervor ; was eventuell so scheinen könnte, sind die dunklen Reflexlinien, welche die her- vorragenden, glänzenden Leistchen begleiten. Zwischen den ganz 368 St. Apàthy homogenen glänzenden hellen Streifen (den Leistchen) befinden sich in den dunklen Linien kleinere und größere Körnchen. Diese ver- leihen den dunklen Linien, da sie oft dicker und ziemlich regel- mäßig (wie in A angedeutet) angeordnet sind, ein Aussehen, welches mehrere Autoren als moniliform bezeichnen; dieselben Körnchen sehen wir auch auf dem Querschnitt in radiäre Reihen angeordnet. Die Primitivfibrilleu selbst sind nie moniliform, sondern ganz glatt. Ich finde Stückchen von ihnen in meinen Maceratiouspräparaten oft ganz isolirt, bald auf der Kante stehend, bald auf der Fläche liegend (C li und I2). Immer zeigen sie die charakteristischen optischen Eigenschaften sehr deutlich (mit dem Altern des Präparates allmäh- lich bedeutend schwächer). In tangentialen Längsschnitten sieht man sie immer von der Kante; in Längsschnitten dagegen, welche durch die Hauptachse der Spindel geführt sind, von der Fläche (/ in B); I2 in C zeigt auch, dass die Kanten der Primitivleisten etwas verdickt sind. Fig. 8 A zeigt den Verlauf und den Charakter der leitenden Primitivfibrillen aus der Darmwand von Pontobdella nach Gold- behandlung 1. Innerhalb eines kleineren Nervenastes, welcher nur noch aus leitender Substanz besteht, sehen wir dickere und dünnere Primitivfibrillen {/} ; sie verlaufen alle wellig und sind ohne Mühe weit (oft durch das ganze Präparat) zu verfolgen, if ist die inter- fibrilläre Substanz, im Präparat blass hortensiaroth, von welcher die dunkelvioletten, beinahe schwarzen Primitivfibrillen deutlich abstechen, /i ist eine in kurzen Wellen ganz isolirt verlaufende, bei / abge- rissene Fibrille, welche von einem blassen perifibrillären Mantel um- geben ist. aus welchem aber bei / die Fibrille etwas hervorragt. Die Contouren des Mantels verlaufen im Gegensatz zur Wellenlinie der Fibrille ziemlich gerade. Die Primitivfibrille /j giebt dünnere Ästchen /2 (Primitivfibrillen) ab. Die dickste Primitivfibrille f^ be- gegnet einer sympathischen Ganglienzelle y; sie spaltet sich in dünnere Fibrillen imd verbreitet diese um die Zelle herum; die 1 Besonders schön zeigen sich die feinsten Primitivfibrillen nuch der er- wähnten Methylenblautinction bei Hirudo in den motorischen Bündeln der Bauchganglien und ihrer Seitennerven. Ich habe mich hier nämlich davon überzeugen können, dass die motorischen Primitivfibrillen compacte Bündel bilden, die sensorischen dagegen in die Wand von Köhren eingelagert sind. In den Nerven der Hirudineen, welche zum gemischten Typus gehören, sind also die Bündel motorische, die Eöhren (mit sehr vielen Collateralen in den Ganglien) sensorische Bahnen: erstere verbreiten sich im Gan- glion mehr ventral, letztere mehr dorsal. Contractlle und leitende Primitivfibrillen. 369 dünnen Ästeben sammeln sich aber wieder, und die dicke Primitiv- fibrille setzt ihren Weg weiter fort. Fig-. 8 Ba und Bb zeigt glasstäbchenartige Stücke von Primitiv- fibrillen, welche aus den Längscommissuren von Pontohdella heraus- zumaceriren sind. Bei Ba sieht man rechts zwei Primitivfibrillen dicht neben einander liegen; links liegen sie schon über einander, und ebendort spalten sich zwei dünnere Primitivfibrillen, in Folge der starken Macerirung, ab. Bei Bb ist an einer Stelle noch etwas perifibrilläre Substanz zu sehen. C, ein Stückchen derselben Längs- commissur, zeigt dicht neben einander gelagerte Primitivfibrillen in situ: stark glänzende helle, homogene Streifen. Die Fortsetzung von solchen ragt in D am Rissende frei hervor. Dass die hellen, homogenen Streifen nicht der optische Ausdruck von Septen, radiären Leisten in der Commissur (Fig. 11 iis) sind, wird schon in diesem Bilde dadurch bewiesen, dass ihr dem Beobachter entgegengekrümmtes Ende einen kreisförmigen Querschnitt hat. Auch ihre optischen Eigenschaften beweisen, dass sie dasselbe sind, wie die frei heraus- macerirten Stäbchen Ba und Bb. Die dunklen Linien in C bedeuten die Reflexlinieu, welche die glänzenden Stäbchen begleiten. — Die Primitivfibrillen erscheinen in diesem Präparat desshalb nicht so wellig, wie im Chlorgoldpräparat, weil die Längscommissur, welche macerirt wurde, bei der normal möglichen größten Streckung des Thieres in gedehntem Zustande fixirt war. — Die optischen Eigen- schaften der Primitivfibrillen sind, von der Farbe abgesehen, auch nach Goldbehandlung dieselben, wie ungefärbt. In dem tangentialen Längsschnitt aus dem Connectiv (der Längs- commissur), welcher — ein Balsampräparat, nach meiner Hämatoxylin- methode gefärbt — in Fig. 9 wiedergegeben ist, treten die Primitiv- fibrillen / in der Form von homogenen, ungefärbten Längsstreifen auf. Die dunklen, hier auffallend geraden Linien bedeuten zum Theil Reflexe und zum Theil die dunkelstahlgrau tingirte perifibrilläre Substanz i. Fig. 10 und 11 sollen die Lage der Primitivfibrillen in dem Connectiv und dem FAivßE'schen Nerv von Pontobdella näher an- geben. Fig. 10 stellt einen genauen Querschnitt nach vollkommener Streckung und Goldbehandlung dar. Bei Pontohdella und den meisten 1 Jene hellen Streifen, resp. die losgelösten glasstäbchenartigen Fibrillen- stücke sind das, was nach meiner Methylentinctiou , wenn alles Interfibrilläre und Perifibrilläre entfärbt ist, in Form von glatten stahlblauen, mehr oder weniger violetten scharfen Linien ohne jede Varieosität erscheint. Die Vari- cositäten sind nur dann sichtbar, wenn die perifibrilläre Substanz mitgefärbt ist. 370 St. Apàthy anderen Hirudineen ist jedes je eine kolossale Nervenspiudel, welche an ihren leitenden Enden, in je einem Ganglion, reiche Verästelungen eingeht, in deren leitende Zone aber Fortsätze vor und dahinter liegender Connectivspindeln eingekeilt sind. Diese Fortsätze sind es, welche die durch- gehenden Primitivfibrillen durch ein Ganglion in das andere führen und so entferntere Somite mit einander nervös verbinden. In Fig. 10 ^ ist gerade der Kern der Connetivspindel getroffen. Um den Kern k herum befindet sich eine medulläre Zone aus lockerem Proto- plasma mit viel Zellsaft. Eine gewisse Anzahl von Primitivfibrillen scheint sich gegen die Peripherie zu schon innerhalb dieser Zone differeuzirt zu haben. Die auch hier (weiter vom Kern aber, z. B. in Fig. 11, noch mehr) überwiegende corticale Zone bilden radiäre Leisten aus leitender Substanz [IJs] . Dieselben erscheinen hier in ihrer Gesammtheit bedeutend dunkler, als der Kern, welcher seinerseits etwas dunkler als die blasse protoplasmatische Zone ist. Die Leisten aus leitender Substanz, die eigentlichen Septen, werden von einander durch Spalten getrennt, welche nur in Gold- chloridpräparaten so weit, wie hier gezeichnet, erscheinen [tssp: Interseptalspalten) . Sie sind im Präparat ganz farblos ; das medulläre Protoplasma setzt sich nämlich in die Spalten nicht fort. Dieselben sind bei Pontobdella im natürlichen Zustand nur virtuell vorhanden, indem sich die benachbarten Seitenflächen der Septen {ps.ls) in Fig. 11) unmittelbar an einander schmiegen, und sind nach anderen Methoden bei PontohcleUa gar nicht zu demonstriren, wohl aber bei gewissen anderen Hirudineen. Die Septen, welche von der Peripherie bis an die medulläre Zone reichen, wollen wir schlechthin als Hauptsepten bezeichnen. Sie sind keilförmig, mit der schmalen Kante nach der Peripherie. Durch diese Lage der Hauptsepten entstehen dreieckige Zwischen- räume, welche von den Nebensepten ausgefüllt werden. So seien nämlich die kleineren Septen genannt, welche nicht bis an die me- dulläre Zone reichen. Die Nebensepten sind ebenfalls keilförmig oder bandförmig, nur ist die schmale Kante des Keils nicht gegen die Peripherie, sondern gegen das Centrum gewendet. Die Neben- septen sind zum Theil eingeschaltete Fortsätze benachbarter oder entfernterer Spindeln, welche in auf- oder absteigender Richtung hinter einander liegende Somite unter sich verbinden. Die Septen, welche von dem betreffenden Connectiv selbst gebildet werden, sind als Längsfalten der Wand der ursprünglich C'onti'actile uucl leitende Primitivfibiilleu. 371 dünnwandigen, röhrenförmigen Connectivspindel (primären Nerven- röhre) aufzufassen. Indem sich nun die eingefaltete Wand, welche aus leitender Substanz besteht, nach außen verdickt, wird der Hohlraum innerhalb der Falte zwischen den zwei Lamellen der Falte) ausge- füllt. Aber nicht vollkommen; es entstehen weitere und engere Röhren in der leitenden Substanz, welche das ganze Con- nectiv durchziehen und sich in die Ganglien fortsetzen , um sich dort zu verzweigen. Man kann sie secundäre Nerven röhren nennen, indem sie sich innerhalb der Wand der primären Nervenröhre, der Connectivspindel, differenzirt haben und ihre Wand aus leitender Substanz besteht. Die leitende Substanz ist also in den Connectiveu (Längscommissuren) von Pontohdella durch die Septen ver- treten, welche nach Goldchloridbehandlung in Fig. 10 A (/./*), nach gewöhnlichen Tinctionen in Fig. 11 -^ [ps.h] abgebildet sind. Was die Vertheilung der Bestandtheile der leitenden Substanz in den Septen betrifft, so bilden die Primitivfibrillen zuerst gegen die Obertiäche der Septen eine dichtere Lage. In dieser oberflächlichen Lage befinden sich, außer einigen dickeren (Fig. 8 1))^ meist sehr dünne Primitivfibrillen. Die übrigen, dickere und dünnere, liegen im Inneren des Septums, ziemlich unregelmäßig und gar nicht dicht eingestreut; auch um die Röhren herum [rl in Fig. 10 und rl (iV) = Neurochord in Fig. 11) bilden sie keineswegs immer eine distincte Lage. Das Myelin der Interfibrillarsubstanz sammelt sich hauptsächlich in der unmittelbaren Um- gebung der einzelnen Primitivfibrillen und ist gegen die Oberfläche des Septums am auffallendsten. Die secun- dären Nervenröhrchen (so z. B. die Neurochorde) sind mit einem glashellen, dünnflüssigen Zellsaft prall gefüllt, welcher nur nach ungeeigneter Behandlung ein körnig-faseriges Coagulum entstehen lässt. Auf Längsschnitten können wir also die Primitivfibrillen wohl parallel mit einander, aber nie in regelmäßigen, gleichen Ab- ständen finden; ist der Schnitt sehr dünn (wie z. B. in Fig. 9;, so werden wir gelegentlich auffallend wenig Primitivfibrillen darin ent- decken können: wir können gerade das Lumen der Röhren und im Innern der Septen solche Stellen getroffen haben, wo eben gar keine Primitivfibrille in die Schnittebene fällt, oder höchstens eine. Ist noch dazu das Connectiv nicht einmal gehörig gedehnt, so dass die Fibrillen wellig verlaufen, und ist vielleicht auch die Schnittrichtung Mittheilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 25 372 St. Apätliy etwas schräg-, so wird es uns, je dünnere Schnitte wir machen, nm so schwerer fallen, die Primitivfibrilleu in ihrer Continuität zu ent- decken. Ein körnig'-fibrillär es Coag-ulum des Zellsaftes und der Interfibrillärsubstanz kann mit Theilstücken der Primitivfibrilleu, durch reichliche Myelinformatio- nen unterstützt, das prächtigste Substrat für eine RoHDE'sche Paraffinserienhistologie liefern. Im Querschnitt erscheinen die Primitivfibrilleu nach Gold- chloridbehandluug (Fig. 10) als kleinere und größere schwarze Flecke von rundlicher Gestalt, Avelche trotz der Färbung einen auffallenden eigenen Glanz behalten, falls man nur Celloidinschnitte und in ver- dünntem Glycerin untersucht. Die Interfibrillärsubstanz, mit ihrem fein vertheilten Myelin, ist röthlichviolett : Myelinformationen hatten keine Zeit zu entstehen. Der Inhalt der Röhrchen ist vollkommen hyalin, blass rosenfarbig. Die Interseptalspalten {issp) sind ganz farblos, da sie ja erst nach der Imprägnirung künstlich bis zur Sichtbarkeit erweitert worden sind. So zu sagen ganz das Negativ dieses Bildes zeigen die Quer- schnitte aus Objecten, welche nicht mit Goldchlorid behandelt, son- dern nach einer der üblichen Methoden tingirt worden sind. Fig. 1 1 stellt einen Querschnitt aus dem Connectiv von PotitohdcUa gerade durch eine Stelle dar, wo sich das Connectiv zufällig etwas nach oben verbogen hatte, so dass die untere Hälfte des Bildes einen genauen Querschnitt zeigt, die obere dagegen in einen tangentialen Längsschnitt übergeht: ein Umstand, welcher dem Präparat eine ganz besondere Beweiskraft verleiht. Zu allererst fallen uns an Stelle der Interseptalspalten von Fig. 10 radiäre Balken auf, welche sich gegen die Peripherie zu verzweigen scheinen. Sie lassen sich nach starker Färbung mit meinem Hämatoxylin dunkelgrau bis schwarz tingiren; nach einer schwächeren Färbung — oder auch ungefärbt — erscheinen sie mehr oder weniger bräunlichgelb und zeigen einen deutlichen Myelinglanz, vorausgesetzt, dass das Object beim Einbetten in Celloidin nicht allzu lange der Einwirkung von Ather-Alkohol ausgesetzt war. Ver- gleicht man Fig. 10 mit Fig. 11, so sieht man sofort, dass diese Balken nur der optische Eindruck davon sind, dass die Seitenflächen benachbarter Septen, wo sich die Interfibrillärsubstanz gerade durch besonders viel Myelin auszeichnet, einander unmittelbar berühren. Auch gegen das Centrum und gegen die Peripherie sind die Septen natürlich durch deutliche , scharfe Linien abgegrenzt. Nur das C'ontractile und leitende Priiuitivfibrilleu. 373 Auftreten von gewaltigen Myelinformationen kann diese Linien so splitterig- machen, wie sie Kohde gezeichnet hat. Auch die Contouren der Röhrchen sind scharfe Linien, welche sich von der blasseren Grundsubstanz der Öepten deutlich abheben. Das Querschnittsbild der Primitivfibrillen ist aber hier ein kleiner Kreis, welcher — je nach der Einstellung — auch den Eindruck eines glänzenden Punktes machen kann; oder es erscheint im Cen- trum des kleinen Kreises ein noch kleinerer dunkler Punkt. Um den kleinen Kreis herum ist, wenn dieser im Innern des Septums liegt, ein heller Hof, welcher seinerseits ebenfalls von einer ziem- lich scharfen Linie begrenzt wird: der optische Eindruck des Mantels aus perifibrillärer Substanz. Man sieht sowohl in A als auch in B, wie die im Querschnitt punktförmigen Primitivfibrillen in die hellen Streifen des Längsschnittes übergehen; man sieht, wie sich die dunkel gezeichneten Radiärbalken in die dickeren dunklen Läugs- linien fortsetzen. Die dünneren dunklen Längslinien sind aber meistentheils Reflexe, welche die Primitivfibrillen eben so nur schein- bar begleiten, wie jene kleinsten Kreise den Querschnitt derselben umgeben. Je mehr von den eigenthümlichen optischen Eigenschaften der Bestandtheile in solchen Präparaten zum Ausdruck kommt, einen um so leichteren Einblick kann mau in die Beschaifenheit des Connec- tivs und in die der Nerven überhaupt gewinnen. Das Einschmelzen in Paraffin zerstört manche Feinheiten, das Einschließen in stark lichtbrechende Medien löscht die natürlichen Contouren, welche auf Lichtbrechungsdififereuzen beruhen, aus; zu dünne Schnitte lassen die optischen Eigenthümlichkeiten der Bestandtheile nicht zur Geltung kommen. Die Hauptsache ist hier, dass die Commissur gehörig ge- dehnt sei und man die Richtung des Schnittes genau kenne. Ein richtiger Querschnitt ist, wenn auch 20 \x dick, mehr werth, als wenn er 1 \i dünn ist. Man täuscht sich sehr, wenn man glaubt, der Lösung schwieriger histologischer Probleme durch das Übertreiben des Dünnschneidens näher ge- kommen zu sein. Gewiss ist die Herstellung tadelloser Serien von Schnitten, welche 1 \h dünn sind, eine schöne Kunst, nur hat sie bei der heute noch so rohen Vorbehandlung des Objectes für die Wissenschaft sehr wenig Werth. Aus Schnitten von 1 [x Dicke können wir nur ganz ausnahmsweise mehr lernen, als aus 5 ;x dicken, wohl aber meistens viel weniger, davon abgesehen, wie oft sie ganz Fal- sches zeigen. 2'i* 374 St. Apäthy So weit vom Kern des Connectivs, wie der Schnitt in Fig. 11 liegt, nimmt das medulläre Protoplasma nur noch sehr wenig Raum ein, noch weiter stoßen die Septen im Centrum beinahe an einander. Die wenigen Primitivfibrillen, welche im centralen Theil in Fig. 11 noch sichtbar sind, setzen dann ihren Weg innerhalb der Septen weiter bis in das Ganglion fort, wo die Septen aus einander rücken, sich verästeln und in Röhren und Bündel auflösen. — Der Faivre- sche Nerv besitzt nirgends einen protoplasmatischen axialen Theil, also auch keinen Kern; im Übrigen ist er [B in Fig. 10 und 11) ganz so beschaffen, wie die Connective. Seine Bedeutung und seine Entstehung zu schildern, würde zu weit führen. Die hier mitgetheilten und an Hirudineen illustrirten Thatsachen werde ich bei nächster Gelegenheit auch für andere Gruppen aus einander zu legen versuchen. Kolozsvar, im October 1891. Erklärung der Abbildungen. Tafel 24. Fig. 1. Aa., Ah. schematische Querschnitte, Ba. und Bb. Längsschnitte vom biindelfürraigen Typus der Nerven resp. Muskelspindeln, Bc. eine ganze Muslvelspindel. k. der Kern. p. der protoplasmatische Theil, Ics. contractile resp. leitende Substanz, es. contractile Substanz. Die leitende resp. contractile Substanz ist mit Kreuzstrichen schraffirt. Fig. 2. Aa. und Ah. Querschnitte von Nerven- resp. Muskelspindeln des röh- renförmigen Typus. Ac. Querschnitt durch die Aste einer röhren- förmigen Nervenspindel, welche durch eine Bindegewebshülle [hg. resp. Neurilemm) zusammengehalten werden; Ad. die weitere Verästelung quer und schräg getroifen, das Lumen der Eöhre [p. und rl.) ist hier schon verschwunden. Ba. schematischer Querschnitt der markhaltigea Nervenspindel von Wirbelthieren, 55. vonCrustaceen. Seh. ScHWANN'sche Scheide, m. Myelinscheide, Is. leitende Substanz, k. Kern, p. dichteres Protoplasma um den Kern herum, ti. Lumen der Spindel mit vom Zell- saft sehr gelockertem Protoplasmanetz (wo nach Kupffer u. A. die leitenden Primitivfibrillen zu suchen wären). C. schematischer Quer- schnitt einer röhrenförmigen Muskelspindel von Branchellion (Ein- und Ausstülpungen der Wand aus contractiler Substanz es.]. Fig. 3. A. Schematischer Quer-, B. Längsschnitt einer Nervenspindel vom combinirten Typus (Hirudineen), etwas vom Kern entfernt, zs. Zwischen- substanz (in naturi. Zustand sehr gering), welche die verschiedenen Bündel und Eöhren aus leitender Substanz [Is. mit Kreuzstrichen schraf- firt) zusammenhält , resp. den Zwischenraum ausfüllt, bg. Neurilemm. rl. Eöhrenlumen (fein punktirt), p. Züge von dichterem Protoplasma in der Zwischensubstanz. Fig. 4. A. centrale, B. periphere Verästelung einer röhrenförmigen Nerven- spindel schematisch dargestellt. (In der That ist aber die sensorische Contractìle und leitende Primi tivfibrillen. 375 und motorische leitende Substanz wohl meist ein Product verschiedener Nervenspindeln.) /s. leitende Substanz, rZ. Rührenlumen, 9;:. Ganglienzellen, welche von den centralen Endästchen aus mit Primitivfibrillen (resp. Ele- mentarfibrillen) umsponnen werden. S.a. oder S.et. Seitenästchen (Collate- rale), cf.e. centrale freie (sensorische) Nervenenden. 3If. Muskelspindeln, me. motorische Enden, ^j./.e. periphere freie Enden, Sz. Sinneszellen. Fig. 5. Muskelspindeln von Hirudineen. Röhrenförmiger Typus, verschiedene Variationen im optischen Längsschnitt, halbschematisch. A. kurze Spindel aus dem Saugnapfe: es. contractile Substanz (corticaler Theil), 2). protoplasmati scher (medullärer) Theil. B. Sternform aus einer Haut- warze vow Clepsine scxoculata. C. langgestreckte Spindeln mit Veräste- lung aus der Darmwand von Pontobdella. f. dünne Seitenästchen (mit meist einer einzigen Primitivfibrille), welche parallel verlaufende Spindel- strecken (benachbarte und auch entfernter liegende) mit einander verbinden. Fig. 6. Muskelfasern von Pontobdella. Querschnitte vor dem Kern. Nicht sche- raatisirt, nur unausgeführt. A. aus der Längsmuskulatur, mit weitem Lumen [p. durch Zeilsaft sehr gelockertes Protoplasmanetz : MeduUa) und leistchenförmigen Primitivfibrillen (Primitivleisten) in der contractu en Substanz (c. : Cortex) ; B aus der Darrawand, mit beinahe cylindrischen Primitivfibrillen (Primitivsäulchen). Ein Theil der contractilen Sub- stanz in C stärker, in D noch stärker vergrößert, l. die Primitivleist- chen , if. die interfibrilläre Substanz , ^1 die erhärtete Grenzschicht aus interfibrillärer Substanz, f/2 erhärtete Grenzschicht der intersti- tiellen Grundsubstanz. — £. Goldpräparat, nur die Strecke zwischen den Sternen ausgeführt. F. schwächere (ungefähr 400 fache) Vergröße- rung, h. künstlicher Hohlraum zwischen Muskel und interstitieller Grundsubstanz. Fig. 7. Aus der circulären Muskulatur von Pontobdella. C. stark, A. u. B. weniger macerirt. A. optischer Längsschnitt, tangential, B. durch die Achse, /j Primitivleisten auf der Kante, I2 auf der Fläche. Nicht schematisirt. Fig. 8. Leitende Primitivfibrillen von Pontobdella. A. Goldchiorid, Darmwand, B., C, D. Macerirung, Längscommissur des Bauchstranges. /. Primitiv- fibrillen eines peripheren Nerven resp. der Commissur. /i und f-2 einzeln verlaufende, resp. losmacerirte Primitivfibrillen. if. interfibrilläre Sub- stanz, g. sympathische Ganglienzelle (deren Kern aus Versehen etwas zu klein gezeichnet ist), si. das Innere der Septen, wo keine Primitiv- fibrillen geti'otfen sind. (Gar nicht schematisirt.) Fig. 9. Längscommissur von Pontobdella. Tangentialer Längsschnitt (sehr dünn). /. Primitivfibrillen. ns. [issp] Intersep tal spalten (das Negative der Septen). rl. Röhrchenlumen, si. das Innere der Septen, wo gerade keine Primi- tivfibrillen getroffen sind. (Gar nicht schematisirt.) Fig. 10. A. Querschnitt aus einem Connectiv von Pontobdella in der Höhe des Kernes der Connectivspindel, Goldchloridpräparat. B. Querschnitt des Faivre sehen Nerven. Dasselbe Präparat, k. Kern der Connectiv- spindel. 2). protoplasmatischer Theil (Medulla) der Spindel, l.ls. Leisten aus leitender Substanz im corticalen Theil. issp. Spalten zwischen den eigentlichen Septen aus leitender Substanz. rl. Lumen der abge- schnürten Röhrchen. /. die Primitivfibrillen. b.ls. Bündel (Säulen) aus leitender Substanz. Fig. 11. Querschnitt, in tangentialen Längsschnitt übergehend, A. aus einem Connectiv, B. aus dem FAiVRE'schen Nerv von Pontobdella. a.^A. axialer Theil, rl['N) Lumen der neurochordartigeu großen Röhre. ns{issp] Ne- gativ der Septen (Interseptalspalte) , 2>s[ls) das eigentliche Septum, d. h, die leitende Substanz. (Meine Hämatoxylin-Doppelfärbung.) Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Grasteropoden. Von Dr. phil. uat. B. v. Eiiauger. Mit Tafel 25 und 26 und 1 Holzschnitt. Erster Theil. Zur Entwicklung von Bytliinia tentaculata. In einer vorläufigen Mittb eilung ^ habe ich schon die Gründe ans einander gesetzt, welche mich dazu bewogen haben, die Ent- wicklung der Bytliinia zu studiren. Ich hoffe, im Folgenden wird sich zeigen, dass der Entwicklungsgang dieser Form nicht wesentlich von dem der Paludina^ abweicht. Jedoch soll stets auf die Unter- schiede in der Embryogenese beider Formen eingegangen werden, und ich werde diese Gelegenheit benutzen, um Einiges, was ich in meiner Paludina- Arbeit übergangen oder nicht genügend hervor- gehoben habe, nachzutragen. Außerdem werde ich die Punkte, in denen meine Resultate von denjenigen Sarasin's^ abweichen, ge- nauer besprechen. Was die Litteratur anbelangt, so verweise ich auf meine Untersuchungen über Paludi?m, wo ich eine ziemlich vollständige Übersicht derselben gegeben zu haben glaube. Das neu Erschienene und jedesmal Besprochene soll in Anmerkungen er- wähnt werden. ' E. V. Erlanger, Zur Entwicklung von Bytliinia tentaculata (Vorläufige Mittheilung), in: Z. Anzeiger 14. Jahrg. 1891 pag. 385—388. 2 E. V. Erlanger, Zur Entwicklung von Paludina tnvipara. Theil 1 und 2. in : Morph. Jahrb. 17. Bd. 1891 pag. 337—379 Taf. 20—23, pag. 636—680 Taf. 32 u. 33. 3 P. Sarasin, Entwicklungsgeschichte der Bythinia tentaculata. in: Arb. Z. Inst. Würzburg 6. Bd. 1882 pag. 1—68 Taf. 1—7. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 377 Diese Untersuchung wurde in Heidelberg- angefangen, und so stammt ein Theil meines Materials aus der Umgebung von Heidel- berg und vom Rhein bei Nieder-Ingelheim her, wo die Laiche in beliebiger Menge erhalten werden können. Sie wurde dann in Eng- land weiter geführt und an der hiesigen zoologischen Station abge- schlossen. Bythinia ist hier auch keine seltene Form, und ich hoffe in kurzer Zeit Einiges über die weitere Entwicklung der Niere und die Verhältnisse derselben beim erwachsenen Thier nachtragen zu können, um so mehr als sie in Pereier's Arbeit über die Niere der Prosobranchier nicht berücksichtigt worden ist. Wenn auch Bythinia nicht zu der Fauna des Golfes von Neapel gerechnet werden kann, so dürfte diese Arbeit insofern doch in den Mittheilungen der hiesigen Zoologischen Station Platz finden, als ich hier mit dem Studium der Entwicklung und der Anatomie anderer Prosobranchier und Gasteropoden beschäftigt bin, Avelche mit Palu- cKna und Bythinia verglichen werden sollen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, meinem verehrten Lehrer Herrn Prof. Bütschli für manchen freundlichen Rath, sowie den Bibliotheken der Universität Heidelberg, des Museum d'histoire na- turelle zu Paris und des South Kensington Museum zu London für die Förderung meiner Litteraturstudien über die Entwicklung der Gasteropoden zu danken. Auch der Zoologischen Station zu Neapel bin ich für die ausgiebige Benutzung ihrer Bibliothek und sonstiger wissenschaftlicher Hilfsmittel zu großem Danke verpflichtet. Methode der Untersuchung. Ich habe schon hervorgehoben, dass man alle Stadien der Ent- wicklung von Bythinia in beliebiger Menge erhalten kann, während dies für die Anfangsstadien (namentlich Furchungsstadien) bei Pala- dina durchaus nicht der Fall ist. Wenn ich noch erwähne, dass die ersten Entwicklungsstadien von B. bis etwa zur Ausbildung des Fußes viel größer sind, als die entsprechenden bei P., und dass die Größenverhältnisse überhaupt nicht so schwanken, wie bei der lebendig gebärenden Form, so glaube ich sämmtliche Vorzüge der Bythinia aufgezählt zu haben. Dass ihre Embryonen viel undurch- sichtiger als die von Paludina sind, ist bekannt, jedoch lässt sich an gefärbten und aufgehellten Totopräparaten noch recht viel sehen, und ich schreibe es dieser Methode allein zu, dass ich zu ganz anderen Resultaten gelangt bin , als Sarasin , welcher fast immer nur lebende Eier und Embryonen untersucht hat und von vorn 378 R- '^^ Erlanger herein auf das Studium von aufgehellten Totopräparaten verzichtete, im Übrigen aber nahezu ausschließlich die Schnittmethode anwandte. Ich verkenne durchaus nicht den großen Werth der Schnittmethode und hebe besonders hervor, dass ich sämmtlicbe an ganzen Embryoneu gemachten Beobachtungen durch transversale, sagittale und horizontale Schnittserien controlirt habe, glaube aber, dass man eine viel bessere Übersicht und ein besseres Verständnis der topographischen Verhält- nisse durch das Studium ganzer Embryoneu erhält. Abgesehen davon spart man auf diese Weise dem Leser viel Zeit, indem man durch Abbildung eines Totopräparates, in welche man aus Schnitt- serien Details eintragen kann, das Wiedergeben einer großen Anzahl von Schnitten vermeidet. Sollte dies nicht möglich sein, so wäre es doch zum mindesten vortheilhaft, von Zeit zu Zeit eine Recoustruction einer Schnittserie zu geben. Die Untersuchung der Totopräparate ist nach der in meiner Pa/wf/ma- Arbeit angegebenen Methode ausgeführt worden; in der jetzigen Arbeit war die Technik im allgemeinen dieselbe wie dort. Ich möchte hier noch einen Umstand erwähnen, welcher das Verständnis der Abbildungen in Sarasin's Arbeit erschwert. Meiner Ansicht nach ist die von ihm benutzte Vergrößerung zu schwach gewesen, außerdem sind fast nirgends Zellgrenzen angegeben, ob- gleich dieselben nicht schwer zu erkennen sind. Sarasin hebt be- sonders hervor, er habe jede Schematisirung vermeiden wollen, je- doch ist dies bei einer Zeichnung ganz unmöglich (wenn man von rein histologischen Arbeiten absieht), auch ist die Darstellung der Zellen bei Sarasen in hohem Grad schematisch. Noch einige Bemerkungen über die von mir angenomm-ene Orientirung, welche nicht unbeträchtlich von derjenigen Sarasin's abweicht ! Wie in meiner Paludina-k\h&ii bin ich von der erwachsenen Schnecke ausgegangen. Die Kriechsohle des Fußes bezeichnet die ventrale Fläche, und die Achse derselben fällt mit der Längs- achse zusammen ; demnach wird ein Querschnitt senkrecht auf die Längsachse des Thieres geführt. Ein Frontalschnitt ist parallel zu dieser Längsachse und zu der Fläche der Kriechsohle gelegt, wäh- rend ein sagittaler Schnitt zwar auch parallel der Längsachse, aber senkrecht zur Ebene der Kriechsohle verläuft. Dabei nimmt der Mund immer das Vorderende ein. Ich habe sämmtlicbe Embryonen, welche in seitlicher Ansicht dargestellt sind, dem eben aus einander gesetzten Princip gemäß orientirt. Leider habe ich diese Orientirung bei Pahi- dina nur theilweise, d. h. für ältere Embryonen, welche schon die Gestalt Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 379 der ausgewachsenen Schnecke nahezu erlangt haben, durchgeführt, ob- gleich sie dort vielleicht noch besser am Platze gewesen wäre. Bei frontalen Ansichten ist der Embryo mit dem Munde resp. Vorderende nach oben dargestellt. Bei Querschnitten, optischen oder wirklichen, ist der Blastoporus, oder der Fuß, stets nach unten ge- richtet. Bei sagittalen und frontalen Schnitten ist dieselbe Orientirung, wie für Totopräparate gebraucht worden. 1. Purchung und Bildung der Keimblätter. Was die eigentliche Furchung anbelangt, so habe ich den Be- richten von Rabli und Sarasin nichts Neues zuzufügen. Meiner Ansicht nach sind die etwas schematischen Abbildungen Rabl's (von Furchungsstadien der Bythinia) klarer als diejenigen von Sarasin, welche namentlich auf den vorgeschritteneren Stadien etwas unklar sind. Ich möchte hier im Gegensatz zu Sarasin betonen, dass BytJiinia wie alle anderen darauf hin untersuchten Gasteropoden zwei Eichtungskörperchen bildet. Die Furchung von Bythmia verläuft ganz wie bei den meisten anderen Gasteropoden. Rabl hat den Vorgang von der theoretischen Seite schon beleuchtet. Taf. 25 Fig. 1 giebt einen optischen Querschnitt durch die Keim- kugel, welche übrigens auch auf Schnitten untersucht wurde. Die Anzahl der Ectoderrazellen ist hier viel größer, als bei der Blastula von Planorhis; ich schätze sie mindestens auf 60. Betrachtet man dasselbe Stadium vom vegetativen Pol aus, so erkennt man sofort die vier Macromeren , welche bei allen Gasteropoden wiederkehren und die bekannte charakteristische Anordnung zeigen. Bezeichnet man sie in der Figur (Taf. 25 Fig. 2), oben anfangend, im Sinne der Drehung des Uhrzeigers, als 1, 2, 3, 4, so stoßen 1 und 3 unter Bildung einer Furche zusammen, während 2 und 4 durch 1 und 3 von einander getrennt bleiben. Der Verlauf der Entwicklung zeigt, dass 1 das spätere Oralende, 3 das Hinterende, 2 die linke, 4 die rechte Seite des Keims darstellen. Im optischen Querschnitt sind nur 2 und 4 zu sehen, während die Ectodermzellen vom vegetativen zum animalen Pol hin allmählich an Größe abnehmen. Bis jetzt hatte man stets die 4 Macromeren in dieser Anordnung am vegetativen Pol erkennen können. Nun theilt sich die Zelle 3, 1 C. Eabl, Über die Entwicklung der Tellerschnecke, in: Morph. Jahrb. 5. Bd. 1879 pag. 562—660 Taf. 32—38. 380 R- V. Erlanger und zwar in der Richtung der Längsachse (Taf. 25 Fig. 3 ; in der Figur ist die Kernspindel aügedeutet, obgleich ich in dieser Arbeit durchaus nicht beabsichtige, auf Kerntheilungen einzugehen, da diese Frage nicht in dem Rahmen derselben liegt und Bythinia dafür kein sehr günstiges Object ist). Die auf diese Weise erzengte Zelle ist die Urmesodermzelle, während die Zelle 3 als Entomeso- dermzelle bezeichnet werden könnte. Ganz derselbe Vorgang ist von Patten ^ bei Patella beschrieben worden. Ferner ist zu be- merken, dass die Zelle 3 sich von vorn herein durch eine geringere Menge von Dotterkörnchen auszeichnet, welche natürlich in der Ur- mesodermzelle noch mehr abgenommen hat. Nun theilt sich die Urmesodermzelle von Neuem, während die 4 Macromeren, von denen die Zelle 3 die Urmesodermzelle erzeugt hat, ungetheilt bleiben. Die Theilung erfolgt aber jetzt in der Richtung der Querachse, d. h. senkrecht zu der vorhergehenden. Ich habe bloß das Stadium abgebildet, in welchem sie sich schon vollzogen hat (Taf. 25 Fig. 4), obgleich ich sie selbst mit ihren karyokinetischen Erscheinungen wiedeiiiolt beobachtet habe. Die Urmesodermzelleu sind in der Abbildung der größeren Deutlichkeit halber dunkler gehalten (Fig. 4 um] . Bald darauf rücken sie in das Innere des Eies hinein, d. h. sie kommen in die Furchungshöhle zu liegen. Gleichzeitig theilen sich alle vier Macromeren, so dass nun (Taf. 25 Fig. 5) acht Entodermzellen an den vegetativen Pol zu liegen kommen. Von nun ab theilen sich die Urmesodermzelleu und erzeugen Jederseits einen Mesodermstreifen (Taf. 25 Fig. 6), während vor- läufig keine anderen Veränderungen sich abspielen. Nun bereitet sich das Ei zur Gastrulation vor, indem sich die Entodermzellen von Neuem theilen, das ganze Ei sich abplattet, und die Furchungshöhle dem entsprechend verengert wird. Fig. 7 auf Taf. 25 stellt ein derartiges Stadium von der rechten Seite vor; man kann daraus entnehmen, dass das Ei sich in die Länge ge- streckt hat, was schon aus Fig. 5 ersichtlich war, und dass das Entoderm sich als ein mächtiger Ballen in die Furchungshöhle hinein wölbt. Das Mesoderm wird dadurch am hintern Pol zwischen das Ento- und das Ectoderm eingezwängt. Vergleicht man die Keimblätterbildung der Bythinia mit der- 1 W. Patten, The Embryology of Patella, in: Arb. Z. Inst. Wien 6. Bd. 1S85 pag. 149—174 Taf. 14—18. Beiträge zur Entwicklungsgescliichte der Gasteropoden. 381 jenig-eu anderer Gastropoden, so stellt deh heraus, dass sie ganz dieselbe ist, wie sie bei fast allen genauer untersuchten Arten beob- achtet wurde. Dem von Rabl^ angeführten Verzeichnis von Formen, welche zwei Urmesodermzellen zeigen, die aus einer der Macromeren entstehen, kann man daher BytJiinia anreihen. Neuerdings sind die Urmesodermzellen von Knipo witsch ^ bei Cliotie limacina, einem Pteropoden, nachgewiesen worden, wo sie ganz in derselben Weise^ wie bei Bythinia entstehen sollen. Auch wäre noch ein anderer Süß- wasservorderkiemer, Neritina ßuviatilis^ anzuführen, da Rabl die Arbeit von Blochmann^, wie schon von Anderen hervorgehoben wurde, mit Stillschweigen übergeht. Dasselbe dürfte von Lymnaeus gelten, so weit ich aus den Abbildungen von Wolfson* schließen kann. Endlich theilt Conklin'"' mit, dass bei Crepidula fornicata das Mesoderm auch durch Theilung einer der vier Macromeren ent- steht, und zwar ebenfalls von der hinteren. Aus dieser Litteraturübersicht geht hervor, dass die Keimblätter- bildung von Paludina ziemlich vereinzelt innerhalb der Gasteropoden dasteht. Ich will an dieser Stelle Einiges darüber nachtragen, was ich in meiner schon angeführten Arbeit nicht genug betont habe. Aus den Abbildungen von Lankester^, Bütschli', Rabl^ und Blochmann-', sowie aus meinen eigenen Beobachtungen geht her- vor, dass Paludina die 4 Macromeren in ihrer charakteristischen An- ordnung zeigt (ich selbst habe sie wiederholt gesehen), jedoch haben 1 C. Eabl , Theorie des Mesoderms. in: Morph. Jahrb. 15. Bd. 1S89 pag. 113—252 Taf. 7—10. 2 N. Knipowitsch, über die Entwicklung von Clione limacina. in: Biol. Centralbl. 11. Bd. 1891 pag. 300-303. 3 F. Blochmann, Über die Entwicklung von Neritina ßuviatilis. in : Zeit. Wiss. Z. 36. Bd. 1881 pag. 125—174 Taf. 6—8. 4 W. WoLFSON, Die embryonale Entwicklung des Lymnaeus stacjnalis. in : Bull. Acad. Pétersbourg Tome 26 ISSO pag. 79—97. 5 E. G. CoNKLiN, Preliminary Note on the Embryology of Crepidula forni- cata ?i\i(\ Urosalpinx cinerea, in: J. Hopkins Univ. Gire. Vol. 10 1891 pag. 89 — 90. 6 E. R. Lankester, On the Invaginate Planula, or Diploblastic Phase of Paludina vivipara, in: Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 15 1875 pag. 159 — 106. — Idem, On the Coincidence of the Blastopore and Anus in Paludina vivipara, ibid. Vol. 10 1876 pag. 377—385 Taf. 25. " 0. BüTSCHLi, Entwicklungsgeschichtliche Beiträge: Über Paludina vivi- imra. in: Zeit. Wiss. Z. 29. Bd. 1877 pag. 216—231 Taf. 15 u. 16. s C. Rabl, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Prosobranchier. in: Sitz. Ber. Akad. Wien 87. Bd. 3. Abth. 1883 pag. 1—16 Taf. 1. 9 Fr. Blochmann, Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung der Gasteropoden. in: Zeit. Wiss. Z. 38. Bd. 1883 pag. 392—410 Taf. 21 u. 22. 3S2 R- V. Erlangen sich dieselben vor der Gastrulatiou schon getheilt. ohne dass man bei der Gastrula eine Spur von Mesoderm bemerken könnte : hiervon habe ich mich sowohl durch Totopräparate, welche sehr klein und durchsichtig- sind, als auch durch Schnitte, welche wegen der außerordentlichen Kleinheit der Eier sehr schwierig anzufertigen sind, sicher überzeugt. Vielleicht wird es noch gelingen, an an- deren Arten denselben Bildungsmodus des Mesoderms nachzuweisen : ich selbst hoffe durch Untersuchung primitiverer Formen diese Lücke auszufüllen. Gerade dieser Gedanke hat mich speciell zu vor- liegender Arbeit veranlasst, da Sarasix's Darstellung und sein Leugnen eines wirklichen Mesoderms bei Bxjthinia der Vermuthung eine Stütze gab, dass diese Form hierin von anderen Gasteropoden abweichen dürfte. Übrigens werde ich später nochmals auf dieses Thema zurückkommen müssen. 2. Gastrulation. Wir hatten das Ei der Bythinia auf dem Stadium verlassen, wo sich die abgeplattete Keimkugel zur Gastrulation vorbereitete (Taf. 25 Fig. 7). Es erfolgt nun die Einstülpung der Entodermzellen, wodurch eine typische Invaginations-Gastrula erzeugt wird (Taf. 25 Fig. 8). Dieselbe ist hier von der rechten Seite im sagittalen optischen Längsschnitt dargestellt. Die Abplattung der Gastrula ist sehr aus- gesprochen, und die Entodermzellen stoßen in der vorderen Region fast auf das Ectoderm, so dass die Furchungshöhle nur durch einen Spalt angedeutet wird, welcher noch enger ist, als in dem Keime, welcher in Taf. 25 Fig. 7 abgebildet wurde. Weiter bemerkt man, dass die Entodermzellen die dorsale Wand des durch den weiten und sehr langen Blastoporus mit der Außenwelt communicirenden Urdarms bilden. Betrachtet man den Blastoporus von der ventralen Fläche, so zeigt dieser eine ellipsoidische Gestalt, wobei die Haupt- achse der Ellipse viel länger als die andere ist. Am Hintereude des Keims wird die Mesodermzelle zwischen das Entoderm und das Ectoderm eingezwängt. Die Mesodermanlage hat etwa ein Drittel der Länge des ganzen Keims. Während sie auf dem vorhergehen- den Stadium nahezu parallel der Längsachse ^ war, fängt sie bereits an, sich etwas schräg zu derselben zu stellen, wobei der Mesoderm- streifen vom Hinterende nach vorn und dorsalwärts verläuft. Die 1 Ich meine hiermit die Ebene, welche durch die Längsachse des Blasto- porus gelegt ist und der späteren dorsoventralen Achse entspricht. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 3S3 Urmesodermzelleu, welche hier nicht mehr deutlich als solche er- kennbar sind, liegen zu beiden Seiten der hinteren Urmundlippe. Die eben erwähnten Verhältnisse sind auf einem Frontalschnitt durch das hintere Drittel desselben Stadiums auf Taf. 26 Fig. 1 veranschaulicht. Jederseits ist eine Mesodermzelle {;mes) getroffen worden, welche, zwischen Entoderm und Ectoderm eingezwängt, zu beiden Seiten des ßlastoporus [b] in der stark verengten Furchuugs- höhle (/) liegen. Demnach zeigt die Gastrula von Bijthinia ganz dieselben Ver- hältnisse wie bei Planorbis. Von derjenigen der Paludina weicht sie nur insofern ab , als hier in der Gastrula noch kein Mesoderm vorhanden und der Größenunterschied zwischen den Ecto- und Ento- dermzellen weit geringer als bei Bythinia ist. Eine weiter ausgebildete Gastrula ist in Taf. 25 Fig. 9 veran- schaulicht. Man blickt auf einen Theil des ßlastoporus (i), indem das Ei in eine halb quere halb frontale Lage gebracht worden ist. Der Urmund hat eine ellipsoide Form, d. h. er ist in der Mitte breit und läuft nach beiden Enden in eine Spitze aus. Das Ei selbst hat von der Fläche gesehen etwa die Gestalt einer sphärischen Py- ramide mit nach vorn gerichteter Spitze. Die Ectodermzellen (ec?*) nehmen vom Urmund ab an Höhe ab , jederseits fällt eine größere Ectodermzelle [v.v] in die Augen, welche ein helleres Plasma und im lebenden Embryo deutliche Cilien besitzt: es sind die ersten Velarzellen. Der ßlastoporus [b] führt in den Urdarm [ud]. Taf. 26 Fig. 2 stellt einen Frontalschnitt durch dasselbe Stadium vor, wel- cher durch den Urmund [b] geführt worden ist. Das Urdarmlumen ist seitlich comprimirt. Um dasselbe sind die Entodermzellen [enf) deutlich radiär angeordnet. Die Furchungshöhle (Taf. 25 Fig. 9 /, Taf. 26 Fig. 2) ist, abgesehen von der Gegend jederseits des Ur- mundes, auf einen Spalt reducirt. Zu beiden Seiten des ßlastoporus liegen die beiden Mesodermstreifeu, welche eine keilförmige Gestalt besitzen, mit vom Urmunde abgewendeter Spitze. In dem Toto- präparat ist jederseits innerhalb der Mesodermstreifen das Cölom [c) deutlich zu erkennen, während es auf dem Schnitte nur auf der linken Seite vorhanden zu sein scheint. Im Totopräparat erkennt man ferner am hinteren Ende des Urmundes (man sieht auf das Vorder- ende des Keimes) zwei etwas größere Mesodermzellen [um] , welche symmetrisch zu beiden Seiten des Urmundes liegen und wohl den Urmesodermzellen oder Initialen der Mesodermstreifen entsprechen. — Vom nächsten Stadium, welches ich als A bezeichnet habe, gilt 384 R. V. Ellanger im AUgemeineu dieselbe Beschreibung (Taf. 25 Fig. 10, Taf. 26 Fig. 3). Jedoch ist das Velum bereits als ein quergerichteter Gürtel, aus zwei Zellreihen gebildet, zu erkennen, auch sind die Mesoderm- streifen länger und das Cölom c (Taf. 26 Fig. 3) viel deutlicher geworden. Letzteres entsteht natürlich durch Auseinanderweichen des splanch- nischen und des parietalen Blattes des Mesoderms. Hoch interessant ist die Gestalt des Urmundes in diesem Stadium, welches Taf. 25 Fig. 11 in seitlicher Ansicht von rechts darstellt. Der Blastoporus (ò) erstreckt sich von der Gegend des Velums [v.'o] als ein langer Spalt, Avelcher schräg zur Längsachse gerichtet ist, nach hinten. Etwa in der Mitte ist der Zusammenhang mit dem Urdarm erhalten. Taf. 2G Fig. 3, ein frontaler Schnitt durch die eben erwähnte Communi- cation, zeigt die starke seitliche Compression des Urdarmlumens [ud] sowie des Blastoporus, welcher auf einen Spalt reducirt ist. Dagegen be- sitzt der Urdarm eine nicht unbeträchtliche Ausdehnung senkrecht zur Längsachse, sowie parallel zum Urraundspalt (Taf. 25 Fig. 11, Taf. 26 Fig. 3). Außerdem hat er sich bereits etwas gekrümmt, und zwar mit der Concavität ventralwärts und nach hinten, während sein Lumen vorn und oben (Taf. 25 Fig. 11) weiter als unten und hinten ist. Von der Stelle der Communication des Urdarmes mit der Außen- welt gehen jederseits die Mesodermstreifen ab, in w^elcheu, wie schon erwähnt wurde, das Cölom bereits sehr deutlich ist. Ihre Kichtuug und Ausdehnung wird durch Taf. 25 Fig. 1 1 veranschau- licht. Aus derselben und aus Taf. 26 Fig. 3 kann mau entnehmen, dass das Mesoderm eine Neigung zeigt, sich auf der dem Urmund entgegengesetzten Seite des Urdarmes durch Auswachsen zu ver- einigen. Dabei wäre zu bemerken, dass es von vorn herein am hin- teren Pol und am hinteren Ende des Urmundes zusammenhängt, so dass ich nur der Bequemlichkeit halber von zwei Mesodermstreifen rede. Am hinteren Ende des Urmundes bemerkt man am Totoprä- parat (in seitlicher Ansicht Taf. 25 Fig. 11) eine kleine Grube, während sonst der Urmundspalt (resp. Rinne) sich nach beiden Enden hin verflacht. Diese Grube entspricht der Stelle, an welcher später der After durchbricht, während die Communication des Urdarmes mit der Außenwelt die Gegend bezeichnet, wo der Mund sich anlegt. Ehe ich die Gastrula verlasse, scheint es mir von Interesse, die Gastrulatiou und den Urmund der Bytliinia mit dem entsprechenden Vorgang und dem entsprechenden Gebilde bei Paiudina zu verglei- chen . um so mehr . als ich mir bewusst bin , dieselben in meiner Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Giisteropoden. 385 bereits citirten Arbeit nicht ausreichend berücksichtigt zu haben; auch sollen die Mesodermanlagen beider Formen verglichen werden. Die im Holzschnitt beigegebeue Figur i^uach Skizzen von mir und Prof. Bütschli angefertigt) zeigt einen Embryo von PalucUna, welcher etwa der Taf. 20 Fig. 3 meiner Abhandlung entspricht, in seitlicher Ansicht , und zwar in solcher Lage, dass man ihn mit dem entsprechenden Stadium von BytJmiia (Stad. ^, Taf. 25 Fig. 11) vergleichen kann. Die Gestalt des Embryos ist im Wesentlichen dieselbe, wie bei dem entsprechenden Stadium von Bythinia. Das Velum [p.v] ist ebenfalls ein schräg zur Längsachse gerichteter Gürtel , welcher auf der dem Urmund entgegengesetzten Seite die Längsachse halbirt, auf der Urmundseite dagegen etwa das vordere Viertel derselben schneidet. Gleich hinter dem Velum fängt der Blastoporus (5) an und erstreckt sich als eine lange Rinne bis zum hinteren Pol, wo die Communication des Urdarmes [ud] mit der Außen- welt erhalten geblieben ist, und noch etwas darüber hinaus bis zu der Stelle, wo die Schalendrüse [scM) sich später anlegt. Ich habe gezeigt, dass, wie schon von Lankester, Bütschli und Blochmann (I.e.) behauptet worden war, die Communication einfach als After persistirt. Durch den After [a) gelangt man eben sowohl in den Urdarm, der gerade wie bei Bythinia nach der Urmundriune zu concav gekrümmt ist, als auch in das ventral unter dem Urdarm gelegene Cölom [c], welches durch eine Aussackung des Urdarmes entstanden ist. Ein Vergleich des Urmundes der Paludina mit dem der Bythinia ergiebt sofort, dass er in beiden Fällen genau dieselbe Lagerung hat, doch ist er bei P. etwas länger. Bei P. entsteht der Mund am vorderen Ende der Urmundrinne 386 R- V. Erlanger gleich hinter dem Velum, ebenso auch bei B. (Taf. 25 Fig. 13) ; der After in beiden Fällen am entgegengesetzten Ende. Der einzige wesentliche Unterschied ist, dass bei P. der Blastoporus als After erhalten bleibt, der Mund im Bereiche des Urmundes mit dem Schlünde als eine ectodermale Einstülpung neu gebildet wird, während bei B. umgekehrt der After im Bereiche des Urmundes secundär durch- bricht und Mund und Schlund direct aus der Urmundrinne hervor- gehen (obgleich der Urdarm eine Zeit lang gegen die Außenwelt sich abschließt) . Vergleicht man weiter die Mesodermanlage , so ergiebt sich, dass sie in beiden Fällen vom Urmunde ausgeht; nur ist sie bei P. ganz ventral, bei B. dagegen mehr nach hinten ge- richtet. Wenn auch bei B. keine Communication zwischen Urdarm und Cölom besteht, so erhält man doch auf einem frontalen optischen Schnitt fast genau dasselbe Bild, wie ich es für P. im optischen Querschnitt beschrieben habe. Auch bei B. macht die Mesoderman- lage dann den Eindruck, als ob sie durch Abschnürung vom Urdarm entstanden wäre. Am Anfang meiner Untersuchungen wurde ich sogar durch diesen Umstand veranlasst, eine ähnliche Entstehung des Cöloms bei B. anzunehmen, wie ich sie bereits bei P. hatte kenneu lernen. Ich glaube daher annehmen zu dürfen, dass das Verhalten der einen Form von dem der anderen ableitbar ist, und neige zu der Ansicht, dass Paludina die primitiveren Verhältnisse darbietet, aus denen dann durch immer frühere Differenzirung der Keimblätter der Bildungsmodus durch zwei Urmesodermzellen entstanden ist. Natür- lich bleibt diese Anschauung vorläufig noch ganz eine Hypothese. 3. Entwicklung der äusseren Gestalt und des Darmes. Betrachtet man das auf das Stadium A folgende Stadium B, so wird man erkennen, dass sich jetzt wichtige Veränderungen geltend machen, welche wohl dazu berechtigen dürften, von dem Keim nunmehr als Embryo zu reden. Taf. 25 Fig. 12 und 13 so- wie Taf. 26 Fig. 4 stellen ein derartiges Stadium im optischen Querschnitt von der rechten Seite und auf einem Frontalschnitt vor. Der Embryo hat nicht mehr die Gestalt einer dreiseitigen sphärischen Pyramide (vergleiche Taf. 25 Fig. 12 mit Fig. 10), sondern im All- gemeinen eine eiförmige und zeigt, von der späteren ßückenfläche gesehen , das Velum als einen etwa die Mitte der Längsachse quer schneidenden Gürtel. Jederseits sind nun statt zweier Velarzellen drei viel ansehnlichere vorhanden. Das Ectoderm der in der Ab- bildung (Taf. 25 Fig. 12) nach oben liegenden Gegend hat im Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 387 Allgemeinen stark an Höhe abgenommen und dürfte füglich schon als ein Plattenepithel bezeichnet werden, jedoch sieht man rechts und links gleich vor dem Velum zwei in der Figur dunkler gehaltene Verdickungen des äußeren Keimblattes, welche die Anlagen der Fühler, sowie der Cerebralganglien vorstellen [cg], deren weitere Entwicklung aber erst bei der Beschreibung des Nervensystems be- handelt werden soll. Dagegen ist das Ectoderm der postvelaren Hälfte höher als ein kubisches Epithel und bildet ein nicht sehr hohes Cylinderepithel. Auch dieses zeigt in der Mittellinie eine schwache Verdickung, welche die Anlage der Schalendrüse {schei) vorstellt. Dieselbe ist in der seitlichen Ansicht Taf. 25 Fig. 13 srhd) deutlicher. Der Urdarm, welcher vorn abgerundet endigt, läuft nach hinten in einen Kegel aus, ebenso sein Lumen (Fig. 13). Bei seitlicher Ansicht bemerkt man ferner, dass seine bereits erwähnte Krümmung (vgl. Taf. 25 Fig. 11) stärker geworden ist. Die Urmundrinne hat bedeutend an Länge abgenommen, denn sie fängt gleich hinter dem Velum an, welches auf der ventralen Seite nach hinten gerückt ist und jetzt senkrecht zur Längsachse des Embryos denselben etwa in der Mitte umgürtet. Der in der seitlichen Ansicht veranschaulichte Embryo ist etwas jünger als der in Fig. 12 abgebildete, so dass man jederseits nur 2 Velarzellen sehen kann. Die Urmundrinne hat sich jedoch beträchtlich vertieft und das Ectoderm, welches ihren Boden bildet, stark verdickt. Diese Verdickung auch in Fig. 12 zu sehen) bezeichnet die Anlage der Mundmasse und des Schlundes {m) . Legt man eine Frontalschnittserie durch die Stelle (Taf. 26 Fig. 4), so kann man sich davon überzeugen, dass die Verbindung des Urdarmes [ud) mit der Außenwelt nicht mehr existirt, mit anderen Worten: der Urdarm hat sich abgeschlossen, und es giebt keinen Blastoporus mehr, wenn man darunter eine Öffnung meint; wohl aber bleibt etwa die Hälfte der Rinne als solche erhalten, und zwar gerade an der Stelle, wo früher die Communication des Urdarmes mit der Außen- welt bestand. Taf. 25 Fig. 4 zeigt auch, dass die Mundanlage un- mittelbar auf das Entoderm stößt, ja sich sogar ein Stück weit in die Urdarmwand hineinsenkt. Aus dem Frontalschnitt ist ferner zu entnehmen, dass das Lumen des Urdarmes [ud] an Höhe ab-, an Breite zugenommen hat. Stadium C zeigt weitere Fortschritte in der Ausbildung der Cerebralganglien, Fühler und Schalendrüsenanlagen (Taf. 25 Fig. 14 und 15). Die Schalendrüse ist schon etwas nach links verschoben Mittheilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 26 388 E- V. Erlanger (Fig. 14), wodurch sich die erste Spur der duu sich ausbildenden Asymmetrie documentirt. Die Velarzellen [v.v) enthalten jetzt ihre charakteristischen Einschlüsse, auf welche ich später zurückkommen will. Das Velarfeld (Fig. 15) hat sich noch weiter nach vorn ver- schoben ; zu beiden Seiten und dorsalwärts vom Mund ragen die Fühler- anlagen als Buckel (/«) darin hervor, während der Rand des Velar- feldes dorsalwärts vom Mund, d. h. unmittelbar über ihm von zwei großen in die Augen springenden Zellen [c) gebildet wird (Taf. 25 Fig. 14). Jetzt kann man auch bei seitlicher Ansicht (Fig. 15) die Anlage des Fußes als eine Verdickung des äußeren Keimblattes ventral und nach hinten vom Mund bemerken. Die Schalendrüsen- anlage {schd) befindet sich nun dem Munde (m) diametral gegenüber. Der Urdarm steht beinahe senkrecht zu der durch Mund und Schalen- drüse horizontal geführten Schnittebene. In seitlicher Ansicht (Taf. 25 Fig. 15) nimmt sein Lumen in dorso ventraler Richtung stetig ab, auch ist die Krümmung verschwunden, wie der Vergleich mit Fig. 13 lehrt. Ein Frontalschnitt (Taf. 26 Fig. 5) durch Mund und Schalen- drüse zeigt ferner, dass die Gestalt seines Lumens sich weiter ver- ändert hat, indem es von vorn nach hinten abgeplattet und nach den Seiten hin lang gestreckt erscheint. Auf demselben Frontalschnitt bilden die Schalendrüsenzellen ein hohes Cylinderepithel, welches, wenn es etwas flach getroffen ist, leicht die Vorstellung eines mehr- schichtigen Epithels erwecken könnte ; dieses kommt aber weder bei Bythinia noch bei Paludina vor. Die Anlage des Schlundes und der Mundmasse im) springt jetzt ventralwärts noch stärker in die Wand des Urdarmes hinein. — Während bisher der Embryo nur unbedeu- teud, wenn überhaupt, an Grüße zugenommen hat, so zeigt schon Stadium D eine nicht unerhebliche Größeuzunahme. Betrachtet man dasselbe in seitlicher und in ventraler Ansicht (Taf. 25 Fig. 16 u. 17), so erkennt man, dass der Embryo sich nach allen drei Rich- tungen des Raumes hin vergrößert hat. Das Velarfeld (Fig. 17 v.v] besitzt eine mächtige Ausdehnung. Ich will gleich bemerken, dass Sarasin's Schilderung desselben nicht ganz zutreffend ist, und dass es einen continuirlichen Rand besitzt, an dessen oralem Theil rechts und links die Fühleranlagen [fu] hervorspringen, ohne jedoch eigent- lich den Verlauf des Velarrandes zu unterbrechen. Ich werde da- her von dem SARASiN'schen Ausdruck Ansa absehen, um so mehr als ich nicht mit ihm in der Beurtheilung der Function der Velar- zellen übereinstimme, wie später aus einander gesetzt werden soll. Die Anlage des Schlundes und der Mundmasse zeigt ventralwärts Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 389 eine Vevdickiing, den Anfang der Radulatasche (Taf. 25 Fig. 17). Der Urdarm [ud] selbst hat eine etwa birnförmige Gestalt, mit etwas nach hinten und ventralwärts gerichteter Spitze; dieselbe lässt den eigentlichen Darm, d. h. Magen, Enddarm (wenn man bei Mollusken überhaupt von einem solchen sprechen kann) und den hinteren Leberschlauch aus sich hervorgehen, während der weitaus größere Theil des Urdarmes später den mächtigen vorderen Leberschlauch bildet. Weiter hat sich die Schalendrüse (Fig. 16 u. 17 schd) ein- gestülpt, und ihre Zellen scheiden bereits die Schale als ein feines Häutchen ab. Bei ventraler Ansicht (Fig. 16) fallen zwei weitere Veränderungen auf, welche ich hier nur erwähnen will, da sie noch ausführlicher besprochen werden sollen: die Cerebralganglien [cg) haben sich von dem ectodermalen Mutterboden abgelöst, und der Aus- fuhrgang der ürnieren [u] ist als eine ectodermale Einstülpung auf beiden Seiten am hinteren Velarrande und ventralwärts davon ent- standen. Das folgende Stadium E würde dem jüngsten von Saeasin in toto abgebildeten Embryo entsprechen ^ und wird von mir nur im Querschnitt dargestellt (Taf. 26 Fig. 7), und zwar ist nur die rechte Hälfte des Schnittes gezeichnet, da die linke derselben nahezu spiegelbildlich ähnlich ist. Der Schnitt soll hauptsächlich dazu dienen, die Sonderung von Leber und Magen aus der Urdarmanlage zu illustriren. In der oberen Hälfte des Schnittes erkennt man die mächtigen Leberzellen (Z), welche sich nur durch ihre Deutolecith- einschlüsse von den Urdarmzellen der früheren Stadien unterscheiden, während in der unteren Hälfte die Magenwandzellen [ttia] ein hohes Cyliuderepithel ohne Einschlüsse bilden. Vergleicht man die Deuto- lecithtropfen mit den Einschlüssen der Velarzellen, so wird man durch ihre Ähnlichkeit überrascht. Beide machen ganz den Ein- druck einer geronnenen Flüssigkeit und unterscheiden sich nur durch die relative Größe der Velareinschlüsse; die Concremente, welche Sarasin in diesen beschrieb, halte ich für dichtere Flüssigkeits- gerinnsel und sehe sie in den Leberzellen ebenfalls. Auch bei Pa- ludina zeigen Leber und Velarzellen ähnliche FlUssigkeitseinschlüsse, und da sowohl bei Bijtlimia (wie die Folge zeigen wird), als auch bei Paludina ein echtes inneres Urnierenpaar vorhanden ist, so möchte ich die erwähnten Velareinschlüsse wie die Lebereinschlüsse für Reservestoffe ansprechen, welche bei der Resorption der 1 Wenn ich von seiner Figur 118 absehe. 26* 390 R- V. Erlauger Velarzellen wieder in Fhiss gebracht und als Baumaterialien benutzt werden. Ehe ich weiter gehe, will ich kurz die Angaben Sarasin's über die eben besprochenen Stadien mit den meinigen vergleichen, da die- selben stark von einander abweichen. Mein Stadium A dürfte der SARASiN'schen Pseudokeimkugel, B und C seiner Pseudo- gastrula, entsprechen i. Wenn auch Sarasin das Mesoderm noch vor der Gastrulation auf Schnitten richtig erkannt hat, so hat er doch weder dessen Ursprung, noch dessen weitere Entwicklung durchschaut. Er lässt es in der Pseudoblastula mit dem Ectoderm )^eine einzige vielkernige Lage« bilden. Den engen Urmundspalt hat er übersehen, sowie auch die Urmundrinne und das Velum, dagegen glaubte er dieses an der echten Keimkugel nachgewiesen zu haben, was mir nicht gelungen ist. Weiter lässt er die Urdarmhöhle nach dem Pseudokeimkugel-Stadium verschwinden und hat sie bei der Pseudogastrula ganz vermisst. Mir scheinen nun beide Namen, Pseudo- blastula und Pseudogastrula, überflüssig; sie würden etwaige Ver- wirrungen nur fördern, nicht abschaffen. Während Sarasin diese Stadien nur auf Schnitten von der echten Blastula und Gastrula unterscheiden konnte, ist es wirklich ganz leicht, mit einer guten Lupe die gefärbten und aufgehellten Stadien zu erkennen, wie dies mir stets möglich war. Ich muss zugeben, dass bei Bythinia der Urmund gegen den Urdarm sich wirklich abschließt, was bei Palu- clina, trotz der gegentheiligen Vermuthungen und Behauptungen, nicht der Fall ist. Jedoch sind die Beziehungen von Mund- und Afteranlage zur Urmundrinne so interessant, dass sie wohl eine be- sondere BesprechuDg verdienten. Sarasix beschreibt ferner eine ectodermale Entstehung des Enddarmes, während ich dieselbe sowohl für P. als auch für B. entschieden in Abrede stellen muss. Die Abwesenheit eines ectodermalen Enddarmes oder Proctodäums ist sicherlich für die Mollusken charakteristisch und bildet einen Finger- zeig für ihre nahe Verwandtschaft mit den Plattwürmern, welche überhaupt keinen After besitzen, wenn man die Nemertinen nicht zu den Plathelminthen stellt. Das Persistiren des Urmundes als After bei Paludina und die eben besprochenen Beziehungen von Mund und After zum Blastoporus bei Bythinia^ sowie das Verhalten von Pla- iiorhis^ welches jedenfalls dem von B. entsprechen dürfte, bestätigen die Annahme, dass man bei den Mollusken, wie bei verschiedenen ' L. c. Taf. 1 Fig. 21. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 391: anderen Ordnungen des Thierreichs, Mund und After als aus der Urmundrinne hervorgegangene Bildungen sich zu denken hat. Ich habe bereits erwähnt, dass schon auf dem Stadium C die Schalendrüse eine Verschiebung nach links erfahren hat; diese hat auf dem Stadium D zugenommen ; auf dem Stadium E befindet sich die Schalendrüse mit der bereits abgesonderten Schale [seh] ganz auf der linken Seite des Hinterendes, wie ein Querschnitt (Taf. 26 Fig. 8) zeigt. Derselbe Querschnitt veranschaulicht die Bildung des vorderen (/») und hinteren Leberschlauch s (/ä) sowie des Magens m. welche, wie schon aus einander gesetzt wurde, mit dem Endabschnitt des Darmes aus dem Urdarm hervorgehen. Das Stadium F (Taf. 25 Fig. 18), welches in tote von der rechten Seite dargestellt ist, giebt eine sehr gute Vorstellung von allen diesen Verhältnissen. Der Embryo hat sich bedeutend in die Länge gestreckt, der Fuß springt stärker vor, und die Ectodermver- dickung seiner Anlage ist schon auf dem Stadium D verstrichen. Die Schalendrüse mit der Schale liegt ganz auf der linken Seite ; ihre vordere Grenze ist in sclid^ schwach angegeben. Die Schlundanlage ist in ein langes Rohr (ö) ausgewachsen, deren Lumen jetzt in offener Verbindung mit dem Magen [ma] steht, während an der ventralen Seite der Mundmasse die Radulatasche als eine Ausstülpung des Schlundrohrs deutlich zu erkennen ist. Von dem Magen aus gelangt man durch zwei weite Öffnungen in den vorderen [It) und hinteren (//<) Leberschlauch. Enddarm und After [h] liegen bei dieser Ansicht rechts, nicht weit vom Hinterende, jedoch ist der After noch nicht vollständig durchgebrochen ; eine außerordentlich feine Ectodermschicht verschließt noch den postgastralen Abschnitt des Darmes. Auch ist schon die Lage des Velarfeldes von der sich stärker ausbildenden Asymmetrie beeinflusst worden, indem es ebenfalls mehr auf die linke Seite rückt. Ein wenig älteres Stadium, 0, etwas von der rechten Seite und von der ventralen Fläche gesehen (Taf. 25 Fig. 19), ver- anschaulicht nochmals die Topographie der vom Urdarm abstammenden Organe. Der schon besprochene Querschnitt durch das Stadium E (Taf. 26 Fig. 8), ein Querschnitt durch Stadium F (Fig. 9), und zwei Quer- schnitte durch Stadium G (Fig. 10 u. 11) zeigen die Ausbildung der Schale (sM), des Schalenfalzes [schf]^ von welchem ich bereits bei Paludina gesprochen habe, und des Mantelwulstes {miv). Es lässt sich daraus entnehmen, dass die Schale allmählich ein viel größeres Areal des Hinterendes bedeckt. 392 R- V. Erlanger Das folgende Stadium H zeigt die Bildung der Mantel- oder Kiemenhöhle, welche wie bei Paludina durch Wachsthum des Mantel- randes zu Stande kommt. Fig. 20 auf Taf. 25 zeigt ein solches Stadium von der rechten Seite, an welchem zunächst die Verschiebung des Velarfeldes [v.v.) nach links zu sehen ist, auf welche schon Sarasin aufmerksam machte. Weiter wäre noch die Anlage des Deckels [d] zu erwähnen, welcher bekanntlich von einer Deckel- schalendrüse, genau so wie die Schale, gebildet wird. Die Mantel- höhle [mh) liegt ganz auf der rechten Seite und wird durch Hervor- wölben des Mantelwulstes, welcher von hinten nach vorn auswächst, gebildet. Wie bei Paludina kommt der After auf ihren Boden zu liegen, indem der Mantelwulst jene Gegend der Bauchfläche zuerst überwölbt, auf welcher der After nun nach außen mündet. Ich stellte auf Schnitten fest, dass schon auf diesem Stadium der After durch- gebrochen ist. Nun nähert sich die Gestalt des Embryos immer mehr derjenigen des ausgewachsenen Thieres, wie Stadium I (Taf. 25 Fig. 22) lehrt. Das Velarfeld ist ganz auf die linke Seite gerückt, und in v sieht man die Stelle, welche der rechten Ansa Sarasin's entspricht, in der Mittellinie des Rückens liegen. Am Rande des Feldes springen die Tentakel als Kegel hervor. Der Fuß [fu] plattet sich schon zur Kriechsohle ab und zeigt auf der dorsalen und hinteren Fläche den Deckel [d). Der Eingeweidesack ragt deut- lich auf der linken Seite hervor und ist ganz von der Schale {seh) geschützt. Der Ösophagus hat eine sehr ansehnliche Länge erreicht und führt ziemlich weit dorsal und am Hinterende, an der mit x bezeichneten Stelle, in den Magen [ina). Die mächtige Leber nimmt mit ihren beiden Schläuchen, von denen der ansehnlichere vordere sich bereits in zwei theilt, die ganze Länge des Thieres ein. Auch die Mantelhöhle, an deren Boden der After [a] ausmündet, ist viel an- sehnlicher geworden und zeigt inwendig die Anlagen der Kieme (/»;) und des Osphradiums (Spengel' sehen Organs, sp) als Hervorwulstungen ihrer ectodermalen Wand. Taf 25 Fig. 21, Stadium K, giebt eine Ansicht des beschälten Hinterendes von vorn, woraus die gegenseitige Lage der besprochenen Organe deutlich hervorgeht. Die dorsale Hälfte des Präparats wird fast ganz von der Mantelhöhle [mh) in Anspruch genommen; etwa in der Mittellinie zieht der Kiemen wulst [k). in welchem schon einzelne Plättchen deutlich werden, parallel zum oberen Rande der Höhle hin; links, und vor demselben ragt das Os- phradium {sp) als ein mächtiger Wulst hervor. Der Magen {ma) liegt links unten und verlängert sich in den schräg nach rechts und Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 393 dorsal wärts ziehenden Enddarm, welcher ganz rechts durch den After (a) in die Mantelhöhle mündet. Rechts und ventral liegt die Leber (/). Endlich zeigt Taf. 25 Fig. 23 den ältesten von mir in dieser Arbeit berücksichtigten Embryo (Stadium M) von der linken Seite. Der Embryo hat sich bereits in die Schale [seh] zurückgezogen. Die Tentakel [fü) sind deutlich als solche erkennbar und tragen an ihrer Basis die Augen [au), innerhalb welcher die Linse [li] zu sehen ist. Die Mantelhöhle [mh] erstreckt sich bis etwa in die Mitte der Schale. In ihr zieht die Kieme (ä), welche in zahlreiche Blättchen zerfallen ist, von vorn nach hinten in einem dorsalwärts convexen Bogen bis zur Leber hin. Ventralwärts und links von der Kieme sitzt das Osphradium [sp] an der inneren Kiemenhöhlen wand. Der ganze hintere Theil der Schale wird von der Leber aus- gefüllt, welche in drei Lappen l\ P; P zerfallen ist, und nur den dorsalen Theil für den Magen [ma] frei lässt; x ist der optische Querschnitt des Ösophagus, während dorsal und ganz auf der rechten Seite der After [a] in die Mantelhöhle {mh) mündet. Weiter wäre noch ein bis jetzt nicht besprochenes Organ, das Nuchal- oder Embryonalherz [eJi] zu erwähnen, welches in der Figur zwischen Osphradium und Kieme durchschimmert. Das Nackenherz entsteht als eine ectodermale Blase auf der rechten Seite des Embryos in der hinteren Leibeshälfte auf dem Stadium G und ist in Taf. 26 Fig. 10 und 12 eh auf Querschnitten veranschaulicht. Fig. 12, dem Stadium / entnommen, lehrt, dass es sich jetzt innerhalb der Mantelhöhle befindet. Auf dem Stadium M wird es von zahlreichen senkrecht zur Längsachse gerichteten spindel- förmigen Muskelzellen durchsetzt, welche die Contractionen ausführen. Das Embryonalherz ist von Sarasin beschrieben und auch auf Schnit- ten richtig abgebildet worden, jedoch war es ihm selbst zweifelhaft, ob das, was er auf Schnitten dafür hielt, wirklich diesem Gebilde entspräche. Ein Embryonalherz in der Nackengegend kommt bei zahlreichen marinen Vorderkiemeru vor. Ein Vergleich der eben aus einander gesetzten Vorgänge mit den entsprechenden bei Paladina ergiebt nur unwesentliche Unterschiede. Die Bildung der verschiedenen Abschnitte des Darmes ist in beiden Fällen priucipiell dieselbe, nur hat bei Bythinia der Mund mehr als der After seine Beziehungen zum Blastoporus beibehalten, während das umgekehrte Verhalten bei Paludina beobachtet wurde. Sonst 394 R. V. Erlanger wäre nur noch die mächtigere Ausdehnung- des Velarfeldes bei By- thhiia hervorzuheben, welches eben desshalb von der sich ausbildenden Asymmetrie in seiner Lage stärker beeinflusst wird. Ich habe schon aus einander gesetzt, warum ich im Gegensatze zu Saeasin den Velar- zellen keine excretorische Function zuschreibe, da, wie der Abschnitt über die Urniere zeigen wird, dieselbe in keinem Zusammenhang mit dem Velum steht. Will man mit Sarasix die Zellen der Ansa den eigenthümlichen Velarzellen der Süßwasserpulmouaten, und diese mit BüTSCHLii und Fol 2 den Velarzellen der marinen Gastero- poden gleichsetzen, welchen Bobretzky ^ die Function einer äußeren Urniere zuschrieb, so dürfte dies nur aus morphologischen, nicht aus physiologischen Gründen geschehen. Ich glaube mit Rabl^, dass diese Zellen nichts weiter als Velarzellen sind, und stütze mich da- bei auf eigene Beobachtungen an ganzen gefärbten und aufgehellten Embryonen, sowie an Schnitten von Paludina^ Bythmia und Pla- 7iorhis. Über die äußeren Urnieren der marinen Formen kann ich vorläufig kein Urtheil abgeben, da ich dieselben noch nicht unter- sucht habe; ich erlaube mir bloß die Vermuthung auszusprechen, dass auch diese, wie schon Rabl behauptet hat, nur Velarzellen sind. Diese Vermuthung stütze ich dadurch, dass ich an einer frei- schwimmenden, offenbar zu einer (nicht näher bestimmbaren) Gastero- podenart gehörigen Larve am lebenden Präparate deutliche innere Urnieren beobachtet habe, auf deren Bau ich in dem Abschnitte über die Urniere (pag. 397) zurückkommen werde. Ich habe die damals am Canal (in Calvados) angefertigte Skizze mit Abbildungen ver- glichen und gefunden, dass sie eine große Ähnlichkeit mit den von Selenka^ beschriebenen Larven von Tergipes claviger zeigte. Was die Entwicklung der Mantelhöhle anbelangt, so verdient hervorgehoben zu werden, dass ihre erste Anlage von vorn herein auf der rechten Seite liegt und ganz einheitlich ist: die Gründe für diese Abweichuug von Paludina sollen im Abschnitt über die Ent- wicklung der Niere (pag. 400) aus einander gesetzt werden. 1 0. BÜTSCHLI, 1. c. 2 H. Fol, Sur le développeraent des Gastéropodes pulmonés. in: Arch. Z. Expér. Tome 8 1880 pag. 103—232 Taf. 9—18. 3 N. Bobretzky, Studien über die embryonale Entwicklung der Gastero- poden. in: Arch. Mikr. Anat. 13. Bd. 1877 pag. 95—169 Taf. 8—13. * C. Rabl, Über die Entwicklung der Tellersclmecke. in: Morph. Jahrb 5. Bd. 1879 pag. 562—660 Taf. 32—38. 5 E. Selenka, Entwicklung von Tercjijyes claviger. in: Niederländ. Arch. Z. 1. Bd. 1871 pag. 1—10 Taf. 1 u. 2. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 395 4. Entwicklung des Mesoderms und seiner Derivate. Wir hatten das Mesoderm auf dem Stadium A verlassen, wo es in Taf. 25 Fig. 10 zwei an ihrer Basis zusammenhängende Cölom- säcke bildete, deren seitliche Ansicht in Fig. 11 veranschaulicht wurde'. Stadium B zeigt schon in verschiedenen Richtungen Fort- schritte, indem die Cölomsäcke (Taf. 25 Fig. 12) noch stärker aus- gewachsen sind und eine sehr deutliche Cölomhöhle erkennen lassen (Taf. 26 Fig. 4 cc). Querschnittserien lehren, dass die bislang in der dorsalen Mittellinie getrennten Mesodermanlagen sich vereinigt haben. In vStadium C haben sich die Cölomsäcke in dieser Gegend be- reits aufgelöst (Taf. 25 Fig. 14 und Taf. 26 Fig. 5), während das Cölom zu beiden Seiten des Mundes [m] noch deutlich sichtbar bleibt (Taf. 25 Fig. 15). Auch nehmen die Mesodermzellen schon die Spindelgestalt an , und legt sich das parietale Blatt dicht an das Ectoderm, das splanchnische an die Wand des Schlundes und des Urdarmes an. Diese Gestaltsveränderung der Zellen betrifft zu- nächst nur die Gegend, welche dorsal von der Mundanlage liegt (Taf. 26 Fig. 5) . Darauf nimmt eine immer größere Anzahl von Mesodermzellen die Spindelgestalt an, wie Stadium D (Taf. 25 Fig. 17) zeigt, doch geschieht dies nur in der vorderen ventralen Gegend, wo die Spindelzellen eine dem Ectoderm anliegende, mehrere Lagen dicke Schicht bilden, indem sie zwischen dieser und dem Urdarm einen Raum zur Bildung des Ursinus [si] frei lassen. Dieser Sinus entspricht dem vorderen Ursinus von Paludina und führt wie dieser Pulsationen aus. Auf dem nächstfolgenden Stadium E haben fast alle Mesodermzellen die Spindelgestalt angenommen und durchsetzen ganz unregelmäßig den Raum zwischen Ectoderm und Darm (Taf. 26 Fig. 8). Auf dem Stadium D dagegen bildet das Mesoderm eine starke Anhäufung von unregelmäßig polygonalen Zellen kurz vor dem nach abwärts gerichteten verdünnten Ende des Urdarmes [e] (Taf. 25 Fig. 17 und Taf. 26 Fig. 6). In dem Querschnitt Fig. 6 bemerkt man in der Anhäufung auf beiden Seiten noch die Cölomhöhle, wäh- rend auf der linken Seite die Mesodermzellen dorsalwärts von dem Cölomsack sich abzulösen anfangen. a. Urnieren. Eben an dieser Stelle findet die Anlage des secernirenden Theiles der Urniere aus Mesodermzellen statt, und zwar schon auf dem 1 Wie schon erwähnt wurde (pag. 3S4), ist die Cölomanlage eine einheit- liche unpaare Bildung wie bei Paludina. 396 R- V. Erlanger Stadium C. Das anfangs solide Häufchen von Mesodermzellen bildet wie bei Paludina ein Lumen in seinem Innern aus und setzt sich (Taf. 26 Fig. 5 u) mit dem durch Einstülpung des Ectoderms entstandenen Ausführgang in Verbindung. Damit ist die Urniere fertig; sie bildet jederseits im Embryo eine Röhre, deren proximales Ende mesodermaler Herkunft ist, während der größere distale Theil, oder Ausführgang, ectodermal ist. Wie bei Paludina ist die Röhre hier von vorn nach hinten gerichtet und mündet ventralwärts vom Rande des Velarfeldes aus (Taf. 25 Fig. 16 u.u). Die Ausführöff- nung ist also einfach, nicht doppelt, wie Sarasin aus seinen Schnitt- serien geschlossen hat, und ist schon auf Totopräparaten, natürlich auch auf Schnitten, deutlich als solche zu erkennen (Taf. 26 Fig. 7 u). Eben so wenig wie bei Paludina konnte ich eine innere Öffnung auf Schnitten nachweisen, auch an Totopräparaten vermochte ich nichts davon zu sehen. Das innere Ende der Urnieren wird von größeren Mesodermzellen, welche sich weniger intensiv als die übrigen färben, gebildet. Aufhängezellen, wie ich sie bei Paludina beschrieb, habe ich hier nicht beobachtet. — Die Urniere erreicht im Laufe der Entwicklung keine höhere Ausbildung, als die eben beschriebene, obgleich noch auf Stadium / der ausführende Theil beiderseits deutlich erhalten ist. Ihr inneres Ende scheint sehr bald nach Stadium E rückgebildet zu werden. Bei Paludina weicht die Entstehung der Urniere in so fern von der eben aus einander gesetzten ab, als die rein mesodermal ange- legte Urniere das Ectoderm durchbricht und auf diese Weise eine Öffnung nach außen erhält; jedoch bildet sich später, wie ich hier nachtragen will, eine kurze Einstülpung des Ectoderms, wodurch die Mündung an das innere Ende einer kurzen ectodermalen Röhre zu liegen kommt. Welcher Modus von beiden der primitivere ist, vermag ich augenblicklich nicht anzugeben. In meiner Paludina- arbeit hatte ich hervorgehoben, dass, wenn bei dieser Form keine innere Öffnung der Niere vorhanden wäre, dieser Umstand an das Verhalten der Endigungen des Excretionssystems der Plattwürmer erinnern würde. Bythinia erscheint als eine weitere Stütze für diese Behauptung. Sollte wirklich allen Prosobranchiaten eine innere Öff- nung der Urniere abgehen? Fol^ de Meuron'^ und Sarasin ^ haben 1 Loc. cit. - P. DE Meuron, Sur les organes rénaux des embryons d'Helix. in : Compt. Rend. Tome 98 1884 pag. 693. 3 P. & F. Sarasin, Ans der Entwicklungsgeschichte der Selix Waltonii Reeve. in: Ergebn. Nat. Forsch. Ceylon 1. Bd. 1888 pag. 33—69 Taf. 6—8. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 397 eine innere Ausmündung der Urniere für die Pulmonaten beansprucht, während Bütschli' dieselbe nicht nachweisen konnte und Rabl- ihre Existenz für Planorhis in Abrede stellte. Ich selbst habe Pkmorhis in toto und auf Schnitten untersucht und in einer vor- läufigen Mittheilung 3 erwähnt, dass eine innere Mündung wirklich besteht und nicht terminal, wie bis jetzt angenommen wurde, sondern etwas seitlich von dem proximalen Ende der Urniere liegt, welches von dem schon durch Fol beschriebenen Zellhaufen bedeckt wird. Sicherlich wäre es wünschenswerth, die Urniere der marinen Proso- branchier genauer zu untersuchen, doch will ich gleich erwähnen, dass die von mir skizzirte Urniere der nicht näher bestimmten be- schälten Gasteropodenlarve genau dieselbe Gestalt, wie diejenige der Süßwasserpulmonaten zeigt. Ich vermuthe daher, dass bei derselben eine innere und äußere Mündung vorhanden war, jedoch habe ich damals keine Beobachtungen darüber gemacht, da ich mit der Unter- suchung von Infusorien beschäftigt und in der Entwicklungsgeschichte der Gastropoden noch ganz unbewandert war. Ich hoffe bald Weiteres in Bezug auf diesen Punkt mittheilen zu können. b. Herzbeutel und Niere. Wie bei Paludina sind die gegenseitigen Beziehungen dieser beiden Organe so innig, dass sie nur im Zusammenhange besprochen werden können. Wir hatten gesehen, dass bei Stadium D das Mesoderm in der Gegend vor der eigentlichen Darmanlage eine mächtige Anhäufung bildete (Taf. 26 Fig. 6), in welcher auf beiden Seiten die Cölom- höhle [c] zu erkennen war. Diese Anhäufung ist die gemeinsame Anlage von Herzbeutel und Niere. Während dieselbe hier eine medial-ventrale Lagerung und eine große Ausdehnung besitzt, so wird sie auf dem folgenden Stadium E in ihrer Ausdehnung sehr reducirt, da jetzt die Auflösung des Mesoderms stark zugenommen hat, und die Herzbeutelnierenanlage (Taf. 26 Fig. 8 «) ist in Folge der sich ausbildenden Asymmetrie bereits auf die rechte Seite gerückt. Außer- dem ergiebt die Untersuchung von aufgehellten Totopräparaten und von Schnittserien, dass die Anlage mehr und mehr dem Hinterende sich nähert. — Auf Stadium E ist noch kein Lumen in der Anlage 1 Loc. cit. - Loc. cit. 3 R. V. Erlanger, Zur Entwicklung von Paludina vivipara. Vorl. Mitth. 2.Theil. in: Z. Anzeiger 14. Jahrg. 1891 pag. 280— 283. 398 R- V. Erlanger zu sehen, aber schon auf F habe ich es beobachtet, und zwar scheint es mir von vorn herein doppelt zu sein (Taf. 26 Fig. 9 n). Das mehr dorsalwärts und nach vorn gelegene Lumen ist sehr deutlich, während das andere zuerst außerordentlich fein auftritt. Das folgende Stadium G giebt Aufschluss über Wesen und Be- deutung dieser Lumina, während Taf. 25 Fig. 18 (Stad. F) die noch einheitliche Herzbeutel-Nierenanlage im ganzen aufgehellten Embryo zeigt. Taf. 25 Fig. 19 zeigt die Herzbeutel-Nierenanlage in situ. Dieselbe hat sich bereits in der Mitte eingeschnürt. Das vordere Lumen (;;) ist rundlich und entspricht der Herzbeutelhohle, während das hintere {ni) mehr langgezogen und halbmondförmig gekrümmt ist; es entspricht dem Lumen der dauernden Niere. Die Richtigkeit dieser Darstellung wird durch Schnittserien be- legt, wie die zwei Querschnitte Taf, 26 Fig. 10 und 11 lehren. Diese sind einer und derselben Serie entnommen. Der vorderste (Fig. 10) ist durch das Pericardlumen geführt und zeigt die Herzbeutelanlage [j)] dicht gegen den Enddarm (e) gepresst, und zwar darüber gelegen. Die Herzbeutelwand ist bedeutend dünner als die Nierenwand, wie der weiter hinten geführte Schnitt 1 1 beweist, auf dem die Niere [ni] durchschnitten ist; dieseliegtebenfalls dorsal vom Enddarm. Stadium i7 (Taf. 25 Fig. 20, Ansicht von der rechten Seite) illustrirt die Ver- schiebung in der Lage von Niere und Herzbeutel, welche in Folge der sich ausbildenden Asymmetrie sich jetzt dorsal vom Enddarm befinden, während der bei Stadium D beschriebene Zellhaufen, aus dem beide Organe hervorgegangen sind, ventral und in der Mittel- linie lag. Herzbeutel und Niere machen daher dieselbe Wanderung bei Bythinia^ wie bei der ebenfalls rechts gewundenen Paludina durch. Waren bis jetzt Herzbeutel und Niere am ganzen Embryo am besten von der rechten Seite zu sehen, so ändert sich dies bei Stadium /, auf welchem beide Organe in einer Ansicht von links dargestellt sind (Taf. 25 Fig. 22). Das Pericard (;:>) hat jetzt eine größere Ausdehnung als die Niere (m), während auf Stad. H beide noch ziemlich gleich groß waren. Weiter ist noch zu bemerken, dass beide Organe ganz am Hinterende liegen, und dass die Niere nach vorn auf den Boden der Mantelhöhle imh) stößt. Bis zum Stadium// inclusive ist es mir nicht gelungen, eine Com- munication des Nierenlumens mit dem Herzbeutel oder mit der Niere nachzuweisen. Beide sind aber auf Stadium /f (Taf. 25 Fig. 21) am Toto- präparat zu erkennen. Entfernt man die vordere Hälfte des Embryos und blickt auf die Schnittfläche des beschälten Hinterendes, so erkennt Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 399 man die Niere ini) am hinteren Boden der Mantelhöhle i^mh) . Sie be- sitzt eine sehr merkwürdige Gestalt. Ihr Lumen erinnert jetzt an dasjenige eines T-förmig durchbohrten Hahnes. Der eine Schenkel desselben [fd] ist nach oben gerichtet und endigt blind, er stellt den Fundus der Niere vor; auch ist hier das Epithel der Nierenwand am dicksten. Der rechte Schenkel steht nahezu senkrecht auf dem- jenigen des Fundus und ist demgemäß horizontal gerichtet; eröffnet sich in die Mantelhöhle und entspricht folglich dem Ureter. Der dritte Schenkel [pe] endlich zieht schräg nach unten und links und öffnet sich in den Herzbeutel [p] , welcher auf der linken Seite liegt und jetzt mehr als doppelt so groß wie die Niere [ni] ist. Die Mündung der Niere {ni) in die Mantelhöhle [mh] ließ sich bereits auf Schnitten bei Stadium K constatiren und ist auf Taf. 26 Fig. 13 nach einem sagittalen Schnitt dargestellt (wr). Diejenige der Niere [ni) in den Herzbeutel {p) auf Stadium / [pe]^ welches nur unbedeutend jünger als K ist, wurde in Taf. 26 Fig. 15 nach einem Schrägschnitt dargestellt. Endlich zeigt Stadium 31 (Taf. 25 Fig. 23), wie ich glaube, die definitiven Lagerungsbeziehungen von Kieme [k]^ SpENGEL'schem Organ [sp], Niere [ni), Herzbeutel [p) und den übrigen Eingeweiden. Auf weitere Details des Baues der Niere und ihres Ausführgangs will ich hier nicht eingehen, da sie eine Untersuchung des ausgewachsenen Thieres erfordern würde, für welche ich augenblicklich weder Zeit noch Material besitze. Sarasin hat die Anlagen von Niere und Herzbeutel richtig er- kannt, giebt aber für jene einen ectodermalen Ursprung an, während er den Herzbeutel ganz zutreffend für mesodermal erklärt. Dies er- klärt sich dadurch, dass er, wie ich schon aus einander gesetzt habe, Herkunft und Entwicklung des mittleren Keimblattes verkannt und offenbar auf dem Stadium, wo sich die Niere anlegt, Ectoderm und Mesoderm nicht aus einander gehalten hat. Weiter übersah er den Zusammenhang der Nieren- und Herzbeutel- Anlage, da er nur an Schnitten untersucht hat. Über die beiden Öffnungen der Niere sagt er gar nichts, auch schildert er die Bildung des Herzbeutels ziemlich unklar. Aus meiner Darstellung ergiebt sich eine ziemliche Überein- stimmung zwischen Bythinia und Paludina in der Entvricklung von Herzbeutel und Niere, welche in beiden Fällen aus einer gemein- samen mesodermalen Anlage hervorgehen. Die Unterschiede lassen sich auf den rascheren Entwicklungsgang von Bijtliinia zurückführen. Paludina bietet offenbar primitivere Verhältnisse dar, weil sie eine 400 ^- '^- Erlanger rudimentäre (vor der Torsion) linke Niere und den Ausführgang der- selben besitzt, welcher später zum Ausführgang der Geschlechtsdrüse wird. Beide Bildungen fehlen bei Byfhinia. Auch ist hier von vorn herein kein Zusammenhang zwischen Nieren- und Herzbeutel lumen vorhanden, wohl aber ist die Anlage beider Organe eine continuir- liche. Es scheint mir, dass bei Bijthmia kein Ureter wie bei Palu- dina vorhanden ist, sondern dass die Niere einfach in die Mantel- höhle mündet. Später dürfte sich wohl dieser Abschnitt etwas specialisiren, doch kann ich vorläufig keine positiven Angaben darüber machen. So viel ich weiß, ist dieser Punkt beim erwachsenen Thier nicht näher untersucht worden. c. Herz. Das Herz legt sich bereits auf dem Stadium / an und entsteht, genau wie bei Paludina^ aus einer rinnenförmigen Einstülpung der Herzbeutelwand dicht in der Nähe der Niere. Dieser bei Paludina und Bythmia vorübergehende Zustand bleibt nach Plate^ bei Den- talium dauernd erhalten, wo das Herz des erwachsenen Thieres eine sackförmige Einstülpung des Pericards ist. Stadium K (Taf. 25 Fig. 21) zeigt die Anlage [h] in situ. Dass das Herz wirklich als eine Einstülpung des Pericards entsteht, beweist ein Querschnitt durch Stadium / (Taf. 26 Fig. 14), wo dies ehr klar zu sehen ist. Später schnürt sich die Rinne zu einer Röhre ab, welche an beiden Enden oifen bleibt, und zerfällt (Taf. 25 Fig. 23) durch eine mittlere Einschnürung in einen nach vorn liegenden Vorhof [to] und eine hintere Kammer [ka). Diese Vorgänge spielen sich ganz in der- selben Weise wie bei Paludina ab, so dass ich einfach auf meine bereits citirte Abhandlung verweisen kann. Sarasin ist eben so wenig über die Bildung des Herzens wie über diejenige des Herzbeutels ins Klare gekommen ; ich will aber, um den Leser nicht zu ermüden, seine Darstellung übergehen. Für Paludina habe ich die Entstehung der Geschlechtsdrüse aus der Wand des Herzbeutels beschrieben, konnte aber bei den von mir untersuchten Embryonen von Bythinia nichts Derartiges nachweisen und verzichte daher ganz auf die Beschreibung der 1 L. Plate, Über das Herz der Dentalien. in; Z. Anzeiger 14. Jahrg. 1891 pag. 78 — 80. — An einer Stelle meiner Arbeit über Paludina habe ich Dentalium bei den Lamellibrauchiaten angeführt. Dies war natürlich ein Lapsus, da ge- rade die neueren Untersuchungen beweisen, dass die Scaphopoden den proso- branchiaten Gasteropoden viel näher stehen als den Zweischalern. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 401 Entwicklung des Genitalsystems, da ich in der nächsten Zeit diesen Gegenstand an primitiveren Prosobranchiern zu untersuchen beabsich- tige, welche ein ähnliches Verhalten wie Pdludina darbieten dürften. 5. Derivate des Ectoderms. a. Nervensystem. Die Frage nach dem Ursprung des Nervensystems bei den Mollusken besitzt heut zu Tage in so fern ein geringeres Interesse, als von allen neueren Untersuchern dasselbe vom äußeren Keimblatt ab- geleitet wirdi. Ich würde daher ganz von der Entwicklung des Nervensystems von Bythinia absehen, um so mehr, als sie im Wesent- lichen genau dieselbe wie bei Paliidina ist, wenn Sarasin nicht da- von eine Beschreibung gegeben hätte, welche von der meinigen sowohl, als von denen Schmidt's^ und Henchman's ^ stark abweicht, und daraus phylogenetische Schlüsse gezogen hätte, welche ich auf Grund embryologischer und vergleichend - anatomischer Thatsachen entschieden zurückweisen muss. Das Nervensystem von Bythinia unterscheidet sich von dem der Paludina wesentlich durch eine weit größere Concentration. Sarasin hat schon hervorgehoben, dass Cerebral-, Palliai- und Intestinalgan- glien hier sehr nahe an einander gerückt siüd. Bouvier^ entdeckte zuerst durch Zergliederungen den rechten Ast der gekreuzten Visceral- commissur, welchen Sarasin auf Schnitten nicht hatte nachweisen können, und machte weiter darauf aufmerksam, dass das Nerven- system von Bythinia^ eben wegen seiner größeren Concentration, weniger primitiv ist als dasjenige von Paludina, woraus sich ergiebt, dass es eine schlechtere Grundlage für phylogenetische Betrachtungen liefern muss. Ursprung, Lagerung und Bildung der Cerebralganglien sind schon genügend in dem Abschnitt über die Entwicklung der äußern Körper- form (oben pag. 387) beschrieben worden. Sie haben sich schon 1 Vergleiche meine Abhandlung über Paludina , wo die Geschichte dieser Frage besprochen wird. 2 F. Schmidt, Die Entwicklung des Centralnervensystems der Pulmonaten, in: Sitz. Ber. Nat. Ges. Dorpat f. 1890, 9. Bd. 1891 pag. 277—282. 3 Annie P. Henchman, The Origin and Development of the Central Nervous Sj&teva in Limax maximus. in: Bull. Mus. Harvard Coli. Vol. 20 1890 pag. 169 — Taf. 10. '' E. L. BouviER, Systeme nerveux, morphologie generale et Classification des Gastéropodes prosobranches. in: Ann. Sc. N. (7) Tome 3 1887. 402 R- V. Eiianger auf Stadium D vom Ectoderm losgelöst (Taf. 25 Fig. 16 cg). Icli will weiter im Gegensatz zu Sarasin betonen, dass beide Cerebral- ganglien von vorn herein als zwei distiuete Wucherungen getrennt von einander entstehen (ich sehe natürlich davon ab, dass sie sich vom Ectoderm losgelöst haben, durch welches sie selbstverständlich zuerst verbunden waren) und sich erst nachträglich durch eine Com- missur verbinden. Die Pallialganglien (= Pleuralganglien) entstehen ebenfalls ge- trennt von einander und von den C erebralganglien als Ectodermwucherungen, seitlich und ventralwärts vom Veliim und den Tentakel- Anlagen (Taf. 26 Fig. 18 ^a), und verbinden sich erst nachträglich mit einander und mit den Cerebral- und Pedalganglien. Über die Entstehung der Buccalganglien habe ich nichts zu be- merken, da dieselbe ganz richtig von Sakasin beschrieben wird und genau dieselbe ist wie bei Paliidma. Ich brauche also nur noch die Entstehung der Pedal-, Intestinal- (Supra- und Sub-) und des Visceralganglions zu schildern. Diese entstehen nun durchaus nicht aus einer gemeinsamen medianen ven- tralen Ectüdermwucherung, wie Sarasin behauptet, sondern voll- kommen von einander getrennt, wie ich es bei Paludina, Henchman bei Limax und Schmidt bei den Pulmonaten beschrieben haben. Auch sind die paarigen Ganglien ursprünglich von einander getrennt. Taf. 26 Fig. 17 zeigt die verdickte Ectodermstelle [ped]^ von welcher hier das linke Pedalganglionsich später abschnürt (Stadium i'^- Auf Stadium G (Fig. 18) sind beide Pedalganglien in Ablösung be- griffen zu sehen. Die Schnittserie ergab, dass die Wucherung sehr ansehnlich ist, da die Pedalganglien sich auf eine große Strecke hin ablösen. Die Intestinalganglien entstehen vollkommen von den Pedal- ganglien getrennt, symmetrisch zu beiden Seiten des Embryos, ven- tralwärts etwa in der mittleren Leibesgegend des Stadiums G^ welche, wie bei Paludina, als die Taille des Embryo bezeichnet werden könnte. Bemerkenswerth ist: 1) dass ihre Ursprungsstelle ziemlich weit nach hinten von derjenigen der Pedal- und Pallial- ganglien liegt (spater sind Pedal-. Palliai- und Intestinalganglien ganz nahe bei einander), und 2) dass beide Intestinalganglien auf gleicher Höhe vom Ectoderm sich ablösen (Taf. 26 Fig. 16 supr und mh). Da im Laufe der Entwicklung die Asymmetrie sich mehr und mehr ausbildet, so verschieben sich beide Intestinalganglien, indem das rechte über den Ösophagus, das linke unter denselben zu liegen Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 403 kommt, wesslialb sie jetzt auch als Supra- imd Siibintestiualgauglieii bezeichnet werden. Auf vStadium / (Taf. 25 Fig. 22) sind die beiden Ganglien, welche bereits die Verschiebung durchgemacht haben, am ganzen aufgehellten Embryo sichtbar [su'pr und sub). Endlich wäre noch das Visceralganglion [iü) zu erwähnen. Das- selbe ist bekanntlich unpaar wie bei Paludina und legt sich nach dem Stadium K am Boden der Mantelhöhle [mh) als eine Wucherung des Ectoderms an (Taf. 26 Fig. 20). Auf dem hier abgebildeten Querschnitt hat es sich bereits von dem Epithel der Mantelhöhle ab- gelöst, während es auf den vorhergehenden, weiter nach vorn ge- legenen zwei Schnitten noch damit zusammenhängt. Das Visceral- ganglion ist ursprünglich ganz getrennt von den Intestinalganglien und liegt beträchtlich weiter nach hinten. Die Ausbildung der Connective, welche die verschiedenen ungleichnamigen Ganglien unter einander verbinden, erfolgt genau in derselben Weise und Reihenfolge wie bei Paludina. Die abweichende Schilderung, welche Sarasin von der Bildung des Nervensystems gegeben hat, ist schon besprochen worden. Er ist durch das Mesoderm, dessen Entwicklung er nicht erkannte, dazu verleitet worden, Pedal-, Intestinal- und Visceralganglien aus einer gemeinsamen ventralen Ectodermwucherung hervorgehen zu lassen, und hat daraus den Schluss gezogen, dass diese Ganglien mit ihren Connectiven die Bauchkette der BytJiinia vorstellen, was dann die Verwandtschaft der Mollusken mit den Anneliden begründen würde. Gegen diesen Schluss hat Bouvier ^ auf Grund vergleichend- anatomischer Thatsachen protestirt, und aus seinen Besultaten, sowie aus den Untersuchungen Pelseneer's - geht deutlich hervor, dass nur die Pedalganglien, oder besser gesagt, die Pedalstränge, der Proso- branchier der Bauchkette der Gliederwürmer homolog sein können. Bekanntlich sind die Pedalstränge niederer Prosobranchier (Dioto- cardier nach E. Perrier) sehr lang und mit einander durch Quer- brücken verbunden, dasselbe findet sich auch bei Paludina; sie er- innern dann sofort an die Bauchganglienkette der Anneliden und Arthropoden. Ich verweise daher auf die Abhandlungen beider eben angeführten Autoren und will jetzt noch die embryologischen Be- funde erläutern. 1 Loc. cit. - P. Pelskneer, Contribution à l'étude des Lamellibranches. in: Arch. Bio). Tome 11 1891 pag. 147—312 Taf. 6—23. Mitth eilungen a. cl. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 27 404 R- V. Erlanger Wir haben gesehen, class die Pedal-, Intestinal- und Visceral- gauglien getrennt von einander entstehen, außerdem sind die Pedal-, Palliai- und Intestinalganglien beim Embryo mehr von einander ent- fernt, als beim ausgebildeten Thier. Bythinia macht also ein Stadium durch, wo das Nervensystem an das der niederen Prosobranchier er- innert. Aus dieser Thatsache und den Ergebnissen der vergleichenden Anatomie geht zur Genüge hervor, dass die Verhältnisse des aus- gebildeten Nervensystems abgeleitete und die Schlüsse Sarasin's ungerechtfertigt sind, wie seinerzeit Bouvier ganz mit Kecht ver- muthete. b. Sinnesorgane. Die Entwicklung der Fühler ist schon im Abschnitt über die Entwicklung der äußeren Körperform (oben pag. 388] behandelt worden, eben so diejenige des Osphradiums. In Bezug auf dieses Organ wäre noch zu bemerken, dass Sarasin dessen Ursprung nicht ermitteln konnte. Derselbe ist genau so wie bei Paludina. doch entspricht das SPENGEL'sche Organ von Bythinia nur dem Wulste bei Paludina'^; die für letztere Art charakteristischen Gruben finden sich bei den von mir untersuchten Embryonen von Bytidnia nicht, und existiren auch, so viel ich weiß, beim ausgebildeten Thiere nicht. Das Osphradium ist eine dem Mantel zugehörige Bildung ; Sarasin hat die ersten Spuren, welche er davon gefunden zu haben glaubte, an eine unrichtige Stelle verlegt. Ofienbar hat er den Nerv, welcher aus dem Supraiutestinalganglion zum Osphradium zieht, damit ver- wechselt. Nach Pelseneer2 kommen die Nervenfasern, welche das sogenannte Geruchsorgan innerviren, nicht aus dem eben genannten Ganglion, sondern vom Cerebralganglion und durchsetzen nur das Supraintestinalgangliou. Sarasin ist es nicht gelungen, die Ein- stülpungen nachzuweisen, ans welchen Auge und Otolithenblase hervorgehen. Es ist wirklich bei Bythinia viel schwerer als bei Paludina. sie aufzufinden, da dies an ganzen Embryonen nicht ge- lingt. Dagegen braucht man bloß beide Orgaue, wenn man sie auf Schnitten aufgefunden hat, auf immer jüngeren Stadien weiter zu verfolgen. Stadium F (Taf. 26 Fig. 17) zeigt die Einstülpung der Otolithenblase (o;!), Stadium G diejenige des Auges (Fig. 19 au). Wie bei Paludina entsteht die Otolithenblase zu beiden Seiten des Fußes, 1 Loc. cit. - P. Pelseneer, L'innervation de losphradium des Mollusques. in : Compt. Rend. Tome 109 1889 pag. .534—535. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 405 früher als die Augenblase, welche sich au der Basis der Tentakel etwas später bildet. Es wäre vielleicht hier der Platz, auf die Bildung- der Asym- metrie und die Torsion des Embryos einzugehen. Ich habe diese Frage bereits ausführlicher bei Paludina besprochen. Nur noch einige Bemerkungen über die Theorie, durch welche Sarasix dieses Problem zu lösen versuchte. Er vergleicht den Darm mit einem elastischen (Gummi-) Strang, welcher eine Torsion erfährt und diese dann auf das Nervensystem und die übrigen Organe, sowie auf die äußere Gestalt des Embryos überträgt. Ich will davon absehen, dass der Darm kaum mit einem Gummistrang verglichen werden darf, und nur hervorheben, dass derartige Vorgänge doch nur durch Wachstbums- ersch einungen erklärt werden können. Solche rein mechanische Er- klärungen für morphologische Thatsachen dürften heut zu Tage noch etwas verfrüht sein. Ich glaube darauf verzichten zu können, nochmals die Wider- sprüche aufzuzählen, welche zwischen meinen Beobachtungen und denen Sarasin's bestehen. Die Untersuchung von Bijthinia veranlasst mich dazu, dem Urtheil beizupflichten, welches Rabl * in seiner Theorie des Mesoderms über Sarasin's Arbeit ausgesprochen hat. In einer Antwort 2 auf Rabl's Kritik hat Sarasin seine frühere Be- hauptung aufrecht gehalten und angeführt, dass er bei den Gymno- phionen eine prineipiell ähnliche Entwicklung des Darmes und des Mesoderms, wie bei BytJimia beobachtet hätte. Da ich selbst die Entwicklung dieser merkwürdigen Amphibien nicht untersucht habe, kann ich darüber natürlich kein Urtheil abgeben, dagegen veranlasst mich dasjenige, was ich aus eigener Anschauung von der Entwicklungs- geschichte der Amphibien überhaupt kenne, auch an diesen Angaben von Sarasin gewisse Zweifel zu hegen. Der Zweck vorliegender Arbeit war aber selbstverständlich nicht, eine Widerlegung Sarasin's zu geben, sondern lediglich, an einer anderen Form dasjenige zu prüfen, was ich bei Paludina zu beobachten geglaubt hatte. Ich beschließe jetzt diesen Aufsatz, indem ich die Hoffnung ausspreche, dass es mir gelungen sein möge, diesen Zweck zu erreichen. Zoologische Station zu Neapel, den 26. Januar 1892. ' Loc. cit. - P. Sarasin, Über die Theorie des Mesoderms von C. Rabl. in: An;it. Anzeiger 4. Jahrg. 1889 pag. 721 — 728. 27* 406 R. V. Erlanger Erklärung der Abbildungen. Folgende Bezeiclmungen | a After au Auge h Blastoporus c Cülom cf/ Cerebralganglien CO Connectiv ä Deckel e Enddarm ect Ectoderm eil Embryoualherz eilt Entoderm / rnrchungshühle fd Nierenfundus fu Fuß fü Fühleranlage h Herz k Kieme ha Herzkammer l Leber 111 hinterer Lebersack li Linse Iv vorderer Lebersack m Mund ma Magen mes Mesoderm mh Mantel- oder Kiemenhöhle mio Mantelwulst n Herzbeutelnierenanlage :elten durchweg für alle Figuren: ni Niere oe oder o Ösophagus ot Ütolithenblase resp. Grube p Peri card •pa Pallialganglion j-je Ausniündung der Niere in den Herz- beutel 'ped Pedalganglion rd Eadulasack r.m.f. rechter Mantelfalz seh Schale sclid Schalendrüse sclif Schalenfalz si Sinus sj) Osphradium (SPENGEL'sches Organ) sub Subintestinalganglion siipr Supraintestinalganglion u Urniere ud ürdarm um Urmesodermzellen ur Ausmünduug der Niere in die Man- telhühle V Velum vo Vorhof w Visceralganglion X Einmündung des Ösophagus in den Magen. Die Umrisse sämmtlicher Figuren sind mit dem AßBE'schen Zeichenapparat entworfen. Benutzt wurden die ZEiss'scheu Apochromate , Brennweite 16, 8 und 4 und die Compensationsoculare 4, 6 und S. Zum Zeichnen mit dem Zeichenapparat nur Oc. 4. V e r g r ö ß e r u n gen: Taf. 25 Fig. 1—17: Vergr. 200, Fig. 18—23: Vergr. 100. Taf. 26. Sämmtliche Figuren: Vergr. 200. Tafel 25. Sämmtliche Figuren sind nach gefärbten und aufgehellten ganzen Embryonen entworfen. Fig. 1. Blastula im optischen Querschnitt. Fig. 2. Blastula vom vegetativen Pol. Fig. 3. Bildung der Urmesodermzelle, vom vegetativen Pol. Fig. 4, Aus der Urmesodermzelle sind zwei entstanden. Ansicht schräg vom vegetativen Pol. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. 407 Fig. 5. In die Furchungshöhle gerückte ürmesodermzellen, vom vegetativen Pol. Fig. (j. Jederseits drei Mesodermzellen, vom Hintereude. Fig. 7. Vorbereitung zur Gastrula, von der rechten Seite. Fig. 8. Ganz junge Gastrula, von der rechten Seite. Fig. 9. Ältere Gastrula. Halb frontal, halb quer, von dem oralen Ende. Fig. 10. Stadium A Ansicht vom aboralen Ende. Fig. 11. Stadium A von der rechten Seite. Fig. 12. Stadium B von dem aboralen Ende. Fig. 13. Stadium B von der rechten Seite. Fig. 14. Stadium C von der Elickenfläche. Fig. 15. Stadium C von der rechten Seite. Fig. 16. Stadium D halb von der Bauchseite und von vorn. Fig. 17. Stadium B von der rechten Seite. Fig. 18. Stadium F von der rechten Seite. Fig. U). Stadium G von der Bauchseite. Fig. 20. Stadium H von der rechten Seite. Fig. 21. Stadium K Ansicht von vorn auf das beschalte Hinterende. Fig. 22. Stadium I von der linken Seite. Fig. 23. Stadium M von der linken Seite. Tafel 26. Fig. 1. Frontalschnitt durch eine ganz junge Gastrula. Durch das hintere Drittel der Längsachse. Fig. 2. Medianer Frontalschnitt durch eine ältere Gastrula. Fig. 3. Medianer Frontalsclniitt durch Stadium A, Fig. 4. Medianer Frontalschnitt durch Stadium B. Fig. 5. Querschnitt durch Stadium C. Gegend der Urniere. Fig. 6. Querschnitt durch Stadium D. In der mittleren Gegend. Fig. 7. Querschnitt durch Stadium E. Gegend der Urniere. Fig. 8. Querschnitt durch Stadium E weiter hinten. Gegend der Herzbeutel- nierenanlage. Fig. 9. Querschnitt durch Stadium F. Gegend der Herzbeutelnierenanlage. Fig Fig Fig Fig Fig Fio- io. Querschnitt durch Stadium G. Gegend des Herzbeutels. 11. Querschnitt durch Stadium G weiter hinten. Gegend der Niere. 12. Querschnitt durch Stadium I. 13. Theil eines Sagittalschnittes durch das Stadium K. Nierenausführgang. 14. Theil eines Querschnittes durch das Stadium I. Herzanlage. 15. Theil eines halb queren, halb frontalen Schnittes durch das Stadium 7. Verbindung der Niere mit dem Herzbeutel. Fig. 16. Querschnitt durch das Stadium G. Gegend der Intestinalganglien. Fig. 17. Querschnitt durch das Stadium F. Gegend der Otolithenblase. Fig. 18. Querschnitt durch das Stadium G. Gegend der Pedalganglien. Fig. 19. Querschnitt durch das Stadium G. Gegend der Augen. Fig. 20. Querschnitt durch Stadium K. Gegend des Visceralganglions. Die Metamorphose von Esperia lorenzi 0. S. nebst Beobachtungen an andern Schwammlarven. Von Dr. Otto Maas. Mit Tafel 27 und 28. Es bedarf keiner besoudereii Begründung, die Entwicklung der Spongien in Angriif zu nehmen, ein Gebiet, das trotz vieler und guter Arbeiten so dunkel ist, wie kaum ein anderes der Embryologie, und auf dem gerade über die grundlegendsten Fragen, die Verwendung der embryonalen Lager zum Aufbau des fertigen Schwammes, bei- nahe jede Übereinstimmung fehlt. Manche Probleme, die mir die Entwicklungsgeschichte von Spongilla nahe gelegt hatte, gedachte ich durch das Studium der Embrvogenese mariner Kieselschwämme der Lösung näher zu bringen, und es war mein Plan, während eines längern Aufenthaltes am Meer eine möglichst große Anzahl von Species auf ihre Entwicklung zu untersuchen, um durch diese mehr extensive Art der Behandlung, wenn möglich, an dem einen Object das zu finden, was mir das andere klar zu sehen versagt hatte. Ich statte dem kgl. preußischen Cultusministerium, das mir einen einjährigen Aufenthalt an der Zoologischen Station in Neapel be- willigt hat, meinen gehorsamsten Dank ab. Allen Herren der Station bin ich für ihr Entgegenkommen äußerst verbunden, besonders Herrn Lo Bianco, der mir unermüdlich in der Beschaffung von Non-Calcarea aller Gruppen behilflich war und es mir so ermöglichte, mich nach und nach in den Besitz eines ziemlich umfangreichen Materials von Entwicklungsstadien aus den verschiedensten Familien zu setzen. Die Metamorphose von Es2)eria lorenti 0. S. etc. 409 Es wird voraussichtlich längere Zeit vergehen, bis ich meine Beobachtungen lebenden Materials an Schnittserien geprüft und er- gänzt habe: von einer Form jedoch, nämlich N(m Esperia, habe ich jetzt schon die Metamorphose so weit verfolgt und ausgearbeitet, erstens desshalb, weil sie durch die Größe der Larven und die Lage- rung ihrer Spicula ein günstiges Object ist, und zweitens, weil Yves Delage auf Grundlage der Entwicklung dieser Form zu recht ab- weichenden Ansichten über die Keimblätter der Schwämme gelangt ist, Ansichten, die er nach seinen neuerlichen Untersuchungen an SpongiUa in noch merkwürdigerer Weise modificirt hat. Nach ihm (4 pag. 655) bilden sich aus dem larvalen Geißelepithel der Esperia- Larve während der Metamorphose die Zellen der Kanäle; die Kammern entstehen durch Theilung besonderer Mesodermzellen, und das eigent- liche Ectoderm besteht aus einer unzusammenhängenden, über den Geißelzellen liegenden Schicht flacher Zellen. Bei SpongiUa (5 pag. 267) liegt nach ihm dies «Ectoderma unter den Geißelzellen der Larve ; letztere werden während der Metamorphose von mesoder- malen Elementen gefressen, um nach einiger Zeit als Zellen der Geißelkamraern wieder ausgestoßen zu werden. Wenn auch der Ort der Veröffentlichung, die Comptes Rendus, dem Verfasser möglichste Kürze vorschrieb, so wäre es doch wohl wissenswerth gewesen, durch welche Methoden diese letzteren Ergebnisse erlangt wurden, um so mehr als sie, wie Delage selbst angiebt, sehr merkwürdig und in der ganzen Embryologie ohne Beispiel sind. Die S'ponffina-hsLvye. ist, wie alle Larven der Monaxonida, mit Ausnahme der Randpartie völlig undurchsichtig, und an Schnitten einen solchen Fress- und Wieder- ausstoßungsprocess morphologischer Elemente zu beobachten, dürfte kaum möglich sein. Die Nichtübereinstimmung in der Art und Weise, wie er die Verwendung der Keimblätter bei SpongiUa einer- seits und Esperia andererseits darstellt, kann nicht Wunder nehmen auf einem Gebiet wie die Schwammentwicklung, wo sogar für einen und denselben Schwamm die Ausdrücke Ectoderm und Entoderm öfters vertauscht worden sind. Auch möchte ich schon zu Anfang bemerken, dass ich auch meine eigenen Ergebnisse an Esperia vor der Hand nicht gut mit den an SpongiUa (von mir oder Anderen) ge- wonnenen vereinbaren kann, dass sie dagegen mit den Beobachtungen von Delage an Esperia in vielen Punkten übereinstimmen und mit Beobachtungen anderer Forscher an anderen Schwämmen sich in allen Funkten homologisiren lassen. 410 Oi^to Maas Meine Methoden waren im Großen und Ganzen die an Spongüla erprobten (9 pag. 529) ; nur hat mir das Deckglasaqnarium im See- wasser keine so guten Dienste geleistet, da seine Wassermenge doch nicht groß genug ist, um die Larven bei Verdunstung des Wassers vor zu großer Concentrirung des Salzgehaltes zu bewahren und, wenigstens auf längere Zeit, in normalen Bedingungen zu halten. Für die Feststellung des Ansatzpoles war mir der Apparat immerhin von Nutzen ; für die Weiterzüchtuug habe ich dagegen meist möglichst große Glasschalen gebraucht, in denen ich die Larven in ver- schiedenen Stadien sowohl mit eingetauchten Linsen beobachten, als. auch mit FLEMMixGscher Lösung conserviren konnte. Für letzteren Zweck fand ich es besonders geeignet, die Schalen mit einer dünnen Schicht Paraffins auszugießen. Man konnte dann eine einzelne Larve in einem bestimmten Ansatzstadium ausschneiden, fixiren, färben und härten und, nachdem man das Paraffin dann in Xylol gelöst, sie ent- weder als Aufsichtspräparat oder zum Schneiden verwenden. Auf die Einzelheiten dieser Processe, die ich zum Theil noch zu modificiren strebe, werde ich in einer späteren Arbeit eingehen : eine lange Be- schäftigung mit dem Gegenstand hat mir bis jetzt gezeigt, dass für die Larven vieles und gutes Wasser die Hauptsache ist, dass manche Bilder von Autoren, die »geplatztes Ectoderm« oder frei herausstehende Nadeln zeichnen, sicher auf anomalen Verhältnissen beruhen, und dass die Schwierigkeit bei Beobachtung der Schwammentwicklung darin besteht, um die ausgezeichneten Worte von Barrois zu wieder- holen (1 pag. AI,: «de reconnaitre la succession normale dans le nombre cousidérable des formes anormales quon rencontre«. Die erste aber nur gelegentliche Erwähnung der Larve von Esperia^ giebt Metschnikofp in seiner Arbeit »Zur Entwicklungs- geschichte der Kalkschwämme« in einer Fußnote: »die Larven von Reniera, Raspailia und Esperia sind im Wesentlichen gleich gebaut« und haben eine Lücke im Hinterende, durch die die skelettbildende Schicht heraustritt (11 pag. 10). Er homologisirt dann diese Larven mit denen von S'ycou, «nur dass bei letzterem das Entblößen der hinteren skelettbildenden Schicht in viel größerem Maße stattfindet.« Oskar Schmidt hat darauf zu zeigen versucht (13 pag. 135), dass eine solche Homologie nicht möglich sei, indem bei Sycon die Lücke in der wimpernden Schicht von vorn herein vorhanden, bei Esperia secundär 1 Ich behalte den Namen Esperia bei. Die Metamorphose von Esperia lorenzi 0. S. 4J1 sei. Bei letzterer erscheint zuerst im mütterlichen Körper ein all- seitig bewimpertes kugeliges Stadium, und erst durch dessen Streckung vor dem Ausschlüpfen tritt ein hinterer nackter Pol hervor. Er giebt dann eine Beschreibung der Larve, so gut sie sich mit den damaligen Hilfsmitteln machen ließ. Nach ihm besteht dieselbe aus einem flimmernden Ectoderm und einem Entoderm, »wenn man die ganze unter dem Geißelepithel liegende Masse so nennen will«. Über die Nadeln giebt er nur an, dass sie sich an der Polspitze anhäufen. Das gelbe Pigment hat er in den Ectodermzellen »als unmessbar feine Körnchen gefunden«. Dessen Zellen selbst »sind schwer zu sehen, und man kann leicht zur Ansicht kommen, dass es verloren ginge, wie Metschnikoff will.« Die Metamorj)hose hat er nicht beobachtet. Im gleichen Jahr hat Carter die Larve einer Esperia aegagro- pila erwähnt (3 pag. 405). Er hat nicht die freischwärmende ovale Larve, sondern die kugelförmige im Körper der Mutter gezeichnet ; er erwähnt die Wimpern, im Innern die »Sarcode« mit verschieden geformten Zellen, Körnchen und bereits allen in der Erwachsenen vorkommenden Formen von Spi cui a (bei der betreffenden Species 4), eine Thatsache, die von andern Beobachtern nicht beschrieben und von solchen, die die Schwammlarven in zu nahe Beziehung zu Coelenteratenlarven bringen, nicht genügend berücksichtigt worden ist. In seiner bekannten Arbeit »Sur le développement de quelques Eponges de la Manche« spricht Barrois auch von der Entwicklung eines Desmacidon (1 pag. 60) und giebt an, dieser Schwamm sei mit der Esperia 0. Schmidt's identisch. Dies kann jedoch unmöglich der Fall sein, indem die von Barrois beschriebene Larve am hinteren Pole einen braunen Pigmentfleck und eine starke, difTerenzirte Cilien- krone trägt, beides Dinge, die für Reni era und eine ganze Gruppe von Monaxoniden charakteristisch sind, die aber bei Esperia und einer anderen sich hier anschließenden Gruppe vollständig fehlen. Nach meinen Erfahrungen scheint mir die von Barrois beschriebene und als Reniera so nahestehend bezeichnete Larve einer Gellius-Kxi anzugehören. In der folgenden Zeit wird die Esperia-Lsivxe mehrfach in der Litteratur erwähnt, theils als Beispiel eines Ectodermschwundes, theils als Beweis unserer ungenügenden Kenntnis der Schwamm- metamorphose. Auch KiDLEY Sc Dendy geben in ihrer Monographie der Challenger-Monaxoniden eine kurze Beschreibung von Esperia- Larveu, die sie in den mütterlichen Geweben vorgefunden haben (12 pag. LI). Sie beschreiben, so gut sich das an dem Alkohol- 412 Otto Maas material darstellen ließ, ein äußeres Zellenlager, von dem sie zweifeln, ob es einschichtig ist, und eine innere Masse, wahrscheinlich eine »^gelatinöse Matrix« mit sternförmigen Zellen und verschiedenen Spicula, «augenscheinlich ohne jede Ordnung gruppirt«. Eine ausfuhrlichere Darstellung giebt Belage in der oben er- wähnten Notiz. Er hat die einzelnen Geißelzellen zuerst gesehen, als außerordentlich lauge und schmale Elemente, die den Kern nahe der Basis tragen, lässt aber das eigentliche Ectoderm nicht von diesen, sondern von unzusammenhängenden darüber liegenden Zellen ge- bildet werden, die ihren Zusammenhang als Epithel erst bei der Metamorphose erreichen. Ahnliche Zellen findet er auch an dem hintern, bisher als nackt beschriebenen Pol. Im Innern befinden sich Spiculazelleu , seine cellules conjonctives und große Zellen mit hellen Kernen, die Mutterzellen der Kammern. Die verschiedenen Spicula werden nicht erwähnt. Die Verschiebungen bei der Meta- morphose sind theils oben referirt, theils wird ihrer noch vergleichend gedacht werden. Die neueste Mittheilung über Esperia von H. V. Wilson (18) habe ich zu Gesicht bekommen, als ich meine Tafeln bereits fertig gestellt hatte. Nach ihm ist die Larve, so ähnlich sie den t)^^2,- larvae« anderer Silicospongien ist, keine Larve, die aus dem Ei kommt, sondern eine Gemmula. Ohne mich darauf einzulassen, ob er diese außerordentliche Angabe genügend beweist, berichte ich über seine Beschreibung der freischwärmenden Larve und deren Verwandlung. Der sog. nackte Pol ist nach ihm nicht secundär (0. Schmidt), sondern gleich von vorn herein von einem andern Epithel bedeckt. Die stecknadelförmigen Spicula beschreibt er als in der Achse der Larve gelegen, außerdem hat er, wie der Holz- schnitt zeigt, im Innern der Larve zwei verschiedene Zellsorten ge- sehen. Von einer über den Geißelzellen gelegenen Schicht (Delage) erwähnt er nichts. Die Metamorphose geschieht nach ihm durch Abflachuug des Ectoderms vom nackten Pol (Ansatzpol) aus. Das Kanalsystem entsteht aus einzelnen Lacunen der inneren Masse, die erst secundär unter einander und mit den Kammern in Verbindung treten. Diese letzteren entstehen aus besonderen Zellen der inneren Masse 1 (»formative cells«) durch wiederholte Theilung und frühere oder spätere Gruppirung zu einem runden Hohlraum. Delage's Untersuchungen scheint Wilson nicht zu kennen, doch bestehen, wie 1 Man erinnere sich, dass man es nach ihm mit einer Gemmula zu thuu hat. Die Metamorphose von JEsjjen'a lorenzi 0. S. etc. 413 man siebt, zwischen Beiden so beträchtliche Verschiedenheiten, dass die Veröffentlichung einer dritten Untersuchung, auch wenn sie nicht schon vollendet gewesen wäre, gerechtfertigt erscheint. Meine eigene Darstellung beginne ich nicht vom Ei an, sondern mit der Beschreibung der Larve, wie sie sich zum Ausschwärmen bereit im Gewebe des mütterlichen Schwammes vorfindet. Die Furchung und Bildung der verschiedeneu Schichten der Larve, Vor- gänge, die ja nur durch Combination von Schnittbildern erschlossen werden können, behalte ich mir vor, im Zusammenhang mit andern Schwämmen zu bearbeiten. Schon aus diesem Grund, noch mehr aber, um an den Vergleich mit den Keimblättern der höhern Thiere gar nicht zu erinnern, werde ich es vermeiden, die Ausdrücke Ec- toderm, Entoderm etc. für die Gewebsschichten der Larve anzu- wenden. Es haben mir für meine Untersuchungen zwei verschiedene Species von Esperia zur Verfügung gestanden, die große Röhren bildende brüchige E. lorenzi^ und die massige, incrustirende und harte E. Ihujua^ von denen die erstere im October und November, die letztere im December Larven liefert. Es war mir interessant zu sehen, wie zwei so nahe verwandte und doch sehr scharf um- schriebene Species auch in ihren Larven sich schon charakteristisch unterscheiden. Die Larven von lorenzi sind beträchtlich kleiner, im Längsdurchmesser etwa halb so groß wie die von lingua^ und weisen einen geringen, aber stets wiederkehrenden Unterschied in den Spicula auf, dessen unten gedacht werden muss. Außerdem liegen sie bei lorenzi einzeln im Gewebe zerstreut, bei lingua in ganzen Nestern zu- sammen. Auch die Beziehungen zu den Spiculazügen (die aus steck- nadelförmigen, parallel angeordneten und durch Spongin verbundenen Nadeln bestehen) sind bemerkenswerth. Ridley & Dendy haben auf solche Lagerungsverhältnisse bereits aufmerksam gemacht (12 pag. L) und z. B. gezeigt, dass bei einer Esperia, wo der ganze Schwamm zum größten Theil nur aus einer Achse von stecknadelförmigen Spicula besteht, die Geschlechtsproducte im Innern dieser hohlen Achse liegen. Auch bei unseru beiden Arten lässt sich Ähnliches beobachten. Bei lorenzi liegt der einzelne Embryo stets in einer verhältnismäßig engen Masche der starken Spiculazüge, durch deren mannigfache Richtung geschützt (Taf. 28 Fig. 21), bei lingua liegt der ganze Eiercomplex nahe dem Grunde in einer großen weiten Masche der gewaltigen Jitracts«. Bei der ersten Species hängt überdies der Follikel selbst 414 Otto Maas uiclit ohne Weiteres, sondern durch sehr dünne Gewebsmaschen, die ihn wie ausgespannt halten, mit dem übrigen Gewebe zusammen. Solche feine Träger treten von allen Seiten an die Peripherie des Follikels heran, gleich diesem aus sehr platten Zellen mit deutlich das Protoplasma vorwölbenden Kernen zusammengesetzt (Fig. 21), und legen sich breiter werdend an die Follikel wand an. Bei lingua ist keine solche Bildung vorhanden, sondern die einzelnen Embryonen des Complexes sind durch ziemlich dicke Gewebsbalken, die sogar Fleischnadeln enthalten, von einander getrennt, eine Art der Be- festigung, die wohl mit der großen Masse der Eier zusammenhängt. Niemals finden sich aber im Complex selbst Skelettnadeln; diese bilden vielmehr in Zügen geordnet, die äußere Begrenzung. In Schnitten durch ganze Schwämme habe ich oft Larven in den größeren ausführenden Kanälen angetroffen; dennoch vermag ich es nach meinen Beobachtungen an lebenden nicht mit völliger Bestimmtheit auszusagen, ob das Ausschwärmen immer durch die Oscula erfolgt. (Bei Clathria coralloides, die verhältnismäßig sehr contractile und veränderliche Oscula hat, die sich von dem übrigen compacten Schwamm als äußerst feine und oft weit hervorragende, durchscheinende Röhrchen deutlich abheben, habe ich oft die Larven durch dieselben ihren Weg nehmen sehen.) Einmal dem Körper der Mutter entschlüpft, steigen die Larven langsam in großen Spiralen nach der Oberfläche des Wassers, wo sie sich mit Vorliebe gerade an der äußersten, dem Glas adbärirenden Schicht aufhalten. Sie sind außerordentlich lichtscheu und suchen desshalb stets die dem Licht abgewandte Seite des Zuchtaquariums, Glases etc. auf. Ändert man die Stellung des Glases zum Licht, so zieht die ganze Schar der Larven verhältnismäßig schnell nach der andern, entsprechenden Seite. Ich habe unter dem Mikro- skop eine Larve beobachtet, die unter dem Deckglas in den spitzen Winkel zwischen einer Luftblase und einem Glassplitter gerathen war. Indem ich dann den Spiegel so stellte, dass die Larve von dem durchfallenden Licht nicht getroifen im Halbdunkel blieb, der offene Theil des Winkels aber ganz hell war, gelang es mir die leb- haft mit den Cilien arbeitende Larve, die sonst alle Vorsprünge um- schwimmt und sich in jeder Direction zu helfen weiß, vollständig fest zu halten. Sobald ich dann den Spiegel so stellte, dass auch der offene Theil des Winkels und das freie Wasser im Dunkeln war, schwärmte die Larve sofort heraus. Es ist mir gelungen, dieses kleine, aber lehrreiche Experiment öfters zu wiederholen. Die Metamorphose von Esperia lorenzi 0. S. etc. 415 Die Größe der Lavveu ist bei Esperia lorenzi gegen 1 mm in der Länge und 0,55 mm bis 0,65 mm in der Breite, bei lingua mehr als das Doppelte. Ihre Farbe ist gelb bis orange, wodurch sie schon als Embryonen von dem grauen ' Schwammgewebe sehr ab- stechen und später schwärmend im Glas leicht gesehen werden. Unter dem Mikroskop wird mau bei aulFallendem Licht leicht ge- wahr, dass diese Farbe aber nicht der ganzen Larve zukommt. Zunächst ist der sog. nackte d. h. wimperlose Pol vollständig davon frei, wie das die Autoren angeben; dann aber zeigt auch der vordere Pol, der wimpert, eine graue schimmernde Kappe in deutlicher Ab- grenzung, dergestalt dass sich also die gelbe Region nur wie ein Gürtel auf der Larve befindet. Die Gründe, die die beiden Pole ohne Farbe erscheinen lassen, sind aber nicht dieselben, und die Structur der Larve ist nicht so aufzufassen, als sei vorn ebenso wie hinten die innere Gewebsmasse durch die flimmernden und pigment- tragenden Elemente hindurchgedrungen. Man überzeugt sich viel- mehr leicht davon, dass der vordere Pol ebenso wie die Seiten wimpert, und an ihm die gelbe Farbe vorhanden aber nur wie durch einen Schleier verdeckt ist, während sie am hinteren Ende über- haupt fehlt. Bei durchfallendem Licht werden diese Verhältnisse noch deut- licher. Die ganze Larve ist natürlich fast undurchsichtig, nur die Randpartie lässt das Erkennen von Einzelheiten mit starker Ver- größerung zu, doch genügt das, um auch hier die Verschiedenheit der Pole festzustellen. So weit der Umkreis nämlich flimmert, er- scheint die Peripherie wie schraffirt, aus einer Reihe dicht neben ein- ander gestellter Striche bestehend. Auch am vordem, nicht gelben Pol ist diese Schraffirung, der offenbare optische Ausdruck eines sehr hohen stabförmigen Epithels vorhanden, nur ist die Anordnung dort nicht so regelmäßig, und andere Zellen schieben sich, wie es scheint, da- zwischen; am hintern Pol fehlt dagegen dieses hohe Epithel voll- ständig. Man könnte ihn nach Betrachtung mit schwächerer Ver- größerung wirklich als nackt bezeichnen ; in der That sieht es dann, wie 0. Schmidt beschrieben und abgebildet hat (13 Fig. 18), aus, 1 Ich habe auch eine nicht uninteressante Varietät beobachtet, indem ich einmal anstatt der grauen oder lilafarbenen Stücke von Esperia lorenzi ein wundervoll orangegelbes erhielt. In diesem hatten auch die Larven ein äußerst kräftiges Orangegelb, beinahe Eotb, und alles andere Gethier, das in Menge in Esperia haust {Typton spongicola , Spongicoia ßstularis , Anneliden etc.), hatte anstatt der gewöhnlichen Farbe einen gelben Ton. 416 Otto Maas als ob eine innere Masse, in der man hier nnd da Nadeln erkennt, durchgebrochen sei und herausrage. Gelingt es aber, das Hinter- ende ohne Druck mit starker Vergrößerung einzustellen, so sieht man (Taf. 27 Fig. 12), dass auch dies nicht nackt ist, sondern von einem Zellenlager überzogen wird, und dass die Spicula nicht unregelmäßig herausragen, sondern überall von Epithel bekleidet sind. An der Seite erkennt mau das an den eigenthümlichen schaufei- förmigen Nadeln, in der Mitte an den stecknadelförmigen, die oft, namentlich bei Bewegungen der Larve einen Buckel an der Peri- pherie herauswölben, stets aber durch ein Zellenlager, das hier sogar doppelt zu sein scheint, nach außen abgeschlossen sind. Wenn so die Randpartie Manches von der feineren Structur er- kennen lässt, so ist doch die ganze Hauptmasse der Larve völlig undurchsichtig. Nur wenn man ein Exemplar längere Zeit im Schwimmen verfolgt und dabei seine Formveränderungeu beobachtet, gelingt es, eine Andeutung des inneren Baues zu erhaschen. Man sieht oft (Taf. 27 Fig. 1), dass die Larve nicht die ovale Form hat, sondern sich etwas zusammenziehen kann, so dass sie nahezu kreisförmig im Umriss wird. Der schimmernde Pol, der beim Schwimmen stets nach vorn gerichtet ist, zeigt dann nicht einen runden, gleichmäßigen Bogen, sondern an beiden Seiten eine leichte Einkerbung. Die ganze Larve scheint nach innen von der Randpartie ihre undurchsichtigste Zone zu besitzen, während die Mittelpartie als Fortsetzung der Gewebsmasse des hinteren Pols viel weniger dicht und auch durchsichtiger aussieht. Namentlich nach vorn zu ist dies der Fall, so dass es beinahe scheint, als sei hier ein Hohlraum, der gar nicht von Gewebe ausgefüllt ist; doch ist dies an solch optischem Schnitt durch das dichte, darüber und darunter liegende Gewebe der mehr peripheren Partie nicht klar zu er- kennen. Alles das, was sich am lebenden Object nur als Andeutung sehen lässt. tritt an Dauerpräparaten und namentlich an Schnitt- serien deutlich hervor. Durch Zuhilfenahme eines sehr harten Pa- raffins (Schmelzpunkt 60°) ist es mir gelungen, JEsjjeria-LsLi'yen in mehr als 200 Querschnitte von 4 und 5 [x. und in gegen 1 00 Längs- schnitte zu zerlegen (nebenbei auch eine Methode, um die Maße der ganzen Larve zu kontrolliren) . Mit Hilfe solcher Schnittserien, zumal wenn sie ohne Lücke sind, kann man sich dann unschwer über jedes Detail der Larve orientiren. Druckpräparate der lebenden Larve habe ich desswegen auch zu diesem Zweck wenig angewandt. Die Metamorphose von Esperia lorenzi 0. S. etc. 417 Sie machen das Object zwar flach und durchsichtig, im Übrigen ist aber nicht viel mit ihnen gewonnen, da die Gewebe dadurch aus ihrer natürlichen Lagerung kommen und sehr bald absterben. Es zeigt sich am feinen Längsschnitt (Taf. 2S Fig. 15 und 17), dass die äußere Oberfläche der Larve mit Ausnahme des nicht flimmernden Hinterpoles von äußerst dünnen und langen Geißelzellen gebildet wird. Die Geißeln stehen so dicht, dass sie selbst am Schnitt als unentwirrbarer Filz sichtbar sind, sobald man eine Färbung angewandt hat, die auch Protoplasma tingirt. Die Elemente, die sie tragen, sind so außerordentlich dünn, dass man keine ein- zelnen Zellen verfolgen kann, und sogar an Schnitten, die noch dünner als 4 jx gerathen sind, mehrere Schichten von Kernen erhält (Fig. 17). Ich war daher zuerst geneigt zu denken, dass sich unter der äußersten Lage von Zellen eine Schicht kleiner runder Zellen befände, die aus nur sehr wenig Protoplasma, zur Hauptmasse aber aus Kernen bestehe, oder dass es sich um ein mehrschichtiges Epithel handele. Die Beschreibung, die F. E. Schulze von der Larve von Spongelia giebt (16 i)ag. 146), ließ mich aber vermuthen, dass man es auch hier mit einem einschichtigen Lager zu thun habe, dessen Kerne nur anscheinend mehrschichtig geordnet sind. Es kommt dies dadurch zu Stande, dass die Kerne im Durchmesser viel breiter sind, als die dünnen Cyliuderzellen. Sollen also die letzteren dicht neben einander Platz finden (es kommt dadurch das Bild der Schraffirung zu Stande), so müssen sich die Kerne in einander schieben, wie sie Raum finden. Von dieser Form und Anordnung der Zellen kann man sich am Macerationspräparat überzeugen, das man sich vom lebenden Material, besser aber durch Osmium-Pikrocarmin- Glycerin herstellt. Die einzelnen Zellen (Fig. 13 a) sind kaum dicker als die Geißeln, schwellen dann um den Kern herum verhältnis- mäßig stark an; die meisten, die ich gefunden habe, endigen mit diesem Theil, andere haben auch noch einen weitern fadenförmigen Fortsatz, alle aber tragen den Kern ein gutes Stück unter der Zellen- mitte. Einige habe ich auch ohne Geißel, sonst genau von der gleichen Structur gefunden ; dagegen sind andere (der Zahl nach verhältnismäßig wenige), die man als intermediäre Elemente be- schreiben könnte; denn sie sind nicht so lang, zeigen eine mehr spindelförmige Gestalt und schieben sich in das Epithellager von unten zwischen dies und die innere Gewebsmasse ein (Fig. 13 int). Diese besteht, um nach dem Macerationspräparat und zunächst nur vom histologischem Gesichtspunkte aus zu urtheilen, aus zwei ganz 418 Otto Maas verscbiedeuen Arten von Zellen. Die einen haben einen bellen runden Kern mit deutlicbem Kernkörpereben (Fig. 13 Wi) nnd ein ungleicb- mäßig granulirtes Protoplasma, das tbeilweise sebr grobe, Dotter- körnern äbnliebe Einlagernugen entbält. Die andern haben ein gleichmäßiges Protoplasma, einen mehr oblongen Kern mit feinem Kerngerüst (Fig. 13 Wo) und sind meistens spindelförmig oder amö- boid, während die ersteren meistens rund sind. Zu den erstereu zählen die Zellen mit noch nicht verarbeitetem Nährmaterial, zu den letzteren die Bildner der Spicula. Über die Anordnung, die die verschiedenen zelligen Elemente in der Larve einnehmen, geben genau quer geführte Schnitte durch nachberige Combiuation guten Aufschluss. Man überzeugt sich auch an solchen zunächst leicht davon, dass die Nadeln durchaus nicht frei herausragen. Der erste Schnitt am hinteren Pol angefangen (Fig. 16 .4) trifft nur Zellen, der zweite {B zeigt in der Mitte die äußerste >Spitze der stecknadelförmigen Spicula, an den Seiten Gewebe und die Enden der Schaufeluadeln, erst auf dem folgenden Schnitt (Fig. 16 C) werden die Nadeln voll getroffen, immer nach außen von Zellen begrenzt. Diese Zellen gehören zu den oben erwähnten mit Keru- gerüst, sind an den vortretenden spitzen Nadeln der Mitte spindel- förmig und formveränderlich, an den Seiten, da wo sie zwischen den Schaufeluadeln liegen {Fig. 17 und 13], mehr rhombisch. Weiter Torn treten dann auch die andern oben erwähnten Zellen mit Einlagerungen im Protoplasma und scharf sichtbarem Nucleolus auf, immer mehr nach der Mitte zu gelegen. Noch besser tritt dies am Längsschnitt hervor, wo man deutlich sieht (Fig. 15 und 17 Wj), dass diese Zellen in der Mitte und Achse der Larve ihre Haupt- lagerstätte haben. Nach vorn zu dagegen bilden, wenn wir die Spicula und ihre Zellen außer Acht lassen , zumeist spindelförmige und amöboide Elemente den Haupttheil der inneren Gewebsmasse. Diese selbst ist aber dort überhaupt ziemlich locker und spärlich, so dass eine thatsächliche Lücke entsteht, von der ich allerdings nicht fest- stellen kann, ob sie ein wahrer Hohlraum oder mit Gallerte erfüllt ist (Fig. 15 Ä). Die Form ist sehr ungleich in den einzelnen Exemplaren, sehr oft die eines Halbmondes im Längs-, eines Kreises im Quer- schnitt; der Umriss ist niemals ganz scharf begrenzt. Oft wird die Lücke durch darin ausgespannte Zellnetze (Fig. 15 ^2) eingeengt, oft durch außergewöhnliches Zurücktreten des übrigen Gewebes ver- größert; in andern Individuen scheint sie zu fehlen oder ist durch vieles darin sich netzförmig ausbreitende Gewebe ganz unregelmäßig Die Metamorphose von Esperia lorenzi 0. S. etc. 419 in der Form geworden. Einen besonderu Antheil an der Bildung des Canalsystems für den künftigen Scliwamm kann ich ihr nicht zuschreiben, dagegen sind einige andere Lücken in der mittleren und äußeren Gewebsschicht nicht ohne Bedeutung. Es sind dies einerseits scharf umrisseue Lacunen von runder bis langovaler Ge- stalt im Innern der Larve, die von spindelförmigen oder anderen Zellen epithelial begrenzt werden; andererseits kreisförmige, eben- falls sehr scbarf umschriebene Lücken innerhalb der Kernmasse der äußeren Schicht (Fig. 15). Beide Arten von Hohlräumen werden noch später zu erwähnen sein. Besondere Betrachtung verdient die überaus merkwürdige An- ordnung der Spicula, über die man sich auf verschiedene Weise Aufschluss verschaffen kann. Dass außer den langen Skelettnadeln auch schon Mikrosklera, und zwar Bogen und Schaufeln, in der Larve vorhanden sind, hat bereits Carter erwähnt (3 pag. 405) , und au einem mit vorsichtigem Druck hergestellten Präparat überzeugt man sich leicht davon, dass für dieselben auch eine Regel der Vertheilung existirt. Die großen Stabnadeln finden sich nur in der Achse der Larve, die Schaufeln nach hinten, die Bogen nach vorn. Genaue Bilder erhält man aber nur durch Präparate, die die Spicula der Larve nach langsamer Zerstörung der Weichtheile in natürlicher, unveränderter Anordnung zeigen, ein Verfahren, das ich der gütigen Angabe meines Freundes E. A. Minchin verdanke. Unter einem Deckglas mit Wachsfüßchen wird die lebende Larve mit Eau de Javelle behandelt, nach etwa 6 Minuten mit "Wasser abgespült und dann durch Alkohol etc. in Balsam gebracht. Da alle Proceduren vorsichtig vorgenommen werden und das Deckglas nicht drückt, so bleibt die natürliche Lagerung erhalten und bietet ein durch ßegel- mäßigkeit überraschendes, geradezu hübsches Bild (Fig. 15). Die Stabnadeln liegen in einem dichten Bündel beisammen, mit der Spitze nach dem hintern Pol zugekehrt, mit dem knopfförmig ange- schwollenen Ende, das dann ebenfalls spitz zuläuft, nach der Mitte zu. Der Umfang des Bündels wird, da die Nadeln an einem Ende diesen Knopf tragen, hier größer als am andern Ende, und es ent- steht dadurch eine mehr kegelförmige als cylindrische Figur des ganzen Packs. Die Nadeln selbst aber liegen so dicht wie möglich an einander und lassen nur in der Mitte einen axialen kleinen Hohl- raum, der mit Zellen angefüllt ist, frei. Die bogenförmigen Spicula liegen in einem großen Halbkreis zerstreut mehr nach dem Vorder- ende zu, jedes mit einer sehr klaren und großen Zelle versehen, die Mittheilungen .a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 28 420 Otto Maas gerade den hohlen Theil des Bogeus ausfüllt, ohne unter sich eine besondere Anordnung zu zeigen. Die Schaufeln dagegen Hegen in kugeligen Haufen beisammen, und zwar so (jede Schaufel ist an beiden Enden ungleich), dass die breiteren Endigungen nach außen zu liegen kommen, die schmäleren in der Mitte der Kugel ver- schränkt sind. RiDLEY & Dendy (12 pag. XX) haben bereits solche Bündel erwähnt und wie Carter die Ansicht ausgesprochen, dass diese Anordnung mit der Entstehung aus einer einzigen Mutterzelle zusammenhinge. Sie haben aber solche Bündel nur als Kreise in einer Ebene gezeichnet (12 Taf. 17 Fig. 7), nicht wie ich als Kugeln (Taf. 28 Fig. 20). Solche Kreise habe ich im erwachsenen Schwamm ebenfalls gefunden ; der Umstand aber, dass diese Kugeln im Embryo vorkommen, spricht um so mehr dafür, dass diese Anordnung mit der Entstehung dieser Nadeln in Zusammenhang zu bringen ist. Die Kugelbündel selbst sind ihrerseits wieder regelmäßig an- geordnet, und zwar in einem Kranz am hintern Pol, dessen Mitte sie zum Durchtritte der laugen, stecknadelförmigen Spicula frei- lassen. Bei den beiden von mir untersuchten Species ist dies übrigens ein wenig verschieden, denn während sich bei E. lorenzi die Kugeln, etwa 20 an der Zahl, fast nur in einer Reihe, in einem Kranze mit sehr weiter Öffnung anordnen, sind die Kugeln bei der viel größeren Larve von lingua bedeutend zahlreicher und ordnen sich in einem Kreissector an, der nur in der Mitte eine kleine Öffnung für die Spitze der Stecknadeln hat. Die Größe der einzelnen Schaufel in der Larve ist sehr gering (Fig. 19). Zum Vergleich gebe ich die mit der Camera lucida gezeichneten Schaufeln der Erwachsenen daneben (Fig. 1 8); bei E. lorenzi sind nach 0. Schmidt's Definition zwei verschiedene Arten dieser Nadeln vorhanden, die auch im Umfang sehr verschieden sind, und die der Larve erreichen kaum die Größe der kleinen von beiden, sie sind auch in der Form etwas verschieden. Was die Mutterzelleu je eines ganzen Bündels betrifft, so muss man diese, wenn solche vorhanden sind, auf einem viel früheren Stadium suchen. Jedenfalls sind die kugeligen Bündel der Larve von einer ganzen Anzahl Kerne, ebenfalls in regelmäßiger Anordnung, begleitet; ein Kreis liegt in der Mitte, ein anderer an der Peripherie der Kugel. Bei weiterer Isolation und an feinen Schnitten wird man gewahr (Fig. 19), dass zu jeder Schaufel 4 Kerne gehören, zwei am peri- pheren, zwei am mittleren Ende, von denen immer je einer dem Bogen der Schaufel rechts und links anliegt. Nachdem man sich an Totalpräparaten von der regelmäßigen Die Metamorphose von Esperia lorenzi 0. S. etc. 421 Lag-erimg der Nadeln überzeugt hat, kann man dieselbe aneli in jedem einzelnen Schnitt erkennen, nur dass dann immer nur Bruch- stücke von Spicula getroifen sind, die aber eine Andeutung des ganzen Arrangements wohl erkennen lassen (Fig 17 ch). Die Bedeutung dieser eigenthümlichen Anordnung ist nicht schwer zu finden. Sie liegt in dem Prineip, den Raum auszunutzen, um auf diese Weise eine möglichst große Anzahl von Nadeln, die nachher im jungen Schwamm ausgebreitet werden, für den Transport bequem und zusammengedrängt zu führen, sowie etwa in einem Feldkoffer oder in dem Protzkasten eines Geschützes Alles in einander verpackt und jedes Fleckchen Raum ausgebeutet ist. Noch ein anderes Mo- ment tritt bestimmend hinzu: das Schwimmen und seine Richtung. Der Embryo ist in einem früheren Stadium, im Körper der Mutter, eine Kugel, die nach 0. Schmidt über und über flimmert. Erst vor dem Ausschwärmen streckt er sich, und dadurch wird die innere Masse am sog. nackten Pol entblößt (13 p. 135). Eben so sind die Nadeln im Embryo vorher überall vertheilt und nehmen erst vor dem Ausschwärmen zugleich mit der Streckung ihre Anordnung ein. Die schweren, großen Nadeln liegen als Bündel in der Achse der Schwimm- richtung, etwas mehr in der hinteren Hälfte ; ganz hinten die Aggregate der Schaufeln, ebenfalls nach Grleichgewichtsgesetzen regelmäßig ver- theilt, und nach vorn die Bogennadeln, letztere zwar nicht in regel- mäßiger Reihe, aber immerhin gleichmäßig zerstreut, so dass nirgends eine größere Anhäufung von ihnen eintritt. Man sieht, die auf den ersten Blick frappirende und au Radiärthiere gemahnende Anordnung der Nadeln des Skeletts hat nichts mit Cölenteratennatur zu thun, sondern erklärt sich als zweckmäßige Anpassung. Außerdem ist sie nicht das entwickeluugsgeschichtlich frühere Stadium und bezieht sich nur auf die Nadeln, nicht auf die Weichtheile. Es erübrigt noch, an den letzteren eine eigenthümliche Diffe- renzirung am Vorder end e der Larve zu erwähnen. Dies ist nämlich bei allen schwärmenden und bei manchen der zum Aus- schwärmen reifen, im Follikel befindlichen nicht aus den hohen Cylinderzellen gebildet, sondern aus einem Zelllager mit Kernen, die direct an der Peripherie liegen (Fig 15 c?) und nicht wie die Kerne der flimmernden Zellen durch einen schraffirten Zwischenraum (s. oben) von der Peripherie getrennt sind. Es ist dies Zelllager der auch schon im Leben sichtbare Schleier (oben pag. 415), der am Vorderende das in den Cylinderzellen enthaltene gelbe Pigment deckt. Ich habe zuerst daran gedacht, diese Zellen seien das von 28* 422 Otto Maas Delage beschriebene, auf der ganzen Oberfläche zerstreute, unzu- sammenhängend über den Geißelzellen liegende »Ectoderm«; doch kommen sie nirgends vor als am Vorderende und bilden hier eine zusammenhängende weißliche Kappe , die schon im Leben scharf abgegrenzt zu sehen ist. Auf keinen Fall liegen zwischen dem Vorderende und dem »nackten« Hinterende andre solche Zellen über den wimpernden Elementen. Außerdem sind die Kerne der epithel- artig das Hin te rende begrenzenden Zellen von denen der innern Masse m^ mit Kerngerüst an Größe und Aussehen nicht zu unter- scheiden. Die in Kede stehenden Kerne am Vorderpol ähneln viel- mehr den kleinen Kernen der Geißelzellen. Man könnte um so eher an deplacirte Kerne dieser Schicht denken, als auch am Vorder- pol die vom gleichmäßigen Nebeneinanderstehen der Zellen her- rührende Streifung vermisst wird und ein unregelmäßiges Bild er- scheint (Fig. 15). Außerdem sind die Kerne der Wimperzellen da etwas dünner gesät und lassen hier und da Kerne der innern Schicht zwischen sich erkennen, so dass man die fraglichen Elemente wohl zu den oben beschriebenen intermediären Zellen rechnen darf. Über die Bedeutung dieser Zellen giebt der Vergleich mit an- deren Schwämmen einiges Licht. Bei der Larve einer Axinella und einer anderen verwandten Species finde ich nämlich an der homo- logen Stelle eine Anzahl von Zellen zwischen den Cylinderzellen, die, wenn auch selbst cylindrisch, doch viel breiter als diese sind. Sie sind sehr stark gekörnt und ähneln in ihrem ganzen Aussehen den mehrfach beschriebenen secernirenden Zellen der Spougien (17 Taf. 22 Fig. 8), Sie tragen den Kern zwar nicht an der Peripherie, noch weniger aber an der Basis, sondern in der Zellenmitte, innerhalb des gestrichelt erscheinenden Raums in Entfernung von dem Kern der Flimmerzellen. Ohne Zweifel stehen sie mit dem Ansetzen in Verbindung, und ich möchte die betreffenden Zellen bei Esperia als entsprechende Bildungen betrachten, die rückgebildeter oder vielleicht nur etwas modificirt sind. Das Larvenleben ist von kurzer Dauer, wenn man für die Thiere möglichst normale Bedingungen nachzuahmen sucht, und nach Allem, was ich an vielen verschiedenen Schwämmen gesehen habe, kann ich nur der Meinung sein, dass ein kurzes Larvenleben und schnelles Ansetzen das Kriterium der Normalität der Entwickelung ist. Sehr oft habe ich coustatiren können, dass, wenn ich am Morgen von den Fischern frische Schwammstücke erhielt, w^elche Larven ausgesandt Die Metamorphose von Esperia lorenzi 0. S. etc. 423 hatten, die letzteren, in besondere Gläser gebracht, theilweise schon am Nachmittag- sich festgesetzt und die ersten Verändernngen durch- gemacht hatten. Bei der Mehrzahl solcher isolirter Larven war die Metamorphose am andern Morgen begonnen, also in 6 bis höchstens 24 Stunden. Später setzten sich kaum noch andre Individuen an; sie hielten sich wohl theilweise noch recht lange Zeit im Glase, zeigten aber manche , meist abnorme Veränderungen und gingen dann ein, während die angesetzten rasch weiter wuchsen und unter günstigen Bedingungen bis zu ganz ansehnlichen Schwämmchen gezüchtet werden konnten. Am geeignetsten fand ich es, die großen Zucht- schalen während des Tags, bis an den Rand in andern Schalen stehend, kühl zu halten und bei Nacht in den großen Circulations- bassins untergetaucht aufzubewahren. Es ist mir auf diese Weise gelungen, nach Verlauf von zehn Tagen kleine Esperiakrusten von mehreren Millimetern Durchmesser und 1^2 "^^^ Höhe zu erzielen. Ein Punkt, von dem man erwarten sollte, dass ziemliche Klar- heit herrschte, ist gerade deijenige, über den für die verschiedenen Schwammlarven die widersprechendsten Ansichten in der Littcratur existiren. Es betrifft dies den Pol des Ansetzens. Bald soll es das differenzirte nackte Hinterende sein (1 pag. 77), bald soll dies umgekehrt nach dem Ansetzen nach oben gerichtet sein (z. B. nach Marshall bei Reniera)\ bei Chalimda erfolgt nach Keller (7 p. 338) das Ansetzen mit dem vorderen Pol und die Larve legt sich dann auf die Seite. Nach andern Autoren kann es jeder beliebige Punkt sein, der zum Ansetzen verwandt wird (6 pag. 38), und für Esperia sind gerade die beiden letzten Beobachter ganz entgegengesetzter Meinung: nach Delage ist es ein beliebiger Punkt des vorderen Pols, nach H. V. Wilson der differenzirte Hinterpol, womit die Larve sich ansetzt. Mir schien es, nachdem ich an Esperia und Reniera alle Möglichkeiten gefunden hatte, dass die betreffenden Beobachter nicht Fälle genug gesehen haben, um wirklich eine Regel aussprechen zu dürfen. Da in den Zuchtbedingungen immer eine Anzahl von Anomalien vorkommen werden, so wird, um letztere ab- zusondern, nur eine ausgedehntere Statistik einigen Aufschluss ver- schaffen können, die sich auf eine Reihe von Formen und auf eine möglichst große Anzahl von Individuen jeder Species bezieht. Als- dann wird sich aus der Menge der Fälle eine Regel herausschälen lassen. So habe ich in der That 15 Fälle bei Esperia notirt, wo der hintere (Spicula-) Pol zum Ansetzen verwandt wurde, und 5 oder 6 424 Otto Maas unregelmäßig- auf der Seite augesetzte Larveu gesellen ; dem stehen aber über 70 Fälle gegenüber, wo ich mit Sicherheit beobachtet habe, dass der vordere Pol als Ansatzbasis benutzt wurde und das die Spicula zeigende Hinterende nach außen und oben gerichtet war. Noch deutlicher zeigte sich dies Verhältnis bei einem Gellius, wo über Vio ^H^r Larven den Vorderpol als Ansatzbasis und den hintern (bei Gellius pigmentirten) Pol nach oben gerichtet aufwiesen. Bei einer Axinella^ wo ich nicht so viele Individuen beobachten konnte, verhielten sich die mit dem Vorderende angesetzten Larveu zu den andern etwa wie 5 zu 3; bei Hir ernia, Meniera u. A. ließ sich da- gegen stets wieder ein viel größeres Überwiegen der mit dem Vorderpol angesetzten nachweisen, etwa 75 Proc. aller Fälle. Es scheint mir aus alledem als Regel hervorzugehen, dass es nicht der durch Spicula oder Pigmentirung diiferenzirte, sondern der beim Schwimmen nach vorn gerichtete Pol ist, der als Ansatzbasis verwandt wird, und dass sich die Widersprüche der Autoren auf die oben erklärte Weise auflösen. Während Reniera und Gellius gute Objecte sind, um den Pol des Festsetzens im Leben zu studiren, weil die entgegengesetzte Seite, der dann nach aufwärts gerichtete Pigmeutfleck, noch eine Zeit lang nacbher sichtbar bleibt (Marshall 10 pag. 228 , eignet sich Esperia besonders gut dazu, um den Modus des Anheftens im Aufsichts- bild und Schnitt zu demonstriren, da nämlich die Spicula, besonders die Schaufelnadeln in solch charakteristischer Weise an einem Ende angeordnet sind. Man kann sich durch Abpassen der betreffenden ersten Stadien leicht Aufsichtspräparate herstellen, die bei hoher Einstellung die Chelae (Schaufclnadeln) noch in ihrer ursprünglichen Anordnung, bei tiefer die abgeflachte Basis zeigen, und hat auf diese Weise ein ständiges Document für einen sonst nur vorübergehend sichtbaren Process. Auch am Schnitt (Taf. 28 Fig. 25 ch) zeigt sich das noch einige Zeit nachher, bis die Nadeln sich bei zunehmender Abflachung des Schwammes vertheilf haben ^ Den Process der Abflachung habe ich hauptsächlich an Exemplaren, die ich in weiten Schalen hielt, durch Eintauchen der Linsen in das 1 Ich will nicht zu erwähnen vergessen, dass ich des öftern und bei ver- schiedenen Species Larven beobachtet habe, die sich zusammensetzten und dann verschmolzen. Während des Larvenlebeus habe ich eine solche Fusion, die z. B. von Metschnikoff bei Cölenteratenlarven erwähnt wird , nicht normaler Weise gesehen. Beim Ansetzen scheint es aber ein ganz gewöhnlicher Vorgang zu sein, der die Bildung einer größeren Colonie begünstigt. Die Metamorphose von Esperia lorenzi 0. S. etc. 425 Wasser, so gut es ging, ini Leben zu verfolgen gesuelit. Man er- kennt aucli an der lebenden, frisch angesetzten Larve deutlich, dass der »nackte« nicht gelblich schimmernde Pol nach oben gerichtet ist und zuerst noch einen völlig scharfen und runden Umriss hat, während von unten, von der Basis aus die Abflachuug des Schwammes beginnt. Man hat dann nach einiger Zeit das bekannte Bild junger Schwämmchen in der Metamorphose : nach außen einen hellen amö- boiden Hof von ziemlicher Ausdehnung, der in seiner Contour stets wechselt, in der Mitte dagegen noch die Rundung der Larve (Taf. 27 Fig. 2) , die aber bald nicht mehr als gleichmäßige Halbkugel, sondern aus Wellenlinien zusammengesetzt erscheint, welche jedenfalls mit der Abflachung in Verbindung zu bringen sind, und von unregelmäßiger Form ist. Zwischen beiden Theilen, dem amöboiden Hof und der noch runden Hauptmasse der Larve, befindet sich eine Zone von im Über- gang begriffenem Gewebe (Fig. 2 tr). Gelingt es mit starker Ver- größerung auf eine günstige Stelle des amöboiden Randes einzu- stellen, so wird man gewahr, dass er aus sehr hellen flachen Zellen mit schimmernden Kernen besteht, so hell und mit so gleichmäßigem Protoplasma (Fig. 14), dass sie sich kaum vom Glas abheben. Diese Zellen strecken sich mitunter sehr weit vor, so dass sieh ganze Zellen- netze in ziemlicher Entfernung vom übrigen Schwammkörper be- finden. Sehr oft treten diese weitverzweigten Zellcomplexe durch Querbrücken von Zellen wieder unter einander in Verbindung; sie sind in beständiger Bewegung, strecken spitze Fortsätze aus, ziehen andere ein, Avie das des öftern an verschiedenen Spongien be- schrieben worden ist. Nach innen von diesen amöboiden Zellen folgt zunächst eine Zone etwas mehr granulirten und im Leben grünlich schimmernden Plasmas, das sich in die Übergangszone hinein fortsetzt. Diese selbst ist ganz undurchsichtig und lässt, so viele Mühe ich mir gab, keine Vorgänge erkennen. Dagegen kann man auf die Randpartie des noch runden Theils einstellen und wird hier im Anfang noch Wimpern in größeren Abständen gewahr, während das Bild, wie es die Cylinderzellen der Larve optisch boten, verschwunden ist. Dass sich diese Cylinderzellen zugleich mit der ganzen Larve während der Metamorphose abflachten und die Oberhaut des künftigen Schwammes bildeten, habe ich nicht beobachtet, und es scheint mir, nach ihrem Aussehen zu schließen, auch nicht gut möglich. Sie sind so außerordentlich schlank, enthalten so wenig Protoplasmamasse, 426 Otto Maas bestehen fast nur aus dem Kern, und auch dieser ist sehr klein, dass sie, um die späteren Epithelzellen zu liefern, die viel größer sowohl an Kern wie Protoplasma sind, nothwendig* verschmelzen müssten; dieser Process aber hätte keine Analogie, und es ist auch nichts davon wahrzunehmen. Um über die Bildung der defini- tiven Oberhaut und das Schicksal der Cylinderzellen Aufschluss zu erhalten, muss man Schnitte durch Larven, die möglichst kurz nach dem Ansetzen conservirt sind, zu Hilfe nehmen. An einem solchen (Taf. 2S Fig. 25: das Exemplar war wie manche andere günstiger Weise auf der Alge Halymenia dichotoma angesiedelt) sah ich zu meinem Erstaunen, dass die Masse der kleinen Zellen mit den kleinen Kernen sich jetzt innen befindet, und dass ein Lager von äußeren, epithelartigen Zellen, wie sie sich vorher am hinteren, jetzt oberen Pol befanden, von diesem aus die ganze Larve umgiebt (Fig. 25 ep). Auch au der Basis, auf dem Blatt, befinden sich solche Zellen von verschiedener Gestalt, manche mehr eckig, andere spindelförmig, noch andere plattgestreckt, alle aber von demselben Aussehen wie die in der Larve beschriebenen differenzirten Zellen der innern Masse mit gleichmäßigem Protoplasma und einem Kern mit Chromatingerüst. Auch im Innern finden sich solche Zellen [m<^] zwischen den Spicula und verschiedene von amöboider Form; ferner liegen da auch noch die andern früher beschriebenen Zellen der innern Masse , am Kern mit Nucleolus und am gekörnten Proto- plasma deutlich zu erkennen, Theils liegen sie wie in der Larve noch zusammen, theils haben sie ihre Lage unter den kleinen klein- kernigen Zellen (è) angenommen. Diese gleichen, abgesehen davon, dass sich jetzt keine Geißeln mehr erkennen lassen, ganz den Wimperzellen der Larve und bilden im Innern eine compacte Masse, nur unterbrochen von einigen runden, schon in der Larve erwähnten Lacunen und wenigen großen Zellen mit Nucleus und Nucleolus, sowie einigen dazwischen geschobenen Spicula. Die festgeheftete Larve besteht auf diesem Stadium wie die frei schwärmende hauptsächlich aus zwei verschiedenen Ge- websschichten , die im Aussehen ganz dieselben wie die der Larve sind; es bleibt daher nichts Anderes übrig, als anzunehmen, dass die innern und untern Zellen mit kleinern Kernen eines solchen Stadiums (Fig. 25 h) dieselben sind, wie die äußern kleinkernigen Elemente der Larve (Fig. 15 1 Mayer der Inhalt des Darmes (er besteht immer nur aus Flüssigkeit, wie ja bei der Lebensweise nicht anders zu erwarten ist), und es ist daher vollkommen richtig-, wenn man die Carminsäure ein Pro- duct des Thieres selber sein lässt^ Ich muss dies auch gegen- über BüsGEN aufrecht erhalten, der in seiner hübschen Arbeit über den Honigthau (in: Jena. Zeit. Naturw. 25. Bd. 1891 pag. 339 ff.) auf pag. 392 sagt, Schnitte durch den Stengel einer Opuntia aus Algier färben sich, wenn sie einige Tage in einer feuchten Kammer liegen, »als ob sie zum Zweck der Kernfärbung mit einer Carmin- lösung behandelt worden wären«. Er vermuthet, der rothe Farbstoff bilde sich vielleicht durch Oxydation aus einer farblosen Substanz, und falls er identisch mit Carmin sei, so könne man dieses am Ende direct aus der Pflanze gewinnen. Allerdings werde es wohl immer am vortheilhaftesten bleiben, die Farbe aus der Opuntie durch das Insect erzeugen zu lassen. Den Versuch habe ich wiederholt und auch die Färbung — allerdings eine mehr diffuse — erzielt; nur handelt es sich dabei bestimmt weder um Carmin noch auch um Carminsäure (die Reaktionen darauf schlugen alle fehl), sondern um irgend einen andern rothen Farbstoff, wie es deren im Pflanzenreiche ja so viele giebt Trotz vieler Mühe ist es mir nicht gelungen, in unversehrten Thieren das Pigment an Ort und Stelle zu fixiren, um es auf Schnitten genauer studiren zu können. Weder heißes Wasser noch heißer Al- kohol noch Alkohol und Äther tödteten und härteten auch nur die jüngeren Exemplare so rasch, dass nicht ein wenig carminsaures Alkali sich gelöst und in den Kernen auch der sonst ungefärbten Organe niedergeschlagen hätte^; dabei war der Ton je nach dem Ge- webe etwas verschieden, und speciell in den Malpighischen Gefäßen, die frisch voll von Krystallen sind, fanden sich Haufen grüngrauer Körnchen vor, so dass die Krystalle vielleicht ein Kalksalz sind. Andererseits trat bei der vergleichsweise doch raschen Conservirung nie reine Kernfärbung ein. Mit Chlorcalcium (in Alkohol) ließ sich zw^ar die Carminsäure als carminsaurer Kalk ausfällen, aber der Niederschlag lag stets nur dicht unter dem Chitin, weiter nach innen war bloß der Alkohol gedrungen. auch — was noch besser ist — in einer Lösung von Chlorcalcium geschieht dies nicht. Nur so kann man vollkommene Sicherheit gewinnen. 1 Genaueres ist freilich über diesen Punkt nicht zu sagen; keinerlei gefärbte Vorstufe der Carminsäure ist im Thiere zu erblicken. - Die Figuren 1, 2 und 5 sind nach solchen Präparaten gezeichnet. Zur Kenntnis von Coccus cacti. 509 Während die Bedeutung der rothen Farbe für die Öconomie des Coccus zur Zeit noch völlig räthselhaft ist, sind wir über die Rolle des Wachses genauer unterrichtet. Schon Witlaczili spricht die Ansicht aus, die kleinen flockigen Fäden dienten bei den Aphiden und Psyl- liden zur Umhüllung der Excremente, damit der Körper mit ihnen nicht beschmutzt werde. Dies gilt auch für die Cochenille, wenigstens so weit die ganz kurzen krummen Fäden (Fig. 9 unten) in Betracht kommen, die bereits Claus richtig beschrieben und als Producte der Wachszellen erkannt hat. Aus dem After treten nämlich die Ex- cremente flüssig hervor und werden dann gleich vom Wachs derart eingehüllt, dass sie in oft mächtigen (blassrothen) Tropfen dort so lange schweben bleiben, bis sie eingedunstet sind. Die Wachsdrüsen (Fig. 1 gl.c) sind denn auch um den After herum besonders zahlreich. Über die Art, wie das Wachs oder, um mit Liebermann 2 zu reden, das Coccerin aus dem Körper ins Freie gelangt, habe ich specielleren Aufschluss zu gewinnen gesucht, weil diese Frage, wie mir scheint, noch ganz allgemein bei den Insecten zu beantworten ist. So weit ich die neuere Litteratur darüber kenne, wird nur aus- nahmsweise klar ausgesprochen, ob die Wachsdrüsen und Wachs- haare Ofliiungen haben oder nicht, ob also das Product frei aus- treten kann oder erst in flüssiger Form durch das Chitin hindurch muss. Bei den älteren Autoren ist meist der Ausdruck »Ausschwitzen« gebräuchlich, ohne dass aber näher gesagt würde, wie man sich den Vorgang zu denken habe. Selbst bei dem Hauptlieferanten für Wachs, der Honigbiene, scheint dieser noch nicht genau erkannt zu sein, wenigstens lauten die Angaben auch bei Autoritäten ersten Ranges durchaus nicht gleich, wie die Citate in der Anmerkung ^ beweisen. 1 E. WiTLACZiL, Zur Anatomie der Aphiden. in: Arb. Z. Inst. Wien 4. Bd. 1882 pag. 397 flf, Wachsdrüsen pag. 409. — Derselbe, Die Anatomie der Psylliden. in: Zeit. Wiss. Z. 42. Bd. 1885 pag. 569 ff. Wachsdrüsen pag. 583. 2 C. Liebermann, Über das Wachs und die Fette der Cochenille, in : Ber. d. Chem. Ges. Berlin 18. Jahrg. 1885 pag. 1975 — 1983. Das Coccerin ist auch in Äther und Alkohol fast unlöslich, leicht dagegen in siedendem Benzol. Es schmilzt bei IO60. 3 So hat Claus (Grundzüge der Zoologie 4. Aufl. 1. Bd. 18S0 pag. 699) folgende Notiz: »Lang gestreckte, als Wachsdrüsen zu bezeichnende Organe, welche grui^penweise unter warzigen Erhöhungen der Haut zusammenliegen, secerniren weißliche Fäden und Flocken . . . (Pflanzenläuse, Cicaden etc.). Bei den Bienen sind es cylindrische Drüsenzellen, welche als lamellöser Belag den Vorderplatten der Bauchschienen anliegen und durch dieses »Wachshäutchen« hindurch die zarten Wachsplättehen ausscheiden«. Gegenbaur (Grundzüge 510 ■ Paul Mayer Ich selber habe lange Zeit nicht recht au die Durchlässigkeit des Chitins für Wachs in flüssiger Form oder im Status nasceudi glauben wollen, habe mich aber durch Autopsie davon überzeugt, dass that- sächlich bei Apis keine eigenen Wachsdrüsen mit Poren vorhanden sind, sondern dass an den betreffenden Stellen der Bauchwand die sonst ganz niedrige Hypodermis sehr dick ist (Fig. 4 e und Fig. 4 ^) und aus Zellen in Form sechsseitiger Prismen besteht, sowie dass das Chitin absolut keine Poren besitzt ^ Mithin muss hier die Materie, welche später zu festem Wachs wird, geradezu durch die Substanz des durchaus nicht etwa besonders dünnen Chitins hin- der vergleichenden Anatomie 2. Aufl. 1870 pag. 357) sagt wonApis: »Polygonale Felder tragen die Oflniingen .... feiner Porenkanäle, in welche .... dicht an einander gereihte cylindrische Drüsenzellen ausmünden. Diese bilden das »Wachsorgan", über welchem eine Fettschicht sich ausbreitet«. Leuckart äußert in seiner Anatomie der Biene, die sich ausdrücklich nicht nur an Bienen- züchter, sondern auch an Zoologen wendet (Cassel und Berlin 1885 26 pagg. Taf.), auf pag. 6 vom Wachs nur, dass die Arbeiter es »in besonderen taschenförmigen Vertiefungen an der Bauchfläche der Hinterleibsringe ausschwitzen«. Am klarsten drückt sich noch Siebold aus; er lässt im Lehrbuch der vergleichenden Ana- tomie der wirbellosen Thiere (Berlin 1848 pag. 631) das Wachs sich »zwischen den dachziegelförmig über einander liegenden Bauchschienen des Hinterleibes bilden«, hat aber in dieser Gegend keine besonderen Drüsen finden können und nimmt daher an, dass es sich »auf der äußeren Oberfläche der zarten Ver- bindungshäute der Bauchschienen durch einen Durchschwitzungsprocess von innen her ansammle«. Eine gute Abbildung habe ich nirgends angetroffen. 1 Erst ganz zuletzt ist mir die kleine Schrift von Claus über die »wachs- bereitenden Hautdrüsen der Insekten« (in: Sitz. Ber. Ges. Naturw. Marburg 1867 N. 8 pag. 65 — 72; zugänglich geworden, deren Resultate ich im Allgemeinen als richtig anerkenne. Speciell von der Biene heißt es darin am Schlüsse, die »wachsbildenden Drüsenzellen sind nichts anderes als mächtig entwickelte nach Form und Leistung modificirte Partien der Hypodermis«. Wenn aber Claus auf pag. 69 vom Chitin über den Wachszellen sagt, es habe eine »sehr feine (mit Hilfe des HARTNACK'schen Immersionssystemes 9 nachweisbare) dichte Punktirung, welche auf das Vorhandensein unzähliger Porenkanälchen hinweist«, so kann ich nach erneuter Untersuchung dieser Behauptung selbst in ihrer sehr vorsichtigen Form nicht beipflichten. Zwar ist das Chitin bei Betrachtung von der Fläche nicht völlig homogen, aber eben so wenig zeigt sich auch mit den besten neueren Linsen irgend etwas, was sich mit Gewissheit als Porenkanal ansprechen ließe. Denn eine Punktirung von der Feinheit, wie sie dort vor- handen ist, kann mindestens eben so gut der optische Ausdruck von äußerst geringen Erhöhungen oder Vertiefungen sein, zumal sie ähnlich auch dem Chitin der benachbarten Theile, welche nicht zum Durchlass des Wachses dienen, eigen ist. Auf Schnitten aber, auch auf solchen von nur 3 (j., kann ich , selbst wenn sie in Wasser liegen, durchaus keine Streifen senkrecht zur Fläche des Chitins wahrnehmen. Ich muss also die Existenz von Porenkanälen bestreiten. Zur Kenntnis von Coccus cacti. 511 durch 1 und lagert sich dann außen auf ihm als ziemlich dicke Schicht ab. Was aber der Biene möglich ist, sollten auch andere Insecten können. Bei den Cocci den nun haben wir zweierlei Orte zum Austritt für das Wachs : die Wachshaare für die langen Fäden, und für die kurzen gekrümmten Fädeben die Wachsporen. Die Wachs haare^ sind abgestumpfte Kegel, welche an der Basis mit einem Gelenk, richtiger wohl mit einem dünnen Ring der Haut aufsitzen (Fig. 7 und 9). Sie sind ganz bestimmt an der Spitze ge- schlossen, und auch im Ringe giebt es keine Offnungen. Der hohle Wachsfaden lässt sich mit geeigneten optischen ]\[itteln (z. B. mit polarisirtem Lichte, wenn das Thier sich in Glycerin befindet) deutlich bis zum Riug verfolgen (Fig. 9, , so dass der Schluss nahe genug liegt, das Wachs trete hier aus, also wiederum durch eine Membran ohne sichtbare Poren. Andererseits ragen die sogenannten Wachsporen kaum hervor. Sie stehen, wie Claus richtig bemerkt, in wechselnder 1 Neuerdings hat G. Carlet in einer meisterhaft unklaren Darstellung (Sur les organes sécréteurs et la sécretion de la ciré chez l'Abeille. in : Compt. Eend. Tome 110 1890 pag. 361—363) ebenfalls den Durchtritt des Wachses durch das Chitin behauptet. Er will es sogar auf der Wanderung durch das Chitin angetroffen haben, indessen sind seine Angaben nicht nur ohne Com- mentar kaum zu verstehen, sondern beruhen auch auf falscher Deutung des Ge- sehenen : er bringt das Chitin erst in Terpentinöl, dann in Benzin und aus diesem direkt in Glycerin; die Tröpfchen, welche er dann nach einiger Zeit aus dem Chitin kommen sieht, sind für ihn Wachs I 2 Sie und die Wachsporen hat schon A. Targioni-Tozzetti auf seiner Taf. 2 ziemlich getreu abgebildet (Studie sulle Cocciniglie, in: Mem. Soc. Ital. Sc. N. Milano Tomo 3 No. 3 1867 87 pagg. 7 Tafeln). List schildert in seiner »Mono- graphie« von Orthezia cataphracta Shaw (in: Zeit. Wiss. Z. 45 Bd. 1887 pag. 1 ff.) die Wachshaare sämmtlich als an der Spitze offen ; aber wie einige andere Behauptungen in seiner Arbeit, so dürfte auch diese wohl nicht begründet sein. WiTLACZiL erörtert leider (Zur Morphologie und Anatomie der Coceiden. in: Zeit. Wiss. Z. 43 Bd. 1885 pag. 160) die Wachsdrüsen nur nebenbei, und Oskar Schmidt erwähnt ihrer in seiner recht dürftigen Schrift über die Metamorphose und Anatomie des vcüuxiWdhQn Aspidiotm nerii (in: Arch. Naturg. 51. Jahrg. 1885 pag. 169 ff.) gar nicht. Für die P sylliden giebt Witlaczil (1. cit. pag. 583 ff. Taf. 21 Fig. 35) zwar im Texte keinen entscheidenden Ausspruch, wohl aber eine recht gute Abbildung. Es walten hier übrigens noch besonders interessante Verhältnisse ob, indessen gehe ich nicht näher darauf ein, weil hierüber eine Mittheilung von H. Ambronn in Leipzig zu erwarten steht. Falls die obigen Nachweise sich für die Insekten als allgemein gültig er- geben sollten, so würden wachsartige Stoffe aus dem Körper ins Freie gelangen können, ohne dass sich dafür Poren auffinden ließen. Dann aber würden wohl auch manche Haargebilde, die man jetzt eben wegen Mangels an Öffnungen nicht für drüsig, sondern für nervös hält, von Neuem auf ihre Function zu prüfen sein. 512 Paul Mayer Zahl zu Gruppen (Fig. 5) vereinigt, sind aber nicht, wie er meint, ofifen, sondern zweifellos geschlossen, mithin muss auch hier das Wachs thatsächlich durch das Chitin hindurch. Jeder Porus (Fig. 6), der also eigentlich keiner ist, beginnt mit einem Ringwall dickeren, gelberen Chitins, geht nach innen ein Stück trichterförmig zu und endet dann in einer Membran mit gewöhnlich 5 Vorsprüngen (s. auch Fig. 7 und 8). Jedem der letzteren entspricht eine flaschen- förmige Wachszelle ; in der Regel sind also 5 solche als Gruppe bei- sammen (Fig. 5) und bilden mit ihren verschmolzenen Hälsen einen gemeinschaftlichen kurzen Ausführgang, der bei allen Thieren ein beträchtliches Stück weicheres Chitin durchsetzen muss, ehe er an die Membran gelangt. Aus jedem Porus können gleichzeitig so viel Wachs- fäden hervorragen wie die Membran Vorsprünge hat; man sieht dies aber nur dann deutlich, wenn sie alle voll Luft sind und daher bei durchfallendem Lichte schwarz erscheinen i. Wahrscheinlich dringt das Wachs an den (5) Stellen hervor, wo der Hals der Zellen am weite- sten nach außen ragt, aber weder kann ich dies bestimmt angeben noch auch vermag ich einzusehn, warum die Fäden hohl werden 2. Das Object ist eben selbst für die besten Immersionslinsen zu klein und auch sonst zu ungünstig; sogar die exacte Zählung der Wachszellen unter jedem Porus gelingt nur selten. Nur das ist mir sicher, dass nirgendwo Öffnungen zum Austritt vorhanden sind; sie hätten mir 1 Nach Targioni's Abbildung scheint dies bei Pulvinaria ähnlich zu sein. Was er aber bei Coccus als einzelne Drüse zeichnet, ist das Conglomerat von Zellen, welches einem Porus entspricht. Er hat freilich keine lebenden Thiere gehabt und daher auch sonst Manches nicht gefunden. 2 Claus lässt in seiner Arbeit über Coccus den Wachsfaden dadurch zu einem Hohlcylinder werden, dass bei seiner Bildung «die aus der Umwandlung der Fetttröpfchen entstandenen körnigen Kügelchen« des Wachses sich der Wandung des Drüsenkanals anlegen. In der späteren Arbeit (1867) bezieht sieh Claus für Coccus auf seine früheren Angaben, lässt dagegen bei Aphiden (sensu latiori) »sowohl aus der Structur der Wachsfäden, als aus dem Bau der .... Wachsdrüsen es mit Sicherheit hervorgehen, dass es die sehr feinen Offnungen der zarten Felder sind, aus denen die Wachstheilchen hervortreten«. Indessen sind auch hier die »feinen Porenkanälchen« nur als »zierliche Punktirung der Membran« sichtbar, so dass eine Nachuntersuchung mit den heutigen Linsen und Methoden wohl nicht überflüssig sein dürfte. Von neueren Autoren sagt WiTLACziL (Aphiden pag. 408 ff.) unter Berufung auf Claus nur, »die zarten Chitinhäutchen lassen die Waclistheilchen hindurch treten«. Chermes producirt bekanntlich ebenfalls Wachs; auch hier begnügt sich Witlaczil (Cocciden pag. 171) unter Verweisung auf Claus mit einigen Notizen, während Dreyfus (Über Phylloxerinen. Wiesbaden 1889 pag. 36 ff.) die Structur der Drüsenausgänge ausführlich beschreibt, aber auch noch glaubt, dass sie vollständig offen sind. Zur Kenntnis von Coccus cacti. 513 auf den Schuitten (bis zu 3 a herab) uiclit entgehen können und sieh auch an den ganzen aber passend gefärbten Chitinhäuten ver- rathen müssen. In den Wachszellen von Coccus hat Claus »körnige Kügelchena gefunden und möchte sie »ihrem Aussehen und ihrem Glänze nach« als Wachs ansprechen. Dem gegenüber betone ich, dass ich weder an frischen noch an gut conservirten Thieren das Coccerin im Innern der Zellen mit optischen Mitteln habe entdecken können, während es doch nach Liebermann sich mit siedendem Benzol bereits aus einem halben Dutzend Weibchen in genügender Menge chemisch rein aus- ziehen lässt. Von der Biene gilt mir übrigens dasselbe: so deutlich es außerhalb des Körpers als sogen. Wachsplatte ist, so wenig sehe ich es noch im Chitin oder in den Hypodermiszellen. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass beide Arten Wachs- zellen nichts Anderes sind als Hypodermiszellen, wie das bereits von mehreren Autoren angegeben ist und ja auch für Apis zu- trifft. Nur sind sie größer und namentlich länger, als die gewöhn- lichen Hautzellen. Bei jungen Larven sind die Wachsporen und Wachshaare noch sehr regelmäßig angeordnet, namentlich auf dem Abdomen (jedes Segment hat ganz lateral rechts und links eine Gruppe Poren und 1 oder 2 Wachshaare]. Die geraden Fäden können bis 0,5 cm lang werden, ohne merklich gekrümmt zu sein; auf der Ober- fläche zeigen sie eigenthümliche Schraubenlinien (Fig. 9). Bekanntlich machen die Männchen mancher Cocciden ihre Ent- wicklung in einem Co con durch, der hinten zur Entfernung der Excremente Constant offen ist. Speciell bei Coccus cacti ^ besteht er anscheinend nur aus Wachsfäden, und es lässt sich daher auch schlecht einsehen, wie diese doch starren und brüchigen Fäden sich zu einem Gewebe verfilzen können. Indessen hat bereits C. Lieber- mann (Coccerin aus lebender Cochenille, s. oben pag. 506) angegeben, sie enthielten nur fast ^4 ihres Gewichts reines Coccerin, «nach dessen Fortnahme durch Benzol nur ein ganz dünnes Netz von den Formen des Cocons zurückblieb«. Ich habe nun eine etwas genauere Unter- suchung angestellt und finde, die Wachsfäden (es sind fast lediglich 1 Wie ich nachträglich erfahre, hat auch schon John Quekett die Cocons von Coccus cacti besclirieben (Observations on the Structure of the white Fila- mentous Substance etc. in: Trans^ Micr. Soc. Vol. 6 1857 4 pgg. Taf. 1 ; ich ver- danke die Kenntnis davon der Güte von L. Dreyfus). Wenn ich aber die recht unklare Notiz darüber richtig verstehe, so hat er nur die Klebfäden und die langen Wachsfäden gesehen, nicht auch die krummen. 514 Paul Mayer die kleinen gebogenen aus den Wachsdrüsen, dazwischen allerdings auch Bruchstücke der langen aus den Wachshaaren) bilden den Cocon nur zum Theil; sie kleben nämlich an langen, sehr zähen Faden ^ fest. Diese bleiben bei Extrahiruug des Cocons mit heißem Benzol zurück, färben sich entweder dann oder auch im unversehrten Cocon mit Hämalaun tiefblau ^ und sind in kalter Kalilauge leicht löslich. In ungleich geringerem Maße produciren auch die Weibchen solche Fäden ; namentlich thun es die alten, und man kann, da sie klebrig bleiben, ohne Mühe sie auf mehrere Centimeter ausziehen, wobei sie äußerst dünn werden. Bei den Männchen sind die zugehörigen Drüsen ziemlich über den ganzen Körper zerstreut, bei den alten Weibchen hingegen fast nur um das Hinterende herum angeordnet, was zur Folge hat, dass die abgelegten Eier an den Fäden ankleben. Die Klebdrüsen, wie ich sie nennen möchte, unterscheiden sich von den Wachsdrüsen gleich auf den ersten Blick durch den enormen Ballen Secretes (Fig. 1 gl.ag)^ der sie ähnlich einer Fettzelle zu unförmlichen Gebilden mit waudständigem Kern aufbläht. Im langen Halse jeder Zelle steckt ein feines, ziemlich langes Chitinrohr, das vom Secretballen aus gewöhnlich nicht in gerader Linie auf den Forus zu führt; es ist desswegen nicht leicht, auf Schnitten Zelle, Rohr und Porus im Zusammenhange anzutreffen. Bei den Männchen 1 WiTLACziL sieht in seiner Arbeit über die Cocciden (pag. 158) bei Leu- casjns (5 am ganzen Körper äußerst dünne Fäden auftreten, welche »gewellt, gekräuselt oder selbst zickzackförmig gebogen erscheinen«; er nennt sie freilich Wachsfäden, giebt aber nicht an, auf Grund welcher Eeaction sie dies sind. Sie werden wohl denen von Coccus entsprechen. Auch List hat im Wachs- panzer von Orthezia (pag. 14) »ein sich verästelndes Geflechtwerk« solcher Fäden bemerkt, weiß aber nicht, woher sie stammen; er lässt sie »eine organische Grundlage für die wachsartige Masse bilden«. Nach Targioxi (pag. 21) besteht der Cocon von Aspidiotus echinocacti aus »filamenti finissimi e materia amorfa«. '- Auch die Wachsfäden lösen sich nicht völlig in Benzol, sondern hinter- lassen eine Scheide, die sich mit Hämalaun blau färbt, was die nicht extrahirten Fäden nicht thun. Ahnlich scheint sich das Gespinnst der Q von Lecanium vitis zu verhalten, von dem ich durch die Güte von G. Jatta Alkoholmaterial zur Verfügung hatte. Auch hier löst sich wie bei Coccus das «Wachs« nicht in Äther, wohl aber in Benzol, und es bleibt eine erhebliche Menge Fäden zu- rück, die sich jedoch in kalter Kalilauge nicht lösen. Man muss übrigens mit Vorsicht aufnehmen, was die Autoren über die Löslichkeit des »Wachses« sagen. Denn bei Coccus und Lecanium spülen sich die krummen Fäden schon in Alkohol, noch mehr aber in Äther von den Thieren ab, so dass diese nicht mehr wie bestäubt aussehen, aber beim Verdunsten der Flüssigkeit bleiben sie als Fäden zurück, haben sich also nicht auf-, sondern nur abgelöst. Ahn- lich mag es sich also auch bei andern Wachsinsecten verhalten. Zur Kenntnis von Coccus cacti. 515 sind die Poren ganz unregelmäßig zerstreut und sehr zahlreich, bei den Weibehen hingegen, wo sie überhaupt seltener sind, treten ihrer in der Regel 1 oder 2 mit einer Anzahl Wachsporen zu einer Poren- gruppe (Fig-. 7 und 8) zusammen. Über die anderen Organe von Coccus darf ich mich kürzer fassen. Vom Darm canal des Weibchens gebe ich eine Abbildung sowohl in situ als auch aus einander gelegt (Fig. 3) ; sie zeigt, dass die eigen- thümliche Einstülpung eines Theiles des Oesophagus und Mitteldarmes in das Rectum, wie sie bekanntlich bei manchen Cocciden vorkommt, hier nicht existirt. Statt ihrer ist dagegen ein Stück des Mittel- darmes mit dem Enddarme verwachsen oder verklebt, natürlich nur die äußeren Wandungen^. Beim Männchen scheint nach Schmidt der Darmcanal ganz gerade von vorn nach hinten zu verlaufen; ich finde ihn dagegen bei den männlichen Larven von Coccus cacti in eine Schlinge gelegt. Die Speicheldrüsen finde ich ähnlich wie sie Mark^ zuerst beschrieben hat und gebe Diesem auch darin Recht, wenn er sich gegen Targioni wendet, der sie als Theile des Nervensystems an- gesehen hatte. Auch die unpaare Speicheldrüse von Mark (1. c. pag. 79) glaube ich wiedergefunden zu haben, allerdings nur auf Schnitten ; sie liegt ganz dicht am Schnabel, zwischen diesem und dem Oberschlundganglion. Die Mundtheile habe ich nicht näher untersucht, mich indessen von der Existenz einer Speichelpump e 3, wie ich sie zuerst für die 1 Ähnlich verhält es sich, wenn ich List recht verstehe, mit dem Darm von Orthezia. 2 E. L. Mark, Beiträge zur Anatomie und Histologie der Pflanzenläuse, insbesondere der Cocciden. in: Arch. Mikr. Anat. 13. Bd. 1877 pag. 31 ff. Speichel- drüsen pag. 57 ff. 3 Sie scheint bei den Cocciden überhaiipt noch nicht gesehen worden zu sein ; List sagt pag. 57, er habe sie nicht angetroffen, und Witlaczil (1. c. pag. 167) beruft sich ausdrücklich auf seine frühere Auseinandersetzung über den »Saugapparat der Phytophthires« (in: Z. Anzeiger 9. Jahrg. 1886 pag. 10 ff.), wo er Wedde kritisirt und hinzufügt, weder er selber noch auch Wedde hätten den gemeinschaftlichen Ausführungsgang der Speicheldrüsen geùmden, und nur dort könne doch die »Wanzenspritze« liegen. Man sollte übrigens statt dieses Terminus den älteren und viel bezeichnenderen, nämlich »Speichelpumpe« wieder aufnehmen, den ich 1875 (Anatomie von Pyrrhocoris apterush. in: Arch. Anat. Phys. f. 1875 pag. 328 ff'.) eingeführt habe. Wenn mich Wedde (Beiträge zur Kenntnis des Rhynchotenrüssels. in: Arch. Naturg. 51. Jahrg. 1885 pag. 132) sagen lässt, die Speichelpumpe diene auch zur Aufnahme der Nahrung, so ist Mittlieiliingen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 34 516 Piiul Mayer Heteroptereu und einige Homopteren nachgewiesen habe, überzeugt; sie ist. wenn man sie von den Wanzen her kennt, ohne Mühe zu finden und liegt genau so wie dort ganz ventral, hat auch ihren Stempel und den mächtigen Muskel. Die Borsten bei den jungen Thieren sind verhältnismäßig riesig lang und durchziehen, in ihren Borstensack eingehüllt, sogar den ganzen Hinterleib des Thieres. Von Malpighischen Gefäßen (Fig. 1, 2, 3) sind nur 2 vor- handen. Im frischen Zustande enthalten sie Mengen feiner langer Nadeln, und da (wie schon oben pag. 508 erwähnt) bei Selbstfärbung des Thieres mit dem carminsauren Alkali in den Zellen dunkel grau- grüne Tröpfchen auftreten, die Nadeln hingegen verschwunden sind, so mögen letztere wohl ein Kalksalz sein. Der After liegt bei den Weibchen scheinbar dorsal, die Ge- schlechtsöflfnung fast terminal (Fig. 1 a und vg). Dies erleichtert den Embryonen, deren ich in alten Thieren von 250 bis über 350 ge- zählt habe, das Ausschlüpfen. Wie schon Claus richtig bemerkt, ist lebendes Sperma im Receptaculum seminis (dieses liegt in Fig. 2 über den beiden Oviducten od) und auch in den Oviducten zwischen den Eiern anzutreffen , und so hat es wirklich den An- schein, als wenn Parthenogenese nicht vorkomme, wie das Brandt und Ratzeburg 1, gestützt auf Versuche von Bouché, zuerst an- gegeben haben. Über das Herz der Cocciden schweigen in seltsamer Überein- stimmung sämmtliche neueren Autoren (Claus, jTargioni, Mark, Schmidt, Witlaczil) mit Ausnahme von List. Und auch Dieser be- schreibt es (pag. 66) ganz unklar und selber nur mit einigem Zweifel, den ich durchaus theile. Bei Coccus cacti habe ich weder auf Schnitten noch auch bei Sectiouen, noch bei Beobachtung junger lebender Thiere etwas wie ein Eückengefäß wahrgenommen. Die zwei Paar Stigmen endlich befinden sich, wie schon von Witlaczil angegeben, nur im Thorax; es sind aber mächtige Öffnungen, und die Tracheen sind namentlich bei den alten Weibchen ungemein stark entwickelt. das ein IiTthum, deuu ich gebe pag. 325 ausdrücklich an, die »Pumpe dient ausschließlich zur Beförderung des Speichels nach außen für die Auf- nahme der Nahrung aber sorgt die Contraction und Expansion des Mund- darmes«. * J. F. Brandt & J. T. C Ratzeburg, Medicinische Zoologie. 2. Bd. Berlin 1833 pag. 221. Zur Kenntnis von Cocciis cacti. 517 Die Aufzucht der Männchen bis zum Ausschlüpfen aus dem Cocon ist mir nicht geglückt, und daher kann ich nur wenige An- gaben über ihren Bau machen. Die Larven — auch die alten mit Aulagen der Flügel — haben nur 1 Paar Hoden. Auf Schnitten findet man im Fettkörper, an der G-renze desselben gegen die Leibes- höhle, vereinzelt Zellen, die genau so aussehen wie die jungen Eier der Weibchen. Neapel, im Mai 1S92. , Erklärung der Abbildungen. Tafel 32. Fig. 4 und 4 A beziehen sich auf Ajjìs mellißca , die übrigen auf Coccus cacti. Fig. 1. Längsschnitt nahe der Mediane durch ein halbwüchsiges Thier. Die Tracheen sind nicht gezeichnet. In der Haut sind nur die Wachsdrüsen gl.c und eine von den Klebdrüsen gl.ag angegeben. Der Fettkörper c.ad ist schraffirt. a After, ce Gehirn und Bauchkette, d.s Speichelgang, g Magen, i Darm, od Oviduct (links davon das Receptaculum seminis), oe Oesophagus, ov junge Eier, ss Borstensack, vg Vagina, v.m Malpighi- sches Gefäß. Vergr. 40. Fig. 2. Querschnitt etwa in der Mitte des Thieres. Haut wie in Fig. 1. Fett- körper c. ad nicht schematisch, m Muskel, tr Trachee, die übrigen Buchstaben wie in Fig. 1. Vergr. 60. Fig. 3. Darmcanal und Anfang der Malpighischen Gefäße. Rechts in situ, links entwirrt, oe Oesophagus, r Rectum, v. m Malpighische Gefäße. Vergr. 8. Fig. 4. Fünf Sternite von Ajns nach einem wirklichen Längsschnitte (Einbettung in Celloidin) etwas schematisirt. Links in der Figur ist die Außenseite, oben ist vorn. Am hintersten Sternite ist die Wachsschicht tv und das Epithel e gezeichnet, sonst überall nur das Chitin, seh sind die Deck- schuppen. Vergr. 8. Fig. 4^. Stück eines Längsschnittes durch ein Sternit von Ajjis, seh Anfang der Deckschuppe. Das Wachs hat sich beim Einbetten in Paraffin auf- gelöst. Vergr. 45. Fig. 5. Eine Gruppe von 4 Wachsporen von außen. Die 5 Drüsenzellen des einen Porus schimmern durch die (hell gehaltenen) gewöhnlichen Haut- zellen hindurch. Vergr. etwa 600. Fig. 6. Schnitt durch einen Wachsporus eines alten Thieres. Vergr. etwa 1000. 518 Paul Mayer, Zur KenntDis von Coccus cacti. Fig. 7. Rechts 2 Wachshaare, links 2 Wachsporen und der Porus einer Kleb- drüse von außen. Der chitinige Ausführgang schimmert durch. Vergr. etwa 1000. Fig. 8. Wachs- und Klebporen von innen. Der Ausfiihrgang ist umgeklappt. Vergr. etwa 1000. Fig. 9. Oben ein Wachshaar mit dem Anfang des Wachscylinders, darunter ein gekrümmter Wachsfaden aus den Wachsporen. Von einem jungen Thiere. Vergr. etwa 400. Intorno ad un nuovo idroide. Per il Dott. K. Zoja, Assistente al laboratorio di anatomiu comparata u l'avia. Con la tavola 33. Neil' acquarictto posto dietro il mio tavolo di lavoro alla .Stazione Zoologica di Napoli vìvevano nell'ottobre scorso (1S91) due colonie, di 20 — 30 individui ciascuna, di una forma di idroide gimnoblasti- co che, per quanto so, non fu ancora descritta. La principale carat- teristica di essa sta in una membranclla die riunisce alla base i tentacoli, simile a (jucUa presentata dalla Laornedeu flexuosa e da altri tecoblasti ' ; non so die fino ad ora sia stata riscontrata presso (|ualche idroide gimnoblastico. Gli organi riproduttori non erano svi- luppati in alcuna delle due colonie, non posso dare (juindi un sicuro riferimento della famiglia. Ter i caratteri dei tentacoli (filiformi ed in un solo verticillo; e dell' ipostoma (conico], come per quelli della idroriza (non rivestita da uno strato di ccnosarco nudo, esterno ai tubi del perisarco, quale si ha nelle due famiglie llydraetinidae e ' G. J. Allman, a nionograph of the gyiniiobla.stic or tubiilaiian iiydroida. London. Ray Soc. 1871. pag. 41. Nella sua Ilistory of the British Hydroid ZoopliytoH fLondon 18G8) I'ÌIinoks descrive e figura la '/yfioductyla vitrina, (ios.so. Essa ù una forma che presenta notevoli analogie con la mia llmhraUaria. Specialmente la fig. 2 delia tav. 'öH mostra di fatto una palese somiglianza nella niembranella intertentacolare. Dalla descrizione nel testo e dalla figura stessa si rileva però che la Zyyodactyla è, come la indica I'Hinoks, indubbiamente un idroide tecoblasto, provveduto di distintissime idroteche. Lo stelo degli idranti nella Umbrellaria è poi assai più breve, ed i tentacoli non hanno la elegante disposizione alternata della 'Äyijoductylu 0 maggiori e 0 minori;. Altri Campanularidi con tentacoli degli idranti riuniti da una membrana sono le speci del gen. (Jumpuìiulina (webl)ed tentaci es ò uno dei caratteri posti dall' IIincks nella diagnosi del genere). Mitlheilungen a. d. Zoolog. Station /.u Neapel. J!/, Fig. 33 und 40) sich vorn und hinten zu einem Rohr, der hinteren Fortsetzung 'der Hypophysis (Fig. 33), umbiegt und damit zugleich die übrigens jetzt zerfallende larvale Gehirnblase abschnürt. Kurz zusammengefasst sind die Ergebnisse meiner Untersuchungen folgende : 610 Johan Hjort 1) Das larvale und das persistirende Nervensystem von DistapUa gehen aus derselben Anlage wie die Hypophysis hervor. Diese An- lage ist die ursprüngliche, durch Einbuchtung des Ektoderms gebildete Gehirn-, resp. Nervenblase. 2) Die larvale Gehirnblase steht während des späteren Larven- lebens durch den Anfangstheil der späteren Hypophysis mit der Darmhöhle in Verbindung. 3) Der vordere Theil der Hypophysis geht direct aus dem Vorder- abschnitt der in die Länge gezogenen Gehirnblase, der hintere aus der epithelialen linken Wand derselben hervor. 4) Das Lumen der Hypophysis ist der einzige bei den ausge- wachsenen Thieren persistirende Rest der larvalen Gehiruhöhle. 5) Das persistirende Gehirn der ausgewachsenen Thiere bildet sich als eine Verdickung der linken Wand der Gehirnhöhle , aus welcher die Hypophysis hervorgeht. Diese meine Resultate sind eine Bestätigung folgender Angaben Kowalewsky's (17 pag. 11 8Ì: »Die Mündung der Gehirnblase ... wird zu der bekannten Flimmergrube [Hypophysis] , von welcher aus die flimmernde Bauchrinne beginnt.« Nun haben, wie erwähnt, van Beneden & Julin diese Auffassung bestritten. Sie sagen (1 pag. 339 : >) Ko^vALEWSKY a cru pouvoir conclure de ses observations que la vésicule cerebrale débouche à un moment donne dans la cavité buccale; cette communication s'établirait par lintermédiaire de l'or- gane que nous avons designò sous le nom de coecum hypophysaire. Cette opinion . . . nous ne pouvons la partager. Il est facile de comprendre que cette opinion ait pu étre emise si l'on considère, d'une part. que, dans la région où règne le coecum hypophysaire, la paroi de la vésicule cerebrale qui lui est adjacente n'est formée que par un épithélium plat et, d'autre part, que le fond de ce coecum est accolé au fond du cul-de-sac epithelial qui forme dans sa moitié gauche la voùte de la vésicule cerebrale. Pour s'assurer qu'il n'existe pas . . . une communication entre la cavité branchiale et la cavité cerebrale, il est indispensable des pratiquer des séries de coupes trés fines à travers les larves à tout état de développement et jusqu'ici personne, à notre connaissance, n'a étudié le développement des Ascidies autrement qu'en examinant les larves transparentes.« Während so die Darstellung van Beneden & Julin's von meiner Auffassung abweicht, finde ich in ihren Abbildungen Nichts, was nicht mit den meinigen übereinstimmte und was gegen meine Auf- fassung spräche. Ihre Taf. 17 Fig. 2 entspricht in jeder Beziehung über den EntwicklungscycUis der zusammengesetzten Ascidien. 611 meiner Figur 39. Hier wie dort liegt die Hypophysis der Gehirnblase an und ist durch ein Plattenepithelium von ihr getrennt. Aber man kann aus jener Figur 2 Nichts schließen, weil die folgenden Schnitte nicht abgebildet sind. Taf. 17 Fig. 3 giebt einen Querschnitt weiter hinten wieder und entspricht vollkommen meinen Querschnitten aus derselben Region der Gehirnblase. In beiden Präparaten haben wir an der einen Wand eine epitheliale Stelle, wie ich sie beschrieben habe ; aber die Frage, die hier allein entscheidet, nämlich ob diese Epithelien sich in die Hypophysis fortsetzen, wasjja die Verfasser (s. das Citati bestreiten, kann nicht aus ihren Figuren beantwortet werden, da die dazwischen liegenden Schnitte weder abgebildet noch beschrieben sind. So lange ich also diese Schnitte nicht kenne, glaube ich die erwähnten Abbildungen eben so gut als eine Bestä- tigung meiner Auffassung betrachten zu können. Übrigens weise ich auf meine Frontal- und Sagittal- Schnitte (Fig. 41 und 42) sowie auf Figur 33 hin, die mir die Frage für Distaplia magnilarva jedenfalls zu entscheiden scheinen. Beweisend für meine Auffassung ist die Arbeit von Maurice (25). Dieser hat bei Amaroucium torquahim ebenfalls eine directe Ver- bindung zwischen Flimmergrube und Gehirnhöhle gefunden und, was noch wichtiger ist, in der Wand der letzteren als directe Fortsetzung der Flimmergrube eine Epithelrinne. Er zieht aber nicht den Schluss, dass diese rinnenförmige Ausbuchtung die Fortsetzung der Hypophysis bildet, wie er auch keine Abbildungen davon liefert. Was übrigens die Entwicklung des larvalen und persistirenden Gehirns betrifft, so verweise ich auf die sehr correcte Darstellung von VAN Beneden & Julin (1 pag. 353): »Les parties qui persistent sont Celles qui chez la larve arrivée à son complet développement ont conserve leur caractère embryonnaire et sont formées par un simple épithélium; ce sont: le cul-de-sac cerebral et le canal visce- ral. Les parties différenciées chez la larve . . . disparaissent. « »Le cerveau de l'adulte procède du cul-de-sac cerebral; le cordon ganglionnaire visceral résulte de la transformation de la paroi epithe- liale du canal central de la région viscérale. « Wenn wir also nach meiner Darstellung' annehmen, dass bei Weitem der größte Theil der Hypophysis aus der einen Wand der Gehirnblase hervorgeht, und dass das bleibende Nervensystem als eine Verdickung dieser selben Wand entsteht, dann scheint mir dies viele Vergleichspunkte mit den Verhältnissen bei den Knospen aufzuweisen, wo wir, wie geschildert, das Ganglion als eine Ver- 612 Johan Hjort dickuug- der Hypophysis entstehen sahen. Übrig-ens mache ich hier darauf aufmerksam, dass das bleibende Ganglion sich als eine reine Epithelverdickung eines ursprünglich ektodermalen Gebildes anlegt und sich von der Matrix durch Abspaltung ablöst, wie das Nerven- system eines Wurmes sich vom Ektodermepithel abspaltet. Daraus erklärt sich die Erscheinung, dass das Nervensystem der ausgebil- deten Ascidien die Structur der Ganglien eines wirbellosen Thieres hat, obwohl das larvale Nervensystem sich wie das Centralnerven- system der Wirbelthiere durch Einstülpung anlegt. Zum Vergleich zwischen Knospen- und Larvenentwicklung. In der Abbandluag von van Beneden & Julin (1 pag. 358) finden wir über die Knospenentwicklung der Ascidien Folgendes. »II existe entre les résultats fournis par l'étude du développement de la larve et ceux que Kowalewsky a fait connaitre à la suite de ses recherches sur la genese des bourgeons une Opposition manifeste. A moins d'admettre que la cavité péribranchiale du bourgeon n'est pas homologue de celle de Tindividu né par voie sexuelle, ou bien, qu'une cavité d'origine externe et délimitée par l'épiblaste puisse étre homologue d'une cavité d'origine] interne et délimitée par l'hypo- blaste, les résultats de Kowalewsky sont contradictoires Si les observations de Kowalewsky étaient exactes, les bases méme de la théorie des feuillets en seraient fortement ébranlées.« Mehrere Versuche sind gemacht worden, um die großen Diffe- renzen zwischen Knospen- und Larvenentwicklung auszugleichen. Zu diesen Versuchen zähle ich 1) die Darstellung Seeliger s, die das Nervensystem der Knospen aus dem sich auflösenden Nerven- system der Larven herleitet, 2) die von Salensky, der zufolge sich bei Pyrosoma das Nervensystem der Knospen aus der äußeren Blase, dem Ektoderm, bildet. Beide Verfasser gestehen aber die großen Unterschiede zwischen Knospen- und Larvenentwicklung zu, welche in Bezug auf die Peribranchialblase übrig bleiben. Die vorliegende Arbeit lässt die Unterschiede, sowohl was die Peribranchialcavität als auch das Nervensystem angeht, noch größer erscheinen (s. oben pag. 593 ff. und 596). Ferner habe ich in Über- einstimmung mit den erwähnten Untersuchungen von Willey darauf aufmerksam gemacht, dass selbst die Knospenanlagen der verschie- denen Synascidien keine Übereinstimmung mit Rücksicht auf die Keimblättertheorie aufweisen. über den Entwicklungscyclus der zusammengesetzten Ascidien. gl 3 Bei sämmtlichen Gruppen wird eine zweiblättrige Blase gebildet und überall, nach Kowalewsky und vorliegender Arbeit, bildet die innere der beiden Blasen dieselben Organe, und zwar den Darm, die Peribranchialblase und das Nervensystem. Aber, wie vorher gezeigt, kommt diese innere Blase bei Perophora^ Didemnum, Cla- velina etc. von dem Entoderm , bei Botryllus aber von der ekto- dermaleu larvaleu Peribranchialcavität. Allein das Factum , dass dieselbe innere Blase, die nur aus einem Keimblatt der Larve her- stammt, so verschiedene Organe, wie den Darm und das Nerven- system, bilden kann, scheint genügend zu zeigen, dass ihr Keimblatt nicht als Keimblatt im gewöhnlichen Sinne aufzufassen ist. Die Zellschicht hat vielmehr einen noch indifferenten Charakter, wie er den Zellen der Blastula bei der Embryonalentwicklung zukommt, und dieses indifferente ZellmateriaP muss von Generation auf Generation übergehen. In Übereinstimmung hiermit theile ich die schon vorher erwähnte Beobachtung mit. dass ich bei erwachsenen Thieren nie eine junge Knospenanlage gesehen habe. Mit Bezug hierauf verweise ich noch auf die interessante Arbeit von H. Driesch (Entwicklungsmechanische Studien etc. in: Zeit. Wiss. Z. 53. Bd. 1S91 pag. 160) und auf ein Citat darin nach Hallez: »II n'est pas des lors perrais de croire que chaque . . . sphère de segmentation doit occuper et jouer un role, qui lui sont assignés à l'avance.« Ob aber dies eine generelle Regel ist oder für einzelne Thier- formeu allein gilt, wage ich nicht zu entscheiden. Nachschrift. Nachdem ich bereits die Correctur der vor- liegenden Arbeit beendet hatte, erschien die Arbeit von Asajiro Oka (Über die Knospung der Botrylliden, in: Zeit. Wiss. Z. 54. Bd. 3. Heft). Meine Resultate stimmen in vielen Punkten mit denen Oka's überein, so in Allem , was die Anlage der Knospen , die Entwicklung des Herzens , des Darmes etc. betrifft. In Bezug auf das Nervensystem und die Peribranchialcavität stehen wir aber im größten Wider- spruche zu einander. Was die Peribranchialblase betrifft, so habe ich oben speciell hervorgehoben, dass diese als eine sattelförmige Doppelblase entsteht, und dass desswegen die »innere Blase« der jungen Knospen- 1) Vgl. die ähnlichen Auffassungen der Bryozoenforscher , nämlich von Braem (3 und : Die Keimblätter der Bryozoenknospe. in : Z. Anzeiger Nr. 387 1892) und von Davexport (4 und: The Germ-layers in the Bryozoan buds. in: Z. Anzeiger Nr. 396 1892). 614 Johan Hjort anläge nie in 3 Blasen zerfällt. Oka lässt noch weit in der Ent- wicklung »zwei Fenster« zwischen dem Darmabschnitt und den »beiden seitlichen Blasen« bestehen , behauptet aber später eine Trennung in 3 Blasen und eine nachfolgende Verlöthung der beiden seitlichen. Da er aber diesen Vorgang nicht durch Abbildungen erläutert hat, so beschränke ich mich darauf, auf meine pag. 593 ff. und meine Abbildungen Fig. 13—19, 22, 23, 28 und 29 hinzuweisen. Das Nervensystem besteht nach Oka aus 2 Gebilden, dem Ganglion und der Hypophysis, die aber beide getrennt von einander entstehen. Oka weicht also hierin sowohl von Kowalewskt, Seeli- ciER und Salensky als auch von mir ab. Die Hypophysis lässt er als ein Rohr entstehen; aber wie, ist mir unverständlich geblieben. Sein erstes Stadium, auf seiner Fig. 13 abgebildet, entpricht einem Zwischeustadium zwischen denen meiner Fig. 23 und 29. Man sieht hier (Oka, Fig. 13) das Rohr vorn in den Darm, hinten in die Peribranchialcavität (in das dorsale Verbindungsstück derselben] ein- münden. Da aber nach Oka dieses dorsale Verbindungsstück durch Verlöthung zweier seitlichen Blasen entstanden ist, so muss entweder das Rohr vom Darm aus gewachsen und später mit der Peribran- chialcavität in Verbindung getreten sein, oder umgekehrt. Ich glaube hierdurch gezeigt zu haben, dass bei Oka wichtige Zwischenstadien fehlen, und diese sind nun nach meiner Auffassung eben für das Verständnis der Entwicklung der Peribranchialblase von entschei- dender Bedeutung. Vgl. übrigens meine pag. 596 ff. Das Gehirn entsteht aus »Wanderzellen«, die vom Ektoderm »rechts und links .... einzeln oder gruppenweise« das Rohr um- wandern und sich an der ventralen Seite desselben zur Bildung des Ganglions zusammenlagern. Ich habe in Christiania diese Frage aufs Neue untersucht, bin aber in meiner Ansicht bekräftigt worden. Ich hoffe in einer neuen Arbeit hierauf zurückkommen zu können. Aber auf jeden Fall können die Abbildungen Oka's nicht beweisen, dass gerade diejenigen Wanderzellen, die nach ihm aus dem Ektoderm stammen, zum Ganglion werden, und wenn man sich die Sache überlegt, muss man wohl gestehen , dass ein solcher Beweis schwierig zu liefern wäre. Bildet sich überhaupt das Ganglion aus Wanderzellen , so ist wohl desswegen die Auffassung Oka's mit derjenigen von Seeliger zu identificiren. Vgl. übrigens meine pag. 598 ff. Zum Schluss ist es mir unverständlich , wie Oka , nachdem er die Entstehung der inneren Blase der Knospenanlagen aus der über den Entwicklungsoychis der zusammerigesetzten Aseidien. 615 Peribranchialblase geschildert hat , dieselbe als Ento-Mesoderm auf- fassen kann, und zwar ohne die Larvenentwieklung auch nur mit einem Worte zu berücksichtigen. Denn allein bei der Larve giebt es doch Ekto- und Entoderm ! Die Definition des Entoderms ist ja nicht »Alles, was Darm bildet,« sondern «das embryonale innere Blatt, das bei der Gastrulation des Eies entsteht«, und aus diesem larvalen Blatt kommt ja weder die Peribranchialblase der Ascidienlarve, noch die »innere Blase« der Botryllusknospen. Della Valle nennt freilich diese innere Blase Entoderm , aber seine Auffassung stützt sich auf die Untersuchung einer Larve von Ciona. auf eine Untersuchung, die (s. oben pag. 592) von allen Seiten bestritten wird. Obwohl ich also hier die Thatsachen in Oka's Arbeit völlig richtig finde, so kann ich doch seinen theoretischen Schlüssen nicht beipflichten. Christiania, den 24. November 1892. Erklärung der Abbildungen auf Tafel 37—39. D = Darm. Mant = Mantel. Eg = Egestionsöffnung. Msz = Mesodermzellen. EU = Ektoderm. 3Itth = Mntterthier. Ei = Eifollikel. NR = Nervenrohr. End = Endostyl. Oes = Ösophagus. Epl = Epithelialer Theil der Wand. Pbc = Peribranchialcavität. Eru\Th= Erwachsene Thiere. Pc = Pericardium. Fl = F'limmergrube. Pg = Pigment. Ghc = Gehirnhühle. Ret = Rectum. Gl = Das Gehirn der senen Thiere. erwach- RPbc = Rechte Hälfte der Peribran- chialcavität. Gsorg = Geschlechtsorgane. St = Stolonen. Hp = Hypophysis. Test == Testis. Hz = Herz. Vb. Pbc = Verbindungsstück der bei- Ig — Ingestionsöffnung. den Hälften der Peribran- In. Bl = Innere Blase. chialcavität. KD = Kiemendarm. Vst = Verbindungsstiel zwischen Kn = Knospe oder Knospe manlage. Knospe und Mntterthier. LPbc = Linke Hälfte der Peribran- v.v = V. Veni = Ventrale Ver- chialcavität. dickung des Nervenrohres. M = Magen. Die Figuren 1—32 beziehen sich auf Botryllus violaccus, 33—42 auf iJi- staplia magnilarva. Mittheilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 41 616 Johan HJurt Tafel 37. Fig. 1, 2 und 4 sind von Herrn Heinze in Neapel, Fig. 3 ist vom Universitäts- zeichner Krapf in München gezeichnet. Fig. 1. Ein Theil einer Colonie, die Lage der Knospen und Stolonen im Verhältnisse zu den Mutterthiereu zeigend. Nur ein Thier ausge- führt. Die erwachsenen Tiiiere sind noch nicht kreisförmig ange- ordnet. Vergr. 35. Fig. 2. Junge Knospe von der linken Seite gesehen. Die dorsale Seite dem Mutterthiere zugewandt. Vergr. etwa 140. Fig. 3. Altere Knospe in derselben Lage wie Fig. 2. Kiemenspalten noch nicht angelegt. Man sieht das Nervenrohr und die einheitliche Perlbranchialhöhle. Vergr. etwa 140. Fig. 4. Bedeutend ältere Knospe mit angelegten Kiemenspalten und jungen Knospeuanlagen. Zeigt die fortgeschrittene Entwicklung der Peri- branchialcavität. Vergr. etwa 140. Fig. 5. Längsschnitt durch einen Stolo, um seine einschichtige Structur und das charakteristische Epithel seines Endabsclinittes zu zeigen. Zeiss Homog. Imm. 'ig. Fig. 6. Querschnitt durch eine Knospe, die ein wenig jünger als die der Figur 4 ist. Man sieht die ersten Knosjienanlagen als Verdickungen der Peribranchialcavität. Vergr. 350. Fig. 7. Knospe von ungefähr demselben Alter. Ihre jungen Knospen- anlagen etwas weiter entwickelt als die der vorhergehenden Figur. Gleiche Vergrößerung. Fig. 8. Eine kleine Colonie aus 2 erwachsenen Thieren und 4 Knospen. Zeigt die Verzweigung der Stolonen und die Lage der Knospen, a. Anlage der Knospen einer Knospe, b. Ausbuchtung des Ektodermes für die Anlage der Geschlechtsorgane. Schwache Vergr. Fig. 9. Schräger Querschnitt durch eine alte Knospe mit noch nicht fertigen Kiemenspalten. Ihre Knospe Kn, die wie die Knospe der Fig. 2 dem Mutterthiere anliegt, ist sagittal getroffen; Verbindungsstiel zwischen beiden noch zweiblättrig. Vergr. 350. Fig. 10. Junge, noch nicht vom Mutterthiere abgeschnürte Knospe [Kti] mit sich ihr anlegenden Geschlechtsorganen. Vergr. 2ü0. Fig. 11. Querschnitt durch eine sehr junge Knospe, die nur aus U/d. und In. Bl. besteht, saramt den Geschlechtsorganen vom Mutterthier abgeschnürt. Vergr. 350. Fig. 12. Geschlechtsorgane. Vergr. 300. Tafel 38. Fig. 13 — 19. 7 Querschnitte einer Serie durch eine Knospe desselben Alters wie die der Fig. 22. Die Figuren sollen den complicirten Bau dieses Stadiums erklären. Vergr. 200. Die Schnittrichtungen der einzelnen Figuren sind in Fig. 22 durch punktirte Linien markirt, und zwar entspricht o — ,3 der Fig. 13, Y — Ò der Fig. 14, z — C der Fig. 15 (in Fig. ibh ist das Rohr KR näher ausgeführt; Vergr. 420), rj — 8 der Fig. IC, i — x der Fig. 17. X — fx der Fig. 18, v— | der Fig. 19. Man sieht die vorn getrennten, hinten noch zusammenhängenden Hälften der Peribranchialhöhle, das Nervenrohr vorn geschlossen etc. über den Entwicklungscyclus der zusammengesetzten Ascidien. 617 Die Figuren 20—24 und 29 sind alle Medianschnitte durch Knospen auf verschie- denen Stadien. Vergr. ."^50. Sie illustriren die Entwicklung des » Dorsalrohres « und die allmähliche Abschnürung der Phc auf der dorsalen Seite des Kiemendarmes. Die Figuren 25 — 28 sind Querschnitte verschiedener Knospenstadien, um die allmähliche Differenzirung des Dorsalrohres zu zeigen. Fig. 25 und 26 sind 420mal vergrößert, Fig. 27 ist mit Zeiss Immersion 2,00 mm gezeichnet, Fig. 28 350mal vergrößert. Fig. 30 ist ein Medianschuitt durch eine sehr alte Knospe. Das Ganglion ist von der Hypophysis abgeschnürt. Vergr. 200. Fig. 31. Ein schräger Querschnitt durch eine Knospe. Man sieht eine junge Knospenaulage Kn, die Bildung des Herzens und der Geschlechts- organe. Vergr. 200. Fig. 32. Querschnitt durch eine Larve von Botrijllus, um die Knospenanlage Kn derselben zu zeigen. Tafel 39. Fig. 33, nach einem Totalpräparat von Herrn Kr.\pf in München gezeichnet, lässt die lugestionsöflfnung und das larvale Nervensystem von Distaplia magnilarva in seiner höchsten Ausbildung erkennen. Vergr. 200. Fig. 34 und 35 stellen Querschnitte durch Stadium I dar; ihre Richtung ist in Fig. 36 durch a — ^ (Fig. 34) und y — ^^ Fig- 35) augedeutet. Vergr. 650. Fig. 36. Frontalschnitt durch Stadium I. Vergr. 300. Fig. 37 und 38. Zwei Querschnitte durch dieselbe Eegion eines Larveu- gehirns auf Stadium II, wie die Figuren 34 und 35 auf Stadium I. Vergr. 650. Fig. 39 und 40. Zwei auf einander folgende Querschnitte durch die vor- derste Region der Gehirnblase auf Stadium III. Vergr. 300. Fig. 41. Frontalschnitt durch ein Stadium zwischen II und III. Vergr. 250. Fig. 42. Sagittalschnitt durch Stadium III. Vergr. 250. 41* Eine neue Stauromeduse [Capria n. Sturdzii n.) Dr. Gr. Antipa aus Bukarest. Mit Tafel 40. Als wir das am 19. Mai dieses Jahres in der Nähe der Insel Capri (bei der blauen Grotte) in einer Tiefe von ungefähr 80 m er- beutete Material durchsuchten, fanden wir auf einem Haufen Serpu- lidenröhrchen ein gelblich- weißes Kliimpchen; Herr Conservator Lo Bianco, der ausgezeichnete Kenner der Fauna des Golfes von Neapel, machte mich sofort mit der Bemerkung darauf aufmerksam, dass es eine Lucernaride oder vielleicht eine Lipkea sein könnte. Erfreut über diesen Fund brachte ich gleich das Thier in einem besonderen Glase unter, wo es sich bald ausstreckte. Wie groß war aber mein Erstaunen, als ich es nun beobachtete: zwar sah es auf den ersten Blick irgend einer festsitzenden Stauromeduse sehr ähnlich, sein Schirmrand aber war in 10 gleich große Arme oder Randlappen getheilt, und noch mehr, mitten aus der Subumbrella ragte ein langer fünfeckiger Mundstiel hervor ! Das Thier hatte also ein vollkommen pentameres Aussehen, und ich dachte, ich hätte ein ganz neues Wesen, eine fünfstrahlige Meduse vor mir. Erst später auf Schnitten überzeugte ich mich davon, dass diese Pentamerie, wie ich nachher zeigen werde, nur äußerlich war und eine Anomalie vorstellte: in Wirklichkeit ist die innere Organisation ganz deutlich tetramer. und so haben wir es mit einer typischen Stauromeduse zu thun. Nicht so leicht ist es aber gewesen, die Stellung dieses Thieres innerhalb der Ordnung der Stauromedusen zu bestimmen; denn es lässt sich in keiner von den beiden Familien der Lucernariden oder Eine neue Stauromeduse. 619 Tesseriden, wie sie gegenwärtig begrenzt sind, unterbringen, sondern zeigt einerseits Charaktere, die nur der einen oder nur der anderen Familie eigen sind, andererseits einige Charaktere, die vom ver- gleichend-anatomischen Standpunkte sehr wichtig sind, da sie uns die Erklärung mancher isolirten Bildungen bei den Lucernariden er- möglichen, wie z. B. der secundären Tentakel. In Folgendem gebe ich zunächst eine genaue anatomisch-histo- logische Beschreibung der Capria und suche dann durch Vergleich mit den anderen Stauromedusen ihre Stellung zu bestimmen. — Bei der Beschreibung habe ich Haeckel's Terminologie angewandt. Da ich nur ein einziges Exemplar der Capria zur Verfügung hatte, so habe ich es erst im Leben so gut wie möglich beobachtet, darauf in eine 1 %oige Lösung von Chloralhydrat in Seewasser ge- bracht, wo es 3 Stunden verweilte, und es erst dann mit einer concentrirten Lösung von Sublimat in dest. Wasser fixirt ; ich erhielt so ein ausgezeichnetes Resultat, denn das Thier starb vollkommen ausgestreckt. Gefärbt wurde es mit Mayer's Salzsäure -Carmin. Aus einem Armlappen fertigte ich ein Toto - Präparat an, den Rest des Thieres hingegen bettete ich in Paraffin ein und zerlegte ihn in Querschnitte von 5, 10 und 15 u Dicke, die noch mit einer Lösung von Pikrinsäure in Terpentinöl nachgefärbt wurden. Die Arbeit wurde in der Zoologischen Station zu Neapel ge- macht, und ich ergreife die Gelegenheit, eine angenehme Pflicht zu erfüllen, indem ich der ganzen Verwaltung dieser Anstalt, speciell dem Herrn Prof. Dohrn, für die freundliche Aufnahme, die ich in ihr gefunden habe, sowie für mancherlei wissenschaftliche Unter- stützung meinen Dank ausspreche. Specielle Besehreibung. Äufsere Form (Taf. 40 Fig. 1). Cajjria hat eineigelblich-weiße Farbe und besitzt in vollkommen ausgestrecktem Zustande eine Länge von ungefähr 9 mm und eine Breite (den größten Schirm- diameter genommen) von 5,5 — 6 mm. Sie sieht einer Lucernaride ähnlich. Der Körper zerfällt hier wie dort in 3 Hauptregioneu : 1) den Becher oder eigentlichen Schirm, 2) den Schirmstiel mit der Fußplatte und 3) den Schirmrand mit den Randlappen. Der Becher hat die Form einer von oben nach unten zusam- mengedrückten Kugel; er ist beinahe ly^mal so weit wie hoch, jedoch kann man die Höhe nicht mit Genauigkeit angeben, da er 620 Gr. Antipa unten am aboralen Pole ohne scharfe Grenze in den Sehirmstiel übergeht. Der aborale Schirmstiel, der nichts weiter ist als eine Ver- längerung der Exumbrella des Schirmes, ist ungefähr so lang wie der Becher selbst; sein Durchmesser ist in der Mitte am kleinsten (3,1 mm) und nimmt von dort aus nach dem aboralen Pole zu, um mit einer 3,5 mm breiten Scheibe, der Fußplatte, zu endigen. Mit dieser war das Thier auf Serpulidenröhren befestigt; es klebte so stark daran, dass es beinahe unmöglich gewesen wäre, es im Leben unverletzt loszumachen ; nach der Conservirung hingegen löste es sich leicht ab. Ich führe diesen Umstand desswegen an, weil er uns einen Beweis mehr dafür liefert, dass die Fußplatte nicht chemisch (durch das Secret besonderer Drüsen] , sondern rein mechanisch, wie ein Saugnapf, functionirt s. unten p. 623 . -Hierfür spricht auch der Umstand, dass sie in der Mitte vertieft war. Ihre Umrisse waren unregelmäßig. Der eigenthümlichste und wichtigste Haupttheil aber, wodurch sich Capria schon äußerlich von allen bis jetzt bekannten Stauro- medusen unterscheidet, ist der Schirmrand. Er ist bei unserem Exemplare in 10 gleich große Randlappen getheilt, jedoch sind 2 ohne Zweifel nur eine individuelle Anomalie. Denn während jedem von den 3 ersten Quadranten 2 solche ad- radiale Randlappen zukommen, liegen in dem 4. Quadranten, der am Rande beinahe doppelt so breit wie die anderen ist, 4 Lappen. Die Beziehungen zu den anderen Organen, speciell zu dem Mund- stiel, werden es uns noch besser beweisen. Wir müssen also für Capria normal 8 Arme am Schirmrande annehmen. Wenn sie also in Zahl und adradialer Lage dieser Randlappen mit den Lucernarideu übereinstimmt, so entfernt sie sich doch weit davon durch Form und Bau derselben. Während nämlich bei den Lucernarideu die Rand- lappen mehr als Träger der kleinen Tentakel dienen, sind sie bei Capria zu wirklichen Armen geworden. Das Thier bedient sich ihrer als Werkzeuge zum Fangen und Tödten der Nahrung. Die Randlappen (Fig. 1 und 8 , deren Innenfläche in diesem Falle Subumbrellarfläche) mit einem prallen Kissen versehen war, während die Außenfläche eben war, sind sehr stark ausgebildet und ragen weit über den Schirmrand hervor. Ihre Länge ist 1.3 mm, ihre Breite nur 0,9 mm ; der Abstand zwischen 2 Lappen ist etwas kleiner als letzteres Maß. — Charakteristisch ist besonders der Rand der Lappen. Er ist weder, wie bei den Lucernarideu, mit secundären Eine ueue Stauioiueduse. 621 Tentakeln besetzt, noch, wie bei Lipkea^ ganz glatt die Tesseriden . besitzen ja überhaupt keine Kandlappeu), sondern ist rund herum- von einem dünneren Saum umgeben, und dieser Saum selbst zer- fällt in kleine Zähnchen (Fig. 8) . Letztere sind vielleicht als Homo- loga der secundären Tentakel der Lucernariden zu betrachten (s. unten p. 625). — Auf der Subumbrellarvvand jedes Lappens fallen schon bei Betrachtung mit dem bloßen Auge mehrere (meist 5 — 8) große milchweiße Flecken auf, die so aussehen, als ob sie mit einem dünnen Stiele der Körperwand aufsäßen; dies sind eigenthümlich gebaute Nesselbatterien. Mit ihnen tödtet die Capria die von ihren Armen gefangene Beute ; sie leisten ihr also den Dienst, den die secundären Tentakel mit ihren Nesselknöpfchen den Lucernariden leisten. Ihre Breite kann bis zu 0,23 mm steigen. Die Subumbrella ist durch eine deutliche Rand furch e von der Exumbrella abgegrenzt. Sie ist eng und tief und hat überall dieselben weißen Flecken (Nesselbatterieu) , wie sie auf der Innen- seite der Randlappen vorkommen ; jedoch sind sie hier kleiner als dort. — Zu besprechen sind von den Organen der Subumbrella : die Musculatur, der Mundstiel und die Trichterhöhleu. Während die bisher beschriebenen Organe in ihrem Bau ent- weder der Capria ganz eigen waren oder mit den Lucernariden die meiste Ähnlichkeit hatten, stimmt die Musculatur vollkommen mit der der Tesseriden überein. Hier wie dort ist der Randmuskel ringförmig geschlossen und nicht, wie bei den Lucernariden, in 8 einzelne Muskeln getheilt. Er ist ein 225 ,u breites Band und ver- läuft ununterbrochen um den ganzen Schirmrand herum, an der Basis der Randlappen (Fig. 1). Auch die Längsmuskeln zeigen dieselben ursprünglichen Verhältnisse wie bei den Tesseriden; sie bestehen aus Fasern, die sich über die ganze Oberfläche der Subumbrella zer- streuen , um ähnlich wie dort und im Gegensatz zu den Lucerna- riden einen zusammenhängenden, trichterförmigen Glockenmuskel (musculus codonoides Haeck.) zu bilden. — Erst in der Tiefe ver- einigen sich die Fasern in 4 Felder, um sich in die 4 interradialeu Septenmuskeln fortzusetzen, nach dem Rande zu hingegen zerstreuen sie sich immer mehr und verlaufen beinahe parallel. In der Tiefe der Subumbrella ist der mächtige und lauge Mund- stiel angeheftet (Fig. 2 und 3), dessen Spitze den deutlich fünf- kreuzigen Mund trägt; zwischen je 2 Kreuzarmen des Mundes verläuft nach der Basis des Stieles zu eine tiefe longitudinale Furche, und diese zerlegen den Mundstiel in 5 deutliche Vorsprünge und 622 Gr. Antipa verleihen ihm ein ganz pentaradiales Aussehen. Von diesen Furchen Hegen 4 interradial und setzen sich nach der Basis zu in die 4 inter- radialeu Trichterhöhlen fort (Fig. 4 und 5 a, ò, c, (/) ; 3 mit diesen alternirende, in 3 Perradien liegende Vorsprünge (i, 2, 3 in Fig. 4) verbinden sich mit der subumbrellaren Wand und bilden die 3 ent- sprechenden Mundstrebepfeiler; die 5. Furche e aber, welche perradial liegt, verschwindet allmählich nach der Basis zu, indem die 2 Vor- sprünge zu ihren beiden Seiten sich immer mehr einander nähern und mit einander verschmelzen, um sich dann mit der subumbrellaren Wand im Perradium zu vereinigen und den 4. Mundstrebepfeiler zu bilden (Fig. 4 und 5). — Ich muss hier gleich bemerken, dass diese 5. Furche mit den Vorsprüngen zu ihren beiden Seiten in einem und demselben Quadrant liegt , und zwar in dem , wo am Schirm- rande sich auch die zwei Arme mehr gebildet haben. Somit ist es sicher, dass die anscheinende Pentamerie nur eine individuelle Ano- malie ist und nur das Äußere betrifft, während im Inneren eine typische Tetramerie herrscht. Man braucht, um sich hiervon zu überzeugen, nur die Querschnitte 4 , 5 und 6 mit einander zu ver- gleichen. Wir müssen also auch für die Capria normalerweise einen langen Mundstiel mit 4 perradialen Vorsprüngen, 4 iuterradialen Furchen und vierkreuzigem perradialem Munde annehmen i. In den Interradien vertieft sich von dem Ansätze des Mundstieles aus die Subumbrella zu 4 großen und weiten Trichterhöhlen (In- fundibula). Sie reichen bis zum Ansatz des Schirmstieles, d. h. bis au den Ursprung der Taeniolen. — Auf ihren Seitenwänden (nach den Radialtascheu zu) liegen die 8 adradialen breiten Gonaden: 1 Wenn diese Anomalie vom anatomischen Standpunkte freilich gar keine Bedeutung hat und der systematischen Beurtheilung des Thieres gar kein Hindernis iu den Weg stellt, so bietet sie uns doch ein schönes Beispiel dafür dar, wie ein radiär gebautes Thier, indem sich eins seiner Paramere verdoppelt, äußerlich seine Radienzahl vermehrt. Ähnliche Beispiele trifft man sehr oft bei den Echinodermen, hauptsächlich bei den Seesternen an. Aber auch unter den Coelenteraten kennt man verschiedene ; ich citire von den Korallen nur Caryophyllia rugosa^ die von Moselev als achtzählige Koralle beschrieben wurde, bei der aber G. v. Koch in ausgezeichneter Weise gezeigt hat, dass die Jungen ursprünglich typisch sechsstrahlig sind und erst allmählich pseudo-octomeral werden. Indem nämlich die Septen in 2 benachbarten Sectoren sich schnell bis zur 4. Ordnung vermehren, in den anderen 4 Sectoren hingegen nur bis zur 3. Ordnung gelangen, erhält die Koralle im Ganzen 32 Septen, die sich der Größe nach in 3 Cyclen von 8, 8 und 16 anordnen. Auch das KoROTNEFF'sche Exemplar von Lucernaria octoradiata mit meh- reren verdoppelten Parameren ließe sich vielleicht hier anreihen. Eine neue Stauromeduse. 623 jedoch siud diese so versteckt, dass man sie von außen fast gar nicht sehen kann, wesswegen auch ihre genauere Beschreibung erst in dem nächsten Abschnitt gegeben werden soll. Feinerer Bau. Die Körper wand besteht, genau wie bei allen anderen Stauromedusen , aus den drei Schichten: Ektoderm, Gallerte und Entoderm. Das Ektoderm ist überall von ziemlich gleicher Dicke (etwa 12/^1 und besteht aus der dünnen Cuticula und der aus länglichen Zellen gebildeten Hypodermis. Nur an wenigen Stellen wird es entweder dünner, z. B. an den Vorsprüngen des Mundrohres, oder dicker, so am Saum der Randlappen oder an der Fußplatte. Die Kerne liegen stets in der inneren Hälfte der Zellen. Es ist zu bemerken, dass die Zellen, welche die Hypodermis der Fußplatte zusammensetzen, einander alle gleich sind und sich nur durch ihre Länge von den anderen Ectodermzellen unterscheiden. Ich habe dort keine beson- deren Drüsen gefunden, deren Secret zur Anheftung des Thieres dienen könnte. Zwischen den gewöhnlichen Zellen der Hypodermis tritft man sehr oft einzelne Nesselzelleu mit einer Breite von unge- fähr 8 i-i und einer Länge von 12 u (Fig. 12). Selten vereinigen sie sich an der Exumbrella zu mehreren (bis 8 Stück), um eine Nessel- batterie zu bilden: dagegen treten an der Subumbrella, speciell an den Randlappen, dem Schirmrand und Mundrand, ganz merkwürdige Batterien auf Das Entoderm besteht aus Zellen, die beinahe doppelt so lang sind (ungefähr 20 ^<) wie die Ektodermzellen. Die Kerne liegen stets mehr nach der Gallerte zu. Die vielen Nesselzellen, die man hier überall zerstreut findet, unterscheiden sich durch ihre Dimen- sionen bedeutend von denen des Ektoderms : sie sind viel dünner und kleiner als jene (nur 6 /.i lang und 2,4 — 3 ^i breit). Alle liegen sie an der äußeren (gastralen) Epithelfläche (Fig. 16). Die Gallerte der Exumbrella zeigt auf Schnitten in Folge der Conservirung (Wasserentziehung) eine ungleichmäßige Dicke, doch kann man im Allgemeinen als Mittel 40 — 50 f.i annehmen. Mit Salz- säure-Carmin färbt sie sich nach der ektodermalen Seite zu nur ganz schwach rosa, nach der entodermalen hingegen tief roth, daher sieht sie hier viel dichter aus als dort. Die elastischen Fasern, welche die ganze Gallerte der Lucernariden so reichlich durchsetzen, habe ich bei Capria kaum angetroffen. In der Subumbrella ist die Gallerte 624 tir. Antipa viel dünner (höchstens bis 7 ,«) ; nur da, wo das Ektoderm sich vom Entoderm entfernt, um dazwischen Platz für andere Organe (Gonaden, Nesselbatterien etc.) zu lassen, ist sie etwas stärker; stets färbt sie sich aber hier nur ganz schwach. In den Cathammata schließlich bildet sie zwar nur eine ganz dünne Lamelle, ist aber doch sehr dicht und färbt sich tief roth. Mit dem Ektoderm der Subumbrella im Zusammenhange steht die Muskulatur. Der Kranzmuskel hat überall einen gleichmäßi- gen ovalen Querschnitt mit dem größeren Durchmesser von 225 und dem kleineren von 140 — 150 fi; er besteht, wie die ähnlichen Mus- keln anderer Acraspeden, aus Fibrillen, die sich auf dünnen, sich dendritisch verzweigenden und mit einander anastomosirenden Gallert- lamellen ausbreiten (Fig. 14). Die Radial muskeln bestehen aus einer einzigen Schicht Fibrillen, die Ausläufer der Ektodermzellen zu sein scheinen (Fig. 1 5) und sich auf die Gallerte unter ihnen auf- legen : sie zerstreuen sich regelmäßig über die ganze Subumbrella und reichen unten bis an die Ränder der Armlappen (Fig. 8. 9, 11 Lgsm. jP), jedoch faltet sich bei ihrem Eintritt in die Trichterhöhlen die Gallerte, welcher die Muskelfibrillenplatte aufsitzt, und verästelt sich so, dass die vorher zerstreuten Fibrillen sich jetzt zu 4 Mus- keln vereinigen, die allerdings noch ziemlich breit und dünn sind (Fig. 6 Lgs7n). Je näher sie aber dem aboralen Pole kommen, desto stärker werden die Verästelungen und anastomosiren sogar mit ein- ander: es bilden sich also allmählich 4 immer compactere Muskeln, die sich mitten in die Taeniolen des Schirmstieles fortsetzen (Fig. 7). An der Fußplatte angekommen, breiten sie sich aus, bilden eine kräftige Muskulatur derselben und bewirken durch ihre Contractionen die Anheftung der Platte wie ein Saugnapf. Sie endigen alle mitten in der Platte in einem Punkte. — Zu erwähnen wäre noch, dass man unter dem Ektoderm des Mundstieles eine Schicht von verein- zelten parallelen Längsmuskelfibrillen antrifft. Im Baue der 8 hohlen adradialen Raudlappen verdienen besondere Aufmerksamkeit der Randsaum mit den Randzäliueu und die Nesselbatterien, im Übrigen stimmt die Wand der Lappen voll- kommen mit der übrigen Körperwand überein. Wie schon hervor- gehoben wurde, endet jeder Lappen mit einem dünnen, ungefähr 90 /< breiten Randsaume (Fig. 8), und jeder Saum wieder ist in lö — 20 kleine conische Zähnchen getheilt. Diese Ran dz ahn e neh- men an Größe von der Basis nach der Spitze des Lappens zu und können bis 80 ,u lang und 45 ^t breit werden. Ich studirte sie sowohl Eine neue Staiiromediise. 625 auf einem Toto-Präparat (Fig. 8), als auch auf Schuitten (Fig. 10). Überall sieht mau sie von einem engen Canälchen durchsetzt, das bis zu ihrer Spitze verläuft, um dort blind zu endigen; es ist eine directe Fortsetzung der Gastro vascularhöhle. — Fig. 10 stellt einen Schnitt durch 2 solche Zähnchen vor; er ist leider etwas schief ge- führt , so dass sie nicht in ihrer ganzen Lauge getroffen sind. Man sieht nun. dass das Entoderm, welches das Lumen dieser Canälchen bildet, eine andere Beschaffenheit hat, als das übrige Entoderm. Jede Zelle ist nämlich in 2 Abschnitte getheilt; das innere Ende enthält einen plasmareichen, granulösen Inhalt und den Kern, das äußere ist mehr homogen, hyalin; es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass wir es hier mit einem ähnlichen Vorgang wie in den Tentakeln vieler Hydroiden etc. zu thuu haben, wo die Zellen einen plasma- reichen verdauenden Abschnitt zeigen. — Auf das Entoderm folgt eine dünne, aber feste und sich stark färbende Gallertschicht und dann das hier etwas verdickte Ektoderm mit seinen Nesselkapseln. Zwischen den einzelnen Zähnchen findet man öfters kleine Nessel- batterien. — Aus dieser Beschreibung sowie aus den Abbildungen kann man mit Leichtigkeit eine gewisse Ähnlichkeit zwischen diesen Bildungen und den secundären Tentakeln der Luceruariden sehen, und ich halte sie auch beide für homolog; wir brauchen uns nur ein Zähnchen etwas verlängert und seine Spitze in Folge einer fanctionellen Anpassung an das Tasten, Vertheidigen etc. stärker ent- wickelt zu denken, so haben wir den Tentakel einer Lucernaria vor uns. Somit würden diese Randzähncheu der Capria einen Übergang zu den merkwürdigen und isolirten Bildungen der Lucernariden vorstellen. Die Nesselbatterien, die man zu 5 — 8 auf der subumbrellaren Seite jedes Randlappens antrifft, sitzen unter dem Ektoderm tief in die Gallerte eingebettet. Sie stimmen im Bau vollkommen mit den Batterien an der ganzen Oberfläche der Subumbrella sowie am Mund- rand und Schirmrand überein, wesswegen ich sie hier alle zusammen abhandeln möchte. — Jede Batterie (Fig. 9 und 11) besteht aus einer Höhle, die 100 — 130 ,u breit sein kann (dies gilt von denen in den Randlappen, die anderen werden auch viel kleiner) und einem Wand- epithel. Letzteres steht durch einen Zellstraug mit dem äußeren Ektoderm in Verbindung (Fig. 9 und 1 1 Ect.str.) . Die Zellen dieses Stranges sind so angeordnet, als ob sie in der Mitte einen Canal bildeten, und noch mehr; zu beiden Enden des Stranges sieht mau eine kleine Vertiefung als Eingang in diesen Canal (Fig. 11), jedoch habe ich nie ein richtiges Lumen beobachtet. In den Zellen der 626 Gr. Antipa Wand liegen die Nesselkapseln in allen Stadien, wie sie Kling für Lueernariden beselirieben hat. Fig. 9 stellt einen Horizoutalsclinitt dnreh^die subumbrellare Wand eines Armlappeus vor ; sie zeigt die genaue Lage der Batte- rien. Ihr Inhalt besteht (ich habe sie nur auf Schnitten, leider nicht auch an frischem Material untersuchen können; aus zweierlei Elementeu : 1) aus typischen'flaschenförmigen Nesselkapseln, die sich mit Carniin schwach rosa gefärbt haben und in ihrem Inneren deut- lich einen langen Schlauch enthalten , der vom Halse der Kapsel aus erst gerade nach unten verläuft und sich dann mehrmals auf- wickelt (Fig. 13«), und 2) aus Elementeu, die zwar genau dieselbe Form wie die obigen hatten und wie Kapseln aussahen, jedoch so schwarz waren, dass mau entweder in ihnen gar nichts oder höch- stens eine stark lichtbrechende grauulirte Masse {Fig. \'àd] sah. Es war mir im Anfang sehr schwer, über die wirkliche Natur dieser Elemente ins Klare zu kommen, besonders da Carl Vogt bei Lip- kea an denselben Stellen seine »Glandes muqueuses« beschrieben hat. Nachher gelang es mir aber, Übergänge zwischen beiden Ele- menten zu finden, nämlich solche, die nicht ganz schwarz waren (Fig. 13c) und bei denen man neben dem granulösen Inhalt auch den Schlauch sehen konnte, und solche (Fig. 13Z'), welche alle Win- dungen desselben zeigten; so ergab es sich dann, dass diese gleich den anderen echte Nesselkapseln waren, die vielleicht nur in Folge der Behandlung mit Sublimat oder den anderen Reagentien undurch- sichtig geworden waren ^ Übrigens sprechen auch ihre Form und ihre Lage in der Nesselbatterie für ihre Natur als Nesselkapseln ■-^. Das Gastrovascularsystem wiederholt im Großen und Ganzen die Form des Körpers. Er setzt sich hier wie bei allen anderen Stauromedusen aus dem Hauptdarm und aus den 4 Radialtaschen (Kranzdarm) zusammen. Der Hauptdarm fängt mit dem vier- kreuzigen (bei unserem Exemplare anomal fünfkreuzigen) Munde an, der in das lange Mundrohr hineinführt. Die Wand desselben ' Nicht nur hierbei, sondern auch bei der Entscheidung über die Anomalie am Schirmrande etc. habe ich mich des Rathes des ausgezeichneten Kenners der Coelenteraten , G. v. Koch, zu erfreuen gehabt, der zugleich mit mir in Neapel arbeitete. Ich spreche ihm an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aus. 2 Ich muss hervorheben, dass auch unter den vereinzelten Nesselkapselu des Ektoderms sowie den kleinen entodermalen viele schwarze mit granulösem Inhalt waren; die Übergangsformen konnte man auch hier antreffen, so dass dadurch die Deutung als Nesselkapseln noch sicherer wird. Eine neue Stauromeduse. 627 bildet an den entsprechenden Stellen der 4 (am Mund anomal 5) äußeren Furchen 4 (resp. 5) innere Entodermfalten, in die sich auch die Gallerte fortsetzt; sie reichen bis nahe an seine Mitte, so dass sein Lumen in 4 Kammern getheilt wird (Fig. 4 und 5). Die Falten setzen sich in dem Centralmagen weiter fort (Fig. 6), werden aber allmählich kleiner und verschwinden zugleich mit den 4 Trichter- höhlen am Anfange der Taeniolen. Das Mundrohr führt direct in den weiten conischen Central- magen, und dieser setzt sich ohne scharfe Grenze in dem Stiel- canal (Grundmagen) weiter fort. Einen großen Theil des Magen- raumes nehmen die 4 weiten interradialen Infundibula ein, jedoch vergrößern sie nur die verdauende Oberfläche ; offenbar auch nur zu diesem Zwecke bildet hier das Entoderm viele Vorsprünge und Falten. An der Wand des Stielcanals entspringen 4 hohe (etwa 530 i-i) interradiale Taeniolen, welche an ihrer Anheftungsstelle ganz dünn (etwa 32 ^i) sind, aber am Rande in Folge der 4 Längsmuskel- stränge, die sie enthalten (Fig. 14), bis zu 80 fi anschwellen. — Die Gast r al filamento fangen ungefähr in der Mitte des Central- magens an und ziehen durch die ganze Länge des Thieres bis zur Fußplatte. Sie sind sehr zahlreich, besonders im Stiele, und heften sich an den Rand der Taeniolen an. Ihre Länge kann bis zu 2, sogar 3 mm steigen, ihre Breite bis zu 30 ,«. Sie bestehen aus einem Entodermschlauch voll Gallerte. An ihrer Spitze (s. den Quer- und Längsschnitt Fig. 17 a und 5) liegen im Epithel sehr viele kleine Nesselkapseln, die nach der Basis immer seltener werden. Vom Centralmagen gelangt mau durch 4 perradiale Gastralostien in die Radialtaschen; diese (sind durch 4 dünne aber lange Septal- leisten von einander getrennt, welche nur am Schirmrande eine kleine Öffnung (Circular-Ostium) freilassen, um einen Rand canal zu bilden, ähnlich wie bei den Lucernariden und im Gegensatz zu den Tesse- riden, wo die Leisten nur auf 4 Punkte (Septal-Knoten, Cathammen) beschränkt sind. Auf der subumbrellaren Wand der Radialtaschen entlang den Trichtei höhlen liegen, ähnlich wie bei den Lucernariden (ausgenom- men Halicijathus]^ paarweise zu beiden Seiten der Septalleisten die 8 adradialen Gonaden in Form von 8 breiten Bändern; sie reichen nach unten nur bis zur Anheftungsstelle des Mundstieles , kommen also gar nicht aus der Trichterhöhle hervor, so dass man sie von außen nicht sehen kann. Nach oben reichen sie bis zum Eingänge in den Schirmstiel. Jedes Band ist, wie bei den Lucernariden, aus 62b Gr- Antipa vielen Säekclien zusammengesetzt, und diese wieder aus je 1 — 3 ge- lappten Follikeln; letztere erweitern sich zu einem Sinus, der bei unserem einzigen Exemplare voll reifer Spermatozoen war. Die Sinuse verlängern sich zu kleinen Canälchen , die sich mit einander ver- einigen, um durch einen größeren Ductus nach außen in die Kadial- tasche zu führen; diese Ducti waren immer oifene Canale. Sogenannte Mesogon-Taschen, wie sie einige Lucernariden (Hali- eyathidae) haben, waren hier nicht zu beobachten. Ich brauche kaum uoch zu erwähnen, dass ich an dem einzigen Exemplar das Nervensystem, welches ja bei den Coelenteraten nur durch ganz besondere Methoden (die meistentheils frisches Material verlangen) nachzuweisen ist, nicht studiren konnte. Wenn wir das bisher Gesagte kurz zusammenfassen, so erhalten war folgende Diagnose ; Cajnia Sturdzii n. g., u. sp. Genus-Diagnose: Stauromedusen mit 8 adradialen, in richtige Arme zum Fangen und Tödten umgewandelten Randlappen; ohne suc- cursale Tentakel, aber mit einem in kleine Zähnchen getheilten Saum um die Arme und mit eigenthümlichen großen Nesselbatterien in ihrer subumbrellaren Wand. Keine Principal-Tentakel. Kranzmuskel des Schirmrandes ringförmig, nicht in 8 isolirte Randmuskeln zer- fallen. — Läugsmuskeln gleichmäßig trichterförmig über die ganze Oberfläche der Subumbrella vertheilt. Die 4 Septalleisten der Radial- taschen reichen bis nahe au den Schirmrand, wo sie von dem Ring- canal durchbohrt werden. Ein langer Mundstiel. 8 adradiale Gonaden. Ein Schirmstiel zum Anheften. Species-Diagnose: Schirm platt -kugelförmig, VIiVuìà so weit wie hoch. Schirmstiel breit, so laug wie der Schirm selbst. Fußplatte breit, ähnlich einem Saugnapf. Arme mit Randsaum, der in 16 — 20 Zähncheu getheilt ist, und mit je 5—8 großen Nessel- batterien iu der subumbrellaren Wand. 4 Reihen Gastralfilamente längs den 4 interradialen Taeniolen von der Mitte des Centralmagens bis zur Fiißplatte. Mundrohr lang, vierseitig prismatisch, mit 4 inter- radialen Längsfurchen. Mundöfifnuug vierkreuzig. 8 bandförmige Gonaden, oben (aboral) bis zu den Taeniolen, unten nur bis zu den Öffnungen der Trichterhöhlen reichend. Eine neue Stauromeduse. 629 Systematisehe Stellung. Versuchen wir mm noch kurz zum Schlüsse, so gut es geht, die Stellung der Capria innerhalb der Gruppe der Stauromedusen zu bestimmen. Wie bekannt, wird seit 1877 nach dem Vorschlage Haeckel's die Gruppe der Stauromedusen aus 2 Familien zusam- mengesetzt, nämlich den Tesseridae (Haeckel) und Lucernaridae (Johnston). Beide werden von Haeckel folgendermaßen definirt: Tesseridae (Haeck, 1S77). «Stauromedusen mit einfachem, un- getheiltem Schirmraud, ohne hohle Randlappeu oder ,Arme'. 8 Prin- cipal-Tentakel (4 perradiale und 4 interradiale) stets vorhanden, nicht in Randanker oder Sinneskolben verwandelt; außerdem bis- weilen noch zahlreiche succursale Tentakel. Kranzmuskel des Schirm- randes ringförmig, nicht in 8 isolirte Randmuskeln zerfallen. Auf dem Scheitel des Schirmes entweder ein Scheitel -Aufsatz oder ein Schirmstiel.« Lucernaridae (Johnston 1847). »Stauromedusen mit gelapptem oder eingeschnittenem Schirmrande, welcher durch 8 tiefe Buchten (4 perradiale und 4 interradiale) in 8 hohle adradiale Lappen oder Arme zerfällt; am Ende jedes Armes ein pinselförmiges Büschel von hohlen, geknöpften Tentakeln. 8 principale Tentakel (4 perradiale und 4 interradiale), entweder in adhäsive Randanker verwandelt oder fehlend (rückgebildet oder ausgefallen). Kranzmuskel des Schirm- randes in 8 isolirte Randmuskeln zerfallen. Auf dem Scheitel des Schirmes ein Stiel zum Anheften.« Zu diesen beiden Familien fügte Carl Vogt eine dritte hinzu, die der Lipke'iden, die er folgendermaßen charakterisirt : »Stauroméduses à huit bras, à cloche surbaissé, munies d'une ventouse fixatoire au sommet, dépourvues de tentacules, de canal circulaire, ayant un muscle eu anueau complet au bord de l'ombrelle, des nématocystes disséminés sur la face sous-ombrellaire et des glandes muqueuses très développées. « Meiner Ansicht nach hat diese Familie keine Existenz-Berechti- gung, da sie nur auf die Kenntnis eines einzigen Exemplares, ohne Geschlechtsorgane, also einer Jugendform beruht; so lange man nicht weiß, wie das vollkommen ausgebildete Thier aussieht, kann man, glaube ich, auch keine besondere Familie dafür annehmen. Wenn war nun unser Thier mit jenen beiden Familien verglei- chen, so sehen wir, dass es 1) Charaktere von allen beiden Familien 630 Cri-. Antipa in sich vereinigt, z. B.: während es einerseits vollkommen mit den Tesseriden in der Bildung der Muskulatur (sowohl des Kranz- rauskels als auch der Längsmuskeln) und in dem Mangel der secun- dären Tentakel übereinstimmt, nähert es sich durch das Gastro- vascularsystem , den in 8 adradiale Randlappen getheilten Schirm- rand, den Anheftungsstiel etc. den Lucernariden. Es bildet also hierdurch einigermaßen einen Übergang zwischen den beiden Familien. Es besitzt aber auch 2) einige Charaktere, die nur ihm ganz eigen sind und die es von beiden anderen Familien entfernen, so be- sonders die Entwicklung der Randlappen zu den mächtigen, merk- würdigen, zum Tödten und Fangen eingerichteten Armen mit ihren riesigen Nesselbatterien und den eigenthümlichen Randzähnen. Auch der Lipkea ähnelt unser Thier gerade wie den Tesseriden in der Bildung der Muskulatur, dann noch in den 8 Armen; es unterscheidet sich aber davon durch den Besitz eines Schirmstieles, eines Ringcanals am Rande der Gastrovasculartaschen. eines Mund- stieles, der Zähne am Rande der Arme etc. etc. Es lässt sich also in keine der bisher bestehenden Familien ein- reihen, da es zwar einerseits zu beiden nähere Beziehungen zeigt, andererseits sich aber von beiden unterscheidet. Wir müssen also dafür die besondere intermediäre Familie der Capriidae bilden mit folgender Diagnose : Capriidae n. fam. Festsitzende Stauromedusen mit adradialeu, mächtigen, zum Fangen eingerichteten Armen am Schirmrand. Ohne Principal-Teutakel und ohne Succursal-Tentakel, aber mit einem in Zähnchen getheilten Randsaum um jeden Arm. Krauzmuskel des Schirmrandes ununterbrochen ringförmig, nicht in 8 isolirte Rand- muskeln zerfallen. Längsmuskeln gleichmäßig trichterförmig über die Subumbrella vertheilt. Mit einem Schirmstiel zum Anheften. Neapel, 15. September 1892. Litteratur. Antipa, Gr., Die Lucernariden der Bremer Expedition nach Ostspitzbergen im Jahre 18S9. in: Z. Jahrb. Syst. Abth. G. Bd. 1892. Goette, A., Entwickelungsgeschichte äev Aitrelia aui-ita und Cotylorliizu tuher- culata. in : Abh. z. Entw.-Gesch. der Thiere. 4, Heft. 1887. Haeckel, E. Monographie der Medusen. 1. Theil, 2. Hälfte. Acraspeden. in: Jena. Denkschriften 1879. Eine neue Stauromeduse. 631 Kling, 0., Über Cratherolophus tethys. Ein Beitrag zur Anatomie und Histo- logie der Lucernarien. in: Morph. Jahrb. 5. Bd. 1879. Koch, G. V., Über Canjophyllin riKjosa Moseley. in: Morph. Jahrb. 15. Bd. 1889. Tasehenberg, Otto E., Anatomie, Histologie und Systematik der Cylicozoa etc. Halle 1877, Vogt, Carl, Sur un nouveau genre de Medusaire sessile, Lipkea rnsjjoliaim C.V. in: Mém. Inst. Nation. Genevois. Tome 17. Genève 1877. Erklärung der Abbildungen auf Tafel 40. Fig. 1. Capria Sturdzü von oben im Profil. Man sieht besonders gut die Arme mit ihren Nesselbatterien und Randziihnchen , sowie den Kranzmuskel. Fig. 2. Der anomale fünfstrahlige Mundstiel mit dem fiinfkreuzigen Munde von der Seite. Fig. 3. Mundkreuz von oben. Fig. 4. Querschnitt durch den oralen (nahe dem Schirmrande) Theil des Schirmes. Im Umkreise die 4 liadialtaschen, in der Mitte der anomale fünfstrahlige Mundstiel, n, b, c, d, e die 5 Längsfurchen; N.B. Nesselbatterien; l, 2, 3, t, .5 die 5 Vorsprünge. Obj. a 3, Oc. 2 Zeiss. Fig. 5. Querschnitt etwas höher (mehr aboral) geführt, uni den Übergang des fiinfstrahligen anomalen Mundstiels in den vierstrahligen zu zeigen ; die Furche e verschwindet und die Vorsprünge 4 und 5 ver- einigen sich mit einander, verschmelzen mit der subumbrellaren Wand im Perradias und bilden einen Mundstrebepfeiler. Dieselbe Vergrößerung wie Fig. 4. Fig. 0. Querschnitt in der Gegend des Centralmagens. Ect. Ektoderm, G. Gallerte, Eni. Entoderm, N.B. Nesselbatterien, Lcjs.M. Längs- muskeln, Ent.F. Entodermfalten, Inf. Infundibulum, S.L. Septal- leiste, G.F. Gastralfilament, Gon.S. Gonadensäckchen. Obj. a 3, Oc. 3 Zriss. Fig. 7. Querschnitt durch den Schirmstiel. G. T. GAStviü-Tneniole, T.Ly.s.M. Taeniolen-Längsmuskeln , G.F. Gastral-Filament. — EcL, G., Ent. wie in Fig. 6. — Obj. a 3, Oc. 2 Zeiss. Fig. 8. Ein Arm in toto präparirt. Ex. W. exumbrellare , Sub. W. sub- umbrellare Wand, B.S. Randsaum, U.Z. Randzähnchen, Z.c. Zahn- canälchen (Ausläufer der Gastrovascularhöhle), A'i kleine Nessel- batterien im Randsaum, N.B. riesige Nesselbatterien in der sub- umbrellaren Wand, Iajsìh.F. Längsmuskelfasern. Obj.A, Oc. 2 Zeiss. Fig. 9. Horizontalschnitt durch die subumbrellare Wand eines Armes. W.E. Wandepithel der riesigen Nesselbatterien, N.K. Nesselkapseln, N.Z. nesselkapselbildende Zellen in dem Wandepithel, Ect.Str. Ektodermstrang von der Batterie zur Wand des Armes, Lysin. F. MitthoiluiigBii a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. 10. 42 632 Gr. Antipa. Eine neue Stauromeduse. Längsmuskelfasern. — Ect.,G. und Ent. wie in Fig. 0. — Obj. A, Oc. 3 Zeiss. Fig. 10. Längsschnitt durch 2 Eandzähnchen. Z.c. Zahncanälchen , V.E. plasmareicher verdauender Theil der Eutodermzellen, S.E. hyaliner stützender Theil derselben. Ed., G. und Eni. wie in Fig. 6. Obj. D, Oc. 3 Zeiss. Fig. 11. Querschnitt durch eine riesige Nesselbatterie, c Canälchen zwi- schen Batterie und außen. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 9. Obj. D, Oc. 3 Zeiss. Fig. 12. Nesselkapsel aus dem Ektoderm der Subumbrella. N.s. Nessel- schlauch. Zeiss homog. Immers. Vi-2, Oc. 3. Fig. 13. Verschiedene Nesselkapseln aus einer riesigen Batterie: a eine typische Nesselzelle, d eine durch Sublimati?) ganz schwarz ge- wordene, mit granulösem Inhalt, b und c Übergänge zwischen beiden. Zeiss homog. Immers. V12, Oc. 3. Fig. 14. Querschnitt durch den Randmuskel. Obj. A, Oc. 3 Zeiss. Fig. 15. Ein Stück Epithel von der Subumbrella. Ect. Ektoderm, Zni.F. quergeschnittene Längsmuskelfibrillen = Ausläufer (?) der Ektoderm- zellen, G. Gallerte. Zeiss homog. Immers. ^/i2, Oc. 2. Fig. 10. Ein Stück von der Wand des Mundstieles. Ect. Ektoderm, Eid. Entoderm, En.N.K. entodermale Nesselkapseln. Zeiss homog. Immers. Vi2! Oc. 2. Fig. 17. Gastral-Filament [a im Querschnitt, h im Längsschnitt) in der Nähe seines Endes. Buchstaben wie in Fig. 16. Zeiss homog. Immers. V12, Oc. 2. Fig. 18. Querschnitt durch ein Genitalsäckchen. i^. Hoden-Follikel voll reifer Spermatozoen , Sm. Spermamutterzellen, S. Genitalsinus, A. Aus- führungsgang, Ect. Ektoderm, Ent. Entoderm. Obj. A, Oc. 3 Zeiss. Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1885 1892 von Anton Dohrn. Mit Tafel 41. Seit dem Jahre 1884 habe ich an dieser Stelle über Thuu und Lassen, Leben und Gedeihen der Zoologischen Station keine weitere Rechenschaft gegeben. Als ich das letzte Mal das Wort nahm — vgl. Mitth. Stat. Z. Neapel 6. Bd. 1885 pag. 93 ff. — konnte, ja musste ich über zwei weitaussehende Pläne und Aussichten sprechen, welche gerade damals die Quintessenz meines Wolleus und Handelns bildeten: die Erbauung eines zweiten Gebäudes der Zool. Station und den Versuch, eine schwimmende oceanische Station herzustellen. Erfolg und Misserfolg haben sich dabei die Waage gehalten — heute nun möchte ich über den Ausgang beider Pläne einige aufklärende Worte sagen. Als ich im Jahre 1875 die ersten Anstrengungen machte, für die damals beginnende Laufbahn der Station ein unentbehrliches Instrument zu schaffen: eine kleine Dampfjacht, den jetzt allen Bio- logen so wohl bekannten »Johannes Müller«, schrieb mir mein alter, überaus wohlwollender Freund und Beschützer, Carl Theodor V. Siebold, einen dringenden Brief, in dem er mich mahnte, ja Maß zu halten und nicht durch zu hoch gespannte Ansprüche theils meine eigne Leistungskraft, theils das Wohlwollen weiterer Kreise auf eine allzu harte Probe zu stellen. Von anderer Seite ward mir ge- sagt: »Ne quid nimis! Sie haben so viel erreicht: überspannen Sie den Bogen nicht!« Ich schrieb diese Warnungen der Theilnahme zu, 42* 634 A. Dohrn welche theils der Sache, theils der Person galten, ließ mich aber nicht irre machen. Wie der Erfolg bewies, hatte ich Recht und kann heute wohl sagen, dass der »Johannes Müller (f auf mancherlei Weisen die producirenden Kräfte des ganzen Unternehmens in un- schätzbarer Weise gesteigert hat. Ich sage mit Vorbedacht: auf mancherlei Weise, und will darüber nähere Aufklärung geben. Als ich nach Neapel kam, war das Erste, was ich that, ein Segelboot bauen zu lassen, um damit dretschen und fischen zu können. Das Boot — es existirt noch als das sog. Taucherboot — war mit Rudern oder Segeln zu bewegen. Ein Sommer reichte hin, mich zu überzeugen, wie gänzlich unzureichend es war, das zu leisten, was erfordert wurde. Die Entfernungen im Golfe von Nea- pel sind viel zu groß , als dass darauf gerechnet werden konnte, durch Rudern an die Stellen zu gelangen, welche die größte Ernte für das Grundnetz ergeben mussten ; die Tiefen ihrerseits waren zu beträchtlich, um für das Aufziehen des Grundnetzes durch Menschen- hände nicht allzu rasch das Ultra posse zu erreichen. Gab es hin- reichenden Wind zum Segeln, so verdarb grade auch dieser Wind wiederum die Möglichkeit ausgiebigen Dretscheus : die Wellen wurden zu hoch, das Grundnetz unpraktikabel. Die Noth wendigkeit des »Johannes Müller c lag also zu Tage. Im Mai 1S76 kam das kleine Dampfschiff in Neapel au und be- gann, die Grundbedingungen des Lebens der Zool. Station funditus zu verändern. Bedurfte es auch noch einiger Jahre, um das Grundnetz- fischeu der Zoolog. Station zu der Vollkommenheit zu entwickeln, welche es jetzt erlaubt, binnen 5 — 8 Stunden frische Materialien für das Studium oder die Conservirung, Avenn nöthig Tag für Tag von den weitest entfernt liegenden Jagdgründen (Capri, Ischia, Sirenen- Inseln) herbeizuschaffen, der vielen näher liegenden Punkte (Secca di Beuta palummo, Lo Vervece bei Sorrento, Torre del Greco, Ga- jola etc.) nicht zu gedenken, so war doch aber die Grundbedingung zu der gewaltigen Steigerung der Materialbeschaffung gegeben, welche bei dem stets wachseuden Andrang fremder Gelehrter zur Benutzuag der Station nothwendig, die Conditio sine qua non derselben war. Dies ist so selbstverständlich, dass ich Weiteres darüber wohl kaum zu sagen brauche. Weniger selbstverständlich aber sind andere Elemente, welche die Existenz des »Johannes Müller« für das Leben der Zool. Station bot. Einmal gaben die zahlreichen Excursionen des Schiffes die beste und gründlichste Gelegenheit zur Erholung theils der dauerud 'Bericht über die Zoologische Station währeiui der Jahre 1885— 1S92. 035 Angestellten, tbeils der angestrengt arbeitenden fremden Forscher — eine Erholung, welche das Klima Neapels häufiger nöthig macht, als das nördlicher gelegener Küsten. Ob das Schiff mit oder ohne Passagiere nach Capri oder Ischia fuhr, um dort zu fischen, war für das Flotteu-Conto der Station völlig gleichgültig: es wurden in beiden Fällen gleichviel, oder richtiger gesagt, gleich wenig Kohlen verbrannt; aber ein Tag in der frischen reinen Seeluft zugebracht, hatte — selbst bei den für Manche nicht immer zu vermeidenden Anfällen von Seekrankheit — die allergünstigsten Folgen für die geistige Leistungskraft der an und in der Station thätigen Menschen — und das ist ja wohl nichts Kleines, Mitunter habe ich freilich lesen können, dass dm-ch die Fernhaltung der Zoologen vom selbst- thätigen Dretschen die Zool. Station in Neapel nachtheilig auf die Ausbildung derselben wirke (wobei es mir freilich zweifelhaft ge- blieben ist, ob die bekannten sauern Trauben bei der Fällung dieses Urtheils die Hauptrolle spielten, oder ob die Tendenz der Station, die cerebrale Arbeit so frei wie möglich von allem manuellen Bei- werk zu machen, tibersehen wurde) ; es liegt aber auf der Hand, dass die Herren, welche bei diesen Excursionen an Bord waren, genug Gelegenheit hatten, all die Manipulationen zu lernen, welche dabei wesentlich sind. Kam ja Einer mit dem Wunsch, die Dretsche mit eignen Händen aufzuholen, so war das immer zu ermöglichen, da alle Tage die Ruderboote der Station, wenn es der Zustand des Meeres erlaubt, in Bewegung sind. Es hat aber, so viel ich weiß, Niemand dies Bedürfnis empfunden, wie es denn auch im Allgemeinen nicht mehr Gebrauch ist, in den Postwagen zu steigen, wenn man rascher, bequemer und billiger mit der Eisenbahn fahren kann. Die Fable convenne von dem bildenden Eiufluss der eignen Dretsch-Arbeit ist eben für die große Mehrzahl der heutigen Biologen eine Fabel. Aber eine weitere, und höchst bedeutsame Leistung des »Johannes Müller« ist die Propaganda gewesen — und ist sie noch heute — , welche an Bord desselben für die gesammten Ziele der Zoolog. Station gemacht werden konnte. Der «Johannes Müller« hat sehr häufig die Ehre gehabt, unter seinen Passagieren Fürsten, Minister. Diplomaten, Parlamentsmitglieder und einflussreichste Männer aller Art zu sehen, und leicht begreiflich ist es, wie auf solchen Fahrten Ziele und Arbeiten der Zool. Station in so ausführlicher Weise dar- gelegt werden konnten, dass lebendige Sympathie erregt und günstigste Dispositionen zur Hilfe und Mitwirkung gewonnen wurden. Wer Er- fahrung genug von dem Gange menschlicher Dinge besitzt, wird 636 A. Dohiu ermessen können, welcher Autlieil an dem Gedeihen und der raschen Entwicklung der Zool. Station dem »Johannes Müller« dabei zufiel. Waren somit die Warnungen, von der Erwerbung des «Johannes Müller« Abstand zu nehmen, nicht gerechtfertigt, so sollten andere doch in ihr Recht eintreten, als der Plan entstand und mit Anfangs vielversprechendem Erfolge zur Ausführung gelangte, die oceani seh e schwimmende Station zu schaffen. Ich kann aber der Wahr- heit gemäß versichern, dass der Plan einer solchen schwimmenden Station nicht eine plötzlich aufflackernde Idee war, sondern schon Jahre vor dem Versuch der Ausführung concipirt und in einem an Se. Kaiserl. Hoheit, den damaligen Kronprinzen gerichteten, aber nicht abgesandten Promemoria in seinen Einzelheiten ausgearbeitet war. Den Gedanken fasste ich während eines Sommer-Aufenthalts auf der Insel Ischia im Jahre 1879 und schrieb auch dort das Pro- memoria, welches erst im Jahre 1884 bei einem Gespräche mit dem damaligen Minister v. Gossler erwähnt, von diesem bei allen neuen wissenschaftlichen Plänen so überaus hilfreichen Manne sehr bei- fällig aufgenommen und dann in der That Sr. Kaiserl. Hoheit dem Kronprinzen überreicht ward. Die Mittheilung des Promemoria an Herrn v. Gossler geschah meinerseits nicht in der directen Ab- sicht, den ganzen Plan zur Ausführung zu bringen ; ich beabsichtigte damals vielmehr nur, ein mittleres Stadium zu verwirklichen: ein Schiff zu bauen, welches zwischen Neapel, Sardinien und Sicilien mit größeren Aufgaben, als es der «Johannes Müller« erlaubte, be- traut Averden und biologische und thalassographische Vorarbeiten unter- nehmen sollte. Bei der Discussion dieser Absicht kam mein Pro- memoria zum Vorschein — und erst der lebhafte Antheil, welchen Minister v. Gossler bezeigte, und die gnädige Aufnahme, welche es bei dem Kronprinzen fand, steigerte plötzlich meine Unternehmungslust über das so lange sorgfältig festgehaltene Niveau hinaus derart, dass ich mich sofort an die Ausfuhrung des größeren Planes gab. Wie es anfänglich gelang, die Theilnahme der Nation für diesen Plan zu gewinnen, will ich hier nicht von Neuem darlegen, auch will ich keinen Augenblick verschweigen, dass die Ausführung des ganzen Planes nicht an sich unmöglich war; ganz im Gegentheil: ich halte ihn auch heute noch für durchaus praktisch und verwirk- lichbar. Nur das hatte ich nicht mit voller Klarheit erwogen, wie bedingt meine eigne Existenz allmählich geworden war, und wie un- bedingt und ausschließlich ich mich wenigstens für zwei volle Jahre der Ausführung des Planes der schwimmenden Station hätte überlassen Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1885—1892. (337 müssen, uni ihn in die Wirklichkeit überzuführen. Weder die Be- schaffung- der erforderlichen Geldmittel, noch auch der Bau des Schiffes selbst hätten wirkliche Hindernisse geboten. Beides war so weit ge- fördert, dass weitere sechs Monate ausgereicht haben würden, das Schiff in den Golf von Neapel abzuliefern , wo es von der italieni- schen Marine nach contractmäßig festzustellenden Normen übernom- men, bemannt und Alles für die Navigation besorgt worden wäre, während mir die wissenschaftliche Führung zufiel. Es war einer- seits der Conflict zwischen dem Forscher und dem Familienvater, der diese Pläne schließlich vernichtete, andererseits die weiteren, in Neapel an der Zoolog. Station zu lösenden Aufgaben, welche an meine Thatkraft und vor Allem an meine Anwesenheit in Neapel solche Anforderungen stellten, dass ich den Plan der Oceanischeu schwimmenden Station auf spätere Jahre zu vertagen mich entschloss. Um so eifriger nahm ich die andre Aufgabe in die Hand: den Bau des zweiten Gebäudes der Zool. Station und die Um- gestaltung des ersten nach den durch mehr als 10jährige Praxis gewonnenen Erfahrungen. Die Aufgabe, welche vor mir stand, betraf nicht nur die Schaffung ausreichender Räumlichkeiten für die zu gründende physiologische Abtheilung der Zool. Station: es war eben so nothwendig geworden, mehrere der bestehenden Einrichtungen wesentlich zu erweitern und auch den dauernd angestellten Beamten größeren Spielraum sowohl für ihre Verwaltungs- als auch für ihre wissenschaftliche Thätig- keit zu geben. So bedurfte vor Allem der Conservator Lo Bianco sehr viel mehr Raum für seine stetig sich ausdehnende Arbeit; auch die gesammte Verwaltung der Fischerei und die Unterbringung aller dazu erforderlichen Geräthschaften, die Schaffung von Bassins zur Aufbewahrung lebender Seethiere für Zwecke der Conservirung, die Einrichtung eines Unterrichtszimmers für Marine-Officiere und Marine- Ärzte, welche im Sammeln und Conserviren unterwiesen werden sollten, und ein größerer Raum für das kunstgerechte und rasche Aussuchen der Dretsch-Ergebnisse — Alles das musste von Grund aus neu hergerichtet werden. Jetzt ist für diese Seite der Stations- Thätigkeit das ganze Erdgeschoss des neuen Gebäudes bestimmt, also mehr als der vierfache Raum, den sie früher im Besitz hatte. Die dadurch frei gewordenen Localitäten des alten Gebäudes wurden, nach geeignetem Umbau, zu Vorrathsräumen für die Uten- silien, Chemikalien etc. gemacht, welche auch ihrerseits so anwuchsen, dass in den alten engen Räumen kaum mehr Ordnung herrschte,' 63S A, Dohrn vor Allem aber nicht eine hinreichende Mannigfaltigkeit derselben vorräthig gehalten werden konnte. Wer jetzt beide Departements einer eingehenden Prüfung unterwirft, wird kaum etwas aussetzen, irgend einen ernstlichen Mangel mehr entdecken können. Der unter Prof. Eisig's Leitung stehende Dienst der Laboratorien ist zu einer solchen Vollkommenheit gelangt, dass Klagen, wie sie früher hin und wieder laut wurden, seit Jahren völlig verstummt sind, — wohl der beste Beweis, dass es gelungen ist, eine der Hauptleistungen der Zoolog. Station für die Dauer in ihre definitive Gestalt und dadurch zu einer Routine zu bringen, welche der weiteren Um- und Ausge- staltung entweder nicht mehr bedürfen oder sie sehr leicht machen wird. Zu den wichtigen Vervollkommnungen des Laboratoriums- Dienstes gehört auch die in dem großen Saale der Station durch- geführte Umformung der darin befindlichen 12 «Tische« zu fast völlig von einander getrennten Verschlagen, in denen Jeder nicht nur von seinen Nachbarn fast' ganz unbeobachtet schalten und walten kann, wie er will, sondern auch so beträchtlich mehr an benutzbarer Tisch- oberfläche und Regalen, Tischkasten und separaten Einrichtungen zur Verfügung hat, wie dies früher nicht bestanden und den Wunsch nach eigenem Zimmer lebhaft gestaltet hatte. Auch ist die Menge des Seewassers, welches zur Versorgung der Arbeits-Aquarien im großen Saale dient, nahezu verdoppelt worden, so dass ein Stillstand der vielen, oft an hundert betragenden kleinen Strömchen zur Le- bendighaltung der in Becken und Gläsern isolirten Seethiere oder ihrer Eier und Larven nicht mehr vorkommt. Auch die Bassins in allen Separatzimmern sind nach neuem Modell hergerichtet und verbessert worden; ich glaube kaum, dass ihnen in ihrer jetzigen Gestalt noch irgend ein merkbarer Mangel anhaftet. Eine gleiche Vervollkommnung hat die Aufstellung und Ver- waltung der Bibliothek erfahren. Der Bibliothekar Dr. Schiemenz hatte früher seinen Arbeitsplatz in dem großen Laboratorium, also verhältnismäßig weit entfernt von der Bibliothek ; jetzt ist ihm das Zimmer neben der Bibliothek eingeräumt, welches durch ein kleines Fenster mit letzterer communicirt. Dies Zimmer ist mit dazu eigens construirten Schränken ausgestattet, in welchen die nicht gebundenen Bücher, Hefte und Separata, sorgfältig numerirt und catalogisirt, auf- gehoben werden, so dass sie jeglicher Benutzung fast so leicht zu- gänglich sind, wie die gebundenen Bücher. Da es sich um Tau- sende solcher ungebundenen Schriften handelt, so wird man leicht Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1885—1892. 639 ermessen, was eine durch hinreichenden Platz gesicherte Ordnung- für die Benutzbarkeit und für die Erhaltung dieser wichtigen Kategorie der Bibliothek sagen will. Auch jegliche Verhandlung mit dem Bibliothekar selber ist dadurch sehr erleichtert, und oft finden lange Conferenzen zwischen ihm und den die Bibliothek benutzenden Herren in diesem Zimmer statt, welche früher in der Bibliothek selbst zum Nachtheil der Verhandelnden ebenso wie der übrigen in ihr an- wesenden Herren statt hatten. Der durch die Überführung aller un- gebundenen Schriften in das Bibliothekarzimmer gewonnene Raum ist der Aufstellung der in rapider Weise anwachsenden Zahl ge- bundener Werke zu gut gekommen, für deren Ankauf, je nach Be- dürfnis, die Zool. Station fast alljährlich sich steigernde Summen verwendet. Trotz des Besitzes einer so großen und für die unmittelbare Arbeit berechneten Bibliothek hat die Zool. Station schon seit Jahren Ab- machungen mit einem der bedeutendsten Antiquare getroffen, um auch leihweise Bücher zu beschaffen, welche vorübergehend consultirt werden sollen. Es lässt sich dadurch fast jedes litterarische Bedürfnis befriedigen, und somit ist auch von dieser Seite die Verwaltung der Zoolog. Station zu einem Punkte gediehen, der schwerlich noch über- schritten werden kann. Die bedeutendste Umgestaltung erfuhr aber das ganze Institut durch den Umbau des obersten Stockes des alten Gebäudes. Diese lläumlichkeiten waren anfänglich nach Plan und Einrichtung nur in geringem Maßstabe zu wissenschaftlichen Arbeiten bestimmt, dienten vielmehr als Vorrathsräume, waren desshalb auch kaum so beleuchtet, dass man in ihnen hätte arbeiten können. Sie lagen nach der öst- lichen und westlichen Front des ursprünglichen Gebäudes, während der mittlere südliche Raum ungetheilt der Bibliothek, der nördliche dem großen Laboratorium eingeräumt war, welche beide eine Höhe von 8 m besitzen. Durch die Dislocirung aller in jenen oberen Räumlichkeiten untergebrachten Dinge theils in das neue Gebäude, theils in andere, dazu eingerichtete Verschlage auf der Westloggia des alten Hauses wurde eine Bodenfläche von reichlich 300 qm zur Einrichtung des physiologischen Laboratoriums gewonnen. Die Entfernung des ehemaligen massiven horizontalen Doppeldaches und sein Ersatz durch leichtere, aber höher aufragende schräge Dächer mit nahezu vertical stehenden Oberlichtern erlaubten es, diese neuen Räume eben so hoch und luftig wie hell und — da die Oberlichter größtentheils 640 A. Dohrn gegen Norden gerichtet sind — auch kühl herzustellen, die Käume selbst aber so zu gliedern, dass auf der östlichen Seite das chemisch- physiologische, auf der westlichen das physikalisch- physiologische Laboratorium Platz fanden. Die Einrichtung der chemischen Abtheilung begann Dr. V. ScHROEDER aus Straßburg, jetzt Professor der Pliarmacologie in Heidelberg. Da aber das Klima diesem Gelehrten einen längeren Aufenthalt in Neapel unmöglich machte, so übernahm Dr. E, Herter aus Berlin die Fertigstellung und die Leitung derselben bis /.um April des laufenden Jahres. Die Beschreibung der Einrichtung und Ausstattung des chemisch-physiologischen Laboratoriums aus der Feder Dr. Herters lasse ich jetzt folgen. Das chemische Laboratorium der Zoologischen Station zu Neapel von Erwin Herter. Es ist noch wenig bekannt, dass die Zoologische Station zu Neapel nicht nur für anatomisch-zoologische Arbeiten, sondern auch für physiologische und chemische Untersuchungen reichliche Gelegen- heit bietet. Daher erscheint es zweckmäßig, eine Beschreibung der für letztere Zwecke zur Verfügung stehenden Arbeitsräume und Hilfs- mittel zur Kenntnis der Interessenten zu bringen. Das in den folgenden Zeilen zu besprechende physiologisch -chemische Laboratorium der Station ist seit mehr als zwei Jahren in seiner jetzigen Einrichtung- vollendet. Seine Räume liegen in dem zweiten und dritten (obersten) Stockwerk des älteren Stationsgebäudes. In dem zweiten Stock- werk befindet sich der große Arbeitsraiim mit dem Waagen -Verschlag, das Thierzimmer, das Zimmer für das Digestorium und dasjenige des Laboratorium Vorstehers. Zu diesen Räumen führen drei Treppen, von denen die eine vom Lichthof des Gebäudes ausgeht und unter anderem eine directe Verbindung mit der allgemeinen Bibliothek vermittelt; die zweite kommt aus dem großen zoologischen Saal ; eine hier mün- dende Galerie dient zur Verbindung mit dem physikalisch-physiologi- schen Laboratorium. Die dritte Treppe geht nach unten zum Haupt- portal des Gebäudes und nach oben zu den Räumen im dritten Stockwerk, nämlich dem Schwefelwasserstoffzimmer, dem Vorraths- raum und dem optischen Zimmer. Das Gaszimmer wird vom Raum für das Digestorium aus mit einer besonderen Treppe erreicht. Das flache Dach des Hauses endlich findet ebenfalls für Laboratoriums- Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1885 — 1892. 64) zwecke, z. B. Operiren mit giftigen Gasen, Trocknen an der Luft, etc., Verwendung-. Alle Räume außer dem Vorratbssraum sind mit Gas- und Wasserleitung- versehen ; das Thierzimmer besitzt außerdem noch eine Leitung für Seewasser. Der große Arbeitsrauni wird bauptsäcblicb durch Oberlicht, das von Norden einfällt, beleuchtet und enthält außer dem Verschlage für die Waagen (s. unten) vier chemische Arbeitstische mit Schränken und Kepositorien für Reagentien. Jeder Tisch bietet bequem Platz für einen Laboranten. An der Südwand befindet sich eine Wasser- strahlpumpe von MÜNCKE zum Auspumpen von Trockenapparaten und zum Betrieb eines Gasgebläses; für letzteres ist aber auch der Blasebalg vorhanden. Ein langer Tisch an der Ostwand trägt Filtrirgestelle, Wasserbäder, Thermostaten, Destillationsapparate etc. Die sämmtlichen Arbeitstische (und das Digestorium im Neben- raum) erhalten Wasser einerseits mit sehr hohem Druck direct aus der städtischen Leitung, andererseits mit geringem, gleichmäßigem Druck aus einem Reservoir, das hauptsächlich zur Speisung der Wasserbäder mit constantem Niveau dient. Der Raum enthält ferner unter Anderem einen Gasofen von Fletcher & Comp, zur schnellen Erwärmung größerer Wassermengen. — Der Waagen-Verschlag, aus Holz und Glas, ist durch eine mit Kautschuk gedichtete Thür vom Arbeitsraum aus zugänglich. Er ist mit einer regulirbaren ^'entilationsvorrichtung versehen, welche die Luft von außen bezieht. Neben einer guten gröberen Waage stehen in ihm zwei feine chemische Waagen von Sartorius, welche bis zu 100 respective 500 g Belastung vertragen; die eine ist ein Geschenk der Berliner Akademie der Wissenschaften. Das Thierzimmer mit Seitenlicht von Norden und Osten dient sowohl zum Halten und Beobachten als auch zum Operiren der Thiere. Für ersteren Zweck sind vier Bassins mit Zu- und Abfluss- leitungen vorhanden, welche mit See- oder Süßwasser gespeist werden können. Die Operationen an Fischen werden auf einem Tisch mit niedrigem Rand und Wasserablauf vorgenommen, während man ihnen durch einen Kautschukschlauch Wasser in den Mund leitet und so die Respiration unterhält. Das Zimmer neben dem großen Arbeitsraum ist gleichfalls mit Oberlicht versehen. Es enthält ein dreitheiliges Digestorium mit Abzügen für Dämpfe sowie mit Gas- und Wasserleitung. Eine Ab- theilung dient für die Elementaranalysen , die beiden anderen zum Abdampfen, Destilliren etc. ; letztere haben Einsätze von Zink mit (342 A. Dohrn Röhren zum Ablauf überfließenden Wassers. Dieser Raum, welcher auch zum Aufenthalt des Laboratoriumdieners bestimmt ist, enthält ferner ein Gestell zum Waschen und Trocknen der Glas- und Porzellangefäße. Ein Schiebefenster stellt eine Communication mit dem großen Arbeitsraum her. In dem Zimmer des Tor Stehers ist auch die spezielle physio- logisch-chemische Bibliothek untergebracht. Diese ist noch klein, enthält aber die nothwendigen Lehrbücher und besonders die zum praktischen Arbeiten erforderlichen Handbücher, ferner die vollstän- digen Serien vom Jahresbericht über die Fortschritte der Thierchemie und von der Zeitschrift für physiologische Chemie, bei deren An- schaffung die Herren Verleger einen erheblichen Rabatt gewährt haben. Einen werthvollen Theil der Bibliothek bildet eine von Herrn Professor Alexander Schmidt geschenkte Sammlung der unter ihm gearbeiteten Dorpater Dissertationen. Es finden sich ferner in der allgemeinen Bibliothek der Zool. Station (im ersten Stock) eine Anzahl physiologischer Werke, darunter die wichtigsten periodischen Publikationen, wie: Archiv für Anatomie und Physiologie, Archiv für die gesammte Physiologie, Zeitschrift für Biologie, Skandinavi- sches Archiv für Physiologie, Centralblatt für Physiologie, Archives de Physiologie normale et pathologique, Journal de l'anatomie et de la Physiologie, Comptes rendus de la société de biologie, Archives de biologie , Archives italiennes de biologie , Journal of physiology, Journal of anatomy and physiology etc.. auch sind viele physiologisch- chemische Arbeiten zerstreut in den ziemlich vollständig vorhan- denen Schriften von Akademien und gelehrten Gesellschaften. Im dritten Stock liegt dicht an der Treppe das Schwefel- wasserstoffzimmer mit einem zweitheiligen Digestorium und einem Arbeitstisch. Der Boden des Digestoriums ist säurefest aus Schiefer und Cement construirt und hat einen Abfluss. Gegenüber diesem Zimmer verläuft ein Corridor, aus dem mau direct in die Vorrathskammer und durch einen dunkeln Vorraum in das optische Zimmer gelangt. Dieses hat zwei lichtdicht ver- schließbare Fenster: das nach Westen trägt feste farblose Glas- scheiben und außerdem zwei Schieber mit einer rothen und einer gelben Scheibe für photograpliische Zwecke ; der metallische Schieber vor dem Südfenster hat einen stellbaren Spalt zum Einlass der durch einen Heliostat nach Spencer reflectirten Sonnenstrahlen. Durch mehrfach gebogene eiserne Rühren wird das Zimmer ventilirt, ohne dass Licht eindringt. Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 18S5 — 1892. 643 In dem Gaszimmer, welches von Norden erhellt wird und doppelte Fenster und Thliren hat, herrseht eine sehr constante Tem- peratur. Der Fußboden ist zur Vermeidung von Verlusten an Queck- silber aus großen Marmorplatten hergestellt. Es sind die Apparate vorhanden, w^elche Bunsen's Methode für die Analyse der Gase er- fordert, Wasserstoff- und Knallgas- Entwicklungsapparat, Funken- inductor, Kathetometer, Messgefäße etc., ferner eine Anzahl Pipetten und Büretten für Hempel's technische Methode der Gasanalyse so- wie ein von Herrn Professor Hoppe -Seyler geschenkter Apparat zum Auskochen und Sammeln der Gase des Wassers. An Hilfsmitteln für chemische Arbeiten, welche oben nicht ge- nannt sind, wären noch aufzuführen ein Halbschatten-Polarisations- apparat nach Laurent mit L'ANDOLT'scher Gas-Natriumlampe, Spek- troskope, Colorimeter, Hüfner's Apparat zur Bestimmung des Harn- stoffs ; dass auch die gebräuchlichen chemischen Utensilien vorhanden sind, bedarf nicht der Erwähnung. Für die gewöhnlichen physio- logisch-chemischen Arbeiten ist das Laboratorium genügend ausge- stattet; sollten die Apparate für specielle Untersuchungen nicht ausreichen, so ist die Direction gern bereit, dieselben nach Bedarf und nach Maßgabe der dafür vorhandenen Mittel zu ergänzen. So weit die Beschreibung der chemischen Abtheilung. Die physikalisch -physiologische Abtheilung ward baulich im Jahre 1890 hergestellt, ihre Einrichtung konnte aber erst im Jahre 1892 begonnen werden, als es gelang, Herrn Dr. Sciioenlein, Pro- fessor der Physiologie an der Universität von Santiago in Chile, für die Leitung derselben zu gewinnen. Der genannte Herr berichtet über seine bisherige Thätigkeit folgendermaßen : Das physiologisclie Laboratorium der Zoologischen Station zu Neapel von Karl Schoenlein. Die zur Verfügung stehenden Räume liegen im Oberstock des alten Hauses auf der Westseite, vom Westeingang des Hauses direct zugänglich, ohne dass erst andere Zimmer passirt werden müssen. Es sind im Ganzen sechs Zimmer: drei kleinere, etwa gleich lang und breit, von 10 bis 12 qm Bodenfläche , und drei größere lang- gestreckte von 70 bis 55 qm Bodenüäche. Von diesen befinden sich 644 A. Dohrn die Zimmer Nr. 1, 2 u. 3 (s. den Griindriss auf Taf. 41) auf nahezu gleicher Höhe, während Nr. 4, 5 u. 6 circa l^j^ m höher liegen; Nr. 4 ist mit Nr. 1 durch eine leicht gezimmerte Treppe verbunden, zu Nr. 2 u. 3 gehen durch die an den Enden des Zimmers liegenden Eingänge einige Stufen circa 40 cm herunter, Nr. 5 u. 6 haben einen eigenen Eingang von der Treppe aus. In Nr. 3 ist noch eine Dunkelkammer eingebaut; über ihm befinden sich die Hochreser- voirs für das Seewasser, welche von Nr. 5 aus zugänglich sind. Nr. 4 läuft parallel der dem Meer zugekehrten Seite des Hauses und stellt durch das anschließende Gaszimmer der chemischen Ab- theilung eine Verbindung mit der letzteren dar, wenn man die höl- zerne kleine Treppe zu dem Raum für das Digestorium hinunter steigt ^ Eine zweite Verbindung führt' durch eine in die Wand des großen zoologischen Laboratoriums eingebaute Galerie in den großen Arbeitsraum der chemischen Abtheilung hinüber. Nr. 2 u. 3 sind Eckzimmer, Nr. 6, über Nr. 2 gelegen, dessgleichen Nr. 1 u. 5 laufen parallel den Schmalseiten des Hauses nahezu von Norden nach Süden. Die Zoologische Station hat bisher wesentlich morphologischen Untersuchungen gedient und erst in den letzten Jahren auch das experimentelle Gebiet in ihren Arbeitsbereich hineingezogen. Wenn sich nun auch mit jenen und mit den meisten bei chemischen Unter- suchungen nöthigen Operationen die Gegenwart anderer mit anderen Versuchen beschäftigter Personen oder zeitweilig unbeschäftigter Zu- schauer verträgt, so ist das für eine größere Reihe von Arbeiten aus denjenigen Capiteln der Physiologie weniger angenehm, welche sich mit der Beobachtung an überlebenden Organen befassen. Bei Versuchen an überlebenden ausgeschnittenen Nerven und Muskeln, an der abgetrennten Netzhaut und an künstlich durch- bluteten Organen gehört die Ökonomie der Zeit zu den wesentlichsten Bedingungen eines das hergestellte Präparat möglichst ausnutzen- den Arbeitens. Den überlebenden Organen ist nur eine bestimmte, im Allgemeinen kurze Überlebenszeit gegönnt; sie verlangen dess- wegen eine sehr concentrirte Beobachtung, und der begonnene Ver- such duldet keine Unterbrechung. Bei den gewöhnlichen physiologi- schen Hausthieren ist nun zwar der Verlust eines Experimentes kein allzu großes Übel ; wenn jedoch Versuche an weniger leicht und immer nur in einzelnen Exemplaren zu erhaltenden Thieren in Frage 1 Im Grundriss weggelassen. Bericht über flie Zoologische Station während der Jahre 1885 — 1892. 645 stehen, so wird das Missglücken oder die Unterbrechung des Versuches sehr empfindlich. Nach dieser Richtung hin wären viele kleinere isolirte Räume erwünschter gewesen, als ein großer Arbeitssaal. Es musste in- dessen mit den vorhandenen Räumen gerechnet werden, und die An- ordnung solcher Specialzimmer wird Sorge späterer Überlegungen sein müssen, vor der Hand war sie jedenfalls nicht möglich. Es wurde daher von den vorhandenen Zimmern nur ein einziges für bestimmte Versuche reservirt, und zwar für solche, bei denen der Experimentator sich des Galvanometers, gleichviel zu welchen Zwecken, bedienen muss. Hierfür wäre eines der beiden kleinen Zimmer Nr. 2 oder 3 viel- leicht das zweckmäßigste gewesen, doch wäre in ihnen die Bewegung etwas zu beengt gewesen, wenn außer dem für solche Versuche zu- meist recht großen Tisch noch für die Boussole und die Regale zum Abstellen der vielen gleichfalls nöthigen Kleinigkeiten hätte Platz geschafft werden müssen. Außerdem verlangen Galvonometerver- suche besonders trockene Zimmer, welche aus leicht begreiflichen Gründen in der zoologischen Station seltener sind als anderswo. Das am wenigsten von Seewasser so zu sagen inficirte Zimmer war Nr. 5 ; es war zugleich trotz der an seiner Südseite anliegenden großen Bassins thatsächlich das trockenste von allen, was sich an Sciroccotagen schon mit dem bloßen Auge feststellen ließ, da dann die charakteristischen Feuchtigkeitsflecke auf dem Fußboden dort ganz fehlten. Es wurde also zum Boussolzimmer bestimmt. In das andere kleine und ganz trockene Zimmer Nr. 6 wurden das Handwerkszeug und die Utensilien einer mechanischen Prä- cisionswerkstätte untergebracht. Letztere, in den meisten physiologi- schen Instituten ebenso unentbehrlich geworden, wie bereits in den physikalischen, dürfte sich hier vielleicht noch viel nützlicher erweisen als anderswo, denn Neapel besitzt wenige geschulte Mechaniker. Auf einem bis jetzt noch so unbearbeitet liegenden Gebiete, wie es die Physiologie der Wasserthiere ist, wird es ebenso unmöglich sein, im Voraus etwas über die Bedürfnisse des Untersuchers zu wissen, wie die Richtung vorauszusagen, welche die Untersuchungen einschlagen können. Ich habe mich daher über viele der nach- folgend mitzutheilenden Dinge aufs Gerathewohl entschließen müssen. Die physiologischen Versuche theilen sich — die specielle Physiologie des Menschen ist hier natürlich ganz ausgeschlossen — in ihren Verfahrungsweisen zunächst in zwei große Gruppen, je nachdem 646 A. Dohrn das UutersuchuDgsobject nach geschehenem Eingriffe weiter leben soll oder nicht. Für den ersten Fall sind größere Bassins zur Erhaltung und Pflege der Thiere, vor Allem auch z.ur bequemen Beobachtung er- forderlich ; für letztere müssen sie auch von allen Seiten und womög- lich auch von oben bequem zugänglich sein, damit man dem operirten, freigelasseneu Thier auch im Wasser mit den Beobachtungsmitteln bequem beikommen kann. Bei den in Frage kommenden Operationen sind Narcotisirungsmittel, für die Fische auch künstliche Athmung durch Zufuhr frischen Wassers nöthig ; das Instrumentarium ist Messer. Schere und Nadel, in allen anderen Fällen braucht mau irgendwelche Hilfsapparate, vor Allem das gesammte Rüstzeug der Reiz- und Registrirtechnik, und dem entsprechend große Tische. Ich habe zunächst vorausgesetzt, dass für den zweiten Fall jeder Stationsbesucher an einem kleinen Bassin genug hat, in welchem er nur die für den betreffenden Tag zum Versuch bestimmten Thiere unterbringt, während etwaiger Vorrath in den großen Bassins des Hauses, rcspective im Aquarium selbst untergebracht ist, und habe als Typus einer complicirteren Versuchsauorduung eine Arbeit etwa über Electrotonus an Wirbellosen oder einen Blutdruckversuch an Fischen angenommen. Für diesen Fall reicht ein Tisch von 1 ,50 X0,90 m aus, denn auf ihm haben eine Batterie von 10 bis 12 Daniels, ein Myographion, Rheochord, Inductionsapparat, Schlüssel, Wippen und Versuchsthier bei richtiger Aufstellung Platz genug. Dazu käme dann noch ein Regal von 1 m Breite mit 5 — 6 Ge- fach zum Abstellen der nicht unmittelbar benutzten und der vom Experimentator selbst mitgebrachten Requisiten. Dann lassen sich in dem großen Raum Nr. 1 fünf Tische nebst Bassins, Regalen, Wasser- und Gasleitungen, einigen weiteren Vorrathsregalen und Schränkchen so aufstellen, wie dies der Grundriss und die Durch- schnittszeichnung (Taf. 41) angeben. An der Ostwand des Zimmers sind die Bassins und Regale angeordnet, zwischen ihnen Gas- und Wasserleitungen. Die Tische stehen neben ihnen, parallel zu den Schmalseiten des Zimmers. Mit Rücksicht auf die später zu erwähnenden Beleuchtungsverhältnisse ist angenommen worden, dass der Experimentator mit dem Gesicht nach Norden sitzt, so dass er Bassins und Repositorien zu seiner Rechten hat. Die Vorrathsbassins stehen zu zwei über einander, das obere kleinere hat Glaswände, misst 1,0X0,42X0,34 m und hat etwa Bericht über die Zoologische Station wälirend der Jahre 1885 — 1892. 647 27 cm "Wasserstand, das untere von 1,20X0,04X0,32 m hat 25 cm Wasserstand und besteht aus einem mit Blei ausgesetzten Holzkasten. Von diesen Doppelbassins sind 1 und 2, 4 und 5 den entsprechend numerirten Tischen zugeordnet , während dem Tisch Nr. 3 ein auf den Fußboden gemauertes Bassin Nr. 3 von 2'/2 X 0,G5 X 0,50 m Lichtmaß mit 40 cm Wasserstand zugehört. Im Nothfall kann letzteres durch bewegliche Wände noch mehrfach getheilt werden. Das gemauerte Bassin steht sammt einem zweiten, über ihm befindlichen, ganz aus Glas und Eisen construirten Bassin Nr. 6 längs eines großen Fensters, welches in den Lichthof des Ge- bäudes sieht. Letzteres und das gleich zu erwähnende Bassin Nr. 7 sind zu Beobachtungszwecken reservirt. Es ist desshalb der Raum vor ihnen beiden freigelassen, um eventuell Tische mit Instrumenten dicht heranrücken zu können. Zugleich ist auf dem Boden derselben eine ihn ganz bedeckende Bleiplatte ausgelegt, welche ihrerseits durch einen aus dem Wasser reichenden Bleistreifen mit einer Klemm- schraube verbunden ist. Sie soll als der eine Pol der secuudären tSi)irale eines Inductionsapparates dienen, während der andere, bis auf seine Spitze isolirt, im Wasser in die Nähe des zu reizenden Thieres gebracht wird. Bei passender Elementenzahl ^ und Apparaten- größe erlangen in der Nähe der zweiten Elektrode die Inductions- ströme genügende Dichtigkeit, um schon auf 2 cm Distanz erregend zu wirken. Die Methode wird ein bequemes Reizmittel für operirte Thiere abgeben; die Reactionsbeweguugen sind sehr deutlich, nach dem Charakter der Thiere verschieden, theils Angriffs-, theils Ab- wehr-, theils Fluchtbewegungen 2. Die Dimensionen des Fensterbassins Nr. 6 sind 2,10X0,57 X0,56 m, bei 40 cm Wasserstand. Die Oberkante des Bassins 1 Etwa 4 BuNSEN'sche Tauchelemente, zur Kette geordnet, ein großer HiRSCHMANN'scher lüductionsapparat, über einander geschobene Rollen. 2 Zugleich gestattet die Methode, die Schläge des Torpedo direct im Wasser aufzufangen und sowohl mit dem MAREYschen Markirmagneten als auch mit dem Telephon zu registriren, sobald die große Bleiplatte das eine Ende der Leitung, eine zweite, bis auf die untere Fläche ganz isolirte Bleiplatte von etwa 15 — 20 qcm Oberfläche das andere Ende der Leitung darstellt, und die kleinere Platte dem Fisch genähert wird. Man erhält deutliche Geräusche im Telephon schon bei 15 cm Abstand vom Fische, die von freiwilligen Schlägen des Thieres herrühren , zu denen es sich nur durch die Annäherung der Platte veranlasst sieht. Bei 1 cm Abstand wird der Anker des Magneten durch den Schlag schwach angezogen, beim directen Auflegen auf das Organ wird er mit großer Gewalt angezogen, sobald der Fisch schlägt. Torpedo immnondu reagirt viel träger als ocellata, aber kräftiger. MittlK'ilungen a. d. Zdolog. Statidii zu Neaiid. IM. 10. 43 648 A. Dohrn steht 1,74 m über dem Fußboden, das eiserne Rahmenwevk der beiden Längsseiten ist durch zwei in die Oberkante eingelassene Bänder mit einander verbunden, damit der Druck der Wassermasse die Seitenwände nicht aus einander treibe. Das Bassin wurde so vorgefunden. Die Höhe seiner oberen Ränder und die dasselbe überbrückenden Querbänder machen Mani- pulationen im Wasser an den Thieren unbequem, dagegen wird es sehr geeignet sein, Habitusphotographien aufzunehmen, da es ge- nügend Licht hat^. Das Bassin Nr. 7, in gleicher Weise wie Nr. 6 mit Bleiplatte ausgerüstet, soll ebenfalls als Beobachtungsbassin dienen, und ge- stattet vermöge seiner Dimensionen Thieren mittlerer Größe eine relative Freiheit der Bewegung. Die Maße sind 2,0 X 1 .0 X 0,55 m, bei 40 cm Wasserstand, entsprechend einem Inhalt von 800 kg Wasser. Es steht auf drei kräftigen, aus 10 cm dicken Hölzern gerichteten und in einem Rahmwerk verspundeten Böcken ; die Oberkante liegt bei 1,30 m Höhe, so dass man bequem überall in das Bassin hinein- langen und den darin schwimmenden Thieren mit den Uuter- suchungsmitteln beikommen kann. Für letzteren Zweck wurde jede über die Wasserfläche weggehende Verbindung der beiden Lang- seiten des Rahmens vermieden und dem Auseinanderweicheu der Längswände des Bassins durch außen angesetzte Winkel und Streben entgegengearbeitet. Dieselben sind auf die T-Schienen aufgesetzt, welche die Bodenplatten des Bassins tragen und etwa 17 cm über die Seitenwände an den Längsseiten hervorragen. Zimmer Nr. 1, 5 und 6 konnten keine seitlichen, nach der Straße gehenden Fenster erhalten, und so wurde Nr. 1 ausschließlich mit Ober- licht versehen, während Nr. 5 ein großes Oberlichtfenster und 3 seit- lich hoch gelegene Fenster besitzt, wxlch letztere zwischen die Ober- lichtconstructionen des Zimmers Nr. 1 eingeordnet sind und über das Dach weg freies Licht bis an den Horizont haben. Nr. 6 endlich hat 1 Die Wände dieses Bassins waren nach jedesmaliger gründlicher Reini- gung im Verlauf von 14 Tagen bis zur Undurchsichtigkeit mit Algen beM^achsen, das beste Zeichen reichlicher Belichtung. Seitdem dem Abschaben der Be- wachsung noch eine Wäsche mit verdünnter Salzsäure nachgeschickt wiid, halten sich die Wände über 14 Tage rein, ehe eine neue, viel langsamere Bewachsung beginnt. Man bemerkt, dass die Salzsäure noch einen Niederschlag von der Scheibe wegnimmt, der durch das Scheuern mit Bürste und Seife nicht entfernt wird und offenbar die Keime der nachwachsenden Colonien enthält. Wenn diese woggenommen sind, muss erst eine offenbar viel langsamer geschehende Neubesiedelung erfolgen. Bericht über die Zoologisclae Station wiihrend der Jahre 1885-1892. 649 als Fenster eine Glaswand, welche das obere Drittel seiner längsten Wand ausmacht. Da es für die Werkstatt bestimmt ist, so bleiben nähere Belichtimgsangaben für den Stationsbesiicher ohne Interesse. Zimmer Nr. l hat 4 nach Norden liegende schräg gestellte Oberlichtfenster von 1,15x4 m Ausmaß, welche 4 m über dem Zimmerboden beginnen und parallel den Schmalseiten des Zimmers verlaufen. Ich will dieselben mit Nr. 1 — 4 bezeichnen. Die Be- leuchtnngsverhältnisse sind dann folgende: Es fällt das Licht ein auf Tisch Nr.I mit einem Neigungswinkel von 531/2° — 45" aus Ober- licht 1 , von 32°— 231/2" aus Oberlicht 2, von 21"— 151/2° aus Oberlicht 3 und von 14"— 11 1/2" aus Oberlicht 4. Auf Tisch Nr. II mit einem Neigungswinkel von 391/2"— 30" aus Oberlicht 2, von 241/2"— 18" aus Oberlicht 3 und von 17"— 13" aus Oberlicht 4. Auf Tisch Nr. III mit einem Neigungswinkel von 50" — 10" aus Oberlicht 2, von 29" —22" aus Oberlicht 3 und von 20"— 15" aus Oberlicht 4. Tisch Nr. IV und V erhalten wenig directes Licht. Da die Fenster alle frei gegen den Himmel ausgehen uud die Wände hell gestrichen sind, so resultirt für alle Thcile des Zimmers ausreichende Belich- tung, welche auch au schwierigen Objecten zu operiren gestatten würde. Die Winkel wurden mittels eines kleinen auf den Theil des Tisches gestellten Theodoliten gemessen , wo der Beobachter zunächst mit der Arbeit am Thier zu thun haben wird. Die Achse des Verticalkreises stand etwa 20 cm über der Tischplatte , die Winkel fallen also etwas zu groß aus. Die Tischmaße sind: Höhe 75 cm, die Platte 0,90x1,50 m. Sie ist 3 cm dick und steht, wie in den physiologischen Labora- torien überall gebräuchlich ist, an allen Seiten 10 cm über. Die Füße und die Zargen sind kräftig gehalten, Alles ist aus Pitchpine- holz gemacht, naturfarben belassen und mit Leinöl gebeizt. Die Repositorien sind aus Fichtenholz, je 1 m breit, die untersten unverstellbareu drei Gefach sind 40 cm tief, die oberen drei oder vier auf Zahnleisten verstellbaren Fächer 26 cm tief, das Holz ist braun gebeizt und geölt. Süßwasser, Seewasser, Gas ist möglichst nahe an die Tische herangeführt; jedem Tisch stehen zwei Gashähne zu Gebote: über jedem Ausguss befindet sich außer dem gewöhnlichen Hahn für die Süßwasserleitung noch ein anderer seitlich mit Schlauchstutzen. Das Seewasser zur künstlichen Athmung wird mit Heber dem nächstgelegenen Bassin entnommen; für den Ablauf sind entsprechende Ausgüsse vorgesehen. 43* 650 A. Dohrn Über die Erleucbtimg des zu galvanometrischen Arbeiten reservirten Zimmers Nr. 5 ist das Wesentlicbe scbon früber bemerkt worden. Die Boiissole ist auf Holzconsol in der nordöstlicbeu Ecke des Zimmers an der starken Mauer zwiseben Zimmer 1 und 5 aufgestellt worden. Während der Dauer der Beobachtungen dürfen die Pumpen für das Seewasser nicht arbeiten, da die ganz periodisch wiederkehrenden Stöße der Pumpventile leichte Mitschwingungen der Mauer veran- lassen, so dass die Scala schwankt. Im Übrigen versetzt weder Umhergehen in dem Zimmer selbst oder in den Nachbarziramern, noch Thürzuschlagen oder Ähnliches den Spiegel in merkliche Schwankungen 1. Das Tischformat ist 1,0x1,65 m bei 0.75 m Höhe. Tische und Regal sind doppelt vorgesehen für zwei gleich- zeitig arbeitende Laboratoriumsgäste. Dieselben müssen dann mit den Arbeitsstunden wechseln, da die mehrfache Beschaffung eines so theuren Instrumentariums, wie einer Boussole nebst Hilfsapparaten, von der Station nicht wohl zu verlangen ist. Über die noch ver- bleibenden Zimmer ist zur Zeit noch nicht verfügt. Bei der Auswahl des Instrumentariums wurde zunächst nur auf diejenigen Instrumente Rücksicht genommen, von denen voraus- zusetzen war, dass sie unter allen Umständen benutzt werden würden, und die zugleich besonderer Abänderungen mit Rücksicht auf die Natur der Versuchsthiere nicht bedurften. Das große Heer von Api)araten, welches in den physiologischen Laboratorien der Universitäten zur Demonstration im Hörsal, für Versuche an Säugcthieren, besondere Beobachtungen am Menschen und für die menschliche Sinnesphysio- logie benutzt wird, fiel selbstverständlich aus, so dass zunächst nur das Instrumentarium für die Physiologie der irritablen Sub- stanzen, insbesondere von Nerv und Muskel, des Kreislaufs und der Respiration in Frage kommen konnte. In den beiden letzten Dis- cipliuen bedarf es aber sicher vieler abweichender oder neuer Con- structioneu. deren Erstellung eine der nächsten Aufgaben des Schreibers dieser Zeilen sein wird, so dass zunächst wesentlich die A])parate für das erstgenannte Versuchsgebiet übrig bleiben. Es wurden angeschafft : Ein Spectralapparat. Prisma 45 cm hoch, Spalt mit Vergleichs- 1 Ich will im Übrigen bemerken, dass obwohl selten doch Tage vorkommen, an denen das Arbeiten unmöglich ist, weil aus bis jetzt unaufgeklärten Gründen die Nadel stark zittert. Es scheinen hier die vulkanische Natur des Bodens und zugleich atmosphärische Einflüsse mitzuspielen. Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1S85— 1R92. 651 prisma, Scalenfernrohr , Beobachtungsfernrohr von lOmaliger Ver- größerung- (240 Mark). Schmidt & Haensch. Ein Spectroskop à vision directe (36 Mark). Schmidt & Haensch. Zwei Hämatinometer nach Hoppe -Seyler. Schmidt & Haensch. Zwei Hämatinometer nach Hermann. Meyer in Zürich. Ein Kymographion nach Balzer & Schmidt, mit Trommel zum Um- legen und selbstthätiger Trommelsenkung. Petzold in Leipzig'. Sechs Capillarelectrometer, zu dreien davon Stative mit Druck- gefäßen, Auflagen für das Mikroskop ete. Heidelberger Modell. Desaga in Heidelberg. Ein Galvanometer nach Hermann. Zwei Inductionsapparate nach Du Bois-Reymond. Sechs Du Bois'sche Schlüssel. Zwei Paar Thonstiefelelectroden nach Du Bois-Reymond. Ein SAüERWALD'sches Rheochord. Platii in Potsdam. Ein Widerstandskasten von 1 — 11000 Ohm. Hartmann & Braun. Ein Ablesefernrohr mit Milchglasscala von 40 cm Länge, Scala am Stativ zu befestigen, Messingdreifuß, Oculartrieb, 27 mm Öffnung, 25 cm Brennweite. Hartmann & Braun in Bockenheim bei Frankfurt a/M. Vier Flaschenelemente, Zink-Kohle. 30 cm hoch, dazu eine Zinktafel zum Ersatz der verbrauchten Zinkstücke, ausreichend für 120 Platten von 8 mm Dicke. Vierzig Zinkkreuze, 14 cm hoch. Fünfundzwanzig Kupfercylinder, 12 cm hoch, mit Klemmen. Dreißig Thonzellen, 12 cm hoch. Fünfundzwanzig Batteriegläser dazu. Desaga in Heidelberg. Eine kleine Batterie von 12 Daniells, Kupfercylinder 8 cm hoch. Kupfercylinder und Zinkstab zusammeugelöthet, nur als Kette zu gebrauchen. In Neapel angefertigt. Zehn complete Universalstative von Desaga in Heidelberg. Ein FuEiscHL'sches Hämometer. Ein runder Compensator ist bestellt , aber noch nicht geliefert. Dazu kommen noch, als bereits in der Station vorhanden: Zwei Inductionsapparate. Eine Zink-Kohlebatterie für Chromsäure, von 4 Plattenpaaren, die Zinke 8x12 cm groß. Ein kleineres Tauchelement. ^An letzterem hat es sich unterdess bereits als noth wendig erwiesen, die selbst- thätige Trommelsenkung zu verlangsamen. Die oberen Zahnräder an der Senkung wurden desshalb so geändert, dass sie mit einander vertauscht weiden können. 652 ^- Dohin Eiu Capillarelectrometer. Zwei PßAVAz'sche Spritzen. Vorrath von Kupferdraht und Leitungssclinur. Aus dem Besitz des Sclireibers dieser Mittheilung stehen zur Verfügung : Zwei myographische Stative, sehr kräftig gearbeitet, nebst folgendem Zubehör : starke und feine Schreibhebel, die Vergrößerung beliebig zu verändern, Last an der Rolle, direct oder als Überlastung zu benutzen , Einrichtung für Schleuderzuckungen , mit oder ohne gleichzeitige Benutzung des Spannungszeigers, Spannungszeiger nach FicK, modificirt vom Verfasser, Kästchen aus Hartgummi mit doppeltem Boden zur Kühlung der Nerven mit Eiswasser, zwei Electrodenpaare (zu Versuchen über die Fortpflanzungsgeschwindig- keit der Nervenerregung), feuchte Kammer, Muskelhalter vcrtical mit Schraube verstellbar, etc. etc. Zwei Paar unpolarisirbare Electroden. Thonstiefel von Du Bois- Reymond. EinHEiDENHAiN'scher Tetanomotor ; der Hammer istabzuschrauben, dess- gleichen der Ambos, letzterer durch einen Quecksilbernapf, ersterer durch eine Platinspitze zu ersetzen : Apparat zum uniformen Offnen und Schließen des electrischen Stromes. Vier Du Bois sehe Schlüssel, einer für drei Drahtpaare, Umschalter, Vorreiber, eine Anzahl Kugelgelenke, Quecksilbernäpfe etc etc. Das Rheotom des Verfassers wurde demselben nach Santiago nach- geschickt, als er Chile bereits wieder verlassen hatte, und ist also leider verloren. Die Werkstatt ist ziemlich complet eingerichtet; es dürfte außer einer Theilmaschine kaum etwas von den Utensilien einer mechanischen Präsicionswerkstatt fehlen. Die Schmiede liegt im Maschinenraum. Es sind vorhanden: Hobelbank und Holzbearbeitungsinstrumente. Eine Drehbank ganz von Eisen, 1,10 m Wangenlänge, 137 mm Spitzenhöhe, dazu Planscheibe, Achtschraubeufutter, Zweibacken- futter, zwei selbst centrirende amerikanische Dreibackenfutter, eines inwendig, das andere auswendig gestuft, Reitstock, Mitnehmer, 6 Paar verschiedene Körner, Haudauflage für Holz und Metall, Kreuzsupport. Die Spindel ist durchbohrt, hat äußeres, inneres Spindelgewinde und Patroneneinrichtung, darunter je eine Patrone für das Tubusgewinde der ZEiss'schen und SEiBERx'schen Mikroskop- objective. Lieferant Fuchs & Kunatii in Leipzig. Berieht über die Zoologische Station während der Jahre 1885 — 1892. 553 Dazu ein Vertikalfrässupport mit Parallelschraubstock und Einrichtung, um gewölmliclie oder conisehe Zahnräder zu schneiden. Lieferant Gebrüder Bergmann in Berlin. Mit Drehbank 1400 Mark. An Werkzeug: Stirn- und Seitenfräser, Fräsen für die Cylinder zu Klemmschrauben und Kopfschrauben, Kreissäge für Metall und Holz, Schmirgelräder, Lochleeren, Spiralbohrer, Gewindeschneid- kluppen nach WiTWORTH und Millimetermaß (letzteres unvollständig) von V2 Zoll bis 0,4 mm. Ferner eine Uhrmacherdrehbank von der bekannten Firma Lokcii, Schmidt & Comp, in Frankfurt am Main, ebenfalls complet. Vorräthe von Faconschrauben, Messingstangen und -Rohr, von Ahorn- holz in Brettern von 10 — 5 mm, ebenso in dicken Stücken zum Drechseln, von Hartgummistäben, Messingblech etc. Es wird sich somit ermöglichen, dem hier arbeitenden Experi- mentator mit Improvisation von Apparaten im ausgiebigsten Maße an die Hand zu gehen. Die allgemeinen Laboratoriumsgeräthe finden sich, wie bekannt, immer in der Station vorräthig. Bezüglich einiger hier nicht ange- führter Instrumente, wie eines Saccharimeter, der Apparate zur Gas- analyse etc. verweise ich auf die Beschreibung der chemischen Ab- theilung (oben pag. 643). Es erübrigt noch, das Verzeichnis der Gifte, Narcotica und Alcaloide anzuführen, welche angeschafft wurden und für physiologische Zwecke vorräthig gehalten werden : Aconitin, Apomorphin, Atropin, Brucin, Cocain, Colchicin, Coniin, Curare, Daturin, Delphinin, Digitalin, Duboisin, Gelseminin, Hyos- cyamin, Lobeliin, Morphium, Muscarin, Nicotin. Pelletierin, Physostig- min, Picrotoxin, Pilocarpin, Piperidin, Spartein, Strophantin, Thebain, Veratrin. — Methyl-, Äthyl-, Propyl-, Butyl-, Amyl- und Caprylalko- hol. — Ferner Indigocarmin von Grübler. So weit Herr Prof. Schoenlein; das »ne sutor ultra crepidamcf beherzigend, füge ich nichts weiter hinzu, als die an alle Physio- logen gerichtete Einladung, die Zoologische Station in ihrem Be- streben, das große Arbeitsfeld der marinen Organismen auch der physiologischen Forschung zu unterwerfen, unterstützen zu wollen. Auch der physiologischen Botanik ist ein eigenes Labora- torium eingerichtet worden in dem großen Westsaal des Neuen Ge- bäudes. Dr. A. Hansen, jetzt Professor in Gießen, hatte die Güte, die Einrichtung desselben zu übernehmen. Er hat sich selbst hier- 654 A. Dohrn über in der Botauischeu Zeitimg-, 50. Jahrg. 1892, pag-. 279 ff. aus- gesprochen; ich bringe seinen Aufsatz (mit einigen kleinen Ände- rungen) hier zum Abdruck. Bericht über die neuen botanischen Arheitsräume in der Zoologischen Station zu Neapel von A. Hansen in Gießen. Schon seit einer längeren Keihe von Jahren ist durch die Ein- richtungen der Zoologischen Station auch den Botanikern Gelegen- heit gegeben worden, Untersuchungen über Meeresalgen anzustellen. Eine Anzahl deutscher Botaniker hat diese Gelegenheit mit Freuden benutzt, und das Resultat ist eine Reihe wissenschaftlicher Publica- tionen von Werth gewesen. Abgesehen von der Noth wendigkeit der Aufgabe wurde das Studium der Flora des Golfs durch die gebotenen Hilfsmittel in erster Linie nahegelegt. Die Früchte dieser Arbeiten liegen vor in einer Anzahl von Monographien, welche einen Theil des großen Werkes über die Fauna und Flora des Golfs von Neapel bilden. Außerdem konnten aber namentlich mikroskopische Unter- suchungen über Meeresalgen in vollkommenster Weise unternommen werden, da die vorhandenen Einrichtnngen für derartige Arbeiten ganz besonders geeignet waren. Die Kenntnis der Meeresalgen, welche anatomisch und physiologisch so eigenthümliche Verhältnisse im Gegensatz zu allen anderen Pflanzen aufweisen, hat durch die in Neapel gegebenen Bedingungen immer mehr an Umfang gewonnen. Mit der Beobachtung der Befruchtungsvorgänge und den darauf ge- gründeten systematischen Untersuchungen sind jedoch die vorhan- denen wissenschaftlichen Aufgaben nicht abgeschlossen. Die Meeres- algen liefern in mancher Beziehung besonders eigenartige und günstige Objecte für allgemeinere experimental-physiologische Untersuchungen, um zu einem ausführlicheren Studium in dieser Richtung aufzufor- dern. In den letzten Jahren sind experimental-physiologische Arbeiten hier ebenfalls in Angriff genommen worden, wobei sich jedoch der Wunsch nach vollkommeneren Hilfsmitteln für derartige Arbeiten regen musste. Ohne günstig gelegene Räume und entsprechende Einrich- tungen sind experimentelle Arbeiten, wie bekannt, nur schwierig mit Erfolg zu unternehmen. Um so dankenswerther ist es, dass der Gründer und Leiter der Zoologischen Station jetzt auch diesen Wünschen der Botanik in einer Weise entgegenkommt, welche die Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1885—1892. 655 hohe Bedeutung der Station als wissenschaftliche Anstalt von Neuem erkennen lässt. Von Herrn Professor Dohrn wurde ich ersucht, in einem noch zur Verfügung stehenden stattlichen Räume im neuen Gebäude der Zoologischen Station Arbeitsräume für botanische Arbeiten mit be- sonderer Berücksichtigung physiologischer Untersuchungen einzu- richten. Nachdem diese Aufgabe beendet, erlaube ich mir, im Ein- verständnis mit Herrn Dohrn einen Bericht über die Einrichtung, die vorhandenen Utensilien und Apparate zur Kenntnis zu bringen. Der gegebene hohe Saal, durch drei große Fenster erleuchtet, eignete sich für den zu erreichenden Zweck besonders gut wegen der günstigen Lichtverhältnisse, die eine Hauptbedingung für pflauzen- ph} siologische Arbeiten sind. Die Lage ist nach Westen, was mit llück- sicht auf die verschiedenen Jahreszeiten besonders für den Winter für die Arbeitenden von Werth ist. Genügende Ventilation ermög- licht jedoch, die Räume auch in den heißeren Monaten luftig zu er- halten. Durch Wände wurde der Saal in drei geräumige, in einer Front liegende Arbeitszimmer getheilt, von denen jedes an der West- seite durch eines der großen Fenster abgeschlossen wird. Sowohl für mikroskopische als experimentelle Arbeiten sind somit günstige und regulirbare Lichtverhältnisse vorhanden. Alle drei Zimmer sind für mikroskopische Arbeiten eingerichtet, die ja auch bei experimentellen Untersuchungen stets nebenher gehen. Die Arbeitstische, mit Schubladen und Schrank versehen, sind mit günstigster Orientirung gegen das Licht aufgestellt. Die Arbeitstische sind mit den nothwendigen Untensilien, Re- agentien, Farbstofflösungen etc. für mikroskopische Arbeiten aus- gerüstet. 50 Objectträger und Deckgläser sind darin einbegriffen. Mehrbedarf wird zu Einkaufspreisen geliefert. Auch Stöpselflaschen werden zum Conserviren an die Arbeitenden überlassen. Mitzubringen sind: Mikroskope, Mikrotome, Schneidewerkzeuge. Dagegen sind von Hilfsapparaten für die mikroskopische Unter- suchung vorhanden : 1) Ein Polarisationsmikroskop von Zeiss. 2) Ein einfaches Mikrospectralocular von Zeiss. 3) Ein Engelmann' sches Mikrospectroskop. NB. Auch für bacteriologische Untersuchungen sind die nöthigcn Geräthschaften vorhanden. (356 A. Dohrn Zu den übrig-en Einrichtuug-en übergehend, sei zunächst erwähnt, dass die Arbeitsräume mit See- und Süßwasser sowie mit Gas ver- sehen sind. Für Seewasser befindet sich in den beiden seitlichen Zimmern je ein großes Bassin, welche, mit Ab- und Zufluss versehen, als Reservoirs und für Culturen in größerem Maßstabe dienen. Die meisten Beobachtungen und Experimente mit Meeresalgen lassen sich natürlich nur in kleineren Culturgefäßen anstellen. Von solchen stehen daher in reichlicher Anzahl zur Verfügung: 1) Quadratische Bassins 32 qcm, 12 cm hoch; 2) schmale Bassins mit parallelen Wänden in verschiedenen Größen; 3) parallelwandige Culturgefäße (Cuvetten), welche auf Holzträger gesetzt werden; 4) höhere Glascylinder; 5) niedrige Glasschalen in jeder Größe mit Glasdeckelu. Die Erfahrung hat ergeben, dass sehr viele Algen sich besser ohne zuströmendes Wasser in bedeckten Gefäßen erhalten lassen. Die kleinen Culturgefäße können aber nach Bedürfnis durch Schlauch- leitungen mit den großen verbunden und so Ab- und Zufluss her- gestellt werden. Für die experimentellen Untersuchungen wurde in erster Linie auf die Möglichkeit, verschiedene Beleuchtungsverhältnisse herzu- stellen, Rücksicht genommen. Zu dem Ende sind feste (zitterfreie) Tische au allen Fenstern angebracht worden. Zum Aufstellen von Versuchspflanzen entfernter vom Fenster dienen transportable Tische. Zur gänzlichen Verdunkelung von Versuchspflanzen sind Dunkel- kammern von verschiedener Form und Größe vorhanden. Zur Beleuchtung von unten dienen mit passenden Glasschalen montirte Dreifüße. Die mit Dunkelkammern bedeckten Culturen können mit Spiegeln von unten beleuchtet werden. Zu Versuchen in farbigem Licht sind zwei SACHs'sche Glocken angeschafft worden. Außerdem sind zwei größere mit Cuvetten zum Einfüllen von Kaliumbichromat und Kupferoxydammoniak versehene Blechkästen eingerichtet, in welche größere Gefäße hineingestellt und beobachtet werden können. Um auch die übrigen Culturbassins mit farbigen Mänteln um- geben zu können, mussten farbige Glasscheiben gewählt werden. Um nicht zu viel raumnehmende Apparate zu haben, sind zwei Holz- kästen von verschiedener Form angefertigt, in welche sich Glas- scheiben von beliebigen Farben einschieben lassen. Die Fehlerquellen, welche sich aus der Schwierigkeit, spectro- Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1^85—1892. (557 skopisch reine Glasmäntel herzustellen, ergeben, müssen einstweilen hingenommen werden, da Mäntel farbiger Flüssigkeiten von beliebiger Form kaum herzustellen sind. Ich erfreute mich bezüglich der Wahl von farbigen Glasscheiben der Zustimmung von Herrn Geh. Rath Pfeffer. Das Gebotene ist meiner Ansicht nach zunächst völlig ausreichend für Versuche in farbigem Licht, zumal noch das Mikro- spectroskop von Engelmann hinzukommt. Für Versuche über Heliotropismus können die oben erwähnten Blech- und Holzkästen nach Ausschaltung ihrer farbigen Mäntel dienen. Ein noch fehlender heizbarer Objecttisch oder ein Wärmekasten soll noch besorgt werden. Für gasometrische Untersuchungen über Athmung und Assimilation muss selbstredend jeder Experimentator seine Apparate seinen Zielen gemäß selbst zusammenstellen. Es wurde daher dafür gesorgt, dass die nöthigen Bestandtheile solcher Apparate vorhanden sind. Zur Verfügung stehen : Ein Kipp'scher Apparat, Gasentbindungsflaschen, Chlorcalcium- röhren verschiedener Form, Absorptionscylinder, Glashähne, Drei- wegehähne, PETTENKOFER'sche Röhren, Glasglocken mit Tuben und Stopfen, verschiedene Cylinder, Schläuche, Verschlussmittel, sowie das zur Bearbeitung und Herstellung der Apparate nöthige Handwerkszeug. Von feineren Beobachtungsinstrumenten wurde ein horizontales Mess-Mikroskop für Wachsthumsbeobachtungen angeschafft. Dasselbe ist nach Pfeffer's Angaben von Albrecht in Tübingen angefertigt. Seine Construction ist aus den Handbüchern bekannt. Besonders angelegen habe ich es mir dann sein lassen, einen wenigstens vorläufig brauchbaren Klinostaten zu construiren. Ob Klinostatenversuche bei Meerespflanzeu bemerkenswerthe Re- sultate liefern, ist von vorn herein nicht zu entscheiden. Aus diesem Grunde konnte ich nicht die Verantwortung für Herstellung eines feinen und kostspieligen Mechanismus übernehmen. Es ist jedoch erwünscht, dass diejenigen, welche sich mit Klinostatenversuchen beschäftigen wollen, einen zunächst hinreichenden Apparat vorfinden. Es ist daher ein solcher eingerichtet worden, dessen in einem ge- räumigen Glasbassin unter Wasser laufende Achse durch ein einfaches Uhrwerk gedreht wird. Die Achse kann herausgenommen und wie beim gewöhnlichen Klinostaten mit Unterlagen für die Pflanzen ver- sehen werden. Außer den angeführten Apparaten für specielle physiologische Untersuchungen besitzt das botanische Laboratorium von Apparaten 658 A. Dohrn und Utensilien zum allgemeinen Gebraucli Waagen , Stative ver- schiedener Construetion, Aspirator, Glas- und Porzellangeräthe für V7issenscliaftliehe Arbeiten, Thermometer, Gasregulatoren etc. Von größtem Werthe ist es, dass neben diesen reichlichen Mitteln für botanische Untersuchungen auch die Benutzung einer ausreichen- den Bibliothek ermöglicht ist. Die sehr umfangreiche Bibliothek der Zoologischen Station enthält auch 200 Bände botanischer Litte- ratur. Selbstredend bilden die algologischen Werke, unter denen fast alle hervorragenden Tafelwerke vertreten sind, den Hauptbestand, es finden sich aber einerseits auch die wichtigsten Hand- und Lehr- bücher der Botanik, andererseits die hervorragendsten Zeitschriften vor, so dass der Botaniker sich für eine Reise nach Neapel nicht mit Büchern zu belasten braucht. Auch die neuere algologische Litteratur ist in Separatabdrücken ziemlich vollständig vertreten. Manche nicht vorhandenen Special werke, z. B. Kützing's Tabulae phycologicae, sowie Zeitschriften, wie die Annales des sciences natu- relles und andere, können durch Vermittelung des Bibliothekars, ohne Mühe für die Entleiher selbst, aus den öffentlichen Biblio- theken in Neapel erhalten werden. Erwünscht wäre es, wenn die Autoren durch Einsendung von Separatabdrücken ihrer Abhandlungen die stetige Vervollständigung der botanischen Bibliothek unterstützen wollten. Schließlich ist das Vorhandensein einer reichhaltigen Spiritus- sammlung, welche von Falkenberg und Berthold angelegt wurde, hervorzuheben. Als weiteres Hilfsmittel zum Bestimmen ist ein Herbarium vorhanden. Somit darf man behaupten, dass die Zoolo- gische Station jetzt auch den Botanikern ihren Zielen entsprechende und sicherlich Früchte versprechende Institutseinrichtungen darbietet. Es würde mich freuen, wenn die nicht ohne Arbeit entstandenen Neueinrichtungen die Fachgenossen befriedigen würden. Wegen noch vorhandener Mängel darf ich wohl Nachsicht beanspruchen, da es stets schwierig ist, für Andere bis zum letzten Punkt befriedigende Anordnungen zu treffen, und da auch die meisten Dinge hier unter größeren Schwierigkeiten entstehen, als z. B. in Deutschland. Dank- bar möchte ich hervorheben, dass Herr Geh. Rath Pfeffer in Leipzig mir mit größter Bereitwilligkeit seinen Rath bei den Einrichtungen zu Theil werden ließ. Neapel, 1. Sept. 1891. Wie der Anfang der ganzen Zool. Station schwierig war, so ist auch die Herstellung der physiologischen Arbeitsräume und Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1885 — 1892. 659 ihre Ausstattung mit Instrumeuten und Apparaten niclit leicht geworden. Dass diesem Anfang aber eine kräftige Folge werde, ist Sache der Physiologen — mögen sie herzhaft zugreifen und der Zoolog. Station auch ihrerseits eine Entwicklung bereiten, wie sie auf morphologischem Gebiete in einer meine eigenen Erwartungen weit überragenden Weise sich vollzogen hat. Von dieser Entwicklung kann am besten das nachfolgende Ver- zeichnis Kunde geben. Verzeichnis der Naturforscher, welche vom 1. Januar 1885 bis 31. Üecem1)er 1892 in der Zoologischen Station ijeavbeitet haben. Staat oder Anstalt, Dauer der Benutzung Namen. Wolinort. deren Tisch benutzt wurde. vom bis zum 298 Dr. G. Jatta Neapel Italien I.Jan. 1885 31. Dee. 1885 299 Tenente A. Colombo Mailand Italien 11. Jan. 1885 S.Mai 1885 300 Dr. Ch. Dolley Rochester Philad. Univ. 15. Jan. 1885 IS. Juni 1SS5 301 Prof. G. Albini Neapel Italien 26. Jan. 1885 22. Aug. 1885 302 Dr. A. Paulicki Straßburg Straßburg 4. Febr. 1885 7. März 1SS5 303 Prof. B. Beneke Königsberg Preußen 6. Febr. 1885 7.AprillSS5 304 Dr. Cl. Hartlaub Bremen Hamburg 15. Febr. 1885 25. Juni 1885 305 Dr. H. E. Ziegler Straßburg Baden 26. Febr. 1885 15. April 1885 30G Stud. V. Oefele Erlangen Bayern 1 . März ! 885 14. April 1885 307 Dr. E. Rohde Breslau Preußen 8.M;irz 1885 25. Mai 1SS5 308 Dr. A. König Petersburg eigener Tisch S.März 1885 26. Dee. 18S5 309 i Sig. E. Stassano Neapel Italien 13. März IS85 lO.Oct. 1885 310 Dr. J. Thallwitz Straßburg Baden 13. März 1885 3. Mai 1885 311 Prof. F. Todaro Rom Italien 13.März 1885 4. April 1885 312 Prof. F. Merkel Königsberg Preußen 15. März 1885 8. April 1885 313 Stud. K. F. Wenckebach Utrecht Holland 16. März 1885 18. Aug. 1885 314 Dr. R. Altmann Leipzig Sachsen 20. März 1885 15. April 1885 315 Mr. W. Iloyle Edinburgh British Assoc. 6. April 1885 27. April 1SS5 316 Prof. J. Carnoy Löwen Belgien S.April 1885 25. Juni 1885 317 Dr. G. Gilson Löwen Belgien S.April 1885 25. Juni 1885 318 Dr. J. Walther Jena Preußen 12. April 1885 28. Juni 1885 319 Dr. W. Patten Boston Philad. Univ. 14. April 1885 23. April 1886 320 Dr. 0. Schierlitz Danzig Preußen 17. April 1885 20. Juni 1885 321 Comm. De Simone Neapel Italien lS.Aprill885 I.Mai 1885 322 Prof. A. Della Valle Modena Italien 22. Juni 1885 l.Nov. 1885 323 Licut. N. Asbeleff Petersburg Russ. Marine 23. Juli 1885 12. Aug. 1885 324 Stud. E. Bornand Lausanne Schw^eiz 18. Aug. 1885 10. Juni 1886 325 Dr. J. H. Wakker Utrecht Holland 3. Sept. 1885 l.Dec. 1885 326 Dr. 0. Hamann Göttingen Preußen 4. Sept. 1885 20.Oct. 1885 327 Dr. E. Daday Klausenburg Ungarn 5.0ct. 1885 15. Mai 1886 328 Dr. A. Ostroumoff Kasan Russland 28.0ct. 1885 10. März 1886 329 330 VProf. W. Krause 1 Göttingen ; Preußen Berliner Akad. \24.Oct. 1885 O.März 1886 331 Dr. F. S. Monticelli Neapel Prov. Neapel l.Nov. 1885 31. Dee. 1886 332 Dr. F. Balsamo Neapel Prov. Nea])el l.Nov. 1885 31. Dee. 1886 660 A. Dohrn Staat oder Anstalt, Dauer der Benutzung Namen. Wolinort. deren Tisch benutzt wurde. vom bis zum .{33 Tenente A. Colombo Mailand Italien 17. Nov. 1885 5. April 1886 ;534 Dr. R. Semon Berlin Preußen 21. Nov. 1885 l.Oct. 1886 335 Dr. 0. Geise Meiningen Sachsen 25. Nov. 1885 7. Juni 1886 336 D. F. Zscliokke Aarau Schweiz 4. Dee. 1885 8. Juni 1886 337 Dr. A. Tichoniiroff Moskau Russi and 11. Dee. 1885 16. Mai 1886 338 Dr. R. Scharff London British Assoc. 14. Dee. 1885 3. Mai 1886 339 Prof. A. Della Valle Modena Italien 21. Dee. 1885 17. Jan. 1886 340 Prof. W. Preyor Jena Preußen 29. Dee, 1885 21. Aprili 886 341 Dr. (r. Jatta Neapel Italien I.Jan. 1886 31. Dee. 1886 342 Dr. F. Raffaele Neapel Italien I.Jan. 1886 31. Dee. 1S86 343 Dr. M. V. Davidoff München Bayern 7. Jan. 1886 2. Aprir 1886 344 Prof. G. V. Koch Darmstadt Hessen 2. Febr. 1886 16. März 1886 345 Dr. G. Karsten Rostock Preußen 10. März ISS 6 I.Mai 1SS6 346 Dr. L. Will Rostock Hamburg 10. März 1886 24. April 1886 347 Prof. W. Ilis Leipzig Sachsen 13. März 1886 7. Aprili 886 348 Prof. J. Kolhnann Basel Schweiz 15. März 1SS6 I.Mai 1886 349 Dr. J. Steiner Heidelberg Baden 20. März 1SS6 5. Juni 1886 350 Dr. L. Piate München Bayern 20. März 1886 6. Mai 1886 351 Prof. C. Cliun Königsberg Preußen 27, März 1886 I.Mai 1886 352 Cand. J. Dol)berke Utrecht Holland 6.AprillS86 9. Juli 1886 353 Mr. W. Heape Cambridge Cambridge 15. April 1886 I.Juni 1886 354 Prof. A. Della Valle Modena Italien 16. April 1SS6 5. Mai 1886 355 Dr. A. Onody Budapest Ungarn 18. April 1886 9. Juni 1886 356 Dr. F. Nansen Bergen i. N. Zool. Station 21. April 1886 7. Juni 1886 357 Dr. F. Schwinck München Bayern 4. Mai 1886 l.Aug. 1886 358 Prof. A. Della Valle Modena Italien 18. Juni 1886 2. Nov. 1886 359 Dr. P. De Vescovi Rom Italien l.Aug. 1886 7. Sept. 1886 360 Dr. G. Rovelli Como Italien l.Aug. 1886 7. Sept. 1886 361 Prof. F. Gasco Rom Italien l.Aug. 1886 19.0ct. 1886 362 Dr. D. ('arazzi Spezia Italien 12. Aug. 1SS6 1 Oct. 1886 363 Prof. S. Trinchese Neapel Italien 12. Aug. 1886 31. Dee. 1886 364 Dr. C. Crety Rom Italien 14. Aug. 1886 31. Dee. 1886 365 Prof. C. Emery Bologna Italien 19. Aug. 1886 19. Oct. 1886 366 Prof. C. Cliun Königsberg Berlin. Akad. 25. Aug. 1886 17. Oct. 1886 367 Dr. K. Brandt Königsberg Berlin. Akad. 5.0ct. 1886 I.März 1887 368 Dr. J. M. Janse Utrecht Holland 22.0ct. 1886 15. Jan. 1887 369 Mr. G. P. Bidder Cambridge ( 'ambridge 24.0ct. 1886 29. Juni 1887 370 Dr. E. Fraas Stuttgart Württemberg 8. Nov. 1886 31. Dee. 1886 371 Dr. S. Apäthy Budapest Ungarn 8. Nov. 1886 31. Dee. 1888 372 Mr. H. Bury Cambridge Cambridge 10. Nov. 1886 29. Mai 1887 373 Lieutenant Saxe Petersburg Russ. Marine 11. Nov. 1886 S.Mai 1887 374 Dr. F. Noli Heidelberg Baden 12. Nov. 1886 6. April 1887 375 Dr. G. Jatta Neapel Italien I.Jan. 1887 25. Juni 1887 376 Dr. F. Raffaele Neapel Italien I.Jan. 1887 31. Dee. 1887 377 Prof. S. Trinchese Neapel Italien I.Jan. 1887 s.Nov. 1887 378 Dr. F. Balsamo Neapel Prov. Neapel I.Jan. 1887 31. Dee. 1887 379 Dr. F. S. Monticelli Neapel Prov. Neapel I.Jan. 1887 31. Dee. 1887 380 Prof. A. G. de Binares Valladolid Spanien 14. Jan. 1887 12. Juni 1887 381 Mr. J. Gardiner Manchester British Assoc. 2. Febr. 1887 25. Aug. 1887 382 Dr. A. Fleischmann Erlangen Bayern 15. Febr. 1887 I.Mai 1887 383 Mr. E. Penard Genf Schweiz IS. Febr. 1887 12. Mai 1887 384 Dr. P. Pelseneer Brüssel Belgien 21. Febr. 1887 23. Juni 1887 385 Prof. J. Steiner Heidelberg Berlin. Akad. 24. Febr. 1887 8. April 1887 386 Dr. W. von SclirÖder Straßburg Straßburg I.März 1887 I.Mai 1887 387 Sr. J. Madrid Moreno Madrid Spanien I.März 1887 15. Mai 1887 388 Dr. A. Fischer Leipzig Sachsen 7. März 1887 22. April 1887 Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1885 — 1892. 661 Staat oder Anstalt, Dauer der Benutzung Namen. Wohnort. deren Tisch benutzt wurde. vom bis zum 389 Dr. J. W. van Wijhe Alnielo Holland 17. März 1887 30. Juli 1887 390 Dr. G. Motti Aversa Italien 25. März 1887 25. März 1888 391 Stud. W. Marcuse Breslau Preußen 25. März 1^:87 23. Juni 1887 392 Prof. C. Rabl Prag Zool. Station 2ü. März 1887 20. April 1887 393 Rev. A. M. Norman Burnm. Rect. British Assoc. 28. März 1887 I.Mai 1887 394 Dr. M. V. Davidoff München Bayern 29. März 1887 13. April 1887 395 Dr. A. Korotneff Moskau Russland 17. April 1887 15. Mai 1887 39G Dr. H. Reichenbach Frankfurt a.M. Zool. Station 22. April 1887 19. Mai 1887 397 Dr. B. Rawitz Berlin Preußen 16. Mai 1887 14. Juli 1887 398 Prof. A. Della Valle Modena Italien 23. Juni 1887 l.Nov. 1887 399 Dr. W. Repiachoff Odessa Russiand 24. Juni 1887 9. Juli 1887 400 Dr. F. Sanfelice Neapel Italien 1. Aug. 1887 31. Dee. 1888 401 Dr. E. Ficalbi Pisa Italien 3. Aug. 1887 19. Sept. 1887 402 Dr. D. Carazzi Spezia Italien 16. Aug. 1887 9. Sept. 1887 403 Sr. Blas Läzaro é Ibiza Madrid Spanien 23. Aug. 1887 l.Nov. 1887 404 M. A. de Krasnoff l'etersburg Russland 30. Aug. 1887 30. Sept. 1887 405 Dr. N. Kasehtschenko Charkow Russland 5. Sept. 1887 10. Mai 1888 400 Prof. C. B. Klunzingor Stuttgart Württemberg 15. Sept. 1887 lO.Oct. 1887 407 Dr. W. Müller Greifswald Preußen 30. Sept. 1887 27. Febr. 1888 40S Prof. A. Mosso Turin Italien 13.0ct. 1887 lO.Oct. 1887 409 Dr. A. Strubell Frankfurt a.M. Sachsen le.Oct. 1887 11. April 1888 410 Prof. A. Faraintzin Petersburg Russland 21.0ct. 1887 29. April 1888 411 Dr. J. Thiele Berlin Preußen l.Nov. 1887 30. April 1888 412 Dr. P. Mingazzini Rom Italien 25. Nov. 1887 31. Dee. 1887 413 Dr. G. Tacchetti Spezia Ital. Marino 3. Dee. 1887 10. Mai 1888 414 Tenente Guarienti Spezia Ital. Marine 3. Dee. 1887 8. Mai 1888 415 Dr. P. Oppenheim Berlin Preußen 7. Dee. 1887 2 Mai 1888 410 Prof. A. Weismann Freiburg Baden 28. Dee. 1887 16. März 1888 417 Dr. C. Ishikawa Tokio Baden 28. Dee. 1887 31. Dee. 1888 418 Dr. C. Hartlaub Bremen Hamburg 29. Dee. 1887 11. Mai 1888 419 Dr. W. Issaeff Petersburg Russ. Marine 30. Dee. 1887 11. Juni 1888 420 Dr. M. V. Davidoff München Zool. Station 30. Dee. 1887 29. Mai 1888 421 Prof. A. Mosso Turin Italien 31. Dee. 1887 15. Febr. 1888 422 Dr. G. Jatta Neapel Italien l.Jan. 1888 31. Dee. 1888 423 Dr. F. Raffaele Neapel Italien l.Jan. 1888 31. Dee. 1888 424 Dr. F. Balsamo Neapel Prov. Neapel l.Jan. 1888 31. Dee. 1888 425 Dr. F. S. Monticelli Nea])el Prov. Neapel l.Jan. 1888 15. Sept. 1888 42(i Dr. Th. Boveri München Bayern 7. Jan. 1888 11. April 1888 427 Dr. J. van Rees Amsterdam Holland 7. Jan. 1888 11. Aprili 888 428 Dr. H. Henking Göttingen Preußen 11. Jan. 1888 17. April 1888 429 Dr. H. Debus Heidelberg Hessen 16. Jan. 1888 I.März 1888 430 Mr. H. Bury Cambridge Cambridge 24. Jan. 1888 28. Mai 1888 431 Dr. 0. vom Rath Straßburg Straßburg 2. Febr. 1888 30. April 1888 432 Dr. W. von Schröder Straßburg Zool. Station 14. Febr. 1888 12. Mai 1888 433 Stud. C. Sapper Heidenheim Württemberg 18. Febr. 1888 24. April 1888 434 Mag. M. P. A. Traustedt Kopenhagen Zool. Station 21. Febr. 1888 10. März 1888 435 Dr. E. Pergens Maeseyck Belgien S.März 1888 23. Juni 1888 436 Dr. G. Kalide Neumarkt l BerlinerAkad. Preußen 9. März 1888 10. Juni 1888 10. Juni 1888 22.0ct. 1888 437 Mr. A. D. Sloan Edinburgh British Assoc. 16. März 1888 15. Mai 1888 438 Prof. 0. Rabl Prag Österreich 18. März 1888 8. April 1888 439 Dr. M. Joseph Berlin Preußen 19. März 1888 18. April 1888 440 Dr. J. Kohl Marburg Preußen 19. März 1888 12. April 1^88 441 Dr. J. Vosseier Tübingen Württemberg 19. März 1888 23. Mai 1888 442 Dr. G. Franck Berlin Zool. Station 20. März 1888 6. März 1889 443 Dr. L. Piate Marburg Preußen 27. März 1888 10. Mai 1888 662 A. Dohrn Staat oder Anstalt, D.auer tler Benutzung Namen. Wohnort. deren Tisch benutzt wurde. vom bis zum 144 Prof. B. Hatschek Prag Österreich 5. April 888 20. April 888 445 Dr. J. Cori Prag Österreich 5. April [888 20. April 888 446 Dr. J. Rückert München Bayern H.April 1888 10. Mai 1888 447 Prof. G. V. Koch Darm sta dt Hessen 23. April 888 12. Mai 8S8 448 Dr. B. Rawitz Berlin Preußen 27. April 888 27. Juni 888 449 Dr. F. Went Amsterdam Holland 27. April 888 18. Oct. 1888 450 Dr. C. Fisch Erlangen Bayern 28. April 8S8 28. Aug. 888 451 Dr. S. Pansini Molfetta Prov. Bari I.Mai 1888 31. Dee. 1888 452 Prof. R. J. Anderson Galway British Assoc. 4. Juni [888 1 . Aug. 888 453 Prof. A. Della Valle Modena Italien 25. Juni ] 888 3. Nov. ] 888 454 Prof. C. Emerjr Bologna Italien 18. Juli 1888 28. Sept. 1888 455 Prof. de Griaxa Pisa Italien 2. Aug. 1888 21. Oct. 1888 456 Dr. R. Semon Jena Preußen 9. Aug. 1888 18. Oct. 1888 457 Prof. M. Ussow Kasan Russland 14. Aug. 888 10. Sept. 888 458 Stud. Gribowsky Kasan Russland 14. Aug. 888 10. Sept. 8S8 459 Dr. Jablonowsky Berlin BerlinerAkad. 22. Aug. 888 11. Sept. 88S 460 Dr. C. Benda Berlin Preußen 31. Aug. 1 888 18. Oct. 888 461 Dr. D. Baldi Florenz Italien 13. Sept. ] 888 21. Sept. 1888 462 Prof. V. Graber Czernowitz Österreich 15. Sept. 888 24. Oct. 888 463 Dr. F. Schutt Kiel Preußen 16. Sept. 1 888 24. April 889 464 Dr. B, Friedländer Berlin Preußen 24. Sept. ] 888 4. Juni 1889 465 Ten. J. Borja de Goyeneche Madrid Spanien l.Oct. ] 888 1 . April ] 889 466 Ten. J. D. Shelly y Correa Madrid Si)anien l.Oct. ] 888 I.April 889 467 Dr. A. Fritze Bremen Baden l.Oct. 1 888 26. Oct. 1 888 468 Dr. M. Bedot Genf Schweiz 24. Oct. 1 888 22. April 889 469 Dr. G. Vigliarolo Neapel Prov. Neapel 5. Nov. 1 888 5. Nov. 889 470 Dr. N. Cobb Spencer, Mass. British Assoc. 11. Nov. 1 888 27. Jan. 1 889 471 Dr. G. C. J. Vosmaer Haag Holland 14. Nov. 1 888 10. Jan. 1 889 472 Dr. B. Lvoflf Moskau Russland 19. Nov. 1 [888 15. Mai 1 889 473 Dr. C. Pictet Genf Schweiz 3. Dee. 1 [888 26. April 889 474 Mr. G. P. Bidder Cambridge Cambridge 17. Dee. ] 888 31. Dee. 889 475 Dr. M. von Davidoff München Zool. Station 17. Dee. 1888 19. Juni 1 889 476 Mr. F. E. Weiss London British Assoc. 30. Dee. 1888 2. Mai ] 889 477 Dr. G. Jatta Neapel Italien I.Jan. 1889 31. Dee. 1889 478 Dr. F. Saufelice Neapel Italien 1 . Jan. 1889 14. Nov. 889 479 Dr. F. Raffaele Neapel Italien 1 . Jan. 889 31. Dee. 1 889 480 Dr. P. Mingazzini Rom Italien 1 . Jan. 1889 31. Dee. 889 481 Dr. S. Pansini Molfetta Prov. Bari I.Jan. ,889 31. Dee. 8S9 482 Dr. G. Arnheim Berlin" Preußen 2. Jan. 1889 20. April ss») 483 Dr. 0. Lubarsch Berlin Preußen 9. Jan. 889 ì . Juni 8S9 484 Dr. A. Butirkin Petersburg Russ. Marine 13. Jan. 1889 12. Juni 1 889 485 Prof. L. Savastano Portici Italien 14. Jan. 1889 12. Juli 889 486 Mr. W. L. Calderwood Edinburgh British Assoc. 20. Jtui. 1889 27. Mai ] 889 487 Dr. (■. De Brnyne Gent Belgien 2.^. Jan. 889 31. Dee. 889 488 Dr. S. Apäthy Budapest Ungarn 30. Jan. 889 22. Juli 889 489 Forstref. 11. Kießling Tübingen Württemberg 30. Jan. SS9 10. Mai 1889 490 Dr. G. Brandes Leipzig Sachsen 2. Febr. 889 11. Juli 889 491 Dr. G. Cano Rom Italien 27. Febr. 889 31. Dee. 889 492 Dr J. Wortmann Straßburg Straßburg 5. März 889 21. April 889 493 Dr. H. Ambronn Leipzig Sachsen 6. März 1889 1 9. April 889 494 Dr. A. Ostroumoff Kasan Russland 8. März 889 8. Juli 889 495 Dr. H. Virchow Berlin Preußen 8. März 1889 22. Juli 889 496 Dr. Th. Boveri München Bayern 8. März S89 24. April 889 197 Prof. L. V. Graff Graz Österreich 1!). März ISS9 17, April 889 ■198 Sr. J. Rioja y Martin Madrid Spanien 2. April 889 2. April 890 499 Prof. A. Meyer Münster Preußen 4. April SS9 24. Aprili 889 Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1885 — 1892. 663 Staat j oder Anstalt, Daner der Benutzung Namen. 1 Wohnort. 1 deren Tisch benutzt wurde. vom bis zum 500 Prof. F. Vejdovsky Prag Österreich 6. April 1889 22. April 1889 501 Dr. F. Quentell Worms Hessen 23. April 1889 3. Juni 1889 502 Dr. J. M. Janse Leiden Holland 26. April 1889 22. Aug. 1889 5Ü3 Dr. H. Griesbach Mülhauseni.E. Preußen 5. Mai 1889 26. Juni 1889 504 Dr. W. Wagner Moskau Russland 11. Juni 1889 5. Juli 1889 505 Dr. W. Schimkewitsch Petersburg Rassland 11. Juni 1889 26. Juni 1889 506 Prof. A. Della Valle ! Modena Italien I.Juli 1889 4. Nov. 1889 507 Mr. A. Wille^^ Cambridge British Assoc. 14. Juli 1889 2. Aug. 1889 5U8 Prof. C. Emery Bologna Italien 19. Juli 1889 12. Oct. 1889 509 Dr. A. Pasquale Neapel Italien 20. Juli 1889 18. Sept. 1890 510 Dr. G. D'Abundo Pisa Italien 2. Aug. 1889 2. Sept. 1889 511 Prof. J. Steiner Köln Baden 7. Aug. 1889 1. Sept. 1889 512 Dr. F. S. Monticelli Neapel Italien l.Aug. 1889 l.Aug. 1890 513 Sr. José Gogorza Madrid Spanien 16. Aug. 1889 6. Nov. 1890 514 Ten. J.Bor ja de Goyeneche Madrid Spanien 17. Aug. 1889 17. Aug. 1890 515 Stud. A. Tosi Bologna Italien 17. Aug. 1889 29. Sept. 1889 516 Dr. H. Rex Prag Österreich 6. Sept. 1889 22. Nov. 1880 517 Prof. C Grobben Wien Österreich 9. Sept. 1889 29. Sept. 1889 518 Dr. G. W. Müller Greifs wald Preußen 25. Sept. 1889 29. Juni 1890 519 Mr. W. W. Norman Indiana Hamburg 5. Oct. 1889 21. März 1890 520 Mr. T. Groom Cambridge Cambridge 9. Oct. 1889 30. Mai 1890 521 Dr. J. Loeb Straßburg Straßburg 10. Oct. 1889 I.Mai 1890 522 Dr. K. Endriss Göppingen Württemberg 13. Oct. 1889 20. März 1890 523 Dr. H. Trautzsch München Sachsen 13. Oct. 1889 15. Febr. 1890 524 Dr. G. Maglui Rom Italien 13. Oct. 1889 19. Oct. 1889 525 Dr. B. Friedländer Berlin Preußen 14. Oct. 1889 25. Nov. 1889 526 Dr. P. Davignon Petersburg Rusö. Marine 28. Oct. 1889 10. April 1890 527 Prof. A. Kowalewsky Odessa Russland 7. Nov. 1889 13. Mai 1890 528 Dr. E. Weber Genf Schweiz 7. Nov. 1889 17. März 1890 529 Dr. Koppen Charkow Russland 7. Nov. 1889 7. Febr. 1890 530 Ten. J. Anglada y Rava Madrid Spanien 24. Nov. 1889 24. Nov. 1890 531 Prof. 0. Nüsslin Karlsruhe Baden 26. Nov. 1889 22. April 1890 532 Dr. E. Vanhüffen Königsberg Preußen 1. Dee. 1889 1. Juni 1890 533 Dr. R. Schneider Berlin Preußen 30. Dee. 1889 7. April 1890 534 Dr. G. Jatta Neapel Italien I.Jan. 1890 31. Dee. 1890 535 Dr. F. Raffaele Neapel Italien 1. Jan. 1890 31. Dee. 1890 536 Dr. P. Mingazzini Rom Italien I.Jan. 1890 20. Sept. 1890 537 Dr. S. Pansini Neapel Italien I.Jan. 1890 31. Dee. 1890 538 Dr. G. Cano Rom Italien 1. Jan. 1890 31. Dee. 1890 539 Dr. P. P. C. Hoek Leiden Holland 7. Jan. 1890 21. März 1890 540 Mr. E. W. Butler Surbiton British Assoc. 21. Jan. 1890 (ì. Aug. 1890 541 Prof. H. Ambromi Leipzig Sachsen 12. Febr. 1890 10. Juni 1890 542 Mr. G. B. Ward Troy, N.Y. Baden 7. März 1890 8. April 1890 543 Dr. F. Schutt Kiel Hamburg 8. März 1890 23. April 1890 544 Prof. H. Ludwig Bonn Preußen 10. März 1890 19. April 1890 545 Prof. F. Zschokke Basel Schweiz 15. März 1890 10. April 1890 546 Prof. S. Exner Wien Österreich 17. März 1890 2:5. April 1890 547 Prof. 0. Bütschli Heidelberg Baden 18. März 1890 21. April 1890 548 Prof. C. Rabl Prag Österreich 19. März 1890 12. April 1890 549 Sr. J. Rioja y Martin Madrid Spanien 2. April 1890 22. Nov. 1890 550 Prof. J. van Rees Amsterdam Holland 5. April 1890 10. Juni 1890 551 Prof. P. KnoU Prag Österreich 6. April 1890 10. Mai 1890 552 Dr. J, Vosseier Tübingen Württemberg 12. April 1890 10. Juni 1890 553 Dr. J. Rückert München Bayern 18. April 1890 21. Mai 1890 554 Dr. B. Lvoff Moskau Russland 28. April 1890 27. Juni 1890 555 Prof. S. Apäthy Klausenburg Ungarn 24. Mai 1890 9. Sept. 1890 Mittheilungen a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. tO. 44 664 A. Dohrn Staat oder Anstalt. Dauer der Benntzuuir Namen. Woliiiort. deren Tisch benutzt wurde. vom bis zum 556 Prof. G. V. Koch Darmstadt Hessen 28. Mai 1890 17. Juli 1890 557 Dr. P. Cerfontaine Lüttich Belgien 9. Juni 1890 11. Oct. 1890 55S Dr. M. Mendthal Königsberg Preußen 1 1 . Juni 1890 29. Mai 1891 559 Dr. A. Coggi Bologna Italien 13. Juni 1890 19. Sept. 1890 560 Dr. A. Messea Rom Italien 2. Juli 1890 21. Sept. 1890 561 Dr. Max Verworn Jena Preußen 5. Juli 1890 25. Dee. 1890 562 Prof. A. Della Valle Modena Italien 7. Juli 1890 4. Nov. 1890 563 Dr. G. Valenti Pisa Italien 25. Juli I89ü 30. Sept. 1890 564 Dr. F. S. Monticelli Neapel Italien l.Aug. 1890 l.Aug. 1891 565 Dr. G. Mazzarelli Neapel Prov. Neapel 1. Aug. 1890 1. Aug. 1891 566 Dr. B. Rawitz Berlin Preußen 4. Aug. 1890 15. Oct. 1890 567 Dr. C. Crety Rom Italien 10. Aug. 1890 22. Nov. 1890 56S Ten. J.Bor ja de Goveneche Madrid Spanien 17. Aug. 1890 7. Febr. 1891 569 Dr. V. Salvati Neapel Italien l.Sept. 890 I.Juni 1S91 570 Dr. J. ('. Koningsberger Utrecht Holland 1. Sept. 1890 25. Dee. 189(1 571 Dr. Th. Pintner' Wien Österreich 4. Sept. 890 17. Oct. 1890 572 Dr. C. V. Wistiughausen Berlin Preußen 13. Sept. 1890 9. April 1891 573 Dr. A. Looss Leipzig Sachsen 15. Sept. 1890 7. März 1891 574 Mr. W. Melly Liverpool British Assoc. 29. Oct. 890 3. Jan. J^^91 575 Dr. J. Loeb Straß bürg Straßburg 31.0ct. 1890 25. April 1891 576 Dr. M. V. Davidoff München Zool. Station 16. Nov. 1890 28. Febr. 1891 577 Dr. G. Maurea Foggia Italien 21. Nov. ] 890 I.Juni 1S91 578 Ten. J. Anglada y Rava Madrid Spanien 24. Nov. ] 890 I.Juli 1892 579 Mr. G. P. Bidder Neapel Zool. Station 24. Nov. J 89 ü 31. Dee. 1892 5S0 Dr. P. Samassa Laibach Österreich 30. Nov. [890 27. März 1891 581 Dr. N. Slunin Petersburg Russ. Marine 3. Dee. ] 890 23. Mai 1891 582 Sr. M. Cazurro Gerona Spanien 15. Dee. ] 890 25. Febr. 1892 583 Dr. A. Russo Neapel Italien 22. Dee. 890 31. Dee. 1891 584 Mr. E. Bles Manchester British Assoc. 22. Dee. ] 890 27. März 1891 585 M. L. Marmier Paris Zool. Station 1 . Jan. 891 4. Febr. 1891 586 Dr. G. Cano Sassari Italien 1. Jan. 1891 31. Dee. 1891 587 Dr. S. Pansini Neapel Prov. Bari I.Jan. J 891 31. Dee 1891 588 Dr. G. Jatta Neapel Italien 1 . Jan. 891 31. Dee. 1891 589 Dr. F. Raffaele Neapel Italien I.Jan. 891 31. Dee. 1891 590 Mr. A. Newstead Cambridge Cambridge 5. Jan. J 891 l.Oct. 1891 591 Dr. K. F. Wenkebacli Utrecht Holland O.Jan. ] 891 18. Juni 1891 592 Dr. D. Bergendill Lund Zool. Station 22. Jan. 1 891 24. Aug. 1891 593 1 Dr. 0. Bürger Gießen Hessen 3. Febr. 891 22. Juli 1891 594 i Dr. ('. Fiedler Zürich Schweiz 11. Febr. 1 891 24. April 1891 595 Prof. A. Korotneff Kieff Russland 15. Febr. 1 891 24. März 189) 596 Stud. M. Kaloujisky Moskau Russland 26. Febr. 1 891 5. Mai 1891 597 Dr. K. C. Schneider Wien Sachsen 5. März 891 11. Juli 1891 598 Dr. G. Guaglianone S. Sosti Italien 7. März 891 I.Juni 1891 599 l Stud. P. Schottländer Breslau Preußen 7. März 1 891 17. April 1891 600 ' Prof. W. His Leipzig Sachsen 11. März S91 8. April 1891 601 i Dr. W. His Leipzig Sachsen 11. März 891 8. April 1891 602 ; Dr. F. v. Haberler Graz Österreich 12. März 1 891 6. April 1891 603 Prof. M. Hol! Graz Österreich 16. März 1 891 6. April 1891 604 Dr. P. Kaufmann Berlin Preußen 1 6. März 891 21. Mai 1891 605 Dr. E. Ballowitz Greifswald Hamburg 20. März 1 891 23. April 1891 606 Mr. J. L. Rüssel Amerika Davis-Table 20. März 1 891 O.Juli 1891 607 Prof. F. Rückert München Bayern 22. März 1 891 10. April 1891 608 Mr. F. S. Harmer Cambridge Cambridge 26. März 1 891 18. April 1891 6()9 Prof. A. Hansen Darmstadt Hessen 27. März 1 891 19. Sept. 1891 610 ! Dr. E. Rohde Breslau Preußen 30. März 1 891 24. Aug. 1891 611 Dr. S. Kästner Leipzig Sachsen 2. April 1 891 2. Juli 1891 Bericht über die Zoologische Station während der Jalire 1885—1892. 6(35 Staat oder Anstalt, Dauer der Benutzung Namen. Wohnort. deren Tisch benutzt wurde. vom 1 bis zum 012 Prof. F. Hoppe-Seyler Straßburg Straßburg 3. April 1891 20. April 1891 613 Sr. S. Prado y Sainz Madrid Spanien 4. April 1891 22. Febr. 1892 614i Miss Julia B. Platt Boston Davis-Table 7. April 1891 2. Juli 1891 Ü15 Dr. R. S. Bergh Kopenhagen Zool. Station 9. April 1891 14. Juni 1891 616 Dr. 0. Maas Berlin Preußen 30. April 1891 8. April 1892 617 Prof. W. Schimkewitch Petersburg Russland 4. Mai 1891 10. Juni 1891 618 Dr. A. Jaschtschenko Petersburg Russland 4. Mai 1891 13. Juli 1891 619 Mag. L. Kundsin Dorpat Russland 1 J.Mai 1891 12. Juni 1891 62ü Dr. A. Pasquale Neapel Zool. Station I.Juni 1891 10. Aug. 1892 621 Mr. E. A. Mincliin Oxford Oxford 28. Juni 1891 21. Juni 1892 622 Prof. S. Apäthy Klausenburg Ungarn 2. Juli 1S91 9. Oct. 1891 623 Prof. A. Della Valle Modena Italien 4. Juli 1891 2. Nov. 1891 624 Dr. K. Staderini Florenz Italien O.Juli 1891 29. Aug. 1891 625 Dr. U. Rossi Florenz Italien 6. Juli 1891 29. Aug. 1891 626 Herr Demetrius Rossiusky Moskau Russland 15. Juli 1891 6. Aug. 1891 627 Dr. F. S. Monticelli Neapel Prov. Neapel l.Aug. 1891 l.Aug. 1892 628 Dr. (A. Mazzarelli Neapel Prov. Neapel l.Aug. 1891 l.Aug. 1892 629 Prof. J. Steiner Köln Preußen 10. Aug. 1891 29. Aug. 1891 630 Dr. C. Crety Rom Italien 11. Aug. 1891 5. Nov. 1891 631 Prof. A. Gotte Straßburg Straßburg 16. Aug. 1891 21. Oct. 1891 632 Dr. J. H. F. Kohlbrugge Amsterdam Holland 21. Aug. 1S91 16. Nov. 1891 633 Dr. V. Haecker Frei bürg Baden 29. Aug. 1891 26. Oct. 1891 634 Dr. E. Germano Neapel Prov. Bari 1. Sept. 1891 10. Aug. 1892 635 Dr. K. W. Zimmermann Berlin BerlinerAkad 4. Sept. 1891 8. Oct. 1891 636 Dr. Luigi Zoja Pavia Italien 7. Sept. 1891 28. Oct. 1891 637 Dr. Raft'aele ZoJa Pavia Italien 7. Sept. 1891 28. Oct. 1891 638 Dr. Hans Driescli Hamburg Hamburg 28. Sept. 1891 4. April 1892 639 Dr. Gurt Herbst Altenburg BerlinerAkad. 28. Sept. 1891 28. April 1892 610 Dr. G. W. Müller Greifswald Preußen l.Oct. 1891 25. Febr. 1892 641 Mr. E. W. Mac Bride Cambridge Cambridge 5. Oct. 1891 8. Aug. 1892 642 Mr. A. Willey Oxford British Assoc. 8. Oct. 1891 27. Aug. 1892 643 Dr. 0. Visart Pisa Italien 11. Nov. 1891 15. Jan. 1892 644 T.A.NavarreteyDeAlcazar Valencia Span. Marine 8. Dee. 1891 31. Dee. 1892 645 Dr. C. Pictet Genf Schweiz 11. Dee. 1891 21. März 1892 646 Prof. G. Gilson Löwen Belgien 13. Dee. 1891 12. April 1892 647 Prof. W. Salenski Odessa Russland 15. Dee. 1891 26. April 1892 648 Dr. G. Cano Sassari Italien I.Jan. 1892 10. Sept. 1892 649 Dr. A. Russo Neapel Italien 1. Jan. 1892 31. Dee. 1892 650 Dr. G. Jatta Neapel Italien 1. Jan. 1892 31. Dee. 1892 651 Dr. F. Raffaele Neapel Italien I.Jan. 1892 31. Dee. 1892 652 Dr. R. Heymons Berlin Preußen I.Jan. 1892 5. Mai 1892 653 Dr. R. V. Erlanger Heidelberg Baden 0. Jan. 1892 1 Juli 1892 654 Dr. S. Bonaduce Terlizzi Prov. Bari 7. Jan. 1892 10. Aug. 1892 655 Cand. J. Hjort Christiania Bayern 10. Jan. 1892 2. Mai 1892 656 Prof. E. B. Wilson Philadelphia Davis-Table 11. Jan. 1892 16. Juli 1892 657 Dr. A. Krupenin Petersburg Russ. Marine 19. Jan. 1892 20. Juni 1892 658 Dr. 0. zur Strassen Leipzig Sachsen 29. Jan. 1892 I.Juli 1892 659 Dr. G. Antipa Bukarest Zool. Station 14. Febr. 1892 26. Aug. 1892 660 Prof. A. Korotueff Kieflf Russlaud 17. Febr. 1892 2. März 1892 601 Stnd. H. Graber Czernowitz Österreich 5. März 1892 6. April 1892 662 Dr. F. Röhmann Breslau Preussen 5. März 1892 19. April 1892 663 Dr. W. Nagel Tübingen Württemberg 15. März 1892 18. April 1892 664 Prof. M. V. Lenhossék Basel Ungarn 10. März 1892 15. April 1892 665 Dr. K. W. Zimmermann Berlin Preußen 16. März 1892 28. April 1892 606 Dr. R. Gottlieb Heidelberg Österreich 19. März 1892 22. April 1892 667 Dr. J. V. Üxküll Heidelberg Württemberg 19. März 1892 17. Mai 1892 44^ 666 A. Dohrn Staat oder Anstalt, Dauer der Benutzung Namen. Wohnort. deren Tisch benutzt wurde. TOin bis zum 6(ì8 Prof. W. V. Schröder Heidelberg Straßburg 22. März 1892 14. April 1892 669 Mr. H. Pollard Oxford Oxford 29. März 1892 670 Dr. H. K. Corning Prag Österreich B.April 1892 10. Mai 1892 671 Dr. A. Kreidl Wien Österreich 6. April 1892 20. Mai 1892 672 Dr. 0. Buchner Stuttgart Württemberg 26. Apri 11892 13. Juli 1892 673 Dr. B. Dean Washington Bayern 27. April 1892 3. Juni 1892 674 Prof. G. V. Koch Darmstadt Hessen 17. Mai 1892 2. Juli 1892 675 Dr. V. Faussek Petersburg Russland 20. Mai 1892 21. Sept. 1892 676 Dr. D. Carazzi Spezia Italien 25. Mai 1892 8. Juli 1892 677 Prof. S. Apäthy Klaiisenburg Ungarn 9. Juni 1892 5, Oct. 1892 678 Prof. W. Einthoven Leiden Holland I.Juli 1892 7. Sept.1892 679 Prof. W. F. R. Weldon London Cambridge 10. Juli 1892 21. Sept. 1892 680 Miss Tebb London Cambridge 10. Juli 1892 21. Sept.1892 681 Prof. A. Della Valle Modena Italien 12. Juli 1892 6. Oct. 1892 682 Dr. G. Eolando Rom Italien 14. Juli 1892 5. Sept. 1892 683 Dr. F. S. Monticelli Neapel Prov. Neapel 1. Aug. 1892 16. Oct. 1892 684 Dr. G. Mazzarelli Neapel Prov. Neapel 1. Aug. 1892 31. Dee. 1892 685 Dr. G. D'Abundo Pisa Italien 1. Aug. 1892 8. Oct. 1892 686 Prof. S. Trinchese Neapel Italien S. Aug. 1892 687 Stud. V. Diamare Neapel Italien 15. Aug. 1892 688 Prof. N. Poléjaeff Petersburg Russland 17. Aug. 1892 23. Sept. 1892 689 Mr. C. Diincan London British Assoc. 22. Aug. 1892 30. Oct. 1892 690 Prof. K. V. Kostanecki Gießen Hessen 1. Sept. 1892 17. Sept.1892 691 Dr. F. Röhmann Breslau Preußen 2. Sept. 1892 10. Oct. 1892 692 Dr. C. Crety Rom Italien 6. Sept. 1892 29, Nov. 1892 693 Prof. H. Virchow Berlin Preußen 6. Sept. 1892 27. Oct. 1892 694 Dr. D. Popoff Petersburg Russland 6. Sept. 1892 27. Oct. 1892 695 Dr. H. Driesch Hamburg Hamburg 20. Sept. 1892 696 Dr. C. Herbst Altenburg BerlinerAkad. 20. Sept. 1892 697 Prof. J. V. Cariis Leipzig Sachsen 23. Sept. 1892 10. Oct. 1892 698 Dr. C. Saint-Hilaire Petersburg Russland 29. Sept. 1892 6. Nov. 1892 699 Mr. G. W. Field Baltimore Davis-Table 5. Oct. 1892 700 Dr. G. W. Müller Greifswald Preußen 18.0ct. 1892 701 Dr. P. Hauptfleisch Greifswald Preußen 25. Oct. 1892 702 Prof. N. Kastschenko Tomsk Russland 8. Nov. 1892 703 Prof. N. Wagner Petersburg Russland S. Nov. 1 892 704 Dr. W. Kruse Berlin Zool. Station 9. Nov. 1892 9. Dee. 1892 705 Dr. A. Pasquale Neapel Zool. Station 9. Nov. 1892 9. Dee. 1892 706 Dr. A. V. Bunge Petersburg Russ. Marine 15. Nov. 1892 707 Dr. B. Baculo Neapel Italien 6. Dee. 1892 708 Prof. N. Poléjaeff Petersburg eigener Tisch 17. Dee. 1892 709 Prof. F. S. Monticelli Palermo Prov. Neapel 24. Dee. 1892 Diesem Verzeichnisse könnte ich wie früher auch jetzt die Listen des nach allen Weltgegenden versandten Studien -Materials bei- fügen, nehme aber davon Abstand, weil dieselben mehrere Druck- bogen füllen würden. Ich habe an anderer Stelle (Deutsche Rund- schau 18. Bd. 1892 Heft 11) kürzlich betont, welchen Umfang diese Thätigkeit der Zool. Station besitzt, wie sie die Bedeutung der Sta- tion als Centralpunktes für die Untersuchung der lebenden See- thiere ergänzt und ihre Wirksamkeit bis an die fernste Peripherie Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1885—1892. 667 der Civilisation erstreckt. Durch den an Marine-Officiere und Ma- rine-Arzte ertheilten Unterricht im Sammeln und Conserviren der Seethiere und weiterhin durch die Veröifentlichung- der g-rößten- theils in der Zool. Station erdachten und erprobten Conservirungs- methoden hat diese Thätigkeit noch eine weitere Wirkung in die Ferne gehabt — davon hat die wissenschaftliche Welt aui^reichende Kunde erlangt, und es freut mich, hervorheben zu können, dass Jahr für Jahr auf dieser Bahn fortgeschritten wird. Nun möchte ich noch einige Worte über die Publicationen der Station sagen. Die »Mittheilungen aus der Zool. Station« sind ziemlich gleich- mäßig fortgeschritten, von ihnen ist nichts Wesentliches zu melden. Die Monographien der »Fauna und Flora« dagegen haben mehr Schwierigkeiten geboten, durch die Natur der Arbeit selber, durch die Engagements auf lange Dauer, welche ihr zu Grunde liegen, und durch die dabei reichlicher gebotene Gelegenheit zu hemmenden Zwischenfällen, welche vom Willen der an der Herstellung der Arbeiten resp. der Tafeln und des Druckes Betheiligten unabhängig sind. Die längste Verzögerung haben zwei Monographien erlebt, wel- che eigentlich bestimmt waren, wenn nicht den ersten, so doch einen der ersten Jahrgänge zu bilden : die Enteropneusta Spengel's und die Rhodomeleen Falkenberg's. Nahezu 14 Jahre sind seit ihren An- fängen verflossen. Andere fast zu gleicher Zeit in Angriff genommene Monographien sind überhaupt nicht zu namhafter Ausführung vor- geschritten, ja bei manchen ist das von der Zool. Station beschaffte Material verloren gegangen. Einige Arbeiten sind in andere Hände übergegangen und erleben so eine Resurrection — durch Alles das aber ward eine sehr empfindliche Pause im Erscheinen der Mono- graphien hervorgerufen, die seit 1890, d. h. seit dem Erscheinen des 17. Bandes gedauert hat und erst im Anfange dieses Jahres überwunden worden ist. Vor Kurzem sind die Copepoden von Gies- BRECHT erschienen, spätestens im Laufe des Sommers kommen die Gammariden von Della Valle und die Enteropneusta von Spengel heraus. Jedenfalls ist nun, z. Tb. auch in Folge der langen Pause, dafür gesorgt, dass wohl Jahr für Jahr wenigstens eine Monographie erscheinen wird, zumal eine Reihe sehr umfangreicher Arbeiten nahezu gleichzeitig der Vollendung entgegengeht, so u. A. die Mono- graphie der Cephalopoden von Jatta, der Ostracoden von W. Müller, der Nemertinen von Bürger, der Hirudineen von Apathy. Immerhin aber zeigt sich, dass seit dem Jahre 1886, als der letzte Bericht über 668 A. Dohrn die Thätigkeit der Zool. Staion in dieser Zeitschrift erschien , die Arbeit an den Monographien nicht still gestanden hat, denn vom Band 11 bis /A\m Bande 17 sind sie erschienen, bis zum Bande 22 sind sie im Druck und bis zum Bande 26 in Ausarbeitung begriffen . Was nun die dritte Publication, den Zoologischen Jahres- bericht anbelangt, so hat die Zool. Station sich veranlasst gesehen, seinen Umfang durch Weglassung des Abschnitts über Systematik wesentlich zu verringern. Auch ist der Jahresbericht in seiner jetzigen Gestalt in den Verlag der Firma Friedländer übergegangen, die ihn bisher nur in Commission hatte. Freilich zahlt die Zool. Station einen kleinen Zuschuss. Ob er in dieser Form und Verfassung Aussicht hat, ohne weitere Schwierigkeiten fortzuleben, lässt sich wohl hoffen, aber nicht mit Sicherheit voraussehen. Sollte es wider Erwarten nicht gelingen, ihn noch lange am Leben zu erhalten, so würde die Zool. Station sich keinesfalls Vorwürfe zu machen brauchen, nicht die äußerste Grenze ihrer Anstrengungen und Opfer erreicht zu haben, die sie einem Unternehmen weihen durfte, welches durchaus nicht noth wendig in den schon hinreichend großen Rahmen ihres Programmes gehörte. Aber das Gefühl, dass die biologische Wissenschaft — ja wenn nicht alle Zeichen trügen, auch andere Wissenschaften — kritischen Zeiten entgegengehen, falls es nicht bald gelingt, die Jahresbericht- erstattung in einer organisatorisch ausreichenden und dauerhaften Form zu leisten, ist seit Jahren dem Schreiber dieser Zeilen so sehr zum Bewusstsein gekommen, und er hat es sich so viel theils gelungene, theils misslungene Anläufe zu ihrer Lösung kosten lassen, dass er auch jetzt noch nicht gewillt ist, sich davon loszusagen. So lange es freilich dabei bleibt, die Jahresberichterstattung als ein Beiwerk der wissenschaftlichen Production zu behandeln, dem nur die Brosamen der Energie zu Gebote stehen, welche von der Original- Arbeit und dem Dociren nicht aufgebraucht wird, so lange wird es nicht besser werden. Erst wenn allgemein anerkannt werden wird , dass gute Referate eine eben so wichtige Leistung für den geordneten Fortschritt der Wissenschaft sind, wie gute Vorlesungen und gute Originalarbeiten, wenn für tüchtige Berichterstattung eine so hohe Bezahlung geleistet werden kann, dass der Berichterstatter sich einen wesentlichen Theil seines Lebensunterhaltes dadurch zu beschaffen in die Lage kommt — erst dann wird die Organisation der Wissenschaft in dieser Richtung gesunden und ein großer Mangel Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1885— lf^92. 669 beseitigt sein, der je läuger er bestehen bleibt, um so schwerere Schäden nach sich zieht. Ein so unifangTciches und complicirtes Unternehmen, wie Grün- dung- und Ausbau der Zool. Station , hat natürlich auch ein Stück Geschichte in den mehr als zwanzig- Jahren seiner Existenz durch- lebt , und wenn es auch vielleicht kaum mehr möglich ist . diese Geschichte so niederzuschreiben, wie sie den au ihrer Existenz zu- nächst und unmittelbar Betheilig-ten vor die Augen trat, so bietet sie doch manche interessante Gesichts})unkte dar und manche über- raschende Beziehungen zwischen einem rein wissenschaftlichen Unter- nehmen und den großen Factoren des zeitgenössischen Lebens. Ich hoffe seinerzeit wenigstens die Materialien zusammenzutragen, aus denen ein einigermaßen treues Bild der Ereignisse, der Mühen und Sorgen , der gelungenen und misslungeneu Bestrebungen zu ge- winnen ist. In den letzten Jahren hat der Tod die Zool. Station mehrerer Gönner und Freunde beraubt, welche in kritischen Tagen ihre Hand schützend über sie gehalten, ja von ihren ersten schweren Anfängen an mit Kath und That ihr beigestanden haben. Ich habe schon auf den ersten Seiten dieses Berichtes und vorher in dem bereits citirten Aufsatze in der »Deutschen Rundschau« erzählt, einen wie bedeutenden Antheil an dem Gelingen des ganzen Werkes die hohe Protection gehabt hat, deren sich die Zool. Station vom hochseligen Kaiser Friedrich III. erfreute. Im Jahre 1875, also zwei Jahre, nachdem der Kaiser Friedrich, damals noch Kronprinz, zuerst von der Zool. Station Kenntnis erlangt hatte und in der in jenem Aufsatz der »Rund- schau« erzählten Weise für sie eingetreten war, besuchte er Italien und kam auf einen Tag nach Neapel, wo damals König Victor Emanuel sich aufhielt. Vormittags ward ich in das kgl. Palais befohlen und gleich vom Kronprinzen empfangen. In freundlichen Worten sprach mir der hohe Herr seine Freude darüber aus, dass die Nothlage , in welcher ich an Seine hohe Intervention appellirt hatte, glücklich über- wunden sei , und fragte mich , wie viel Zeit eine kurze Besichti- gung der Station kosten würde, resp. ob dieselbe sich bis 12 Uhr Mittags, wo das Frühstück bei dem Könige anberaumt sei, also in einer kleinen Stunde vornehmen ließe. Auf meine Bejahung ward sofort verfügt, dass der Kron})rinz binnen zehn Minuten in die Sta- tion kommen würde. Die Besichtigung fand statt, mochte aber wohl (570 ^ Dohrn einige Minuten länger in Anspruch genommen haben , so dass der Kronprinz mir zum Abschiede sagte : »Sie und Ihre Station sind Schuld daran, dass ich den König habe warten lassen. Aber was ich gesehen habe, hat mir sehr gefallen. Möge es Ihnen weiter gut gehen!« Wahr- scheinlich hat aber diese Verspätung der Zool. Station viel genützt, denn schon wenige Tage nach der Abreise des Kronprinzen ward mir von Sr. Majestät dem Könige Victor Emanuel das Comthurkreuz der Italien. Krone verliehen und dadurch bezeugt, dass der Kronprinz von der Zool. Station in anerkennender Weise seinem königlichen Wirthe gegenüber gesprochen hatte. Für Den. welcher eine schwere praktische Aufgabe in fremdem Lande durchzuführen hat, ist eine solche vom Souverän dieses Landes persönlich verliehene Auszeichnung eine außerordentliche Hilfe, und sie hat auch viel zur Überwindung zahlreicher Widerstände beigetragen, mit denen ich noch jahrelang zu kämpfen hatte. Von dieser Zeit an ward ich öfters , wenn ich in Berlin mich einige Zeit aufhielt, der Ehre theilhaftig, in das Neue Palais beschieden zu werden; und die Theilnahme 1. 1. k. k. H.H. des Kronprinzen und der Kronprinzessin an dem Gredeihen der Zool. Station hat nie wie- der aufgehört, im Gegentheil, in mehr als einem kritischen Augen- blick ist entscheidende Hilfe von dort ausgegangen. Wie gegen- über dem Könige Victor Emanuel, so hat der Kronprinz auch zehn Jahre später das Interesse Sr. Majestät des jetzt regierenden Königs für die Zool. Station wach gerufen, wie ich in der »Deutschen Rundschau« bereits erzählt habe. Ich darf wohl an dieser Stelle betonen , dass der Schutz , welcher vom Neuen Palais in Potsdam sich für so lange Jahre über das Leben der Zool. Station erstreckte, auch nicht durch das tragische Leiden und den Tod des menschen- freundlichen Kaisers ein Ende nahm: Se. Majestät Kaiser Wilhelm II. hat der wissenschaftlichen Colonie am Golfe von Neapel seinen aller- gnädigsten Beistand nicht nur weiter verheißen, sondern bereits in sehr entscheidender Art zu beweisen geruht, wofür nicht nur der Schreiber dieser Zeilen , sondern Alle , die von der Station Vortheil und Förderung haben, zu dauerndem Dank verpflichtet sind. Vor wenig Wochen ward ein Mann zu Grabe getragen , der gleichfalls von eingreifendster Bedeutung für die Schicksale der Zool. Station gewesen ist. Werner Siemens ist von dem Tage an, da ich ihn kennen lernte und seine Unterstützung in der Berliner Akademie zu Gunsten jenes durch Missverständnisse erst verweigerten Gutachtens erbat — worüber auch der Aufsatz in der »Deutschen Rundschau« nachgelesen werden möge — ein warmer Gönner der Bericht über die Zoologische Station während der Jahre 1885 — 1892. 671 Zool. Station gewesen und zugleich bis zum Tage seines Todes ein herzlicher Freund ihres Erbauers. Sein Eintreten für die Zool. Station im Schöße der Berliner Akademie bei mebr als einer Ge- legenheit, so besonders als es sich um die Zuweisung des Geldes zum Bau des »Johannes Müller« handelte, ferner seine Initiative, als er nach seinem ersten Besuche Neapels der Zool. Station nicht nur ein ansehnliches Geldgeschenk machte , sondern auch in Berlin ein kleines Comité bildete, um eine dauernde Reichssubvention für die Station zu schaffen, haben die materiellen und moralischen Kräfte der Anstalt außerordentlich gesteigert. Gerade der Gedanke, welcher in der Zool. Station sich so intensiv verkörperte, ein großes Institut zu gründen , welches ausschließlich der Forschung dienen sollte , begegnete seiner lebhaftesten Theiluahme , und ich erinnere mich sehr gut des Tages, da er mit mir in seinem Wagen von Berlin nach Charlottenburg hinausfuhr und mir die erste Mittheilung von seinem Plane machte, ein großes physikalisches Institut — die jetzige physikalische Reichsanstalt — hervorzurufen , welches aus- schließlich Forschungszwecken gewidmet und so gestellt sein sollte, dass die Kräfte der daran thätigen Forscher nicht durch Dociren oder Examiniren abgelenkt würden: er exemplificirte dabei auf die Zool. Station. Das war Jahre vor den bezüglichen Verhandlungen mit der Preußischen Regierung, und aus dieser seiner eigenen Ten- denz heraus erfasste er auch mit so großer Wärme meine Bestre- bungen, über welche ich ihm bereits im Jahre 1877 auf einer Fahrt von Neapel nach Capri an Bord des «Johannes Müller« und dann in Capri selber lange und ausführlich berichten konnte — Unterhaltungen, die sich dann fast alljährlich bei meinen Besuchen in Berlin und in dem gastfreien SiEMENs'schen Hause fortsetzten. Und oft hat Werner Sie- mens dabei geäußert, dass er, wäre er nicht bereits Elektriker geworden, sich wohl am liebsten der Biologie, freilich aber der experimentellen, gewidmet haben würde, und noch in dem letzten Winter, den er z. Th. in Neapel zubrachte, interessirte er sich lebhaft für die Fortschritte un- serer Erkenntnis vonderStructur der Zelle, des Mechanismus ihrer Thei- lung und Fortpflanzung und der daran sich knüpfenden Theorien über Vererbung und mechanische Auffassung der Lebensfunctionen über- haupt. Aber auch andere rein organisatorische Fragen nahmen sein In- teresse in Anspruch , und gerade die oben erörterten Schwierigkeiten einer ausreichenden Organisation der Jahresberichterstattung fanden bei ihm vollstes Verständnis und lebhafteste Zustimmung. Auch er war über- zeugt, das keine Zeit zu verlieren sei, um diese wichtige Function 672 A. Dohrn aus dem chaotischen Zustande herauszuführen, in dem sie dermalen sich befindet, und versicherte, dass es in dem ihm näher liegenden Ge- biete der physikalischen Wissenschaften damit gleichfalls sehr schlimm stünde. Wie sein Tod für ganz Deutschland und darüber hinaus ein schwerer und unersetzlicher Verlust ist, so hat auch die Zool. Station und der Schreiber dieser Zeilen in ihm einen einfiussreichen und treuen Freund verloren, dessen Fehlen sich noch oft geltend macheu wird. In anderen Beziehungen zur Zocl. Station stand ein dritter Mann, von dem die Welt außerhalb Neapels wenig gewusst hat, der aber für das Gedeihen der Station eine lange und nachhaltige Bedeutung gehabt hat: der vor zwei Jahren verstorbene deutsche General- consul in Neapel , Herr Otto Beer, Theilhaber der großen hiesigen Firma Aselmeter, Pfister & Comp. Er war in jeder Beziehung ein seif niade man, war als junger Mensch völlig mittellos nach Neapel gekommen, hatte sich aber durch Fleiß , Klugheit und Tüchtigkeit bis zum Theilhaber einer der größten Firmen Neapels hinauf- gearbeitet und ward im Jahre 1874 zum deutschen Generalconsul ernannt. Als solchen lernte ich ihn kennen und gewann in ihm nicht nur einen officiellen Vertreter und Helfer, sondern auch einen Freund. Wie wichtig gerade eine solche Persönlichkeit für das erste Jahrzehnt der Zool. Station war, werden vielleicht nur Wenige selbst unter den unmittelbar an den Zielen der Station bethei- ligten Forscher zu ermessen wissen. Denn man möge sich das Eine ja nicht verhehlen: die Zool. Station, so sehr sie ein den höchsten Aufgaben der AVissenschaft geweihtes Institut war, musste doch diese Ziele auf AVegen zu erreichen suchen, welche sie mit großen industriellen oder Handels-Unternehmen in näheren Vergleich setzen ließ als mit Universitäts - Laboratorien , die vom Staate gebaut und mit festen Einnahmen dotirt werden. Gleich von vorn herein handelte es sich um die Verleihung einer Concessiou, um Contraete, um Bau -Unternehmer, um Verhandlungen mit dem ganzen viel- köpfigen Apparat von municipalen, provinzialen und staatlichen Au- toritäten. In dem Aufsatze der »Deutschen Rundschau« habe ich zwei Episoden erzählt, die ein kleines Bild der Schwierigkeiten abgeben dürften, mit welchen ich damals zu kämpfen hatte. Ich könnte dieses Bild mit Leichtigkeit ins Uugemessene ausdehnen, wollte ich eine auch nur einigermaßen erschöpfende Darstellung der ersten Jahre, des ersten Jahrzehnts der Zool. Station geben. Fast zu gleicher Zeit mit mir trat in Neapel ein großer Unternehmer, ein Bericht über die Zoolo.j?isclie Station während der Jahre 1885—1892. 673 belgischer Baron D auf. welclier dem Muuicip den Vorschlag machte, durch die Herstellung eines großen Quais an der Riviera di Ghiaia und längs der Villa Reale diese wesentlich zu verbreitern und dem Meere ein großes Areal zu Bebauungszwecken abzugewinnen. Wir trafen uns sehr oft, sowohl im Municip, wie auch in der Villa Reale, und haben oft und Jahre hindurch in Gesprächen unsre Er- lebnisse ausgetauscht — ein Beweis, wie weit mein Unternehmen in seinen Entwicklungswegen in das rein Industrielle hinübergriflf. Wir haben Beide unsre Ziele vollkommen erreicht und wurden oft von den Beamten des Municips als Muster der Beharrlichkeit ci- tirt, denen der Erfolg desshalb auch sicher wäre — mit dem Unter- schiede jedoch, dass der belgische Baron als reicher Mann Neapel verließ, die Früchte meiner Arbeit aber in den Vortheilen ruhen, welche die Wissenschaft selbst durch die Zool. Station gewonnen hat. Es lag in der Natur der Dinge, dass Generalconsul Beer mir nicht in irgend einer wissenschaftlichen Wendung oder Aufgabe lielfen konnte, wohl aber mit Rath und That in Situationen beistand, in welchen er als Kaufmann und angesehener Industrieller eine große Erfahrung besaß. Und dabei bildete er sich ein eignes Urtheil über meine Competenz, auf die Dauer mit solchen Aufgaben fertig zu werden, und dies sein Urtheil ist mir oft zu Gute gekommen, wenn er als deutscher Generalconsul von den heimischen staatlichen Autoritäten amtlich darüber befragt ward, ob mein Unternehmen, von seinem Standpunkte aus beurtheilt, als ein gesundes, gut an- gelegtes und mit der erforderlichen Sachkenntnis betriebenes durch staatliche Mittel unterstützt werden sollte. Ich habe später erfahren, wie anerkennend Herr Beer von meinen Leistungen als Geschäfts- mann und in der Behandlung der vielen, oft recht schwierigen localen und allgemeinen Situationen geurtheilt hat ; ich darf aber wohl als besten Beweis für dies sein Urtheil den Umstand anfüliren , dass er als Banquier der Zool. Station in den vielen und langjährigen finan- ziellen Nöthen mit seinem Credit beigestanden hat, der zu gewissen Zeiten bis zur Höhe von achtzigtausend Francs anwuchs. Oft er- höhte er auch mein Zutrauen zur eignen Sache durch seine Überzeu- gung, es werde zwar Jahre dauern, aber schließlich würde sie doch triumphiren. So hat Herr Beer es noch erlebt, dass die Zool. Station nicht nur die ihm geschuldete Summe zurückzahlen konnte, sondern auch an Ansehen und Geltung in der wissenschaftlichen, ja in der ganzen gebildeten AVeit die Stellung erwarb , die er ihr von Herzen gönnte und zu deren Erringung er in den langen Jahren 674 A. Dohrri, Bericht über die Zool. Station während der Jahre 1885 — 1892. seiner Consulatsverwaltung so viel und so energisch beigetragen hat. Ihm schulden Alle, welche von der Zool. Station Vortheil ge- zogen haben, großen Dank, und mir ist es ein Bedürfnis, dem ein- fachen und anspruchslosen Manne diesen Dank noch in sein Grab nachzurufen. Autorenregister zu Band 1—10 (1879—1893). Albert, Friedrich, Über die Fortpflanzung von Haplosyllis spongicola Gr. 7, Bd. ]88(j p. 1— 2(5 T. 1. 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Die Bedeutung der unpaaren Flosse für die Beurtheilung der genealogischen Stellung der Tuni- caten und des Amphioxus, und die Reste der Beckenflosse bei Petromyzon. 10. Zur Phylogenese des Wirbelthierauges. 6. Bd. 1885 p. 399—480 T. 23 u. 24. , Idem. 11. Spritzlochkierae der Selachier, Kieniendeckelkieme der Ganoiden, Pseudobranchie der Teleostier. 7. Bd. Is86 p. 12s— 176 T. 2—5. , Idem. 12. Thy^oidea und Hypobranchialrinne, Spritzlochsack und Pseudo- branchialrinne bei Tischen, Ammoc.oetes und Tniucaten. 7. Bd. 1887 p. 301 —337 T. 4 u. 5.. -, Idem. 13. Über Nerven lind Gefäße bei Ammocoefes und Petronn/zon Planeri. 8. Bd. 1.888 p. 233—306 T. 10—15. , Idem. 14. Über die erste Anlage und Entwicklung der motorischen Rückenmarksnerven bei den Selachiern. 8. Bd. 188s p. 441 — 461 T. 22. , Idem. 15. Neue Grundlagen zur Beurtheilung der Metamerie des Kopfes. 9. Bd. 1890 p.., 330— 434 T. 14 u. 15. , Idem. 16. 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