I / LAkaX ">п'і г CU- ТОМЕ XXI. (Avec 35 planches.) SAINT-PÉTERSBOURG, 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pétersbourg MM. Eggers & Cmp., H. Shmitzdorff, K. Röttger, J. Issakof&A. Tscherkessof; à niga à Odessa M. N. Kymmel; A. E. K echribardshi; à Leipzig M. Léopold Voss. Prix: 9 Roubl. 65 Kop. arg. = ЮТЫг. 21 Ngr. à A H (& Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. Octobre 1874. C. Yessôlofski, Secrétaire perpétue Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences. (Vass.-Ostr., 9 ligne, № 12.) ЯЪ5 ’ 1г sér, Ш W.S+ki>, TABLE DES MATIÈRES DU TOME XXI. JV? fl. Labiatae persicae. Yon A. Bunge. 84 pages. JV? 2. Miscellanea Silurica I. Ueber die Russischen Leperditien mit Hinzuziehung einiger Arten aus den Nach- barländern. Yon Mag. F. Schmidt» Mitgliede der Akademie. (Mit einer Tafel.) 26 pages. JV? 3. Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere und in den zunächst angränzenden Ge- wässern. Nach Temperaturbeobachtungen auf Russischen Kriegsschiffen. Von Dr. Feop. v. Schrench» Mitgliede der Akademie. (Mit 2 Karten und 10 Diagramm-Tafeln.) 70 pages. JV* 4. Die Schlangen des Russischen Reichs, in systematischer und zoogeographischer Beziehung geschildert von Dr. Alexander Strauch» Mitgliede der Akademie. (Mit sechs Kupfertafeln.) 288 pages. JV?. 5. Ueber die Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine und über die Analogie ihrer beiden Arten bei dem Menschen und bei den Säuge thieren. Von Dr. Wenzel drüber» Professor und Director des Institutes für die praktische Anatomie an der medico-chirurgischen Aka- demie. (Mit 2 Tafeln). 29 pages. «V? 6. Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. Von J. F. Brandt» Mitgliede der Academie. (Mit V Tafeln.) 54 et IV pages. Ж? 7. Sur les propriétés de l’acide triméthylacétique et sur ses dérivés. Par 111. A. Boutlerow. 17 pages. Ж 8. Leopold Radloff’s Wörterbuch der Kinai-Sprache, herausgegeben von A. Sctliefher. 33 et X pages. Ж 9. Die Brauntange (Phaeosporeae und Fucaceac) des Finnischen Meerbusens. Von Christoph Gobi, Privat-Docent an der Kaiserlichen Universität zu St. Petersburg. (Mit 2 Tafeln.) 21 pages. Ж SO. Ueber die Infraorbitalkanäle bei dem Menschen und hei den Säugethieren. Von Dr. Wenzel Gruber, Professor und Director des Institutes für die praktische Anatomie an der medico-chirurgi- schen Akademie. (Mit 2 Tafeln.) 27 pages. Ж SI. Misccllanca Silurica II. Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch-siluriscken Petrcfacten. Von Mag. Fr. Schmidt. Mitgliedc der Akademie. (Mit vier Tafeln) 48 pages. Ж 12 ET DERNIER. Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis; von A. Brandt. (Mit einer Tafel.) 30 pages. ,1 '■J MÉMOIRES DE L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOLIRG, Vil' SÉRIE, Том XXI, N” 1. LABIATAE PEESICAE. VON A. Billige. Lu le 29 Mai 1873. St.-PÉTERSBOURG, 1873. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St. -Péter «bourg s à Riga: à Odessa: à Lelpiljti MM. Eggers et Cie, H. Schmitzdorff, M. N. Kymmel; M. A. E. Kechribardsh i; M. Léopold Voss, J. Issakof et A. .Tcherkessotf; — Prix: 70 Kop. = 23 Ngr. MÉMOIRES DE I, 'ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURC, VII' SÉRIE, Tm Wl, M* 1. LABIATA E PERSICAE. A. Bunge. Lu le 29 Mai 1873. s St.-PÉTERSBOURG, 1873. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pétersbourg» à Rigas à Odessa» à Leipzigs MM. E ggers et Cie, H. Schmitz dorff , M. N. Kymmel; M. À. E. Kechribardsb ï; M. Léopold Voss J. Issakof et A. Tcherkessoff; — Prix- 70 Kop. — 23 Ngr imprime par ordre de l’Academie Jrnpéi іаіе des sciences. Novembre Ш7Б. C, Vessélofski, Secrétaire perpétuel. imprimerie de l’Académie Impériale des science;-. Wass.-Ostr., 9° ligne. № 12 } VORWORT. An Herrn Akademiker C. Maximowitsch. Theurer Freund und College, Oefter haben wir im Gespräch unter einander Beobachtungen ausgetauscht von stetigen Aenderungen in der Gestaltung der verschiedenen Arten einer Gattung oder Familie in ei- ner bestimmten geographischen Richtung; ich erinnere z. B. nur an die stetige Zunahme der Schuppenzahl in den Einzelköpfchen der Echinops- Arten vom Himalaya an bis nach Spanien. Wiederholt bin ich von Ihnen aufgemuntert worden, meinen systematischen Ar- beiten dergleichen Beobachtungen, die sich ja jedem Reisenden auf weiteren Strecken auf- drängen, beizufügen. So habe ich es denn versucht, meiner Aufzählung der persischen La- biaten, die ich bereits vor Jahresfrist niedergeschrieben, eine pflanzengeographische Skizze dieser Familie vorauszuschicken, die sich vielleicht über die Gebühr ausgedehnt hat. Sie kennen die grossen Schwierigkeiten und das ungemein Zeitraubende solcher Zusammen- stellungen aus eigener Erfahrung, und werden daher die Verzögerung in der Einsendung dieser kleinen, längst versprochenen Arbeit freundlichst entschuldigen, Wohl mögen die Ergebnisse in keinem Verhältnisse zu dem grossen Zeitaufwande ste- hen, und dem Leser, der es über sich gewinnt diese ermüdenden Zahlenreihen durchzumu- stern, keine Befriedigung gewähren, da ich mich möglichst gehütet, aus diesen Zahlen ge- wagte Schlussfolgerungen, oder gar Gesetze für die geographische Verbreitung abzuleiten. Wohl fühle ich, dass das Mangelhafte der mir zugänglichen Hilfsmittel, das mir eine gleich- mässige Behandlung sämmtlicher Gebiete nicht gestattete, und der Umstand, dass es ja, so viel ich weiss, der erste Versuch ist, eine grössere Familie in solcher Weise zu behandeln, Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Serie. 1 2 A. Bunge, — daher auch das Schwanken und die Ungleichmässigkeit in den Methoden, die maass- gebenden Zahlen festzustellen, — meiner Arbeit den Stempel des Unfertigen aufdrücken. Auch war ich nahe dabei auszurufen: Oleum et operam perdidi! und die ganze Arbeit zu unterdrücken. Allein die Hoffnung, durch sie doch etwas für die nähere Kenntniss des vor- zugsweise behandelten mediterran-orientalischen Gebietes beigetragen, so wie vielleicht An- regung zu ähnlichen — besseren — Arbeiten über grössere Familien gegeben zu haben, giebt mir den Muth, sie zu veröffentlichen. Eben weil ich weiss, dass Sie, theurer Freund, — da Sie ja Miturheber derselben sind — nicht gewillt sein werden mich zu entmuthigen , stelle ich Ihnen diese Blätter zu bel i ebiger V erfüg ung . Hochachtungsvoll und herzlich der Ihrige Dorpat, den 24, April 1873. AI. Bunge. Labiatae persicae. 3 EINLEITUNG. Obgleich wir aus der Meisterhand Bentham ’s zwei ausgezeichnete monographische Bearbeitungen der Familie der Labiaten besitzen, die zuerst Licht in diese reiche Pflan- zengruppe brachten, so bleibt doch noch sehr viel für die Begrenzung der Gattungen und für deren Gruppirung zu natürlichen Unterordnungen zu thun übrig. Sagt doch Bentham selbst: (T)C. prodr. XII. p. 209) «sed characteres deliniti inter généra pleraque Labiatarum nondum observati.» Auch schwankt er in Bezug auf die Gruppirung, indem er die 11 Tribus seiner ersten Bearbeitung, wohl kaum mit Recht, in seiner zweiten auf 8 zusammenzieht. Eher wäre eine weitere Theilung passend, da z. B. die Scutellarineen (freilich mit Aus- schluss von Prunella und Cleonia) unmöglich mit den Stachydeen zusammengeworfen oder gar die Salvieen zu den Monardeen gezogen werden dürfen, mit denen sie weder im Kelch, noch in den Staubblättern, noch im Habitus etwas gemein haben; da ferner Lavandula geo- graphisch und habituell von den Ocimeen weit absteht, denen die Elsholtzieen in beiden Beziehungen weit näher stehen als den aussertropischen Mentheen, u. dgl. m. Viel zu wenig scheint bisher der so verschiedenartige Bau der Anthoren berücksichtigt zu sein; wie wenig genau hier die Untersuchung bisher gewesen, geht schon daraus hervor, dass z. B. Ben- tham, und nach ihm viele Andre in den Familien- und in den Gattungs-Characteren durch- weg die Antherenfächer basi inserti und apice divergentes angeben, was doch, wenn es überhaupt vorkommt, (etwa bei Lophanthus?) nur Ausnahmefall, das Entgegengesetzte aber Regel ist. Allein es kann unmöglich meine Absicht sein, bei der vorliegenden Aufzählung der bisher aus Persien bekannt gewordenen Labiaten eine neue systematische Gruppirung zu versuchen, wozu ich weder das Material, noch die nöthige Befähigung, noch endlich — in meinem 70sten Jahre — die erforderliche Zeit, besitze. Bentham hat, bei bewunderns- werther Arbeitskraft und bei überreichen Hilfsmitteln, sechs Jahre gebraucht, um das ihm zu Gebote stehende fast vollständige Material für seine erste classische Monographie zu be- wältigen. Ich habe mir nur einige bezügliche Bemerkungen im Verlaufe der Aufzählung erlaubt. i* 4 A. Bunge, Dagegen sei es mir gestattet, flüchtig auf die pflanzengeographischen Verhältnisse der Familie im Allgemeinen, und etwas näher auf deren Verbreitung im mediterran-orientali- schen Gebiet, besonders in Persien selbst einzugehen, zumal die von Bentham der Einlei- tung in die Lab. gen. et sp. beigegebene, ihrerzeit treffliche Uebersichtstabelle durch die zahlreichen späteren Entdeckungen gerade in diesen Gegenden unvollständig geworden ist. Vielleicht ergeben die von mir versuchten Zusammenstellungen einige beachtenswerthe Ge- sichtspunkte, die ein geübteres Auge als das meine für die Systematik der Labiaten wird verwerthen können. Standorte der Labiaten. Die wesentlichsten Bedingungen für ein vollkommenes Gedeihen der Labiaten sind: trockenes Klima mit mässigem Winter > dessen Temperatur nur wenig oder nur für kurze Zeit tiefer unter den Gefrierpunkt sinkt, sonnige Lage, und vorwiegend Kalkboden. Ihren grössten Reichthum entfalten sie auf nach Süden in die Ebene vorspringenden trocknen und sonnigen Hügeln («Tomillares, Xerovuni». Griseb.Veg, d. Erde p. 328), so wie auf den Südabhängen in der Richtung der Parallelkreise verlau- fender Gebirgszüge, mit der Erhebung an Zahl abnehmend. Nur wenige Arten suchen den Schatten des Waldes oder gedeihen auf feuchtem Boden, und diese letzteren haben die wei- teste Verbreitung. Bestand der Labiaten. Bentham zählt in seiner ersten Monographie (Labiatarum genera et species 1832 — 1836) 1714 Arten in 107 Gattungen, in der zweiten (DC.prodr. XII. p. 27 — 603 und 697 — 701) acht Jahre später, schon 2399 Arten in 122 Gattungen auf. Seitdem sind etwa 400 Arten entdeckt und beschrieben, so dass sich ihre Zahl jetzt pr. pr. auf 2800 Arten in 189 Gattungen1) erstreckt. Sie bilden somit eine der arten- reichsten phanerogamen Pflanzenfamilien, überbieten an Artenzahl alle verwandten Labiati- floren, nehmen nach dem Artenreichthum in der Reihe der Familien etwa den neunten Platz ein2) und betragen nahebei 2% der gesammten phanerogamen Vegetation. Das Verhältniss zu den grösseren verwandten, besonders den labiatifloren Fa- milien ist je nach den Regionen sehr verschieden. In den arktischen und antarktischen, aber auch in den kälteren Gegenden der nördlichen gemässigten, sowie in der ganzen süd- 1) Meist nach der von Bentham angenommenen Begränzung der Gattungen; doch möchte die Zahl der natürlichen Gattungen bedeutend grösser sein. So schei- nen, um nur einige Beispiele anzuführen, die amerikani- schen Bystropogon, Satureja, Micromeria durchaus gene- risch verschieden von denen der alten Welt; so die alten Gattungen Clinopodium, Glechoma, Galeobdolou, etc., vollkommen berechtigte Gattungen zu sein. 2) In der Aufzählung der Pflanzenfamilien nebst An- gabe ihrer Artenzahl, welche Alph. De Candolle (Geogr. bot. p. 515) giebt, nehmen die Labiaten einen weit höhe- ren Platz ein; sie folgen unmittelbar den Gramineen; doch rührt dies daher, weil die Zahlenangaben für die einzelnen Familien der Zeit nach sehr verschiedenen Ar- beiten entnommen sind, und den entschieden reicheren Rubiaceen, Euphorbiaceen, Orchideen, Cyperaceen und wohl auch den Myrtaceen eine viel zu tiefe Stelle ange- wiesen wird. Nach einer von mir versuchten Zusammen- stellung ergiebt sich folgende Reihe : Compositae, Legu- minosae, Gramineae, Orchideae, Rubiaceae, Euphorbia- ceae, Cyperaceae, Myrtaceae, Labiatae. LaBIATAE PER8ICAE. 5 lichen gemässigten Zone stehen die Labiaten den Personaten (Scrofularineen) bedeutend nach. Zwischen den Wendekreisen werden sie von den Scrofularineen, Solaneen, fast über- all von den Acanthaceen, und häufig auch von den Yerbenaceen an Zahl übertroffen; da- gegen stehen sie in dem wärmeren Theile der nördlichen gemässigten Zone der östlichen Hemisphäre weit höher als alle Verwandte, während sie in denen der westlichen Hemi- sphäre weit hinter die Scrofularineen zurücktreten, und sogar den Polemoniaceen, Hydro- phylleen und Boragineen weichen müssen. Vertheilung nach den Zonen. Weder die arktische noch die antarktische Zone hat eine eigentümliche Labiatengattung aufzuweisen, und in beiden sind bisher nur je zwei Arten beobachtet worden. Die südliche gemässigte Zone ist verhältnissmässig arm, denn das aussertropische Süd- Amerika , das Capland und das südliche Australien zählen zusam- mengenommen noch keine 300 Arten. Weit reicher sind die Tropenländer; die amerikani- schen, obzwar ärmer an Gattungen, weit reicher an Arten (etwa 690) als die der alten Welt (etwa 450), was durch die grosse Anhäufung von Arten zweier Gattungen, Salvia mit 300 und Hyptis mit 270 Arten bedingt ist, während die 5 artenreichsten Tröpengattungen der alten Welt (Ocimum, Plectranthus, Colons, Pogostemon und Elsholtzia) zusammengenom- men wenig über 200 Arten zählen. Die grösste Manchfaltigkeit und den grössten Reich- thum an Gattungen und Arten finden wir in der gemässigten Zone der nördlichen Hemi- sphäre, denn diese weist mehr als die Hälfte aller Gattungen (82) und fast die Hälfte aller Arten auf; jedoch ist die Vertheilung auf die westliche und die östliche Hälfte dieser Zone sehr ungleich: denn während das gemässigte Nord-Amerika weniger als 200 Arten aufzuwei- sen hat, zählen wir in der alten Welt etwa 1200 Arten, und auch hier in der grossen Strecke der Waldregion eine sehr geringe Zahl, so dass sich der grosse Reichtlmm in dem Mediterran- und Steppengebiete anhäuft. Vertheilung in einzelnen Florengebieten. Einige beispielsweise zusammenge- stellte Verhältnisszahlen mögen die Ungleichmässigkeit der Vertheilung anschaulich machen. Unter 124 Phanerogamen der Flora taimyrensis findet sich nicht eine Labiata. Die Labiaten nehmen ein : in der Flora arctica die 33. Stelle und betragen 0,43% der Phanerogamen. » » » lapponica »16. » » )) 1.75 )> )) )) » )) kamtschatica » 14. » )) )) 2,15 » )) » » )) baical.-daurica »11. » )% » 2,42 )) » )) » )) germanica »11. » )) )) 3,52 )) )) )) )) )) orientali-altaica » 9 . » )) )) 3.84 )) )) » )) )) italica1) » 7 . » )) )) 4,00 )) » )) )) )) caucasica » 7 . » » )) 4,17 )) » 1) Nach Bertoloue, 6 А. Bunge, in der Flora hispanica die 6. Stelle und betragen 4,80°/0? der Phanerogamen. )) )) » graeca *) )> 4. » » )) 5,52 » )) » )) » canariensis )) 4. )) » )) 6,05 » )) )) » » persica » 4. )) » )) 6,60 » )) » )) » abyssinien » 5. » » )) 3,44 » )> )) X) boreali-americ.1 2) )) 7. )) » )) 2,80 » )) » )) » brasiliensis » 10. » » )) 2,15 » )) )) )) » ins. Gallopagos )) 14. » » )) 1,88 » )) )) )) )> caperisis » 20. )) » )> 1,46 » )) )) )) )> tasmanica » 19. » )) )) 1,31 » )) » )) )) cubensis )) 23. )) » )) 1,03 » )) Vertheilung der Tribus. Nur wenige natürliche Gruppen der Labiaten sind ganz begränzte Gebiete beschränkt; so die Prostanthereen , die in Australien endemisch sind; die Prasieen, mit Ausnahme der Gattung Prasium, sind indisch-oceanisch und bilden die gesammte Labiatenflora der Sandwich-Inseln. Die eigentlichen Moschus- und Patchuli- duftenden Ocimeen sind fast ausschliesslich den Tropen der alten Welt eigen, ihre Haupt- masse findet sich in Ostindien und dem indischen Archipel , von wo aus sie sich über Ara- bien ins Innere Afrikas, zu den Mascarenen, dem Cap, dem nördlichen Neu-Holl and und über den Himalaya nach China, Japan und bis zum Amurgebiet heraufziehen ; nur wenige finden sich im südlicheren Amerika, wo ihre Stelle in den Tropen von den nur wenig abwei- chenden sehr zahlreichen Hyptideen eingenommen wird. An die Ocimeen schliessen sich auch geographisch die Elsholtzieen eng an; sie ziehen, ohne Amerika zu berühren, den Oci- meen nordostwärts nach und dringen sogar mit einer Art in das asiatisch-europäische Wald- gebiet vor. Die übrigen unter dem Namen der Satureineen von Bentham vereinigten Gruppen, zu denen auch die ächten Monardeen (nach Ausschluss der Salvieen) hinzuzu- ziehen sind, bedürfen noch einer genaueren systematischen Begränzung; vielleicht würde eine eingehende Berücksichtigung ihrer geographischen Verbreitung zu einer richtigen Gruppirung führen. Die ächten Salvieen (Salvia, Meriandra, Audibertia, Salviastrum und Rosmarinus) zeigen ihre Hauptmasse im tropischen und subtropischen Nord- Amerika, in ge- ringerem Grade in Süd- Amerika, haben aber ausserdem zwei Centra: im mediterran-orienta- lischen Gebiet, in dessen Mitte, in Kleinasien und Syrien, sie ihr Maximum erreichen, und am Cap. Sie fehlen fast ganz dem tropischen Asien und Afrika , so wie Neu-Holland. Die Nepeteen, ausschliesslich dem gemässigten Klima der nördlichen Hemisphäre eigen, sind vor- wiegend centrasiatisch , so zwar, dass von den beiden Hauptgattungen Nepeta vorzugs- weise im S.W., dagegen Dracocephalum im N.O. herrscht, und verbreiten sich mit wenigen Arten ins westliche Europa und Nord-Afrika, andererseits noch sparsamer, jedoch mit eigen- 1) Siehe unten bei Griechenland. 2) Nach L. C. ßeck Bot. ot' the northeru and midland States 1833. LabIATAE PEESlCAE. 7 thümlichen generischen Modificationen nach Nord- America bis nach Mexico hinab. DieScu- tellarineen, durch den Bau des Samens ausgezeichnet, und durch die, durch Fehlschlagen, einfächrigen Staubbeutel der unteren Staubfäden den diandrischen Formen sich nähernd, haben ihre stärkste Vertretung in den wärmeren Gegenden Amerikas, wo neben den zahl- reichen auch sonst überall nur mit Ausschluss Afrikas verbreiteten Scutellarien, die eigen- thümlichen Gattungen Perilomia (die Fruchtbildung des Marsypianthes wiederholend) Sa- lazaria und Theresa auftreten. Von den unter den Namen der Stachydeen vereinigten Gruppen, ist eine, die man als Phlomideen bezeichnen dürfte, — charakterisirt durch die gestutzten Nüsschen, — fast ganz gerontogäisch und vorwaltend der orientalischen Flor eigen; eine andere schliesst sich systematisch der ubiquitären Gattung Stachys an. zerfällt aber auch geographisch in mehrere Untergruppen, die zumeist in der nördlichen Hemi- sphäre vertheilt sind. Die Ajugeen endlich, die in Spanien ihr Maximum erreichen, brei- ten sich, nach Osten immer seltener werdend, und im östlichen Waldgebiet ganz verschwin- dend, über die östliche Hemisphäre aus, und treten in Amerika fast ganz zurück. Vertheilung der Gattungen. Von den 139 Gattungen sind: rein amerikanisch 39 Gattung. m. etwa 480 Art.. , monotyp. 1 1 diand. 9 fast rein tropisch gerontogäisch . . . 30 )) )) )) 425 )) )) 2 » 1 rein australisch 10 )) » » 100 )) )) 2 » 3 capensisch 2 )) )) » 8 » )) 0 )) 0 rein mediterran-orientalisch(u. canar.) 26 » » )) 221 )) )) 11 )) 5 vorwiegend mediterran-orientalisch . 11 » )) )) 465 » )) 0 )) 0 ostasiatisch in der gemässigten Zone 8 » )) )) 10 » )) 7 » 1 ubiquitär . 13 )) » » 1090 » )) 0 » 2 Summe . . . 1 39 Gattung. Ш. etwa 2799 Art., monotyp. 33 diand. 21 Vertheil ung der Arten auf die Tribus und die Gattungen. Nach ihrem Artenreich- thum bilden die (engeren) Unterabtheilungen folgende Reihe: Salvieae mit etwa 520 Arten oder 18,5% Satureineae » )) 450 )) )) 16,0 Stachydeae » » 365 )) » 13,0 Hyptideae » )) 290 » » 10,3 Phlomideae » » 280 )) )) 10,0 Ocimeae » » 230 )) » 8,2 Nepeteae » » 195 )) )) 7,0 Aj'ugeae » )) 140 )) )) 5,0 Prostantherae » )) 105 )) )) 3,7 Scutellarineae » )) 95 ‘» )) 3,4 Eishol tzieae » » 70 » )) 2,5 Prasieae Lavandiüeae A. Bunge, mit etwa 40 Arten oder 1 ,4% » » 20 » » 0,7 2800 Arten oder 99,7% Die zehn artenreichsten Gattungen sind: Salvia mit 500 Arten Hyptis » 267 )) Staehys » 209 )f Ncpeta » 130 )) Teucrium » 98 )) Scutellaria » 90 )) Plectranthus » 69 » Sideritis » 65 » Thymus » 65 )) Phiomis » 5 6 )) Florengebiete. Werfen wir zuerst einen flüchtigen Blick auf die amerikanischen Labiatenfloren : Brasilien weist über 330 Labiaten auf, von denen 233 Hyptideen, und 45 Salvien: ausserdem 37 amerikanischen Gattungen angehörige Arten, ferner 8 Ocimeen, 5 Scutella- rien, 2 Teucrium, endlich 6 offenbar aus Europa übergesiedelte ubiquitäre Arten. Keine Gattung ist endemisch, keine monotypisch; 2 3% sind diandrisch. Die für das tropische Amerika, und das subtropische Süd-Amerika charakteristische Scharlachfarbe der Blumen, die wir in der alten Welt nirgends finden, zeigen auch hier viele Salvien, und die Gar- doquien. Aus dem tropischen Nord- Amerika, vorzugsweise aus Mexico sind etwas über 200 Labiaten bekannt; das Verhältniss der Salvien zu den Hyptis ist hier aber umgekehrt, in- dem auf 120 Salvien nur 35 Hyptis sich finden, wodurch die Zahl der diandrischen Arten auf 62% steigt. Bei solchem Reichthum des tropischen Festlandes Amerikas, muss das untergeordnete Verhältniss der Labiaten in Westindien auffallen. Cuba ernährt nach Grisebach nur 31 Labiaten, sie nehmen hier die 23. Stelle in der Reihe der Familien nach ihrer Arten- zahl ein und bilden nur 1,03% der gesammten phanerogamen Vegetation. Das aussertropische -Nord- Amerika ist im Vergleich mit den unter gleichen Breiten liegenden Gebieten der alten Welt sehr arm; aus der ganzen weiten Ländermasse, die nach Grisebach das Wald-, das Prärie- und das californische Gebiet umfasst, findeich nicht mehr als 175 Arten aufgeführt; davon nördlich vom 40. Breitengrade nur etwa 45. von denen überdies etwa 16 eingeschleppte Europäer, und vier eosmopolitische, oder doch über die ganze nördliche gemässigte Zone verbreitete Arten. Neun endemische Arten (Ly- copus macrophyllus, obtusifolius , Salvia Pitcheri, Lophanthus urticifolius, anisatus, Scute- Labiatae pebsicae. 9 laria angustifolia, antirrhinoides , Stachys ciliata und rigida) stammen aus dein westlichen, sich wohl mehr an das Prärie- als an das Waldgebiet anschliessenden Theil; alle übrigen haben ihre eigentliche Heimath in den südlicheren Breiten des Waldgebietes oder ziehen sich doch bis in diese hinein. Hier nun, so wie im Präriegebiet und Nord-Californien begegnen wir einer höchst eigentümlichen zum grössten Theil aus endemischen Gattungen zusammengesetzten Labiatenflor, die mit der unter gleichen Graden in der alten Welt weit reicher entwickelten, mit Ausnahme jener eben erwähnten übergesiedelten und ubiquitären Arten nicht eine ge- meinschaftliche Art, und ausser den 4 ubiquitären Gattungen Salvia, Stachys, Teucrium und Scutellaria, keine gemeinschaftliche Gattung zeigt. Wenige Arten gehören tropisch- amerikanischen Gattungen an, die sich bis in diese Breiten hinaufziehen, weichen aber spe- cifisch von den Verwandten im Süden ab. Sieben von den endemischen Gattungen sind monotypisch: Macbridea, Synandra, Isanthus, Salviastrum, Salazaria, Conradinia und Po- liomintha. Neun Gattungen, von denen 5 endemisch, mit 50 Arten sind diandrisch. Sa- tureineen, meist kleinblumig, bilden über die Hälfte aller Arten, Scutellarineen 1 1 , 5%, die wenigen Phlomideen scheinen alle aus Europa durch Uebersiedler eingeschlepppt. Die ausser tropischen Gebiete der südlichen Halbkugel sind ebenfalls im Ganzen arm; am ärmsten das aussertropische Süd-Amerika, von wo Bentham nur 32 Arten aufzählt. Von diesen gehören nur 9 Arten ächt amerikanischen, 20 Arten den 4 grossen oben genannten ubiquitären Gattungen, 2 der Gattung Ocimum (?) an, wozu noch die wohl aus Europa eingeführte Mentha Pulegium hinzukommt; fast 22°/0 sind diandrisch. Schon reicher ist die Capflora, in der ich, freilich bis ins Natalland hinaufgreifend, 116 Arten zähle. Von den grossen ubiquitären Gattungen fehlt hier, wie in ganz Afrika, Scutellaria, wogegen Salvia, die einzige diandrische Gattung, und Stachys weit über die Hälfte aller Arten aufnehmen. Syncolostemon und Acrotome sind die einzigen endemischen Gattungen, denen als charakteristisch noch die schöne Gattung Leonotis beizufügen wäre, die hier ihr Centrum hat. Auffallend ist für das aussertropische Klima die Zahl der Oci- meen, 31, doch kommen diese meist dem nordöstlichen Küstenstrich zu, wo ihr Auftreten geographisch und klimatisch leicht erklärlich ist. Noch etwas reicher ist Neu-Holland, mit etwa 135 Arten, und besonders ausge- zeichnet durch die ganz endemische Tribus der Prostanthereen, die in 10 Gattungen 3/4 der ganzen Labiatenflor umfasst. Obgleich die ubiquitäre Gattung Salvia hier ganz zu fehlen scheint, betragen doch die diandrischen Arten über 20°/. Verhältnissmässig stark sind sodann die Ajugeen (11) vertreten. Im Norden, d. h. im tropischen Theil, finden sich, wie zu erwarten, mehrere Ocimeen. Eine auffallende Erscheinung bietet die isolirte Insel Juan Fernandez, auf der 3 Arten der endemischen Gattung Cuminia die ganze Familie vertreten. In den Tropen der alten Welt zeigen die Sandwich-Inseln etwas Aehnliches, indem zwei endemische ziemlich artenreiche Gattungen: Phyllostegia (12) und Stenogyne (7), d.h. Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. • 2 10 A. Bunge, die Hälfte aller Prasieen, zu denen nur noch ein vielleicht eingeschleppter Neu-Holländi- scher Plectranthus hinzutritt, die ganze Labiatenflor der Inselgruppe ausmachen1). Im Uehrigen ist das Wesentlichste über die Labiaten der Tropen der alten Welt bereits in den Angaben über die Vertheilung der Unterordnungen und Gattungen angedeutet, und gestattet auch die Mangelhaftigkeit des mir zu Gebote stehenden Materials kaum ein Eingehen auf- Einzelheiten. Bei Weitem vorherrschend sind überall die Ocimeen in Ostindien, überdies die Elsholtzieen und die Gattung der Phlomideen Leucas, diese in Ostindien allein, mit den benachbarten grösseren Inseln durch 45 Arten vertreten. Erwähnenswerth mag es sein, dass aus diesem weiten Gebiet mit Ausnahme von 9 Salvieen (7 Salviae und 2 Meriandrae) und einem zweifelhaften Hedeoma, die diandrischen Formen ausgeschlossen, und nur 2 Gattungen Tetradenia auf Madagascar, und Platostoma, im tropischen Afrika monotypisch sind. Da hier von den Florengebieten der nördlichen gemässigten Zone der alten Welt vorzugsweise eine genauere Charakteristik der mediterran -orientalischen Gebiete gegeben werden soll, so will ich die übrigen nur kurz berühren, nur das europäisch-asia- tische Waldgebiet erfordert eine etwas nähere Betrachtung, da die Mehrzahl seiner Arten auch in jenes Gebiet hineinragt, und es zudem das am genauesten erforschte ist; dann aber auch das Gebiet der Canaren, wegen der grossen Verwandtschaft mit der Mediterran- flor. Die Länder am Siidabhange des östlichen Himalaya, von Nepal bis Assam, bergen den klimatischen Verhältnissen entsprechend eine zum Theil tropische Vegetation, was sich denn auch in ihrer sehr gemischten Labiatenflor offenbart. Von den 107 Arten, die ich aufgeführt finde, bilden Ocimeen (22) und Elsholtzieen (26) in Verbindung mit Leucas (6), Anisomeles und Colqhounia (3) über die Hälfte, also malaiscli-tropische Formen, die unter dem Einfluss der Monsune, in den tief einschneidenden Thälern in höhere Breiten hinauf- steigen. Diese sind, wohl nicht unrichtig bereits in der tropischen Labiatenflor der alten Welt mitgezählt. Dagegen ernährt das Hochgebirge eigenthümliche Arten meist ubiquitä- rer Gattungen, und unterscheidet sich von dem benachbarten, noch unter dem Einfluss des Passates stehenden Kaschmir durch Zurücktreten der Nepeteen und Salvieen, und stärkere Vertretung der Ajugeen, während Phlomis-Arten und die monotypischen endemischen Phlo- mideen-Gattungen Roylea, Notöchaete, Eriophytum, die nahe Verwandtschaft mit der west- centrasiatischen Flor erkennen lassen. In dem ganzen Gebiet sind nur drei Salvien und das zweifelhafte Hedeoma diandrisch. Das Wenige, was wir von Labiaten China’s, der Mongholei und des östlichen Tibet, zu deren genauerer Kenntniss die nächste Zeit werthvolle Beiträge zu liefern ver- 1) Dies nach Bth. im Prodi- . XII. Spätere Entde- ckungen von Remy, Brackenridge, Pikering, Mann und Wawra haben eine weit grössere Zahl an Arten dieser beiden Gattungen kennen gelehrt, doch auch Wa- wra gieht an, dass sich auf beide die Labiatenflor der Inseln beschränkt, mit Ausnahme einer Sphacele, er- wähnt aber des Plectranthus nicht. Labiatae persicae. 11 spricht, kennen, berechtigt kaum zu einer Charakteristik; nur soviel scheint festzustehen, dass auch in China wie in Japan der Einfluss der Monsune ein Vordringen von Ocimeen und Elsholtzieen nach Norden bedingt, und es gilt dies sogar bis in das südlichere Amur- gebiet hinauf, dessen Flor sich mehr an die chinesisch-japanische als an die der Waldre- gion Ostsibiriens anschliesst. Japan1) zählt nach Miquel (Catal. Mus. Lugd. Bat. s. fl. jap. 1870), wenn man die cultivirten Ocimum und Rosmarinus abzieht, 54 Labiaten in 23 Gattungen, 2,7% der Phanerogamen und zwar : Ocimeen 5 Arten oder 9,2°/ Elsholtzieen 7 )) )) 13,0 Satureineen 11 » » 20,0 Salvieen 4 )) )> 7,4 Nepeteen 5 )) )) 9,2 Scutellarieen 4 )) )) 7,4 Stachydeen 3 )> )) 5,5 Phlomideen 5 )) » 9,2 Ajugeen 6 )) )) 13,0 dazu eine unbestimmte Art, und die monotypischen Gattungen Chelonopsis und Keiskea 3 Arten oder 5,5%, deren systematische Stellung mir fremd ist. Mit der sibirischen Waldregion hat es 12 Arten, von denen 7 fast cosmopolitisch , gemein; mit dem Himalaya, ausser den cosmopo- litischen, 6 Arten, endemisch sind 29. Die Labiatenflor des Waldgebietes des östlichen Continents ist im Ganzen arm, und hat wenig Charakteristisches, denn sie wird zum grössten Tlieil von ubiquitären Gat- tungen gebildet, und enthält meist Arten, die, freilich zum Tlieil durch Verschleppung, die weitesten Verbreitungsbezirke unter allen Labiaten haben. Es sind dies vor Allem die auf feuchtem Boden, oder auf Aeckern gedeihenden Arten, die auf der weiten nördlicheren, meist flächen Strecke von Frankreich bis in den äussersten Osten Sibiriens, ja bis nach Kamtschatka hin verbreitet sind. Nur in den Gebirgen, die an die Mediterran- und Step- pengebiete gränzen, zeigt sich etwas grössere Mannigfaltigkeit und eine stärkere Divergenz der Formen von West nach Ost. Streng genommen zählt das ganze weite Gebiet in Allem nur 12C Arten, denn wenn wir auch in Einzelfloren häufig eine grössere Anzahl aufgeführt finden, so sind dies doch entweder nur vom Süden aus eingedrungene, ganz örtlich auftre- tende, oder aus Gärten geflüchtete verwilderte Arten, oder sie gehören überhaupt südliche- ren Gebieten an; so zählt z. B. J. D. Koch (Synop. fl. gerrn. et lielv.) 32 Arten auf, die nur im Littorale oder an den Gebirgsabhängen der südlichen Schweiz Vorkommen, und da- 1) Die Angaben über Japan verdanke ich der gefälligen Mittheilung meines verehrten Freundes, des Herrn Akademikers C. Maximowitsch. 2* 12 A. Bunge, her der Mediterranflor angehören. Theilen wir das Gebiet, in einen westlichen und östlichen Theil, so zeigen die südlicheren Gegenden beider eine wesentliche Verschiedenheit. Noch wenig bemerkbar im südlichen Russland, wird die Abweichung auffallend jenseits des Ir- tysch, und steigert sich nach Osten hin. Beiden Theilen gemeinschaftlich sind 44 Arten, dem westlichen eigen 48, dem östlichen 34. Den westlichen Theil mit 92 Arten zeichnen die beiden südwestlichen Monotypen Horminum und Melittis aus, die aber, eben so wie fast alle übrigen Arten, auch im Mediterrangebiet zu Hause sind. Ausgenommen ist nur die aus S.O. allmählig bis nach Ostdeutschland vorgedrungene fremdartige Elsholtzia cri- stata, denn das Fehlen des Lamium intermedium und der Calamintha silvatica im Mediter- rangebiet ist, zweifelhaft. Weit eigenthümlicher sind die 78 Arten des östlichen Theiles. Die vorzugsweise der Mediterranflor angehörenden Gattungen Thymus, Salvia, Calamintha, Mar- rubium, Betonica, Ballota, Teucrium, Ajuga verschwinden allmählig im äussersten Osten ganz, dagegen treten Nepeteen, ganz besonders die Gattung Dracocephalum, die hier ihren grössten Reichthum entfaltet, etwa die Hälfte aller bekannten Arten, zu denen sich eine abweichende Art der amerikanischen Gattung Lophanthus gesellt, so wie Phlomideen mehr hervor; die mit Unrecht zu Marrubium gezogene Gattung Lagopsis ist endemisch, fast ebenso die nur noch in China vorkommende, mit Unrecht den Ajugeen beigezählte monotypische Ame- thystea. Von den 34 dem westlichen Gebiet fehlenden Arten sind 21 endemisch, 7 auch in China, Japan und der Mongholei zu finden, und nur etwa 6 Arten scheinen aus dem Step- pengebiet eingedrungen zu sein. Deutlich tritt die Verschiedenheit hervor, wenn man das Verhältnis der Arten in den grösseren Gruppen in beiden Theilen zusammenstellt : Westliche Waldregion. Oestliche Waldregion. Satureineen 25 Arten oder 27,2% 18 Arten oder 23,0% Stachydeen 18 » » 19,5 11 )) » 14,2 Phlomideen 17 )) » 18,5 16 )) )) 20,5 Salvieen 10 )) » 10,8 2 )) )) 2,5 Ajugeen 10 )) « 10,8 1 )) )) 1,3 Nepeteen 7 )) » 7,0 22 )) )> 28,3 Scutellarineen 4 » » 4,3 6 » )) 7,7 Nicht minder belehrend ist die Zusammenstellung der Procentsätze, wenn wir das Ganze in 4 Tlieile theilen: 1. westliches Mitteleuropa. 2. östlich. Mitteleuropa. 3. westl. Sibirien. 4. östl. Sibirien. Satureineen 31,6% 24,4% 23 % 22% Stachydeen 22,8 18,3 12,3 14 Phlomideen 19,0 19,5 24,5 28 Salvieen 3,8 12,2 3,0 0 Ajugeen 11,4 12,2 1,5 0 Nepeteen 6,3 8,5 26,1 22 Scutellarineen 5,0 3,7 6,1 10 IjABIATAE PERS1CAE. 13 dazu die Gattungen Elsholtzia und Amethystea, von denen die erstere nur im westlichsten Theil fehlt, die andere nur in den beiden östlichen Theilen vorkommt. Am auffallendsten erscheint hier die Zahl der Salvien im östlichen Mitteleuropa, 'die so wie das Vordringen von Marrubium und Phiomis aus dem Steppengebiet sich leicht aus dem Schwanken der Gränzen beider Gebiete im südlichen Russland erklärt. Die canarischen Inseln verdienen eine besondere Berücksichtigung schon wegen ihres verliältnissmässig grossen Reichthums, und vieler Eigcnthümlichkeiten ihrer Labiaten, sodann aber wegen» ihrer Beziehungen zur Mediterranflor. G2 Arten in 15 Gattungen neh- men in der Reihe der artenreichen Familien den 4. Platz ein, und bilden etwas über 6% der gesammten phanerogamen Vegetation; 39 Arten oder G3% sind endemisch. Ueber 2/3 davon gehören drei charakteristischen Gattungen an, deren sämmtliche Arten endemisch sind: 6 Bystropogon, das als endemische Gattung bezeichnet werden muss, da die sonst noch dazu gezogenen columbisch-peruanischen Arten, in Blüthenbau und Habitus ganz ab- weichend, entschieden generisch zu trennen sind (Minthostachys Bth.), 12 Micromerien, eine vorzugsweise mediterrane Gattung, indem auch hier die amerikanischen Arten beson- deren Gattungen (Xenopoma Willd. und Hesperothymus Bth.) angehören, und 9 Sideritis, gleichfalls einer rein mediterranen Gattung angehörend, jedoch eine geschlossene Unter- gattung bildend. Dasselbe gilt für die 3 endemischen Teucrium. Die Gattung Prasium, de- ren eine Art endemisch ist, die andere aber sich nur an den Küsten des Mittelmeeres bis nach Syrien und Kleinasien ausgebreitet hat, ist ein auffallendes Beispiel eines ganz unver- mittelten Auftretens eines Gliedes einer Gruppe, derPrasieen, deren Centrai in weiter Ent- fernung liegen. Nur eine endemische Art, Cedronella triphylla, deutet auf eine Verwandt- schaft mit nordamerikanischen Labiaten , doch ist auch hier die generische Zusammenge- hörigkeit zweifelhaft und die Blattbildung sehr abweichend. Dagegen tritt, trotz aller Ei- genthümlichkeit eine Verwandtschaft mit der mediterranen, besonders der spanischen Flor deutlich hervor ; denn von den nicht endemischen 23 Arten finden sich 22 auch in Spanien, von denen keineswegs anzunehmen ist, dass sie alle eingeschleppt seien; dies gilt namentlich von 2 Lavandula, 1 Thymus und 1 Nepeta (Gattungen, die auch ihre endemischen Arten haben), welche ausser hier nur noch iii Spanien einheimisch sind; 7 Arten finden sich im weiteren Mediterrangebiet, die übrigen sind ubiquitär oder offenbar eingeschleppt; so wahr- scheinlich auch Salvia aegyptiaca, die einzige der nicht endemischen Arten, die in Spanien fehlt. Es bleibt nun nur noch die genauere Betrachtung des weiten Gebietes der mediter- ran-orientalischen Flor, die von der iberischen Halbinsel bis zu den Steppen des west- licheren Centralasiens reichend, ein verwandtschaftlich zusammenhängendes Ganze bildet, indem zwar die Endglieder in West undOst durchaus von einander verschieden, doch durch allmähligen Uebergang mit einander verbunden sind. Es erscheint daher zweckmässig, ehe wir eine Charakteristik des grossen Labiatenreichthums des Gesammtgebietes versuchen, jeden Theil desselben gesondert genauer zu schildern. 14 A. Bunge, Die iberische oder pyrenäische Halbinsel wird mit Einschluss der Balearen von 241 Labiaten aus 33 Gattungen bewohnt. Von diesen sind 87 Arten oder 36,1% en- demisch. Die thymianduftenden Satureineen bilden die absolut-, die Ajugeen die relativ- artenreichste Gruppe; jene betragen 29,5% aller spanischen Labiaten, aber nur 14,8% der Gesammtgruppe, diese dagegen 17,4 und 32,3%. Die Nepeteen (5,4%) aber, mit nur 4 endemischen Arten, und nur auf die Gattung Nepeta beschränkt, so wie die Phlomideen (fast 10%) mit nur 2 endemischen Arten treten sehr zurück. Die Gruppen reihen sich nach der Artenzahl in folgender Weise : Satureineae 29,5% Stachydeae 21,0 Ajugeae 17,4 Salvieae 11,0 Phlomideae 10,0 Nepeteae 5,4 Lavanduleae 3,3 Scutellarineae 2,0 Prasieae 0,4 Die hervorragendsten Gattungen sind : Procentsatz der Gesammtzahl der Arten der Gattung Gesammtzahl. Zahl der endem. Arten. sämmtlicher Arten. der endem. Arten. Teucrium 37 19 37,8% 19,4% Thymus 27 20 39,7 30,0 Salvia 26 10 5,2 2,0 Sideritis 25 16 38,5 24,6 Stachys 13 2 6,2 1,0 Calamintha 13 2 31,7 4,9 Lavandula 8 1 40,0 5,0 Larnium 8 0 19,5 0,0 Origanum 5 1 14,7 3,0 Micromeria 4 2 7,5 3,6 Kerne einzige Gattung ist endemisch, denn auch von den sechs monotypischen Gat- tungen schweift Cleonia nach Mauritanien hinüber, Preslia findet sich auch im mediterra- nen Frankreich, Rosmarinus auch in Mauritanien einheimisch, dringt über Italien bis nach Griechenland vor, Horminum und Melittis haben sich auch im südwestlichen Waldgebiet angesiedelt, und Hyssopus reicht bis in das Innere Asiens hinein. Von den 154 nicht en- demischen Arten finden sich 69 auch im Waldgebiet, 123 in Italien, 90 gehen bis Grie- chenland, 48 bis Kleinasien, 43 bis Persien, 22 bis ins westliche Centrasien, welche letz- tere bis auf Ziziphora tenuior und Scutellaria orientalis auch dem Waldgebiet angehören. Labiatae persicae. 15 lieber 100 Arten sind Sträucher und Halbsträuclier, häufig mit kleinen lederartigen Blät- tern, die Blumen sind meist klein; einjährig sind etwa 25 Arten. Ausser den Salvien sind 6 Arten diandriscli. Mauritanien oder das nordwestliche Afrika ist in seinem wahrscheinlich labiaten- reichsten westlicheren Theil noch zu wenig erforscht: was wir davon kennen, zeigt eine sehr nahe Verwandtschaft zu Spanien und wenig Eigenthümliches. Von den 94 Arten, die wir aus Algerien kennen sind nur 26, oder 27,6%, endemisch; 59 Arten auch in Spanien, 50 auch in Italien einheimisch, darunter 14 nur in Spanien, eine nur in Italien. Die Saturei- neen bilden auch hier fast den dritten Theil, und die hervortretendste Gattung ist auch hier Thymus, mit 6 endemischen Arten. Die Ajugeen treten schon sehr zurück, von den 12 Teucrien sind noch 3 endemisch, und Ajuga ist nur durch eine Art vertreten, die Nepe- teen sind auf 3 Nepetae beschränkt, die Phlomideen haben nur 2 endemische Arten auf- zuweisen, und die Scutellarien fehlen ganz. Von 3 monotypischen Gattungen (s. oben) ist Saccocalyx, eine durch blasig auswachsende Kelche die Steppennatur documentirende Sa- tureineengattung, endemisch, und gehört dem oberen Rande der Sahara an. Die artenreichste Gattung ist zwar Salvia mit 14 Arten, darunter drei endemisch, doch trägt sie nicht zur Charakteristik des Gebietes bei, da sie nur einen kleinen Bruchtheil, noch nicht, 3% der Gesammtgattung ausmacht und in allen benachbarten Gebieten meist weit stärker vertreten ist. Diese Salvien nebst Rosmarinus, 2 Ziziphoren und 1 Lycopus sind diandrisch. Italien oder die apenninische Halbinsel ist von allen Mittelmeerländern an Labiaten überhaupt, und besonders an endemischen am ärmsten; denn wenn man auch die Inseln, Corsica, Sardinien und Sicilien und die Südküste Frankreichs, so wie Istrien und Dalma- tien mit hinzuzieht, so steigt doch die Zahl aller Arten nur auf 185, die der endemischen auf 33, d. h. kaum 18%; für die Halbinsel allein sinken diese Zahlen auf 149 und 4 herab, und von diesen wenigen endemischen Arten sind überdies drei zweifelhafte Arten: Micro- meria thymoides, Lamium Michelianum und Teucrium euganaeum, nur von der eigen- thümlichen Ajuga acaulis ist kein anderer Fundort bekannt, als die hohen Wiesen in den Abruzzen und Calabrien. Sieben andere für das Gesammtgebiet endemische Arten finden sich zugleich entweder im mediterranen Frankreich, in Dalmatien oder in Sicilien. Grise- bacli (Veg. d. Erde 1. p. 252 u. ff.) hat in lichtvoller Weise diese Armuth an endemischen Formen aus den klimatischen Verhältnissen der Halbinsel abgeleitet, doch mag überdies Italien im Vergleich mit Spanien und Griechenland, die sich durch grosse Mannigfaltigkeit der Lagen und des Bodens und durch hohe quer verlaufende Gebirgskämme auszeichnen, zurückstehen in Folge der grösseren Einförmigkeit seiner jüngeren Formation und der ge- ringeren Höhe des fast im Meridian verlaufenden Apennins. Corsica, wie auch andere kleinere Inseln durch mikromere Labiaten ausgezeichnet, allein hat dagegen 8 endemische Arten, ausserdem 2, die sonst nur in Sardinien, welches selbst eine endemische Art (Nepeta foliosa) besitzt, Vorkommen; Sicilien hat 5, das Littorale 7 Arten, die sonst nirgends beob- achtet sind. Bertolone, der die Gesammtzahl der Phanerogamen Italiens auf 4200 Arten 16 A. Bunge , angiebt, zählt 168 Labiaten, also genau 4°/0, so dass sie in seiner Flora italica die 7. Stelle einnehmen. Aus dem ganzen Gebiete, in dem angegebenen weiteren Umfange, linde ich 185 Arten aufgeführt; von diesen finden sich 66 auch im Waldgebiet, 99 auch in Grie- chenland, 123 auch in Spanien; davon sind 11 nur in Spanien, 7 nur in Griechenland, 5 nur in Spanien und Griechenland, 6 nur in Spanien und Mauritanien zugleich beobachtet worden. Das Vorkommen einzelner Arten aus entfernteren Gebieten, die in den benach- barten fehlen, scheint sich nicht immer dadurch erklären zu lassen, dass die betreffenden Arten in den dazwischenliegenden Ländern bisher übersehen sein könnten; so die nur in Syrien beobachtete Ajuga glabra, die in Aegypten einheimische Salvia ceratophylloides, das im Caucasus häufige Lamium tomentosum. Die meiste Verwandtschaft hat hiernach die italiänische Labiatenflor mit der spanischen, unterscheidet sich aber von ihr durch stärkere Vertretung der Gattungen Stachys (19 gegen 13) und Lamium (13 gegen 8) und nähert sich dadurch der griechischen , wogegen sie durch die noch beträchtliche Zahl der nach Osten stetig abnehmenden Ajugeen (29) die Verwandtschaft mit dem westlicheren Gebiet, mit dem sie, ausser Cleonia auch sämmtliche Gattungen gemein hat, geltend macht. Die artenreichsten Gattungen sind : Teucrium Stachys Salvia Lamium Micromeria Calamintha Thymus Ajuga Sideritis Lavandula Scutellaria Origanum 20 Arten, davon endemisch 1 1 9 » » » 4 1 5 » » » 1 1 3 » » » 3 12 » » » 7 1 1 » » » 3 9 » » » 4 9 » » » 1 8 » » » 2 5 » » » 0 5 » » » 0 4 » » » 1 Griechenland nennt Sch ou w die Provinz der strauchartigen Labiaten, und grün- det sich dabei wohl besonders auf Sibtliorp und Smith prodr. fl. gr., wo bei einer Gesammt- zahl von 2363 Phanerogamen 159 Labiaten aufgeführt werden, die in der Reihe der Fa- milien den dritten Platz einnehmen, und 6,7 2°/0 der phanerogamen Vegetation bilden; und allerdings finden wir in keiner anderen Flor ein so starkes Verhältniss. Doch muss dagegen eingewendet werden, dass nicht alle Familien eine gleichmässige Behandlung erfahren ha- ben mögen, jedenfalls die Gramineen den Labiaten den dritten Platz streitig machen, und Sibthorp sein Gebiet auch auf einen Theil des weit labiatenreicheren Kleinasiens ausge- dehnt hat. So sinkt denn auch nach Grisebach, dessen Spicil. fl. rum. et bith. sich auf den Norden des Gebietes nebst Bithynien erstreckt, das Verhältniss auf 5,82%, und nach Labiatae pebsicae. 17 Chaubard, der den südlichen Theil behandelt, auf 5,21%. In beiden Aufzählungen nehmen die Labiaten den vierten Platz ein. Nach einer ungefähren Zählung möchte die Zahl der bis jetzt aus dem Gesammtgebict der rumelisch- griechischen Halbinsel nebst dem ganzen Archipel, Greta und Cypern1) mit inbegriffen, bekannt gewordenen Phanerogamen 4000 Arten betragen; die der Labiaten ist 225, in 29 Gattungen. Die Reihenfolge der Gruppen nach ihrer xirtenzahl ist : Satureineae 30,0 % Stachydeac 25,3 Phlomideae 12,4 Ajugeae 11,1 Salvieae 10,0 Scutellarineae к о O,o Nepeteac 5,0 Lavanduleae 0,45 Prasieae 0,45 100,00 Im Vergleich mit den westlicheren Floren treten also Stachydeen und Phlomideen mehr hervor, dageg en die Aj ugeen bedeutend zurück. Die Abweichung von der Flor der iberischen Halbinsel und die Mittelstellung Italiens tritt noch deutlicher aus der Reihen- folge der bedeutendsten Gattungen hervor : Gesammtz. <1. Art Zahl d. end. Arten Ycrhältniss zur Gesammtzahl der Arten der Gattung Gattungen, {|es Gebietes. des Gebietes. der sämmtl. Arten. der endem. Arten. Stachys 32 17 16,0% 8,6% Salvia 21 4 4,4 0,8 Teucrium 17 8 17,0 8,2 Thymus 17 9 24,0 1 1,3 Origanum 14 7 42,0 22,5 Calamintha 13 3 34,0 1 2,2 Lamium 12 О О 29,0 7,3 Scutellaria 12 3 13,3 9 9 Sideritis 11 4 18,0 6,0 Ajuga 8 0 25,0 0,0 Micromcria 7 о О 13,0 8,0 Lavandula 1 0 5,0 0,0 1) Cypern möchte vielleicht richtiger zum syrischen cordifolium , Ballota integrifolia und Teucrium cyprium oder kleinasiatischen Florengebiet gezogen werden, doch aufzuweisen hat, wonach die für Griechenland gegebenen scheint dies von geringer Bedeutung zu sein, da es, so Zahlen nur wenig geändert würden viel mir bekannt, nur 3 endemische Labiaten, Origanum Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, ѴІІше Serie. 3 18 A. BüNGE, Die monotypischen Gattungen Preslia, Hyssopus, Horminum verschwinden, neu tritt nur die Gattung Thymbra auf, die nach Kleinasien und Syrien hinüberreicht. Keine Gattung ist daher endemisch, dagegen 74 Arten, oder fast 33%. Hieraus geht deutlich hervor, dass die griechische Labiatenflor der spanischen in jeder Beziehung nachsteht ; in der Zahl der Arten, der Gattungen und der endemischen Formen; auch sind die am meisten, nach Reihe 4, hervortretenden Gattungen: Origanum und Calamintha nicht der mediterranen Flor ausschliesslich eigen, wie dies für die beiden Hauptgattungen Spaniens Thymus und Sidcritis nahebei der Fall ist. Von den 151 nicht endemischen Arten kommen zwei nur in Spanien, 7 nur in Italien, 14 nur in Kleinasien, 5 nur in Syrien, 1 (?) Thymus Sibthorpii) nur in Persien vor. Mit Kleinasien hat Griechenland in allem 80, mit Syrien 46, mit dem Waldgebiet 64 Arten gemein. Diandrisch sind 25 Arten, darunter 21 Salvien. Kleinasien, d.h. die ganze Halbinsel, vom Busen von Iskenderun im Süden bis Tara- bison im Norden, mit Ausschluss des armenischen Hochlandes, Kurdistans und des nördlichen Mesopotamiens, aberden westlichen Tlieil desPontus1) mit inbegriffen, vereinigt alle für das Gedeihen der Labiaten wesentlichen klimatischen und Bodenverhältnisse und ist daher auch von allen mediterran-orientalischen Gebieten an ihnen überhaupt und an endemi- schen Arten am reichsten. Bisher sind aus diesem Gebiet 265 Arten, von denen 135, d. h. 51% endemisch, beschrieben, die 33 Gattungen angehören. Die Tribus bilden fol- gende Reihe : Stachydeae 29,4% Salvieae 17,7 Phlomideae 15,8 Satureineae 15,8 Ajugeae 9,0 Nepetcae 8,7 Scutellarineae 1,9 Lavanduleae 0,7 Prasieae 0,4 Diese Reihe ist ganz abweichend von denen der vorhergehenden Gebiete durch das Vorherr- schen der Stachydeen, das Zurücktreten der in der ganzen europäischen Mediterranflor charakteristischen Saturcineen, so wie der Ajugeen, und durch das hier zuerst bemerk- bare stärkere Hervortreten der im Steppengebiete (Grisebach) herrschenden Nepeteen. Es zeigt sich hierin eine auffallende Verwandtschaft mit den östlichen Gebieten, wo die Kleinasien von Griechenland unterscheidenden Eigenthümlichkeiten noch weit stärker aus- geprägt sind. 1) Ausgeschlossen sind in der Berechnung die aus I Koch's, so weit sic nicht von anderen Schriftstellern diesen Gebieten aufgeführten unzuverlässigen Arten C. [ constatât oder doch aufgenommen sind. Labiatae persicae. 19 Reihenfolge der grösseren Gattungen nach der Gesammtzalil der nach der Zahl der endem. nach dem Verhältniss z. Gesammtzahl d. Arten d. Gatt. Arten des Gebietes. Arten des Gebietes. sänuntl. Art. d. Geb. d. endem. Art. d. Geb. Salvia 47 Arten Salvia 27 Arten Marrubium 47,3% Marrubium 29,0% Stachys 38 )) Stachys 22 » Lamium 36,6 Sideritis 21,5 Nepeta 20 » Nepeta IG )) Sideritis 30,0 Lamium 17,0 Sideritis 20 » Sideritis 14 » Origanum 28,0 Origanum 15,6 Marrubium 18 )) Marrubium 11 )) Ajuga 28,0 Nepeta 12,3 Teucrium 16 )> Lamium 7 )) Phiomis 21,4 Stachys 10,0 Lamium 15 )) Thymus 6 )) Calamintha 19,5 Calamintha 9,7 Phiomis 12 » Origanum 5 )) Stachys 18,2 Thymus 9,6 Origanum 9 )> Phiomis 4 » Teucrium 16,3 Phiomis 7,1 Thymus 8 )) Calamintha 4 )) Nepeta 15,4 Salvia 5,4 Ajuga 8 )) Teucrium 3 )) Thymus 13,8 Teucrium 3,0 Calamintha 7 » Ajuga 1 » Salvia 9,4 Ajuga 3,0 Aussei 1 den schon in Griechenland fehlenden westlicheren Gattungen scheinen h auch Rosmarinus und Melittis verschwunden zu sein, dagegen treten neu auf zwei ende- mische Gattungen: Dorystaechas , durch den blasig auswachsenden Kelch charakterisirt, monotypisch, deren Stellung im System noch zweifelhaft ist, einstweilen den Salvien zuge- zählt, von denen sie aber durch den Bau der Staubbeutel weit abweicht, und Wiedemannia , eine kaum mit Recht von Lamium getrennte Gattung, dann aber die östlicheren: Dracoce- phalum mit einer, Lallemantia vielleicht richtiger mit jenem zu vereinigen, mit 2, und Eremostachys mit einer Art. Yerhältnissmässig am reichsten ist die, bis auf M. vulgare, das vermöge seiner hakenförmigen Kelchzähne nach allen Weltgegenden verschleppt ist, rein mediterran -orientaliche Gattung Marrubium. Die meisten gemeinsamen Arten hat Kleinasien mit Griechenland, sodann mit dem Caucasus und der Krym, 73, mit Persien 59, und von allen benachbarten Floren am wenigsten mit der syrischen, 52. Diandrisch sind 55 Arten. Armenien, ein Hochland, scheint, wohl eben deshalb arm an Labiaten zu sein, hat wenigstens wenig Eigenthümliches, das nicht entweder auch bis Kleinasien oder in das transcaucasische Gebiet oder nach Westpersien verbreitet wäre. Abgesehen von den ausser Acht gelassenen Arten C. Koch’s, bleiben dafür etwa 5 endemische Arten nach, von denen 3 Nepcteen sind, so dass sich eine nähere Beziehung zur persischen und eine entferntere zur kleinasiatischen Flor zu erkennen giebt. Ebenso braucht Kurdistan nur kurz berührt zu werden, da das Gebiet, botanisch ebenso wie politisch, nur schwer von den Nachbarländern abzugränzen ist, und dessen meiste Arten mit denen Kleinasiens, Westpersiens und Nordsyriens zusammenfallen. Einige Arten, die bisher nur im Gebirge nördlich von Mossul beobachtet wurden, können füglich der 3* 20 A. Bunge , syrischen, andere dem persischen oder dem an Persien gränzenden Kurdistan eigentüm- liche Arten, der persischen Flor beigezählt werden. Unter diesen letzteren verdient eine noch unbeschriebene Art der hier zuerst auftretenden Nepeteengattung Hymenocrater, die sonst fast rein persisch ist, besonders erwähnt zu werden. Syrien mit Assyrien und Palästina ist in Folge seiner südlicheren Lage und wohl auch der Richtung seiner Gebirge weit ärmer als Kleinasien; denn wenn man auch die be- nachbarten Gebiete, d. h. einen Theil Kurdistans, das steinige Arabien und Niederägypten hinzuzieht, so finden sich aus diesem weiten Landstrich doch nur 194 Arten in 25 Gat- tungen verzeichnet, von denen freilich 97, also gerade die Hälfte, endemisch sind. Allein von diesen endemischen Arten fallen etwa 9 auf Kurdistan , 11 auf das steinige Arabien, und G auf Aegypten. Schliessen wir aber diese Nachbargebiete aus, so behalten wir nur 160 Species in 24 Gattungen mit 74 oder 46,4% endemischen Arten. Diese vertheilen sich auf 8 Gruppen in folgender Weise: Salvieae 3G Arten oder 22 5°/ Stachydeae 33 )) » 20,5 Satureineae 28 )) » 17,5 Phlomideae 2G )) )) IG, 2 Ajugeae 20 )) )) 12,5 Nepeteae 11 » » 7,0 Scutellarineae 5 » )) 3,1 Prasieae 1 » » 0,G IGO Arten oder 100,0% Leicht erkennt man den Einfluss der südlicheren Lage an dem Zurücktreten der Nepeteen, die hier wieder unter die Ajugeen zu stehen kommen, so wie an dem Ver- schwinden mehrerer Gattungen, die dem Waldgebiet angehören, wie Lycopus, Dracocepha- lum, Prunella, Betonica, Galeopsis und Leonurus (?), die liier ganz zu fehlen scheinen, und, so wie zahlreiche Arten des Waldgebietes, in Kleinasien ihre Südgränzc finden. Auch die westliche Gattung Lavandula, obgleich in Aegypten und Arabien durch 4 Arten vertreten, von denen 2 endemisch, wird aus diesem Gebiet nicht aufgeführt. Ganz besonders herrscht die Gattung Salvia vor, die, obgleich an Arten ärmer als in Kleinasien, doch zu der Ge- sammtzahl der Labiaten des Gebietes in einem weit stärkeren Verhältnis, 22,5, steht, als dort, 17,0. Reihenfolge der grösseren Gattungen nach der Gesammtzahl der nach der Zahl der endem. nach dem Verhältniss zur Gesammtzahl der Gattung Arten des Gebietes. Arten des Gebietes. sämmtliclier Arten. der endemischen Arten. Salvia 3G Arten Stachys 17 Arten Phiomis 25,0% Phiomis 16,0% Stachys 21 » Salvia- 17 » Ballota IG, G Ballota 10,0 Lâbiatae persicae. 21 nach der Gesammtzahl der nach der Zahl der endem. nach dem Verhältniss zur Gesammtzahl der Gattung Arten des Gebietes. Arten des Gebietes. sämmtlicher Arten. der endemischen Arten, Teucrium 15 Arten Phiomis 9 Arten Origanum 15,6% Micromeria 9,4% Phiomis 14 )> Micromeria 5 )> Ajuga 15,6 Stachys 8,1 Nepeta 9 )> Teucrium 4 » Teucrium 15,3 Origanum 6,2 Sideritis 7 )) Nepeta 4 » Micromeria 13,2 Marrubium 5,3 Micromeria 7 » Sideritis 3 » Marrubium 13,1 Sideritis 4,5 Scutellaria 5 )> Ballota 3 » Sideritis 10,7 Teucrium 4,0 Marrubium 5 )) Marrubium 2 » Stachys 10,0 Salvia 3,4 Origanum 5 » Origanum 2 )) Salvia 7,2 Ajuga 3,1 Ajuga 5 )) Scutellaria 2 )) Nepeta 6,9 Nepeta 3,0 Ballota 5 )) Ajuga 1 )) Scutellaria 5,5 Scutellaria 0 0 Von den mit Kleinasien gemeinsamen Arten kommen 31 auch in Griechenland und 25 auch in Persien vor, überhaupt sind Syrien mit Griechenland gemein 46; mit Persien 37; mit dem europäischen Waldgebict nur 11 Arten, während bis Kleinasien 28 Arten mehr, in Allem 39 Vordringen. Mit Spanien und dem Caucasus finden wir je 33 gemeinschaft- liche Arten, von denen aber nur 18 in beiden Gebieten zugleich. Persien, so ausserordentlich reich an endemischen Arten1), mit häufig sehr be- schränktem Verbreitungsbezirke, ist weit weniger durchforscht, als die bisher betrachteten Gebiete, und dennoch kennt man von daher bereits 252 Labiaten, von denen 128, also mehr als die Hälfte endemisch. Doch steigt das Verhältniss der endemischen Arten auf 55,5%, wenn man 18 Arten, von denen die Hälfte Satureincen sind, aussclüiesst, welche nur in dem, klimatisch durchaus abweichenden, nördlicheren Küstenstrich Vorkommen, und fast sämmtlich auch im Waldgebiet Mitteleuropas gedeihen. Und noch weit höher würde die Zahl der endemischen Arten ausfallen, wenn man zahlreiche Arten hinzuzöge, die nur noch in den Persien zunächst angränzenden Gegenden , dem Talysch , dem armenisch-türkischen Kurdistan und dem westlichen Afghanistan, die pflanzengcographisch nicht von Persien zu trennen sind, Vorkommen. Von den westlicheren Floren unterscheidet sich die persische in hohem Grade dadurch, dass sich hier die Nepeteen an die Spitze der Gruppen stellen, während sie noch in Kleinasien den fünften, in Spanien den sechsten, in Griechenland sogar den siebenten Platz einnehmen; auch die Phlomideen stehen höher noch als in Kleinasien; dagegen treten die Stachydeen zurück, und die Satureincen, zumal wenn man die 9 oben erwähnten abzieht, betragen wenig über уз im Vergleich mit Griechenland und Spanien: auch für die Ajugeen sinkt das Verhältniss gegen Spanien beinahe auf % herab. Die Pra- sieen sind ganz verschwunden. Die Beihcnfolge der Gruppen ist : 1) Beispielsweise sei hier angeführt, dass, nach Boi s- sier (БЧ. or. II.), bei nahezu gleicher Artenzahl, Persien (COS) 63%, dagegen Kleinasien (660) nur 47% endemi- sche Leguminosen aufzuweiseu hat. Persien mit dop- pelt so viel Astragalus als Kleinasien hat 85% ende mischer Arten dieser durch Endemismus so ausgezeich neten Gattung, Kleinasien nur 70%. 22 A. Bunge, für sämmtliclie- Arten. Nepeteae 57 Arten oder 22,6% Salvieae 45 » » 17,8 Phlomideae 44 )) )) 17,4 Stachydeae 44 » )) 17,4 Saturcineae 3G » )) 14,2 Ajugeae 16 » )) 6,3 Scutellarineae 9 )) )) 3,6 Lavandula 1 )) » 0,4 für die endemischen Arten. Nepeteae 39 Arten oder 30,5% Phlomideae 27 )> )) 21,0 Salvieae 25 » )) 19,2 Stachydeae 16 » )) 12,3 Saturcineae. 10 )> )) 7,8 Scutellarineae 6 » )) 4,6 Ajugeae 5 » )> 3,9 Lavandula 0 )) » 0,0 Die Zahl der Labiaten -Gattungen Persiens beträgt 34; ist also höher als in allen vor- hergehenden Gebieten. Von den westlicheren Gattungen, die noch in Kleinasien Vorkommen, verschwinden hier Thymbra, Moluccella, Prasium und Galeopsis (?) ; auch die Gattung Side- ritis, im mediterranen Gebiet so stark vertreten schwindet bis auf eine Art, die von Vielen als besondere Gattung, Burgsdorffia, geschieden wird: ebenso fehlen die beiden endemischen Gattungen Kleinasiens ; dagegen treten neu auf : Zataria, Hymenocrater, Otostegia, Lagochi- lus, Perowskia, hier einstweilen noch den Salvieen beigezählt, mit denen sie aber nichts ge- mein hat, und Tapeinanthus, von denen freilich nicht eine als rein endemisch zu betrachten ist, indem die drei letzteren bis in das westliche Centrasien reichen, Otostegia auch in Ara- bien und Abyssinien vertreten ist, Zataria und Hymenocrater auch im klimatisch und flori- stiscli mit Persien übereinstimmenden westlichen Afghanistan Vorkommen; nur Hyssopus, der hier wieder auftritt, ist monotypisch. Die hervorragendsten Gattungen reihen sich in folgender Weise an einander: nach der Zahl der Arten überhaupt. nach der Zahl der endemischen Arten. nach dem Yerhältniss nach dem Verhältniss sämmtl. Arten d. Geb. d. endem. Art. d. Geb. z. Gesammtz. d. Gatt. , z. Gesammtz. d. Gatt. Salvia 45 A.od. 17,9% Nepeta 28 A.od. 2 1,9% Hymenocr. 80,0% Hymenocr. 80,0% Nepeta 40 » )) 15,8 Salvia 25 » » 19,5 Satureja 36,8 Lagochilus 23,8 Stachys 23 » » 9,1 Stachys 11 )) » 8,6 Marrub. 34,0 Nepeta 21,5 Marrub. 13 » )) 5,2 Phiomis 8 » » 6,2 Lagochilus 33,3 Satureja 21,0 Phiomis 11 » )> 4,3 Hymenocr. 8 » » 6,2 Nepeta 30,7 Eremost. 18,5 Lamium 10 » )) 3,9 Scutellar. 6 » » 4,7 Eremost. 30,0 Phiomis 14,3 Teucrium 10 » )) 3,9 Lagochilus 5 » » 3,9 Lamium 24,4 Marrub. 13,2 Scutellaria , 9 » « 3,6 Eremost. 5 » » 3,9 Phiomis 19,2 Lamium 7,3 Hymenocr. , 8 » )) 3,2 Marrub. 5 » )) 3,9 Stachys 11,1 Scutellaria 6,6 Eremost. 8 » » 3,2 Satureja 4 » )) 3,1 Scutellaria 10,0 Stachys 5,2 Lagochilus 7 » » 2,8 Teucrium 3 » » 2,4 Teucrium 10,0 Salvia 5,0 Satureja 7 » )) 2,8 Lamium 3 » » 2,4 Salvia 9,0 Teucrium 3,0 Die Verschiedenheit dieser Reihen von denen aller vorhergehenden Gebiete springt in die Augen; am auffallendsten erscheint das Vorherrschen der grosskelchigen Gattungen LaBIATAE PERS1CAE. 23 Hymenocrater, Eremostachys und Lagochilus, die dem Westen ganz fehlen, und zu dem auch noch Otostegia, dann 6 Arten der Gattung Salvia aus der Abtlieilung Hymenosphace hinzukommen, einer Abtlieilung die zuerst in wenigen Arten in Griechenland, Kleinasien und Syrien auftritt, und die wir sonst nur in sehr beschränkter Verbreitung im westlich- sten Tlieil des Caplandes und in einer Art auf den Canaren wieder finden. Rechnet man einige Marrubien und eine Ballota mit erweitertem Kelchsaum, und 3 Stachys mit blasig vergrösserten Kelch hinzu, so beträgt die Zahl der grosskelchigen Arten 15—16%. Auch ist die Oberlippe der Blumenkronen liier im Durchschnitt viel grösser als im Westen, die kleinblumigem Thymus, Origanum, Sideritis u. a. sind nur durch einzelne Arten vertreten, die Ajugeen, denen die Oberlippe fast schwindet , und die in Spanien so sehr vorherrschen, nehmen liier einen sehr niedrigen Platz ein, um weiter in N.O. ganz zu verschwinden, wäh- rend die sich durch Grösse der Oberlippe auszeichnenden Phlomideen an endemischen Arten die zweite, weiter nach Osten die erste Stelle einnehmen. Auch die klein- und hartblättri- gen Arten sind hier nur spärlich vertreten, und gross- und getheiltblättrige Formen herr- schen vor. Nicht unbemerkt darf es bleiben, dass hier, wo in vielen Familien eine starke Neigung zur Dornenbildung hervortritt — über 20% der Dicotyledonen Persiens sind Dorn- gewächse — mit Ausnahme schwach dorniger Kelchspitzen , die Labiaten verhältnissmässig nur wenig daran betheiligt sind. Sechs und sechszig Arten sind Strauch- oder halbstrauch- artig, 31 einjährig. Ausser den zahlreichen Salvien sind 8 Arten diandrisch. Von den 124 nicht endemischen Arten kommen nur noch in Transcaucasien 15, nur in Syrien 10, nur in Kleinasien 8, nur in Afghanistan 5 Arten vor; nur dem Caucasus und Kleinasien ge- meinsam sind 7, dem Caucasus und Afghanistan 2, Kleinasien und Syrien 2; ausserdem dem Caucasus, Kleinasien und Syrien 7 Arten, so dass also 56 Arten nur wenig über die Grän- zen Persiens hinausreichen Genau ebenso viele Arten sind Persien mit dem europäischen Mediterran- und Waldgebiet gemein, die übrigen 12 Arten haben eine weitere Verbreitung nach südlicheren und östlicheren Gebieten. Die meisten gemeinsamen Arten haben begreif- licher Weise die transcaucasischen Länder, 82, da eben die Gränzgebiete beider am besten durchforscht sind; schon weniger Kleinasien, 59, Syrien 37, Griechenland 47, Italien und Spanien 43, Mauritanien nur 19, das europäische Waldgebiet 39, Afghanistan und Belud- shistan, weil unvollkommen bekannt, nur 22, das besser bekannte Steppengebiet des west- lichen Centrasiens schon 29 Arten. Die Labiatenflor des Caucasus und der transcaucasischen Provinzen kann nur eine sehr gemischte sein, wegen der durchaus verschiedenen klimatischen Verhältnisse, die in den einzelnen Theilen herrschen, und hat wenig Auszeichnendes. Die Flor der West- und Süd- abhänge des Talysch-Gebirges und der Südabhänge des Karabagh hat durchaus persischen Charakter; die der Provinz Lenkoran unterscheidet sich gar nicht von der Ghilans und Masanderans; der zum schwarzen Meer abfallende Tlieil stimmt mit dem Pontusgebiet Kleinasiens überein; die russisch-armenischen Provinzen zeigen dieselben Formen wie Nord- ostpersien und das Hochland türkisch Armeniens ; die Ebenen der Kura haben grösstentheils 24 A. Bunge, Steppen végétation. Nur 1 1 Arten sind in dem ganzen Gebiet als endemisch zu bezeichnen, von denen 10, darunter 5 Ncpctecn, dem Hochgebirge oder dem Nordabhange des Cau- casus angehören : Betonica orientalis aber wahrscheinlich auch ins türkische Armenien hineinreicht. Die Taurische Halbinsel ernährt in Allem nur 75 Labiaten, von denen nur Salvia scabiosaefolia endemisch; der ganze, nördlich vom Gebirge liegende Theil gehört zum Steppengebiet; die Südküste zeigt mehr Uebereinstimmung mit Griechenland, Kleinasien und selbst Syrien, als mit dem Caucasus. Afghanistan und Beludshistan, bisher nur zum Theil von je einem Botaniker durchforscht, sind in ihrem westlichen an Persien sich anschliessenden Theil so viel wie ganz unbekannt. Von den sieben aus Beludshistan, das in seinem südlichsten Theil schon arabische und indische Formen ernährt, aufgeführten Labiaten kommen einige in Persien vor, wie Zataria multiflora, Tapeinanthus brahuicus, wahrscheinlich auch Perowskia arte- misioides, die kaum specifisch von P. abrotanoides zu unterscheiden sein möchte, endemisch scheinen zu sein ein Teucrium, eine Scutellaria und zwei Eremostachys. Aus dem nordöst- lichen Hochland und Cabul brachte Griffith 40 Labiaten, von denen 18 auch in Persien, und zwar 3 davon nur noch in Persien, 17 auch in Kaschmir, von den 7 nur noch in Kasch- mir, und nur 15 Arten bisher nur in Cabulistan beobachtet sind. So mangelhaft dies Ma- terial ist, so giebt sich doch daraus zu erkennen eine nähere Verwandtschaft zu der östli- cheren Flora Kaschmirs als zu der Persiens, weshalb es zweckmässig erscheint, die Labiaten Cabulistans und Kaschmirs vereint zu betrachten. Denn weit besser ist uns die Pflanzen- welt des paradisischen Gebirgslandes Kaschmir bekannt, das von zahlreichen Reisenden be- sucht und durchforscht ist. Aus dem gesammten um den Knotenpunkt des Bolur-dagh, des Hindukusch, des Solimangcbirges und des westlichsten Himalaya gelagerten Hochlande, das Cabulistan, Pischa-ur, Kaschmir und West-Tibet umfasst, sind uns bisher 113 Labiaten bekannt geworden, die 31 Gattungen angehören. Doch scheinen die beiden Ocimeengat- tungen Plectranthus mit 3 und Coleus mit einer Art, so wie das zweifelhafte Hedeoma aus dem S.O. eingeschleppte Fremdlinge zu sein, die zweckmässiger ausser Betracht treten; also 108 Arten in 28 Gattungen, die sich nach der Artenzahl in folgender Reihe gruppiren: Ncpeteae 42 Arten oder nahebei 39 Phlomideae 18- )) » )) 16,6 Satureineae 16 )) )) » 14,8 Salvieae 11 » )) )) 10,0 Stachydeae 8 » )) » 7,5 Scutellarineae 4 )) » )) 3,8 Ajugeae 4 » )) » 3,8 Elsholtzieae о О » )) )) 2,8 Perowskia 2 » » » 1,9 Labiatae peesicae. 25 Endemisch sind darunter 58 Arten oder 53,7 % und zwar: Nepeteae 32 Arten oder 55,1% Phlomideae 11 » » 19,0 Salvieae 6 » » 10,3 Satureineae, Elslioltzieae, Scutellarineae und Stachydeae mit je 2 Arten, 1 Perowskia und keine Ajugca. Keine Gattung ist endemisch. Nepeta ist die hei weitem vorherrschende Gattung, sie bildet allein % der ganzen Labiatenflora und mit 28, fast die Hälfte aller en- demischen Arten. Zataria, Perowskia und Hymenocrater aus dem niedrigeren westlichen Theil Cabulistans weisen auf die Verwandtschaft mit Persien, Elsholtzia und 5 gemein- schaftliche Nepetae mit dem östlichen Himalaya, Phiomis und Eremostachys mit Araloca- spien, die schon zahlreichen Dracocephala, mit dem Hochgebirge Centrasiens und Sibiriens. Von den 50 nicht endemischen Arten haben 24 einen weiteren Verbreitungsbezirk über das mediterran-orientalische bis in das Waldgebiet, 4 sind im ganzen mediterran-orientalischen Gebiet verbreitet, 11 finden sich nur noch im östlichen Himalaya, 4 nur in Persien, die übrigen nur in mehreren der zunächst angränzenden Länder zugleich. Das aralo-caspische Gebiet im weitesten Umfange, d. h. die Steppen von der un- teren Wolga, und den Ufern des caspischen Meeres bis zu den Vorbergen des Altai, Tian- schan und Bolurdagh, südöstlich bis an die Gränzen des vorhergehenden Gebietes reichend, dort aber, wie in seinem südlichen Theil überhaupt botanisch fast ganz unbekannt, könnte als Provinz der grosskelchigen Phlomideen bezeichnet werden. Wir kennen aus diesem Gebiete 85 Arten1), die auf 28 Gattungen vertheilt sind, von denen fast die Hälfte, 42 Arten, endemisch. An die Spitze treten hier die Phlomideen, dagegen die Nepeteen im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Floren sehr zurück, und nach Artenzahl sogar hinter die Satureineen, die jedoch fast nur aus dem Waldgehiet übergetretene Arten ent- halten. Die Reihenfolge der Gruppen ist : nach der Gesammtzahl der Arten. nach der Zahl der endemischen Arten. Phlomideae 39 Arten oder 45,8% Phlomideae 33 Arten oder 78,0% Satureineae 17 » » 20,0 Nepeteae 3 » )) 7Д Nepeteae 13 » » 15,3 Satureineae 3 » )) 7,1 Stachydeae 5 » » 5,8 Stachydeae 1 » )) 2,4 Salvieae 5 » « 5,8 Scutellarineae 1 » )) 2,4 Scutellarieae 3 » » 3,5 Perowskia 1 » )) 2,4 Perowskia 2 » » 2,3 Salvieae 0 « » 0,0 Ajugeae 1 » » 1,2 Ajugeae 0 » )> 0,0 1) Aus Ruprecht’s und Osten-Sacken’s Sertum dagegen die des Hochgebirges, namentlich die Dracoce- tianschanicum habe ich hier die Arten aufgenommen, die phala, ausgeschlossen, aus den Vorhergen und niederen Thälern herstammeii, Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. 4 26 Л. Bunge, Die beiden Gattungen Eremostachys und Lagochilus zeichnen dies Gebiet ganz be- sonders aus, dazu zwei monotypische endemische: die merkwürdige Hypogomphia und Chamaesphacos, ferner die hier zuerst auftretende ostasiatisch -amerikanische Lophanthus. Von den westlichen Gattungen die nocli in Persien und zum Theil im Caucasus Vorkom- men fehlen hier Lavandula, Zataria, Satureja, Micromeria, Hymenocrater , Betonica, Sta- chys (?), Ballota, Otostegia, Ajuga1). Die Reihenfolge der grösseren Gattungen ist: nach der Gesammtzahl der Arten. nach der Zahl der endemischen Arten. Lagochilus 14 Arten Eremostachys 14 Arten Eremostachys 14 » Lagochilus 13 )) Phiomis 7 » Phiomis 5 )) Nepeta 7 » Calamintha 2 )) Salvia 5 » Nepeta 1 )) Calamintha 4 » Leonurus 1 )) Dracocephalum 3 » Dracocephalum 1 )) Scutellaria 3 » Scutellaria 1 » Thymus 3 » Chamaesphacos 1 )) Mentha 3 » Hypogomphia 1 )) Perowskia 2 » Perowskia 1 )) Leonurus 2 » Thymus 1 » nach dem Verhältniss der endem. Hypogomphia Chamaesphacos Lagochilus Eremostachys Phiomis zu sämmtl. Arten der Gattung. 100 % 100 62,4 51,9 8,9 Bei weitem die meisten nicht endemischen Arten (31) sind aus dem Waldgebiet einge- wandert, oder doch mit demselben gemein, von denen allerdings einige hier ihr eigentliches Vaterland haben mögen und allmählig nord- und westwärts gedrungen sind, wie Nepeta ucranica, parviflora, Phiomis tuberosa, pungens; dagegen sind nur 3 Arten mediterran- orientalisch, von denen 2 bis Spanien, Scutellaria orientalis und Ziziphora tenuior, eine, Mentha incana nur bis Griechenland, reichen; 3 Arten sind mit Persien und dem Cauca- sus, 4 nur mit Persien, 1 mit Persien, Caucasus und Kleinasien, 2 Arten, Perowskia abro- tanoides und Lallemantia Royleana mit Persien, Avghanistan und dem Westhimalaya, end- lich 1 Art Lophanthus mit Ostsibirien, Mongholei und China gemein. 1) Ajuga vesiculifera Herder, pl. Semen, n. 877 «bat I erwiesen». Herder, pl. Severz. et Borscz. fase. 3. in Bull, sich bei genauerer Untersuchung als eine Scrofularinea | soc. mosq. 1872, p. 380. Labiatae persicae. 27 Fassen wir sämmtliche hier aufgeführten Gebiete zusammen, so finden wir in der ge- sammten mediterran-orientalischen Flora in der angegebenen Begränzung 1054 Labiaten in 50 Gattungen, die sich auf die Gruppen in folgender Weise vertheilen : Stachydeae 227 Arten oder 21,6% 1 8,7 Satureineae 214 )) » 20,9 -+- 3,7 Phlomideae 172 )> » 16,3 H- 6,3 Nepeteae 153 )) » 14,5 -4— 7,4 Salvieae 150 )) » 14,2 — 4,0 Ajugeae 92 )) >. 8,7 H- 3,7 Scutellarineae 30 )) » 2,8 — 0,7 Lavanduleae 12 )) » 1,1 ■4- 0,3 Elsholtzieae 3 )) » 0,3 — 2,2 Prasieae 1 » » 0,1 — 1,2 Prostanthcreae 0 » » 0,0 — 3,6 Ocimeae 0 )) » 0,0 — 18,3 Die nebengestellten mit -+- und — bezeichneten Zahlen geben das Vorwiegen oder das Zurücktreten der einzelnen Gruppen in dem mediterran-orientalischen Gebiet, im Ver- gleich mit den Verhältnisszahlen dieser Gruppen in der ganzen Familie an. Fünf grössere Gruppen sind es also; welche den Charakter der mediterran-orientalischen Labiatenflor bilden: Stachydeae, Nepeteae, Phlomideae, Ajugeae und Satureineae, in der hier gegebe- nen Reihenfolge. Allein diese für das Gesammtgebiet geltende Reihenfolge verändert sich vollkommen für die einzelnen Gebiete, und zwar stetig von West nach Ost. Am deutlich- sten tritt die Eigenthümlichkeit der einzelnen Gebiete und ihre Verschiedenheit unter ein- ander hervor, wenn man die Artenzahl dieser 5 wichtigeren Gruppen in den 5 grösseren und besser bekannten Sondergebieten nach ihrem Verhältnis zu der Gesammtzahl in dem mediterran-orientalischen Gesammtgebiet zusammenstellt, indem man das Vorwiegen und Zurücktreten dadurch ausdrückt, dass man den Procentsatz der Gruppen in jedem Sonder- gebiet mit dem in dem Gesammtgebiet vergleicht. Wenn z. B. die Zahl der Ajugeen des Gesammtgebietes 8,7°/0 aller Labiaten des Gesammtgebietes , in Spanien 17,4% der Labia- ten Spaniens, dagegen im Aralo-Caspien nur 1,2% sämmtlicher Labiaten dieses Sonderge- bietes beträgt, so wird das Vorwiegen desselben im äussersten Westen durch -+- 8,7, das Zurücktreten im äussersten Osten, durch — 7,5 ausgedrückt. Wir erhalten auf diese Weise folgende Reihen für die fünf Hauptgebiete : Iberische Halbinsel. Türkei und Griechenland. Kleinasien. Ajugeae 8,7% Satureineae -+- 9,1% Stachydeae 7,8% Satureineae h- 8,6 Stachydeae -1- 3,7 Ajugeae -1- 0,3 Stachydeae h— 0,6 Ajugeae -1- 2,4 Phlomideae — 0,5 4* 28 A. Bunge, Iberische Halbinsel. Türkei und Griechenland. Kleinasien. Phlomideae — G,3°/0 Phlomideae — 3,9% Satureineae - 5,1% Nepeteae — 9,1 Nepeteae — 9,5 Nepeteae - 5,8 Persien. Aralocaspien. Nepeteae -+- 3,1% Phlomideae -+- 29, 5( Уо Phlomideae -+- 1Д Nepeteae -+- 0,8 Ajugeae — 2,4 Satureineae — 0,9 Stachydeae — 4,2 Ajugeae — 7,5 Satureineae — 6,7 Stachydeae — 15,8 Uebersichtlicher wird in der folgenden tabellarischen Zusammenstellung, die von Os: nach West zunehmende Verschiedenheit einzelner Gruppen: Tribus. Iberische Halbinsel. Türk. u. Griechen], Kleinasien. Persien. Aralo-Caspien. Ajugeae -+-8,7 -+- 2,4 i- 0,3 - 2,4 - 7,5 Satureineae -+- 8,0 -+- 9,1 — 5,1 — 6,7 — 0,9 Stachydeae +-0,6 > 3,7 -+-7,8 -4,2 — 15,8 Nepeteae — 9,1 - 9,5 — 5,8 8,1 -+- 0,8 Phlomideae — 6,3 — 3,9 — 0,5 +- 1,1 H- 29,5 oder noch anschaulicher durch folgende Darstellung der charakteristischen Kronenformen jener 5 Hauptgruppen : Die Eigentümlichkeiten eines jeden Gebietes sind aus diesen Zahlen leicht zu ent- nehmen. Spanien ist durch die Ajugeen mit schwindender Oberlippe der Blumenkrone und meist weit vortretenden Staubblättern, so wie fast ebenso sehr durch kleinblumige Saturei- neen gekennzeichnet. Diese letzteren herrschen aber in Griechenland, namentlich gegen die Ajugeen gehalten, besonders vor, die meist kleinen Blumenkronen sind nur undeutlich zweilippig, die Staubblätter ragen meist aus den Blnmenkronen hervor. Schon deutlicher zweilippig ist die Blume der Kleinasien charakterisirenden Stachydeen, doch ist die Ober- lippe noch nicht immer hehnförmig gewölbt und die Staubbeutel ragen häufig seitwärts vor. In Persien treten die Nepeteen an die Spitze, mit vorherrschend blauen, deutlich zweilip- pigen die Staubbeutel cinschliessendcn dickbauchigen Kronen, und durch ihr Längenver- Labiatae peksicae. 29 hältniss abweichenden Staubfäden. Das aralocaspische Gebiet endlich bildet durch die grosskelchigen , meist grosskronigen Phlomideen mit sehr starker hochgewölbter helmför- miger Oberlippe den vollständigsten Gegensatz zu Spanien. Man kommt übrigens zu denselben Ergebnissen, wenn man die endemischen Arten allein berücksichtigt, und den Procentsatz der endemischen Arten jeder einzelnen Gruppe in je- dem Sondergebiet berechnet, ja vielleicht sprechen die so gewonnenen Zahlen noch richtiger den Charakter aus. Von den 1054 in dem Gesammtgebiet wachsenden Labiaten sind ausser diesem Gebiet nicht vorkommend 956, wovon auf die 5 als für das Gebiet charakteristisch bezeichnten Gruppen 776 fallen. Die Reihenfolge der Gruppen nach der Artenzahl ist die- selbe wie für die obenangegebene Gesanuntzahl, mit Ausschluss der Salvieen1 *); und zwar: Stachydeac 2 1 2 endem. Arten oder 22,1% j Satureineae 185 )) )) ». 19,3 der Gesammtzahl der Phlomideae 154 )> )) »» 16,1 к Nepcteac 142 )) )) »» 14,9 mischen Arten. Ajugeae 83 )) )) » 8,7 Dagegen ändert sie sich vollständig in den 5 wichtigeren Sondergebieten : Spanien. Griclienland. Kleinasien. Satureineen 33 i end. Arten Stachydeen 26 end. Arten Stachydeen 47 end. Arten Ajugeen 19 » » Satureineen 23 » » Satureineen 19 )) )) Stachydeen 1 9 » » Ajugeen 8 » » Phlomideen 18 » » Nepeteen 4 » » Nepeteen 6 » » Nepeteen 16 )) » Phlomideen 2 » »» Phlomideen 5 » » Ajugeen 4 )) )) Persien. Aralo-Caspien Nepeteen 39 endemische Arten Phlomideen 33 endemische Arten Phlomideen 27 »» » Nepeteen 3 » )) Stachydeen 16 » » Satureineen 3 » » Satureineen 10 ». » Stachydeen 1 » Ajugeen 5 » >' Ajugeen 0 »> )) Ucbersichtlichcr und charakteristischer, wenn man den Procentsatz der Arten jeder einzelnen Gruppe in jedem Sondergebiet berechnet (z. B. Phlomideen im Gesammtgebiet 154, in Spanien 2 = ~ = 1,3%, in Aralocaspien 33 = ^3- 21,4%), in folgender ta- bellarischen Zusammenstellung : 1) Ungeachtet der grossen Zahl der Salvieen im Ge- sammtgebiet, und besonders in einzelnen Sondergebieten, wie z. B. Syrien, wo sie über die übrigen Gruppen domi- niren, glaubte ich sie hier wie oben unberücksichtigt las- sen zu müssen, weil sie in Amerika vorherrschend, hier in ihrer Verhältnisszahl zurücktreten. 30 A. B ÜNGE, Gruppen. Spanien. Griechenland. Kleinasien. Persien. Arolocaspien. Ajugeae 22,9 9, G 4,8 G,0 0,0 Satureineae 17,8 12,4 10,2 5,4 1,6 Stachydeae 9,0 12.2 22,3 7,5 0,5 Ncpeteae 2,8 4,2 11,2 27,4 2,1 Phlomideae 1,3 3,2 11,7 17,5 21,4 Auch aus diesen Zahlen springt der Gegensatz der beiden äussersten Gebiete in die Augen. Wir nehmen ihn aber auch deutlich wahr, wenn wir die Vertheilung der Gattun- gen ins Auge fassen. Von den 50 im Gesammtgebiet beobachteten Gattungen finden wir 14 in Spanien, durch 48 Arten vertreten die dem aralocaspischen Gebiet, dagegen in die- sem letzteren 9 Gattungen mit 38 Arten die Spanien fehlen : in Spanien. in Aralocaspien. Lavandula mit 8 Arten Tapeinanthus mit 1 Arten Preslia » 1 )) Chamaesphacos )) 1 » Satureja )) 4 )) Dracocephalum )) 3 )) Micromeria )) 4 » Lallemantia )) 1 )) Horminum )) 1 )) Lophanthus )) 1 )) Cleonia )) 1 )) Hypogomophia )) 1 » Melittis » 1 )) Perowskia )) 2 )) Betonica )) 3 )) Lagochilus )) 14 » Stachys )) 13 )) Eremostachys » 14 » Moluccella )) 1 )) Ballota » 4 » Ajuga » 5 )) Rosmarinus » 1 » Prasium » 1 » Die dazwischen liegenden Gebiete bilden, wie zu erwarten, die deutlichen Uebergänge, wie aus der folgenden Tabelle ersichtlich ist, in welcher eine Anordnung nach der geogra- phischen Verbreitung versucht, absichtlich aber die nach dem zur Zeit angenommenen Sy- stem der Labiaten vermieden ist. Die Schwierigkeit eine solche pflailzengeographische tabellarische Uebersicht herzustellen mag die Unvollkommenheiten der aus vielen entwor- fenen gewählten vorliegenden Tabelle entschuldigen : Labiatae pkrsicae. 31 resammtzahl der ten d. Gattungen Д d СІ Ф ^ s d л Mauritanien. d Ф S ci (П fco іѳп mit Corsica, Sar- linien und Sicilien. riechenland und Türkei. Kleinasien. ien, Assyrien m. Stein, abien u. N. Aegypten. Persien. О ci "Г о ci r> *■* <1 N о Рч Й rn " jSaccocalyx . . jCIeonia 1 l 1 d T3 о o> 1 1 1 1 Melittis 1 1 — 1 1 1 — — — > ci VRosmarinus . 1 l 1 1 i 1 Mediterran Prasium .... ’Moluccella . . 2 2 1 2 1 1 1 l l 1 1 1 1 1 2 — Gattungen. ^Lavandula . . 20 12 5 8 5 1 2 4 1 i® 1 я .Teucrium . . . 98 71 12 37 20 17 16 16 10 Ь- ПЗ J3 Lycopus .... 11 2 1 1 2 2 1 1 1 fcJO Calamintha. 41 33 6 13 и 13 7 2 7 .fco g Ziziphora . . . 14 14 2 4 2 1 5 6 6 « Melissa ..... 7 2 — 1 1 1 1 1 1 s Ö Aiucra 32 21 1 5 9 8 8 5 6 rd o> :c$ Hyssopus . . . 1 1 1 1 ? ? 1 O .S Prunella .... 4 4 1 3 3 3 1 — 2 О er* Mjeonurus . . 13 8 — 1 2 2 1 — 2 In der Mitte .Origanum . . . 32 29 5 5 4 14 9 8 2 vorwiegende_ ubiquitäre Salvia 500 145 13 26 15 21 47 41 6 45 jScutellaria . . 91 30 5 5 12 5 9 Gattungen. 'Stachys 209 114 6 13 19 32 38 22 23 Ubiquitäre nach Osten zunehmende Gattungen. (Marrubium . . Lamium .... 38 40 38 35 1 3 4 8 3 13 6 12 18 15 5 3 13 10 Nepeta Phiomis .... 'Dracocephal. 130 56 35 123 48 14 3 8 13 6 10 6 11 9 ? 20 12 1 6 14 40 11 5 Ostmediterr.IThymbra . . . 1 1 — — — 1 1 1 — Westorient. < Gattungen. (Dorystaechas Wiedemannia 1 3 1 3 — — — — 1 o О — — Lallemantia . 4 4 — — — — 2 2 4 (Eremostach. . 27 27 — — — — 1 2 8 ^ d Hymenocrat. 10 10 — — — — — — 8 Otostegia . . . 6 3 — — — — — — 3 'S g> Lagochilus . . 21 20 — 7 die von Prof. Ku- torga bei Saretschje am Orcdesh unweit Gatschina gefunden wurde, wo ihre Steinkerne und Abdrücke einen feinkörnigen gelben Dolomit fast ganz erfüllten. Andere begleitende Fos- silien waren nicht da. Die Localität ist neuerdings nicht wieder aufgefunden worden. Ku- torga sah sic als obersilurisch an, weil er glaubte, dieCypridina marginata Keys, gefunden zu haben, und weil er überhaupt die silurischen Schichten der Umgebung von Gatschina wegen ihrer Poramboniten , die er für Pentameren hielt, für obersilurisch erklärte und sie so auf seiner geologischen Karte des St. Petersburger Gouvernements darstellte. Die Gat- schinaer Schichten gehören nach meiner Estländischen Schichtencintheilung zur Jeweschen Zone (1 b), wohin also wohl auch der Dolomit mit Isochilina punctata zu rechnen sein wird. Ein Hauptlager der russischen Leperditien bilden die tieferen obersilurischen Schich- ten, die vorzugsweise durch das häufige Auftreten von glatten Pentameren gekennzeichnet sind. Es gehören dazu nach meiner Estländischen Schichteneintheilung die Zonen 4, 5 und 6, in denen bei uns zwei Arten Vorkommen: durch alle drei Zonen verbreitet die Leper- ditia Hisingeri , auf die Zone 5 beschränkt Leperditia Keyserlingi. In den entsprechenden •4 6 Mag. Fr. Schmidt, Schichten der Insel Gotland herrscht ebenfalls in der Wisbyzone, die unsern Schichten 4 und 5 entspricht, die Leperditia Hisingeri\ in Mittelgotland kommt die auf die Insel be- schränkte ächte Leperditia baltica vor, die hei uns in den Schichten mit Pentamerus esto- nus (G) oder der zunächst hölieru Zone 7 zu suchen wäre. Den nämlichen Schichten mit glatten Pentameren gehören nun auch die Kalksteinlager an der Waschkina mit Leper- ditia marginata Keys., und an der Wasserscheide zwischen Wilui und Olenek mit Leper- ditia Wilui ensis, parallela und IsocJiilina Maakü an. Die Waschkinaschichten führen ausserdem noch: Bumastus barriensis, Encrinurus punctatus, Euomphalus Waschkiuae, Pentamerus samojedicus (dem P. oblongus nahe ver- wandt), Calainopora alveolaris u. a., wodurch sie mit unsern Pentamerenschichten als gleich- altrig genügend bestimmt sind. Die von Maak entdeckten Leperditien- führenden Kalksteine im fernen Ostsibirien zwischen Wilui und Olenek charakterisiren sich als zum nämlichen Niveau gehörig ebenfalls durch das Auftreten von glatten Pentameren, Atrypa? Duboysii M. V. K., sowie zahlreichen Calamoporen. Die z. Th. eigenthümlichen Brachyopoden und Gasteropodeu des erwähnten Vorkommens sind noch nicht näher bestimmt. In der Zone 7 meiner Estländisch-Oeselsehen Schichteneintheilung habe ich keine be- stimmbaren Leperditien gefunden. An der Gräuze von 7 zu 8 (den höchsten Oeselschen Schichten), kommt bei Kiddemetz und Piddul auf Oesel die Leperditia Eichwaldi n. sp. vor. Beicher sind wiederum die obersten Oeselschen Schichten (8) selbst, da in ihnen die Le- perditia Angelini, besonders an einigen Lokalitäten (Randefer, Uddafer, Ladjal, Lode) zu den häufigsten Petrefacten gehört. Die var. ornata Eichw. zeigt ein beschränkteres Vorkommen und die grosse Leperditia grandis Schrenck ist bisher nur bei Lümmada, wo übrigens auch L. Angelini nicht fehlt, gefunden worden. Beide Arten nun, L. grandis und Angelini, finden sich auch in den entsprechenden höchsten silurischen Schichten der Insel Gotland, wo sie namentlich bei Oestergarn von mir nachgewiesen sind. Der nämlichen höchsten silurischen Gruppe (dem Englischen Ludlow entsprechend) gehören nun auch die Schichten am Dniestr in Volhynien und Podolien an, in denen L. ty- raica m. vorkommt, die viel Aehulichkeit mit der in ziemlich gleichem Niveau (der Water- lime group) vorkommenden amerikanischen L. alta Com. zeigt. Die beiden Uralischen Arten Isochilina biensis Grünw. und Leperditia Barbotana m. sind schwerer ihrem Niveau nach zu charakterisiren, da die Silurformation des Ural ja be- kanntlich so wenig mit unserer baltischen übereinstimmt und sonderbarer Weise mit den böhmischen Analogien darbietet. Isoch. biensis ist in den obersilurischen Schichten mit Pen- tamerus baschkiricus bei Alina, am Ai, unweit Slatoust gefunden. Leperd. Barbotana stammt von den Serginskije datschi etwas nördlich von dem vorigen Fundort, aus einem Gestein, das nur Leperditien führt, aber von Prof. Möller dem gleichen Niveau, wie die vorige Art, zuger eclmet wird. ê Ueber die Russischen silurischen Leperditien. 7 Bemerkungen über die Organisation und die Charaktere der Leperditien, Nach den ausführlichen Erörterungen von Jones (Ann. and, mag. Ser, 2 Vol. 17 p. 84) und Barrande (System, silur. Bohème Suppl, au Vol. I p. 523) habe ich im Ganzen nicht viel hinzuzufügen. Barrande erklärt sich dagegen, dass der vordere stets vorhandene Tuberkel als Augentuberkel zu deuten sei, weil bei verwandten Gattungen, wie Aristozoe und Orozoe (Barr. 1. c. p. 467) an dieser Stelle mehrere derartige Erhöhungen Vorkommen. Auch bei unseerr L. Barbotana (F. 8a) ist vor dem Augentubcrkel noch eine flache Schwiele wahrzunehmen, die ihrerseits zum Ausgangspunkt eines strahligen Gefässnetzes dient. Auf der anderen Seite spricht der Umstand, dass bei dickschaaligcn Arten, wie bei L. grandis, die Schaale an der Stelle des Augentuberkels (wie wir ihn vorläufig noch nennen wollen! am dünnsten ist, zu Gunsten der frühem Deutung. Bei drei unserer Arten, L. Barbotana, ty- raica und Angelini, ist der Augentuberkel von einem besondere, zuweilen etwas erhöhten Hof umgeben, der nach der Bauchseite in einem scharfen Winkel vorspringt und im Ganzen eine rhombische Gestalt hat. Die Oberfläche dieses rhombischen Flecks (wie wir ihn nennen wollen) zeigt eine ähnliche netzadrige Zeichnung wie der bekannte ЩНеШеск, auf dessen Existenz schon Graf Keyserling 1846 in seiner Beschreibung der Cypridina marginata auf- merksam machte. Der rhombische Fleck existirt anch bei der böhmischen L. solitaria Barr,, die unserer L. Angelini sehr nahe steht und bei einigen amerikanischen Arten, wie bei L. arctica Jones, pensylvanica Jones und gibbera Jones. Die Stellung des rhombischen Flecks zum Mittelfleck giebt gute Artcharaktere ab, so ist sie das einzige Mittel, unsere L. Angelini von L. solitaria Barr, zu unterscheiden. Die vertikale Furche oder Depression hinter dem Augentuberkel, von der Basis des Mittelflecks bis zum Schlossrand, die nach Jones zum Gattungscharakter gehört, ist bei einigen Arten, wie bei L. Keyserlingi sehr constant aus- gebildet, bei andern ist sic kaum in Andeutung vorhanden, oder nicht constant wie bei L. grandis. Ebenso ist eine Anschwellung längs dem hintern Theil des Schlossrandes wie bei L. grandis und tyraica (die charakteristisch für die amerikanische L. gibbera Jones ist) nur bei älteren Exemplaren und gewöhnlich nur auf der linken Klappe vorhanden. Dies Vor- handensein oder Fehlen eines flachen Randes an der Vorder- und Hinterseite ist an sich kein wichtiger Charakter, weil der Rand bei manchen Arten, wie bei L. Hisingeri und An- gelini bald ausgebildet sein kann, bald nicht, wohl aber ist seine Beschaffenheit von Bedeu- tung, wie der breite durch eine Furche abgesetzte Rand von L. grandis und Keyserlingi. Sehr bezeichnend pflegt dagegen die Beschaffenheit und Ausdehnung des Umschlages der linken Schaale zu sein, der immer durch eine deutliche Begränzungslinie abgesetzt ist, und vor Allem der Charakter der Wölbung, und der Umriss der Schaale. Bei Beschreibung und Messung des Umrisses bezeichne ich die Entfernung von vorn nach hinten als Breite und die Entfernung vom Schlossrande zum Bauchrande als grösste Höhe. Ausserdem gebe ich in den meisten Fällen die Maasse für die vordere und hintere Höhe an; erstere 8 Mag. Fr, Schmidt, wird über dem vordem Ende der Schlosslinie, letztere über dem hintern Ende derselben gemessen. Wichtig ist die Lage der grössten Höhe, ob in oder hinter der Mitte oder nahe zum Hinterraude, ebenso das stärkere oder schwächere Vorspringen der Vorder- und Hin- terseite und der Winkel, den die Verbindungslinie des vordem und hintern Vorsprunges mit der Schlosslinie bildet. Die Untergattung Isochilina Jones ist wesentlich auf einen negativen Charakter ge- gründet, das Fehlen des Uebergreifens der rechten Schaale über die linke. In Folge dessen bin ich genöthigt gewesen, drei ganz heterogene Arten in diese Untergattung zu bringen: Isochilina biensis , Maakii und punctata, von denen nur die letzte Art mit den von Jones ursprünglich aufgestellten Isochilinen in näherer Beziehung steht Es wird später wohl noch eine weitere generische Trennung nothwendig sein. Die Struktur der Schaale habe ich an mehreren Arten untersucht und sie im Ganzen über- einstimmend gefunden; am schönsten war sic boiL. grandis zu studiren. Die Schaale besteht hier aus zwei Schichten (wie schon Barrande bei L. formosa angiebt). In der untern weissen papier- dünnen finden sich die horizontal verlaufenden Gefässe abgedrückt, die die Oberfläche der Stein- kerne zu zieren pflegen. Die obere, dickere (bis 0,7mm.) ist von feinen vertikalen Röhren durch- bohrt, die nach der Oberfläche der Schaale zu dichter werden. Zuweilen sieht man zwei Absätze im Vertikaldurchschnitt der Schaale (F. 1), der bei geringer Vergrösserung an die Faserschicht mancher Muscheln (Pinna, Inoceramus) erinnert; der Unterschied ist nur der, dass in den letztem die ganze Substanz einer Schaalenschicht aus vertikalen prismatischen Fasern besteht, während bei Leperditia eine compacte Schaalcnmassc durch dicht stehende vertikale Röhrchen durchbohrt ist. Einige grössere Röhrchen münden direkt in die Hori- zontalgefässe der untern Schaalenschicht. Ein Horizontalschliff (F. 2) zeigt die Röhrchen im Durchschnitt, der nicht rund, sondern meist unregelmässig eckig erscheint. An den besprochenen mikroskopischen Präparaten sieht man auch die verschieden starke Anhäufung von Pigment, wodurch auch die Farbe der Schaalen bedingt ist, die in gewissem Grade von der Beschaffenheit des umgebenden Gesteins unabhängig ist. Die ge- wöhnlichste Farbe ist hellbraun, L. tyraica ist aber immer schwarz, und bei ihr muss man die Horizontälschliffe (F. 2) schon recht dünn anfertigen, um das Präparat durchscheinend zu machen, dafür treten aber die Horizontaldurchschnitte der Röhren zwischen den dunkeln Pigmentflecken um so schöner hervor. Bei dem Vertikaldurchschnitt der Schaale von L. grandis (F. 1) fehlen die Pigmentflecke in der obersten Schaalenschicht ganz. Ueber die Russischen silurischen Leperditien. 9 Tabellarische Uebersieht der besprochenen Arten. 1) Beide Schaalen ungleich; die rechte Schaale greift an der Bauchseite über die linke, die hier einen deutlichen vertikalen Umschlag zeigt. Gen. Leperditia Rouault. 2. Beide Schaalen gleich oder fast gleich; kein Uebergreifen der rechten Schaale und kein Umschlag an der linken Schaale. Subgen. Isochilina Jones. 11. 2) Stärkste Wölbung beider Schaalen längs dem Bauchrande; die rechte Schaale greift nur in der Mitte über die linke , die daher nur in der Mitte ihres Bauchrandes einen Umschlag zeigt. L. grandis Schrenck. Stärkste Wölbung an der Hinterseite der Schaalen; die Schlosskante nach hinten eingesenkt zwischen die Buckel beider Schaalen, deutliche Rhombenflecke. L. Barbotana m. Stärkste Wölbung beider Schaalen in deren Mitte, von wo gleichmässiger Abfall nach allen Seiten (s. aber L. Wiluiensis). 3. 3) Ein deutlicher netzadriger Rhombenfleck um den Augentuberkel. 4. Kein Rhombenfleck um den Augentubcrkel. 5. 4) Linke Schaale nach hinten deutlich verbreitert, an der Hinterseite des Schlossran- des* eine Schwiele; Vorderseite des Bauchrandes der rechten Schaale stark ge- neigt, geradlinig abfallend. L. tyraica m. Linke Schaale nach hinten kaum verbreitert. Bauchrand der rechten Schaale bei- derseits fast gleichmässig im Bogen abfallend. L. Angelini m. 5) Umschlag der linken Schaale vertikal kammförmig gerippt; Vorderseite kaum vor- springend. Form oblong. L. baltica His. Umschlag der linken Schaale glatt. 6. 6) Vorn und hinten entweder gar kein Rand, oder dieser ist nur schwach angedeutet, blos im Steinkern deutlich. 7. Vorn und hinten ein breiter flacher abgesetzter Rand, Schlossrand länger als die Höhe. 10. 7) Schaalen deutlich nach hinten verbreitert. 8. Bauch- und Schlossrand bei der linken Schaale fast parallel, bei der rechten Schaale die Bauchseite nur wenig vorgewölbt. Umriss schmal oblong. L. paralleia m. 8) Bauchseite der rechten Schaale bogenförmig, ohne winklig hervortretenden Vor- sprung; Vorderseite stark vorspringend, Hinterseite steigt steil an. Umriss kurz, fast vierseitig. L. Hisingeri m. Bauchseite der rechten Schaale in der Mitte mit hervortretendem Vorsprung. 9. 9) Vorder- und Hinterseite steil ansteigend; die Bauchseite der rechten Schaale fällt von dem mittleren Vorsprung nach beiden Seiten fast gleichmässig bogenförmig ab. L. Eichwaldi m. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. 2 10 Mag, Fr. Schmidt, Vorder- und Hinterseite winklig vorspringend. Rechte Scliaale am Vorsprung hoch gewölbt, von hier im Umriss nach vorn steil geradlinig (nach hinten kaum) abfallend; Bauchseite der linken Schaale von vorn nach hinten geradlinig anstei- gend. L. Wiluiensis n. sp. 10) Keine deutliche Verticalfurche vom Mittelfleck zum Schlossrande. Der Rand geht auch um die Bauchseite herum (?). L. marginata Keys. Eine deutliche, etwas nach hinten gewandte Furche vom Mittelfleck zum Schloss- rande. An der Bauchseite kein flacher Rand. L. Keyserlingi m. 11) Kein Rand an der Bauchseite, Schaalen hoch gewölbt. Isochilina hiensis Grünew. Ein schmaler Rand um die ganze Schaale ausser am Schloss, der an der Bauch- seite abwärts gekehrt ist und hier eine Reihe vertiefter Punkte oder Löcher zeigt. J. punctata Eichw. Ein breiter flacher horizontaler Rand ohne Löcher um die ganze Schaale, deut- liche Verticalfurche vom Mittelflek zum Schloss. J. Maakii m. Beschreibung der Arten. Leperditia grandis Schrenck sp. F. 3, 4, 5, 6. 1852 Cypridina grandis A. Schrenck, Uebersicht des obern sibirischen Schichtensystems von Est- und Livland etc. im Archiv für Naturkunde Liv-, Est- u. Kurl, Ser. 1 Bd. 1 p. 85 (nur der Name). 1858 Leperditia gigantea F. Römer in Zeitschr. d. deutsch. Geolog. Gesellseh. p. 356 (mit Holzschnitt). 1859 Leperditia grandis F. Schmidt, Beitrag zur Geologie von Gotland, im Archiv u.s. w. Bd. 2 p. 455. 1860 Leperditia grandis Eichwald, Letli. ross. anc. per. p. 1332 t. 51 f. 9 a, b, c. 1872 Leperditia gigantea J. Barrande, supplément au Vol. I. du système silurien du centre de la Bohème p. 535 t. 34 f. 4, 5, 6. Dickschaalig, hellbraun glänzend, schräg vierekig — eiförmig, fast 2 Mal so breit als hoch, hinten breiter als vorn, vorn und hinten deutlich vorspringend, der Bauchrand wenig convex, fast geradlinig, die höchste Wölbung der Schaale nahe dem Bauchrande und diesem parallel, nach vorn steiler abfallend als nach hinten. An der Vorder- und Hinterseite ein breiter Rand, der an der Bauchseite sich verliert. Hier an der Bauchseite, an der Stelle, wo der Rand beginnt, sieht man an der rechten Schaale in der Randfurche jederseits ein feines Loch, das die Schaale durchbohrt. Der Umschlag der linken Schaale nimmt in Form eines schmalen Kreisabschnittes nur die Mitte des Ventralrandes dieser Schaale ein, ohne Ueber die Russischen stlurischen Leperditien. 11 sich, wie bei anderen Arten, bis zur Vorder- und Hinterseite fortzusetzen. Der Augen- tuberkel ist gross, kegelförmig; hinter ihm findet sich eine Depression, die vertical von der Basis des Mittelflecks zum Schlossrande verläuft; von dieser Depression bis zum flachen Hinterrande verläuft längs dem Schlossrande der linken Schaale eine Anschwellung, die bei alten Exemplaren sehr stark wird, bei jungen aber kaum merkbar ist. Eine sehr ausgezeichnete Art, deren Hauptcharaktere in dem schräg viereckigen Um- riss mit geradlinig ansteigender Bauchkante, in der höchsten Wölbung nahe der Bauch- seite, in dem grossen kegelförmigen Augentuberkel, in dem kurzen Umschlag der linken Schaale und in den beiden Randlöchern der rechten Schaale liegen; die Anschwellung am Schlossrande der linken Schaale ist bei jungen Exemplaren kaum vorhanden, dem entspre- chend ist auch die Depression hinter dem Augentuberkel häufig undeutlich. Leperditia grandis ist die grösste Art der Gattung, da unser grösstes Exemplar eben so, wie das Römersche, eine Breite von 43mm. erreicht. Von unseren einheimischen Arten lässt sich keine mit ihr vergleichen. Nur die Isochilina? formosa Barr. 1. c. p. 534 t. 34 f. 1 — 3, steht nahe, doch ist bei dieser die höchste Anschwellung der Schaale nicht so nahe der Bauchseite gerückt. Auch ist die Form viel regelmässiger oval und fehlen die Durch- bohrungen des Randes der rechten Schaale, die von einem so genauen Beobachter, wie Barrande, gewiss nicht übersehen worden wären. Die Schaalenstruktur, von der Barrande auch als einer specifisch charakteristischen spricht, scheint in ähnlicher Weise allen Arten zuzukommen, doch erreicht die Schaale allerdings bei L. grandis ihre grösste Dicke, da diese am Umschlag der Bauchseite bis 1mm. beträgt; am dünnsten ist sie am Auge, wie man sich leicht überzeugen kann. Barrande ist geneigt, auch unsere Art zu Isochilina zu bringen, womit ich nicht übereinstimmen kann, da die linke Schaale einen deutlichen, wenn auch kiirzern Umschlag mit deutlicher Begränzungslinie zeigt und beide Schaalen eine ver- schiedene Beschaffenheit haben. Von bisherigen Abbildungen ist die Römersche am correctesten, nur ist die hintere Anschwellung am Schlossrande etwas unförmlich gezeichnet. Die Barrandesche Darstellung, obgleich sehr schön ausgeführt, giebt den Umriss nicht ganz richtig wieder und lässt na- mentlich den Bauchrand viel stärker vorgewölbt erscheinen, als er in natura ist (das mag übri- gens z. Th. in der Haltung des Exemplars beim Zeichnen seinen Grund haben). Die Eich- waldschen Abbildungen sind nach sehr unvollständigen Exemplaren gemacht: nur die Dar- stellung des Mittelflecks mit dem Augentuberkel, nach einem schön erhaltenen Bruchstück der Innenseite der Schaale, ist richtig; die beiden anderen Figuren geben ein falsches Bild. Eben diese ungenügenden Eichwaldschen Figuren sind der Grund, dass Barrande (1. c. p. 536) noch an der Identität der L. grandis und gigantea zweifelt, obgleich ihm von Prof. F. Römer mitgetheilt war, dass ich nach Ansicht des Originalexemplars der gigantea diese Identifici- rung ausgesprochen habe. Jetzt wird wohl bei Vergleichung der F. 3 unserer Tafel (des Schrenckschen Originalexemplars) mit der Römerschen Abbildung kein Zweifel mehr zu- lässig sein. 12 Mag. Fr. Schmidt, Maasse: rechte Schaale linke Schaale grösste Höhe 22mm. 1 1,5mm. 25,5mm. 13,5mm. 5, ,5mm. — Breite 38 — 19 — 43 — 24,5 — 9 . Schlossrand 24,5 — 14 — 28 — 16,5 — 7 — Höhe vorn 17,5 — 9 — 19 — 10,5 — 3. ,8- Höhe hinten 22 — 14 — 24,5 — 13 — 5. ,5- Stärkste Höhe i der Wölbung 10 — 9 — Fundort. Es liegen mir 8 mehr oder weniger vollkommene Schaalen (5 rechte und 3 linke) aus dem Steinbruch von Lümraada auf Oesel und 3 (2 linke und 1 rechte) von Oestergarn auf Gotland vor. Ausserdem ist die Art in einem Exemplar der linken Schaale als Geschiebe bei Lyck in Ostpreussen gefunden worden. Leperditia Barbotana n. sp. F. 7, 8, 9. Dickschaalig (0,5mm.), grau; im Umriss schief eiförmig, nach hinten verbreitert, vorn und hinten ein deutlich markirter flacher Rand; Schaale stark gewölbt, nach hinten am stärksten angeschwollen und von hier steil zum Rande abfallend; der Schlossrand liegt nach hinten in einer Rinne zwischen den zu Buckeln angeschwollenen beiden Schaalen; der Au- gentuberkel von einem rhombischen netzadrigen Felde umgeben, von dem Gefässe ausgehen; vor ihm bisweilen noch ein flacher Tuberkel, der ebenfalls Gefässen zum Ausgangspunkt dient. Der Umschlag der linken Schaale glatt, über die ganze Länge der Bauchseite ausge- dehnt; die rechte Schaale am Bauchrande wenig vorspringend. Durch die starke Anschwellung der Hinterseite von allen bekannten Arten unter- schieden; im Uebrigen wegen des ausgebildeten Rhombenflecks um den Augentuberkel mit den beiden folgenden Arten, L. tyraica und Angelini , in eine Gruppe zu bringen. Maasse : ganzes Exemplar rechte Schaale linke Schaale. grösste Höhe 14,5mm. 15mm. 13,5mm. — Breite 20? — 25 — 21 — Dicke beider Schaalen Schlosslinie 16 — 1 5,5 — zusammen 12,5 — Höhe vorn 11 — 9,5 — Höhe hinten 15 — — — Fundort. In obersilurischen Schichten am Westabhange des Ural, im Gebiet der Sser- ginskija datschi an der Petscheschnaja zwischen Atigski und Nischneserginski Sawod, sowie an der Demida beim beresowi most zwischen Serginski und Michailowski sa- wod, von den Herren Proff. der Bergakademie, N. Barbot deMarny und V. Möller, in einigen schönen Exemplaren gefunden. è Ueber die Russischen silurischen Leperditien. 13 Leperditia tyraica n. sp. F. 10, 11, 12. 1854 Cythere sp. von Zalesczyk, F. Römer in Leth. geogn. II p. 529. Schaale matt, schwarz, dünn; im Umriss schief oval. Die grösste Höhe hinter der Mitte, vorn und hinten ein Rand zu erkennen, der aber nicht flach, sondern nur schwach abgesetzt ist. Stärkste Wölbung in der Mitte der Schaale, von wo gleichmässiger Abfall nach allen Seiten. Die rechte Schaale zeigt am Bauchrande hinter der Mitte einen gerun- deten Vorsprung, von dem die Contour nach vorn fast geradlinig abfällt, nach hinten sich allmählich abrundet. An älteren Exemplaren der linken Schaale sieht man am hinteren Theil des Schlossrandes eine längliche Randwulst. Umschlag wie hei der vorigen Art. Um den Augentuberkel ein deutlicher netzadriger rhombischer Hof. Die Art steht der nächstfolgenden L. Angelini am nächsten und unterscheidet sich von ihr durch ihre bedeutendere Grösse, durch die grösste Höhe der Schaale hinter der Mitte, durch die stärkere Verbreiterung nach hinten, durch den geradlinig ansteigenden Vordertheil des Bauchrandes der rechten Schaale und die Schwiele am Schlossrande der linken Schaale. Maasse: linke Schaale rechte Schaale ganzes Exemplar (klein) grösste Höhe 8,8mm. 15mm. 15,5mm. 6,5mm. 3mm. — Breite 15 — 25 — 24,5 — 10,5 — 5 — Schlosslinie 10 — 16,5 — 16 — 7 — Dicke 2,5 — - Höhe vorn G — 9 — 10 — 4 __ Höhe hinten 8 — 13,5 — 13 — 6 — Noch muss ich auf die nahe Verwandtschaft unserer Art mit manchen Formen von L. alta Conr. (Jones in Ann. and mag. Ser. 3 vol. 1 p. 250 t. 10 f. 10. 11) hinweisen, die einen ähnlichen steilen Abfall der Krümmung des Bauchrandes nach vorn zeigen. S. auch dieselbe Art bei Dana, Manual of Geology p. 255. Fundort. In grosser Menge in den obersilurischen Kalksteinschichten am Dniestr bei Zalesczyk in Galizien, wo die schönsten Exemplare Vorkommen. Auch wohl weiter ab- wärts am Dniestr in Podolien: die Exemplare, die von dorther als L. haltica und phaseolus angeführt werden und die meist nicht gut erhalten sind, gehören wohl meistens hierher, doch liegen mir ein Paar rechte Schaalen von Braga, unweit Zwanetz, vor, die schon eher zur L. Angelini hinneigen . Leperditia Angelini n. sp. F. 13, 14, 15, 16. 1837 Cytherina phaseolus His. Leth. suec. p. 9 t. 1 f. 1 (ex parte)? 1858 Leperditia baltica et phaseolus F. Schmidt, in Untersuchungen über die silur. For- mation in Estland und Oesel, p. 192. 14 Mag. Fr. Schmidt, 1859 Leperditia n. sp. F. Schmidt in Beitrag zur Geologie Gotlands (1. c. p. 455). 1860 Leperditia baltica et phaseolus ex pt., Eichwald Lethaea 1. c. p. 1330 n. 1334. Klein (gew. Breite 10 — 12mm.), dünnschaalig, vorn und hinten gerundet vorsprin- gend, der hintere Vorsprung mehr vorgezogen als der vordere. Linke Schaale fast regel- mässig länglich oval, fast noch einmal so breit als hoch, hinten nur wenig breiter als vorn, ihr Umschlag glatt. Rechte Schaale in der Mitte am höchsten, mit gerundetem Vorsprung an der Bauchseite, von dem diese nach vorn und hinten gleichmässig im Bogen abfällt. Die grösste Wölbung in der Mitte, von hier allmählicher Abfall nach allen Seiten. Ein Rand vorn und hinten ist entweder gar nicht vorhanden oder doch nur schmal und schwach aus- geprägt; der hintere Rand setzt sich bisweilen längs der Schlosslinie nach vorn fort. Der Augen- tuberkel regelmässig von einem zuweilen erhabenen netzadrigen Rhombenfleck umgeben, der nach der Bauchseite zu in spitzem Winkel vorspringt und von dem Mittelfleck durch einen schmalen linearen Zwischenraum geschieden ist. Oberfläche meist hellbraun, matt mit ein- gestochenen Punkten oder mit erhabenen Punkten bedeckt, die die Ausmündung der grös- seren verticalen Gefässe der Schaale andeuten (letztere Form ist L. ornata Eichw.). Von der vorigen Art unterscheidet sich L. Angelini durch ihre geringere Grösse, die geringere Breite nach hinten und die gerundete Neigung des Bauchrandes der Schaale nach vorn ; von L. ardica Jones durch die vollkommen abgerundeten, nicht eckigen Vorsprünge vorn und an der Bauchseite, sowie durch den viel stärker ausgebildeten, ebenfalls gerundeten hintern Vorsprung; von L. solitaria Barr. (1. c. t. 34 f. 14 — 17) endlich, vorzugsweise durch das verschiedene Verhalten des Rhombenflecks zum Mittelfleck, die bei L. solitaria nach der Bauchseite zu divergiren, während sie bei unserer Art durch einen stets gleich breiten linearen Zwischenraum geschieden sind. Maasse: ganze Schaale linke Schaale rechte Schaale grösste Höhe 8 — 9mm. 3,5mm. 8 mm. 6mm. 3,5mm. 6,5mm. 5,8mm — Breite 12 — 5 — 15 — 11 — 5,5 — 10,2 — 9 — Schlosslinie 7,8- 3 — H— 1 0 1 ! 4 — 6,5 — 6 — Höhe vorn 6 — 6— 5 — 2,7- 5 — Höhe hinten 7 — 7— 5,5 — 3 — 5,5 — Dicke 6 — 2 — Ein etwas abweichendes Exemplar der linken Schaale (von Oestergarn auf Gotland) zeigte (Fig. 17) bei etwas kürzerer Form (Höhe 7,5mm., Breite 12) eine leichte Schwiele am hinteren Theil des Schlossrandes und nähert sich dadurch wieder der L. gibbera var. scalaris Jones und der L. alta Conr., die, da sie in gleichem Niveau mit L. Angelini und tyraica Vorkommen, vielleicht noch einmal Verbindungsglieder zwischen denselben abgeben werden. Als Varietät zu L. Angelini ziehe ich L. ornata Eichw . Leth., p. 1333 t. 52 f. 13, jfl' Uerer die Russischen silurischen LeperditIen. 15 die mit ihr zusammen vorkommt und alle Uebergänge zeigt. Ich habe ein ziemlich grosses Exemplar der rechten Sehaale (Höhe 7, Breite 11,2mm.), von Lümmanda (F. 18) abbilden lassen, das auch die Fortsetzung des hinteren Randes an den Schlossrand zeigt, welchen Charakter Eichwald als bezeichnend angiebt, was aber ebenso oft auch bei glatten Formen vorkommt, sowie man auch theilweise erhaben, theilweise vertieft punktirte Stellen auf einem und demselben Stück bemerken kann. Der Umriss, sowie Form und Stellung des Mittelflecks und Rhombenflecks sind genau dieselben bei beiden Formen. Fundort. Sehr verbreitet in der obéra öselschen Gruppe (Zone 8 meiner Charte), besonders in den gelben Kalksteinen mit Orthoceras imbricatum, Spirigera didyma undLu- cina prisca, bei Randefer, Pechei, Padel, Kergel, Ladjal, Uddafer, Kielkond, Lümmanda, aber auch in den grauen krystallinischen Kalken bei Lode; selten am Kau- gatoma und Ohhesare pank, wo etwas abweichende Formen vorzukommen scheinen. Auf Gotland sehr häufig bei Oestergarn (von hier das grösste oben gemessene Exemplar von 1 5mm. Breite), das mit den oben erwähnten Oeselschen Localitäten gleichaltrig ist. Leperditia baltica His. sp. * 1887 Cytherina baltica His. Leth. succ. p. 10 t. 1 f. 2. 1854 Cythere baltica F. Römer in Bronn’s Lethea II p. 528 (ex parte) t. IX 3 f. 8. 9. 1856 Leperditia baltica Jones, Annals and mag. Ser. 3 tom, 17 p. 85 (ex parte) t. 6 f. 1, 2, 4, 5 (optima). 1869 Leperditia baltica var. a, Kolmodin, Sveriges siluriska ostracoder p. 14 f. 1, 2, 3. Dickschaalig, Farbe matt -graubraun. Wölbung unbedeutend, am höchsten in der Mitte; Umriss oblong, nach hinten wenig verbreitert; Hinterseite stärker vorgezogen, als die in steilem Bogen ansteigende Vorderseite; grösste Höhe in der Mitte; ein flacher Rand weder vorn, noch hinten vorhanden; Umschlag der linken Schaale deutlich kammförmig- vertical gestreift, durch parallele Falten, die den oberen Theil des Umschlages einnehmen. Von allen bekannten Arten durch die Verticalstreifung des Umschlags der linken Schaale unterschieden, ausserdem von L. Hisingeri m., mit der sie vielfach verwechselt worden ist, durch ihre gestrecktere längliche Form und durch geringeres Vortreten der Vorderseite. Im Uebrigen kann ich auf die vollkommen naturgetreuen Abbildungen bei Jones (1. c.) verweisen. M a a s s e : linke Schaale rechte Schaale Grösste Höhe 11,2mm. 10mm Grösste Breite 18 — 16 — Schlosslinie 12 — 11 — Höhe vorn 9 — 8,5 — Höhe hinten 11 — 9,5 — 11 — 13 mm 18 — 14 — 9,5 — 11 — Ich habe auch grössere Exemplare bis 22mm Breite gesehen. 16 Mag. Fs, Schmidt, t Fundort, Nur in der mittleren Abtheilung der Obersilurformation der Insel Gotland im NO. der Insel, bei Slite, Boge, Länna und auf Farö, dort aber nicht selten. Beide Schaalen sind noch nie im Zusammenhänge gefunden worden. Die Art ist in Sammlungen sehr verbreitet. Leperditia Hisingeri n. sp. 1837 Cytherina baltica His. Leth. suec. t. 30 f. 1. 1854 Cythere baltica F. Römer, Leth. geogn. II p. 528 (ex parte) t. IX3 f. 8 a, b, c. 1856 Leperditia baltica Jones, Ann. and mag, Ser. 2 tom. 17 p. 85 (ex pt.) t. 6 f. 3 a — e (optima). 1858 Leperditia marginata F. Schmidt, Untersuchungen u. s. w. p. 192 (ex parte). 1860 Leperditia baltica Eichw. Leth. ross. p. 1329 (ex parte). 1869 Leperditia baltica var. b. Kolmodin, 1. c. p. 14 f. 4, 5. Schaale braunglänzend, flach gewölbt, die stärkste Wölbung in der Mitte. Im Umriss verhältnissmässig kurz und hoch, stark nach hinten erweitert, die Schlosskante kürzer als die Höhe, Vorderseite vorspringend, Hinterseite steil ansteigend; bei erhaltener Schaale meist kein markirter Rand, 'der aber auf dem Steinkern deutlich hervortritt. Linke Schaale schief viereckig oval, die Bauchseite fast geradlinig ansteigend, die grösste Höhe hinter der Mitte; Umschlag der Bauchseite glatt. Rechte Schaale mit bogenförmiger Bauchseite (ohne besonderen Vorsprung), die grösste Höhe in der Mitte, von wo der Bogen nach vorn steiler, nach hinten sehr allmählich sich senkt. Die typische L. Hisingeri ist bei Jones schon so gut abgebildet, dass keine neue Dar- stellung mehr nöthig war. Auf unserer Tafel findeu sich zwei etwas abweichende Exem- plare dargestellt. 1) InF. 23 eiue linke Schaale von Laisholm mit deutlichem Rande, wie er zuweilen vorkommt; solche Formen lassen sich durch die kürzere Form, die grössere Breite nach hinten und die steil ansteigende Hinterseite unschwer von der in gleichem Ni- veau vorkommenden L. Keyserlingi unterscheiden, während die Beziehungen zur echten L. marginata Keys, noch unklar sind. 2) Ein Exemplar (F. 22) der rechten Schaale von Nu di bei Raiküll, bei dem die Vorderseite weniger stark vorspringt und die Hinterseite stärker vorgewölbt ist, als gewöhnlich, wo sie fast gradlinig verläuft. Auch die Schlossecken treten bei diesem Exemplar weniger deutlich hervor, als gewöhnlich. Maasse: ganze Exemplare (von Wisby) linke Schaale rechte Schaale grösste Höhe 12,2mm. 19mm. 13mm. 10,7mm. 17mm. 16mm. 12mm. Breite 18 — 27— 19,3 — 16 — 23— 22 — 1 6,5 — Schlosskante 12 — — 12 — 10,2 — 1 Ю CO pH 1 11 — Höhe vorn 9,5 — — 9 — 8,8 — — 11,2 — 9 — Höhe hinten 12 — _ 12 — 10,5 — — 15 — 11,5 — Dicke 8 — Ueber eie Russischen silurischen Leperditien. 17 L. Hisingeri charakterisirt die unterste obersilurische Abtheilung (Wisby-Zone) auf Gotland, wo sie nicht selten in schönen vollständigen Exemplaren vorkommt. Im entspre- chenden Niveau (Zone 4, Jördensche Schicht) ist sie auch in Estland, namentlich bei Her- küll gefunden. Sie geht bei uns aber noch höher hinauf und ist durch das ganze Gebiet der glatten Pentameren verbreitet. Aus der Zone 5 kenne ich sie von Laisholm; aus Zone 6 von Talkhof, Oberpahlen, Fennern, Nudi bei Raiküll, vom Kosch’schen Bach an der Pernauschen Poststrasse und von Kattentack. Die grössten Exemplare, die die gotländischeu bedeutend übertreffen, gehören dieser Zone 6 an. Leperditia Eicliwaldi n. sp. F. 19, 20, 21. 1860 Leperditia baltica var. aff. L. arcticae, Eichwald Leth. ross. p. 1332. Linke Schaale oblong, vorn und hinten steil ansteigend; hinten wenig breiter, als vorn; grösste Höhe in der Mitte, Bauchseite bogenförmig. Rechte Schaale fünfseitig durch einen stumpfen Vorsprung an der Bauchseite, der beiderseits ziemlich gleichmässig abfällt. Ver- bindungslinie zwischen vorderem und hinterem Vorsprung fast parallel der Schlosskante, die der Höhe ziemlich gleicht; bei jungen Exemplaren ist sie bisweilen kürzer als die Höhe. Auf dem Steinkern beiderseits ein deutlicher Rand vorhanden ; bei erhaltener Schaale nicht. Höchste Wölbung in der Mitte, die bisweilen buckelartig erhöht ist. Die linke Schaale erinnert an L. Hisingeri , unterscheidet sich aber durch geringeres Vortreten des vordem Vorsprungs und geringere Verbreiterung nach hinten. Beide Schaa- len erinnern an L. ardica Jones (Aun. and mag. Ser. 2 vol. 17 t. 7 f. 1 — 4), unterscheiden sich aber durch das Fehlen des Rhombenflecks und die abgerundeten, weniger scharf ber- vortretenden Vorsprünge. Maasse: linke Schaale rechte Schaale grösste Höhe 8mm. 6,7mm. 5,5nnn. 8mm. 8,5mm. 3mm. Breite 13 — 10,5 — 8 — 12 — 12,8— 4 — Schlosslinie 9,5 — 8 — 6 — 8,5 — 9— 2,8 — Höhe vorn 6,5 — 5 — 4 — 5,5 — 6 — Höhe hinten 7,5 — 6 — 5 — 6,5 — 7 — Fundort. Am häufigsten in einem petrefakten- reichen Dolomit bei Kiddemetz auf Oesel, an der Gränze der obereu und unteren Oeselschen Schichtengruppe (Zone 7 und 8); ausserdem in gleichem Niveau bei Piddul und am Kattri-pank, doch sind die Exemplare von letzter Lokalität noch zweifelhaft. Leperditia Wiluiensis n. sp. F. 27, 28. Schaale hellbraun, glänzend. Linke Schaale schräg vierseitig, nach hinten stark ver- breitert; Bauebrand bogenförmig ansteigend, gegen die Hinterseite und besonders gegen 3 Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Yllme Serie. 18 Mag. Fr. Schmidt, die Vorderseite winklig abgesetzt; die Hinterseite stark geneigt ansteigend; an der Vorder- seite ein schmaler Rand, nach hinten nur Andeutungen davon; längs dem Schlossrande nach hinten eine flache Depression; Umschlag breit, lanzettlieh, gewölbt; stärkste Wölbung der ganzen Schaale in der Mitte, nach hinten stark abgeflacht. Rechte Schaale schief fünfseitig durch den Vorsprung der Bauchseite, die stark nach vorn, wenig nach hinten geneigt ist; in dem Vorsprung liegt zugleich die stärkste Wölbung der Schaale; wo seitlich von ihm der vordere und hintere Rand beginnt, erkennt man jederseits eine feine Falte oder ein Loch in der Schaale. Eine durch ihre winkligen, stark entwickelten Vorsprünge, ihr starkes Ansteigen nach hinten und ihre kurze Schlosslinie sehr ausgezeichnete Art; die Löcher am Bauchrande der rechten Schaale zeigen eine Verwandtschaft zu L. grandis , die im Uebrigen aber ganz anders aussieht. M a a s s e : linke Schaale rechte Schaale grösste Höhe Breite Schlosslinie Höhe vorn Höhe hinten 8,2mm. 13,5 — 8 — 6 — 8,2 — 5mm. 7,5- 5 — 3,7 — 5 — 4,3inm. 7 — 4.5 — 3.5 — 4,2 — 8,2mm. 12 — 8 — 6 — 7 — 6mm. 9 — 5.2 — 4 — 5.3 — Das dritte gemessene Exemplar der linken Schaale weicht durch gestrecktere Form und weniger scharf ausgeprägte Winkel etwas ab. Fundort, Auf der Wasserscheide des Wilui und Olenek in Ostsibirien, in weissem anstehenden obersilurischen Kalk von Maak 1854 gesammelt; es liegen drei vollständige Exemplare der linken und zwei der rechten Schaale vor. Leperditia parallela n. sp. F. 24, 25, 26. Farbe weiss. Wenig gewölbt. Umriss schmal oblong, noch einmal so breit, als hoch; Bauchrand der linken Schaale dem Schlossrand fast parallel , an der rechten Schaale etwas stärker vorgewölbt. Vorder- und Hinterseite gleichmässig in steilen Bogen ansteigend; grösste Breite etwas über der Mitte der Höhe, daher die Bauchseite etwas länger, als die Schlosskante. Kein Rand. Umschlag der linken Schaale linear, glatt, über die ganze Länge der Bauchseite. Augentuberkel und Mittelfleck schwach angedeutet. Durch ihre schmale, oblonge Form von allen Arten gut unterschieden. Maasse: Höhe 4,5mm. Breite 9 — Schlosskante 7 — Fundort. Mit der vorigen von Maak gesammelt. Es liegen 2 vollständige Exemplare der linken und 1 unvollständiges der rechten Schaale vor. Ueber die Russischen silurischen Leperditien. 19 Leperditia marginata Keys. F. 29. 1846 Cypridina marginata Keys. Wissenschaft! Beobacht. Petschoral. p. 288 t. 11 f. 16 a, b, c, d (nee aliorum). Diese Art hat mir mehr Schwierigkeiten verursacht, als die übrigen. Obgleich mir das ganze an der Waschkina gesammelte Material vorliegt, so sind die Exemplare doch nicht so gut erhalten, dass ich über die Hauptfrage ins Reine kommen könnte, ob wir eine oder zwei Arten vor uns haben. Da können nur neue Sammlungen helfen und zu diesen ist jetzt Aussicht da. Gehen wir von dem grossen in Fig. 16 a, c (1. c.) abgebildeten Exemplar (unsere F. 29) der linken Schaale*) als Typus aus, so haben wir in F. 16 b die Darstellung einer rechten Schaale, die gegen die vorerwähnte auffallend hoch und kurz erscheint. Das Exemplar ist vorn nicht abgebrochen; ich habe es vollständig herauspräparirt: es zeigt an der vorderen, geradlinig ansteigenden Seite des Bauchrandes, bis zum Vorsprung keinen flachen Rand, der aber an der gebogenen Hinterseite des Vorsprungs sogleich beginnt und die ganze Hinter- seite der Schaale bis zur Schlosskante umsäumt. Ich habe dieses Exemplar nochmals ab- bilden (F. 31) lassen und dazu ein vielleicht entsprechendes, ebenfalls kurzes und hohes, fast 4seitiges Exemplar der linken Schaale (F. 30), bei dem der Rand um die ganze Schaale herumzugehen scheint, und die Vorder- und Hinterseite steil ansteigen. Von diesen unter- scheidet sich das grosse typische Exemplar, dem leider der vordere Vorsprung und die hin- tere Schlossecke fehlen, durch seine gestrecktere Form und, wie es scheint, durch stärkere Neigung der Hinterseite und stärkeres Ansteigen des Bauchrandes nach hinten. Die er- wähnten Exemplaare (F. 30, 31) sind vielleicht schon mit L. Hisingeri zu verbinden. Das kleine Exemplar, F. 1 6 d (Keys: 1. c.), scheint dem grossen wiederum näher zu stehen. Das von Jones (! c. Ser. 2 vol. 17 p. 94 t. 7 f. 14) besprochene und abgebildete Exemplar aus Ruperts Land, das er geneigt ist, mit dem grossen Exemplar von der Wasch- kina zu identificiren, können wir nicht hierherziehen, da die grösste Wölbung der Schaale (wie Jones ausdrücklich hervorhebt und die Abbildung zeigt) ganz nach vorn liegt, und hier steil abfällt, statt, wie bei L. marginata , in der Mitte mit allmählichem Abfall nach allen Seiten. Auch ist der Rand an der Bauchseite viel stärker ausgebildet, als an dem grossen Exemplar von der Waschkina, bei dem bei erhaltener Schaale an der Bauchseite wahrschein- lich gar kein Rand zu erkennen sein würde. Maasse der F. 30, 31 abgebildeten Exemplare, die vielleicht, einer besondern Art angehören. linke Schaale grösste Höhe 7,2mm. Breite 10,2 — rechte Schaale 10,3mm. 13,8 — *) Wie schon Joues bemerkt, ist durch einen Fehler des Zeichners die linke Schaale als rechte herausge- kommen, weil sie nicht umgekehrt auf dem Stein gezeichnet worden ist. 20 Mag. Fe. Schmidt, linke Schaale rechte Schaale Schlosskante 7,5 — 10 — Höhe vorn 5,8 — 7 — Höhe hinten 6,8 — 9 — Fundort. In obersilurischen weisslichen Dolomiten nahe der Mündung des Flüss- chens Waschkina ins Eismeer, im Gebiet des Timangebirges (Graf Keyserling). Leperditia Keyserlingi n. sp. F. 32, 33, 34. 1852 Cypridina marginata Schrenck, Uebersicht u. s. w. p. 54, 56. 1858 Leperditia marginata F. Schmidt, Untersuchung u. s. w. p. 192 (ex pt.). Meist hellbraun. Gross (bis über 30mm. Breite), dickschaalig, bohnenförmig, gestreckt; Schlosskante länger als die Höhe; grösste Wölbung in der Mitte; beide Schaalen im Um- riss ziemlich gleich (die rechte etwas höher), vorn wenig in steil ansteigendem Bogen vor- springend, hinten stark verbreitert und schräg ansteigend. Von dem niedrigen vorderen Vorsprung steigt die Bauchseite in einem Bogen bis zur Mitte der Schaale an und senkt sich von dort kaum merklich nach hinten. Vorn und hinten ein breiter flacher Rand, der sich an der Bauchseite verliert. Umschlag der linken Schaale flach, glatt, linear, in der ganzen Breite des Bauchrandes. An der Schlosskante keine vorspringenden Winkel. Vom Mittelfleck geht eine deutliche breite Furche in einem steilen, nach hinten gewandten Bo- gen zum Schlossrand und schneidet einen breiten hintern Buckel der Schaale ab. Von der nächststehenden Art, der typischen grossen L. marginata , so schwierig zu unterscheiden, dass ich bis zuletzt im Zweifel geblieben bin, ob ich recht thue, die L. Key- serlingi als neue Art aufzustellen. Es lassen sich zwar zwei recht in die Augen fallende Unterscheidungskennzeichen aufstellen, die vertikale Furche hinter dem Augentuberkel bei L. Keyserlingi und der um die ganze Bauchseite verlaufende Rand bei L. marginata ; aber die Furche ist nicht immer gleich stark entwickelt und eine Depression in der angegebenen Gegend gehört nach Jones schon zu den Gattungscharakteren von Leperditia, während der ausgebildete Rand an der Bauchseite der L. marginata am Originalexemplar nur im Stein- kern zu sehen ist und wir schon oben bei L. Hisingeri gesehen haben, dass auch bei dieser Art am Steinkern ein Rand rings um die Schaale vorhanden ist. Auf der andern Seite mochte ich nicht eine so schöne und vollständig vorliegende Form, wie die L. Keyserlingi , mit der unvollständig bekannten L. marginata identificiren; ich kann ja nicht dafür stehen, dass die Charaktere in allen Stücken übereinstimmen, und eine vollständig erhaltene Form bei einer unvollkommen bekannten als Varietät unterzubringen, widersteht mir erst recht. Mit dem Abschluss der ganzen Arbeit zu warten, bis etwa nach Jahresfrist neues Material von der Waschkina vorliege, wäre auch zu viel verlangt gewesen. Immerhin muss ich mich darauf gefasst machen, meine neue Art eines Tages wieder einziehen zu müssen. Von den einheimischen baltischen Arten ist L. Keyserlingi nur mit L. Hisingeri zu Ueber die Russischen silurischen Leperditien. 21 vergleichen, namentlich da auch bei letzterer gerandete Formen vorkommeu. Hier genügt die verschiedene Form des Umrisses vollkommen. Die gestrecktere Form, die wenig vor- tretende Vorderseite, sowie die stark geneigte gewölbte Hinterseite, werden mit der doch nie ganz fehlenden Vertikalfurche die L. Keyserlingi immer erkennen lassen. Immerhin sind die verschiedenen in der Zone 5 vorkommenden Leperditienformen noch einem ge- naueren Studium zu unterwerfen. Maasse : linke Schaale rechte Schaale grösste Höhe 14,5mm. 8,5mm. 22mm. 19mm. 17,5mm. Breite 23,5 — 13,5 — 36»— 32 — 29 — Schlosslinie 17 — 8,5 — 22,5 — 20 — Höhe vorn 9 — 6 — 10,5 — 10 — Höhe hinten 14 — 8,3 — 17 — IC — Fundort. L. Keyserlingi ist bezeichnend für die Zone 5 meiner Karte, für die Zwi- schenschicht zwischen dem Gebiet des Pentamerus borealis und P. estonus. Hier ist sie am reichlichsten und schönsten in den Steinbrüchen von Lippa bei Raiküll gefunden (unweit des topographischen Signals); ausserdem kenne ich sie aus den Steinbrüchen von Merjama, Rosenthal, Säage und Laisholm, die ebenfalls der nämlichen Zone angehören. Die Leperditia foveolata Eichw. Lcth. p. ] 336 t. 53 f. 1, von Laisholm, die nur auf ein kleines Exemplar der linken Schaale aufgestellt ist, scheint mir noch nicht genügend festgestellt zu sein; die Grube neben dem Augentuberkel erinnert an L. Keyserlingi. Subgenus Isochilina Jones. Isochilina biensis Grünew. sp. F. 35. 1860 Leperditia biensis Grünewaldt, Beiträge zur Kenntniss der sedimentären Gcbirgs- formationen des Ural, in Mémoires de l’Académie Impér. St.-Pétersb. VII Sér. Tom. II № 7 p. 71 T. 5 f. 11. Diese Art habe ich zur Untergattung Isochilina gebracht, weil, wie schon Grünewaldt selbst sagt, die beiden Schaalen vollkommen gleichartig sind, und weil ich mich an einem neu auspräparirten Exemplar überzeugt habe, dass kein Uebergreifen der rechten Schaale über die linke am Ventralrande stattfindet. Die Berührungslinie beider Schaalen verläuft genau in der Mitte des Ventralrandes vollständiger Exemplare. Die Schaale ist bei allen Exemplaren vorhanden, aber sehr dünn; der Mittelfleck deutlich ausgebildet. Maasse : Höhe 18 . 13mm. Breite 12 . 9 — Dicke 10,5 . 7,5 — Durch die gleichmässige hohe Wölbung leicht von allen anderen Arten zu unterscheiden. 22 Mag. Fr. Schmidt, Fundort. Am Westabhang des Ural am Flüsschen Bia beim Dorf Alina (unweit Slatoust) in schwarzen*Kalksteinen mit Pentamerus Baschkirikus (s. Griinew. 1. c. p. 72). Isochilina punctata Eichw. sp. F. 36. 37. 1856 Leperditia marginata (Kutorga) Jones in Annals and magaz. of natur. hist. Ser. 2 vol. 17 p. 91 t. 7 f. 11—13. 1860 Leperditia phaseolus var. punctata Eichw. Leth. ross. anc. per. p. 1334. Prof. Kutorga hatte diese Form bei Saretschje am Oredesch, unweit Gatschina, ent- deckt und unter dem Namen Cijpridina marginata Keys, an viele Museen und Private ver- theilt. So kam sie durch Vermittelung von Hrn. Th. Davidson auch an Hrn. Rupert Jones, der sie unter dem Kutorgaschen Namen ausführlich beschrieben und abgebildet hat, ohne seinen Zweifel an der Identität mit der ächten L. marginata Keys, zurückzuhalten. In einem späteren Artikel (Ann. and mag. Ser. 3 vol. 1 p. 254) spricht er diesen Zweifel noch be- stimmter aus und erklärt sich für die Hingehörigkeit der fraglichen Form zu Isochilina. Eichwald hatte schon im Bullet, de Moscou, 1854 I p. 99, einer Cypridina baltica vom Oredesch erwähnt, mit einer Reihe von vertieften Punkten am Rande. Später, in der Le- thaea rossica, bringt er die Form vom Oredesch z. Th. zu Leperditia baltica (1. c. p. 1331), z. Th. zu L. phaseolus (1. c. p. 1334) und stellt für sie bei dieser letzten Art eine Varietät punctata auf, die möglicherweise auch eine besondere Art sein könne. Diesen Namen haben wir acceptirt und sprechen jetzt von Isochilina punctata Eichw. sp. Alle Flxemplare von Saretschje am Oredesch bei Gatschina, die sich in den verschiedensten Sammlungen finden, stammen von Prof. Kutorga und gehören einer Art an; nach ihm hat Niemand den Fund- ort wiedergefunden. Die charakteristische Reihe von vertieften Punkten am Bauchrande ist nur selten an den Steinkernen ^die ja allein gefunden sind) deutlich zu bemerken. Eich- wald hat zuerst auf sie aufmerksam gemacht; auf den Exemplaren, die Jones zur Verfügung gehabt hat, sind sie nicht zu bemerken gewesen, daher hat die Identificirung der verschie- denen Namen, die unserem Fossil gegeben sind, auch erst jetzt stattfinden können, da ich Alles davon in St. Petersburg vorhandene Material vor Augen gehabt habe. Die Schaalen sind fast gleich, ziemlich stark gewölbt (in der Mitte am stärksten), im Umriss bohnenförmig, hinten breiter als vorn, die grösste Höhe hinter der Mitte. Vorder- und Hinterseite springen wenig vor, der Bauchrand regelmässig gewölbt ohne Vorsprung. Längs dem ganzen Rande (ausser am Schloss) beider Schaalen verläuft ein schmaler Rand, der auf der Bauchseite der rechten Schaale sich hinunter biegt und hier eine Reihe von ver- tieften Punkten trägt (f. 37). Von einem Umschläge der linken Schaale ist nichts zu bemer- ken, doch springt, wie es scheint, die rechte Schaale am Bauchrande etwas stärker vor. Der Augentuberkel ist immer deutlich, vom Mittelfleck habe ich nur schwache Spuren ge- sehen, Die Schaalen immer getrennt gefunden. Ueber die Russischen silurisohen Leperditien. 04 w О Maasse: linke Schaale rechte Schaale Breite 9mm. 9,5mm. Höhe 5 — 6 — Schlossrand 5,5 — 7— • Die nächststellende Form ist Isochilina Ottawa Jones (Aim. and. mag. Ser. 3 Vol. 1 p. 248 t. 10 f. 1) aus dem Calciferous saudrock von Canada; sie unterscheidet sich durch geringere Grösse, gestrecktere Form und stärker vorspringende Vorderseite. Die Punkt- reihe am Rande kommt ihr ebenfalls zu. Fundort. In einem untersilurischeu gelblichwcissen Dolomit bei Saretschje am Oredesch, unweit Gatschina im St. Petersburger Gouvernement, von Prof. Kutorga entdeckt, später nicht wiedergefunden. Isochilina Maakii n. sp. F. 38, 39. Umriss fast regelmässig oval, hinten wenig breiter als vorn, am höchsten in der Mitte. Grösste Wölbung in der Mitte, von dort nach vorn steiler abfallend, als nach hinten. Augen- tuberkel und Mitteldeck deutlich, ebenso meist die Vertikalfurche von der Basis des letz- teren zum Schlossrande. Schaale dick, Obcrdäche glatt oder erhaben punktirt, zuweilen mit erkennbarem Gefässnetz. Um die ganze rechte Schaale verläuft ein breiter, besonders vorn und an der Bauchseite durch eine Furche deutlich abgesetzter Rand, der nur längs der Schlosskante sich verschmälert und undeutlich wird. Der Rand bildet vorn und an der Bauchseite eine Wulst und ist hinten verbreitert und abgedacht. Linke Schaale unbekannt. Bei keiner bekannten Art ist ein so scharf ausgeprägter Rand an der Bauchseite vor- handen, und dadurch die Art deutlich unterschieden. Da auch dieser Rand um die ganze Schaale in der nämlichen Horizontalebene verläuft und keinerlei Vorsprung an der Bauch- seite zu bemerken ist, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass auch die linke Schaale die gleiche Beschaffenheit zeigt und wir also ein e Isochilina vor uns haben. Sonderbarerweise beßndet sich in unserer Sammlung kein einziges Exemplar dieser linken Schaale, während 5 rechte Schaalen vorliegen. Maasse: rechte Schaale Breite 15mm. 9mm. grösste Höhe 9,5 — 5,5 — Schlosslinie 10,5? 6 — Fundort. In weissen obersilurischen Kalksteinen an der Wasserscheide zwischen Wilui und Olenek in Ost-Sibirien, von R. Maak gefunden. 24 Mag. Fr. Schmidt, Erkläruug der Tafel. Fig. 1. Vertikaldurchschnitt der Schaale von Leperditia grandis. Man erkennt zwei Schich- ten in der Schaale und sieht eine Menge gröberer und feinerer vertikaler Gefässe, von denen die ersteren durch die ganze Schaale durchsetzen. 2. Horizontalschliff der Schaale von Leperditia tyraica. Man erkennt die eckigen Durchschnitte der Vertikalgefässe, die der Schaale ihr punktirtes Aussehen gehen. Einzelne grosse Pigmentflecken fallen auf. 3. Steinkern der linken Schaale von Leperditia grandis Schrenck von Lümmada auf Oesel. 3a. Dasselbe Exemplar von der Bauchseite. 3b. Durchschnitt des nämlichen Exemplars in der Mitte der Schaale, um die zuneh- mende Wölbung nach der Bauchseite zu zeigen. 3c. Ein ähnlicher Durchschnitt, weiter nach hinten, von der Anschwellung am Schloss beginnend. 4. Ein kleineres Exemplar der linken Schaale derselben Art, ebendaher. 5. Grosses Exemplar der rechten Schaale der nämlichen Art, ebendaher. 5a. Ansicht desselben Exemplars von der Bauchseite; die beiden Randlöcher sind deutlich. 5b. Durchschnitt desselben Exemplars in der Mitte, von der Rücken- zur Bauchseite. 6. Kleineres Exemplar der rechten Schaale, ebendaher. 6a. Dasselbe Exemplar von der Bauchseite. 7. Linke Schaale der Leperditia Barbotana von denSerginskija datschi am Westabhang des Ural. 7a. Dasselbe Exemplar von der Bauchseite. 8. Rechte Schaale derselben Art, ebendaher. 8a. Die Umgebung des Mittelflecks und des Rhombenflecks desselben Exemplars, ver- grössert, um die Anordnung der Gefässe zu zeigen. (Durch einen Fehler des Zeichners erscheint der Rhombenfleck vom Auge durch eine Furche getrennt.) 9. Ganzes Exemplar derselben Art, ebendaher, von der Bauchseite. 9a. Dasselbe Exemplar von der Schlossseite. 10. Linke Schaale der Leperditia tyraica von Zalesczyk am Dniestr. 10a. Dasselbe Exemplar von der Bauchseite. 1 1 . Rechte Schaale derselben Art, ebendaher. Ueber die Russischen silurischen Leperditien. • 25 F.lla. Umgebung des Mittelflecks und Rhombenflecks des nämlichen Exemplars, vergrös- sert Ueber dem Rhombenfleck sieht man noch zwei kleine Flecke mit netzför- miger Gefässanordnung. 12. Kleines Exemplar der rechten Schaale der nämlichen Art, ebendaher. 13. Linke Schaale der Leperditia Angelini von Pechei auf Oesel. 13a. Vordertheil desselben Exemplars, vergrössert. 14. Grösstes bekanntes Exemplar derselben Art, von Oestergarn auf Gotland. 15. Rechte Schaale derselben Art, von Koggul auf Oesel. 16. Vollständiges Exemplar derselben Art von Lode auf Oesel; Ansicht von der Bauch- seite, die rechte Schaale z. Th. weggebrochen. 17. Abweichende Form derselben Art, mit einer Schwiele amSchlossrande, voitOestergarn 18. Leperditia Angelini var. ornata ( L . ornata EicJiw .), von Lümmada auf Oesel. 19. Steinkern der linken Schaale der Leperditia Eichwaldi von Kiddemetz auf Oesel. 20. Linke Schaale derselben Art aus dem Steinbruch von Piddul auf Oesel. 21. Steinkern der rechten Schaale derselben Art von Kiddemetz. 22. Sehr hohes und kurzes Exemplar der rechten Schaale von Leperditia Hisingeri m., von Nudi bei Raiküll. 23. Ein gerandetes Exemplar der linken Schaale derselben Art, von Laisholm. 24. Leperditia parallela, linke Schaale, von der Wasserscheide des Wilui und Olenek, Ostsibirien. 25. Ein anderes Exemplar der linken Schaale derselben Art von der Bauchseite. Eben- daher. 26. Rechte Schaale derselben Art, Ebendaher. 27. Leperditia Wiluiensis, linke Schaale. Von dem nämlichen ostsibirischen Fundort. 27a. Dasselbe Exemplar von der Bauchseite. * 28. Rechte Schaale derselben Art, etwas vergrössert. Ebendaher. 28a. Dasselbe Exemplar von der Bauchseite. 29. Leperditia marginata Keys ., linke Schaale. Originalexemplar von der Waschkina in der Timan-tundra (Keys. Petschoral. t. 11 f. 16 a, c). 30. Ein abweichendes Exemplar der linken Schaale ebendaher, wahrscheinlich zu einer anderen Art gehörig. Vielleicht mit der gerandeten L. Hisingeri (f. 23) zu verbinden. 31. Das Exemplar f. 16b von Tab. 11 in Keyserling’s Petschorareise vollständiger her- ausgearbeitet. Wahrscheinlich mit der vorigen Figur zu einer Species gehörig. 32. Linke Schaale der Leperditia Keyserlingi von Lippa bei Raiküll in Estland. 33. Ansicht von der Bauchseite eines anderen Exemplars der linken Schaale derselben Art, ebendaher. 4 26 Mag. Fr. 'Schmidt, Ueber die Russischen silurischen Leperditien. F 34. Rechte Schaale derselben Art, ebendaher. 35. IsocMlina ( Leperditia ) biensis Grünew. sp. Vollständiges Exemplar von der Bauch- seite, um zu zeigen, dass die rechte Schaale nicht übergreift. Von Ailina am Westabhang des Ural. 36. IsocMlina punctata Eichw. sp. ( Lep . phaseolus var. punctata Eichw .), Steinkern der rechten Schaale von Saretschje am Oredesch bei Gatschina (Kutorga). 37. Ansicht von der Bauchseite der rechten Schaale eines anderen Exemplars derselben Art, um die Punktreihe zu zeigen, ebendaher. Etwas vergrössert. 38. IsocMlina Maakii , rechte Schaale, von der Wasserscheide des Wilui und Olenek in Ostsibirien. 39. Ansicht von der Bauchseite eines anderen Exemplars derselben Schaale, ebendaher. LithÄmsf von Jvamson St Petersburg. MEMOIRES ВБ L’ACADEMIE IMPERIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, VII“ SERIE. Томе XXI, №’ 3. STRÖMUNGSVERHÄLTNISSE OfflOTSKISCHEN und JAPANISCHEN MEERE IN DEN ZUNÄCHST ANGRÄNZENDEN GEWÄSSERN. NACH TEMPERATURBEOBACHTUN GEN AUF RUSSISCHEN KRIEGSSCHIFFEN. Von Di*. JLeop. v. Sclireuck, Mitgliede der Akademie. (Mit 2 Karten und 10 Diagramm-Tafeln.) Lu le 29 Mai 1873. % Ir St.-PETERSBOÜRG, 1S73. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: ~ & St.-Péterebourg» à Riga: à Odeanai Д ЬоІріЦ і ММ. Eggers et С,е, H. Schmitzdorff, М. N. Kymmel; М. А. Е. Kechribardshi; М. Leopold Voss J. Issakof et А. Tcherkessof; — Prix: 1 Rbl. 75 Кор. = I ТЫ. 28 Ngr. MÉMOIRES DE L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURG, VIP SÉRIE. Tome XXI, X" 3. STRÖMUNGSVERHÄLTNISSE ш OŒOTSKISCHEN ™ MPMISQM MEERE UND IN DEN ZUNÄCHST ANGRÄNZENDEN GEWÄSSERN. NACH TEMPERATURBEOBACHTUNGEN AUF RUSSISCHEN KRIEGSSCHIFFEN. Von Dr. Iieop. v. Sclirenck, Mitgliede der Akademie. (Mit 2 Karten und 10 Diagramm-Tafeln.) Lu le 29 Mai 1873. St.-PÉTERSBOURG, 1873. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.*Pétereboarg> à Rigai à Odeseat è Eelptlgi MM. Eggers et Cie, H. Schmitzdorff, M. N. Kymmel; M. A. E. Kechribardshi; M. Leopold Voss. J. Issakof et A. Tcherkessof; — Prix: 1 Rbl. 75 Kop. = 1 Thl. 28 Ngr. Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. Décembre 1873. C. Vessélofski, Secrétaire perpétuel. Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences. (Wass.-Ostr., 9e ligne, № 12.) i* grlW „'У "■ ■ ' ‘ INHALT. Seite Einleitung 1 Allgemeines Bild der Strömungen im Ochotskischen und Japanischen Meere 6 Specielle Betrachtung der Strömungen des Ochotskischen und Japanischen Meeres: 1. Kurilische Strömung 9 2. Sachalinische Strömung 22 3. u. 4. Liman- und Tsu-sima-Strömung 25 Schluss 61 Anhang 63 EINLEITUNG. Bereits im Jahre 1867 habe ich, im 2. Bande meiner «Reisen und Forschungen im Amur-Lande»1), ein Bild von den Strömungen im Ochotskischen und Japanischen Meere entworfen, soweit ein solches aus mancherlei Erfahrungen über das unwillkürliche Treiben von Schiffen, aus Beobachtungen über Treibeis und Treibholz, aus unregelmässigen, wir- belnden, brandenden, stürzenden Bewegungen der See, wie sie besonders in Meerengen in Folge der Begegnung von Strömungen stattzufinden pflegen, ferner aus mancherlei klima- tischen Erscheinungen an den betreffenden Meeresküsten und endlich auch aus einigen Beobachtungen über die Temperatur des Wassers sich entnehmen liess. Zugleich wurden zur besseren Veranschaulichung des ziemlich complicirten Bildes die Richtungen der Strö- mungen schematisch durch Pfeile auf einer Karte angegeben. Seitdem sind diese Angaben auf manche andere Karten, namentlich auch auf die weitverbreitete vorzügliche «Chart of the World» von Berghaus übergegangen2) und dadurch zu einer allgemeineren Kenntniss gelangt, als es durch ein Reisewerk hätte geschehen können. Gleichwohl konnte damals aus Mangel an hinreichenden Thatsachen Manches nur vermuthungsweise ausgesprochen wer- den. Woran es namentlich noch sehr fehlte, waren zahlreichere Beobachtungen über die 1) S. 738—806. 2) In der 4. Auflage dieser Karte, vom Jahre 1864, sind im Ochotskischen und Japanischen Meere noch gar keine Strömungen verzeichnet, in der 5., von 1868/69, und des- gleichen in der 6., von 1871, findet man hingegen das Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllmo Se'rie, ganze obenerwähnte Strömungsbild sehr anschaulich wiedergegeben, nur mit einigen kleinen Abweichungen, denen ich jedoch nicht beistimmen kann und auf die ich weiter unten gelegentlich zurückkommen werde. 1 2 L. V. S OHREN CK, Temperatur des Wassers in den genannten Meeren, und doch sind diese zur definitiven Feststellung der Thatsaclien ganz unumgänglich. Denn da ein Theil der Strömungen aus dem kalten, vielfach mit glacialem Charakter versehenen Ochotskischen Meere südwärts läuft, ein anderer hingegen aus dem wärmeren Océan, vielleicht sogar von der warmen Ja- panischen Strömung, dem Kuro-siwo, sich abzweigend, jenen entgegenkommt, so müssen sie, wenn vorhanden, nothwendig auch durch die sehr verschiedene Temperatur ihres Was- sers kenntlich sein. Einige, zum Theil von mir selbst beobachtete Thatsaclien der Art konnten allerdings schon damals benutzt werden, doch standen sie nur vereinzelt da. Ge- genwärtig aber liegt mir, Dank besonders der freundlichen Vermittelung des Hrn. Capit.- Lieut. Starizkij, der, mit hydrographischen und magnetischen Arbeiten beschäftigt, selbst fünf Jahre, von 1866 bis 1870, in jenen Meeren zugebracht hat, ein reiches Material der Art vor. Es sind dies die Originaljournale einiger russischer Kriegsschiffe, auf denen im letz- ten Decennium auf zahlreichen Kreuz- und Querfahrten im Ochotskischen und Japanischen Meere regelmässige meteorologische Beobachtungen angestellt wurden. Besonders zahl- reich sind die Fahrten im letztgenannten Meere, sowohl zwischen den einzelnen neuerwor- benen Häfen — - de Castries, Duï, Kaiserhafen, Kussunai, St. Wladimir, St. Olga, Wladi- wostok, Bai Possjet, — als auch zwischen ihnen und den japanischen Orten Hakodate, Yo- kohama, Nagasaki. Viel weniger Beobachtungen liegen aus dem Ochotskischen Meere vor, ja, ein Theil desselben, der nordwestliche Winkel, um den Udskoi Busen und die Schanta- rischen Inseln, der sich durch seine überaus niedrige Temperatur auszeichnet und in wel- chem die Strömungen vermuthlich am aller complicirtesten sind, bleibt leider auch diesmal ganz unberührt. Selbstverständlich habe ich nur solche Fahrten in Betracht gezogen, auf denen Beobachtungen gemacht wurden, für deren Zuverlässigkeit ich hinlängliche Bürg- schaft habe. Da übrigens eine und dieselbe Tour meistens mehrmals und von verschiedenen Schiffen bald nahe zur selben Zeit und bald in verschiedenen Jahren und Jahreszeiten zu- rückgelegt wurde, so controliren und stützen sich die Beobachtungen gegenseitig und geben somit eine um so festere Basis für Schlussfolgerungen ab. Bei weitem das meiste Material verdanken wir den Fahrten der Corvette «Warjag» (Capt. Lund) in den Jahren 1865 und 1866 sowohl durch das Japanische, wie auch rund um das Ocliotskische Meer, — Fahrten, an denen meist auch Hr. Starizkij Theil nahm. Sehr wesentlich waren mir ferner die Fahrten des Klippers «Najesdnik» (Capt. Sheltuchin) aus den Jahren 1861 und 1862 und der Corvette «Askold» (Capt. Polosof) aus dem Jahre 1866. Nächstdem lieferten ein sehr brauchbares Material mehrere Fahrten des Kanonen- bootes «Morsh» (Capt. Susslof) aus den Jahren 1866 und 1867, dessen Beobachtungs- journal von Hrn. Schiffslieut. Klykof unterschrieben ist, und des Klippers «Isumrud» (Capt. Brylkin) aus dem Jahre 1866, so wie einzelne Fahrten der Klipper «Abrek» (Capt. K. Pilkin) 1863 und «Wssadnik» 1869, auf welchem letzteren die Beobachtungen von Hrn. Starizkij selbst angestellt wurden. Diesem Material habe ich noch die zum Theil schon früher von mir benutzten mehrfachen Fahrten der Corvette «Wojewoda» (Capt. Matwejef) StRÖMUN GS VERHÄLTNISSE IM OCHOTSKISCHEN UND JAPANISCHEN MEERE. 3 aus den Jahren 1858 und 1859 hinzufügen können, auf denen die Beobachtungen von Hrn. Dr. Wulffius gemacht wurden, so wie endlich eine ebenfalls schon früher besprochene Fahrt der Corvette «Olivuza» (Capt. N. Nasimof) im Jahre 1854 von Kamtschatka nach dem Japanischen Meere, an der ich selbst Theil nahm. Im Ganzen sind auf diese Weise die Resultate von über 50 Fahrten tlieils im Ochotskischen und theils und zumeist im Ja- panischen Meere hier verwerthet worden. Die Temperaturbeobachtungen auf diesen Fahrten wurden meistens 6 mal täglich, zu den von der Brüsseler internationalen Conferenz vereinbarten Stunden, d. i. um 4U Morg., 9h Vorm., 1211 Mittag, 4h Nachm., 8U Ab. und 12h Nachts gemacht. So namentlich auf dem «Warjag» und «Wojewoda». Auf manchen Schiffen wurde auch noch häufiger beobachtet; so auf dem «Najesdnik» 8 mal täglich, indem zu den sechs genannten noch die Stunden 8h Vorm, und 6h Nachm, genommen wurden. Dagegen ist auf anderen die Zahl der Beob- achtungen auch um etwas geringer: auf dem «Abrek», «Askold» und «Isumrud» wurde meist 5 mal täglich beobachtet, in der Regel zu denselben Stunden mit Hinweglassung der Mit- ternacht; auf dem «Morsh» wurde die Temperatur der Luft regelmässig 8 mal täglich notirt. wie auf dem «Najesdnik» (nur des Nachmittags statt um 6 um 4h), die Temperatur des Wassers hingegen weniger regelmässig, nur 3— 5 mal täglich; auf dem «Wssadnik» ist die Temperatur der Luft und des Wassers, wo es darauf ankam, bis 9 mal täglich, an anderen Tagen hingegen die letztere auch nur 2 mal vermerkt worden. Bei meinen eigenen Beob- achtungen endlich, auf der Corvette «Olivuza», wurde, wie schon früher einmal ange- geben *) , die Temperatur der Luft 7 mal (alle 3 Stunden von 61' Morg. bis Mitternacht), diejenige des Wassers 4 mal täglich (ebenfalls alle 3 Stunden von 9h Morg. bis 6h Abends), und in besonderen Fällen, wenn plötzliche und starke Temperaturdifferenzen sich geltend machten, auch häufiger notirt. Die angeführte Zahl der Beobachtungen lässt somit erken- nen, dass die tägliche mittlere Temperatur der Luft wie des Wassers auf allen Fahrten mit hinlänglicher Genauigkeit ermittelt werden konnte. Da es bei den nachstehenden Beobachtungen hauptsächlich darauf ankam, die in Folge von Strömungen im Ochotskischen und Japanischen Meere stellenweise vorkommenden, mehr oder weniger starken und plötzlichen Temperaturdifferenzen, Steigerungen und De- pressionen , möglichst präcise und anschaulich nachzuweisen , so habe ich bei Bearbeitung des obigen Materiales durchweg die graphische Methode der Darstellung gewählt, wie sie bereits bei manchen Arbeiten über den Golfstrom und den Kuro-siwo2) angewandt worden ist. Statt die auf den verschiedenen Fahrten gewonnenen täglichen Mitteltemperaturen der Luft und des Wassers einfach in Zahlen wiederzugeben, habe ich es vorgezogen, nach den- selben, so oft es mir zur grösseren Anschaulichkeit dienlich schien, Curven zu construirai, 1) Reisen und Forsch, im Amur-Lande, Bd. II, p. 772. Anm. 3. 2) S. Bent, Report made to Commod. Perry upon the Kuro-siwo, or Gulf stream of the North Pacific Océan, im Narrat. of the Exped. of an Americ. Squadr. to the China seas and Japan. Vol. II. Washington 1856, p. 363— 370, PI. I— XVI. 1* 4 L. V. SCHEENCK, und in vielen Fällen, besonders wenn mehr oder minder erhebliche Temperaturdifferenzen eintraten, ist der Gang der Temperatur, sobald hinreichend zahlreiche Angaben Vorlagen, auch nach den einzelnen Beobachtungen graphisch dargestellt worden. Zum richtigen Ver- ständniss der durch diese Curven angegebenen Temperaturverhältnisse gehört aber notli- wendig, dass auch die von den Schiffen eingehaltenen Course genau verfolgt werden können, und das ist durch Eintragung der letzteren nach dem beobachteten oder, in Fällen wo es keine Observation gab, berechneten mittäglichen Orte des Schiffes in die beifolgende Karte (Taf. I) möglich gemacht worden. Nur bei kurzen Ueberfahrten von Ort zu Ort, wie von der Bai Olga nach Hakodate oder umgekehrt, ist dies mehrmals unterlassen worden, weil die Bouten der Schiffe auf solchen Fahrten, bei dem kleinen Maassstabe unserer Karte, fast ge- nau zusammenfallen und somit durch unnütze Ueberladung der Karte das ohnehin schon schwierige Verfolgen einer jeden einzelnen Fahrt auf derselben nur noch mehr erschweren würden. Um auch dem Einflüsse des Windes auf die Temperatur der Luft und eventuell auch auf diejenige des Wassers gebührende Rechnung zu tragen, sind alle einzelnen im Laufe des Tages beobachteten Windrichtungen über dem Datum verzeichnet worden. Auch das im Laufe einer Fahrt bemerkte Maximum und Minimum der Temperatur des Wassers und zuweilen auch der Luft sind, ersteres durch ein Kreuzchen, letzteres durch einen Punkt, angegeben worden, jedoch hat auf den nach den täglichen Mitteltemperaturen con- struirten Diagrammen die Stellung dieser Zeichen nur auf den Tag überhaupt, nicht auf eine einzelne Stunde desselben Bezug. Für einen jeden Tag ist ferner der Ort, an welchem sich das Schiff um 12h Mittags befand, angegeben, wobei die nur auf Schiffsrechnung beruhenden Ortsangaben durch ein Sternchen unterschieden sind. Um endlich die auf verschiedenen Fahrten zwischen denselben Orten gewonnenen Temperaturcurven unmittelbar miteinander vergleichen zu können, sind diese stets in derselben Richtung dargestellt worden: waren also die Curven für eine Fahrt von links nach rechts gezeichnet, so mussten sie für die Rückfahrt nach demselben oder einem nahe gelegenen Orte umgekehrt von rechts nach links eingetragen werden. Desgleichen sind auch die Temperaturcurven mancher einzelnen Fahr- ten, wenn diese von Ost nach West vor sich gingen, wie z. B. von Petropawlovsk nach Gi- shiginsk, von hier nach Ochotsk, von dort nach de Castries u. s. w., der grösseren Anschau- lichkeit wegen, auch ohne dass es Rückfahrten zwischen diesen Orten gab, von rechts nach links dargestellt worden. Wird dies schon aus der Reihenfolge der betreffenden Daten leicht ersichtlich, so ist zum Ueberfluss, um selbst einem flüchtigen Missverständnisse zu begeg- nen, jeder Darstellung der Curven von rechts nach links ein in dieser Richtung weisender Pfeil beigegeben. Ich muss bedauern, dass mir das oben erwähnte Material nicht schon bei meiner ersten Arbeit über die Strömungen im Ochotskischen und Japanischen Meere vorlag, da alsdann nicht bloss das damals entworfene Bild vollständiger ausgefallen und nach allen Seiten be- gründeter gewesen wäre, sondern ich auch manchen jetzt beim Zurückkommen auf den- selben Gegenstand unvermeidlichen Wiederholungen entgangen wäre. So wichtig Temperatur- Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 5 beobachtungen zur Ermittelung von Meeresströmungen sind, so stehen sie doch nicht als all- einiges Mittel zum Erkennen derselben da, sondern werden von vielen anderen Erscheinun- gen, wie das unwillkürliche Treiben von Schiffen, die Verbreitung von Treibeis und Treib- holz, der ungewöhnliche Seegang, zumal in Meerengen, und besonders auch die klimati- schen Erscheinungen an den von ihnen bespülten Küsten, wesentlich unterstützt. Sind nun diese Erscheinungen, soviel wir deren aus dem Ochotskischen und Japanischen Meere bis- her kennen gelernt haben, in meiner früheren Arbeit über diese Meere zusammengestellt, so werde ich jetzt, bei Betrachtung der Frage, wie weit auch die in denselben beobachte- ten Temperaturen des Wassers auf die Existenz und Bichtung der Strömungen zu schlos- sen gestatten, auf Manches dort ausführlich erörterte verweisen, ja Einiges auch kurz recapituliren müssen. Damals war ich genöthigt, um die geographische Verbreitung und Vertheilung der in meinem Reisewerke abgehandelten Mollusken des Nordjapanischen Meeres zu erläutern, aus den vorhandenen Thatsachen, selbst ohne Kenntniss der Tempe- raturverhältnisse oder mit Hülfe von nur wenigen Beobachtungen der Art, mir ein Bild von den Strömungen zu machen, durch welche dieses Meer mit den Nachbargewässern in mehr oder weniger naher Berührung und Beziehung steht. Dass dieses Bild noch sehr der Prüfung, respective Berichtigung, durch Beobachtungen aller Art und besonders durch Vergleichung der Temperaturverhältnisse des Wassers in verschiedenen Theilen des Ochots- kischen und Japanischen Meeres bedurfte, war mir völlig gegenwärtig1). Um so mehr ge- reicht es mir daher jetzt, nachdem ich eine grosse Zahl der erforderlichen Temperaturbe- obachtungen erhalten und verglichen habe, zur Befriedigung, jenes Bild auch von dieser Seite im Allgemeinen in allen seinen Zügen bestätigt zu finden. Dabei liefern aber die er- wähnten Beobachtungen noch Manches zur Ergänzung und näheren Fixirung desselben, so wie zur begründeteren Widerlegung irriger Ansichten, und, was ich besonders hervorheben muss, sie gewähren uns, statt der bisher meist nur unbestimmten Begriffe von «kalten« und «warmen» Strömungen in diesen Meeren, eine ganz concrète Vorstellung von ihren Tempe- raturverhältnissen und zum Tlieil auch von deren Schwankungen in verschiedenen Jahres- zeiten. Diese Bemerkungen mögen genügen, um mein Zurückkommen auf einen bereits frü- her abgehandelten Gegenstand zu motiviren und die mancherlei dabei unvermeidlichen Wiederholungen zu entschuldigen. 1) S. moine Reisen und Forsch, im Amur-Lande. Bd. II, p. 728. 6 L. V. SCHEENCK, Allgemeines Bild der Strömungen im Ochotskischen und Japanischen Meere. Ehe wir an der Hand der Temperaturbeobachtungen an die Prüfung der einzelnen im Ochotskischen und Japanischen Meere stattfindenden Strömungen gehen, dürfte es ange- messen erscheinen, einen kurzen Ueberblick des Gesammtbildes dieser Strömungen vor- auszuschicken , wie wir es bereits früher aus anderweitigen Erscheinungen kennen gelernt haben. Gestatten die im Norden bis auf die verhältnissmässig schmale und wenig tiefe Be- rings-Strasse geschlossenen Umrisse des Stillen Oceanes keine irgend erhebliche Strömung aus dem Eismeere nach demselben und übernimmt hier vielmehr das tief in den kalten si- birischen Continent einschneidende Ochotskische Meer gewissermaassen die Rolle des Eis- meeres, so gewinnen auch die Strömungen, die es nach Süden entsendet, als Analoga der Polarströmungen des Atlantischen Oceanes, ein ganz besonderes Interesse. Drei Strömungen sind es hauptsächlich, die das Ochotskische Meer südwärts abschickt. Aus dem kältesten, am meisten in den Continent vorgeschobenen nordöstlichen Theile desselben, dem Penshin- sker und Gisliiginsker Meerbusen, läuft eine Strömung längs der Westküste Kamtschatka’s nach den nördlichsten Kurilen hinab, wo sie theils an der Insel Alaïd vorbei und längs der Westküste von Paromuschir weiter hinabgeht, theils durch die beiden ersten Kurdischen Strassen in den Océan hinaustritt. Dort setzt die Strömung ihren Lauf ebenfalls nach Süd und Südwest längs den Kurdischen Inseln fort, und indem sie an den zwischen denselben gele- genen Strassen vorbeikommt, sendet sie bald Zweige nach dem Ochotskischen Meere zurück, bald erhält sie neue Zuflüsse aus dem letzteren. So wird also die gesainmte Kette der Ku- rilen von einer kalten Strömung bespült, die auf den klimatischen Charakter dieser Inseln von dem grössten Einflüsse ist und für die ich daher den Namen Kurilische Strömung vorgeschlagen habe1). Da die Zahl der Zuflüsse, die sie aus dem Ochotskischen Meere er- hält, die dorthin ablaufenden Zweige zu überwiegen scheint und namentlich auch durch die Strassen zwischen den südlichsten, japanischen Kurilen neue Zuflüsse kommen, so erreicht sie das Ende dieser Inselkette, die Ostküste Jesso’s, noch als eine ansehnliche Strömung. Dort, vor dem Eintritt in die Sangar- Strasse, spaltet sie sich in zwei Arme, von denen der eine nach der Nordostküste von. Nippon hinübersetzt und längs derselben, zwischen ihr 1) Врізрп und Forsrli. im Amur-Lande. Bd. II, p. 782. Sl'RÖMUNGS VERHÄLTNISSE IM OCHOTSKISCHEN UND JAPANISCHEN MEERE. 7 und dem Kuro-siwo, noch ungefähr bis in 37г/2° n. Br. fortläuft: der andere Arm hingegen tritt in die Sangar - Strasse ein und begegnet dort einer aus dem Japanischen Meere kom- menden Strömung, wodurch in dieser Strasse ein tolles Wirbeln, Wogen und Branden der See, gleich wie in den meisten Kurdischen Strassen, und eine sehr ungleiclmiässige, strei- fenweise verschiedene Temperatur des Wassers entsteht. Doch nöthigt das aus dem Japani- schen Meere eindringende warme Wasser die Kurdische Strömung schliesslich unterzu- tauchen und nur als Tiefenströmung in dieses letztere Meer einzutreten. Die zweite, ungleich geringere Strömung, die das Ochotskische Meer nach Süden sendet, entspringt, wie es scheint, ebenfalls im Nordosten desselben, wendet sich aber alsdann nach Südwesten, und während ein Theil derselben vielleicht nach den Schantarischen Inseln dringt und so den Zuträger für die dort bis in den Spätsommer hinein flottirenden Eis- massen abgiebt1), läuft der andere an der Insel St. Jonas, in einiger Entfernung östlich von derselben-, vorbei zur Nordspitze von Sachalin, um alsdann längs der Ostküste dieser Insel bis in die Nähe des Caps der Geduld hinabzusteigen, wo er ebenfalls einer aus dem Japanischen Meere durch die La Perouse-Strasse eindringenden und längs der Ostküste von Südsachalin aufwärts steigenden Strömung begegnet und in Folge dessen entweder ganz in die Tiefe hinabsinkt, oder theilweise nach den Kurilen ablenkt. Dieser Strömung ist offen- bar der rauhe, hochnordische Charakter der Ostküste von Sachalin nördlich vom Cap der Geduld zuzuschreiben, und möchte ich sie daher aus diesem Grunde, wie auch nach der von ihr bespülten Küste, die Sachalinische Strömung nennen. Die dritte aus dem Ochotskischen Meere südwärts gehende Strömung hat ihren Ur- sprung in dem ebenfalls sehr kalten nordwestlichen Winkel dieses Meeres. Sie nimmt ihren Lauf etwa von den Schantarischen Inseln längs der Küste nach Südost und dringt am nörd- lichen Ende des Limanes, vom Amur- Wasser überfluthet, als Tiefenströmung in dieses Süsswasserbecken ein. Dort läuft sie längs der Westküste Sachalin’s, im sogenannten Sa- chalinischen Fahrwasser, weiter südwärts und tritt durch die Mamia Binso-Strasse wohl auch in das Nordjapanische Meer ein. Ist es anfangs auch nur eine Tiefenströmung, so dürfte sie sich doch über den Untiefen und längs der seichten Limanküste Sachalins auch bis an die Oberfläche verbreiten und den im Vergleich zur gegenüberliegenden Festlands- küste nach Klima und Vegetation sehr rauhen und tristen Charakter dieser Küste zum gros- sen Theil mit bedingen. Ausserdem aber treiben nicht seiten starke Nord Westwinde auch eine grössere Menge Wassers aus dem Ochotskischen Meere in den Liman und füllen ihn im Frühling und Herbst zuweilen mit dichten Eismassen an, die sich von dort auch in das Japanische Meer verbreiten. Denn der Amur-Liman entsendet seinerseits eine Strömung nach diesem Meere, die sich längs der Festlandsküste weit nach Süden hinzieht. Wird diese Strömung auch hauptsächlich durch den theilweisen Abfluss des Amur- Wassers nach Süden bedingt, so unterliegt doch nach dem oben Gesagten die Mitwirkung des Ochotskischen Mee- I) Reisen und Forscli. 1. c. p. 758. 8 L. v. Schee иск , res zur Hervorbringung derselben keinem Zweifel. Wäre der Amur-Liman, wie man an- fänglich meinte, nach Süden geschlossen, so würde es sehr wahrscheinlich keine solche und jedenfalls keine so starke Strömung im Japanischen Meere nach Süden hinab geben. Wir können daher diese Strömung nach ihrem Ursprungsorte füglich die Amur-Liman- oder schlechtweg Lim an -Strömung nennen. Aus der Mitwirkung des Ochotskischen Meeres zu deren Hervorbringung, wie übrigens auch aus der niedrigen Temperatur des Wassers während des grössten Theiles des Jahres sowohl im Amur-Strom wie im Amur-Liman, der nur drei Monate lang gar kein Eis enthält, folgt ferner mit Nothwendigkeit, dass diese Strö- mung ebenfalls eine kalte sein muss. Dazu tragen in ihrem weiteren Verlaufe nach Süden auch die Eismassen bei, die im April und Mai aus den tieferen Festlandsbuchten, wie der Kaiserhafen u. a., in dieselbe sich ergiessen und dadurch nicht unerheblich auch zu deren weiterem Vordringen nach Süden beitragen. Ihrerseits muss diese kalte Strömung von dem ungünstigsten Einfluss auf die klimatischen Verhältnisse der Festlandsküste sein. Die Ver- breitung dieser Strömung nach Süden anlangend , konnte ich sie mit Sicherheit nur bis zu den sogenannten südlichen russischen Häfen, Wladiwostok und Bai Possjet, nachweisen. Aus einigen klimatischen Erscheinungen zog ich jedoch den Schluss, dass sie sich erst an der Küste von Korea zur Broughton-Strasse hin verlieren dürfte. Die nachstehenden Be- trachtungen werden die Bichtigkeit dieser Vermuthung darthun und die äussersten Gränzen der Liman- Strömung kennen lehren. Den drei genannten Strömungen der Lichtung wie dem Charakter nach direkt entge- gengesetzt ist die Strömung, welche von Süden durch die Korea- und besonders die Kru- senstern-Strasse in das Japanische Meer eintritt und in diesem nach Nordost, in der Rich- tung zur Sangar-Strasse verläuft. Wie sehr sie sich dabei der Westküste von Nippon nä- hert, oder ob sie dieselbe gar unmittelbar bespült, ist noch unbekannt. Zum westlichen Eingänge in die Sangar-Strasse gelangt, schickt sie einen Arm in diese Meerenge ab, der von Ost kommenden Kurilischen Strömung entgegen. Der andere Arm der Strömung setzt seinen Lauf nordwärts, längs der Westküste von Jesso fort und erreicht die La Perouse- Strasse, wo sich von ihm wiederum ein Arm und zwar durch die genannte Strasse nach dem südlichen Ochotskischen Meere abzweigt. Dieser Arm der Strömung biegt um die Südostspitze von Sachalin, das Cap Aniwa, herum und begiebt sich längs der Ostküste dieser Insel nach Norden, bis zur Bai der Geduld, ja zeitweise wohl auch noch über das Cap der Geduld hinaus, der von Norden kommenden Sachalinischen Strömung entgegen. Der nach Absendung dieses Armes übrig gebliebene, wie es scheint, kleinere Theil der Strömung verliert sich endlich längs der Westküste von Sachalin nach Norden. Trugen die drei früher genannten Strömungen kaltes Wasser aus dem Ochotskischen Meere, respective dem Amur-Liman, nach Süden, so findet bei dieser vierten Strömung das Gegentheil statt: sie trägt dem Japanischen und zum Theil auch dem Ochotskischen Meere warmes Wasser aus dem südlich gelegenen Océan zu und muss daher in klimatischer Beziehung von wohlthätigem Einfluss auf die Westküste von Nippon, Jesso und Südsachalin, ja auch auf einen Theil der I Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meeee. 9 Ostküste dieser letzteren Insel, bis zur Bai der Geduld, sein. In welcher Beziehung diese warme Strömung zum Kuro-siwo steht, soll weiter unten erörtert werden. Gleichwie ich nun die längs der Festlandsküste des Japanischen Meeres südwärts hinahsteigende Strö- mung nach dem am Nordende desselben gelegenen Becken die Liman-Strömung genannt habe, so möchte ich diese längs der Insularküste des Japanischen Meeres nordwärts zie- hende Strömung nach den am Südeingange in dasselbe, mitten im Laufe der Strömnug gelegenen Inseln die Tsu-sima-Strömung nennen. Vier Strömungen sind es also, die wir im Folgenden näher zu betrachten und zumal auf ihre Temperaturverhältnisse zu prüfen haben werden. Um aber allen Verzweigungen derselben zu folgen, oder zu ihrem Ursprünge hinaufzusteigen, sind wir genöthigt zum Theil aus dem Bereiche des Ochotskischen und Japanischen Meeres hinauszutreten und die Strö- mungsverhältnisse auch der angränzenden Gewässer, des Oceanes östlich von Kamtschatka, von den Kurilen, von Jesso, Nippon und den anderen grossen Inseln Japan’s, so wie des Gelben Meeres mehr oder weniger in den Kreis unserer Betrachtungen zu ziehen. Specielle Betrachtung der Strömungen des Ochotskischen und Japanischen Meeres. 1. Kwilische Strömung. Die Existenz einer kalten Strömung, die aus dem Gishiginsker und Penshinsker Meer- busen kommt und längs der Westküste von Kamtschatka hinabsteigt, wurde, wie ich es an einem anderen Orte ausführlich besprochen habe 0, zuerst durch Erman aus der plötzlichen und starken Temperaturdepression des Wassers gefolgert, die er auf einer Fahrt von Ochotsk nach Tigil beobachtete. Sie wird ferner durch die polare Natur der Westküste Kamtschat- ka^, ihre völlige Baumlosigkeit , ihren Eisreichthum u. s. w.1 2) bestätigt. Zu dem früher darüber Mitgetheilten gestatten die mir jetzt vorliegenden Beobachtungen nur Weniges hinzuzufügen. Wir haben hier zwei Fahrten der Corvette «Warjag», von Petropawlovsk nach dem Gishiginsker Meerbusen und von diesem nach Ochotsk anzuführen. Beide lassen zwar auch eine Temperaturdepression im Wasser erkennen, sobald man zum gemeinsamen Eingang in den Gishiginsker und Penshinsker Meerbusen gelangt, doch ist diese Depression viel geringer, als sie Erman beobachtete, sei es aus dem Grunde, weil beide Fahrten etwas später, zur Zeit der höchsten Temperatur des Wassers gemacht wurden, sei es dass sie zu- fälliger Weise die kältesten Tlieile der Strömung nicht berührten. Die Fahrt von Petro- pawlovsk nach Gishiginsk (s. Diagramm 1 und Karte Taf. I) ging im Ochotskischen Meere von der Spangberg-Strasse an nordwärts offenbar ausserhalb der längs der Westküste von Kam- 1) Reisen und Forsch. Bd. II, p. 756 ff. | 2) Reisen und Forsch. Bd, II, p. 759, 760. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Serie. 2 10 L. V. SCHRENCK, tschatka hinabsteigenden Strömung vor sich, denn vom 9. bis 12. August zeigte das Ther- mometer im Wasser Mitteltemperaturen von 9 bis 10,5° *) und am 11. sogar ein Maximum von 11,1°. Am 13. jedoch fällt es, am Eingänge in den gemeinsamen Theil des Gishiginsker und Penshinsker Meerhusens, im Mittel auf 7,2 und im Minimum auf 6,2° hinab und bleibt auch am 14. im Mittel auf 6,7° zurück, um erst am 15., im eigentlichen Gishiginsker Golf, im Mittel wieder auf 7,9° zu steigen. Auch wird das Wasser, welches bis dahin stets wär- mer als die Luft gewesen war, vom 13. August an kälter als die letztere, trotzdem dass Südwinde wehten, welche die kalte Strömung beeinträchtigen mussten. Sind übrigens diese Temperaturen auch beträchtlich höher als die von Er man auf der erwähnten Fahrt am Eingänge in den Gishiginsker und Penshinsker Meerhusen beobachteten (er sah das Ther- mometer im Wasser am 4. und 5. August sogar bis auf 2,5° fallen), so bleiben sie dennoch immer weit unter denjenigen zurück, die man im August und Anfang des September aus- serhalb des erwähnten Meerbusens, westlich von demselben, im nördlichen Ochotskischen Meere findet. Davon giebt uns sogleich eine zweite Fahrt des «Warjag», vom Gishiginsker Meerhusen nach Ochotsk , so wie auch eine später zu besprechende , von Ochotsk nach dem Japanischen Meere, Zeugniss. Auch auf der Fahrt von Gishiginsk nach Ochotsk fand man die Temperaturen im Golf am niedrigsten (s. Diagr. 2): am 20. August zeigt das Wasser im südlichen, gemeinsamen Theile des Gishiginsker und Penshinsker Meerhusens, trotz der Süd- und Südwestwinde, im Mittel 8, im Minimum 7,5°, und gleichwie auf der ersten Fahrt so bleibt es auch jetzt beständig kälter als die Luft, bis man wieder ausserhalb des Golfes ist, wo es, rasch an Wärme zunehmend, vom 22. August an wieder wärmer als die Luft wird und, bei sehr gleichmässiger Temperatur von 10,5 — 11,5° im Mittel, bis nach Ochotsk auch beständig wärmer bleibt. Desgleichen war das Wasser auch später, vom 28. August bis 8. September, auf der gesammten Strecke von Ochotsk bis zur Südspitze Sachalin’s (s. Diagr. 15) beständig wärmer als die Luft. Uebrigens darf es uns nicht wun- dern, wenn das Wasser im Gishiginsker und Penshinsker Meerbusen, trotz der grossen Winterkälte und massenhaften Eisbildung in diesem Seehecken, im Sommer bis zu einem gewissen und verhältnissmässig nicht unbeträchtlichen Grade sich erwärmt, da die aus dem Meerbusen hinaustretenden Strömungen ihn, wenn auch auf eine kurze Zeit — etwa vom Juli bis September (incl.) — doch vollkommen eisfrei machen. Insofern dürften die Temperatur- verhältnisse in demselben günstiger liegen, als im nordwestlichen Winkel des Ochotskischen Meeres, bei den Schantarischen Inseln, wo sich beträchtliche Eismassen, durch reissende, im Kreise sich bewegende Strömungen am Auslaufen verhindert, den ganzen Sommer über finden sollen1 2). Es fehlt also dem Gishiginsker und Penshinsker Meerbusen an einer be- 1) Réaumur, wie allenthalben in dieser Schrift. 2) Nach Mid de ndorff u.a.; s. meine Reisen n. Forsch, im Amur-Lande, Bd. II, p. 758. Um eine neuere Beob- achtung anzuführen , verweise ich hier noch auf die An- gaben des Hrn. Cap.-Lieut. Starizkij. Am 3. Aug. 1869 stiess nämlich das Segelboot «Kuëgda», auf dem er sich befand, westlich und nördlich vom Cap Maria auf unab- sehbare Eismassen, die ihm den Weg nach Ochotsk voll- ständig versperrten und es nach zweitägigen vergebli- chen Bemühungen in die Nord-Bai, zwischen den Caps Maria und Elisabeth auf Sachalin, einzulaufen nöthig- ten, bis wohin übrigens auch noch einzelne Eisschollen Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 11 ständigen Eisquelle, wie sie das Eismeer hat, und dem entsprechend stehen natürlich auch die aus demselben entspringenden Strömungen den eigentlichen Polarströmungen, wie wir sie im Atlantischen Océan finden, an Umfang und Bedeutung sehr nach. Den weiteren Verlauf der Kurilischen Strömung längs der gleichnamigen Inselkette nach Süd und Südwest, theils im Océan, theils im Ochotskischen Meere, bis nach Jesso glaube ich aus mannigfaltigen Erfahrungen zahlreicher Seefahrer, angefangen von Vries und Bering bis auf unsere Zeit, hinlänglich dargethan zu haben1). Thatsachen wie das Verschlagen oder Treiben von Schiffen in der angegebenen Richtung, die Anhäufung von Treibholz, das die Flüsse an der Westküste Kamtschatka^ in’s Meer tragen, auf der Insel Schumschu in der Rimskij-Korssakof (2. Kurilischen)-Strasse, die Bewegung von Treibeis in derselben Richtung und auch weiter südwärts, ferner die von allen Seefahrern, welche sich den Kurilen genähert oder eine ihrer Meerengen befahren haben, wahrgenommenen Er- scheinungen reissender Strömung, oft mit brandender, wirbelnder, stürzender Bewegung der See, so wie endlich auch die rauhen klimatischen Verhältnisse der Inseln, ihre Baumlo- sigkeit bis zum 48. Breitengrade hinab, ihr Nebelreichthum u. s. w. , diese a. a. 0. aus- führlich von mir besprochenen Thatsachen lassen über den erwähnten Verlauf der Strö- mung keinen Zweifel. Hinsichtlich der Temperaturverhältnisse derselben in diesem ihrem Haupttheile lagen mir aber bisher nur die Beobachtungen vor, die ich im Jahre 1854 auf einer Fahrt der Corvette «Olivuza» durch die Strasse der Boussole gemacht habe und die auf den hochnordischen Ursprung dieser Strömung allerdings ein grelles Licht werfen. Ich habe sie nachstehend graphisch dargestellt (Diagg. 3 und 4), um sie mit den Beobachtungen auf späteren Fahrten, wie sie mir jetzt vorliegen, besser vergleichen zu können. Am 28. Juli sank die Temperatur des Wassers, die bis dahin während mehrerer Tage, vom 23. bis 27. Juli, fast beständig 8° betragen hatte, nach Maassgabe als wir uns, von Südost kommend, den Kurilen und zwar der Strasse der Boussole näherten, rasch herab, so dass sie um 6 Uhr Abends, noch östlich von den Kurilen, nur 4° und in der erwähnten Strasse, durch welche uns bei völliger Windstille eine reissende Strömung nach Westen trug, während mehrerer Stunden sogar nur 2° betrug. Ja, auch am folgenden Tage, als wir uns bereits im Ochot- skischen Meere befanden, zeigte das Thermometer um Mittag in der Entfernung von etwa 28 Seemeilen NW. von Ssimuschir oder 48 Meilen W. von Ketoi, nur 4,6°, und so blieb die Temperatur des Wassers, mit geringen Schwankungen, auch wähnend des ganzen Tages (4,8° im Mittel). Beide Diagramme, sowohl das nach den Mitteltemperaturen, als auch das nach den einzelnen Beobachtungen vom 27. bis 30. Juli entworfene, zeigen die plötz- liche und starke Temperaturdepression im Wasser auf beiden Seiten der Kurilen und be- drängen. Auf dem Rückwege von dort nach Nikolajevsk traf es am 23. Aug. in 53° 55' N. und 141° 38' 0. wieder- um ausgedehnte Eismassen, die ihm den Weg nach dem Hafen Baikal und zum sogen. Sachalinischen Fahrwas- ser des Limans verlegten und es den sehr viel schwieri- geren Weg durch den sogen. Nördlichen Kanal nehmen Hessen. Старицкій, Гидрогр. командировка въ Во- сточн. Ок. въ 1865—1871 гг. С. Петерб. 1873, стр. 42— 48. 1) Reisen und Forsch Bd. II, p. 761 — 778. * 2* 12 L. V. ScHRENCK, sonders in der Strasse der Boussole, so wie das starke Herabsinken der Temperatur des Wassers unter diejenige der ebenfalls abgekühlten Luft in der anschaulichsten Weise. Die Beobachtungen vom 29. im Ochotskischen Meere lassen gewissermaassen sogar erkennen, wie mit der Annäherung an die Kurilen von West streifenweise immer kälteres und kälteres Wasser sich einfindet. An diese Thatsachen, die bisher einzeln dastanden, schliessen sich nun, bestätigend und ergänzend, die auf späteren Fahrten sowohl nördlich wie südlich in der Nähe der Kurilen und zum Theil in den Meerengen zwischen denselben gemachten Be- obachtungen an. Wir haben hier zunächst zwei Fahrten durch die Spangberg (4. Kurili- sche)- Strasse anzuführen. Die eine derselben ist die in ihrem letzten Theile oben schon be- sprochene Fahrt der Corvette «Warjag» von Petropawlovsk nach Gishiginsk (Diagr. 1). War schon die Temperatur des Wassers längs der Ostküste von Südkamtschatka und den beiden ersten Kurilischen Inseln eine niedrige, niedriger als die Temperatur der Luft, so sank sie in der Spangberg-Strasse noch tiefer, und zwar am 8. August auf 7° und am Aus- gange derselben zum Ochotskischen Meere (um 9h Morg.) sogar auf 5,3° herab. Erwägt man, dass dies die Jahreszeit ist, in welcher das Wasser ziemlich seine grösste Wärme er- reicht, so darf man die erwähnte Temperatur gewiss als eine sehr niedrige bezeichnen. Auch steigt dieselbe, wie das Diagramm lehrt, sogleich und ganz beträchtlich wieder mit der Entfernung des Schiffes von den Kurilen, im Ochotskischen Meere, nach Nord und West. — Noch instructiver dürfte aber eine zweite Fahrt durch dieselbe Strasse, und zwar diejenige des Klippers «Abrek» im Jahre 1863 sein (Diagr. 5). Von der La Pérouse-Strasse kom- mend, segelte dieses Schiff eine lange Strecke in ziemlich paralleler Richtung mit den Ku- rilen hin, der Spangberg-Strasse allmählich sich nähernd. Wie zu erwarten war, fand dabei eine beständige und rasche Abnahme der Temperatur im Wasser wie in der Luft statt; besonders stark wird sie aber im Wasser vom 16. September an, indem die Tempe- ratur desselben weit unter diejenige der Luft hinabsinkt und am 19. Sept., westlich von der Insel Onekotan, im Mittel nur noch 4°, ja während vieler Stunden, von 4h Morg. bis nach Mittag, sogar nicht mehr wie 3,1° beträgt. In der Strasse selbst stieg zwar die Tempera- tur des Wassers wieder, ganz wie auf der letzterwähnten Fahrt, betrug aber im Mittel doch nur 4,9°. Desgleichen blieb sie auch im Osten der Kurilen nur gering, indem sie vom 21. bis 23. Sept, im Mittel 6,2 — 6,6° betrug, und erst bei noch weiterer Entfernung von dieser Inselkette, am 24. Sept., stellte sich ein rasches Steigen derselben ein. Hält man die durch dieses Diagramm gebotenen, der Beobachtungszeit nach nur um 8 Tage auseinander lie- genden Temperaturen des Wassers in der La Pérouse-Strasse und in der Nähe der Spang- berg-Strasse gegen einander, so ergiebt sich zwischen denselben im Mittel eine Differenz von 11,1°, zwischen dem Maximum an dem ersteren und dem Minimum an dem letzteren Orte aber sogar von 12,9° — eine Differenz, die allerdings nicht bloss für die kalte Strömung an den Kurilen, sondern, wie wir später sehen werden, auch für die warme in der La Pérouse- Strasse spricht. Geht man nun von den beiden oben erwähnten Orten, an denen auf dem «Warjag» und dem «Abrek» die niedrigen Temperaturen von 5,3° (am 8. Aug.) und 3,1° Strömungsverhältnisse im Oohotskischen und Japanischen Meere. 13 (am 19. Sept.) beobachtet wurden, in südwestlicher Richtung längs den Kurilen fort, so stösst man genau auf den Ort, wo ich auf der «Olivuza» im Westen von Ketoi und Nord- westen von Ssimuschir am 29. Juli um Mittag 4,6° im Wasser gefunden habe. Somit lässt sich jetzt das kalte Wasser im Westen der Kurilen von Paromuschir bis Ssimuschir, d. i. längs dem grössten Theile der Inselkette continuirlich verfolgen. Nimmt man nun hinzu, dass einerseits Schiffe, die sich nahe der Westküste Kamtschatka’ s befanden, nach dem Raum zwischen den Inseln Alai'd, Schumschu und Paromuschir verschlagen worden sind x), und dass andererseits im Westen von Ketoi und Ssimuschir La Pérouse und Golownin ihre Schiffe ebenfalls nach Süden treiben sahen1 2), so unterliegt es keinem Zweifel, dass längs der gan- zen Westseite der Kurilen eine von Norden kommende kalte -Strömung verläuft. An man- chen der Kurilischen Meerengen mag sie dabei vorbeischiessen’ ohne durch dieselben irgend erhebliche Zweige nach dem Océan abzuschicken. So namentlich an der Spangberg-Strasse. Zum wenigsten scheint darauf der Umstand hinzuweisen, dass die Temperatur des Wassers, wie die Beobachtungen auf dem «Warjag» und dem «Abrek» übereinstimmend lehren, im Westen der Strasse beträchtlich niedriger als innerhalb derselben ist. Daraus dürfte sich vielleicht auch die von den Seefahrern gemachte Wahrnehmung erklären, dass es in der Spangberg-Strasse stets weniger Nebel als in den anderen Kurilischen Meerengen giebt, so dass man beim Passiren derselben in der Regel einige Berggipfel der Insel Onekotan, wenn auch auf kurze Zeit, zu Gesichte bekommt. Beide Umstände, die schwache Strömung und der minder dichte und häufige Nebel, so wie endlich auch die ansehnlichere Breite dieser Strasse, machen sie denn auch bei den Seefahrern zu der beliebtesten, um die Kette der Kurilen zu kreuzen. Erst bei den südlichen Kurilen, durch die Yries-, die Pic-Strasse, läuft diese Strömung, wie wir sehen werden, ebenfalls in den Océan hinaus. Gleichwie die letzterwähnten Fahrten den westlichen Theil der Kurilischen Strömung beleuchten, so tliut es eine andere Fahrt der Corvette «Warjag» hinsichtlich des östlichen Theiles derselben. Ich meine die Fahrt dieses Schiffes von Hakodate nach Petropawlovsk vom 9. bis 24. Juni 1866, auf welcher die in den Diagrammen 6 und 7 graphisch wiederge- gebenen Beobachtungen gemacht worden sind. Sobald die Corvette die Sangar-Strasse ver- lassen hatte und in den Océan hinausgetreten war, sank die Temperatur des Wassers wie der Luft rasch hinab: war die erstere am 9. Juni im Mittel 9,3°, so betrug sie am 10. nur 7,2°; ja, wenn man das Maximum am ersteren Tage und das Minimum am letzteren gegen einander hält, so war sie innerhalb 13 Stunden, von 3h Nachm, bis 4h Morg., von 11,1 auf 5,8°, also um 5,3° gefallen. Ich werde auf diese höchst bemerkenswerthen Temperatur- differenzen in der Nähe der Sangar-Strasse später zurückkommen, jetzt begnügen wir uns mit dem Resultate, dass man sich am 10. unzweifelhaft in einer kalten Strömung befand. Nun ging die Fahrt in einiger Entfernung von der Siidostkiiste Jesso’s und der Ostküste 1) So z. B. das von Ochotsk kommende Schiff Chwo- stof’s und Dawydof’s im Jahre 1802. S. meine Rei- sen und Forsch, im Amur-Lande, Bd. II, p. 763. 2) Reisen und Forsch. 1, c. p. 771. 14 L. V. SCHRENCK, der anstossenden Kurilen und längs denselben nach Nordost, und dabei sank die Tempera- tur des Wassers wie der Luft beständig tiefer und tiefer hinab: am 14. befand man sich der Pic-Strasse (zwischen Kunaschir und Iturup) gegenüber und hatte im Wasser eine Mit- teltemperatur von 3,8, ein Minimum von 2,7°, am 15. eine Mitteltemperatur von 3,1, ein Minimum von 2,2°. Am tiefsten aber sank die Temperatur am 16., als das Schiff sich den Kurilen am meisten genähert hatte und nahe dem Südeingange in die Yries-Strasse (zwi- schen Iturup und Urup) sich befand: jetzt betrug die Mitteltemperatur nur 2,5, das Mini- mum sogar nur 1,3°. Erwägt man, dass in diesen Strassen eine starke Strömung nach Süd und Südost direkt beobachtet worden ist x), so wird man den Schluss ganz gerechtfertigt finden, dass hier die oben erwähnte, bis nach Ssimuschir hinab verfolgte kalte Strömung von der Westseite der Kurilen in den Océan ausläuft. Am 17. Juni, mit der Entfernung des Schiffes von den Kurilen, stieg die Temperatur des Wassers sogleich, wenn auch nicht viel, indem sie im Mittel 3,3° betrug, alsdann aber trat, mit dem nach ONO eingeschlage- nen Course, wieder ein Fallen derselben ein, und am 19. gab es in einer Entfernung von etwa vier Längengraden von den Kurilen wiederum eine Mitteltemperatur von nur 2,2 und ein Minimum von sogar nur 1,4°. Erst von dort an fand bei fast nördlichem Course bis nach Petropawlovsk ein langsames Steigen der Temperatur statt, doch betrug sie auch am 24. Juni, bereits kurz vor dem Eintritt in die Awatscha-Bai, immer nicht mehr wie 4°. Ich möchte aus den Beobachtungen auf dieser zweiten Hälfte der Fahrt, wenn ich sie mit den in den Diagrammen 1, 3 und 5 wiedergegebenen Zusammenhalte, zweierlei Schlüsse ziehen. Erstens, die Kurdische Strömung betreffend, dass sie zu gewissen Jahreszeiten, namentlich im Juni und wohl überhaupt im Frühling und Frühsommer, wenn die Eismassen im Gishi- ginsker und Penshinsker Meerbusen und an der Westküste Kamtschatka^ noch nicht ganz fortgetrieben sind, durch die ersten Kurdischen Strassen in den Océan hinaustretend, sich weit nach Osten hin fühlbar macht, im Spätsommer und Herbst hingegen mehr und mehr nur auf die unmittelbare Nähe der Kurilen beschränkt bleibt. Eine zweite Folgerung aus den obigen Beobachtungen wäre die, dass der nach Norden sich abzweigende, sogenannte Kamtschatskische Arm des Kuro-siwo jedenfalls die Ostküste Kamtschatka^ nicht bespült, sondern viel westlicher verläuft, denn sonst wären die verhältnissmässig niedrigen Tempera- turen, die die Diagramme 1, 3, 5 und 6 im Wasser nahe der Südostküste Kamtschatka^ im Juni, Juli und August (von 4° und 7 bis 8°) zeigen, nicht erklärlich. Sollte hier daher nicht auch eine Strömung in einer dem Kamschatskischen Arm des Kuro-siwo entgegenge- setzten Richtung längs der Küste hinabsteigen, um weiterhin neben und mit der Kurdischen Strömung südwärts zu verlaufen? Es bleibt uns nun noch der letzte Theil der Kurdischen Strömung übrig. Hat sie nämlich die Südostküste von Jesso erreicht, so spaltet sie sich in zwei Arme, von denen der eine in die Sangar-Strasse eintritt und dort einem Zweige der Tsu-sima-Strömung be- 1) S. meine Reisen und Forsch. Bd. II, p. 777, 778. Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 1 5 gegnet, der andere aber zur Nordostküste von Nippon läuft und längs derselben, zwischen ihr und dem Kuro-siwo, noch ziemlich weit nach Süden herabsteigt. Wir wollen beide Arme einzeln verfolgen. Das Eintreten einer Strömung von Ost in die Sangar-Strasse und ihr Zusammenstossen dort mit einer Gegenströmung giebt sich durch mannigfaltige Erscheinungen in der Bewe- gung des Wassers kund, wie ich sie an einem anderen Orte ausführlich besprochen habe. In thermischer Beziehung muss aber diese Begegnung einer kalten mit einer warmen Strömung innerhalb einer Meerenge nothwendig zur Folge haben, dass einerseits die Mit- teltemperatur des Wassers in der Sangar-Strasse höher sein wird als östlich von derselben, und dass andererseits scharf abgegränzte Streifen kalten und warmen Wassers sowohl vor als innerhalb derselben sich kundgeben werden. In der That ist Beides aus unseren Dia- grammen deutlich zu ersehen: das Erstere namentlich aus dem Diagramm 6, so wie aus allen späteren, nach den Fahrten von Hakodate südwärts oder umgekehrt construirten; das Letztere spricht sich ganz vorzüglich in den nach den einzelnen Beobachtungen am 9. und 10. Juni entworfenen Temperaturcurven (Diagr. 7) aus, so wie in dem Verlaufe derselben am 12. Mai und 21. Februar, wie ihn uns später zu besprechende Fahrten von Yokohama nach Hakodate gelehrt haben (Diagg. 12 und 14). Das Steigen der Temperatur des Was- sers mit dem Eintritt in die Sangar-Strasse von Ost, respective das Fallen in umgekehrter Dichtung, ist sehr ansehnlich: am 9. Juni z. B. von 11,1° auf 5,8, also um 5,3°. Es be- weist dies, dass die in die Sangar-Strasse von West eintretende warme Strömung hier sehr die Oberhand über die kalte gewinnt, und in der That erreicht die letztere das Japanische Meer nur als Tiefenströmung und macht sich in demselben durch kalte Streifen von ver- schiedener Breite geltend — Erscheinungen, auf die wir später noch zurückkommen werden. Von längerem Verlauf, zum wenigsten an der Oberfläche, ist der längs der Nordost- küste von Nippon hinabsteigende Arm der Kurdischen Strömung. Von der amerikanischen Expedition unter Perry ist er ganz übersehen worden, indem Silas Bent in seiner Arbeit über den Kuro-siwo diesen bis an die Sangar-Strasse gehen, den kalten Strom aber ganz in die letztere eintreten lässt1). Etwas später wies jedoch Siebold, nach den Erfahrungen von Vries und Broughton, auf die Existenz einer kalten Strömung an der Nordostküste von Nippon hin, ja, er hielt dafür, dass sie als schmaler Streifen sogar bis in 37Y2° n. Br. hinabsteigt2). Wie ich an einem anderen Orte dargethan, sprechen auch die von späteren Seefahrern an der Nordostküste von Nippon im Vorübergehen wahrgenommenen klimati- schen Erscheinungen für Siebold’s Ansicht3). An Temperaturbeobachtungen über diese Strömung fehlte es aber bisher gänzlich. Jetzt liegt uns endlich eine Anzahl solcher Beob- 1) Rep. upon the Kuro-siwo, in Perry’s Narr, of the Exped. of an Amer. Squadr. to the China seas and Ja- pan. Vol. II, Washingt. 1856, p. 366, 369. 2) Aardrijks-en volkenkund. toelicht. tot de ontdekk. van Maert. Gerritsz. Vries. Amsterdam 1858, p. 25 26. 3) Reisen und Forsch. Bd. II, p. 780. achtungen vor, die den Verlauf der kalten Strömung längs der Nordostküste von Nippon im Gegensatz zum Kuro-siwo in der praegnantesten Weise darthun. Es sind die Beobach- tungen, welche auf drei Fahrten der Corvette «Warjag» im Mai 1865 und im Januar und Februar 1866, so wie auf einer Fahrt des Klippers «Wssadnik» im December 1869 zwi- schen Yokohama und Hakodate gemacht worden sind. Vergleicht man die nach den Mit- teltemperaturen des Wassers entworfenen Curven (Diagg. 8— 1 1), so haben alle genau den- selben Verlauf: so wie man aus der Bai von Jedo hinaus ist1), steigt die Temperatur des Wassers, weil man in den Kuro-siwo eintritt; in diesem hält sie sich auf ansehnlicher Höhe, denn trotzdem dass die Fahrten in solchen Monaten stattfanden, in denen das Wasser eine niedrige, ja zum Theil seine niedrigste Temperatur hat, finden wir hier doch folgende mittlere Temperaturen des wärmsten Tages und Maxima an demselben: Mitteltemperatur. Maximum. Im Mai, d. 9 . . 15,5° 17,1° » December, d. 17. . . 16,4 16,5 » Januar, d. 26. . . . . 14,8 15,5 » Februar, d. 19. . . . . 13,1 14,2 Mit der Fahrt nach Norden und der Annäherung an die Küste findet, in mehrfachen Absätzen oder plötzlich, ein jäher Sturz der Temperatur statt, — man kommt eben aus dem Kuro-siwo in die Kurdische Strömung, in welcher noch südlich und östlich von der Sangar- Strasse das Minimum der Temperatur erreicht wird. Die mittlere Tèmperatur des kältesten Tages und das Minimum an demselben betrugen namentlich : Mitteltemperatur. Minimum. Im Mai, d. 12 . . . 6,3° 5,2° » December, d. 14. . . . 8,7 8,0 » Januar, d. 23. . . . . . 5,5 3,2 » Februar, d. 20. . ... 5,3 2,7 Es fiel somit die Temperatur des Wassers: Im Mai in 3 Tagen im Mittel um 9,2°, vom Maximum zum Minimum um 11,9° » December » » » » » 7,7 » » » » « 8,5 » Januar » » » » » 9,3 » » » » » 12,3 » Februar in 1 Tage » » » 7,8 » » » » » 11,5 Mit dem Eintritt in die- Sangar-Strasse steigt die Temperatur des Wassers, wie schon oben bemerkt worden, wieder, und zwar im Mittel um 0,8 — 1,6°, vom Minimum ausser- halb derselben aber bis zum Maximum in derselben, wie das Diagramm 13 lehrt, in weni- 1) Wir betrachten dabei die Fahrten vom Decem- | nach Hakodate und nicht in umgekehrter Richtung ge- ber und Januar, als wären sie ebenfalls von Yokohama j macht. StRÖMUNGS VERHÄLTNISSE IM OCHOTSKISCHEN UND JAPANISCHEN MEERE. 17 gen Stunden auch um nahe 5°, was wohl zum besten Beweise dafür dient, dass es auch süd- lich von der Strasse, gleichwie östlich und nördlich, eine kalte Strömung giebt. Betrachten wir nun die einzelnen Fahrten genauer, um die Verbreitung der Kurdi- schen Strömung nach Süden, ihre Abgränzung gegen den Kuro-siwo, das etwaige Hervor- treten von Streifen verschiedener Temperatur in derselben u. dgl. Verhältnisse m. näher kennen zu lernen. Ich habe zu dem Zweck von drei der erwähnten Fahrten die Tempera- turcurven nach den Einzelbeobachtungen construirt. Die Fahrt im Mai (Diagr. 12) zeigt die höchsten Temperaturen im Kuro-siwo, von 16,4 — 17,1°, im 34. und 35. Breitengrade. Mit dem 36. Breitengrade nahm die Tempe- ratur des Wassers merklich ab, indem sie meist nur etwas über 1 3° betrug und nur ein- mal, um Mittag des 10. Mai, bis 14,7° stieg, dafür aber drei Stunden später auch bis 12,5° fiel. Um 12h Mittags den 11. Mai, in 37°43'N. und 142°09' 0. (obs.)1), hatte man nur 12°. Von hier geht die Fahrt fast genau nach Norden, und zwar ungefähr längs dem 142° östl. L. vor sich, wobei man der in nordnordöstlicher Richtung verlaufenden Küste Nippon’s mehr und mehr sich nähert. Nach Maassgabe dieser Annäherung sinkt auch die Temperatur des Wassers: im 38. Breitengrade hat man 10 und 11°. Da die Ver- gleichung des berechneten Ortes mit dem observirten schon um Mittag des 11., in 37° 43' N. und 142° 09' 0., die Wirkung einer südwestlichen Strömung verrieth, so scheint es, dass man sich schon eine Zeitlang nur noch in einer dünnen Schicht Kuro-siwo-Wassers bewegte, welches die Kurilische Strömung überfluthete und durch dieselbe abgekühlt wurde. Mit dem 39. Breitengrade fällt die Temperatur des Wassers rasch: um 8h Abends hatte man, in 38° 54' N., noch 11°, um Mitternacht, in 39° 24', nur 8°. Hier dürfte man also wohl schon in der Kurdischen Strömung nahe ihrer Ostgränze sich befunden ha- ben, denn 4 Stunden später, um 4k Morg. am 12., hatte man in 39° 50' nur noch 5,2°, d. h. die niedrigste Temperatur, die es auf der ganzen Fahrt überhaupt gegeben hat, und war also schon unzweifelhaft tief innerhalb der erwähnten Strömung. Die Länge, in der man sich in 39° 24' N. befand, war 142° 27' 0. Das gäbe also eine Breite der Kurdischen Strö- mung an dieser Stelle, bis zur Küste von Nippon gerechnet, von etwa 10 geogr. Meilen. Die niedrige Temperatur von etwas über 5° hielt auch weiter nordwärts bis zur Breite von 41° 10'an, wo es, etwas östlich und südlich von der Sangar- Strasse und offenbar unter dem Einfluss ihrer zum Tlieil warmen Strömung, wieder eine Erhöhung der Temperatur auf 8,2°, und dann ein mehrfaches Schwanken derselben zwischen 8 und 7^ gab. Die Temperatur der Luft war, wie man es im Mai nicht anders erwarten konnte, fast, immer höher als die- jenige des Wassers; nur am 10. hatten die Nordwinde sie stark herabgedrückt Am 11. und 12. aber übertraf sie wieder vielmals diejenige des Wassers, was natürlich auch für die kalte Strömung spricht. Der Zickzackverlauf der Temperaturcurven des Wassers am 1) Um die durch Beobachtung bestimmten Ortspositio- I als nur annähernd richtig sein können, zu unterscheiden, nen von den nur durch Schiffsrechnung ermittelten, die j habe ich es jedesmal bezeichnet, wenn eine hier ange- in Meeren, wo es starke Strömungen giebt, nicht anders | führte Ortsposition eine observirte ist. Mémoires de FAcad. Imp. des sciences, Vllme Serie. 3 18 L. V. SCHEENCK, 10. Mai von 9k Vormitt. bis 8b Abends und desgleichen am 11. Nachmittags lässt die Streifen kälteren und wärmeren Wassers an der Gränze des Kuro-siwo und der Kurdischen Strömung deutlich erkennen. Eine Streifung geringeren Grades findet sich auch nahe der Sangar-Strasse, wie wir sie schon oben besprochen haben. Die Fahrt des Klippers «Wssadnik» von Hakodate nach Yokohama im December 1869 zeigte zunächst für den absteigenden Arm der Kurdischen Strömung keine so starke Tem- peraturdepression, wie auf dem «Warjag» im Mai beobachtet worden. Das könnte insofern auch ganz glaublich erscheinen, als die starke Abkühlung des Wassers an dem Ursprungs- örte dieser Strömung erst im Laufe des Winters erfolgt. Indessen zeigten die in den fol- genden Wintermonaten ausgeführten Fahrten, wie wir sogleich sehen werden, doch viel niedrigere Temperaturen. Man wird also diesmal vielleicht zufällig einem aus der Sangar- Strasse tretenden Streifen wärmeren Wassers gefolgt sein. Zudem entfernte man sich so- gleich weiter von der Küste, bis zum 143° östl. L., und hier war es,' wo. man von 40° 37' bis 39° 51' N. 8°, d. h. die niedrigste auf dieser Fahrt überhaupt zur Erscheinung gekom- mene Temperatur beobachtete. Alsdann stieg man ungefähr parallel der Küste herab und blieb somit bis zum 15. Dec. weiter als im Mai von derselben entfernt. Von der zuletzt genannten Breite nach SSW ging die Temperatur allmählich in die Höhe und betrug in 39° 04' N. und 142° 48' 0. 9,7 und etwas südwestlich davon 10,5°. Sieht man nun die Temperatur von 8° noch als der Kurdischen Strömung nahe ihrer Ostgränze und diejenige von 9,7 als dieser Gränze selbst angehörig an, wo vielleicht schon eine Ueberflutliung der kalten Strömung durch eine dünne Schicht Kuro-siwo-W assers stattfindet, so gäbe das für die Kurdische Strömung im 39. und 40. Breitengrade eine Breitenausdehnung bis zur Kü- ste von ungefähr 12 — 13 geogr. Meilen. Mit dem 38. Breitengrade stieg die Temperatur des Wassers rasch, indem man in 38° 37' N. und 142° 36' 0. schon 13,5° hatte — eine Temperatur, die mit geringen Schwankungen durch drei Breitengrade anhielt, da man sie bis in 35° 37' N. und 141° 28' 0. beobachtete. Erst südlich von der letzterwähnten Breite hatte man am 17 — 19. Dec., beim Hin- und Herkreuzen im Kuro-siwo, beständig hohe Temperaturen, von 16° und darüber, bis man in die Bai von Jedo einlief, in welcher es wieder eine Temperaturdepression bis 13° (als Minimum) gab. Diese Temperaturen im Kuro- siwo stimmen mit den im Mai beobachteten sehr nahe überein, mit dem alleinigen Unter- schiede, dass im Mai, bei anfangs etwas östlicherer Fahrt die niedrigeren Temperaturen, von etwas über 13°, erst vom 36. Breitengrade begannen, während sie im December, bei ge- ringerer Entfernung von der Küste, von Norden gegangen, bis 35y2° anhielten und dann erst höheren Temperaturen wichen. Die im December im Vergleich zum Mai viel geringe- ren Differenzen sowohl zwischen den Mitteltemperaturen, wie zwischen dem Maximum und Minimum im Euro-siwo einerseits und in der Kurdischen Strömung andererseits sind aber nur auf Rechnung des Umstandes zu schreiben, dass, wie bereits erwähnt, die niedrigste Temperatur in der letzteren im December vermuthlich nicht zur Beobachtung gelangt ist. . Diese Differenzen entsprechen somit nicht der 'Wirklichkeit. Ganz anders wie im Mai, war Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 19 im December die Temperatur der Luft während der ganzen Fahrt, wie es für diesen Mo- nat zumal bei den herrschenden Nordwinden auch zu erwarten stand, beständig tief unter derjenigen des Wassers, und nur während der grössten Temperaturdepression des letzteren, bis 8°, war die Luft zeitweise wärmer als das Wasser. Die im Januar von der Corvette «Warjag» in derselben Richtung wie im December vom «Wssadnik» ausgeführte Fahrt (Diagr. 13) zeigte zunächst eine starke Temperaturde- pression mit dem Austritt aus der Sangar-Strasse : war die Temperatur des Wassers in der letzteren 8°, so betrug sie fünf Stunden später östlich von derselben, in 41° 30' N. und 142° 11' 0., nur 3,2° und weiter südöstlich, in 41° 12' N. und 142° 36' 0., 5,2°. Die Fahrt ging jedoch, ebenso wie im December, gleich nach östlicheren Längen, bis zum 143°. und über denselben hinaus, weshalb die starke Temperaturdepression nur sehr kurze Zeit dauerte und man weiter südlich wieder Temperaturen fand, die mit denjenigen im December sehr nahe übereinstimmen; so gab es am 24. Jan. in 40° 41' N. und 142° 43' 0. 7°, in 39° 55' N. und 142° 58' 0. 9° und in derselben Länge in 39° 30' N. (obs.) 10,2° (im Dec. hatte man in 39° 04' N. und 142° 48' 0. 9,7 und etwas südwestlicher 10,5°). Diese Ueber- einstimmung der Temperaturen in beiden Monaten bestärkt mich in der Ansicht, dass im December die wirkliche niedrigste Temperatur der Kurdischen Strömung nicht zur Beob- achtung gelangt sein kann. Den ganzen 24. und einen Tlieil des 25. Jan. ging die Fahrt fast genau nach Süden, ungefähr dem 143. Längengrade entlang, vor sich. Auf die oben erwähnte Temperatur von 10,2° folgten nun, südwärts gegangen, im 39. und 38. Breiten- grade wiederum niedrigere, von 9,7 und 9,8°, dann aber, in 38° 13' N., auch von 12° — Schwankungen, die gewiss dafür sprechen, dass man sich dort nahe der Gränze zwischen der Kurdischen Strömung und dem Kuro-siwo befand, wo der letztere die erstere zum Theil mit einer dünnen Schicht überfluthen mag, wie ich es schon oben ausgesprochen habe. Für die Breite von 39°55'N. hätten wir demnach wiederum eine Breitenausdehnung der Kurdischen Strömung bis zur Küste von ungefähr 12— 13 geogr. Meilen. Erst mit dem 37. Breitengrade treten Temperaturen von etwas über 13° ein, doch halten sie nicht lange an, denn in 37° 10' N. und 143° 09' 0. (obs.) hat man schon 14,2° — eine Temperatur, die auch durch den ganzen 36. Breitengrad anhält. In demselben Breitengrade hatte man im Mai, in west- licheren Längen, nur Temperaturen von etwas über 13°, und im December, bei noch grös- serer Nähe zur Küste, setzten sich diese letzteren, niedrigeren Temperaturen sogar bis 35У2° N. fort. Erwägt man, dass man im Januar in denselben Breiten im Vergleich zum December eher niedrigere als höhere Temperaturen erwarten darf, so liegt der Schluss nahe, dass in diesen Breiten im Kuro-siwo die Temperatur des Wassers mit der Annähe- rung zur Küste abnimmt, was wiederum darauf deuten würde, dass die längs der Ostküste Nippon’s herabsteigende kalte Strömung nicht bloss, wie Siebold meinte, bis in 37У2° n. Br., sondern auch noch weiter, bis zum 36. Breitengrade, ja auch noch über diesen hinaus sich erstreckt, und also wohl erst am grossen Ostcap Nippon’s, dem Daiho-saki, in 35° 45' N. auslaufen dürfte. Das gäbe aber eine Erstreckung der Kurdischen Strömung nach Süd, 3* 20 L. V. S CHRENCK, die derjenigen der Polarströmung an der Ostküste Amerika’s nur um etwa 10 Breitengrade naelistünde. Das letzte Stück der Januar-Fahrt, am 26., fiel mit demjenigen der December- Fahrt vom 17. zusammen, zeigte aber um etwa 1° niedrigere Temperaturen — eine Ab- kühlung, wie man sie im Januar im Vergleich zum December ganz erklärlich finden wird. Um so wahrscheinlicher wird es aber, dass die im 36. Breitengrade in diesem Monat im Vergleich zum December und auch zum Mai beobachteten höheren Temperaturen nur der etwas grösseren Entfernung von der Küste zuzuschreiben sein dürften. Die plötzliche starke Depression der Temperatur des Wassers von 472° mit dem Eintritt in die Bai von Jedo ist ebenfalls der Jahreszeit ganz entsprechend, so wie nicht minder der Umstand, dass wäh- rend der gesammten Fahrt die Temperatur der Luft, zumal unter den fast ununterbrochen herrschenden Nord- und Westwinden, beständig tief unter derjenigen des Wassers stand. Die Temperaturcurven der Februar-Fahrt des «Warjag» von Yokohama nachHakodate (Diagr. 14) sind im allgemeinen Verlauf den oben besprochenen ganz ähnlich. Gleich wie im Januar steigt die Temperatur des Wassers mit dem Austritt aus der Bai von Jedo und dem Eintritt in den Kuro-siwo in wenigen Stunden um 4,1°. Im Kuro-siwo ist sie aber im 34. und 35. Breitengrade etwa um niedriger als im Januar, was theils der fortge- setzten Abkühlung des Wassers gemäss der Jahreszeit, theils auch dem Umstande zuzu- schreiben sein mag, dass die Fahrt anfangs in grösserer Nähe zur Küste stattfand. Für das Letztere spricht namentlich auch der Umstand, dass man die höchste Temperatur erst im 36. Breitengrade, mit der Entfernung von der Küste beobachtete, und zwar eine Tempe- ratur von 14,2°, wo es auch im Januar ebenso viel gab. Allein diese Temperatur hielt nur sehr kurze Zeit an, und im 37. Breitengrade gab es wiederum nur Temperaturen von 13,8 — 12,5°; im 38. Breitengrade fiel die Temperatur des Wassers auf 11 und 10°, und in 39° 12' N. und 143° 0. hatte man bereits 8,5° (wo es im Januar und December in nahe derselben Breite und Länge 10,2 und 9,7—10,5° gegeben hatte). Nimmt man hier die Ost- gränze des absteigenden Armes der Kurilischen Strömung an, so gäbe das für denselben an dieser Stelle eine Breite von über 15 geogr. Meilen. Im Mai fanden wir ihn ungefähr an derselben Stelle etwa 10, im December und Januar 12 — 13 geogr. Meilen breit. Er- wägt man, wie unsicher und nur ganz annähernd diese Bestimmungen sein können, so geben sie doch noch ziemlich übereinstimmende Resultate, welche den Schluss nahe legen, dass die kalte Strömung längs der Küste von Nippon im Februar und im Winter überhaupt eine ansehnlichere Breite als zu anderen Jahreszeiten, z. B. im Mai, haben dürfte, indem so- wohl die im Winter erfolgende Abkühlung des Wassers, als auch die alsdann herrschenden Nord- und Westwinde einerseits den Kuro-siwo zurückdrängen und andererseits die Kurdi- sche Strömung verstärken müssen. Dafür spricht auch die im Februar beobachtete viel stärkere Temperatur dépréssion in der Kurilischen Strömung, denn in 39° 38' N. und 143° 04' 0. (obs.) hatte man bereits 3,5° und in 40° 40' N. und 142° 36' 0. sogar nur 2,7°, worauf die Temperatur des Wassers mit der Annäherung zur Sangar- Strasse wieder zu steigen begann und am Eingänge in dieselbe die bereits oben erwähnte Erscheinung kälterer und Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 21 wärmerer Streifen im Wasser zu erkennen gab. Bemerkenswert!! ist endlich an den Fe- brnarcurven noch der Umstand, dass die Temperatur der Luft, so schwankend und schein- bar von der Windrichtung abhängig sie während der Fahrt auch war, doch im Kuro-siwo stets unter derjenigen des Wassers zurückblieb, in der Kurdischen Strömung hingegen die- selbe weit übertraf und erst in der Sangar-Strasse, offenbar unter dem Einfluss der von Westen eintretenden wärmeren Strömung, wieder unter die Temperatur des Wassers hinab- sank. In diesem Verhältniss spricht sich der verschiedene Charakter der in Rede stehenden Strömungen ebenfalls sehr deutlich aus. Fassen wir das zuletzt Besprochene kurz zusammen, so geht aus den Temperaturbe- obachtungen auf dem «Warjag» und dem «Wssadnik» hervor: 1) dass längs der Nordost- küste von Nippon unzweifelhaft eine kalte Strömung hinabsteigt, als Fortsetzung der Kuri- lischen, durch ihre niedrige Temperatur vom Kuro-siwo deutlich unterschieden und mehr oder weniger scharf abgegränzt; 2) dass ferner diese kalte Strömung südwärts bis über den 36. Breitengrad hinaus verläuft, wahrscheinlich bis zum grossen Ostcap Nippon’s, dem Dailio- saki, von welchem an der Kuro-siwo eine östlichere Richtung annimmt; und 3) dass die Breite dieser kalten Strömung zwar im Allgemeinen gering ist, je nach der Jahreszeit aber wechselt, indem im Winter, bei den herrschenden Nord- und Westwinden, der Kuro-siwo zurückgedrängt wird und einen kleineren, im Sommer, zurZeit der Süd- undOstwinde, hin- gegen einen grösseren Theil der kalten Strömung überfluthet. Diese Resultate widerlegen also vollständig die Angabe Bent’s, dass der Kuro-siwo längs der Ostküste von Nippon, ohne auf eine kalte Gegenströmung zu stossen, bis zur Sangar-Strasse gelange. Desgleichen folgt aus ihnen so gut wie von selbst das Irrthümliche einer anderen Ansicht Bent’s, dass es nämlich unter dem Kuro-siwo keine kalte Gegenströmung wie unter dem Golfstrom gebe — ein Um- stand, dem Bent es zuschreibt, dass der Kuro-siwo auch keine Streifen (oder Schichten — «strata») kalten, sondern höchstens nur kühlen Wassers hat. Wenn jedoch eine grössere oder geringere Ueberfluthung der kalten Strömung durch den Kuro-siwo, wie wir sie oben als wahrscheinlich kennen gelernt haben, stattfindet, und wenn ferner ein Theil der Kuri- lischen Strömung als schmaler Streifen zwischen der Küste und dem Kuro-siwo, wie oben nachgewiesen, beständig zu Tage tritt, so ist nicht wohl denkbar, dass ein anderer und viel- leicht sogar grösserer Theil derselben nicht als Tiefenströmung unter dem letzteren fort- ginge. Sinkt aber die kalte Strömung theilweise unter die ihr entgegenkommende warme hinab, um ihren Weg in der Tiefe fortzusetzen, so kann es leicht geschehen, dass sie stel- lenweise, der -Oberfläche näher tretend, diese mehr oder weniger abkühlen und so inner- halb der warmen Strömung Streifen kälteren Wassers hervorbringen wird. Ich werde wei- ter unten auf russischen Schiffen gemachte Temperaturbeobachtungen anführen, welche die Existenz solcher kalten oder kühlen Streifen, wie sie Bent im Kuro-siwo angiebt, bestäti- gen. Umgekehrt dient also auch die Existenz dieser kalten Streifen zum Beweise, dass es eine dem Kuro-siwo entgegenkommende und zum Theil unter demselben fortgehende Strö- mung giebt. Ist aber die Erscheinung kalter Streifen im Kuro-siwo weniger auffallend und 22 L. V. SCHEENCK, namentlich die Temperatur in denselben höher als in den entsprechenden Streifen im Golf- strom, so hat dies nur darin seinen Grund, dass die Kurdische Strömung, weil sie aus dem Ochotskischen und nicht, wie В ent meinte, aus dem Eismeere kommt, weder an Umfang, noch an Temperaturdepression mit der Polarströmung des Atlantischen Oceanes sich messen kann. Der Unterschied zwischen dem Kuro-siwo und dem Golfstrom, hinsichtlich der kal- ten Gegenströmung in der Tiefe und der durch dieselbe bedingten Erscheinung kalter Streifen in denselben, ist also nur ein quantitativer, nicht, wie В ent meinte, ein qualitati- ver. Und damit wird die Analogie der erwähnten warmen und kalten Strömungen im Atlan- tischen und Stillen Océan noch vollständiger, als man bisher meinte. ä. Saclialiidsdie Strömung. Ueber die Sachalinische Strömung liegt uns ein viel geringeres Material an Tempe- raturbeobachtungen als über die Kurilische vor. Dass der Ursprung derselben ebenfalls im Norden und Nordosten des Ochotskischen Meeres liegt, lässt sich, wie ich bereits früher dar- getlian, schon daraus entnehmen, dass einmal der Salzgehalt des Wassers im Osten von Sachalin, nach Horner ’s Beobachtung, ein ganz anderer und viel grösserer als gleich west- lich von der Nordspitze der Insel, dem Cap Elisabeth, ist, wo sich eine plötzliche, zum Amur-Liman hin rasch zunehmende Yersüssung des Wassers einstellt ; dass ferner gleich westlich vom Cap Elisabeth von Krusenstern und späteren Seefahrern eine durch den Ausfluss des Amur-Stromes zum Ochotskischen Meere hervorgerufene Strömung in entge- gegensetzter Richtung, nach Norden, bemerkt worden ist, und dass endlich in 3 — 4 Meilen Entfernung von der Nordspitze Sachalin’s ein Brechen und Branden der Wellen stattfindet, wie man es beim Zusammenstossen entgegengesetzter Strömungen in der Regel wahrzu- nehmen pflegt1). Es ist mir daher unbegreiflich, warum Berghaus in seiner «Chart ofthe World»2) in diesem Punkte von meiner Darstellung abgewichen ist und, vermuthlich King ’s «China Pilot»3) folgend, die Strömung längs der Ostküste von Sachalin nur als eine Fortset- zung der aus dem Amur-Liman kommenden und um die Nordspitze dieser Insel herumbie- genden Strömung dargestellt hat. Weisen nun aber die erwähnten Umstände auch auf einen nördlichen Ursprung der Sachalinischen Strömung hin, so gab es doch bisher in dieser Richtung keinen anderen Anhaltspunkt, als etwa einmal Rikord’s Angabe, dass er nord- östlich von der Insel St. Jonas, in 8% Meilen Entfernung von derselben, einer von NO nach SW laufenden Strömung begegnet sei, deren Geschwindigkeit er auf eine Meile in der Stunde schätzte, und (kmn Erman’s Beobachtung einer aus dem Gishiginsker und Penshinsker Meer- busen in derselben Richtung hinaustretenden kalten Strömung4). Gegenwärtig liegen uns jedoch 1) S. meine Reisen und Forschungen im Amur-Lande, Bd. II, p. 790, 798, 821, 822. 2) Ausg. von 1868/69. 3) Ausg. von 1861, p. 419, 420. 4) Reisen und Forsch, etc. Bd. II, p. 758, 759. Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 23 Temperaturbeobachtungen vor, welche die vonKrusenstern längs derOstküste von Sachalin bis zur Nordspitze dieser Insel aufwärts verfolgte Strömung unmittelbar weiter nach Nor- den und Nordosten zu verfolgen gestatten. Lehrte schon die oben besprochene Fahrt der Corvette «Warjag» von Gishiginsk nach Ochotsk (Diagr. 2) zu einer Zeit, da das Was- ser seine Maximalwärme zu haben pflegt, am 20. und 21. August, südwestlich von dem Gishiginsker Meerbusen verhältnissmässig nur niedrige Temperaturen, von 8,0 — 9,4° im Mittel und 7,5° als beobachtetes Minimum, kennen, und weist namentlich auch der Um- stand, dass das Wasser dort beständig kälter als die Luft war, während später, vom 22. Aug. ab, nord- und westwärts stets das für diese Jahreszeit normale umgekehrte Verhält- niss stattfand, auf eine in der Richtung nach Südwest herabsteigende kalte Strömung hin, so giebt eine andere Fahrt desselben Schiffes diese Strömung etwas südlicher und westlicher in der praegnantesten Weise zu erkennen. Es ist die Fahrt, welche die Corvette vom 28. Aug. bis zum 10. Sept, von Ochotsk nach der Bai de Castries ausführte (Diagr. 15). Die an- fängliche Temperatur des Wassers gleich südlich von Ochotsk, im 58. bis 56. Breitengrade, war eine verhältnissmässig sehr hohe: am 28. Aug. beständig über 12°, um 12k Mittags und 3h Nachm, sogar 12,5°, am 29. fast beständig über 11°. In der Nacht auf den 30. Aug. fand aber eine plötzliche, starke, jedoch nur zeitweise Depression der Temperatur des Wassers statt. Ich habe sie im Diagramm 16 graphisch wiedergegeben. Um 8h Ab. betrug die Temperatur des Wassers noch 10,5°, um Mitternacht, in 55° 49' N. und 145° 24' 0., nur 8,5 und um 3h Morg. sogar nur 5,5°. Man war auf diese plötzliche Temperaturdepres- sion aufmerksam geworden und machte nun die Beobachtungen häufiger: um 4k Morg., in 55° 36' N. und 145° 28' 0., gab es 5,7°, um 5’1 7,5° und um 9k Morg., in 55° 19' N. und 145° 30' 0., wiederum 11,5°, ja, am folgenden Tage, den 31. Aug., betrug die Temperatur des Wassers sogar ebensoviel wie zu Anfang der Fahrt, am 28., d. h. wieder beständig über 12 und bis 12,5°. Man hatte also in der Nacht vom 29. auf den 30. Aug. im Mittel eine Abnahme der Temperatur des Wassers um 1° in der Stunde, bis 3h Morg. (wenn nicht eine noch stärkere Depression vor 3 Uhr stattgefunden haben sollte), und alsdann wiederum eine eben so rasche Zunahme derselben, so dass sie um 10u Ab. am 29. und ebenso wieder um 7h Morg. am 30. Aug. 9,5° betragen haben muss. Eine ganz ähnliche Temperaturdepres- sion, bis zu 5,5°, gab es gleichzeitig auch in der Luft. Man hatte hier also offenbar eine scharf markirte kalte Strömung gekreuzt, und zwar, wenn man die oben bezeiclmeten Temperaturen von 9,5° als Gränzen derselben annimmt, in der Breite von 55° 55 — 25' und der Länge von 145° 22 — 29'. in der letztgenannten Breite und Länge befand man sich schon wieder ausserhalb derselben oder an deren südöstlichem Rande, — die Strömung hatte also eine Breite von ungefähr einem halben Breitengrade oder nahe 7 gecgr. Meilen und ging nach Südwest, d h. genau zur Nordostspitze von Sachalin. Verlängert man aber diese Linie weiter nach Nordost, so stösst man auf den Eingang in den Gishiginsker Meerbusen, wo unser Diagramm 2 die niedrigen Temperaturen des Wassers angiebt und wo auch Erman eine nach Südwest laufende Strömung beobachtete. So liefern uns die erwähnten Temperatur- 24 L. Y. SCHRENCK, beobachtungen einen stricten Beweis für das Herabsteigen einer kalten südwestlichen Strö- mung zur. Nordostküste von Sachalin. Auch auf den weiteren Verlauf der Sachalinischen Strömung längs der Ostküste dieser Insel bis in die Nähe des Caps der Geduld werfen diese Beobachtungen einiges Licht. Die Fahrt ging im Allgemeinen fast in Meridianrichtung nach Süden durch die ganze Länge des Ochotskischen Meeres, über 1 2 Breitengrade hinweg. Man hätte also eine tägliche und ansehnliche Temperaturerhöhung im Wasser wie in der Luft erwarten sollen. Eine solche fand aber keineswegs statt. Im Gegentheil sehen wir die Temperatur des Wassers, und eben so der Luft, nachdem sie am 31. Aug. nach Durchkreuzung der oben erwähnten kal- ten Strömung wieder die anfängliche Höhe von 12° und darüber erlangt hatte, in den fol- genden Tagen bei fortgesetzter, beständiger Fahrt nach Süden rasch fallen. Der Grund liegt aber offenbar darin , dass man sich zugleich auch etwas westwärts begab und der Ost- küste Sachalin’s näherte, ja, die nach Maassgabe der Annäherung an Sachalin erfolgende Abnahme der Temperatur lässt sich ganz genau Tag für Tag verfolgen: sie ist am 1. Sept., als das Schiff sich der Ostküste von Sachalin nur wenig näherte, noch unbedeutend, im Mittel nur 0,7°; am 2., bei grösserer Annäherung, fällt die Temperatur rasch, im Mittel um 2,3°, ja, wenn man das Minimum an diesem Tage (8° in 51° 25' N. und 145° 08' 0.) mit dem Maximum am 31. Aug. vergleicht, sogar um 4,5°; am 3. Sept, entfernt man sich wieder etwas von der Küste und die Temperatur steigt sofort in demselben Maasse, indem es kein so niedriges Minimum wie am 2. giebt und die Mitteltemperatur um 0,1° höher wird; am 4. nähert man sich wieder sehr der Küste und hat sogleich wieder eine Temperaturde- pression von 0,3° im Mittel und ein Minimum von 8,5°, und zwar fällt dieses genau in die Beobachtungsstunde, in welcher man sich in der grössten Nähe zur Küste befand, d. h. um 12h Mittags, in 50°15'N. und 144° 24' 0. (obs.). Obgleich man sich also hier im Ver- gleich zum Mittag des 28. Aug., dessen observirter Ort 57° 49' N. und 144° 38' 0. betrug, nahe in derselben Länge, aber um 7ya Breitengrade südlicher befand, so war die Tempe- ratur des Wassers doch um 4° geringer. Diese Thatsachen stellen gewiss die von Krusen- stern wahrgenommene Existenz einer längs der Ostküste von Sachalin herabsteigenden kalten Strömung ausser allen Zweifel. Ferner scheinen sie aber auch dasjenige zum Theil zu bestätigen, was ich aus den Bemerkungen verschiedener Seefahrer über die wechselnde Erstreckung dieser Strömung nach Süd geschlossen habe x). Darnach müsste- sie nämlich im Sommer, zur Zeit des SW-Monsuns, am weitesten vor der alsdann bis über das Cap der Geduld hinausgehenden Tsu-sima-Strömung nach Norden Zurückbleiben, im Winter hingegen am meisten nach Süden Vordringen und sogar über die Bai der Geduld hinaus bis zur Ostküste Südsacliaiin’s gelangen. Krusenstern fand sie namentlich im Juli erst von 50. Breitengrade an nach Norden. Unsere Temperaturbeobachtungen weisen sie, ganz damit übereinstimmend, am 4. Sept, in 50° 15' n. Br. nach. Zieht man jedoch in Betracht, 1) Reisen und Forsch. Bd. II, p. 789. Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere, 25 dass die am 2. Sept, beobachtete Temperatur von 8° in einer Entfernung von l3/4 Längen- graden, also etwa 17geogr. Meilen von der Küste statt hatte, während am 4. das oben er- wähnte Minimum von 8,5° nur in der Entfernung von y2 Längengrade oder etwa 5 Meilen von der Küste beobachtet wurde, so scheint der Schluss gerechtfertigt, dass die Strömung nach Süden rasch sich verschmälert und an dem letzteren Orte, in 50° 15' n. Br., ihrem gänzlichen Auslaufen nahe steht, über das Cap der Geduld aber in dieser Jahreszeit in kei- nem Falle sich verbreitet. Und damit stehen denn auch die in den folgenden Tagen, nach dem 4. Sept., gemachten Temperaturbeobachtungen im Einklänge. Denn am 5. bis 7. Sept, stieg zwar mit der Entfernung von Sachalin die Temperatur des Wassers, allein nur sehr allmählich und um sehr Weniges, um 0,5 — 0,7°, und erst am 8., als man sich über die Breite des Caps der Geduld hinaus befand, trat ein rasches Steigen der Temperatur des Wassers ein, trotzdem man sich der Küste von Sachalin wieder näherte, ja am 9. Sept., in der La Pérouse-Strasse, gab es bereits 13° und so wie man aus derselben hinaus nahe der Südwestküste von Sachalin war, auch 15,5°. Dort befand man sich aber auch schon in der Tsu-sima-Strömung. 3. и. 4. Liinaii> und Tsu-sima-Sti’öimiiig. Obgleich die Liman- und die Tsu-sima-Strömung der Dichtung wie dem Charakter nach einander direkt entgegengesetzt sind, so müssen wir sie doch zum Tlieil gemeinsam besprechen, denn sie laufen längs den beiden Küsten des nur schmalen Japanischen Meeres hin, so dass auf einer jeden von Küste zu Küste gemachten Fahrt nothwendig beide Strö- mungen gekreuzt werden und also auch die dabei ausgeführten Temperaturbeobachtungen auf beide Bezug haben. Zudem tritt uns der veschiedene thermische Charakter dieser Strö- mungen erst dann am allerpraegnantesten entgegen, wenn wir sie gegen einander halten. Andererseits bietet aber die gemeinsame Besprechung zweier Strömungen, die in entgegen- gesetzter Richtung verlaufen und von denen also die eine dort ihrem Ursprünge nahe steht, wo die andere sich bereits verliert, auch manche Schwierigkeiten dar, indem sie gar zu leicht immer nur sprungweise von der einen zur anderen sich bewegen und daher von keiner von beiden ein anschauliches Gesammtbild geben dürfte. Zudem liegen uns auch manche Fahr- ten vor, die nur längs der einen oder der anderen Küste des Japanischen Meeres ausge- führt worden sind und deren Temperaturbeobachtungen also auch nur auf eine oder die andere der erwähnten Strömungen sich beziehen. Endlich macht auch die grosse Zahl der von verschiedenen Schiffen und zu verschiedenen Jahreszeiten im Japanischen Meere nach allen Richtungen ausgeführten Fahrten, deren Beobachtungen uns zu Gebote stehen, es sehr schwierig, sie bei der Besprechung unter möglichster Vermeidung aller Wiederholungen in eine gewisse, natürliche und anschauliche Reihenfolge zu bringen. Ich glaube nun, um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, den Weg einschlagen zu müssen, dass ich zunächst Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Serie. 4 26 L. V. SCHRENCK, der kalten Liman- und alsdann der warmen Tsu-sima- Strömung von ihrem Ursprünge an abwärts folge, die jedesmalige entgegengesetzte Strömung aber nur in soweit mit betrachte, als sie dazu dient, die erstere praegnanter hervortreten zu lassen. Ehe ich jedoch an diese Betrachtung gehe, die uns aus dem Nordjapanischen in das Südjapanische und aus diesem wieder nach jenem zurück führen wird, muss ich zur Charak- terisirung dieser beiden Meerestheile kurz hervorheben, dass wenn auch beide an der kalten wie an der warmen Strömung Theil haben, doch im Nordjapanischen Meere die kalte Strömung ihrem Ursprünge nahe steht und somit der sich verlierenden warmen gegenüber vorherrscht, im Südjapanischen hingegen umgekehrt. Das ist auch der Hauptgrund des grossen thermischen Unterschiedes zwischen dem Nord- und Südjapanischen Meere, der ausserdem noch dadurch wesentlich unterstützt wird, dass das erstere bei ansehnlicher Längenerstreckung nur eine sehr geringe Breite hat, ja, nach Norden so weit sich verjüngt, dass es in seinem grössten Theile, nördlich von der La Pérouse-Strasse, gewöhnlich nur als Meerenge bezeichnet wird («Manche de Tartarie» bei La Pérouse, «Tatarskij proliv» hei den Bussen) und also um so mehl* unter dem abkühlenden Einflüsse des rauhen Continentalklimas Sihirien’s steht, das Südjapanische hingegen schon durch seine ansehnlichere Breite einem solchen Einflüsse des Festlandes mehr entzogen bleibt. Die natürliche Gränze zwischen beiden giebt ungefähr der 41. bis 42. Breitengrad oder die Linie Sangar- Strasse — Bai Possjet ab. In dieser Begrän- zung habe ich das Nordjapanische Meer auch bei Besprechung seiner Mollusken angenommen. Einen Beweis für die Richtigkeit dieser Abgränzung der genannten Meerestheile geben uns unter Anderem die Temperaturbeobachtungen, die im September 1858 auf einer Fahrt der Corvette «Wojewoda» von Schanghai nach de Castries gemacht wurden. Da diese Fahrt durch die ganze Länge des Japanischen Meeres und dabei ziemlich durch die Mitte desselben ging, so dürfte es passend sein, die bezüglichen Temperaturbeobachtungen hier zu allererst zu besprechen (Diagr. 17). Vergleicht man die mittlere Temperatur des Was- sers am 4. Sept., als sich das Schiff am Eingänge in die Korea-Strasse befand (20°), und am 19., als es in die Bai de Castries einlief (10°), so beträgt die Differenz zwischen beiden, um etwa 1 8y2 Breitengrade auseinanderliegenden Punkten 10°. Das giebt im Durch- schnitt eine Temperaturahnahme von je etwas mehr als einem halben Grad auf jeden Brei- tengrad, um den man nordwärts vorrückte. In der That findet aber die Temperaturab- nahme in den verschiedenen Breiten nicht so gleichmässig statt: in den ersten 7 Tagen, bis zum 11. Sept, (incl.), d. h. auf den 8 ersten Breitengraden oder fast durch das ganze Süd- japanische Meer hindurch, fällt die Temperatur des Wassers im Ganzen nur um 3°, am 12. und 13. hingegen, in der Nähe der oben angegebenen Linie Sangar- Strasse — Bai Possjet, um ЗУ2°, und in den folgenden 6 Tagen auf 9г/2 Breitengraden oder fast durch das ganze Nordjapanische Meer hindurch wiederum nur um ЗУ2°. Das gäbe also für das Süd- wie für das Nordjapanische Meer auf jeden Breitengrad nordwärts eine Temperaturabnahme von nahe 0,4°, auf der Gränzlinie zwischen beiden aber, im 41. — 42. Breitengrade, eine plötz- liche Temperaturdepression von ЗУ2°. So steht also unzweifelhaft das ganze Nordjapanische Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 27 Meer unter der Herrschaft der kalten, das Südjapanische unter derjenigen der warmen Strömung. Wir wollen nun beiden Strömungen in der oben angegebenen Weise folgen. Es ist schon angeführt worden, dass die längs der Continentalküste des Japanischen Meeres herabsteigende Strömung ihren Ursprung im Liman hat, der ausser dem Amur- Wasser auch einen Zufluss aus dem Ochotskischen Meere, jedoch nur als Tiefenströmung erhält. Ueber diesen Zufluss, der für den thermischen Charakter der Limanströmung von der grössten Bedeutung sein muss, da er aus dem so überaus kalten Nordwestwinkel des Ochotskischen Meeres kommt, so wie auch über den Liman selbst liegen uns leider keine Beobachtungen vor, die das bisher Bekannte1) irgend erweiterten, bestätigten oder modi- ficirten. Die sehr complicirten Strömungsverhältnisse in diesem zwischen zwei Meeren ein- geschalteten und nach beiden Seiten seine Abflüsse sendenden Bassin können nur durch eingehende hydrographische Arbeiten auf eigens zu dem Zweck ausgeführten Fahrten, wie sie bisher noch nicht unternommen worden, genügend erforscht werden. Uns liegen nur Temperaturbeobachtungen vor, die den weiteren Verlauf der aus dem Liman nach Süden längs der Festlandsküste herabsteigenden Strömung beleuchten. Die aus der Bewegung von Schiffen, von Treibeis, Treibholz, Seegras u. dgl., so wie aus dem verschiedenen klimati- schen Charakter der beiden Küsten des Japanischen Meeres entnommenen Beweise für die Existenz dieser Strömung sind von mir an einem anderen Orte bereits beigebracht worden 2). Desgleichen sind dort die in den Häfen an der Festlandsküste stattfindenden Eisverhältnisse, die auf den thermischen Charakter der Liman-Strömung von so wesentlichem Einfluss sind, ausführlich erörtert worden3). Hinsichtlich der Temperatur des Wassers ausserhalb der Häfen, in der Liman-Strömung, gab es aber bisher nur ein paar gelegentlich gemachte Be- obachtungen, wie z. B. diejenige Tronson’s, dass es am 17. Juni in der See am Cap Les- seps nur 3,6° gab u. dgl. m.4) Gegenwärtig können wir nun die Temperaturverhältnisse der Liman-Strömung durch das ganze Japanische Meer, von der Bai de Castries bis zur Korea- Strasse, und zum Theil auch durch verschiedene Jahreszeiten verfolgen. Sehr bezeichnend für die kalte Strömung sind die niedrigen Temperaturen, welcliö auf einer Fahrt der Corvette «Wojewoda» zu Anfang des Mai von der Bai Wladimir nach der Bai de Castries beobachtet wurden (Diagr. 18). Erwägt man, dass die genann- ten Orte über 7% Breitengrade auseinanderliegen und dass das Schiff sich zuweilen in et- was grösserer Entfernung von der Küste hielt, wie namentlich am 5. und 6. Mai, so muss man zugeben, dass die Temperatur des Wassers auf der gesammten Strecke eine sehr gleich- mässige und zwar gleichmässig niedrige war : zwischen dem Kaiserhafen und der Bai de 1) S. meine Reisen mul Forschungen im Amur-Lande. Bd. II, p. 790—800, 834 — 83G u. a. m. 2) Reisen und Forsch. Bd. II, p. 800—805. 3) 1. c. p. 83G-845. 4) Tronson, Person. Narrat. of a Voyage in H. M. S. Barracouta. London 1859, p. 311; s. auch meine Reisen und Forsch. Bd. II, p. 840. Zwar lag mir schon damals das vom Dr. Wulffius auf der Corvette «Wojewoda» geführte meteorologische Journal vor, allein in Erman- gelung einer grösseren Anzahl auf Schiffen gemachter Beobachtungen habe ich es damals meist nur in soweit benutzt, als es auf die Küstenorte Bezug hatte. 4* 28 ? L. V. S OHREN CK Castries schwankten die mittleren Temperaturen am 7. — 13. Mai nur um einige Zehntel Grad, und zwar betrugen sie zwischen 0,9 und 1,6°, und an beiden Orten gab es ein Mini- mum von 0,5°. Hier wie da waren aber die Baien auch noch zum Theil mit Eis bedeckt: in der Bai de Castries zerbrach das Eis und wurde die Behde eisfrei am 13. Mai, im Kai- serhafen, wo sich das Schiff am 10. und 11. Mai auf hielt, war die eine Hälfte der Bai mit einzelnen grossen umhertreibenden Eisschollen, die andere noch mit zusammenhängendem, zwei Fuss dickem Eise bedeckt. Ohne Zweifel trägt das aus diesen und anderen Buchten hinaustretende und mit der Strömung südwärts treibende Eis zur gleichmässigen und star- ken Herabdrückung der Temperatur des ЛУ assers weit nach Süden bei. In der That lässt sich diese Temperaturdepression im Mai auch bei Wladiwostok deutlich erkennen. Wie später zu besprechende Beobachtungen (Diagg. 24 und 41) lehren, hatte man dort am 26. Mai im offenen Meere in der Küstenströmung eine mittlere Temperatur des Wassers von 5,8 und ein Minimum von 5,4°, und am 2. Juni eine mittlere Temperatur von 6,5 und ein Minimum von 5,7° — für die Breite von 42У2° gewiss sehr niedrige Temperaturen. Im Mai tritt also die kalte Strömung längs der Festlandsküste in sehr deutlicher Weise hervor. Desgleichen im Juni. Da die Baien und Buchten alsdann ihre Eismassen bereits in das Meer entleert haben und derLiman, schon der herrschend gewordenen Südwinde wegen, seltner und weniger Eis in das Japanische Meer sendet, so ist die Temperatur des Was- sers längs der Festlandsküste im Juni ansehnlich höher als im Mai, wenngleich immer noch niedrig genug. Das Wasser wird jetzt in den Baien wärmer als gleich ausserhalb der- selben, wo die kalte Strömung läuft. Das Diagramm 19 giebt die im Juni auf einer Fahrt der Corvette «Wojewoda» von de Castries nach Hakodate beobachteten Temperaturen wieder. Mit dem Austritt aus der Bai, am 17. Juni, fiel die Mitteltemperatur des Wassers von 6,5 auf 6,1°. Am 18. ging das Schiff etwas nordwärts zurück und näherte sich dabei noch mehr der Küste, bis 51° N. und 140° 56' 0., und sogleich fiel auch die Temperatur desWassers im Mittel auf 5,2° herab, ja, um 9h Vorm, und 12!l Mittags gab es in der an- gegebenen Breite und Länge sogar nur 4°. Von da ab steigt die Temperatur beständig nach Maassgabe als man südlicher kommt, docli betrug sie auch am 22., auf der oben be- zeichneten Gränzlinie zwischen dem Nord- und Südjapanischen Meere und sogar in der Entfernung von nur etwa einem Längengrade von der Küste von Jesso , im Mittel nicht mehr wie 8,9°, und erst am 23., bei noch grösserer Annäherung an die Küste und an die Sangar-Strasse, ging sie rasch in die Höhe, bis auf 11,1° im Mittel und 13,2° als Maximum, um dann in der Sangar-Strasse selbst, wie wir es später noch besprechen werden, wieder etwas herabzufallen. Diese Temperaturverhältnisse bestätigen einmal vollkommen, was oben über den thermischen Charakter des Nordjapanischen Meeres gesagt worden ist, indem auch hier die Temperaturzunahme nach Süden auf 9 Breitengrade, vom 51. bis 42., nur 3,7° oder etwa 0,4° auf jeden Breitengrad betrug. Ferner zeigen sie aber auch, dass im Juni, während die kalte Strömung an der Festlandsküste sehr ansehnlich ist, die wanne an der gegenüberliegenden Küste noch sehr zurücktritt und in der Nähe der Sangar-Strasse Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 29 nur einen schmalen Streifen bildet. — Ganz zur selben Jahreszeit, nur 6 Jahre später, machte die Corvette «Warjag» eine Fahrt längs der Festlandsküste von Wladiwostok nach der Bai Olga und dem Kaiserhafen und fand Temperaturen, welche sich an die obigen, in der Nähe der Bai de Castries ermittelten ganz genau anschliessen und so die Continuität der kalten Strömung unzweifelhaft darthun. In der Tliat betrug, wie das Diagramm 20 lehrt, die mittlere Temperatur des Wassers am 20. Juni beim Kaiserhafen 5,8° und in den vorhergehenden Tagen, vom 16. an, auf der ganzen Strecke bis zur Bai Olga nicht über 6,8°, so dass die Temperaturdifferenz auf einer Strecke von nahe 6 Breitengraden nur ei- nen Grad ausmachte. Auch südlich von der Bai Olga hatte dasselbe Schiff am 9. und 8. Juni nur Mitteltemperaturen von 6,4 und 6,1 J, ja, am letzteren Tage um 9h Morg., in 43° 07' N. und 134° 51' 0., sogar eine Temperatur von nur 5,5° (Diagr. 21). Ganz dieselbe Temperatur, von 5,5°, fand am 24. Juni nur wenig nördlicher und östlicher von dem ange- gebenen Orte, in 43° 28 — 30' N. und 135° 16 — 17' 0., auch der Klipper «Najesdnik», von Hakodate kommend, neun Stunden hindurch (Diagr. 26). Auf der Fahrt des «Warjag» trat jedoch die erwähnte niedrige Temperatur des Wassers erst ein, als man am 7. Juni das im 134°. östl. L. gelegene Cap Ssyssojef doublirt hatte, von welchem ab die Küste die Richtung nach Nordost annimmt, während westlich von demselben verhältnissmässig hohe Temperaturen, von 9,0 — 10,5°, geherrscht hatten. Um 311 Nachmitt, am 7. Juni, in 42° 36' N. und 133° 51' 0., betrug die Temperatur des Wassers noch 10°, um 8!l Ab. hinge- gen, in 42° 48' N. und 134° 04' 0., nur 7Э. Diese plötzliche Temperaturdepression beweist, dass die Liman-Strömung am erwähnten Cap in derselben Richtung wie bis dahin, von NO nach SW bis WSW weiter läuft, während es an der nunmehr ziemlich in der Richtung 0 — W verlaufenden, mit ansehnlichen Buchten und einmündenden Flüssen, wie der Ssuduche, • Ssutschan u. a., versehenen Küste — wohl mit Einschluss des Ussuri- und Amur-Golfes — wärmeres Wasser giebt, welches die kalte Strömung vielleicht zum Theil überfluthet. Der weitere Verlauf der Liman-Strömung in der angegebenen Richtung, am Golfe Pcter’s des Grossen bei Wladiwostok und der Bai Possjet vorbei, wird jedenfalls durch die niedri- gen Temperaturen des Wassers bewiesen, die auf allen später zu besprechenden Fahrten von Hakodate oder Nagasaki nach den genannten Orten oder umgekehrt beobachtet worden sind, und von denen diejenigen, die im Juni gemacht wurden, den oben erwähnten, von de Castries ab in der kalten Strömung wahrgenommenen sehr nahe stehen. Sämmtliche dahin gehörige Diagramme (25, 31, 33, 34, 41) zeigen nämlich vor Wladiwostok und der Bai Possjet im Juni Temperaturen des Wassers von nur 7 und einigen Zehnteln Grad. Dem- nach ist also die Liman-Strömung auch im Juni, gleichwie im Mai, bis nach Wladiwostok und der Bai Possjet hin sehr deutlich erkennbar, indem sie durchweg niedrige Temperatu- ren und auf nahe 10 Breitengraden kaum eine Differenz von 2° zeigt. In den drei folgenden Monaten, Juli, August und September, steigt die Temperatur des Wassers in der Liman-Strömung ganz ansehnlich. Der Grund davon liegt offenbar darin, dass einmal in diesen Monaten in Folge der herrschenden Südwinde kein Eis aus 30 L. V. ScHEENCK, dem Ochotskischen Meere in den Liman dringt, und dass zweitens unter dem Einfluss der ansehnlichen Sommerwärme auf dem Continent das Wasser im Amur-Strom und somit auch im Liman mehr und mehr sich erwärmt hat. Letzteres wiederholt sich natürlich in geringerem Grade auch an allen Flüssen, die an der Festlandsküste zum Nordjapanischen Meere münden, und zwar mit um so grösserer Wirkung, je grösser die betreffenden Flüsse sind, am meisten also wieder an den zum Golfe Peter’s des Grossen oder zu dem sogenannten «kleinen Meer» der Chinesen mündenden Flüssen Ssutschan, Ssuifun, Turnen u. a. Dort können wir daher am ehesten zu dieser Jahreszeit ein zeit- und stellenweises Ufikenntlich- werden der kalten Strömung in Folge ihrer Ueberfluthung durch wärmeres Wasser er- warten. Ausserdem müssen endlich die im Sommer herrschenden Südwinde auch mehr Was- ser von Süden in das Japanische Meer treiben und die von Norden kommende Strömung mehr oder weniger zurückdrängen. Dennoch bleibt diese auch in den genannten Monaten noch deutlich genug, wenn auch durch minder niedrige Temperaturen, erkennbar. Das be- weisen z. B. sogleich die Temperaturbeobachtungen, die vom 17. bis 23. Juli auf einer Fahrt der Corvette «Askold» von Wladiwostok über Bai Olga, den Kaiserhafen und Duï nach de Castries gemacht wurden (Diagr. 22). Gleichwie auf dem vorhergehenden Dia- gramm, sehen wir auch hier zunächst ein rasches Fallen der Temperatur, um mehr als 3°, vom 17. auf den 18. Juli, d. h. von Wladiwostok nach der Bai Olga, welche Strecke in ei- nem Tage zurückgelegt wurde. Die Temperaturdifferenz zwischen den genannten Orten er- scheint uns noch grösser, wenn wir erwägen, dass bald nach der Abfahrt aus Wladiwostok, am 17. um 3h Nachmitt.1), das Wasser 15,3°, um 8h Ab. 14,5, um 4h Morg. am 18. 14,3° und fünf Stunden später, kurz vor Eintritt in die Bai Olga, nur 10,5° betrug, um in der Bai selbst wieder auf 12,4° zu steigen. Der Grund dieser raschen Temperaturdepression ist oben schon erläutert worden, ob aber dieselbe, wie zu vermuthen ist, ebenso wie im Juni mit dem Moment eintrat, als man den Meridian des Caps Ssyssojef oder annähernd den 134°. östl. L. doublirte, ist aus dem Journal nicht zu ersehen. Jedenfalls sind die an- geführten höheren Temperaturen, von 15,3 — 14,3°, im stärker erwärmten Küstenwasser des Golfes von Peter dem Grossen, diejenige von 10,5° in der Liman-Strömung bei der Bai Olga beobachtet worden. Und diese letztere Temperatur erhält sich nun auch auf der ferneren Fahrt nach Norden fast unabänderlich oder jedenfalls nur mit sehr geringen Schwankungen: am 19. und 20. Juli hat man, bei etwas grösserer Entfernung von der Küste, 11 — 11,5°, am 21., näher zu derselben, nur 10° oder etwas darüber, ja, vor dem Kaiserhafen sinkt das Thermometer um 3h Nachm, auch auf 9,5° herab und bleibt in den folgenden Tagen beständig auf nahe 10° bis nach Duï und de Castries hin. Wiederum also eine so grosse Gleichmässigkeit in der Temperatur des Wassers über eine Strecke von ungefähr 9 Breitengraden hinweg, wie wir sie schon im Mai und Juni kennen gelernt haben. Auch ist der Verlauf der betreffenden Temperaturcurven im Juli demjenigen überaus ähnlich, 1) Die Corvette hatte um 12 Uhr Mittags Anker gelichtet. Strömüngsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere, 31 den die Diagramme 21 und 20 — das letztere als Fortsetzung des ersteren betrachtet *— nach den Beobachtungen auf dem «Warjag» für dieselbe Strömung im Juni ergaben. Eine solche Gleichmässigkeit der Temperatur lässt sich aber natürlich nur innerhalb einer Strö- mung erwarten. — Ganz ähnliche Temperaturen wie vom «Askold» wurden im Juli an ver- schiedenen Punkten der Liman-Strömung auch von anderen Schiffen beobachtet. So betrug z. B. nach den Beobachtungen auf dem Klipper «Najesdnik» die mittlere Temperatur des Wassers in der Nähe der Bai Olga am 7. Juli 10,2°, und gleich nach Austritt aus der Bai gab es um 12h Mittags auch nur 9,7° (Diagr. 35). Auch dass man auf der Corvette «Woje- woda» ganz zu Anfang des Juli, am 1., kurz vor Eintritt in die Bai Possjet um 9h Morg. im Wasser noch die dem Juni entsprechende Temperatur von nur 7,7° fand, dürfte zur Bestätigung des Obigen dienen (Diagr. 34). Vom Juli zum August und Anfang des September scheint in der Liman-Strömung im nördlichsten Tlieile des Japanischen Meeres nur eine geringe Temperatursteigerung statt- zufinden. So beobachtete ich auf der Corvette «Olivuza» am 5. und 6. Aug. (1854) nahe dem Eingänge in den Kaiserhafen im Wasser 11 — 11,3° und in der Luft 12,1 — 11,3° (Diagr. 3), am 10. Aug. in 50° 57' N. und 141° 33' 0. (obs.) eine Mitteltemperatur des Wassers von 10,4° und am folgenden Tage nahe dem Eingänge in die Bai de Castries 10,2°, während es in der Luft resp. 12,1 und 11,0° gab. Einen Monat später, am 10. Sept. (1866), fand die Corvette «Warjag» auf der Strecke zwischen dem Kaiserhafen und der Bai de Castries im Wasser eine Mitteltemperatur von 11,9° (zwischen 12,5 und 10,4° schwankend), in der Luft von 10,5° (Diagr. 15) und speciell vor der Bai de Castries, in 50C51'N. und 141°44'0., am 11. Sept, um 4h Morg. im Wasser 11,7°, in der Luft 9,5°. Noch etwas später, am 17. — 19. Sept. (1858), segelte die Corvette «Wojewoda» auf ihrer oben besprochenen Fahrt von Schanghai nach de Castries (Diagr. 17) vom 48. Brei- tengrade an ziemlich parallel der Küste und in nicht gar grosser Entfernung von derselben und hatte im Wasser beständig Temperaturen, die zwischen 11 und 10° schwankten, und Mitteltemperaturen von 10,8, 10,6 und 10,0°, während die Mitteltemperaturen der Luft 9,7 — 8,2° betrugen. Nimmt man in Betracht, dass diese Beobachtungen nicht bloss auf verschiedenen Schiffen, sondern auch in verschiedenen Jahren gemacht worden sind, so muss man zugeben, dass sie sehr gut zu einander passen. Demnach dürfte also erst zu An- fang des September oder frühestens zu Ende des August das Wasser in der Liman-Strö- mung bei der Bai de Castries, und wohl auch unmittelbar südlich von derselben, seine höchste Temperatur von ungefähr 11 — 12° erreichen, und auch erst von dann ab dürfte es, in Folge der bereits starken Wärmealmahme in der Luft, im Mittel wärmer als die letztere werden — ein Verhältniss, das im Ochotskischen Meere, nach den Diagrammen 1, 2 und 15 zu urtheilen, schon etwas früher, im Südjapanischen hingegen (Diagr. 50) etwas später einzutreten scheint. Aus dem südlicheren Theile des Nordjapanischen Meeres haben wir für die Tempera- tur des Wassers in der Liman-Strömung in den Monaten August und September nur sehr 32 L, У. SCHRENCK, wenig Angaben. Auf dem Klipper «Abrek» wurde auf der bereits oben besprochenen Fahrt von der Bai Olga durch die La Pérouse- und Spangberg-Strasse nach dem Stillen Océan (Diagr. 5) am 9. Sept, um 12u Mittags eine Temperatur von 12,9° im Wasser be- obachtet, allein da befand sich das Schiff bereits weit von der Küste, in 137° 08' östl. L. und wohl schon ausserhalb der kalten Strömung oder jedenfalls nahe ihrer östlichen Gränze. Auf zwei Fahrten des Klippers «Najesdnik» (Diagg. 28, 29 und 36, 37) im August zwi- schen Wladiwostok und Hakodate beobachtete man bei der Annäherung an den ersteren Ort am 11. eine Depression der Temperatur des Wassers bis 14y2°, worauf einSteigen derselben bis auf 17° folgte, und am 13. Aug., bald nachdem man den Ort verlassen hatte, umgekehrt wieder ein Fallen der Temperatur von 1 63/4 auf 14°. Beiläufig bemerkt, lagen die Punkte, an denen man auf beiden Fahrten diese niedrigsten Temperaturen beobachtete, nach der Schiffsrechnung auf der Hinfahrt, am 11., in 42° 22 — 34' N. und 132° 15' — 131° 56' 0., und auf der Rückfahrt, am 13., in 42°37 — 18' N. und 132°45' — 134°17' 0., also genau in der Richtung vom Cap Ssyssojef, von welchem an die Küste sich nach Nordost wendet, zur Mündung des Turnen-Flusses oder quer an der Bai Possjet vorbei. Somit nimmt die Strömung vom Cap Ssyssojef eine Richtung nach WSW, wie auch unsere frühere Angabe besagte. Nach diesem Wenigen zu urtheilen, scheint die Temperaturzunahme in diesem südlicheren Thcile der Liman-Strömung im August grösser als im nördlichen Theile der- selben zu sein, was sich durch die grössere Entfernung der Strömung von ihrem Ursprungs- orte nach Süden und durch den vorhin erwähnten Einfluss der im Laufe des Sommers statt- findenden Erwärmung des Wassers in den Baien, namentlich in den grossen Amur- und Ussuri-Busen, und den in dieselben sich ergiessenden Flüssen leicht erklären lässt. Dass übrigens die Liman-Strömung, trotz ihrer ansehnlichen Erwärmung im Laufe der 3 Monate Juli bis September, dennoch auch in dieser Zeit eine verhältnissmässig kalte Strömung bleibt, beweist ein Vergleich ihrer Temperaturen mit denjenigen, die man gleichzeitig im offenen Meere oder gar an der gegenüberliegenden Küste des Japanischen Meeres beobachtet. Ehe wir jedoch an diese Betrachtung gehen, wollen wir noch der Temperaturen gedenken, die man in der Liman-Strömung im October und November findet. Mit den im October wieder zur Herrschaft gelangenden Nordwinden nimmt auch der Einfluss des Ochotskischen Meeres auf den Liman rasch zu: es werden grössere Mengen kalten Wassers sowohl an der Oberfläche, als auch durch die Tiefenströmung nach dem Liman getrieben ; bereits in der zweiten Hälfte des October treiben auch wieder Eismas- sen aus dem Ochotskischen Meere in den Liman und werden von dort durch die Strömung in das Japanische Meer getragen. Desgleichen stellt sich zu Ende des October und Anfang des November die Eisbildung in den nördlichen Häfen, in der Bai de Castries, im Kaiser- hafen, und gegen Ende des November auch in den südlicheren, von der Bai Wladimir ab, ein. Begreiflicher Weise findet daher in diesen Monaten eine rasche und starke Tempera- turabnahme in der Liman-Strömung statt. Sehr belehrend sind in dieser Beziehung zu- nächst die Beobachtungen, die auf der Corvette «Wojewoda» zu Ende des October und SteömüngsvekhIltnisse im Ochotskischen und Japanischen Meeee. 33 Anfang des November auf einer Fahrt von der Bai de Castries über Dm nach der Bai Wladimir gemacht wurden (Diagr. 23). Betrug die mittlere Temperatur des Wassers schon am 29. Oct. auf der Strecke zwischen de Castries ünd Dui nur 4,6°, so sank sie in der Nähe des letzteren Ortes am 30. auf 3,0 herab, ja, etwas südlicher beobachtete man um 8h Ab. sogar 0°, während die mittlere Temperatur der Luft 1,7 — 1,5° betrug. Des- gleichen hielt die niedrige Temperatur des Wassers, im Mittel von 3,7°, auch am 31. Oct. an, während die Corvette sich längs der Küste Sachalin’s südwärts bewegte; erst am l.Nov. und in den folgenden Tagen, als die Fahrt in grösserer Entfernung von der Küste stattfand, stieg die Temperatur ansehnlich, im Mittel bis 7,3°, ja, um 12’1 Mittags des 3. Nov., in 46° 20' N. und 140° 03' 0. (obs.), erreichte sie sogar 8,2°, fiel aber bereits am 4. mit der Annäherung an die Festlandsküste wieder im Mittel auf 6° und am 5. vor dem Eingänge * zur Bai Wladimir auf 5,5 und in der Bai selbst sogar auf 4,7° herab. Man darf daher wohl den Schluss ziehen, dass auch längs der Küste von Sachalin, bei Dui und südlicher, zum wenigsten in dieser Jahreszeit, das Wasser einer gleichen Abkühlung durch die Liman- Strömung wie längs der Festlandsküste unterliegt — ein Umstand, auf den wir später noch zurückkommen werden. In der zweiten Hälfte des November, am 20. und 21., wurden auf dem Klipper «Najesdnik» in der Nähe der Bai Olga noch niedrigere Temperaturen des Wassers, im Mittel von 2,5 und 3° beobachtet (Diagr. 38) 0, und einer ähnlichen starken Temperaturdepression begegnen wir gegen die Mitte des November auch bei Wladiwostok und der Bai Possjet, wo dasselbe Schiff am 12. des genannten Monats im Wasser eine Mitteltemperatur von 6,6° und nahe dem Eingänge zur Bai Possjet um 3h Nachmitt, in 42° 17' N. und 131° 22' 0. (obs.), sogar nur 4,5 fand (Diagr. 42). Diese starke Tem- peraturdepression scheint jedoch an den letztgenannten Orten nicht früher als zu Anfang des November oder frühestens zu Ende des October einzutreten, denn in der ersten Hälfte des letzteren Monats wurden ebendaselbst auf der Corvette «Warjag» (Diagg. 30 und 39) noch verhältnissmässig hohe Temperaturen des Wassers, und zwar am 7. ein Minimum von 11° und am 11. sogar von 12° beobachtet. Sie vollzieht sich also dort, gleichwie im Norden, sehr rasch und, der grösseren Entfernung von dem Liman und dem Ochots- kischen Meere entsprechend , vielleicht nur etwas später. Ohne Zweifel ist sie aber, wie man aus ihrem raschen Eintritt schliessen darf, hauptsächlich durch die gegen Ende des Octobcr eintretende starke Abkühlung des Liinans und das oben erwähnte Eis- treiben aus demselben, d. h. mit anderen Worten durch die Liman- Strömung bedingt. Fassen wir nun das oben Erörterte kurz zusammen, so erhellt daraus, dass die Liman- Strömung von ihrem Ursprünge bis zur Bai Possjet zwar in der gesammten Zeit vom Mai 1) Im meteorologischen Journal des genannten Schif- fes findet sich am 21. Nov. um 4h Morg. auch eine Tem- ratur von 0° notirt, allein diese Angabe dürfte auf irgend einem Versehen beruhen, um so mehr als sie zwischen Mémoires de UAcad. Imp. des sciences, VHme Serie* der vohergehenden und der folgenden Beobachtung, die beide 3° angeben, ganz unvermittelt dasteht und die gleichzeitige Temperatur der Luft, demselben Journal zufolge, 8° betrug. 5 34 L. У. SCHRENCK, bis zum November durch die niedrige Temperatur ihres Wassers leicht kenntlich bleibt, dabei aber doch hinsichtlich ihrer Temperatur nicht unerhebliche und zum Theil rasch sich vollziehende Schwankungen erfährt. Im Mai und Juni namentlich, so lange der Liman und die im nördlichsten Theile des Japanischen Meeres gelegenen Buchten und Baien sich vom Eise befreien und durch den Liman auch das Ochotskische Meer noch von Zeit zu Zeit Plismassen nach Süden sendet, ist die Temperatur in derselben noch eine sehr nie- drige. Im Juli findet eine rasche Temperaturzunahme statt, indem die schon im Juni herr- schend gewordenen Südwinde mehr und mehr den Einfluss des Ochotskischen Meeres be- schränken und zugleich eine verhältnissmässig starke Erwärmung des Wassers sowohl im Amur-Strom und Liman, als auch in den Buchten und Baien des Meeres und in den in dieselben sich ergiessenden Flüssen vor sich geht. Im August dauert die Wärmezunahme in der Liman-Strömung langsam fort, und am Ende desselben oder zu Anfang des September wird das immerhin nicht sehr hohe Wärmemaximum erreicht. Alsdann beginnt, zumal im Norden, in Folge der starken Abkühlung der Luft auch diejenige des Wassers, doch geht sie anfangs ebenfalls nur langsam vor sich, bis im October und Anfang des November mit den wiederum herrschend gewordenen Nordwinden auch der Einfluss des Ochotskischen Meeres wieder zu seiner vollen Geltung gelangt und zunächst im Norden und etwas später auch im Süden der Liman-Strömung, so wie in geringerem Grade auch im gesammten Nord- japanischen Meere, eine starke Temperaturdepression hervorruft. Da auch in den nunmehr folgenden Wintermonaten die Abkühlung der Liman-Strömung fortdauert, so können wir das volle Maass der Temperaturschwankung in derselben, so lange unsere Beobachtungen nicht weiter reichen, nicht bestimmen; indessen genügt auch die bereits von uns kennen gelernte Schwankung, die vom Mai bis zum September nahe der Bai de Castries zwischen den bis- her beobachteten höchsten und niedrigsten Temperaturen etwa 11° beträgt, um dieselbe als eine so ansehnliche zu bezeichnen, wie sie in der Sachalinischen und Kurdischen Strö- mung gewiss nicht Vorkommen dürfte. Die letzteren verlaufen aber auch zum grössten Theil fern vom Festlande, sei es im offenen Meere, sei es an Inseln und Inselketten vor- über, während die Liman-Strömung in ihrem gesammten Verlaufe eine Küstenströmung ist. Und dem entsprechend ist sie denn auch einem grösseren Temperaturwechsel als jene un- terworfen. So sehr schon die obigen Erörterungen die Temperaturverhältnisse der Liman- Strö- mung zu verschiedenen Jahreszeiten beleuchten dürften, so gewinnen wir von dem thermi- schen Charakter dieser Strömung doch erst dann ein ganz anschauliches und praegnantes Bild , wenn wir sie der in verhältnissmässig geringer Entfernung von ihr , längs der Insu- larküste des Japanischen Meeres verlaufenden warmen Tsu-sima-Strömung gegenüber hal- ten. Und dazu sind die auf Querfahrten über das Japanische Meer angestellten Tempera- turbeobachtungen, die gewissermaassen oberflächliche thermische Querschnitte durch das- selbe geben, ganz besonders geeignet. Uns liegen dergleichen Querschnitte für verschie- dene Monate von Hakodate oder der Sangar-Strasse einerseits nach den Baien Olga, Wladi- Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 35 wostok und Possjet andererseits vor. Da die letzteren Orte beinahe in derselben Breite lie- gen, indem der gesammte Unterschied zwischen der Bai Olga und der Bai Possjet nur un- gefähr einen Breitengrad beträgt, so können wir der Kürze und grösseren Anschaulichkeit wegen die von Hakodate nach denselben oder umgekehrt ausgeführten Fahrten füglich zu- gleich, und zwar nach den Jahreszeiten geordnet betrachten. Weil jedoch die Strecke zwi- schen Hakodate und den genannten Orten der Festlandsküste nur eine geringe und von man- chem unserer Schiffe in weniger als zwei oder drei Tagen zurückgelegt worden ist, so geben die nach den täglichen Mitteltemperaturen construirten Curven ihres gar zu kurzen Verlaufes wegen oft gar kein Bild von den Strömungen. Hingegen sind diese kurzen Fahrten gerade sehr geeignet zur Construction von Temperaturcurven nach den einzelnen Beobachtungen, ja, je kürzer die Fahrt, um so praegnanter treten die beiden Strömungen in ihrem gegensätzli- chen thermischen Charakter hervor, während bei längeren Fahrten die graphischen Dar- stellungen nach den Einzelbeobachtungen nicht bloss des erforderlichen grösseren Raumes wegen unbequem werden, sondern auch sehr an Anschaulichkeit verlieren. Ich tlieile hier daher von einer Anzahl in verschiedenen Monaten ausgeführter Querfahrten über das Ja- panische Meer bald nach den täglichen Mitteltemperaturen, bald nach den einzelnen Beob- achtungen construirte Diagramme mit. Von manchen Fahrten sind die Beobachtungen so- wohl nach den Mittel-, wie nach den Einzclwerthen graphisch dargcstellt worden. Lassen nun schon die Curven der Mitteltemperaturen, wrie die Diagramme 24 — 30 für verschiedene Monate — Mai, Juni, August und October — lehren, durch ihr durchgängiges Fallen an der Continentalküste und ihr Steigen an der gegenüberliegenden Insularküste die Existenz einer respect, kalten und warmen Strömung erkennen, so tliun es die nach den Einzclbeobachtungen construirten Curven in noch viel höherem Grade. Man vergleiche nur die Diagramme 31 — 38. Trotzdem dass die Beobachtungen auf verschiedenen Schiffen und sowohl in ver- schiedenen Jahren, von 1859 — 186G, als auch in verschiedenen Monaten, vom Juni bis November, gemacht worden sind, so ist der Verlauf der Temperaturcurve des Wassers doch auf allen ein sehr ähnlicher: allenthalben ist sic an der Festlandsküste stark herabgedrückt, steigt dann ostwärts an, erreicht in der Nähe der Insularküste, d.h. vor der Sangar- Strasse, ihre grösste Höhe und fällt endlich innerhalb der Strasse selbst wieder etwas herab. Im- mer ist dort das Minimum der Wärme zu finden, hier das Maximum, und immer ist der Unterschied zwischen denselben, wenn auch in verschiedenen Monaten etwas verschieden, doch ein ganz ansehnlicher. Stellen wir einerseits die an der Festlandsküste in der Nähe der Baien Olga, Wladiwostok und Possjet beobachteten Minima und andererseits die vor der Sangar-Strassc bemerkten Maxima nach den einzelnen Monaten zusammen, so haben wir folgende Zahlen ') : 1) Natürlich ist hier, wie allenthalben in unserer Ah- I ximum, sondern nur von der niedrigsten und höchsten handlung, nicht von dem wirklichen Minimum und Ma- | zur Beobachtung gelangten Temperatur die Rede. 36 L. У. SCHEENCK, Minimum an der Fest- Maximum vor der laudsküste. Sangar-Strasse. Mai, 22. — 27. (1865, «Warjag») . . 5,4° (Wladiwostok) . . . 10,2°. . . . . 4,8 Juni, 3.- — ■ 5. (1866, «Warjag») . . 7,0 (Wladiwostok) . . . 12,0 . . . . . 5,0 )) 12. — 16. (1866, «Isumrud») . 7,5 (Possjet) 12,5 . . . . . 5,0 » 21. — 24. (1862, «Najesdnik»). 5,5 (Olga) 10,0 . . . •• 4,5 » 23. —25. (1866, «Askold») . . 7,7 (Possjet) 12,1 . . . .. 4,4 » 26.— 1. Juli (1859, «Wojewoda») 7,7 (Possjet) 13,2 . . . . 5,5 Juli, 7. — 9. (1862, «Najesdnik»). 9,7 (Olga) 15,5 . . . . . 5,8 August, •7. — 11. (1862, «Najesdnik»). 14,5 (Wladiwostok) . . . 18,2 . . . .. 3,7 )) 13. —17. (1862, «Najesdnik»), 14,0 (Wladiwostok) . . . 18,5 . . . .. 4,5 October, 4. — 8. (1866, «Warjag») . . 11,0 (Wladiwostok) . . . 15,0 . . . .. 4,0 November, 20. — 21. (1861, «Najesdnik») . 2,5 (Olga)1) 9,5 . . . •• 7,0 Zieht, man in Betracht, dass die Sangar-Strasse und die genannten Orte an der Fest- landsküste oder richtiger die Punkte, an denen die obigen höchsten und niedrigsten Tem- peraturen beobachtet worden sind, nur еідеп Breitenunterschied von 1 — 2V2° haben und auch nur um 5 — 8 Längengrade auseinanderliegen, so kann man nicht umhin, die zwischen denselben constant sich manifestirende ansehnliche Temperaturdifferenz thermisch verschie- denen Strömungen zuzuschreiben. Und zwar ist diese Differenz eine Folge nicht bloss der kalten Strömung an der einen, sondern auch der warmen an der gegenüberliegenden Küste des Japanischen Meeres. Dafür spricht der Verlauf der Temperaturcurven auf sämmtlichen Diagrammen, insbesondere aber auf denjenigen, die nach den Einzelbeobachtungen auf kür- zeren Fahrten, wie die Diagramme 31, 33, 35, 38, entworfen worden sind; diese geben sowohl das rasche Fallen der Temperatur an der Festlandsküste, wie auch das ebenso ra- sche, oft beinahe plötzliche Steigen derselben in der Nähe der Insularküste auf das prae- gnanteste zu erkennen. Die oben angeführten Zahlen lassen zugleich ein Schwanken im Betrage der Differenz zwischen der kalten und warmen Strömung wahrnchmcn, und zwar scheint dieselbe im Mai, Juni und Juli nahe dieselbe zu sein, von etwa 5°, im August bis October hingegen zu fallen und im November wieder zuzunehmen. Da diese Schwankungen von einer ungleichmässigen Zu- oder Abnahme der Temperatur in der kalten und in der warmen Strömung abhängen, so wollen wir, um sie vollständiger überblicken zu können, hier noch die höchsten Tempe- raturen anführen, die man am Eingänge zur Sangar-Strasse auch auf anderen Fahrten und zum Tlieil in solchen Monaten beobachtet hat, aus welchen uns Querfahrten über das Ja- panische Meer fehlen. Solche Temperaturen sind : 1) Vor Wladiwostok fand dasselbe Scbiff am 12. Nov. 1861 4,5° (Diagr. 42). Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 37 Maximum vor der Sangar-Strasse. Januar, 17. (1866, «Warjag») 8,9° Februar, 25. (1866, «Warjag») 7,6 Juni, 7. (1866, «Isumrud») .... 10,5 » 8. (1867, «Morsli») 11,0 August, 22. (1862, «Najesdnik») ... 19,0 September, 17. (1865, «Warjag») 17,7 December, 1. (1866, «Morsli») 12,0 Diese Zahlen scliliessen sich an die oben angeführten sehr gut an, nur scheint die Temperatur für den December im Vergleich mit der im November 1861 auf dem «Najes- dnik» beobachteten zu hoch zu sein; doch möchte ich, abgesehen von den Schwankungen, die es in dieser Beziehung in verschiedenen Jahren geben kann, eher dafürhalten, dass auf der äusserst raschen November- Fahrt die höchste Temperatur vielleicht nicht zur Beob- achtung gelangt ist, indem jene Temperatur von 9,5 3 in ziemlicher Entfernung nordwest- lich von der Sangar-Strasse, in 41° 43' N. und 138 ’ 57' 0. abgelesen worden ist. Leider fehlen uns zur Vergleichung für die letzterwähnten Monate ähnliche Data von der Fest- landsküste. Die höchste Temperatur in der Tsu-sima-Strömung bei der Sangar-Strasse fände also nach dem Obigen im August statt (18,5 — 19,0 ) ; als niedrigste Temperatur in derselben können wir hingegen wohl diejenige vom Ende des Februar (7,6°) annehmen. Ist dies richtig, so beträgt die gesammte Temperaturschwankung in der Tsu-sima-Strömung bei der Sangar-Strasse im Laufe des Jahres etwa 11 — 123, d.h. ungefähr ebenso viel, wie wir oben für die Liman- Strömung bei de Castries vom Mai bis zum November gefunden hatten. Daraus folgt also, dass die letztere im Laufe des ganzen Jahres einer grösseren Temperaturveränderung als die Tsu-sima-Strömung unterliegen dürfte. Dasselbe ergiebt sich, wenn auch vielleicht in geringerem Grade, nach ungefährer Schätzung auch für die Temperaturveränderungen in der Liman-Strömung bei Wladiwostok und Possjet. Sicher- lich dürfte nämlich die Temperatur des Wassers in derselben, nach derjenigen des Novem- ber zu urtheilen, im Winter bis auf 1 oder 2° herabsinken, was, gegen die Augusttempe- ratur gehalten, schon eine Schwankung von etwa 13° ergäbe. Ohne Zweifel geht diese grös- sere Temperaturschwankung in der Liman-Strömung, wie wir oben schon bemerkten, unter dem Einflüsse des grösseren jährlichen Temperaturwechsels auf dem Continente vor sich, während die Tsu-sima-Strömung in Folge oceanischen Einflusses eine minder ungleichmäs- sige Temperatur hat. Die Liman-Strömung muss also im Winter, und zwar vom Beginn des Eistreibens aus dem Ochotskischen Meere und von dem Zeitpunkte, da die Nordwinde wie- derum herrschend geworden, also vom Ende des October und Anfang des November an, eine stärkere Abkühlung erfahren, im Sommer hingegen, und zwar erst nach dem Schlüsse des Eistreibens, also vom Juli ab, einer verhältnissmässig grösseren Erwärmung unterliegen, während die Tsu-sima-Strömung sich im Herbst und Winter nur langsam und verhältniss- mässig wenig abkühlen, und im Frühling und Sommer auch nur langsamer und weniger er- 38 L. V. SCHEENOK, wärmen wird. In der That zeigen die obigen Beobachtungen, dass die Temperatur in der Tsu-sima-Strömung am Eingänge zur Sangar- Strasse im December noch 12°, d. li. nicht weniger als im Juni, und dass auch ihr muthmaassliches Minimum, zu Ende des Februar, noch 7,6°, d. h. ebensoviel wie die Temperatur der Liman-Strömung in demselben Breiten- grade im Juni beträgt. Daher muss denn auch die Temperaturdifferenz zwischen diesen Strö- mungen im Sommer und Frühherbst, August bis October, ihr Minimum, im Winter und Früh- jahr hingegen, etwa im Februar oder März, ihr Maximum erreichen. Und dem entsprechen denn auch die oben angeführten, für die Temperaturdifferenz zwischen den beiden in Rede stehenden Strömungen in der Breite der Sangar-Strasse zum Tlieil beobachteten Grössen. Südwärts von der Linie der oben besprochenen Querfahrten treten wir in das Südja- panische Meer, und in diesem können wir die Liman-Strömung längs der Continentalküste noch weit nach Süden verfolgen. Dazu verhelfen uns namentlich einige Fahrten, die zwi- schen Nagasaki und Schanghai einerseits und Wladiwostok andererseits gemacht wurden. Die eine derselben, auf der Corvette «Warjag» im October 186G ausgeführt, ging allerdings zu sehr durch die Mitte des Südjapanischen Meeres, um die kalte Strömung noch irgendwo an- ders als vor dem Golfe Peter’s des Grossen erkennen zu lassen, und da in dieser Jahreszeit auch die Temperatur der Liman-Strömung noch eine verhältnissmässig hohe ist, so giebt die betreffende, nach den täglichen mittleren Temperaturen construirte Curve (Diagr. 39), gleichwie es auch das auf dieselbe Jahreszeit bezügliche, auf einer Fahrt vonHakodate nach Wladiwostok gewonnene Diagramm 30 that, keine sehr starke und plötzliche Depression in der Nähe der Festlandsküste an. Gleichwohl sehen wir am 13.0ct. mit der Entfernung von der Küste die Temperatur stärker als an irgend welchem früheren Tage, nämlich im Mittel um 1,5° steigen und den gesammten Unterschied zwischen der mittleren Temperatur des Wassers vor "Wladiwostok und acht Tage später in der allerdings etwa G — 7° Breitengrade südlicher gelegenen Krusenstern- Strasse nahe 7, zwischen dem Minimum dort und dem Maximum hier aber sogar 8° betragen. Wichtiger sind uns zwei andere Fahrten, — diejenige des Klippers «Najesdnik» vom November 18G1 und die der Corvette «Warjag» vom Ende des Mai und Anfang des Juni 18GG, die beide in geringer Entfernung von der Küste statt- fanden und darum die kalte Strömung auch weiter südlich zu wiederholten Malen berühr- ten. Die auf diesen Fahrten beobachteten Temperaturen' sind nach den täglichen Mitteln in den Diagrammen 40 und 41 und von einem Tlieilc der Fahrt nach den Einzelbeobach- tungen in den Diagrammen 42 und 43 wiedergegeben. Die ersteren lassen nur im Allge- meinen die rasche und starke Temperaturdepression im Wasser mit Annäherung an die Küste, zumal vor Wladiwostok, erkennen, bis zu den oben schon erwähnten Temperaturen von 4,5° am 12. Nov. und 5,7° am 2. Juni; die letzteren hingegen zeigen uns nicht bloss diese Depression in der praegnantesten Weise, sondern gestatten auch den Verlauf der kalten Strömung durch das ganze Südjapanische Meer bis zur Broughton-Strasse, ja, auch noch durch diese hindurch zu verfolgen. Gehen wir daher auf diese letzteren Diagramme etwas genauer ein. Strömungsver hältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 39 Beide Fahrten hielten durch das ganze Südjapanische Meer fast genau denselben Cours ein, und zwar von der Krusenstern- Strasse ziemlich längs dem 130. — 131. Längengrade steil nach Norden, und geben daher auch sehr übereinstimmende Resultate. Doch lassen die auf der November-Fahrt gemachten Temperaturbeobachtungen die kalte Strömung viel schärfer erkennen und führen uns auch etwas weiter nach Süden als die im Mai und Juni angestelltcn Beobachtungen, weshalb wir hauptsächlich jener Fahrt, und zwar dem Laufe der Strömung gemäss rückwärts folgen wollen. Die plötzliche und starke Temperaturde- pression des Wassers in der Nähe der Bai Possjet und Wladiwostoks wurde auf beiden Fahrten auf das praegnanteste beobachtet. Noch um 1 2h Mittags am ll.Nov. hatte man, in 39° 42' N. und 130° 58' 0., im Wasser eine Temperatur von 13,2°; drei Stunden später, in 40p08' N. und 131° 01' 0., war sic um 3,2° gefallen; noch drei Stunden später betrug sie nur 9° und fiel nun langsam weiter, so dass es um 4 bis 8h Morg. am 12.Nov. nur 8° gab; um 9h fand zwar wieder eine kleine Erhöhung der Temperatur, um einen Grad, statt, als- dann aber trat ein um so jäherer Sturz derselben ein, so dass es um 3h Nachm., in 42° 17* N. und 131° 20' 0. (obs.), nur 4,5° gab, worauf wieder ein geringes Steigen der Tempera- tur bis nach Wladiwostok folgte. In kaum mehr als einem Tage, vom Mittag des 11. Nov. bis 3h Nachm, am 12., war also die Temperatur des Wassers um 8,7° gefallen — - gewiss ein sprechender Beweis für die Existenz hier einer kalten Strömung. Auch ist es sehr bezeich- nend für dieselbe, dass trotz der späten Jahreszeit das Wasser auf der ganzen Strecke von jener plötzlichen Temperaturdepression desselben um 3,2°, d. i. von 3’1 Nachm, am 11. Nov. an, beständig kälter als die Luft blieb. Ganz Aelmliches, nur mit geringerer Tempe- raturdepression, wurde auch auf dem «Warjag» beobachtet. Um 8’1 Ab. am 31. Mai, in 39° 41' N. und 131° 02' 0., hatte man im Wasser noch die verhältnissmässig hohe Tempe- ratur von 11,1°; vier Stunden später, in 39° 52' N. und 131° 08' 0., war sie um 2° gefallen; alsdann stieg sie zwar wieder um einige Zehnte! Grad, allein nach 3h Nachm, am 1. Juni fiel sie abermals beständig und rasch herab, bis sie endlich um 9U Morg. am 2. Juni, in 42° 35' N. und 132° 08' 0., das Minimum von 5,7° erreichte, worauf bis nach Wladiwostok hin wieder ein ziemlich ansehnliches Steigen folgte. Auch hier war also in denselben Breiten und Längen die Temperatur des Wassers binnen l1/ 2 Tagen um 5,4° gefallen. Offenbar hatte man also in beiden Fällen, von Süden kommend, von dem Moment an, wo die rasche Temperaturdepression eintrat, also ungefähr in 40° n. Br. und 131° östl.L., die kalte Strö- mung erreicht und kreuzte sie nun in sehr schräger Richtung, bis man vor der Bai Possjet die niedrigste Temperatur antraf. Wäre man in der genannten Breite direkt zur Küste ge- gangen, so hätte man die Strömung quer durchschnitten und in der Nähe der Küste sehr wahrscheinlich eine ebenso niedrige Temperatur wie vor der Bai Possjet gefunden. Die Liman-Strömung lässt sich hier also in der Richtung nach Südwest, parallel der Küste, un- mittelbar bis zum 40. Breitengrade verfolgen. Südlich von diesem Breitengrade erhalten wir aus den Novemberbeobachtungen Kunde von einer zweiten plötzlichen und starken Temperaturdepression: am 10. Nov. um 6h Ab. 40 L. V. SCHEENCK, hatte man nämlich, in 37° 57' N. und 130° 52' 0., im Wasser die verhältnissmässig ganz hohe Temperatur von 13,5°; zwei Stunden später, in 38° 03' N. und 130° 50' 0., war sie um 3,3° gefallen, und um Mitternacht betrug sie, in 38° 27' N. und 130° 55' 0 , sogar nur 8,7°; doch dauerte diese Depression nicht lange, denn um 4V| Morg. am 11. Nov. gab es in der- selben Länge und nur 25' nördlicher wieder 12° und in den folgenden Stunden noch mehr, bis 13,2°. Ganz an derselben Stelle zeigen auch die Beobachtungen auf dem «Warjag», im Mai, eine merkliche, wenn auch viel geringere Temperaturdepression: um 81' Ab. am 30. Mai, in 37° 58' N. und 130°2l'O., gab es im Wasser noch eine ganz normale Temperatur von 12°; um Mitternacht, in 38 17'N. und 130°29'O., 11,3 und um 4h Morg. am 31., in 38° 28' N. und 130° 34' 0., nur 10,7°, worauf die Temperatur wieder etwas stieg. Diese Beobachtungen, namentlich diejenigen vom November, machen es unzweifelhaft, dass man hier etwa in 38 — Зв1/^’ n. Br. und nahe dem 131.° östl. L., von Süden kommend, die kalte Strömung kreuzte, denn indem man in derselben Länge weiter nordwärts ging, hatte man bis zu der oben besprochenen abermaligen Depression wiederum normale, höhere Tem- peraturen. Diese ganze Strecke, zwischen den beiden beobachteten Depressionen, liegt aber auch in grösserer Entfernung von der Küste, indem hier die Broughton-Bai in den Conti- nent einschncidet. Die kalte Strömung läuft also, den Umrissen der Bai folgend, dort, im 40. Breitengrade und 130. — 131. Längengrade, nach Südwest, hier, in dem 38. Breiten- grade und derselben Länge, nach Südost, an der Insel Dagelet vorüber. Eine fernere Spur der Liman- Strömung im Südjapanischen Meere finden wir nach den Beobachtungen auf dem «Warjag» in 36° 43' N. und 130° 06' 0., indem dort die Tempera- tur des Wassers am 29. Mai um 9h Vorm, von den bis dahin beobachteten 14 und 13° auf 11,6° herabfiel, um später wieder zu steigen. Sehr viel schärfer tritt uns aber eine solche noch etwas südlicher, bereits am Eingänge zur Broughton-Strasse und ganz in der Nähe der Küste, aus den Novemberbeobachtungen auf dem «Najesdnik» entgegen. Am 8. Nov. um 6’1 Ab. beobachtete man, in 35 30' N. und 129° 55' 0., im Wasser eine Temperatur von 15,5° und zwei Stunden darauf, in 35° 45' N. und 129° 56' 0., nur 10,2°; noch etwas nördlicher und östlicher, in 36° 07' N. und 130° 0., gab es um Mitternacht ebenfalls nur 11,2°, wor- auf die Temperatur aber wieder auf 13,5 — 14,5° stieg. Im Vergleich zu demjenigen Punkte, an welchem die oben besprochene Temperaturdepression am 29. Mai wahrgenommen wurde, liegen die beiden zuletzt erwähnten Punkte in einer nach Südwest gerichteten Linie. In dieser Richtung tritt also die kalte Strömung, wenn auch, wie es scheint, nur in Form eines schmalen Streifens längs der Küste, in die Broughton-Strasse ein. Gleichwohl verliert sie sich auch innerhalb der Strasse nicht, denn auf derselben Fahrt wurde auch am Südende der Strasse eine starke Temperaturdepression wahrgenommen, und zwar genau in der Richtung jener Linie weiter nach Südwest, so dass sie unzweifelhaft für die Fortsetzung der kalten Strömung in jener Richtung spricht. Hatte es nämlich von Schanghai bis zur Quel- part-Insel eine ziemlich gleichmässige Temperatur von 14 — 16° im Wasser gegeben, so fiel sie östlich von der genannten Insel rasch herab: um 6’1 Ab. am 7. Nov. gab es, in 33° 20' Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 41 N. und 127° 0., noch 16,2°; zwei Stunden später, in 33° 25' N. und 1 27 1 2' 0., nur 13,5°, um Mitternacht, in 33° 48' N. und 128° 05' 0., nur 11,5 und um 4h Morg. am 8. Nov., in 33° 53' N. und 128° 40' 0., sogar nur 10,5°. Der letztere Punkt liegt südwest- lich von den Tsu-sima-Inseln. Vier Stunden später befand sich das Schiff in der Krusen- stern-Strasse , östlich von den genannten Inseln, in 34° 10'N. und 129° 20' 0., und die Temperatur des Wassers war wieder um 6° gestiegen und hlieh auch auf dieser Höhe von IG, 5 — 15,5°, bis man um die Inseln herum aus der Krusenstern-Strasse wieder in den Broughton-Kanal und in diesem in die Nähe der koreanischen Küste gelangte, wo eine abermalige Temperaturdepression — diejenige, die wir oben schon besprochen haben — ein- trat. Der Anfang unseres Diagrammes 42, der diese letzteren Beobachtungen, vom 7. bis 9. Nov., graphisch darstellt, giebt also auch ein höchst anschauliches Bild von dem gegen- sätzlichen thermischen Charakter der Broughton- und der Krusenstern-Strasse, wie ihn die durch dieselben verlaufenden Strömungen bedingen. Fast Schritt für Schritt können wir also nach den Temperaturbeobachtungen auf den erwähnten Schiffen die Liman- Strömung von Wladiwostok und der Bai Possjet längs der Festslandsküste durch das ganze Südjapanische Meer, ja durch die Broughton-Strasse auch über dasselbe hinaus verfolgen. So kenntlich aber die Liman- Strömung nach diesen Beob- achtungen noch zwischen der Quelpart- und den Tsu-sima-Inseln ist, so glaube ich doch, dass sie dort, zum wenigsten als Oberflächenströmung, an ihrem äussersten Endpunkte steht, ja, dass sie vielleicht nur zu gewissen Jahreszeiten so weit nach Süden gelangen mag. Denn es liegen uns mehrfache, in anderen Monaten zwischen Schanghai oder einem Hafen des Gelben Meeres und Nagasaki oder der Krusenstern-Strasse ausgeführte Fahrten vor, auf denen an dem angegebenen Orte entweder gar keine, oder doch nur sehr geringe Tem- peraturdepressionen bemerkt worden sind, welche zu Gunsten der Verbreitung der Liman- Strömung bis dahin sprechen könnten. So fand z. B. der Dr. Wulffius auf der oben be- reits besprochenen Fahrt der Corvette «Wojewoda» von Schanghai durch die Krusenstern- Strasse nach de Castries (Diagr. 17) am 4. und 5. Sept, 1859, als die Strecke zwischen der Quelpart- und den Tsu-sima-Inseln durchschnitten wurde, trotz sechs mal täglicher Beobach- tung nur zwischen 18,5 — 20,5° schwankende Temperaturen im Wasser. Desgleichen beob- achtete er auf einer Fahrt desselben Schiffes vom Hafen Wei-hai-wei, am Eingänge in den Golf von Pe-tscheli, nach Nagasaki am 2. und 3. Aug. 1859 auf der Strecke zwischen der Quel- part- und den Goto-Inseln im Wasser nur Temperaturen zwischen 21,2 und 22,7°. Die Cor- vette « Askold» machte zwei Fahrten zwischen Schanghai und Nagasaki, im Mai und December 1866. Auf der ersteren beobachtete man allerdings, von Schanghai kommend, am 14. und 15. Mai etwa bis zum Meridian der Quelpart-Insel erheblich niedrigere Temperaturen als östlich von derselben. Dort gab es 11 und 12 bis 13,8 und 13,9°. Die letzteren Tempe- raturen wurden namentlich ungefähr in 32° N. und 126° 0., also in der Fortsetzung jenes im November auf dem «Najesdnik» zwischen der Quelpart- und den Tsu-sima-Inseln bemerk- ten Streifens kalten Wassers nach Südwest beobachtet. Von da ab ging aber die Temperatur Mémoires de i’Acad. Imp. des sciences, Vllme Se'rie. 6 42 L. V. SCHRENCK des Wassers, nach Maassgabe als man ostwärts rückte, rasch in die Höhe und erreichte, noch lange bevor man an die Südspitze der Goto-Inseln gelangt war, 17,1°, so dass im Laufe von 15 Stunden, von 9h Vorm, bis Mitternacht (am 15. Mai), eine Steigerung der Temperatur um 3,2° stattgefunden hatte. Diese Temperaturdifferenz ist allerdings ganz er- heblich, allein der Umstand, dass man die niedrigste Temperatur, von 11°, nicht in der Richtung von der Brouhgton-Strasse nach Südwest, sondern in der Nähe von Schanghai und der Festlandsküste antraf, und dass überhaupt die Temperatur von dort ab nur allmählich und erst mit der Annäherung an die gegenüberliegende Japanische Küste rasch zunahm, scheint mir nicht sowohl für einen Zufluss kalten Wassers durch die Broughton-Strasse, als vielmehr einerseits für eine warme Strömung in der Nähe der Japanischen Inseln und an- dererseits für eine kalte an der gegenüberliegenden Festlandsküste bei Schanghai zu spre- chen. Die letztere wird denn auch durch die auf demselben Schiffe auf der Rückfahrt von Nagasaki nach Schanghai angestellten Beobachtungen bestätigt. Auf der ganzen Fahrt, vom 9. bis 11. Dec., hatte man im Wasser nur Temperaturen beobachtet, die nicht unter 14 — 15° betrugen, und erst ganz in der Nähe der Festlandsküste und im Wusung-Flusse sank das Thermometer am 12. plötzlich auf 7,5 und 7,0 J herab. Ich werde auf diese letztere Temperaturdepression später noch zurückkommen. Mit der Liman-Strömung hängt sie je- denfalls nicht zusammen. Von dieser lassen die zuletzt besprochenen Fahrten nichts erken- nen. Allerdings fanden sie auch in etwas weiterer Entfernung südwärts von der Broughton- Strasse als die im November ausgeführte Fahrt des Klippers «Najesdnik» statt, allein setzte sich die Liman-Strömung von dem südlichen Ausgange der genannten Strasse noch weiter nach Süden fort, so müsste sie auf diesen Fahrten nothwendigerweise gekreuzt worden sein, und davon lassen die betreffenden Temperaturbeobachtungen , wie gesagt, nichts merken. Die September-Fahrt des «Wojewoda» hielt aber sogar denselben Cours wie diejenige des «Najesdnik» ein, und doch giebt auch sie von einer aus der Broughton-Strasse kommenden kalten Strömung keinerlei Kunde. Lassen wir daher nichts destoweniger die offenbar sehr sorgfältig gemachten Beobachtungen des «Najesdnik» gelten, so werden wir zu dem Schlüsse genöthigt, dass die Liman-Strömung sich nur zuweilen noch bis zum südlichen Eingänge in die Broughton-Strasse oder bis zwischen die Quelpart- und die Tsu-sima-Inseln durch Strei- fen kalten Wassers kenntlich macht, wrie das namentlich im November 1861 der Fall war. In dieser Jahreszeit mag sie namentlich in Folge der Verstärkung, die sie im Norden durch die alsdann herrschenden Nordwinde, durch stärkeren Zufluss aus dem Ochotskischen Meere und durch Treibeis aus dem Liman und den Baien des Nordjapanischen Meeres erfährt, am weitesten nach Süden gelangen. Zu anderen Jahreszeiten hingegen, und namentlich auch im Sommer und Frühherbst, dürfte sie sehr wahrscheinlich nördlicher Zurückbleiben, oder aber von der in Folge herrschender Südwinde verstärkten Tsu-sima-Strömung überfluthet werden. Ja, nach den hohen Temperaturen zu urtheilen, die auf der ganzen oben erwähnten Fahrt von Wei-hai-wei bis Nagasaki zu Ende des Juli und Anfang des August beobachtet wurden — Temperaturen, die sich stets zwischen 21,0 und 22,7° bewegten und nur im An- Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 43 № fange der Fahrt ein paar mal im Minimum 20° betrugen, möchte ich sogar vermuthen, dass von der Tsu-sima-Strömung ein Arm sich abzweigt, der an der Quelpart-Insel und an der Broughton- Strasse vorbei nach dem Gelben Meere zur Westküste Korea’s sich begiebt und somit der Liman-Strömung, zum wenigsten an der Oberfläche, den weiteren Weg nach Süden abschneidet. Jedenfalls kann nach den oben mitgetheilten Thatsachen von einer noch weiteren Verbreitung der letzteren nach Süden, als unsere Novemberbeobachtimgen angeben, vor der Hand nicht die Rede sein. Und demnach wäre denn auch die in den bei- den letzten Ausgaben von Bergbaus’ «Chart of the World» enthaltene Angabe, nach welcher die aus dem Japanischen Meere durch die Broughton-Strasse herabsteigende kalte Srömung bis nach Formosa, ja, durch den Kanal zwischen dieser Insel und dem Festlande bis etwa nach Hong-kong sich verbreitet, falsch. Offenbar beruht diese Angabe auf einer Combina- tion der von Silas Bent und von mir ausgesprochenen, jedoch einander sehr widerspre- chenden Ansichten über die Strömungen im Japanischen Meere. Meinen Angaben entspre- chend ist auf der Karte die -kalte Strömung im Japanischen Meere als längs der Festlands- küste zur Broughton-Strasse herabsteigend dargestellt. Die weitere Fortsetzung derselben bis nach Formosa u. s. w. ist Bent’s Angaben entlehnt, denn ich wagte von dieser Strö- mung damals nicht mehr zu sagen, als dass sie sich, nach einigen Erfahrungen Brough- ton’s und La Pérouse’s zu urtheilen, durch die Broughton-Strasse bis zur Südspitze Ko- rea’s erstrecke und zum Gelben Meere hin verliere, wie es sich gegenwärtig auch bestä- tigt1). Bent hingegen war der Meinung, dass die zur Sangar-Strasse von Ost einlaufende, nach ihm aus dem Eismeere kommende kalte Strömung durch das ganze Südjapanische Meer hinabsteigt und durch die Korea-Strasse bis nach Formosa und den Küsten China’s gelangt2) — eine Ansicht, welche ich in meiner Abhandlung über die physikalischen Ver- hältnisse des Nordjapanischen Meeres vollständig widerlegt zu haben glaube, indem ich nach- gewiesen habe, dass durch das Südjapanische Meer nahe seiner Ostküste nicht eine kalte, sondern eine warme Strömung und in direkt entgegengesetzter Richtung, von der Korea-, speciell Krusenstern- Strasse bis zur Sangar-Strasse verläuft. Damit will ich jedoch keineswegs behaupten, dass es keine längs der- chinesischen Küste und durch den Formosa-Kanal hinabsteigende kalte Strömung gebe. Ich werde viel- mehr sogleich neue Belege für die Existenz einer solchen Strömung anführen. Nur hat die- selbe nichts mit der Liman-Strömung zu thun und kommt auch überhaupt nicht, wie Bent meinte, aus dem Japanischen Meere. Sie hat vielmehr ihren Ursprung im Gelben Meere. Oben ist schon angeführt worden, dass auf der Corvette «Askold» in der Nähe der Fest- landsküste vor Schanghai eine plötzliche und starke Temperaturdepression im Wasser be- 1) Reisen und Forsch, im Amur-Lande. Bd. II, p. 802 ff. 2) Narrat. of the Exped. of an Amer. Squadr. to the China seas and Japan. Vol. II, p. 365. Bent weiss übri- gens für diese seine Ansicht keinen anderen Grund anzu- führen, als dass in die Sangar-Strasse von Ost eine kalte Strömung eintritt, und dass ferner durch den Formosa- Kanal eine eben solche Strömung südwärts läuft. Aus dem Japanischen Meere besass die Amerikanische Ex- pedition, deren Mitglied Bent war, keinerlei Beobach- tungen; auch hatte sie dieses Meer an keinem Punkte be- rührt. 6* 44 L. Y. SCHEENCK, obachtet wurde, indem das Thermometer, das am 9. bis 11. Dec. von Nagasaki an stets 15 und 14° gezeigt hatte und am 12. um 4h Morg. noch 13,5° angab, fünf Stunden später, bei fortgesetzter Annäherung an die Küste, auf 7,5, ja, im Wusung-Fluss sogar auf 7,0° fiel. Ganz Aehnliches wurde auf dem genannten Schiffe auch am 16. Dec. bemerkt, als es Schanghai verliess, um nach Batavia zu gehen: bei der North Saddle-Insel gab es um 12h Mittags nur 8° im Wasser, und drei Stunden später hatte man bei weiterer Fahrt bereits 12,5°. Genau dasselbe wurde gleichzeitig auch auf dem Klipper «Isumrud» beobachtet: er lief an demselben Tage, den 16. Dec. 1866, von Schanghai aus, um gleichfalls nach Batavia zu gehen; um 12b Mittags des genannten Tages betrug die Temperatur des W assers in 30° 58' N. und 122° 28' 0. nur 7°; drei Stunden später, als man sich von der Küste etwas ent- fernt hatte, in 30J49' N. und 122° 51' 0., war sie schon auf 11° gestiegen, um 8h Ab,, in 30° 03' N. und 123° 10' 0., auf 12° u. s. w. Diese übereinstimmenden Beobachtungen be- weisen, dass eine starke Temperaturdepression und also wohl eine kalte Strömung vor Schanghai nur in der Nähe der Küste zu finden ist. Und zu demselben Resultate führt auch eine genaue Vergleichung der auf amerikanischen Schiffen gemachten Beobachtungen, die Bent auf den Tafeln VI und VII seiner Abhandlung graphisch dargestellt hat, und in de- nen er einen Beweis der Existenz einer längs der chinesischen Küste herabsteigenden kalten Strömung sieht. Auf dem Schiffe «Saratoga» wurde nämlich, sogleich nachdem es Schanghai verlassen hatte, um nach Jedo zu gehen, an einem Tage, vom 2. auf den 3. Febr. 1854, eine Temperaturerhöhung von beinahe 5° R. (1 1° F.) beobachtet, und auf dem Schiffe «Supply» sah man bei derselben Gelegenheit in zwei Tagen, vom 6. zum 8. März, das Thermometer im Wasser von 7,6 auf 12,9, also um 5,3° steigen1). Wir werden also durch diese sämmt- lichen Beobachtungen darauf hingewiesen, den Ursprung der in Rede stehenden kalten Strö- mung nicht, wie Bent thut, im offenen Meere nordöstlich, sondern längs der Küste nördlich und nordwestlich zu suchen. Und in derThat erklären die niedrigen Temperaturen, die man dort während des Winters und im ersten Frühling sowohl an der Küste, wie in den grossen, in das Gelbe Meer mündenden Flüssen findet, die kalte Strömung ganz hinlänglich. So be- obachtete man z. B. auf dem Kanonenboot «Morsh» im Wusung-Flusse vom 12. bis 30. Dec. (1866) beständig 7 — 6°, im Yang-tse-kiang, den man bis nach Hankau aufwärts ging, im Januar (1867) 7,2— 4,2° (die letztere Temperatur am 20.), im Februar und Anfang des März 4,2 — 6,5°. Zu Ende des März erwärmte sich allerdings das Wasser im Wusung be- reits bis 11,5°, allein als das Boot von dort nordwärts ging, nach Tsche-fu, sank die Tem- peratur des Wassers wieder Schritt für Schritt auf 9, auf 7, bei Tsche-fu selbst, am 11. April, auf 5, ja, in den folgenden Tagen etwas nördlicher und westlicher, in 38J02 — 04' N. und 121° 11'— 120° 55' 0., sogar auf 4° herab, um an der Peiho-Mündung wieder auf 6 und im Flusse selbst, am 14. und 15. April, auf 8,7 bis 9° zu steigen. Gegen Ende des April und 1) Die letzteren Zahlen stimmen mit den oben ange- führten sehr gut überein ; die nach den Beobachtungen auf der «Saratoga» für den Februar angegebenen, von 12,4 bis 17,3° R., dürften hingegen, mit beiden verglichen, entschieden zu hoch sein. Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 45 bis zur Mitte des Mai erwärmt sich jedoch das Wasser auch imPeiho bei Tien-tsin und ab- wärts bis 13 und 14°, und dem entsprechend fand das Kanonenboot «Morsli» auf seiner Rück- fahrt auch bei Tsche-fu am 20. — 22. Mai schon Temperaturen von 11 — 12,5°. Wie sehr namentlich in diesem nördlichen Theile des Gelben Meeres, in den tief in’s Festland ein- schneidenden Golfen von Pe-tscheli und Leao-tong, das Wasser im Winter, unter dem Ein- fluss der kalten, vom Continent wehenden Nordwinde sich abkühlt, habe ich bereits früher an einigen Thatsachen gezeigt und daraufhin auch schon damals die längs der chinesischen Küste herabsteigende kalte Strömung von dorther abgeleitet1). Gleichwie es also im Japa- nischen Meere eine längs der Ostküste hinaufsteigende warme und eine längs der Westküste herablaufende kalte Strömung giebt, so wiederholt sich dasselbe auch im Gelben Meere. Doch dürfte die kalte Strömung im Gelben Meere im Vergleich mit der ihr entsprechenden im Japanischen, ich meine mit der Liman- Strömung, gewiss viel schwächer sein und auch einer verhältnissmässig grösseren Erwärmung im Sommer unterliegen. Und das nicht bloss in Folge der südlicheren Lage des Gelben Meeres, sondern auch weil die in dasselbe mün- denden, zum Theil in viel südlicheren Breiten als der Amur verlaufenden grossen Flüsse unter dem Einfluss des oben erwähnten Continentalklimas sich früher und stärker erwärmen dürften, und besonders endlich weil es demselben an einem beständigen Zufluss von kaltem Wasser aus einem nördlicheren, bis in den Sommer hinein Eis führenden Seebecken fehlt, wie ihn das Japanische Meer durch den Liman aus dem Ochotskischen Meere erhält. Des- gleichen steht ohne Zweifel auch die in das Gelbe Meer eintretende warme Strömung der analogen im Japanischen Meere, ich meine der Tsu-sima-Strömung, an Umfang und Ver- breitung nach. Da sie, wie bereits oben bemerkt, nur ein Zweig der letzteren ist, so hat sie auch einen gemeinsamen Ursprung mit derselben. Wir werden daher denselben sogleich näher kennen lernen, indem wir zur specielleren Betrachtung der Tsu-sima-Strömung über- gehen und damit nach der Abschweifung, die uns in das Gelbe Meer führte, wieder zu den Strömungen des Japanischen Meeres zurückkehren. Bei Betrachtung der warmen Strömung, welche die Ostküste Südsachalin’s bis zur Bai der Geduld bespült, hatte Siebold bereits die Ansicht ausgesprochen, dass sie ein Zweig des Kuro-siwo sei, ohne jedoch den Weg anzugeben, auf welchem ein solcher in das Ochotskische Meer gelange2). Das, zumal im Winter, immerhin rauhe Klima auch dieses Theiles von Sachalin machte mir jedoch diese Ansicht wenig wahrscheinlich3). Zudem müsste in solchem Falle, da die erwähnte Strömung, wie ich nachgewiesen, aus der La Pe- rouse-Strasse kommt und ein Ausläufer der von Süden in das Japanische Meer eintretenden Strömung ist, auch diese letztere ein Zweig des Kuro-siwo sein, wie es in derThat der Autor eines im «Parthenon» unter dem Titel «A visit to northern Japan» veröffentlichten Artikels ausgesprochen hat4). Ob und wie er seine Ansicht begründet, ist mir leider bis jetzt unbe- 1) Reisen und Forsch. Bd. II, p. 754, 755. « 3) Reisen und Forsch, etc. Bd. II, p. 788. 2) Aardr. en volkenkund. toclicht. tot de ontdekk. van 4) The Parthenon, 1862, № 18—22,27. Maert. Gerr. Vries, 1858, p. 83. 46 L. Y. SCHRENCK kannt, da ich von diesem Artikel nur nach einer Anzeige in Peter m an n’s Mittheilungen weiss1). Zur Zeit, als ich meine Abhandlung über die physikalischen Verhältnisse des Nordjapanischen Meeres schrieb, lagen mir keinerlei Thatsachen vor, die einen solchen Zusammenhang der von Süden in das Japanische Meer eintretenden Strömung mit dem Kuro-siwo bewiesen, und da auch Beut in seiner Monographie dieses letzteren sich in ganz entgegengesetztem Sinne aussprach, so wagte ich damals nicht jener Ansicht beizutreten, sondern begnügte mich, die erwähnte warme Strömung, welche ich jetzt die Tsu-sima-Strö- mung nenne, nur bis über die Krusenstern-Strasse hinaus aufwärts zu verfolgen. Gleich- wohl stellte auch Bergbaus auf seiner Weltkarte vom Jahre 1868/69 diese Strömung zwar mit allen von mir nachgewiesenen Verzweigungen, aber doch als einen Zweig des Kuro-siwo dar. Gegenwärtig liegen mir nun so viele Temperaturbeobachtungen über die Tsu-sima-Strömung, und zwar auch aus demjenigen Theile derselben vor, wo sie, wie in der Krusenstern-Strasse und bei Nagasaki, unweit von ihrem Ursprünge sich befindet, dass ich über ihren Zusammenhang mit dem Kuro-siwo gar nicht mehr in Zweifel bin. In der That, wie sollten wir uns anders die verhältnissmässig sehr hohen Temperaturen des Was- sers erklären, welche man in der Nähe von Nagasaki, bei den Goto-Inseln oder in der Krusenstern-Strasse zu jeder Zeit des Jahres findet? Folgendes sind die in verschiedenen Monaten dort beobachteten höchsten Temperaturen : Januar, 13. (1866, «Warjag») 12,5° März, 2. (1866, «Warjag») 12,5 April, 25. (1865, «Warjag») 13,8 Mai, 16. (1866, «Askold») 17,1 » 27. (1866, «Warjag») . 16,0 » 30. (1866, «Isumrud») 15,5 Juni, 2. (1867, «Morsh») 18,0 August, 4. (1859, «Wojewoda») ... 22,7 2) September, 1. (1862, «Najesdnik») .... 22,0 » 23. (1865, «Warjag») 21,0 October, 19. (1866, «Warjag») 20,0 November, 8. (1861, «Najesdnik») .... 16,5 December, 6. (1866, «Morsh») 15,0 » 9. (1866, «Askold») 15,0 Obgleich auf verschiedenen Schiffen und in verschiedenen Jahren beobachtet, stimmen diese Temperaturen doch sehr gut mit einander überein. Vergleicht man sie aber mit den- 1) Geographische Mitthcil. 1868, p. 38. j 0. (obs.) beobachtet. Südlich von Nagasaki, in 31° 57' N. 2) Diese Temperatur wurde auf der oben besprochenen j und 129° 31' 0. (obs.), fand dasselbe Schiff am 7. Aug. Fahrt von Wei-hai-wei nach Nagasaki noch ziemlich weit 23,5° im Wasser. westlich von den Goto-Inscln, in 32° 30' N. und 126° 58' | Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 47 jenigen im Kuro-siwo, in welchem als dem Hauptstamm der warmen Strömung die Tempe- ratur füglich eine höhere sein muss, so stehen sie denselben nur wenig nach. Namentlich möchte ich dies für den Sommer und Herbst behaupten, denn die mittleren Temperaturen z. B.1), welche von der amerikanischen Expedition vom 28. Juni bis 21. Juli 1854 zwi- schen Simoda und Formosa, und also beständig im Kuro-siwo, beobachtet wurden, bewegten sich anfänglich, in nahe gleichen Breitengraden mit Nagasaki, zwischen 22,2 und 23,6° und stiegen erst in südlicheren Breiten, mit Annäherung an die Insel Formosa, bis 25,3° 2). Ebenso geben Beiit’s Diagramme XI und XII im Kuro-siwo bei Simoda am 9. und 10. Juni mittlere Temperaturen von 18,7 — 19,1° und am 27. Juni von 21,8° an. Desgleichen betrugen die am 1. — 5. Oct. bei Simoda beobachteten mittleren Temperaturen des Wassers nicht mehr wie 19,1 — 1 9 , G 3) u. s. w. Im Winter und Frühling hingegen scheint die Tsu- sima-Strömung in ihrem anfänglichen Theile, bei Nagasaki u. s. w., allerdings eine etwas stärkere Abkühlung als der Hauptstamm des Kuro-siwo zu erfahren. Wenigstens sind die im Winter zum Theil auf denselben Schiffen im Kuro-siwo bei Jedo beobachteten Maximal- temperaturen, von 16,5° (im Decembcr), 15,5° (im Januar) und 14,2° (im Februar)4), mit den oben angeführten aus der Tsu-sima-Strömung verglichen, um \l/2 — 3° höher. Dasselbe zeigen auch die zu Ende des April auf einer Fahrt der Corvette «Warjag» von Nagasaki nach Yokohama angestellten Beobachtungen, die in unserem Diagramm 44 wiedergegeben sind. Von Nagasaki bis fast zur Südspitze von Kiusiu gab es am 26. und 27. April im Wasser nur Temperaturen zwischen 13,0 und 13,8°; noch um 8h Ab. am 27., in 31° 33' N. und 129° 43' 0., zeigte das Thermometer nur 13°, und vier Stunden später, immer noch westlich von der van Diemen’s-Strasse , in 31° 03' N. und 129° 40' 0., hatte man bereits 16,5°. Allerdings fiel darauf die Temperatur des Wassers in der genannten Strasse wieder auf 15,5 und 14°, allein gleich östlich von derselben, in 31°05' N. und 131° 24' 0. (obs.), gab es wiederum 16°, und dann sank zwar das Thermometer am 29. in der Gegend, wo Bent’s Karte des Kuro-siwo ein «cold stratum» angiebt, wieder bis auf 15° herab, stieg aber dafür am 30. bis auf 17°, um darauf erst allmählich und dann, südwestlich von der Bai von Jedo, wo auf der erwähnten Karte wiederum ein «cold stratum» verzeichnet ist, rasch auf 15,2 und nachmals wieder langsam bis auf 14,5° zu fallen. Diese Beobachtungen bestätigen somit einerseits die Existenz der oben als Folge der Kurdischen Strömung be- reits besprochenen Streifen kalten oder wenigstens kühlen Wassers im Kuro-siwo, anderer- seits lehren sie, dass ein Streifen sehr warmen Wassers sich westlich von der van Diemen’s- Strasse nach der Südostküste von Kiusiu begiebt5), und dass endlich — worauf es uns hier . ankommt — die Temperatur des Wassers im Kuro-siwo im April nicht unerheblich höher 1) Die höchsten Temperaturen lernen wir aus den von В ent angefertigten Diagrammen zwar nicht kennen, allein hei der geringen Schwankung der Temperatur in- nerhalb einer Strömung wie der Kuro-siwo kann der Un- terschied zwischen beiden kein sehr erheblicher sein. 2) В ent, 1. c. Tab. XVI. 3) В ent, 1. c. Tab. XIV. 4) S. oben die Diagg. 0, 13 und 14. 5) In diesem selben Streifen ist vielleicht , nach den allerdings nur auf Schiffsrechnung beruhenden Ortsanga- ben zu urtheilen, die oben erwähnte besonders hohe Temperatur von 23,5° am 7. Aug. beobachtet worden. 48 L. V. SCHEENCK, als in dem nach dem Japanischen Meere sich wendenden Zweige desselben in der Nähe von Nagasaki ist. Erwägt man aber, dass die Tsu-sima-Strömnng nach ihrer Abzweigung vom Kuro-siwo in ein Litoralmeer tritt, dass sie im Vergleich mit dem Océan überhaupt grös- seren Temperaturveränderungen unterworfen ist, und namentlich einem Continent mit über- aus rauhen und anhaltenden Wintern näher rückt, während der Hauptstamm des Kuro-siwo diesem Einflüsse entzogen bleibt, so wird man die grössere Temperaturdepression in derselben im Winter und Frühling auch ganz in der Ordnung finden. Gleichwie bei Jedo, Simoda und anderen Orten, so tritt uns auch bei Nagasaki die warme Strömung noch dadurch um so praegnanter entgegen, als mit dem Eintritt in die Bai die Temperatur des Wassers sogleich um ein Erhebliches sinkt. Namentlich ist dies ganz besonders im Herbst der Fall, wenn das Wasser in der Bai sich schon ansehnlich ab- gekühlt hat, während es in der Tsu-sima-Strömung noch sehr warm ist. So betrug z. B. nach den Beobachtungen auf der Corvette «Warjag» die mittlere Temperatur des Wassers am 20. October in der Nähe von Nagasaki 19,2°, in der Bai selbst aber am folgenden Tage, nach ebenfalls sechsstündigen Beobachtungen, nur 13,8°, ja, am 22. Oct. sogar nur 11,2°. Es fand hier also ein Temperaturunterschied von 5 — 8° statt. Im Winter und Frühling scheint der Unterschied in der Temperatur des Wassers inner- und ausserhalb der Bai, in Folge der stärkeren Abkühlung der Strömung, ein viel geringerer zu sein, und im Hochsommer endlich verschwindet er gänzlich, oder es tritt sogar ein Unterschied in umgekehrter Weise ein, indem das Wasser in der Bai mitunter wärmer als in der Strö- mung wird. So beobachtete z. B. der Dr. Wulffius am 4. Aug. westlich von den Goto- Inseln 22,7°, näher nach Nagasaki hin 22 und 21° lind auf der Relide am Abend des- selben Tages 23, ja, am folgenden Tage im Mittel 22,5 und als Maximum sogar 23,5°. Wie die obigen hohen Temperaturen des Wassers lehren, nimmt also die Tsu-sima- Strömung nach ihrer Abzweigung vom Kuro-siwo ihren Lauf nach den Goto-Inseln, welche im Westen wie im Osten von ihr bespült werden. In letzterer Richtung erstreckt sie sich bis kurz vor Nagasaki. Durch den Hirado-Kanal und die Krusenstern-Strasse tritt sie dann in das Japanische Meer ein. Ob sie dabei die mitten in der Korea-Strasse gelegenen Tsu- sima-Inseln ebenfalls beiderseits bespült und also auch einen Theil der Broughton-Strasse einnimmt, vermag ich nicht zu sagen, da mir keine Beobachtungen von der Westseite die- ser Inseln vorliegen. In das Japanische Meer eingetreten, nimmt sie ihren Lauf nach Nord- ost, zur Sangar-Strasse. Die oben bereits besprochenen Fahrten durch die Krusenstern- Strasse, so wie besonders eine Anzahl anderer, welche zwischen Nagasaki und Hakodate ausgeführt wurden, und deren Beobachtungen in den Diagrammen 45 — 51 dargestellt sind, gestatten uns die Tsu-sima-Strömung in diesem ihrem Tlieile genau zu verfolgen. Hält man diese Diagramme gegen einander, so fällt sogleich der Umstand auf, dass die Temperaturcurven , trotzdem dass sämmtliche Fahrten zwischen denselben Orten gemacht wurden und auch nahe denselben Cours einhielten, doch einen recht verschiedenen Ver- lauf haben, indem sie bald — wie man bei Fahrten, die innerhalb einer und derselben Strö- Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere, 49 mung vor sich gingen, erwarten darf— von Nagasaki nach Hakodate nur wenig und langsam, bald stärker und rascher abfallen. Indessen ist diese Verschiedenheit zum Theil doch nur eine scheinbare, da die Fahrten von ungleicher Dauer waren und eine kürzere Fahrt, bei derselben Temperaturdififerenz zwischen den Endpunkten , auch eine rascher abfallende Curve ergeben muss. Vergleichen wir daher, um von der Grösse der Temperaturabnahme in der Tsu-sima-Strömung von Nagasaki bis Hakodate eine richtigere Vorstellung zu ge- winnen , die auf verschiedenen Fahrten zwischen diesen beiden Punkten beobachteten Tem- peraturdifferenzen *): Maximum bei Nagasaki od. in der Krusenstern-Str. Maximum vor der Sangar-Strasse. Differenz. December, 1. — 6. (1866, «Morsh») . . . 15,0°. . . . О © cf . . 3,0° Januar, 13. — 17. (1866, «Warjag»). . . 12,5 . . . 8,9 . . 3,6 Februar — März, 25. — 2. (1866, «Warjag»). . . 12,5 ■ • 7,6 .. 4,9 Mai — Juni, 30. — 8. (1866, «Isumrud») . . 15,5 . . 10,5 . . 5,0 Juni, * 2. — 8. (1867, «Morsh») . . . 18,0 . . . 1 1,0 .. 7,0 Aug. — Septemb., 22. — 2. (1862, «Najesdnik») . 22,0 . . 19,0 . . 3,0 September, 17.— -23. (1865, «Warjag») . . 21,0 . . 17,7 . . 3,3 Nimmt man in Betracht, dass die obigen Temperaturdifferenzen auf zwei allerdings um 7 — 8 Breitengrade auseinander, aber doch innerhalb derselben Strömung gelegene Punkte Bezug haben, so darf man sie gewiss als ganz ansehnlich bezeichnen. Es unterliegt also die Tsu-sima-Strömung in ihrem Laufe bis zur Sangar- Strasse einer nicht unbeträchtlichen Ab- kühlung. Dennoch hat sie, wie oben bereits dargethan, bei der Sangar-Strasse zu allen Jahres- zeiten eine erheblich höhere Temperatur als das Meer an der gegenüberliegenden Festlands- küste, so dass sie den Charakter einer warmen Strömung auch dort keineswegs einbüsst. Ferner zeigen uns aber die obigen Zahlen, dass die Temperaturdifferenz innerhalb der Tsu- sima-Strömung zwischen den beiden erwähnten Punkten zu verschiedenen Jahreszeiten ver- schieden ist. Sieht man auch von der auf dem «Morsli» im Juni beobachteten Differenz, als von einer vielleicht ausnahmsweise grossen, ab, so beträgt die Differenz doch in manchen Jahreszeiten ungefähr doppelt so viel als in anderen. Und zwar scheint aus den obigen Zahlen hervorzugehen, dass’ sie gegen Ende des Winters und im Frühling, ja, bis in den Juni hin- ein am grössten, im Sommer und Herbst hingegen bis in den Winter hinein am geringsten ist, oder mit anderen Worten, dass die Tsu-sima-Strömung im Sommer und Herbst am stärksten, gegen Ende des Winters hingegen und im Frühling am schwächsten sein dürfte. Die Erklärung dafür lässt sich aber unschwer in der zu verschiedenen Jahreszeiten ver- Ь 1) Ich habe bei dieser Vergleichung die Maximal- und nicht die Mitteltemperaturen des Wassers genommen, aus dem Grunde, weil auf die letzteren an dem einen Endpunkte, bei Hakodate, sowohl die geringere Tempe- ratur in der Sangar-Strasse, als auch eine später zu be- Sleraoires del’Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. sprechende, besonders starke Depression in einiger Ent- fernung westlich von derselben von grösserem oder ge- ringerem Einfluss sein kann, was sie sehr schwankend macht. 7 50 L, У. SCHEENCK, schiedenen Richtung der herrschenden Winde und ihrem Einfluss auf die Temperatur des Wassers finden. Denn im Winter und Frühling müssen die herrschenden Nord- und Nord- westwinde eine grössere Menge unter dem Einfluss des rauhen Continentalklimas Sibirien’s abgekühlten Wassers aus dem Nordjapanischen Meere, dem Liman und dem Ochotskischen Meere südwärts treiben und damit sowohl auf die Abkühlung des Wassers auch im Südja- panischen Meere Einfluss üben, als auch der von Süden kommenden Strömung direkt ent- gegen wirken , während im Sommer und Herbst umgekehrt die herrschenden Südwinde den Zufluss warmen Wassers von Süden vermehren, die Strömung von dorther verstärken und damit die Temperaturdifferenz an zwei mehr oder weniger weit auseinanderliegenden Punk- ten derselben vermindern werden. Somit bestätigen die Temperaturerscheinungen dieThat- saclie, dass die Tsu-sima-Strömung hinsichtlich ihrer Stärke je nach der Jahreszeit nicht unbeträchtlichen Schwankungen unterliegt. Durch die in verschiedenen Monaten verschiedene Temperaturdifferenz zwischen dem Wasser bei Nagasaki oder in der Krusenstern- Strasse einerseits und vor der Sangar-Strasse andererseits, so wie durch die oben erwähnte verschiedene Dauer der einzelnen zwischen diesen Orten ausgeführten Fahrten erklärt sich jedoch noch nicht die ganze im Verlaufe der Temperaturcurven in den betreffenden Diagrammen bemerkbare Verschiedenheit. Es bleibt noch eine grosse Differenz übrig, die darin besteht, dass einige dieser Diagramme (wie na- mentlich 45, 46, 47, 51) eine starke Depression und darauf wieder ein rasches Steigen der Temperatur des Wassers kurz vor der Sangar-Strasse erkennen lassen, die auch von ähnli- chen Erscheinungen in der Temperatur der Luft begleitet werden, während auf anderen nichts davon wahrzunehmen ist. Indessen ist auch diese Differenz zum Theil nur eine scheinbare!, indem es, wenn die Fahrt etwas rascher vor sich ging, leicht geschehen kann, dass jene Verhältnisse bei graphischer Darstellung des Temperaturverlaufes nach den tägli- chen Mittelwerthen gar nicht zur Erscheinung kommen. So ist es z. B. mit den Diagrammen 49 und 50 der Fall: auf der Fahrt des Kanonenbootes «Morsli» betrug die Temperatur des Wassers am 8. Juni 11°, während es südwestwärts eine Depression bis 9,5° gab; in ähnli- cher Weise beobachtete man auf dem Klipper «Najesdnik» am 22. August von Hakodate ab in der Sangar-Strasse ein beständiges Steigen der Temperatur bis es gleich ausserhalb der Strasse im Japanischen Meere ein Maximum von 19° gab, worauf- die Temperatur süd- westwärts wieder bis auf 17,5° fiel, um bei weiterer Fahrt beständig zu steigen — Ver- hältnisse, von welchen die betreffenden Diagramme keine Kunde geben. Obgleich mir unter den zahlreichen Fahrten, deren Ausgangs- oder Zielpunkt Hakodate war, kaum eine vor- liegt, auf welcher diese Erscheinung nicht mehr oder weniger deutlich beobachtet worden wäre, so kann ich mir doch wohl denken, dass sie zuweilen auch ausbleiben kann, und zwar möchte ich dies in dem Falle erwarten, wenn der Cours von der Sangar-Strasse ab gleich nach Süden in möglichst östlichen Längen genommen wird. Denn, genauer ausgedrückt, besteht die Erscheinung darin, dass in einiger Entfernung von der Sangar-Strasse nach Westen, respect. Nord- und Südwesten, gleich hinter dem nur wenig breiten Strome I Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 51 warmen Wassers, der hart am Eingänge zur Sangar- Strasse vorüber läuft und zum Theil in dieselbe einlenkt, beständig ein mehr oder weniger breiter Streifen kalten Wassers zu Tage tritt, hinter welchem nach Westen die Temperatur oft wiederum beträchtlich steigt. Da dieser Streifen nach Süden, wie übrigens vermuthlich auch nach Norden, allmählich ausläuft , so kann er bei hinlänglich östlich gehaltener Fahrt wohl auch umgangen werden, doch bringt es seine geringe Entfernung von der Sangar- Strasse mit sich, dass fast alle Schiffe, die nach der letzteren gehen oder aus derselben kommen, ihn mehr oder weniger berühren. Bei direkt östlichem oder westlichem Course müssen sie ihn aber quer durch- schneiden, und in diesem Falle tritt daher auch die erwähnte Erscheinung am praegnante- sten zu Tage. Um dieselbe recht anschaulich zu machen, habe ich von einer Anzahl von Fahrten die auf der Strecke unmittelbar vor und in der Sangar -Strasse wahrgenommenen Temperaturen nach den einzelnen Beobachtungen graphisch wiedergegeben. Und zwar stellen die Diagramme 52 — -54 die Erscheinung dar, wie man sie auf Fahrten von Nagasaki nach Hakodate oder umgekehrt, d. h. bei respect, nordöstlichem oder südwestlichem Course wahr- genommen hat. Für die Fahrten mit direkt westlichem oder östlichem Course, von Hakodate nach Wladiwostok und der Bai Possjet oder umgekehrt, kann schon auf einige der früheren nach den Einzelbeobachtungen construirten Diagramme, wie 31, 33, 34, 36 und 37, ver- wiesen werden , in welchen die Depression der Temperatur in einiger Entfernung von der Sangar-Strasse und das Steigen derselben kurz vor und zum Theil in der letzteren mehr oder weniger scharf ausgesprochen ist. Doch füge ich denselben noch ein paar Einzeldarstellungen der betreffenden Strecke nach anderen Fahrten hinzu (Diagg. 55 — 57). Was endlich die Fahrten von Hakodate nach Nordwest oder umgekehrt betrifft , so tritt uns die erwähnte Erscheinung ebenfalls sehr deutlich aus den im Uebrigen bereits oben besprochenen Dia- grammen 32, 35 und 38, sowie aus dem Diagramm 58 entgegen, das einer Fahrt der Cor- vette «Askold» von Dui nach Hakodate entnommen ist. Ich will nun, ehe ich diese Dia- gramme sämmtlich gegen einander halte, einige von ihnen, welche die Erscheinung ganz be- sonders scharf wiedergeben, noch specieller besprechen. Die Beobachtungen auf dem Kanonenboot «Morsh» (Diagr. 52) fingen am 1. December erst 6 У2 Stunden nach Austritt aus der Sangar-Strasse an, daher sie kein anfängliches Steigen der Temperatur des Wassers erkennen lassen, sondern sogleich mit der höchsten und für den December gewiss sehr ansehnlichen Temperatur von 12° beginnen. Nach fünf Stunden Fahrt in westsüdwestlicher Richtung trat jedoch eine plötzliche Depression der Temperatur des Wassers ein, die sich rasch steigerte und in 40° 15' N. und 136" 45' 0. (obs.) volle 6° betrug. Mit Aenderung des Courses nach Südwest fing aber die Temperatur wieder an zu steigen, und nach Verlauf von guten 24 Stunden hatte man wieder die an- fängliche hohe Temperatur, die nun, nach Maassgabc als man nach Südwest fortschritt, mehr und mehr zunahm, — mit anderen Worten, man trat am 3. Dec. wieder in die warme Strömung, die man am 1. verlassen hatte, und setzte nun innerhalb derselben die weitere Fahrt nach Südwest fort Ganz A eheliches wurde auf den Corvetten «Warjag» und 7* 52 L. V. SCHEENCK, «Askold» im Januar und Juni bei umgekehrter Richtung der Fahrt beobachtet, nur waren die Differenzen zwischen den Temperaturen inner- und ausserhalb der Strömung successive geringer. Im Januar (Diagr. 53) sank die Temperatur ausserhalb der Strömung oder in dem an ihrem westlichen Rande befindlichen kalten Streifen bis auf 4,5°, während sie in der Strömung kurz vor der Sangar-Strasse bis 8,9° stieg und in der Strasse selbst wieder auf 7,lu herabfiel. Das Schiff blieb volle 12 Stunden, von Mittag bis Mitternacht des 16. Januar, d. i. von 40° 09' N. und 137°10' 0. (obs.) bis 40°4l' N. und 138° 23' 0., im kältesten Wasser, von 4,5 bis 4,7°, worauf wieder ein rasches Steigen der Temperatur des- selben eintrat. Im Juni (Diagr. 54) war der Unterschied zwischen dem kalten und warmen Wasser zwar nur gering, doch wurde ebenso wie im December und Januar die Tempe- raturdepression längere Zeit hindurch beobachtet, was sich aus dem Umstande erklärt, dass bei südwestlichem und nordöstlichem Course die Schiffe eine mehr oder weniger ge- raume Strecke längs dem Streifen kalten Wassers hinsegeln. Anders bei Fahrten mit mehr östlichem oder westlichem Course: auf diesen erkennt man erst, dass es in der That nur ein Streifen kalten Wassers ist, der sich gleich westlich von der warmen Strömung in der Richtung etwa von Nordost nach Südwest hinzieht, hinter welchem westwärts die Temperatur wiederum steigt, ohne freilicli je wieder dieselbe Höhe wie vor der Sangar- Strasse zu erreichen. Auch sind statt des einen Streifens kalten Wassers zuweilen deren mehrere vorhanden, zwischen denen Streifen wärmeren Wassers verlaufen. Höchst beleh- rend sind z. B. die im Diagramm 31 wiedergegebenen Beobachtungen auf dem «Warjag» vom Juni 1866: nachdem man am 3. und 4. Juni von Wladiwostok an bis 42° 12' N. und 134° 48' 0. beständig nur 7,0 und 7,1° im Wasser beobachtet hatte, stieg die Temperatur in 42° N. und 136 ’ 10' 0. bis 9,3°, fiel dann am 5. um 4h Morg. in 41°47' N. und 137° 38' 0. wieder auf 7,6° herab und stieg darauf abermals rasch bis zum Maximum von 12°, welches noch nördlich von der Sangar-Strasse, in der Nähe der Insel Okosiri beob- achtet wurde. Nicht minder deutlich wurde dieselbe Erscheinung auf der Corvette «Wo- jewoda» wahrgenommen (Diagr. 56): nachdem die Temperatur des Wassers von 8h Ab. am 22. Juni bis 9h Morg. am folgenden Tage allmählich von 8,7 auf 11,2° gestiegen war, fiel sie drei Stunden später, in 41° 39' N. und 139° 22' 0. (obs.), auf 8° herab und stieg dann nach abermaligen drei Stunden wieder auf 13,2°, um darauf in der Sangar- Strasse langsam bis 9,7° hinabzusinken. Sehr schön sprach sich ferner die Erscheinung auf der Fahrt der Corvette «Warjag» im October 1866 aus (Diagr. 57), indem die Temperatur des Wassers am 4. Oct, von Hakodate an, wo sie um 9h Morg. 10,7 J betrug, durch die Sangar-Strasse rasch stieg, ausserhalb derselben in geringer Entfernung um 8hAb. das Ma- ximum von 15° erreichte und acht Stunden später, in 41° 38' N. und 137° 49' 0., auf 11° fiel, um sodann wieder bis auf 12,5° zu steigen. In anderen Fällen ist mit der Entfernung von der Sangar-Strasse nach West ein mehrmaliges rasches Fallen und Steigen der Tem- peratur des Wassers oder, mit anderen Worten, das Vorhandensein mehrerer Streifen kalten und warmen Wassers beobachtet worden. So z.B. im Juni 1866 auf der Corvette «Askold» Strömungsverhältnisse im Oohotskischen und Japanischen Meere. 53 (Diagr. 33). Hier sind namentlich, ehe man die kalte Strömung in der Nähe der Festlands- küste erreichte, zwei Streifen kalten Wassers deutlich wahrnehmbar gewesen, mit einem Fallen der Temperatur das eine mal in acht Stunden um 2,0, das andere mal in drei Stunden um 2,8°. Aehnliches lassen in geringerem Grade auch die Diagramme 34 und 36 nach den Beobachtungen im Juni und August auf der Corvette «Wojewoda» und dem Klipper «Najesdnik» erkennen. Auch aus denjenigen Fahrten endlich, die vonHakodate nach Nord- west führten oder umgekehrt diesem Ort von Nordwest sich näherten, ist die Existenz ei- nes Streifens kalten Wassers gleich westlich von der an der Sangar- Strasse vorbeilaufenden warmen Strömung nach den Temperaturbeobachtungen immer und oft in der praegnante- sten Weise zu ersehen. So z. B. aus den Fahrten des «Najesdnik» im Juli 1862 und im November 1861. Auf der ersteren (Diagr. 35) wurde am 8. Juli um Mitternacht in 41° 44' N. und 138° 50' 0. nur 11,5° und zwölf Stunden später nur wenig weiter nach Süd und Ost, in 41° 26' N, und 139° 37' 0., 15., 5° beobachtet — eine Temperatur, die bis in die Sangar- Strasse hinein anhielt und erst weiter innerhalb derselben wieder rasch ab- nahm. Im November (Diagr. 38) hatte man am 21. um 8b Morg. in 42' 26' N. und 137° 39' 0. nur 3° im Wasser, und zwölf Stunden später zeigte das Thermometer 9,7'. und zwar fand dieses Maximum in 41^43' N. und 138° 57' 0., d. h. fast genau an demselben Orte statt, wo man im Juli des folgenden Jahres die niedrigste Temperatur bemerkte. Aehnliche Fälle wiederholen sich noch mehrmals. Selbst wenn man daher auch dem Umstande Bechnung trägt , dass die oben angezo- genen Ortsbestimmungen nur vermittelst Schiffsrechnung gemacht sind, die, zumal wo Strömungen auf das Schiff einwirkten, erhebliche Fehler zulässt, so darf man aus den er- wähnten Fällen doch den Schluss ziehen, dass die Gränzen der warmen Strömung und die oben besprochenen Streifen kalten Wassers sich nicht beständig genau an demselben Orte finden, sondern je nach der Jahreszeit sich verschieben und bald mehr, bald weniger weit nach West oder Ost sich ausbreiten, was mit der oben dargethanen, je nach der Jah- reszeit und den herrschenden Winden wechselnden Stärke der Tsu-sima-Strömung in vollkommenem Einklänge steht. Annähernd lässt sich aber -doch aus einer Vergleichung der Orte, wo man in verschiedenen Monaten in der Nähe der Sangar- Strasse die höchste und die niedrigste Temperatur des Wassers beobachtet hat, auch die Lage und Ausbrei- tung jener kalten Streifen und die westliche Begränzung der warmen Strömung erkennen. Um einen möglichsten Einblick in diese Verhältnisse zu gewinnen und zugleich auch die wechselnde Grösse der Temperaturdifferenz zwischen der warmen Strömung und dem sie nach West früher oder später begränzenden Streifen kalten Wassers leichter überblicken zu können, stelle ich die betreffenden, in den oben zum Thcil besprochenen Diagrammen enthaltenen Data hier auch tabellarisch zusammen : 54 L. V. SCHRENCK, Fahrten von Hakodate nach Südwest oder umgekehrt. Max. in d. Nähe Ort des Maximums. Min. in SW-NW Ort des Minimums, d. Sangar-Str. N. Br. Oestl. L. v. d. Sangar-Str. N. Br. Oestl. L. Decemb.,1.— 2. (1866, « Morsh ») . . 12,0°. ... 41°19' 140°02' . 6,0° 40 315' 136°45' (obs.)1) 6,0l Januar, 16. — 17. (1866, «Warjag») . 8,9 . . . . 41 04 139 04 2) • 4,5. 40 09 137 10 (obs.)3) 4,4 Juni, 14. (1866, «Askold») c 12,5 .... — — . 10,5.... .. 40 49 138 13 (obs.)4) 2,0 Fahrten von Hakodate nach West oder umgekehrt. Mai, 22. — 23. (1865, «Warjag ») . . 10,2 .... 41 16 139 38 6,7 41 15 138 16 3,5 Juni, 5. (1866, «Warjag») . 12,0 42 03 139 14 (obs.) . . . • 7,6 41 47 137 38 4,4 » 23. (1859, «Wojewoda). 18,2 .... . — — . 8,0 41 39 139 22 (obs.).. 5,2 » 23,— 24. (1866, «Askold») . . 12,0 . ... — — 8,2 41 24 136 57 (obs.)5) 3,8 » 26.-28. (1859, «Wojewoda» 13,2 .... — — . 11,2 41 54 137 41 (obs.)6 7) 2,0 August, 7,— 8. (1862, «Najesdnik» 18,2 .... 41 18 139 08 15,5 41 26 137 12 2,7 » 10. — 17. (1862, « Najesdnik» 18,0 ’).. 41 15 139 40 s) 15,2 41 33 138 01 2,8 October, 4,— 5. (1866, «Warjag») . . 15,0 .. . 41 20 139 15 .11,0 41 38 137 49 4,0 Falirten von Hakodate nach Nordwest oder umgekehrt. Juni, 22. (1862, «Najesdnik») 10,0 41 35 139 52 s) • 8,7 42 08 138 38 10) . . . . 1,3 « 8.-9. (1862, « Najesdnik» 15,5 .... 41 26 139 37 u) • П,5 41 44 138 50 4,0 August, 8.-9. (1866, «Askold») , . 17,2 .. . 42 23 139 04 (obs.)12) . 14,5 43 20 138 56 1;1) . . . . 2,7 October, 1. (1866, «Warjag») . . 13,0 41 56 139 06 (obs.). . . . 10,5 42 15 138 46 2,5 Novemb.,21. (1861, «Najesdnik» 9,5 .... 41 43 138 57 . 3,0 42 26 137 39 6,5 Trägt man die angegebenen Orte, an denen die höchste und niedrigste Temperatur des Wassers beobachtet worden ist, in die Karte ein, so überzeugt man sich leicht, dass die Tsu-sima-Strömung in der Nähe der Sangar-Strasse nur eine geringe Breite hat, und dass sich in West, Südwest und Nordwest von derselben ein mehr oder weniger breiter Streifen kalten Wassers in der Richtung von Nordost nach Südwest erstreckt. Auf dieses kalte Wasser folgt dann weiter nach Westen wiederum wärmeres, von einer Temperatur, die man als dem Japanischen Meere in den betreffenden Breiten zukommend betrachten darf. 1) Mittäglicher Ort, — das Minimum wurde um 91' Vorm, beobachtet. 2) Das Schiff befand sich wohl etwas nördlicher und östlicher, da die betreffende Maximaltemperatur um Mit- tag abgelesen wurde, die Ortsangabe aber auf 91* Vorm. Bezug hat (zu welcher Zeit die Temperatur des Wassers 8,4° betrug). 3) Dieselbe niedrige Temperatur hielt bis 40° 22' N. und 137° 32' 0. an. 4) Die Ortsbestimmung fand um Mittag statt, die er- wähnte niedrigste Temperatur wurde um 9h Vorm, be- obachtet. 5) Die Ortsbestimmung fand um Mittag statt, die nie- drigste Temperatur wurde um 31* Nachm, beobachtet. 6) Die Ortsbestimmung fand um Mittag statt, die nie- drigste Temperatur wurde um 9h Vorm, beobachtet. 7) ln der Sangar-Strasse fiel erst die Temperatur auf 17,5°, stieg dann auf 18,5° und fiel dann wieder; s. Dia- gramm 37. 8) Dieselbe hohe Temperatur hielt bis 41° 10' N. und 139° 48' 0. an. 9) Dieselbe Temperatur hielt bis 42° N. und 139° 02' 0. an. 10) Die erwähnte niedrige Temperatur hielt bis 42° 37' N. und 137° 39' O. an und fiel dann noch mehr; s. Diagr. 32. 11) Dieselbe Temperatur hielt bis 41° 30' N. und 1-40° 22' 0., d. h. bis in die Sangar-Strasse hinein an. 12) Die Ortsbestimmung fand um Mittag statt, zu wel- cher Zeit die Temperatur des Wassers 17,1° betrug-; die obige, noch höhere Temperatur wurde um Nachm, be- obachtet. 13) Aus den durch Observation bestimmten Orten um Mittag des 8. und 9. Aug. abgeleitet. StRÖMUNGB VERHÄLTNISSE IM OcHOTSKISCHEN UND JAPANISCHEN MEERE, 55 und auf dieses endlich noch mehr nach Westen die längs der Festlandsküste verlaufende kalte Liman-Strömung. Was die in unserer Tabelle angegebene Temperaturdifferenz zwischen der warmen Strömung und dem sie nach West begränzenden Streifen kalten Wassers betrifft, so scheint dieselbe in hohem Grade verschieden zu sein. Zum grossen Theil dürfte jedoch diese Verschiedenheit nur daher kommen, dass man gewiss nicht in allen Fällen die wirkliche höchste und niedrigste Temperatur des Wassers beobachtet hat. Diese kann vielmehr, da sowohl die warme Strömung als auch der angränzende Streifen kalten Wassers immerhin nur von geringer Breite sind und dabei auch nicht durchweg dieselbe Temperatur haben, oft der Beobachtung entgangen sein. So dürfte z. B. die auf dem «Askold» am 14. Juni beobachtete Temperatur von 10,5° gewiss noch nicht das wirkliche zu dieser Jahreszeit im kalten Streifen statthabende Minimum sein; ebenso wenig die auf dem «Wojewoda» am 27, Juni wahrgenommenc Temperatur von 11,2°. Andererseits kann aber auch die auf dem «Askold» am 23. Juni beobachtete Temperatur von 12°, oder gar diejenige von 10°, welche am 22. Juni auf dem «Najesdnik» bemerkt wurde, durchaus nicht das wirkliche Maximum der Temperatur der warmen Strömung im genannten Monat ausdrücken, u. s. w. Daher die grossen Verschiedenheiten in der Temperaturdifferenz sogar in einem und demselben Monat. Trotz alledem kommt es mir jedoch nicht unwahrscheinlich vor, dass die Differenz, wie einige der obigen Zahlen anzudeuten scheinen, im Spätherbst und Winter, in Folge der langsamen Abkühlung der warmen Strömung, ansehnlicher sein dürfte als im Frühling und zu Anfang des Sommers, wo auch die warme Strömung eine verhältnissmässig starke Tem- peraturdepression erfährt. Die obigen Betrachtungen führen uns zu der Frage, wodurch überhaupt jene Streifen kalten Wassers in der Nähe der Sangar-Strasse gleich westlich von der Tsu-sima-Strömung entstehen? Um diese Frage zu beantworten, muss ich jedoch zuvor auf Grundlage der obigen Diagramme noch einen Blick auf die Temperaturerscheinungen in der Sangar- Strasse selbst werfen. Nur in seltenen Fällen geschieht es, dass die hohe Temperatur, die das Wasser im Japanischen Meere in der Nähe der Sangar-Strasse hat, auch in dieser letzteren noch eine Strecke weit anhält, wie z. B. das Diagramm 36 zeigt, oder dass sie gar anfangs in der Strasse noch um ein Geringes steigt, wie im Diagramm 37, um erst später wieder zu fällen. Meist und in der Regel stellt sich sogleich mit dem Eintritt in die Sangar-Strasse von West eine mehr oder weniger rasche und ansehnliche Tempera- turabnahme ein, die bisweilen so weit geht, dass das Wasser in der Nähe von Hakodate ebenso kalt wie gleich westlich von der Tsu-sima-Strömung, in dem oben besprochenen kalten Streifen, ja, mitunter sogar kälter als in dem letzteren wird (s. z. B. die Diagg. 54 und 57). Verfolgt man nun die Sangar-Strasse von Hakodate weiter nach Osten, so nimmt die Temperatur des Wassers, wie wir oben bereits gesehen (Diagg. 9 und 12 — 14), mehr und mehr ab und erreicht endlich am östlichen Ausgange aus derselben ihr Maxi- mum. Es ist also die Temperatur des Wassers in der Sangar-Strasse eine sehr ungleich- 5fi L. v. Schrenck, massige, und zugleich finden an dem Ost’ und Westeingange in dieselbe ganz entgegengesetzte thermische Verhältnisse statt: vor jenem ist das Wasser kälter als in der Strasse, vor die- sem wärmer: geht man von Ost nach West durch die Strasse, so steigt die Temperatur, trotz aller Ungleichmässigkeiten, im Allgemeinen mehr und mehr, um gleich ausserhalb derselben ihr Maximum zu erreichen; geht man von West nach Ost, so fällt sie beständig und erreicht gleich ausserhalb der Strasse ihr Minimum. Diese eigenthümlichen Tempera- turverhältnisse inner- und ausserhalb der Sangar-Strasse stehen nun mit jener Erscheinung eines beständigen Streifens kalten Wassers gleich westlich von der Tsu-sima-Strömung im nächsten Zusammenhänge, indem. sie aus einer und derselben Ursache entspringen. Und zwar liegt diese in dem Umstande, dass in die Sangar-Strasse von Ost und West zwei Strö- mungen von verschiedenem thermischem Charakter eintreten, die sich innerhalb derselben begegnen und bekämpfen: von Ost die kalte Kurdische, von West ein Arm der warmen Tsu-sima-Strömung. Je näher daher, innerhalb der Strasse, zum Ostende, um so mehr herrscht die kalte, je mehr nach Westen, um so mehr herrscht die warme Strömung allein vor; mehr zur Mitte hin aber, und besonders an den breitesten Stellen der Strasse, müs- sen Streifen von verschiedener Temperatur entstehen, und dies sind denn ohne Zweifel auch jeneStreifen mit entgegengesetzter Bewegung des Wassers, von denen uns Augenzeugen nach eigenen Erfahrungen wie nach den Erzählungen der Japanesen Ausführliches berichten 1). Daher die ungleich mässige und wechselnde Temperatur des Wassers in der Sangar-Strasse. Näher zum westlichen Ende der Strasse, wo sie sich stärker verengt, muss jedoch die ein- tretende warme Strömung volle Ueberhand gewinnen und die ihr entgegenkommende kalte überfluthen. Diese letztere kann daher nur als Tiefenströmung aus der Sangar-Strasse in das Japanische Meer eintreten. Wenn aber unter der warmen Strömung hinweg ein beständiger Zufluss kalten Wassers von Ost und Nordost nach dem Japanischen Meere stattfindet, so muss das sich ansammelnde kalte Wasser jenseits der warmen Strömung wieder der Ober- fläche sich nähern oder stellenweise auch ganz bis an dieselbe gelangen und somit unmit- telbar hinter der warmen Strömung einen mehr oder weniger breiten Streifen kalten Was- sers hervorbringen, der dieselbe Richtung wie der Westrand der warmen Strömung, d. h. von Nordost nach Südwest haben wird. So stehen die oben erwähnten Temperaturerschei- nungen ganz im Einklänge mit dem auch aus anderweitigen Thatsachen gefolgerten Verlaufe der Strömungen in und an der Sangar-Strasse und geben somit auch selbst wieder einen Beweis für die Richtigkeit dieser Folgerung ab. Namentlich aber findet die bisher bloss ver- muthungsweise von mir ausgesprochene Ansicht, dass die Kurdische Strömung durch die Sangar-Strasse nur unterseeisch in das Japanische Meer eintritt 2), in der oben nachgewie- senen Thatsache eines am Westrande der Tsu-sima-Strömung in den Breiten der genannten Strasse beständig zu Tage tretenden Streifens kalten Wassers ihre Bestätigung. 1) S. meine Reisen und Forsch, im Amur-Lande. Bd. II, p. 742, 743. 2) Reisen und Forsch, etc. Bd. II, p. 749, 778. Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 57 Uebrigens lenkt nur ein Tlieil der Tsu-sima-Strömung , und wie mir scheint auch nur der geringere, in die Sangar-Strasse ein, der übrige, grössere, setzt seinen Lauf nach Nor- den längs der Westküste Jesso’s fort. Schon die oben angeführten hohen Temperaturen, die man im Wasser nordwestlich von der Sangar-Strasse beobachtet hat, geben uns einen Beweis dafür ab; so z. B. die Temperatur von 12° am 5. Juni westlich von der Insel Oko- siri, in 42° 03' N. und 139° 14' 0. (obs., «Warjag»), oder von 17,2° am 9. August nord- westlich von der genannten Insel, in 42° 23' N. und 139° 04' 0. (obs., «Askold»). Da es nur die bemerkten Maximaltemperaturen sind, so beweisen sie zugleich, dass der nordwärts fortlaufende Arm der Tsu-sima-Strömung, zum wenigsten in dieser Jahreszeit, eine verhält- nissmässig ganz ansehnliche Breite hat, indem er die Insel Okosiri beiderseits bespült. Wei- ter nordwärts führen uns die auf einigen Fahrten von Kussunai und Duï nach Hakodate ge- machten Beobachtungen (Diagg. 59—61). Zwei dieser Fahrten fallen in den August, die dritte in das Ende des September. Auf den beiden ersteren sind verhältnissmässig sehr hohe und zugleich nahe übereinstimmende Temperaturen beobachtet worden, auf der Fahrt des «Askold», zu Anfang des August 1866, jedoch etwas niedrigere als auf derjenigen des «Warjag», zu Ende des August 1865, offenbar auch aus dem Grunde, weil die erstere Fahrt in grösserer Entfernung von der Küste als die letztere vor sich ging. Besonders am 29. und 30. Aug. (Diagr. 59) befand sich die Corvette «Warjag», wie unsere Karte I zeigt, in der Nähe der Küste, und hier betrug die Temperatur des Wassers fast beständig über 17°, mit mehrmaligem Maximum von 17,8°, bis in 43° 54' N. und 139 35' 0., wo es noch 17,3° gab. Von da ab läuft der Cours bis zur La Pérouse-Strasse parallel der Küste in etwa V/° Entfernung von derselben, und man hat, am 28. und 27. Aug., beständig Temperaturen von 16,8 bis 15 '. Ganz parallele, nur, wie erwähnt, in Folge grösserer Entfernung von der Küste etwas niedrigere, verhältnissmässig jedoch immer noch hohe Temperaturen wurden auch auf dem «Askold» beobachtet (Diagr. 60), indem es auf der Strecke zwischen der Sangar- und der La Pérouse-Strasse vom 9. bis 6. August Mitteltemperaturen von 16,3 — 14,2° gab. Ja, auch die September-Fahrt des «Warjag», die dem Course nach fast ganz mit derjenigen des «Askold» zusammenfiel, zeigt auf der erwähnten Strecke verhält- nissmässig sehr hohe Temperaturen und dabei nur geringe Schwankungen, — zwischen dem Maximum am 30. Sept, und 1 . Oct. (die etwas grössere Depression in der Sangar-Strasse natürlich abgerechnet) und dem Minimum am 28. Sept, in der Breite der La Pérouse-Strasse eine Differenz von 2°, zwischen den betreffenden Mitteltemperaturen aber nur von 0,8° (Diagr. 61). Es kann also bei so hohen Temperaturen des Wassers, die sich selbst in ei- niger Entfernung von der Westküste Jesso’s continuirlich von der Sangar- bis zur La Pérouse-Strasse fortziehen, keinem Zweifel unterliegen, dass dort die warme Tsu-sima- Strömung nordwärts läuft. An der La Pérouse-Strasse tritt nun dieselbe Erscheinung wie an der Sangar-Strasse ein: die Strömung spaltet sich, und während ein Arm in die Strasse einlenkt, setzt der an • dere seinen Lauf nordwärts fort. In wie fern der in die La Pérouse-Strasse einlenkende Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. 8 58 L. V. SCHEENCK , und durch dieselbe in das Ochotskische Meer nach der Ostküste Südsachalin’s bis etwa zur Bai der Geduld verlaufende Arm von Schiffen direkt beobachtet worden ist, habe ich be- reits an einem anderen Orte dargethan1). Ihm ist es ohne Zweifel auch zuzuschreiben, dass es an der Ostküste Südsachalin’s, bei Manne u. s. w., so südliche Molluskenarten giebt, wie man sie im übrigen Ochotskischcn Meere nirgends wiederfindet2). Die Existenz dieser durch die La Pérouse-Strasse in das Ochotskische Meer eintretenden warmen Strö- mung wird nun durch die Temperaturbeobachtungen vollständig bestätigt. Zum Belege verweise ich auf die zum Thcil schon besprochenen, nach Beobachtungen auf den Cor- vetten «Olivuza» und »War jag» und dem Klipper «Abrek» construirten Diagramme 3, 5 und 15. Auf der «Olivuza» (Diagr. 3) beobachtete ich, von den Kurilen kommend, am 31. Juli 1854 eine plötzliche Steigerung der Temperatur des Wassers, im Mittel von nahe 2,5°, und nach Maassgabe als wir uns der La Pérouse-Strasse näherten, stieg die Tempe- ratur mehr und mehr, bis sie am 4. Aug. innerhalb der Strasse 1 2° erreichte. Die Corvette «Warjag» (Diagr. 15) passirte die Strasse im Jahre 1866 ungefähr einen Monat später, von Norden, aus Ochotsk, kommend: nach den niedrigen Temperaturen, die es längs der Ostküste von Sachalin bis ungefähr zum Cap der Geduld gegeben hatte, stieg die Tempe- ratur am 8. Sept, noch in ansehnlicher Entfernung von der Südostküste der Insel im Mit- tel um iy2° und betrug in der La Pérouse-Strasse an demselben Tage und am folgenden Morgens beständig 12 und sogar 13°. Die Fahrt des «Abrek» endlich fand nahe um die- selbe Jahreszeit (1863) in umgekehrter Richtung, von der Bai Olga nach dem Ochotski- schen Meere und weiter statt. Das Diagramm 5 zeigt das rasche Steigen der Temperatur des Wassers am 11. Sept., als man in der Nähe der La Pérouse-Strasse in die Tsu-sima- Strömung eintrat. Sehr bezeichnend ist es dabei, dass am 9. und 10. die Luft viel wärmer, am 11. und 12. hingegen viel kälter als das Wasser war, indem man sich an jenen Tagen in der kalten Liman-, an diesen in der warmen Tsu-sima-Strömung befand. Um 4!l Morg. am 11. Sept, hatte man in 45° 37' N., genau in der Breite der Strasse, und 140° 22' 0. im Wasser 14,2°; um 5 und 572 Uhr kamen nach einander die Inseln Rifunsiri und Risiri in Sicht und blieben nord- und südwärts vom Schiffe liegen; um 911 Morg., in 45° 39' N. und 141° 0., gab es im Wasser sogar 16°. Die genannten Inseln liegen also, gleich wie Okosiri, ganz innerhalb der Tsu-sima-Strömung. Um 12b Mittags nahe der nördlichen Spitze von Jesso, in 45° 37' N. und 141° 32' 0. (obs.), hatte das Wasser eine Temperatur von. 15,6°. Des frischen Ostwindes wegen sah sich das Schiff genöthigt, in die an dem Nordende Jesso’s gelegene Rumjanzof-Bai einzulaufen, wo das Wasser am 11. und 12. Sept, beständig eine Temperatur von 14,7° zeigte. Als man darauf am 13. die Fahrt fortsetzte, fand man es, zum Theil wohl in Folge der starken Ostwinde, die in geringerem Grade auch noch anhiel- ten, nicht unerheblich abgekühlt, doch gab es in demselben noch bis in 46° 12' N. und 144° 05' 0., d.h. also in der Richtung längs der Ostküste Südsachalin’s nach Norden, eine Tem- 1) Reisen und Forsch, im Amur-Lande. Bd. II, p. 784 ff. | 2) Reisen und Forsch, etc. Bd. II, p. 896. I Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 59 I peratur von 12°. Bemerkenswerth ist ferner, dass die Temperatur auch in den folgenden Tagen, ob sie gleich hei weiterer Fahrt nach ONO, in das hohe Meer hinaus, auch langsam abnahm, doch immer noch verhältnissmässig hoch blieb, bis zum 16. Sept., d. h. genau bis dahin, von wo an auch auf der «Olivuza», bei umgekehrter Fahrt, eine plötzliche Steige- rung der Temperatur wahrgenommen wurde, und erst dann rasch zu fallen begann. Dieser Umstand, der auch in dem ganz ähnlichen Verlaufe der Temperaturcurven in den Diagram- men В und 5 Ausdruck findet, scheint dafür zu sprechen, dass ein Tlieil der in die La Pé- rouse-Strasse eintretenden Strömung im Ochotskischen Meere nach ONO fortläuft, in der Richtung nach den Kurilen, ohne jedoch diese zu erreichen, und nur ein anderer Theil um das Cap Aniwa nach Norden sich wendet, um längs der Küste in der Richtung zur Bai und zum Cap der Geduld zu verlaufen, wo er der kalten Sachalinischen Strömung begeg- net. Ueber diese, wie es scheint, je nach der Jahreszeit und der abwechselnden Stärke der beiden in Rede stehenden Strömungen bald nördlicher und bald südlicher stattfindende Begegnung derselben l) Hegen uns leider keine Temperaturbeobachtungen vor. Schickte an der Sangar-Strasse die Tsu-sima-Strömung nur einen kleineren Zweig in die Strasse ab, während der Hauptstamm im Japanischen Meere verblieb, so scheint mir an der breiteren La Pérouse-Strasse eher das umgekehrte Verhältniss statt zu haben: der grössere Theil der Strömung tritt durch die Strasse in das Ochotskische Meer und nur der kleinere setzt seinen Lauf nach Norden, längs der Westküste von Sachalin fort. Für die Existenz dieser letzteren Strömung gab es bisher keinerlei Beweise, und konnte ich mich daher über dieselbe früher nur vermuthungsweise aussprechen2). Die oben angeführten Temperaturbeobachtungen (Diagg. 3, 15, 59 — 61) stellen sie aber jetzt ausser Zweifel und lehren uns zugleich die Gränze kennen, bis wohin sich diese Strömung nordwärts ver- breitet. Schon die Fahrten der «Olivuza» und des «Warjag», die aus dem Ochotskischen Meere durch die La Pérouse-Strasse nordwärts gingen, zeigten ganz übereinstimmend eine ansehnliche Steigerung der Temperatur des Wassers, sobald das Cap Crillon, die Siidwest- spitze SachaliiTs, doublirt war und die Fahrt nun längs der Westküste dieser Insel nord- wärts ging: auf der «Olivuza» wurde dort am 4. August in 46° 25' N. und 141° 24' 0. (obs.) und nördlicher eine Temperatur von 12,9° im Wasser beobachtet, auf dem «Warjag» am 9. September gleich nach Umschiffung des Caps, in 45J57' N. und 141° 37' 0., sogar von 15,5°, und noch einen vollen Grad nördlicher hatte die Temperatur nur bis auf 14° abgenommen. Aber so hoch verhältnissmässig diese Temperaturen auch sind, so gestatten sie uns, da die betreffenden Fahrten beide nordwärts gingen, noch nicht, sie unmittelbar als Folge der von Süden kommenden warmen Strömung anzusehen. Dieses Letztere ermög- lichen erst die Diagramme 59—61, indem sie die Temperaturen angeben, die man auf ei- ner und derselben Fahrt nördlich und südlich von der La Pérouse-Strasse beobachtete. 1) S. meine Reisen und Forsch, im Amur-Lande, Bd. II. | 2) Reisen und Forsch. -Bd II, p. 793, p. 789. 8* « 60 L. V. ScHRENCK, Und zwar lässt das erstere durch den sehr gleiclimässigen Verlauf der Temperaturcurven sogleich erkennen, dass man sich auf der ganzen Fahrt von Kussunai bis Hakodate im , Bereiche einer Strömung und, nach den verhältnissmässig hohen Temperaturen zu ur- theilen, einer warmen Strömung befand. Bis zum 28. August, d. i. bis zur La Pérouse- Strasse, haben wir oben die betreffende Fahrt der Corvette «Warjag» von Hakodate aus schon rückwärts verfolgt. Am 27., nördlich von der Strasse, ist die mittlere Temperatur des Wassers nur sehr wenig geringer; am 26. entfernt sich das Schiff von der Küste nach Westen, und sogleich sinkt die Temperatur; am 25. ist man wieder in der Nähe der Küste, und die Temperatur ist wieder höher, und desgleichen am 24. bis vor Kus- sunai. Auf der ganzen Strecke zwischen dem letztgenannten Orte und der La Pérouse- Strasse gab es bei viertägiger Fahrt nur eine mittlere Temperaturdifferenz von .iy2°, indem die Temperatur von 14,3° (am 24. Aug.) bis 15,8° (am 28.) stieg. Zugleich stimmen diese hohen Temperaturen des Wassers auch ganz mit den oben angeführten überein und stellen somit das Vorhandensein der warmen Strömung auf dieser ganzen Strecke von der Sangar-Strasse bis Kussunai ausser Zweifel. Ob aber die warme Strömung noch weiter nord- wärts geht, darüber müssen uns die beiden anderen Diagramme belehren. Betrachtet man den Gesammtverlauf der Temperaturcurven in denselben, so erscheint er ebenfalls sehr gleichmässig, und zwar bei beständig hohen Temperaturen im Diagramm 60 vom 9. Aug. an rückwärts gegangen bis zum 5., im Diagramm 61 vom l.Oct. bis zum 27. Sept., worauf in beiden Fällen die Curvcn plötzlich stark abfallcn. Sucht man aber auf der Karte die Orte auf, wo sich die respectiven Schiffe um Mittag des 5. Aug. und des 27. Sept, befan- den, so findet man sie beide genau in der Breite von Kussunai und in der Entfernung von etwa einem Längengrade von der Küste. Bis dahin war also, von Süden gegangen, die Tem- peratur des Wassers eine verhältnissmässig hohe — am 5. Aug. im Mittel 14,3°, am 27. Sept. 10,9° — - und nahm von der Sangar-Strasse an nordwärts nur langsam und wenig ab — im ersteren Falle auf der ganzen Strecke im Mittel um 2°, im letzteren um 1,4° — von Kussunai aber bis Dui fiel sie rasch, — am 4. Aug. im Mittel um 2,1°, am 26. Sept, um 1,9°, ja, zwischen dem Maximum am 5. Aug. und dem Minimum am 4. giebt es sogar ei- nen Unterschied von 3,8°. Ganz Aèhnliches haben wir oben auch schon aus einer Fahrt der Corvette «Wojewoda» (Diagr. 23) kennen gelernt, jndem auf derselben zu Ende des October von de Castries nach Dui und längs der Küste Sachalin’ s nach Süden bis zur Breite von Kussunai hinab sehr niedrige Temperaturen des Wassers beobachtet wurden, und erst von da ab eine plötzliche Steigerung derselben eintrat. Wir dürfen also aus dem Gesagten den Schluss ziehen, dass die Tsu-sima-Strömung längs der Westküste von Sachalin nord- wärts bis nach Kussunai, d. i. bis etwas über den 48. Breitengrad hinaus, durch eine ver- hältnissmässig hohe Temperatur des Wassers deutlich kenntlich bleibt, von dort ab aber sich verliert und Dui sicherlich nicht mehr erreicht. Ja, am letzteren Orte scheint das Wasser, wie manche Beobachtungen und unter anderen auch die im Diagramm 23 darge- stellten lehren, oft sogar kälter als bei de Castries zu sein, was sich vielleicht aus dem Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 61 Umstande erklären Hesse, dass das aus dem Ochotskischen Meere in der Tiefe durch den Liman in das Nordjapanische Meer dringende kalte Wasser an der seichteren Sachalini- schen Küste der Oberfläche näher tritt und diese somit stärker abkühlt. In diesem Punkte müssen also unsere früheren Mittheilungen über die Strömungen an der Westküste Sacha- lins dem Obigen gemäss berichtigt werden. SCHLUSS. Ueberblicken wir zum Schluss den allgemeinen Verlauf der Strömungen im Ochots- kischen und Japanischen Meere und in den zunächst angränzenden Gewässern, wie er auf un- serer zweiten Karte (Taf. XII) nach dem oben Erörterten dargestellt ist, so lässt sich eine gewisse Analogie im Gesammtbilde derselben nicht verkennen. Ganz besonders fällt dieselbe beim Vergleich des Japanischen Meeres mit dem Gelben auf: in beiden steigt längs der Ost- küste eine warme Strömung nach Norden hinauf, während längs der Westküste eine kalte südwärts herabläuft. Die ersteren sind Zweige des Kuro-siwo und als solche durch eine gleiclnnässigere und stets verhältnissmässig hohe Temperatur ausgezeichnet, die letzteren werden hauptsächlich durch die in diese Meere, sei es direkt, sei es durch Vermittelung ei- nes zwischenliegenden Bassins, wie der Amur-Liman, mündenden grossen Ströme gespeist und sind daher, unter dem Einfluss des excessiven Klimas Ostasien’s, einem grösseren Tem- peraturwechsel unterworfen. Besonders dürfte Letzteres für das im Norden geschlossene Gelbe Meer gelten, während das Japanische durch seine Verbindung vermittelst des Amur- Limanes mit dem Ochotskischen Meere, und zwar mit einem der kältesten Tlieile desselben, auch im Sommer einen beständigen Zufluss kalten Wassers erhält. Mit dem Ochotskischen Meere ist die Analogie etwas geringer: allerdings läuft auch dort im Westen desselben, längs der Ostküste Sachalin’s, eine kalte Strömung nach Süden herab, allein im Osten sehen wir an der Westküste Kamtschatka^ nicht sowohl eine warme Strömung nordwärts, als vielmehr ebenfalls eine kalte südwärts ziehen. Doch gewinnt wieder die Analogie einigermaassen da- durch, dass die im Süden durch die La Pérouse-Strasse in das Ochotskische Meer eintre- tende warme Strömung mit einem ihrer Zweige in der Richtung nach ONO fortläuft, um sich vermuthlich noch in ziemlicher Entfernung von den Kurilen nach Nordost und Nord zu wenden. In dieser Strömung hätten wir also im Ochotskischen Meere das Analogon der im Japanischen längs dessen Ostküste verlaufenden warmen Strömung. Doch hat dieselbe, als äusserster Ausläufer des Kuro-siwo, im Ochotskischen Meere eine sehr viel geringere Ausdehnung und Verbreitung und natürlich auch eine sehr viel niedrigere Temperatur als die ihr entsprechende Strömung im Japanischen Meere , was wiederum mit dem hochnordi- schen Charakter des ersteren vollkommen im Einklänge steht. 62 L. V. SCHEENCK, Einen ähnlichen Verlauf der Strömungen wie in den oben abgehandelten Meeren fin- det man auch in anderen, ihnen fern liegenden, zum Bereich des Atlantischen Océans gehö- renden Seebecken, wie z. B. in der Baffins-Bai, wo es auch eine längs der Ostküste auf- wärts steigende warme Strömung, einen Zweig des Golfstromes1), und eine längs der West- küste (Labrador) herablaufende kalte Strömung giebt, in gewisser Weise in der Nordsee u. s. w. Ja, auch in den Oeeanen treten uns im Grossen und Ganzen analoge Verhältnisse entgegen. Im Atlantischen Océan namentlich fällt es sogleich in die Augen, dass der Golfstrom längs der Westküste Europa’s nordwärts zieht, während die polaren Strömungen längs der Ostküste Grönland’s, Labrador’s, Nordamerika^ herabsteigen. Im Stillen Océan ist dieses Verhältniss zwar durch die im Norden vollständigere, fast geschlossene Begrän- zung desselben wesentlich modifient, indessen sehen wir auch dort von der quer über den nördlichen Theil desselben wegziehenden warmen Japanischen Strömung einen Zweig sich ablösen, der längs der Westküste Amerika’s nordwärts nach dem King William -Sund, Aljaska und den Aleuten verläuft, während im Westen unmittelbar längs der Ostküste Kam- tschatka^ das Wasser südwärts sich bewegt2), und längs den Kurilen sogar eine entschieden kalte Strömung hinabsteigt. Die letztere, unsere Kurdische Strömung, kommt zwar nicht aus dem Eismeere, sondern aus dem Ochotskischen , allein die erwähnte, nach Norden fast geschlossene Begränzung des Stillen Oceanes und seiner Nebenmeere weist dem hochnordi- schen, tief in den rauhen Continent Sibirien’s einschneidenden Ochotskischen Meere zum Theil die Rolle des Eismeeres zu. In der südlichen Hemisphäre ist die Richtung der oce- anischcn Strömungen, wie bekannt, eine umgekehrte, indem dort an den Ostgestaden der Oceane kalte Strömungen zum Aequator laufen und an den Westgestaden warme polwärts ziehen, und gäbe es dort Küstenmeere wie in der nördlichen Halbkugel, so wäre ohne Zweifel auch in diesen die Richtung der Strömungen im Allgemeinen dieselbe. So wie- derholen sich im Gesammtbilde der Strömungen die Züge, die im Grossen in den Ocea- nen gegeben sind, im Kleinen auch in den einzelnen Meeren, und wenn die Ursache einer solchen Richtung der Strömungen in den Oeeanen in der Rotation der Erde und der ihr zufolge stattfindenden Ablenkung der Strömungen von der Meridianrichtung nach rechts in der nördlichen und nach links in der südlichen Hemisphäre liegt, so muss ohne Zweifel derselben Ursache auch die analoge Erscheinung in den einzelnen Meeren zugeschrieben werden. mann’s Geogr. Mittheil. 18G7; p. GG; ebeud. 1870, p. 220. 2) S. üben, p. 14. 1) Mühry, lieber das System der Meeresströmungen im Circumpolarbeckeu der Nord-Hemisphäre, in Peter- Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 63 ANHANG. Die in den vorstehenden Blättern zur Erläuterung der Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere verwerteten Temperaturbeobachtungen sind sämmt- lich nur im oberflächlichen Wasser gemacht worden. An Tiefseebeobachtungen, die zur Beleuchtung auch des unterseeischen Laufes der Strömungen dienen könnten, fehlte es uns hingegen aus den genannten Meeren bisher so gut wie gänzlich. Zwar hat schon Horner im Jahre 1804 einige Beobachtungen der Art im Ochotskischen und auch eine im Japani- schen Meere gemacht1), allein bei der Unvollständigkeit der damaligen Instrumente, na- mentlich der mangelhaften Beseitigung des Wasserdruckes auf das Thermometer, sind die- selben gegenwärtig nur von zweifelhaftem Werthc. Neuerdings hat Hr. Capit. -Lient. Sta- rizkij einige bei Lothungen im Ochotskischen Meere von ihm notirtc Tiefseetemperaturen bekannt gemacht2), allein so verdienstlich diese Angaben an sich sind, so stehen sie doch bisher noch zu vereinzelt da und beziehen sich ausserdem auch auf zu verschiedene Tiefen, um irgend welche Schlussfolgerungen über Tiefenströmungen zu gestatten. Hingegen habe ich ganz vor Kurzem, als die vorstehenden Blätter sich bereits unter der Presse befanden, eine Reihe von Beobachtungen über Tiefseetemperaturen im Japanischen Meere erhalten, die auch auf die Tiefenströmungen in demselben einiges Licht werfen, und die ich hier da- her nachträglich besprechen will. Ich verdanke sie der zuvorkommenden Freundlichkeit des Hrn. Vice-Admiral Possjet, der das kleine Geschwader befehligte, mit welchem in den letzten Jahren S. К. H. der Grossfürst Alexei Alexandrowitsch den Stillen Océan und das Japanische Meer be- suchte und unter dessen persönlicher Anordnung und Leitung die Beobachtungen gemacht wurden. Ausser dem Verdienste, die ersten ihrer Art im Japanischen Meere zu sein, ha- ben sie auch den Vorzug, in ganz systematischer Weise, eigens zur Erforschung der Tie- fenströmungen angestellt worden zu sein. Man beobachtete zu dem Zwecke auf zwei Schif- fen, den Corvetten «Witjas» und «Bogatyr», die gleichzeitig dieselbe Fahrt, von Nagasaki nach Wladiwostok, machten und sich in möglichst geringer Entfernung von einander hielten, die Temperatur des Wassers mehrmals täglich und stets in denselben Tiefen von 50 und 1) S. Krusenstern, Reise um dieWelt. Bd.III, pp. 134, 135. Die einzige im Japanischen Meere gemachte Beob- achtung fand bei Matsmai statt und ergab im Mai-Monat in 50 Faden Tiefe 0,2° R. Die übrigen angeblich im Ja- panischen Meere ausgeführten Tiefsee-Temperaturbeob- achtungen beziehen sich, wie man aus den betreffenden Langen- und Breitengraden sehen kann, auf den Océan östlich von Japan. 2) Нѣсколько измѣреній большихъ глубинъ Охот- скаго и Японскаго морей, Тихаго и Индійскаго океа- новъ. Морск. Сборн. 1873, JV» 6. Ч. неоФ., стр. 102 — 105. 64 L, V, S C HR EN С К, von 100 Faden oder von 300 und 600 Fnss. Die Beobachtungen geschahen auf beiden Schiffen vermittelst Bathometer, die man je 3 — 5 Minuten lang in den erwähnten Tie- fen verweilen Hess, wobei man Sorge trug, durch Beilegen der Schiffe jede Fortbewegung derselben möglichst zu verhindern. Sowohl die in den Bathometern enthaltenen, als auch die zur Bestimmung der Temperatur der Luft und des oberflächlichen Wassers benutzten Thermometer waren zuvor mit einem an Bord des «Bogatyr» befindlichen, vorzüglichen, von Zambra und Negretti verfertigten und seiner Zeit auf dem Greenwicher Observa- torium verificirten Thermometer verglichen worden, und sind die Angaben derselben dem- gemäss corrigirt worden. Es scheinen somit die Beobachtungen auf dem «Witjas» und «Bogatyr» mit aller erforderlichen Sorgfalt angestellt worden zu sein. Auch spricht dafür die grosse Uebereinstimmung in den auf beiden Schiffen ermittelten Zahlen. Wir theilen sie nun zunächst in extenso mit, um sodann einige auf die Strömungsverhältnisse im Ja- panischen Meere bezügliche Betrachtungen an dieselben zu knüpfen. Richtung Beobachtungen auf der Corvette «Witjas». Beobachtungen auf der Corvette «Bogatyr». SP Zustand und Ort. Temperatur (R.) Ort. Temperatur (R.) О Datum. Stunde. Stärke *) der At- des Wassers des Wassers О о des Nördl . Oestl. der Entfernung vom der m mosphäre. Länge an der in dei Tiefe «Witjas» an der in der Tiefe o> Windes. Breite. n. Gr. Luft. Ober- v. 50 v. 100 (in Seemeilen). Luft. Ober- v. 50 v. 100 m fläche. Faden.j Faden. fläche. Faden. F aden. 1873. April 30. 8 Morg. st. bewölkt. 35°24' 130°48' 13,3° 11,8° 1«,!° — 3,5 M. n. SO 32° 13,2° 11,6° 10,3° — I. )) 12 Mittg. dgl. dgl. 35 47 131 10 13,8 10,3 7.4 — 3,5 — SW 15 12,2 10,1 8,8 — IL » 4 Nachm. NzO 2 Nebel. 36 10 131 35 11,0 9,7 7,6 5,9 — — — — — III. Mai 1. 8 Morg. NO 3 bewölkt 37 05 132 37 11,3 9,7 7,9 7,4 — 10,5 9,9 9,1 6,7 IV. » 12 Mittg. NO 2 dgl. 37 22 132 53 10,8 10,3 8.6 7,9 — 11,1 10,1 8,7 7,0 V. )) 4 Nachm. NO 2 dgl. 37 40 133 06 10,4 10,3 8,2 7,9 5 — 10,3 9,8 8,5 VI. j )) 8 Ah. OSO 1 dgl. 37 56 133 22 9,3 9,8 7,9 7,4 5 — 9,2 9,5 8,3 7,0 VII. )) 2 8 Morg. NO 1 dgl. 38 51 134 08 7,3 7,3 5,4 4,4 7 — SO 79 6,4 7,0 5,5 4,0 VIII. » 12 Mittg. NO 1 wen. hew. 39 50 134 57 z) 7,9 6,3 2,9 2,6 10 — 0 8,1 6,3 4,0 2,5 IX. ! » 4 Nachm. 0 1 dgl. 40 05 135 04 9,0 6,7 3,4 2,9 15 — SO 50 10,1 6,3 4,8 2,6 X. » 12 Nachts NOzO 2 heiter. 40 25 134 30 5,o L8 3,6 4,6(7) 15 — SO 78 3,8 5,2 3,6 2,9 XI. » 3. 4 Morg. NOzO 2 dgl. 40 47 133 54 3,3 2,8 0,9 1,4 10 — SO 65 2,4 3,0 2,0 0,8 XII. » 12 Mittg. NNO 2 Regen. 41 01 133 29 3,3 3,6 1,9 1,9 10 — OzS 3,0 2,6 2,2 0,8 ► XIII. » 12 Nachts NNW 3 wen. hew. 41 34 133 00 2,8 2,3 1,9 2,1 4 - OSO 2,5 2,2 1.9 0,9 XIV. i )) 4. 8 Morg. NNW 3 heiter. 41 23 132 27 5,8 3,8 1.9 1,4 4 — SO 6,5 3,6 3,0 1,0 XV. ,j )) 12 Mittg. WNW 3 dgl. 41 13 131 48 6,9 3,8 1,4 1,6 4 -SO^O 6,7 3,6 2,5 1,3 XVI. )) 4 Nachm. W 4 dgl. 41 27 131 39 6,9 4,3 2,1 2,4 10 — 6,5 4,1 2,9 2,1 XVII. ! » 12 Nachts WSW 2 dgl. 42 06 131 15' 4,3 1,8 0,9 0,6 10 — SW 40 4,2 2,5 2,0 1,0 XVIII. » 5. 4 Morg. WSW 1 dgl. 42 06 131 15 3,2 2,3 1,9 0,6 10 — S 3,1 2,4 1,6 0,8 XIX. » 9. 12 Mittg. 0 3 Regen. 42 39 131 31 5,9 3,8 — 16 — SW 56 6,0 3,8 0,31 2 3) — XX. 1) Die Stärke des Windes ist nach der Scala von Beaufort angegeben, der zufolge 0 Windstille und 12 einen Orkan oder orkanartigen Sturm bedeutet. Da jedoch Tiefseebeobachtungen nur bei schwachem Winde möglich sind, so haben wir es hier nur mit den unteren Graden der Scala zu thun. Auch geht die grösste in der Tabelle verzeichnete Windstärke (4) nicht über «massig» hinaus. Ueberhaupt waren die Wind- verhältnisse auf der gesammten Fahrt des «Witjas» und «Bogatyr» den Tiefseebeobachtungen in seltenem Grade günstig. 2) Diese Ortsposition und die um Mittag des 4. Mai sind durch Observation, diejenige vom 9. durch Peilungen und die übrigen durch Schilfsrechnung bestimmt worden. 3) Am Meeresgründe in 35 Faden Tiefe. Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 65 Da die Karte (Taf. I), auf welcher die oben besprochenen Fahrten der Schiffe im Ochotskischen und Japanischen Meere verzeichnet sind, bereits abgedruckt war, als ich die Beobachtungen vom «Witjas» und «Bogatyr» erhielt, so habe ich sie in dieselbe nicht mehr eintragen können. Wollte man es aber nach den mitgetheilten Ortsangaben tliun, so würde man sich überzeugen, dass sie etwa in der Mitte der Korea-Strasse nordöstlich von den Tsu-sima-Inseln beginnen und von dort ab in einer geraden Linie liegen, die sich in nordöstlicher Richtung etwa bis zum 40°. n. Br. und 135°. östlicher Länge erstreckt. An- fangs, in der Korea-Strasse, in der gewöhnlichen und fast gemeinsamen Route der meisten oben genannten Schiffe gelegen (Beob. I — III), fallen sie am 1. Mai (Beob. IV — VII) genau in die Courslinie des Klippers «Isumrud»*vom 5. und 6. Juni 1866 und später, nachdem der Cours des Klippers sich ostwärts, zur Sangar-Strasse gewendet, in die Fort- setzung jener Linie bis zum Kreuzungspunkte des 40. Breiten- und 135. Längengrades (Beob. VIII — X). Von dort ab wendet sich die Reihe der Tiefseebeobachtungen unter rech- tem Winkel nach Nordwest, in der Richtung zur Bai Possjet hin, und folgt am 3. Mai von Mittag bis Mitternacht genau der Courslinie der Corvette «Warjag» vom 12. und 13. Oct. 1866 (Beob. XI — XIV). Alsdann geht sie, nochmals unter rechtem Winkel sich wendend, nach Südwest bis 41° 13' N. und 131° 48' Ö. (Beob. XV und XVI) und steigt nun erst nordöstlich zur Bai Possjet (Beob. XVII — XIX) und zuletzt nördlich nach Wladiwostok hinauf (Beob. XX). Die Fahrt des «Witjas» und «Bogatyr» ging also erst längs der warmen Tsu-sima-Strömung vor sich, dann kreuzte sie das Meer etwa in der Breite der Sangar- Strasse in nordwestlicher Richtung zur kalten Liman-Strömung hin, folgte dieser eine Zeit lang abwärts und wandte sich dann erst nordwärts der Bai Possjet und Wladiwostok zu. Gewiss konnte man für Temperaturbeobachtungen den Cours nicht günstiger wählen. Auch sind diese für die Strömungsverhältnisse im Südjapanischen Meere in hohem Grade belehrend. Betrachten wir zunächst nur die im Anfänge und während des ersten Drittels der Fahrt im oberflächlichen Wasser gemachten Beobachtungen, so stimmen sie mit den auch auf anderen Schiffen in der Tsu-sima-Strömung zur selben Jahreszeit gefundenen Temperaturen sehr nahe überein. Am 30. April und 1. Mai fand man im Wasser an der Oberfläche verhältnissmässig hohe Temperaturen, die nach Norden nur langsam abnahmen, indem sie naph den Beobachtungen auf dem «Witjas», zwischen 11,8 und 9,7° schwankend, am ersten Tage im Mittel 10,6, am zweiten 10,0° und nach denjenigen auf dem «Bogatyr», bei gleicher Schwankung (zwischen 11,6 und 9,5°), im Mittel 10,8 und 9,8° betrugen, un- gefähr in denselben Breiten und Längen, wo man z. B. auf der Corvette «Warjag» zwei Monate früher, am 28. Februar und 1. März, mittlere Temperaturen von 8,9 und 10,8° (Diagr. 47) oder auf dem Klipper «Isumrud» einen Monat später, am 2. — 5. Juni, mittlere Temperaturen von 11,4 — 13,2° (Diagr. 48) beobachtete. Am 2. Mai tritt aber eine plötz- liche Aenderung ein. Ich muss gestehen, dass als ich, zunächst ohne die Temperaturen zu beachten, nur die Orte, an denen die Beobachtungen auf dem «Witjas» und «Bogatyr» an- gestellt wurden, in meine Karte eintrug und an die Beob. VIII, vom 2. Mai um 8h Morg., Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. 9 66 ч L. У. SCHEENCK kam, ich mir sagte — hier müsse, falls unsere obigen Folgerungen über die Tsu-sima- Strömung richtig sind, eine starke Temperaturdepression zu finden sein. Und so ist es auch in der Tliat, denn die Beobachtungen auf beiden Schilfen zeigen dort einen plötzlichen Sturz der Temperatur im oberflächlichen Wasser von 2,5°, der von einem ganz ähnlichen in der Luft begleitet wird. In 38° 51' n. Br. und 134° 08' östl. L. befindet man sich also schon aus der Tsu-sima-Strömung nach Westen hinaus. Damit ist ihre Westgränze in diesem Theile scharf bezeichnet, indem sie etwa in der Mitte zwischen den beiden Beobachtungs- punkten VII und YIII, also in 38° 27' N. und 133° 45' 0. Hegen muss. Zugleich folgt aber daraus, dass auch die Fahrt des «Witjas» und «Bogatju*» am 1. Mai und zum Theil auch am 30. April zwar in der Tsu-sima-Strömung, aber doch nahe ihrem Westrande statt- fand. Daher mag es denn auch kommen, dass die an diesen Tagen beobachteten Tempera- turen, mit manchen anderen, früher besprochenen, wie z. B. mit den auf dem Kanonenboote «Morsh» zu Anfang des Juni angetroffenen (Diagr. 49) verglichen, etwas niedriger er- scheinen. Auch ist, nach diesen Thatsachen zu urtheilen, die Tsu-sima-Strömung mitten im Südjapanischen Meere zu Anfang des Mai verhältnissmässig nur von geringer Breite, was mit unserer oben entwickelten Ansicht, dass sie im Frühling in Folge der noch vom Winter her vorherrschenden Nordwinde überhaupt von geringerer Stärke und namentlich auch von geringerer Ausbreitung nach Westen sein dürfte ^ in vollkommenem Einklänge steht. So ansehnlich übrigens die eben besprochene Temperaturdepression ist, so tritt sie uns doch noch viel praegnanter entgegen, wenn wir auch die gleichzeitig in der Tiefe be- obachteten Temperaturen in Betracht ziehen. Gleichwie an der Oberfläche, so ist bis dahin auch in den Tiefen von 50 und von 100 Faden die Temperatur verhältnissmässig hoch und sehr gleichmässig: in der ersteren Tiefe nach dem «Witjas» im Mittel 8,3 und 8,2° und nach dem «Bogatyr» sogar 9,5 und 8,7°; in der letzteren 6,9 und 7,7°. Nur einmal, in 36° 10' N. und 131° 35' O. (Beob. III), fand man in 100 Faden Tiefe ausnahmsweise eine ansehnlich niedrigere Temperatur, von 5,9°, und da dieser Punkt genau in der Richtung der längs der Koreanischen Küste herabsteigenden kalten Strömung Hegt, so möchte man beinahe vermuthen, dass ein Theil dieser letzteren sich nicht um das Cap Clonard nach dem Broughton-Kanal wendet, sondern in die Tiefe hinabsinkt und unter der Tsu-sima- Strömung in der ursprünglichen südsüdöstlichen Richtung fortläuft. Zahlreichere Beobach- tungen sind zur Aufklärung dieser Frage noth wendig. Bemerkenswerth ist aber jedenfalls auch, dass jener Punkt genau in die Courslinie des Klippers «Isumrud» vom 3. und 4. Juni 1866 fällt, auf welcher sich im oberflächlichen Wasser ebenfalls eine Temperaturdepression kund gab (Diagr. 48), gleichwie man sie übrigens in geringerem Grade auch in den Beob- achtungen des «Witjas» selbst erkennen kann. Am 2. Mai (Beob. YIII) hören jedoch jene hohen und gleichmässigen Temperaturen auf und gleichwie an der Oberfläche fällt die Temperatur des Wassers auch in 50 und 100 Faden Tiefe plötzlich um 2,5 bis 3° herab, ]) S. oben, pp. 28, 49. Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. 67 und zwar ganz übereinstimmend nach den Beobachtungen auf beiden Schiffen. Wir ziehen aus den erwähnten Thatsachen zunächst nur den Schluss, dass die in der Sangar-Strasse erwiesenermassen unter die Tsu-sima-Strömung hinabsinkende kalte Strömung im Japani- schen Meere nicht unter jener in einer ihr entgegengesetzten Richtung südwärts verläuft, sondern jedenfalls quer unter derselben weg an ihren Westrand gelangt, wie es uns übri- gens auch schon die oben ausführlich erörterte Thatsache lehrte, dass man an diesem Rande in den Breiten der Sangar-Strasse nach West, und übrigens auch nach Südwest und Nord- west, an der Oberfläche des Meeres stets einen oder mehrere Streifen besonders kalten Wassers findet1). Und die folgenden Tiefseebeobachtungen bestätigen nicht bloss diese Fol- gerung, sondern lassen uns auch den ferneren Verlauf der kalten Tiefenströmung im Japa- nischen Meere deutlich genug erkennen. Geht man nämlich vom letzterwähnten Punkte plötzlicher Temperaturdepression in derselben Richtung, nordostwärts, fort, so wie es der «Witjas» und «Bogatyr» tliaten, so findet man bald noch viel niedrigere Temperaturen, wie die Beobachtungen IX und X lehren, die in der Nähe des Kreuzungspunktes des 40. Breiten- und 135. Längengrades ausge- führt wurden. Die Temperatur des oberflächlichen Wassers war dort, gegen die Beob. VIII gehalten, zwar nur um 0,6 — 1,0° geringer, in den Tiefen von 50 und von 100 Faden be- trug aber die Depression 1,5 bis 2,5°. Dieselben niedrigen Temperaturen finden wir, wie die Beobachtung XI lehrt, auch nordwestlich von dort, mit alleiniger Ausnahme einer An- gabe auf dem «Witjas», laut welcher es dort in 100 Faden Tiefe 4,6° gab. Doch steht diese Zahl mit allen übrigen, sowohl kurz vorher oder nachher , als auch am selben Orte und auf dem «Bogatyr» auch in derselben Tiefe gemachten Beobachtungen in so offenbarem Widerspruch, dass sie ohne Zweifel nur einem Versehen zugeschrieben werden kann2). Statt 4,6 hätte sie vermuthlich 2,6 lauten sollen. Noch einen Schritt weiter nach Nord- west, in 40° 47' N. und 133° 54' 0., sehen wir eine abermalige starke Temperatur- depression sowohl an der Oberfläche, wie in den erwähnten Tiefen eintreten, indem sie fast durchweg wieder 2 bis 2,5° beträgt. Erwägt man aber, dass sie diesmal auch an der Oberfläche sehr ansehnlich ist und sehr plötzlich eintritt , indem die Temperatur innerhalb vier Stunden, von 12h Nachts bis 4b Morgens, um 2,0 — 2,2° fällt, und zieht man ferner die überhaupt sehr niedrige Temperatur des oberflächlichen Wassers in Betracht, die am 3. Mai (im 40. Breitengrade) nicht mehr wie 2,8 — 3,0° betrug, so darf man wohl an- nehmen, dass die Schiffe an diesem Beobachtungspunkte (№ XII) sich schon in der kalten Liman-Strömung befanden. Somit gestatten uns die niedrigen Temperaturen des Wassers, die man west- und westsüdwestwärts von der Sangar-Strasse und der Tsu-sima-Strömung in Tiefen von 50 und von 100 Faden quer durch das Japanische Meer bis zur Liman- Strömung verfolgen kann, den Schluss zu ziehen, dass die aus der genannten Strasse kom- mende kalte (Kurdische) Tiefenströmung ihren Lauf im Japanischen Meere nach Westen 1) S. oben, pp. 50, 51. 2) Ich habe sie daher auch in der Tabelle mit einem Fragezeichen versehen. 68 L. У. SCHRENCK, und Westsüdwesten nimmt oder, mit anderen Worten, in derselben Richtung fortsetzt, die sie beim Untertauchen in der Sangar- Strasse hatte, wobei sie immerhin kleinere Zweige nach Südwest, wie vielleicht auch nach Nordwest, längs dem Rande der Tsu-sima-Strömung absenden mag. Durch diesen Verlauf der von der Sangar- Strasse kommenden Tiefenströmung findet nun wiederum eine Anzahl der oben erörterten Strömungsverhältnisse des Japanischen Meeres eine fernere Bestätigung und Begründung. Erreicht sie nämlich die Liman-Strö- mung, so muss sie erheblich zur Verstärkung derselben dienen. Es darf uns daher nicht wundern, wenn diese letztere Strömung, deren Ursprung wir im Amur-Liman und also am äussersten Ende des Nordjapanischen Meeres suchen müssen, längs der Festlandsküste auch durch das ganze Südjapanische Meer, ja, über den Broughton-Kanal hinaus bis zwischen die Quelpart und die Tsu-sima-Inseln sich erstreckt1). Ferner erklärt uns der Verlauf der kalten Tiefenströmung in der angegebenen Richtung, quer durch das Japanische Meer, auch die oben besprochene rasche und starke Temperaturdepression, die man, von Süden der Länge nach durch dieses Meer gegangen, auf der Linie Sangar- Strasse — Bai Possjet findet2). Endlich lehren uns die obigen Temperaturbeobachtungen die Lage der Ostgränze der Liman- Strömung zu einer bestimmten Jahreszeit genau kennen. Liegt nämlich der Be- obachtungspunkt XI noch ausserhalb, der folgende aber, den man nur vier Stunden später erreichte, wie oben dargethan, schon innerhalb derselben, so wird diese Gränze ziemlich in der Mitte zwischen beiden, also etwa in 40° 36' n. Br. und 134° 12' östl. L. liegen. Dem- nach hätte die Liman-Strömung in der erwähnten Breite im Frühling, zu Anfang des Mai, eine sehr ansehnliche Ausbreitung nach Ost, was vollkommen mit der oben mehrfach ge- äusserten Ansicht übereinstimmt, dass sie zu dieser Jahreszeit durch die noch vorherr- schenden Winde, durch stärkeren Zufluss kalten Wassers von Norden, kurz, durch dieselben Ursachen, welche der Tsu-sima-Strömung entgegenwirken, besonders gefördert und ver- stärkt wird3). Dass übrigens der Beobachtungspunkt XII in der That schon in der Liman-Strömung lag, lässt sich nicht nur aus der dort bemerkten plötzlichen und starken Temperaturde- pression, sondern auch aus den ferneren, auf dem «Witjas» und «Bogatyr» angestellten Be- obachtungen folgern. Denn nunmehr bleibt die Temperatur des Wassers an der Oberfläche wie in den erwähnten Tiefen mit geringen Schwankungen beinahe bis zur Festlandsküste ziemlich dieselbe. So fand man an den nächsten Beobachtungspunkten (XIII und XIV), ob- gleich sie nach Nordwest vom vorigen und also näher zur Küste liegen, doch keineswegs niedrigere, sondern eher etwas höhere Temperaturen, und ebenso gleichmässig waren die- selben auch später, als man von dort, der Liman-Strömung folgend, nach Südwest ging (Beob. XV und XVI). Ja, sie erhalten sich auch bei dem nunmehr folgenden, zur Küste ge- 1) S. oben, p. 42. 2) S. oben, p. 26 und Diagr. 17. 3) S. oben, pp. 28, 34, 37, 50. Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere. G9 richteten, nordwestlichen Course der Schiffe (Beob. XVII) anfangs noch ziemlich unverän- dert und fallen erst wiederum merklich ah, als man sich schon ganz in der Nähe oder gar im Angesicht der Küste befindet. Denn dort haben wir vor der Bai Possjet am 5. Mai Temperaturen, die an der Oberfläche von 4,3 und 4,1° auf 1,8 und 2,5°, in der Tiefe aber bei 50 Faden bis 1,G und 0,9° und bei 100 sogar bis 0,8 und 0,6° hinabgehen (Beob. XVIII und XIX); ja, zwischen der Bai Possjet und Wladiwostok beobachtete man am 9. Mai angesichts der Küste an der Oberfläche zwar noch 3,8°, am Meeresgründe in 35 Faden Tiefe aber nur noch 0,3° (Beob. XX). Ich kann mir diese überaus niedrigen Temperaturen nur durch die Annahme erklären, dass in der Nähe der Küste, bei seichterem Meere, das kalte Tiefseewasser durch den Andrang der Strömung, und besonders auch der von Ost ein- setzenden Tiefenströmung, auf dem geneigten Meeresboden herangetrieben wird und so der Oberfläche näher tritt, wodurch auch diese stärker abgekühlt wird. So niedrig übrigens diese im oberflächlichen Wasser vor der Bai Possjet und Wladiwostok zu Anfang des Mai beobachteten Temperaturen auch sind, so harmoniren sie doch ganz mit den natürlich noch niedrigeren, die man gleichzeitig längs der nördlicher gelegenen Küste bis zur Bai de Castries hin findet. Denn dort hatten wir z. B. nach den Beobachtungen auf der Corvette «Woje- woda» (Diagr. 18) im Wasser bei der Bai Wladimir am 4. Mai im Mittel 2,7° und auf der ganzen Strecke vom Kaiserhafen bis nach de Castries nur mittlere Temperaturen von 0,9 — 1,6°, so wie zu wiederholten Malen Minima von 0,5°. Hält man diese Temperaturen gegen die im Golfe Peter’s des Grossen beobachteten und erwägt man, dass diese Orte — Bai Possjet oder Wladiwostok und Bai de Castries — um mehr als 8 Breitengrade ausein- ander liegen, so sind die Temperaturunterschiede immerhin nur gering, so gering, wie man sie nur bei einer starken Strömung erwarten darf. Dadurch tritt uns also die längs der Festlandsküste herabsteigende kalte Strömung noch praegnanter als bisher entgegen. Schliesslich muss ich noch einer im Golfe Peter’s des Grossen vom Vice- Admiral Possjet auf dem «Witjas» beobachteten und offenbar mit der Liman-Strömung in causalem Zusammenhänge stehenden Bewegung des Wassers gedenken. Es ist dies eine Art kreis- oder wirbelförmiger Bewegung. Denn während die Liman-Strömung in südwest- oder west- südwestlicher Richtung vom Cap Ssyssojef zur Bai Possjet läuft, bewegt sich das Wasser im Golfe in umgekehrter Richtung, von der letztgenannten Bai nach Nord, Nordost und Ost. Dies ist aber ohne Zweifel nur der durch die Strömung bedingte Rückfluss des Wassers, Ich will gelegentlich bemerken, dass ich ähnliche Bewegungen öfters auch im Amur-Strome, jedoch immer nur dann beobachtet habe, wenn an einem vorspringenden Cap die Strö- mung reissend vorübersetzte. Dann lief das Wasser in der unterhalb gelegenen Bucht längs dem Ufer in umgekehrter Richtung und trug das Boot ohne Hülfe von Segel oder Ruder stromaufwärts zum Cap, wo es von der reissenden Strömung erfasst, augenblicklich gewendet und wiederum stromabwärts getrieben wurde. Es spricht also der Rückfluss des Wassers im Golfe Peter’s des Grossen ebenfalls für die Stärke und Schnelligkeit der Liman- Strömung. Nun wird aber seiner in keinem der übrigen mir zu Gesichte gekommenen Schiffs- 9* 70 L. y. Schrenck, Strömungsverhältn, im Ochotskischen u. Japanischen Meeee. journale Erwähnung gethan. Allerdings wurde auch auf keinem dieser Schilfe den Strö- mungsverhältnissen im Japanischen Meere so grosse Aufmerksamkeit wie auf dem «Witjas» und «Bogatyr» geschenkt, und kann daher auch jene Kreisbewegung des Wassers von ihnen unbemerkt gehliehen sein. Indessen kann es sich damit auch anders verhalten. Der «Wit- jas» und «Bogatyr» besuchten nämlich den Golf Peter’s des Grossen zu einer früheren Jah- reszeit als alle übrigen Schifte, deren Beobachtungen mir zu Gebote standen. Es ist daher sehr wohl möglich, dass die erwähnte Kreisbewegung des Wassers nur in sehr früher Jahreszeit, etwa bis in den Mai hinein, deutlich erkennbar ist, später aber mehr und mehr unkenntlich wird und zuletzt vielleicht ganz verschwindet. Das könnte aber nur eine Folge des im Sommer und Herbst viel schwächeren Laufes der Liman- Strömung sein. Und so würde denn jene Bewegung des Wassers im Golfe Peter’s des Grossen — falls sie wirklich nur in früher Jahreszeit oder zum wenigsten nur dann in deutlich erkennbarerWeise statt- fände — ihrerseits auch für eine rasche und ansehnliche Abnahme der Liman- Strömung im Sommer und Herbst sprechen, wie wir sie übrigens aus anderen Erscheinungen bereits hinlänglich dargethan zu haben glauben. So giebt uns die Reihe der auf dem «Witjas» und «Bogatyr» an der Oberfläche wie in zwei beständigen Tiefen ausgeführten Temperaturbeobachtungen nicht nur vielfache Bestä- tigungen der durch die obigen Betrachtungen im Japanischen Meere nachgewiesenen ober- flächlichen Strömungen, sondern gestattet uns auch einen Blick in die Tiefen desselben zu werfen und die dort vor sich gehenden Bewegungen des Wassers zu verfolgen, wodurch unser Gesammtbild von den Strömungsverhältnissen in diesem Meere um Vieles vollstän- diger wird. Bemerkte Druckfehler. Seite 3 Zeile 27 von oben statt Beobachtungen lies Betrachtungen » 53 » 16 » » » 9,7° » 9,5° » 54 » 18 » » » Juni, S. — 9. » Juli, 8. — 9. » 55 » 29 » » » Diagramm 36 » Diagramm 35 1 КАНТЕ CHOTSKI SCHEN und JAPANISCHEN MEERES. äulrnine der Fall rlfn пишсіит VriojfsKhifT^ auf denen rc^clmTnnporaluibrobecblimgO .......... Fnkrtn drrfen'fUe .Ob'mia'KSi ; _ .Wfmd. a'/UK/M Мрііі . de l’Acad.Jmp. dos sciences.AP Serie. /I (] ( i / IL Ь.т. Sdiienok, Strom. rai Ochotsk. il Japan. Meere. 1. PETROPAWLOYSK - GISHIG1NSK . ( CORV „WAR JAG") О GISHIG1NSK - OCHOTSK. ( CORV.„WARJAG") 4. OCEAN - STR. DER BOUSSOLE - OCHOTSKLSPHES MEER. ( CORV. „OLIVÜZA".) Уелірегаіш- des Wassers. *4 der Luft + dfcuarmim wi J tasser. * x .V 7n der Lu/t . о JLimmum un Hasser » in der Luft . Mein. de ГАгаЯ. Jmp. des scionc.es. VIIe Serie. / L.t Sdirenck, Ström, m O choisie лі Japan. Meere. ÏÏI BAI OLGA - LAPEROUSE = STR .— SPANGBERGS-STR STILLER OCEAN I KLIPP. Ali KE К w. Mein, de lArad.Jmj). des sciences. VP Serie. 12. УОІШЮІА- НАКО DATE. ( CORY „WARJAG'I Ix Sdirenel, Strom ,ü leere. НАКО DATE - YOKOHAMA. ( CORY. „WAR JAG” l YOKOHAMA- HAKOMTE. I CORY. „ІШ.ТАіГ I V/ Ж Wirr.r ш. ЦУГ ж 20 ■9Г ГУМ Л.Г .и С.У 4M 1866, Fobr. іа 10. ИАКОПАТЕ-УОИШАЛІА. ( CORY„WAR JAG ') 11. УОКОІШІА НАКОПАТЕ . ( CORYJTABJAfil Y Mem.de Г Aral, lmp les sciences . YŒ- Serie. I.t. Schienet , Shffli. rai OrWsLu Japan. Meere. 15. OCHOTSK-DE CASTRIES. ( CORV.„WARJAG’) 17. SCHANGHAI - DE CASTRIES. | CORV. .WOJEWODA.") 19. DE CASTRIES - HAKODATE ( COHV.„A7üJEW)DA’] 1Іашгоѵр<сф. зав A Ei ьѵноипо £ MaunipcheiL- d. jV- {Aiy VI L Jlem.de lArad.Jmp. des sciences. ŸF Serie. L.v. ScWiick, Ström., ш OeliotsL m Japan. Meere. 2L 22. AVIAPIWOSTOIYS'! OLCrA DI I-DE CASTBIES. ( СОТГС.ДШШЛ Ш»ШШК-№0Ш . I СОЖДШІй” ) SfflSSO.SO.SStVW 2Г0 OSO, W SSW, y/uvr.sw. 1865. Juni 6 7 » э 20. ST OLGA- KAISEBHAFEK. i CORV^YTAKJAG”) DE CASTRIES -DUI-STTYbADIMIR. I CORT. „WOJEWODA”) HAKOMTEBAL POSSJEI.I КЫЕР,,ГОШИП 26. ПЛКОПАГЕ— ST ОШ. 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Scbiencl, Slxont ш OcliotsLii Japan. Me (Leere . 42. OUELPART LYS EL - KRUSENSTERX- STRASSE - WLADIWOSTOK. KLIPP. „YAJESDNirj o.o. л jr ж К зяг. imww. s« ж тг ж w жЪтгтік ж жКтшшш ш ко. к, ж ». ». s. so. so. sso. ms xn so. so.osc.oso. o. o. І8И.ІОѴ 7 8 9 10 П J2 sasa. 12K. m. ewim.w. oa.sa xar. ш. sur. яг ж sasa. наг. ш. вяг.тг.зж. ол.яа. нж. ш. вж. ли. ж ы.ял. т. ш вж ем ж ел sa іЗж. 43. .JAPAN! SC H ES MEER— WLADIWOSTOK . ( СОКУ. .WARJAG "] HAKODA'PE - МШАШ . \ К АІВ. „MOKSI") X Mme. de JArad. Jmj). des sciences Yfle Série. l.Y. Sehrenfk, Sliiim. im Ocbotsk.u Japan. M( eere. 48. 47. NAGASAKI -HAKODATE. (ШРГ „ ISÏÏMKDB") HAKODATE - NAGASAKI ( СОКУ „WAKJAG") Карітіогр&ф. эм.А.Имин«/по £ Мштрскіш д.Ж- XL Mem. de l’Acad. Jmp. les seien res. YD p Serie. 53. JAPANISCHES M> SANGAR STR. (CORV. „WÄJAG") I V. Г ck, Ström. mi OckotsLu Japan. Meere. 54. JAPANISCHES MEER- SANGAR STR. | CORV ..ASKOLD ) JAPANISCHES Mr SANGAR STR (CORV, ASKD1H) 59. KITSSUNAI- HAKODATE. (CORV. WAR JAG") s.sswsw,wsw. w,st,3. щз.тхчш ж.т.о. ѵо.жщо. qso,km,w. Уолш 1865, lüg. 24 2S 26 27 28 29 30 31 61. ШІ- HAKODATE. I CORV.WARMG'I 1 ) Jfem de lAcaJ. Lnp. des s с YIL Serie. X.v. Sclixenrk, S+röm.imOeXoJsb.tj: Japan. Meere, хд \ t л pp* I MEMOIRES DE L’ACADÉMIE IM PÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURG, VIIe SÉRIE Tome XXI, X° l. \ DIE SCHLMGEf DES RUSSISCHEM REICHS, IN SYSTEMATISCHER UND ZOOGEOGRAPHISCHER BEZIEHUNG GESCHILDERT VON Alexander Strauch. pMitgliede der Akademie. (Mit se'chs Kupfertafeln.) Lulel'3 Mai 1872. /rt -►гШ, ’ Si-PÉTEESBOUEG, 1873. Commissionnaires de l’Académie Impé'riale ^es sciences: à St.-Péterebourg : à Riga: ® Odessa: à Leipzig! MM. Eggers et Cie, H. Schmitzdorff, M. N. Kymmel; M. A ■ E. Kechribardshi; M. Léopold V о ss. J. Issakof et Tcherkessof; Prix: 2 Rbl. 75 Kop. = 3 Thlr. 2 Ngr, MEMOIRES DE L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOERG, ѴІГ SÉRIE. Tome XXI, № 4« ЗЭІЕ IN SYSTEMATISCHER UND ZOOGEOGRAPHISCHER BEZIEHUNG GESCHILDERT VON Юг. Alexander Strauch, Mitgliede der Akademie. (Mit sechs Kupfertafeln.) Lu le 23 Mai 1872. St.-PÉTERSBOURGr, 1873. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences; à St.’Pétersbeurg ; à Riga: à ОіІсввв> à Leipzig; MM Eggers et Ci0, H. Schmitzdorff, M. N. Kymmel; M. A, E. Kechribardshi; M. Léopold Voss J. Issakof et Tcherkessof; Prix; 2 Rbl. 75 Kop. = 3 Thlr. 2 Ngr. Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. Décembre 1873. C. Vessélofski., Secrétaire perpétuel. Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences. (Wass.-Ostr., 9° ligue, № 12.) VORWORT. Seit mehr als einem Jahrzehnt speciell mit dem Studium der Herpetologie beschäf- tigt, habe ich selbstverständlich mein Hauptaugenmerk auf die Reptilien und Amphibien Russlands gerichtet und gebe in nachfolgender Abhandlung über die Schlangen des Russi- schen Reichs einen Theil der Resultate, zu denen ich bei meinen Studien gelangt bin. Der Umstand, dass ich von der systematischen Reihenfolge abgewichen bin und meine Publica- tionen über die vaterländische herpetologische Fauna mit den Schlangen begonneu habe, bedarf zwar keiner besonderen Motivirung, da es ja natürlich gleichgültig sein kann, mit welcher Ordnung eine derartige Bearbeitung ihren Anfang nimmt, dennoch möchte ich bemerken, dass die Wahl der Ordnung keineswegs bloss vom Zufall abhängig gewesen ist, sondern dass ich meine besonderen Gründe hatte, gerade mit den Schlangen zu beginnen. Es ist nämlich unter den bei uns zu Lande repräsentirten Reptilien- und Amphibien -Ord- nungen keine, welche so sehr einer Revision bedürftig gewesen wäre, als gerade die Ord- nung der Ophidier , denn während man über den Bestand unserer Schildkröten-, Eidechsen-, Frosch- und Molch- Fauna verhältnissmässig ziemlich gut unterrichtet ist, existiren über die bei uns einheimischen Schlangen- Arten zwar im Ganzen recht zahlreiche, aber zum Theil sehr unsichere und häufig derart verworrene Nachrichten, dass die Herpetologen bis auf die neueste Zeit einen grossen Theil der von russischen Naturforschern als neu be- schriebenen Ophidier entweder falsch gedeutet, oder auch völlig ignorirt haben. Und doch hat unsere Schlangen-Fauna, wie unsere Thierwelt überhaupt, keineswegs bloss ein locales Interesse, sondern ist namentlich in zoogeographischer Beziehung schon desshalb von der grössten Wichtigkeit, weil die Grenzen der einzelnen grösseren Bezirke oder Provinzen, in welche das paläoarctische Faunengebiet eingetheilt wird, fast sämmtlich auf russischem Gebiete liegen. Bei Abfassung der vorliegenden Abhandlung hatte ich ein zweifaches Ziel vor Augen, einmal wollte ich die wissenschaftliche Welt über den wirklichen Bestand unserer opliio- Memoirea de l’Acad. Imp. des sciences, Vllmo Se'rie. 1 2 A. Strauch, logischen Fauna und somit auch über den Werth und die Bedeutung der zahlreichen von russischen Naturforschern als neu beschriebenen Schlangen- Arten aufklären, zugleich aber lag es auch in meiner Absicht, eine Arbeit zu liefern, durch welche die schon an und für sich ziemlich schwierige und unter den bisherigen Verhältnissen überaus zeitraubende De- termination der einheimischen Ophidier nach Möglichkeit erleichtert würde. Zur Erreichung des erstgenannten Zieles hätte nun freilich ein einfaches Namensyerzeichniss aller bisher im Keiclic beobachteten Schlangen-Arten nebst Angabe der Synonymie und Charakteristik der etwa vorhandenen neuen Species vollkommen genügt, nur wäre bei einem solchen Ver- zeichnisse das zweite der mir vorschwebenden Ziele nicht erreicht worden, und da es mir nicht weniger wichtig schien, die Bestimmung der einheimischen Schlangen-Arten mög- lichst zu erleichtern und dadurch das hier zu Lande bisher im Ganzen noch ziemlich ver- nachlässigte Studium der Ophiologie mehr in Aufnahme zu bringen, so zog ich es vor, meine Abhandlung in der vorliegenden Form zu veröffentlichen, und gebe mich der Hoff- nung hin, das mir vorgesteckte doppelte Ziel auf diese Weise wenigstens nahezu erreicht zu haben. Ausführliche Beschreibungen sämmtlicher aufgeführten Arten wird man übrigens in dieser Abhandlung vergeblich suchen, dieselben schienen mir schon desshalb überflüssig, weil ein nicht unbeträchtlicher Thcil der russischen Ophidier zu den gewöhnlichsten, über Europa oder auch Nord-Afrika verbreiteten und folglich zur Genüge bekannten Arten ge- hört; ich glaubte mich daher, namentlich auch um die Abhandlung, die so schon nicht an Kürze leidet, nicht noch umfangreicher zu machen, darauf beschränken zu müssen, bei jeder einzelnen Art eine genaue Diagnose zu geben, so wie ausserdem noch besonders auf diejenigen Organisationsverhältnisse aufmerksam zu machen , welche für die betreffende Species besonders charakteristisch sind und durch welche sie sich von den ihr zunächst verwandten Arten unterscheidet, und nur die neuen oder zur Zeit noch ungenügend be- kannten Arten sind mehr oder weniger ausführlich beschrieben. Die Färbung und Zeich- nung dagegen habe ich bei sämmtlichen Arten ausführlich angegeben, theils weil diese Mo- mente nicht wenig zum leichteren Erkennen der Art beitragen, theils aber auch, weil mir ein überaus reiches Material zu Gebote stand und ich über die Grenzen, innerhalb welcher die einzelnen Arten in dieser Hinsicht variiren können, manches Neue hinzuzufügen im Stande war. Ferner habe ich gesucht, die Synonymie der einzelnen Arten nach Möglich- keit genau und vollständig zusammenzustellen, glaubte mich dabei aber hauptsächlich auf diejenigen Werke und Aufsätze beschränken zu müssen, welche speciell über die russische Fauna handeln, da eine Aufzählung sämmtlicher Citate und Synonyme mir für eine rein faunistischc Arbeit nicht geeignet erschien; dabei muss ich bemerken, dass ich hier von der einmal angenommenen Regel, nur solche Namen in der Synonymie zu berücksichtigen, welche von einer Beschreibung, einer Diagnose, einer Abbildung oder doch wenigstens von einigen das Erkennen der Art ermöglichenden Bemerkungen begleitet sind, in Bezug auf Ménétriès’ Catalogue raisonné, so wie auf einige Reisewerke, wie namentlich Evers- Die Schlangen des Russischen Reichs. mann’s Reise von Orenburg nach Buchara, Meyendorff’s Voyage d’Orenbourg à Bou- khara, Lehmann’s Reise nach Buchara und Samarkand und Auerbach’s Гора Богдо ab- gewichen bin und der Vollständigkeit wegen alle in diesen 5 Werken aufgeführten Schlangen- Arten, auch diejenigen, welche bloss genannt sind, in die Synonymie aufgenommen habe. Ausserdem hielt ich es aber zugleich für durchaus nothwendig, neben dem Citât der Origi- nalbeschreibung, welches selbstverständlich nicht fehlen durfte, auch auf die beiden ophio- logischen Hauptwerke der neueren Zeit, die Erpétologie générale von Duméril und Bi- bron und Jan’s noch nicht vollendete Iconographie générale des Ophidiens, zu verweisen und habe daher bei allen denjenigen der 37 von mir besprochenen Arten, welche in den beiden genannten Werken behandelt sind, die betreffenden Citate gegeben. Alsdann bin ich bemüht gewesen, alle bisher bekannt gewordenen Daten über das Vorkommen der hier in Betracht kommenden Schlangen- Arten sowohl ausserhalb, als auch besonders innerhalb der Grenzen des Russischen Reichs zu sammeln und den Verbreitungsbezirk jeder ein- zelnen derselben, so weit möglich, genau zu bestimmen; obgleich nun, ungeachtet des überaus reichen, aus den verschiedensten Gegenden des Reichs stammenden Materials, das mir zu Gebote stand, diese Verbreitungsbezirke fast durchgängig noch sehr mangelhaft umgrenzt sind, so habe ich es am Schlüsse der Abhandlung in einem besonderen Capitol doch versucht, einige allgemeine Betrachtungen über das Vorkommen und die Verbreitung der Schlangen im Russischen Reiche anzustellen. Endlich ist der Abhandlung ausser einem alphabetischen Index sämmtlicher für die Ophidier Russlands in Anwendung gekommenen specifischen Benennungen auch ein Ver- zeichniss aller im akademischen Museum aufgestellten Exemplare der 37 (oder eigentlich 3G) bisher im Russischen Reiche beobachteten Schlangen-Arten beigegeben, welches mir schon desshalb nicht überflüssig erschien, weil es einerseits über den weitaus grössten und wichtigsten Thcil des von mir bei Abfassung der vorliegenden Abhandlung benutzten Ma- terials Auskunft giebt, und mich andererseits der Mühe überhebt, in allen den Fällen, wo ich bei Behandlung der Arten auf einzelne Exemplare zu sprechen komme, die näheren Daten über den Ursprung derselben zu geben. Dieses Verzeichniss ist bis auf die durchaus abweichende Bezeichnung der einzelnen Exemplare, genau so abgefasst, wie dasjenige, welches ich meiner Synopsis der Viperiden beigegeben habe, d. h. bei jedem Exemplar ist neben den auf den Ursprung desselben bezüglichen Daten (Fundort, Geber und Jahr der Acquisition) auch die Zahl der Schuppenreihen im vorderen Rumpfdrittel und, von der- selben durch ein Colon getrennt, die Zahl der Schilder in der gebräuchlichen Formel (Ab- dominalia i Anale -+- Subcaudalia) angegeben; was die Bezeichnung der einzelnen Exem- plare anbetrifft, so hatte ich früher, wie man aus meinen Arbeiten über die Schildkröten, die Crocodiliden und die Viperiden der akademischen Sammlung ersehen kann, jede Art mit einer Nummer und die Exemplare nach dein Beispiele des British Museum mit Buch- staben versehen, bin jedoch später zu der Uebcrzeugting gelangt,, dass die einfache Nummc- rirung der Exemplare, wie sie im Berliner Museum eingeführt ist, mancherlei Vorzüge be- 4 A. Strauch, die Schlangen des Russischen Reichs. sitzt, und habe daher den, glücklicher Weise noch nicht weit gediehenen, ehemaligen Ge- neralcatalog der herpetologischen Sammlung verworfen und zwei neue Cataloge, einen für die Reptilien, den andern für die Amphibien , angefertigt, in welche die einzelnen Stücke oder, falls in einem Glase mehrere Stücke von gleichem Fundort beisammen liegen, die einzelnen Gläser ohne Rücksicht auf die systematische Reihenfolge unter fortlaufenden Nummern eingetragen werden. Schliesslich nehme ich mit Vergnügen die Gelegenheit wahr, den Herrn Prof. A. Bog- danow in Moskau, Mag. M. Bogdanow aus Kasan, Dr. E. Brandt, Prof, an der medico- chirurgischen Akademie hieseihst, Cand. Fedtschenko aus Moskau, Prof. Kessler hie- selbst, Prof. Mäklin in Helsingfors, Dr. Sewerzow aus Moskau, Dr. Sievers in Tiflis, so wie Conservator L. Taczanowsky in Warschau, welche mich durch Zusendung von Material unterstützt haben, hiemit öffentlich meinen verbindlichsten Dank zu sagen, und erlaube mir zugleich meinen Compatrioten gegenüber die Bitte auszusprechen, mich auch fernerhin durch Zusendung von Material, so wie von Notizen über das Vorkommen und die Lebensweise der einheimischen Reptilien und Amphibien zu unterstützen und mir auf diese Weise die Abfassung einer vollständigen systematischen Herpetographie des Russi- schen Reichs, welche ich in russischer Sprache herauszugeben beabsichtige, zu ermöglichen. EINLEITUNG. Die ersten Nachrichten über die im Russischen Reiche vorkommenden Schlangen- Arten verdankt man, abgesehen von den dürftigen und zugleich sehr vagen Angaben in Rzazynsky’s Historia naturalis curiosa regni Poloniae, den gelehrten Reisenden, welche in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts auf Befehl der Kaiserin Katharina der Grossen von unserer Akademie der Wissenschaften ausgesandt wurden, um das damals zum grössten Theile noch völlig unbekannte Reich hauptsächlich auf seine mineralischen Schätze zu untersuchen, zugleich aber auch die in demselben vorkommenden Pflanzen und Thiere, so wie die dasselbe bewohnenden zahlreichen, zum Theil noch halbwilden Völker- stämme näher kennen zu lernen. Unter den Männern, welchen diese wichtige Aufgabe zu Theil ward, verdienen hier neben dem unsterblichen Pallas noch Lepechin und Gülden- staedt besonders genannt zu werden, während die übrigen Reisenden, wie die beiden Gmelin, Georgi, Falck u. s. w. , weniger in Betracht kommen, da ihre Reiseberichte überhaupt nur sehr dürftige Nachrichten über die uns hier speciell interessirende Thier- ordnung enthalten, die sich ausserdem noch auf die beiden gewöhnlichsten Schlangen- Arten, die Ringelnatter und die ihres Giftes wegen gefürchtete Kreuzotter, beziehen. Was zuerst Pallas anbetrifft, so bespricht er in seiner «Reise durch verschiedene Provinzen des Russischen Reichs», welche hier in St. Petersburg in den Jahren 1771 bis 177G erschienen ist, fast auf jeder Seite die Thier- und Pflanzenwelt der von ihm be- suchten Gegenden und hat ausserdem noch am Schlüsse eines jeden der drei Bände seines Werkes in einem besonderen Anhänge kurze Beschreibungen derjenigen Thier- und Pflan- zen-Arten gegeben, welche ihm neu zu sein schienen; unter den als neu beschriebenen Thieren finden sich nun auch G Schlangen -Arten, deren Zahl jedoch, da Pallas zwei Farbenvarietäten der gemeinen Kreuzotter, entsprechend dem damaligen Stande der Wissen- schaft, als zwei verschiedene Arten aufgefasst hat, auf 5 reducirt werden muss. Pallas’ zweite Reise dagegen, die er in den Jahren 1799 — 1801 unter dem Titel «Bemerkungen G A. Stkauch, auf einer Reise in die südlichen Statthalterschaften des Russischen Reichs in den Jahren 1793 und 1794» in zwei Bänden veröffentlicht hat, enthält nur wenige herpetologische Notizen, jedoch geschieht im ersten Bande derselben einer neuen Schlangen- Art, des Co- luber jaculator (russisch Sheltopusik) Erwähnung, die zwar nicht näher charakterisirt, aber, wie sich schon aus dem vulgären Namen entnehmen lässt, mit dem später gleichfalls von Pallas beschriebenen Coluber trabalis identisch ist. Der zweite der oben genannten Reisenden, Lepechin, hat die Resultate seiner Reisen in einem vierbändigen, in den Jahren 1771 — 1805 veröffentlichten Werke niedergelegt, welches den Titel «Дневныя записки путешествія по разнымъ провинціямъ Россійскаго Го- сударства» führt und von welchem die drei ersten Bände von Hase in den Jahren 1779 bis 1783 als «Tagebuch einer Reise durch verschiedene Provinzen des Russischen Reichs» in deutscher Uebersetzung herausgegeben worden sind; in diesem Werke finden sich neben Coluber natrix L., Vipera berus L. und der unter dem Namen Vipera prester L. bekannten schwarzen Varietät der Kreuzotter, auch zwei neue, auffallender Weise aber nicht mit be- sonderen Namen belegte Schlangen -Arten beschrieben und recht gut abgebildet, die sich eben nach den Abbildungen mit vollkommener Sicherheit als Zamenis trabalis Pall, und Corondla austriaca Laur. deuten lassen. Güldenstaedt endlich, dessen Reisebericht unter dem Titel «Reisen durch Russland und im caucasischen Gebürge» in den Jahren 1787 — 1791, also erst mehrere Jahre nach seinem Tode, von Pallas cdirt worden ist und nur wenige ophiologische Notizen enthält, hat ausserdem noch eine handschriftliche Fauna des Kaukasus hinterlassen, welche zwar nie im Druck erschienen ist, nichts desto weniger aber hier nicht übergangen werden darf, da sie zahlreiche Beschreibungen von neuen, oder doch für neu gehaltenen Schlangen- Arten enthält und nicht bloss von Georgi, sondern auch von Pallas bei Abfassung des ophiologischen Theiles seiner Zoographie benutzt worden ist. Ausserdem gehört auch die erste Localfauna Russlands, der im Jahre 1798 veröffent- lichte «Faunae Ingricac prodromus» von Cederhjelm noch dem vorigen Jahrhundert an, ein Werk, das zwar ausschliesslich cntomologisc.hen Inhalts ist, in der Vorrede aber auch ein Verzeichniss der im Petersburger Gouvernement vorkommenden Wirbelthierc enthält, unter denen auch drei Schlangen -Arten, nämlich zwei Varietäten der Kreuzotter und die Ringelnatter, aufgeführt sind. Mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts erschien der Gtö Band des dritten Theiles von Georgi’s «Geographisch-physikalischer und naturhistorischer Beschreibung des Russi- schen Reichs», der ausschliesslich der Thierwelt Russlands gewidmet ist und als erster Versuch einer allgemeinen Fauna des Reichs angesehen werden muss. In diesem Werke hat Georgi nicht bloss Alles, was zu jener Zeit über die Thierwelt Russlands bekannt war, zusammengetragen, sondern auch so manche eigene Beobachtungen hinzugefügt, und wenn ihm auch in vielen Fällen mit Recht Mangel an Kritik zum Vorwurf gemacht werden kann, so lässt sich dem Werke doch nicht aller Werth absprechen, zumal man nicht ausser Acht Die Schlangen des Russischen Reichs, 7 lassen darf, dass es bei dem damaligen noch sehr primitiven Zustande der Zoologie oft gar nicht möglich war, Kritik zu üben. In der dritten Klasse des Thierreichs, welche die Am- phibien umfasst, zählt Georgi auch die Schlangen Russlands auf, und zwar nicht weniger als 23 verschiedene Arten, die er mit wenigen Ausnahmen dem handschriftlichen Nach- lasse Giildenstaedt’s oder den oben erwähnten Reiseberichten entlehnt hat, und von denen die meisten dem damaligen Stande der Ophiologie gemäss nur durch die Zahl der Abdo- minal- und Subcaudalschilder, in einzelnen Fällen auch durch Färbung und Zeichnung charakterisirt sind. So unzureichend eine derartige Charakteristik in gegenwärtiger Zeit auch erscheinen mag, so lassen sich die einzelnen Arten mit Hülfe dieser Angaben und mit Berücksichtigung des Fundortes, welchen Georgi stets sehr genau verzeichnet hat, den- noch mit grosser Sicherheit deuten und müssen meiner Ansicht nach im Ganzen auf 9 Arten reducirt werden . In den folgenden zehn Jahren ist auf dem Gebiete der Ophiologie Russlands ausser- ordentlich wenig geleistet worden: 1802 erschienen Dwigubsky’s «Primitiae faunac Mos- quensis», ein wenig bekanntes und gegenwärtig bereits seltenes Werkchen, in welchem von Schlangen nur die Ringelnatter und die Kreuzotter kurz charakterisirt sind, fünf Jahre später begannen Drümpelmann und Friebc die Herausgabe ihres Werkes «Getreue Ab- bildungen und naturhistorische Beschreibung des Thierreichs aus Russlands nördlichen Provinzen, vorzüglich Lief-, Esth- und Kurlands», welches aber nur bis zum 8teu Hefte fort- geführt wurde und hier bloss desshalb erwähnt werden muss, weil in demselben eine recht gute Abbildung der gemeinen Kreuzotter gegeben ist, und im Jahre 1809 endlich ver- öffentlichte Dwigubsky1) einen kleinen Aufsatz «Notice sur quelques Reptiles de la Rus- sie», in welchem er ausser dem Coluber berus L. noch eine zweite, am Ufer des Asowschen Meeres sehr häufige Schlangen -Art beschreibt, welcher er zwar keine specifische Benen- nung beilegt, die sich nach der Beschreibung aber ganz sicher als Tropidonotus hjdrus Pall, deuten lässt. Besonders wichtig für die Herpetologie, so wie überhaupt für die Wirbclthierkundc des Russischen Reichs ist das Jahr 1811, denn in demselben wurde der Druck von Pallas’ berühmter Zoographia rosso-asiatica vollendet, das Werk aber bekanntlich, bis auf einige wenige, an einzelne gelehrte Körperschaften versandte Exemplare, wegen der noch nicht vollendeten Tafeln zurückgehalten und erst zwanzig Jahre später, im Jahre 1831, mit neuem Titel in den Buchhandel gegeben. In diesem Werke, welches die Grundlage für die Kenntniss der Wirbelthiere Russlands bildet, hat Pallas die Resultate aller, sowohl von ihm selbst, als auch von den übrigen Reisenden jener Zeit in den verschiedensten Theilen des Reichs gemachten Entdeckungen und Beobachtungen, so weit sie auf die Vertebraten Bezug haben, zusammengestellt und auf diese Weise ein vollständiges Verzeichniss sämmt- licher damals bekannten Wirbelthiere des Russischen Reichs gegeben, welches nach dem Linné’schen System geordnet ist und an Reichhaltigkeit des Inhaltes auch heute noch un- 1) Mémoires de Moscou II, p. 47—49. 8 A. Strauch, übertroffen dasteht. Der dritte Band dieses für die vaterländische Fauna epochemachenden Werkes, der speciell den kaltblütigen Wirbelthieren eingeräumt ist, enthält auch eine Auf- zählung der einheimischen Ophidier , deren Pallas im Ganzen 24 Arten, nämlich 17 Nat- tern, G Vipern und 1 Anguis aufführt, und von denen nur ein Viertel (die 6 letzten Co- luber- Arten) dem Güldenstaedt’schen handschriftlichen Nachlass entnommen, alle übrigen dagegen von Pallas selbst in natura untersucht und darauf beschrieben worden sind. Die Beschreibungen, in denen Pallas gewöhnlich auch auf den inneren Bau der Thicre eiugeht, sind zwar sämmtlich sehr kurz, nichts desto weniger aber so vortrefflich abgefasst, dass sich sämmtlichc Arten vollkommen gut erkennen lassen und von Prof. Eichwald auch zum grössten Tlieile bereits gedeutet worden sind; nur bei einzelnen der G Güldenstaedt’schen Coluber- Arten, welche Pallas nicht selbst gesehen und deren Charakteristik er, wie die Anführungszeichen lehren, dem Güldenstaedt’schen Manuscript entlehnt hat, ist eine vollkommen sichere Deutung nicht möglich, wcsshalb dieselben, da die Originalexemplare schon zu Pallas’ Zeiten nicht mehr vorhanden waren, wohl für immer zweifelhaft bleiben werden. Die 18 von Pallas beschriebenen Schlangen-Arten reduciren sich nun, wenn man die Farbenvarietäten einzelner Species, wie besonders der Ringelnatter und der Kreuzotter, welche er für selbstständige Arten gehalten hat, cinzieht, in Summa auf 10 Arten, zu wel- chen man von den Güldenstaedt’schen Arten noch die unter zwei Namen ( Coluber cupreus und Coluber caucasius ) ganz kenntlich beschriebene und bereits früher von Lepeehin ab- gebildete Coronclla austriaca Laur. , so wie von den Georgischen den Coluber bicolor Giild., den Pallas nicht berücksichtigt hat, der aber höchst wahrscheinlich mit Coluber Aesculapii Ho st. identisch ist, hinzurechnen muss, so dass also um das Jahr 1811 die Gc- sammtzahl der in Russland aufgefundenen Schlangen-Arten 12 betrug. In den nächstfolgenden 12 Jahren hat die Schlangcnkunde Russlands so gut wie gar keine Fortschritte gemacht, wenigstens ist die Zahl der Arten nicht vermehrt worden; zu erwähnen ist für diesen Zeitraum der im Jahre 1812 veröffentlichte «Discours sur quelques objets d’histoire naturelle recueillis au Caucase» vom Baron Vietinghoff '), in welchem unter anderen auch zwei Schlangen besprochen sind, von denen die eine, wie schon der Autor selbst vermuthete, mit Elaphis dione Pall, zusammenfällt, während die andere nur als Tro- pidonotus natrix L. gedeutet werden kann, ferner Vsevolojsky V1 2) «Notice sur un serpent à deux têtes» vom gleichen Jahre, die sich auf ein monströses Exemplar der gemeinen Ringelnatter bezieht, und endlich der im Jahre 1819 edirte zweite Theil von Sadelin’s Fauna fennica, der die Amphibien und einen Theil der Fische enthält und in welchem auch 4 Schlangen-Arten, nämlich die drei bekannten Varietäten der Kreuzotter und die Ringel- natter, aufgeführt sind. Eine Bereicherung, freilich nur um eine einzige und überdies noch absolut verkannte Art, erfuhr unsere Schlangen -Fauna erst im Jahre 1823, wo Lichtenstein’s Anhang zu 1) Mémoires de Moscou III , p. 83 — 96. 2) Ibidem III, p. 284 — 288. Die Schlangen des Russischen Reichs. 9 Eversmann’s Reise von Orenburg nach Buchara erschien: in diesem Anhänge, der im Jahre 1826 in Meyendorff’s Voyage d’Orenbourg à Boukhara nochmals, und zwar in französischer Uebersetzung, ahgedruckt worden ist, behandelt Lichtenstein im Ganzen 6 Schlangen-Arten, unter denen die als neu beschriebene Boa tatarica , die bekanntlich als Synonym zu Eryx jaculus L. gehört, bereits von Pallas als Anguis liellno beschrieben worden und folglich nicht einmal für unsere Fauna, geschweige denn für die Wissenschaft neu war; dagegen hat es sich in neuerer Zeit herausgestellt, dass eine andere der von E vers mann gesammelten Schlangen-Arten, und zwar diejenige, welche Lichtenstein ganz unbegreiflicher Weise für den Coluber caspius (Lepech.) Gmel., also für Zamenis trabalis Pall., gehalten hat, damals wirklich neu war, nur wäre es bei der confusen von Lichten- stein gegebenen Beschreibung wohl schwerlich jemals gelungen, über die wahre Natur dieser bis dahin völlig räthselhaften Schlange in’s Klare zu kommen, wenn nicht Prof. Peters die im Berliner Museum glücklicher Weise noch vorhandenen Originalexemplare untersucht und in ihnen den 15 Jahre später vom Akad. Brandt beschriebenen Cohiber ( Taphrometopon ) Uneolatns erkannt hätte. Ende der zwanziger und Anfang der dreissiger Jahre nahm die Herpetologie durch die Arbeiten von Fitzinger, Gray, Wagler und Anderen bekanntlich einen enormen Aufschwung und auch bei uns zu Lande fing man mit dem Beginn des vierten Deceimiums dieses Jahrhunderts an, sich mehr mit dieser bis dahin nur wenig eultivirten Branche der Zoologie zu beschäftigen. Diese zweite Epoche der Herpetologie eröffnete bei uns Prof. Eichwald, der sich unter den Zoologen der Neuzeit überhaupt das grösste Verdienst um die Herpetologie Russlands erworben hat, mit zwei Arbeiten, von denen die eine im Jahre 1830 unter dem Titel «Naturhistorische Skizze von Lithauen, Volhynien und Podolien in geognostisch- mineralogischer, botanischer und zoologischer Hinsicht» erschien und eine kurze Besprechung der sechs, oder nach Ausschluss der als besondere Art aufgeführten Viper a prester L., fünf in jenen Gegenden des Reichs einheimischen Schlangen-Arten ent- hält. Bedeutend wichtiger ist das zweite von Prof. Eichwald veröffentlichte Werk, seine Zoologia specialis, deren dritter, ausschliesslich die Wirbelthiere behandelnder Band im Jahre 1831 erschien: dieses Werk ist zwar eigentlich ein Handbuch der Zoologie, da je- doch der Verfasser darin, wie schon auf dem Titel vermerkt ist, hauptsächlich die Thiere Russlands und insbesondere Polens berücksichtigt hat, so stellt es zugleich eine allgemeine Fauna des Russischen Reichs dar; in seiner zehnten Classe, Amphibia , diagnosticirt Prof. Eich wald unter anderem auch nicht weniger als 23 russische Schlangen-Arten, von denen aber einige, wie der Verfasser in seinen späteren Arbeiten zum Tlieil auch selbst zugegeben hat, nur auf Farbenvarietäten begründet sind und folglich eingezogen werden müssen, so dass die Gesammtzahl der Arten sich in Wirklichkeit weit geringer, nämlich auf 13 heraus- stellt, unter denen drei Arten für unsere Fauna neu waren. In demselben Jahre 1831 erschien auch die «Notice sur quelques objets d’histoire naturelle des provinces méridionales du Caucase, que Гоп peut se procurer par les soins Mémoires de PAcad. Imp. des sciences, Vllme Série. 2 10 A. Strauch de Mr. Hohenacker»1), welche ausschliesslich Reptilien , nämlich 5 Schildkröten, 10 La- certen, 1 Boa , 1 9 Goluber- und 3 Anguis- Krim. nebst Angabe des Preises für die einzelnen Exemplare enthält und als Preisliste von keinem der späteren Autoren, Dwigubsky aus- genommen, berücksichtigt worden ist, obgleich unter den aufgczählten Arten mehrere zu jener Zeit nicht bloss für unsere Fauna, sondern auch überhaupt für die Wissenschaft neu waren. Von Schlangen finden sich darin ausser der Boa tatarica Licht, und der Anguis lum- bricalis L., wie schon bemerkt, noch 19 unbenannte Goluber- Arten aufgeführt, von denen jede mit einer Nummer bezeichnet und durch die Zahl der Abdominal- und Subcaudalschilder, so wie durch einige auf Färbung und Zeichnung bezügliche Angaben charakterisirt ist; diese Charakteristiken oder Diagnosen sind nun freilich durchweg so ausserordentlich kurz gehalten, dass es mir wohl schwerlich gelungen wäre, die einzelnen Arten zu entziffern und zu deuten, wenn nicht das akademische Museum im Jahre 1838 vom Pastor Hohenacker eine beträchtliche Anzahl von Reptilien acquirirt hätte, unter denen manche Stücke noch mit den gleichen Nummern, wie im obigen Preisverzeichnisse versehen waren. Die Unter- suchung der von Hohenacker eingesandten Schlangen und ein Vergleich derselben mit den Beschreibungen seiner 19 Coluber- Arten hat mich nun gelehrt, dass diese 19 Arten auf 11 reducirt werden müssen, unter welchen im Jahre 1831 vier für die Wissenschaft und eine für Russland neu waren, so dass also unsere Schlangenfauna durch dieses Hohen- acker’sche Prcisverzeiclmiss eigentlich um 6 Arten bereichert worden ist, von denen je- doch nur der als Anguis lumbricalis L aufgeführte Typhlops vermicularis Merr. in Betracht gezogen werden kann, da die übrigen 5, abgesehen von ihrer Namenlosigkeit, leider zu un- genügend gekennzeichnet sind, als dass man aus den Beschreibungen allein über ihre wahre Natur hätte in’s Klare kommen können. Das Jahr 1832 war für die Schlangenkunde Russlands besonders ergiebig, da in dem- selben nicht weniger als 4 Arbeiten, darunter drei grössere, erschienen sind, die sämmtlich mehr oder weniger zahlreiche ophiologische Daten enthalten. Die erste dieser vier Arbeiten ist ein faunistischer Beitrag, den Andrzejowsky 2) unter dem Titel «Amphibia nostratia seu enumeratio Sauriorum, Ophidiorum nec non Sircniorum in excursionibus per Volhy- niam, Podoliam guberniumque Chersonense usque adEuxinum observatorum» veröffentlicht hat und in welchem 5 Goluber- Arten, so wie zwei Varietäten der Kreuzotter, also im Ganzen G Schlangen-Arten, die aber alle bereits als in Russland einheimisch bekannt waren, aus- führlich abgchandelt und zum Theil auch abgebildet sind. Die zweite Arbeit, deren ich hier gedenken muss, ist Dwigubsky’s «Опытъ есте- ственной Исторіи всѣхъ животныхъ Россійской Имперіи», ein mehrbändiges, im Auslande gänzlich unbekanntes und auch hier zu Lande längst vergessenes Werk, das in Moskau edirt worden ist und dessen hier allein in Betracht kommender herpetologischer Theil die Jahreszahl 1832 auf dem Titel trägt. In diesem «Versuch einer Naturgeschichte aller 1) Bulletin de Moscou III (1831), p. 368 — 378. 2) Nouv. Mémoires de Moscou II, p. 321—346. Die Schlangen des Russischen Reichs. 11 Thiere des Russischen Reichs» hat Dvvigubsky eine Zusammenstellung sämmtlicher bis- dahin beschriebenen russischen Thier -Arten gegeben, ist dabei aber, wenigstens was den herpetologischen Tlieil anbetrifft, so unkritisch verfahren, dass dieser Theil seines Werkes nur für eine äusserst dürftige Compilation erklärt werden kann, deren völlige Werthlosig- keit, wie es scheint, auch von allen späteren Autoren erkannt worden ist, da keiner der- selben es für der Mühe werth erachtet hat, dieselbe zu berücksichtigen. Um sich einen Begriff davon zu machen, wie ausserordentlich einfach, ja geradezu naiv, der Verfasser bei seiner Zusammenstellung zu Werke gegangen ist, braucht man nur das von ihm ge - gebene Verzeichniss der Schlangen Russlands anzusehen, in welchem die einzelnen Arten durch die in’s Russische übersetzten Originaldiagnosen charakterisirt und in 5 Gattungen, Anguis , Boa , Coluber , Pelias und Vipern vertheilt sind. Abgesehen von den echten Anguis- Arten, die hier natürlich nicht in Betracht kommen können, beginnt die Reihe der Ophidier mit Anguis helluo Pall, und Boa tatarica Licht., darauf folgen zunächst die 5 giftlosen Schlangen aus der so eben besprochenen An drzejowsky’ sehen Abhandlung, alsdann zwei Arten aus dem ersten Bande von Pallas’ Reise durch verschiedene Provinzen des Russischen Reichs, ferner Coluber paeäera, mit welchem Namen die von Lepechin gegebene Abbildung der Coronella austriaca Laur. belegt ist, darauf 13 Arten aus Pallas’ Zoographie, und zwar genau in derselben Reihenfolge, in welcher Pallas sie aufgeführt hat, und den Schluss endlich bildet der neue Coluber Muravievii , eine von Dwigubsky bereits im Jahre 1809 kurz beschriebene, aber damals nicht benannte Art, welche mit Tropidonotus hydrus Pall, identisch ist. Mit diesen 24 Arten ist aber die Liste der giftlosen Schlangen noch keines- wegs geschlossen, denn nun folgen als Anhang die Namen von noch weiteren 12 durchweg neuen Arten, welche auf die von Hohenacker in seinem oben erwähnten Preisverzeich- nisse charakterisirten 18 giftlosen Schlangen begründet sind und von denen Dwigubsky selbst bemerkt, dass er keine derselben in natura gesehen habe und daher für ihre artliche Selbstständigkeit auch nicht einstehen könne. Rechnet man zu diesen 36 Arten giftloser Schlangen noch die 6 aufgeführten Toxicophidier hinzu, so erhält man das Resultat, dass im Russischen Reiche nicht weniger als 42 Schlangen-Arten einheimisch sind, deren Zahl Dwigubsky ohne Zweifel noch um ein Dutzend etwa vermehrt hätte, wenn ihm nicht zu- fälliger Weise Prof. Eichwald’s Zoologia specialis unbekannt geblieben wäre. Dass eine derartig mangelhafte Compilation, wie das eben besprochene Werk, keine weitere Berück- sichtigung verdient, versteht sich wohl von selbst, und man wird es mir daher sicherlich nicht verdenken, wenn ich die Namen, mit welchen Dwigubsky die Schlangen des Ho- henacker’sehen Verzeichnisses belegt hat und unter denen mehrere allerdings auf Prio- rität Anspruch machen könnten, zwar der Vollständigkeit wegen überall citirt, aber in kei- nem Falle acceptirt habe. Unvergleichlich werthvoller und wichtiger als das eben besprochene Werk Dwigub- sky’s ist die dritte der oben gedachten Arbeiten, Ménétriès’ «Catalogue raisonné des ob- jets de Zoologie recueillis dans un voyage au Caucase et jusqu’aux frontières actuelles de 12 A. S TE AUCH, la Perse», der von unserer Akademie als besonderes Werk herausgegeben worden ist und eine Aufzählung von 1307 z. Th. neuen Thier-Arten der verschiedensten Classen enthält, unter denen jedoch die Insecten, namentlich die Käfer, weitaus die Mehrzahl bilden. Die Ausbeute an Reptilien , welche Ménétriès während seiner anderthalbjährigen Reisen in den Kaukasischen Ländern zusammengebracht hat, ist von ihm selbst bekanntlich auf 36 Arten angegeben worden, nämlich 3 Glielunier , 15 Saurier und 18 Ophidier , unter welchen letzteren sich auch 5 neue Arten befinden: was nun zuerst die 5 hier speciell in Betracht kommenden neuen Schlangen- Arten anbetrifft, so hat mich eine Untersuchung der Original- exemplare, welche ich nebst allen übrigen Reptilien- Arten der Ménétriè s’ sehen Ausbeute (mit Ausnahme des unter № 241 aufgeführten Irigonocephalus halys Pall.) im akademischen Museum vorgefunden habe, gelehrt, dass von denselben nur Goluber collaris und Goluber Ravergieri wirklich neu waren, während die drei übrigen sich als zu bereits bekannten Arten gehörig erwiesen, und zwar fand ich als Goluber reticulatus und Goluber nebulosus ganz junge Exemplare von Tropidonotus Jvydrus Pall, und von Goronella austriaca Laur. aufgestellt und erkannte in dem Goluber vermiculatus gleichfalls junge Exemplare der bunten Form von Coelopeltis lacertina Wagl., also jedenfalls eine Art, welche bisdahin noch nicht als in Russland einheimisch bekannt war; ausserdem hat aber Ménétriès auch einige Far- benvarietäten als selbstständige Arten aufgeführt und es beträgt daher die Zahl der von ihm gesammelten Schlangen-Arten in Wirklichkeit nicht 18, sondern (wenn man den Tri- gonocephalus halys Pall., dessen Vorkommen in Transkaukasien mir aber sehr zweifelhaft scheint, mitzählt) nur 13, von denen, wie schon bemerkt, drei Arten für unsere Fauna neu waren. Die letzte der vier oben erwähnten Arbeiten endlich ist ein kleiner Aufsatz von Fi- scher von Waldheim1), «Notices sur les nouvelles acquisitions de la Société de l’année 1832» betitelt, welcher unter anderem auch die Beschreibungen von 4 Ophidiern , der Boa tatarica Licht, und drei neuen Arten, enthält, in Bezug auf welche ich bemerken muss, dass die drei angeblich neuen Ophidier weder für die Wissenschaft, noch auch für unsere Fauna neu waren und dass ich die unter dem Namen Boa tatarica Licht, aufge- führte Schlange, bei welcher Fischer von Wald heim Giftzähne entdeckt zu haben be- hauptet, eben dieses Umstandes wegen nicht mit Bestimmtheit zu deuten vermag. Zwei Jahre später, also im Jahre 1834, gab Prof. Eichwald seine «Reise auf dem caspischen Meere und in den Kaukasus» heraus, deren zweiter Band ausschliesslich über alte Geographie handelt, während in den beiden Abtheilungen des ersten Bandes die ei- gentliche Reisebeschreibung enthalten ist; in diesem ersten Bande erwähnt der Verfasser nun an verschiedenen, sehr zerstreuten Stellen des Textes auch der Schlangen, die er zu beobachten Gelegenheit gehabt hat, und giebt von dreien derselben auch kurze Beschrei- bungen, die übrigen Arten dagegen, deren Zahl 11 beträgt, unter denen sich aber auch 1) Bulletin de Moscou IV (1832) p. 572 — 599. Die Schlangen des Russischen Reichs. 13 einige für Arten erklärte Farbenvarietäten befinden, führt er nur dem Namen nach an, da dieselben von ihm bereits in seiner Zoologia specialis diagnosticirt worden sind, mit Aus- nahme jedoch des Coluber Sisyphus , der liier zum ersten Male genannt wird, in der später veröffentlichten Fauna caspio-caucasia aber fehlt und daher absolut nicht zu deuten ist. Für das Jahr 1835 ist hier nur ein kleiner Aufsatz zu verzeichnen, in welchem Steven1) die gefleckte Varietät des Coluber quadrilineatus Pali, unter dem Namen Coluber cruentatus als neue Art beschrieben und abgebildet hat, das Jahr 1837 dagegen brachte wiederum drei faunistischc Arbeiten, in welchen die Ophidier in mehr oder weniger eingehender Weise berücksichtigt sind. Die umfangreichste dieser drei Arbeiten, Rathke’s2) Abhandlung «Zur Fauna der Krym» enthält von Schlangen übrigens nur zwei längst bekannte Arten, die nochmals aus- führlich beschrieben sind und denen der Verfasser in einem Anhänge noch eine dritte, gleichfalls bereits bekannte Art, die aber nicht aus der Krym, sondern von der Mündung des Ural stammte, hinzugefügt hat. Wichtiger in ophiologischer Beziehung als Rathke’s eben citirte Abhandlung ist Krynicky ’s3) Aufsatz « Observationes quaedam de Reptilibus indigenis», da der Verfasser darin ausser dem nur genannten Coluber natrix L. noch 7 an- dere Schlangcn-Arten ausführlich beschreibt, deren Zahl aber, da zwei Varietäten der ge- meinen Kreuzotter als zwei selbstständige Arten aufgeführt sind, im Ganzen (also mit Ein- schluss der nicht beschriebenen Ringelnatter) auf 7 reducirt werden muss , unter denen eine, der fraglich als Coluber reticulatus Ménétr. beschriebene Ablabes modestus Mart, für unsere Fauna neu war. Die dritte der oben angeführten Arbeiten endlich, die «Enumeratio animalium, quae in provinciis transcaucasicis Karabach, Shirwan et Talyscli nec non in territorio Elisabethopolensi observavit R. F. Hohenacker4)», die auch eine Aufzählung von 10 Schlangen- Arten enthält, ist nur in so fern von Bedeutung, als in derselben die Fundorte einiger der von Hohenacker in seinem bereits weiter oben besprochenen Preis- verzeichnisse charakterisirten, aber nicht benannten Arten speciell angegeben sind. Alsdann erschien im Jahre 1838 die «Notice sur quatre nouvelles espèces de Serpents de la côte orientale5) de la mer Caspienne et de la Perse septentrionale, découvertes par M' Ivarcline» vom Akad. Brandt6), in welcher der Autor, wie schon die Uebersclirift lehrt, vier Schlangen-Arten beschrieben hat, welche vom verstorbenen Kar elin wohl sänimt- lieh am Ostufer des Kaspischen Meeres und nicht im eigentlichen Persien gefangen und dem akademischen Museum eingesandt worden sind; nach Untersuchung der in unserer Sammlung aufgestellten Originalexemplare zu obigen Beschreibungen kann ich nun be- richten, dass zwei der Arten, Coluber ( Tyria ) Karelinii und Coluber (Taphrometopon) lineo- 1) Bulletin de Moscou VIII (1835), p. 317. 2) Mémoires des Savans étrangers de l’Acad. de St.- Pétersbourg III, p. 291—454. 3) Bulletin de Moscou X (1837) JV? III , p, 4G — 09. 4) Ibidem X (1837) JVsVII, p 130 — 147, 5) In Folge eines Druck- oder Schreibfehlers steht in der Uebersclirift des betreffenden Aufsatzes «côte occi- dentale» statt «côte orientale». 0) Bulletin scientifique de l’Acad. de St.-Pétersbourg III, p 241—244. 14 A. Stbaüch, latus wirklich neu waren, dass ferner der Coluber ( Tropidonotus ) elaplioides als Varietät zu Tropidonotus Jiydrus Pall, gehört und dass der Coluber poecilocephalus endlich auf junge Exemplare von Elaphis sauromates Pall, basirt und mit dem vonKrynicky im Jahre vorher beschriebenen Coluber maeota identisch ist. Im Jahre. 1839 ferner beschrieb Prof. Eichwald zwei neue russische Schlangen- Arten, Tyria argomuta ’) und Python Neurorum1 2), von denen die erste qber, wie ich mich nach Untersuchung des Originalexemplars überzeugt habe, zu Ablabes modcstus Mart, ge- hört und somit bereits von Krynicky unter dem Namen Coluber vermiculatus Ménétr. als in Russland einheimisch aufgeführt worden ist, während die letztere auf eine bei der Häu- tung abgestreifte, angeblich in einem Walde in Bcssarabien gefundene Haut eines Python molurus L. begründet ist und folglich hier nicht weiter in Betracht gezogen werden kann. Die beiden folgenden Jahre waren für die Erweiterung unserer Kenutniss von den einheimischen Schlangen- Arten ganz besonders erfolgreich, denn in diesen Zeitraum fällt die Publication zweier grösseren Werke, der Fauna pontica von Nordmann und der Fauna caspio-caucasia von Prof. Eichwald, von denen die erste im Jahre 1840, die zweite im Jahre 1841 erschien und welche sich beide schon allein dadurch von allen übrigen hier in -Betracht kommenden faunistischen Arbeiten sehr vortheiihaft unterscheiden, dass die in denselben beschriebenen Schlangen-Arten entweder alle, oder, wie in der Fauna caspio- caucasia, doch der Mehrzahl nach auch abgebildet sind. Nordmann’s umfangreiche Arbeit «Observations sur la faune politique», welche be- kanntlich den dritten Band der Voyage dans la Russie méridionale et la Crimée des Hrn. von Demidoff bildet, enthält unter anderem auch die Beschreibungen und Abbildungen von 8 Schlangen-Arten, deren Zahl aber eigentlich 9 beträgt, da unter dem Namen Co- luber sauromates Pall., wie schon die Abbildungen lehren und wie ich nach Untersuchung der in unserem Museum befindlichen Originale zu denselben mit Bestimmtheit festgestellt habe, zwei völlig verschiedene Arten, der echte Elaphis sauromates Pall, und der Coluber Aesculapii Host. zusammengeworfen sind; die Abbildungen in diesem Werke sind durch- weg prachtvoll ausgeführt, die Beschreibungen dagegen, wenigstens diejenigen der Schlangen, lassen mitunter Manches zu wünschen übrig, welcher Umstand leider zur Folge gehabt hat, dass die von Nordmann ganz unbegreiflicher Weise als Psammophis moniliger Sch leg. bestimmte Schlange, ungeachtet der schönen Abbildung, nicht mit Sicherheit gedeutet werden kann und, da das Originalexemplar verloren gegangen zu sein scheint, wohl auch für immer zweifelhaft bleiben wird. Trotz der eben gerügten kleinen Mängel bleibt Nord- mann’s Fauna pontica immer eine vorzügliche Leistung und hat auch nicht wenig zur ge- naueren Kenntniss der einheimischen, namentlich im europäischen Russland vorkommenden Ophidier beigetragen. 1) Bulletin de Moscou XII (18S9), p. 303 — 307. — 2) Журналъ Министерства Народнаго Просвѣщенія Der betreffende Aufsatz führt den Titel «De duabus no- XXI (1839) Abth. VII, p. 31—37. vis Amphibiorum speciebus». Die Schlangen des Russischen Reichs. 15 Das zuletzt Gesagte gilt in gleichem Maasse auch von Prof. Eichwald’s bekannter Fauna caspio-caucasia, in welcher der Verfasser die Reptilien und 'Amphibien ganz beson- ders ausführlich behandelt und manche der früher von ihm als neu aufgestellten Arten entweder auf ältere, bereits früher von Pallas und anderen beschriebene Species zurück- geführt, oder auch als Varietäten gänzlich eingezogen hat. Von Reptilien bespricht Prof. Eichwald in diesem Werke im Ganzen 44 verschiedene Arten, nämlich 3 Chelonier , 22 Saurier und 19 Ophidier , von welchen letzteren, die hier allein in Betracht kommen, aber 5 Arten auf Farben Varietäten begründet sind und daher eingezogen werden müssen, so dass sich die Gesammtzahl der Schlangen-Artcn auf 1 4 herausstellt, unter denen schon dcsshalb keine für unsere Fauna neuen Species vorhanden sind, weil der Verfasser sämmt- liche in dieser Fauna behandelten Arten bereits in seinen früheren Arbeiten beschrieben oder doch vorläufig diagnosticirt liât. Im Jahre 1844 veröffentlichte Eversmann1) einen kleinen Aufsatz, der den Titel «Zoologische Erinnerungen aus den südwestlichen Vorgebirgen des Urals» führt und aus dem wir erfahren, dass in jener Gegend des Reiches überhaupt nur zwei Schlangen-Artcn, die Ringelnatter und die Kreuzotter, so wie die unter dem Namen Vipern prester L. be- kannte schwarze Varietät der letzteren, angetroffen werden. Im darauf folgenden Jahre erschien Tschichatscheff ’s «Voyage scientifique dans l’Altaï et les parties adjacentes de la frontière de la Chine», zu welcher Akad. Brandt ei- nen ziemlich umfangreichen zoologischen Anhang « Considérations sur les Animaux vértébrés de la Sibérie occidentale» geliefert hat; in diesem Anhänge findet sich unter anderem auch ein systematisches Verzeichniss sämmtlicher Wirbclthiere West-Sibiriens, dessen herpeto- logischc Abtheilung, die ausschliesslich nach Pallas’ Zoographie zusammengestellt und dem- zufolge etwas mager ausgefallen ist, im Ganzen 14 Reptilien- Arten, darunter 6 Ophidier , enthält, von welchen letzteren keine Art für unsere Fauna neu war. Das Jahr 1845 brachte ausserdem noch einen anderen faunistischen Beitrag, nämlich Gimmerthal’s2) Aufsatz über «die in den Ostseeprovinzen vorkommenden Schlangen», in welchem der Verfasser 5 Arten kurz bespricht, zu welchen Dr. Merkel in einer Anmer- kung noch eine 6t0 hinzugefügt hat; da jedoch GimmerthaJ nicht bloss zwei Varietäten der Kreuzotter unter zwei besonderen Namen behandelt, sondern auch die Blindschleiche zu den Schlangen rechnet und da ausserdem der von Merkel kurz charakterisirte Tropi- donotus thuringicus Bechst. mit der von Gimmerthal als Tropidonotus austriacus aufge- führten Coronella austriaca Laur. identisch ist, so reducirt sich die Zahl der in den Ost- sceprovinzen einheimischen Ophidier auf die bekannten drei, fast überall im nördlichen Europa vorkommenden Arten. Im Jahre 1850 lieferte Berthold in M. Wagner’s «Reise nach Kolchis und nach den deutschen Colonien jenseits des Kaukasus» einen sehr werthvollen Beitrag zur herpe- 1) Bulletin phys. math, de l’Acad. de St -Pétersbourg II, p. 116—148. 2) Correspondenzblatt d. naturf. Vereins zu Riga I, p. 115—117. 16 A. Strauch, tologischen Fauna Russlands und führte in seiner Bearbeitung der von Dr. Wagner, wie es scheint, mit besonderer Vorliebe gesammelten Reptilien und Amphibien , deren Zahl sich im Ganzen auf 29 Arten beläuft, auch nicht weniger als 11 verschiedene Schlangen- Arten auf, die sämmtlich kurz diagnosticirt sind und unter denen eine, die als Vipern aspis var. ocellata beschriebene Vipern xanthim Gray, bisdahin noch nicht als in Russland vorkom- mend bekannt war. Die nächste Arbeit, deren ich hier kurz zu gedenken habe, ist von Prof. Eichwald1) im Jahre 1851 unter dem Titel «Naturhistorische Bemerkungen über Algier und den Atlas» publicirt worden; in dieser ziemlich umfangreichen Abhandlung bespricht der Verfasser am Schlüsse auch die Thierwelt Algeriens und geht namentlich auf die herpetologische Fauna der Kolonie genauer ein, dieselbe stets mit der von ihm so gründlich untersuchten kaspisch- kaukasischen Fauna vergleichend, bei welcher Gelegenheit er denn auch zwei russische, von ihm bereits früher charakterisirte Schlangen-Arten, den Tropidonotus gracilis und die Tg rin argonauta , nochmals beschreibt. Zugleich mit dem eben erwähnten Reisebericht veröffentlichte auch Prof. Czernay2) einen Aufsatz «Beobachtungen, gesammelt auf einer Reise im Charkow’schen und den an- liegenden Gouvernements in den Jahren 1848 und 1849», in welchem er ein Verzeichniss der ihm bei dieser Gelegenheit bekannt gewordenen Säugethiere und Amphibien giebt, und welcher gleichsam den Vorläufer seiner im Jahre 1852 herausgegebenen «Фауна Харь- ковской Губерніп п прилежащихъ къ ней мѣстъ» bildet; in dieser «Fauna des Charkow’schen Gouvernements und der angrenzenden Gegenden», deren erste Lieferung ausschliesslich den kaltblütigen Wirbelthieren gewidmet ist, giebt Prof. Czernay unter anderem auch kurze Beschreibungen von 4 Schlangen-Arten, denselben, welche er bereits in seinem Reiseberichte aufgeführt hatte, und lässt sich eines Weiteren über das Vorkommen und die Verbreitung jeder einzelnen Art in dem von ihm durchforschten Gebiete aus. In dasselbe Jahr 1852 fällt auch das Erscheinen von Lehmann’s3) «Reise nach Buchara und Samarkand in den Jahren 1841 und 1842», die nach den hinterlassenen Schriften Lehmann’s vom Akad. von Helmersen herausgegeben und mit Anmerkungen versehen worden ist und zugleich auch einen zoologischen Anhang von Akad. Brandt ent- hält; in diesem Anhänge, der aus einer einfachen Aufzählung der von Lehmann gesam- melten Wirbelthiere besteht, sind unter den Reptilien auch 9 Schlangen-Arten genannt, deren Zahl, trotzdem eine Varietät des Tropidonotus hydrus Pall, unter dem Namen Tro- pidonotus tesselatus Boje als selbstständige Art aufgeführt ist, dennoch in Wirklichkeit 9 beträgt, indem durch ein Versehen unter der Benennung Coluber ( Taphrometopon) lia - relinii Brandt zwei sehr differente Arten der Lehmann’ sehen Ausbeute, nämlich Zamenis Karelinii Brandt und Taphrometopon lineolatum Brandt, vereinigt sind. 1) Nouv. Mémoires de Moscou IX, p. 331 — 464. 2) Bulletin de Moscou XXIV (1851) I, p. 269 — 282. 3) Diese Reise bildet bekanntlich das XVII. Bändchen der von den Herren К. E. von Baer und G. von Ilel- mersen herausgegebenen «Beiträge zur Kenntniss des Russischen Reichs u. der angrenzenden Länder Asiens». Die Schlangen des Russischen Reichs, 17 Das Jahr 1853 war besonders reich an faunistischen Arbeiten, deren für dasselbe nicht weniger als vier zu verzeichnen sind, und die unsere Schlangen-Fauna zwar nicht durch neue Species bereichert haben, dafür aber sehr werth volle Daten über das Vorkom- men und die Verbreitung einzelner Schlangen- Arten enthalten. Zunächst wurde in diesem Jahre die erste Lieferung des zweiten Tlieiles vom zweiten Bande der «Sibirischen Reise» des Akad. von Middendorff im Druck vollendet, welche die Wirbelthiere mit Ausnahme der Fische behandelt und aus welcher wir erfahren, dass in jenen nordischen Gegenden, welche der Verfasser bereist hat, überhaupt nur noch eine einzige Schlangen- Art, die ge- meine Kreuzotter, angetroffen wird. Alsdann hat Prof. Kessler in der «Естественная Исторія Губерній Кіевскаго учеб- наго Округа», welche von einer besonderen, aus Professoren der Kiewschen Universität zusammengesetzten Commission herausgegeben worden ist, eine sehr gründliche Bearbeitung der Wirbelthierfauna der Gouvernements Podolien, Volhynien, Kiew, Tschernigow und Poltawa, welche den Kiewschen Lehrbezirk bilden, geliefert und im fünften Hefte dieser «Naturgeschichte der zum Kiewschen Lehrbezirk gehörenden Gouvernements», welches im Jahre 1853 erschien, speciell die Reptilien und Amphibien behandelt; der Verfasser führt für diesen Theil des Reichs im Ganzen 25 Arten von Reptilien und Amphibien , darunter 6 Ophidier , auf, giebt dabei von jeder Art eine zwar kurze, aber nichts desto weniger sehr genaue Beschreibung, in welcher namentlich auch auf die verschiedenen Alterszustände, so wie auf etwa vorkommende Varietäten Rücksicht genommen ist, und bespricht schliess- lich nicht bloss die Verbreitung jeder einzelnen Art innerhalb der Grenzen des von ihm durchforschten Gebiets, sondern fügt auch so manche werthvolle Bemerkung über die Le- bensweise derselben hinzu. In Zerrenner’s «Erdkunde des Gouvernements Perm» ferner, die gleichfalls im Jahre 1853 erschienen ist, wird im fünften Abschnitt, der über «die zoologischen Erzeug- nisse des Gouvernements» handelt, auch der beiden dort einheimischen Schlangen, der Ringelnatter und der Kreuzotter, kurz gedacht, und dieselben zwei Arten sollen endlich, wie Belke’) in seinem «Quelques mots sur le climat et la faune de Kamieniec-Podolski» betitelten Artikel behauptet, auch in der Umgegend der genannten Stadt die einzigen Re- präsentanten der Ordnung Ophidia sein. Das Jahr 1855 brachte zwei weitere faunistische Arbeiten; die eine derselben, deren Verfasser Dr. Sewerzow ist und welche den Titel «Періодическія явленія въ жизни звѣрей, птицъ и гадъ Воронежской губерніи» führt, behandelt die «periodischen Erscheinungen im Leben der Säugethiere, Vögel und Amphibien des Woronesher Gouvernements» und enthält auch Bemerkungen über das Vorkommen und die Verbreitung der Ringelnatter und der Kreuzotter, der beiden einzigen im genannten Gouvernement bisher aufgefundenen Sclilan- gen-Arten, während die andere Arbeit, welche Hr. Becker1 2) unter der Ueberschrift «Ei- 1) Bulletin de Moscou XXVI (1853) I, p. 410—437. 2) Ibidem XXVIII (1855) I, p. 4G0— 481. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllmo Se'rie. 3 18 A. Strauch, nige naturhistorische Bemerkungen aus dem Jahre 1854» veröffentlicht hat, zwar haupt- sächlich entomologischen und botanischen Inhalts ist, hier aber dennoch nicht übergangen werden durfte, da der Verfasser darin auch die Namen der 6 von ihm in der Umgegend seines Wohnortes Sarepta beobachteten Schlangen- Arten giebt. Bald darauf, im Jahre 1857, publicirte Mejakoff1) einen kleinen Aufsatz «Quelques observations sur les Reptiles du Gouvernement de Wologda» und theilte darin mit, dass in dem genannten Gouvernement ausser der Kreuzotter keine andere Schlange einheimisch ist, und im Jahre 1859 erschien die Fortsetzung von Belke’s2) ziemlich umfangreicher «Esquisse d’histoire naturelle de Kamieniec-Podolski», in welcher er unter anderem auch zu den beiden von ihm bereits früher in der Umgegend der genannten Stadt beobachteten Schlangen-Arten noch eine dritte, die Coronella austriaca Laur., hinzugefügt hat. Im folgenden Jahre, 1860, veröffentlichte Prof. Kessler unter dem Titel «Путеше- ствіе съ зоологическою цѣлью къ сѣверному берегу Чернаго Моря и въ Крымъ въ 1858 году» einen ausführlichen Bericht über eine von ihm «im Jahre 1858 an die Nordküste des Schwarzen Meeres und in die Krym zu zoologischen Zwecken unternommene Reise», in welchem er neben den Fischen, deren Untersuchung den Hauptzweck seiner Reise bildete, auch die übrigen Thierclassen mehr oder weniger eingehend berücksichtigt haf und an ver- schiedenen zerstreuten Stellen des Textes gelegentlich auch über das Vorkommen und die Verbreitung der von ihm beobachteten Schlangen-Arten, deren Zahl sich auf 5 beläuft, Nachricht giebt. Für die nächsten fünf Jahre sind keine faunistischen Arbeiten zu verzeichnen und überhaupt ist in diesem Zeiträume für die Ophiologie Russlands äjjsserst wenig geschehen, denn ausser der im Jahre 1861 von Hrn. Christoph3) gegebenen Beschreibung einer an- geblich neuen russischen Giftschlange, des Relias Renardi , die sich aber bekanntlich nur als eine der zahlreichen Varietäten der gemeinen Kreuzotter herausgestellt hat, ist nur noch eines ebenfalls im Jahre 1861 veröffentlichten Artikels von Prof. Peters4) zu ge- denken, der den Titel «On the Asiatic Snake, called Taphrometopon lineolatum by Professor Brandt» führt und in welchem der Verfasser, wie schon weiter oben bemerkt, den direkten Nachweis dafür geliefert hat, dass Lichtenstein’s Coluber caspius und Brandt’s Taphro- metopon lineolatum auf Exemplare einer und derselben Art begründet sind. Erst im Jahre 1866 erschien wieder eine faunistische Arbeit, und zwar von Belke5) unter dem Titel «Notice sur l’histoire naturelle du district de Radomysl», in welcher der Verfasser mittheilt, dass in dem genannten, im Gouvernement Kiew gelegenen Districte nur 1) Bulletin de Moscou XXX (1857) II, p. 581—590. 2) Ibidem XXXII (1859) I, p. 24—106. — Der An- fang dieses Aufsatzes findet sich in vol. XXXI (1858) II, p. 97 — 158 und enthält eine Aufzählung der polnischen Schriften über Podolien. 3) Bulletin de Moscou XXXIV (1861) II, p. 599. 4) Proc. zool. Soc. of London 1861, p. 47—50. 5) Bulletin de Moscou XXXIX (1866) I, p. 214 — 251, 491 — 526. Die Schlangen des Russischen Reichs. 19 die drei gewöhnlichen Schlangen- Arten Nord- und Mittel-Europa’s, nämlich Coronella austriaca Laur., Tropiclonoius natrix L. und Vipera berus L. Vorkommen. Für das Jahr 1868, welches für die Erweiterung unserer Kenntniss über die in Russ- land einheimischen Schlaugen-Arten nicht ohne Bedeutung gewesen ist, muss zuerst ein grösseres Werk von Prof. Kessler «Матеріалы для познанія Онежскаго Озера и Обонеж- скаго Края, преимущественно въ зоологическомъ отношеніи» genannt werden, welches als Beiheft zu den Arbeiten der lten Versammlung russischer Naturforscher herausgegeben worden ist; in diesen «Materialien zur Kenntniss des Onega-See’s und seiner Umgebung, besonders in zoologischer Beziehung» sind zwar vorzugsweise die Fische, so wie die im Wasser lebenden wirbellosen Thiere eingehend behandelt, jedoch hat der Verfasser auch die übrigen Thierclassen nicht unberücksichtigt gelassen und namentlich auch eine Auf- zählung der in jenen Gegenden vorkommenden höheren Wirbelthiere gegeben, aus welcher hervorgeht, dass im ganzen Onega-Gebiet bisjetzt mit Bestimmtheit nur eine einzige Schlan- gen-Art, die gemeine Kreuzotter, beobachtet worden ist. Alsdann hat in demselben Jahre Herr Sabanejew1) einen ziemlich umfangreichen Aufsatz unter dem Titel «Матеріалы для Фауны Ярославской Губерніи» veröffentlicht und in demselben die Verbreitung der im Ja- roslawschen Gouvernement einheimischen Wirbelthiere, unter denen auch die Ringelnatter und die Kreuzotter genannt sind, sehr eingehend geschildert. Endlich muss ich hier noch zweier kleinen von mir verfassten Artikel kurz gedenken, welche beide gleichfalls im Jahre 18G8 erschienen sind; der eine2) dieser beiden Artikel «Ueber Eichwald’s Tomyris oxiana, eine Giftschlange aus der Familie der Elapiden» enthält eine ausführliche Beschreibung der genannten Giftschlange, welche ich in die Gattung Naja Laur. eingereiht habe, und in dem anderen3), der den Titel «О ядовитыхъ змѣяхъ, водящихся въ Россіи» führt und im Auslande wohl schwerlich bekannt sein dürfte, habe ich eine kurze Charakteristik der «in Russland vorkommenden Giftschlangen» gegeben, deren Zahl sich auf 9 Arten beläuft und unter denen 4 zum ersten Male als in Russland einheimisch aufgeführt werden. Der eben erwähnte Artikel über die russischen Giftschlangen gab Hrn. Pengo4) Ver- anlassung zu seinem im Jahre 1870 veröffentlichten Aufsatz «О родовыхъ и видовыхъ при- знакахъ Гадюки», in welchem er die «generischen und specifischen Merkmale der Kreuz- otter» einer eingehenden Prüfung unterzieht und zu dem Resultate gelangt, dass 1) die Gattung Felias Merr. aufrecht erhalten werden muss, und dass 2) das Hauptmerkmal, durch welches ich die Kreuzotter von den ihr zunächst verwandten Arten unterschieden hatte, nämlich die Anwesenheit nur einer einzigen Schuppenreihe zwischen dem Augapfel und den darunter gelegenen Supralabialschildern, keineswegs absolut stichhaltig ist, da 1) Bulletin de Moscou XLI (18G8) I, p. 234, 480; TT, p. 202, 383. 2) Bulletin de l’Acad. de St.-Pétersbourg XIII, p. 81 — 94. — Mélangés biologiques VI, p. 636—654. 3) Труды 1-го съѣзда русскихъ естествоиспытате» лей. Отдѣл. Зоологіи р. 271 — 297. 4) Труды общества испытателей природы при Им- пер. Харьковскомъ Университетѣ. II, 1871 № X. 20 A. Strauch, auch Exemplare dieser Schlange Vorkommen, bei welchen an der genannten Stelle zwei Schuppenreihen vorhanden sind. Gegen Ende desselben Jahres gab ferner Hr. Fedtschenko x) seinen «Отчетъ Тур- кестанской ученой Экспедиціи Общества» heraus und besprach in diesem an die Kaiserliche Gesellschaft der Freunde der Naturwissenschaft, der Anthropologie und der Ethnographie über die von ihr ausgerüstete Turkestan’sche wissenschaftliche Expedition abgestatteten Berichte die Fauna des von ihm bereisten Sarafschan-Thales; unter den Reptilien dieses Flussthaies führt der Verfasser auch 5 Schlangen auf, von denen eine, die fraglich als Za- menis neglectus Jan citirt wird, einer neuen Art angehört und von mir in der vorliegenden Abhandlung unter dem Namen Zamenis Fedtschenkoi beschrieben und abgebildet worden ist. Im folgenden Jahre, 1871, wurde unsere Literatur durch zwei weitere fauni- stische Beiträge bereichert, die sich beide auf die östlichsten Grenzbezirke des euro- päischen Russlands beziehen und von denen der eine die Vertebraten überhaupt, der andere aber nur die Reptilien behandelt. Die erste dieser beiden Arbeiten, Sabanejew’s1 2) «Ката- логъ звѣрей, птицъ, гадовъ п рыбъ средняго Урала» enthält eine Aufzählung der vom Ver- fasser im mittleren Ural, d. h. in der zwischen Slatoust und Bogoslowsk gelegenen Strecke dieses Gebirgszuges beobachteten Wirbelthiere, unter denen auch drei Schlangen- Arten, Tropidonotus natrix L., Colaber trabalis Pall, und Vipern berus L., aufgeführt werden, deren Zahl aber für jetzt wenigstens auf zwei reducirt werden muss, da es mehr als unwahr- scheinlich ist, dass Zamenis trabalis Pall., welche Hr. Sabanejew selbst nicht beobachtet und daher auch als fraglich aufgeführt hat, so weit nach Norden Vordringen sollte. Die zweite der obigen Arbeiten ist eine kurze Notiz über die von Auerbach auf dem Gross-Bogdo gesammelten Eidechsen und Schlangen, welche Prof. Kessler3) bereits im Jahre 1858 geschrieben hatte, welche aber erst im Jahre 1871 in der von Hrn.Traut- s ch old herausgegebenen Au erb ach’ sehen Abhandlung über den Berg Bogdo veröffent- licht worden ist; in dieser Notiz, welche in russischer Sprache abgefasst ist, behandelt Prof. Kessler im Ganzen 11 Arten, nämlich 6 Saurier und 5 Ophidier , unter welchen letzteren aber die fraglich als Zamenis Karelinii Brandt aufgeführte Schlange auf ein junges und zugleich anomales Exemplar von Zamenis trabalis Pall, basirt zu sein scheint, so dass die Zahl der vom verstorbenen Auerbach gesammelten Schlangen -Arten sich nur auf 4 beläuft, die sämmtlich bereits als in Russland einheimisch bekannt waren. Schliesslich habe ich hier noch zwei faunistische Arbeiten nachzutragen, welche beide im laufenden, 1873sten Jahre erschienen sind. Die eine derselben ist eine ziemlich umfang- 1) Извѣстія Импер. Общества любителей естество- знанія, антропологіи и этнографіи, VII, выпускъ 3. 2) Bulletin de Moscou XLIV (1871) И, p. 210 — 278. 3) Auerbach. Гора Богдо, р. 69—75. — Mit dieser Abhandlung von Auerbach beginnt vol. IV der «За- писки Импер. Русскаго Географическаго Общества. По общей Географіи », und da die Pagination sowohl in dem mir vorliegenden Separatabdruck, als auch in dem betreffenden Bande der «Записки» dieselbe ist, so habe ich der Kürze des Titels wegen überall den Separat- abdruck citirt. Die Schlangen des Russischen Reichs. 21 reiche Abhandlung, welche Dr. Sewerzow1) unter dem Titel «Вертикальное и горизон- тальное распредѣленіе Туркестанскихъ Животныхъ » herausgegeben hat und in welcher er «die vertikale und horizontale Verbreitung der Thiere Turkestans» sehr ausführlich be- handelt, sich dabei aber hauptsächlich auf die warmblütigen Wirbelthiere beschränkt und der kaltblütigen nur ganz beiläufig gedenkt; in dem von ihm gegebenen Verzeichniss der Reptilien Turkestans sind nun auch 9 Schlangen aufgeführt, darunter zwei neue, von wel- chen letzteren aber die eine, Choristodon brachycepJialus , wie ich mich nach Untersuchung des mir vom Autor freundlichst zugestellten Originalexemplares überzeugt habe, auf ein anomales Exemplar von Zamenis Karelinii Brandt basirt ist, während die andere, welche Dr. Sewerzow weder benannt, noch diagnosticirt hat, bis auf Weiteres unberücksichtigt bleiben muss. Die zweite Arbeit endlich, die speciell ophiologischen Inhalts ist, hat Ober- lehrer Schweder2) in Riga unter der Uebersclirift «Die Schlangen der Ostseeprovinzen» veröffentlicht und darin die drei in diesem Theile des Reichs vorkommenden Schlangen-Arten, Coronella austriaca Laur., Tropidonotus natrix L. und Vipern berus L., kurz charakterisirt. Aus dem im Vorstehenden gegebenen Ueberblick über die bisherigen Leistungen auf dem Gebiete der Schlangenkunde Russlands, in welchem ich wohl kaum etwas Wesentliches ausgelassen haben dürfte, ergiebt sich, dass in dem Zeiträume von 1771 bis 1873, also fast genau in hundert Jahren, im Ganzen 27 verschiedene Arten von Schlangen im Russi- schen Reiche beobachtet worden sind, deren Namen ich hier, chronologisch geordnet, folgen lasse, mit Angabe des Jahres, in welchem jede derselben zuerst in Russland gefunden worden ist, ferner des Autors, der ihrer zuerst erwähnt hat, und endlich der Benennung, unter welcher sie aufgeführt wird. 1771. Tropidonotus natrix L. Pallas Coluber natrix et scutatus 1771. Tropidonotus hydrus Pall. Pallas Coluber hydrus. 1771. Viper a berus L . Pallas Coluber berus et melanis. 1771. Zamenis tr abolis Pall. Lepechin Coluber sp.? 1772. Coronella austriaca Laur. Lepechin Coluber sp. ? 1773. Elaphis dione Pall. Pallas Coluber dione. 1776. Trigonocephalus halys Pall. Pallas Coluber halys. 1800. Coluber Aesculapii Host. Georgi Coluber bicolor. 1811. Coluber quadrilineatus Pall. Pallas Coluber quadrilineatus. 1811. Elaphis sauromates Pall. Pallas Coluber sauromates. 1811. ? Viper a persica D. et B. Pallas Vipera cerastes. 1811. Eryx jaculus L . Pallas Anguis lielluo. 1831. Naja oxiana Eichw. Eichwald Tomyris oxiana. 1831. Zamenis Dahlii Fitz. Eichwald Tyria najadum. 1) Извѣстія Импер. Общества любителей естество- знанія, антропологіи и этнографіи, VIII, выпускъ 2. 2) Correspondenzblatt d. naturf. Vereins zu Riga XX. p. 133—138. 22 \ A. Strauch, 1831. Tarbophis vivax Fitz. 1831. Typhlops vèrmicularis Merr. 1832. Abldbes collaris Ménétr. 1832. Zamenis Ravergieri Ménétr. 1832. Coelopeltis lacertina Wagl. 1837. Ablabes modestus Mart. 1838. Zamenis Karelinii Brandt. 1838. Taphrometopon lineolatum Brandt. 1850. Viper a xanthina Gray. 1868. Viper a ammodytes L. 1868. Echis arenicola Boje. 1868. Trigonocephalus intermedius Str. 1868. Trigonocephalus Blomhof'fii Boje. Eichwald Trigonophis iberus. Hohenacker Angais lumbricalis. Ménétriès Coluber collaris. Ménétriès Goluber Ravergieri. Ménétriès Coluber vermiculatus. Krynicky Coluber reticulatus. Brandt Coluber ( Tyria ) Karelinii. Brandt Coluber ( Taphrometopon ) lineolatus. Berthold Vipera aspis var. ocellata. Strauch Viper a ammodytes. Strauch Echis arenicola. Strauch Trigonocephalus intermedius . Strauch Trigonocephalus Blomhoffti . Zu diesen 27 Schlangen-Arten habe ich nun in der vorliegenden Abhandlung noch 10 weitere, z. Th. neue Arten hinzugefugt, so dass sich die Gesammtzahl der ira Russi- schen Reiche einheimischen Ophidier gegenwärtig auf 37, oder, wenn man von der Vipern persica D. et B., deren Vorkommen in Russland noch etwas zweifelhaft ist, absieht, auf 36 Arten beläuft, von denen 1 in die Unterordnung der Scolecophidier , 25 in diejenige der Azemiophidier und 11, resp. 10, in diejenige der Toxicophidier gehören. Hinsichtlich des von mir bei Abfassung dieser Abhandlung benutzten Materials muss ich hier noch bemerken, dass mir nicht bloss die überaus reiche akademische Sammlung mit ihren Vorräthen an Doubletten zu Gebote gestanden hat, sondern dass ich auch von mehreren anderen Anstalten, wie namentlich von den Universitäten zu St. Petersburg, Moskau, Warschau und Helsingfors, so wie von der hiesigen medico- chirurgischen Aka- demie eine Menge russischer Schlangen , darunter z. B. die ganze ophiologische Ausbeute des Hrn. Fedtschenko, zur Ansicht zugesandt erhalten habe und auf diese Weise in den Stand gesetzt worden bin, die 37 von mir besprochenen Arten in nicht weniger als 1081 Exemplaren г) zu untersuchen . 1) Da es nicht ohne Interesse sein dürfte, zu erfahren, wie sich diese 1081 Exemplare auf. die einzelnen Arten vertheilen, so gehe ich hier das Verzeichniss der 37 Ar- ten und füge hei jeder hinzu, wie viele Exemplare der- selben ich im Ganzen untersucht habe und wie viele da- von im Russischen Reiche gefangen waren. Ich habe nämlich untersucht von Im Ganzen: Darunter: 1) Typhlops vèrmicularis Merr. 23 Ex., 23 russ. 2) Eryx jaculus L. 54 » 31 » 3) 4 blabes modestus Mart. 8 » 8 » 4) » collaris Ménétr. 10 » 10 » 5) Coronella austriaca Laur. 36 » 32 » Im Ganzen: Darunter: 6) Coluber Aesculapii Ho st. 10 Ex., 8 russ. 7) » Hohenactceri n. sp. 5 » 5 )) 8) » quadrilineatus Pall. 9 » 6 » 9) » rufodorsatus Cant. 7 » 7 )) 10) Elaphis dione Pall. 84 » 77 )) 11) » sauromates Pall. 29 » 29 » 12) » Schrencltii n. sp. 11 » 9 )) 13) » taeniurus Соре. 2 » 1 » 14) Zamenis Cliffordii Sch leg. 14 » 2 )) 15) » Karelinii Brandt. 21 » 19 )) 16) » trabalis Pall. 27 » 26 » 17) » ВаЫіі Fitz. 13 » 11 )) Die Schlangen des Russischen Reichs. 23 Schliesslich möchte ich, bevor ich an die Besprechung der einzelnen Arten unserer Fauna gehe, noch das System , welchem ich in der nachfolgenden Aufzählung gefolgt bin, durch einige Worte kurz erläutern. Bereits in meiner Abhandlung über die Viperiden habe ich angedcutet, dass es mir am einfachsten und natürlichsten scheint, die Ordnung der Ophidier in drei Unterordnungen, Scolecophidia , Azemiopkidia und Toxicophidia , einzutheilen, welche sich sowohl durch den Zahnbau, als auch z. Th. wenigstens durch den Habitus und die Lebensweise sehr scharf und sicher von einander unterscheiden. Die erste dieser drei Unterordnungen umfasst die sogenannten Wurmschlangen, welche bekanntlich dadurch aus- gezeichnet sind, dass bei ihnen stets nur die eine Kinnlade, bald die obere, bald die un- tere, Zähne tragt, die andere dagegen zahnlos ist, und die zugleich ihrem ganzen Habitus nach so auffallend von allen übrigen Schlangen abweichen, dass einzelne Autoren, wie na- mentlich Prof. Schlegel und Dr. Gray, sie gar nicht zu den Ophidiern, sondern zu den Sauriern gestellt haben; nichts desto weniger müssen diese meist kleinen Geschöpfe ihrer inneren Organisation nach zu den Schlangen gerechnet werden, wie es neuerdings auch ganz allgemein geschieht, und stellen in der Ordnung Ophidia eben so eine anomale Gruppe dar, wie die Amphisbaeniden unter den Sauriern. Zur zweiten Unterordnung, den Azemi- ophidiern , rechne ich sämmtlichc sogenannten giftlosen Schlangen, welche bei aller sonstigen Verschiedenheit in Habitus, Organisation und Lebensweise darin mit einander überein- stimmen, dass bei ihnen beide Kiefer massive, d. h. nicht von einem nach aussen mündenden Kanäle durchzogene Zähne tragen, und die dritte Unterordnung, Toxicophidia , endlich be- greift, wie schon der Name andcutet, die Giftschlangen in sich, welche in dem mit durch- bohrten G iftzähnen bewaffneten Oberkiefer ein sehr sicheres und allen gemeinsames Merkmal besitzen. Was nun die weitere Eintheilung dieser Unterordnungen in Familien anbetrifft, so zerfällt diejenige der Scolecophidier in zwei Familien, Typhlopida und Catodontida , die sich dadurch von einander unterscheiden, dass bei den Arten der ersten Familie nur die obere, bei denen der zweiten dagegen nur die untere Kinnlade bezahnt ist, und nicht, weniger si- cher und scharf sind auch die Familien der Toxicophidier gekennzeichnet, deren Zahl sich auf 4 ( Tlydrida , Elapida , Viperida , Grotalida ) beläuft und über deren Unterscheidungs- merkmale ich mich bereits in meiner Synopsis der Viperiden eines Genaueren ausgelassen Im Ganzen: Darunter: Im Ganzen: Darunter 18) Zamenis Ravergicri Ménétr. 17 Ex., 14 russ. 28) Naja oxiana Eichw. 1 Ex., 1 1'USS. 19) » Feätsclierikoi n. sp. 9 )) 8 )) 29) Vipera berus L. 86 » 79 » 20) Tropidonotus natrix L. 141 )) 118 » 30) » ammodytes L. 10 )) 7 » 21) » hydrus Pall. 193 -)) 190 )) 31) » xanthina Gray. 3 )) 3 » 22) » Vibakari Boje. 4 )) 3 )) 32) » euphratica Mart. 7 )) 5 » 23) » tigrinus Boje. 4 )) 1 )) 33) » persica D. et B. 2 » 0 » 24) Coelopeltis läcertina Wagl. 13 )) 5 )) 34) Echis arenieola Boje. 30 )) 19 » 25) Taphrometopon lineolatum 35) Trigonocephalus halys Pall. 53 » 53 » Brandt 50 )) 49 » 36) » intermedius S t r. 23 )) 20 » 26) Tarbophis vivax Fitz. 16 » 13 » 37) » Blomhoffii В о j e. 48 )) 32 » 27) Pelamis bicolor Schneid. 8 )> 1 )) 1081 925 24 A. Strauch, die Schlangen des Russischen Reichs. habe. Ueber die Zahl und Umgrenzung der Familien dagegen, in welche die bei Weitem artenreichste Unterordnung der Azemiopliidier einzutheilen ist, gehen die Ansichten der einzelnen Autoren bekanntlich noch sehr auseinander, und da ich wegen Mangels an Material leider nicht in der Lage bin, mir ein selbstständiges Urtheil über diese Frage zu bilden, so habe ich bei Aufstellung der akademischen Sammlung die neueste, von .Tan1) in seinem Elenco proponirte Eintheilung, so weit sie sich auf die Azcmiopliidier be- zieht, adoptirt und erlaube mir in der vorliegenden Abhandlung nur in so weit eine Ab- weichung von derselben, als ich nach dem Beispiele von Dr. Günther2) die Familien der Coronelliden, Colubriden und Potamophiliden (jedoch mit Ausschluss der Homalopsideri) unter dem Namen Colubrida in eine Familie vereinigt habe. Hinsichtlich der Genera in dieser Familie Colubrida endlich bin ich gleichfalls Dr. Günther5) gefolgt, kann aber nicht umhin zu bemerken, dass die von allen Autoren adoptirte Gattung Elaphis (Aldr.) von der Gattung Coluber (L.) kaum zu trennen sein dürfte, da das einzige Unterscheidungsmerkmal, die Zahl der Präocularschilder, nicht bloss an und für sich schon sehr geringfügig, sondern auch keineswegs ganz constant ist. Diese wenigen Bemerkungen werden genügen, um zu zeigen, in wie weit das von mir adoptirte System von allen übrigen bisher vorgeschlagenen Classificationen der Ophidier abweicht. 1) Jau. Elenco sistematico degli Ofidi, p. VI et VII. 2) Günther. Reptiles of British India, p. 220 — 222. 3) Günther, Catal. of Colubrine Snakes, p. 84 — 85. L Unterordnung Scolecophidia. Familie Typhlopida. 1. Typhlops vermicularis Mer rem. T. bruneo-flavescens, subtus dilutior, dimidio posteriore singularum squamarum dor- salium caudaliumque infuscato. Capite parvo, rostro obtuso, rotimdato, trunco gracili, te- reti, caudam versus incrassato, cauda brevissima, conica, capite multo crassiore, incur- vata et apice imguiculo armata; oculis distinctis, nigris; scutello praeoculari magno; naribus utriuque scutella bina, i. e. nasale et frontonasale, perforantibus; scutellis bis sutura, supra scutellum supralabiale secundum mcipiente et paulum ultra aperturam nasalem producta, sed marginem scutelli rostralis non attingente, inter se junctis; scutellis supralabialibus utrinque quatuor; squamis latis, margine posteriore rotundatis, circa corpus in 22 vel 24 sériés longitudinales dispositis. Synonymie. 1820. Typlilops vermicularis Merrem. Tentamen Syst. Amphibior., p. 158. 1831. Anguis lumbricalis Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 376. J? 2. 1832. Typhlops vermicularis Ménétriès. Catalogue raisonné, p. 66, V 224. 1844. Typhlops vermicularis D. et B. Erpétol. génér. VI, p. 303. 1864. Typhlops vermicularis Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. III, pl. IV f. 3, V f. 3. Diese Art unterscheidet sich von ihren zahlreichen Gattungsgenossen durch die halb- kuglig zugerundete, besonders vorn und unten sehr stark gewölbte Schnauze, durch die Zahl der Schuppenreihen, die zwischen 22 und 24 schwankt, durch die Stellung und Form Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Serie. 4 26 A. Strauch, des jederseitigen Frontonasalschildes, welches an das zweite Supralabiale grenzt und einen bogenförmig ausgeschnittenen Hinterrand besitzt, so wie durch das gegenseitige Grössen- verhältniss des jederseitigen Supraoculare und Parietale, die nahezu gleiche Dimensionen haben. Der Kopf dieser Wurmschlange ist klein und die Schnauze, die, wie bereits be- merkt, von oben nach unten stark gewölbt, von rechts nach links stumpf abgerundet ist, ragt bedeutend über die untere Kinnlade vor, und zwar nicht bloss mit der Spitze, sondern auch mit den seitlichen Theilen. Der Rumpf ist sehr schlank, fast drehrund, gegen den Schwanz hin deutlich verdickt und etwa 40 mal länger als an der dicksten Stelle breit; der Schwanz ist sehr kurz, conisch, zugespitzt, leicht nach unten gekrümmt, dabei min- destens um die Hälfte breiter als der Kopf und am Ende mit einem kleinen Dorn bewaffnet. Das Rostraischild ist in seinem hinteren, auf der Oberseite des Kopfes gelegenen Theile oval und zeigt in der Höhe der Nasenlöcher eine leichte Einschnürung; das jederseitige Nasale, das ziemlich klein ist und mit seinem Unterrande an das erste, so wie an einen Theil des zweiten Oberlippenschildes grenzt, ist in seinem vorderen, an das Rostrale gren- zenden Theile mit dem grossen, etwa dreieckigen Frontonasale verschmolzen, welches letz- tere unten an das zweite Supralabiale grenzt und nach oben nur wenig weiter hinaufreicht als das Rostrale. DieSutur zwischen dem Nasale und Frontonasale, die von Jan1) als Sulcus nasalis bezeichnet wird, beginnt am Oberrande des 2teu Supralabiale, durchsetzt das Nasen- loch und läuft darauf noch eine kleine Strecke in horizontaler Richtung weiter, um sehr bald, gewöhnlich etwa auf der Hälfte des Raumes zwischen dem Nasenloch und dem Seiten- rande des Rostrale plötzlich zu enden. Das Präoculare, das unten an das 2t0 und 3t0 Supra- labiale grenzt, hat eine unregelmässige Gestalt, stösst mit seinem vorderen, bogenförmigen, mit der Convexität nach vorn gerichteten Rande an das Frontonasale, mit dem hinteren, gerade verlaufenden, an das Oculare und legt sich mit der oberen Spitze zwischen das Fron- tonasale und das schräg gestellte Supraoculare. Das Ocularschild, das hoch und breit ist, jedoch das Präoculare nur um ein Geringes an Grösse übertrifft, hat ungefähr die Gestalt einer im Verhältniss zur Breite sehr kurzen Spindel und legt sich mit der unteren Spitze zwischen die beiden letzten Supralabialia, mit der oberen zwischen das Supraoculare und das demselben an Grösse nahezu gleiche Parietalschild. Von den 4 Oberlippenschildern ist das erste sehr klein und niedrig, das zweite erscheint etwa doppelt so gross und die beiden letzten nehmen successiv an Grösse und besonders auch an Höhe zu. Die übrigen, auf der horizontalen Fläche des Kopfs gelegenen, Schilder, wie die Frontalia, das Interparietale etc., sind klein, fast sämmtlich sechseckig und erinnern in der Form mehr oder weniger an die Rumpfschuppen, welche letzteren ihnen aber meist in der Grösse etwas nachstehen. Das Auge, das sehr deutlich ist, liegt jederseits im oberen Theile des Ocularschildes und ist dem Vorderrande desselben stark genähert. Die Rumpf- und Schwanzschuppen sind sämmt- lich sehr in die Breite gezogen, dabei mehr oder weniger deutlich sechseckig, am freien 1) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 10 — 13. Die Schlangen des Russischen Reichs, 27 Rande stets stark zugerundet und auf dem Rücken, so wie auf der Oberseite des Schwanzes entschieden grösser, als an den Flanken und an der Unterseite. Hinsichtlich der Zahl der Längsreihen, in welche die Schuppen rund um den Körper angeordnet sind, gehen die An- sichten der verschiedenen Autoren einigermaassen auseinander: die Verfasser der Erpéto- logie générale geben diese Zahl auf 21 an, Jan behauptet meist 24, ausnahmsweise jedoch auch 26 Reihen gezählt zu haben, nach meinen Untersuchungen endlich schwankt die Zahl der Längsreihen zwischen 22 und 24, und zwar habe ich an 13 Exemplaren je 22, an 10 Exemplaren je 24 solcher Reihen gefunden. Färbung' und Zeichnung. Gelblich, mit einem mehr oder weniger deutlich ausgesprochenen Stich in’s Bräunliche, unten immer heller gefärbt; die Oberseite des Rumpfes und Schwanzes mit feinen braunen Netzzeichnungen, die dadurch entstehen, dass jede Schuppe der 8 mitt- leren oder Dorsalreihen in ihrer hinteren Hälfte ziemlich dunkel braun gefärbt ist. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar besitzt eine Totallänge von 32,5 Ctm., von denen etwa 0,5 Ctm. auf den Schwanz gehen; es ist an der dicksten Stelle ungefähr 0,8 Ctm. dick und zeigt daselbst eine Circumferenz von 2,5 Ctm. Habitat. Typhlops vermicularis Merr., der einzige in Russland und zugleich auch in Europa einheimische Repräsentant aus der Unterordnung der ScolecopJiidier , bewohnt die östlichen Tlieile des Mittelmeergestades und dringt ostwärts bis in die Kaspischen Gegen- den vor, Während sein Verbreitungsbezirk im Westen vom Adriatischen Meere begrenzt wird. In Europa beschränkt sich sein Vorkommen ausschliesslich auf das griechische Reich, und zwar ist er daselbst sowohl in Morea1 2 3 4), namentlich bei Acrocorinth 2) und Trezene 2), als auch auf den Inseln CorfiU), Salamis4) und Naxos2) einheimisch. Ferner bewohnt er Klein-Asien und scheint daselbst gleichfalls weit verbreitet zu sein, denn man hat ihn be- reits in der Gegend von Brussa5) und Angora6), an der türkisch-pontischen Küste7), na- mentlich auch bei Trebizond8), so wie auf den Inseln Rliodus9) und Cypern10) beobachtet. Alsdann ist er in der Gegend von Beirut11) in Syrien entdeckt worden und findet sich, wie 1) D. et B. Erpétol. génér. VI, p. 306. 2) Expedition scientif. de Morée. Zool. p. 73. 3) Betta, Rettili ed Anfibi del regno della Grecia, p. 46. 4) Gray. Catal. of Lizards, p. 137. 5) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien ХІП (1863) Abh., p. 1123. 6) В er tli old. Mittheil, über das zool. Mus. zu Göt- tingen I, p. 17. 7) Wagner. Reise nach Kolchis, p. 339 — 340. 8) Lichtenstein. Nomencl. Reptil, et Amphibior. Mus. zool, Berol., p. 21. 9) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XVIII (1868) Abh., p. 904. 10) D. et B. Erpétol. génér. VI, p. 306. — Unger und Kotschy. Die Insel Cypern, p. 572. 11) J an hat in seinem Elenco sistematico degli Uhdi, p. 11 auf ein in der Gegend von Beirut gefangenes Exem- plar einer Wurmschlange eine neue Art, Typhlops syria- eus, begründet und dieselbe in diejenige Kategorie sei- ner Untergattung Typhlops gestellt, welche die Arten mit 22 (oder ausnahmsweise mit 24) Schuppenreihen ent- hält; von den übrigen Arten dieser Kategorie wird der Typhlops syriacus J an dadurch unterschieden, dass bei ihm der sogenannte Sulcus nasalis (d. h. die Grenzlinie zwischen dem Nasale und Frontonasale) am Oberrande des ersten Oberlippenschildes beginnt und am Nasenloch endet. In der 1864, also ein Jahr später, veröffentlichten Livraison III der Iconographie descriptive des Ophidiens erschienen nun auch auf Tafel V in Fig. 5 Detailzeich- nungen dieser neuen Art, die aber leider in der Haupt- sache nicht mit der ursprünglich gegebenen Charakte- 28 A. Strauch, die Exemplare des Leydener Museums beweisen, auch am Berge Sinai1), an welchem letz- teren Punkte er, so weit gegenwärtig bekannt ist, die Südgrenze seines Wohngebiets er- reicht. Was schliesslich das Vorkommen dieser Wurmschlange innerhalb der Grenzen des Russischen Reiches anbetrifft, so bewohnt sie daselbst Transkaukasien , kommt aber auch am Ostufer des Kaspischen Meeres vor, wie zwei mir vorliegende Exemplare beweisen, die beide von der Halbinsel Mangysclilak stammen; das eine derselben gehört dem Museum der hiesigen Universität und ist von dem bekannten Entomologen Becker auf der genannten Halbinsel gefangen worden, das andere hat Lieutenant Ulsky am Baklanny - Kamenj (an der Karagan- Bucht) in der Nähe des Vorgebirges Tjuk-Karagan erbeutet und der aka- demischen Sammlung zum Geschenk dargebracht. In Transkaukasien endlich, wo diese Schlange keineswegs selten und dabei ziemlich weit verbreitet ist, hat Ménétriès2) sie bei Tiflis und bei Baku beobachtet, Hohenacker3) in der Umgegend der Kolonie Helenendorf (südlich von Elisabethpol), Filippi4) in derjenigen von Eriwan, und zwar häufig5), Wag- ner6) fing sie in der Moganischen Steppe und unsere Sammlung endlich besitzt ausser dem Tifliser Exemplar der Ménétriès’schen Ausbeute und einigen von Dr. Kolenati im «Kau- kasus», ohne nähere Angabe des Fundortes, gesammelten Stücken, noch zahlreiche von Hohenacker bei Helenendorf und bei Lenkoran gefangene Exemplare, so wie zwei Stücke, welche die Herren Kasch kin und Mlokosiewicz neuerdings in der Gegend von Lago- declii (im Gouv. Tiflis) gefangen und nebst mehreren anderen Reptilien- Arten dem Museum zum Geschenk dargebracht haben. Aus diesen allerdings noch sehr lückenhaften Daten lässt sich nun entnehmen , dass das Wohngebiet von Typhlops vermicularis Merr. vom Adriatischen Meere bis zum Ostufer des Kaspischen reicht, im Norden anfangs (in Europa) vom 40., später successive vom 4L, 43. und 45? n. Br. begrenzt wird und sich südwärts bis an den Nordrand des Rothen Meeres (27° n. Br.) erstreckt. ristik übereinstimmten, indem nämlich sowohl in Fig. 5 /, als auch in Fig. 5 Ъ der sogenannte Sulcus nasalis als am Oberrande des 2teu Supralabiale entspringend gezeichnet war. Da nun Jan im ersten Hefte des Textes zu seiner Iconographie, welches die Wurmschlangen enthält, auf p. 15 die in der Abbildung angegebene Lage des Sulcus nasalis für richtig erklärt hat, ohne auch nur mit einem Worte der früheren, im Elenco gemachten, falschen An- gabe zu gedenken, so ergiebt sich, dass sein Typhlops sy- riacus und der längst bekannte Typhlops vermicularis Merr. nur dadurch differiren, dass bei dem ersteren der sogenannte Sulcus nasalis am Nasenloche endet, bei dem letzteren dagegen noch etwas über das Hasenloch ver- längert ist, so wie dass die neue Art in die Kategorie mit 22—24, die längst beschriebene aber in diejenige mit 24 — 26 Schuppenreihen gehört. Die Zahl der Schuppen- reihen beträgt aber nach meinen Untersuchungen auch bei Typhlops vermicularis Merr. 22 — 24 und es würden sich somit die beiden in Rede stehenden Arten lediglich dadurch unterscheiden , dass bei Typhlops syriacus Jan das Nasal- und Frontonasalschild nur bis zum Nasen- loche, bei Typhlops vermicularis Merr. aber auch noch etwas über das Nasenloch hinaus getrennt sind, eine Differenz, die so unbedeutend und zugleich so unwesent- lich ist, dass man beide Arten, die, soweit sich nach den von Jan gegebenen Detailzeichnungen seines Typhlops syriacus urtheilen lässt, im Wesentlichen auch in allen übrigen Orçanisationsverhâltnissen vollkommen mit ein- ander übereinstimmen, wohl ohne Weiteres für identisch erklären kann. 1) D. et B. Erpétol. génér. VI, p. 306. 2) Ménétriès. Catal. raisonné, p. 66. 3) Bulletin de Moscou X (1837) № VII, p. 145. 4) Filippi. Viaggio in Persia, p. 108. 5) Ibidem, p. 355. 6) Ein Exemplar im Göttinger Museum, welches wahr- scheinlich von Dr. M. Wagner gefangen worden sein wird. Die Schlangen des Russischen Reichs. 29 II. Unterordnung Azemiophidia. Familie Peropoda. 2. Eryx jaculus Linné. E. supra flavo- vel rufo-cinereus, dorso et cauda maculis altérais, in quatuor sériés longitudinales disposais, fuscis vel nigris, saepe confluentibus et fascias transversas irregu- läres eflicientibus, ornatis; subtus dilutior, scutis abdominalibus subcaudalibusquc plerum- que nigrescentibus vel fusco-maculatis. Capite exiguo, scutellis parvis irregularibus tecto, a trunco liaud distincto; rostro prominulo, subcuneiformi, apice scuto maximo, subtus ex- cavato, semilunari munito ; trunco parum elongato, crassiusculo, vix compresso, cauda bre- vissima, leviter compressa, subconica, apice truncato-rotundata ; naribus exiguis utrinque inter scutella tria, i. e. duo nasalia et maximum frontale anterius, positis, sublateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 10 — 12, rarius 9 vel 13, quinto et sexto sub oculo po- sitis, sed ab eo duplici serie scutellorum separatis; oculo parvo, annulo, e 7 — 13 scutellis composito, circmncincto, pupilla verticali ; sulco gulari brevi, sed distincto; squamis brevi- bus, latis, hexagonis, in trunci parte anteriore in 37—51 séries longitudinales dispositis, in trunco laevibus, in cauda subcarinatis vel tectiformibus ; scutis abdominalibus, valde an- gustis, 165 — 198, anali simplici, subcaudalibus 15 — 34 uniseriatis. Synonymie. 1754. Anguis jaculus Linné. Museum Adolplii Frederici II, p. 48. 1811. Anguis helluo Pallas. Zoographia Rosso-Asiatica III, p. 54. .V 53. 1823. Boa tatarica Lichtenstein in: Eversmann. Reise von Orenlmrg nach Buchara, p. 146. Л» 16. 1826. Boa tatarica Lichtenstein in: Meyendorff. Voyage d’Orenbourg à Boukhara, p. 467. Л» 16. 1831. Boa tatarica Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 366. Ш 1. 1831. Eryx turcicus Eichwald. Zoologia specialis III, p. 176. 1831. Eryx familiaris Eichwald. Ibidem, p. 176. 1832. Anguis helluo Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Имперіи. Ampliib., р. 17. Ля 34. 1832. Boa tatarica Dwigubsky. Ibidem, p. 18. Ля 35. 1832. ? Boa tatarica Fischer v. Waldheim. Bulletin de Moscou IV (1832), p. 573 *). 1) Fischer von Waldheim bemerkt von dieser Boa tatarica : «Novoexamini submittenda; Boa non est, prop- ter tela venenosa eximia; Chersydrus non est, propter squamas dorsales magnas carinatas scutaque abdominalia latissima», was mich auf die Vermuthung bringt, dass ihm möglicherweise in Folge irgend eines Versehens gar nicht die echte Boa tatarica Hohenaclcer’s, welche ganz unzweifelhaft mit Eryx jaculus L. identisch ist, son- dern statt derselben eine Giftschlange und vielleicht der im Hohenackèr’schen Preisverzeichnisse mit №l no- tirte Coluber, d. h, die Vipera euphratica Mart., zuge- schickt worden ist. 30 A. Strauch, 1841. Eryx turcicus Eicliwald. Fauna caspio-caucasia, p. 124, tab. XVII, f. 1 — 3. 1844. Eryx jaculus D. et B. Erpétol. génér. VI, p. 463. 1852. Eryx jaculus Brandt in: Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 334. 1864. Eryx jaculus Jan, Iconographie des Ophidiens, Livr. IV, pl. II. Die 4 gegenwärtig bekannten Arten der Gattung Eryx Daud. lassen sich je nach der An- oder Abwesenheit der Kehlfurche in zwei Gruppen theilen, von denen die erste die beiden mit einem deutlichen Sulcus gularis versehenen Arten, den Eryx Johnii Russ. und den Eryx jaculus L., enthält, während zur zweiten die durch den Mangel der Kehlfurc.he ausgezeichneten Arten, der Eryx thebaicus Reuss und der Eryx conicus Schneid., ge- hören. Von einander unterscheiden sich die beiden Arten der ersten Gruppe, die hier allein in Betracht kommen, hauptsächlich durch die Zahl der Schuppenreihen und durch die Form des Schwanzes, so wie auch durch die völlig verschiedene Färbung und Zeichnung; Eryx Johnii Russ., der einfarbig ist, besitzt nämlich 57 — 65 Längsreihen von Schuppen und einen dreikantigen Schwanz, bei dem stets gefleckten Eryx jaculus L. dagegen bilden die Schuppen höchstens 52 Längsreihen und sein Schwanz ist leicht comprimirt und conisch. Eryx jaculus L., eine an dem kurzen, stumpf zugerundeten Schwänze überaus leicht kenntliche Schlange, besitzt einen kleinen, vom Rumpfe gar nicht abgesetzten Kopf, der auf der Oberseite mit kleinen, unregelmässigen, auf Scheitel und Hinterhaupt sogar schup- penförmigen, Schildchen bekleidet ist und nur vorn, unmittelbar hinter dem grossen Ro- stralschilde , zwei symmetrische, ziemlich grosse vordere Frontalschilder (Internasalia D. et B.) zeigt; ab und zu folgen auf diese beiden Schilder noch zwei, gleichfalls symmetri- sche Frontalia posteriora (Frontonasalia D. et B.), meist jedoch finden sich an dieser Stelle schon drei oder mehr Schildchen von polygonaler Form, welche durchaus mit den übrigen, den Kopf bekleidenden Schildchen übereinstimmen. Das grosse, von rechts nach links stumpf zugerundete Rostraischild, in welchem die über den Unterkiefer weit vorragende Schnau- zenspitze wie in einem Etui steckt, ist viel breiter als hoch und zeigt zwei unter ziemlich scharfer Kante zusammenstossende Flächen, von denen die obere gewölbt ist und die Form eines sphärischen, mit der Spitze nach hinten gerichteten, gleichschenkligen Dreiecks dar- bietet, während die untere der Breite nach ziemlich tief ausgehöhlt und etwa bandförmig erscheint. Die Zahl der Oberlippenschilder, von denen die vorderen stets höher sind, als die hinteren, beträgt gewöhnlich 10 oder 12 jederseits, seltener 9 oder 11 und an einem Exemplar (№ 1408) der akademischen Sammlung habe ich sogar 13 solcher Schilder je- derseits gefunden; häufig kommt es auch vor, dass die genannten Schilder bei ein und dem- selben Stücke auf der einen Seite zahlreicher sind, als auf der andern, und zwar habe ich unter den 54 von mir untersuchten Exemplaren dieser Art 15 gefunden, bei welchen eine solche unsymmetrische Disposition der Supralabialia statthat. Aehnlichen Schwankun- gen, wie die Oberlippenschilder, sind auch die den Augenring zusammensetzenden Schild- chen unterworfen, indem die Zahl derselben zwischen 7 und 1 3 variirt und dabei sehr oft Die Schlangen des Russischen Reichs. 31 an den verschiedenen Seiten eines und desselben Individuums eine ungleiche ist. Die Rumpf- schuppen, die kurz, breit und deutlich sechseckig sind, nehmen nach den Flanken hin an Grösse, namentlich an Breite, zu und sind nach meinen Untersuchungen in 40 — 49 Längs- reihen augeordnet, nachDuméril und Bibron’s Angabe jedoch soll die Zahl dieser Längs- reihen in noch weiteren Grenzen, nämlich zwischen 37 und 51, schwanken. Diese Schuppen sind durchaus ungekielt und fast ganz plan, gegen den Schwanz hin werden diejenigen der mittleren Reihen aber zuweilen etwas convex und auf dem Schwänze erscheinen sämmtliche Schuppen dachförmig erhoben, welche Erhebung jedoch häufig so ausserordentlich schwach ist, dass sie sich nur mit Mühe constatiren lässt. Die in diagnostischer Beziehung so wich- tige Kehlfurche beginnt an der hinteren Ecke des kleinen dreieckigen Mentalschildes und kommt an Länge etwa der Breite der Kloakenspalte gleich; sie ist sehr schmal und wird jederseits von 3 — 4 länglichen Schildchen begrenzt, welche letzteren die übrigen Gular- scbilder, oder vielmehr Gularschuppen nur wenig an Grösse übertreffen. Die Bauchschilder, die sehr schmal sind und von denen die breitesten kaum dreimal so breit als lang er- scheinen, nehmen nur die Mittellinie des Bauches ein, beginnen weit hinter der Kehle und variiren an Zahl zwischen 1G5 und 198; das Analschild ist einfach, oder, wenn man die zu jeder Seite desselben liegenden, nur wenig kleineren Schilder mitzählen will, dreifach, und die Subcaudalia, die ungetheilt sind, gegen das Ende des Schwanzes aber durch Zer- fallen mitunter schuppenförmig werden, schwanken zwischen 15 und 34 in der Zahl. Schliess- lich möchte ich noch bemerken, dass der Sporn an jeder Seite der Kloakenspalte, das allen Peropoden zukommende Rudiment der hinteren Extremität, bei sänmitlichen mir vorlie- genden Exemplaren in einer ziemlich tiefen Grube versteckt ist und bei den grössten und dicksten Stücken an Länge etwa 1 Mm. gleichkommt. Färbung шні Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite ist gewöhnlich gelblichgrau, sel- tener rostgrau, und an einzelnen Stücken sogar strohgelb, jedoch könnte letztere Färbung wohl in Folge der Einwirkung des Weingeistes entstanden sein. Der Kopf ist, mit Aus- nahme einer stets vorhandenen, aber oft etwas undeutlichen, jederseitigen, schräge vom Hinterrande des Auges zum Mundwinkel ziehenden, schwärzlichen Temporalbinde einfarbig und nur auf dem Hinterhaupte finden sich zwei ziemlich breite, in der Mitte gewöhnlich zusammenstossendc schwärzliche oder dunkelbraune Binden, welche in einem mit der Con- vexität auswärts gerichteten Bogen auf den Nacken ziehen und deren hintere Enden meist auch mit einander verschmelzen; dadurch entsteht auf dem Nacken eine bald rundliche, bald ovale Makel von der Farbe des Grundes, in deren Centrum häufig noch ein dunkel- gefärbter Fleck von sehr verschiedener Grösse und Gestalt vorhanden ist. Die Oberseite des Rumpfes und Schwanzes ist mit dunkelbraunen oder schwärzlichen Makeln geziert, welche in 4 Längsreihen angeordnet sind und mit einander alterniren. Die Makeln der beiden centralen Reihen, die meist eine viereckige Gestalt besitzen, sind fast doppelt so gross, wie diejenigen der Flankenreihen, und verschmelzen gewöhnlich in der mannichfal- tigsten Weise mit einander, wodurch die verschiedenartigsten Zeichnungen entstehen. Ei- 32 A. Strauch, nige dieser Makeln nehmen eine schachbrettartige Anordnung an, indem die hintere innere Ecke der einen mit der vorderen inneren Ecke der nächstfolgenden aus der benachbarten Reihe in Berührung steht, andere verlieren allmählich die alternirende Stellung und ver- schmelzen zu schrägen oder winklig gebogenen Binden und noch andere endlich vereinigen sich zu vollkommen der Quere nach gestellten Streifen; da nun an ein und demselben Exemplar häufig alle drei beschriebenen Anordnungen der Makeln zugleich Vorkommen und ausserdem auch die Makeln der seitlichen Reihen durch Zerfallen und Verschmelzen die verschiedenartigsten Figuren bilden, so erscheinen solche Stücke auf der Oberseite mit einem durchaus unregelmässigen Netzwerk dunkelbrauner oder schwärzlicher Makeln und Binden versehen. Von diesen dunkeln Makeln, welche je nach den Exemplaren bald dun- kelbraun, bald schwärzlich gefärbt sind, ist noch zu bemerken, dass dieselben keineswegs in ihrer ganzen Ausdehnung denselben Farbenton besitzen, sondern, dass die Farbe häufig an den Seitenrändern jeder einzelnen Schuppe, welche in eine solche Makel zu liegen kommt, viel intensiver vortritt, wodurch alsdann innerhalb der Makel noch dunklere, den- Schup- penrändern, und hellere, der Schuppenmitte entsprechende, Streifen entstehen. Die Makeln der jederseitigen Flankenreihe sind bei den weniger gefleckten Stücken, bei welchen somit die Grundfarbe vorherrscht, recht scharf begrenzt und in eine ziemlich reguläre Längsreihe angeordnet, bei denjenigen Exemplaren jedoch, bei denen die Oberseite durch Ueberhand- nehmen und verschiedenartiges Verschmelzen der dunkeln Makeln sehr verworren gezeich- net ist, lösen sich, wie schon bemerkt, auch fast sämmtliche Flankenmakeln in wenig scharf begrenzte, verschwommene Flecken auf und es entsteht dadurch an den Flanken ein ähnlich verworrenes Dessein wie auf der Oberseite. Die Unterseite aller Theile stimmt in der Grundfarbe mit der Oberseite überein, ist aber stets bedeutend heller und erscheint dabei entweder einfarbig, oder aber schwärzlich gefleckt; die schwärzlichen Flecken concentriren sich gewöhnlich auf den Abdominal- und Subcaudalschildern und nehmen bei einzelnen Stücken so sehr Ueberhand, dass die genannten Schilder in ihrer ganzen Ausdehnung schwärzlich gefärbt erscheinen. Unter den Exemplaren der akademischen Sammlung liegt mir noch ein von Dr. Sewerzow bei Akmetschet am Syr-Darja gefangenes junges Stück vor, welches in so fern eine interessante Varietät bildet, als bei ihm die braunen Makeln der beiden centralen Reihen in der Weise angeordnet sind, dass sie zwei neben einander laufende, ziemlich regelmässige Zigzagbinden darstellen, die nach innen weiss gesäumt sind und eine gleichfalls im Zigzag verlaufende, nur selten unterbrochene Vertebralbinde von der Farbe des Grundes in sich schliessen. Maasse. Das grösste Exemplar unserer Sammlung (JV 1401) besitzt bei 7,5 Ctm. Cir- cumferenz eine Totallänge von 66 Ctm., von denen nur 5 Ctm. auf den Schwanz kommen, unter den von Hrn. Fedtschenko in Turkestan erbeuteten Exemplaren habe ich aber ein noch grösseres gefunden, das bei einer Circumferenz von 10 Ctm. eine Totallänge von 77 Ctm. besitzt und dessen Schwanz verhältnissmässig noch kürzer, nämlich nur 6 Ctm. lang, ist. Die Schlangen des Russischen Reichs. 33 Habitat. Eryx jaculus L., der als einziger1) in Russland und zugleich auch in Europa lebender Repräsentant aus der Familie der Riesenschlangen oder Peropoden ein besonderes Interesse darbietet, besitzt einen weit ausgedehnteren Verbreitungsbezirk als die vorige Art, denn wenn er auch in Europa gleichfalls nur auf die türkisch-griechische Halbinsel beschränkt ist und nach Westen nicht über das Adriatische Meer hinausgeht, so dringt er dafür ostwärts tief nach Vorder -Asien, bis in’s Altai -Gebirge, ein und bewohnt zugleich einen beträchtlichen Theil des nördlichen Afrika. In Europa scheint er besonders in Grie- chenland2) häufig zu sein, jedoch lässt sich wegen Mangels aller Daten über seine Ver- breitung in Rumelien und in Morea nichts Genaueres mittheilen und unter den zahlreichen griechischen Inseln sind zur Zeit auch erst fünf, nämlich Corfu3), Tenos4), Naxos4), Cimo- lus5) und Polinos6) bekannt, auf denen er mit Bestimmtheit nachgewiesen ist. Ob er in der europäischen Türkei 7) einheimisch ist, lässt sich gegenwärtig durchaus nicht feststellen, jedoch ist sein Vorkommen in den südlichen, an Griechenland grenzenden Theilen des Lan- des keineswegs unwahrscheinlich, dagegen halte ich die Richtigkeit der Angabe Bona- parte’s8), dass diese Art «in extrema Pannonia» angetroffen werde, für mehr als zweifel- haft, da weder Friwaldszky 9) sie unter den Schlangen Ungarns aufführt, noch auch Bielz10) sie in Siebenbürgen beobachtet hat. In Afrika ist diese Schlange besonders in Ae- gypten11) häufig und weit verbreitet, dringt aber auch nach Nubien12), Sennaar13), Darfur14), 1) Nach Prof. Eichwalcl kommt in Russland noch eine zweite Riesenschlangen- Art vor, nämlich der Python Neurorum, den er, wie schon bemerkt, auf eine bei der Häutung abgestreifte und angeblich in den Wäldern von Beljzy in Bessarabien gefundene Haut begründet und im Journal des Ministeriums der Volksaufklärung (Журналъ Министерства Народнаго Просвѣщенія) XXI (1839) Abth. VII, р. 31 — 37 beschrieben hat. Herr von Baer, dem diese Haut gleichfalls vorgelegt worden ist, hat sie, wie Prof. Eichwald in einer Anmerkung (1. c. p. 34) mittheilt, für die Haut eines Python bivittatus Sch leg. (= Python molurus L.) erklärt und dabei bemerkt, dass sie wohl schwerlich im Walde von Beljzy gefunden wor- den ist, sondern wahrscheinlich von einem in Bessara- bien gezeigten Menagerie-Exemplar stammt. Diese völ- lig ungezwungene und ohne Zweifel richtige Erklärung hat Prof. Eichwald nicht acceptiren zu können geglaubt, sondern seinen Python Neurorum mit den in den Schrif- ten der Alten, so wie in einigen polnischen naturhistori- schen Werken des vorigen Jahrhunderts, erwähnten rie- sigen Schlangen in Verbindung gebracht, obwohl diese riesigen Schlangen, wenigstens diejenigen, welche in den ehemaligen polnischen Provinzen beobachtet worden sein sollen, sich viel einfacher durch riesige Exemplare von Zamenis trabalis Pall., welche Art nach Prof. Kessler (Auerbach. Гора Богдо, p. 73) eine Länge von über 7', nach Erhard (Fauna der Cycladen, p. 76) sogar von mehr als 8' erreicht, erklären lassen. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, ѴІІше Série. 2) Bett a. Kettili ed Anfibi del regno della Grecia, p. 46. 3) Gray. Catal. of Snakes, p. 109. 4) Expedition scientif. de Morée. Zool. p. 73. 5) Denkschriften der k. Akademie d. Wissensch. zu München VII, p. 129. 6) Daudin. Histoire des Reptiles VII, p. 267. 7) Schinz. Europäische Fauna II, p. 38, und Cler- mont. Quadrupède and Reptiles of Europe, p. 212. — In diesen Werken habe ich die einzigen Notizen über das Vorkommen des Eryx jaculus L. in der Türkei gefunden, da dieselben jedoch ohne Nennung des Gewährsmannes für die Richtigkeit der Fundortsangabe gemacht sind, so haben sie selbstverständlich nur geringen Werth. 8) Bonaparte Amphibia europaea, p. 44. (Separat- abdruck aus den Mem. Accad. Torino, 2 ser. II (1840), p. 385 — 456). 9) Friwaldszky. Monographia Serpentum Hunga- riae. Pestini 1823. 10) Bielz. Fauna der Wirbelthiere Siebenbürgens. Hermanstadt 1856. 11) D. et B. Erpétol. génér. VI, p. 467. 12) Hartmann. Naturh. -mediz. Skizze der Nillän- der, p. 200. 13) Jan. Iconographie des Ophidiens Livr. IV, pl. II. Explication. 14) Schlegel. Essai sur la Physionomie desSerpens II, p. 17. 5 34 A, Strauch, ja selbst in’s östliche Sudan ’) vor und ist ausserdem noch in der Algérie1 2), namentlich in der Provinz Oran und in einer nicht näher bezeichneten Gegend der Sahara algérien ge- funden worden. In Asien endlich, wo Eryx jaculus L. gleichfalls weit verbreitet ist, kennt man ihn ans Arabien3), ans Galiläa4), aus Syrien3), so wie aus Klein -Asien, in welchem letzteren Lande er übrigens bisher nur in der Gegend von Xanthus5) beobachtet worden ist; ferner bewohnt er Persien3), woher auch unsere Sammlung mehrere vom Grafen E. Keyserling erbeutete Exemplare besitzt und wo der verstorbene Filippi6) in der Ge- gend von Teheran ein einer besonderen Varietät angehörendes Stück gefangen hat, und könnte möglicherweise selbst bis nach Afghanistan Vordringen , mindestens scheint mir die von Dr. Gray7) auf ein ausgestopftes, schlecht erhaltenes afghanisches Exemplar begrün- dete Gusoria riegans weiter Nichts, als ein Eryx jaculus L. mit glatten Schwanz- und hin- teren Rumpfschuppen zu sein. Im Russischen Reiche schliesslich ist Eryx jaculus L. be- kanntlich gleichfalls weit verbreitet, denn Pallas8 *) beschrieb ihn aus den kaspischen Step- pen, nach Eversmamri) ist er am Aralsee nicht selten, Prof. Eichwald beobachtete ihn sowohl auf der Insel Narghin10), südlich von Baku, als auch am südwestlichen Ufer des Kaspischen Meeres11), Hohenacker12) führt ihn unter den bei der Kolonie Helenendorf einheimischen Thieren auf, Lehmann13) fand ihn in der Wüste Karakum, Jan14) erwähnt 1) Hartmann. Naturh.-mediz. Skizze der Nilländer, p. 200. 2) Strauch. Essai d’une Erpétol. de l’Algérie, p. 52. 3) D et B. Erpétol. génér. VI, 467. 4) Proc. zool. Soc. of London 1S64, p. 489. 5) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 279. 6) Filippi. Viaggio in Persia, p. 355. 7) Gray. Catal. of Snakes, p. 107. — Dr. Gray, der die Gattung Eryx (Daud.) D. et B. verworfen und statt derselben drei Genera, Gongylophis Wagl., Eryx Gray und Glothonia Daud. adoptirt hat, schreibt den Arten dieser drei Gattungen eine keilförmige Schnauze (muzzle wedge-shaped) zu, im Gegensätze zu seiner Gattung Gu- soria, welche durch eine abgerundete Schnauze (muzzle rounded) ebarakterisirt wird. Dr. Günther dagegen, der das einzige vorhandene Exemplar der Gusoria elegans Gray in seinen Reptiles of British India, p. 333, unter dem Namen Cursoria elegans beschreibt, sagt ausdrück- lich: «Rostral shield large, broad, wedge-shaped with an anterior and lower surface», woraus sich ergiebt, dass die Schnauze der afghanischen Schlange genau eben so beschaffen ist, wie diejenige des Eryx jaculus L.; beide genannten Schlangen, die, so weit sich nach der von Dr. Günther gegebenen Beschreibung urtheilen lässt, auf- fallend mit einander übereinstimmen, würden sich also lediglich durch die Beschaffenheit der hinteren Rumpf- und der Schwanzschuppen unterscheiden, welche bei Gu- soria elegans Gray durchaus glatt, bei Eryx jaculus L. aber mehr oder weniger deutlich dachförmig erhoben sind. Abgesehen davon, dass die angegebene Differenz an und für sich schon sehr unbedeutend ist, und dass bei dem Exemplar der Cusoria elegans Gray, welches aus- gestopft und dabei schlecht erhalten ist, die im Leben vielleicht gleichfalls dachförmig erhoben gewesenen Schuppen durch das beim Ausstopfen unvermeidliche Recken der Haut abgeplattet worden sein können, hat die An- oder Abwesenheit der Kiele (resp. der dachför- migen Erhebung) bei den Eryx- Arten überhaupt nur we- nig diagnostischen Werth, da Prof. Peters neuerdings (Berliner Monatsberichte 1869, p. 436) auch von Eryx conicus Schneid., dessen Schuppen bekanntlich sehr stark gekielt zu sein pflegen, ein Exemplar mit unge- kielten Schuppen beschrieben hat. Ich glaube somit, dass meine Vermuthung über die Identität der Gtisoria elegans Gray mit dem Eryx jaculus L. keineswegs unbegrün- det ist. 8) Pallas. Zoographia rosso-asiatica III, p. 54. 9) Eversmann. Reise von Orenburg nach Buchara, p. 147. 10) Eichwald. Zoologia specialis III, p. 176. 11) Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 124. 12) Bulletin de Moscou X (1837) № VII, p. 145. 13) Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 47. 14) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 21. Die Schlangen des Russischen Reichs. 35 eines Exemplars aus der Gegend von Elisabethpol und Hr. Fedtschenko 1), der angiebt, dass diese Schlange in den Steppen des Sarafsclian-Thales nicht selten vorkommt, hat sie, wie die fünf mir vorliegenden Exemplare seiner Ausbeute lehren, in dem genannten Thaïe bei Airantscbi, bei Warsaminor, im Hohlwege Karassu und bei dem Steppenflüsschen Uluss, so wie auch in der Wüste Kisilkum, bei den Quellen von Korshun gefangen. Schon aus diesen Angaben erhellt, dass Eryx jaculus L. sowohl in Transkaukasien , als auch in den aralo-kaspischen Steppen einheimisch ist, jedoch zeigen die zahlreichen Exemplare unserer Sammlung, deren Fundorte ich sogleich näher erörtern werde, dass er noch viel weiter ostwärts, namentlich bis in’s Altai -Gebirge, vordringt. Ausser einigen persischen, aegyp- tischen, algierischen und griechischen Exemplaren besitzt das akademische Museum näm- lich noch mehrere transkaukasische aus den Umgebungen von Tiflis, von Elisabethpol und von Helenendorf, die man den Herren Schmidt, Fricke und Pastor Hohenacker ver- dankt: ferner liegt mir ein von Karelin wahrscheinlich in der Nähe seines Wohnortes Gurjew, an der Mündung des Uralflusses, gefangenes Stück vor, so wie drei andere, welche Dr. Sewcrzow auf dem Usturt (in einer leider nicht näher bezeichneten Gegend), bei den Salzmooren von Issendshal, unweit des unteren Laufes der Emba an deren linkem Ufer, und bei Akmctschet (Fort Perowsky) am Syr-Darja gesammelt hat; alsdann fand ich in der Lelnnann’schen Ausbeute mehrere Exemplare, von denen eines auf dem Wege von Bu- chara nach Samarkand gefangen ist, während die anderen wahrscheinlich aus der Wüste Karakum stammen, und eben so enthielt die gleichfalls reiche Ausbeute, welche Mag. Goc- bel auf seinen Reisen am Ostufer des Kaspischen Meeres zusammengebracht hat, mehrere Stücke sowohl aus der Gegend von Krasnowodsk, als auch von der zu Persien gerechneten Insel Tschelekän.’ Endlich besitzt die akademische Sammlung noch einige Exemplare der in Rede stehenden Art, Welche Dr. A. von Schrenck theils in den Ufergegenden des Alakul, theils im Alatau-Gebirge gesammelt hat, so wie ein von Dr. Gebier in der Umgegend von Barnaul gefangenes Stück. Ob die in Rede stehende Art noch weiter östlich in’s chinesi- sche Gebiet vordringt, ist zwar nicht bekannt, aber keineswegs unmöglich, dagegen muss ich ihr Vorkommen in Pondichéry2) und in Bengalen3) durchaus in Abrede stellen, da ich überzeugt bin, dass diese Fundortsangaben auf einer Verwechselung des ^Eryx jaculus L. mit den beiden in Vorder -Indien bekanntlich weit verbreiteten Eryx - Arten , dem Eryx Johnii Russ. und dem Eryx conicus Schneid., beruhen. Der Verbreitungsbezirk des Eryx jaculus L. besitzt somit, wie sich aus den im Vorstehenden angeführten Daten entnehmen lässt, eine sehr beträchtliche Ausdehnung, denn er beginnt am nördlichen Gestade des Mittelmeeres etwa mit dem 37., am südlichen etwa mit dem 1G.° östl. L. v. F. , erreicht ostwärts etwa den 102.° östl. L. v. F.; wird im Norden von einer Linie begrenzt, welche 1) Fedtschenko. Отчетъ Туркестанской ученой Экспедиціи Общества С'ь 16 Апрѣля 1869 по 15 Апрѣля 1870 г., р. 32 (Separatahdruck). 2) Lichtenstein. Nomencl. Reptil, et Amphibior. Mus. Веток, р. 22. 3) Schlegel. Essai- sur la Physionomie des Serpeus II. p. 18. 36 A. Strauch, %• « successiv dem 40. (Corfu), 42. (Tiflis), 48. (Gurjew) und 54.° n. Br. (Barnaul) folgt, und erstreckt sich südwärts, wo seine Grenzen grösstentheils völlig unbekannt sind, bis etwa zum 13.n n. Br. Familie 3. Ablabes modestus Martin, tab. I f. 1. A. supra griseus vel coeruleo-cinerascens, squamis singulis medio stria albida, in utroque latere puncto nigro, non semper distincto, notatis; pileo, fascia transversa nucliali, plus minusve distincta, nonnullisque in colli lateribus maculis irregularibus fuscescentibus vel nigricantibus ; scutellis supralabialibus, prae- et postocularibus flavidis, plerumque nigro maculatis ; subtus flavescens, concolor. Capite ovato, supra deplanato et a trunco parum distincto, corpore gracili, elongato, infra leviter deplanato, lateribus vix angulatis, cauda teretiuscula, acuminata; naribus utrinque in scutello simplici, valde elongato, positis, late- ralibus; scutellis supralabialibus utrinque 7, tertio et quarto oculi bulbum attingentibus ; scutello praeoculari utrinque duplici vel semidiviso, postocularibus duobus; squamis laevi- bus, bexagonis, in trunci parte anteriore semper in 17 séries longitudinales dispositis ; scutis abdominalibus 174 — 192, anali diviso, subcaudalibus utrinque 53 — 71. Synonymie. 1831. Coluber sp? Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 370. Жя 6. 1832. Coluber nigricollis Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россіи- ской Имперіи. Amphib., р. 26. Ж 62 J). 1837. Coluber reticulatus Krynicky. Bulletin de Moscou X (1837) A III, p. 601 2) nügen für sich allein, um über die Natur der beschrie- benen Schlangen in’s Klare zu kommen, und wenn es mir dennoch gelungen ist, die Arten, wie ich überzeugt bin, richtig zu deuten, so verdanke ich das, wie schon bemerkt, nur dem glücklichen Umstande, dass unser Mu- seum von Hohenacker die Originale zu den meisten seiner Beschreibungen erhalten hat, unter denen manche sogar noch mit denselben Nummern wie die betreffenden Beschreibungen versehen waren. Unter so bewandten Verhältnissen kann von einer Adoption der Dwigub- sky’schen Benennungen seihst dann nicht die Rede sein, wenn ihnen, wie es bei der in Rede stehenden Art der Fall ist, der Zeit nach die Priorität gebührt, zumal das D wigubsky’sche Werk, das im Auslande nie bekannt war, auch hier zu Lande vollkommen in Vergessenheit gerathen und, so weit mir bekannt, von keinem der spä- teren Autoren berücksichtigt worden ist. 2) Die von Krynicky irrthümlich für Coluber reticu- latus Ménétr. gehaltene und unter diesem Namen be- schriebene Schlange ist unzweifelhaft ein Ablabes mo- 1) Dwigubsky’s oben citirter «Versuch einer Natur- geschichte aller Thiere des Russischen Reichs» ist, we- nigstens was die herpetologische Abtheilung desselben anbetrifft, eine ziemlich dürftige Compilation, in wel- cher der Autor die von Pallas, Lichtenstein, An- drzejowsky u. a. veröffentlichten Beschreibungen von Reptilien und Amphibien in’s Russische übersetzt und einfach, ohne sich auf eine Kritik der Arten einzulassen, abgedruckt hat. Als Anhang zum opliiologischen Theile führt Dwigubsky auch 12 neue Schlangen- Arten auf, von denen er aber, wie er selbst bemerkt, keine in na- tura gesehen hat, sondern welche lediglich auf die von Hohenacker im Bulletin de Moscou 111(1831), p.367 — 378 gegebenen kurzen Beschreibungen von 18 Cobuber- Arten (№2—19) begründet sind. Dwigubsky’s Ver- dienst um diese neuen Arten besteht also nur darin, dass er ihre Zahl von 18 auf 12 reducirt, jede mit einem Na- men versehen und die französischen Beschreibungen in’s Russische übertragen hat; aber weder Dwigubsky’s, noch selbst auch Hohenacker’s Beschreibungen ge- Die Schlangen des Russischen Reichs. 37 1838. Coronella modesta Martin. Proc. zool, Soc. of London 1838, p. 82. 1839. Tyria argonauta Eichwald. Bulletin de Moscou XII (1839), p. 306. 1840. ? Psammophis moniliger Nordmann in: Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 342. pl. IV f. 1. 1841. Tyria argonauta Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 144. tab. XXVI. 1850. Coronella collaris Berthold in: Wagner. Reise nach Kolchis, p. 332. 1851. Tyria argonauta Eichwald. Nouv. Mémoires de Moscou IX, p. 442. 1866. Eirenis collaris Jan. Iconographie des Ophidiens. Livr. XV pl. IV f. 1. Die Gattung Ablabes D. et B. (in der von Dr. Günther adoptirten Umgrenzung) ge- hört in die Gruppe der Coronelliden und unterscheidet sich von der ihr sehr nahe ver- wandten Gattung Coronella Laur. durch eine kleine Differenz im Zahnbau, die lediglich darin besteht, dass bei den Ablabes- Arten sämmtliche Zähne eine ununterbrochene Reihe bilden und eine nahezu gleiche Länge besitzen, während bei den Coronella- Arten die Zahn- reihe zwar gleichfalls nirgends unterbrochen ist, der letzte jederseitige Oberkieferzahn aber die übrigen an Länge übertrifft und bei einzelnen Arten auch gefurcht erscheint. Von den ziemlich zahlreichen Arten der Gattung Ablabes (D. et B.) Günth. kommen im Russischen Reiche nur zwei vor, die sich von allen ihren Gattungsgenossen durch das jederseitige ein- fache, d. h. nicht getheilte, Nasalschild unterscheiden, mit einander aber bis auf die Zahl der Schuppenreihen, welche bei der einen 17, bei der anderen nur 15 beträgt, und einige andere, allerdings nicht sehr wesentliche Differenzen, so sehr übereinstimmen, dass sie sich mit der Zeit möglicherweise wohl als Varietäten einer und derselben Art erweisen könnten; für den Fall einer Vereinigung beider Arten, die ich bis auf Weiteres noch für selbststän- dig erklären zu müssen glaube, müsste natürlich die specifische Benennung modestus Martin aufgegeben und durch die ältere collaris Ménétr. x) ersetzt werden. Der Kopf des Ablabes modestus Martin ist dem Kopfe der Coronella austriaca Laur. überaus ähnlich, nur ist die Schnauze etwas kürzer und das Auge verhältnissmässig etwas grösser, und eben so stimmen auch die Schilder auf der horizontalen Kopffläche mit denen der genannten Art überein. Unter den seitlichen Kopfschildern, die von denen der glatten Natter gleichfalls nur wenig ab weich en, ist zunächst das einfache Nasale zu nennen, das auch der von Krynicky vorgeschlagene Namen, obwohl er älter als die von Martin gegebene Benennung ist, nicht adoptirt werden. 1) Es giebt in dieser Gattung noch eine zweite Art mit der specifischen Benennung collaris, nämlich den Ablabes collaris Gray, den Dr. Gray im Jahre 1853 un- ter dem Namen Psammophis collaris in den Ann. and Mag. Nat. Ilist. 2li ser. XII, p. 390 beschrieben hat, und dessen Benennung selbstverständlich abgeändert werden muss. dcslus Martin, nur war das Exemplar, nach welchem Krynicky die Beschreibung entworfen hat, in Folge des jahrelangen Liegens in Weingeist in der Färbung, wie er selbst bemerkt, sehr alterirt, und hatte die charakte- ristischen Kopf- und Nackenzeichnungen fast gänzlich eingebüsst; da somit in der fast ausschliesslich nur die Färbung und Zeichnung berücksichtigenden Beschrei- bung gerade der am meisten charakteristischen Köpf- end Nackenzeichnung nicht gedacht wird, die Diagnose also auf gut erhaltene Exemplare nicht passt, so kann 38 A. Strauch, viereckig und ziemlich lang ist und in der Mitte von dem ovalen Nasenloch durchbohrt wird. Auf dieses Schild folgt ein kleines gleichfalls viereckiges Frenale und dann die beiden Praeocularia, von denen das obere grösser und namentlich länger als das untere ist und mit dem vorderen Tlieile seines Unterrandes an den Oberrand des Frenale grenzt. Diese beiden Praeocularia sind in ihrem dem Auge zunächst gelegenen Theile meist mit einander verschmolzen, so dass die sie trennende, an der hinteren oberen Ecke des Frenale begin- nende und etwas schräge nach hinten und aufwärts ziehende Nath das Auge nicht erreicht, sondern etwa auf der Mitte des Raumes zwischen dem Bulbus und dem Vorderrande des Praeoculare inferius plötzlich endet. Diese Anordnung der Praeocularia scheint sehr ge- wöhnlich zu sein, ja, wenn ich nur das mir vorliegende Material berücksichtigen wollte, müsste ich sie für die normale erklären, denn unter den 8 von mir untersuchten Exemplaren dieser Schlange findet sich dieselbe bei 5 auf beiden Seiten, bei 2 auf einer Seite und nur bei einem einzigen Stück habe ich jederseits zwei vollkommen getrennte Praeocularia ge- sehen. Die Postocularschilder , deren gewöhnlich zwei vorhanden sind, verschmelzen, wie es scheint, gleichfalls nicht selten in ein einziges Schildchen, denn von den 8 mir vorlie- genden Stücken besitzen drei (№ 1543, 1544 und 2949) jederseits nur ein Postoculare und bei dem Originalexemplar der Tyria argonauta Eicliw. sind auf der rechten Seite zwei, auf der linken aber nur ein einziges Postoculare vorhanden; bei einem dem Helsingforser Museum gehörigen, von Kindermann im Kaukasus erbeuteten Exemplar hingegen habe ich eine Vermehrung der genannten Schilder beobachtet, indem dasselbe jederseits 3 Post- ocularia besitzt, von denen das unterste dem selbstständig gewordenen, gegen die Schläfe gerichteten Fortsatze des 4t0U Supralabialschildes entspricht. An Temporalschildern finden sich jederseits drei, von denen das vordere, welches für sich allein die erste Reihe bildet, recht gross und namentlich langgestreckt ist. Von den 7 jederseitigen Supralabialschildern, von denen die meisten höher als lang sind, grenzt das lte , sehr langgestreckte, nicht bloss an den ganzen Unterrand des langen Nasalschildes , sondern gewöhnlich auch noch an den vorderen Theil des Frenale, das 2tB an das Frenale und Praeoculare inferius, das 3t0 an das eben genannte Schild und an den Bulbus, das 4t0, dessen hintere obere Ecke in einen etwa halbmondförmigen Fortsatz ausgezogen ist, au das Auge und an das untere Posto- culare, das 5te an das Temporale erster Reihe und meist auch an einen kleinen Theil des unteren Postoculare, das 6te an das Temporale erster und das untere Temporale zweiter Reihe und das 7te endlich an das zuletzt genannte Schild. Ueber die Schilder an der Un- terseite des Kopfes, welche die gewöhnliche Anordnung zeigen, ist weiter nichts zu be- merken, als dass von den 7 jederseitigen Infralabialen die 5 ersten mit den Inframaxillaren in Berührung stehen, und dass nur bei einem Exemplar (V 1543), bei welchem das zweite Paar der Inframaxillaren verkümmert und durch unsymmetrische kleine Schildchen ersetzt ist, auch bloss die 4 ersten jederseitigen Infralabialia an die vorderen Inframaxillarschilder grenzen. Die Schuppen dieser Art, die ziemlich kurz, flach, regulär sechseckig und durch- aus glatt, d. h. ungckielt sind, bilden constant 17 Längsreihen und von den Bauch- und Die Schlangen des Russischen Reichs. 39 Schwanzschildern variiren an den mir vorliegenden Exemplaren die ersteren zwischen 174 und 190, die letzteren zwischen 59 und 71. Färbung und Zeichnung. Die Oberseite des Rumpfes und Schwanzes ist aschgrau oder bläulichgrau und erscheint, da jede einzelne Schuppe in der Mitte einen hellen gelblich- grauen Streifen, an den Seitenrändern aber einen oder auch zwei kleine schwarze Punkte besitzt, der Länge nach hell und dunkel gestreift, welche Streifung an den Flanken, wo die schwarzen Punkte an den Rändern der einzelnen Schuppen bedeutend grösser sind, beson- ders deutlich vortritt1). Auf dem Nacken findet sich eine ziemlich breite, am Hinterrande schmal gelb gesäumte Querbinde von dunkelbrauner oder schwärzlicher Farbe, welche nach vorn an zwei hellgelbe, in der Mitte des Nackens selten vereinigte, schräge gestellte kolbige Makeln stösst, und hinter welcher auf jeder Seite des Rumpfes einige kleine, ganz unregelmässige schwarze Fleckchen stehen. Die horizontale Oberfläche des Kopfes ist bis auf die hellere Schnauzenspitze dunkelbräunlich gefärbt, diese Färbung aber durch eine von dem einen oberen Postocularschilde zum anderen quer über den Scheitel laufende, je- doch keineswegs immer scharf begrenzte, gelbliche Binde unterbrochen. Die Seiten des Kopfes sind hellgelb und zeigen schwärzliche Makeln, welche fast ausschliesslich auf die Suturen der daselbst befindlichen Schildchen beschränkt und sowohl an Zahl, als auch an Ausdehnung sehr variabel sind. Die eben besprochenen Kopfzeichnungen und die Nacken- binde erscheinen nun je nach den verschiedenen Exemplaren bald scharf begrenzt und sehr deutlich ausgeprägt, bald mehr verschwommen und verwischt, sind aber am lebenden Thiere sehr grell gefärbt, denn Hohenacker, der diese Art nach lebenden Exemplaren kurz be- schrieben hat, bemerkt: «tête et nuque noires, les deux entourées d’un arc rouge -vermillon» und «entre les yeux des taches confluentes de la même couleur, le nez brun rougeâtre.» Die Unterseite aller Theile endlich ist gelblich oder gelblichweiss und durchaus einfarbig. Sämmtliche von mir untersuchten Exemplare zeigen die oben beschriebene Färbung und Zeichnung und stimmen mit einander bis auf die wenigen verzeichneten Differenzen vollkommen überein: nach Jan jedoch variirt diese Art in Färbung und Zeichnung sehr bedeutend und er unterscheidet darnach ausser dem Typus, den er nach dem Vorgänge von Bcrthold fälschlich mit der specifischcn Benennung collaris Ménétr. belegt, noch drei Varietäten, eine decemlineata , eine qmdrilineata und eine inormta, die sämmtlich auf der Tafel IV der Livr. XV seiner Iconographie abgebildet sind. Eben die Variabilität, welcher diese Art in der Färbung und Zeichnung unterworfen ist, hat mich auch veranlasst, die von Nord mann als Psammophis moniliger beschriebene und abgebildete Schlange fraglich 1) Diese Färbung erinnert einigermaassen an die Färbung von Zamenis trabedis Pall., jedoch sind beide Schlangen, die in der Zahl der Schuppenreihen mit ein- ander übereinstimmen, im Habitus und im Zahnbau aber sehr differiren, schon an der Zahl der Supralabialschil- der sehr leicht zu unterscheiden, welche Schilder bei der genannten Zamenis- Art constant in der Zahl 8 vorhan- den sind und von denen auch nicht das 3te und 4te, son- dern das 4te und 5te an den Bulbus grenzen ; ausserdem besitzt Zamenis trabalis Pall, auch eine viel beträcht- lichere Zahl von Abdominal- und Subcaudalschildern. 40 A. Strauch, zu dieser Art zu stellen. Die Nordmann’sche Abbildung, die sicherlich nicht nach einem Exemplar von Psammophis moniliger Daud. ( Psammophis silüans L.) angefertigt ist, genügt leider nicht, um über die wahre Natur des dargestellten Tliieres in’s Klare zu kommen und da die Beschreibung gleichfalls höchst unvollständig ist, so wird sich die systematische Stellung dieser Schlange wohl nur nach Untersuchung des Originalexemplars, dessen Ver- bleiben mir leider nicht bekannt ist, mit Sicherheit bestimmen lassen. So weit sich nach der Abbildung urtheilen lässt, gehört die Schlange zu den Coronelliden und da sie sowohl in der Zahl der Supralabialia, der Prae- und Postocularia, als auch in der Beschaffenheit des Nasalschildes, das ungetheilt ist, mit Ablabes modestus Mart, übereinstimmt, so habe ich sie fraglich zu dieser Art gestellt, muss aber gestehen, dass sie der Färbung und Zeich- nung nach wohl besser zu Coronella austriaca Laur. passt, mit welcher letzteren ich sie des ungetheilten Nasalschildes wegen nicht vereinigen zu dürfen geglaubt habe. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar, das Originalstück der Tyria argonauta Eichw., besitzt eine Totallänge von 59 Ctm., von denen 13 Ctm. auf den Schwanz entfallen. Habitat. Ablabes modestus Martin , der in einem grossen Theile der asiatischen Türkei, in Persien und in den Kaukasischen Ländern einheimisch ist, bewohnt zunächst Klein-x\sien und scheint daselbst ziemlich weit verbreitet zu sein, denn man kennt ihn sowohl aus der Gegend von Smyrna1), von Brussa2) und von Xanthus2), als auch von der Insel Cypern3). Alsdann hat Tristram4) ihn in neuerer Zeit auf dem Libanon, auf dem Hermon5), so wie in Galilaea beobachtet, und das British Museum6) besitzt Exemplare desselben von den Ufern des Euphrat, wo namentlich das von Martin7) beschriebene Originalstück entdeckt worden ist, und aus den Ruinen vonNiniveh. In Persien ferner soll die Art nach Filippi8) besonders in den südlichen Gegenden zu Hause sein, fehlt jedoch auch im Norden des Landes nicht, denn Соре9) erwähnt eines am Urmiah-See in der Provinz Adserbeidshan gefan- genen Stücks. Von Persien dringt sie in das benachbarte Transkaukasien vor und muss daselbst gleichfalls weit verbreitet sein, denn Hohenacker10) hat sie in den südlichen Pro- vinzen beobachtet, die genaueren Fundorte aber leider nicht angegeben, nach Prof. Eicli- wald11) findet sie sich gleichfalls im Süden des Landes, und zwar stammt das von ihm als Tyria argonauta beschriebene Exemplar, wie die Originaletiquette lehrt, aus der Gegend von Lenkoran, Dr. M. Wagner12) fing sie in Grusien und an den Abhängen des Kaukasus, Filippi13) bei Tiflis und Eriwan, Jan 14) hat Exemplare aus dem Talysch-Gebirge, so wie aus 1) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 49. 2) Günther. Catal. of Colubrine Snalces, p. 27. 3) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XIII (1863) Abh., p. 1123. 4) Proc. zool. Soc. of London 1864, p. 489. 5) Am angeführten Orte ist einfach Mount Hermon gesagt, so dass es sich nicht entscheiden lässt, oh das grosse Hermon-Gebirge im Antilibanon, oder das kleine, südwestlich vom See Genezaretli gelegene, gemeint ist. 6) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 27. 7) Proc. zool. Soc. of London 1838, p. 82. 8) Filippi. Viaggio in Persia, p. 355. 9) Proc. Acad. Philadelph. XIV (1862), p. 389 10) Bulletin de Moscou III (1831), p. 370. 11) Ibidem XII (1839), p. 306. 12) Wagner. Reise nach Kolchis, p. 332. 13) Filippi. Viaggio in Persia, p. 355. 14) Jan! Elenco sistematico degli Ofidi, p. 49. Die Schlangen des Russischen Reichs. 41 der Umgegend von Tiflis zu untersuchen Gelegenheit gehabt und unsere Sammlung besitzt ausser den von Hohenacker acquirirten Stücken auch ein Exemplar aus Georgien, leider ohne nähere Angabe des Fundortes. Ferner unterliegt es keinem Zweifel, dass diese Art auch am Nordabhangc des Kaukasus vorkommt, denn die von Krynicky1) als Coluber re- ticulatus beschriebene Schlange, die sicherlich mit Ablabes modestus Martin identisch ist, stammt von dem Berge Maschuka bei Pjatigorsk, ob sie aber noch weiter nach Norden vordringt, dürfte zur Zeit schwer zu entscheiden sein, da es, wie bereits bemerkt, noch sehr zweifelhaft ist, dass Nordmann ’s am Don gefangener vermeintlicher Psammophis mo- niliger2) zu Ablabcs modestus Martin gehört, und da mir ausserdem der Fundort dieses Exemplars, welches Nordmann nicht selbst gefangen, sondern zugeschickt erhalten hat, noch der weiteren Bestätigung zu bedürfen scheint. Eben so bezweifle ich auch das Vor- kommen des Ablabes modestus Martin in der Gegend von Odessa, woher Jan3) Exemplare erhalten haben will, und vermuthe, dass diese Stücke, von denen leider nicht gesagt ist, in welcher Sammlung sie sich befinden, zwar aus Odessa eingeschickt, aber wohl schwerlich in der Umgegend dieser Stadt gefangen worden sind. Schliesslich muss ich-noch bemerken, dass Prof. Eichwald’s Angabe4), diese Art sei auch in der Krym und überhaupt im südlichen Russland zu Hause, auf einer Verwechselung derselben mit dem in den genannten Gegenden allerdings weit verbreiteten Zamenis trabalis Pall, beruht; Prof. Eichwald glaubte nämlich in der von Nordmann in Dcmidoff’s Voyage dans la Russie méridionale auf tab. VI in fig. 2 gegebenen Abbildung, welche das Junge von Elaphis sauromates Pall, vorstellen soll, aber, wie ich mich nach Untersuchung des Originalexemplars zu derselben überzeugt habe, einen Coluber Aesculapii Host darstellt, seine Tyria argonauta zit erkennen und erklärte sowohl seine eben genannte Art, als auch die von Nord mann abgebildete Schlange für Jugendzustände von Zamenis trabalis P all. , so dass sich also die Fundorts- angaben Krym und Süd-Russland auf die zuletzt genannte Art, nicht aber auf den irriger Weise dazugezogenen Ablabes modestus Martin (= Tyria argonauta Eichw.) beziehn. Der Verbreitungsbezirk des Ablabes modestus Mart, erstreckt sich somit von der Westküste Klein-Asiens bis an die Westküste des Kaspischen Meeres, wird im Norden theils vom Schwarzen Meere, theils vom Nordabhange des Kaukasus begrenzt und überschreitet nach Süden, wo seine Grenzen erst festzustellen sind, den 33° n. Br. nur um ein Geringes. A. supra cinereus vel griseo -albicans, squamis singulis medio stria albida, in utroque latere punctis nigris notatis; fascia transversa lata nuchali atra, pileo in junioribus nigro vel nigro maculato; suturis sCutellorum supralabialium et temporalium plerumque nigris; 4. Ablabes collaris Ménétriès. lab. I f. 2 1) Bulletin de Moscou X (1837) № III, p. 60 2) Demidoff. Voyage dans la Russie merid. III, p. 342, 3) Archivio per la Zoologia II, p. 257. 4) Nouv. Mémoires de Moscou IX, p. 442. pl. IV 1. 1. Mémoires de i’Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. 6 42 A. Stkaücïï, subtus flavidus seu albicans, eoucolor, Capitc ovato, supra deplanato et a trunco parum distincte, corpore gracili, elongato, infra subdeplanato , lateribus vix angulatis, cauda tere- tiuscula, acuminata; naribus utrinque in scutello simplici posit.is, lateralibus; scutellis su- pralabialibus utrinque 7, tertio et quarto oculi bulburn attingentibus; scutello praeoculari simplici, postocularibus duobus; squamis laevibus, hexagonis, in trunci parte anteriore semper in 15 sériés longitudinales dispositis ; sentis abdominalibus 152—173, anali diviso, subcaudalibus utrinque 42 — 58. Synonymie. 1832. Coluber collaris Ménétriès. Catalogue raisonné, p. 67. ,№ 228. Diese Art stimmt, wie schon bemerkt, mit Ablabes modestus Mart, fast vollkommen überein und unterscheidet sich von demselben hauptsächlich durch die Zahl der Schuppen- reihen, die nicht 17, sondern constant nur 15 beträgt. Ferner besitzt sie eine geringere Zahl von Abdominalschildern, denn während bei der vorigen Art die Zahl dieser Schilder zwischen 174 und 102 schwankt, beträgt sie bei dieser Art höchstens 17.3; alsdann scheint bei Ablabes collaris Ménétr. das Praeoeularschild im normalen Zustande einfach zu sein, denn unter den 10 mir vorliegenden Exemplaren desselben besitzen 8 beiderseits ein ein- faches Praeoculare, bei einem (№ 1547) findet sich am Vorderrande des genannten Schildes an der Stelle, wo es an die obere hintere Ecke des Frenale grenzt, die Andeutung einer kleinen horizontal verlaufenden Furche, also der Beginn einer Theilung, wie ich sie bei den meisten Exemplaren der vorigen Art beschrieben habe, und bei einem anderen Stücke (J\Ts 1548) ist das Praeoculare auf der linken Seite einfach, auf der rechten dagegen durch eine horizontale Furche in zwei über einander gelegene Schildchen getheilt. Endlich ist, wie ich gleich zeigen werde, auch die Zeichnung, namentlich des Kopfes, bei beiden Arten verschieden. Färbung und Zeichnung. Die Oberseite aller Theile ist sehr hell aschgrau, bei den jün- geren Exemplaren sogar weisslichgrau , und erscheint gleichfalls der Länge nach gestreift, da auch hier jede einzelne Schuppe in der Mitte einen weisslichen Strich und an den Seiten eine Menge feiner, besonders bei den grösseren Exemplaren deutlich vortretender, schwar- zer Punkte besitzt. Der Kopf ist bei dem grössten mir vorliegenden Exemplare (№ 1545) auf der horizontalen Fläche bräunlichgelb und besitzt nur auf den Occipitalscbildern leise Andeutungen dunklerer Flecke, bei allen übrigen Stücken zeigt die horizontale Kopffläche sehr deutliche tiefschwarze Makeln, die entweder nur auf die beiden Occipitalschilder be- schränkt sind, wie bei № 1547, oder aber, wie bei den jüngeren Stücken, sich über die ganze Fläche, die äusserste Spitze der Schnauze ausgenommen, ausdehnen. Die Schilder an den Seiten des Kopfes zeigen grösstentheils schwärzliche Suturen, und zwar hält diese dunkle Besäumung der Schilder gleichen Schritt mit der Färbung der Oberseite, d. h. je grösser und ausgedehnter die schwarzen Makeln auf der horizontalen Kopffläche, desto deutlicher die schwarzen Suturen, so dass z. B. bei dem grössten mir vorliegenden Stücke, Die Schlangen des Russischen Reichs. 43 dessen Kopf auf der horizontalen Fläche bräunlichgelb erscheint und nur leise Andeu- tungen der Makeln besitzt, auch die Suturen der seitlichen Kopfschilder nur hin und wie- der einen schwachen dunkelen Anflug zeigen. Während so die Kopfzeichnungen je nach der Grösse der Exemplare variiren und mit dem Alter zu verschwinden scheinen, bleibt das breite Querband im Nacken, das sich auch auf die Unterseite des Thieres erstreckt und dessen leicht zugeschärfte Enden einander nicht berühren, sondern durch etwa 6 Längs- reihen von Kehlschuppen getrennt sind, constant, und zeigt immer dieselbe tiefschwarze Farbe. Die Unterseite aller Theile ist gelblich oder weisslich und dabei durchaus einfarbig. Hausse. Das grösste Exemplar unserer Sammlung (J\l° 1545) besitzt eine Totallänge von 36,5 Ctm., von denen 7,7 Ctm. auf den Schwanz gerechnet werden müssen. Habitat. Diese Art ist vom verstorbenen Mé né triés in der Nähe des Berges Bcsch- barmak in Daghestan entdeckt und ganz neuerdings von den Hrn. Kaschkin und Mloko- siewicz auch bei der Ortschaft Lagodechi im Gouv. Tiflis, so wie von Hrn. Becker in der Gegend von Baku gefunden worden ; ausserdem besitzt das akademische Museum noch mehrere Exemplare derselben aus dem Kaukasus, jedoch sind die speciellen Fundorte dieser Stücke, die theils von Dr. Kolenati acquirirt, theils vom Kaiserlichen botanischen Garten geschenkt worden sind, leider durchaus unbekannt, wesshalb sich auch über die Verbrei- tung des Ablabes collaris Ménétr. zur Zeit noch nichts Genaueres mittheilen lässt. 5. Coronella austriaca Laure nti. C. supra cinereo-olivacea vel cinereo-rufescens, capite macula magna occipitali, collum versus bifurcata, fusca, plerumque nigro-marginata, nec non utrinque fascia longitudinal! nigra, pone nares incipiente, ab oculo interrupta et in colli latere evanescente, ornato; dorso passim nigro-maculato, maculis parvis, bi-vel quadriseriatis, plerumque altérais, sed etiam in fascias transversas, semper interruptas, confluentibus; subtus flavescens, scutis sin- gulis abdominalibus subcaudalibusque medio nigro-maculatis vel nigrescentibus. Corpore elongato, infra dcplanato, lateribus leviter angulatis, capite parvo, acuminato, depresso et a trunco parum distincte, cauda mediocri, sensim attenuata, subtus plana; naribus utrinque inter scutella bina positis, lateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 7, tertio et quarto oculi bulbum attingentibus ; scutello praeoculari utrinque simplici, postocularibus duobus; squamis laevibus, ellipticis, nitidissimis, in trunci parte anteriore semper in 19 séries longi- tudinales dispositis; scutis abdominalibus 159 — 191, anali diviso, subcaudalibus utrinque 42 — 59. Varietas: supra bruneo- cinerea, subtus viridi- flava, concolor; capite utrinque fascia obliqua tcmporali nigra ornato, dorso caudaque immaculatis. Synonymie. 17G8. Coronella austriaca Laurenti. Synopsis Reptilium, p. 84. tab. V f. 1 . 1772. Coluber sp .? Lepechin, Дневныя записки II, p. 308, tab, VIII f. 2, * 44 A. Strauch, 1775. Coluber sp.? Lepechin. Tagebuch der Reise durch versch. Prov. d. Russ. Reichs. Uebers. v. Hase II, p. 190. tab. VIII f. 2. 1800. Coluber cupreus Georgi. Geogr.-phys.-naturh. Beschr. d. Russ. Reichs III, vol. VI, p. 1884. № 20. 1800. Coluber alpinus Georgi. Ibidem III, vol. VI, p. 1884. № 22. 1800. ? Coluber ponticus Georgi. Ibidem III, vol. VI, p. 1884. J№ 23’). 1811. Coluber cupreus Pallas. Zoographia Rosso-Asiatica III, p. 45. JVü 42. 1811. Coluber caucasius Pallas. Ibidem III, p. 4G. № 43. 1811. ? Coluber maeota Pallas. Ibidem III, p. 47. JVê 45 1). 1831. Coronella laevis Eichwald. Zoologia specialis III, p. 175. 1832. Coluber laevis Andrzejowsky. Nouv. Mémoires de Moscou II, p. 332. 1832. Coluber laevis Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Имперіи. Amphib., р. 19. Ѵн 36. 1832. Coluber paedera Dwigubsky. Ibidem, p. 21. .V 43. 1832. Coluber cupreus Dwigubsky. Ibidem, p. 23. J\s 53. 1832. Coluber caucasius Dwigubsky. Ibidem, p. 24. № 54. 1832. ? Coluber maeota Dwigubsky. Ibidem, p. 24. № 56. 1832. Coluber caucasicus Ménétriès. Catalogue raisonné, p. 69. V 231. 1832. Coluber nebulosus Ménétriès. Ibidem, p. 73. V 239. 1837. Coluber laevis Krynicky. Bulletin de Moscou X (1837) J\fs III, p. 58. 1840. Coronella laevis Nordmann in: Demidoff. Voyage dans la Russie mcrid. TU, p. 350. pl. XII f. 2 et pl. XIII. 1841. Zacholus laevis Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 149. 1845. Tropidonotus austriacus Gimmerthal. Correspondenzblatt d. naturf. Ver. zu Riga I, p. 116. 1845. Tropidonotus thuringicus Merkel. Ibidem I, p. 117. 1850. Coronella laevis Berthold in: Wagner. Reise nach Kolchis, p. 332. 1852. Coronella laevis Czernay. Фауна Харьковской Губерніи I, p. 11. 1 ) Coluber maeota P a 1 1., der ursprünglich in G ü 1 d e n- staedt’s handschriftlichem Nachlass unter dem Namen Coluber ponticus beschrieben ist und den Pallas selbst niemals gesehen hat, lässt sich zur Zeit nicht mit Sicher- heit deuten, scheint aber noch am besten auf Coronella austriaca Laur. zu passen und ich würde ihn auch mit Bestimmtheit für die genannte Art erklären , wenn nicht die Angabe: «squamae dorsales.... ordinum longitudi- nalium usque ad 22 » dem widerspräche. Eine Deutung dieser räthselhaften Schlange als Elaphis dione Pall., wie Rathke (Mém. Savans étrang. Acad. St.-Pétersbourg III, p. 433) vorgeschlagen hat, ist, abgesehen von dem Mangel der hellen Längsstreifen auf dem Rücken, schon desshalb nicht zulässig, weil Elaphis dione Pall., so weit gegenwärtig bekannt, am Asowschen Meere gar nicht vorkommt, und ein Coluber Aesculapii Höst, von dem ähnlich gefärbte Varietäten Vorkommen, kann darunter gleichfalls nicht verstanden sein, weil die Zahl der Ab- dominalschilder mit 184 notirt ist, während dieselbe bei der Aesculapschlange nie weniger als 212 beträgt. Kurz eine sichere Deutung des Coluber maeota Pall, ist bei der äusserst kurzen Beschreibung nicht möglich , und da das Originalexemplar schon zu Pallas’ Zeiten nicht mehr existirt hat, so wird sich die Frage über die wahre Natur dieser Schlange wohl schwerlich jemals mit Be- stimmtheit beantworten lassen, Die Schlangen des Russischen Reichs. 45 1853. Coronella laevis Kessler. Естеств. Исторія Кіевск. Учебы. Округа. Amphibia, р. 31. 1854. Coronella laevis D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 610. 1865. Coronella laevis Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XIV, pl. VI f. 4. 1873. Coronella laevis Schweder. Correspondenzblatt d. naturf. Ver. zu Riga XX, p. 137. Die 4 bisher im circummediterranen Faunengebiete beobachteten Arten der Gattung Coronella Laur. sind einander zwar so überaus ähnlich, dass Schlegel1) drei derselben bekanntlich für Varietäten einer und derselben Art erklärt hat, lassen sich aber nichts desto weniger in 2 scharf geschiedene Gruppen theilen, und zwar nach An- oder Abwesen- heit einer Furche an dem jcderseitigen letzten und längsten Oberkieferzahn : die erste Gruppe enthält die beiden Arten mit ungefurchtem letzten Oberkieferzahu , die unter den Namen Coronella austriaca Laur. und Coronella girondica Da.ud.2) beschrieben sind, die zweite Gruppe die beiden Arten, deren Gebiss opistoglyph ist, und die daher von Duméril und В ihr on :!) in ihre Gattung Lycogmthus , von Jan4) in die Gattung Psammophylax Fitz, gestellt worden sind, nämlich die Coronella cucullata D. et B. und die ganz neuerdings von Dr. Günther5) beschriebene Coronella brevis. Mit diesem dem Gebiss entnommenen Gruppenmerkmal geht nun noch ein zweites, mehr in die Augen fallendes Hand in Hand, welches darin besteht, dass bei den beiden aglyphodonten Arten jederseits zwei über ein- ander liegende und an die beiden Postocularscbilder grenzende Tcmporalia erster Reihe vorhanden sind, während bei den beiden opistoglyphen Arten sich jederseits nur ein Tem- porale erster Reihe findet, welches ausserdem fast immer durch das stark erhöhte, unmit- telbar an das Occipitale seiner Seite grenzende jederseitige 6te Supralabialschild von der Berührung mit den beiden Postocularen ausgeschlossen ist. Von einander unterscheiden sich die beiden Arten jeder Gruppe hauptsächlich durch die Zahl der Supralabialschilder und der Schuppenreihen, und zwar in folgender Weise: Von Temporalschildern erster Reihe I) finden sich jederseits zwei, welche an die Postocularia stossen. Gebiss aglyphodont. Oberlippenschilder sind jederseits in der Zahl a) 7 vorhanden. 19 Schuppenreihen C. austriaca Laur. b) 8 vorhanden. 21 Schuppenreihen C. girondica Daud, 11) findet sich jederseits ein einziges, welches gewöhnlich durch das 6t0 Supralabiale von den Postocularen getrennt ist. Gebiss opisto- glypb. Jederseits 8 Supralabialia. Die Schuppen bilden a) 19 Längsreihen C. cucullata 1). et ß, ß) 23 Längsreihen C. brevis Günth. 1) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 08 — 69. 2) Daudin. Histoire des Beptiles VI, p. 432. 3) D. et B Erpétol. génér. VII, p. 926. 4) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 55. 5) Wiegmann. Archiv fur Naturgesch, 1862 I, p. 48, 46 A. Strauch, Coronella austriaca Lau r., die sogenannte glatte Natter, eine der am weitesten ver- breiteten und allgemein bekannten Schlangen Europas besitzt, wie ich mich an den 36 von mir untersuchten Exemplaren überzeugt habe, constant 19 Schuppenreihen, und ich muss daher die von mir früher1) für richtig adoptirte Angabe Dr. Günther’s2), dass die Zahl der Schuppenreihen bei dieser Art 21 beträgt, für durchaus irrig und vielleicht in Folge eines von Dr. Günther’s Seite begangenen Schreib- oder auch eines Druckfehlers ent- standen erklären. Eben so constant, wie die Zahl der Schuppenreihen, ist auch diejenige der Supralabialschilder und ich habe unter den vielen mir zu Gebote stehenden Exemplaren nur zwei gefunden, welche in der Anordnung dieser Schilder Anomalien zeigen, indem bei jedem derselben auf der einen Seite 8, auf der entgegengesetzten aber die normale Zahl, nämlich 7, solcher Schilder vorhanden sind: bei dem einen dieser beiden Stücke (№ 1512) ist auf der linken Seite zwischen das 2(ѳ und 3te Supralabiale ein supplementäres, an Grösse den beiden Nachbarschildern aber kaum nachstehendes Schild eingeschoben, und bei dem anderen (№151 5) erscheint auf der rechten Seite das dritte Supralabiale durch eine senk- rechte Furche in zwei Schilder getheilt, von denen das hintere bedeutend kürzer ist als das vordere. Dieses letztere Stück zeigt noch eine andere Anomalie, indem bei demselben gleichfalls auf der rechten Seite das Nasenloch nicht, wie gewöhnlich, auf der Natli zwi- schen den beiden Nasalschildern , sondern vor derselben , also genau genommen nur in einem einzigen Schilde, liegt. Die Zahl der Bauchschilder variirt an den von mir unter- suchten Exemplaren zwischen 163 und 191, und ich habe das in der Diagnose angegebene Minimum dieser Schilder, 159, einer Angabe Bonaparte’s entlehnt; die Subcaudalschil- der endlich, deren Zahl zwischen 42 und 59 schwankt, verschmelzen in seltenen Fällen in der Weise mit einander, dass zwischen den normalen, d. h. getheilten, Schildern plötzlich einige einfache Vorkommen, wie solches an einem aus dem Gouv. Tschernigow stammenden Stück unserer Sammlung (№ 3298) der Fall ist, bei welchem das llte — 15te Subcaudale einfach sind. Färbung und Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite ist gelblichgrau mit einem bald bräunlichen, bald olivgrünlichen , bald röthlichen Anfluge, ja ich habe in der Sammlung des Herrn Ballion, Professors an der hiesigen Forstakademie, sogar ein bei Noworossiisk gefangenes Exemplar gesehen , welches bei durchaus normaler Zeichnung sowohl oben , als auch unten vollkommen ziegelroth gefärbt war. Auf dem Kopfe findet sich jederseits eine schmale schwarze Binde , die am Hinterrande des Nasenlochs oder auf dem hinteren Nasal- schilde beginnt und in horizontaler Dichtung gegen das Auge läuft, um hinter demselben entweder schräge gegen den Mundwinkel zu ziehen, oder aber sich in fast horizontaler Dichtung auf die Seiten des Halses fortzusetzen und daselbst mit der vordersten Makel der seitlichen Deilie zu verschmelzen. Den Hinterkopf ziert eine bald grössere, bald kleinere 1) Strauch. Essai d’une Erpétol. de l’Algérie, p. 54 2) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 35. Die Schlangen des Russischen Reichs. 47 Makel, welche gewöhnlich die Occipitalschilder entnimmt, zuweilen aber auch hinter den selben liegt und stets zwei nach hinten gerichtete, einander entweder parallele, oder aber leicht divergirende Fortsätze von verschiedener Länge auf den Nacken entsendet, welche letzteren in einzelnen Fällen auch von der Hauptmakel getrennt sind und als zwei geson- derte, ziemlich grosse Flecken von sehr variabler Form auftreten. Diese Occipitalmakel, die bei den Jungen sehr gross ist, sich bis auf die Supraorbitalschilder erstreckt und in ihrem vorderen Tlieile nicht scharf begrenzt, sondern gewöhnlich mehr oder weniger verschwom- men erscheint, ist heller oder dunkler braun gefärbt und immer ganz deutlich schwarz ge- säumt. Bei denjenigen Exemplaren, bei welchen die eben besprochene Makel hinter den Occipitalschildern liegt und sich folglich sogleich in die beiden Fortsätze theilt, hat sie das Aussehen, als wäre sic aus zwei an ihrem vorderen Ende mit einander verschmolzenen, ziemlich breiten und kurzen Binden entstanden. Auf dem Rücken finden sich bald zwei, bald vier Längsreihen schwarzer Flecken, die entweder mit einander alterniren, oder aber auch correspondiren und alsdann zu mehr oder weniger deutlichen Querbinden Zusammen- flüssen. Diese Flecken oder Binden, die sich auch auf den Schwanz fortsetzen, entstehen dadurch, dass an einzelnen Schuppen die Ränder schwarz gefärbt sind, und haben daher, einzeln betrachtet, eine mehr oder weniger deutliche netzförmige Beschaffenheit, d. h. jeder einzelne Fleck oder jede aus der Verschmelzung mehrerer solcher Flecken entstandene Binde hat nicht in ihrer ganzen Ausdehnung eine gleichmässige Färbung, sondern erscheint als schwarzes Netzwerk, aus dessen Maschcnöff'nungen die Grundfarbe deutlich vortritt. Die Zahl und Ausdehnung dieser Makeln und Binden ist je nach den Exemplaren eine sehr verschiedene und kann selbst völlig verschwinden, wie solches an dem mir vorliegenden Originalexemplar (JVr 1519) zu der von Nordmann auf pl. XIII der Demidoff’schen Reise gegebenen Abbildung und an zwei anderen von Herrn von Sacharshewsky bei Charkow gefangenen Exemplaren (Js 1523 und 3116) der Fall ist. Diese drei Stücke, die eine be- sondere, oben charakterisirte Varietät bilden, zeigen sämmtlich einen helleren oder dunk- leren bräunlichen Anflug auf der Oberseite, besitzen keine dunkeln Zeichnungen auf dem Kopfe, mit Ausnahme der Temporalbinde, von welcher bei allen dreien eine mehr oder weniger deutliche Spur vorhanden ist, und zeichnen sich auch durch eine durchaus einfar- bige, ungefleckte Unterseite aus, die gegenwärtig grünlichgelb, im Leben aber, wenigstens bei dem Nordmann’schcn Exemplar, rosenroth gewesen ist. Die Unterseite der normal gezeichneten Exemplare erscheint auf gelblichem Grunde schwärzlich gesprenkelt, und zwar beschränkt sich diese Sprenkelung, die je nach den Exemplaren sehr verschieden dicht ist, auf die Mitte der Bauchschilder und der Unterseite des Schwanzes, so dass bei Ueberhand- nehmen der schwärzlichen Sprenkel die Unterseite des Thieres mit Ausnahme desjenigen Theiles der Bauchschilder, der nach Aussen von der stets hellgelb gefärbten Andeutung des jederseitigen Bauchkieles gelegen ist, eine schwärzliche Färbung annimmt; nach dem Kopfe hin verlieren sich die schwärzlichen Sprenkel immer mehr, so dass an der Unter- seite des Kopfes nur ab und zu ganz vereinzelte schwärzliche Pünktchen Vorkommen. 48 A. Strauch, Maasse, Das grösste mir vorliegende Exemplar (№ 3116) besitzt eine Totallänge von 63 Ctm., von denen 9,8 Ctm auf den Schwanz gerechnet werden müssen. Habitat. Coronella austriaca Laur., die nebst der Kreuzotter und der Ringelnatter zu den häufigsten und am weitesten verbreiteten europäischen Schlangen- Arten gehört, be wohnt Europa, mit Ausschluss des höchsten Nordens, dringt ostwärts bis nach Transkau- kasien vor und erreicht die Aequatorialgrenze ihres Verbreitungsbezirks an der Nordküste von Afrika ; sic ist besonders in Mittel-Europa sehr gemein und nimmt, wie überhaupt alle Reptilien , nach Norden an Häufigkeit ab, ist zugleich aber auch in den süd- europäischen Ländern im Ganzen nicht sehr häufig und wird daselbst durch eine ausschliesslich südliche Form, die ihr so ähnliche und wohl auch oft mit ihr verwechselte Coronella girondica Daud., ersetzt. Was zuerst das Vorkommen der glatten Natter in Afrika anbetrifft, so scheint sie da- selbst äusserst selten zu sein, findet sich aber sowohl in Aegypten, namentlich in der Ge- gend von Cairo1), als auch in der Algérie2), in welchem letzteren Lande sie nach Lalle- raant3) bei Medeah gefangen worden sein soll; von Algerien erstreckt sich ihr Verbreitungs- bezirk auf die pyrenäische Halbinsel, wo sie gleichfalls sehr selten zu sein scheint und bis- her nur im südlichen Spanien4), namentlich in Andalusien5), beobachtet worden ist. In dem übrigen Spanien und in Portugal ist sie bisher noch nicht nachgewiesen worden, dürfte aber, wenigstens im nördlichen Spanien, schwerlich ganz fehlen, da sic in dem darangren- zenden Frankreich vorkommt und allem Anscheine nach ziemlich weit verbreitet ist. Bereits Latreille6) behauptet, dass sie in ganz Frankreich einheimisch sei, Lace- pède7) spricht von Exemplaren aus dem Norden des Landes, Daudin8) giebt an, dass sie bis in die Gegend von Paris vordringe, wo er sic wiederholt gefangen habe, und die Ver- fasser der Erpétologie générale9) theilen mit, dass die Menagerie des Reptiles aus den ver- schiedensten Gegenden des Landes Exemplare dieser Schlange erhalten habe. Im mittleren und nördlichen Frankreich ist Coronella austriaca Laur. nun wirklich nicht bloss weit verbreitet, sondern stellenweise auch nicht selten, über ihr Vorkommen im Süden des Landes dagegen fehlen zur Zeit noch alle näheren Nachrichten und es bleibt daher zweifel- haft, ob Prof. Schlegel’s10) Angabe, dass sie auch in der Gegend von Marseille beobachtet worden sei, auf diese Art oder auf die ihr so ähnliche Coronella girondica Daud. zu be- 1) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 48. 2) Strauch. Essai d’une Erpétol. de l’Algérie, p. 54. 3) Lallemant. Erpétol. de l’Algérie, p. 28. 4) Reise der Novara. Reptil., p. 63. 5) Rosenhauer. Thiere Andalusiens, p. 15. — Das von Herrn von Heyden in den Alpujaras, der Südkette der Sierra Nevada, gefangene Exemplar der Coronella austriaca Laur. gehört wahrscheinlich zu Coronella gi- rondica Daud., da Dr. Böttger (10ter Bericht des Of- feubacher Vereins für Naturkunde, p. 56) ausdrücklich bemerkt, dass dasselbe jederseits 8 Supralabialschilder besitzt; die Zahl der Schuppenreihen, die. bei letztge- nannter Art bekanntlich gleichfalls eine andere ist, hat Dr. Böttger leider anzugeben versäumt. 6) Latreille. Hist. nat. des Salamandres de France, p. XXXIV. 7) Lacepède. Hist. iftt. des Quadrup. ovip. et des Serpents II, p. 158. 8) Daudin. Histoire des Reptiles VII, p 19. 9) D. et B. Erpétol. géuér. VII, p. 611. 10) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens, II, p. 69. Die Schlangen des Russischen Reichs. 49 ziehen ist. Die südlichste Gegend Frankreichs, wo Gor onella austriaca Laur. mit Bestimmt- heit nachgewiesen ist, wäre, so weit mir bekannt, das Departement de la Charente -infé- rieure, und zwar ist sie daselbst nach Beltremieux ’) nicht häutig; häutiger scheint sie in den benachbarten Departements der Vendée und der Loire-inférieure zu sein, da sie da- selbst nach Viaud-Grand-Marais1 2) überall gefunden wird. Ferner bewohnt sie das De- partement de Maine-et-Loire3), so wie dasjenige de la Vienne, in welchem letzteren Mau- duyt4) sie in der Umgegend von Vergue, von Poitiers und besonders von Loudun be- obachtet hat, wird nach Bert5 6), wenn auch selten, im Departement de l’Yonne ange- troffen, ist im Departement dei' Seine-et-Marne nach Sinety0) im Forêt de Fontainebleau sehr gemein, im Canton von Montereau dagegen äusserst selten, kommt alsdann im Depar- tement der Marne nach Salle7) besonders in den Gehölzen des Arrondissements von Epernay vor und findet sich endlich auch im Departement de l’Oise8), jedoch ist leider nicht bekannt, ob sie daselbst überall verbreitet, oder aber auf bestimmte Localitäten be- schränkt ist. Im Luxemburgischen findet sich die glatte Natter nach de la Fontaine3 *) nicht selten, soll aber in den Ardennen fehlen, und in Belgien, wo sie überhaupt selten ist, bewohnt sie nach Selys-Longchamps ,0) die Gebirge und Hügel am rechten Maas-Ufer bis in die Gegend von Haut-sur-Lesse in den Ardennen und ist ausserdem noch in der Umgegend von Loewen, so wie im Forêt de Tongerloo beobachtet worden; in Holland ist sie nach van Bemmelen11) in den Provinzen Gelderland, Utrecht und Overijssel ziemlich allgemein verbreitet, kommt aber auch in Groeningen, Vriesland und Drenthe vor, und da auch Prof. Schlegel12) nur von Exemplaren aus der Umgegend von Utrecht, so wie aus Gelder- land und Drenthe spricht, so muss angenommen werden, dass sie in den unmittelbar am Meere gelegenen Provinzen Zeeland, Nord- und Süd-Holland fehlt. Nichts desto weniger wird ihr Wohngebiet aber weder von der Nordsee, noch vom Kanal begrenzt, sondern dehnt sich auch nach Grossbritanien aus, in welchem Lande sie übrigens nur sehr selten 1) Beltremieux. Faune du Dep. de la Charente- infér., p. 38. 2) Viaud-Grand-Marais. Etudes medic. sur les Serpents de la Vendée et de la Loire-infér. 2rl Edit., p. 12. 3) Soland. Faune de Maine-et-Loire in den Annales d. 1. Soc. Linnéenne de Maine-et-Loire. 1865, p. 145— 184. Dieses Werk steht mir nicht zu Gebote und ich entnehme das Citât dem Günther’schen Record II, p. 143. 4) Mauduyt. Herpétol. de la Vienne, p. 26. 5) Bert. Catal. méth. des Animaux vertébrés, qui vi- vent à l’état sauvage dans le Dep. de l’Yonne, p. 89. 6) Guérin. Revue et Mag. de Zoologie. 2d ser. VII (1855), p. 132, 133. 7) Salle. Faune du Departement de la Marne, p. 163. Das mir zu Gebote stehende Exemplar dieses Aufsatzes ist aus einem Journal ausgeschnitten, dessen Titel ich Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. nicht eruiren kauu, wesshalb ich auch nicht im Stande bin , den Jahrgang anzugeben. 8) Maillard. Tableau des Reptiles et des Amphi- bies observés dans le departement de l’Oise, p. 7. 9) De la Fontaine. Faune du pays de Luxembourg. Rept., p. 18. 10) Selys-Longchamps. Faune belge, p. 175. 11) Herklots. Bouwstoffen voor eene Fauna van Ne- derland III, p. 97. 12) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 69. — Der herpetologische Theil vom Schlegel’s Fauna van Nederland, in welchem ohne Zweifel noch genauere Angaben über die Verbreitung der glatten Nat- ter in Holland enthalten sein werden, steht mir leider nicht zu Gebote. 7 50 A. S TE AU он, und vereinzelt vorzukommen scheint, da sie meines Wissens daselbst überhaupt erst drei- mal beobachtet worden ist. Zuerst wurde ein Exemplar bei D umfries im südlichen Schott- land gefangen und von Sowerby1) unter dem Namen Coluber dumfriesiensis als neue Art beschrieben, jedoch sprach sich schon Flemming2) dahin aus, dass dieser vermeintlich neue Coluber nur eine Varietät von Coronella austriaca Laur. wäre; in neuerer Zeit ist diese Schlange, wie Dr. Gray mittheilt, noch zweimal beobachtet worden, und zwar im südlichen England in Hampshire, sowohl in der Gegend von Bournemouth3), als auch bei Ringwood4), einer kleinen Ortschaft in der Nähe von Winchester. Ferner findet sich Coronclla austriaca Laur. in ganz Italien und auf den dazu gehö- rigen Inseln, mit Ausnahme jedoch der Insel Sardinien, wo sie nach Géné5 6) nicht einhei- misch ist. Auf der Insel Sicilien, woher auch unser Museum einige von Grohmann bei Palermo gefangene Exemplare besitzt, ist sie bereits von Bibron8) beobachtet worden und auf dem Continente soll sie nach Bonaparte7) überall Vorkommen, im Norden aber häu- tiger sein, als im Süden; besonders gemein ist sie in der Gegend von Rom7) und wird nach Massalongo8) und Betta9) auch in Venetien, namentlich im Veronesischcn, Vicentcsi- sclien, Paduanischen, Belhmesischen und in Friaul nicht selten angetroffen. Tn der Schweiz, wo sie nach Scliinz10) namentlich bei Zürich ziemlich häufig Vorkommen und überhaupt nicht selten sein soll, findet sie sich nach Fatio11) überall, sowohl nördlich, als auch süd- lich von den Alpen, steigt in den Gebirgen bis zu einer Höhe von 1900 Meter und ist überhaupt nächst der Ringelnatter die gemeinste Schlange des Landes. Das zuletzt Gesagte gilt auch von ihrem Vorkommen in Deutschland, wo sie gleich- falls ziemlich überall verbreitet und stellenweise auch nicht selten ist, an Häufigkeit aber wohl immer hinter Tropiäonotiis nalrix L. zurückbleibt. Was zuerst ihr Vorkommen im Grossherzogthume Baden anbetrifft, so erwähnt Jan12) eines Exemplars aus der Gegend von Freiburg, in Fischer’« 13) Bericht über die literarischen Leistungen über die badische Fauna dagegen ist Coronclla austriaca Laur. nicht aufgeführt und eben so fehlt sie auch in Nenning’s H) Naturgeschichte der Umgegend von Constanz: sie muss daher im Badi- schen jedenfalls selten sein, im benachbarten Würtemberg hingegen kommt sie nach Plie- ninger15) überall in trockenen Wäldern und Gebüschen vor, und in Bayern, wo sie um 1) Sowerby. british Miscellany, p. 3. pl, III. 2) Flemming. History of British Animais, p, 156. 3) Aim. and Mag. Nat. Hist. 3 ser. IV, p. 317. 4) Ibidem 3 ser. IV, p. 400. 5) Géné. Synopsis Reptilium Sardiniae, p. 3. 6) D et B. Erpétol. géiiér. VII. p. 611. 7) Bonaparte. Iconogr. délia Fauna italien. Amfibi. = Goluber a'us'triacus Laur. S) Massalongo. Catal. dei Rettili delle Prov. Vc- nete, p, 4. 9) Betta. Erpetol. delle Prov. Venete e del Tirolo merid., p. 188. 10) Neue Denkschriften d. allg. Schweiz. Gesellsch. f. d. gesammt. Natur w. I, p. 141. 11) Fatio. Faune desVertébrés de la Suisse HI,p.l81. 12) Jan. Elenco sistematico.degli Ofidi, p. 48. 13) Beiträge z. rheinischen Naturgeschichte, Jahrg. I, Heft 1, p. 26. 14) Nenning. lieber die Naturgeschichte unserer Umgegend. Schulprogramm. Constanz 1835. Dieses Werk steht mir nicht zu Gebote und ich entnehme obige An- gabe dem oben citirten Fisclier’schen Berichte in den Beitr. z. rheinischen Naturgesch., Jahrg. I, Heft 1, p. 17. 15) Jahreshefte d. Ver. f. vater 1. Naturkunde in Wür- temberg III, p. 199. Die Schlangen des Russischen Reichs. 51 Regensburg1) nicht selten ist, aber auch bei Erlangen 2) und, wie ein Exemplar unserer Sammlung beweist, bei München augetroffen wird, soll sie nach Reider und Hahn3) überall Vorkommen; Pfarrer Jäckel4), dem man sehr genaue Angaben über das Vorkom- men und die Verbreitung der Reptilien und Amphibien in Bayern verdankt, giebt an, dass die glatte Natter bei München an den Abhängen bei Harlaching, im bayerischen Gebirge (Herrnalpe, Wendelstein, Tegernsee, Kreuth etc.), bei Augsburg am rothen Thor, beson- ders im Siebentischwald, bei Passau, bei Regensburg, Nürnberg, Erlangen, Windsheim, im Steigerwald (Kloster Ebrach) etc. nicht selten angetroffen wird, und in der Rheinpfalz, wo sie namentlich die Gegend von Kaiserslautern, Deidesheim und Bergzabern bewohnt, sogar häufiger ist, als die Ringelnatter. Ferner findet sich Goronella austriaca Laur. nach Bött- ger5) im Odenwald, im Spessart, in der Umgegend von Offenbach (Isenburg) und im Tau- nus, woselbst sie nach Kirschbaum6) häufiger sein soll, als in der Lahngegend. In der Rheinprovinz ist sie nach Schaefer7) im Mosel-, Saar-, Ruwer- und Sauer-Thale, so wie in der Umgegend von Trier (Sirzenicher, Euerner, Aweler und Pfalzelcr Wald) nicht selten und wird in Westpfalen nach Suffrian8) einzeln durch den ganzen Regierungsbezirk Arens- berg angetroffen , wo sie in manchen Jahren nicht gerade selten ist. In Kurhessen ist sie sowohl im Physicatsbezirk Eschwege9), als auch im Kreise Schmalkalden10) beobachtet, worden, bewohnt ferner Hannover11), namentlich auch die Gegend von Hildesheim12), und kommt nach Boje13) bei Mooren in der Gegend von Lübeck, bei Harburg, so wie wahr- scheinlich auch in Holstein vor. Im Meklenburgischen ist sie weder von BolIu), noch von Struck15) gefangen worden, jedoch halten beide Autoren16) ihr Vorkommen daselbst für wahrscheinlich, in den Thüringischen Fürstenthümern dagegen ist sie weit verbreitet und wird nach Lenz17) hauptsächlich auf den mit Buschwerk bewachsenen Bergen, wie dem Inselsberge, dem Nonnen-, Burg-, Ziegen- und Geizenberge, zuweilen aber auch am Rande der Thalwiesen angetroffen. Im Königreich Sachsen ist sie nach Reibisch18) in den Gc- birgs- und Hügellandschaften eine gewöhnliche Erscheinung, in der Oberlausitz dagegen, 1) Koch in: Fürnrohr. Natur h Topographie von Regensburg III, p. 35. 2) Küster. Verzeichn, d. in d. Umgegend v. Erlangen beob. Thiere I, p. 8» B) Reider und Hahn. Fauna hoica. Amphibien — Na- trix cnronilla. 4) Correspondenzblatt d. zool. -mineral. Vor. zu Ro- gensburg XXV (1871), p. 87. 5) 10ter Bericht d. Offenbacher Vor. für Naturkunde, p. 55. 6) Jahrbücher d. Vor. für Naturkunde im Herzogth. Nassau XVII, p. 87. 7) Schaefer. Moselfauna, p. 261. 8) Jahrbücher d. Ver. für Naturkunde im Herzogth. Nassau III, p. 168. 9) Schrift, d. Gesellscb. z. Förderung der gesammten Naturw. zu Marburg VIT, p. 118. 10) Ibidem VI, p. 156. 11) Günther. Catal. of Colubrine Snäke's, p. 35. — Berthold. MittheiL über d. zool. Mus. zu Güttingen I, p. 19. 12) Leunis. Die Schlangen von Hildesheim, p. 14. 13) Kröyer. Natur hist. Tidsslcrift III, p. 210. 14) Archiv d. Ver. d. Freunde d. Naturgesch. in Mek- lenburg V, p. 200. 15) Ibidem XVI, p. 176. IG) Ibidem XI, p. 131. 17) Lenz. Schlangenkunde, p. 506. 18) Sitzungsberichte der Gesellscb. Isis in Dresden 1866, p. 114. 52 A. Strauch wo sie nach Tobias1) sowohl im cunnersdorfer Walde, als auch auf der Landskrone vor- kommt, scheint sie ziemlich selten zu sein und soll nach Gloger2) in der Provinz Schle- sien überhaupt nur hin und wieder Vorkommen , namentlich auch in der Gegend von Bunz- lau3). In der Mark Brandenburg ist sie erst ganz neuerdings bei dem Städtchen Oderberg4) (c. 6V4 Meilen nordöstlich von Berlin) entdeckt worden, während Schulz in seiner Fauna marchica ihrer noch nicht gedenkt, und in Ost- und West-Preussen scheint sie zu fehlen, wenigstens führt Rathke5) sie in dem von ihm veröffentlichten Verzeichnisse der in Ost- und West-Preussen vorkommenden Wirbelthiere nicht auf, in Pommern dagegen kommt sie vor und ist sowohl in der Gegend von Barth6) in Vorpommern, als auch auf der Insel Rügen7) beobachtet worden. Ueber das Vorkommen der Goronella austriaca Laur. in Dänemark fehlen zur Zeit noch nähere Nachrichten, in Skandinavien dagegen ist sie, wie Nilsson8) bemerkt, we- niger selten und weiter verbreitet, als man bisher vermutliet hat. In Schweden kommt sie in der Gegend von Gusums Brak in Östergötland und bei Götheborg nicht selten vor, ja ist nach Tiselius9) in Östra Smäland sogar sehr häufig und findet sich namentlich in der Gegend von Ryssbylund, von Ingeltorpslund im Kirchspiele Hosmo, so wie an anderen Orten; alsdann hat man sie nach Nilsson auch bei Esperöd in Schonen, in der Gegend von Karlskrona in Blekinge, im Kirchspiele Odensjö in Smäland, im Innern von Kalmar Län, in der Umgegend von Stockholm und Upsala, auf dem Hunneberg in Westergötland, so wie auf den Inseln Mörkö und Tjörn an der Küste von Bohus Län beobachtet, und Sund- stroem10) giebt an, dass sie in Örebro Län im Kirchspiele Quistbro selten, am Nordufer des Wetternsee’s aber häufig angetroffen wird, während Oison11) von Exemplaren aus Rasbo in Uppland, aus Kalmar und Emmän in Kalmar Län, aus der Gegend von Nyköping, aus dem Kirchspiele Qvillinge bei Norrköping, aus Sjuhalla in der Nähe von Karlskrona, so wie aus dem Kirchspiele Tunhein in Westergötland spricht. In Norwegen dringt sie nach Nilsson8) noch bedeutend weiter nordwärts vor, denn ausser bei Egersund, bei Bre- wig, bei Christiania und bei Jerkin auf dem Dovrefjäll soll sie auch noch einige Meilen nördlich von Drontheim gesehen worden sein, so dass die Polargrenze ihres Wohngebiets in Norwegen nicht, wie Mehwald12) bemerkt, unter dem 62. u n. Br., sondern zwischen dem 63. und 64.° n. Br. liegt, während sie in Schweden den 60.° n. Br. kaum. erreicht. 1) Abhandl. d. naturf. Gesellsch. zu Görlitz XII, p. 93. 2) Gloger. Schlesiens Wirbeltliier-Fauna, p. 67. 3) Allgem. deutsche naturhist. Zeitung II, p. 386. 4) Zoologischer Garten XI (1870), p. 387. 5) Neue preussische Provinzialblätter II, p. 16. 6) Holland. Wirbelthiere Pommerns, p. 95. 7) Lichtenstein. Nomencl. Reptil, et Ampliibior. Mus. zool. Berol., p. 25. 8) Nilsson. Skandinavisk Fauna, 2aUppl. III Amfi- bierna, p. 61, 62. 9) Tiselius. Bidrag tili kännedom om Östra Smä- lands Vertebratfauna, p. 35. 10) Sundstroem Bidrag tili kannedomen af Örebro Läns Vertebratfauna, p. 27. 11) Oison. Bidrag tili närmare kännedom om de skan- dinaviska arterna af slägtet Coluber, p. 25, 26. 12) Sitzungsberichte der Gesellsch Isis in Dresden 1870, p. 159. Die Schlangen des Russischen Reichs. 53 In den Ländern der österreichischen Monarchie ist Coronella austriaca Laur., wie schon ihr Name andeutet, nicht bloss weit verbreitet, sondern in einzelnen Gegenden, wie besonders in den Umgebungen Wiens, wo auch Laurent! sie entdeckt hat, sehr häufig. Im westlichsten Theile des Kaiserreichs, in Vorarlberg, kommt sie nach Bruhin1) na- mentlich im Walserthale nicht selten vor, in Tirol hat Milde2) sie bei Meran häufig be- obachtet und Gr edler3) giebt an, dass sie bei Obsteig im Oberinnthale, ferner im Sarn- tliale, in der Gegend von Bozen, wo sie besonders im Haslach und an den Abhängen von Campen häufig ist, angetroffen wird und sich auch bei Meran, Pavigl und anderwärts im Ultenthale findet; in Wälsch-Tirol soll sie weniger häufig Vorkommen, als in Venetien, scheint aber doch weit verbreitet zu sein, denn B et ta4) hat Exemplare aus Segno, Castel Thun, Fondo und Tret im Val di Non, aus Gardolo oberhalb Trient, aus Nomi und Riva im Kreise Roveredo, so wie aus Strigno in Valsugana erhalten. Ueber ihr Vorkommen im Salzburgischen und in Ober-Oesterreich sind mir keine Nachrichten bekannt, in Oesterreich unter der Enns dagegen kommt sie nach Fitzinger5) allenthalben, sowohl in der Ebene, als auch im Gebirge sehr häufig vor und soll, wie Erber6) angiebt, bei Wien am häufigsten sein. In Böhmen ist sie nach Eric7) seltener, als die beiden dort einheimischen Tropidono- fes-Arten und hält sich nur an steinigen Bergabhängen und an Waldrändern auf, bei Prag kommt sie einzeln auf den Felsen von Roztok, Kuchelbad und im Zavistthale vor; in Oe- sterreichisch-Schlesien bewohnt sie nach Heinrich8) die Wälder des Mittelgebirges (Wur- benthal, Engelsberg, Einsiedel etc.) und eben so auch in Mähren, wo sie bei Friedland, Deutsch-Haus, Bärn (nach Haslinger9) auch einmal in der Nähe von Karthaus bei Brünn) beobachtet worden ist, soll im Ganzen aber selten sein. In Galizien und in der Bukowina kommt sie nach Zawadzky10) überall vor, ist aber nicht so häufig wie die Ringelnatter, in Siebenbürgen wird sie nach Bielz11) in den Vorgebirgen nicht selten angetroffen und in Ungarn hat Jeitteles12) sie in der Umgegend vonKaschau, wo sie aber selten ist, gefangen, Frivaldszky l3) kennt sie aus dem Trentschiner und Borsoder Comitaten, so wie aus dem Banate, namentlich von den Herculesbädern, und Hr. Erber6) erwähnt ihres Vorkommens bei Mehadia. In Steyermark hat Hr. Erber0) sie bei Sissek gefangen, in Kärnthen ist sie nach Gallenstein14) im Ganzen nicht selten, in Krain hat Freyer15) sie bei Laibach, 1) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XVIII (1868) Abh., p. 257. 2) 44ster Jahresber. d. schlesisch. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, p. 5G. 3) XXII Programm <1. k. k. Gymnasiums zu Bozen, p. 17. 4) Betta. Erpetol. delle Prov. Venete e del Tirolo merid., p. 189. 5) Beiträge zur Landeskunde Oesterreichs unter der Enns I, p. 32G. G) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XIV (1 8G4) Abh., p. 705. 7) Eric. Wirbelthiere Böhmens, p. 107. 8) Heinrich. Mährens und k. k. Schlesiens Fische, Reptil, und Vögel, p. 41. 9) Verhandl. d. naturf. Ver. in Brünn V, p. 13. 10) Zawadzky. Fauna der galizisch-bukowin. Wir- belthiere, p. 149. 11) Bielz. Fauna d. Wirbelth. Siebenbürgens, p.155. 12) Verhandl. zool. -botau. Gesellsch. zu Wien XII (18G2) Abh., p. 28G. 13) Friwaldszky. Monogr. Serpent. Hungariae, p. 40. 14) Canaval. Jahrb. d. naturh. Landesmus. zu Kärn- then II, p. 7. 15) Freyer. Fauna der in Krain bek. Säugethiere, Vögel, Reptil, und Fische, p. 42. 54 л t А. Strauch, Oberlaibach mul an der Saviza beobachtet, in Istrien bewohnt sie die Umgegend von Triest1) und in Dalmatien findet sie sich nach Erber2) durch das ganze Land verbreitet. Ueber das Vorkommen der Coronella austriaca Laur. im osmanischen Reiche kann ich leider weiter Nichts mittheilen, als dass im Berliner Museum3) ein Exemplar derselben aus Rumelien aufbewahrt wird, und in Griechenland muss sie äusserst selten sein, denn Betta4) scheint nur ein Exemplar aus diesem Lande gesehen zu haben und spricht aus- serdem die Vermutlmng aus, dass die von Erhard5) auf den Cycladen häufig beobachtete und unter dem Namen Coluber laevis aufgeführte Schlange unrichtig bestimmt gewesen und wohl zu Coronella Biccioli Metaxa (— ■ Coronella girondica Daud.) gehört haben wird. Was nun schliesslich die Verbreitung der in Rede stehenden Art innerhalb der Grenzen des Russischen Reichs anbetrifft, *so wird sie in Finnland wohl fehlen, wenigstens ist sie in der von Sadelin 6) herausgegebenen Fauna dieses Landes nicht aufgeführt; eben so be- zweifle ich auch ihr Vorkommen im Gouvernement St. Petersburg, wo sie nach Prof. Eich- wald7) beobachtet worden sein soll, da weder Cederhjelm8) ihrer unter den Thieren In- germanlands gedenkt, noch auch mir irgend ein in hiesiger Gegend gefangenes Stück der- selben bekannt geworden ist, und da Prof. Eichwald ausserdem auch nicht genauer mit- theilt, ob er selbst Petersburger Exemplare dieser Art gesehen, oder aber seine Angabe nur nach Hörensagen gemacht, so bedarf dieselbe entschieden noch der weiteren Bestäti- gung, ehe sie als genügend verbürgt acceptirt werden kann. In den baltischen Gouverne- ments dagegen kommt Coronella austriaca Laur. sicher vor, ist daselbst aber sehr selten, denn Gimmerthal9) bemerkt, dass seines Wissens in diesem Theile des Reichs überhaupt nur drei Exemplare, das eine bei Bilderlingshof, das zweite bei Pinkenhof und das dritte in Dondangen, gefangen worden sind; in Kurland mag die Schlange ausser in Dondangen auch noch anderweitig beobachtet worden sein, wenigstens entnehme ich einer brieflichen Mittheilung des Hrn. Pastor Kawall, dass sie in Kurland einheimisch, aber selten sei, — jedenfalls ist sie nur auf den Süden der baltischen Provinzen beschränkt und fehlt sowohl im nördlichen Livland, als auch in Esthland. In Lithauen, Volhynien und Podolicn, also in West-Russland, soll sie nach Prof. Eichwald10) fast überall Vorkommen, im Königreiche Polen dagegen ist sie, wie mir Hr. Taczanowsky freundlichst mitgetheilt hat, nur im Süden, d.h. in den südlichen Theilen von Lublin, Radom undKielce, einheimisch und über- 1) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 69. 2) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XIV (1864) Aldi., p. 705. 3) Lichtenstein. Nomencl. Reptil, et Amphibior. Mus. zool. Berol., p. 25. *c 4) Betta. Rettili ed Anfibi del Regno della Grecia, p. 48. 5) Erhard. Fauna der Cycladen I, p. 70, 75. 6) Sadelin. Fauna fennica II, p. 36. 7) Nouv. Mémoires de Moscou IX, p. 442. 8) -C e d e r hj e 1 m. b aunae mgncae prodromus, p. X V il. 9) Correspondenzblatt d. naturf. Ver. zu Riga I, p. 116. In der Sammlung des naturforschenden Vereins zu Riga befinden sich, wie ich aus einer Mittheilung von Herrn Schweden (Correspondenzblatt d. naturf Ver. zu Riga XX, p. 137 und 138) entnehme, sechs livländische Exem- plare dieser Art, jedoch scheint leider nicht bekannt zu sein, in welcher Gegend Livlands dieselben gefangen worden sind. 10) Eichwald. Naturh. Skizze von Lithauen, Vol» livnien und Podolien, p. 234, Die Schlangen des Russischen Reichs. 55 haupt selten, mit Ausnahme der Umgegend von Ojcöw, wo sie recht häufig, jedenfalls häu- figer als sonst wo im Königreiche, gefunden wird. In den Gouvernements des Kiewschen Lehrbezirks findet sich diese Schlange nach Prof. Kessler1) überall, von den südlichsten Theilen Podoliens bis zu den nördlichsten Tschernigows, und ist daselbst nächst der Ringel- natter die gewöhnlichste Schlangen- Art, ja in der Gegend von Kamieniec-Podolski soll sie nach Belke2) sogar sehr häufig sein. Im Charkowschen Gouvernement ist sie nach Prof. Czernay3 4) gleichfalls häufig, im benachbarten Woronesh hingegen scheint sie zu fehlen, denn Dr. Sewerzow, der die Fauna dieses Gouvernements sehr eingehend studirt hat, erwähnt ihrer in seinem Verzeichnisse1) der Woronesher Reptilien und Amphibien mit kei- nem Worte. Ferner findet sich Coronella austriaca Laur. nach Prof. Czernay 5) im Jeka- terinoslawschen Gouvernement, ist nach Andrzejowsky 6) im Chersonschen häufig und scheint auch in der Kryin nicht selten zu sein, denn Prof. Kessler7) theilt mit, dass er in der Sammlung des Gymnasiums zu Sympheropol zahlreiche Krym’sclie Exemplare der- selben gesehen liabe. Im Lande der Donischen Kosaken hat Krynicky8) sie sowohl am Don, als auch in den Steppen am Axai beobachtet, und wahrscheinlich bewohnt sie auch die Gegend um Ta- ganrog, jedoch lässt sich letzteres nicht mit Bestimmtheit feststellen, da der Coluber pon- ticus Güldenst. (= Coluber maeota Pall.), der nach Georgi9) in der Umgegend der ge- nannten Stadt gefunden worden sein soll, nicht mit völliger Sicherheit als Coronella au- striaca Laur. gedeutet werden kann. Alsdann hat Hr. Becker 10) die glatte Natter in der Um- gegend seines Wohnortes Sarepta beobachtet und ich vermuthe, dass sie in den Wolga- Gegenden überhaupt nicht weiter nördlich vorkommt, denn Prof. Eichwald’s n) völlig isolirt stehende Angabe, dass diese Schlange auch in der Gegend von Kasan einheimisch sei, muss entschieden auf einem Irrthume beruhen, wenigstens behauptet Magister M. N. Bogdanow, der sich bereits jahrelang mit der specicllen Erforschung der Wirbelthier- fauna der mittleren und unteren Wolga-Gegenden beschäftigt, dass er Coronella austriaca Laur. weder in der Gegend von Kasan beobachtet, noch auch in irgend einer der dortigen Sammlungen ein Kasansches Exemplar derselben gesehen habe. Eben so halte ich auch Dwigubsky’s Angabe, dass sein Coluber paeclera , den er auf die oben citirte von Lepe- chin beschriebene und abgebildcte Schlange begründet hat, aus den Wäldern des Ural- Gebirges stamme, für mehr als zweifelhaft, denn Lepechin, der hier doch allein maass- gebend sein kann, erwähnt des Fundortes gar nicht, ja bemerkt sogar ausdrücklich, dass 1) Kessler. Естеств. Истор. Кіевск. Учебн. Округа. Amphibia, р. 33. 2) Bulletin de Moscou XXXII (1850) I, p. 33. 3) Czernay. Фауна Харьковск. Губерн. и прилежа- щихъ къ ней мѣстъ I, р. 11. 4) Sewerzow. Періодич. явленія въ жизни звѣрей, птицъ и гадъ Воронежской губерніи, р. 32. 5) Bulletin de Moscou XXIV (1851) I, p. 279. 6) Nouv. Mémoires de Moscou II, p. 332. 7) Kessler. Путешествіе съ зоол. цѣлью къ сѣ- верн. берегу Чернаго Моря и въ Крымъ, р. 122. 8) Bulletin de Moscou X (1837) № III, p. 59. 9) Georgi. Geogr.-phys.-naturh. Beschr. des Rus s. Reichs III, vol. VI, p. 1884. 10) Bulletin de Moscou XXVIII (1855) I, p. 473. 11) Eichwald. Zoologia specialis III, p. 175. 56 A. Strauch, er die fragliche Schlange nicht selbst gefangen, sondern erhalten hat; der Fundort des Lepechin’schen Exemplars ist somit durchaus unbekannt, und da weder E vers mann der Coronella austriaca Laur. in seinen zoologischen Erinnerungen aus den südwestlichen Vor- gebirgen des Urals1) gedenkt, noch auch Hr. Sabanejew2) sie in dem von ihm ganz neuer- dings veröffentlichten Verzeichnisse der Wirbelthiere des mittleren Ural-Gebirges aufführt, so glaube ich annehmen zu müssen, dass sie in dem genannten Gebirge nicht einheimisch ist. Ueber das Vorkommen der in Rede stehenden Art im Astrachan’schen Gouvernement sind mir zwar keine Nachrichten bekannt, jedoch wird sie daselbst wohl schwerlich fehlen, da sie in den südlich davon gelegenen Kaukasischen Ländern nicht bloss weit verbreitet, son- dern auch ziemlich häufig ist. Schon Giildenstaedt hat sic in der Ebene des Terek, be- sonders in der Gegend von Schedrinsk 3), so wie auch am oberen Laufe des genannten Flusses, zwischen Tschim und Schinipa4) beobachtet, Ménétriès5) traf sie auf seiner Reise von Pjatigorsk bis zu einer Höhe von 6000 Fuss sehr häufig an und erbeutete ausserdem noch ein junges Exemplar bei Zouvant6) im Chanate Talysch, Dr. M. Wagner7) fing sie in Grusien und an den Abhängen des Kaukasus, Prof. Eichwald8) behauptet, dass sie im Kaukasus überall einheimisch sei, Prof. Ballion erhielt, wie schon weiter oben bemerkt, ein durch ziegelrothe Färbung ausgezeichnetes Exemplar aus Noworossiisk am Schwarzen Meere und unsere Sammlung endlich besitzt ausser mehreren kaukasischen Stücken, deren Fundorte leider nicht näher bezeichnet sind, auch ein Exemplar aus Zalka, einer südwest- lich von Tiflis gelegenen befestigten Ortschaft, und ein anderes aus Lagodechi (im Gou- vernement Tiflis), von denen das erstere von Hrn. Sholkiewitsch gefangen, das letztere von den Herren Kaschkin und Mlokosiewicz eingesandt worden ist. Aus dem Vorstehenden ergiebt sich nun, dass Coronella austriaca Laur. ein sehr ausgedehntes Wohngebiet besitzt, welches sich vom atlantischen Océan bis an die West- küste des Kaspischen Meeres erstreckt, südwärts einerseits (in der Algérie) etwa bis zum 36° n. Br., andererseits (in Aegypten) etwa bis zum 30° n. Br. reicht und im Norden von einer Linie begrenzt wird, welche in Schottland ungefähr unter dem 55° n. Br. (Dumfries), in Norwegen zwischen dem 63 und 64° n. Br. und in Schweden etwa unter dem 60° n. Br. gelegen ist, sich darauf im Russischen Reiche ungefähr bis zum 57° n. Br. (Riga) senkt und alsdann in südöstlicher Richtung, wahrscheinlich der Ostgrenze der Gouvernements Witebsk, Mohilew, Tschernigow, Poltawa und Charkow folgend und den nördlichen Theil des Landes der Donischen Kosaken durchschneidend, bei Sarepta die Wolga trifft, um schliesslich, wohl mit dem unteren Laufe des genannten Stromes zusammenfallend, zum Kaspischen Meere zu ziehen. 1) Bull, phys.-math. de l’Acad. de St.-Pétersbourg II, p. 116—128. 2) Bulletin de Moscou XLIV (1871) II, p. 273. 3) Pallas. Zoographia rosso-asiatiCa III, p. 45 = Co- luber cupreus Pall. 4) Ibidem III, p. 46 = Colüber caucasius Pall 5) Ménétriès. Catal. raisonné, p. 69. 6) Ibidem, p. 73 = Coluber nebulosus Ménétr. 7) Wagner. Reise nach Kolchis, p. 332. 8) Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 149. Die Schlangen des Russischen Reichs. 57 6. Coluber Aesculapii Ho st. C. supra aut fusco-cinereus, lineolis albis sparsis, aut olivaceo-griseus, fusco vel nigro maculatus, dorso semper saturatiore ; stria obliqua temporali nigra et macula in utroque colli latere flavida, plerumque evanescentibus: subtus stramineus, scutis singulis abdominalibus et subcaudalibus utrinque macula nigra, non semper distincta, notatis. Corpore elongato, leviter compresso, subtus deplanato et in utroque latere obtuse angulato, capite attenuato, depresso et atrunco parum distincto, cauda longa, subtriquetra, acuminata; naribus utrinque inter scutella bina positis, lateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 8, quarto et quinto oculi bulbum attingentibus, infralabialibus 9, quinto omnium majore; scutellis postocula- ribus utrinque duobus, praeoculari simplici; squamis elliptico-sexangulis, laevibus, in trunci parte anteriore in 21 vel 23 séries longitudinales dispositis; scutis abdominalibus 212 — 236, anali diviso, subcaudalibus utrinque 68 — 88. Varietas: nigra, in utroque trunci latere griseo nebulata, scutellis labialibus, gula col- iique lateribus flavidis. Synonymie. 1790. Coluber Aesculapii Host in: Jacquin. Collect, ad botan. chem. et hist, natur. spect. IV, p. 356 tab. XXVII. 1800. ? Coluber bicolor Georgi. Geogr. -physik. und naturh. Beschr. des Russ. Reichs III, vol. VI, p. 1883. № 18 1). 1831. Coluber fugax Eichwald. Zoologia specialis III, p. 174. 1832. Coluber Aesculapii Andrzejowsky. Nouv'. Mémoires de Moscou II, p. 331. tab. XXII f. 2. 1832. Coluber Aesculapii Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россій- ской Имперіи. Amphib., р. 19. № 37 2). * 1837. Coluber fugax Eichwald. Reise auf dem Kaspischen Meer und in den Kaukasus. I Abth. 2, p. 272. 1840. Coluber sauromates Nordmann in: Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 346. pl. VI f. 2. (juv.). 1841. Zamenis Aesculapii Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 150. 1850. Coluber Aesculapii Berthold in: Wagner. Reise nach Kolchis, p. 333. 1853. Coluber Aesculapii Kessler. Естеств. Исторія Кіевск. Учебн. Округа. Amphibia, p. 38. 1) Die Angabe, dass diese Art 228 Baueli- und 70 Schwanzschilder besitzt, dass sie ferner «in Neu-Russ- land um Elisabeth» vorkommt, so wie endlich der Name bicolor machen es sehr wahrscheinlich, dass dieselbe als Coluber Aesculapii Ilost zu deuten ist; die weitere Be- merkung «ihr Biss vergiftet», beruht selbstverständlich auf einem Irrthume, da die 70 Subcaudalia auf einen lan- Me'moires de l’Acacl. Imp. des sciences, Vllme Se'rie. gen Schwanz hinweisen, der bekanntlich keiner der in der gemässigten Zone einheimischen Giftschlangen zu- kommt. 2) Dwigubsky giebt die Zahl der Bauchschilder wohl in Folge eines Schreib- oder Druckfehlers auf 32 bis 64 an. 8 58 A. Strauch, 1854. Elaphis Aesculapii D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 278. 1867. Elaphis Aesculapii Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXIV, pl. I f. 4. Die 4 Arten der Gattung Coluber L. (in dem von Dr. Günther1) adoptirten Umfange), welche im Russischen Reiche einheimisch sind, lassen sich, trotz der nahen Verwandtschaft, die zwischen ihnen besteht, dennoch ziemlich leicht von einander unterscheiden, und zwar nicht bloss durch die allerdings sehr verschiedene Färbung und Zeichnung, sondern auch durch constante morphologische Merkmale 2). So unterscheidet sich der auf die östlichen Gegenden des Reiches beschränkte Coluber rufodorsatus Cant., abgesehen von der Färbung und Zeichnung, durch die Anwesenheit von nur 7 Supralabialschildern jederseits, so wie auch durch die geringe Zahl der Abdominalia und Subcaudalia, deren bei ihm nicht über 177-4-60 Vorkommen. Von den drei anderen Arten, die sämmtlich 8 Supralabialia je- derseits und stets über 200 Bauchschilder besitzen, zeichnet sich der an den überaus cha- rakteristischen und constanten Zeichnungen auf dem Kopfe so leicht kenntliche Coluber quadmineatus Pall, durch die Zahl der Schuppenreihen aus, deren bei ihm im vorderen Drittel des Rumpfes 25 — 27 vorhanden sind, und die beiden letzten Arten endlich, die 21 bis 23 Längsreihen von Schuppen besitzen und in der Zeichnung sehr auffallend differiren, unterscheiden sich durch die Stellung der Infralabialia und die Beschaffenheit der Bauch- schilder von einander: bei Coluber Aesculapii Ho st sind nämlich die Enden der Bauch- schilder unter stumpfem Winkel aufwärts gebogen, wodurch am Bauche jederseits eine deutliche stumpfe Kante entsteht, und von seinen jederseitigen 9 Infralabialen stehen die 5 ersten mit den Inframaxillaren in Berührung, bei Coluber Holienackeri n. sp. dagegen grenzen von den 10 jederseitigen Unterlippenschildern die 6 ersten an die Inframaxillaren und sein Bauch erscheint durchaus abgerundet, ohne Spur einer Kante. Was nun den Coluber Aesculapii Ho st anbetrifft, so besitzt er einen ziemlich langen, schmalen, auf der Oberseite durchaus planen Kopf, der bei den Ausgewachsenen kaum, bei den Jungen etwas deutlicher vom Rumpfe abgesetzt erscheint. Der Rumpf ist ziemlich schlank, sehr leicht comprimirt und der Bauch deutlich abgeplattet, so dass die Baucli- 1) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 87. 2) Der leichteren Uebersicht wegen gebe ich hier die hauptsächlichsten Merkmale, durch welche sich die 4 in Russland vorkommenden Coluber- Arten von einander unterscheiden, in tabellarischer Zusammenstellung: Oberlippenschilder jederseits in der Zahl Z) 8 vorhanden, von denen das 4te und 5te den Augapfel berühren. Die Schuppen stehen im vorderen Drittel des Rumpfes 1) in 21—23 Längsreihen. Der Bauch ist a) jederseits mit einer deutlichen Kante versehen, da das jederseitige Ende der Bauchschilder stumpfwinklig nach oben gebogen ist. Von den 9 Infralabialen stehen 5 mit den Inframaxillaren in Berührung Aesculapii Host. b) jederseits einfach abgerundet, da die Bauchschilder keine Knickung zeigen. Von den 10 Infralabialen stehen 6 mit den Inframaxillaren in Berührung Hohenaclceri n. sp. 2) in 25 — 27 Längsreihen quadrüineatus Pall. B) 7 vorhanden, von denen das 3tö und 4te den Augapfel berühren rufodorsatus Cant. Die Schlangen des Russischen Reichs. 59 Schilder, die recht breit sind und ziemlich hoch auf die Flanken hinaufreichen, jederseits eine sehr deutliche Knickung zeigen, wodurch jederseits den Bauch entlang ein ziemlich deutlicher Kiel entsteht, der auch durch helleren Ton ausgezeichnet ist und sich als helle Längslinie darstellt. Der Schwanz, auf dessen Unterseite sich die Abplattung fortsetzt, nä- hert sich in Folge dessen der dreikantigen Form und ist ziemlich lang und allmählich zu- gespitzt. Ueber die Beschilderung der horizontalen Fläche des Kopfes ist nichts Besonderes zu bemerken, da sie aus den fast allen Amniophidiern zukommenden 9 Schildern besteht, und eben so befinden sich auch auf der jederseitigen verticalen Fläche desselben die ge- wöhnlichen Schilder, nämlich ausser den in der Diagnose bereits genannten noch ein kleines Frenale und etwa 9 Temporalia, von denen 2 in der vordersten Reihe stehen. Die Schilder an der Unterseite des Kopfes bestehen aus 2 auf einander folgenden Paaren nahezu gleich- grosser Inframaxillaria, einem kleinen dreieckigen Mentale und 9 Unterlippenschildern je- derseits, von welchen letzteren, wie bereits bemerkt, die 5 ersten mit den Inframaxillaren in Berührung stehen und dabei successiv an Grösse zunehmen, so dass das 5te unter allen das Grösste ist. Die Schuppen, die bald 21, bald 23 Längsreihen bilden, stellen längliche Sechsecke dar und werden nach den Seiten, gegen die Bauchschilder hin, wie gewöhnlich, breiter und grösser; sie sind an den Flanken durchaus plan und ungekielt, auf dem Rücken dagegen leicht convex und in der hintersten Rumpfhälfte sogar mit leisen, meist jedoch kaum wahrnehmbaren Kielandeutungen versehen. Die Zahl der Bauch- und Schwanzschilder schwankt nach Prof. Schlegel1) zwischen 220 und 236 für die ersteren, und 74 und 86 für die letzteren, Duméril und Bibron geben die Zahl dieser Schilder auf 214 — 227 -+- 68 — 88 an und Berthold will an seinem Stücke nur 206 Abdominalia und 78 Sub- caudalia gefunden haben; nach meinen an 10 Exemplaren angestellten Zählungen variirt die Zahl der Bauchschilder zwischen 212 und 232, die der Subcaudalia zwischen 70 und 85. Unter diesen 10 mir zu Gebote stehenden Stücken bietet eines (JV?. 1610) in so fern eine leichte Anomalie dar, als bei demselben am Ende des Schwanzes auch 4 einfache, d. h. ungetheilte, Subcaudalia Vorkommen, nämlich das 65te — 68te, während die letzten vier wieder paarig sind. Färbung und Zeichnung. Obwohl diese Art keineswegs bunt gezeichnet ist, sondern im Gegentheil zu den sehr eintönig gefärbten Schlangen gehört, variirt sie nichts desto weniger in ziemlich weiten Grenzen, und zwar weniger in der Zeichnung, als in der Färbung. Ge- wöhnlich ist die Grundfarbe der Oberseite heller oder dunkler olivbraun, jedoch gehören Exemplare von sehr heller bräunlichgrauer Farbe ( Goluber flavescens Gmelin) keineswegs zu den Seltenheiten und eben so kommen, wie schon Prof. Schlegel1) angiebt, derartig dunkel gefärbte Stücke vor, dass man sie einfach als schwarz bezeichnen kann. Die Zeich- nung ist bei den Ausgewachsenen meist sehr einfach und beschränkt sich darauf, dass die einzelnen Schuppen, und zwar hauptsächlich in der Flankengegend, an den Rändern in 1) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Seïpens II, p. 132. 60 A. Strauch, grösserer oder geringerer Ausdehnung gelb gefärbt sind, und dass sich auf den Schläfen eine mehr oder weniger deutliche schwarze Temporalbinde findet, welche hinten an eine gewöhnlich sehr undeutliche, niemals scharf begrenzte, gelblich gefärbte Cervicalmakel grenzt. Bei den Jungen, bei welchen sowohl die Temporalbinde, als auch die Cervicalmakel deutlicher zu sein pflegen, finden sich auf dem Rücken, ausser den durch die gelb gefärbten Sclnippenränder hervorgebrachten gelblichen Strichen, noch bald grössere, bald kleinere, schwärzliche Flecken, die in mehr oder weniger deutliche Längsreihen angeordnet sind; gewöhnlich verschwinden diese schwarzen Zeichnungen mit dem Alter, zuweilen jedoch bleiben sie auch bestehen und nehmen ab und zu sogar derartig Ueberhand, dass das ganze Thier sehr dunkel, fast schwarz, gefärbt erscheint. Die Unterseite ist entweder einfarbig gelb, oder die einzelnen Schilder zeigen an ihrem jederseitigen Ende schwärzliche Makeln, oder aber endlich diese Makeln nehmen so sehr an Menge und Ausdehnung zu, dass, wie es bei der dunkelen Varietät der Fall ist, die Unterseite bis auf die Kehle und die vor- dersten Abdominalia vollkommen schwarz wird. Was nun die 10 mir vorliegenden Stücke anbetrifft, so stimmt keines derselben mit den anderen vollkommen überein, sondern jedes zeigt mehr oder weniger Eigentümliches in Färbung und Zeichnung. So ist bei einem, aus einer nicht näher bezeichnten Gegend von Oesterreich stammenden Exemplar (JV 1607) die Oberseite einfarbig braun, auf der Rückenmitte recht dunkel, an den Seiten allmählich heller werdend: die Seitenränder ein- zelner Flankenschuppen erscheinen hellgelb gefärbt, jedoch nimmt diese Farbe stets nur einen Theil des Randes ein, ja ist sogar meist auf einen kleinen Punkt beschränkt; die Un- terseite aller Theile, nebst den Lippenschildern, so wie eine wenig vortretende Andeutung des jederseitigen Cervicalflecks sind hell strohgelb und durchaus einfarbig. Ein zweites Stück (V 1608), aus dem Banate, weicht von dem vorhergehenden nur durch die sehr hell olivbräunlich gefärbte Oberseite, den sehr deutlichen jederseitigen Cervicalfleck und die Anwesenheit einer jederseitigen dunkelen, von den Postocularen zum Mundwinkel ziehenden Temporalbinde ab; ausserdem sind an demselben die gelblichen Punkte an den Flanken in viel geringerer Zahl vorhanden und seine Unterseite ist zwar gleichfalls durchaus ein- farbig, erscheint aber sehr hell bräunlichgelb. Mit diesem Stücke aus dem Banate stimmt ein anderes, wenig kleineres, von Weidemann aus Transkaukasien eingesandtes Exemplar (Jtë 3377) in der eintönigen Färbung ziemlich überein, ist aber etwas dunkler, nämlich bräunlichgrau, gefärbt und zeigt auch, den Kopf und das vorderste Rumpfviertel ausgenom- men, eine wenig hellere Unterseite; die Cervicalmakel ist bei demselben ziemlich deutlich, die Temporalbinde und die gelben Flecken an den Rändern der Flankensclmppen dagegen fehlen durchaus. Das grösste Exemplar unserer Sammlung (№ 1609), das aus dem Kaukasus stammt, ist eben so gezeichnet, wie das aus dem Banat, besitzt aber viel zahlreichere gelbliche Flan- kenpunkte, weniger deutliche Cervicalflecken , keinen Temporalstreifen und ist auf dem Rücken ziemlich dunkel rothbraun, an den Flanken aber olivbraun gefärbt. Seine Unter- Die Schlangen des Russischen Reichs. 61 seite zeigt einen sehr hellen bräunlichgelben Ton und die Bauchschilder sind in den zwei letzten Dritteln des Rumpfes an den Enden dunkel gefärbt, welche Farbe anfangs nur sehr verschwommen ist, weiterhin aber immer mehr den Ton der Flankenfärbung annimmt, bis sie auf den Subcaudalen eben so olivbraun erscheint, wie die seitlichen Reihen der Schwanz- schuppen. Diese dunkle Färbung an dem äusseren Ende der einzelnen Bauchschilder hat überall gleiche Ausdehnung, so dass also der Bauch jederseits gegen die Flanken hin eine dunkle, nach innen durch eine deutliche, sehr helle, gelbliche, dem Bauchkiele entsprechende, Längslinie scharf begrenzte Binde zu besitzen scheint. Ziemlich dieselbe Zeichnung zeigt auch das mir vorliegende Originalexemplar des Coluber fugax Eichw., nur sind an dem- selben die Bauchschilder auch an ihrem freien oder Hinterrande dunkler gefärbt, so dass also der Bauch durchweg undeutlich quergebändert erscheint. Die Oberseite stimmt an diesem Stücke in der Färbung und Zeichnung fast vollkommen mit dem oben beschriebenen, aus dem Banate stammenden Exemplare (JV?. 1608) überein. Von den vier mir vorliegenden jüngeren Stücken ist das eine (№ 1610) ohne allen Zweifel das Original zu der von Nordmann abgehildeten, aus Bambori in Abchasien stam- menden und fraglich zu Coluber sauromates Pall, gerechneten Schlange, und hat sich in der Färbung trotz des jahrelangen Liegens in Weingeist im Ganzen nur wenig verändert. Es ist oben hell bräunlichgrau, auf der Rückenmitte kaum dunkler, und die meisten Flanken- schuppen erscheinen hellgelb gesäumt, jedoch finden sich darunter auch manche mit deut- lichem schwarzen Saum, so dass das Exemplar eine ziemlich verschwommene Netzzeich- nung besitzt. Die jederseitige gelbliche Cervicalmakel , die sehr deutlich ist und nach hinten von einer dunkelgrauen, fast schwärzlichen Makel begrenzt wird, stösst vorn an eine schwarze Temporalbinde, die an den Postocularen beginnt, aber nicht schräge zum Mundwinkel, sondern gerade nach hinten verläuft und am Ende stumpf zugerundet erscheint. Die Supralabialia sind sämmtlich hellgelb und an der Nath zwischen dem 3t6B und 4ten findet sich ein schmaler verticaler schwarzer Fleck , dem an der unteren Kinnlade eine gleichfar- bige Linie entspricht, welche die Nath zwischen dem 4t6D und 5teu Infralabiale einnimmt und sich alsdann nach hinten wendet, um den Innenrand des 5ten Unterlippenschildes, da wo er an das Inframaxillare des zweiten Paares grenzt, zu decken. Die Unterseite ist sehr hell bräunlichgelb und jedes Bauchschild, die vordersten ausgenommen, zeigt jederseits zwei schwärzliche Makeln von viereckiger oder rundlicher Gestalt, die nahe dem Aussen- ende stehen, von einander durch eine gelbliche, dem Bauchkiele entsprechende und in ihrem ganzen Verlaufe deutliche Linie getrennt sind, und von denen die nach innen ste- hende rundlich und kleiner ist, als die viereckige äussere; in der zweiten Hälfte des Rum- pfes werden diese Makeln immer undeutlicher und fehlen an dem Schwänze ganz, der so- wohl oben, als auch unten durchaus einfarbig ist. Das zweite junge Stück (№ 2923), das Dr. Radde ganz neuerdings in der Gegend von Lenkoran erbeutet hat, gleicht dem vorigen sehr, besitzt aber an den Flanken keine gelben Ränder an den Schuppen. Die Oberseite aller Theile ist bei ihm sehr hell bräunlich- 62 A. Strauch, grau, die Unterseite sehr liell bräunlichgelb ; die Bauchschilder sind schwärzlich gespren- kelt, aber so undeutlich, dass die ganze Unterseite fast völlig einfarbig erscheint und nur jederseits, nahe dem Aussenrande der Bauchschilder, zieht eine feine gelbe, dem Bauchkiele entsprechende Längslinie, die sich auch an der Unterseite des Schwanzes noch erkennen lässt. Die Näthe der Kopfschilder, die Labialia ausgenommen, sind fast durchgängig fein schwarz gesäumt, an den Seiten des Halses findet sich eine nicht scharf begrenzte gelbliche Makel und auf dem Nacken, so wie auch auf dem grössten Theile des Rückens bemerkt man schwarz gesäumte Schuppen, die auf dem Rücken in Querreihen angeordnet sind, in sehr kurzen Abständen auf einander folgen und somit undeutliche Querbinden darstellen, wodurch der Rumpf sowohl in Färbung, als auch in Zeichnung einige Aehnlichkeit mit dem Rumpfe von Coronella austriaca Laur. erhält. Das dritte junge Exemplar (№ 3378), das von Weidemann in Transkaukasien ge- fangen worden ist , weicht von dem vorhergehenden nur durch die weniger deutlichen schwarzen Zeichnungen auf dem Rumpfe und durch den, ähnlich wie dem Originalexemplar des Coluber fugax Eichw., der Quere nach gebänderten Bauch ab. Das vierte junge Exemplar unserer Sammlung (№1611), das aus der Gegend der Ko- lonie Franzfeld (im Chersonschen Gouvernement) stammt, ist oben bräunlichgrau mit bald weisslichgelb, bald schwärzlich gerandeten Flanken- und zum Theil auch Rückenschuppen und zeigt ausserdem längs der Rückenmitte zwei Längsreihen rundlicher schwärzlichbrauner Makeln, die nur im vorderen Theile des Rumpfes deutlich begrenzt und erkennbar sind, weiterhin aber immer mehr und mehr verschwimmen und zwei undeutlich begrenzte dunkle Längsbinden darzustellen scheinen. Die Zwischenräume zwischen zwei solchen auf einander folgenden Makeln zeigen eine Menge weisslich gerandeter Schuppen, und da diese weisslich gerandeten Schuppen sich fast bis auf die Schwanzwurzel fortsetzen, so erscheinen die vor- hin erwähnten beiden schwärzlichbraunen Längsbinden anfangs in regelmässigen Zwischen- räumen, darauf aber ganz unregelmässig von weisslichen Strichen durchsetzt, welche letz- teren aber immer eine Neigung zeigen, sich in Querreihen anzuordnen. Die horizontale Oberfläche des Kopfes ist dunkelbraun, die Seiten lieber und die Supralabialia gelblich- weiss, eben so wie die sehr deutliche Cervicalmakel. Unter dem Auge findet sich ein schwarzer Fleck, der den Oberrand der beiden den Bulbus berührenden Supralabialschilder einnimmt und sich auf die Nath zwischen denselben herabzieht. Die schwarze Temporal- binde ist gleichfalls vorhanden und zieht schräge von den Postocularen zum Mundwinkel hin, ohne letzteren jedoch zu erreichen. An das hintere abgerundete Ende dieser Temporal- binde stösst die gelbliche Cervicalmakel, welche ihrerseits wieder von einer schräge von innen und vorn nach aussen und hinten ziehenden, schwärzlichbraunen Binde begrenzt wird, und da diese letztere Binde sich auf der Mitte des Nackens mit der entsprechenden der anderen Seite vereinigt, so entsteht eine schwarze Zeichnung, die einem nach hinten offe- nen V gleicht, dessen Spitze an die Mitte des Hinterrandes der beiden an einander stossen- den und gerade abgestutzten Occipitalschilder grenzt. Die Unterseite aller Theile ist an- Die Schlangen des Russischen Reichs. 03 fänglich einfarbig strohgelb und nur die äusseren Enden der Bauchschilder, die anfangs hin und wieder einen dunkelen Fleck zeigen, werden allmählich dunkel und sind durch eine dem Bauchkiele entsprechende helle Linie von dem übrigen Theile des Schildes ge- trennt; vom Anfänge des zweiten Drittels der Körperlänge an, zeigen die Bauchschilder allmählich auch in der Mitte eine dunkele Schattirung, die aber stets nur auf den Basal- thcil des Schildes beschränkt bleibt und sich an den Subcaudalen wiederholt. Das achte Stück unserer Sammlung (A 2922) endlich, das ausgewachsen ist und eben so, wie А 2923, aus der Gegend von Lenkoran stammt, zeigt eine sehr dunkele Färbung, und namentlich ist die Unterseite tief schwarz, ausgenommen am Kopfe und an den Seiten der vordersten Bauchschilder, wo ein hellgelber Ton herrscht. Die Oberseite des Rumpfes und Schwanzes ist tief schwarzbraun und zeigt an den Flanken zwei Längsreihen gelblich- grauer unregelmässiger Nebelflecken, die nach hinten zu immer undeutlicher werden und sich auf dem hintersten Rumpfabschnitt, so wie auf dem Schwänze nur noch als kleine Haufen einzelner gelblicher Punkte darstellen. Im vordersten Theile des Rumpfes, wo diese Flecken am grössten und deutlichsten sind, finden sie sich auch auf der Rückenmitte und sind daselbst zu einer schmalen, leicht gewellten Längsbinde angeordnet, so dass der dem Kopfe zunächst gelegene Tlieil des Rumpfes eigentlich auf gelblichgrauem Grunde schwarz- braune Makeln zeigt, die in 4 Längsreihen angeordnet scheinen und von denen die beiden mittleren Reihen durch Yer Schmelzung der sie zusammensetzenden Makeln zu perlschnur- artig gebildeten Längsbinden umgestaltet sind. Im weiteren Verlaufe sind die Nebelflecken der jederseitigen oberen Reihe von rundlicher Gestalt und dabei so angeordnet, dass die Rückenmitte von einer breiten schwarzbraunen, gleichfalls perlschnurartig gebildeten Längs- binde eingenommen erscheint. Die Oberseite des Kopfes endlich, mit Ausnahme der Supra- labialia, die eben so, wie die seitliche Cervicalmakel, gelblich sind, zeigt eine tief schwarz- braune Farbe. Maasse. Das grösste Exemplar unserer Sammlung (A 1609) besitzt eine Totallänge von 148 Ctm., von denen 29 Ctm. auf den Schwanz gehen, und übertrifft somit das von Prof. Schlegel1) angegebene Maximum der Grösse noch um 5 Ctm. Habitat. Die in Rede stehende Art, von welcher man gegenwärtig ganz allgemein an- nimmt, dass sie mit der im Alterthum so berühmten Schlange von Epidaurus identisch und somit auch die als Attribut des Aesculap um dessen Stab gewundene Schlange ist, bewohnt das südliche Europa und erreicht die Ostgrenze ihres Verbreitungsbezirks am Westufer des Kaspischen Meeres. In Portugal scheint sie bisher noch nicht gefunden worden zu sein, da weder Vandelli2), noch auch Barboza du Bocage3) ihrer in den von ihnen veröffent- lichten Verzeichnissen portugiesischer Reptilien gedenken, in Spanien dagegen hat Rosen- 1) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens 3) Guériu. Revue et Mag. de Zoologie, 2de sér. XV II, p. 132. (1863), p. 333. 2) Memor. Acad, real das Sciencias de Lisboa I (1797), p. 69. G4 A. Strauch, liauer1) sie in der Sierra Nevada, so wie auch an «anderen Orten» beobachtet und Ma- chado2) giebt an, dass sie in der Provinz Sevilla im Gebirge und in den daran grenzenden Gegenden, wie bei Constantina, La Pajanosa, el Ronquillo etc. vorkommt. Ueber ihr Vor- kommen in den übrigen, nördlicher gelegenen Theilen Spaniens lässt sieb zur Zeit wegen Mangels aller Angaben absolut Nichts mittheilen, jedoch dürfte sie auf der pyrenäischen Halbinsel wohl ziemlich überall einheimisch sein, da sie in dem daran grenzenden Frank- reich allem Anscheine nach weit verbreitet ist. Schon Latreille3) giebt an, dass sie in den südlichen Departements von Frankreich vorkommt und namentlich in der Gegend von Bordeaux nicht selten ist, Risso4) hat sie in den Gebirgen des Departements des Alpes maritimes beobachtet, Prof. Schlegel5) erwähnt mehrerer in der Provence gefangenen Exemplare und A. Duméril6), der sie öfters aus der Gegend von Charité-sur-Loire im Departement Nièvre erhalten hat, behauptet, dass sie in Frankreich überhaupt ziemlich häufig angetroffen wird. Im Departement Nièvre scheint sie nun in der That recht gemein zu sein, denn Bert7) giebt gleichfalls an, dass sie daselbst in grosser Zahl gefunden wird und ausserdem im Departement Seine- et-Marne, so wie wahrscheinlich auch im Departe- ment de l’Yonne einheimisch ist. In dem ersten der beiden zuletzt genannten Departements hat auch Sinety8) sie in der Gegend von Fontainebleau recht häufig beobachtet und eben so ist sie nach den Untersuchungen von Viaud-Grand-Marais9) in der Vendée und im Departement der Loire-inférieure ziemlich häufig, findet sich aber nur stellenweise, so in der Umgegend von Challans, am See von Grandlieu, in den Umgebungen von Carquefou, von Chapelle-sur-Erdre, von Temple etc., ja tritt in einzelnen Gehölzen, wie in denen vonMeille- raie, von Ancenis, von Saint-Mars und von Juignée sogar in grosser Zahl auf; im Departe- ment Maine-et-Loire, wo diese Art nach Soland10) gleichfalls vorkommt, ist im Walde von Chanvaux auch eine vierstreifige Varietät derselben gefunden worden, die, wie Viaud-Grand- Marais11) vermuthet, mit dem von Millet12) aus der Gegend von Saumur (im gleichen De- partement) beschriebenen Coluber quadnlineatus identisch sein wird. Im Departement der 1) Rosenhauer. Thiere Andalusiens, p. 15. 2) Revista de Ciencias, Literatura y Artes (Sevilla) IV (1859), p. 569. 3) Latreille. Hist. nat. des Salamandres de France, p. XXXI. — Latreille scheint unter dem Namen Co- luber Aesculapii Lacep. zwei sehr verschiedene Arten zusammengeworfen zu haben, nämlich Coluber Aesculapii Host und Coelopeltis lacertina Wagl., denn die von ihm citirten Abbildungen beziehen sich ganz entschieden auf die erstgenannte der beiden Arten, während die Angabe: «on voit. ... un sillon sur les écailles dorsales», so wie die Zahl der Abdominal- und Subcaudalschilder (175ч- 66) mit Bestimmtheit auf Coelopeltis lacertina Wagl. hin- weisen. 4) Risso. Hist. nat. de l’Europe méridionale III, p. 89. 5) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 132. 6) Archives du Muséum VII, p. 246. 7) Bert. Catal. méth. des Animaux vertébrés, qui vi- vent à l’état sauvage dans le Dep. de l’Yonne, p. 89. 8) Guérin. Revue et Mag. de Zoologie, 2do sér. VII (1855), p. 133. 9) Viaud-Grand-Marais. Etudes medic. sur les Serpents de la Vendée et de la Loire-infér. 2de Edit., p. 11. 10) Solànd. Faune de Maine-et-Loire in den An- nales d. 1. Soc. Linnéenne de Maine-et-Loire 1865, p. 145 — 184. Dieses Werk steht mir nicht zu Gebote und ich habe das Citât dem Günther’schen Record II, p. 143 entnommen 11) Viaud-Grand-Marais. Etudes medic. sur les Serpents de la Vendée et de la Loire-infér. 2de Edit., p. 12. 12) Millet. Faune de Maine-et-Loire, p. 628*. Dieses Werk steht mir nicht zu Gebote. Die Schlangen des Russischen Reichs. 65 Charente-inférieure dagegen kommt Coluber Aesculapii Host nach Beltremieux *) nur selten vor und eben so hat man ihn im Departement de la Vienne nur viermal, bei Gençay, bei Epinotte, bei Nanteuil und bei Loudun, gefangen, jedoch glaubt Mauduyt1 2), dem ich obige Daten entnehme, dass er wohl häufiger Vorkommen, aber oft mit Tropidonotus natrix L. verwechselt werden möge. Aus den obigen, allerdings noch sehr dürftigen Angaben scheint entnommen werden zu können, dass die in Rede stehende Art in Frankreich südlich vom 49° n. Br. ziemlich überall einheimisch ist, denn wenn auch fast sämmtliche speciellen Nachrichten über ihr Vorkommen in diesem Lande sich auf die westlichen und einige der mehr nördlich, etwa in der Breite von Paris, gelegenen Departements beziehen, so ist schon desshalb kein Grund vorhanden, an ihrem Vorkommen in den östlichen Departements zu zweifeln, weil sie in den Nachbarländern, in Italien, in der Schweiz und selbst in einzelnen Gegenden von Deutschland mit Bestimmtheit nachgewiesen ist. In der Schweiz soll Coluber Aesculapii Host nach Schinz3) nur südlich von den Alpen, namentlich im Canton Tessin, Vorkommen, jedoch hat Wyder4) ihn sowohl in Wallis, als auch nördlich von den Alpen, im östlichen Waadtland, beobachtet: Fat io5) endlich, der neueste Bearbeiter der Schweizer herpetologischen Fauna, bestätigt die obigen Angaben und bemerkt, dass die Aesculaps-Schlange in der Schweiz nur im unteren Tessin, in Wallis, wo sie häufig ist, und in den benachbarten Theilen von Waadtland vorkommt, und dass er selbst sie ziemlich häufig in der Strecke von Martigny bis Brieg beobachtet habe, und zwar nicht bloss im Rhone-Thal, sondern auch in den Seitenthälern und in den Gebirgen, wo sie z. B. im Eringer-Thale bis zu einer Meereshöhe von 1250 Metres hinaufsteigt. In Italien findet sich Coluber Aesculapii Host nach Bonaparte6) überall und ist "in einzelnen Ge- genden, wie in der lombardischen Ebene, im römischen Gebiet, in Calabrien und auf den beiden grossen Inseln Sicilien und Sardinien 7) sogar sehr häufig. Vom östlichen Ober-Italien, wo diese Schlange im Venetianischen8), besonders aber im Veronesisclien9) Gebiete sehr gemein ist, zugleich aber auch, wie Betta10) angiebt, bei Montebello, Padua, Mestre, Bel- luno, Trevignano und in Friaul gefunden wird, erstreckt sich ihr Verbreitungsbezirk in die Lande der Österreichischen Krone, in denen sie gleichfalls recht weit verbreitet und in manchen Gegenden auch sehr häufig ist. So hat Milde11) sie in der Gegend von Meran sehr häufig gefunden und Gredler12) giebt an, dass sie in Süd-Tirol überhaupt nicht selten vor- 1) Beltremieux. Faune du Dep. de la Charente-in- fér., p. 38. 2) Mauduyt. Herpetol. de la Vienne, p. 28. 3) Schinz. Naturgesch. und Abbildungen der Rep- tilien, p. 148. 4) Wyder. Essai sur l’hist. nat. des Serpens de la Suisse, p. 20. 5) F atio. Faune des Vertébrés de la Suisse III, p. 140. 6) Bonaparte. Iconogr. délia Fauna italica. Amfibi. = Coluber flavescens. Mémoires de l’Acad, lmp* des sciences, Vllme Série«. 7) Géné. Synopsis Reptilium Sardiniae, p. 21. 8) Massalongo. Catal. dei Rettili delle Prov. Ve- nete, p. 5. 9) Massalongo. Saggio di un Erpétol. popol. Vero- nese, p. 8. 10) Betta. Erpetol. delle Prov. Venete e del Tirolo merid., p. 201. 11) 443ter Jahresber. d. schlesisch. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, p. 56. 12) XXII Programm d. k. k. Gymnas. zu Bozen, p. 18. 9 66 A. Strauch, kommt, in den Gebirgen bis zu einer Meereshöhe von c. 5000 Fuss (Rothwand über dem Kollererberg) angetroffen wird und bei Bad Ratzes, bei Meran, bei Schönna, Tirol und Partschins, so wie an den Nordabliängen um Bozen beobachtet worden ist; in Wälscb-Tirol dagegen muss sie selten sein, da Betta1) ausdrücklich bemerkt, dass daselbst seines Wis- sens überhaupt nur fünf Exemplare, in den Umgebungen von Martignano, Pergine, Mezzo- lombardo und im Yal di Non gefangen worden sind. In Kärnthen kommt sie nach Gallen- stein2) nur in höher gelegenen Gegenden vor, namentlich erwähnt er eines bei Greifenberg in Ober-Kärnthen gefangenen Stücks, und Kohlmayer3) hat sie auf dem Reisskofel in den Gailthaler Alpen beobachtet. Ueber ihr Vorkommen im Salzburgischen und in Steyermark lässt sich zur Zeit wegen Mangels aller Nachrichten nichts mittheilen, im Erzherzogthume Oesterreich dagegen hat man sie mit Bestimmtheit nachgewiesen: Fitzinger4) giebt an, dass sie daselbst im Gebirge, in schattigen Waldgegenden, aber auch auf Wiesen, namentlich im Wiener Walde, in der Brühl, bei Baden, am Schneeberge etc. vorkommt, aber ziemlich selten ist, und Erber hat sie sowohl bei Wien5), als auch in der nächsten Umgegend, bei Mödling6) und bei Sievring7), beobachtet; wie es um ihr Vorkommen in dem westlichen Tlieile des Erzherzogtums, in Oesterreich ob der Enns, steht, ist zwar nicht bekannt, je- doch wird sie daselbst wohl auch einheimisch sein, denn Waltl8) hat sie bei Passau beob- achtet, Reider und Hahn9) erwähnen zweier im Jahre 1824 in der Gegend des bayeri- schen Pfarrdorfes Gottsdorf (an der österreichischen Grenze, 23/4 Meilen südöstlich von Passau) erschlagenen Exemplare und Pfarrer Jäckel 10) giebt an, dass sie am linken Donau- ufer in der Gegend von Passau bis Obernzell überhaupt nicht selten augetroffen wird In Böhmen scheint sie zu fehlen und ist auch in Mähren und Oesterreichisch-Schlesien nur sein- selten, soll aber nach Haslinger11) früher in den Wäldern von Wiesenberg und Ullersdorf nicht selten gewesen und nach Heinrich12) ausserdem auch in den Wäldern der mährisch- schlesischen Sudeten, so wie einmal am Fusse der Polauer Berge im südlichen Mähren ge- fangen worden sein. Alsdann hat Zawadzky13) sie in Galizien in steinigen Gegenden der Karpathen , so wie in den Gebirgen der Bukowina beobachtet und in Ungarn soll sie nach Frivaldszky 14) nur im Waldgebirge Vorkommen und überhaupt sehr selten sein; in Sie- benbürgen ist sie bisher noch nicht gefangen worden, jedoch glaubt Bielz15), dass sie da- 1) Betta. Erpetol. delle Prov. Venete e del Tirolo merid., p. 201. 2) Canaval. Jahrbuch des naturh. Landesmuseums von Kärnthen II, p. 7. 3) Ibidem IV, p. 64. 4) Beiträge zur Landeskunde Oesterreichs unter der Enns I, p. 326. 5) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XIV (1864) Abh., p. 704. 6) Ibidem VI (1856) Abh., p. 393. 7) Ibidem VII (1857) Abh., p. 47. 8) Correspondenzblatt d. zool.- mineral. Ver. zu Re- gensburg XIX (1865), p. 154. 9) Reider und Hahn. Fauna boica. Amphibien — Natrix Aesculapii. 10) Correspondenzblatt d. zool. -mineral. Ver. zu Re- gensburg XXV (1871), p. 87. 11) Verhandl. d. naturf. Ver. in Brünn V, p. 13. 12) Heinrich. Mährens und k. k. Schlesiens Fische, Reptil, und Vögel, p. 42 unter zwei Namen, nämlich als Cöluber flavescens Scop. und als Cöluber Aesculapii Daud. 13) Zawadzky. Fauna der galizisch-bukowin. Wir- belthiere, p. 149. 14) Frivaldszky. Monogr. Serpent. Hungariae, p. 41 . 15) Bielz. Fauna der Wirbelthiere Siebenbürgens, p. 155. Die Schlangen des Russischen Reichs, 67 selbst wohl einheimisch sein dürfte, und im Banat, woher auch unsere Sammlung ein Exemplar besitzt, soll sie nach Frivaldszky г) besonders in der Umgegend von Mehadia Vorkommen. Auf der slavonischen Militairgrenze ist sie nach Dr. Steindachner1 2) bei Ku- pinova und bei Morovich gefangen worden, in Kroatien (Liburnien) soll sie nach Host3) häufig sein, für Krain führt Freyer4) sie als bei Feistenberg in Unterkrain und bei Ober- feld ob Wipbacli in Innerkrain vorkommend auf, in Istrien bewohnt sie den Karst bei Triest5) und in Dalmatien ist sie nach Erber6) durch das ganze Land verbreitet. Aus dem Umstande, dass die in Rede stehende Art ganz allgemein für die berühmte Aesculaps-Schlange des Alterthums gehalten wird, müsste man schliessen, dass sie in Grie- chenland weit verbreitet ist, oder doch wenigstens in einzelnen Gegenden des Landes, wie namentlich bei Epidaurus, vorkommt, jedoch scheint sich die Sache keineswegs so zu ver- halten, denn weder haben die Mitglieder der Expedition scientifique en Morée sie in Grie- chenland beobachtet, noch gedenkt auch Betta7) ihrer in seiner herpetologischen Fauna des griechischen Reiches. Ueberhaupt existiren meines Wissens nur drei Angaben über das Vorkommen des Goluber Aesculapii Host auf der türkisch-griechischen Halbinsel, die aber sämmtlich noch der weiteren Bestätigung bedürfen, ehe man sie als vollkommen gesichert betrachten kann. Die eine dieser Angaben verdankt man Prof. Schlegel8), der mittheilt, dass ein Reisender, Chandler, in der Umgegend von Epidaurus eine gelbliche Schlange in grosser Anzahl beobachtet habe, zugleich aber auch hinzufügt, dass diese Schlangen der gelblichen Färbung wegen eher für die Couleuvre jaune et verte (Zamenis atrovirens Shaw), als für Goluber Aesculapii Host gehalten werden müssten, eine Bemerkung, die mir nicht recht einleuchten will, da ja bekanntlich auch von Goluber Aesculapii Host gelblich ge- färbte Stücke keineswegs zu den Seltenheiten gehören. Die zweite der obigen Angaben ent- nehme ich dem-Lichtenstein’schen Nomenclator 9) , wo eines . aus Rumelien stammenden Exemplars dieser ArtJErwähnung geschieht, da jedoch dieser Nomenclator, wie Prof. Pe- ters10) ausdrücklich bemerkt hat, sehr flüchtig gearbeitet ist und mancherlei irrige Daten enthält, so wage ich auch diese Fundortsangabe nicht als sicher verbürgt aufzunehmen. Die dritte Angabe endlich findet sich bei Rigler11), wo unter den in der Umgegend von Constantinopel beobachteten Thieren auch Goluber Aesculapii aufgeführt ist, und kann gleichfalls nicht ohne Weiteres als richtig acceptirt werden, da das Rigler’sche Verzeich- 1) Frivaldszky. Monographia Serpentum Hunga- riae, p. 43. 2) Verband!, zool -botan. Gesellsch. zu Wien XIII (1863) Abh., p. 1122. 3) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 131 und Sturm. Deutschlands Fauna. Abth. III. Ampbib. Heft 2. . 4) Freyer. Fauna der in Krain bekannten Säuge- thiere, Vögel, Reptilien und Fische, p. 42 = Goluber isa- beUinus, und p. 43 = Goluber Aesculapii. 5) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 62. 6) Verhandl. zool. -botan. Gesellsch. zu Wien XIV (1864) Abh., p. 704. 7) Betta. Rettili ed Anfibi del Regno della Grecia. 8) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 130. 9) Lichtenstein. Nomencl. Reptil, et Amphibior. Mus. zool. Berol., p. 27. 10) Berliner Monatsberichte 1863, p. 76. 11) Rigler. Die Türkei und deren Bewohner I,p 125. * 68 A. Strauch, niss, wie einige der darin vorkommenden, völlig räthselhaften Namen lehren, ohne die nö- thige Sachkenntniss abgefasst zu sein scheint. Die Frage, ob Coluber Aesculapii Host in Griechenland vorkommt und ob er wirklich mit der berühmten Schlange von Epidaurus identisch ist, lässt sich somit zur Zeit nicht mit Bestimmtheit beantworten. Es bliebe mir nunmehr noch übrig, die Verbreitung der in Rede stehenden Art im Russischen Reiche zu schildern, jedoch muss ich, bevor ich an diese Schilderung gehe, noch eines allerdings sehr merkwürdigen Vorkommens dieser Schlange in Deutschland ge- denken, wo sie namentlich in der Gegend von Schlangenbad sehr häufig ist und sogar Ver- anlassung zur Benennung des Ortes gegeben haben soll. Der verstorbene Senator von Heyden1), der, wenn ich nicht sehr irre, die Schlangenbader Schlange zuerst als Coluber Aesculapii Host ( Coluber flavescens Scop.) erkannt hat, ist der Meinung, dass dieselbe wahrscheinlich von den Römern, welche sie als Symbol des Aesculap verehrten, in das ihnen bekannte Bad eingeführt worden ist, und glaubt seine Ansicht durch den Umstand noch besonders zu unterstützen, dass er diese in Deutschland sonst nicht einheimische Schlangen- Art auch bei Baden-Baden, welche Quellen den Römern gleichfalls bekannt waren, beob- achtet hat. Kirschbaum2) hat nun den Coluber Aesculapii Host zwar ab und zu auch in der Gegend von Wiesbaden gefangen, jedoch stets in sehr abgemagerten, ohne Zweifel der Gefangenschaft entronnenen Exemplaren, so dass das Thier im Nassau’schen wirklich auf Schlangenbad beschränkt zu sein scheint, ein Umstand, der allerdings zu Gunsten der von Heyden’schen Annahme sprechen würde. Neuerdings jedoch ist diese Schlange auch bei Blankenheim in Thüringen und am Mägdesprung im Harze entdeckt worden, und ich muss Prof. Giebel3), dem man diese Nachrichten verdankt, vollkommen Recht geben, wenn er der Ansicht von der Einführung dieser Art durch die Römer mit Entschiedenheit entgegentritt , da ja bekanntlich die beiden so eben genannten Orte in Gegenden liegen , in welchen die Römer niemals Niederlassungen besessen haben. Es scheint also, dass Coluber Aesculapii Host in Deutschland weiter verbreitet ist, als man bisher angenommen hat, und da junge Exemplare desselben, wie schon Erber4) ganz richtig bemerkt, auf den ersten Blick der gemeinen Ringelnatter meist sehr ähnlich sehen, so ist es leicht möglich, dass die in Rede stehende Art zuweilen für Tropidonotus natrix L. gehalten und nicht weiter be- rücksichtigt worden ist. Was schliesslich das Vorkommen dieser Schlange im Russischen Reiche anbetrifft, so habe ich ganz neuerdings Gelegenheit gehabt, im Museum zu Warschau zwei ausgewach- sene, vortrefflich conservirte, fast einfarbige Exemplare derselben aus dem südlichen Polen zu sehen, von denen das eine bei Potok zloty in der Gegend von Czenstochau, das andere bei Zwierzyniec im Zamoisker Kreise des Gouvernements Lublin gefangen worden ist. Ferner 1) Jahrbücher d. Ver. für Naturkunde im Herzogth. Nassau XVI, p. 204. 2) Ibidem XVII, p. 87. 3) Zeitschrift für die gesammt. Naturwissenschaften XXXIII (1869) p. 303. 4) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XIV (1864) Abh., p. 705. Die Schlangen des Russischen Reichs. G9 soll sie noch Andrzejowsky ’) in den Gouvernements Volhynien, Podolien und Cherson ziemlich häufig sein, Prof. Kessler1 2) dagegen hat sie in den beiden erstgenannten, zum Kiew’schen Lehrbezirk gehörenden Gouvernements, deren Fauna von ihm sehr eingehend untersucht worden ist, niemals 'beobachtet , woraus sich entnehmen lässt , dass sie daselbst keineswegs häufig, sondern im Gegentheil sehr selten sein muss. Mit ihrer angeblichen Häufigkeit im Cherson’schen Gouvernement3) scheint es ähnlich zu stehen, denn unter den zahlreichen Eeptilien , welche wir aus diesem Tlieile des Reiches besitzen , findet sich nur ein einziges Exemplar dieser Art, welches Oberst К uschake witsch in der Gegend der Kolonie Franzfeld am Tergoporschen Busen des Dnjestr-Limans (südwestlich von Odessa) ge- fangen hat. Ob Coluber Aesculapn Host auch in den übrigen südlichen Gouvernements des europäischen Russland einheimisch ist, muss wegen Mangels aller Nachrichten dahinge- stellt bleiben, in Transkaukasien hingegen scheint er nicht gerade selten und dabei ziemlich weit verbreitet zu sein, da er sowohl an den Küsten des Pontus, im ehemaligen Colchis4), als auch am Westufer des Kaspischen Meeres beobachtet worden ist: Prof. Eichwald5 *) fing ihn nämlich bei Suram und an einem Bache in Mingrelien, Nordmann0) erbeutete sein Exemplar in einem hohlen Baume in der Umgegend von Bambori in Abchasien , nach Dr. M. Wagner7) bewohnt er Grusien und die Abhänge des Kaukasus und unsere Samm- lung endlich besitzt zwrei ganz neuerdings von Dr. Radde in der Gegend von Lenkoran gefangene Exemplare, so wie zwei andere, welche der verstorbene Lehrer Weidemann, der Begleiter des Herrn von Baer auf dessen kaspischen Reisen, aus Transkaukasien, ohne nähere Angabe des Fundortes, eingesandt hat. Der Verbreitungsbezirk des Coluber Aesculapii Host umfasst somit die Länder zwi- schen dem atlantischen Océan und dem Kaspischen Meere, wird im Süden grösstentheils vom Meere begrenzt und erstreckt sich nordwärts bis zu einer Linie, die in West-Europa etwa mit dem 49° n.Br. zusammenfällt, in Mittel-Europa zwischen dem 50 und 51° n. Br. verläuft und in Ost-Europa endlich in südöstlicher, leider nicht genauer zu bestimmender Richtung zum Kaspischen Meere zieht. 7. Coluber Hohenackeri n. sp. Ta*». II. C. supra brunco-cinereus, lateribus dilutioribus; capite subtiliter nigro-punctato vel marmorato; stria temporali suturisque scutellorum labialium nigris; maculis nuchalibus 1) Nouv. Mémoires de Moscou II, p. 332. 2) Kessler. Естеств. Истор. Кіевск. Учебн. Округа. Amphibia, p. 40. 3) Georgi (Geogr.-phys. u. naturh. Beschr. desRuss. Reichs III, vol. VI, p. 1883) giebt als Fundort für seinen Coluber bicolor «Elisabeth in Neu-Russland» an, worun- ter ohne allen Zweifel Elisabethgrad im Cherson’schen Gouvernement gemeint ist, denn Güldenstaedt, dessen Manuscripten Georgi diese Schlangen-Art entlehnt hat, bemerkt in seinen «Reisen durch Russland und im cau- casischen Gebürge II, p. 172», dass er den Coluber bico- lor bei der Schanze Pletenotasclilizkoi beobachtet habe, worunter nur das Dorf Pletenoi Taschlyk im Elisabeth- grad’schen Kreise des Cherson’schen Gouvernements ver- standen sein kann. 4) Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 154. 5) Eichwald. Reise auf dem Kasp. Meere und in den Kaukasus I, Abth. 2, p. 272. 6) Demidoff. Voyage dans la Russie merid.III,p.347. 7) Wagner. Reise nach Kolchis, p. 333. 70 A. Steauch, duabus magnis, elongato-triangularibus, antice inter se junctis, fuscis; dorso maculis, pie- rumque altérais, in quatuor sériés longitudinales dispositis, caudam versus raagnitudine di- minuentibus vel ipse evanescentibus , fuscis ornato; maculis serierum mediarum, ceterum multo majoribus, subrotundatis et linea flava vertebrali, àd caudae apicem usque excur- rente, sejunctis, in parte trunci antica vero in maculas transversas confluentibus ; infra m- grescens, scutis abdominalibus anterioribus flavo-maculatis, posterioribns subcaudalibusque in utroque latere macula flavescenti, plus minusve distincta, notatis. Corpore elongato, subtereti, capite parvo, attenuato, leviter depresso et a trunco parum distincto, cauda longa, tereti, acuminata: naribus utrinque inter seutella bina positis, lateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 8, quarto quintoque oculi bulbum attingentibus, infralabialibus 10, sexto omnium majore; scutello praeoculari utrinque simplici, postoculari duplici: squamis elliptico-sexangulis, laevibus, in trunci parte anteriore in 23 sériés longitudinales dispositis; scutis abdominalibus 201— 217, anali diviso, subcaudalibus utrinque Gl — 06, Synonymie. 1831. Coluber sp.? Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 375. J? 17. 1832, Coluber rubriventer Dwigubsky. Опытъ естеств Истор. всѣхъ животныхъ Россій- ской Имперіи. Amphib., р. 27. № 67. ’) Diese Art stellt dem Coluber Aesculapii Host am nächsten, unterscheidet sich von demselben aber nicht bloss durch die völlig verschiedene Färbung und Zeichnung, sondern auch, wie schon bemerkt, durch die Stellung der Infralabialia und durch die Beschaffenheit der Bauchschilder. Was zuerst die Infralabialia anbetrifft, so finden sich deren jederseits 10, die bis zum 6ten an Grösse zunehmen und von denen auch die 6 ersten mit den Inframa- xillaren in Berührung stehen, während die vorige Art nur 9 Infralabialia jederseits besitzt, von denen die 5 ersten, successiv an Grösse zunehmen und an die Inframaxillaria grenzen. Die Differenz in der Beschaffenheit der Bauchschilder besteht darin, dass bei der in Rede stehenden Art diese Schilder an den Seiten nicht winklig gebogen sind, und dass folglich auch keine Spur des für die vorige Art so charakteristischen jederseitigen Bauch -Kieles vorhanden ist. Sonst stimmt Coluber Holienaclteri m. vollkommen mit Coluber Aesculapii Host überein, nur dürfte vielleicht der Kopf im Verhältniss etwas kleiner sein, jedoch ist diese Grössendifferenz, die bei den Ausgewachsenen mehr vortritt, als bei den Jungen, überhaupt nur sehr unbedeutend. Der Kopf ist auf seiner horizontalen Oberfläche mit den gewöhnlichen 9 Schildern bekleidet, welche in Form, Grössenverhältniss und Lage voll- kommen mit denen der vorigen Art übereinstimmen. An der jederseitigen verticalen Kopf- fläclie finden sich ausser den in der Diagnose bereits genannten Schildern, noch ein kleines viereckiges Frenale und etwa 9 Temporalia, von welchen letzteren zwei in der vordersten 1) Man vergleiche die Anmerkung № 1 auf p. 36 dieser Abhandlung. Die Schlangen des Russischen Reichs. 71 Reihe liegen und an die beiden Postocularschilder stossen. Von den 9 jederseitigen Supra- labialen grenzt das erste an die beiden Nasalia, das zweite an das hintere Nasale und an das Frenale, als dritte an das Frenale und Praeoculare , das vierte an das Praeoculare und an den Bulbus, das fünfte an den Bulbus und an das Postoculare inferius, das sechste an das eben genannte Schildchen und an das Temporale inferius erster Reihe, das siebente an die Temporalia inferiora erster und zweiter Reihe und die beiden letzten an die unteren Tem- poralschilder der zweiten und dritten Reihe- Die Schilder an der Unterseite des Kopfes weichen, wie bereits bemerkt, nur in so fern von denjenigen der vorigen Art ab, als jeder- seits 10 Infralabialia vorhanden sind, welche bis zum sechsten, dem grössten, successiv an Grösse zunehmen und von denen auch die 6 ersten an die Inframaxillaria grenzen. Zwei von den 5 mir vorliegenden Exemplaren dieser Art, und zwar die beiden jungen, bieten übrigens in der Zahl der Infralabialia Anomalien dar, indem bei dem einen (JV° 1630) auf der rechten Seite das 3le und 4te dieser Schilder verschmolzen sind, und bei dem anderen (№ 1642) gleichfalls auf der rechten Seite statt des 2ten bis 5ип allmählich an Länge zuneh- menden Schildes überhaupt nur zwei, einander an Länge nahezu gleiche Schilder vorhanden sind; in Folge dessen stehen bei dem erstgenannten Stück auf der rechten Seite 5, bei dem letztgenannten gar nur 4 Infralabialia mit den Inframaxillaren in Berührung, während auf der linken Seite bei beiden die normale Anordnung dieser Schilder statt hat. Der Rumpf ist ziemlich schlank, kaum comprimirt und nahezu drehrund, jedenfalls am Bauche nicht abgeplattet und der Schwanz erscheint mässig lang, conisch und am Ende spitz. Die Schuppen, welche constant 23 Längsreihen bilden, stimmen in jeder Beziehupg mit denen von Coluber Aesculapii TI о st überein. Färbung und Zeichnung. Die Oberseite aller Tlieile heller oder dunkler gelbbraun ge- färbt, der Kopf fein schwarz punktirt oder marmorirt; die Punkte treten auf jedem OccL pitalschilde zu einer etwas grösseren Makel zusammen; eine schmale schwarze Temporal- binde zieht jederseits vom unteren Postocularschilde schräge auf das letzte Supralabiale, unter dem Auge findet sich ein schwarzer Fleck und überhaupt sind die Näthe aller La- bialschilder gewöhnlich fein schwarz gesäumt. Auf dem Nacken stehen zwei grosse dun- kelbraune Makeln, von denen jede etwa ein rechtwinkliges Dreieck darstellt, dessen rechter Winkel nach aussen gerichtet ist und dessen Hypothenuse gegen den entsprechenden Theil des gegenüberstehenden Dreiecks sieht. In dem Raume, der zwischen diesen beiden, vorn, d. h. gegen den Kopf hin, immer an einander stossenden und verschmolzenen Makeln übrig bleibt, beginnt ein schmales Band von hellgelber Farbe, das mehr oder weniger deutlich begrenzt, längs der Rückenmitte bis zur Schwanzspitzc fortläuft und bei den Jungen deut- licher ist, als bei den Ausgewachsenen. Zu jeder Seite dieses schmalen Bandes findet sich eine Längsreihe ziemlich grosser, dunkelbrauner, rundlicher oder viereckiger Makeln, welche anfangs denen der andern Seite gegenüber stehen und mit ihnen fast immer zu kurzen Querbinden Zusammenflüssen , später aber eine mehr alternirende Stellung annehmen und nach hinten zu immer kleiner und undeutlicher werden, so dass sie auf dem Schwänze 72 A. Strauch, kaum mehr wahrnehmbar sind, oder aber, was seltener der Fall zu sein scheint, zu einer undeutlichen dunkelen Längsbinde, welche das gelbe Mittelband besäumt, verschmelzen. An den Flanken findet sich jedcrseits noch eine Längsreihe ganz ähnlicher, aber kleinerer Makeln ,. welche mit den Rückenmakeln alterniren und gegen das Ende des Rumpfes, so wie auf dem Schwänze völlig verschwinden. Jede dieser seitlichen Reihen beginnt constant mit einer stark in die Quere gezogenen, fast senkrecht gestellten, grösseren Makel, welche der äusseren Ecke der jederseitigen Nuchalmakel gegenübersteht, an einem Punkte beginnt, der in der Verlängerung der Mundspalte liegt, und sich nach unten gegen die Kehle hin ausdehnt; zwischen dieser Makel und dem Hinterrande des letzten Supralabialschildes fin- den sich gewöhnlich nur zwei bis drei Querreihen von Schuppen, so dass sie also dem Kopfe sehr nahe steht. Die im Vorstehenden beschriebenen Zeichnungen der Oberseite finden sich bei allen 5 mir vorliegenden Exemplaren, alten, wie jungen, jedoch ist die Grösse der Dorsal- und Flankenmakeln bei den einzelnen Stücken sehr verschieden und namentlich zeichnet sich eines, .V 1636, dadurch aus, dass bei ihm diese Makeln, bis auf diejenigen im vordersten Theile des Rumpfes, die überhaupt immer deutlicher erscheinen, so von der Grundfarbe durchsetzt sind, dass die dunkele Farbe nur an den Schuppenrändern zu Tage tritt, wodurch eine Muster entsteht, welches an die schwärzlichen Zeichnungen von Coro- nella austriaca Laur. und zum Tlieil auch von Elaphis dione Pall, erinnert. Die Unterseite ist grauschwarz, jedes Schild hat an seinem äusseren Ende eine grössere oder kleinere gelbliche Makel, und zwar werden diese Makeln, die am Schwänze und auf dem letzten Rumpfdrittel kaum wahrnehmbar sind, nach vorn hin nicht bloss deutlicher, sondern neh- men auch an Umfang zu, so dass die vordersten Bauchschilder eigentlich auf gelbem Grunde schwarz gefleckt erscheinen; dabei ist noch zu bemerken, dass ebenfalls im vordersten Theile des Rumpfes die Aussenenden der einzelnen Schilder abwechselnd schwarz und gelb gefärbt sind, wodurch jederseits an der Vereinigungsstelle der letzten Schuppenreihe mit den Bauchschildern eine Längsreihe schwarzer Makeln entsteht. Bei einzelnen Stücken zeigt jedes der dunkelgefärbten Bauchschilder noch gelbliche, in grössere oder kleinere Haufen gruppirte Punkte, die entweder, wie bei № 1630 und in geringerem Grade auch bei № 1636, unregelmässig über die ganze Mitte des Schildes zerstreut sind, oder aber, wie bei J\Tr 1629, in der letzten Rumpfhälfte immer auf eine bestimmte Stelle an jeder Seite des Schildes beschränkt sind und den Bauch mit zwei recht regelmässigen Längsreihen solcher Punkthaufen geziert erscheinen lassen. Die Unterseite des Kopfes endlich ist gleich- falls gelb, das Kinn und der hinter den Inframaxillarschildern gelegene Theil der Kehle aber in grösserer oder geringerer Ausdehnuug schwärzlichgrau gefärbt. Maasse. Das grösste der fünf mir vorliegenden Exemplare des Coluber Uohemckeri m. besitzt eine Totallänge von 71 Ctm., von denen 11,5 Ctm. auf den Schwanz entfallen. Habitat Ueber die geographische Verbreitung dieser neuen Art lässt sich zur Zeit nur wenig sagen, sie scheint in ihrem Vorkommen ausschliesslich auf Transkaukasien be- schränkt zu sein, wenigstens stammen sämmtliche 5 mir vorliegenden Exemplaren aus diesem Die Schlangen des Russischen Reichs. 73 Theile des Reichs. Das eine dieser 5 Exemplare (Ш 1642) ist nebst vielen anderen trans- kaukasischen Reptilien und Amphibien im Jahre 1838 vom Pastor Hohenacker, dem zu Ehren ich die Art auch benannt habe, acquirirt worden und dürfte von ihm wohl in der Umgegend seines damaligen Wohnortes, der Kolonie Helenendorf, gefangen worden sein, das zweite (JVs 1625) fand ich in einer vom Kolonisten Fricke in der Gegend von Elisa- bethpol zusammengebrachten Sammlung von Reptilien und Amphibien , das dritte (№ 1636) hat Apotheker Schmidt bei Tiflis gefangen und die beiden letzten endlich (№ 1629 und 1630), die aus dem «Kaukasus», ohne nähere Angabe des Fundorts, stammen, verdankt das Museum dem verstorbenen Dr. Kolenati. 8. Coluber quadrilineatus Pallas. C. supra cinereus, dorso strigis plerumque quatuor longitudinalibus, continuis vel in- terruptis, aut fuscis, aut rubris et fusco marginatis, taeniaque vertebrali albida, non semper distincta, ornato; lateribus hinc inde nigro-maculatis; fascia transversa arcuata ante oculos, alia longitudinali, suturam inter scutella occipitalia occupante et nucham versus bifurcata, stria obliqua in utraque regione temporali, nec non macula snb utroque oculo, aterrimis; subtus medio chalybeo-nigrieans, antice et latera versus albicans vel flavidus, nigro-macu- latus. Corpore elongato, vix compresse et lateribus vixangulato, capite attenuato, depresso et a trunco parum distincto, cauda longa, tereti, acüminata; naribus utrinque inter scutella bina positis, lateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 8, quarto et quinto oculi bulbum attingentibus ; scutello praeoculari simplici, postoculari duplici; squamis laevibus, elliptico- sexangulis, in trunci parte anteriore in 25 vel 27 sériés longitudinales dispositis; scutis abdominalibus 239 — 260, anali diviso, subcaudalibus utrinque 68 — 87. Varietas: (= Coluber leopardinus Fitz.) supra cinerea vel grisea, dorso maculis magnis subquadrangularibus, rarius rotundatis, sanguineis vel fusco-badiis, nigro-circumscriptis, e duplici serie confluentibus, ornato; laterum maculis nigris, sat magnis, semilunaribus et utrinque in seriem simplicem dispositis. Synonymie „ 1811. Coluber quadriüneatus Pallas. Zoographia Rosso-Asiatica III, p. 40. M 34. 1832. Coluber quadriüneatus Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Рос- сійской Имперіи. Amphib., р. 22. № 46. 18.35. Coluber cruentatus Steven. Bulletin de Moscou VIII (1835), p. 317. tab. IX. 1840. Calopeltis leopardina Nordmann in: Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 348. pl. VI f. 1, pl. VIII, IX. 1850. Coluber leopardinus Berthold in: Wagner. Reise nach Kolchis, p. 339, 1854. A blabes quadriüneatus D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 319. 1865. Coronella quadrilineata Jan, Iconographie des Ophidiens, Livr. XIII, pl. V. Mémoires de Г Acad. lmp. des sciences, Vllme Serie. 10 74 A. Steauch, Ausser durch die Zahl der Schuppenreihen, welche gewöhnlich 25, seltener 27 be- trägt, unterscheidet sich diese Art von dem ihr zunächst verwandten Coluber Aesculapii Ho st noch durch den seitlich gar nicht, oder doch äusserst undeutlich gekielten Bauch und scheint in den meisten Fällen auch eine grössere Zahl von Abdominalschildern zu besitzen, wenigstens schwankt die Zahl dieser Schilder bei den 9 mir vorliegenden Exemplaren zwi- schen 239 und 254, während sie bei der Aesculaps-Schlange, so weit mir bekannt, nicht über 236 steigt. Unter den Autoren, welche die in Rede steheude Art behandelt haben, geben Nordmann und Steven die Zahl der Bauchschilder gleichfalls hoch, nämlich auf 250, an, Berthold zählte deren 245, Bonaparte1) 240 — 250, Jan2) dagegen spricht von einem Exemplar mit nur 237 Abdominalschildern, nach Prof. Schlegel3), der eine Menge von Exemplaren zu untersuchen Gelegenheit gehabt hat, schwankt die Zahl dieser Schilder zwischen 222 und 260 und Duméril endlich will gleichfalls 222 — 244 gefunden haben. Es scheint also die Zahl der Abdominalschilder in recht weiten Grenzen zu variiren, dass dieselbe aber auf 175 sinken könnte, wie Pallas behauptet, glaube ich nicht undver- mutlie, dass diese Angabe auf einem Schreib- oder Druckfehler beruht, wie ja ein ähn- licher sich auch in die Originalbeschreibung des Coluber sauromates Pall. 4) eingeschlichen hat, welcher Art Pallas nur 102 Bauchschilder vindicirt, während dieselbe deren doch niemals unter 195 besitzt. Im Uebrigen stimmt Coluber quadrilineatus Pall., bis auf die Zeichnung, vollkommen mit Coluber Aesculapii Host überein und scheint in seinen mor- phologischen Charakteren, namentlich in der Beschilderung des Kopfes, sehr constant zu sein, denn unter den 9 Exemplaren unserer Sammlung befindet sich nur ein einziges (V 1602), welches in so fern eine leichte Anomalie darbietet , als bei ihm auf der rechten Seite, statt der gewöhnlichen 8, nur 7 Supralabialia vorhanden sind, von denen auch nicht das 4te und 5te, sondern das 3te und 4te den Augapfel berühren, während auf der entge- gengesetzten Seite das normale Yerhältniss obwaltet. Färbung und Zeichnung. Diese Art zeigt auf der Oberseite aller Theile stets eine bräun- lich- oder gelblichgraue Grundfarbe, hat aber, wie schon in der Diagnose angegeben ist, grosse Neigung in der Zeichnung zu variiren, mit Ausnahme jedoch des Kopfes, der bei allen mir vorliegenden Stücken recht constant gezeichnet ist. Auf der horizontalen Fläche des Kopfes findet sich nämlich zuerst eine ziemlich breite, bogenförmige, mit der Conca- vität nach hinten sehende, schwarze Querbinde, welche jederseits am Auge beginnt, den vorderen Theil des jederseitigen Supraorbitalschildes, so wie die der Sutur zunächst gele- genen Theile des Verticale und der beiden Frontalia posteriora einnimmt und in seltenen Fällen in der Mitte verengert ist, so dass sie aus zwei ziemlich grossen, in der Mitte an ein- ander stossenden Makeln zu bestehen scheint. Nächstdem zieht jederseits eine gleichfalls schwarze Binde vom äusseren Rande des Verticalschildes schräge über den hinteren Theil 1) Bonaparte. Iconogr. della Fauna italica. Amfibi, Coluber leopardinus. 2) Arcliivio per la Zoologia II, p. 248 — 249. 3) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 170. 4) Pallas. Zoographia rosso-asiatica III, p. 42. Die Schlangen des Russischen Reichs. 7 des Supraorbitale, die vordere Aussenecke des Occipitale, die Temporalia und die letzten Supralabialia zum Mundwinkel hin, wo sie am Unterrande des letzten Supralabiale endet. Zwischen den Vorderenden dieser beiden nach vorn selbstverständlich convergirenden Tem- poralbinden steht häufig ein rundlicher Fleck von schwarzer Farbe, welcher die Mitte der hinteren Abtheilung des Verticalschildes einnimmt und ab und zu mit der gleich zu er- wähnenden centralen Kopfbinde verschmolzen ist. Diese centrale Kopfbinde, welche mit abgerundeter Spitze am, oder häufiger auf dem Verticalschilde entspringt, zieht, sich all- mählich erweiternd, über die Interoccipitalsutur nach hinten und spaltet sich am Hinter- rande der Occipitalschilder in zwei Aeste, die gegen den Nacken stark divergiren und in die schwarze Umrandung der Längsbinden oder der vordersten Rückenmakeln übergehen. Sehr häufig sendet diese Kopf binde, an der Stelle, wo sie sich spaltet, noch jederseits einen kleinen, nach vorn und auswärts gerichteten Fortsatz aus, wodurch eine eigenthümliche, schwer zu beschreibende, etwa an ein Dreizack erinnernde Figur entsteht. Ausserdem findet sich unter jedem Auge, auf der Sutur zwischen dem 4ten und 5ten Supralabiale, ein grösserer schwarzer Fleck und ähnliche, jedoch weder in Form, noch in Zahl constante Flecken stehen jederseits auf den Temporalschildern und zuweilen auch auf dem äusseren Theile des Occipitale. Bei sämmtlichen Exemplaren ist ferner der Oberrand des Rostral- schildes, so wie die Sutur zwischen dem jederseitigen lten und 2ten Supralabiale schwarz gefärbt, welche Färbung sich bei einzelnen Stücken an den Suturen aller Oberlippenschilder wiederholt. An der Unterseite des Kopfes endlich finden sich nur an den Lippenschildern schwarze Flecken, die auf die Suturen beschränkt sind und von denen nur drei ganz con- stant auftreten, nämlich einer auf der Sutur zwischen dem 2ton und 3ten, ein zweiter auf der Sutur zwischen dem 4ten und 5t№ und ein dritter am Hinterrande des ßten Infralabialschildes. Die typische Form dieser Art, der eigentliche Coluber qmdrilineatus Pall., zeigt auf bräunlichgrauem Grunde dunklere oder blutrothe, meist schwarz gesäumte Längsbinden, die in der Zahl 4, häufiger jedoch in der Zahl 2 Vorkommen und entweder continuirlich, oder aber auch hier und da unterbrochen sind; die Rückenfirste ist dabei gewöhnlich sehr hell gefärbt und soll, wie Nordmann angiebt, im Leben schneeweiss sein. Die Flanken zeigen grössere oder kleinere schwärzliche Makeln , die jedoch meist von der Grundfarbe so durchsetzt sind, dass die schwarze Farbe nur an den Rändern einzelner Schuppen zu Tage tritt; dadurch entstehen chevron-artige Figuren, die aber keineswegs immer so re- gelmässig angeordnet sind, wie Nordmann es bei dem von ihm auf tab. VIII abgebildeten Exemplare gezeichnet hat. Die Unterseite des Kopfes und des vorderen Rumpfdrittels ist gelblichweiss oder sehr hell gelb und jedes Bauchschild zeigt 4 oder 5 kleine unregelmässig geformte, schwärzliche Makeln, die sämmtlich am Hinterrande desselben liegen und Nei- gung zeigen, sich in Längsreihen anzuordnen. Weiterhin nehmen die in der Mitte des Schildes stehenden Makeln immer mehr an Umfang zu, so dass die Mitte des ganzen Bau- ches schwärzlich (im Leben sehr dunkel stahlblau) gefärbt erscheint und nur die Aussen- enden der Schilder noch die gelbliche Farbe behalten. Unter dem Schwänze, wo die helle 76 A. Steauch, Farbe vorherrscht, ordnen sich die auf jedem Subcaudale vorhandenen schwärzlichen Ma- keln zu zwei Längsreihen an und zeigen gegen die Spitze hin Neigung, zu einer Längsbinde zu verschmelzen. Von dieser typischen Form liegen mir drei Krym’sche Exemplare vor, von denen das eine (JV 1598) zwei bis an das Schwanzende reichende, continuirliche, braune, nach innen sehr deutlich schwarz gesäumte Längsbinden besitzt. Das zweite Stück (.V 1600) hat vier solcher Längsbinden, jedoch sind diese Binden nicht schwarz gesäumt und daher von der Grundfarbe nicht vollkommen scharf abgesetzt, und das dritte endlich (JVs 1602) zeigt längs der Bückenfirste eine weissliche, jederseits schwarz gesäumte Längsbinde, seine dunkeln Binden dagegen, deren es gleichfalls nur zwei besitzt, sind unterbrochen und überhaupt nur im vorderen Bumpfdrittel erkennbar; da dieses Stück zu den von Hrn. von Demidoff geschenkten Reptilien gehört, so vermuthe ich, dass es das Original zu der von Nordmann auf tab. VIII abgebildeten Schlange ist, an welcher die blutrothen, im Alcohol selbstverständlich bald verbleichenden Längsbinden gleichfalls nur im vorderen Bumpf- drittel einigermaassen deutlich begränzt sind. Die gefleckte Varietät dieser Art, welche unter dem Namen Coluber leopardinus Fitz, bekannt ist, unterscheidet sich von der typischen Form nur durch die Zeichnung auf der Oberseite des Bumpfes und Schwanzes, welche beide mit gelblichbraunen (im Leben blut- rothen), schwarz gesäumten Flecken geziert sind; diese Flecken stehen in zwei Längsreihen angeordnet, fliessen jedoch grösstentheils zu breiten Quermakeln zusammen und werden jederseits an den Flanken noch von einer Beihe schwarzer, meist halbmondförmiger, mit ihnen alternirender Makeln begleitet. Zu dieser Varietät gehören die 6 übrigen Stücke un- serer Sammlung, von denen drei (V 1599, 1601, 1603), aus der Krym stammen, während die drei anderen (№ 1604, 1605 und 1606), als in Dalmatien gefangen, angekauft sind. Bei den drei Krym’schen Exemplaren sind die grossen schwarz gesäumten Makeln gröss- tentheils entweder getrennt und in zwei Längsreihen angeordnet, oder aber doch so ver- schmolzen, dass man ihre Verwachsung aus zwei getrennten Makeln noch deutlich erkennt, und dabei setzen sie sich, kleiner werdend, auch auf den Schwanz fort, bei den Dalmati- nern dagegen findet sich durchweg nur eine einzige Längsreihe stark in die Quere gezoge- ner Makeln und auf dem Schwänze werden dieselben durch zwei Läugsreihen schwarzer Flecken ersetzt, welche letztem gegen die Spitze hin sogar zu fast continuirlichen schwarzen Längsbinden verschmelzen. Maasse. Das grösste der mir vorliegenden Exemplare (J\° 1598) besitzt eine Totallänge von 89 Ctm., von denen 16,5 Ctm. auf den Schwanz kommen, stimmt also ziemlich mit dem von Prof. Schlegel angegebenen Maximum der Grösse (75-4-16 Ctm.) überein. Habitat. Coluber qmdrilineatus Pall, hat im Vergleiche mit Coluber Aesculapii Host einen sehr beschränkten Verbreitungsbezirk, denn er geht nach Westen nicht über Italien hinaus und erreicht die Ostgrenze seines Wohngebiets bereits in Klein- Asien. Dr. Gün- ther1) führt zwar unter den Schlangen des British Museum auch ein aus China stammen- 1) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 89. Die Schlangen des Russischen Reichs. 77 des Exemplar dieser Art auf, jedoch bezweifle ich die Richtigkeit dieser Fundortsangabe, da es wohl mehr als unwahrscheinlich ist, dass eine, in einem verhältnissmässig sehr kleinen Tlieile von Europa und in Klein- Asien einheimische, in Transkaukasien und im übrigen Russisch-Asien aber ganz bestimmt fehlende1) Schlangen-Art in China, also hunderte von Meilen von ihrer eigentlichen Heimath entfernt, plötzlich wieder auftreten sollte. Alsdann existirt noch eine Angabe über das Vorkommen des Coluber quadrilineatus Pall, in Aegyp- ten, und zwar sollen nach Dr. Sclater2) zwei im Jahre 1863 für den Londoner zoologi- schen Garten acquirirte Exemplare aus dem genannten Lande stammen, jedoch scheint mir auch diese Fundortsangabe zu wenig verbürgt, als dass ich sie ohne Weiteres für richtig acceptiren könnte, denn einerseits ist die Person, von welcher die beiden Tliiere angekauft worden sind, nicht genannt, leistet also wahrscheinlich wenig oder gar keine Gewähr für die Richtigkeit des angegebenen Fundorts, und andererseits bleibt die Möglichkeit nicht aus- geschlossen, dass die Thiere, ehe sie nach London kamen, schon durch die dritte, vierte Hand gegangen waren, in welchem letzteren Falle selbstverständlich gar kein Werth auf die Fundortsangabe zu legen sein würde. Endlich habe ich noch eine dritte Angabe über das Vorkommen der in Rede stehenden Art ausserhalb der oben angedeuteten Grenzen ihres Wohngebiets zu berücksichtigen, deren Irrigkeit übrigens, genau genommen, bereits erwiesen ist: Prof. Schlegel3) behauptet nämlich, dass im Pariser Museum auch Exem- plare des Coluber quadrilineatus Pall, aus Bona und aus der Provence vorhanden seien, in der Erpétologie générale4), die bekanntlich hauptsächlich auf die Schätze der Pariser Samm- lung begründet und deren ophiologischer Tlieil viele Jahre nach dem Essai sur la Physio- nomie des Serpens erschienen ist, geschieht aber derartiger Exemplare mit keinem Worte Erwähnung, woraus sich denn von selbst ergiebt, dass Schlegel’s Angabe auf einem Irr- thume beruhen muss. Was nun das Vorkommen des Coluber quadrilineatus Pall, in Italien anbetrifft, wo er, wie oben bemerkt, die Westgrenze seines Verbreitungsbezirkes erreicht, so ist er daselbst nur auf die südlichen Gegenden beschränkt, kommt aber sowohl auf der Halbinsel, nament- lich bei Gallipoli5) und überhaupt in der Terra d’Otranto5), als auch auf Sicilien3) vor, auf welcher letzteren Insel er besonders bei Catania sehr häufig ist und sogar in den Häu- sern angetroffen wird3). Ferner bewohnt er die Insel Lissa3), ist von Frauenfeld6) bei Salona in Dalmatien gefangen worden und kommt nach Erber7) überhaupt durch ganz 1) Da unter den überaus zahlreichen Reptilien, wel- che unser Museum während der 40 Jahre seines Beste- hens aus Transkaukasien und B.ussisch -Asien überhaupt erhalten hat., sich kein Exemplar des Coluber quadrilinea- tus Pall, befindet, so glaube ich nicht zu weit zu gehen, wenn ich das Vorkommen dieser Art in den genannten Gegenden völlig negire. 2) Sclater. List of Vertebrated Animais living in the Gardens of the zool. Soc. of London. 4th Edit., p. 191. f ' 3) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 170. 4) D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 324. 5) Bonaparte. Iconogr. délia Fauna italica. Amfibi, = Coluber leopardinus. 6) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien IV (1854) Abh., p. 83. 7) Ibidem XIV (1864) Abh., p. 705. 78 A. Strauch, Dalmatien und die Herzegowina vereinzelt vor. Nördlich von Dalmatien wird er nicht mehr gefunden, und ich muss Hrn. von Frauenfeld1) durchaus beistimmen , wenn er die Richtigkeit von Leybold’s1) Vermuthung, dass nämlich eine von Bauern in Tirol gesehene dicke gefleckte Schlange (Jobber leopardims Fitz, gewesen sei, in Abrede stellt. Von Dal- matien erstreckt sich der Verbreitungsbezirk dieser Art in die europäische Türkei, wo dieselbe jedoch bisher erst an zwei Punkten, nämlich bei Constantinopel 2) und auf der In- sel Creta3), namentlich bei Kliania und Nerokourou4), beobachtet worden zu sein scheint. Ferner bewohnt sie Griechenland und ist sowohl in Morea3), als auch auf den jonischen Inseln5 6) und auf den Cycladen einheimisch; ob sie in Morea überall vorkommt, oder aber auf einzelne Gegenden beschränkt ist, lässt sich zur Zeit nicht entscheiden, da weder in der Expedition scientifique en Morée0), noch auch in Betta’s7 8) Herpetologie des griechi- schen Reichs specielle Fundorte angegeben sind, unter den griechischen Inseln dagegen kennt man bereits zwei, auf denen ihre Anwesenheit constatirt ist, nämlich Corfu, wo nach Erbers) die Form mit rothen Längsstreifen vorkommt, und Syra, wo Erhard9) ein Exemplar auf der Spitze des 1600' hohen Berges Pvrgos erbeutet hat. Alsdann scheint diese Art auch in Klein- Asien weit verbreitet zu sein, denn Jan2) erwähnt einer Varietät aus der Gegend von Smyrna, Lichtenstein10) will sie aus Trebizond erhalten haben, und Moritz Wagner11) hat sie an der türkisch-politischen Küste beobachtet. In Russland end- lich ist Coluber quadrilineatus Pall, in seinem Vorkommen ausschliesslich auf die Kryrn, wo auch Pallas12) ihn ursprünglich entdeckt hat, beschränkt und findet sich daselbst nach Nordmann13) hauptsächlich an der südlichen Küste, besonders in der Umgegend von Laspi; alle sonstigen Angaben über das Vorkommen dieser Schlange im südlichen Russland, im Kaukasus oder gar im nördlichen Asien muss ich mit Entschiedenheit für irrig erklären, da dieselben theils auf einem Missverständniss von Seiten der Verfasser der Erpétologie géné- rale u) beruhen, theils aber auch ohne irgendwelche Gewähr für die Richtigkeit des angege- benen Fundorts gemacht sind15). Der Verbreitungsbezirk des Coluber quadrilineatus Pall. 1) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien IV (1854) Sitzungsber., p. 21. 2) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 47. 3) D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 324. 4) Actes de la soc. Linnéenne de Bordeaux XXIV, p. 692. 5) Günther. Catal. of Colubrine Snàkes, p. 89. 6) Expedition scientif. en Morée. Zool., p. 73. 7) Retta. Rettili ed Anfibi del Regno délia Grecia, p. 63. 8) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch zu Wien XVI (1866) Abh., p. 826. 9) Erhard. Fauna der Cycladen p. 76. 10) Lichtenstein. Nomencl. Reptil et Amphibior. Mus. zool. Berol., p. 27. 11) Wagner. Reise nach Kolchis, p. 339. 12) Pallas. Zoographia rosso-asiatica ЦІ, p. 40. 13) Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 348. 14) Die irrige топ mehreren Autoren adoptirte An- sicht, dass Coluber quadrilineatus Pall, überhaupt im südlichen Russland und sogar im nördlichen Asien vor- kommt, stammt aus der Erpétologie générale, wo es vol. VII, p. 324 wörtlich heisst: «Pallas l’a trouvé dans ses voyages à travers les provinces méridionales de la Rus- sie et au nord de l’Asie», während doch Pallas von der in Rede stehenden Art ausdrücklich bemerkt: «in Tau- ricae Chersonesi ruderatis siccis occurrit rarius». 15) In seinem «Versuch einer Geschichte der Mena- gerien des österreichisch-kaiserlichen Hofes (Sitzungsber. der Wiener Akademie. Math -naturw. Classe X, p. 658) führt Fitzinger unter den Fundorten seines Coluber Die Schlangen des Russischen Reichs. 79 umfasst somit den südlichsten Tlieil der italischen Halbinsel nebst der Insel Sicilien, die türkisch-griechische Halbinsel sammt den benachbarten Inseln, so wie Klein-Asien und er- reicht seine Nordgrenze einerseits (in Dalmatien) etwa unter dem 44. und andererseits (auf der taurischen Halbinsel) etwa unter dem 46.° n. Br. 9. Coluber rufodorsatns Gantor. C. supra bruneo-cinereus, fascia arcuata ante oculos, alia obliqua in utraque regione temporal!, nee non duabus fasciis occipitalibus geniciilatis, altera in alteram immissis et ii- guram, sagittae mucroni similem, fingentibus, fuscis vel nigricantibus ; dorso maculis ova- libus alternis, quadriseriatis, in dimidio posteriore trunci in 4 fascias longitudinales, ad caudae apicem usque excurrentes, confluentibus, fuscis vel nigricantibus, medio semper di- lutioribus et plerumque flavo-marginatis, ornato; subtus flavo nigroque tesselatus. Corpore elongato, subcylindrico, capite attenuato, depresso et a trunco Darum distincto, cauda longa, tereti, acuminata; naribus utrinque inter scutella bina positis, lateralibus; scutellis suprala- bialibus utrinque 7, tertio et quarto oculi bulbum attingentibus ; scutello praeoculari utrin- que simplici, postocularibus duobus; squamis laevibus, elliptico-sexangulis, in trunci parte anteriore semper in 21 séries longitudinales dispositis ; scutis abdominalibus 162 — 178, anali diviso, subcaudalibus utrinque 47 — 60. Syaaoiiymle» 1842. Coluber rufodorsatns Cantor Arm. and Mag. Nat. Hist. IX (1842), p. 483. 1842. Coluber rufodorsatns Cantor. Zoology of Chusan. pl. XIII.* 1) 1854. Ablabes sexlineatus D. et B. Erpétol. génér. VH, p. 324. 1864. Coluber rufodorsatns Günther. Reptiles of British India, p. 238. pl. XX f. G. 1865. Coronella sexlineata Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XIV, pl. VI f. 2, 3. Wie bereits weiter oben bemerkt, unterscheidet sich Coluber rufodorsatns Cant, von den drei anderen in Russland einheimischen Coluber- Arten, abgesehen von der völlig ver- schiedenen Zeichnung und Färbung, hauptsächlich durch die Zahl der Supralabial- und Ab- dominalschilder ; er besitzt nämlich jederseits nicht, wie jene, 8, sondern nur 7 Oberlippen- leopardinus aucli Süd - Russland und den Kaukasus an, ohne jedoch dabei zu bemerken, in welcher Sammlung' etwa er Exemplare von den genannten Fundorten ge- sehen, oder aus welcher Quelle er diese Fundortsanga- ben geschöpft habe. 1) Dieses weder in der Bibliotheca historico-naturalis von Engelmann, noch in der Bibliotheca zoologica vou Car us und Engel mann aufgeführte Werk ist leider unvollendet: das mir vorliegende Exemplar besitzt kei- nen besonderen Titel, sondern auf der ersten Seite des Textes, der im Ganzen 32 Seiten (fol. В — I) umfasst und am Schlüsse «Calcutta, February 1842» gezeichnet ist, steht «I. ■ — ■ Zoology of Chusan by Dr. Theodore Can- tor, Esq., M. D. В. M. S. — Communicated by the Go- vernment of India. — Introduction. General outline of the Flora and Fauna of Chusan.»; von den beigelegten 11 colorirten Tafeln (pl. I — VII, IX, X, ХП, XIII), zu denen keine Beschreibungen existiren, enthalten die 5 ersten Abbildungen von Säugethieren, die 6 letzten von Reptilien, von denen die letzteren fast durchgängig mei- sterhaft ausgeführt sind. 80 A. Strauch, Schilder, von denen auch nicht das 4te und 5tB, sondern das 3le und 4te den Augapfel be- rühren, und seine Bauchschilder erreichen höchstens die Zahl 178, während bei den drei anderen Arten nie unter 200 solcher Schilder Vorkommen. Ehen diese geringe Zahl von Bauchschildern gieht auch ein sicheres Merkmal ab, um die in Bede stehende Species von dem ihr nahe verwandten japanischen Coluber conspicillatus Boje zu unterscheiden, der mit ihr in der Zahl der Supralabialschilder und der Schuppenreihen übereinstimmt, dessen Bauchschilder aber stets die Zahl 200 überschreiten und dessen Schuppen ausserdem auch nicht vollkommen glatt, sondern wenigstens auf der Kückenmitte sehr schwach gekielt er- scheinen. Im Habitus stimmt Coluber rufodorsatus Cant, fast vollkommen mit den vorherge- henden Arten, namentlich mit Coluber Aesmlapii Ho st überein, nur ist sein Bauch kaum abgeplattet, die Bauchschilder an den Seiten daher auch nicht winklig geknickt und der Rumpf in seiner ganzen Länge fast drehrund. Eben so bieten auch die Kopfschilder in Form und Lage nichts Ungewöhnliches dar und scheinen auch im Allgemeinen sehr con- stant zu sein, wenigstens habe ich unter den 7 von mir untersuchten Exemplaren dieser Art nur ein von der Bai Possiet stammendes, dem Warschauer Museum gehöriges Stück gefunden, das in so weit eine Anomalie darbietet, als sein rechtes Praeocularschild in 2 über einander liegende Schildchen getheilt ist, während das linke vollkommen normal erscheint. Färbung und Zeichnung. Die Oberseite aller Theile ist braungrau, bei den Ausgewach- senen ziemlich dunkel, bei den Jungen sehr hell, fast gelblichgrau; zugleich erscheinen bei allen Stücken die einzelnen Schuppen, namentlich an den Seiten des Rumpfes, sehr fein und ziemlich dicht schwarz punktirt. Auf dem Kopfe vor den Augen findet sich eine bogen- förmige, mit der Convexität nach vorn gerichtete, sehr dunkel braun oder selbst schwärz- lich gefärbte Querbmde, die je nach den verschiedenen Exemplaren bald breit, bald schmal ist und zuweilen, wie bei A 2912 unserer Sammlung, in drei fast völlig getrennte Makeln aufgelöst erscheint. Auf diese Querbinde folgen zwei hinter einander stehende, in einander eingeschobene, chevron -artige Binden von gleichfalls dunkelbrauner Farbe, deren hintere jederseits mit einander vereinigte Enden sich über den Nacken hinaus auf den Rumpf er- strecken und gewöhnlich mit der vordersten Dorsalmakel der gleichnamigen Seite ver- schmelzen. Diese beiden Chevrons, deren nach vorn gerichtete Winkel sehr spitz sind, be- grenzen eine Figur, die einer Pfeilspitze nicht unähnlich ist und die in ihrer Mitte noch mehrere, verschieden geformte und gestellte, dunkelbraune Makeln zeigt. In der jeder- seitigen Temporalgegend ferner zieht eine ziemlich breite, gleichfalls dunkelbraune oder selbst schwärzliche Binde von den Postocularschiklern schräge zum Mundwinkel und setzt sich darauf in horizontaler Richtung auf den Rumpf fort, um mit der vordersten Makel der auf der entsprechenden Seite befindlichen Flankenreihe zu verschmelzen. Alle diese Binden und Figuren auf dem Kopfe sind sowohl bei den Ausgewachsenen, als auch bei den Jungen schwarz, oder doch wenigstens sehr dunkel, gerandet und bei letzteren ausserdem noch mit Die Schlangen des Russischen Reichs. 81 einem recht deutlichen, aber sehr feinen, gelben Saume versehen. Auf dem Rumpfe finden sich 4 Längsreihen alternirender Makeln von ovaler Form und dunkelbrauner bis schwärz- licher Farbe, deren Ränder gleichfalls dunkler gefärbt sind, als die Mitte, und die bei den Jungen einen sehr deutlichen, bei den Ausgewachsenen aber einen meist sehr undeut- lichen gelben Saum zeigen. Die Makeln dieser vier Reihen werden um so langgestreckter, je weiter sie sich vom Kopfe entfernen, und verschmelzen endlich auf der hinteren Hälfte des Rumpfes zu 4 an den Rändern sehr dunkel gefärbten Längsbinden, welche letzteren sich ununterbrochen bis an die Schwanzspitze fortsetzen und von denen namentlich die bei- den mittleren mehr oder weniger deutlich gelb gesäumt sind. Die Unterseite des Kopfes, so wie der untere Theil der Supralabialschilder ist gelblich und gewöhnlich ohne alle schwarze Flecken, die Unterseite des Rumpfes dagegen erscheint schwarz und gelb gewür- felt, indem die gelben Bauchschilder mit viereckigen schwarzen Makeln geziert sind: da nun gewöhnlich auf ein Bauchschild, das in seiner Mitte ein schwarzes Viereck zeigt, ein solches folgt, bei welchem die Mitte hell, jede Seite aber mit einem schwarzen Viereck ge- ziert ist, so erhält die Unterseite ein schachbrettartiges Aussehen, welches in mehr oder weniger regelmässiger Ausbildung über die beiden letzten Drittel des Bauches ausgedehnt zu sein pflegt ; im vordersten Rumpfdrittel dagegen sind die Bauchschilder meist einfarbig gelb, oder doch nur hin und wieder mit schwarzen Makeln versehen, wesshalb in diesem Theile der Unterseite kaum eine Andeutung von einer solchen schachbrettartigen Anord- nung der Makeln existirt. Ausserdem sind die Enden der Bauchschilder gewöhnlich schwarz gefärbt, wodurch jederseits an der Vereinigungsstelle der letzten Schuppenreihe mit den Abdominalschildern eine ziemlich regelmässige Längsbinde1), oder aber, wenn die Enden der genannten Schilder abwechselnd gelb und schwarz sind, eine Längsreihe schwarzer Makeln entsteht, An einem jungen Exemplar unserer Sammlung (№ 2913) sind die Bauch- schilder im letzten Drittel des Rumpfes an den Seiten und am äussersten Hinterrande schwarz gefärbt, in der Mitte aber gelb, so dass die Bauchmitte an dieser Stelle eine Reihe gelber Querbinden zeigt, die durch feine schwarze, dem Hinterrande der einzelnen Schilder entsprechende Linien von einander getrennt erscheinen. Die gelben Subcaudalia sind eben so, wie die Bauchschilder, fast durchgängig an beiden Enden schwarz gefärbt und die Unter- seite des Schwanzes daher in der Mitte , da wo die jederseitigen Subcaudalia an einander stossen, mit einer schwarzen Längsbinde geziert, welche letztere nach beiden Seiten hin kurze Fortsätze aussendet. Die jungen Exemplare, deren mir 4 vorliegen, unterscheiden sich von den ausgewachsenen, wie schon bemerkt, nur durch die hellere Grundfarbe und durch die deutlicher vortretenden, an den Rändern auffallend clunkelen und immer gelb ge- säumten Makeln und Binden ; zugleich sind bei ihnen die Binden auf der hinteren Rumpf- hälfte und auf dem Schwänze zwar continuirlich, dabei aber so beschaffen, dass man die Makeln, aus deren Verschmelzung sie entstanden sind, meist noch ganz deutlich erken- nen kann. 1) Auf ein so gezeichnetes Exemplar ist der Ablabes sexlineatus D. et B. begründet. Mémoires de l’Acad. Irap, des sciences, VHrae Série. 11 82 A. Strauch, Maasse. Das grösste der mir vorliegenden Exemplare besitzt eine Totallänge von 73,5 Ctm., von denen 11 Ctm. auf den Schwanz entfallen. Habitat. Ursprünglich von Dr. Cantor1) auf der Insel Tschusan entdeckt, ist diese Art später auch auf dem benachbarten chinesischen Festlande, namentlich bei Ningpo2) in der Provinz Tschikiang, so wie auf der Insel Formosa3), in der Gegend von Tamsuy, wiedergefunden worden. Ausserdem bewohnt sie noch Ost-Sibirien und ist daselbst von Dr. Radde sowohl in Daurien, als auch am Nordende der hohen Gobi und im Chinggan- Gebirge, von Dr. Dybowsky an den Ufern des Amur zwischen Seljonoi-Less und Chaha- rowka, so wie bei Wladiwostok gefangen worden. Das Wohngebiet des Coluber rufodorsalus Cant, umfasst somit allem Anscheine nach einen grossen Theil des östlichen Asien, er- streckt sich nordwärts bis nach Transbaikalien und in’s Amurland und erreicht seine Süd- grenze, so weit gegenwärtig bekannt, auf der Insel Formosa; das Vorkommen dieser Art in Nord-Australien, woher das British Museum2) ein angeblich bei Port Essington erbeu- tetes Exemplar besitzt, bezweifle ich auf das Entschiedenste und vermuthe, dass der Fund- ort dieses Stückes, das aus der Sammlung des Haslar Hospitals stammt, eben so falsch verzeichnet ist, wie derjenige des angeblich chinesischen Exemplars von Coluber quadri- lineatus Pall., welches letztere ehemals gleichfalls der Sammlung des genannten Hospitals angehört hat. 10. Elaphis dione Pallas. E. supra dilute cinereus vel carneus, capite fascia transversa, leviter arcuata ante oculos, macula vertico-occipitali fenestrata vel valde sinuosa, nee non utrinque fasciis dua- bus, altera temporali subobliqua, altera elongata, medio dilatata, ab occipite in nucham de- scendente et plerumque cum macula vertico-occipitali confluente, omnibus, maculis fasciis- que, fuscis vel bruneo-olivaceis, plus minusve distinctis et semper nigro-marginatis, ornato; scutellis supralabialibus albo-flavicantibus, margine anteriore plerumque nigro; dorso cau- daque strigis tribus longitudinalibus ex albo flavescentibus, interdum parum conspicuis, subevanidis, nec non fasciis transversis angustis, angulatis, saepissime interruptis, nigris, vel rarius maculis subrotundatis, aut fuscis, aut bruneo-olivaceis, nigro-marginatis et séries transversas fingentibus, notatis; subtus stramineus, nigro-maculatus, scutis siugulis abdo- minalibus subcaudalibusque quatuor vel tribus maculis majoribus nigris notatis, vel raris- sime nigro- Tuscus, margine posteriore singulorum scutorum sordide flavo, excepta gula, sem- per straminea et immaculata. Capite parvo, elongato, tetragono-pyramidali, a franco parum distincto, rostro acuminato, leviter compresso, apice rotundato, trunco elongato, subfusi- formi, tereti, cauda brevi, acuminata, subtus leviter depressa; naribus utrinque inter scu- tella duo positis, lateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 8, quarto et quinto oculi bulbum attingentibus ; scutellis praeocularibus postocularibusque utrinque binis ; squamis 1) Ann. and Mag. Nat. Hist. IX, p. 483. 2) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 89. 3) Ann. and Mag. Nat. Hist. 3 ser. XII, p. 225. Die Schlangen des Russischen Reichs. 83 lanceolatis, dorsalibus subcarinatis, ceteris laevibus, in trunci parte anteriore in 23 — 25 sériés longitudinales dispositis; scutis abdominalibus 172 — -214, anali diviso, subcaudali- bus utrinque 54— -76. Synonymie. 1773. Coluber dione Pallas. Reise durch versch. Prov. d. Russ. Reichs II, p. 717. 1800. Coluber dione Georgi. Geogr.-phys. und naturh. Beschr. des Russ. Reichs III, vol. VI, p. 1882. № 12. 1811. Coluber dione Pallas. Zoographia Rosso-Asiatica HI, p. 39. JV“ 33. 1811. ' Coluber dione var. cumana Pallas. Ibidem III, p. 40. 1812. Coluber dione Vietinghoff. Mémoires de Moscou III, p. 95. 1823. Coluber dione Lichtenstein in: Eversmann. Reise von Orenburg nach Buchara, p. 145. № 14. 1826. Coluber dione Lichtenstein in: Meyendorff. Voyage d’Orenbourg à Boukhara, p. 464. № 14. 1831. Coluber eremita Eichwald. Zoologia specialis III, p. 174. 1832. Coluber dione Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Имперіи. Amphib., р. 22. № 45. 1832. Coluber dione Ménétriès. Catalogue raisonné, p. 68. № 229. 1837. Coluber maeoticus Rathke. Mém. d. Savans étrang. Acad. St.-Pétersbourg III, p. 433. tab. I f. 9—11. 1841. Coelopeltis dione Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 151. tab. XXVIII. 1852. Coelopeltis dione Brandt in: Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 334. 1854. Elaphis dione D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 248. 1867. Elaphis dione Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXI, pl. III‘f. A. 1871, Elapliis dione Kessler in: Auerbach. Гора Богдо, p. 74. Die Arten der Gattung Elaphis (Aldrov.) unterscheiden sich von denen der Gattung Coluber L., in dem Sinne, wie ich sie hier nach dem Vorgänge von Dr. Günther aufge- fasst habe, nur durch den Besitz von zwei jederseitigen Praeocularschildern, von denen das untere sehr klein und in einen winkligen Ausschnitt zwischen zwei Supralabialschildern eingeschoben ist und ganz passend als Pseudopraeoeularschild bezeichnet wird. Obwohl nun dieses Merkmal keinen generischen Werth besitzt und dabei, wie ich mich zu überzeugen Gelegenheit gehabt habe, nicht einmal ganz constant ist, da Exemplare von Elaphis dione Pall, und namentlich von Elaphis Schrenckii n. sp, mit jederseitigem einfachen Praeocular- schilde Vorkommen, so habe ich die Gattung Elaphis Aldr. doch adoptirt, weil es mir nicht angebracht schien, in einer rein faunistischen Arbeit über den Werth und die Haltbarkeit von Gattungen abzuurtheilen. Diese Gattung Elaphis Aldr. besitzt nun in unserer Fauna 4 Repräsentanten, die in ihren morphologischen Merkmalen sehr mit einander überein- 84 A. Strauch, stimmen und sich hauptsächlich durch die allerdings sehr differente Färbung und nament- lich Zeichnung, so wie auch durch Verschiedenheiten im Habitus von einander unterscheiden lassen. Die eine von diesen 4 Arten, Elaphis taeniwrus Соре, unterscheidet sich von den 3 andern schon auf den ersten Blick dadurch, dass bei ihr die hintere Rumpfhälfte und der Schwanz der Länge nach gestreift erscheinen , während auf der vorderen eine völlig andere Zeichnung vorhanden ist. Unter den drei übrigen Arten ist Elaphis SchrencMi n. sp. durch die dunkele, fast schwarze Färbung und die Anwesenheit von gelblichbraunen, jederseits gabelig getheilten Querbinden über Rücken und Schwanz so sehr ausgezeichnet, dass an eine Verwechselung derselben mit den anderen nicht zu denken ist, und die beiden letzten Arten, Elaphis dione Pall, und Elaphis sauromates Pall., unterscheiden sich von einander, abgesehen von der völlig verschiedenen Zeichnung, durch die verschieden starke Ausbil- dung der Kiele auf den Schuppen der mittleren Längsreihen, so wie auch durch die Form des Kopfes, welcher bei Elaphis sauromates Pall, stark flachgedrückt ist, während er bei Elaphis dione Pall, ungleich höher und selbst, wenigstens im Schnauzentheile, etwas com- primirt erscheint. Was nun den Elaphis dione Pall, anbetrifft, so besitzt derselbe einen verhältniss- mässig kleinen, vom Rumpfe im Ganzen wenig abgesetzten Kopf, der an den Mundwinkeln wenig mehr als um die Hälfte breiter als hoch ist, und der im Schnauzentheile eine ziem- lich deutliche Compression zeigt, wesshalb die am Ende zwar stumpf zugerundete Schnauze dennoch als spitz zulaufend bezeichnet werden muss. Der Kopf ist auf der horizontalen Oberfläche mit den allen Gohbriden zukommenden 9 Schildern bekleidet, die ganz gewöhn- lich gebildet sind und unter denen allenfalls das auffallend breite und kurze Verticalschild hervorzuheben wäre, dessen Breite am Vorderrande nur um ein Geringes der Gesammt- länge des Schildes nachsteht. Von den Schildern der jederseiiigen verticalen Kopfläche ist das vordere Nasale etwas grösser als das hintere, das Freuale, von massiger Grösse, hat die Gestalt eines Trapezes, das obere oder eigentliche Praeocularschild ist ziemlich gross, im oberen breiteren Theile stark gewölbt, im unteren schmäleren dagegen sehr deutlich concav und berührt mit seiner vorderen Ecke das dritte Supralabiale und das untere Prae- oculare; dieses letztere Schildchen, das sogenannte Pseudopraeoculare, ist sehr klein und in einen Ausschnitt im Oberrande des 3ten und 4ten Supralabiale eingeschoben. Wie schon be- merkt, fehlt dieses Schildchen bisweilen, jedoch im Ganzen sehr selten, denn unter den 84 von mir untersuchten Exemplaren des Elaphis dione Pall, habe ich nur 5 gefunden, bei welchen es auf beiden Seiten durchaus fehlte, bei 5 anderen Exemplaren fehlte es zwar auf den einen, bald der rechten, bald der linken, Seite, war aber auf der anderen normal aus- gebildet und bei einem eilften Stück (V 1619) fand es sich zwar auf beiden Seiten vor, war aber ganz symmetrisch nach vorn geschoben, vom Augapfel abgerückt und von 4 Schildern begrenzt, nämlich hinten und oben vom eigentlichen Praeoculare, hinten und unten vom 4ten Supralabiale, vorn und oben vom Frenale und vorn und unten vom 3ten Suprala- biale. Zuweilen, jedoch noch seltener, unter 84 Exemplaren viermal, habe ich dieses Pseu- Die Schlangen des Russischen Reichs. 85 dopraeocularscliild, gewöhnlich auf beiden Seiten des Kopfes, in zwei kleine kornförmige Schildchen getheilt gefunden, so dass also bei solchen Stücken die Zahl der Praeocularia eigentlich 3 beträgt. Die Postocularschilder, deren Zahl sich auf 2 beläuft und die nahezu gleich gross sind, kommen anomaler Weise in der Zahl 3 vor, indem das eine derselben in zwei kleine Schildchen getheilt ist: solcher Fälle habe ich im Ganzen 19 beobachtet, und zwar 6, wo diese Anomalie nur auf einer Seite, und 13, wo sie auf beiden Seiten vorhanden war; ja bei einem Exemplar aus dem Alatau, welches leider nicht gut genug erhalten war, um in die Sammlung aufgenommen zu werden, habe ich auf der rechten Seite sogar 4 Post- ocularia gefunden, während die Zahl derselben auf der linken 3 betrug. Die Temporal- schilder stehen in drei Reihen hinter einander, und zwar enthält die erste Reihe nur 2 Schilder, die beide sehr beträchtliche Dimensionen haben und von denen das untere, welches vorn an das Postoculare inferius stösst, um ein Viertel etwa länger ist, als das obere, welches mit beiden Postocularen in Verbindung steht; in Folge dessen, dass das untere Temporale länger ist, als das obere, bilden die folgenden Schläfenschilder zwei sehr schräge, von oben und vorn nach unten und hinten, verlaufende Reihen, sind klein und kaum von den seitlichen Nackenschuppen zu unterscheiden. Die Supralabialschilder, deren Zahl jederseits 8 beträgt, nehmen vom 2tBn bis zum 7t6a successive an Grösse zu und haben sämmtlich eine mehr oder weniger regelmässige viereckige Form; das lte derselben, das grösser als das 2te ist, steht mit den beiden Na- salschildern in Berührung, das zweite grenzt an das Nasale posterius und an das Frenale, das dritte an das Frenale, das Praeoculare und Pseudopraeoculare, das 4t0 an das letztge- nannte Schildchen und an den Bulbus, das 5t0 an den Bulbus und an das untere Postocu- lare, das 6te und 7te an das Temporale inferius der ersten Reihe und das 8te, welches am Hinterrande abgerundet ist, steht mit den unteren Temporalschildchen zweiter und dritter Reihe, so wie mit den seitlichen Nackenschuppen in Berührung. Die normale Zahl der Ober- lippenschilder beträgt zwar 8, jedoch sind Exemplare, welche deren 9 oder 7 besitzen, im Ganzen nicht sehr selten; unter den 84 mir vorliegenden Exemplaren finden sich 4 mit je 9 und 2 mit je 7 Supralabialschildern auf jeder Seite, so wie ferner 6 Stücke, welche auf der einen Seite 9, auf der andern 8 Supralabialia besitzen, und 5 Stücke mit 7 solchen Schildern auf der einen und 8 auf der anderen Seite. Fast in jedem einzelnen Falle lässt sich übrigens nachweisen, welches der 8 normalen Schilder abnormer Weise getheilt ist, oder, bei der Zahl 7, welche Schilder abnormer Weise mit einander verschmolzen sind; zugleich ist zu bemerken, dass, wenn die anomale Theilung oder Verschmelzung eines der 4 letzten Oberlippenschilder betrifft, immer das 4te und 5te derselben den Bulbus berühren, dass aber, wenn die Theilung oder Verschmelzung an einem der 4 ersten Schilder statthat, auch stets entweder das 5te und 6te (bei Theilung), oder 3te und 4to (bei Verschmelzung) an den Augapfel treten. Die untere Kinnlade besitzt jederseits meist 12 Infralabialia, die vom 2ten bis zum ßten successive an Grösse zunehmen und vom 7t0n bis zum letzten wieder kleiner werdeu; die 6 ersten derselben stehen mit den Inframaxillarschildern in Berüh- 86 A. Strauch, rung, welche letzteren, wie gewöhnlich, 2 auf einander folgende Paare bilden, von denen das vordere grössere und namentlich breitere Schilder enthält, als das hintere, dessen Schilder einander, mit den Innenrändern nicht berühren, sondern durch mehrere Kehl- schuppen von einander getrennt sind. Die Schuppen des Kumpfes sind lancettförmig, nehmen nach den Seiten hin, wie im- mer, an Breite zu und bilden im vorderen Rumpfdrittel bald 23, bald 25 Längsreihen; bei denjenigen Exemplaren, welche etwa am Ende des ersten Rumpfdrittels 25 Längsreihen von Schuppen besitzen, finden sich weiter nach vorn, gegen den Kopf hin, häufig nur 23 solcher Reihen, und bei denjenigen mit 23 Längsreihen sinkt die Zahl dieser Reihen nach vorn hin häufig auf 21. Die Schuppen, welche die Rückenfirste bekleiden, so wie dieje- nigen der zunächst liegenden Reihen sind kaum gekielt zu nennen, sondern erscheinen viel- mehr sehr schwach dachförmig gewölbt, die der seitlichen Reihen dagegen sind durchaus plan. Die Bauch- und Subcaudalsehilder sind ganz gewöhnlich gebildet, nur zeigen die letz- teren ab und zu Neigung einfach zu werden , indem_ zwei neben einander liegende Schilder zu einem breiten Schilde verschmelzen, und zwar finde ich diese Anomalie ausschliesslich nur an ost-sibirischen und west-chinesischen Exemplaren; so liegt mir ein dem Moskauer Museum gehöriges Exemplar aus der Gegend von Tunkinsk vor, bei welchem das 2t0, 3te und 5te Subcaudale einfach sind, zwei andere Stücke ausChuldsha, von Hrn. Fedtschenko eingesandt, zeigen eine Verschmelzung der Schilder resp. des 4teu — 7ten und des 3ten — 5ten Paares und bei dem Stück № 1637 unserer Sammlung sind das 13te — 15te Subcaudale einfach. Färbung und Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite aller Tlieile ist ein helles gelb- liches Braun, welches bei einzelnen Exemplaren, welche im Leben wahrscheinlich fleisch- farben gewesen sind, in ein sehr helles bräunliches Gelb übergeht und alsdann nur wenig gegen die stets sehr helle strohgelbe Farbe der Unterseite absticht. Der Kopf zeigt auf seiner horizontalen Oberfläche zunächst zwei meist undeutliche Makeln auf den beiden Prae- frontalsehildern, welche etwa die Form des Schildes, welches sie zieren, nachahmen, so дѵіе eine schwach bogenförmig gekrümmte, mit der Convexität nach vorn gerichtete, ziemlich breite Binde, welche quer über die Schnauze von einem Praeocularschilde zum andern zieht. Alsdann folgt auf dem Scheitel eine meist sehr stark ausgebuchtete oder auch gefensterte Makel von sehr verschiedenartiger Gestalt, welche den hinteren Theil des Verticalscbildes, so wie fast die ganze Fläche der beiden Occipitalia. einnimmt. Gewöhnlich besteht diese Makel aus einer hufeisenförmig gekrümmten , mit der Convexität nach vorn gerichteten Binde, welche aus der Mitte ihres concaven Randes einen Fortsatz oder Stiel absendef, der gerade nach hinten verläuft und auf der Nath, welche die beiden Occipitalia von einander trennt, gelegen ist; meist sendet dieser Stiel etwa in der Mitte seines Laufes jederseits unter rechtem Winkel gleichfalls einen kurzen Fortsatz aus, der entweder gerade verläuft und, auf die Arme der hufeisenförmig gekrümmten Biijde stossend, sich mit ihnen verbindet, oder aber aucli frei bleibt und sich am Ende bald nach vorn, bald nach hinten umbiegt. Ferner verlängert sich zuweilen der erste, der Länge nach verlaufende Fortsatz oder Stiel Die Schlangen des Russischen Reichs. 87 auch nach vorn, so dass die hufeisenförmige Binde auch an ihrem convexen У orderrande einen mehr oder weniger entwickelten Vorsprung besitzt, und eben so kommt es ab und zu vor, dass die beiden, nebenbei bemerkt, sehr langen Arme der hufeisenförmigen Binde, vor oder hinter der Stelle, wo sich der seitliche Fortsatz, welcher von dem mittleren, der Länge nach verlaufenden Stiele ausgesandt wird, mit ihnen vereinigt, unterbrochen sind. Genug, die Variationen der Makel sind sehr mannigfaltig und folglich auch die Form der Makel selbst, die entweder einen Anker, oder ein mehr oder weniger deutlich ausgesprochenes Kreuz, oder endlich, wenn alle die Binden und Fortsätze gut ausgebildet sind, eine wap- penschildähnliche Figur darstellt, welche in der Mitte an mehreren Stellen durchbrochen oder gefenstert ist. An jeder Seite des Kopfes zieht eine bald mehr, bald weniger schräge gestellte Temporalbinde vom oberen Postocularschilde zum Mundwinkel, erreicht den letz- teren aber nie, sondern endet fast immer am Oberrande des letzten Supralabialschildes. Eine andere längere und breitere, in der Mitte stets etwas erweiterte Binde findet sich je- derseits auf dem Hinterkopfe, von welchem sie sich je nach ihrer Länge bald mehr, bald weniger weit auf Nacken und Rumpf erstreckt und fast immer eine schräge, von vorn und innen, nach hinten und aussen gerichtete Stellung hat, so dass also beide Binden nach hinten mehr oder weniger stark divergiren. Diese beiden Binden vereinigen sich nun in den mei- sten Fällen mit der Scheitelmakel, und wenn dabei zugleich ihre hinteren Enden , wie es hin und wieder durch Dazwischentreten einer der Rumpfmakeln geschieht, mit einander ver- schmelzen, so entsteht eine Figur, welche einer Schuhsohle nicht ganz unähnlich ist. Diese Binden und Makeln, die sämmtlich heiler oder dunkler braun, mitunter auch olivbraun ge- färbt und stets schwarz gerandet sind, variiren nun nicht bloss hinsichtlich der Form, son- dern auch hinsichtlich der Intensität ihrer Färbung, und können in einzelnen Fällen, jedoch mit Ausnahme der jederseitigen Temporalbinde, die stets dunkel gefärbt bleibt, ihre braune Farbe so vollständig verliercp, dass ihr Vorhandensein nur noch an den schwarzen Um- randungen erkennbar ist. Diese schwarzen Umrandungen der Makeln und Binden scheinen nun ausserordentlich constant zu sein, denn unter allen 84 von mir untersuchten Exem- plaren habe ich nur drei (№ 1618, 1624 und 2904) gefunden, bei welchen auch die schwarzen Ränder keine vollständige Figur mehr bildeten, sondern nur aus einzelnen, nicht zusammen- hängenden Strichen bestanden. Die Lippenschilder sind sehr hell strohgelb gefärbt und be- sitzen fast durchweg schwarze Vorderränder, Kinn und Kehle dagegen zeigen zwar dieselbe helle Farbe, sind aber durchaus ungefleckt. Auf Rumpf und Schwanz finden sich drei Längsbinden von heller, weisslichgelber Farbe, die gegen die Grundfarbe nicht sehr scharf abgegrenzt und bei den hellgefärbten Exemplaren weit deutlicher sind, als bei den dunkler gefärbten. Diese Längsbinden, deren Breite verschieden ist und die mitunter eine sehr schwache Ausbildung zeigen , sind im Ganzen dennoch sehr constant, am wenigsten vielleicht die centrale, welche den Dornfort- sätzen der Wirbel folgt und zuweilen, jedoch selten, bei sehr dunkel gefärbten Stücken bis auf leise Spuren fehlen kann. Ausser mit diesen drei Binden ist der Rumpf sowohl, wie 88 A Strauch, der Schwanz, noch mit schmalen schwarzen Querbinden geziert, die meist in leichtem Zig- zag verlaufen und häufig unterbrochen sind; diese Binden entstehen dadurch, dass an einzel- nen in einer Querreihe liegenden Schuppen die Ränder schwarz gefärbt sind, woraus sich auch ihr zigzagförmiger, unregelmässiger und häufig unterbrochener Verlauf erklärt. Bei einzelnen Stücken jedoch, bei welchen nicht nur die Ränder der Schuppen, sondern die ganzen Schlippen schwarz gefärbt erscheinen, verlaufen die Binden continuirlich , wie z. B. bei JVr 2911 unserer Sammlung, und bei anderen (№ 1624, 2904 und 3704) treten statt der Querbinden sogar deutliche, bald grössere, bald kleinere, dunkelbraune, schwarzgeran- dete Makeln auf, die stets Neigung haben, in Querreihen zu stehen und die zugleich in 4 Längsreihen angeordnet sind. Bei solchen deutlich gefleckten Stücken stehen die Makeln zu beiden Seiten der hellen Längsbinden , bei den übrigen dagegen werden diese letzteren häufig, aber nicht immer, durch die schwarzen Querbinden unterbrochen. In seltenen Fällen können sämmtlichc schwarzen oder dunkelen Zeichnungen übrigens auch bis auf sehr geringe Spuren verschwinden, wie solches bei dem Exemplar № 1618 unserer Sammlung der Fall ist, bei welchem nur in der Mitte des Rumpfes noch leise Spuren der schwarzen Makelränder vorhanden sind, während die ganze übrige Oberseite auf milchkaffee-farbenem Grunde nur die drei sehr hell bräunlichgelb gefärbten Längsbinden zeigt. Die Unterseite aller Theile ist weisslichgelb und zeigt mit Ausnahme der Kehle, die, wie schon bemerkt, niemals Flecken trägt, schwarze Makeln, von denen die kleineren ganz unregelmässig zerstreut sind, während die grösseren ziemlich regulär stehen, und da auf jedem Bauchschilde sich 3 oder 4 solcher grösseren Makeln finden, so ist der Bauch mit 3 oder 4 ziemlich regelmässig verlaufenden Längsreihen schwarzer Makeln geziert; beson- ders regelmässig scheinen diese Makelreihen an der Unterseite des Schwanzes zu sein, wo sie aber meist nur in der Zahl zwei Vorkommen, da jedes Subcaudalschild gewöhnlich nur eine einzige grössere Makel trägt. Bei einzelnen Individuen nimmt die schwarze Farbe auf der Unterseite jedoch so Ueberhand, dass die einzelnen Bauchschilder schwarzgrau ge- färbt erscheinen und die eigentliche Grundfarbe meist nur am Hinterrande der Schilder noch zu Tage tritt; solche Exemplare mit dunkelgefärbter Unterseite sind übrigens selten und kommen, so weit mir bekannt, nur unter den im Amurlande, in Japan und Corea ge- fangenen Stücken vor, wenigstens stammen die 7 Exemplare unserer Sammlung (№ 2903, 2910, 2911, 2916, 2917, 2953 und 3704), deren Unterseite die oben geschilderte dunkele Färbung zeigt , sämmtlich aus den genannten Gegenden , in denen dabei aber auch Exem- plare mit heller Unterseite Vorkommen. Die Jungen sind, was Färbung und Zeichnung an- betrifft, in jeder Hinsicht den Ausgewachsenen gleich und zeichnen sich vor denselben höchstens dadurch aus, dass bei ihnen die Kopfzeichnungen stets ausserordentlich deutlich ausgebildet und namentlich auch ausgefärbt sind. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar, Ая 1616 unserer Sammlung, hat eine Totallänge von 109 Ctm., von denen nur 17 Ctm. auf den Schwanz entfallen. Habitat. Elaphis dione Pall, gehört zu den mit am weitesten verbreiteten Schlangen- / 9 Die Schlangen des Russischen Reichs, 89 Arten und besitzt ein Wohngebiet, welches das ganze gemässigte Asien bis in die Amur- Gegenden und Japan, so wie die östlichsten Theile von Süd-Europa umfasst, sich aber nach Westen nicht über das Thal der Wolga hinaus erstreckt, Jan1) behauptet zwar, dass diese Art auch in Griechenland einheimisch sei, jedoch beruht diese Behauptung auf einem Irr- thume, denn die griechische Schlange, welche Jan in seiner Iconographie2) als das Junge von Elaphis dione Pall, abgebildet hat, ist das Junge der nächstfolgenden Art, des Elaphis sauromates Pall., und stimmt genau mit den von Akad. Brandt als Coluber poecilocephalus beschriebenen Stücken unserer Sammlung überein. Dieselbe Bewandtniss wird es wohl auch mit dem Krym’schen Exemplar des Elaphis dione Pall, haben, welches nach einer Angabe von Prof. Kessler3) in der Sammlung des Sympheropoler Gymnasiums aufbewahrt wird, auch dieses wird ohne Zweifel ein Junges von Elaphis sauromates Pall, sein, und das eben Gesagte dürfte wohl auch von dein Exemplar der in Rede stehenden Art gelten, welches dem Pariser Museum4) vom verstorbenen Nordmann aus Odessa zugeschickt worden ist, wenigstens lässt sich mit Bestimmtheit behaupten, dass, wenn dieses Stück wirklich zu Elaphis dione Pall, gehört, es sicherlich nicht in der Umgegend von Odessa gefangen wor- den sein wird. Die westlichsten Punkte, an welchen diese Art mit Sicherheit nachgewiesen ist, sind Sarepta, wo Herr Becker5) sie beobachtet hat, und Zarizin, woher nach Prof. Kessler6) im Museum zu Kiew ein Exemplar auf bewahrt wird; ferner kommt sie auf dem Berge Gross-Bogdo 6) vor und ist von Hrn. Becker7) auch auf dem Wege von dem ge- nannten Berge zu dem südlicher gelegenen Berge Tschaptschatschi gefangen worden. Als- dann hat Prof. Eichwald sie auf den Wolga-Inseln8), auf den Hügeln an dem Ufer dieses Stroms in der Nähe der Sandbank Eakuscha9), in der Gegend von Astrachan10), so wie auch bei Tarki11) im Dagestan’schen beobachtet, nach Pallas 12) bewohnt sie die Steppen an der Kuma und Vietinghoff 13) hat sie auf dem Berge Maschuka bei Pjatigorsk gefangen. Bober das Vorkommen des Elaphis dione Pall, in Transkaukasien dagegen existiren nur dürftige Nachrichten, ja meines Wissens ist unter den älteren Naturforschern Ménétriès14) der einzige, der ihn in diesem Theile des Reichs, und zwar in der Mogansteppe zwischen Baku und Salian, beobachtet hat, und da die genannte Steppe im vorigen Jahrhundert noch zu Persien gehört hat, so vermuthe ich, dass das Exemplar, welches, wie Pallas12) angiebt, von Gmelin aus Persien eirigesandt worden ist, gleichfalls in der Mogan- Steppe gefangen worden sein wird. Im übrigen Transkaukasien, jedoch nur auf dem Festlande, scheint er 1) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 61. 2) Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXI, pl. III f. B. 3) Kessler. Путешествіе съ зоол. цѣлью къ сѣ- верн. берегу Чернаго Моря и въ Крымъ, р. 122. 4) D. et В. Erpétol. génér. VII, p. 254. 5) Bulletin de Moscou XXVIII (1855) I, p. 473. 6) Auerbach. Гора Богдо, p. 75. 7) Bulletin de Moscou XXXIX (1866) II, p. 184. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. 8) Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 151. 9) Eichwald. Reise auf dem Kasp. Meere und in den Kaukasus I Abth. 1, p. 39. 10) Eichwald. Zoologia specialis III, p. 174. 11) Eichwald. Reise auf dem Kasp. Meere und in den Kaukasus I Ahth. 1, p. 97. 12) Pallas. Zoographia rosso-asiatica III, p. 40. 13) Mémoires de Moscou ІП, p. 96. 14) Ménétriès. Catal. raisonné, p. 68. 12 90 A. Strauch, zu fehlen, wenigstens findet sich weder unter den zahlreichen transkaukasischen Reptilien. welche das akademische Museum vom Pastor Hohenacker erhalten hat, ein Exemplar dieser Art vor, noch hat auch, wie ich sicher weiss, Dr. Radde ihn auf seinen verschiede- nen Reisen in Transkaukasien zu sammeln Gelegenheit gehabt, und nur Mag. Goebel hat ein junges Exemplar von Sara, einer kleinen Insel am westlichen Gestade des Kaspischen Meeres, mitgebracht. Weiter nach Süden scheint Elapliis dione Pall, in diesem Theile Asiens nicht vorzudringen, wenigstens sind mir keine Angaben über sein Vorkommen in den südlich vom Kaspischen Meere gelegenen Gegenden bekannt, im Norden und Osten des genannten See’s dagegen ist er zu wiederholten Malen beobachtet worden. So bemerkt schon Pallas1), dass er am Ural-Fluss (Jaïk) einheimisch ist, und das von Rathke2) als Coluber maeotieus beschriebene Exemplar stammt bekanntlich auch von der Mündung des genannten Flusses; Dr. Lehmann3) erhielt von Dr. Mobitz Exemplare, welche in der Gegend zwischen der Emba und dem Ternir gefangen waren, und erbeutete selbst mehrere Stücke in der Umgegend von Nowo-Alexandrowsk, Eversmann fing diese Art auf seiner Reise von Orenburg nach Buchara, ohne dass es jedoch bekannt wäre, aus welcher Gegend namentlich seine 6 Exemplare stammen, wesshalb Lichtenstein4) vermuthet, dass diese Schlange über die ganze Kirgisensteppe verbreitet sein werde, und im Wiener Museum sollen sich nach Jan5) Stücke dieser Art aus der Bucharei befinden, welche ich übrigens bei meiner letzten Anwesenheit in Wien trotz aller Mühe nicht habe auffinden können. Alsdann hat Pallas1) diese Schlange am Irtysch, und zwar bei dem Vorposten Gratscheffs- koi6) (unweit Semijarsk) am obersten, im Semipalatinsker Distrikte gelegenen Laufe des Flusses beobachtet und endlich kommt sie nach Dr. Günther7) auch in Nord-China, vor, wo sie vom Consul Swinhoe8) namentlich in der Umgegend von Peking gefangen worden ist. Hiermit wären denn auch alle bisher bekannt gewordenen Daten über das Vorkommen des Elapliis dione Pall, aufgezählt, und so lückenhaft dieselben auch in der That sind, so lässt sich, wie es von Seiten Dr. Günther’s9) auch bereits geschehen ist, doch von vornher- ein annehmen, dass diese Schlange die ganze Länderstrecke von der Wolga östlich bis Pe- king bewohnen wird, eine Annahme, welche durch die reiche Suite von Exemplaren aus den verschiedensten Gegenden, hauptsächlich Asiens, die in unserem Museum aufgestellt sind, vollkommen bestätigt wird. Wenn es nicht zu gewagt wäre, aus der Menge der mir vorliegenden Exemplare einen Schluss auf die Häufigkeit der Art in den verschiedenen Gegenden ihres Wohngebietes zu ziehen, so möchte ich behaupten, dass Elapliis dione Pall, im europäischen Russland und 1) Pallas. Zoographia rosso-asiatica III, p. 40. 2) Mémoires des Savans étrangers de l’Acad. de St.- Pétersbourg III, p. 435. 3) Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 334. 4) Eversmann. Reise von Orenburg nach Buchara, p. 146. 5) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 61. 6) Pallas. Reise d. versch. Prov. d. Russ. Reichs II, p. 493. 7) Ann. and Mag. Nat. Hist. 3 ser. IX, p. 59. 8) Proc. zool. Soc. of London 1861, p. 391. 9) Günther. Reptiles of British India, p. 241. Die Schlangen des Russischen Reichs. 91 in Transkaukasien ungleich seltener sein muss, als in den ostwärts vom Kaspischen Meere gelegenen Gegenden, denn aus dem europäischen Russland liegen mir im Ganzen 4, aus Transkaukasien sogar nur 2 Exemplare vor, während alle übrigen von mir untersuchten Stücke, deren Zahl sich auf 78 beläuft, aus demjenigen Landstriche Asiens stammen, wel- cher sich vom Kaspischen bis zum Japanischen Meere erstreckt. Von den 4 europäischen Stücken stammt das eine aus der Gegend von Sarepta und ist dem Museum von Hrn. Bek- ker zum Geschenk dargebracht worden, das zweite hat Herr Arzibaschew in der Gegend von Tschernyi-Jar an der Wolga erbeutet, das dritte, welches vom verstorbenen Karelin ohne specielle Angabe des Fundorts eingesandt worden ist, wird wahrscheinlich in der Um- gegend von Gurjew am Ausflusse des Ural (bekanntlich К areliiTs Wohnort) gefangen wor- den sein und das vierte, das dem Moskauer Museum gehört, ist (ohne Zweifel von Hrn. Becker) am Tschaptschatschi gefunden worden; von den beiden transkaukasischen Exem- plaren gehört das eine zu der Ménétriès’schen Ausbeute und trägt einfach die Bezeich- nung «fleuve Kur», während das andere, wie schon bemerkt, von Magister Goebel auf der Insel Sara in der Bucht Kisil-Agatsch (nördlich von Lenkoran) entdeckt worden ist. Unter den übrigen von mir untersuchten Exemplaren dieser Schlangen-Art, die, wie bereits an- gegeben, sämmtlich aus dem östlich vom Kaspischen Meere gelegenen Theile ihres Verbrei- tungsbezirks stammen, finden sich namentlich zahlreiche Stücke aus den aralo-kaspischen Steppen, denn ausser den zwischen der Emba und dem Ternir und bei Nowo-Alexandrowsk gesammelten Exemplaren der Lehmann’schen Ausbeute besitzt das Museum noch meh- rere andere aus den Emba-Gegenden, welche von Dr. Sewerzow tlieils an den Ufern des genannten Flusses, wie namentlich auch bei der Befestigung Kandaral, tlieils aber auch weiter südwärts, am Dshil-Tau und bei der ehemaligen Befestigung Tschuschkakul, gefangen worden sind; alsdann hat Akad. von В a er mehrere Exemplare von der Halbinsel Mangy- sclilak mitgebracht und vom Mag. Goebel erhielt das Museum ein gleichfalls auf der ge- nannten Halbinsel, bei Usun-Kuduk-Karatau, erbeutetes Stück. Dagegen habe ich unter den zahlreichen Schlangen, welche dem Museum in den letzten Jahren aus der Umgegend von Krasnowodsk zugekommen sind, niemals ein Exemplar des Elaphis dione Pall, ge- funden und glaube desshalb annehmen zu können , dass diese Art nur den nördlichen Tlieil des östlichen Kaspi-Ufers bewohnt und nach Süden nicht über die Mangyschlak-Halbinsel hinausgeht. Im Turkestan’schen Gebiet ferner findet sich die in Rede stehende Schlange am Syr-Darja, wo Dr. Sewerzow sie sowohl bei Murtuk, zwischen dem lten und 2teu Fort am genannten Flusse, als auch in der nordwestlich vom Fort Perowsky gelegenen Ebene Daryalyk gefangen hat, und ist von Hrn. F.edtschenko auch in dem bedeutend südlicher gelegenen Sarafschan-Thale beobachtet worden. Alsdann besitzen wir von Hrn. von Mot- schulsky ein in der Kirgisensteppe, ohne nähere Bezeichnung des Fundorts, gefangenes Stück, so wie mehrere von Dr. A. von Schrenck am Ili-Flusse, im Alatau-Gebirge und am Berge Bakty im Tarbagatai-Gebirge erbeutete Exemplare; Dr. Gebier sandte die Art aus der Umgegend von Barnaul ein, Herr Маас к fing sie bei Irkutsk und das Moskauer 92 A. Strauch, Museum besitzt durch Hrn. Puzillo ein Exemplar aus der Gegend von Tunkinsk. In dem östlich vom Baikal gelegenen Theile Sibiriens, woher das akademische Museum gleichfalls zahlreiche Exemplare des ElapMs dione Pall, besitzt, hat zunächst Dr. Radde ihn am Nordende der hohen Gobi, in Daurien, namentlich auch bei Zagan-Olui, und im Chinggan- Gebirge beobachtet, Herr Popoff sandte ein Exemplar vom Argunj-Flusse ein, Akad. L. von Schrenck fing ihn bei Dsliare am Amur, Akad. Maximowicz brachte Exemplare von der Mündung des Newär-Flüsschens (am oberen Amur, unterhalb Reinowka), aus der Gegend von Kjaure am Ssungari, von Bikinda am Ussuri, so wie von den Ufern der Bai Guérin mit, Herr Maack fing ein Exemplar am Kap Khalang1) und Dr. Dybowsky er- beutete die Art bei der Bai Possiet, so wie auch an den Ufern des Amur-Flusses, zwischen Seljonoi-Less und Chabarowka. Endlich liegen mir noch mehrere ausserhalb der Grenzen des Russischen Reichs gefangene Exemplare des ElapMs dione Pall, vor, nämlich drei aus der Gegend von Chuldsha, die mir von Hrn. Fedtschenko zur Ansicht mitgetheilt wor- den sind, ein Stück aus dem Aragolskischen Thaïe in der östlichen Mongolei, welches Herr Lomonossow gefangen und dem Museum zum Geschenk dargebracht hat, zwei japanische Exemplare, die von Hrn. Goschkewitsch, wahrscheinlich in der Gegend von Hakodate, wo er lange Jahre k. russischer Consul war, gesammelt worden sind, und ein vom Akad. L. von Schrenck auf der Halbinsel Corea erbeutetes Exemplar. Aus dem Vorstehenden ergiebt sich nun, dass der Verbreitungsbezirk des Elaphis dione Pall, wirklich die ganze Länderstrecke vom Westufer der Wolga ostwärts bis zur Insel Jesso umfasst, nach Norden den 53.° n. Br. nur um ein Geringes (bei Barnaul und bei Reinowka am oberen Amur) überschreitet, und dessen Südgrenze, so weit gegenwärtig bekannt, theils etwa von 39.° n. Br. (Insel Sara und Thal des Sarafschan) gebildet wird, tlieils zwischen dem 40. und 35.° n. Br. (Peking und Corea) zu suchen ist. 11. Elaphis sauromates Pallas. E. supra flavus, squamis singulis medio longitudinaliter fusco-notatis , dorso caudaque praeterea plerumque maculis fusco-castaneis, plus minusve distincte nigro-marginatis , al- térais et in quatuor sériés longitudinales dispositis, ornatis; dorsi maculis majoribus et saepissime in fascias brèves, transversas vel obliquas, confluentibus, laterum minoribus sub- rotundatis et fascias longitudinales, saepe interruptas, fingentibus; capite supra fusco, utrin- que fasciis duabus, altera lata obliqua temporali nigra, altera frenali fusca, saepe sub- distincta, nec non macula magna elongata, ab occipite in nucham descendente, fusco-casta- nea, ornato; subtus dilute stramineus, unicolor vel plerumque ad latera fusco-maculatus. Capite elongato, oblongo-ovato, valde depresso, supra plano et a trunco sat distincte sepa- rato, rostro acuminato, apice rotundato, trunco elongato, fusiformi, subtereti, cauda lon- giuscula, subtus vix depressa, acuminata; naribus utrinque inter scutella duo positis, late- 1) Die Lage dieses Vorgebirges habe ich nicht ermitteln können. % Die Schlangen des Russischen Reichs. 93 ralibus; scutellis supralabialibus utrinque 8, quarto et quinto oculi bulbum attingentibus ; scutellis prae- et postocularibus binis; squamis lanceolatis, dorsaîibus distincte carinatis, lateralibus laevibus, in trunci parte anteriore in 23 — 25 séries longitudinales dispositis; scutis abdominalibus 195 — 224, anali diviso, subcaudalibus utrinque 63 — 77. Junior: (— Coluber poecilocephalus Brandt.) supra ex flavo griseus, squamis singulis, praecipue lateralibus, medio longitudinaliter fusco-notatis ; capite fasciis duabus transversis, arcuatis, altera in rostri apice, altera ante oculos, maculaque magna vertico-occipitali, an- tice, supra oculos, recte truncata, postice profunde bifurcata vel bilobata, nec non utrinque fascia temporali obliqua maculaque parva suboculari, fusco-castaneis, ornato; dorso cauda- que, ut in adultis, maculatis, sed maculis lateralibus semper subrotundatis, in fascias longi- tudinales non confluentibus ; subtus sordide griseo-flavicans, fusco-maculatus. 4 Synonymie. 1800. Coluber pictus Georgi. Geogr. -physik. und naturh. Beschr. des Russ. Reichs III, vol. YI, p. 1883. Xs 17 1). 1800. ? Coluber tataricus Georgi. Ibidem III, vol. YI, p. 1884. № 21. 1811. Coluber sauromates Pallas. Zoographia Rosso-Asiatica III, p. 42. A 37. 1811. Coluber picbus Pallas. Ibidem III, p. 45. Xs 37. 1811. ? Coluber alpestris Pallas. Ibidem III, p. 46. № 44 2). 1831. Coluber sp.? Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 374. JVs 15. 1831. Coluber sp.? Hohenacker. Ibidem III (1831), p. 375. № 18. 1831. Coluber sauromates Eichwald. Zoologia specialis III, p. 174. 1832. Coluber xanthogaster Andrzejowsky. Nouv. Mémoires de Moscou II, p. 333. tab. XXII f. 4, tab. XXIII. 1832. Coluber xanthogaster Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россій- ской Имперіи. Amphib., р. 20. Xü 38. 1832. Coluber sauromates Dwigubsky. Ibidem, p. 23. № 49. 1832. Coluber pictus Dwigubsky. Ibidem, p. 23. А 52. 1832. ? Coluber alpestris Dwigubsky. Ibidem, p. 24. X 55. 1832. Coluber cereus Dwigubsky. Ibidem, p. 27. X?. 65. 1) Georgi’s Angabe, dass Cohiber pictus 172 Bauch- und 142 Paar Subcaudalscliilder besitzt, beruht auf einem Versehen, denn Pallas, der seine Beschreibung dieser Art gleichfalls dem Manuscripte Gtil denstaedt’s ent- lehnt hat, giebt die Zahl der Abdominalia auf 205 — 206 und die der paarigen Subcaudalia auf 66 — 74 an. 2) Die Beschreibung des Coluber alpestris , welche Pallas dem Giildenstaedt’schen Manuscripte, wo die Art als Coluber tataricus bezeichnet war, entlehnt hat, genügt leider nicht, um über die wahre Natur dieser Schlange in’s Klare zu kommen: mit Bestimmtheit lässt sich Coluber alpestris daher nicht deuten, scheint mir aber noch am besten auf Elaphis sauromates Pall, be- zogen werden zu können, und zwar auf solche Exemplare dieser Art, bei welchen die nicht ganz regelmässigen, dunkelen Querflecken sehr stark ausgebildet sind; ich würde die fragliche Schlange auch ohne Weiteres zu dieser Art rechnen, wenn in der Beschreibung nicht aus- drücklich angegeben wäre, dass die Schuppen ungeldelt sind. 94 A. Strauch, 1832. Coluber fulvus Dwigubsky. Ibidem, p. 28. № 68. 1832. Coluber alpestris Ménétriès. Catalogue raisonné, p. 68. № 230. 1832. Coluber taeniothys Fischer v. Waldheim. Bulletin de Moscou ІУ (1832), p. 575. 1837. Coluber maeota Krynicky. Bulletin de Moscou X (1837). № III, p. 59. 1838. Coluber poecüocephalus Brandt. Bull, scientif. de l’Acad. de St.-Pétersbourg III, p. 242. 1840. Coluber saur ornâtes Nordmann in: Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 345. pl. III. 1841. Tropidonotus sauromates Eichwald. Fauna caspio-caucasia , p. 140. tab. XXV. 1850. Coluber sauromates Berthold in: Wagner. Reise nach Ivolchis, p. 334. 1852. Elaphe Parreyssii Brandt in: Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 334. 1853. Coluber sauromates Kessler. Естеств. Исторія Кіевск. Учебы. Окрзта. Amphibia, p. 41. 1854. Elaphis sauromates D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 288. 1867. Elaphis sauromates Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXI, pl. II. 1867. Elaphis dione Jan. Ibidem, Livr. XXI, pl. III f. B. Diese Art unterscheidet sich von der vorigen, wie schon bemerkt, durch die Form des Kopfes, der ganz auffallend stark deprimirt, auf der horizontalen Oberfläche durchaus plan und an den Mundwinkeln etwa doppelt so breit als hoch ist; zugleich ist derselbe ver- hältnissmässig bedeutend grösser, so wie auch deutlicher vom Rumpfe abgesetzt, und eben so ist auch die Schnauze länger und stärker zugespitzt. Als ferneres Unterscheidungsmerk- mal, ausser der Färbung und Zeichnung, können auch noch die in den mittleren oder Dor- salreihen nicht nur ganz deutlich, sondern sogar recht stark gekielten Schuppen dienen, die Zahl der Schuppenreihen dagegen kann kein Unterscheidungsmerkmal abgeben, da die Schuppen bei dieser, eben so wie bei der vorigen Art, bald in 23, bald in 25 Längsreihen angeordnet sind; endlich ist auch der Schwanz bei Elaphis sauromates Pall, länger, als bei der vorigen Art, denn er beträgt liier fast ein Fünftel, bei Elaphis dione Pall, dagegen höchstens ein Sechstel der Totallänge. In der Beschilderung des Kopfes finde ich kaum nennenswerthe Unterschiede zwischen beiden Arten, höchstens wäre zu bemerken, dass bei Elaphis sauromates Pall, die beiden jederseitigen Nasalschilder an Grösse kaum verschieden sind. Das Pseudopraeocularschild scheint bei dieser Art sehr constant zu sein, wenigstens habe ich es bei allen 29 von mir untersuchten Exemplaren gefunden, und nur bei einem Stück (.V 1650) war es in so fern nicht normal, als es auf beiden Seiten in zwei kleine Schildchen getheilt erschien. Kaum weniger constant sind auch die beiden Postocularia, denn nur bei zwei Exemplaren (.№ 1646 und 1647), und auch bloss auf einer Seite, habe ich sie anomal, nämlich in der Zahl drei, beobachtet, indem bei beiden das untere Postoculare in zwei über einander stehende, kleine Die Schlangen des Russischen Reichs. 95 Schildchen getheilt war. Bei dem erstgenannten dieser beiden Stücke, so wie noch hei einem anderen Exemplar (ЛГя 1645) sind die Temporalia der vordersten Reihe, welche sich sonst, ganz wie bei Elaphis dione Pall., vor den übrigen Schlafenschildern durch ihre be- trächtlichere Gl’össe auszeichnen, verbildet, und zwar in so fern, als sich vor ihnen 2 oder 3 kleine Schildchen finden, welche gleich hinter den Postocularen stehen und diese von der Berührung mit den entsprechend verkleinerten vordersten Temporalschildern ausschliessen. Die Supralabialia sind jederseits in der Zahl 8 vorhanden, jedoch kommen auch hier, eben so wie bei Elaphis dione Pall., Stücke mit 9, seltener mit 7 solcher Schilder vor, und zwar habe ich im Ganzen 4 dergleichen Exemplare gesehen, bei denen allen sich die ano- male Schilderzahl immer nur auf der einen Seite vorfand, während die andere die normale Zahl 8 zeigte. Endlich muss ich noch zweier Exemplare gedenken, von denen das eine (Y 1658) ein ungetheiltes Analschild und 4 einfache Subcaudalia (diejenigen der 4 vorder- sten Paare) besitzt, während das andere (Жя 1650) durch ein gleichfalls einfaches, aber mit einer schwachen Andeutung der Theilung versehenes Anale ausgezeichnet ist. Färbung und Zeichnung. Unter den Exemplaren von Elaphis saur omales Pall, lassen sich hinsichtlich der Farbenvertheilung drei verschiedene Formen unterscheiden, weiche theils durch die Zeichnung des Körpers, theils durch diejenige des Kopfes von einander ab- weichen, nämlich erstens die am einfachsten gezeichnete Form, welche dem Coluber sauro- mates Pall, entspricht, zweitens die gefleckte Form, auf welche der Coluber pictus Pall, am besten passt, und drittens endlich die Form mit sehr bunt gezeichnetem Kopfe, welche Akad. Brandt unter dem Namen Coluber poecüocephalus beschrieben hat und von welcher nicht bloss junge, sondern auch, wenngleich selten, nahezu ausgewachsene Stücke Vor- kommen. Die erste dieser drei Formen hat einen auf der horizontalen Oberfläche einfarbig tief braun gefärbten Kopf, der an den Seiten fast ganz hellgelb erscheint und nur in der Tem- poralgegend die bei allen Exemplaren stets sehr deutliche, schwarze Temporalbinde besitzt. Die Schuppen des Rumpfes und Schwanzes sind gelb, jedoch zeigt jede Schuppe in ihrer Mitte einen dunkelbraunen, der Länge nach gestellten Fleck, welcher auf denjenigen der mittleren oder Dorsalreihen sehr gross ist und die ganze Schuppe bis auf einen schmalen Rand deckt, auf denjenigen der Lateralreihen aber immer schmäler und schmäler wird, je weiter die Schuppe sich von der Yertebrallinie entfernt, so dass auf denjenigen der beiden jederseitigenäussersten Längsreihen nur noch ein kleiner, länglicher, die Spitze der Schuppen einnehmender Fleck zu sehen ist. In Folge dessen erscheint der Rücken des Thieres dun- kelbraun gefärbt und zeigt ein Netzwerk von feinen gelben, den Schuppenrändern entspre- chenden Linien, die Seiten dagegen sind gelb gefärbt und der Länge nach mehr oder we- niger deutlich dunkelbraun gestreift. Die Unterseite ist bei dieser Form einfarbig hell strohgelb und nur auf den Subcaudalschildern findet sich, ihrem Aussenrande sehr nahe ge- rückt, meist ein kleiner bräunlicher Fleck, wodurch der Schwanz an der Unterseite jeder- seits mit einer regelmässigen Längsreihe brauner Flecken verziert ist. Diese Form scheint 96 A. Strauch, im Ganzen selten zu sein, wenigstens habe ich bisher nur ein einziges Exemplar derselben (№ 1644), welches aus der Gegend von Nowo-Alexandrowsk stammt, zu sehen Gelegenheit gehabt. Ungleich häufiger kommt die zweite Form vor, deren Rumpf und Schwanz, ausser der so eben beschriebenen Zeichnung, noch mit braunen, mehr oder weniger deutlich schwarz umrandeten Makeln geziert ist, die in 4 Längsreihen angeordnet sind und mit einander mehr oder weniger deutlich alterniren. Die Makeln der beiden mittleren Längsreihen ver- schmelzen fast immer mit einander und bilden entweder Querbinden , oder grosse, meist in die Quere gezogene, zuweilen aber auch schräge gestellte Makeln und nur äusserst selten, wie z. B. bei № 1648, alterniren sie deutlich mit einander und verschmelzen zu einer mehr oder weniger regelmässig gewellten Längsbinde. Die seitlichen Makeln dagegen sind zwar deutlich zugerundet, erscheinen aber, da die Seiten, wie schon bemerkt, durch die dunkelen Flecken auf den einzelnen Schuppen der Länge nach gestreift sind, zu mehr oder weniger deutlichen Längsbinden verschmolzen, oder richtiger, die Schlange zeigt an jeder Seite drei schmale dunkele Längslinien, die in ganz regelmässigen Zwischenräumen mit dunkelen, rundlichen, mehr oder weniger scharf begrenzten Makeln verziert sind. Der Kopf ist bei dieser Form auf der horizontalen Oberfläche zwar gleichfalls sehr dunkel braun gefärbt, jedoch dehnt sich diese Färbung weiter nach hinten auf den Nacken aus, weil der Hinter- kopf jederseits eine grosse, dunkelbraune, längliche Makel trägt, die nach vorn ohne alle Abgrenzung in die dunkele Farbe des Kopfes tibergeht, nach hinten aber, wo sie meist ga- belig getheilt oder auch zweilappig ist, gegen die helle Grundfarbe genau abgegrenzt er- scheint. An den Seiten des Kopfes finden sich bei dieser Form, ausser der niemals fehlenden Temporalbinde, noch eineFrenalbinde, die, nicht immer ganz deutlich entwickelt, vomPrae- ocularschilde in horizontaler Richtung zum Nasenloch zieht, so wie hellere oder dunklere braune Flecken, die meist auf den Vorderrand der Supralabialschilder beschränkt sind. Eben so ist auch die Unterseite des Rumpfes bei dieser Form nur in seltenen Fällen ein- farbig, meist zeigt jedes Bauchschild an seinem jederseitigen äusseren Theile eine, selbst zwei, bald grössere, bald kleinere, bräunliche Makeln, und es ist daher der Bauch sowohl, als auch die Unterseite des Schwanzes an jeder Seite mit einer mehr oder weniger regel- mässigen Längsreihe dunkeier Makeln geziert, welche letzteren auf dem Bauche jedoch nach vorn, gegen den Kopf hin, immer undeutlicher werden und zuletzt ganz verschwinden, so dass also die Unterseite des Kopfes einfarbig strohgelb ist und nur bei manchen Exem- plaren am Hinterrande der einzelnen Infralabialschilder kleine, schwarzbraune, wenig in- tensiv gefärbte Flecken zeigt. Die dritte Form endlich zeichnet sich schon durch eine mehr gelblichgraue Grund- farbe aus und besitzt auch nur sehr schwach angedeutete, oder doch sehr wenig intensiv gefärbte, bräunliche Striche auf den einzelnen Schuppen. Der Kopf dieser Form zeigt zu- nächst zwei hinter einander stehende, schwarzbraune, mehr oder weniger stark bogenför- mig gekrümmte und mit der Convexität nach vorn gerichtete Querbinden, von denen die 9 Die Schlangen des Russischen Reichs, 97 vordere, stärker gebogene, von einem Praeoculare über die Schnauzenspitze zu dem der anderen Seite verläuft, während die andere, schwächer gebogene, vom vorderen Ende des einen Supraorbitalschildes zu derselben Stelle des andern zieht. Hinter dieser zuletzt ge- nannten Binde findet sich auf dem Scheitel und Hinterhaupte eine grosse schwarzbraune Makel, die vorn, etwa in einer Linie mit dem Hinterrande der Augen, gerade abgestutzt ist, hinten dagegen, wo sie sich mehr oder weniger weit auf den Nacken erstreckt, gabelig getheilt oder auch zweilappig erscheint. Diese Zeichnungen sind aber nur sehr selten voll- kommen scharf von einander getrennt, meist zeigen sie eine entschiedene Neigung sich auf der Längsachse des Kopfes mit einander zu vereinigen: bei einem Theile der Exemplare findet diese Vereinigung zwischen den beiden Querbinden statt, indem die hintere der- selben aus der Mitte ihres Vorderrandes einen breiteren oder schmäleren Fortsatz aus- sendet, der gegen die andere Binde gerichtet ist und sich auch oft mit ihr vereinigt; bei einem anderen Theile wieder kommt die Verbindung zwischen der Vertico-Occipital- Makel und der 2ten Binde, ebenfalls durch einen breiteren oder schmäleren Fortsatz, zu Stande. Die Seiten des Kopfes weichen in der Zeichnung kaum von denjenigen der 2tcn Form ab, da auch hier stets eine sehr deutliche Temporalbinde vorhanden ist und der Vor- derrand der einzelnen Supralabialschilder schwarz, oder doch dunkel gefärbt erscheint. Der Rumpf und Schwanz zeigen, je nachdem die Makeln der beiden Dorsalreihen verschmolzen oder getrennt sind, 3 oder 4 Längsreihen meist sehr dunkel, fast schwarzbraun gefärbter Makeln, die mit einander alterniren und von denen die seitlichen, mit Ausnahme derje- nigen, welche dem Kopfe zunächst liegen und immer zu einer breiten Längsbinde ver- schmelzen, durchaus isolirt und meist zugerundet, selten leicht in die Quere gezogen sind. Die Unterseite ist schmutzig graugelb, oder auch strohgelb gefärbt und Bauch und Schwanz jederseits stets mit einer oder mehreren Längsreihen dunkeier viereckiger Flecken verziert, die nach vorn, gegen den Kopf hin, nicht verschwinden, sondern auch auf die Unterseite des letzteren übergehen und daselbst nicht bloss auf die Infralabialschilder beschränkt, sondern gewöhnlich völlig regellos über die ganze Kehlgegend zerstreut sind. Zu dieser Form gehören sämmtliclie jungen Exemplare unserer Sammlung (.V 1654 — 1658), jedoch finde ich unter dem mir vorliegenden Material auch zwei nahezu ausgewachsene Stücke (JV?. 1645 und 1646), deren Kopf eben so gezeichnet ist und welche nur in so fern von den Jungen etwas abweichen, als bei ihnen die Makeln auf dem Rumpfe und Schwänze eine sehr helle braune Farbe besitzen und bei dem einen derselben (№ 1645) sogar etwas ver- schwommen sind, während sie bei dem anderen sehr deutlich ausgesprochene schwarze Umrandungen zeigen. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar (JVs 1644) besitzt eine Totallänge von 135 Ctm., von denen 28 Ctm. auf den Schwanz zu rechnen sind. Habitat. Während Elaphis dione Pall, hauptsächlich Asien bewohnt und namentlich in den ostwärts vom Kaspischen Meere gelegenen Gegenden dieses Welttheils häufig und weit verbreitet ist, umfasst der Verbreitungsbezirk des nahe verwandten Elaphis sauro- Memoires de l’Acad. Imp. des зоіепсев, Vllme Serie. 13 98 A, Strauch, mates Pall, vorzugsweise das südliche europäische Russland, so wie Griechenland und die westlich vom Kaspischen Meere gelegenen Thcile Asiens, und dehnt sich ostwärts nur bis zum Dshil-Tau und bis zu den unmittelbaren Ufergegenden des Kaspischen Ostküsté aus. Im südlichen Russland ist diese Schlange sehr weit verbreitet, aber mit Ausnahme einiger wenigen Gegenden nicht gerade häufig , wenigstens ungleich seltener, als Zamenis trabalis PalL, der mit der in Rede stehenden Art nahezu denselben Verbreitungsbezirk besitzt. Pallas1), dem man die Entdeckung des Elaphis sauromates verdankt, fand ihn am Dnjepr, in der Krym, auf der Landenge von Perekop, wo er namentlich häufig sein soll, und am Severnoi Donez2), Andrzejowsky3) giebt an, dass er die Steppen des südlichen Podolien, den westlichen Theil des Gouvernements Cherson und die Krym bewohnt, Prof. Eich- Avald4) beobachtete ihn gleichfalls in der Krym und im südlichen Podolien, am Bug und am Dnjestr, aber auch bei Odessa5) und am Dnjepr, Krynicky6) fand ihn im Taurischen und Cherson’schen Gouvernement, Parreyss7) erbeutete ein Exemplar in der Gegend von Nikolajew und Nordmann8) behauptet, dass er überall in den Steppen des südlichen Russ- land einheimisch ist und eben so, wie Zamenis trabalis Pall., nordwärts bis zum 50° n. Br. vordringt, — eine Angabe, welche mir nicht ganz richtig zu sein scheint, da einerseits Prof. Kessler9) bemerkt, dass Elaphis sauromates Pall, im Kiew’schen Lehrbezirke aus- schliesslich nur im Gouvernement Podolien gefunden wird, und Prof. Czernay10) ihn an- dererseits in seiner Fauna des Charkow’schen und der angrenzenden Gouvernements gar nicht aufführt, und doch liegt ein grosser Theil des Gouvernements Kiew und fast das ganze Gouvernement Charkow südlich vom 50° n. Br. Ferner findet sich Elaphis sauro- mates Pall, in Griechenland, denn die von Jan11), wie schon bemerkt, irriger Weise als Junges von Elaphis dione Pall, abgebildete Schlange, die dem Züricher Museum gehört, stammt aus Griechenland, jedoch ist leider nicht näher bekannt, in welchem Theile des Landes dieselbe gefangen worden ist; übrigens muss diese Art in Griechenland, falls ihr Vorkommen daselbst nicht überhaupt auf einem Irrthume beruht, äusserst selten sein, denn weder die Mitglieder der Expedition scientifique en Morée haben sie daselbst beobachtet, noch ist es auch Erhard und Betta, den neuesten Bearbeitern der griechischen Bepti- ^ew-Fauna, gelungen, griechische Exemplare derselben zu sehen, und letzterer führt in seiner Fauna Griechenlands12) die Art nur auf Jan’s Autorität auf, wobei er selbstverständlich 1) Pallas. Zoograpbia rosso-asiatica ПІ, p. 42. 2) Pallas. Ibidem III, p.45 = Goluber pictus. Georgi (Geogr.-phys. u. naturh. Besehr. d. Buss Reichs III,vol.VI, p. 1883) schreibt statt Severnoi Donez — Severien, Donez. 3) Nouv. Mémoires de Moscou II, p. 335. 4) Eichwald. Zoologia specialis III, p. 174. 5) Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 141. 6) Bulletin de Moscou X (1837) № III, p. 59. 7) Wagler. Icônes et descript. Amphibior. Ш, tab. XX ѴП = Elaphe Parreyssii Fitz. 8) Demidoff. V oyage dans la Russie mérid. III, p. 346. 9) Kessler. Естеств. Истор. Кіевск. У чебн. Округа. Amphibia, р. 43. 10) Czernay. Фауна Харько век. Губерн. и прилежа- щихъ къ ней мѣстъ I. 11) Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXI, pl. III f. B. — Auf der zweiten Seite des Umschlages, wo sich die Erklärung der Tafeln findet, ist gesagt, dass das abgebildete Exemplar aus Griechenland stammt und dem Züricher Museum gehört. 12) Betta. Rettili ed Anfibi del Regno della Grecia, p. 59. Die Schlangen des Russischen Reichs. 99 auch Jan’s Determination adoptirt und die fragliche Schlange mit dem Namen Elaphis dione Pall, helegt hat. Alsdann bewohnt Elaphis sauromates Pall. Klein- Asien, wo er zur Zeit allerdings nur erst in der Gegend von Angora1) beobachtet worden ist, wo er aber wohl auch weiter verbreitet sein wird, da er in den östlich von Klein-Asien gelegenen Kaukasischen Ländern fast überall einheimisch ist. Was nun sein Vorkommen in den eben genannten Ländern anbetrifft, so hat Pallas2) ihn an den Thermen des Kaukasus beob- achtet, Güldenstädt3) fing den Goluber tataricus (= Coluber alpestris Pall.), der aller Wahrscheinlichkeit nach zu dieser Art gehört, an der Sunsha, einem Nebenflüsse des Terek, Ménétriès4) erbeutete die in Rede stehende Species in der Gegend der Festung Grosnaja, wo sie häufig sein soll, Prof. Eichwald5) giebt an, dass dieselbe fast im ganzen Kaukasus bis nach Zalka, nahe der türkischen Grenze, einheimisch ist, M. Wagner0) brachte Exem- plare derselben aus Grusien und von den Abhängen des Kaukasus mit und Hohenacker7) fand sie in der Umgegend seines Wohnortes, der Kolonie Helenendorf. Alsdann Hegen mir noch zwei Exemplare dieser Schlange aus der Gegend von Tiflis vor, welche Apotheker Schmidt eingesandt hat, ferner drei von Dr. Radde in der Moganischen Steppe gefan- gene Stücke, so wie eine ganze Reihe prachtvoll conservirter Exemplare, welche Hr. Fricke bei Elisabethpol, wo die Art besonders häufig sein muss, gesammelt hat. Endlich kommt Elaphis sauromates Pall, auch am Ostufer des Kaspischen Meeres vor, und zwar hat bereits der verstorbene Karelin zwei Exemplare aus dieser Gegend eingesandt, deren genauer Fundort aber leider nicht bekannt ist, alsdann fand sich unter den Reptilien der Lehmann’- schen Ausbeute ein grosses, in der Nähe von Nowo-Alexandrowsk8) gefangenes Exemplar vor und in neuerer Zeit hat Dr. Sewerzow diese Art auch am Dshil-Tau, einem kleinen Gebirgszuge südlich von der Emba, gefangen. Aus weiter östlich gelegenen Gegenden ist mir kein Exemplar des Elaphis sauromates Pall, bekannt und ich bezweifle daher auch das Vorkommen desselben im chinesischen Reiche, woher das British Museum nach Dr. Günther9) ein bei Ningpo gefangenes Exem- plar besitzen soll. Da dieses chinesische Stück durch den Mangel der jederseitigen Tempo- ralbinde ausgezeichnet ist, diese Temporalbinde bei der in Rede stehenden Art aber nicht bloss durchaus constant, sondern auch so auffallend stark ausgebildet ist, dass Fischer von Waldheim dieses Merkmal sogar für die specifisöhe Benennung der Schlange ( Coluber taeniothys ) verwerthet hat, so vermuthe ich, dass die fragliche chinesische Schlange im Bri- tish Museum gar nicht zu Elaphis sauromates Pall., sondern zu einer zwar ähnlichen, aber durchaus verschiedenen neuen Art gehört. Neuerdings ist Dr. Günther nochmals auf 1) Abhandl. d. k. Gesellsch, d. Wissensch. zu Güt- tingen I (1843). Phys. Classe, p. 51. Dieses Exemplar aus Angora bat J an in seiner Iconographie Livr. XXI, pl. II abbilden lassen. 2) Pallas. Zoographia rosso-asiatica III, p. 45. 3) Pallas. Ibidem III, p. 46. 4) Ménétriès. Catal. raisonné, p. 69. 5) Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 140. 6) Wagner. Eeise nach Kolchis, p. 384. 7) Bulletin de Moscou X (1837) № VII, p. 145, 8) Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 334. 9) Günther. Catal. öf Colubrine Snakes, p. 93. 100 A. Strauch, diese chinesische Schlange zurückgekommen und hat sich, nach Vergleich derselben mit einem ihm von Prof. Peters übersandten, aus der Provinz Shirwan stammenden Elaphis sauromates Pall., dahin ausgesprochen, dass sie am Ende doch nur als Varietät der ge- nannten Pallas’schen Art angesehen werden könne. Aus dieser nochmaligen Besprechung1) geht aber hervor, dass die chinesische Schlange in der Färbung und Zeichnung sehr be- deutend von Elaphis sauromates Pall, abweicht, indem sie, ausser dem Mangel der Tempo- ralbinde, gelbe, schwarz gerandete Kopfschilder und eine schwarz marmorirte, gegen den Schwanz hin völlig schwarze Unterseite besitzt, Differenzen, die mir bei Berücksichtigung der weit auseinanderliegenden Fundorte denn doch völlig genügend erscheinen, um meine oben ausgesprochene Ansicht, dass die chinesische Schlange einer neuen, von Elaphis sau- romates Pall, durchaus verschiedenen Art angehört, aufrecht zu erhalten. Das Wohngebiet des Elaphis sauromates Pall, erstreckt sich somit von Griechenland ostwärts bis zum Dshil-Tau, reicht nordwärts etwa bis zum 49° n. Br. und lässt sich im Süden zur Zeit noch nicht näher umgrenzen, da einerseits nicht bekannt ist, in welchem Theile Griechenlands diese Schlange beobachtet worden, und da es andererseits noch nicht feststeht, ob sie die russisch-persische Grenze überschreitet, oder aber in der Moganischen Steppe die Aequatorialgrenze ihrer Verbreitung erreicht. 12. Elaphis Schrenckii n. sp. E. supra niger vel nigro-piceus, trunco caudaque fasciis transversis, plus minusve un- dulatis, plerumque interruptis et irregularibus , sed semper in utroque latere bifurcatis, ochraceis, notatis; scutellis labialibus flavescentibus , nigro-marginatis vel ipse maculatis; subtus stramineus, nigro-maculatus. Capite elongato, supra leviter deplanato et a trunco parum distincto, rostro obtuse-rotundato, trunco elongato, subfusiformi, leviter compresso, infra subdeplanato , lateribus vix angulatis, cauda mediocri, subtriquetra, apice acuminata; naribus utrinque inter scutella duo positis, lateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 8, quarto et quinto oculi bulbum attingentibus ; scutellis prae- et postocularibus binis; squa- mis elliptico-sexangulis , apice subtruncato, dorsalibus distincte carinatis, lateralibus laevi- bus, in trunei parte anteriore in 23 séries longitudinales dispositis; sentis abdominalibus 208—221, anali diviso, subcaudalibus utrinque 61 — 71. Junior: Diftert colore supra bruneo, fasciarum transversarum numéro multo majoré, пес non scutis abdominalibus subcaudalibusque nigricantibus, semper luteo-marginatis et in abdominis parte anteriore luteo-maculatis. Die detaillirte, von einer Abbildung begleitete Beschreibung dieser neuen Art behalte ich mir für den von mir zu bearbeitenden herpetologischen Theil von meines hochverehr- ten Freundes und Collegen, Dr. L. v. Schrenck’s, Reisen und Forschungen im Amurlande vor, und will hier nur bemerken, dass Elaphis Schrenckii dem Elaphis virgatus Sch leg. 1) Günther. Reptiles of British India, p. 241. Die Schlangen des Russischen Reichs. 101 sehr nahe verwandt ist, sich von demselben aber, abgesehen von der völlig abweichenden Färbung und Zeichnung, durch die mehr abgerundeten, kaum winklig gebogenen Bauch- seiten, so wie hauptsächlich durch die Zahl der Subcaudalschilder unterscheidet, welche letzteren bei Elaphis virgatus Sch leg. nach meinen Erfahrungen zwischen 93 und 99, nach Duméril1) sogar zwischen 106 und 117 Paaren schwanken, während die höchste Zahl, welche ich bei den 1 1 mir vorliegenden Exemplaren der in Rede stehenden Art ge- funden habe, 71 Paare betrug. Ausserdem möchte ich noch hinzufügen, dass das Pseudo- praeocularschild bei dieser Art in seinem Vorkommen sehr wenig constant zu sein scheint, da es nur bei 6 der von mir untersuchten Exemplare vorhanden war, bei den 5 anderen aber auf beiden Seiten durchaus fehlte, so dass also diese letzteren Stücke jederseits nur ein einfaches Praeocularschild besitzen und daher einen weiteren Beleg dafür abgeben, dass sich die An- oder Abwesenheit des Pseudopraeocularsehildes durchaus nicht zum generi- schen Merkmal eignet. Färbung und Zeichnung, Die Oberseite aller Theile ist bei den ausgewachsenen Exem- plaren des Elaphis Schrenckii tief braunschwarz oder pechschwarz gefärbt und zeigt auf Rumpf und Schwanz helle Querbinden, die in mehr oder weniger regelmässigen Zwischen- räumen auf einander folgen, meist sehr schmal sind, am Vorder- sowohl, wie am Hinter- rande stärker oder schwächer ausgezackt erscheinen und sich jederseits stets in zwei diver- girende Arme theilen, welche auf den Flanken liegen und eine grössere oder kleinere Ma- kel von der Grundfarbe zwischen sich nehmen. Zuweilen kommt es vor, dass nur die eine Hälfte einer solchen Binde deutlich entwickelt ist, während die andere, auf der entgegen- gesetzten Körperseite liegende Hälfte entweder sehr undeutlich ist, oder selbst völlig ver- schwindet, und eben so sind die Binden auf der Rückenmitte mitunter unterbrochen, oder seltener, von schwarzen Makeln durchsetzt, welche letztere Erscheinung jedoch nur bei denjenigen Exemplaren vorkommt, deren Binden breiter sind. Die Zahl dieser Querbinden schwankt, wenn man die halben oder einseitigen mitzählt, zwischen 14 und 18 auf dem Rumpfe und 5 oder 6 auf dem Schwänze, und was die Farbe derselben anbetrifft, so. er- scheinen sie bei den in Weingeist conservirten Exemplaren sehr hell bräunlichgelb oder ockerfarben, sollen aber nach einer brieflichen Mittheilung von Dr. Dybowsky, am le- benden Thiere bald hellgelb, bald orangefarben sein; auf einer mir vorliegenden colorirten Zeichnung dagegen, welche Dr. Radde nach dem eben getödteten Thier angefertigt hat, sind die Binden einfach hellbraun gefärbt und es scheint also, dass die Art hinsichtlich der Farbe dieser Binden nicht unbeträchtlich variirt. Die Lippenschilder, sowohl die oberen, als auch die unteren, sind sehr hell bräunlichgelb, ihre Vorder- und Hinterränder aber in grösserer oder geringerer Ausdehnung schwarz gefärbt, so dass bei einzelnen Exemplaren, bei welchen die schwarze Farbe (jedoch nur auf den Supralabialschildern) sehr an Ausdeh- nung gewinnt, die Schilder eigentlich als schwarz mit gelben Rändern bezeichnet werden 1) D. et B, Erpétol. génér. ѴП, p. 262. 102 A. Strauch, müssten. Die Unterseite ist gleichfalls sehr hell bräunlichgelb, oder auch strohfarben und in sehr verschiedener Weise schwarz gefleckt, indem die Flecken, die meist viereckig sind, bald ganz regellos über die ganze Unterseite zerstreut stehen, bald wieder mehr an den Seiten der Abdominal- und Subcaudalschilder Vorkommen und mehr oder weniger regel- mässige Längsreihen bilden, bald endlich eine schachbrettartige Anordnung zeigen. Das einzige junge Exemplar des Elaphis Schrenckii (№ 3702), welches ich bisher zu sehen Gelegenheit gehabt habe, weicht in der Färbung nicht unbeträchtlich von den er- wachsenen Stücken ab und stimmt auch in der Zeichnung in so fern nicht ganz mit ihnen überein, als bei ihm die Zahl der Querbinden eine ungleich grössere ist und folglich auch die Zwischenräume zwischen den einzelnen Binden eine bedeutend geringere Ausdehnung zeigen. Die Grundfarbe der Oberseite ist nämlich ein mässig dunkeles Braun, welches an denjenigen Stellen, wo es an die hellen Querbinden grenzt, in’s Schwärzliche übergeht. Diese letzteren, die zwar sehr hell, schmutzig gelblichweiss gefärbt, aber sonst vollkommen so beschaffen sind, wie bei den erwachsenen Exemplaren, finden sich auf dem Rumpfe in der Zahl 27, auf dem Schwänze aber gleichfalls nur in der Zahl 6 vor. Unter den Rumpf- binden sind mehrere nur halbseitig ausgebildet, andere wieder sehr verzogen und schräg gestellt, und an den Schwanzbinden ist zu bemerken , dass ihre seitlichen Arme sehr stark divergiren und sich mit den gleichnamigen Theilen der benachbarten Binden vereinigen, wodurch jederscits am Schwänze eine mehr oder weniger regelmässige helle Wellenbinde entsteht, von welcher übrigens auch bei den Erwachsenen Andeutungen Vorkommen. Die Unterseite endlich weicht in so fern von derjenigen der grossen Stücke ab, als sämmtliclie Schilder, mit Ausnahme der vordersten Abdominalia, die sowohl in der Mitte, als auch an den Seiten gelblichweiss gefleckt sind , schwärzlich gefärbt erscheinen und einen bald brei- teren, bald schmäleren Hinterrand von schmutzig gelblichweisser Farbe zeigen. Maasse. Das grösste unter den mir vorliegenden, in Weingeist aufbewahrten Exem- plaren dieser Art (As 2946 unserer Sammlung) besitzt eine Totallänge von 167 Ctm., von denen 26 Ctm. auf den Schwanz kommen, jedoch erreicht die Art ohne Zweifel noch be- trächtlichere Dimensionen, denn das von Dr. L. von Schrenck erbeutete, abgebalgte Exemplar A 3706 misst in Summa 195 Ctm. (bei 30 Ctm. Schwanzlänge), wobei freilich nicht ausser Acht zu lassen, dass die Haut mehr oder weniger ausgereckt ist. Habitat. Diese neue Art, die in ihrem Vorkommen auf das Amurland und das nörd- liche Japan beschränkt zu sein scheint, ist von Dr. L. von Schrenck, dem zu Ehren ich sie auch benannt habe, am Chinggan’schen Wachtposten entdeckt und, wie so eben be- merkt, in einem zwar grossen, aber leider abgebalgten Exemplar mitgebracht worden. Später hat unser Museum noch mehrere Exemplare derselben aus Ost -Sibirien erhalten, welche sämmtlich von Dr. Rad de im Chinggan- Gebirge gesammelt worden sind, so wie zwei Stücke aus Japan, welche Herr Goschkewitsch wahrscheinlich in der Umgegend von Hakodate, wo er mehrere Jahre gelebt hat, gefangen haben wird. In neuester Zeit endlich hat Dr. Dybowsky diese Schlange auch an den Ufern der Bai Possiet und in der Umge- Die Schlangen des Russischen Reichs. 103 gend von Wladiwostok erbeutet, und es scheint somit, dass Elaphis Schrenclm im Amur- lande weit verbreitet ist, da kein Grund vorliegt, anzunehmen, dass derselbe in der weiten Länderstrecke zwischen dem Chinggan- Gebirge und der Bai Possiet nicht ebenfalls ein- heimisch sein sollte. 13. Elaphis taeniurns Соре. E. supra olivaceo-cinereus, capite concolore, sed utrinque fascia longa, obliqua, ab oculi margine postico ad oris angulum descendente, nigra, ornato; dimidio trunci anteriore medio lineis duabus longitudinalibus, parallelis, nigris, plerumque interruptis, aliisque simi- libus transversis, aequidistantibus et cum illis figuram, scalis similem, fingentibus, nec non in utroque latere maculis subrhombeis, fenestratis, etiam nigris, sensim in rete irreguläre confluentibus, notato; dimidio trunci posteriore et cauda utrinque fascia longitudinali latis- sima, ad caudae apicem usque excurrente, picea et certis intervallis macularum flavescen- tium seriebus transversis interrupta, ornatis ; subtus flavescens, abdomine et cauda utrinque fascia longitudinali nigra, in dimidio trunci anteriore in maculas dissoluta et caput versus omnino evanescente, notatis. Capite oblongo-ovato, supra leviter deplanato et a trunco pa- rum distincto, rostro elongato, apice obtuse- rotundato, trunco elongato, subfusiformi, com- presso, infra subdeplanato , lateribus vix angulatis, cauda longiuscula, subtus deplanata, apice acuminata; naribus utrinque inter scutella duo positis, lateralibus; scutellis supra- labialibus utrinque 8, quarto et quinto oculi bulbum attingentibus ; scutellis prae- et post- ocularibus binis; squamis elliptico-sexangulis, dorsalibus leviter, sed distincte carinatis, lateralibus laevibus, in trunci parte anteriore in 23 — 25 sériés longitudinales dispositis; scutis abdominalibus 230 — 234, anali diviso, subcaudalibus utrinque 98 — 101, Synonymie. 1858. Elaphis virgatus (spec. C) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 95, 1860. Elaphis taenimus Соре. Proc. Acad. Philadelph. XII (1860), p. 565. 1864. Elaphis taeniurns Günther. Reptiles of British India, p. 242. Diese Art, von welcher ich eine detaillirte, von den nöthigen Abbildungen begleitete Beschreibung gleichfalls im herpetologischen Theile von Dr. L. von Schrenck’s Reisen und Forschungen im Amurlande zu geben beabsichtige, unterscheidet sich von Elaphis virgatus Sch leg. hauptsächlich durch die Färbung und Zeichnung, so wie allenfalls auch durch die weniger stark entwickelten Kiele auf den Schuppen der mittleren Längsreihen, stimmt aber sonst in jeder anderen Beziehung so vollkommen mit der genannten Art überein, dass Dr. Günther das erste ihm zu Gesicht gekommene Exemplar des Elaphis taeniurns Соре für ein Junges von Elaphis virgatus Schle g . angesehen hat. Später jedoch ist Dr. Gün- ther dem Beispiele des Hrn. Соре gefolgt und hat die Art für selbstständig erklärt, und zwar sicher mit Recht, denn wenn auch ausser der Färbung und Zeichnung so gut wie 104 A. Strauch, gar keine Differenzen zwischen beiden in Rede stehenden Elaphis- Arten ex'istiren, so ist doch die Zeichnung bei dieser Art nicht bloss sehr charakteristisch, sondern auch constant, wie die beiden mir vorliegenden, in der Grösse sehr beträchtlich differirenden Exemplare unserer Sammlung lehren, die beide vollkommen gleich gefärbt und namentlich auch ge- zeichnet sind. Hinsichtlich der Schuppen muss ich noch bemerken, dass sowohl Hr. Соре, als auch Dr. Günther angeben, dieselben seien in 25 Längsreihen angeordnet, dass ich aber an den beiden von mir untersuchten Exemplaren nur 23 solcher Reihen gefunden habe, so wie ferner, dass das kleinere Exemplar unserer Sammlung (JVs 3192) jederseits nicht 8, sondern 9 Supralabialschilder besitzt, von denen auch nicht das 4te und 5te, son- dern das 5t0 und 6t0 an den Augapfel grenzen; diese Anomalie rührt übrigens daher, dass zwischen das jederseitige 3to und 4te Oberlippenschild ein kleines, auf beiden Seiten des Kopfes ganz symmetrisch gestelltes und geformtes Schildchen eingeschoben ist, welches mit seinem Oberrande an den Unterrand des Pseudopraeocularschildes grenzt. Färbung und Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite aller Tlieile ist ein helles Asch- grau mit einem leichten olivfarbenen Anfluge, die Unterseite dagegen erscheint sehr hell bräunlichgelb gefärbt. Der Kopf ist, mit Ausnahme der jederseitigen, schräge vom oberen Postoculare zum Mundwinkel ziehenden, schwarzen Binde, durchaus einfarbig und wird nach den Seiten hin heller, so dass die Supralabialschilder genau die Farbe der Unterseite zeigen. Der vorderste gleich hinter dem Kopfe gelegene Theil des Rumpfes ist gleichfalls völlig einfarbig und erst in der Höhe des 18ton bis 20t6n Bauchschildes beginnen auf der Rückenmitte zwei schwarze, ziemlich feine Längslinien, die einander parallel laufen, etwa durch 4 — 5 Schuppenreihen getrennt erscheinen und stellenweise, in ganz regelmässigen Abständen, durch ganz ähnliche, aber der Quere nach verlaufende Linien mit einander ver- bunden sind, wodurch eine Zeichnung entsteht, die einer Leiter nicht unähnlich sieht. Die der Quere nach gestellten Linien , die also den Sprossen der Leiter entsprechen würden, verlaufen selten ganz gerade, sondern sind meist leicht im Zigzag gebogen und zuweilen auch unterbrochen oder etwas schräge gestellt, aber auch die beiden der Länge nach ver- laufenden Linien zeigen gleichfalls Unterbrechungen, und zwar meist in der Mitte zwischen zwei auf einander folgenden Querlinien ; dadurch wird nun die leiterförmige Figur etwas alterirt und es entstehen stellenweise, statt der Leiter, mehrere hinter einander stehende, stark in die Breite gezogene, H-förmige Figuren. Diese Zeichnung ist aber nur auf der vor- deren Rumpfhälfte deutlich, weiterhin werden die Querlinien immer undeutlicher und ver- schwinden endlich ganz, während die Längslinien an Dicke zunehmen und in den Oberrand der gleich zu beschreibenden jederseitigen Lateralbinde übergehen. Jederseits neben dieser leiterförmigen Figur sind die Flanken mit anderen, etwa rhombischen Figuren verziert, welche gleichfalls aus schwarzen Linien bestehen und in deren Mitte die Grundfarbe zu Tage tritt. Diese Rhomben, die übrigens niemals sehr regelmässig gebildet sind, fangen gegen die zweite Hälfte der Rumpflänge an, allmählich mit einander zu verschmelzen und bilden eine sehr verworrene, netzförmige Zeichnung, die endlich in eine sehr breite Längs- Die Schlangen des Russischen Reichs. 105 binde von pechschwarzer oder pechbrauner Farbe übergeht. Diese jederseitigc Längsbinde, deren Oberrand, wie schon bemerkt, eben von der auf der entsprechenden Seite liegenden Längslinie der Rückenmitte gebildet wird, verläuft, allmählich schmäler werdend und gegen die Grundfarbe überall sehr scharf abgegrenzt, bis zur Schwanzspitze und wird in ganz re- gelmässigen Abständen von gelblichgrauen, in Querreihen angeordneten Makeln unter- brochen, welche letzteren jedoch auf dem äussersten Ende des Rumpfes und auf dem Schwänze fehlen. Auf der Unterseite beginnen etwa auf dem 30steu Bauchschilde schwärzliche Makeln aufzutreten, von denen stets jederseits eine nahe dem äussersten Ende jedes Bauchschildes steht: diese Makeln, welche anfangs sehr schwach angedeutet sind, werden immer deut- licher und vereinigen sich etwa in der Mitte des zweiten Rumpfdrittels zu einer continuir- lichen schwarzen Längsbinde, die sich gleichfalls bis zur Schwanzspitze erstreckt: es er- scheint somit der hintere Tlieil des Rumpfes und der Schwanz bei dieser Art der Länge nach gestreift, und zwar finden sich jederseits zwei solcher Längsstreifen, ein oberer breiter und ein unterer schmaler, die scharf begrenzt sind und durch ein helles, die jeder- seitige letzte Schuppenreihe und das äusserste Ende eines jeden Abdominal- und Subcaudal- schildes einnehmendes Band von einander getrennt erscheinen. Die Mitte des Bauches und die Unterseite des Schwanzes sind eben so einfarbig, wie die Unterseite des Kopfes und die vordersten 30 Abdominalschilder. Maasse. Das grössere der beiden mir vorliegenden Exemplare (№ 3535) besitzt eine Totallänge von 139 Ctm., von denen 26 Ctm. auf die Schwanzlänge zu rechnen sind, wird aber, wenn man die abgebrochene Schwanzspitze zu einem Ctm. etwa veranschlagt, wohl c. 140 Ctm. lang gewesen sein. Ilaliital. Von dieser Art, welche bisher nur in China, namentlich bei ’Ningpo in der Provinz Tschikiang1) und in der Umgegend von Shanghai2), so wie in Siam3) beobachtet worden war, hat Herr Admiral von Butakow dem akademischen Museum ein in der Ge- gend des Nowgorodsker Hafens an der Bai Possiet gefangenes Exemplar zum Geschenke dargebracht. 14. Zamenis Cliffordii Schlegel. Z. supra cinereus, capite fusco-maculato et fasciis duabus transversis, castaneis vel fuscis, plerumque interruptis, altera ante, altera inter oculos, fasciaque obliqua lata in utraque regione temporali, ornato; dorso maculis castaneis vel fuscis, altérais, triseriatis notato, dorsalibus magnis, transversis vel ovalibus, lateralibus parvis, subrotundatis, sed in trunci parte anteriore confluentibus et fascias longitudinales fingentibus; maculis fasciisque omnibus plus minusve distincte albo-vel flavo-marginatis et praecipue in adultis longitudi- 1) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 95. 2) Proc. zool. Soc. of London 1870, p. 411. 3) Proc. Acad. Philadelph. XII (1860) p. 566. — Das grosse, angeblich ostindische, Exemplar unserer Samm- Mémoires de l’Acad. lmp. des sciences, ѴПшѳ Série. lung (№ 3535) wird wohl auch aus Siam stammen, wenig- stens ist es zugleich mit einem siamesischen Stück von Xenopdtis unicolor Reinw. von Herrn Salmin acquirirt worden. 14 106 A, Strauch, naliter nigro-lineatis ; subtil s sordide Bavas, unicolor. vel utrinque ad latera fusco-macula- tus. Capitc elongato, vix depresso et a trunco sat distincto, trunco elongato, subcylinclrico, cauda mediocri, acuminata; naribus inter scutella bina positis, lateralibus; scutellis post- frontalibus et frenalibus semper irregulariter divisis, numerosis; scutellis supralabialibus utrinque 10 — 14, nullo oculi bulbum attingente; oculo scutellis parvis 9 — 13, supraor- bitali excluso, cincto; squamis lanceolatis, in trunci parte anteriore in 25 — 29 sériés lon- gitudinales dispositis, dorsalibus plus minusve distincte carinatis, lateralibus laevibus; scu- tis abdominalibus 219 — 241, anali simplici, subcaudalibus utrinque 63 — 83. Synonymie. 1809. Couleuvre à raies paralleles Geoffroy St. Hilaire. Description de l’Egypte. Atlas. Rept., pl. VIII f. 1. 1837. Coluber Cliffordii Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens I, p. 148, II, p. 163. pl. VI f. 13 et 14. 1854. Periops parallelus D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 678. 1867. Periops parallelus var. schirasana Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XX, pl. II. Zamenis Cliffordii Schleg. unterscheidet sich von allen seinen Gattungsgenossen* 1 II) durch die eigenthümliche Beschilderung des Kopfes und besitzt ausserdem auch ein einfa- ches, ungetheiltes Analschild , welches letztere Unterscheidungsmerkmal jedoch, wie ich weiter unten zeigen werde, nicht ganz constant zu sein scheint. Was den Hauptcharaktcr, die Zahl und Stellung der Kopfschilder, anbetrifft, so ist bei sämmtlichen übrigen Zamenis- Arten die horizontale Oberfläche des Kopfes bekanntlich mit den gewöhnlichen 9 Schildern bekleidet, bei der in Rede stehenden Art dagegen erscheinen die beiden Postfrontalschilder (Praefrontalia nach Duméril und Bibron) stets getheilt, und zwar in sehr mannichfacher und meist völlig unregelmässiger Weise. An den 14 mir vorliegenden Exemplaren habe ich bald 4, bald 6, bald 8 und an einem Stücke (V 1690) sogar 10 solcher Schilder an 1) Die 6 in Russland einheimischen , Species dieser artenreichen Gattung lassen sich, wie folgt, von einander unterscheiden : Die Kopfbeschildenmg A) anomal, indem sowohl die Postfrontalia, als auch die Frenalia unregelmässig getheilt erscheinen. Z. Cliffordii. Б) durchaus normal. Praeocularschilder jederseits I constant in der Zahl 2 vorhanden. Von den Supralabialschildern 1) berührt nur ein einziges oder in seltenen Fällen sogar keines den Augapfel Z. Karelinii. 2) berühren stets 2 den Augapfel. Der Schwanz a) von massiger Länge, beträgt kaum ein Viertel der Totallänge.. Z. trabalis. ■ b ) sehr lang und dünn, kommt fast einem Drittel der Totallänge gleich Z Dahlii. II constant in der Zahl drei vorhanden. Der Schwanz 1) mit drei Längsstreifen, der Rumpf mit 3 oder 4 Längsreihen alternirender Makeln geziert Z. Bavergieri. 2) zeigt drei Längsreihen von Makeln, der Rumpf dagegen kurze, schmale Querbinden, die in 3 Längsreihen angeordnet sind und mit einander alteruiren Z. FedtschcnTcoi. Die Schlangen des Russischen Reichs. 107 Stelle der beiden Postfrontalia gefunden. Aehnlicli variabel ist auch die Zahl der Schild- chen, welche die Frenalgegend bekleiden. Duméril behauptet zwar, es seien gewöhnlich 3 Frenalschilder vorhanden, zwei in einer Längsreihe hinter einander und das dritte über denselben stehend, rechnet man aber von den Schildchen der constant vorhandenen Längs- reihe, welche über dem 4ton Supralabiale beginnt und sich, zwischen Augapfel und Ober- lippenschildern fortlaufend, bis in die Temporalgegend erstreckt, diejenigen, welche in der Frenalgegend liegen und den Augapfel nicht berühren, hinzu, so steigt die Zahl der Fre- nalia bis auf 9, welche letztere Zahl ich an dem Stücke № 1687 unserer Sammlung gefun- den habe. Bei den übrigen von mir untersuchten Exemplaren wird die Frenalgegend von 4, 5, 6, 7 und 8 Schildchen bekleidet, welche in Form und Stellung sehr unregelmässig sind und in so fern eine unsymmetrische Anordnung zeigen, als sie an den verschiedenen Seiten eines und desselben Stückes in ungleicher Anzahl vorhanden sind. Eine weitere Ei- genthümlichkeit besitzt diese Art in der grossen Zahl von Supralabialschildern, welche nach meinen Erfahrungen zwischen 10 — 13 schwanken und dabei nur selten an den beiden Seiten eines und desselben Stückes in gleicher Anzahl Vorkommen. Von diesen Oberlippen- schildern, von denen die 3 ersten hoch, alle folgenden aber sehr niedrig sind, berührt kei- nes das Auge, da letzteres von einem Halbringe kleiner Schildchen umgeben ist, deren Zahl gleichfalls stark variirt, und zwar, soweit meine Untersuchungen reichen, zwischen 9 und 13. Gewöhnlich scheint der Halbring aus 10 Schildchen zu bestehen, jedoch liegt mir ein Exemplar (A 1684) vor, das auf beiden Seiten je 13 solcher Schildchen besitzt, bei einem anderen (A 1688) sind auf der linken Seite 12, auf der rechten 13, und bei einem dritten (A 1691) auf der linken 12, auf der rechten aber nur 9 solcher Schildchen vorhanden. Der Kopf ist fast conisch und vom Rumpfe ziemlich deutlich abgesetzt, der Rumpf beinahe cylindriseh und der Schwanz bei mässiger Länge zugespitzt. Die Schuppen des Rumpfes sind lancettförmig, an den Seiten glatt, auf der Rückenfirste mit stumpfen Kielen versehen, welche letzteren im hinteren Tlieile des Körpers deutlicher vortreten, als im vorderen. Was die Zahl der Längsreihen anbetrifft, in welche die Schuppen angeordnet sind, so giebt Prof. Schlegel dieselbe auf 23 an, während ich an den mir vorliegenden Exemplaren meist 25 — 27, seltener 29, gezählt habe. Duméril behauptet, 29 — 31 Schuppenreihen gefunden zu haben, und bemerkt ausserdem, dass die Schuppen sehr schräge gestellt sind, welche letztere Bemerkung ich nicht bestätigen kann. Die Zahl der Bauchschilder variirt nach meinen Untersuchungen zwischen 219 und 241, diejenige der Schwanzschilderpaare zwischen 63 und 83, jedoch sollen letztere nach Prof. Schlegel bis zur Zahl 90 steigen. Das Analschild endlich ist, wie alle Autoren übereinstimmend angeben, stets einfach und wird daher gleichfalls als Merkmal zur Unterscheidung dieser Art von ihren ziemlich zahl- reichen Gattungsgenossen verwerthet; jedoch scheint mir dieser Charakter nicht ganz con- stant zu sein, da ich ein Exemplar (A 3645 unserer Sammlung) vor Augen habe, bei wel- chem das Analschild ganz deutlich getheilt ist. Färbung und Zeichnung. Die Oberseite aller Tlieile besitzt eine hell bräunlichgelbe oder 108 A. Strauch, sandfarbene Grundfarbe, während die Unterseite überall sehr hell gelblichweiss gefärbt er- scheint. Auf dem Kopfe finden sich, ausser der jederseitigen, schräge vom Auge zum Mund- winkel ziehenden, braunen Temporalbinde, noch zwei Querbinden von derselben Farbe, von denen die eine, die stets sehr undeutlich und fast immer in Makeln aufgelöst ist, vor den Augen auf der Schnauze liegt, während die andere, deutlichere, aber oft auch in der Mitte des Kopfes unterbrochene, also in 2 grosse Makeln aufgelöste, zwischen den Augen gelegen ist, d. h. von der Mitte des einen Margo supraorbitalis zur Mitte des anderen zieht. Der Scheitel ist braun gesprenkelt und zeigt gewöhnlich noch einige grössere, braune Flecken, von denen zwei, auf jedem Occipitalschilde einer, recht constant zu sein scheinen. Sämmt- liche auf der horizontalen Fläche des Kopfes befindlichen Binden und Makeln zeigen mehr oder weniger deutlich ausgeprägte, gelbliche oder weissliche Ränder. Die Seiten des Kopfes sind gleichfalls braun gesprenkelt und ausserdem erscheint der Hinterrand jedes einzelnen Supralabialschildes in grösserer oder geringerer Ausdehnung braun gefärbt. Der Rumpf zeigt drei Längsreihen kastanienbrauner, seltener braungrauer, alternirender Makeln, die bei den Jungen dunkler zu sein scheinen, als bei den Ausgewachsenen, und die sich auch auf den Schwanz fortsetzen. Die Makeln der centralen Reihe, die bedeutend grösser sind, als die der seitlichen, erscheinen etwas in die Quere gezogen und würden nahezu Rhomben darstellen, wenn nicht an jeder Seite jeder einzelnen Makel noch eine kurze Längsbinde vorhanden wäre ; es gleichen somit die einzelnen Makeln der centralen Reihe einem latei- nischen H, an welchem der mittlere oder horizontale Strich durch eine rhombische Figur ersetzt ist. Diese Makeln folgen so dicht auf einander, dass der Zwischenraum zwischen zwei hinter einander stehenden Makeln kürzer ist, als diese selbst. Die Makeln der seit- lichen Reihen sind mehr in die Länge gezogen und bilden, namentlich im vorderen Tlieile des Rumpfes, breite Längsbinden, von denen die erste, welche gleich hinter dem Kopfe be- ginnt, besonders langgezogen erscheint. Auf dem Schwänze, wo die Makeln successiv an Grösse abnehmen, sind diejenigen der centralen Reihe nahezu rund, die seitlichen aber strichförmig. Alle diese Makeln und Binden sind eben so, wie diejenigen auf dem Kopfe, mehr oder weniger deutlich gelblich oder weisslich gesäumt, ausserdem aber noch von pa- rallelen schwarzen Längsstrichen durchzogen, welche letzteren den Schuppenrändern ent- sprechen und namentlich bei ausgewachsenen Exemplaren sehr deutlich vortreten. Bei ein- zelnen, wie es scheint, ausschliesslich mittelwüchsigen Stücken findet sich nach aussen von der lateralen Makelreihe, also da, wo die äusserste Schuppenreihe mit den Seitenrändern der Bauchschilder zusammenstösst, noch eine Längsreihe, allerdings weniger deutlicher und • namentlich nicht scharf begrenzter Makeln, welche mit den Lateralmakeln, denen sie in der Form gleichen, alterniren. Am deutlichsten finde ich diese jederseitige supplementäre Makelreihe an unserem Exemplar № 3645 ausgebildet, so dass also bei diesem Stücke der Rumpf und Schwanz eigentlich mit 5 Längsreihen von Makeln geziert ist. Die Makeln dieser äussersten Reihen weichen von denen der übrigen Längsreihen jedoch dadurch ab, dass sic weder einen hellen Saum besitzen , noch auch von den so charakteristischen Die Schlangen des Russischen Reichs. 109 schwarzen Längsstrichen durchzogen sind. Die Unterseite aller Theile ist entweder ganz einfarbig, oder aber, was seltener vorzukommen scheint, jedes einzelne Bauchschild ist an jedem Ende mit einem mehr oder weniger deutlichen, kleinen, braunen Fleck geziert. Die oben beschriebene Zeichnung zeigen sämmtliche mir vorliegenden ägyptischen Exemplare, so wie auch die beiden einzigen in Russland gefangenen Stücke unserer Samm- lung, die drei mir zu Gebote stehenden algierischen Exemplare dagegen gleichen mehr der Form, welche Jan als Varietas schiramna unterschieden hat, und zeichnen sich durch drei Längsreihen regelmässig ovaler oder selbst kreisrunder, an Grösse nur wenig verschiedener und mit einander alternirender Makeln aus. Die Makeln der seitlichen oder Flankenreihen sind zwar auch bei diesen Exemplaren im vordersten Rumpfdrittel sehr in die Länge ge- zogen, nehmen aber sehr bald successiv an Länge ab und erscheinen schon vor der Mitte des Rumpfes fast eben so rund oder oval, wie diejenigen der centralen Reihe. Ferner sind bei diesen 3 Exemplaren, wie solches ja auch bei der typischen Form mitunter vorkommt, die Seiten des Rumpfes und Schwanzes, nach aussen von der seitlichen Makelreihe, noch mit einer bald mehr, bald weniger regelmässigen Längsreihe kleiner brauner Flecken ge- ziert, welche mit denen der Flankenreihe alterniren und folglich mit denen der centralen Reihe correspondiren. Endlich fehlen bei diesen algierischen Stücken, die allerdings alle drei noch jung sind, die schwarzen Längsstriche in den Makeln, dagegen finde ich bei fast allen Makeln der centralen Reihe eine mehr oder weniger deutliche schwarze Umsäumung. Maasse. Das grösste Exemplar unserer Sammlung besitzt eine Totallänge von 1 IG Ctm., von denen 19 auf den Schwanz kommen, im Pariser Museum findet sich aber ein Stück von 140 Ctm. Länge. Habitat. Zamenis Clifforäii Sc hl eg. ist im nördlichen Afrika weit verbreitet und dringt, wenigstens im östlichen Theile dieses Continents, auch ziemlich tief nach Süden vor; man kennt nämlich Exemplare desselben von den Ufern des Rothen Meeres1), aus Nubien2), aus Aegypten3), wo er besonders häufig zu sein scheint, aus Tripolis4), aus Tunis1), wo er na- mentlich bei Sfax beobachtet worden ist, aus der Algérie, und zwar sowohl aus der Sahara algérien5), als auch aus dem westlichen Theile der Provinz Constantine 6), und aus der Ge- gend von Mogador7) in Marocco, ja das British Museum8) besitzt sogar drei Stücke dieser Schlange aus West-Afrika, von denen jedoch leider nicht bekannt ist, in welcher Gegend derWestküste sie gefangen worden sind. Ferner bewohnt diese Art Persien9), woFilippi10) namentlich inSchiraz eine besondere Varietät entdeckt hat, ist nach Martin11) am Euphrat, 1) D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 680. 2) Lichtenstein. Nomencl. Reptil, et Amphibior. Mus. zool. Berol., p. 28. 3) Exemplare im British Museum, so wie in den Samm- lungen zu Paris, Berlin, Mailand und St. Petei’sburg. 4) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 163. 5) Strauch. Essai d’une Erpétol. de l’Algérie, p. 61. 6) Lallemant. Erpétol. de Г Algérie, p. 31. 7) Revised List of the vertebrated Animais now or lately living in the Gardens of the zool. Soc. of London (1872), p. 350. 8) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 104. 9) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 60. 10) Filippi. Viaggio in Persia, p. 356. 11) Proc. zool. Soc. of London 1838, p. 81. по А. Strauch, und zwar wahrscheinlich am oberen Laufe desselben, so wie auch in der Gegend von Tre- bizond gefangen worden und erreicht die Ostgrenze ihres Wohngebiets am Ostufer des Kaspischen Meeres, wo sie in neuester Zeit von Dr. Kadde in der Gegend von Krasno- wodsk und von Dr. Sievers bei dem Brunnen Karatschagly am nordwestlichen Ende des grossen Balchangebirges, so wie auch im alten Bette des Oxus *) erbeutet worden ist. 15. Zamenis Karelinii Brandt, tab. III. Z. supra griseo-vel cinereo-albicans; capite brunescente et utrinque fascia brevi obliqua temporali maculaque suboculari, nigris, notato; corpore supra fasciis transversis, aequidistantibus, nigris vel nigricautibus, et praeterea in utroque latere serie longitudinali macularum nigrarum, cum fasciis alternantium, ornato; fasciis maculisque in cauda minus distinctis et plerumque omnino evanescentibus; subtus pallidus vel flavescens, unicolor. Capite brevi, supra deplanato et a trunco parum distincto, rostro declivi, acuminato, pro- minulo, corpore elongato, subtus deplanato et in utroque abdominis latere obtusissime au- gulato, cauda mediocri, acuminata et subtus leviter deplanata; naribus utrinque inter scu- tella duo positis, lateralibus ; scutellis supralabialibus utrinque 9 , quinto tantum oculi bul- bum attingente; scutellis praeocularibus utrinque duobus, postocularibus tribus; squamis lanceolatis, laevibus et in trunci parte anteriore semper in 1 9 séries longitudinales dispo- sitis; scutis abdominalibus 199 — 213, anali diviso, subcaudalibus utrinque 85—107. Synonymie. 1838. Coluber ( Tyria ) Karelinii Brandt. Bull, scientif. de l’Acad. de St.-Pétersbourg. III, p. 243. 1852. Coluber ( Taphrometopon ) Karelinii Brandt in: Lehmann. Pteise nach Buchara und Samarkand, p. 3341 2). 1873. Choristodon brachycephalus Sewerzow. Извѣстія Импер. Общества любителей есте- ствознанія, антропологіи и этнографіи VIII вып. 2, р. 72. Nota 23). Unter den Arten der Gattung Zamenis Wag]., deren Zahl, wenn man, wie es Dr. Günther bereits gethan hat, die Periops- Arten dazu zieht, sich auf mehr als ein Dutzend 1) Nach einer brieflichen Mittheilung von Dr. Sie- vers in Tiflis. 2) Die Benennung Coluber ( Taphrometopon ) Karelinii beruht entschieden auf einem Schreib- oder Druckfehler, oder vielmehr auf einer Zusammenziehung der Namen von zwei sehr verschiedenen Arten, nämlich des Coluber (Tyria) Karelinii Brandt und des Coluber ( Taphrometo- pon) lineolatus Brandt, von welchen beiden in der Le h- mann’schen Ausbeute Exemplare aus der Gegend von Nowo-Alexandrowsk vorhanden sind. 3) Dieser Name bezieht sich auf ein weiter unten zu besprechendes anomales Exemplar von Zamenis Kareli- nii Brandt, welches Dr. Sewerzow in der Gegend von Chodshent erbeutet und dessen er schon früher in dem allgemeinen Bericht über seine Reise (Путешествіе по туркестанскому Краю и изслѣдованіе горной страны Тянь-Шаня, р. 95) unter dem Namen Choristodon sog - dianus gedacht hat; letzteren Namen hat Dr. Sewerzow später verworfen und durch den obigen, von einer kurzen Diagnose begleiteten, ersetzt. Die Schlangen des Russischen Reichs. 111 beläuft, existiren meines Wissens nur drei, bei welchen jederseits nur ein einziges Supra- labialschild, und zwar immer das 5te, an den Augapfel grenzt; diese Arten sind Zamenis (Periops) algirus Jan, Zamenis ( Periops ) neglectus Jan und Zamenis Karelinii Brandt. Von diesen drei Arten, die sich zum Theil auch schon durch Färbung und Zeichnung leicht un- terscheiden lassen, zeichnet sich Zamenis neglectus Jan durch gekielte, in 23 Längsreihen angeordnete Schuppen aus und weicht also von den beiden anderen sehr beträchtlich ab; diese letzteren stimmen nun zwar dadurch miteinander überein, dass bei beiden die Schuppen glatt, ohne Kiele, sind, unterscheiden sich aber durch die Zahl der Schuppenreihen sehr leicht von einander, denn bei Zamenis algirus Jan finden sich constant 25, bei Zamenis Karelinii Brandt aber nur 19 Schuppenreihen. Obwohl die in Rede stehende Art bereits im Jahre 1838 charakterisirt worden, ist sie doch noch sehr wenig bekannt und es scheint mir daher geboten, sie hier etwas ein- gehender zu beschreiben. Der Kopf dieser Schlange ist ziemlich kurz, besonders im Schnauzentheile , auf der horizontalen Oberfläche leicht deprimirt und von den Augen an nach vorn ziemlich ab- schüssig, so dass die Supraorbitalregion, bei Seitenansicht des Kopfes, am höchsten und ziemlich stark gewölbt erscheint. Die Seiten des Kopfes sind schräge nach aussen gerichtet und die ganze Frenalregion ist der Länge nach ziemlich tief ausgehöhlt, welche Aushöh- lung sich andeutungsweise auch in der Temporalregion wiederfindet. Der Kopf ist nach hinten zu zwar, wie gewöhnlich, etwas breiter, setzt sich aber doch nur wenig gegen den Rumpf ab. Die Schnauze ist zugespitzt und ragt ziemlich weit, um die ganze Länge des Rostralschildes, über den Unterkiefer vor. Das Rostraischild ist halbkuglig aufgetrieben und hat die Gestalt eines gleichschenkligen sphärischen Dreiecks, dessen nach hinten ge- richtete und auf die horizontale Fläche der Schnauze hinaufragende Spitze bald schwächer, bald stärker zugerundet erscheint. Die beiden Praefrontalia sind von mässiger Grösse, fünfeckig und liegen durchaus auf der horizontalen oder oberen Kopffläche, die beiden Post- frontalia dagegen, die kaum grösser als die Praefrontalia und gleichfalls unregelmässig fünfeckig sind, erscheinen mit einem schmalen Tlieile ihres Aussenrandes auf die verticale Kopffläche hinabgebogen. Das Verticalschild ist vorn fast doppelt so breit als hinten, um ein Drittel länger als vorn breit und von der gewöhnlichen Vasenform, d. h. mit nahezu geradem Vorderrande, geschweiften, mit der Concavität nach aussen gerichteten Seiten- rändern und stumpfwinklig oder auch rechtwinklig geknicktem Hinterrande. Die beiden Supraorbitalia sind längliche Vierecke, deren äusserer oder freier Rand fast gerade, der innere dagegen bogenförmig (mit nach innen gerichteter Convexität) verläuft und deren Hinterrand fast das Doppelte an Länge besitzt, wie der ihm parallel laufende Vorderrand. Die Occipitalia endlich, die grössten unter den Kopfschildern, stellen Fünfecke dar, an deren jedem die 3 vorderen Winkel stumpf, der hintere innere ein Rechter und der hintere äussere wieder stumpf ist. Zusammengenommen erscheinen sie am Hinterrande, wo sie be- trächtlich schmäler sind, als am Vorderrande, fast gerade abgestutzt oder bilden doch nur 112 A. Strauch, einen älisserst stumpfen einspringenden, mit der Oeffhung gegen den Nacken gerichteten Winkel. Unter den Schildern der seitlichen oder verticalen Kopffläche sind zunächst die beiden, nahezu gleich grossen Nasalia zu erwähnen, die das Nasenloch umschliessen und von denen das vordere convex, das hintere aber stark ausgehöhlt erscheint. Das darauf folgende Fre- nale ist klein und hat die Form eines Trapezes, an welchem die obere, an die Postfrontalia grenzende Seite kürzer ist, als die untere, ihr parallele, die mit den Supralabialschildern in Berührung steht, Von den beiden Praeocularschildern ist das obere fast dreimal so gross, wie das untere, und ragt mit seinem oberen dreieckigen Theile auf die horizontale Kopf- fläche hinauf, wo es den Raum zwischen dem Postfrontale und Supraorbitale seiner Seite ausfüllt und mit seiner inneren Spitze an die äussere Spitze des Verticalschildes grenzt. Der obere, auf der verticalen Kopffläche liegende Theil dieses Praeoculare superius ist stark wulstig aufgetrieben und bildet mit dem herabgebogenen, äusseren Stücke des Post- frontale und dem oberen Theile des Nasale posterius den wulstigen Canthus rostralis, der unmittelbar in den stark vortretenden Margo supraorbitalis übergeht; der untere Theil des Praeoculare superius stellt ein Viereck dar und ist dabei flach oder selbst leicht concav. Das untere Praeocularschild ist klein, der Form nach bei den verschiedenen Individuen nicht ganz constant und nimmt genau die Stellung eines Pseudopraeocularschildes ein, d. h. es ist zwischen das 3te, 4t0 und 5te Supralabiale eingekeilt und hat das Ansehen, als wenn es ein selbstständig gewordenes Stück des 4ten Supralabiale, das auffallend niedrig ist, dar- stellt. Mit seiner oberen geraden Seite grenzt es an das Praeoculare superius, mit der hin- teren an den Augapfel und mit den drei übrigen Seiten an die drei genannten Oberlippen- schilder. Von den drei Postocularen ist das mittlere am kleinsten und etwa viereckig, das obere, das ungefähr dieselbe Gestalt hat, aber meist Neigung zeigt, fünfeckig zu werden, ist etwas grösser , und das untere endlich , das am grössten ist , zeichnet sich besonders durch seine Länge aus und bildet ein bogenförmiges Band, dessen concaver oberer Rand an das Auge, der untere convexe oder selbst winklig gebogene aber an den Oberrand des 6lon und 7tou Supralabiale grenzt; es sitzt dieses Schild also auf den beiden eben genannten Oberlippenschildern auf und schliesst dieselben von der Berührung mit dem Augapfel aus. Die Temporalgegend ist vorn mit zwei über einander liegenden Schildern bekleidet, von denen das untere besonders gross und lang ist und mit den beiden unteren Postocularen in Berührung steht; hinter diesen beiden Temporalschildern erster Reihe finden sich noch 2 oder 3 verticale Reihen kleiner Schildchen, welche hinsichtlich der Form und Grösse fast vollkommen mit den Nackenschuppen übereinstimmen. Von den 9 jederseitigen Oberlippenschildern stellen die drei ersten schräge Parallelo- gramme dar, die successiv an Grösse zunehmen und von denen das lste an das Nasale an- terius, das 2t0 an das eben genannte Schild und das Nasale posterius grenzt, und das 3t0 mit dem Frenale und einem kleinen Theile des unteren Praeoculare in Berührung steht. Das 4te Supralabiale ist, wie schon bemerkt, auffallend niedrig, niedriger als irgend ein anderes Die Schlangen des Russischen Reichs. 113 der gleichnamigen Schilder, und grenzt an das Praeoculare inferius, das 5t0 ist schmal, aber höher als seine beiden Nachbarschilder, und berührt den Augapfel, das 6te ist ziemlich lang, aber niedrig und grenzt mit seinem oberen Rande an das unterste Postoculare, das 7le, unter allen das grösste, steht mit dem unteren Postoculare und dem grösseren unteren Tem- porale in Berührung, und die beiden letzten Oberlippenschilder, die gleichfalls unregel- mässig fünfeckig sind und von denen das 9te bedeutend kleiner als das 8te ist, grenzen au die Schläfenschilder, und zwar das 8le an das untere Temporale erster Reihe, sowie an das untere Temporale zweiter Reihe und das 9te endlich an das eben genannte Schildchen und an das untere Temporale dritter Reihe. Die untere Kinnlade zeigt, ausser dem kleinen dreieckigen Mentale, jederseits 9, ano- maler Weise 10, Infralabialia, die bis zum 6leu allmählich an Grösse zunehmen, so dass das 6te von allen das grösste ist; die drei oder seltener 4 letzten Infralabialia sind klein und nehmen nach hinten successiv an Grösse ab. Die Kehlschilder des ersten Paares sind etwa doppelt so lang, als einzeln breit, und werden, wie gewöhnlich, durch die beiden, einander unter spitzem Winkel berührenden Infralabialia des ersten Paares von der Berührung mit dem Kinnschilde ausgeschlossen. Die Gularia des 2ts" Paares sind auflallend lang und schmal , reichen nach hinten über das 6te Infralabiale hinaus und sind von einander durch 2 auf einander folgende Paare sehr in die Länge gezogener, supplementärer Kehlschilder getrennt. Unter den 21 Exemplaren dieser Art, die ich zu untersuchen Gelegenheit gehabt, sind auch einige vorgekommen, welche in der Kopfbeschilderung mancherlei, bald gerin- gere, bald grössere Anomalien zeigen. So liegt mir ein Exemplar (Jä 1706) vor, das jeder- seits nicht 9, sondern 10 Supralabialia besitzt, indem bei demselben das jederseitige 6te Su- pralabiale durch eine verticale Nath in zwei Schildchen getrennt erscheint. Bei einem an- deren Exemplar, welches ich als Duplicat ausrangirt habe, findet sich genau dieselbe Ano- malie, aber nur auf der rechten Seite, während die linke Seite durchaus normal gebildet ist. Ferner besitzt das Exemplar № 3647 auf der linken Seite nur 2 Postocularschilder, indem das 3te dieser Schildchen, und zwar das oberste, mit dem Supraorbitale zu einem Schilde verschmolzen ist, und bei JVc 1697 finden sich auf der linken Seite gleichfalls nur zwei Postocularia, jedoch ist hier das oberste Postoculare deutlich, die beiden unteren da- gegen zu einem langen, schmalen, bandförmigen Schilde verwachsen. Zwei andere Stücke, № 1696 und № 1698, zeigen die auffallende Anomalie, dass bei ihnen keines der Supra- labialschilder den Augapfel berührt , und zwar kommt das bei beiden daher, dass bei ihnen das jederseitige 5te Supralabiale durch eine horizontale Nath in zwei über einander liegende Schilder getheilt erscheint, von denen das obere, das als Subocularschild aufzufassen ist, zwischen dem unteren Praeoculare und dem unteren Postoculare liegt; dadurch entsteht ein Kranz von Schildern, der das Auge umgiebt und mit der ganz ähnlichen Anordnung der Ocularscliilder bei Zamenis tJliffordii Sch leg. und Zamenis Mppocrepis L. üherein- stimmt. Bei dem einen dieser beiden Stücke (№ 1698) sind ausserdem noch auf der rechten Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. 15 A. Strauch, 114 Seite die beiden unteren Postoculafia, genau in derselben Weise, wie es bei № 1697 auf der linken Seite der Fall ist, zu einem langen, bandartigen Schilde verschmolzen. Eine sehr auffallende Anomalie anderer Art bietet endlich das Exemplar № 3581 dar, welches von Dr. Sewerzow, der es bei Chodshent erbeutet und dem akademischen Museum zum Ge- schenk dargebracht hat, für eine neue Art gehalten und unter dem Namen Chorist odon brachycephalus kurz charakterisirt worden ist. Bei diesem Stücke, das sonst in allen wesent- lichen Punkten mit Zamenis Karelinii Brandt übereinstimmt und nur in der Zeichnung etwas ab weicht, ist nämlich derjenige Theil des Rostralschildcs, welcher auf die horizontale Kopffläche hinaufragt, unverhältnissmässig stark ausgebildet und stellt einen Keil dar, der sich zwischen die beiden Praefrontalia hineinschiebt und dieselben fast vollkommen von einander trennt; ausserdem findet sich bei diesem Exemplar jederseits noch ein kleines, kornförmiges, überzähliges Schildchen, welches zwischen dem Praeoculare inferius, dem Frenale und dem 3ton und 4te” Supralabiale gelegen ist, und endlich wäre noch hervorzu- heben, dass der ganze Kopf etwas verbildet ist, indem die rechte Seite desselben kürzer als die linke erscheint, wobei aber das rechte Auge merkwürdiger Weise in die Länge ge- zogen ist und die Form eines liegenden Ovals darbietet, während das linke durchaus rund und normal gebildet ist. Der Rumpf ist schlank, im Halstheile nur wenig verdünnt, an der Bauchseite recht deutlich abgeflacht und dabei an den Seiten winklig gebogen, so dass der Bauch in seiner ganzen Länge jederseits eine bald mehr, bald weniger vortretende, aber immer sehr schwache Kielandeutung zeigt. Der Schwanz ist mässig lang, zugespitzt und an der Unter- seite leicht abgeflacht, jedoch ohne Spur von seitlichen Kielandeutungen. Die Schuppen sind lancettförmig, durchaus glatt und nehmen sowohl nach den Seiten, als auch gegen den Schwanz hin leicht an Breite zu; sie sind, wie schon bemerkt, im vorderen Körperdrittel constant in 1 9 Längsreihen angeordnet. Die Zahl der Bauchschilder, die ganz gewöhnlich gebildet sind, schwankt zwischen 199 und 213, jedoch beträgt dieselbe meist 200 — 210, denn unter den mir vorliegenden Exemplaren hat nur ein einziges (JVä 2701) weniger als 200, nämlich 199, Bauchschilder und nur bei 5 Stücken habe ich deren mehr als 210 ge- zählt. Das Anale ist constant getheilt und die Subcaudalia schwanken in der Zahl zwischen 85 und 107 Paaren. Färbung und Zeichnung. Die Oberseite aller Theile ist entweder weisslichgrau, oder bei frischen Exemplaren gelblich weiss mit einem mehr oder weniger ausgesprochenen Stich in’s Bräunliche, der Kopf jedoch besitzt bei sämmtlichen Exemplaren, namentlich im Schnauzentheile, stets eine helle bräunliche Färbung. Die stets einfarbige Unterseite aller Theile ist gelblich weiss, zuweilen mit einem leisen Stich in’s Rosenrothe, (der wahrschein- lich am lebenden Thiere immer deutlich ausgesprochen ist), und nur bei einigen ganz fri- schen Exemplaren, die auf der Oberseite einen besonders starken, bräunlichen Anflug be- sitzen, finde ich einzelne Stellen der Unterseite, meist gegen die Seiten des Bauches hin, ockergelb gefärbt. Der Kopf zeigt nur an den Seiten schwarze Makeln, und zwar auf jeder Die Schlangen des Russischen Reichs. 115 Seite zwei, eine kleine unter dem Auge auf dem untersten Postoculare, welche sich, wenn sie an Grösse zunimmt, auch auf das 6tö Supralabiale hinüberzieht, und eine grossere in der Temporalgegend, die meist die Form einer Binde annimmt und vom vorderen Theile des Aussenrandes des Occipitale gegen den Mundwinkel zieht, ohne denselben jedoch immer zu erreichen. Der Rumpf ist mit schwarzen oder schwärzlichen Querbinden geziert, die bald länger, wie namentlich im vordersten Rumpfdrittel, bald kürzer sind und ab und zu verbogen, ja selbst chevronartig erscheinen, was darauf hinzudeuten scheint, dass sie aus der Verschmelzung zweier schwach alternirenden Makelreihen hervorgegangen sind; in der That finde ich auch bei dem Exemplar № 3581, bei welchem sämmtliche schwarzen Zeichnungen weniger scharf begrenzt und stellenweise etwas undeutlich sind , auf der Mit- tellinie des Rückens sehr kurze Querbinden, welche namentlich in der vorderen Körper- hälfte, mehr oder weniger regelmässig mit einander alternirend, zwei Längsreihen zu bilden scheinen und dabei so dicht auf einander folgen, dass ihre Zahl nicht, wie bei den übrigen Stücken, 40 — 48, sondern gegen 80 beträgt. An jeder Seite des Rumpfes findet sich ferner eine Längsreihe gleichfalls schwarzer oder doch schwarzbrauner Makeln von abgerundeter, selten in die Quere gezogener Gestalt, die mit den Binden alterniren und meist, aber nicht immer, in dem vordersten Rumpftheile fehlen. Diese Makeln sind, besonders wenn sie stark in die Quere gezogen erscheinen, so sehr auf die Seite gerückt, dass sie auch auf die seitlichen Theile der Bauchschilder übergehen und also der sonst durchaus einfarbigen Un- terseite des Thieres eine Zeichnung verleihen. Auf dem Schwänze sind sowohl die Binden, als auch die Makeln weniger deutlich und verschwinden bei den meisten Stücken schon auf dem Basaltheile desselben. Die Jungen sehen den Ausgewachsenen vollkommen gleich und weichen nur in so fern etwas ab, als bei ihnen die Binden kürzer, mehr makelartig erscheinen und dabei eben so, wie die Lateralmakeln , vollkommen gleichmässig intensiv schwarz gefärbt sind, während bei den Ausgewachsenen sowohl Binden, als auch Makeln eine mehr schwarzbraune oder schwärzliche Färbung zeigen und dabei von tief schwarzen, den Schuppenrändern entsprechenden Strichen durchsetzt sind. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar (.V 3647) besitzt eine Totallänge von 119 Ctm., von denen 29 auf den Schwanz entfallen. Habitat, Zamenis Karelinii Brandt, der vorzugsweise auf sandigem Terrain vorzukom- men scheint, bewohnt ausschliesslich die aralo-kaspischen Gegenden und dringt nach We- sten nicht über das Ostufer des Kaspischen Meeres vor. Die ersten Exemplare dieser Art brachte der verstorbene Karel in von seiner Reise an der Ostküste des eben genannten Meeres mit, jedoch ist leider der specielle Fundort derselben nicht bekannt. Uebrigens scheint die Art an der genannten Küste ziemlich überall vorzukommen, zum Mindesten besitzt die akademische Sammlung Exemplare von den verschiedensten Punkten dieser Ge- gend; so hat der verstorbene Dr. Lehmann sie bei Nowo-Alexandrowsk gefunden, Dr. Sewerzow fing sie auf der Strecke zwischen dem Kenderlinskischen Busen und Krasno- wodsk, so wie auch weiter südwärts bei Ak-Tjubé, von Dr. Rad de erhielten wir zwei bei 116 A. Strauch, Krasnowodsk gefangene Stücke und Dr. Sie ver s hat neuerdings mehrere Exemplare im alten Oxus-Bette und bei dem Brunnen Karatschagly, am nordwestlichen Ende des grossen Balchangebirges erbeutet. Alsdann kommt sie auch in Persien vor, woher unser Museum von Grafen E. Keyserling zwei Exemplare zum Geschenk erhalten hat, deren genauer Fundort zwar, da die Etiquetten völlig verwischt waren, nicht ermittelt werden konnte, von denen ich aber vermuthe, dass sie, wie fast alle mir zugekommenen Eeptilien der Key- serling’schen Ausbeute, aus Chorassan oder Kirman stammen. Ueber das Vorkommen dieser Schlange in den Amu-Darja-Gegenden und in Turkestan endlich ist zur Zeit nichts Näheres bekannt, ganz fehlt sie daselbst nicht, denn Dr. Sewerzow hat ein Exemplar der- selben in der Umgegend von Chodshent gefangen, muss aber doch unverhältnissmässig sel- tener sein, als an der Kaspischen Küste, da Herr Fedtschenko sie auf seinen verschiede- nen Reisen im Turkestan’schen Gebiet nirgends beobachtet hat. Aus den vorstehenden An- gaben ergiebt sich nun, dass das Wohngebiet des Zamenis Karelinii Brandt westwärts bis an’s Kaspische Meer reicht, nach Norden wohl kaum über den 45.° n. Br. (Nowo-Alexan- drowsk) hinausreichen wird und dass die Ost- und Südgrenze desselben zur Zeit noch voll- kommen unbekannt sind. 16. Zamenis trabalis Pallas. Z. supra griseus vel cinereo-coerulescens, squamis singulis stria longitudinali media pallida vel fusco-ferruginea notatis, trunco praeterea in speciminibus praecipue junioribus plerumque maculis parvis, quadriseriatis, altérais et saepe fascias transversas, plus minusve interruptas simulantibus, nigris, ornato; capite supra seinper brunescente, fusco flavoque marmorato, scutellis supralabialibus , prae- et postocularibus flavidis, illis plerumque fusco marginatis; subtus flavescens vel latericio-ruber, semper immaculatus. Capite parvo, ovato, tetragono-pyramidali , supra leviter deplanato et a trunco vix distincto, rostro brevi, ob- tuse-acuminato, prominulo, trunco elongato, medio incrassato, subtereti, cauda quadrantali, acuminata, subtus leviter deplanata: naribus utrinque inter scutella duo positis, laterali- bus; scutellis supralabialibus utrinque semper 8, quarto et quinto oculi bulbum attingen- tibus; scutellis prae- et postocularibus binis; squamis ovato-lanceolatis, subhexagonis, in trunci parte anteriore in 17 — 19 séries longitudinales dispositis, laevibus; scutis abdomi- nalibus 190 — 210, anali diviso, subcaudalibus utrinque 87 — 107. Synonymie. 1721. ? Serpens grandis Rzaczynsky. Historia naturalis curiosa regni Poloniae p. 249. 1771. Cohiber sp.? Lepechin. Дневныя записки I. p. 514. tab. XXI. О 1) Einzelne Autoren, wie namentlich Jan und Dr. Günther, belegen diese Art mit dem Namen Zamenis caspius und citiren Lepechin als Autor dazu, jedoch durchaus mit Unrecht, denn weder im russischen Origi- naltext von Lepechin’s Reise, noch auch in der deut- schen Uebersetzung von Hase, welche letztere gewöhn- lich citirt wird, ist die von Lepechin beschriebene und abgebildete Schlange mit einer specilischen Benennung Die Schlangen des Russischen Reichs, 117 1774. Coluber sp.? Lepechin. Tagebuch der Reise durch verseil. Prov. d. Russ. Reichs. Uebers. v. Hase I, p. 317. tab. XXI. 1799. Coluber jaculator Pallas. Bemerkungen auf einer Reise durch die südl. Statthalter- schaften d. Russ. Reichs I, p. 111. 1800. Coluber jugularis Georgi. Geogr.- physik. und naturh. Beschr. des Russ. Reichs III, vol. VI, p. 1882. № 13. 1800. Coluber caspius Georgi. Ibidem III, vol. VI, p. 1882. № 14. 1800. ? Coluber pethola Georgi. Ibidem III, vol. VI, p. 1883. № 15. 1800. Coluber petalarius Georgi. Ibidem III, vol. VI, p. 1883. JV 16. 1811. Coluber trabalis Pallas. Zoographia Rosso-Asiatica III, p. 42. .V 38. 1811. Coluber acontistes Pallas. Ibidem III, p. 43. JVx 39. 1811. Coluber tJiermalis Pallas. Ibidem III, p. 44. V 40. 1830. Coluber trabalis Eichwald. Naturh. Skizze v. Lithauen, Volhynien und Podolien p. 234. 1831. Coluber sp.? Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 368. № 2. 1831. Coluber trabalis Eichwald. Zoologia specialis III, p. 173. 1831. Coluber acontistes Eichwald. Ibidem III, p. 174. 1832. Coluber trabalis An drzejowsky. Nouv. Mémoires deMoscouII, p. 332. tab. XXII f.3. 1832. Coluber trabalis Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Имперіи. Amphib., р. 20. № 39. 1832. Coluber acontistes Dwigubsky. Ibidem, p. 23. JV 50. 1832. Coluber tJiermalis Dwigubsky. Ibidem, p. 23. .V 51. 1832. Coluber griseo-coeruleus Dwigubsky. Ibidem, p. 25. № 58. 1832. Coluber erythrogaster Fischer von Waldheim. Bulletin de Moscou IV (1832), p. 574. 1837. Coluber trabalis Krynicky. Bulletin de Moscou X (1837). .V III, p. 57. 1837. Botliriopliis erystrogaster Eichwald. Reise auf dem Kaspischen Meer und in den Kaukasus, I Abtli. 2, p. 748. 1837. Coluber trabalis Rathke. Mém. d. Savans étrang. Acad. St.-Pétersbourg III, p. 308. tab. I f. 8. 1840. Coluber trabalis Nordmann in: Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 344. pl. V. 1841. Haemorrliois trabalis Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 142, 1841, Coelopeltis erythrogastra Eich wald. Ibidem, p. 153. 1850. ? Coluber viridiflavus Berthold in: Wagner. Reise nach Kolchis, p. 334. ') versehen. Der Name Coluber caspius rührt, wenn ich nicht sehr irre, von Gmelin her, der sich desselben in der von ihm besorgten 13ten Ausgabe von Linné’s Sy- stema naturae (III, ]>. 1112) zuerst bedient hat. 1) Das von Berthold untersuchte Exemplar soll nur 15 Längsreihen von Schuppen besitzen, wesshalb es mir zweifelhaft erscheint, ob dasselbe auch wirklich zu Za- menis trabalis Pall, gehört. 118 A. Strauch, 1852. Coluber trabalis Czernay. Фауна Харьковской Губерніи I, р. 11. 1853. Coluber trabalis Kessler. Естеств. Исторія Кіевск. Учебн. Округа. Amphibia, р. 40. 1854. Zamenis trabalis D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 689. 1867. Zamenis caspius Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXIII, pl. I. 1871. Zamenis trabalis Kessler in: Auerbach. Гора Богдо, p. 73. 1871. Zamenis Karelinii? Kessler. Ibidem, p. 73. ’) Zamenis trabalis P all. ist, wie Dr. Günther1 2) zuerst nachgewiesen hat, nur eine der vielen Farbenvarietäten des im circummediterranen Faunengebiete weit verbreiteten Zamenis atrovirens Shaw (= viriflavus Boje), und wenn ich denselben hier noch unter der Pal- las’schen Benennung als selbstständige Art aufführe, so geschieht es nur desshalb, weil in unserer Fauna von den zahlreichen Varietäten der Hauptart auschliesslich nur diejenige vorkommt, welche eben unter dem Namen Zamenis trabalis Pall, bekannt ist. Diese Art oder richtiger Varietät gehört in diejenige Abtheilung der Gattung Zamenis Wagl., deren Repraesentanten jederseits 2 Prae- und 2 Postocularschilder besitzen und bei denen zugleich zwei Supralabialia, und zwar speciell das 4te und 5t0, an den Bulbus gren- zen; ausser Zamenis trabalis Pall, (und selbstverständlich auch der Hauptart, Zamenis atrovirens Shaw) kennt man aus dieser Gruppe meines Wissens nur noch 2 Arten3), nämlich Zamenis Dahlii Fitz, und Zamenis cataphoranotus Jan4), die beide sehr charak- teristisch gezeichnet sind und sich von der hier behandelten Art durch ihren ausserordent- lich schlanken Habitus, so wie den verhältnissmässig bedeutend längeren Schwanz sehr leicht und sicher unterscheiden lassen. In seinen morphologischen Charakteren scheint 1) Die von Prof. Kessler fraglich als Zamenis Ka- relinii Brandt beschriebene Schlange besitzt jederseits 8 Supralabialschilder, von denen das 4te undd)te mit dem Bulbus in Berührung stehen, und kann somit, ungeachtet ihrer drei jederseitigen Postocularschilder, nicht zu Za- menis Karelinii Brandt gerechnet werden. So weit sich nach der sehr genauen Beschreibung urtheilen lässt, ist das fragliche Thier ein junges, schwarzgeflecktes Exem- plar von Zamenis trabalis Pall., bei welchem anomaler Weise, statt der gewöhnlichen zwei Postocularschilder, jederseits В solcher Schilder vorhanden sind. Für eine derartige Deutung der in Rede stehenden Schlange spricht übrigens auch schon der Umstand, dass jede einzelne ihrer Schuppen an der Basis mit einem mehr oder we- niger deutlichen gelben Längsstreifen versehen ist, der, nebenbei bemerkt, am lebenden Thiere violett gewesen sein soll; solche Streifen an den Schuppen sind aber be- kanntlich für Zamenis trabalis Pall, sehr charakteristisch und finden sich sonst bei keiner anderen der im Russi- schen Reiche einheimischen Zamenis- Arten. 2) Günther. Gatal. of Colubrine Snakes, p. 102, 3) Zwei andere Arten der Gattung Zamenis Wagl., bei welchen gleichfalls das 4te und 5te jederseitige Ober- lippenschild an den Augapfel grenzt, sind Zamenis bra- chyurus Günther (Ann. and Mag. Nat. Hist. 3 ser. XVIII p. 27. pl. VI f. A) und Zamenis himalayanus Steind. (Verhandl. zool.-botan. Gesellscli. zu Wien XVII (1867) Abh., p. 513, tab. XIII f. 1 — 3), welche beide in Ost-In- dien Vorkommen; sie müssen jedoch beide in eine andere Abtheilung der in Rede stehenden Gattung gestellt wer- den, da bei beiden das Pseudopraeocularschild als feh- lend angegeben wird. Beide Arten sind gleichfalls sehr schlank gebaut und unterscheiden sich von einander hauptsächlich durch die Zahl der Schuppenreihen, wel- che bei Zamenis brachyurus Giinth. 23, bei Zamenis M- malayanus Steind. aber nur 19 beträgt. 4) Wie mir scheint ist der in Siam entdeckte Zamenis Bocourti Jan (Nouv. Archives du Museum d’liist nat. de Paris II Bullet., p. 6) identisch mit dem in der Iconogra- phie des Ophidiens, Livr. XXIII, pl. II f. 2 abgebildeten Zamenis cataphoranotus Jan aus Bangkok, wenigstens stimmen beide sowohl in den morphologischen Merkma- len, als auch in der Zeichnung vollkommen mit einander überein. Die Schlangen des Russischen Reichs. 119 nun der zur Genüge bekannte Zamenis trabalis Pall, äusserst constant zu sein, wenigstens habe ich unter den 27 von mir untersuchten Exemplaren desselben auch nicht ein einziges gefunden, welches in der Zahl der Supralabialia oder in der Zahl und Stellung der das Auge umgebenden Schilder irgend welche Anomalien dargeboten hätte ; nur hinsichtlich der Schuppen muss ich bemerken , dass ich dieselben bei sämmtlichen von mir untersuchten Exemplaren sowohl der hier in Betracht kommenden Form, als auch der übrigen Varie- täten von Zamenis atrovirens Shaw im vorderen Rumpfdrittel in 17 Längsreihen ange- ordnet gefunden habe, und dass erst mehr gegen die Mitte der Rumpf länge die Zahl der Reihen auf 19 stieg. Färbung und Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite ist entweder bläulich-, oder bräun- lichgrau und Rumpf sowohl, als auch Schwanz erscheinen mehr oder weniger deutlich der Länge nach gestreift, weil die Mitte jeder einzelnen Schuppe der Länge nach anders gefärbt ist, als ihre Ränder, wodurch eben jene Streifung entsteht. Unter den erwachsenen Exem- plaren kann man, je nachdem der mittlere Längsstreif jeder einzelnen Schuppe sehr hell, fast weisslich, oder aber rostroth, ja selbst rothbraun gefärbt ist, zwei Varietäten unter- scheiden, von denen diejenige mit den in der Mitte weisslich oder sehr hell bräunlichgelb gefärbten Schuppen viel seltener zu sein und nur in Europa vorzukommen scheint; wenig- stens gehören von den Stücken unserer Sammlung nur die vier europäischen (.V 1734, 1735, 1736 und 2702) zu dieser Varietät, alle übrigen Exemplare dagegen, welche sämmt- lich aus den Kaukasischen Ländern stammen, zeigen in der Mitte ihrer Schuppen einen rostrothen oder rothbraunen Längsstreifen. Bei den jüngeren Individuen finden sich ausser der eben beschriebenen Streifung, die bald mehr, bald weniger deutlich vortritt, noch schwarze Makeln auf dem Rumpfe, die um so zahlreicher und deutlicher sind, je jünger das Exemplar. Diese Makeln bilden vier Längsreihen, alterniren mehr oder weniger deut- lich mit einander und sind, wenn sie an Ausdehnung gewinnen, stets mehr oder weniger in die Quere gezogen, so dass die jungen Exemplare vier Längsreihen altcrnirender Querma- keln besitzen, von welchen diejenigen der beiden Dorsalreihen grösser sind, als die Flan- kenmakeln, welche letzteren meist rundlich und nur selten bandförmig erscheinen; auf dem Schwänze verschmelzen die Makeln, falls sie nicht überhaupt verschwinden, zu mehr oder weniger deutlichen Längsbinden. Der Kopf ist bei allen Exemplaren, sie mögen am Körper noch so different gezeichnet sein , auf der Oberseite stets bräunlich gefärbt und durch gelbe und bräunliche Striche und Punkte marmorirt, welche Marmorirung bei den Jungen stets ungleich deutlicher ausgesprochen ist, als bei den Ausgewachsenen. Die Su- pralabialschilder, so wie die Prae- und Postocularia sind immer sehr hell, bräunlichgelb oder gelb gefärbt und die ersteren mit schmalen dunkelen Rändern versehen. Die Unter- seite aller Theile ist durchaus einfarbig, und zwar sehr hell bräunlichgelb, soll aber bei den lebenden Exemplaren stets grell ziegelrotli gefärbt sein, von welcher Färbung bei Wein- geistexemplaren nur ab und zu an der Unterseite des Schwanzes mehr oder weniger deut- liche Spuren existiren. Ein von Hrn. Erber auf Corfu gefangenes Exemplar unserer Samm- 120 A. Strauch, limg (J№ 2702), dessen Schuppen in der Mitte mit einem fast weisslichen Längsstreif geziert sind und dessen Rumpf sehr deutliche schwarze Quermakeln zeigt, weicht in der Färbung der Unterseite nicht unbeträchtlich von den übrigen mir vorliegenden Stücken dieser Va- rietät ab, kann aber dennoch keiner der anderen Varietäten des Zamenis atrovirens Shaw zugezählt werden. Seine Bauchschilder zeigen nämlich in der vorderen Rumpfhälfte auf gelblichweissem Grunde an ihrem Hinterrande einen ganz regelmässig an zwei Stellen un- terbrochenen, schwarzen Saum und ausserdem noch graue Nebelflecken, welche gegen die zweite Hälfte der Rumpflänge derart zunehmen, dass die ganze Unterseite grau erscheint, bis auf einzelne Stellen, wo die Grundfarbe in Form unregelmässiger Makeln zu Tage tritt, so wie bis auf den meist in Punkte aufgelösten, schwarzen Saum der einzelnen Bauchschilder. Unter dem Schwänze concentriren sich bei diesem Stücke die grauen Nebelflecken hauptsäch- lich in der Mittellinie, wo die Schilderpaare an einander grenzen, und es erscheint der Schwanz daher an seiner Unterseite mit einer wenig scharf begrenzten centralen Längs- binde von dunkelgrauer Farbe geziert.- Maasse. Das grösste unter den mir vorliegenden Exemplaren (№ 1721) besitzt eine To- tallänge von 134 Ctm., wovon 34 Ctm. auf den Schwanz abgerechnet werden müssen, je- doch erreicht Zamenis trabalis Pall, eine viel bedeutendere Grösse, denn Erhard1) be- hauptet, dass auf den Cycladen häufig Exemplare von über 8 Fuss (also über 250 Ctm.) Länge gefunden werden, und Prof. Kessler2) gieht die Dimensionen des grössten von ihm beobachteten Exemplars auf 222 Ctm. an. Habitat. Die unter dem Namen Zamenis trabalis Pall, bekannte Varietät des Zamenis atrovirens Shaw ist im südlichen Russland, so wie in Cis- und Transkaukasien weit ver- breitet, findet sich aber auch in einigen anderen Ländern Ost-Europa’s, in Klein -Asien und vielleicht auch in Persien, ja soll angeblich sogar bis nach Ost-Indien Vordringen. Die westlichste Gegend, in welcher Zamenis trabalis Pall, vorkommt, ist Ungarn, wo er nach Frivaldszky 3) in den Ofener Bergen lebt, und woher auch Herr Erber4) ihn in neuester Zeit zugeschickt erhalten hat; ferner findet er sich nach Jan5) in der Gegend von Scmlin und die Herren Graf Ferrari und Zelebor6) haben ihn in den östlichen Theilen von Sla- vonien, hei Morovich und Kupinova, beobachtet. Alsdann ist er nach Erhard1) auch auf den Cycladen einheimisch und soll daselbst keineswegs zu den Seltenheiten gehören, ob er aber auch auf dem griechischen Festlande vorkommt, lässt sich zur Zeit nicht mit Be- stimmtheit entscheiden, da das einzige mir bekannte Exemplar, als dessen Fundort Grie- 1) Erhard. Fauna der Cycladen p. 76. 2) Auerbach. Гора Богдо, p. 73. 8) Frivaldszky. Monographia SerpenUira Himga- riae, p. 42. — Schinz (Europäische Fauna II, p. 47) giebt an, dass diese Varietät auch bei Budweis, also in Böh- men, vorkommt, jedoch beruht diese Angabe auf einem Versehen, indem Schinz die von Frivaldszky gege- bene Notiz «habitat in Ilungaria in montibus Budensibus » mit «Ungarn, in den Gebirgen um Budweis» übersetzt hat. 4) Verhandl. zool. -botan. Gesellsch. zu Wien XVI (1866) Abh., p. 825. 5) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 65. 6) Verhandl. zool. -botan. Gesellsch. zu Wien XIII (1863) Abh., p. 1123. Die Schlangen des Russischen Reichs, 121 chenland1) angegeben ist, möglicherweise auf irgend einer der Cycladen gefangen worden sein kann; endlich besitzt unsere Sammlung ein Exemplar dieser Varietät, welches von Herrn Erber auf der Insel Corfu erbeutet worden ist. In Klein -Asien ferner scheint Za- menis trabalis Pall, recht weit verbreitet zu sein, wenigstens hat man ihn zur Zeit bereits an zwei von einander sehr weit entfernten Punkten beobachtet, nämlich in der Gegend von Angora2), woher der Consul Wedekind dem Göttinger Museum zwei Exemplare eingesandt hat, und bei Xanthus im südlichsten Theile von Anatolien, aus welcher Gegend sich im British Museum1) ein Exemplar befindet. Die Nachrichten über das Vorkommen dieser Schlange in Persien dagegen sind nicht bloss sehr dürftig, sondern auch durchaus unsicher, denn das im Pariser Museum3) befindliche von Aucher-Eloy in Persien gefangene Exem- plar des Zamenis trabalis Pall, gehört, wie Herr von Betta4) ganz richtig bemerkt, gar nicht zu dieser Art oder Varietät, sondern ist von Jan zum Typus einer besonderen Spe- cies, des Zamenis persicus 5) , erhoben worden, und die leider nicht näher bezeiclmete Va- rietät des Zamenis viridiflams Boje, welche Filippi6) in dem von ihm bereisten nordwest- lichen Theile Persiens gefangen hat, Hesse sich allerdings mit einiger Wahrscheinlichkeit als Zamenis trabalis Pall, deuten, jedoch bleibt selbstverständlich die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass darunter auch irgend eine der anderen Farbenvarietäten des Zamenis atrovirens Shaw gemeint ist; kurz, mit Bestimmtheit ist Zamenis trabalis Pall, in Persien zur Zeit noch nicht nachgewiesen, jedoch ist sein Vorkommen wenigstens in den nördlichen, an das Kaspische Meer grenzenden Theilen des Landes nicht unwahrscheinlich, da er in der Mogan- Steppe, in der Umgegend von Lenkoran und im Talysch- Gebirge, also an der persischen Grenze, einheimisch ist. Weiter ostwärts dürfte die in Rede stehende Schlange jedoch schwerlich Vorkommen, wenigstens überschreitet sie in Russland das Kaspische Meer nicht, ich halte daher den Fundort des von Jan abgebildeten Exemplars, welches dem Pa- riser Museum gehört und aus Ost-Indien stammen soll, für mehr als zweifelhaft und glaube denselben bis auf Weiteres unberücksichtigt lassen zu müssen. Was nun schliesslich das Vorkommen des Zamenis trabalis Pall, in Russland anbe- trifft, so hat bekanntlich Lepechin7) ihn am Ural-Flusse entdeckt, Güldenstaedt fing ihn am Terek8), namentlich auch bei Kisljar9), so wie an der unteren Wolga10), und Pallas, 1) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 103. 2) Abhandl. d. b. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göt- tingen I (1843). Phys. Classe, p. 50. 3) D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 691. 4) Betta. Rettili ed Anfibi del Regno della Grecia, p. 67. — Die Richtigkeit der obigen Bemerkung ergiebt sich schon daraus, dass Jan, der bekanntlich alle Schlan- gen der Pariser Sammlung untersucht hat, in seinem Elenco sistematico degli Ofidi, p. 65 eines dem Pariser Museum gehörigen persischen Exemplars nicht hei Za- menis trabalis Pall. (= Zamenis caspius Lep.), sondern bei seinem neuen Zamenis persicus erwähnt. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, VHme Se'rie. 5) Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXIII, pl. II f. 1. 6) Filippi. Viaggio in Persia, p. 356. 7) Lepechin. Дневныя записки I, p. 513 und Tage- buch der Reise durch versch. Prov. des Russ. Reichs. Uebers. von Hase I, p. 317. 8) Georgi. Geogr.-phys. u. naturh. Beschr. d. Russ. Reichs III, vol. VI, p. 1882 = Coluber jugularis. 9) Georgi. Ibidem III, vol. VI, p. 1883 = Coluber pethola. 10) Georgi. Ibidem ІП, vol. VI, p. 1883 = Coluber petalarius. 16 122 A. Strauch, der ihn gleichfalls am Terek in der Gegend von Jekaterinograd (Thermae Catharineae) *), aber auch nordöstlich von» der Wolga-Mündung, in der Sandwüste Saltan-Murat1 2) und in der Steppe am Brunnen von Chonggor3) beobachtet hat, giebt an, dass er überall im süd- lichen Russland, vom Dnjepr bis zum Ural-Flusse und bis an das Kaspische Meer, vorkommt und in der Krym häufig ist4). Prof. Eichwald traf ihn einzeln am unteren Bug5), so wie auf den Hügeln am Ufer der Wolga, in der Nähe der Sandbank Rakuscha6), und auf den Wolga-Inseln bei Astrachan7), nach Andrzejowsky 8) findet er sich in der Umgegend von Nikolajew und bei Odessa, und Krynicky9), der ihn bei Jekaterinoslaw, Slavjanobrjansk und am Severnoi Donez beobachtet hat, bezeichnet als Polargrenze für seinen Verbreitungs • bezirk etwa den 50.° n. Br. Alsdann hat Rathke10) ihn in den Steppen zwischen Feodosia und Kertsch gefangen, und Nordmann11) erklärt ihn für die gemeinste Schlange in den südrussischen Steppe^, welche nordwärts etwa bis zum 50.° n. Br. vordringt und bei Ben- der im östlichen Bessarabien, so wie auch bei Ovidiopol, in riesigen, 7 Fuss langen Exem- plaren vorkommt. Nach Prof. Czernay’s Beobachtungen12) ferner bewohnt Zamenis ira- balis Pall, die Steppen im Lande der Bonischen Kosaken und im Gouvernement Jekate- rinoslaw, wo er z. B. auch in der Umgegend von Slavjanoserbsk 13) gefangen worden ist, und Prof. Kessler14) hat ihn im Kiew’scheu Lehrbezirke ausschliesslich nur im südlichen Podolien, namentlich am Dnjepr, angetroffen. Alsdann ist diese Schlange vom verstorbenen Auerbach15) auf dem Berge Gross-Bogdo und in einer, durch den Besitz von 3 jedersei- tigcn Postocularschildern ausgezeichneten, Spielart auch auf dem Klein- Bogdo gefangen worden und findet sich, wie ich einer Mittheilung des Herrn Becker16) entnehme, auch in der Umgegend von Sarepta. Endlich bewohnt Zamenis trabalis Pall., wie schon bemerkt, auch Transkaukasien und scheint daselbst gleichfalls weit verbreitet zu sein, denn Hohen- acker17) hat ihn sowohl in der Umgegend der Kolonie Helenendorf, als auch bei Salian und im Talysch- Gebirge gefangen, Prof. Eichwald18) bemerkt, dass er hauptsächlich in Karabagh und bei Elisabethpol angetroffen werde, und Dr. M. Wagner19) hat ihn in Gru- 1) Pallas. Zoograpbia rosso-asiatica III, p. 44 = Co » luber thermalis, 2) Pallas. Bemerkungen auf einer Reise durch die südl. Statthalterschaften d. Russ. Reichs I, p. 111. 8) Pallas. Ibidem I, p. 129. 4) Pallas. Ibidem II, p. 470 und Zoographia rosso- asiatica III, p. 42. 5) Eichwald. Naturh. Skizze von Lithauen, Volhy- nien und Podolien, p. 234. 6) Eichwald. Reise auf dem Kasp. Meere und in den Kaukasus I Abth. 1, p. 39. 7) Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 142. S) Nouv. Mémoires de Moscou II, p. 333. 9) Bulletin de Moscou X (1837) № III, p. 57. 10) Mémoires des Savans étrangers de l’Acad. de St.- Pétersbourg III, p. 309. 11) Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 344. 12) Czernay. Фауна Харьковск. Губерн. и прилежа- щихъ къ ней мѣстъ I, p. 12. 13) Bulletin de Moscou XXIV (1851) I, p. 279. 14) Kessler. Естеств. Истор. Кіевск. У чебн. Округа. Amphibia, р. 41. 15) Auerbach. Гора Богдо, р. 73. 16) Bulletin de Moscou XXVIII (1855) I, p. 473. 17) Ibidem X (1837) № VII, p. 145. 18) Eichwald. Reise auf dem Kasp. Meere und in den Kaukasus I Abth. 2, p. 749. 19) Wagner. Reise nach Kolchis, p. 334. — Man vergleiche die Anmerkung Л1» 1 auf p. 117 dieser Abhand- lung. Die Schlangen des Russischen Reichs. 123 sien und an den Abhängen des Kaukasus beobachtet; zu diesen Angaben über das Vor- kommen der in Rede stehenden Schlange in Transkaukasien kann ich noch hinzufügen, dass sie von Hohenacker auch bei Lenkoran und von Dr. Radele in der Megan- Steppe ge- fangen worden ist, dass sie ferner in der Umgegend von Tiflis vorkommt, wie die drei von Herrn Schmidt erbeuteten Stücke der akademischen Sammlung lehren, und dass sie end- lich bei Elisabethpol ganz besonders häufig sein muss, da unser Museum von Herrn Fr icke eine ganze Reihe prachtvoller, in der Umgegend dieser Stadt gefangener Exemplare zuge- schickt erhalten hat. Aus der vorstehenden Auseinandersetzung ergiebt sich nun, dass das Wohngebiet des Zamenis trdbalis Pall, sich von Ungarn ostwärts bis zum Ural-Flusse und bis an die West- küste des Kaspischen Meeres erstreckt, seinen südlichsten Punkt bei Xanthus in Klein- Asien, zwischen dem 36. und 37.° n. Br., erreicht und im Norden von einer Linie begrenzt wird, welche mit dem 49. oder höchstens doch mit dem 50.° n. Br. zusammenfällt. So mangelhaft der Verbreitungsbezirk der in Rede stehenden Schlange auch umgrenzt sein mag, so steht gegenwärtig doch so viel fest, dass sie den 50.° n. Br. nirgends überschreitet, und ich kann daher Herrn Sabanejew nicht beistimmen, wenn er eine angeblich im mitt- leren Ural vorkommende riesige Schlange für Zamenis trdbalis Pall, erklärt. Herr Saba- nejew1) theilt nämlich mit, dass nach einstimmigen Berichten der Jäger auf dem ganzen Ural, von Slatoust bis Bogoslowsk, zuweilen eine zwei und mehr Faden (!) lange Schlange Vorkommen soll, und dass man z. B. im Sommer des Jahres 1871 im KujasclTschen Walde zwei etwa fadenlange Exemplare derselben beobachtet haben will, dass es ihm selbst aber nicht gelungen ist, eine solche Schlange zu sehen; abgesehen nun von der ohne Zweifel übertriebenen Angabe über die Länge der Schlange, scheinen mir diese Berichte, die sehr an die bekannten «Jagdgeschichten» erinnern, überhaupt wenig Glauben zu verdienen, jedenfalls kann von einer Berücksichtigung derselben erst dann die Rede sein, wenn es Herrn Sabanejew oder auch irgend einem anderen Naturforscher geglückt sein wird, ein Exemplar der fraglichen Schiauge zu fangen oder doch wenigstens zu sehen. 17. Zamenis Balüü Fitzinger. Z. supra olivaceo- vel coeruleo-griseus, capite infuscato, unicolore, scutellis suprala- bialibus, prae- et postocularibus semper flavis vel albidis; collo utrinque maculis subrotun- datis vel subquadratis , nigris, semper albo- vel flavo-marginatis , in adultis saepe ocellatis, in seriem longitudinalem dispositis, magnitudine sensim diminuentibus et longe ante me- dium corpus evanidis, anterioribus maximis approximatis et saepe in cervice conjunctis, ornato ; trunco caudaque unicoloribus , illo interdum in speciminibus junioribus antice ma- culis minimis, altérais, multiseriatis vel irregularibus, sensim evanidis, nigris notato; subtus flavidus vel albicans, immaculatus. Capite elongato, supra leviter deplanato et a trunco 1) Bulletin de Moscou XLIV (1871) II, p. 273. % 124 A. Strauch, distincte separàto, rostre acuminato, prominulo, trunco gracillimo, leviter compresso, infra deplanato, lateribus distincte angulatis, cauda longisshna, fere trientali, tenuissima, subtri- quetra, acuminata; naribus utrinque inter scutella dno positis, lateralibus ; scutellis supra- labialibus utrinque 8, quarto quintoque oculi bulbum att.ingentibns ; scutellis prae- et post- ocularibus binis; squamis lanceolatis, subhexagonis, in trunci parte anteriore in 19 sériés longitudinales dispositis, laevibus; scutis abdominalibus 210 — 230, anali diviso, subcau- dalibus utrinque 98 — 130. Synonymie. 1809. Couleuvre. Savigny in: Geoffroy St. -Hilaire. Description de l’Egypte. Atlas. Rept. Suppl, pl. IV f. 4. 1826. Tyria Balilii Fitzinger. Neue Classification der Reptilien, p. 60 x). 1831. Coluber sp.? Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 375. №19. 1831. Tyria najadum Eichwald. Zoologia specialis III, p. 174. 1831. Tyria ocellata Eichwald. Ibidem III, p. 174. 1832. Coluber olivaceus Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Имперіи. Ampliib., р. 28. № 69. 1832. Coluber ocellata Ménétriès. Catalogue raisonné, p. 70. № 2361 2). 1837. Tyria ocellata Eichwald. Reise auf dem Kaspischen Meer und in den Kaukasus, I Abth. 2, p. 802. 1841. Tyria najadum Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 145, tab. XXVII. 1854. Zamenis Balilii D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 692. Zamenis Balilii Fitz, gehört zu den schlankgebauten Arten der Gattung Zamenis Wagl. und ist unter allen seinen im circummediterranen Faunengebiete vorkommenden Gattungsgenossen entschieden der schlankste, so dass er sich von denselben schon durch seinen Habitus, der im Ganzen sehr an denjenigen der Psammophis- Arten erinnert, leicht unterscheiden lässt. Von dem ihr zunächst verwandten Zamenis trabalis Pall, so wie von den übrigen Varietäten des Zamenis atrovirens Shaw, mit denen sie in der Zahl und An- ordnung der Supralabialia und der das Auge umgebenden Schilder, so wie auch in der Zahl der Schuppenreihen übereinstimmt , unterscheidet sich diese Art ausserdem noch durch deu gestreckteren Kopf, die längere Schnauze, die ganz deutlich winklig gebogenen Bauchseiten und hauptsächlich durch den Schwanz, der bei ihr fast einem Drittel der To- tallänge gleichkommt, während er bei Zamenis trabalis Pall, und den übrigen Varietäten 1) Fitzinger hat diese Art bekanntlich weder be- schrieben, noch diagnosticirt, sondern nur dem Namen nach angeführt und dabei nicht einmal bemerkt, dass unter diesem Namen die in der Description de l’Egypte. Atlas. Rept. Suppl, pl. IV f. 4 abgebildete Schlange zu verstehen ist, dennoch hat sich die von ihm proponirte Benennung ganz allgemein eingebürgert und es liegt folglich kein Grund vor, sie abzuändern. 2) In der Liste, welche Ménétriès unter derUeber- schrift « Distribution géographique des animaux cités dans le Catalogue ci-dessus» seiner Arbeit vorausgeschickt hat, ist diese Art auf p. VI als Coluber fascicularis aufgeführt. i Die Schlangen des Russischen Reichs. 125 des Zamenis atrovirens Shaw nicht voll ein Viertel derselben beträgt. Der Kopf ist in der gewöhnlichen Weise beschildert und zeigt nur in der Zahl der Supralabialia ab und zu Anomalien, indem diese Schilder bei einzelnen Stücken in der Zahl 9 vorhanden sind, und zwar bald nur auf der einen Seite, wie bei № 1738 und 2701, bald aber auch ganz sym- metrisch auf beiden Seiten, wie bei JVs 1737. Da diese Vergrösserung in der Zahl dieser Schilder, so weit meine Erfahrungen reichen, stets darin ihren Grund hat, dass zwischen das 3te und 4t0 Supralabiale ein kleines supplementäres Schildchen eingeschoben ist, wel- ches an den Unterrand des Pseudopraeoculare grenzt, so versteht es sich von selbst, dass bei solchen mit 9 Oberlippenschildern versehenen Exemplaren, wenn man das supplemen- täre Schildchen mitzählt, nicht das 4to und 5te, sondern das 5t0 und 6te Supralabiale an den Augapfel grenzen. Ausserdem möchte ich noch bemerken, dass die Schuppen bei dieser Art durchaus in reguläre Längsreihen angeordnet sind, und dass mir wenigstens kein Exemplar vorgekommen ist, von dessen Schuppen man hätte sagen können, dass sie, wie sowohl Prof. Schlegel1), als auch Prof. Eichwald behaupten, in schräge Reihen angeordnet wären. Endlich muss ich noch hervorheben, dass die Zahl der Subcaudalschilder bei dieser Art in auffallend weiteren Grenzen variirt, als gewöhnlich angenommen wird, denn während nach Prof. Schlegel diese Zahl 120 — 124, nach Duméril 124 — 126 und nach Bonaparte 120 — 130 betragen soll, habe ich unter den 13 von mir untersuchten Exemplaren nicht weniger als drei gefunden, bei denen die Zahl der Subcaudalia sich nur auf 98 — 99 be- läuft, obwohl der Schwanz bei allen dreien vollkommen erhalten ist. Färbung und Zeichnung. Dip Grundfarbe der Oberseite ist ein helles, bald mehr grün- liches, bald mehr bläuliches Grau, welches ab und zu, namentlich auf der Rückenfirste, auch in ein helleres oder dunkleres Olivbraun übergeht. Der Kopf ist auf seiner horizon- talen Oberfläche stets mehr oder weniger angebräunt, die Supralabialia, so wie die Prae- und Postocularschilder erscheinen aber stets gelblich oder gelblichweiss , welche Farbe be- sonders an den Ocularschildern sehr in’s Auge fällt, weil sowohl die Frenal-, als auch die Temporalregion dunkel gefärbt sind, indem daselbst mehr oder weniger deutliche Spuren von schwärzlichen, meist jedoch auf die Schildränder beschränkten Zeichnungen existiren. Am vordersten Theile des Rumpfes, der etwa als Hals bezeichnet werden könnte, findet sich jederseits eine Längsreihe, nach hinten allmählich an Grösse abnehmender, Makeln meist von rundlicher, seltener von viereckiger Form: diese Makeln sind schwarz, zeigen immer einen weisslichen oder gelblichen Saum und sind bei den ausgewachsenen Stücken in der Mitte meist durchbrochen, so dass also dort die Grundfarbe zu Tage tritt und die einzelnen Makeln somit vollkommene Ringe oder Ocellen darstellen. Die vordersten Ma- keln sind, wie schon bemerkt, am grössten und dehnen sich zuweilen so weit nach oben aus, dass sie mit den gleichnamigen der entgegengesetzten Seite in Berührung kommen und sogar zu schwarzen, hell gesäumten Querbinden verschmelzen; zuweilen können diese Ma- 1) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpëns II, p. 215. 126 A. Strauch, kein auch in der Weise mit einander verschmelzen, dass der sogenannte Halstheil des Rumpfes jederseits einfach schwarz erscheint, wie solches z. B. bei dem von Bonaparte in seiner Iconografia della Fauna italica abgebildeten Exemplar der Fall ist , von welchem es in der Diagnose heisst «colli lateribus atramentatis » und bei welchem von der hellen Umsäumung auch nicht die Spur vorhanden ist. Was die Zahl der Halsmakeln anbetrifft, so behauptet Prof. Eichwald, dass jederseits mehr als zwanzig hinter einander Vorkom- men können, jedoch scheint das nur sehr selten der Fall zu sein, meist beschränkt sich die Zahl derselben auf 6—7 jederseits, von denen die letzten gewöhnlich schon so klein sind, dass sie kaum von den, besonders bei jungen Exemplaren, im vorderen Rumpfdrittel häufig vorkommenden kleinen schwarzen Flecken zu unterscheiden sind. Diese eben erwähnten kleinen schwarzen Flecken, die ausschliesslich nur bei sehr jungen Exemplaren vorzukom- men scheinen, sind bald ganz unregelmässig über den vordersten Theil des Rumpfes zer- streut, bald jedoch erscheinen sie auch in 4 — 8 Längsreihen angeordnet, und alterniren alsdann mehr oder weniger regelmässig mit einander, immer aber verschwinden sie schon weit vor der Mitte der Rumpflänge. Die Unterseite aller Theile ist entweder weisslichgelb, oder häufiger gelblichweiss gefärbt und durchaus einfarbig. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar Ш 1737) hat eine Totallänge von 112 Ctm., von denen 34 Ctm. auf den Schwanz zu rechnen sind. Habitat. Zammis DaJilii Fitz, bewohnt den östlichen Theil des circummediterranen Faunengebiets und erreicht die Westgrenze seines Terbreitungsbezirks am Ostufer des adriatischen Meeres. Die westlichste Gegend, in welcher diese Art vorkommt, ist Dalma- tien, wo sie besonders bei Ragusa1) und im Narenta-Thale2) häufig ist, aber auch auf der Halbinsel Sabioncello 2) gefunden wird und nordwärts bis nach Salona3) (Spalatro) vor- dringt. Alsdann kennt man sie aus der Türkei4), wo sie namentlich auch in Albanien5) gefunden worden ist, und aus der Wallachei, woher das Berliner Museum6) ein oder meh- rere Exemplare besitzt. Ferner bewohnt Zamenis Dahlii Fitz. Griechenland und ist da- selbst sowohl in der Gegend von Athen 7) , als auch auf der Halbinsel Morea 8) beobachtet worden; auf den jonischen Inseln ist er gleichfalls einheimisch, denn unser Museum be- sitzt durch Hrn. Erber ein Exemplar von der Insel Corfu, auf den Cycladen dagegen scheint er zu fehlen, wenigstens erwähnt Erhard in der von ihm veröffentlichten Fauna dieser Inseln seiner mit keinem Worte. In Klein- Asien muss diese Schlange sehr weit ver- breitet sein, da man sie daselbst bereits in der Gegend von Xanthus 9) (das heutige Gunik), in 1) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 215. 2) Verhaudl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XIV (1864) Abh., p. 707. 3) Ibidem IV (1854) Sitzungsber., p. 83. 4) Sitzungsber. d. Wiener Akademie. Matb.-naturw. Classe X, p. 658. 5) В er tb old. Mittheil, über das zool. Mus, zu Güt- tingen I, p. 21. 6) Lichtenstein. Nomencl. Reptil, et Amphibior. Mus. zool. Berol., p. 29. 7) Betta. Rettili ed Anfibi del Regno della Grecia, p. 67. 8) D; et B. Erpétol. génér, ѴП, p. 693. 9) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 107. . * Die Schlangen des Russischen Reichs 127 der südlich von Angora gelegenen Landschaft Haimaneh l) und bei Trebizond 2) beobachtet hat und eben so bewohnt sie auch die zu Klein-Asien gerechneten Inseln Rhodus3) und Cy- pern4). Alsdann findet sie sich in Syrien5), namentlich auch in der Gegend von Beirut6), ist auf dem Berge Tabor7) in Galilaea gefangen worden und dringt südwärts bis nach Ae- gypten vor, wo sie ja auch ursprünglich von den Naturforschern der grossen französischen Expedition entdeckt worden ist. lieber ihre Verbreitung in Persien, woher das Pariser Museum8) durch den bekannten Reisenden Aucher-Eloy zwei Exemplare erhalten hat, ist leider nichts Näheres bekannt, in den Kaukasischen Ländern dagegen ist sie nicht bloss weit verbreitet, sondern auch recht häufig. Besonders häufig soll sie daselbst bei den heis- sen Quellen von Abbas-Tuman sein, oder doch gewesen sein, denn wie mir Dr. Radde brieflich mitgetheilt hat, sind an dem genannten Orte beim Aufräumen einer spaltreichen Felsparthie, aus welcher eine der Quellen hervorkam, Hunderte von Exemplaren getödtet worden. Gleichfalls häufig findet sich Zamenis Dahin Fitz, bei Baku und Schemacha, wo er nach Prof. Eichwald9) selbst in den Wohnhäusern angetroffen wird, so wie ferner bei Pjatigorsk10), bei Georgiewsk 10) und überhaupt im Kaukasischen Gebirge10); Ménétriès11) fand ihn ferner bei Zouvant im Chanate Talysch, Hohenacker12) bei der Kolonie Helenen- dorf und in der Umgegend von Lenkoran und Filippi brachte Exemplare aus der Gegend von Eriwan 13) und vom Berge Solalaki 13) bei Tiflis mit. Das akademische Museum endlich besitzt ausser dem Ménétriès’schen Stück noch mehrere andere Kaukasische Exemplare, unter denen zwei, von Dr. Höft eingesandt, wahrscheinlich aus der Gegend von Kislo- wodsk, wo der genannte Herr, wenn ich nicht sehr irre, Badearzt gewesen ist, stammen, während ein drittes ganz neuerdings von Mag. M. Bogdanow in der Gegend von Schahé- Schmitzochuadshe (bei Fort Golowinsk am Pontus-Ufer) gefangen worden ist. Der Verbreitungsbezirk des Zamenis Dahlii Fitz, erstreckt sich somit vom Ostufer des adriatischen Meeres bis an das Westufer des Kaspi-See’s, wird im Norden von einer Linie begrenzt, die ungefähr dem 45.° n. Br. folgt, und erreicht seine Aequatorialgrenze in Aegypten, ohne dass es jedoch jetzt schon möglich wäre, den Breitengrad, bis zu wel- chem die Art in diesem Lande vordringt, näher zu bezeichnen. 18. Zamenis Ravergieri Ménétriès. Z. supra bruneo-cinereus , capite confertim fusco-irrorato et supra maculis nonnullis, plus minusve regularibus et symmetricis, nec non in utroque latere fascia obliqua tempo- 1) Abhandl. d. k. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göt- tingen I (1848). Phys. Classe, p. 51. 2) Lichtenstein. Nomencl. Reptil, et Amphibior. Mus. zool. Berol., p. 29. 3) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XVIII (1868) Abh., p. 904. 4) Unger und Kotschy. Die Insel Cypern, p. 572. 5) Rüppell. Verz. d. im Senckenberg'. Museum auf- gestellt. Amphibien, p. 18. 6) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 65. 7) Proc. zool. Soc. of London 1864, p. 489. 8) D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 693. 9) Eich wald. Reise auf dem Kasp. Meere und in den Kaukasus I Abth. 2, p. 41. 10) Eichwald. Zoologia specialis III, p. 174. 11) Ménétriès. Catal. raisonné, p. 71. 12) Bulletin de Moscou X (1837) № VII, p. 145. 13) Filippi. Viaggio in Persia, p. 81, 108 und 355. 128 A. Strauch, rali maculaque parva suboculari, omnibus,. maculis fasciisque, dilute castaneis, nigro-mar- ginatis et flavo-circumcinctis, ornato; trunco maculis rotundatis, alternantibus , in quatuor sériés longitudinales dispositis, dilute castaneis, plus minusve distincte nigro-marginatis et semper flavo-circumcinctis, dorsalibus plerumque in maculas majores transverse-rhomboi- dales, rarius in fasciam longitudinalem alterne valde sinuatam confluentibus, lateralibus transversis, sed in trunci parte posteriore longitudinalibus , notato; cauda semper fasciis tribus longitudinalibus ad ejus apicem usque excurrentibus , castaneis nigro flavoque mar- ginatis, ornata; subtus flavescens, sparsim nigro -punctatus, abdomine utrinque ad latus Serie longitudinali macularum subrotundatarum nigricantium signato. Capite elongato, valde deplanato, postice dilatato et a trunco sat distincte separate, rostro brevi, apice ob- tuse-rotundato , trunco elongato, subcylindrico , subtus leviter deplanato, lateribus vix an- gulatis, cauda longa, subtriquetra, apice acuminata; naribus utrinque inter scutella duo po- sitis, lateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 9, quinto et sexto oculi bulbum attin- gentibus; scutellis praeocularibus tribus, postocularibus duobus; squamis lanceolato-ovatis, subhexagonis, in parte trunci anteriore in 21, rarius in 23 vel 25, séries longitudinales dis- positis, dorsalibus tectiformibus vel subcarinatis, lateralibus laevibus; scutis abdominalibus 190 — 218, anali diviso, subcaudalibus utrinque 75 — 92. Synonymie. 1831. Coluber sp.? Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 369. M 5. 1832. Coluber maculatus Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россій- ской Имперіи. Amphib., р. 26. Ш 61. *) 1832. Coluber Ravergieri Ménétriès. Catalogue raisonné p. 69 235. 1858. Zamenis caudaelineatus Günther. Catal. of Colubrine Snakes p. 104. 1867. Zamenis caudaelineatus Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXIII, pl. III. Diese und die folgende Art, welche beide durch den Besitz von 3 Praeocularschildern jederseits ausgezeichnet sind, unterscheiden sich von einander lediglich durch die Fär- bung oder vielmehr Zeichnung des Rumpfes und besonders des Schwanzes, stimmen aber im Habitus, so wie in den morphologischen Merkmalen fast vollkommen mit einander über- ein, und es könnte daher leicht geschehen, dass sie sich in der Folge, wenn man mehr Exemplare untersucht haben wird, nur als Varietäten einer und derselben Art ausweisen. Zamenis Ravergieri Ménétr. ist zwar von Dr. Günther unter dem Namen Zamenis caudae- lineatus vollkommen ausreichend charakterisirt und von Jan in seiner Iconographie vortreff- lich abgebildet worden, dennoch halte ich es schon desshalb nicht für überflüssig, hier eine detaillirte, aus der Vergleichung von 17 Exemplaren abstrahirte Beschreibung dieser Art zu geben, weil nur durch einen sehr eingehenden Vergleich dieser Schlange mit dem ihr so 1) Man vergleiche die Anmerkung № 1 auf p. 36 dieser Abhandlung. I Die Schlangen des Russischen Reichs. 129 nahe verwandten und morphologisch so ähnlichen Zamenis Fedtschenkoi n. sp. die Frage über die specifische Selbstständigkeit oder Identität beider entschieden werden kann. Der Kopf des Zamenis Ravergieri Ménétr. ist ziemlich langgestreckt, etwa um die Hälfte länger, als an den Mundwinkeln breit, und dabei so stark abgeflacht, dass seine Höhe nur etwa der Hälfte seiner grössten Breite gleichkommt; zugleich erscheint er auf seiner horizontalen Oberfläche , namentlich in dem hinter den Augen gelegenen Tlieile, mehr oder weniger deutlich ausgehöhlt, welche Höhlung sich auch auf das Interorbitalspatium er- streckt, auf der Schnauze aber völlig verschwindet, so dass die letztere nahezu plan ist. Die Supraorbitalregion ist rnässig gewölbt und der Canthus rostralis zwar deutlich, aber durchaus stumpf zugerundet. Die Schnauze zeigt eine massige Länge, da sie so lang, wie an der Basis breit ist, läuft allmählich spitz zu und ist am Ende sowohl von rechts nach links, als auch von oben nach unten sanft zugerundet. Die Bekleidung der horizontalen Oberfläche des Kopfes besteht aus den gewöhnlichen 9 Schildern, von denen die Praefronta- lia unregelmässig fünfeckig und etwa um ein Drittel kleiner sind, als die mit einem schma- len Tlieile ihres Aussenrandes auf die verticale Kopffläche herabgebogenen Pöstfrontalia, welche ihrerseits Vierecke darstellen, an deren jedem aber die äussere hintere Ecke leicht bogenförmig ausgerandet ist, um dem auf die horizontale Kopffläche hinaufragenden, etwa dreieckigen Tlieile des jederseitigen Praeoculare superius Raum zu geben; eines der mir vorliegenden Exemplare (.V 1747) zeigt die Anomalie, dass bei ihm die beiden Postfronta- lia mit einander verwachsen sind und ihre ursprüngliche Trennung nur noch durch eine kurze, das vordere Drittel der Schilder trennende Längsfurche angedeutet ist, Das Verti- calschild besitzt eine glockenförmige Gestalt mit durchaus geradem Vorderrande und schräge abgestutzten Vorderecken; es ist nur wenig länger, als am Vorderrande breit, und läuft hinten in einen spitzen Winkel aus, der aber nur wenig kleiner ist, als ein Rechter; bei einem der mir vorliegenden Exemplare (jV 1674) ist dieses Schild in so fern etwas ab- weichend geformt, als seine Vorderecken nicht gestutzt sind und auch nicht, wie gewöhn- lich, mit dem dreieckigen, auf die horizontale Kopffläche hinaufragenden Tlieile des jeder- seitigen Praeoculare superius in Berührung stehen. Jedes der beiden Supraorbitalia stellt eigentlich ein Fünfeck dar, erinnert aber zugleich an ein längliches Viereck, dessen hin- tere Seite unter stumpfem Winkel geknickt ist; es grenzt mit seiner ziemlich kurzen Vor- derseite an das Praeoculare superius, mit der inneren, bogenförmig geschweiften, an den Seitenrand des Verticale, mit der hinteren längeren an das Occipitale, mit der hinteren kürzeren an das Postoculare superius und seine äussere Seite endlich bildet den Supraor- bitalrand, der nahezu gerade verläuft und das Auge nur wenig überragt. Die beiden Occi- pitalia, die grössten unten allen Kopfschildern, bilden jedes ein Fünfeck, dessen drei vor- dere Winkel stumpf sind, während von seinen beiden hinteren Winkeln der äussere gleich- falls stumpf, der innere aber einem Rechten gleicherscheint; beide Schilder zusammen sind hinten, wo sie gerade abgestutzt erscheinen oder auch einen ausserordentlich stumpfen ein- springenden Winkel bilden, genau halb so breit, wie vorn, und liegen durchaus auf der lio- Me'molres de l’Acad. Imp. des sciences, Vlltne Série. 17 130 A. Strauch, rizontalen Kopffläche, d. h. ihre vordere äussere Ecke ist nicht, wie es sonst wohl häufig vorkommt, auf die verticale Kopffläche herabgebogen. Unter den Schildern der jederseitigen verticalen Kopffläche sind zuerst die beiden Nasalia zu berücksichtigen, von denen das vordere fast doppelt so lang ist, wie das hintere, welches letztere mit seinen beiden, unter stumpfem Winkel zusammenstossenden Hinter- seiten an den auf die Seite des Kopfes herabgebogenen Theil des Postfrontale und an das Frenale grenzt. Dieses letztgenannte Schildchen ist klein, länglich-viereckig, häufig mit schräge abgesthtzter oberer Hinterecke , und grenzt mit seiner Oberseite gleichfalls an das herabgebogene Stück des Postfrontale, mit der mehr oder weniger abgestutzten oberen Hinterecke an das Praeoculare superius und mit der Hinterseite an das Praeoculare me- dium. Von den drei Praeocularschildern ist das oberste das grösste und wird vom Cantlius rostralis in zwei Flächen getheilt, von denen die obere, auf der horizontalen Kopffläche lie- gende, dreieckig ist und an das Postfrontale, die abgestutzte Ecke des Verticale und an das Supraorbitale grenzt, während die untere, vertical gestellte Fläche eine etwa viereckige Gestalt besitzt und an ihrem hinteren, mit dem Bulbus in Berührung stehenden Bande bogenförmig ausgerandet ist; diese vertical gestellte Fläche des Schildes ist zwar nicht ganz plan, sondern im oberen Theile etwas convex, im unteren dagegen leicht concav, je- doch ist diese Concavität nur wenig ausgesprochen, da überhaupt die ganze Frenalregion nur sehr schwach ausgehöhlt erscheint. Das mittlere Praeoculare ist mehr als um die Hälfte kleiner, wie das obere, und stellt etwa ein rechtwinkliges Viereck dar, das Praeoculare in- ferius endlich ist unregelmässig fünfeckig und nimmt genau die Stellung eines Pseudoprae- ocularschildes ein, d. k. es ist in einen Baum zwischen dem 3ten, 4ten und 5ten Supralabiale eingekeilt und sieht genau so aus, als ob es das selbstständig gewordene obere Stück des 4ten Supralabiale wäre. Bei vielen Exemplaren (Jf?. 1675, 1742 T), 1745, 1748, 1749und2924) findet sich vor dem Praeoculare inferius noch ein supplementäres, genau eben so geformtes Schildchen, welches zwischen das Frenale, die beiden unteren Praeocularia und das 3te und 4te Supralabiale eingesclioben und auf beiden Kopfseiten durchaus symmetrisch angeordnet ist; bei solchen Stücken stehen daher über dem niedrigen 4ten Supralabiale zwei kleine Schildchen neben einander, von denen das hintere dem Praeoculare inferius entspricht, während das vordere am besten als Frenolabialschildchen gedeutet werden kann. Die bei- den Postocularschilder sind klein und etwa viereckig, das obere derselben besitzt aber zwei Flächen, von denen die obere auf der Oberseite des Kopfes liegt und den dreieckigen Baum zwischen dem Supraorbitale und dem Vorderrande des Occipitalschildes ausfüllt. Die Tem- poralschilder bilden mehrere, hinter einander liegende, schräge, von oben und vorn nach -un- ten und hinten verlaufende, parallele Beihen und sind im Ganzen nicht gross. Das vorderste 1) Dieses Exemplar 'zeigt ausserdem noch die Ano- malie, dass bei ihm auf der rechten Seite das unterste Praeoculare mit dem 4tan Supralabiale verschmolzen ist, wodurch bei ihm nicht, wie sonst bei allen, das 5te und 6ta, sondern das 4te, 5ta und 6te Supralabiale an den Augapfel grenzen, während auf der linken Seite sich die normale Anordnung findet. Die Schlangen des Russischen Reichs. 131 derselben ist ein kleines viereckiges Schildchen, welches schräge liegt und zwischen das untere Postoculare, das 6te und 7te Supralabiale und das untere Temporale zweiter Reihe eingeschoben ist, so dass es mit den beiden Postocularen in einer schrägen, von oben und vorn, nach unten und hinten ziehenden Reihe zu Hegen scheint; zuweilen, aber selten (z. B. bei № 1742) findet sich über diesem einzigen Temporale erster Reihe noch ein kleines Schildchen, in welchem Falle dann zwei Temporalia erster Reihe vorhanden sind. Die bei- den über einander stehenden Schläfenschilder zweiter Reihe zeichnen sich vor den übrigen durch bedeutendere Grösse aus, und zwar ist das untere derselben fast doppelt so gross, wie das obere; auf diese beiden Temporalia endlich folgen noch drei Reihen kleiner Schild- chen, welche den Raum zwischen den Occipital- und den beiden letzten Supralabialschildern ausfüllen und unter denen sich das oberste der letzten Reihe, welches neben der Aussen- ecke des Occipitalschildes liegt, durch bedeutendere Grösse auszeiclmet. Das Schnauzenschild ist ziemlich gross und stellt ein gleichschenkliges Dreieck dar, dessen Spitze mehr oder weniger abgerundet erscheint und kaum auf die horizontale Schnauzen- fläche hinaufragt, während seine beiden unteren Winkel oder Ecken so weit schräge abge- stutzt sind, als die Berührungsstelle mit dem jederseitigen ersten Supralabiale reicht; das Schild ist mässig gewölbt und zeigt in seinem unteren, dem Mundrande genäherten Theile den gewöhnlichen halbmondförmigen Eindruck, so wie an seinem Unterrande den kleinen bogenförmigen Ausschnitt zum Durchstrecken der Zunge. Die beiden ersten jederseitigen Supralabialia sind viereckig und grenzen das erste an das Nasale anterius und das zweite an beide Nasalia, so wie an den vorderen Theil desFrenale. Das 3t6 Oberlippenschild, welches fünfeckig ist, grenzt oben an den hinteren Theil des Frenale, so wie an ein kleines Stück der vordersten Ecke des Praeoculare medium und seine Hinterseite berührt den Vorder- rand des Praeoculare inferius, oder aber das Frenolabiale, wenn es vorhanden ist, und das 4te Supralabiale; dieses letztere Schildchen ist etwa nur halb so hoch, wie das folgende, und grenzt mit seiner Oberseite an den Unterrand des Frenolabiale und des Praeoculare inferius oder steht, wenn erstgenanntes Schildchen fehlt, mit dem letztgenannten allein in Berührung. Die beiden nächsten Oberlippenschilder grenzen, wie schon bemerkt, an den Augapfel, dabei ist das erste derselben, also das 5te, ein senkrecht gestelltes Parallelogramm, während das 6t0 am hinteren Theile seines Oherrandes in einen stumpfen, ziemlich breiten, nach hinten und oben gerichteten Fortsatz ausgezogen erscheint und durch diesen Fortsatz mit dem unteren Postoculare in Contact kommt. Die drei letzten Supralabialia endlich, die an Grösse unter einander wenig differiren und von denen jedes etwa so gross ist, wie das 5te und 6te zusammengenommen, besitzen meist eine fünfeckige Form und grenzen mit ih- rem Oberrande an die Temporalschilder. An der unteren Kinnlade finden sich jederseits von dem breiten, aber kurzen, drei- eckigen Mentale 10 Infralabialschilder, welche bis zum 6t0“, dem grössten von allen, suc- cessiv an Grösse zunehmen, vom 7ten bis zum 10ten aber allmählich wieder kleiner werden, und von denen diejenigen des ersten Paares, wie gewöhnlich, in der Kehlfurche zusammen- 132 A. Steauch, stossen und das Mentale von der Berührung mit den Inframaxillaren ausschliessen; ab und zu kommt es vor, dass entweder nur auf der einen, oder auch auf beiden Seiten das 3to und 4te Infralabiale, die überhaupt sehr klein sind, zu einem einzigen Schilde verschmelzen, in welchem Falle die Zahl der Infralabialia natürlich auf 9 sinkt. Die Inframaxillarschilder, die in der Zahl 4 vorhanden sind, erscheinen, wie gewöhnlich, in zwei auf einander fol- gende Paare angeordnet und stehen jederseits mit den 6 vordersten Infralabialen in Be- rührung; die beiden vorderen Inframaxillaria, die einander mit ihren Innenrändern be- rühren und von denen jedes vorn abgerundet, hinten aber zugespitzt ist, haben wenigstens die doppelte Grösse der hinteren, welche sehr schmal, an beiden Enden zugespitzt und mit dem vorderen Ende so zwischen die Infralabialia und die vorderen Inframaxillaria einge- schoben sind, dass sie einander mit ihren Innenrändern nicht berühren, sondern durch 2, 3 oder selbst 4 Längsreihen von Kehlsclmppen von einander getrennt erscheinen; nur bei einem einzigen der mir vorliegenden Stücke, № 1674, dessen Verticalschild, wie schon be- merkt, etwas abweichend geformt ist, und welches sich auch durch ausgesprochen gekielte und nicht bloss dachförmig erhobene Dorsalschuppen auszeichnet, finde ich die Infra- maxillaria des hinteren Paares sehr breit und denen. des vorderen Paares an. Grösse nur wenig nachstehend. Der Rumpf ist ziemlich langgestreckt, in der Mitte nur wenig verdickt und an der Unterseite leicht abgeflacht, ohne jedoch deutliche Bauchkanten zu besitzen; er ist mit lan- cettförmigen , nach den Seiten, wie immer, an Breite zunehmenden Schuppen bekleidet, welche im vorderen Rumpfdrittel in 21, seltener in 23 oder 25 Längsreihen angeordnet und dabei auf der Rückenfirste dachförmig erhoben oder schwach gekielt, an den Flanken aber durchaus glatt sind. Der Schwanz ist mässig lang, an der Unterseite gleichfalls leicht abgeflacht, am Ende zugespitzt und mit etwas grösseren und in seiner vorderen Hälfte auch etwas deutlicher gekielten Schuppen bekleidet, welche an seiner Basis gewöhnlich 9 Längs- reihen bilden. Die Bauch- und Subcaudalschilder stimmen vollkommen mit denen der übrigen Zamenis- Arten überein und nur bei einem Exemplar (A 1748) bieten die Subcau- dalia in so fern eine leichte Anomalie dar, als dieselben vom 3ten bis zum 7ten Paare einfach, d. h. ungetheilt erscheinen. Färbung und Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite ist bräunlichgelb oderauch bräun- lichgelbgrau und je nach den verschiedenen Exemplaren bald heller, bald dunkler. Der Kopf erscheint auf seiner horizontalen Fläche fein und dicht braun gesprenkelt, wie bestäubt, und zeigt ausserdem noch mehrere hellkastanienbraune, gegen den Rand hin schwärzliche, gelb umsäumte Makeln, die meist mehr oder weniger regulär und symmetrisch angeordnet sind und eine entschiedene Neigung besitzen, zu kurzen Längsbinden zusammenzufliessen. Auf jedem Supraorbitalschilde finden sich zwei solcher Makeln, von denen die hintere sich auf den seitlichen Theil des Verticalschildes hinüberzieht und eine kurze Querbinde darstellt, welche mit derjenigen der anderen Seite nach vorn convergirt, zuweilen aber auch unter- brochen und in zwei Makeln aufgelöst ist; auf der Natli zwischen dem Verticale und dem Die Schlangen des Russischen Reichs. 133 jederseitigen Occipitale stellt gleichfalls ein Paar solcher Makeln, denen ein Paar ganz ähnlicher auf der Mitte der Occipitalschilder folgt, und da zwischen diesen beiden hinter einander stehenden Makelpaaren sich häufig noch eine unpaare Makel findet, so entsteht ein Quincunx von Makeln auf dem Scheitel, der jederseits von einer kurzen, mit beiden Enden nach innen gekrümmten Längsbinde begleitet wird und daher wie in Parenthesen eingeschlossen erscheint. Diese sehr auffallende Zeichnung ist aber nur selten vollkommen ausgebildet, meist simAlie beiden Längsbinden in Makeln aufgelöst, die Makeln des Quin- cunx dagegen in verschiedenartiger Weise unter einander verbunden, so dass eine mehr unregelmässige Anordnung entsteht. An den Seiten des Kopfes findet sich stets eine sehr deutliche Temporalbinde, die schmal am oberen Postoculare beginnt und, allmählich an Breite zunehmend, schräge zum Mundwinkel zieht, um gleich hinter demselben zugerundet zu enden, so wie ein Fleck unter dem Auge, der auf dem 6ten Supralabiale beginnt und sich, der Temporalbinde parallel, meist über das 7te bis zum 8ten Supralabiale erstreckt; sowohl die Temporalbinde, als auch die Subocularmakel zeigen dieselbe Färbung, wie die übrigen Kopfmakeln, d. h. sie sind heller oder dunkler kastanienbraun, gegen die Ränder hin sehr dunkel und durchweg hell gesäumt. Auf dem Rumpfe finden sich 4 Längsreihen eben so gefärbter Makeln , die mehr oder weniger deutlich mit einander alterniren und von denen diejenigen der beiden Dorsalreihen selten vollkommen getrennt sind, sondern entweder zu einer sehr stark im Zigzag gebo- genen Längsbinde, oder aber zu einer Längsreihe grösserer, der Quere nach gestellter Rhomben zusammenfliessen; die vorderste dieser Dorsalmakeln sendet fast immer einen schmalen, stabförmigen, genau den Dornfortsätzen der Wirbel folgenden Fortsatz gegen den Kopf hin aus, der meist am Hinterrande der Occipitalia endet, und auf dem hintersten Theile des Rumpfes vereinigen sich die Makeln oder, wenn eine Zigzagbinde vorhanden ist, verwandelt sich diese in eine einfache Längsbinde, welche, der Firste des Rückens und Schwanzes folgend, bis zur Schwanzspitze zieht und ebenfalls schwarz gerandet, aber nicht immer deutlich gelb gesäumt ist. Die Makeln der jederseitigen Lateralreihe, welche mit denen des Rückens sehr regelmässig alterniren, sind fast durchweg sehr stark in die Quere gezogen, werden aber im hinteren Theile des Rumpfes immer kürzer, nehmen allmählich eine Längsrichtung an und verschmelzen endlich auf dem Schwänze gleichfalls zu einer einfachen, bis an die Schwanzspitze sich hinziehenden Längsbinde, so dass also der Schwanz, zuweilen auch der hinterste Theil des Rumpfes, mit drei continuirlichen, nur im vordersten Theile ihres Verlaufes hin und wieder unterbrochenen, kastanienbraunen, schwarz gebil- deten und mehr oder weniger deutlich gelb gesäumten Längsbinden geziert erscheint. Die Unterseite aller Theile ist sehr hell bräunlichgelb und mit Ausnahme der einfarbigen Kehl- gegend sehr sparsam mit feinen dunkelen Pünktchen besäet, die gewöhnlich nur an den Seiten, selten auch an den freien Rändern der einzelnen Bauchschilder etwas stärker an- gehäuft sind. Ausserdem finden sich auf dem jederseitigen Ende der Bauchschilder, in ziem- lich regelmässigen Zwischenräumen, schwärzliche Makeln von meist eckiger, unregelmässiger 134 A. Strauch, Gestalt, die sich auch auf die Schuppen der jederseitigen äussersten Reihen hinüberziehen und mit den Flankenmakeln nicht bloss correspondiren , sondern meist auch mit denselben verschmolzen sind, so dass ihre ursprüngliche Trennung nur ah und zu, besonders im vor- deren Theile des Rumpfes, durch eine horizontale, der Umsäumung der Makel entspre- chende, gelbe Längslinie angedeutet ist; im hintersten Theile des Rumpfes, wo die Flan- kenmakeln bereits der Länge nach gestellt sind, reduciren sich diese Bauchmakeln meist auf einen schwärzlichen, die Schuppen der äussersten Flankenreihe der Länge nach tei- lenden Strich und verschwinden auf dem Schwänze gänzlich. Die im Vorstehenden geschilderte Zeichnung habe ich an allen mir vorliegenden, aus Russland stammenden Exemplaren, so wie auch an zwei persischen Stücken gefunden, von denen das eine von Hrn. Christoph am Schach-Rud erbeutet und dem Museum der hie- sigen Universität überlassen worden ist. Ein drittes persisches Exemplar, № 1674 unserer Sammlung, welches, wie schon bemerkt, auch sonst noch mancherlei Eigentümlichkeiten besitzt, weicht dagegen nicht unbeträchtlich von der obigen Beschreibung ab: es besitzt nämlich an den Seiten des Kopfes nur sehr undeutliche Spuren der Temporalbinde, so wie der Subocularmakel und die horizontale Kopffläche ist bei ihm vollkommen einfarbig; die Makeln des Rumpfes, die eben so, wie bei dem von Jan abgebildeten Exemplar, in 4 Längs- reihen angeordnet erscheinen und deutlich mit einander alterniren, sind bei ihm, besonders in den beiden Dorsalreihen, überhaupt sehr schwach ausgeprägt, teils verschwommen und dabei stellenweise derart hell bräunlichgrau gefärbt , dass sie nur wenig von der Grund- farbe abstechen. Die Makeln der jederseitigen Flankenreihe, die zwar gleichfalls abge- rundet, aber meist deutlicher umgrenzt sind, verschmelzen nur in der vorderen Rumpf- hälfte mit den seitlichen Bauchmakeln, in der hinteren Hälfte dagegen sind sie von den- selben durchaus getrennt und zejgen eine entschiedene Neigung, mit ihnen zu alterniren. Diese Neigung der Flankenmakeln mit den seitlichen Bauchmakeln zu alterniren ist bei dem anderen persischen Stücke unserer Sammlung (Jtë 1675), das sonst in der Färbung und Zeichnung mit den russischen Exemplaren übereinstimmt, noch deutlicher ausgesprochen, indem bei demselben fast sämmtliche Bauchmakeln, die zugleich sehr gross und sehr dunkel gefärbt sind, mit den Flankenmakeln alterniren, und zwar grösstentheils in sehr regelmäs- siger Weise. Die Zeichnung auf dem Schwänze endlich besteht bei den beiden zuletzt er- wähnten Exemplaren eben so, wie bei allen übrigen von mir untersuchten Stücken, in den drei schmalen Längsbinden, die continuirlich bis an’s Ende des Schwanzes fortlaufen und bei dem Stück V 1674 nur in so fern etwas abweichen, als ihre Farbe, entsprechend den überhaupt schwach ausgebildeten Zeichnungen , ziemlich hell graubraun ist und gegen den Rand der Binden auch nicht dunkler wird. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar, das bereits mehrmals erwähnte Stück № 1674, besitzt eine Totallänge von 112 Ctm., von denen 24,5 auf den Schwanz kommen, ein anderes gleichfalls ganz ausgewachsenes Stück, № 1742, zeigt bei einer Schwanzlänge von 21 Ctm. eine Totallänge von 97 Ctm. Die Schlangen des Russischen Reichs. 135 Habitat. Zamenis Ravergieri Ménétr. , über dessen geographische Verbreitung zur Zeit noch wenig bekannt ist, bewohnt Transkaukasien und scheint daselbst sowohl im Nor- den, als auch im Süden vorzukommen, denn Ménétriès1) fand ihn in Georgien und bei Baku, Jan2) erwähnt eines Exemplars aus der Gegend von Elisabethpol, woher auch wahr- scheinlich die von Dr. Kolenati gefangenen Exemplare unserer Sammlung stammen, und Hohenacker, in dessen Preisverzeichnisse3) diese Art gleichfalls aufgeführt ist, giebt zwar den speciellen Fundort seiner Exemplare nicht an, jedoch werden dieselben, wie alle seine Reptilien 4), in den Provinzen Karabach, Schirwan und Talysch gefangen worden sein. Alsdann findet sich Zamenis Ravergieri Ménétr. auch in Persien, und zwar hat der ver- storbene Filippi5) ihn sowohl bei Teheran, als auch im Süden von Persien beobachtet, das British Museum6) besitzt Exemplare aus Kurdistan und Schiras, und in der Sammlung der hiesigen Universität wird ein von Herrn Christoph am Schach-Rud im nördlichen Persien erbeutetes Exemplar auf bewahrt. Ferner bewohnt diese Art auch das heilige Land, wo Tristram7) in der Gegend von Nazareth, am Grabe Hiram’s und bei Jerusalem mehrere Exemplare erbeutet hat, die sich sämmtlich durch eine grössere Zahl (25) von Schuppen- reihen auszeichnen, das Vorkommen dieser Schlange in Aegypten dagegen dürfte noch zweifelhaft sein, da der Fundort des angeblich aegyptischen Exemplars im British Mu- seum6) nicht sicher verbürgt ist. Endlich ist Zamenis Ravergieri Ménétr. auch am Ostufer des Kaspischen Meeres einheimisch und muss daselbst weit verbreitet sein, denn abgesehen von dem Karelin’schen Stücke unserer Sammlung, dessen genauer Fundort leider nicht bekannt ist, liegt mir ein von Dr. Rad de bei Krasnowodsk gefangenes Exemplar vor, und ausserdem habe ich auch unter den wenigen vom verstorbenen Dr. Basiner auf seiner Reise nach Chiwa gesammelten Reptilien den Kopf und den vordersten Rumpftheil eines ausgewachsenen Exemplars gefunden, welches, wie die Etiquette lehrt, in den Emba-Ge- genden gefangen worden ist. Die vorstehenden Angaben lehren nun zwar, dass die in Rede stehende Schlangen- Art ein recht ausgedehntes Wohngebiet besitzt, sind aber leider doch so lückenhaft, dass es zur Zeit noch nicht möglich ist, dieses Wohgebiet genauer zu um- grenzen. 19. Zamenis Fedtschenkoi n. sp. . IW. Z. supra bruneo-griseus vel cinereus, capite fusco irrorato et supra saepe maculis non- nullis, plus minusve regularibus et plerumque in fascias brèves confluentibus, nec non utrin- que fascia obliqua temporali maculaque suboculari, fuscis vel nigricantibus, ornato; trunco fasciis transversis angustis, abbreviatis, alternantibus et in très sériés longitudinales dispo- sais, caudarn versus magnitudine diminuentibus et ante ejus apicem evanescentibus, fuscis 1) Ménétriès. Catal. raisonné, p. 70. 2) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 65. 3) Bulletin de Moscou III (1831), p. 369. № 5. 4) Ibidem X (1837) N» VII, p. 144—145. 5) Filippi. Viaggio in Persia, p. 355 6) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 104. 7) Proc. zool. Soc. of London 1864, p. 489. 136 A. Strauch, vel nigricantibus, plerumque flavo-marginatis, notato ; subtus flavescens, abdomine utrinque sérié longitudinali macularum irregularium, fuscarum vel uigricantium signato. Capite elon- gato, plus minusve deplanato, postice dilatato et a trunco distincte separato, rostro brevi, apice obtuse -rotundato, trunco elongato, subcylindrico, vix compresso, subtus leviter de- planato, lateribus vix angulatis, cauda longa, subtriquetra , apice acuminata; naribus utrin- que inter scutella duo positis, lateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 9, quinto et sexto oculi bulbum attingentibus ; scutellis praeocularibus tribus, postocularibus duobus; squamis lanceolato-ovatis, subhexagonis, in trunci parte anteriore in 23, rarius in 21 sériés longitudinales dispositif, dorsalibus leviter carinatis, lateralibus laevibus; sentis abdomina- libus 20G — 227, anali diviso, subcaudalibus utrinque 82 — 100. Varietas: Differt capite supra atro, in utroque latere et infra irreguîariter atro-macu- lato, scutisque singulis abdominalibus medio nigricantibus vel nigro-maculatis. Synonymie. 1870. Zctmenis neglectus an nova species? Fedtschenko. Извѣстія Императорск Общества любит, естествознанія, антропологіи и этнографіи VIII, выпускъ 3. Diese von Herrn Fedtsclienko in seinem vorläufigen Reiseberichte unter obiger Be- nennung aufgeführte neue Art stimmt, wie schon bemerkt, im Habitus und in den morpho- logischen Merkmalen, bis auf einige, weiter unten zu erwähnende, übrigens nur wenig in’s Gewicht fallende Differenzen, vollkommen mit Zamenis Ravergieri Ménétr. überein und unterscheidet sich von demselben nur durch die Zeichnung sowohl des Rumpfes, als auch besonders des Schwanzes, welcher letztere bei der eben genannten Art ausnahmslos drei dunkele, bis an die Schwanzspitze verlaufende Längsbinden trägt, während er bei Zamenis Fecltschenkoi mit drei Längsreihen mehr oder weniger deutlicher und meist schon am An- fänge des letzten Schwanzdrittels verschwindender Makeln geziert ist. Die Zeichnung des Rumpfes von Zamenis Fecltschenkoi erinnert nun aber sehr an die Zeichnung von einzelnen Exemplaren des Zamenis florulentus Schl eg., welche Art bekanntlich von Dr. Günther1) als Varietät zu Zamenis ventrimaculatiis Gray gezogen wird und nicht bloss in der Färbung und Zeichnung sehr variabel ist, sondern auch in den morphologischen Merkmalen nur wenig beständig zu sein scheint, und es bildet somit der in Rede stehende Zamenis Fecltschenkoi gleichsam ein Uebergangsglied zwischen Zamenis Ravergieri Ménétr. und Zamenis ventri- maculatus Gray, indem er mit dem ersteren in den morphologischen Merkmalen, mit dem letzteren aber in der Färbung und Zeichnung übereinstimmt. Zwischen den beiden eben genannten Arten besteht aber eine nicht zu leugneude Verwandschaft, die dabei so nahe ist, dass es schwer hält, beide Arten nach ausschliesslich morphologischen Merkmalen, ohne Berücksichtigung der Zeichnung und Färbung, für alle Fälle sicher zu unterscheiden. 1) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 105 — 106. Die Schlangen des Russischen Reichs. 137 Dr. Günther, dem diese Verwandtschaft natürlich nicht entgangen ist, unterscheidet beide Arten durch die Zahl der Praeocularschilder und durch die Form der Occipitalia, und zwar besitzt Zamenis Bavergieri Ménétr. jederseits drei Praeocularia und seine Occipitalia sind am Hinterende einzeln abgerundet, so dass sie mit ihren Enden unter stumpfem Winkel auseinandertreten, während bei Zamenis ventrimaculatus Gray jederseits nur zwei Prae- ocularia vorhanden sind und die Occipitalschilder hinten gerade abgestutzt erscheinen, und jedes derselben ausserdem noch eine grössere rundliche Schuppe neben sich hat. Was nun das erste dieser beiden Merkmale, die Zahl der Praeocularia, anbetrifft, so besitzt Zamenis Bavergien Ménétr. allerdings ausnahmslos drei solcher Schilder jederseits, von Zamenis ventrimaculatus Gray, wenigstens von der als Zamenis florulentus Schieg. bezeichneten Varietät, kommen aber auch Exemplare vor, bei welchen nicht, wie gewöhnlich, zwei, son- dern gleichfalls drei Praeocularia vorhanden sind, und zwar scheinen solche Stücke keines- wegs selten zu sein, denn unter den 12 Exemplaren der akademischen Sammlung habe ich nicht weniger als 5 gefunden, bei welchen entweder auf beiden, oder auch nur auf der einen Seite zwischen die beiden normalen Praeocularia noch ein drittes, allerdings meist sehr kleines, supplementäres Schildchen eingeschoben ist, und welche somit, genau genom- men, drei Praeocularia besitzen. Das zweite Merkmal, auf welches Dr. Günther besonders Gewicht zu legen scheint, besitzt nun nach meinen Untersuchungen kaum diagnostischen Werth, wenigstens habe ich sowohl unter den mir vorliegenden Exemplaren von Zamenis Bavergien Ménétr., als auch unter denen von Zamenis florulentus Schleg. Stücke mit ge- rade abgestutzten und mit einzeln gerundeten Occipitalschildern gefunden, und eben so fand sich die grössere Schuppe, welche neben den Occipitalschildern zu stehen pflegt, sowohl bei der einen, als auch bei der anderen Art vor. Da nun beide Arten auch in der Zahl und Stellung der Supralabialschilder, so wie in der Zahl der Schuppenreihen, welche, mit we- nigen Ausnahmen, bei beiden 21 beträgt, mit einander übereinstimmen, so bleibt zu ihrer Differenzirung, genau genommen, nur die Färbung und Zeichnung übrig, die denn auch vollkommen ausreicht, um beide für alle Fälle von einander zu unterscheiden. Mir scheint überhaupt, dass bei einer Gattung, wie Zamenis , bei deren Arten die morphologischen Merkmale so wenig Beständigkeit zeigen, auf die Färbung und besonders Zeichnung grös- seres Gewicht zu legen ist, als gewöhnlich geschieht, und ich bin daher auch der Ansicht, dass Dr. Günther in der Zusammenziehung der Arten zu weit gegangen ist und unter dem Namen Zamenis ventrimaculatus Gray ausser dem Typus, den ich leider nicht aus eigener Anschauung kenne, noch drei verschiedene Arten, nämlich Zamenis per si eus Jan (var. ZU), Zamenis rhodorliachis Jan (var. C ) und Zamenis florulentus Schleg. (var. D) zu- sammengeworfen hat. Die vorstehende Auseinandersetzung wird genügen, um mein Ver- fahren in Bezug auf Zamenis Fedtschenhoi , den ich trotz seiner nahen Verwandtschaft zu Zamenis Bavergien Ménétr. bis auf Weiteres als selbstständige Art auffasse, zu motiviren. Ein eingehender Vergleich des Zamenis FedtscJienleoi mit Zamenis Baver gieri Ménétr. hat gezeigt, dass beide Arten, wie ich bereits wiederholt bemerkt habe, nicht bloss in den Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, ѴІІшѳ Série. 18 138 A. Strauch, morphologischen Merkmalen, sondern auch im Habitus vollkommen mit einander überein- stinunen, und nur in der Form des Kopfes eine leichte Differenz zeigen: bei der in Rede stehenden Art ist der Kopf nämlich etwas deutlicher vom Rumpfe abgesetzt und dabei auf der horizontalen Oberfläche auch niemals so stark deprimirt, wie bei der vorigen, sondern erscheint immer leicht gewölbt, und zwar nimmt diese Wölbung mit dem Alter allem An- scheine nach zu, so dass sie bei den ganz alten Individuen zuweilen sogar sehr auffallend stark ausgebildet ist; da diese Wölbung jedoch je nach den verschiedenen Exemplaren eine sehr verschiedene ist und bei den ganz jungen nur sehr wenig in die Augen fällt, so kann diesem Merkmale kein grosser diagnostischer Werth beigelegt werden. Ferner sind bei Za~ menis Fedtschenkoi die Schuppen meist in 23 und nur ausnahmsweise in 21 Längsreihen angeordnet, bei Zamenis Bavergieri Ménétr. dagegen stehen sie gerade umgekehrt meist in 21 und nur ausnahmsweise in 23 Längsreihen, und endlich findet sich auch in der Zahl der Abdominalia und Subcaudalia ein geringer Unterschied zwischen beiden Arten, indem die Zahl dieser Schilder bei Zamenis Fedtschenkoi zwischen 206h-82 und 227-ulOO, bei der vorigen Art aber zwischen 190 -u 75 und 218 — t- 9 2 schwankt, jedoch besitzen auch diese Differenzen so gut wie gar keinen diagnostischen Werth und den Hauptunterschied zwischen beiden Arten bildet somit immer die Zeichnung des Rumpfes sowohl, als auch namentlich diejenige des Schwanzes. Zu bemerken wäre noch , dass Zamenis Fedtschenkoi hinsichtlich der Zahl , Form und Stellung der Kopfschilder ausserordentlich beständig zu sein scheint, denn unter den 9 von mir untersuchten Exemplaren habe ich nur zwei gefunden, welche in so fern eine leichte Anomalie zeigten, als bei beiden auf der linken Seite nicht 9, sondern 10 Supralabialschil- der vorhanden waren, von denen auch nicht das 51ѳ und 6te, sondern das 6te und 7 16 an den Augapfel grenzten, während auf der entgegengesetzten Seite die normale Anordnung statt hatte. Endlich habe ich auch drei Exemplare in der Ausbeute des Herrn Fedt schenke gefunden, bei welchen einige Subcaudalia einfach sind, und zwar betrifft diese Anomalie bei zweien nur das 3te, bei dem dritten dagegen das 3te — 10te Subcaudalschild. Färbung und Zeichnung. Abgesehen von der schwarzköpfigen Varietät lassen sich unter den Exemplaren dieser Art in Bezug auf die Färbung und Zeichnung zwei Formen unter- scheiden, von denen die eine auf bräunlichgrauem Grunde schwach ausgeprägte, die andere auf gelblichgrauem Grunde dagegen sehr stark ausgeprägte, dunkele Zeichnungen besitzt. Die erste dieser Formen, deren Oberseite, wie schon bemerkt, eine ziemlich helle, bräun- lichgraue Grundfarbe hat, zeigt am Kopfe, der immer fein bräunlich gesprenkelt ist, ausser der schmalen, schräge verlaufenden, jederseitigen Temporalbinde und der gleichfalls immer deutlichen Subocularmakel, noch mehrere kleinere Makeln auf dem Scheitel, die entweder im Quincunx stehen, oder auch eine bogenförmige, mit der Convexität nach vorn sehende Querreihe bilden, mitunter aber auch gänzlich fehlen; zuweilen, wie bei № 3052 unserer Sammlung, finden sich neben den Scheitelmakeln auch noch bindenförmige Zeichnungen, so eine Querbinde über den Augen und zwei andere schräge gestellte und nach vorn conver- Die Schlangen des Russischen Reichs, 139 girende Binden auf dem Hinterkopfe, zwischen deren vorderen, einander sehr genäherten Enden eine kleine, rundliche Makel steht. Alle diese Binden und Makeln sind heller oder dunkler braun gefärbt und zeigen bei einzelnen Stücken auch eine mehr oder weniger deutliche und vollkommene, weisslichgelbe Umsäumung. Der Rumpf ist mit schmalen, kurzen, meist nicht ganz scharf begrenzten, braunen, nur selten weisslichgelb gesäumten Querbinden geziert, welche in drei Längsreihen angeordnet sind, mit einander alterniren und sich auch auf den Schwanz fortsetzen, wo sie jedoch noch weit weniger scharf begrenzt sind und auch fast immer vor dem Anfänge des letzten Schwanzdrittels gänzlich verschwin- den. Die Binden der mittelsten oder der Dorsalreihe sind länger, als diejenigen der seitli- chen Reihen, und erscheinen ab und zu in der Weise unterbrochen und verschoben, dass sich ihre ursprüngliche Entstehung aus zwei Hälften deutlich erkennen lässt; die Binden der beiden Lateralreihen dagegen, die meist sehr kurz sind, nehmen mitunter auch die Form von ganz unregelmässigen Makeln an, oder zeigen in der Mitte eine Unterbrechung, d. h. zerfallen in zwei über einander stehende Makeln. Die Unterseite ist sehr hell gelb- lich weiss und entweder einfarbig, oder aber, wie es bei den jüngeren Individuen der Fall zu sein pflegt, fein schwarz punktirt, wie bestaubt, jedoch stehen diese Punkte oder Stäub- chen im Ganzen sehr undicht und scheinen überhaupt nur auf die Seiten und auf den Hin- terrand der einzelnen Schilder beschränkt zu sein. Ausserdem finden sich am äusseren Ende der meisten Abdominalschilder grössere Makeln von schwärzlicher Farbe und durchaus unregelmässiger Form, welche sich stets auch auf die Schuppen der jederseitigen äussersten Längsreihe hinüberziehen und fast immer mit den Binden der Lateralreihe correspondiren, ja zuweilen, und zwar nicht gerade selten, mit denselben verschmelzen; die Unterseite des Schwanzes dagegen ist stets durchaus einfarbig. Zu dieser Form gehören die drei Stücke der akademischen Sammlung, so wie ein der hiesigen Universität gehöriges persisches Exemplar. Bei der zweiten Form, zu welcher sämmtliche 5 von Hrn. Fedtschenko in Turke- stan gefangenen Exemplare gehören, besitzt die Oberseite eine mehr gelblichgraue Grund- farbe und die Zeichnungen auf dem Rumpfe sind bei ihr nicht bloss deutlicher ausgebildet und schärfer umgrenzt, sondern auch dunkler braun, selbst schwärzlich gefärbt. Diese Rumpfzeichnungen sind nun im Ganzen denen der vorigen Form sehr ähnlich, nur erscheinen die Querbinden viel breiter und sind auch fast immer sehr deutlich weisslichgelb gesäumt. Auf dem Schwänze verwandeln sich die Binden in Makeln , die zuweilen der Länge nach gestellt sind, und von welchen diejenigen der centralen Längsreihe stets vollkommen ge- trennt bleiben, während diejenigen der Lateralreihen, wenigstens bei einem aus dem Cha- nate Kokand stammenden Exemplare, eine nicht zu leugnende Neigung zeigen, zu Längs- binden zusammenzufliessen. Die Unterseite, deren Grundfarbe gleichfalls mehr gelblich er- scheint, ist genau eben so gezeichnet, wie bei der vorigen Form, jedoch correspondiren die seitlichen Makeln auf den einzelnen Bauchschildern nur im vorderen Theile des Rumpfes mit den Querbinden der jederseitigen Lateralreihe, im hinteren Theile dagegen pflegen sie 140 A. Strauch, mit denselben mehr oder weniger deutlich zu alterniren. Während bei 4 Exemplaren dieser Form die Rumpf- und Schwanzzeichnungen sehr deutlich und scharf abgegrenzt sind, zeigt ein fünftes Stück, welches aus dem Sarafschan-Thale stammt und sich durch eine auffallend dunkele, graubraun gefärbte Oberseite auszeichnet, nur undeutliche Spuren der Querbinden, namentlich derjenigen der centralen oder Dorsalreihe, und weicht ausserdem auch durch einen röthlichen Anflug auf der Unterseite, besonders des Schwanzes, von den übrigen ab. Was nun die Zeichnungen auf dem Kopfe anbetrifft, so variiren dieselben in hohem Grade und jedes einzelne der 5 mir vorliegenden Stücke weicht darin mehr oder weniger bedeutend von den anderen ab. So ist bei einem sehr grossen Exemplar aus Tschinas am Syr-Darja, dessen Schwanz leider unvollständig ist, der Kopf sehr hell gefärbt, dabei fein und ziemlich dicht schwarz punktirt und zeigt ausser der Temporalbinde und der langge- streckten, bindenförmigen Subocularmakel auch die Querbinde über den Augen, die hier aber so kurz ist, dass sie nur wenig über die Seitenränder des Verticalschildes hinüberragt und dabei eine etwa nierenförmige Gestalt besitzen würde, wenn sie nicht am Hinterrande gerade abgestutzt wäre; von den Scheitelmakeln sind bei diesem Stücke im Ganzen nur zwei vorhanden, die eine vollkommen symmetrische Anordnung zeigen, indem sich auf je- dem Occipitalschilde eine derselben befindet. Bei dem oben besprochenen dunkel gefärbten Exemplar aus dem Sarafschan-Thale findet sich als Rest der Interorbitalbinde auf jedem Supraorbitalschilde eine der Quere nach gestellte, schwärzliche, gelblich gesäumte Makel, während auf dem dazwischen liegenden Yerticalschilde keine Spur der Binde zu entdecken ist; ausserdem besitzt es auch die jederseitige Temporalbinde und Subocularmakel, die aber nicht gelb gesäumt sind, die Scheitelmakeln dagegen fehlen ihm durchaus. Das Exem- plar aus dem Chanate Kokand ferner besitzt eine breite, aber nicht ganz scharf begrenzte, schwarze Querbinde über den Augen, eine ebenfalls schwarze Temporalbinde jederseits, welche, wie immer, vom oberen Postocularscliilde zum Mundwinkel zieht, so wie zwei mit den Temporalbinden parallel laufende, kurze Occipitalbinden , von welchen jede noch einen kurzen, der Interoccipitalsutur parallel laufenden Fortsatz auf jedes der beiden Occipital- schilder sendet; ausserdem ist die Oberfläche des Kopfes fein schwarz getüpfelt und punk- tirt, und zwar nimmt die schwarze Zeichnung auf der Schnauze derart Ueberhand, dass dieser Theil des Kopfes eigentlich schwarz ist und feine gelbliche Punkte zeigt, welche ihn, wie bestaubt, erscheinen lassen. Die Oberlippenschilder sind zwar hellgelb gefärbt, zeigen aber schwarze Makeln, von denen namentlich diejenige auf der Sutur zwischen dem 6ten und 7t0U Supralabiale recht gross ist; die Unterseite des Kopfes ist hellgelb, das Mental- schild, der grössere Theil der beiden ersten und der Innenrand der 5 folgenden Infrala- bialschilder sind aber schwarz gefärbt. Dieses Kokander Exemplar bildet somit den Ue- bergang zu der schwarzköpfigen Varietät und stimmt auch darin mit derselben überein, dass bei ihm die Abdominal- und Subcaudalschilder, eben so wie bei dieser, mit kleinen, unregelmässigen und nicht scharf begrenzten, schwärzlichen Makeln besäet ist, die am Bauche besonders in der Mitte der Schilder angehäuft sind, auf den Schwanzschildern aber Die Schlangen des Russischen Reichs. 141 den Innenrand des Schildes eiimelimen und die Unterseite des Schwanzes daher mit einer unregelmässigen centralen Längsbinde geziert erscheinen lassen. Bei der schwarzköpfigen Varietät endlich, von welcher mir 2 Exemplare vorliegen, ist der Kopf auf der Oberseite glänzend schwarz gefärbt, welche Färbung gegen den Rumpf sehr scharf abgesetzt ist und sich auch in stärkerem oder schwächerem Grade auf die Seiten und auf die Unterseite des Kopfes hinüberzieht. Das grössere der beiden Stücke dieser Va- rietät, welches aus dem Sarafschan-Thale stammt, zeigt auf dem Scheitel übrigens einige wenige, durchaus unregelmässige und unsymmetrisch vertheilte Stellen, an welchen die ei- gentliche Grundfarbe noch zu Tage tritt; dabei sind bei ihm die Supralabialia , mit Aus- nahme des letzten, entweder ganz, oder doch zum grösseren Theile hell gefärbt und eben so ist auch die Unterseite des Kopfes hell und nur am Kinn und an der Kehle finden sich grössere schwarze Parthien. Bei dem kleineren Exemplar, welches in der Gegend von Mursa- Rabat gefangen worden ist, erscheint dagegen der ganze Kopf schwarz und nur die mitt- leren Labialschilder, sowohl an der oberen, als auch an der unteren Kinnlade, sind im Centrum oder auch am Rande in grösserer oder geringerer Ausdehnung weisslichgelb ge- färbt. Dass bei diesen schwarzköpfigen Exemplaren, deren Rumpf auf der Oberseite übri- gens in der gewöhnlichen Weise gefärbt und gezeichnet ist, die Mitte der Abdominal- und der Innenrand der Subcaudalschilder in grösserer oder geringerer Ausdehnung schwarz gefärbt erscheint, habe ich bereits weiter oben angegeben. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar der in Rede stehenden Art, welches zu der Fedtschenko’schen Ausbeute gehört und im Sarafschan-Thale gefangen worden ist, besitzt eine Totallänge von 119 Ctm., von denen 25 Ctm. auf den Schwanz gerechnet wer- den müssen; das grösste Exemplar unserer Sammlung (№ 3052) besitzt, bei einer Schwanz- länge von 26 Ctm., eine Totallänge von nur 103 Ctm. Habitat. Ueber die geographische Verbreitung des Zamenis Fedtschenlm lässt sich zur Zeit nur wenig sagen. Er scheint im Turkestan’schen Gebiete weit verbreitet zu sein, denn Herr Fedtschenko hat ihn sowohl im Sarafschan-Thale, als auch bei Tschinas am Syr- Darja, bei Mursa-Rabat und im Chanate Kokand gefunden, und die beiden vom Oberst Kusehakewitsch acquirirten Exemplare der akademischen Sammlung stammen aus der Gegend von Chodshent und vom Mohol-Tau; ferner bewohnt diese Art auch das nördliche Persien, wie ein dem Museum der hiesigen Universität gehöriges, von Ilrn. Christoph am Schach-Rud gefangenes Stück beweist, und endlich hat Dr. Radde auch ein Exemplar in der Gegend von Kulp am oberen Araxes, unweit der türkischen Grenze, erbeutet. 20. Tropidonotus natrix Linné. Tr. supra griseo-olivaceus, vel cinereo-coerulescens, vel olivaceo-fuscus, vel etiam bru- neo-cinereus, dorso et cauda maculis nigris, plerumque parvis et irregularibus, plus mi- nusve distinctis, aut sine ordine dispersis, aut in quinque séries longitudinales dispositis, 142 A. Strauch, alternantibus et rarius in fascias transversas, angustas et abbreviatas confluentibus, no- tatis ; capite plerumque concolore, exceptis scutellis supralabialibus semper albo-flavescen- tibus et nigro-marginatis; collo fascia transversa lata, flavida, vel aurantiaca, rarius nivea, postrorsum semper late nigro-limbata , medio saepissime coarctata vel etiam interrupta et in dnas maculas magnas, plerumque semilunares, rarius evanescentes, divisa, ornato; subtus ad medium usque albicans, nigro-macnlatus, dein niger, albo-maculatus, rarius ubique albo nigroque tesselatus. Capite elongato, tetragono-pyramidali, parum depresso, postice dilatato et a trunco distincte separato, rostro brevi, leviter acuminato, apice obtuse-rotundato, trunco elongato, tereti et vix fusiformi, cauda longinscula, obtuse subtriquetra vel tereti, acuminata; naribus utrinque inter scutella duo positis, lateralibus: scutellis supralabialibus utrinque 7, tertio et quarto oculi bulbum attingentibus ; scutello praeoculari simplici, post- ocularibus tribus: squamis lanceolatis, carinatis et in trunci parte anteriore semper in 19 sériés longitudinales dispositis ; scutis abdominalibus 162—190, anali diviso, subcaudalibus utrinque 53 — 88. Varietas 1: (= Coluber persa Pall.) differt tantum dorso taeniis duabus angustis, lon- gitudinalibus, parallelis, ab occipite ad caudarn usque excurrentibus et ante ejus apicem evanescentibus, flavis vel albidis, ornato. Varietas 2: (= Tropidonotus ater Eichw.) tota atra, exceptis scutellis subraaxillaribus e flavo albidis, gula et parte abdominis antica, hiuc inde maculis albis notatis. Synonymie. 1749. Coluber natrix Linné. Amoenitates academicae I, p. 116. As 33. 1771. Coluber scutatus Pallas Reise durch verseil. Prov. d. Russ. Reichs I, p. 459. 1800. Coluber natrix Georgi. Geogr. -physik. und naturli. Besclir. des Russ. Reichs III, vol. YI, p. 1881. № 9. 1800. Coluber scutatus Georgi. Ibidem III, vol. VI, p. 1881. № 10. 1802. Coluber natrix Dwigubsky. Primitiae faunae Mosquensis, p. 48. 1811. Coluber natrix Pallas. Zoographia Rosso-Asiat.ica III, p. 35. № 29. 1811. Coluber scutatus (typus) Pallas. Ibidem III, p. 38. As 32. 1811. Coluber persa Pallas. Ibidem III, p. 41. As 35. 1811. Coluber minutus Pallas. Ibidem III, p. 41. А 36. 1812. Couleuvre petite Vietinghoff. Mémoires de Moscou III, p. 95, 1812. Coluber natrix Vsevolojsky. Ibidem III, p. 284. 1823. Coluber natrix Lichtenstein in: Eversmann. Reise von Orenburg nach Buchara, p. 145. A 13. 1826. Coluber natrix Lichtenstein in: Meyendorff. Voyage d’Orenbourg à Boukhara, p. 464. A 13. 1831. Coluber sp.? Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 372. A 10. 1831. Coluber sp.? Hohenacker. Ibidem III (1831), p. 374. As 16. Die Schlangen des Russischen Reichs. 143 1831. Tropidonotus natrix Eicliwald. Zoologia specialis III, p. 172. 1831, Tropidonotus seid (das Eichwald. Ibidem III, p. 173. 1831. Tropidonotus ater Eichwald. Ibidem III, p. 173. 1831. Tropidonotus persicus Eichwald. Ibidem III, p. 173. 1832. Goluber natrix Andrzejowsky. Nouv. Mémoires de Moscou II, p. 331. tab. XXII f. 1. 1832. Goluber natrix Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Имперіи. Ampliib., р. 20. № 40. tab. VIII. 1832. Goluber scutatus Dwigubsky. Ibidem, p. 21. № 41. 1832. Goluber persa Dwigubsky. Ibidem, p. 22. № 47. 1832. Goluber minutus Dwigubsky. Ibidem, p. 22. № 48. 1832. Goluber niger Dwigubsky. Ibidem, p. 27. № 66. 1832. Goluber natrix Ménétriès. Catalogue raisonné, p. 67. № 226. 1832. Goluber persa Ménétriès. Ibidem, p. 67. № 227. 1832. Goluber scidtatus part. Ménétriès. Ibidem, p. 69. № 232. 1832. Goluber ponticus Ménétriès. Ibidem, p. 69. № 233. 1840. Tropidonotus natrix Nordmann in: Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 350. pl. XI et XII f. 1. 1841. Tropidonotus persa Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 132. tab. XXI. 1841. Tropidonotus natrix Eichwald. Ibidem, p. 133. 1841. Tropidonotus ater Eichwald. Ibidem, p. 134. tab. XXII. 1841. Tropidonotus scutatus (typus) Eichwald. Ibidem, p. 135. 1845. Tropidonotus natrix Gimmerthal. Correspondenzblatt d naturf. Ver. zu Riga I, p. 116, 1850. Tropidonotus natrix Berthold in: Wagner. Reise nach Kolchis, p. 337. 1852. Tropidonotus natrix Brandt in: Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 334. 1852. Tropidonotus natrix Czernay. Фауна Харьковской Губерніи I, p. 11. 1853. Tropidonotus natrix Kessler. Естеств. Исторія Кіевск. Учебн. Округа. Amphibia, p. 34. 1854. Tropidonotus natrix D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 555. 1868. Tropidonotus natrix Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXVI, pl. I et II f. 2—4. 1871. Tropidonotus natrix Kessler in: Auerbach. Гора Богдо, p. 72, 1873. Tropidonotus natrix Schweder. Correspondenzblatt d. naturf. Ver. zu Riga XX, p. 136. Die Gattung Tropidonotus Kühl ist in unserer Fauna durch 4 Arten repräsentirt, welche zwar in vielen Beziehungen vollkommen mit einander übereinstimmen, so z. B. in der Zahl der Schuppenreihen, die bei allen vieren 19 beträgt, die sich aber doch im Gan- 144 A. Strauch, zen leicht und sicher von einander unterscheiden lassen. Die eine dieser 4 Arten, der Tro- pidonotus tigrinus Boje, gehört in eine besondere Abtheilung der in Rede stehenden Gat- tung, welche Abtheilung von den Verfassern der Erpétologie générale unter dem Namen A mphiesma zu einem selbstständigen Genus erhoben und dadurch gekennzeichnet worden ist, dass bei allen dasselbe zusammensetzenden Arten der letzte oder die beiden letzten Oberkieferzähne, ohne gefurcht zu sein, durch beträchtlichere Grösse ausgezeichnet und zugleich durch eine deutliche Lücke von der übrigen Zahnreihe getrennt sind ; sonst erin- nert diese Art sowohl im Allgemeinhabitus, als auch in der Färbung und Zeichnung einiger- maassen an die beiden gewöhnlichen europäischen Nattern, den Tropidonotus natrix L. und den Tropidonotus hydrus Pall., unterscheidet sich von dem ersteren aber durch das jeder- seitige doppelte Praeocularschild und von dem letzteren durch den Besitz von nur 7 Supra- labialschildern jederseits. Unter den drei übrigen Arten, deren Gebiss syncranterisch ist, d. h. deren hinterste Oberkieferzähne zwar auch grösser sind, als die übrigen, mit densel- ben aber eine nirgends unterbrochene Reihe bilden, lässt sich der Tropidonotus hydrus Pall, schon auf den ersten Blick daran erkennen, dass er 8 Supralabialschilder jederseits besitzt, von denen auch nur das 4te (ausnahmsweise das 4te und 5te) mit dem Augapfel in Berührung steht. Die beiden letzten hier in Betracht kommenden Tropidonotus- Arten endlich, die ge- meine Ringelnatter und der japanische Vibakari, haben zwar so wenig Aehnlichkeit mit einander, dass bei direktem Vergleiche eine Verwechselung beider schwer denkbar ist, nichts desto weniger war bisher kein morphologisches Merkmal bekannt, durch welches sie für alle Fälle, auch ohne direkten Vergleich, hätten unterschieden werden können, denn in der Zahl nicht bloss der Schuppenreihen, sondern auch der Supralabialschilder stimmen beide vollkommen mit einander überein und die Zahl der Praeocularscliilder, die sonst bei der Differenzirung der Tropidonotus- Arten von Wichtigkeit zu sein pflegt, kann hier nicht als Charakter benutzt werden, da diese Schilder bei Tropidonotus Vibaltari Boje sehr wenig be- ständig zu sein scheinen; ein solches durchgreifendes morphologisches Merkmal zur Unter- scheidung beider in Frage stehenden Arten glaube ich nun in der Zahl der Abdominal- schilder gefunden zu haben, welche bei Tropidonotus Vibakari Boje auffallend gering ist und zwischen 138 und 151 schwankt, während sie bei der Ringelnatter, wie ich mich nach Untersuchung von 141 Exemplaren und nach Durchsicht der ganzen mir zu Gebote ste- henden ophiologischen Literatur auf das Entschiedenste überzeugt habe, niemals г) weniger als 162 beträgt. 1) Es existirt allerdings eine Angabe, dass die Rin- gelnatter nur 144 Abdominalscliilder besitzt, und zwar hat unter den neueren Autoren Prof. Schlegel (Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 304) diese Angabe auch als richtig adoptirt, obwohl sie, wie ich gleich zei- gen werde, nur auf einem Versehen von Seiten Bech- stein’s beruht. Bechstein gieht nämlich in seiner Ue- bersetzung von De Lacépède’s Naturgeschichte der Amphibien III, p. 302 in der mit p bezeichnetcn Anmer- kung als Beleg dafür, wie die Zahl der Abdominal- und Subcaudalschilder bei der Ringelnatter variiren kann, eine Reihe von 10 Beispielen, welche, wie er selbst aus- drücklich bemerkt, sämmtlich einer Arbeit von Weigel entlehnt sind und unter denen die Zahl 11 4 n- 58 obenan steht. Diese auffallend niedrige Zahl habe ich aber in Weigel’s Arbeit vergeblich gesucht und bin zu der Ue- Die Schlangen des Russischen Reichs. 145 Die 4 in Russland einheimischen Tropidonotus- Arten würden sich hiernach also, wie folgt , unterscheiden : Die hintersten Oberkieferzähne I bilden mit den übrigen Oberkieferzähnen eine nirgends unterbrochene Reihe. Die Abdominalschilder sind 1) wenigstens in der Zahl 162 vorhanden. Die Zahl der Ober- lippenschilder beträgt jederseits a) 7, von denen das 3te und 4te an den Bulbus grenzen ; je- derseits nur 1 Praeocularschild Tr. natrix L, h) 8, von denen nur das 4to (seltener das 4te und 5te) an den Bulbus grenzt; jederseits 3, seltener 2 Praeocularschilder. Tr. hydrus Pall, 2) höchstens in der Zahl 151 vorhanden; jederseits 7 Supralabialia. Tr. Vibdkari Boje. II sind von den übrigen Oberkieferzähnen durch eine deutliche Lücke getrennt; jederseits 7 Supralabialia und 2 Praeocularia Tr. tigrinus Boje. Was nun den Tropidonotus natrix L. anbetrifft, so sind die beiden Hauptmerkmale, durch welche sich diese zur Genüge bekannte Schlange von dem ihr zunächst verwandten Tropidonotus hydrus Pall, unterscheidet, nämlich die jederseits in der Zahl 7 vorhandenen Supralabialschilder und das jederseitige einfache Praeoculare, ausserordentlich constant, und ich habe, trotz der überaus zahlreichen, von mir untersuchten Exemplare dieser Art, doch nur äusserst wenige Stücke gefunden, welche in diesen beiden Charakteren anomal gebildet waren. Ganz besonders beständig ist das einfache Praeoculare, denn unter allen 141 mir zu Gebote stehenden Exemplaren sind mir nur zwei aufgestossen , bei welchen dieses berzeugimg gelaugt, dass Bechsteiu sich entweder beim Copiren verschrieben haben muss, oder aber, was mir wahrscheinlicher dünkt, dass er bei Wiedergabe dieser 10 Beispiele überhaupt mit wenig Sorgfalt zu Werke ge- gangen ist. Weigel bespricht nämlich in seinem «Bei- trag zur Bestimmung der Schlangenarten» (Abhandl. d. Hallischen naturf. Gesellsch. I, p. 1 — 54), auf p. 25 — 29 die 10 in seiner Sammlung vorhandenen Exemplare der Ringelnatter, die mit № 29—38 bezeichnet sind, und ver- zeichnet bei jedem Stücke auch die Zahl der Abdominal- und Subcaudalschilder, welche Zahlen eben Bechsteiu in seiner Naturgeschichte wieder abgedruckt hat. Um nun zu zeigen, wie flüchtig Bechstein bei Wiedergabe dieser Zahlen verfahren ist, lasse ich hier die Weigel’- schen Originalangaben folgen und setze zum Vergleiche die Angaben Bechstein’s daneben: Ex. Ш 29 » » 30 » »31 Weigel: Bechstein: 172 -г- 58 144 -+- 58 174 H— 62 172 -i- 58 175 -+- 63 174 -»- 62 Weigel : Bechstein Ex. № 32 174 -+- 54 175 63 )) )) 33 172 -r- ? 174 -+- 54 » )) 34 170 -+- 64 170 -в- 64 )) » 35 170 52 170 h- 52 » » 36 168 -+- 48 168 4- 48 )) » 37 172 h- 58 172 и- 58 )) )) 38 174 -+- 62 170 — *— 68 Die eben aufgeführten 10 Beispiele hat auch Daudin (Histoire des Reptiles VII, p. 34) in seine Beschreibung der Ringelnatter aufgenommen, und obwohl er dieselben, wie aus der Uebereinstimmung sämmtlicher Zahlen her- vorgeht, der Bechstein’schen Arbeit entlehnt hat, fügt er doch bei jeder einzelnen Zahl die Worte «selon Wei- gel» hinzu. Aus dem Vorstehenden ergiebt sich nun ganz unzweifelhaft, dass die ursprünglich von Bechstein an- gegebene Zahl von 144 Bauchschildern bei der Ringel- natter in Wirklichkeit nie beobachtet worden ist, und dass folglich diese Schlange, so weit gegenwärtig be- kannt, nie weniger als 162 Abdominalschilder besitzt, 19 Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, ѴІІгаѳ Se'rio. 146 A. Strauch, Schild getheilt erschien, und zwar besitzt das eine dieser beiden Stücke (JVs 1799 unserer Sammlung) jederseits 2 Praeocularia , während bei dem anderen (№ 1823) nur auf der rechten Seite 2 , auf der linken aber ein einfaches Praeoculare vorhanden ist. Exemplare mit überzähligen Supralabialschildern scheinen häufiger vorzukommen, wenigstens habe ich deren im Ganzen 6 beobachtet, unter denen aber nur ein einziges (№ 1815 unserer Samm- lung) jederseits 8 Supralabialia besitzt, von denen auch das 4te und 5t0 an den Augapfel grenzen ; bei den übrigen 5 Exemplaren fand sich die anomale Oberlippenschilderzahl stets nur auf der einen Seite, und zwar sonderbarer Weise immer auf der linken, während die entgegengesetzte die normale Anordnung, nämlich 7 Supralabialia, zeigte. Ausserdem liegt mir aber auch ein Exemplar (jYä 1825 unserer Sammlung) vor, bei welchem die Zahl der Oberlippenschilder auf der linken Seite verringert ist, denn es besitzt deren nur 6, von denen auch nur ein einziges, nämlich das 3t0, an den Augapfel grenzt, auf der anderen Seite dagegen ist die Zahl und Stellung der genannten Schilder durchaus normal. Kaum weniger beständig endlich habe ich auch die Zahl der jederseitigen Postocularschilder ge- funden, welche bei normaler Ausbildung bekanntlich 3 beträgt, denn unter den 141 von mir untersuchten Ringelnattern zeigten nur 1 4 in dieser Beziehung Anomalien : bei dreien derselben ist die Anomalie symmetrisch, und zwar besitzen zwei jederseits nur 2 Postocu- larschilder, während bei dem dritten die Zahl dieser Schilder beiderseits auf 4 gestiegen ist; bei den 11 übrigen Stücken, bei welchen durchgängig nur die eine Seite, bald die linke, bald die rechte, verbildet, die andere aber normal ist, fand ich in 6 Fällen eine Ver- mehrung der Postocularia auf 4, in 5 anderen dagegen eine Verminderung derselben auf 2. Färbung und Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite ist bei den ganz jungen Exem- plaren meist hell grau mit einem bald mehr bläulichen, bald mehr olivgrünlichen Anfluge, jedoch kommen auch mitunter ganz junge Stücke mit ziemlich dunkeier olivbräunlicher Grundfarbe vor; mit zunehmendem Alter pflegt die Grundfarbe gewöhnlich, aber nicht immer, dunkler, namentlich olivbraun zu werden, variirt übrigens in allen möglichen Schat- tirungen zwischen Olivgrau und Olivbraun, ja geht zuweilen selbst in ein tiefes Schwarz- braun über. Der Kopf ist auf der Oberseite gewöhnlich einfarbig und meist etwas dunkler, als der Rumpf, jedoch kommen auch Exemplare mit mehr oder weniger deutlich und voll- ständig schwarz gerandeten Kopfschildern vor, und bei einzelnen Stücken ist sogar der ganze Hinterkopf tief schwarz gefärbt, welche Farbe sich alsdann auch gewöhnlich auf die Schläfen erstreckt. Die Seiten des Kopfes stimmen in der Farbe mit der Oberseite dessel- ben überein, mit Ausnahme jedoch der Supralabialschilder und meist auch der Prae- und Postocularia, welche stets sehr hell, weisslichgelb gefärbt sind und von denen die Supra- labialia immer in grösserer oder geringerer Ausdehnung schwarz gerandet erscheinen. Gleich hinter dem Kopfe findet sich ein meist breites, gewöhnlich gelbes, mitunter aber auch orangefarbenes oder selbst schneeweisses Halsband, welches nach hinten von einer tief schwarzen, sehr breiten Querbinde begrenzt wird und oben auf der Mitte des Nackens fast immer mehr oder weniger stark eingeschnürt ist; in den allermeisten Fällen jedoch ist Die Schlangen des Russischen Reichs. 147 dieses Halsband in seiner Mitte nicht bloss eingeschnürt, sondern unterbrochen, wodurch zwei grössere oder kleinere Makeln entstehen, welche meist eine halbmondförmige Gestalt besitzen und nach unten ohne Abgrenzung in die helle Grundfarbe der Unterseite über- gehen. Die schwarze Binde, welche, wie oben bemerkt, hinter dem Halsbande steht, nimmt an den Veränderungen des letzteren auch einen gewissen Antheil, d. h. sie ist auf der Mitte des Nackens meist ebenfalls eingeschnürt, pflegt aber in den Fällen, wo das Halsband in zwei Makeln aufgelöst ist, dennoch nicht unterbrochen zu sein, sondern meist als V-för- mige, mit der Oeffnung nach hinten gerichtete Binde zu existiren. Zugleich ist diese schwarze Querbinde beständiger, als das helle Halsband oder die daraus entstandenen Ma- keln, denn dieselbe ist nicht bloss immer tief schwarz gefärbt, sondern fehlt auch nie, wäh- rend die helle Zeichnung nicht bloss hinsichtlich der Farbe sehr beträchtlich variirt, son- dern auch gänzlich verschwinden kann, wie solches z. B. bei allen mir vorliegenden sicilia- nischen Stücken der Fall ist, deren Halstheil entweder mit 2 schwarzen Makeln, oder mit einer eben solchen breiteren oder schmäleren, meist V-förmigen Querbinde geziert er- scheint. Der Rumpf ist mit tief schwarzen Makeln besäet, die in den meisten Fällen sehr klein und durchaus unregelmässig geformt sind, und nur selten bis auf geringe Spuren ver- schwinden ; diese Makeln sind entweder ohne alle Ordnung über die Oberseite des Rumpfes zerstreut, oder aber sie bilden mehr oder weniger regelmässige Längsreihen, deren Zahl meist 5 beträgt und die sich auch auf den Schwanz fortsetzen. Bei der Anordnung in Längsreihen alterniren die Makeln mehr oder weniger deutlich mit einander, jedoch kom- men auch Exemplare vor, bei welchen dieselben zu theilweise ganz regelmässigen, kurzen Querbinden zusammenfliessen, welche letzteren alsdann in drei Längsreihen stehen und sehr regelmässig mit einander alterniren ; zuweilen jedoch sind bei solchen Exemplaren die Ma- keln der dorsalen Reihen sehr schwach entwickelt, während diejenigen der Lateralreihen zu sehr deutlichen und scharf begrenzten Querbinden zusammenfliessen , so dass also der Rumpf und in geringerem Grade auch der Schwanz auf der Firste hin und wieder schwarz gefleckt, an den Seiten aber sehr regelmässig der Quere nach schwarz gebändert erscheint. "Wie schon bemerkt, können diese schwarzen Makeln und Binden bis auf geringe Spuren verschwinden, was besonders bei den olivbraun gefärbten, ziemlich dunkelen Exemplaren vorkommt, und da bei solchen Stücken auf dem ganzen Rumpfe, besonders aber an den Planken, einzelne Schuppen an ihrem Rande einen kurzen weisslichen Strich zeigen, so er- halten diese Exemplare eine ganz auffallende Aelmlichkeit von Coluber Aesculapii Host, der ja bekanntlich auch mehr oder weniger deutliche Cervicalmakeln besitzt. Dergleichen an die Aesculaps- Schlange erinnernde Exemplare sind auch keineswegs selten, denn allein unter den 41 im akademischen Museum aufgestellten Ringelnattern gehören nicht weniger als 11 (Ля 1810, 1812, 1816, 1818, 1820, 1821, 1823, 1824, 1825, 1830, 3300) zu dieser Form. Ausserdem liegt mir aber auch ein Exemplar (№ 1817 unserer Sammlung) vor, welches in der Färbung und durch den Mangel jeglicher Zeichnung so sehr von allen übrigen ab weicht, dass es mir nicht überflüssig erscheint, desselben hier speciell zu geden- 148 A. Stkauch, ken ; dieses Stück ist auf der Oberseite bräunlichgrau, auf der Unterseite grünlichgelb ge- färbt, und da es sowohl oben, als auch unten durchaus einfarbig erscheint, so erinnert es in sehr auffallender Weise an die einfarbige Varietät von CoroneUa austriaca Laur., nur finden sich bei ihm in so weit noch Sporen der Cervicalmakeln, als die Stellen, wo diesel- ben zu stehen pflegen, in der Färbung mit der Unterseite harmoniren, ohne jedoch gegen die Grundfarbe der Oberseite scharf abgegrenzt zu sein. Die Grundfarbe der Unterseite geht mit derjenigen der Oberseite wohl fast immer Hand in Hand, d. h. sie ist bei den Stücken mit hellgefärbter Oberseite wreisslich oder gelblich, bei den dunkelgefärbten dagegen schwarz, doch gilt das, genau genommen, nur von der vorderen Rumpfhälfte, denn die hintere Rumpfhälfte ist unten immer vorherr- schend schwarz gefärbt. Mit Ausnahme des oben erwähnten Exemplars № 1817, besitzen alle von mir untersuchten Stücke eine gefleckte Unterseite, und zwar ist dieselbe entweder auf hellem Grunde schwarz gefleckt, oder aber umgekehrt auf sclnvarzem Grunde hell ge- fleckt, dabei ist die Vertheilung der Flecken eine durchaus unregelmässige und es lässt sich höchstens im Allgemeinen sagen, dass die schwarze Farbe mehr die Mitte, die helle dagegen mehr die Seiten der einzelnen Bauchschilder einnimmt. Da die schwarzen Flecken meist viereckig sind , so zeigt mitunter die Unterseite eine schachbrettartige Zeichnung, die aber niemals sehr regelmässig ist und meist auch nur bei jüngeren Individuen beob- achtet wird. Was nun die beiden oben charakterisirten Varietäten anbetrifft, so weicht die erste derselben, welche von Pallas unter dem Namen Coluber persa zuerst beschrieben worden ist, von der typischen Form nur durch die Anwesenheit von zwei schmalen, meist scharf begrenzten, einander parallelen Längsstreifen von gelber oder gelblich weisser Farbe ab, welche am Nacken beginnen und, von einander gewöhnlich durch 5 Schuppenreihen ge- trennt, längs dem Rücken bis auf den Schwanz fortlaufen, wo sie meist schon vor der Mitte desselben ganz allmählich verschwinden. Diese Varietät, von welcher mir nur junge und mittelwüchsige Stücke Uekannt sind, kommt zw'ar im Süden von Europa überall vor, scheint aber besonders in Transkaukasien häufig zu sein, denn unter den 52 mir vorliegenden transkaukasischen Exemplaren habe ich nicht weniger als 19 gelbstreifige gefunden. Die zweite Varietät, der Tropidonotus ater Eichw., der hauptsächlich auf den Wolga- Inseln gemein sein soll, ist überall tief schwarz gefärbt und besitzt nur an der Unterseite des Kopfes, so wie an den Seiten der vordersten Abdominalschilder vereinzelte helle Ma- keln. Diese zweite Varietät ist trotz ihrer einfachen Färbung lange nicht so scharf gekenn- zeichnet, wie die in Färbung und Zeichnung überaus variabele gelbgestreifte, denn wenn die hellen Flecken an der Unterseite des Kopfes an Umfang und diejenigen auf den Bauch- schildern an Zahl und an Umfang zunehmen, so entsteht die Form, welche Prof. Eich- wald unter dem Namen Tropidonotus scutatus unterschieden hat und welche den Ueber- gang zu den dunkelen, fast schwarzbraun gefärbten Stücken der typischen Form vermittelt, indem letztere sich von dem sogenannten Tropidonotus scutatus Eichw . nur dadurch unter- Die Schlangen des Russischen Reichs. 149 scheiden, dass bei ihnen auch die Supralabialschilder, bis auf die stets dunkelen Ränder, hell gefärbt und ihre Cervicalmakeln mehr oder weniger deutlich ausgebildet sind. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar (Ж0. 1813 unserer Sammlung) besitzt eine Totallänge von 114 Ctm., von denen 18,5 Ctm. auf den Schwanz kommen, jedoch er- reicht die Ringelnatter noch beträchtlichere Dimensionen, denn im Pariser Museum x) findet sich ein sicilianisches Exemplar derselben von 158 Ctm. Totallänge. Habitat. Die Ringelnatter, die gemeinste und nächst der Kreuzotter auch am weitesten verbreitete unter den europäischen Schlangen- Arten, bewohnt ganz Europa, den äussersten Norden, so wie die Inseln Irland und Sardinien ausgenommen, einen sehr beträchtlichen Theil von Vorder-Asien und den nördlichsten Theil der Küste Afrika’s. Was zuerst ihr Vorkommen in Afrika anbetrifft, so ist sie daselbst bisher nur in Algerien beobachtet worden und soll nach Guichenot1 2) in einzelnen (leider aber nicht speciell bezeichneten) Gegenden der Kolonie sehr gemein sein. Lallemant3) giebt an, dass sie in der Umgegend der Stadt Alger häufig vorkommt, eine Angabe, über deren Richtigkeit ich mir keinürtheil erlaube, da ich während meines Aufenthaltes in der Algérie überhaupt nur zwei ganz junge Exemplare dieser Schlange in einem Graben vor dem westlichen Thore Algers (der porte Bab-el-Oued) gefangen und in der Sammlung der Exposition permanente gleichfalls nur zwei oder drei, auch aus der Umgegend von Alger stammende Stücke gesehen habe; je- denfalls ist die Ringelnatter in der Algérie bei weitem seltener als Tropidonotus viperinus Latr., den ich in grossen Mengen gesehen und gefangen habe, und scheint ausschliesslich nur in dem Küstenstriche der Provinz Alger vorzukommen. In Portugal ist Tropidonotus natrix L. nach Barbosa du Bocage4) überall gemein und in Spanien scheint er gleichfalls weit verbreitet zu sein, denn Machado5) hat ihn in der Provinz Sevilla, also im Süden, beobachtet und I)r. Stei ndachner 6), der ihn auch bei Coimbra in Portugal gefangen hat, erbeutete Exemplare im Norden des Landes, bei Ferrol, Bilbao und Sanabria. In Frankreich soll diese Schlange nach Latreille7) überall sehr gemein sein und wirklich ist sie in denjenigen Theilen des Landes, über deren Fauna specielle Nachrichten vorliegen, wie namentlich in den Departements de l’Oise8), de la Marne9), de Seine-et-Marne l0), de la Vienne11), de TYonne12), Vendée13), de la Loire-infé- 1) D= et B. Erpétol. génér. VII, p. 558. 2) Exploration scientifique de l’Algérie. Rept., p. 21. 3) Lallemant. Erpétol. de l’Algérie, p. 80. 4) Guérin. Revue et Mag. de Zoologie. 2110 sér. XV (1863), p. 333. 5) Revista de Ciencias, Literatura y Artes (Sevilla) IV (1859), p. 570. 6) Reise der Novara. Reptil., p. 66. 7) Latreille. Hist. nat. des Salamandres de France, p. XXX. 8) Maillard. Tableau des Reptiles et des Amphi- bies observés dans le Departement de l’Oise, p. 7. 9) Salle. Faune du Departement de la Marne, p. 163. Man vergleiche die Anmerkung № 7 auf p. 49 dieser Ab- handlung. 10) Guérin. Revue et Mag. de Zoologie, 2de sér. VII (1855), p. 132. 11) Mauduyt. Herpétol. de la Vienne, p. 23. 12) B e r t. Catal. méth. des Animaux vertébrés, qui vi- vent à l’état sauvage dans le Dep, de l’Yonne, p. 89. 13) Viaud-Grand-Marais. Etudes medic. sur les Serpents de la Vendée et de la Loire-infér. 2ae Edit., p. 13. 150 A. Strauch, rieure1), de Maine-et-Loire2), de la Charente- inférieure3) und des Alpes maritimes4), als sehr häufig aufgeführt, so dass sich wohl annehmen lässt, dass sie auch in den übrigen Departements, über deren Fauna nähere Nachrichten noch fehlen, sicherlich Vorkommen und somit über das ganze Land verbreitet sein wird. Im Luxemburgischen ist sie nach de la Fontaine5) gleichfalls gemein und findet sich überall, von der Mosel-Ebene bis in die Ardennen, und in Belgien wird sie nach Selys-Longchamps6) in den Gebirgen am rechten Maas-Ufer, so wie in den Ardennen häufig angetroffen, kommt auch im Hennegau und in der Umgegend von Loewen vor, soll aber in der Ebene der Hesbaye fehlen ; ob sie in Flan- dern einheimisch ist, lässt sich wegen Mangels an Nachrichten nicht feststellen, jedoch könnte sie daselbst leicht fehlen, da sie in Holland, wie Prof. Schlegel7) angiebt, in den an der Nordsee gelegenen Provinzen Zeeland, Nord- und Süd-Holland nicht vorkommt, dagegen in Drenthe, Gelderland, und nach van Bemmelen8) auch in Overyssel, Utrecht, Groeningen und Vriesland mehr oder weniger gemein ist. Alsdann bewohnt diese ArtGross- britanien und ist daselbst bereits in den verschiedensten Gegenden beobachtet worden, so in Cornwall, wo sie nach Couch9) gemein ist, in Devonshire I0), bei Cobham10) in Kent, in Cambridgeshire , wo sie nach Jenyns11) besonders häufig sein soll, bei Fritton12) in Ost- Suffolk, in Ost- und West-Norfolk12), in Herefordshire13), in Shropshire und North Wales, in welchen beiden Grafschaften sie nach Eyton14) gemein ist, in der Umgegend von Liver- pool15) und in West Riding bei Leeds16), und zwar in einem Rayon von 20 Meilen; ob sie nun, wie Dr. Gray17) nach eingezogenen Nachrichten behauptet, im Westen von South Wales, in Northumberland, in North Durham, so wie in Berwickshire und überhaupt in Schottland fehlt, lässt sich zur Zeit nicht mit Sicherheit entscheiden, scheint aber doch nicht ganz glaubwürdig zu sein, denn erstens hat sich Dr. Gray’s Angabe17), dass sie auch in Norfolk nicht einheimisch sei, mit Bestimmtheit als irrig12) herausgestellt, und zweitens behaupten sowohl Flemming18), als auch Bell19), dass die Ringelnatter nicht bloss in allen Theilen Englands gemein ist, sondern auch überall in Schottland, nach Flemming aber 1) Viaud-Grand-Marais. Etudes medic. sur les Serpents de la Vendée et de la Loire-infér, 26e Edit., p. 13. 2) Annales de la Soc. Linnéenne de Maine-et-Loire 1865, p. 145 — 184. Dieses Journal steht mir nicht zu Ge- bote und ich habe das Citât dem Günther’schen Re- cord П, p. 143 entlehnt. 3) Beltremieux. Faune du Dep. de la Charente-in- fér., p. 38. 4) Ri sso. Hist. nat. de l’Europe méridionale III. p. SO. 5) De la Fontaine. Faune du pays de Luxembourg. Rept., p. 15. 6) Selys-Longchamps. Faune beige, p. 175. 7) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 306. Wie schon weiter oben bemerkt, steht mir der herpetologische Theil von Schlegel’s Fauna van Nederland leider nicht zu Gebote. 8) Herklots. Bouwstoffen voor eene Fauna van Ne- derland III, p. 97. 9) Couch. Cornish Fauna I, p. 30. 10) Günther. Gatal. of Colubrine Snakes, p. 61. 11) Jenyns. Manual of British Vertebrate Animais, p. 297. 12) Ann. and Mag. Nat. Hist. 2 ser. X, p. 151—152. 13) Ibidem 1 ser. V, p. 187. 14) Ibidem 1 ser. III, p. 24. 15) Ibidem 1 ser. XVII, p. 450. 16) Ibidem 1 ser. V, p. 392. 17) Ibidem 2 ser. IX, p. 509 — 510. 18) Flemming. History of British Animais, p. 156. 19) Bell. History of British Reptiles. 2a Edit., p. 55 — 56. Die Schlangen des Russischen Reichs. 151 seltener, angetroffen wird, und nur in Irland, wo überhaupt keine Schlangen Vorkommen, fehlt, welche letzteren Angaben auch vonCooke1), dem neuesten Bearbeiter der britischen Beptilien-FamiaL, bestätigt werden. In Italien, wo Tropidonotus natrix L. nach Bonaparte2) und Bet ta3) sehr gemein ist, auf der Insel Sardinien aber, wie bereits bemerkt, ganz bestimmt fehlt4), findet er sich von Sicilien bis in die Lombardei 5) und Venetien6) und kommt nicht bloss in der Ebene vor, sondern steigt z. B. im Yeronesischen bis auf die höchsten dortigen Berge, wie die von Massalongo7) auf dem Monte Baldo und dem Monte Zevola erbeuteten Stücke be- weisen. In der Schweiz ist er, wie Schinz8) und Fatio9) übereinstimmend angeben, über- all nicht selten, an manchen Orten auch häufig, und bewohnt zwar hauptsächlich die Ebe- nen, findet sich aber auch im Gebirge, wo er nach Fatio in einer Meereshöhe von 1650 Mètres noch angetroffen wird. »Von der Schweiz erstreckt sich der Verbreitungsbezirk dieser Schlange in’s Deutsche Reich, wo sie gleichfalls nicht bloss ziemlich überall einheimisch ist, sondern meist auch in Mehrzahl angetroffen wird. So ist sie im Grossherzogthume Baden nach Fischer10) über- all gemein, findet sich nach Plieninger u) in Wurtemberg gleichfalls überall auf feuchtem Terrain, in Gebüschen, in der Nähe von Gewässern, und ist nach Pfarrer Jaeckel12) in ganz Bayern eine im Allgemeinen nicht eben gewöhnliche, wenn auch nirgends seltene Erscheinung, geht auch auf die Alpen hinauf (Berchtesgaden, Tegernsee, Kreuth), bewohnt aber hauptsächlich die mit Buschwerk bewachsenen Ufer und Abhänge der Gewässer. Wie es um ihre Verbreitung im Grossherzogthume Hessen steht, kann ich zur Zeit nicht an- geben, da mir überhaupt nur bekannt ist, dass sie daselbst in der Gegend von Worms13) äusserst selten vorkommt, im Nassauischen dagegen ist sie nach Prof. Kirschbaum14) in der Lahngegend häufiger, als im Taunus; in Rheinpreussen findet sie sich im Regierungs- bezirke Trier nach Schäfer 15) überall, bei Saarbrücken, bei Saarburg, im Hochwald, in der Umgegend von Trier, bei Berncastel, bei Bertrich und in der Eifel, kommt ferner auch in der Gegend von Duisburg16) vor und ist eben so auch in Westpfalen im ganzen Regie- rungsbezirke Arnsberg17) gemein, wird aber doch in den südlichen waldigen Gegenden häu- 1) Cooke. Our Reptiles, p. 46. 2) Bonaparte. Iconogr. della Fauna italica. Amfibi, = Natrix torguata. 3) Atti clel Istituto Veneto. 3 ser. X, p. 531. 4) Géné. Synopsis Reptilium Sardiniae, p. 3. 5) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 69. 6) Betta. Erpetol. delle Prov. Venete e del Tirolo merid., p. 216. 7) Massalongo. Saggio di una Erpétol. popol. Vero- nese, p. 16. 8) Neue Denkschriften d. allg. Schweiz. Gesellsch. f. d. gesammt, Naturw. I, p. 141. 9) Fatio. Faune des Vertébrés de la Suisse III, p. 152. 10) Beiträge z. rheinischen Naturgeschichte, Jahrg. I, Heft 1, p. 26. 11) Jahreshefte d. Ver. f. vaterl. Naturkunde in Wur- temberg III, p. 199. 12) Correspondenzblatt d. zool. -mineral. Ver. zu Re- gensburg XXV (1871), p. 88. 13) Zoologischer Garten XI (1870), p. 157. 14) Jahrbücher d. Ver. für Naturkunde im Herzogth. Nassau XVII, p. 87. 15) Schaefer. Moselfauna, p. 260. 16) Schriften d. Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin IX, p. 195. 17) Jahrbücher d. Ver. für Naturkunde im Herzogth. Nassau III, p. 163. 152 A. Strauch, figer angetroffen. In Kurhessen hat man sie sowohl im Physicatsbezirke Eschwege1), als auch im Kreise Schmalkalden2) beobachtet und in den Thüringischen Fürstenthümern muss sie wohl überall Vorkommen, da Lenz3) es für überflüssig erachtet hat, sich über ihre Ver- breitung daselbst genauer auszulassen. Im Königreiche Sachsen, wo sie nach Reibisch4) überall ziemlich häufig ist, hat Holle5) sie in der Umgegend von Annaberg sogar sehr häufig gefunden und eben so soll sie nach Tobias6) auch in manchen Gegenden der Ober- lausitz, z. B. bei Niesky und Lohsa, sehr gemein sein, ja an letztgenanntem Orte besonders auf den Teichdämmen «in grausenerregender Menge» Vorkommen, während er sie in der Umgegend von Görlitz nur selten, z. B. im Rengersdorfer Thaïe, beobachtet hat; in den übrigen Theilen der Provinz Schlesien ist sie nach Gloger7) gemein, mit Ausnahme jedoch der Gegend von Reinerz in der Grafschaft Glatz, wo sie nach Uechtritz8) nur einzeln Vorkommen soll. Ueber das Vorkommen der Ringelnatter in der Provinz Posen fehlen zur Zeit noch alle Nachrichten, in West- und Ost-Preussen hingegen ist sie nach Rathke9) sehr häufig und kommt nach Holland10) in der Provinz Pommern stellenweise gleichfalls sehr häufig vor; in der Provinz Brandenburg hat Schulz11) sie in den nächsten Umgebungen von Berlin, bei Tegel, in den hinteren Theilen des Charlottenburger Schlossparkes, in Gru- newalde, in der Jungfernhaide, aber auch in vielen anderen Gegenden der Mark, besonders bei Freienwalde und Neustadt-Eberswalde, bei Landsberg an der Warthe u. 's. w. beob- achtet, und in der Provinz Hannover ist sie sowohl in der Gegend von Göttingen 12)$ als auch bei Hildesheim 13) einheimisch. In Meklenburg-Strelitz hat Sarcander14) sie in der Umgegend von Fürstenberg sehr häufig gefunden und nach Struck und Boll15) kommt sie im nördlichen Theile des Landes, bei Pleetz, unweit Friedland, in Flachsabfällen, wo sie ihre Eier ablegt, zu Hunderten vor, eben so hat Struck16) sie auch bei Dargun in Meklen- burg- Schwerin, namentlich in der Gegend von Ankershagen, in Menge beobachtet, und Bell17) giebt an, dass sie in den Meklenburgischen Landen überhaupt sehr häufig ist. Ueber ihr Vorkommen in Schleswig-Holstein, in Oldenburg und im Gebiete der freien Reichs- städte endlich existiren eben so wenig Nachrichten, wie über ihr Vorkommen in Eisass- Lothringen und in den preussischen Provinzen Sachsen und Posen, dennoch kann es wohl kaum zweifelhaft sein , dass sie in allen diesen Gegenden gleichfalls einheimisch sein wird, da sie doch in allen Nachbarländern Deutschlands gefunden worden ist. 1) Schrift, d. Gesellsch. z. Förderung der gesammten Naturw. zu Marburg VII, p. 118. 2) Ibidem VI, p. 156. 3) Lenz. Schlangenkunde, p. 490. 4) Sitzungsber.d. Gesellsch. Isis inDresdenl866,p,114. 5) 2ter Jahresbericht d. Annaberg-Buchholzer Ver. f. Naturkunde, -p. 98. 6) Abhandl. d. naturf. Gesellsch. zu Görlitz XII, p. 92. 7) Gloger. Schlesiens Wirbelthier-Fauna, p. 66. 8) Uebersicht d. Arbeiten und Veränd. d. schlesisch. Gesellsch. f. vaterl. Kultur im Jahre 1847, p. 81. 9) Neue preussische Provinzialblätter III, p. 16. 10) Holland. Wirbelthiere Pommerns, p. 95. 11) Schulz. Fauna marchica, p. 457. 12) Schriften d. Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin IX, p. 195. 13) Le unis. Die Schlangen von Hildesheim, p. 14. 14) Archiv d. Ver. d, Freunde d. Naturgesch. in Mek» lenburg XIX, p. 22. 15) Ibidem XI, p. 131. 16) Ibidem XVI, p. 175. 17) Ibidem V, p. 200. Die Schlangen des Russischen Reichs. 153 Wie es um die Verbreitung des Tropidonotus natrix L. in Dänemark stellt, wo sein Vorkommen bereits von 0. F. Müller1) constatirt worden ist, kann ich, da mir keine nä- heren Nachrichten bekannt geworden sind, nicht angeben, in Skandinavien dagegen ist er nach Nilsson2) die gemeinste und am weitesten verbreitete Schlangen- Art und findet sich nicht bloss überall im südlichen und mittleren Schweden und Norwegen, sondern dringt auch weit nach Norden vor. In Norwegen hat ein gewisser Herr Es mark, der sich, wie Nilssou angiebt, sehr eingehend mit der Fauna des Landes beschäftigt, die Ringelnatter in allen von ihm besuchten Gegenden gefunden, wie namentlich in Hedemarken, Ringerige, Modum, bei Kongsberg, in Tellemarken, wo sie überall bis in die Birkenregion hinaufsteigt und auch längs der Küste bis Arendal vorkommt; als Nordgrenze giebt Esmark den süd- lichen Theil von Helgeland (zwischen dem 65 und 66° n. Br.) an und glaubt nicht, dass sie noch bis zum Ranefjord gehe und in Salten vorkomme, und in Schweden soll sie nach Prof. Sundevall3) noch in Lappland gefunden worden sein, so dass die Polargrenze ihres Wohngebiets in Skandinavien wohl überhaupt zwischen 65 und 66° n. Br. zu suchen ist. Zugleich bewohnt sie auch einige der skandinavischen Inseln, wie namentlich Gottland4), Gottska Sandön5) und die Hval-Öerne6) (am Eingänge des Christianiafjord), und Dr. Gray7) theilt ausserdem noch die interessante Thatsaclie mit, dass man sie einmal auf hoher See, etwa 25 Meilen von der norwegischen Küste entfernt, gesehen und vermittelst eines Eimers gefangen hat. Alsdann bewohnt Tropidonotus natrix L. die Länder der österreichisch -ungarischen Monarchie und ist daselbst nicht bloss ziemlich überall verbreitet, sondern meist auch ausserordentlich häufig. In Böhmen ist er nach Fric8) die gemeinste Schlangen- Art und hält sich besonders an den steinigen Ufern der Moldau und der Elbe auf, in Mähren und Oesterreichisch-Schlesien findet er sich nach Heinrich9) und Haslinger10 *) überall und eben so gemein und weit verbreitet ist er nach Zawadzky n) auch in Galizien und in der Bukowina ; in Ungarn ist er, wie Friwaldszky 12) und Jeitteles13) übereinstimmend an- geben, überall häufig, eben so findet er sich nach Bielz14) auch durch ganz Siebenbürgen, und im Banat, so wie an der slawonischen Militärgrenze ist er nach Dr. Steindachner 15) bei Titel, Kovil, Kupinova und Morovich gefangen worden. In Nieder-Oesterreich hat Fit- 1) Müller. Zoologiae danicae prodromus, p. 36. 2) Nilsson. Skandinavisk Fauna, 2aUppl. III Amfi- bierna, p. 53 — 54. 3) Öfvers. Kongl.Vetensk. Acad. Förliandl. 1844, p. 32. 4) Ibidem 1856, p. 282. 5) Ibidem 1868, p. 372. 6) Nyt Magazin f. Naturvidenskaberne XV, p. 17. 7) Ann. and Mag. Nat. Hist. 4 ser. II, p. 389. 8) Fric. Wirbelthiere Böhmens, p. 106. 9) Heinrich. Mährens und k. k. Schlesiens Fische, Reptil, u. Vögel, p. 41. Mémoires de i’Acad. Imp. des sciences, Vllmo Serie. 10) Verhandl. d. naturf. Ver. in Brünn V, p. 12. 11) Zawadzky. Fauna der galizisch-bukowin. Wir- belthiere, p. 148. 12) Frivaldszky. Monogr. Serpent. Hungariae,p. 46. 13) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XII (1862) Abh., p. 282. 14) Bielz. Fauna der Wirbelthiere Siebenbürgens, p. 156. 15) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien ХІП (1863) Abh., p. 1122. 20 154 A. Strauch, zinger1) ihn überall häufig angetroffen und in seltenen Fällen auch Exemplare der schwar- zen und gelbstreifigen Varietät, die beide mehr dem Süden angehören, beobachtet, wie es dagegen um die Verbreitung dieser Schlange in Ober- Oesterreich, in Steyermark und im Salzburgischen steht, darüben fehlen zur Zeit noch alle Nachrichten, jedoch wird sie in diesen Theilen der Monarchie ohne Zweifel nicht weniger häufig sein, wie in den übrigen. In der Grafschaft Vorarlberg hat В ruh in2) die Ringelnatter sowohl bei Bregenz und ander- weitig am Bodensee, als auch in der Gegend von Bludenz beobachtet, und in Tirol kommt sie nach Pater Gredler3) sowohl im Norden, bei Telfs, bei Pfaffenhofen, bei Roppen, bei Ried im Zillerthale, als auch im Süden, bei St. Martin im Ahrnthale, bei Bozen, bei Ober- bozen, Lavis, in Ulten und Passeier, so wie bei Mals im Vinschgau vor, soll aber im Sü- den, wo sie bis zu 4000 Fuss Meereshöhe noch angetroffen wird, weder so bedeutende Dimensionen erreichen, wie im Norden, noch auch so zahlreich sein ; mit der letzteren Be- merkung steht denn auch Milde’s4) Angabe, dass die Ringelnatter bei Meran nicht häufig ist, vollkommen im Einklänge, Betta5) dagegen erklärt diese Art für die im Val di Non am häufigsten vorkommende Schlange. In Kärnthen ist die Ringelnatter nach Gallen- stein6) gleichfalls überall gemein und eben so hat auch Freyer7) sie in Krain überall an- getroffen ; ob sie in Istrien und Kroatien eben so häufig und verbreitet ist , lässt sich zur Zeit wegen Mangels an Nachrichten nicht entscheiden, in Dalmatien dagegen muss sie sehr gemein sein, denn in fast allen grösseren europäischen Museen existiren dalmatische Exem- plare derselben. Von Dalmatien und den übrigen südlichen Grenzdistrikten Oesterreich-Ungarns dehnt sich das Wohngebiet des Tropidonoius natrix L. über die europäische Türkei aus, jedoch lässt sich über seine Verbreitung in diesem Lande nur wenig mittheilen, da er meines Wis- sens daselbst überhaupt nur an zwei Punkten, bei Tuldscha8) in der Dobrudsha und in der Umgegend von Constantinopel9), beobachtet worden ist. In Griechenland ferner kommt er gleichfalls vor und soll in Morea10) sehr gemein sein, ist aber auch auf den griechischen Inseln, wie namentlich auf Corfu11) und auf Tenos12), gefangen worden, und eben so scheint er auch in Klein- Asien weit verbreitet zu sein, da man ihn daselbst sowohl auf dem Conti- nente, bei Angora9) und bei Xanthus13), als auch auf der Insel Cypern14) beobachtet hat. 1) Beiträge zur Landeskunde Oesterreichs unter der Enns I, p. 326. 2) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XVIII (1868) Abh., p. 257. 3) XXII Programm d. k. k. Gymnas. zu Bozen, p. 21. 4) 44ster Jahresber. d. schlesisch. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, p. 56. 5) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien 11 (1853) Abh., p. 156. 6) Canaval. Jahrbuch des naturh. Landesmuseums von Kärnthen II, p. 6. 7) Freyer. Fauna der in Krain bekannten Säuge- thiere, Vögel, Reptilien und Fische, p. 42. 8) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XIII (1863) Abh., p. 1122. 9) Abhandl. d. k. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göt- tingen I (1843). Phys. Classe, p. 50. 10) Expedition scientif. en Morée. Zool., p. 73. 11) Reise der Novara. Reptil., p. 66. 12) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XVII (1867) Abh., p. 855. 13) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 62. 14) Unger und Kotschy. Die Insel Cypern, p. 572. Die Schlangen des Russischen Reichs. 155 Endlich bewohnt er auch Persien, scheint daselbst aber ausschliesslich auf die nördlichen Provinzen Adserbeidshan , Ghilan und Mazanderan beschränkt zu sein und ist nach Prof. Eichwald1) namentlich in der letztgenannten Provinz, wo er auch auf den Inseln im Bu- sen von Astrabad2) vorkommt, sehr gemein, findet sich aber auch in den an Transkauka- sien grenzenden Theilen von Ghilan und Adserbeidshan, wo z. B. Dr. Wagner3) ihn an der armenisch-persischen Grenze gefangen hat. Nachdem ich im Vorstehenden das Vorkommen des Tropidonotus natrix L. ausserhalb der Grenzen Russlands, so weit möglich, genau besprochen habe, gehe ich nunmehr an die Schilderung seiner Verbreitung im Russischen Reiche und beginne dieselbe mit dem nörd- lichsten Theile des Reichs, in welchem er bisher beobachtet worden ist, nämlich mit Finn- land. Dass die Ringelnatter in Finnland einheimisch ist, unterliegt gar keinem Zweifel, da bereits S adelin4) ihrer in seiner Fauna fennica gedenkt, ob sie daselbst aber bis zu ähn- lich hohen Breiten vordringt, wie in Skandinavien, oder, was mir wahrscheinlicher dünkt, nur auf die südlichen Theile des Landes beschränkt ist, darüber fehlen zur Zeit noch alle Nachrichten. Im Gouvernement St. Petersburg5) ferner kommt sie gleichfalls vor, muss aber im Ganzen doch wenig verbreitet sein, da unser Museum während seines mehr als vierzigjährigen Bestehens niemals ein Exemplar derselben erhalten hat; nichts desto we- niger findet sie sich, wie die drei in der Sammlung der hiesigen Universität aufgestellten Exemplare beweisen, sogar in der nächsten Umgebung der Residenz, nämlich bei Oranien- bauin, und soll daselbst keineswegs selten sein. Im Gouvernement Olonez dagegen scheint diese Schlange nicht einheimisch zu sein, wenigstens hat Prof. Kessler6) sie bei seiner Bereisung des Onega- See’s nirgends angetroffen und auch keine verbürgten Nachrichten über ihr Vorkommen daselbst erhalten können; zwar soll ein Bauer aus Tiwdia behauptet haben, dass in den Buchten des Sandal-See’s ab und zu grosse Wasserschlangen beobachtet würden, jedoch ist diese Behauptung von keinem der anderen Bauern, welche Prof. Kess- ler darauf hin examinirt hat, bestätigt worden, und es liegt daher die Vermuthung nahe, dass die Schlangen, welche jener Bauer aus Tiwdia gesehen zu haben behauptet, Kreuz- ottern gewesen sein werden , welche Art ja hin und wieder, möglicherweise auch bloss zu- fällig, in’s Wasser zu gehen scheint7). Wie es um das Vorkommen der Ringelnatter im Gouvernement Wologda steht, lässt sich gegenwärtig nicht feststellen, Georgi8) behauptet zwar, dass sie daselbst bis zum 63.° n. Br. vorkomme, jedoch steht diese Angabe durch- 1) Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 132 = Tro- pidonotus persa. 2) Eicliwald. Ibidem, p. 136 = Tropidonotus scu- tatus. 3) Wagner. Eeise nach Kolchis, p. 337. 4) Sadelin. Fauna fennica II, p. 36. 5) Cederhj elm. Faunae ingricae prodromus,p.XVII. 6) Kessler. Матеріалы для познанія Онежскаго озера и Обонежскаго Края, р. 30. 7) Das Exemplar № 3375 der Viper а bems L., wel- ches Mag. Alenizin unserem Museum geschenkt hat, ist von ihm am 7ten September 1871 auf dem See Tsche- barkulj, etwa zwei Werste vom westlichen Ufer dessel- ben, gefangen worden; es lag zusammengerollt auf dem Wasser und hielt den Kopf in die Höhe gerichtet. 8) Georgi. Geogr. -physik. u. naturh. Beschr. d. Russ. Reichs. Nachträge, p. 328. 156 A. Strauch, aus isolirt da und ist auch in neuerer Zeit nicht bestätigt worden , zum Mindesten führt Mejakow1) in seinem im Jahre 1857 veröffentlichten Aufsatze über die Reptilien Wo- logda’s die in Rede stehende Art nicht auf. Im Gouvernement Perm dagegen findet sich die Ringelnatter nach Zerrenner2 3) «hin und wieder in den Kellern, Stallgemäuern, unter Badstubenahzüchten, wie auch in der Nähe grosser Mistanhäufungen» und dringt auch ziemlich weit nach Norden vor, denn Herr Sabanejew5), der sie im ganzen mittleren Ural, allerdings mehr stellenweise, aber sehr häufig, und dabei nicht bloss im Ural selbst, sondern auch in den Steppen, beobachtet hat, giebt. an, dass sie bis zum 59.° oder 60.° n. Br. noch angetroffen wird und z. B. in dem Dorfe Jolkina in der Nähe des Nishni-Turin- skij Sawod sehr gemein ist. Es scheint somit, dass im europäischen Russland, mit Aus- schluss von Finnland, der 60.° n. Br. etwa als äusserste Polargrenze für die Verbreitung der Ringelnatter angesehen werden muss, wenigstens existiren keine Nachrichten über ihr Vorkommen in nördlich von dem bezeichneten Grade gelegenen Gegenden, ja stellenweise, wie z. B. in den Gouvernements Nowgorod, Wologda und Wjatka, ist es selbst noch frag- lich, ob sie den 60.° n. Br. überhaupt erreicht. Südwärts von den genannten Gouvernements dagegen scheint die in Rede stehende Schlangen-Art im europäischen Russland wohl ziemlich überall einheimisch zu sein, und wenn über ihr Vorkommen in manchen Gouvernements, namentlich Gross-Russlands, zur Zeit auch noch keine direkten Nachrichten vorliegen, so ist sie in diesem Theile des Reichs bereits an so verschiedenen Orten angetroffen worden, dass man, ohne einen Fehler zu be- gehen, wohl auf ihre Verbreitung über das ganze mittlere und südliche Russland schliessen kann. In den baltischen Gouvernements zunächst, wo sie nach Gimmerthal4) und Schwe- de!'5) sowohl in Livland, als auch auf der Insel Oesel beobachtet worden ist, wird sie wohl überall verkommen, scheint aber im Ganzen nirgends häufig zu sein, und soll nach einer mündlichen Mittheilung von Akad. Schmidt, wenigstens in Esthland und auf der Insel Oesel, hauptsächlich in den Strandgegenden angetroffen werden. In Lithauen, Volhynien und Podolien hat Prof. Eichwald6) sie fast überall beobachtet und Belke7) giebt an, dass sie in der Umgegend von Kamieniec-Podolsky besonders häufig ist, im Königreiche Polen findet sie sich, wie mir Hr. Taczanowsky brieflich mitgetheilt hat, überall in Wäldern und ist in einzelnen sumpfigen Gegenden und Gehölzen ausserordentlich gemein, und in Klein-Russland ist sie, wie Prof. Kessler8) und Prof. Czernay9) übereinstimmend an- geben, gleichfalls überall verbreitet und soll namentlich im Poltawa’schen 10) sehr gemein 1) Bulletin de Moscou XXX (1857) II, p. 581 — 590. 2) Zerrenner. Erdkunde 'des Gouvernements Perm, p. 320. 3) Bulletin de Moscou XLIV (1871) II, p. 273. 4) Correspondenzblatt d. naturf. Ver. zu Riga I, p. 116. 5) Ibidem XX, p. 137. 6) Eicbwald. Naturh. Skizze von Litbauen, Volby- nien und Podolien, p. 234. 7) Bulletin de Moscou XXXII (1859) I, p. 33. 8) Kessler. Естеств. Истор. Кіевск. Учебя. Округа. Ampbibia, p. 36. 9) Czernay. Фауна Харьковск. Губерн. и прилежа- щихъ къ ней мѣстъ I, р. 11. 10) Bulletin de Moscou XXIV (1851) I, p. 279. Die Schlangen des Russischen Reichs. 157 sein. In Gross-Russland hat zunächst Hr. Sabanejew1) sie im Gouvernement Jaroslaw be- obachtet und giebt an, dass sie in der südwestlichen Hälfte des Gouvernements ungleich seltener ist, als in der nordöstlichen, wo sie z. B. bei dem Dorfe Kosmodemjansk an der Scheksna sehr häufig vorkommt; alsdann bewohnt sie das Gouvernement Moskau, woher mir eine ganze Reihe von Exemplaren aus dem Moskauer Museum vorliegt und wo sie nach Dwigubsky2) auch in der nächsten Umgegend der Hauptstadt, nämlich auf den Sperlings- bergen, sehr gemein sein soll; im Gouvernement Rjasan ist sie gleichfalls einheimisch, und zwar besitzt das Moskauer Museum ein im Kreise Skopin im Jermolow’schen Sumpfe ge- fangenes Exemplar, und im Gouvernement Woronesh hat Dr. Sewerzow sie in den durch die Ueberschwemmungen des Bitjug gebildeten Sümpfen und Wasserlachen3), so wie in den Steppen4) zwischen dem Bitjug, dem Don und dem Ikorez, jedoch nicht gerade häufig, be- obachtet. In Süd-Russland ferner wird sie nach Andrzejowsky 5) im Cherson’schen Gou- vernement überall häufig angetroffen, ist im Jekaterinoslaw’schen Gouvernement von Ве- ре chin6) am Fusse der an der Ssura gelegenen Hügel und von Güldenstaedt7) auf dem Wege vom Belosaraiskoje Osero zur Winogradnaja Kossä beobachtet worden, findet sich nachGeorgi8) in den Don-Gegenden, wo auch Güldenstaedt9) sie am Flüsschen Temernik, in der Nähe von Rostow, gesehen hat, und ist auch in der Krym10) nicht selten, und zwar hat Prof. Kessler nicht bloss in der Sammlung des Gymnasiums zu Sympheropol n) Exem- plare aus der dortigen Gegend gesehen, sondern theilt auch mit 12), dass diese Schlange sich z. B. in der Mündung der Tschornaja in Gesellschaft des Tropidonotus hydrus Pall, in Menge aufhält und auch weit in die Meeresbucht hinauszuschwimmen pflegt. Im östlichen Theile des europäischen Russlands bewohnt die Ringelnatter, wie schon bemerkt, den ganzen mittleren Ural und ist von Eversmann13) auch in den südwestlichen Vorgebirgen desselben beobachtet worden. Alsdann ist sie an die Ufern der Kama8) einheimisch, findet sich im Gouvernement Pensa, woher das Moskauer Museum ein bei dem Dorfe Rajewka gefangenes Exemplar besitzt, ist nach Pallas14) bei Samara sehr häufig, kommt, wie Hr. Becker15) mittheilt, im Saratow’schen Gouvernement in der Umgegend von Sarepta vor und findet sich im Astrachan’ sehen Gouvernement sowohl auf dem Berge Gross-Bogdo 16), als auch besonders 1) Bulletin de Moscou XLI (1868) I, p. 258. 2) Dwigubsky. Primitiae faunae Mosquensis, p. 48. 3) Sewerzow. Періодпч. явленія въ жизни звѣрей, птицъ и гадъ Воронежской губерніи, р. 63. 4) Sewerzow. Ibidem, p. 99. 5) Nouv. Mémoires de Moscou II, p. 331. 6) Lepechin. Дневныя записки I, p. 96 und Tage- buch der Reise durch versch. Prov. des Russ. Reichs. Uebers. von Hase I, p. 58. 7) Güldenstaedt. Reisen durch Russland und im caucas. Gebürge П, p. 96. 8) Georgi. Gcogr.-physik. u. naturh. Beschr. d. Russ. Reichs III, vol. VI, p. 1881. 9) Güldenstaedt. Reisen durch Russland und im caucas. Gebürge II, p. 58. 10) Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 350. 11) Kessler. Путешествіе съ зоол. цѣлью къ сѣ- верн. берегу Чернаго Моря и въ Крымъ, р. 122. 12) Kessler. Ibidem, p. 176. 13) Bull. phys. -math, de l’Acad. de St.-Pétersbourg II, p. 124. 14) Pallas. Reise durch versch. Prov. d. Russ. Reichs II, p. 157. 15) Bulletin de Moscou XXVIII (1855) I, p. 473. 16) Auerbach. Гора Богдо, p. 72. ! 158 A. Strauch, in den Wolga-Gegenden, wo sie bei Astrachan1) und in den Wolga-Mündungen, so wie auch auf den Hügeln2) an den Ufern des Stromes und auf den 'sandigen Wolga-Inseln vor- kommt, unter welchen letztem besonders die Insel Pjat-Bugry3) hervorgehoben zu werden verdient, da auf derselben die schwarze Abart, der Tropidonotus ater Eichw., häufig sein soll. Nicht weniger häufig, wie in den Wolga-Gegenden, scheint diese Art auch am Ural- Flusse zu sein, wo schon Pallas sie im Flusse selbst4), so wie auch bei der Festung Kal- mykowa5) und überhaupt in den Sümpfen an den Ufern des Flusses beobachtet hat. Alsdann bewohnt Tropidonotus natrix L. die Kaukasischen Länder und ist in den- selben gleichfalls weit verbreitet und meist auch sehr häufig : in Ciskaukasien hat Gül- den staedt6) ihn in der Gegend von Mosdok beobachtet, nach Ménétriès7) ist er in den vom Terek überschwemmten Steppen sehr häufig, Prof. Eichwald8) fand ihn in der Ge- gend von Tarki im Dagestanischen und Baron Yietinghoff 9) erbeutete ein Exemplar auf dem Berge Maschuka bei Pjatigorsk, und in Transkaukasien hat Nordmann10) ihn in Ab- chasien angetroffen, nach Prof. Eichwald11) ist er in der Umgegend von Tiflis sehr häufig, Jan12) erwähnt eines Stückes aus der Gegend von Elisabethpol, woher auch unser Museum durch Hrn. Fricke eine ganze Reihe von Exemplaren erhalten hat, Hohenacker13) fing ihn bei Lenkoran und Ménétriès14), der ihn gleichfalls bei Lenkoran beobachtet hat, tlieilt mit, dass er in der Moganischen Steppe sehr häufig ist und auch auf der Insel Narghin 15) bei Baku in grosser Zahl angetroften wird; ausserdem besitzt unser Museum auch ein Exemplar aus der Gegend von Lagodechi, welches von den Herren Kaschkin und Mlo- kosiewicz eingesandt worden ist, so wie ein anderes, welches Dr. Buhse bei Nacbitsche- wan gefangen hat. Ferner ist die Ringelnatter in der Kirgisensteppe einheimisch, und zwar hat schon Pallas16) sie bei der Karaulnaja Gora in der Nähe der Festung Ilezskaja in Menge beob- achtet; später ist sie von Dr. Lehmann17) bei dem Karawan-See am Ilek gefangen worden, Dr. Sewerzow hat ein Exemplar am Aksu, einem Nebenflüsse des Ilek, erbeutet und Eversmann18) brachte die Art aus den Niederungen bei den Mugodsharischen Bergen mit. 1) Eichwaltl. Faima caspio-caucasia, p. 134. 2) Eicliwald. Reise auf dem Kasp. Meere und in den Kaukasus I Abtk. 1, p. 39. 3) Eichwald. Ibidem I Abth. 1, p. 31. 4) Pallas. Reise durch versch. Prov. d. Russ. Reichs I, p. 428 u. 459. 5) Pallas. Ibidem I, p. 379. 6) Gülde ustaedt. Reisen durch Russland und im caucas. Gebtirge I, p. 149. 7) Ménétriès. Catal. raisonné, p. 69 = Coluber scut- tatus. 8) Eich wald. Reise auf dem Kasp. Meere und in den Kaukasus I Abth. 1, p. 97. 9) Mémoires de Moscou III, p. 96. 10) D e m i d о f f. V oyage dans la R ussie mérid. III, p. 350. 11) Eichwald. Reise auf dem Kasp. Meere und in den Kaukasus I Abth. 2, p. 749. 12) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 69. 13) Bulletin de Moscou X (1837) № VII, p. 145. 14) Ménétriès. Catal. raisonné, p. 67 = Coluber na- trix und Coluber persa. 15) Ménétriès. Ibidem, p. 69 = Coluber ponticus. 16) Pallas. Reise durch versch. Prov. d. Russ. Reichs I, p. 238. 17) Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 32. 18) Eversmann. Reise von Orenburg nach Buchara, p. 145. Die Schlangen des Russischen Reichs. 159 In den Emba-Gegenden hat Dr. Mobitz1) sie in den Steppen zwischen der Emba und dem Temir gefangen, und eben so kommt sie auch auf der Halbinsel Mangyschlak vor, woher unser Museum durch Akad. von Baer ein Exemplar erhalten hat; weiter nach Süden scheint sie am Ostufer des Kaspischen Meeres nicht angetroffen zu werden, wenigstens habe ich unter den zahlreichen Reptilien , welche unser Museum aus der Gegend von Ken- derlinsk und von Krasnowodsk erhalten hat, kein Exemplar der Ringelnatter gefunden, und eben so enthält auch die reiche Ausbeute, welche Hr. Fedtschenko an turkestan’ sehen Reptilien zusammengebracht hat, kein Exemplar dieser Art, wesshalb ich annehmen zu kön- nen glaube, dass sie auch im Gebiete Turkestan fehlt. Dagegen findet sie sich im soge- nannten Siebenstrom-Lande und im Ssemipalatinsker Distrikte, wo Dr. A. von Schrenck sie am Ili~Flusse, am Harkan und bei den Karkaraly- Bergen gefangen hat, und endlich liegt mir unter den der Moskauer Universitätssammlung gehörenden Schlangen auch eine Ringelnatter vor, welche von Hrn. Puzillo in der Umgegend von Irkutsk erbeutet worden ist, so dass sich also Georgi’s Angabe2), die Ringelnatter bewohne in Sibirien die Gegen- den zwischen dem Ural-Gebirge und dem Baikal-See, als vollkommen richtig herausge- stellt hat. Aus der im Vorstehenden gegebenen Zusammenstellung aller bisher bekannten Daten über das Vorkommen des Tropidonotus natrix L. ergiebt sich nun, dass der Verbreitungs- bezirk dieser Schlange sich von der atlantischen Küste der pyrenäischen Halbinsel bis zum Baikal-See erstreckt, im Norden von einer Linie begrenzt wird, welche in Schottland (wohl an der Nordküste) beginnt, in Skandinavien den 65° n. Br. überschreitet und alsdann in südöstlicher Richtung über Bogoslowsk im Gouvernement Perm (etwa unter dem 60° n.Br.) nach Irkutsk (etwa unter dem 52° n. Br.) zieht, und dessen Aequatorialgrenze sich, soweit gegenwärtig bekannt, durch folgende Punkte bezeichnen lässt: Süd-Spanien (c. 36° n. Br.), Alger und Sicilien (37° n. Br.), Süd-Morea (c. 36° n. Br.), Cypern (c. 35° n. Br.), Nord- Persien (c. 36° n. Br.), Mangyschlak und der Ssemiretschenskische Distrikt oder das so- genannte Siebenstrom-Land (c. 45° n. Br.). 21. Tropidonotus hydrus Pallas. Tr. supra griseo- vel cinereo-olivaceus, capite concolore, exceptis scutellis supralabia- libus flavescentibus, plus minusve distincte nigro-marginatis ; trunco caudaque maculis ni- gris, subquadrangularibus vel rarius subrotundatis , in quinque séries longitudinales dispo- sais et distinctissime alternantibus, ornatis; subtus flavo nigroque tesselatus. Capite elon- gato, depresso, acuminato, postice leviter dilatato et a trunco parum distincto, rostro an- gusto, prominulo, apice rotundato, trunco elongato, subtereti, medio parum incrassato, cauda longiuscula, subtereti, acuminata; naribus utrinque inter scutella bina positis, subverticali- 1) Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, 2) Georgi. Geogr.- physik. und naturh. Beschr. des p. 334. Russ. Reichs III, vol. VI, p. 1881. 160 A. Strauch, bus; scutellis supralabialibus utrinque 8, quarto tantum oculi bulbum attingente; scutellis praeocularibus tribus vel duobus, postocularibus quatuor, rarius quinque vel tribus; squa- mis lanceolatis, valcle carinatis et in trunci parte anteriore in 19 sériés longitudinales dis- posais; sentis abdominalibus 166 — 197, anali diviso, subcaudalibus utrinque 54 — 86. Varietas 1: (= Tropidonotus elciphoides Brandt) supra ex olivaceo griseo-fusca vel etiam plumbea, immaculata, subtus ad medium usque flavescens, hinc inde nigro-maculata, dein atra, flavescente utrinque limbata. Varietas 2: supra atra, exceptis scutellis supralabialibus flavescentibus, nigro-margi- natis, subtus antice flavescens, atro-maculata, postice atra, vix flavo-maculata. Synony mie. 1771. Coluber hydrus Pallas. Reise durch versch. Prov. d. Russ. Reichs I, p. 459. 1800. Coluber hydrus Georgi. Geogr.-physik. und naturh. Beschr. des Russ. Reichs III, vol. YI, p. 1882. Y 11. 1809. Coluber sp.? Dwigubsky. Mémoires de Moscou II, p. 48. 1811. Coluber hydrus Pallas. Zoographia Rosso-Asiatica III, p. 36. № 30. 1811. Coluber ponticus Pallas. Ibidem III, p. 38. № 31. 1811. Coluber scutatus var. ß. Pallas. Ibidem III, p. 39. № 32. 1830. Tropidonotus hydrus Eichwald. Naturh. Skizze v. Lithauen, Volhynien und Po- dolien, p. 234. 1831. Coluber sp.? Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 370. JV° 7. 1831. Coluber sp.? Hohenacker. Ibidem III (1831), p. 371. № 8. 1831. Coluber sp.? Hohenacker Ibidem III (1831), p. 372. № 9 et 11. 1831. Tropidonotus hydrus Eichwald. Zoologia specialis III, p. 172. 1831. Tropidonotus Tantalus Eichwald. Ibidem III, p. 173. 1831. Tropidonotus gracilis Eichwald. Ibidem III, p. 173. 1832. Coluber hydrus Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Имперіи. АшрЫЬ., р. 21. № 42. 1832. Coluber pontius Dwigubsky. Ibidem, p. 21. № 44. , 1832. Coluber Muravievii Dwigubsky. Ibidem, p. 24. Ш 57. 1832. Coluber griseus Dwigubsky. Ibidem, p. 26. № 63. 1832. Coluber scuttatus part. Ménétriès. Catalogue .raisonné p. 69 .Y 232. 1832. Coluber hydrus Ménétriès. Ibidem, p. 69. № 234. 1832. Coluber reticidatus Ménétriès. Ibidem, p. 71. № 237. 1837. Coluber hydrus Krynicky. Bulletin de Moscou X (1837). JV? III, p. 55. 1837. Coluber hydrus Rathke. Mém. d. Savans étrang. Acad. St.-Pétersbourg III, p. 306. tab. If. 1 — 7. 1838. Coluber ( Tropidonotus ) elaphoides Brandt. Bull, scientif. de l’Acad. de St.-Pé- tersbourg III, p. 242. ч Die Schlangen des Russischen Reichs, 161 1840. Tropidonotus hydrus Nordmann in: Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 349. pl. X. 1841. Tropidonotus scutatus var. etaphoides Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 137. tab. XXIII. 1841. Tropidonotus hydrus Eichwald. Ibidem, p, 138. tab. XXIV. 1850. Tropidonotus tessdatus Berthold in: Wagner. Reise nach Kolchis, p. 335. 1851. Tropidonotus gracilis Eichwald. Nouv. Mémoires de Moscou IX, p. 441. Anmerk. 1852. Tropidonotus tesselatus Brandt in: Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 334. 1852. Tropidonotus hydrus Brandt. Ibidem, p. 334. 1854. Tropidonotus hydrus D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 564. Diese Art unterscheidet sich von der Ringelnatter nicht bloss durch die Zahl der Supralabial- und Praeocularschilder, sondern auch durch die Form des Kopfes, der viel schmäler und langgestreckter ist und dessen Seiten viel weniger steil abfallen, so dass die Augen sowohl, als auch die Nasenlöcher eine schräge Lage einnehmen und nicht, wie bei jener, einfach nach aussen, sondern zugleich auch etwas nach oben gerichtet, d. h. sub- vertical gestellt sind. Was die beiden obengenannten Hauptmerkmale dieser Art anbetrifft, so ist die Zahl der Supralabialia, die bekanntlich jederseits 8 beträgt, ausserordentlich con- stant, denn unter den 193 von mir untersuchten Exemplaren habe ich überhaupt nur 3 gefunden, bei welchen die Zahl dieser Schilder verringert, d. h. auf 7 gesunken war, und zwar fand sich die anomale Schilderzahl bei allen dreien nur auf der einen Seite, während die andere vollkommen normal beschildert war; häufiger, jedoch ebenfalls selten, habe ich eine Vermehrung der Supralabialia auf 9 gefunden, aber auch diese Anomalie, die mir im Ganzen fünfmal vorgekommen ist, war meist nur auf eine Seite, bald die rechte, bald die linke, beschränkt und nur bei einem von Hrn. Fedtschenko im Chanäte Kokand erbeu- teten Stücke fanden sich jederseits 9 Supralabialia vor. Zugleich muss ich bemerken, dass von den jederseitigen Oberlippenschildern gewöhnlich nur ein einziges, und zwar das 4tß, an den Augapfel grenzt, dass aber bei allen denjenigen Exemplaren, ivelche jederseits nur 3 Postocularia besitzen, auch ein Theil des 5ten Supralabiale mit dem Bulbus in Berührung steht. Die Zahl der Praeocularschilder, das zweite Hauptmerkmal dieser Art, variirt, wie schon in der Diagnose angegeben ist, zwischen 2 und 3] scheint aber in den meisten Fällen 3 zu betragen, denn unter den 193 von mir untersuchten Exemplaren zeigten 109 jeder- seits 3, 61 jederseits 2 Praeocularia und bei den übrigen war die Zahl dieser Schilder auf beiden Seiten eine verschiedene, und zwar besassen 20 Exemplare deren auf der einen Seite 3, auf der anderen aber nur 2, und bei 3 Exemplaren fand ich auf der einen Seite 3, auf der anderen gar 4 Praeocularia. Von fliesen Exemplaren mit unsymmetrischer Anord- nung der Praeocularschilder sind nun diejenigen, welche auf der einen Seite 2, auf der an- deren aber 3 solcher Schilder besitzen, besonders interessant, weil sie den direkten Beweis Mémoires de l’Acad. Imp. des scioncos, Vllme Se'vie. 21 162 A. Strauch, für die Unhaltbarkeit des von Jan1) neuerdings für eine selbstständige Art erklärten Tro- pidonotus tesselatus Laur. liefern. Jan spaltet nämlich die in Rede stehende Art in zwei Species, indem er die Exemplare mit 2 Prae- und 3 Postocularschildern für Tropidonotus tesselatus Laur. erklärt, diejenigen mit ЗРгае- und 4 Postocularen dagegen mit dem Namen Tropidonotus hydrus Pall, bezeichnet, ein Verfahren, welches, wie bereits Prof. Peters2) hervorgehoben hat, durchaus willkührlich ist und selbstverständlich nicht acceptirt werden kann, da die Zahl der Ocularschilder bei dieser Art überhaupt variabel ist und Exemplare Vorkommen, welche, wie jene oben erwähnten 20 Stücke, der Zahl ihrer Praeocularschilder nach mit gleichem Rechte sowohl zu der einen, als auch zu der anderen der beiden von Jan unterschiedenen Arten gerechnet werden können. Die Postocularschilder ferner variiren bei Tropidonotus hydrus Pall., wie schon bemerkt, in der Zahl gleichfalls, scheinen aber für gewöhnlich jederseits in der Zahl 4 vorhanden zu sein, wenigstens habe ich unter den 193 von mir untersuchten Exemplaren nicht weniger als 130 gefunden, welche jederseits 4 Postocularia besitzen: bei 15 Exemplaren betrug die Zahl dieser Schilder jederseits 3 und nur bei 4 Stücken waren jederseits 5 solcher Schilder vorhanden; bei den übrigen, an der Gesammtzahl noch fehlenden 44 Exemplaren war die Zahl der Postocularia auf beiden Seiten nicht gleich, und zwar zeigten 23 Stücke auf der einen Seite 4, auf der anderen 3, bei 19 Stücken fand ich auf der einen Seite 4, auf der anderen dagegen 5 solcher Schilder, bei einem Exemplar (V 1874 unserer Sammlung) betrug die Zahl der Postocularia auf der einen Seite 4, auf der anderen aber nur 2, und das schon vorhin erwähnte, von Hrn. Fed- tschenko im Chanate Kokand gefangene Stück endlich besitzt auf der einen Seite 5, auf der anderen sogar 6 solcher Schilder. Schliesslich muss ich noch bemerken, dass mir auch ein Exemplar vorgekommen ist, bei welchem die Schuppen im vorderen Theile des Rumpfes nicht, wie bei allen übrigen, in 19, sondern in 21 Längsreihen angeordnet sind; dieses Stück, welches zur schwarzen Varietät gehört, befindet sich in der Universitätssammlung zu Helsingfors, ist daselbst unter .V 26 eingetragen und soll aus dem südlichen Russland stammen. Färbung und Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite aller Theile ist heller oder dunk- ler olivgrau, oft mit einem Stich in’s Gelblichgraue. Der Kopf erscheint einfarbig, höch- stens findet sich ein schwärzlicher, wenig deutlicher Strich auf der Interoccipitalsutur, die Supralabialia dagegen sind immer gelblich gefärbt und fast ausnahmslos bald breiter, bald schmäler, schwarz gerandet. Der Rumpf ist mit 5 Längsreihen schwarzer Makeln geziert, welche meist viereckig, selten rundlich sind und dabei so regelmässig mit einander alter- niren, dass die Zeichnung auf der Oberseite eine schachbrettartige Anordnung erhält. Diese Makeln variiren übrigens, je nach den Exemplaren, nicht bloss in der Form, sondern auch in der Grösse und können selbst bis auf geringe, auf die Ränder einzelner Schuppen be- 1) Archivio per la Zoologia III, p. 219. 2) Berliner Monatsberichte 1863, p. 370 in der Anmerkung. Die Schlangen des Russischen Reichs. 163 schränkte, schwarze Striche gänzlich verschwinden; eben so sind dieselben auch in der Farbe in so weit variabel , als sie entweder in ihrer ganzen Ausdehnung gleichmässig schwarz gefärbt, oder aber von hellen olivgrauen, den Schuppenkielen entsprechenden, kurzen Linien durchsetzt erscheinen. Bei manchen Stücken finden sich gleich hinter dem Kopfe zwei schräge, unter spitzem, nach vorn gerichteten Winkel zusammenstossende, schmale, schwarze Binden, die bald mehr, bald weniger deutlich sind, deren Deutlichkeit und Aus- bildung aber keineswegs immer mit der grösseren oder geringeren Ausbildung der Dorsal- makeln im Zusammenhänge steht, denn es kommen Exemplare mit sehr kleinen strichför- migen Makeln vor, deren Nuchalbinden sehr deutlich sind, während bei anderen, auffallend grossfleckigen Exemplaren von diesen Nackenbinden kaum eine Spur zu bemerken ist. Ein- zelne Individuen, namentlich westeuropäische, zeigen ferner an den Flanken noch kleine gelbliche Punkte, welche die Ränder einzelner Schuppen einnehmen und zugleich Neigung haben, sich in Querreihen anzuordnen, so dass also bei solchen Exemplaren an den Flan- ken, zwischen den Makeln der jederseitigen äussersten Längsreihe, noch kürzere oder län- gere, mehr oder weniger deutlich ausgebildete Querreihen von kleinen gelblichen Punkten Vorkommen. Die Unterseite ist auf gelblichem Grunde schwarz gefleckt, und da die schwar- zen Makeln meist viereckig sind, so zeigt auch hier die Zeichnung mitunter eine schach- brettartige Anordnung, die aber fast immer sehr unregelmässig ist. Die Unterseite des Kopfes jedoch ist durchaus einfarbig und eben so finden sich auch auf den vordersten Bauchschildern entweder gar keine, oder doch nur sehr wenige schwarze Makeln, weiter- hin werden die Makeln zahlreicher und nehmen gegen das letzte Rumpdrittel so an Zahl und Ausdehnung zu, dass die Unterseite dieses Theiles, so wie des Schwanzes schwarz er- scheint und meist nur sehr vereinzelte, auf die Aussenenden der Schilder beschränkte, gelbliche Makeln zeigt, die auf dem Schwänze gänzlich zu fehlen pflegen. Die Varietät, welche Akad. Brandt unter dem Namen Coluber ( Tropidonotus ) elaphoi- des beschrieben hat, ist auf der Oberseite entweder bräunlichgelbgrau, oder auch einfach bleigrau gefärbt; dabei sind die bräunlichgelbgrauen Exemplare durchaus einfarbig, bei den bleigrauen hingegen (JVs 2894 und 2901 unserer Sammlung) finden sich, besonders an den Seiten, kleine gelbliche Punkte, welche auf dem Rande einzelner Schuppen stehen und von denen namentlich auf jeder Schuppe der jederseitigen drittletzten Längsreihe einer vorhanden ist, wodurch jederseits an den Flanken eine sehr feine helle Längslinie entsteht, welche jedoch nur in der vorderen Rumpfhälfte ganz deutlich ist. Bei allen Stücken dieser Varietät sind übrigens die Supralabialschilder eben so hell gefärbt, wie die Unterseite, und erscheinen zuweilen, aber nicht immer, auch mehr oder weniger deutlich schwarz gesäumt. Die Unterseite, deren Grundfarbe, wie schon bemerkt, hellgelb ist, erscheint am Kopfe und im vordersten Viertel der Rumpflänge ungefleckt, mit dem Anfänge des zweiten Vier- tels zeigt sich auf jedem einzelnen Bauchschilde jederseits eine kleine, unregelmässig ge- formte Makel, wodurch der Bauch hier jederseits mit einer Längsreihe schwarzer Makeln geziert erscheint, welche sich immer mehr und mehr ausbreiten, indem sie sich anfangs 164 A. Strauch, auch auf den Hinterrand des Schildes hinüberziehen und später den ganzen mittleren Theil desselben einnehmen, so dass in der zweiten Hälfte des Rumpfes die Unterseite in der Mitte eine breite, anfangs ziemlich dicht, später aber sehr sparsam, gelb gefleckte und punktirte Längsbinde zeigt, die sich bis an das Schwanzende fortsetzt und bereits gegen das Ende des Rumpfes vollkommen schwarz gefärbt ist. Die Seiten des Bauches sind immer gelb gefärbt, am Schwänze dagegen sind auch die Aussenenden der Schilder schwarz, so dass die ganze Unterseite desselben einfarbig schwarz erscheint. Die zweite Varietät, von welcher unsere Sammlung übrigens nur zwei Exemplare (JV?. 1852 und 1854) besitzt, ist tief schwarz gefärbt, und nur die Supralalialia , bis auf die schmalen, schwarzen Ränder, so wie die Unterseite des Kopfes und die vordersten Bauch- schilder erscheinen gelblich oder bräunlichgelb. Der übrige Theil der Unterseite ist eben so, wie der Schwanz, durchaus schwarz und nur auf den Bauchschildern finden sich hin und wieder gelbliche Makeln, die besonders in der hinteren Rumpfhälfte in ausserordent- lich geringer Zahl vorhanden sind. Zwischen dieser Varietät und der als Coluber elaphoides Brandt beschriebenen Form lässt sich übrigens kaum eine sichere Grenze ziehen, denn es kommen Exemplare vor, welche, wie namentlich JVs 1860 und 3705 unserer Sammlung, auf der Oberseite tief schwarz gefärbt sind, in der Zeichnung und Färbung der Unterseite aber durchaus mit Coluber elaphoides Brandt übereinstimmen. Eben so finden sich aber auch Exemplare, welche gewissermaassen den Uebergang zur typischen Form vermitteln, wie z. B. № 1870 unserer Sammlung, welches trotz der tief braunschwarzen Farbe der Oberseite, dennoch Spuren der bei der typischen Form vorkommenden schwarzen Makeln besitzt, welche besonders an den Flanken deutlich vortreten. Endlich muss ich noch eines Exemplars unserer Sammlung (J№ 2895) kurz gedenken, welches zwar eben so, wie die typische Form, die 5 Längsreihen schwärzlicher, hier aber freilich etwas verschwommener, Makeln besitzt, sich aber zugleich dadurch auszeichnet, dass bei ihm die Kiele sämmtlicher Schuppen braun gefärbt sind, und dass sowohl seine Supralabial- und Temporalschilder, als auch die bekanntlich ungekielten Schuppen der bei- den jederseitigen äussersten Längsreihen mit je einer kleinen braunen Makel geziert er- scheinen. Das Thier erinnert durch diese braunen Längsstriche auf den Schuppen einiger- maassen an die typische Form von Elaphis sauromates Pall., stimmt aber sonst in allen morphologischen Merkmalen durchaus mit Tropidonotus hydrus Pall, überein und ist auch an der Unterseite genau so gefärbt Und gezeichnet, wie die typische Form der letztge- nannten Art. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar des Tropidonotus hydrus Pall., JV. 1857 unserer Sammlung, besitzt eine Totallänge von 107 Ctm., von denen 19 auf den Schwanz abgerechnet werden müssen. Habitat. Tropidonotus hydrus Pall., in West -Europa unter dem Namen der Würfel- natter ( Tropidonotus tesselatus Laur.) bekannt, ist gleichfalls eine weit verbreitete Schlan- gen-Art und begleitet die Ringelnatter in einem grossen Theile ihres Verbreitungsbezirks, Die Schlangen des Russischen Reichs. 165 ist aber mehr auf die südlichen Länder beschränkt und dringt nordwärts nicht über Mittel- Europa hinaus, wo er auch nur stellenweise vorkommt und im Ganzen nicht häufig ist. Mit den beiden genannten Nattern, dem Tropidonotus hydrus Pall, und dem Tropidonotus na- trix L., kommt nun in den westlich vom Adriatischen Meere gelegenen Ländern Süd-Eu- ropa’s, so wie in Nord-Afrika, noch eine dritte Natter-Art, der Tropidonotus viperinus Latr., vor, welche sich zwar von ihren beiden hier in Betracht kommenden Gattungsgenossen durch die in 21 Längsreihen angeordneten Rumpfschuppen sehr leicht und sicher unter- scheidet, in der Färbung und zum Theil auch Zeichnung aber dem Tropidonotus hydrus Pall, doch so ähnlich sieht, dass beide Arten häufig mit einander verwechselt, oder auch zusammengeworfen worden sind. So behandelt Prof. Schlegel1) unter dem Namen Tropi- donotus viperinus Latr. noch beide Arten, wie aus seiner Angabe, dass die Schuppen bald in 21, bald in 19 Längsreihen augeordnet sind, hervorgeht, Duméril2) hat gar unter dem Namen Tropidonotus viperinus Latr. die Art mit 19 Sclmppenreihen, also die Würfelnatter, beschrieben und selbst unter den neueren Autoren citirt Dr. Günther3) die Coronella tes- selata Laur., die aus Istrien4) stammt, als Synonym zu Tropidonotus viperinus Latr., ob- wohl es keinem Zweifel unterliegt, dass die Laurenti’sche Art identisch mit Tropidonotus hydrus Pall, ist, da der echte Tropidonotus viperinus Latr. in den Oesterreichischen Lan- den gar nicht vorkommt, sondern, wie schon bemerkt, ausschliesslich auf die südlichen Länder West-Europa’s, so wie auf Nord-Afrika beschränkt ist. Kurz die Confusion in Be- treff der beiden genannten Natter- Arten ist noch sehr gross und ich habe hier derselben nur desshalb gedacht, weil es eben in Folge dieser Confusion zur Zeit schwer halten dürfte, die Verbreitung des Tropidonotus hydrus Pall, in denjenigen Ländern, wo er mit dem Tropidonotus viperinus Latr. zugleich einheimisch ist, selbst nur annäherungsweise genau anzugeben. Was nun das Vorkommen des Tropidonotus hydrus Pall, im westlichen T.heile von Nord-Afrika anbetrifft, so bemerkt Prof. A. Duméril5), dass der Pariser Ménagerie des Reptiles von Dr. Guyon ein in der Algérie gefangenes Exemplar desselben zugesandt wor- den ist, welches 6 Monate in der Gefangenschaft gelebt hat; diese bisher ganz vereinzelt stehende Angabe über das Vorkommen der Würfelnatter in diesem Tlieilc Nord- Afrika’s macht es nun sehr wahrscheinlich, dass unter den algierischen Exemplaren des Tropido- notus viperinus Latr., deren sowohl Prof. Schlegel, als auch namentlich die Verfasser der Erpétologie générale gedenken, sich neben der Vipernatter, die in Algérien bekanntlich äusserst gemein ist, auch manches Stück der Würfelnatter befunden haben wird, dennoch muss ich bemerken, dass die letztgenannte Art in der Algérie entweder sehr selten, oder, was wahrscheinlicher ist, auf ganz bestimmte, sehr begrenzte Localitäten beschränkt sein muss, da ihrer in keiner der bisher veröffentlichten Faunen Algériens gedacht wird und es 1) Schlegel, Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 325. 2) D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 560. 3) Günther. Catal. of Colubrine-Snakes, p. 62. 4) Laurenti. Synopsis Reptilium, p. 87. 5) Archives du Muséum VII, p, 255. 166 A. Strauch auch mir nicht gelungen ist, ein Exemplar derselben in irgend einer der zahlreichen von mir visitirten algierischen Sammlungen zu sehen, geschweige denn selbst zu fangen. In Portugal ferner scheint die Würfelnattcr zu fehlen oder vielleicht gleichfalls auf einzelne Gegenden beschränkt zu sein, da es Hrn. Barboza du Bocage1) bis zum Jahre 1863 noch nicht geglückt war, sie daselbst aufzufinden, und über ihr Vorkommen in Spa- nien sind die Angaben überaus dürftig und beschränken sich auf die Mittheilung Rosen- hauer’s2), dass diese Schlange in der Umgegend von Malaga unter Steinen häufig ist; da jedoch sowohl Portugal, als auch Spanien zu denjenigen Ländern gehören, in welclieu Tro- pidonotus viperinus Latr. einheimisch ist, so steht auch hier zu vermuthen, dass unter den von der pyrenäischen Halbinsel stammenden Stücken dieser letzteren Art, deren Prof. Schlegel und der ältere Duméril gedenken, sich gleichfalls Exemplare der Würfelnatter befunden haben werden. Das eben Gesagte gilt in noch weit höherem Grade für Frank- reich, wo Tropidonotiis hydrus Pall, nicht bloss einheimisch, sondern sogar recht weit ver- breitet ist und trotzdem in keiner der französischen Localfaunen aufgeführt wird. Dieser allerdings etwas auffallende Umstand erklärt sich übrigens sehr einfach dadurch, dass sämmt- liclie französischen Faunisten in ihren Arbeiten die Würfelnatter unter dem Namen Tropi- donotus viperinus Latr. aufführen, was ja auch durchaus nicht Wunder nehmen kann, da sie darin nur dem älteren Duméril gefolgt sind, der, wie schon bemerkt, in der Erpéto- logie générale, bei Beschreibung des Tropidonotiis viperinus Latr. die Färbung und Zeich- nung hauptsächlich nach Exemplaren der echten Vipernatter gegeben, die Zahl der Schup- penreihen aber, die nach ihm 19 betragen soll, ganz ohne allen Zweifel einem Exemplare der Würfelnatter entnommen liât; da nun der echte Tropidonotiis viperinus Latr., wie schon Jan3) bemerkt, in Frankreich ausschliesslich auf die südlichen Départements be- schränkt ist, und nordwärts wohl kaum über Brives (im Département Corrèze), woher schon Latreille4) ihn erhalten hat, vordringt, so müssen alle Angaben über das Vorkom- men desselben in der nördlichen Hälfte von Frankreich ohne Weiteres auf die Würfelnatter bezogen werden. Wie es nun um die Verbreitung des Tropidonotiis hydrus Pall, in den südlichen Theilen von Frankreich steht, lässt sich zur Zeit wegen Mangels an Nachrichten nicht angeben, doch wird er daselbst sicherlich nicht fehlen, da man ihn in mehreren der nördlichen Départements mit Bestimmtheit beobachtet hat. So giebt Beltremieux5) an, dass er im Département de la Charente-inférieure ziemlich häufig ist, Mauduyt6) hat ihn im Département de la Vienne gefangen, nach Viaud-Grand-Marais7) ist er in der Vendée gemein, bewohnt daselbst besonders die Sümpfe im Norden des Departements, ja findet 1) Guérin. Revue et Mag. de Zoologie, 2de sér. XV (1863), p. 33. 2) Rosenhauer. Die Thiere Andalusiens, p. 15. 3) Archivio per la Zoologia III, p. 219. 4) Latreille. Hist. nat. des Reptiles IV, p, 52. 5) Beltremieux. Faune du Dép. de la Charente- infér., p. 38 — Tropidonotiis viperinus Latr. 6) Mauduyt. Herpétol. de la Vienne, p. 24 = Iro- pidonotus viperinus Latr. 7) Viaud-Grand-Marais. Etudes medic. sur les Serpents de la Vendée et de la Loire-infér. 2de Edit., p. 15 = Tropidonotiis viperinus Latr. Die Schlangen des Russischen Reichs. 167 sich sogar in den Fischteichen auf der Insel Noirmoutier, und wird auch im Département der Loire-inférieure nicht weniger häufig angetroffen, wo er nicht bloss in der Loire und der Erdre, sondern auch in den Sümpfen und Bächen bei Vertou, Oudon und Riaillé lebt; ferner bewohnt er nach Aimé de Soland1) das Département de Maine -et -Loire, kommt nachBert2) im Département de l’Yonne ziemlich häufig vor, ist, wieDuméril3) behauptet, in der Umgegend von Paris wiederholt beobachtet worden, wird nach Maillard4) im Dé- partement de l’Oise angetroffen, findet sich nach Salle5), wenn auch selten, im Départe- ment de la Marne und soll nach Fournel6) in der Umgegend von Metz ziemlich häufig Vorkommen; in dem benachbarten Luxemburg dagegen scheint er zu fehlen, zum Mindesten ist es de la Fontaine6) trotz aller Bemühungen nicht geglückt, ihn daselbst zu entdecken, und eben so kommt er auch in Belgien nicht vor, ja Selys-Longchamps7), dem ich diese Angabe entlehnt habe, bezweifelt sogar sein Vorkommen in Lothringen und in der Picardie, wo man ihn gleichfalls beobachtet haben will. Aus dem Vorstehenden ergiebt sich nun, dass Tropidonotus hydrus Pall, in Frankreich den 49° n. Br. nur um ein Geringes nach Norden überschreitet und es ist somit die Polargrenze seines Verbreitungsbezirks in dem westlichen Theile von Europa zwischen dem 49 und 50° n. Br. zu suchen. Alsdann bewohnt die in Rede stehende Art Italien und scheint besonders im nördli- chen Theile der Halbinsel häufig und weit verbreitet zu sein, ist aber auch in der Umgegend von Rom8), namentlich bei Tor di Valle, am Lago di Gabi, im Arone, so wie auch bei Neapel8) gefangen worden, und soll nach Bonaparte9) überhaupt in ganz Italien einhei- misch sein. Besonders häufig ist sie im Venetianischen ,0) Gebiet und eben so auch im Pa- duanischen n) und Veronesischen, in welchem letzteren man sie nach Massalongo 12) bei San Bonifacio, bei Peschiera, bei Villafranca und besonders bei Legnago beobachtet hat; im Vicentesischen, wo sie sich gleichfalls findet, hatBetta11) sie beiBassano undMarostega erbeutet und theilt ausserdem 13) mit, dass er Exemplare derselben auch aus der Lombardei, aus der Romagna und aus der nächsten Umgegend von Bologna erhalten hat. Wyder H) hat 1) Annales de la Soc. Linnéenne de Maine-et-Loire 1865, p. 145—184 — Tropidonotus viperinus Latr. — Dieses Citât habe ich, wie schon bemerkt, dem Günther’- schen Record II, p. 143 entnommen. 2) Bert. Catal. méth. des Animaux vertébrés, qui vi- vent à l’état sauvage dans le Dép. de l’Yonne, p. 89 '= Coluber viperinus Latr. 3) D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 562 = Tropido- notus viperinus Latr. 4) Maillard. Tableau des Reptiles et des Amphi- bies observés dans le Département de l’Oise, p. 7 — Cou- lenard vipérine. 5) Salle. Faune du Département de la Marne, p. 163 = Coluber viperinus Latr. Man vergleiche die Anmer- kung № 7 auf p. 49 dieser Abhandlung. 6) De la Fontaine. Faune du pays de Luxembourg. Rept., p. 17 = Coluber viperinus Latr. 7) Selys-Longchamps. Faune belge, p. 176. Note = Natrix viperina , 8) Bonaparte Iconogr. délia Fauna italica. Amfibi. = Natrix gabina. 9) Bonaparte. Ibidem = Natrix tessélata. 10) Massalongo. Catal. dei Rettili delle Prov. Ye- nete, p. 6. 11) Betta. Erpetol. delle Prov. Venete e del Tirolo merid., p. 283. 12) Massalongo. Saggio di una Erpetol. popol. Ve- ronese, p. 22. 13) Atti del Istituto Veneto. 3 ser. X, p. 538. 14) Wyder. Essai sur l’hist. nat. des Serpens de la Suisse, p. 31. 168 A. Strauch, sic mehrmals hei Domo d’Ossola, am Fusse des Simplon, beobachtet, und Schinz1) giebt an, dass sie ausser bei Domo d’Ossola auch am Luganer-See nicht selten ist und wahr- scheinlich die ganze Gegend am Lago di Сото und am Lago Maggiore bewohnt. Von Ita- lien dehnt sich das Wohngebiet des Tropidonotus hydrus Pall, in die Schweiz aus, wo er nach Schinz2) in den Cantonen Tessin und Wallis nicht selten sein, aber auch in der Ge- gend von Genf Vorkommen soll, jedoch bezweifelt Hr. Fatio3), der neueste Bearbeiter der Schweizer Fauna, die Richtigkeit dieser Angaben und spricht sich dahin aus, dass ein Theil derselben auf den in der südlichen Schweiz einheimischen Tropidonotus viperinus Latr. zu beziehen sei, da seinen Untersuchungen gemäss der Tropidonotus hydrus Pall., oder wie er ihn nennt, Tropidonotus tesselatus Laur. in der Schweiz ausschliesslich nur im Canton Tessin vorkomme. Wenn obige Behauptung des Hrn. Fatio richtig ist, woran zu zweifeln kein Grund vorliegt, so überschreitet Tropidonotus hydrus Pall, in diesem Theile Europa’s die Alpen nach Norden nicht, um so auffallender muss daher sein Vorkommen in der Ge- gend von Fans erscheinen, wo der verstorbene Senator von Heyden4) ihn bereits im Jahre 1819 in der Lahn und in den Abzugsgräben der warmen Bäder entdeckt hat, und wo er nach Prof. Kirschbaum5) keineswegs selten angetroffen werden soll. Dr. Noll6), der das Vorkommen dieser Schlange in Deutschland neuerdings in einem besonderen Aufsatze be- handelt hat, giebt nun an, dass sie nicht bloss in der Lahn und an deren Ufern, von Nassau bis Lahnstein, gefunden wird, sondern auch am Rhein, und zwar sowohl am Fusse der Lo- relei, als auch auf dem linken Ufer in einem Wassertümpel zwischen St. Goar und Ober- wesel beobachtet worden ist, und spricht die Vermutlmng aus, dass sie in diese Gegenden entweder aus der Schweiz, den Rhein abwärts, oder, was mir wahrscheinlicher dünkt, aus Frankreich längs der Mosel eingewandert und nicht, wie Hr. von Heyden annahm, von den Römern in das ihnen bekannte Bad Ems eingeführt worden ist. Im übrigen Deutschland hat man den Tropidonotus hydrus Pall, bisher noch nirgends beobachtet, dagegen ist er in der österreichisch-ungarischen Monarchie fast überall einhei- misch und in einzelnen Gegenden sogar sehr häufig. Was zuerst sein Vorkommen in Böhmen anbetrifft, so bemerkt Lindaker7), dass er in der Umgegend von Prag ziemlich häufig, im übrigen Böhmen aber selten ist, Mikan8) hat ihn gleichfalls bei Prag, und zwar im soge- nannten Baumgarteii, so wie auch bei St. Ivan an den felsigen Ufern der Beraun beobachtet und Fric9) endlich giebt an, dass er im mittleren Böhmen fast eben so gemein ist, wie die Ringelnatter, in den nördlichen und westlichen Nachbarländern aber selten vorzukommen 1) Schinz. Naturgesch. und Abbildungen der Rep- tilien, p. 145. 2) Neue Denkschriften d. allg. Schweiz. Gesellsch. f. d. gesammt. Naturw. I, p. 141. 3) F atio. Faune des Vertébrés de la Suisse III, p. 171 — 172. 4) Jahrbücher d. Ver. für Naturkunde im Herzogth. Nassau XVI, p. 264. 5) Ibidem XVII et XVIII, p. 87. 6) Zoologischer Garten X (1869), p. 299 — 304. 7) Neuere Abhandl. der böhm. Gesellsch. d. Wissen- schaften I, p. 123 = Coluber hydrophylus. 8) Sturm, Deutschlands Fauna. Abth. III, Amphib. Heft 4. 9) Fric. Wirbclthiere Böhmens, p. 106. Die Schlangen des Russischen Reichs. 169 scheint1). In Mähren und Oesterreichisch-Schlesien ferner ist diese Schlange, wie Haslin- ger2) und Heinrich3) übereinstimmend angeben, nicht selten, in Galizien und der Buko- wina hingegen hat man sie bisher noch nicht beobachtet, jedoch vermuthet Zawadzky4), dass sie in der Bukowina wohl nicht fehlen wird; in Siebenbürgen muss sie selten sein, da Bielz5) sie daselbst nur einmal, an einer sumpfigen, mit Rohr bewachsenen Stelle am Sza- mos-Flusse bei Klausenburg, gefangen hat, in Ungarn dagegen scheint sie weit verbreitet zu sein, denn Jeitteles6) hat sie in der Umgegend von Kasehau gefunden, Frivaldszky 7) giebt an, dass sie das Matra-Gebirge (westlich von Erlau) bewohnt und auch in den Ebenen des Südens, so wie bei Mehadia im Banat vorkommt und Graf Ferrari und Custos Zele- bor8) haben Exemplare aus der Gegend von Kovil (in der Nähe der Thcissmündungen?) mitgebracht. In Nieder-Oesterreich (unter der Enns) findet sic sich nach Fitzinger9) so- wohl in der Ebene, als auch im Gebirge, meist in seichten, fliessenden Gewässern, so in der Schwechat bei Baden, in der Leytha bei Bruck, in der nächsten Umgegend von Wien etc., soll aber im Ganzen selten sein, und über ihr Vorkommen in Ober-Oesterreich (ob der Enns), so wie in Steyermark und im Salzburgischen fehlen zur Zeit noch alle Nachrichten. In Tirol ferner, wo sie nach Milde10) besonders in der Umgebung von Meran häufig sein soll, findet sie sich ausschliesslich nur in den südlicheren Gegenden, und zwar hat Pater Gredler11), der neueste Bearbeiter der herpetologischen Fauna Tirol’s, sie bei Plans und Rabland im Vinschgau, bei Meran, bei Bozen, namentlich am Eisack- und Talfer-Ufer und um Siegmundskron, so wie im unteren Etsch-Gebiete, bei St. Florian unterhalb Neumarkt, nicht selten beobachtet, während Hr. de Betta12) zweier Exemplare aus der Umgegend von Trient und zweier anderen aus Tajo auf dem Nonsberge gedenkt. In Kärnthen ist Tro- pidonotus hydrus Pall, gleichfalls einheimisch, und zwar besitzt das Wiener Museum13) Exemplare desselben aus diesem Lande, in Krain hat Freyer14) ihn auf feuchten Wiesen, z. B. bei Laibach und bei Ruckenstein, beobachtet, in Istrien bewohnt er den Karst, woher schon Laurenti l5) ihn gekannt hat, in Kroatien findet er sich in der Gegend von Fiume13), in Slavonien ist er von Graf Ferrari und Custos Zelebor8) bei Morovich gefangen wor- 1) Die nördlichen und westlichen Nachbarländer Böh- mens sind bekanntlich Sachsen und Bayern, wo meines Wissens die in Rede stehende Schlange bisher noch nir- gends beobachtet worden ist. 2) Verhandl. d. naturf. Ver. in Brünn V, p. 13. 3) Heinrich. Mährens und к. к Schlesiens Fische, Reptil, u. Vögel, p. 41. 4) Zawadzky. Fauna der galizisch-bukowin. Wirbel- thiere, p. 150. 5) Bielz. Fauna der Wirbelthier e Siebenbürgens, p. 156. 6) Verhandl. zool.-hotan. Gesellsch. zu Wien XII (1862) Abh., p. 286. 7) Frivaldszky. Monogr. Serpent. Hungariae, p.47. Mémoires de t’Acad. Imp. des sciences, YHme Série. 8) Verhandl. zool.-hotan. Gesellsch. zu Wien XIII ('863) Abh., p. 1122. 9) Beiträge zur Landeskunde Oesterreichs unter der Enns I, p. 327. 10) 44ster Jahresber. d. schlesisch. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, p. 56 — Tropidonotus viperinus. 11) XXII Programm d. k. k. Gymnasiums zu Bozen, p. 21, 22. 12) Betta. Erpetol. delle Prov. Venete e del Tirolo merid., p. 223. 13) Reise der Novara. Reptil., p. 66. 14) Freyer. Fauna der in Krain bekannten Säuge- thiere, Vögel, Reptilien und Fische, p. 43. 15) Laurenti. Synopsis Reptilium, p. 87. 22 170 A. Strauch, den und in Dalmatien endlich, woher sowohl das Mailänder1), als auch das Wiener2) Mu- seum Exemplare besitzen, soll er nach Hrn. Erber s3) Beobachtungen besonders am Mee- resufer angetroffen werden, wo er den Fischen auflauert. ■» Wie es um die Verbreitung des Tropidonotus hydrus Pall, in der Türkei und in deren Vasallenländern steht, lässt sich zur Zeit nicht angeben, da, soweit mir bekannt, überhaupt nur eine einzige Notiz über sein Vorkommen in der europäischen Türkei existirt, aus лѵеі- cher hervorgeht, dass er in der Gegend von Tuldscha 4) in der Dobrudslm einheimisch ist; nichts desto weniger halte ich es schon desshalb für mehr als wahrscheinlich, dass er in dem genannten Lande weiter verbreitet ist, weil er nicht bloss in den benachbarten Grenz- distrikten der österreichisch -ungarischen Monarchie, sondern auch in Griechenland vor- kommt. Was seine Verbreitung im letztgenannten Reiche anbetrifft, so existiren darüber zur Zeit zwar gleichfalls nur sehr dürftige Nachrichten, dennoch lässt sich schon jetzt be- haupten, dass er daselbst ziemlich überall Vorkommen wird, denn Bory de St. Vincent5) hat ihn in Morea beobachtet, nach Betta6) findet er sich auf der Insel Santa Maura in grossen Mengen und Erhard7) giebt an, dass er auf den Gycladen häufig ist, wo auch Hr. Erber8) ihn namentlich auf der Insel Tenos gefangen hat. Alsdann bewohnt die in Rede stehende Art Klein- Asien n) und ist daselbst sowohl auf dem Festlande, in der Gegend des alten Troja1), bei Trebizond I0) und am Euphrat11) (wahr- scheinlich am obern Laufe), als auch auf den Inseln Rhodus12) und Cypern13) beobachtet worden, dringt nach Persien9) vor, wo sie nach Filippi11) die gemeinste und am weitesten verbreitete Schlange sein soll, findet sich in Syrien2), ist von Tristram15) in Palästina, na- mentlich in Galilaea bei den Seen von Phiala und von Merom, so wie auch bei Jerusalem gefangen worden, und erreicht die Südgrenze ihres Verbreitungsbezirks in Aegypten, wo- her sowohl das Berliner10), als auch das Wiener2) Museum sic besitzen. Was nun schliesslich das Vorkommen und die Verbreitung des Tropidonotus liyd.rus Pall, im Russischen Reiche anbetrifft, so soll er nach Nordmann16) zunächst im südlichen Russland überall gemein sein, bewohnt jedoch, wie mir scheint, daselbst ausschliesslich die südlichsten, an das Schwarze, Asow’sche und Kaspische Meer grenzenden Gouvernements, 1) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 70. 2) Reise der Novara. Reptil, p. 66. 3) Verhandl. zool.-botan. Gesellscli zu Wien XIV (1864) Abh., p 707. 4) Ibidem XIII (1863) Abh., p. 1122. 5) D et B. Erpétol. génér. VII, p. 564 — Tr орціо- notus tesselatus. 6) Betta. Rettili ed Anfibi del Regno della Grecia, p. 55. 7) Erhard. Fauna der Cycladen p. 75 = Tropidono- tus tesselatus und Tropidonotus viper inus. 8) Verhandl. zool.-botan. Gesellscli. zu Wien XVII (1867) Abh., p. 855. 0) D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 566 = Tropido- notus hydrus. 10) Lichtenstein. Nomencl. Reptil, et Amphibior. Mus. zool. Beruh, p. 24. 11) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 63. 12) Verhandl. zool.-botan. Gesellscli. zu Wien XVIII (1868) Abh., p. 004 = Tropidonotus viperinus. 13) Unger und Kotscliy. Die Insel Cypern, p. 572. 14) Filippi. Viaggio in Persia, p. 356. 15) Proc. zool. Soc. of London 1864, p. 489. 16) Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 349. Die Schlangen des Russischen Reichs. 171 da seiner weder in Prof. Kessler’s Fauna des Kiew’schen Lehrbezirks, noch auch in Prof. Czernay’s Fauna von Charkow Erwähnung geschieht; besonders häufig ist er in der Um- gegend von Odessa, wo sowohl Prof. Eichwald1), als auch Krynicky 2) und Nordmann3) ihn beobachtet haben und woher auch unser Museum zahlreiche, vom Obersten К u scha- kewitsch bei der Kolonie Franzfeld am Tergopol’schen Busen des Dnjestr-Limans gefan- gene Exemplare besitzt; ausserdem ist er von Prof. Eichwald4) aber auch am Bug ge- fangen worden, scheint jedoch sonst im Cherson’ sehen Gouvernement nicht weiter vorzu- kommen, oder doch wenigstens überaus selten zu sein, da Andrzejowsky ihn unter den Schlangen Wolhyniens, Podoliens und des genannten Gouvernements nicht aufgeführt hat. Alsdann findet sich diese Schlange in der Krym und ist daselbst nach Pallas5 6) im Hafen von Sewastopol, so wie auch in den übrigen Häfen sehr häufig; Rathke u) hat sie daselbst in der Gegend von Sympheropol beobachtet, Prof. Kessler7 8) thcilt. mit, dass sie sich im Flusse Tschernaja, woher auch unser Museum durch Akad. Brandt Exemplare besitzt, in Menge aufhält und weit in die Meeresbucht hinauszuschwimmen pflegt, und nach Dwi- gubsky3) soll sie an den Ufern des Asow’schen Meeres gleichfalls in grosser Zahl ange- troffen werden. Nicht weniger häufig ist sie auch am untern Laufe der Wolga, wo sie na- mentlich bei Astrachan9), auf der Insel Pjat-Bugry 10), in der Nähe der Sandbank Raku- scha11), so wie auch in den Wolga-Mündungen12) selbst beobachtet worden ist und, soweit gegenwärtig bekannt, nordwärts bis in die Gegend von Sarepta vordringt, wo Akad. von Baer und Herr Becker 13) sie gefangen haben. In Ciskaukasien soll sie nach Ménétriès14) in den vom Terek überschwemmten Steppen nicht selten sein und dürfte auch in der Ge- gend von Kislowodsk Vorkommen , wenigstens halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass die drei Exemplare derselben, welche unser Museum von Dr. Höft zugesandt erhalten hat, an dem genannten Orte, wo Dr. Höft Badearzt war, gefangen worden sind. In Transkaukasien ferner, wo sie noch häufiger und namentlich ungleich weiter verbreitet ist, hat Hohen- acker sie am Flusse Gandsha15) (bei Elisabethpol), so wie auch bei der Kolonie Helenen- dorf16) und bei Lenkoran 1G) gefangen, Ménétriès fand sie gleichfalls bei Lenkoran17) und ausserdem noch im Talysch-Gebirge 17) und auf der Insel Narghinls) bei Baku, Prof. Eicli- 1) Eichwald. Zoologia specialis III, p. 173. 2) Bulletin de Moscou X (1837) JM;1 III, p. 56. 3) Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III,p.349. 4) Eicliwald. Naturli. Skizze von Lithauen, Volhy- nieu und Podolien, p. 234. 5) Pallas. Zoographia rosso-asiatica III, p. 38 ----- Со- luber ponticus. 6) Mémoires des Savans étrangers de l’Acad. de St.- Pétersbourg III, p. 308. 7) Kessler. Путешествіе съ зоол. цѣлью къ ск- верн. берегу Чернаго Моря и въ Крымъ, р. 176. 8) Mémoires de Moscou II, p. 49. 9) Lichtenstein. Nomencl. Reptil, et Amphibior. Mus. zool. Berol., p. 24. 10) Eichwald. Reise auf dem Kasp. Meere und in den Kaukasus I Abth. 1, p. 31. 11) Eichwald. Ibidem I Abth. 1, p. 39. 12) Eichwald. Zoologia specialis III, p. 173 = Tro- pidonotus gracilis. — Mémoires des Savans étrangers de l’Acad. de St.-Pétersburg III, p. 308. 13) Bulletin de Moscou XXVIII (1855) I, p. 473. 14) Ménétriès. Cataî. raisonné, p. 09 — Coluber scut- tatus. 15) Bulletin de Moscou III (1831), p. 371. № 7. 16) Ibidem X (1837) № VII, p. 145. 17) Méuétriès. Catal. raisonné, p. 72 — Coluber re - tieulatus. 18) Ménétriès. Ibidem, p. 69 = Coluber hydrus. 172. A. S TB a и CH, wald1) fing sie bei Baku, Dr, Wagner2) in Grusien und an den Abhängen des Kaukasus und Jan3) endlich gedenkt eines oder mehrerer Exemplare aus der Gegend von Elisabeth- pol, wo sie besonders häufig sein muss, da in einer Sendung, welche unser Museum von Fricke aus Elisabethpol erhalten hat, nicht weniger als 43 Exemplare dieser Schlange enthalten waren; ausser den von Fricke, von Ménétriès und von Hohenacker gesam- melten Stücken, besitzt unsere Sammlung noch zahlreiche andere transkaukasische Exem- plare dieser Art, namentlich aus der Umgegend von Tiflis, aus Borshom, aus Zalka. (einer südwestlich von Tiflis gelegenen Befestigung), so wie von der Halbinsel Apscheron, und es lässt sich, wenn man alle im Vorstehenden aufgeführten Fundorte in Betracht zieht, wohl annehmen, dass die in Rede stehende Schlangen- Art über ganz Transkaukasien ver- breitet ist. Eben so, wie an der West- und Süd-Küste, ist Tropidonotus liydrus Pall, auch an der Nord- und Ost-Küste des Kaspischen Meeres einheimisch, und findet sich also, wie Prof. Eich wald4) bereits bemerkt hat, überall am Kaspischen Meere. Im Norden bewohnt er zunächst den Ural oder Jai'k und dessen Nebenflüsse, wo Pallas5 *) ihn bekanntlich ur- sprünglich entdeckt hat, und woher auch unser Museum durch die Herren Graf A. Key- serling und Dr. Sewcrzow Exemplare besitzt; alsdann hat Dr. Sewerzow ihn sowohl in der Emba, als auch an der Einmündung des Tcmir in die Emba beobachtet und in der Le hmaniT sehen Ausbeute fanden sich Exemplare vor, welche von Dr. Mobitz0) in der Steppe zwischen beiden genannten Flüssen gefangen worden sind. Ferner hat Dr. Sewer- zow die Schlange am oder im Tschagan gefangen, einem Steppenflüsschen auf halbem Wege etwa zwischen der Emba und dem Aralsee, und aus der gleichen, nordöstlich vom Aralsee gelegenen Gegend, werden wohl auch die in der Kirgisensteppc gefangenen Exemplare des Berliner Museums7) stammen. Bei der ehemaligen Festung Nowo-Alexandrowsk ferner ist diese Art vom verstorbenen Dr. Lehmann0) in zahlreichen Stücken gefangen worden und nicht weniger häufig scheint sie auch auf der Halbinsel Mangyschlak zu sein, woher unser Museum durch Akad. von Baer eine ganze Reihe von Exemplaren erhalten hat, und wo sie auch von Prof. Eichwald s), namentlich bei dem Vorgebirge Tjuk-Karagan, beobachtet worden ist. Alsdann hat Dr. Sewerzow sie am Kenderlinskischen Busen gefangen und aus der Gegend von Ivrasnowodsk liegen mir zahlreiche Stücke derselben vor, welche theils von Dr. Sewerzow, theils von Mag. Goebel und Dr. Radde gesammelt worden sind: endlich findet sie sich auch auf der zu Persien gerechneten Insel Tschelekän, wie die von Mag. 1) Eichwald. Reise auf dem Kasp. Meere und iu den Kaukasus I Abth. 1, p. 246. 2) Wagner. Reise nach Kolchis, p. 335. 3) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 70. 4) Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 138. 5) Pallas. Reise durch versch. Prov. d. Russ. Reichs I, p. 429 und 4G0. 6) Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 334. 7) Lichtenstein. Nomeucl. Reptil, et Amphibior. Mus. zool. Bered., p. 24. 8) Eichwald. Zoologia specialis III, p. 173 = Tro- pidonotus Tantalus. Die Sohlaeuen des Russischen Reichs. 173 Goebel erbeuteten Exemplare beweisen, und ist von Dr. Sewerzow auch am Berge Ak- Tjubé, nördlich vom Atrek-Flusse, gefunden worden. Im Gebiete Turkestan ist Tropidonotus hydrus Pall, gleichfalls einheimisch, und zwar hat Herr Fedtschenko ihn daselbst in der Umgegend von Taschkent, in der Steppe am Flusse Keless, im Sarafschan -Thaïe, sowohl bei Kara-Tjubé und Oalyk, als auch am Step- penflüsschen Uluss, so wie auch am See Kuplan-Kulj , unweit Gulscha1), im Chanate Ko- kand gefangen, während dem akademischen Museum vom Obersten Kuschake witsch Exemplare aus der Gegend von Chodshent und vom Mohol-Tau übergeben worden sind. Alsdann hat Dr. Sewerzow diese Schlange bei Uisun-Kulj, zwischen dem lsteu und 2teu Fort am Syr-Darja, erbeutet, im Ssemiretschenskischen, so wie im Ssemipalatinsker Di- strikte dagegen scheint sie nicht einheimisch zu sein, wenigstens befindet sich unter der überaus zahlreichen Reptilien- Ausbeute , welche Dr. A. von Schrenck von seiner Reise in den genannten Gegenden mitgebracht hat, kein einziges Exemplar der in Rede stehen- den Schlange; da jedoch die akademische Sammlung ein Exemplar des Tropidonotus lnjdrus Pall, aus der Gegend von Barnaul besitzt, welches von Dr. Gebier eingesandt worden ist, und da zugleich kein Grund vorliegt, an der Richtigkeit des von Dr. Gebier angegebenen Fundortes zu zweifeln, so liegt die Vermutlumg nahe; dass diese Art auch im Sieben- strom-Lande und im Ssemipalatinsker Distrikte nicht ganz fehlen, sondern vielleicht bloss auf einzelne Gegenden beschränkt sein wird, und dass sie von Dr. A. von Schrenck wohl nur zufällig nicht gefangen und mitgebracht worden ist. Wie nun aus der vorstehenden Schilderung hervorgeht, erstreckt sich der Verbrei- tungsbezirk des Tropidonotus hydrus Pall, von der atlantischen Küste Frankreichs, so wie wahrscheinlich auch der pyrenäischen Halbinsel, ostwärts bis in’s Altai-Gebirge (Barnaul) und steht somit, was seine Ausdehnung von West nach Ost anbetrifft, demjenigen der Rin- gelnatter nur wenig nach: die Polargrenze desselben, welche sich leider nur zum Tlieile genauer angeben lässt, wird von einer Linie gebildet, welche in Frankreich zwischen dem 49. und 50.° n. Br. beginnt, in Nassau über den 5D.° n. Br. (Ems) hinausgeht, in der Schweiz dagegen bis etwa zum 47.° n. Br. sinkt, darauf, der Ostgrenze der österreichi- schen Monarchie folgend, in Böhmen den 50.° n. Br. (Prag) nochmals überschreitet, sich alsdann in südöstlicher Richtung bis zum 49. oder 48.° n. Br. senkt und, im europäischen Russland zwischen den beiden eben genannten Breitegraden hinziehend, in Vorder- Asien zur Zeit nicht weiter verfolgt werden kann; während so die Polargrenze, wenigstens in ihrer westlichen Hälfte, ziemlich genau ermittelt ist, lässt sich die Aequatorialgrenze zur Zeit noch gar nicht näher bestimmen, denn weder ist bekannt, ob die in Rede stehende Art in Afrika nur in der Algérie und in Aegypten vorkommt, oder aber über den ganzen Nordrand Afrika’s verbreitet ist, noch kann auch angegeben werden, wie weit nach Süden sie in der asiatischen Türkei, in Persien und in den kleinen vorder-asiatischen Chanaten vordringt. 1) Nicht zu verwechseln mit der im nordwestlichen China gelegenen Ortschaft Chuldsha. 174 A. Strauch, 22. Tropidonotus Vibakari Boje. Tr. supra rufo-cinereus vel bruneus, unicolor vel dorso saturatiore; scutellorum la- bialium alborum suturis nigris; cervice utrinque maculis duabus, plerumque in vitta brevi et obliqua conjunctis, albidis seu lividis, ornato; infra stramineus, scutis abdominalibus et subcaudalibus utrinque puncto nigro vel linea fusca notatis. Corpore gracili, subtereti, ca- pite parvo, leviter depresso et a trunco vix distincto, cauda longa, acuminata; naribus utrinque inter scutella bina positis, lateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 7, tertio et quarto oculi bulbum attingentibus; scutello praeoculari utrinque simplici, rarius duplici, postocularibus duobus vel tribus: squamis lanceolatis, leviter carinatis, in trunci parto an- teriore in 19 sériés longitudinales disposais; scutis abdominalibus 138 — 151, anali diviso, subcaudalibus utrinque 60 — 78. Synonymie. 1826. Tropidonotus Vibakari Boje in: Oken. Isis 1826, p, 207. 1829. Tropidonotus Vibakari Schlegel In: Siebold. Fauna japonica. Ampliib., p. 87. Ophid. pl. V. 1854. Tropidonotus Vibakari D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 595. Der Vibakari oder Fibakari der Japaner gehört zu den kleineren Arten der Gattung Tropidonotus Kühl und unterscheidet sich durch den schlanken Habitus, durch den ver- hältnissmässig kleinen , vom Kumpfe kaum abgesetzten Kopf, durch die sehr schwach ge- kielten Kumpfschuppen, durch den langen dünnen Schwanz, durch die auffallend geringe Zahl von Abdominalschildern, so wie endlich durch die Färbung und die, allem Anscheine nach, sehr constante Zeichnung von seinen Gattungsgenossen. Boje führt ausser den in der vorstehenden Diagnose angegebenen Unterscheidungsmerkmalen noch die Beschaffenheit des jedcrseitigen 6teu Oberlippenschildes, das hoch ist und mit seinem oberen Rande direkt an das Occipitale seiner Seite anstösst} als Charakter auf, jedoch ist diese Anordnung nicht ganz constant, denn schon Jan'), der diese Art zu der Untergattung Eutaenia B. et G. rechnet, spricht von einem Temporalschilde erster Reihe, und auch ich muss bemerken, dass mir die von Boje beschriebene Anordnung nur an einem aus Japan stammenden Exemplar (JVs 1835) unserer Sammlung vorgekommen ist, während die übrigen Stücke dieser Art, die ich noch zu untersuchen Gelegenheit gehabt habe und die aus dem Amur- lande stammen, jederseits ein längliches Temporalschild erster Reihe besitzen, welches, wie Jan angiebt, zwischen das Occipitale und das darunter gelegene 6te Supralabiale einge- schoben ist und mit seinem vorderen Ende die Postocularia berührt. Diese letztgenannten Schilder sind eben so, wie die Praeocularia, der Zahl nach gleichfalls nicht ganz constant: Boje giebt 2 Postocularschilder jederseits an und betont diesen Umstand besonders, da er 1) Arcliivio per la Zoologia III, p. 217. t Die Schlangen des Russischen Reichs. 175 in demselben ein specifisches Kennzeichen gefunden zu haben glaubt, Prof. Schlegel und Dr. Günther1) erwähnen dieser Schilder gar nicht, Duméril und Bibron bemerken, dass jederseits 1 Prae- lind 3 Postocularia vorhanden sind, und Jan endlich stimmt mit Boje überein, fügt aber hinzu, dass anomaler Weise auch 3 Postocularia Vorkommen. Nach meinen Untersuchungen, die freilich wenig in’s Gewicht fallen können, da sie nur an 4 Exemplaren angestellt sind, scheint die Zahl der Postocularia zwischen 2 und 3, die der Praeocularia zwischen 1 und 2 zu schwanken, denn von den mir vorliegenden Exemplaren besitzt das japanische (ЗѴя 1835) 1 Prae- und 2 Postocularia, zwei Exemplare aus dem Amurlande, von denen das eine dem Warschauer Museum gehört, zeigen 2 'Prae- und 3 Postocularia und das vierte endlich (Ш 2994), das - gleichfalls vom Amur stammt, besitzt jederseits 1 Praeoculare, während die Zahl seiner Postocularia auf der linken Seite 2, auf der rechten 3 beträgt. Die Zahl der Oberlippenschilder, die von allen Autoren, Boje, der über diesen Punkt schweigt, ausgenommen, übereinstimmend auf 7 angegeben wird, schwankt nach meinen Untersuchungen gleichfalls, jedoch lässt sich die abweichende Zahl wohl in den meisten Fällen aus einer anomalen Verwachsung zweier auf einander folgenden Schilder erklären. So besitzt das Exemplar aus dem Warschauer Museum links 6 , rechts 5 Supra- labialia, .V 2995 unserer Sammlung zeigt links 7, rechts 6 solcher Schilder, № 1835 da- gegen umgekehrt links 6, rechts 7 und nur bei № 2994 findet sich die normale Zahl, näm- lich jederseits 7 Supralabialia. Findet die eben erwähnte anomale Verschmelzung unter den hinter dem Auge liegenden Oberlippenschildern statt, so übt sie natürlich auf die den Augapfel berührenden Schilder keinen Einfluss aus, tritt sie dagegen am vorderen Theile des Lippenrandes auf, so stehen nicht, wie gewöhnlich, 2 Supralabialia (das 3t0 und 4t0) mit dem Bulbus in Berührung, sondern nur ein einziges, und zwar das 3te; diese Anordnung, dass nur ein einziges Supralabiale (das 3te) an’s Auge grenzt, zeigen das Exemplar des Warschauer Museums und № 2995 unserer Sammlung auf der rechten, unser japanisches Stück (.№ 1835) dagegen auf der linken Seite des Kopfes, dabei ist die entgegengesetzte Seite bei allen dreien in dieser Hinsicht vollkommen normal gebildet. Färbung und Zeichnung. Die Oberseite aller Theile ist rostbräunlichaschgrau (nach Boje) oder hellbraun, einfarbig oder längs der Mitte dunkler, fast schwarz, so dass die Rücken- firste, wie Prof. Schlegel angiebt, eine dunkele Längsbinde zu tragen scheint. Die Unter- seite ist strohgelb und jedes Abdominal- und Subcaudalschild besitzt jederseits am Aussen- rande einen kleinen schwarzen Punkt oder eine bräunlichschwarze Längslinie, welche Punkte oder Linien genau hinter einander stehen und den Bauch, so wie die Unterseite des Schwan- zes jederseits mit einem dunkelen, mehr oder weniger zusammenhängenden Längsstreifen geziert erscheinen lassen. Prof. Schlegel behauptet, dass diese dunkelen Flecken auf den Bauch- und Schwanzschildern nur den jungen Exemplaren zukommen, den ausgewachsenen aber fehlen, alle übrigen Autoren dagegen, Boje an der Spitze, erklären diese Flecken für 1) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p 80. 176 A, Strauch, constant und ich kann diese letztere Angabe nur bestätigen, da auch an allen vier mir vor- liegenden Stücken die Flecken vollkommen deutlich sind. Die Lippenschilder, sowohl die oberen, als auch die unteren, sind weisslich oder gelblich mit schwarzen Näthen, ja an den Supralabialen, besonders den hinteren, erscheint nur das Centrum weisslich oder gelblich, die Ränder dagegen sind in ziemlich bedeutender Ausdehnung schwarz gefärbt. Die Seiten des Nackens zeigen einen gelblichen, halbmondförmigen Fleck, oder eine kurze schräge Binde von derselben Farbe, oder endlich 2 unregelmässige Makeln, die aus dem Zerfall eben dieser Binde entstanden sind; an einzelnen Exemplaren sollen (nach Jan) die gelbli- chen Zeichnungen des Nackens sehr schwach ausgeprägt sein, an anderen dagegen treten sie ausserordentlich deutlich hervor, so an unserem Exemplar aus Japan (№ 1835), wo die gelbliche schräge Binde sogar mit dem gelblichen Fleck, welcher das Centrum des letzten oder 7tou Supralabiale einnimmt, verschmolzen ist. Maasse. Das grösste, bekannte Exemplar dieser Art hat Prof. Schlegel untersucht, es misst 59 Ctm., wovon 16 Ctm. auf den Schwanz kommen. Habitat, Tropidonotus Vibalcari Boje, dçr bisher nur aus Japan bekannt war, ist neuer- dings auch im Amurlande entdeckt worden, und zwar hat Dr. Dybowsky ihn sowohl in der Gegend des Hafens Possiet, als auch am Flusse Suifun, in der Nähe des Postens Ba- ranowskij , gefunden . 23. Tropidonotus tigrinus Boje. Tr. supra ex olivaceo pallide fuscus, suturis scutellorum supralabialium , macula sub- oculari, fascia lata obliqua temporali, maculis dorsi subrotundatis , quadruplici vel triplici (rarissime duplici vel simplici) sérié digestis, altérais, saepe confluentibus , nigris ; cervice plerumque collari albido ornato: infra albidus vel dilute olivaceo-cinereus, sentis abdomi- nalibus anterioribus utrinque macula nigra notatis, mediis nigro-maculatis, posterioribus subcaudali busqué obscuris vel nigris, luteo-marginatis. Corpore robusto, cylindrico, capite depresso, postice subdilatato et a trunco distincte separate, oculis magnis, cauda longa, conica; naribus utrinque inter scutella bina positis, lateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 7, tertio et quarto oculi bulbum attingentibus ; scutellis praeocularibus duobus, postocularibus quatuor vel tribus; squamis lanceolatis, valde carinatis, in trunci parte an- teriore in 19 séries longitudinales dispositis; scutis abdominalibus 152 — 168, anali diviso, subcaudalibus utrinque 62 — 83. Synonymie. 1826. Tropidonotus tigrinus Boje in: Oken. Isis 1826, p. 205. 1829. Tropidonotus tigrinus Schlegel in: Siebold. Fauna japonica. Amphib., p. 85. Ophid. pl. IV. 1854. Amphiesma tigrimm D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 732. 1868. Amphiesma tigrimm Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXIX, pl. I f. 2. Die Schlangen des Russischen Reichs, 177 Die in Rede stehende Art gehört, wie bereits bemerkt, in diejenige Gruppe der Gat- tung Tropidonotus Kühl, deren Repräsentanten sich durch die Anwesenheit eines oder zweier längeren ungefurchten, von den übrigen Zähnen durch eine Lücke getrennten, hin- teren Oberkieferzähne auszeichnen und von Duméril und Bibron in eine besondere Gat- tung, Amphiesma, der aber höchstens der Werth einer Untergattung zugestanden werden kann, gestellt worden sind. Von den übrigen Tropidonoten mit diacranterischem Gebiss, welche eben die Gattung Amphiesma D. et B. bilden, lässt sich diese Art theils durch die Zahl der Schuppenreihen, der Oberlippenschilder und der das Auge umgebenden Schild- chen, theils auch durch die Färbung und Zeichnung leicht unterscheiden. Im Habitus, so wie bis zu einem gewissen Grade auch in der Färbung und Zeichnung, zeigt Tropidonotus tigrinus Boje viel Aehnlichkeit mit der gemeinen Ringelnatter, unterscheidet sich von der- selben aber, ganz abgesehen vom abweichenden Zahnbau, schon durch das bedeutend grös- sere Auge, diö stärker entwickelten Schuppenkiele und namentlich durch die constante An- wesenheit von zwei Praeocularschildern. Was die vier mir vorliegenden Exemplare dieser Art anbetrifft, so stimmen sowohl die drei Japanesen, als auch das aus dem Amurlande stammende Stück in den Formverhältnissen vollkommen mit den Vorhandenen Beschrei bungen überein und nur in Bezug auf die Zahl der Postocularschilder finde ich einige leichte Differenzen. Die normale Zahl dieser Schilder scheint sich jederseits auf 4 zu be- laufen, jedoch bemerkt schon Dr. Günther1), dass ausnahmsweise auch nur 3 Vorkommen, welche letztere Zahl Jan2) allem Anscheine nach für normal annimmt, da er sie sogar mit unter den Charakteren der von ihm acceptirten Gattung Amphiesma I). et B. aufführt. Von den vier mir vorliegenden Exemplaren besitzen mm zwei jederseits 4 Postocularia, das dritte, (№ 1909) nur drei und das vierte (.V 1910) zeigt rechts vier, links dagegen nur 3 solcher Schilder. Ausserdem muss ich noch bemerken, dass das Exemplar JV 1911, dessen allerdings kurzer Schwanz am Ende mit dem an der Schwanzspitze gewöhnlich vorkom- menden Endstachel bewaffnet ist, nur 45 Paar von Subcaudalschildern besitzt, dass ich aber diese Zahl nicht mit in die Diagnose aufgenommen habe, da sie nur auf einer Ano- malie zu beruhen scheint. Färbung und Zeichnung. Die Oberseite des Rumpfes und Schwanzes zeigt auf hellem, olivbräunlichem Grunde tief schwarze Makeln von meist rundlicher Gestalt, die gewöhnlich in 4, oder wenn, wie es wohl Vorkommen soll, die Makeln der beiden centralen Reihen, die entschieden grösser sind, als die der seitlichen, mit einander verschmelzen, in 3 Längs- reihen (nach Prof. Schlegel mitunter auch in 2 oder selbst nur in eine einzige) angeordnet und so gestellt sind, dass die Makeln zweier benachbarten Reihen mit einander mehr oder weniger deutlich alterniren. Nach Dr. Günther1) soll im vorderen Theile des Rumpfes an den Flanken jederseits noch eine Längsreihe röthlicher, mit den schwarzen Dorsalmakeln 1) Günther. Reptiles of British India, p 271 2) Archivio per la Zoologia III, p. 232. Mémoires de l’Acad. Imp. Лея sciences, VUme Se'vie 23 178 A. Strauch, alternirender Flecken Vorkommen, von denen aber an meinen Exemplaren keine Spur vor- handen ist. Der Kopf, dessen Oberseite gleichfalls hell olivbräunlich gefärbt erscheint, ist auf seiner horizontalen Fläche meist einfarbig, ohne alle Flecken, zeigt dagegen an den verticalen Flächen, ausser den schwarzen Näthen der Supralabialia , jederseits noch einen mehr oder weniger ausgebildeten Subocularfleck, der übrigens der Sutur zwischen dem 4ten und 5ten Oberlippenschilde entspricht, und eine breite, schräge verlaufende Temporalbinde von tief schwarzer Farbe. Die Seiten des Halses tragen eine mehr oder weniger ausgebil- dete weissliche oder gelbliche Makel, die eine Art von Halsband bildet und nach hinten von der jederseitigen ersten, sehr grossen, namentlich stark in die Länge gezogenen, tief schwarzen Dorsalmakel begrenzt wird. Dieses Halsband fehlt zwar bei keinem der mir vor- liegenden Exemplare, ist aber nur bei einem einzigen (№ 1911) schwach wcisslich gefärbt, während es bei den drei anderen in keiner Weise von der Grundfarbe der Oberseite ab- weicht. Die Unterseite ist am Kopfe und im vorderen Drittel des Rumpfes gelblich oder sehr hell bräunlichgelb und nur in so fern gezeichnet, als jedes der vorderen Bauchschildcr am Aussenrande eine meist rundliche, schwarze Makel zeigt. Der Rest der Unterseite ist sehr unregelmässig dunkel gefleckt und zwar gewinnen diese Flecken bald so sehr dicUcber- hand, dass die ganze Unterseite dunkel gefärbt erscheint und nur an den Rändern der ein- zelnen Bauchschilder noch hellere, gelblicholivgrüne Stellen in grösserer oder geringerer Ausdehnung zu Tage treten. Die Unterseite des Schwanzes zeigt auf dunkelem Grunde ver- einzelte schmutzig gelblichgraue Fleckchen oder ist ganz einfarbig tief dunkelgrau, mit- unter selbst vollkommen schwarz gefärbt. Was nun das dem Warschauer Museum gehörige Exemplar aus dem Amurlande an- betrifft, so weicht dasselbe in der Zeichnung nicht ganz unbedeutend von den japanischen Stücken ab und erinnert in dieser Beziehung cinigermaassen an einzelne Varietäten von Tropidonotus hydrus Pall. Es sind bei demselben die schwarzen Makeln der beiden mitt- leren Reihen nämlich sehr klein und alterniren auch mit den seitlichen, stark in die Quere gezogenen, entweder gar nicht, oder doch nur äusserst schwach, so dass der Körper fast überall mit schmalen, schwarzen Querbinden besetzt erscheint, welche von olivbräunlichen, den Kielen der einzelnen Schuppen entsprechenden Strichen durchzogen sind. Die auffallend breite Subocularmakel bildet ein Dreieck mit nach unten gerichteter, den freien Mundrand aber nicht erreichender Spitze und befindet sich zwar, wie gewöhnlich, auf der Sutur zwi- schen dem 4ten und 5ten Supralabialschilde, nimmt aber vom 5ten nur einen schmalen Theil des Vorderrandes ein. Das sogenannte Halsband ist, wie bereits bemerkt, nicht weisslicli oder gelblich gefärbt, sondern zeigt dieselbe blass olivbraune Farbe, wie der Kopf und überhaupt alle nicht gefleckten Theile der Oberseite, und die schwarzen Makeln, welche dasselbe nach hinten begrenzen, sind nicht verlängert, sondern etwa nur halb so lang, wie bei den anderen mir vorliegenden Exemplaren. Die Unterseite ist dunkler, wie bei den japanischen Stücken, indem sie nicht, wie bei jenen, weisslichgelb, sondern sehr hell bräun- lichgelb erscheint, und die von Boje besonders hervorgehobenen Seitenflecken auf den vor- Die Schlangen des Russischen Reichs. 179 deren Abdominalschildern sind wohl vorhanden, aber bedeutend kleiner, als gewöhnlich; die mittleren und hinteren Abdominalia sind in der Mitte schwarz, am Hinterrande schmal, an den Seiten aber breit olivgrau oder schmutzig gelbgrau gesäumt, und die Subcaudalia er- scheinen auf olivgraucm Grunde unregelmässig schwarz gesprenkelt. Maasse. Das Exemplar aus dem Amurlande, das grösste unter den mir vorliegenden, misst, den Schwanz, der leider unvollständig ist, abgerechnet, 80 Ctm., übertrifft also nur wenig das von Prof. Schlegel angegebene Maximum der Grösse, nämlich 102 Ctm., von denen 23 auf den Schwanz gehen. Habitat. Von dieser in Japan und im nördlichen China1) häufigen Art hat das War- schauer Museum neuerdings durch Dr. Dybowsky auch ein Exemplar aus dem Amurlande erhalten; dieses Exemplar ist Herrn Dybowsky von dem Commandanten des an der Bai Strelok im Golfe Peters des Grossen gelegenen Postens Strelok, als in der dortigen Gegend gefangen, übergeben worden. Ob Tropidonotus tigrinus Boje, ausser in den drei angegebe- nen Ländern, auch in dem bedeutend südlicher gelegenen Cochinchina vorkommt, lässt sich zur Zeit nicht mit Bestimmtheit ermitteln, da Jan2) versäumt hat, anzugeben, in wie weit der Fundort der von ihm im Hamburger Museum untersuchten, angeblich aus dem ge- nannten Lande stammenden Exemplare verbürgt ist. Familie PsMiiimoplnda. 24. Coelopeltis lacertina Wag 1er. C. supra fusco- vcl viridi-olivacea ; dorso maculis minoribus nigricantibus, luteo mar- ginatis, altérais et plerumque in 5 vel 7 scries longitudinales, plus minusve reguläres, dis- posais ; trunci et caudae lateribus flavo- vel albo-maculatis , vel etiam linea longitudinali, plus minusve flexuosa, livida, notatis; capite maculis fuscis, flavo -marginatis, variegato, linea frenali, vitta temporali maculisque scutellorum supralabialium alborum nigricantibus; subtus flavesccns sive lutea, mento, gula scutisque abdominalibus antcrioribus nigro-taenia- tis, vel lineatis, vel maculatis, eeteris subcaudalibusque in adultis nnicoloribus, in junioribus fusco-variegatis. Corpore robusto, subfusiformi , capite breviusculo, oblongo-ovato, apicem versus declivi et a trunco parum distincto; fronte ante oculos magnos valde impressa, can- tho rostrali distinctissimo, arcuato; cauda longa, conica, apice acuminata; naribus utrinque scutellum simplex perforantibus, lateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 8, quarto et quinto oculi bulbum attingentibus ; scutello praeoculari simplici, postocularibus duobus; squamis in adultis distincte, in junioribus vix longitudinaliter impressis seu canaliculatis, in trunci pärte anteriore in 1 7 vel 1 9 séries longitudinales dispositis, dorsalibus lanceolatis, 1) Günther. Reptiles of British India, p. 271. 2) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 73. 180 A. Strauch, lateralibus caudalibusque subquadratis ; scutis abdominalibus 1G3 — 189, anali diviso, sub- caudalibus utrinque 68 — 94. Varietas ls (— Coluber Neumayeri Fitz.) supra olivaceo-fusca, dorso unicolore, late- ribus bine înde lineolis flavis sparsis, subtus flavescens, mento, gula scutisque abdomina libus anterioribus taeniis maculisque nigricantibus ornatis. Varietas 2: (— Rhabdodon fuscus Fleischm.) supra obscure olivaceo-fusca, subnigra, squamis siugulis serierum duarum externarum utrinque flavo-marginatis, infra lutescens, mento gulaque taeniis nigricantibus, plus minusve distinctis, notatis. Synonymie. 1824. Nairix lacertina Wag 1er in: Spix. Serpentum brasiliensium species novae, tab. Y. 1831. Coluber sp.? Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 368. № 3 et 4. 1832. Coluber fuscus Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Имиеріи. Ampliib., р. 26. Л1" 59. 1832. Coluber virons Dwigubsky. Ibidem, p. 26. № 60. 1832. Coluber vermiculatus Ménétriès. Catalogue raisonné, p. 72. № 238. 1832. Coluber flexuosus Fischer von Waldheim. Bulletin de Moscou IV (1832), p, 574. 1837. Bothriopliis distinctus Eichwald. Reise auf dem Kaspischen Meer und in den Kau- kasus, I Abth. 2, p. 748. 1841. Coelopeltis lacertina Eiclnvald. Fauna caspio-caucasia, p. 154. 1841. Coelopeltis vermiculata Eiclnvald. Ibidem, p. 155. tab. XXIX. 1854. Coelopeltis insignitus D. et B. Erpétol. géuér. VII, p. ИЗО. 1870. Coelopeltis insignitus Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXXI Y, pl. I f. 2, 3. Diese an der stets tief ausgehöhlten Stirn und den bei erwachsenen Individuen an der Basis der Länge nach gleichfalls sehr deutlich ausgehöhlten Rückenschuppen leicht kennt- liche Art gehört in die von Duméril und Bibron aufgestellte Unterordnung der Opisto- glyphes , d. h. sie besitzt jederseits am hinteren Ende des Oberkiefers einen oder mehrere längere und sehr deutlich gefurchte Zähne, die fast unmittelbar auf die an Länge unter ein- ander gleichen, ungefurchten Kieferzähne folgen. Sie unterscheidet sich von der ihr zu- nächst verwandten Coelopeltis producta Gerv. hauptsächlich durch die Zahl der Postocu- larsclülder, deren sich bei ihr constant 2 vorfinden, während die andere Art stets drei solcher Schilder besitzt. Weniger constant, als die Zahl der am Kopfe befindlichen Schilder, ist die Zahl der Schuppenreihen, die nach Angabe fast aller Autoren 19 betragen soll, nach meinen Erfahrungen aber zwischen 17 und 19 schwankt und dabei häufiger in der Zahl 17 vorkommt. Schon Prof. Eiclnvald giebt übrigens an, dass die von іііці als Coelo- peltis vermiculata beschriebene und abgebildete Schlange nur 1 7 Längsreihen von Schuppen besitzt, und in Folge dieser Angabe hat Prof. Peters1) geglaubt, die Coelopeltis vermiculata 1) Pi'oc. zool. Soc. of Loüdou 18G1, p. 49, Die Schlangen des Russischen Reichs. 181 Eichw. für identisch mit Taphrometopon lineolatum Brandt erklären zu müssen, obgleich, wie er selbst bemerkt, die Eich wald’sche Art im Habitus viel mehr mit Coelopeltis lacer- tina Wagl., als mit dem schlanken Taphrometopon lineolatum Brandt übereinstimmt. Ge- genwärtig unterliegt es nun keinem Zweifel mehr, dass Coelopeltis vermiculata Eichw. wirklich mit Coelopeltis lacertina Wagl. identisch ist, wie solches bereits auch Prof. Eich» wald1) selbst ausgesprochen hat, denn nach Untersuchung der 13 mir vorliegenden Exem- plare der in Rede stehenden Art bin ich zu der Ueberzeugung gelangt, dass die Anordnung der Schuppen in nur 17 Längsreihen keineswegs bloss ausnahmsweise vorkommt; unter diesen 13 Exemplaren, die aus sehr verschiedenen Gegenden, wie aus der Algérie, aus Aegypten, aus Dalmatien und aus Transkaukasien, stammen, finden sich nämlich nur zwei, Jk 2017 aus Aegypten und № 2018 aus Algerien, mit 19 Schuppenreihen, während die 11 übrigen Stücke, unter denen sich, ausser transkaukasischen und dalmatischen, auch ein al- gierisches befindet, deren constant nur 17 besitzen. In Bezug auf die Abdominal- und Sub- çaudalschilder möchte ich noch bemerken, dass an den mir vorliegenden Exemplaren die Zahl der ersteren zwischen 1G3 und 17G, die der letzteren zwischen 68 und 94 Variirt und dass ich das Maximum 189 der Bauchschilder einer Angabe von Prof. Schlegel2) ent- nommen habe. Färbung und Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite aller Tlieile ist olivbraun und besitzt einen bald mehr, bald weniger ausgesprochenen Stich in’s Rothbraunc. Der Kopf zeigt auf seiner horizontalen Fläche dunkelbraune, gelb gerundete Zeichnungen von meist sehr verschiedener, schwer zu beschreibender Gestalt, die je nach den Exemplaren bald deutlicher, bald weniger deutlich vortreten. Die Oberseite des Rumpfes und Schwanzes ist mit kleinen schwärzlichen, meist auf der einen oder der anderen Seite gelb gerundeten Makeln geziert, welche gewöhnlich fünf, seltener sieben, mehr oder weniger regelmässige Längsreihen bilden und von denen die Flecken jeder Reihe mit denen der benachbarten mehr oder weniger vollständig alterniren. An den Schuppen der beiden äussersten j eder- seitigen Längsreihen finden sich ausserdem noch in grösserer oder geringerer Zahl weiss- liche oder gelbliche Makeln von unregelmässiger Gestalt und verschiedener Grösse, die sich zuweilen zu einer fast continuirlichen Wellenbinde, (wie bei Coluher ßexuosus Fischer), anordnen, zuweilen aber auch nur auf einen schmalen Saum an einzelnen Schuppen, (wie bei den beiden mir vorliegenden nordafrikanischen Stücken № 2017 und 2019), reducirt sind. Die Unterseite des Rumpfes und Schwanzes ist gelblichweiss oder bräunlichgelb und bei den Jungen überall mit schwärzlichgrauen, in Längsreihen angeordneten Makeln geziert, bei den ausgewachsenen Stücken dagegen in der hinteren Hälfte des Körpers einfarbig, bis auf die äussersten Enden der Bauchschilder, welche gleichfalls schwärzlichgraue Makeln zeigen. Nach vorn hin werden diese Makeln bei erwachsenen Exemplaren nicht bloss deut- 1) Nouv. Mémoires de Moscou IX, p. 442. 2) Schlegel, Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 200, 182 A. Strauch, licher, sondern auch zahlreicher und ordnen sich im vordersten Tlieile des Rumpfes zu Längsreihen an, ja gehen gegen die Kehle hin in Längsbinden über, die namentlich an der Unterseite des Kopfes sehr deutlich vortreten. An diesem Theile lassen sich bei Exempla- ren jeder Grösse gewöhnlich drei solcher Binden unterscheiden, eine breitere in der Mitte, welche die Kehlschilder deckt, und jederseits eine schmale, welche den Innenrand der Infralabialschilder einnimmt. Jedes Supralabialschild besitzt einen bald grösseren, bald kleineren schwärzlichgrauen Fleck und ausserdem ist meist eine Längsbinde in der Frenal- gegend, so wie eine bald gerade nach hinten, bald schräge nach hinten und unten verlau- ende schmale Temporalbinde vorhanden. Diese Färbung und Zeichnung, die am häufigsten vorkommt und die man daher als die typische bezeichnen kann, zeigen auch 4 von den fünf mir vorliegenden transkaukasischen Exemplaren , das fünfte dagegen , welches zugleich das grösste ist, gehört einer mehr einfarbigen Varietät an, welche von Dr. Fitzinger1) für eine selbstständige Art, Coluber Neumayeri , gehalten worden ist. Diese eben genannte Varietät, von welcher mir vier Exemplare vorliegen, ist auf der Oberseite bald heller, bald dunkler bräunlichgrau und erscheint entweder einfarbig, oder zeigt auf der hinteren Rumpf hälfte und auf der Schwanzbasis Andeutungen dunkeier, in Längsreihen angeordneter Makeln; bei den einfarbigen Exemplaren sind die Seitenschup- pen zuweilen gelb gerandet, ähnlich wie bei den einfarbigen Exemplaren von Coluber Aes- culapü Host. Der Kopf ist auf der Oberseite einfarbig, besitzt dagegen an der Unterseite und an den Labialschildern mehr oder weniger deutliche schwärzliche Zeichnungen. Die Unterseite des Rumpfes und Schwanzes ist gewöhnlich einfarbig bräunlichgelb, mitunter jedoch finden sich auf den 17 oder 18 ersten Abdominalschildern schwärzlichgraue Nebel- flecken, als Fortsetzung der eben so gefärbten Kehlzeichnung. Das vorhin erwähnte trans- kaukasische Stück dieser Varietät (V 2026) weicht nur wenig von den europäischen ab; es ist oben einfarbig olivbraun, unten hellgelb. Die Supralabialschilderzeigen dunkele Flecken, •ferner sind jederseits sowohl eine Frenal-, als auch eine Temporalbinde von brauner Farbe vorhanden und auf den Kinn- und Kehlschildern finden sich noch schwache Andeutungen der schwärzlichgrauen bindenförmigen Zeichnungen. Die dunkele Varietät endlich, welche Fleischmann2) als Bhabdodon fusais beschrie- ben und welche man, wenn ich nicht sehr irre, bisher ausschliesslich in Dalmatien beob- achtet hat, ist auf der Oberseite tief olivbraun, oder selbst schwarzbraun und besitzt einige hellgelb gesäumte Schuppen, welche namentlich an den Seiten zahlreicher sind und daselbst eine schmale Längsbinde von hellgelber Farbe bilden, welche am Oberrande der äussersten Schuppenreihe ganz regelmässig und bald mehr, bald weniger deutlich und continuirlich bis zum After verläuft. Das unterste Drittel der Schuppen dieser Reihe ist gleichfalls weisslich oder gelblich und bildet bei den Stücken, bei welchen, wie z. B. bei JVs 202 В un- 1) Fitziuger. Neue Classification der Reptilien, p. 57. 2) Fleisch mann. Dalmatiae nova Serpentum genera, p. 26. Dir Schlangen des Russischen Reichs. 183 serer Sammlung, die Bauchschilder schwarzgrau gefärbt sind, eine zweite Längsbinde, welche breiter als die vorher erwähnte ist und sich fast bis zur Schwanzspitze fortsetzt. Der Kopf ist auf der Oberseite eben so gefärbt, wie der Rumpf, bei dem mir vorliegenden Stücke 2024 sieht man jedoch noch Spuren der bei der bunten Form vorkommenden Ma- keln. Die Oberlippenschilder sind schwarzbraun, gelb gefleckt und die Unterseite des Kopfes zeigt die der bunten Form eigcnthlimlicben , schwärzlichen Längsbinden. Die Un- terseite des Rumpfes ist gelblich mit unregelmässigen, schwarzgrauen Flecken, die zuwei- len (bei V 2023) so Uebcrhand nehmen, dass die ganze Unterseite, bis auf einige wenige, weder der Zahl, noch der Form nach constante, gelbliche Flecken in der Mitte einzel- ner Abdominalschilder, ganz einfarbig schwarzgrau erscheint. Bei anderen Exemplaren (JV° 2021 und 2024) sind die schwarzgrauen Flecken weniger umfangreich und in mehr oder weniger regelmässige Längsreihen angeordnet, welche so gestellt sind, dass sic den Aussenrand und die Mitte des Schildes frei lassen, wodurch der Bauch drei helle Längs- binden erhält, eine in der Mitte .und eine an jeder Seite. Die Unterseite des Schwanzes ist bei allen drei Exemplaren unserer Sammlung beinahe einfarbig schwarzgrau. Maasse. Nach Prof. Schlegcl’s Angaben erreicht diese Art eine Totallänge von 141 Ctm., bei einer Schwanzlänge von 35 Ctm.: das grösste mir vorliegende Exemplar ist aber nur 105 Ctm. lang, von denen 24,5 Ctm. auf den Schwanz gehen. Habitat, Coelopeltis lacertina Wagl. bewohnt sämmtlichc Küstenländer des Mittel- meeres und dringt einerseits nach Portugal und an die Westküste von Afrika, andererseits nach Arabien, Persien und Transkaukasien vor. Was zuerst ihr Vorkommen im südlichen Europa anbetrifft, so hat man sie, wie schon bemerkt, in Portugal1) beobachtet, wo beson- ders in der Umgegend von Lissabon2) die einfarbige Varietät {Coluber Neumayeri Fitz.) gemein ist. In Spanien ist diese Art zur Zeit nur in Andalusien 3) angetroffen worden und flndet sich daselbst in den Provinzen Sevilla4), Cordova5) und Cadix; in letztgenannter Provinz hat Waltl6) sie bei Chiclana gefangen und ausserdem wird gegenwärtig ganz all- gemein angenommen, dass das von Wagler beschriebene Exemplar der Spix’schen Aus- beute von letzterem während seines Aufenthalts in Gibraltar, wo die Expedition gelandet war, gefangen und später mit den Arten der brasilianischen Ausbeute zusammengeworfen worden ist. Im übrigen Spanien ist sie allerdings noch nicht nachgewiesen, dürfte daselbst aber schwerlich fehlen, da sie, wie schon der Name Coluber monspessulanus Ranz, andeu- tet, im südlichen Frankreich7), in der Gegend von Montpellier8) und von Marseille9), so 1) Günther. Catal. of Coluhrine Snakes, p. 139. 2) Guérin. Revue et Mag. de Zoologie, 2tle sér. XV (1861), p. 333. 3) Rosenhauer. Die Thiere Andalusiens, p. 15. 4) Revista de Cicncias, Literatura y Artes (Sevilla) IV (1859), p. 569. 5) Lichtenstein. Nomencl. Reptil, et Amphibior. Mus. zool. Berol. p 32. 6) Waltl. Reise durch Tyrol, Oberitalien und Pie- mont nach dem südlichen Spanien. Anhang, p. 19. 7) Archives du Muséum VII, p 262, 8) Ranzani. De Serpente monspessulano, p. 14. 9) Schlegel, Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 204. 184 A. S TE AU CH, wie in den Départements du Gard’) und des Alpes maritimes2) einheimisch ist. Wie es um ihr Vorkommen auf der Italischen Halbinsel steht, lässt sich zur Zeit nicht genauer be- stimmen, es gehen zwar mehrere Autoren3) Italien unter den Fundorten an, jedoch ohne nähere Bezeichnung, und selbst Bonaparte hat nicht ermitteln können, oh sie auf der Halbinsel einheimisch ist oder nicht; auf der Insel Sardinien soll sie nach Géné4) ganz be- stimmt fehlen, in Sicilien5) dagegen ist sie wiederholt beobachtet worden. Ferner findet, sie sich in Istrien6), kommt nach Botteri7) auf der Insel Lésina vor und ist nach Hrn. Er- ber8) überhaupt durch ganz Dalmatien häufig; im türkischen Reiche ist sie in der Umge- gend von Constantinopel °) gefangen worden und bewohnt auch Griechenland10), so wie die Jonischen Inseln11), wo man sie namentlich auf Corfu9) gefunden hat. In Klein-Asien scheint Coelopeltis lacertina Wagl. gleichfalls vorzukommen, denn erstens liesse sich der von Du- méril und Bibron12) angeführte Fundort Levante auf Klein-Asien beziehen und zweitens hat man sie in weit östlicheren Gegenden, wie z. B. in der Nähe von Teheran13) gefangen, und eben so lässt sich auch ihre Anwesenheit in Syrien vermuthen, da Tristram14) sie im Heiligen Lande, sowohl in Galilaea, als auch in der Gegend von Jerusalem, beobachtet hat. Von Palaestina erstreckt sich ihr Verbreitungsbezirk südwärts bis Moilah15) in Arabien und umfasst zugleich den ganzen Nordrand von Afrika, von Aegypten16) über Tripolis17), Tunis18) und Algerien19) bis nach Mogador20), ja dehnt sich wahrscheinlich noch weiter in’s eigent- liche West- Afrika aus, wenigstens besitzt das British Museum18) drei Exemplare dieser Schlange, die aus West-Afrika, leider ohne nähere Bezeichnung des Fundortes, stammen. Im Russischen Reiche schliesslich ist Coelopeltis lacertina Wagl. in ihrem Vorkommen durch- aus auf Transkaukasien beschränkt und bewohnt vorzugsweise die südlichen Provinzen21), 1) Clermont. Quadrupeds and Reptiles of Europe, p. 227. 2) Bonaparte. Iconogr. della Fauna italica. Amfibi. = Cohiber monspessulanus. 3) Copc (Proc. Acad. Philadelph. XIT (1860), p. 553) z. B. erwähnt eines von Dr. Wilson in Italien erbeu- teten Exemplars, und Lichtenstein führt unter den Fundorten sogar speciell Mailand auf, da jedoch sein Nomenclator nur mit grosser Vorsicht zu brauchen ist, so wage ich diese Angabe nicht für ganz sicher hinzu- stellen. 4) Géné. Synopsis Eeptilium Sardiniae, p. 3. 5) Bonaparte. Amphibia europaea, p. 45. 6) Fleischmann. Dalmatiae nova Serpentum gé- néra, p. 30. 7) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien III (1853) Sitzungsber., p. 129. 8) Ibidem XIV (1864) Abh., p. 706. 9) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 89. 10) Betta. Rettili e Anfibi del Regno della Grecia, p, 69. % >o »aparte, iconogr. uena rauna i tan ca. = Cohiber * monspessulanus , 12) D. et B. Erpétol. génér. VII, p, 1133. 13) Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXXIV. Das auf pl. I in fig. 2 abgebildete Exemplar stammt, wie die Erklärung auf dem Umschläge der Lieferung lehrt, aus Teheran. 14) Proc. zool. Soc. of London 1864, p. 489. 15) Museum Senckenbergianum I, p, 143 = Cohiber moüensis R e u.s s. 16) Description de l’Egypte. Atlas. Rept, pl VII f. 6, Suppl, pl. V f 2, 3. 17) Schlegel. Essai sur Ja Physionomie des Serpens II, p. 204. 18) Günther. Catal. of Colubriue Snakes, p. 139. 19) Exploration scientifique de l’Algérie. Rept., p. 23. 20) Günther. Catal. of Colubrine Snakes, p. 251. 21) Bulletin de Moscou III (1831), p. 368. — Eich- wald, Fauna caspio-caucasia, p 154. Die Schlangen des Russischen Reichs. 185 jedoch hat man sie auch bei Tiflis x) lind auf dem in der Nähe dieser Stadt gelegenen Berge Solalaki1 2) beobachtet. Im südlichen Transkaukasien hat Ménétriès3) sie bei Zouvant im Talysch- Gebirge gefangen, Hohenacker4) fand sie in der Gegend von Helenendorf, Dr. Kolenati5) in den transkaukasischen Steppen, Prof. Eichwald6) in der Moganischen Steppe, woher auch unsere Sammlung ganz neuerdings durch Dr. Rad de ein Exemplar er- halten hat, und endlich besitzt unser Museum noch ein Stück dieser Art, welches Herr Akad. Brandt in der Gegend von Baku gefangen hat. Der Verbreitungsbezirk von Coelo- peltis lacertim Wagl. erstreckt sich somit von der Küste des atlantischen Océans über Süd- Europa und Nord-Afrika bis zum Kaspischen Meere und bis in’s westliche Arabien und wird im Norden von einer Linie begrenzt, welche in Frankreich etwa dem 44, in Istrien dem 45 und in Transkaukasien dem 41 .° n. Br. folgt, während die Aequatorialgrenze desselben sich zur Zeit noch nicht näher bestimmen lässt, aber • wahrscheinlich wohl mit der Nord- grenze.der grossen afrikanischen Wüsten zusammenfallen wird. 25. Taphrometopon lineolatum Brandt, tab. W. T. supra cinereum, fasciis quatuor longitudinalibus, bruneis vel olivaceo-nigricantibus, nigro-marginatis, plus minusve distinctis et in trunco saepissime in maculas parvas, sub- quadrangulares dissolutis; dorsalibus a superciliis ad caudae apicem usque percurrentibus, lateralibus pone nares incipientibus et in corporis lateribus, plerumque longe ante caudam, evanescentibus ; scutello verticali nec non sutura scutellorum occipitalium semper vitta longi- tudinali, brunea vel fusco-olivacea, linea dorsi media seu vertebrali vero rarius serie longi- tudinali macularum subquadrangularium, nigrarum, notatis; scutellis supralabialibüs albidis vel flavicantibus , margine inferiore plerumque fusco - maculatis ; subtus ex flavo albicans, abdomine fascia media longitudinali lata et praeterea in utroque latere linea longitudinali angusta, plerumque in puncta dissoluta, grisco-fuscis, plus minusve distinctis, rarius eva- nescentibus, mento gulaque semper fasciis tribus longitudinalibus, grisescentibus, ornatis. Corpore gracili, valde elongato et subtus deplanato, lateribus subangulatis, capite oblongo, angusto, tetragono et a trunco parum distincto, rostro acuminato, fronte ante oculos valde impressa, cauda elongata, acuminata; naribus utrinque inter scutella bina positis, vertico- lateralibus; scutellis supralabialibus utrinque 9, quarto,, quinto et sexto oculi bulbuni attin- gentibus; scutello praeoculari simplici, postocularibus duobus; squamis lanceolatis, in adultis distincte, in junioribus vix longitudinaliter impressis seu canaliculatis , in trunci parte an- teriore semper in 17 seri.es longitudinales dispositis ; sentis abdominalibus 184 — 197, anali diviso, subcaudalibus utrinque 8 5 — - 1 0 7 . 1) Eicbwald. Reise auf dem Kasp. Meere und in den Kaukasus I Abth. 2, p. 748. 2) Filippi. Viaggio in Persia, p. 81. 3) Méné triés. Catal. raisonné, p. 73. Mémoires de ! ’Acad. Imp, des soiences, Vllme Série. 4) Bulletin de Moscou X (1837) № VII, p. 145. 5) Kolenati. Reiseerinnerungen I, p. 56. 6) Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 155. 24 186 A. Strauch, Synonymie. 1823. Goluber caspius Lichtenstein in: E ver s mann. Reise von Orenburg nach Buchara, p. 146. № 15. 1826. Goluber caspius Lichtenstein in: Meyendorff. Voyage d’Orenbourg à Boukhara, p. 466. №. 15. 1838. Goluber ( Taphrometopon ) lineolatus Brandt. Bull, scientif. de Г Acad, de St.-Péters- bourg III, p. 243. 1854. Ghorisodon sibiricum D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 902. 1861. Taphrometopon lineolatum Peters. Proc. zool. Soc. of London 1861, p. 48. Die Gattung Taphrometopon Brandt stellt gewissermaassen ein Zwischenglied zwi- schen den Gattungen Goelopeltis Wagl. und Psammophis Boje dar, indem die einzige bisher bekannte Art dieser Gattung die tief ausgehöhlte Stirn und die, allerdings in etwas gerin- gerem Grade, der Länge nach ausgehöhlten Schuppen mit den Goelopeltis- Arten gemein hat, dabei aber im ganzen Habitus vollkommen mit den Psammophis- Arten übereinstimmt. Genau dasselbe Verhältniss besteht auch hinsichtlich des Gebisses von Taphrometopon lineolatum Brandt, auch hierin zeigt diese Schlange Verwandtschaft zu beiden oben genannten For- men. Jedes Oberkieferbein derselben trägt nämlich, ausser den, allen Psammophiden zu- kommenden, hinteren und von den übrigen Zähnen etwas abgerückten Furchenzähnen, eine ununterbrochene Reihe glatter Zähne, unter denen die vorderen und die hinteren beträcht- lich kürzer sind, als die mittleren ; bei den Goelopeltis- Arten bilden die glatten Oberkiefer- zähne zwar gleichfalls eine ununterbrochene Reihe, sind aber an Länge unter einander kaum verschieden, und bei den Psammophis- Arten endlich finden sich in der Mitte des Oberkieferbeins, also etwa unter dem Auge, gewöhnlich zwei auffallend lange, glatte Zähne, die sowohl von den vorderen, als auch von den hinteren durch eine kleine Zahnlücke ge- trennt sind. Es stimmt also Taphrometopon lineolatum Brandt mit den Goelopeltis- Arten durch den Mangel der Zahnlücke und mit den Psammophis- Arten durch die ungleiche Länge der Zähne überein. Diese Beschaffenheit des Gebisses der in Rede stehenden Art ist zuerst von Prof. Peters beschrieben worden, der die Identität von Ghorisodon sibiricum Dum. und Taphrometopon lineolatum Brandt nachwies und zugleich die Angabe Bibron’s, dass im Gebiss dieser Art eine Zahnlücke vorhanden sei, berichtigte; obwohl nun die von einer xylographischen Abbildung begleitete Beschreibung Prof. Peters’ bereits im Jahre 1861 erschienen ist, hat der verstorbene Jan Dumérrl’s Ghorisodon sibiricum nicht bloss in die Gattung Psammophis Boje eingereiht, sondern sogar für eine einfache Varietät des gemeinen, über den grössten Theil von Afrika verbreiteten Psammophis sibilans L. erklärt1), ÿ 1) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 90. — Filippi. Viaggio in Persia, p. 356 bei Gelegenheit der Be- schreibung von Psammophis Doriae Jan. Die Schlangen des Russischen Reichs. 187 Obgleich Taphrometopon lineolatum Brandt bereits mehrmals beschrieben worden ist, fehlt es zur Zeit doch an einer detaillirten Beschreibung desselben, und da mir ein ungleich grösseres Material zu Gebote steht, als irgend einem der früheren Autoren, welche diese Art behandelt haben, so lasse ich hier eine ausführliche Beschreibung folgen. Der Kopf ist ziemlich gestreckt, etwa doppelt so lang, wie an den Mundwinkeln breit, von tetragono-pyräinidaler Form mit steil abfallenden Seiten und zeigt auf seiner horizon- talen Oberfläche eine ziemlich tiefe Aushöhlung, die auf dem Scheitel beginnt und sich auf die Schnauze fortsetzt; zwischen den Supraorbitalschildern ist diese Vertiefung ziemlich seicht, erreicht an der Vereinigungsstelle des Verticalschildes mit den beiden Postfrontal- schildern ihr Maximum sowohl an Tiefe, als auch an Breite und zieht dann als schmale, ziemlich tiefe Längsfurche längs der Nath, welche zuerst die beiden Post- und dann die beiden Pracfrontalsehilder mit einander vereinigt, bis zum Rostralschilde. Die Schnauze ist kurz, denn ihre Länge, d. h. die Distanz zwischen dem vorderen Rande des Auges und der Schnauzenspitze, ist geringer, als die Entfernung der beiden Margines supraorbitales von einander, und der Canthus rostralis ist stumpf zugerundet, aber durchweg sehr deutlich ausgebildet. Das Rostralschild ist ziemlich gross, durchaus auf den Ÿerticalen Theil der Schnauzenspitze beschränkt und besitzt eine so stumpf zugerundete obere Ecke, dass es eine fast halbkreisförmige Gestalt darbietet; es ist auf der Oberfläche ziemlich stark ge- wölbt und liegt schräge, so dass die Schnauzenspitze von oben und vorn nach unten und hinten abgestutzt erscheint. Die beiden Praefrontalia sind unregelmässig fünfeckig und wenig mehr als halb so gross, wie die Postfrontalia , welche letzteren gleichfalls unregel- mässige Fünfecke darstellen und deren äusserer dreieckiger Theil auf die seitliche Kopf- fläche herabgebogen ist. Das Verticalschild ist sehr schmal und langgestreckt, von zungen- förmiger Gestalt mit breiter, stumpfwinklig geknickter Basis, und jedes der beiden Su- praorbitalia stellt ein schiefes Parallelogramm mit abgerundeten Aussenecken dar, dessen Oberfläche ziemlich stark gewölbt ist, und zwar sowohl von vorn nach hinten, als auch von rechts nach links, so dass die Supraorbitalregion bei jeder Ansicht des Kopfes stark ge- wölbt erscheint. Jedes der beiden Occipitalschilder, die unter allen Kopfschildern die be- trächtlichsten Dimensionen besitzen, hat etwa die Gestalt eines rechtwinkligen Dreiecks, dessen Hypotlienuse nach aussen gerichtet ist und dessen vorderer innerer Winkel, der ei- nem Rechten gleichkommen würde, eine bogenförmige Ausrandung zeigt, wodurch , bei Be- rücksichtigung beider Occipitalia, ein rundlicher Ausschnitt entsteht, in welchen sich die mehr oder weniger zugerundete Spitze des Verticalschildes hineinlegt; die vordere äussere Ecke eines jeden dieser beiden Schilder, die auf die verticale Kopffläche hinüberragt, grenzt mit ihrer vorderen Seite an den grössten Theil der hinteren Seite des oberen Postoculare, und die hintere Ecke desselben endlich ist mehr oder weniger stumpf zugerundet, so dass die hinteren Enden beider Schilder, je nach der grösseren oder geringeren Abstumpfung, mehr oder weniger auseinandertreten und einen etwa dreieckigen Raum freilassen, welcher meist durch eine, seltener durch mehrere Nackenschuppen ausgefüllt wird. 188 A. Strauch, Von den Schildern auf der verticalen Kopffläche sind zuerst die beiden Nasalia zu erwähnen, von denen das vordere fast doppelt so gross ist, wie das hintere, und an seinem Hinterrande einen tiefen, mit der Concavität nach hinten gerichteten Ausschnitt zeigt, in welchen sich ein grosser Theil des Nasale posterius einschiebt. Das Nasenloch ist nicht rund, sondern in die Länge gezogen und hat die Form einer kurzen, schmalen, mit der Oeffnung subvertical gerichteten Längsspalte. Das Frenalschild ist auffallend langgestreckt, fast doppelt so lang, als breit, und von viereckiger Form. Das Praeoculare, von welchem ein dreieckiger Theil auf der horizontalen Kopffläche liegt und sich zwischen das Supraorbitale und Postfrontale seiner Seite einschiebt, ist sehr hoch, im oberen Theile mehr als doppelt so lang, wie im unteren, und würde, abgesehen vom horizontal gelegenen Theile desselben, ein rechtwinkliges Dreieck mit stark und schräge abgestutzter, nach unten gerichteter Spitze darstellen, wenn seine hintere, der Hypothcnuse des Dreiecks entsprechende, an den Bulbus grenzende Seite nicht tief halbkreisförmig ausgerandet wäre. Von den beiden jeder- seitigen Postocularschildern ist das untere etwas kleiner, als das obere, und beide haben die Gestalt von Vierecken, an denen sowohl die vordere, als auch die hintere Seite einen mit der Convexität nach hinten gerichteten Bogen bilden. Die Temporalia erster Reihe sind langgestreckt und in der Zahl zwei vorhanden; das untere derselben, welches vorn an den unteren Theil des Postoculare inferius grenzt, ist am grössten und etwa um ein Drittel län- ger, als das obere, das mit beiden Postocularschildern in Berührung stellt. Die Temporal- schilder zweiter und dritter Reihe sind klein, von polygonaler Gestalt und von den Nacken- und seitlichen Halsschuppen wenig verschieden , mit Ausnahme des obersten Schildes der dritten Reihe, welches an den hinteren Theil des Seitenrandes des Occipitale grenzt und mehr als doppelt so gross ist, wie die übrigen Schläfenschilder der beiden hinteren Reihen. Von den jederseitigen 9 Supralabialschildern ist das erste ein Trapez, dessen längere Pa- rallelseite nach oben gerichtet ist und an den Unterrand der beiden Nasalia grenzt; die drei folgenden Oberlippenschilder sind schiefe Parallelogramme, die successiv an Länge abnehmen und von denen das lte, also das 2te Supralabiale überhaupt, an das Frenale, das folgende an das Frenale und das Praeoculare und das letzte an das Praeoculare und an den Bulbus grenzt. Das 5te Oberlippenschild ist wieder ein Trapez, dessen kurze Parallelseite an den Augapfel grenzt, das 6t0 ist ziemlich langgestreckt, hinten etwa doppelt so hoch, als vorn, und viereckig, lässt sich aber doch mit einem liegenden rechtwinkligen Dreiecke ver- gleichen, dessen bogenförmige Hypothenuse an den Augapfel grenzt; der hintere untere Winkel dieses Schildes ist etwa einem Rechten gleich und der hintere obere, der an das Postoculare inferius grenzt, ist leicht zugerundet. Das 7te Supralabiale ist wiederum ein Trapez, an welchem die kurze Parallelseite mit dem unteren Temporale erster Reihe in Berührung steht, und das 8tc hätte die Gestalt eines rechtwinkligen Vierecks, wenn seine hintere Seite nicht stumpfwinklig geknickt wäre; es grenzt mit seiner oberen Seite an den hinteren Theil des Unterrandes des grossen Temporale inferius erster Reihe und mit der hinteren oberen an den Vorderrand des untersten Temporale zweiter Reihe. Das 9t0 und Die Schlangen des Russischen Reichs. 189 letzte Supralabialschild endlich, das mit den untersten Schläfenschildern zweiter und dritter Reihe in Berührung steht, ist lancettförmig mit nach hinten gerichteter Spitze. An der unteren Kinnlade finden sich jederseits 10 Infralabialschilder, von denen das erste, wie gewöhnlich, mit seinem Gegenüber unter spitzem Winkel vereinigt ist und das kleine dreieckige Mentale von der Berührung mit den Gularschildern ausscldiesst. Die drei folgenden Infralabialia sind klein und viereckig, das 5t0 fast doppelt so gross, wie das 4te, und gleichfalls viereckig, das 6te, das grösste unter allen, hat einen spitzwinklig geknickten Hinterrand und ist somit fünfeckig, und die 4 letzten sind wiederum viereckig und nehmen vom 7ton bis zum 10t,e“ successiv an Grösse ab. Die beiden Kehlschilderpaare, die jederseits mit den G ersten Infralabialschildern in Berührung stellen, sind sehr in die Länge gezogen und hinten zugespitzt; die des 2ten Paares sind schmäler und länger, als diejenigen des lteQ, und grenzen dabei mit ihrem Innenrande nicht, wie die vorderen, dicht an einander, son- dern sind wenigstens in ihrer hinteren Hälfte durch eine Kehlschuppe von einander getrennt. Der Rumpf ist ausserordentlich langgestreckt und schlank, auf der Rückenseite schwach dachförmig, auf der Bauchseite dagegen deutlich abgeplattet, so dass die Seiten des Bau- ches, namentlich in der vorderen Rumpfhälfte , deutlich, aber äusserst schwach, winklig ge- knickt erscheinen. Die Schuppen, die im vorderen Drittel des Rumpfes constant 17 Längs- reihen bilden, sind lancettförmig und nehmen, wie gewöhn ich, nach den Seiten, gegen den Bauch hin, an Breite zu. Bei den erwachsenen Exemplaren ist jede Schuppe, mit Aus- nahme derjenigen in den beiden jederseitigen äussersten Längsreihen, die plan sind, der Länge nach deutlich vertieft, welche Vertiefung sicli bei den mittelwüchsigen Stücken auf die Basis der Schuppe, wo sie überhaupt am deutlichsten ausgesprochen ist, beschränkt; bei den Jungen ist von dieser Längsfurche oder Grube meist nicht die geringste Spur zu entdecken. Der Schwanz ist ziemlich lang, schwach comprimirt, am Ende zugespitzt und mit hexagonalen, in den seitlichen Reihen sehr in die Breite gezogenen Schuppen bekleidet, welche an seiner Basis in 8 Längsreihen angeordnet sind. Taphrometopon lineolatum Brandt scheint in seinen morphologischen Charakteren sehr constant zu sein, denn unter allen 50 Exemplaren, welche ich zu untersuchen Gele- genheit gehabt habe, sind mir nur zwei mit leichten Anomalien aufgestossen;’bci dem einen dieser beiden Stücke (JVü 2048) ist auf der linken Seite das 7te Supralabialschild durch eine verticale Nath in zwei hinter einander stehende, kleinere Schildchen getrennt, wodurch also dieses Stück auf der linken Seite nicht 9, sondern 10 Supralabialschilder besitzt, und bei dem anderen (As 2057) ist jederseits das Postoculare superius in zwei, über einander ste- hende Schildchen getheilt, wodurch das Exemplar einige Aehnlichkeit mit dem persischen Psammopliis Doriae Jan1) erhält, bei welchem jederseits gleichfalls 3 Postocularschilder vorhanden sind. 1) Die von Jan in Filippi’s Viaggio in Persia p. 35G unter dem Namen Psammopliis Doriae beschriebene Schlange soll, wie Jan selbst angiebt, dem Ghorisodon sibiricum Dum. ( Taphrometopon lineolatum Brandt) sehr 190 A. Strauch, Färbung und Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite aller Theile ist ein bald helleres, bald dunkleres Bräunlichgrau, das bei einzelnen Stücken, namentlich bei ganz jungen, einen leisen Stich ins Grünliche zeigt, die der Unterseite ist stets sehr hell gelblichweiss. Was die Zeichnungen anbetrifft, so sind dieselben bei dieser Art in ähnlicher Weise variabel, wie bei Psammophis sibilans L., jedoch bezieht sich die Variabilität ausschliesslich auf die Zeichnungen des Rumpfes und Schwanzes, während der Kopf bei allen Stücken, sie mögen in den Zeichnungen des Körpers noch so sehr differiren, vollkommen gleich gezeichnet er- scheint. Auf der Oberseite des Kopfes finden sich nämlich fünf braune oder seltener dun- kelolivfarbene Längsbinden, die mehr oder weniger vollständig schwarz gerandet sind. Die mittelste dieser fünf Längsbinden beginnt am vorderen Rande des Verticalschildes, setzt sich auf die Natli zwischen den beiden Occipitalia fort und endet hier meist stumpf zuge- rundet; sie ist nicht immer continuirlich , sondern erleidet ab und zu, wie namentlich am hinteren Ende des Verticalschildes, kleine Unterbrechungen und Avird vorn auf der Schnauze durch einen hellgelben schwarz gerandeten Längsstreifen ersetzt , welcher der oben er- wähnten Schnauzenfurche folgt, d. h. genau die Mitte der Schnauze, wo dieNath der beiden Frontalschilderpaare liegt, einnimmt und am oberen Rande des Rostralschildes endet. Seit- lich von diesem gelben Mittelstreifen finden sich vier dunkele, schwarz gerundete Makeln, auf jeder Seite zwei, die auf den 4 Frontalschildern liegen und ungefähr die Form dieser Schilder nachahmen. Zu jeder Seite der eben erwähnten braunen Centralbinde findet sich eine zAveite, gleichfalls braune, schwarz gerundete, aber bedeutend breitere Binde, die am Vorderrande des Supraorbitalschildes beginnt, dieses Schild bis auf die Seitenränder ganz deckt und sich über den seitlichen Theil des Occipitale auf den Nacken fortsetzt. Die dritte jederseitige Binde ist gleichfalls braun mit schwarzen Rändern und liegt auf der verticalen Kopffläche; sie beginnt am Nasenloch, zieht, breiter Averdend, gegen das Auge, durchsetzt dasselbe, d. h. wird von ihm unterbrochen, und läuft dann, der vorher erwähnten paarigen Binde parallel, gleichfalls auf den Nacken. Die Oberlippenschilder sind stets' sehr hell ge- färbt, Aveisslichgelb, und fast immer ist jedes derselben an seinem unteren Rande mit einem grösseren oder kleineren, scliAvärzlichen oder schwärzlichgrauen Fleck geziert. Die Unter- seite des Kopfes, deren Zeichnung gleichfalls sehr constant ist, zeigt drei schwärzliche oder schwärzlichgraue Längsbinden, die selten continuirlich sind, sondern meist aus kleinen, nicht immer scharf begrenzten Makeln zusammengesetzt erscheinen. Die mittlere dieser drei Binden beginnt am Kinnschilde und folgt genau dem Sulcus gularis, d. h. sie liegt auf den einander zugekehrten Innenrändern der beiden, hinter einander stehenden Gularschil- derpaare; jede der seitlichen dagegen verläuft auf den Infralabialschildern und ist dem in- neren Rande derselben näher gerückt, als dem äussern. Was nun die Zeichnungen des Rumpfes und Schwanzes anbetrifft, so zeigen die am ähnlich sein, unterscheidet sich von demselben aber so- I ocularschildern auf jeder Seite, als auch durch die ge wohl duroh die Anwesenheit von 3 Nasal- und 3 Post- | ringere Zahl (178) von Bauchschildern, Die Schlangen des Russischen Reichs. 191 schönsten ausgefärbten Exemplare auf der Oberseite jederseits zwei Längsbinden als Fort- setzung der beiden jederseitigen Kopfbinden. Von diesen vier Binden sind die beiden mitt- leren, die sich bis an’s Ende des Schwanzes fortsetzen und die unmittelbare Fortsetzung der beiden auf den Supraorbitalschildern entspringenden Kopfbinden bilden, castanienbraun, oder seltener dunkelolivbraun , dabei stets auf beiden Seiten schwarz gerandet und entwe- der in ihrer ganzen Ausdehnung gleichfarbig, oder aber ganz regelmässig von helleren Flecken durchsetzt, welche letzteren immer der Mitte einer Schuppe entsprechen. Die beiden Flankenbinden, welche sich zuweilen, aber selten, auf den Schwanz fortsetzen, meist jedoch schon vor demselben verschwinden, bilden die unmittelbare Fortsetzung der am Na- senloch entspringenden seitlichen Kopf binden und sind in der Regel ungleich breiter, als die Dorsalbinden, jedoch niemals so scharf ausgeprägt und meist etwas heller gefärbt, als jene; nach innen, gegen den Rücken hin, sind sie wohl immer deutlich schwarz gerandet, nach aussen, gegen den Buuch hin, aber nicht, obwohl sie sich gegen die helle Farbe der Un- terseite vollkommen scharf abgrenzen. Der Raum, der zwischen den beiden jederseitigen Binden liegt, ist nun auffallend hell gefärbt und zeigt bei einigen Stücken sogar einen oran- gefarbenen Anflug, so dasä solche Stücke jederseits ein helle orangegelbe Längsbinde zu besitzen scheinen. Die Rückenmitte, d. h. der den Wirbeln entsprechende Theil des Rük- kens, der also zwischen den beiden Dorsalbinden liegt, ist bald heller, bald dunkler bräunlichgrau gefärbt und zeigt mitunter auch eine Längsreihe kleiner schwarzer oder schwärzlicher Makeln, die meist den Seitenrändern der Schuppen nicht der centralen, son- dern der ihr jederseits zunächst liegenden Längsreihe entsprechen. Die obige Zeichnung zeigen die Stücke № 2048, 2054, 2062 und 3656 unserer Sammlung in sehr scharf aus- gesprochener Weise, weniger deutlich und hin und wieder etwas modifient, findet sich die- selbe auch bei den Stücken № 2043, 2045, 2049, 2056, und 2061. Bei den übrigen von mir untersuchten Exemplaren verschwinden zunächst die Flankenbinden, und zwar schon vor der Mitte des Rumpfes, ja meist sogar gleich hinter dem Kopfe, und die Dorsalbinden verlaufen nicht mehr continuirlich , sondern sind in grössere oder kleinere , meist schwärz- liche Makeln aufgelöst; zuweilen tritt, wie z. B. bei № 2055 und in geringerem Grade auch bei № 2051, noch eine dritte oder centrale Längsreihe ähnlicher Makeln auf, welche die Spitzen der in der Vertebral- oder Centralreihe liegenden Schuppen und die Seitenränder der Schuppen der jederseitigen benachbarten Reihe einnehmen. Diese zwei oder drei Ma- kelreihen nehmen nun allmählich an Deutlichkeit ab, die Makeln werden immer kleiner, gegen das Ende des Rumpfes immer undeutlicher und verschwinden endlich ganz, so dass der ganze Rumpf und Schwanz einfarbig schmutzig bräunlichgelb erscheinen, wie solches z. B. bei den Stücken № 2046, 2047 und 2929 unserer Sammlung der Fall ist. In ähnlicher Weise variabel, wie die Zeichnungen der Oberseite, sind auch diejenigen der Unterseite, und zwar geht die grössere oder geringere Ausbildung derselben auf beiden Körperoberflächen keineswegs Hand in Hand, denn mir liegen Stücke mit sehr entwickelter Zeichnung der Dorsalseite vor. wie z. B. № 2045, bei welchen die Unterseite fast einfarbig 192 A. Strauch, ist, und umgekehrt, die deutlichste und am schönsten ausgeprägte Zeichnung der Unter- seite finde ich gerade bei den Stücken № 205S und 2929, deren Oberseite sehr wenig ge- zeichnet, ja bei dem letztgenannten Stücke sogar einfarbig ist. Auf der Unterseite findet sich zunächst jederseits, genau in der Mitte zwischen der leichten seitlichen Knickung und dem Seitenrande eines jeden Bauchschildes ein schwarzer Punkt oder auch ein feiner Strich, der dem Hinterrande des Schildes gewöhnlich näher steht, als dem Vorderrande, und mitunter so an Länge zunimmt, dass er mit dem gleichgeformten Striche des vorher- gehenden und nachfolgenden Bauchschildes in Berührung kommt, wodurch an jeder Seite des Bauches eine continui fliehe schwarze Linie entsteht, die sich meist auch auf die Un- terseite des Schwanzes fortsetzt, hier aber gewöhnlich in Punkte aufgelöst ist. Diese Punktreihe oder auch Linie ist im Ganzen sehr constant und verschwindet nur bei wenigen Exemplaren in der hinteren Rumpfhälfte.. Ausserdem ist die Mitte eines jeden Bauch- schildes von einer schwärzlichgrauen, seitlich dunkler gerandeten, auf den vordersten Bauchschildern dreieckigen , später aber viereckigen Makel eingenommen und somit die ganze Bauchmitte von einem breiten continuirlichen dunkelcn Bande durchzogen , welches jedoch nur selten bis zur Cloakenspalte reicht, sondern meist schon vor der Mitte des Rum- pfes entweder gänzlich verschwindet, oder, was häufiger der Fall ist, in so fern undeutlich wird, als nur die dunkelen Seitenränder der einzelnen Makeln bestehen bleiben, die Mitte aber die Grundfarbe zeigt; alsdann erscheint der Bauch auch in der Mitte mit zwei dun- » kelgrauen oder selbst schwärzlichen Längslinien verziert. An der Unterseite des Schwan- zes ist bei denjenigen Exemplaren, bei welchen die seitlichen Linien und namentlich auch die mittlere Bauchbinde bis zur Cloakenspalte reichen, eine mehr oder weniger deutliche Fortsetzung dieser Zeichnungen zu sehen, bei den meisten dagegen ist der Schwanz unten f vollkommen einfarbig oder zeigt doch nur die jederseitige laterale Punktreihe. Maasse. Das längste mir vorliegende Exemplar dieser Art (№ 2051) besitzt eine To- tallänge von 105 Ctm., von denen 28 Ctm. auf den Schwanz gerechnet werden müssen; ein anderes Stück .№ 2045, welches durchweg fast um die Hälfte dicker ist, als № 2051, misst nur 102 Ctm., von denen 25 Ctm. auf dem Schwanz entfallen. Habitat. Taplirometopon lineolatum Brandt bewohnt die aralo-kaspischen Steppen, das östliche Persien, das Gebiet Turkestan, so wie einen Theil der Kirgisensteppe, das soge- nannte Siebenstrom -Land, und erreicht die Ostgrenze seines Verbreitungshezirks im Tomskischen Gouvernement, bei Barnaul, dem Hauptorte des Altafschen Hüttenbezirkes. Die ersten Exemplare dieser Art, die nach Europa kamen, waren von Dr. Eversmann auf seiner bucharischen Reise in der nordwestlich vom Aral-See gelegenen Sandwüste Bursuk !) erbeutet worden, und erst viel später, im Jahre 1837, schickte der verstorbene Karelin dem akademischen Museum ein von ihm am Ostufer des Kaspischen Meeres gefangenes Stück ein, welches eben von Akademiker Brandt zur Aufstellung der Art benutzt wurde. 1) Proc. zool. Soc. of London 1861, p. 47. Die Schlangen des Russischen Reichs. 193 Der specielle Fundort dieses Karelin’schen Stücks, also des Originalexemplars, ist leider nicht näher bekannt, jedoch wird es wohl wahrscheinlich aus der Gegend von Krasnowodsk stammen, die Karelin besucht hat, und wo diese Art besonders häufig zu sein scheint, wenigstens hat unser Museum später durch Dr. Sewerzow, Dr. Radde und Hrn. Faust noch zahlreiche Exemplare derselben gerade aus der genannten Gegend erhalten. Dr. Se- werzow hat sie ferner auch bei dem weit südlicher, unweit des Atrek-Flusses, gelegenen Berge Ak-Tjubé (Belyi Bugor) gefangen und von Dr. Sie vers ist dem Museum ganz neuer- dings ein im alten Oxus-Bette erbeutetes Exemplar nebst mehreren anderen, sehr interes- santen BepUlien und Amphibien zum Geschenk dargebracht worden; aber auch auf der be- nachbarten, zu Persien gehörenden Insel Tschelekän scheint diese Art einheimisch zu sein, wenigstens lässt sich die von Hrn. von Baer1) kurz besprochene Schlange, die durch ihren Habitus an die Dendrophis- ArteD der heissen Zone erinnern soll, nur als Taphromelopon lineolatum Brandt deuten. In dem nördlich vom Karaboghas gelegenen Theile der Kaspi- schen Ostküste findet sich die in Rede stehende Schlange gleichfalls und ist daselbst bereits an verschiedenen, weit von einander gelegenen Punkten beobachtet worden; so hat Dr. Sewerzow mehrere Exemplare am Kenderlinskischen Meerbusen gefangen, Mag. Goebel brachte zwei jüngere Stücke von der Halbinsel Mangyschlak mit, von denen das eine bei Usun-Kuduk-Karatau, das andere im Kreidethale Dshalbart2), etwa 110 Werst von Nowo- Alexandrowsk, erbeutet war, und unter den BepUlien der Lehman n’schen Ausbeute fanden sich einige bei Nowo-Alexandrowsk gefangene Stücke vor. Ferner verdankt unser Museum dem unermüdlichen Reisenden Dr. Sewerzow noch andere Exemplare dieser Art, die zum Theil auf dem Plateau des Ust-Urt gesammelt worden sind, zum Theil vom Syr-Darja stammen, und zwar sowohl aus der nördlich von dem genannten Strome gelegenen Wüste Daryalyk, als auch aus der Gegend des Postens Bisch-Arna (nördlich vom Fort Perowsky), In dem neu eroberten Turkestans’chen Gebiet ist Taphrometopon lineolatum Brandt gleich- falls nicht selten und zugleich auch recht weit verbreitet, denn Hr. Fedtschenko fing ihn am Ostrande der Wüste Kisilkum, bei Korshun (in Mehrzahl) und bei Tschardara, ferner in der Umgegend von Taschkent und endlich am Uluss, einem kleinen Steppenflüsschen im Sarafschan-Thale. Alsdann bewohnt die in Rede stehende Art das Siebenstrom-Land, wo Dr. A. v. Schrenck sie an den Ufern des Balchasch, am Ili-Flusse, am Koksu, einem der Quellflüsse des Karatal, am Bidje, einem Ncbenflüsschcn des Koksu, im Alatau und am Alakul gefangen hat, und dann besitzt unser Museum noch ein Exemplar, welches von Dr. Gebier aus Barnaul eingesandt worden ist. Endlich kommt Taphrometopon lineolatum Brandt auch in Persien vor, woher unser Museum vom Grafen E. Keyserling ein Excm- 1) Bull. phys. -math. de l’Acad. de St.-Pétersbourg XV, p. 194. — Mélanges physiques et chimiques III, p. 41. 2) In dem Glase, welches das Exemplar von diesem Fundort enthielt, fand ich einen Zettel, auf welchen Mag Goebel ausser dem Fundort noch folgende Notiz Mémoires do l’Acad. Imp. des sciences, VHme Sério. geschrieben hatte: «Den 29. Juli 1864. Die Schlange machte, um der Verfolgung zu entgehen, vier Sprünge durch die Luft von l1/ 2 — 2 Fuss Höhe und 3 — 4 Fuss Weite, darnach war sie abgemattet und setzte sich zur Wehre». 25 194 A, Steauch, plar geschenkt erhalten hat, dessen genauer Fundort wegen der völlig verlöschten Schrift auf der Etiquette nicht ermittelt werden konnte und welches dabei leider so sehr verdorben war, dass ich es nicht in die Sammlung aufgenommen habe. Aus den vorstehenden, aller- dings noch sehr lückenhaften Daten lässt sich nun wohl entnehmen, dass Taphrometopon lineolatum Brandt sämmtliche Sandwüsten zwischen dem Ostufer des« Kaspischen Meeres und etwa dem 101.° östl. L. v. Ferro (Barnaul, Alakul, Alatau) bewohnen wird, was aber die Nord- und Südgrenze seines Verbreitungsbezirks anbetrifft, so muss die Bestimmung derselben späteren Untersuchungen Vorbehalten bleiben, da es bei dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntniss über das Vorkommen dieser Schlange kaum möglich sein dürfte, dieselben selbst nur annäherungsweise anzugcben. P’amilie Dipsadida, 26. Tarbophis vivax Fitzin g er. T. supra griseo-albicans vel sordide cinereus, nigro-irroratus ; capite concolore, ex- cepta vitta occipitali fusca, plerumque in maculas dissoluta; dorso maculis fuscis, alternan- tibus, in quinque séries longitudinales dispositis, dorsalibus magnis, subquadrangularibus vel subrotundatis, lateralibus minoribus, plus minusve transversis vel obliquis, ornato; sub- tus albido-flavescens, punctulis aggregatis nigricantibus maculisque nigris notatus. Capite lato, subdepresso et a trunco distincte separate, rostro brevi, obtuse-rotundato, trunco elon- gato, fusiformi et subtereti, cauda brevi, acuminata; naribus lateralibus, utrinque scutellum simplex, sed semidivisum perforantibus , vel etiam inter scutella bina positis; oculo parvo, pupilla verticali; scutello frenali utrinque valdc elongato, oculi bulbum attingente; scutello praeoculari simplici, postoculari duplici; scutellis supralabialibus utrinque 9, tertio, quarto et quinto oculi bulbum attingentibus ; squamis rhomboidalibus, apice subrotundatis, laevibus et in trunci parte anteriore in 19 séries longitudinales dispositis; scutis abdominalibus 191 — 228, anali simplici vel rarius diviso, subcaudalibus utrinque 54 — 69. Syuouymie. 1809. Couleuvre Savigny in: Geoffroy St. Hilaire. Description de F Egypte. Atlas Rept. Suppl., pl. IV f. 2. 1826. Coluber vivax Fitzinger. Neue Classification der Reptilien, p. 57 *). 1831. Coluber sp.? Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 373. № 12, 13 et 14. 1831. Trigonophis iberus Eichwald. Zoologia specialis III, p. 175. 1) Diese Art bat Fitzinger nicbt diagnosticirt, son- dern nur benannt, ohne dabei auf die oben citirte Abbil- dung in der Description de l’Egypte, als auf den Typus der Art zu verweisen, dennoch ist die specifische Benen- nung vivax von allen neueren Autoren adoptirt worden, Die Schlangen des Russischen Reichs. 195 1832. Coluber carneus Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Имперіи. Amphib., р. 27. ЛГя 64. 1832. Trigonophis iberus Ménétriès. Catalogue raisonné p. 66, № 225. 0 1840. Dipsas fallax Nordmann in: Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 343. pl. IV. f. 2. 1841. Trigonophis iberus Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 126. tab. XVIII. 1850. Dipsas fallax Berthold in: Wagner. Reise nach Kolchis, p. 334. 1854. Tarbophis vivax D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 913. 1871. Tarbophis vivax Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XXXVIII, pl. I f. 2. Tarbophis vivax Fitz, ist die einzige unter den in dieser Arbeit abgehandelten Schlan- gen-Arten, über deren systematische Stellung ich Dr. Günther ’s Ansicht nicht theile; Dr. Günther1 2) stellt diese Art nämlich in die Gruppe der Coronelliden und reiht sie mit der Coronella chilensis Schleg. in die Gattung Tachymenis Wiegm.^ein , während sic doch, ganz abgesehen von den bei ihr vorhandenen hinteren Furchenzähnen, denen ich gleichfalls nicht einmal den Werth eines generischen Merkmals beilegen kann, ihrem ganzen Habitus nach, so sehr an Leptodeira annulata L. erinnert, dass sie von derselben nicht entfernt werden darf und folglich, wie es neuerdings auch von Seiten des verstorbenen Jan3) ge- schehen ist, in die Familie der Dipsadiden gerechnet werden muss. Diese zur Genüge bekannte Schlangcn-Art besitzt zwei Merkmale, vermittelst wel- cher sie sich sehr leicht und sicher von allen übrigen Asemiophidiern unserer Fauna un- terscheiden lässt, nämlich die verticale Pupille, welche unter den russischen giftlosen Schlangen nur noch bei dem leicht kenntlichen Eryx jaculus L. vorkommt, und das lange Frenalschild, welches mit seinem hinteren, etwas verschmälerten Theile unter dem einzigen Praeocularschilde an den vorderen Rand des Augapfels tritt, und welches man somit als ein aus der Verschmelzung des Frenale mit dem unteren Praeoculare entstandenes und desshalb so langes Schild deuten kann. Hinsichtlich des Nasalschildes dieser Art gehen die Ansichten der Autoren etwas aus einander: Fleischmann4) sagt ausdrücklich «scutum na- sale unicum» und genau dieselbe Anordnung finde ich auch sowohl in der von Savigny, als auch in den von den Proff. Schlegel5) und Nordmann veröffentlichten Abbildungen, Duméril und Jan dagegen behaupten, dass das Nasale getheilt ist, und Dr. Günther schweigt über diesen Punkt leider ganz. Meiner Ansicht nach ist nun weder die eine, noch die andere Angabe vollkommen richtig, denn an allen 16 von mir untersuchten Exemplaren habe ich das Nasalschild zur Hälfte getheilt gefunden, indem stets eine deutliche, vom hin- teren Ende des etwas in die Länge gezogenen Nasenlochs schräge nach oben und hinten, 1) In der von Ménétriès seinem Catalog vorausge- schickten Liste, welche «Distribution géographique des animaux cités dans le catalogue ci-dessus» überschrieben ist , heisst diese Art auf p. VI Coluber bicolor. 2) Günther. Catal. of Colubrine Suakes, p. 33. 3) .Tan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 102. 4) Fleischmann. Dalmatiae novaSerpentum genera, P- 17- 5) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens. Atlas, pl. XI f. 36. 196 A. Strauch, gegen das Praefrontalschild ziehende Theilungsfurche vorhanden war, während die untere, unter dem Nasenloch liegende Parthie des Schildes einfach, d. h. ungetheilt erschien. Als- dann muss ich noch bemerken, dass ich das Analschild, welches von allen Autoren, die des- selben speciell gedenken, als getheilt angegeben wird, bei den mir vorliegenden Exemplaren, mit Ausnahme von Ш 2126, einfach, d. h. ungetheilt, gefunden habe, und ferner, dass das dritte Supralabialschild, welches bekanntlich überhaupt nur mit einem sehr kleinen Theile seines Oberrandes an den Augapfel stösst, bei manchen Stücken ganz von der Berührung mit demselben ausgeschlossen ist, in welchem Falle denn nur zwei Supralabialia, das 4t0 und 5te, an den Bulbus grenzen. Endlich stimmen auch die Angaben über die Zahl der Bauch- schilder bei den einzelnen Autoren wenig mit einander überein, und namentlich weicht Fleischmann von allen anderen sehr bedeutend ab, indem er behauptet, dass die Zahl dieser Schilder von 204 bis auf 250 steige; Prof. Schlegel giebt. die Zahl derselben auf 202 — 210 an, Duméril auf 191 — 210, Prof. Eichwald hat an seinem Exemplar 220 Bauchschilder gefunden und an den von mir untersuchten Stücken schwankte die Zahl die- ser Schilder zwischen 204 und 215, mit Ausnahme jedoch des' Exemplars JVs 2128, welches deren 228 besitzt. Dieses Exemplar mit 228 Bauchschildern, das aus einer nicht näher bezeichneten Gegend von Persien stammt, ist noch in einer anderen Beziehung sehr inter- essant, es besitzt Dämlich nicht, wie alle übrigen, bisher untersuchten Stücke dieser Art 19, sondern 21 Längsreihen von Schuppen, während es sonst in jeder anderen Beziehung mit den übrigen Exemplaren übereinstimmt. Die morphologischen Merkmale des TarbopMs vivax Fitz, scheinen übrigens im Ganzen recht constant zu sein, zwar habe ich vier Exem- plare unter Händen gehabt, bei welchen nicht 8, sondern 7 oder 9 Supralabialia vorhan- den waren, jedoch fand sich diese Anomalie stets nur auf der einen Seite vor, und es Hess sich auch immer nachweiseii, welche Schilder bei der verringerten Zahl 7 mit einander verschmolzen waren, und welches bei der erhöhten Zahl 9 anomaler Weisç in 2 Schildchen getheilt war. Endlich Hegt mir noch ein Exemplar (JVx 2132) vor, bei welchem sich auf der linken Seite nur ein Postocularschild, und zwar das untere, findet, während das obere mit dem Supraorbitalschilde zu einem gebogenen, bandförmigen Schilde verschmolzen ist. Färbung und Zeichnung. Die Grundfarbe der ganzen Oberseite ist eigentlich schmutzig weisslich - oder bräunlichgelb und erhält nur dadurch einen grauen Ton , dass alle Theile mit einer Menge feiner, meist nur unter der Loupe deutlicher, schwarzer Pünktchen besäet sind. Der Ivopf ist einfarbig, d. h. er trägt, mit Ausnahme der gleich zu erwähnenden cen- tralen Occipitalbinde, keine Makeln oder Binden, ist aber natürlich eben so mit feinen schwarzen Pünktchen übersäet, wie alle anderen Theile ; zuweilen häufen sich diese Punkte übrigens an einzelnen Stellen stärker au, wodurch ganz unregelmässige, meist kleine, dun- kele Flecken entstehen, wie solches z. B. bei Jtë 2126 unserer Sammlung der Fall ist, wo auf der horizontalen Kopffläche fast alle Schilderränder dunkel gefleckt sind. Auf dem Hinterkopfe findet sich eine kurze, centrale Längsbinde von dunkelbrauner, fast schwarzer Farbe, die fast immer mit der vordersten Rückenmakel in Verbindung steht, ab und zu Die Schlangen des Russischen Reichs. 197 aber auch isolirt und selbst in mehrere, hinter einander stehende, kleine Makeln aufgelöst ist. Der Nacken ist mit einer grossen Makel von durchaus unregelmässiger und auch un- beständiger Form geziert, welche die Reihe der Rückenmakeln beginnt und gleichsam ein breites Halsband darstellt. Die Rückenmakeln, die gleichfalls schwarzbraun oder selbst schwarz sind, stehen in 5 Längsreihen und alterniren mit einander: diejenigen der mittleren oder Dorsalreihe sind sehr gross, meist von viereckiger Gestalt, mitunter jedoch auch ab- gerundet und selbst ganz unregelmässig und verzogen, die der oberen Lateralreihe erschei- nen stark in die Quere gezogen und bilden somit entweder Querbinden, oder sind in ein- zelnen Fällen auch schräge gestellt, und die Makeln der unteren Lateralreihe, die z. Th. schon auf die Bauchschilder übergehen, haben eine mehr rundliche Form und sind stellen- weise, namentlich in der vorderen Rumpf hälfte, nicht immer ganz deutlich, sondern ver- schwimmen zuweilen mit den oberen Flankcnmakeln. Bei einzelnen Stücken, besonders bei den ganz jungen, alterniren die Makeln dieser fünf Längsreihen so regelmässig, dass die Zeichnung auf dem ganzen Körper eine schachbrettartige Anordnung zeigt, meist jedoch sind die Makeln derart verzogen und verschoben , dass man stellenweise die einzelnen Rei- hen nicht mehr deutlich von einander unterscheiden kann. Der Schwanz ist eben so ge- zeichnet, wie der Rumpf, nur fehlt auf ihm gewöhnlich die jederseitäge äusserste Makel- reihe, so dass er also nur drei Längsreihen von Makeln trägt. Die Unterseite hat eine weisslichgelbe Grundfarbe, die jedoch nur am Kopfe, der auch unten völlig einfarbig ist, deutlich zu Tage tritt, am Bauche und unter dem Schwänze aber meist so dicht mit schwar- zen Pünktchen besäet erscheint, dass bei den meisten Stücken die Mitte des Bauches schwarz gefärbt ist, und nur an einzelnen Stellen noch die Grundfarbe durchsclnmmert oder auch in Form von Makeln hervortritt. Bei einzelnen Exemplaren finden sich am Bauche ausser den durch die feinen Pünktchen hervorgebrachten, dunkelen Stellen noch schwarze Makeln von unregelmässiger Form, welche meist an den Seiten des Bauches, wo die Pünkt- chen weniger dicht stehen und ab und zu auch ganz fehlen, aufzutreten pflegen. Maasse. Das grösste unter den mir vorliegenden Exemplaren, eben jenes oben er- wähnte Stück № 2128 mit 21 Schuppenreihen und 228 Bauchschildern, hat eine Total- länge von 107,5 Ctm. von denen nur 15 Ctm. auf den Schwanz zu rechnen sind. Habitai. Tarhophis vivax Fitz., der einzige in unserer Fauna vorkommende Repraesen- tant aus der Familie der Dipsadiden , bewohnt eben so, wie Zamenis DaMii Fitz., aus- schliesslich den östlichen Tlieil des Mittelmeergestades und geht nach Westen allem An- scheine nach nicht über das adriatische Meer hinaus. Es existirt zwar auch eine Angabe über das Vorkommen dieser Schlange in Italien1), jedoch ist der specielle Fundort des von Dr. Wilson dem Museum zu Philadelphia übergebenen, angeblich italienischen Exemplars nicht näher bezeichnet, und da weder Bonaparte2), noch sonst irgend ein anderer Natur- 1) Proc. Acad. Philadelph. XII (1860), p. 246. 2) Bonaparte. Iconogr. della Fauna italica. Amfibi. = AüuropJm vivax . 198 A. Strauch, forscher sie auf der genannten Halbinsel beobachtet hat, so scheint mir die obige Fundorts- angabe vor der Hand noch zu wenig verbürgt, um in Betracht gezogen werden zu können. Der westlichste Punkt, an welchem die in Rede stehende Art mit Bestimmtheit nachgewiesen ist, wäre somit Istrien1), wo sie namentlich in der Gegend von Triest2) nicht selten zu sein scheint: alsdann findet sie sich nach Erber3) einzeln durch ganz Dalmatien, ist von ihm jedoch bei Cittavecchia auf der Insel Lésina in Mehrzahl beobachtet worden; von Dal- matien dringt sie durch das türkische Reich, wo sie in Albanien1), in der Umgegend von Constantinopel 4), so wie bei Khania5 6) auf der Insel Greta, gefangen worden ist, nach Morea0) und auf die Cycladcn 7 8) vor , auf welchen letzteren sie aber selten sein und nur auf hohen Gebirgen leben soll. Ferner bewohnt sie Klein-Asien und scheint daselbst weit verbreitet zu sein , da man sie sowohl auf dem Festlande , bei Brussa s) und bei Xanthus 9) , als auch auf der Insel Rhodus10 *) beobachtet hat, und findet sich auch im westlichen Persien, wie ein am Urmiah-See u) erbeutetes, im Museum zu Philadelphia aufgestelltes Exemplar beweist. Ueber ihr Vorkommen in Syrien ist zwar zur Zeit noch nichts bekannt, jedoch wird sie daselbst schwerlich fehlen, da Tristram12) sic in Palaestina, sowohl auf dem Berge Tabor, als auch bei Jerusalem gefangen hat, und sie, wie man mit Bestimmtheit weiss, in Aegyp- ten13) einheimisch ist. Was schliesslich ihre Verbreitung in Russland anbetrifft, so ist sie daselbst nur auf die kaukasischen Länder beschränkt, kommt aber zu beiden Seiten des Kaukasus vor: in Ciskaukasien, wo sie im Ganzen selten sein muss, hat Nordmann14) sie an den Ufern des Kuban erbeutet, in Transkaukasicn dagegen ist sie nicht bloss viel häu- figer, sondern auch viel weiter verbreitet, denn Ménétriès15) fand sie bei Baku, Hohen- acker10) bei der Kolonie Helenendorf, Moritz Wagner17) in Grusien und an den Abhän- gen des Kaukasus, Prof. Eichwald18) bei Tiflis, wo sie ziemlich häufig19) sein soll und auch vom verstorbenen Filippi20) auf dem Berge Solalaki beobachtet worden ist, und die Ver- fasser der Erpétologie générale1) führen unter den Fundorten ausser Baku noch Schirwan und Georgien auf; unsere Sammlung endlich besitzt ausser den von Ménétriès, Nord- 1) D. et B. Erpétol. géuér. VII, p. 915. 2) Fleisch mann. Dalmatiae nova Serpentum gé- néra, p. 23. •3) Verband], zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XIV (1864) Abh., p. 70S. 4) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 102. 5) Actes de la soc. Liunéenne de Bordeaux XXIV, p. 092. 6) Betta. Bettili ed Anfibi del Reguo della Grecia, p. 70. 7) Erhard. Fauna der Cycladen p. 77. 8) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XIII (1863) Abh., p. 1123. 9) Günther. Catal. of Colubrine Suakes, p. 33. 10) Verhandl. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien XVIII (1808) Abh., p. 904. 11) Proc. Acad. Philadelph. XIV (1862), p. 338. (Dieses Exemplar besitzt anomaler Weise 3 Postocularscbilder jederseits). 12) Proc. zool. Soc. of London 1864, p. 489. 13) Description de l'Egypte. Atlas. Rept. Suppl, pl. IV f. 2. 14) Demidoff. Voyage dans la Russie mérid. III, p. 344. 15) Ménétriès. Catal. raisonné, p. 67. 16) Bulletin de Moscou X (1837) Aï VII, p. 145. 17) Wagner. Reise nach Kolchis, p. 334. 18) Eichwald. Zoologia specialis III, p. 175. 19) Eichwald. Reise auf dem Kasp. Meere und in den Kaukasus I Abth. 2, p. 747. 20) Filippi. Viaggio in Persia, p, 81 und 355. \ f Die Schlangen des Russischen Reichs, 199 mann und Hohenacker gesammelten Stücken noch fünf russische Exemplare dieser Art, von denen das eine von Fricke in der Gegend von Elisabethpol, das zweite von Mag. Gocbel auf der Halbinsel Apscheron und das dritte von Hrn. Kaschkin in der Gegend von Lagodechi (im Gouv. Tiflis) gesammelt worden ist, während der genauere Fundort der beiden letzten Stücke, die von Karelinund Motschulsky herrühren, nicht verzeichnet war. Der Verbreitungsbezirk des Tarbophis vivax Fitz, erstreckt sich somit von Triest ostwärts bis zur Halbinsel Apscheron, wird im Norden etwa vom 46. oder 45.° n. Br. begrenzt und erreicht seine Südgrenze in Aegypten, und zwar aller Wahrscheinlichkeit nach im nördli- chen Theile des Landes. III. Unterordnung Toxicophidia, Familie Нус1ж*іс1гг. t 27. Pelamis bicolor Schneider. P. supra atra vcl atro-Jusca, subtus flavida, immaculata, lateribus plerumque fascia longitudinali sulphurea, utrinque ab oris angulo ad caudae apicem usque excurrente, or- natis; cauda alba, fasciis transversis, abbreviatis maculisque nonnullis irrcgularibus, nigris, notata. Capite oblongo, depresso, subconico, postice dilatato, scd a trunco haud distincto, rostro elongato, parum acuminato, supra plus minusve deplanato et apice obtuse rotundato, trunco robuste, dorso antice subrotundato , dein tectiformi, abdomine valde compresso, acute angulato, cauda brevi, lata, maxime compressa, remiformi, apice angulato-rotundata ; naribus utrinque scutellum simplex perforantibus , verticalibus; scutellis supralabialibus 10 vel 9 (rarius 8), nullo, interdum quarto, oculi bulbum attingente; scutello praeoculari sim- plici, postocularibus tribus vel duobus; squamis liexagonis, haud imbricatis, sed contiguis, laevibus et circa partem trunci anteriorem in 40 - — 52 sériés longitudinales dispositis; sentis abdominalibus subcaudalibusque nullis. Varietas: Capite supra atro, rarius atro flavoque variegato, dorso fascia longitudinali atro-fusca, alterne valde sinuata, vel ctiam in maculas magnas, plerumque rhombeas vel transversas dissoluta, ornato; subtus flavida ad medium usque unicolor, dein maculis fuscis vel nigris, plerumque transversis et cum dorsalibus alternantibus, notata; cauda, ut in tvpo, semper alba nigro-fasciata et maculata. Synonymie. 1799. Hydrus bicolor Schneider. Historia Amphibiorum I, p. 242. 1854. Pelamis bicolor D. et B. Erpétol, génér. VII, p. 1335. 1872. Hydrophis bicolor Jan. Iconographie des Ophidiens, Livr. XL, pl, II f, 3, 4 et III f. 1 — 3. 200 A. Strauch, Diese Meerschlangc unterscheidet sich bekanntlich von den Arten der Gattung Hy- drophis Daud., zu welchen sie eine ausserordentlich grosse Verwandtschaft besitzt, aus- schliesslich durch die Form des Kopfes und die Gestalt der Schuppen, welche den vorder- sten Thcil des Rumpfes und die Bauchseiten bekleiden. Der Kopf ist bei ihr nämlich leicht abgeflacht und läuft in eine ziemlich lange, kaum zugespitzte, mehr oder weniger stark flachgedrückte, am Ende stumpf zugerundete und einigermaassen an einen Entenschnabel erinnernde Schnauze aus, während er bei den Hydrophis - Arten stets mehr oder weniger stark gewölbt erscheint und eine sehr kurze, sowohl von rechts nach links, als auch beson- ders von hinten nach vorn gewölbte Schnauze zeigt. Alsdann sind, wie Jan1) zuerst her- vorgehoben hat, bei der in Rede stehenden Art die Schuppen sowohl auf dem vordersten Theile des Rumpfes, als auch auf den Bauchseiten nicht, wie bei den Hydropliis- Arten, sechseckig oder rhombisch, sondern erscheinen subquadratisch, weil der Winkel, unter welchem die Seitenränder jeder einzelnen Schuppe zusammenstossen , so ausserordentlich stumpf ist, dass diese Schuppen, die, genau genommen, immer sechseckig sind, bei ober- flächlicher Betrachtung viereckig zu sein scheinen. Dieses zweite, der Form der Schuppen • entlehnte Merkmal hat nun wohl im Ganzen sehr wenig Werth, jedenfalls kann es nicht zum Gattungscharakter erhoben werden, und ist von Jan übrigens auch nicht als solcher aufgefasst werden, da er die Gattung Pelamis Daud. nicht adoptirt, sondern als erstes Subgenus in die Gattung Hydrophis Daud. gestellt hat; die Form des Kopfes und der Schnauze dagegen ist doch so charakteristisch und weicht zugleich so sehr von der, den Hydrophis- Arten eigenen, Kopf- und Schnauzenform ab, dass ich mich der Ansicht Dr. Günther’s2) und der meisten übrigen Autoren anschliesse und die Gattung Pelamis Daud., bis auf Weiteres wenigstens, als selbstständiges Genus beibehalte. Pelamis Uicolor Schneid., von welcher bereits verschiedene, mehr oder weniger de- taillirtc Beschreibungen , so wie mehrere, ganz vorzügliche Abbildungen existiren , ist eine so allgemein bekannte Schlangen -Art, dass eine nochmalige Beschreibung derselben voll- kommen überflüssig wäre; ich will mich daher hier darauf beschränken, einige kurze Be- merkungen über die Schilder an der vertiealen Kopffläche, an welchen ich mancherlei Un- regelmässigkeiten beobachtet habe, zu geben. Was zuerst die Zahl der Supralabialia anbe- trifft, so giebt Prof. Schlegel3) dieselbe auf 10 jederseits an und fügt hinzu, dass die 7 letzten derselben sehr klein und von wechselnder Form sind. Nach meinen Untersuchungen nun schwankt die Zahl der Oberlippenschilder zwischen 8 und 10 jederseits, und zwar habe ich unter den 7 Exemplaren der akademischen Sammlung nur ein einziges (№1231) gefunden, welches jederseits 10 Supralabialia besitzt, bei drei Stücken (№ 1230, 2682 und 3568) beträgt die Zahl dieser Schilder jederseits nur 9, bei einem Exemplar (№ 3569) sogar nur 8, und bei den beiden letzten habe ich auf der linken Seite 9, auf der rechten 1) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 109. I 3) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens 2) Günther. Reptiles of British India, p. 382. I II, p. 510. Die Schlangen des Russischen Reichs. 201 dagegen bei dem einen (Jtë 1232) 10, bei dem anderen (ЗѴя 2708) nur 8 solcher Schilder gefunden. Dabei muss ich hinzufügen, dass nur bei dem letztgenannten Exemplar (№ 2708) die Supralabialia durch Dazwischentreten eines länglichen Subocularschildes von der Be- rührung mit dem Augapfel ausgeschlossen sind, dass dagegen bei den 6 übrigen Stücken entweder auf beiden, oder auch nur auf einer Seite das Suboculare fehlt, und folglich eines der Supralabialschilder an den Augapfel anstösst; so steht bei № 1230 und 3568 auf bei- den Seiten des Kopfes das 4te Supralabiale mit dem Bulbus in Berührung, bei № 1231, 1232 und 3569 findet sich dieselbe Anordnung auf der linken Seite, während auf der rechten ein Subocularschild zwischen den Supralabialen und dem Bulbus liegt, und bei № 2682, bei welchem das Suboculare gleichfalls auf beiden Seiten fehlt, berührt auf der linken Seite das 4te, auf der rechten aber das 5t0 Supralabiale den Augapfel. Das Prae- ocularschild ist immer einfach, die Postocularia dagegen, deren Zahl nach Prof. Schlegel 2 betragen soll, kommen nach meinen Erfahrungen häufiger in der Zahl 3 vor, und zwar habe ich an drei Exemplaren (№ 1231, 2708 und 3568) jederseits 3 solcher Schilder be- obachtet, bei drei anderen Stücken (J№ 1230, 1232 und 2682) betrug die Zahl dieser Schilder auf der einen Seite 2, auf der anderen aber 3, und nur bei einem einzigen Stücke (№ 3569) fanden sich jederseits 2 Postocularia vor. Alsdann behauptet Prof. Schlegel, dass bei dieser Art auch ein Frenalschild vorhanden ist, jedoch muss dasselbe wohl nur ausnahmsweise Vorkommen, denn an den von mir untersuchten Exemplaren fehlt es durch- aus, und auch Dr. Günther muss es nie beobachtet haben, da er sonst den Mangel dieses Schildes wohl schwerlich mit unter die Familien - Charaktere !) der Meerschlangen aufge- nommen hätte. Endlich muss ich noch bemerken, dass die Schuppen an den mir vorliegen- den Exemplaren weder mit Tuberkeln, noch auch mit Grübchen versehen, sondern voll- kommen glatt sind, und dass nur diejenigen an den Bauchseiten, wie es scheint, in Folge der Einwirkung des Weingeistes eine etwas unebene, gleichsam narbige Oberfläche zeigen. Färbung und Zeichnung. Die typische Form der Pelamis bicolor Schneid, ist sehr ein- fach gezeichnet: die Oberseite des Kopfes, mit Ausnahme des Randes der oberen Kinnlade, und der ganze Rücken sind entweder schwarz, oder sehr dunkel schwarzbraun gefärbt, der Rand der oberen Kinnlade und die ganze Unterseite des Kopfes, so wie die Flanken und der Bauch erscheinen einfarbig bräunlichgelb und dabei sind die beiden Farben, die dun- kele der Oberseite und die helle der Unterseite, sehr scharf und durchaus geradlinig von einander abgegrenzt. Sehr häufig findet sich jedoch an den Flanken noch eine ziemlich breite, schwefelgelbe (in Weingeist weisslichgelbe) Längsbinde, welche vom Mundwinkel bis zur Schwanzbasis verläuft und die dunkele Farbe des Rückens von der hellen der Unter- seite scheidet. Der Schwanz ist immer weisslich gefärbt und zeigt sowohl an seinem Ober-, als auch an seinem Unterrande kurze, schwarze Querbinden, die mit einander alterniren und zwischen welchen sich meist noch kleine, weder in Form, noch in Stellung, noch auch 1) Günther. Reptiles of British India, p. 352. Мѳіпоігсв (te 1 Acad. Imp. dea aciencos, Vllme Serie. 26 202 A. Strauch, in Zahl constante, schwarze Makeln finden. Zu dieser Form, welche am häufigsten vor- kommt und eben desshalb für die typische angesehen werden muss, gehören 4 von den Exemplaren des akademischen Museums (№ 1230, 1231, 2682 und 2708), so wie das in der Bai Possiet gefangene Stück in der Warschauer Universitätssammlung. Ausser der eben beschriebenen Form giebt es nun noch zahlreiche Varietäten, unter denen eine, welche Dr. Günther1) beschrieben hat, der typischen Form am nächsten steht und von derselben nur dadurch abweicht, dass bei ihr am Unterrande der schwefelgelben Lateralbinde noch eine schwarze Längsbinde vorhanden ist, welche sich gegen den Schwanz hin meist in einzelne Makeln auflösst. Die übrigen Varietäten, die unter den Benennungen sinuata , variegata , ornata und maculata beschrieben worden sind, lassen sich keineswegs immer scharf von einander trennen, sondern gehen durch Zwischenformen meist in einander über. Sie unterscheiden sich von der typischen Form hauptsächlich dadurch, dass bei ihnen die schwarze Bückenfarbe, die ja auch als breite Längsbinde aufgefasst werden kann, an den Rändern bald stärker, bald schwächer ausgerandet oder ausgezackt, und selbst in ein- zelne, gewöhnlich rhombische, Makeln, oder in bald breitere, bald schmälere Querbinden aufgelöst ist, die auf der Rückenfirste entweder noch mit einander Zusammenhängen, oder auch völlig getrennt sind. Zugleich mit dem Zerfall der breiten Dorsalbinde treten auch an den Bauchseiten grössere oder kleinere Makeln von schwärzlicher Farbe auf, die meist stark in die Quere gezogen sind und mit den Rückenmakeln alterniren ; gewöhnlich sind diese Seitenmakeln nur in der hinteren Rumpfhälfte vorhanden, zuweilen jedoch, wenn die ganze Rückenbinde in schmale, bald mehr, bald weniger regelmässige Querbinden aufgelöst ist, treten dieselben auch auf der vorderen Rumpfhälfte auf und es entsteht alsdann die Form, welche Prof. Schlegel2) abgebildet hat, und bei welcher sogar auch der Kopf auf der Oberseite nicht einfach schwarz, sondern auf gelblichem Grunde schwarz gefleckt ist. Endlich hat Duméril noch eine sehr interessante Varietät beobachtet, bei welcher die Rückenfirste hell gelb gefärbt und jederseits von einer schwarzen Längsbinde begrenzt war. So verschieden nun auch die Zeichnungen des Rumpfes sein mögen , der Schwanz scheint stets die bei der typischen Form beschriebene Zeichnung zu bewahren, oder darin doch nur sehr geringe Abänderungen zu erleiden. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar (№ 1231) besitzt eine Totallänge von 66 Ctm., von denen nur 7 Ctm. auf den Schwanz gehen. Habitat. Pelamis bicolor Schneid., die häufigste und zugleich auch am weitesten ver- breitete Art aus der Familie der Hydriden , bewohnt nicht bloss alle diejenigen Meere, in welchen Meerschlangen überhaupt einheimisch sind, sondern dringt einerseits bis Mada- gascar und andererseits bis an die Westküste von Amerika vor. An der Küste von Mada- gascar3) scheint sie übrigens nur einmal oder doch wenigstens sehr selten gefangen worden 1) Günther. Reptiles of British India, p. 382. 2) Siebold Fauna japonica. Amphib. Opliid. pl.VIII. 3) Günther. Reptiles of British India, p. 383. Die Schlangen des Russischen Reichs. 203 zu sein, da meines Wissens nur das British Museum drei1) oder auch mehr Exemplare der- selben aus diesem Theile des Indischen Océans besitzt, und ich vermuthe daher, dass diese Schlange in jenen Gegenden eigentlich nicht einheimisch ist, sondern nur hin und wieder in einzelnen Exemplaren oder Zügen zufällig dorthin verschlagen wird. An der Westküste Amerika’s dagegen hat man sie bereits zu wiederholten Malen beobachtet, und zwar so- wohl in Centro- Amerika, wie namentlich an den Küsten von Mexico2), von Costarica (im Golfo Dulce3), von Veragua2) und von Panama4), als auch in Süd-Amerika, im Golfe von Guayaquil5), und es scheint somit, dass sie diese Küsten nicht bloss zufällig besucht, son- dern an denselben wirklich einheimisch ist. Ihr eigentliches Vaterland sind aber die Meere zwischen der Südküste von Asien und der Nordküste von Neu-Holland, wie namentlich das Chinesische Meer, die Sunda-See und das Molukken-Meer, in denen sie meist in grossen Zügen angetroffen wird und zur Zeit bereits an den Küsten von China6 7), im Golfe von Siam4), bei Singapore T), an den Küsten von Sumatra6), von Java8), von Borneo9), von Ce- lebes, und zwar sowohl im Norden bei Menado10), als auch im Süden bei Macassar6), von Amboina11) und von Neu-Guinea12) beobachtet worden ist. Alsdann wird sie nach Krefft13) an den Küsten von Australien häufiger, als irgend eine andere Meerschlangen- Art, ange- troffen und ist dabei keineswegs nur auf die Nordküste beschränkt, sondern bewohnt auch die Ostküste, wo man sie sowohl bei Port Jackson6), als auch in der Botany-Bai 13) ge- fangen hat. Ferner ist sie an den Küsten von Neu- Seeland14) beobachtet worden und soll auch hei den Gesellschafts-Inseln sehr häufig sein, wo sie, wie Förster15) mitgetheilt hat, von den Eingeborenen auf Tahiti sogar gegessen worden ist. Nicht weniger häufig und weit verbreitet scheint diese Schlange auch an den Küsten von Vorder -Indien zu sein, denn man hat sie sowohl bei Madras16), Pondichéry6) und Tranquebar 17) an der Küste Coro- mandel, als auch an der Küste Malabar6) und selbst auf der Rhede von Bombai18) gefangen, und im Meerbusen von Bengalen6) soll sie besonders häufig sein und sogar in die Mün- dungen des Ganges6) eindringen. Alsdann ist dieselbe auch bei den Philippinischen4) In- seln beobachtet worden, bewohnt oder besucht die Küsten Japan’s19) und ist endlich auch 1) Gi’ay. Catal. of Snakes, p. 42. — Hier ist der Fund- ort Madagascar mit einem ? bezeichnet und folglich wohl nicht ganz sicher. 2) Lichtenstein. Nomencl. Reptil, et Amphibior. Mus. zool. Berol. p. 32. 3) Berliner Monatsberichte 1859, p. 277. 4) Proc. Acad. Philadelph. XI (1859), p. 347. 5) Ibidem XX (18G8) p. 109. 6) D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 1337. 7) Jan Elenco sistematico degli Ofidi, p. 109. 8) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II, p. 509. 9) Natuurk. Tijdschrift Nederl. Indie XIII, p. 473. XVI, p. 440. 10) Ibidem XIV, p 232. XXII, p. 84. 11) Ibidem XXII, p. 41. 12) Duperrey. Voyage de la Coquille. Zool. II, p. 58. 13) Krefft. The Snakes of Australia, p. 99. 14) Gray. Catal. of Snakes, p. 42, 43. — Günther. Reptiles of British India, p. 383. 15) Schneider. Historia Amphibiorum I, p. 242. 16) Gray. Catal. of Snakes, p. 42. 17) Russell. Account of Indian Serpents I, p. 47. 18) Proc. zool. Soc. of London 1869, p. 502. 19) Jan. Elenco sistematico degli Ofidi, p. 109. — Siebold scheint die Pelamis bicolor Schneid, an den Küsten Japan’s nicht beobachtet zu haben, wenigstens bemerkt Prof. Schlegel (Essai sur la Physionomie des 204 A. Strauch, in der Bai Possiet gefangen worden, jedoch unterliegt es wold kaum einem Zweifel, dass das einzige, von Dr. Dybowsk)^ in der genannten Bai erbeutete und dem Warschauer Mu- seum übergebene Exemplar nur ein zufällig in so hohe Breiten verschlagenes gewesen ist. Der Verbreitungsbezirk der Pelamis bicolor Schneid., der sich von der Ostküste Afrika’s bis an die Westküste Amerika’s ausdehnt, umfasst somit den Indischen und Pacifi- schen Océan, und zwar die tropischen und subtropischen Theile derselben, denn wenn die Schlange im Norden auch in der Bai Possiet und im Süden an den Küsten von Neu -See- land gefangen worden ist, so dürfte die Grenze ihres eigentlichen Wohngebiets, wo sie beständig und häufig vorkommt, auf beiden Hemisphären, der nördlichen sowohl, wie der südlichen, doch wohl ungefähr mit dem 30. Breitengrade zusammenfallen. Familie Elapida. 28. Naja oxiana Eich wald. N. e purpureo rosea (in spiritu vini sordide albicans) nigro-annulata, annulis latis, medio dorso augulum, caput versus spectantem, tingentibus, atris; spaths inter annulos fas- ciis angustis, fuscis, geniculatis, id est, medio dorso sub angulo, caput versus directo, con- tiuentibus, ornatis; annulis fasciisque in parte trunci postrema et in cauda parum distinctis; gula (in vivis) e flavo rosea. Corpore gracili, subtereti, capite elongato, valde depresso et a collo subdilatabili distincte separato, cauda brevi, derepente attenuata; naribus magnis, vertico-oblongis, inter scutella bina positis, lateralibus et retrorsum directis; scutellis su- pralabialibus utrinque 7, tertio et quarto bulbum oculi attingentibus, sexto parvo, scutella postocularia non attingente ; scutello praeoculari simplici , postocularibus tribus ; regione temporali antice scutellis duobus temporalibus magnis, postice plurimis parvis, squamifor- mibus, in 3 — 4 sériés transversas disposais et squamas trunci magnitudine vix superanti- bus, tecta; squamis laevibus, in dorso parvis, elongato-lanceolatis, in utroque latere majo- ribus, rotundato-ovatis, in trunci parte anteriore in 23 — 25 sériés obliquas disposais; scutis abdominalibus 202, anali simplici, subcaudalibus utrinque 66. Synonymie. 1831. Tomyris oxiana Eich wald. Zoologia specialis III, p. 171. 1834. Tisiphone oxiana Eichwakk Reise auf dem Kaspischen Meer und in den Kaukasus, I Abth. 1, p. 279. 1841. Tomyris oxiana Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 130. tab. XX. Serpens II, p 509) nur, dass der berühmte Reisende auf seiner Fahrt von Java nach Japan zahlreiche Züge der- selben zwischen dem Aequator und dem 27.° u. Br ge- sehen habe. Die Schlangen des Russischen Reichs. 205 18G8. Naja oxiana Strauch. Bulletin de l’Acad. Imp. de St.-Pétersbourg XIII, p. 87 et Mélanges biologiques VI, p. 644. 1868. Naja oxiana Strauch. Труды 1-го съѣзда русскихъ естествоиспытателей. Зоол., р. 284. Diese Art unterscheidet sich , wie ich schon früher angegeben habe, von der ihr nahe verwandten gemeinen Brillenschlange ( Naja tripudians L.) nicht bloss durch den gestreck- teren, stärker abgeplatteten Kopf, den weniger aufblähbaren 11 aistheil und den sehr schlan- ken Schwanz, sondern hauptsächlich durch die Beschilderung der Schläfengegend, welche bei Naja tripudians L. mit 4 oder 5 nahezu gleich grossen Temporalschildern bekleidet ist, während sie bei der in Rede stehenden Art nur im vordersten Theile 2 grosse Tempo- ralia zeigt, in ihrer übrigen Ausdehnung aber mit kleinen schuppenähnlichen, in 3 — 4 Querreihen angeordneten Schildern bedeckt erscheint. Da ich von Naja oxiana Eicliw. nur das Originalexemplar gesehen und dasselbe am oben citirten Orte detaillirt beschrieben habe, so verweise ich wegen des Näheren auf diese Beschreibung und will hier nur noch einige Worte über die Lage des Nasenlochs hinzufügen, da ich fürchten muss, dass die von mir gegebene Schilderung dieser Lage zu Missverständnissen Veranlassung geben könnte. In meiner Beschreibung1) heisst es nämlich: «Von den beiden Nasalschildern, zwischen denen das grosse, vertical gestellte, mit der Oeffnung rückwärts schauende Nasenloch liegt, etc.», ein Passus, der möglicherweise so verstanden werden könnte, als sei das Nasenloch vertical gebohrt, d. h. auf der horizontalen Fläche der Schnauze angebracht: das ist aber keineswegs der Fall, denn dasselbe befindet sich durchaus an der verticalen Fläche der Schnauze und lässt sich bei Ansicht des Kopfes von oben kaum wahrnehmen; es ist folglich horizontal gebohrt und seiner Lage nach lateral, seiner Form nach aber erscheint es als länglich -verticale Spalte und nur darauf sollte sich der allerdings schlecht gewählte Aus- druck «vertical gestellt» beziehen. Färbung und Zeichnung. Das hier besprochene Exemplar, das nunmehr über 40 Jahre in Weingeist auf bewahrt und mehr oder weniger dem Lichte ausgesetzt gewesen ist, hat in Bezug auf die Färbung selbstverständlich stark gelitten und bietet von den zarten Farben, welche Prof. Eichwald am lebenden oder doch ganz frischen Thiere beobachtet hat, nichts mehr dar, die Zeichnung dagegen hat sich noch recht gut erhalten, und da Prof. Eichwald ihrer nur ganz beiläufig gedenkt, so scheint es mir nicht überflüssig, das Stück in dieser Hinsicht genauer zu beschreiben. Die Grundfarbe des ganzen Thieres ist gegenwärtig schmutzig bräunlichweiss. Der Kopf, der einfarbig und kaum dunkler, als der Rumpf, ge- wesen zu sein scheint, zeigt noch jetzt eine Andeutung der von Prof. Eichwald in der Abbildung angegebenen, auf die Occipitalschilder beschränkten, dunkleren Stelle, unter- scheidet sich aber im Tone der Grundfarbe nicht von den hell gefärbten Stellen des Rum- pfes. Gleich hinter dem Kopfe findet sich eine schmale, schwarzbraune Querbinde, die in 1) Bulletin de l’Acad. Imp. de St.-Pétersbourg XIII, p. 90. — Mélanges biologiques VI, p. G49. 206 A. Strauch, * der Mitte des Nackens einen nach hinten vorspringenden, ziemlich spitzen Winkel bildet, und von welcher auf der Unterseite keine Spur zu sehen ist. Der Rumpf ist mit etwa 18 breiten, schwarzbraunen Ringen geziert, die in ganz regelmässigen Zwischenräumen auf einander folgen, und dabei erscheinen stets sowohl Ring, als auch Zwischenraum von nahezu gleicher Breite. Der erste dieser Ringe, welcher der Nackenbinde näher steht, als dem fol- genden Ringe, ist am Vorderrande tief ausgeschnitten, am Hinterrande dagegen stark vor- springend, besitzt also auf der Oberseite des Rumpfes das Aussehen, als sei er aus zwei, nach hinten convergirenden, in der Rückenmitte zusammenstossenden, schrägen Binden ent- standen. Der zweite Ring ist gerade, d. h. weder am Vorder-, noch am Hinterrande winklig geknickt, alle folgenden dagegen sind auf der Oberseite knieförmig gebogen und bilden am Vorderrande einen vorspringenden, am Hinterrande einen einspringenden Winkel. Sämmt- liche Ringe sind auf der Oberseite des Rumpfes stets deutlicher entwickelt, als auf der unteren, und ihre Farbe nimmt nach dem Schwänze zu allmählich an Intensität ab. Die Zwischenräume zwischen den geknickten Ringen zeigen jeder noch eine schmale, mit der Spitze nach vorn gekehrte, einem Chevron sehr ähnliche Zeichnung, welche den betreffen- den Zwischenraum in zwei Hälften theilt und nur auf die Oberseite des Rumpfes beschränkt gewesen zu sein scheint, wenigstens kann ich an der Bauchseite keine Spur derselben ent- decken. Der Schwanz endlich scheint gleichfalls geringelt oder der Quere nach gebändert gewesen zu sein , da man auch gegenwärtig noch , wenigstens auf seiner Oberseite, Andeu- tungen von dunkelen Querbinden sieht. Maasse. Das in Rede stehende Exemplar besitzt eine Totallänge von 40 Ctm., wovon 6,8 Ctm. auf den Schwanz kommen. Habitat. Wie bekannt, hat Prof. Eichwald das einzige in Sammlungen vorhandene Exemplar dieser Art am Ostufer des Kaspischen Meeres, und zwar am Balchan-Busen in der Nähe der ehemaligen Oxusmündung, gefangen. Familie Viperida. 29. Vipera berus Linné. V. supra olivaceo- vel bruneo-cinerea, vel etiam ferruginea, capite supra maculis non- nullis parvis, et forma et numéro vix constantibus , plerumque in maculam magnam, cor- dato-repandam confluentibus , nec non utrinque fasciis duabus obliquis, saepe subparallelis, altera temporali, altera vertico-occipitali, fuscis vel nigris, ornato; corpore fascia lata longi- tudinal!, ad caudae apicem usque excurrente, valde flexuosa vel alterne sinuata et saepe in maculas magnas, subrotundatas vel subtransversas, dissoluta, nec non in utroque latere ma- culis minoribus, plerumque subrotundatis, aut uniseriatis, aut alternantibus et in duas vel ipse in très sériés longitudinales dispositis, fuscis vel nigris, notato; subtus obscura, uni- color vel plerumque flavo-irrorata et maculata, rarius flavescens, nigro-signata. Capite elon- Die Schlangen des Russischen Reichs, 207 gato, deplanato, postice parum dilatato et a trunco sat distincte separato, rostro brevi, apice rotundato et supra scutellis parvis, planis, irregularibus tecto, trunco subcylindrico, sensim incrassato, cauda brevissima, subtereti, apice acuminata; naribus utrinque scutellum simplex perforantibus, lateralibus; scutello praenasali utrinque distincto ; verti ce sentis mag- nis, regularibus et symmetrice dispositis, tecto; scuto supraorbitali magno; oculo a scu- tellis supralabialibus quarto et quinto, infra positis, simplici, rarius duplici serie squama- rum separato ; scutellis supralabialibus utrinque 8 — 11, infralabialibus 9 — 1 1 ; squamis lanceolatis, in trunci parte anteriore in 21 séries longitudinales dispositis, valde carinatis; scutis abdominalibus 134- — 159, anali simplici, subcaudalibus utrinque 25 — 48. Varietas (— Coluber prester L.) tota atra, supra opaca, subtus nitida, scutellis infra- labialibus subcaudalibusque nonnunquam albo-signatis. Syuonymic. 1758. Coluber berus Linné. Systema naturae. Edit. X. I, p. 217. № 183. 1771. Coluber melanis Pallas. Reise durch verseil. Prov, d. Russ. Reichs I, p. 460. 1772. Coluber prester Lepechin. Дневныя записки И, p. 172. 1773. Coluber scytha Pallas. Reise durch versch. Prov. d. Russ. Reichs II, p. 717. 1775. Coluber prester Lepechin. Tagebuch der Reise durch vcrsch, Prov. d. Russ. Reichs, Uebers. v. Hase II, p. 104. 1800. Coluber cerastes Georgi. Geogr. -pliysik. und naturh. Beschr. des Russ. Reichs III, vol. VI, p. 1878. Жя 1 l). 1800. Coluber melanis Georgi. Ibidem III, vol. VI, p. 1878, JMa 2, 1800, Coluber berus Georgi, Ibidem III, vol. VI, p. 1879. № 3. 1800. Coluber chersea Georgi. Ibidem III, vol. VI, p. 1879. № 4. 1800. Coluber scytha Georgj. Ibidem III, vol. VI, p. 1879. № 5. 1800. Coluber prester Georgi. Ibidem III, vol. VI, p. 1880. J\Ts 6, 1800. Coluber aspis Georgi. Ibidem III, vol. VI, p. 1880. ,№ 7. 1800. Coluber foetidus Georgi. Ibidem III, vol. VI, p. 1884. № 19. 1802. Coluber berus Dwigubsky. Primitiae faunac Mosquensis, p. 48. 1807 Coluber berus D rümpelmann und Friebe. Getreue Abbild, und naturh Beschr. d. Thierreichs aus Liefland, Esthland und Kurland, p. 3. tab. II f. 1. 1) Diese Art kann nur als Vipern berus L. gedeutet werden, und zwar nicht bloss desshalb, weil Gülden- staedt sie «in den Steppen von Orel nach Tamhow», wo von Giftschlangen bekanntlich nur die Kreuzotter vorkommt, gefangen hat, sondern auch weil bei der Be- stimmung dieser Güldenstaedt’schen Schlange nicht so sehr die Anwesenheit der Supraorbitalhörner, als viel- mehr die Zahl der Abdominal- und Subcaudalschilder maassgebend gewesen zu sein scheint Wenigstens giebt Georgi als einziges diagnostisches Merkmal für diese Art an, dass die Güldenstaedt’schen Individuen «150 Bauchschilder und 25 (26) Schuppenpaare» besassen und fügt dann hinzu, dass «wären diese Abweichungen (also doch nur in der Zahl der Schilder) von der Linné’schen für eine eigene Art hinreichend unterscheidend, so würde Güldenstaedt sie Gol. brachiurus genannt haben». 208 A. S TE AUCH, 1809. Coluber herus Dwigubsky. Mémoires de Moscou II, p. 49. 1811. Vipera herus Pallas. Zoographia Rosso-Asiatica III, p. 50. № 48. 1811. Vipera pr ester Pallas. Ibidem III, p. 51. As 49. 1811. Vipera melaenis Pallas. Ibidem III, p. 52. JVs 50. • 1811. Vipera chersea Pallas. Ibidem III, p. 53. As 51. 1823. Vipera herus Lichtenstein in: Eversmann. Reise von Orenburg nach Buchara, p. 147. As 17. 1826. Vipera herus Lichtenstein in: Meyendorff. Voyage d’Orenbourg à Boukhara, p. 468. As 17. 1831, Vipera herus Eichwald. Zoologia specialis III, p. 172. 1831. Vipera chersea Eichwald. Ibidem III, p. 172. 1832. Vipera herus Andrzejowsky. Nouv. Mémoires de Moscou II, p, 335. tab, XXII f. 5. 1832. Vipera prester Andrzejowsky. Ibidem II, p. 337. 1832. Velias herus Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Им- періи. Amphib., р. 28. As 70. tab. VII. 1832. Velias prester Dwigubsky. Ibidem, p. 29. As 71. 1832. Velias chersea Dwigubsky. Ibidem, p. 29. As 72. 1832. Velias chersea Méné tries. Catalogue raisonné, p. 73. As 240. 1837. Vipera chersea Krynicky. Bulletin de Moscou X (1837). As III, p. 61. 1837. Vipera prester Krynicky. Ibidem X (1837). As III, p. 61. 1845. Velias herus Gimmerthal. Correspondenzblatt des naturf. Vereins zu Riga I, p. 115. 1845. Velias chersea Gimmerthal. Ibidem I, p. 115. 1850. Vipera herus Berthold in: Wagner. Reise nach Kolchis, p. 335. 1852. Velias herus Brandt in: Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 334. 1852. Velias herus Czernay. Фауна Харьковской Губерніи I, p. 12. 1853. Vipera herus Kessler. Естеств. Исторія Кіевск. Учебн. Округа. Amphibia, p. 43. 1854. Velias herus D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 1395. 1861. Velias Benardi Christoph. Bulletin de Moscou XXXIV (1861) II, p. 600. 1868. Vipera herus Strauch. Труды 1-го съѣзда русскихъ естествоиспытателей. Зоол., р. 287. 1869. Vipera herus Strauch. Synopsis der Viperiden, p. 32. 1870. Velias herus Pengo. Труды общества испытателей природы при Имп. Харьковскомъ Университетѣ II, As X (О родовыхъ и видовыхъ признакахъ Гадюки) tab. V et VI. 1871. Velias herus Kessler in: Auerbach. Гора Богдо, p. 75. 1873. Vipera herus Schweder. Correspondenzblatt des naturf. Vereins zu Riga XX, p. 135. Die Schlangen des Russischen Reichs. 209 Vipern berus L. ’), deren verschiedene Farbenvarietäten früher als selbstständige Arten aufgefasst und mit den ganz ähnlich gefärbten und gezeichneten Varietäten der Vipern aspis L. häufig verwechselt worden sind, unterscheidet sich von der eben genannten süd- europäischen Otter bei direktem Vergleiche schon durch den weniger breiten und weniger flachgedrückten Kopf, so wie namentlich auch durch die Form der Schnauze, deren Spitze bei der Kreuzotter von oben nach unten durchaus abgerundet ist, während sie bei der Vipera aspis L. gestutzt, scharfkantig und selbst leicht aufgeworfen erscheint. Ausser der Schnauzenform, besitzt die Kreuzotter aber noch zwei andere Merkmale, durch welche sie sich von allen übrigen Fibern- Arten leicht unterscheiden lässt, und welche in systemati- scher Hinsicht schon desshalb einen ungleich grösseren Werth haben, als die Schnauzen- form, weil sie sofort in’s Auge fallen und das Erkennen der Art in jedem Falle, auch ohne direkten Vergleich mit den zunächst verwandten Formen, ermöglichen. Das eine dieser Merkmale besteht in der Bekleidung des Scheitels, der bei Vipera berus L. bekanntlich nicht, wie bei allen anderen Vipera- Krim , beschuppt oder doch mit kleinen, irregulären, schuppenähnlichen Schildchen bekleidet ist, sondern drei reguläre und symmetrisch ange- ordnete Schilder, ein Verticale und 2 Occipitalia, trägt. Da jedoch einerseits, wenn auch nur sehr selten, Exemplare der Kreuzotter Vorkommen, bei welchen, wie z. B. bei N° 1000 unserer Sammlung, jedes der beiden Occipitalia in kleine irreguläre Schildchen zerfallen und selbst das nie ganz verschwindende Verticale zu einem kleinen, unregelmässig geformten Schilde umgestaltet ist* 1 2), und da andererseits bei der ihr zunächst verwandten Vipera aspis L. hin und wieder in der Mitte des Scheitels ein grösseres, aus der Verschmelzung mehrerer kleiner Schildchen entstandenes Schild beobachtet wird, so schien mir der be- schilderte Scheitel als diagnostisches Merkmal weniger Werth zu haben, als das zweite der oben erwähnten Merkmale, welches bekanntlich in dem Vorhandensein nur einer einzigen, 1) Die fünf bisher innerhalb der Grenzen des Russischen Reichs beobachteten Arten der Gattung Vipera Laur. unterscheiden sich, wie folgt, von einander: Die jederseitige Supraorbitalregion ist I mit einem einzigen Supraorbitalschilde bekleidet. Auf dem Scheitel finden sich a) drei mehr oder weniger reguläre und symmetrisch angeordnete Schilder. Der Aug- apfel ist von den darunter gelegenen Supralabialschildern fast immer nur durch eine einzige Schuppenreihe getrennt V. berus L. b) Schuppen. Die Supralabialschilder sind vom Augapfel stets wenigstens durch zwei Schuppenreihen getrennt. Die Schnauzenspitze 1) trägt einen fingerförmigen, fleischigen, beschuppten Fortsatz. V. ammodytes L. 2) ist einfach abgerundet, ohne Spur eines Fortsatzes V. xanthina Gray. II mit Schuppen gedeckt, welche a) flach sind und von denen diejenigen am Supraorbitalrande etwas grösser erscheinen, als die übrigen V. cuphratica Martin. ß) zu aufrecht stehenden Fortsätzen von ungleicher Länge umgebildet sind und, da der mittelste dieser Fortsätze alle übrigen etwas überragt, ein etwa knospenförmiges Horn darstellen V. persica D. et B. 2) Auch Prof. Lenz (Schlangeukunde, p. 161) hat diese Anomalie mehrfach beobachtet. Mémoires de l'Acnd. Imp. des sciences, Vllmo Séno. 27 210 A. Strauch, den Augapfel von den darunter liegenden Supralabialscliildern trennenden Sclmppenrcihe besteht. Dieses zweite Merkmal, dessen diagnostischen Werth der verstorbene Jan zuerst erkannt hat und dessen Beständigkeit er ohne Zweifel an einer grossen Zahl von Exem- plaren geprüft haben wird, war auch von mir nach Untersuchung von über hundert Kreuz- ottern, die aus den verschiedensten Gegenden Europa’s und Asien’s stammten, durchaus constant befunden worden, wesshalb ich denn auch keinen Anstand genommen hatte, in meiner Synopsis der Viperiden die Vipera berus L. hauptsächlich dadurch von allen ihren Gattungsgenossen zu unterscheiden, dass bei ihr das Auge von den darunter gelegenen Oberlippenschildern stets nur durch eine einzige Schuppenreihe getrennt ist, während die Zahl dieser Schuppenreihen bei den übrigen Arten zum Mindesten zwei beträgt. Neuerdings hat aber auch dieses Merkmal sehr bedeutend an seinem diagnostischen Wertlie eingebiisst, indem Hr. Pcngo, Conversator am zoologischen Museum der kaiserlichen Universität zu Charkow, eine ganze Reihe von Kreuzottern zu beobachten Gelegenheit gehabt hat, bei de- nen sämmtlich der Augapfel durch zwei Schuppenreihen von den darunter liegenden Su- pralabialschildern getrennt war. Hr. Pengo stiess nämlich bei einer Excursion in der Um- gegend von Charkow zufällig auf eine trächtige weibliche Kreuzotter, verwundete dieselbe durch einen Schlag mit dem Flintenkolben in der Weise, dass ihre Bauchwandungen platzten, und sah, wie aus der klaffenden Wunde eine Menge junger Individuen, 14 an der Zahl, her- vorkrochen; das grosse Weibchen nun, welches, nebenbei bemerkt, der schwarzen Varietät angehörte, zeigte beiderseits die Anomalie, dass bei ihm der Augapfel durch zwei Schup- penreihen von den darunter gelegenen Oberlippenschildern getrennt war, und von seinen 14 Jungen, welche sämmtlich bunt gefärbt waren, zeigten 7 dieselbe Anomalie, eines stellte eine Uebergangsform dar (in wie fern, ist leider nicht gesagt) und bei den übrigen befand sich zwischen dem Bulbus und den Supralabialschildern nur eine einzige Schuppen- reihe1). Da Hr. Pengo noch eines anderen ausgewachsenen Exemplars mit zwei Schuppen- reihen unter dem Auge gedenkt und zugleich auf eine von mir übersehene Angabe Prof. Kessler’s2) hinweist, in welcher es heisst, dass der Augapfel bei Vipera berus L. bald von einem einfachen, bald von einem doppelten Halb ringe von Schuppen umgeben ist, so scheint es wohl, dass das auf die Zahl der den Augapfel von den Oberlippenschildern trennenden Schuppenreihen basirte Merkmal noch weniger Beständigkeit besitzt, wie dasjenige, welches der Beschilderung des Scheitels entnommen ist. Keines der beiden für Vipera berus L. charakteristischen Merkmale ist somit absolut constant, dennoch werden beide zusammen wohl in allen Fällen vollkommen genügen, um die Art sicher zu kennzeichnen, wenigstens scheint es mir mehr als unwahrscheinlich, dass ein Exemplar der Kreuzotter gefunden wer- 1) Pengo. Труды общества испытателей природы цри Императорскомъ Харьковскомъ Университетѣ II. № X, р. 21 — 22. Zwei von diesen frisch aasgekrochenen Jungen, und zwar ein normales und ein anomales, hat Herr Pengo die Freundlichkeit gehabt, dem akademi- schen Museum zu schenken, wo sie beide uuter № 3376 aufgestellt sind. 2) Kessler. Естеств. Истор. Кіевск. Учебн. Округа. Amphibia, р. 44. Die Schlangen des Russischen Reichs. 211 den sollte, bei welchem keines der beiden Merkmale zuträfe ; und selbst in einem solchen Falle lässt sich die Art dennoch an der Form des Kopfes und namentlich der Schnauze sofort erkennen und von Vipera aspis L., der einzigen, mit welcher eine Verwechselung überhaupt möglich ist, leicht unterscheiden. Färbung und Zeichnung. Ungeachtet der grossen Veränderlichkeit, welcher Vipera berus L. in Bezug auf Färbung und Zeichnung unterworfen ist, lassen sich, genau genommen, doch nur zwei Varietäten derselben unterscheiden, nämlich eine einfarbige und eine bunte. Die einfarbige Varietät ist immer tief schwarz gefärbt, auf der Oberseite ziemlich matt, auf der unteren dagegen mehr oder weniger glänzend , und nur unter dem Schwanz- ende, so wie zuweilen auch an der unteren Kinnlade finden sich helle, weisslichgelbe Flecken, die weder in der Zahl, noch in der Form, noch endlich in der Stellung irgend welche Re- gelmässigkeit zeigen. Von dieser Varietät kennt man bis jetzt nur ausgewachsene oder doch halbwüchsige Stücke, die, wie es scheint, immer dem weiblichen Geschlechte ange- hören und in ihrem Vorkommen keineswegs nur auf hohe Gebirge beschränkt sind, wie Hr. von Tschudi1) glaubt, sondern auch in manchen ganz ebenen Gegenden, wie nament- lich im Gouvernement Charkow, nicht selten angetroffen werden. Ob diese schwarzen Indi- viduen in der ersten Jugend bunt sind und erst später durch innere Disposition oder äus- sere Einflüsse, oder, was das wahrscheinlichste wäre, durch Zusammenwirken beider Mo- mente schwarz werden, lässt sich zur Zeit allerdings nicht definitiv feststellen, jedoch spre- chen mancherlei Umstände sehr zu Gunsten einer solchen Annahme: erstens hat man näm- lich bisher meines Wissens noch niemals ganz junge schwarzgefärbte Kreuzottern beob- achtet, denn das kleinste Exemplar der schwarzen Varietät, dessen ich erwähnt gefunden habe, war 34 Ctm. lang und wird von Hrn. Pengo2) selbst, der dasselbe untersucht hat, für etwa zweijährig gehalten; zweitens ist, wie bereits bemerkt, gleichfalls von Hrn. Pengo der Fall direkt beobachtet worden, dass eine schwarzgefärbte weibliche Vipera berus L. 14 Junge, die sämmtlich der bunten Form angehörten, zur Welt gebracht hat, und drittens endlich liegt mir ein aus dem Luga’schen Kreise des Petersburger Gouvernements stam- mendes, dem Museum von Hrn. von Solsky geschenktes Exemplar (V: 1008) vor, bei welchem trotz der durchaus schwarzen Färbung im vordersten Theile des Rumpfes noch Spuren der dunkelen Zigzagbinde, welche bei der bunten Form die Rückenfirste ziert, so wie weissliche Makeln auf den Supralabialschildern vorhanden sind, und welches also einst- mals ganz bestimmt bunt gewesen ist. Da nun auch Prof. Lenz3) mehrerer Stücke der schwarzen Abart gedenkt, bei welchen die dunkelen Zeichnungen noch mehr oder weniger deutlich erkennbar waren, so halte wenigstens ich es für mehr als wahrscheinlich, dass die 1) Tschudi. Thierleben der Alpenwelt. 5t0 Aufl., p. 267. 2) Pengo, Труды общества испытателей природы при Императорскомъ Харьковскомъ Университетѣ IL № X , p. 20. 3) Lenz, Schlangenkunde, p, 160. 212 A. Strauch, schwarze Varietät immer erst im Laufe der Jahre durch Anhäufung und Ueberhandnehmen des dunkelen Pigments aus der bunten Form entsteht. Was nun die bunte Form anbetrifft, so variirt dieselbe schon in der Grundfarbe nicht unbeträchtlich, indem die Oberseite bald olivgrau, bald gelblichbraun in allen möglichen Abstufungen bis zu schwarzbraun, bald endlich heller oder dunkler rostfarben erscheint. Der Kopf zeigt auf der Oberseite mehrere, weder in Form, noch in Zahl, noch in Stellung- ganz constante, dunkele Makeln, welche, wenn sie nicht, wie es meist der Fall ist, zu einer mehr oder weniger deutlich abgegrenzten, herzförmigen Figur Zusammenflüssen, meist so vertheilt sind, dass vorn auf der Schnauze eine unpaare steht, welcher drei, in eine Quer- reihe angeordnet, folgen, von denen die mittelste auf dem Verticalschilde steht, und hinter diesen jederseits noch zwei zu sehen sind, die in einer schrägen, nach hinten und auswärts gerichteten Leihe stehen und meist zu einer kurzen Binde verschmelzen. Ausser dieser kurzen Binde findet sich jederseits auf dem Hinterkopfe noch eine zweite, etwas längere und auch breitere Binde, die am hinteren Ende des Occipitalsclnldes beginnt und entweder mit der jederseits in der Temporalgegend vorhandenen, gegen die Halsseiten ziehenden Binde parallel läuft, oder aber, was häufiger vorkommt, eine bedeutend schrägere Richtung be- sitzt und zuweilen sogar unter spitzem Winkel auf das Ende der Temporalbinde stösst. Die Oberlippenschilder sind stets hell bräunlichgelb gefärbt und selten einfarbig, sondern meist mit dunkelen Makeln geziert. Auf dem Nacken in dem dreieckigen Raume, welcher durch die Divergenz der beiden, am Ende der Occipitalia entspringenden Binden entsteht, beginnt mit einer kolben- oder selbst herzförmigen Makel die Zigzagbinde des Rückens, die sich bis zur Schwanzspitze fortsetzt und in der Färbung eben so, wie die Kopfzeichnungen, je nach der helleren oder dunkleren Grundfarbe zwischen hellkastanienbraun und tief braun- schwarz variirt. Diese Binde, deren Breite sehr variabel ist, verläuft nur selten continuir- lich, sondern ist meist an einzelnen Stellen oder zuweilen auch in ihrer ganzen Ausdehnung in Makeln aufgelöst, die entweder abgerundet, oder stark in die Quere gezogen erscheinen. An jeder Seite des Rumpfes findet sich ferner eine Längsreihe bald mehr, bald weniger deutlicher, meist rundlicher Makeln, die in der Farbe mit der Rückenbinde übereinstim- men und, falls letztere in Makeln aufgelöst ist, mit diesen alterniren. Bei manchen Exem- plaren stehen die Flankenmakeln in zwei, ausnahmsweise sogar in drei Längsreihen, sind dann aber immer bedeutend kleiner und auch meist gegen die Grundfarbe nicht ganz scharf abgegrenzt. Die Unterseite ist meist heller oder dunkler schwarzgrau, ja selbst schwarz ge- färbt und jedes Schild zeigt gewöhnlich mehrere gelbliche Makeln, die zwar meist hinsicht- lich der Form, Zahl und Stellung wenig beständig sind, mitunter aber doch eine mehr re- gelmässige Anordnung zeigen und in ziemlich reguläre Längsreihen angeordnet erscheinen. Bei den Exemplaren mit sehr hell gefärbter Oberseite ist die Unterseite gleichfalls sehr hell bräunlichgelb gefärbt und die einzelnen Schilder, die, mit Ausnahme der vordersten, meist in grösserer oder geringerer Ausdehnung schwärzlich bestaubt sind, tragen verein- zelte, gewöhnlich sehr kleine Flecken von schwärzlicher oder doch dunkelgrauer Farbe. Die Schlangen des Russischen Reichs. 213 Die jungen Exemplare weichen von den ausgewachsenen höchstens dadurch ab, dass bei ihnen die stets sehr schmale Rückenbinde meist continuirlich verläuft und ausserordentlich stark im Zigzag gebogen erscheint. Die Exemplare aus den transkaspischen Steppen zeichnen sich, wie ich bereits in meiner Abhandlung über die Viper iden bemerkt habe, da- durch aus, dass ihre Grundfarbe sehr hell, fast sandfarben ist, und dass sie statt der Rücken- binde fast immer eine Längsreihe rundlicher oder in die Quere gezogener Makeln von sehr heller kastanienbrauner Farbe besitzen, und die ostsibirischen Stücke stimmen fast alle darin mit einander überein , dass ihre Grundfarbe einen mehr oder weniger deutlich aus- gesprochenen grünlichen Anflug zeigt, und dass ihre Rückenbinde, wie bei den Jungen, sehr schmal ist, stark im Zigzag verläuft oder auch in schmale Querflecken von ausgespro- chen rhombischer Gestalt aufgelöst erscheint. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar (№ 1000) besitzt eine Totallänge von 74 Ctm., von denen nur 6,5 Ctm. auf den Schwanz zu rechnen sind, jedoch sollen auch Exemplare von gegen 90 Ctm.1) Totallänge Vorkommen. Habitat. Die gemeine Kreuzotter ist, abgesehen von den Meerschlangen oder Hydriden , entschieden die am weitesten verbreitete Schlangen-Art, denn ihr Wohngebiet erstreckt sich von der atlantischen Küste der pyrenäischen Halbinsel durch ganz Europa und die gemässigten Gegenden Asiens bis zur Insel Sachalin, also vom 9 bis zum 160° östl. L. v. F. , wird im Norden von einer Linie begrenzt, welche in Schottland wahrscheinlich an der Nordküste beginnt, in Skandinavien ihren nördlichsten Punkt bei Quickjock (67° n. Br.) erreicht und von da in südöstlicher Richtung über Archangelsk (64° n. Br) und Jenisseisk (58° n. Br.) zum Udskoi Ostrog (54° n. Br.) zieht, und dehnt sich südwärts bis zu einer Linie aus, welche in Spanien etwa dem 38, in Italien dem 43, in Ost-Europa dem 45, in Transkaukasien dem 41, in Yorder-Asien dem 45 und in Ost-Sibirien wahrscheinlich dem 48° n. Br. folgt. Seit dem Jahre 1809, wo ich die obigen Grenzen angegeben hatte, sind mir nun noch mancherlei Daten über das Vorkommen der Kreuzotter sowohl ausserhalb, als auch namentlich innerhalb der Grenzen des Russischen Reichs bekannt geworden , da jedoch alle diese Angaben sich auf Gegenden beziehen, die in dem oben begrenzten Ver- breitungsbezirke bereits einbegriffen sind , so scheint es mir überflüssig, ihrer hier speciell zu gedenken. Dagegen liegen mir zwei Exemplare der Vipera berus L. aus dem asiatischen Russland vor, welche wohl verdienen, hier angeführt zu werden, da beide von Orten stam- men, welche ausserhalb der von mir für diese Art angegebenen Verbreitungsgrenze liegen: das eine dieser beiden Exemplare ist nämlich vom Obersten Kuschakewitscli in der Um- gegend von Chodshent erbeutet worden und das andere stammt von der Bai Possiet, wo es von Dr. Dybowsky gefangen und dem Universitätsmuseum zu Warschau übergeben worden ist; Chodshent liegt nun bekanntlich unter dem 42° n.B., die Bai Possiet aber etwas nörd- 1) In Folge eines Druckfehlers ist in meiner Synopsis der Viperiden, p. 3G als Maximum der Totallänge die Zahl 70, statt 90 angegeben. 214 A, Strauch, licher, zwischen dem 42 und 43° n. Br., und es crgiebt sich somit, dass die Aequatorial- grenze des Verbreitungsbezirkes von Viper a herus L. in dem östlich vom Kaspischen Meere gelegenen Theile Asiens weit südlicher, als ich oben angegeben habe, nämlich zwischen dem 42 und 43° n. Br. zu suchen ist. 30. Vipera ammodytes Linné. V. supra olivaceo- vel bruneo-cinerea, rarius fusco-vel rufo-cinerea, capite concolore, exceptis maculis nonnullis occipitalibus et utrinque fascia temporali, fuscis vel nigris, pa- rum distinctis et saepe obsoletis; corpore supra fascia lata longitudinali, ad caudae apicem usque excurrente, valde flexuosa, fusca vel nigra, saepe in maculas aut majores et rhom- boidales, aut minores subtransversas, plcrumque biseriatas et alternas dissoluta, nec non in utroque latere maculis parvis, uniscriatis, cum dorsalibus alternantibus, sed saepe obsoletis, ornato; infra llavescens, scutis singulis abdominalibus dense nigro-vel fusco-irroratis, ma- culisque nonnullis obscuris, irregularibus, notatis; cauda subtus fusca, apice extremo san- guinea. Capite elongato, deplanato, postice dilatato et a trunco distincte separato; rostro brevi, apice verruca carnea, squamata, cylindrica vel conica, plcrumque erecta, armato et supra cum vertice squamis imbricatis vel subimbricatis, leviter tectiformibus, sed non ca- rinatis tecto, trunco elongato, subfusiformi , cauda brevissima, apice acuminata; naribus utrinque in seutello simplici positis, lateralibus; scutello praenasali utrinque distincto; scutello supraorbitali magno ; oculo a scutellis supralabialibus 4t0 et 5t0, rarius 5t0 et 6t0, infra positis, duplici serie squamarum separato; scutellis supralabialibus utrinque 9 — 11, infra- labialibus 10 — 12; squamis lanceolatis, in trunci parte anteriore in 21, rarissime in 23, séries longitudinales dispositis, valde carinatis; scutis abdominalibus 142 — 156, anali sim- plici, subcaudalibus utrinque 26 — 38. Synonymie. 1758. Coluher ammodytes Linné. Systema naturae. Edit. X, I, p. 216. № 174. 1854. Vipera ammodytes D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 1414. pl. LXXVIIlkls f. 1. 1868. Vipera ammodytes Strauch. Труды 1-го съѣзда русскихъ естествоиспытателей. Зоол. p. 289. 1869. Vipera ammodytes Strauch. Synopsis der Viperiden, p. 66. Die Sandviper besitzt in dem unpaaren fingerförmigen Fortsatze, welcher ihre Schnau- zenspitze ziert, ein so sicheres Kennzeichen, dass sie wohl schwerlich mit irgend einer an- deren Vipera- Art verwechselt werden dürfte. Dieser Fortsatz ist durchaus fleischig, an der Basis stets breiter, als an der abgerundeten Spitze, daher gewöhnlich conisch, seltener mehr in die Länge gezogen und subcylindrisch , bald senkrecht oder schräge in die Höhe gerichtet, bald mehr horizontal gestellt und an seiner vorderen oder unteren Fläche mit zwei länglichen, meist der Quere nach getheilten Schildchen bekleidet, an der hinteren Die Schlangen des Russischen Reichs. 215 oder oberen Fläche aber und an der Spitze durchaus beschuppt; eben so wie in der Rich- tung, variirt dieser Fortsatz auch hinsichtlich der Länge, und zwar ist er stets mehr in die Länge gezogen, wenn er horizontal steht, bei aufrechter oder schräger Stellung dagegen immer sehr kurz und von ausgesprochen conischer Gestalt. Ferner ist hervorzuheben, dass bei dieser Art der Scheitel eben so, wie die Oberfläche der Schnauze, durchaus mit deut- lichen, mehr oder weniger dachziegelförmig gelagerten Schuppen bekleidet ist, die aber niemals wirklich gekielt, sondern höchstens schwach dachförmig erhoben (en dos d’âne) er- scheinen, und endlich muss ich hier wiederholen, dass mir ein Exemplar dieser Art aus Dalmatien (№ 1044) vorliegt, bei welchem die Schuppen im vorderen Theile des Rumpfes nicht, wie bei allen anderen bisher bekannten Stücken, in 21, sondern in 23 Längsreihen angeordnet sind. Färbung und Zeichnung. Videra ammodytes L. ist zwar, was Färbung und Zeichnung an- betrifft, gleichfalls eine veränderliche Art, variirt aber doch in ungleich engeren Grenzen, als ihre beiden europäischen Gattungsgenossen, die Kreuzotter und die Vipêra aspis L., und namentlich gilt das eben Gesagte von den transkaukasischen Exemplaren, die sämmt- licli sehr gleichförmig gefärbt und gezeichnet sind. Während nämlich bei den europäischen Exemplaren der Sandviper die Grundfarbe der Oberseite in allen möglichen Nüancen vom Gelblichgrauen in’s Weissliche, Bräunliche, Olivgrüne. Röthliche und selbst Schwärzliche wechselt, ist dieselbe bei den transkaukasischen immer heller oder dunkler braungrau und zeigt stets einen mehr oder weniger deutlich ausgesprochenen Stich in’s Grünliche. Eben so ist auch die Zeichnung bei den transkaukasischen Exemplaren ungleich einfacher, als bei den europäischen, und dabei, soweit ich nach den 6 mir vorliegenden Stücken urtheilen kann, recht constant. Die europäischen Stücke dieser Art besitzen bekanntlich alle eine sehr breite und sehr stark im Zigzag gebogene, braune oder schwärzliche Dorsalbinde, die meist an einzelnen Stellen, seltener in ihrem ganzen Verlaufe, in grosse Makeln von ge- wöhnlich sehr regulärer rhombischer Gestalt augelöst ist, der Kopf trägt bei ihnen auf dem hinteren Theile seiner oberen Fläche fast immer 4 schwärzliche, nur selten sehr scharf be- grenzte, kleine Makeln, so wie jederseits eine gleichfalls nicht immer deutlich ausgebildete, dunkele Temporalbinde, und an den Seiten des Körpers endlich findet sich eine Längsreihe ziemlich kleiner Makeln, die in der Farbe mit der Rückenbinde übereinstimmen und, falls diese in Makeln aufgelöst ist, mit diesen letzteren sehr regelmässig alterniren. Bei den trans- kaukasischen Exemplaren dagegen, deren Kopf kaum abweichend gezeichnet ist, findet sich auf der Firste des Rumpfes und Schwanzes eine Längsreihe stark in die Quere gezogener, ziemlich schmaler, schwarzbrauner Makeln, von denen jede aus zwei gleichen Hälften zu- sammengesetzt ist, die im vorderen Theile des Rumpfes gewöhnlich mit einander corre- spondiren und somit zu einer einzigen, grösseren Quermakel oder Querbinde verschmelzen, in der Mitte und im hinteren Theile des Körpers dagegen mehr oder weniger verschoben sind und folglich auch mehr oder weniger deutlich mit einander alterniren. Die Makeln der jederseitigen Flankenreihe sind hier stets sehr undeutlich und verschwommen, und 216 A. Strauch, z war werden sie um so undeutlicher, je grösser das Exemplar ist. Die Unterseite dagegen scheint im Ganzen nur wenig zu variiren, denn ich finde sie an sämmtlichen mir vorlie- genden Stücken auf bräunlichgelbem Grunde meist ausserordentlich dicht schwarz punktirt und ausserdem noch mit mehr oder weniger regelmässig vertheilten, schwärzlichen Makeln geziert, welche letzteren gewöhnlich auf die Seiten der einzelnen Bauchschilder, deren Hin- terrand nicht schwarz punktirt, sondern einfarbig hell bräunlichgelb erscheint, beschränkt sind. Die Unterseite der Schwanzspitze ist hellgelb mit mehr oder weniger deutlichem röthlichem Schimmer und soll im Leben immer blutroth sein. Maasse. Diese Art soll bis zu 100 Ctm. lang werden, das grösste der mir vorliegenden transkaukasischen Exemplare misst jedoch nur 57 Ctm., von denen 7 Ctm. auf den Schwanz zu rechnen sind. Habitat. Die Sandviper, die in Russland ausschliesslich1) nur in Transkaukasien , na- mentlich in der Gegend von Borshom und bei Elisabethpol, vorkommt, besitzt, wie ich in meiner Abhandlung über die Viperiden gezeigt habe, einen sehr ausgedehnten Verbrei- tungsbezirk, der sich von der atlantischen Küste der pyrenäischen Halbinsel bis an die Westküste des Kaspischen Meeres erstreckt, im Norden von einer Linie begrenzt wird, welche in Spanien etwa dem 43, in Ost-Frankreich dem 46, in Italien dem 45, in Bayern und Oesterreich dem 48, in Ungarn und Siebenbürgen dem 46 und in Klein -Asien und Transkaukasien dem 41° n. Br. folgt, und südwärts in Syrien dem 34, in Algerien aber höchstens dem 36° n. Br. erreicht. 31. Vipera xanthina Gray. V. supra fusco-grisea vel bruneo-cinerea, capite utrinque macula suboculari fasciisque duabus obliquis, altera ab oculi margine posteriore ad oris angulum descendente, altera occipito-nuchali , plerumque lunata, sed etiam postice dilatata et claviformi, nigris vel fus- cis, ornato; dorso maculis rnagnis, rotundatis, flavicantibus vel flavo-aurantiacis, externe semper nigro- vel fusco-marginatis et in duas séries longitudinales dispositis, altérais, sed plerumque in maculas majores, subtransversas vel obliquas, confluentibus, in cauda vero evanescentibus, notato; lateribus transverse nigro- vel fusco-fasciatis, fasciis singulis plus minusve abbreviatis et cum dorsi maculis semper alternantibus ; subtus flavescens, con- fertim nigro- vel fusco-punctata, margine scutorum abdominis singulorum posteriore nigro flavoque tesselato; cauda in adultis infra fusca, in junioribus flava, fusco-irrorata. Capite elongato, deplanato, postice dilatato, subcordiformi et a trunco distincte separato, rostro brevi, apice rotundato et supra cum vertice squamis imbricatis et distincte carinatis tecto, trunco elongato, leviter compresso, subfusiformi, cauda brevissiina, subtriquetra, apice acu- 1) Mir ist zwar aus Moskau ein, angeblich in der dor- tigen Gegend gefangenes, Exemplar dieser Schlange zur Ansicht übersandt worden, jedoch bezweifle ich die Rich- tigkeit der Fundortsangabe auf das Entschiedenste, zu- mal nicht einmal bekannt ist, wer das Stück gefangen und dem dortigen Museum übergeben hat, Die Schlangen des Russischen Reichs. 217 minata; naribus utrinque in scutello siniplici positis, lateralibus; scutello praenasali di- stincto, sed magna ex parte cum scutello nasali coalito; scutello supraorbitali mediocri (forsan erecto), margine externo valde convexo, bulbum superante et ab eo serie squama- rum parvarum separate; oculo a scutellis supralabialibus quarto et quinte, infra positis, duplici serie squamarum separate; scutellis supralabialibus utrinque 9, infralabialibus 10 — 12; squamis lanceolatis, in trunci parte anteriore in 23 seriös longitudinales dispositis, valde carinatis; sentis abdominalibus 150 — 176, anali simplici, subcaudalibus utrinque 23 — 32. Synonymie. 1849. Daboia xanthina Gray. Catalogue of Snakes, p. 24. 1850. Vipera aspis var. ocellata Berthold in: Wagner. Reise nach Kolchis, p. 337. 1868. Vipera xanthina Strauch. Труды 1-го съѣзда русскихъ' естествоиспытателей. Зоол., p. 290. 1869. Vipera xanthina Strauch. Synopsis der Viperiden, p. 73. tab. I. Vipera xanthina Gray gehört bekanntlich zu denjenigen Arten der Gattung Vipera Laur. , bei welchen das jederseitige Nasalschild nicht direkt an das Rostrale stösst, son- dern von demselben getrennt ist, und zwar durch ein besonderes Praenasalschild ; dieses Praenasalschild hat eine länglich -viereckige Form, ist stets bedeutend breiter (höher), als lang, und erscheint in seinem unteren Theile sehr häufig mit dem Nasalschilde verschmol- zen, so dass die ursprüngliche Trennung beider nur noch durch eine senkrechte Furche angedeutet ist, welche die oberen Parteien beider Schilder scheidet. Von den vier übrigen Arten dieser, durch die Anwesenheit des Praenasalschildes ausgezeichneten Gruppe der Gattung Vipera Laur. unterscheidet sich Vipera xanthina Gray durch die mit deutlich gekielten Schuppen bekleidete Oberseite des Kopfes und das zwar nicht grosse, aber doch stets vollkommen deutliche und am Aussenrande auffallend convexe Supraorbitalschild so sicher, dass eine Verwechselung derselben mit irgend einer der anderen Arten kaum mög- lich ist. Hinsichtlich des Supraorbitalschildes, welches das sicherste Unterscheidungsmerk- mal zwischen der in Rede stehenden Art und der ihr so nahe verwandten Vipera eupliratica Martin bildet, muss ich übrigens bemerken, dass dasselbe bei einem neuerdings von Dr. Rad de acquirirten Exemplar (№ 3379) der Vipera xanthina Gray auf der linken Seite nicht horizontal liegt, sondern eine schräge, halbaufrechte Stellung einnimmt, so dass der convexe äussere Rand nach oben und aussen gerichtet ist, während es auf der rechten Seite genau so gelagert erscheint, wie bei allen übrigen, mir bekannten Exemplaren, d. h. hori- zontal liegt und mit seinem äusseren convexen Rande den Augapfel beträchtlich überragt. Dieses aufgerichtete Supraorbitalschild grenzt nun mit seiner Basis nicht direkt an den Bulbus, wie bei allen übrigen, mit einem Supraorbitalschilde versehenen Vipera- Arten, sondern ist von demselben durch eine Längsreihe von 3 Schuppen getrennt, so dass also Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Serie. 28 218 A, Stkauch, das Auge bei dieser Art, wie bei so vielen ihrer Gattungsgenossen, von einem Schuppen- kranze umgeben ist, dessen oberer Theil aber von dem Supraorbitalschilde gedeckt wird. Auf der rechten Seite, wo das Supraorbitalschild horizontal Hegt, erblickt man, wenn man das Schild in die Höhe hebt, eine eben solche Schuppenreihe und die gleiche Anordnung rindet sich auch bei den beiden anderen Exemplaren unserer Sammlung, nur habe ich die Schuppenreihe, eben weil sie von dem horizontal gestellten Supraorbitale verdeckt ist, bis- her übersehen. Ich vermuthe nun, dass bei Vipern xnnthina Gray das Supraorbitalschild im Leben immer, oder doch zeitweise, eine schräge, halb aufgerichtete Stellung besitzt, und werde in dieser Vermuthung um so mehr bestärkt, als Dr. Rad de in einem Briefe, in welchem er mir über den Fang des oben erwähnten Exemplars (J№ 3379) Nachricht giebt, dasselbe als Hornviper bezeichnet und damit also andeutet, dass die Supraorbitalschilder desselben gleichsam wie Hörner in die Höhe gerichtet waren. Auffallend ist es freilich, dass weder Dr. Gray, noch Dr. Günther1) einer aufrechten Stellung des Supraorbitalschildes bei dieser Art gedenken, und dass auch bei allen 4 Exemplaren derselben, welche ich bei Gelegenheit der Abfassung meiner Abhandlung über die Viperiden unter Händen gehabt habe, diese Schilder stets eine horizontale Lage hatten, dennoch scheint mir die Annahme, dass bei sämmtlichen bisher beobachteten Stücken dieser Schlange die fraglichen Schilder etwa in Folge von Druck bei der Verpackung herabgedrückt gewesen seien, nicht zulässig. Eben so wenig glaube ich die aufrechte Stellung des linken Supraorbitale bei dem in Rede stehenden Exemplar für eine zufällige oder anomale erklären zu können, denn einerseits spricht die Schuppenreihe, welche die Basis dieses Schildes von dem Augapfel trennt und welche bei keiner der übrigen, mit einem Supraorbitalschilde versehenen Viper a-kvim vor- kommt, entschieden gegen eine solche Annahme, und andererseits ist die Schlange, wie schon bemerkt, von Dr. Rad de, dem einzigen Naturforscher, der sie im Leben beobachtet hat, als Hornviper bezeichnet worden, woraus sich entnehmen lässt, dass am lebenden Stücke auch das rechte Supraorbitale, welches gegenwärtig horizontal liegt, aufgerichtet gewesen ist. Gerade der Umstand, dass an dem fraglichen Exemplar das eine Supraorbitale die auf- rechte Stellung beibehalten, das andere sich aber gesenkt hat, scheint mir darauf hinzu- weisen, dass das Thier möglicherweise auch die Fähigkeit besitzt, seine Supraorbitalschil- der willkührlich zu heben und zu senken, oder dass sich dieselben vielleicht, wenn die Schlange im Affect ist, von selbst aufrichten, ähnlich wie sich die Haare oder Federn bei den warmblütigen Wirbelthieren unter gewissen Umständen in die Höhe richten oder sträu- ben. Genug, die Entscheidung der Frage, ob Vipern xnnthina Gray in die Kategorie der sogenannten Hornvipern gehört, muss künftigen Untersuchungen Vorbehalten bleiben, und hier sei nur noch bemerkt, dass durch die Anwesenheit der Schuppenreihe zwischen dem Supraorbitalschilde und dem Bulbus, welche sich mit den Prae-, Sub- und Postocular- schuppen zu einem vollständigen, das Auge umgebenden Kranze verbindet, diese Art sich 1) Proc. zool. Soc. of London 1864, p. 489. Die Schlangen des Russischen Reichs. 219 der Vipera euphratica Mart, noch mehr nähert, zu welcher sie ja bekanntlich überhaupt schon die grösste Verwandtschaft besitzt. Färbung und Zeicliuuug. Bekanntlich weichen die Exemplare dieser Art hinsichtlich der Grundfarbe je nach dem Alter nicht unbedeutend von einander ab, indem die ausgewach- senen Stücke ziemlich dunkel bräunlichgrau, zuweilen mit einem Stich ins Grünliche, die jungen aber hell bräunlichgelb (etwa sandfarben) gefärbt erscheinen, stets aber ist die ganze Oberseite dicht mit feinen, schwärzlichen oder dunkelen Punkten übersäet, von deren Menge denn auch der bald dunklere, bald hellere Ton der Farbe abhängt. Am Kopfe findet sich jederseits unter dem Auge eine schwärzliche Makel, welche die Nath zwischen dem 4ten und 5ten Supralabialschilde deckt, und meist sieht man eine ähnliche, aber kleinere Makel auch auf der Nath zwischen dem 2t№ und 3teu Oberlippenschilde; alsdann wird die Temporalgegend von einer gleichfalls schwärzlichen Binde durchschnitten, welche schräge vom Hinterrande des Auges zum Mundwinkel zieht, denselben aber nicht immer erreicht, sondern an ihm vorüber sich auf die Seite des Rumpfes erstreckt, um mit der ersten La- tcralmakel zu verschmelzen. Auf der horizontalen Kopffläche steht jederseits auf dem Hin- terhaupte, hinter dem Supraorbitalschilde und von demselben etwas abgerückt, eine kleine schwärzliche, nicht immer deutliche Makel und hinter derselben eine schräge, von innen und vorn nach hinten und aussen ziehende, kurze Binde, welche gewöhnlich eine halb- mondförmige, mit der Convexität nach innen und hinten gerichtete Figur bildet, zuweilen aber auch, wie bei dem Stücke № 1053 unserer Sammlung, an ihrem hinteren Ende kugelig aufgetrieben ist und also eine keulen- oder kolbenförmige Gestalt besitzt. Auf dem Rumpfe stehen zwei Längsreihen ziemlich grosser, am Aussenrande fast durchweg sehr breit schwarz gesäumter Makeln von abgerundeter Form, die mit einander ziemlich regelmässig alter- niren, von denen einige aber auch mit den ihnen benachbarten zu noch grösseren, meist schräge gestellten Makeln verschmelzen. Die Farbe dieser Makeln ist bei den jungen In- dividuen sehr hell bräunlichgelb mit mehr oder weniger ausgesprochenem röthlichem An- fluge, bei den ausgewachsenen schmutzig gelblichweiss, muss aber im Leben wohl immer orangegelb sein, denn bei dem Exemplar № 3379, das noch ganz frisch ist, hat sich, we- nigstens im vorderen Theile des Rumpfes, die orangcgelbc Färbung der Makeln auch bis jetzt noch recht gut erhalten. Die Seiten des Rumpfes und Schwanzes sind mit kurzen Querbinden von schwärzlicher Farbe geziert, welche mit den hellen Dorsalmakeln alter- niren und deren inneres, gegen den Rücken gekehrtes Ende fast durchweg breiter ist, als das äussere, gegen den Bauch sehende. Diese Querbinden sind bei dem Exemplar № 1053 sehr stark ausgebildet und erscheinen, wie alle schwarzen Zeichnungen desselben, mehr oder weniger deutlich, aber stets sehr schmal, gelblichweiss gesäumt, bei dem Stücke 3379 sind sie überhaupt nicht so intensiv schwarz gefärbt und nur im vorderen Rumpf- drittel deutlich, weiterhin aber und auf dem Schwänze mehr oder weniger verschwommen und verwischt, und bei dem jungen Exemplar, bei welchem die dunkelen Zeichnungen nicht schwarz, sondern rein braun sind, erscheinen die meisten dieser Querbinden so abgekürzt, 220 A. Strauch dass sie wohl richtiger als Makeln bezeichnet werden müssten. Die Unterseite ist gelblich- weiss, erscheint aber in Folge der grossen Menge von schwärzlichen Punkten, mit denen sie besäet ist, heller oder dunkler grau gefärbt, und nur am freien Hinterrande der ein- zelnen Bauchschilder tritt die Grundfarbe noch in Form von in die Quere gezogenen Ma- keln zu Tage. Auf diesem hellen Rande der einzelnen Bauchschilder stehen nun bald 3, bald 4, bald sogar 5 schwarze oder (bei dem Jungen) braune Makeln von unregelmässig viereckiger Form, welche mit denen der benachbarten Schilder alterniren und der Unter- seite ein schachbrettartiges Aussehen verleihen. Die Unterseite des Kopfes ist eben so ge- färbt, wie der Bauch, erscheint aber etwas heller, weil die feinen Punkte daselbst weniger dicht stehen; die Infralabialia und Gularia sind fast gar nicht punktirt, tragen dafür aber schwärzliche oder braune Makeln, welche auf den Kehlschildern weder regelmässig, noch constant sind, auf den jederseitigen Infralabialschildern aber in der Zahl 3 Vorkommen: die vorderste dieser 3 Makeln, welche mit der vordersten Supralabialmakel correspondit, aber nicht immer deutlich ist, findet sich auf der Natli zwischen dem 3teu und 4ten Infrala- biale, die zweite correspondit mit der Subocularmakel und deckt das 5t0, 6tB und selbst noch einen Tlieil des 7ten Infralabiale und die dritte endlich steht nach innen vom 10teu Unterlippenschilde. Die Unterseite des Schwanzes ist so dicht mit schwarzen oder braunen Pünktchen besäet, dass sie nahezu einfarbig, schwärzlich oder, bei den Jungen, bräunlich erscheint. Maasse. Das grösste der drei mir vorliegenden Exemplare (№ 1053) besitzt eine To- tallänge von 74 Ctm., von denen nur 5 Ctm. auf den Schwanz kommen. Habitat. Vipera xantliina Gray, welche, so weit gegenwärtig bekannt, ausschliesslich Asien angehört, bewohnt Klein-Asien, wo sie wiederholt in der Gegend von Xanthus ge- fangen worden ist, Transkaukasien, Persien, wo Dr. Wagner sie am Urmiah-See erbeutet hat, Galilaea und aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Insel Cypern, da es kaum zwei- felhaft ist, dass der cyprische Coluher lebetinus Forsk. ') und Vipera xantliina Gray einer und derselben Art angehören. Der specielle Fundort der beiden transkaukasischen Exem- plare in unserer Sammlung Hess sich trotz aller darauf verwandten Mühe nicht ermitteln, jedoch sprach ich die Vermuthung aus, dass dieselben wohl aus irgend einer hochgelegenen Gegend des Kaukasus stammen würden, weil Dr. Wagner die in Rede stehende Gift- schlange nicht bloss in Adserbeidshan, sondern auch im Kaukasus, in Regionen von be- deutender Höhe, zwischen 6 und 7000 Fnss, beobachtet zu haben behauptet. Meine Ver- muthung hat sich nun gewissermaassen bestätigt, denn das dritte Exemplar der Vipera xantliina Gray, welches unser Museum ganz neuerdings erhalten hat, ist von Dr. Radde wirklich in bedeutender Höhe, nämlich in einer Höhe von 5500 Fuss, unweit der Quelle des Nachitschewan Tschai auf dem Wege zum früheren Stabquartier Bitschenagh gefan- gen worden. 1) Forskäl. Descriptions Animalium, p. 13. в Die Schlangen des Russischen Reichs. 221 32. Vipera euphratica Martin, tab. VI. V. supra fusco-grisea, vel murina, vel bruneo-cinerea, capite concolore, utrinque ma- cula suboculari fasciaque obliqua temporali, rarius ultra oculum usque ad aperturam na- salem producta, fuscis vel castaneis, plus minusve distinctis ; trunco maculis, in quatuor sériés longitudinales dispositis, alternantibus , non semper distinctis et in cauda plerumque evanescentibus, fuscis vel castaneis, notato; maculis dorsalibus magnis, subquadrangularibus vel rotundatis, interdum in fasciam longitudinalem latam, alterne valde sinuatam, confluen- tibus, lateralibus minoribus, transversis vel subrotundatis et in collo semper in fasciam longitudinalem abbreviatam transformatis ; subtus ex flavo albicans, subtiliter nigro punctata, punctis plerumque in utroque scutorum latere accumulatis et maculas, plus minusve dis- tinctas formantibus. Capite elongato, deplanato, postice dilatato, subcordiformi et a trunco distincte separato, rostro brevi, apice rotundato et supra cum vertice squamis imbricatis et carinatis tecto, trunco crasso, subfusiformi, cauda brevissima, acuminata; naribus magnis, lateralibus, utrinque scutellum simplex, postice plus minusve rugosum, perforantibus ; scu- tello praenasali distincto, sed plerumque magna ex parte cum scutello nasali coalito; scu- tellis supraorbitalibus utrinque 3 — 5, parvis, planis, squamiformibus , antico vel medio ce- tera plerumque magnitudine superante ; oculo a scutellis supralabialibus 4t0 et 5t0, infra po- sitis, triplici, rarissime duplici serie squamarum separato; scutellis supralabialibus utrinque 10 — 12, infralabialibus 12 — 14; squamis lanceolatis, valde carinatis, in trunci parte an- teriore in 24 — 26 séries longitudinales dispositis; scutis abdominalibus 154 — 180, anali simplici, subcaudalibus utrinque 42 — 48. ©yiioiiyniie. 1831. Coltiber sp.? Hohenacker. Bulletin de Moscou III (1831), p. 367. № 1. 1832. Vipera obtusa Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Имперіи. Ampliib., р. 30. .№ 75 1838. Vipera euphratica Martin. Proc, zooh Soc. of London 1838, p. 82. 1854. Echidna mauritanien D et B. Erpétol. génér. VII, p. 1431. 1869. Vipera mauritanica Strauch. Synopsis der Viperiden, p. 79. In meiner Abhandlung über die Viperiden habe ich die Vermuthung ausgesprochen, dass ausser der Vipera covfluenta Соре höchst wahrscheinlich auch die Vipera euphra- tica Mart, mit der Vipera mauritanica D. et B. identisch wäre, wagte damals aber die Identität der beiden zuletzt genannten Arten nicht als ganz bestimmt hinzustellen, weil aus der von Martin veröffentlichten Beschreibung seiner Vipera euphratica die Beschaffenheit der das Nasenloch umgebenden Schilder, auf welche cs wesentlich ankam, nicht klar genug 1) Man vergleiche die Anmerkung № 1 auf p. 36 dieser Abhandlung. 222 A. Strauch, ersichtlich war. Gegenwärtig jedoch, wo ich Gelegenheit gehabt habe, mehrere transkau- kasische Giftschlangen zu untersuchen, auf welche die von Martin gegebene Beschreibung der Vipera euphratica in allen Stücken vollkommen passt und die sich zugleich als zu Vi- pern mauritanica D. et B. gehörig erwiesen haben, zweifle ich keinen Augenblick mehr an der Identität der beiden genannten Schlangen- Arten und habe demzufolge auch den von den Verfassern der Erpétologie générale vorgeschlagenen Namen Vipera mauritanien durch die um viele Jahre ältere Martin’sche Benennung ersetzt. Vipera euphratica Mart, gehört eben so, wie die drei vorhergehenden Arten, in die- jenige Gruppe der Gattung Vipera Laur., deren Repräsentanten durch den Besitz eines jederseitigen Praenasalschildes ausgezeichnet sind, und zwar ist das Schild bei ihr eben so, wie bei Vipera xanthina Gray, in seinem unteren Theile mit dem Nasale verschmolzen, jedoch kommen auch Exemplare vor, bei denen beide Schilder genau in derselben Weise, wie bei der Kreuzotter, von einander vollkommen getrennt sind. Von den übrigen Arten dieser Gruppe unterscheidet sich Vipera euphratica Mart, schon auf den ersten Blick durch die Bekleidung der jederseitigen Supraorbitalregion, die nicht mit einem einfachen, grös- seren oder kleineren Supraorbitalschilde gedeckt, sondern mit mehreren kleinen, schuppen- förmigen Schildchen bekleidet ist, unter denen gewöhnlich, aber nicht immer, eines, sei es das vorderste oder das mittelste, die übrigen um ein Beträchtliches an Grösse übertrifft. Das Auge ist also bei dieser Art von einem vollständigen Schuppenkranze umgeben, dessen oberer Theil von den Supraorbitalschildchen, die immer etwas grösser sind, als die Schuppen auf dem Scheitel und an den Kopfseiten, gebildet wird, und der aus 16 oder 17 Schuppen be- steht, wenn man die schuppenähnlichen Supraorbitalia als Schuppen gelten lässt und mit- zählt. Von der Vipera xanthina Gray, zu welcher sie, wie schon bemerkt, die meiste Ver- wandtschaft besitzt, unterscheidet sie sich nicht bloss durch die völlig verschiedene Färbung und namentlich Zeichnung, und durch den Mangel des bei jener nie fehlenden, jederseitigen, einfachen Supraorbitalschildes, sondern auch durch die Zahl der Supralabialschilder, deren bei ihr jeder seits 10 — 12 vorhanden sind, während die Gray’sche Art stets nur 9 Ober- lippenschilder besitzt, ferner durch die Anordnung der Schuppen in 24 — 26 (gewöhnlich 25) und nicht, wie bei jener, in 23 Längsreihen, so wie endlich auch dadurch, dass ihr Auge von den darunter liegenden Supralabialschildern durch 3 Reihen von Schuppen ge- trennt ist, jedoch besitzt dieses letzte Merkmal nur einen geringeren diagnostischen Werth, da ausnahmsweise auch von Vipera euphratica Mart. Exemplare Vorkommen, bei denen zwischen dem Augapfel und den Oberlippenschildern eben so, wie bei Vipera xanthina Gray, nur zwei Schuppenreihen vorhanden sind. Zu den bereits existirenden Beschreibungen der Vipera euphratica Mart, habe ich nichts Wesentliches hinzuzufügen und will hier nur hinsichtlich des Nasenlochs noch be- merken, dass dasselbe in einem sehr unregelmässig geformten, etwa ringförmigen Nasal- Schilde liegt, dessen vordere, an das Praenasalschild grenzende und in ihrem unteren Theile mit demselben meist verwachsene Hälfte stark gewölbt erscheint, während die hintere tief Die Schlangen des Russischen Reichs. 223 eingedrückt und auffallend breit ist. Das Nasenloch scheint nun, wie Martin bereits be- merkt hat, willkiihrlich erweitert und verengert werden zu können, wenigstens ist es bei dem Exemplar aus dem Warschauer Universitätsmuseum sehr gross, von runder Form und sehr stark, etwa trichterförmig vertieft, bei allen übrigen mir vorliegenden Stücken aber mehr oder weniger geschlossen und erscheint daher stets breiter (höher), als lang, ja nimmt selbst die Gestalt einer vertical gestellten Spalte an. In Folge dieser Fähigkeit, das Nasen- loch beliebig zu verengern und zu erweitern, welche diese Art mit Vipera Bussettii Shaw gemein hat, ist denn auch das Nasalschild, wenigstens in seinem hinteren, concaven Theile sehr dünn und an einzelnen Stellen gefaltet, so dass es oft schwer hält zu entscheiden, ob dasselbe einfach, oder aber aus mehreren Stücken zusammengesetzt ist: da jedoch bei den beiden jungen Exemplaren unserer Sammlung das Nasalschild nur unbedeutende Falten zeigt und unzweifelhaft einfach ist, so glaube ich, dass es überhaupt immer einfach sein wird, und dass in allen Fällen, wo man es getheilt gefunden haben will, stets die Falten für Suturen gehalten worden sind. Martin, der das Schild gleichfalls für einfach erklärt, er- wähnt noch einer besonderen Klappenvorrichtung an demselben, welche ich aber an den mir vorliegenden Exemplaren nicht recht finden kann, und daher annehmen muss, dass die «valve, only to be seen when the fossa is opened, Stretches, obliquely across, forming the posterior margin of the nasal canal» eben weiter nichts, als der faltige, an einer Stelle ziem- lich stark wulstig aufgetriebene, am tiefsten gelegene Theil des Nasalschildes ist; möglich, dass diese wulstige Erhabenheit, die im hinteren unteren Winkel der Nasalgrube liegt, wirklich zum Verschluss des Nasenlochs dient, denn wenn der vordere convexe und der hintere concave Theil des Nasalschildes bei der nur von vorn nach hinten möglichen Veren- gerung des ganzen Nasenlochs sich einander nähern , so wird die wulstige Erhabenheit al- lerdings, wenigstens zum Theil, auf die Oeffhung des schräge von hinten, oben und aussen nach vorn, unten und innen gebohrten Nasalkanals zu liegen kommen und denselben ver- schliessen, also gewissermaassen als Schliessklappe, falls eine solche überhaupt nöthig sein sollte, dienen. Färbung und Zeichnung. Die Oberseite aller Theile ist bald dunkler, bald heller grau, gewöhnlich mit einem mehr oder weniger starken Stich in’s Bräunliche, oder aber auch hellbräunlichgelb, und stets überall mit äusserst feinen dunkelon Pünktchen besäet. Der Kopf ist einfarbig bis auf einen mässig grossen Fleck unter jedem Auge und eine schräge über die jederseitige Temporalgegend ziehende Binde, welche schwärzlich oder braun ge- färbt und bei einzelnen Stücken, wie namentlich bei Ж?. 3304 unserer Sammlung, sehr un- deutlich sind. Zuweilen, wie z. B. bei dem von Hrn. Соре als Vipera confluenta beschrie- benen Exemplar, existirt auch auf dem Hinterhaupte jederseits eine schräge dunkelgefärbte Binde, welche auf die Seite des Nackens zieht, um sich daselbst mit den vordersten, zu ei- ner Längsbinde verschmolzenen Lateralmakeln unter spitzem Winkel zu vereinigen. Der Rumpf zeigt 4 Längsreihen alternirender, schwärzlicher oder brauner Makeln, welche auf dem Schwänze gewöhnlich gänzlich verschwinden, oder doch wenigstens sehr undeutlich 224 A, Stk auch, ■Э werden. Die Makeln der beiden Dorsalreihen sind gross, viereckig oder auch zugerundet und verschmelzen zuweilen zu einer breiten, sehr stark im Zigzag gebogenen Längsbinde, die sich bis an’s Schwanzende fortsetzt und besonders bei den bräunlichgelb gefärbten Indi- viduen vorzukommen scheint; die jederseitigen Flankenmakeln dagegen erscheinen mehr in die Quere gezogen, seltener zugerundet, und vereinigen sich nur ganz vorn, gleich hinter dem Kopfe, zu einer kürzeren oder längeren Längsbinde. Diese Zeichnungen des Rumpfes und Schwanzes sind nun bei den bräunlichgelb gefärbten Individuen sehr deutlich ausge- bildet und scharf abgegrenzt, bei den mehr grau gefärbten dagegen verschwimmen die Ma- keln mehr oder weniger mit der Grundfarbe und sind folglich nicht immer deutlich zu er- kennen; bei einzelnen Stücken nehmen die dunkelen Zeichnungen derartig an Ausdehnung zu, dass die Oberseite stellenweise fast einfarbig schwärzlichgrau gefärbt erscheint, wie z. B. bei dem mir vorliegenden Riesenexemplar aus der Warschauer Sammlung, bei ande- ren dagegen verschwinden sie bis auf leise Spuren auch gänzlich und das Thier sieht als- dann gleichfalls fast einfarbig grau oder bräunlichgrau aus. Die Unterseite ist sehr hell gelblichweiss gefärbt, soll aber nach Hohenacker am lebenden oder eben getödteten Thiere röthlich sein, und erscheint stets mehr oder weniger dicht mit schwärzlichen Punk- ten besäet, welche namentlich an den Seiten der Bauch- und Schwanzschilder stärker an- gehäuft sind und zuweilen sogar zu ganz deutlichen schwärzlichen Makeln Zusammen- flüssen, während sie in der Mitte des Bauches völlig regellos zerstreut stehen, am Vorder- und Hinterrande der einzelnen Schilder aber zu fehlen pflegen. Die beiden jungen Exemplare unserer Sammlung (V 3604 und 3605) stimmen in der Grundfarbe mit den algierischen Stücken ziemlich überein, denn sie sind gleichfalls sehr hell bräunlichgelb gefärbt, sollen aber, wie Herr Becker, von dem sie gefangen worden sind, mir brieflich mitgetheilt hat, im Leben rosenroth oder doch röthlich, wahrscheinlich wohl dunkel fleischfarben, gewesen sein. Beide besitzen auf dem Kopfe, ausser der jeder- seitigen Subocularmakel und Temporalbinde, noch zwei kleine, einander sehr genäherte schwarze Punkte, welche mitten auf dem Scheitel liegen, bei beiden durchaus symmetrisch sind und bei Betrachtung mit der Loupe aus einer Anhäufung von feinen schwarzen Pünkt- chen bestehen. Der Rumpf und Schwanz zeigen die gewöhnlichen 4 Längsreihen brauner Makeln, welche hier aber sehr scharf begrenzt sind und sehr regelmässig mit einander al- terniren. Die Unterseite ist sehr hell bräunlichweiss gefärbt und dabei viel dichter mit schwarzen Punkten besäet, als bei den Erwachsenen; diese Punkte häufen sich auch hier, besonders an den Seiten der einzelnen Bauchschilder, zu kleinen Makeln an, welche im vordersten Theile des Rumpfes sogar jederseits in zwei alternirende Längsreihen angeordnet sind, von denen die obere auf den beiden äussersten Schuppenreihen liegt. Der Schwanz ist an der Unterseite eben so gefärbt und gezeichnet, wie der Bauch, besitzt aber eine gelbliche Spitze, welche, wie Herr Becker mir schreibt, am lebenden Thiere citronengelb und nicht roth, wie man glauben sollte, gewesen ist. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar, ein riesiges Männchen aus der War- I Die Schlangen des Russischen Reichs. 225 schauer Universitätssammlung, besitzt eine Totallänge von 137,5 Ctm., von denen 16 Ctm„ auf den Schwanz gerechnet werden müssen, steht also an Grösse dem grössten bisher be- kannten Stück dieser Art, das ich in der Sammlung des Herrn Gaston zu Gran1) gesehen habe und welches 150 Ctm. lang war, nur wenig nach. Habitat. Vipern euphratica Martin bewohnt, wie ich bereits in meiner Abhandlung über die Viperiden mitgetheilt habe, die Algérie, wo sie übrigens auf ein sehr kleines Gebiet bei der Stadt Oran beschränkt ist und in einer durch ausgesprochen braune Färbung aus- gezeichneten Abart vorkommt, ferner Aegypten, Galilaea, die Insel Cypern, Persien, so wie die Ufer des Euphrat, und ist in neuester Zeit auch in Transkaukasien entdeckt worden, wo sie zwar selten, aber weit verbreitet zu sein scheint. Von den fünf transkaukasischen Exem- plaren dieser Art, welche ich zu untersuchen Gelegenheit gehabt habe, ist das eine, ein Riesenexemplar, das dem Warschauer Museum gehört, in einer leider nicht näher bezeich- neten Gegend Transkaukasiens gefangen worden, zwei andere Exemplare, die gleichfalls nahezu erwachsen sind, verdankt unser Museum Dr. Radde, welcher sie in der Gegend von Kulp am oberen Araxes, nahe der türkischen Grenze, erbeutet hat, und die beiden jungen Stücke unserer Sammlung sind von Hrn. Becker in der Umgegend von Baku ge- funden worden. Hohenacker2) endlich, der diese Art gleichfalls beobachtet hat, giebt für seine beiden Exemplare einfach «Provinces méridionales du Caucase» als Fundort an, worunter, wie ich aus einem späteren Aufsatze3) desselben Autors entnehmen zu können glaube, die südlichsten, an Persien grenzenden Provinzen, Karabagh, Schirwan und Talysch, zu verstehen sind, und es lässt sich daher wohl behaupten, dass Viper a euphratica Martin über einen sehr beträchtlichen Theil von Transkaukasien verbreitet ist. 83. Vipera persica Duméril et Bibron. V. supra grisea vel сапа, capite concolore, excepta fascia obliqua temporali, nigra, sursum flavo-marginata , non semper distincta ; trunco maculis magnis, nigricantibus , in quatuor sériés longitudinales dispositis, plus minusve distincte alternantibus, ornato; dorsa- libus quadratis, in trunci parte anteriore et postrema, nec non in cauda, in maculas majo- res, transversas, lateralibus vero parum distinctis et irregulariter in fascias transversas vel obliquas, in collo etiam longitudinales, confluentibus ; subtus albicans, sparsim nigro-punc- tata et utrinque Serie longitudinali macularum nigrarum notata; cauda infra fusco-marmo rata, apice flavescente. Capite elongato, deplanato, subpyriformi , postice dilatato et a trunco distincte separate, rostro brevi, apice rotundato et supra cum vertice squamis par- vis, imbricatis et carinatis, tecto, trunco toroso, subfusiformi, tereti, cauda brevi, acuminata, vix compressa; naribus parvis, utrinque inter scutella duo positis, subverticalibus ; squamis praenasalibus parvis, planis, supraorbitalibus vero elongatis, erectis, longitudine valde in- 1) Strauch. Essai d’une Erpétol. de l’Algérie, p. 71. j 3) Bulletin de Moscou X (1837) № VII, p. 136—147. 2) Bulletin de Moscou I II (1831), p. 367. Mémoires de 1 ’Acad. Imp. des sciences, Vllme Serie. 29 226 A. Strauch, aeqiialibus et utrinque processum conicum, apice obtusum, gemmae sirailem, fiugentibus; oculo a scutellis supralabialibus quinto, sexto et septirao, infra positis, triplici sérié squama- rum separato; scutellis supralabialibus utrinque 13, infralabialibus 14; squamis lanceolato- ovatis, in trunci parte anteriore in 23 sériés longitudinales disposais, valde carinatis; cari nis squamarum abbreviatis, clavuliformibus, squamae apicem non attingentibus ; scutis ab- dominalibus 154— -156, anali simplici, subcaudalibus utrinque 47 — 49. S y il oiiymï e . 1811. ? Vipera cerastes Pallas. Zoographia Rosso-Asiatica III, p. 48. № 46, 1832. ? Vipera cerastes Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Имперіи. Amphib., р. 30. № 73. 1854. Gerastes persicus D. et В. Erpétol. génér. YII, p. 1443 pl. LXXVIII148 f. 5. 1868. Vipera persica Strauch. Труды 1-го съѣзда русскихъ естествоиспытателей. Зорл., р. 291. 1869. Vipera persica Strauch. Synopsis der Viperiden, p. 103. tab. II. Vipera persica D. et B. gehört in die Abtheilung der sogenannten Hornvipern und unterscheidet sich von den drei anderen, gegenwärtig bekannten Arten dieser Abtheilung hauptsächlich durch die Beschaffenheit ihres jederseitigen Supraorbitalhornes. Dieses Horn ist kurz, conisch, ziemlich stumpf und besteht aus aufgerichteten, dachziegelförmig über einander gelagerten Schuppen, welche von der Peripherie gegen das Centrum hin allmäh lieh an Länge zunehmen, so dass die mittelste Schuppe die übrigen etwas überragt, und das Horn dadurch eine eigentümliche, an eine Blumenknospe erinnernde Gestalt erhält; bei den drei anderen Hornvipern dagegen besteht das Horn bekanntlich entweder aus einem einzigen, pfriemenförmigen Fortsatze, wie bei Vipera caudalis Smith und bei Vipera cerastes L., oder auch aus einem Büschel frei in die Höhe ragender, mit der Spitze leicht nach hinten gekrümmter Fortsätze von nahezu gleicher Länge, wie bei Vipera cornuta Daud. Ausserdem differirt Vipera persica I). et B. von der letztgenannten Art und der Vi- pera caudalis Smith auch durch die Form der Schuppenkiele, welche bei ihr nicht die gewöhnliche Beschaffenheit zeigen, sondern am Ende deutlich kolbig aufgetrieben sind und die Spitze der Schuppen nicht erreichen, und von Vipera cerastes L., deren Schuppenkiele eben so gebildet sind, durch die Anordnung der seitlichen Rumpfschuppen, welche bei der in Rede stehenden Art eben so, wie die Rückenschuppen, in gerade Längsreihen angeordnet sind, während sie bei der Vipera cerastes L. durchaus schräge Reihen bilden. Färbung und Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite ist ein ziemlich helles, selbst weissliches Grau, wird aber am frischen Exemplar mehr bräunlichgrau oder bräunlichgelb gewesen sein, da sie auch jetzt noch an denjenigen Stellen, an welchen die Epidermis sich erhalten hat, stark in’s Bräunliche oder Bräunlichgelbe spielt. Der Kopf ist einfarbig und besitzt nur in der jederseitigen Tcmporalgegend eine, im Ganzen schwach ausgeprägte, Die Schlangen des Russischen Reichs. 227 dunkele, an ihrem Oberrande, wie es scheint, gelblich gesäumte Binde, welche sehnige vom hinteren Rande der Augenhöhle zum Mundwinkel zieht, sich aber auch auf die Halsseiten fortzusetzen und in die dort zu einer kurzen Längsbinde verschmolzenen Lateralmakeln überzugehen scheint. Der Rumpf ist mit 4 Längsreihen braunschwarzer Makeln geziert, welche mit einander mehr oder weniger regelmässig alterniren und mindestens stellenweise eine wenig deutliche, gelbliche oder doch hellgefärbte Umrandung zu besitzen scheinen. Die Makeln der beiden mittleren Reihen verschmelzen jedoch sowohl im vorderen, als auch im hintersten Theile des Rumpfes und auf dem Schwänze je zwei und zwei mit einander und bilden grössere, ziemlich regelmässige, der Quere nach gestellte Vierecke, im mittleren Theile des Rumpfes dagegen alterniren sie recht regelmässig mit einander und zeigen mit- unter selbst eine schachbrettartige Anordnung. Die Makeln der jederseitigen Lateralreihe hingegen sind bei weitem nicht so scharf begrenzt, wie die Dorsalen, und scheinen bei dem jüngeren mir vorliegenden Stücke, welches leider etwas eingetrocknet ist, überhaupt sehr schwach ausgebildet zu sein ; bei dem grösseren Exemplar verschwimmen sie zum Theii mit der Grundfarbe, wesshalb die Rumpfseiten stellenweise wolkig gezeichnet sind, an an- deren Stellen aber alterniren sie auch ziemlich regelmässig mit den Dorsalmakeln und be- sitzen die Form von Querbinden, seltener von schrägen Binden, und nur an den Halsseiten vereinigen sich einige derselben zu einer kurzen Längsbinde. Die Unterseite ist hell bräun- lichgelb gefärbt, zeigt aber an den Stellen, an welchen die Epidermis fehlt, eine beinahe rein weisse Farbe und trägt eine grössere oder geringere Anzahl äusserst feiner, schwarzer Pünktchen , welche auf den einzelnen Bauchschildern an 2 — 4 Stellen stärker angehäuft sind und Makeln bilden ; im vordersten Theile des Rumpfes und an der Unterseite des Kopfes fehlen diese Makeln fast gänzlich, im mittleren und hinteren Theile des Bauches dagegen sind sie recht häufig und ordnen sich daselbst sogar jederseits am äusseren Ende der Bauchschilder zu einer mehr oder weniger regelmässigen Längsreihe an. Die Unter- seite des Schwanzes ist bis auf die durchaus helle, gelbliche Spitze mit überaus zahlreichen schwarzen Pünktchen besäet und erscheint daher mehr oder weniger deutlich grau marmorirt. Maasse. Das grössere der beiden mir vorliegenden Exemplare hat eine Totallänge von 89 Ctm., von denen 11 auf den Schwanz kommen. Habitat. Vipera persica D. et B., welche, wie ich bereits in meiner S} nopsis der Vipe- riden bemerkt habe, bisher nur in Persien, und zwar in der Provinz Chorassan, beobachtet worden ist, wo sie in den Sandwüsten bei Seri-Tschah, so wie wahrscheinlich auch bei Buschrujah und bei Robat-schur-Ab vorkommt, gehört, streng genommen, nicht in eine Ab- handlung über die Schlangen-Fauna des Russischen Reichs und wird hier nur desslialb auf- geführt, weil sie die einzige Art ist, auf welche die von Pallas erwähnte, angeblich in den aralo-kaspischen Steppen vorkommende Vipera cerastes ’) allenfalls bezogen werden könnte. 1) Auch Prof. Eich wald (Nouv. Mém. de Moscou IX, p. 438) behauptet, die Vipera cerastes L. im Russischen Reiche, und zw#r im Kaukasus, beobachtet zu haben, doch glaube ich diese Angabe schon des Fundortes we- 228 A. Strauch, 34. Echis arenicola Boje. E. supra brunea vel pallide brimeo-cinerea , dorso saepe saturatiore; capite supra in- fuscato et macula occipitali flavescente, nigro-marginata, cruciformi vel etiam irregulari, nec non utrinque macula suboculari fasciaque obliqua temporali, parum distinctis, fuscis, notato; trunco maculis subrotundatis vel rhomboidalibus, uniseriatis, flavescentibus, nigro- marginatis et utrinque cum fasciis valde arcuatis, etiam flavescentibus, marginem superiorem macularum lateralium, subrotundatarum , fuscescentium , formantibus, contiguis, omnibus, maculis fasciisque, in cauda, apicem versus, sensim evanescentibus, ornato; subtus flaves- cens vel albida, sparsim nigro-maculata, rarius unicolor, immaculata. Capite brevi, depla- nato, subcordiformi, postice valde dilatato et a trunco distincte separato, rostro brevissimo, obtusissimo, apice rotundato et supra cum vertice squamis parvis, imbricatis et carinatis, tecto, trunco toroso, subfusiformi, tereti, cauda brevissima, subtus leviter deplanata, apice vix acuminata ; naribus parvis, utrinque inter scutella duo positis, anterioribus ; superciliis squamatis, rarissime scutello angusto, lineari, tectis; oculo a scutellis supralabialibus quarto et quinto, infra positis, duplici, rarius triplici sérié squamarum separato; scutellis supra- labialibus utrinque 11 — 12, infralabialibus 11—13; squamis ovato-lanceolatis, valde cari- natis, in trunci parte anteriore in 27 — 34 sériés, in dorso longitudinales, in utroque latere obliquas, dispositis; carinis squamarum abbreviatis, clavuliformibus, squamae apicem non attingentibus ; scutis abdominalibus 163 — 187, anali simplici, subcaudalibus 29 — 42. Synonymie. 1827. Echis arenicola Boje in: Oken. Isis 1827, p. 558. 1854. Echis carinata part. D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 1448, pl. LXXXIbls f. 3. 1854. Echis frenata D. et B. Ibidem VII, p. 1449, pl. LXXXIbls f. 1, 2. 1868. Echis arenicola Strauch. Труды 1-го съѣзда русскихъ естествоиспытателей. Зоол., р. 292. 1869. Echis arenicola Strauch. Synopsis der Viperiden, p. 1 18. Bekanntlich unterscheidet sich diese, an den einfachen, d. h. ungeteilten Subcaudal- schildern leicht kenntliche Giftschlange von der ihr nahe verwandten , ostindischen Echis carinata Schneid, durch die Zahl der Abdominalschilder, welche bei ihr wenigstens 163 gen nicht auf Vipera persica D. et B. beziehen zu kön- nen, sondern vermuthe vielmehr, dass die von Prof. Eichwald beobachtete Schlange eine Viper a xanthina Gray gewesen sein wird, bei welcher, wie ich weiter oben bemerkt habe, die Supraorbitalschilder eine auf- rechte Stellung annehmeu können, wodurch das Thier allerdings einige Aehnlichkeit mit den echten Hornvi- pern erhält und auf den ersten Blick oder bei flüchtiger Betrachtung sehr leicht für eine solche gehalten werden kann. Eine Deutung der Pallas’schen Hornviper als Vipera xanthina Gray dagegen ist schon desshalb nicht zulässig, weil Vipera xanthina Gray, so weit gegen- wärtig bekannt, ausschliesslich auf hohen Gebirgen lebt, während die Pal las'sehe Vipera cerastes , die «in de- serto caspico et tatarico» Vorkommen soll, eben so, wie die eigentliche Vipera cerastes L. und die Vipera per sica D. et B,, eine in Sandwüsten lebende Art gewesen sein muss. Die Schlangen des Russischen Reichs. 229 beträgt und bis 187 steigt, während sie sich bei der indischen Art höchstens auf 154 be- läuft und bis 138 sinken kann. Alle übrigen, sonst noch aufgeführten Unterscheidungsmerk- male zwischen diesen beiden, einander im Habitus sowohl, als auch in der Färbung und Zeichnung fast völlig gleichen Arten, wie namentlich die Bekleidung der Supraorbitalregion mit einem schmalen Schildchen oder mit Schuppen, die Zahl der Scliuppenreilien , welche das Auge von den darunter gelegenen Supralabialschildern trennen, die Form und Zahl der Inframaxiilarschilder, so дѵіе endlich die Zahl der Schuppenreihen auf dem Rumpfe sind theils von Dr. Günther, der eine grosse Menge von Exemplaren beider Arten zu untersuchen Gelegenheit gehabt hat, als nicht stichhaltig befunden worden, theils haben sie sich auch als nicht vollkommen durchgreifend erwiesen. Neuerdings scheint aber auch das einzige, bisher für sicher gehaltene Merkmal, das, wie oben bemerkt, der Zahl der Ab- dominalia entlehnt war, seinen diagnostischen Werth verloren zu haben, wenigstens führt Dr. Günther in einem Verzeichnisse von Reptilien und Amphibien , welche Dr. Leith an verschiedenen Orten im westlichen Theile von Vorder-Iudien gesammelt hat, auch die Echis carinata Schneid, auf und fügt in Parenthesen bei ’), dass sie mit der Echis arenicola Boje identisch sei, ohne jedoch anzugeben, ob er sich durch direkte Beobachtung von der Iden tität beider Arten überzeugt habe, oder aber die Differenz in der Zahl der Abdominalia, die sich überhaupt nur auf 9 Schilder beläuft, für zu uiiAvesentlicli halte, um die beiden, einander allerdings sehr nahe verwandten Arten specifisch zu trennen. Sollte ersteres der Fall sein, d. h. sollte die Zahl der Abdominalschilder bei den von Dr. Leith gesammelten Echis- Exemplaren wirklich zwischen 154 und 163 schwanken, dann freilich müssten die beiden Arten der Gattung Echis Mer rem unter dem ältesten Namen, Echis carinata Schneid., in eine Art vereinigt werden, und diese Echis carinata Schneid, würde als- dann, so weit mir bekannt, das einzige Beispiel einer Schlange abgeben, Avelche zugleich in Afrika und in Ost-Indien einheimisch ist. Färbung und Zeichnung. Die Oberseite ist heller oder dunkler braun, oder auch sehr hei! bräunlichgelb, etwa sandfarben, und die Rückenfirste häufig, meist bei den braunen Exem- plaren , dunkler gefärbt. Der Kopf erscheint auf seiner horizontalen Oberfläche stets etwas dunkler, als der Rumpf, und zwar geht diese dunkele Färbung gewöhnlich ohne bestimmte Abgrenzung in die Grundfarbe über, mitunter jedoch ist sie, wenigstens nach hinten, auch schärfer begrenzt und stellt alsdann eine grosse, unregelmässig geformte Makel dar, welche die ganze horizontale Fläche des Kopfes deckt und gewöhnlich noch an ihrem Hinterrande einen centralen viereckigen Fortsatz auf die Mitte des Nackens sendet. In der Mitte dieser dunkelen Ivopfparthie findet sich stets eine gelbliche Längsmakel, die entweder, wie bei den aegyptischen Exemplaren, ganz unregelmässig und selbst wenig scharf begrenzt ist, oder aber, wie bei den kaspischen Stücken, die Form eines meist sehr regelmässigen Kreuzes annimmt, dessen der Quere nach gestellte Arme leicht hakenförmig gegen den Nacken ge- il Proc. zool. Soc. of London 1869, p, 502, 230 A. Strauch, krümmt sind; stets ist diese Makel oder dieses Kreuz fein schwarz gerandet, und zwar hängt die Vollständigkeit und Deutlichkeit der Umrandung von der mehr oder weniger regelmässigen Form der Makel seihst ab. An jeder Seite des Kopfes zieht ferner eine, nur hei jungen Exemplaren einigermaassen scharf begrenzte und deutliche Binde schräge über die Temporalregion und unter dem Auge findet sich eine ziemlich grosse Makel, die aber meist sehr verschwommen und selbst bei jungen Stücken nicht immer deutlich ist. Auf dem Rumpfe stehen drei Längsreihen von Makeln, welche nicht, wie es gewöhnlich der Fall zu sein pflegt, mit einander alterniren, sondern im Gegentheil sehr genau correspon- diren. Die Makeln der centralen Reihe sind ziemlich klein, rundlich oder rhombisch, oder selbst leicht in die Quere gezogen, von gelblicher Farbe und stets mehr oder weniger voll- kommen schwarz umrandet; die Makeln der jederseitigen Flankenreihe dagegen, die rund- lich sind und diejenigen der Dorsalreihe fast um das Doppelte an Grösse übertreffen, haben eine dunkelbraune oder schwärzliche Farbe und zeigen in ihrer oberen, also dem Rücken zugekehrten Hälfte einen sehr breiten, gelblichen Saum, der die Form einer halbkreis- förmig gebogenen Binde besitzt und mit seinem Scheitelpunkte die Seite der benachbarten Dorsalmakel berührt ; nach unten, gegen den Bauch hin, sind diese Lateralmakeln nicht immer scharf abgegrenzt, sondern verschwimmen mitunter auch mehr oder weniger mit der Grundfarbe. An einzelnen, namentlich kaspischen Exemplaren vereinigen sich die halb' kreisförmigen, gelblichen Binden, welche den Oberrand der Lateralmakeln bilden, in der Weise mit einander, dass eine ganz regelmässige Wellenbinde entsteht, die an jeder Seite des Rumpfes bis auf den Schwanz zieht und auf demselben, gegen die Spitze hin, eben so, wie die Dorsalmakeln, allmählich verschwindet; zugleich sind bei allen solchen Exem- plaren mit einer gelblichen Wellenbinde die seitlichen Makeln ausserordentlich undeutlich und verschwimmen meistens bis auf geringe Spuren mit der Grundfarbe. Die Unterseite ist sehr hell bräunlichgelb oder gelblichweiss und einfarbig, häufiger jedoch finden sich an den Seiten der' einzelnen Bauchschilder schwärzliche Makeln , denen sich ab und zu ähn- liche, aber kleinere zugesellen, die in der Mitte der Schilder stehen und eben so, wie die seitlichen, eine entschiedene Neigung zeigen, sich in mehr oder weniger regelmässige Längs- reihen anzuordnen; der Schwanz ist an der Unterseite eben so gefärbt, wie der Bauch, und zeigt meist eine centrale Längsreihe kleiner, schwarzer Makeln. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar, A 2942 unserer Sammlung, besitzt eine Totallänge von 70 Ctm., von denen nur 6,5 Ctrn. auf den Schwanz abgerechnet wer- den müssen. Habitat. Echis arenicola Boje, die ausschliesslich in Sandwüsten leben soll, bewohnt wahrscheinlich die ganze Nordküste Afrika’s und dringt in den Nilgegenden bis nach Abys- sinien vor, während die Aequatorialgrenze ihrer Verbreitung in dem westlichen Theile der Küste, in Tunis und Algerien, noch nicht näher ermittelt worden ist; ferner hat man sie in Arabien, in Palaestina und in Persien beobachtet und endlich findet sie sich auch in dem südlichsten Theile der kaspischen Ostküste, namentlich in der Gegend von Ak-Tjubé und Die Schlangen des Russischen Reichs. 231 von Krasnowodsk, und muss am letztgenannten Orte besonders häufig sein, denn Dr, Rad de hat daselbst in neuester Zeit eine sehr beträchtliche Anzahl von Exemplaren dieser Gift- schlange gefangen. Familie Crotalida. 35. Trigonocephalus halys Pallas. Tr, supra cinereus, dorso a nucha ad caudae apicem usque longitudinaliter griseo- fusco ; macula in rostri apice, fascia transversa supra oculos, medio saepissime inter.rupta et in duas maculas transversas dissoluta, пес ион utrinque fascia temporal i latissima, sub- obliqua, ab oculi margine posteriore in colli latera descendcnte, maculaque plerumque triangulari, apice retrorsum directa et verticis marginem occupante, omnibus, maculis fas- ciisque, fuscis et plus minusve distincte flavo-marginatis ; dorso fasciis transversis niirne- rosis, maxime undulatis et saepe interruptis, albidis vel flavicantibus, nigro-marginatis , or- nato; lateribus trunci et caudae fusco-maculatis, maculis minoribus, irregularibus, saepe in duas séries longitudinales dispositis et plus minusve distincte alternantibus ; subtus e flavo albicans, confertim nigro-punctatus vel irroratus, exceptis sentis abdominalibus anticis con- coloribus, liaud punctatis. Capite depresso, supra leviter excavato, tetragono-pyramidali, postice valde dilatato et a trunco distincte separato, rostro brevissimo, acuminato, apice oblique truncato et resimo, corpore crassiusculo, subtereti, cauda brevissima, crassa, sen sim attenuata, apice aculeo leviter incurvato, obtuso et in utroque latere sulcato, armata, naribus utrinque scutellum simplex, sed subdivisum perforantibus, parvis, lateralibus; scu- tellis frenalibus utrinque duobus, inferiore valde excavato et marginem anteriorem fossae frenalis formante; scut'ellis supralabialibus utrinque 8, rarius 7, tertio oculi bulbum attin- gente; scutellis praeocularibus tribus, postocularibus duobus, inferiore longissimo, semi- lunari ; squamis lanceolatis, apice rotundatis, valde carinatis et in trunci parte anteriore in 23 séries longitudinales dispositis; sentis abdominalibus 149 — 174, anali simplici, sub- caudalibus utrinque 31 — 43. äSysionyimie = 1776, Coluber halys Pallas. Reise durch verseil, Prov. d, Russ. Reichs IIJ, p. 703. 1800, Coluber halys Georgi. Geogr. -physik. und naturh. Beschr, des Russ, Reichs III, vol. VI, p. 1881. № 8. 1811. Vipera halys Pallas. Zoographia Rosso-Asiatica III, p. 49. Ж 47. 1823. Trigonocephalus halys Lichtenstein in : Eversmann. Reise von Orenburg nach Buchara, p. 147, JV 18. 1826. Trigonocephalus halys Lichtenstein in: Meyendorff. Voyage d’Orenbourg à Bou- khara, p. 468. Ш 18. 1831. Trigonocephalus halys Eichwald. Zoologia specialis TU, p. 170. 232 A. Strauch, 1831. Trigonocephalus caragams Eichwald. Zoologia specialis III, p. 170 1832. Vipera halys Dwigubsky. Опытъ естеств. Истор. всѣхъ животныхъ Россійской Им- періи. Amphib., р. 30. А 74. 1832. ? Trigonocephalus halys Ménétriès. Catalogue raisonné, p. 73. Ш 241. 1841. Trigonocephalus halys Eichwald. Fauna caspio-caucasia, p. 128. tab. XIX. 1852. Trigonocephalus halys Brandt in: Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 334. 1854. Trigonocephalus halys D„ et B. Erpétol. génér. VII, p. 1495. 1868. Trigonocephalus halys Strauch. Труды 1-го съѣзда русскихъ естествоиспытателей. Зоол., p. 294. Der Name Trigonocephalus ist zuerst von Oppel ') in die Wissenschaft eingeführt worden, und zwar belegte er mit demselben eine Gattung, welche alle Grubenottern mit klapperlosem Schwänze in sich vereinigte, so dass also in seinem Systeme die Familie der Crotaliden überhaupt nur in 2 Genera, Crotalus und Trigonocephalus , eingetheilt war, eine Eintheilung, welche Prof. Schlegel1 2) in seinem berühmten Werke über die Schlangen be- kanntlich beibehalten hat. Merrem3) adoptirte die Oppel’sche Eintheilung der Crotaliden zwar auch, verwarf aber den Namen Trigonocephalus und ersetzte ihn durch die Benennung Cophias , Kühl4) dagegen trennte die Trigonocephalen Oppel’s in zwei Gattungen, Craspedo- cephalus und Trigonocephalus , und bezeichnete mit dem letzteren Namen die Arten mit be- schildertem Kopfe und ungekielten Schuppen, also den Trigonocephalus rhodostoma Reinw. (in litt.). Fitzinger5), der die Familie der Crotaliden in 6 Gattungen eingetheilt hat, adop- tirte nun die beiden Genera Kuh l’s, bezog aber den Namen Trigonocephalus auf sämmtliche Grubenottern mit getheilten Subcaudalschildern und beschildertem Kopfe, also nicht bloss auf den Trigonocephalus rhodostoma Reinw., sondern auch auf den Trigonocephalus halys Pall, und die zunächst verwandten Arten. Dieser Fitzinger’schen Anschauung, wenig- stens in Bezug auf die Gattung Trigonocephalus , folgten auch Wagler6) und Dr. Gray7), nur theiltc der letztere später8), im Jahre 1849, die Gattung Trigonocephalus in drei Sub- genera, Halys , Trigonocephalus und Hypnale , und rechnete zum ersten Subgenus den Trigono- cephalus halys Pall, und den Trigonocephalus Blomhofßi Boje, zum zweiten den Trigonoce- phalus rhodostoma Reinw. und zum dritten den Trigonocephalus hypnale Merr. ( Coluber пера Laur.). Später sind diese drei Subgenera zu selbstständigen Gattungen erhoben wor- den, jedoch ist dabei der Name der zweiten Untergattung, welche Dr. Gray speciell Tri- gonocephalus benannt hatte, abgeändert und von den Einen durch die Benennung Tisiplione (Fitz.), von den Anderen durch die Benennung Calloselasma Соре ersetzt worden, so dass 1) Oppel. Die Ordnungen, Familien und Gattungen der Reptilien, p. 65. 2) Schlegel. Essai sur la Physionomie des Serpens II , p. 526. 3) Merrem. Tentamcn Syst. Amphibior,, p. 154—156. 4 ) Oken. Isis 1822, p. 473. 5) Fitzinger. Neue Classification d. Reptilien, p. 84. 6) Wagler. Natürl. System der Amphibien, p. 173. 7) Gray. Zoological Miscellany, p. 50. S) Gray. Catal. of Snakes, p. 14, 15. Die Schlangen des Russischen Reichs, 233 also der Oppel’sche Namen Trigonocephalus gänzlich eliminirt war. Neuerdings will nun Prof. Peters1) diesen Namen wieder eingeführt wissen und schlägt vor, mit demselben die siidamerikanischen klapperlosen Crotaliden mit beschupptem Kopfe und doppelten Subcau- dalschildern, also die Arten der Gattung B.othrops Wagl., zu bezeichnen; als Begründung für seinen Vorschlag führt Prof. Peters an, dass Oppel bei Aufstellung der Gattung Tri- gonocephalus , wie aus der Gattungscharakteristik ersichtlich sei, hauptsächlich die be- rühmte Vipère fer-de-lance ( Bothrops lanceolatus Lacep.) vor Augen gehabt hat, welche auch als erste Art der Gattung aufgeführt ist. So wenig sich gegen diese Argumentation auch einwenden lässt, so kann ich mich der Ansicht meines hochverehrten Freundes doch nicht anschliessen , sondern halte es für besser, die Benennung Trigonocephalus , die als die älteste füglich wohl nicht ganz verworfen werden darf, für diejenige Art und deren nächste Verwandte beizubehalten, welche Fitzinger als Typus der Gattung aufgeführt hat, näm- lich für Trigonocephalus halys Pall, Ich bestreite dabei keineswegs, dass es von Seiten Kuhl’s und namentlich Fitzinger’s richtiger gewesen wäre, wenn sie den Namen Trigono- cephalus für diejenige Gattung adoptirt hätten, welche in ihren Systemen Craspedocephalus heisst, dennoch ist der Fehler, dessen sich beide Autoren in dieser Angelegenheit schuldig gemacht haben, nicht gar so gross, da ja Oppel, wie die Worte: «scuta rostralia et maxil- larum marginalia polygona, magnitudine admodum distincta, interdum in verticem prolon- gata» unzweifelhaft darthun, auch die Arten mit beschildertem Kopfe in seine Gattung Trigonocephalus einbegriffen wissen wollte. Ucberdies ist Fitzinger’s Umgrenzung der Gattung Trigonocephalus von allen späteren Autoren acceptirt worden und hat sich in dem Zeiträume von mehr als 40 Jahren, der seit Veröffentlichung seiner «neuen Classification der Reptilien» verflossen ist, so eingebürgert, dass eine Verwendung des Namens Trigono- cephalus zur Bezeichnung einer anderen, völlig verschiedenen Gruppe von Grubenottern nur Veranlassung zu Confusion geben würde. Zugleich muss ich noch hiiizufügen, dass es mir wohl ungleich richtiger scheint, für die hier speciell in Betracht kommenden Crota- liden, welche bei getheilten Subcaudalschildern und gekielten Schuppen einen von der Schnauzenspitze bis über den Scheitel hinaus beschilderten Kopf besitzen, den Namen Tri- gonocephalus beizubehalten, als dieselben, wie es von Seiten der neueren Autoren geschieht, mit dem Gattungsnamen Halys Gray zu belegen: das WTort halys ist von Pallas zur Be- zeichnung einer Species eingeführt worden und da diese Species gerade den Typus der Gattung Halys Gray bildet, so müsste die specifische Benennung, wie es von Seiten Dr. Günther’s auch bereits geschehen ist, abgeändert werden, da es doch gar zu abgeschmackt wäre, die Art Halys halys Pall, zu benennen; eine solche Abänderung ist aber durchaus willkührlich und kann selbst dann nicht gut geheissen werden, wenn, wie es hier der Fall ist, die Art zu Ehren ihres Entdeckers ( Halys Pallasii Günth.2) benannt wird, ja, meiner 1) Berliner Monatsberichte 1862, p. 672. 2) Günther. Reptiles of British India, p, 392, Mémoires de l’Äcad. Imp. clos sciences, Vllme Se'rie, 30 234 A. Strauch, Ansicht nach involvirt diese Abänderung der specifischen Benennung ein ungleich grösseres • Vergehen gegen die Prioritätsgesetze, als es Fitzinger sich beiTheilung der OppeFschen Gattung Trigonocephalus hat zu Schulden kommen lassen. Die Gattung Trigonocephalus (Oppel) in der Bedeutung, in welcher ich sie hier auf- gefasst habe, entspricht somit genau der Gattung Halys Gray, im Sinne von Prof. Peters und Dr. Günther, und enthält zur Zeit 4 Arten, von welchen eine, der hier nicht weiter in Betracht kommende Trigonocephalus himalayanus Güntli.1), dadurch ausgezeichnet ist, dass bei ihr die beiden letzten der jederseitigen 7 Supralabialschilder mit den beiden dar- über gelegenen letzten Temporalschildern zu zwei hinter einander stehenden, sehr grossen Schildern verschmolzen sind, während bei den drei anderen Arten die letzten Supralabialia von den darüber liegenden letzten Temporalschildern stets durchaus getrennt erscheinen. Was nun diese drei Arten, die sämmtlich im Russischen Reiche einheimisch sind, anbe- trifft, so batte ich dieselben in meinem oben citirten Aufsatze über die Giftschlangen Russ- lands durch die Zahl der Schuppenreihen und der Supralabialschilder von einander unter- schieden; Trigonocephalus Blomhof % Boje besitzt nämlich im vorderen Drittel des Rum- pfes constant 21 Schuppenreihen und sein Oberlippenrand ist jederseits mit 7 Schildern bekleidet, die beiden anderen Arten dagegen stimmen in der Zahl der Schuppenreihen, welche 23 beträgt, mit einander überein und wurden von mir durch die Zahl der Supra- labialia unterschieden, welche sich bei Trigonocephalus halys Pall, jederseits auf 8, bei dem neuen Trigonocephalus intermedius aber eben so, wie bei Trigonocephalus Blomhof'fd Boje, nur auf 7 beläuft. Tn der Folge jedoch, nachdem ich Gelegenheit gehabt habe, eine grössere Anzahl von Exemplaren beider Arten zu untersuchen, bin ich zu der Uebcrzeugung gelangt, dass dieses der Zahl der Oberlippenschilder entlehnte Merkmal nicht stichhaltig ist, denn wenn auch in der Regel der Trigonocephalus halys Pall. 8, die neue Art aber nur 7 Supra- labialia jederseits besitzt, so sind mir doch gar zu viele Exemplare aufgestossen, welche in dieser Beziehung anomal gebildet waren, und zwar habe ich nicht bloss Stücke von Trigo- nocephalus halys Pall, mit 7, sondern auch Stücke des Trigonocephalus intermedius m. mit 8 Supralabialen beobachtet. Bei allen Exemplaren , welcher der beiden Arten sie auch an- gehören mochten, betraf die Anomalie stets das 5te Snpralabiale, welches bei Trigonoce- phalus intermedius m. sehr langgestreckt ist und in Bezug auf die beiden ersten Temporalia genau dieselbe Lage einnimmt, wie das 5t0 und 6te Oberlippenschild bei Trigonocephalus halys Pall. Zerfällt nun bei der erstgenannten Art das 5te Supralabiale in zwei Schilder, wie es nicht selten vorzukommen scheint, so gleichen die beiden aus der Trennung entstandenen Schilder genau dem 5ten und 6ten Supralabiale des Trigonocephalus halys Pall., und eben so entsteht bei der letztgenannten Art durch Verschmelzung des 5ten und 6ton Supralabiale, die ich gleichfalls nicht ganz selten beobachtet habe, ein längliches Schild, welches dem 5ten Oberlippenschilde des Trigonocephalus intermedius m. fast völlig gleich ist. Genug, die Zahl 1) Günther. Reptiles of British India, p. 393. pl. XXIV f. A. Die Schlangen des Russischen Reichs. 235 der Supralabialia kann bei Unterscheidung der beiden in Rede stehenden Arten nicht als Hauptmerkmal benutzt werden, und da beide Species auch in der Zahl der Schuppenreihen mit einander übereinstimmen, so hält es nicht ganz leicht, ein Merkmal zu finden, durch welches sie für alle Fälle mit Sicherheit von einander zu unterscheiden wären. Dabei ist aber an eine Verschmelzung beider zu einer Art nicht wohl zu denken, da der Trigonoce - phalus intermedius m. in der Physionomie nicht unbeträchtlich vom TrigonocepJialus halys Pall, abweicht und darin mit dem TrigonocepJialus Blomhoffii Boje übereinstimmt, ja dem- selben so ähnlich sieht, dass, wenn die Zahl der Schuppenreihen und die Färbung und Zeichnung nicht dagegen sprächen, ich ihn ohne Weiteres mit Letzterem vereinigen würde. Eben diese Differenz in der Physionomie, welche zwischen TrigonocepJialus Jialys Pall, und TrigonocepJialus intermedius in. besteht, scheint mir auch ein ganz gutes Unterschei- dungsmerkmal abzugeben, und zwar liegt der Hauptunterschied zwischen beiden Arten in der Form der Schnauze. Bei TrigonocepJialus Jialys Pall, sind nämlich die schmalen Prae- frontalschilder, welche zusammen eine halbmondförmige Figur bilden, der Fläche nach stets gewölbt und bilden eine wulstige Erhabenheit, welche die Schnauzenspitze aufge- worfen und somit die ganze Schnauze mehr oder weniger stark sattelförmig ausgehöldt er- scheinen lässt, bei TrigonocepJialus intermedius m. dagegen erscheinen die Praefrontalia, welche nicht allein grösser sind, sondern auch eine andere Form besitzen, durchaus eben und es fehlt demselben daher nicht bloss die wulstige Erhabenheit an der Schnauzenspitze, sondern seine Schnauze ist überhaupt plan und an der Spitze einfach scharfkantig abge- stutzt. Ausser dieser Differenz in der Physionomie bieten beide in Rede stehenden Arten aber auch in der Form und Lage der Kopfschilder, so wie in der Färbung und Zeichnung mancherlei Verschiedenheiten dar, welche mehr oder weniger in’s Gewicht fallen und auf die ich weiter unten , bei Besprechung des TrigonocepJialus intermedius m. aufmerksam machen werde; da nun beide Arten auch verschiedene Wohngebiete besitzen, so wird eine Trennung derselben nicht bloss vom systematischen, sondern auch vom zoogeographischen Standpunkte aus, wohl ganz gerechtfertigt erscheinen. Die drei hier in Betracht kommenden TrigonocepJialus- keim würden sich also, wie folgt, von einander unterscheiden : Die Schuppen sind im vorderen Rumpfdrittel in A) 23 Längsreihen angeordnet. Die Schnauze ist an der Spitze 1) wulstig aufgeworfen und erscheint daher mehr oder weniger sattelförmig ausgehöhlt; jederseits 8, selten 7 Supralabialia. Tr. Jialys Pall. 2) einfach scharfkantig, ohne wulstigen Rand, und dabei auf der Oberfläche plan; jederseits 7, seltener 8 Supralabialia. . Tr. intermedius m. B) 21 Längsreihen angeordnet. Constant nur 7 Supralabialia jeder- seits. Tr. Blomhoffii Boje. 236 A. Strauch, Was nun den Trigonocephalus halys Pall, anbetrifft, so besitzt derselbe einen ausser* ordentlich flachgedrückten, im horizontalen Umkreise vollkommen dreieckigen Kopf, der hinten sehr breit, vorn dagegen spitz zugerundet erscheint und dabei nur um ein Viertel, höchstens um ein Drittel länger, als an der Basis breit ist. Die Seiten des Kopfes fallen fast senkrecht ab und der Canthus rostralis ist daher nicht bloss sehr deutlich ausgebildet, sondern auch scharf. Die Schnauzenspitze, welche schräge, von vorn und oben nach hinten und unten, abgestutzt ist, erscheint mehr oder weniger stark wulstig aufgeworfen, und da zugleich die horizontale Oberfläche des Kopfes sowohl von rechts nach links, als auch vop vorn nach hinten leicht ausgelmhlt ist, so verläuft die Profillinie der Schnauze in einem leichten, mit der Convexität nach unten gerichteten Bogen und die Schnauze zeigt somit zwischen der aufgeworfenen Spitze und der Supraorbitalregion eine mehr oder weniger deutliche, sattelförmige Vertiefung. Der Band der oberen Kinnlade verläuft gleichfalls in einem, mit der Convexität nach unten gerichteten Bogen, dessen Scheitelpunkt etwa unter dem Auge liegt, und die untere Kinnlade bildet, dem entsprechend, mit ihrem Lippenrande einen, mit der Concavität nach oben gerichteten Bogen und wird von der Schnauzenspitze etwas überragt. Die horizontale Kopffläche ist zwar mit den gewöhnlichen 9 Schildern bekleidet, je- doch bieten dieselben sowohl in der Form, als auch in der Lagerung so manche Eigentüm- lichkeiten dar. So bilden die Praefrontalia, die an Grösse etwa einem Drittel der Postfron- talia gleichkommen, zusammen eine schmale, halbmondförmige Figur, deren convexer Rand nach vorn sieht und mit dem Rostrale, dem grossen jederseitigen Nasale, so wie mit einem Theile des jederseitigen oberen Frenale in Berührung steht, während der entgegengesetzte Rand, der an die Postfrontalia grenzt, nicht immer bogenförmig verläuft, sondern zuweilen auch aus zwei geraden, unter äusserst stumpfem, mit der Oeffnung nach hinten gekehrtem Winkel zusammenstossenden Linien besteht. Diese beiden Schilder sind, wie bereits be- merkt, der Fläche nach stets mehr oder weniger gewölbt und bilden eine wulstige Erha- benheit, welche eben der Schnauzenspitze das aufgeworfene Ansehen verleiht und hinter welcher auf der Schnauzenfläche stets eine sehr deutliche Vertiefung vorhanden ist. Die beiden Postfrontalia, die ungefähr dreimal so gross sind, wie die Praefrontalia, stellen etwa Rhomben dar, deren vorderer innerer Winkel spitz, der hintere innere stumpf ist, während die beiden äusseren Winkel abgerundet erscheinen, wodurch jedes Schild eine ungefähr blatt- förmige Gestalt erhält und mit seiner hinteren äusseren , abgerundeten Ecke dachziegelför- mig auf den vorderen Theil des Supraorbitale aufgelagert ist. Das Verticalsehild ist zungen- förmig mit stumpfwinklig geknicktem Vorderrande und leicht zugerundeter Spitze, und er- scheint dabei etwa um ein Drittel länger, als vorne breit. Jedes der beiden Supraorbitalia ist unregelmässig viereckig, hinten breiter, als vorn, und besitzt einen bogenförmigen, mit der Convexität nach aussen gerichteten Aussenrand, während seine innere Seite, welche mit dem Verticale in Verbindung steht, nahezu gerade verläuft; die äusseren Winkel sind an jedem dieser beiden Schilder abgerundet, der hintere innere stumpf und der vordere Die Schlangen des Russischen Reichs. 237 innere wird durch die Spitze des Postfrontalschildes verdeckt, wesslialb sich über seine Form nichts sagen lässt. Die beiden Occipitalia, die einzeln nicht viel grösser sind, als das Verticale, gleichen demselben auch in der Gestalt, denn sie sind gleichfalls zungenförmig und treten mit ihren hinteren Enden, die bald mehr, bald weniger stark zugerundet sind, auch mehr oder weniger auseinander; ihr vorderer äusserer Winkel ist stumpf, der vordere innere dagegen würde einem Rechten gleich sein, wenn nicht an jedem Schilde ein grosser Theil der Innenecke abgestutzt wäre, um dem hinteren Ende des Verticalschildes Raum zu geben. Die so eben beschriebene beschilderte Parthie der horizontalen Kopffläche ist nun im Verhältnis zum ganzen Kopfe klein, denn sie lässt wenigstens die Hälfte des Hinter- kopfes, d. h. desjenigen Theiles, der hinter den Augen liegt, unbedeckt, und stellt dabei in ihrer Gesammtheit eine vollkommen regelmässige eiförmige Figur dar, an deren hinterem, stumpfem Ende ein dreieckiger Ausschnitt vorhanden ist, der durch das Auseinandertreten der beiden am Hinterende einzeln zugerundeten Occipitalschilder entsteht. Zugleich muss hervorgehoben werden, dass die Schilder dieses Kopfpanzers nicht, wie gewöhnlich, in einer Ebene liegen und durch Suturai mit einander verbunden sind, sondern dass jedes Schilderpaar, resp. Schild, in einer besonderen Ebene liegt und mit seinem Hinterrande den Vorderrand des darauf folgenden Paares, resp. Schildes, deckt, wodurch eine mehr oder weniger deutlich ausgesprochene, dachziegelförmige Anordnung der ganzen Pholidose des Kopfes zu Stande kommt. Von den Schildern an der jederseitigen verticalen Kopffläche ist das Nasale gross, hat die Form eines Trapezoids, dessen vordere, an das Rostrale grenzende Seite fast doppelt so lang ist, wie die hintere, welche mit dem Frenale superius in Berührung steht, und wird fast in der Mitte von dem kleinen, mit der Oeffnung nach aussen und rückwärts ge- richteten Nasenloche durchbohrt; zugleich zeigt das Schild sowohl über, als auch unter dem Nasenloche eine mehr oder weniger deutliche, tiefe, verticale Furche, von welchen Furchen aber keine das Nasenloch erreicht und das Schild daher nicht vollkommen getheilt erscheint: zuweilen übrigens, jedoch äusserst selten, verlängern sich diese beiden, einander entgegenstrebenden Furchen bis zum Nasenloche, in welchem Falle dann das Nasalschild vollkommen getheilt ist, wie z. B. bei № 2209 unserer Sammlung, welches auf der rechten Seite ein getheiltes, auf der linken aber, wie sämmtliche übrigen, von mir untersuchten Stücke, ein halbgethciltes Nasale besitzt. Das obere der beiden Frenalia ist etwa ein Paral- lelogramm mit zum Theile abgerundeten Ecken, dessen kurze Vorderseite an den Hinter- rand des Nasale, die gegenüberliegende an die beiden oberen Praeocularia grenzt und dessen Unterrand nach innen umgebogen ist, um mit dem tief ausgehöhlten Frenale infe- rius zusammenzustossen. Dieses letztere Schildchen, welches den Vorderrand der Frenal- grube bildet, ist nur wenig kleiner, als das obere, dabei, wie schon bemerkt, tief ausge- höhlt und grenzt vorn an das lt0 Supralabiale, während sein winklig gebogener Unterrand sowohl mit dem 2t0U Supralabiale, als aucli mit dem untersten Praeocularc in Berührung steht. Von Praeocularschildern linden sich jederseits drei, die sämmtlich sehr schmal und 238 A. Strauch, langgestreckt sind, und von denen das unterste mit dem Augapfel eigentlich nicht in Be- rührung steht, sondern durch das Aneinandertreten des Praeoculare medium und des 3teu Supralabiale von demselben weggedrängt wird: das Praeoculare superius ist lang, band- förmig, grenzt vorn an das obere Frenale und ragt mit einem kleinen Theile seiner vor- deren Innenecke auf die horizontale Kopffläche hinauf, wo es sich unter das Postfrontale seiner Seite unterschiebt; das mittlere und» untere Praeoculare, die ebenfalls beträchtlich in die Länge gezogen und vorn mit den beiden Frenalen in Contact sind , divergiren nach vorn hin sehr bedeutend und fassen die Frenalgrube zwischen sich, so dass der obere Rand dieser Grube vom mittleren, der untere dagegen vom unteren dieser Schilder gebildet wird. An Postocularschildern finden sich jederseits constant 2 vor, von denen das obere sehr klein, fast kornförmig ist, während das untere, sehr langgestreckte, eine halbmond- förmige Gestalt besitzt, mit dem convexen Rande nach unten und etwas nach hinten ge- richtet ist und nicht bloss den grössten Theil des hinteren , sondern auch des unteren Augenhöhlenrandes bildet. Die Schläfengegend ist grösstentheils eben so beschuppt, wie das Occiput, und zeigt nur in ihrer unteren Hälfte zwei Längsreihen grösserer Temporalia, die mit den Supralabialschildern gleiche Richtung haben und von denen die drei hinter einander liegenden Schilder der untersten, direkt an die Oberlippenschilder grenzenden Reihe fast doppelt so gross sind, wie die drei der benachbarten, darüber gelegenen Reihe; besonders gross, fast so gross, wie das Nasale und das lt0 Supralabiale zusammengenom- men, ist das vorderste Temporale der unteren Reihe, welches vorn sowohl an das untere Postoculare, als auch an einen grossen Theil des Hinterrandes des 4t0n Supralabiale grenzt. Unter den Randschildern der oberen Kinnlade ist zunächst das Rostrale zu nennen, welches ziemlich gross und durchaus auf den verticalen Theil der Schnauzenspitze be- schränkt ist ; es hat etwa die Gestalt eines Dreiecks mit gerade abgestutzter oberer Spitze und halbkreisförmig ausgerandeter Basis, und seine beiden nach links und rechts gekehrten Seiten, von denen jede nur wenig länger ist, als die den freien Mundrand bildende Basis, verlaufen nicht gerade, sondern bogenförmig, und zwar ist die Convexität des Bogens im oberen Theile des Schildes nach innen, im unteren dagegen nach aussen gerichtet. Jeder- seits von diesem Rostrale finden sich 8 Supralabialia, von denen das lte, welches mit dem Nasale in Berührung steht, eine trapezoidale Form besitzt und ziemlich gross ist; das 2te Oberlippenschild, das kleinste von allen, kommt an Grösse höchstens einem Viertel des vorhergehenden gleich und würde ein Viereck darstellen, wenn sein Oberrand, welcher sowohl mit dem Frenale inferius, als auch mit dem untersten Praeoculare in Contact ist, nicht stumpfwinklig geknickt wäre. Das 3te und 4t0 Supralabiale, die grössten unter allen, sind, wie das lte, von trapezoidaler Form, dabei ist das 3te, welches mit seinem Oberrande an das Praeoculare inferius und mit seiner hinteren, oberen Ecke an den Bulbus grenzt, vorn kaum halb so hoch , als hinten , während das 4te, an das Postoculare inferius gren- zende, gerade umgekehrt hinten etwas niedriger ist, als vorn. Das 5te Oberlippenschild, welches mit dem vordersten Temporale der unteren Längsreihe in Berührung steht, ist Die Schlangen des Russischen Reichs. 239 kaum halb so hoch, wie das 4t0, und gleicht dabei ungefähr einem liegenden rechtwinkligen Dreiecke, dessen hinterer, oberer Winkel ein Rechter ist, dessen nach vorn gekehrte Spitze gerade abgestutzt erscheint und dessen Hypothenuse dem freien Mundrande entspricht. Die beiden folgenden Supralabialia sind beide fünfeckig, dabei länger, als breit (hoch), und stehen mit dem 2t0n und 3tm Temporalschilde der untersten Reihe in Berührung; das letzte Oberlippenschild endlich hätte dieselbe Form, wie die beiden vorhergehenden, wenn sein hinteres Ende nicht stumpf zugerundet erschiene. Wie schon bemerkt, kommen von dieser Art auch Exemplare mit 7 Supralabialschildern vor, bei welchen dann das 5t0 dieser Schil- der zwar die gewöhnliche Gestalt besitzt, aber auffallend lang ist und mit seinem Oberrande an die beiden vorderen Tcmporalia der untersten Reihe grenzt, also genau die Stellung ein- nimmt, welche sonst das 5te und 6te Oberlippenschild inne haben, so dass man es sich aus der Verschmelzung der beiden eben genannten Schilder entstanden denken muss. Im Gan- zen kommt diese Anomalie nicht gerade selten vor, denn unter den 53 von mir unter- suchten Exemplaren des Trigonocepholus halys Pall, besassen nur 37 beiderseits 8 Supra- labialia, bei 8 Stücken fand ich jederseits 7 solcher Schilder vor und bei den letzten 8 be- trug die Zahl der Oberlippenschilder auf der einen Seite 8, auf der anderen aber nur 7. An der unteren Kinnlade finden sich jederseits von dem dreieckigen, an seinem oberen, freien Rande stark bogenförmig gewölbten Mentalschilde 10 Infralabialia, von denen die- jenigen des ersten Paares, wie gewöhnlich, in der Kehlfurche zusammentreten und das Mentale von der Berührung mit den Inframaxillaren ausschliessen. Das 2to Infralabiale ist sehr klein, die folgenden dagegen erscheinen ziemlich gross, sind meist fünfeckig und neh- men nach hinten zu nur wenig an Grösse ab. Die Inframaxillaria sind nur in einem ein- zigen Paare vorhanden, dabei ziemlich gross, von etwa rhombischer Gestalt, und stehen jederseits mit den 4 ersten jederseitigen Infralabialen in Berührung; die übrige Fläche der Kehle ist beschuppt, und zwar nehmen die Schuppen gegen den Lippenrand hin etwas an Grösse zu, so dass jederseits an der Innenseite der Infralabialen eine Längsreihe grösserer, schildähnlicher Schuppen vorhanden ist. Der Rumpf ist ziemlich langgestreckt, im Halstheilc leicht comprimirt und verdünnt, so dass der Kopf sehr deutlich abgesetzt erscheint, darauf fast drehrund, an der Bauchseite kaum abgeflacht und gegen den Schwanz hin etwas verdickt. Der Schwanz ist sehr kurz, conisch, zugespitzt und am Ende mit einem hornigen, ziemlich langen, leicht gekrümmten, jederseits der Länge nach deutlich gefurchten, etwa conischen Fortsatze bewaffnet, welcher von Dr. Günther1) als Analogon der Klapper angesprochen wird. Die Schuppen des Rum- pfes, die im vorderen Drittel desselben constant 23 Längsreihen bilden, sind länglich-oval, lancettförmig, dabei bedeutend länger, als diejenigen auf dem Hinterhaupte und auf dem Schwänze, und erscheinen, mit Ausnahme derjenigen in der jederseitigen äussersten Längs- reihe, die glatt sind, scharf gekielt. Die Bauchschilder sind ziemlich breit, sonst jedoch 1) Günther, Reptiles of British Inclia, p. 383 240 A. Strauch, von gewöhnlicher Gestalt, das Anale ist gross und ungetheilt, die Subcaudalia dagegen ge- theilt und ziemlich klein. Färbung und Zeichnung. Die Oberseite ist bräunlichgelbgrau, die Rückenmitte aber stets dunkler, und zwar entweder braun, oder graubraun gefärbt, soll jedoch, wie Prof. Eich- wald angiebt, am lebenden Thiere braungrün, ja bei jüngeren Exemplaren, unmittelbar nach der Häutung, sogar hellgrün sein. Auf dem Kopfe findet sich zunächst eine ziemlich grosse Makel von meist sehr regelmässiger viereckiger Gestalt, welche auf den Frontal- schildern steht und den Hinterrand der beiden vorderen, so wie den vorderen inneren Theil der beiden hinteren einnimmt; diese Makel ist sehr constant, wenigstens habe ich sie nur bei drei Exemplaren (№ 2205, 3725 und 372G unserer Sammlung) nicht deutlich ausgebildet gefunden, und kann, da sie der folgenden Art durchaus fehlt, ein accessorisches Unter- scheidungsmerkmal abgeben. Näehstdcm ist die Supraorbitalregion von einer breiten Quer- binde eingenommen, welche von einem Supraorbitalschilde zum anderen zieht, den Aussen- rand dieser Schilder aber frei lässt, und in der Mitte, auf dem Verticalschilde, in den mei- sten Fällen unterbrochen, d. h. in zwei, gleichfalls viereckige, der Quere nach gestellte Makeln aufgelöst ist. Jederseits am Kopfe findet sich ferner eine sehr breite Tcmporal- bindo, die vom Hinterrande des Auges, am Mundwinkel vorbei, gegen die Halsseiten zieht, um daselbst stumpf zugerundet zu enden, und gleich hinter der Supraorbitalbinde oder hinter den aus derselben entstandenen Makeln steht jederseits eine andere Makel, die ge- wöhnlich dreieckig und mit der Spitze nach hinten gerichtet ist; diese Makel, welche mit ihrem Aussenrande der Temporalbinde parallel läuft, deckt den äusseren Theil des j eder- seitigen Occipitalschildes und dehnt sich auch auf die oberen Temporalsclmppcn aus. Zu- weilen, aber selten, wie z. B. bei № 2202 unserer Sammlung, findet sich auch auf der Interoccipitalsutur eine längliche, sehr schmale Makel, welche den grössten Theil dieser Sutur deckt. Alle diese Makeln und Binden auf dem Kopfe sind genau so, wie der Rücken, braun oder graubraun gefärbt und dabei mehr oder weniger deutlich und vollständig gelb- lich umrandet; bei einzelnen Stücken, wie z. В bei № 2198 und 2211, verschmelzen die dreieckigen Makeln mit der Supraorbitalbinde, so wie zuweilen auch (An 2211) mit der gleich zu erwähnenden, hufeisenförmigen Nackenmakel und es erscheint alsdann der ganze hintere Theil des Kopfes braun oder graubraun gefärbt. Die Labialschilder, sowohl die oberen, als auch die unteren, sind äusserst fein schwarz punktirt, und zwar beschränkt sich diese Punktirung auf den Rand des Schildes und lässt die Mitte desselben in grösserer oder geringerer Ausdehnung frei, so dass es den Anschein hat, als wären die Labialia grau und besässen jedes in der Mitte eine helle gelblichweisse Makel. Die dunklere Farbe des Rückens und der Schwanzfirste beginnt bereits auf dem Nacken mit einer etwa hufeisenförmigen Makel und ist in ihrem weiteren Verlaufe nicht scharf begrenzt, sondern geht allmählich in die helle Farbe der Flanken über. Der ganze Rücken und die Firste des Schwanzes zeigen mm eine grosse Zahl von gelben oder gelblich- weissen, mehr oder weniger vollständig schwarz gesäumten Querbinden, deren Vorder- und Die Schlangen des Russischen Reichs. 241 Hinterrand ausserordentlich stark ausgezackt ist, und welche häufig unterbrochen und nur halbseitig ausgebildet sind, zuweilen aber auch in der verschiedenartigsten Weise mit ein- ander anastomosiren , wodurch stellenweise eine Netzzeichnung entsteht. Auf dem vorder- sten Tlieile des Rumpfes sind die Binden sehr kurz und gleichen quergestcllten Makeln, mit Ausnahme jedoch der ersten, welche von der hufeisenförmigen Nuchalmakel umgeben ist und der Länge nach gestellt erscheint. Die Seiten des Rumpfes und Schwanzes sind braun oder graubraun gefleckt und die Flecken, die meist eine sehr unregelmässige Form besitzen, erscheinen häufig in zwei, mehr oder weniger deutlich mit einander alternirende Längsreihen angeordnet, von denen die untere auf der jederseitigcn äussersten Schuppen- reihe steht und zuweilen auch auf das äusserste Ende der Abdominalia und Subcaudalia übergeht. Die äusserste Spitze des hornigen Schwanzstachels ist bei den meisten Exem- plaren schwarz gefärbt. Die Unterseite ist gelblicliweiss, am Kopfe, so wie im vordersten Rumpffünftel einfarbig, weiterhin aber fein schwarz punktirt, und zwar findet sich diese Punktirung anfangs nur auf den äusseren Enden der Schilder, dehnt sich im weiteren Ver- laufe aber auch auf die Mitte derselben aus und nimmt in einzelnen Fällen durch Anhäu- fung der Punkte so sehr Ueberhand, dass dieser Theil der Unterseite schwarzgrau gefärbt erscheint. Obwohl Trigonocephalus lialys Pall, in der Färbung und namentlich Zeichnung con- stanter ist, als die folgende Art, so kommen doch Exemplare desselben vor, welche in die- ser Hinsicht mehr oder weniger von der Norm abweichen. So z. B. liegt mir eine ganze Reihe von Stücken (JYs 2208, 2209, 2210, 2212 und 2213) vor, bei welchen die hellen Querbinden, denen die schwarze Umrandung fehlt, weniger scharf begrenzt und dabei auch nicht gelblicliweiss, sondern bräunlichgelbgrau gefärbt sind, in der Färbung folglich mit der Grundfarbe der Flanken übereinstimmen; dadurch erhalten diese Stücke das Aussehen, als sei ihr Rumpf auf bräunlichgelbgrauem Grunde mit mehreren Reihen brauner oder braungrauer Makeln geziert, von denen diejenigen der Rückenmitte, die also der dunkelen, von Querbinden unterbrochenen Rückenfärbung bei den normal gezeichneten Exemplaren entsprechen, auffallend gross, etwa viereckig und an den Rändern sehr stark ausgezackt sind, während die seitlichen, wie immer, klein und bald in eine, bald in zwei Längsreihen angeordnet erscheinen. Andere Exemplare (V 2206, 2207 und 2220) zeichnen sich durch die auffallend dunkele, rein braune Färbung des Rückens aus, die auch viel weiter auf die Flanken herabreicht, als es gewöhnlich der Fall zu sein pflegt: in der Zeichnung stimmen zwei von diesen Stücken, und zwar die beiden zuerst genannten, vollkommen mit den nor- mal gezeichneten Exemplaren überein und weichen höchstens darin etwas ab, dass bei ihnen die schwarzen Ränder an den weisslichen oder gelblichweisslichen Querbinden viel vollständiger und deutlicher ausgebildet sind; das dritte Stück dagegen (V 2220) weicht auch in der Zeichnung nicht unbedeutend ab, und zwar nicht bloss dadurch, dass seine Querbinden auf der Rückenmitte fast sämmtlich unterbrochen und in zwei mehr oder we- niger verschobene, mit einander alternirende Hälften getheilt sind, sondern auch dadurch, Mémoires de 1 ’Acad. lmp. des sciences, Vllme Serie. 31 242 A. Strauch, dass seine Supraorbitalbinde sowohl mit den beiden Occipito-Temporalmakeln, als auch mit der hufeisenförmigen Nackenzeiclmung zu einer grossen, unregelmässigen, in der Mitte an mehreren Stellen gefensterten Makel verschmolzen ist. Zwei andere Exemplare unserer Sammlung (№ 2205 und 3726) sind durch das helle, bräunlichgelbe, geradezu sandfarbene Colorit ausgezeichnet und erscheinen auf der Oberseite nur wenig dunkler gefärbt, als auf der Unterseite; die Zeichnungen sind bei ihnen auf dem Kopfe, mit Ausnahme der ziemlich deutlichen, gelb gesäumten Temporalbinde, nur sehr schwach angedeutet, auf dem Rumpfe und Schwänze dagegen erscheinen die Querbinden etwas deutlicher, besitzen aber keine schwarzen Ränder und eben so ist auch der Bauch und die Unterseite des Schwanzes nicht, wie gewöhnlich, schwarz bestaubt, sondern ganz einfarbig. Ein drittes Stück, № 3725, dessen Conservation leider Vieles zu wünschen übrig lässt, ist ähnlich gefärbt und gezeich- net, besitzt aber noch Andeutungen der schwarzen Bindenränder, die freilich auf einzelne Makeln reducirt und mit einer gewissen Regelmässigkeit über den Rumpf vertheilt sind, so dass sic zwei Längsreihen zu bilden scheinen. Endlich liegt mir noch ein von Herrn Fed- tschenko am See Kutban-Kul erbeutetes Exemplar vor, welches sich durch eine ziemlich dunkele, bräunliche Färbung auszeichnet, und bei welchem die Querbinden des Rückens nicht bloss sehr unregelmässig verlaufen und häufig unterbrochen sind, sondern auch nicht gelblichweiss, sondern braungrau gefärbt erscheinen: das Stück, dessen Kopfzeichnungen übrigens ganz normal ausgebildet sind, sieht daher aus, als wäre es auf der Oberseite nicht der Quere nach gebändert, sondern mit 4 Längsreihen unregelmässiger, mehr oder weniger deutlich mit einander alternirender, brauner Makeln geziert; die Unterseite desselben, die bräunlichgelb gefärbt ist, erscheint zwar weniger dicht schwarz punktirt, jedoch häufen sich die Pünktchen auf den Seiten der Bauchschilder zu kleinen Makeln an, so dass also der Bauch, wenigstens in der hinteren Rumpfhälfte, jederseits mit einer Längsreihe sehr irregulärer, meist nicht scharf begrenzter, schwärzlicher Makeln geziert ist. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar, № 2198 unserer Sammlung, besitzt , eine Totallänge von 75 Ctm., von denen 8,5 Ctm. auf den Schwanz abzurechnen sind. Habitat. Diese Giftschlange ist von Pallas bekanntlich am oberen Jenissei, bei den Salzseen unweit des Lugaskoi Sawod]), entdeckt und später auch in der Wüste Saltan-Mu- rat1 2), die auf den Karten nicht verzeichnet, aber nach Pallas’ Angabe etwa zwei Tage- reisen nordöstlich von Krasnoi Jar (an der Wolga-Mündung) gelegen ist, wiedergefunden worden. Dieser letztgenannte Ort ist nun auch der westlichste Punkt, bis zu welchem Tri- gonocephalus lialys Pall, überhaupt vordringt, denn alle Angaben über sein Vorkommen in der Gegend von Astrachan3) beziehen sich ganz ohne allen Zweifel auf die Wüste Saltan- Murat. Ausser in der genannten Wüste ist er in diesem östlichsten, zwischen der Wolga und dem Ural-Flusse gelegenen Winkel Europa’s meines Wissens nur noch bei den Inder- 1) Pallas. Zoographia rosso-asiatica III, p. 49. 8) D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 1496. — Cler- 2) Pallas. Bemerkungen auf einer Reise durch die mont. Quadrupeds and Reptiles of Europe, p. 239. stidl. Statthalterschaften d. Russ. Reichs I, p. 112. Die Schlangen des Russischen Reichs. 243 sldschen Bergen, unweit der Festung Inderskaja Gorskaja an der Ural-Linie, beobachtet worden, und zwar besitzt das Universitätsmuseum zu Moskau ein Exemplar aus dieser Ge- gend. Alle übrigen Angaben über das Vorkommen dieser Schlange beziehen sich sämmtlich auf Gegenden, welche östlich von Ural-Flusse und vom Kaspischen Meere gelegen sind, und nur Ménétriès1) behauptet, dieselbe auch am Westufer des genannten Meeres, näm- lich im Talysch-Gebirge, an der russisch-persischen Grenze, gefangen zu haben. Da letztere Angabe jedoch ganz isolirt dasteht und in der Folge auch von keiner Seite bestätigt worden ist, so scheint sie mir etwas zweifelhaft, und ich möchte fast glauben, dass der verstorbene Ménétriès, der in der Herpetologie überhaupt nicht sehr bewandert war, sich bei Be- stimmung seines vermeintlichen Trigonocephalus halys Pall, eben so geirrt hat, wie bei Bestimmung so mancher anderen der in seinem Catalogue raisonné aufgeführten Reptilien- Arten. Ich werde in meiner Vermuthung noch durch den sehr auffallenden Umstand be- stärkt, dass unter den Arten der Ménétries’schen Ausbeute, die ich alle2), von des Ver- storbenen eigener Hand etiquettirt, vorgefunden habe, gerade das Exemplar des Trigono- cephalus halys Pall., welches im Catalogue raisonné die .V 241 trägt, nicht vorhanden war. Allerdings bin ich nicht im Stande, eine in jenen Gegenden einheimische Schlangen-Art zu nennen, welche so gefärbt und gezeichnet wäre, dass sic mit Trigonocephalus halys Pall, ver- wechselt werden könnte, und es bleibt daher die Möglichkeit keineswegs ganz ausgeschlossen, dass die von Ménétriès auf dem Gipfel des Talysch-Gebirges gefangene Schlange wirklich ein Exemplar der in Rede stehenden Art gewesen ist. Von der anderen Seite darf aber auch nicht ausser Acht gelassen werden, dass andere Reisende, wie namentlich Hohen- acker, der gleichfalls im Talysch-Gebirge gesammelt hat, diese Art daselbst nicht gefun- den haben, und dass überhaupt in dem Zeiträume von mehr als 40 Jahren, der seit Méné- 1) Ménétriès. Catal. raisonné, p. 74. 2) In dem am Schlüsse folgenden Verzeichnisse der im akademischen Museum aufgestellten Exemplare der 37 in der vorliegenden Abhandlung besprochenen Schlan- gen-Arten, in welchem ich die Stücke der Ménétriès’- seben Ausbeute durch Beifügung der betreffenden Num- mern des Catalogue raisonné ausgezeichnet habe, wird man ausser № 241 (Trigonocephalus halys Pall.) noch drei andere Nummern, nämlich № 227, 233 und 234 vermissen, und zwar desshalb, weil die Exemplare, welche ich unter diesen Nummern vorfand, so schlecht erhalten waren, dass ich es für überflüssig hielt, sie in die Sammlung aufzunehmen. Die Schlange, welche mit № 227 ( Coluber persa Pall.) bezeichnet war, erwies sich als ein halbver- faultes Exemplar der gelbstreifigen Varietät von Tropi- donotus natrix L., und die Schlangen, welche Ménétriès auf der Insel Narghin gesammelt hatte und von denen einige zu Tropidonotus hydrus Pall., andere zu Tropi- donotus natrix L. gehörten, waren, da der Spiritus in Folge eines Sprunges im Glase ausgeflossen war, völlig verdorrt, wesshalb es gleichfalls nicht der Mühe ver- lohnte, sie aufzubewahren. Diese Narghin’schen Schlan- gen waren mir übrigens in so fern interessant, als sie den direkten Beleg dafür lieferten, dass Ménétriès nicht, wie die übrigen Autoren, den Tropidonotus hydrus Pall., sondern den Tropidonotus natrix L. als Coluber ponticus Pall. (№ 233) bestimmt hatte; Ménétriès hat bekanntlich auf der genannten Insel überhaupt nur zwei Schlangen- Arten, den Coluber ponticus Pall. (№233) und den Coluber hydrus Pall. (Л» 234) gefangen, und da das Gefäss mit den Narghin’schen Schlangen, wie schon be- merkt, zwei Arten , den Tropidonotus natrix L. und den Tropidonotus hydrus Pall, enthielt, so liegt auf der Hand, dass der Coluber ponticus des Catalogue raisonné nur auf die erstere Art, den Tropidonotus natrix L. be- zogen werden kann. Uebrigens muss ich bemei'ken, dass auf der Etiquette, welche am betreffenden Gefässe be- festigt war, weder die Nummern, noch die Namen der Schlangen, sondern nur die Worte: «Ile Nargin. — Mé- nétriès.» — von des Verstorbenen eigener Iland ver- zeichnet waren. 244 A. Strauch, triés’ Reise verflossen ist, kein einziger Reisender oder Naturforscher1) diese Schlange in Transkaukasien beobachtet hat, obwohl das Land seitdem nach den verschiedensten Rich- tungen hin durchforscht worden ist. Genug, die Beantwortung der Frage, oh Trigonocepha- lus halys Pall, im südlichen Transkaukasien einheimisch ist oder nicht, muss künftigen Untersuchungen Vorbehalten bleiben und es scheint mir unter solchen Umständen wohl am richtigsten, den fraglichen Fundort so lange unberücksichtigt zu lassen, bis er von irgend einer Seite her von neuem bestätigt wird. Was nun das Vorkommen des Trigonocephalus halys Pall, in den aralo-kaspischen Steppen anbetrifft, so hat Dr. Sewerzow ihn in den Emba- Gegenden, sowohl am Ascli- tscha-Sai, einem Zuflusse des Ilek, als auch hei Kandaral an der Emba, am Dshil-tau und bei dem Steppenflüsschen Tschagan gefangen, während Dr. Eversmann2) Exemplare aus der benachbarten Wüste Bursuk (Barsuki) mitgebracht hat. Ferner ist diese Art von Dr. Lehmann3) bei Nowo-Alexandrowsk, von Prof. Eiclnvald4) bei dem Vorgebirge Tjuk- Karagan erbeutet worden und scheint auf der Halbinsel Mangyschlak überhaupt sehr häufig zu sein, wenigstens hat unser Museum durch Akad. von Baer eine ganze Reihe sehr schöner Exemplare von daher erhalten, und eben so steht zu vermuthen, dass auch die Karelin’schen Stücke unserer Sammlung, deren specieller Fundort nicht verzeichnet ist, auf der genannten Halbinsel gefangen sein werden. Weiter nach Süden dagegen scheint diese Schlangen-Art in der unmittelbaren Küstengegend des Kaspischen Meeres nicht vor- zukommen, zum Mindesten ist sie meines Wissens weder von Dr. Sewerzow, noch von Mag. Goebel, noch von Dr. Radde, noch endlich auch von Dr. Sievers, welche sämmt- licli diesen Theil der Ostküste bereist haben, gefangen worden, und nur Prof. Eichwald5) führt sie unter den am Balchan-Busen einheimischen Thieren auf, ohne jedoch anzugeben, von wem sie daseihst beobachtet worden ist ; da übrigens dieser Gelehrte in seiner später veröffentlichten Fauna caspio-caucasia des eben genannten Fundortes nicht weiter gedenkt, so glaube ich annehmen zu können, dass er sich in der Folge von der Irrigkeit seiner frü- heren Angabe, die wohl nur auf einer Vermuthung beruhte, selbst überzeugt haben wird. Alsdann hat Dr. Sewerzow den Trigonocephalus halys Pall, in der nördlich vom Syr-Darja gelegenen Wüste Daryalyk beobachtet, Herr Fedtschenko erbeutete ein Exemplar in der Wüste Karakum, östlich vom Nordende des Aral-See’s, und Dr. A. von Schrenck brachte 1) Prof. Eichwald (Fauna caspio-cancasia, p. 128) führt unter den Fundorten des Trigonocephalus halys Pall, gleichfalls das Talysch-Gebirge auf, hat diese An- gabe aber ganz ohne allen Zweifel dem Ménétriès’schen Catalogue raisonné entlehnt, denn in der Zoologia spe- cialis, in welche die Hauptergebnisse seiner kaspisch- kaukasischen Reise bereits aufgenommen sind, geschieht dieses Fundortes mit keinem Worte Erwähnung, was doch sicherlich nicht unterblieben wäre, wenn der Verfasser selbst die Schlange im Talysch-Gebirge oder überhaupt in Transkaukasien zu beobachten Gelegenheit gehabt hätte. 2) Eversmann. Reise von Orenburg nach Buchara p. 147. 3) Lehmann. Reise nach Buchara und Samarkand, p. 334. 4) Eichwald. Zoologia specialis III, p. 170 = Tri- gonocephalus caraganus Eichw. 5) Bulletin de Moscou XI (1838), p. 482. Die Schlangen des Russischen Reichs. 245 eine ganze Reihe von meist etwas abweichend gefärbten oder gezeichneten Exemplaren aus der Kirgisensteppe mit, von denen er eines am Atagai-Assu, einem kleinen vom Ulutau kommenden und sich in den Ters-Akkan, einen Nebenfluss des Ischim, ergiessenden Flüss- chen, ein anderes bei den Karkaraly- Bergen erbeutet hat, während die übrigen aus dem Siebenstrom-Lande stammen und an den Ufern des Balchasch, in der Steppe am Alatau, auf dem Gipfel des Dshabyk (Vorberge des Alatau), im Flugsande am Alakul und im Tar- bagatai- Gebirge gefangen worden sind. Dass diese Giftschlange auch weiter östlich, am oberen Jenissei, einheimisch ist, habe ich bereits früher bemerkt, ob sie aber auch in der Gegend von Irkutsk vorkommt, wage ich nicht zu entscheiden, da der Fundort des angeb- lich Irkutsker Exemplars unserer Sammlung nicht hinlänglich verbürgt ist, östlich vom Baikal dagegen kommt sie ganz sicher nicht mehr vor und Pallas’ Angabe, dass er sie auch in Daurien beobachtet habe, bezieht sich ganz ohne allen Zweifel auf die nächstfol- gende Art. Endlich liegt mir noch ein von Herrn Fedtschenko bei dem kleinen Bergsee Kutban-kul, südlich von Schagimardan im Chanate Kokand, gefangenes Exemplar vor, wel- ches gleichfalls einer besonderen Farbenvarietät angehört. Es ergiebt sich somit, dass das Wohngebiet des Trigonocephahis halys Pall, von der Wolga ostwärts bis zum oberen Je- nissei reicht, sich gegen Norden theils etwa bis zum 49 oder 50° n. Br. (Aschtscha-Sai, Atagai-Assu, Karkaraly-Berge) , theils auch bis über den 51° n. Br. (oberer Jenissei) hin- aus erstreckt und dessen Südgrenze zur Zeit auch nicht einmal annäherungsweise bestimmt werden kann. 36. Trigonocephahis intermedius Strauch. Tr. supra fuscus vcl fusco-cinereus, capite utrinque fasciis duabus, subobliquis, altera latissima temporali, ab oculi margine posteriore in colli latera descendente, altera byevio’re, supra oculum incipiente, occiput versus acuminata, sed saepe interrupta et in duas maculas divisa, castaneis vel fuscis, interdum nigro-margiuatis ; dorso caudaque fasciis transversis, numerosis, angustis, pleruinque rectis, vix undulatis, saepe medio dorso interruptis et plus minusve distincte alternantibus, flavis vel flavo-cinereis, hinc inde nigro-marginatis, orna- tis; lateribus aut serie longitudinali macularum subrotundatarum, fuscarum, in parte trunci antica saepissime in fasciam longitudinalem confluentium , signatis, aut irregulariter flavo nigroque reticulatis; subtus flavo-cinereus, confertim nigro-punctatus, vel fuscescens, flavo- irroratus. Capite depresso, supra haud excavato, tetragono-pyramidali, postice dilatato et a trunco distincte separate, rostro brevi, plano, acuminato, apice oblique truncato et haud resimo, corpore crassiusculo, subtereti, cauda brevissima, attenuata et apice aculeo ple- rumque acuminato et in utroque latere sulcato, armata; naribus utrinque scutellum sim- plex, sed subdivisum perforantibus , lateralibus; scutellis frenalibus utrinque duobus, infe- riore valdc excavato et marginem fossae frenalis anteriorem formante ; scutellis supralabia- libus utrinque 7, rarius 8, tertio oculi bulbum attingente; scutellis praeocularibus utrinque tribus, postocularibus duobus, inferiore longissimo, semilunari ; squamis lanceolatis, apice 246 А. Strauch rotundatis, valde carinatis et in trunci parte anteriore in 23 seriös longitudinales disposais; scutis abdominalibus 152 — 167, anali simplici, subcaudalibus utrinque 32 — 47. Synonymie. 1829. Trigonocepholus Blomhoffii part. Schlegel in: Sieb old. Fauna japonica. Ampliib., p. 88. 1868. Trigonocepholus intermedius Strauch. Труды 1-го съѣзда русскихъ естествоиспы- тателей. Зоол., p. 295. Diese Art, von welcher ich eine detaillirte, von den nöthigen Abbildungen begleitete Beschreibung im herpetologischen Theile von Akad. L. von Schrenck’s Reisen und For- schungen im Amur-Lande geben werde, unterscheidet sich von Trigonocepholus halys Pall., mit welchem sie in der Zahl der Schuppenreihen übereinstimmt, wie schon bemerkt, haupt- sächlich durch die Form des Kopfes und der Schnauze, durch die Form der Praefrontalia und des Verticalschildes, so wie endlich auch durch die Zahl der Supralabialschilder und durch die Färbung und Zeichnung. Was die Form des Kopfes anbetrifft, so ist derselbe gestreckter und hinten im Verhältniss zu seiner Länge weniger breit, denn während die Breite des Kopfes bei Trigonocepholus halys Pall, der Länge der Mundspalte nur wenig nachsteht, d. h. etwa so lang ist, wie die Entfernung zwischen dem Hinterrande des letzten Supralabiale und dem Vorderrande der Frenalgrube, steht dieselbe bei Trigonocepholus intermedius m. der Länge der Mundspalte bedeutend nach und entspricht nur der Entfer- nung zwischen dem Hinterrande dçs letzten Supralabiale und dem Vorderrande der Augen- höhle. Alsdann ist der Kopf auf seiner horizontalen Oberfläche fast ganz plan, während er bei der. vorigen stets deutlich ausgehöhlt erscheint und eben so ist auch die Schnauze nicht bloss ganz plan, sondern an der Spitze auch einfach scharfkantig und nicht aufgeworfen, so dass die Profillinie derselben gerade verläuft und nicht, wie bei Trigonocepholus halys Pall., einen leichten, mit der Concavität nach unten gerichteten Bogen bildet. Die Praefrontal- schilder ferner, welche bei der vorigen Art eine gewölbte Oberfläche besitzen und der Schnauze das aufgeworfene Ansehen verleihen, sind hier ganz plan und zugleich verhält- nissmässig grösser, denn sie erscheinen etwa Halb so gross, wie die Postfrontalia, und be- sitzen gleichfalls einen bogenförmigen Vorderrand, bilden zusammen aber nicht, wie bei jener, eine halbmondförmige, sondern eine fast halbkreisförmige Figur, da ihre Hinterränder unter äusserst stumpfem Winkel zusammenstossen. Alsdann ist das Verticalschild auffallend kurz und breit, am Vorderrande wenigstens eben so breit, wie überhaupt lang, und weicht auch in der Form von demjenigen der vorigen Art ab, da es nicht zungenförmig, sondern sechseckig ist; seine beiden vorderen Seiten, welche mit den Postfrontalen in Berührung stehen, vereinigen sich unter sehr stumpfem Winkel, die beiden seitlichen, welche die grösste Länge besitzen und an die Snpraorbitalia grenzen, verlaufen gerade und einander fast parallel, und die beiden hinteren bilden gleichfalls einen stumpfen Winkel, dessen Spitze Die Schlangen des Russischen Reichs, 247 jedoch meist leicht abgerundet ist. Endlich besitzt diese Art gewöhnlich nur 7 Suprala- bialia jederseits, da jedoch, wie bereits bemerkt, das 5t0 Supralabiale, das lang und niedrig ist, nicht gerade selten in zwei Schildchen zerfällt, so kommen auch Exemplare mit 8 Ober- lippenschildern auf jeder Seite vor, und zwar habe ich unter den 23 von mir untersuchten Stücken dieser Art im Ganzen nur 1 5 gefunden, bei welchen die Oberlippenschilder in normaler Zahl, nämlich 7 jederseits, vorhanden waren, bei 6 Exemplaren fand ich beider- seits 8 Supralabialia und die beiden letzten Stücke besassen auf der einen Seite 7, auf der anderen dagegen 8 solcher Schilder; eines von den 15 oben erwähnten Exemplaren mit normaler Oberlippenschilderzahl, welches dem Moskauer Museum gehört, zeigte übrigens jederseits eigentlich nur 6 Supralabialia, da bei demselben das bekanntlich stets sehr kleine 2te mit dem 3tou so verschmolzen erschien, dass die ursprüngliche Trennung beider nur noch durch eine senkrechte, auf den oberen Theil der Schilder beschränkte Furche angedeutet war. Sämmtliche Organisationsverhältnisse, in welchen diese Art von Trigonocephalus halys Pall, abweicht, finden sich nun bei Trigonocephalus Blomhoffii Boje wieder und es stimmt daher die in Rede stehende Species, bis auf die abweichende Zahl der Schuppenreihen, so vollkommen mit der letztgenannten überein, dass Prof. Schlegel beide auch zusammenge- worfen hat, denn wie ich mich bei meiner Anwesenheit in Leyden selbst überzeugt habe, waren im Reichsmuseum sowohl Exemplare mit 21, als auch mit 23 Längsreihen von Schuppen unter dem Namen Trigonocephalus Blomhoffii Boje aufgestellt. Färbung und Zeichnung. Wie schon bemerkt, variirt diese Art in der Färbung und Zeich- nung nicht unbeträchtlich und cs lassen sich, so weit ich nach den mir vorliegenden Flxem- plaren urtheilen kann, drei verschiedene Formen unterscheiden, die aber selbstverständlich nicht ganz scharf getrennt sind, sondern meist ganz allmählich in einander übergehen. Die erste dieser Formen, zu welcher die meisten mir bekannten Exemplare gehören und die ich desshalb für die typische erklären zu müssen glaube, ist auf der Oberseite des Rumpfes, mit Ausnahme der jederseitigen untersten, hell bräunlichgelb gefärbten Flankengegend, braun oder braungrau und zeigt eine grosse Zahl von hellen gelblich weissen, mein- oder weniger vollständig schwarz gerandeten, schmalen Querbinden, die meist ganz gerade ver- laufen, am Vorder- und Hinterrande kaum oder doch äusserst schwach gezackt erscheinen und seitlich ganz unmerklich in die Grundfarbe der Flanken übergehen. Zuweilen, aber im Ganzen nicht häufig, sind diese Querbinden, die sich auch auf den Schwanz fortsetzen, auf der Rückenfirste unterbrochen und die dadurch entstehenden Halbbinden erscheinen mehr oder weniger verschoben, ja alterniren mitunter auch ganz deutlich mit einander. Auch bei dieser Art beginnt die dunkele Färbung des Rückens schon auf dem Nacken und dem hin- tersten Thcile des Kopfes, und zwar mit zwei breiten Längsbinden, deren vordere Enden aber nie zu einer hufeisenförmigen Makel vereinigt, sondern stets getrennt sind, und welche in der Mitte ihres Verlaufes stärker auseinandertreten, so dass sie eine etwa rhombische, gelblichweisse, schwarz gerandete Figur einschliessen, welche in ihrer Mitte ab und zu noch mit einer dunkelbraunen kleinen Makel geziert ist. Die Flanken, die, wie schon bc- 248 A. Strauch, merkt, im unteren Tlieile hell bräunlichgelb gefärbt erscheinen, sind mit einer Längsreihe rundlicher oder auch unregelmässig geformter Makeln geschmückt, welche mit den hellen Querbinden des Rückens sehr genau correspondiren, so dass also jede dieser Binden an den Flanken, wo sie in die helle Grundfarbe übergeht, gleichsam in zwei Arme getheilt er- scheint, welche eben die correspondirende Flankenmakel cinschliessen; nur im vordersten Tlieile des Rumpfes, den man als Hals bezeichnen könnte, vereinigen sich diese Flanken- makeln zu einer bald längeren, bald kürzeren Längsbinde. Was die Zeichnungen auf dem Kopfe anbetrifft, so ist der vorderste Theil desselben, also die Schnauze, einfarbig, heller oder dunkler bräunlichgrau und höchstens zeigen die vier Frontalschilder eine mehr oder weniger deutliche, aber stets sehr unvollständige, schwärzliche Umrandung. Auf jedem Su- praorbitalschilde, und zwar etwa in seiner Mitte, beginnt eine dunkele, braune oder braun- graue, bisweilen schwarz gerandete Binde, welche schräge auf die Seite der Occipitalre- gion zieht und daselbst zugespitzt endet; zuweilen finden sich übrigens statt dieser Binde, die stets parallel mit der weiter unten zu erwähnenden Temporalbinde verläuft, zwei Ma- keln, die eben dadurch entstehen, dass die Binde am Hinterrande des Supraorbitalschildes unterbrochen ist, und von denen die vordere viereckig ist, die hintere aber meist ein mit der Spitze gegen den Nacken gerichtetes Dreieck darstellt. Bei einzelnen Stücken, wie z. B. bei № 2219 und bei zwei vom Amur-Flusse stammenden, dem Moskauer Museum gehöri- gen Exemplaren, verlängern sich diese Binden auch nach vorn und vereinigen sich vor den Augen, wodurch eine mehr oder weniger deutliche, bogenförmige Binde auf der Basis der Schnauze entsteht; andere Exemplare wieder, wie z. B. № 2221 und 3719, besitzen auf der Interoccipitaisutur eine längliche schwarze Makel, die meist in der Mitte eingeschnürt ist und biseuitförmig erscheint, was darauf hindeutet, dass sie aus der Verschmelzung zweier rundlicher Makeln entstanden ist. An den Seiten des Kopfes findet sich bei allen Exemplaren eine breite, am Unterrande meist recht deutlich schwarz gesäumte Temporal- binde, welche, wie immer, schräge vom Hinterrande der Augenhöhle zum Mundwinkel oder auch an demselben vorbei auf die Halsseite zieht und daselbst in die durch Verschmelzung der Lateralmakeln gebildete Längsbinde übergeht. Die Oberlippenschilder sind stets gelb- lichweiss gefärbt und entweder einfarbig, oder aber eben so, wie die Seiten der Schnauze, sehr undeutlich grau bestaubt. Die Unterseite ist bei den ausgewachsenen Exemplaren bräunlichgelb mit einem mehr oder weniger stark ausgesprochenen Stich in’s Grünliche und dabei mit schwärzlichen Punkten besäet, welche ihr ein bestaubtes Aussehen verleihen; im vorderen Tlieile des Rumpfes treten die schwärzlichen Punkte nur an den Seiten der Schil- der zahlreicher auf, im hinteren Tlieile dagegen und unter dem Schwänze nehmen sie so sehr Ucberhand, dass diese Parthien vollkommen grau gefärbt erscheinen. Bei den Jungen ist die Unterseite schwärzlich gefärbt und zeigt gelbliche Pünktchen, welche besonders an den freien Hinterrändern der einzelnen Bauchschilder zahlreich sind und diese Schilder gelb gerandet erscheinen lassen. Die Unterseite des Kopfes, welche bei den Ausgewach- senen fast einfarbig bräunlichgelb ist, besitzt bei den Jungen geradezu eine schwarze oder I Die Schlangen des Russischen Reichs. 249 schwarzbraune Färbung und erscheint in sehr unregelmässiger und unbeständiger Weise gelb gefleckt, mit Ausnahme jedoch der Infralabialschilder, von denen jedes in seiner Mitte mit einer gelblichen Makel geziert ist. Die zweite Form, von welcher das akademische Museum übrigens nur 3 Exemplare (№ 2216, 2217 und 3718) besitzt, gleicht im Ganzen der vorhergehenden, weicht von der- selben aber hauptsächlich dadurch ab, dass hier die hellen Querbinden nicht bloss man- nichfach unterbrochen und verschoben, sondern meist sogar auf einzelne, sehr deutlich schwarz gerandete Makeln von sehr unregelmässiger Form reducirt sind, welche gewöhn- lich die Rückenmitte oder Firste einnehmen und in zwei mehr oder weniger deutlich al- terni rende Längsreihen angeordnet sind. Die Zeichnungen auf dem Kopfe sind bei diesen Stücken sehr gut ausgebildet, namentlich sehr scharf begrenzt, und auf der Unterseite sind die schwarzen Punkte so vertheilt, dass die vordere Hälfte des Rumpfes auf bräunlichgel- bem Grunde schwarz punktirt, die hintere Hälfte und der Schwanz dagegen, gerade umge- kehrt, auf schwarzem oder doch sehr dunkel schwarzgrauem Grunde gelblich punktirt und bestaubt erscheint. Zwischen dieser Varietät und der typischen Form giebt es aber Ueber- gänge, und zwar liegt mir ein solches Uebergangsexemplar vor, welches von Hrn. Puzillo im Gouvernement Irkutsk, zwischen Barchaton und Olonki, gefangen und dem Museum der hiesigen Universität übergeben worden ist; dieses Stück, dessen Unterseite auffallender Weise ganz einfarbig grünlichgelb ist und keine Spur der schwarzen Punktirung zeigt, be- sitzt auf der Oberseite zwar recht regelmässig verlaufende, gelbliche, schwarz gerandete Querbinden, die aber nur auf der Rückenfirste deutlich sind und nach Flanken hin fast völlig verschwinden, so dass es wirklich den Anschein hat, als wäre der Rücken des Thieres eben so, wie bei der zweiten Form, mit einer Längsreihe stark in die Quere gezogener gelblicher, schwarz gerandeter Makeln verziert. Die dritte Form, von welcher mir nur zwei, leider nicht besonders gut erhaltene Exem- plare (№ 2223 und 2224 unserer Sammlung) vorliegen, ist auf der ganzen Oberseite tief schwarzbraun gefärbt und zeigt jederseits auf dem Kopfe zwei schmale, schräge, gelbge- färbte Binden, von denen die eine an der vorderen Aussenecke des Supraorbitalschildes be- ginnt, am Rande des Hinterkopfes auf der oberen Längsreihe der Schläfenschilder hinzieht und sich auf der Seite des Rumpfes mit der ersten Querbindc vereinigt; die zweite dieser j ederseitigen Binden, die eine viel schrägere Richtung besitzt, entspringt auf dem hinteren Theile des Occipitalschildes, trifft auf dem Hinterhaupte unter sehr spitzem Winkel auf die vorhin erwähnte Randbinde und ist dabei vorn mit der gleichnamigen Binde der entgegen- gesetzten Seite verschmolzen; an dieser Vereinigungsstelle der beiden gleichnamigen Bin- den, die zusammen gleichfalls einen spitzen Winkel bilden, findet sich nach vorn auf der Interoccipitalsutur eine ringförmige gelbe Makel, und es erhält dadurch die ganze Zeich- nung das Ansehen, als wären die beiden Binden vorn in eine Ochse oder Schleife verschlun- gen. Die Schilder an der Schnauzenspitze sind mehr oder weniger breit gelb gerandet und die Supralabialia erscheinen anfangs gleichfalls gelb gerandet, später aber, vom 5tou an, Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Serie. 32 250 A, S TE AU с H K vollkommen gelb. Der Rumpf ist mit einer grossen Zahl schmaler, gelber Querbinden ge- ziert, die bald regelmässig verlaufen, bald auf der Rückenmitte unterbrochen und in alter- nirende Hälften getheilt sind, und von denen jede sich an den Flanken in zwei Arme tlieilt, welche eine unregelmässige schwarzbraune Makel zwischen sich fassen. Zugleich treten auf den Interstitien zwischen den gelben Binden noch gelbe Makeln auf, welche bald rundlich, bald in die Länge gezogen sind und sich stellenweise so ausdehnen, dass sie von einer Quer- binde bis zur anderen reichen. Da ausserdem die gelben Zeichnungen meist von Schuppen gebildet werden, deren Mitte mit einer grösseren oder kleineren, schwarzbraunen Makel geziert ist, so erscheint die Oberseite des Thiercs mit einem bald mehr regelmässigen, bald gänzlich verworrenen, gelben Netzwerke überzogen, welches nach den Flanken hin so un- regelmässig wird, dass dieser Theil ein geradezu scheckiges Aussehen erhält. Die Unter- seite ist schwarz und gelb marmorirt, jedoch gewinnt die gelbe Farbe nach vorn hin die Oberhand, so dass der vorderste Theil des Bauches auf gelbem Grunde schwarz gefleckt ist und die schwarzen Flecken gegen den Kopf hin immer seltener werden und an seiner Unterseite völlig verschwinden. Endlich liegt mir noch ein Exemplar (JYs 2226 unserer Sammlung) vor, welches, ne- benbei bemerkt, durch 25 Längsreihen von Schuppen ausgezeichnet ist und in der Fär- bung und Zeichnung gleichsam die Mitte zwischen der zweiten und dritten Form zu halten scheint. Es ist nämlich auf der Oberseite tief schwarzbraun gefärbt und zeigt auf dem Kopfe nahezu dieselbe Zeichnung, wie die beiden so eben beschriebenen Stücke der dritten Form, nur fehlt bei ihm die ringförmige Makel auf den Occipitalschildern und von den beiden schrägen Binden, welche mit dieser Makel in Verbindung stehen, existiren nur noch leise Andeutungen ; der Rumpf dagegen zeigt, wie bei der zweiten Form, nur Rudimente der gelben Querbinden in Form von gelben, schwarz gerandeten Makeln, welche im vor- dersten Theile des Rumpfes rundlich, weiterhin aber deutlich in die Quere gezogen sind. Die Unterseite dieses Exemplars ist in der vorderen Hälfte grünlichgelb, in der hinteren aber und am Schwänze schwärzlichgrün und scheint durchaus einfarbig zu sein, wenigstens habe ich keine Punktirung an derselben wahrnehmen können. Maasse. Das grösste mir vorliegende Exemplar dieser Art, № 2225 unserer Sammlung, besitzt eine Totallänge von 74 Ctm., von denen nur 8 auf den Schwanz abgerechnet wer- den müssen. Habitat. Trigonocephalus intermedius m., über dessen geographische Verbreitung sich zur Zeit noch sehr wenig sagen lässt, scheint in ganz Ost -Sibirien einheimisch zu sein und dringt einerseits bis nach Japan, andererseits bis in das Gouvernement Irkutsk vor. In dem genannten Gouvernement, wo er die Westgrenze seiner Verbreitung erreicht, hat Herr Maack ihn bei dem Nikolajewskij Sawod, Herr Puzillo in der Gegend zwischen Barcha- ton und Olonki gefangen, und Herr Czekanowsky sandte dem akademischen Museum zwei in der Umgegend von Padun erbeutete Exemplare ein. Ostwärts vom Baikal -See ferner, I Die Schlangen des Russischen Reichs. 251 wo diese Schlange schon von Pallas1) beobachtet worden ist. hat Dr. Radde sie in den damischen Hochsteppen, so wie in der Gegend von Bukukun, bei Knlussutai am Tarci-Noor und im Chinggan- Gebirge beobachtet, Herr Lomonossow sandte ein Exemplar vom Ar- gunj-Flusse ein, Akad. L. von Schrenck erbeutete ein Stück am Amur-Flusse bei Cap Tyr, oberhalb Nikolajewsk, und Herr Maack brachte Exemplare aus der Gegend von Cap Khofäla (Ussuri) mit. Endlich kommt diese Art auch in Japan vor, und zwar besitzt nicht bloss das Reichsmuseum zu Leyden japanische Exemplare derselben, sondern auch die aka- demische Sammlung hat von Herrn Goschkewitsch mehrere Stücke zugesandt erhalten, welche höchst wahrscheinlich in der Umgegend von Hakodate, wo Herr Goschkewitsch längere Zeit als Kaiserlich-Russischer Consul fungirt hat, gefangen worden sein werden. 37. Trigonocephalus Blomlioffii Boje. Tr. supra fusco-olivaceus vel olivaceo-cinereus, capite fascia frontali transversa, ar- cuata, saepe in maculas dissoluta vel etiam obsoleta, ncc non utrinque fasciis dnabus sub- obliquis, altera lata temporali, ab orbitae margine posteriore ad oris angulum descendente, altera breviorc, supra oculum incipiente et in occipitis latera producta, nigricantibus , plus minusve distincte nigro-marginatis, ornato; dorso caudaque maculis magnis, in duas séries longitudinales dispositis et plerumque alternantibus, subquadrangularibus vel subrotundatis, nigricantibus, semper nigro-marginatis; subtus atro-virens vel nigro-fuscus, flavo-irroratus et utrinque maculis irregularibus, aterrimis, plerumque flavo-circumscriptis, uniseriatis, signatus. Capite depresso, supra plano, tetragono-pyramidali , postice dilatato et a trunco distincte separate, rostro brevi, plano, acuminato, apice oblique truncato et haud resimo, corpore crassiusculo, subtereti, cauda brevissima, attenuata et apice aculeo acuminato et in utroque latere sulcato, instructa; naribus utrinque in scutello simplici, sed subdiviso, positis, lateralibus; scutellis frenalibus utrinque duobus, inferiore value excavato et mar- giuem fossae frenalis anteriorem formante; scutellis supralabialibus utrinque semper 7, tertio oculi bulbum attingente; scutellis praeocularibus tribus, postocularibus duobus, in- feriore longissimo, semilunari; squamis lanceolatis, apice subrotundatis, valde carinatis et in trunci parte anteriore in 21 séries longitudinales dispositis; sentis abdominalibus 137 — 164, anali simplici, subcaudalibus utrinque 36 — 51. Synonymie. 1826. Trigonocephalus Blomlioffii Boje in: Oken. Isis 1826, p. 214. 1829. Trigonocephalus Blomlioffii part. Schlegel in: Siebold. Fauna japonica. Amphib., p. 88. Ophid. pl. VI. rien vorkommt, kann, wie schon bemerkt, nur auf diese Art bezogen werden. * 1) Pallas. Zoographia rosso- asiatica III, p. 49. Die Angabe, dass Trigonocephalus hahjs Pall in Dau- 252 A. Strauch, 1854. Trigonocephalus Blomhoffii D. et B. Erpétol. génér. VII, p. 1496. 1868. Trigonocephalus Blomhoffii Strauch. Труды 1-го съѣзда русскихъ естествоиспыта- телей. Зоол., р. 296. Diese Art unterscheidet sich von ihren beiden, im Vorstehenden besprochenen Gat- tungsgenossen durch die Zahl der Schuppenreihen, welche sicli im vordersten Rumpfdrittel constant auf 21 beläuft, so wie auch durch die Zeichnungen auf dem Rumpfe, jedoch fällt dieses letztere Merkmal weniger in’s Gewicht, da einzelne Stücke des Trigonocephalus Blom- hoffii Boje in der Anordnung der Makeln der zweiten Form der vorhergehenden Species mehr oder weniger ähnlich sehen. Der Kopf und die Schnauze dieser Art sind, wie schon mehrmals bemerkt, fast genau so gestaltet, wie bei Trigonocephalus intermedius in., und zwar ist der Kopf etwa um die Hälfte länger, als an der Basis breit, auf der horizontalen Oberfläche durchaus plan, an den Seiten fast senkrecht abfallend und vorn an der Spitze von rechts nach links stumpf zugerundet, und die Schnauze, die etwa so lang, als an der Basis, d. h, am Vorderrande der Augenhöhlen, breit ist, erscheint an der Spitze schräge abgestutzt und scharfkantig, aber niemals aufgeworfen. Was die Schilder auf dem Kopfe anbetrifft, so stimmen sie in der Zahl, so wie grösstentheils auch in der Form und Lage mit denen des Trigonocephalus halys Pall, überein, nur sind sie nicht dachziegelförmig ge- lagert., sondern genau so, wie bei der vorhergehenden Art, durch wirkliche Suturen mit einander verbunden. Abweichend gestaltet sind bei dieser Art nur die Praefrontalia, das Verticale und das jederseitige 5 1,0 Supralabiale: die erstgenannten Schilder sind plan, etwa halb so gross, wie die Postfrontalia, und bilden eben so, wie bei Trigonocephalus interme- dius m. zusammen eine halbkreisförmige Figur, und das Verticale, welches gleichfalls, wie bei der vorigen Art, sehr kurz, nämlich etwa so lang, wie an der Basis breit ist, hat zwar auch eine hexagonale Gestalt, gleicht aber zugleich einem gleichschenkligen Dreiecke, da sowohl seine nach vorn gerichtete Basis, als auch seine beiden Seitenränder unter äusserst stumpfen Winkeln geknickt sind und folglich fast gerade zu verlaufen scheinen ; das 5t0 je- derseitige Supralabiale endlich ist bei dieser Art nicht so niedrig, wie bei den beiden vor- hergehenden, sondern steht dem 4teu wenig an Höhe nach und besitzt einen winklig gebo- genen Oberrand, dessen vordere Hälfte mit dem ersten, die hintere mit dem zweiten Tem- porale der unteren Längsreihe in Berührung steht. Zugleich ist auch in Folge der beträcht- licheren Höhe des 5tßu Supralabialschildes das vorderste jederseitige Temporale bei dieser Art verhältuissmässig kleiner, als bei den beiden anderen, und übertrifft das nächstfolgende Schläfenschild höchstens um die Hälfte an Grösse. Während bei den beiden vorhergehenden Trigonocephalus- Arten die Zahl der Supra- labialschilder jederseits zwischen 8 und 7 schwankt, beträgt sie bei dieser stets nur 7 und scheint überaus constant zu sein, denn ich habe unter den 48 von mir untersuchten Exem- plaren nur ein einziges, № 2232 unserer Sammlung, gefunden, bei welchem auf der rechten Seite zwischen das 4te und 5te Supralabiale ein kleines supplementäres Schildchen einge- Die Schlangen des Russischen Reichs. 253 schoben war, während die linke Seite die normale Anordnung zeigte; dagegen scheinen die Postocularia bei dieser Art hin und wieder verbildet zu sein, wenigstens habe ich nicht bloss 4 Exemplare gesehen, bei welchen das lange Postoculare inferius in zwei Schilder getheilt erschien, und von denen drei diese Anomalie beiderseits, das vierte (JV?. 2232) aber nur auf der linken Seite zeigte, sondern mir liegt auch ein Stück (№ 2241) vor, welches jcderseits nur ein einziges, auffallend- langes und bogenförmig gekrümmtes Postoculare besitzt. Färbung sïihI Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite variirt zwischen Olivbraun und Olivgrau und ist, je nach den Exemplaren, bald ziemlich dunkel, bald mehr hell gefärbt. Der Kopf zeigt auf der Oberseite eine bogenförmige, mit der Convexität nach vorn ge- richtete, braune oder schwarzbraune Querbinde, welche auf der Stirn, vor den Augen, liegt, bald breiter, bald schmäler erscheint, bei einzelnen Stücken in zwei Makeln aufge- löst ist und mitunter auch gänzlich fehlt. Alsdann findet sich jederseits eine schräge Binde von derselben Farbe, welche auf dem Supraorbitalschilde beginnt und sich am Aussenrande des Kopfes auf den seitlichen Theil des Hinterhauptes hinzieht, wo sie meist'zugespitzt endet. Diese Binde, die bald breiter, bald schmäler und ab und zu auch in derselben Weise, wie bei der vorhergehenden Art, in zwei hinter einander stehende Makeln aufgelöst ist, steht gewöhnlich mit der bogenförmigen Frontalbinde in Verbindung und beide zusammen bilden alsdann eine Figur, die einem sehr stark gebogenen Hufeisen nicht unähnlich sieht. An jeder Seite des Kopfes ferner zieht stets eine breite, schwarze oder schwarzbraune und alsdann schwarz gesäumte, Binde schräge vom Hinterrande der Augenhöhle zum Mund“ winkel und setzt sich gewöhnlich auch auf die Seite des Rumpfes fort, wo sie nach kürze- rem oder längerem Verlaufe stumpf zugerundet endet. Diese Temporalbinde läuft mit der vorher erwähnten schrägen Binde, welche den Seitenrand der horizontalen Kopffläche ein- nimmt, stets parallel und ist von derselben durch einen schmalen, mehr oder weniger deut- lichen, gelblichen Streifen getrennt. Die Oberlippenschilder sind sämmtlich ziemlich hell bräunlichgelb gefärbt und eine ähnliche, nur wenig dunklere Farbe zeigen auch die übrigen seitlichen Schnauzenschilder. Auf dem Nacken finden sich gewöhnlich zwei mehr oder we- niger geschweifte Längsbinden, die meist eine ähnliche Figur bilden, wie sie bei der vor- hergehenden Art an dieser Stelle vorkommt, zuweilen aber auch, wie z. B. bei №•■ 2239 unserer Sammlung, auf zwei ganz kurze, hinter einander stehende Längsstriche jederseits reducirt sind. Der Rumpf ist mit zwei Längsreihen sehr grosser, gewöhnlich rundlich-vier- eckiger, seltener kreisförmiger Makeln geziert, welche fast immer mit einander alterniren, dabei stets sehr deutlich und breit schwarz gesäumt sind und sich auch auf den Schwanz fortsetzen ; was die Farbe dieser Makeln anbetrifft , so sind sie bisweilen schwärzlich ge- färbt, meist jedoch stimmen sie in der Färbung mit der Farbe des Grundes überein, so dass ihre Anwesenheit und Form nur an den schwarzen Umrandungen erkennbar ist und der Rumpf also eigentlich nicht mit Makeln, sondern mit schwarzen, ringförmigen Figuren geziert erscheint. Auf der Rückenfirste, wo diese Makeln oder Ringe einander berühren 254 A. Strauch, und stellenweise sogar mit einander Zusammenflüssen , erscheinen die Zwischenräume zwi- schen denselben auffallend hell gefärbt, ja häufig ist an dieser Stelle der schwarze Rand der Makeln noch von einem hellen, gelbliehgrauen Hofe umgeben. Diese hellen Stellen treten nun bei manchen Stücken ganz besonders stark hervor, und wenn dabei zugleich die schwarzen Makelrändcr, wie es ab und zu wohl vorkommt, nach den Flanken hin undeut- lich werden, so erhalten solche Exemplare eine auffallende Aehnlichkeit mit der oben be- schriebenen zweiten Forrh. des Trigonocephalus intermedius m., indem bei ihnen längs der Rückenmitte eine oder, bei stärkerer Verschiebung der Makeln, auch zwei Längsreihen sehr unregelmässig geformter, heller, schwarz gerandeter Flecken vorhanden sind, welche sehr an die ähnlich gestalteten Rudimente der hellen Querbinden bei jener Form erinnern. Die jederseitige unterste Flankenparthie ferner ist stets mit einer Längsreihe tief schwar- zer, seltener braunschwarzer Makeln von sehr unregelmässiger Form geziert, welche die jederseitige äusserste Sclmppenreihe, so wie den Aussenrand der Bauchschilder einnehmen und in den allermeisten Fällen entweder rund herum, oder doch wenigstens an ihrem obe- ren, gegen den Rücken sehenden Rande gelb gesäumt sind. Die Unterseite ist schwarzgrün, seltener braungrün, und mit hellen Flecken wie bestaubt; diese Flecken, die im hinteren Theile des Rumpfes nur sehr vereinzelt Vorkommen, nehmen nach vorn an Zahl zu und sind anfänglich mehr auf die Seiten der Schilder beschränkt, breiten sich aber gegen den Kopf hin über die ganze Fläche der Schilder aus und nehmen im vordersten Rumpffünftel so an Zahl und Ausdehnung zu, dass dieser Theil auf bräunlichgelbcm Grunde schwarz gesprenkelt erscheint. Die Unterseite des Kopfes ist gewöhnlich gleichfalls bräunlichgelb und entweder einfarbig, oder sehr undeutlich schwärzlich bestaubt, jedoch kommen auch Exemplare vor, bei welchen, wie z. B. bei den Stücken № 2228, 2234, 2235, 2239, 3721, 3723 und 3724, auch an diesem Theile die schwarz- oder braungraue Farbe so vorherrscht, dass die ganze Unterseite des Kopfes auf dunkelem Grunde sehr unregelmässig bräunlichgelb gefleckt erscheint. Schliesslich muss ich hier noch eines Exemplars unserer Sammlung, № 3722, kurz gedenken, welches einer sehr merkwürdigen Varietät angehört. Dasselbe ist nämlich so- wohl oben, als auch unten hell gelblichgrau, etwa sandfarben, und erscheint auf der Ober- seite überall mit feinen, nur unter der Loupe sichtbaren, schwarzen Pünktchen bestreut, während seine Unterseite eine gelblichweisse, gleichfalls äusserst feine Bestaubung zeigt; von den Zeichnungen, welche sonst bei dieser Art auf Kopf und Körper stets vorhanden zu sein pflegen, finden sich hier kaum wahrnehmbare Spuren und nur die jederseitige Tempo- ralbinde scheint etwas deutlicher zu sein, wenigstens sind die grossen Temporalia der un- teren Reihe, auf welchen die Schläfenbinde sonst steht, etwas stärker schwärzlich bestaubt, wie die übrigen Parthien des Kopfes, und eben so lassen sich auch noch ziemlich deutliche Spuren des gelblichen Streifens wahrnehmen, welcher sonst die Temporalbinde von der seit- lichen Occipitalbinde trennt. In morphologischer Beziehung dagegen stimmt das Exemplar vollkommen mit den anderen Stücken dieser Art überein. Die Schlangen des Russischen Reichs, 255 Maasse, Das grösste mir vorliegende Exemplar des Trigonocephalus Blomhoffü Boje (№ 2232) besitzt eine Totallänge von 78,5 Ctm., von denen 10 Ctm, auf den Schwanz ab- gerechnet werden müssen. Habitat. Diese Art, welche lange Zeit hindurch nur aus Japan bekannt war, ist in der Folge sowohl nördlich, als auch südlich von dem genannten Insel-Reiche beobachtet wor- den und scheint überhaupt einen sehr ausgedehnten Verbreitungsbezirk zu besitzen. Der südlichste Punkt, an welchem sie, so weit gegenwärtig bekannt, vorkommt, ist das König- reich Siam, und zwar hat В о court1) sie in den südlichen Provinzen dieses Reiches gefun- den; ferner bewohnt sie das chinesische Reich und ist daselbst von Mc Cartee2) bei Ningpo m der Provinz Tschikiang, von Consul Swinhoe bei Ichang3) am Yang-tse-kiang, so wie auch in der Gegend von Tamsuy 4) auf der Insel Formosa gefangen worden. Alsdann ist sie, wie schon bemerkt, in Japan einheimisch, jedoch lässt sich über ihre Verbreitung auf den japanischen Inseln nichts Genaueres mittheilen, und endlich findet sie sich auch in Ost- Sibirien und ist daselbst sehr weit verbreitet, denn unser Museum hat Exemplare derselben aus den verschiedensten Gegenden des Amurlandes erhalten. So hat Herr Popoff Exem- plare vom Argunj und aus der Gegend von Ust-Strelka eingesandt , Herr Maack erbeutete die Schlange sowohl am oberen Amur und am Komar-Flusse, als auch am Cap Khofäla am Ussuri, von Akad. L. von Schrenck erhielten wir Stücke, welche theils am Amur, und zwar in der Gegend zwischen Tsehianka und Dzongmi und bei Kidsi, theils bei Aua am Ussuri gefangen waren, Dr. Radde brachte Exemplare aus dem Chinggan-Gebirge und vom Nordost-Ende der hohen Gobi mit und Akad. Maximowicz hat die Art bei Adi am Amur, bei Noor und oberhalb Chalkolc am Ussuri, so wie auch an den Ufern des Hafens Possiet und der Bai Guérin gefangen. Endlich liegen mir noch einige Exemplare vor, von denen eines dem Helsingförser Museum gehört und von Arthur von Nordmann bei der Bai De Castries gefangen worden ist, während die übrigen, welche Dr. Dybowsky bei "Wladiwostok und am Hafen Possiet erbeutet hat, im Universitätsmuseum zu Warschau auf- bewahrt werden. So dürftig und lückenhaft die vorstehenden Angaben über das Vorkommen des Trigo- nocephalus Blomhoffii Boje auch sind, so lässt sich aus denselben dennoch schon entneh- men, dass der Verbreitungsbezirk dieser Schlange ein sehr ausgedehnter ist, denn er reicht etwa von 50° n. B. bis etwa zum 14° n. Br. und wird im Osten überall vom Meere be- grenzt, während seine Westgrenze sich gegenwärtig selbst nicht einmal annäherungsweise bestimmen lässt. 1) Nouv. Archives du Museum II. Bulletin, p. 9. 2) Proc. Acad. Philadelph. VIII (1856), p. 152—153. 3) Proc. zool. Soc.of London 1870, p. 412. 4) Ann and Mag. Nat. Hist. 3 ser. XII, p. 225. 256 A. S TE AUCH, Ueborblick über die Verbreitung der Schlangen im Russischen Reiche. Das Russische Reich, dessen Schlangen -Fauna ich in den vorstehenden Blättern er- läutert habe, umfasst bei seiner enormen Ausdehnung, sowohl von Westen nach Osten, als auch von Norden nach Süden, Länderstrecken von sehr verschiedener klimatischer Be- schaffenheit und wird, da das Klima unter allen den mannichfachen Agentien, welche bei der Verbreitung der Organismen über den Erdball mitwirken, das wichtigste ist, in seinen verschiedenen Theilen auch von den verschiedenartigsten Thierformen bewohnt. Bei allei- niger Berücksichtigung der Reptilien lässt sich das Reich, nach Ausschluss der arctischen Gegenden, in welchen die in Rede stehende Thierclasse bekanntlich keine Repräsentanten besitzt, in mehrere grosse Bezirke oder Provinzen eintheilen, welche zwar nicht durch na- türliche Grenzen von einander geschieden sind , hinsichtlich ihrer Fauna aber dennoch nicht unbeträchtlich von einander abweichen, und zwar glaube ich 4 solcher Provinzen unterscheiden zu müssen, nämlich die europäische, die kaukasische, die west- und die ost- sibirische. Die erste dieser 4 Provinzen, die europäische, umfasst, wie schon der Name andeutet, das europäische Russland und wird im Süden zum Theile vom Schwarzen und Asow’schen Meere natürlich begrenzt, lässt sich dagegen in denjenigen Strecken, wo sie unmittelbar an die benachbarten Provinzen, die kaukasische und die west- sibirische, stösst, zur Zeit noch nicht definitiv abgrenzen. Als Grenze gegen die erstere der beiden Nachbarprovinzen wird gewöhnlich der Kaukasus angenommen, jedoch muss vom herpetologischen Gesichts- punkte aus dieser Gebirgszug zur kaukasischen Provinz gerechnet werden, da mehrere transkaukasische Schlangen- Arten, wie namentlich beide Ablabes- Arten, Zamenis Dahlii Fitz, und Tarbophis vivax Fitz., die im europäischen Russland sonst nicht Vorkommen, den Kaukasus nach Norden überschreiten und bis nach Pjatigorsk, Kislowodsk und selbst bis an die Ufer des Kuban Vordringen. Da nun zugleich über die herpetologische Fauna Ciskaukasiens so gut, wie gar keine Nachrichten vorliegen, so ist es nicht möglich anzu- geben, wie weit die kaukasischen Formen nach Norden Vordringen, und ob etwa einerseits der Kuban und andererseits der Terek die Grenze bilden, oder ob diese Grenze noch weiter nördlich gelegen ist; übigens dürfte es wohl am wahrscheinlichsten sein, dass zwischen beiden in Rede stehenden Provinzen eine scharfe Grenze überhaupt nicht existirt , sondern dass die im Norden am Fusse des Kaukasus gelegenen Distrikte, so zu sagen, ein neutrales I Die Schlangen des Russischen Reichs. 257 Gebiet darstellen, in welchem sich die kaukasischen Formen mit den europäischen mischen. Dieselben Schwierigkeiten wiederholen sich auch bei Feststellung der Ostgrenze der euro- päischen Provinz, jedoch nur in Bezug auf den südlichen Theil derselben, denn der nörd- liche kommt hier wenig in Betracht, da er in Gegenden gelegen ist, in welchen von Rep- tilien überhaupt nur die gemeinsten und am weitesten verbreiteten Arten, wie Tropidonotus natrix L. und Vipern berus L. und unter den Eidechsen Lacerta vivipara Jacq., Vorkom- men, die sämmtlich auch in Sibirien einheimisch sind, und von denen die beiden letzten bis in die Amur-Gegenden und bis auf die Insel Sachalin Vordringen. Was den südlichen Theil der Ostgrenze anbetrifft, so habe ich für jetzt den Ural-Fluss, also die politische Grenze, dafür angenommen, und zwar desshalb, weil eine der im südlichen Russland häufigsten und weit verbreiteten Schlangen- Arten , die aber in Sibirien fehlt, nämlich Zamenis trabalis Pall., die Wolga ostwärts überschreitet und, soweit gegenwärtig bekannt, am Ural-Flusse die Ostgrenze ihrer Verbreitung erreicht, muss aber gestehen, dass diese zwischen Wolga und Ural - Fluss gelegene Gegend, die ihrem Charakter nach vollkommen mit den Emba- Steppen übereinzustimmen scheint, mit eben demselben Rechte zu der west- sibirischen Provinz gerechnet werden könnte, da auch eine west-sibirische Schlangen- Art, die sonst im europäischen Russland fehlt, nämlich Trigonocephalus halys Pall., den Ural nach Westen überschreitet und bis in die Nähe der Wolga-Mündungen vorzudringen scheint; kurz, auch dieses Gebiet muss als neutraler Boden angesehen werden, wo sich die Arten der europäi- schen und der west-sibirischen Fauna begegnen. Die zweite Provinz, die kaukasische, um- fasst Transkaukasien, und zwar, wie schon bemerkt, mit Einschluss des Kaukasus selbst, und die beiden sibirischen Provinzen werden durch den Baikal-See geschieden, jedoch bildet hier das Gouvernement Irkutsk, welches westlich vom genannten See liegt und also zu West- Sibirien gerechnet werden muss, neutrales Gebiet, da in demselben der europäi- sche Tropidonotus natrix L. und der ost-sibirische Trigonocephalus intermedius m. zugleich einheimisch sind. Auf diese 4 Provinzen vertheilen sich nun die 37, oder nach Ausschluss von Viper a persica D. et B., deren Vorkommen in Russland bisher noch nicht mit Sicherheit constatirt ist, die 36 russischen Schlangen-Arten in folgender Weise: Mémoires de l'Acad. Imp. des soiences, Vllme Série. 33 10 Arten, darunter 2 giftige, 21 Arten, darunter 4 giftige. 16 Arten, darunter 5 giftige. 10 Arten, darunter 4 giftige. 258 A. Strauch, 03 Ю to IO I — 1 СЛ CO I—1 О 03 О 00 <33 ot у о § о Ci ce .Cb съ Cb к Si 'S s 'S 'S .© .© oi . . ao “ о 2S о SS M Co b Si <аГ <35 S= Sa 'S SS Si S? so ^ fej Ä O^J C>VJ S J1 Ji g as as Cp TOJ о • § ■*> О ск» OK . a «*• CO 1—-І X сл £D e-b 9 »* о s Cb а SS 05 'S ^ . а Cb а tH so 03 СО СО IO fco fco to ‘ IO M-* MO- I— J M-1 Юь- »©СОСіЯ^-і— ‘©SOQDKl Oi Ti as' Cb 'S а 'Sj ^ ^ ,. ^ ^3 съ съ Cb ^ ^ ^ a Si а I а as § ок о sa a as о*. Cb ф Co p e *< *A* 4 O a cr *4 Çb ce Cb Cb 'S -s3 ■ O iP> as as »0 . Оз . . y e-f- N P ao Cb Cb es. . œ 4 «Si . Cb . Kk N CD» w ГЗ CD' е-ь >—* О “к! CD Оч Й-* СО Ю ь — 1 N £8 а а Cb Cb S S «Si . Ç*£> . Co CO taj tel C**»i Çoj O5 ,SS as. as b a 'S a CH ad ?0 <35 05 CO £> a ^ a. sd Cb I — 1 <35 _ s= P P O O CH CH сь сь 'S 'S S b-U § t§ ее g. Cb 03 . K m о ca к O CM c> a s S"1 Cb P a a O a e so g ь a' as Cb CO Cb Co ак» c*a CO P •"S CO CO Cb 5à co . Cb s a-»j a *4 & cr> -s -s 03 03 ОЗ Ю to Ф o< ^ O oo *SJ 'S sa O Sè O Cb ►§ O Ci .Cb 4â oa» c-»j Cb ■ ' с» g; ST a ^ CO Ci O C"oj a td о Co p hj ■** p J as Cb ce Cb S S s O a M Cb =$ * IO to fco M-1 t— * M-> t~< СЛ <—* O O 00 СЛ яи as о O td 'S P о io s e 'S 'S as as -къ. cSi. Ci •Код o . CO CO 6 a^ ^ CK» Cb co ^ Ci C£b ан ^ • § ^ о g N N a a ТЛ CD' c-t- Cb Cb a . . CO CO ^ O a сь ^5 O . O s Cb hd so ai as « S a as Cb «> s a g K *35 CD 'S 03 '1 s 'S о SS O Cb »Cb - CO td o § co ^ цд Ci ^ S ^ S § ç*a. Xi a^ s. O co § ^ Я Ö öl Cb , co O о td as © ^ ü_. ■ CD * "* 'i ►§ go a^ Cb «къ. о к a Cb Cb Cb ?H CO S= P C>»j S CH Cb § a 1 h- 26). Perekop. Oberst Kuschakewitsch. 1862, 1014. (21 : 143 +- 1 -+ 25). Krym. Dr. Radde. 1854. 1015. (21 : 146 — I— 1 -4— 29). Kaukasus. Hr. Ménétriès. 1830. Cat. rais, № 240, 1016. (21 : 134 — I— 1 — I— 30). Kaukasus. K. botan. Garten* 1852. 1017. (21 : 137 -+- 1 и- 40). Tiflis. Dr. Moritz.* 1018. (21 : 1 34 ~f- 1 28). Armenien. Hr. v. Motschulsky. 1839, 1019. (21 : 147 -+- 1 -+- 32). Uralsk. Graf A. Keyserling,* 1842. 1020. (21 : 144 — 1 — 29). Zwischen Emba und Ternir. Dr. Mobitz, 1840. 1021. (21 : 150 -+- 1 28). Kirgisensteppe. Hr. v. Motschulsky. 1839. 1022. (21 : 148 -+- 1 30). Kirgisensteppe. Hr. v. Motschulsky. 1839. 1023. (21 : 146 -+- 1 -+- 34). Issembai. Dr. Sewerzow. 1857. 1024. (21 : 143 ни 1 -h 27). Ufer des Urdshar. Dr. A. v. Schrenck, 1842, 1025. (21 : 148 -4- 1 -+- 28). Steppe am Alatau. Dr. A. v. Schrenck. 1842. 1026. (21 : 138 и- 1 -ь 34). Berg Tanatsch im Tarbagatai. Dr. A. v. Schrenck. 1842, 1027. (21 : 150 -4- 1 28). Tarbagatai. Dr. A, v. Schrenck. 1842. 1028. (21 : 153 -+- 1 -4- 33). Ussuri. Hr. Maack. 1855. 1029. (21 : 158 + 1 4- 30). Bai Hadshi. Akad. L. v. Schrenck. 1854. 1030. (21 : 151 -и- 1 -h 32). Insel Uïsut im Liman. Akad. L. v. Schrenck. 1854. 1031. (21 : 152 -4- 1-4- 32). Dui auf Sachalin. Akad. F. Schmidt.* 1863. 1032. (21 : 149 i- 1 i 39). Dui auf Sachalin. Akad. F. Schmidt.* 1863. 1033. (21 : 154 h- 1 -4- 32). Fluss Tugur. Akad. v. Middendorff. 1034. (21 : 153 -r 1 h- ? ). Jenisseisker Goldwäschen. Hr. Markelow.* 1867. 1035. (21 : 146 и- 1 -ь 38). Nikolajewsk. Akad. L. v. Schrenck. 1854. 1036. (21 : 148 -ь 1 -i 28). Barabinskische Steppe. Akad. v. Middendorff.* 1868. 3035, (21 : 150 -ь 1 h- 36). Chodshent, Oberst Kuschakewitsch. 1870, 280 A. Strauch, 3299. (21 : 149 н- 1 ч- 41). Tschernigow. Нг. v. Lagoda* 1871. 3375. (21 : 149 -+- 1 ч- 41). See Tscliebarkulj . Mag. Alenizin * 1871. 3376. (21 : 159 -+- 1 -+- 30). Charkow. Hr. Pengo* 1869 ’). 3376. (21 : 149 -+- 1 -+- 42). Charkow. Hr. Pengo.* 1869. 3506. (21 : 135 + 1 + 33). Lagodechi. Hr. Kaschkin.* 1872. 30. Vipera ammodytes Linné. 1044. (23 : 151 h- 1 + 29). Dalmatien. Hr. Effeldt. 1865. 1045. (21 : 151 — i— 1 — t- 38). Wallachei. Hr. Effeldt, 1865. 1046. (21 : ? ч- 1 ч- 38). Dalmatien. Dr. Michahelles. 1832. 1047. (21 : 153 -+- 1 -t- 38). Elisabethpol. Hr. Fricke. 1840. 1048. (21 : 154 + 1 + ? ). Elisabethpol. Hr. Fricke. 1840. 1049. (21 : 150 ч-т1 ч- 38). Elisabethpol. Hr. Fricke. 1840. 1050. (21 : 152 -t- 1 h- 38). Elisabethpol. Hr. Fricke. 1840. 1051. (21 : 156 +- 1 -+- 38). Kaukasus. Dr. Kolenati. 1845. 1052. (21 : 154 -+- 1 ч- 31). Borshom. Akad. Brandt. 1868. 31. Vipera xanthina Gray. 1053. (23 : 176 -+- 1 -4- 32). Kaukasus. K. botan. Garten.* 1852. 1054. (23 : 170 +- 1 -+- 27). Kaukasus. K. botan. Garten.* 1851. 3379. (23 : 170 -+- 1 ч- 26). Nachitschewan Tschai. Dr. Radde. 1871. 32. Vipera euphratica Martin. 1055. (26 : 165 -+- 1 +- 48). Oran. Dr. Strauch* 1861 1056. (Nur der Kopf). Oran. Dr. Strauch.* 1861. 3304. (25 : 172 + 1 + 45). Kulp am oberen Araxes. Dr Radde. 1871. 3380. (25 : 171 ч- 1 +- 48). Kulp am oberen Araxes. Dr, Radde. 1871- 3604. (25 : 173 -+- 1 +- 44). Baku. Hr. Becker. 1872. 3605. (25 : 168 ч- 1 +- 47). Baku. Hr. Becker. 1872. 33. Vipera persica Duméril et Bibron. 1084. (23 : 154 +- 1 +- 47). Seri-Tschah. Graf E. Keyserling.* 1862. 1085. (23 : 156 -t- 1 +- 49). Persien. Graf E. Keyserling.* 1862. 34. Echis arenicola Boje. 1086. (30 : 176 h- 1 -+- 33). Aegypten Dr. Clot-Bey.* 1842. 1087. (28 : 167 +- 1 +- 36). Aegypten. Dr. Clot-Bey.* 1842. 1) Dieses Exemplar besitzt jederseits zwischen dem Augapfel und den darunter gelegenen Oberlippenschildcrn zwei Schuppenreihen. 1088. 1089. 1090. 1091. 1092. 1093. 1094. 1095. 1096. 1097. 1098. 1099. 1100. 1101. 1102. 2942. (28 (27 (31 (28 (28 (34 (34 (33 (33 (32 (34 (33 (34 (31 (28 (27 : 181 ч- : 166 — : 182 ч- : 172 ч- : 182 ч- : 187 ч- : 185 ч- : 181 -+■ : 177 I : 183 ч- : 183 ч— : 186 ч- : 177 ч- : 183 ч- : 163 ч- : 178 ч- Die Schlangen des Russischen Reichs. 1 ч- 31). Aegypten. Dr. Clot-Bey.* 1842. 1 -+- 37). Aegypten. Dr. Clot-Bey.* 1842. 1 ! 31). Aegypten. Dr. Clot-Bey.* 1842. 1 I 38). Aegypten. Dr. Clot-Bey* 1842. 1 I 33). Fundort? Hr. Parreyss. 1839. 1 г 33). Ostufer des Kaspi. Hr. Karelin. 1837. 1 33). Ostufer des Kaspi. Hr. Karelin. 1837 1 I 31). Persien. Graf E. Keyserling.* 1862. 1 1 35). Ak-Tjubé. Dr. Sewerzow. 1859. 1 4- 32). Ak-Tjubé. Dr. Sewerzow. 1859. 1 ч- 34). Krasnowodsk. Mag. Goebel. 1865. 1 « 31). Krasnowodsk. Mag. Goebel. 1865, 1 I 32). Krasnowodsk. Mag. Goebel. 1865, 1ч- ? ). Krasnowodsk. Mag. Goebel. 1866, 1 ч- 37). Fundort? Hr. Parreyss. 1842. 1 -+- 35). Krasnowodsk. Dr. Radde. 1870, 35. Trigonocephalus halys Pallas, 2198. (23 : 161 ч- 1 2199. (23 : 156 ч- 1 2200. (23 : 149 ч- 1 2201. (23 : 153 ч- 1 2202. (23 : 168 ч- 1 2203. (23 : 155 ч- 1 2204. (23 : 154 ч- 1 2205. (23 : 163 ч- 1 2206. (23 : 170 ч- 1 2207. (23 : 173 ч- 1 2208. (23 : ? +1 2209. (23 : 164 ч- 1 2210. (23 : 162 ч- 1 2211. (23 : 164 ч- 1 2212. (23 : 163 ч 1 2213. (23 : 149 ч- 1 2214. (23 : 174 ч- 1 2215. (23 : 157 ч- 1 2220. (23 : 152 ч- 1 3725. (23 : 172 ч- 1 3726. (23 : 157 ч- 1 Mémoires do l’Aoad. Imp. des —s— 36). Ostufer des Kaspi. Dr. Lehmann. 1840, 4- 41). Mangyschlak. Akad. v. В a er. 1854. ч 40). Mangyschlak. Akad. v. Baer. 1854. 4- 39). Ostufer des Kaspi. Hr. Karelin. 1837. 4 33). Ostufer des Kaspi. Hr. Karelin. 1837. 4- 35). Nowo-Alexandrowsk, Dr. Lehmann. 1840. 4- 35). Kirgisensteppe. Hr. v. Motschulsky. 1839. 4— 37). Am Alakul. Dr. A. v. Schrenck. 1844. ч- 43). Steppe am Alatau. Dr. A. v. Schrenck. 1844, ч- 42). Tarbagatai. Dr. A. v. Schrenck. 1842. 4— 42). See Balchasch. Dr. A. v. Schrenck. 1844. 4- 41). Tschagàn-Fluss. Dr. Sewerzow. 1857. 4- 36). Kandaral (Emba). Dr. Sewerzow. 1857, 4- 33). Aschtscha-Sai (Emba). Dr. Sewerzow. 1857, 4— 35). Dshil-Tau. Dr. Sewerzow. 1857. 4- 36). Daryalyk. Dr. Sewerzow. 1863. 4— 41). Irkutsk? Hr. Turczaninow ? ? 4— 35). Mangyschlak. Akad. v. Baer. 1854. ч 43). Fluss Atagai-Assu. Dr. A. v. Schrenck. 1842. ч 36). Gipfel des Dshabyk. Dr. A. v. Schrenck. 1842. i 42). Karkaraly-Berge. Dr. A. v. Schrenck. 1842. зоіѳпсѳз, Vllme Série. 36 ! 282 A, S TE A U CH, 36. Trigonocephalus întermedius Strauch, 2216. (23 : 162 + 1 -+* 45). Padun. Hr. Czekanowsky. 1868. 2217. (23 : 164 — ! — ! —t~ 39). Paduu. Hr. Czekanowsky. 1867 2218. (23 : 161 -t— 1 t 43). Nikolajewskij Sawod (Irkutsk). Hr. Maack. 1855, 2219. (23 : 163 -T- 1 1 36). Cap Khofâla ara Ussuri. Hr. Maack. 1855, 2221. (23 : 161 1 1 — S“ П Cap Tyr. Akad. L. v. Schrenck. 1855. 2222. (23 : 157 H- 1 1 42), Chinggan. Dr. Radde. 1858. 2223. (23 : 163 “t“ 1 1 32). Daurische Hoclisteppen. Dr. Radde. 1858. 2224. (23 i 167 H— 1 i - 41) Kulussutai ara Tarei-Noor. Dr. Radde. 1856, 2225. (23 : 162 b 1 1 38). Japan. Hr. Goschkewitsch.* 1861. 2226. (25 : 160 b 1 -8- 43). Argiinj-Fliiss. Hr. Lomonossow.* 1867 3718. (23 : 161 -+■ l 8— 40). Fundort ? Kunstkammer ? 3719. (23 : 163 -I— 1 -t- 40). Bukukun. Dr. Radde. 1856 3720. (23 : 161 — 1— 1 8- 37), Chinggan. Dr. Radde. 1858. 37. Trigonocephalus Blomhoffii Boje. 2227. (21*: 153 -f- 1 Hh 42). Japan. Hr. Goschke witsch.* 1861. 2228. (21 : 157 ■■ 1 ' 1 42). Japan. Hr. Goschke witsch.* 1861, 2229. (21 : 157 -+- 1 4 b- 41). Japan. Hr. Goschkewitsch.* 1861. 2230. (21 : 153 1 -1- 47). Japan. Hr. Goschkewitsch.* 1861 2231. (21 : ; 140 H— 1 — 1 46). Japan. Akad. Maximowicz. 1864. 2232. (21 : 156 — 8— 1 i 40). Bai Possiet. Akad. Maximowicz. 1864, 2233. (21 ; 153 H 1 -8- 41). Oberer Amur. Hr. Maack. 1855. 2234. (21 ; 154 1 1 I- 37). Komar-Fluss. Hr. Maack. 1855. 2235. (21 : ; 160 ~i~ 1 1 42). •Argunj -Fluss. Hr. Popoff. 1854, 2236. (21 : ; 151 — 1- 1 H— 47). Kidsi am Amur. Akad. L. v. Schrenck, 1855 2237. (21 ; 157 1 1 “1- 44). Aua am Ussuri. Akad. L. v. Schrenck. 1855, 2238. (21 ; 151 i 1 1 49), Amur-Fluss. Akad. L. v. Schrenck. 1855. 2239. (21 : 154 -+ 1 1 46). Ust-Strelka. Hr. Popoff. 1854. 2240. (21 : 153 Hb 1 "b 41), Bai Guérin. Akad Maximowicz. 1860. 2241. (21 : : 154 i 1 41). Adi am Amur. Akad. Maximowicz. 1859, 2242, (21 : 158 1 1 i 41), Noor am Ussuri. Akad. Maximowicz. 1859. 2243. (21 : 147 HH 1 8 51). Wüste Gobi. Dr. Radde. 1856. 3721. (21 : 155 i 1 49). Chinggan. Dr. Radde. 1858. 3722. (21 : : 155 l 1 36). Tschianka am Amur. Akad. L, v. Schrenck. 1855 3723. (21 : 158 _5_ 1 42). Cap Khofäla am Ussuri. Hr. Maack. 1855. 3724. (21 : 155 —8— 1 “h 43). Chalkole am Ussuri. Akad. Maximowicz. 1859. Die Schlangen des Russischen Reichs. 283 ALPHABETISCHES VERZEICHNIS sämmtlicher für die Ophidier Busslands in Anwendung gekommenen , specifischen Benennungen. Seite. Seite. acontistes, Coluber 117 Aesculapii, Coluber, Elapbis, Zamenis. ... 57. 58 alpestris, Coluber 92. 93 alpinus, 'Coluber 44 ammodytes, Coluber, Vipera.. 214 arenicola, Echis . 223 argouauta, Tyria 37 aspis, Coluber 207 aspis, var. ocellata, Vipera 217 ater, Tropidonotus 143 austriaca, Coronella 43 austriacus, Tropidonotus.. 44 berus, Coluber, Pelias, Vipera. .... 20G. 207. 208 bicolor, Coluber.. 57. 195 bicolor, Ilydrophis, Hydrus, Pclamis. 199 Blomhoffii, Trigouocepbalus 246, 251 252 brachiurus, Coluber 207 brachycephalus, Cboristodon 110 caraganus, Trigouocepbalus 232 carinata, Echis 228 carneus, Coluber 195 caspius, Coluber, Zamenis. ....... 117. 118. 186 caucasicus, Coluber.. .................... 44 caucasius, Coluber ...................... 44 caudaelineatus, Zamenis. ....... ........ 128 cerastes, Coluber ....................... 207 cerastes, Vipera .............. . 226 cereus, Coluber 93 cliersea, Coluber, Pelias, Vipera.. ...... 207. 208 Cliffordii, Coluber, Zamenis ........... 105. 106 collaris, Ablabes, Coluber 41. 42 collaris, Coronella, Eirenis 37 cruentatus, Coluber 73 cumana, Coluber dione var.. .............. 83 eupreus, Coluber. ................ Д ...... . 44 Dablii, Tyria, Zamenis. 124. 125 dione, Coelopeltis, Coluber, Elapbis.. . 82. 83. 94 distinctus, Bothriopbis. . . 180 elaphoides, Coluber, Tropidonotus 160, 161 eremita, Coluber 83 erythrogaster, Bothriopbis, Coluber 117 erythrogastra, Coelopeltis 117 euphratica, Vipera 221 fallax, Dipsas. 195 familiaris, Eryx 29 fascicularis, Coluber , 124 Fedtschenkoi, Zamenis . . . . 135 flexuosus, Coluber. ................ . 180 foetidus, Coluber. ....................... 207 frenata, Echis. . ........................ 228 fugax, Coluber. 57 fulvus, Coluber 94 fuscus, Coluber, Rliabdodon 180 gracilis, Ti’opidonotus 160, 161 grandis, Serpens 116 griseo-coeruleus, Coluber ................. 117 griseus, Coluber ........................ 160 halys, Coluber, Trigonocephalus, Vipera. . 231, 232 lielluo, Anguis. ............ ........ . . 29 Hohenackeri, Coluber.. .................. 69 hydrus, Coluber, Tropidonotus.. , , . 159, 160. 161 iberus, Trigonophis .... , . . ... 194. 195 insignitus, Coelopeltis .................... 180 intermedius, Trigonocephalus. 245, 246 jaculator, Coluber.. 117 jaculus, Anguis, Eryx.. ............... 29. 30 jugularis, Coluber 117 Karelinii, Coluber, Taphrometopon, Tyria, Za- menis. 110. 118 lacertina, Coelopeltis, Natrix . ......... 179. 180 284 A. Strauch, Seite. laevis, Coluber, Coronella, Zaeholus 44. 45 leopardina, Calopeltis 73 leopardinus, Coluber 73 liueolatum, Taphrometopon 185. 186 lineolatus, Coluber, Taphrometopon 186 lumbricalis, Anguis 25 maculatus, Coluber 128 maeota, Coluber 44. 94 maeoticus, Coluber 83 mauritanica, Ecbidna, Vipera 221 melaenis., Vipera 208 melanis, Coluber.. 207 minutus, Coluber 142. 143 modesta, Coronella . . 37 modestus, Ablabes 36 moniliger, Psammophis 37 Muravievii, Coluber .' 160 najadum, Tyria 124 natrix, Coluber, Tropidonotus . .... 141. 142. 143 nebulosus, Coluber 44 neglectus, Zamenis 136 Neumayeri, Coluber 180 Neurorum, Python 33 niger, Coluber 143 nigricollis, Coluber 36 obtusa, Vipera.. 221 ocellata, Coluber, Tyria. . . 124 ocellata, Vipera aspis var 217 olivaceus, Coluber 124 oxiana, Naja, Tisiphone, Tomyris. , ..... 204. 205 paedera, Coluber 44 Pallasii, Halys 233 parallelus, Periops 106 Parreyssii, Elapbe 94 persa, Coluber, Tropidonotus 142, 143 persica, Vipera 225. 226 persicus, Cerastes., 226 persicus, Coluber f ........ . 143 petalarius, Coluber 117 pethola, Coluber 117 pictus, Coluber 93 poecilocephalus, Coluber.. 94 ponticus, Coluber.. .............. 44. 143. 160 Seite. pontius, Coluber.. 160 prester, Coluber, Vipera 207. 208 quadrilineata, Coronella 73 quadrilineatus, Ablabes, Coluber 73 Ravergieri, Coluber, Zamenis 127. 128 Renardi, Pelias 208 reticulatus, Coluber 36. 160 rubriventer, Coluber 70 rufodorsatus, Coluber 79 sauromates, Coluber, Elaphis, Tropidonotus . 57. 92 93. 94 Sclirenckii, Elaphis 100 scutatus, Coluber, Tropidonotus. 142. 143. 160. 161 scuttatus, Coluber 143. 160 scytha, Coluber 207 sexlineata, Coronella 79 sexlineatus, Ablabes 79 sibiricum, Chorisodon 186 Sisyphus, Coluber 13 sogdianus, Choristodon 110 taeniothys, Coluber 94 taeniurus, Elaphis 103 Tantalus, Tropidonotus.. 160 tatarica, Boa 29 tatarieus, Coluber 93 tesselatus, Tropidonotus 161 thermalis, Coluber 117 thuringicus, Tropidonotus 44 tigrinum, Amphiesma.. 176 tigrinus, Tropidonotus 176 trabalis, Coluber, Haemorrhois, Zamenis. 116. 117 118 turcicus, Eryx . . 29. 30 vermicularis, Typhlops. 25 vermiculata, Coelopeltis 180 vermiculatus, Coluber. . 180 Vibakari, Tropidonotus.. . 174 virens Coluber 180 virgatus, Elaphis 103 viridiflavus, Coluber 117 vivax, Coluber, Tarbophis 194. 195 xanthina, Daboia, Vipera. ............ 216. 217 xanthogaster, Coluber 93 Die Schlangen des Russischen Reichs. 285 ERKLÄRUNG DER TAFELN. NB. Sämmtliche Figuren sind in natürlicher Grösse gezeichnet. Taf. I. f. l. Ablabes modestus Martin. a. Das Exemplar №1542 der akademischen Sammlung. b. Kopf desselben Exemplars. c. Kopf des Exemplars № 2949 der akademischen Sammlung, f. 2. Ablabes collaris Mé né triés. a. Das Exemplar № 1545 der akademischen Sammlung. b. Kopf desselben Exemplars. c. Kopf und erstes Rumpfdrittel des Exemplars №1546 der akademischen Sammlung. ä. Kopf des Exemplars №1548 der akademischen Sammlung. Taf. II. Coluber Hohenacker! n. sp. a. Das Exemplar № 1625 der akademischen Sammlung. b. Kopf desselben Exemplars. Taf. III. Zamenis Karelinii Brandt. ' a. Das Exemplar № 1696 der akademischen Sammlung. b, Kopf des Exemplars № 1707 der akademischen Sammlung. Taf. IV. Zamenis Fedtsclienkoi n. sp. со. Das Exemplar № 3052 der akademischen Sammlung. b. Kopf desselben Exemplars. Taf. v. Taplirometopon lineolatum Brandt. a. Das Exemplar № 2055 der akademischen Sammlung. b. Kopf und vorderer Rumpftheil des Exemplars № 2062 der akademischen Sammlung. c. Kopf des Exemplars .№ 2055 der akademischen Sammlung. Taf. VI. Viper a eupîiratica Martin. a. . Das Exemplar № 3304 der akademischen Sammlung. b. Kopf des Exemplars der Warschauer Sammlung. c. Kopf des Exemplars № 3605 der akademischen Sammlung. 286 A. Strauch, INHALTSVERZEICHNIS. Seite. Vorwort 1 Einleitung . . 5 ORDNUNG OPHIDIA 25 I. Unterordnung Scolecopbidia ... — Familie Typhlopida.. — 1. Typlilops vermicularis Merr — II. Unterordnung Azemiophidia. . . 29 Familie Peropoda — 2. Eryx jaculus L — Familie (lolubrida 36 3. Ablabes modestus Mart — 4. » collaris Ménétr. 41 5. Coronella austriaca Laur 43 6. Coluber Aesculapii Host 57 7. » Hobenackeri n. sp. ..... . 69 ,8. » quadrilineatus Pall 73 9. » rufodorsatus Cant 79 10. Elapbis dione Pall 82 11. » sauromates Pall 92 12. » Schrenckii n. sp 100 13. » taeniurus Соре 103 14. Zamcnis Cliffordii Schleg. ...... 105 15. » Karelinii Brandt,.. ..... 110 16. » trabalis Pall 116 17. » Dablii Fitz . 123 18. » Ravergieri Ménétr. .... . 127 19. » Fedtscbenkoi n. sp. ..... 135 20. Tropidonotus natrix L. ......... 141 21 » hydrus Pall... ..... 159 22. » Vibakari Boje .... 174 23» » tigrinus Boje 176 Seite. Familie Psammophida 179 24. Coelopeltis lacertina Wagl — 25. Taphrometopon lineolatum Brandt. 185 Familie Uipsadida 194 26. Tarbophis vivax Fitz — III. Unterordnung Toxicophidia. . . 199 Familie Hydrida — 27. Pelamis bicolor Schneid — Familie Elapida 204 28. Naja oxiana Eichw — Familie Viperida 206 29. Vipera berus L — 30. » aramodytes L. .......... . 214 31. » xanthina Gray 216 32. » eupkratica Mart 221 33. » persica D. et В 225 34. Echis arenicola Boje 228 Familie Crotalida 23 1 35. Trigonocephalus halys Pall — 36. » intermedius Str. . 245 37. » Blomhoffii Boje.. 251 Ueberblick über die Verbreitung der Schlangen im Russischen Reiche 256 Verzeichnis der im zoologischen Museum der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften auf- gestellten Exemplare derjenigen Schlangen- Arten, welche in der vorliegenden Abhand- lung besprochen sind. 267 Alphabetisches V erzeichniss sämmtlicher für die Ophidier Russlands in Anwendung gekomme- nen, specifisclien Benennungen ........... 283 Erklärung der Tafeln .................... 285 Die Schlangen des Russischen Reichs. 287 COßRIGENDA, Pag 6 Zeile 10 von oben statt 1779 lies 1774. )) 15 Anmerkung 1 » 148 )) 128. )) 19 » 1 » 486 >) 487. )) » » 4 » 1871 » 1870. )) 20 » 1 » VII )) VIII )) 33 Zeile 16 von oben » Friwaldszky )) Frivaldszky. )) » Anmerkung 9 » Friwaldszky )) F rivaldszky. )) 40 Zeile 2 von oben » süilans )) sibilans. )) » » 18 » » » Brussa 2) » Brussa г). )) 51 Anmerkung 6 ». XVII )) XVII et XVIII, )) 53 » 13 » Friwaldszky )) Frivaldszky. » 63 Zeile 7 von oben » achte » neunte. » 68 Anmerkung 2 » XVII » XVII et XVIII. )) 69 » 4 » p. 154 » p. 150. )) 79 Zeile 19 u. 20 v. oben » Coluber )) Tropidonotus, )) 83 » 5 von unten ») einfachen )) einfachem. )) 93 » 17 von oben »» № 37 » № 41. » 94 »> 8 » » » pl. III )) pl. VII. » 117 » 27 » » » erytrögaster » erythrog aster. » 118 » 5 » » » caspius » caspicus. )) » » 10 » » » viriflavus » viridiflavus. )) 122 » 18 » » » Dnjepr » Dnjestr. » 135 » 27 » » » Wohgebiet » Wohngebiet. )) 151 Anmerkung 14 »> XVII )) XVII et XVIII, )) 152 » 9 » III )) II. )) 153 Zeile 26 von oben » Friwaldszky )) Frivaldszky. )) 156 » 24 » » » verkommen )) Vorkommen. )) 157 » 24 » » » an die Ufern » an den Ufern. » 157 Anmerkung 14 »> П )) I. » 158 » 4 » p. 428 )) p. 429. » 159 Zeile 11 von oben » Harkan )) Sarkan » 160 » 18 » » » Tropidonotus )) Coluber, )) 166 Anmerkung 1 » p. 33 )) p. 333. » 167 » 4 » Coulenard » Couleuvre, » » » 11 » p. 233 » p. 223. » 170 » 14 » p. 356 )) p. 357. )) 189 Zeile 18 von oben » gewöhn ich )) gewöhnlich. )) 191 » 13 » » » Buuch )) Bauch. » 199 » 14 » » » apicem )) basin. )) 208 » 1 » » » p. 49 )) p. 48. » 211 Anmerkung 1 » p. 267 )) p. 271. )) 215 Zeile 14 von unten » augelöst )) aufgelöst. )) 228 » 26 » oben ». p. 118 » p 117. )) 256 » 3 » unten » übigens » übrigens. IXota. Dr. Böttger’s Abhandlung über die «Reptilien von Marocco und von den cana- rischen Inseln» (Frankfurt a. M. 1873), so wie Dr. von Möllendorff’s «Bei- träge zur Fauna Bosnicn’s» (Görlitz 1873) sind mir erst zu Gesicht gekommen, als der Druck meiner Abhandlung fast vollendet war, so dass beide leider nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Jvamon del. et seuIj.'Was. О. Э.ІЛпЛ'Р ä& S!ïefers6upfe caa.Jmp. Q.ücj Ji.ùene. A.SfraiictDie, Schlangen des Enss. Reiches. T. IL J-vanson. del. «i- sc% Was. 0. 9. lia. №28 S — 1 1,5 )) » — 1 1,75 » )) = 1 2 » )) = 9 2,5 S> )> — 1 3 )) - )) — 1 4 » )) — 2 4,5 » » = 1 5,5 )) » — 1 6 )) )) 1 7 )) » = 1 24 also 0, ,5- 2 ,5 Milk an '== 17; 3- — 4, 5 Milk an - 4; 5, 5— 7 Mill. an = 3. Bei Annäherung der Schläfenbeinschuppe an das Stirnbein durch einenFort- satz in 28 Fällen, welcher von ersterer (27 Mal), von beiden Knochen (1 Mal) abgeht, betrug die Distanz derselben: 1 — 1,5 Mill. an — 8 2—2,5 » » = 8 3,0 » » = 5 14 Professor Wenzel Gr über, 4-4,5 Mill. 5.0 » 6.0 » 7,0 » — also 1 — 2,5 Mill. 3—4,5 Mill. 5—7 Mill. an = 4 » = 1 »> = 1 » = 1 28 an = 16; an = 9 ; an = 3. — Unter allen 52 Fällen mit Annäherung der Schläfenbeinschuppe an das Stirn- bein hatte somit die Distanz beider betragen: 0,5 — 2,5 Mill. an = 33; 3—4,5 Mill. an =13; 5 — 7 Mill. an = 6. Unter den Fällen einseitig vorkommender unmittelbarer oder mittelbarer An- näherung war an der anderen Seite mit Mangel einer Annäherung je 1 Zwickel- bein vorhanden: an 6 Schädeln. Unter den Fällen beiderseitig vorkommender mittel- barer Annäherung waren an der rechten Seite: 2 Zwickelbeine, an der der linken Seite: 1 Zwickelbein: an 1 Schädel zugegen. 6. Resultate. 1) Bei dem Menschen kann Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine Vorkommen. Die Verbindung ist bald eine unmittelbare, bald eine durch einen Fortsatz der Schläfenbeinschuppe vermittelte. 2) Verbindung überhaupt ist in У66 der Fälle nach Schädel- und in x/94 d. F. nach Schädelhälften-Zahl zu vermuthen. Die unmittelbare Verbindung verhält sich zur mittelbaren wie 1 : 27: erstere kommt somit nur ganz ausnahmsweise, letz- tere gewöhnlicher vor. 3) Ihr Auftreten findet bald an beiden Seiten, bald nur an einer Seite statt. Dem einseitigen Auftreten begegnet man öfterer (7/12) als dem beiderseitigen (5/12). 4) Der Abgang des Fortsatzes der Schläfenbeinschuppe von dieser beschränkt sich auf die Stelle des Ueberganges des oberen Randes in den vorderen Rand der- selben oder gleich darunter auf den vorderen Rand derselben, namentlich dann, wenn sie oben und vorn einen Winkel (namentlich rechten) aufweist. Der Fortsatz ist schräg auf- und vorwärts (häufig), oder gerade oder fast gerade vorwärts gerichtet. 5) Dieser Fortsatz v.ariirt in Hinsicht seiner Gestalt und Grösse. Er ist ge- wöhnlich einfach, bisweilen aber auch in zwei Nebenfortsätze gabelig getheilt. 6) Unter den vielen Fällen mit Vorkommen eines Fortsatzes an der Schläfenbein- schuppe, mochte derselbe das Stirnbein erreicht haben oder nicht, ist an keinem eine Spur einer etwa früher da gewesenen Trennung des Fortsatzes durch eine Suturvon (Jeber die Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine etc. 15 der Schläfenbeinschuppe bemerkt, oder doch eine solche, über jeden Zweifel erhaben, nachgewiesen worden, trotzdem eine Reibe dieser Fälle ganz jungen Schädeln ange- hörten. 7) Die Suturen, durch welche der Fortsatz mit dem Stirnbeine, dem Scheitel- beine und dem grossen Keilheinflügel Verbindungen eingehen, namentlich die Su- tura temporo-frontalis, variiren. 8) Der Fortsatz trägt zur Begrenzung der Schädelhöhle bei oder nicht. Fe- steres kommt gewöhnlich, letzteres selten vor. 9) Sowohl bei der Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine ohne Fortsatz der ersteren (unmittelbaren), als auch bei der mit einem Fortsatze der- selben (mittelbaren) kommen daneben bisweilen Zwickelbeine vor. 10) Wenigstens die Verbindung der Schläfenbein schuppe mit dem Stirnbeine durch einen Fortsatz der ersteren kommt wohl bei allen Racon vor. 11) Ausser den Fällen wirklicher Verbindung der Schläfenheinschuppe mit dem Stirnbeine kommen auch Fälle starker Annäherung beider Knochen vor. Die An- näherung geschieht bald ohne, bald durch einen Fortsatz der Schläfenbeinschlippe. Bei der ersten Art kann die Annäherung bis auf die geringe Distanz von 0,5 Milk, bei der anderen Art bis auf die Distanz von 1 Mill zunehmen. Diese Fälle bilden den Uebergang zu den Fällen mit Verbindung. I. Bei den Säugethieren, A. Fremde Beobachtungen. I. II. Cctacca, Pinuipedia. Die Verbindung fehlt. III. üumiuantia. Die Verbindung fehlt: z. B. nach J. Fr. Meckel1); nach Fr. Cuvier et Lauril- lard2), aber Bos ausgenommen; nach H. Allen3), aber Bos, Bison und Tragus abge- rechnet, bei welchen sie vorkommt. 1) Syst. d. vergl, Anat Th. II. Abth. 2. Halle 1825. S. 618. 2) G, Cuvier. Leç. d’auat. comp, 2. Édit. Tom. II. Paris 1837. p. 369. 3) Op. cit. p. 12. 16 Professor Wenzel Gruber, IV. Soli. Simiae. Keine Verbindung sah ich bei: Callithrix, (an der sie aber Meckel2) besonders Vorkommen sah), Cebus, Ateles, (bei dem sie Spix und Blainville3) beobachtes hatten), Lagothrix, Mycetes, Cercopithecus, (bei dem sie Allen4) in der Mehrzahl der Fälle an- getroffen hatte), undSemnopithecus, (bei dem sie nach Fr. Cuvier etLaurillard5) vor kommen kann). Die Verbindung traf ich bei: Pithecus, Cercocebus, Simia silenus. Bei Hapale war die Verbindung an einem Schädel da, an dem anderen fehlte sie. Bei Colobus guereza sah ich sie, bei C. ferrugineus vermisste ich dieselbe. Bei Cynocephalus konnte ich an 1 Schädel von C. hamadryas, wegen Verwachsung der Suturen, über Vorkommen oder Mangel der Verbindung nichts entscheiden; an 1) L. c. 2) L. c. 2) L. c. 4) L. c, 5) L. c Ueber die Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine etc. 21 4 Schädeln C. sp.?, maimon, sphinx traf ich sie an, an einem Schädel von C. sphinx vermisste ich sie. Bei Inuns war am Schädel von I. ecaudatus, wegen Verwachsung der Suturen, das Vorkommen oder der Mangel der Verbindung nicht bestimmbar, war dieselbe an 2 Schädeln von I. nemestrinus zugegen und mangelte sie an 1 Schä- del derselben Species. Unter 15 Schädeln von Orang-Outang sah ich die Verbindung an: 8, vermisste ich diese an: 4 und konnte ich, wegen Verwachsung der Suturen, über die Existenz oder Nichtexistenz derselben keinen Aufschluss erhalten an: 3. An einem der hie- sigen Akademie der Wissenschaften angehörigen Schädel eines jungen Chimpansé, der mir unlängst zur Untersuchung überlassen worden war, fand ich die Verbindung an beiden Seiten vor. An einem derselben Akademie angehörigen Schädel vom Gorilla konnte ich in Hin- sicht der in Rede stehenden Verbindung, wegen S3rnostose der Schädelknochen, nichts ausmitteln. Die Verbindung mit dem Stirnbeine durch einen platten Fortsatz der Schlä- fenbeinschuppe habe ich eigentlich nur bei den Simiae angetroffen. Bei dem Orang-Outang ist der Fortsatz länglich-vierseitig, am Ende quer (in ver- ticaler Richtung) abgestutzt. Seine Breite (Höhe) am Ende kann schon bei jüngeren Thieren 6 — 12 Mill. betragen. Länge und Höhe können einander gleichen. Derselbe kann gerade vor — , aber auch etwas schräg aufwärts gerichtet sein. Im ersteren Falle kann die Su- tura squammosa am hinteren У3— У4 bogenförmig gekrümmt, übrigens in gerader Richtung verlaufen, im letzteren Falle kann dieselbe vom hinteren Ende bis zum Abgänge des Fort- satzes einen geraden Verlauf haben und nur an demselben sich etwas aufwärts krümmen, also wie beim Chimpansé sich verhalten, oder iu der Mitte bogenförmig auf-, hinten und vorn bogenförmig abwärts, also doppelt S-förmig gekrümmt, ihren Verlauf nehmen, wie z. B. bei Cynocephalus, Dass die Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine durch den, zwischen dem Angulus anterior inferior des Scheitelbeines und der Ala magna des Keilbeines eingeschobenen Fortsatz der ersteren nur aussen existiren kann, konnte ich mich an einem der medico-chirurgischen Akademie angehörigen Schädel eines jungen Thieres, bei welchem das Hinterhauptbein aus seiner Verbindung gebracht ist, überzeugen. Es erreichen sich nämlich das Scheitelbein und die Ala magna des Keil- beines durch eine schmale Verlängerung des Angulus anterior inferior des ersteren in- nen (sicher rechts) denn doch, so dass der Fortsatz der Schläfenbeinschuppe zum Stirnbeine von der Antheilnahme der unmittelbaren Begrenzung der Schädelhöhle ausge- schlossen ist. Bei Mangel der Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirn- beine habe ich die vom Scheitelbeine und Keilbeine gebildete Zwischenbrücke 3,5—8 Mill. breit, und die Sutura squammosa bald schwach bogenförmig, bald doppelt S-för- mig (am mittleren Theile nach oben, am vorderen und hinteren Theile nach unten ge- krümmt), bald in grader Richtung verlaufend angetroffen. 22 Professor Wenzel Grube®, An dem geöffneten Schädel eines jungen Chimpansé finde ich den Fortsatz jeder- seits vierseitig, am Ende in verticaler Richtung quer abgestutzt. Er ist rechts 8 — 9 Mill., links 8 Mill. lang, am Abgänge rechts 12 Mill., links 13 — 14 Mill., am Ende jederseits 10 Mill. breit (hoch). Der Fortsatz scheidet aussen und innen das Scheitelbein vom Keilbeine l). Nach meiner Erfahrung scheint die Verbindung bei den Simiae öfterer zu fehlen als vorhanden zu sein, also nicht bei den meisten Affen, wie Meckel 2) meinte, vorzukommen. Sicher ist es, dass dieselbe eben so oft fehlen als vorhanden sein kann, und zwar nicht nur bei den einzelnen Genera, sondern auch bei den einzelnen Spe- cies; nicht nur beiderseitig, sondern bisweilen auch nur einseitig existiren könne. Resultate. 1. Bei den Cetacea, Pinnipedia, Chiroptera undProsimiae scheint der Mangel der Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine constant zu sein. 2. Bei den Ferae und den Ruminantia fehlt die Verbindung ebenfalls, aber un- ter den ersteren giebt es doch eine Species: «Felis manul (Gruber)» und unter den letzteren das Genus: «Tragus (Allen)» und aus dem Genus Bos die Species: «B. taurus (Fr. Cuvier et Laurillard u. A.) und B. moschatus (Gruber, Allen)», welche die Verbindung aufweisen oder doch dieselbe aufweisen können. 3. Bei den Marsupialia scheint der Mangel der Verbindung das Vorkommen derselben zu überwiegen ; bei den Edentata überwiegt der Mangel das V orkoramen. 4. Bei den Simiae tritt Mangel und Vorkommen der Verbindung wohl gleich häufig auf, oder ersterer ist häufiger als letzteres. 5. Bei den Pachydermata überwiegt das Vorkommen der Verbindung den Mangel derselben. 6. Bei den Glires kommt die Verbindung fast immer vor. Das Genus Arctomys mit den Species: A. bobac und camtschatica (Gruber) und Castor fiber, bei dem Verbindung bald da ist bald mangelt (Gruber), machen eine Ausnahme. 7. Die Solidungula und aus den pseudo-anthropomorphen Simiae der Gorilla mul der Chimpansé weisen immer oder fast immer die Verbindung auf; während die» elbe beim Orang-Outang, nach Bischoff’s Erfahrung, eben so oft Vorkommen als fehlen kann, nach meiner Erfahrung in 2/3 d. F. vorkommt, bei Hylobates bald beobachtet (Allen) bald nicht beobachtet worden war (Fr. Cuvier et Laurillard), 1) An diesem Schädel ist die Sutura frontalis oben noch offen. In der S. lambdoidea finden sich 7— 8 Zwickel hei ue vor. Das Interparietale ist durch 4 — 5 grössere Zwicbelbeine ersetzt, wovon die oberen 2 über einander, die unteren 3 neben einander liegen 2) L c. Ueber die Verbindung der SohlÄfenbeinsohüppk mit dem Stirnbeine etc, 23 8. Zur Verbindung durch einen platten und gut abgegrenzten Fortsatz der Schläfenbeinschuppe zum Stirnbeine kommt es eigentlich nur bei den Simiae. 9. Bei den Säugethieren, welche die Verbindung aufweisen, ist diese, wie beim Menschen eine zweifache, d. i. eine unmittelbare oder eine durch einen Stirnfort- satz der Schläfenbeinschuppe vermittelte. 10. Bei den Säugethieren ist die unmittelbare Verbindung die häufiger vor- kommende, während bei dem Menschen die durch einen Stirnfortsatz der Schläfen- beinschuppe vermittelte die überwiegend häufige ist 11. Bei einem und demselben Genus und einer und derselben Species treten beide Verbindungsarten, abwechselnd wie beim Menschen, nicht auf: jede der Ver- bindungsarten ist auf bestimmte Genera und Species angewiesen. III. Bedeutung beiderlei Arten der Verbindung der Schläfen- beinschuppe mit dem Stirnbeine beim Menschen. A Die Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine durch einen Fortsatz der ersteren oder ohne diesen beim Menschen ist eine Bildung, wie sie bei vielen Säugethieren bald constant, bald unconstant vorkommt. Die Verbindung, welche beim Menschen durch einen Fortsatz vermittelt wird, ist analog der Ver- bindung durch einen gleichen Fortsatz bei manchen Säugethieren, namentlich bei den Affen und darunter auch besonders bei dem Gorilla, Chimpansé, Orang-Outang (Fig. 20, 21, 22 a.) etc.; jene ohne einen Fortsatz der Schläfenbeinschuppe be- wirkte, also unmittelbare Verbindung, aber ist analog derselben Verbindung bei anderen Säugethieren. Dass die unmittelbare Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirn- beine beim Menschen eine «Thierbildung» sei, ist über jeden Zweifel richtig: Die Schläfenbeinschuppe erscheint ja nicht immer als Kreisabschnitt. Sie ist öfters nach oben und vorn verbreitert und hier in einen Winkel (rechten oder fast rechten) ausgezogen. Geschieht diess, noch seltener, auch hinten und oben, so wird sie sogar quadrangulär (Fig. 12). Diese ungewöhnliche Gestaltung rührt schon aus frü- herer Zeit her. Die Verbreiterung nach vorn, namentlich oben und vorn, findet auf Kosten des Temporalflügels' des Keilbeines statt und geht daher mit dessen unge- wöhnlicher Verschmälerung in verschiedenem Grade einher. Bei ungewöhnlicher Verbreiterung der Schläfenbeinschuppe muss von dieser der Angulus anterior inferior des Scheitelbeines in ungewöhnlicher Ausdehnung nach der sagittalen 24 Professor Wenzel Gruber, Richtung des Schädels, oder sogar völlig bedeckt werden. Im höchsten Grade der Ver- breiterung der Schläfenbeinschuppe legt sich diese mit ihrem oberen vorderen Winkel an das Stirnbein zur unmittelbaren Verbindung mit demselben durch eine Sutura temporo-frontalis; in geringeren Graden finden ungewöhnlich starke, verschieden-gradige Annäherungen derselben an das Stirnbein statt. Man hat es in solchen Fällen mit einer V erbreiterung der Schläfenbeinschuppe in sagittaler Richtung nach vorn, in Folge von Bildungsabweichung, nicht vielleicht mit deren Vergrösserung durch Verwachsung etwa eines Knochen des Fonticulus sphenoidalis nach vorn und oben zu thun. Wollte man Letzteres gelten lassen, so müsste man auch den nach oben und hinten an der Schläfenbeinschuppe bisweilen vorkommenden Winkel als durch Verschmelzung eines Zwickelbe in es mit der Schlä- fen beinschuppe erklären, wozu gar kein Anhaltspunkt existirt. Die Deutung der durch einen Fortsatz der Schläfenbeinschuppe vermittelten Verbindung mit dem Stirnbeine beim Menschen «als Thier bildung» läugnen manche Anatomen. Auf eine geringe Summe von Beobachtungen, oder sogar nur auf eine Beobachtung, gestützt, sehen sie in dem Fortsatze der Schläfenbeinschuppe nichts anderes, als einen mit dieser verschmolzenen Knochen des Fonticulus sphenoidalis, haben aber freilich vergessen, ihre Ansicht irgend wie zu motiviren. Gegen diese Ansicht erlaube ich mir, auf Massenuntersuchungen gestützt, folgende Bemerkungen: 1) Die ungefähr an V4 der Schädel, beiderseitig oder einseitig (häufiger), und an У6 — У7 der Hälften derselben auftretenden Knochen des Fonticulus sphenoidalis erhalten sich gern lange und selbst in’s hohe Alter hinauf isolirt. Wenn sie im vorge- rückteren oder hohen Alter denn doch verwachsen, so tritt die Verwachsung zu- letzt mit der Schläfenbeinschuppe, früher mit dem Stirnbeine, Scheitelbeine und dem Temporalflügel des Keilbeines, namentlich am frühesten mit dem Stirn- beine, ein; wenn ferner die Verwachsung allseitig vorgeschritten und nahe zur Verschmelzung gediehen, so erhält sich die Sut ur oder doch die Spur einer Sutur, als Zeichen früher da gewesener Trennung zwischen dem Fontanellknochen und der Schläfenbeinschuppe, zwischen diesen am längsten und deutlichsten. Mir sind nur ein Paar Fälle vorgekommen, wo ich zweifelhaft war, ob ich es mit einer ganz undeutlichen Spur einer Sutur zu thun habe, oder nicht. Ich Hess mir eine Summe Schädel, welche im Fonticulus sphenoidalis, jeder oder doch einer Seite, Kno- chenil— 4, und zwar: 1 — gewöhnlich — , 2 — weit weniger oft — , 3- — selten — , 4 — ausnahmsweise — ) enthalten, aus der Sammlung bringen. Es waren 250. Bei 55 würde der isolirte Fontanellknochen, falls er mit der Schläfenbeinschuppe verschmolzen wäre, den das Stirnbein erreichenden Fortsatz der letzteren repräsentirt haben. Bei 26 anderen Schädeln mit je einem Knochen im Fonticulus sphenoidalis an beiden Seiten oder einer Seite, war der zwischen 4 Knochen, d. i. zwischen dem Stirnbeine, Ueber die Verbindung, deb Schläeehbeinschuppe mit dem Stirnbeine etc. 25 dem Scheitelbeine, dem grossen Keilbeinflügel und der Schläfenbeinschuppe (Mehrzahl der Fälle), oder zwischen 3 Knochen , d. i. zwischen denselben Knochen, mit Ausnahme des Stirnbeines, gelagerte Fontaneliknochen in vershiedenen Graden seiner Verwachsung oder Verschmelzung mit den ihn umlagernden Knochen be- griffen. Der in Verwachsung oder in Verschmelzung begriffene Fontanellknochen war bei seiner Lage zwischen den angegebenen 4 Knochen: mit 1 Knochen (gewöhn- lich mit dem Stirnbeine), seltener mit dem Scheitelbeine, ganz selten mit dem grossen Keilbeinflügel), oder: mit 2 Knochen (mit dem Stirnbeine und Scheitel- beine, seltener mit dem Stirnbeine und dem grossen Kcilbcinflügel) in verschiede- ner Ausdehnung und im verschiedenen Grade bis zur undeutlichen Spur einer Sutur verwachsen oder sogar verschmolzen (mit dem Stirnbeine am häufigsten); während der Fontanellknochen von der Schläfenbeinschuppe entweder noch ganz isolirt oder in Verwachsung begriffen, nie damit verschmolzen war, und, wenn verwachsen, immer im geringeren Grade und gewöhnlich mit Hinterlassen einer deutlichen Spur einer Sutur angetroffen worden war. Derselbe hatte sich, bei seiner Lage zwi- schen den angegebenen 3 Knochen, ähnlich verhalten, war also entweder von der Schlä- fenschuppe noch isolirt oder, wenn in Verwachsung begriffen, mit derselben im ge- ringeren Grade, als mit den anderen beiden Knochen, verwachsen, und nie mit der Schläfenbeinschuppe verschmolzen. Bei noch anderen 2 Schädeln, welche an je einer Seite: 2 in Verwachsung oder Verschmelzung begriffene Fontanellkno- chen aufweisen, waren an einem Schädel, beide von der Schläfenbeinschuppe durch eine Sutur geschieden, mit dem Stirnbeine, Scheitelbeine und Keilbeine aber ver- wachsen; an einem anderen Schädel beide wieder von der Schläfenbeinschuppe getrennt, während der obere mit dem Stirnbeine und Scheitelbeine, der untere mit dem grossen Keilbeinflügel und beide* an ihrem vorderen Ende, schon ver- schmolzen waren. — Wenn also 1 — 2 Knochen des Fonticulus sphenoidalis, die im Falle ihrer Verschmelzung mit der Schläfenbeinschuppe deren Stirnfortsatz repräsentiren würden, beim Eingehen ihrer Verwachsung oder Verschmelzung im vorgerück- teren oder hohen Alter mit jenen den Fonticulus sphenoidalis begrenzenden Kno- chen, von der der Schläfenbeinschuppe ganz isolirt bleiben, oder, wenn auch mit dieser in Verwachsung begriffen, doch immer deutlichere Spuren ihrer Trennung von der Schläfenbeinschuppe, als von anderen Knochen, aufweisen und nie oder fast nie mit der Schläfenbeinschuppe völlig verschmolzen angetroffen werden; kann dann der an der Schläfenbeinschuppe angetroffene Stirnfortsatz nur die Bedeutung eines mit der Schläfenbeinschuppe verschmolzenen Frontalknochen haben? Ich behaupte: «nein.» — 2) Der wenigstens vom Knabenalter aufwärts auftretende Fortsatz der Schläfen- beinschuppe, mag er nun das Stirnbein erreichen oder nicht, hatte, nach meiner Er- JUe'moires de I’Acad. Imp. des sciences, Vllmo Serie. 4 26 Professor Wenzel Gruber, fahrung, niemals eine Spur oder wenigstens nie eine sichere Spur seiner früher da gewesenen Trennung von der Schläfenbeinschuppe aufgewiesen, die sich denn doch hin und wieder, wenigstens an Schädeln junger Individuen, hätte zeigen müssen, wenn jener Fortsatz die Bedeutung eines früher von der Schläfenbeinschuppe isolirt gewesenen, später damit ohne Spur verschmolzenen Fontanellknochen haben würde. 3) Bei der Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine durch einen Fortsatz der ersteren können neben diesem bisweilen (in l/u — %5 d. F.) 1 — 2 Zwickelbeine auftreten. — Wären diese Fälle vielleicht geeignet, der Verbindung die Bedeutung einer Thierbildug abzusprechen? — «Nein.» Beim Orang-Outang, der, nach meiner Er- fahrung, diese Verbindungsart in 2/3 d. F. aufweiset, kann ja neben dem Fortsatze der Schläfenbeinschuppc ebenfalls ein Zwickelbein Vorkommen1). — 4) Die Verbindung der Schläfenheinschuppe mit dem Stirnbeine durch einen Fortsatz der ersteren ist beim Menschen unconstant; unter den Simiae, welche dieselbe besitzen können, bald vielleicht constant (Gorilla, Chimpansé), bald in der Mehrzahl, oder in der Hälfte, oder in der Minderzahl, oder ausnahmsweise, also ver- schieden unconstant, zugegen. — Sollte die grössere Unbeständigkeit ihres Vorkommens beim Menschen, als bei den Simiae, einen Grund abgeben können, den die Verbindung vermittelnden Fortsatz beim Menschen für einen mit der Schläfenbeinschuppe verschmolzenen Fontanellknochen, bei den Simiae aber für einen Auswuchs der Schläfenbein- schuppe zu nehmen? — Unmöglich. — 5) Vielleicht ist auch der Fortsatz der Scläfenbeinschuppe bei den Simiae durch Verschmelzung eines Fontanellknochen entstanden? — Diess kann nicht der Fall sein, weil bei den Simiae, welche diesen Fortsatz besitzen, meines Wissens nur an einem Exemplare von Callithrix sciurea, die nach Erfahrung Anderer, die Verbindung der Scheitelbeinschuppe mit dem Stirn- beine durch einen Fortsatz der ersteren besitzt, nach meiner Erfahrung aber daran Mangel leidet, ein Fontanellknochen gesehen worden war2). — 6) Wenn der Fortsatz der Schläfenbeinschuppe wirklich ein mit dieser ver- schmolzener Fontanellknochen wäre, dann müssten mitunter Fortsätze von geradezu monströser Gestalt auftreten. — Wie kommt es aber, dass solche nicht Vorkom- men? — - Oder sollten vielleicht nur gut geformte Fontanellknochen mit der Schläfen- 1) W. Gruber. Abhandlungen. Abth. III. «Ueber Ossicula Wormiana an Säugethierschädeln.» S. 42. 2) W. Gruber. Op. et. S. 44. Ueber die Verbindung der Schläfenbeinschüppe mit dem Stirnbeine etc. 27 beinschuppe ohne Hinterlassen einer Spur ihrer früheren Separation, zu einem Fortsatze derselben verschmelzen können? — Man beweise diess doch. - — 7) Wenn die bei vielen Säugethieren vorkommende unmittelbare Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine jetzt auch beim Menschen, als aus- nahmsweise auftretend, nachgewiesen ist, sollte man desshalb nicht um so mehr schliessen können, dass bei diesem auch die durch einen Stirnfortsatz der Schlä- fenbeinschuppe vermittelte Verbindung auftreten könne? Aus den angeführten Gründen ergiebt sich: dass beim Menschen nebst der un- mittelbaren Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine auch eine durch einen Stirnfortsatz der ersteren vermittelte Verbindung auftreten könne; dass der Stirnfortsatz der Schläfenbeinschuppe die Bedeutung eines Auswuchses derselben und nicht die eines damit verschmolzenen Fontaneliknochen habe; und dass auch die durch einen Stirnfortsatz der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine vermittelte Verbindung eine Thierbildung, namentlich Affenbildung, repräsen- tire, wie ich schon vor vielen Jahren behauptet hatte. 4 28 Professor Wenzel Gruber, Erklärung der Abbilduugeu. Tab. I. Fig. 1. Rechte Schläfengrube eines Mannes, in welcher unmittelbare Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine zu sehen ist. Fig. 2. Rechte Schädelhälfte eines Knaben bei entferntem Schläfenbeine, das durch einen vierseitigen Fortsatz an seiner Schuppe, eine Verbindung mit dem Stirnbeine eingegangen hatte. Fig. 3. Schläfenbein dieser Schädelhälfte (Aeussere Ansicht). Fig. 4. Dasselbe (Innere Ansicht). Fig. 5. Schädel eines Knaben mit einem vierseitigen Fortsatze der Schläfenbeinschuppe zum Stirnbeine. (Rechte Seitenansicht.) Fig. 6. Schädel eines Mannes mit einem ähnlichen Verhalten. (Rechte Seitenansicht.) — Gleicht dem Verhalten beim Chimpansé nach Bischoff auf Fig. 24. — Fig. 7. Schädel eines Mannes mit einem Parallelogrammen Fortsatze an der linkenSchlä- fenbeinschuppe zum Stirnbeine. (Linke Seitenansicht.) Fig. 8. Schädel eines Mannes mit einem abgerundeten vierseitigen Fortsatze der Schlä- fenbeinschuppe zum Stirnbeine. (Linke Seitenansicht.) Fig. 9. Rechtes Schläfenbein eines Mannes mit einem vierseitigen Stirnfortsatze an seiner Schuppe. Fig. 10. Linkes Schläfenbein eines Mannes mit einem Parallelogrammen Stirnfortsatze an seiner Schuppe. Fig. 11. Schädel eines Knaben mit Verbindung der Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine durch einen dreiseitigen Fortsatz der ersteren. (Linke Seitenansicht.) — Gleicht dem Verhalten beim Gorilla nach Bischoff auf Fig. 23; dem Verhalten beim Chim- pansé nach Blainville auf PI. V. Atlas Tom. I. (Unsere Schrift. Fig. 20.) — Tab. II. Fig. 12. Schädel eines Mannes mit Verbindung der quadrangulären Schläfenbeinschuppe mit dem Stirnbeine durch einen dreiseitig-abgestutzten Fortsatz der ersteren. (Rechte Seitenansicht.) Fig. 13. Rechtes Schläfenbein eines Mannes mit einem dreiseitigen (dreiseitig oder selbst vierseitig-pyramidalen) Stirn fortsatze. Fig. 14. Dreiseitiger Stirnfortsatz der rechten Schläfenbeinschuppe mit Ausbuch- tungen am oberen Rande und S-förmig gekrümmtem unteren Rande vom Schädel eines Bettel- mönches. (Abbildung des ganzen Schädels im oben citirten Werke v. J. 1852.) Fig. 15. Partie der rechten Schläfengrube eines alten Mannes, in welcher die Schläfen- Ueber die Verbindung der SchlÄeenbeinschuppe mit dem Stirnbeine etc. 29 beinschuppe mit einem halbovalen Stirnfortsatze versehen und von der Sutura coronalis und spheno-frontalis, wegen Synostose der Knochen, keine Spur mehr zu bemerken ist. Fig. 16. Partie der linken Schädelgrube eines Mannes, in der die Schläfenbeinschuppe, mit einom halb-bisquitförmigen Stirnfortsatze versehen, bemerkt wird. Fig. 17. Partie der rechten Schläfengrube, in der die Schläfenbeinschuppe einen mit den umgebenden Knochen in Verwachsung begriffenen, sichelförmigen Stirn fortsatz aufweiset. Fig. 18. Ein in zwei Nebenfortsätze getheilter Stirnfortsatz der Schläfenbeinscliuppe. Fig. 19. Schädel eines Mannnes mit starker Annäherung der S.chläfenbeinschuppe an das Stirnbein — nur 1 Mill. Distanz — (Rechte Seitenansicht). — Gleicht dem Verhalten beim Orang-Outang nach R. Owen auf Fig. 355. — Anatomy of Vertebrates. Vol. II. p. 534. — Fig. 20. Schädel eines jungen weiblichen Gorilla. (Entlehnt von Fig. 23. aus Bischoff’s Atlas.) Fig. 21. Schädel eines jungen Chimpansé a. d. Museum d. Akademie d. Wissenschaften. Fig. 22. Schädel eines jungen Orang-Outang a. d. Museum d. medico-chir. Akademie. a. Stirnbein. b. Scheitelbein. c. Grosser Keilbeinflügel. d. Schläfenbeinschuppe. a. Stirnfortsatz derselben. ß. Stelle amStirnbeine zur nahtförmigen Verbindung mit dem Stirnfortsatze derSchlä- fenbeinschuppe. ■yy. Schmale von dem Scheitelbeine und dem grossen Keilbeinflügel gebildete Brücke bei starker Annäherung der Schläfenbeinschuppe an das Stirnbein. Bezeichnung für alle Figuren. t ■ шшт Mém delAcai. Jrapies scM Série W. Gruher. Verbindung d. S chläfenb e ins сЪірр e m.d.Siimbeme.Tabl )frosstmoff ad naf. del Jvanson in lâp. del. j \V: - W. Grober. Yerbindunê d. ScKMenkmscliiippe m d Siirnbeme.TablI, Ofrossirtio'ff ad natdel. MEMOIRES DE L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURC, VII" SÉRIE. Tome XXI, № 6. ERGÄNZUNGEN ZU DEN FOSSILEM CETACEEM EUROPA S VON *T. Brandt, ordentlichem Mitgliede der Akademie. (Mit V Tafeln.) (Lu le 18 décembre 1873.) St.-PÉTERSBOURG, 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pélershoarg i à Riga« à Odessa t à Leipzigs MM. Eggers et Cie, H. Schmitzdorff, M. N. Kymmel; M. A. E. Kechribardshi; M. Léopold Voss. J. Issakof et A. Tcherkessof; — Prix: 95 Kop. = 1 Thlr. 2 Ngr. I f) .'ï' MEMOIRES DE L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURG, VIP SÉRIE. Tome XXI, X" 6. ERGÄNZUNGEN ZU DEN FOSSILEN CETACEEN EUROPA S VON J. ІЛ, Biraiictt, ordentlicliem Mitgliede dei' Akademie. (Mit Y Tafeln.) (Lu le 18 décembre 1873.) St.-PÉTERSBOURG, 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St,*Pétersb«nrgi à Riga: à Odessa: à {Leipzig: MM. Eggers et Cie, H. Schmitzdorff, M. N. Kymmel; M. A. E. Kechribardshi; M. Léopold Yoss. J. Issakof et A. Tcherkessof; — Prix: 95 Kop. = 1 Tlilr. 2 Ngr. Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. Mai 1874. C. Vessélofski, Secrétaire perpétuel. Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences. (Vass.-Ostr., 9 ligne, № 12.) Inhalt meiner Ergänzungen zu den fossilen Cetaeeen Europa’s. I. Subordo Balaenoidorum. Familia I. Balaenidae. Genus Balaena Lacép. S. 2. 1. Balaena tannenbergensis seu Tannenbergii Yan Beneden = Balaena mysticetus Linn. S. 2. 2. Balaena Svedenborgii Lilljeborg forsan = Balaena mysticetus forma prior. S. 3. Nachtrag zu den JBalaeniden. S. 47 und 48. Familia II. Balaenopteridae. Subfamilia 1, Balaenopterinae. 1. Genus Balaenoptera Lacép. 1. Balaenoptera robusta Lilljeborg (Plesiocetus robustus Yan Bened.) forsan = Balaenop- tera species Balaenopterae musculus affinis vel adeo identica. S. 4. 2. Balaenoptera Cuvieri et Cortesii Desmoul. = Plesiocetus Cortesii Yan Bened. — Cetotherium Cuvieri. Cortesii und Capellinii (Nob.) S. 5. 3. Balaenoptera Off. verisimiliter = Cetotherii aut Plesioceti species. S. 5. Snbfamilia 2. Cetotherinae J. F. Br dt. 1. Genus Cetotheriopsis J. F. Br dt. 1. Cetotheriopsis linziana J. F. Brdt. S. 6 — 11. Berichtigungen und Zusätze nebst einem Anhänge, worin mehrere ihr vermuthlich zugehö- rige, noch unbeschriebene Knochen, namentlich eine Bulla tympani, das Fragment eines Unterkiefers, mehrere Wirbel, so wie ein Rippenbruchstück geschildert werden. 2. Genus Cetotherium J. F. Brdt. Die von Owen seinem vermutheten Balaenodon vindizirten Bullae gehörten wohl meist Cetotherien an. S. 11. 3. Genus Plesiocetus Van Bened. Plesiocetus robustus Van Bened. = Balaenoptera robusta. S. 4 und 11. II Inhalt. 4. Genas Pachyacanthus J. F. Brdt. S. 11. Die weniger verdickten Dornfortsätze der Lenden- und Schwanzwirbel liefern keinen stichhaltigen Charakter zur Annahme eines Pachyacanthus Letochae. II. Subordo Odontocetoidorum. Tribus I. Homoiodontes. Familia. I. Hypognatliodontidae. Sabfamilia 2. Ziphiinae. Einige ergänzende Charaktere — Ueher die angeblich (Siehe Fossile Cetaceen S. 225) im Stuttgarter Museum vorhandenen Reste ѵфі Ziphien und einen in Ungarn gefundenen Schädel eines Ziphius. S. 12. Ueher den bereits von Stcenstrup für einen Fisch erklärten Enchemphius. S. 13. Anhang. Die Gattung Rhabdosteus Copie soll nach Gill der Typus einer eigenen Familie sein. S. 13. Familia II. Holodomtidae seu Delphiaidae. Sabfamilia 1. PSiocaenimae. 1. Genus Delphinapterus ? Unterkieferrest eines muthmaasslichen Delphinapterus. S. 13. Sabfamilia 2. Delphinmae. 1. Genus ? Delphinus Gray. Spec. 1 ? Delphinus stenorhynchus Kef er stein. S. 14. Spec. 2 ? Delphinus dationum Laurillard. S. 14. 2. Genus Steno Gray. Spec. 1. Steno Gastaldii J. F. Brdt. S. 15. Sabfamilia 3. Platauistinae. Einige Worte über die Bestandtheile und den Charakter derselben. S. 17. 1. Genus Schizodelphis P. Gervais. Schizodelphis ist Pontoporia Gray nahe verwandt, vielleicht selbst damit identisch. S. 17. Spec. 1. Schizodelphis sulcatus P. Gerv. Bemerkungen zu den davon in der Ostéographie cl. Cétacés von Gervais gelieferten Abbildungen. S. 18. 2. Genus Champsodelphis P. Gervais. Mittheilungen zur Charakteristik dieser Platanista mindestens überaus nahe stehenden, ja vermuthlich damit zu vereinenden, Gattung. S. 19. Spec. 1. Champsodelphis macrognathus Nob. ? Platanista macrognatha Nob. Bemerkungen über diese Art in Bezug auf Planche LYII der Ostéographie d. Cétacés. S. 20. Spec. 2. Champsodelphis lophogenius Nob. ? Platanista lophogenia Nob. Einige Worte zur Charakteristik dieser Art. S. 21. Spec. 3. Champsodelphis Yalenciennesii Nob. ? = Champsodelphis macrogenius P. Gervais Ostêogr. d. Cét. PI. LVII. Fig. 7, la und b. ? Platanista Yalenciennesii Nob. S. 21. Inhalt. ш Spec. 4. Champsodelphis Letochae J. F. Brdt. ? Platanista Letochae Nob. Beschreibung neuer Reste desselben. S. 22. Spec. 5. ? Champsodelphis aculus P. Gerv. Einige Worte über diese überaus fragliche Art. S. 25. Anhang I. Bemerkungen über den noch nicht mit völliger Sicherheit zu den Platanistinen zu stellenden Ce- torhynchus Christolii P. Gervais. S. 25. Anhang II. Einige Worte über muthmaassliclie nordamerikanische, fossile, Platanistinen. S. 26. Anhang III. Ueber den Delphinus ? brachyspondylus der Fossilen Cetaceen (S. 258) als Typus einer muth- maasslich neuen Gattung ( Macrochirifer J. F. Brdt), deren systematische Stellung jedoch zur Zeit noch ungewiss ist. S. 26 und 27. Anhang IV. Delphinopsis Freyeri J. Müll, ist gänzlich zu streichen. S. 27. Tribus II. Diaphorodontes seu Zeuglodontes. Nachträgliche Bemerkungon in Bezug auf Gill’s abweichende Ansicht über ihre classificato- risclie Stellung. S. 28. Familia I. Gymnorliinidae seu Squalodonlidae. 1. Genus Squalodon Grateloup. Synonymische Zusätze nebst Bemerkungen über Squalodon pygmaeus Leidy als vielleicht nicht zu Squalodon gehörige Art. S. 28 und 29. Spec. 1. Squalodon Meyeri J. F. Brdt. Beiträge zur nähern Charakteristik desselben. S. 29. Spec. 2. Squalodon Grateloupii H. v. Meyer. Bemerkungen zur genauem Begrenzung desselben. S. 31. Spec. 3. ? Squalodon bariensis Nob, Der Rhizoprion bariensis Jourdan’s ist, wie es scheint, wohl als eine von Squalodon Grateloupii verschiedene Art ( Squalodon bariensis Nob.) anzusehen. S. 31. Spec. 4. ? Squalodon antverpiensis Van Bened. Einige Worte in Bezug auf die von Gervais ( Ostéogr . d. Cétac. PI. XXVIII) mitge- theilten darauf bezüglichen Figuren. S. 33. Spec. 5. Squalodon Ehrlichii J. F. Brdt. Squalodon Ehrlichii Van Bened. Mém. d. l’Acad. d. Belgique und J. F. Brdt Foss. Ce- taceen zum Theil. S. 33 — 37. Dazu Anhang A S. 38 über wohl ihm zugehörige Wirbel und Anhang B S. 41 über ein ihm gleichfalls vielleicht zuzuschreibendes Brustbein. — Anhang C S. 42. Ueber einen kaum dem Squalodon Ehrlichii , sondern vielleicht einem, allerdings noch sehr frag- lichen, Squalodon hypsispondylus zu vindizirenden Schwanzwirbel. IV Inhalt. Spec. 6. Squalodon incertus ? J. F. Brdt. = Squalodon Elirlicliii Van Bened. und Brdt. a. a. 0. zum Theil. S. 42. Hierzu ein Anbang D, worin muthmaasslich dieser fraglichen Art eine Bulla tympani und ein Lendenwirbel zugescbrieben wird. S. 45. Spec. 7. Squalodon Gervaisii Van Bened. vielleicht = Squalodon Grateloupii H. v. Mey. S. 46. Spec. 8. Squalodon Scillae Nob. S: 46. ? Squalodon (de Dinan) Gervais Ostêograph. d. Cétac. PI. XXV Fig. 19) wohl — Squalodon Grateloupii. S. 46. Genus Zeuglodon Ow. Synonymische Zusätze. S. 47. Zeuglodon Vasconum Delfortrie. S. 47. Nachtrag zu den Balaeniden. S. 47, 48. Balaena etrusca Capellini. S. 48. Zusatz zu den Odontoceten. S. 48. Ueber Odontoceten ungehörige Zähne von zweifelhafter Bestimmung. S. 48, 49. (Siehe Tafel V. Figur 13 — 15). Geologische Anhänge. Anhang I. Wichtige Berichtigung zu S. 364 der Fossilen Cetaceen. S. 50. Anhang II. Nachträgliche Bemerkungen über das Vorkommen von Cetaceen-Resten in den Tertiärforma- tionen des südlichen Russlands von J. F. Brandt. S. 50. Erklärung der Tafeln. S. 52 — 54. Erst ira July des Jahres 1873 erschien meine umfassende Arbeit über die Cetacecn Europas. Mancher möchte sich daher wundern, dass ihr so schnell ziemlich umfassende Er- gänzungen folgen. Es dürfte deshalb nicht überflüssig sein die Gründe anzuführen, welche dazu die Veranlassung gaben. Eine im verflossenen Sommer und Herbst nach Deutschland und Oesterreich unter- nommene Reise bewog mich auch Linz von neuem zu besuchen um die im dortigen Museum aufbewahrten fossilen Reste, von denen manche aus Zeitmangel früher weniger oder gar nicht beachtet wurden, nochmals vorzunehmen. Es konnte dies um so eingehender ge- schehen, da Hr. Rath Ehrlich mit gewohnter Liebenswürdigkeit meine Zwecke begün- stigte, indem ei mich ersuchte sämmtliche fossile Säugethierreste des dortigen Museums zu bestimmen und die nicht an Ort und Stelle bestimmbaren Objecte sogar nach Peters- burg schickte, überdies auch die Gewogenheit hatte mir mehrere Photographien von Sqm- lodon- Resten zu senden. Auf diese Weise gelang es in Bezug auf die Gattung Cetotheriopsis und Squalodon namhafte, tlieils ergänzende, tlicils berichtigende Beobachtungen zu machen. Mein verehrter Wiener Freund, Hr. v. Letocha, erfreute mich seinerseits durch die gütige Mittheilung sehr wohl conservirter bei Nussdorf und Heiligenstadt, unweit Wien, gemachter Funde von Ueberesten des Gliampsodelphis Letochae, die mich in den Stand setzten sowohl die Gattung Champsodelphis , als auch Champsodelphis Letochae besser, als es früher möglich war, zu charakterisiren. Neuerdings hatte Hr. Pfarrer Probst zu Unteressendorf im Würtembergischen die Gewogenheit mir Zeichnungen sehr interessanter Stücke seiner an Cetaceenresten reichen Sammlung durch gütige Vermittelung des Hrn. Professors Sandberger in Würzburg zu senden. Der Gewogenheit meines trefflichen Freundes des Herrn Professors Gastaldi in Turin verdanke ich ferner eine Reihe schöner Zeichnungen von piemontesischen Delphin- resten, die mich in den Stand setzten Bemerkungen darüber mitzutheilen und unter andern eine neue Art von Delphininen zu begründen. Während meiner Abwesenheit aus St. Petersburg war überdies der zoologischen Ab- theilung der Bibliothek der Akademie die lange ersehnte 9. und 10. Lieferung der von Mémoires de l’Acad. Imp. de3 sciences, VJImo Série.' 1 о J. F. Bbandt, Yan Beneden und Gervais unternommenen Ostéographie d. Cétacés zugegangen, worin zwei Tafeln mit Resten fossiler Cetaceen sich finden, welche ich, obgleich leider dieselben noch von keinem, möglicherweise nicht sobald zu erwartenden, Text begleitet sind dennoch zur Ergänzung meiner Arbeit benutzen zu müssen glaubte. Es geschah dies besonders im Betreff der Delphine und Squalodonten. Subordo Balaenoidorum. Failli lia ßalaenidac. Die Ergänzungen und Berichtigungen, welche sich auf diese Familie beziehen sind wenig zahlreich. Sie betreffen zum Theil nur Art-Reductionen. 1. Genus Balaena Lacép. A . Balaena t a n n e n b e r g e n s i s ? Balaena Tannenbergii Yan Bened. Ostéogr. d. Cétac. p. 250 und 261. — Balaena tannenbergensis? J. F. Brandt. Fossile Cetac. S. 23 und 34G. — Balaena mys- ticetus , A. Müller. Schriften der physikalisch -ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg. Jahrgang IV, 1863, S. 74. Unter den zweifelhaften Balaenen führte ich a. a. O. S. 23 eine von Van Beneden als Balaena Tannenbergii bezeichnete vermeintliche, und deshalb mit einem ? versehene, Art an, die sich auf ein linkes, 2 berliner Ellen hohes, 2 Ellen breites, also sehr grosses, Schulterblatt stützt, das sehr lange Zeit in der Sakristei der Kirche von Tannenberg sich befand, später aber in das zoologische Museum zu Königsberg übergeführt wurde. Es ist dasselbe, welches schon Bock in seiner Naturgeschichte Ost- und Westpreussens Theil 7/, S. 396 erwähnt, H. v. Baer aber auf Grundlage einer brieflichen, wohl sehr mangelhaften, Mittheilung Hagen ’s in seinen De fossilibus animalium reliquiis in Prussia. Regiömonti 1823. 4 p. 35 eher dem Pliyseter macrocephalus als einer Balaena zu vindiziren geneigt war. Rathke ( Preussische Provmzmlblätter 1837 Dez. S. 562 ) fand es dagegen dem der Capschen Balaena Cuvierjs (Rech. s. L §ss. foss. V. PI. 37 Fig. 7) ähnlich und meinte, es habe wohl einem in Ostpreussen umgekommenen Thier angehört, da es nach der Tradition im Jahre 1410 bei Tannenberg in der Erde gefunden sein solle. Rathke’s wohl bekannte Genauig- keit veranlasste mich a. a. 0. S. 346 die Ansicht auszusprechen dasselbe sei vielleicht doch eher auf Balaena biscayensis zu beziehen, nicht auf Balaena mysticetus , der es Aug. Müller (a. a. 0.) zuschrieb. Bei einer Revision meiner Mittheilungen über die vermeint- liche Balaena tannenbergensis tauchten indessen Zweifel über meine Ansicht auf. Ich bat daher Hrn. Professor A. Müller in Königsberg um eine nähere Motivirung seiner An- sicht, worauf er mir gütigst folgende Mittheilungen machte; «Das Schulterblatt wurde Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 3 wohl über 100 Jahre in der Kirche von Tannenberg aufbewahrt. Woher der Knochen stamme ist unbekannt. Es könnte, glaube ich, wie einige hier als Thürpfosten benutzte Un- terkiefer, von einem Seefahrer importirt sein. Es gehört unzweifelhaft dem Nordwal ( Ba - laena mysticetus ) an. Schon früher verglich ich eine Photographie desselben in Copcnhagen mit der Scapula des Nordwales, wobei sieb die völlige Uebereinstimmung ergab, die auch in Folge der für unser Museum gemachten Acquisition eines Skeletes von Balaena mysti- cetus bestätigt wurde. Für die Vermuthung, das Schulterblatt gehöre der südlichen Balaena an, bleibt kein Raum. Rathke nennt zwar das tannenherger Schulterblatt versteinert. Das- selbe war jedoch nur mittelst Kalk weiss angestrichen, nachdem aber der Anstrich durch Waschen entfernt war, erschien das Schulterblatt wie andere Schulterblätter von Balaena mysticetus .» — Es fragt sich nur, da die früher weit zahlreichere Balaena mysticetus , wie der von Nilsson in Schweden bei Ystadt gemachte Fund ( Foss . Cetac. S. 23) nach weist, ehe- dem auch bis in die Ostsee, wenn auch selten, gelangte, ob sie nicht auch noch vor etwa 500 Jahren, oder später, ausnahmsweise selbst an die Küste Ostpreussens verschlagen worden sein konnte, so dass im Einklänge mit der oben erwähnten Tradition das bei Tannenberg ausgegrabene und deshalb als Merkwürdigkeit in der dortigen Kirche aufbewahrte, Schul- terblatt wirklich einem in der Nähe des genannten Ortes, oder unweit davon, in sehr alten Zeiten gestrandeten Thiere angehörte. Von in der Ostsee theilweis noch in neueren, ja selbst neusten, Zeiten gestran- deten, grossen Walen werden von Hensche ( Schrift . d. phys. Gesellsch. zu Königsberg. Jalirg. I für 1860 S. 150) 11 Fälle aufgezählt. Ein schlagendes Beispiel liefert auch die bei Reval vor mehreren Jahren gestrandete Megaptera longimana deren Skelet im Museum der Petersburger Akademie aufgestellt ist. Balaena tannenbergensis muss demnach, ebenso wie Nilsson’s Balaena prisca , jeden- falls als Art wegfallen und kann nur* als Synonym der noch lebenden Balaena mysticetus betrachtet werden. B. Balaena Svedenborgii Lilljcb. Wie ich bereits früher (Fossil. Cetac. p. 23) bemerkte war schon P. Fischer (Annal, d. sc. nat. 5me sér. Zool. T. XV. p. 18) geneigt die fragliche Art auf die von Gray (TheAnn. and Magaz. of nat. hist. 4 sér. Vol. VI (1870) p. 197) so stark angezweifelte1) Balaena bis- cayensis zu beziehen. I) Da ich in meinen Mittheilungen über die fossilen Cetaceen keineswegs schwierige eingehende Untersuchun- gen über die lebenden weder beabsichtigte, noch auch aus Mangel an Material beabsichtigen konnte, so nahm ich ( Fo3S . Cetac. S. 190 ) auf Van Benedcn’s und be- sonders Esch r ich t’s Auctorität Balaena hiscayensis Eschr. als von Balaena mysticetus verschiedene Art an. Eine nochmalige genauere Erwägung der von Gray (a. a. 0.) gegen diese Ansicht erhobenen Zweifel nebst den vorstehenden Erörterungen über die vermeintliche Balaena Tannenbergii (— B. mysticetiié) erregten indes- sen Bedenken in Bezug auf die. Begründung einer Balaena hiscayensis. Das von Eschricht acquirirte Skelet, wel- ches ihre Hauptgrundlage bildet, wird hoffentlich die trefflichen Naturforscher Copenhagens veranlassen ihr entscheidendes Urtheil zu fällen. 4 J. F. Brandt, '% Mir will es nach nochmaliger Prüfung meiner a. a. 0. über Balaena Svedenborgii ge- machten Mittheilung scheinen, die Reste, welche dieser, Balaena mysticetus offenbar so ver- wandten, Art als Grundlage dienen, könnten vielleicht einer jüngern Balaena mysticetus an- gehört haben. Für diese Ansicht möchten wenigstens die der eben genannten Art ange- hörigen, von Nilsson beschriebenen, subfossilen Reste (vergl. Foss. Cctac. p. 23) sowie auch das ihr jedenfalls zu vindizirende, bei Tannenberg in Ostpreussen ausgegrabene, Schul- terblatt der vermeintlichen Balaena tannenbergensis sprechen, indem sie darauf hinweisen, Balaena mysticetus sei wenigstens vor mehreren hundert Jahren und viel früher, wenn auch vielleicht nur sehr selten, in der Ostsee vorgekommen oder dahin verschlagen worden. Die der Balaena Svedenborgii als unterscheidende zugeschriebenen Charaktere, selbst das von dem der Balaena mysticetus etwas abweichende Brustbein (welches ich a. a. 0. für den Hauptcharakter der B. Svedenborgii hielt) lassen sich wenigstens möglicherweise als Variationen derselben ansehen, namentlich vielleicht als solche betrachten, die hei den der älteren Form der Balaena mysticetus näher gestandenen Individuen die Norm bildeten oder dieser periodischen Norm näher standen als die jetzt lebenden Mysticeten. IVamilia Balaenopteridae. 1. Subfainilia ßalaeuopteriuae 1. Genus Balaenoptera. Spec, 1. Balaenoptera robusta Lilljeb? Eschrichtius robustus? t Der Foss. Getac. S. 33 gelieferten Synonymie ist hinzuzufügen : Lilljeborg: Forhand- liger vcd de skandinaviske Natur forsker es 8: de Mode , Kiobenhavn 1861, p. 602. Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. Bd. XI7. 1860. S. 279. — Eschrichtius robustus A. W. Malm. Hvaldjur i Sveriges Museer Stöckli. 1871 p. 39. — Flower Ann. and Magaz. of nat. hist, for June 1872 p. 440, — Ple- siocetus robustus Van Beneden Ostéogr. d. Cétacés p. 290. Gründe, weshalb Van Beneden Balaenoptera robusta in der erst nach Veröffentli- chung meiner Arbeit mir zu Händen gekommenen neunten Lieferung der Ostéographie zu Plesiocetus zieht, habe ich nicht aufgefunden. Er bemerkt nur: «Ces ossements ne peuvent se rapporter, à notre avis, à une espèce vivante, et quoique on trouve avec eux des co- quilles semblables à celles qui habitent encore aujourd’hui la Baltique, nous croyons qu’ils se rapportent au meme genre dont nous trouvons de si nombreux ossements dans le crag des environs d’Anvers.» Dass Balaenoptera robusta ein Plesiocetus sei, also zu der von mir als Cetotherinae be- Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 5 zeichneten Unterfamilie der Balaenopteriden gehöre, könnte nur der Bau der Hirnkapsel des Schädels und das Verhalten der Nasenbeine nach weisen. Von Schädeltheilen der Ba- laenoptera robusta ist indessen nur der Unterkiefer bekannt, den ich im Allgemeinen bloss für den einer Balaenopteride zu halten geneigt bin, nicht speciell für den einer, namentlich der Gattung Plesiocetus angehörigen, Cetotherine. Ausserdem wirft VanBeneden die Frage auf: ob die von Gray seinem Eschrichthius robustus vindizirten, an der Küste von Devon- shire gefundenen, Halswirbel nicht eher Balaenoptera laticeps angehören könnten. Als meine Untersuchungen über die Balaenopterinen bereits abgedruckt waren, er- schien (Am. and. Magas. of nat hist, for June 1872 p. 440 ) ein Aufsatz des trefflichen Fl ower über in Cornwall entdeckte Reste eines subfossilen Wales, die aus einem rechten Unterkieferaste, einem Humerus, einem Radius und zwei Metacarpialknochen bestehen und von ihm einer im Betreff der Gestalt des Unterkiefers und der andern Knochen ganz ei- genthümlichen, in den brittischen Meeren nicht mehr vorhandenen, die Gattungen Balaena , Megaptera und Balaenoptera verknüpfenden Gattung zugeschrieben und als solche nament- lich mit denen der Balaenoptera robusta Lilljeb. = Eschrichtius robustus Gray von ihm identificirt werden. Mir will es scheinen, dass zur völligen Sicherstellung der Gattung Eschrichtius ausser den Merkmalen, welche der Unterkiefer zeigt, noch andere craniologi- sche Kennzeichen nebst Angaben über den Flossenbau wünschenswert!! seien. Auch wäre das Verhältniss des Knochenbaues des Eschrichtius zu Agaphelus dabei in Betracht zu ziehen, da diese Gattung, wenigstens in Bezug auf ihren äussern Bau, zwischen Balaena und Balaenoptera steht. A. Balaenoptera Cuvier i et Cortesii Desmoul. Anstatt der Foss. Cet. S. 34 unter Species 2 darüber mitgetheilten Bemerkung: Eine Art u. s. w. muss es richtiger heissen: Die beiden von Des moulins aufgestellten, oben bezeichneten, Arten sind, wie unten S. 148 ff. nachgewiesen ist, der Gattung Cetho- therium als G. Cuvieri und Cortesii einzureihen, nicht aber mit Van Beneden ( Ostéogr . p. 288) unter Zuziehung einer vermuthlichen dritten Art (des Getotherium Capellinii) als eine einzige Art der Gattung Plesiocetus , als Plesiocetus Cortesii , zusammenzufassen. B. Balaenoptera Öw. J. F. Brandt. Foss. Cetac. S. 35. Der Owensche Wirbel könnte später entweder der nur noch für eine Art von Van Be- neden fest gehaltenen Gattung Plesiocetus zugeschrieben oder aber vielleicht auch als der eines seiner von Plesiocetus abgetrennten Cetotherien (siehe Foss. Get. S. 144—147) ange- sehen werden. Die nähere Bestimmung desselben dürfte wohl in der von Van Beneden zu hoffenden ausführlichen Beschreibung der antwerpener zahlreichen Reste von Cetotherinen zu erwarten stehen. 6 J. F. Brandt, Subfamilia Celotlieriiiae J. F. Brdt. 1. Genus Cetotheriopsis J. F. Brdt. Species 1. Cetotheriopsis linziana J. F. Brdt. Nachdem ich den Bau des Schädels der Cetotherinen , namentlich den des Cetotherium Cuvieri , durch Cornalia’s Güte, näher kennen gelernt habe (was erst nach dem Abdruck des in den Fossilen Cetaceen p. 37 von mir gelieferten Mittheilungen über die Cetotheriop- sinae geschah) bin ich bedenklich geworden die Gattung Cetotheriopsis als Typus einer ei- genen, ohnehin mit einem ? aufgeführten, Unterfamilie auch ferner gelten zu lassen. Cetothe- riopsis dürfte nämlich wohl passender als eine noch mehr als Cetotherium ( Cetotheriopha - nes ) Cuvieri zu den Balaenopterinen hinncigende Form von Cetotherinen anzusehen sein, welche nach Maassgabc ihrer ziemlich stark überdachten Schläfengrube, vor oder hinter der Untergattung Cetotheriophmes in der Nähe der Balaenopterinen ihren richtigem Platz finden würde. Die im September des Jahres 1873 von mir im linzer Museum angestellten nochma- ligen Untersuchungen bestätigen meine ( Foss . Cctae. S. 333 ) ausgesprochene Yermuthung, dass zur Begründung dieser Gattung zunächst nur das ebend. S. 40 geschilderte und nach Ehr- lich (Geognostische Wanderungen im Gebiete der nordöstlichen Alpen S. 84) 1849 im linzer Sande entdeckte Schädelfragment (Foss. Cetac. Tafel XIX. Fig. 1 — 4) nebst zwei ihm ganz entschieden ungehörigen, so charakteristischen, Bruchstücken des Oberkiefers (ébend. S. 42 und Taf. XIX Fig. 5 a,b sowie Fig. 6) zu betrachten sind. Die Beschreibung der letztem ist jedoch durch die Bemerkung zu vervollständigen, dass (wegen der auf ihrer untern Fläche befindlichen, nur wenig tiefen, für die Barteninsertion bestimmten, Rinne) die Barten der Cetotheriopsis wohl nicht sehr entwickelt gewesen sein möchten. Den eben gedachten charakteristischen Resten schliesst sich indessen offenbar ein, gleichfalls im linzer Museum befindliches, sehr kleines Knochenbruchstück an, welches ich nach Maassgabe seiner Textur anfangs für einen Theil des Oberkiefers hielt, meinen neuern Untersuchungen zu Folge aber eher für den sehr schwachen, nicht eben charakteristischen, Rest einer Scapula ansehen möchte. Ausser den Resten, welche ohne Frage der Gattung Cetotheriopsis zuzuschreiben sind, fand ich im Museum zu Linz noch mehrere Skelettheile, welche nach meiner Vermuthung ebenfalls der genannten Gattung angehört haben könnten. Sie bestehen aus einer Bulla tympani, dem Fragment eines Unterkiefers, vier mehr oder weniger defecten Wirbeln und dem Bruchstück einer Rippe. Da indessen sich nicht nachweisen lässt: die genannten, kei- neswegs mit dem grossen Schädelrest (der Grundlage der Gattung Cetotheriopsis ) zusam- men gefundenen, Reste gehörten sicher der genannten Gattung an, so wurden sie nachste- hend in einem Anhänge beschrieben. Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas, 7 ANHANG. Ueber einige muthmaasslich Cetotheriopsis angehörige Knochen. A. Fragliche Bulla tympan i. Tafel I, Fig. 1, 2, 3. In meinen Fossilen Cetaceen S. 325 Zeile 24 und 25 wurde unter den Bullae tympani des Squalodon Ehrlichii auch eine als die am besten erhaltene, im Sande der Umgegend von Linz gefundene, aufgeführt und als dieser Art angehörig Tafel XXXI Fig. 6 , 7 abgebildet. Eine nochmalige genauere Untersuchung derselben ergab indessen, dass sie wohl keinem Squa- lodon oder Zeuglodon (wegen Mangels der stumpfen von der Windung zur entgegengesetzten Wand gehenden, charakteristischen, Erhabenheit) angehört haben könne. Gegen die An- sicht: sie sei die eines im linzer Sande begrabenen Halitherium^ spricht die auf seine frü- here Mittheilung ( N . Jahrb. f. Miner. 1862 S. 391 Taf. VI Fig. 2 t) gestützte, gefällige Angabe des Hrn. Prof. Krausk, dem ich eine Zeichnung der Bulla sandte. Der Umstand, dass die Bulla, wie er gleichfalls bemerkt, mit der eines Manatus am meisten Aehnlichkeit habe, wenn sie nicht fossil sei (eine Aeusserung die sich nicht wohl mit der Thatsache vereinen lässt, dass sie von der vom Halitherium bedeutend abweicht) scheint indessen die Möglichkeit nicht auszuschliessen : sie gehöre einer Sirenie, also vielleicht doch Halitherium an. Da jedoch die fragliche Bulla auch unverkennbare Aehnlichkeit mit den formell, je nach den verschiedenen Arten, abweichenden Bullen der Cetotherinen ( Foss . Cetac. Taf. XII) be- sitzt, namentlich hinsichtlich ihrer Windung sich der vom Cetotherium Rathkei annähert, sonst aber, wiewohl nur schwach , an die von Cetotherium Mayeri erinnert, so könnte sie vielleicht einer Cetotherine angehört haben. Von Cetotherinen sind nun aber bisher im linzer Sande nur die Reste von Cetotheriopsis gefunden worden. Dies gestattet daher die Frage: ob die Bulla nicht eher ihm, als dem Halitherium des linzer Sandes, zugeschrieben werden könne, wofür auch ihre Grösse passen möchte. Die glattwandige Bulla macht im Allgemeinen den Eindruck einer Cetaceen-Bulla. Das eine Ende ist viel breiter als das andere zugespitzte und hakig nach oben gebogene. Die untere Fläche erscheint fast herzförmig, wenig convex, und sowohl am breitem Ende in der Mitte als auch an den Seiten eingedrückt. Die Windung ist am breitem Theile mässig convex, fast bimförmig. Die Länge der Bulla beträgt 50, die grösste Breite 30, die grösste Höhe hinten 40, die grösste Breite der Windung 20 Mm. B. Unterkiefer - Bruchstück. Taf. I. Fig. 4, 5, 6. Im Vaterländischen Museum zu Linz fand ich 1873 unter den unbestimmten, aus den dortigen Sandlagern stammenden, fossilen Resten einen stark abgeriebenen und an seinen 8 J. F. Brandt, beiden Enden stark verbrochenen Knochen, der hinsichtlich seiner beträchtlichen, den grössten Thcil seines Innern einnehmenden, Höhlung und seiner Gestalt am passendsten als hinterer, linker Theil des Unterkiefers eines kleinen Bartenwales sich ansehen lässt, na- mentlich eine grosse Aehnlichkeit mit dem auf Tafel II. Fig. 3, 4 meiner fossilen Cetaceen dargestellten Basaltheil des Unterkiefers vom Cetotherium Rathkei bietet, während er von dem aus dem wiener Becken stammenden Basaltheil eines Unterkieferfragmentes, welchen ich ebend. S. 169 und Tafel XIV. Fig. 6 , 7 muthmaasslich dem Fachyacanthus Suessii zu- schrieb, gestaltlich bedeutend abweicht. Die Länge des fraglichen Fragmentes beträgt 135, seine Höhe hinten 65, in der Mitte und vorn 40 Mm., die grösste Dicke hinten 35, vorn gegen 40 Mm. Sein grosser, centraler Gefässkanal zeigt hinten eine Höhe von 45 und eine Breite von 25, vorn aber einen Durchmesser von 25 Mm. Das vordere Ende des Knochens erscheint ziemlich ge- rundet. Das hintere grössere, höhere, schwach comprimirteEnde bietet oben den nach vorn sich in eine schwache Leiste fortsetzenden, innen ausgehöhlten Basaltheil des Kronenfort- satzes, während es nach unten einen fast fortsatzartigen, winkligen Vorsprung bildet. Die obere Fläche zeigt hinten die vom Kronenfortsatz abgehende Leiste, während sie vorn ziem- lich gerundet erscheint. Die untere Fläche ist gerundet. Die ebenfalls gewölbte äussere Fläche lässt unter dem Kronenfortsatzc einen Eindruck wahrnehmen. Einen ähnlichen, unter dem genannten Fortsatze befindlichen, Eindruck sieht man auf der innern, ebenfalls con- vexen, Fläche. Was für einem Bartenwale das beschriebene Unterkieferbruchstück angehörte, lässt sich nicht sicher angeben. Am meisten ähnelt es, wie schon gesagt, dem eines Cetotherhm’s. Das Vorkommen von Cetotherinenresten im wiener Becken glaube ich constatirt zu haben; es können daher auch deren im nahen linzer erwartet werden. Da indessen die im linzer Sande entdeckte Cetotheriopsis den Cetotherien mindestens sehr nahe stand (ja wohl eine Cetotherine war), so könnte das Kieferfragment möglicherweise zunächst wohl an ein Exem- plar der Cetotheriopsis denken lassen, welches kleiner als dasjenige war, dessen namhaftes Schädelfragment gleichfalls im linzer Sande gefunden wurde. C. Wirbel. Taf. 1. Fig. 7—15, Wie schon erwähnt, werden im Museum zu Linz vier im Sande seiner Umgegend ge- fundene Cetaceenwirbel aufbewahrt, worunter zwei Lendenwirbel sich befinden, die in Be- zug auf ihre Gestalt nicht denen vom Squalodon , wohl aber denen der Cetotherinen aus der Untergattung Cetothenophanes , also den zu den Balaenopterinen hinneigenden Cetotherinen , ähneln, folglich an die Gegenwart der Reste einer solchen Cetotherine im linzer Becken denken lassen. Als eine solche kann man aber zunächst nur die im linzer Sande gefundene Cetotheriopsis ansehen, wozu die Wirbel auch der Grösse nach gut passen dürften. Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 9 Wenn sich nun allerdings nicht nacliweisen lässt: die fraglichen Wirbel seien gleich- zeitig mit dem Schädelfragment der Cetotheriopsis gefunden worden, so darf man doch wegen ihres gemeinsamen Fundortes, so wie ihrer Grösse und Gestalt, die Vermutlmng liegen, dass sie ihr möglicherweise angehören könnten. Aus der Zahl der durchaus nicht vollständigen, stellen weis stark abgeriebenen, Wir- bêl bieten indessen nur drei charakteristische Kennzeichen. Der eine der besser erhaltenen Wirbel (Ergänz. Taf. I, Fig. 7,) kann nur für einen der vordersten Rückenwirbel gelten. Sein von vorn oder hinten gesehener Körper bietet eine fast kreisrunde Gestalt, jedoch überwiegt der Querdurchmesser ein wenig den Hö- hendurchmesser. Oben, zwischen den Resten des Neuralbogens, eben so wie unten, ist sein Körper in der Mitte von einer Bogenfurche durchzogen, welche von stark vortretenden Rändern begrenzt wird. Die Mitte seiner obern Fläche springt jedoch in eine unbedeutende Erhabenheit vor, die sowohl aussen, wie innen, durch einen grubenförmigen Eindruck be- schränkt ist. Vom Neuralbogen sieht man jederseits nur den kräftigen, rhomboidalen, plat- ten, vorn, wie hinten, eingedrückten Basaltheil und keine Spur von Querfortsätzen. Die Höhe des Körpers beträgt in der Mitte 80, die grösste Breite desselben 85 und seine Dicke (Länge) oben 25 unten 30 Mm. Der zweite Wirbel (Ergänz. Taf. 1. Fig. S — 11) ist wohl einer der vordem Lenden- wirbel. Er ähnelt dem ( Foss . Cclac. Taf. XXII. Fig. 17 , IS) abgebildeten des Cetotherium Cortesii zeigt aber von seinem Bogentheil, so wie von seinen Querfortsätzen, wie der vorige und vierte, nur basale Reste. Seine Körperlänge beträgt 85, seine grösste Breite vorn 85, hinten 100, seine Höhe vorn und hinten 80 Mm. Die obere Fläche des Körpers zeigt, wie bei den entsprechenden Wirbeln der Balaenopteriden , die Spuren eines länglichen Rückenmarkskanales und längliche, leistenartige, auf den vordem 2/3 der Oberfläche be- findliche basale Reste des Neuralbogens. Die Seitenflächen des Körpers sind zwischen den Resten des Neuralbogens und der Querfortsätze vertieft, hinten jedoch stärker als vorn und bieten eine hinter den Resten des Neuralbogcns und der Querfortsätze verlaufende, gebogene, ziemlich flache Gefässfurche. Die untere Fläche besitzt einen breiten, in der Mitte schmälern, centralen Kamm und ist jederseits zwischen ihrem Kamm und den Querfortsätzen, beson- ders hinten, sehr stark grubig eingedrückt. Die hintere Fläche des Wirbels ist breiter als die vordere. Der dritte Wirbel darf ebenfalls als einer der mittlern Lendenwirbel gelten, ist aber so stark verletzt, dass eine Beschreibung nicht lohnt. Er ähnelt übrigens dem zweiten ungemein. Der vierte Wirbel (elend. Fig. 12—15) ist ein hinterer Lendenwirbel, der durch seinen länglichem, niedrigem Körper an die in den fossilen Cetaceen auf Taf. XX Fig. 7 — 11 dargestellten Lendenwirbel des Cetotherium Cuvieri , erinnert. Der Körper desselben zeigt eine Länge von 100 Mm. Seine grösste Breite beträgt 90, seine vordere, wie seine hintere Höhe 70 Mm. Die obere Körperfläche bietet % ihrer Länge einnehmende, leisten- artige Reste des Neuralbogens und die Andeutung eines länglichen, ziemlich breiten Rücken- Mémoires de l'Acad. Imp. des всіопсоэ, VII Serie. 2 10 J. F. Brandt, markskanals. Die Seitenflächen des Wirbelkörpers sind über den Resten der Querfortsätze gleichförmig der Länge nach eingedrückt. Der grösste Theil der Mitte der untern Fläche tritt gewölbt vor und ist nur am äussern Theil ihrer Seiten, neben den Basaltheilen der Querfortsätze, der Länge nach grubig eingedrückt. Die Reste ihres Basaltheiles deuten darauf hin, dass die Querfortsätze ansehnlich waren. D. Rippenbruchstüc k. Ergänz. Taf. I. Fig. 16. Ein im Museum zu Linz aufbewahrtes, den an beiden Enden abgebrochenen Theil einer Rippe nach meiner Ansicht darstellendes, Knochenstück besitzt eine Länge von 180 Mm., ist an einem Ende 42 am andern 60 Mm. breit und 35 Mm. dick, zeigt also eine sehr ansehnliche Dicke in welcher letzterer Beziehung es an die Rippen der Cetotherinen erinnert. Die eine seiner Flächen ist ganz eben, eine andere ziemlich convex und eine dritte der Länge nach eingedrückt. Sein Innerstes wird von netzförmiger Knochensubstanz aus- gefüllt, Was mich vermuthen lässt cs könne möglicherweise Getotheriopsis angehören ist der Umstand, dass dasselbe einerseits wegen seiner ungewöhnlichen Dicke, andererseits wegen seiner Grösse, ferner wegen der Art seiner Conservation, so wie seiner Textur, sich mit dem so eben beschriebenen, wiewohl nur muthmaasslich, der Getotheriopsis zugeschrie- benen Wirbeln combiniren lasse. Schlussbemerkunge n. Zur genauem Sichtung der vorstehend der Gattung Getotheriopsis mit grösserem oder geringerem Rechte zugeschriebenen Bestand tlieile von denen, welche Squalodon angehören, die ihr aber früher ebenfalls vindizirt wurden, scheint es nicht überflüssig noch folgende Schlussbemerkungen den oben gemachten Mittheilungen hinzuzufügen. Weder der von mir ( Foss . Getac. p. 38 , 42 und 324) besprochene ebend. auf Tafel XXXI Fig. 10 abgebildete conische, Zahn, noch die grosse cbd. p. 38, 42 und 325 be- schriebene und Tafel XXXI Fig. 4, 5 abgebildetc Bulla tympani, welche wohl, wie es am wahrscheinlichsten scheint, einem grossen Exemplar des Squalodon Ehrlichii , auf keinen Fall einem Stenodon angehörten, lassen sich auf Getotheriopsis beziehen. Die früher von H. v. Meyer und Ehrlich einem vermeintlichen Balaenodon , von Van Beneden einem Stenodon , d. h. meiner Getotheriopsis , auf Grundlage des zu den Con- dylen ihres Schädels angeblich passenden Atlases, vindizirten (Foss. Getac. S. 42 von mir beschriebenen und ebd. auf Taf. XVIII Fig. 5 — 11 abgebildeten) Wirbel gehören ebenfalls si- cher nicht zu Getotheriopsis , was ich, nachdem der Artikel über Getotheriopsis nebst Tafel XVIII meiner Foss. Getaceen bereits abgedruckt waren, übrigens schon daselbst S. 323, 326 und 333 andeutete. Meine neuerdings zu Linz angestellten Untersuchungen dieser Wirbel erhoben diese Andeutung zur Gewissheit. Der zu den bereits 1841 nach Klipp- stein (Karstens und v. Dechens Archiv XVI S. 664) mit dem Schädelrest des Squalo- don Ehrlichii (Foss. Getac. Taf. XXXI Fig. 1 , 2) gefundenen grossen Wirbeln (Fossile Ge - Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 11 tac. Tafel XVIII Fig. 5—11 ) gehörige Atlas (ebd. Fig. 7, 8) passt nämlich genau genom- men, keineswegs zu den Condylen des später als die Wirbel (erst 1849) aufgefundenen Schädelfragmentes der Cetotheriopsis (ebd. Taf. XIX), wie unten in dem auf die fraglichen Wirbel bezüglichen, hinter Squalodon Ehrlichii befindlichen Anhang A ausführlich gezeigt wurde. Uebrigens können ohnehin die entschieden einer Zeuglodontine angehörigen Wirbel nicht auf die ohne Frage zu den Balaenoiden gehörige Getotheriopsis bezogen werden. 2. Genus Cetotherium J. F. Brandt. Zusatz zu meinen in den fossilen Cetaceen S. 37 mitgetheilten Bemerkungen über die von Owen gelieferten Beschreibungen der Bullae tympani seiner Balaenodonten. Früher als Van Beneden zwei seiner ehemaligen Plesioceten in die Gattung Cetothe- rium verwies, Hess ich a. a. 0. nachstehenden Satz drucken: «Der Umstand, dass ein aus Suffolk, dem Fundorte der Owenschen Bullae, stammendes Schädelfragment des Cambridger Museums nach Van Beneden ( Ostéogr . p. 276 ) dem Plesiocetus Hüpschii angehöre, lässt freilich noch eher daran denken, dass auch die fraglichen Bullae Plesioceten angehörten.» Dieser Satz hat indessen seine volle Richtigkeit verloren, nachdem (siehe S. 144 meiner fossilen Cetaceen), Plesiocetus Hüpschii , Burtinii u. s. w. von Van Beneden zu den Geto- therien versetzt wurden. Die einem Balaenodon gibbosus und emarqinatus von Owen vindi- zirten Bullae könnten nämlich eher Cetotherien angehört haben, da sic, wie ich schon (ebd. S. 37) bemerkt, ohnehin den Bullae meines Cetotherium Mayeri und Klinderi ähneln, so dass also Balaenodon — Cetotherium e. p. wäre. Was den ebendaselbst erwähnten, jedoch, wie ich glaube, dort mit Unrecht, den Cetotherinen zugezählten Balaenodon physa- loides Ow. anlangt, so habe ich darüber bereits ( Foss . Cetac. S. 207) Bemerkungen mitge- tlieilt, die der Wahrheit vielleicht näher kommen dürften. 3. Genus Plesiocetus Van Bened. Plesiocetus robustus Van Bened. Ostéogr. d. Cétac . p. 290 — Balacnoptera robusta , siehe Ergänzungen zu den Foss. Cetac. S. 4. 4. Genus Pachyacanthus J. F. Brandt. In der schönen Sammlung des Hrn. v. Letocha sah ich im September 1873 sieben Schwanzwirbel von Pachyacanthus , welche neuerdings, ebenfalls bei Nussdorf, ausgegraben wurden und einem ältern Individuum angehörten. Unter diesen befindet sich, ausser sechs auf ihn folgenden, der vorderste Schwanzwirbel, den ich in Bezug auf seine Gesammtgestalt zwar zum muthmaasslichen Pachyacanthus Letochae (Foss. Cet. S. 188) ziehen zu können glaubte, welcher indessen einen eben so stark angeschwollenen obern Dornfortsatz wie manche ihm entsprechende Wirbel des Pachyacanthus Suessii besitzt. Der fragliche Pachya- canthus Letochae kann wohl demnach wenigstens nicht mehr auf eine geringere Anschwel- lung der Dornfortsätze gestützt werden, wie ich a. a. 0. anzunehmen geneigt war. — Der 2* 12 J. F. Brandt, Körper des fraglichen Wirbels ist 50 Mm. lang, 40 Mm. hoch und erscheint, namentlich hinten, kürzer als der ihm entsprechende der oben beschriebenen Wirbelsäule von Pachya- canthus , die sich im Besitz des Hrn. v. Letoclia befindet. Ein solcher Umstand dürfte ver- muthen lassen, dass bei Pachjacanthus die Länge der Wirbelkörper, also auch die Körper- grösse beachtenswerthe, individuelle Abänderungen T) erlitten, was auch von der Anschwel- lung der Dornfortsätze galt Ob möglicherweise die erwähnten Abweichungen von Ge- schlechtsdifferenzen abhingen lässt sich nicht angeben. II. Subordo Odontocetoideorum. Tribus I. Homoiodontes. Familia 1. Ilypognatliodontidae. Subfumila Ziphiiuae. Fam. Ziphiidae Gervais, Gill. Zu S. 210 Zeile 2 würde zur bessern Unterscheidung von den Delphininen wohl fol- gender Zusatz nach Fl о wer zu machen sein: Die Thränenbeine nicht mit den Jochbeinen verwachsen. Die Rippcnknorpel nicht verknöchert. Die hintern Rippen artikuliren auch mit den Wirbclkörpern. Auf Seite 225 meiner Fossilen Cetaceen ist nach Angaben Van Bencden’s von im Museum zu Stuttgart auf bewahrten Ziphien- Resten, oder wenigstens solchen Knochen, die Rede, die denen der Ziphien ähneln. Um über diese eben so kurzen, als unbestimmten Angaben nähere Auskunft zu er- halten schrieb ich an meinen gefälligen Freund Hrn. Professor Oscar Fraas. Derselbe hatte die Güte auf meine Anfrage Folgendes zu antworten: ' «Wenn Van Bencden von Zipliius redet, so könnte er nur den Zip/mts-Schädel mei- nen, der im Besitz des Grafen von Beroldingen ist und aus dem Tertiär von Oedenburg (Ungarn) stammt. Derselbe lag früher hier und war mir zum Auspräpariren übergeben. Ich präparirte damals nur die Unterseite heraus, legte aber dann die Arbeit nieder, da ich keine Aussicht hatte in Besitz dieses Prachtstückes zu kommen, das jetzt im gräflichen Schloss zu Katzenries den alten Ritterthurm schmückt , aber der wissenschaftlichen Bearbeitung entzogen ist.» Im Museum zu Stuttgart werden demnach bis jetzt keine nachweislich in Deutschland gefundenen Reste von Ziphien auf bewahrt, wohl aber wurde der Schädel eines Ziphius in Un- garn entdeckt, der das frühere Vorkommen dieser Thierform über dein Boden Osteuropas andeutet, dem Ziphius Blasii also einen Stützpunkt bieten möchte. 1) Ueber das Vorkommen oft beträchtlicher indivi- 1 chen Thierarten der Tertiärzeit spricht schon Van Be- dueller Abweichungen hinsichtlich der Grösse bei man- j ueden (Siehe Foss. Cetac. S. 322). Ergänzungen zu den fossilen Cetaoeen Europas. 13 Zu Encheiziphius Rütimey er S. 22 1 der Foss. C et ace en. Steenstrup wies nach P. Gervais ( Journal d. Zoologie T. I. n. 1. {1872) in den Schriften der Copenhagener Academie, früher als Van Bcncden, auf die Beziehungen von Encheiziphius zu den Fischen der Familie der Xiphien hin. ANHANG zu S. 288 der Fossilen G et ace en. Die Gattung Rhabdosteus Соре wurde von Gill {Arrangement of the famil. of mamm. Washingt. 1872 p. 94) zum Typus einer eigenen, seinen Physeteriden folgenden, vor seinen Delpliinoiden (namentlich Iniidae) gestellten Familie { Rhabdosteidae ) erhoben, die er auf folgende Weise charakterisiren zu können meint. Bostrum of skull prolonged into a slender, straight beak, the intermaxillary and raaxillary bones forming a cylindcr, bearing teeth on its proximal portion. Fainilia 2. Holorioiitidac seu Delpliiuidae. Subtainilia 1 Phoeacniua«. Genus Delphinapterus? Im piemontesischen, namentlich im Bezirke von Asti, wurde das Bruchstück des vor- deren Theils eines einer Delphinide angchörigen, mit vier ihm noch inserirten, an der Spitze abgebrochenen, Zähnen versehenen Unterkiefers gefunden, welches im Museum der turiner Universität aufbewahrt wird. Hr. Professor Sismonda hatte die Güte dasselbe Hrn. Pro- fessor Gastaldi zu leihen, um für meine Arbeit die nachstehenden Abbildungen entwerfen zu lassen, welche es Tafel I unter Figur 17 von der Seite und Figur 18 von oben in natür- licher Grösse darstellcn. Dasselbe lässt sich nach meiner Ansicht am passendsten, namentlich im Betreff der zugerundeten Gestalt und der gegenseitigen, ziemlich distanten, Stellung seiner etwas dicken Zähne für das eines Delphinapterus (siehe Cuvier Rech. PI. 223 Fig. 6) erklären. Wenig- stens wüsste ich es nicht besser für jetzt unterzubringen. Da man übrigens aus Italien (Fossile Cetaceen S. 240 u. 242) bereits Beste zweier Delphinapteren (Delphinapterus Cor- tesii und Brocchn) kennt, so fragt es sich sogar: ob das Kieferfragment nicht der einen oder anderen derselben zugeschrieben werden könne: eine Frage, die sich durch die vorstehenden Zeichnungen nicht entscheiden lässt. 14 J. F. B BAN DT, Siibfautilia 2. Delpliininae. (Fa milia Delphinidae. al.) Sectio I. Brachysymphyseae. {Tribus Delphinina et LagenorhyncMna Gray.) Die Symphyse des Unterkiefers kurz, unter % und mehr seiner Totallänge betragend. 1. Genus Delphinus ? Spec. 1 ? Delphinus stenorliynchus Referstein, Delphinus stenorliynchus J. F. Brdt. Fossile Cetaceen p 246 ? Spec. 6. Gervais hat in der Ostéographie d. Cétacés PI. LVII. Fig. 9 , 9 a und 1 verbesserte Abbildungen des Fragmentes eines Unterkiefers gegeben, welches zur Grundlage der frag- lichen Delphinoide dient, die er indessen, wie früher, als Art der Gattung Delphinus mit der Bezeichnung Renovi beibehielt. Dass dieselbe als echter Delphinus anzusehen sei, und zu keiner andern der beschriebenen Arten gehöre, möchte indessen am fraglichen, so über- aus mangelhaften, Fragment keineswegs sich für jetzt ganz bestimmt nachweisen lassen. Vielleicht giebt hierüber der noch von Gervais zu erwartende Text einige Aufklärung. Spec. 2 ? Delphinus dationum Laurillard. Delphinus dationum J. F. Brdt. Fass. Cetac. p. 247 ? Spec. 7. In meiner Arbeit Uebcr die Fossilen Cetaceen S. 247 wurde mit Laurillard der Dau- phin voisin du Delphinus delphis Grateloup’s, der Dauphin voisin de V espece commune Cu- viers als Grundtypus der Art angenommen. Die von Gervais (Mém. d. l'Acad. d. Mont- pellier sc. T. II. p. 313 PI. VII, so wie Zool. et paléont. fr. 2 éd. PI. LXXXIII. Fig. 1, 2) dem Delphinorhynchus de Salles zugeschriebenen Fragmente (ein Unterkiefertheil nebst ei- nem Zahn) welche er gleichfalls zu Delphinus dationum zog, wurden aber von mir dem Schi- zodelphis sulcatus Gervais vindizirt. Eine nochmalige Revision meiner Mittheilungen be- stätigte diese Ansicht. Die im Allgemeinen denen des Delphinus Delphis ähnlichen Zähne des Grateloupsclien Fragmentes (der Grundlage des D. dationum ) sind viel länger, dünner lang- und scharfspitziger, unterscheiden sich also namhaft vom kürzeren, dickem, kurz- spitzigen, nicht delphinähnlichen Zahn des Delphinorhynchus de Salles. Man dürfte daher Gervais nicht beistimmen können, wenn er statt nur auf Grateloup’s Figur zurückzugreifen auch in der Ostéographie PI. LVII. Fig. 11 das Unterkieferfragment seines Delphinorhyn- chus de Salles dem Delphinus dationum zuschreibt. Sectio II. Macrosymphyseae {Tribus Stenonina Gray e. p.) Die Symphyse des Unterkiefers ]/4 bis г/3 und selbst etwas mehr der Kieferlänge ein- nehmend. Die sie bildenden Kiefertheile nicht verschmolzen. Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 15 2. Genus Steno Gray, Spec. 1. Steno Gastaldii. J. F. Brdt, Tafel II. Im Jahre 1869 wurden im zu Piemont gehörigen Bezirk Asti beiCalunga, in der un- tern Schicht des dortigen plioeänen Tliones, die Reste einer Delphinine entdeckt, welche Hr. Professor Gastaldi im Museum zu Turin vom Hrn. Rapetti zeichnen Hess, um sie für die gegenwärtigen Ergänzungen mir gütigst mitzutheilen. Die auf Tafel II gelieferten Zeichnungen bieten mehrere Ansichten eines sehr ansehn- lichen Schädelfragmentes und einzelne Theile desselben, namentlich der innern Gehörtheile nebst der fragmentarischen Hirnkapsel des Schädels, ferner Figuren des Atlases und Epi- stropheus, eines Lendenwirbels und einer Rippe. (Siehe hinten die Erklärung der Tafel.) Die Form der Schnauze, die zahlreichen, einfachen, kegelförmigen, zugespitzten Zähne, die aus zwei gesonderten Theilen gebildete Symphyse des Unterkiefers, ebenso wie der kurze, mit an ihrer Endhälfte nicht verbreiteten Querfortsätzen versehene, Lendenwirbel nähern allerdings das Thier, welchem die Reste angehörten, der Gattung Delphinus. Da in- dessen die nicht verschmolzenen Unterkieferäste der fraglichen Art eine lange, über % der Kieferlänge gleich kommende Symphyse besitzen, der Gaumen aber (wenigstens nach Maassgabe der schönen Figur 3) keine langen Seitenfurchen, wie bei Delphinus bietet, so lässt sich die Gastaldi’schc Delpliinide am besten als Steno betrachten. Der am Lendenwirbel wahrnehmbare (offenbar durch Abtrennung und spätem, gänzlichen Verlust entstandene) Mangel der Epiphysen deutet übrigens darauf hin, dass die Reste einem jüngern Indivi- duum angehörten. Da nun dieselben im plioeänen Thon gefunden wurden, ihre Ablagerung also in einer Jüngern Zeit erfolgte, so Hess sich die Frage aufwerfen: ob sie nicht der einen oder andern Gattung oder Art der noch lebend bisher in den europäischen Meeren beobachteten, nicht zur Gattung Delphinus Gray gehörigen, Delphininen angehören könnten. Vom Tursio truncatus Gray = Delphinus Tursio weicht Steno Gastaldii durch die längere, am Grunde und in der Mitte schmälere, am Ende breitere Schnauze, die breitem, einander genäherten Zwischenkiefer und die weit längere Symphyse des Unterkiefers ab. So viel sich aus Gervais’s Beschreibung seines Delphinus Tethyos ( Zool . et Paléont. fr. 2 éd. p. 303) folgern lässt ähnelt zwar Steno Gastaldii demselben durch den Mangel lateraler Gaumenfurchen, unterscheidet sich aber durch den weit längern und breitem Schnautzentlieil des Schädels. Ob übrigens Delphinus Tethyos eine sehr kurze Symphyse des Unterkiefers besitze, also vielleicht zur Gattung Tursio gehöre, oder eine sehr lange biete, daher ein Steno sei, ist nicht angegeben. Vom Lagenorhynchus albirostris (Gray Synops. of W haies p. 8 PI. XI) weicht Steno Gastaldii durch die lange Symphyse des Unterkiefers, ebenso wie durch eine weit längere, schmälere Schnautze ab. . 16 J. F. В В A N D T , Der Schädel des von Gervais (a. a. O. p. 301) als Typus seiner Gattung Glyphidel- phis angesehenen, von Gray früher ( Gatal . of Mamm. Part 1. Cetacea London 1850 p. 131 ) zu Steno ? gezogenen (wie mir scheint offenbar zu letzterer Gattung gehörigen) Delphinus rostrafus Cuvier’s (Ann. d. Mus. XIX. 9. Rech, s l. oss. foss\ cd. 8. PI. 222 Fig. 7, 8) bietet mit Steno Gastaldii verglichen eine besonders in ihrer vordem Hälfte weit schmä- lere, spitzere, comprimirte Schnautze, namentlich in ihrem vordem Tlieile, weit schmälere Zwischenkiefer und eine längere Symphyse des Unterkiefers. Steno Gastaldii lässt sich also mit keiner der in den Europa umspuelenden Meeren bisher beobachteten Delphininen vereinen. Von den bei Gray (Synops. of Whalcs p. 5) aufgeführten aussereuropäischen Arten weicht Steno Gastaldii im Allgemeinen durch seinen länglichen, schwach comprimirten, vorn weniger zugespitzten Sclmautzentheil und seine breiten Zwischenkiefer ab. Am meisten scheint er sich aber im Ganzen dem Steno attenuatiis (Gray Synops. p. 5 PI. 28) und com- pressas (ib. PI. 27) zu nähern. Aber auch von diesen beiden unterscheidet er sich durch seinen in der Mitte, wie vorn (oder wenigstens vorn) breiteren Sclmautzentheil so wie durch die ansehnlichere Breite der Zwischenkiefer. Unter den noch lebenden, bisher bekannten, aussereuropäischen Gliedern der Gattung Steno findet sich demnach ebenfalls keine Form womit sich Steno Gastaldii vereinen liesse. Was die in den Fossilen Cetaccen S. 244 ff. als Delphininen beschriebenen oder erwähnten Beste anlangt, so kann man sie, theils wegen ihrer Unvollständigkeit, theils wegen ihrer ge- ringen Zahl, meist nicht in Vergleich ziehen. Ein von Gervais (Ostéogr. d. Cétac.Pl. LVII. Fig. 7 und 7a) dargestellter Unterkiefer möchte indessen nach Maassgabe seiner Gestalt, namentlich auch im Betracht seiner langen (für einen Schizodelphis oder Champsodelphis , wie mir scheint, nicht wohl passenden) Symphyse, der eines Steno sein. Seine länger er- scheinende Symphyse und seine stärker divergirenden, auf eine weit breitere Schnautze hindeutenden Aeste lassen indessen nicht wohl daran denken, er könne einer bereits aufge- stellten Art angehören, womit Steno Gastaldii zu vereinen sei. Die letztgenannte, meinem hochverehrten Turiner Freunde als Zeichen der Dankbarkeit gewidmete, Art dürfte daher auch im Betracht der bisher mir bekannten fossilen Reste wohl als eine craniologisch wohl- begründete anzusehen sein. Der Figur 4 dargestellte, stark beschädigte, Steno Gastaldii ebenfalls ungehörige, Schä- delrest gestattet leider nur den Delphiniden-Charakter zu erkennen. Dasselbe gilt von den Theilen des Gehörorgans: Figur 5, 6 und 7, woran die Bulla,nicht erkennbar hervortritt. Der im Zusammenhänge mit dem Atlas in Figur 8 und 9 erscheinende Epistropheus weist auf eine der der Delphine ähnliche Vereinigung hin. Dass der Figur 10 und 11 abgebildete Lendenwirbel nach dem Typus der Wirbel der Gattung Delphinus im engern Sinne gebildet sei, wurde bereits oben bemerkt. An der einzelnen Rippe, wovon Figur 12 eine Darstellung liefert, habe ich auch nichts Besonderes bemerken können. Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 17 Hinsichtlich der Grösse dürfte Steno Gastaldii Delphinus Delphis wie es scheint, über- boten haben. Im Allgemeinen sind wohl die Glieder der Gattung Steno als solche zu betrachten, die von den Delphininae zu den Platanistinae durch die lange Symphyse ihres Unterkiefers hinneigen, jedoch nicht den Letztem, sondern den Erstem näher stehen, also auch einzu- reihen sind. Es scheint übrigens interessant, dass Steno Gastaldii ein solches Glied darstellt, wel- ches einen neuen Stützpunkt für die Annahme verschafft: die frühere Delphinoiden- Fauna (soweit dieselbe nach Resten der Tertiärzeit bekannt ist) habe einen, wenn auch nicht in allen Beziehungen völlig identischen, jedoch sehr ähnlichen Charakter, mit der noch jetzt vorhandenen durch den Untergang zahlreicher Arten veränderten besessen. Snbfamilia 2. Platanistinae. Platanistidae Flow. In meiner Arbeit über die fossilen Cetaceen fanden die dort S. 253 ff. erörterten Gattungen Schizodelphis und Champsodelphis noch zu Ende der eigentlichen Delphininen (der Delphiniden FloweFs ), ihren Platz. Dass ich denselben nur als einen vorläufigen ansah, geht zur Genüge aus meinen dort S. 263 und 265 gemachten Bemerkungen hervor. Neue auf Champsodelphis bezügliche, vom Hrn. v. Letocha gütigst mitgetheilte, Materialien veranlassten mich daher eine Revision der genannten Gattungen vorzunehmen und in Folge davon sie den Platanistidae im Sinne Fl о wer ’s (Trans, of the Zool. Soc. of London. Vol. VI p. 112 und 115) einzureihen, wozu auch wohl, wie schon der eben genannte, treffliche Naturforscher meinte, Gray’s Pontoporia gehören möchte, obgleich der letztgenannte sie (Synops. of whales p. 5) seiner Tribus der Stenonina einreihte. Bemerkenswerth scheint übrigens, dass meine durch die kurze Symphyse des Unterkiefers und die zugespitzten, am Grunde einfachen, Zahnkronen an die Delphininen , durch das einfache, plattenförmige Brustbein und die breiten Querfortsätze der Lendenwirbel aber an Inia erinnernde Gattung Heterodelphis ( Foss . Cetac. S. 248 Tafel XXV und XXVI ) vielleicht als Mittelglied und eigene Gruppe (Heterodelphininae) zwischen Delphininae und Platanistinae künftig ihren Platz einzunehmen haben könnte. Als Unterschiede der Platanistidae Flower’s von seinen Delphinidae würden vielleicht dem von ihm (a. a. 0. p. 113) gelieferten Charakter der Platanistidae noch das einfache, plattenförmige, Brustbein und die breiten, am Ende erweiterten, Querfortsätze der Len- denwirbel hinzuzufügen sein. 1. Genus Schizodelphis Gerv. ? Pontoporia Gray. In der (Foss. Cetac. S. 253) mitgetheilten Charakteristik dieser nach G er vais’ s Vor- Uemoiies de l'Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. 3 18 J. F. Brandt, gange angenommenen Gattung wurde die auf der Unterseite durch zwei Längsfurchen in drei parallele Theile (einen breitem, mittleren und je einen schmalen seitlichen) geschie- dene untere Fläche der Symphyse des Unterkiefers als Hauptkennzeichen angesehen. Es war mir indessen damals entgangen, dass die Unterkiefersymphyse von Pontoporia Gray (Flower Trans, of the zool. soc. of London. Vol. VI p. 109 PI. 28. Fig. 4] Burmeister Annales del Museo publico de Buenos Aires VI. PI. XV— XV II) dasselbe Kennzeichen bietet, ja dass selbst die genannte Gattung eine Schizodelphis nicht unähnliche Zahnbil- dung besitzt. Die Schädelform von Pontoporia (Flower ebd. Fig. 1 — 3, Burmeister ebend.) stimmt indessen nicht ganz mit der von Schizodelphis (Gervais Ostéogr. d. Cétac. PI. LVII. Fig. 3, so wie Zool. et Palcont. fr. PI. 83 Fig. 5 — 6). Der Schädel von Schizo- delphis sulcatus , so weit er sicher bekannt, weicht nämlich von dem von Pontoporia durch seine grössere, vordere, Breite und hintere Höhe, die geringe hintere Wölbung seines Hin- terhauptstheils, den breitem Schnautzentheil, den weit mehr nach hinten gehenden, die Schläfengrube überdachenden, viel breitem Stirntheil der Oberkiefer, die (siehe H. v. Meyer Palaeontogr. Bd. VI Taf. VII Fig. 1 ) vorn in einem etwas weniger spitzen Winkel gegen die Symphyse convergirenden Unterkieferäste und besonders, nach Maassgabe der Abbildungen von Pontoporia bei Burmeister, durch etwas kürzere, dickere, kurzspitzigere Zähne ab. Man darf indessen wohl die Frage aufwerfen: ob nicht, ungeachtet der eben angegebenen Differenzen (die mehr den Werth von specifischen als generischen beanspru- chen möchten), der 1861 vorgeschlagene, generische Name Schizodelphis Ger v. einem ältern (Pontoporia) von Gray 1846 ertheilten später zu weichen habe, wenn nicht noch andere, wesentlichere, Merkmale die bisherige generische Sonderung künftig gut heissen. Spec. 1. Scliizodelpbis sulcatus Gerv. ? P о n t о p о r i a s u 1 c a t a. In Bezug auf meine darüber (Fass. Getac. S. 253) gemachten Mittheilungeu muss be- merkt werden, dass Gervais in der O stéographie auf PL LVII unter Fig. 3 eine Abbil- dung des Schädels von oben, ferner Fig. 4 — 6 Ansichten mehrerer Bruchstücke der Kie- fer, so wie Fig. 8 zwei der Bullae tympani geliefert hat. Beachtung scheint auch der Um- stand zu verdienen, dass auf derselben Tafel das Figur 7 und 7a dargestellte, beträchtliche Fragment des Unterkiefers einer Delphinoide derselben Art, d. h. dem Schizodelphis sul- catus , zugeschrieben wird. Betrachtet man nämlich dasselbe genauer, so findet sich, dass es durch seine weit kürzere, schmälere, unten nur mit einer einzigen centralen Längsfurche versehene, Symphyse und den hinter ihr befindlichen spitzen, durch die Connivenz der Kie- feräste gebildeten, Winkel von dem mit einer breitem, plattem, längern, an den Seiten zweifurchigen Symphyse und einen hinter ihr befindlichen stumpfern, gerundeten Winkel versehenen Unterkiefertheil des Schizodelphis sidcatas (Ostéogr. PL VII Fig. 6) sehr be- deutend abweicht. Ich bin übrigens meinerseits geneigt, das fragliche, ebendaselbst Fig, 7 Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 19 dargestellte, Unterkieferfragment einem Steno (siehe oben) zu vindiziren. Allerdings lässt sich diese Ansicht nur auf die Differenz der angeführten Abbildungen stützen, wozu meines Wissens Gervais noch keinen Text veröffentlichte. Es fragt sich übrigens oh nicht künftig statt Schisodelphis sulcatus seu canaliculatus Pontoporia snlcata zu setzen sein dürfte. 2. Genus Champsodelphis P. Gerv ? Plat an ist a F. C uv. Die unten näher beschriebenen, auf Tafel III und IV Fig. 1 — 11 dargestellten, Reste des Champsodelphis Letochae , welche im Jahre 1873 bei Nussdorff und Heiligenstadt ent- deckt und, wie schon bemerkt, mir vom Hrn. v. Letocha gütigst zur Untersuchung an- vertraut wurden, bieten einige Stücke, die zur Revision des Charakters der genannten Gattung Anlass geben. Was den (. Foss . Cetaceen S. 262 und 263 ) von mir gelieferten Charakter anlangt, so sind namentlich die, bei Gelegenheit der Schilderung der Gestalt der Querfortsätze der Lendenwirbel angebrachten, Klammern nebst dem Fragezeichen zu streichen. Als Ergänzungen des Gattungscharakters wären noch nachstehende Bemerkungen hinzuzufügen. Die obere Fläche des Oberkiefers (Tafel III. Fig. 1) ist gewölbt. Die Alveolartheile desselben sind einander auf der untern (innern) Fläche (ebend. 1 a) so nahe gerückt, dass sie nur durch eine Längsfurche geschieden werden. Die obere (innere) Fläche der Sym- physe des Unterkiefers (ebend. Fig. 2) besteht ebenfalls nur aus den dicht an einander ge- rückten, durch eine centrale Längsfurche gesonderten Alveolartheilen. Ein neuerdings unweit Wien (bei Heiligenstadt) mit Resten des Unterkiefers aufge- fundener Zahn (Taf. IV. Fig 3 a, b, c und a', b' c'), dessen Ansicht ich Hrn. v. Letocha ebenfalls verdanke, stimmt sehr gut mit den hintern und mittlern Zähnen von Platanista. Derselbe erscheint kürzer, dicker und kurzspitziger, so wie weit dickwurzliger als die Zähne der echten Delphine. Seine Länge beträgt 7, seine untere Breite 3 und die Länge seiner Krone 5 Mm. Die glänzende Krone ist leicht nach innen gebogen, kurz zugespitzt, am Grunde angesch wollen. Die Wurzel erscheint nicht nur von der Krone stark abgesetzt, sondern auch voluminöser als letztere und zeigt eine ansehnliche Höhlung (ebend. Fig. 3d). Hr. Pfarrer Probst in Unteressendorf (zwischen Ulm und Friedrichshafen) hatte die Güte die Skizze eines ähnlichen Zahnes (ebend. Figur. 4) mir mitzutheilen , der nebst an- dern in seiner reichen Sammlung sich befindet,. Ausserdem sandte er aber noch vier andere Skizzen von Zähnen seiner Sammlung (ebend. Figur 5, 6, 7, 8) die durch eine lange, schmale, zugespitzte, etwas gebogencKrone und eine von ihr abgesetzte, in der Mitte etwas aufgetriebene, längliche Wurzel sich charakterisiren. — Da bei Platanista die in der vorderen Hälfte der Kie- fer befindlichen Zähne eine ähnliche Gestalt besitzen wie die zuletzt beschriebenen, länglichen der Probst’schen Sammlung, so könnte man sie wohl für Yorderzähne von Champsodelphis 3* 20 J. F. Brandt, halten. Wäre diese Deutung richtig, so würde nicht blos durch die Gestalt ihrer Kiefer, son- dern auch durch ihren Zahnbau die Gattung Champsodelphis der noch jetzt ira Ganges und Indus lebenden Gattung Platanista so nahe zu stehen kommen, dass sie nach den bis jetzt bekannten Charakteren sich nicht wohl davon unterscheiden Hesse. Ich habe daher der Gattung Champsodelphis als älteres rauthmaassliches Synonym den Namen Platanista ? beigefügt. Bemerkenswerth, ist übrigens, dass die Gattung Champsodelphis (vielleicht — Plata- nista ?) den Delphininen , namentlich Steno im Betreff des Verhaltens der Symphyse des Un- terkiefers, näher steht als Schisodelphis , und dass die noch lebende, der Abtheilung der Delphiniden angehörige, Gattung Platanista durch ihre verschieden gestalteten Zähne zu den ausgestorbenen Zeuglodontiden (namentlich, im Betreff des Schädels, am meisten zu Squalodon) hinneigt. Spec. 1 Champsodelphis macrognathus Noh. Chamsodelphis macrognathus J. F. Brdt. Foss. Cetaceen S. 263. ? Platanista macrognatha No b. ? Ameben genannten Orte sah ich mich veranlasst den von Cuvier (Rech. s. I. oss. foss. éd. 4me p. 159) beschriebenen und (PI. 224 Fig. 4, 5) abgebildeten Borda’schen Unterkieferrest als Grundlage einerbesondern, mitC%. macrognathus bezeichneten, von derjenigen verschie- denen, Art anzusehen, welcher das ebenfalls von Cuvier (а. а. О. p. 162) geschilderte, ihr als zweiter Rest gleichfalls zugeschriebene und ebendaselbst Fig. 9 — 11 abgebildete Oberkieferstück angehörte. Es bewogen mich dazu die von Valenciennes in den Comptes- rendus T. LIV. p. 789 und 790 gemachten Mittheilungen, weshalb ich auch die darauf begründete letzterwähnte Art Gh. Valencienensii ( a.a . 0.S.266) nannte, jedoch, wegen ih- rer schwachen Grundlage, mit einem Fragezeichen versah. Laurillard’s auf beide Kiefer- reste fassender Delphinus macrogenius wurde demnach mit Valenciennes in zwei Arten zerfällt. So viel sich aus den schönen von Gervais in der Ostéographie auf PI. TjVII Fig. 1, la und lb gelieferten Abbildungen des fraglichen Oberkieferfragmentes, welche derselbe seinem Champsodelphis macrogenius zuschreibt, folgern lässt (der Text der Ostéographie zu seinem Champsodelphis macrogenius fehlt leider noch) könnte möglicherweise Gervais der Ansicht Cuvier’s und Laurillard’s, nicht der Valencienne’s, zustimmen. Es muss da- her abgewartet werden, wie Gervais im Texte der Ostéographie die von ihm anscheinend vertretene Cuvier-Laurillard’sche Ansicht motiviren wird. Merkwürdig ist aber, dass er, wenn er wirklich diese Ansicht vertritt, nicht lieber, oder gleichfalls, das dem Ch. macro- genius vindizirte Unterkieferfragment des Cuvier’schen Dauphin à longue symphyse abbil- dete, da dasselbe noch charakteristischer als das Oberkieferfragment ist. Beachtenswerth dürfte indessen scheinen, dass wir auf seiner PI. LVII der Ostéographie unter Figur 2 die Darstellung des Bruchstückes der Symphyse des Unterkiefers eines Champsodelphis finden, Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 21 welches er einem Ch. ? acutus zuschreibt. Dasselbe bietet unverkennbare Aehnlichkeit mit dem Symphysentheil des Cuvier’schen Unterkieferfragmentes und könnte ihn in der Ostéo- graphie vertreten sollen. Vielleicht darf man daher, wenn dies sich so verhielte, die Ver- muthung wagen: Gervais sei nicht der Ansicht Cuvier’s und Laurillard’s, sondern Valenciennes’s, so dass er vielleicht das Unterkieferfragment des Cuvier’schen Dauphin à longue symphyse einem Ch. ? acutus d. h. dem Seite 263 unter Spec. 1 von mir als ma- crognathus bezeichneten Champsodelphis vindizire, während er das schon von Cuvier be- schriebene und abgebildete, wie bereits erwähnt, in der Ostéographie von neuem PI. LVII Fig. 1, la , lh dargestellte Oberkieferfragment dem Champsodelphis macrogenius (meinem fraglichen Champsodelphis Valenciennesii) zuschrieb. Bemerkenswert!! ist übrigens, dass auf Seite 263 Zeile 25 meiner Untersuchungen über Fossile Cetaceen anstatt: «Laurillard und Gervais theilten Cuvier’s Ansicht. Der Letztere lieferte überdies u. s. w.» zu lesen ist; Cuvier’s Ansichten theilten Laurillard * und Gervais. Gervais lieferte überdies Zool. et paléont. fr. PI. 41.» u. s. w. Spec. 2 . Cliampsodelphfs lophogenius Not». Champsodelphis lophogenius J. F. Br dt. Foss. Cetac. S. 265 . I ? P 1 a t a n i s t a 1 о p h о g e n i a N о b. ? Das von Gervais in der Ostéographie PI. LVII einem Delphinus lophogenius vindi- zirte und auf derselben unter Fig. 10 und Fig. 10 a abgebildete, ihm zu Grunde liegende, Unterkieferfragment gehört allem Anschein nach einem Champsodelphis an. Von den ihm entsprechenden Theilen des Ch. Letochae weicht es, ausser dem bereits von Valenciennes hervorgehobenen Merkmal, durch die, wegen ihrer stärkern Divergenz, auf einen breitem Schädel hindeutenden, aufsteigenden Aeste ab. Durch diese Differenz der Kieferäste neigt sich übrigens Champsodelphis lophogenius mehr zu Platanista gangetica hin als Ch. macro - gnathus und Letochae. Spec 3. Champsodelphis Valencienuesii Not». ? Champsodelphis Valenciennesii J. F. Br dt. Foss. Cetac. p. 266. — Champsodelphis macrogenius Gervais Ostéogr. d. Cétac. PI. LVII Fig. 1 und la und h ?Platanista Valenciennesii N о b. ? Wie ich bereits im vorstehenden Zusatze zu Champsodelphis macrognathus erörterte, wurde das Oberkieferfragment, welches Cuvier (als zweites) seines Dauphin à longue sym- physe (des spätem Delphinus macrogenius Laurillard’s) ansah, (die Grundlage meines Champsodelphis Valenciennesii ) von Gervais a. a. 0. seinem Champsodelphis macrogenius zugeschrieben. Die Beweggründe Gervais’s für diese Annahme dürfen wir wohl in dem auf die Odontoccten bezüglichen, noch fehlenden, Tlweile des Textes erwarten. 22 J. F. Brandt, Spec. 4. Champsodelphis Letochae J. F. lîrdt. Champsodelphis Letochae J. F, Brdt. Foss. Cetac. S. 267. Tafel XXVIII Ergänz. Tafel III und IV. ? Platanista Letochae Nob. ? Die neuerdings bei Wien (namentlich bei Nussdorf und Heiligenstadt) gefundenen Reste, welche sich in der schönen Sammlung des Hrn. v. Lctocha befinden und mir gü- tigst von ihm zur Untersuchung anvertraut wurden, setzen mich in den Stand nicht bloss den Charakter der mir als zweifelhaft erscheinenden Gattung Champsodelphis zu be- richtigen, sondern auch die Kenntniss der fraglichen Art mehrfach zu fördern. Mehrere, theils dem Ober-, tlieils dem Unterkiefer ungehörige Fragmente, ein fast vollständiger Epi- stroplieus, ein mit einem Querfortsatze versehener Rückenwirbel, zwei je einen fast voll- ständigen Querfortsatz bietende Lendenwirbel, mehrere Rippenbruchstücke, zwei, aller- dings nur kleine, Reste des Schulterblattes nebst den beiden Knochen des Unterarms bilden den werthvollsten Theil des Nussdorfer Fundes, welcher ausserdem noch mehrere Bruch- stücke von Wirbeln lieferte. Nach Maassgabe der mit den Wirbeln vereinten Epiphysen gehörten die Reste einem ausgewachsenem Exemplar einer kleinen, nur einige Fuss langen, Art an. Vom Oberkiefer (Ergänz. Taf. III. Fig. 1 und la) enthalten die Reste nur ein 45 Mm. langes, 10 Mm. breites und ebenso hohes, aber sonst intactes, jedoch völlig zahnloses, Bruchstück, welches wohl dem Endtheil des Kiefers angehörte. Die obere, längliche, Fläche (Fig. 1) ist convex, dacht ich aber an den Seiten stark ab. Oben in ihrer Mitte sieht man eine lineare, schmale Längsfurche und in der Nähe derselben zwei läng- liche Gefässöffnungen. Ueber jedem der Alveolarränder verläuft eine breitere, wenig tiefe, Längsfurche. Die untere (innere) Fläche. (Fig. la) bietet jederseits sechs intacte, rundliche, ansehnliche Alveolen von 4 Mm. im Durchmesser Die Innenwand jedes Alveolartheils hat das Ansehen einer perpendikulären Leiste, Beide Innenwände sind zwar oben mit einander vereint, werden aber unten durch eine lineare Furche geschieden. Der, wenngleich beachtenswerthe, früher (Foss. Cetac. p. 267) beschriebene und (ebd. Taf. XXVIII Fig. 1) dargestellte Unterkiefer erscheint, theils wegen seiner abgeriebenen Aussenflächen, theils wegen der seiner Symphyse fehlenden innern Alveolartheile nicht ganz charakteristisch. Um so erwünschter muss es sein, dass der neue Nussdorfer Fund mehrere, mehr oder weniger wohl erhaltene, Fragmente des Unterkiefers enthält, die .sich unter Zu - ziehung des früher beschriebenen Unterkieferfragmentes des Champsodelphis, Letochae und des Unterkiefers von Platanista dermaassen vereinen liesscn , dass sie ein deutliches Bild vom Bau des grössten Theiles des Unterkiefers bieten und die Aehnlichkcit desselben mit dem von Platanista , namentlich mit dem von PI. Indi näher nachweisen. Das nach seiner Restauration gegen 174 Mm. lange hinten etwa 18, vorn 10 Mm. hohe, Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 23 ansehnliche, bei Nussdorff“ gefundene, Unterkieferhruchstück (Tafel III. Fig. 2, 3) wird ei- nerseits aus Fragmenten des vordem Theils der aufsteigenden Aeste des Kiefers gebildet, welche vorn gegen den hintern Tlieil der Symphyse in einen sehr spitzen Winkel von 25 Grad convergiren; anderntheils aber aus mehreren (6) Bruchstücken eines sehr grossen, etwa 138 Mm. langen, Theilcs der Symphyse zusammengesetzt, die als sehr lang und schmal zu bezeichnen ist. Da am genannten Fragment der aufsteigende Theil der Kieferäste mangelhaft er- schein!, so war es erwünscht denselben durch ein später bei Heiligenstadt gefundenes Frag- ment (Taf. IV. Fig. 1, 2) etwas ergänzen zu können. Dasselbe zeigt namentlich der auf- steigende Theil sei nicht sehr hoch und trüge ziemlich wenige Zähne. Schon unter den Alveolarrändern der aufsteigenden Thcile beginnt auf der äussern Fläche jedes Kieferastes eine nicht sehr tiefe, breite Furche, (Taf. III Fig. 3 a) die etwa gegen die Mitte des Kiefers schmäler und tiefer wird und in letzterer Gestalt sich gegen die Kieferspitze fortsetzt. — Der obere (innere) nur aus den einander völlig genäherten Alveolarrändcrn ge- bildete Theil der Symphyse {Fig. 2) wird seiner ganzen Länge nach von einer hinten etwas breitem, gleich vor den aufsteigenden Aestcn beginnenden, Längsfurche durchzogen. Auf der sehr convexen untern Fläche der Symphyse (Fig. 3) bemerkt man, an ihrer Vereinigungsstelle mit den aufsteigenden Aesten, einen spitzwinkligen Eindruck von wel- chem aus eihe linienförmige Furche auf der ganzen Mitte der Symphyse sich nach vom fortsetzt. Die Alveolartheile erscheinen im Verhältniss zum Kiefer ziemlich breit, ebenso wie dick, und hinten mit einem stärker vortretenden, innern Rande versehen. Die Alveolen stehen ziemlich gedrängt, sind ziemlich weit und setzen sich auf den aufsteigenden Theil des Unterkiefers fort. — Von Zähnen der Gattung Champsodelphis wurde unweit Wien erst der oben beschriebene, ohne Frage Champsodelphis Letochae ungehörige, ganz neuerdings ge- funden, Dass er demselben angehöre wird nicht bloss durch sein Vorkommen mit unver- kennbaren Resten der genannten Art und seine den Alveolen des Unterkiefers derselben proportionirte Grösse, sondern auch durch seine Aehnlichkeit mit den Zähnen der von Cu- vier {Rech. s. I. oss. fass. PL 224 Fig. 4 , o, 9 , 10) abgebildeten Kieferrcstc des Champ - sodelpMs macrognathus und Valenciennesii nachgewiesen. Der Zahn des Oh. Lctochae weicht indessen von den ihm entsprechenden Zähnen der genannten Arten dadurch ab, dass der Grund seiner Krone nur aufgetrieben ist, nicht aber die geringste Spur eines Anhanges zeigt. Vom Epistropheus wurde {Fossile Cetac. S. 267 ) nur ein sehr unvollständiges Frag- ment beschrieben und (ebend. Tafel XXVIII Fig. 2) abgebildet. Ich lasse daher Bemer- kungen über ein wreit vollständigeres nebst Darstellung desselben folgen. Der Epistropheus {Taf. III Fig. 4 — 7) ähnelt im Wesentlichen dem von Champsodelphis Fuchsii und Karreri, weicht aber sehr bedeutend von dem des Heterodelphis Künden ab. Die obere (innere) Fläche des Körpers des Epistropheus des Champsodelphis Letochae zeigt eine breitere, ziemlich horizontale, der Quere nach viereckige, von einer deutlichen, niedrigen, centralen 24 J. F. Brandt, Längswulst durchzogene, an den Seiten grubig eingedrückte, vorn und hinten schwach aus- geschweifte, hintere Hälfte, die nahe dem hintern Rande, neben dem Längswulst, jeder- seits eine kleine Gefässöffnung bietet. Die vordere Hälfte (Fig. 4) dagegen ist schmäler (na- mentlich vorn) etwas vertieft, nach unten abgedacht und mit zugerundeten Rändern ver- sehen. Unter ihrer Mitte lässt dieselbe ausserdem ein kleines, vorn eingedrücktes, Höcker- chen wahrnehmen, neben welchem nach hinten zu zwei Grübchen sichtbar sind. Aus der breitem Mitte der untern Fläche des Epistropheus (Fig. 7) entspringt nach vorn ein zwar niedriger, aber ansehnlicher, fast abgerundet herzförmiger Höcker (verkürzter Processus odontoideus), dessen ganze vordere Fläche eine wenig convexe Gelenkfläche darstellt. Vorn, neben dem Gelenkhöcker, bemerkt man jederseits eine kleine Grube. Der hintere, schmä- lere, gebogene Theil der untern Fläche {Fig. 7) zeigt in der Mitte einen kurzen, stumpfen Kamm, der vorn mit dem Gelenkhöcker vereint ist, jederseits aber eine tiefe, schräge, lange Grube neben sich hat. Die hintere Körperfläche des Epistropheus {Fig. 5) erscheint als nierenförmige, in der Mitte vertiefte, Gelenkfläche für den dritten, freien Halswirbel. An den Seiten des Körpers tritt jederseits ein ansehnlicher, querer Fortsatz hervor, der vorn (Fig. 4) eine fast ovale Gelenkfläche zur Verbindung mit den Seitentheilen des Atlasses wahrnehmen lässt, nach hinten aber einen fast rhomboidalen, ziemlich kurzen, auf seiner hintern Fläche tief ausgehöhlten, Fortsatz (eigentlichen Querfortsatz) aussendet, der übrigens, ebenso wie der untere Theil des Neuralbogens, nur auf der rechten Seite er- halten ist. Ein wohl den hintersten der mittlern Rückenwirbel zuzuzählender Wirbel {Fig. 8—10) bietet einen 20 Mm. langen, unten gekielten, an den Seiten eingedrückten Körper und be- sitzt einen fast länglich-viereckigen 20 Mm. langen, vor dem nicht ganz vollständigen Ende 11 Mm. breiten, Querfortsatz. Ein, den mittlern zuzuzählender, Lendenwirbel {Fig. 11 — 13) bietet einen 35 Mm. langen (also sehr verlängerten) an den Seiten, besonders unten, (Fig. 13) stark einge- drückten Körper, der unten bis hinter der Mitte einen längern, einfachen, hinter der Mitte aber einen kurzen, doppelten Kiel besitzt. Einer seiner Querfortsätze ist zum grossen Theil erhalten und bietet eine Länge von 25 Mm. Derselbe ist breit, am 20 Mm. breiten Grunde vorn wie hinten stark ausgerandet und war am Endtheil ohne Frage weit breiter als am Grunde. Hinter und über jedem seiner Querfortsätze verläuft eine bogenförmige Gefäss- furche nach unten auf dem Körper. Der Rückenmarkskanal (Fig. 11) erscheint als läng- liche Spalte. Ein zweiter, dem Vorigen hinsichtlich der Grösse und allgemeinen Gestalt ähnlicher, Lendenwirbel {Fig. 14 — 16) weicht vom eben beschriebenen durch den meist erhaltenen, noch breitern , vorn , wie hinten , am Grunde noch stärker ausgeschweiften Querfortsatz, ferner durch den auf der Unterseite {Fig. 16) in der Mitte weit stärker ausgeschweiften, Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 25 mit zwei parallelen, durch einen länglichen Zwischenraum getrennten, Kielen versehenen, Körper ab. Er ist daher offenbar als einer der hintersten Lendenwirbel anzusehen. Von Rippen (Fig. 17 — 20) finden sich 7 namhafte Bruchstücke, wovon zwei (Fig. 17 und 18) den vordersten, breiten, abgeplatteten, nur mit einer vordem und hintern Kante versehenen, vorn stumpfkantigen (Fig. 19 ), zwei den vordem, zwar gleichfalls abgeplatteten und zweikantigen, aber schmälern, vom und hinten scharfkantigen, und zwei den hintersten, sehr schmalen, dreikantigen Rippen angehörten, wovon nur die vollständi- gere Fig. 20 dargestellt wurde. — Da die Materialien, welche als Ergebnisse eines spätem, bei Heiligenstadt gemachten, Fundes Hr. v. Letocha mir gewogentlichst übersandte, drei namhafte Bruchstücke von Rippen lieferten, so Hess ich dieselben nachträglich als Ergän- zung auf Taf. IV Fig. 9, 10, 11 darstellen. Vom rechten Schulterblatt ist nur der mit der innen stark ausgerandeten Gelenk- grube versehene, leider nicht charakteristische, Gelenktheil und ein kleines Bruchstück seines vordem Theils nebst einem Theile der Spina vorhanden. Die Ulna nebst dem Radius der linken Extremität sind noch vollständiger als die früher auf Taf. XX VIII Fig. 4 C, II dargestellten vorhanden. Die Ulna (Taf. III Fig. 21) zeigt übri- gens, abweichend von der Foss. Cetac. Taf. XXVIII Fig. 4 G. abgebildeten, ein ansehn- liches, fast rhomboidales, nach oben zugespitztes , an den Seiten comprimâtes Olecranum ; jedoch fehlt ihr die untere Epiphyse. Spec. 5, Champsodelphis acutus Gerv. ? Ch.? acutus Gervais Ostéogr. Fl. LVII Fig. 2. Unter der vorstehenden Bezeichnung hat Gervais a. a. 0. die Abbildung eines läng- lichen, schmalen Kieferbruchstückes geliefert, welches, ausser einigen noch wohl erhaltenen, mehrere mehr oder weniger unvollständige Alveolen zeigt. Mit Recht fügte er indessen der von ihm darauf gegründeten Art ein Fragezeichen bei, da das Bruchstück nicht hin- reichen möchte dieselbe von ihren nahen Verwandten mit einiger Bestimmtheit zu unter- scheiden. Namentlich könnte sie möglicherweise auf Champsodelphis macrognatlius oder ei- nen andern der in Frankreich gefundenen Champsodelphen zu beziehen sein, auf welche Möglichkeit ich schon oben unter Ch. macrognatlius hindeutete. Da indessen der Text zur fraglichen Art mir nicht vorliegt, so lässt sich kein entscheidendes Urtheil fällen. ANHANG I Bemerkungen über eine vielleicht noch zu den Platanistinae gehörige, jedoch zu den Delphininae hinneigende, Gattung. Genus Oetorliynclius P. Gerv. Unter diesem Namen hat P. Gervais ( Ostéogr . d. Cétacés) eine neue Gattung nach dem Fragment eines zahnlosen Unterkiefers aufgestellt, das nach Maassgabe der davon gelieferten Abbildung (Fl. LVII Fig. 12) namentlich hinsichtlich der Länge und des son- Memoires de l’Acad. Imp. des acienoes, VII Serie. 4 / 26 J. F. Brandt, stigen Verhaltens der Symphyse, so wie der Gestalt des elliptischen hintern Symphysen- winkels an Platanista und seinen Champsodelphis zu erinnern scheint. Als Hauptunterschied von Letzterem macht sich an der Abbildung der weit breitere Symphysentheil mit seinen durch einen besondern, jedoch sehr schmalen, centralen Theil von einander getrennten Alveolarfortsätzen bemerklich. Ob sich die fragliche Gattung, welche durch die Breite der Symphyse des Unterkie- fers zu den breitschnautzigeren echten Delphinen , namentlich manchen Arten der Gattung Steno , etwas hinneigt, auch durch andere, sehr wünschenswcrthe, Merkmale bereits kenn- zeichnen und noch sicherer feststellen lasse wird der bisher noch fehlende Text der Ostéo- graphie vielleicht entscheiden. Als bis jetzt einzige Art gilt: Spcc. 1. Cetorliynclius Clirislolii P. Gerv. P. Gervais Ostéogr.d. Cétac. PI. LVII. Fig. 12. ANHANG II. Einige Worte über muthmaassliche nordamerikanische, fossile Pla- tanistidae im Sinne Flow er’ s. Seite 286—288 der Fossilen Cetaceen wurden von mir nach Leidy mehrere von letzterem und Соре errichtete Gattungen und Arten fossiler nordamerikanischer Del- phinoiden aufgezählt, die Gill ( Arrangement of the f amitiés of mammals. Washington 1872 p. 94) zum grossen Theil als Extinct Iniidae ? (d. h. — Plalanhiidae Flow. e. p.) bezeich- net, ohne sie jedoch zu charakterisiren. Es sind die Gattungen Priscodelphinus Leidy, Tetrosphys Соре, Zarhachis Соре, Lophocetus Соре und Ixacanthus Соре. Gehörten, wie Gill anzunehmen geneigt ist, die unter den bezeichneten, wenn auch wohl noch mehrfach, wie es scheint, beschränkbaren , Gattungs- und Artnamen aufgeführten Reste amerikanischer Delphinoiden wirklich Inia verwandten Arten, vielleicht gar, wenigstens theil- weis, der Gattung Inia selbst an, (wogegen sich für jetzt kein Einwand erheben lässt), so würden früher über dem Boden Amerika’s die Inien häufiger gewesen sein. Aehnlichcs könnte auch im Betreff der verwandten Pontoporien stattgefunden haben, wovon uns der treffliche Bur- meister eine lebende, südamerikanische Art näher kennen lehrte. Ueber dem Boden Euro- pa1 s schwammen gleichfalls früher zahlreiche Platanistiden ( Ctiampsodelphen — Platanisten? und Schizodelphen = Pontoporien?) während wir jetzt nur zwei Platanisten als Bewohner des Ganges und Indus kennen. Die untergegangenen Platanistiden waren aber wohl, wenigstens meist, Bewohner des Meeres. ANHANG III. Ueber eine muthmaasslich neue Gattung von Delphinoiden , deren genauere systema- tische Stellung bisher noch nicht ermittelt werden konnte als Ergänzung zu S. 2 58 der Fossilen Cetaceen. Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 27 ? Genus seu Subgenus ? Macrochirifer J. F. Brdt. Spec. 1. Macrochirifer viiidohonensis .1. F. Brdt. Delphinus? bracliyspondylus J. F. Brdt. Fass. Cetac. S. 258—262 Tafel XXVII , Der später näher erwogene Umstand, dass die Arten der Gattung Champsodelphis (. Platanista ?), welcher Schizodelphis so nahe steht, sämmtlich mit verlängerten, niedrigem Körpern versehene Lendenwirbel und nur kurze, mit dem Oberarm etwa gleich lange, ziemlich breite, Unterarmknochen bieten, lassen namhafte Zweifel gegen meine a. a. 0. S. 262 ausgesprochene Vermuthung auf kommen, dass die von mir a. a. 0. als Delphinus? bracliyspondylus bezeichnete Delphinoide des wiener Beckens, welche kurze, breite Lenden- wirbelkörper nebst schmalen, langen, den Oberarm an Länge übertreffenden., Unterarm- knochen besitzt, der Champsodelphis nahe verwandten Gattung Schizodelphis zugeschrieben, namentlich auf Sch. sulcatus bezogen werden könne. Ich halte es daher für gerathener für den durch die Länge seiner Unterarmknochen von allen bisher osteologisch bekannten Del- phiniden (auch von Pontoporia nach Burmeister) so abweichenden Delphinus brachyspon -- dylus eine besondere Gattung Macrochirifer mit dem passendem Artnamen vindobonensis vorzuschlagen. Der Name der Gattung wurde indessen noch mit einem Fragezeichen ver- sehen, da zu ihrer ganz genauen Begründung noch Schädel — , namentlich wenigstens Unter- kiefertheile liebst Zähnen, erforderlich sind. Der gänzliche, bisherige Mangel der genann- ten Theile bietet übrigens auch ein Hinderniss dieselbe einer der Unterfamilien der Del- phiniden selbst nur mit einiger Sicherheit einzuverleiben. Die kurzen Lendenwirbelkörper erinnern an die echten Delphininen , keineswegs jedoch die freien, breitkörperigen Halswirbel und breitem Querfortsätze der Lendenwirbel, während die so langen Unterarmknochen Macrochirifer gewissermaassen für ein ähnliches Homologen unter den Delphiniden ansehen lassen wie Megaptera unter den Balaenopteriden. Bemerkenswerth scheint noch, dass die bereits von Heckei (, Jahrb . d. geol. Reichs- anstalt III. 1852. 2. S. 161 , Brandt Foss. Cetac. S. 284 ) im Tegel von Hernals gefun- denen Delphinwirbel, worüber ich mir bisher in Wien keine Aufklärung verschaffen konnte, vermuthlich Macrochirifer vindobonensis? angehörten, da ausser den dem Delphinus bra- chyspondylus von mir vindizirten, sämmtliche Skelettheile der andern im wiener Becken bisher gefundenen, von mir beschriebenen, Delphiniden aus Nussdorf stammen. ANHANG IV. Delpliinopsis Freyeri J. Müll. In meinen Fossilen Cetaceen S. 281 erklärte ich Delpliinopsis für eine ungenügend begründete Gattung und bezweifelte, dass die von J. Müller ihr muthmaasslich vindizirten Gebilde Reste ihrer Haut seien. Schliesslich sprach icli den Wunsch aus, dass die einer sehr jungen Delphinine angehörigen Reste von neuem sorgfältig untersucht werden möch- ten. Hr. v. Letocha bemühte sich sogar (wiewohl vergebens) mir diese Untersuchung zu 4* 28 J. F. Brandt, ermöglichen. — Später fand ich indessen, dass durch H. v. Meyer (Palaeontographica Bd. XI p. 226 — 231 Taf. XXXIV) mein Wunsch bereits vollständig erfüllt worden sei. Meyer’s Ergebnisse stimmen im Wesentlichen mit meinen Ansichten. Nur erklärt er die der Delphinopsis zugeschriebenen Hautreste für Metallvegetationen ähnliche Concretionen. Tribus II. Diaphorodontes seu Zeuglodontes. Obgleich schon Gervais ( Zool . et paléont. gén. p. 176) für die Vereinigung der Zeu- glodontiden mit den andern Zahnwalen als Glieder derselben Unterordnung mit vollem Rechte sich ausgesprochen hatte, so finden wir doch bei Gill ( Arrangement of t he Familles of Mammals. Washington 1872 p. 92) die Zeaglodontia als erste Unterordnung der Ord- nung der Cetaceen , während er die mit einförmigen Zähnen versehenen Wale als Denticeten nebst den Bartenwalen , seinen Mysticete , in ein und dieselbe zweite, unbenannte Unterord- nung versetzt. Es veranlasste ihn wohl zu dieser Classification die von ihm im American Naturalist Vol. III (1873) p. 7 ausgesprochene Ansicht: die Zeuglodontiden seien als quasi - intermediate Formen zwischen den Vierfüssern und den mehr specialisirten Cetaceen (er meint die Balaenoiden und Delphinoiden ) dem Protocetaceen-Typus näher als die andern Cetaceen stehende Repräsentanten gewesen. Ueber welche Ansicht ich später ausführlicher sprechen werde. Nach meiner Meinung sind die Zeuglodontiden nur eine eigentümliche Ab- theilung der Zahn wale, die allerdings, besonders durch Zeuglodon, weniger durch Squalodon, zu den Pliocaceen hinneigen, ohne jedoch wahre Mittelformen zu sein. Der vorn stärker entwickelte, zahntragende Zwischenkiefer und das abweichende , zu dem der Robben neigende, Zahnsystem der Zeuglodontiden lassen sich nämlich nicht wohl als Grundlagen für die Annahme ansehen : dieselben hätten eine dritte, eigene Abtheilung der Cetaceen zu bilden, die der der Bartenwale und andern Zahnwale gleichwertig wäre. Zeigt doch der Zwischenkiefer der Hufthiere gleichfalls eine verschiedene Entwickelung und kann mehr oder weniger ausgebildete verschiedenartige Zähne oder auch keine tragen. Das Zahnsystem derselben ist ebenfalls morphologisch bei ihnen sehr verschieden. Ganz besonders bemerkenswert!] ist aber, dass bei den Delphinoiden , namentlich bei Delphi- napterus leucas , die Zwischenkiefer als fast kegelförmige, unten eine Alveolarspur bietende, Spitzen vor den Oberkiefern sich befinden und dass die Platanistinen durch Zähne von doppelter Gestalt zu den Zeuglodontiden hinneigen (siehe oben S. 20). Die Zeuglodonten sind demnach ihren meisten Eigenschaften nach den Delphinoiden ähnlich, besonders die Squalodonten. Familia 1 . Gynmorhinidae seu Squalodoutidae. 1. Genus Squalodon Grateloup. Den so zahlreichen, in den Fossilen Cetaceen S. 315 aufgeführten, generischen Synonymen dieser Gattung ist nach Gill. (. Arrangement of theFamilies of Mammals. Washington 1872 p. 93) Colophonodon Leidy (= Squalodon Gratei.) beizufügen. — Entscheidet man sich, Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 29 um eine, so überaus wünschenswerthe, möglichst einfache Nomenklatur der Naturkörper zu erzielen, für die thunlichste Einschränkung der Gattungen, so würden auch wohl Portheo- don Соре und Cynorca Соре als Synonyme von Squalodon gelten können. Ueberhaupt schienen mir, nach Maassgahe des bekannten Schädelbaues und vollständigen Gebisses, nur zwei Gattungen der Zeuglodontinen {Squalodon und Zeuglodon ) völlig sicher und vorläufig aus- reichend (Siehe Fossile Cetac. S. 297, 314 und 341). Indessen möchte vielleicht doch der Zeuglodon pygmaeus? Müller’s (Die Zeuglodonten S. 17 und 29, Taf. XXIII) der nach ihm ein junger Zeuglodon brachyspondylus sein könnte, den aber Leid у (Fxlinct Mamm. of North. -Amer. p. 420 PL XXIX Fig. 7, 8), ohne sein Gebiss zu kennen (wohl wegen einer vermeintlichen Aehnlichkeit seines Schädels mit dem des Squalodon Ehrlichii) zur Gattung Squalodon zieht, möglicherweise den Typus einer dritten Gattung ahgeben können. Squalodon pygmaeus Leidy ähnelt nämlich hinsichtlich des Schädelbaues, namentlich des Verhaltens seines Scheiteltheils, ja vielleicht auch Nasentheils, den an die Cetotherinen und Piohhen erinnernden Zeuglodonten , nicht den einen delphinartigen (also mit nach hinten in die Höhe geschobenen Nasenbeinen versehenen) Schädel bietenden Squalodonten. Sein Schnautzentheil gleicht im Profil allerdings dem des Squalodon Ehrlichii. Jedoch dürfte dieser Umstand nicht hinreichen ihn zu den Squalodonten zu stellen, weshalb ihn auch wohl Gervais ( Ostéogr . d. Cétac. PI. XXVIII Fig. 26) als Sq ? pygmaeus bezeichnete. Seihst wenn aber auch Müller’s Zeuglodon pygmaeus ein dem der Squalodonten ähnliches Gebiss hesass, was keineswegs nachgewiesen ist, so würde er doch nicht wohl als echter Squalodon gelten können, weil seine Hirnkapsel, obgleich sie einen vordem verkürzten Theil zeigt, eben so wie sein Nasenthcil, eher an Zeuglodon als an Squalodon erinnern. Vor- läufig scheint es demnach vielleicht am passendsten Zeuglodon pygmaeus als, wegen Un- kenntniss des vollständigen Zahnbaues, allerdings noch zweifelhaftes, Mittelglied zwischen der Gattung Zeuglodon und Squalodon anzusehen und einstweilen, nach Cope’s Vorgänge (Proceed. of nat. Sc. 1867 p. 155) als Doryodon pygmaeus zu bezeichnen. Spec. i. Squalodon Meyeri (Voll, Arionius servatus H. v. Meyer Palaeontogr. VI. p. 31 Tafel IV.; Gervais Ostéogr. d. Cétacés PL XXVIII. Fig. 22—24. — Squalodon Meyeri J. F. Brandt Foss. Cetaceen p. 316 — 318. Gervais a. a. 0. hat auf der citirten, der Gattung Squalodon gewidmeten, Tafel Co- pieen des von II. v. Meyer einem Arionius servatus zugeschriebenen Schädelrestes und zweier seiner Vorderzähne gegeben; jedoch in der Unterschrift der Tafel die Beste nicht als die eines SqualodoFs , sondern als dem Arionius servatus (de Steinheim) ungehörige be- zeichnet. Gleichwohl wurden schon früher die Ueberreste des Arionius (wie ich a.a. O.S. 317 bereits bemerkte) in Folge einer von 0. Fraas mit Gervais im Stuttgarter Museum ge- meinschaftlich angestellten Untersuchung, wobei sich die für Squalodon charakteristischen Backenzähne fanden, für die eines Squalodon erklärt. Auch lässt bich das von Meyer be- 30 J. F. Brandt, schriebene Schädelfragment, wenn man dasselbe mit der von Gervais a. a. O.Fig. 8 a ge- lieferten obern Ansicht des Schädels des Squalodon bariensis vergleicht, sehr gut für das eines Squalodon erklären. Da mir daran liegen musste über die im Museum zu Stuttgart aufbewahrten Reste noch etwas Näheres zu erfahren, so wandte ich mich an Hrn. Prof. 0. Fraas. Derselbe versuchte zwar die noch theilweis im Gestein befindlichen, sehr brüchigen, Trümmer des Schädels des Squalodon Meyeri gänzlich blos zu legen, überliess aber die weitere, mühsame Arbeit seinem mit dem Bau des Knochengerüstes der Cctaceen vertrautem Collegen, Hrn. Prof. Krauss, der mir später die Resultate seiner Untersuchungen mittheilen wird. Da ich nun die Veröffentlichung der Ergänzungen, wegen anderer meiner harrenden Arbeiten, nicht wohl verschieben kann, so beschränke ich mich auf einige Bemerkungen die hinsicht- lich des Schädels Hr. Prof. Fraas mir als Antwort auf speciclle Fragen mitzutheilen die Güte hatte. Derselbe berichtet mir Folgendes: «Bei der Zerstörung des grössten Theiles der ganzen hintern Partie des Unterkiefers kann über die aufsteigenden Aeste desselben nichts gesagt werden. Von den Bullae tympani ist nur die linke kreisrunde, resp. linsen- förmige, vorhanden , die im Profil gesehen oval erscheint. Die Zähnelung der Zähne (er meint die beiden bisher von ihm aufgefundenen Backenzähne) ist am Zahne des Oberkiefers nicht recht zu sehen, während sie am letzten Zahn des Unterkiefers nur auf der hintern Schneide wahrgenoimnen wird.» Aus diesen Mittheilungen hat die über die Gestalt der Bul- lae tympani das meiste Interesse, da sie auf die Differenz derselben von denen des Squa- lodon bariensis , Elirlichii und incertus hindeutet. Die Backenzähne des Squalodon Meyeri gleichen übrigens nach Maassgabe der vom Hrn. Prof. Fraas gütigst mitgetheilten, auf meiner Tafel IV. Fig. 18, 19 reproduzirten , Contouren am meisten denen des Squalodon bariensis , nur scheinen die Kronen bei Squalodon Meyeri mehr dreieckig und scharfspitzig, scheinbar haifisch-ähnlicher, zu sein. — Herr Pfarrer Probst hatte die Güte mir durch Hrn . Professor Sandberger mehrere Abbildungen von Squalodon- Zähnen seiner Sammlung zu senden, die aus zwei konischen, einwurzlichen Vorderzähnen (Taf. IV Fig. 20, 21) und drei Backenzähnen (ebd. Fig. 22, 23 und 24) bestehen. Dieselben wurden, wie mir Hr. Professor Sandberger schreibt, in gleicher Höhe des Muschelsandsteins von Baltringen in Wurtemberg gefunden. Da nun das so bedeutende Schädelfragment des von H. v. Meyer als Arionius servalus beschriebenen Squalodon Meyeri aus der Molasse von Baltringen stammt, so dürften sie wohl, wie schon Hr. Probst meinte, auf die genannte Art bezogen werden können und die Kenntniss ihres Backenzahnbaues ergänzen. Ich finde übrigens die fraglichen Backenzähne denen des Squalodon bariensis nicht unähnlich. Als Abweichung des Squalodon Meyeri vom Squalodon bariensis dürften nach Maass- gabe der jetzigen Kenntniss ihrer Reste hauptsächlich nur die rundlichen Bullae tympani nebst der an den Seiten ausgeschweiften, m'ehr quadratischen, mit einem starken, centra- len Längskiel und weniger nach hinten vortretenden Condylen versehene Hinterhaupts- schuppe bezeichnet werden können. Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 31 Spec. 2. Squalodon Grateloupii H. v. Meyer. J. F. Brandt Foss. Cetaceen S. 318 — 21. A. a. 0. Seite 319—20 theilte ich Bemerkungen über die Feststellung dieser Art und die bisher so mangelhaften Unterscheidungs-Merkmale derselben mit. Die nach bereits erfolgter Veröffentlichung der Fossilen Cetaceen in meine Hände gelangte Tafel XXVIII der Ostéographie des Cétacées enthält Darstellungen, welche die Gattung Squalodon betref- fen. Hinsichtlich des Squalodon Grateloupi werden namentlich von Gervais auf der ge- nannten Tafel sieben Figuren geliefert, denen Reste von demselben Fundort (Léognan) zu Grunde liegen. Fig. 1 ist die Profilansicht des von Grateloup beschriebenen oberen Theiles der Schnautze, Figur 2, 3 sind Darstellungen der gleichfalls schon früher bekannten Reste des Unterkiefers. Figur 4 und 4 a liefern dagegen Ansichten eines Astes des Unterkiefers, welche mit Figur 3 zwar im Wesentlichen übereinstimmen, jedoch einen vollständigem auf- steigenden Kiefertheil und zwei Backenzähne nach weisen, wovon der hintere nur am hintern Rande gezähnelt ist. Wir lernen also durch die Abbildungen des letztgenannten, neu hin- zugekommenen Restes das Verhalten des Unterkiefers von Squalodon Grateloupii etwas nä- her kennen. Der vollständigere aufsteigende Theil dieses Unterkieferastes zeigt nämlich noch deutlicher als der Figur 3 abgebildete, eine viel geringere Höhe als der des Unter- kiefers des bei Barie gefundenen Squalodon- Schädels (Gervais Ostêogr. d. Cêtac. PL XXVIII Fig. 8) — Figur 5 und 5 a sind Ansichten des Atlases — Figur 6 bietet einen dem der Balaenopterinen nicht unähnlichen Lendenwirbel. — Figur 7 ist wohl ein fast spatelför- miges Manubrium sterni, dessen Gestalt künftig wohl bei der genauem Feststellung des Squalodon Grateloupi in Betracht kommen möchte. Für jetzt dürften sich indessen noch immer die muthmaasslich specifischen Unterschiede des echten Squalodon Grateloupi vom Bhißoprion (= Squalodon) bariensis Jourdan ’s aus Mangel an Material auf die in. den Fossilen Cetaceen S. 320 von mir angeführten, wie es scheint allerdings beachteuswcrthen, Unterkiefer- und Zahndifferen^n hauptsächlich beschränken. Spec. 3. ? Squalodon bariensis Nob. Rhizoprion bariensis Jourdan Compt.-rend. d. VAcad. d. Paris 1861. p. 953; An- nal. d. sc. nat. 4. sér. T. X VI (1861) p. 369 PL 10. Fig. 1. Der Schädel im Profil, Fig. 2, derselbe, mit Ausnahme des Schnautzentheils, von unten, Fig. 3, 4 vordere Zähne, und Fig. 5 ein Backenzahn. — Gervais Ostéogr. d. Cêtac. PL XXVIII Fig. 8, 8 a und 9 , so wie 9 a.) — ? Squalodon bariensis J. F. Brandt Fossile Cetaceen S. 319 — 21. — ? Stereodelphis brevidens Gervais Ostéogr. d. Cétacées PL XXVIII. Fig. 14 und 14 a. Schon a. a. 0. S. 320 und 321 ff. wurde von mir bezweifelt, dass der beim Dorfe Barie im Drôme-Departement entdeckte, von Jourdan Rhizoprion bariensis zugeschriebene, 32 ? J. F. Brandt offenbar einem Squalodon angehörige, Schädel auf Squalodon Grateloupii zu beziehen sei. Es sind dort sogar mehrere, namentlich auf die Gestalt des Unterkiefers und der Backen- zähne bezügliche, Abweichungen bezeichnet, die sich zwischen den entsprechenden Resten des Squalodon Grateloupii und denen des Rhizoprion bariensis wahrnehmen lassen. Die, wie schon mehrmals erwähnt, mir erst mehrere Monate nach der Veröffentli- chung der Fossilen Getaceen zur Ansicht gelangte Lieferung 9 und 10 der Ostéogr. d. Cé- tacés enthalten PI. XXVIII, worauf Gervais, ausser der Profilansicht des barieschen Schädels (Fig. 8), unter Fig. 8 a die bisher fehlende obere Ansicht desselben, so wie auch unter Figur 9 und 9a Darstellungen von Fragmenten des Schnautzendcs mit einzelnen Zäh- nen lieferte, welche die von Jourdan in den Annales des sciences naturelles mitgetheilten Abbildungen wesentlich ergänzen, so dass wir dadurch sogar eine noch genauere Kenntniss vom allgemeinen, im Ganzen delphinartigen, Bau des Schädels der Gattung Squalodon er- halten haben. Die durch Gervais neu hinzugekommenen Figuren bieten indessen keine neuen Vergleichungspunkte mit Squalodon Grateloupi, da von diesem damit vergleichbare, namhafte Reste bisher fehlen. Bemerkenswerth scheint übrigens, dass der von mir Fossile Cetac. S. 319 zu Squalo- don Grateloupi gezogene Stereodelphis hrevidens Gervais, nach Maassgabe des von ihm a. a. 0. abgebildeten Unterkieferastes, zu Squalodon bariensis gehören könne. Vom Squalodon Meyeri , wovon Gervais auf der erwähnten Tafel Figur 22 und 22 a Copien der Schädelreste nach H. v. Meyer lieferte, scheint Squalodon bariensis , (so viel sich auf Grundlage der Darstellungen ihrer Reste bis jetzt ermitteln lässt) durch die mehr halbmondförmige , breitere , niedrigere , in der Mitte schwächer gekielte , Hinterhaupts- schuppe, die in der Nasengegend, wie es scheint, einander etwas mehr genäherten Zwi- schenkiefer, die weiter nach hinten, so wie weniger nach aussen, vorstehenden Condyli oc- cipitales und die verlängert herzförmigen, nicht linsenförmigen (Fraas), unten mit einer ansehnlichen, centralen Längsfurche versehenen Bullae tympani sich unterschieden zu haben. Vom Squalodon Ehrlicfiii , wie er unten festgestellt wurde, wich Squalodon bariensis so viel sich bis jetzt annehmen lässt, durch die, besonders am Grunde, viel schmälere Schnautze, den dickem, breitem Jochfortsatz der Schläfenbeine, und die meist nur am hintern Rande gezähnelten, schmälern, etwas längern und spitzem Kronen der Backenzähne ab. Wie der Spualodon von Barie zu den andern von mir als zweifelhafte aufgeführten Arten der europäischen und amerikanischen Squalodonten sich verhielt, lässt sich , wegen der Unvollständigkeit ihrer Reste, zur Zeit nicht angeben. Die frühem, wie die vorstehenden, Mittheilungen dürften es jedoch am passendsten erscheinen lassen Rhizoprion bariensis als, wenn auch noch nicht völlig gesicherte Art, je- doch als ? Squalodon bariensis anzusehen. Für die Ansicht, derselbe könne einer von Squa- lodon verschiedenen Gattung (Rhizoprion) zugetheilt werden, fehlt indessen jeder stichhaltige Anhaltungspunkt. Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas, 33 Spec. 4. ? Squalodoii antverpiensis Van Bened. ? Squalodoii antverpiensis Yan Bened. Mém. de VAcad. roy. d. Belg. T. XXXV. p. 70 PI. 1. — J. F. Brandt Fossile Cetaceen p. 321 and 322. — Phocodon d’Anvers Gervais Ostéographie d. Cétac. PI. XXVIII Fig. 20, 21. Gervais a. a. (). hat den von Yan Beneden seinem, noch nicht genügend begrün- deten und charakterisirten, Squalodon antverpiensis vindizirten Oberkiefer nebst dem dem- selben zugeschriebenen, mehrere Zähne enthaltenden, vordem Theil des Unterkiefers co- piren lassen. Er bezeichnet aber die genannten Theile als die eines Squalodon d’Anvers, nicht als die eines Squalodon antverpiensis, womit er vielleicht auf die schon von Yan Be- neden selbst anerkannte, auch von mir a. a. 0. ausgesprochene, noch ungenügende Be- gründung dieser Art gleichfalls hindeuten zu wollen scheint. Spcc. 5. Squalodoii ElirlicSili Kob. Ergänz. Tafel IV. Squalodon Ehrlichii Van Bened. Mém. d. VAcad. roy. d. Belgique T. XXXV. p. 72 PI. II und III e. p.; J. F. Brandt Fossile Cetaceen p. 223 e. p. Squalodon Ehrlichii ebend. Tafel XXXI Fig. 1, 2 , 11, 12, 1Ъ, jedoch nicht Fig. 3. In der a. a. 0. gelieferten Beschreibung des Squalodon Ehrlichii folgte ich Van Be- neden a. a. 0. und vindizirte mit ihm der genannten Art zwei Schädelfragmente. Das eine davon (dasselbe, welches Klipps’tein [Karstens u. v. Dechen’ s Archiv XVI. n. 11. p. 664) schon im Jahre 184-2 für das eines ? Saurus hielt, H. v. Meyer aber, nach An- sicht der Klippsteinschen Zeichnung ( Jahrb . f. Miner. 1843 p. 704), dem Squalodon Gra- teloupii vindizirte, besteht aus künstlich (wie es scheint nicht immer glücklich) vereinten Fragmenten der Hirnkapsel des Schädels nebst einem namhaften, noch mit mehreren Backen- zähnen versehenen, im natürlichen Zustande befindlichen Schnautzentheil desselben ( Foss . Cetac. Taf. XXXI Fig. 1 und 2; Ergänz. Taf.IV Fig. 1). Das andere [Foss. Cetac. Taf. XXXI Fig. 3 und Ergänz. Taf.Y. Fig. 1, 2) stellt den obern so wie den (in der Mitte nicht ganz voll- ständigen) hintern Theil der Hirnkapsel des Schädels eines andern Thieres dar. Man darf übrigens wohl annehmen, es sei dasselbe Schädelfragment, welches schon H. v. Meyer [Jahrb. f. Miner. 1847p. 189) beiläufig als zweites seines Linzer Squalodon Grateloupü bezeichnete. Schon nach dem Abdruck des Artikels über Squalodon Ehrlichii in den Fossilen Ceta- ceen S. 223 stiegen mir stille Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit auf beide Schädelfrag- mente als Theile einer Art zu betrachten. Sie wurden daher in Linz im September 1873 von neuem von mir untersucht. Es ergab sich hierbei, dass die an beiden Fragmenten gleichzeitig erhaltenen Knochen solche Unterschiede wahrnehmen lassen, die eher für eine spezifische Differenz, als eine artliche Einheit der Thierindividuen, denen die beiden Frag- mente angehörten, sprechen dürften, Demnach erschien es zweckmässig beide Fragmente Mémoires de I’Acad. Imp. des sciences, Vllmo Se'rie. 5 34 J. F. Brandt, gesondert zu betrachten und jedes derselben genau im Vergleich mit dem andern zu be- schreiben. Es entstand nun die Frage, welches der beiden Fragmente als Grundlage des Sgua- lodon Ehrlichii am passendsten beibehalten werden könne. Da bei der bisherigen Aufstel- lung der meisten Arten von Squalodon die Bildung der Schnautze und Gestalt der Backen- zähne eine Hauptrolle spielen, so wählte ich als Stützpunkt des Sq. Elirlidiii das erstge- nannte, einen beträchtlichen Theil der Schnautze nebst mehreren Backenzähnen bietende, Schädelfragment (Fossile Cetac. Taf. XXXI Fig. 4, 2 sowie Ergänz. Tafel IV Fig. l) und entwarf nachstehende ausführliche Beschreibung davon. Die Länge des Schädelfragmentes, welches Van Beneden (Mém. d. VAcad. год. d. Belgique T. XXXV p. 72) einem erwachsenen Thier zuschreibt, jedoch nur als hauptsäch- liche, nicht einzige Grundlage seines Sq. Ehrlichii ansieht, beträgt 460 Mm., seine Breite vorn 130, in der Mitte der Schnautze 160, am Grunde derselben aber 200 Mm. Seine Höhe beläuft sich vorn auf 35, in der Mitte auf 50, am Grunde auf 67, in der Gegend der Cho- anen aber auf 120 Mm. Der Schnautzentheil desselben, namentlich auch sein nach hinten stark vorragender, die Choanen enthaltender, Gaumentheil bieten eine grosse Aehnlichkeit mit den entspre- chenden Theilen mancher Delphinoiden , so dass es nur durch die mehr von einander ge- trennten, vorn stark entwickelten, Zwischenkiefer, hauptsächlich aber durch die abweichende Gestalt der Backenzähne und der Alveolen derselben davon abzuweichen scheint. Auf seiner obern Fläche (Fossile Cetac. Taf. XXXI1 Fig. 2) sieht man künstlich vereinte, nicht sicher zu deutende, Fragmente des Hinterhaupts, der Scheitelbeine, der Schläfenbeine und des Stirnbeins. Auf der linken Seite findet sich ein grosser Theil des Augenfortsatzes des Stirn- beins und der Ober-, so wie der Zwischenkiefer mit Ausnahme ihres, die einfachen Zähne tragenden, vordem Theiles. Die Zwischenkiefer erscheinen ziemlich von einander getrennt und lassen einen länglichen Raum zwischen sich, der an die Balaenoiden erinnern möchte. Innen und hinten bemerkt man einen schwachen, plattenförmigen Rest des Vomer. Auf der rechten Seite des Schädelfragmentes ist nur der mittlere Theil des Ober- und Zwischenkiefers vorhanden. — In der Profilansicht (Fossile Cetac. Taf. XXXI. Fig. 1) zeigen sich linkerseits meist auch die erwähnten Knochen. Am auffallendsten erscheint der dreieckige, auf der äussern, ebenso wie auf der innern, Fläche ebene, auf der obern convexe, unter der obern Fläche daher comprimirte, unten sogar scharfrandige, vorn abgebrochene und eine drei- eckige Bruchfläche bietende, dessenungeachtet ziemlich lange, Jochfortsatz des Schläfen- beins nebst dem comprimirten Zitzenfortsatz desselben. Der Augenfortsatz des Stirnbeins ist ziemlich breit. Ausserdem sieht man den grössten Theil des am obern Ende gebogenen und stark convexen, an den Seiten mässig abgedachten Oberkiefers nebst dem des oben und hinten convex vortretenden, vor der Convexität eingedrückten, vor der Eindrückung der ganzen Länge nach leistenartig über den Oberkiefer vortretenden, Zwischenkiefers. Auf der untern Fläche des Schädelfragmentes (Ergänz. Taf. IV Fig. 1) werden gleich- Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 35 falls künstlich an einander gefügte, nicht zu deutende, Reste des Keilbeines , des Schläfen- beins und des Hinterhaupts wahrgenommen. Am Ueberrest des Hinterhaupts erscheint sein zitzenförmiger, nicht comprimirter Zitzenfortsatz, am Schläfenbeinrest aber sein comprimir- ter Zitzenfortsatz mit seinem, fast dreieckigen, vorn abgebrochenen Jochfortsatz beachtens- werth. Sehr bemerkenswertli ist aber überdies der, namentlich auf der linken Seite des Schädelfragments, zum grossen Theile erhaltene, Gaumentheil desselben nebst den Backen- zähnen. Der Gaumen ist hinter und zwischen den hintersten Backenzähnen am breitesten und nimmt nach vorn zu an Breite allmählich ab. Seine grösste hinterste Breite beträgt 170, die Breite zwischen den beiden hintersten Backenzähnen 140, und zwischen dem vierten Backenzähne beider Seiten 95 Mm. Zwischen den vordem Backenzähnen ist der Gaumen schwach, zwischen den hintern ungemein stark gewölbt. Seine durch die absteigenden Gaumentheile hervorgebrachte Wöl- bung erscheint aber hinter den Backenzähnen noch beträchtlicher, so dass er, wie bei den Delphinmen, als überaus ansehnlicher, die Choanen enthaltender, den vordem und mittlern Gaumentheil weit überragender, von der Seite gesehen dreieckiger, Vorsprung nach unten und hinten tritt. Der linke, vollständigere Theil des Oberkiefers besitzt die beiden hintersten intacteu, mit einer fast halbmondförmigen, etwas niedrigen, auf ihren Flächen längsgestreiften, am vordem, wie am hintern, Rande gezähnelten Krone versehenen, zweiwurzligen Backenzähne nebst den Wurzeltheilen von 5 ihnen vorhergehenden. Die vor den beiden hintersten (in- tacten) Backenzähnen befindlichen Reste dreier Backenzähne bieten ebenfalls je zwei Wur- zeln, von denen (wie auch bei den hintersten Zähnen) die hintere schief nach hinten gerichtet ist. Backenzähne wären demnach sieben nachzuweisen. Von diesen war der erste (vorderste) der kleinste, der zweite etwa so gross als der dritte, 27 Mm breite. Der vierte mochte ebenso wie der 5. und G. (vorletzte) etwa die Grösse des dritten gehabt haben. Der siebente (letzte) ist nur unmerklich kleiner als der sechste. Der weit unvollständigere Ueberrest des rechten Oberkiefers zeigt in seinem Alveolar- theil nur Reste der Wurzeln der vier hintern Backenzähne, wovon die des vor- und dritt- letzten vollständiger als die der beiden andern erhalten sind. Was die Backenzähne des Squalodon Ehrlichii anlangt, so könnten wohl die von Suess beschriebenen, von mir (Fossile Cetaceen S. 325) besprochenen, ebendaselbst auf Taf. XXXI Fig. 11 a, b, c, Fig. 12a,b und Fig. 13 copirten, nach Maassgabe ihrer Gestalt und Grösse einem grossem Individuum des Squalodon Ehrlichii angehört haben. Bemerkenswerth scheint mir übrigens, dass sämmtliche Backenzähne, welche man bisher vom Squalodon Ehrlichii beobachtete, sowohl am vordem als hintern Rande gezäli- nelte Kronen besitzen, während man nach Gervais ( Zool . et paléont. fr. 2 ed. p. 309 Fl. VIII. Fig. 11, 12 und 12 a) vom Squalodon Grateloupi auch solche kennt, die пш- ат hintern Rande gezähnelt sind. 36 J. F. Brandt, Der mehrfach ( Fossile Cetaceen p. 38, 39, 42) erwähnte, ebd. 324 beschriebene und Tafel XXXI, Fig. 10 und 10a abgebildete, einwurzlige, mit einer konischen Krone versehene, Zahn lässt sich auch wohl als Schneide- oder Eckzahn des Squalodon EhrlicMi deuten, wenn auch nicht gerade als ein zum beschriebenen Schädelfragment gehöriger ansehen. Genauer betrachtet kann er aber nicht mit dem von Van Beneden (Mém d. VAcad. r. d. Belgique T. XXXV. p. 76) abgebildeten und beschriebenen identifizirt werden, da sein Wurzeltheil viel länger erscheint. Es ist übrigens merkwürdig, dass ich im Linzer Museum weder einen auf den von Van Beneden abgebildeten genau passenden Zahn gesehen, noch auch die von ihm (a. a. 0. p. 72) erwähnten isolirten dents caniniformes seines Squalodon EhrlicMi wahr- genommen habe, obgleich mir Herr Rath Ehrlich sämmtliche Säugethierreste des ihm anvertrauten Museums mit gewohnter Liberalität zur Verfügung stellte und ich dieselben auf seinen Wunsch bestimmte und neu zusammenstellte. Im vaterländischen Museum zu Linz sind drei Bullae tympani vorhanden, wovon je- doch meinen neusten Untersuchungen zu Folge nur zwei Zeuglodontinen angehören können. Die eine ist die vielfach von mir ( Foss . Cetac. p. 38, 39, 42 und 45) besprochene, (ebd. p. 325) beschriebene und (ebend. Tafel XXXI, Fig. 4, 5) abgebildete, fast bimförmige, grös- sere. Es ist dieselbe welche H. v. Meyer einem Squalodon Grateloupii , Van Beneden sei- nem Stenodon (— Cetotheriopsis), ich selbst aber a. a. 0. p. 323 dem Squalodon EhrlicMi vindizirte. Namentlich bin ich geneigt sie für eine solche zu halten, die einem Exemplar angehörte, welches grösser war als dasjenige, dem das Schädelfragment zugeschrieben wurde, so dass die Bulla vielleicht eher mit den unten beschriebenen grossen, dem Squalodon EhrlicMi zuerkannten, Wirbeln zu combiniren wäre. Dieselbe unterscheidet sich von der nachstehenden, weit kleinern, durch weit ansehn- lichem Breite und Wölbung, namentlich ihrer beiden Enden, den nur kurzen Längseindruck der untern Fläche ihres breitem, stark convexen, Endes und ihre gestreifte Windung. Ihre Länge beträgt gegen 70, ihre grösste Breite etwa 50 Mm. Die zweite ihrem Baue nach für ein Squalodon passende ist eine kleinere, bisher un- beachtete. Da indessen dieselbe von der grossem formell abweicht, so schien es mir für jetzt gerathener sie dem muthmaasslichen Squalodon incertus zu vindiziren. Eine noch andere Bulla tympani habe ich zwar (Foss. Cetac. p. 325 Tafel XXXI, Fig. 6, 7) gleichfalls für die eines Squalodon EhrlicMi , namentlich für die am besten con- servirte, gehalten. Meine neusten Untersuchungen ergaben indessen, dass sie nicht wohl einer Zeuglodontine zugeschrieben werden könne, sondern vielleicht eher für die einer Ce- totlierine (d. h. möglicherweise für die von Cetotheriopsis anzusehen sei. (Siehe oben S. 7). Van Beneden (Mém. d. VAcad. roy. d. Belg. T. XXXV p. 72) spricht von mehrern Wirbeln, die Ehrlich neben dem Schädel seines Squalodon EhrlicMi gefunden habe und bezeichnet als solche einen isolirten, platten, getrennten Halswirbel nebst mehreren Rücken- und Lendenwirbeln, worüber er nur bemerkt: die Rückenwirbel besässen eine gewöhnliche Länge, die Lendenwirbel seien länger als dieselben. Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 37 Ich habe im September 1873 sämmtliche Squalodon-'W irbcl des Linzer Museums durch- mustert, aber keine solche gesehen, die auf Yan Benedens Beschreibung passen und hin- sichtlich ihrer Grösse auf das Schädelfragment des Sq. Ehrlichii bezogen und als ihm zuge- hörige bezeichnet wären, oder es werden könnten. Als nachweislich mit dem Schädelfragment nach H. v. Meyer’s und Ehrlich’s An- gabe gefundene im genannten Museum befindliche Wirbel vom Sqmlodon kenne ich nur die wegen ihrer ansehnlichen Grösse nicht zum Exemplar des Schädelfragmentes des Sqmlodon Ehrlichii passenden, wenn auch, wie es scheint, ihm ungehörigen, unten in einem besondern Abschnitt nochmals besprochenen. Es sind dieselben die Yan Beneden a. a. 0. p. 73 zu Stenodon verwies, ich selbst aber anfangs irrthümlich ( Foss . Cetac. p. 42) zu Cetotheriopsis zog, und ebd. auf Tafel XVIII Fig. 5 — 11 darstellen Hess. Das zur Grundlage des Sqmlodon Ehrlichii gewählte Schädelfragment (Foss. Cetac. Taf. XXXI, Fig. 1 , 2 und Ergänz. Taf. IV, Fig. 1) lässt sich vom andern (Foss. Cetac. Taf. XXXI, Fig. 3 und Ergänz. Taf. V, Fig. 1 , 2) von mir einem Sqmlodon incertus? zuge- schriebenen, hauptsächlich durch nachstehende Kennzeichen unterscheiden. Der oben und hinten weniger vertiefte Augenfortsatz des Stirnbeins erscheint breiter, vorn am Grunde convex, gebogen und ziemlich stumpfwinklig. Der längere, stärker nach unten höckerartig vorragende, von den Seiten zusammengedrückte, Jochfortsatz des Schlä- fenbeins bietet eine ebene innere und äussere Fläche, so wie einen gekielten untern Band nebst einer schrägen untern Fläche. Die Schläfengrube ist weit geräumiger, länger und am hintern Theile der Innenwand tiefer und breiter. Mit dem Schädelrest des Sqaalodon Meyeri (— Arionius servatus H. v. Meyer) lässt sich der des Sqmlodon Erlichii , wegen der beiderseitigen mangelhaften Conservation, kei- neswegs in Vergleich stellen. Die früher von mir ( Fossile Cetaceen S. 318) zur Unterschei- dung der genannten Arten aufgeführten Merkmale können aber keine Geltung mehr beanspru- chen, weil sie dem früher gleichfalls dem Squalodon Ehrlichii vindizirten Schädelrest des muthmasslichen Sqmlodon incertus entlehnt wurden. Da indessen die Bullae tympani des Squalodon Meyeri , wie mir 0. Fraas mittheilte, rundlich, fast linsenförmig, nicht (wie beim Squalodon Ehrlichii) länglichherzförmig, fast bimförmig, sind, so dürften sie sich wohl als spezifisches Kennzeichen ansehen lassen. Sichere Unterschiede des Squalodon Ehrlichii vom Squalodon Grateloupü lassen sich wegen grosser Unvollständigkeit des, besonders auf die letzgenannte Art mit Gewissheit be- züglichen, Materials gleichfalls noch nicht angeben. Dass der Oberkiefer des Sqmlodon Gra - teloupii und Ehrlichii einander ähneln, lässt sich nicht läugnen. Die Gestalt der Zähne (S. 35) und des Atlasses (siehe unten) zeigen indessen Unterschiede. Auch möchten die weit aus einander liegenden Fundorte beider Arten die Annahme einer Differenz begünstigen. Vom Squalodon hariensis unterschied sich, nach Maassgabe der bekannten Reste, Sqm- lodon Ehrlichii durch den etwas weniger gekrümmten, schmälern, dünnern Jochfortsatz des Schläfenbeins, die, besonders am Grunde, breitere Schnautze und die mit breitem, kürzern 38 J F, Brandt, Kronen versehenen, fast gleich grossen, Backenzähne, wovon man nur sowohl vorn, wie hinten, gezähnelte kennt. Zur Feststellung des Verhältnisses von Squalodon Ehrlichii zu Squalodon antverpiensis, Gastaldii , Scillae , Suessii und Catulli fehlt bis jetzt noch die umfassende Kenntniss der dazu erforderlichen Reste. ANHANG A. U e b e r wahrscheinlich einem grossen Squalodon Elirlicliii ange hörige Wirbel. Gleichzeitig mit dem S. 34 dem Squalodon Ehrlichii zugeschriebenen, bereits von Klippstein (Karstens und v. Dechens Archiv XVI {1842) p. 644) erwähnten, von Meyer (Jahrh. f. Aimerai. 1843 , p. 704) dem Squalodon Grateloupi zuerkannten, Schädel- fragment wurden, wie H. v. Meyer ( ebend . 1847 , p. 189) berichtet, im tertiären Sande der Umgegend von Linz mehrere grosse Wirbel eines Cetaceums gefunden, die J. Müller (Die Zeuglodont. p. 29) einem Zeuglodon zuschrieb. H. v. Meyer (ebend. 1849 p. 549) glaubte sie aber mit einem grossen Schädelfragment eines Cetaceums , welches man 1849 ebendaselbst gefunden hatte, wozu der unter den Wirbeln befindliche Atlas ihm zu passen schien, nebst einem Zahn und einer Bulla tympani auf Owen’s muthmaassliclie Gattung Balaenodon beziehen zu können. Van Beneden ( Mcm . d. VAcad. r. d. Belg. T. XXXV , p. 73) nahm die Meyer’sche Combination der genannten Reste an, erklärte sie aber für die einer neuen Gattung von Zeuglodontiden , die er Stenodon nannte. Ich selbst wies zwar (Foss. Cetac. S. 39 ff.) nach: der Schädel, welchen Meyer einem Balaenodon , Van Be- neden einem Stenodon vindizirt, habe keinem Zahnwal, sondern einer neuen, den Cetothe- rien ähnlichen, Gattung von Bartenwalen ( Cetotheriopsis ) angehört, glaubte aber dessen ungeachtet anfangs, wenn auch nicht den Zahn und die Bulla tympani, doch noch die fragli- chen (a. a. O. S. 42 fi.) beschriebenen, ebend. Tafel XVIII , Fig. 5 — 11 dargestellten, Wirbel zu Cetotheriopsis ziehen zu können. Als ich mich indessen eingehender mit den Squa- loclonten beschäftigte, erschienen mir die Wirbel denen der Zeuglodonten doch zu ähnlich, als dass sie einer Balaenoide , d. h. Cetotheriopsis , angehört haben könnten, deren Schädel- fragment noch dazu fast sieben Jahre später (1849) als die gleichzeitig mit dem Schädel- rest des Squalodon Ehrlichii Nob. gefundenen, grossen Wirbel, entdeckt worden sei. Ich sah mich daher bereits (Foss. Cetac. p. 333) veranlasst, Zweifel gegen eine solche Vereini- gung auszusprechen, welche sich später dermaassen steigerten, dass ich die fraglichen Wirbel schon a. a. 0. p. 354 und 555, in der zu Tafel XVIII gelieferten Erklärung der Fig. 5—11 als Sqiualodon Ehrlichii angehörige bezeichnete. Indessen konnte ich doch immer nicht die (allerdings nur scheinbare) Thatsache ganz überwinden, dass der unter den Wir- beln befindliche Atlas, obgleich dies schon H. v. Meyer, Van Beneden und Ehrlich an- nahmen, in der That gut zum Schädelfragment von Cetotheriopsis passen solle, die andern, Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas, 39 mit dem Atlas gleichzeitig gefundenen ihm proportionalen Wirbel, also dennoch ebenfalls, wenigstens hinsichtlich ihrer Grösse, möglicherweise darauf bezogen werden könnten. Der im Herbst 1873 dem Linzer Museum abgestattete abermalige, einwöchentliche Besuch, welcher mir durch Ehrlich’s Freundlichkeit die Gelegenheit verschaffte die Linzer Cetaceenreste mit mehr Musse und vermehrter Sachkenntniss von neuem zu studiren, zer- streute indessen alle meine Bedenken. In Folge nochmaliger, wiederholter Anpassung des Atlasses an den Gelenktheil des Hinterhaupts des Schädelfragmentes der Celotheriopsis fand sich, dass der fragliche, offen- bar mit den grossen Wirbeln zusammengehörige, Atlas ( Tafel XVIII, Fig. 5 und 6a sowie Fig. 7 , 8) nur einigermaassen , jedoch keineswegs genau, zum erwähnten Schädelfragment passe. Der Atlas erschien für den Gelenktheil des Hinterhaupts des Schädelfragmentes von GetotJieriopsis etwas zu gross. Seine für die Condylen des Hinterhaupts bestimmten Gelenk- gruben sind zu wenig gekrümmt, sowie merklich breiter und nähern sich unten zu sehr. Der, ohnehin mehrere Jahre früher als das genannte Schädelfragment aufgefundene, Atlas wird daher, wofür auch seine von mir ( Foss . Cetac. p. 333) bereits angedeutete Aelmlicli- keit mit dem von Squalodon Grateloupii spricht, passender einem Squalodon , vermuthlich einem grossen Exemplar des ebenfalls bei Linz entdeckten Squalodon Ehrlichii !) zuzu- weisen sein. Mit dieser Ansicht lässt sich auch der Bau der gleichzeitig mit ihm aufgefundenen, zu ihm passenden, daher ihm zuzuzählenden, von mir (Foss. Cetac. S. 12 ff.) beschriebenen, Taf. XVIII (Fig. 5 und 6 Ъ — g und Fig. 9 — 11) dargestellten, anderen Wirbel, die ganz den Charakter von "Wirbeln der Zeuglodontinen an sich tragen, sehr wohl in Einklang bringen. Wie ich bereits a. a. O. S. 43 bemerkte, bestehen dieselben, ausser dem völlig freien Atlas, aus drei unvollständigen Lenden- und ebensoviel, ebenfalls unvollständigen, Schwanz- wirbeln. Yan Beneden ( Mem . çl. Г Acad. d. Belg. T. XXXV p. 77) führt nur zwei Len- den- und zwei Schwanzwirbel auf, spricht aber noch von drei zu dem besprochnen Wir- beln gehörigen Halswirbeln. Er bemerkt sogar, zwei davon seien die beiden ersten vereinten Halswirbel, der dritte sei ein freier. Ich habe, ausser dem freien Atlas, den Yan Beneden a. a. 0. p. 73 besonders erwähnt, im Linzer Museum keine anderen Halswirbel gefunden, die zu den fraglichen grossen Wirbeln gehören könnten; auch sagt er (a. a. 0.) ausdrücklich: ausser dem Atlas seien mehrere Lenden- und Schwanzwirbel vorhanden, wogegen seine p. 77 gemachte, mir nicht erklärliche, Angabe streitet. — Im Linzer Museum sind allerdings 1) Für eine solche Annahme dürfte auch der Um- stand sprechen, dass das Linzer Schädelfragmeut des Squalodon Ehrlichii wohl eher einem kleinern, jüngern, als einem sehr alten, grossen Exemplar, dem Ansehen seiner Knochen gemäss, angehört haben könnte, wäh- rend die fester verbundenen Knochen des Schädelfrag- mentes der zweiten muthmaasslichen Squalodon-Art des Linzer Beckens (des Squalodon incertus?) eher auf ein älteres, aber kleines, Thier hinzudeuten scheinen. 40 J. F. Brandt fünf hintere Halswirbel vorhanden, die ebenfalls der Grösse nach mit den grossen Wirbeln sich allenfalls combiniren lassen könnten. Gegen eine solche Combination sprechen indessen mehrere Umstände. Den Wirbeln fehlen die intakten charakteristischen Querfortsätze, während ihre Körper nicht blos auf ein Squalodon oder ein anderes Walthier, sondern so- gar selbst auf eine Sireni'e , wie Halitherium , sich beziehen lassen. Die fraglichen Halswir- bel wurden ferner keineswegs mit den grossen Wirbeln des Squalodon Fhrlichii zusammen gefunden. Ihre sehr abweichende Conservation spricht vielmehr für eine ganz andere Lo- calität. Sie erscheinen nämlich in eine schwarzbraune, steinartige, feste Masse verwandelt und von einer dicht anliegenden Sandsteinschicht überzogen. Sie könnten übrigens mit einem ähnlich conservirten Bruchstück eines gleichfalls im Linzer Museum befindlichen Humerus eines Halitlieriims den Fundort gemein haben. In Folge der nochmaligen Untersuchung der fraglichen grossen, nicht den Halswirbeln zugehörigen, Wirbel ergab sich übrigens auch, dass es nicht überflüssig sein möchte, die früher (Foss. Cetac. p. 42 ff.) gelieferte Beschreibung derselben mehr zu vervollständigen. Der Atlas (Foss. Cetac. T. XVIII Fig. 7, 8) ähnelt allerdings dem mancher Balaenoiden, gleicht jedoch auch dem des Squalodon Grateloupii (Van Beneden Mém. d. VAcad.d Belg. T. XXXF. Ostéogr. d. Cetac. Bl. XXVIII Fig. 5 und 5a), erscheint aber etwas niedriger und breiter, so wie mit schmälern, kurzspitzigen Querfortsätzen versehen. Seine grösste Breite beträgt 200, seine Körperlänge in der Mitte 50, an den Seiten 70 Mm. Die Länge des Foss. Cetac. Taf. XVIII, Fig. 5,6,9 b abgebildeten Lendenwirbels beträgt 100, seine Breite vorn 110, hinten 120, seine vordere Höhe 115, seine hintere 117 Mm. Der ebendaselbst Fig. 5, 6, 10 c dargestellte Lendenwirbel besitzt eine Länge von 98, eine Breite von 115 lind hinten eine Höhe von ebenfalls 115 Mm. Der gleichfalls dort Fig. 5, 6 und 1 1 d dargestellte Wirbel ist 103 Mm. lang, 110 hinten breit, vorn 100, hinten 115 Mm. hoch. Der von mir ( ebendaselbst Fig. 5, 6 f) abgebildete Wirbel harmonirt zwar gestaltlich im allgemeinen mit den genannten Wirbeln a — d, ist aber nur 80 Mm. lang, vorn 90 hoch und eben so breit, hinten aber nur 70 breit und 85 hoch, so dass es den Anschein hat, er gehöre einem kleinern, etwas jüngern Individuum, als die vorher genannten Wirbel an, wofür die ihm nur locker anhängenden Reste der Epiphysen sprechen. Sein Rückenmarks- kanal öffnet sich der Quere nach. Die vier randständigen, paarigen, durch je einen Läugs- kamrn vereinten auf seiner sehr stark vertieften Unterseite wahrnehmbaren, offenbar zur Insertion der untern Dornenfortsätze bestimmten , Höcker und seine leistenartigen Querfortsätze documentiren ihn als Schwanzwirbel und zwar vermuthlich als einen der mittlern. In der Beschreibung der Wirbel, die ich (Foss. Cetac. p. 43 und 44) lieferte, tritt übrigens die Annahme ihrer Baläniden-Aelmlichkeit zu stark in den Vordergrund. Meinen neusten Untersuchungen zu Folge lässt sich nämlich an den Wirbeln, genau genommen, nur eine unverkennbare Hinneigung zu denen mancher Balaenoiden wahrnehmen. Eegänzungen zu den fossilen Cetaceen Eueopas. 41 ANHANG B. Ueber ein muthmasslich Squalodon Ehrlichii angehöriges Manubrium s t e r n i. Unter den unbestimmtem, in der Umgegend von Linz ausgegrabenen, Resten des dor- tigen Museums fand ich einen Knochen, der sich am passendsten als Manubrium sterni eines Cetaceums ansehen lässt. Der im allgemeinen abgeplattete, fast schildförmige, Knochen (Ergänz. Taf. IV Fig. 16, 17) bietet eine Länge von 80 und in der Mitte eine Breite von 90 Mm. Er ist sehr stark abgerieben und stellenweis tief gleichsam ausgefressen, namentlich auf der wohl für die innere (obere) anzusprechenden, etwas concaven Fläche, deren als hinterer anzusehender schmälerer Theil eine sehr tiefe Aushöhlung zeigt. Sein Randtheil erscheint ebenfalls un- vollständig. In der Mitte des hintern Endes des Knochens sieht man eine abgestutzte, ur- sprünglich, wie es scheint, der Quere nach viereckige, jetzt nur zur Hälfte intacte, etwas vortretende, verdickte Fläche,' die auf eine Verbindung mit einem hintern Brustbeinkno- chen zu deuten scheint, wie wir ihn bei Pachyacanthus wahr nehmen. Es lässt sich indessen vermuthen, sie erscheine schmäler als sie war, weil ein grosser Theil ihrer Seitentheile abgebrochen zu sein scheint. Die ganze Mitte der untern (äussern) Fläche bietet eine cen- trale, fast pyramidale, längslaufende, sehr ansehnliche, vorn verschmälerte, hinten weit breitere (etwa dreimal so breite als vorn), nach den Seiten zu abgedachte, kammförmige Erhabenheit. Die Seitentheile lassen sich, wie der ziemlich vollständige linke zeigt, als fast halbmondförmige, auf der untern Knochenfläche gegen die Mitte zu mässig convexe, mit gebogenen Rändern versehene, Flügel ansehen, deren jeder gegen 40 Mm. breit ist. In gestaltlicher Beziehung besitzt der Knochen, namentlich auch durch seinen hintern centralen, verdickten, Theil, eine gewisse, jedoch entferntere, Aehnlichkeit mit dem Foss. Cet. Taf. XVII Fig. 11 dargestellten Manubrium von Pachyacanthus , unterscheidet sich aber ganz besonders durch sein sehr kurzes, hinteres Ende, seinen Umriss und das Verhalten seines untern, centralen Längskammes. Obgleich es nun Cetotherinen, wie namentlich Pachyacan- thus , gab, deren Brustbein (Foss. Cetac. a. a. 0.) aus zwei Stücken bestand, so scheint es doch nicht wohl annehmbar, der Knochen habe der im Linzer Sande gefundenen Gattung Cetotheriopsis angehört, weil man wohl annehmen darf, diese, wie es scheint, den Balaeno- pterinen näher als die andern Cetotherinen stehende, muthmassliche Cetotherine habe auch ein dem der Balaenopterinen ähnliches, einfaches Brustbein besessen. Da man bei Linz Reste von Halitherium so häufig ausgrub, dass das dortige Museum von den meisten Th eilen des Skelets deren besitzt, so wurden von mir auch die von Каир (Beiträge z. Kenntniss d. urweltlichen Säugeth. H. II. Taf. VI. Fig. 6 h , c ) dargestellten, allerdings nicht vollständig erhaltenem, Brustbeine mit dem fraglichen Manubrium vergli- chen. Es ergab sich indessen, dass letzteres in seiner Totalgestalt vom Kaup’schen sehr abweicht. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, VII Öerie. 6 42 J. F. Brandt, Am meisten Aehnlichkeit scheint mir das fragliche Manubrium mit demjenigen zu haben, welches Gervais (Ostéograph. PI. XXVIII Fig. 7) dem S qmlodon Grateloupii vin- dizirt, besonders wenn man seine obere Fläche ( Ergänz . Taf. V Fig. 16) mit der vom Manu- brium des Sq. Grateloupii dargestellten vergleicht. Mit dem letztem lässt sich indessen das Linzer keineswegs identifiziren. Das Manubrium von Squalodon Grateloupii unterscheidet sich nämlich durch geringere Breite des hintern Theiles seiner vordem Hälfte, sein weit stärker abgesetztes, längeres hinteres Ende und durch eine hinter seiner vordem Hälfte befindliche, centrale Oeffnung. Es bietet also solche Unterschiede, die künftig vielleicht als specifische Abweichungen vom Squalodon Ehrlichii zur Geltung kommen möchten. ANHANG C. Ueber einen vielleicht einer vo m Sq ualodon E hrlichii abweichen den allerdings noch sehr fraglichen Art ( Squalodon liypsispondylus? Nob.) angehör i gen Schwanz wirbel. Unter den so eben besprochenen dem Squalodon Ehrlichii früher zugeschriebenen Wirbeln fand sich einer, der zwar ( Foss . Getac. Taf. XVIII unter Fig. 5, 6 hinter g) ab- gebildet, aber weder beschrieben noch genügend dargestellt wurde; obgleich er eine genauere Beachtung und eine verbesserte, auf Taf. V Fig. 9 — 12 meiner Ergänzungen gelieferte, Abbil- dung verdient. Derselbe bietet zwar im allgemeinen den Charakter der Schwanzwirbel von Squalodon und ist wegen der auf seiner Unterfläche befindlichen parallelen Leisten und seiner leistenartigen Querfortsätze, wie der Wirbel f, ein mittlerer Schwanzwirbel. Er weicht indessen vom genannten Wirbel (f) nicht blos durch seine auffallende Grösse, son- dern auch durch mehrere formelle, ziemlich bedeutende, Eigenthümlichkeiten ab. Die Länge seines Körpers beträgt 105, seine Höhe vorn und hinten 90, seine vordere Breite 68, seine hintere aber 75 Mm. Er erscheint daher weit länger, höher, schmäler und von den Seiten comprimirt. Ausserdem bietet er auch noch eine weit längere, weniger vertiefte, un- tere Fläche, einen viel langem Bogentheil und einen gerundeten, höher als breiten Rücken- markskanal. In Erwägung aller dieser, wie es scheint, beachtenswerthen, Abweichungen wird man zur Aufstellung der Frage veranlasst: ob in der That der fragliche Wirbel zu den mit a — g bezeichneten, dem Squalodon Ehrlichii zuerkannten, Wirbeln gehören könne, so- dass Squalodon Ehrlichii auch hohe, verlängerte Schwanzwirbel besessen hätte, oder ob er möglicherweise einer andern Art, Squalodon liypsispondylus , ? zuzuschreiben wäre. Für die letztere Ansicht scheinen indessen wenigstens seine Abweichungen vom oben beschriebenen, dem Sq. Ehrlichii vindizirten Wirbel f zu sprechen, der, wie er, ein mittlerer Schwanzwir- bel ist. Nach einem einzigen Wirbel kann man indessen keine sichere Art aufstellen. Spec, 6. Squalodon incertus ? J. F. Brdt, Squalodon Ehrlichii Van Bened. Mém. d. VAcad. roy, d. Belgique T. XXXV. p. 72 Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Eurupas. 43 et 81 PI. II. Fig. 4 Crâne du jeune; J. F. Brandt Fossile Cetac. Tafel XXXI Fig. 3 und Ergänz. Taf. V Fig. 1 — 8 1). Nach Van Beneden’s Vorgänge zog ich, wie S. 33 bemerkt, ein aus dem in der Mitte defecten Hinterhauptstheil, einem Theil der Schläfenbeine, so wie der Scheitel- und Stirn- beine, bestehendes, schon vor 1847 bei Linz aufgefundenes, im dortigen Museum aufbe- wahrtes, Schädelfragment zu Squalodon Ehrlichii. Es ist nämlich offenbar eins der beiden Crânien, welche bereits H. v. Meyer (N. Jalirb. f. Miner. 1847 p. 190) seinem Squalodon Grateloupii (= Squalodon Ehrlichii Van Beneden) zuschreibt. Neuere im Linzer Museum im September 1873 angestellte Untersuchungen erregten in- dessen Zweifel gegen eine solche Combination. Ich fand es daher für nöthig eine ganz genaue Beschreibung vom fraglichen Schädelbruchstück zu geben und eine Ansicht der untern und seitlichen Fläche desselben auf Taf. V Fig. 1, 2 der Ergänzungen hinzuzufügen, um die Unterschiede desselben von dem vorstehend beschriebenen des Squalodon Ehrlichii gehörig hervortreten zu lassen. Das Schädelbruchstück (Brandt Fossile Cetac. Tafel XXXI. Fig. 5, Ergänzungen Taf. V Fig. 1, 2) ist von einer dünnen, fest anliegenden Schicht des feinkörnigen, bekannten, Linzer Sandes dermassen dicht und ganz bedeckt, dass die genauem Grenzen der dasselbe bildenden Knochen sich nur mit Mühe einigermassen erkennen lassen, während die Ent- fernung des sandigen Ueberzuges ebenso mühsam als bedenklich erschien. Ich vermag mich daher nicht darüber auszusprechen, ob dasselbe einem ältern oder jüngern Thier an- gehörte. Der Umstand, dass die dasselbe bildenden Knochen nicht zertrümmert wurden, möchte indessen eher auf ein älteres, kleineres Individuum hindeuten. Wäre diese Vermu- tliung richtig, so sollte man meinen können: die Art, welcher das Schädelbruchstück an- gehörte, sei kleiner als Squalodon Ehrlichii gewesen. Die Länge des Schädelbruchstückes von der Seite gemessen beträgt 210, seine grösste Breite zwischen den hintern Basaltheilen der Schläfenbeine 270, vorn 205 und zwischen den vordem Enden der Jochfortsätze der Schläfenbeine 225 Mm. Auf seiner obern Fläche ( Fossile Cetac. Taf. XXXI. Fig. 3 ) sieht man die ansehn- liche, breite, oben und an den Seiten gebogene Hinterhauptsschuppe, die in der Mitte ganz defect und nur mit Spuren der Condylen versehen erscheint. Vom obern Theil der Hin- terhauptschuppe erhebt sich eine centrale, niedrige Leiste, die sich gegen die Scheitelge- gend fortsetzt. Der Stirn-Scheiteltheil des Schädels tritt stark vor, ist viereckig, hinten brei- ter, an den Seiten bogenförmig ausgeschweift und mit stark vortretenden Kanten versehen, oben aber ziemlich flach und unmerklich convex. Die oben im vordem und mittlern Theil l) Die als Squalodon incertus aufgestellte Form würde übrigens wohl als Squalodon Ehrlichii künftig zu be- zeichnen sein, wenn etwa der als Spec. 4 aufgestellte Squalodon Ehrlichii später nachweislich mit einer andern Art, wie etwa mit dem, wenigstens durch die Schnautzen- bildung ihm verwandten, Squalodon Grateloupii zusam- menfallen sollte. *4 6* 44 J. F. Brandt, überwölbten, hinten offenen, Schläfengruben sind offenbar kleiner als bei Squalodon Ehrli- chii, der sie oben begrenzende gebogene Kamm ist wagerecht. Die grösstentheils vorhan- denen Augenfortsätze der Stirnbeine besitzen oben einen rechtwinkligen Eindruck. Die im Verhältniss kurzen Jochfortsätze der Schläfenbeine bieten nur zwei Flächen, von denen die obere convex, die untere eben und ausgeschweift erscheint. Die untere Fläche des Fragmentes ( Ergänz . Taf. V Fig 2) zeigt nur Seitentheile des Hinterhauptes mit ihren ziemlich comprimirten Zitzenfortsätzen, den Gelenk- und Jochtheil der Schläfenbeine mit ihrem Jochfortsatz und Zitzenfortsatze, ferner einen Theil der Flü- gelbeine, nebst den Stirnbeinen, namentlich die Augenfortsätze derselben, welche die trich- terförmig ausgehöhlte obere Augenhöhlenwand und theilweis den Canalis nervi optici er- kennen lassen. Von dem Schädelfragmente, welches dem Squalodon Ehrlichii zugetheilt wurde, weicht das eben beschriebene durch folgende Hauptmerkmale ab. Der etwas schmälere, saum- artig vorspringende, oben abgeplattete Augenfortsatz des Stirnbeins bildet vorn einen ziemlich rechten Winkel. Der Scheiteltheil erscheint deutlicher abgegrenzt. Die weit kür- zern Jochfortsätze der Schläfenbeine sind auf der obern Fläche convex, auf der untern aber horizontal und etwas ausgeschweift. Der Zitzenfortsatz der Schläfenbeine, wie die gleichnamigen Fortsätze des Hinterhaupts, ragen weniger nach hinten. Die kürzern, schmä- lern Schläfengruben sind hinten weniger tief. So weit die Reste des Schädels des Squalodon Meyeri und incertus sich mit einander vergleichen lassen weicht der des letztgenannten durch die an den Seiten zugerundete mit einem schwächern, centralen Kiel versehene Hinterhauptschuppe auffallend ab. ? Squalodon bariensis unterscheidet sich, nach den Abbildungen zu urtheilen, vom Squalodon incertus? durch die weniger nach oben steigende, breitere, an den Seiten, zuge- rundete Hinterhauptsschuppe, so wie den kürzern, geradem, vorn schmälern, weniger nach oben steigenden Jochfortsatz der Schläfenbeine und die niedrigem Schläfengruben. Die andern in Europa gefundenen, vorläufig meist als fragliche Arten betrachteten, Squalodonten kann man, wegen Mangels vergleichbarer Reste, gar nicht mit Squalodon incer- tus in Vergleich stellen. Schliesslich scheint jedoch noch bemerkenswert!!, dass der Hinter- hauptstheil des in Südcarolina gefundenen, bedeutenden Schädelrestes des Squalodon pyg- maeus (Gervais Ostéogr. d. Cétac. PI. XXVIII Fig. 26), wie ich schon (Fass. Cetac. S. 324) bemerkte, im allgemeinen dem des Squalodon incertus ähnelt, während die Scheiteltheile beider sehr abweichen. Obgleich aber Squalodon incertus , nach Massgabe des ihm zu Grunde gelegten Schä- delfragmentes, mehrfach vom Squalodon Ehrlichii abweicht und sich vorläufig auch nicht wohl mit einer andern Art vereinen lässt, so habe ich ihn doch, da ihm nur ein einziger Schädelrest mit völliger Sicherheit zugeschrieben werden kann, mit einem? versehen. Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 45 ANHANG D. Ueber zwei muthmasslich Squalodon in c er tu s an gehörige Reste, eine Bulla t y m p a n i und einen Lendenwirbel, des Linzer Museums. Wie oben S. 36 bemerkt, wird in Linz eine kleine, offenbar einem kleinen Exemplar eines Squalodon angelmrige, Bulla tympani ( Ergänz . Taf. V Fig. 5, 4) aufbewahrt, die bisher nicht beachtet wurde, welche aber, da sie von der grossen, wohl dem Squalodon Ehrlichii an- gehörigen, auch gestaltlich mehrfach abweicht, vielleicht dem Squalodon incertus zu vindiziren ist. Wäre diese, wie es scheint, ziemlich plausibele, Annahme begründet, so könnte sie selbst möglicherweise wesentlich dazu beitragen, den Namen incertus als unpassend erscheinen zu lassen, da schon Owen und Van Bene den die Gestalt der Bullae mit Recht zur Aufstel- lung von Arten benutzten. Sie besitzt eine Länge von 50 Mm. Ihre grösste Breite lässt sich, wegen ihrer Unvollständigkeit, nicht genau angeben. Von der des Squalodon Ehrlichii unter- scheidet sie sich in formeller Beziehung durch ihre fast um ]/3 geringere Grösse und Conve- xität, ihr vorderes, schmäleres, noch stärker als das hintere, comprimirtes Ende, ihre der ganzen Länge nach von einer centralen Furche durchzogene untere und in der Mitte einge- drückte innere Fläche, so wie auch, wie es scheint, durch ihre gar nicht, oder nur unmerk- lich, gestreifte Windung. Im Linzer Museum findet sich ein Wirbel (Ergänz. Taf. V Fig. 5 — 8), der durch seine mit dicht anliegendem, körnigen Sande bedeckte Aussenflächen, ebenso wie durch seine weissli- che Farbe, an den Conservationszustand des Schädeltheils des Squalodon mcertus1 durch seine allgemeine Gestalt aber an den ( Foss . Cetac. Tafel XXVII Fig. 13 , 14) dargestellten Wirbel vom Squalodon Gastaldii ? erinnert. Ich bin daher geneigt ihn für einen Lendenwirbel des Squalodon incertus? um so mehr anzusehen, da er wegen seiner weit geringem Grösse und im Verhältniss grossem Länge zu den oben beschriebenen Wirbeln des Squalodon Ehrlichii nicht recht passen will. Die Länge des rechterseits nicht vollständigen, nur mit Resten des Neuralbogens und eines Querfortsatzes versehenen, Wirbels beträgt 60, seine Höhe 45, seine Breite, wie die des Basaltheiles des Neuralbogens, ebenfalls 45 Mm. Seine Querfortsätze bieten am Grunde eine Breite von 40 Mm. — Die untere Körperfläche besitzt einen' scharfen, centralen Kiel und ist zwischen ihm und den Querfortsätzen der Länge nach eingedrückt. Die obere Fläche erscheint ebenfalls zwischen dem Querfortsätzen und den Neuralbogen der Länge nach vertieft. Die vorhandene untere Hälfte des etwa 12 Mm. breiten, 45 Mm. langen Rückenmarkskanales ist länglich. Dem linkerseits vorhandenen Basaltheile entsprechend scheinen die Querfortsätze ziemlich breit gewesen zu sein. Wie die beschriebene kleinere, eigenthümlich gestaltete, Bulla möchte also auch der eben geschilderte Wirbel auf eine von Squalodon Ehrlichii verschiedene Art der Gattung Squalodon (einen Squalodon incertus?) hindeuten. 46 J. F. Brandt, Spec. 7. ? Squalodoo Gervaisii ? Van Bened. Als ich ( Fossile Cetac. S. 329) kurze Bemerkungen über diese, so fragliche, Art mit- theilte konnte ich nur auf Van Bene den mich beziehen, der als Grundlage derselben einen einzelnen Backenzahn ansah. Auf PL XXVIII Fig. 12 , 13 der Ostéographie d. Cétacés finden sich jedoch, von Gervais gelieferte Abbildungen zweier Backenzähne, welche der fraglichen Art zugewiesen werden. Ihre Kronen sind massig breit, kurzspitzig, leicht gestreift und nur am hintern Rande gezähnelt. Sie scheinen ungemein denen des hintern Zahnes zu gleichen, welchen man auf der Abbildung des Unterkieferastes wahrnimmt, den Gervais auf der genannten Tafel Fig. 4 darstellen Hess und dem Squalodon Grateloupii zuschrieb. Es fragt sich sogar: ob sie nicht dieser Art in der Tliat angehören möchten, da sie ohnehin mit Zähnen derselben zu St. Jean de Védas zusammen gefunden wurden. Wenigerscheinen sie auf Squalodon bariensis oder Ehrlichii , schon eher vielleicht auf die von Squalodon ant- verpiensis bezogen werden zu können. Ueberhaupt dürfte es sehr misslich sein, die Arten nach blossen vereinzelten Backenzähnen feststellen zu wollen, da ihre Gestalt oft wechselt; die Grenzen ihrer Abänderung aber noch unbekannt sind, wie schon Van Beneden bemerkte. Spec. 8. ? Squalodon Scillae Nob. Squalodon Scillae J. F. Brandt Fossile Cetac. p. 330 — 35. — Phocodon (de Malte) Gervais Ostéograph. d. Cétac. PI. XXVIII Fig. 18. Gervais a. a. 0. lieferte eine Copie des Fragmentes, welches der fraglichen, bei weitem noch nicht genügend charakterisirten, Art zu Grunde liegt. Die dem Fragment auf- sitzenden drei Backenzähne ähneln, wie ich schon früher (a. a. O. S. 332) andeutete, am meisten denen des Squalodon Ehrlichii , aber auch denen des Squalodon atlanticus (Gervais ebd. Fig. 25) von New Jersey. Da sie indessen bis jetzt die einzigen beachtenswerthen Theile sind, in grosser Entfernung von den Resten des Squalodon Ehrlichii gefunden wurden und es auch localisirte Arten von Squalodon mit ähnlicher Zahngestalt gegeben zu haben scheint, so ist, wenigstens vorläufig, eine Vereinigung beider Arten unter dem Namen Squalodon Scillae (= Phocodon Scillae Agass.) nicht zulässig, was auch noch mehr in Bezug auf Squalodon atlanticus gilt. Dessenungeachtet wird vermuthlich künftig wohl Sq. Scillae wenn man von ihr noch zahlreiche, charakteristische Reste finden sollte, als der ältesten, noch die eine oder andere der später beschriebenen, mehr oder weniger zweifelhaften, Arten als synonymische anzureihen sein. ? Squalodon de Dinan Gerv. Squalodon (de Dinan Bretagne) Gervais Ostéograph. d. Cétac. PL XXVIII Fig. 19. Gervais a. a. 0. hat unter obiger Bezeichnung einen ansehnlichen, mit einer etwas schief nach hinten gebogenen, gestreiften, vorn und hinten fünfzähnigen, mässig zugespitzten Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 47 Krone versehenen Backenzahn abgebildet, der am meisten den Zähnen des Sqmlodon Gra- teloupii ähnelt, vielleicht also auf diese Art bezogen werden könnte, falls er nicht, was we- niger annehmbar scheint, möglicherweise Sqmlodon bariensis angehörte. Genus Zeuglodon Ow. Dem in den Fossilen Cetaceen S. 297 mitgetheilten Citât, welches sich auf die von Car us veröffentlichte Beschreibung des Schädels von Zeuglodon bezieht, ist noch hinzuzu- fügen, dass Koch 1850 (. Naturwissenschaf tl . Âbhandl. herausgeg. v. W. Haidinger Bd. IV Abth. I. № III p. 53) eine Beschreibung des Zeuglodon macrospondylus lieferte, die von einer Tafel begleitet ist, worauf unter andern auch eine ideale Figur des Skelets sich fin- det, die jedenfalls etwas naturgemässer als seine frühere erscheint, wenn sie auch, na- mentlich im Betreff der so beträchtlichen Länge der Wirbelsäule, besonders des Schwanztheils derselben, so wie der vielen Rippen, nicht als naturgetreu gelten kann. Die ( Foss . Cetac. S. 335 ) angeführten Synonyme der Gattung Zeuglodon sind Gill (Arrangement of the Families of Mammals , Washington 1872 p. 93) zu Folge durch Po- lyptychodon Emmons und Pontogenus Leidy zu ergänzen. Ebendaselbst nahm ich den Zeuglodon brachyspondylus J. Müller’s (Die Zeuglodonten S. 21) in craniologischer Beziehung für einen echten Zeuglodon, der sich subgenerisch (nicht generisch) durch die kurzen Wirbel vom Zeuglodon cetoides unterscheide. Ich rech- nete ausserdem mit J. Müller den von ihm Tafel XXYI abgebildeten Schädel gleichfalls zu Zeuglodon brachyspondylus und erklärte ihn nach Massgabe des genannten Schädels für einen echten Zeuglodon. Spätere nochmalige Betrachtungen der auf der Abbildung des Schädels bemerklichen Zähne erregten indessen einige Zweifel : ob er in der Zahl der Zähne wirklich mit dem vom Zeuglodon cetoides übereinstimme. Es scheint mir daher nötliig, dass der Schädel in dieser Hinsicht von neuem untersucht werde. Zeuglodon Yasconum Delfortrie. Bemerkenswerth ist, dass Delfortrie (P. Gervais Journ. d. Zoologie T. III , 1874 , p. 25) der in den Faluns des südöstlichen Frankreichs gefundenen Backenzahn einer Zeu- glodontide beschrieben hat, den er der Gattung Zeuglodon als Zeuglodon Vasconum zuschreibt und ebd. p. 28 xylographisch darstellen Hess. Der Zahn ähnelt hinsichtlich seiner Gestalt ungemein den Zähnen des Sqmlodon seu Pachyodon Scillae (Gervais Ostéolog. d. Cet. PI. XXVIII Fig. 18) nur besitzt er zehn Zälmchen statt acht und scheint einen höhern und breitem Wurzeltheil zu haben. Dem Verfasser entging indessen, dass bereits die Reste zweier muthmasslichen Zeuglodons aus Russland beschrieben wurden. Nachtrag zu den Balaeniden Seite 4. In meinen Fossilen Cetaceen Europa'' s wurde (S. 190) angeführt: Capellini habe in der Umgegend des Montepulciano gefundene Reste besprochen, die 48 J. F. Brandt, nach ihm möglicherweise der legitimen Urrace der Balaena biscayensis zugeschrieben wer- den könnten. Im Rendiconto dette sessioni delV Accademia di Bologna Mai 25 1871 (Gervais Journ. d. Zool. II. 1873 p. 343) heisst es aber, die a. a. 0. gefundenen Reste ständen zwar in einigen Beziehungen zu denen der Balaena biscayensis lind australis, Hessen sich aber mit denen keiner der lebenden Arten identifiziren, Capellini behielt jedoch die Ansicht bei: sie könnten der pliocänen Stammart der Balaena biscayensis angehört haben. Capellini ist übrigens ( Rendiconto delV Accademia di Bologna 17 Febb. 1872 p. 117 und Mem. sulla Balaena etrusca Mem. d. Accad. di Bologna ser. 3. T. III. 1873. p. 321 und 324) der Meinung: die zuerst von Lacépède beschriebenen, im Pariser Museum befind- lichen, Halswirbel, welche Van Beneden ( Ostéogr . d. Cétac. p. 107 PI. VII Fig. 7—11) auf Balaena biscayensis bezog, gehörten einer besondern Art an, welche er Balaena Van Benediana zu nennen vorschlage. Balaena etrusca Capellini. Unter diesem Namen stellte Capellini ( Rendiconto d. Accad. d. Bologna 1872 — 73. p. 117 und Mem. d. Accad. d. Bologna ser. 3. T. III p. 324 Tav. I u. II) eine neue, fos- sile Art von Balaena auf, deren Reste im gelben Sande von Siena und in der Umgegend von Chiusi gefunden wurden. Als Hauptcharakter werden sämmtliche nicht nur unter sich, sondem auch mit dem ersten Rückenwirbel verbundene Halswirbel aufgeführt. Er deutet aber auch noch auf andere Unterschiede hin. Ihre Länge wird auf 14 Metres angeschlagen. Sie soll zwar Aehnlichkeit mit Balaena australis und B. Van Benediana gehabt, jedoch der letztem näher gestanden haben. — Zur sichern Annahme der Art dürften indessen wohl noch weit umfassendere, charakteristische Reste wiinschenswerth sein. Zusatz zu den Odontoceten. Odontoceten an gehörige Zähne von zweifelhafter Bestimmung. P. Gervais (Zool. et paléont. fr. 2e éd. p. 310 und 311) erwähnt bei Gelegenheit sei- nes zu Squalodon gehörigen Stereodelphis brevidens eines ( ebd . PL IX Fig. 7) abgebildeten, dicken, etwas gekrümmten, mit einer Längsfurche, so wie mit feinen Längsstreifen, jedoch nur mit einem schwachen Reste der Krone, versehenen Zahnes, den er nur fraglich einem Delphinus, zuschreibt. Er bemerkt namentlich: derselbe habe nur einige Analogie mit dem Zahne seines Stereodelphis brevidens (d. h. meines Squalodon bariensis?). Der Zahn stammt aus der Molasse von St. Didier (Vaucluse). Ebendaselbst wurde von Gervais Fig. 8 der verlängerte Körper eines Lendenwirbels mit ziemlich schmalen Resten der Basaltheile seiner Querfortsätze von der untern gekielten Fläche dargestellt, den er einem fraglichen Delphin zuschreibt. Dass der Wirbel eher der eines Zahnwales, als der eines Bartenwales sein möchte, lässt sich wohl nicht läugnen. Es Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 49 ist indessen nicht anzunehmen, er gehöre einem echten Delphinus an, da die grössere Länge seines Körpers dagegen spricht. Eher könnte er der eines Delphinapterus sein. Herr Professor Gastaldi hatte die Güte mir schöne Abbildungen von drei ver- schiedenartigen Zähnen zu senden, die in den Sammlungen Turin’s aufbewahrt werden, de- ren sichere Deutung ich jedoch aus Mangel an geeignetem Material selbst nach so exactcn Zeichnungen, wie die von ihm übersandten, nicht zu unternehmen wage. Die fraglichen Zähne wurden auf Tafel V Fig. 13 — 15 dargestellt. Der eine davon, welcher Fig. 13 von der Seite und 13 a von oben in natürlicher Grösse dargestellt ist, bietet eine sehr lange, überaus dicke, unter der Krone und ganz un- ten dünnere, Wurzel. Seine kegelförmige, schiefe, am Grunde gestreifte, Krone ist fast nur V4 so lang als seine Wurzel. Die Wurzel desselben wie seine Krone zeigen zwar Aehnlichkeit mit den entsprechenden Theilen der Zähne, welche Gervais ( Zool . et paUont. fr. 2e éd. p. 318 PL 20 Fig. 10 , 11) seinem Hoplocetus crassidens zu Grunde legte. Die eben ge- nannten Zähne weichen aber vom vorstehend beschriebenen dadurch ab, dass sie unter der Krone halsartig eingeschnürt sind. Der beschriebene, im Museum der Turiner Universität aufbewahrte, Zahn war ein Be- standtheil der Sammlung des Abtes Gotteri und stammt aus dem Pliocän des im Piemonte- sischen gelegenen Bezirkes Asti. Gastaldi besitzt überdies in seiner Sammlung mehrere ähnliche Zähne. Ein zweiter Zahn (Fig 14), dessen beifolgende, in natürlicher Grösse mitgetheilte, Dar- stellung ich ebenfalls einer durch Gastaldi’s Güte erhaltenen Originalzeichnung verdanke, weicht vom eben geschilderten durch die grössere Dicke seines obern, unter der Krone be- findlichen, so wie seines untern, viel schmälern, wie es scheint, unten offenen Endes ab. Er bietet eine gewisse Aehnlichkeit mit den Zähnen, welche Gervais (a. a. O. PI. III Fig. 10 , 11) einem Physeter und Fig. 12 einem Hoplocetus curvidens zuschrieb. Die in natürlicher Grösse mitgetheilten beifolgenden Darstellungen von drei Zähnen (Fig. 15 a, b, c), welche ich gleichfalls Hrn. Prof. Gastaldi verdanke, ähneln zwar denen, welche Gervais ( n . a. O. PI. XX Fig. 5, 6) abbilden Hess und einer Phoca vindizirte, ebenso wie dem von ihm einer Phoque de Poussan ( ebd . PI. XXXVIII Fig. 8) zugeschrie- benen Zahn. Da man indessen, wie mir Hr. Prof. Gast aldi mittheilte, bereits mehrere da- von im Bezirke von Asti entdeckte, so dürfte nicht wohl anzunehmen sein, es wären dort gerade nur die Hauer einer Robbe gefunden worden. Es lässt sich daher eher vermutheu, sie hätten einem Zahnwale angehört. Hinsichtlich ihres obern Endes ähneln sie nun aller- dings auch den Vorderzähnen vom Zeuglodon (Müll. Zeuglod. Taf. XXI Fig. 3 — 5) und Squalodon , aber ihr unterster nicht offener Wurzeltheil stimmt gleichfalls nicht gut für diese Deutung. Am meisten scheinen sie mir noch hinsichtlich ihrer Gestalt und Grösse mit denen des Globiocephcdus globiceps von mittlerem Alter übereinzustimmen. Sie könnten indessen vielleicht auch einem der beschriebenen italienischen Delphinapteren angehören. Mémoires do l’Acad. Imp. des sciouees, VJImo Se'rie, 7 50 J. F. Brandt Im Turiner Museum sowohl als auch in der Sammlung Gastaldi’s sind deren mehrere vorhanden. Berichtigungen und Ergänzungen zum geologischen Tlieil. ANHANG I. Wichtige Berichtigung zu Seite 364 Zeile 7 der Untersuchungen zu den fossilen Cetaceen Europa’s. In meinen «Untersuchungen über die fossilen und subfossilen Cetaceen Europa’s», wurde im Artikel des Hin. Barbot de Marny auf Seite 364, Zeile 7, ohne Wissen des Ver- fassers, eine Phrase in Parenthese hinzugefügt, welche seiner Ansicht von der sarmatischen Etage eine ganz andere Deutung giebt. Aus dieser Phrase würde man nämlich schliessen, dass die sarmatische Etage das Equivalent der caspischen (unteren und oberen) Bildungen sei, während die sarmatische Stufe in Wahrheit älter ist als die genannten Bildungen. Der unteren caspischen Bildung Murchison’s entspricht die politische Stufe, der oberen Bildung aber die caspische. ANHANG П. Nachträgliche Bemerkungen über das Vorkommen von Cetaceen* Besten in den Tertiärformation e.n des südlichen Russlands v, J. F. В г a n d t. Zusatz zu S. 364 meiner fossilen Cetaceen. Um das Vorkommen der untergegangenen Cetaceen in den tertiären Schichten des südlichen Russlands klarer als bisher vor Augen zu stellen, scheint es mir angemessen, einige nachträgliche Bemerkungen über die dortigen Lagerstätten derselben mitzutheilen, welche sich namentlich auf die Ansichten beziehen, die Th. Fuchs ( Verhandl . d. К. K. geo- logischen Beichsanstalt. Wien 1871 n. 15 S. 302) nach von mir gesandten Materialien (Kalkresten von der Umgebung des Schädels des Cetotherium JMJikei , des Stawropoler Delphin1 s ( Delphinapterus Fockii ) und des Cetaceenreste enthaltenden eisenschüssigen Sandes von Anapa) veröffentlichte. Fuchs macht darüber nachstehende Mittheilungen. «Der Kalk, welcher den Schädel vom Cetotherium Ratlikei vor seiner (von Brandt be- werkstelligten) Bloslegung umschloss, erscheint dicht, hart, bräunlich oder gelblichgrau, bietet einen splittrigen Bruch und enthält zahlreiche Reste nebst Abdrücken von Ervilia podolica. Er gehört also der sarmatischen Formation an. Die von Hrn. v. Fock bei Stawropol entdeckten Skeletreste des Delphinapterus Fockii lagen in einem lockeren, porösen Kalkstein von oolithischer Structur, welcher Reste von Foraminiferen , Abdrücke von Cardium ohsoletum und einer Valvataartigen Schnecke Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 51 darbot. Unter den Resten der Foraminiferen fanden sicli die der von Karrer neuerdings aufgestellten, an mehreren Orten der Umgegend Wiens, unmittelbar unter den Congerien- scliichten, in den obersten Schichten der sarmatischen Stufe, entdeckten Vertebralina sarmatica. Dieselbe ist im erwähnten russischen Kalkstein so häufig, dass einzelne Parthien desselben fast ganz aus ihr bestehen. Der braungelbe Cetotherienreste enthaltende, eisenschüssige, Sand aus der Umgebung von Anapa entspricht den Cardien-Thonen der Krym, (= jüngerem Steppenkalk), da er Schaalen von Cardium crassatellum Desh., Cardinm edenhdatum Desh. und Mytilus ( Con - geria) rostriformis Desh. enthält. Aus diesen von ihm ermittelten Thatsachen folgert Hr. Dr. Fuchs, dass im südlichen Russland nicht nur in dein älteren (sarmatischen) Steppenkalke, sondern auch im jüngern (den Congerienschichten der Wiener Geologen) Cetaceen-Reste gefunden wurden. Es ist dies namentlich nach ihm deshalb von Wichtigkeit, weil die letztgenannten Ablagerungen einen ausgesprochenen brakischen Charakter zeigen und in der Wiener Gegend noch keine Reste von Seesäugethieren lieferten. Hierauf schliesst er mit nachstehenden Sätzen: Man will bekanntlich die Bemerkung gemacht haben, dass die sarmatischen Ablagerungen in dem Maasse, als man nach Osten vorschreitet, einen immer ausgeprägteren marinen Ha- bitus annehmen. Sollte etwas Aehnliches nicht auch in der Congerienstufe stattfinden können? Das vollständige Fehlen von Melanopsis- Arten, so wie das Vorkommen von Cetaceen (u. z. Balaeniden!) in den südrussischen Ablagerungen dieser Stufe deuten darauf hin». Mein geehrter Wiener Freund wird mir erlauben, seinen beachtcnswerthen Mittheilun- gen einige Worte hinzufügen, die sich namentlich auf die vorstehenden Schlusssätze beziehen. Dass die sarmatischen Ablagerungen nach Osten zu einen immer ausgeprägteren marinen Habitus annehmen, scheint plausibel. Man möchte selbst, wie es scheint, fragen können: ob nicht diese Erscheinung vielleicht theilweis mit der die Wassermassen mehr nach Osten schie- benden Bewegung der Erde von West nach Ost in Zusammenhang zu bringen wäre. Der grosse Océan, aus welchem die sarmatischen Ablagerungen erfolgten, verschwand, wie bekannt, im Westen schon früh ohne nahmhafte Ueberreste, während er im Osten, ausser zahlreichen kleinern Seen, drei noch gegenwärtig vorhandene bedeutende Becken (das Schwarze, Caspi- und Aralmeer) hinterliess, die noch jetzt einen, wenn auch veränderten, marinen Cha- rakter bieten. Der letztere musste aber noch mehr zu jener Zeit hervortreten, als jene Becken sich noch weiter ausdehnten, während der im völligen Verschwinden begriffene westliche Theil des grossen Océans schon brakische Eigenschaften annahm oder bereits besass. Was die Erklärung des Vorkommens von Cetaceen-Resten im jüngern Steppenkalk (der Congerienstufe) anlangt, so gestatte ich mir eine Bemerkung zu wiederholen, die ich am Schlüsse meines Aufsatzes: Ueber die bisher in Russland gefundenen Reste unterge- 52 J. F. Brandt, gaiigener Cetaceen (Ballet, sa. d. Г Acad. Imp. d. Sc. d. St-.Pétersb. T. XIX. 1873. p. 247 und Mélang. bioloß T. IX. p. 197) mitgetheilt habe. Es heisst dort, dass, nach Maassgabe der im jtingern Steppenkalk vorkommenden Conchylien, die auf eine Ablagerung desselben aus brakischem Wasser hinweisen, sich nicht wohl annehmen lasse: es hätten Balaenoiden , die wir, im Einklänge mit dem Vorkommen ihrer echt marinen Nährthiere, nur als Bewohner des hohen, nicht brakischen, Meeres kennen, in einem solchen Element gelebt. Die Baläniden dürften daher wohl eher im bra- kischen Wasser, z. B. grossen Busen desselben, gestrandet oder als aus einer altern For- mation stammende Skeletreste zur Zeit der Bildung des jüngeren Steppenkalkes in den- selben gelangt sein. Delphininen (ebenso wie Robben und Halitherien) könnten jedoch allerdings auch die brakischen Gewässer bewohnt oder wenigstens besucht haben und darin verendet sein, da manche von ihnen noch heutzutage in die grossem Ströme und Wasserbecken des Binnen- landes aufsteigen (wie z. B. Delphinapterus leucas), einige andere sogar (wie die Inten und Plantanisten , ebenso wie die Manati's und manche Robben ) beständig in ihnen sich auf- halten. Erklärung der Tafeln. Tafel I. Verschiedene muthmaasslich Cetotheriopsis linziana angchörige Knochen (Siehe S. 7 ff.), welche sich im Linzer Museum befinden. Figur 1 — 3. Eine in natürlicher Grösse dargestellte Bulla tympani. Figur 4, 5 und 6. Ein Fragment des hintern Theiles des Unterkiefers Fig. 4 von der äussern Fig. 5 von der innern Fläche und Fig. 5 von hinten gesehen, */„ natürlicher Grösse. Figur 7. Einer der vordem Rückenwirbel von vorn gesehen, l/3 natürlicher Grösse. Figur 8, 9, 10 und 11. Einer der mehr vordem Lendenwirbel, y3 natürlicher Grösse, Fig. 8 von vorn, Fig. 9 von der Seite, Fig. 10 von oben und Fig. 11 von unten gesehen. Figur 12, 13, 14 und 15. Ein mehr hinterer, ebenfalls l/3 natürlicher Grösse dargestellter, Lendenwirbel, Fig. 12 derselbe von vorn, 13 von der Seite, 14 von oben und 15 von unten gesehen. Figur 16. Das Bruchstück einer Rippe, gleichfalls 1/3 natürlicher Grösse. Figur 17 und 18. Bruchstück des Unterkiefers einer Delphinoide , vielleicht des Delphinapterus Cortesii , ? nach gütigst vom Hrn. Professor Gastaldi aus Turin gesandten Zeichnungen, in na- türlicher Grösse, und zwar Figur 17 im Profil, Fig. 18 von oben gesehen (S. 13). Tafel II. Verschiedene Ansichten der Reste des Steno Gastaldii (S. 15) nach Zeichnungen, die Hr. Pro- fessor Gastaldi mir zu senden die Güte hatte. Figur 1 obere, 2 untere und 3 Seitenansicht des ihm angehörigen Schädelfragmentes, % natürlicher Grösse. Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. 53 Figur 4. Ein Fragment des Hirntlieils des Schädels desselben, */„ natürlicher Grösse. Figur 5, 6, 7. Theile seines Gehörorgans, in natürlicher Grösse. Figur 8. Der Atlas mit dem Epistropheus von vorn, % natürlicher Grösse. Figur 9. Dieselben Wirbel von oben (?). Figur 10. Ein Lendenwirbel von vorn und 11 von unten, % natürlicher Grösse. Figur 12. Ein einzelne Rippe, % natürlicher Grösse. Tafel III. Darstellung verschiedener Ghampsodelphis (? Platanista ) Letochae ungehöriger Knochen. (S. 22). Figur 1. Ein Fragment des Endtheiles des Oberkiefers von oben und la von unten gesehen. Figur 2. Ein ansehnliches Bruchstück des Unterkiefers von oben (innen), 3 von unten, 3 a ein Theil des- selben von der Seite betrachtet. Figur 4 — 7. Der Epistropheus 4 von vorn, 5 von hinten, 6 von der Seite und 7 von unten. Figur 8 ein Rückenwirbel von oben, 9 von vorn und 10 von unten gesehen. Figur 11. Ein Lendenwirbel von oben, 12 von vorn und 13 von unten dargestellt. Figur 14. Ein anderer, hinterer, Lendenwirbel von oben, 15 von vorn und 16 von unten abgebildet. Figur 17 und 18. Drei Bruchstücke zweier der vordersten Rippen. Figur 19 b, c. Zwei Bruchstücke einer der mittlern Rippen. Figur 20. Eine unvollständige der hintern Rippen. Figur 21. Eine Ulna. ' Sämmtliche Figuren sind in natürlicher Grösse dargestellt. Tafel IY. Gelenktheil des Unterkiefers, drei Rippenfragmente und ein Zahn des Ghampsodelphis {? Plata- nista) Letochae nebst vermuthlich einer Plantanistine ungehörigen Zähnen nach Zeichnungen des Hrn. Pfarrers Probst. Verschiedene Skelettheile des Squalodon Ehrlichii , so wie Contouren von Backen- zähnen des Squalodon Meyeri nach 0. Fraas nebst zwei vermuthlich demselben Squalodon angeh urigen Vorderzähnen und drei Backenzähnen nach Probst. Figur 1. Das Fragment eines der Unterkieferäste des Champsodelplns Letochae von der äussern Fläche in natürlicher Grösse. Figur 2. Dasselbe von der innern Seite. Figur 3 a, b, c. Ein Zahn desselben in natürlicher Grösse, a von der Seite, b von aussen und c von innen — . 3', a', E, c'. Derselbe dreimal vergrössert. Figur 4. Ein muthmaasslich einer Plantanistine ungehöriger hinterer, dem Figur 3 dargestcllten ähn- licher, Zahn der Sammlung Probst’s, in natürlicher Grösse von ihm dargestellt. Figur 5 bis 8 in natürlicher Grösse vom Hrn. Probst dargestellte muthmaassliche Vorderzähne einer Platanistine. Figur 9, 10, 11. Drei Rippenreste des Champsoclelphis Letochae in natürlicher Grösse als Ergänzungen zu Tafel III. Figur 17 bis 20. Figur 12. Die Unterseite des im Linzer Museum aufbewahrten Schädelfragmentes des Squalodon Ehrlichii J. F. Brandt (Seite 33) nach einer unter Ebrlich’s Leitung angefertigten Photographie x/3 na- türlicher Grösse. Figur 13, 14, 15. Ein mittlerer Schwanzwirbel desselben Thieres (S. 40). Figur 13 von der Seite, 14 von vorn und 15 von unten, J/3 natürlicher Grösse. Figur 16 und 17. Ein muthmaasslich dem Squalodon Ehrlichii angehöriges Brustbein (S. 41), % na- türlicher Grösse. 54 J, F. Brandt, Ergänzungen zu den fossilen Cetaceen Europas. Figur 18 und 19. Contouren von zwei Backenzähnen des Schädels des Squalodon Meyeri , welche ich der Güte des Herrn Professors 0. Fraas in Stuttgart verdanke. (Siehe S. 30) Figur 18 die Zähne noch in den Kieferfragmenten sitzend. Figur 19. Ein besonders dargestellter Zahn. Figur 20. Fragment eines muthmaasslich demselben Thier angehörigen Vorderzalins nach Probst’s Zeichnung. Figur 21. Ein ganzer kleinerer Vorderzahn desselben, ebenfalls nach einer Zeichnung Probst’s. Figur 22, 23, 24. Drei vermuthlich Squalodon Meyeri angehörige Backenzähne aus derselben Quelle. Tafel V. Darstellungen mehrerer Reste des Squalodon incertus ? J. F. Brandt des Linzer Museums (Siehe S. 42). Wirbel des zweifelhaften Squalodon hypsispondylus ? J. F. Brandt (S. 42) ebendaher. — Vom Hrn. Professor Gastaldi gütigst gesandte, nach Originalen der Turiner Sammlung entworfene, Abbildungen mehrerer Zähne von Cetaceen , deren Bestimmung zweifelhaft ist. S. 48. Figur 1. Profilansicht des im Museum zu Linz aufbewahrten Schädelfragmentes des Squalodon incertus ? Уз in natürlicher Grösse nach einer gütigst vom Hrn. Rath Ehrlich gesandten Photographie. Figur 2. Dasselbe Fragment von unten gesehen aus derselben Quelle. Figur 3 und 4. Eine muthmaasslich ebenfalls Squalodon incertus ? angehörige, im Linzer Museum auf- bewahrte, Bulla tympani in natürlicher Grösse. Figur 3 von oben und innen, so wie Figur 4 von unten gesehen. Figur 5, 6, 7 und 8. Ein muthmaasslich dem Squalodon incertus ? viudizirbarer Lendenwirbel, V3 na- türlicher Grösse. — Fig. 5. Derselbe im Profil, 6 von oben, 7 von unten und 8 von vorn gesehen. Figur 9, 10, 1 1 und 12. Der Seite 42 einem fraglichen Squalodon hypsispondylus ? muthmaasslich vindizirte Schwanzwirbel des Linzer Museums, У3 natürlicher Grösse. — Figur 9. Derselbe im Profil, Fig. 10 von oben, Fig. 11 von unten und Fig. 12 von vorn. Figur 13, 13 a, 14 und 15 a, b, c in natürlicher Grösse dargestellte, in einem besondern Anhänge S. 48 beschriebene Turiner, wohl Cetaceen angehörige ? Zähne, deren richtige spezielle Deu- tung indessen zweifelhaft ist. CetotTieriopMs? Partes varia e. Oi 's/a/ii/'or ui Uip.dc/. LitU , !.. Hihu'Ur, l'.O.Z f. Mm. äellcail.lmp.tlSc. VII Sér. J.F.BrandtToss.Cetaceen Er^aeiiz T Iï щу •iiVfcv; Rapciti nrd twU\ OvsiannikôV' în/ap* drl . Steno üaslaldii J.K Unit Ш ■ l. Hthuia-, Г.0.21. /. MmdeLinul hniul.Sr. VHSér. 2. J.F.BraiKlt.Toss.Cetaceen Ergaenz T. III. O <:- ;: -V. ■':?.• ѵ.^-ѵ.^ .,5- Л » 4Âv,.ÿ ;» ф. ,J .-,i *• & »>2* • Ш. •“'* •'.><•" 5» < > «*’<» л о ~all' BW$~* . Ot;,)jn/uJuh’ m- hip.i/cl . Champsodelpliis Letocliae J.F.Brdt . Lith .i /.. Hünskr, Г.0.21,./. lern, de Исай. Imp. <1. Sc. VII Sér. J. F.Brandt.Eoss. Cetaceen Er£a bbz . T. IV. О ОсХШНі/'ОГ in laf) nid Fig. I- Il Champ, sodelphis Letochae . J.F.Brdt. 12- 17 Squalodoii Elirllchii J.F.Brdt. 18-24 Squalodon Meypri J.F.Brdt. Lilft .. Iliiri.t/cr , I-'.O.ZL.J. Æ: Mém. de Lirai!. lmp. il. Sr. ПІ Sit. J. F. Bran ü t . Fo, ss. C eta о ее и Erga on z T . \ ' ’ . ущі/ѵг in Itw. (/{•/. ;1 8 Sqnalodou incertus ? J.F.Brdt. Fig.î)-12 Squaloiion hjpsispondyliis ? J.F.BrdL Fig. 18,14,15 Deutes iiidefimti. Lit/i .. !.. ttüns/er. l'.0.2 L.7. MÉMOIRES L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURG, VIF SÉRIE. Тош XXI, X" 7. SUR LES PROPRIÉTÉS L'ACIDE TRIMETHÏLACETIQUE ET SUR SES DÉRIVÉS. PAR IH. A. Bontlerow. {Lu le 9 avril 1874.) St.-PÉTERSBOURGr, 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à et.-Pétersbonre i à Riga: à Odeseai à Leipzig! MM. Eggers et Cie, H. Schmitzdorff, M. N. Kymmel; M. A. E. Kechribàrdshi; M. Léopold У oss. J. Issakof et Tcherkessof; Prix: 25 Kop. = 8 Ngr. MEMOIRES DE L’ACADEMIE IMPERIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, ѴІГ SERIE. Tome XXI, № 7. SUR LES PROPRIÉTÉS 9) DE L'ACIDE TRIMETHYLACËTIQUE ET SUR SES DERIVES. M. A. Boutlerow. (Lu le 9 avril 1874.) Jlj St.-PETERSBOURG, 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pétersboarg : à Riga: à Odessa: à Leipzig: MM. Eggers et C‘e, H. Schmitzd orff, M. N. Kymmel: M. A. E. Kechribardshi; M. Léopold У oss. J. Issakof et Tcherkessof; Prix: 25 Kop. = 8 Ngr. 4 Mai 1S74. Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. C. Vessélofski, Secrétaire perpétuel. Imprimerie de l'Académie Impériale des sciences. (Vass.-Ostr., 9 ligne, № 12.) J’ai cru nécessaire de faire l’étude détaillée de l’acide triméthylacétique et de ses dérivés principaux — d’abord, parce que cet acide est le premier représentant et le terme le plus simple de la série des acides gras volatiles renfermant le radical alcoolique ter- tiaire, et ensuite aussi — parce que j’ai voulu trancher définitivement la question sur l’iden- tité ou l’isomérie de cet acide avec celui qui se produit par l’oxydation de la pinacoline (acide pivalique de M. Friedel). J’ai employé plus de 2 kilogrammes de iodure butylique tertiaire pour la préparation de l’acide triméthylacétique et j’en ai obtenu environ 250 grammes. Ensemble avec la quantité de ce même acide préparé auparavant, j’ai eu à ma dis- position près de 350 gr. de substance. Une portion notable de l’acide a été convertie en sel de magnésium, et la décomposition du sel purifié par la cristallisation m’a fourni un échantillon pur, qui, après avoir été desséché par de l’anhydride phosphorique et distillé, m’a servi à l’étude des propriétés de l’acide triméthylacétique libre. Pour comparer mon acide à celui de M. Friedel j’ai pu me servir non-seulement de données expérimentales déjà publiées par cet habile chimiste, mais aussi de celles que M. Friedel a bien voulu me communiquer par écrit. Je vais citer ses observations plus bas. Grâce à un des élèves de mon laboratoire, M. Kaschirsky, j’ai eu aussi l’occasion de comparer directement l’acide pivalique à l’acide triméthylacétique. M. Kaschirsky, auquel je dois mes remerci- ments, a préparé et mis à ma disposition une certaine quantité de pinacoline, que j’ai sou- mise à l’oxydation. Cette oxydation a été effectuée au moyen d’un mélange assez concentré du bichromate de potasse, de l’acide sulfurique et de l’eau. Après avoir été chauffé long- temps au bain-marie, le mélange a été distillé, et le liquide recueilli dans le récipient, étant saturé par de la potasse et évaporé à sec, a fourni un sel qu’on a décomposé par de l’acide sulfurique. L’acide brut ainsi obtenu était très fusible. Pour le purifier on l’a con- verti par précipitation en sel de zinc, et c’est la décomposition de ce sel qui a donné de l’acide solide assez pur. L’acide triméthylacétique pur et sec, obtenu au moyen du sel de magnésium, a offert à la distillation un point d’ébullition constant: il passait en plus grande partie à 163(7 — 163°8 sous la pression normale de 760 mm., toute la colonne mercurielle du thermomètre Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, VII Série. 1 2 M. A. BoüTLEEOW, étant plongé dans la vapeur. Deux thermomètres Geissler (de Bonn) m’ont donné des indi- cations concordantes. Le point de fusion et de solidification de l’acide a été trouvé à h-35°3 — 35°5. L’acide pur se transforme, en se solidifiant, en une masse cristalline qui ne renferme rien de liquide, tandis que la substance moins pure présente ordinairement une masse solide imbibée d’une certaine quantité d’un liquide incolore. Étant fondu, l’acide présente une liuile incolore limpide, et lorsque cette huile commence à se prendre en masse on peut suivre assez bien la marche de la cristallisation. On voit alors des lamelles cristal- lines anguleuses apparaître sur les parois du vase; ces lamelles se composent de petites aiguilles reparties sous un angle droit sur les deux côtés opposés d’un axe commun. Lors- que la plus grande partie de la substance s’est déjà solidifiée, tandis qu’une certaine quan- tité reste encore liquide, on voit des bulles gazeuses apparaître en grande quantité au sein de la substance; en même temps la solidification suit sa marche et une partie des bulles reste ordinairement enfermée dans la masse de la substance, en soulevant sa surface déjà solidifiée. Je n’ai pas déterminé la nature du gaz en question, mais comme l’acide ne subit aucun changement chimique, lorsqu’on le fait fondre à plusieurs reprises, on est amené à penser que ce gaz est de l’air atmosphérique ou bien une de ses parties constituantes. Il paraît que l’acide, lorsqu’il se trouve à l’état liquide, possède la propriété d’absorber une quantité notable de ce gaz et de le dégager en se solidifiant. Lorsque presque la totalité de l’acide s’est convertie, en se solidifiant, en une masse semi-transparente, des points blancs paraissent dans certains endroits de cette masse et se multiplient rapidement en formant des lignes ramifiées et des plans qui traversent la substance dans de différentes directions en diminuant sa semi-transparence. Ce phénomène est aussi dû en partie au dégagement des restes de gaz, dont les bulles extrêmement petites fendent, pour ainsi dire, la masse solidifiée, tandis que la contraction que la substance subit par le refroidissement concours en même temps à la production du phénomène. En mettant entre deux verres une couche mince de l’acide triméthylacétique fondu et en la faisant refroidir sous le microscope, on peut aussi observer l’apparition de la structure cristalline et le dégagement des bulles ga- zeuses qui a lieu bientôt après. L’acide triméthylacétique une fois solidifié reste semi- transparente à la température ordinaire, tout en présentant dans sa masse quelques endroits blancs, mais si on le fait refroidir jusqu’environ à 0° on voit un nouveau changement se produire dans toute la masse: des taches blanches et opaques aparaissent par-ci et par-là; elles grandissent de plus en plus et toute la masse de substance change d’aspect en deve- nant opaque et blanche comme la neige. Cette masse paraît alors être composée d’aiguilles soyeuses partant de différents centres communs. Ce phénomène peut aussi être observé dans des couches minces sous le microscope, et l’on voit clairement que la structure de la masse solide subit un changement total. M. Eroféew, prof, de l’Université de St-Péters- bourg, qui a eu l’obligeance d’essayer l’étude des propriétés cristallogéniques de l’acide tri- méthylacétique, n’a pas réussi à obtenir des formes cristallines déterminées, mais l’ab- sence de l’action sur la lumière polarisée lui a bien prouvé que les cristaux de l’acide Sur les propriétés de l’acide triméthylacétique et sur ses dérivés. 3 triméthylacétique, dans l’un comme dans l’autre de ses deux états solides qui viennent d’être décrits, appartiennent au système régulier. On sait, que M. Friedel a trouvé aussi que son acide solide n’agit pas sur la lumière polarisée. Cet acide cristallise, d’après lui, en octaèdres réguliers groupés en dendrites. Une fois converti par l’action du froid en masse blanche et opaque, l’acide triméthylacétique conserve cet état pendant longtemps et ne se transforme que très lentement en état semi- transparent. Lors- qu’on conserve longtemps l’acide à la température ordinaire, il acquiert peu à peu une transparence plus grande, probablement par l’effet des changements qui surviennent dans la température, et paraît alors amorphe. Cependant cette masse vitreuse se divise, lors- qu’on la casse, en grands morceaux anguleux, dont les surfaces semblent présenter des faces des cristaux qui, étant juxtaposés, composent la masse transparente. La densité de l’acide triméthylacétique liquide a été trouvée = 0,905 à -+- 50°; son coefficient de dilatation pour 1° est = 0,00112 entre h- 50 et 75° et — 0,00120 entre -I- 75° et -+- 100°. En admettant le premier de ces deux coefficients pour les tem- pératures inférieures à -+- 50° on obtient en calculant 0,944 pour la densité de l’acide sup- posé liquide à 0°. Ces nombres se déduisent des pesées suivantes. Poids de l’eau à -+- 50° = 1 1 ,8050 gr. — Poids de ce même volume de l’acide à -+- 50° = 10,6845 gr. Poids de l’acide renfermé dans le même appareil à -*- 75°= 10,3990 gr. ou bien, correction faite pour la dilatation de verre = 10,3925 gr. Poids de l’acide à -+- 100°= 10,1025 gr.; corrigé = 10,0889 gr. L’acide, obtenu par l’oxydation de la pinacoline et purifié au moyen de la transformation en sel de zinc, possédait les mêmes propriétés que l’acide triméthylacétique préparé par la voie de synthèse: son aspect ainsi que touts les phénomènes qui accompagnent la solidifica- tion étaient les mêmes; son point d’ébullition était situé à 163^5 (163° d’après M. Frie- del), tandis que le point de fusion se trouvait environ à -+- 33°. M. Friedel a trouvé -+- 29° — 30° comme point de fusion de son acide et n’a pas pu l’élever au- dessus de cette température au moyen des fusions fractionnées. On voit que la méthode de purification par le sel de zinc a amené une élévation du point de fusion assez notable (de 3°) et m’a permis de rapprocher considérablement ce point à celui de l’acide triméthylacétique absolument pur. N’ayant qu’assez peu de substance à ma disposition et vu l’analogie complète des autres caractères, j’ai cru pouvoir renoncer à une purification plus parfaite. Je me suis convaincu d’ailleurs que la présence d’une quantité minime de l’acide acétique dans l’acide triméthylacétique abaisse le point de fusion de ce dernier jus- qu’à h- 32°5. Les sels de l’acide triméthylacétique sont presque tous plus ou moins solubles dans l’eau ou dans l’alcool. Sauf quelques rares exceptions (composé acide de potassium) l’eàu ne les mouille que difficilement. Plusieurs d’entre eux perdent en partie l’acide, lorsqu’on i* 4 M. A. Boütlebow, fait bouillir leurs dissolutions. Ce qui est surtout caractéristique, c’est l’existence des com- binaisons salines particulières acides avec le potassium, le sodium et le plomb. Ces combi- naisons, quoique facilement décomposables, possèdent une composition définie. En donnant la description, qui va suivre, des triméthylacétates, je vais mentionner aussi les sels, que j’ai déjà décrits précédemment. Sels de potassium. En saturant peu à peu l’acide triméthylacétique par une solution assez concentrée de carbonate de potassium ou de potasse caustique, on atteint un certain degrés de saturation où le liquide se prend en une bouillie cristalline blanche et épaisse. Cette bouillie se dissout si l’on chauffe, et la solution se prend par le refroidissement en une masse de fines et longues aiguilles groupées en étoiles. Les cristaux du composé acide ainsi obtenu sont assez flexibles et possèdent une certaine élasticité. Étant exprimée entre des doubles de papier, la substance présente une masse légère de cristaux enchevê- trés. Cette combinaison perd considérablement de son poids, lorsqu’on la laisse séjourner dans l’air sec au-dessus de l’acide sulfurique; à juger d’après l’odeur c’est une partie de l’acide qui s’y dégage. Après quelque temps, le poids de la substance soumise à cette des- sication devient constant et le composé correspond alors à la formule C5H9K02-+- 2C5H10O2 ou bien, peut-être, à la formule ^O.K C5 H9 K02 -+- C10 H18 03 = C5 H9 — - O . C5 H9 O ^0.C5H90. Cette composition se déduit de la quantité de potassium et de la quantité du trimé- thylacétate neutre qu’on obtient par la saturation du composé acide. 1) 0,2715 gr. du composé acide ont donné 0,0590 gr. de KCl. Q 2) 0,4205 gr. de la même substance ont fourni 0,0900 gr. de KC1. En centièmes: Expériences: — . 1 2 K = 1 1,38 11,22 Théorie: pour C5 H9 K02 pour C5 H9 K02 -+-2CsH1002 -bC10HIS03 11,36 11,99. 0,1910 gr. du composé acide ont donné 0,2255 gr. du triméthylacétate de potasse neutre, tandis que la théorie exige 0,2065 gr. pour la première — et 0,2179 gr. pour la seconde des deux formules citées plus haut. Quoiqu’il en soit, il est sûr que le composé acide en question se forme aux dépens de 3 molécules d’acide sur 1 at. de métal et non de 2 mol. d’acide sur 1 at. de métal, comme cela a lieu pour l’acide acétique1 2). Le composé acide sec est aisément mouillé par l’eau, qui le dissout à chaud lorsque la quantité d’eau est petite. L’addition d’une plus grande quantité d’eau à cette dissolution décompose la substance; le 1) Tous les dosages des métaux ont été faits d’après la méthode de M. Lieben, en évaporant les solutions dans une petite moufle troué. 2) Ce mémoire venait d’être achevé lorsque j’appris que M. Lescoeur vient de préparer des triacétates al- calins analogues. (Comptes rend. 1874. T. 78, p. 1040.) Sue les propriétés de l’acide triméthylacétique et sur ses dérivés. 5 liquide devient alors trouble et l’acide libre vient surnager à sa surface. A la température de -+- 1 00° la substance sèche se décompose aussi en perdant l’acide peu à peu; si on la chauffe rapidement elle fond et dégage ensuite de l’acide en se transformant en trimethylacétate neutre de potassium. Ce dernier est beaucoup plus soluble dans l’eau que le composé acide. Si l’on neu- tralise par de l’alcali la bouillie des cristaux obtenue par le refroidissiment d’une solution du composé acide, la masse se liquéfie sans qu’on ait besoin de chauffer. L’alcool dissout aussi fa- cilement le triméthylacétate neutre, ce qui donne un moyen commode pour séparer ce sel de l’excès du carbonate difficile à éviter lorsqu’on prépare le sel par saturation. Le triméthyl- acétate neutre de potassium ne cristallise que difficilement; au sein de ses solutions con- centrées il se dépose à la longue sous la forme de petits cristaux aciculaires transparents. En évaporant rapidement les solutions , on les voit devenir à peu-près gélatineuses , sem- blables à de l’empois refroidi de l’amidon, et se dessécher ensuite lentement en une masse blanche semi-cristalline. Étant chauffé fortement le sel neutre fond en un liquide in- colore, qui se prend par le refroidissement en une masse cristalline blanche ressemblante à de l’acétate de potassium fondu. Le triméthylacétate de potassium attire l’humidité lors- qu’on le laisse à l’air libre. Les sels de sodium ressemblent beaucoup à ceux de potassium , mais sont plus aptes à cristalliser. Le composé acide, qui est moins soluble, forme de longues aiguilles prisma- tiques brillantes réunies en faisceaux. Le triméthylacétate neutre de sodium se dépose en longs prismes plats transparents qui s’effleurissent à l’air et dont la composition est re- présentée par la formule C5H9Na024-2H20. (Cette même composition a été trouvée par M. Friedel.) Au-dessus de l’acide sulfurique le sel perd complètement, à la tempéra- ture ordinaire, son eau de cristallisation. 0,2750 gr. du sel cristallisé et desséché un peu (pendant 2 — 3 heures) au-dessus de l’acide sulfurique, ont laissé 0,2125 gr. de sel sec au poids constant et ont fourni ensuite 0,1220 gr. de sulfate de sodium. En centièmes: Expériences. Théorie pour le dégagement de 2H20 H20 = 22,07 22,50 Théorie pour la formule C5 H9 Na 02-ь 2H20 Na = 14,37 14,37 Théorie pour la formule C5 H9 Na 02 Na = 18,59 18,54 Le sel d'ammonium est très soluble; il cristallise par l’évaporation spontanée sous la forme de feuilles réunies en dendrites et douées d’un éclat nacré. Il se sublime facilement lorsqu’on le chauffe, en se transformant peut-être partiellement en amide. Un sublimé extrêmêment tendre de fines et longues aiguilles se forme sur les cristaux dé ce sel, 6 М. А. BOUTLEEOW, lorsqu’on les conserve dans des flacons bouchés. Un composé ammoniaquale acide ne paraît pas’ pouvoir se former. Le triméthylacétate de baryum (C5 H9 02)2 Ba -+- 5H20, déjà décrit par moi dans une de mes communications précédentes, présente des prismes plats incolores et transparents qui s’effleurissent facilement à l’air sec tout en conservant leur forme. (M. Friedel a trouvé la même composition pour le sel barytique cristallisé.) Le triméthylacétate de strontium (C5H9 02)2Sr -+- 5H20 forme de longs prismes à éclat soyeux, groupés en étoiles; les cristaux s’effleurissent aisément et tombent en petits morceaux. Ce sel est beaucoup moins soluble que le sel de baryum. 0,1895 gr. de sel cristallisé ont donné 0,0910 gr. de sulfate de strontium. En centièmes: _ , . Théorie pour la formule Expérience: (Cs H„ (U, Sr + 5 H,0 Sr — 22,90 23,05 Le triméthylacétate de calcium (C5 H9 02)2 Ca -+- 5 H2 0 [(C5H9 02)2 Ca h- 4 H20, d’après M. Friedel] est assez soluble dans l’eau froide et plus soluble à chaud. Il se dépose en prisme réunis en faisceaux et doués d’un éclat soyeux. Une fois formés, les cri- staux ne se dissolvent que difficilement lorsqu’on les chauffe au sein des eaux -mères. Cela paraît dépendre de ce que le sel est difficilement mouillé par l’eau et surtout de ce qu’en perdant une partie de l’acide les cristaux se couvrent à la surface d’une couche insoluble. Dans l’air sec au-dessus de l’acide sulfurique, à la température ordinaire, le sel ne perd que 4H20, c’est ce qui a probablement amené M. Friedel à lui attribuer la formule citée plus haut. La différence des nombres théoriques est en effet peu considérable pour les deux formules: le dégagement de 4H20 de la molécule (C5 H9 02)2 Ca h- 4H20 correspond à 22,93 %, tandis que le dégagement de cette même quantité d’eau de la molécule (C5H902)2 Ca-*-5H20 correspond à 21,68%. La dernière (la 5rao) molécule d’eau se dé- gage cependant lorsqu’on chauffe le sel à h- 100°. Ces conclusions s’appuient non-seule- ment sur la perte du poids par la dessication, mais aussi sur le dosage du métal. 1) 0,2850 gr. du sel cristallisé et rapidement desséché ont perdu au-dessus de l’acide sulfurique à la température ordinaire 0,0625 gr. de leur poids. 2) 0,2865 gr. d’un autre échantillon du sel cristallisé ont perdu sous les mêmes con- ditions 0,0620 gr. de leur poids. En centièmes: Expériences: Théorie pour le dégagement l ' 2 ' de 4H20 de la molécule (C5 H9 02)2 Ca -+- 5H20 H20 = 21,93 21,71 21,68 3) 0,1880 gr. de sel desséché ne perdant plus de son poids à la température ordi- naire, étant soumis à la température de 100° pendant quelques jours jusqu’à ce que le poids est devenu de nouveau constant, ont laissé 0,1765 gr. de sel anhydre et ont donné ensuite 0,0995 gr. de sulfate de calcium. Sur les propriétés de l’acide triméthylacétique et sur ses dérivés. 7 4) 0,2185 gr. de sel desséché à la température ordinaire au-dessus de l’acide sulfu- rique ont fourni 0,1150 gr. de sulfate de calcium. 5) 0,3165 gr. de sel desséché de la même manière ont donné 0,1695 gr. de sulfate de calcium. En centièmes: Expériences. Théorie pour le dégagement de H2 0 par la mol. (C5 Нэ 02)2 Ca-j- H2 0 pour la for- (С5Н502)2Са-ьН20 pour la for- mule (C5H902)2Ca 3 4 5 H20 = 6,11 — — 6,92 — — Ca = 15,56 15,47 15,74 — 15,38 — Ca = 16,57 — — — — 16,52 Étant chauffé fortement, le triméthylacétate de calcium se décompose en produisant un sublimé blanc pareil et probablement identique à celui qu’on obtient avec le sel de magné- sium décrit plus bas. Le triméthylacétate de magnésium (C5 H9 02)2 Mg h- 8 H2 O s’obtient facilement en sa- turant l’acide délayé dans l’eau par de la magnésie calcinée. La solution concentrée et chaude du sel se prend par le refroidissement en une masse de lamelles. Au sein d’une so- lution moins concentrée le sel se dépose lentement sous la forme de tablettes transparentes très larges mais très minces, qui ressemblent au mica et sont très aptes à se diviser en feuilles. Même les petites quantités de solution fournissent souvent des cristaux de dimen- sions considérables. Les solutions conservent facilement l’état sursaturé et le plus souvent ne cristallisent que lorsqu’on y jette un morceau du cristal du môme sel. Étant chauffé en dissolution, le sel laisse facilement dégager une certaine quantité des son acide et le liquide devient trouble; l’addition d’un peu d’acide lui rend sa limpidité. En chauffant les grands cristaux transparents du sel au sein de leur dissolution concentrée, on les voit de- venir aussi troubles et blancs; c’est l’effet du dégagement de l’eau de cristallisation et pro- bablement aussi — d’une certaine proportion d’acide. A l’air sec les cristaux perdent aisément leur eau de cristallisation et deviennent blancs, tandis que dans l’air chargé de vapeurs ils attirent un peu d’eau en devenant humides. 1) 0,4565 gr. de sel cristalisé et désséché rapidement ont perdu au-dessus de l’acide sulfurique à la température ordinaire 0,1840 gr. de leur poids. 2) 0,8855 gr. du même sel desséché avec un peu plus de soin, ont perdu 0,3470 gr. de poids. 3) 0,4395 gr. de sel desséché au-dessus de l’acide sulfurique jusqu’à ce que leur poids devint constant, étant humectés avec un peu d’acide nitrique et soumis à la calcination, ont donné 0,0775 gr. de magnésie. 4) 0,4780 gr. du même sel ont donné 0,0805 gr. de magnésie. 8 M. A. BOUTLEROW, En centièmes: Expériences. Théorie. 1. 2. 3. 4. Pour la formul e Pour la formule (C5 H3 02)2 Mg -ь 8H20 (C5 H9 02)2 Mg H20 = 40,30 39,19 — — 39,92 — Mg = — 10,69 10,01 — 10,52 Je dois mes remerciments sincères à mon collègue, M. Erofeew, qui a bien voulu faire l’étude cristallographique du sel en question et m’a communiqué ce qui suit: «Les cristaux appartiennent au système rliombique a:b:c= 1 :.0, 9227 : 2,4974 (c — l’axe principal; b — le macro-axe; a = le bracliy-axe)». «Les cristaux présentent des faces des formes suivantes» d’après Levy d’après Müller Basopinacoïde a (001) Macropinacoïde h1 (010) Pyramide b% (111) Brachydôme e1 (101) » e2 (201) d’après Naumann OP ooPoo P P oo 2 P oo «A la suite du développement considérable des plans du basopinacoïde, les cristaux sont des lames minces. Ils possèdent un clivage très prononcé parallèle à ces faces principales. Les faces des autres formes sont très étroites , et cela empêche de mesurer les angles, excepté ceux qui sont formés par de différents plans avec le plan du basopinacoïde. Le clivage prononcé des cristaux concourt aussi à rendre les mesures difficiles; à la suite de ce clivage les cris- taux se divisent ordinairement en feuilles minces, dès qu’on essaie à les coller sur le porte- cristaux du goDiomètre». «A l’aide d’un goniomètre de Mitscherlich à deux lunettes, j’ai pu exécuter la mesure des angles suivants:» Mesuré Calculé a: h1 90° (environ) CO O O a : b1/, *105oll' — aie1 nil°49' — a: e2 101°32' 101°4l'. «Ces nombres présentent le résultat moyen de plusieurs mesures». «Le caractère rliombique des cristaux est démontré par les valeurs de quelques angles a:e2 mesurés sur un même cristal». Sur les propriétés de l’acide trimétmylacétique et sur ses dérivés. 9 a: e2 (001 : 201) = 101°29' a: e2 (001 : 20І) = 101°28'. «Ce même caractère rhombique s’exprime aussi dans les propriétés optiques des cristaux.. En les étudiant dans la lumière polarisée sous le microscope, on voit sur le plan du basopinacoïde deux axes optiques qui n’offrent pas de dispersion des bissectrisses. Ces axes se trouvent dans le plan parallèle au brachypinacoïde». Lorsqu’on chauffe le triméthylacétate de magnésium dépourvu de son eau de cristal- lisation, il se décompose totalement à une certaine température en donnant un sublimé cristallin blanc et tendre semblable à du duvet , en même temps il y a dégagement de l’acide carbonique. Ce sublimé se dissout aisément dans l’eau et cristallise lorsqu’on laisse la solu- tion s’évaporer spontanément. La substance en question présente peut-être l'acétone clibu- tylique tertiaire formé en vertu de l’équation suivante , C(CH3)3 CO— O CO— O C(CH3)3 C(CH3)3 > Mg = CO C(CH3) C03 -t- MgO Le triméthylacétate de sine , déjà mentionné dans ma communication de l’année passée, peut être obtenu cristallisé en larges écailles à éclat nacré. Lorsque, pour l’obtenir par double décomposition, on mélange des solutions salines concentrées, le sel se précipite presque immédiatement sous la forme d’une poudre blanche cristalline difficilement mouillée par l’eau. Ce précipité desséché à l’air libre à la tempéra- ture ordinaire paraît contenir 1 mol. d’eau et correspondre à la formule (C5 H9 02)2 Zn h- H2 O. Au-dessus de l’acide sulfurique ce sel serait probablement devenu anhydre (v. plus bas). 0,2995 gr. de sel desséché à l’air libre, étant humecté avec de l’acide nitrique et calciné, ont laissé 0,0850 gr. d’oxyde de zinc: En centièmes: Expérience. Théorie pour la formule (C5 H9 02), Zn -+- H20. Zn = 22,77 22,80 Mélange-t-on, lors de la préparation du sel de zinc par double échange, des solutions étendues des sels, le liquide reste alors limpide au début, mais la cristallisation commence un peu plus tard, et la solution se remplit de larges écailles blanches et brillantes. Lorsqu’on agite le sel précipité avec une quantité considérable d’eau froide, il se décom- pose en partie en laissant un résidu blanc (probablement du sel basique), tandis qu’une partie plus considérable se dissout. Cette dissolution renferme à -i- 20° environ 1,7®/ de sel neutre anhydre. Cette faible solubilité s’accorde avec l’observation de M. Friedel, qui a trouvé le triméthylacétate de zinc peu soluble dans l’eau. La solution préparée à Mémoires do l’Acad. Imp. des sciences, Vllmo Série. 2 10 М. А. BOUTLEEOW, froid fournit une belle cristallisation lamclleuse, lorsqu’on la laissse s’évaporer lentement à la température ordinaire. Les cristaux ainsi obtenus renferment probablement aussi 1 mol. d’eau ; cependant, étant déssechés au-dessus de l’acide sulfurique à la température ordinaire, ils ont été trouvés anhydres. 0,3180 gr. de sel ainsi desséché ont donné 0,0975 gr. de l’oxyde de Zn. En centièmes: Expérience. Théorie pour (C5 TI3 02)2 Zn. Zn = 24,60 24,42 Le triméthylacétate de zinc se dissout assez bien dans l’alcool et cristallise par l’éva- poration spontanée sous l’aspect d’aiguilles réunies en faisceaux et très semblables à celles du triméthylacétate de cadmium cristalisé au sein d’une solution aqueuse. Le sel de zinc se décompose lorsqu’on chauffe sa dissolution aqueuse préparée à froid. Cette décomposition provoque un phénomène caractéristique: la liqueur se trouble et s’épais- sit jusqu’au point de perdre sa mobilité, en déposant une masse translucide de sel basique; une certaine quantité d’acide devient libre en même temps: la solution chaude offre une réaction sensiblement acide, tandis que cette réaction est presque neutre dans une solution froide. La solution, qui s’est épaissie par l’action de la chaleur, se liquéfie de nouveau lorsqu’on la refroidit, le sel déposé est alors redissout, et le liquide recouvre sa limpidité parfaite si l’expérience a été conduite de la manière à ne pas laisser se volatiliser l’acide devenu libre. Le dépôt du sel basique, étant séparé à la température élevée (à 100° environ) et desséché au-dessus de l’acide sulfurique, offre une poudre tendre et blanche, possédant un certain éclat nacré, qui trahit son état cristallin. La composition de ce sel se rapproche jusqu’à un certain point de la formule C5 H9 (Zn HO) 02. 0,1235 gr. de sel basique ont fourni 0,0495 gr. de ZnO. En centièmes: %. Expérience. Théorie pour la formule eitée. Zn = 32,16 35,51 ♦ Le triméthylacétate de cadmium a été préparé en saturant l’acide délayé dans l’eau par du carbonate de cadmium. Le sel est beaucoup plus soluble dans l’eau que le sel de zinc et se dépose pas l’évaporation spontanée en aiguilles réunies en faisceaux. Sels de plomb. Outre le sel neutre (C5H902)2 Pb, il existe un composé acide et des sels basiques. Le sel neutre s’obtient par double décomposition sous la forme du précipité. Ce précipité est blanc, volumineux, se mouillant difficilement par l’eau et n’offrant pas de structure cristalline manifeste si les solutions mélangées ont été froides et concentrées. En mélangeant des solutions assez étendues et chaudes et en y ajoutant un peu d’acide tri- méthylacétique, on peut s’arranger de la manière à n’obtenir immédiatement aucun préci- pité; le sel vient cristalliser alors après un certain temps. On l’obtient aussi à l’état cristal- 11 1 Sur les propriétés de l’acide triméthyl acétique et sur ses dérivés. lisé, en faisant évaporer dans le vide ses solutions préparées à froid par l’agitation du sel précipité avec une grande quantité d’eau. Le trimétylacétate neutre de plomb forme de petits prismes raccourcis assez transparents; ils sont anhydres après avoir été desséchés au- dessus de l’acide sulfurique. Le sel précipité paraît offrir la même composition. 1) 0,4665 gr. de sel cristallisé humecté par de l’acide nitrique et soumis à la cal- cination ont fourni 0,2545 gr. d’oxyde de plomb. 2) 0,3190 gr. de sel précipité non cristallisé ont donné 0,1700 gr. d’oxyde de plomb. En centièmes: Kxpu ionccs. Théorie pour la formule 1. 2. (C5HG0,)Pb. Pb = 50,67 49,46 50,61 Le triméthylacétate neutre de plomb est assez soluble à chaud dans l’iodure d’éthyle, qui n’a aucune action sur lui à sa température d’ébullition, mais qui réagit lentement à -h 100°. Par l’évaporation spontanée de cette dissolution le sel se dépose en une masse confuse de petites aiguilles. — L’alcool et l’éther dissolvent aussi le sel, quoique difficilement; on l’obtient par l’évaporation de ces dissolutions sous la forme d’aiguilles assez longues et soyeuses. Les cristaux formés au sein de la dissolution alcoolique deviennent mats à l’air; ils contiennent probablement de l’alcool. Tout en dissolvant une partie du sel, l’eau froide décompose une autre partie, et l’on obtient toujours un résidu blanc pulvérulent de sel basique. La dissolution complète n’est possible que lorsqu’on ajoute une certaine quantité d’acide, et les solutions du sel neutre pré- parées à froid offrent toujours une réaction acide faible. La décomposition devient plus no- table à la température élevée, de sorte qu’en évaporant au bain-marie une solution de sel neutre préparée à froid, on obtient non des cristaux de ce sel, mais des pellicules cristallines de sel basique. On voit aussi de pareilles pellicules se déposer sur les parois, dès qu’on porte à l’ébullition une solution aqueuse du sel neutre. lia composition du sel basique ob- tenu à froid ou par l’évaporation à -+- 100 se rapproche sensiblement de la formule C5 H9 (Pb HO) 02 h— 2 [(C9 H5 02)2 Pb]. 1) 0,0375 gr. de résidu blanc, obtenu par l’agitation du précipité de sel neutre avec de l’eau froide et desséché à l’air libre à la température ordinaire, ont donné 0,0220 gr. d’oxyde de plomb. 2) 0,4280 gr. de substance obtenue par l’évaporation à 100° et desséchée à la tempé- rature ordinaire au-dessus de l’acide sulfurique ont fourni 0,2995 gr. d’oxyde de plomb. En centièmes: î. Pb = 54,40 Expériences. 55,09 Théorie pour la formule citée. 54,33 La poudre blanche, qui ne se mouille que très difficilement par l’eau et qui reste quand’on fait bouillir le sel neutre avec une grande quantité d’eau, présente des sels ba- 2* 12 М. А. BOUTLEEOW siques renfermant encore beaucoup plus de métal. On y a trouvé 69,1 9% de Pb, tandis que la formule C5H9(Pb. H0)02 exige 63,70% Pb et la formule (C5H902)2 (Pb20) correspond à 65,50% Pb. Le triméthylacétate neutre de plomb cristallisé dégage peu à peu son acide, lorsqu’on le chauffe cà 100°, et les cristaux perdent leur éclat. Étant chauffé plus fortement il fond d’abord et se décompose ensuite, en laissant de l’oxyde de plomb et en donnant un sublimé tendre et blanc, pareil et probablement identique à celui, qu’on obtient avec des sels de magnésium et de calcium. Le composé plombique acicle se forme, lorsqu’on chauffe l’acide avec de l’eau et avec une petite quantité d’oxyde de plomb, ou bien avec un peu de sel neutre ou de sel basique. Les phénomènes qu’on y observe sont assez caractéristiques: les gouttes huileuses surna- geantes de l’acide perdent leur limpidité et se transforment en huile lourde qui tombe au fond et qui se solidifie par le refroidissement. La solution ainsi obtenue (elle ne doit pas contenir un trop grand excès d’acide) se trouble en refroidissant et s’éclaircit plus tard en déposant de longues aiguilles soyeuses blanches du composé nouveau. En ajoutant peu à peu de nouvelles quantités d’oxyde de plomb, de sel neutre ou de sel basique, on parvient à transformer l’huile lourde mentionnée plus haut en une substance solide, tandis que la solution, tout en renfermant encore le composé acide, acquiert la capacité de le déposer en cristaux sans se troubler préalablement. Par l’addition ultérieure de ces mêmes substances ou même d’une forte quantité d’eau, la solution perd la capacité de cristalliser par le refroi- dissement; elle paraît contenir alors du sel neutre. L’addition de l’acide provoque de nou- veau la formation du composé acide caractéristique. Les cristaux de ce composé, étant placés au-dessus de l’acide sulfurique à la température ordinaire, s’agglomèrent en une masse enchevêtrée, en changeant d’aspect et laissent dégager une certaine quantité d’acide; desséchés rapidement à l’air libre ces cristaux offrent la composition correspon- dante à la formule L’acide préparé par l’oxydation de la pinacoline a aussi été soumis aux épreuves par rapport à la formation des sels de plomb neutre et basique et du composé acide qui vient d’être décrit. Cet acide a offert les mêmes phénomènes que l’acide triméthylacétique pré- paré par la voie de synthèse. C5H90-0 0,4680 gr. de composé acide ont donné 0,2030 gr. d’oxyde de plomb. En centièmes: Pb = 40,25 Expérience. Théorie pour la formule citée. 40,50 Sur les propriétés de l’acide triméthylacétique et sur ses dérivés. 13 Le trimêthylacétate d’argent C5H9Ag02, que j’ai déjà décrit brièvement dans une de mes communications précédentes, ressemble beaucoup, à son état précipité, au sel neutre de plomb pris en même état: leurs précipités sont extrêmement volumineux; l’eau ne les mouille que difficilement. Les cristaux du sel d’argent obtenu par une cristallisation lente, telle qui a lieu, par exemple, lors de l’évaporation spontanée de la solution aqueuse — sont assez ressemblants aux cristaux de l’acétate d’argent. Le sel argentique est plus soluble dans l’alcool que dans l’eau, surtout à chaud, et se dépose par le refroidissement de cette solution en fines aiguilles peu-brillantes blanches courtes et réunies en faisceaux. On n’ob- tient pas du sublimé cristallin lorsqu’on chauffe le trimêthylacétate d’argent jusqu’à la dé- composition. Le trimêthylacétate de protoxyde de mercure s’obtient par double décomposition sous la forme d’un précipité blanc. Il est peu soluble et devient grisâtre lorsqu’on le fait bouillir avec de l’eau; il se décompose alors probablement en partie en sel d’oxyde et en métal. Au sein de la solution aqueuse saturée à la température d’ébullition, le sel de protoxyde se dépose par le refroidissement en petites et fines aiguilles blanches douées d’un certain éclat nacré et réunies en touffes semblables à la mousse. Le trimêthylacétate d’oxyde de mercure est beaucoup plus soluble dans l’eau que le sel de protoxyde: on n’obtient pas de précipité en mélangeant des solutions moyennement con- centrées du sublimé corrosif et du trimêthylacétate de sodium. On a préparé le sel d’oxyde de mercure en chauffant cet oxyde avec de l’acide triméthylacétique délayé dans l’eau. La solution dépose par le refroidissement des aiguilles blanches plates et brillantes rappel- lant celles de l’acétate d’argent. Le trimêthylacétate d’oxyde de cuivre s’obtient par double décomposition sous la forme d’un précipité pulvérulent d’une couleur bleu-verdâtre extrêmement vive (couleur-turquoise). Ce précipité est presqu’insoluble dans l’eau qui ne le mouille que difficilement. L’alcool chaud le dissout aisément et, par l’évaporation spontanée de cette dissolution verte-foncée, on obtient le sel sous la forme de grands prismes d’un vert presque noir. Ces cris- taux s’effleurissent rapidement à l’air et deviennent blcux- verdâtres. — M. Friedel a trouvé les mêmes propriétés au sel cuivrique de l’acide obtenu par l’oxy- dation de la prnacoline; le sel précipité offre, d’après ses observations, la com- position (C5 H9 02)2 Cu -+- H2 O , tandis que le sel cristallisé en solution alcoolique paraît contenir de l’alcool et correspondre à la formule 2 [(C5H902)2Cu -+- H„0]-i- -f-c2Hßo. En chauffant le sel cuivrique sec on le voit se décomposer en laissant du cuivre et en formant le duvet d’un sublimé blanc extrêmement tendre. Cette même observation a été aussi faite par M. Friedel. Le sublimé en question se dissout aisément dans l’eau et ne contient presque pas de cuivre. Ce n’est pas du sel cuivreux, comme on pourrait le penser, mais plutôt la substance identique à celle qu’on a mentionnée plus haut et qui se produit lors de la décomposition de quelques autres triméthylacétates par la chaleur. 14 М. А. BODTLEEOW, Les triméthylacétates de fer sont des précipités insolubles. Le précipité obtenu au moyen d’un triméthylacétate alcalin et du sesquiclilorure de fer possède une couleur jaune- rougeâtre, tandis que avec le sulfate de protoxyde de fer on obtient un précipité blanc qui change bientôt de couleur en s’oxydant en sel de l’oxyde. Du nombre des éthers composés de V acide triméthylacétique ont été préparés l’éther méthylique , l’éther éthylique et l’éther du triméthylcarbinof dont le dernier est le représen- tant le plus simple des éthers composés d’un alcool tertiaire et d’un acide renfermant aussi un radical alcoolique tertiaire. Les deux premiers éthers ont été obtenus en chauffant à 100° dans des tubes scellés de l’iodure de méthyle et de l’iodure d’éthyle avec du triméthylacétate de plomb sec non- cristallisé. On a éloigné les traces des iodures en distillant les produits sur un peu de trimé- thylacétate d’argent. Ces éthers sont des liquides incolores légers ayant chacun une odeur particulière aromatique; ils restent liquides à — 20°. Le triméthylacétate de méthyle bout environ à 100° — 102°. Le triméthylacétate d'éthyle bout environ à 118^5 sous la pression de 760 mm. toute la colonne mercurielle étant plongée dans la vapeur; sa densité a été trouvée àO° = 0,875. (Poids d’eau = 2,4770; poids du même volume de l’éther — 2,1685). Ces observations s’accordent parfaitement avec celles de M. Fricdel: il a trouvé 118°5 comme point d’ébullition de l’étlier éthylique de son acide; la densité à 0° = 0,8773 et la densité à-i- 20° — 0,8535. Le triméthylacétate de butyle tertiaire C(CH3)3 c9H18o2 = co >0 C(CH3)3 a été préparé par l’action de l’iodure butylique tertiaire sur le triméthylacétate d’argent sec. La réaction entre ces deux substances s’accomplit immédiatement; elle est très éner- gique et accompagnée d’un dégagement de chaleur et d’une certaine quantité d’isobutylène. Pour rendre Faction plus calme, on a dû faire intervenir de l’éther sulfurique sec et de n’ajouter l’iodure au sel- que peu à peu, en refroidissant la fiole. Après avoir ajouté toute la quantité d’iodure et ayant adapté la fiole au bout inférieur d’un réfrigérant, on a chauffé le mélange pendant quelque temps au bain-marie; l’éther sulfurique a été chassé ensuite et le résidu soumis à la distillation dans un bain de paraffine. Le liquide ainsi obtenu ren- ferme, outre les reste de l’éther sulfurique, une proportion notable de l’acide triméthylacé- tique libre. Au moyen de quelques rectifications fractionnées, on a isolé la portion bouillant de 130° jusqu’à 150°, et on l’a traitée à chaud par de l’eau de baryte ou bien par la les- sive aqueuse de potasse caustique. L’acide libre étant ainsi éloigné, on a lavé à l’eau l’éther composé et on l’a soumis à des distillations fractionnées après l’avoir desséché sur du chlo- rure de calcium. La portion principale de la substance recueillie à 134° — 135° (toute la Sue les propriétés de l’acide triméthylacétique et sur ses dérivés. 15 colonne de mercure plongée dans la vapeur) présente l’éther composé assez pur. Son ana- lyse a conduit aux résultats suivants: 0,2475 gr. de substance, étant brûlés avec de l’oxyde de cuivre, avec le con- cours de l’oxygène vers la fin de l’opération — ont donné 0,6235 gr. l’acide carbonique et 0,2600 gr. d’eau. En centièmes: Expérience. c = 68,70 H = 11,67 Théorie pour la formule c5h18o2. 68,35 11,39 Cet éther est un liquide incolore insoluble dans l’eau et moins dense qu’elle, son odeur particulière aromatique est faible. L’éther conserve son état liquide à — 20°. L’eau de baryte et la lessive aqueuse très concentrée de potasse ne l’attaquent pas à 100°, même lorsqu’on chauffe pendant plusieurs heures. La lessive alcoolique de potasse et l’acide iodhydrique concentré le décomposent au contraire facilement, en produisant du triméthyl- acétate de potasse et du triméthylcarbinol г) ou bien de l’acide triméthylacétique libre et de l’iodure butulique tertiaire. Dans tous les deux cas l’acide a été isolé et l’iodure transformé en triméthylcarbinol au moyen de l’oxyde d’argent et de l’eau. La facilité avec laquelle les alcools tertiaires perdent les éléments d’eau m’a suggéré la pensée de traiter à 1 00° l’éther composé en question par de l’anhydride phosphorique. L’éther s’est transformé en effet en un liquide que je n’ai pas étudié, mais qui résiste à l’action de la lessive alcoolique de potasse ainsi qu’à celle de l’acide iodhydrique. Non-seulement l’éther composé, que je viens de décrire et qui dérive d’un acide et d’un alcool tous les deux solides à la température ordinaire, présente un liquide, mais le mélange de l’acide triméthylacétique et du triméthylcarbinol en quantités équivalentes est liquide aussi. On a employé pour l’expérience de l’acide solide presque pur et du triméthyl- carbinol qui, tout en restant liquide à la température ordinaire, se prenait rapidement en une masse cristalline,- dès qu’on le refroidissait un peu. La dissolution de l’acide dans l’al- cool s’est effectuée lentement avec un certain abaissement de température, et le mélange obtenu a conservé son état liquide même lorsqu’on le refroidit. Le chlorure de triméthylacétyle С5НэО Cl — a été préparé en ajoutant d’abord peu à peu 1 mol. de perchlorure de phosphore à 1 mol. d’acide triméthylacétique et en traitant ensuite le liquide obtenu (mélange de C5H90 Cl et P0C13) par 2 mol. du triméthyl- acétate de potasse sec pulvérisé. En chauffant le mélange dans un bain de paraffine, on obtint environ 65 gr. du produit brut, en partant de 60 gr. de l’acide employé à l’état 1) On reconnaît la présence de ce corps en traitant à froid son mélange avec l’alcool éthylique par de l’acide iodhydrique concentré. Le triméthylcarbinol se trans- forme alors en iodure, qu’on précipite par l’eau. 16 М. А. BOUTLEEOW, libre et sous la forme du sel de potassium. On a distillé ce produit au-dessus d’une cer- taine quantité de sel de potassium et on Га soumis après à des destinations fractionnées. Le produits se divise ainsi facilement en deux portions dont une, passant à la distillation entre 106° et 195°, est un mélange du chlorure et de l’anhydride, tandis que l’autre bout à 105° — 106° (toute la colonne de mercure dans la vapeur) et présente du chlorure de tri- méthylacétate suffisamment pur.1) On obtient environ 8 — 10 volumes de cette dernière substance sur un volume du mélange au point d’ébullition plus élevé. 0,4125 gr. de chlorure, étant décomposé par de l’éthylate de sodium et traité par de l’azotate d’argent — ont fourni 0,4910 gr. de chlorure d’argent. Eu centièmes: Expérience. Théorie pour CSH9 O Cl. Cl= 29,44 29,46 Le chlorure de triméthylacétyle est un liquide incolore moins dense que l’eau, par la- quelle il n’est décomposé que lentement. L’odeur du chlorure est faible mais piquante; sa vapeur irrite fortement les yeux. Jj anhydride triméthylacétique a été obtenu en chauffant à 1 50°, dans des tubes scellés, pendant quelques heures, la portion au point d’ébullition 106° — 195°, provenant de la pré- paration du chlorure, avec un excès de triméthylacétate de potassium. Les sels se .sont dissouts lorsqu’on a ajouté de l’eau au mélange, et l’huile surnageante a été desséchée et distillée. On a recueilli le produit entre 180° et 194°; sa plus grande partie a passé vers 190°. L’anhydride triméthylacétique est une huile incolore moins dense que l’eau, elle a une odeur particulière faible n’offrant rien de piquant et reste liquide à — 20°. L’eau ne paraît exercer à la température ordinaire aucune réaction sur lui; la lessive aqueuse faible de potasse caustique n’agit que difficilement, mais avec une lessive concentrée une forte réaction se produit dès qu’on chauffe un peu: l’huile se dissout et l’addition de l’acide sulfurique ou de l’acide chlorhydrique à cette dissolution sépare l’acide triméthylacétique qui s’est formé. L’ammoniaque aqueux agit lentement sur l’anhydride; avec de l’ammo- niaque alcoolique la réaction et très énergique et la liqueur se remplit, en se refroidissant, des cristaux du Triméthylacélamide C5Hn ON = ^>ar ^froissement de solution al- coolique concentrée on obtient l’amide sous la forme de lamelles blanches brillantes; une solution moins concentrée le dépose, en s’évaporant spontanément, en grandes tablettes rectangulaires transparentes. L’amide se dissout aussi facilement dans l’eau, surtout à chaud (en se transformant peut-être en partie en sel d’ammoniaque) et se dépose par le 1) La coïncidence qui existe entre les points d’ébulli- tion des chlorures acides et des acétones qu’ils fournis- sent, en échangeant leur atome de chlore contre le mé- thyle, est digne d’être remarquée. Cette coïncidence a au moins lieu pour le chlorure d’acétyle et pour le chlo- rure de triméthylacétyle ’(v. ma notice sur la pinacoline). Sur les propriétés de l’acide triméthylaoétique et sur ses dérivés. 17 refroidissement en petites aiguilles blanches. Étant chauffé avec de l’anhydride phospho- rique, l’amide se transforme en nitrile, qu’on reconnaît à son odeur et à la capacité de se transformer en acide triméthylacétique, lorsqu’on le chauffe avec de l’acide chlor- hydrique fumant. On voit, que l’acide triméthylacétique et l’acide «privalique» ont été trouvés sem- blables sous tous les rapports, de sorte qu’il ne reste aucun doute sur leur identité. La sub- stance se forme donc aussi bien par l’oxydation de la pinacoline, qu’en fixant le groupe car- boxylique sur le butyle tertiaire. La capacité de plusieurs triméthylacétates de laisser dégager facilement une cer- taine quantité de leur acide, rappelle la manière dont se comporte l’acide améthenique , que M. Schneider a obtenu par l’oxydation du diamylène. M. Schneider a cru pouvoir attri- buer à cet acide une structure particulière et admettre — de même que M. Friedel l’a fait d’abord pour son acide pivalique — que malgré les propriétés acides de la substance la molécule ne renferme pas de groupe carboxylique. Je crois pouvoir exprimer la suppo- sition, que le groupe carboxylique est présent dans l’acide améthenique aussi bien que dans l’acide de M. Friedel, comme je l’ai prouvé maintenant, et que l’acide améthenique est un des analogues de l’acide triméthylacétique — celui, dont la structure est exprimée par la formule ^CH(CH3)2 = С;Н14Оо CO. HO c’est-à-dire — l’acide renfermant le radical alcoolique tertiaire du diméthyl-pseudopropyl- carbinol de M. Prianichnikow. Les expériences propres à trancher cette question sont déjà en voie d’exécution dans mon laboratoire, et si la supposition, que je viens d’ex- primer, était trouvée conforme à la réalité, il serait alors plus que probable, que le corps C10H20O, qui se produit en premier lieu par l’oxydation du diamylène, est un acétone, dont г^СН(СНз)2 V^(CH3)2 la structure est représentée par la formule CO . — Une telle structure explique- CH(CH3)2 rait parfaitement la formation de l’acide acétique, qui , ensemble avec de l’acide améthe- nique, est un produit constant de l’oxydation du diamylène. — La connaissance de la na- ture de ces substances et d’autres composés analogues aurait pu contribuer largement à éclaircir la question qui m’occupe — celle, sur le mécanisme de la condensation des hydro- carbures de la série éthylénique. St.-Pétersbourg, le 5 (17) avril 1874. C — CH3 I '"CH, Ч * : - ; . -v ■ " •• ,,'М I I / / MEMOIRES HERAUSGEGEBEN VON (Lu le 5 mars 1874.) Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: & St.-Péterebourg : à Riga: à Odessa: à Leipzig: MM. Eggers et Cie, H. Schmitzdorff, M.'N. Kymmel; M. A. E. Kechribardshi; M. Léopold Vos s. J. Issakof et Tcherkessof: . . ' I Prix: 40 Kop. = 13 Ngr. MÉMOIRES L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURG, VIE SÉRIE. Томе XXI, M° «. LEOPOLD RADLOFF’S WÖRTERBUCH DER KIMISPRACHE g HERAUSGEGEBEN .A., ^cliiefiier. (Lu le 5 mars 1874.) St.-PÉTERSBOURG, 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Péterebours < à Kigu: à Odessai MM. Eggers et C‘e, H. Schmitzdorff, M. N. Kymmel; M. A. E. Kechribardshi; J. Issakof et Tcherkessof; à Leipzig : M. Léopold V о ss. Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. C. Yessélofski, Secrétaire perpétuel. Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences. (Wass.-Ostr., 9° ligne, № 12.) VORWORT. Nachdem Leopold Radloff im April 1857 «Einige Bemerkungen über Herrn Busch- mann’s Behandlung der Kinai-Sprache» (s. Bulletin historico-philologique T. XIY pag. 257 — 278, 289 — 294 = Mélanges russes T. III p. 364 — 399) der Akademie vorgestellt hatte, übergab er mir am 21. August desselben Jahres seine übersichtliche Zusammenstel- lung der verschiedenen Wörterverzeichnisse für die Kinai-Sprache. Bevor jedoch noch der Druck der Arbeit begonnen hatte, erfuhr er, dass der Bergingenieur, nunmehrige wirkliche Staatsrath Peter von Doroschin während seines Aufenthalts in den Kinai-Gegenden in den Jahren 1 848-— 52 auch die Sprache berücksichtigt habe. In Folge dessen unternahm er es sein Wörterbuch durch das ihm bereitwilligst von dem Sammler zum Gebrauch zu- gestandene Kinai- und Atnali-Material zu vervollständigen, ward aber durch andere Arbei- ten, die ihm wichtiger schienen, verhindert den Druck zu beginnen. So veröffentlichte er noch in demselben Jahre seinen Aufsatz «Ueber die Sprache der Ugalachmut» (Bull, hist.- phil. T. XV S. 25 — 37, 49 — 63, 125 — 139 = Mélanges russes T. III p. 468 — 524) und im nächstfolgenden «Einige Nachrichten über die Sprache der Kaiganen» (Bull, hist.-phil. T. XV pag. 305 — 331 = Mélanges russes T. III pag. 569 — 607). Im Jahre 1860 folgte eine grössere Abhandlung «Ueber die Sprache der Tschuktschen und ihr Yerhältniss zum Korjakischen» (in den Mémoires YII Série T. III № 10). Glückliche Umstände fügten es^ dass der Häuptling eines Thlinkit-Stammes in den Jahren 1861 und 62 sich in St. Peters- burg aufhielt, wodurch L. Radloff Gelegenheit bekam, das Thlinkit, das er bisher nur nach den Materialien Resanow’s, Holmberg’s und Woldemar v. Middendorff’s studirt hatte, zum Gegenstand eingehender Forschung zu machen. Als ihn diese Studien auf das Ernstlichste in Anspruch nahmen, ward ihnYdie höchst ehrenvolle Ernennung zum Director des 4ten und sodann des 6ten Gymnasiums hieselbst im Jahre 1864, allein seine völlig er- schütterte Gesundheit nöthigte ihn alsbald eine Reise in’s Ausland anzutreten, woselbst er, statt Heilung zu finden, nach vollendetem 47sten Lebensjahre an seinem Geburtstage, den Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. j II Vorwort. 29. October 1865, in Gotha seinen Leiden erlag. Sein handschriftlicher Nachlass gelangte bald nach seinem Tode an die Bibliothek der Akademie, konnte aber erst im vorigen Jahre einer Durchsicht unterworfen werden , als der französische Ethnograph und Reisende Al- phonse Pinart, welchem die Sprachen von Alaska besonders am Herzen liegen, sich dieser Aufgabe unterzog. Bei dieser Durchsicht wurden denn auch die auf die Kinai-Sprache be- züglichen Schriftstücke geprüft und bei dieser Gelegenheit auch das nun dem Drucke über- gebene Kinai- Wörterbuch als des Druckes würdig befunden. Ich übernahm es denselben zu leiten, obschon ich mir wohl bewusst war, dass ich auf diesem mir bisher unbekannten Gebiet nicht immer das Richtige treffen würde. War es auch ein Leichtes auf Grundlage der bereits gedruckten Abhandlung Radloff’s über die Kinai-Sprache verschiedene Punkte der Handschrift zu berichtigen und letztere mit den von Resanow, Dawydow, Lisian- sky und Wrangell gelieferten Materialien zu vergleichen, so blieb eine Schwierigkeit, nämlich die, sämmtliche aus P. v. Doroschin’s Aufzeichnungen herrührenden Wörter einer genauen Revision zu unterwerfen. Nachdem es mir gelungen war P. v. Doroschin persönlich kennen zu lernen , gestattete mir derselbe mit grosser Zuvorkommenheit nicht nur seine sprachlichen Notizen für die Kinai-Sprache, sowie für die Sprache der Atnah am Kupferflusse zu dem von mir angegebenen Behufe zu benutzen, sondern ermächtigte mich auch ausserdem aus seinen reichhaltigen ethnographischen Aufzeichnungen einiges in dieses Vorwort mit aufzunehmen. Ich beginne mit den sprachlichen Notizen. Praesens, si nagtinëssen ich liebe Praeterit. si bagtinëgesen ich liebte gina nagtkinizen sie lieben nin sagtininzen du liebst ginen sagtininzen er liebt nana bagticinizen гѵіг lieben xani nagtinegsen ihr liebet nin sagtinëgensen du liebtest ginen sagtinegezen er liebte nana bagtacënëgezen wir liebten xaiii nagtinëegsen ihr liebtet gina naatkënëgezen sie liebten Futur, si bagtitinegesen ich werde lieben nin sagtitinegezen du wirst lieben ginen sagtitinuzelx er wird lieben nana bagticinituzelx wir werden lieben xani nagtitinegexselx ihr werdet lieben gina naatkënetuzelx sie werden lieben Imperat. sagtininzen liebe Iufinit. nagtinessen lieben sukecninta nicht lieben nagtinegsen liebet Praes. si nuga§ul ich gehe nin nuginjulx du gehst ginen nugijulx er geht nana nucadalx wir gehen xani nuigtëlx ihr gehet £ina nukudëlx sie gehen Praet. si kangestuk ich ging nin kangenduk du gingst ginen kangëduk er ging nana kancudalx wir gingen xani kanextelx ihr ginget gina kankudëlx sie gingen Voewobt. III Fut. si kantgstus ich werde gehen nin kantgëdus du wirst gehen ginen kantudus er wird gehen nana kanctudëlx wir werden gehen xaiii kantëxtëlx ihr werdet gehen gina kanktudëlx sie werden gehen Imp. nuginjult geh Praet. freq. si kangastik ich pflegte nin kangëndik du pflegtest ginen kangedik er pflegte nana kancudik wir pflegten xani kanëxtilt ihr pflegtet gina kankodilxt sie pflegten nisakilänx-konnii? bist du gesund? catu kxutën tan ti ta? was hast du nötliig? taxtu kec tën tan ti ta? von welcher Stelle kommst du? о taxtu kec tinjuti-ta? wohin gehst du ? un саё komm her! justi nie nicut! setze dich an's Feuer! si nga tlän binn ich sah den See. si binn bug' cannël ëc ich ging vom See fort. xani kuxtanna jagalna ihr seid gute Leute. Hieran reihen wir die Namen der Monate, welche jedoch nicht so sehr übersetzt, sondern mehr charakterisirt werden; die Kinai geben jedem Monate 30 Tage und wundern sich in sofern nicht mit Unrecht, wo denn die Zeit bleibe. takosi die Gänse fliegen südwärts, der Bär verkriecht sich, die Thiere werden trächtig; banantlxci es fängt an zu schneien; banan tukstä tlxë die Tage fangen an zuzunehmen ; tunejasi der Schnee fängt an zu schmelzen; tlxu xakaneu als wenn man Salmo orientalis (чавыча) gefangen; talxeneu die Gänse kommen geflogen ; koonaneo man hat Salmo Proteus (горбуша) gefangen; banankantlxti die Beeren reifen; banantc'tanäsi man zieht auf die Berge ; bananktieiki das Laub wird roth; bkancensäne die Erde fängt an kalt zu werden; golcana naga man geht zu einander zu Gast. Ausser den im Wörterbuche vorkommenden Namen für das Sternbild des grossen Bären (S. 11 unter dem Worte Gott) und für die Plejaden, hat P. v. Doroschin noch citalcini Schweif des grossen Bären, und kutlilxhal kuken als Gürtel des Orion. Ausserdem hat Herr v. Doroschin einige Lieder aufgezeichnet, déren drei Peter Tukniltisen (der Häute ausspannt) aus der Tujun-Gegend verfasst hat. Obwohl er schon eine Frau hatte, ergriff ihn Liebe zu seiner Nichte, so dass er sie als Kebsweib zu sich 1* IY Yoewoet. nahm. Nuitalnâ (Trägerin) erwiederte die Liebe. Aus Eifersucht wollte sich die Ehefrau zwei Mal das Leben nehmen. Als Peter mit seiner Nuitalnâ in die Redoute St. Nicolaus kam und der Verwalter Komkow erfuhr, dass es sein Ivebsweib sei, nahm er sie ihm ab und sperrte sie ein. In seiner Verzweiflung sagte Peter die beiden ersten Lieder her, sang das dritte Lied, ebenfalls unter Thränen. Die Kinai der Redoute fingen diese Lieder auf und da die Redoute ein Sammelplatz der Kinai von der ganzen Bucht ist, so singt man nun die Lieder am ganzen Meerbusen. Nuitalnâ verfasste das vierte Lied. Zu bemerken ist, dass die in Parenthese gesetzten Silben nur Gesangszierathen sind, ohne einen Sinn zu haben. weinte und lärmte mit der Klapper in der Hütte. Im Frühjahr darauf kam er wieder und 1. si tu setl tkënagelnik ctu? nu-ine-kgasetl kutu, su (ja-xu) za (ja) setet zitu tatu setl-tkëntulnik kutn, gi kutu taxni. Werde ich froh sein? immer werde ich denken, die Nichte lebt ohne mich ; werde ich froh sein , wenn ihr Nachrede halten werdet? 2. suza igesten naxko, nicatu tnu gatlax-ni? bigagcag! Die Nichte hält er, was werde ich machen? ich weine. 3. su(xu)za mkutisnas xke, ku(ju)xu ntl an xke; Von der Nichte fuhr ich fort halt , dahin schaue ich halt', catu kutgasnax-ni? ku(ju)xu ntl an. was werde ich machen? dahin schaue ich. b(e)k(ox)una igesten xke, ku(ju)xu ntl an xkë, b(e)k(ox)una seriten xke, ku(ju)xu ntl an. Worte Peter’s. éatu kutgasnax-ni ? ku(ju)xu ntl an. Was werde ich thun? dahin schaue ich. (N)kak(e)tnu mkutisnas xkë, ku(ju)xu ntl an xkë, catu kutgasnax-ni? ku(ju)xu ntl an. Aus Ka-ktnu fahre ich halt , dahin schaue ich halt, was werde ich machen? dahin schaue ich. Vorwort. V b(e)nan (Ida) sengitl an xkë, bog (xkë) iiscit xkë, éatu kutgasnax-ni? ku(ju)xu ntl an. Jaganin mkutisnas xke, ku(ju)xu ntl an xkë, ôatu kutgasnax-ni? ku(ju)xu ntl an xkë. Tekinakatl bog iiscit xkë, bog (xkë) iiscit xkë, catu kutgasnax-ni? ku(ju)xu ntl an. Sizi (xia) si ku kxucu si tutles xkë, u(xu)nnâ, u(xu)nnâ! benutitllä siku kxucu si tutles xkë, u(xu)nnâ, u(xu)nnâ! b(e)nan (kia) si ku kxucu si tutles xkë, u(xu)nnâ, u(xu)nnâ! cuti batë si ku kxucu si tutles xkë, u(xu)nnâ, u(xu)nnâ! (n)kak(e) tnu si ku kxucu si tutles xkë, u(xu)nnâ, u(xu)nnâ! Sie schaut mir in1 s Gesicht halt , es ist mir leid halt , was werde ich machen? dahin schaue ich. Von Jaganga fahre ich fort halt , dahin schaue ich halt , was werde ich machen? dahin schaue ich. Sie sagte: mir ist leid halt, mir ist leid halt , was werde ich machen? dahin schaue ich. Der Oheim , ich bin hier, wird mich nicht retten , komm! komm! Die Habe , ich bin hier , wird mich nicht retten , komm! komm! Das Gesicht , ich bin hier, wird mich nicht retten, komm! komm! DieBaidare , ich bin hier, wird mich nicht retten, komm! komm! Katknu, ich bin hier, wird mich nicht retten, komm! komm! Endlich hat Herr v. Doroschin auch noch zwei von Schamanen herrührende Lieder aufgezeichnet, wobei jedoch, wie man leicht sieht, die Uebersetzung sehr ungenau ist. nutxu-gatulx nui tun jekh taci i-iga leju gi nui tun bihi ii itun er nimmt zu, bewegt sich fort sammt dem Wasser zur Hälfte gestiegen, wartet ; das Wasser nimmt zu, es ist zu Ende so singt der Schaman im Namen des Fisches, der ihm unterthan ist; ein anderes Lied lautet so: jati sl lxsnu? was zieht mich? gatulx lxi kxegi es zieht das Rennthier meinen Schatten VI VOR WORT. ka Ixsnu no ii eu bihi ihi ka zu meinem Körper , nachdem es gezogen , hilft es mir. Es ist zu Ende. Jeder Schaman muss seine eignen Lieder haben, kann aber nicht die Lieder eines andern Schamanen wiederholen. Nachdem der Schaman sich stattlich aufgeputzt, sein Gesicht bemalt, sich mit Hermelinen behängt und häufiger noch, nachdem er eine Maske vorgelegt, dreht er sich um das Feuer und singt, alle Anwesenden wiederholen seine Worte im Chor. Hat er ein Lied zu Ende gebracht, so wiederholt er es, singt dann ein zweites, ein drittes, je nach der Wichtigkeit der Sache und je nach der Gelegenheit, bei welcher er thätig ist. In diesen Liedern erzählt er, was ihm erscheint und seinen Verkehr mit den Geistern, die ihm dienstbar sind. Man ladet den Schaman zu Kranken und zu Todten ein. Den erstem soll er bei der Krankheit helfen, den Verstorbenen aber den menschlichen Weg weisen, damit sie nicht auf den Hundeweg gerathen. Nach der Ansicht der Schamanen zer- fällt der Mensch beim Tode in dreiTheile: der Geist (biic) fliegt in die Luft, der Leib bleibt zurück, der Schatten (biik) aber geht unter die Erde und fährt dort fort mit seines gleichen zu leben, allein dort sind die Jahreszeiten denen der Erde gerade entgegengesetzt. Wenn z. B. im Dorfe Kandazlit Winter ist, ist es in dem entsprechenden unterirdischen Dorfe Sommer. Die Schatten der Hunde leben besonders, allein mit denselben auch die Schatten böser Menschen, d. h. der geizigen, ungastlichen und der Diebe. Auf diesen Hundeweg geräth hin und wieder auch ein guter Mensch. Um dies zu verhüten wird der Schaman eingeladen, damit er den Verstorbenen geleite. Die Unterwelt nennt man tuexna. Wenn im Wörterbuche S. 11 unter dem Worte Gott nakltanö als gleichbedeutend mit dem Sternbild des grossen Bären angegeben wird, so ist nach Doroschin dieser Name des Sternbildes erst seit der Bekanntschaft mit den Russen zur Bezeichnung des Gottesbe- griffs in Anwendung gekommen. Es wird noch na ciatka, unser Grossvater, als derjenige genannt, der den Menschen Fische sendet und dem der Rabe zu Anfang Fische stahl, um sie den Menschen zu geben; in den Seen lebt binnato xtönaia, der die Ertrunkenen zu sich nimmt; im Meere giebfc es Meeresmenschen (nuteat-xtönaia) eine Art Nixen, blond wie die Russen, mit langen Haaren, welche an der Oberfläche des Wassers schwimmen. Lächelt eine solche Nixe, so wird die Baidare zu ihr gezogen. Ebenso haben die Felsen am Meere ihre Gebieter (cajan-xtönaia). Auf den Bergen giebt es Bergmenschen (tgili-tênai) , deren Oberhaupt Klues heisst. Wenn die Kinai in’s Gebirge ziehen, um dort mit Erfolg zu jagen, bringen sie ihm Opfer dar : Knochenstäfelchen *), Adlerfedern und getrockneten Fischrogen, Thran, Jukola (gedörrte *j Diese Knochentäfelchen werden zu einem Spiel gebraucht, dass den Namen СІІКІІахё trägt und von zwei, vier oder acht Personen gespielt werden kann. Einzelne dieser Täfelchen sind mit Zeichen versehen, sie werden von dem einen Spieler in geschlossener Hand gehalten, der andere muss rathen, in welcher Hand das hezeichnete Täfelchen sich befindet. Vorwort. VII Fische). Indem sie diese Gegenstände in’s Feuer werfen, sprechen sie: «Eines, sieh, ich gebe dir dies, gieb mir dagegen irgend ein Thier.» Darauf legt man sich schlafen. Am andern Morgen färbt man sich, wenn man auf die Jagd geht, das Gesicht roth, pudert sich die Haare mit Federn und geht den Thieren nach. Freilich kommt dann das Glück entgegen. Das Haus des Elues ist von Stein und befindet sich irgendwo tief im Gebirge. Wenn man in’s Gebirge gelangt ist und die Wohnung hergerichtet hat, macht man Feuer an, in welches man schwarze Farbe (Graphit), Tliran, Adlerfedern, gedörrte Fische und getrockneten Fisch- rogen wirft und dabei ausruft: Nimm, Elues, dies als Gastgeschenk, ich bin zu dir zu Gast gekommen. Wenn man in’s Gebirge zieht, beräuchert man sich mit der Wurzel eines Ge- birgskrauts, um den Fischgeruch zu vertreiben. Auch färbt man sich, damit es demThiere angenehm sei, dem Jäger zu begegnen. Es färben sich indessen auch die jungen Männer aus Gefallsucht. Ein Verzweifelnder zieht sich einen Graphit-Strich von dem Nasenrücken bis zur Mitte des Unterkiefers, woraus alle ersehen, dass ihm das Leben nichts werth ist. Die Farben kochen nur Jungfrauen, es helfen ihnen Einder weiblichen Geschlechts. Die Jungfrau zieht ein reines Hemd an, bemalt sich, bisweilen macht sie sich daran Stachel- schwein-Borsten zu färben. Es giebt verschiedenen Aberglauben. Zur Regenzeit z. B. darf man ja nicht, sobald die Sonne sich zeigt, mit dem Finger auf sie hinweisen. Sie könnte böse werden und wie- derum Regen kommen. Sind im Gebirge am Abende die Fohlen auf der Feuerstätte der Wohnung nur noch im Glimmen, so singt der Bewohner derselben das Berglied und hat er es beendigt, so wirft er rasch schon in Bereitschaft gehaltene trockene Holzspäne auf die Eolilen, um dadurch die Hütte plötzlich und stark zu erleuchten und dadurch die auf den Gesang des Berglie- des herbeigeeilten Seelen der Bergschafe daran zu verhindern, dass sie die Hütte verlas- sen. So glauben die Einai sich leichter der Bergschaafe selbst am nächsten Morgen be- mächtigen zu können. Dieses Berglied ist in der gewöhnlichen Sprache verfasst mit einer Melodie von drei Tönen und lautet: ktgenjutl tlä, sec genjutl steig vom Berg herab, komm zu mir. Wenn die Einai im Gebirge sind, sind sie höchst schweigsam, auch singen sie keine anderen Lieder ausser dem Berglied. Der Herr des Gebirges, Elues, sieht es nicht gern, dass man in seinem Bereiche die gewöhnliche Sprache rede; deshalb werden für manche Gegenstände ganz andere Namen gebraucht. So nennt man die Russen in der Niederung kastana, ist man aber im Gebirge, kxikaja tenai weisse Menschen, daher auch die Flinte kxikaja-tënai-izina (gewöhnlich kastana izina), das Messer knutultilxlä (sonst kizakë), die Schaale kbakilä, das Feuer ktaz-a. Auf die Frage, woher sie die Gebirgssprache genommen, antworten sie: ein Einai, der alles verspielt hatte, war bei Elues, wo er diese Sprache gehört hat. Im Gebirge unterliegt jeder Schritt, jede Bewegung, fast jedes Wort gewissen her- kömmlichen Regeln und dies alles aus Rücksicht auf Elues. Doroschin erzählt, wie einer VIII Vorwort. seiner Leute zu solcher Zeit von einem Häuptling aufgenommen worden war. Er fand den- selben in einer kleinen Hütte aus Birkenrinde wohnend. Die Nahrung, die der Häuptling sammt den Seinigen genoss, wurde in einem wasserdichten Korbe (ишкатъ) vermittelst glühender Steine gekocht. Freilich lebte man sehr einfach. Ein früher von Berestow, so hiess der Mann, erlegtes Rennthier war von einem Bären gefunden und zur Hälfte verzehrt, die andere Hälfte aber mit Rasen bedeckt worden. Diese letztere Hälfte hatte der Häuptling gefunden und nährte sich nun davon. Er kam dem Berestow entgegen und sagte: «Du willst übernachten?» Ja. Der Häuptling versank in Nachdenken. «Zu deinem Glück verlasse ich morgen das Gebirge; sonst würde ich dich nicht aufnehmen; ich würde dich hier mit Speise und Trank bewirthet, dich aber nicht in die Hütte gelassen haben. Jetzt darf ich aber mit dir eine Ausnahme machen.» Ferner erzählt Doroschin, dass ein Schütze, der ihn in’s Gebirge begleitet hatte, dort alle herkömmlichen Gebräuche auf das Strengste beobachtete. So wie er seine Fallen zum Fang der Murmelthiere aufgestellt hatte, zog er unter einen Baum, wo er an dem dort angemachten Feuer die Tage zubrachte, und im Zelt nur die Nacht. Dort lässt er das Fleisch der in der Falle gefangenen Murmelthiere hängen, dort die Felle trocknen. Die mit der Kugel erlegten oder im Fangeisen gefangenen Murmelthiere schafft er sofort nach Hause, die in der Falle gefangenen aber erst nach Beendigung der Jagdzeit. DieKinai sprechen nicht gern von den Fallen, die sie ausgestellt haben, weder von deren Zahl, noch von der Zahl der gefangenen Murmelthiere. Der Schütze Doroschin’s sammelte die Augen der getödteten Murmelthiere sorgfältig, damit die Hunde dieselben nicht während der Jagdzeit frässen , was ein schlimmes Ding wäre. Nach Beendigung der Jagdzeit vergräbt er sie oder wirft dieselben in’s "Wasser. Die Vorfahren der Kinai kamen vom Norden oder Nordosten. Geschaffen hat sie der Rabe. Noch jetzt sagt man den Kindern: «Was werfet ihr den Raben mit Steinen? das ist ja unser Vater.» Anfänglich kamen vom Kupferfluss zwei Schwestern. Das Geschlecht der älteren hiess tcixgi (von der rothen Farbe, welche sie unterwegs fanden), das Geschlecht der jüngeren aber xkali (Fischkopf). Von diesen beiden Stämmen zweigten sich die ande- ren ab: kaxgi, so genannt, weil ein Rabe krächzte, als die Ahnfrau ihren Erstling gebar, tlanxtana von dem Riedgras, auf welchem sie niederkam; mintüxtana von der Vorder- wand der Hütte, an der sich gewöhnlich die Fächer befinden; die Stammmutter kam unter einem solchen Fach nieder, weil es ausserhalb der Hütte sehr kalt war; nuxsi von dem Harz, das vom Baum herabfloss und das die Schwangere genommen hatte; tulcina stammt von Wasserwesen, welche durch Abwaschung mit Urin in Menschen verwandelt wurden; diese Abwaschung nahm ein Kinai, der sie gefangen hatte, mit ihnen vor. Katlunxtana leben an der Spitze der Bucht, sind also Buchtige; cislaxtanä vom Raben; nitcxi von der Farbe, sie kamen vom Kupferfluss; cilxtalxtanä, so benannt von dem waldigen Theil des Westufers der Bucht, Niniltschik gegenüber. Nach Aussage des Schamanen Nikolai aus dem Dorfe Kazdlik sind katlunxtana und nitcxi ein und derselbe Stamm, der eilfte Stamm sei aber calxtana. Soweit die Aufzeichnungen Doroschin’s, welche namentlich in Vorwort. IX den Nachrichten über die eilf Stämme manche Abweichungen von den bei Wrangell S. 104 und in vorliegender Arbeit S. 7 und 17 mitgetheilten enthalten. Kehren wir nun zu der Arbeit Radi off ’s zurück, so werde ich vor allen Dingen über die Abweichungen von dem Lepsius’schen Universalalphabet zu reden haben. Radloff hatte in seiner Handschrift к und ts zur Bezeichnung der Zischlaute, die ich nun durch c und c wiedergegeben habe, dagegen verwandte ich к um einen härtern Guttural namentlich in den von Lisiansky aufgezeichneten Wörtern, g aber um die Gutturale, an r streifende Aspirate (bei Böhtlingk in der jakutischen Sprachlehre 5) auszudrücken. Lisiansky bie- tet dafür mehrmals ein r z. B. trilgnoz hoch, trilxkac niedrig, trel'tit dünn, trel'cuz dick, trelthän breit, aber nur vor e und i, Doroschin hat es auch in dem Worte trilli Berg, giebt aber zu, dass derselbe Laut ihm bald einem gutturalen r, bald einer aspirirten Gut- turale gleich geschienen sei. Der Gleichförmigkeit wegen habe ich überall das Zeichen g in solchen Fällen gesetzt, vielleicht auch in einigen, wo ein h genauer gewesen wäre. Den letztem Laut hat Radloff in seiner Transcription da angebracht, wo die ihm zu Gebote stehenden Materialen in der russischen Schrift ein г darboten. Es könnte leicht der Fall sein, dass hin und wieder Missgriffe mituntergelaufen sind, deren Beseitigung ich nicht ohne Weiteres vornehmen zu dürfen glaubte. Wohl mit Recht hat Radloff häufig 1 ge- setzt, wo seine Materialien ль darboten, weshalb er auch tl, xl geschrieben hat, wenn er льт oder хьль vorfand; doch ist auch in dieser Hinsicht nicht immer conséquent verfahren worden. Natürlich hält es schwer die lautlichen Verhältnisse richtig darzustellen, wenn man nicht selbst mit geübtem Ohr die fremden Laute aufgefasst hat und auch dann sind noch Versehen möglich, wenn man mit bisher unbekannten Lauten zu thun hat. Dies gilt namentlich auch von den Vocalen; wobei ich bemerke, dass das von Radloff gewählte Zeichen ö dem russischen э entspricht, obwohl der Lautwerth des letztem bei der Tran- scription fremder Laute vielfach wechselt. Die von L. Radloff in’s Werk gesetzte Zertheilung der einzelnen von den verschie- denen Verzeichnissen gebotenen Wörter hat grosse Schwierigkeiten bei dem jetzigen Standpunkte unserer Kenntniss der Kinai- Sprache; weshalb die in derselben auftretenden Schwankungen mit Nachsicht zu beurtheilen sein werden, um so mehr, da ich zu deren Beseitigung so gut wie gar nichts habe beitragen können. Was die bei den einzelnen Wörtern angebrachten Abkürzungen anbetrifft, so bezeich- net W. Wrangell im ersten Bande der Beiträge zur Kenntniss des Russischen Reiches von Baer und Helmersen (B. u. H.), L. Lisiansky nach der auch von Radloff benuzten russischen Ausgabe des Reisewerkes, D. Dawydow, R. Resanow, K. den «Kinaizen» bei Krusenstern und Dor. Doroschin; M. = Mélanges russes T. III S. 369 — 399: Einige kritische Bemerkungen über Herrn Buscbmann’s Behandlung der Kinai-Sprache von Leo- pold Radloff; B. — Buschmann «der athapaskische Sprachstamm» in den Abhandlungen der königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1855, S. 150 — 319; derselbe Ge- lehrte hat dann auch das von der eben genannten Arbeit Radloff’s Gebotene berücksich- Me'moires de l’Acad. Imp. des sciences, YJIme Se'rie. 2 X Vorwort. tigt in den Abhandl. der königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Jahrgang 1855: Systematische Worttafel des athapaskischen Sprachstammes S. 501 — 586, namentlich vou S. 512 an § 119 ff. Nicht benutzt habe ich die von W. H. Dali in seinem 1870 zu Boston erschienenen Werke Alaska and its resources S. 566 folg, abgedruckten Wörterverzeichnisse. Schliesslich kann ich nicht umhin auf die Worte Rücksicht zu nehmen, welche Georg von der Gabelentz kürzlich im Globus (1874 № 8 p. 123 Sprachwissenschaftliches III) ausgesprochen hat: «Vocabularien, wie man sie am Schlüsse von Reisewerken trifft, nehmen sich oft recht «stattlich aus, — aber was bürgt für ihre Richtigkeit? Der Sprachforscher hat solche «Sammlungen dankbar hinzunehmen, denn sie sind bahnbrechend, aber auch sehr vor- «sichtig, denn die Bahn, die sie eröffnen, war eine schlüpfrige.« So sehr wir mit diesen Wor- ten einverstanden sind, und so viel Belege wir für die Wahrheit derselben auch in dem nun dargebotenen Material finden, müssen wir doch im Interesse der Sprachforschung und der Völkerkunde wünschen, dass Reisende auch in Zukunft nicht ermüden möchten nach Möglichkeit reichhaltige und wo möglich das ganze Leben und Treiben, die ganze Ge- dankenwelt der einzelnen Völkerstämme umfassende Wörterverzeichnisse aufzutreiben, falls es ihnen nicht gestattet ist gründlicheren Studien über die Sprachen obzuliegen. A. Schiefner, St. Petersburg, den 6. (IS.) Mai 1874. Abend alcta R. xaalc L. kxalc Dor. zu Abend essen xal'c kasootlne R. Abendroth xal'ci-a R. abschüssig kikan keilän R. vgl. kiuen kelen steil. absichtlich koxot-antesne R. vergl. vergeblich , nothw endig, kennen , bitten , lügen, abwischen kuinkas, Imprt. L. vergl. auspres- sen. Ader, Sehne sinkta R. ccax L. Acller taffika R. W. datlika D. talxlika Dor. jukh L., letzteres wohl durch Verwechse- lung von орелъ Adler mit урилъ, Cormoran. M. 385 (273). Ahle, Pfriem siläjuli R. vergl. Kadjak siläk R.; beides wohl aus dem russ. шило. alle tikanal' tanc ko R. tlxlukxo Dor. alles tanck-o R, tanexo, taen'cko D. vergl. ganz , täglich. Alge (fucus) klut R. alt (von Dingen) cesat-ke aga R. kiici L. kxeici Dor. — - (an Jahren) ssuki Dor. alter Mann, Greis usint-a R. usinta D. Inkil tanalta S. Atnah nëstë Dor. altes Weih kasikt-a R. kisinta D. kissinkta Dor. Inkil inogul'tenS. Atnah ssenstakai Dor. Ambos kitotte R. vergl. Unterlage. Ameise Inkil noftixRl. Anfang oxcade R. vergl. früh , früher, kürz- lich, sonst, anfangen oxcada R. Angel eksak R. L. (= Kadjak). Inkil tacoja S. angeln eksak tentlä Inf. eksak tentlän Imprt. R. vergl. machen M. 383. 395 (271. 291). Antcer kicak R. = Kadjak. Tschug. ldzakD. vergl, Messer M. 394 (290). ankleiden , sich xanun el'nis Imprt. R. ankommen, zurückkehren toaznik D. Partie, tungastnik Inf. tugancitl Impr. R. tungam lcit bring zurück D. anlegen, an ein Schiff thu al cil L. anrühren, rühr nicht an ticit R. Dor. vergl. hinlegen, schweigen, auf hör en tgaa, tgac L. vergl. brauchen. rühr mich nicht an. l'tusalgan, Itoosilhan L. anschlagen, annageln kniltnil R. vergl. Ham- mer. anzünden bokanaïktiiltlut Imprt. D. tinxklut, L. vergl. leuchten , sich streiten. Arbeit xanno Dor. vergl. lebendig, arbeiten xastnuni Inf. xeitnu Imprt. R. hitnu, L, vergl dulden. Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, Vllmo Série. 1 2 Leopold Radlopf, Arbeiter xatnunin R. ten-a ( Zimmermann ) D. M. 392 (278). arbeitsam , ßeissig xannu tnitnisen Dor. Arm skuina R. vergl. Band. Armband , Spange iskonakik-ja R. arm anein-län R. vergl. reich; pakliul L. Armel s-vvit-a R. k-bita Dor. Asche reis R. Ixcis Dor. vergl. B. § 364 p. 184.Chepew. enkalihooza Talikali clees. Ast kzikna, L. këziken Dor. aufhängen tuziltatl Inf. tuziot Imprt. tozeut Particip R. vergl. wägen , werfen. aufheben nukoelkit Inf. takist-a R. vgl. brin- gen, halten , fangen , nehmen , half en, springen. hebe den Kopf nax ëi miko ne el'kit R. vergl. Auge. aufhören kticitkao Inf. kticit Impf. R. Prae- ter. ktassit, vergl. fassen , hinsetzen, legen , anrühren. aufstehen xtanelcit Inf. R. xtaniilcit L, ka- nilcit W. Dor. ktanilcit D. Imperat. — aus dem Beit kaculcniko Inf. iïles Impt. R. auftrennen, eine Naht, kontnil tint Inf; kont- nil kil Impt. R. vergl. schneiden, losbinden. Auge nâgak K. si-naga R. s-nasaSing. s-nasa- ika Plur. L. snaga I). snaga W. Dor. vgl. Brille, blind, einäugig, schielend , Thräne , blinzeln B. § 811 p. 269 № 1. Atnah snëge Dor. snega W. Inkil tin- nanoga S. Augenbrauen skazle R. skazitli D. skxazli Dor. vergl. Zahn ; sintuk L. Inkil tipa tlökl kua S. Augenwimpern s-noos R. snoutuca, L. snoo- tutlä D. snogotutlä Dor. Atnah naxtautlä Dor vergl. Pupille, Thräne . ausbessern, flicken konkteilkus Inf. konda- clkiis Impt. R. vergl. nähen, auftrennen. auslöschen nutniltnaxkou Inf. nutniltnax Imp. R. vergl. Licht pkan leux D. auspressen , ausringen inkac Inf.; itaskaas Imprt.; inkas Praet. R. vergl. mischen, stechen. ausruhen noxotel'cix Inf. noxotel'cixni Impt. vergl. tragen, setzen. ausweichen ust-a Inf. jackanil'ol' sich zurilck- ziehen R. vergl. sich bücken , hinlegen, um- drehen, liegen. Bach ktno-koa (Deminut.) R. ktnu kuä Dor. vergl. Fluss, bachen kal'tasne R. baden , sich tgunl'xut Imp. L. vergl. waschen. Badstube nli D. nalli L. nili Dor. nle-koä (Deminut.) die an eine Badstube anstos- senden Wohnzimmer (жупанъ) D. Thlinkit neshl Wohnung, Wohnzimmer. Atnah sazel Dor. vergl. Dach, Flur, Treppe. M. 397 (292). Bär, schwarzer , altasi D. el'tasi kaka Dor. Jugelnut nilji S. Atnah nël-ë Dor. — brauner anikta R. anixta D. gnikta kaka Dor. haïk-ta, L. gnita W. Inkil tlaguza Jugel. cogoze S Inkü- 1 ü c h 1 ü a t sekgoza W. Ätna h caanë W . Dor. Balken, gefällter Baum keiheicakh L, cuallü R. vergl. Baum, Tanne, stena Dor. Band, breites, seidenes cagantletl R. vergl. Po- sament, Fitzeiband nagal'koe-koa (Dem.)R. Bank ( Tisch auf Füssen) kakknak tilin Dor. Bart s-tuni R. L. stuni Dor. Atnah s-tejane Dor. Inkil tina jada S. M. 398 (293). — des Seelöwen (Phoca jubata) ki ttun-e {sein Bart) D. Bauch skokes; suwata R. s-but L vgl. Löf- fel scutlä I). scutlä Dor, vergl. B. § 371 p. 189, Ш 833. Wörterbuch der Kinai-Sprache. 3 В auSlz, Nadelholz cualläR.cwaläD. vgl. Tarne. Baum kcettlä R. cbala-kujä (Dein.) L. Atnah cwajale Wald. W. Baumstamm .nutti Dor. castelen R. (hohler). — stumpf kealxkenna Dor, bedauern , ich — dich u-ëïseit R. nogisitat D. ich bedauere dich nicht коса xoëiscinni R. vergl. arbeiten , dulden , ertragen, bedecken tukatkellä Inf.; tukat-kenläx Impt. R. vergl. Deckel, Thüre. Beere , generischer Name kik-a R. kak-ka L. кепка D. kika W. Dor. M. 393 (278) Atnah keke. Koltschan eike W. rothe Beere tagal'tele keka R. Blaubeere (Vaccinium uliginosum) kika R. eikika D. Dor. Heidelbeere (Vaccinium myrtillus, го- лубица, черника) canca R. kancä D. kaan ca L. Dor. Himbeere kolkaa R. D. kul'xkaha L. kul’xkah Dor. Inkil nitakai tildna. Himbeere , nordische (Rubus articus кня- женица) naujan kitlä D. nugujan kitlalä. Dor. Johannisbeere nutxin R. nuuthin D. S. — rothe ciül nuntlä I). Mehlbeere (Arbutus uva ursi толокнянка) talcizi R. tincizi I). о о Moltebeere (Rubus chamaemorus) kitli D. nketl R. ketlx Dor. Inkil kxotl S. Moosbeere (Vaccinium oxycoccos) tlexgo heka R. ‘ Pr eisselbeere (Vaccinium vitis Idaea) xe kika R. xëi kika Dor. xikkaD. Aleut. kiika. о . © © Bauschbeere (Empetrum nigrum шикша) tkilin-kaka D. tgillin kika Dor. talenka R. befehlen incateni Inf. imtenni Imperat. R. vergl. rufen, schicken , gehen . begatten, sich dastkatni R. stunaecu, vgl. lieben. Beil , amerikanisches kilcatli R. steinernes (zum Hauen , Fällen ) kkelcal xli Dor. (zum Glätten) kilxläsi Dor. kitläsi D. vergl. hauen, stechen', Tomahawk kto- xal'x, Atnah taxalx Dor. russisches topol R. (russ. топоръ) tukul Dor. M. 391 (277). Beinkleider tlxlu-sselx Dor. vergl. Stiefel, Schuh. Atnah tlä selx Dor. Inkil katsix S. heissen pagentas. R. Berg taili R. theile L. trilli (wohl tgilli) Dor. Atnah tgillai Dor. vergl. Vulkan. Bernstein tèlx txl'té Dor. Beschäftigung (недосугъ) tktxlän R. vergl. machen , thun. Besemer ( Schnettwage ) pak ckataltase R. besser naneinok R. betasten eux kogn-a R. beten hok-nuiltli Imprt. D. betrügen xaincit R, vergl. lügen ; betrüge nicht incada heincit-ku D. betrunken pil'tni tiiluk R. vergl. Wasser. Bett taatl R. tgaltgL. stiiläD. M. 393(278). Bettdecke citta R. ctaD. sccita D. s. seidenes Zeug M. 393 (278). Betttuch talk te R. vergl. Gewebe M, 393 (278). bewirthen pokëlket Inf. if keutl Imprt. vergl. essen. bezahlen at-öilnis Inf.; kagetxalnis Futur. R. kiu silxnax Imprt. L. vergl. kaufen , zäh- len, tauschen, umsonst. Biber, Flussbiber tokasi R. tukis D. M. 389 (275) Atnah sca Dor. Seebiber tokes L. Seeotter kinujaR. knuja D. ktnuja, knu- ja W. Inkülüchlüat nujak B. et H. p. i* 4 Leopold Radloff 119 Inkilik noja; Jugelnut nuja S., ich habe einen Biber getödtet si nuja astlät S. Bibergeil culän Dor. biegen teilxot R. biegsam teil'eitl R. vergl. bringen, billig kusläcko R. binden slxal Inf. zubinden kil'xal Inf., zusam- menbinden nilxal Impert. R. nulxalä Im- perat. D. eine Blase zusammenbinden tu- talxkiss Dor. nickaisi, binde zu R. vergl. Ugalenz. ilxatlilu Inf. Tschugatscli kil- xaju Inf. kilxlugu Imp. R. M. 393 (278). Birke cukxuja, cukxoja D. culda L. cukxia Dor. vergl. Erle, Weide. Inkil kxxeix Jugel. ke S. Birkhuhn el'x-in Dor. Inkil toltoia S. Bisamratte (Castor moschatus выхухоль) tu- cuta D. tulcuda Dor. Inkil mikinala S. Inkülüchlüat wici- noi W. Atnah ein Dor. bitten kokot-teni Inf. kokot-oteini Imperat. 1 Pers. Sing, kokot-tasni; bitte nicht ce koxot-tenni-ku R. vergl. absichtlich , noth- wendig, vergeblich , lügen, bitter cawol'kan R. cogolnek D. tagilcik Dor. Blase kiuis R. к-bis L. Dor. s. binden, vgl. rund. Blasebalg pil kitaljatli R. Blatt kat-un L. blau, dunhelblau taltisi R. vergl. schwarz. Atnah tatlaca Dor. blaugrün caatlc Dor. okin ilkëi D. S. Inkil. cig za. hellblau taaftetce R. vergl. grün, Glas- perle.- Blei , Zinn tain-toga D. vergl. Eisen, blind kanas këcen R. vergl. Auge, einäugig, blinzeln , winken n'uka niläs R. vergl. Auge nilcitl R. Blitz nusltanita R. vergl. Teufel , fliegen , cel- tetenit Dor. siubilä D. Atnah tknakone W. В. H. 78. blitzt, es, nusltanita ktetecetl R. vgl. glän- zen, Funken, Degen. Blumen kican-linä R. vergl. Gras , Saueram- pfer. Blut kudal'tin R. Dor. kutaalthinL. kudal'ten W. Ugalachmut tedll R. tedlx W. At- nah tellj W. B. et H. Boden eines Hutes oder einer Mütze cidok te R. Bogen eilten D. c-althan L. cilxten Dor. cil- tin ЛѴ. Atnah ciltxen "W. sciilxtën Dor. Kol tschau ciltal. Bogenschütze, Jäger tkosin kteltesen D. vgl. schiessen. Boot, Kahn, Nachen kaièiW. kçé-kuja (Dem. ) L. Atnah kaice W. Koltschan ei, vgl. B. p. 288 § 819 № 70. . von Birkenrinde bakaa D. bakka Dor. Lederboot , Baidare pati R. baati I). aleutisches — tëinaina bata Dor. russisches Boot eutlx bäte Dor. Barkasse eika bäte Dor. kleine Baidare kajaxwak R. kajaxwanD. Kadjak: kajak, Tschugatscli kajanhuak Aleutisch ikjak, zu vergleichen sind auch die übrigen Eskimo-Dialecte, denen dieses Wort entlehnt ist. dreilukige Baidare baidalki Dor. == Ka- djak. zweilukige Baidare kajaxpak Dor. = Ka- djak. einlukige Baidare bek öd in Dor. böse köc kanilaii Dor. Bohrer kalksi R. Brandung ak-a (сулой), talle (бурунъ) R. vgl. Wellen. Wörterbuch der Kin ai- Sprache. 5 Branntwein na etläkan kal'tetli R. pjana (aus dem Russ. пьянъ, betrunken) Dor. braten kiltas R. kiltis I). brauchen , ich brauche nicht ta ëx ku Ti. vgl. anrühren , unnöthig. breit tail'tal R. treïthân L. tgiltal Dor. ; breiter Comparât, tailtal xasta R. brennen nitalcok R. vergl. Flamme. Brett tit-halle R. tit-haale L. vgl. hölzern. Brief , Schreiben , Papier kalligak R. к aie к Dor. = Kad. u. Tscliugatsch. Brille naga (= Auge) R. bringen su-il'kat, sä tunkxe ilkit, sä nuka ilkit D. sëinuk tgen'kit Dor. Imper, vergl. halten , fangen , wegtragen, tëgclkit lmper. Dor. bring hin! bicaa D. Jug einut woxongo S. Atnah ssa unis bringe Dor. Brot , weisses talcilä kanazlé R. vergl. weiss, Mehl , Sarana. Bruder 1) s-anga R. Dor. agala D. vergl. Jugelnut ëga S, jüngerer Bruder M. 390 (276). — jüngerer kallä L. kilä D. s-skalä R. s kellä Dor. vergl. Inkilik si kitläS. At- nah s-skelle Dor. Brust sita G. sita D. Brüste , weibliche s-mamma R. vergl. Zitze, Milch. Bucht , Meerbusen weitog welsut L. Bude , Waarenlager noutxe kanka R. vergl. Zelt , Haus. bücken , sich ni копіГ otl Inf. ja xakonil' otl Imperat. bücke dich nicht ca nikuni! ol'ku R. vergl. ausweichen , biegen , sich legen, zurückziehen. bunt poken kanal cini R. buntgestreiftes Leinzeug (пестредь) kaïli R. Busen , im — ckut R. Butte (камбала) knilkaja R. Biesenbutte (палтусъ) seek R. sägik D. = Kadjak; Aient, caagek. Cormoran (Phalacrocorax bicristata урилъ) ijak R. jukb L.= Ugalachmut u. Tblin- kit, da xo P. vergl. dort , hier. dahin jagata R. Dach Ile kaze R. vergl. Badsbube , Erdhütte, Treppe ; kanka L. vergl. Zelt. danke , ich cekanik suke R. cekinik Dor. ci- nanski Dor. Atnali kiin-ëën Dor. vergl. sich freuen , zufrieden, Kreuz, Heiligenbild, schuldig. dasselbe kosic-ë R. vergl. mehr, immer. Daumen s lune L. ~ Finger S. Ink il tina-kxitl. u W Daunen kan kica R. vergl .Feder, ktuk kaët- ken D. M. 393 (278). Decke, Zimmer — k-togaR., vergl. Kleidung. Deckel tu kakte R. vergl. bedecken, Thür. Degen tete-cetle R. vergl. glänzen, leuchten. dein ninniga R. n-on itiL. das ist dein; nin- aga Dor. dein Stein kalxzniki ninaga Dor. Delphinus Orca (касатка) eikenga R. eikin- ka D. — Leucas (бѣлуга), Meerschwein kojusi D. kujusi L. kuunsi Dor. denken, glauben, meinen iiunik tgeset Dor. der Pronom, dem gun, gunen, ginen Dor. vgl. er. dicht tal'tecu R. dick tailcuz R. trel'cuz, thiilcuz L. tgil'cuz Dor. dicker Compar. nailcuzesta R. vergl. eng, schmal. Dieb lmeteisin D. kak is (kaneesh) L. kennisen Dor. vgl. stehlen M. 396 (292) Buschm. 549. Diele, Fussboden nen en R. diess ki ni L. Dat Plur. gate Dor. 6 Leopold Rad l off Dinte ifketcax-ë R. vergl. schreiben , Papier. Docht nana ketel'tose R. vergl. Licht , leuch- ten, Leuchter , Laterne. Donner 1) kaletatl R. Kadjak kalextok, Tschugatsch kal- lik R. 2) ktitni D. Atnahl'x-tänneDor. 1'taniW. m-l'tani W. Inkil niltina S. Koltschan niltini W. 3) bal'tase Dor. donnert , es — kaletatl on kaka R. Dorf, Ansiedelung kajax R. aus welchem Dorfe? ntatu kajaxtana D. Inkülüchlüat В. H. p. 119 kxajak. dort, da jagatta R. jegat Dor. vergl. dahin. du nin R. nan D. nenn W. nin Dor. n-on L. ее. К. M. 371 (263). Atnah nin Dor. vgl, B. p. 190 Ш 871. dulden , ertragen xostikan R. vergl. arbeiten, bedauern. dumm cknik-a R. ckiinak L. ckanik, ckina- gil'x niken Dor. vergl. faul, Narr. Düne (лайда) jucexa R. — am Fusse des Ber- ges; vergl. Ufer. dünn tiiltit R. trel'tit L. tgiltit Dor. dünner Comp, tista tiiltit R. vgl. eng, schmal. dunkel xtlitalnen R. ilxatl D. Dunkelheit hiilxakl L. dunkelt, es, dämmert nu-geï xatï R. ëx katl- xatlR. vergl. es taget Ugalaxmut isalxatl dunkel R. silxatl Nacht R. durch u tesen-l'tus R. vergl. gehen , fort, ein- holen. Durchfall, Diarrhöe nakode R. Kadjak anaxok Tschugatsch anagox- tok R. Ebbe n'utu tas cat R. vergl. Fluß, Meer. Eberesche (Sorbus aucuparia) skonä D. Inkil takansa S. Ecke, Winkel tiken katlu R. .hintere Ecke einer Hütte montox, daher der Name eines Kinai-Geschlechts: mon- tox-tana B. u. H. p. 104. Ei ktlaztle R. kgazä D. kgaza Dor. M. 393 (278). Eidotter kitlaizli R. Eiweiss tal'kaiju R. s. weiss. Eierschale kitlaizli cina R, Eichhörnchen leka D. lka Dor. einäugig ka-nas-gaac R. vergl. Auge, blind. Eingeweide ka-neika R. sin-eika D. si-neik-a L. einholen , erreichen nenelgal Inf. caneltus R. Imp. vergl. durch, gehen. Einschnitt , Schnittwunde xutnaaltu L. Eis estle R. teil D. ttën W. Dor. Atnah ttön W. vgl. Tschuktschisch tan tan ? tintin Bar. vgl. frieren. Eisen tain R. ikotje tain D. Dor. tai-in L. tain W. tigan K. vgl. Blei, Silber, Kupfer, Uhrkette. M. 384 (272). Atnah kicëi Dor. ketei W. Ink. u. Jug. kazzaga S. eisern soos D. eitel (Geck) suk tulii R. vergl, Kadjak. suk- tuskak R. Eiter xaaz L. Elenthier (Cervus Alces, сохатый, лось) ta- nakä D. ttanakë Dor. Inkilik ttanika = Jugln. B. § 328 p. 296; Atnah ttënëeke Dor. vgl. nakxlx tënë das Sternbild des grossen Bären Ju» geln. excië S. Ellenbogen s-ces R. Ende këëk R. eng nie! ktul'xkl R. von Kleidern tail-tit R. tgiltit Dor. en- ger Comp, tail-tit-ista R. vergl. 'dünn. Enkel imbi iat R. sciaka Dor. W ÖBTERBU OH DER KlNAI- SPRACHE. 7 Enkelin pkuja R. Ente kakaslä R, agaslä D. kakaasla Plur. tina al'tga (viele) L. vgl. Vogel , Papageien- taacher (топорокъ), vgl. Tschukschisch galla Ink il nintalä S.; cica Der. Atnaîi ciicë Dor. entfliehen eni tnaltan Praeter. Sing.; tinata eni taaltatl Plur. D. entgegen , gegenüber sanatl' otlik-o R. entkleiden , sich nu tak ziltatl Imperat. R. vergl. Rock, Unterkleid, er kunen R. kunti fern. gen. hhun L. gun, gunen, ginen Dor. M. 372 (264). A t n a h xoonin Dor . U g a 1 a c h m u t xinge . erbarme dich! annek tasi R. Erbrechen nu stuak R. (1 Pers. Sing?) vgl. Uebligkeit. — haben , näntwax D. Erde , Land al'slin R. alsnân L. altnenD.alt- nän W. elxnin Dor. vergl. Landsmann . Atnah nin Dor. naim W. vergl, Es- kimo nuna. Erdhütte (жупанъ) nle-koä (Deminut.)I), vgl. Badstube. erinnern , sich , behalten patnini taga ilnitliku Inf, pataini tagal nitluko Imperat. R ( = vergiss nicht)] erinnere dich! uil'nis R. Erle kankija D. kankija L. kxinkija Dor. vgl. Strauch , Birke , Weide. Ink il kxas. erschlagen , tödten citlun, Sing, cekitluk Plur. tikei tluk Part. Perf. todt , erschlagen , vgl. Mörder , tödten. erschrecken , in Schrecken setzen cikitultl Inf. onotocul Imperat. R. ertrinke! tgataalnan L. ertrunken nudalkat D. Erzählung, Märchen suktu Dor. essen kkeul Inf. R. kiulh Imperat. L. këlkat R. W. kilkat Imperat. Dor. kkel'kat R. nlilkat D. Imperat. ich will essen kélkat nisën Dor. Atnah tiscin Dor. gieb mir zu essen ha s ulx inda L. zu Mittag essen kasoltni R. zu Abend essen xaleka sootl'ne R. Atnah tkosän W. in B u. II. essen. Essig naal eiki bilxni R. — bitteres, saures Wasser, vergl. Pfeffer. euer xannigi jaga R. vergl. ihr. Eule bissi Dor. о Excremente cun R. Dor. vergl. Nothdurft verrichten , stinken T a c u 1 1 i e s nach Harmon CU B. S. 177 ІЯ 250. Fach , Repositorium ta izlän R. vergl. Schrank. fahren tinaskoo Inf. tinasko Imperat. R. ogo tinäs Imperat. D. (= fahre schnell), wohin fährst du ? ndax tinju L. fahre nicht ca tinas-ku R. er. ist weggefahren tazno D. vergl. an- kommen. fallen ktatlnis Inf. vergl. bezahlen; Pract. ëc kecal' R. atlic in hageln , schneien , reg - ■ nen. fallen lassen nut-ulnen Inf. nutt hilnix Im- perat. L. fangen inlxkit Imperat. L. vergl. bringen , halten , aufheben, nehmen , umarmen. Farbe , eine (Zinnober) nach der sich eines der sechs Geschlechter eines Kinai Stam- mes benennt eixgi W. B. u. H. p. 104; Dor. ci-x Zinnober. Farnkraut kagat-ak R, = Tschugatsch; ox D. faul , träge ckedidniki R. ckeke tniken L. tckitetnik, ckitetniken Dor. vergl. dumm. Faust s-kt-a R. Fedmi kicä D. kan k-ica R. vergl. Daunen. 8 Leopold Radloff, fegen ijim kanitlis Imperat. D. Feiertag , Fest xoxnokotli R. feig, muthlos ilnit R. cancken Dor. vergl. furchtsam . Feind si saga ël'ni W. bgo il'xnista Dot. A tu ah kek kunan W. Fell, Haut kxiis, gegerbtes (sämisch Leder) gicuni kxiis; Rennthierfell bieix iis Dor. s. Haut. A tu ah xonnai telx Dor. Felsen canne R. caän Dor. vergl. canuljasi Kanone =■ Felsbrecher Dor. Fenster juljuka R. vergl. tagen. Kadjak jalläk, Tschugatsch lialläk. Aient, ahilläk, Ugalachm. igaläk R. Fernrohr kek nilläxe. vergl. Ende, sehen, Spiegel, Ferse skatatli R. s. Fass. Fett, Thran tlugi D. tleg W. tlxläg Dor. vgl. Fisch. Atnah x xja Ugalachm. xê D. xxë W. Koltschan xilu ki einte R. cinti D. oo о Schaffett nuci cinti D. Rennthierfett pieix cinti D. kakiënkté Dor. Fett der Seekuh (Phoca vitulina) kucäal cinti D. fett tal-cin R. feucht {roh?) ttax-ë R. tleg W. Feuer tasi R. tazi D. taazi L. tazi W. justi Dor. M. 369 (261) vergl. Kohlen, Kien- brand, Rauch , schwarz. Atnah kxon Dor. tkxon W. * Inkilik ttaknna Jugelnut kxun S. Ugalachm. takak. Feuerschwamm , Zunder texokke R. Feuerstahl tekoke R. vergl. Ugalachm. ta- kak Feuer. Feuerstätte in der Wohnung cedëk Dor. Finger s-luzixa R. s-lucka L, s-luzexa Dor. vergl. Daumen. Atnah s-slä gose Dor. Inkil tina llö vergl. B. § 829 № 120 vergl. Hand, männl. Glied. Fingerhut pici cax-tle R. Fingerring lucaa, lucaha R. Fisch tlûka R. D. W. tlxluka Dor. vgl. Fett, Thran. Atnah l'xuukë Dor. txlu käiji W. B. 26 §814. Inkil tlagass Jugel. tlölxuna Sommerfische tkuja L. Fischbein t-tl, tlu etl R. fischen (mit einem Netze) tax-oïl tentlän. R. vergl. Fischnetz u. machen. Fischfang kali W. В. n. H. p. 119 Name ei- nes Kinai -Stammes. Fischkorb, Reuse (морда) ass Dor. Inkil. Ju- gel n. taana. Fischnetz , Sacknetz (неводъ) taxuil R. tax- wilh L. Inkil tamitl S. Ugalachm. cawotl R. Fischrogen к ein R. kin L. kxin Dor. flach kanal'kan R. vergl. tief. Flagge n'unox jagaltex-i R. vergl. Nebel. Flamme nik talcax R. vgl. brennen. Fleisch s-cin (mein Fleisch) ki-cin R. kkacin Dor. ki conna D. (sein Fleisch) vgl. Kör- per, Walfisch-Fleisch tatlin cunna R. Fliege tomm D. (плевокъ), tim Dor. tm R. M. 393 (278). fliegen nuliiil Inf. R. Flinte izin R. (= Pfeil) kas-tana izina (rus- sischer Pfeil) Dor. Atnah kici-tna-kaa Dor. Floh sakomkak R. — Tschugatsch. Flügel kacenlû R. Flur, Hausflur tenetun. R. = Weg. * Wörterbuch der Kin ai -Sprache. 9 Fluss 1. cagatlin R. s. Quelle , vergl. Inkilik tic cgala. 2. kitnu D. katnu W. katnu L. ktnu Dor. M. 386 (273). Atnah s cettu Dor. ttirnW. — Wasser. Quell kcadin tlxlint Dor. Mündung takaxk Dor. Ufer tobogx Dor. flüssig (dünn) talcok R. Fluth nutgeitun R. vergl. Meer, Ebbe , Salz. fort! canel tus R. vergl. gehen , einholen. Fremder iil'na W. gol'cun Dor. daher der Volksname der Goltschanen oder Kol- tschanen. Atnah kolcan-jai W. Freude këlxktina gilnik Dor. vergl. froh. freuen, sich cinut-an Inf. nu kuilthung Imp. L. 1. Pers. Sing, cikanix sa denlu R. vgl. danken , zufrieden , Heiligenbild. Freund s iltna W. vergl. Fremder , selx ga~ zel'xtlen. Atnah tas kanaan W. B. et H. 63 In- külüchlüatxuta-issitaglikB. etH.p. 119. Friede sidai Dor. frieren si-tlkoc Inf. (?) R. vergl. kalt, Frost. 1. Pers. Sing, si tli tulni; gefroren kanal- ton R. vergl. Eis. frisch (nicht sauer, nicht faul) nogënë Dor. froh, heiter kina atlnik R. vergl. Freude. Frosch nogoja D. Inkilik u. Jugelnut noggojia S. Frost ktë-koc R. ktekxoc D. xtekuc Dor. vergl. kalt. früh kedex odaxciko R. früher, ehemals , sonst ocedax te R. vgl. An- fang, kürzlich; kkacet Dor. Frühling toktof kex R. kiek L. klekx Dor. Fuchs 1) kawojak R. kagwijak D. — west- lichen Eskimodialecten M. 387 (274). 2) kanulca D. kanulsa L. kanulisa W. Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, Vllme Serie. Atnah nakasca Dor. nakatce W. Inkülüchlüat nakostai rother kxanulsa tagilkazi Dor. blauer (сиводушка) kxanulsa ktascte cutli Dor. schwarzer (чернобурая) kxanulsa tagil tasi Dor. führe her xolx non xlulx Imperat. Dor. Funke cat al axi L. vergl. blitzt , glänzen, Degen. fürchte nicht ca ce eincix ku R. ca ca inc-k. L. falsch durch die Frage übersetzt: « fürch- test du?» ceen cik-to R. cedicelci ku D. M. 397 (293). furchtsam cahicek D. caïck L. caicken Dor. Furunkel oosi R. furzen zitlit R. Fuss s katlna R. s kaëtlna D. s katna L. katlnä K. skatlxna Dor. vergl. Tatze. Atnah s skë Dor. vergl. B. § 813 № 18. Inkilik tina-kxa Sag. Fussband ceto kiz-ë R. vergl. Armband. Fussohle s katlux R. füttern , ernähren gonago k nilkit Inf. bgu knifx- kit gunen Imperat. Dor. gähnen zultislän R. Gans nutake R. nutâke D, Dor. nutaki W. Inkil tacinna Sag. Atnah xax W. Dor. ganz, heil tincikke R. vergl. alles. Garn tastudaR. (aus Sehnen oder Eingeweide von Seethieren) kacax L. s ca ka Dor. aus Rennthiersehnen Inkil. tlax Sag. Gatte 1) kan xa W. s-kan R. skën Dor. Atnah skan Dor. Ugalachmut si kxa s. B. p. 194 I 921a. Tlatskani sikskon ox knön Umqwa xxön. 2) nu sen W. 10 Leopold Radlofp, Gattin soo R. soo D. suu Dor. vergl. Schwie- germutter M. 387 (274); Keb&weib sulän Dor. Atnah s saat Dor. W. B. Ugalenz. si- et siot; Ink il. rnoot Jugeln. woot. gebären 3. Pers. Sing, nuk talten R. geboren werden nu keltasi R. geben ok nel kit Inf. sok nelkit Imper, (gieb mir ) R. vergl. schenken , halten , nehmen , fangen. s lakan hut Imp. L. i-xonda, anta, inda D. nda R. Dor. Imper. Atnah gieb ntu Inkil. inta Jugel. nta Sag. inda Dor. gieb mir zu essen ha sulx inda L. gieb mir zu trinken liastnu siti L. gieb zurück Inka ilni eit D. gieb ihm bläkadicit gunen Dor. Gefäss , Schale pakeili R. Schale , Trog , Mörser von Birkenrinde nuzzä koe(Deminut.)D. gehen ëcteïtnsi R. xcaniltus L. caniltns Im- perat. geh weg L. kannn tns geh! L. kan- gestnsDor. kiläx teiltus Inf. R vergl. ein- holen, laufen , tragen , Schritt , fort , durch , vorbei , staubig. Inkil. kxalti kozni Sag. 2) gehl nn gil jult Dor. — nach Hause 1 Pers. Sing, kolio nut ax scunni R. Imperat. nutax scunni Inf.? R. vergl. lebewohl. — fort , weg! Imperat. uga = schnell. un D. wie gingst du ? uxD. wohin gingst du? untal tu taïk D. Fut. 1. Pers. Sing, kxiju D. Atnah agi W. B. 29 anne Dor. Imp. gehorchen ktu tiil niscaë Impt. R. vgl. hören. Geist , Seele к kiic Dor. Erscheinung , khika Dor. dienstbarer (der Schamanen) cancutna Dor. gelb kitil tenlä R. tal cahé L. tisleähi D. vgl. grün ; idetcek Dor. genug k-oja R. kxoca Dor. gerade eikoal ka j'usta (Compar.) R. cegal khei L. vergl. quer , durch, steh gerade! cikoalkasta issan R. geräumig ke daal kax R. vergl. gross. Gesang, Lied kille R. kli, kkelli Dor. vergl. singen; singet ein schönes Lied jagalli kli batiljas Dor. Geschenk sgogantlxnik Dor. vergl. schenken, geschwollen iltic R. Gesicht s nan R. Dor. gestern tlätu R. txläxtu Dor. vergl. Nacht , Sommer, Jahr. gesund 1) wasex tetnis R. vergl. freundlich, zärtlich M. 369 (272). B. p. 180 № 495 Umpq. Tolrnie waseli, txe wuseh froh. 2) pohallen L. 3) ctatnucox D. gagne К. kucu bguki- nenin nicht krank Dor. gewandt, geschickt tnagilx keken Dor. Gewebe , Baumwollenzeug (даба) taalklce R. giessen panktilkat Inf. paiitlit Imperat. R. manke itletD. vgl. vergiessen, verschütten, glänzend , pic ktetecetl R. vergl. Funke, blitzen, Degen. Glas släketen R. Glasperlen censkas R. säskos-koe (Deminu- tiv) naaltcet koe D. nagalce Dor. vgl. blau, glatt ta! kata R. vgl. hart, rauh. Gletscher (Cobitis barbatula голецъ) ustlägi, säkiläD. vgl. Parka, Pelzhemd. Glied männliches exaa R. s seka (mein) cekx (eines andern) Dor. sekosa D. Inkilik tina goza S. — weibliches i-cinaR. s cinaD. s-scna(mein eigenes) kka-ena (einer andern) Dor. Inkilik as cida о Wörterbuch der Kinai-Sprache. 11 Glocke tanlzui R. Gott naktaltani R. nakxtiltane D. nak teltaane L. nakltane = Sternbild des grossen Bären (nakxlex tënë) Dor. Atnah kax tënë tlëënen Dor. — ersieht die Menschen. Grab nacek-a vergl. Grube , Schaufel. graben enkellä Inf. kekat Imper. D. R. vgl. Wurzel kukillä Imperat. L. Graphit ktëlin Dor. Gras, Gewächs kican R. kicen D. kacan L. W. kcan Dor. Atnah tl'loo W. B. 76. grau an Haaren citnit koi R. grob, in Worten thik nas L. vergl. sprechen. M. 392 (277). gross tailkax R. tilkëi W. vergl. wachsen. Atnah talkxax W. B. 45. tgilkäx D. 48. Grossmutter sukta R. cuta L. Dor. vergl. Tahkalli nach Harraon utsoo B. p. 117 № 264. Grossvater seëkta R. § thuja L. cata Dor. unser Grossvater, eine mythische Person, welche Fische sendet und der zu Anfang der Rabe Fische für die Menschen stahl na kot, na ciakta Dor. Grube cuka R. vgl. Grab, Schaufel; xka Dor. grün taa! tece R. vergl. blau; ktilthin L. caatïc (= blau) Dor. Atnah Гх coxo Dor. Inkil. neu katlica Jugln. tokxoi. Gurt, Gürtel siza R. gut xosta R. bezeichnet den Comparativ; po- hallén L. = gesund , jagalli Dor. singet ein gutes (schönes) Lied jagalli kli batiljas Dor. Inkülücblüat nixsin W. vergl. zufrie- den. guten Tag! Begrüssung nentu R. pa'inzilä D. thaizillan L. M. 385 (272). Haar, der Menschen scago R. seiho D. sci- hu L, s seixä Dor. (mein Haar) eixa W. Atnah në cega Dor. s cegaW. B. Kol- tschan s ciga vergl. B. p. 270 § 811 jlHChepew.Tlatsk. Dogr.Tahk. Umpq. Navaj. Ti cor. Inkilik tlux S. — von Thieren, Wolle kag-o R. khigo D. vergl. Ugalachmut kox-o R. Thlinkit xawhu xaû Wj. L. xahu R. haben, ich habe ti kiläx ke ich habe nicht si к kxulx ki Dor.; hast du? ti kilantu? R. habe с к na a 1 tin lmp. (?) L. Inkilik mikxalä Jug. mik-alä er hat nicht S. Hagel cucun kaltka L. kandli R. M. 398 (293) es hagelt kandli atlic R. Hälfte poxoonko R. Hais skass R. s xkaz D. sskass Dor. Halsschmuck 1) s-kos-kanüt huca L. 2) sanna-koa Dem. R. halten ifkit Inf. R. vergl. geben, nehmen, fan- gen, umarmen , helfen-, inten Imper. R. vgl. geben. Hammer pii kaï nale R. vgl. Hobel, Petschaft. Hand s kunna R. Dor. skunaL. s kona Sing, u. Flur. D. Koltschan kun Inkilik tina kona S. Handfläche , innere, s läk-a R. s-läk-a L. Atnah ssla Dor. sla W. B. 5. Handschuh Atnah lä kec Dor. Inkil. mantaka S. Handtuch nakn cite R. vergl. waschen. handeln , Handel treiben kenkat Imperat. D. vergl. Inkiilüchlüat knuk xati dingen B. et H. p. 119. Häring kocin ak oxa R. kuenak-oxa D. 2* 12 Leopold liarnen selceset netlu R. hart taalkat R. thalkék L. vergl. glatt, gerade schwach. Harz cax D. Hase en kawa R. vergl. B. p. 188 § 371 № 825. Chepevv. M. cah R. ka Talikali kah К u teil in ke Thlinkit kax Wj. hassen su kec ninta Inf. (?) Dor. hässlich (дурію) сок ënal'nik vergl. zürnen. hässliches Mädchen cu golta hässlicher Mensch eu gixta D. cuhilta L. vgl. schlecht. M. 397 (292). hauen kicalg L. incatl D. häufig katlu dicitë R. Häuptling kiska R. W. kieska D. vergl. Ver- walter. Atnah xaskeie W. Haus, Wohnung kajax D. jujax L. Inkülüxlüat jak W. B. et H. p. 119, vergl. B. p. 202 § 381 № 994 u. pag. 294 § 825 № 99, vergl. Schornstein , Zelt, Jurte, Bude, schliessen. — russisches taxni xankxaDor. vergl. Bude, Hütte ; Sommerwohnung caxin ka, Winter- wohnung nicilx Dor. nach Hause nutax scunni R. vgl. gehen. Haut, Fell, Leder s eis R. ssiis Dor. ( meine Haut ) к xiis Thierhaut Dor, bieix iis Renn- thierhaut Dor. gegerbte Haut von Seetbie- ren (лавтакъ) ci es R. ciis Dor. Hebamme kisink taumteni R. heilen stacen-unläx R. Heiligenbild, Kreuz cokuna slaxa R. vergl. danken, sich freuen, zufrieden . Heilmittel kodoili R. Heirath , Trauung tekxa Dor. heirathen xnascun R. vergl. lieben. Radloff , heiss kina al'kax, tkina al'kak R. vergl. warm aba Dor. Atnah nel kuan Dor. Inkil. sann Sag. heissen, wie heissest du? ncatu izikilä D. ntin iziL. cato nkizikDor. wie heisst das? ntis о о , v о izi L. vergl. Name. heiter s. klar. helfen sulü keil kit Inf. vergl. halten, nehmen, fangen ; sulü tkeläx Impt. vergl. unabsicht- lich. hell talkon D. vergl. Morgen, R. 305 M. 393 (289) tasicul (feuer-roth) , vergl. es taget, Licht, Feuer. Hemd si siowaD. lumahak R. (wohl aus dem russ. рубаха entstanden). M. 394 (289). Herbst naklä kizlen R. naklé L. nakxali Dor. Herd ceka R. vergl. Holz , Brennholz. Hermelin kaolcina D. kaholzena L. kagul- zina Dor. Herrscher (Kaiser) saatan ceta R. gosudal (russ. государь) Dor. kiskaa R. = Häupt- ling. Herz s kuzin R. s ikti L. skozin Dor. vergl. B. p. 308 § 839 Ш 197. heute cen R. caan L. Dor. — Tag vgl. Sonne. hier ku R. kuu Dor. vergl. da, dort. Himmel allûon ulxatl R. vergl. Erde, dunkel, Wind, jujan W. D. L. juhan K. Atnah jaat D. W. B. vergl. B. p. 190 § 372 № 869 u. S. 290 § 822 № 81. vom Himmel gefallen nuxsi, Name eines Kinai-Gescblechts B. et H. S. 104. hinbringen, zu Boote nugatla ilnis Imperat. D. hinlegen, hinsetzen, hinstellen ninel cit Inf. nagel cit, ti cit Imperat. niti incit Inf. R. vergl. aufhören, schweigen, lärmen. — sich nin iltatlä Imperat. D. vergl. ver- kaufen nin il talg L. vergl. Bett, liegen. hinten si nnak-a R. == Rücken. Wörterbuch der Kin ai- Sprache. 13 Hintere , der s ltueR. s kxi D. ské L. M. 394 (289). Hintertheil eines Schiffes mai slûo R. Hitze, Fieberhitze nil' kam R. Hobel pil'ka cax ë R. vergl. Hammer. hoch tailsnes R. trilgnôz L. thilxniz D. ta- gilniz Dor. höher tagaltaze tiltox R. vergl. lang. Holz ( Brennholz ) cika R. Dor. cika D. vgl. Herd. hölzernes Boot cika bäte Dor. hölzern titalle R. — Brett. о hören ktu talnis Inf. ktu.teilnis Imperat. R. katuc ktuns Dor. 1. Pers. Sing, kadok ti s-nis R kidikntäsnis D.; ich höre nicht kudu kncu kidu ki snik D. hörst da? ka tusti nistu? Dor. ktutilnis-tu vergl. gehor- chen, Stimme, M. 394 (289). Horn, Geweih, kitaja R. Hügel kunalthisi L. Hund tlika R. D. txlkâ Dor. xlika W. — Meiner tlika koe R. Atnali txlik ja W. II. n. B. vgl. B. p. 273 § 812 № 13. skogolo D. vergl. Vielfrass. hungrig kticin R. tascin D. Husten taalkas R. khas L. M. 398 (29 3). Hut xake cex R. xakei cah L. {geflochtener?) vergl. Mütze, Korb, Kopf- kissen B. p. 190 § 372 858. Hütte zum Schlafen eu kxa Dor. — der Weiber während der Menstruation kitu kxa Dor. vergl. Haus. — auf Pfählen, Vorrathskammer tgaznild Dor. ich si R. K. ssi W. Dor. sii D. wird den Verbalformen infigirt, als Posses- siv-Pronomen dem Nomen präfigirt, es er- scheint meist nur der Consonant: s, s, sc, sc, ss, ssc, vgl. B. p. 208 § 381 № 1052 pag. 234 § 744 № 35. Atnah ssi Dor. ihm, ihr , ihn, sie kunjaga R. (= sein) gininc Dor. vergl. mir , füttern, träumen, geben, ihr 2. Pers. Plur. xang-i R. xan'i Dor,. ihr Possess. der 3 Pers. Plur. kunnajaga R. immer kot-ex-sice R. vergl. dasselbe, so- gleich jakxacti (jakacko gut! ладно) jakicko nichts! Dor. innerlich koxe atantläx R. Insel nne R. nni Dor. Atnah tainec êta zaannë D. Inkilik und Jugelnut nu S. ; B. 294 § 826 j\I?. 104. Chepew. nouey vgl. Erde, Land B. p. 273 § 812 № 11. irgend einmal, datta utok R. vergl. wann, irgend jemanden koxlanni R. — ich schenke, irgendwo daxto utok R. vergl. wo? irgendwohin daxto utok R. ja aa R. Dor. = Ugalachm. Thlinkit Kadjak. Tschugatsch, Aleut. he. Jacke atakR. Ugalachmut attak vergl. Klei- dung, Parka , Kadjak. u. Tschugatsch. aatak. Jäger , Pelzjäger (промышленникъ) tkogo ilten D. vergl. Bogenschütze. Jahr sant-o R. sant-u L. vergl. Sommer M 396 (292) xai W.; vergl. Winter, nuk ta- eik W. Ugalachm. xlat xatal'W.B. etil, Atnah xaje W. jenseits katnu R. = Fluss, jetzt a dek-o R. kxodekoDor. vergl. kürzlich., überall . jucken, es juckt xonixanga R. Jukola, gedörrte Fische, pawa R. wawa D. Atnah baDor. Inkil. Jugeln. txäl, nu- laga (letzteres = xa.üko). 14 Leopold Radloff, jung kategaslin R. kutihazalhin L. kxode ge- zefx Dor. Atnah katigzetlxen Dor. kitl D. (jün- gerer Bruder.) junger Mann kxilx Dor. = Inkilik kxilä Sag. Chepew'M. quelaquis. Jurte , Zelt, Sommerwohnung kank-a R. kania D< vergl. Haus, Dach. Inkilik kunno Winterwohnung S. Che- pew. cooèn B. p. 294 § 825 № 99. Kabeljau (Gadus morrlma треска) atxejak R. atkijak D. Kadj. atxejak Aleut. athi- tak R. kahlköpfig koci nulukten R. koci nulkaten D. kalt slkoc R. slxuc K. azi Dor. zzzi W. B. ktekxuc D. xtekuc Dor. Inkil. u. Jugelnut naglun Sag. kaltes Wasser naxol kici D. vgl. warm. Atnah atli Dor. atl-le W. B. G 2 Uga- lenz. kateitle R. kotitlxa W. Tahkal hung kolits B. 54 Chep. Kälte ktekoc R. ktekxoc D. Kamleja , Regenkleid von Därmen, pakezge R. makez-e D. bakezgë Dor. keistaha L. vgl. Parka , Kleidung. Kamm ciziki R. о kämmen cinna xodelzix Inf. R. vergl caxo* delzix kratze! gekämmt cenxotalzik R. Kanone nutixpak R. = Kadjak. n. Tschu- gatsch. Atnah cetei woïx'il ëze Dor. cäiral jasi d. h, Felsensprenger Dor. celrarcanne R. cajan D. vgl. Pistol . Kasten nut aa R. vergl. Tabaksdose. Katze koska-koa R. Dem. aus dem Russ. кошка. kauen en utll R. vergl. essen. kaufen sguhilxnis Imperat. L, vergl. bezah- len, tauschen , schenken , Geschenk , verkau- fen, hören. i geskat Inf. sinkat Imperat. Dor. Kehle sijakka R. szaka D. sklä Dor. vergl. Mund. kennen kita itë ni Inf. Dor. 1. Pers, Sing, xetatesne R. kitaitësni Dor. ich kenne nicht kaci katei ti s ni D. kennst du? xetanito R. kennst du mich nicht? xit a sitni tu L. vgl. verstehen , bitten, lügen , absichtlich. Kessel kottlik R. Thlinkit kottl R. koatl Holmberg (wohl aus dem Russ. котелъ). Kette taina kakzik ë R. vergl. Eisen. — kleine (Uhrkette?) taen-koa nazanne R. Kienbrand oka das kone R. vergl. Feuer. Kiesel izin tâza R. ( Flinten-Feuer ?) Kind ckanikan-koa (Dem.) Sing, isinnaka PI. R. caniken D. scanikën Dor. Plur s cnakxa Dor. teil skazin K. vergl. Knabe. Atnah sigë Dor. Jugelnut sakxajoz S. kitzeln taukucuk Inf. R. klagen, sich beklagen nok xalnikni Inf. nuk eil n'uke Imperat. R. vergl. sprechen. klar, heiter, hell kakootl R. vergl. es tagt, dunkel. — Himmel ju ko kosil R. Kleidung , Pelzhemd toxa R. tagaK. tga, Dor. vergl. Kamleja, Parka, Jacke. klein slu jaxten R. talcix W. Atnah thalcuna Dor. talcuune W. В 46. Inkil. mmakuca Jugel. nistlä nistlezo. klopfen kiilu teilnin Imperat. R. klopfe nicht ca kakteluis ku R. klug s. verständig. Knabe kil'koa R., kxilkojä Dor. (Dem.) vgl. Bruder , jung , Mann, ckanik na L. vergl. Kind. kneifen sin cix Inf. (?) R. vergl. Mücke. Wörterbuch der Kin ai- Sprache, 15 Ugalachm. xucik R„ Kneifzange puk suxna R. aus dem Kadjaki- schen und Tschugatsch. (puk suxok) ent- lehnt, das Verbum (Kadj.) puk sulinga = kneifen. Knie s cis R. s ciz L. s scis Dor. Knochen ccën R. vergl. Hippe, Schienbein. knöchern ccën-se R. Knopf kontnal zici R. vergl. auftrennen. Knopfloch (Schlinge петля) k-nuë R. Knoten ne suxtnadl R. , einen Knoten losknüpfen kodil tud D. vergl. schneiden , auftrennen. Koch kaläsin R. vergl. Küche , backen. kochen killac Inf. läc Imperat. К. M. 394 (290). kochendes Wasser nittu läc R. Köcher kkoos Dor. Kohle ttaas Dor. tagal tasi R. vergl. Feuer , schwarz , Kienbrand. M. 369 (261). kommen unt-a Imperat. komm her ! un caa R. unca L. un W.K. onkusta komm schnell R, Koltschan. Atnah ani W. anni D. B. Ugalenz. aancija W. Jugelnut untaxa Inkilik natuga ôni S. vgl. gehen, schicken , rufen , donnern , schiessen , er kam her nac neju W. B. p. 286 § 817 V: 58 komm mit uns sel'x tius Dor. vergl. gehen. können, man kann , möglich ktu lälx Dor. vergl. machen . M. 394 (290). man kann nicht, unmöglich kill Dor. ich kann nicht cinax vergl. krank, todt. Kopf sungae R. ai sägge D. sangë Dor. L. seni W\ nanglä K. Atnah tca W. Ugalachmut sisage R. Umpq. sögaThlinkit kha sjä Holmberg, asagi L. B. p. 273 § 812 Cliep. Tahk. Dogr. Tlatsk. Navajo. Ticor. Kopfkissen cag dasten R. ce taazdin L. vgl. {geflochtener) Hut. Korb , wasserdichter xaki D. Dor. vergl, Hut. Körper s cunna R. s cen Dor. vergl. Fleisch . sigis D. Krächzen der Raben kaxgija W. B. u. H. p. 104. Stammname eines Kinai-Geschlechts. kraftlos ktaldmlin L. Kragen, kizanne R. saguikk Dor. Krähe cinslä R. s. Rabe. Kranich untatlä D. kuuktël Dor. Ink il taltula Sag. krank cinnâx R. L. cinaknlänin Dor. citazni о о D. vergl. können, tödten, sterben, kratzen imcet Inf. vergl. kämmen caxodelzix Imp. R. vergl. prügeln . kraushaarig cic clä R. Krebs cinaltlen R. Kreide talkae R. = weiss. Krieg, Gemetzel tguni, gundain Dor. — führen, kämpfen tuckalä R. tuckiläne D. Krieger tagil caakin D. vergl. kühn nil kec tanen Dor. Küche katläsit R. katlist D. vergl. Koch, kühn pinikilen R. tagil tien D. kocu ceistik D. vergl. stark. künftiges Jahr kuttax te R. vgl. übermorgen. Kufte, Unterkleid xta caal zile R. vergl. ent- kleiden. Kugel, Flintenkugel kenulitusi R. vgl. Schrot , Ladung. Kupfer cucunna R. cucunâ L. D. Dor. cecuna W. Koltschan cican Atnah ceti W. ce- tei Dor. ( Messing naaicaane) D. Chepew. chacha nalcozee Ugalachm. keicax B. p. 286 § 818 № 66. kupfern tain cunna R. = Silber vergl. Eisen, kurz tail kac R. tgil kic Dor. vgl. nahe, niedrig. 16 Leopold Radloff, kurze Zeit , uasta tetanR. vergl. schnell, kürzlich , vor kurzem odihok xanna R. vergl. anfangen , jetzt , früher. küssen , sidicak anet it Inf. sidakentis Imp. R. lachen caaltlex R. caniltlex Dor. caaglex D. Imprt. cantlex Inf. R. lache nicht a caant- lex ku R. ich lache si cal tlex Dor. tlak talhast Inf. Dor. Lachs s. Salmo. laden, eine Flinte pink n-ouse Inf. R. geladene ( Flinte ) pink nazun R. vergl. P ro- pfen . Ladung einer Flinte kinun u touse R. vergl. Kugel , Schrot. Land kaeh Russland kastana kaeh Dor. vgl. Erde. Landsmann cilk ailtnen R. vergl. Erde. Landzunge (губа) Bucht tunallûg R. bot-nu L. vergl. Insel, See. lang txi s ni! zistaa R. tgil uiz Dor. vergl. hoch. länglich thiltni L. thiltni zaste R. langsam kxoko Dor. eu naheilxkit L. = nicht schnell. längs nakac ga R. längst, seit lange tcis atko R. Lanze tagin, tacim D. Atnah ttu tai Dor. Lärche (Pinus larix) kalkti Lärm ktetni Dor. lärmen kticit R. vergl. hinlegen, lassen, lassen , lass mich los sticit R. lass mich nach Hause (gehen) mithin l'cit, vergl. hinlegen , lärmen, zu Hause, le- bewöhl. Laterne piito koxë R. vergl. Leuchter, laufen anutus Inf. R. tilkos Imperat. R. ulia tilkus (laufe schnell) D. nuculkes Dor. vergl. gehen, fahren. Laus eiju R. jn L. = Nisse — Chepew. B. p. 183 § 363 № 715 u. p. 308 § 841 N 216. laut knahatn-afka R. Leben (Subst.) kocco tastol R. vergl. nirgends . leben kox-tasto! Inf. vergl. Mensch, lebendig xannu R. vergl. Arbeit, lebewohl (Abschiedsformel) koggon R. nuthitus D. S. ich gehe nach Hause?) M. 392 (278). Leber sezzit L. kkazöt Dor. B. p. 183 § 362 № 697 Dogri bei Ri- chardson ëthut B. p. 183 § 362 Ш 697. lecken il'cax R. Leder, gegerbtes, sämisches (ровдуга) kies D. gi cuni kxiis Dor. vergl. Haut , Fell. Atnah sabiillä Dor. Parka von Leder kis toga D. keis taha L. kiis tga Dor. ledig, unverheirathet рок-оГ R. vergl. verhex - rathet. leer pikikol R. legen, sich (schlafen) — капе! оГ Imperat. R. ni! hulh L. vergl. liegen, sich bücken. Lehm, Thon taksl'ka R. takeitline D. takin- slka Dor. vergl. Ziegel, Schornstein M. 395 (291). lehren, unterrichten stok tiltex Inf. skiiltex Imp. R. leicht tailcak R. Leim cetl R. Leinwand tal cill R. vergl. weiss. Lende saskna R. leuchten nanek teil ldut Imperat. R. vergl. Docht, anzünden , auslöschen. Leuchter, paitl kosi R. vergl. Laterne. Licht , Tageslicht kiicul L. vergl. hell, Luft. Licht, Kerze, nudedkose R. s. auslöschen, lieben panengein Inf. ich liebe panax sein R. Wörterbuch der Kinai-Sprache. 17 ich liebe dich nanaa ecut D. vergl. sich begatten ; nagtjn essen Dor. liegen nillüol Inf. ka nel' ol Imperat. vergl. legen , sich bücken ; cnul'u Imperat. Dor. links tlahascan R. vgl. rechts. Lippen s toxlä R. stubulxla Dor. ezak L. Lippenschmuck , hölzerner — stuka aska L. Loch axkeitun R. Löffel asuata R. spat-a L. taga D. Luchs kazno D. kazna Dor. Luft kilcun R. kis, ks K. vergl. Thlinkit. khizlca Holmberg. Lüge gocit Dor. lügen kasciit Inf. xaüncit Imperat. R. hinci't L. lüge nicht ineada heincit kn D. vergl. betrügen , nicht wahr; tatli cko kinnas R vergl. sprechen; du lügst cinaxtu R. log sootësne R. vergl. absichtlich , nothwendig , vergeblich , bitten. Luke der Baidare , Oeffnung , in welche der Fahrende sich setzt , paa R. Kadjak u. Tscliugatsch. painga. Lunge s caclfa L. kk-cacka Dor. machen, ihm tinläx Inf. tintlän Imperat. R. culäx Inf. Dor. (vergl. ktulälx möglich) ich mache nichts kocu tkaslän R. was machst du? jade tintlän R.; vergl. Beschäftigung , angeln , fischen , reinigen , rechtzeitig. M. 395 (291). Mädchen ttada Dor. kisin R. kisna Dor. О kleines Mädchen kisin koa R. kisen kua L. kisen koä D. schönes Mädchen tiga liaitlä D. hässliches Mädchen eu boita D. geschicktes — (in Handarbeiten) кос ko- hain konkelki D. vergl. nähen. Atnah s sce Dor. Inkil. tina kaxlön S. Mann satuna R. nusen W. kxilx Dor. Inkilik saksaja Jugelnut saksaija S. Mémoires de l’Acad. Imp. dos scioucos, Vllme Serie. 13. p. 310 § 842 № 228 Atnah kiilx Dor. tkixT W. B. 238 vergl. Bruder. Marienglas talkoce R. kucäkti D. Maske , hölzerne kintal'ën R. Mastbaum pak netoe R. vergl. Kadjak na pax tok Tscliugatsch. napaxtak R. Matte, geflochtene kelcixajaga R. tlax W. davon tlax-tana Name eines Kinai- Geschlechts. B. et H. p. 104. Maus eux ankli R. tlinnaa D. tlxlina Dor. B. p. 184 § 384 № 739. Chepew. tlunné, klenné Rieh. Tahkali tennetay Harmon. Meer , Salzwasser nute R. Dor. nuthe L. tika W. tixakx Dor. tikaa roju nuti D. M. 387 (274) Ugalachm. tija Thlinkit tieki vergl. Ebbe, Fluth , Salz, ertrinken, nass. Meerbusen (губа) bot nu L. vergl. See. Meerschwein (marsouin) eine Walfischart celluë R. cilvvi D. kujusi L. = Delphin. Mehl, Proviant , kinaizle R. — Sarana, Brot , Ei. mehr Comp, tinaltesta R. vergl. viel. mein sijaga R. als Präfix, si-, si-, s, s, sc; mein Stein каГхпікі sisaga Dor. das ist mein sisiti L. vergl. B. § 741. Meister , geschickt illu kel ton R. vergl. mun- ter tlux ol kas R. Mensch koxtannä Sing, tinaie PI. R. kuxtana Sing, ttënai PI. Dor. koxtaana S. D. tinnä L. Atnah kaaxtênê Sing, ttnëi PL Dor. er sieht den Menscherb kaxtënë tlëënen Dor. B. p. 276 § 813 № 20b. In Compo- sitis bei Vülkernameii wird die Plural- form (tana, tina, tna, tan, teil, tni, tuen) affigirt; vergl. Verwandte, Nachbar, Mei- ster, Landsmann , Volk. Menstruation nink taiston R. Messer kizake R. kizaki Dor. kizäki D. M. 394 (290); vergl. schaben , Anker, Busse. 3 18 Leopold Radloff, Inkil. u. Jugelnut cawik Sag. Atnah cakcei Dor. — von Schiefer , halbrundes paslä Dor. Messing l'xteto këzin Dor. Atnah naai caaneDor. Inkil. ltluga S. Milch marna ci R. к marna Dor. vergl. Brü- ste, Zitze. mir Pron. ssec Dor. vergl. dir. Mittag s. Süd. zu Mittag essen kasoltni R. s. essen. Mitte citunnica R. vergl. rechts , links, möglich s. können. Mond nee L. nee da K. Sonne. ca ne R. tläkaannu D. (= Nacht-Sonne ). holcagi W. halca Dor. Atnah holcei W. halcei Dor. 13. p. 270 § 811 N 6. Chepew. elci Umpq. ilialci, ögolöse. Explor.-Exped. i walli ci Navaj. olclce Dogr. tethisa, tthethaza Tlask. taöse. Moos nana R. naan L. Dor. Inkil. tlötl S. Mörder cikil'xjux L. vergl. tödten. Morgen tal'kon R. K. vergl. hell, Tag. kxutën Dor. morgen nilkunda, L. talxkunda Dor. iïkontâ R. Morgenröthe unex koteal'R. vergl. klar, tagen kogolculä D. vergl. roth. Mörser , hölzerner makal tisi R. vergl. Schale. Mörserkeule , Stössel pasitok R. (wohl russ. пестикъ?). Möwe (Larus) pacce R. bac Dor. baac L. bac cica koa D. Demin. Mücke c-ëx R. cix D. Dor. Inkil. kxleix Jugeln. cciija. B. p. 294 § 826 N 105. müde tahasinok R. Mund si aka R. sizäk D. sakx Dor. wsak K. s naan L. vergl. Kehle , Speichel. Mündung eines Flusses takakx R. munter tlux olkas R. vergl. Meister. Murmelthier (тарбаганъ) kex-ë R. kixi D. këlië Dor. Parka aus Murmelthier feil kigi-toga D. këhë tga Dor. Atnah nunhe Dor. Muschel kapillûk R. kawiila L. Kadjak kapellûk Plur. kabilut L. Muster , gesticktes xaläi R. Mutter sunkta R. sungta Dor. sunta W. anna D. annâ L. Atnah naantë Dor. naakte W. B. 47. B. p. 284 § 815 Ля 47. Inkil. nakalä. Mütze cik ës R. cikis Dor. M. 399 (294) ssci kiicâ L. vergl. Hut. Nabel se кашка R. s cekxa Dor. Nachbar s xonske tan R. nachdem , später xoca R. vergl. warte. Nacht tlak R. D. W. txlakx Dor. kaak L. nuglxat K. vergl. dunkel, gestern. Atnah tatceW. Koltschan tacThlin- kit. tat Kutschin tatha Dogrib tethi B. S. 288 § 819 № 71. Nacken si кепка R. sei këkxâ Dor. seikan о о ka L. Nadel tlanken R. tlënkën Dor. klinxin L. Nadelöhr pinekë R. vergl. Pfropfen. Nagel tein R. — an Händen und Füssen s каппа R. Dor. L. vergl. Fass, Waden. Inkil. tina nelökuna Sag. (tina llö Fin- ger). Atnah sla-kanni Dor. vergl. Chepew. Dogr. Umpq. B. 292 § 829 № 94. nahe tahalkacu , kdaal'koc R. tagilkic Dor. vergl. niedrig ; komm näher onkusta R. Wörterbuch der Kinai -Sprache. 19 nähen kondeilkos Inf. onkteilkos Imp. R. vgl. ausbessern , auftrennen, Knopf. im Nähen geschicktes Mädchen кос ko- hain konkelki D. Nähralmen xosken R. Naht intis R. Name izzi R. к Idzi Dor. wie heisst du ? ntin izi L. cato(n)kizik Dor. nca.tu izi kilä D. wie heisst das? ntis izi L. Narbe katc R. Narr c knik a R. scanik Dor. vergl. dumm. c kiinak L. о Nase sincis R. Dor. cinciz W. canal titha L. M. 396 (292). Inkil. tina nicix S. Atnah sen ciis Dor. son cis W. B. S. 271. Nasenlöcher s nik unna R. s nik L. s nikxi Dor. vergl. riechen. Inkil. tina nika tlöx Sag. Atnah sinkista Dor. Ugalachm. ka nneko. Nasenschleim negislika B. vergl. Speichel. Nasenschmuck s nixa L. nass nuitläka R. nokeitläk D. vergl. Sumpf, waschen , Staub. — machen hut nilcok R. vergl. Meer. Nebel nunek ë R. nuniki Dor. näniki D. vgl. Flagge. neben sasek ista R. Neffe uz ä D. suza L. s zuza W. vergl. Oheim. Atnah ssaze W. Koltschan sazi W. nehmen ddä Inf. R. vergl. geben Imp. R. nimm! il'xkit L. igelxkit Inf. inl'xkit Imp. Dor. vergl. halten , fangen, helfen, nein kokol' R. kkul Dor. кікхоГ D. ukusta о Dor. vgl. Atnah ich habe nichts s sakki kolle Dor. (Kinai si к kxul'xki Dor.). Nest kattax R. ktax Dor. Nets s. Fischnets, neu koteite R. Neumond naak xëon Dor. nicht косо D. kucu, kocû R. nicht su sehen kocei tillän R. ich sehe nicht kucu z natlaakie D.; nicht verschlafen коси staanteltax R. ; ich thue nicht коси tka slän; ich bedauere nicht коса xoëi scinni R. ; ich weiss nicht kaci kateiti sni D. kucu n haini dël nik Dor.; ich verstehe nicht kocû n selten D.; ich höre nicht kudu kucu kidu ki snik D.; ich will nicht kucuu ctasä D.; nicht krank kucu bgu kinenin Dor. vgl. sürnen , Leben , nicht höflich , nähen , kühn, nichts kocox ke R. ja kicko Dor. (hat nichts su sagen , schon gut) jakacko (ладно) jakxacti also Dor. niedrig jaxtaal кос R. tril'xkas L. tgil'kic Dor. vgl. nahe, glatt . niemals ki коси n ustxal toil R. niesen kiil cini tislä R. о о о nirgends kuci took sol R. vgl. Leben, nirgendshin коса kelex e tisuuk R. Nisse eju cika R. vgl. Laus, noch untake R. kxi Dor. Nord cinä ni D. cit tnuni W. taxl'xliust Dor. Atnah xelx Dor. tel koktce W. B. s. West. Inkilik tocci-cinni, junici. Jugeln. ticinci vergl. Sonne. Nordlicht nuikus W. jujukus D. vgl. Himmel , laufen. Atnah sabillä D. jajak xasi W. bei B. Jugeln. ckxoi Sag. Nothdurft verrichten onkoosun R. vergl. Ex- cremente\ stiikxat D. 7 ö 3* 20 Leopold Radlopf, nothwendig kokote tesne R. vergl. bitten , lü- gen, absichtlich , vergeblich. oben , oberhalb pahdaxte R. vergl. wo? Ofen tinu tuci läsi R. vergl. kochen. öffnen cakaxnal'kit Imperat. R. caknelkat D. vergl. schliessen, Schloss , Schlüssel , Woh- nung. Oheim s tuktaktaR. ; Vaterbruder s tnja, Mut- terbruder siza Dor. ; azä, zälä D. za L. vergl. Vater , Mutter , Neffe. Ohr s-til'u R. s-tillu Dor. s-cil'u L. beide Ohren nuti xxa scilu L. s coha D. s skéha W. scii W. Atnah s scii Dor. s cega W. B. Inkil. tina c ha Sag. Koltschan s ci; В. p. 271 § 811 № 8. Ohrgehänge sa tlilä R. sca kil'a L. ssci-kjaha Dor. ordentlich , lebe — kowaste zitä D. Frage- weise? Ost ktultlä D. cuti W. hikust tuxca Dor. Atnah naa kaas scenDor. ni catlxWB, et H. Inkil. juguci Jugeln. toocin. Otter, Seeotter taxten R. D. ttaatên Dor. takthen L. taktin W. Atnah takatei Dor. takkolai WB. et H. Jugeln. tegetän B. p. 286 §817 №59. Sumpfotter (Mustela lutreola норка) ta- kicca R. ttakica Dor. tasica D. M. 387 (274). Inkilik takudsha S. Papier kalek Dor. = Kadjak. vergl. Pinie ; ul'kas R. vergl. Sack. Pappel asni D. Dor. esni L. Parka, Pelz, Lederhemd tax-a R. togaa, s thaika D. s taka L. vgl. Kleidung, Jacke, Kamleja. M. 385 (272). Parka von sämischem Leder kis toga D. ldis tga Dor. Parka von Murmelthier feil kigi toga D. këge tga Dor. Parka vom Fell der Zieselmaus (Spermo- philes) lmisä toga D. kun sa tga Dor. Petersilie? kin tin tli D. Petschaft pil'knal cixe R. vergl. Hobel , Ham- mer, Rasir- und Taschenmesser. Pfeffer naga! cike R. vergl. Essig. Pfeife, Flöte pic teitli R. pfeifen ke del tlis R, vergl. singen bis telnis Dor. Pfeil izin D. W. Dor. izzin L. vergl. Flinte, Bogenschütze. Atnah kxaW. kaxtëna kaa Dor. Kinai- Pfeil; kicitna-kaa russischer Pfeil, Flinte D. Koltschan nugka; B. 1835 S. 279, 15 Chep. Talik. Kutsch. — zum Fischstechen, Harpune tadini Dor. Pfeiler , Pfahl knitauje R. pflastern, brücken (намостить) knedc uljakne deilä R. Pfropfen pinoidicxe vergl. Nadelöhr. Flintenpfropfen zum Laden nilnellilte R. vergl. schliessen , laden. Pilz uusijaa Plur. R. katatca L. Pistol nutke koa R. (Demin.) aus dem Kadjak. nuttu-ok, Tschugatsch. nutuwak R. Ka- none. platt tiltase R. vergl. niedrig. Plejaden nhilla Dor. poltern kitel bas Inf. R. Posament caan tlil R. vergl. Band, Seide. Prahler xtaxu tetnas L. vgl. sprechen, lügen . Priester takinläs D. Pupille s noo tuca R. vergl. Лидс. Qual katunalta R. vergl. streiten. kangën kalän Dor. Wörterbuch der Kinai-Sprache. 21 quälen kaa ten zit Inf. quäle nicht ca wadinna ku R. vergl. schlagen , streiten. Quell, Ursprung eincsFlussesXt cadin tlxlint Dor. quer durch , über ciko ul kex R. vergl. gerade. Babe cinslä R. L. ciislä W. bei Dor. Krähe cinslä Babe cul'in; vergl. Krähe. Ugalachm. ciile W. eile R. Atnah saxgane W. rasiren , sich konosizox R. Basirmesser pil'konexo cencaxe R. vergl. Ho- bel, Hammer , Petschaft , Taschenmesser . Bauch tas kiti D. Dor. vergl. Feuer, rauh , uneben tku alle как R. vergl. glatt. tko ul' tleil R. rechts netlus can R. vergl. links, Mitte, rechtzeitig sina kateitlen R. Begen il'kin R. il'kxun Dor. alkun D. xlkin W. M. 3G9 (261) B. 563. Atnah nil'x kijan D. kiaan WB. Inki- lik alkxon Sag. feiner , Staubregen , kunzikatan R. vergl. Schwalbe. regnet , es — il'kin atlic R. vergl. schneien, hageln. Bcgenbogen cawilä R. Dor. Atnah sabiilla Dor. reiben ktenkas Inf. R. vgl. sägen , schmieren, reich kaskanlän R. L. vergl. arm. Kadjak. к askaok Tschugatsch. kas- kak, tixkak, angajukak R. Beifen knaka disite R. Beiffrost sagatkeiluk R. rein taisun R. badkajal cel D. reinigen po sei' tasi Inf. vergl. unrein. tlentläx Imperat. R. vergl. machen. Bennthier nuci R. = Ziege. M. 394 (290). piteix D. patclx L. moeix W. bieix Dor. Atnah xonnai Dor. aimai W. Inkil. hannoja S. B. p. 271 § 812 № 16. Bcnntliierfell bieix iis Dor. Atnah xonnaitël'x. Bennthierfett pieix cinti D. Bettig led'ka (aus dem russ. рѣдька) R. riechen niktuknaltus Inf. niktunciltus R. niktukniltis Inf. Dor. naktut niltus Imp. D. vergl. Nasenlöcher , schnupfen M. 370 (262). Bippe skaka R. vergl. Seite. cincu D. vergl. Knochen. Bock , Feberrock s-lunku R. Bosa canina (шиповникъ) Frucht der — , kis D. roh s. feucht. roth tahaltele R. tihaltil D. tagaltel Dor. tahalteleî L., vergl. B. p. 292 § 824 M>. 95. Inkil. mikitina kaza Jugeln. bitikikatS. rothes Kupfer takixaz Sag. rothe Beere tahaltele keka. rothe Farbe ( Zinnober ) eix tlca, Atnah tëlkan tëgi Dor. Bücken si nnäka R. vergl. hinten si nix D. si nig Dor. Buder tac xe R. kanicti D . khanicte R. tagi Dor. Steuerruder kahanicj te R. M. 390 (276). rudern taeixi Inf. takiëix Imp. R. takeicixD. takieix Imp. Dor. rudere nicht! ce takeeix ku R. rufen umtini Inf. umtenni Imperat. umtis ni ich rief R. vergl. befehlen , schicken muxon zil Imp. D. rund tal bic R. vergl. Blase. Busse kassagatenR. kazäxtanD. kastanaDor. kaistana, taxtun W. Atnah këeet käli W. kicitnëi Dor. = Eisenmänner , vergl. Messer , Anker. Kadjak. kassagak Sing. Tschugatsch. kassagat Plur. Al eut. kazzaka R. 22 Leopold Radloff, russisch-amerikanische Compagnie tisnak oie R. Russland kastana kaeg Dor. Sack kalisca R. ul'ks L. vergl. Schale, Papier. Säge pilktät käse R. Kadjak. pilax ton (aus d. russ. пила?), vergl. Hammer , Hobel , Rasirmesser, Pet- schaft. sägen k-ten-kas Inf. ne ten xas Iraperat. R. vergl. reiben , schmieren , zerreissen. Salmo , Lachs. S, alpinus Fahr, (голецъ) ustlägi, sä- kilä D. S. Proteus Pall, (горбуша) kohona D. Dor. S. Lycaodon Pall, (красная рыба) txoja R. tikx xoja D. tkxuja Dor. S. orientalis Pall, (чавыча) tlûxaka D. txlêkakâ Dor. Atnali txlukäi Fisch, Koltschan. luk-ë Inkil. kxxalx S. S. sanguinolentus Palî. (кижучь) nutläge R. nutlägi D. Dor. Inkilik nitläha = хайко Salmo Lago- cephakis S. Nelma (нельма) sii Dor. Jugelnut ses Inkil. nitläha S. Salmo ? (сеига) tläga D. Sais, Seewasser nutte R. nuti D. nutë Dor. vergl. Meer. salsig nutindlän R. nuteeriis D. sammeln inxtat Imp. L. Sand soo R. suhu L. suh Dor. Sandbank , Untiefe tkoalic R. vergl. hell. — sandige Stelle tokeja kanlen R. vgl. flach. Sarana (Lilium Sarana) kinaiztli R. kinastli D. kinaalstli L. vergl. Brot , Mehl. satt ( ich bin) s imaltak R. sauer isitl R. isitle Dor. vergl. Essig, Pfeffer. Sauerampfer , wilder kentlilä R. vgl. Blumen. Sauerklee (Oxalis, кислица) ksi D. saugen kal'tek Inf. R. lec D. schaben kizzux Imp. D. vergl. Messer. Schaf, Bergschaf ovis nivicola Eschholz nuci D. R. (Ziege). Schaff ett nuci cinti D. Schaft eines Speeres zum Erlegen der Seekuh (нерпа, Phoca vitulini) tlu kisk-i L. tlukës- khe R. (für den Seelöwen, сіучь). Schale pakale R. bakkilli Dor. pakeili R. mokali D. vergl. Gefäss, Mörser, Trog M. 395 (291) uglkis L. vergl. Sack, Papier. hölzerne Schale nuz hi I). vergl. Tonne, Gefäss aus Birkenrinde. Schamane caancu L. il eien D. lëkën Dor. li- kin W. Atnali xiilä W. B. u. H. scharf s. spitz. Schatten siic Dor. vergl, Geist, Seele. Schaufel, Spaten kok-ëcigaR. gl. Grab, Gruft. Schaum kahaskalä R. Scheitel sitoka R. Schellfisch (вахня) tlû-antita D. vergl. Salmo. schenken oinellä Inf. vergl. geben; ich schenke hoox länni R. vgl. irgend jemanden. ngu kantnis Inf. 1 . Pers. Sing, s gukent nis ; s guk ne tnis Imperat. Dor, vergl. Ge- schenk, verkaufen. scherzen ne! ci! ol R. cicuuli D. Inf. 1. Pers. Sing, isu D. schicken un tini Imper, vergl. rufen, befehlen, schicke ihn her! ktaas dac nin dinä D. schief, schräg kazilcin R. talc t Г L. schielend, einäugig u naga stkocea R. vergl. Auge, blind. Schienbein (берцо) s cenna R. vergl. Knochen. schiessen aus einer Flinte ktaal tatlni Inf. ktil tatl Imper, einen Pfeil abschiessen, einen Speerwerfen ktil tis Inf. tiltis Imp. R. kteil i Wörterbuch der Kinai-Sprache. 23 tesä I). } schiesse nicht ldtal tisi ku R. vergl. Bogen. Schiesspulver kläsca IL Schiff alutak D. sudno R. sudna Dor. (aus d. Russ. судно). schiffen niwwa Inf. niwwa cca-e Imp. R. niba L. schiffe nicht caniwwa ku R. schimpfen s til cixlmp. L. vgl. sanken , schla- gen, streiten , tödten. Schlaf , Traum kaciiscex R. Schläfe sentlu cika R. schlafen tal'dak, faal'fax Inf. R. tildax Imp. txal’dak Praet. R. schlafe nicht ca n tiltax- ku R. nil teiltak Imperat. I). centul'xtax Inf. Dor. nil cilx Imp. L. nohastani Inf., ich will schlafen nul ci s fai t n i D. kaculja W. nicht verschlafen {wachsam) коси staan teltax. Afnali naalx Dor. mosfja W. B. Ink il. mmilaga. schlagen se tao Inf. R. ka tin-u Inf. R. ba- deino Imp. D. vergl. quälen , streiten , kat- gasuDor. niilcax Imp. R. — tödten, Tlilin- kit cakh Holmberg. schlecht ( hässlich ) coolfa, Compar. tista coolta R. c uhilta L. kxill Dor. schliessen , verschliessen kajuk nelkat Imperat. vergl. öffnen, Pfropfen , Haus . Schlitten (нарта) gxatlx Dor. Atnah xal'xDor. Jugelu. xotl Ink il. tlik {Hund) S. Schloss tugagelcak naklte R. vergl. Schmied, schlucken tiltlut R. о Schlucken haben ssakk R. Schlüssel knelkse R. schmershaft asciut R. heiraten D. Schmied nukliciten R. nukacten D, vgl. Schloss. Schmiede nuklicitta R. schmieden nuklicit Inf. nuticit Imp. D. schmieren , einreiben ke es cixni Inf. ki tenkas Imper, vergl. reiben, sägen schmiere nicht! ca antlän ku R. Schmuts takasf akelän R. schmutzig tkool tläk IL Schnabel einer Baidare naf kasa R. Schnee ënzax R. Dor. azzah L. azzax D. sjax W. Atnah nat ëxë Dor. nataga W. B. — Inkilik, Jugeln. Totkali B. p. 284 §815 № 48. Schnee fällt, es schneit enzax atlic R. Schneeballen (Viburnum, калина) cuh ca D. Schneeschuhe maac tali Dor. Atnah aas Dor. Inkil. oxx Jugelnut ui S. schneiden nitläan ngil tus Inf. ni tläaltus R. kodilcut Imp. D. kudillä Inf. kudilcut Im- perat. Dor. vergl. auftrennen, Knoten. Schneider nix läng! tusen R. schnell uasta R. (ist ein Comparativ von uha D.) uhasta Dor. uhasta D. auf kurze Zeit uasta tetan R. vergl. sehnen, laufen , spre- chen, naheilxkcit L. vergl. langsam. schneller (?) tii'kos R. laufe schneller uha til- kus D. Schnupftabak ktuna L. vergl. Tabak, schnupfen, Tabak is nixtik tiltis Imp. D. vgl. riechen. Schnur kingisi R. vergl. Schwamm, kilh L. Schnurrbart stuni R. stunl Dor. — Bart. Atnah stejane Dor. Schornstein, Rauch fang , takensla kajuk R. vergl. Haus , Ziegel. Schrank tazlakaa R. gl. Fach. Schrei seil Dor. schreiben kineix Inf. kincax Imper. R. Schreiben, Brief ksteexe R. kes sta exe Dor. vergl. TJinte. Schritt tiltus R. vergl. gehen , laufen , um- drehen. 24 Leopold Radloff, Schrot kinun aljasi R. vergl. Ladung , Kugel , Schiesspulver. Schuh setl R. vergl. Stiefel. schuldig (виноватъ) tok-ë tlesuké R. vergl. danken. Schulter s takka R. sa sik D. saagsik Dur. schwach naal k-ax R. vergl. stark, hart. к takliulin L. Schwager s ul'kastun R. Schwägerin su slä R. Schwalbe kunsca R. vergl. Regen , feiner. U g al a chm. klci-a. Schwamm kingiskalä R. vergl. Schnur. Schwan kokas R. kokis D. kukis W. kooks Dor. Atnah xakos Koltschan tikos. schwanger al'kun R. halkhûn L. Schwanz khax-ë R. pka L. schwarz tastital't-asi (ein Comparativ) taltasé L. taltas K. taltan D. tgiltës l)or. vergl. Kohle B. p. 308 § 839 Jg 200. schwarze Farbe tïalx Dor. Schwefel cilfcikxos D. schweigen ktudicit Inf., ktudicitko Imper. R. ktutilcit L. vergl. vergessen, aufhören, las- sen, hinlegen , anrühren. Schweiss istlä ac R. schwer taillis R. о Schwester s uttaR., ältere — s uuta , jüngere — s taca Dor. taca D. B. p. 292 § 824 № 94. utalla L. utalä D. jüngere, vergl. Schwä- gerin, Tante. Atnah aatê Dor. Inkilik s taca S. Schwiegermutter s о L. vergl. Gattin. Schwiegersohn s lin D. Schwiegertochter paca R. Schwiegervater cä astun D. s pacca L. schwimmen — schiffen. schwitzen assiil R. Sclave ulcana D. ulcalia W. Name, mit dem die Kinai’s die Kadjaker bezeichnen, ulccna D. s tënâ Dor. See pinnR. bonD. banL. mann W. binn Dor. vergl. Meerbusen B. p, 284 § 815 № 55. Inkil. et Jugeln. minkxat, grosser See minkxatox Sag. — Atnah ben W. binn Dor. Seebär (Phoca ursina, котикъ) к-an R. Tschugatsch. kannak, kanangik S. R. Thlinkit x'un R. Seekidi (Phoca vitulina, еерпа) кос catli R. kucahxli Dor. kucä atli D. kucaheilse L. — fett kucä al eint] Dor. Seeigel (Echinus esculcntus) thazzi L. Seelöwe (Phoca jubata, сіучь) adaxtluk R. ataxxlut L. Kadjak. taxlûk R. — junger adaxtluku koa R. (Deminutiv). Seeotter s. Otter. See-Papagei (Alca Torda, тоиорокъ) kakasla R. L. s. Vogel , Ente M. 370 (2 G 2). Seeschnepfe (Totanus guttifer, куликъ) tutlûta R. cadia Dor. ceka tutalkesa D. (куличекъ). Seesterne cilixba L. Seele siic Dor. s. Schatten. Segel xaon R. (= Kadjak, Tschugatsch.). tuhis D. sehen tista netlän Inf. (?), 1. Pers. Sing, ni- slän R. natläaxie D. nitlän R. niitlänt D. Imperat. siehst du? nii-n-tläntu? D. ich sehe nicht kucu zna släa kie D. unsichtbar kocei tillän R. vergl. Fernrohr, Spiegel M. 395 (291). kitangal'ane Inf. betrachten R. Sehne s. Ader. Schnur aus Sehnen katcax L. Inkil. tläx S. WÖRTERBUCH DER KlNAI-SpRACHE. 25 Seide nahil'tete R. seidenes Tuch citaal tu ni R. — - Zeug citaal tuni lumaliak {seidenes Hemde R. рубаха). — Band cahan tletl R. vergl. Posament. Seite siskok R. vergl. Rippe, selbst (ich) si tallûk R. selten cinislit R. Sepia (каракатицы) ameikuk R. (—Kadjak, Tschugatsch.). setzen , sich tatlü dincut Irap. R. vergl. selbst nicut Dor. D. nicut L. Seuche , Epidemie nutuccix L. seufzen nutascix R. sichtbar k-juanto R. (eine Frage?). sie Pronom, person. fern. g. sing, kunti R. vergl. er. sie Pron. Pers. Plur. masc. g. tinalta R. viele fern. gen. guna Dor. kunna R. hatna L. siedendes Wasser nittuläc R. vergl. kochen. Silber taen sunna R. vergl. Eisen , Kupfer, singen ktilli Inf.? kataljas L. kactuljas Dor. Inf. nin ktili Imp. Dor. singet ein hübsches Lied jagalli kli batil- jas Dor. vergl. Gesang , pfeifen, sitzen niccut Inf. (?) R. stul'ci Dor. (1. Pers. Sing.?). so jaxxatci Dor. vergl. wahr, sogleich kotasus R. vergl. immer , stets. Sohn süza R. sija D. sija W. seia Dor. Atnah ssie Dor. Jugeln. sija S. B. § 194 § 377 № 925 und p. 286 § 817 № 60. Chepew. Tahc. Tlatsk. Umpq. Sommer sanna R. saan L. Dor. vergl. Jahr. Sommerwohnung caxin ka Dor. (лѣтняя бара- бора). Atnah seinen-kunnax Dor. Jugeln. jaxx S. Sonne ueë R. nii D. Dor. nii W. need K. ca nu L. vergl. Mond B. 271 § 811 № 9. Mémoires de l'Acad. Imp. dos sciouces, Vllino Serie. Atnah naai W. Dor. Koltschan. naai cete. Inkilik nooja Ju gelnut nooi S. Sonnenaufgang neë kahol R. vergl. es taget , klar. Sonnenuntergang nuk tazun R. Spalte , Ritze cadu tatl R. spalten , sich cadutas R. spät kojac kek tu ninlê R. später xocca R. xosta Dor. vergl. warten , ste- hen. spaziere! uugen julh L. Speer zum Erlegen der Seekuh (нерпа) es klni L, — des Seelöwen tlukeskhe R. tlukisk-i L. vergl. Schaft. ■ — der Ottern nicka R. Speichel s nak-a R. vergl. Mund. speien tizax Inf. u. Imperat. R. speie nicht ce tizex ku R. Spiegel pek nu xoce nelexe R. vergl. Fern- rohr, sehen. spielen cii nleul Imp. L. vergl. Tanz, scherzen. ne ГсіГоІ R. cicuuli I). Tanz. Spinne cawaM kisaatetli R. Spinnengewebe kexi uallä R. spitz, scharf tahatli jan R. Sprache kanna R. vergl. Kadjak kanno ocek Gespräch kna Dor. sprechen kinnasi (Inf.?) uasta kiunasi R. (sage gleich ); kiinas D. kinas L. ckonas Dor. Imperat. ich spreche kansasä D. lärme nicht ca kinnasku R. was sagst du cadoxteinas R. vergl. lüge nicht, Stimme, Prahler, grob M. 392 (277). nokëilnik Imper. R. nuxeilnik D. sprich die Wahrheit ltac nukilnak L. vgl. klagen. Th link it ka x la nik ich erzähle , xac tuin xa nikh ich benachrichtige Holmberg. 4 26 Leopold Radloff, gesprächig kic kanagi cuditkisen D. springen nu koil tlit Inf. R. vergl. aufheben. Stachelschwein (Hystrix dorsata L. Eretliizon epixantfras Brandt тонокъ) nini D. nini W. kxkë D. Stammgenosse , Verwandter s l'nan Dor. stark taltliei L. naaltae R. Staub nokeitläk R. vergl. nass, Sumpf, staubig kteteus R. vergl. gehen, laufen, stechen kil'cit Inf. vergl. Beil , stossen, inkat Imperat. R. caankulh L. Stechfliege, Moskito (мошка) kilkice D. tuntija Dor. stehen, steh gerade! cikoal kasta issan R. bleib stehen! it kocca R. vergl. warte, später. Àtnah ni c en Dor. stehlen knazzin Imp. L. stiehl nicht csä knetiis ki D. vergl. Dieb. steil kinenkelen R. vergl. abschüssig. Stein kaxlniki R. kalxniki D. Dor. kalikniki L. kalniki W. mein Stein kalxniki ssisaga dein Stein kal'xzniki ninaga Dor. Atnah tcés W. sces Dor. steinern kalcatli R. sterben citonil Inf. cinnäx Imperat. L. gestorben citcok R. cicok D. vergl. töd- ten, todt. Stern sin R. Dor. sin D. sin W. ssin L. о О Atnah ssuun Dor. zin W. Koltschan. son В. p. 274 § 812 № 17. Stiefel sitll R. siilstlä D. sselx Dor. sestlä L. M. 397 (292) vergl. Schuhe. Atnah selx D. Ugalachm. sill Thlin- kit thîthl H. vergl. Beinkleider , Schuh, still, ruhig ktalzit R. vgl. unartig, Windstille. Compar. pilualik izlä R. Stimme uknakatu tal nis R. vergl. sprechen. stinkend edo kelcun R. vgl. Excremente , Noth- durft verrichten. Stirn sintox R. säntux D. sentukx Dor. sin- thubimu L. vergl. Augenbrauen. Atnah sen stage Dor. Ugalenz. kain- cit B. p. 276 § 813 № 22. Inkil. tina kata Sag. Stock, Stab cakas, tcc R. thac L. Thlinkit whu cakha Holmbg. kac Wj. stossen panil cit Inf. R. vergl. stechen. Stotterer kalin naxen R. straff ', stramm kidi taltit R. Strauch, Busch kankaja L. vergl. Birke , Erle, Weide. kxëles Dor. streiten , kämpfen ilxatulcek R. vergl. schla- gen, tödten, kratzen; streite nicht caka din- nuku R. cawatiluklu D. Thlinkit cakh schlagen, tödten Holmbg. Strömung taidzlun R. Inkil. ttalita S. II. pag. 52. stumpf plûc kal R. Sturm kaniciix R. vergl. Wind, Wetter. suchen poxan keles Inf. ankeles Imperat. R. vergl. wählen, numlxis lmp. L. Süd kixkac D. tutueni W. vergl. Sonne, West. cicanic Dor. Inkil. jutaci, tonni cini Jugeln. ittocen Sag. M. 396 (292). Atnah tanieegnian Dor. Sumpf nokeitläk R. vergl. nass, Staub. süss tal'kan R. toolnes D. tgilnis Dor. Syphilis cuistât L. Tabak pluska R. Tschugatsch. pluskak (aus dem russ. порошокъ, Chrom tschenko im Nord. Archiv В. II. p. 301 прошка та- баку) pidverisirter Tabak? M. 389 (275). Blättertabak kitgon D. tabak W. WÖETERBUCH DER KlN AI- SPRACHE. 27 Atnah läski W. Inkülüchl. kitun W. Tabaksdose plnskek nuta R. vergl. Kasten. Tsclnigatsch. pluskuidok R. Tag canna R. can D. Dor. caan L. ca an W. vergl. heute, Sonne , Mond. talkon К. M. 385 (272) vergl. Morgen , hell. Atnah cajane W. täglich caanka nadacko R. vergl. alle. tagen , es tagt julkotl R. vergl. Idar , dunkel. koholcula D. vergl. hell, Licht , Sonnen- aufgang M. 397 (293). Ugalachm, jakalkadl hell, jesilkatl dun- kel, isalxatl Nacht , silxatl, jexkatlxatl es dämmert. Tanne cätlä D. cpaalla L. cbalä Dor. {Wald) vergl. Bauholz, Wald M. 388 (275). Inkil. Jngeln. cmna S. Tante okallä R. scaakan L. vergl. verlieira- thet, Schwester. snkxija Dor. Tanz, Festgelage cekl'ol R. vergl. spielen, scherzen. tanzen nitusni Inf. ne nejus Imper. R. cnu dusni Inf. nidus Imper. Dor. Atnah khe ol ces Dor. Inkil. kacali S. tapfer ascakan L. bguitjunen Dor. M. 399 (294). Tasche saxkal te R. Taschenmesser nilkanoxaftke R. vergl. Basir- messer. Tatze ka kantli R. vergl. Fass. taub tce êkal R. vergl. ich höre nicht. scijax kol R. tauschen kik akal kas Inf. R. nakakaï xnis Imper. L. vergl. bezahlen, kaufen , umsonst. Teufel nustal'tna R. nustat tlä D. Atnah kjuni Dor. kiehe W. Geist, den die Schamanen anrufen nus- tatnä W. vergl. Gott ; c kannas L. vergl. Prahler, lügen , sprechen, thauet, es — ëga-slit R. Thee inda D. (etwa чай mit дай gieb! ver- wechselt?) s. geben. M. 397 (293). theilen nil tnaa altax Inf. nil catental Imper. R. getheilt {zur Hälfte) niltnaalkax R. theuer nikox R. du bist theuer {verlangst zu viel) nin llilmx L. Thier ningaja Dor. Thräne snucaxta R. vergl. Auge, Augenlider. Thür tukaktê R. Dor. tukâk L. vergl. be- decken. tief tax tkenaal kis R. vergl. flach. Tochter sntca R. secaa D. s cëâ Dor. B. pag. 302 § 834 N 158. Tod alhastani Dor. todt, gestorben , Leiche cicok R. I). tödten nilcax Imper. L. = schlagen. todt citlun Praeter. Sing.; cekitluk N. M. 377 (267). Atnah ssi sca ziil xhen ich habe einen Bieber getödtet Dor.; vergl. Thlinkit cakh tödten Holmberg. Juge ln. si nuja astlat S. getödtet tikeitlux D. Tonne îiusë R. vergl. Schale, Gefäss , Kasten, tragen exalte us Inf. vergl. geben. ax stinticit Imp. vgl. hinlegen, anrühren , nuktiljast Dor. tränken bgu kni kus gunen Dor. traurig kna neltonR. sei traurig cik nincusL. Treppe katnelli R. vergl. Badstube , Haus, Wohnung. trinken pitl naktat Inf. R. vergl. Wasser. liutnun Imperat. R. gasnuni Inf. nitnun Imp. Dor. hastnu siti gieb mir zu trinken 28 Leopold Radlofp, L. nitnun Imper. D. Ifitnu L. vergl. nass, es tröpfelt M. 388 (275). Atnali tos tnän W. ich will trinken pitli ktatlu D. gasnu ni- sen Dor. Atnali ttu stillä Dor. trocken anal'kane R. atnaalkan D. M. 391 (277). trocknen nuul'cux Inf. R. liulcux L. M. 391 (277). Trog mokali D. vergl. Gefäss, Mörser, Schale M. 388 (275). Trommel tel'timi R. caujak Dor. tröpfelt, es — nutokas R. Tropfen tokit R. Tuch sukno R. (dem Russischen entlehnt). — leinenes sentuca R. Tundra in R. vergl. Wellen. — feuchte kkal tint Dor. überall iteko R. vergl. jetzt, kürzlich. Überfall ulinant uallûk D. übermorgen ka otta R. vergl. künftiges Jahr, vergessen. Übligkeit empfinden sidak ke-o R. vergl. Er- brechen. Ufer sujuka R. Flussufer tto bogx Dor. umarmen nickel'kit Inf. sil'kit Imper. R. vgl. halten, fangen, nehmen, auf heben, bringen, umdrehen, kehren, wenden tiltus Inf. R. vgl. gehen, Schritt. — sich jac nugalaxni Inf. jac nul xal. ici iralxal Imp. R. vergl. ausweichen. umsonst (gratis) at al nisiko R. vergl. bezah- len, tauschen, kaufen, unabsichtlich sulu conthal R. vergl. helfen . unartig al tuzita R. vergl. still, unglücklicher (бѣдняпша) ux D. wohl Inter- jection des Bedauerns. unnöthig , unnütz ta ëk о R. vergl. brauchen , anrufen. unrein ukusta të se R. vergl. rein, unsere, die unsrigen nanaidi R. M. p. 374 (264). unsichtbar kocei tillän R. vergl. sehen, unten , unter utoga R. unter dem Berge jucexa R. = Birne. Unterlage, Unterfutter? kitoude R. vgl. Ambos. Untersetzer (подносъ) pakan kaljase R. unwahr nde oc tni R. xencit D. vergl. lügen, unzeitig kete kotac kenneju R. Urin xllec Dor. Vater s tukt a R. stukta D. stuktä Dor. tukta L. stuta W. tadak К. B. p. 284 § 815 № 49 vergl. Oheim, Grossvater. Atnali ssta Dor. Koltschan. twakteW. (B. etH.) Inkil. takalä S. verbergen kilel tatl Inf. kilel otl. Imp. R. verbrennen (trans.) tiil tint Inf. R. bokanaik tiiltlut Imp. D. cidiilkas Imp. R. oo i- о i- verfaidt, faid kotatläk R. idecitlën Dor. vergeblich (напрасно) kox otte kesne R. vergl. absichtlich, bitten , lügen , noihwendig. vergessen padaini tiilnis Inf. padaini taltlun Praet. R. , vergiss nicht pataini tahal nitli ko (vergl. erinnern), vergiss ktudicit (vgl. sch weigen ) R. vergiessen, einschütten panc taalkat Praet., panktalkt Inf. vergl. giessen, padakne intlit Imp. R. vergl. fallen, verheirathet okkalen R. vergl. Tante, verkaufen kxon iltatlä Imp.D. vergl. hinlegen sgu êntnis Imp. kokë gelxtnis Inf. Dor. Atnali nauskët Dor. Inkil. kentil xotini Imp. S. verlieren kilax tunax Imp. L. versengen s konesta Inf.? ista Praet. vgl. zielen. 29 Wörterbuch der Kin ai-Sprache. versöhnen , sich si ta einin tansitkoa Inf. sita einin tansit Imp. R. versprechen soktu lätl Inf. R. verständig ki jutan о R. kjutan, kjutanenDor. ninekazet L. verstehen , ich verstehe txatlitl; verstehst du? txeleilto R. ich verstehe nicht kocu n selten D. ceëllën R. kucu ngaini dölnik Dor. ; ich verstehe ngainidëlnis Dor. vergl. hören. Verstopfung , Obstruction tue tail silt R. Verwalter s. Herrscher. Verwandter si tni D. viel tina alta R. tinalta D. (sie) tinalatoha D. tinagilta Dor. tunaalthé L. tinaaltha L. M. 374 (265). Comparativ tinaltesta R. viel Wasser Ink il. tu ncox S. Inkil. neiksex Jugeln. ncox. Vielfrass tcukumitli D. skogno Dor. vgl. Hund. Inkil. nicsitl Jugeln. nilceza. Atnah tla kolcinnë Dor. Vogel kakasli R. kakasli D. kakaslä W. Dor. vergl. Ente , Seepapagei. Volk — Menschen; sich selbst nennen die Ki- nai tënaina; bei den Atnah: taas nöi Dor. Yölkernamen, die in den Wörterverzeichnis- sen Vorkommen: Bewohner von Aläksa nies xaxi tina D. Aglegmüt agläxtana Dor. Aleuten von den Fuchsinseln taxejuna D. tâxëmna Dor. Atnah (am Kupferfluss ) otnox tana D. ut- nux tana Dor. Atnah neine katlëne Dor. Californische Indianer, Bewohner eines war- men Landes, ktinahylgisetana Dor. Golzanen (Koltschanen) golcana Dor. Tundrabewohner jenseits der Suschitna und der Knyks galeäni D. Tundrabewohner jenseits des Ilämna-Sees kcal tana D. Katmaier nisxatx tana Dor. Kuskokwimer kusko küax tana Dor. Kwichpaker hekinxtana Dor. Volk bei St. Lukin läskakx tana Dor. Kijagnmt , Seewärts wohnend, mit langen Speeren bewaffnet tûtna D. Dor. Sewernowskije (у катмайскаго переноса) ein Volk weiter in den Tündern, welches Hunde vorspannt, tindi suxtanaD. tuntu suxtana Dor. Kadjaker ( Konäger ) uleena D. ulena W. ulcinaina Dor. Thlinkit tos kolûsox D. kolüsuxtana Dor. Tschugatschen tatläxtana D. taläxtana Dor. Ugalensen tunkna Dor. Atnah tanka nëi Dor. Ugaschenzcn ugasaxtana Dor. voll tak tneieik R. von wo daxto këc Dor. — gebürtig ntatu ka- jax tana Dor. vorn , vor mir s lunx R. vorbei s letentus R. vergl. gehen. Vorgebirge nuko cis nitli R. cisegnazdunt Dor. vorgestern tutta R. vergl. übermorgen, voriges Jahr xeia R. s. Winter. Vidkan taal tilitale R. vergl. Berg. tokozhnugallei L. Wachs xlukante cisi R. о wachsen nil kax Im-p. L. vergl. gross. Wade s kanna R. = Nägel. Wage palusi R. wägen , abicägentozeküzV. vgl . hängen , Besemer, wählen taxankeles Inf. vergl. suchen. taxknitlän Imp. R. wahr kosice R. = dasselbe M. 398 (293). kludec D. (vergl. unwahr ) kolacko Dor. vergl. so. 30 Leopold Radlopp, rede die Wahrheit ltac nukilnak L. vgl. sprechen. Wald cualla R. vgl. Baum; Atnali cwaale W. Walfisch tatlin R. D. ttaxlin Dor. — Barten , Fischbein t-tl, tlu etl R. — Fleisch tatlin cunna R. vergl. Fleisch. Walross (Rosmarus thriclicclms моржъ) xek- èesle R. — Zahn zakaztli L. = Zahn. Wange sintluk R. sintlu isa Dor. sinkuusa L. Atnali bëntla Dor. Ink il. tina natla S. wann ? flatta R. ndata Dor. ndautu L. warm ssii' R. vergl. halt. tki naalkak, kinaalkax (heiss) R. tki nahalgis D. naholgos D. M. 389 (276). warmes Wasser naholixsi wiltni D. aba ЛѴ. Dor. Atnali noalkxon W. nelkuan Dor. Inkil. sann S. warten kocca Imp. R. vergl. nachher , später ; bleib stehen , warte nicht ca sin intlin ku R. nanintlxlen Inf. senintlxlen Dor. warum catokn L. jati oko Dor. Atnali itakxa Dor. Inkil. kingun S. Warze sen-a R. was? jatiti R. catu Dor. was machst du? jade tintläan R. was sagst du? cadox teinas R. was willst du? n äpu (wohl n ätn?) ninzin L. waschen nuk hellax Inf. nukex tlaxni R. tnun- lax L. Imp. vergl. nass. — ■ sich, nan kahaltax Inf. nan kalnitax Imp. hast du dich gewaschen? nan kin hal kaxtox? er hat sich gewaschen nankan haltox R. W ’asser pilxne R. piltni (wiltni) D. wilxni' L. milxni Dor. miltni W. vergl. trinken , be- trunken, Essig. Inkil. tu Jugeln. te S. Wasser. Inkil. tu n cox viel Wasser S. Inkil. tu kxat Jugeln. te kxat ich will trinken. Atnali ttu Dor. tua W.; ttukillcn Dor. viel Wasser. gieb mir Wasser ttustillä Dor. Weg tenitun R. s. Flur, weggehn kilax teiltus Inf. R. caniltus Imper, eksak tentlak R, xcaniltus Imp. L. M. 392 (277). wegtragen bicaa Imper. D. Weib kisin R. kisin W. kxissen Dor. vergl. Mädchen. mook élan L., vergl. verheirathet, Tante. Inkil ik moot Jngelnut woot; vergl. Gattin, alt , Inkil. col'tan Jugeln. nukol- taal' S. Atnali cakxe Dor. saat W. weich tal'lici R. nicht hart , nicht stark ku ku stat ilkat R. Weide (Salix тальнпкъ) tundelkii D. tuntelkei Dor. vergl. Birke , Erle , Strauch, Tundra. Inkil. taliatl S. weinen tilkox Inf. tilkox Imp. tal'ka-o Praet. weine nicht ca dilkox ku R. weine n cah L. Weiss taïcil R. vergl. Leinewand; talkëi D. tgifkei Dor. totlkai K. vergl. Kreide, Eiweiss M. 385 (273). Atnali tolkai Dor. Inkil. kolxiitu Jugeln. ugaskan S. weit taaha sit R. tagisit Dor. Comparât. ; kae- cunni R. Wellen intallä R. vergl. Tundra , Brandung. wem, für wen? danden R. wenig naalcok R. maal cak D. nahilcakx Dor. Wörterbuch der Kjnai-Spraohe. 31 Jugeln. nistlezo S. wer ? batu Dor. werfen ëcteltax Inf. ecteot Imperat. R. jac til nis Imperat. Dor. jac tiltux L. vergl. auf- hängen, halten. wessen pattujagat R. vergl. wer . West suducini D. vergl. Sonne. nuku ust Dor. azzi W. vergl. Sücl. Inkil. junlici S. Atnali tëël kaacëDor. s. Nord. Weste, Kamisol taciul' sixe R. vergl. hell. Wetter tal kocit kanici D. vergl. Wind. — schlechtes , togeicix R. wie nti L. ncatu D. eatoko Dor. vgl. heissen, wie viele tunaalthé L. tuznahilta Dor. wie viel willst du dafür jetakoninzen D. Wind kanicix R. kanicihi Dor. kakniun L. о & jutalnon D. vergl. Himmel , Sturm , M. 391 (277). widriger Wind talciix R. Atnali Гх-се-ё Dor. Inkil. Jug. xaticixS. Windstille ktalzit R. s. still M. 391 (277).* nakeiljuk R. vergl. Himmel, winken {mit den Augen) liuka niläs R. vgl. Auge. Winter xaia R. xxee L. xei Dor. vergl. Jahr. Winterwohnung (зимняя барабора) niciïx Dor. Atnali kxai knnnaxDor. Inkil. kunnoS. wir nannä R. n-onna L. nonna Dor. wischen s. abwischen, wissen : ich weiss nicht suu ein L. о er weiss nicht sun D. ssun Dor. vergl. kennen, verstehen. Atnali ssu ich weiss nicht Dor. Wittwe titudal neu Dor. Wittwer titudalnin in Dor. о о wo? di R. ndeL. (vergl. zu mir), ndaduDor. гѵо warst du? ndax tu zi tu L. wo wohnst du? ndax tu kiithan L. woher? aus welcher Ansiedelung? ntatu kajax tana D. wohin daxtou R. ndaxtu L. ndaxto Dor. wohin fährst du? ndax ti nju L. Atnali daxa tëeja Dor. Jugeln. tas- etu, vergl. Wohnung kajax R. Dorf jujax L. kxajak W. Ju gelnut jaxx Sommerwohnung vergl. Haus, Jurte. Wolf tekin D. tëken Dor. kikin W. Atnali takxande W. ttëkaantë Dor. Kol tschau, tikante. Inkülüchlüat nykuguna Inkil. puku- guna Jug. nekogon B. p. 279 § 814 № 31. Wolke к-as R. kass R. kas Dor. kxas D. käis W. U g a 1 a c h ni . koas Himmel T hl i n к i t xaz Himmel kus Wolke Holmberg. wollen 1. P. S. nissin R. neesen Dor. willst du nizen to R. ich will essen këlkat nissen Dor. I nk. kitli kxat S. ich will trinken gasnu nissen Dor. Ink. tu kxat Jugel. te kxat S. ich will nicht cke tasnisR. kucu sta Hes- sen Dor. kucu nitasä D. wozu jedoltu R. Wunde skuukha L. Wurm xënne R. к ex Dor. Wurzel k-kaxxata R. vergl. graben. can L. tkaca Dor. zählen tak e tiil nis Imper. R. vergl. bezah- len, hören. Zahn si a kaztli R. szakoistli D. sakastli L. ( Walrosszahn ), sakxazdli Dor. sakazdi W. saxezdlä K. Plur. srik-xa L. M. 385 (273). Inkil. tina lödlö S. Atnali nuliu Dor. PI. hhu Sing. W. 32 Leopold Radloff, B. i). 242 § 811 № 11. Ugalachm. ka xontleja R. Zahnfleisch sitte R. sanken stlccx Inf. R. vergl. schimpfen , schla- gen, streiten , töclten. zärtlich , freundlich uastok tetnis R. vergl. ge- sund. Umpq. Toi mies ce wu seh B. p. 180 M 495. Zauberer s. Schaman. Zelt s. Jurte. zerbrechen knicit Inf. kninscit Praet. R. ckocit Inf. Dor. zerreissen caankis Inf. tekis Imp. R. vergl. sägen. caanxklut Imp. L. vergl. auftrenncn. Zettel , Schreiben kstecxe R. këstacxe Dor. Brief. Ziege liuci vergl. Schaf] Rennthier. Ziegelstein takesla anhalcumi vergl. Lehm , Schornstein. sichen panicit Inf- nukuani cit Imp. R. Ziel kcatla kudasta cix-ë R. vergl. Baum, sielen ista ëîtis Inf. ista Imperat. R. vergl. versengen. Zieselmaus (Spermopliilus citillus, еврашка) kxuisa Dor. kuisä D. konsi R. kumsa L. M. 395 (291). A tu ali celles Dor. Parka von Zieselmaus feilen kunsa tgaDor. Iukilik xanta kaza S. Zinn s. Blei. Zinnober eix Dor. vergl. rothe Farbe. Zirkel caxatnul' kazi R. Zitze, Saugwarze mama keck R. vergl. Brust, Milch. Zobel kcäosä D. kcahusa Dor. Inkülüclil. kiegari W. Iukilik koco- lieja Jugeln. kico hai S. Atnah cehause Dor. zornig koce nanilän R. kic nanixä D. vergl. zürnen M. 396 (291). zürnen , sich ärgern koce naltlän R. zu mir si nta D. vergl. wo. Zucker saxal R. (aus dem Russischen сахаръ). zufrieden (ладно) cakenix sun R. vergl. sich freuen. Zunder s. Feuerschwamm. Zunge s cillu R. Dor. scilû D. scilu L. Atnah ni cnllaDor. Inkil. tina tluläS. Umpq. Talik. Kadjak ulluka Tsclnigatsch. ulu. zurückgeben lûka iti il cit Dor. bica Dor. nda Imp. R. vergl. geben, zurückkehren s. ankommen, zurückziehen , sich usta kanil'ol R. vergl. aus- weichen, sich bücken , liegen, zustopfen takak kellax Inf. teil knilkat Imp. R. Zweig kxilles koja Dor. = kleiner Strauch, zwirnen , drillen, nitus R. vergl. laufen. Zahlwörter vergl. M. 376 (266) u. B. p. 279—282 § 814 № 32—42. 1. cil'ke R. cil'kxë Dor. cilki W. celkei D. cilhtan L. Inkil. u. Jugeln. kisleka S. Atnah scalxkai Dor. 2. texa R. W. téxâ, nu tixâ Dor. tixa D. nu tixxa und nutna L. Inkil. u. Jugeln. in- teka S. Atnah natëëkë Dor. 3. tok-é R. tukxé Dor. tokxke D. tuk ë L. tugi W. Inkil. u. Jugeln. toka S. Atnah taakxë Dor. 4. tenkë R. tenki D. tinkxë Dor. tiinki W. tank-e W. tank-e L. Inkil. u. Jugeln. tenki S. Atnah ttinkxë Dor. о 5. ckel'lu R. Dor. ckil'u L. ckilu W. cielalo Wörterbuch der Kinai- Sprache. 33 D. Inkil. u. Jugeln. kicitnalä S. Atnah alscanne Dor. 6. koicinë R. kuëtceni Dor. kuzcni L„ kozsini D. kuzzini W. Inkil. u. Jugeln. tonan- kelke S. Atnah kisstaannë Dor. 7. kancaue R. kancehuii Dor. kan ce ohi D. kance he L. kincihuni W. Inkil. u. Ju- gelnut tonanteka S. Atnah koonscagai Dor. 8. Itakal'lë R. l'takulx L. Dor. ltakolli D. ta- xuli W. Inkil. u. Jugeln. ninlian tenke S. Atnah Ix katiënkë Dor. 3 9. il kai cetxo R. Гк xe cetxo Dor. lxecetxo D. l'ki citxu L. kicitu W. Inkil. u. Ju- о о о geln. inkozkal toläkilkalä S. Atnah kitë oxo Dor. 10. klûzun R. W. L. Dor. koluzun D. In- kil. u. Jugeln. inkoznalä S. Atnah kläaza Dor. 1 1 . kluzun cilk-ë R. celkoikti D. cilk xë baxtë о о Dor. Inkil. u. Jugeln. inkoznal-kelke S. 12. klûzun tëxa R. tixa okti D. tëhâ baxtë о о und nutixâ baxtë Dor. Inkil. u. Jugeln. nikoznal-inteka S. 13. kluzun tokë R. tokajukti D. 14. klûzun tenk ë R. tinke oxoti D. 15. klûzun ckel'lu R. celû okti D. vergl. B. p. 310 § 832 JVè 147. Inkil. u. Jugeln. tinaka kaïi S. 16. klûzun koicinë R. kulcin okti D. о о о 17. klûzun kancauë R. kanca julti D. 18. klûzun Itekallê R. ltakal jûkti D. 19. klûzun ilkaicetxo R. Ikac ex tokti D. 20. сіГха tna R. Dor. celûotna D. cilxatna L. cil'ketna W. Inkil. Jugeln. kelkontue S. 2 1 . cilxatna ci! kxë baxtë Dor. о о 22. cilxatna nu tixa baxtë Dor. 30. tut klûzun Dor. L. W. tätxuluzun D. B. p. 284 § 816 № 56. 40. tënast kluzun Dor. tanzkluzun L. tesku- läzun D. B. p. 300 § 830 №. 133. Inkil. Jugeln. intel-cûhue S. 50. ckilû kluzun L. ckëllu kluzun Dor. ckelu kulazun D. 60. kuëtcax kluzun Dor. kuzc kluzun L. kus kulûzun D. 70. kance ox kluzun Dor. kanehog kluzun L. kancu о kulazun D. 80. l'takulax kluzun Dor.' Itakol kulazun Dor. 90. lkxëcet xo kluzun Dor. jecitko kulazun D. 100. thâs tlunL. ottâs tlinDor. thas tlinW. otaos lan D. B. p. 284 § 816 № 57. 122. ottâstlin cilxatna nutixâ baxtë Dor. 1000. tisäsä Dor. (aus d. russ. тысяча). Mémoires do ГЛсасІ. Imp. des scionces, Vllmo Série. 5 Щ-У: MEMOIRES Christoph Gobi. Privat-Doceut an der Kaiserlichen Universität zu St. Petersburg. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pétci'sbourgi à Riga: à Oilessi : MM. Eggers et C10, H. Schmi tzdorff, M. N. Kymmel; M. A. E. Kechrihardshi J. Issakof et A. Tcherkesso f; — Prix: 40 Kop. = 13 Ngr à Leipzig; M. Léopold Yoss * MEMOIRES DE L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURG, Vif SÉRIE. Тфме XXI, .V 9. DIE BRAUNTANGE (PHAEOSPOREAE und FECACEAE) DES FINNISCHEN MEERBUSENS. VON Christoph «obi. Privat-Docent an der Kaiserlichen Universität zu St. Petersburg. Mit 2 Tafeln. (Lu le 23 Avril 1874.) S.-PÉTERSBOURG, 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pétersbourg: à Klga: à Odessa: à Leipzig: MM. Eggers et Cie, H. Sclimi tzdorff, M. N. Kymmel; M. A. E. Kechribardshi; M. Léopold Voss. J. Issakof et A. Tcherkessof; Prix: 40 Kop. = 18 Ngr. ‘ Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. C. Yessélofski, Secrétaire perpétuel Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences. (Wass.-Ostr., 9e ligne, № 12.) Nachstehende Abhandlung enthält die Ergebnisse zweier Excursionen , die ich mit dem ausschliesslichen Zwecke, mich mit der Algenflora des Finnischen Meerbusens bekannt zu machen, unternommen habe. Die erste Reise, im Sommer 1872 (zusammen mit Herrn Grigorieff), ging längs der nördlichen finnländischen Küste des Meerbusens, und die zweite, im Sommer 1873, längs der südlichen csthländischen Küste desselben. Ausserdem habe ich auf der zweiten Reise noch einige Gegenden besucht , die schon ganz der eigentlichen Ostsee angehören, nämlich: den Hapsalschcn Busen, die Inseln Worms, Oesel, Abro. Ob- gleich im Folgenden ausschliesslich die Algen des Finnischen Meerbusens besprochen wer- den, so will ich gelegentlich auch dieses kleinen Gebietes der Ostsee erwähnen. Der Finnische Meerbusen zeichnet sich nicht so sehr durch die Mannigfaltigkeit an Formen von Brauntangen ( Phaeosporeae und Fucaceae), als vielmehr durch das massenhafte Auftreten einiger derselben aus. Bis jetzt werden für dieses Gebiet nur 8 Formen aus der Gruppe der Brauutange auf- geführt1) und darunter zwei ( Cliordaria flagelliformis Ag. und Chordaria divaricata Ag.), die, ungeachtet meiner zweijährigen Forschungen, von mir nicht angetroffen sind, weshalb ich ihr Vorkommen im genannten Gebiete bezweifle. Von den 19 von mir in diesem Gebiete aufgefundenen Formen (18 Arten und 1 Abart), die sich unter 11 Gattungen einreihen lassen, waren also für den Finnischen Meerbusen 13 bis jetzt noch ganz unbekannt und von ihnen 6 sogar in der Ostsee selbst noch nicht aufgefunden; endlich wird eine Form ( Cladosiphon balticus nob.) von mir als neu beschrieben. In folgender Uebersicht habe ich nicht die Absicht , eine vollständige Beschreibung aller aufgefundenen Formen zu geben, sondern will nur Andeutungen der an ihnen von mir beobachteten Eigentlnimlichkeiten und ein genaues Verzeichniss ihrer Fundorte liefern. 1) Eine derselben, Scytosiphon tortilis , wird von Ruprecht (in Middendorff’s Sibir. Reise, 1851. Band I, Th. 2, S. 373) erwähnt ; die anderen : Fucus vesiculosus L., Chorda Filum ( L .) , Chordaria flagelliformis Ag. , Chor- daria divaricata Ag., Elachista fucicola (Veil.) und Edo- carpus littorales ( L .) c. v. silicidosa (unter diesem Namen sind 2 Arten verwechselt) — werden von den finiiländi- schen Gelehrten W. Nylander und Th. Saelau an- gegeben (Herbar. Musei Fennici, Helsingfors 1859, Seite 73-75). Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VII Série. 1 2 Christoph Gobi, $ •:> . ift; v^T ж ■î». ШВДЖ Pilayella littoralis (L.) Kjellmann. 1819 Ectocarpus littoralis (pr. parte) Lyngb. Teilt. Hydr. Dan S. 130, Taf. 42, C. 2 und 43, A. Conferva ferruginea Id. Ibid. S. 159, Taf. 55, C. 2 und 4. 1845 Ectocarpus compactus Ktz. Phyc. germ. S. 236. Spongomorpha ferruginea Id. Ibid. S. 238. Spongomorpha castanea Id. Ibid. S. 238. 1848 Ectocarpus littoralis var. compacta . . I. Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 18. Ectocarpus ferrugineus Id. Ibid. S. 20. 1849 Ectocarpus compactus Ktz. Spec. alg. S. 458. Spongonema ferrugineum Id. Ibid. S. 461. Spongonema castancum Id. Ibid. S. 461. 1850 Ectocarpus littoralis y. compactus . . . Aresch. Phyc. Scand. mar. S. 176. Ectocarpus ferrugineus Id. Ibid. S. 175. 1851 Pilaiella Rupr. Middend. Sibir. Reise, BandI, Theil 2, S. 378 — 388. 1855 Ectocarpus compactus Ktz. Tab. Phyc. Band У, Taf. 76. Spongonema ferrugineum Id. Ibid. Taf. 84. Spongonema castaneum Id. Ibid. Taf. 83. 1872 Pilayella littoralis (L.) Kjellmann. Bidr. tili känned. om Scand. Ect. och Tilopt. S. 99. Die Arten der Gattung Pilayella , bis jetzt noch sehr oft unter verschiedenen Arten- namen der Gattung Ectocarpus beschrieben, stehen diesem letzten auch wirklich sehr nahe. Ausser der äusserlichen Aehnlichkeit beider Gattungen , besitzen sie noch ein wesentliches gemeinsames Kennzeichen — die Gleichheit einer ihrer Fructificationsformen, nämlich die gefelderten pluriloculären Sporangien. Während aber diese Sporangien bei den eigentlichen Ectocarpen in ihrer Form nicht veränderlich sind , gehen sie bei der Gattung Pilayella (Taf. I, Fig. 1 u. 2 a) allmählich in Perlschnurfrüchte oder Rosenkranzfrüchte über (Fig. 2 Ъ u. 3), d. h. auf Aesten perlschnurartig aufgesetzte kugelförmige Anschwellungen, bei denen schon keine Spur von jener Fächerung durch Längs- und Querwände zu sehen ist, die früher in den Zellen, aus welchen diese Anschwellungen entstanden, deutlich bemerkbar war. Diese Veränderung geschieht wahrscheinlich am Ende des Frühlings oder mit Beginn des Sommers, da schon Mitte Juni nur solche veränderte Sporangien Vorkommen; wenig- stens gelang es mir in dieser Zeit nur selten ihre frühere gefächerte Form zu beobachten. F u n d о r t. Diese Alge kommt überall an den beiden Küsten des Finnischen Meer- busens vor: an der esthländischen — von dem Oertchen Orröli (zwischen Sillamäggi und Jeve) bis zur Insel Oesel ; an der finnländischen — von der Insel Kiuslcär (beim Eingang in den Transund) und weiter nach Westen; besonders oft kommt sie zwischen den Helsingfors’- Die Brauntange des Finnischen Meerbusens. sehen Scheeren vor. Sie ist auch sehr zahlreich hei der Insel Hogland , in der Mitte des Finnischen Meerbusens. Je westlicher die Gegend liegt, desto öfter und zahlreicher kommt sie vor. Es ist eine der gemeinsten Formen, die dem Finnischen Meerbusen eigen sind; sehr oft wird sie an’s Ufer getrieben. Sie wächst auf Steinen, Fucus , Furcellaria und anderen Algen; wird an den Küsten, so wie auch in ziemlich bedeutenden Tiefen, (13 — 16 Faden) angetroffen. Ihre geographische Verbreitung ist sehr bedeutend: sie kommt in allen Meeren und Oceanen der nördlichen Halbkugel vor. Ectocarpus siliculosus (Dillw.) Lyngb, 1797 — 1806 Ceramium confervoides Roth. Cat. Bot. vol. I, S. 151,vol.III, 'S. 148. 1809 Conferva siliculosa. Dillw. Brit. Conf. S. 69, Taf. E (diese Zeich- nung ist sehr schlecht). 181 9 Ectocarpus siliculosus Lyngb. Teilt. Hydr. Dan. S. 131, Taf. 43, C. Fig. 1, 3. 1824 Ectocarpus siliculosus C. Ag. Syst. alg. S. 161. 1828 Ectocarpus siliculosus . Id. Spec. alg. vol. II, S. 37 — 38. 1843 Ectocarpus subulatus Ktz. Pliyc. gen. S. 287. Ectocarpus siliculosus . Id. Ibid. S. 288. Ectocarpus draparnaldiaeformis Id. Ibid. S. 290. 1845 Ectocarpus siliculosus Id. Phyc. germ. S. 232. Ectocarpus subulatus Id. Ibid. S. 234. 1848 Ectocarpus siliculosus J. Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 22. 1849 Ectocarpus siliculosus Ktz. Spec. alg. S. 451. Ectocarpus subulatus Id. Ibid. S. 454. Ectocarpus siliculosus Harv. Phyc. Brit. Taf. 162. Ectocarpus amphibius Id. Ibid. Taf. 183. 1851 Ectocarpus siliculosus. .......... Id. Ner. Bor. Amer. Theil I, S. 139. 1855 Ectocarpus siliculosus Ktz. Tab. Phyc. Band V, Taf. 53, Fig. I. Ectocarpus subulatus Id. Ibid. Taf. 61. Ectocarpus draparnaldiaeformis Id. Ibid. Taf, 64. Unter dem Namen Ectocarpus siliculosus ’) verstehe ich , ebenso wie die von mir citirten Schriftsteller, eine Ectocarpus- Art , bei der bis jetzt nur eine Form der Fructifi- cation bekannt ist, — nämlich in ihrer Länge sehr variirende länglich-konische oder linien- pfriemenförmige pluriloculäre schotenförmige Sporangien (Trichosporangien Tlmret). Diese weil derselbe iu der Wissenschaft bekannter und ge- bräuchlicher ist. 1) Nach dem Rechte der Priorität wäre es richtiger, ihn Ectocarpus confervoides Both zu nennen , aber ich behalte den späteren Namen Ect. siliculosus Lyngb. bei, 1* 4 Christoph Gobi, Sporangien sind entweder gestielt oder sitzend; an ihrem oberen Ende sind sie entweder frei oder gehen in eine zarte, gegliederte Spitze oder Peitsche über; manchmal kommen sie auch in der Mitte der Aeste1) vor; im letzten Falle können sie sogar sich verzweigen — wie ich es an einigen esthländischen Exemplaren bemerkt habe (Taf. I , Fig. 4). Nach meiner Ansicht verdient dieser Umstand eine besondere Aufmerksamkeit. Einige Autoren halten diese Eigentümlichkeit für so wesentlich , dass sie darauf hin neue Gattungen gründen; so z. B. Thuret, als er einige Arten Mesogloea in die Gattung Castagnea Derb, et Sol. 2) hinüberbrachte; ebenso auch Pringsheim, indem er die Namen Soroccirpns und Stréblonema für einige unzweifelhafte Ectocarpen gebrauchte , die er an der Küste Hel- golands aulfand. Da die genannten Gelehrten mit Recht als Autoritäten in der Wissenschaft gelten, so könnte ich, mich auf ihre Ansicht berufend, den Ed. siliculosus Lyngb. mit ver- zweigten Schoten nicht nur als eine besondere Art, sondern auch als Repräsentanten einer besonderen Gattung auffassen. Gegen eine solche Auffassung spricht aber der stufenweise Uebergang von den Exemplaren mit einfachen Schoten, ohne oder mit peitschenförmigen Verlängerungen, zu solchen , bei denen die Schoten sich in der Mitte der Aeste befanden und sich sogar verzweigten. In den meisten Fällen sind cs eigentlich die vegetativen Zellen der Endverzweigungen, welche in die pluriloculären schotenförmigen Sporangien der Ecto- carpen übergehen; es kommt aber vor, dass auch bestimmte Theile des Thallus selbst oder des Astes , welcher unmittelbar solche Verästelungen trägt , sich in Sporangien ver- wandeln, wodurch denn auch die Möglichkeit des Entstehens des verästelten pluriloculären Sporangiums erklärlich wird. Eine solche Verästelung, die bei allen Ectocarpen auftreten kann 3), die sich aber sehr selten äussert , giebt uns aber noch kein Recht , eine neue Art aufzustellen. 1) In solcher Weise beschreibt ihn Harvey unter dem Namen Ect, amphibiit.s Ilarvey, und Kiitzing unter dem Namen Ect. subulatus Ktz. Harvey sagt: «Seine (d. h. des Ect. amphibius) Kennzeichen stehen den Kenn- zeichen des Ect. siliculosus sehr nahe. Die Aehnlichkeit ist so auffallend , dass man fast zur Ueberzeugung ge- langt , dass unser Ect. amphibius vielleicht auch eine Form von Ect. siliculosus ist , die durch den Aufenthalt in sehr wenig salzigem Wasser hervorgerufen worden ist.» Es muss hier bemerkt werden , dass dieser Ecto- carpus in wenig salzigem Wasser (Brackwasser) bei Bri- stol aufgefunden worden ist. Ilarvey bemerkt ganz richtig , dass diese Form durch ihre Fructification eine intermediäre Stellung zwischen den einfachen plurilocu- lären Sporangien des Ect. siliculosus und den plurilocu- lären in der Mitte der Aeste sich befindenden Sporan- gien der Pilayella littoralis (Ect. littoralis der Autoren) darstellt. 2) Liste des algues marines de Cherbourg, p. 85. 3) Es giebt mehrere Ectocarpen, bei denen die plu- riloculären Sporangien sich in der Mitte der Aeste be finden (vergl. z. B. Ktz. Tab. Phycol. , BandV; siehe auch die Bemerkung von Derbes et Solier über Ect. siliculosus in Mémoire sur quelques points de la physio- logie des algues, p. 48); aber von den Ectocarpen mit ver- zweigten pluriloculären Sporangien sind mir bis jetzt nur Ect. draparnaldiaeformis Ktz., obengenannter Soro- carpus uvaeformis und Stréblonema volubilis von Prings- heim , sowie Stréblonema sphaerica und Ectocarpidium Pitraeanum von Sperk (in seinem russisch geschriebe- nen Werke über die algologische Flora des Schwarzen Meeres) bekannt. Was Ect. draparnaldiaeformis Ktz. anbetrifft, den Kützing im Adriatischen Meere gefunden hat , so unterscheidet er sich nach seiner Beschreibung von Ect. siliculosus Lyngb. , der auch im Adriatischen Meere vorkommt, durch nichts als die Form des Sporan- giums. Daher und auf Grund der von mir gegebenen Auseinandersetzung bin ich der Meinung, dass Ect. dra- parnaldiaeformis Ktz. nichts anders , als Ect. siliculosus Lyngb. des Adriatischen Meeres mit verzweigten pluri- loculären Sporangien ist. 5 Die Brauntange des Finnischen Meerbusens. Fundort. Auf kleinen (an’s Ufer getriebenen?) Muscheln an dem südwestlichen Ufer der Insel Wulf bei Reval, am 27. Juni. Hier wurde er mit verzweigten pluriloculären Sporangien getroffen. In Menge auf den Klippen des nordöstlichen Ufers der Insel Abro (in der Arensburg- sclien Bucht der Insel Oesel ), am 19. Juli. Auf Klippen und zum Ufer getriebenem Fucus an der östlichen Seite der Insel Hog- land (am 27. Juli). Anderthalb Faden tief auf Fucus und den Uferklippen der Insel TrutJiolm (bei Hel- singfors, am 27. Juni und 8. August). Ectocarpus spalatinus Ktz. 1843 Ectocarpus spalatinus ß. ........ . Ktz. Phyc. gen. S. 288. 1845 Ectocarpus spalatinus ß. ........ . Id. Phyc. germ. S. 234. 1849 Ectocarpus spalatinus ß. ........ . Id. Spec. alg. S. 455. 1855 Ectocarpus spalatinus . Id. Tab. Phyc. Band Y, Taf. 63. 1872 Ectocarpus confervoides f. spalatina. . Kjellmann. Bidr. tili känned. om Scand, Ect. och Tilopt. S. 76. Diese Art , die im Finnischen Meerbusen vorkommt , stimmt in ihrem anatomischen Baue am meisten mit der Zeichnung und Beschreibung Kützing’s und unterscheidet sich von denselben nur dadurch, dass die Enden der Aeste, sich allmählich verdünnend, in ein feines farbloses Härchen übergehen , und dass ausser den gewöhnlichen lanzettförmigen pluriloculären Sporangien (Schoten) hier auch eiförmige uniloculäre Sporangien Vorkom- men, welche sitzend sind oder auf einem mehr oder weniger abgekürzten Stiele sich befin- den. Solche Zoosporangien wurden bei dieser Form auch von Kjellmann bemerkt. Fundort. Auf Klippen unweit des Cordon-Hauses beim Flecken Sillamäggi (13. Juni). Längs der Helsingfors' sehen Küste : in der Meerenge Ilästnäs-Sund auf Chorda Filum para- sitirend ; an den Ufern der Bucht Hummelvick , parasitirend auf Ceramium , Fucus , Clado- phora und anderen Algen (8. und 12. August). Ectocarpus approximativ var. halticus Kfz. Ktz. Phyc. gen. 288. Id. Ibid. S. 289, Taf. 12, Fig. IIP Id. Phyc. germ. S. 231. Id. Ibid. S. 233. Id. Spec. alg. S. 449. Id. Ibid. S. 452. Id. Tab. Phyc. Band Y, Taf. 79. 1843 Ectocarpus fasciculatus Ectocarpus verminosus . 1845 Ectocarpus verminosus Ectocarpus fasciculatus ß halticus . . . 1849 Ectocarpus verminosus . Ectocarpus approximatus ß balticus . . 1855 Corticularia verminosa .......... 6 Christoph Gobi, Diese Edocarpus- Art unterscheidet sich von allen anderen des Finnischen Meerhusens durch den merklich grösseren Durchmesser des Hauptstammes im Vergleich zu seinen Aesten. In der zweiten Hälfte des Juni wurde er immer mit zweierlei Fructificationsformen gesammelt: 1) uniloculäre eiförmigkugelige Sporangien (Oosporangien Thuret; Taf. I, Fig. 5 a)1), und 2) pluriloculäre schotenförmige Sporangien (Trichosporangien Thuret; Fig. 5 h), die in ihrer Länge sehr variiren. Die pluriloculären Schoten sind verkürzt oder verlän- gert — pfriemenförmig; an ihrem oberen (stumpfen oder spitzen) Ende sind sie gewöhnlich nackt und nur in ziemlich seltenen Fällen mit einem langen zarten gliederartigen Härchen versehen. Beide Fructificationsformen befinden sich immer gleichzeitig auf ein und dem- selben Individuum. Zu gleicher Zeit mit den oben beschriebenen Individuen kommen an denselben Orten (wie auch an einigen anderen) andere Exemplare vor, die mit den letzteren ganz identisch sind, sowohl in ihrem allgemeinen Habitus , wie auch in ihrer Fructification und im Baue ihres Thallus, und sich nur dadurch unterscheiden, dass im unteren Theilc des Stammes aus der Basis einiger seiner Zellen sehr feine, zarte, gegliederte, haarförmige Wurzelfäden (zu 1 bis 2 aus derselben Zelle) entstehen , die sich häufig verwickeln und den Stamm als ein falsches Rindensystem umgeben. Ich hatte einmal die Gelegenheit zu sehen, wie auf dem Grundgliede solch’ eines Wurzelfadens ein kurzes pluriloculäres Sporangium auf einem einzelligen Stiele sass. Kützing verwies bekanntlich solche Edocarpen in die Gattung Corticularia , nur führte er dies lange nicht streng genug durch2). Wenn wir die von ihm gegebenen Diagnosen seines Ed. fasciculatus 3) und der Corticularia verminosa vergleichen, so finden wir gar keinen wesentlichen Unterschied zwischen diesen beiden Formen, die An- oder Abwesenheit der genannten Wurzelfäden ausgenommen. Man muss auch nicht ver- gessen, dass die beiden Formen von ihm auf derselben Stelle in dem Meerbusen Spalato (im Adriatischen Meere) gefunden waren , was uns noch mehr von der möglichen Identität der beiden Formen überzeugt. Endlich muss man sich erinnern , dass man auch bei den Repräsentanten der Gattung Pilayella {Ed. littoralis der Autoren), die den Edocarpen nach ihrem Aeusseren und ihrer inneren Organisation — der vegetativen sowohl, wie der repro- ductiven Tlieile — sehr nahe stehen , sehr oft eben solche haarartige Bildungen bemerkt, die aber auch ebenso oft fehlen können. Deswegen wird schwerlich Jemand dem Beispiele Kützing’s folgen und die Anwesenheit der genannten Wurzelfäden für so wichtig halten, um sie als ein charakteristisches gattungsunterscheidendes Kennzeichen aufzufassen. 1) In einzelnen sehr seltenen Fällen hatte ich die Gelegenheit zu beobachten, dass auf solch’ einem Oospo- rangium noch ein ganz ähnliches ansass (Fig. 5 , c). Solche Fälle kann man nur als interessante Anomalien betrachten. 2) Z. B. Ect, bombycinus , Ect. rigidus zeichnçt er (Tab. phye. Band V) mit denselben Wurzelfädcu und doch bringt er sie nicht zu der Gattung Corticularia, sondern lässt sie, wie zuvor, unter den Ectocarpen. Hier wider- spricht Kützing sich seihst: in einem Falle hält er die Anwesenheit der Wurzelfäden für ein genügend charakte- ristisches Kennzeichen zur Aufstellung einer neuen Gat- tung , und in dem anderen Falle nicht. Das alles flösst uns Misstrauen zu dem von ihm betonten Unterschiede zwischen Edocarpus und Corticularia ein. 3) Diesen Edocarpus nennt er in seinem späteren Werke (Spec. alg. S 452) Ect. approximatus, um ihn von dem Ect. fasciculatus Harvey zu unterscheiden. Die Braüntange deb Finnischen Meerbusens. 7 F u n cl о r t. Längs der Reval’sclien Küste : 3 Faden tief, zwischen dem Flecken Bri- gitten und der Küste von Catharinenthal ; zwischen Chorda Filum oder auf Polysiplionia und Sphacelaria radicans parasitirend . Mehr als 4 Faden tief, eine halbe Werst vom Ufer des Fleckens Brigitten. Drei Faden tief, nördlich von der Insel Kariös , mit Bliodomela subfusca , Ceramium, Polysiphonia , oder parasitirend auf der letztgenannten Alge, so wie auch auf Furcellaria fastigiata. Fünf Faden tief, eine Werst vom Ufer des Fleckens Wiems entfernt. An der finnländischen Küste des Finnischen Meerhusens wurde diese Alge nicht gefunden. Ectocarpus fasciculatus Harv. 1824 Ectocarpus siliculosus var. penicillatus et caespitosus 1828 Ectocarpus siliculosus var. penicillatus et caespitosus 1848 Ectocarpus fasciculatus . . 1849 Ectocarpus fasciculatus. ......... Ectocarpus ceratoides ........... 1850 Ectocarpus fasciculatus . . . . 1851 Ectocarpus fasciculatus. . Ectocarpus fasciculatus 1855 Ectocarpus fasciculatus. ......... Ectocarpus ceratoides 1863 Ectocarpus fasciculatus C. Ag. Syst. alg. S. 162. Id. Spec. alg. Vol. II, S. 39. J. Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 22. Ktz. Spec. alg. S. 451 . Id. Ibid. S. 452. Aresch. Phyc. Scand. mar. S. 174. Harv. Phyc. Brit. Taf. 273. Wyatt. Alg. Dänin. №211. Ktz. Tab. Phyc. Band Y, Taf. 50. Id. Ibid. Taf. 55. Le Jol. Liste des alg. mar. d. Cherb. S. 76. Diese auch dem unbewaffneten Auge, wegen ihrer charakteristischen Endverästelung in einseitig-büschelartigen Sträusschen leicht kenntliche Art wurde Anfangs nur mit einer Fructificationsform beschrieben, nämlich mit pluriloculären , schotenförmigen Sporangien, die in ihrer Länge variiren. Areschoug gelang es aber auch die andere Form der Fruc- tification zu bemerken: eiförmige, uniloculäre Sporangien (Oosporangien Thuret). Diese letzte Form der Fructification giebt auch Kützing1) in seinen Tab. Phyc. (Band V, Fig. 50) bei diesem Ectocarpus an. Obschoii ich die beiden oben genannten Fructificationsformen auf den finnländischen Exemplaren gesehen habe , muss ich bemerken , dass die eiförmigen uniloculären Sporan- gien nur sehr selten Vorkommen: ihre Anwesenheit zeigte sich nur nach beharrlichster und sorgsamster Beobachtung. 1) Diese Zeichnung giebt aber den Habitus der Alge schlecht wieder. 8 Christoph Gobi, Fundort. Helsingfors’sche Scheelen , z. B. an der südlichen Seite der Insel Oert- holm , auf Klippen; in einer Tiefe von 1 Arschin und weniger (29. Juni). Diese Ectocarpus- Art, die ziemlich weit verbreitet ist (die westlichen Küsten Europa’s, das Mittelländische Meer, die nordöstlichen Küsten von Nord-Amerika), ist bis jetzt noch nicht in der Ostsee gefunden worden. Ihr nächster Standort ist der Skagerrack , wo sie von Magnus in den ArendaTschen Scheeren angetrolfen wurde. Es kann sein, dass dieScheeren ihr bevorzugter Aufenthalt sind, da sie von mir auf dem esthländischen Ufer, dessen Bildung, wie bekannt, ganz verschieden von der des finnländischen ist, nicht aufgefunden wurde. Spbacelaria radicaus (Dillw.) C. Ag. 1809 Conferva olivacea Conferva radicans ? Conferva radicans . . . . 1824 Spbacelaria radicans 1828 Spbacelaria cirrhosa var. simplex . . . 1843 Spbacelaria olivacea 1845 Spbacelaria irregularis var. radicans. . 1848 Spbacelaria olivacea var. radicans . . . 1849 Spbacelaria radicans. . Spbacelaria olivacea . . . . - Spbacelaria radicans. ........... 1850 Spbacelaria olivacea var. radicans . . . 1851 Spbacelaria radicans. . • Dillw. Brit. Conf. S. 57, Taf. C. Id. Ibid. Engl. Bot. Taf. 2138. C. Ag. Syst. alg. S. 165. Id. Spec. alg. Vol. II, S. 29. Ktz. Phyc. gen. S. 292. Id. Phyc. germ. S. 239. J. Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 30. Ktz. Spec. alg. S. 463. Id. Ibid. S. 466. Harv. Phyc. Brit. Taf. 189. Arescli. Phyc. Scand. mar. S. 169. Harv. Ner. Bor. Amer. Theil I, S. 137. Bekanntlich besitzt diese Alge besondere Verästelungen, sogenannte Wurzelfäden, die dem Thallus dicht anliegen und seiner Länge nach hinauf- oder hinablaufen, zuweilen aber auch von ihm seitwärts abstehen. Mittelst derselben wird die Alge am Substrat befestigt und ausserdem dienen sie noch zur ungeschlechtlichen Vermehrung , wie die kriechenden Ausläufer der höheren Pflanzen. Sehr oft kommt auf dem Hauptstiele die Anlage dieser Bildungen als halbkugelig auswachsende Anschwellung vor, deren wirkliche Bedeutung nicht gleich erkennbar ist, da sie nach ihrem Aussehen nichts Gemeinschaftliches mit dem haben, was daraus später entsteht. Sowohl auf den Wurzelfäden, wie auch auf den eigent- lichen Aesten , können Fructificationsorgane — uniloculäre Sporangien — Vorkommen, was auch kein besonders seltener Fall ist , da dasselbe Factum von mir auch bei dem Ed. approximatifs Ktz. (siehe S. 6) bemerkt worden ist. Diese Fructificationsform ausgenom- men habe ich keine andere bei dieser Alge bemerkt. Fundort. Kommt längs der ganzen esthländischen Küste des Finnischen Meer- busens vor, sowohl in seichtem Wasser, fast ganz am Ufer, wie auch in bedeutenden Tiefen, z. B. 11 — 13 Faden. In geringer Quantität traf ich sie auch bei Hapsal , 2 Faden tief, Die Brauntange des Finnischen Meerbusens. 9 2 Werst von dem südlichen Ufer der Hapsal’schen Bucht, gegenüber demOertchen Pullapä; in grosser Menge jedoch wächst sie auf grobkörnigem Sande oder Lelim in der Bucht von Narwa , in der Nähe des Fleckens Sillamäggi und bei dem von dem letzteren westlich gele- genen Cordon-Hause : sie ist hier in so grosser Quantität vorhanden, dass sie alle anderen Wasserpflanzen verdrängt. Durch die Wellen wird sie an’s Ufer geworfen, wo sie sich als ein dunkler, auf dem hellen sandigen Ufer scharf in die Augen springender Streifen be- merklich macht. Unweit des auf dem hohen Ufer sich befindenden Cordon-Hauses kommt sie schon etwa 50 Faden vom Ufer entfernt, 4 Faden tief, auf Lehm vor; beim Flecken Silla- mäggi selbst , 5 Faden tief, in der Entfernung von circa einer halben Werst auf Sand; sie geht aber auch weiter in’s Meer, etwa V) 2 Werst vom Ufer, wo ich sie 7 Faden tief und sogar tiefer antraf. Fast überall fand ich sie hier sehr stark fructificirend. An andern Orten, die ich besuchte, kam sie auch oft genug vor, aber lange nicht in solcher. Quantität. Es ist zu vermuthen , dass es ihrer auch viel beim Flecken Orro giebt (etwas westlicher von Sillamäggi ) , von wo man mir einige fructificirende Exemplare schickte , die am Ufer gesammelt waren. Diese Alge kommt auch an der gegenüberliegenden finnländischen Küste des Finnischen Meerbusens ,. nämlich zwischen den Heising fors1 sehen Scheeren vor; jedoch ist sie dort viel seltener, und wurde dabei fast ohne Fructification gefunden. Ausserhalb unsers Gebiets ist diese Alge bis jetzt nur in den Gewässern des Atlanti- schen Océans (an der nordöstlichen Küste Nord-Amerikas, an den Ufern Grossbritanniens, Frankreichs), in der Nordsee (Helgoland, an den Ufern Norwegens), und, nach Kützing, auch im Adriatischen Meere getroffen worden. An allen diesen Standorten wird sie als Seltenheit betrachtet. Was aber ihr Vorkommen in der Ostsee anbetrifft , so wurde sie nach Agardh und Ar es chou g nur für den Skagerrack angegeben; ihr Vorkommen in der Ostsee führt Harvey zwar an, aber ohne nähere Angabe des Fundortes. In dem Algenverzeichniss von Caspary, das er für den Theil des preussischen Ufers unweit Königsberg giebt , wird nur Sphacelaria cirrhosa Ag. erwähnt. Sph. cirrhosa Ag. wird auch für verschiedene Theile der Ostsee von Magnus, Jessen und Lenz angegeben in dem unlängst erschienenen Bericht der Expedition, die 1871 von der preussischen Re- gierung zu physikalisch-chemischen und biologischen Untersuchungen dieses Meeres aus- gerüstet wurde. So ist denn Sphacelaria radicans C. Ag. durch die Sonderbarkeit ihrer geographischen Verbreitung bemerkenswert!! : durch die Seltenheit ihres Vorkommens im Westen in den Gewässern des Océans , durch ihre bedeutende Verbreitung im Finnischen Meerbusen, dessen Salzgehalt fünf Mal geringer als der des Océans ist, und endlich durch ihr scheinbar gänzliches F ehlen in der Ostsee selbst. Mémoires do l’Acad. Imp. des scieuces, Vll Serie. 2 10 Christoph Gobi, Elachista stellaris Aresch. 1842 Elachista stellaris Aresch.Linnaea, 1842, S. 233, T. VIII. Fig.3. 1848 Elachista stellaris J. Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 9. 1849 Phycophila stellaris Ktz. Spec. alg. S. 541. Die Fäden dieser Alge divergiren sternförmig von dem Basilartheil der Alge aus, welcher aus kleinen , runden , dickwandigen Zellen besteht. Die an der Basis schmalen Fäden verbreitern sich allmählich gegen die Mitte und nehmen zur Spitze wieder allmählich an Breite ab. Die Zellen der Fäden sind entweder cylindrisch oder etwas angeschwollen, länglichen Tönnchen ähnelnd. Die Länge der unteren Zellen ist ihrem Durchmesser fast gleich (etwas grösser oder kleiner); mit der Annäherung derselben zur Spitze des Fadens vergrössert sich ihre Länge im Vergleich zum Durchmesser mehr und mehr, an der Spitze aber übertrifft sie den Durchmesser bis um’s Vierfache. Zwischen den langen Fäden sind viele kurze vorhanden, deren Zellen meistentheils eine geringere Breite als die der langen Fäden besitzen. Die von mir gesammelten Exemplare waren alle steril. Fun d о r t. Wurde nur im RcvaV sehen Meerbusen, auf Fucus parasitirend, gefunden, 3— 4(4 Faden tief, und in derBucht Rogerwiek (. Baltischport ) auf Fucus , der an die nordöst- lichen Ufer der beiden Inseln Rogö getrieben war. Elachista fucicola (Vellcy) Fries. 1806 Conferva ferruginea . Roth. Cat. Bot. Vol. III, S. 274. 1809 Conferva fucicola Dillw. Brit. Conf. Taf. 66. 1819 Conferva fucicola. Lyngb. Tent. Hydr. Dan. S. 146, Taf. 50, Fig. B. 1845 Phycophila ferruginea Ktz. Phyc. germ. S. 265. 1848 Elachista fucicola J. Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 12. 1849 Phycophila ferruginea Ktz. Spec. alg. S. 541. Agardh führt als Synonyme dieser Alge die Lyngbye’schen Conferva fucicola und Conferva flaccida an. Was die Conf. fucicola anbetrifft, so ist sie wirklich identisch mit der von Agardh genannten Alge; was aber Conf. flaccida anbelangt, so entspricht sie gar nicht der von ihm gegebenen Beschreibung. Elachista fucicola unterscheidet sich haupt- sächlich: 1) durch die Verästelung ihrer Fäden an der Basis, die ich nie bei Elachista flaccida gesehen habe, und 2) durch den Inhalt ihrer Zellen; bei El. fucicola besteht letz- terer aus lauter kleinen Körnchen , wie es Lyngbve sehr gut zeichnet, bei El. flaccida aber bildet er ein zartes Netz, das aus einem in der Mitte der Zelle liegenden Zellkern und von ihm nach allen Seiten ausstrahlenden zarten Stromfäden besteht , worauf zum Theil auch Lyngbye hindeutet. Die Brauntange des Finnischen Meerbusens. 11 Fundort. An der finnländisclien Küste in den Helsingfors’schen Scheeren (an den Ufern der Insel Oertholm , der Bucht Hummelwiek u. s. w.). Längs der esthländischen Küste wurde sie auf angeschwemmtem Fucus in der Bucht Lagospä oder Lachend (östlich von dem Vorgebirge Palcerort ), am Ufer des Pachthauses Leetz gefunden. Kommt immer zu- sammen mit andern Algen auf Fucus vesiculosus parasitirend vor. Elacliista flaccida (Dillw.). 1819 Conferva flaccida Lyngb. Teilt. Hydr. Dan. S. 146, Taf. 50, A. 1845 Elacliista flaccida. t Rah. Deutschi. Crypt. Fl. Vol. II, Abtli. II, S. 178. In Linnaea 1842 spricht Areschoug von der Lyngbye’schen Conf. flaccida als Syn- onym der von ihm als Art angenommenen Flacliista fucicola Fr., aber weder die von ihm angeführte Beschreibung dieser Art, noch die Fig. 7 auf Taf. VIII stimmen mit dem, was Lyngbye sagt und zeichnet, und was nach unserer Meinung ziemlich richtig und genau ist, überein. Agardh folgt Areschoug (Spec. gen. et ord. alg. S. 12), mit der Abwei- chung, dass er als Synonym für Ж fucicola Fr. nicht nur die Lyngbye’sche Conf. flaccida, sondern auch Conf. fucicola angiebt. Damit verwechselt er zwei solche Arten , die schon Lyngbye zu unterscheiden wusste und die sich auch wirklich sehr gut unterscheiden lassen (siehe S. 10)1). Fundort. In dem RevaTschen Meerbusen , 3 Faden tief, zwischen dem Flecken Brigitten und dem Ufer von Catharinenthal; auch im Rogerwiek (Baltischport), in seichtem Wasser , am nordöstlichen Ufer der Insel Klein-Rogö. In beiden Fällen auf Fucus vesicu- losus parasitirend. Ralfsia verrucosa Arescli. 1843 Cruoria verrucosa Aresch. Linnaea, 1843, S. 264. 1) Elacliista flaccida Areschoug (in Linnaea, 1843, S. 262) kann nicht hierher gebracht werden , weil sie nach den Worten Areschoug’s mit seiner Elacliista curta (Linnaea, 1842, S. 234) identisch ist, welche sowohl nach der Beschreibung , wie nach der Zeichnung gar nicht an die Art erinnert, von der Lyngbye spricht, obwohl sie sich Beide auf dieselbe -Pflanze Dillwyn’s, nämlich Conferva flaccida beziehen , die aber mehr mit derBeschreibungLyngby e’s und gar nicht mit der Are- schoug’s übereinstimmt. Ebenso kann hier nicht Phycophila flaccida Kt г. (Spec. alg. S. 54) als Synonym aufgezählt werden, da sich dieselbe sowohl auf Conf. flaccida Lyngbye’s,wie auf die oben erwähnte El.flaccidavonAre schoug bezieht; dabei gleicht Kützing’s Beschreibung so wie auch seine Zeich- nung in Tab. Phyc. Taf. 100 der von Areschoug und nicht der von Lyngbye. Ebensowenig kann El. flaccida Agardh’s (Spec. gen. et ord. alg. S. 11) Synonym sein, da der Name sich auf El. flaccida und Ш. curta Areschoug bezieht. Ausserdem bezieht sich Agardh noch auf Conf .flaccida Dillw., aber dabei sagt er, dass die von ihm citirte Di 11- wyn’sche Pflanze sehr schlecht mit der von ihm gemein- ten Alge übereinstimmt. Alles dieses spricht für unsere Meinung , nämlich, dass alle diese Autoren kein Recht hatten , in diesem Falle sich auf Lyngbye und Dillwyn zu beziehen, deren Pflanze eine ganz andere ist als diejenige, welche sie selbst unter demselben Namen beschrieben haben. 2* 12 Christoph Gobi, 1846 Ralfsia deusta. . . . , Harv. Phyc. Brit. Taf. 98. 1848 Ralfsia verrucosa J. Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 62. 1850 Ralfsia verrucosa Aresch. Phyc. Scand. mar. S. 140. Fundort. Wird überall im Finnischen Meerbusen, aber viel öfter und in grösserer Zahl in den finnländischen Gewässern als in den esthländischen angetroffen. Besonders oft kommt sie in den Heising fors' sehen Scheeren und bei der Insel Hochland vor; sie wird auch in dem Poyo' sehen Meerbusen gefunden, in der Nähe von Ekenäs (z. B. zwischen der Insel Dageroe und dem Flecken Wittsand). In den esthländischen Gewässern fand ich sie nur an folgenden Stellen und dabei in sehr geringer Zahl: in der Reval’schen Bucht (Insel Kariös und Wulf) , in der Nähe von Baltischport (Insel Klein-Bogö) und in der Arensburg' sehen Bucht der Insel Oesel. Gewöhnlich wächst sie in einer Tiefe von 1 — 17 Faden (Insel Hochland ); ganz nahe an den Ufern ist sie selten zu treffen (Insel Kariös und Klein-Bogö). Sie überzieht die grossen und kleinén Steine als eine dünne, häutige, dunkelbraune, glän- zende Hülle, die alle Höhlungen und Vertiefungen regelmässig auskleidet. Auf den von ihr bewohnten Steinen trifft man oft Fur cell aria, Polysiphonia, SpJiacelaria und andere Algen. In der Ostsee wurde sie bisher nur in ihren westlichen Theilen bemerkt , nämlich in den Buchten von Kiel und Neustadt 1). Cladosiphon haïtiens il sp. 1843 Cladosiphon Ktz. Phyc. gen. S. 329, Taf. 25, I. 1848 Cladosiphon J. Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 54. 1849 Cladosiphon Ktz. Spec. alg. S. 547. Diese Alge, die im Finnischen Meerbusen vorkommt, erreicht eine Grösse von 2 — 5 Zoll. Ihr sehr kurzer dünner Stiel ist vermittelst einer sehr kleinen , fast unbemerkbaren disknsartigen Haftscheibe auf dem Substrate befestigt (Taf. I, Fig. 7, 8, 9, 10). Der Stiel geht seinerseits wieder in den dickeren röhrenförmigen Thallus über; dieser letztere endigt entweder keulenförmig (Fig. 8), oder verschmälert sich wieder an seiner freien Spitze. Der Thallus gleicht einem sehr feinen, ausgedehnten Darm, der fast einfach , nicht verästelt ist (Fig. 8) , öfters aber eine sehr geringe Zahl von Aesten verschiedener Grösse besitzt , die ohne alle Ordnung auf dem Hauptstamme zerstreut sind , von dem sie fast unter rechtem Winkel abstehen (Fig. 7, 9, 10). Die ganze Alge ist ziemlich dicht mit langen, haarför- migen, farblosen, gegliederten und unverästelten Fäden bedeckt (Fig. 11, f); sie ist von grauer Färbung , sehr weich , schleimig und schlüpfrig und klebt daher beim Trocknen leicht an das Papier. lpVergl. Bericht der Expedition zur physikal.-che- I auf S. Maj. Avisodampfer Pomerania. Berlin , 1878 misch, und biolog. Unters, der Ostsee , im Sommer 1871 | Seite 1G3. Die Brauntange des Finnischen Meerbusens. 13 Das innere Gewebe bestellt aus schmalen , verlängerten , durchsichtigen und theils gekrümmten Zellen (Fig. 11,«), die sich nur an einigen Stellen ihrer Oberfläche vermittelst ihrer Enden oder auch kleiner seitlicher Ausstülpungen berühren. Diese Verbindungsart der Zellen bedingt die ausserordentliche Lockerheit der inneren Schicht, die den Hohlraum des Thallus unmittelbar umgiebt. Auf diese Schicht folgt eine andere, die aus kürzeren, oval - angeschwollenen Zellen , b , besteht , welche zur Peripherie hin allmählich kleiner werden und endlich in die kleinen abgerundeten Zellen, c, der äusseren Schicht übergehen; letztere sind in kurze, unverästelte , perlschnurartige Fäden, d, ausge- wachsen , an deren Basis , auf der ganzen Schichte zerstreut, einzellige verkehrt-eiförmige Sporangien, e, (OosporangienThuret) sitzen. Diese perlschnurartigen, unter rechtem Winkel von der Axe abstehenden , die peripherische Schicht der ganzen Alge bildenden Fäden sind zuweilen sehr schwach oder auch gar nicht entwickelt; im letzteren Falle ist die äussere, diese Fäden unmittelbar hervorbringende Schichte des Thallus , die , wie gesagt, aus kleinen , rundlichen Zellen besteht , entblösst. In solchem Zustande unter dem Mi- kroskop fixirt , gleicht diese äussere Schicht so sehr der äusseren epidermalen Schicht von Dictyosiphon foeniculaceus , dass man die Pflanze , wenn kein Unterschied im innern anatomischen Bau der Alge vorhanden wäre, leicht mit Dictyosiphon foeniculaceus ver- wechseln könnte. Fundort. Kommt zusammen mit Dictyosiphon foeniculaceus Gr e v. vor : auf Klippen am südwestlichen Ufer der Insel Wulf bei Keval, 27. Juni; am nordöstlichen Ufer der Insel Abro (in der Arensburg' sehen Bucht der Insel Oesef 19. Juli); am östlichen Ufer der Insel Hoch- land (27. Juli). In den Heising fors' sehen Scheeren: auf Steinen und Felsen bei der Insel Hästnäsholm (31. Juli) und der Insel Oertholm (4. August). Aus dem angegebenen Ueberblick der Fundorte dieser Alge sieht man, dass sie nicht nur in den Gewässern des Finnischen Meerbusens, sondern auch in der Ostsee (Insel Oesel ) gefunden wird; daher der von mir gegebene Species-Name. Das Vorkommen dieser Alge in dem von uns untersuchten Gebiete ist um so interessanter , weil alle bis jetzt bekannten Cladosiphon- Arten nur im Mittelländischen Meere (Clad. mediterraneus Ktz., Clad. Giraudii J. Ag.), im Rothen Meere (Clad. erythraeus J. Ag.) und im Stillen Océan , an den Küsten Neu-Hollands (Clad. Chordciria Harv.) aufgefunden worden sind. Dictyosiphon focmiculacens Grev. 1819 Scytosiphon foeniculaceus Lyngb. Tent. Hydr. Dan. S. 63, Taf. 14, C. Fig. 1 (nicht 3). 1830 Dictyosiphon foeniculaceus Grev. Alg. Brit. S. 56, Taf. VIII. 1843 Dictyosiphon foeniculaceus Ktz. Pliyc. gen. S. 301. 1845 Dictyosiphon foeniculaceus Id. Phyc. germ. S. 248. 1848 Dictyosiphon foeniculaceus. ....... Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 82. 14 Chkistoph Gobi, 1849 Dictyosiplion foeniculaceus Ktz. Spec. alg. S. 485. 1850 Dictyosiplion foeniculaceus, forma ß. . Arescli. Pliyc. Scand. mar. S. 148. 1851 Dictyosiplion foeniculaceus Harv. Phyc. Brit. Taf. 326. 1856 Dictyosiplion foeniculaceus Ktz. Tab. Phyc. Band VI, Taf. 51. Diese Alge kommt im Finnischen Meerbusen mit epidermalen Zellen verschiedener Grösse vor: auf einigen Exemplaren sind sie klein, auf anderen gross und die Grösse der Zellen ist bei verschiedenen Individuen von grosser Beständigkeit , obschon auch Exemplare mit mittlerer Grösse der epidermaleil Zellen Vorkommen. Oft is t sie auch mit un verästelten , farblosen , haarförmigen , gegliederten Fäden be- kleidet, die entweder die ganze Alge dicht bedecken, oder nur auf ihren oberen Aesten und Verästelungen Vorkommen; die Fäden können sehr undicht sein, oder auch ganz fehlen. Daher kann eine grössere oder geringere Bekleidung des Thallus mit diesen haarförmigen Fäden , oder die gänzliche Abwesenheit derselben nicht als ein charakteristisches Kenn- zeichen dieser Art angesehen werden. Fundort. A. Mit kleinen epidermalen Zellen. Längs der esthländischen Küste: in unzähliger Menge zusammen mit der folgenden Varietät und auch mit Cladosiphon balti- cus nob. auf Klippen und auch auf an den Klippen wachsendem Fucus (an dem südwestlichen Ufer der Insel Wulf). An der nordöstlichen Seite der Insel Klein-Bogö, dicht am Ufer. Längs der finnländisclien Küste: in den Helsingfors' sehen Scheeren z. B. bei den Inseln Rysshalmarne , Hästnäsholm , Trutholm , Oertholm. An der östlichen Seite der Insel Hochland , auf den Uferklippen; auch auf Fucus , 5 Faden tief, mit Fructification. В. Mit grossen epidermalen Zellen. Längs der esthländischen Küste: auf Ceramium , 3 Faden tief, nördlich von der Insel Kariös. Zusammen mit der erstgenannten Varietät in Masse auf Klippen an dem südwestlichen Ufer der Insel Wulf. Zwischen der in Gesellschaft von Fucus auf Steinen wachsenden Polysiphonia , 4 Faden tief, am nordöstlichen Ufer der Insel Klein-Bogö. Auf Zoster a , mit anderen Algen , zwischen den beiden Inseln Bogö. Zwischen Potamogeton , 1 Faden tief, an dem südwestlichen Ufer von Klein-Bogö (hier hatte sie fast gar keine haarförmigen Fäden und sehr grosse Epidermiszellen). Auf Zostera , 2 Faden tief an dem westlichen Ufer der Insel Gross-Bogö (hier war sie dicht mit haarförmigen Fäden bedeckt). In geringerer Anzahl, zusammen mit Cladosiphon balticus nob., auf Klip- pen, am südöstlichen Ufer der Insel Äbro (in der Arensburg' sehen Bucht der Insel Oesel ), wo sie ebenfalls dicht mit haarförmigen Fäden bedeckt war. Längs der finnländisclien Küste : in den Helsingfors' sehen Scheeren, zusammen mit der vorhergehenden Varietät auf Chorda , auf an Klippen und Felsen wachsendem Fucus (in der Bucht Hummelwiek Insel Oertholm, Trutholm). Kommt in grosser Quantität sowohl fast ohne haarförmige Fäden, als auch dicht mit denselben bedeckt, steril und auch reich- lich fructificirend vor г). 1) Areschoug fond an den Küsten Scandinaviens solche Exemplare, bei denen der untere Theil des Thal- lus durch seinen Bau an Chonlaria flagélliformis erin- nerte, während der Bau der Aesteund der Verästelungen Die Brauntange des Finnischen Meerbusens. 15 Dictyosiphon tortilis (Rupr.). 1851 Scytosiphon tortilis Rupr. in Middendorff’s Sibir. Reise. Band I, Theil 2, S. 373. Ihrem äusseren Aussehen nach ist diese Alge dem Dictyosiphon foeniculaceus Grev. sehr ähnlich, und kann sehr leicht damit verwechselt werden, wenn man die beiden Algen mit blossem Auge betrachtet. Der Unterschied wird nur unter dem Mikroskope erkennbar. Der ganze Thallus des Dictyos. foeniculaceus Grev. ist, wie bekannt, gleichförmig; nirgends macht sich eine Zusammensetzung aus Internodien , wie es z. B. bei den Sphace - larieen vorkommt , bemerkbar , und ausserdem ist er bis zu seinen letzten Verästelungen mit einer Rinde von mehr oder weniger polygonalen Zellen bedeckt. Ganz anders ist es bei der angeführten Alge; der Bau ihres Thallus aus luternodien (wie sich Agardh aus- drückt: frons articulata, monosiphonia) ist ganz deutlich, besonders in ihren mittleren und oberen Theilen, die ganz ohne Rinde sind (Taf. II, Fig. 12, 13, 14) zu erkennen; diese letztere bedeckt nur die unteren Tlicile des Thallus (Fig. 15); dabei ist sowohl die Form, wie die Grösse der Zellen dieser Rinde ganz verschieden von denen des Dictyos. foenicula- ceus Gr ev., sie sind nämlich länglich gerundet und parallel derAxe des Thallus in verticale oder etwas schräge Reihen angeordnet (was von einer Drehung oder Torsion des Thallus um seine Axe herrührt). Besonders die oberen Theile des Thallus dieser Alge sind zuweilen mit farblosen gegliederten Härchen versehen , die gewöhnlich einander gegenüber gestellt sind und die jungen Verästelungen beschliessen (Fig. 12, 14). Die Zahl dieser Härchen ist aber hier unbedeutend im Vergleich mit der ähnlichen Behaarung bei dem Dictyos. foeniculaceus Grev., und sehr oft kommen sie auch gar nicht vor. Ausser Ruprecht, der diese Alge mit wenigen Worten unter dem Namen Scytosiphon sich durch Nichts von dem Bau des Dictyosiphon foeni- culaceus. unterschied. «Vielleicht , sagt Areschoug, kann man diese beiden Pflanzen als eine auf der anderen parasitirend ansehen? Das zeigt Fig. A der Taf. VI an, wo die durch b bezeichneten Theile den Bau der Chor- daria flagelliformis und die durch a den anatomischen Bau von Dictyosiphon haben». (Phyc. Scand. mar. S. 148). Ungeachtet eines so deutlichen Parasitismus einer Form auf der andern, will Areschoug doch nicht die Selbstständigkeit der Art Dictyosiphon foeniculaceus an- erkennen, und betrachtet sie nur als eine sporentragende Form der Chordaria flagelliformis. Es ist sehr schwer, eine solche Ansicht zu theilen, weil der Parasitismus der Algen auf einander gar nicht selten vorkommt: man kann ihn auf jedem Schritt be- obachten. Wenn Dictyosiphon foeniculaceus und Chordaria fla- gelliformis Parasiten sein und auf sich Parasiten tragen können, — wie es nicht selten in der Natur vorkommt — warum könnten dann nicht diese beiden Algen auch auf einander parasitiren? In den Gewässern des Finnischen Meerbusens kommt sehr oft Dictyosiphon foeniculaceus in Gesellschaft niitj Cladosiphon balticus nob. (siehe S. 13) vor, und sie wach- sen zuweilen so dicht zusammen , dass , wenn wir vom Steine sehr vorsichtig, um die Basis nicht zu beschädigen» ein Büschelchen von Dictyosiphon abnehmen , wir fast immer auch einige Exemplare von Cladosiphon mit herun- ternehmen und auch umgekehrt: so nahe sind sie an einander durch ihre Grundtheile auf dem Substrat be- festigt. Es ist also alle Möglichkeit vorhanden , dass diese beiden Formen eine auf der andern parasitiren können. (Ueber einen ähnlichen Fall von Parasitismus von Chordaria flagelliformis auf Dictyosiphon tortilis siehe Ruprecht in Middendorff’s Sibir. Reis. Band I, Theil 2, S. 374). 16 Christoph Gobi, tortilis nach Exemplaren aus dem Meere von Ochötsk Q beschrieben hat , kenne ich Niemand, der ihrer erwähnt hätte1 2). Ihre eigentliche Stellung im System zu bezeichnen, ist sehr schwer , da es bis jetzt noch keine genügenden Anhaltspunkte giebt , um genau zu entscheiden, ob sie zu den Sphacelarieen oder zur Gattung Scytosiphon , jetzt gewöhnlich als Dictyosiphon bezeichnet , gehöre. Nach ihrem anatomischen Baue zu urtheilen , steht sie ohne Zweifel den Sphacelarieen näher; zu meinem Bedauern aber hatte ich nie Gele- genheit, ihre Fructificationsorgane zu sehen; was aber Ruprecht für solche nahm, indem er sie Fruchtzellen nannte, sind nur die Rindenzellen, die auf dem Querschnitte des Thallus, Fig. 16 (d. h. in der Art, wie sie Ruprecht gesehen hat), wirklich, wie er sagt: «vollkom- men eingeschlossen, bald ganz herausragend3), stets kugelig», sind. Fundort. Eine der am meisten verbreiteten Algen des Finnischen Meerbusens, die sowohl an den beiden Küsten (besonders häufig bei Reval , Baltischport , in den Heising-, fors’’ sehen Scheeren), wie auch in der Mitte desselben vorkommt, z. B. in Masse hei der Insel Hochland. Sehr oft wird sie an’s Ufer getrieben. Ich fand sie auch in der Ostsee , hei der Insel Oesel (in der Arensburg’schen Bucht an dem nordöstlichen Ufer der Insel Äbro), jedoch in geringer Anzahl. Wächst dicht an den Ufern auf Klippen , Felsen und auch in der Tiefe (hei Reval z. B. traf ich sie 5 Faden tief). Bei Baltischport (südöstliches Ufer der Insel Klein-Rogö ) kommt sie mitten unter Potamogeton und Zostera vor. Als andere Fundorte sind bis jetzt nur das Ochotskische Meer und die europäische Küste des Nördlichen Eismeeres bekannt (Ruprecht). Mesogloia Zosterae (Lyngb.) Aresch. 1819 Linckia Zosterae 1841 Myriocladia Zosterae 1842 Mesogloia Zosterae 1848 Myriocladia Zosterae 1850 Mesogloia Zosterae 1) Von der Identität der finnischen Alge mit der, die sich in dem Meere von Ochotsk befindet, habe ich mich durch die Ansicht der Original-Exemplare, die im Herbarium der St. Petersburger Akademie der Wissen- schaften aufbewahrt werden und nach denen die Art von Ruprecht beschrieben ist, vollkommen überzeugen können. Ruprecht sagt übrigens schon in seiner Be- schreibung , dass diese Alge ihm schon längst aus dem Finnischen Meerbusen bekannt sei , wo sie in grosser Anzahl vorkomme. Lyngb. Teilt. Hydr. Dan. S. 194, Taf. 66, C. J. Ag. Linuaea, 1841, Band XV, S. 49. Aresch. Linuaea, 1842, Band XVI, S. 228, Taf. VIII, Fig. I u. I b. J. Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 53. Aresch. Phyc. Scand. mar. S. 152. 2) Ihr gleicht auch die von Lyngb у e für den Dictyos. foeniculaceus angegebene Fig. 3 (Tent. Hydr. Dan. Taf. 14, C) , auf die sich auch Greville bezieht (Alg. Brit. S. 56 , unten) , indem er hinzufügt , dass er solch’ eine Form des Dictyosiphon nie gesehen habe. Es kann sein, dass Lyngbye unsere Alge mit dem echten Dictyos. foeniculaceus verwechselte , da beide grosse Aehnlichkeit haben. 3) Dies tritt in dem Falle ein, wenn der Querschnitt nicht gut gelungen ist. Die Bbauntange des Finnischen Meeebüsens. 17 F u в d о r t. Kommt ausschliesslich nur an der esthländischen Küste vor T) , z. B. im RevaV sehen Meerbusen, wo sie übrigens sehr selten ist , und im Rogerwiek , um die beiden Inseln Rogö (besonders häufig ist sie an den südlichen. Seiten und in der Meerenge zwischen den beiden Inseln). Wächst in verschiedenen Tiefen von 1 bis 13 Faden (am nordöstlichen Ufer der Insel Klein-Rogö ) , auf Chorda und anderen Algen , so wie auch auf den Blättern der Zostera (in der Meerenge zwischen den beiden Inseln Rogö). Ucberall traf ich sie reichlich fructificirend. In den östlichen Theilen der Ostsee war sie bis jetzt nur bei Slitehamn gefunden, am östlichen Ufer der Insel Gothland1 2). Leatliesia difformis (L.) Aresch 1824 Corynephora marina. 1843 Corynophlaea baltica. 1845 Corynophlaea baltica 1848 Leathesia marina. . . 1849 Corynophlaea baltica 1850 Leathesia difformis. . 1858 Corynophlaea baltica C. Ag. Syst. alg. S. 24. Ktz. Pliyc. gen. S. 331. Id. Phyc. germ. S. 266. J. Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 52. Ktz. Spec. alg. S. 543. Aresch. Phyc. Scand. mar. S. 154. Ktz. Tab. Phyc. Band VIII, Taf. 2. Fundort. Im RevaV sehen Meerbusen, 5 Faden tief, eine Werst vom Ufer des Fleckens Wiems entfernt. Ich traf sie nur an der bezeichneten Stelle und auch nur ein Mal. Einige Exemplare derselben waren auf einem halbverfaulten Stückchen einer Pflanze befestigt; die Alge hatte das Aussehen einer jungen Rivularia- Kolonie , von der Grösse eines starken Stecknadel- köpfchens; aber ihrer geringen Grösse ungeachtet, hatte sie schon fertige Sporangicn, jedoch in sehr geringer Anzahl. Sie besass keine borstenartigen Härchen. Da diese Alge bis jetzt nur im westlichen Theile der Ostsee , an der Küste Schles- wigs3) und nicht östlicher gefunden worden ist, so war es interessant, sie auch im Fin- nischen Meerbusen anzutreffen , wo sie allerdings als eine grosse Seltenheit zu be- trachten ist. 1) Nach mündlicher Mittheilung des Herrn Prof. Lindberg, in Helsingfors, kommt sie auch bei der Insel Hochland vor , wo er sie einst auf Chorda filum gesehen hat. Wir wollen gar nicht die Wahrheit dieses Zeug- nisses bezweifeln, müssen jedoch bemerken, dass wir, wäh- rend unseres Aufenthalts auf dieser Insel , dort weder Mesogloia Zosterae, noch Chorda filum getroffen haben. 2) Krok. Bidr. tili känned. om Alg.-floran i inre Oster-sjön och Bottniska-viken, S. 86. 3) Vergl. Expedition zur physik.-chemischen und biologischen Untersuchung der Ostsee im Sommer 1871 auf S. M. Avisodampfer Pomerania. Berlin , 1873, S. 163. Mémoires de FAcad. Imp. des scioucos, VI 1 £erk. 3 18 Christoph Gobi, Chorda Filum (L.) Lam. 1819 Chorda Filum Lyngb. Tent. Hydr. Dan. S. 72. 1830 Chorda Filum. . Grev. Alg. Brit. S. 47, Taf. VII. 1843 Chorda Filum Ktz. Pliyc. gen. S. 334, Taf. 29. 1846 Chorda Filum Harv. Pliyc. Brit. Taf. 107. 1848 Scytosiphon Filum J. Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 126. 1849 Chorda Filum Ktz. Spec. alg. S. 548. 1850 Chorda Filum Aresch. Pliyc. Scand. mar. S. 142. Fundort. An der Küste Finnlands kommt sie sehr oft in den Heising fors' sehen Scheeren vor, z. B. in der Meerenge Hästnäs-Sund , bei der Insel Trutholm , in der Bucht Hummelwiek ; sie wurde auch in dem Poyd 'sehen Meerbusen, südlich von Ekerns, zwischen der Insel Dageröh und der Halbinsel Hcmgö angetroffen. In den esthländischen Gewässern kam sie im .BemPschen Meerbusen vor (1 Faden tief, zwischen dem Flecken Brigitten und dem Ufer von Catharinenthal , .an den nördlichen und nordöstlichen Ufern der Insel Kariös)-, aber besonders häufig ist sie bei Baltischport in der Meerenge zwischen den beiden Inseln Bogö und auch an der südlichen Seite der Insel Gross-Bogö. Auch ist sie an dem nordöstlichen Ufer der Insel Ahro (in der Arens- Zwn/’schen Bucht) gefunden worden. Wächst auf Steinen , Muscheln, Fucus , auf den Blättern der Zostera (bei der Insel Bogö), sowohl ganz nahe an den Küsten (Insel Ahro , Kariös , Hästnäsholm , in der Bucht Hummelwiek), als auch in verschiedenen Tiefen von 1 Faden (Insel Bogö, BevaVscher Meer- busen) bis 6 Faden ( Poyd scher Meerbusen). Fucus vesiculosus L. Fundort. Eine der gemeinsten Formen des Finnischen Meerbusens1). Inden finn- ländischen Gewässern zeigt sie sich schon in Transund und zieht sich bis zur Halbinsel Hangö hin. Je westlicher und freier zum Meere die Gegend ist, desto stärker und besser ist diese Alge entwickelt. Die grössten Exemplare kommen in den Hel sing fors'' sehen Scheeren vor. Ungeachtet der Lage der Insel Hochland, ganz in der Mitte des Finnischen Meerbusens, wurde sie bei dieser Insel doch nur von derselben Grösse gefunden, wie die in Transund bei den Inseln Kiuskär und Tuparan-saari gefundenen Exemplare waren. Wie in den finnländischen Gewässern, so kommt der Fucus vesiculosus L. in ähnlicher Quantität auch in den esthländischen Gewässern vor, die Gegenden ausgenommen, wo der 1) An einigen Stellen treibt sie das Meer in grosser Quantität an die Ufer, wo sie sich allmählich anhäufend ganze Uferwälle bildet. Manchmal benutzen sie die Ortsbewohner zur Düngung ihrer Felder (auf der Insel Hochland) , oder als Futter für’s Vieh (ebenda und auf Rogö) , oder auch zur Füllung von Bettmatratzen (auf den Inseln und längs der Küste der HapsaV scheu Bucht). Die Brauntange des Finnischen Meerbusens. 19 Grund besonders lehmig oder sandig ist ,(z. B. in dem JVarm’schen Meerbusen , bei dem Flecken Sillamäggi , wo nur Spuren desselben bemerkt wurden). Aber wenn man den estli- ländischen Fucus mit dem finnländischen , unter derselben Länge wachsenden vergleicht, so sieht man , dass er schmäler und kleiner als der letztere ist. Solche grosse Exemplare wie z. B. die von den Helsingfors' sehen Scheeren, traf ich bei Reval und Baltischport sehr selten. Der Fucus wächst in verschiedenen Tiefen: von seichtem Wasser an bis zu 10, 12 und sogar 16 Faden (Reval’ s eher Meerbusen). An seichten Stellen entwickeln sich, so viel ich bemerken konnte , die Luftblasen mit grösserem Erfolge , mit geringerem dagegen die Fruchtbehälter. In etwas grösseren Tiefen, wie z. B. 4 — 5 Faden, erwiesen sich die Luft- blasen schwächer entwickelt , gleichsam aufgehalten , dagegen die Fruchtbehälter besser ausgebildet. Endlich in noch grösseren Tiefen, z. B. 16 Faden, waren die Luftblasen gar nicht zu bemerken, aber die Fruchtbehälter gross, dunkelbraun und, so wie auch die ganze Alge überhaupt, sehr stark entwickelt. Fucus vesiculosus var. nana C. Ag. 1823 Fucus vesiculosus var. nana . C. Ag. Spec. alg. vol. I, S. 91. 1826 Fucus balticus Grev. Sc. Crypt. Fl. Band IV, Taf. 181. 1845 Fucus vesiculosus var. nana Rab. Deutschi. Crypt. Fl. S. 189. 1849 Fucus vesiculosus var. nana Ktz. Spec. alg. S. 590. Fundort. Wurde von mir ausschliesslich nur in der Ostsee selbst gefunden, bei der Insel Ocsel im Arensburg' sehen Meerbusen (zwischen Arensburg und der Insel Abro) , wo er ungefähr 3 Werst von dem Arensburg’schen Landungsplätze, in etwa % Faden Tiefe, zwischen einer Masse von Ulva und Gladophora , und 2 Faden tief, unweit Roma-Saar , zusammen mit Polysiphonia , Fucus balticus ü. Ag. und Fucus vesiculosus L. wuchs , von welchem letztem er sich durch seinen eigenthümlichen Habitus scharf unterscheidet. Kam sowohl mit als auch ohne Fruchtbehälter vor, ist aber wie der gewöhnliche Fucus vesicu- losus L. mit sogenannten Fasergrübchen versehen (Taf. II, Fig. 17, 18). Bisher wurde diese Alge in der Ostsee nur längs ihrer südlichen Küste, nicht östlicher als die Danziger Bucht, so wie in den Stockholmer Scheeren bei Dalerö1) getroffen. Fucus balticus C. Ag. 1819 Fucus balticus C. Ag. Swensk. Bot. t. 8, Taf. 516. 1823 Fucus vesiculosus var. subecostata. . . C. Ag. Spec. alg. vol. I, S. 91. 1) Diesen letzten Fundort führt Magnus an (Ex- pedition zur physikalisch- chemischen und biologischen Untersuchung der Ostsee im Sommer 1871 etc. Seite 79). 20 Christoph Gobi, 1845 Fucus vesiculosus var. subecostata . . 1848 Fucus vesiculosus var. baltica 1849 Fucus vesiculosus var. subecostata . . 1860 Fucus balticus 1867 Fucus vesiculosus var. baltica Hab. Deutschi. Cryp. Fl. S. 189. J. Ag. Spec. gen. et ord. alg. S. 210. Ktz. Spec. alg. S. 590. Id. Tab. Phyc. Band X, Taf. 12. Fig. III, a. Rab. Die Algen Europas, №1949. F u n d о r t. Im Finnischen Meerbusen habe ich seine Spuren am südöstlichen Ufer der Insel Gross-Rogö (unweit Baltischport) , wo er zwischen Fucus vesiculosus L. und Chorda Filum Lam. vorkam, gefunden. In sehr grosser Quantität fand ich ihn aber, 1% Faden tief, circa iy2 Werst von dem südlichen Ufer der Insel Worms (unweit Hapsal ), in der Ostsee. Ausserdem kam er mir , jedoch in kleinerer Menge , bei der Insel Oesel , in dem Arensburg'’ sehen Meerhusen, 2 Faden tief, in Gesellschaft mit dem gemeinen Fucus vesiculosus L. und Fucus vesiculosus var. nana C. Ag. vor. Ueberall zeigte er sich nur steril und besass weder Luftblasen noch Fasergrübchen (Taf. II, Fig. 19, 20, 21, 22). Nach Krok1) kommt diese Form in der Ostsee an der östlichen Seite der Insel Goth- land , bei Slittehamn vor. Wie Lenz angiebt, soll sie auch in den westlichen Theilen der Neustadt’schen Bucht, unweit Travemünde Vorkommen2). Erklärung der Tafeln. Tafel I. Pilayella Iittoralis (L.) Kjclluiaun. Figur 1. Die ursprüngliche gefelderte Form des pluriloculären Sporangiums (Trichosporangiums). Figur 2. Ein anderes derartiges Tricliosporangium mit seinen noch nicht veränderten oberen Theilen, a , aber schon vollständig entwickeltem unteren Tlieile, b. Figur 3. Eine, in eine perlschnurartige Form völlig umgeänderte pluriloculärc Schote, in deren auf- geschwollenen Zellen keine Spur der ursprünglichen Fächerung zu sehen ist. Ectocarpus siliculosus (Dillw.) Lyngb. Figur 4. Ein pluriloculäres verzweigtes Sporangium (Tricliosporangium). Ectocarpus approximatus var. baltica Ktz. Figur 5. a — ein uniloculäres rund-eiförmiges Sporangium (Oosporangium); c — zwei solche Oospo- rangien, von denen eines auf dem andern sitzt (anomaler Fall); h — pluriloculärc Sporangien (Trichosporangien). 1) Krok. Bidr. tili käuued om Alg.-Üorau etc. 2) Expedition zur physik.-chemiscli. und biolog. Un- Seite 81. tersuchung der Ostsee etc. S. 177. Die Brauntange des Finnischen Meerbusens. 21 Figur 6. Der Hauptstiel mit den von ihm abgehenden haarförmigen Fäden (Wurzelfäden); auf der Grund- zelle eines solchen Wurzelfadens sitzt ein pluriloculäres Sporangium (Trichosporangium). Cladosiphon balticus n. sp. Figur 7, 8, 9 und 10 stellen den Habitus der Alge in natürlicher Grösse dar. Figur 11. Ein Längsschnitt des Thallus; a — verlängerte Zellen der inneren Schichte; h — die nach ihnen folgenden etwas verkürzten und verbreiteten Zellen der mittleren Schichte; c — abge- rundete Zellen der äusseren Schichte, aus denen die kurzen, unverzweigten, perlschnurartigen Fäden, d , hervorkommen, zwischen denen die uniloculären verkehrt-eiförmigen Sporangien, e — sitzeu; / — die gegliederten, unverzweigten Härchen. Tafel II. Dictyosiphon tortilis (Rupr.). Figur 12. Das obere Ende des Thallus mit den von ihm abgehenden Härchen. Figur 13. Ein Theil des Thallus, tiefer genommen. Figur 14. Der mittlere Theil des Thallus. In allen diesen Figuren offenbart sich sehr deutlich der inter- nodiäre Bau des Thallus, der hier von der Rinde unbedeckt ist. Figur 15. Der untere Theil des Thallus, der mit einer Rinde von ovalen, länglich-gerundeten Zellen bedeckt ist, die längs des Thallus in Reihen georduet sind und damit den aus Internodien zusammengesetzten Thallus verhüllen. Figur 16. Ein Querschnitt des unteren Tlieils des Thallus; die peripherischen Zellen sind die Rindenzellen. Fucus vesiculosus var. nana C. Ag. Figur 17 und 18. Zwei Exemplare in natürlicher Grösse mit Frnchtbehältern — a. Fucus balticus C. Ag. Figur 19, 20, 21 und 22. Vier, ihrem Habitus nach verschiedene Exemplare in natürlicher Grösse. 3* Жеш delÂcac! Jmp de ScWI Série. ■ '• \ " ' /n^ CkürnM Біе Brdunfange d T'mnlsâi МвегЪиз . T I lie von Jvanson StPefprsburè. ■ ' Mézi.deiÂczâ ufiiji.Qö ЗеУн Sœa Ск СтоЪі Die Bramtange d.î’innisch.Meer'biis. TU Metallographie von Jvaoson ^Petersburg MEMOIRES DE L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURG, VIIe SÉRIE. Tome XXI, № 10. ÜBER DIE INFBAOBBITALKANÄLE BEI DM MENSCHEN UND BEI DEN SÄÜGETHIEREN VON Dr. Wenasel Grillier. Professor und Direktor des Institutes für die praktische Anatomie an der medico-chirurgischen Akademie. Mit 2 Tafeln. (Lu le 12 Mars et le 23 Avril 1874.) St.-PÉTERSBOÜRG, 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pétersbourg: à Kfga: à Odessa: à Leipzig: MM. Eggers et C16, H. Schmitzdorff, M. ÏL Kymmel; M. A. E. Kechribardshi; M. Léopold Voss J. Issakof et A. Tcherkessof; — Prix: 45 Kop. = 15 Ngr MEMOIRES DE L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURG, VIIe SÉRIE. Tome XXI, X“ 10. ÜBER DIE IFFBAOBBITALKANÄLE BEI DEM MENSCHEN DND BEI DEN SÄÜGETHIEREN VON Dr. Wenzel Grutier, Professor und Direktor des Institutes für die praktische Anatomie an der medico-chirurgischen Akademie. Mit 2 Tafeln. (Lu le 12 Mars et le 23 Avril 1874.) St.-PÉTERSBODRG, 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pctcrsbourgi à Itlgai à Odessa: à Leipzig: MM. Eggers et Cie, H. Schmitzdorff, M. N. Kymmel; M. A. E. Kechribardshi; M. Léopold Voss. J. Issakof et A. Tcherkessof; — Prix: 45 Kop. = 15 Ngr. Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. Juin 1874. C. Vessélofski, Secrétaire perpétuel. Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences. (Wass.-Ostr., 9e ligne, № 12.) L Bei dem Menschen. A. Ueber den gewöhnlichen Infraorbitalkanal. (Fig. 1-4.) о In der Infraorbitalwand vom Sphenomaxillarrande bis miter den Infraorbilalrand, und zwar in die obere Wand der Höhle des Maxillare superius, rückwärts weniger vorn verschieden tief und wenigstens hier constant, zwischen zwei Platten so eingesenkt, dass die untere derselben in der Kieferhöhle einen Vorsprung bildet; ferner mit dem vorderen Endstücke, in 4/5 d. F., mittelbar auch unter dem Spitzenstücke des Processus maxillaris des Zygomaticum. Rückwärts am Sphenomaxillarrande an einer Stelle, die in L/5 d. F. von der vorderen Ecke der Fissura orbitalis inferior und dem Angulus internus inferior der Orbita gleich weit absteht, in fast 3/5 d. F. aber jener und in V5 d. F. diesem um 1 — 5 Mill. näher sitzt; — in der Orbita, gegenüber dem Angulus ethmo-lacrymalis, vom Angulus internus der ersteren 11 — 15 Mill. auswärts; — vor- wärts endlich, unter dem Infraorbitalrande, an einer Stelle, die in % d. F. der Mitte oder fast der Mitte seiner Länge entspricht, in 5/6 d. F. jedoch einwärts von derselben sich befindet. Falls von der Kieferhöhle, zwischen dem vorderem Endstücke des Infraorbitalkanales und der Wand des Sulcus naso-lacrymalis, ein Nebenfach (Fig. 1. *.) mit weiter oder enger Mündung ausgeht, welches sich über dem Kanäle unter der oberen Platte der oberen Wand der Kieferhöhle, quer nach aussen fortsetzt, liegt der Kanal daselbst bis auf einen schmalen und dünnen Streifen an seinem äusseren Umfange, welcher die Ver- bindung noch vermittelt, frei in der Kieferhöhle. In diesen Fällen erscheint das vordere Endstück des Kanales in der Kieferhöhle als cylindrisches Rohr, während er sonst in der Regel vorn einen mehr oder weniger stark ausgeprägten, mitten und hinten einen schwachen halb-cylindrischen Längswulst an der oberen Wand der Kieferhöhle bildet. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Serie. 1 2 Pkofessoe Wenzel Geuber, Infraorbitalkanäle, welche über und vor ihrem vorderen Endstücke (bis 1 Cent, lang) die Höhle eines Nebenfaches der Kieferhöhle besitzen, das, bis 5 Mill. auswärts von dem Kanäle, in die vordere Ecke des Processus zygomaticus des Maxillare superius, in dieser geschlossen, unter den Spitzentheil des Processus maxillaris des Zygomaticum, oder nur zu dessen Spitze, Vordringen kann, treten in ]/5 d. F. auf. Verlauf. Bald gerade in sagittaler Richtung; bald in einem mit der Convexität lateralwärts gerichteten Bogen; bald endlich in der Richtung einer S-förmig gekrümmten Linie, und zwar, am hinteren Abschnitte, mit der Convexität lateralwärts, am vorderen, mit dieser einwärts gekehrt. Unter 60 geöffneten Kanälen zeigten die erste Hauptart des Ver- laufes — 27, die zweite = 29 und die dritte = 4. — Die beiden ersterer kamen daher fast gleich -häufig, die letzte Art selten (У15 d. F.) vor. — Bei allen drei Hauptarten des Verlaufes ist der Kanal in der Regel nach vorn hin am meisten abwärts geneigt. Bei der ersten Hauptart des Verlaufes liegt der Kanal wirklich oder fast parallel dem Angulus internus inferior der Orbita, ist dabei entweder in verschiedener Strecke, namentlich am vorderen Endstücke, und im verschiedenen Grade imsagittaler Richtung gekrümmt mit der Convexität nach oben oder oben und vorn; oder ganz gerade; oder ganz abnorm schräg ab- und vorwärts gerichtet. Die erste Unterart dieser Hauptart des Verlaufes war an = 20 Kanälen, die zweite an = 6 und die letzte an = 1 be- obachtet worden. — Der Verlauf in gerader Richtung mit sagittaler Krümmung kommt daher gewöhnlich, der mit Lage im gleichen Niveau nicht oft und der mit abnorm schräger Richtung nach vorn ausnahmsweise vor. — Bei der zweiten Hauptart des Verlaufes sind am Kanäle bald nur eine Krüm- mung (laterale), bald zwei Krümmungen (laterale und sagittale) zu bemerken. Die Krüm- mung in sagittaler Richtung kehrt ihre Convexität bald auf- bald abwärts. Mit lateraler Krümmung waren =13 Kanäle, mit lateraler und sagittaler nach oben gekehrter Krümmung = 14 Kanäle, mit lateraler und nach unten gekehrter sagittaler Krümmung = 2 angetroffen worden. — Kanäle mit lateraler Krümmung und die mit derselben und zugleich oben gekehrter sagittaler Krümmung kommen gleich-häufig; Kanäle mit lateraler und zugleich abwärts gekehrter sagittaler Krümmung treten selten auf. — Bei dieser zweiten Hauptart können die Kanäle mit ihrem hinteren Endstücke bis zur Fissura orbitalis inferior und mit ihrem mittlereu Stücke bis gegen den Angulus inferior externus, ja sogar unter diesen Angulus selbst lateralwärts gerückt, sogar in einem Halbkreise verlaufend angetroffen worden. — Ersteres war: in Y,2d.F., also nicht oft, letzteres: in 1/60 d. F., also ausnahmsweise, gesehen worden. — Ueber die Infraobbitalkanäle bei dem Menschen und bei den Säugethieren. 3 Gestalt. Der Kanal hat in der Mehrzahl der Fälle an den hinteren Y3 — % seiner Länge ein verschieden unvollständiges, von innen nach aussen, an Breite abnehmendes Dach oder ermangelt völlig eines solchen; in der Minderzahl d. F. besitzt er ein Dach bis auf einen kurzen, gewöhnlich dreiseitigen oder spaltförmigen Defect neben dem hinteren Eingänge, ganz selten ein ganz vollständiges Dach bis zu diesem Eingänge. Rück- wärts verschieden lang und verschieden ungeschlossene Kanäle werden: in 4/5 — 5/cd.F., fast oder ganz geschlossene Kanäle in l/5 — d. F. angetroffen. — Im vorderen Ab- schnitte völlig geschlossene, im hinteren Abschnitte unvollständige oder nur durch Halbkanäle, Furchen repräsentirte Kanäle treten daher in der Regel auf. — Die Sutura infraorbitalis, welche im vorderen Abschnitte des Ivanales wohl gleich-häufig das Dach desselben von oben her durchsetzt, oder, mehr oder weniger weit davon einwärts entfernt, in denselben schräg eindringt, bildet am mittleren und hinteren Abschnitte desselben, so weit sein Dach zugegen, die innere Grenze des letzteren. Wo aber das Dach fehlt, ist der unvollständige Kanal oder Halbkanal einwärts bald durch eine Kante oder Leiste begrenzt (2/3d. F.), bald unbegrenzt d. F.). Die untere Wand des Kanales fällt in der Regel nach aussen und vorn, selten nach aussen, hinten und vorn (Y20d. F.) ab, ist bisweilen horizontal oder fast hori- zontal gestellt (% d. F.), rückwärts in transversaler Richtung oft schwach convex oder plan, vorn concav in transversaler und gewöhnlich convex in sagittaler Richtuug, ganz selten nach der ganzen Länge in transversaler und sagittaler Richtung auffallend concav (У80 d. F.). Dieselbe ist hier und da durchbrochen. Gewöhnlich im vorderen Ab- schnitte und selbst erst im Foramen infraorbitale, bisweilen aber auch im hinteren Abschnitte, und gewöhnlich neben der äusseren Wand, wenn erst im Foramen infra- orbitale. aussen oder unten oder sogar innen, weiset sie eine grössere, bisweilen dahinter eine kleinere Oeffnung, sehr selten 3 Oeffnungen, welche in Canales al- veolares anteriores führen, auf. Diese Oeffnungen können ganz ausnahmsweise fehlen. Unter 1000 Schädeln ohne Auswahl, war der Infraorbitalkanal (a) in seinem Ver- laufe, von verschiedenen Stellen seiner vorderen Hälfte angefangen und in ver- schiedener Entfernung rückwärts von seinem vorderen Ende, in zwei im Gesichte ausmündende Aeste getheilt (Fig. 2. a. ß.), wovon der supernumeräre Ast (Fig. 4. ß.) noch in zwei secundäre Aeste (ß', ß") getheilt sein, oder doch zwei Gesichtsöff- nungen haben konnte, an: 1І6 Schädeln, und zwar an beiden Hälften derselben an: 25, an nur einer Hälfte an: 91 (46 rechtseitigen und 45 linkseitigen), überhaupt unter 2000 Fällen an: 141. Ein so zweigeteilter Infraorbitalkanal mit 2 — 3 Ostia facialia war somit an: ’/8 — у, der Schädel, an: Ж — Vis der Schädelhälften, bei er- l* 4 Professor Wenzel Grüber, steren in y5d.F. beiderseitig und in 4/5 d.F. nur einseitig, bei letzteren anrechtseitigen nur um 1 Mal öfterer als an den linkseitigem beobachtet worden. — Der Infraorbital- kanal ist darnach in der Regel einfach, ziemlich oft nach vorn hin in Aeste mit 2 — 3 Foramina infraorbitalia getheilt, und zwar an einer Seite der Schädel häufiger als an beiden Seiten und an rechten und linken Schädelhälften fast gleich-häufig. — Der innere Ast ist immer der supernumeräre. Dieser geht in der Regel von dem anderen Aste, als der Fortsetzung des Infraorbitalkanales, unter einem verschie- denen spitzen Winkel ab (Fig. 2., 4.), divergirt also vom letzteren in verschiedenem Grade vor- und einwärts; entsteht selten durch Auftreten eines Septum (У28 d. F.) (Fig. 3., y). Er verläuft gestreckt oder bogenförmig gekrümmt (mit der Convexität aussen und oben, oder aussen, oder oben) vorwärts oder vor- und abwärts, selten parallel dem anderen. Er liegt höher als der andere, sehr selten ganz au niveau des letzteren. Sein Abgang an verschiedenen Orten der Strecke des Infraorbital- kanales, von 3 — 16МІІ1. rückwärts vom Foramen infraorbitale, und sein Auftreten durch ein Septum in dieser Strecke (von 15 Mill. Länge in einem Falle (Fig. 3.) ) hat Statt: in 8/9 d. F., also in der Regel; sein Abgang aber im Foramen infraorbitale, oder gleich hinter diesem und sein Auftreten durch ein schmales (bis 3 Mill. breites) Septum im vorderen Ende des Infraorbitalkanales nur: in V9 d. F. Der supernumeräre Ast hatte ein Ostium faciale: in 135 Fällen; zwei Ostia: in 4 Fällen (an einem Schädel beider- seitig, an einem anderen rechtseitig und an einem dritten linkseitig); war noch in zwei divergirende kurze secundäre Aeste, in einen oberen inneren vorwärts und einen un- teren abwärts verlaufenden, mit je einem Ostium, getheilt: in 2 Fällen (an einem Schädel rechtseitig, an dem anderen linkseitig (Fig. 4.) ). — Durch primäre Endäste und durch ein Septum am vorderen Abschnitte oder Ende zweigetheilte Infraorbitalkanäle mit 2 Foramina infraorbitalia treten daher: in 1/u — yi5 d. F.; durch primäre Endäste zweigetheilte Infraorbitalkanäle mit 3 Foramina infraorbitalia erst: in y500 d. F., also sehr selten; endlich durch Spaltung des innern primären Astes dreigetheilte Infraorbitalkanäle mit 3 Fora- mina infraorbitalia sogar erst: in yiooo d. F., also ganz ausnahmsweise auf. — Der hintere Eingang stellt dar: bald eine Ausbuchtung am Sphenomaxillarrande des Maxillare superius von verschiedener Weite und Tiefe, welcher aufwärts sieht, aussen am tiefsten ist und daselbst vom hinteren Ende des Daches des Infraorbitalkanales, wenn dieses unvollständig ist, wie von einem nach einwärts gekrümmten Haken theilweise überbrückt erscheint; bald eine rückwärts und einwärts gerichtete ovale oder drei- eckige oder lanzettförmige Oeffnung, die ihre Spitze nach vorn, innen und oben, ihre Basis hinten aussen und unten kehrt, wenn das hintere Ende des Daches des Infra- orbitalkanales einen kleinen Defect aufweiset; oder endlich selten eine rückwärts gerichtete ovale oder abgerundet dreieckige Oeffnung, deren Spitze oder schmälerer Pol Ueber die Infeaorbitalkahäle bei dem Menschen und bei den Säugethieren. 5 auf- und einwärts gekehrt ist; und ganz selten eine quer- ovale, schräg rück- und aus- wärts gerichtete Oeffnung, wenn der Infraorbitalkanal bis zu seinem hinteren Ende geschlossen ist. Dieser Eingang ist einfach. Neben ihm bis 5 Mill. aus- und vorwärts kann ein Loch verschiedener Grösse in der äusseren Wand des Kanales Vorkommen, wenn dieser, in Folge lateralwärts gekrümmten bogenförmigen Verlaufes, mit seinem hin- teren Endstücke zum Rande der Fissura orbitalis inferior gerückt ist. Der Infraorbitalkanal der Norm ist am hinteren grösseren Abschnitte immer und vertical (etwas schräg von aussen) comprimirt, und zwar an seiner innern Grenze so, dass hier sein Lumen oft einen Winkel bildet, am vorderen Abschnitte jedoch bald comprimirt, aber massiger und gewöhnlich seitlich (namentlich schräg von oben), selten vertical, bald nicht comprimirt. Der supernumeräre Ast des getheilten Infra- orbitalkanales wird ebenfalls bald comprimirt (gewöhnlich schräg seitlich oder vertical), bald nicht comprimirt angetrolfen. Das Foramen infraorbitale der Norm liegt in */6 d. F. unter oder fast unter der Mitte des Infraorbitalrandes, in 5/6 d. F., also in der Regel, näher dem Angulus internus inferior als dem Angulus externus inferior der Orbita; ferner meistens (19/20d.F.) über dem 2. Backenzahn oder gleich vor oder gleich hinter diesem, selten (У20 d. F.) über dem 1. Backen- oder 1. Mahlzahn. Ucber dem Alveolus des 2. Backenzahnes findet es sich vor: in 3/5 d. F., über dessen vorderem Septum: in x/10 d. F., über dessen hinterem Septum: in x/4 d. F., über dem Alveolus des 1. Backenzahnes: in3/l00d.F., über dem Alveolus des 1. Mahlzahnes: in V50 d. F. Sein Abstand vom Infraorbital- rande variirt bei Männern (nach Messungen an 100 Schädeln): von 4 — 12 Milk, bei Weibern (nach Messungen an 25 Schädeln): von 4 — 11 Milk Das Medium dieses Ab- standes beträgt bei Männern: 7,5 Mill; bei Weibern: 7 Milk Derselbe ist um У25 d.F. häufiger ungleich als gleich auf beiden Seiten. Sein Abstand vom Alveolarrande variirt: von 2,2 Cent. — 4 Cent., beträgt im Medium: 2,8 Cent. — 2,9 Cent. Dieser ist um 3/7 häufiger gleich als ungleich an beiden Seiten. Seine Form ist rund, oval, elliptisch, selten halb -oval oder halb-elliptisch. Bei der ovalen oder elliptischen Form ist es bald schräg, von innen und oben nach unten und aussen, bald vertical, bald und selten quer oder fast quer gestellt. Rund ist es in: 3/l0, anders gestaltet in: 7/10 d. F. und dabei schräg gestellt in: 2/5 d. F., vertical gestellt in: x/5 d. F., quer in: г/20 d. F. Es sieht häufig vor-, ab- und einwärts, manchmal gerade oder fast gerade vor- wärts, ganz ausnahmsweise, bei sehr hervortretendem und überhängendem Infra- orbitalrande und sehr tiefer Fossa maxillaris, fast abwärts. Das Ende des Processus maxillaris des Zygomaticum hilft das Dach des Foramen in der Regel verstärken. In den Fällen, in welchen dem nicht so geschieht, tritt das Zygomaticum nur bis au ni- veau des Foramen hervor (У25 d. F.), oder erreicht nicht einmal das Niveau desselben, sondern endet mit der Spitze schon an einer Stelle des Infraorbitalrandes, die 2—2,5 Milk auswärts davon sich befindet. 6 Professor Wenzel Geübee, Wenn ein Foramen infraorbitale supernumerarium zugegen ist, so sitzt dieses: unter dem Infraorbitalrande in einer Distanz von 3 — 11 Mill., (in 2/3 d. F. von 5 — 8 Mill.), im Medium von 6 Mill.; vom Foramen infraorbitale der Norm selten gleich einwärts oder gleich darüber einwärts, selten gerade ein- oder vorwärts, gewöhnlich in schräger Richtung ein- und aufwärts und in einer Distanz von 0,5 — 11 Mill., im Medium von 5 Mill. Sind zwei Foramina infraorbitalia supernumeraria zugegen, so liegt das obere 3,5 — 7,5 Mill. unter dem Infraorbitalrande; das untere derselben, gleich unter ersterem, nur durch einen schmalen Balken geschieden, oder 1,5 — 3,5 Mill. unter und auswärts von demselben; und das Foramen infraorbitale der Norm von dem un- teren Foramen infraorbitale supernumerarium bald nur auswärts (% d. F.) bald aus- und abwärts (5/6 d. F.), im ersteren Falle in einer Distanz von 2,5 Mill., im letz- teren von 3 — 9 Mill. Die Foramina infraorbitalia supernumeraria kommen unter ähnlichen Formen, wie das Foramen infraorbitale der Norm, vor, können aber auch die Form eines Spaltes haben. Durch den sup ernumerären Ast zieht entweder die gewöhnliche Sutura infra- orbitalis, oder ein Ausläufer derselben, oder eine besondere supernumeräre Sutura infraorbitalis. In einem Falle (Fig. 3.), in welchem der Infraorbitalkanal (a) an seinem vor- deren Abschnitt durch ein 15 Mill. langes, verticales Septum (y) getheilt war, ging durch das Lumen des äusseren grösseren Astes (a), rückwärts von dessen Foramen infraorbitale, noch ein in sagittaler Richtung 3 Mill. breites, mit den Flächen auf- und abwärts gekehrtes, transversales Septum (§). Grösse. Die Länge des Infraorbitalkanales variirt: von 2,3 — 3,8 Cent., beträgt im Me- dium: 2,904 Cent. Dieselbe ist an beiden Seiten der Schädel fast eben so häufig gleich als ungleich. Die Weite in transversaler Richtung variirt vorn: von 2 — 5 Mill., in derMitte: von 4 — 9 Mill., hinten von 3—6 (ganz ausnahmsweise 7) Mill. Das Medium der Weite beträgt vorn: 3,583 Mill., in der Mitte: 5,566 Mill., hinten: 4.258 Mill. — Der Kanal ist somit transversal im mittleren Abschnitte am Aveitesten, im vorderen Abschnitte am engsten. — Die verticale Weite des Kanales in seinem hinteren und mittleren Abschnitte, wo sein Lumen die Form eines Quer-Ovales oder einer Quer-Ellipse, mit aussen breiterem, innen schmälerem und oft zugespitztem Pole aufweiset, ist um die Hälfte bis zwei Drittel geringer als die transversale; in seinem vorderen Ab- schnitte dagegen gleicht bald die verticale Weite der transversalen, bald und häufiger ist erstere geringer als letztere. Das Foramen infraorbitale der runden Form variirt an Weite: von 2,5 — 5 Uebee die Infeaoebitalkanäle bei dem Menschen und bei den Säugethieeen. 7 Mill,, das der schräg-ovalen Form im längeren Durchmesser: von 3 — 6 Mill., im kür- zeren: von 1,5 — 3,3 Mill, das der vertical-ovalen Form im verticalen Durchmesser: von 4 — 5, 5 (ausnahmsweise 7) Milk, in transversaler: von 1,6 — 3 Mill., bei der quer- ovalen Form im transversaleu Durchmesser: von 3,5 — 7 Mill., im verticalen Durchmesser: von 1,5 — 3,2 Mill. Der hintere Eingang in den Infraorbitalkanal, wenn er im Ausschnitt ist, wird 3,3 — 6 Mill. weit und 1 — 2,5 Mill. tief; wenn er ein Loch darstellt, in schräg- transversaler Richtung 3 — 7 Mill., in verticaler Richtung 1,2 — 3 Mill. weit angetroffen. Die Länge der supernumerären primären Aeste des Infraorbitalkanales variirt: von 2 oder 4 — 17 Mill., die der secundären Aeste: von 4,5 — 7 Mill. Die Weite der primären Aeste kann so gering sein, dass der Ast nur eine Schweins- borste aufnehmen kann, aber auch 1—3 Mill. betragen; die der secundären Aeste variirt: von 1,2 — 1,5 Mill. Die Weite ihres Foramen infraorbitale, wenn es rund ist, beträgt: 0,5- — 3 Mill., wenn es oval, elliptisch oder spaltförmig ist, im langen Durchmesser: 2 — 3,5 Mill., im kurzen: 0,5 — 3 Mill. Bedeutung der supernumerären Aeste. Scheinen immer zur Aufnahme eines Astes der Arteria infraorbitalis, bis- weilen auch eines Astes des Nervus infraorbitalis zu dienen, also Gefäss- oder Gefäss- und Nervenkanäle zugleich zu sein. Anmerkungen. Nr. 1. Ein Kanälchen kann, wie der supernumeräre Ast, vom Infraorbitalkanale ab- gehen und unter der Infrao r bitalwand verlaufen, an der Gesichtsfläche des Maxillare superius einen lochartigen Defect seiner Wand aufweisen, aber in die Kieferhöhle oder in den unteren Nasengang münden. Nr. 2. Vor mir liegen 2, aus den übrigen 3000 herausgesuchte Schädel, wovon einer links 4, der andere links 5 Foramina infraorbitalia. aufweiset. Am ersteren Schädel war etwa 8 Mill. hinter dem Foramen infraorbitale ein verticales Septum im Infraorbitalkanale aufgetreten, das hinten niedrig nach vorn allmählig vollständig wurde. Dadurch war Partition des Infraorbital- kanales nach vorn in zAvei Aeste zu Stande gekommen, wovon der innere, bogenförmig gekrümmte, 9 Mill. einwärts von dem Foramen des anderen Astes, welches dem Foramen infraorbitale der Norm entspricht, endigte und 3 kleine Ostia facialia hatte, von welchen das äusserste dem Foramen infraorbitale auf 4 Mill. genähert, das vorderste davon 9 Mill. entfernt und das oberste 9 Mill. unter dem Infraorbitalraude lag. Der Ast war: 1,7 Cent, lang und 1,5 Mill. weit. Das Foramen 8 Professor Wenzel Grüber, infraorbitale war in verticaler Richtung: 3 Mill., in transversaler: 1,5 Mill. weit. Am an- deren Schädel war von der inneren Seite des Infraorbitalkanales, 1 Cent, hinter dem Foramen infraorbitale, ein 1,8 Cent, langer, 3,5 Mill. in transversaler und 1,5 Mill. in verticaler Rich- tung weiter Kanal abgegangeu, der mit 4 Ostia facialia endigte, wovon eines gleich unter dem Infraorbitalrande, die übrigen 4 — 6 Mill. unter dem Infraorbitalrande und 6 Mill. ein- und aufwärts vom Foramen infraorbitale in einem Halbkreise lagen. Das kleinste hatte den Durch- messer der Dicke einer Schweinsborste, das grössere war: in einer Richtung: 2 Mill., in der anderen: i 1 Mill. weit. Das gewöhnliche Foramen infraorbitale war in einer Richtung: 3 Mill. in der anderen: 1,5 Mill. weit. Nr. 3. An dem äusseren Pole des Einganges in den Infraorbitalkanal sass in einem Falle ein 3 Mill. hohes Fortsätzchen. An dieses hatte sich ein platter einwärts hornförmig gekrümmter Fortsatz mit seinem 1. Mill. breiten Ende gelegt, der 4 Mill. breit, vom Spheno - maxillarrande des Oberkiefers neben der Spitze an der .vorderen Ecke der Fissura orbitalis inferior ausgegangen war. Dadurch war gleich neben jenem Eingänge ein ovales Loch, von 3 Mill. in transversaler Richtung und 2 Mill. in verticaler Richtung, zu Stande gekommen. B. Ueber die ungewöhnlichen Infraorbitalkanäle. A. Ueber den Canalis infraorbitalis anomalus internus. (Fig. 5., 6., 7., 12. b.) Durch Abgehoben sein einer verschieden breiten und dicken Knochen spange vom Infraorbitalrande des Maxillare superius an verschiedenen Orten seiner Länge, oder ausnahmsweise durch Abgehobensein der Spitze des Processus maxillaris des Zygomaticum vor ihrem Ende kann über dem Foramen infra orbitale, oder über demselben und einwärts davon, ein Foramen infraorbitale anomalum auftreten. Unter 1000 Schädeln, ohne Auswahl, wurde letzteres an 6 derselben, davon an 5 link- seitig und an 1 beiderseitig gesehen. Dasselbe ist somit erst unter 166 — 167 Schä- deln 1 Mal, häufiger einseitig (5/6 d. F.) als beiderseitig (% d. F.) zu erwarten. — Es können aber an den Orten des Sitzes dieses Foramen 1 — 2 Foramina in- fraorbitalia anomala Vorkommen, welche die Ostia facialia eines besonderen, am Boden der Orbita beginnenden Kanales sind, den man « Canalis infraorbitalis anomalus internus » nennen kann. (Fig. 5, 6. b; Fig. 7. b, b'; Fig. 12. b.) Dieser anomale Kanal hat folgende Eigenschaften: Vorkommen. Unter 1000 Schädeln, ohne Auswahl, an: 12, davon beiderseitig an: 1, rechtseitig an; 5, linkseitig an: 6, mit einem Ostium im Gesichte an: 9 (darunter der Schädel mit Ueber die Infraorbitalkanäle bei dem Menschen und bei den Säugethieren. 9 dem Kanäle an beiden Seiten) mit 2 Ostia an: 3 (rechtseitig an: 2, linkseitig an: 1). — Der Kanal war somit erst unter 83 — 84 Schädeln an einem, fast immer einseitig (u/,2 d. F.), häufiger mit einem Ostium faciale (% d. F.) als mit zwei Ostia facialia (V4 d. F.) angetroffen worden. — Lage. Im vorderen Theile der Infraorbitalwand und des Infraorbitalrandes, ober- flächlich oder tief, niemals aber so tief“ als der vorderste Abschnitt des Canalis infraorbi- talis, eingegraben; abgesehen von seinem Ostium orbitale oder seinem hintersten Stücke, welche über dem Canalis infraorbitalis gelagert sein können, einwärts, und mehr oder weniger aufwärts, an verschiedenen Stellen des Raumes zwischen dem Canalis infraorbi- talis und der Wurzel des Processus frontalis des Maxillare superius, einwärts bis zur Distanz von 4 — 9 Milk von dem Eingänge des Canalis naso-lacrymalis, oder aus- nahmsweise gleich neben diesem Kanäle, auswärts bis unter oder neben den Bereich der Spitze des Processsus jnaxillaris des Zygomaticum, oder von dieser 1 — 8 Milk einwärts entfernt Verlauf. Vom Canalis infraorbitalis in der Regel nach vorn verschieden divergirend (3/4 d. F.), seltener diesem parallel (’/4 d. F.); meistens schräg ab- und vorwärts (3/4 — % d. F.), selten gerade vorwärts (*/4 — '/6 d. F.); dabei gewöhnlich in gerader Richtung, seltener bogenförmig und so gekrümmt, dass die Convexität des Bo- gens auf-, ausnahmsweise auswärts gekehrt ist. Gestalt. I Eines rundlichen, in der Regel von oben oder oben und aussen nach unten oder unten und innen comprimirten, fast immer einfachen (u/13 d. F.), ausnahmsweise in zwei kurze vordere Aeste gespaltenen Kanälchens (V13 d. F.), mit einem immer einfachen Ostium orbitale und einem Ostium faciale (% d. F.) oder zwei Ostia facialia (infraorbitalia supernumeraria) (% d. F.) (Fig. 6. b.). Das Ostium orbitale ist länglich-rund, in verticaler Richtung enger als in transversaler. Es sitzt 1 — 8 Milk hinter dem Infraorbitalrande, bald über dem Dache des Infraorbitalkanales (У2 d. F.), bald einwärts von diesem, und zwar gleich da- neben oder davon in einer Distanz von 2 — 5 Milk, ausnahmsweise, bei der Lage des anomalen Kanälchens neben dem Canalis naso-lacrymalis und bei Vorkommen eines ganz abnorm gekrümmten und bis unter den Angulus inferior externus herausgerückten Canalis infraorbitalis, von diesem sogar 1,8 Cent, entfernt. Das Ostium faciale ist gewöhnlich länglich-rund und schräg gestellt. Es sitzt, wenn es einfach ist, ausnahmsweise Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. 2 10 Professor Wenzel Gruber ('/13d. F.) gleich neben dem Foramen infraorbitale oder 2 — 5 Mill. über dessen Niveau, und zwar von ihm 4 — 9 Mill., oder in dem Falle mit sehr seitwärts gerücktem Canalis infraorbitalis, sogar 1,6 Cent, ein- und aufwärts, 2,5 — 7 Mill. unter dem Infraorbi- talrande. Sind zwei Foramiua facialia zugegen, welche in 2/3 d. F. einem in zwei Aeste gespaltenen Kanälchen angehörten; so sind sie vertical oder schräg über einander gestellt, durch eine 0,5 — 2,5 Mill. breite Brücke von einander geschieden, 5 — 10 Mill. ein- und aufwärts vom Foramen infraorbitale und das obere 2,5 — 7 Mill. unter dem Infraorbitalraude gelagert. Vom Ostium orbitale zieht in fast der Hälfte der Fälle eine Furche (Fig. 6.), welche entweder auf dem Dache des Canalis infraorbitalis oder daneben einwärts gelagert ist, bald gerade rückwärts oder schräg aus und rückwärts, um im Canalis infra- orbitalis, hinter seinem ganz geschlossenen vorderen Abschnitte, zu münden. Diese Furche ist 5 — 12 Mill. lang, gewöhnlich breiter als das Kanälchen, von dem aus sie sich meistens allmählich nach rückwärts, und zwar bis 2 — 5 Mill. sich verbreiternd, verlängert, und verschieden tief. F urche und Kanal hatten in einem Falle eine Länge von 2,4 Cent. Auch von dem Ostium faciale können schmale und tiefe Furchen an der Gesichts- fläche des Oberkiefers sich fortsetzen. An einem Schädel gingen von beiden Ostia, an einem andern Schädel von dem oberen Ostium Furchen aus. An ein Paar Schädel, an denen die Sutura infraorbitalis noch nicht obliterirt war, zog dieselbe auch durch das Kanälchen, Grösse. Seine Länge variirte: von 6,5 — 1 3 Mill., seine Weite in transversaler Richtung, die gewöhnlich beträchtlicherer war als die in verticaler Richtung, von 1 — 2,5 Mill. Besonderheiten. An zwei Schädeln, welche den Kanal einseitig besassen, war auf der anderen Seite ein Canalis infraorbitalis bifidus mit zwei Foramina infraorbitalia zugegen. An einem dritten Schädel, der diesen Kanal an beiden Seiten besitzt, ist links auch ein C. i. anomalus externus bifidus vorhanden (Fig. 12.). An einem vierten Schädel ist links sogar ein doppelter C. i. anomalus internus (Fig. 7. b. b') zu bemerken. Einwärts von dem gewöhnlichen C. i. anomalus internus (b), der sein Ostium or- bitale über dem Dache des Canalis infraorbitalis normalis, 7 Mill. hinter dem Infraorbital- rande, sein Ostium faciale 8 Mill. unter dem Infraorbitalrande und 3 Mill. ein- und aufwärts von dem Foramen des C. i. der Norm sitzen hat, 8 — 9 Mill. lang und 1,2 Mill. weit ist, verläuft ein enger zweiter Kanal (b'). Dieser C. i. anomalus internus beginnt 4 Mill. ein- und vorwärts von dem Ostium des ersteren und 3 Mill. hinter dem Infraorbitalrande mit seinem Ostium orbitale, durchbohrt das Maxillare superius, Ueber die Inbraorbitalkanäle bei dem iMenschen und bei den Säugethieren. 11 3 Mill. unter dem Infraorbitalrande, zuerst in sagittaler Richtung, dann in schräg abwärts steigender Richtung. Dort, wo er abwärts sich umbiegt, hat er sein oberes Ostium fac iale, 5 Mill. davon abwärts und 7 Mill. ein- und aufwärts vom Ostium faciale des anderen C. i. anomal us internus, sein unteres Ostium faciale. Er ist 10 Mill. lang und für eine Sonde von 0,5 — 0,75 Mill. durchgängig. Beide letzten Schädel gehörten nicht zu den untersuchten 1000. Bedeutung. Es kann vermuthet werden, dass der Kanal ein Л est chen der Arteria infra- orbitalis, bisweilen auch ein solches des Nervus infraorbitalis enthalten könne, also bald ein Gefäss- bald ein Gefäss- und Nervenkanal zugleich sei. B. Ueber den Canalis infraorbitalis anomalus externus. (Fig. 9. c. ; Fig. 10. c. c'. ; Fig. 11.; Fig. 12. c.) Einerder Canales zygomatico-faciales oder der einzige Canalis zygomatico- facialis kann sich in der Sutura zygomatico-maxillaris am Gesichte öffnen (Fig. 8. d.). Sein Ostium faciale sitzt gern au niveau mit dem Foramen infraorbitale, aber 10 — 15 Mill. auswärts davon. Unter circa 4000 Schädeln war diese Art Mündung an 8 derselben, und zwar immer nur einseitig (an 4 rechts und an 4 links), zu bemerken. Diese Art der Mündung des Canalis zygomatico-facialis tritt somit erst in У500 d. F., also sehr selten auf. In der Sutura zygomatico-maxillaris am Gesichte, und zwar an demselben Orte, wo sich sehr selten ein Canalis zygomatico-facialis öffnet, kann aber ein in der Infraorbital wand verlaufender anomaler Kanal, den man äusseren Unter- Augen- höhlenkanal — Canalis infraorbitalis anomalus externus — nennen mag, ausmünden. Dieser Kanal hat folgende Eigenschaften: Vorkommen. Unter 4000 Schädeln sah ich sicher diesen Kanal an: 7 (beiderseits an: 2, nur rechts an: 2, nur links an: 3), und zwar in der ganzen Länge der Infraorbitalwand an: 3 (beiderseits an: 1, nur links an: 2), oder nur im vorderen und vom Processus maxillaris des Zygomaticum mitgebildeten Theile derselben an: 4 (beiderseits an: 1, rechts an: 2, links an: 1). — Der Kanal kann daher erst unter 571 — 572 Schädeln, und zwar die erste Art unter 1333 — 1334, die zweite Art unter 1000 derselben, an einem, also ganz aus- nahmsweise; in 2/, d. F. beiderseitig, in % d. F. einseitig, linkseitig etwas häufiger als rechtseitig erwartet werden. — 2* 12 Professor Wenzel Gruger, Lage. In der Infraorbitalwand unter dem Angulus externus inferior der Orbita, also auswärts vom Canalis infraorbitalis der Norm, entweder vorn zwischen dem Proces- sus maxillaris des Zygomaticum und dem Processus zygomaticus des Maxillare supe- rius in der Sutura zygomatico-maxillaris (Fig. 9.C.), oder in der Infraorbitalwand bis zur oder unter die vordere Ecke der Fissura orbitalis inferior ganz ein- gegraben (Fig. 10. c. c\; Fig. 12. c.). Verlauf. Wenn er in der Orbita beginnt: gestreckt, schräg vor- und abwärts in der Su- tura zygomatico-maxillaris (Fig. 9. c.), wenn er in der Fissura orbitalis inferior , an deren vorderer Ecke anfängt: in der Infraorbital wand, in diese von hinten nach vorn sich allmählich tiefer lagernd, gestreckt , schräg vor- und abwärts; wenn er endlich an der Temporalfläche des Maxillare superius in einem verticalen Spalt (Fig. 1]. Ç.) seinen Anfang nimmt, am tiefsten in der Infraorbital wand bis zur Wand der Kiefer- höhle, und selbst aussen von ihr, eingesenkt (in einem Falle: hinten 4 Milk, an der Sutura zygomatico-maxillaris in der Orbita 2 Milk unter dessen Fläche) schräg vor- und aufwärts oder gerade vorwärts (Fig. 10. c. c'.). Gestalt. Eines rundlichen einfachen Kanales mit einem Ostium orbitale und einem 0. faciale, wenn er in der Orbita beginnt; oder mit einem Ostium temporale und 0. fa- ciale, wenn er in einem Spalt der Fissura infraorbitalis anfängt, die an der Temporal- fläche des Maxillare superius in die Schläfengrube sich öffnet; oder mit einem Ostium temporale, orbitale und faciale, wenn der Kanal letzterer Art entweder ein nach vorn in zwei Aeste getheilter ist (Fig. 12. c.), oder ein in der Augenhöhle beginnen- des Kanälchen aufnimmt (Fig. 10. c. y.). Das Ostium orbitale, als hinteres Ostium der ersten Art, ist rundlich und liegt am Angulus externus inferior der Orbita in der Sutura zygomatico-maxillaris. 4 — 9 Milk vor der vorderen Ecke der Fissura orbitalis inferior. Das Ostium orbitale zweier Fälle der zweiten Art ist in einem Falle (Fig. 12.) in der Sutura zygoma- tico-maxillaris gelagerte Mündung (j) eines Astes des Canalis anomalus externus bifidus(c), der durch eine an der Orbital fläche des Zygomaticum aufsteigenden Rinne (S) in die Ostia orbitalia zweier Canales zygomatico-faciales (d' d") sich fortsetzt, in dem anderen Falle (Fig. 10.) die von der Sutura zygomatico-maxillaris 1,5 Milk ent- fernt liegenden Mündung (y) eines in der Orbita beginnenden und vorwärts in den Canalis anomalus externus (c) sich öffnenden Kanälchens. I \ Ueber die Infraorbitalkanäle bei dem Menschen und bei den Säugethieren, 13 Das Ostium temporale der zweiten Art findet sich in der zu einem Spalt ver- grösserten Ritze vor, welche in der Fissura orbitalis rnferior neben der Basis der Spina zygomatica interna s. zygomatico-spbenoidalis am Maxillare superius zu sehen ist und eine kurze Strecke an der Orbital- und Temporalfläche des Körpers desselben, dort vor-, hier abwärts, 6 — 8 Milk auswärts von dem Eingänge in den Canalis infraorbitalis verläuft. Dasselbe ist an einem Schädel neben der vorderen Ecke der Fissura orbitalis inferior gelagert und rudlich; an zwei anderen Schädeln (Fig. 10, 12.), wovon einer beiderseitig und der andere linkseitig den Kanal, mehr oder weniger tief in die Infra- orbitalwand eingegraben, enthält, bei ersterem unten, bei letzterem oben in dem genannten Spalt an der Temporalfläche des Maxillare superius, dort 8 Milk aus- und abwärts, hier 7 Milk, aus- und vorwärts von dem Eingänge in den Canalis infraorbi- talis befindlich, länglich vierseitig, in verticaler Richtung weiter als in der transversalen. Der an diesen Schädeln nur an der Temporalfläche des Maxillare superius bemerkbare Spalt (Fig. 11.Ç.) ist vertical gestellt, nur in die Schläfengrube geöffnet, fast paral- lelogrammförmig an dem Schädel, mit beiderseitigem Vorkommen des Kanales; länglich-dreiseitig von oben nach unten allmählich zugespitzt an dem anderen Schädel; 8 Milk hoch, an beiden Schädeln; 1,5 Milk wreit an der Mitte bei dem ersten Schädel, 2 Milk oben weit bei dem zweiten, also abnorm gross; und mit seinem oberen Ende, 7 Milk aus- und vorwärts vom Eingänge in den Canalis infraorbitalis. Das Ostium faciale beider Arten liegt in der Sutura zygomatico-maxillaris am Gesichte, 4 — 8,5 Milk unter dem Infraorbitalrande, bald au niveau mit dem Foramen infraorbitale bald darüber, und zwar davon 11 — 15 Milk auswärts: beim Be- ginnen des Kanales in der Orbita; 10 Milk davon ausswärts: bei dem Anfänge des Kanales in der Fissura orbitalis inferior; endlich 6 oder 7 oder 11 Milk davon aus- und auf- oder nur auswärts: bei dem Beginnen des Kanales in dem in die Schläfen- grube geöffneten Spalt an der Temporalfläche des Maxillare superius. Grosse. Die Länge des Kanales und seine Weite variiren, und zwar: erstere von 1,2 — 2,2 Cent.; letztere von dem geringsten Grade, welcher dem Kanäle gestattet, eine Schweinsborste aufzunehmen, bis zu dem höchsten Grade, welcher eine Sonde von 1,5 Milk Durchmesser durch den Kanal passiren lässt. Die Kanäle, welche in der Orbita beginnen, sind die kürzesten (1,2 — 2,5 Cent.); jene, welche in der Tiefe der Infraorbitalwand liegen, die längsten (1,8 — 2,2 Cent.). Die Weite beider Arten kann auf den Durchmesser der Dicke einer Schweinsborste reducirt sein, aber auch bei der ersten Art bis auf 1 Milk, bei der letzten Art bis auf 1,5 Milk steigen. Das Ostium orbitale und O. faciale der ersten Art sind bis 1 Milk weit. Das 14 Professor Wenzel Grube r, Ostium temporale der zweiten Art misst bis 3—4 Mill. in verticaler Richtung und 1,5 — 2 Mill. in transversaler und dns Ostium faciale derselben Art bis 1 — 2 Mill. Das Ostium orbitale (Fig. 10. y) des ungewöhnlichen Kanälchens, welches in einen Kanal letzterer Art mündete, war 0,5 Mill. Das Ostium orbitale (j:) des supernumerären Astes eines Canal is bifidus (Fig. 12. c.) letzterer Art war 2 Mill- in sagittaler Richtung, 1,5 Mill. in transversaler weit. Die seichte Furche (^), welche zu den Ostia orbitalia zweier Canales zygomatico- faciales an der Orbitalfläche des Zygo- maticum anfstieg, war vorn 5 Mill., hinten 7 Mill. hoch. Besonderheiten. Der Schädel (Fig. 10.), welcher jederseits in der Infraorbitahvand den beschrie- benen anomalen Kanal (c. c') tief eingegraben enthält und die obere Wand des rechten dieser Kanäle, 8 Mill. von der vorderen Ecke der Fissura orbitalis inferior, von einem vorwärts in ihn mündenden Kanälchen (y) durchbohrt hat, weiset Folgendes auf. Er ist mit einer Sutura frontalis und mit einer Occipitalschuppe behaftet, deren Spitze, 8 Mill. über der Protuberantia occipitalis externa, abgetrennt ist, aus einem rhomboidalen, 5 Cent, vertical und transversal breiten, besonderen mittleren Knochen und 4 grösseren Zwickelbeinen jederseits besteht. Jeder Canalis infraor bitalis (a, a') desselben sendet einen inneren Ast (ß, ß') ab, welcher durch ein besonderes Foramen infraorbitale im Gesichte ausmündet. Der supernumeräre Ast des linken Canalis infraorbitalis liegt innen und oben von diesem, der Ast des rechten innen davon. Ersterer ist 3 Mill. und fast so weit wie der Canalis infraorbitalis, letzterer enger. Das Foramen des Astes des linken Canalis infraorbitalis ist von des letzteren Foramen durch eine 2,5 Mill. dicke Scheidewand getrennt; das Foramen des Astes des rechten Canalis infraorbitalis liegt von des letzteren Foramen 4,5 Mill. ein- und aufwärts. Jeder Canalis infraorbitalis ist daher ein z weigetheilter mit 2 Foramina infra - orbitalia versehener Kanal , wovon die des linken einander fast gleich sind. Am Ge- sichtstheile dieses Schädels sind daher jederseits 3 Foramina infraorbitalia, die rechts einander sehr nahe gerückt sind, zu bemerken, wovon 2 dem gewöhnlichen Canalis infraorbitalis angehören und das dritte das Foramen des C. i. anomalus externus ist. Dem linken Zygomaticum dieses Schädels fehlt der Canalis zygo matico-facialis, was an keinem der übrigen Schädel, mit Vorkommen des C. i. anomalus externus mehr bemerkt worden war. Der andere Schädel (Fig. 12.) welcher einen in der Tiefe der Infraorbitalwand gelagerten C. i. anomalus externus bifidus mit einem kurzen und weiteren Orbital- und einem längeren und engeren Facialaste nur an seiner linken Hälfte besitzt, weiset auf: Eine Sutura frontalis; jederseits einen C. i. anomalus internus (b); zwei Foramina infraorbitalia rechts und 3 solche Foramina links. Der Canalis infraorbitalis anomalus internus ist nicht weit an der rechten Schädelhälfte, weit Ueber die Infraorbitalkahäle bei dem Menschen und bei den Säugethieren. 15 au der linken und hat an dieser folgende Eigenschaften: Er liegt, so weit er geschlos- sen, einwärts vom gewöhnlichen Canalis infraorbitalis , beginnt mit dem Ostium orbi- tale am Ende einer zweischenkligen, hinten weiten, vorn schmalen, beträchtlich tiefen Furche (y)), die am nicht geschlossenen Abschnitte des Canalis infraorbitalis anfängt, 7 Milk lang am Dache des geschlossenen Abschnittes des letzteren vorwärts zieht, dann schmal geworden, 6 Mill. rückwärts vom Infraorbitalrande, einwärts sich umbiegt und 3 Mill. lang quer zum Ossiculum canalis naso - lacrymalis verläuft; dringt zwischen dem Ossiculum canalis naso -lacrymalis und dem Maxillare superius, dann durch dieses schräg ab- und vorwärts und endiget mit dem Ostium faciale, 9 Mill. unter dem Infraorbitalrande, 9 Mill. einwärts vom Foramen infraorbitale und au niveau mit diesem; ist 11 — 12 Mill. lang, am Ostium orbitale so weit, um eine be- trächtlich dicke Sonde durchzulassen, am vertical - ovalen Ostium faciale aber in verticaler Richtung 3 Milk, in transversaler Richtung 2 Milk gross. Die zwei Foramina infraorbitalia der rechten Schädelhälfte gehören zwei, die drei Foramina der linken Schädelhälfte drei besonderen Kanälen an. Die besonderen Kanäle sind; dort der Canalis infraorbitalis normalis und der C. i. anomalus internus, hier der C. i. normalis (a), C. i. anomalus internus (b) und extcrnus (e). Die zwei rechten Foramina infraorbitalia liegen mit einander au niveau, stehen 9 Milk von einander ab. Das Foramen des Canalis infraorbitalis normalis ist das grössere. Die drei linken Foramina infraorbitalia liegen auch mit einander au niveau. Das mittlere Foramen steht vom inneren 9 Milk, vom äusseren 11 Milk ab. Das dem Canalis infra- orbitalis normalis angehörige mittlere ist vertical - oval und das grösste (vertical 4 Milk, transversal 3 Milk weit); das dem C. i. anomalus internus angehörige innere ist ebenfalls vertical-oval und das kleinere (3 Milk vertical und 2 Milk transversal weit), das dem C. i. anomalus externus angehörige äussere ist rund und das kleinste (1 Milk weit). Bedeutung. Von dem Kanäle, welcher durch die Sutura zygomatico-maxillaris seinen Ver- lauf nimmt, und von dem, welcher in der Fissura orbitalis interior beginnt, kann vermuthet werden, dass sie zum Durchtritte eines Ramus facialis des Nervus sub- cutaneus malae gedient haben. Von dem Kanäle, welcher im weiten Spalt der Tem- poralfläche des Maxillare superius anfängt und in der Tiefe der Infraorbitalwand verläuft, immer eine beträchtliche Weite besitzt, muss angenommen werden, dass er einen supernumerären Ast der Arteria infraorbitalis oder A. alveolaris Supe- rior beherbergt habe. Dass der Kanal letzterer Art zugleich einem Aste des Ner- vus infraorbitalis zum Durchtritte gedient haben sollte, ist kaum annehmbar; dass er aber auch den Ramus facialis des Nervus subcutaneus malae oder ein Aestclien desselben durchgelassen haben konnte, dafür geben: das oben beschriebene Verhalten 16 Professor Wenzel Grub er, des Kanales in dem Falle, in welchem er ein Canalis bifidus ist, in einem anderen Falle, in dem er ein supernumeräres Kanälchen aus der Orbita aufnimmt, und end- lich in dem dritten Falle, in dem er einfach ist, aber das Zygoinatieum derselben Seite eines Canalis zygomatico -facialis entbehrt, Anhaltspunkte. C. Resultate. 1. Beim Menschen können zweigeteilte Unteraugenhöhlenkanäle — Cana- les infraorbitales bifidi — , oder durch Wiedertheilung des supernumcrären Astes auch dreigetheilte Unteraugenhöhlenkanäle — C. i. trifidi — auftreten. Durch ein verticales Septum geteilte Infraorbitalkanäle kommen nicht oft vor. Das Septum tritt im Foramen infraorbitale, oder daselbst und eine verschie- dene Strecke noch rückwärts, oder in der ganzen vorderen Hälfte des Infraorbi- talkanales auf. Infraorbitalkanäle, die schon von deren hinteren Enden angefangen geteilt sind, wie J. F. Meckel1) beobachtet zu haben angiebt; ferner Infraorbital- kanäle mit einem äusseren supernumcrären Ast; und endlich Infraorbitalkanäle mit mehreren supernumerären primären inneren Aesten hatte ich bis jetzt nicht beobachtet. 2. Neben dem gewöhnlichen einfachen oder zweigeteilten Infraorbital- kanal kann ein besonderer anomaler innerer oder anomaler äusserer Infraorbital - kanal existiren; mit dem gewöhnlichen einfachen Infraorbitalkanal sind sogar beide anomale Kanäle zur Beobachtung gekommen (У4000 d. F. einseitig). Jeder der anomalen Kanäle ist gewöhnlich einfach, ausnahmsweise aber auch zweigeteilt. Der anomale innere Kanal kann sogar doppelt auftreten (У4000 d. F. einseitig). 3. Neben zweigeteilten Infraorbitalkanälen wurde entweder nur der ein- fache innere oder nur der äussere anomale Infraorbitalkanal gesehen; neben drei- getheilten Infraorbitalkanälen oder zweigeteilten Infraorbitalkanälen mit 3 — 5 Foramina infraorbitali a waren anomale Infraorbitalkanäle nicht zur Be- obachtung gekommen. 4. Foramina infraorbitalia wurden 1 — 5 gesehen. Waren 2 Foramina vor- handen: so konnten beide dem gewöhnlichen Infraorbitalkanale, oder eines diesem und das andere einem der anomalen Infraorbitalkanäle angehören. Waren 3 Foramina zugegen: so konnten alle dem gewöhnlichen Infraorbitalkanale, oder zwei diesem und eines dem innern oder äusseren anomalen Infraorbitalkanale, oder nur eines dem 1) Handb. d. mensch. Anatomie. Bd. 2. Halle u. Berlin, 1816 S. 127. Ueber die Infraorbitalkanäle bei dem Menschen und bei den Säugethieren. 17 gewöhnlichen’ Infraorbitalkanale und zwei dem inneren anomalen Infraorbitalkanale, oder je eines dem gewöhnlichen, dem anomalen inneren und dem anomalen äus- seren Infraorbitalkanale zukommen. Existirten 4 Foramina, wie nur 2 Mal beobachtet worden war: so hatten diese entweder einem zweigeteilten Infraorbitalkanale, oder einem einfachen gewöhnlichen Infraorbitalkanale und zwei anomalen inneren Infra- orbitalkanälen angehört. Existirten endlich 5 Foramina, wie nur ein Mal zur Be- obachtung gekommen war: so hatten alle einem zweigeteilten Infraorbitalkanale (4 : sei- nem anomalen inneren Aste und 1: seinem äusseren Aste, als der Fortsetzung des eigentlichen Kanales,) angehört. 5, Ein supernumeräres äusseres Foramen infraorbitale existirt nur dann, wenn ein anomaler äusserer Infraorbitalkanal auftritt. Dasselbe ist immer einfach. 6. Geteilte Infraorbitalkanäle sind längst gekannt. Den anomalen inne- ren Infraorbitalkanal musste man ebenfalls gesehen haben, wenn man auch seiner nicht erwähnt hat. Von dem anomalen äusseren Infraorbitalkanale hatte man aber, meines Wissens, keine Kenntniss. II. Bei den Säugethieren. A, B. Ueber den gewöhnlichen Infraorbitalkanal und über die ungewöhnlichen Infraorbitalkanäle. I. Bei den Quadrnmana. An einem der hiesigen Akademie der Wissenschaften gehörigen Schädel von Go- rilla ist der Infraorbitalkanal bis gegen den Infraorbitalrand offen, bis dahin ein Halbkanal. Das eigentliche Ostium faciale ist am rechten Kanäle durch ein fast verticales Septum in zwei Ostia getheilt, am linken Kanäle aber einfach. Ueber dem doppelten rechten, 11 und 7 Mill. davon entfernt, liegen noch zwei kleine Ostia, die durch besondere Kanälchen in den Infraorbitalkanal führen. — Dieser Schädel hatte somit rechts 4 Foramina infraorbitalia, links nur eines — . An einem derselben Akademie gehörigen Schädel vom Chimpanse’ ist der Infra- orbitalkanal bis gegen den Infraorbitalrand ein Halbkanal. Der rechte Infraor- bitalkanal mündet mit 2, der linke mit 3 Foramina infraorbitalia. Die kleineren Foramina sitzen über oder ein- und aufwärts vom grösseren. Beim Orang-Utang ist der Infraorbitalkanal in der vorderen (bald grösseren, bald kleineren) Hälfte geschlossen, hinten ein Halbkanal. Unter 14 Schädeln sah ich auf beiden Seiten nur ein Foramen infraorbitale an: 2, zwei Foramina infra- orbitalia an: 3, drei F. i. an: 2, vier F. i. an: 1; auf der rechten Seite eines und Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. ^ 18 Professor Wenzel Gruber, auf der linken zwei an: 1 , auf der rechten Seite zwei und auf der linken Seite drei an: 2, auf der rechten Seite drei und auf der linken zwei an: 1, auf der rechten Seite drei und auf der linken vier an: 1, auf der rechten Seite vier und auf der linken drei an: 1. Die accessorischen kleineren Foramina liegen verschieden, in der Regel aber aussen oder aus- und abwärts von dem grösseren eigentlichen. Alle führen in den gemeinschaftlichen Infraorbitalkanal und wohl immer durch besondere Kanäle. — Der Orang-Utang besitzt daher 1 — 4 Foramina infraorbitalia. Diese kom- men gewöhnlich in der Mehrzahl, nicht oft in der Einzahl vor. Die Zahl ist auf beiden Seiten um x/7 d. F. häufiger gleich als ungleich. — Bei Hylobates variegatus und H. albimanus sah ich jederseits an je einem Schädel ein Foramen infraorbitale, bei H. syndactylus an einem Schädel deren zwei. An letzterem Schädel war ausserdem links unter einer Brücke des Infraorbital- randes ein kleines Foramen vorhanden. Die Foramina führen in keinen Kanal, der, in Orbita, nur durch eine schwach an gedeutete Rinne vertreten ist. — Hylobates hat somit 1 — 3 Foramina infraorbitalia ohne Infraorbitalkanal, ohne deutlich ausgespro- chene Infraorbital rinne — . An einem Schädel von Semnopithecus nemaeus sah ich den vorderen Abschnitt des Infraorbitalkanales geschlossen, seinen hinteren Abschnitt durch eine Rinne vertreten. Jeder Infraorbitalkanal hatte nur ein Ostium facialç. Es waren aber noch besondere Kanäle — Canaliculi infraorbitales anomali — (rechts zwei und links einer) zugegen, die nicht in den Infraorbitalkanal mündeten. Von diesen Kanälen lag einer — C. i. anomalus internus — beiderseits ein- und aufwärts von dem Infraorbitalkanale. Sein Ostium faciale lag 3,5 Mill. ein- und aufwärts von dem des Infraorbitalkanales, sein Ostium orbitale mündete an der Infraorbitalwand neben dem Lacrymale. Der andere besondere Kanal — C. i. anomalus médius — , der nur rechts vorgekommen war, hatte über dem geschlossenen Infraorbitalkanal seine Lage. Sein Ostium faciale befand sich gleich über und aussen von dem des Infraorbitalkanales, sein Ostium orbi- tale über dem Dache des letzteren, hinter dem Infraorbitalrande. Zu diesem Loche verlief von dem offenen Abschnitte des Infraorbitalkanales eine Furche. Bei Cercopithecus sehe ich an 6 Schädeln verschiedener Species: 2 — 4 Fo- ramina, die in Kanäle führten, welche hinter dem Infraorbitalrande in der Or- bita mündeten. An einem Schädel von Cercopithecus sp.?, an dem rechts ein dop- peltes, links ein einfaches Foramen infraorbitale zugegen war, kam beiderseits einwärts noch ein besonderer Kanal — C. i. anomalus internus — mit einem besonde- ren Ostium faciale (infraorbitale) und 0. orbitale vor. Unter 5 Schädeln von Inuus nemestrinus sah ich an je einem: beiderseits 3; oder rechts 2 und links 4; oder rechts 4 und links 2; oder rechts 3 und links 5; oder rechts 5 und links 4 Foramina infraorbitalia. Sie führten durch besondere Kanäle in die Orbita, welche bald hinter dem Infraorbitalrande mündeten, indem sie (eine Ueber die Infraorbitalkanäle bei dem Menschen und bei den Säugethieren. 1 9 oder mehrere) entweder in dem vorn geschlossenen Infraorbital к anal oder in der Infraorbitalrinne endeten, oder der innen und oben gelagerte Kanal an der lnfra- orbitalwand sich öffnete und dadurch vielleicht ein C. i. anomalus internus war. Au einem Schädel von Inuus silenus waren 3 Foramina infraorbitalia mit 3 Kanälen im Gesichte zugegen. — Bei Inuus kommen somit 2 — 5 Foramina infraorbitalia vor — . Bei Cynocephalus ist der Infraorbitalkanal in der Orbita bis gegen oder bis zum Infraorbitalrande durch einen Halbkanal oder eine Rinne vertreten. Unter 7 Schädeln, welche C. sphinx, maimon, hamadryas angehörten, hatten die Infra- orbitalkanäle 3 — 8 Foramina, die in 2 — 5 Kanäle führten, welche direct oder mit Rinnen in die Infraorbitalrinne sich öffneten. Davon waren an einem Schädel mit 5 Foramina auch 5 Kanäle jederseits, an einem anderen Schädel, mit 8 Foramina beiderseits, 4 — 5 Kanäle rechterseits und 3 Kanäle, wovon der mittlere 6 Fora- mina enthielt, linkerseits. Bei Colobus guereza sah ich rechts 2, links 3 Foramina; bei C. ferrugineüs beiderseits 3 Foramina. Die Foramina führten in eigene Kanäle, die gleich hinter dem Infraorbitalrande ausmündeten. An dem Schädel des ersteren Thieres mün- dete jederseits der Kanal des inneren Foramen nicht in die Infraorbitalrinne, war daher ein besonderer Kanal — C. i. anomalus internus. — - Bei Mycet-es, wovon ich Schädel von M. guaviba, caraya, bcelzebul und ur- sinus untersuchen konnte, sah ich 1 — 5 f’oramina, die in Kanäle sich fortsetzten, welche für sich oder auch durch eine gemeinschaftliche Oeffnung hinter dem Infraorbital- rande in die Infraorbitalrinne endeten. Bei Lagothrix sah ich: 2 — 3 Foramia infraorbitalia, die in eigene, gleich hinter dem Infraorbitalrande mündende Kanäle führten. Bei Ateles sah ich 2 — 4 F oramina infraorbitalia, welche in Kanäle übergingen, die hinter dem Infraorbitalrande in der Orbita durch eben so viele Ostia orbi- talia oder wenigere sich öffneten. Bei Cebus sah ich: 1 — 3 Foramina, die in Kanäle, welche gleich hinter dem Infraorbitalrande ausmünden, sich fortsetzten. Bei Callithrix sciurea sah ich: 2 Foramina. Bei Pithecia sp.? bemerkte ich: rechts 1, links 2 Foramina infraorbitalia. Bei Hapale sah ich: 1 — 5 Foramina. Bei Lemur macaco sah ich: rechts 3, links 2 Foramina, welche 'in Kanäle übergingen, die durch ein gemeinschaftliches Ostium, 5 Mill. hinter dem Infraorbital- rande, in der Orbita mündeten. Bei L. rufus sah ich: rechts 1, links 2 Foramina, die ähnlich, wie bei voriger Species, endeten. Bei Stenops tardigradus, bei Galago cinercus, Galeopithecus rufus hatte ich nur ein Foramen infraorbitale mit einfachem Kauale gesehen. 3* 20 Professor Wenzel Gruber, II.— X. Bei den Chiroptera, Carnivora, Marsupialia, Glires, Edentata, Pacliydermata, Solidungula, Kuminantia, Pinnipedia. Die Thiere dieser Ordnungen besitzen ein einfaches Infraorbitalloch oder eine einfache Infraorbitallücke ohne oder mit einem Infraorbitalkanale, der oft ganz geschlossen, bei manchen grossen Thieren, mit lang gestreckten Oberkiefern, eine lange Röhre bildet, die mitten durch die Kieferhöhle der Länge nach verläuft (Blu- menbach). Bei Equus z. B. ist diese Röhre durch eine lange, hohe und innen vom Boden der Kieferhöhle vertical aufsteigende, etwas einwärts geneigte Knochenplatte gestützt. Unter einer Masse von Schädeln derselben fand ich folgende Ausnahmen: 1. Unter den Schädeln der Carnivora. An einem Schädel: von Procyon lotor war das Foramen infraorbitale und sein Kanal durch ein Septum doppelt; von Gulo barbarus ein- und aufwärts vom grossen Foramen infraorbitale befanden sich 1 — 2 kleinere; vom Mephitis sp.? und Herpestes sp.? de Pondichéry war das Foramen infraorbitale durch eine Brücke getheilt; von Mustela foina war neben dem oberen inneren Winkel des grossen ein kleines; von Felis jubata war das Foramen infraorbitale doppelt und von F. uncia war über der inneren Seite des Foramen infraorbitale ein zweites, kleines zugegen. 2. Unter den Schädeln der Marsupialia. An einem Schädel von Didelphis Philander war rechts das Foramen infra- orbitale doppelt. 3. Unter den Schädeln der Pacliydermata. Unter mehreren Schädeln von Elephas an einem, von E. indicus, war jeder- seits, von dem grossen gewöhnlichen Foramen infraorbitale 4,5 — 6 Cent, rück- und ab- wärts, ein zweites kleines zu sehen. Unter 5 Schädeln vom asiatischen Mammuth — E. primigenius — war an einem, neben dem grossen Foramen infraorbitale, ebenfalls jederseits ein zweites kleines zu bemerken. An der rechten Seite lag dieses 4 Cent., an der linken Seite 2 Cent, rück- und abwärts von dem der Norm. Sein Ostium orbitale lag rechts 2,7, links 4,7 Cent, hinter seinem Ostium faciale. Die super- numerären Foramina infraorbitalia waren so weit, um eine Fingerspitze auf- nehmen zu können. Da die Foramina infraorbitalia dieser Thiere auch als kurze Kanäle betrachtet werden können; so kann man bei denselben vielleicht auch vom möglichen Auftreten eines kurzen C. i. anomalus externus sprechen. Ueber die Infraorbitalkanäle bei dem Menschen und bei den Säugethieren. 21 Unter 11 Schädeln von Porcus babyrussa war an einem das Foramen infra- orbitale durch einen Querbalken in eine obere und eine untere Abtheilung ge- schieden. An zwei Schädeln von Tapir us americanus (an einem Schädel beiderseits, an einem anderen rechterseits) sass am unteren Winkel des Foramen infraorbitale ein zweites kleines, das zuerst in einen besonderen Kanal führte, bevor es in den Infra- orbitalkanal endete, und an einem Schädel von T. indicus war, 4 Cent, vor dem Fo- ramen infraorbitale, rechts ein ganz kleines, links ein grösseres Foramen zu sehen, das in einen Kanal führte, der im Infraorbitalkanale endete. An einem Schädel von Rhinocéros javanus war über dem grossen eigentlichen Foramen infraorbitale, 6 Mill. aus- und rückwärts, ein zweites kleines zu bemerken, % welchem eine Strecke ein besonderer Kanal angehörte. Unter 5 Schädeln von Hyrax, welche II. arboreus (1), H. capensis (3) und H. dongolensis (1) angehörten; wovon ich einen derselben schon vor 20 Jahren, die anderen vier durch die Güte des Directors des comp.-ant. Museums der Akademie der Wissenschaften, Herrn Akademikers Brandt, unlängst untersuchen konnte, ist der Infraorbitalkanal nur vorn noch in der Orbita geschlossen, übrigens daselbst grösstentheils durch eine Infraorbitalrinne vertreten. An dem Schädel von H. ar- boreus und an zwei Schädeln von II. capensis endet der Kanal nur mit 1 Foramen infraorbitale, an dem Schädel von H. dongolensis rechts mit 3, links mit 2 und an einem Schädel von H. capensis rechts mit 2, links mit 3 F. infraorbitalia. Mit Ausnahme des Schädels von H. dongolensis weisen die übrigen noch 1 — 2Foramina infraorbitalia auf, welche in besondere , auswärts von dem Infraorbitalkanal gestreckt und schräg durch das Maxillare superius verlaufende, nicht in der Infraorbitalrinne, sondern auswärts davon an der Infraorbitalwand sich öffnende Kanälchen — C. i. ano- mali externi — führen. Zwei Schädel von H. capensis haben jederseits ein solches Kanälchen, der Schädel von H. arboreus hat deren zwei an der rechten und eines an der linken Hälfte und ein Schädel von H. capensis hat eines an der rechten und zwei an der linken Hälfte. Bei den in der Einzahl vorkommenden Kanälchen liegt deren Ostium faciale (infraorbitale) immer im Maxillare superius und 2 — 4,5 Mill. unter der Sutura zygomatico-maxillaris, 3,25 — G Mill. unter dem, bis auf eine kleine Strecke neben dem Lacrymale, vom Zygomaticum allein gebildeten Infraorbital- rande, au niveau mit den Foramina infraorbitalia des Infra orbitalkanales; deren Ostium orbitale: neben oder 1,5 — 3,5 Milk auswärts vom Uebergange des offenen Abschnittes des Infraorbitalkanales in den geschlossenen, 2 — 5 Milk hinter der Sutura zygomatico-maxillaris und 4,5 — 7 Milk hinter dem Infraorbitalrande an der Infraorbitalwand. Bei doppelt vorkommenden Kanälchen liegt in einem Falle das Ostium faciale (infraorbitale) des inneren Kanälchens 3 Milk und das des äusseren noch 4 Milk weiter aus- und rückwärts vom Foramen infraorbitale des Infraorbital- kanales, das Ostium orbitale des inneren Kanälchens Î Milk und jenes des äusseren 22 Professor Wenzel Grub er, noch 3 Mill. weiter auswärts von dem Uebergange des offenen Abschnittes des Infra- orbitalkanales in den geschlossenen; in einem anderen Falle liegt das Ostium faciale des inneren Kanälchens 5 Mill. und jenes des äusseren noch 2 Mill. weiter aus- und rückwärts vom Foramen infraorbitale des Infraorbitalkanales, das Ostium orbitale des inneren Kanälchens 2 Mill. und jenes des äusseren noch 2 Mill. auswärts vom Uebergange des offenen Abschnittes des Infraorbitalkanales in den geschlossenen. Die Länge der Kanälchen variirt: von 2,5 — 8 Mill., ihre Weite gestattet, verschieden dicke Schweinsborsten durchzuführen. — Bei Hyrax kommt somit, in der Regel, neben dem gewöhnlichen Infraorbitalkanal, mit 1 — 3 Foramina infraorbitalia, jederseits noch ein einfacher oder doppelter äusserer supernumerärer Infraorbitalkanal mit einfachen Ostia facialia vor. Bei Zurechnung dieser Ostia variirt die Zahl der Foramina infraorbitalia bei Hyrax: von 2 — 4. — 4. Unter den Schädeln der Rwminantia. An einem Schädel von Camelus bactrianus war das Foramen infraorbitale durch ein queres Septum doppelt; an einem Schädel von Cervus dama sass am unteren Pole des eigentlichen Foramen infraorbitale noch ein kleines, dem eine Strecke ein besonderes Kanälchen entsprach; an 3 Schädeln von Capra aegagrus (unter 9) war das Foramen infraorbitale 1 Mal beiderseitig und 2 Mal rechtseitig durch einen Querbalken in 2 getheilt: an einem Schädel von Bos taurus war das Foramen infraorbitale jeder Seite durch einen Querbalken in ein oberes und unteres ge- schieden, wovon ersteres rechts und letzteres links das grössere war. 5. Unter den Schädeln der Pinnipedia. An einen Schädel von Phoca vitulina sass, unter dem unteren Pole des Foramen infraorbitale, einwärts ein zweites kleines. Unter 3 Schädeln von Rhytina Stellen sah ich: an einem rechts im Kanäle noch einen kleinen. XI. Bei den Cetacea. Bei Delphinus, wovon mir Schädel von D. albicans, D. Delphis, D. griseus, D. 1 eucas, D. phocaena und D. sp.? zu Gebote gestanden, fand ich bei D. Delphis: 1 Foramen, bei D. phocaena 2 Foramina, bei den übrigen: mehrere (bis 6). Bei Monodon monoceros sah ich: mehrere Foramina infraorbitalia Vor- kommen. Bei Balaena und Balaenoptera longimana bemerkte ich: eine ganze Reihe Foramina infraorbitalia. Ueber die Infraorbitalkanäle bei dem Menschen und bei den Säugethieren, 23 C. Resultate. Aus den Beobachtungen, welche bei der Untersuchung von G00-— 700 Säuge- thierschädeln aus dem comp. -anatomischen Museum der Akademie der Wissenschaften, aus dem der medico-chirurgischen Akademie und aus der eigenen Sammlung gemacht wor- den waren, geht hervor: 1. In der Mehrzahl kommen dieForamina infraorbitalia, welche in eine gleiche oder geringere Zahl Kanäle führen, bevor sie in den vorn gedeckten Infraorbital- kanal oder Halbkanal oder Rinne münden, oder, bei Mangel der letzteren, in der Orbita, gleich hinter dem Infraorbitalrande sich öffnen, vor: bei der höchsten und niedersten Ordnung, d. i. bei den Quadrumana und den Oetacea; in der Einzahl: bei den übrigen Ordnungen, wie von J. Fr. Meckel1), G. Cuvier2) u. A. längst an- gegeben ist. Unter den Quadrumana trifft man die grösste Anzahl von Foramina infraorbitalia bei Cynocephalus an. Die in der Ordnung der Quadrumana am nie- dersten und in der Ordnung der Cetacea am höchsten gestellten Genera haben ein- fache Foramina infraorbitalia. 2. Diese Regeln haben aber bis jetzt nicht genügend hervorgehobene Ausnahmen. So können unter den Quadrumana «mit Mehrzahl der Foramina infraorbitalia» z. B. ; Gorilla, Orang-Utang, Mycetes, Cebus, Pithecia, Hapale, Lemur bisweilen, Hylobates anscheinend meistens, Stenops, Galago und Galeopithecus vielleicht immer; unter den Cetacea: Halicore und Manatus wohl immer und Delphinus aus- nahmsweise ein einziges Foramen infraorbitale beiderseitig oder nur einseitig besitzen. So kann anderseits bei manchen Species aus den übrigen Ordnungen «mit Einzahl der Foramina infraorbitalia «Duplicität und selbst Triplicität des Foramen infraorbitale auftreten: z. B. bei Proeyon, Gulo, Mephitis, Mustela, Herpestes, Felis; bei Didelphis; bei Elephas, Porcus, Tapirus, Rhinocéros, Hyrax; bei Camelus, Cervus, Capra, Bos; bei Plioca. 3. Neben dem vorn geschlossenen, übrigens in der Orbita offenen Infraorbital- kanale mit 1 — 3 und -t- Foramina infraorbitalia können bei 4( — 6) Genera noch besondere supernumeräre InfraorUtalkanäle — G. i. anomali — angetroffen werden (Semnopithecus, Cercopithecus, Colobus, Hyrax (Inuus?, Elephas?) ), welche an der Infraorbital - wand mit einem besonderen Ostium orbitale beginnen, wie bis jetzt meines Wissens noch nicht erwähnt worden war. 1) Syst. d. vergl. Anatomie. Th. II. Abth. 2. Halle, 1825. S. 620. 2) Leç. d’anat. comp. Édit 2, Paris, 1837. p. 455. 24 Professor Wenzel Gruber, Diese Kanäle, wenn sie auftreten, kommen immer beiderseitig, und zwar mei- stens einfach jederseits, nicht oft auf einer Seite einfach, auf der anderen Seite doppelt (Semnopithecus — rechts — , Hyrax arboreus — rechts — , H. capensis — links — ) vor. Das ein- und aufwärts vom Infraorbitalk,ana]e verlaufende Kanälchen — G. i. anomalus internus — ist bei 3 ( — 4) Genera aus den Quadrumana (Semnopithecus, Cerco- pithecus, Colobus (Inuus?) ); das einfache oder doppelte auswärts von dem Infra- orbitalkanale verlaufende Kanälchen — C. i. anomalus externus — bei 1 Genus aus den Pachydermata (Hyrax) und das über dem Infraorbitalkanale verlaufende Kanäl- chen— G. i. anomalus médius — bei 1 Genus an einer Seite (Semnopithecus — rechts — ) gesehen worden. Nimmt man das beim indischen Elephanten und das beim asiatischen Mammuth beobachtete supernumeräre Foramen infraorbitale als kurzen Kanal , so kann auch bei Elephas ein C. i. anomalus externus Vorkommen. Der supernumeräre mittlere Infraorbitalkanal ist der seltenste. Dieser und der innere sind selbst bei einem und demselben Genus ganz unconstant, der supernumeräre äussere Infraorbitalkanal aber tritt bei Hyrax fast constant auf. Zwei verschiedene supernumeräre Infra- orbitalkanäle an einer und derselben Schädelhälfte sind nur 1 Mal (Semnopithe- cus— rechts — ) gesehen worden. III. Analogien. 1. Das bisweilen zweifache, sehr selten dreifache , ganz ausnahmsweise vier- und fünffache Auftreten der Foramina infraorbitalia beim Menschen erinnert an das gewöhnlich mehrfache Auftreten derselben bei den meisten Affen und das fast immer mehrfache Auftreten bei den ächten Cetaceen, worauf schon J. Fr. Meckel1) aufmerksam gemacht hat. Die Bildung beim Menschen ist namentlich analog der bei den anthro- pomorphen Affen, die 1 — 4 Foramina infraorbitalia besitzen. Bei dem Menschen ist aber Einzahl, bei den anthropomorphen Affen , wenigstens sicher beim Orang-Utang, Mehrzahl die Regel. Bei dem Menschen sitzen die Foramina supernumeraria ein- und aufwärts, bei den Affen die kleineren Foramina zwar verschieden, aber doch überwiegend häufig aus- oder aus- und abwärts. 2. So viel Foramina infraorbitalia, in so viel Aeste ist auch der Infraorbital- kanal in der Regel getheilt. Bei dem Menschen kann die Zahl der Aeste durch primäre und secundäre Theilung des Infraorbitalkanales bis auf 3, bei den Affen (Cynocephalus) 1) Handb. d. menschl. Anat. Bd, 2. 'Halle u. Berlin, 1816. S. 127. Ueber die Infraorbitalkanäle bei dem Menschen und bei den Säugethieren. 25 bis auf 5 steigen. Bei dem Menschen kann ausnahmsweise der supernumeräre Ast 2 — 4 Foramina, bei Cynocephalus, bei dem bis 8 Foramina infraorbitalia auftreten können, bis 6 derselben einem der in die Infraorbitalrinne führenden Kanäle zukommen. 3. Der einfache anomale innere Infraorbitalkanal beim Menschen ist analog dem anomalen Infraorbitalkanal, der bei Semnopithecus (links), Gercopithecus , Colobus , (Inuus?) zur Beobachtung gekommen. Der in einem Falle beim Menschen angetroffene doppelte anomale innere Infraorbitalkanal ist vielleicht analog dem anomalen in- neren und mittleren Infraorbitalkanal bei Semnopithecus (rechts). Die Art des ano- malen äusseren Infraorbitalkanales beim Menschen , welche in der Orbita beginnt und durch die Sutura zygomatico-maxillaris verläuft, ist vielleicht analog dem fast constanten äusseren Infraorbitakanal bei Hyrax , welcher unter dem Processus maxillaris das Maxillare superius durchsetzt. 4. Die Fälle beim Menschen mit Auftreten eines Nebenfaches der Kieferhöhle, welches von letzterer zwischen der Wand des Sulcus für den Canalis naso - lacrymalis und dem Infraorbitalkanal ausgeht, über das vordere Endstück des Infraorbitalkanales nach aussen sich schlägt und dadurch diesen vorn und oben so deckt, dass der Kanal bis auf eine schmale, dünne, streifenartige, von seiner oberen und äusseren Seite zur Kiefer- höhlenwand tretenden Lamelle, frei in der Kieferhöhle liegen und diese wie ein auf- gehängtes cylindrisches Rohr durchsetzen kann; gestatten, an den röhrenförmigen Infraorbi- talkanal mancher grossen Thiere zu erinnern, welcher, wie z. B. bei Equus, durch die Kieferhöhle, in deren ganzen Länge, aber von unten her und zwar durch eine verticale Platte gestützt, verläuft. îlénioire» de l’Asad. Ішр. des sciences, Yllme Se'rie. '1 Professor Wenzel Gruber, 2 в Erklärung der Abbildungen Tab. I. Fig. 1. Gesichtsschädel-Partie. (*) Nebenfach der Kieferhöhle, welches sich über dem vorderen Endstücke des Infraorbital- kanales quer von innen nach aussen gelagert hat. Fig. 2. Oberkiefer mit dem Joch- und Gaumenbeine der rechten Seite. a. Zweiget heil ter Unteraugenhöh lenkanal — Canalis infraorbitalis hifidus — (grössten- theils geöffnet). a. Aeusserer Ast, als Fortsetzung des Kanales. ß. Innerer supernumerärer Ast mit einem Ostium faciale. Fig. 3. Gesichtsschädel-Partie der rechten Seite. a. Durch ein langes Septum zweigeteilter Infraorbitalkanal (geöffnet). a. Aeusserer, grösserer Ast. ß. Innerer, kleiner Ast. •y. Vertikales Septum. 5. Transversales, schmales, den äusseren Ast durchsetzendes Septum, f f Geöffnete, zur Seite des Infraorbitalkanales liegende Partien der Kieferhöhle. Fig. 4. Oberkiefer mit dem Joch- und Gaumenbeine der linken Seite. a. Dreigetheilter Unteraugenhöhlenkanal — Canalis infraorbitalis trifidus — (grössten- theils geöffnet). a. Aeusserer Ast, als Fortsetzung des Kanales. ß. Innerer, primärer Ast. ß'. Oberer supernumerärer Ast. ß". Unterer supernumerärer Ast. Fig. 5. Oberkiefer mit dem Jochbeine der linken Seite. a. Gewöhnlicher Infraorbitalkanal (geöffnet am vorderen Abschnitte). b. Anomaler, innerer Infraorbitalkanal (geöffnet). Fig. 6. Oberkiefer mit dem Jochbeine u. s. w. a. Gewöhnlicher Infraorbitalkanal. b. Anomaler innerer, mit einer Furche am Dache des ersteren beginnender und mit zwei Ostia facialia versehener Infraorbitalkanal. Uebek die Infraorbitalkanäle bei dem Menschen und bei den Säugethieren, 27 Tab. II. Fig. 7. Gesichtsschädel-Partie der linken Seite. a. Gewöhnlicher Infraorbitalkanal. b. Lateraler , anomaler innerer Infraorbitalkanal. 1/. Medialer , zweigeteilter anomaler innerer Infraorbitalkanal. Fig. 8. Gesichtsschiidel-Partie der rechten Seite, a. Gewöhnlicher Infraorbitalkanal. a. Am Gesichte in der Sutura zygomatico-maxillaris ausmündender Jochbeinkanal — Canalis zygomatico-facialis — . Fig. 9. Gesichtsschädel-Partie der rechten Seite. a. Gewöhnlicher Infraorbitalkanal (ganz geschlossen). c. . Anomaler äusserer, durch die Sutura zygomatico-maxillaris verlaufender Infraorbital- kanal. Fig. 10. Gesichtsschädel ohne Jochbein und Unterkiefer. a. Zwei geteilter gewöhnlicher Infraorbitalkanal der rechten Seite, a'. Derselbe der linken. Seite (theilweise geöffnet), a. Aeusserer Ast des rechten Kanales. öl. Derselbe des linken Kanales. ß. Innerer Ast des rechten Kanales. ß'. Derselbe des linken Kanales. c. Anomaler äusserer, in der Tiefe der Infraorbitalwand verlaufender, in einem Spalt der Temporalfläche des Oberkiefers beginnender und in der Sutura zygomatico-facialis endender Infraorbitalkanal der rechten Seite. c'. Derselbe der linken Seite (geöffnet). y. Ostium orbitale des in den rechten anomalen äusseren Kanal vorwärts schräg eindringenden Kanälchens. Fig. 11. Oberkiefer mit dem Joch- und Gaumenbeine der rechten Gesichtshälfte desselben Schädels. (Ansicht von der hinteren Seite). s. Eingang in den gewöhnlichen Infraorbitalkanal. Ç. Parallelogrammen verticaler Spalt an der Temporalfläche des Oberkiefers, abwärts mit dem Eingänge in den anomalen äusseren Infraorbitalkanal. Fig. 12. Gesichtsschädel-Partie der linken Seite. a. Gewöhnlicher Infraorbitalkanal. b. Anomaler innerer, mit einer zweischenkligen Furche, die vom Ende des offenen Abschnittes des gewöhnlichen Infraorbitalkanales ausgeht, beginnender Infraorbitalkanal. c. Zweigetheilter anomaler äusserer im Spalt an der Temporalfläche des Oberkiefers beginnender I n f г a о r b i t a 1 к a n a 1. § Ostium des Gesichtsastes, f Ostium des Orbitalastes, d', â". Canales zygomatico-faciales. Y) Furche zum anomalen inneren Infraorbitalkanal. Sr. Furche von dem Ostium des Orbitalastes des anomalen äusseren Infraorbi- talkanales zu den Ostia orbitalia der Jochbeinkanäle. WGruber. Лліга огЪііаІкапаІе. Ta'b.I LHh Anstalt r.jvanson S!" Petersburg. Nach d.Nat.gez. x.Ofrossimoff. Mkiellcai.Jmp. desScVH.Séne. "W. БшЬег: Jrifraorbilalkarial p Tab.II. Nacb d.Nâf. £ez. v. Ofrü&simoff. Lith.Ar.stali v Jvartson 3* Fete.-sourg MEMOIRES L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOERC, VIF SÉRIE. Tome XXI, № II. M1SCELLMEA SILURICA IL Ober EINIGE NEUE UND WENIG BEKANNTE BALTISCH - SILURISCHE PETREFACTEN VON Mag. Fr. Schmidt, Mitgliede der Academie. Mit vier Tafeln Abbildungen. Lu le 12 Mars 1874. St.-PETERSBOURG, 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Péterehoure i à Riga’ à Odexuai à Leipzigs MM. Eggers et Cie, H. Schmitzdorff, M. N. Kymmel; M. A. E. Kechribardshi; M. Léopold Voss J. Issakof et Tcherkessof; Prix: 80 Kop. = 27 Ngr. MEMOIRES DE L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURG, VIF SÉRIE. Tome XXI, № 11. MISCELLMEA SILÜRICA IL ÜBER EINIGE NEUE UNI) WENIG BEKANNTE BALTISCH - SILURISCHE PETREFACTEN VON Mag. Fr. Schmidt, Mitgliede der Academie. Mit vier Tafeln Abbildungen Lu le 12 Mars 1874. St.-PETERSBOURG, 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Péterebourg: à Higu: à Odessa: à Leipzig: MM. Eggers et Cie, H. Schmitzdorff, M. N. Kymmel; M. A. E. Kechribardshi; M. Léopold Vos s. J. Issakof et Tcherkessof; Prix: 80 Kop. = 27 Ngr. Juil 1874. Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. C. Yessélofski, Secrétaire perpétuel. Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences (Yass.-Ostr., 9 ligne, № 12.) Inhalt. Seite. Vorbemerkung 1 1) Ueber Hybocrinus dipentas Leucht, sp. und dessen Formenkreis. 3 2) Ueber die baltisch-silurischen Arten der Gattung Glyptocystites Bill, oder Cheirocrinus Eichw. . . 8 Glyptocystites penniger Eichw 15 « Volbortbi n. sp 21 « sculptus n. sp 22 « giganteus 23 3) Ueber untersiluriscbe Cystideen aus unsrem Gebiet, die als Uebergangsglieder zu den Blastoiden gedeutet worden sind 25 Blastoidocrinus carchariaedens Bill. 27 Asteroblastus Eichw 29 « stellatus Eichw 30 « Volborthi n. sp 32 « tuberculatus n. sp 33 Agelacrinus Pusyrewskii Hoffra. sp 34 4) Ueber die Gattung Bothriocidaris Eichw 36 Bothriocidaris Pahleni n. sp 38 « globulus Eichw 40 5) Ueber Tetradium Wrangeli n. gen. et sp 42 Erklärung der Tafeln . 46 Vorbemerkung. Seit dem Beginn meiner wissenschaftlichen Thätigkeit vor nunmehr 20 Jahren, habe ich mit besonderem Interesse mich mit unsrer baltischen Silurformation beschäftigt, zu deren Studium ich nach allen Unterbrechungen durch sibirische Reisen immer wieder zu- rückgekehrt bin. Von vielen Seiten erwartet man von mir eine vollständige Monographie unsrer sibirischen Petrcfakten , und ich fühle mich auch zu einer solchen namentlich der Estländischen Ritterschaft gegenüber verpflichtet, die mir durch eine Reihe von Jahren ihre Unterstützung bei meinen geognostischen Arbeiten in Estland hat angedeihen lassen. Zu einer einigermaassen erschöpfenden Monographie gehören aber noch mehr Mate- rialien und mehr Vorarbeiten, als mir gegenwärtig zu Gebote stehen, cs wird also mit dem Hauptwerke noch einige Jahre Zeit haben. Einstweilen denke ich einzelne Parthieen und einzelne besonders interessante Novitäten besonders zu bearbeiten, die als Vorläufer dem Hauptwerke vorausgehen mögen. Die in der vorliegenden Arbeit enthaltenen Artikel sind alle durch interessante Funde der letzten Jahre veranlasst. Ein schönes vollständiges Exemplar des Hybocrinus dipentas Leucht, sp., das Hr. Dr. Linnarsson im Sommer 1872 im Steinbruch von Altenhof in Wierland entdeckte und mir überliess, veranlasste eine Wiederaufnahme der Baerocrinus- frage, die jetzt sieben Jahre geruht hat. Ein schöner Kopf des Cheirocrinus penniger Eichw., den ich im verflossenen Herbst im Brandschiefer von Kuckers auffand, veranlasste eine genauere Revision und Beschreibung unsrer Cheirocrinus- Arten, zu denen ich reich- liches Material aus der Sammlung des Hrn. Dr. A. v. Volborth erhielt. Durch den Cheirocrinus kam ich auf unsre untersilurischen Vorläufer der Blast oid en , den Astero blastus Eichw., Agelacrinus ( Mesites ) Pusyrewskii Hoffm., und den Blastoidocrinus car- chariaedens Bill, aus Pulkowa, den ich wiederum Hrn. v. Volborth verdanke. Der Arti- kel über Bothriocidaris , die älteste Echinidengattung, wurde veranlasst durch den Fund eines schönen Exemplars des Bothriocidaris Pahleni durch Hrn. Stud. Alex. v. d. Pahlen, der mich im verflossenen Sommer 1873 auf meinen geognostischen Wanderungen in Est- land begleitete, und der Artikel über Tetradium Wrangeli endlich durch die Auffindung Mémoires de l'Âoad. lmp. des sciences, Vllmo Série. 1 2 Mag. F к. Schmidt, einiger Exemplare dieses rätselhaften Fossils, auf das Hr. Baron W. Wrangell zu Ruil zuerst meine Aufmerksamkeit gelenkt hatte. Eine einigermaassen erschöpfende Bearbeitung unsrer silurischen Petrefakten ist in- sofern mit einigen Schwierigkeiten verbunden, als das Material in drei Städten, St. Peters- burg,1) Reval2) und Dorpat3) und ausserdem in verschiedenen kleinern Local-Sammlungen auf dem Lande in Estland zerstreut ist, von denen namentlich die Sammlungen des Hrn. Grafen A. Keyserling in Raikiill, des Hrn. Baron A. v. d. Pallien in Palms und des Hrn. v. Rosenthal in Herküll und Kirna zu nennen sind. Ich befinde mich in der glück- lichen Lage, dass mir alle unsre silurischen Sammlungen offen stehen und dass ich so ziem- lich über den Bestand jeder derselben orientirt bin; natürlich wird aber durch ein derarti- ges Zusammentragen des Materials von verschiedenen Orten die Schnelligkeit der Publi- kationen nicht gefördert. Für die Bearbeitung des grossem Werks über unsre silurischen Petrefakten giebt es zwei Wege. Entweder die gesammten Formen unsrer Silurfauna in zoologischer Reihen- folge wie in dem grossen Werk von Barrande oder die einzelnen Unterabtheilungen un- serer Silurformation getrennt, wie im Silurian System von Murchison und in dem grossen Werk von Hall über das Ncw-Yorkcr Silursystem. Den letztem Weg hat mir namentlich Hr. Prof. Ferd. Römer in Breslau vorgeschlagen, da auf diese Weise am Besten eine ein- gehende Vergleichung unsrer Silurformation mit der andrer Länder möglich ist. Die ein- zelnen Unterabtheilungen sind aber nicht so scharf geschieden, und zugleich fühle ich das Bedürfniss, beim Bearbeiten einer Gruppe von Petrefakten aus einer bestimmten Schicht auch die verwandten Formen aus andern Schichten hinzuzuziehen, so dass mir für uns die Bearbeitung in zoologischer Reihenfolge leichter ausführbar erscheint, der dann später die geognostisch in Schichten geordnete folgen könnte. Nur die ober- und untersilurische Fauna unsres Silurgebiets sind so scharf von einander geschieden und zeigen so wenig Ueber- gänge, dass eine getrennte Bearbeitung möglich erscheint. Es liegt jetzt das grosse Werk von Barrande über die böhmischen silurischen Ce- phalopoden vor; unsre einheimischen Sammlungen haben sich seit Erscheinen der Lethaea rossica von Eichwald, in der übrigens nur die Sammlung des Verfassers berücksichtigt ist, auch bedeutend vermehrt, so dass ich daran denken kann, im nächsten Winter an die Bearbeitung unsrer Cephalopoden, zunächst vielleicht nur der untersilurischen, die am voll- ständigsten vertreten sind, zu gehen, wenn ich mich auch nicht im Stande fühle, ein derarti- ges umfassendes Werk wie das von Barrande zu liefern. Im bevorstehenden Sommer beabsichtige ich, auf Ergänzung des vorhandenen Materials bedacht zu sein. 1) Namentlich die Sammlungen der Herrn v. Vol- bortli und Eichwald. 2) Die Sammlung des Estländiscben Provinzialmu- seums, in der ich meine in den letzten Jahren zusam- mengebrachten Materialien niedergelegt habe, und die ausserdem den reichen palaeontologischen Nachlass des verstorbenen amerikanischen Consuls Stacy enthält. 3) Die Sammlungen der Universität, der Naturfor- scher-Gesellschaft und des Hrn. Dr. A. v. Schrenck Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch-sidurische Petrefacten. 3 1. Uckr Hybocrinus dipentas Leucht, sp. und dessen Formculueis. Tab. I, f. i— 6. Im Jahr 1843 beschrieb Maximilian Herzog von Leuchtcnberg den ersten unter silurischen ächten Crinoidenkopf unsres Gebiets unter dem Namen Apiocrinus dipentas (s. dessen Beschreibung einiger neuen Thierreste der Urwelt von Zarskoje Selo, p. 17, t. II, f. 9, 10). Dieses Fossil kommt ziemlich sparsam in den Orthoceratiten- oder Vagi- natenkalken von Pawlowsk und Pulkowa vor, und ist mit den ihm zunächst stehenden Formen aus Estland später mehrfach ein Gegenstand lebhafter Erörterungen geworden. Als ich meine «Untersuchungen über die Sibirische Formation von Estland, Nord- Livland und Oesel, Dorpat 1858» schrieb, kannte ich aus den untersilurischen Schichten Estlands zwei Stücke, die ich glaubte dieser Art zuzählen zu können: einen Kopf aus dem Vaginätenkalke von Leetz bei Baltischport, der noch von Ulprecht’s Zeiten her im Uni- versitätsmuseum zu Dorpat sich befindet, und ein etwas abweichendes Stück aus dem Brandschiefer von Erras, das ich in der Sammlung des Baron Rudolph Ungern-Stern- berg zu Birk as gesehen hatte. Ich sprach schon damals (1. c. p. 219) die Ansicht aus, dass dieses Fossil kein Apiocrinus sei, sondern wahrscheinlich einer neuen Gattung an- gehöre. In der Lethaea rossica von Eichwald, anc. pér. p. 583 (1860) werden der Apiocrinus dipentas von Pulkowa und das oben erwähnte Stück von Erras zu der Gattung Homocrinus Hall gebracht und beide als H. dipentas aufgeführt; auf einige Verschieden- heiten des Errasschen Stückes wird dabei aufmerksam gemacht. Diese letzterwähnten Be- merkungen Eichwald’s und meine mündlichen Mittheilungen erregten in Hrn. Dr. v. Vol- bortli den Wunsch, das erwähnte Errassche Stück aus eigener Anschauung kennen zu ler- nen. Ich wandte mich an Baron Ungern-Sternberg, der das Stück auch im Frühjahr 1864 Hrn. v. Volborth einsandte, von dem es dann bald darauf als Typus einer neuen Gattung unter dem Namen Baerocrinus Ungerni neu beschrieben wurde (S. Bullet, de l’Acad. des scienc. de St.-Pétersb. Tom. VIII, p. 778 — 81). Bei Gelegenheit der Be- schreibung des Baerocrinus macht Volborth darauf aufmerksam, dass der ursprüngliche Apiocrinus dipentas Leucht, zur Gattung Hybocrinus Bill, und nicht zu Homocrinus Hall , wie Eichwald annahm, gehöre. Es folgte nun eine kurze Entgegnung Eichwald’s in einer Anmerkung zu seinem Artikel über die geologischen Karten von Russland (Bullet, de Moscou, 1865, II, p. 159), in welcher er bei seinem Homocrinus bleibt und dann die Ver- theidigung des Baerocrinus von Volborth (Bullet, de Mose., 1865, II, p. 442). Weiter folgte nun eine ausführliche Auseinandersetzung von Eichwald mit Zeichnungen begleitet, 4 Mag. Fr. Schmidt, im Artikel «Ueber Rhytina borealis und Homocrinus dipentas (Bull, de Mose., 1866, I, p. 146, tab. VIII), in dem er durch verschiedene Combinationen und Deutungen seinen russischen Homocrinus aufrechtzuerhalten sucht, welche Bemühungen- ebenso ausführlich von Volborth in dessen Aufsatz «über die angeblichen Homo er in en der Lethaea ros- sica» (Bullet, de Mose., 1866, II, p. 541) widerlegt werden. Im Jahr 1867 erschien zum Jubilaeum der kaiserlichen mineralogischen Gesellschaft zu St. Petersburg die Gratulationsschrift von Prof. C. Grewingk zu Dorpat «über Ho- plocrinus dipentas und Baerocrinus Ungerni», in welcher der ursprüngliche Apio- crinites dipentas von Pulkowa und das oben von mir erwähnte Stück der Dorpater Samm- lung als Hoplocrinus (eine neue Untergattung zu Hybocrinus) dipentas aufgeführt werden und der Errassche Baerocrinus Ungerni Volb., den Grewingk vollständig aus dem Gestein her- ausgearbeitet hatte, neu charakterisirt wird. In seinem Artikel «die Lethaea rossica und ihre Gegner, erster Nachtrag (Bull, de Mose., 1867, II, p. 191) kommt Hr. v. Eichwald noch einmal auf den Gegenstand zurück und sucht seinen Homocrinus gegen alle entgegenstehenden Ansichten zu vertheidigen. Wenn ich im Folgenden die Streitfrage wieder aufnehme, die unterdessen sieben Jahre geruht hat, so geschieht es, weil ich einiges neue Material zur Lösung derselben erhalten habe, auf das ich eine eigne Ansicht gründen kann, die, wie sich ergeben wird, einestheils mit Volborth’s, anderntheils mit Eich™ wrald’s Ansicht übereinstimmt. Was den ursprünglichen Apiocrinites dipentas Leucht. oder*den Hoplocrinus dipentas Grew. betrifft, so bin ich mit Hrn. v. Volborth der Ansicht, dass wir es bei ihm mit einem ächten Hybocrinus Bill. J) zu thun haben; seine Unterschiede von den amerikani- schen Arten kann ich bei der ziemlich starken Variabilität in den Azygostafeln bei unsrer Art (s. unten) nur für specifisch, nicht für subgenerisch halten. Auch ist der übrigens sehr gute Gattungsname Hoplocrinus Grew. auf einen Charakter gegründet, der den amerikani- schen Arten ebenso zu Gut kommt (s. Bill, canad. org. rem. Dec. III, p. 25, f. 5, wro es heisst: the upper edge of the radial plate lias a liorse shoe form). Auf die mögliche Verschiedenheit in der Kelchdecke, auf die Prof. Grewingk anspielt, mag ich mich nicht einlassen, da nach Allem, was wir sehen, sowohl bei den amerikanischen als hei der russi- schen Art gar keine feste Kelchdecke vorhanden gewesen ist. Dafür spricht auch der Ver- 1) Es muss Jedem, der sich mit der Litteratur der silurischen Crinoideu vertraut gemacht hat, sehr auf- fällig erscheinen, dass Eichwald den Apiocr. dipentas mit dem doch ziemlich entfernten Homocrinus Hall statt mit dem schon auf den ersten Blick so nahe überein- stimmenden Hybocrinus Bill, (man denke nur au die zwei Reihen Tafeln am Kelch, den Mangel der Kelch- decke und die einfachen Arme!) in Verbindung bringt. Zur Erklärung will ich darauf hinweisen, dass zur Zeit als der betreffende Abschnitt der Lethaea ross, verfasst wurde, die 1859 erschienene 4. Decade von Billings org. rem., in welcher der Hybocrinus zum ersten Mal ausführlich dargestellt ist, noch nicht in Petersburg sein konnte. Später hat dann Hr. v. Eic.liwald wohl geglaubt, die einmal publicirte Ansicht gegen Angriffe aufrecht er- halten zu müssen. Ueber einige neue und wenig bekannte baltisoh-silurische Petrepacten. 5 lauf dor Ambulacralgänge an der Innenseite der Radialtafeln, der bei den beiderseitigen Arten beobachtet worden ist. Was nun endlich den vielbesprochenen Baerocrinus Ungerni Voll), angeht, so war lei- der bisher immer nur das Eine nicht vollständig erhaltene Exemplar von Erras vorhanden, an dem die Fragen über die normale Zahl der Arme und die Bedeutung des von Vol- borth sogenannten «Organs» nicht endgültig entschieden werden konnten. Es war natür- lich, dass ich mich auf meinen wiederholten geognostischen Reisen in Estland bemühte, neue vollständigere Exemplare zu erlangen, aber immer vergebens. Ich fand wohl einzelne Tafeln z. B. im Brandschiefer von Kuckers, und in der nämlichen Schicht bei Jaggo- wal im Jahre 1871 sogar ein Bruchstück mit zwei Armen, zwei armtragenden Radial- schildern und drei Basalien; das genügte aber Alles nicht, bis endlich im Sommer 1872 Hr. Dr. Linnarsson von der schwedischen geologischen Reichsanstalt, der mit mir Est- land bereiste, um Vergleichungen zwischen den schwedischen und unsern Silurschichten anzustellen, so glücklich war, im Steinbruch von Altenhof in Wicrland (der Jeweschen Schicht lb meiner Estländischen Schichteneintheilung zugehörig) einen vollständigen Kopf zu finden, den er mir freundlichst überliess. Dieses Stück zeigt nun einerseits an den Armen alle Charaktere des Baerocrinus Ungerni , ist aber am Kelch so regelmässig ge- bildet — es stimmt in dieser Beziehung zunächst mit dem von Grewingk (1. c. F. 1) ab- gebildeten Exemplar des Dorpater Museum’s überein; dabei hat es fünf Arme und fehlt ihm das Volborth’sche Organ — , dass ich gezwungen bin, es ebenfalls zu Hybocrinus dipentas zu bringen und den oft erwähnten Baerocrinus von Erras als ein unvollständig erhaltenes und dabei abnorm gebildetes Exemplar ebenfalls dieser Art einzuverleiben, wo- für weiter unten noch weitere Gründe beigebracht werden sollen. Die Gattung Baerocrinus wird von Volborth und Grewingk verschieden begründet. Ihr ursprünglicher Autor, Volborth, hebt in der Beschreibung die Unterscheidungs- charakterc derselben von Hybocrinus nicht ausdrücklich hervor, sondern sagt nur, dass Baerocrinus sich vom erstem sowohl durch seine Grösse als durch die Beschaffenheit seines Kelchs und seiner Arme unterscheide. Die Grösse als generisches Unterscheidungs- kennzeichen können wir in diesem Falle nicht mehr gelten lassen , da Prof. Grewingk einen mit dem Petersburger identischen Hybocrinus ( Hoplocrinus ) dipentas beschrieben hat (s. oben), der in seiner Grösse so ziemlich mit dem Baerocrinus übereinstimmt. Der Un- terschied im Kelche besteht nach der Volborth’schen Beschreibung vorzüglich in dem Vorhandensein des von ihm sogenannten besondern «Organs», über das schon viel ge- schrieben und über das schon verschiedene Ansichten aufgestellt worden sind. Eichwald erklärte es zuerst für aus Rissen und Spalten in den Radialtäfelchen entstanden, und spä- ter für ein fremdartiges Gebilde, «etwa kleine Stromatoporen» , Grewingk für eine Mon- strosität. Ich habe die betreffende Stelle nochmals vergrössert und möglichst genau ab- bilden lassen (T. I, f. 1), mit allen Rissen der umgebenden Tafeln, und erkläre mich für 6 Mag. Fe. Schmidt, eine Auffassung, die mit der ursprünglichen Eichwaldschen und der Grewingkschen ziemlich nahe übereinstimmt. Zwei Radial- und Ein Basaltäfelchen sind an einer Stelle, wo sie alle drei Zusammentreffen, verwachsen; an der Stelle dieser Verwachsung erhebt sich eine Wulst, deren Oberfläche zumTheil unversehrt bleibt, zumTheil durch in verschiedener Rich- tung verlaufende Risse in eine Anzahl kleiner Täfelchen getheilt ist. Von den die Umrisse die- ser scheinbaren Täfelchen bildenden Rissen laufen einige noch weiter in die nicht mehr wulstförmig aufgetriebenen Parthien der Radialtafeln fort, so dass für mich kein Zweifel mehr bleibt, dass diese vermeintlichen Täfelchen einer rein mechanischen Ursache ihren Ursprung verdanken. Besonders dünn, wie Eichwald annimmt, sind dabei die Tafeln nicht, nur verlaufen die Risse auf den regulären Tafeln, wie schon Eichwald richtig dar- gestellt hat, geradlinig durch die ganze Tafel; auf der wulstförmigen Auftreibung dagegen unregelmässig in verschiedenen Richtungen, so dass sich kleine Täfelchen bilden. Mein Exemplar von Altenhof. das seinem Niveau und seinen Armen nach mit dem Baerocrinus, übereinstimmt, ist ganz regelmässig gebildet, zeigt keine Verwachsungen un- ter den Täfelchen und also auch kein besonderes wulstiges Organ. Unter den Unterschie- den des Baerocrinus vom Hybocrinus führt Volborth noch die Beschaffenheit der Arme an. In der Beschreibung finden wir das Vorhandensein von Saumplättchen hervorgehoben, aber auch der Hybocrinus ( Hoplocrinus ) dipentas des Dorpater Museums hat solche (Gre- wingk 1. c p. 13), die sogar in die Tiefe des Kelchs hineingehen (Grew. 1. c. f. lf.), und ebenso der amerikanische Hybocrinus conicus (Bill. Dec. IV, p. 29, t. 2, f. 2a). Weiter erwähnt die Beschreibung elliptische oder längliche Ausschnitte zwischen den Armgliedern, denen auch Grewingk generischen Werth beizulegen geneigt ist, und die auch von Vol- borth sowohl als Grewingk (1. c. f. 2a, 2 f.) abgebildet werden. Bei genauerer Unter- suchung ergiebt sich, dass diese Ausschnitte gar nicht existiren, und dass nur ihr An- schein dadurch hervorgebracht wird, dass die Seitentheile der klammerförmigen Arm- glieder nach oben und unten auf ihrer Aussenseite in der Weise schräg ausgekehlt sind, dass eine längliche (nach der Ambulacralrinne geschlossene) Vertiefung zwischen je zwei Armgliedern entsteht, die wie an einigen Stellen zu sehen, mit kleinen Saumplättchen er- füllt ist. Nur wenn die dünne Wand dieser Vertiefung nach der Ambulacralrinne zu (F. 2 das zweite Glied von unten) zerstört ist, entstehen wirkliche Ausschnitte. Auf der Eich- waldschen Figur im Bullet, de Mose., 1866, I, T. VIII, f. 6, die ich überhaupt für sehr naturgetreu halte, ist der wahre Charakter dieser Ausschnitte ganz erkennbar wieder- gegeben; die zungenförmige schwache Protuberanz, die Grewingk an den Seitenklammern der Glieder seines Hoplocrinus dipentas (1. c. p. 12 unten, f. Id) bemerkt, entspricht voll- kommen dem erhabenen mittlern Theil der nämlichen Klammern beim Baerocrinus. Die besprochene Ausbuchtung habe ich mehr oder weniger deutlich an allen mir zugänglichen Exemplaren beobachtet, sowohl an dem Altenhofsclien (F. 4), als dem Jaggowalschen (F. 3) und dem Eichwaldschen von Pulkowa (Bullet, de Mose. 1. c. f. 2). Die Stärke der Arme kann auch keinen entscheidenden Unterschied liefern, da wir hierin verschiedene Ueber- Uejber einige neue und wenig bekannte baltisch- silurische Petreeacten. 7 gange vom Altenhofschen zum Jaggowalschen und Errasschen Exemplar vor uns sehen ; ebenso erscheint mir die schärfere oder stumpfere Kante des Armrückens unwesentlich, da wir auch hier Uebergänge sehen, wobei wir aber bemerken müssen, dass im Allgemeinen die Exemplare aus dem tiefem Niveau des Vaginatenkalks (die Exemplare von Pulkowa und Pawlowsk) auf dem Rücken stumpfer gekielt sind als die Stücke aus dem Brandschiefer und der Jeweschen Schicht. Auch sind die Arme der genannten altern Form (aus dem Vaginatcnkalk) Verhältnis smässig noch schlanker und die einzelnen Glieder höher, doch ist es mir nicht möglich gewesen, in diesem Kennzeichen einen einschneidenden specifischen Unterschied zu erblicken. Die von Grewingk gelieferte Gattungscharakteristik des Baerocrinas steht anschei- nend auf sehr festen Füssen, da nach ihr der Baerocrinus nur drei armtragende Radia- lia hat, gegen die fünf Arme des Hoplocrinus und Hybocrinus. Aber einmal befinden sich unter den etwa sechs vollständigen Exemplaren des Hybocrinus clipentas der Volborth- schen Sammlung etwa drei, die nur 4 Arme zeigen, indem zwei aneinanderstosscnde Täfel- chen der zweiten Reihe keine Arme tragen (also nur drei reguläre armtragende Radialia !), dafür aber zwischen sieh an ihrem obern Rande ein kleines armtragendes Radiale aufneh- men (T. I, f, 5), und dann giebt uns der Erhaltungszustand des Errasschen Baerocrinus, wie er jetzt vor uns liegt, keine Sicherheit darüber, ob nicht vielleicht auch an ihm noch ein viertes kleineres Radiale (das später ausgefallen sein mag) vorhanden gewesen ist, das sich an die dritte armtragende Tafel ansetzen konnte. Die normale Anordnung der Tafeln des Hybocrinus clipentas scheint die auch von Grewingk (1. c. f. la und Diagramm B) dargestellte zu sein, bei der das kleine Radiale mit der sogenannten Azygostafel Eine vollständige armtragende Tafel der zweiten Reihe bildet, die nur durch eine schräg verlaufende Linie getheilt erscheint. Ich finde diese An- ordnung sowohl bei dem oben erwähnten Eich wald sehen Exemplar von- Pulkowa, als eini- gen Volborthschen Exemplaren von Pawlowsk, als auch bei meinem Altenhofer Exemplar (F. 4), also bei Exemplaren aus verschiedenen Lokalitäten und aus verschiedenen Hori- zonten wieder — zu dieser Form scheint auch das Originalexemplar des Apiocrinus dipen- tas Leucht, zu gehören. Daneben kommt die oben erwähnte Form mit 4 Armen und nur 3 armtragenden Tafeln (nur bei Pawlowsk) vor, und als Zwischenglied die T. I f. 6 dar- gestellte Form (ebenfalls aus Pawlowsk), bei welcher ebenfalls ein kleines Radiale zwischen zwei Tafeln der zweiten Reihe (von denen ich nicht recht weiss, wie ich sie passend be- zeichnen soll) eingeschoben ist, von denen aber Eine ihrerseits einen kleinen Armansatz trägt, so dass bei dieser Form wiederum 5 Arme herauskommen. Die Amerikanischen Arten des Hybocrinus haben im Unterschied von dieser Art noch ein oberes kleines Azy- gostäfelchen, das mir aber bei den eben besprochenen vielfachen bei dieser Art vorkom- menden Variationen in der Anordnung der Täfelchen, und beim Fehlen sonstiger Unter- scheidungscharaktere keinen subgenerischen Werth zu haben scheint, wie ich schon im Eingang bemerkt habe. 8 Mag. F к. Schmidt, Aus dem Vorhergehenden gellt hervor, dass der Hybocrims dipentas Leucht, sp. mit wesentlich gleich bleibenden Charakteren und innerhalb gewisser Variationsgränzen bei uns in Ingermannland und Estland vorkommt und zwar vom Vaginatenkalk (Pawlowsk, Pulkowa, Leetz), durch den Brandschiefer (Jaggowal) bis in die Jewesclie Schicht (Alten- hof) hinauf, welche Schichten auch sonst mehre übereinstimmende Arten enthalten, die nur innerhalb der nämlichen Schicht gewisse cigenthümliche Abweichungen der Charaktere zeigen, wie wir das ja auch für den Hybocrims — die schärfere Rückenkante der Arme bei den Exemplaren aus dem Brandschiefer und der Jeweschen Schicht — hervor- gehoben haben. Der Baerocrinus Ungerni Volb. von Erras bleibt ein abweichendes Exemplar, das ich aber nach der mit den übrigen Stücken im Allgemeinen übereinstimmenden Bildung der Arme und des Kelchs weder generisch noch specifisch trennen möchte. Auch jetzt noch müssen wir den Wunsch nach neuen vollständigen Exemplaren, namentlich aus dem Brand- schiefer, aussprechen, die die letzten Unsicherheiten zu beseitigen vermöchten. 2. lieber die baltisch -sibirischen Arten der Gattung Glyptocystitcs Billings oder Clieiro* crinus Eicliw. Tab. I, f. 7 — 12, Tab. II, f. 1 — 12. Die Veranlassung zu dem vorliegenden Artikel wurde ein schönes hierher gehöriges Stück (Tab. II f. 2), das ich im Herbst 1873 im Brandschiefer von Kuckers in Estland aufzufinden das Glück hatte. Ich erkannte bald, dass ich es mit dem Cheirocrinus (früher Oy ctthocrinus) penniger Eicliw. zu thun habe, und der Wunsch wurde in mir rege, diese nur mangelhaft bekannte Art genauer zu untersuchen und zu beschreiben. Ich wandte mich nun zunächst an Hrn. v. Eichwald mit der Bitte um das Originalexemplar des C. penni- ger ^ das mir auch freundlichst zur Benutzung überlassen wurde, und das ich nun völlig vom Gestein befreit genauer besprechen kann, — es bleibt das vollständigste mir zu Gebot stehende Exemplar. Dann wandte ich mich an Hrn. v. Volborth, in dessen Sammlung sich ein interessantes Geschiebe befand, das vor einigen Jahren Baron A. v. d. Pahlen auf seinem Gute Arbafer in Wierland (Estland) gefunden hatte, und an dem einzelne deut- lich hervortretende Tafeln schon damals Hrn. v. Volborth bestimmt hatten, in diesem Stück einen Cheirocrinus Eicliw. anzunehmen. Gegenwärtig habe ich aus dem genannten Geschiebe zwei grosse Exemplare des Cheirocrinus penniger herausgearbeitet, die aber lei- der alle Einzelnheiten nicht so schön sehen lassen wie das Eichwaldsche Original. Ausserdem stellte mir Hr. v. Volborth frei, aus seinen unbearbeiteten Vorräthen von Pawlowsk noch alles einschlagende Material herauszusuchen , wodurch ich in den Besitz von noch drei Arten der Gattung Cheirocrinus kam, von C. giganteus Leucht, sp ., und zwar neuen leider nicht ganz vollständig erhaltenen Arten G. Volborthi und sculptus , die im 1 Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch- sil urische Petrefaoten. 9 Nachfolgenden beschrieben werden sollen. Endlich fuhr ich nochmals nach Reval, um den paläontologischen Nachlass des frühem dortigen amerikanischen Consuls Stacy, der sich jetzt unter meiner Verwaltung im Estländischen Provincialmuseum befindet, auf Cheiro- crinen durchzusuchen , wobei ich so glücklich war, noch einige brauchbare Stücke aus der Umgebung von Reval aufzufinden; auch bereicherte ich mein Material noch um ein paar Stücke, die ich schon früher im Brandschiefer von Kuckers gefunden, aber nicht weiter beachtet hatte. Bei Durchsicht der einschlagenden Litteratur überzeugte ich mich, dass die Gattung Cheirocrinus Eiclnv. (1856) mit Glyptocystites Billings (1854) zusammenfällt und letzterer Gattungsname als der ältere den Vorrang verdient; dabei spricht noch zu Gunsten der Bevor- zugung des Namens Glyptocystites der Umstand, dass in England noch ein anderer Cheiro- crinus von Salter aufgestellt ist (S. Murchison Siluria p. 512 und Bigsby, The- saurus siluriens p. 18). In dem Thesaurus siluricus sind englische, amerikanische und russische Cheirocrinen durcheinander, als zu Einer Gattung gehörig, aufgezählt, was ge- wiss nicht zur Orientirung beiträgt. Ich muss dabei gestehen , dass es mir nicht gelungen ist, einen der von Bigsby aufgeführten englischen oder amerikanischen Cheirocrinen in der Litteratur aufzufinden. Die Gattung Glyptocystites wird von Billings1) in die nächste Verwandtschaft von Ecliinoencrinus H. v. Mey. gestellt, von dem sie sich vorzugsweise durch zahlreichere (über 10) Porenrhomben und ausgebildete Tentakelrinnen (niederliegende Arme nach Korbes und Billings) unterscheidet. Noch führt Billings die häufig an dem Umriss der Tafeln auftretenden einspringenden Winkel an, die wenigstens bei unsrer am vollständigsten be- kannten Art, G. penniger Eicliw. sp., deutlich zu erkennen sind, sowie die gestreckt cylindrische Gestalt des Kelches, die auf unsre Arten nicht passt, welche letztere breit ei förmig (G. penniger) oder fast conisch (G. giganteus Leucht, sp.) erscheinen. Noch näher als Ecliinoencrinus steht meiner Meinung nach dem Glyptocystites die Volborth’sche Gattung Cystoblastus2) , die andererseits nach Volborth wieder Beziehun- gen zu den Blastoiden zeigt. 3) Die gepaarten Rhomben an der Rückenseite (ich folge der Billings ’schen Bezeichnung) der Basis verhalten sich bei beiden Gattungen ganz ähnlich, ebenso die sogenannten Gabelstücke (die oberste Reihe der Kelchtäfelchen), sowie die 1) Figures and descriptions of canadian organic re- mains, Decade III, Montreal 1858, p. 53. 2) Ueber Achradocystites und Cystoblastus, zwei neue Crinoiden-Gattungen u. s. w. in Méni. de l’Acad. Impér. St.-Pétersb., Sér. YII tome XVI No 2 p. 11 f. 11 — 14. 3) Die Aehnlichkeit mit den Blastoiden gründet Volborth auf die regelmässig radialen Tentakelrinnen und die Beschaffenheit des dritten und vierten Kreises der Kelchtäfelchen, in denen er die Gabel und Deltoid- Mémoires de l'Acad. Imp. des scienoos, Vllme Sério. stücke der Pentremiteu wiederzuerkennen glaubt. Wir sehen, dass die Tentakelrinnen bei der Cystideengattung Calocystites HaU und bei Glyptocystites sich ganz ähnlich verhalten (wenn auch nicht von soregelmässigemVerlauf), und auch die Gabelstücke sich analog beim Glyptocystites wiederfinden. In der That weist auch schon Volborth (a. a. 0.) auf die grössere Verwandtschaft mit den Cysti- deen und speciell mit Echinoencrinus hin 2 10 Mag. Fe. Schmidt, Tentakelrinnen (oder niederliegenden Arme), die nur bei Cystdblastus regelmässig fünf- strahlig, bei Glyptocy stites unregelmässig ausgebildet sind. Die Hauptunterschiede des Cystoblastus bestehen ausserdem in der kugligen Form, in den sogenannten Deltoidstücken, die der dritten Täfelchenreihe bei Gl yptocy stites entsprechend sich in spitz -dreieckiger •Form zwischen die armtragenden Gabelstücke hineinschieben, sowie endlich im Vorherr- schen der unten nicht geschlossenen halben Porenrhomben, die in einem Kranz den obern Theil des Kelches umgeben. Alle drei verwandten Gattungen, Echinoencrinus , Cystoblastus und Glyptocystites zei- gen als gemeinsamen Charakter ausserdem noch flache Porenrhomben, daher' sind auch die Forbes’schen ’) Echinoencrinen , aus dem Obersilur Englands, E.armatus und baccatus , aus dieser Gattung auszuschliessen, da ihre Porenrhomben von einem erhabenen Rande umgeben sind, wie bei den Gattungen Pseudocrims , Apiocystites , Prunocystites und Calo- cystites und ausserdem einen andern Bau und eine andre Anordnung haben, die bei den oben genannten ihrerseits verwandten Gattungen übereinzustimmen scheinen. Die oben angekündigte Vereinigung von Cheirocrinus Eicliw. mit Glyptocystites Bill. lässt sich insofern nicht mit völliger Sicherheit durchführen, als unsre Cheirocrinen zu- nächst nicht mit der typischen Art von Glyptocystites , G. multiporus Bill, zusammen- gehören, sondern mit den weniger genau bekannten G. Logani und Forbesi Bill., mit denen sie (wenigstens mit G. Logani) die gabelförmig (wie bei Cystoblastus) gestalteten, an ihrem Ende armtragenden Täfelchen der obersten Reihe des Kelchs (bei G. multiporus bleibt die Beziehung der Arme zu den Kelchtafeln unklar), die die Schaale ganz durchdringenden Spalten der Porenrauten und die scharf ausgeprägte radiale Sculptur der Kelchtafeln ver- binden , von welcher letztem ja wohl auch der Name Glyptocystites Bill, hergenommen ist. Auch die Zahl der Täfelchen weicht ab, da bei dem vollständig bekannten G.penniger Eichw. wenigstens die oberste Reihe der Kelchtäfelchen aus 6 Stücken besteht, indem ein überzähliges nicht armtragendes Täfelchen hinzukommt, wodurch die Gesammtzahl der Täfelchen auf 20 steigt, während bei G. multiporus Bill, immer nur 19 vorhanden sind (1. c. p. 54 t. 3 f. la). Ebenso ist die grosse Oeffnung auf der Bauchseite (nach der Billings’schen Bezeichnung) unsres G. penniger, die über У3 der Höhe und fast die ganze Breite dieser Seite einnimmt, ein eigentümlicher Charakter, der bei G. multiporus fehlt, den wir aber bei G. Volborthi ebenfalls nachweisen können und bei G. Logani , Forbesi , sowie bei G. giganteus und sculp- tas wenigstens vermuten, da diese Arten bisher nur mit erhaltener Rückenseite gefunden sind, wie auch die Mehrzahl unsrer Exemplare von G. penniger und Volborthi. Die grosse Oeffnung musste das Auseinanderfallen der Tafeln der Bauchseite begünstigen. 1) Mem. geolog. survey great Britain, Vol. II pt. II p. 509 Tab. 17 — 19. Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch-silurische Petrefacten. 1 1 Einstweilen lassen wir die Glyptocystitesarten beisammen und wollen nur den Autor der Gattung darauf aufmerksam machen, ob er es nicht auch für gerathener hält, mit der Zeit eine Scheidung eintreten zu lassen, so zwar, dass G. multiporus von den übrigen Ar- ten getrennt würde. Die erwähnte grosse Oeffnung bei G. penniger lässt bei dem Eich- wal d’schen Original-Exemplar (Tab. I f. 7d) eine Anzahl kleiner unregelmässiger Täfel- chen erkennen, die wahrscheinlich die ganze Oeffnung bedeckt haben, wie bei Plcuro- cystites Bill., wo eine ähnliche grosse Oeffnung mit kleinen Täfelchen bedeckt nachgewie- sen ist. Ihrer Lage nach entspricht die grosse Bauchöffnung bei G. penniger der Seiten- öffnung von Echinoencrinus und Cystoblastus , die von Volborth als Ovarialöffnung gedeutet wird. Wir verzichten darauf, eine Deutung unsrer grossen Oeffnung zu geben, da wir nicht einmal wissen, ob sie durch die erwähnten kleinen Täfelchen ganz geschlossen war, oder, was wahrscheinlicher ist, noch eine durch Klappen verschliessbare kleinere Qeffnung (den Mund?) in ihrer Mitte enthielt. Immerhin kann ich es aussprechen, dass es mir wider- steht, hier, wie überhaupt in der bekannten Klappenpyramide der Cystideen, eine Ovarial- öffnung anzunehmen und dafür den Mund in das Centrum der Tentakelgänge zu versetzen. Mein Material ist nicht geeignet, neue entscheidende Thatsachen in dem schwierigen Streit über die Deutung der Organe der Cystideen zu geben, aber ich muss erklären, dass die ausführliche Beleuchtung der Frage durch Billings im American Journal1) mir seine und Lovén’s Auffassung, dass nämlich die sogenannte Ovarialpyramide der Mund ist, sehr wahrscheinlich erscheinen lässt. Wenn bei den lebenden Crinoiden die Ovarialausfüh- rungsgänge in den Armen liegen und Billings am Grunde der Arme von Caryocrinus ornatus feine Oeffnungen nachgewiesen hat, die ganz den feinen Genitalporen bei allen lebenden Echinodermen entsprechen, warum sollen nun bei Caryocrinus diese winzigen Poren (und ebenso die Einmündungen der Tentakelgänge bei andern fossilen Crinoiden) die Mundöffnung vertreten und die grosse zwischen den Armen liegende Klappenpyramide eine Ovarialöffnung darstellen, während wir doch nirgends bei lebenden Echinodermen eine solche grosse verschliessbare Ovarialöffnung, dagegen sehr wohl ähnlich gestaltete Mund- öffnungen kennen? Die weitern Gründe von Billings — die von Carpenter festgestellte Thatsache, dass die Arme bei Comatula nichts mit der Zuleitung der Nahrung zu thun haben, und die bei der Bipinnaria- Larve beobachtete Mundöffnung, die anfangs nicht im Centrum der Tentakelgänge liegt, wohin sie erst später übergeht, scheinen mir ebenfalls für seine Ansicht zu sprechen, wogegen der Haupteiuwand seiner Gegner, dass nämlich bei den lebenden Crinoiden die Tentakelgänge in die Mundöffnung münden, mir doch nicht die entscheidende Beweiskraft zu haben scheint, die ihm beigelegt wird, namentlich bei Berücksichtigung der erwähnten Carpenter’schen Beobachtung und der Thatsache, dass manche Tentakelrinnen in wohl erhaltenem Zustande auch von aussen geschlossen sind ( Glyptocystites sculptus, Agelacrinus Pusyrewskii). 1) Americ. Journ of scienc. and arts, II ser., vol. 48, p. 69 ff. 2* 12 Mag. Fe. Schmidt, Eine weitere kleine Oeffnung oder einen Porus weist Billings bei Glyptocy sûtes multiporus in der Nähe der Ambulacralraündung (1. с. T. III f. lg) nach; eine ähnliche lässt sich auch auf dem grössten Scheitelschilde des G. penniger (T. I f. 7g) erkennen. Sie entspricht der Afteröffnung bei Cystoblastus nach Volborth (1. c. f. 14 z). Die Arme der Glyptocystiten verlangen eine genauere Besprechung, da die Deutung derselben auf Schwierigkeiten stösst. Billings giebt in seinen allgemeinen Betrachtungen über den Bau der Cystideen fol- gende Eintheilung der Arme derselben (1. c. p. 15): 1) Cystideen, bei denen die Arme selbst nicht entwickelt sind, sondern nur Tentakel- rinnen und Pinnulae ( Cryptocrinus , Echingencrinus , Glyptosphaerites , Protocrinites). 2) Cystideen mit ausgebildeten Armen, die aber niedergelegt und an dem Kelch be- festigt sind ( Apiocystites , Calocystiles , Glyptocysmes). 3) Cystideen mit freien Armen ( Comarocystites und Caryocrinus , der nach Billings schon einen Uebergang zu den ächten Crinoiden macht). Die zweite Gruppe von Armen wird folgendcrmaassen genauer charakterisirt: «Die Arme entspringen im Scheitel des Fossils, wo ihre Anfänge in einen engen Raum zusam- mengedrängt sind, in dessen Mitte die Ambulacralöffnung gelegen ist. Die Arme bestehen aus einer doppelten Reihe von flachen Platten, die mit einander alterniren und die ge- wöhnliche Tentakelfurche der Crinoiden zwischen sich liegen haben. An jeder Seite der Furche befindet sich eine Reihe von Pinnulae. Von der Hauptfurche zweigen sich kleinere Furchen ab zur Basis jeder Pinnula. Die ganze Struktur entspricht ganz den Armen der wahren Criuoiden, nur ist sie nicht so ausgebildet; die Arme der ächten Crinoiden sind kräftig genug, um aufrecht zu stehen, aber bei diesen Cystideen scheint es anders gewesen zu sein, und wir finden sie folglich nicht frei und sich selbst stützend, sondern ihrer ganzen Länge nach auf dem Kelch aufliegend.» Diese Beschreibung passt vortrefflich auf unsre Glyptocystiten , nur scheint mir die Vorstellung von niederliegenden Armen nicht ganz passend, und möchte ich lieber von Tentakelrinnen sprechen, die von alternirenden Platten begränzt sind, auf denen die Pin- nulae aufsitzen. Diese Auffassung wird besonders durch die Betrachtung unsres wohl er- haltenen Glyptocystites penniger gestützt, bei dem die Tafeln, die durch ihr Zusammen- stossen die Tentakelgänge bilden, den ganzen abgestutzten Scheitel einnehmen (T.I f. 7g, 8) und sich nicht zu Armgliedern gruppiren lassen. Bei G. giganteus und sculptus könnte man eher von niedergelegten Armen sprechen, da die jede Tentakelrinne begränzenden Täfel- chen eine schmale aus alternirenden Stücken bestehende Doppelreihe bilden. Dann sind es aber mindestens eingebettete, aber nicht niedergelegte Arme, da keinerlei andre Tafeln unter den Armen gelegen sind , wie ja auch übrigens Billings selbst von seinem G. Logani sagt, dass bei ihm nur die Tentakelrinne, nicht der Körper der Arme vorhanden sei, wo- gegen er beim G. multiporus hervorhebt, dass sich die einzelnen Armglieder leicht mit dem Messer ablösen lassen. Auch können wir bei der. Darstellung des G. multiporus nicht Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch -silurische Petrefacten. 1 3 erkennen, dass der Zusammenhang der Kelchtäfelchen durch die Arme unterbrochen wäre, während dieses doch durchaus der Fall ist bei dem gut bekannten Calocystites Jewetti Hall, dessen Armapparat überhaupt vollkommen analog dem unsrer Glyptocystites- Arten gebildet ist. Und doch wird Calocystites zu den Formen mit niederliegenden Armen ge- rechnet. Mir scheint, wie oben angedeutet, die ganze Vorstellung von niederliegenden Armen eine unklare zn sein. Es sind eben keine Arme, sondern Tentakelrinnen oder Ambn- lacren, und wir haben genau die nämlichen Bildungen vor uns, die bei den Blastoiden als Pseudoambulacralfelder bezeichnet werden, die ebenfalls in den Kelch eingebettet sind und bei denen wir ebenfalls eigentliche Tentakelrinnen und Pinnulae oder Gliederfäden er- kennen können. Im nächsten Artikel kommen wir nochmals auf diese sogenannten nieder- liegenden Arme zurück. Die Porenrauten unsrer Glyptocystites- Arten können hier kürzer berührt werden, da ihre Bildung von Billings sehr vollständig erörtert ist und wir bei den einzelnen Ar- ten auf sie zurückkommen. Charakteristisch für alle unsre Arten sind die (schon bei Ecliinoencrinus und Cystohlastus bekannten) zwei an einander stossenden Rhomben an der Basis der Rückenseite, die jeder noch einen halben Rhombus unter sich zeigen (Tab. I f. 7 f, T. II f. 4, 12), wie solche von den canadischen Arten nur bei G. Forbesi Bill. (1. c. p. GO) bekannt sind. Auf der Oberseite der Tafeln bedecken die Spalten, die den Rhom- bus bilden, entweder dessen ganze Fläche, wie bei G. giganteus, oder sie lassen einen glatten Raum zwischen sich, wie bei allen übrigen (auch den canadischen) Arten. Auf der Unten- oder Innenseite der Tafeln sind dagegen überall (T. II f. 3) durchgehende Spal- ten vorhanden. Die linearen Spaltenöffnungen der Oberseite sind von einem schmalen er- habenen Rande umgeben (Tab. I f. 11); in vielen Fällen ist die Spalte selbst, namentlich bei wohl erhaltenen Exemplaren, auf der Oberfläche gar nicht zu erkennen und wird erst nach einiger Abnutzung deutlich. Aehnlich ist es der Fall mit den elliptischen Pthomben- poren von Ecliinoencrinus striatus , bei dem ich an wohl erhaltenen Exemplaren, an denen die Volborth’sche Sammlung reich ist, nie einen vollständigen Porenrhombus auf der Oberfläche der Kelchdecke habe constatiren können, der doch bei E. angulosus immer leicht zu finden ist. Die platten Athcmröhren (Hydrospircn), die nach Billings von den Poren ins Innere gehen und deren Vorhandensein auch Volborth’) schon constatât hat, habe ich auch wohl erkannt, kann aber nichts Wesentliches über ihren Bau hinzufügen. Unter den Porenrhomben unterscheide ich bei Beschreibung der Arten ganze, halbe und unvollkommene Rhomben. Die letztem sind kleine elliptische Figuren aus parallelen durchgehenden oder unterbrochenen Rhombenspalten gebildet, die nicht an constantcn Stellen auftreten und die wahren regelmässigen Rhomben bisweilen ersetzen (S. Tab. I F. 7 d, 9). 1) lieber Achradocystites und Cystohlastus p. 13. 14 Mag Fr. Schmidt, Der Stiel bei unsern Glyptocystiten stimmt im Ganzen mit dem der Echinoencrinen überein. Seine Oeffnung ist weit, die Glieder sind ringförmig und schieben sich in einander wie die Glieder eines Fernrohrs (bei diesem schon früher gebrauchten Vergleich muss man sich die Auszüge sehr kurz und zahlreich und dabei auf ihrer Aussenseite mannigfaltig ge- kielt und verziert denken). Nach dem Wurzelende des Stiels zu wird die Oeffnung enger und der Stiel selbst solider, wie wir bei dem wohl erhaltenen Stiel des Exemplars Fig. 2 auf Tab. II erkennen können. Uebersicht der beschriebenen Arten. 1) Die Rhombenspalten (Hydrospiren Bill.) lang, gehen auch an der Aussenseite des Kelchs von Einer Seite des Rhombus über die Trennungslinie der beiden an jedem Rhombus betheiligten Tafeln zur andern Seite ununterbrochen hinüber. Form des Kelchs ei-kegelförmig, nach oben verschmälert, an der Basis scharf abgeschnitten. Tafeln nur mit 4 — 6 radialen Hauptrippen versehen, sonst glatt. Tentakelgänge regelmässig strahlig, jeder von einer Doppelreihe kleiner altérai- render Plättchen gebildet. G. (jiganteus Leucht . sp. Porenrhomben auf der Aussenseite des Kelchs aus kurzen parallelen Schlitzen ge- bildet, die die Seiten des Rhombus markiren und in der Mitte desselben einen Raum frei lassen. 2. 2) Oberfläche der Tafeln ausser den radialen Hauptrippen noch mit zahlreichen Neben- rippen geziert, die einestheils vertikal auf den Hauptrippen stehen, andern theils ihnen parallel verlaufen, Tentakelgänge regelmässig strahlig, von einer Doppel- reihe kleiner Plättchen gebildet und ausserdem noch oben durch eine Reihe kleiner Deckplättchen geschlossen. G. sculptus n. sp. Oberfläche der Tafeln nur mit Hauptrippen, die Zwischenräume zwischen den- selben glatt oder tuberculirt. 3. * 3) Die Tafeln der zweiten und dritten Horizontalreihe des Kelchs stehen in ununter- brochener Berührung unter einander. Die der vierten (obersten) Horizontalreihe sind zum Theil durch vorragende Spitzen der Tafeln der dritten Reihe von ein- ander getrennt. Die Oberseiten der beiden Basalrhomben bildet Eine gerade Linie, die nach oben von einer Rippe begränzt wird. Oberfläche zwischen den Hauptrippen glatt. G. Volborthi n. sp. Die sechs Tafeln der vierten (obersten) Horizontalreihe stossen ununterbrochen an einander, während die der zweiten und dritten Reihe zum Theil in ihrem Zu- sammenhänge unter einander (durch Tafeln der resp. dritten und vierten Reihe) unterbrochen sind. Die Oberseiten der beiden Basalrhomben bilden einen stumpfen Winkel, der nach oben nicht von Rippen begränzt wird. Ober- I HEBER EINIGE NEUE UND WENIG BEKANNTE B ALTISO H- SIL U RISCHE Petrefagten. 1 5 fläche zwischen den Rippen der Tafeln mehr oder weniger tuberculirt. Der Scheitel ans fünf besondern dreitheiligen ungleichen Platten gebildet, zwischen denen die Tentakelgänge verlaufen. Form des Kelchs abgestutzt eiförmig, bis fast cylindrisch. G. penniger Eichw. sp. In nächster Verwandtschaft zu den oben charakterisirten vier Arten stehen die Bil- lings ’schen ebenfalls untersilurischen Arten aus Canada, G. Logani (Bill. 1. c. p. 57) und G. Forhesi (1. c. p. 59); sowie der Echinoencrinites anatiformis Hall aus dem Trenton- limestone des Staates New-York, der so wie G. Logani Bill, zunächst unsrem G. sculptas seiner Sculptur nach zu vergleichen ist. Glyiitocystites pcuniger Eichw. sp. Tab. I, f. 7—12, Tab. II, f. 1—3. 1845 Cyathocrinus penniger Eichw. Urw. Russ. Heft 2, Baer und Helmersen, Beitr. z. Kenutniss Russl. Bd. 8, p. 78, Tab. I, f. 10. 1860 Gheirocrinus penniger Eichw. Leth. ross. anc. per. p. 646, Tab. 32, f. 11. Die Form des Kelches ist im Allgemeinen breit-eiförmig (dabei undeutlich fünfseitig) mit breit abgestutzter Spitze. Die Breite verhält sich zur Länge wie 2 : 3, wenigstens bei dem oben erwähnten Eiehwaldschen Originalexemplar, das 24mm breit und 32""'1 hoch ist. Die Dimensionen variiren aber auch, da unser grösstes Exemplar (aus dem Arbafer’schen Geschiebe) 39mm breit und 45mm hoch ist. Der Kelch ist bis auf die gleichmässig gewölbte Basis unsymmetrisch gebildet; er zeigt eine gewölbte Rückenseite und eine flachere Bauchseite, die in ihrer Mitte fast in ihrer ganzen Breite von einer grossen (bei dem Originalexemplar 12“m hoch und 18mm breit) querovalen Ocffnung eingenommen ist. Ausserdem lassen sich nach den fünf Arm- ansätzen fünf verschiedene Seitenflächen unterscheiden, die jede ein verschiedenes Bild geben, wie aus unsern Abbildungen (Tab. I, f. 7a — e) ersichtlich ist. Die Basis des Kelchs ist am Stielansatz etwas eingedrückt, von hier aus wölben sich die vier Basaltafeln all- mählich und gleichmässig empor; auf diese folgen noch drei horizontale Reihen von Tafeln, die durchweg unsymmetrisch gebildet sind und oft einspringende Kanten zeigen; die zweite und dritte Reihe bestehen jede aus fünf Tafeln, die vierte aus sechs Tafeln, von denen fünf an ihrem obern Rande einen Vorsprung zeigen, der mit einigen (c. 6) Pinnulae gekrönt ist, und in den die Ambulacralgänge der Scheitelfläche auslaufen. Die Scheitelfläche wird von fünf sehr ungleich grossen Tafeln gebildet, zwischen denen die schmalen Ambulacralgänge verlaufen, die sich nach ihren Ausgängen zu erweitern und in mehrere kleinere Canäle theilen, deren jeder in Eine der Pinnulae mündet. Die erwähnten Scheiteltafeln setzen sich an die oberste Tafelreihe des Kelches zwischen je zwei armtragenden Vorsprüngen an; an der Basis der grössten Scheiteltafel betheiligt sich ausserdem noch die ganze 16 Mag. Fr. Schmidt, ! sechste überzählige nicht armtragende Tafel (16) der obersten Reihe. Die Kelchtafeln zeigen mehrere (4 — 6) von ihrem Mittelpunkt entspringende erhabene Rippen, die mit den Rip- pen der anstossenden Tafeln sich verbinden und so die Oberfläche des Kelchs in eine An- zahl drei- und vierseitiger Felder theilen, die mehr ins Auge fallen als die oft schwer auf- zufindenden Gränzlinien der einzelnen Tafeln. Ausserdem fällt ein grosses flaches, von oben nach unten gestrecktes nierenförmiges Feld an der rechten Seite der Bauch Öffnung auf, die das zweite und dritte Drittel der Kelchhöhe an der Bauchseite einnimmt und an deren Zusammensetzung sich sechs Tafeln betheiligen; nach rechts, links und unten ist es von einer besondern erhabenen Kante umgeben. Wir haben oben von einer flachem Bauchseite gesprochen, genauer ausgedrückt ist der untere (Basal-) Theil derselben gewölbt und nur der obere (über der Oeffnung) flach, wodurch der untere Theil gegenüber dem obern stark vorspringend erscheint. Zur leichtern Orientirung in den einzelnen Kelchtafeln habe ich diese mit Ziffern von 1 — 25 bezeichnet, die bei den übrigen Arten die nämliche Bedeutung haben. Die vier Basaltafeln entsprechen vollkommen denen der verwandten Gattungen Cystoblastus und Ecliinoencrinus. Alle vier Tafeln haben am Grunde einen Ausschnitt für den Ansatz des Stiels. Die auf der Rückenseite gelegene spitze Tafel 1 ist fünfseitig1), die übrigen drei sechsseitig und zwar zeigen die beiden Tafeln 4 und 2 zu beiden Seiten der Tafel 1 eine kurze obere Seite, an die direkt die Unterseite der Tafeln 11 und 13 der dritten Reihe angränzen, während die breite Oberseite der niedrigen Tafel 3 von der Unterseite der Tafel 8 der zweiten Reihe begränzt wird. Die Tafeln der zweiten Reihe sind sämmtlich ungleich unter einander. Die Tafeln 5 und 6 begränzen die Tafel 1 und begegnen sich in feinen Spitzen oder in einer ganz kurzen Gränzlinie^ die wohl die Regel zu sein scheint; die Tafel 6 ist, je nachdem man diese kurze Linie mitrechnet oder nicht, 5 — 6-seitig, die Tafel 5, 4 — 5-seitig. Weiter ist die Tafel 7 unregelmässig sechsseitig, die Tafeln 8 und 9 unregelmässig fünfseitig. Die letztem beiden bilden die untere Begränzung der Bauchöffnung und sind daher an ihrem obern Rande ausgeschweift. Von der dritten Reihe ist die grosse Tafel 11 sechsseitig und nach unten verschmä- lert, wo sie direkt auf Tafel 2 aufsitzt; die benachbarte Tafel 10 ist von ihr durch die Tafel 18 der vierten Reihe getrennt, ihrer Form nach ist sie fast rund, und fünfseitig. Die nächste Tafel 13 ist siebenseitig und wieder mehr langgezogen, dabei sehr irregulär ge- formt; nach unten stösst sie direkt an die Tafel 4 der ersten Reihe, an der rechten Seite zeigt sie einen tiefen Ausschnitt für die Bauchöffnung. Die Zahl der Seiten und Winkel ist bei dieser und andern Tafeln nicht immer leicht zu bestimmen, da die Wölbung der Schaale und die über die Trennungslinien der Tafeln hinübergehenden Rippen es erschweren, den Umriss deutlich aufzufassen. Die brèite und niedrige Tafel 14 ist sechsseitig, dabei aber 1) Auf dem Diagramm F. 10 zeigt die Spitze jeder- seits erneu Ausschnitt, dieser ist aber iu der Natur schwächer und nur durch die au dieser Stelle auf die Tafelu 5 uud 6 hiuübertretende Rippe bedingt. * Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch- silurische Petreeacten. 17 im Ganzen trapezförmig mit der breitesten Seite nach unten, die die obere Begränzung der Bauchöffnung bildet. Die letzte Tafel 12 der dritten Reibe endlich ist wiederum mehr von oben nach unten in die Länge gezogen, dabei siebenseitig mit einem einspringenden Winkel an der Unterseite, in den die Oberseite der Tafel 7 der zweiten Reibe eingefügt ist. Die sechs Tafeln der vierten obersten Reibe sind ebenso ungleich gebildet, wie die frühem; fünf von ihnen zeigen oben einen Ausschnitt, in dem die Pinnulae eingesetzt sind, das sechste Schild 16 ist oben gerade abgeschnitten und dient zur Basis des grossem Theils der grossen Scheiteltal'el 21. Im Uebrigen scheint es fast rektangulär 4 — 5-seitig zu sein (die obere Gränze ist an meinen Exemplaren nicht ganz deutlich). Die rechts an- gränzende niedrige und breite Tafel 15 ist vierseitig, trapezförmig mit der längcrn Pa- rallelseite nach oben gekehrt, die kürzere begränzt die ebenfalls trapezförmige Tafel 14 der dritten Reihe. Die nächste Tafel 20 ist schief fünfseitig (abgesehen von dem einsprin- genden Winkel der Oberseite). Die Tafel 19 ist ebenfalls fünfseitig, dabei aber breit und fast rectangulär, da eine der Seiten links von der Basis sehr kurz ist; die Basalkante steht vertikal zur Höhe des Kelchs. Die Tafel 18 ist die grösste der vierten Reihe, sic ist lang- gezogen und sechsseitig und reicht unten bis an die Tafel G der zweiten Reihe. Die Tafel 17 ist wiederum breit und fünfseitig,, nach unten aber in einen stumpfen Winkel vorge- zogen, der von den Tafeln 10 und 13 begränzt wird. Die durch die Rippen der Kelchtafeln gebildeten Felder sind, wenigstens auf der Rückenseite, etwas regelmässiger gebildet, als die Tafeln selbst. An dieser Rückenseite unterscheide ich zunächst drei rhomboidale Felder (mit den kurzen Seiten nach oben), die zwischen den Vorsprüngen der Tafeln 19, 18, 17 und dem Centrum der Tafel 16 liegen. Jedes dieser Felder enthält einen Porenrhombus, dabei lässt sich jederseits von dem Vor- sprung der Tafel 18 eine seichte horizontale Furche erkennen, die die längere Diagonale der entsprechenden Porenrhomben bildet. Die entsprechende Diagonale des Porenrhombus zwischen Tafel 17 und IG ist durch eine schwach angedeutete stumpfe Rippe gebildet. Unter den oben genannten rhomboidalen Feldern und oben von ihnen begränzt sehen wir zwei regelmässige rhombische Felder, von denen das linke in der vertikalen Diagonale (auf Tafel 18 und G) eine stumpfe (in Fig. 2 auf T. II ist sie scharf) Rippe, das rechte auf der horizontalen Diagonale (auf Tafel 10 und 13) eine dache Furche zeigt. Unter diesen drei Rhombenfeldern und nach oben von ihnen begränzt erscheinen an der Basis des Kelchs wiederum drei ziemlich reguläre Rhombenfelder, deren Zwischenräume auf der Rückenseite des Stielansatzes von zwei dreieckigen Feldern eingenommen sind, die mit ihren Spitzen am Grunde der Tafel 1 zusammenstossen (S. Tab. I, F. 9). An der Bauchseite haben wir zunächst das grosse flache siebenseitige nierenförmige Feld rechts von der Bauchöffnung, das von dem allergrössten Tlieil der Tafel 12 und von kleinern Theilen der Tafeln 20, 19, 11, 8 und 7 gebildet wird; es ist, wie schon oben ge- sagt, besonders scharf gegen den übrigen Kelch abgesetzt. Darunter liegt an der Basis des Kelchs ein breites rhombisches Feld , das in der hurzen Diagonale durch eine meist Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, Vllme Serie. 3 18 Mag. Fr. Schmidt, schwächere Kante in zwei Dreieckfelder getheilt wird. Ein ähnliches rhombisches Feld gränzt links an mit kaum merklicher Diagonalkante, dessen oberer Rand in der Unterseite der Bauchöffnung liegt. Der obere Theil der Bauchseite über der grossen Oeffnung bildet nur Ein breites und niedriges fast flaches Feld, das nur durch eine schwache Vertical- kante, die von dem armtragenden Vorsprung der Tafel 1 5 ausgeht, in zwei kleinere Felder getheilt ist, die beide, das eine nach rechts, das andre nach links nach unten zur Seite der Bauchöffnung in längere, nachher aufwärts gekrümmte Zipfel ausgehen. Die В auch Öffnung selbst (Tab. I, f. 7d, T. II, f. 1) ist im Ganzen von ovaler Form; nach unten links ist sie etwas mehr erweitert; sie wird von den Tafeln 9, 8, 12, 14 und 13 umgeben und scheint eine dünne kalkige Decke gehabt zu haben, von der am Rande der Tafel 8 bei unsrem Hauptexemplar sich noch einige Täfelchen erhalten haben. Was die Vertheilung der Poren-Rhomben betrifft, so haben wir zunächst meist 10 ganze Rhomben aufzuführen. Von diesen liegen zwei an der Riickenseitc der Basis, die schon bei den oft genannten verwandten Gattungen und bei allen Glyptocystites-Arten Vor- kommen. Dann liegen drei Rhomben am Oberrande des Kelchs in den oben erwähnten rhomboidalen Feldern; der eine Rhombus liegt auf den Tafeln 19 und 18, der zweite auf 18 und 17, der dritte auf 17 und 16. Rechts von dem letztem liegt ein kleinerer, mehr verschobener Rhombus auf den Tafeln 16 und 14. Ein siebenter Rhombus wird von der Gränzlinie zwischen den Tafeln 17 und 10 als Diagonale durchschnitten, dieser verküm- mert aber bisweilen und wird zu einem unvollkommenen Rhombus, wie T. I, F. 9 zeigt. Eine vollständige Reihe von drei ganzen Poren-Rhomben zieht sich aber von der Tafel 19 schräg abwärts über die Tafeln 11, 12 und 7 nach der Bauchöffnung, an die sich noch ein Halbrhombus auf den Tafeln 12 und 8 anschliesst. Zwei andere Halbrlmmben liegen rechts und links am Grunde der beiden Basal- Rhomben, wie auch bei den andern unten zu beschreibenden Arten. Als Abweichung erscheint noch (Tab. II, f. 2) ein überzähliger Halbrhombus seitwärts von der oben erwähnten schrägen Rhombenreihe auf den Tafeln 1 l und 1 8. An unvollkommenen Rhomben erkenne ich vier in der Umgränzung der Tafel 2 0 (F. 7 d), von denen zwei auf Tafel 20 und 12, einer auf 20 und 14 und einer auf 20 und 15 liegen. Ausserdem zwei dergleichen auf der Gränze von 15 und 14, an deren Stelle bei Einem Exemplar ein vollständiger Rhombus zu erkennen ist. Die Schciteltafeln mit den Ambulacralgängen sind, entsprechend dem ganzen un- symmetrischen Kelchbau, ebenfalls ungleich ausgebildet und von ungleicher Grösse. Allen gemeinsam ist ihre Dreitheiligkeit. Jedes Schild besteht aus einem etwa leierförmigen Mittelstück und zwei dreiseitigen Seitenstücken mit Ausnahme der grössten Scheiteltafel 21, deren rechtes Seitenstück ebenso gross wie das Mittelstück und von länglicher Form ist. Die Gesammtform dieses Schildes 21 ist schief vierseitig, fast rhombisch, die der an- dern ziemlich halbrund mit ausgeschnittener Basis und etwas vorgezogener Spitze, nur bei Tafel 23 ist die Spitze abgestutzt. Das Mittelstück jeder der Scheiteltafeln sitzt auf der Gränze zweier anstossender Tafeln der obersten Horizontalreihe der Kelchtafeln auf, die Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch -silürische Petrefacten. 19 Seitenstücke jederseits zu Einem auf den vorragenden Seitenzacken dieser Kelchtafeln. Nur die Tafel 15 trägt links keine Scheiteltafeln und die Tafel 16 dient für sich allein zum Ansatz des Mittelstücks und des rechten Seitenstücks der grossen Scheiteltafel 21. Auf dem erwähnten rechten Seitenstück dieser Tafel ist eine schmale Qucrspalte zu er- kennen, die sich in ähnlicher Weise bei Glyptocy sûtes multiporus Bill. (1. c. f. lg) wieder- findet und als After oder Geschlechtsöffnung gedeutet werden kann. Die Ambulacralgänge lassen kein bestimmtes Centrum oder eine Ambulacral- öffnung erkennen, die man als Mund deuten könnte. Am Ersten könnte man die etwas erweiterte Stelle zwischen den Tafeln 21, 23 und 24 dafür nehmen, die ich nicht voll- ständig vom Gestein habe reinigen können. Wir sehen eine Mittelfurche zwischen den Scheitelschildern 21 und 23; diese tlieilt sich nach der Rückenseite des Kelchs zu in zwei Gänge, die in die Vorsprünge der Tafeln 18 und 17 auslaufen; nach der Bauchseite zweigt sich zuerst von der Mittelfurche nach rechts eine Furche in die Tafel 19 ab, während die linke Furche einen kurzen Arm zur Tafel 20 und einen langem zur Tafel 15 ausschickt. Die Ambulacralgänge sind durchschnittlich lmra breit, ziemlich tief, auch unten durch die am Rande ausgekehlten Scheitelschilder geschlossen, die hier im Grunde der Furchen zusammenstossen. Nach ihrem Ausgange in die Vorsprünge der obersten Kelchtafeln zu, theilen sich die Furchen strahlig in 5 — 6 kleinere Kanäle, die zu den Pinnulae führen; am übrigen ungetheilten Verlauf der Ambulacralfurchen scheinen keine Pinnulae gesessen zu haben (S. Tab. I, f. 8). Die Pinnulae selbst sind nur am Vorsprung der Tafel 20 des Eichwald’schen Ori- ginalexemplars (Tab. I, f. 7h) wohl erhalten und von Eichwald auch schon früher abge- bildet; sonst habe ich nur Rudimente derselben gesehen. Ich erkenne von ihnen an dem erwähnten Vorsprunge etwa 5 — 6; die mittelsten sind die längsten (bis 10mm). Alle sind * deutlich zweireihig gegliedert mit alternirenden Gliedern. Wenn ich hier von Pinnulae spreche, so will ich damit nach Billings und Andrer Vorgang die kleinen armartigen Ge- bilde, die bei vielen Cystideen als Begleiter der Tentakelgänge oder niedergelegten Arme (nach Billings) Vorkommen, von den eigentlichen freien Armen der ächten Crinoiden durch eine besondere Bezeichnung unterscheiden. Die Oberflächenskulptur zeigt bei den mir vorliegenden Exemplaren einige Ver- schiedenheiten unter denselben. Das Exemplar F. 9 auf Tab. I ist fast ganz glatt und zeigt nur einzelne zerstreute Tuberkeln. Das Eichwald’schc Originalexemplar ist zwar tubcr- kulirt, da sich die Tuberkeln aber auf dem grössten Theil der Oberfläche abgerieben haben, sind sie auf der Zeichnung weiter nicht dargestellt worden. Eine sehr ausgebildete Tuberkulirung zeigen die Exemplare Fig. 12 auf Tab. Ï und Fig. 1 und 2 auf Tab. II. Bei diesen sind nicht nur die Zwischenräume der Hauptrippen ziemlich dicht mit feinen Körnern besetzt, sondern auch die Rippen selbst auf ihrem Rücken gekörnt, und es treten kleinere accessorische Rippen auf (S. f. 12), die ganz aus aneinandergereihten Körnern bestehen. Bei der nämlichen Figur (F. 12 auf Tab. I) sieht man, dass die feinen Tuberkeln 3* V 20 Mag. Fr. Schmidt, in concentrische Kreise um die erhabene Mitte der Tafel angeordnet sind, was bei den übrigen Exemplaren weniger hervortritt. Die innere Fläche der Rhomben pflegt weniger tuberkulirt zu sein und die Scheitelschilder sind ganz glatt. Der Stiel, der bei dem Exemplar Fig. 2 auf Tab. II die Länge des Kelchs übertrifft, hat. einen für diese Art sehr charakteristischen Bau. Die ineinandergeschobenen Glieder desselben bestehen aus kurzen, etwa 2 — 3",ш hohen Röhren, deren oberer Theil, der sich in das nächst obere Glied hineinschiebt, cylindrisch ist, deren unterer Theil aber etwas absteht und bei gerade ausgestreckter Röhre oder an der innern Krümmung derselben bei gekrümmter Röhre allein sichtbar ist. Der untere freie Rand dieses abstehenden Theils ist scharf und gezähnelt (F. 2 auf Tab. II). Fundort. Wie schon im Eingang erwähnt, sind einige unsrer besten Exemplare als Geschiebe gefunden. Das Eichwald’sche Original Tab. I, f. 7 stammt von Wesenberg, die Stücke Tab. I, f. 12 und Tab. II, f. 1 aus einem Geschiebe von Arbafer in Estland. Die übrigen, anstehend gefundenen Stücke stammen entweder aus den obersten Schichten des Reval’schen Orthoceratiten- oder Vagin atenkalks, wo sie vom Consul Stacy erbeutet wur- den (Tab. I, f. 9) oder aus dem Brandschiefer (Schicht la meiner Karte) von Kuckers (Tab. II, f. 2), wo ich sie selbst gesammelt habe. Seinem Niveau nach gehört der Glypto- cystites penmger also den obersten Schichten des Vaginatenkalks und dem angränzenden, paläontologisch kaum unterschiedenen braunen Brandschiefer an, wo auch die oben er- wähnten Geschiebe ihrem Niveau nach sich gut unterbringen lassen. Glyptocystites Volbortlii n. sp. Tab. II, F. 4, 5, 6, 8. Von dieser Art liegen uns nur einige unvollständige Exemplare aus der Volborth’- schen Sammlung vor, die zwar genügen, einige specifische Unterscheidungen von der nah- verwandten vorigen Art anzugeben, zu. einem vollständigen Bilde des Kelchs aber nicht hinreichen. Die Zahl der Tafeln scheint die nämliche zu sein, wie bei G. penniger, doch giebt die Form und Beschaffenheit derselben einige nicht unerhebliche Unterschiede. Die Basal- Tafeln 2 und 4 zu beiden Seiten der spitzen Tafel 1 sind ebenfalls fünfseitig, wie die erst- genannte, und nur Tafel 3 ist sechsseitig, die ebenso wie früher von Tafel 8 nach oben begränzt wird. Wie in der (Jebersicht der Arten gesagt, stehen die Tafeln der zweiten und dritten Reihe in ununterbrochenem Zusammenhang. Von der zweiten Reihe sind Tafeln 5 und 9 sechsseitig, Tafeln 6, 7, 8 fünfseitig. Von der dritten Reihe ist die sechs- seitige Tafel 10 besonders hervorzuheben, die mit ihrer obern vorspringenden Spitze sich zwischen die Tafeln 18 und 17 der obersten Reihe hineinschiebt, in ähnlicher Weise wie die sogenannten Deltoidst.ücke bei Cystoblastus. ’) 1) S. Volb. über Cystoblastus u. s. w. F. lld. Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch-silurisohe Petrefacten. 21 Die oben gabelartig ausgeschnittenen Tafeln der obersten Reihe scheinen eine ähn- liche Beschaffenheit zu haben wie bei der vorigen Art. Von Scheiteltafeln, die wahrschein- lich vorhanden waren, ist uns nichts bekannt. Die durch die radialen Rippen der Kelch- tafeln gebildeten Felder bieten manches Eigentümliche. Auf der Rückenseite der Basis erkennen wir ein scharf begränztes Feld (S. T. III, f. 4), das die ganze Tafel 1 und Theile der Tafeln 2, 4, 5, 6 in sich schliesst. Die beiden Basalrhomben mit den zugehörigen Halbrhomben und die Stielöffnung füllen dieses Feld genau aus. Ueber diesem grossen Felde erkennen wir ein dreieckiges Feld, an dem sich die Tafeln 5, G und 10 betheiligen. Links von diesen beiden genannten Feldern zieht sich ein spiralig gebogenes Feld(f. 4a) von oben nach unten, das durch kleinere Rippen in drei- und vierseitige Felder zerfällt. Das grosse nierenförmige Feld rechts von der Baiichöffnung, das wir bei der vorigen Art kennen ge- lernt haben, scheint auch vorhanden und von dem Spiralfeld scharf abgesetzt zu sein. Von der Bauchöffnung selbst kennen wir nur den rechten und den untern Rand (Tab. II, f. 4b); sie scheint noch breiter und stärker von oben nach unten geneigt zu sein, als bei der vorigen Art. Was die Rhomben betrifft, so sind die Basalrhomben mit den zugehörigen Halb- rhomben genau ebenso vorhanden, wie bei G. penniger , und bilden die beiden Rhomben zusammen ein Rechteck und nicht ein Sechseck mit ein- und ausspringenden Winkeln, wie bei der vorigen Art (S. auch die Uebersicht der Species). Von den obern Rhomben ist wenig erhalten, doch erkennen wir solche zu beiden Seiten des Vorsprungs der Tafel 18, und auch auf der Tafel 1 1 ist ein Rhombus erkennbar, der zu dem Rhombensystem ge- hören mag, das sich bei G. penniger nach dem nierenförmigen Felde hinzieht. Die Oberfläche unsrer Exemplare des G. Volborthi ist durchaus glatt in den Zwi- schenräumen der Hauptrippen, die in der Zahl von 3 — 6 vom Mittelpunkt der Kelchtafeln ausstrahlen und im Ganzen schmäler sind und schärfer hervortreten , als bei der vorigen Art, so dass die Zwischenräume zwischen denselben deutlich vertieft erscheinen. Der Stiel (Tab. II, f. 8) ist von der vorigen Art abweichend gebildet, indem seine Glieder aus einer cylindrischen Röhre und einer unten vertical daran gesetzten Scheibe be- stehen, deren flachen Aussenrand man bei gerade stehendem Stiel allein sieht. Die Fig. 8 muss umgekehrt gedacht werden, da bei der natürlichen Stellung die Scheibe unter die Verticalröhre zu stehen kommt. Ein abweichendes Exemplar habe ich in Fig. 7 auf Tab. II abbilden lassen, das in der Form und der Beschaffenheit seiner Tafeln im Ganzen mit G. Volborthi überein- stimmt, aber dadurch sich unterscheidet, dass die Tafel 10 nicht bis an den obern Rand des Kelchs reicht und dass einige überzählige Porenrhomben vorhanden sind. Ein solcher Rhombus liegt schräge über den Basaliiiomben auf den Tafeln 10 und 5. Rechts schliesst sich noch ein halber Rhombus an ihn an. Ein zweiter Halbrhombus liegt am obern Rande des Kelchs auf den Tafeln 17 und 18 über einem Rhombenpaar, von denen ein ganzer Rhombus auf 10 und 18 und ein halber Rhombus auf 10 und 17 liegt. Ausserdem er- 22 Mag. Fr. Schmidt, kennen wir noch einen unvollkommenen Rhombus an der Gränzlinie zwischen 10 und 17. Bei der grossen Aelmlichkeit dieses Stücks mit G. ѴоІЪогіЫ , von dem drei sichere Exem- plare vorliegen, mag ich kaum an einen specifischen Unterschied glauben, sondern will eher die vorhandenen Unterschiede als Variationen innerhalb der Species ansehen. Fundort. Alle besprochenen Exemplare, zu denen noch eine Anzahl einzelner Tafeln kommen, sind bei Pawlowsk gefunden und befinden sich in der Volborth’schen Samm- lung. Nach der Beschaffenheit des Gesteins möchte ich sie den obern Schichten des dorti- gen Vaginatenkalks zuschreiben, in welchen also unsre Art auch in Estland aufzu- suchen ist. Glyptocystltes sculptus n. sp. Tab. II, f. 9, 10. Von dieser Art liegen uns, ebenfalls aus der Volborth’schen Sammlung, nur zwei unvollständige Stücke vor, die aber eine so eigenthümlichc Sculptur zeigen, dass die Auf- stellung einer neuen Species nothwendig wird. Das Eine Stück (f. 9) zeigt uns den ziem- lich wohl erhaltenen obern Theil der Rückenseite des Kelchs mit den Tafeln 18, 19, 10, 11, 6 und einem Theil des Scheitels, das andre Stück hat stark verschobene Tafeln, ent- spricht aber im Ganzen dem ersten, indem es die Tafeln 18, 19, 10, 1 1, 5, 6 und 1 er- kennen lässt. Von der Form und Anordnung der Tafeln ist wenig zu sagen, doch ist, wie bei mi- serai typischen G. penniger, die Tafel 18 nach unten vorgezogen (wenn sie auch nicht bis zur zweiten Reihe reicht) und 19 unten gerade abgeschnitten Die Tafel 11 ist eben- falls nach unten verlängert und auf der linken Seite knieförmig abwärts gebogen, ebenso wie Tafel 19, worin wir eine Andeutung vom Vorhandensein des nierenförmigen Fel- des des G. penniger zu erkennen glauben. Die durch die radialen Hauptrippen der Kelch- tafeln gebildeten Felder sind ebenso vorhanden wie bei den vorigen Arten und liefern durch ihre Oberflächenskulptur einen Hauptcharakter unsrer Art. Besonders deutlich ist in Fig. 9 ein rhombisches Feld zu sehen, an dem die Tafeln 18. 10, 11 und G Theil haben. Dieses Feld zeigt in dem Hauptrhombus noch 3 bis 4 concentrische Rhomben, die durch den Hauptrippen parallele kleinere Rippen gebildet werden, und ausserdem noch eine Horizontalrippe in der kurzen Diagonale des Rhombus. Die Hauptrippen sowohl als die innern Nebenrippen zeigen ausserdem noch dicht stehende kurze Seitenrippchen, die ver- tical und kammförmig von den genannten Rippen ausstrahlen. Auf dem abwärts gebogenen Theil der Tafeln 19 und 11 kann ich keine parallelen Nebenrippen erkennen, wohl aber erkennt man scharfe Hauptrippen mit kammförmigen Seitenrippchen. Die Porenrhom- ben scheinen sich nicht an der oben geschilderten Sculptur zu betheiligen; sie sind in ihrer Mitte glatt oder zeigen eine Reihe paralleler Linien, die als Fortsetzung der Poren- schlitze erscheinen, so -dass man bei wohl erhaltenen Exemplaren zuerst auch an der Aussenseite durchgehende Porenschlitze anzunehmen geneigt ist, wie bei G. giganteus. Von Porenrhomben erkenne ich die bekannten beiden Rhomben an der Basis Uebeb einige neue und wenig bekannte baltisch- silubische Petbefacten. 23 (S. F. 10) und über ihnen auf Tafel 5 und 6 noch einen Halbrhombus. Oben Hegt an der gewöhnlichen Stelle auf Tafel 1 8 und 1 9 ein Rhombus, an dem sich eine Reihe von ganzen und halben Rhomben anzuschliessen scheint, von denen wir einen ganzen (durch eine Rippe gebrochenen) Rhombus auf Tafel 19 und 11 und einen halben wohl ausgebildeten auf Tafel 1 1 vor uns haben. Der Scheitel zeigt nicht grössere Platten, die die Ambulacralgänge einschliessen, sondern diese sind von kleinern alternirenden Platten gebildet. Demzufolge zeigt er auch eine kleinere Oberfläche und ist deutlich strahlig durch die stark hervortretenden Pinnulae tragenden Vorsprünge der obersten Kelchtafeln. An unsrem Stück (F. 9) lassen sich drei Ambulacralgänge unterscheiden, die oben nicht offen sind wie gewöhnlich, sondern von einer einfachen oder doppelten Reihe kleiner Täfelchen gedeckt werden, die vertical stehen und wie die Münzscheibchen einer Geldrolle an einander gereiht sind. Es scheint, dass bei dieser Art, ebenso wie bei G. penniger , die Pinnulae am Ausgange der Ambulacralgänge gestanden haben, da ich hier an einer Stelle eine seitliche, ebenfalls verdeckte Abzweigung des Ganges erkennen kann. Durch seine Sculptur nähert sich G. sculptus unserm Echinoencrinus angulosus und den amerikanischen Arten Glyptocy sûtes Forbesi Bill, und anatiformis Hall , (Palaent. New- York, Vol. I, p. 89, Tab. 29 f. 4), wie wir schon früher erwähnt haben. Gegenüber Echi- noencr. angulosys genügt der generische Unterschied; Echinoencrinus oder, wie wir jetzt sagen wollen, Glyptocystites anatiformis zeigt weniger ausgebildete concentrische Rhomben- zeichnung, auch ist, da er aus dem Trenton limestone stammt, eine Uebcreinstimmuug wenig wahrscheinlich. Dagegen muss es noch dahin gestellt bleiben, ob nicht vielleicht eine Vereinigung mit G. Forbesi Bill. (Canad. org. rem. Dec. III, p. 59, t. 4 f. 3) zulässig ist, der aus dem ungefähr gleichen Niveau, dem Chazy limestone Canadas, stammt und eine vollkommene Uebereinstimmung in der Sculptur der Tafeln zeigt, wenn auch in der Ver- theilung der Rhomben ein Vergleich unsrer Fig. 10 mit dem Holzschnitt auf S. 60 bei Billings (Canad. org. rem. Dec. III) Unterschiede erkennen lässt, die wir aber, wie schon früher auseinandergesetzt, nicht für sehr erheblich halten. Eine Vereinigung beider Arten schon jetzt zu vollziehen, dazu wäre mehr Material von den beiderseitigen Arten erforderlich. Fundort. Unsre Stücke stammen beide aus Pawlowsk und gehören der Volborth’- schen Sammlung an. Nach dem grauen Gestein zu urtheilen stammen sie aus den tiefem Schichten des dortigen Vaginatenkalks, von der Gränze zum Chloritkalk. Glyptocystites giganteus Leuchtb. sp. T. II, f. li, 12. 1843 Gonocrimtcs giganteus Herz. v. Leuelitenberg. Thierrest. v. Zarskoje Selo, p, 19, t. II, f. 13. 1860 Cheirocrinus giganteus Eicbw. Lctli. ross. anc. per., p. 647, t. 32, f. 2 a, b. Diese Art ist schon vor dreissig Jahren aufgestellt, und erst jetzt können wir einen weitern Beitrag zu ihrer Kenntniss geben. Unsre abgebildeten Stücke stammen wie die der 24 Mag. Fk. Schmidt, beiden vorhergehenden Arten aus Pawlowsk und gehören der Volb.orth’schen Sammlung an, in der sich ausserdem noch eine ganze Zahl einzelner Tafeln von der nämlichen Loca- lität findet. Unsre Exemplare, die in natürlicher Grösse abgebildet sind, entsprechen allerdings nicht dem Speciesnamen giganteus , doch ist im übrigen die Uebereinstimmung eine vollkommene. Der Hauptcharakter unsrer Art, durch den sie sich von allen übrigen unterscheidet, sind die durchgehenden langen Spalten der Porenrhomben oder Hydrospiren, die auch auf der Aussenseite die ganze Fläche des Rhombus erfüllen (F. 1 1 b). Man erkennt nicht immer die Spalten selbst, sondern sieht meist nur die entsprechenden Streifen, die namentlich an der Basis (die zuerst bekannt wurde) eine eigenthümliche Zeichnung hervorbringen, indem einige Basaltafeln zumTheil glatt zumTheil federnförmig gestreift erscheinen, wie das auch in der ursprünglichen Beschreibung gesagt ist. Unsre Fig. 11 giebt uns eine Vorstellung von der allgemeinen Form des Kelchs, der konisch - eiförmig mit scharf abgestutzter Basis erscheint. Wir erkennen an unserem Exemplar die Tafeln 17, 18, 19 von der obersten, 10 und 11 von der dritten, 5, 6, 7 von der zweiten Reihe und sämmtliche Basaltafeln. Die Form der Tafeln entspricht im allge- meinen der bei den frühem Arten. Die Basaltafeln 1, 2, 4 sind fünfseitig, 3 ist sechsseitig. Die Tafeln der obern Horizontalreihen scheinen unter einander in ununterbrochenem Zusam- menhang zu stehen. Taf. 1 9 ist am Grunde rechtwinklig abgeschnitten wie» bei G. penniger und sculptas und mit Taf. 11 in ihrem linken Tlicil abwärts gebrochen, nach der Bauch- öffnung zu, von welcher an unserm Exemplar, das nur die Rückenseite zeigt, weiter nichts zu sehen ist. Die Tafeln der zweiten Reihe 5, 6, 7 sind in der Mitte stark erhöht, und in ihrer untern Hälfte abwärts gebrochen, dadurch entsteht die scharf abgeschnittene Basis unsrer Species. Von Porenrhomben erkenne ich die gewöhnlichen beiden Basalrhomben mit den zugehörigen Halbrhomben, die einen grossen Tlieil der Basalfläche ausfüllen. Ausserdem sehe ich am oberen Tlieil des Kelchs die gewöhnlichen Rhomben auf T. 19 und 18 sowie auf 17 und 18. Auf 19 und 11 erkenne ich einen gebrochenen Rhombus wie bei der vorigen Art. Auf der Gränze von 11 und 18 sowie von 10 und 18 sind Spuren von Halb- rhomben zu erkennen. Im übrigen ist die Oberfläche des Kelchs zwischen den stark ausgebildeten Haupt- rippen glatt. Am Scheitel kann ich 3 — 4 regelmässig radiale Ambulacralgänge unterscheiden (F. 11a), die aus alternirenden Reihen von kleinen Plättchen bestehen und in die Vor- sprünge der Tafeln 17, 18, 19 ausmünden. Wie ich an dem Ambulacralgange von Taf. 19 sehe, münden auf der ganzen Länge des Ganges einzelne kleinere Furchen in denselben, so dass die Pinnulae wohl längs seiner ganzen Ausdehnung gruppirt waren, und nicht an das Ende zusammengedrängt wurden wie bei G penniger. Der Stiel ist schon in der ursprünglichen Darstellung sehr kenntlich beschrieben und Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch-silurische Petrefacten. 25 abgebildet. Er verjüngt sich stark nach unten. Die einzelnen Glieder scheinen in ihrer Form im Ganzen denen von G. Volborthi zu entsprechen, doch ist der Aussenrand ihrer Scheiben breiter und mit hervorragenden horizontalen Kämmen und Furchen versehen. Fundort. Im Orthoceren-Kalk von Pawlowsk und Pulkova, wie es scheint mehr in den tieferen Schichten. Das Originalexemplar stammte aus dem grauen Kalkstein von Grafskaja Slawänka. Einzelne Tafeln kenne ich auch vomWolchow in der Yolborth’schen Sammlung. 3. leber untersilurische Cystideen aus unserm Gebiet, die als Uebergangsglieder zu den Blastoiden gedeutet worden sind. Tab. Ш, F. l— 10. Schon Forbes1) beschreibt silurische Cystideengattungen , wie Pseudocrinites und Apiocystites , deren Armapparat dem der Blastoiden analog gebildet ist. Dazu kommt spä- ter der Blastoidocrinus car char iaedens Bill.2) aus Canada, dessen Vertreter wir gegen- wärtig auch bei uns nachweisen können. Als weitere Zwischenglieder von Blastoiden und Cystideen aus unsrem Gebiet wurden publicirt Asteroblastus von Eichwald3), Mesites von E. Hoffmann4) und Cystoblastus von Volborth5). Bei allen genannten Gattungen besteht die Aehnlichkeit mit den Blastoiden im Arrn- apparat, den sogenannten Pseudoambulacralfeldern mit Gliederfäden, die übrigens (nämlich unsre oben angeführten Gattungen) wesentlich denselben Bau zeigen, wie die so- genannten niederliegenden Arme von Glyptocy sûtes und Galocy sûtes , von dciien wir schon im vorigen Artikel gesprochen haben. Alle vorgenannten Gattungen unterscheiden sich aber von den ächten Blastoiden durch eine andre Anordnung der Kelchtäfelchen (deren meist eine grössere Zahl vorhanden ist), durch die Anwesenheit von durchgehenden Poren auf dem Kelch (und das Fehlen derselben auf den Pseudoambulacren), sowie durch den Mangel der sogenannten Genitalröhren, die Billings6) jetzt für Respirationsorgane (Hydro- spiren) erklärt. Nach Billings besteht der Hauptunterschied der Cystideen und Blastoi- den darin, dass bei den letztem die Hydrospiren mit den Pinnulae communiciren 7), bei den erstem nicht. Darnach müssen wir alle angeführten Formen für Cystideen gelten las- sen. Die nahen Beziehungen der Cystideen und Blastoideen werden besonders deutlich da- durch illustrirt, dass Billings den bisher zu den Blastoiden gerechneten Codonaster 1) Mem. geolog. Surv. gr. Brit. Vol. II, pt II, p. 494 ff. T. XI— XV (184S). 2) Canad. org. rem Dec. IV, p. 18. T. I, f. 1 (1859). 3) Bull, geolog. de France, Ser 2, Tome 19, p. 62 (1862). 4) Verhandlungen d. mineral. Gesellsch. St. Petersb. 2. Ser., Bd. I, p. 1, T. I (1866). Мѳтоігез de FAcad. Imp. des sciences, VHme Série. 5) Ueber Achradocystites und Cystoblastus in Mém de l’Acad. Impér. des sc. St.-Pétersb. Tome XVI, No. 2 (1870). 6) Americ. Journ. sc. and arts, II. Ser., Vol. 48, p. 81 (1869). 7) Ebenda Vol. 49, p. 55. 4 26 Mag. Fe. Schmidt, M. Coy aus dem Bergkalk, seiner ausgebildeten Kelchporen wegen, zu den Cystideen1) zu bringen genöthigt ist. Von den oben angeführten Gattungen steht Blastoidocrinus seinem äussern Ansehen nach den ächten Blastoiden wohl am nächsten durch die geringe Zahl seiner Kelchtafeln, sowie durch seine ausgesprochen fünfstrahlige Form. Das Vorhandensein von reihenweis angeordneten Oeffnungen der Hydrospiren oder Porenschlitzen am Grunde der obern Reihe der Kelchtäfelchen veranlasst uns, ihn bei den Cystideen zu belassen. Cystoblastus Volb. zeigt schon eine weit entferntere Aehnlichkeit mit den Blastoiden, die sich auf eine gewisse Analogie in der Form der Tentakelgänge (Pseudoamb ulacren) und der Beschaffenheit der obersten Kelchtafelreihen ausspricht, in denen wir Vertreter der Deltoid- und Gabelstücke der Blastoiden annehmen können. Letztere Stücke sowohl als die zahlreichen Porenrhom- ben hat er mit Glyptocystites gemein, mit dem und mit Echinocncrinus er wohl zunächst zusammenzustellen ist. Mit Letzterem stimmt er in der Lage der sogenannten Ovarial- öffnung und in der Beschaffenheit der Basalplatten überein. Asteroblastus Eicliw. erinnert in seiner äussern Form, namentlich auch in seinen regelmässig geformten rhombischen Armfeldern oder Pseudoambulacren (allerdings ohne Poren), die bei vollständiger Erhaltung ebenfalls von Gliederfäden bedeckt werden, lebhaft an ächte Blastoiden. Seine zahlreichen kleinen Kelchtäfelchen aber, die mit Doppelporen, wie bei Protocrinites Eichw., versehen sind, entfernen ihn wieder von ihnen und zwingen uns, ihn ebenfalls zu den Cystideen zu stellen. Noch näher an diese schliesst sich die Gat- tung Mesites HL ff in. an, die ausser zahlreichen mit Doppelporen versehenen Kelchtäfel- chen noch die bekannte Ovarialpyramide der Sphaereoniten zeigt. In ihrem ganzen Bau, namentlich auch in der Bildung der Pseudoambulacren (oder niederliegenden Arme) fällt Mesites mit Agelacrinus Vanux. zusammen, zu dem ich ihn auch hinfort rechnen werde, obgleich bisher keine porentragenden Kelchtäfelchen bei Agelacrinus nachgewiesen waren. Die Doppelporen bei Asteroblastus und Agelacrinus Pusyrewskii, sowie bei Proto- crinites und Sphaeronites stimmen in ihrem Bau ganz mit den Ambulacralporen der Echiui- den überein (S. die aus mehren Stücken zusammengesetzte Tafel von Asteroblastus auf Taf. III, f. 2d). Sie sind an der Innenseite ebenfalls vollständig von einander getrennt und geben keine Veranlassung, an das Vorhandensein plattgedrückter Athemröhren oder Hydro- spiren zu denken (wie sie bei Echinoencrinus, Caryocrinus, Glyptocystites Vorkommen). Eher können wir sie daher als Austrittsstellen für Füsschen (wie bei den Echiniden) an- sehen; dann wäre bei der ganzen Gruppe der Diploporitiden die ganze Oberfläche ambu- lacral und nur die Radien oder Pseudoambulacren (Tentakelgänge oder niederliegenden Arme — leider fehlt mir ein sicherer Ausdruck) interambulacral. Die sonstige Aehn- lichkeit im Kelch und Armbau der Diploporitiden und Rhombiporitiden spricht übrigens gegen eine so durchgreifende Trennung. 1) Ebenda Vol. 48, p. 80. Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch-silurische Petrefacten. 27 Im Folgenden sollen nun die oben erwähnten Gattungen (speciell deren bei uns vor- kommende Arten) Blastoidocrinus , Asteroblastus und Agelacrinus näher besprochen werden. Die Beschreibung der Gattung Cystoblastus Volb. brauchen wir nicht zu wiederholen, da sie von ihrem Autor schon vollständig erschöpfend geliefert worden ist, und wir unsre ab- weichende Ansicht über ihre systematische Stellung schon oben ausgesprochen haben. Blastoidocrinus carchariaedens Bill. aff. Tab. iii, f. la— c. 1859. Blastoidocrinus carchariaedens Bill. Canadian organic remains, Dec. IY, p. 18, PI. I, f. la — n. Aus dem Orthoceratitenkalk von Pulkowa hat Hr. Dr. A. v. Volborth das Stück er- halten, auf dem die nachfolgenden Auseinandersetzungen beruhen, und das er mir freund- lichst zur Disposition gestellt hat. In Canada ist der Cliazy limestone nach Billings stellweise überfüllt von isolirten dreieckigen Platten, die dieser Gattung angehören. Bei uns ist, wie gesagt, nur Ein ziem- lich vollständiges Exemplar gefunden, von isolirten Tafeln ist nichts bekannt. Die von Billings dargestellten dreieckigen Platten finden sich bei unsrem Exemplar ganz in der- selben Form wie in Canada wieder, ebenso auch die Ambulacren oder Radien. Darauf be- ruht auch die vorgeschlagene Identifikation. Dagegen ist von einem Stiel und einem Ein- wärtsgebogensein der Basalplatten, von denen zwei deutlich schräg abwärts geneigte zu erkennen sind, deren wir aber fünf annehmen müssen, nichts zu sehen. Die sehr soliden (bis 2mm dicken) dreieckigen Platten zeigen an ihrem untern abwärts gebogenen Rande eine Reihe von Spalten (Hydrospiren), die als solche deutlich zu erkennen sind. Billings er- wähnt ihrer nicht und spricht nur von einer Längsstreifung der dreieckigen Platten, die auch an unsrem Exemplar erkennbar ist. Wir machen ihn hiermit auf unsre Entdeckung aufmerksam und hoffen, dass er sie an seinen canadischen Exemplaren wiederholen werde. Eine solche einfach reihenweise, nicht rhombische Anordnung der respiratorischen Spalten, die noch dazu nur auf der untern Seite der obern Tafelreihe entwickelt sind, ohne auf die angränzende untere Tafelreihe überzugehen, ist meines Wissens noch bei keiner andern Gattung beobachtet worden. Ueber der Spitze der Dreiecksplatten lässt sich an Einer derselben eine aus zwei kräftigen, in einem spitzen Winkel zusammengeneigten Stücken bestehende Tafel (S. F. la) erkennen, deren Verbindung mit den Erstem nicht deutlich ist. Es scheint mir, dass diese Winkelstücke in der Fünfzahl vorhanden waren und die Scheitelöffnung schlossen; zwi- schen ihnen mündeten die fünf Haupttentakelgänge in den Scheitel. Diese Auffassung scheint uns durch eine Vergleichung mit Asteroblastus bestätigt, bei dem ähnliche Winkel- stücke den Scheitel umgeben. Die Dreiecksplatten zeigen in ihrer Mitte eine deutliche Längsfalte oder Einbucht, 4* ê 28 Mag. Fr. Schmidt, wodurch die Gesammtform des Kelchs deutlich fünfstrahlig wird, und laufen in abwärts ge- neigte Spitzen aus. Sie schliessen zwischen sich die länglichen Radialfelder oder nieder- liegenden Arme (Pseudoambulacren) ein (F. lc), die ganz denen von Asteroblastus ent- sprechen. Diese Felder bestehen aus zwei Reihen länglicher Stücke, die unter einander alterniren und eine Centralfurche zwischen sich lassen, in welche Seitenfurchen münden, die an der Gränze je zweier solcher Radialtäfelchen verlaufen. Am Ende jeder Seiten- furche, die nach aussen von einem hakenförmigen Vorsprung begränzt wird, lässt sich auf jedem Radialtäfelchen ein schwacher rundlicher Eindruck erkennen, der wohl zum Ansatz von Gliederfäden (Pinnulae) diente. An Einer Stelle erkennt man deutlich, dass dieser Eindruck zweigetheilt ist, was also auf zweireihige Gliederfäden, wiederum wie bei Astero- blastus, hinweist. Ueber Einem der Radialfelder lassen sich auch die Gliederfäden selbst, im Gestein liegend, erkennen, die wie bei den Pentremiten das Feld der Länge nach be- decken, ohne dass wir dabei ihren Ansatzpunkt deutlich erkennen könnten. Die Radialfelder verschmälern sich nach den vorspringenden Ecken des Kelches zu und sind hier stärker abwärts gebogen. Ihre Beschaffenheit am Scheitelende ist nicht deutlich zu erkennen. Die Felder liegen an ihren äussern Rändern auf’ den dicken Kanten der Dreiecksplatten auf. Von besondern Oeffnungen ist ausser der Scheitelöffnung nichts zu erkennen und diese muss daher alle Funktionen in sich vereinigt haben. Die Gesammthöhe unsres Fossils beträgt 18mm, die grösste Breite 2 1 mm ; die Länge eines Radialfeldes 15"'m, die grösste Breite eines solchen 4, 5mm. Der Länge nach kommen etwa fünf Radialtäfelchen auf 3mm. Die Zahl der Spalten am Grunde einer Dreiecksplatte beträgt ungefähr dreissig. Es ist schwer, die Verwandtschaftsbeziehungen des Blastoidocrinus genauer festzu- stellen. Sein Kelchbau ist durchaus eigentümlich. Die Bildung der Radien ähnelt der von Asteroblastus und Agelacrinus , neben die ich ihn daher auch einstweilen (wenn auch nicht sehr nahe) gestellt sehen möchte. Wegen der unsichern Verwandtschaft ist auch die Ter- minologie der einzelnen Scelettheile eine unsichere, wie sich das im vorstehenden Text deutlich genug ausspricht. Aus dem Eophyton-Sandstein der cambrischen Formation Schwedens bildet Dr. Lin- narsson1) Fossilien ab, die er dem gleichaltrigen Agelacrinus Lindströmi (1. c. p. 11, f. 6 — 10) vergleicht, aber nicht zu benennen wagt, die aber unsrem Blastoidocrinus von Pulkowa in ihrer Form auffallend ähnlich sehen, besonders Fig. 13. Danach würde unsre Gattung schon ein sehr hohes Alter haben, ebenso wie Agelacrinus , da bekanntlich der Eophyton-Sandstein das unterste Glied des schwedischen Fucoiden-Sandsteins bildet (er ist nach Linnarsson’s Beobachtung parallel dem untern Theil unsres Unguliten-Sandsteins), der unter dem primordial-silurischen Alaunschiefer liegt, also unzweifelhaft cambrischen Alters ist. 1) Geognostiska ach palaeontologisca Jaktaggclser öfver Eophytonsandstenen i Vestergötland, Tab. II f. 11—14. Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch-silurische Petrefacten. 29 Gen. Asteroblastus Eicliw. Tab. HI, F. 2—9. Diese Gattung wurde von Eichwald im Jahr 1861, schon nach Vollendung des ein- schlagenden Abschnitts der Lethaea rossica, in einem Briefe an V erneu il puhlicirt, der durch einen Holzschnitt erläutert im Bulletin der französischen geologischen Gesellschaft, 2. Ser., Bd. 19, p. 62 erschienen ist. Später fügte Eichwald der etwas flüchtigen ur- sprünglichen Schilderung noch einige Daten zu, in seinem Artikel: Die Lethaea rossica und ihre Gegner (Bullet, de Mose., 1867, II, p. 200). Das Originalexemplar des Asteroblastus stellatus von Pulkowa hat Hr. v. Eichwald mir zur ausführlicheren Darstellung gefälligst anvertraut. Auf Tob. III, f. 2 a-— d findet es sich, jetzt vollkommen vom Gestein gereinigt, ahgehildet. Es ist mir aber auch möglich geworden, noch andres Materiabzu benutzen, da mir Hr. v. Volborth die einschlagenden Stücke aus seiner reichen Sammlung ebenfalls überlicss. So bin ich jetzt in den Stand ge- setzt, noch zwei neue Arten, Asteroblastus Volborthi und tuberculatus , beide aus dem Orthocerenkalk von Pawlowsk, zu beschreiben, die generisch vollkommen mit Asteroblastus stellatus zusammengehören . Die Gattungscharaktere von Asteroblastus werden sich, gegründet auf die drei vor- genannten Arten, etwa folgendermaassen zusammenfassen lassen: Kelch knospenförmig, fünfseitig, gestielt, Stiel rund. Oberseite des Kelchs eine flache fünfseitig scalenoedrische Pyramide bildend; Unterseite halbkuglig, aus zahlreichen rund- lichen Täfelchen zusammengesetzt, die mehr oder weniger deutlich radial gerippt sind und zahlreiche Doppelporen tragen. Basalplatten vier. Der Scheitel von fünf nach unten gabli- gen Scheitelplatten gebildet, zwischen denen die Tentakelgänge in die Scheitelöffnung mün- den. Mit diesen Scheitelplatten alterniren die fünf Radien oder Pseudoambulacren, die sich mit ihren obern Enden an die untern Schenkel der Scheitelplatten anschlicssen. Diese Radien sind flach, rhombisch oder eiförmig, ragen an ihrem untern Ende über den Kelch hervor und reichen etwas über die Mitte desselben hinab. Sie bestehen aus zwei Reihen von 6 — 10 länglichen Stücken, die mit einander alterniren und eine Tentakelrinne zwi- schen sich lassen, die sich nach oben zwischen die Scheitelplatten fortsetzt. In die Haupt- tentakelrinne münden seitlich kleinere Rinnen, der Zahl der Radialplättchen entsprechend. Am Grunde jeder Nebenrinne erkennt man die Ansatzstelle einer aus zwei Gliederreihen bestehenden Pinnula. Die Pinhulae bedecken, wenn sie erhalten sind, die Radien voll- ständig, wie bei den ächten Blastoiden. Auf den Radien selbst keinerlei Poren; ebenso ist ausser der Scheitel- und Stielöffnung keine andre Oeffnung nachzuweisen. Die Arten lassen sich folgendermaassen leicht unterscheiden: 1) In dem Raum zwischen Radien und Scheitelplatten immer nur je Ein grösseres carinirtes Schild mit Doppelporcn. Scheitelplatten glatt oder längsgestreift. 2. 30 Mag. Fr. Schmidt, Die Porenschilder der Oberseite zwischen Scheitelplatten und Radien nicht durch ihre Grösse und Form vor denen der Unterseite ausgezeichnet. Radien eiförmig, etwa sechsgliedrig. Oberfläche der Scheitel- und übrigen Platten fein tuber- kulirt. A. tiiberculatus n. sp. 2) Radien rhombisch, etwa zehngliedrig. Kelchtäfelchen gegen 80, ungleichartig ge- rippt. Doppelporen in tiefen auffälligen Gruben, die die ganze Oberfläche der Täfelchen einnehmen. A. stellatus Eichw. Radien eiförmig, etwa sechsgliedrig. Kelchtäfelchen gegen 40, gleichartig, regel- mässig vom Mittelpunkt aus radial gerippt. Doppelporen undeutlich in seichten Gruben zwischen den Radialrippen. A. Volborthi n. sp. Asteroblastus stellatus Eichw. Tab. III, f. 2. 3, 4, 5. 1862 A. stellatus Eichw. Bullet, soc. géol. de France, Sér. II, tome 19, p. 62. 1867 — — Bullet, de Moscou. 1867, II, p. 200. 1860 Protocrinites foveolatus Eichw. Leth. ross. anc. per. p. 623, t. 32, f. 8. Es liegen uns ausser dem vollständigen Eich wald’schen Exemplar von Pulkowa noch einige instruktive Bruchstücke und einzelne Täfelchen aus der Volborth’schen Sammlung von Pawlowsk vor. Dem Niveau nach gehört der grösste Theil der Exemplare dem Chloritkalk an, wie aus dem den Stücken anhängenden Gestein zu ersehen ist. Einige Pawlowsker Exemplare scheinen aber auch den obern Schichten des dortigen Orthoceren- kalks anzugehören. Die gabligen Scheitelplatten sind solid, bis 2mm dick, ohne Poren, auf der Ober- fläche bei wohl erhaltenen Exemplaren durch nach der Spitze convergirende Linien ge- streift. Sie treffen nicht ganz regelmässig im Scheitel zusammen , da zwei dieser Scheitel- platten eine breit abgestumpfte und nur die übrigen drei eine scharfe Spitze haben. Der einspringende Winkel zwischen den beiden Schenkeln ist nicht scharf markirt, sondern verläuft mehr bogenförmig, die Seitenschenkel selbst verschmälern sich jederseits zu ihrem untern Ende hin und stossen hier an die vorragenden Spitzen der obersten Radialstücke. Die Radien oder Pseudoambulaceen sind von rhomboidaler Form. Ihr unterer Theil ist länger nnd ragt über den Kelch hervor; der obere kürzere Theil ist in den Kelch eingebettet. Der obere Theil über der kurzen Diagonale des Rhomboids wird ganz von den beiden ersten Radial-Gliedern gebildet, das untere Dreieck von den c. 9 übrigen Glie- dern. Die beiden obersten Glieder haben die Form eines rechwinkligen Dreiecks, dessen Hypothenuse etwas ausgeschweift ist; die kürzere Cathete wird von der Haupt-Tentakel- rinne begränzt; parallel der längern Cathete verläuft die Seitenfurche von der zugehörigen Pinnula zur Hauptfurche. Die Oberfläche ist parallel der Haupt.-Tentakelrinne gestreift, Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch-silurische Petrefacten. 31 die Streifen lassen sich auch abwärts über die übrigen Radialglieder verfolgen. Diese sind alle gleichartig gebildet von länglicher Form und nehmen nur nach unten in ihrer Längen- ausdehnung ab. An den Gränzen dieser Radialstücke verlaufen die Seitenfurchen, die ihnen ungefähr gleich breite Rippen zwischen sich lassen. Am Grunde der Seitenfurchen erkennt man eine rundliche Grube, die einer Einschnürung der Rippen entspricht. In dieser Grube lassen sich zwei länglichrunde Ansatzstellen für die Pinnula erkennen. Nach aussen werden die rundlichen Gruben von einem hakenförmig nach oben gebogenen Vorsprung der Rippen begränzt; auf der oberen Fläche dieser Hakenvorsprünge erkennt man eine längliche Ver- tiefung, die schräg nach aussen und oben verläuft. Diese längliehen Gruben finden sich bei den übrigen beiden Arten der Gattung wieder und sind augenscheinlich ebenfalls beim An- satz der Pinnulae betheiligt. Die äussere Begränzung des untern Theils der Radialfelder bildet ein geradliniges gekerbtes Band, das vertical etwa lmm breit über die Kelchtäfel- chen hervorragt. Von der untern Gränze dieses Bandes, das durch die hervorragenden Enden der Radialglieder gebildet wird , senken sich die Aussenflächen der Radien schräg nach innen, bis sie entsprechend der Dicke der Kelchtäfelchen in die Innenfläche übergehen. Demzufolge ist auch die Dicke der Radialtäfelchen beträchtlich, bis über 2mm und über- steigt die Breite dieser Täfelchen. Die untere Spitze der Radien wird von einem besondern porenführenden Kelchtäfelchen mit ausgeschweiftem Oberrande umfasst, das als Vertreter der Gabelstücke der Pentremiteu gelten kann und von Eich wald auch so gedeutet wird. Die fünf grossen Porenplatten der Oberseite sind rundlich rhomboidal mit ge- krümmten Seiten. Nach oben zu werden sie von dem Ausschnitt der gabligen Scheitel- platten begränzt, seitwärts von den ausgeschweiften obern Rändern zweier ersten Radial- stücke (eines rechten und eines linken von zwei benachbarten Radien) und nach unten von einem kleinern ebenfalls porösen Kelchtäfelchen, das schon zum System der Unterseite des Kelchs gehört. Der Länge nach von unten nach oben verläuft in der längern Diagonale durch die grosse Poreuplatte eine mehr oder weniger stark ausgebildete Crista , die sich nach oben zu verliert. Die Doppelporen sind gross und fallen schon dem blossen Auge auf, sie nehmen mit ihren sie umgebenden Gruben die ganze Oberfläche der Tafel mit Ausnahme der Crista, ein. Eine einzelne solche grössere Porentafel von Pulkowa ist von Eichwald schon vor Aufstellung des Asteroblastus mit dem ganz passenden Namen Protocrinites foveo- latus belegt worden. Nach vorhergegangenem Einvernehmen mit dem Autor beider Spe- ciesnamen bleiben wir aber bei Asteroblastus stellatus Eicliw. Eine dieser grossen Porentafeln auf unsrem vollständigen Stück ist etwas abge- schliffen, so dass die Poren, nicht aber mehr die Gruben, die sie umgeben, deutlich her- vortreten. An dieser Tafel (Tab. III, f. 2d) erkennen wir eine eigenthümliche Querthei- lung, die an eine ähnliche Quertheilung der Doppelporen führenden Ambulacraltafeln mancher Echiniden erinnert1) (S. z. B. Bronn’s Classen und Ordn. Tab. 39, f. 8). 1) S. aucli Lovén om Echinoidernas byggnad, koug). svenska veteusk. akadem. förhandl. 1871, t. 19. 32 Mag. Fr. Schmidt, Eine ähnliche Quertheiluug ist auch auf abgeschiffenen Kelchtäfclchen der Unterseite er- kennbar. Die Kelchtäfelchen der Unterseite nehmen zunächst die gewölbte Umgebung des Stielansatzes ein, reichen aber dann in fünf fast flachen Feldern zwischen die Radien hinauf und stehen hier mit den grossen Porenplatten der Oberseite in Verbindung. Jedes dieser fünf Felder zählt etwa 12 — 15 ungleich grosse Täfelchen, so dass mit der Umgebung der vier Basalien über 80 Kelchtäfelchen der Unterseite, im Ganzen also über 100 heraus- kommen. Von jedem der fünf länglich runden Täfelchen, die die Spitzen der Radien um- geben (s. oben), gehen zwei scharfe Rippen jederseits nach dem übernächsten Täfelchen derselben Art aus. Diese Rippen schneiden sich unter einander, und dadurch entsteht auf der Unterseite des Kelchs ein zierliches System von Dreiecken und Rhomben. Durch diese Längsrippen erscheinen einige Täfelchen (an den Kreuzungsstellcn) radial-, andre längs- gerippt, während die zwischenliegenden Tafeln, namentlich in der Umgebung der Basalien und an den Rändern der Radien der Oberseite (F. 5), nur unregelmässig grubig erscheinen. Die Sculptur der Täfelchen wird dadurch noch complicirter, dass die Längsrippen zuweilen doppelt erscheinen, und dass von den in den Kreuzungspunkten gelegenen Täfelchen noch Rippen nach oben durch die Mitte der zwischen den Radien liegenden Felder verlaufen. Die Stielöffnung ist rund, die Basaltäfelchen an der Basis ausgeschnitten. Der Stiel selbst nicht bekannt. Die Maasse unsres vollständigen Exemplars sind folgende: Höhe vom Scheitel zum Stielansatz 19""", Breite 2 5mm. Länge der Radien längs der ganzen Tentakelrinne 17mm. Länge der Radien allein 12шш, Breite 9,5"im (bei andern Exemplaren bis 15"“" Länge bei 10"“" Breite). Länge der grossen Porenplatte 7"“" bei 6,5"“" Breite (bei einzelnen isolirten Tafeln bis 14"“" Länge bei 1 3"""' Breite). Durchmesser der einzelnen Kelchtäfelchen der Unterseite von 3 bis 51"'". Asteroblaslus Volborthi n. sp. Tab. III, f. 6, 7, 8. Es liegen uns zwei ziemlich vollständige Exemplare und einige Bruchstücke vor, alle von Pawlowsk, aus der Volborth’schen Sammlung. Dem Gestein nach zu urtheilen, ist diese Art bisher nur im Chloritkalk gefunden. In der Beschreibung wollen wir uns, um Wiederholungen zu vermeiden, vergleichend zur vorgehenden ausführlich beschriebenen Art verhalten. Die Scheitelplatten sind denen des A. stellatus ähnlich, nur scheinen sie alle stumpfe Spitzen zu haben und regelmässiger um die Scheitelöffnung gestellt zu sein. Die Radien sind eiförmig, bestehen aus nur etwa sechs Gliedern jederseits, die alle von gleichartig länglicher Form und verhältnissmässig breiter sind als bei der vorigen Art. Die erste Seitenfurche verläuft auf der Mitte des ersten Gliedes, die übrigen an der Gränze zweier UeBER einige neue und wenig bekannte baltisoh-silurische Petrefacten. 33 Glieder. Ein Exemplar dieser Art (F. 6) zeigt wohl erhaltene Gliederfäden oder Pinnulae, die die ganzen Radien bis zum Scheitel und auch die grossen Porenplatten bedecken, von denen nur die Crista sichtbar bleibt. Die Pinnulae scheinen sich sowohl in den Gruben am Grunde der Seitenfurchen der Radialfelder als in den auf dem Rande der Radien ge- legenen elliptischen Gruben anzusetzen und müssen daher mindestens zweireihig sein, ob- gleich man von aussen, wie auch meist bei den Pentremiten, nur Eine Reihe sehen kann. Die grossen Porenplatten sind schmäler, viel länger als breit und die Christa breiter ent- wickelt, als bei der vorigen Art. Auf der Unterseite sind sämmtliche Tafeln regelmässig radial-(4 — G-strahlig)-gerippt und in viel geringerer Zahl vorhanden, zu 4 — 8 in jedem Verticalfeldc zwischen den Ra- dien, so dass nicht über 40 Kelchtäfelchen der Unterseite herauskommen. Die Doppel- poren sind nur an den grossen obern Porenplatten deutlich, an den kleinen Kelchtäfelchen nur schwer in den Zwischenräumen zwischen den Rippen zu erkennen; sie sind nicht in besondere vertiefte Gruben eingesenkt. Vom Stiel sind Spuren vorhanden, er ist rund, die Glieder (E. 8) fein radial gestreift. Kein Exemplar ist so vollständig erhalten, dass wir genügende Maasse geben könnten Im Ganzen scheint die Art kleiner wie die vorige und höher zu sein. Das grösste Stück zeigt 18""" Höhe bei 15""" Breite. Bei einem andern, unvollständigen Exemplar übertrifft die Breite die Höhe etwas. Asteroblastus tubereulatus u. sji. Tab. III, f. 9. Ein unvollständiges Exemplar aus der Volbortb’schen Sammlung von Pawlowsk, das nach dem Gestein den obern Schichten des dortigen Orthocerenkalks angehört. Der Hauptunterschied dieser Art von den beiden übrigen liegt darin, dass die Poren- schilder der Unterseite ohne Unterbrechung in die der Oberseite übergehen. Das oberste Porenschild ist oben allerdings ebenfalls von einem gabligen Scheitelschild begränzt, an den Seiten aber jederseits nur von einem Theil eines obersten Radialgliedes, während es nach unten in ganzer Breite sich an das ähnlich geformte und gleich grosse, nächst untere Porenschild anschliesst. Die Porenschilder, die die Radien begränzen, sind unregelmässig polygonal, die mehr in der Mitte gelegenen erscheinen pentagonal und flach radial fünfstrahlig (f. 9a); auf der ganzen Oberfläche, wie auch die Radien und die Scheitelplatten fein tuberkulirt. Von den Scheitelplatten ist nur Eine erhalten, die eine stumpfe Spitze und ein ab- gegränztes dreieckiges Feld in ihrem untern Theil zeigt. Die Gabelung ist nur durch einen schwachen Ausschnitt angedeutet. Die Radien sind länglich-oval nach unten verschmälert, in ihrem Bau im Uebrigen 5 Мешоігез de l'Acad. Imp. des sciences, Vllme Série. 34 Mag. Fr. Schmidt, denen der vorigen Art ähnlich, nur eben gestreckter. Das erste Glied so hoch wie die beiden nächsten zusaramengenommen. Die Gruben im Grunde der Seitenfurchen sehr ausge- sprochen, die Randgruben klein. Es ist nur Ein Radialfeld von 8ШШ Länge vollständig erhalten, mit Einer Scheitel- platte und einigen Kelchtäfelchen, die 3 — 4mm im Durchmesser zeigen. Agelacrinus Pusyrcwskii Hoffm. sp. Tab. III, f. іоа, b, c, d. 1866 Mesites Pusyrcwskii Hoffm. Verk. der miner. Ges. St. Petcrsb., II. Ser., Bd. 1, p. 1, Tab. 1, Die Zugehörigkeit des Mesites Pusyrewskii zu Agelacrinus ergiebt sich leicht durch Vergleichung mit den bekannten Beschreibungen und Abbildungen, von denen namentlich die von Forbes1) und Billings2) dem Autor der neuen Gattung nicht zugänglich gewesen sein müssen, da er sonst die grosse Aehnlichkeit wohl erkannt hätte. Die scheibenförmi- gen deprimirten Formen , die in der Lethaea geognostica abgebildet sind , konnten aller- dings eine Trennung entschuldigen. Der wesentlichste neue Charakter der Gattung, den wir durch A. Pusyrewskii kennen lernen, sind die Doppelporen der Täfelchen, die sich ganz wie bei SjAiacronites, Protocrinites und Asterohlastus verhalten. Bei keiner sonstigen bekannten Art erfahren wir etwas Genaueres über den Bau der Täfelchen, doch lässt die tuberkulirte Oberfläche des verwandten Edrioaster Bigsbyi Bill. (1. c. p. 82, t. 8, f. 1, 2) eine ähnliche Porenvertheilung vermuthen. Die rinnenförmige Beschaffenheit der Radien oder niederliegenden Arme, die durch die bogenförmig nach oben zusammengeneigten Ra- dialglieder zu geschlossenen Kanälen werden, ist in ähnlicher Weise schon von Billings bei A. • Dicksoni (s. oben) beschrieben. Die Radialkanäle liegen namentlich nach unten zu deutlich auf den angränzenden Kclchtäfclchen auf (die aber selten unter ihnen zusaramen- schliessen und daher noch einen innern Kanal offen lassen), so dass wir hier schon eher von niederliegenden Armen sprechen könnten als bei den früher behandelten Gattungen Glyptocystites und Asterohlastus. In Einem Punkt weiche ich von Hoffmann ab, nämlich darin, dass ich deutliche Ansätze von Pinnulae erkannt zu haben glaube, die mit Poren in Verbindung stehen, die ins Innere der bedeckten Tentakelrinne führen. Diese Ansätze be- stehen aus rundlichen Feldern auf der Oberseite der Radialglieder (nach aussen hin), die in ähnlicher Weise wie bei Asterohlastus zwei länglich-runde Anheftungsstellen für die wahrscheinlich zweireihigen Pinnulae erkennen lassen, welche (die Pinnulae) einst in ähn- licher Weise wie bei Pseudocrinites quadrifasciatus Forb. (1. c. PI. 13) den ganzen Radius bedeckten. 1) Agelacrinites Buchianus Forbes in Mem. geol. 2) Agelacrinites Diclcsoni Bill. Cauad. org. rem. surv. Gr. Brit. Vol. II, p. II, p. 519, Г1. 23. Dec. III, p. 84, PI. 8, f. 3, 4. ITeber einige neue und wenig bekannte baltisch-silurische Petrefacten. 35 Eine Scheitelöffnung scheint bei unsrem Agelacrinus Pusyrewskii gar nicht vor- handen gewesen zu sein. Die bedeckten Kanäle münden ebenfalls verdeckt in die geschlos- sene Scheitelvertiefung. Durch sorgfältiges Reinigen des Scheitels habe ich mich davon überzeugt, dass die dreilappige Mundöffnung, die Hoffmann annimmt, in Wirklichkeit nicht existirt. Ihr Anschein wurde durch Falten der Schaalc hervorgebracht, zwischen denen sich schwer zu entfernende Gesteinstheile befanden; eine feine, nicht in der Mitte gelegene gablige Spalte, die dennoch übrig bleibt, scheint auf eine schon von Hoffmann (1. c. p. 2) erwähnte Beschädigung des Scheitels zurückführbar zu sein. Dafür findet sich die bekannte Ovarial(?)pyramide der Cystideen bei Agelacrinus wieder, und ich glaube, dass der geschlossene Scheitel unsrer Art beim gleichzeitigen Vorhandensein einer inter- radialen durch Klappen geschlossenen Oeffnung für die Deutung von Billings und Lovén spricht, dass nämlich die Klappenpyramide als Mund anzusehen sei. Von der Unterseite des A. Pusyrewskii ist nichts zu -sehen, wir können aber erken- nen, dass die Arme nicht auf die Unterseite hinüberreichen, da wir einen der Arme bis zu seinem Ende verfolgen können. Agelacrinus gehört nach meiner Meinung entschieden zu den Cystideen (zur Abthei- lung der Diploporitiden) und zwar schliesst er sich einerseits durch seine Radien an Asieröblastus , andrerseits durch das Vorhandensein der Klappenpyramide an Sphaeronites und Protocrinites. Der Beziehung zu den Asteriden , die Billings annimmt, kann ich nicht zustimmen, da die Radialglieder entschieden nicht durchbohrt sind und die Poren der- selben auf der Oberfläche, wie ich mich überzeugt habe, nur in den verdeckten Kanal füh- ren. Immerhin bleibt die grosse Aehnlichkeit mit Edrioaster Bill, auffallend, dessen durch- gehende Poren gerade der Hauptgrund gewesen sind, eine Verwandtschaft mit den Asteri- den anzunehmen. Ich läugne nicht, dass ich wünschte, ebenso wohl erhaltene Exemplare des Edrioaster Bigsbyi zur Untersuchung zu erhalten , als ich von Agelacrinus Pusyrewskii vor mir liegen habe. Von den meisten übrigen bekannten Agelacrinus - Arten (die durchweg weniger Details bieten) unterscheidet sich A. Pusyrewskii schon durch seine grössere Höhe (45'""' bei einer Breite von 75mm), die über die Hälfte der Breite beträgt, und von dem ebenfalls hohen A. Buchianus Forb. durch die nicht auf die Unterseite hinübergehen- den Arme. Ich habe mich im Obigen darauf beschränkt, meine abweichende Auffassung zu er- läutern und einige Zusätze zur Detailbeschreibung der Art zu machen, im Uebrigen ver- weise ich auf den ausführlichen oben citirten Ho ff mann’ sehen Artikel. Fundort. Im Chloritkalk bei Iswos am Wolchow von Hrn. Prof. Jeremejew zwei Exemplare gefunden, die schon Hoffmann benutzt hat und die bis jetzt die einzigen ge- blieben sind. Die Stücke befinden sich jetzt im geologischen Museum der St. Peters- burger Universität und sind mir zur Benutzung von Hrn. Prof. Inostranzew gefälligst anvertraut worden. 5* 36 Mag Fr. Schmidt, 4. lieber die Gattung Bothriocidaris Eicliw. Tab. IV, Fig. 1, 2. In der Lethaea rossica, anc. per. p. 654, stellt Eichwald eine neue sibirische Echi- niden-Gattung unter oben stehendem Namen auf und beschreibt zwei Arten, Bothriocidaris globulus Eichw. und B. exilis Eicliw ,, die erste aus untersilurischen Schichten von Dago, die zweite aus obersilurischen Pentamerenschichten von Talkhof. Die zweite Art war schon früher von ihm unter dem Namen Palaeocidaris exilis im Bullet, de Moscou 1854, I, p. 114, t. 2, f. 14 beschrieben und abgebildet worden. Sie ist aber leider in seiner Sammlung nicht aufzufinden und ist auch später von Andern nicht wiedergefunden worden. Ihre Zusammengehörigkeit mit B. globulus bleibt zweifelhaft, namentlich, da ihr die charakteristischen Porengruben. fehlen. Mit dieser Art, B. globulus , haben wir es im Fol- genden zunächst zu thun, da ich so glücklich gewesen bin, zwei neue bessere Exemplare zu erhalten, die eine vollständigere Charakteristik der Gattung zu geben erlauben. Das Eine Exemplar stimmt vollständig mit dem B. globulus Eicliw. überein und stammt auch aus dem nämlichen Fundort, dem Steinbruch von Hohenholm auf Dago, der der Lyck holmer Abtheilung (2a) meiner Estländischen sibirischen Schichteneintheilung angehört. Das Exemplar wurde von Frau Baronin Stackeiberg auf Riesenberg, geb. v. Un- gern-Sternberg, gefunden und mit einer ganzen Sammlung Hohenholmer Petrefacten dem Revalschen Provincialnmseum übergeben, in dessen paläontologischer Sammlung ich es schon vor einigen Jahren antraf. Da ich damals mit andern Arbeiten beschäftigt war, gedachte ich desselben nicht weiter, bis im verflossenen Sommer 1873 ein neues, noch besseres Exemplar eines Bothriocidaris in der Jewe’schen Schicht (also in einem noch tie- fern untersilurischen Niveau), an einer Entblössung der baltischen Eisenbahn zwischen dem Sem’schen (Kunda’schen) Bach und der Station Kappel von meinem dermaligen Be- gleiter auf meinen geognostischen Wanderungen in Estland, Hrn. stud. miner. Baron Alex. v. d. Pahlen, erbeutet wurde. Dieses Exemplar, das einer neuen Art angehört, die, wie es sich gebührt, Bothriocidaris Pahleni heisst, ist die Veranlassung zu gegen- wärtigem Artikel geworden. Nach Schluss der vorigjährigen Excursionen wurde der früher gefundene Bothriocidaris wieder hervorgesucht, und wandte ich mich auch an Hrn. v. Eich- wald um sein Originalexemplar des B. globulus, das er mir auch freundlichst überliess, so dass ich gegenwärtig alles vorhandene Material beisammen habe. Eicbwald giebt (a. a. 0.) folgende Diagnose der Gattung Bothriocidaris , die ganz auf das Eine unvollständige Exemplar des B. globulus 1. c. p. 655, t. 32, f. 22 gestützt ist: Exiguus calyx globosus, scutellis dilatato- hexagonis superficie singulorum scutellorum convexa, medio foveolata, pro figendo aculeo, scutella sensim majora in medio calyee obvia. Ueber einige neue und wenig bekannte bautisch-silürische Petrefacten. 37 Darauf folgen die Angaben über die Stacheln, die auchl. c. f. 23 abgebildet sind, aber allerdings nur mit einigem Zweifel hierher gezogen werden. Sie stammen aus noch tiefem Schichten von Pulkowa, und können wir von ihnen schweigen, da wir die ganz anders ge- formten wirklichen Stacheln von Bothriocidaris vor uns haben. Eichwald hat nur Eine Art von Täfelchen gesehen , die er für interambulacral hält und ziemlich richtig abbildet; er erwähnt die Möglichkeit, dass gar keine Ambu - lacraltafeln vorhanden seien. In Wirklichkeit sind die sechsseitigen gewölbten Tafeln mit einer Grube in der Mitte die wahren Ambulacraltafeln, da jede Grube in ihrem Grunde zwei Poren zeigt. Diese Gruben dienen also nicht zum Ansatz von Stacheln, wie Eicli- wald annimmt. Wie bei den meisten übrigen Echiniden, hat Bothriocidaris in jedem der fünf Radien zwei Reihen Ambulacraltafeln, die nur durch ihre Grösse und ihren eigen - thümlichen Bau abweichen. Die Interradien bestehen nur aus je Einer Reihe von Tafeln zwischen je zwei Doppelreihen von Ambulacraltafeln und stimmen in ihrer Grösse mit diesen überein; es fehlt ihnen aber die Grube und die Vertheilung der Stacheln ist eine andre. Die Gesammtzahl der Täfelchenreihen bei Bothriocidaris beträgt nach dem vorhin Gesagten 15, wodurch sich die Gattung, sowie durch die eigenthümliche Beschaffenheit ihrer Auibulacralplatten von allen übrigen lebenden wie fossilen Echiniden unterscheidet und als Typus einer eigenen Gruppe hinstellt, die den beiden Hauptabtheilungen (nach Bronn’ s Klassen und Ordnungen) Perischoechinidea und Euechinoidea. gleichwertig ist und die Reihe der Echiniden in der aufsteigenden Schichtenfolge eröffnet. Sie ist bisher nur aus sibirischen, und wenn wir den mangelhaft beschriebenen Bothriocidaris exilis Eichw . bei Seite lassen, sogar nur aus untersilurischen Schichten bekannt. Immerhin müssen wir seinem ganzen Bau nach den Bothriocidaris als eine ächte Echinidengattung ansehen und nicht etwa als ein Zwischenglied zwischen Echiniden und Cystideen , wozu man durch die in vertiefter Grube liegenden Ambulacralporen versucht sein könnte, die etwas an Sphae- roniten und Protocriniten erinnern. Ebenso ist, glaube ich, die obersilurische Gattung Echinocystites Wyville Thomson ’) mit Pal 'aeodiscus Salt, den Echiniden, und zwar den Perischoechiniden, zuzuzählen, und nicht, wie der Autor der Gattung annimmt, als Zwischenglied zwischen Sphacroniten und Echiniden anzusehen. Die unregelmässig angeordneten Täfelchen der Interradien scheinen den wesentlichsten Unterschied von den übrigen Perischoechiniden zu bilden. Mit Echinocystites wird im Thesaurus siluriens von Bigsby, p. 25 und 28, der Palaecliinus Philipsiae Forb. verbunden, was mich veranlasste, der Abhandlung von Thom- son über Echinocystites nachzuforschen, da ich in ihr Auskunft über anderweitige sibiri- sche Echiniden erwartete, die vielleicht Anknüfungspunkte mit Bothriocidaris liefern könn- ten. In unsern Bibliotheken fehlte der betreffende Jahrgang des Edinb, new. pliilosopb. 1) Edinburgh new philosophical Journal, 1861, p. 109, t. 3, 4, 38 Mag. Fr. Schmidt, Journal, und ich bemühte mich nach verschiedenen Seiten um den betreffenden Artikel, bis ich ihn endlich durch die Gefälligkeit des Hrn. J. Barrande zur Ansicht erhielt. Nach dem gegenwärtigen Stande unsrer Kenntniss können wir, gestützt auf die bei- den Arten B. globulus und B. Fahlem , etwa folgende Charakteristik der Gattung Bothrio- cidaris geben: Schaale kuglig, klein. Der After auf dem Scheitel, der Mundöffnung dia- metral gegenübergestellt. Täfelchen solid, fest aneinandergefügt in 15 Ver- ticalreihen, von denen die fünf Radien aus je einer Doppelreihe Ambulacral- tafeln, und die Interradien aus je einer einfachen Reihe Interambulacral- tafeln bestehen. Beiderlei Täfelchen gleich geformt, in der Mitte der Schaale grösser, sechsseitig, nach oben und unten an Grösse abnehmend. Jedes Ambu- lacraltäfelchen zeigt in seiner Mitte eine von einem erhabenen Ringe um- gebene kreisförmige Grube, die in ihrem Grunde zwei Ambulacralporen ent- hält. Die fein längsgestreiften Stacheln sitzen in geringer Zahl (2 — 4) an dem Ringe der A mbulacraltafeln auf durchbohrten Stachelwarzen. Letztere sind auf den Interambulacraltafeln nur bei Einer Art vorhanden. Ausserdem sind alle Tafeln von kleinen Erhabenheiten bedeckt, die zum Ansatz feinerer Sta- cheln gedient haben mögen. Die Mundöffnung ist von zehn verkleinerten Am- bulacraltafeln umgeben, vor denen noch fünf dreieckige Mundtäfelchen er- kennbar sind. Zahnapparat unbekannt. Der Scheitel ist durch einen Kranz von fünf undurchbohrten Plättchen bezeichnet, die sich in'jedem Radius auf je Ein Paar Ambulacraltäfelchen stützen. Innerhalb dieses Kranzes liegt die Afteröffnung, die durch 6 — 8 längliche oder eiförmige Afterklappen ge- schlossen wird, von denen jede an ihrem Ende eine Stachelwarze trägt. Von Genital- und Ocellarplatten keine Spur. Die Madreporenplatte erst bei Einer Art sicher erkannt. Zwei bekannte Arten, die sich folgendermaassen leicht unterscheiden: Auf dem Ringe der Ambulacralplatten zwei durchbohrte Stachelwarzen; Interambulacralplatten ohne solche. Die fünf Scheiteltäfelchen berühren ein- ander. B. Pahleni n. sp. Auf dem Ringe der Ambulacralplatten vier, auf den Interambulacral- platten 1 — 3 durchbohrte Stachelwarzen. Die fünf Scheiteltäfelchen durch die Interradien getrennt. B. globulus Eichw. Botliriocidaris Pahleni n. sp. Tab. IV, Fig. i a— g. Ein ziemlich wohl erhaltenes, seitlich etwas zusammengedrücktes Exemplar; daher die Kugelgestalt nicht deutlich. Höhe vom Mund zum Scheitel 16mm, Breite 15,5mm. U EBER EINIGE NEUE UND WENIG BEKANNTE BALTISCH-SILURISCHE PeTREFACTEN. 39 Die Ambulacraltäfelchen in jeder Verticalreihe zu 10; von der Mitte nach oben und unten an Grösse abnehmend; ihrer Form nach breit sechsseitig (mit Ausnahme der beiden äussersten Täfelchen oben und unten), 3"‘m breit und 2mm liocli (bei den mittlern Täfelchen). Die äussersten Täfelchen nach dem Mundrande zu breit abgerundet dreieckig oder trapezförmig l,7mm breit und ebenso hoch; bei ihnen der erhabene Ring mit der von ihm umgebenen Ambulacralgrube hart am untern (nach dem Munde zu) Rande und in der Mundebene, nicht wie sonst in der Mitte der Täfelchen. Nach dem Scheitel zu ist das oberste linke Täfelchen der ambulacralen Doppelreihe grösser, das rechte kleiner (halb so hoch); in Folge davon können die Täfelchen beider Reihen regelmässig mit einander ab- wechseln ; nach dem Munde zu pflegt das linke Ambulacraltäfelchen kleiner zu sein. Die Ambulacralgrube ist etwa x/2 bis 3/4ra'" breit und zeigt zwei deutliche rundliche Poren, die durch eine Scheidewand von einander geschieden sind. Die beiden durchbohrten Stachelwarzen liegen dicht bei einander auf dem Ringe am obern Rande der Grube; oft sieht man neben ihnen noch die Stacheln paarweise liegen, die linear, sehr allmählich zugespitzt, dabei fein längsgestreift und bis 4mm lang und fast У2тш dick sind (F. lf). Die Interambulacraltäfelchen sind schmäler, 8 — 9 an der Zahl; die mittlern ebenfalls sechsseitig 2mm hoch und 2,5mm breit; die äussersten oben und unten, nach dem Scheitel oder Munde hin zugespitzt fünf- oder dreiseitig. Sie erreichen weder die Mund“ noch die Afteröffnung. Ihre Oberfläche, wie die der Ambulacraltafeln, fein gekörnt, aber ohne durchbohrte Stachelwarzen, ganz so wie bei Palaechinus. Die Mundöffnung ist bei unsrem Exemplar etwas verschoben, man erkennt die 10 untersten kleinen dreieckigen oder nach dem Munde zu verschmälert trapezförmigen Am- bulacralplatten mit den in der Mundebene perpendikulär zur Höhenrichtung der Schaale gelegenen Ringgruben. Vor jedem Paar dieser letzten Täfelchen scheint eine breit drei- eckige Mundplatte sich befunden zu haben, von denen aber nur zwei erhalten sind, die in ihrer JH’orm etwa ein gleichseitiges Dreieck mit unebner Oberfläche darstellen. In unsrer Figur lc ist die Mundgegend etwas schematisch dargcstellt. An der Scheitelgegend (F. lb) sehen wir fünf grössere fünfeckige Schilder, von denen jedes eine ambulacrale Doppelreihe von Täfelchen schliesst, selbst aber keine Grube und keine Poren, sondern nur 2 — 3 durchbohrte Stachelwarzen trägt. Diese Scheitel- schilder berühren sich unter einander und bilden also einen vollständigen Kranz; sie schliessen die fünf obersten, meist dreieckigen Interambulacraltäfelchen zwischen sich ein. Eins dieser Scheiteltäfelchen ist grösser und erscheint wie gebrochen (F. lg); wir sehen es als eine Art Madreporenplatte an, obgleich keinerlei besondere Struktur an ihm zu ent- decken ist. Zwischen die fünf Scheiteltäfelchen eingefügt erscheinen nun die eigentlichen 6 — 8 Afterklappen, die wiederum einen besondern Bau zeigen; sie sind eiförmig oder läng- lich, an der Spitze abgerundet und mit einer durchbohrten Stachelwarze versehen; einige (3—4) sind frei, andre zu zwei Paaren verbunden , bei denen wir mitten zwischen zwei 40 Mag. Fr. Schmidt, verbundenen Klappen noch einen spitzen Fortsatz bemerken, der über dieselben hervor- ragt. Es erscheint zweifelhaft, ob alle diese Klappen frei beweglich waren, da einige sich mit ihrer Basis genau zwischen die obern Ränder der oben erwähnten Scheiteltafeln einfügen. Fundort. Bisher in einem einzigen Exemplar in einem Ausschnitt der baltischen Bahn beim Dorf Nömmis, unweit der Eisenbahnstation Kappel (zwischen dieser und dem Sem-Bach) von Hrn. Stud. Baron Al. v. d. Fahlen gefunden. Der Fundort gehört der Jeweschen Schicht (lb) meiner Estländischen Schichteneintheilung an. Das Exemplar be- findet sich in der paläontologischen Sammlung des Estländischen Provinzial - Museums zu Reval. Bütlirioeidaris glübullis Eiflivv. Tab. IV, Fig. 2 a— e. 1860 B. globulus Eichvv. Loth. vuss. anc. per. p. (555, t. 32, f. 22u,b. Zwei Exemplare liegen vor: das Eine vollständigere 18""" hoch und 18,5mm breit; das Andre nur zum Thcil vom Gestein befreite (das Eichwald’sche Originalexemplar) 12,5""" breit. Bei letzterem sind Mund- und Scheitelgegend nicht blosgelegt. In der nach- folgenden Beschreibung wird durchgängig das erstgenannte vollständige Exemplar zu Grunde gelegt. Die Täfelchen schliessen fast an einander und sind kräftig, ungefähr llum dick. Ihre Form ist in der Mitte der Sehaale durchweg breit sechseckig; zwei längere parallele Seiten bilden die obere und untere Abgränzung, rechts und links gehen je zwei kürzere Seiten in einen stumpf vorspringenden Winkel aus.- Die Breite der mittlere Ambulacraltäf eichen beträgt durchschnittlich 4""", die Höhe 3""". Die Inter ambulacraltäf eichen sind etwas kleiner, in der Mitte 3mi" breit und 2""" hoch; ihre Zahl beträgt in jeder jReihe 10 — 11, sie sind zuweilen getheilt und etwas weniger regelmässig gebildet als bei der vorigen Art , daher sie auch nicht so regelmässig mit den Ambulacraltaf ein abwechseln. Die Zahl dieser letztem ist regelmässig 10 in jeder Reihe, von denen die letzten Täfelchen nach dem Munde und meist auch nach dem Scheitel zu , verkleinert und verkümmert erscheinen. Das letzte Täfelchen nach dein Mundrande ist nur noch 2""’’ breit und 1,5""" hoch, dabei stärker gewölbt, und der Ring mit der Grube für die Ambulacral- öffnungen ist ganz an den untern (Mund) Rand gerückt. Auf den übrigen Ambulacraltafeln nimmt der Ring die Mitte der gewölbten Tafel ein und hält etwa lmra im Durchmesser; auf ihm sitzt je rechts und links ein Paar durchbohrter Stachelwarzen, die ihrer Stellung nach gegen oben zusammenneigen , die untere Seite des Ringes aber frei lassen. Die vom Ringe umschlossene Grube hat einen flachen Boden, auf dem man hart am obern und untern Rande jederseits eine längliche Pore erkennt, die, wie ich mich durch Anschleifen überzeugt habe , die ganze Dicke der Tafel in schräger Richtung durchbohren. Die Feinheit und Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch- silurische Petrefacten. 41 Stellung der Poren machte , dass ich ihre Existenz nur schwer habe constatiren können; damit hat mir das stärker verwitterte Eichwald’sche Exemplar gute Dienste geleistet. Auf der Fläche der Täfelchen sind um den Ring herum noch eine Anzahl kleiner undeutlicher hirsekornförmiger Wärzchen zu erkennen , unter denen hin und wieder noch eine accessorische durchbohrte Stachelwarze erscheint. Die Tnterrädiolschilder zeigen 1 — 3 durchbohrte Stachelwarzen und zwar die breitem Schilder in der Mitte 2 — 3 neben einander, die schmälern oben und unten 1, die in gleicher Weise von kleinen hirsekorn- förmigen Wärzchen umgeben sind. Die äussersten unteren Inter ambulacraltaf ein sind immer regelmässig fünfseitig, mit der Spitze nach unten. Die äussersten oberen aber schieben sich unregelmässig zwischen die Scheiteltafeln hinein und sind nicht constant in ihrer Form. Von den Stacheln ist nur wenig erhalten. Man erkennt aber, dass sie denen der vorigen Art vollkommen gleichen, fein gestreift, ]/3 bis y2mm dick und 3 bis 4mmlang sind. Die von Eichwald, Letli. 1. c. p. 655, t. 32, f. 2, 3, als Stacheln zu dieser Art citirten Stücke von Pulkowa haben nichts damit zu tliun und sind eher als kleine Bryozoen anzusehen. Die Mundöffnung (F. 2 c) ist kreisförmig, etwa 3mm im Durchschnitt, wie bei voriger Art durch 10 kleinere Ambulacraltäfelchen gebildet, vor denen noch 5 stumpf dreieckige Mundplättchen sitzen , nur 2 von den letztem sind übrigens auf unsrem Stück vorhanden. Ein Kauapparat ist wahrscheinlich vorhanden gewesen, aber ausgefallen wie bei voriger Art. Die Scheitelgegend ist complicirter gebildet, weil die Interradien in kleinen unre- gelmässigen länglichen Täfelchen bis zur Afteröffnung fortsetzen und die fünf Scheiteltafeln, die auch hier je auf Einem Paar der letzten Ambulacraltafeln aufsitzen, den Kreis nicht schliessen. Die grösste dieser Scheiteltafeln, 3 mm breit und 2,5 mm hoch, erscheint deutlich als Madreporenplatte (Tab. IV, f. 2c), durch ein System von länglichen Furchen und Kippen, das von 5 durchbohrten Stachelwarzen umgeben wird. Die übrigen Scheitel- tafeln sind viel kleiner und zeigen kaum undeutliche Ansätze von Stachelwarzen. Um die Afteröffnung erkennt man etwa 6 — 7 Schliessklappen von ungleicher Grösse und Form, die mit ihrer Basis sich zwischen die übrigen Täfelchen einfügen. Jede von ihnen trägt an der gerundeten Spitze eine durchbohrte Stachelwarze , accessorische Stacheln wie bei der vorigen Art sind aber nicht wahrzunehmen. Es scheinen breitere und schmälere Täfelchen mit einander abzuwechseln , letztere sitzen (soweit man erkennen kann) auf der Spitze der Scheiteltafeln auf; die breiteren Analklappen erscheinen zwischen je zwei Scheiteltäfelchen eingefügt , sind aber an ihrem untern Rande zum Tlieil auch von den obersten Interradial- täfelchen begränzt. Eine dieser grossem Analklappen ist ausgefallen. Die bei der vorigen Art regelmässig beobachtete Anordnung der obersten Ambula- craltäfelchen, dass nämlich in jedem Radius das linke Täfelchen grösser als das rechte ist, findet hier nicht mit gleicher Regelmässigkeit statt , da bisweilen die rechten und linken Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, ѴИтѳ Série. 6 42 Mag. Fr. Schmidt, Täfelchen gleich gross erscheinen , dafür aber über dem rechten Täfelchen ein kleines, glattes Schalttäfelchen eingefügt ist. Fundort. Im Steinbruch von Hohenholm auf Dago (der Lyckholmer Schicht, 2 a, angehörig) zwei mal gefunden. 5. Ueber Tetradium Wrangeli nov. gen. et sp. Tab. IV, F. 3—8. Schon zu Anfang der 50-er Jahre hatte Baron W. v. Wrangell zu Ruil, damals Stu- dent der St. Petersburger Universität, das jetzt nach ihm genannte merkwürdige Fossil im Steinbruch zu Kurküll (im Kirchspiel St. Jacobi in Wierland) entdeckt und dem verstor- benen Professor Kutorga, übergeben, der es indessen nicht deuten konnte und einstweilen seiner Sammlung einverleibte , in der es noch gegenwärtig vorhanden sein muss. Bald darauf starb Prof. Kutorga, und das erwähnte Fossil gerieth in Vergessenheit. Als ich nach der Rückkehr von meiner Amurreise meine geologischen Studien in Estland von Neuem aufnahm, machte mich Baron Wrangell wiederholt auf seinen interressanten Fund auf- merksam und forderte mich zu weiterem Nachsuchen auf. Obgleich ich nun im Lauf der Zeit den Kurküll’schen Steinbruch (der der Lyckholmer Zone, 2 a meiner Karte angehört) wiederholt besucht habe, gelang es mir doch erst im Jahre 1872, als ich mit Dr. Lin- narsson Estland bereiste, einige isolirte Spitzen zu finden, die mir durch ihre eigentüm- liche concentrische Struktur auffielen, und Dr. Linnarsson selbst fand endlich ein ganzes 4-hörniges Exemplar (F. 3), das er mir so wie alle sonstigen von ihm auf unserer gemein- samen Reise entdeckten Novitäten freundlichst überliess. Im Sommer 1873 wandte ich nun in Begleitung von Baron Wrangell selbst und seinem ältsten Sohn, und stud. Baron A. Pallien, dessen wir schon oben bei Bothriocidaris gedacht haben, einen ganzen Tag auf den KurküH’schen Steinbruch, speciell in der Absicht, neues Material für die Beschreibung des rätselhaften Fossils zu finden. Wir waren auch so glücklich, drei ganze Exemplare und mehrere isolirte Hörner zu finden, so dass mir jetzt vier ziemlich vollständige Exem- plare vorliegen, auf die die nachfolgende Beschreibung gegründet ist. Später habe ich auch im Lyckholmschen Steinbruch noch ein hierher gehöriges Bruchstück gefunden. Das Tetradium Wrangeli ist ein solider Körper von glänzend brauner Farbe , der die Form einer abgestutzten regelmässig 4-seitigen Pyramide zeigt, von deren breiterem Ende als Fortsetzung der Pyramide , den vier Seiten derselben entsprechend , vier längere oder kürzere gerade Hörner oder Finger ausgehen , die an ihrer Aussenseite den Seitenflächen der Pyramide entsprechend flach, an der Innenseite dagegen abgerundet sind. In der Mitte jeder Seitenfläche erkennt man einen Kiel, der vom verjüngten Ende der Pyramide bis an die Spitze des zugehörigen Horns reicht und hier an der Spitze einen über die gerundete Innenseite des Horns am Rücken vorragenden gestreiften Flügel bildet (F. 6). Die Kanten der Pyramide sind stumpf und zeigen je nach dem Alter mehr oder weniger wellenförmige Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch-silurische Petrefacten. 43 (nach den 4 Hörnern zu offene) Falten , die auf den flachen Seiten in Streifen übergehen, die ihrerseits am Kiel in spitzen Winkeln zusammcnstossen. Je nach dem Alter auch, herr- schen die Hörner oder die Pyramide selbst ihrer Grösse nach vor. Bei jungen Exemplaren (F. 3) , mit wenig Falten an den Kanten , ist die Pyramide selbst kaum zu erkennen, und man sieht nur die am Grunde verwachsenen Hörner, die von einer 4-seitigen Basis ausgehen. Bei älteren Exemplaren (F. 4) dagegen ist die Pyramide selbst wohl ausgebildet, und die Länge der Hörner beträgt kaum den dritten Theil derselben. Das obere, verjüngte Ende der abgestutzten Pyramide (F. 3c) bildet ein Quadrat, das an den Seiten, die Kiele umgebend, vier kleine runde Ausschnitte zeigt und imUebrigen von einer glatten Oberfläche bedeckt ist. In der Mitte derselben nehmen wir eine gerun- dete Vertiefung wahr, nach den Ecken gehen 4 in Kreuz stehende flache Lappen aus, die nach den Kanten der Pyramiede etwas gesenkt sind , so dass die Mitte des Quadrats mit der Vertiefung den am meisten hervorragenden Theil bildet. Die runden Ausschnitte zeigen concentrische Schaalen, die sich seitlich um den Kiel herumlegen, so dass dieser nach aussen frei bleibt. Die Ränder der quadratischen Endfläche ragen als schmale Falte (ausser an den Aus- schnitten) über die Seiten und Kanten der Pyramide vor. Die Hörner sind unter einander nicht gleich lang und berühren sich entweder an ihrer Basis oder sie lassen mehr oder weniger grosse Zwischenräume zwischen sich (bei älteren Exemplaren), die in die oben erwähnten , nach dem schmalen Ende der Pyramide hinauf- gebogenen Falten übergehen. Die ganze Oberfläche an der Innenseite der Hörner und im Zwischenraum zwischen denselben ist glatt. An den zahlreichen abgebrochenen Hörnern lässt sich deren Struktur deutlich erken- nen. Sie bestehen aus zahlreichen concentrischen Schaalen , die sich seitlich um den Rückenkiel herumlegen (F. 4 b, c, 7), wie wir das schon oben bei der Gipfelfläche bemerkt haben , so dass die äussersten jüngsten Schalen die Oberfläche der Hörner bilden. Diese Struktur geht nun auch durch die ganze Pyramide hindurch, da wir bei jedem Horizontal- schnitt durch dieselbe (F. 4 c.) die nämlichen Gruppen von concentrischen Schichten und dazwischen eine kreuzförmige Platte (von der Form der Kreuze der Trefle im Kartenspiel) mit mehr oder weniger schmalen Armen finden, deren breitere Enden den abgerundeten Kanten der Pyramide entsprechen. Aus dem Gesagten können wir nun auch den Gang des Wachsthums des Tetradium Wrangeli erschlossen. Sehen wir von den ersten uns nicht zugänglichen Anfängen ab , so erkennen wir das spitzere Ende der Pyramide als den Anfang derselben, von dessen Seiten die vier Hörner (zuerst wohl nur locker verbunden) ausgingen. Bei fortschreitendem Wachs- thum legen sich nach innen um die Hörner neue Schichten, die nach oben (nach der Spitze der Pyramide) an den Pyramidenkanten in mehr oder weniger deutliche Falten ausgehen. Auf diese Weise wächst die Pyramide nach der breiten Seite mit zunehmendem Alter des Fossils. c* 44 Mag. Fr. Schmidt, Die Substanz der Schaale ist durchweg braun und sehr brüchig , in ihrer Farbe und Beschaffenheit an die aus phosphorsaurem Kalk bestehende Schaale der Oholen und Sipho- notreten erinnernd. Seinen Dimensionen nach zeigt das Tetradium Wrangeli grosse Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Exemplaren, wie wir das schon oben angedeutet haben. Das älteste grösste Exemplar zeigt bei einer grössten Höhe (am längsten Kiel gemessen) von 25mra eine Hörnerlänge von 6 — 9 mra, bei einer Diagonale des Schlussquadrats von 4ram und einem Spitzenabstand zweier gegenüberliegender Hörner von 13mm. Das junge Exemplar F. 3. hat einen längsten Kiel von 9,5 mm bei einer Hornlänge von 6 — 7mm und einer Diagonale der Endfläche von 6mm. Bei einem dritten Exemplar beträgt eine Hornlänge 9,5mm bei einem Kiel von 15mm und einer Enddiagonale von 5mm. Die vorstehende Beschreibung hat über die Form und den Bau unsres Fossils einige Aufklärung gegeben, aber die Bedeutung desselben vollkommen im Dunkel gelassen. Irgend eine selbständige Molluskenschaale kann es nicht vorstellen , da es keinerlei Höhlung für Weichtheile zeigt , sondern aus in einander geschachtelten Schaalen aufgebaut ist. Die solide Beschaffenheit des ganzen Körpers spricht auch gegen die Zugehörigkeit zu den Crustaceen, wobei ich bemerke, dass ich eine Zcitlang versucht war, den dreispitzigen (aber auch nicht soliden) Schwanzstachel von Ceratiocaris mit unsrem Tetradium zu vergleichen. Ebenso wenig können wir etwa an Kalkschwämme denken , wohin uns die unregelmässig gehörnte Form vielleicht leiten könnte, denn wiederum: die ganze Masse ist aus soliden Schichten aufgebaut, und es lassen sich keinerlei Poren, auch keinerlei Spiculae nachweisen. Bei Betrachtung der mit dem Tetradium Wrangeli zusammen vorkommenden Petre- fakten zeigt sich ein Ausweg , den wir, bis bessere Aufklärung geschafft ist , zu betreten wagen. Der Kurküll’sche Steinbruch ist wie kein anderer in Estland reich an Conularien , und auch im Lyckholmer Bruch sind diese nicht selten. Die Schaale der Conularien hat die gleiche braune Farbe wie Tetradium. Bei mikroskopischer Untersuchung finden wir beiderlei Schalen , deren einzelne Schichten beim Tetradium Y4mm Stärke erreichen, aus einer homogenen Grundmasse bestehend mit unregelmässigen Gruppen von feinen Röhrchen (S. F. 8, die einen Längsdurchschnitt durch ein Horn des Tetradium vorstellt), deren nähere Bedeutung und Anordnung mir noch unklar geblieben ist. Dabei wiederholt die Pyramide unsres Fossils in ihrer Form die Pyramidenform der Conularia , so dass wir nicht umhin können, an einen Zusammenhang zwischen Conularia und Tetradium zu denken. Die von vielen Autoren neben Conularia gestellten Hyolithus- Arten ( Puginuculus , Theca auct.) haben, wie Bar ran de nachgewiesen hat, und wie wir nach misera Materialien bestätigen können , einen Deckelapparat; bei Conularia ist ein solcher bisher nicht nach- gewiesen. Könnte das Tetradium nicht einem solchen angehören, der aber nothwendig, wie aus den Wachsthumsverhältnissen hervorgeht, zu einem grossen Theil von Weich- theilen umgeben sein musste? Das Ende der Pyramide stak dann wohl im Innern der Conularia und die Hörner wuchsen nach der Oeffnung zu. Obgleich die Ansicht, dass die ÜEBER EINIGE NEUE UND WENIG BEKANNTE BATjTISCH-SILURISCHE Petrbfaoten. 45 Spitzen der Oeffnung der Gonularia zugekelirt waren und die Pyramide sich aussen befand, auch Manches für sich hätte. Die Ungleichheiten der verschiedenen Exemplare würden bei einem innern Deckelapparat auch nicht zu schwer ins Gewicht fallen. Bei aller Wahr- scheinlichkeit, die mir gegenwärtig die vorgetragene Ansicht zu haben scheint, wage ich doch nicht, die kaum getaufte Gattung wieder einzuziehen und lasse sie einstweilen als be- sondere Form von noch unsicherer systematischer Stellung bestehen. Fundort. Nicht selten im KurküH’sclien Steinbruch in Wierland (2a), von wo wir schon vier ganze Exemplare kennen. Im Lyckholmer Bruch Ein Bruchstück (F. 7) ge- funden. 46 Mag. Fr. Schmidt, Erklärung1 der Tafeln. Tab. I. Hybocrinus dipentas Leucht, sp. F. 1 — 6. F. 1. Die Umgebung des Volborth’schen Organs bei 1 Saerocrimis Ungerm Volb. Dreimal ver- grössert. F. 2. Die untersten Glieder eines Arms von demselben Exemplar, vergrössert, um die Auskehluugen an den Gliedern zu zeigen. F. 3. Exemplar des Hybocrinus dipentas von Jaggowal. Nat. Grösse. F. 4. Exemplar derselben Art von Altenkof. Nat. Grösse. F. 5. Exemplar derselben Art mit vier Armen und zwei Azygostafeln, von Pawlowsk. Nat. Grösse. F. 5a. Diagramm. F. 6. Exemplar derselben Art von Pawlowsk mit Einer Azygostafel und fünf Armen. 6a, von oben. 6b. Diagramm. Gl yptocystites (Cheirocrinus) penniger Eicbw. sp. F. 7 — 12. F. 7a — e. Fünf Seitenansichten des Originalexemplars von G. penniger Eicbw., angefangen von der Rückenansickt 7a. Auf 7d die Bauchöffnung. Alles natürliche Grösse. F. 7f. Basalansicht desselben Exemplars. F. 7g. Scheitelansicht desselben Exemplars. F. 7h. Die in Fig. 7c dargestellten Pinnulae vergrössert. F. 8. Scheitelansicht eines Reval’schen Exemplars vergrössert. F. 9. Das nämliche Exemplar von der Rückenseite. Nat. Grösse. F. 10. Diagramm nach den Exemplaren von F. 7 und 9. F. 11. Theil eines Porenrhombus vergrössert, um den erhabenen Rand der Porenspalten zu zeigen. F. 12. Theil der Basis eines grossen Exemplars aus dem Geschiebe von Arbafer, um die Anordnung der Tuberkel zu zeigen. Nat. Grösse. Tab. II. Glyp tocystites penniger Eichw. F. 1 — 3. F. 1. Ein grosses Exemplar aus dem Arbafer’sclien Geschiebe von der Bauchseite. Nat. Grösse. F. 2. Exemplar aus dem Brandschiefer von Kuckers mit langem Stiel. F. 3. Porenrhombus von innen, nach abgesprengter äusserer Schaalenschicht, um das Zusammenlaufen der Porenspalten zu zeigen. Von dem Exemplar zu F. 1. Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch- silurische Petrefacten. 47 Glyptocystites Volbortlii n. sp. F. 4 — -8. F. 4. Ein Exemplar dieser Art aus Pavvlowsk von der Basis. F. 4a, dasselbe Exemplar von der Rücken- seite. F. 4b, dasselbe Exemplar mehr nach der Bauchseite zu. Alles nat. Grösse. F. 5. Ein anderes Exemplar derselben Art von Pawlowsk, genau von der Rückenseite. F. 6. Diagramm, nach den Exemplaren zu F. 4 und 5. F. 7. Abweichendes Exemplar von Pawlowsk mit andrer Anordnung der Porenrhomben und weniger nach oben vorspringender Spitze der Kelchtafel 10. Ebenfalls nat. Grösse. F. 8. Stiel derselben Art; die untere Seite der Zeichnung muss nach oben gekehrt gedacht werden. F. 8a. Ein einzelnes Stielglied von oben. Glyptocystites sculptus n. sp. F. 9, 10. F. 9. Zweimal vergrössertes Exemplar von Pawlowsk vom Rücken. F. 9a, von der Seite. F. 9b, vom Scheitel. F. 10. Andres Exemplar derselben Art von Pawlowsk, in natürlicher Grösse. Glyptocystites giganteus Leucht, sp. F. 11, 12. F. 11. Exemplar von Pawlowsk von der Rückenseite in natürl. Grösse. F. 11a, dasselbe Exemplar vom Scheitel, etwas vergrössert. F. 11b, ein Porenrhombus desselben Exemplars, vergrössert. F. 12. Exemplar derselben Art von Pawlowsk von der Basis; natürl. Grösse. Tab. III. Blastoidocrinus carchariaedens Bill. aff. F. 1. F. la, von oben, nat. Gr. F. lb, von der Seite, etwas vergrössert. F. lc. Ein Radius stärker vergrössert. Asteroblastus stellatus Eicliw. F. 2 — 5. F. 2a, das Originalexemplar von oben; 2b, von der Seite; 2c, von unten; 2d, eine Porenplatte der Ober- seite, die abgerieben ist nnd die Zusammensetzung аиз mehren horizontalen Primärplatten deut- lich sehen lässt. F. 3. Ein Radius oder Pseudoambulacrum vergrössert. F. 4. Eine grosse Porenplatte der Oberseite mit der zugehörigen gabligen Platte. F. 5. Einzelne Porentafeln aus dem Zwischenraum zwischen zwei Radien. F. 5a. Das nämliche Stück von der Seite, um die Aussenseite des Radius zu zeigen. Asteroblastus Volborthi n. sp. F. 6 — 8. F. 6. Seitenansicht eines Exemplars mit erhaltenen Gliederfäden. Etwas vergrössert. F. 7. Obere Ansicht eines andern Exemplars, zweimal vergrössert. F. 8. Ansicht eines Stielgliedes, vergrössert. Asteroblastus tuberculatus n. sp. F. 9, von oben. F. 9a. Eine einzelne Porenplatte vom untern Theil des Kelchs. Agelacrinus Pusyrewskii Hoffm. F. 10. F. 10a, von der Seite; 10b, von oben; 10c, Umgebung eines Radius oder niederliegenden Arms; lOd, Yerticaldurchschnitt eines Arms, dessen Glieder auf den Leibestäfelchen aufliegen, zwischen denen und dem Arm noch ein zweiter unterer geschlossener Canal entsteht. 48 Mag. Fe. Schmidt, Ueber einige neue u. wenig век. balt.-silür. Petrefacten. Tab. IV. Bothriocidari s Pahleni n. sp. F. 1. F. la. Von der Seite, zweimal vcrgrössert; lb, von oben, stärker vergrössert; die Tafeln 1, 2, 3, 4, 5 sind die Scheiteltafeln; lc, von unten, die Umgebung des Mundes, ebenfalls stärker vergrössert; ld, ein Paar der letzten Ambulacraltafeln vor dem Munde mit vorliegender dreieckiger Mund- tafel, noch stärker vergrössert; le, eine Ambulacral- und eine Interambulacraltafel nebeneinander, vergrössert, um die Stachelansätze und die Porengrube zu zeigen; lf, ein isolirter Stachel; lg, die wahrscheinliche Madreporenplatte, in Fig. lb mit 1 bezeichnet. Die Interradien bei dieser und der folgenden Figur durch ein * bezeichnet. Botliriocidaris globulus Eichw. Fig. 2. F. 2a, von der Seite, zweimal vergrössert; 2b von oben; 2c von unten; 2d einzelne Tafeln wie in Fig. le; 2e die Madreporentafel , mit 1 in Fig. 2b bezeichnet. Alle Figuren von 2b an, stärker ver- grössert. Tetradium Wrangeli n. sp. F. 3 — 8. Ein kleines wohl erhaltenes Exemplar, zweimal vergrössert; 3 a mit den Hörnern nach unten, 3b mit den Spitzen nach oben, 3c von dem quadratischen Endfelde aus gesehen. Das grösste Exemplar, mit langer Pyramide. 4a von der Seite; 4b, Durchschnitt am Grunde der Hörner; 4c, Durchschnitt in der Höhe der Pyramide, an der durch einen schwarzen Horizontal- strich bezeichneten Stelle. ein Exemplar mit sehr langen Hörnern; Б'. 6, ein Stück mit erhaltenem flügelartigen Kiel auf der Aussenseite der Hörner. Alle Exemplare zweimal vergrössert. Längsdurchschnitt eines wahrscheinlich hierher gehörigen Exemplars von Lyckholm (die andern Stücke sind sämmtlich aus Kurküll). Mikroskopische Darstellung eines Längsschnitts durch Eins der Hörner, parallel der Innen- und der flachen Rückenseite desselben. Man sieht in der Mitte den Bau Eines der concentrischen Blätter, die die Hörner zusammensetzen, und an den Rändern die Durchschnitte einiger anderer Blätter. F. 3. F. 4. F. 5, F. 7. F. 8. Druckfehler. S. 7, Zeile 5 von unten, lies unsrer statt dieser S. 8, — 2 -r — zwei — zwar. Lith. Anst. v.Jvanson S- Petersburg. Lith Anst v. Jvanso n Sf Petersburg. Li lk Aust. von Jvanson S* Petersburg Lifh.Anst. v. Jv^kisomS1 Petersburg. ».* U- Іл ►V te : MEMOIRES L’ACADEMIE IMPERIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, Vf SERIE Томе XXI, № 12 et dernier. DER Dr. Alexander Brandt. Conservator am Zoologischen Museum der Akademie der Wissenschaften und Privatdocent an der Universität zu St. Petersburg. Lu le 12 février et le 12 mars 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pétcrebonrgi à Rigas à Odessas MM. Eggers et Cie, H. Schmitzdorff, M. N. Kymmel; M. A. E. Kechribardshi J. Issakof et A. Tcherkessof ; — Prix: 40 Kop. = 13 Ngr. à Leipzig: M. Léopold Yoss, 0 ШШ'М , ■' Ш 4 MEMOIRES L’ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSB OU RG , Ѵ1Г SÉRIE. Томе XXI, №’ 12 et dernier. ÜBER DIE EIRÖHREN DER VON Dr. Alexander Hrmitlt. Conservator am Zoologischen Museum der Akademie der Wissenschaften und Privatdocent an der Universität zu St. Petersburg. (Mit 1 Tafel). Lu le 12 février et le 12 mars 1874. St.-PÉTERSBOUKG, 1874. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pélcrshonrg i à Kîga: à Odessa: à І.еіряіц: MM. Eggers et Cie, H. Schmitzdorff, M.N.Kymmel; M. A. E. Kechribardshi; M. Léopold Vo ss J. Issakof et A. Tcherkessof ; — Prix: 40 Kop. = 13 Ngr. Octobre 1874, Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. C. Yessélofski, Secrétaire perpétuel. Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences. (Vass.-Ostr., 9 ligne, № 12.) Ueber die Eiröhren und die Eibildung bei den Insecten ist bereits so Vieles publient worden, dass fernere Untersuchungen vielleicht Manchem überflüssig erscheinen könnten. Ein näheres Studium der einschlagenden Litteratur jedoch lässt auch hier den allgemeinen Satz sich bewahrheiten, dass ein definitiver Abschluss auf keinem Forschungsgebiete, mag es auch noch so begrenzt sein, bereits erreicht ist, und schwerlich je erreicht werden wird. Der Grund hiervon liegt wohl weniger darin, dass sich immer einiges Detail der Untersuchung entzieht, als vielmehr in dem Umstande, dass mit dem progressiven Gange der Wissenschaft überhaupt sich immer neue und wieder neue Gesichtspunkte eröffnen, von denen aus der betreffende specielle Gegenstand der Untersuchung noch nicht betrachtet worden ist. Ursprünglich bei Gelegenheit einer Vorlesungsdemonstration auf die Eiröhren von Periplaneta aufmerksam geworden, verlockten mich deren schöne, grosse und durchsichtige histologische Elemente zu einer genaueren Untersuchung. Ich verweilte bei letzterer um so lieber, als, meines Wissens, bisher noch nichts Genaueres über den Bau der Eiröhren unseres Insectes vorliegt. Die Angaben von L. Dufour1) sind kurz und ungenügend, die Figur ungenau; und wie mangelhaft die Angaben von Cornelius2) sind, ist schon daraus zu ersehen, dass jedes Ovarium, resp. Convolut von Eiröhren für ein «zartes ganz durch- sichtiges Säckchen» gehalten wird, in welchem die Eier in Schnüren an einander befestigt sein sollen. Ueber die, freilich, an Zahl, Form u. s. w. abweichenden, Eiröhren von Blatta germanica finden sich werthvolle Daten bei F. Moravitz3). Die auf den nachstehenden Blättern veröffentlichten Beobachtungen an Periplaneta konnten, leider, bisher nur an Blatta germanica und Pulex canis coutrollirt werden; doch hoffe ich später bei mehr Musse und zu einer günstigeren Jahreszeit eine grössere Beihe von Insecten in den Kreis der Untersuchung zu ziehen. Eine der fruchtbarsten Errungenschaften der neueren Histologie möchte sich in der Methode ausdrücken die thierischen Zellen und Gewebe in lebendem Zustande in durchaus 1) L. Dufour. Rech, anatom etphysiol. s. 1. Orthop- tères. Mém. (1. savants étrang. T. VII. 1834. p. 370. PI. 5, fig. 47. 2) C. Cornelius. Beitr. z. näheren Kennt, v. Peri- Mémoires de Г Acad. Imp. dea sciences, Vllme Se'rie. planeta (Blatta) orientalis L. Elberfeld 1853. 8. p. 22. 3) F. Moravitz. Quaedam ad anat. Blattae germa- nicae pertinentia. Dissert. Dorpati. 1853. 8. p. 37. 1 2 Dr. Alexander Brandt, • normalen oder doch indifferenten Medien zu untersuchen. Ich war bestrebt, den Anforde- rungen dieser Methode dadurch gerecht zu werden, dass icli die Eiröhren stets entweder in einem Tropfen Blut von Periplaneta oder in einem Tropfen frischen Iiühnereiweiss untersuchte. 1 . Kurze Vorbcmerkuugeu über die К i röhren. Unser Insect besitzt, wie bei weitem die meisten Insecten, zwei gesonderte Ovarien, von denen jedes seinen eigenen Eileiter (Fig. 1.) aufweist, welcher mit dem des anderen weiter abwärts zu einem gemeinsamen «Eiergang» (S te in) (od) verschmilzt. In das obere Stück des Eileiters, nach Stein den sogenannten «Eierkelch» (со), münden die einzelnen Ei- röhren ( t ) welche in ihrer normalen Lage durch Tracheen und Fettgewebe innig an einander gekittet sind, so dass sie ein conisches Bündel bilden, ungefähr wie die Finger unserer Hand, wenn sie um eine Axe, der Länge nach, an einander gelegt werden. Jedes Ovarium wird aus acht Röhren gebildet, welche sämmtlich an der inneren Seite des entsprechenden Eierkelches münden. Demnach Hesse sich das Ovarium von Blatta orientalis am ehesten in die Rubrik der Ovarien mit «seitlichem Eierkelch» bringen, obgleich der soeben genannte treffliche Monograph der weiblichen Geschlechtsorgane der Insecten nur solche Ovarien mit «seitlichem Eierkelch» kannte, bei welchen sämmtliche Eiröhren in einer Reihe liegen. Das Ovarium unserer Orthoptere verdient nämlich gleichzeitig ein «doppeltreihiges» ge- nannt zu werden, weil seine 8 Röhren je 4 und 4 in einer oberen (dorsalen) und unteren (ventralen) Reihe angeordnet sind. Die Eiröhren Hegen gleichzeitig paarweise, indem eine dorsale und eine ventrale einander decken und auf einer Höhe, dicht bei einander in den Eierkelch münden. Das am meisten nach vorn und aussen gelegene Paar bildet gleichsam die Fortzetzung des Eierkelches, während die übrigen eines hinter dem anderen inseriren. Alle sind ziemlich von gleicher Länge und messen beim erwachsenen Weibchen reichlich 10 mm. An der Basis sind sie am breitesten und besitzen hier, entsprechend den Dimen- sionen des ältesten Eies, einen Durchmessen von circa 1 mm.; doch können sie unterhalb des erwähnten Eies auch eingeschnürt sein, gegen die Spitze hin verjüngen sie sich ganz allmählich. Die äusserste Spitze, welche meist kaum merklich, bisweilen jedoch deutlich, keulenförmig aufgetrieben ist, setzt sich in einen feinen Faden v f , den sogenannten Ver- bindungs- oder Endfaden, fort. Wir wollen die Fäden, welche die unmittelbare Fortsetzung der einzelnen Eiröhren bilden, secundäre Verbindungsfäden benennen, weil sie sämmtlich blos kleine Seitenäste eines langen, allgemeinen oder primären Verbindungsfadens (v f) sind. Dieser beginnt von einem der beiden untersten (hintersten) Eiröhren, nimmt an seinem Aussenrande einzeln, successive die secundären Verbindungsfäden aller übrigen Eiröhren auf und setzt sich alsdann noch weiter als einfacher Stamm fort. Die Dicke der Verbin- duugsfäden beträgt nur wenige Hundertstel Millimeter (ohne den sogenannten Peritoneal- überzug etwa 0,02 mm.). An den Knotenpunkten, wo die secundären mit dem primären Verbindungsfaden Zusammentreffen, ist eine kleine Verdickung (bis 0,03 mm.) bemerkbar. Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. 3 Der primäre V erbindungsfaden wurde oberhalb der Anastomose des vordersten secundären Verbindungsfadens auf eine Entfernung von 2 mm. verfolgt. Sein abgerissenes, der «Peri- tonealhülle» beraubtes Ende war 0,04 mm. breit. Nach der Analogie zu scliliessen, wendet er sich wohl dem Rückengefässe zu, um an demselben zu endigen. Durch die elasti- schen Verbindungsfäden werden die Eiröhren noch inniger als es durch den Fettkörper und die Tracheen allein bewerkstelligt werden könnte zu dem erwähnten conischen Bündel verbunden, und in einer schräg nach vorn, oben und innen gebogenen Stellung fixirt. Bei Blatta germanica zeigen die Verbindungsfäden im Detail ihrer Anordnung von den eben beschriebenen abweichende Verhältnisse (Cf. Moravitz 1. c. p. 38); wie sie denn auch be- kanntlich überhaupt in der Classe der Insecten bei verschiedenen Repraesentanten sehr mannigfache Abweichungen ausweisen. (Die ersten ausführlichen Angaben über diese Fäden verdanken wir dem unvergesslichen, so vielseitigen J. Müller1 *), die wesentlichsten neueren Berichtigungen über denselben Gegenstand Leydig) 3). Auch über den feineren Bau der Eiröhren will ich hier zur vorläufigen Orientirung ein Paar Worte vorausschicken. Die Eiröhren von Periplaneta besitzen wie die der meisten (ob aller?) Insecten zunächst einen äusseren Ueberzug, welcher gewöhnlich als Peritoneal- hülle bezeichnet wird (Fig. 2, 3. p.). Auch auf die Verbindungsfäden setzt sich diese Hülle fort (Fig. 2). Auf diese äussere Hülle folgt die innere, ein elastisches , glashelles Häutchen — die Tunica propria der Autoren (Fig. 2 — 6 tp.). Auch sie geht auf den Verbindungs- faden über. Der Inhalt der Eiröhren lässt bei unseren Insecten folgende histologische Elemente unterscheiden: Epithelzellen (ep), Eizellen resp. Eier (e) und einzelne Wan- derzellen (/). 2. Aeussere Hülle der Eiröhren. Diese Membran umgiebt als lose Scheide die Eiröhren, ohne mit der Tunica propria, deren Einbuchtungen sie überbrückt, verwachsen zu sein. Beim Praepariren der Eiröhren # und Endfäden, sei es mit Nadeln oder Pinsel, geht sie daher leicht spurlos verloren. Es ist mithin ganz verständlich, dass einige, selbst neuere, Forscher diese Hülle bei gewissen Arten übersehen konnten. (Manche Forscher mögen übrigens, beiläufig gesagt, die äussere Hülle wohl bemerkt und sie nur, als blossen Theil des Fettkörpers, mit Schweigen über- gangen haben). Die mir bekannten Angaben über die in Rede stehende Hülle bei den verschiedensten Insecten stimmen insofern miteinander überein, als dieselbe nach allen Forschern zum Bindegewebe zu rechnen ist. So bezeichnet z. B. Moravitz, welcher, wie das oben gege- bene Citât besagt, ein unserer grossen Schabe sehr nahe stehendes Thier untersuchte, die 1) J. Müller. Ueber die Entwicklung der Eier im 1 2) Fr. Leydig. Der Eierstock und die Samentasche Eierstock bei den Gespenstheuschrecken. N. Acta Ac. der Insecten. N. Acta Ас. L. С. ХХХІІГ. 1867. L. С. XII. 1825. p. 555. | 1* 4 Dr. Alexander Brandt, äussere Hülle als dickeres, bindegewebiges Stratum, in welchem hier und da Nuclei mit Nucleolis zerstreut sind (p. 39). Weismann b schildert die Hülle als dünne, mit Kernen in weiten Abständen besetzte Membran, Ursprünglich, während der Entwicklung in der Puppe, bestehe sie anfangs aus einer mehrfachen Zellenlage, die aber bei zunehmendem Wachsthum und Dehnung in die Länge eine einfache wird, um schliesslich ihre zeitige Structur ganz zu verlieren. Nach Leydig (p. 51) wäre die Grundmasse der «Peritoneal- hülle» der Ovarialröhren verschiedenartiger Insecten eine feinkörnige Substanz, in welcher Zellenkerne liegen. Er meint, man könne auch sagen, diese Hülle sei dadurch zu Stande gekommen, dass junge, noch hüllenlose Zellen zu einer einzigen Lage zusammengeschmolzen seien. Nach aussen wäre übrigens durchweg ein homogener Saum der Grenzhaut vorhanden, der nach Art einer Cuticula entstanden ist. Leydig rechnet die äussere Hülle zum zeilig- blasigen Bindegewebe, und erklärt ferner, dass diese sowohl, als auch ähnliche Hüllen, welche sämmtliche Eingeweide überziehen, im Zusammenhang mit dem Fettkörper stehen, ja mit ihm identisch sind. Nach Landois1 2) ist die Peritonealhülle «gleichartig, feinkörnig und mit einer reichen Anzahl zellenähnlicher, 0,012 mm. breiter, runder Kerne besetzt. Man erkennt dieselben vornehmlich gut durch Carmin- und Anilintinctionen, durch welche bekanntlich alle kernartigen Gebilde deutlich hervortreten. Die Kerne sind im Inneren granulirt und ohne Kernkörperchen. Man kann mit Beeilt behaupten, die Peritonealhülle sei eine aus verschmolzenen Zellen gebildete Haut, in welcher die Kerne deutlich sich erhalten». Meine eigenen Untersuchungen an Periplaneta belehrten mich zunächst über ein Verhältniss, welches bisher, wie es scheint, noch nicht notirt worden ist. Die Peritonealhülle ist nämlich keine continuirliche, sondern eine allerwärts durchbrochene oder gefensterte Membran (Fig. 9). Ihre Lücken sind von unregelmässiger Gestalt und sehr variabler Grösse. (Das Netz- oder Balkenwerk selbst ist höckerig-wellig, an den verschiedenen Stellen von ungleicher Dicke (vergl. auch Fig. 2, 3), und hängt an vielen Stellen durch dünnere oder dickere, kürzere oder längere Balken continuirlich mit den Peritonealhüllen der be- nachbarten Eiröhren und dem Fettkörper zusammen. Entsprechend diesem innigen Zusam- menhänge mit dem Fettkörper, schliesst sich die Peritonealhülle auch in ihrer Structur der des Fettkörpers innig an. Sie besteht aus distincten rundlichen Zellen, zwischen denen ge- rade nur so viel Zwischensubstanz ist, dass sie durch gegenseitigen Druck nicht abgeplattet werden. Diese Zellen erreichen einen Durchmesser bis gegen 0,009 mm., sind sehr blass, äus- serst fein granulirt, ihr Kern ist an in Eiweiss oder Insectenblut gebetteten Praeparaten schwer wahrnehmbar, was wohl dadurch bedingt wird, dass er eine meist unregelmässige Gestalt besitzt und von feinen Fetttröpfchen verdeckt wird. Bei vorsichtiger Behandlung gelingt 1) Weis manu. Die nachembryonale Entwicklung 2) L. Landois. Anatomie der Bettwanze (Cimex lec- der Musciden Z. f. w. Zool. XIV. 1864. p. 293. Taf. tnlarius) Z. f. w. Zool. XIX. 1869. p. 216. XXVII. Fig. 69 und 71. Uebee die Eieöheen dee Blatta (Peeiplaneta) 0EIENTAL1S. 5 es die Kerne durch Anilintinction hervortreten zu lassen. Dem eben Mittgetheilten zufolge sehe ich mich veranlasst, mich Leydig in sofern anzuschliessen, als er die Peritonealhülle zum blasigen Bindegewebe rechnet und für identisch mit dem Fettkörper erklärt. Von letzterem unterscheidet sie sich nur dadurch, dass seine Elemente meist nur die ersten Spuren von Verfettung zeigen und weit vorgeschrittene Verfettung nur insularisch auftritt, ein nur unwesentlicher Unterschied, da die einzelnen Läppchen des Fettkörpers ja auch in ihrer Fettmetamorphose ungleich vorgeschritten sind. Nach aussen überspannen Tracheen die äussere Hülle der Eiröliren. Eine diese Hülle von innen auskleidende Muskelschicht konnte ich, trotz aller Mühe, bisher nicht entdecken. Eine solche Schicht wurde, bekanntlich von einer ganzen Reihe von Forschern, an den Insectenovarien beobachtet. L. Landois1) hat sogar direct längere Zeit peristaltische Contraction an den Eiröhren von Pulex beobachtet, doch ist seine Beschreibung und Abbil- dung der Muskulatur eine nicht ganz präcise, auch gesteht der Verfasser ein, dass die Muskelfasern schwer zur Anschauung zu bringen sind. Von Leydig wird ein quergestreiftes Muskelnetz als allgemein bezeichnet. Seine Necrophorus vespillo entnommene Abbildung (Fig. 6) zeigt eine sehr markirte Muskulatur, deren Fasern zu regelmässigen Quer- und Längszügen angeordnet sind. Ganz aussergewöhnlich scheint die Muskulatur bei Melophagus entwickelt zu sein2). Doch dürfte sie hier bloss einen gemeinschaftlichen, alle Eiröhren eines Ovariums gleichzeitig einkapseldnen Ueberzug bilden und nicht die einzelnen Eiröhren umspinnen. Uebrigens fehlt es auch in der Specialliteratur nicht an Angaben, welche für gewisse Insecten das Vorhandensein einer Muskelschicht an den Ovarien entschieden ab- sprechen. Ich beziehe mich hierbei hauptsächlich auf Stein3). Nach der Vorstellung dieses Forschers, kann ihr Vorhandensein durchaus nicht auf einer physiologischen Nothwendig- keit beruhen. Das Nachabwärtsrücken und Austreiben der Eier kann auch ohne Muskulatur zustande kommen: die Eier, je mehr sie wachsen, müssen eo ipso nach abwärts rücken, indem ihrem Wachsthume nach vorn durch die geschlossene Eiröhre eine Schranke gesetzt ist (p. 65). Ich halte mich für berechtigt, diese Auffassung zu theilen, möchte sie jedoch noch dahin ergänzen , dass bei den Insecten ohne Muskulatur an den Eiröhren , wie bei Periplaneta, beim Abwärtsrücken der Eier auch die Schwerkraft etwas in Betracht kommen könnte, indem ja die Eiröhren nicht horizontal, sondern schräg abwärts gerichtet sind. Ferner mag auch die allmähliche Erweiterung der Eiröhren gegen ihre Mündung hin das mit dem Wachsthum Hand in Hand gehende TIerabgleiten der Eier begünstigen. 1) L. Landois. Anatomie des Hundeflokes. N. Acta L. С. XXXIII. 1867. p. 35. 2) В.. Leuckart. Die Fortpflanzung und Entwicklung der Pupiparen. Nack Beob. an Melophagus ovinus. Halle. 1858. 4. p. 8, 13. 3) F. Stein. Vergleichende Anatomie und Physiologie der Insecten. (Die weiblichen Geschlechtsorgane der Käfer. Berlin. 1847. 4. p. 37). 6 Dr. Alexander Brandt, 3. Innere Hülle der Eiröliren. Dies ist ganz unzweifelhaft eine glashelle, vollkommen structurlose Membran, von annähernd nur 0,0016 mm. Dicke. Dieselbe entsteht, wie Weismann (1. c. p. 293) darge- than, als Cuticularbildung. Die hier und da in der Literatur vorhandenen Angaben, diese Hülle enthalte an vereinzelten Stellen Kerne eingelagert, — was sie zu Bindegewebe stem- peln würde, — beruhen entschieden auf einem Irrthume. So die Angabe von L. Landois (1. c. p. 35, Taf. IV. Fig. 2) für den Hundefloh. Uebrigens finden ähnliche Irrthümer ihre ganz einfache Erklärung darin, dass der Tunica propria nicht selten einzelne Wanderzellen von innen sowohl, als auch von aussen adhaeriren, welche leicht für Kerne oder Bindege- webselemente genommen werden können. Dass diese Elemente nicht zwischen den beiden Conturen der Tunica propria eingeschlossen sind, lässt sich beim genaueren Zusehen ganz leicht schon an frischen, in indifferenten Flüssigkeiten untersuchten Eiröhren constatiren. Bei Anwendung gewisser Reactive, z. B. Essigsäure, gelingt es leicht, den Inhalt der Ei- röhren zur Schrumpfung zu bringen, wodurch sich die Tunica propria von demselben aller- wärts abhebt und nunmehr über allen Zweifel deutlich ihre vollkommene Structurlosigkeit an den Tag legt. Tritt auch die Tunica propria ursprünglich als Cuticularausscheidung embryonaler Zellen auf, so dürfte sie später die Fähigkeit der Ernährung und des Wachsthums in sich selbst tragen, da sie von aussen nur ganz lose und mit Unterbrechungen von der äusseren bindegewebigen Hülle überzogen, und von innen lange nicht continuirlich von Epithelzellen austapezirt wird. Diese letzteren haften fast ausschliesslich an den Eizellen und werden durch diese blos an die Tunica propria herangedrängt; an den Stellen, wo keine Eizellen liegen , oder wo sie nicht dicht zusammengedrängt sind , fehlt auch der Tunica propria das anliegende Epithel. Wir finden also diese Hülle unter etwas anderen Bedingungen , als wir gewöhnlich in Drüsen und anderen Organen eine Tunica propria anzutreffen pflegen. Es dürften hier ähnliche Verhältnisse der Ernährung und des Wachsthumes obwalten, wie sie von mir für die in einander geschachtelten structurlosen Capsein der schwimmenden Ova- rien des Sipunculus nudus dargestellt wurden 1). Heut zu Tage dürfen wir wohl annehmen, dass nicht die Zelle das ausschliessliche Privilegium der Ernährung und des Wachsthumes hat, sondern dass diese Functionen auch gewissen nicht organisirten Substanzen (resp. gewissen Substanzgemengen) eigenthümlich sind. Auch eine structurlose Membran kann wohl selbstständig wachsen. Das rosenkranzartige Aussehen der Tunica propria wird von Manchen gleichsam als durch active Einschnürungen dieser Hülle bedingt angesehen. Mir deucht jedoch nicht 1) A. Brandt. Anatomiscli-liistol. Unters, über den Sipunculus nudus. St. Petersburg 1870. 4. p 38. (Mémoires de PAcad. de St.-Pétersbourg. XVI. № 8) t Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) Orientalin. 7 anderes, als dass diese Einschnürungen, resp. die zwischen ihnen liegenden Erweiterungen, nur passive Erscheinungen sind, welche eiuestheils durch das Wachsthum der einzelnen Eier, anderentheils durch die Dehnbarkeit und Elasticität der Tunica propria bedingt sind. Dies ist schon daraus ersichtlich, dass diese Erweiterungen und Einschnürungen verstreichen, wenn man durch vorsichtigen Druck mit einem Deckgläschen den Inhalt der Eiröhren aus- fliessen lässt. 4. Vcrbindungs- oder Endlinien der Eiröliren. Ueber diese Gebilde sind vier verschiedene Meinungen geäussert worden : 1 ) es seien Blutgefässe, 2) es seien Bindegewebstränge, 3) es seien Fortsätze der Tunica propria, und 4) es seien embryonal gebliebene Theile der Eiröliren. Die erste dieser Ansichten stammt von J. Müller, welcher in den zwanziger Jahren einen directen Zusammenhang der End- fäden mit dem Herzen vermuthete. Bereits in den dreissiger Jahren äusserte sich Bud. Wagner1) gegen diese angebliche Communication der Verbindungsfäden mit dem Bücken- gefäss. Hält Wagner diese Fäden nicht für Blutgefässe, so beschreibt er sie dennoch als hohle Böhren, da unter dem Compressorium sich ihr Inhalt hin und hpr schieben lässt (p. 559). Erst seit den eingehenden Untersuchungen Leydig’s ist die Ansicht über einen directen Zusammenhang der Endfäden mit dem Herzen als vollkommen abgethan zu be- trachten. Es hängen nur die äusseren Hüllen dieser Gebilde continuirlich zusammen. Die Ansicht von der bindegewebigen Natur der Verbindungsfäden fand mehrere Vertreter, so für Blatta germanica in Moravitz (p. 38), ferner für Vanessa urticae, in Waldeyer 2). Die dritte Ansicht wurde von Kramer3) aufgestellt, welcher nach Untersuchungen an Philop- terus erklärt, der Verbindungsfaden sei nichts anderes, als eine Fortsetzung der homogenen Haut der Tunica propria und ohne Höhlung. Was schliesslich die vierte anbetrifft, nach welcher die Endfäden directe Fortsetzungen der Eiröhren , resp. embryonal gebliebene Theile derselben sein sollen, so stammt sie von Leydig. Sie stellen nach ihm Böhren dar, welche aus denselben beiden Schichten, wie die Eiröhren gebildet werden. Ihr Lumen soll angefüllt sein, erstens von kleinen Nuclei, welche der Tunica propria anliegen, und zweitens von grösseren, polygonalen Zellen, welche von ihm für die Homologa der Keimzellen ge- halten werden (1. c. p. 54. Fig. 25 etc.). «Die Capillarröiire des Verbindungsfadens ist nur eine jüngere, oder, wenn man will, embryonal bleibende Partie des Eierstockes selber.» (Nur der äusserste Gipfel des End- oder Verbindungsfadens besteht blos aus der Perito- nealhülle und dient zur Befestigung ans Herz.) «Das innere Bohr, die Fortsetzung der Eierstocksröhre, hört blind geschlossen auf und zwar so , dass durch Zusammentreten meh- rerer Böhren schlingenförmige Endigungen entstehen» (p. 47). 1) R. Wagner. Beiträge zur Gesch. der Zeugung und Entwickelung. Abhandl. d. Münch. Akad. Bd. II. 1837. p. 555. 2) W. Waldeyer. Eierstock und Ei. Leipzig. 8. 1870. p. 90 und in S Stricker’s Handln der Lehre v. d. Ge- weben p. 562. 3) P. Kramer. Beiträge zur Anatomie und Physiol. d. Gattung Philopterus. Z. f. w. Z. XIX. 1869. p. 459. 8 De. Alexander Brandt, Die Structur der Endfäden bei Periplaneta anlangend, lässt sich zunächst ohne weitere Mühe constatiren, dass an ihnen dieselben beiden Hüllen wie an den Eiröhren selbst, näm- lich eine «Peritonealhülle» und eine Tunica propria, vorhanden sind. Letztere ist häufig auffallend stärker als an der entsprechenden Eiröhre. Der directe Zusammenhang der Peritonealhülle mit der der Eiröhre ist evident, da sie sich continuirlich abstreifen lässt. Ob auch die Tunica propria und das Lumen beider Gebilde in directem Zusammenhänge stehen lässt sich nicht ohne weiteres an jeder beliebigen Eiröhre nachweisen. Es sind nämlich diejenigen Eiröhren der Untersuchung ungünstig, bei denen die äusserste Spitze beträchtlich kolbenförmig aufgetrieben ist (Fig. 2), da, wie selbstverständlich, der optische Durchschnitt des Präparates an der Insertionsstelle des Endfadens kein klarer sein kann. Günstig hingegen sind diejenigen Eiröhren, deren äusserste Spitze nur wenig von ihrem Inhalte ausgedehnt ist und sich allmählich verjüngt (Fig. 4). An solchen Röhren gewahrt man deutlich, dass ein continuirlicher Zusammenhang von Tunica propria und Lumen zwi- schen Endfaden und Eiröhre existirt. Uebrigens gelingt es auch durch den Druck auf das Deck- gläschen den Inhalt des Endfadens herauszupressen und in die Eiröhre abfliessen zu lassen. Dieser Inhalt, besteht aus einem fein granulirten Protoplasma von sehr dünner Consistenz, in welchem Kerne eingesprengt sind. Letztere sind mit Kernkörperchen versehen, die aller- dings nicht immer deutlich sind, und betragen circa 0,006 mm. im Durchmesser, variiren jedoch im Speciellen in ihrer Grösse bedeutend. Sie sind von runder oder länglich-rund- licher Gestalt. An der Peripherie, also unmittelbar unter der Tunica propria, tritt häufig insofern eine Differenzirung des Inhaltes der Endfäden ein, als um die Kerne sich ein von der übrigen Grundsubstanz abgetrennter Hof von Protoplasma ansammelt. Die soeben ge- schilderten Charaktere zeigen die Endfäden in ihrer ganzen Continuität, die Knotenpunkte (Fig. 4) mit einbegriffen. Die räumlichen nahen Beziehungen der Endfäden der Insecten zum Rückengefäss sowohl, als auch ihr soeben für eine Orthoptere geschilderter halbflüssiger, von den Blutkör- perchen nicht unähnlichen Kernen durchsetzter Inhalt, lassen es erklärlich erscheinen, wie J. Müller dazu kommen konnte, seinen zunächst an Phasma anknüpfenden Untersuchungen zufolge, die Endfäden für Blutgefässe anzusehen. Auf ähnliche Weise lässt sich auch, wenigstens vermuthungsweise, demonstriren wie man dazu kommen konnte, die Endfäden für Bindegewebsstränge zu erklären. Die Tunica propria derselben zeigt, namentlich an Präparaten, welche in nicht indifferenten Medien untersucht werden, oberflächliche Runze- lungen oder Längsfalten, die leicht für Bindegewebsfasern genommen werden können. Hierzu kommt noch , dass in nicht indifferenten Medien die Kerne der Endfäden zu höcke- rigen, granulirten Klümpchen gerinnen und gelegentlich auch wohl in der Grundsubstanz sich Geriusel bilden: kurzum, der Endfaden nimmt hierbei höchst täuschend den Habitus von Bindegewebe mit seinen zelligen und faserigen Elementen an. Ich muss gestehen, dass ich selbst anfangs, durch ähnliche Bilder bestochen, mich der Annahme zugeneigt habe, es bestände der Endfaden aus Bindegewebe und sei einfaches Ligament. Es soll hiermit durch- ) Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. 9 aus nicht in Abrede gestellt werden, dass bei gewissen Insecten sich, statt der beschrie- benen Endfaden, an die Spitze der Eiröhren Bindegewebsstränge anheften; doch wäre es in diesen Fällen noch fraglich, ob auch diese Gebilde den wahren Endfäden homolog erachtet werden können, und ob sie nicht vielmehr demjenigen Bindegewebe an die Seite zu stellen wären, welches die wahren Endfäden am Herzen, resp. der Körperwandimg fixirt? — Die Endfäden bei Philopterus könnten, vorausgesetzt, dass Kramer’s Beschreibung richtig ist, gleichsam als rudimentäre wahre Endfäden aufgefasst werden. Weichen meine Befunde an den Endfäden von Periplaneta auch in einigen Details von den Befunden ab, welche Leydig an zahlreichen Insecten aus anderen Ordnungen machte, so schliesse ich mich immerhin zunächst bestätigend diesem tüchtigen Forscher an. Was die muthmassliche Function der Endfäden als Lieferanten der jüngsten Eian- lagen anbetrifft, so werden wir auf dieselbe noch weiter unten zurückkommen. Hier sei nur noch hervorgehoben , dass die Function der Endfäden als Ligamente , welche die Ovarien fixiren, eine Function, die ihnen ohne allen Zweifel zukommt, gleichfalls nicht zu unter- schätzen ist. 5. Epithel der Eiröhren. Wesentliche Widersprüche und Unklarheiten betreffen nur die morphologische und physiologische Bedeutung des Epithels, worüber weiter unten an seinem Orte berichtet werden soll. Was jedoch die Beschaffenheit der epithelialen Elemente anbetrifft, so wird darüber einstimmig angegeben, es seien granulirte, kernhaltige Zellen, wozu von manchen Forschern für gewisse Insecten noch hinzugefügt wird, dass in der Spitze der Eiröhren die epitheliale Auskleidung fehle, statt dessen nur einzelne Epithelzellen zwischen den Keim- zellen zerstreut liegen, und diese Zellen sich erst weiter abwärts zu einem Epithel zu- sammenfügen. Die meist kolbenförmig aufgetriebene, sonst verjüngte Spitze der Eiröhren ist unter- halb der Tunica propria von einer feinkörnigen und mit spärlichen kleinen Fett- tröpehen durchsetzten, durchsichtigen Protoplasmaschicht austapezirt. Diese Schicht schickt, wie ein genaueres Zusehen lehrt, Fortsetzungen in das Innere, welche sämmtliche junge und jüngere Eikeime umspinnen, oder, mit anderen Worten, die Spitze der Eiröhre ist von einer protoplasmatischen Substanz angefüllt , in welche die Eizellen eingesprengt sind. Ausser diesen Eielementen findet man in dem Protoplasma noch sehr blasse Kerne von rundlicher oder ovaler Form eingebettet, welche einen Durchmesser von 0,009 und bei länglicher Form, bis 0,015 mm. erreichen. Ein Yerglcicii der verschiedenen Abschnitte der Eiröhre lehrt, dass diese Kerne den Kernen der Epithelialzellen ent- sprechen. Wir können mithin sagen, dass in dem obersten Abschnitte der Eiröhre die Leiber der Epithelialzellen noch nicht differenzirt, sondern zu einer protoplasmatischen Grundsubstanz verschmolzen sind. Die Anhäufung der Epithelkerne ist an den verschiede- nen Stellen eine verschiedene; im Allgemeinen nimmt ihre Quantität auf die ent- Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, Vllme Serie. 2 10 De. Alexander Brandt, sprechende Quantität Zwischensubstanz je weiter abwärts desto mehr zu, so dass die Kerne sich immer mehr zusammendrängen, durch spärlicheres Protoplasma getrennt werden. Dieses lässt auf eine Vermehrung durch Theilung schlicssen. Die ungleiche Ver- keilung der epithelialen Kerne spricht sich nicht selten noch im Umfang der bereits in eine Keilie angeordneten Eier aus, wie dies das auf Fig. 5 abgebildete, mit Essigsäure be- handelte Praeparat am optischen Längsdurchschnitt demonstrirt. Weiter abwärts, an den in ihrem Wachsthum weiter vorgeschrittenen Eiern tritt allmählich eine Individualisirung der Epithelzellen ein, indem um jeden der Kerne sich ein Hof von Protoplasma ballt, (was möglichenfalls damit zusammenhängt, dass das Protoplasma mit zunehmendem Alter starrer, unbeweglicher, weil, durch einen der Gerinnung zu vergleichenden Act, consistenter wird?). Die so entstandenen Epithelzellen erhalten durch gegenseitigen Druck eine anfangs unregel- mässige, weiter unten jedoch regelmässige vieleckig-prismatische Form. Je älter die Eier sind, desto mehr sehen wir die Epithelialzellen sich in die Länge ziehen. Während an den jüngeren Eiern diese Zellen mehr breit als hoch sind, erscheinen sie an den in ihrer Bil- dung sehr vorgerückten als Prismen, welche wohl viermal so hoch, als breit sind. Aus dem soeben Mitgetheilten ersehen wir als wesentlicheres Moment, dass der Epi- thelialüberzug von jedem sich in Reilr und Glied aufpllanzcnden Eie bereits aus der End kammer, der Spitze der Eiröhre, ursprünglich in Form einer protoplasmatischen Grund- substanz mit eingesprengten Kernen, mitgebracht wird. Dieser Epithelialüberzug, in welchem später die Differenzirung der einzelnen Epithelialelemente auftritt, rückt mit samnit dem Ei immer mehr die Eiröhre hinab. Er haftet mithin nicht an der Tunica propria, deren epitheliale Auskleidung bildend, sondern an den Eiern, wie dies zum Ueber- fluss noch an Praeparaten dargestellt werden kann, wenn man dieselben mit Essigsäure be- handelt. Man vergleiche die Fig. 6, an welcher bei Gerinnung des Inhaltes der Eiröhre, der Epithelüberzug nicht an der Tunica propria, sondern an den Eiern haften geblieben ist. Von einer Eintheilung der Eiröhren in Kammern oder Follikel kann also, streng ge- nommen, wohl nicht die Rede sein, wie sehr die das vordere und hintere Ende der Eier überziehenden Abschnitte der Epithelialüberzüge auch Scheidewände Vortäuschen mögen. 6. Eizellen. Diese Elemente, resp, die aus ihnen entstehenden Eier, füllen, man möchte sagen, die ganze Eiröhre aus, denn das freie Epithelkernc enthaltende Protoplasma, sowie die fer- tigen Epithclschichtcn zwischen und im Umkreis der Eizellen und Eier treten an Quantität ganz hinter dieselben zurück. So wird die Spitze der Eiröhren von enormen Eizellen ange- füllt, deren Zahl und Dimensionen den Grad der Ausdehnung der Tunica propria und mit- hin auch die Form der Spitze bedingen während das Protoplasma zwischen ihnen nur sehr spärlich ist. Die Dimensionen dieser Zellen schwanken im Einzelnen beträchtlich, doch kann es dem Beschauer nicht entgehen, dass die kleineren näher dem Zipfel, die Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. 11 grössern hingegen näher dem Ausgange Hegen. Ursprünglich rund, sind diese jungen Ei- zellen durch gegenseitigen Druck mannigfach abgeplattet, erscheinen bald abgerundet cu- bisch, bald vielkantig, walzenförmig, pyramidal u. s. w. (Fig. 2, 3). Ihr Protoplasma ist hell, kaum durch feinste Körnchen getrübt, ziemlich stark lichtbrechend, ihr Kern trans- parent, wasserhell. Bei annähernd runder Form der Eizelle beträgt er im Durchmesser etwa den dritten Tlieil des Protoplasmas. In jeden Kern gehört ein grosses, stark licht- brechendes Kernkörperchen von variabler Gestalt. Eine Membran, wie sie von manchen, namentlich älteren Forschern den jungen Eizellen der Insecten (so z. B. von Moravitz für Blatta germanica) zugesprochen wurde, vermisse ich entschieden. Bei Pulex (Fig. 7) vermisse ich nicht nur gleichfalls eine solche Membran, sondern finde selbst, — entgegen den Angaben und Zeichnungen von Lan dois, - — in der Spitze der Eiröhre statt distincter Eizellen, eine zusammenhängende Protoplasmamasse mit eingesprengten Keimbläschen. Erst weiter abwärts differenziren sich um jedes Keimbläschen Protoplasmaballen, welche durch gegenseitigen Druck abgeplattet erscheinen, und deren Conturen je weiter von der Spitze der Eiröhre entfernt, desto schärfer auftreten. Ein ganz ähnliches Yerhältniss wurde von Waldeyer1) an den Eiröhren von Vanessa urticae beobachtet; und bei ge- nauem Zusehen verhält sich die Sache bei Periplaneta auch nicht anders. Untersuchen wir nämlich das oberhalb der grossen Eizellen, also in dem äussersten Zipfel der Eiröhre, an der Basis des Endfadens liegende, schon im vorigen Abschnitte berücksichtigte Proto- plasma, so finden wir darin neben Kernen vom ausgesprochenen Character der Epithelial- kerne, noch andere Kerne von ebenso ausgesprochenem Character der Keimbläschen (Fig. 3). Diese frei im Protoplasma vertheilten Kerne zeigen bereits ein distinctes Kern- körperchen von variabler Gestalt. Die kleinsten dieser als Keimbläschen nicht zu ver- kennenden Kerne betragen 0,012 mm. oder selbst weniger. Man sieht also, dass kein prin- cipieller Unterschied in der Form, wie die jungen Eikeime zunächst auftreten, zwischen Periplaneta einer- und Pulex und Vanessa anderseits existirt, nur die Quantität des freie Keimbläschen enthaltenden Protoplasma ist eine verschiedene. Während in der Spitze der Eiröhre auf jeden Querschnitt zwei, drei oder vier von den grossen jungen Eizellen kommen, haben in den mehr abwärts liegenden, freilich auch etwas dünneren Abschnitten der Eiröhre die älteren, grösseren Eizellen nur einzeln hin- ter einander Platz. Durch eine solche Anordnung wird, wie leicht verständlich, auch eine abweichende Form dieser Eizellen bedingt: sie stellen nämlich an den Enden abgerundete Cylinder oder, im optischen Durchschnitt, abgerundete Vierecke dar. An den der Spitze der Eiröhre näher liegenden Zellen sind die Längs- und Querdurchmesser einander an- nähernd gleich, ja es kann selbst der Querdurchmesser praevaliren; weiter abwärts hinge- gen, wo die Zellen immer mehr an Volum zunehmen, vergrössert sich hauptsächlich der 1) W. Waldeyer. Eierstock und Nebeneicrstock. Stricker’s Handbuch der Lehre von den Geweben. Leipzig. 1871. p. 562. 12 De. Alexandee Brandt, Längsdurchmesser, die Eizellen, resp. Eier werden immer mehr oblong. Wie selbstverständ- lich, sind diese Formveränderungen auf die Raumverhältnisse innerhalb der resistenten Tunica propria zurückzuführen. Mit dem Wachsthum der Eier Hand in Hand geht auch eine Grössenzunahme ihrer Kerne, so lange diese überhaupt sichtbar sind, d. h. bis sie, wegen der immer beträchtlicheren Zunahme der Dotterkörnchen in den Eiern, sich der Beobachtung entziehen. Uebrigens deucht es mir, dass die Dotter verhältnissmässig rascher wachsen, als ihre Kerne. Die jungen Eizellen besitzen Kerne von beiläufig 0,021 mm., die ältesten hingegen, welche etwa zehn mal länger sind, deren von nur 0,06 mm., also verhältnissmässig kleinere. In den mittleren Abschnitten der Eiröhren, wo die Eizellen im optischen Längsschnitt abgerundet viereckig erscheinen, lässt sich der Durchmesser der Kerne auf etwa 0,03 — 0,045 mm., der der Kernkörperchen, bei runder Form, etwa auf 0,009 mm. schätzen. Die Kerne liegen nicht immer genau in der Mitte der betreffenden Eizellen, wie auch die Kernkörperchen nicht immer genau im Centrum der betreffenden Kerne liegen. — Die Gesammtzahl aller in einer Reihe angeordneten Eizellen, resp. Eier einer Eiröhre, beläuft sich gewöhnlich auf einige zwanzig. 7. Wauderzellcn. In den Endfäden sowohl, als auch in den Eiröhren, unmittelbar unter der Tunica pro- pria sowohl, als auch in der Tiefe finden sich einzelne kleine histologische Elemente zer- streut, welche zunächst durch ihr starkes Lichtbrechungsvermögen, ihren starken Glanz auffallen. Ihre Form ist äusserst verschieden, von der rundlichen bis zur unregelmässig sternförmigen, was entschieden auf amoeboïde Formveränderungen schliessen lässt. Bei mehr unregelmässiger Gestalt pflegen die Elemente ein mehr granulirtes Ansehen zu ge- winnen, was jedoch nur davon herrührt, dass ihre Oberfläehe alsdann eine höckerige ist. Wo zufällig mehrere dieser Elemente bei einander liegen, kommen, wie es scheint, plasmo- dienartige Verbindungen durch Pseudopodien zwischen ihnen vor. Ein Kern ist nicht immer nachweisbar. Ein Vergleich dieser histologischen Elemente mit denjenigen des Blutes zeigt eine complété Uebereinstimmung, so dass ich kaum Anstand nehme, die in Rede stehenden Elemente für Wanderzellen zu halten, wenn ich auch allerdings nicht die Wege anzugeben weiss, auf welchen die Einwanderung dieser Elemente aus dem Blute erfolgte. 8. Vergleich der histologischen ESemciitc der Eiröhren mit einander. — EihiMung. Von den oben im Einzelnen, besprochenen histologischen Elementen, welche den Inhalt der Eiröhre ausmachen, können wir bei einem Vergleich die Wanderelementc aus dem Spiele lassen, müssen jedoch dafür, der grösseren Vollständigkeit wegen, noch die sogen. Dotterbildungszellen mit heranziehen, obgleich diese Elemente nicht allen Insecten zukom- Uebeb die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. 13 men, und gerade den von mir untersuchten fehlen. Es wären mithin die gegenseitigen mor- phologisch-genetischen Beziehungen der Ei-, Dotterbildungs- und Epithelzellen zu eruiren. Bereits von manchem tüchtigen Gewährsmann wurde für die ursprüngliche Identität aller drei in Bede stehenden Arten von histologischen Elementen plaedirt. So bezeichnen z. B. Huxley1) und Lubbock2) die Ei- und Dotterbildungszellen als wahrscheinliche Modifica- tionen der kleinen Epithelzellen; und Claus3) glaubt direct erwiesen zu haben, dass sänimt- liche drei Arten von Elementen genetisch aus ein und denselben Zellen hervorgehen. Auch Targioni Tozetti, Landois4), Waldeyer und Andere haben sich für die Identität der fraglichen drei Arten von Elementen ausgesprochen. Für die Insecten ohne Dotterbildungszellen wurde an der Identität der Epithelzellen we- nigstens mit den Eizellen festgehalten. So betonte namentlich Landois (1. c. p. 33) für den Floh, dass im obersten Ende der Eierschnur Epithelzellen und junge Eier nicht unter- schieden werden könnten, sie erschienen hier als durchaus gleichartige Zellen; erst im wei- teren Wachthume entwickelten sich die zwei verschiedenen Zellenarten in ihrer charakteri- stischen Gestaltung. Entgegen diesen Ansichten von der Identität der Epithelzellen mit den übrigen Ele- menten der Eiröhren, stellen Leydig (1. c. p. 56) und Andere den Satz auf, das Epithel bestehe für sich, und es finde kein Uebergang zu den Ei- und Dotterbildungszellen statt. Auf Grund von embryologischen Untersuchungen wurde ein Unterschied zwischen Epithel- zellen einer- und Ei- und Dotterbildungszellen andererseits auch von Metchnikow5) (für Cecidomyia) aufrecht erhalten. Die Epithelzellen sollen aus gewöhnlichen Embryonalzellen, die Ei- und Dotterbildungszellen hingegen aus besonderen grösseren Elementen, den «Pol- zellen», entstehen. Bei Aphis allerdings sollen die Genitalanlagen ursprünglich aus ganz gleichartigen Embryonalzellen bestehen ; doch wäre auch hier ein principieller Unterschied zu finden, nämlich darin, dass die Epithelzellen sich viel später differenzirten , als die Ei- zellen. (Die Lösung der Widersprüche, welche sich in Bezug auf die Entwicklung der Elemente der Ovarien bei Metschnikow, Claus und Weismann heraussteilen, muss späteren Forschern überlassen bleiben.) Die Eiröhren von Periplaneta dürften, wegen ihrer Grösse, besonders geignet sein, sich ein Urtheil über das genetische Yerhältniss zwischen den Ei- und Epithelzellcn zu bilden. Es lässt sich an ihnen unter einem Präparirmikroskop ohne besondere Mühe die äusserste , an der Basis des Endfadens gelegene Spitze mit Nadel oder Messer von der übrigen Eiröhre 1) Th. Huxley. On the agamie Reprod. etc. (Aphis). Trans. Lin. Soc. 1857. 2) J. Lubbock. On the ova and pseudova of Insects. Phüos. Trans. 1860. p. 369. 3) C. Claus. Beobachtungen über die Bildung des In- secteneies. Z. f. w. Zool. XIV 1864. p. 44, 47. 4) L. Landois. Anatomie der Bettwanze. Z. f. w. Zool. XIX. 1869. p. 215. Nach ihm sollen die Dotterbe- reitungszellen, Epithelzellen und die Keimbläschen der Eizellen ursprünglich gleichartige Gebilde sein. 5) E. Metcznikow. Embryol. Studien an Insecten. Zeitschr. f. w. Zool. XVI. 1866. 14 Dr. Alexander Brandt, abtrennen und ihr Inhalt herauspressen. Wir haben alsdann eine helle, nur ganz feine Fett- tröpfchen enthaltende protoplasmatische Grundsubstanz vor uns, in welcher freie Kerne eingeprengt sind: die grösseren unter ihnen tragen entweder den ausgesprochenen Charakter der Keimbläschen oder den der Kerne der Epithelzellen; die kleineren bilden alle Ueber- gänge zwischen diesen und jenen. Ich halte mich daher für berechtigt, indifferente Kerne anzunehmen, um welche sich Protoplasma differencirt und aus denen diese wie jene Zellenart hervorgeht. Durch diese Annahme lässt sich die für manche Repräsentanten anderer Arthro- podenclassen nachgewiesene Umwandlung von Epithelzellen in Eizellen auch für die Insec- ten im wesentlichen festhalten, wie dies auch eine Reihe von Forschern gethan hat. Was nun den Vergleich der Eizellen mit den Dotterbildungszellen betrifft, so hat bereits Ы. Meyer1) die Ansicht ausgesprochen, dass beiderlei Elemente identisch seien. Diese sowohl, wie jene machten auch gleichsam den Versuch zu Eiern zu werden: nur ein Theil erreichte dieses Ziel, während die übrigen als Dotterbildungszellen zu Grunde gehen. Ich wüsste kein einziges triftiges Argument anzuführen, welches gegen diese, wohl auch von den meisten späteren Forschern acceptirte Ansicht spräche, und schliesse mich ihr um so lieber an, als durch die Annahme einer principiellen Verschiedenheit zwischen Ei- und Dotterbildungszellen eine allzugrosse Kluft zwischen den Ovarien mit und ohne Dotterbil- dungszellen angenommen werden müsste. Es ist die äusserste Spitze der Eiröhre, wo wir bei Periplaneta die jüngsten als solche erkennbaren Eianlagen in Form von freien , in ein Protoplasma gebetteten Keimbläschen auffanden. Wir erwähnten auch der kleinen Kerne , aus deren Umbildung augenscheinlich diese Keimbläschen (und neben ihnen auch die Kerne der Epithelzellen) sich differenciren. Nun fragt es sich, wo diese Kerne herkommen, ob sie sich an Ort und Stelle einfach durch Theilung vervielfältigen oder von anderwärts sich rekrutircn ? Es sind nämlich neuerdings Stimmen laut geworden, welche die alte von R. Wagner2) mehr als Frage aufgeworfene Vermuthung wieder aufnehmen, die ursprüngliche Bildungsstelle der Eier sei im Endfaden der Eiröhre zu suchen (Gegenbaur 3) , Siebold4). Für erwiesen kann ich diese Annahme nicht halten, obgleich ich gestehe, dass sie viel für sich hat ; ist doch der Endfaden in Bezug auf seinen Inhalt eine directe Fortsetzung der Eiröhrenspitze. Es müssten alsdann die Ova- rien, bei welchen die Endfäden anastomosiren , als netzförmige Drüse betrachtet werden, ein Verhältniss, welches bei den Arthropoden durchaus nicht so isolirt sein würde: man denke nur an die Scorpione mit ihren strickleiterförmigen Ovarien. Wie nun aber die In- secten, welchen die Endfäden fehlen, oder vielleicht solide Fortsätze der Tunica propria oder Bindegewebsstränge sind? Ja bei diesen müsste die Bildung der Eikeime doch 1) H. Meyer. Ueber die Entwickelung des Fett- körpers etc. bei den Lepidopteren. Z. f. w. Zool 1. 1S49. p. 190. 2) 1. c. p. 5'6. 3) C. Gegenbaur. Grundziige der Vergl. Anat. II Aufl. Leipzig. 1870. p. 402. 4) C. Tb. v. Siebold. Beitr. z. Partbenogenesis. Leipzig. 1871. p. 58, 60. Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. 15 auf die Spitze der Eiröhre beschränkt sein? Gewiss, doch genügt es, den' Endfaden als blosse Verlängerung der äussersten Spitze anzusehen, um die Einheit des Typus in Betreff des Ortes der Eibildung aufrecht zu erhalten. Bereits ältere Forscher haben mit Recht darauf aufmerksam gemacht, dass bei den Insecten zwei verschiedene Typen der Eibildung Vorkommen, nämlich mit und ohne Dotter- fächer, resp. mit und ohne Dotterbildungszellen (Siebold1) u. A.) Von den neueren For- schern , welche Insecten mit Dotterbildungszellen untersuchten , sind einige zu der irrigen Annahme verleitet worden, ein directes Zusammenfliessen d#r Dotterbildungszellen mit der zugehörigen Eizelle anzunehmen, so Wcissman 2) und Bessels3). Nach diesen For- schern sollte also das Insectenei einem Multiplum von Zellen entsprechen. Gegenwärtig wissen wir, dass die Dotterbildungszellen nicht als solche direct mit der Masse der Eizelle verschmelzen, sondern ihr allenfalls erst später, nachdem sie selbst der Zerstörung anheim- gefallen, ihr Material zuführen4). Bei den Insecten mit Dotterbildungszellen ist mithin das Ei ebenso eine einfache Zelle, wie bei denjenigen ohne Dotterbildungszellen. Fragen wir nun, wie die Eiröhren beider Typen sich zu einander verhalten, und be- rücksichtigen wir hierbei die einschlagende Litteratur, namentlich die Arbeiten von Stein, H. Meyer, Lu bbock und Claus, so kommen wir zu dem Schlüsse, dass zwischen beiden Typen der Eiröhren durchaus kein principieller Unterschied vorhanden ist. Alles läuft darauf hinaus, dass bei einigen Insecten sämmtliche junge Eizellen successive sich zu Eiern umbilden, bei den übrigen nur ein Theil derselben, während die anderen abortiv zu Grunde gehen, wobei ihre Substanz von den sich fortentwickelnden Eizellen aufgenommen werden kann5. Claus (p. 48) vergleicht diese Dotterbildungszcllen daher, ganz treffend, den zusammenfliessenden Eiern von Salamandra atra , von denen sich die im Uterus lebende Larve ernährt. Man könnte hier auch die Eikapseln gewisser Schnecken zum Vergleich heranziehen , in denen von mehreren Eiern auch nur eines oder das andere zur Entwickelung kommt. Genetisch vom selben Ursprung, unterscheiden sich also, wie bereits erwähnt, die Ei- und Dotterbil- dungszellen durch ihre weiteren Schicksale von einander. (Warum gerade eine bestimmte, und zwar meist die untere von den in einer Kammer gelegenen Zellen sich zum Ei ausbildet, müssen fernere Untersuchungen zeigen.) Zwischen den Ovarien mit und ohne Dotterzellen kann ebenso wenig ein prinzipieller Unterschied constatirt werden, wie man einen solchen 1) С. ТЬ. V. Sieb old. Lehrbuch der Yergl. Anatomie der wirbellosen Thiere. 1848. 686. 2) A. Weismann. Die nachembryonale Entwicklung, der Musciden. Z. f. w. Z. XIV. 1864. p. 293. Eig. 71. 3) E. Bessels. Studien über die Entwickelung der Sexualdrüsen bei den Lepidopteren Z. f, w. Z, XVII. 1867. p. 558. 4) Letzteres kann bei gewissen Insecten durch soge- nannte Dottergänge vermittelt werden, welche neuer- dings von Sieb old (Parthenogenesis p. 60, 70) als blosse Hohlräume oder Kanäle ohne selbstständige Wendungen gedeutet wurden. 5)Waldeyer. (Stricker p. 564) meint, die Dotter- bildungszellen könnten nicht dazu bestimmt sein, den Dotter der definitiven Eizelle zu liefern, doch weisen seine Argumente nur darauf hin, dass das Wachsthmn des Dotters auch ohne Dotterbiklungszellen vor sich gehen-lcann. 16 Dr. Alexander Brandt, zwischen zwei Speicheldrüsen statuiren würde, vorausgesetzt, dass in der einen alle frei- werdenden einzelnen Zellen im Speichel der Mundhöhle intact auftreten und einer solchen, in der ein Theil dieser Zellen in der Speichelflüssigkeit sich löste. Den obigen Betrachtungen zufolge, kann man wohl Insecten mit panoistischen und meroistischen Eiröhren unterscheiden. So weit die bisherigen Erfahrungen reichen, würden zu den zweiten die Lepidopteren , Coleopteren , Hymenopteren , Hemipteren , Musciden zu rechnen sei, während panoïstische Eiröhren, so weit ich die Litteratur einsehen konnte, nur an Orthopteren und Pulicinen beobachtet wurden. Es wäre jedenfalls interessant, eine grosse Menge von den verschiedensten systematischen Typen zu durchmustern, um die Verbrei- tung der panoistischen und meroistischen Eiröhren innerhalb der einzelnen Ordnungen und Untergruppen festzustellen. Dass diese Verbreitung sich nicht strict an die herrschenden systematischen Anschauungen hält , beweisen schon die Musciden und Pulicinen , welche ja zusammen den Dipteren eingereiht werden. Ferner dürfte es nicht unwichtig sein zu con- statiren, ob nicht irgend ein Zusammenhang zwischen dem Bildungsmodus der Eier und ihren spätem Schicksalen während der embryonalen Entwickelung zu finden wäre. Bisher fehlen uns allerdings alle positiven Anhaltungspunkte in dieser Beziehung. Die panoistischen Eiröhren bieten offenbar viel einfachere Ernährungs- und Wachs- thumsverhältnisse der Eier, als die meroistischen dar, wesshalb sich ihr Studium besonders als Ausgangspunkt der Untersuchung eignen dürfte. Ich war daher bestrebt auf diese Ver- hältnisse bei Periplaneta orientalis meine besondere Aufmerksamkeit zu richten. Die Ernäh- rung, resp. das Wachstimm kann hier, bei dem Mangel der Dotterbildungszellen, zunächst auf zwei Wegen stattfinden , entweder endosmotisch direct aus dem Blut, oder auf Kosten des Epithels, resp. auch auf beiden Wegen gleichzeitig. Dass in den Eiröhren die Bedin- gungen zur Endosmose gegeben sind, und daher ein Wachsthum der Eier auf Kosten des Blutes ermöglicht ist, wird wohl kaum bestritten werden. Wie steht es nun aber mit den Epithelzellen? Während von vielen Seiten für die Betheiligung der Epithelzellen am Auf- bau der Dottersubstanz plädirt wurde, stellt ein so scharfer Beobachter wie Leydig den Satz hin, «dass das Epithel die Schale des Eies, und nichts zur Dottersubstanz zu liefern habe» (p. 58). Doch auch die bejahenden Angaben anderer Forscher lassen uns vollständig im Unklaren über die Art und Weise, wie etwa das Epithel sich an der Bildung des Dot- ters betheiligen könnte; denn, wenn z. B. angegeben wird, die Zellen würden resorbirt, so ist damit die Thatsache im Widerspruch, dass die Epithelzellen, je weiter abwärts, desto mehr an Grösse zunehmen. An den grossen Eiern von Periplaneta sind die Epithelzellen bedeutend grösser, als an den kleinen ; besonders sind sie beträchtlich in die Länge ge- wachsen, so dass sie wohl vier mal so lang als breit sind. An diesen vergrösserten Epithel- zellen ist es mir gelungen, einen Fingerzeig für die Betheiligung derselben an der Vergrös- rung des Dotters zu gewinnen. Zwischen der Oberfläche des Dotters und der Epithelschicht vermisse ich häufig eine scharfe Grenze (Fig. 10). Die inneren Enden der Epithelzellen bilden vielmehr im optischen Durchschnitt einen unregelmässigen Zickzacksaum. Diese Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. 17 Enden lösen sich gleichsam in einen Schopf von Protoplasmastreifen auf, welche selbst aus Körnchen bestehen und in den Dotter hineinragen 4). Aehnliche Bilder sah ich besonders deutlich an Praeparaten, welche einer erhöhten Temperatur ausgesetzt waren. Ich glaube daher, ein Abströmen oder Abträufeln von Partikelchen der Epithelzellen annehmen zu können. Als Analogon für diesen Process möchte ich die Absonderung des Epithels der «braunen Schläuche» des Sipunculus iradus betrachten (1. c. p. 30). Hier lösen sich durch Abträufelung ganze Ballen von dem freien Ende einer Epithelauskleidung. Ausser dem Epithel dürften auch die in der Eiröhre zerstreuten Wanderzellen gelegentlich am Wachsthum der Eizellen Antheil nehmen. Wiederholentlich fand ich nämlich im Inneren der jüngeren Eier einzelne Wanderelemente, ja ausnahmsweise ganze Haufen, und zwar nicht blos bei Blatta, sondern auch bei Pulex (Fig. 2, 8. 1). Ganz wie ausserhalb, diese sind Zellen im Innern der Eier bald ohne Fortsätze oder nur mit breiten und stumpfen versehen und alsdann hellglänzend, bald wieder von unregelmässiger Gestalt und gleichsam granulirt. Es können diese Elemente nur eingewandert sein. Wir hätten hier also dasselbe, was neuerdings für die Eier der Wirbelthiere aufgestellt wurde (Waldeyer1 2), His)3). Das Eindringen selbst wurde, freilich, so viel mir bekannt, noch nicht mit Bestimmtheit direct beobachtet. Auch an den Insecten, obgleich deren Eiröhren stets in Schabenblut oder Plühnereiweiss untersucht wurden, wollte mir dies bisher nicht gelin- gen. Bei dem langsamen Wachsthum der Eier kann die Einwanderung übrigens keine ver- hältnissmässig häufige sein. Aus demselben Grunde kann man auch nicht erwarten, oft Wanderelemente in den Eiern zu finden. Nach Maasgabe unserer gegenwärtigen Vor- stellungen über das Leben der Zellen ist das Einwandern von amoebo'iden Elementen in andere Formelemente nichts Ueberraschendes mehr. Und wenn sogar die Frage aufgeworfen wird, ob Ernährung und Wachsthum der Gewebe des thierischen Körpers nicht zum Theil geradezu auf einer Einwanderung amoeboïder Elemente in die constituirenden Zellen be- ruhe, so kann man eine solche Frage keine befremdende nennen. Langlebige zellige Ele- mente, wie die Eierstockseier, dürften, gerade wegen ihres langen Bestandes, besonders Invasionen von Wanderzellen ausgesetzt sein. Auch die Befruchtung des Eies könnte man als eine fortgesetzte Invasion zon Zellen in die Eizelle ansehen; denn sind die Spermatozoen wohl etwas anderes als kernhaltige Zellen, deren ganzes Protoplasma sich zu einer enor- men Flimmercilie (Pseudopodie) ausgezogen hat4)? Das Ei schluckt also heterogene Ele- mente während seines Wachsthums und später nochmals nach erfolgter Reife. 1) Es dürfen diese Protoplasmastreifen nicht mit je- nen von Leydig an Timarcha' (1. c. N. Ас. L. C. p. 14) beobachteten Fortsätzen der Epithelzellen zusammenge- worfen werden, welche sich an der Bildung- der Poren- canäle des Chorion betheiligen sollen. 2) 1. c. Eierstock und Ei p. G8. 3) W. His. Unters, über das Ei und die Eient- Mémoires de I’Acad. Imp. des sciences, Vllrae Se'rie. Wickelung bei Knochenfischen. Leipzig. 1873. 4) Dass die Spermatozoen metamörphosirte Zellen sind, möchte wohl gegenwärtig als allgemein anerkannt bezeichnet werden. Für die Deutung der Spermatozoen als Geisselzellen wurden unter anderen auch von mir Beobachtungen vorgeführt. (1. c. p. 35). 3 18 Dr. Alexander Brandt, Wollte man die Frage aufwerfen, ob ein mit Wanderelementen besetztes Insectenei eine einzige oder ein Complex von Zellen ist. so möchte die categorische Antwort dahin lauten: das Insectenei ist als eine Zelle entstanden, und behält auch den morphologischen Werth einer Zelle bei, wenn es sich auch auf Kosten anderer Plastiden vergrössert, sei es dadurch, dass ihm Partikel anderer zu. Grunde gehender Eier oder Partikel der Granuiosa- zellen zufliessen, oder dass ganze Zellen in dasselbe einwandern. Allerdings wäre es immerhin möglich, dass die in’s Ei (sei es bei Insecten oder bei Wirbelthieren) eingewan- derten Zellen und ihre Descendenten von der Eizelle nicht assimilirt würden, sondern sich an dem Ausbau des Embryo betheiligten. Alsdann könnte man das reife Ei gewisser- maasen als Mittelding zwischen einer Zelle und einem Multiplum von Zellen resp. Pla- stiden auffassen. 9. âmocboïde Bewegungen der Іісіш$іс<ѣе. Betrachtet man mit Hülfe des Mikroskops eine im frischem Eiweiss oder lusectenblut liegende Eiröhre genauer, so fällt leicht eine grosse Unregelmässigkeit in Lage und Form des Kernkörperchens der Eizellen auf. Dieses liegt bald central, bald mehr excentrisch, bald sogar ganz an der Peripherie des Kernes. Nur selten erscheint es kugelig und ganz homo- gen, stark lichtbrechend, in den meisten Eizellen stellt es sich als durchaus unregelmäs- siges, höckeriges Klümpchen dar von oblonger, abgerundet- eckiger, verschiedenartig gebo- gener oder mit breiten höckerigen oder spitzeren, mehr diffusen Fortsätzen versehener Gestalt. Je unregelmässiger ein Kernkörperchen ist, desto mehr scheint es seine homogene Beschaffenheit eingebtisst zu haben. Seine Substanz macht den Eindruck, als wäre sie von mehr oder weniger zahlreichen, gröberen oder feineren Körnchen durchsetzt; beim genaue- ren Zusehen , beim abwechselnden Heben und Senken des Tubus am Mikroskop überzeugt man sich jedoch unschwer davon, dass diese Granulirung nur durch oberflächliche kleinere, höckerartige Hervorragungen bedingt wird , ganz wie es oben für die Wanderelemente an- gegeben wurde , mit denen überhaupt die Kernkörperchen die grösste Aehnlichkeit haben. Zwischen den oberflächlichen Granulirungen und den grossen Fortsätzen der Kernkör- perchen ist keine Grenze zu ziehen. Statt eines Kernkörperchens, glaubt man nicht selten zwei oder mehrere kleinere, rundliche Körner bei einander zu sehen; doch lehrt alsdann meist eine genauere Prüfung des Objectes, dass die einzelnen, in verschiedenen Ebenen lie- genden Körner durch dünnere Substanzbrücken verbunden sind, im Grunde also nur ein, in Lappen zerfallenes oder maulbeerförmiges Kernkörperchen voriiegt. Uebrigens finden sich häufig, ausser dem zusammenhängenden Kernkörperchen, noch ein oder mehrere wirklich isolirte kleinere Körperchen von gleichem optischen Verhalten, welche mitunter im diametral entgegengesetzten Theilc des Kernes liegen. Die unregelmässig gestalteten Kernkörperchen besitzen eine grössere, häufig viel grössere Flächenausdehnung, als die sich der Kugelform nähernden im entsprechenden Abschnitt der Eiröhre. — Wenn das Heber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. 19 Praeparat nicht gehörig vor Verdunstung geschützt war und einzutrocknen begann, sah ich die Kernkörperchen, gleichviel ob sie central oder peripherisch im Kerne lagen, kugelrund werden. In manchen konnten alsdann ein oder zwei Nucleololi von grösserer Transparenz als der Nucleolus wahrgenommen werden. Auch durch Versetzen einer Eiröhre in Re- mack’sche Flüssigkeit oder Essigsäure werden die Kernkörperchen leicht kugelrund. Wasser, ja sogar der scheinbar so indifferente menschliche Speichel (eines Nichtrauchers!) bedingt eine kugelige Gestalt der Kernkörperchen. Bei längerer Einwirkung von Wasser, Speichel oder schwacher Essigsäure wurden die Kernkörperchen allmählich bis zur Un- kenntlichkeit transparent. Durch Behandlung eines Praeparates mit Alcohol gelang es un- regelmässige Formen zu fixiren, jedoch auch hierbei waren die Formen keine so unregel- mässigen wie früher, sondern mehr rundlich-eckig oder oblong, wobei auch der äussere Umriss der Kernkörperchen überall scharf umschrieben hervortrat. Diese theilweise Per- sistenz der ursprünglichen unregelmässigen Form möchte durch eine rasche Einwirkung des Reagenz bedingt gewesen sein, wobei ich namentlich an die sinnreiche «Ueber- raschungsmethode» denke, welche F. E. Schnitze für die Untersuchung von Hydra und Cordylophora empfohlen hat. Als die unregelmässige Gestaltung der Kernkörperchen zuerst auffiel, musste sogleich die Frage auftauchen, ob nicht etwa diese Gebilde mit amoeboïder Beweglichkeit begabt seien? Zur Entscheidung dieser Frage bedurfte es anhaltenderer Beobachtungen, welche ihrerseits wieder eine genügend lange Conservation des Beobachtungsobjectes voraus- setzten. Die beiden, oben so vielfach genannten indifferenten Flüssigkeiten, Insectenblut und Hünereiweiss, bewährten sich auch für diese Beobachtungen. Der Schutz des Objectes vor Verdunstung wurde durch die einfachste mir bekannte Art einer Camera humida be- werkstelligt. Auf einen Objectträger wurde ein kleiner, aus einer dünnen Kautschukplatte ausgeschnittener Ring gelegt und dieser mit einem Deckgläschen überdeckt, an dessen un- terer Fläche die betreffende Eiröhre in einem Tropfen der indifferenten Flüssigkeit hing. Den Gebrauch dieser, so einfachen und höchst practischen, feuchten Kammer habe ich von Herrn Prof. Faminzin gelernt. Die amoeboiden Formveränderungen des Kernkörperchens, welche nun auch in der That constatirt wurden, bildeten bereits den Gegenstand einer kleinen vorläufigen Mitthei- lung. Dieselbe wurde von mir an Prof. Max Schnitze zur Aufnahme in sein Archiv ein- gesandt. Durch das bald darauf erfolgte, tief beklagenswerte Ableben dieses mit Recht so gefeierten Gelehrten, dürfte jedoch meine vorläufige Mittheilung später als der gegen- wärtige Aufsatz erscheinen. Ich erlaube mir daher, hier in wenigen Worten das dort Ge- sagte zu reproduciren. Die Formveränderungen an den Kernkörperchen gehen für gewöhnlich nur höchst langsam und allmählich vor sich, so dass meist mehrere Minuten, oder selbst eine Viertel- stunde anhaltende Beobachtungen ein und desselben Kernkörperchens nöthig sind, um Ver- änderungen an ihm zu constatiren. Da diese Veränderungen stet und nicht etwa ruck- 20 De. Alexander Brandt, weise vor sich gehen, so ist es rathsam, in bestimmten Zwischenräumen Zeichnungen zu entwerfen, wodurch eine Controlle besser, als nach dem trügerischen Gedächtnisse ermög- licht wird. Will man seine Geduld weniger auf die Probe stellen, so thut man gut daran, das Praeparat einer höheren Temperatur auszusetzen. Ich bediente mich zu diesem Zwecke eines Objecttisches, dessen Temperatur durch Zufluss von warmem und kaltem Wasser re- gulirt werden konnte. Das Praeparat wurde, wie sonst, gleichzeitig in der feuchten Kammer gehalten. Es lag also nicht direct auf der oberen Glasfläche des heizbaren Tisches, hatte daher wohl nicht genau dieselbe Temperatur, welche am Thermometer abgelesen wurde. Stieg an demselben die Quecksilbersäule auf 30° — 40° C. oder auch wohl etwas darüber, so pflegten die Evolutionen der Kernkörperchen so lebhaft zu werden, dass es schwierig wurde, einzelne Aufnahmen mit dem Bleistift zu entwerfen. Nur selten, und dann auch bloss auf kurze Zeit, nahmen einzelne Kernkörperchen eine Kugelform an. Sie trieben bald mehr höckerartige, stumpfe Sprossen, bald mehr diffuse, an der Oberfläche fein-höckerige, gleichsam granulirte Fortsätze (Fig. 11). Wiederholentlich habe ich auch vollkommene Abschnürung einzelner Klümpchen ( b ), so wie Veränderungen der Lage innnerhalb des Kernes, also ein Fortkriechen, constatiren können. Bei einem Steigen des Thermometers auf 45 — 50° sah ich in einer ganzen Reihe von Eizellen das Kernkörperchen bei seinen amoeboi'den Bewegungen sich in so kleine Ballen zertlieilen, dass es als nebelartiger, aus Klümpchen zusammengesetzter Haufen sich fast über den ganzen Kern verbreitete. Eine Menge von Partikeln entfernte sich hierbei von der Hauptmasse (Fig. 12). Bei einer Stei- gerung der Temperatur des Objecttisches über 50° trat Wärmetetanus an den Kernkör- perchen ein: die meisten wurden hierbei rund, doch einzelne erschienen blos abgerundet, oblong. Die Oberfläche der Kernkörperchen zeigte sich hierbei fein granulirt, wie bei Behandlung mit Essigsäure. Im Gegensatz zu der Temperaturerhöhung, hatte Wärmeentziehung, wie sich schon a priori erwarten liess, eine Verminderung der Bewegungserscheinungen zur Folge. Schon bei 10° C. wurden die Kernkörperchen träge, die früher mannigfach unregelmässig gestalteten rundeten sich langsam ab, kamen in das hydrostatische Gleichgewicht des Tropfens. Sehr anhaltend konnte der Einfluss niederer Temperatur nicht beobachtet werden, denn bei längerem Einwirken einer Temperatur von 10° — 5° herunter, trat eine Schrumpfung der Eiröhre ein, besonders stark an der Spitze. Das Praeparat schien ganz unbrauchbar geworden zu sein. Dennoch wurde eine Erhöhung der Temperatur auf 40° und darüber versucht, worauf unerwarteter Weise eine Restitutio in integrum der Eiröhre eintrat, so dass alle Theile vollkommen deutlich und vom ursprünglichen Volum erschienen. Bei Gelegenheit dieser Experimente wurde ein Augenmerk auch auf die Wanderzellen und das Epithel gerichtet. Es erwies sich hierbei, dass erhöhte Temperatur auch ein Zerfallen und Zerfliessen dieser Elemente bewirkt, während, namentlich bei stärkerer Abkühlung eine grössere Concentration der Elemente eintritt. Bei niedrigen Temperaturen ist die Um- grenzung der Epithelzellen, en face betrachtet, entschieden viel deutlicher ausgeprägt. Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. 21 Wurde die Eiröhre in Blut untersucht, so verwandelten sich die Blutkörperchen bei -+- 1° in ganz transparente, glänzende Kugeln. Ist die amoeboi'de Formveränderung des Kernkörperchens eine exceptionelle Erschei- nung, welche nur allein der Periplaneta zukommt? Bereits in der vorläufigen Mittheilung habe ich die Yermuthung aufgestellt, dass die activen Form Veränderungen zu den physio- logischen Grundeigenschaften des Kernkörperchens der Zelle überhaupt gehören könnten. Neuerdings ist es mir gelungen, meine Yermuthung durch eine Reihe von älteren Angaben zu stützen, welche freilich meist in eine Zeit fallen, in der noch niemand active Bewegungs- erscheinungen als solche an Zellen studirte. Im Nachstehenden sollen einige Abweichungen in der Form des Kernkörperchens der Eizelle hergezählt werden, welche sich, wie mir deucht, per analogiam auf active Formveränderungen zurückführen lassen. Historisch dürfte es nicht uninteressant sein, dass bereits der Entdecker des Keim- Heckes in seinem berühmten «Prodromus» T) über Variationen in der Form dieses Gebildes spricht. Auch in einer späteren Schrift1 2) finden sich gleichfalls ähnliche Angaben, welche ich hier fast wörtlich wiedergeben will. So heisst es vom Keimbläschen bei Agrion, dass es in der Regel nur einen deutlichen einfachen Fleck besitze; dass aber nicht blos bei ein und derselben Art, sondern auch bei ein und demselben Individuum sich öfters mehrere kugelförmige Flecke von verschiedener Form, Grösse und Gruppirung zeigen. Ferner giebt Wagner eine Beschreibung und Abbildung von zwei Keimbläschen des Maikäfers (Fig. A, B). Die erste dieser Abbildungen enthält einen grösseren Keimfleck, der fein- körnig, weniger scharf umschrieben und mit kleinen, runden, glänzenden, zerstreuten Mo- lekülen bedeckt ist, und einen zweiten, viel kleineren Keimfleck. Die zweite Abbildung zeigt einen grossen bimförmigen und einen kleinen runden Keimfleck, welche beide an diamentral entgegengesetzten Wandungen des Keimbläschens liegen. Sehr allgemein fand sich dieser doppelte Keimfleck, aus einem grösseren und einem kleineren bestehend; selten kamen Variationen vor, und der kleinere, runde Fleck fehlte, oder es fehlte wohl auch der grössere und der kleine war da; doch unter 20 bis 30 Eiern läge höchstens einmal eine solche Variation vor. «Sollte wirklich, — so fragt Wagner, — den einzelnen Gattungen und Arten eine gewisse cigenthümliche Form des Keimfleckes zukommen? Die öftere Ab- wechselung spricht dagegen. Doch wäre eine recht durchgeführte Untersuchung von der Hand eines fleissigen Entomotomen wünschens werth». Als Wagner diese Zeilen nieder- schrieb, konnte er freilich nicht ahuen auf welche einfache Weise und mit wie wenig Mühe und Fleiss seine Beobachtungen sich mit der Zeit erklären lassen würden. — In einzelnen wenigen Fällen fand der nämliche Verfasser sogar bei Säugethieren in ein und demselben Ei zwei und noch mehr Keimflecke. So bildet er in seinem «Prodromus» (Fig. XXXI c.) ein Keimbläschen mit zwei an einander liegenden Keimflecken vom Kanin- 1) pud. Wagner. Prodromus liist. geiler. ! Entwickelung. (Abh. d. m.-phys. CI. d. Bayer. Akad. 2) Derselbe. Beiträge zur Gescb. der Zeugung und | Bd. II. 1837. p. 558. 559). 22 De. Alexander Brandt, chen ab; beide waren hier kleiner, als der sonst vollkommen einfache. Ferner ist auf Tab I. Fig. 4. der «Beiträge» ein anderes Keimbläschen, gleichfalls vom Kaninchen dar- gestellt, welches einen Haufen von sechs an einander liegenden Keimflecken enthält; (viel- leicht nur ein zusammenhängender, durch amoeboïde Bewegung maulbeerförmig gewor- dener Keimfleck?). Von der Wanderratte, schliesslich, bildet Wagner (Fig. 5) ein Keim- bläschen mit zwei entfernt stehenden Keimflecken ab. Aelmliche Beobachtungen am Kernkörperchen der Eizellen von Insecten finden wir auch bei Stein. So äussert er sich über die Eier von Acheta campestris, namentlich über die im blinden Ende der Eiröhre gelegenen jüngsten Eianlagen: «ihr Keimfleck war nie- niemals eine scharf umschriebene Scheibe, sondern ein wolkenartiges Häufchen von überaus feinen Körnchen. Nicht selten kamen neben einem grösseren Haufen ein oder zwei kleinere vor, oder es waren vier bis fünf kleinere Körnerhaufen vorhanden;» 1. c. p. 49. Tab. IX. Fig. VIII. Auf dieser Abbildung sind in zwei Zellen, je ein grösseres Kernkörperchen mit einem und zwei kleinen abgebildet, wobei das eine der Kernkörperchen stark excentrisch innerhalb seines Kernes liegt. Man vergleiche nur diese Darstellung mit dem oben von mir Mitgetheilten, und man wird ohne Zweifel dem Kernkörperchen der Eier von Acheta amoeboïde Eigenschaften zuerkennen. Interessant sind auch die Angaben, welche der näm- liche Forscher über einen Käfer, Pterostichus punctulatus, macht: «Inder abgebildeten Eiröhre (Taf. IX > Fig. XIII, IX) zeigt jedes Keimbläschen eine andere Form des Keim- fleckes. Die vier obersten Keimbläschen enthalten nämlich 4 — 9 einzelne Keimflecken von verschiedener Grösse. Der grösste Keimfleck in dem vierten Keimbläschen maass yi50"', er zeigte zwei hellere Flecke, die ich für Höhlungen halte, die kleineren maassen V3S0W. Noch deutlicher mit einer Höhlung versehen war der einzige Keimfleck des fünften Keimbläschens, welcher ye3w maass. Auch bei andern Käfern fand ich die Form des Keimfleckes nicht con- stant, und ich muss daher die von R. Wagner aufgeworfene Frage: «Sollte wirklich den verschiedenen Gattungen und Arten eine gewisse eigentlmmliche Form des Keimfleckes zukommen?» verneinend beantworten» (p. 59). Sämmtliehe Keimbläschen in den Eiröhren von Cyphon pubescens sind ohne Keimfleck, dafür aber ist der Inhalt des Keimbläschens keine homogene , wasserklare Flüssigkeit , sondern in ihr schweben gleichmässig vertheilte feine Pünktchen und sie erhält dadurch eine schwache Trübung (ibid. p. 60). Mir deucht, es dürfte nahe genug liegen, diese «feinen Pünktchen» für Partikelchen des amoeboïd zer- fallenen Keimfleckes zu halten, welche gelegentlich wieder zusammenfliessen können. Die unterste Eianlage bei Hylobius abietis , einem Rüsselkäfer, besitzt nach Stein (p, 62) einen «nebelartigen» Keimfleck , der noch einen scharf umschriebenen, dunkelen «Kernkörper» von y76w Durchmesser enthält. Entweder ist dieser Kernkörper, und dies scheint mir allerdings das Wahrscheinlichere , weiter nichts , als ein Residuum des Keim- fleckes, der sonst in feine Körner zerfallen war, oder aber Stein hat einen Nucleololus vor sich gehabt und müsste daher als ein früher Entdecker des letztgenannten Gebildes be- trachtet werden. Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. 23 Auch Leydig machte wiederholentlich Angaben über Variationen des Keiinfleckes, So sagt er unter anderem *), bei den Säugethieren und Vögeln wäre er gewöhnlich einfach, bei Amphibien und Fischen mehrfach , ja mitunter , z. B. bei Batrachiern in grosser Zahl vorhanden. Bei der Ratte will er wahrgenommen haben, dass, nachdem das Keimbläschen geplatzt und zusammengefaltet war, der Keimfleck durch einen Stiel der Wand des Keim- bläschens anhing. Der Keimfleck , — heisst es weiter , — biete entweder , besonders bei Fischen und nackten Amphibien , ein wasserklares , mitunter feinkörniges Aussehen dar, oder er breche das Licht wie ein Fetttropfen (bei manchen Säugethieren z. B.) Ueber den Keimfleck bei Wirbellosen, heisst es gleichfalls, dass er von variabler Natur sei. Vermisst wurde er in den Eiern von Serpula und Amphicora. «Er repräsentirt sich bald als ein gros- ser , solider Körper , oder er hat eine oder mehrere Cavitäten im Innern , oder endlich er wird mehrfach, wobei wieder der Unterschied sich geltend machen kann, dass die einzelnen ihn zusammensetzenden Körner auf einem Haufen beisammenliegen (z. B. Notommata Sie- boldii) oder im Keimbläschen zerstreut sind.» Auf Fig. 271 ist ein Eierstocksei von Tege- naria domestica abgebildet , welches einen grossen und fünf kleine Kernkörperchen ein- schliesst. Was das Fehlern des Keimfleckes betrifft, so könnte es, wenigstens in gewissen Fällen, ein blos scheinbares sein, nämlich, wenn der Keimfleck amoebo'id in feinste Körnchen zer- fallen ist. Die übrigen hier angeführten Thatsachen lassen sich leicht durch amoeboïde Eigenschaften des Kernkörperchens erklären, besonders wenn man annimmt, dass bei ver- schiedenen Thieren die Empfindlichkeit dieses Körperchens für Temparaturgrade , seine chemische und physikalische Constitution eine etwas verschiedene ist: Annahmen, die man gewiss unabweisbar finden wird. Genau auf dieselbe Weise ist auch eine neuere Angabe desselben Verfassers1 2), (der auch Siebold, 1. c. p.58, für Polistes beistimmt) zu erklären. Er führt nämlich an, dass bei den von ihm untersuchten Insecten die Eizelle sich von den übrigen Ballen des Keimlagers dadurch auszuzeichnen anfange, dass ihr Kern einen einzigen Nucleolus hat, während jene immer mehre re Kernkörperchen bleibend besitzen. Dieser Un ■ terschied würde also nach unserer Erklärung darauf hinauslaufen, dass der Nucleolus, wenn die betreffende Zelle den Charakter einer Eizelle annimmt , einen Theil seiner Beweglich- keit einbüsst. Variationen des Keimfleckes der Insecteneier wurden ferner von Claus beobachtet; so zeichnet er (1. c. Fig. 4) eine Eiröhre von Aspidiotus nerei, in deren Kernen je ein unregel- mässig oblonges oder eckiges Kernkörperchen bemerkbar ist. Auf früheren Stadien (Fig. 3) wird gar kein Kernkörperchen angegeben. An den von demselben Verfasser in Fig. 19 — 21 dargestellten Eiröhren von Aphis rosae fällt es auf, dass die Kerne der Dotterbildungszellen in dem einen Falle einen granulirten Inhalt, im andern zugleich ein Kernkörperchen ent- 1) F. Leydig. Lehrbuch der Histologie des Men- | 2) Eierstock und Samentasche. 1. c. p. 57. Fig. 25 sehen und der Thiere. Frankfurt a. M. 1857. p. 511, 551. | und a. m. 24 Dr. Alexander Brandt, halten. Es sollen sich solche Abweichungen nach dem verschiedenen Alter der untersuchten Thiere und nach geringen Differenzen in dem Concentrationsgrade der angewandten ver- dünnten Essigsäurelösungen richten (p. 49). In dieselbe Categorie der Variationen des Keimfleckes gehört offenbar auch seine Ver- vielfältigung beim Floh, welche Landois (1. c. p. 32, Taf. IV, Fig. 1) beschreibt und abbildet. Am lebenden, in Eiweiss untersuchten Präparat sehe ich die Kernkörperchen nicht mit derselben Deutlichkeit, wie sie Landois nach mit Reagentien behandelten Präparaten abbildet. Sie sind zum Theil durch amoebo'ide Formveränderung so verschwommen und zer- * theilt, dass sie sich nur schwer nachweisen lassen. In der Spitze der Eiröhre vermisste ich sie ganz. (Fig. 7). Weiter abwärts treten sie deutlicher hervor und zwar lange nicht immer als ein Multiplum von einzelnen , nicht zusammenhängenden Kugeln , sondern auch als zusammenhängendes , lobuläres Klümpchen , von unregelmässiger , amoeboïder Form , ganz wie bei Periplaneta. Es dürfte im Ganzen genommen nicht unwahrscheinlich sein, dass die Keimflecke sich erst mit zunehmendem Alter in den Keimbläschen , etwa als Niederschlag, bilden. Von besonderer Wichtigkeit scheinen mir die Beobachtungen von La Valette St,- George1) zu sein, welche er am Keimflecke verschiedener Thiere machte. In den Eiern eines Schafembryo fand er einen oder mehrere Keimflecke von annähernd rundlicher Form und etwas divergirender Grösse. Von einem der abgebildeten Keimflecke wird angegeben, er hätte in der Mitte eine hellere Stelle gezeigt, von einem anderen er hätte einen unregel- mässigeren Contour und ein körniges Ansehen besessen, noch von anderen sie hätten hellere und dunklere Pünktchen erkennen lassen2). Die Eier einer Libellenlarve besasseu constant (?) zwei Keimflecke, einen grösseren und einen kleineren. «Der grössere Keimfleck erschien dunkler und glänzender. Seine Form war sehr verschieden: rund, oval oder unregelmässig. Seine Substanz war entweder homogen, oder zeigte, je nach der Einstellung des Mikroskopes^ hellere oder dunklere Flecken von sehr verschiedener Zahl und Grösse , von unmessbarer Kleinheit bis zu zwei Drittel des Keimfleckes. Zuweilen sah man um einzelne dieser Flecke noch einen ringförmigen Contour.» Stimmen diese letzten Merkmale nicht für eine höcke- rige Oberfläche? «Anfangs, — so fährt der Verfasser fort, — war der grosse Keimfleck unregelmässig geformt, fast viereckig und zeigte in seiner Mitte eine helle Stelle, etwa ein Drittel so gross wie der ganze Keimfleck und daneben ein zweites kleineres Fleckchen. Nach einer Viertelstunde hatte er seine Form geändert, der kleine Fleck war verschwunden, der grössere nach der Spitze zu gerückt. Nach Verlauf einer halben Stunde war er kuglig geworden und jene helle Stelle verschwunden.» Weiter unten heisst es über den Keimfleck 1) La Valette St. George. lieber den Keimfleck und die Bedeutung der Eitlieile. Archiv f. mikr. Anat. II. 1866. p. 56. 2) Von den neuesten Forschern sah unter ande- ren auch Waldeyer (Eierstock und Ei p. 41) Varia- tionen des Keimfleckes im Kaninchenei. Ueberhaupt sind ähnliche Angaben für Eier von Wirbelthieren und Wirbellosen so vielfach in der Specialliteratur zerstreut, dass an ein Zusammenstellen eines einigermaassen voll- ständigen Verzeichnisses derselben nicht zu denken ist. Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. 25 des Porcellio scaber, man könne ihn in allen möglichen Formen beobachten, vom Körner häufen an bis zum massiven Klumpen, zuweilen stelle er einen nach einer Seite geöffneten Ring dar, oft auch eine ausgehöhlte Kugel. Der Verfasser bildet zwei Eier des eben genann- ten Thieres ab, von denen das eine einen unregelmässig geformten, das andere einen ovalen Keimfleck besitzt. — Man sieht aus den eben angeführten Stellen, dass La Valette nicht blos Variationen des Keimflecks an Form und Zahl bemerkt, sondern auch directe Form- veränderungen am selben im Verlauf der Beobachtung wahrgenommen hat. (Er stellte seine Untersuchungen an in Jodserum liegenden Präparaten an.) Trotzdem erwähnt er nicht einmal der Möglichkeit, diese Form Veränderungen könnten durch amoeboïde Eigen- schaften des Kernkörperchens bedingt sein. Er glaubt nur sich auf Grund seiner Wahrnehmungen dahin aussprechen zu dürfen , dass der Keimfleck aus einer mehr oder weniger feinkörnigen , halbfesten Masse bestehe , welche sich aus dein Inhalte des Keim- bläschens in verschiedener Form niederschlägt und in Wasser wiederum löslich ist. Zur Erhärtung dieser Ansicht führt La Valette folgende höchst interessante Beobachtung an, welche bekanntlich Pflüger1) an sich vermehrenden Eiern aus dem Eierstocke der Katze gemacht hat. Von einem Keimbläschen sah Pflüger sich einen Tlieil abschnüren und zu einem schönen, klaren Bläschen abrunden. Der Keimfleck war hierbei in der anderen Hälfte zurückgeblieben, so dass das neue durch Abschnürung entstandene Keimbläschen keinen Keimfleck besass. Kaum hatte Pflüger das gesehen, so erschien urplötzlich, wie hingezaubert, in diesem zweiten Bläschen ein blasser Niederschlag, rundlich, stärker licht- brechend, als alle anderen Theile, — ein neuentstandener zweiter Keimfleck. Diesen Beobachtungen von Pflüger und La Valette lassen sich vortrefflich die von Ed. van Beneden2) anschliessen , welche er an der von ihm selbst entdeckten Gregarina gigantea des Hummers gemacht hat und welche er folgendermaassen darstellt: «Si Ton observe une de ces Grégarines de dimension moyenne, on voit le noyau, d’abord pourvu d’un nucléole unique , présenter , quelques instants plus tard , un grand nombre de petits corpuscules réfringents, de dimensions très-variables, qui sont autant de nucléoles; quel- ques-uns de ceux-ci grandissent considérablement , tandis que le nucléole primitif diminue peu-à-peu de volume , pour disparaître enfin. Le nombre des nucléoles varie à chaque in- stant; quelques-uns disparaissent, tandis que d’autres se forment; ils apparaissent sous forme d’un petit point presque imperceptible; ce point grandit jusqu’à certaines limites; il devient un véritable corpuscule formé d’une substance homogène très - réfringente , puis le corpuscule diminue de volume; il réfracte de moins en moins la lumière, enfin il disparaît. Il arrive même que toute trace de nucléole s’éfface dans le noyau, et quelques instants plus tard on y distingue un ou plusieurs nucléoles , qui subissent de nouveau toutes les variations 1) E. F. W. Pflüger. Ueber die Eierstöcke der Säu- Grégarine. Bull, de l’Acad. r. de Belgique, 2-me sér. gethiere und des Mensclien. Leipzig. 18fi3. 4. p. 52, 109 XXVIII. 1S69. p 449. 2) Ed. van Beneden. Sur une nouvelle espèce de Mémoires de l’Acad. Imp. dos sciences, Vllme Série. 4 26 De. Alexander Brandt, que je viens de signaler.» Sehr möglich, dass bei diesen Erscheinungen nicht nur ein förm- liches Auflösen der Brockel der Kernkörperchen in der Substanz des Kernes und hinterher ein erneuertes «Auskrystallisiren» stattfindet, sondern zum Theil auch ein amoeboi'des Zer- fallen und Wiederzusammenbacken des Kernkörperchens mit in Betracht kommt (?). (An einem anderen Orte lässt van Beneden1) bei seiner Gregarina gigantea sich den Ueber- gang aus dem Cytoden- in das Zellenstadium so vollziehen : gewisse, anfangs im ganzen Proto- plasma verbreitete Substanzen krystallisiren gleichsam aus und werden zum Kernkörper- chen; um dieses herum krystallisiren sich alsdann schwerer krystallisirbare Substanzen und bilden den Kern)2). Die Entstehung des Keimfleckes als Niederschlag, sei es aus dem Keimbläschen oder dem Protoplasma direct, steht meiner Ansicht nach mit der Contractilität desselben kei - neswegs in Widerspruch. Warum soll ein organischer Niederschlag nicht contraetil sein können? Wagen wir uns auf das Gebiet der Speculationen über den ersten Ursprung der Organismen, so können wir uns dieselben doch nur als contractiles Protoplasma vorstellen, welches durch einen chemischen Process als Niederschlag entstanden ist. Als weitere Com- plication der Entwickelung können wir das Auftreten eines Kernes im Protoplasma be- trachten , und auch dieser kann ursprünglich gleichfalls kaum anders als durch eine Art Niederschlag zustande gekommen sein, und doch spricht ihm niemand gewisse physiologi- sche Leistungen ab. (Als eine Art von Niederschlag dürften auch die Kerne der ersten Furchungskugeln vieler Thiere entstehen). Behufs einer Verallgemeinerung der an dem Keimflecke von Periplaneta gewonnenen Resultate, wurde oben eine ganze Reihe von Beobachtungen angeführt, welche sämmtlich ihre naturgemässe Erklärung durch die Annahme einer amoeboïden Beweglichkeit des Keimfleckes überhaupt finden dürften. Da wir es heutzutage als ausgemachte Sache be- trachten können, dass der Keimfleck des Eies dem Kernkörperchen der übrigen thierischen Zellen entspricht, so liegt die Frage nahe, ob nicht etwa amoeboïde Eigenschaften dem Kern- körperchen der Zelle überhaupt zukommen möchten? Auch auf diese Frage dürfte eine bejahende Antwort in Kürze zu erwarten sein. Man denke nur an die zahlreichen, aller- wärts in der Specialliteratur zerstreuten, Angaben über mehrfache Kernkörperchen in ein und demselben Zellenkerne, über die schwankende Zahl dieser mehrfachen Kernkörperchen, ferner an die selbsständige Theilung der Kernkörperchen, welche bisweilen stets der Thei- lung des Kernes bei der Zellenvermehrung vorangeht: und kann die selbstständige Thei- lung nicht bereits als ein Bewegungsphaenomen aufgefasst werden? Wenn wir trotzdem weniger Anhaltungspunkte dafür haben amoeboïde Eigenschaften dem Kernkörperchen der Zellen überhaupt zuzuschreiben, so möchte der Grund davon darin liegen, dass das Kern- 1) Ed. van Beneden. Recherches sur l’évolution des Grégariues.' Bruxelles. 1871. 8. p. 15. 2) Bei einer weiteren Verfolgung dieser Phaenomene verdiente wohl auch die von mir (1. c. p. 5) erwähnte Jtseobacnmng nerangezogen zu werden, naeü weicner beim Sipunculus nudus in den rothen Blutkörperchen zweier Exemplare temporär Kerne auftraten, die Tags darauf wieder verschwanden. Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. 27 körperchen in den Nicht- Eizellen gar zu oft fehlt, und wenn es vorhanden ist, meist wegen seiner Kleinheit sich genaueren Beobachtungen entzieht oder doch wenig zu solchen auffordert. Uebrigens will ich bemerken, dass, wenn ich mich soeben für die amoe- boi'den Formveränderungen als allgemeine Grundeigenschaft des Kernkörperchens ausge- sprochen, ich. dennoch weit davon entfernt bin zu behaupten es müssten sich amoebo'ide Bewegungen durchaus an jedem Kernkörperchen nachweisen lassen. Lassen sich doch ähnli- che Bewegungen selbst nicht am Protoplasma einer jeden beliebigen Zelle beobachten ; die chemische Constitution, der Consistenzgrad des Protoplasma und des umgebenden Mediums können Modificationen erfahren haben , welche active Bewegungen beschränken oder un- möglich machen. Aehnliches lässt sich auch a priori für das Kernkörperchen vermuthen. Trotzdem würde die active Beweglichkeit doch immer unter seinen physiologischen Grund- eigenschaften aufgeführt werden können. Ausserdem darf man nicht aus dem Auge lassen, dass im Zellkerne verschiedenartige organische und anorganische Niederschläge oder Vacuolen Vorkommen können , welche man für Nucleoli halten könnte , und welche doch mit der belebten Sarcode oder protoplasmatischen Substanz nichts gemein haben: von sol- chen Gebilden wird man natürlich keine activen Form Veränderungen erwarten können. Nachdem für das Protoplasma oder den Leib der thicrischen Zelle die active Beweg- lichkeit schon längst und lange nachgewiesen war, haben wir oben dieselbe physiologische Eigenschaft noch an einem anderen morphologischen Bestandheit der Zelle, den Nucleolus, kennen gelernt. Gleichsam zwischen diesen beiden Gebilden steht der Nucleus mitteninne. Sollte er in seinen physiologischen Leistungen geringer sein als der unbedeutendere Nuc- leolus? Dies dürfte schon an sich nicht wahrscheinlich sein. Zu Gunsten der activen Be- weglichkeit des Kernes spricht bereits seine so häufig zu beobachtende Theilung, welche gewöhnlich der Vermehrung der Zelle vorausgeht und durchaus den Character eines acti- ven Bewegungsphaenomens zur Schau zu tragen pflegt. Ferner wurden neuerdings durch Haustein1) amoebo'ide Formveränderungen und active, von den Protoplasmaströmen unab- hängige Locomotionen am Kern vieler Pflanzen nachgewiesen, und zwar sowohl in Trichom- als auch in Parenchymzellen. Die Analogie der thierischen und pflanzlichen Zelle lässt auch im Thierreich amoebo'ide Eigenschaften des Zellkernes vermuthen. Wenn solche, meines Wissens, bisher noch nicht beschrieben wurden, so dürfte die Schuld nur daran liegen, dass man noch nicht die gehörige Aufmerksamkeit der Untersuchung günstiger Objecte unter natürlichen, normalen Verhältnissen zugewendet hat. Zu solchen günstigen Objecten scheinen unter andern die Eizellen gewisser Insecten zu gehören. Claus lässt in 1) Haiistein. Botanische Zeitung. 1872. 3V° 2 und 3. 28 De. Alexandee Beandt, seiner mehrfach citirten Arbeit bei einer auf Betula alba lebenden Aphidenart (Fig. 7) die «Dotterbildungszellen» sich von den Eiern durch einen grossen, wolkigen Kern unter- scheiden: (die Eier besitzen einen kleinen runden). Sollte dieser Unterschied nicht auf eine blosse amoeboïde Formveränderung hinauslaufen? Möglichenfalls kommt den Keim- bläschen von Pulex die Eigenschaft zu, an der Oberfläche kurze Fortsätze zu treiben. Die grösseren Keimbläschen haben nämlich den Anschein, als seien sie von einer Hülle umge- ben, welche von zarten Poren durchsetzt ist. Landois (1. c. p. 34) will sich überzeugt haben, dass diese Erscheinung von feinen auf den Keimbläschen lagernden Dotterkörnchen herrührt, die auf der sehr glatten Hülle desselben derartige Spiegelungen verursachen. Woher finden wir aber ähnliche «Spiegelungen» nicht auch bei anderen Insecten? An den ältesten Eiern, in denen sich noch das Keimbläschen direct wahrnehmen lässt, bemerken wir keinen zackigen Saum mehr, sondern, statt dessen einen hellen, doppeltcontourirten, also eine Membran. Uebrigens wäre es möglich, dass meine Deutung nicht das Richtige ge- troffen, dass auf der Oberfläche gewisser Keimbläschen in der Tliat eine Spiegelung statt- findet, oder auch dass die betreffenden Keimbläschen eine von Poren durchsetzte Membran besitzen, (man denke an die sogenannten Stachelzellen in unserer Haut, und an die Zona pellucida vieler Wirbelthiereier); später könnten die Poren ausgefüllt werden. Aus diesen Gründen möchte ich auf die Keimbläschen des Flohes auch kein allzugrosses Gewicht le- gen, um die amoebo'iden Eigenschaften des Zellkernes zu demonstriren. Schon einen besse- ren Anhaltungspunkt bieten die Keimbläschen von Periplaneta. Diese sind allerdings meist genau kugelrund, doch stösst man bisweilen auf solche, die im optischen Durchschnitt etwa ebensoviel von der regelmässigen Gestalt abweichen, wie ein Kreis, den man aus freier, un- geübter Hand zu ziehen versucht, von einem mit dem Zirkel gezogenem (Fig. 3). In einzel- nen Fällen liess es sich freilich nachweisen, dass zufällig anliegende Wanderzellen diese Formabweichungen bedingten, doch war dies lange nicht immer der Fall. Bei Erwärmungs- versuchen sah ich wiederholentlich den Kern seine Gestalt ändern (Fig. 9 d, e). Leider, waren diese Gestaltveränderungen wenig praegnant und gingen zu langsam von sich, und, was die Hauptsache ist, man kann immerhin einwenden, sie wären keine active, sondern passive, durch die Contractilität des Protoplasma bedingte. Fernere Experimente, nament- lich an herausgepressten Keimbläschen, werden jedoch leicht entscheiden ob diesen Gebil- den amoeboïde Eigenschaften zukommen oder nicht. — - Bei der Untersuchung des Blutes von Periplaneta richtete ich unter anderen mein Augenmerk auf die Kerne der Blutkör- perchen, wo solche überhaupt, in einfacher oder doppelter Zahl, vorhanden sind. Es erwie- sen sich dieselben als transparente Gebilde von unbeständiger Gestalt: hier trifft man einen runden, dort einen länglichen oder eckigen. Eine ähnliche Inconstanz der Kern- form fiel mir auch an den Blutkörperchen des lebenden, unverdünnten Blutes von Rana temporaria auf und veranlasst mich zu einer näheren Untersuchung. Es erwies sich hier- bei, dass die Kerne der rothen Blutkörperchen meistens zwar oblong, an den Enden abge- rundet sind, dass jedoch viele Kerne lanzett- oder stabförmig, einzelne rund erscheinen. Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplan eta) orientalis. 29 Die vou verlängerter Gestalt waren gewöhnlich, doch lange nicht immer, der Länge nach in den betreffenden Blutkörperchen gestellt. Bald waren die Kerne, so besonders die mehr rundlichen, scharf umschrieben und auf ihrer Oberfläche glatt, bald von einem ungleich- mässigen zackigen und höckerigen Contour begrenzt. In letzterem Falle hätte man irrthiim- lich den Inhalt der Kerne für granulirt halten können, während es nur die Oberfläche war. Ein genaueres Zusehen und Experimentiren bei erhöhter Temperatur ergab für 'die Kerne der Blutkörperchen das Vorhandensein autochtoner Gestaltveränderungen, ähnlich wie sie oben für die Kernkörperchen der Eier von Periplaneta nachgewiesen wurde, nur möchte ich behaupten, dass die Kerne der Froschblutkörperchen träger in ihren Bewegungen sind. (Vielleicht dürften sie hierbei durch Mangel an gehörigem Spielraum beengt sein?). Uebri- gens nehmen auch die Kerne der Froschblutkörperchen gelegentlich sogar eine wolkenför- mige Gestalt an. Zum Schlüsse sei es mir gestattet die Ueberzeugung auszusprechen, dass es nicht lange dauern wird, bis die Contractilität ganz selbstverständlich als allgemeine Eigenschaft aller protoplasmatischen Gebilde der organischen Zelle hingestellt werden wird. Résumé. 1) Die Spitze der Eiröhren von Periplaneta ist von einem Protoplasma angefüllt, in welches Kerne eingesprengt sind. Diese wandeln sich theils zu Kernen der Epithel- zellen, theils zu Keimbläschen um, indem sich um sie herum ein Hof vom Protoplasma differencirt. 2) Sämmtliche junge Eizellen werden mit der Zeit zu Eiern. Insectenovarieu, in denen Solches stattfindet, können als panoïstische bezeichnet werden, im Gegensatz zu den meroïstischen, in welchen ein Theil der jungen Eizellen sich zu den sogenannten Dotter- bildungszellen metamorphosirt. 3) Aehnlich wie hier und da in der Eiröhre, findet man auch im Inneren der Ei- zellen gelegentlich indifferente Wanderzellen, was auf eine Einwanderung derselben schliessen lässt. 4) Das Epithel trägt direct zur Ernährung, resp. Vergrösserung, der Eier bei, indem von ihm kleine Partikelchen abtröpfeln und sich dem Dotter beimischen. 5) Die Keimflecke sind contractil. St. Petersburg, im Februar 1874. 30 Dr. Al. Br an dt, Ueber die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. 4 Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Figuren beziehen sieh auf Periplaneta, nur 7 und 8 auf Pulex. vf, vf — Verbindungs- oder Endfäden. p — Aeussere oder Peritonealhüllc. tp — Innere Hülle oder Tunica propria. ep — Epithel. e — Eizellen. I — Wanderzcllen. Fig. 1. Rechts Ovarium von unten, Lupenvcrgrösserung; t — Eiröhren, со Eierkelch, od — Eileiter. Fig. 2. Oberes Ende einer Eiröhre im optischen Durchschnitt. Fig. 3. Oberes Ende einer Eiröhre im optischen Durchschnitt; die äussere Hülle ist bis auf ein- zelne Residuen abgepinselt; — in der Spitze der Eiröhre die ersten als solche erkennbaren Anlagen der Eizellen. Fig. 4. Oberes Ende und Verbindungsfaden einer Eiröhre bei oberflächlicher Einstellung des Mikroskops. Fig. 5 — 6. Zwei Abschnitte einer mit Essigsäure behandelten Eiröhre im optischen Durchschnitt. Fig. 7 — 8. Zwei Abschnitte einer Eirölire von Pulex. Bei l ein ganzer Haufen von Wanderzellen im Innern einer Eizelle. Fig. 9. Aeussere oder Peritonealhülle der Eiröhren. Fig. 10. Epithel und dessen innere Begrenzung von einem weiter vorgeschrittenen Ei. Fig. 11. а, а — Zwei Keimbläschen mit ihren Keimflecken bei 30° С, Ь, V dieselben 5 Minuten später, c, c' — dieselben nach weiteren 10 Minuten, d, d! — dieselben nach weiteren 5 Minuten, e, d — dieselben abermals nach 4 Minuten. Fig. 12. Zwei Keimbläschen mit ihren Keimflecken bei über 40° C. I 1 'f' .À Brandi ctel. IfeiallojjrajAie -von Jvanson. S!îeiersW§ / t ! Ä 3Q 9 9 4 ѳ - к