ee 2 1 1 . er A, ee, ng 7 er, ee a N = ee ter, ee 3 . a er 7 5 5 5 e 72 x 2 I nd — m ee ware Re ra Fr Ben 2 . 8 wenn BR ar en mens = > er ja a 3 e 5 . ar et = 5 8 4 le E we . 5 E ent: — at . “> 25 . ö „„ en en e En ne en we 2 7 1 Naturhiſtoriſche nach der weſtindiſchen hay ti. mn — — Naturhiſtoriſche Reiſe nach der weſtindiſchen Inſel Sayt i auf Koften Sr. Majeſtaͤt des Kaiſers von Oeſterreich, — von Karl Ritter, Gartendirector in Ungarn und Mitglied mehrerer gelehrten Geſellſchaften. Mit lithographirten Abbildungen. Stuttgart. Hallberger'ſche Verlagshandlung. 1836. Vorrede. Das lebhafte naturhiſtoriſche Intereſſe, welches die reichen Sendungen aus Braſilien erregt hatten, veranlaßte den durch ſeine großartigen uͤberſeeiſchen Unternehmungen, und durch Ausfuͤbrung fo mancher patriotiſchen Zwecke rühmlichſt bekannten Hrn. Frhrn. Joſeph v. Dietrich, Allerhoͤchſt Seiner Majeſtaͤt dem Kaiſer von Oeſterreich, bei Gelegenheit ſeiner merfans tiliſchen Handelsunternehmungen nach den weſtindi⸗ ſchen Inſeln, ſein Schiff zur Ueberbringung natur— hiſtoriſcher Gegenſtaͤnde auch aus dieſem Theile unſerer Erde anzubieten, welchen Antrag Hoͤchſtdieſelben huld— vollſt anzunehmen geruhten. Vor Begierde brennend, mein Wiſſen im Ge— biete der Naturkunde zu erweitern, und namentlich i die Tropen Natur mit ihrer üppigen, uͤberſtroͤmenden N 1 1 tea Fülle zu durchforſchen, vernahm ich mit dem größten Enthuſiasmus den Allerhoͤchſten Entſchluß, in Folge deſſen ich zu dieſer, im Intereſſe der Wiſſenſchaft unternommenen Sendung beſtimmt wurde. Um auf Hayti meinen Zweck zu begünftigen, wurde mir von dem k. k. Naturalienkabinet eine Sammlung inlaͤndiſcher Naturalien aus ſechs Kiſten beſtehend fuͤr Chriſtoph mitgegeben; ob der Erfolg der Erwartung entſprochen, daruber das Naͤhere bei Erzählung meiner Ankunft auf Hayti. Wien. Der Verfaſſer. Subalt. I. Abfahrt von Trieſt. — Sturm. — Neptunsfeſt. — Meteorſtein. — Ankunft auf Hayti. — Bureaux des Grafen Limonade und des Baron Dupuy. — Aufſtellung der als Geſchenke mitgebrachten Naturalien in Sans-Souci. — Chriſtophs feierlicher Kirchengang. 11. Die Capſtadt und ihre Umgebung. — Zuſtand dieſer Stadt. — Bevölkerung. — Lage. — Häuſer. — Chriſtophs Garten. — Luſt⸗ haus. — Kathedralkirche. — Place d'armes. — Chriſtophs Palaſt. — Theater. — Arſenal. — Kaſerne und Hospital. — Schulen. — Markt⸗ plätze. Promenade. — Triumphbogen. — Hafen Cap Hapti. — Petite-Anſe. — Vegetation. — Haut du Cap. — Habitation etran- gere. — Plantage. — Gelbes Fieber. III. Geſchichte der Inſel Hayti von ihrer Entdeckung im Jahr 1492 bis 1806 unter Deſſalines. IV. Faktionen auf Hapti. V. Geſchichte der Inſel von 1814 bis 1820 unter Chriſtoph. VI. Militairweſen. g VII. Chriſtoph und ſeine Familie. VIII. Ausflug nach Sans-Souei. — Schönheit der Natur. — Schloß von Sans⸗Souci. — Säle. — Schlaf- und Badezimmer. — Audienz⸗ ſaal. — Gallawägen. — Kirche. — Gärten. — Beſchaffenheit der Stadt Sans⸗Souei. — Henri Eitadelle, — VIII — IX. Reiſe nach Fortropal. — Phosphoresciren des Meeres. — Thier- und Pflanzenreichthum auf und in der See. — Farbenſplel des Mee— res. — Ankunft. — Diner bei dem Kommandanten Charles Pierre. — Die Stadt Fortroyal. — Gefängniſſe. — Feſtung. — Excurſionen des Verfaſſers. — Auſternfang. — Anekdote. K Fahrt nach dem Fluſſe Maſacre. — Krokodille. — Das Dorf Embouchure. — Krokodillen-Jagd. — Rückreiſe nach dem Cap. . Reife von Cap nach Gonayves. — Die Stadt Gonapves. — Salinen. — St. Mare. EN, Allgemeine phyſikaliſche Beobachtungen auf Hayti. — Geographi— ſche Lage. — Größe. — Gebirge. — Flüſſe. — Klima. — Regen⸗ zeit. — Merkwürdiges Naturphänomen. — Tagsverſchiedenheit. XIII. Bevölkerung — Menſchenracen. — Krankheiten. XIV. Sitten. — Häusliche Gebräuche und Unterhaltungen. — Trach⸗ ten. — Hausgeräthe. — Erziehung. — Geſang. — Tanz. — Belu⸗ ſtigungen der Weißen. XV. Religion. — Volkscharakter. — Sprache. XVI. Civiliſation. — Kunſtfleiß. — Kultur des Bodens. — Handel. — Münzen. XVII. Haptis Thierwelt. — Säugethiere. — Vögel. — Fiſche, und Am⸗ phibien. — Inſekten. — Schleimthiere. — Schaalthiere. XVIII. Allgemeine Anſichten der Pflanzenwelt auf Hayti, XIX. Ueber das Herbarienſammeln. — Haptis Flora. — I. Abfahrt von Trieſt. — Sturm. — Neptunsfeſt. — Meteorſtein. — Ankunft auf Hayti. — Bureaux des Grafen Limonade und des Baron Dupup. — Aufſtellung der als Geſchenke mitgebrachten Naturalien in Sans-Souci. — Chriſtophs feierlicher Kirchenzug. Am 5. Februar 1820 lichteten wir in Trieſt unter dem englichen Capitaͤn Jean Smard (Schiff Esches) die An— ker, und ſtachen bei guͤnſtigem Wetter in See, ſo daß wir uns am 12. an der Kuͤſte von Gicilien befanden, und den weit über die Kuͤſten hervorragenden Berg Aetna, deſſen Haupt mit Schnee bedeckt und von der Sonne beleuchtet war, bewunderten. Nachdem wir einen ſtarken Sturm, der fi) am 15. erhoben, gluͤcklich beſtanden hatten, ſegelten wir am 18. an der Bai von Tunis, etwa in einer Entfernung von 40 engliſchen Seemeilen vorbei, und erreichten drei Tage darauf, am 21. nach einem zwiſchen den Inſeln Pandalaria und Bidoſa abermals gluͤcklich beſtandenen furchtbaren Orkan, am 1. Merz die Kuͤſten von Malaga. Den 5. naͤherten wir uns der Meerenge von Gibraltar, wo wir im Hafen Trinkwaſſer, Fleiſch, Gemuͤße und Po⸗ meranzen faßten. Erſt den 8. war es uns moͤglich bei Nord— oſtwind die Anker zu lichten, und bald hatten wir das Cap Trafalgar vor Augen, welches durch den Heldentod, den N 1 1 der große Nelfon dort erlitten, ewig denkwuͤrdig bleibt. Den 12. drohte uns eine große Gefahr. Bekanntlich entſtehen zu Zeiten auf dem Ocean, ſogenannte Stoßwinde, welche die Englaͤnder Squalls nennen, und die fuͤr die Schiffe aͤußerſt gefährlich ſind, weil ſie meiſtens ohne Vorboten ſich erheben. Es thuͤrmte ſich nämlich im Norden ein dunkelgrauendes Ger woͤlke auf, der Capitain ſah ſtutzig auf, ahnte jedoch keine Gefahr. Das Schiff rauſchte in vollem Segel uͤber die Wel— len, als plotzlich ein ſchauerliches Gepraſſel und ſchmettern— der Donner uns in Schrecken verſetzte. Alles ſtuͤrzte aufs Verdeck und ſiehe — beide Maſten ſammt Segeln lagen im Meere. Der Stoßwind war nunmehr vorbei, und es wehte wieder Nordoſt. Troſtlos war unſere jetzige Lage, da wir uns der unentbehrlichſten Mittel zur Fortſetzung der Reiſe beraubt ſahen. Indeß war die Anſicht des Capitains immer- hin erheiternd, welcher glaubte, daß, wenn die Maſten nicht gebrochen waͤren, das Schiff rettungslos unter Waſſer ge— druͤckt worden wäre, Zwar war der Hintermaſt unverſehrt ſtehen geblieben; da derſelbe jedoch nicht mehr als zwei Segel hatte, ſo fingen die Matroſen an, die Segelſtangen aus dem Waſſer herauszuziehen, ſo daß am 15. das Schiff ſchon wie— der in vollen Segeln prangte. Wir ſahen ganze Inſeln von fucus natans (Seetang), welche unſer Schiff umzogen. Unter dieſem Seetang verbarg ſich eine Menge kleiner Krab— ben, unter andern die in naturhiſtoriſcher Hinſicht merkwuͤr— dige Seeblaſe (Holoturig). Wir ſegelten weiter auf Madera zu, das wir in einer Entfernung von 50 Seemeilen am 18. wie aus duͤſterm Gewoͤlke, anſichtig wurden. Am 26. fuhren wir uͤber die Linie, wo wir das bekannt— lich bei den Seefahrern uͤbliche Neptunsfeſt mitmachten. Schon die ganze Nacht hatten die Matroſen an der Mum— merei gearbeitet. Bei Tagesanbruch ſtieg der Meeresgott Neptun mit ſeinem Gefolge am Vordertheil des Schiffes 5 empor; ſein Wagen wurde durch eine Lavette vorgeſtellt, die von feinen Gefolge gezogen ward. Bei der Cajuͤte ange kommen, wuͤnſchte Neptun dem Capitain einen guten Morgen, und überreichte ihm auf feinem Dreizack einen Häring. Auf die Frage des Gottes, ob der Capitain viele Kinder am Bord habe, welche die Linie noch nicht paſſirt haͤtten, ant— wortete der letztere, ja. Inzwiſchen waren wir Reiſende in die Cajuͤte eingeſchloſſen, konnten aber durch das obere Fen— ſter Alles beobachten. Sodann wurde einer um den andern herausgelaſſen. Durch ein gutes Trinkgeld, welches Neptun erhielt, kamen wir, nachdem er uns einen Kuß gegeben, unangefochten durch. Aber ganz anders erging es den jun— gen Matroſen im untern Schiffsraum. Einer um den ans dern wurde mit verbundenen Augen hervorgenommen, ſofort auf den Neptunswagen geſetzt, unter Jubelgeſchrei im ganzen Geſicht mit Pech und Fett geſchmiert, mit mehreren Eimern Waſſer begoſſen und endlich, in einem mit Waſſer angefuͤllten Boote auf eine graͤßliche Weiſe ge— badet. Dieſe ganze Scene heißt die Taufe unter der Linie. Am 5. April ereignete ſich ein hoͤchſt merkwuͤrdiger Um— ſtand. Das Wetter war ſchoͤn, der Himmel heiter. Ein fanfter Paſſatwind blies in unſere Segel, als ploͤtzlich im Oſten ein Gewoͤlk aufſtieg, welches nach Verlauf einer Vier— telſtunde in der Richtung von Oſten uach Weſten, ohne Blitz oder Donner, noch einer ſonſtigen Erſcheinung außer einem ſtarken Regenſchauer uͤber unſer Schiff wegzog. Mit einem— male fiel ein Stein in der Groͤße eines Huͤhnereis dicht bei der Waſſerpumpe auf das Verdeck herab; wir alle ſtanden unter der Sonnenplane, hörten den Fall, eilten herbei und fanden zu unſerm Erſtaunen die Stuͤcke eines naſſen, ſehr zerbrechlichen Steines, wovon der Capitain ein Stuͤck für das Londoner Muſeum aufhob. Ich ſuchte ebenfalls Stuͤcke zuſammen, um ſie aufzubewahren. Das Schiff befand ſich unter dem 20ſten Grad 10 Minuten nördlicher Breite und dem 51ſten Grad 50 Minuten weſtlicher Laͤnge. Das naͤchſte Land lag von uns gegen Weſten, naͤmlich die Antillen. Das Phaͤ— nomen ereignete ſich Morgens 11 Uhr, und dauerte nicht laͤnger als 5 Minuten. Das Schiff ſegelte nach Weſten. Auf Veranlaſſung eines Briefes vom Direktor des k. k. Naturalienkabinets zu Wien, v. Schreibers, das mir auf Hayti zugekommen, ließ ich mir über dieß Ereigniß ein Beglaubigungsſchreiben unſers Capitains ausfertigen “). Am 12. erſcholl noch vor Tagesanbruch vom Maſt der Freuderuf: Land! Land! Der Matroſe, welcher dieſe erſehnte Nachricht brachte, leerte hierauf ſeine Flaſche Rum aus, die immer demjenigen zu Theile wird, welcher zuerſt Land entdeckt. Kaum war die Sonne uͤber dem Horizont, als das Ziel unſerer Fahrt, Hayti vor unſern uͤberraſchten Blicken uͤber dem Meeresſpiegel emporſtieg. Wir ſteuerten gegen die Kuͤſte bis der Capitain das Cap Born erkannte. Dann fegelten wir laͤngs derſelben am alten Cap Frangais vorbei. Eine Gebirgskette nach der andern ragte nun vor *) Aus der Unterſuchung dieſes Steines, die bei meiner Rück⸗ kunft in Wien vorgenommen ward, ergab ſich, daß demſelben die Eigenſchaften eines Meteorſteines völlig fehlen, indem er auch nicht einmal die Kruſte hat, mit welcher Meteorſteine gewöhn— lich beveckt ſind. Dieß führte daher auf die Meinung, daß dieſer Stein vielleicht durch irgend einen andern Umſtand aufs Schiff gekommen. Wer indeß die Reinlichkeit auf engliſchen Schiffen kennt, wo jedes Plätzchen täglich gewaſchen, und öfters mit Oehl oder Oehlfarbe beſtrichen wird, der wird die Unzu— länglichkeit dieſer Anſicht ſehr bald einſehen. Uebrigens iſt es mein Grundſatz, nur das zu erzählen und zu behaupten, was ich mit eigenen Sinnen wahrgenommen. Vieles im Gebiete der Phyſik wird ſich noch zeigen und bewähren, was zur Zeit noch unbegreiflich ſcheint. — — uns aus dem blauen Nebel hervor, und verlor ſich hinter uns in demſelben. 7 Am andern Morgen, den 14. gegen 9 Uhr, ſahen wir ſchon die von Chriſtoph auf einem Bergesgipfel erbaute, ringsum mit Gebirgen umſchloſſene Citadelle Henri. Rechts boten uns die Gebirgsruͤcken der kleinen Inſel la Fortue, links der wie ein Haus geſtaltete Berg Monte Chriſt einen impoſanten Anblick dar. Gegen 11 naͤherten wir uns dem Cap Nicolet, wo das Waſſer ſchon eine gruͤnere Farbe annahm, was ein Zeichen des ſeichten Grundes iſt. Der Capitain pflanzte die Flagge auf, zog die Segel ein, und erwartete den Lootſen. Der Hafen von Cap Hayti zeigt ſich in der Entfernung von einer Stunde faſt auf allen Seiten von Felſen und Ko— rallenriffen eingeſchloſſen, ſo daß unweit vom Cap Picolet nur ein enger Weg nach dem Hafen fuͤhrt, deſſen Klippen groͤßtentheils unter dem Waſſer nur an manchen Orten in langen Reihen etliche Fuß uͤber die Meeresflaͤche hervorſtar— ren und woruͤber ſich bei ungeſtuͤmmer See die Wogen mit furchtbarem Getoͤſe hinwegſtuͤrzen, wodurch denn ſchon mans cher Seefahrer, am nahen Ziele ſeiner Reiſe, im Angeſicht der ſchoͤnen Inſel, rettungslos ein Opfer des truͤgeriſchen Waſſers wurde. Spaͤterhin, bei Gelegenheit meiner Excur— ſionen, werde ich abermals auf dieſen intereſſanten Punkt zu— ruͤckkommen. Inzwiſchen nahmen wir vom Hafen aus ein Boot wahr, das den Lootſen brachte. Wir gewahrten auf demſelben vier Negerkinder, naͤmlich drei Knaben und ein Maͤdchen, die auf einem kleinen elenden, kaum 10 bis 12 Fuß langen Fahr— zeuge ruderten. Der Lootſe, ein Mulatte, der gut engliſch ſprach, ſtieg an Bord und uͤbernahm ſogleich das Commando uͤber die Matroſen. So ſteuerten wir dem Hafen zu, die Kinder banden ihr kleines Fahrzeug hinten ans Schiff, und legten ſich ſchlafen. Wir naͤherten uns jetzt der Kapſtadt, die wie aus der Morgendaͤmmerung ins Tageslicht hervortrat. Das Meer ward immer ruhiger, die Landſchaft freundlicher. Eine feier— liche Stille ſtellte ſich ein, felbft jenes Brauſen über den er— waͤhnten Korallenriffen hoͤrte man nicht mehr. Ein ſanfter Zephyr trieb die Fräufelnden Wellen ſpiegelnd am Schiffe vor— über. Von Fiſchernachen umſchwaͤrmt, hatten wir endlich das Ziel unſerer Reiſe erreicht, und Punkt 12 Uhr wurde Anker geworfen. Ein kleiner Umblick von dem Punkte unſerer Landung dürfte um fo intereſſanter ſeyn, da er zur Vollendung unſeres Gemaͤldes nothwendig gehoͤrt. Gegen Norden hatten wir die Ausſicht auf die majeſtaͤtiſche Fläche mit der wechſelnden Nuan⸗ cirung glaͤnzender Lichtſtreifen, zwiſchen hellgruͤnen und dun— kelfarbigen Strömungen, vorzüglich gegen die Felſenriffe, wo die ſchaͤumenden Wogen auf der dunkeln Flaͤche dahinrollten. Weſtlich hatten wir die mahleriſche Landſchaft der Kapſtadt vor uns, die ſich nebſt mehreren kleinen Forts nordwaͤrts bis Cap Picolet ausdehnt, ſuͤdlich aber die ganze Landſchaft bis Haut du cap, la plaine du Nord und die Gegend von Sans⸗Souci umfaßt, in deren Hintergrund ſich die Gebirgs— kette bei Sans⸗Souci mit der Citadelle Henri amphitheatra— liſch erhebt. Oeſtlich bietet ſich das freundliche Staͤdtchen Petite- ans, von Zuckerplantagen umgeben, auf eine ergüßs liche Weiſe unſerm Auge dar. Von unſerm Geſichtspunkte aus hinter der Stadt, erhebt ſich in mahleriſchem Proſpekt das felſenbeſaͤete Vorgebirg, welches mit einer bunten Mannigfaltigkeit von Vegetation bedeckt iſt, worunter man rieſenhafte Palmen unterſcheidet. Da und dort erblickt man abentheuerliche Felſengeſtalten, deren Zacken ganz pittoresk hervorragen. — . — Als wir im Hafen von Cap Hayti vor Anker lagen, näherte ſich uns ein Boot, worauf die Sanitaͤts- und Uns terſuchungs-Commiſſaͤre fuhren, die unter dem Zurufe: Bon jour, Capitaine blanc, an Bord fliegen. Dem Geſetze gemäß mußten alle fremden Ankoͤmmlinge nach dem Bureau des Grafen Limonade gebracht werden; daher beſtiegen wir, nach Aushaͤndigung unſerer Paͤſſe, in Begleitung der Offi— ziere, das Boot, welches uns ans Land brachte. Ein zer— lumpter barfuͤßiger Neger von der Garde Haytienne, blieb auf dem Schiffe als Schildwache zuruͤck. Ein Schwarm neugieriger Weißer und Schwarzer harrte am Ufer, um die neuen Ankoͤmmlinge zu ſehen und zu begruͤßen. Man denke ſich ein buntes Gemiſch reinlich gekleideter Weißer mitten im Haufen, zum Theil im Lumpen gehuͤllter halb— nackter Neger und unter dieſen wieder hie und da, einen ſchwarzen Offizier, in ſeiner mit Gold und Silber geſtickten Uniform. Allein eine ganz andere Empfindung floͤßt der Anblick einer entzuͤckenden Pflanzenwelt ein. Gleich beim Landen zeigte ſich unſern Augen ein Waͤldchen von Paradiesfeigen— baͤumen (Musa sapientum), deren zehn Fuß lange Blätter, ſanft vom Winde bewegt, dem Europaͤer verkuͤnden, daß er eine neue Welt betritt. Gewahrt er dann die ſtolze Kocos— palme (Cocos nucifera), auf welcher bunt gefiederte Vögel ſich wiegen, ſo wird er ſich des Staunens nicht erwehren koͤnnen. Im Burcau des Grafen Limonade, Chriſtophs Miniſter der auswaͤrtigen Angelegenheiten, angekommen, waren wir nicht wenig erſtaunt, alle Beamten in Uniform anzutreffen, wovon die hoͤheren, an deren Spitze der Miniſter ſtand, in prächtigen ſammtenen mit Gold durchwirkten Kleidern ehr— furchtsvoll da ſaßen. Waͤhrend unſer Capitain in ein Sei— tenzimmer gerufen wurde, wo man ihn uͤber die Schiffsla— dung und den Zweck der Fremden zur Rede ſtellte, trug man uns Stuͤhle zum Sitzen an. Die Zimmer dieſes Bu— reaus waren im Erdgeſchoße und ganz einfach, nur mit den noͤthigſten Meubeln, als Schreibtiſchen und Stuͤhlen verſehen. Der Capitain kam zuruͤck mit der Nachricht, daß wir uns nach dem Bureau des Staatsſekretaͤrs Baron Dupuy bege— ben muͤßten, welcher unſere Angelegenheiten dem Koͤnig vor— tragen wuͤrde. In dem Bureau des Baron Dupuy fanden wir ebenfalls dieſelbe Ordnung; überall herrſchte die groͤßte Stille. Der Baron (ein Mestitze) nahm uns in ſeinem Schreibzimmer, welches mit Bildern und Charten behaͤngt war, freundlich auf. Er ſelbſt ſaß im größten Staate da, der gepuderte Kopf mit einem kleinen Haarzopfe, der impoſante gruͤn ſammtne, mit Gold geſtickte Rock, nach altmodiſchem Schnitte, gaben ihm ein poffterliches Anſehen. Nachdem wir unſere Viſiten bei den hohen Staatsbe— amten abgeſtattet, war eine paſſende Wohnung unſere erſte Sorge. Da aber in der ganzen Stadt kein foͤrmliches Gaſt— haus ſich fand, ſahen wir uns gendthigt, im Kaffehaus, das von einer farbigen Frau dirigirt wurde, Abſteigequartier zu nehmen, wo die Fremden für einige Wochen eine Unterkunft finden; derjenige aber, der laͤnger zu verbleiben gedenkt, muß ſich eine eigene Wohnung miethen und für die Küche ſorgen. Erſt am fuͤnften Tag nach unſerer Ankunft im Hafen wurden, auf Befehl der Regierung, die mitgebrachten Natu— ralien unter der Aufſicht eines Negerhauptmanns, welcher zugleich die Oberaufſicht über Chriſtophs Gärten in Sans— Souci hatte, ans Land gebracht. Einige Neger erwarteten uns am Ufer, um alsdann die Kiſten nach Landesſitte auf dem Kopfe fortzutragen. Baron Dupuy führte den Zug in erwähnten Gallakleidern zu Fuße nach dem Palaſt. Mir wurde nur, auf das Vorgeben, daß ich bei Auspackung der Natu— unumgänglich nöthig ſey, erlaubt, mich dem Zuge auzuſchlle⸗ ßen. Nachdem wir von einer Menge des neugierigen Poͤbels (c'est tout comme chez nous) begafft worden waren, ka⸗ men wir beim Palaſt an. Auf einen Wink des Barons er griffen die Wachen ihre kreuzweiſe vor den Thuͤren ſtehenden Gewehre und eroͤffneten uns den Durchgang. Wir erſtiegen das erſte Stockwerk, und hier war es, wo ich in einem ziem— lich langen, aber außer einigen Tiſchen ganz leeren Saale die mitgebrachten Seltenheiten aufzuſtellen den Auftrag erhalten hatte. Zur Beihilfe wurden mir einige Lakaien Chriſtophs gegeben, die, mit Ausnahme der ſchwarzen Geſichter, wie europaͤiſche Koͤche ausſahen. Nach Beendigung dieſes Geſchaͤftes ließen mich die Diener allein zurück. In geringer Entfernung von mir ers ſchienen zwei ſchwarze Frauenzimmer auf dem Balkon des Palaſtes, zogen ſich aber fogleich zuruck, als fie mich wahr— nahmen. Zwei Lakaien traten ein, und machten die Fenſter⸗ laͤden zu, ſo daß ich mich ziemlich im Dunkeln befand, indem das durch die Jalouſien einfallende Licht nur ſpaͤrlich war. Das Raͤthſel löste ſich alsdann durch den Umſtand, daß es die beiden Prinzeſſinnen geweſen waren, denen mein Er— ſcheinen am Fenſter mißfallen hatte. Uebrigens mußte ich mich einer genauen Unterſuchung meiner Effekten unterziehen. Selbſt meine von der Hofnaturaliencabinets-Direction erhal— tenen Inſtruktionen, wurden durch einen Schwarzen, der lange in Hamburg gelebt hatte und gut deutſch ſprach, ͤͤberſetzt, und erſt dann, als man nichts Anſtoͤßiges darin fand, zus ruͤckgegeben. Das Innere der Inſel zu bereiſen wurde mir nicht geſtattet, indem, wie es hieß, ſich kein Weißer dieſer Beguͤnſtigung erfreuen dürfte; man verſprach mir jedoch er— wuͤnſchte Naturgegenſtände zu verſchaffen. Wirklich erhielt ich in der Folge viele junge Vögel und dergleichen, allein meiſt in verſtummelten Exemplaren, mit verſchnittenen Fluͤ⸗ 2 Hayti. geln, u. ſ. w. Dergleichen Exemplare waren freilich nicht geeignet, für ein Muſcum praͤparirt zu werden. Einige Pflanzenlieferungen, die ich erhielt, waren fuͤr mich ganz nutz⸗ los “). Dieß waren indeß nicht die einzigen unangenehmen Erfahrungen, die ich machen mußte, ſondern weit ſchmerzhaf— ter war mir das unſanfte Zuruͤckweiſen der Negerwachen an den Barrieren durch ihr „tournez blanc.“ Ich ſah mich mitten in der uͤppigſten Natur, ohne je— doch dieſe geheimen Werkſtätten der Vegetation beſuchen zu duͤrfen, ſondern blieb auf den geringen Umkreis der Stadt beſchraͤnkt. Indeß wagte ich doch einige kleine botaniſche Streifereien in die Gebuͤſche des Capgebirges, die ich aber ſpaͤterhin wieder aufgeben mußte, da ich mich eines Tages nur durch ſchnelle Flucht vor den groͤbſten Mißhandlungen rettete. Wir wohnten zu dieſer Zeit, in Ermanglung eines eige⸗ nen Quartiers, noch immer im Kaffeehaus, weßhalb ich dann auch meinem Geſchaͤfte nur mit der größten Unbequemlich— keit nachgehen konnte. Erſt nach Verlauf von ſechs Wochen wurde uns der Schluͤſſel zu einem ſteinernen Hauſe vom Gouvernement zugeſendet, welches wir alsdann gegen eine jaͤhr— liche Miethe von tauſend Piaſtern bezogen, wiewohl es von Ratzen und Maͤuſen wimmelte. Ich mußte noch immer taͤglich meinem Zweck entgegengeſetzte Erfahrungen machen, und ſah mich in meinen Erwartungen, von der haytiſchen Regierung durch mitzutheilende naturhiſtoriſche Seltenheiten thätig unterftüßt zu werden, leider getäuſcht. Die mitge— brachten Seltenheiten hatten bei dieſem Negerfuͤrſten keines— weges das Intereſſe erregt, als wir uns, fruͤheren Nach— richten zufolge, verſprechen durften, indem ſein Streben ein— *) Das wichtigſte, deſſen ſich meine Sammlung erfreute, ſind zwei große Krocodile und ein Paar Leguan⸗Eidechſen. — zig und allein auf die Vertheidigung ſeiner Inſel ging. Daher faßte ich den Entſchluß, mich nach dem ſpaniſchen Antheil der Inſel zu begeben, um dort ungehinderter meinen Forſchungen nachgehen zu koͤnnen; aber auch hier zeigten ſich allenthalben Schwierigkeiten. Zu Land konnte man ohne Paß nicht dahin gelangen, und zur See gab es keine Gelegenheit, da die Spanier zur Zeit, als Chriſtoph regierte, mit dieſem Theil der Inſel in keinerlei Verbindung ſtanden. Indeſfen machte mir Marſchall Stuart, Leibarzt Chri— ſtophs, ein Englaͤnder, einen erfreulicheren Antrag. Chri— ſtoph hatte naͤmlich den engliſchen Kaufleuten auf ihr mehr⸗ maliges Anſuchen ein Haus auf dem Land (KHabitation etrangere genannt), in geringer Entfernung von der Stadt, zu ihren Sonntagausfluͤgen eingeraͤumt. Hier wurde mir geſtattet, ungehindert in der Umgebung zu botaniſiren. Dies ſer Ort war um ſo gefahrloſer fuͤr mich, da ich dort, ent— fernt von allen befeſtigten Orten, oder was ſonſt, in politis ſcher Hinſicht mich einem Verdacht haͤtte blos ſtellen moͤgen, ruhig leben und wirken konnte. Was das Leben und Treiben in der Stadt betrifft, ſo fand ich die Disciplin ſehr ſtreng, die Polizei gut be— ſtellt, die Religion gut ausgeuͤbt, Handel und Wandel im Flor, wobei jedoch die Weißen ſehr beſchraͤnkt waren. Cs herrſchte dieſelbe Ordnung, wie in den europaͤiſchen Städten. Jeden Morgen um 5 Uhr hoͤrte man den Trompetenruf auf der Place d’armes ; des Sonntags verſammelten ſich da— ſelbſt die Garden, um dem Fürſten unter tuͤrkiſcher Muſik den Morgengruß darzubringen. Die Truppen machten dann ihre militairiſche Bewegungen, welchen Chriſtoph vom Balkon oder vom Fenſter aus zuſah. Gegen ſieben Uhr, wo der Gottesdienſt begann, zog er in Begleitung der Nobleſſe unter einem prächtigen Baldachin nach der Kirche. Der Himmel wurde von vier in Seide gekleideten Negern getragen; auf g a" * — — jeder Seite deſſelben hielt eine Perſon von hohem Rang das Ende eines herabhaͤngenden ſeidenen Bandes. In der Kirche angekommen, begab ſich Chriſtoph ſogleich in ſeinen Betſtuhl. Neben ihm ſaß ganz ehrerbietig der Kronprinz Victor. Chri— ſtophs Gemahlin hatte die beiden Prinzeſſinnen bei ſich. Die Nobleſſe umgab den Hof, und ein zahlreicher Kreis von Militairs gruppirte ſich um die Nobleſſe her. Da und dort ſah man mitten in dieſem ſchwarzen Haufen ein weißes Geſicht recht auffallend hervorſtechen. Die militairiſche Muſik ſchwieg; die Soldaten zu Fuß erhiel— ten ihr Commandowort, und der Gottesdienſt begann. Die ſchwarze Geiſtlichkeit ſang in Begleitung von einem Fagott, einem Paar Klarinetten und einer Violine einige Strophen, die ſodann von der Volksmenge wiederholt wurden. Hierauf erſchien der Erzbiſchof am Altar, hielt eine erbauliche Rede, in ziemlich gut franzoͤſiſcher Sprache, und las zuletzt die Meſſe unter den gewöhnlichen Ceremonien, worauf ſich Chris ſtoph wieder auf obenerwaͤhnte Weiſe nach feinem Palaſt bes gab, und die Truppen nach der Caſerne zuruͤck marfchierten, II. Capſtadt und ihre Umgebung. Zuſtand dieſer Stadt. — Bevölkerung. — Lage. — Häuſer. — Chri- ſtophs Garten. — Luſthaus. — Kathedralkirche. — Place d’armes. — Chriſtophs Palaſt. — Theater. — Arſenal. — Kaſerne und Hospital. — Schulen. — Marktplätze. — Promenade. — Triumphbogen. — Hafen Cap Hayti. — Petite-Anſe. — Vegetation. — Haut du cap. — Habitation etrangère. — Plantage. — Gelbes Fieber. Die Capſtadt, vormals Caps Frangaid, gegenwärtig Cap⸗Haytien genannt, war vor der franzoͤſiſchen Revolution eine der bluͤhendſten Weſtindiens. Reichthum und Luxus, Theater, Concerte und Moden wechſelten hier wie in Paris täglich ab. Dieſe damals ſo blühende Handelsſtadt — oft der Marktplatz von Weſtindien genannt — liegt beinahe zur Haͤlfte noch in Truͤmmern, ein Bild des Elendes und Zeuge irdiſcher Vergaͤnglichkeit. In dieſem ehemaligen kleinen Paris ergreift jetzt ein ſchauerliches Geflihl den fremden Ankömm— ling, wenn er, von zerlumpten Negern umgeben, durch die oͤden Gaſſen zieht, und die traurigen Denkmale jener Kata— ſtrophe betrachtet. Wie begreiflich wird das aber auch, wenn man bedenkt, daß damals die Bevoͤlkerung dieſer Stadt ſich auf 50,000 Menſchen belief, worunter man etwa 30,000 Sclaven rechnete, waͤhrend die jetzige Bevoͤlkerung kaum 8,000 betragen mag, unter denen man hoͤchſtens 100 Weiße annehmen kann. Die Stadt liegt hart am Ufer, und in ihrem Hinter— grunde erhebt ſich amphitheatraliſch das ſteinige und ziemlich fteile Capgebirge. Sie ift von allen Seiten offen, und hat eigentlich nur eine Hauptbarriere am weſtlichen Ende, wo ſie mit dem Innern der Inſel in Verbindung ſteht. Nur eine kleine Barriere in der Naͤhe des Hospitals fuͤhrt in die nächſte Umgebung. Von der See aus war die Stadt ehemals durch eine bedeutende Batterie gedeckt, die aber be— reits ganz in Verfall gerathen iſt. Die Stadt iſt regelmaͤßig gebaut und bildet ein Viereck, welches 600 Toiſen in der Länge und 400 in der Breite hält. Sie zaͤhlt 14 Gaſſen von Oſten nach Weſten und 19 von Norden nach Suͤden. Ehemals zaͤhlte die Stadt ohngefaͤhr 900 Haͤuſer, wovon uͤber 300 von Stein und ein Stockwerk hoch, die uͤbrigen nur Erdgeſchoße waren. Jetzt aber, wo der groͤßte, Theil beſonders im Innern der Stadt, aus hölzernen Haͤuſern bes ſteht, ſind nicht 150 ſteinerne mehr zu finden. Zuweilen ſieht man dergleichen Huͤtten zwiſchen den offenen Mauern eines fruͤhern Prachtgebaͤudes errichtet. Die Mauern beſtehen groß: tentheils aus Madreporen, die vermoͤge ihrer feſten beinar— tigen Beſchaffenheit zu Gebaͤuden vortrefflich ſich eignen. Auch gibt es Haͤuſer von Sandſteinen, welche die Vermoͤg— licheren der Capſtadt ehemals aus Frankreich bringen ließen. Am Meeresufer zeigt ſich jetzt ſchon wieder eine Reihe nied— licher und geſchmackvoller Wohnhaͤuſer, die groͤßtentheils von weißen Kaufleuten und von vornehmeren Schwarzen bewohnt werden, und wovon, wie in den übrigen Haufern der Stadt, der untere Raum zu Waarenmagazinen, das erſte Stock aber zu Wohnungen dient. Zwiſchen zwei Fenſtern fuͤhrt faſt in jedem Hauſe eine Thuͤre auf einen Balkon, der mit einer ſtarken Leinwand gegen die heftigen Sonnenſtrahlen, geſchuͤtzt, und an den ſchoͤnen Abendſtunden der trockenen Jahreszeit Lieblingsaufenthalt der ſchwarzen Frauen iſt. Wirk— lich genießt man auch hier einer herrlichen Ausſicht nach der ganzen Bai; das Gewühl der Schiffe im Hafen und die = kleine Stadt Petite-Anſe gegenüber vermehren das Mahleri—⸗ ſche der Landſchaft. Ein ſolches Haus enthaͤlt außer den Magazinen eine Kuͤche, ein Speiſegewoͤlbe, und vier bis fuͤnf Zimmer, deren jedes etwa 18 bis 20 Fuß lang und eben ſo breit iſt. Auch trifft man gewoͤhnlich einen kleinen Brunnen im Hofe an. Die Fenſter haben Jalouſien, weil Glasfenſter die Hitze in den Zimmern unertraͤglich machen wuͤrden. Die obere Decke der Zimmer iſt mit einer blos aufgeſpannten, mit Kalk an— geſtrichenen Leinwand uͤberzogen. Der Fußboden iſt der Kühle wegen meiſtens von Stein. Merkwuͤrdig iſt, daß man in der ganzen Stadt keine Keller antrifft, die doch, wie man glauben ſollte, in einem ſo heißen Himmels— ſtrich eines der noͤthigſten Beduͤrfniſſe ſeyn muͤßten. Eine Haupturſache davon iſt die große Feuchtigkeit in der naſſen Jahreszeit; auch glaubt man, daß bei Erderſchuͤtterungen die Haͤuſer um ſo mehr leiden koͤnnten. Merkwürdigkeiten hat die Stadt außer der Kirche, der Place d’armes, mit dem Palaſte Chriſtophs, dem Arſenal, der Kaſerne, dem Hospital und zwei kleinen Theatern, da der Brand im Jahre 1793 und ein zweiter 1801 überaus verhees rend waren, keine aufzuweiſen. Das ehemalige Gouvernements— Gebaͤude, welches ſich im Hintergrund der Stadt mit dem Capgebirg erhebt, muß den Ueberreſten nach zu urtheilen, ein ſtattliches Prachtgebaͤude geweſen ſeyn; gegenwaͤrtig iſt es ein Aufenthalt der Eidechſen, die unter einer Menge wilder Pflan— zen herumkriechen. Von dieſem Gebaͤude aus hat man freie Ausſicht uͤber einen ſchoͤnen grünen Raſenteppich, der von einigen Bäumen beſchattet wird. Große ſteinerne Saͤu— len, die wahrſcheinlich ehemals dieſen Platz mit eiſernen Thor— wegen einſchloßen, liegen halb abgebrochen auf der Erde. Alle Thüren und alles Holzwerk iſt weg; daher haben die Kuͤhe — WE und Ochſen, die frei auf der Weide herumgehen, überall Zutritt, nur in den Gaſſen werden ſie nicht geduldet. Auf der andern Seite dieſes Gebäudes bietet ſich ein freundlicher Anblick dar. Man tritt plotzlich aus dieſen Rui— nen in ein artiges, von herrlichen Baͤumen beſchattetes, nach franzoͤſiſchem Geſchmack angelegtes Gaͤrtchen, das etwa 40 Klafter breit und 50 lang iſt. Orangenbaͤume, deren Haupt ſich unter der Laſt ihrer Fruͤchte ſenkt, lachen dem Wanderer entgegen und balſamiſcher Blumenduft umweht ihn, naͤm— lich von den Plumerien, von verſchiedenen Mimoſen, der Melia sempervirens, von verſchiedenen Bignonien, vorzuͤg— lich der Melonenbaͤume Carica, die faſt das ganze Jahr bluͤhen, und von einer Menge anderer wohlriechender Bäume und Stauden. Dieſer Garten gehoͤrte Chriſtoph und wurde auch von ihm unterhalten; es wachſen darin vortreffliche Orangen, weil die Baume unter Schatten ſtehen. Sie find hier gewoͤhnlich von der Größe eines großen Apfels und werden Oranges douces genannt. Ein kleines Luſthaus in Geſtalt einer Laube verdient hier Erwähnung. Haͤufige Ranken von Passiflora qua- drangularis breiten ihre Schatten aus, und die großen gelb— lich gruͤnen melonartigen Fruͤchte, welche von allen Seiten herunterhaͤngen, vermehren das Kolorit. Die in der Nähe befindlichen Ruinen der vormaligen Cathedralkirche verrathen ebenfalls ein fruͤher herrliches Ge— baude, Gegenwärtig ſieht man nur noch vier offene Mauern und einige ſteinerne Pfeiler. An einem Ende der Kirche ſind der Altar und die Sitze der Nobleſſe, mit einem leichten Dache bedeckt. Das gemeine Volk lagert ſich auf dem unver— ſehrt gebliebenen, mit ſteinernen Tafeln belegten Fußboden, unter freiem Himmel. Der Haupteingang war von der Place d’armes aus. Es iſt dies einer der ſchoͤnſten Plätze der 8 Stadt, beiläufig-200 Klafter lang, und 90 Klafter breit, und faſt das ganze Jahr mit gruͤnem Raſen bedeckt. In der Mitte erblickt man die Ruine eines ehemaligen praͤchtigen Springbrunnens, worauf Chriſtoph, bei Vertreibung der Franzoſen, eine große eiſerne Königskrone hatte ſetzen laſſen uͤber welcher die Siegesfahne in rother und blauer Farbe wehete. Dieſe Waſſerleitung, die noch immer einen großen Theil der Stadt mit Waſſer verſieht, hat den Franzoſen viel Geld gekoſtet. Sie nimmt von einigen Quellen auf dem Cap gebirge ihren Urſprung. Zur Linken von der Kirche aus erblickt man den eben nicht koſtbaren, aber freundlichen und geſchmackvollen Palaſt Chriſtophs. Er iſt im erſten Stock mit einer von bunten Planen beſchatteten Gallerie umgeben, die dem Ganzen ein ſehr gefaͤlliges Anſehen gewaͤhren. Unten beim Eingang in den Palaſt war ein langer uͤberdeckter Gang angebracht, woſelbſt ſich Chriſtoph gewoͤhnlich waͤhrend der Wachparade Sonntags früh mit feinen Generaͤlen aufhielt. Auf dieſem Platz durfte ſich nie ein Weißer blicken laſſen, woraus man das Irrige der Zeitungsnachrichten erſieht, denen zufolge Chriſtoph dort oͤfters den weißen Kindern Zuckerwerk austheilte. Ich hatte nach der Revolution Gelegenheit, das Innere dieſes Palaſtes zu ſehen, und habe in allen Zimmern die geſchmackvollſte Einrichtung gefunden. Außer den praͤchtigen Meubeln von Mahagoniholz gewahrte man auch praͤchtige Spieluhren, Blumenverzierungen, Gemaͤlde und Landſchaften. Von den Theatern ſtand das eine auf der Place d’ar- mes der Kirche gegenuͤber, das andere vor der Stadt, auf dem Platz à la Kossette, Beide find klein und unbedeu— tend. Chriſtoph war kein großer Freund vom Theater; es wurde daher ſelten geſpielt, und es durfte ſich dabei kein Weißer blicken laſſen. Das Arſenal, das unweit der alten Batterie am Mee— resufer ſteht, enthält außer den zuruͤckgelaſſenen Gewehren der Franzoſen keine Merkwuͤrdigkeiten. Die Kaſerne und das Hospital find zwei prächtige Gebäude, wo für Ordnung, Reinlichkeit und hinlaͤngliche Pflege beſtens geſorgt wurde. Ueber die Hospitaͤler hatte außer mehreren Chirurgen vorzuͤglich Stuart (Maréchal de camp) die Oberaufſicht. In der Kaſerne lagen die Garden, welche die Beſatzung der Stadt ausmachten. Die Nationalſchule in Cap beſteht ſeit 1816, ſo daß jetzt alle Kinder, wenigſtens der hoͤhern Klaſſe, leſen und ſchreiben koͤnnen; die ſogenannte hohe Schule, an deren Spitze ein Englaͤnder ſtand, war ſehr zweckmaͤßig eingerichtet, und die jungen Leute, außer daß fie franzoͤſiſch und engliſch lern— ten, genoßen auch daſelbſt, bis in das 20ſte und 24ſte Jahr, in allen Zweigen der Wiſſenſchaft einen ziemlichen Unterricht. Außer dieſen gab es auch eine engliſche Schule). Von einer foͤrmlichen Univerſitaͤt weiß ich jedoch unter Chriſtoph nichts. Die Stadt hat einen ſchoͤnen Marktplatz, welcher woͤ—⸗ chentlich dreimal mit Geflügel, Hausthieren, Fiſchen, Krab— ben, Krebſen und andern Artikeln bedeckt iſt, die theils zu Land theils zu Waſſer herbeigeſchafft werden. Von den Lan— desprodukten, welche die Negerinnen auf den Markt bringen, mußte unter Chriſtoph ein Dritttheil an der Barriere in Natura fuͤrs Militair abgegeben werden. Kornmehl kauft man bei den nordamerikaniſchen Kaufleuten, die es von dort her liefern. In den Buden ſieht man an den feſtgeſetzten Markttagen eine Menge Stahl, Eiſen, Kattun und leinene ) Chriſtoph ließ aus keiner andern Abſicht die Kinder engliſch lernen, als um dieſe Sprache mit der Zeit der ganzen Bevöl⸗ kerung zu eigen zu machen, damit ſie auch in dieſer Hinſicht mit den Franzoſen nichts gemein hätten. Waaren verkaufen. Der Verkauf auf dem Markt iſt ganz das Geſchaͤft der Weiber, die ſich in der groͤßten Hitze auf der Erde lagern. Der Zank und Hader, das Geſchrei und Gemurmel, das die Luft erfuͤllt, iſt noch weit aͤrger als bei den Wiener Hoͤkenweibern. Ein zweiter Markplatz, wo aber nur Gras fuͤr die Pferde verkauft wird, iſt am ſuͤdlichen Ende der Stadt; in deſſen Mitte ſteht eine große Saͤule, und rings iſt es von Ruinen und unbewohnten Haͤuſern um— geben. In allen Straßen findet man eine Anzahl von Laͤ— den, die mit dem Ausdruck Magazin bezeichnet werden, und mit verſchiedenen europaͤiſchen Waarenartikeln angefuͤllt find; allein ſie ziehen nicht, wie in Europa, durch eine ſchoͤne Aus— lage an. Eigentliche Gaſthoͤfe, die es unter der franzoͤſiſchen Regierung im Ueberfluſſe gab, gibt es jetzt keine mehr. Kut— ſchen, Equipagen, Lakaien ſucht man in dieſer Stadt verge— bens. Ein Rathhaus, eine oͤffentliche Bibliothek, wiſſenſchaft— liche Kabinete und andere Kulturanſtalten, | den erwaͤhn⸗ ten Schulen, gibt es nicht. Durch die ſchoͤne breite Straße, rue Ghpngusie; gelangt man in den ſuͤdlichen Theil der Vorſtadt, la Foſſette ge— nannt, auf einen ſchoͤnen großen Platz, bepflanzt mit herrli— chen Kokospalmen, Tannenpalmen (Hlate sylvestris), Fels genbaͤumen (lieus indica) und mit den herrlich gefiederten Akazien (Acacia lebbek). Hier war es, wo die Bewohner der Capſtadt ſich ehemals unter Muſik und Tanz, bei ge— ſellſchaftlichen Promenaden, und Fühler erfriſchender Abend: luft, den Reizen des tropiſchen Sommers (November bis Mai) uͤberließen. Zu Chriſtophs Zeit ließ ſich daſelbſt kein Spa— ziergaͤnger blicken. Der untere Theil war in einen Schindan— ger verwandelt; alte Knochen und Ochfenhoͤrner liegen umher. Auf der andern Seite ſah man hoͤchſtens eine Heerde weiden, oder ſchwarze Soldaten exerziren. Ein Triumphbogen, zu Ehren Chriſtoph's errichtet, iſt einige hundert Schritte von der Stadt entfernt. Auf der Straße dahin hatte einſtmals einer von Chriſtophs Miniſtern zwei Reihen kleiner Hütten, während der Abweſenheit feines Gebieters, erbauen laſſen, um jenes Ehrendenkmal mit der Stadt in Verbindung zu ſetzen. Es war darauf abgeſehen, Chriſtoph bei ſeiner Ruͤckkunft in die Capſtadt eine Ueberraſchung zu bereiten, was auch wirk— lich der Fall war. Aber zur Erkenntlichkeit ließ ihn Chri— ſtoph einige Wochen ins Gefaͤngniß ſperren. Erſt ſeit dem Tode dieſes Negerfürften hat ſich der Geiſt der Geſelligkeit wieder eingeſtellt, Promenaden und andere öffentliche Orte ſind nun wieder belebt. 5 Der nahe bei der Stadt ins Meer fallende Fluß, la riviere du haut du cap, wird durch das Meereswaſſer, mit welchem er ſich vermiſcht, fuͤr die Stadt gaͤnzlich unbrauch— bar. An der Muͤndung deſſelben ſetzt man mittelſt einer Faͤhre Reiter und Fußgaͤnger auf eine kleine Halbinſel uͤber, von wo der Weg nach Petite-Anſe fuͤhrt. Unweit der Foſ— fette erblickt man anch mehrere Hütten, la boucherie (Fleiſch— bank) genannt. Hier werden alle Morgen mehrere Ochſen, Schafe und Schweine geſchlachtet und in Stuͤcken auf den Markt gebracht. Das uͤbrig bleibende Fleiſch, vornemlich von Rindern, wird gepreßt, in lange Streifen geſchnitten, mit Salz beſtrichen, und an der Sonne getrocknet. Dieß getrocknete Fleiſch iſt zugleich ein kleiner Handelsartikel der Neger, die es auf Maulthieren oder auch zu Schiff nach allen Theilen der Inſel verſenden. Etwas von der Boucherie entfernt ſtoßt man auf große Suͤmpfe, die oft, wenn das Waſſer zuruͤckfaͤllt, die ganze Luft verpeſten. Dieſe Suͤmpfe ſind mit herrlichen Gebuͤſchen bedeckt, als: Rhizophora , Mangle und Avicena tumentosa. Rechts von der Foſſette iſt der Kirchhof, der auch die Aſche meiner unglücklichen Reiſege— faͤhrten bewahrt. Gegen Weſten iſt die Capſtadt durch das hohe Capge⸗ * birge gedeckt, das in der Naͤhe des Hospitals von einem reitzenden Thal — la ravine genannt — durch welches ſich ein kleiner Bach ſchlaͤngelt, unterbrochen wird. Das Capge⸗ birge iſt nach St. Mery 1600 Fuß hoch, und mit einer un— ermeßlichen Mannigfaltigkeit von Baͤumen ſeltener Schoͤnheit bedeckt. Unter andern gibt es hier der wilden Annanas eine Menge, Tillandſien glaͤnzen hier allenthalben an den Baum— aͤſten, ſelbſt die ganz kleine Tillandsia filiformis mit großs artigen Blättern tft hier nicht ſelten. Bisweilen ſtoͤßt man auf Felſen mit kuͤhnen majeſtaͤtiſchen Umriſſen. Von dieſem Gebirge aus genießt man ringsum eine unermeßliche Ausſicht aufs Meer, und die Schiffe im Hafen erſcheinen in Miniatur zu unſern Fuͤßen. Gegen Norden von der Stadt aus fuͤhrt ein angeneh⸗ mer Weg nach dem Fort Joſeph, und von da, laͤngs dem Gebirge, nach der aͤußerſten Landspitze (Cap Picolet). Bei einem ſtarken Nordwind macht das dumpfe Toſen der See und das hohe Aufſpritzen der Brandung dieſen Weg höchft romantiſch. Merkwuͤrdig iſt auf dem Wege dahin ein Gar— ten Chriſtophs, der viele tragbare Weinſtocke und außer— dem eine Menge guter Fruͤchte und vortrefflicher Orangen enthält. Von wildwachſenden Pflanzen findet man hier zwiſchen Steinen vorzuͤglich in Menge Plumeria rubra und Coffea oceidentalis, Accacia farnesiana, Jatropha Cur- cus, Jatropha gassipifolia, Erythrina corallodendron, Samyda serrulata, Pavonia spinifex , Poinciana pulcher- rima, Triumfetta romphifolia, Duranta Elesi , Psychotria glabrata. Der Hafen von Cap Hayti bildet eine kleine Bai, die uns gefaͤhr eine Stunde im Umfange einnimmt, der Ankergrund iſt ſchlammig, gewöhnlich 20 bis 40 Fuß tief; gegen Petite-Anſe findet man ihn jedoch nur 6 bis 7 Fuß tief. Gegen Stuͤrme ſind die Schiffe im Hafen durch das hohe Capgebirg ziem— — u - lich geſichert. Unweit des Fleckens Petite-Anſe erhebt fich ein Steinhaufen mit einer Fiſcherhuͤtte, der gleichſam eine kleine Inſel bildend, ungefähr 50 Schritte im Durchmeſſer hat. Dicht dabei befindet ſich im Waſſer ein viereckiger Kreis mit einer Palliſaden-Einfaſſung, worin die Seeſchildkroͤten des Koͤnigs aufbewahrt wurden. Der Capſtadt gegenuͤber, am entgegenſetzten Ufer der Bai, liegt der Flecken Petite-Anſe, welcher ohngefaͤhr 150 kleine Haͤuſer und 400 Einwohner zählt. In franzdfifcher Zeit wurde dieſer Ort wegen der großen Kaffeemagazine be— ſonders geachtet. Chriſtoph hatte ſeine Mehl- und Pulver— magazine dahin verlegt. Die Umgebungen von Petite-Anſe ſind unendlich fruchtbar, und die Zuckerplantagen, mit wel— chen es umgeben iſt, prangen in uͤppigſter Fuͤlle. Entfernt man ſich aber weiter, fo flößt man auf ſtundenlanges Ge— buͤſch von Gouyeven (Psydium pomiferum) und findet dort viele Ruinen von Gebaͤuden. Ein Paar große ſteinerne Saͤu— len bezeichnen gewöhnlich den Eingang in eine ehemalige Plantage. Man rechnet vom Cap nach Petite-Anſe uͤber die Bai eine halbe Stunde. Um von da zu Land nach dem Cap zu⸗ ruͤckzukommen, verfolgt man das ſandige Ufer. Dieſes iſt mit langen Reihen von Cocoloba ovifera bewachſen. Sind dieſe Baͤume eben in der Frucht, ſo glaubt man ſie mit ro— then Weintrauben beladen zu ſehen; auch iſt dieſer Weg von einigen majeſtaͤtiſchen Palmen beſchattet, an deren Stamme eine Menge Convolvulaceen ſich empor winden. Ferner trifft man auch hier Dodonaea viscosa. Dann gedeihen hier Mariscus aphyllus und mehrere Cyperaceen; als: Cyperus fascicularis und Henastachyus, was wohl ſonderbar genug ſcheinen muß, da ſonſt dieſe Familie die ſumpfigten Gegen— den und nicht den Sand liebt, aus dem das Ufer beſteht. Verfolgt man die Hauptſtraße, die weſtlich von der Stadt ins Innere der Inſel fuͤhrt, ſo gelangt man, unter mannigfaltigen Abwechſelungen der ſchoͤnen Natur, in einer Entfernung von einer Stunde in Haut du cap au. Dieſer Flecken muß vordem bedeutend geweſen ſeyn; denn man gewahrt dort viele ſteinerne Haͤuſer, die aber alle in Ruinen verwandelt ſind. Gegenwaͤrtig enthaͤlt dieſer Ort nur einige hoͤlzerne Huͤtten, die von armen Negern bewohnt werden. Dieſe Neger naͤhren ſich durch einen kleinen Handel mit Zu— cker, Kaffee, Rum und dergleichen, was ſie in kleinen Par— tieen an die Voruͤbergehenden verkaufen. Hier theilt ſich die Straße nach dem Suͤden der Inſel zu, und fuͤhrt links nach Sans-Souci, und rechts in geringer Entfernung von da liegt die fremde Habitation (habitation etrangere). Unter einer Habitation, wie die, von welcher hier die Rede iſt, verſteht man ungefaͤhr ſo viel, als bei uns unter einem kleinen Bauerngut. Eine Plantage konnte man für eine Herrſchaft rechnen. In ſolch einem Landhaus findet man immer 4 bis 5 Zimmer, die mit vier leichten Mauern einge— ſchloſſen und mit einem Schindeldach uͤberdeckt find. Jedoch unterſcheiden ſich die Landhaͤuſer von denen in der Stadt durch landesuͤbliche Bauart, dagegen die Haͤuſer der Stadt nach europaͤiſchem Geſchmack gebaut find, Dieſe erſtere Bau— art iſt namlich ſehr leicht, die Luft durchſtreicht die Zimmer— Vor der Thuͤre trifft man einen maͤchtigen Dachvorſprung, der die Bewohner vor der Sonne ſchuͤtzt. Der Fußboden ift immer von Stein. Der Hof iſt gewöhnlich geraͤumig, und wird meiſtens durch einige Fruchtbaͤume beſchattet, welche gewöhnlich dem Hausgefluͤgel zum Nachtquartier dienen. Eine Habitation enthaͤlt immer eine großen Gemuͤßegarten, Graͤ— ſereien mit Fruchtbaͤumen, etwas Hornvieh, einige Pferde u. ſ. w. Eine Plantage begreift ſchon mehrere Zucker- und Bananenfelder, ſowie Savannen, worin das ganze Jahr hin— durch 200 bis 400 Stucke Hornvieh weiden, eine Zucker— mühle, Siedereien, u. dgl. | Zu einer großen Plantage gehört oft ein ganzes Neger— dorf, welches die arbeitende Klaſſe bewohnt. Die Wohnung ſolch eines Plantagenbeſitzers iſt oft beinahe fo armſelig als die eines kleinen Gutsherrn, und unter Chriſtoph er— ſtaunte ich oͤfters, in fo einem elenden Aſyl einen Herzog, Grafen, oder einen andern Großen des ſchwarzen Adels zu finden. a In dieſer einſamen Gegend verweilte ich einige Zeit, durchſtreifte die mit dichten Urwaldungen bedeckten Gebirge, und kehrte des Abends immer reich beladen von meinen Wan— derungen zuruͤck. Waͤhrend dieſer Zeit hatte ſich im Cap die gefährliche Seuche, das weſtindiſche gelbe Fieber ver breitet. Zwei meiner Reiſegefaͤhrten waren bereits ein Opfer geworden, als auch ich davon befallen wurde, waͤh— rend ich mich eben auf einige Tage nach der Capſtadt bege— ben hatte, um hier die neuerworbenen Naturalien zu ordnen und zu verpacken. Ich begab mich nach meiner einſamen Gegend zurück, wo wegen der hoͤhern Lage eine viel reinere Luft als im Cap herrſchte, und wo ich durch die ſorgfaͤltige Pflege des engliſchen Arztes, der mein Freund geworden war, nach einer kurzen aber ſchmerzhaften Krankheit genas. Allein durch kleine Excurſionen, die ich als Reconvalescent in die Umgegend vornahm, zog ich mir einen Ruͤckfall zu, und verfiel in ein Wechſelfieber, welches mich abermals vier Wo—⸗ chen ins Bett warf, und wovon ich mich ſehr langſam er— holte. Merkwuͤrdig iſt, daß eine Tiſane von Schiffstheer, Citronenſaft und Rum gekocht, und kalt als Limonade ge— trunken, (welche Kur ich auf dem Schiffe vornahm, wohin ich vom Doctor gewieſen ward) mich eigentlich ganz wieder hergeſtellt hat. Damals fanden viele Weißen ihren Tod. Es verdient der Umſtand einer Erwaͤhnung, daß ſogar der Erzbiſchof ohne aͤrztliche Hilfe ſtarb, indem die beiden eng— liſchen Aerzte in Sans-Souci in der Naͤhe des Koͤnigs blei— ben mußten, der ebenfalls erkrankt nach dieſem ſeinem Luſt— ſchloſſe gebracht worden war. i Aber noch andere Schreckenſcenen gefaͤhrdeten unſere Exiſtenz. Die Haͤrte naͤmlich, mit welcher Chriſtoph ſein Volk behandelte, erregte Unzufriedenheit unter ſeinen Unter— thanen. Im weſtlichen Theile ſeiner Provinzen brach eine Empoͤrung aus, die ſich bis in die Hauptſtadt fortpflanzte, und Chriſtoph das Leben koſtete. Hayti. 3 III. Geſchichte der Inſel Hayti von ihrer Entdeckung im Jahre 1492 bis 1806 unter Deffalines, Als Columbus im Jahre 1492 die neue Welt entdeckte, landete er, auf das Gold dieſer Inſel aufmerkſam gemacht, den 6. Dezember auf Hayti, welches Wort in der caraibiſchen Sprache ein Gebirgsland bedeutet, und bis zu der Ankunft der Europaͤer, der Name dieſer Inſel war. Columbus nannte fie Hiſpaniola ?“), und erbaute daſelbſt ein kleines Fort. Hayti war urſprunglich von einem ruhigen, gutmäthis gen Indianerſtamme bewohnt, der ſich wiederum in mehrere, durch ihr Aeußeres und ihre Sitten von einander abweichende Unterſtaͤmme theilte. Doch hatten die Urbewohner im Allge— meinen einen ſchoͤnen ſchlanken Wuchs, und beſaßen viele Fertigkeit im Tanze, den ſie leidenſchaftlich liebten. Die Farbe ihres Körpers war kupferroͤthlich, ihr Haar tief ſchwarz, ſtraff, langgeſtreckt und wallte frei uͤber die Schultern herab. Das Geſicht war breit, die Naſe etwas flach. Der Kopf hatte eine widernatuͤrliche Dicke, weil ſie den Kindern das Vor— derhaupt zuſam mendruͤckten. Sie lebten frei in der ſchoͤnen Natur, bauten ſchon fruͤh Bananen, Mais, Batatten, und mehrere andere Fruͤchte. Sie verfertigten, mit kuͤnſtlichen Schnitzwerkzeugen verſehen, ſelbſt allerhand Geraͤthſchaften. Aus großen Baͤumen, bie fie mit ſpitzigen Steinen faͤllten, baueten ſie ihre Fahrzeuge. Die Regierungsform war mo⸗ *) Später erhielt fie von den Spaniern den Namen San Domingo. — narchiſch und erblich und die Inſel in 5, durchaus von ein— ander unabhängige Koͤnigreiche getheilt. Ihre Oberhaͤupter nannten ſich Caziken. Das erſte Königreich umfaßte den öſtli⸗ chen Theil der Inſel mit den reichen Mienen des Cibao und den Stroͤmen, in deren Sandbett Goldkoͤrner rollten. Das Koͤnig— reich hieß Magua; der Cazike deſſelben nannte ſich Gnarianex. Das zweite Koͤnigreich, Marien genannt, deſſen Oberhaupt Goacannaric hieß, begriff den noͤrdlichen Theil vom Cap St. Nicolaus bis an den Fluß Monte-Chriſt. Seine Reſidenz war da, wo jetzt Petite-Anſe ſteht. Das dritte Koͤnigreich, Maguana, umfaßte die weſtliche Gegend des Cibao mit dem Fluß Artibonita. Die Reſidenz des Caziken war in dem Bezirk, den man jetzt Savanne San-Quan nennt. Karagua machte das vierte und volkreichſte Königreich und enthielt einen großen Theil der ſuͤdlichen Inſel. Die Hauptſtadt war da, wo jetzt die Burg von Cul de Sac ſteht. Das Oberhaupt nannte ſich Beherbir, deſſen Schwe— ſter Anacbana, von welcher der Bruder des Columbus, als er ihr einen Beſuch abſtattete, ein Geſchenk von einem Dutzend Stuͤhle bekam. Das fuͤnfte Koͤnigreich, unter dem Namen Hygney be— kannt, umfaßte die ganze ſuͤdoͤſtliche Landſchaft, von dem Fluſſe d'Pacua bis an den Fluß Ozama. Das Oberhaupt hieß Cayacon. Die Religion dieſer Voͤlker war ganz auf Aberglauben gegruͤndet; die Verehrung ihrer Goͤtter geſchah in Felſengrot— ten, wo ſie verſchiedene von Stein ausgehauene, oder von Ton gemachte kleine Figuren, z. B. von Thieren und derglei— chen, anbeteten ). Sie waren haufig in Kriege verwickelt, ) Ich habe ſelbſt einige ſolcher Götzenbilder mitgebracht, die der Herr Baron Dupuy, ein Mulatte, meiner Sammlung verehrte, 3 * — 38 — Als die Europäer auf dieſer Inſel landeten, wurden die Bewohner von ihnen unterjocht, und viele als Unglaͤubige aufgeopfert; andere unterlagen bei einem überhaupt zu ſchwa— chen und ungeuͤbten Körper den beſchwerlichen Arbeiten, welche ihnen die Europaͤer auferlegten, und ſo nahm die Population der ungluͤcklichen Haytier von Jahr zu Jahr ab. Um dieſem Uebelſtande abzuhelfen, wurde von Spanien aus der Biſchof las Caſas nach Hiſpaniola geſchickt; dieſer machte den Vor— ſchlag, ruͤſtige, ſtarke und zur Arbeit gewoͤhnte afrikaniſche Neger anzukaufen. Der Vorſchlag wurde angenommen und im Jahre 1517 ausgefuͤhrt. Im Jahre 1519 gelang es einem Theile der Inſulaner, das Joch der Spanier abzuſchuͤtteln, und mit dieſen unter der Bedingung ihrer Unabhaͤngigkeit einen Vertrag abzuſchlie— ßen. Nachdem dieß geſchehen, zog ſich Henri — ſo hieß der Chef der Inſulaner — nach dem Innern der Inſel zuruͤck und nahm den Titel eines Caziken von Hayti an. Ungefaͤhr 40 Jahre genoßen die Spanier eines dauer— haften Friedens, als Franzoſen und Englaͤnder, Abentheurer, die von der Inſel St. Chriſtoph ausgewandert waren, ſich auf dem noͤrdlichen Theil der Inſel, den ſie von den Spa— niern verlaſſen glaubten, niederließen. Sie wurden Flibuſtier (Freubeuter) *) genannt, die nur Krieg führten, um ihre Raubſucht zu befriedigen. Sie lebten Anfangs von der Jagd und vom Fiſchfang, betrieben aber ſpaͤterhin auch etwas Acker— bau. Sie beunruhigten die ſpaniſchen Pflanzungen, und er— legten vieles Hornvieh, welches ſich ſchon ſehr vermehrt hatte. und die gegenwärtig das k. k. Antikenkabinet bewahrt; nämlich einen aus einem Knochen künſtlich ausgeſchnittenen Menſchenkopf, dann einige von rothem Thon ganz ſonderbar geſtaltete Köpfe, worunter eine Geſtalt mit vier Füßen iſt. *) Siehe Archenholz Geſchichte der Flibuſtier. 2 Franzoͤſiſche Schiffe kamen herbei, und kauften ihnen Felle und getrocknetes Fleiſch ab. Immer brachten ſie mehr Weiße herbei, ſo daß ſie den Spaniern ſchon ziemlich gefaͤhr— lich wurden. Die kleine Inſel la Tortue, die ihnen einen be— quemen Hafen darbot, diente als Vereinigungsort der Fli— buſtier. Von hier aus fielen ſie vorbeiſegelnde Schiffe an, warfen die Mannſchaft ins Waſſer, und bemaͤchtigten ſich der Fahrzeuge und der Ladung. Die Spanier wagten eine Landung auf dieſer kleinen Inſel, aber ihr Angriff mißlang, und ſie mußten unverrich— teter Sache abziehen. Erſt im Jahre 1665 wurde die fran— zoͤſiſche Colonie durch Bertrand d'Ogeron, ehemaligen Mar rine- Offizier, gegruͤndet. Es ereigneten ſich unter d'Oge⸗ ron's Verwaltung viele Gefechte und Streitigkeiten, und oft wurden die Spanier, welche die franzoͤſiſche Colonie beunru— higten, zuruͤckgeſchlagen, oder gar von den Flibuſtiern in Stuͤcke gehauen. Dieſe ſchlugen ſich mit dem kuͤhnſten Muthe, und da die Gefangenen keinen Pardon erhielten, fo zitterten die Spanier, mit ihnen Krieg zu fuͤhren, und ver— ließen die Staͤdte, ſobald jene nur erſchienen. Da ſich die Flibuſtier Alles erlaubten, ſelbſt die Verwuͤſter der franzoͤ— ſiſchen Beſitzungen wurden, wenn ſie anderswo nichts zu pluͤndern hatten, und aller polizeilichen Anſtalten ſpotteten, ſo war man ernſtlich darauf bedacht, ſich auf eine gute Ma— nier von ihnen loszumachen. Unter dem Vorwand der Ehre ſchlug man eine Expedition nach Guajaquil vor, die ſie mit enthuſiaſtiſchem Geſchrei annahmen. Zwiſchen den Spaniern und der franzoͤſiſchen Colonie fielen noch immer Streitigkeiten vor, bis Philipp V. Sohn Ludwigs XIV. den ſpaniſchen Thron beſtieg, und durch die Uebereinkunft beider Maͤchte, dieſer Theil der Inſel an Frank— reich abgetreten wurde. — Die Colonie ward nun immer blühender. Graf Choiſeul-Beaupré, der im Jahre 1707 zum Gouverneur des franzoͤſiſchen Antheils von St. Do— mingo ernannt wurde, fand die Flibuſtier zum Gedeihen des Handels noͤthig, berief ſie deshalb zuruͤck und beguͤnſtigte ſie; allein als er auf einer Reiſe nach Frankreich toͤdlich verwun— det in Havanna ſtarb, hatten ſie keine Stuͤtze mehr, gaben ihren Lebenswandel auf, und wurden Pflanzer und Arbeiter, Die Colonie verſchoͤnerte ſich mehr und mehr, und be— fand ſich ſofort in einem blühenden Zuſtande. Die freien Ein: gebornen ſuchten eben ſo wie die Weißen ihren Geiſt auszu— bilden; daher erhielten fie auch Ehrenſtellen, die Negerfolz daten wurden im Kriegsweſen auf's beſte unterrichtet, und mehrere Regimenter von eingebornen Chefs kommandirt. So ſtanden bie Sachen vor der Revolution 1789. Die 1789 begonnene franzöfifche Revolution mit ihren Prinzipien veranlaßte die Umwaͤlzung auf Hayti. Es war natürlich, daß ſich die weiße Bevölkerung des Landes, wie in Frankreich, in Republikaner und in koͤniglich Geſinnte ſchied. Das Haytiſche Volk, ebenfalls in Bewegung geſetzt, mußte zufolge des Impulſes, der ihm gegeben ward, auch einer dieſer beiden Parteien ſich anſchließen. Egoismus, Stolz, Eitelkeit, ſagt Vaſtey in ſeinem Werk: „Essai sur les causes de la r&volution et les guerres civiles d’Hayti,« herrſchten in allen Klaſſen, unter Weißen und Schwarzen; die großen Pflanzer verachteten die kleinen, petits blanes ge: nannt. Die Kleinen haßten die Farbigen und die freien Neger, und dieſe wieder die ungluͤcklichen Sclaven. In den verſchie⸗ denen Uebereinſtimmungen der weißen und farbigen Leute wurden durch beide Theile immer die Schwarzen aufgeopfert; von den Weißen, koͤniglich Geſinnten wurden die Schwarzen im Namen des Königes aufgewiegelt, um fie der Republik entgegenzuſetzen, und die Republikaner verkündeten die allge— meine Freiheit der Schwarzen, um ſie gegen die königlich Geſinnten aufzureitzen. General Francois Biaffaie, Candi in A u. m. a. ſchlugen ſich im Namen des Königs von Frankreich; Touſſaint-Louverture, Villatte, Levaille, im Namen der Republik. „Wir vergoßen,“ ſagt Vaſtey „unſer Blut, ohne zu wiſſen, warum, ſelbſt ohne zu muthmaßen, daß wir die Inſtrumente zu unſerm eigenen Untergange ſeyen. Denn wir waren weit entfernt, zu denken, daß die Weißen, nur auf verſchiedenen Wegen, nach einem und demſelben Zwecke liefen, d. h. daß ſie ſich eines Theils bedienten, um den andern zu zerſtbren, und ſich endlich vereinigten, um die Sclaverei wieder einzufuͤhren.“ General Touſſaint, Oberbefehlshaber der Colonie, trug im Namen der franzbſiſchen Republik den Sieg davon, und die Sclaverei exiſtirte nicht mehr. Zu dieſer Zeit, 1797 wurde General Hedouville nach St. Domingo geſendet. Touſſaint wollte, daß die Inſel Frankreich unterwuͤrfig ſey, allein ohne die Sclaverei beizu— behalten. Hedouville wendete ſich desfalls an Richaud, einen Mulatten-General, der unter Touſſaints Befehl die Suͤd— provinz commandirte. Er machte ihn zum General en chef, reiste nach Frankreich zuruͤck, und vereinigte dadurch dieſe beiden Chefs. Alsdann verbanden ſich alle Weißen gegen Touſſaint und ſchrieen: „ohne Sclaven gibt es keine Colonie.“ „Wir ſind franzoͤſiſche Unterthanen,“ fagten die Schwarz zen, „Frankreich hat uns die Freiheit gegeben. Frankreich kann uns keine neuen Feſſeln ſchmieden, nachdem es dieſelben zerbrochen hat.“ Im Jahre 1801 nahm Touſſaint-Louverture den ſpa— niſchen Antheil in Beſitz, der ſeit dem Friedenstraktat vom 24. Juli 1795, zwiſchen der franzoͤſiſchen Republik und dem Koͤnige von Spanien zu Frankreich gehoͤrte, aber wegen des Unbeſtandes der politiſchen Verhaͤltniſſe noch nicht reclamirt worden war. Touſſaint hielt mit feinem Heer in der Haupt— ſtadt San Domingo einen feierlichen Einzug, und pflanzte — A im Namen der franzoͤſiſchen Republik die dreifarbige Fahne an der Stelle der ſpaniſchen auf. Der ſpaniſche Gouverneur Don Garcia uͤbergab ihm die Schluͤſſel der Stadt und ver— ließ den Ort. Ohne die Einwilligung dieſes Negers Touſſaint, der in San Domingo den Meiſter ſpielte, dem Weiße und Schwarze gehorchen mußten, und dem jeden Augenblick ein Heer von 40,000 Negern zu Gebote ſtand, konnte natuͤrlich die Sclaverei nicht mehr eingeführt werden. Frankreich rüs ſtete daher eine neue Flotte, unter dem Befehle des Generals en chef Leclerc, der eine Armee von 30,000 jener vielver⸗ ſuchten Legionen Frankreichs an Bord hatte. Touſſaint war ſo eben im ſpaniſchen Antheile, als die Flotte im Februar 1801, im Angeſichte der Feſtung erſchien. Chriſtoph, welcher Commandant der Capſtadt war, verwei— gerte der Flotte die Einfahrt, unter dem Vorwande, daß er keine Erlaubniß von Touſſaint-Louverture habe. Die Flotte lief jedoch ohne Erlaubniß in den Hafen, und Chriſtoph ſteckte, ungeachtet aller Vorſtellung der Buͤrger, die Stadt in Brand. Gegen 11 Uhr Nachts war die herrliche Stadt ein Feuer— meer, aus welchem nur die Mauern der Kathedralkirche und das Gouvernementsgebaͤude hervorragten. Chriſtoph zog ſich mit ſeinem Heer in die Gebirge zuruͤck, und die — landeten auf einem Schutthaufen. Die ganze Suͤdprovinz unter dem Commando Richaud's ergab ſich ohne einen Flintenſchuß an die Franzoſen, ſelbſt Touſſaint's eigener Bruder, General Paul Louverture, der in St. Domingo befehligte, ergab ſich mit ſeinen Truppen. Nur Chriſtoph, Deſſalines und m. a. waren Touſſaint treu geblieben, und fochten in den Gebirgen, bis endlich beide Partheien, gleich ermuͤdet, einen verſoͤhnenden Frieden abſchloſ— ſen, zufolge deſſen ſich Touſſaint mit ſeinen Generalen unter Leclerc's Befehl ſtellte. i Touſſaint wurde ſpaͤter, weil man ihn beſchuldigte, mit on ME ei den Englaͤndern, die lange St. Nicolaus beſetzt hielten, in Verbindung zu ſtehen, mit ſeiner Familie nach Frankreich eingeſchifft, wo er — man weiß auf Hayti nicht, auf welche Art — umgekommen iſt. Die Qualen, welche Madame Touſſaint erlitten hat, find in einer haytiſchen Zeitung vom Jahre 1808 geſchildert. Nachdem ſie alle Leiden mit Standhaftigkeit ausgehalten, wurde fie frei gelaſſen; fie lebte bis zur Abfahrt eines Schif— fes nach dem neuen Kontinent in einem anſtaͤndigen Hauſe zu Paris. Vor ihrer Abreiſe erhielt ſie noch einen Diamant— ring von hohem Werth, nachdem man ſie zuvor fuͤr unſchul— dig erklaͤrt hatte. Nach der Verhaftung des Touſſaint-Louverture wurde die Sclaverei neuerdings proklamirt. Damals moͤgen die Franzoſen wohl gerechte Rache an den Schwarzen genommen haben. Die Schwarzen griffen abermals zu den Waffen, bis endlich der Aufſtand allgemein wurde, und ſich Jacob Deſſalines an die Spitze des Eingebornen ſtellte. Mit ihm verbanden ſich 1803 Chriſtoph und Petion?) u. |. w. Die⸗ ſer Krieg war einer der blutigſten, und endete mit der gaͤnz⸗ lichen Vertreibung der Franzoſen aus dieſem Theile der In— ſel, wozu befonders auch der Tod Leclerc's am 28. Nov. 1803 viel beitrug !). Das zahlreiche Heer, welches nun zu einem Haͤuflein von Fluͤchtigen herabgeſchmolzen war, hatte ſich nach der Stadt St. Domingo geflüchtet. Die Rache, welche die Schwarzen dazumal an den Weißen veruͤbten, war grenzenlos geweſen. Am 1. Januar 1804 verkündeten die Neger die Unab⸗ haͤngigkeit der Inſel, aͤnderten den Namen St. Domingo in *) Petion nicht Pethion, zufolge feiner eigenen Unterſchrift, die ich beſitze. n) Lacroix. Histoire de la révolution de St. Domingue. — 0 me Hayti, und errichteten einen Freiſtaat, an deſſen Spitze ſich der aͤlteſte Feldherr Jacob Deſſalines ſtellte“). Ungeachtet der allgemeinen Niedermetzelung der Weißen hatten die Schwar⸗ zen doch die Vorſicht gebraucht, einzelne ihnen unentbehrliche Individuen, als Geiſtliche, Schullehrer, Schriftſetzer, Buch— drucker u. dgl. waͤhrend der Schreckensſcenen ins Gefaͤngniß zu werfen, denen alsdann groͤßtentheils unter der Bedingung, daß ſie ihrem alten Vaterlande abſchwoͤren und dem neuen Dienſte leiſten wollten, das Leben geſchenkt wurde. An prun⸗ kenden und lockenden Proclamationen fehlte es daher nicht. Den 8. October 1804, nahm Deſſalines aus prahleri⸗ ſcher Nachahmungsſucht den Titel eines Kaiſers als Jacob J. an. Jenes Haͤuflein Franzoſen, welche noch immer die Stadt St. Domingo beſetzt hielten, war ein Gegenſtand feiner vollen Aufmerkſamkeit, und es wurde eine Expedition nach dieſem Orte, um ben gefährlichen Nachbar gänzlich zu vertilgen, zu Stande gebracht. Der auf Deſſalines Befehl ausgefertigte Bericht uͤber den Feldzug iſt in meinen Haͤnden, und es geht daraus hervor, daß Deſſalines nach einer zweimonat— lichen Belagerung ſich endlich zuruͤck ziehen mußte, wobei er ſeine Wuth auf eine ſchreckliche Weiſe an den Bewohnern des ſpaniſchen Antheils der Inſel kuͤhlte. Gleich nach dieſer mißlungenen Expedition vernichtete Deſſalines mehrere Weiße, die er als Spione im Verdacht hatte. Auch war er eifrigſt bemuͤht, das Volk den Eid der Treue ablegen zu laſſen. Hieruͤber enthalten Haytiſche Blätz ter Folgendes: »Am 15. Juni 1805 verſammelten ſich die Truppen auf der Place d’armes und bildeten ein Viereck; Pflanzer, Buͤrger, Maͤnner, Weiber, Kinder und Greiſe ſtroͤmten maſ— ſenweiſe, herzu, um den großen merkwürdigen Tag durch *) Gazette politique et commercielle de Hayti 1804. - = Jubel zu verherrlichen. Um 6 Uhr kam Deſſalines mit ſei— nen Generaͤlen im Kreiſe an und wurde mit Jubelgeſchrei und Janitſcharenmuſik empfangen. Eine allgemeine Salve von allen Forts verkuͤndete den conſtitutionellen Bund. Alle Gemuͤther waren in vollſter Spannung. Die Civil- und Militaͤrbehoͤrden ſchloßen einen Kreis um den Thron der Conſtitution, welcher mit Nationalfarben decorirt war. Der Staatsſekretaͤr ſtieg auf dieſen erhabenen Ort in der Mitte des Platzes, und las die Conſtitution vor. Kaum waren die Glückwuͤnſche verklungen, als Deſſalines ſich in folgenden Worten an das Volk wendete: „„Haytier! die politiſchen Gewitter, welche über dieſem Lande wuͤtheten, ſcheinen vertrieben zu ſeyn. Nach dem all— gemeinen Sturm iſt ein Augenblick der Stille eingetreten, und ihr habt gewollt, daß die Ruhe der Krieger durch die Wach⸗ ſamkeit des Geſetzgebers geehrt werde. In dem Moment, da ihr eure Blicke auf eine Conſtitution richtet, welche eure Rechte ſchuͤtzt, tretet ihr in den Rang der civiliſirten Nas tionen.“ Als ſich der Uſurpator unter Kanonendonner und Muſik nach dem Palaſt begeben hatte, endete das Feſt mit einem großen Gaſtmahle, wobei einige Geſundheiten getrunken wur— den.“ Ungeachtet aller Schmeicheleien, welche ihm häufig dar— gebracht wurden, veruͤbte Deſſalines viele Grauſamkeiten, zeigte hauptſaͤchlich gegen die Weißen und ſarbigen Leute unter dem Vorwande der Geſetzlichkeit Zuͤge von Barbarei, Willkuͤhr und Mordſucht. Seine Proklamationen, ſich unter ſeinen Schutz zu begeben, hatten mehrere Weiße herbeigelockt, die dann durch einen heimlichen Befehl vom 28. Februar 1805, mit Ausnahme der Prediger und Geſundheitsoffiziere, groͤßtentheils ein Opfer feiner Rache wurden. Die Regierung befand ſich waͤhrend letzterer Zeit in einem zerrütteten Zuſtande (heißt es in haytiſchen Schriften); die drohenden Worte des Tyrannen erregten jeden Tag mehr Haß unter ſeinem eigenen Volke, und ſo beſchloß es ſeinen Un— tergang, Eine Zeitung von Hayti enthält hieruͤber Folgendes: Capſtadt, den 5. November 1806. Urſachen, welche auseinanderzuſetzen unnoͤthig iſt, haben uns verhindert, die Begebenheiten, die ſich in der Suͤd- und Weſtprovinz zugetragen haben, fruͤher als eben jetzt bekannt zu machen. Seit einiger Zeit entwickelten ſich in verſchiede— nen Gegenden Hayti's unzufriedene Geſinnungen. Eine ſchlechte Adminiſtration und vielfache Ungerechtigkeiten verurſachten einen Abſcheu gegen das nunmehr umgeſtoßene Gouvernement. Der größte Theil der Offiziere, ſcheint es, entruͤſtete ſich uͤber die ſchlechte Behandlung, die ihnen und den Solda— ten widerfuhr; denn die letzteren waren ohne Kleidung, Nah— rung und Zahlung dem groͤßten Elende Preis gegeben, waͤh— rend Equipierungsſtuͤcke genug in den Magazinen lagen, und die Staatskaſſen hinlaͤngliche Zahlungsmittel darbo— ten. Und fo brach denn eine Umwaͤlzung aus, deren Zweck es war, einen wuͤrdigen, durch Charakter und Verdienſte ausgezeichneten Manne, der durch ſeine Macht, das Gluͤck der Unterthanen verbuͤrgt, und uͤber ſie die Vortheile einer vaͤter— lichen Verwaltung ausbreiten wird, an die Spitze der Regie— rung zu ſtellen.“ Baron Vaftey liefert uns Folgendes Über dieſen Vorfall. Die Verſchwoͤrung gegen Deſſalines wurde von dem Kriegs— miniſter Gerin, von dem Generalcommandanten Petion, von Vayon und andern Mulatten-Generaͤlen geleitet. In der Nacht vom 15. October 1806 ritt Deſſalines mit einigen zwanzig Mann Bedeckung uͤber das Blachfeld von Cul de Sac, um ſich nach Port- au-Prince zu begeben. Als er — noch einige hundert Schritte von der rothen Bruͤcke ohnweit Port-au-Prince entfernt war, ſah er auf beiden Seiten des Weges Truppen in Schlachtordnung aufgeſtellt. Nichts Bd— ſes ahnend, ritt er ſeinen Weg fort. Als er bei den Truppen ankam, hoͤrte er von Tauſenden das Geſchrei: halt! halt! wiederholen. Auch jetzt noch ohne Sorgen, ritt er zwiſchen die gefaͤllten Bajonette, und ſchrie: „Soldaten, kennt ihr mich nicht?“ — Die Truppen, von Ehrfurcht und Schrecken uͤberwaͤltigt, wagten es nicht, Hand an ihn zu legen. Nur einer der Verwegenſten zielte nach ihm. Deſſalines toͤdtete ihn ſogleich durch einen Piſtolenſchuß. In dieſem Augenblicke war es, daß Gerin, Vayon und Andere, die hinter dem Gebuͤſche verſteckt waren, „Feuer“ comman⸗ dirten. Hierauf erfolgte eine allgemeine Salve, die Deſſali— nes und ſein Pferd auf der Stelle todt darnieder ſtreckte. Auf dieſe Art endete Deſſalines in der Mitte ſeiner ſchwarzen Waffenbrüder, nachdem er ein Jahr, zehn Monate und ſechs— undzwanzig Tage als Uſurpator geherrſcht. Es erſchien nun eine Proklamation, welche die Grau— ſamkeiten Deſſalines mit den lebhafteſten Farben ſchilderte. Ueber ſein Privatleben findet ſich Mehreres in dem Werke: Voyage dun Naturaliste, par Descourtils. Er war verheirathet, hatte auch Kinder, lebte jedoch in völliger Po— lygamie. Seine Maitreſſen, deren er gegen zwanzig gehabt haben ſoll, koſteten den Staat jaͤhrlich 20,000 Piaſter. IV. Faktionen auf Hayti. Ueber die Wahl eines neuen Beherrſchers von Hayti waren die Meinungen ſehr getheilt. Baron Vaſtey behaup— tet, daß Chriſtoph unter den ſchmeichelhafteſten Einladungen allgemein verlangt worden ſey. Wenn man aber erwaͤgt, wie partheiiſch ſich Vaſtey in ſeinem Werke ausgeſprochen, fo wird man es glaubwuͤrdiger finden, daß die Suͤdprovinz, die ohnehin viele Mulatten zaͤhlte, weit lieber einen Mulat⸗ ten als einen Schwarzen an ihrer Spitze ſah, obgleich Nie— mand dem Chriſtoph als dem aͤlteſten Feldherrn das Recht hiezu abſprechen konnte. Indeſſen lud wirklich eine Adreſſe vom 21. October 1806 den General Chriſtoph (der ſeit dem 5. Juni 1805 zum Obergeneral der Nordprovinz ernannt war) nach Port- auz Prince ein, wo er ſich an die Spitze des zerruͤtteten Gou— vernements ſtellen ſollte. Es unterzeichneten ſich Gérin, Per tion, Dayon und Vaval (Brigade-Generaͤle), Brunet (In— tendant und Stabsmajor) im Hauptquartier zu Port-au-Prince, den 21. October 1806. Chriſtoph wagte es nicht, dieſem Ruf Folge zu leiſten, ſondern blieb auf der Grenze mit einer ſtarken Bedeckung ſtehen, und ſchickte blos feine Deputirten zur Staatsver— ſammlung nach Port-au-Prince. Der Eroͤffnungstag der Conferenzen des geſetzgebenden Körpers erſchien. Die Vers ſammlung follte aus 60 Gliedern beſtehen. Da ſich aber ſtatt deſſen achtundſiebenzig einfanden, nämlich für die Suͤd⸗ provinz achtzehn Stimmen mehr als für die Nordprovinz, ſo entzweiten ſich die Glieder, und die Deputirten der Nord— provinz mußten ſich unverrichteter Sache zurückziehen. Petion wurde ſodann, am 27. Dezember 1806, als Praͤſident der Republik von Hayti ausgerufen. Chriſtoph wollte dieſen konſtitutionellen Bund nicht an— erkennen, ſondern ruͤſtete ſich zum Kampf und marſchirte mit allen ſeinen Truppen gegen Port⸗au⸗Prince. In der Gegend von Cibert begegnete er am 15. Januar 1807 der Armee von Petion, die ebenfalls ſchon auf dem Marſche begriffen war. Hier wurde eines der hitzigſten Treffen geliefert, in Folge deſſen Chriſtoph den Ruͤckzug nehmen mußte; wiewohl Vaſtey verſichert, daß er es gutwillig gethan habe, um wei— terem Blutvergießen zu ſteuern. Jedenfalls trat nun eine völlige Trennung beider Staaten ein, und jedes der Ober— haͤupter ſuchte dem ſeinigen eine neue Verfaſſung zu geben. Petion, den Nordamerikanern nachahmend, gab eine rein ver publikaniſche, während Chriſtoph das Staatsgebaͤude auf monarchiſche Principien gruͤndete. Er verſammelte einen Staatsrath im Cap, der aus den älteften Generaͤlen beſtand und die Conſtitution vom 17. Februar 1807 zu Stande brachte. Das Gouvernement nahm den Namen Staat von Hayti und Chriſtoph den eines Praͤſidenten und Generaliſſimus der Land- und Seemacht an. Dieſe Wuͤrde ſollte er Zeitlebens begleiten, und das Recht haben, ſich unter den Generaͤlen ſeinen Nachfolger zu waͤhlen. In der Nordprovinz blieb es ruhig, Chriſtoph beſchaͤftigte ſich mit Einrichtung des neuen Gouvernements. Allein in der Suͤdprovinz war die Ruhe noch nicht hergeſtellt. In las Cayas und Aquin wurden unterdeſſen bei neuen Auſſtaͤnden mehrere Generale, als Men | | | A tor, Germain, Moreau und Lafleur ermordet. Ein gewiffer Baptiſte Duperier, genannt Goman, ſetzte ſich in unzu— gaͤnglichen Gebirgen feſt, und erkannte weder das eine noch das andere Gouvernement an; Petion fuͤhrte lange Krieg mit ihm. Im Jahre 1810 kehrte Richaud aus Frankreich mit Unterhandlungstraktaten zurück, die jedoch verworfen wurden. Petion machte ihn zum Diviſions-General; bald darauf ver— uneinigten ſich beide Chefs, und Richaud riß einen Theil der Suͤdprovinz an fi. Mehrere Chefs fielen als Opfer, unter ihnen Magloire und Payon; ſelbſt Gerin fiel ſpaͤter durch den Obriſt Bruny in Anſe-a-venu ). Der Letztere wurde aber bald nachher ſelbſt geopfert. Chriſtoph ſandte zu dieſer Zeit Abgeordnete nach der Sid » und Weſtprovinz, welche die Einwohner auffordern ſollten, unter ſeine Befehle zu treten. Allein da man ſie nur verſpottete, ſo ſcheiterten Chriſtophs Plane. Doch loderte der Buͤrgerkrieg noch eine Zeitlang mit allen Grauſamkeiten fort, bis endlich ein verſoͤhnender Friede abgeſchloſſen wurde, zufolge deſſen Richaud den Oberbefehl über die Suͤdprovinz, und Petion die Praͤſidentſchaft über die Republik behielt. Kurze Zeit darauf wurde Richaud von einem Fieber wegge— rafft. Vor ſeinem Tode wählte er noch den aͤlteſten feiner Generäle, Borgella, zu feinem Nachfolger. Chriſtoph warf ſich im Jahre 1811 unter dem Namen Henry I. zum Könige von Hayti auf. Der vorgebliche Erzbiſchof Gonzalez, den ſich Chriſtoph ſelbſt geſchaffen hatte, weil ihm der Papſt in Rom keinen geſtattete, ſetzte am 2. Juni Chriſtoph und deſſen Gemahlin Marie Loniſe die koͤ⸗ nigliche Krone auf. Vaſtey's ſchmeichelhafte Feder ſagt: Bei feiner Erſcheinung auf dem Throne behielt der König feinen 4) Eine kleine Inſel auf der Südſeite von Domingo. — 49 — gewoͤhnlichen Charakter: er war nicht verblendet, nicht im geringſten befangen, noch gewahrte man die mindeſte Veraͤn— derung in ſeinem Antlitz. Mit Offenheit und Geiſtesgegen— wart ſprach er folgende Worte im Beiſein der hohen Auto— ritaͤten des Reiches: „„Ich ſchwoͤre, die Integritaͤt des Reiches Hayti zu ber wahren, und niemals, unter welchem Vorwande es auch ſeyn moͤge, die Sclaverei noch andere Maßregeln, die unſern Mi— litair- und Civilrechten entgegen find, zu dulden; ich ſchwoͤre, die Ordnung der Apanagen, die Rechte der Gutsbeſitzer auf— recht zu erhalten, und nur in der einzigen Abſicht zu regie— ren, damit das Gluͤck und die Ehre der großen Familie Haytis erhalten und befoͤrdert werde.“ “ Die Mitglieder der koͤniglichen Familte wurden als Prinz zen und Prinzeſſinnen mit dem Titel „koͤnigliche Hoheit be— grüßt. Chriſtoph richtete feinen neugeſchaffenen Hofſtaat ganz auf europäifchen Fuß ein, was allerdings den Schwarzen ſchmeichelte, die ſich aus ihren fruͤhern, zum Theile elenden Verhaͤltniſſen plotzlich hinweggeruͤckt und von Glanz, Pracht und Fuͤlle umgeben ſahen. Als dieſe und aͤhnliche Einrichtungen getroffen waren, blieb es eine Zeitlang ruhig; aber im Jahre 1813 kam es zu neuen Thaͤtlichkeiten zwiſchen den beiden Staaten. Vaſtey beſchuldigt mehrere Weiße (Franzoſen) und farbige Leute der Verrätherei; die Republikaner jedoch behaupten das Gegen— theil. Indeß iſt es wohl moͤglich, daß die Farbigen in Chri— ſtophs Bezirk fuͤr Petions Vortheil etwas zu thun ſuchten, da dieſer ſeine Unterthanen weit gelinder behandelte. Chriſtoph glaubte ſich veranlaßt, Ruͤſtungen zu betreiben und mit allen feinen Truppen gegen Port-au- Prince zu ziehen. Das erſte Unternehmen war die Beſtuͤrmung des Forts Cibert, wel— ches ſich auch ergeben mußte. Nun ruͤckte Chriſtoph wei— ter vor. In der Ebene von Cul de Sac trafen beide Ar— Hayti,. 4 — 38 — meen auf einander und lieferten eine mörberifche Schlacht. Boyer, nachmaliger Praͤſident, kommandirte die republikan— niſche Armee. Sie mußte zwar nach Port-au-Prince zuruͤck marſchiren, allein Bargella, Richauds Nachfolger, hatte ſich indeſſen mit Petion vereinigt, und fo kam er mit einer ziem— lich ſtarken Armee in Port- au-Prince an. Neue Aufſtände riefen Chriſtoph nach St. Maros. Er uͤbergab das Com— mando dem Marſchall Fuͤrſten von Limbé. Doch kaum hatte er ſich aus dem Lager entfernt, fo empörte ſich eine ganze Diviſion, welche unter den Befehlen des Herzogs von Plai— ſance ſtand, und ging zu Petion uͤber. Dieſes Ereigniß ſchwaͤchte die Armee beträchtlich, auch war es im Innern an mehreren Orten zu Aufſtaͤnden gekommen. Deßhalb be— gab ſich Chriſtoph nach einer Belagerung von 75 Tagen nach feiner Provinz zuruck. Petion hatte damals leicht das Königreich erobern koͤn— nen, allein dann waͤre ein entſetzliches Blutbad uͤber das Land ergangen. Er begnügte ſich daher, den Feind bis über die Grenze zu verfolgen. Hierauf blieben beide Parteien ru— hig; Chriſtoph beſchaͤftigte ſich mit der Einrichtung ſeines Landes. Seine treuen Diener erhob er zu Rang und An— ſehen, und herrſchte nun mit unumſchraͤnkter Gewalt über ſeine Neger. Als im Jahre 1814 Ludwig XVIII. wieder den Thron beſtieg, war Frankreich bemuͤht, die Inſel abermals unter ſeine Herrſchaft zu bringen, und deshalb wurden Unterhand— lungen mit beiden Chefs angeknuͤpft. Zu dieſem Ende wur— den drei Perſonen nach Weſtindien geſchickt, Dauxion La— vayſſe, Dravermann und Medina. Sie landeten auf Jamaica. Es traf ſich, daß zur ſelben Zeit ein im Cap anſäßiger Kaufmann, ein Franzoſe, eine merkantiliſche Reiſe dahin unternahm. Dieſem trug Chriſtoph, der von der Miſſion ſchon unterrichtet war, auf, ſich nach ihrem eigentlichen Zweck —ů = un und den dabei obwaltenden Geſinnungen zu erkundigen. Montorſier — ſo hieß der Kaufmann — ermangelte nicht, ſogleich nach ſeiner Ankunft auf Jamaica ſich in das Haus dieſer Herren zu begeben, wo er Lavayſſe krank antraf. Als Landsleute wurden beide bald naͤher bekannt. Letzterer ſuchte Montorſier fuͤr ſeine Angelegenheiten zu gewinnen, was ihm dieſer auch zuſagte, und dabei verſprach, die Sache ſo viel als moͤglich zu betreiben. Montorſier kehrte nach Hayti zu— ruͤck, mit einem Schreiben von Lavayſſe an den König. Chriſtoph befand ſich eben in Sans-Souci, als Montorſier im Cap ankam. Dieſer wollte die Papiere dem Baron Dupuy, der in Abweſenheit des Koͤnigs dergleichen zu uͤber— nehmen hatte, nicht uͤbergeben, ſondern ſie in Chriſtophs eigene Haͤnde legen. Chriſtoph verfuͤgte ſich alſo nach dem Cap, und ertheilte ihm eine Audienz. Um Montorſier aus— zuforſchen, nahm der Fuͤrſt die Miene und den Ton freund— ſchaftlicher Vertraulichkeit an, und fragte den Unterhaͤndler: „Was, glauben Sie wohl, wuͤrde meine Belohnung ſeyn, wenn ich mich freiwillig wieder unter franzoͤſiſchen Schutz ſtellte? — „Ew. Majeſtaͤt werden ſouverainer Herr und Eigenthuͤmer von der Inſel Tortue ſeyn; oder Sie koͤnnten reſidiren, wo es Ihnen beliebte, ſey es nun in Frankreich, in den vereinigten Staaten von Nordamerika, oder wo immer. Allenthalben werden Sie von dem Wohlwollen Seiner Ma— jeftät Ludwigs XVIII. begleitet ſeyn.“ — Chriſtoph, ſchlau genug, antwortete: „Ich haͤnge keineswegs an dem Thron noch an der Krone, und wuͤrde gerne herabſteigen, und ganz Verzicht darauf leiſten, wenn ich mir ſchmeicheln duͤrfte, an irgend einem Orte meine Tage ruhig im Schooße meiner Familie zuzubringen.“ — „Eben das iſt es, was man wuͤnſchte,“ unterbrach ihn Montorſier, indem er feine Hand ergriff und druͤckte; „man beſorgte, daß Ew. Majeftät ſich dazu nicht werden entſchließen moͤgen; nun aber iſt das Hin— 4 * — 52 — derniß gehoben.“ — „Aber,“ erwiederte Chriſtoph, „was wer— den meine Offiziere, Miniſter und Staatsglieder dazu ſagen? Sie werden ſich mit aller Gewalt dagegen ſetzen.“ — „Man muß ſie zu bewegen ſuchen,“ erwiederte Montorſier ruhig. Kaum hatte dieſer die Worte geſprochen, als ſich Chri— ſtoph erhob und mit lauter Stimme rief: „Zu mir, meine Offiziere! Man will euch die Freiheit rauben, man macht mir Zumuthungen, ich ſoll euch bereden, eure geleiſteten Eide zu brechen!“ Die Offiziere ſtuͤrzten auf dieſen Ruf mit einemmale aus dem Nebenzimmer herein, Montorſier erwachte aus ſeinem Traume, und begriff ſeinen Irrthum. Er zitterte am gan— zen Koͤrper, ward blaß, und gerieth in die ſichtbarſte Ver— wirrung. Die Offiziere wollten ihn auf der Stelle uͤber den Balkon auf die Straße werfen, allein Chriſtoph ſagte: „nein, laßt ihn ruhig abziehen; genug, daß ſeine Anſchlaͤge entdeckt ſind!“ Montorſier ging, er iſt wahrſcheinlich das blutige Opfer ſeiner Willfaͤhrigkeit geworden. Chriſtoph berief hierauf in Sans-Souci den großen Staatsrath zuſammen, um der Nation die Papiere, von welchen Montorſier der Ueberbringer geweſen, vorzulegen. Hier theile ich den Eingang der hierauf Bezug nehmenden Aktenſtuͤcke mit, wie ſie ſich gedruckt in meinen Haͤnden be— finden. Bekanntmachung der Sitzungen des großen Raths der Nation. Heute den 21. October 1814 im elften Jahre unſerer Unabhaͤngigkeit, im vierten der Regierung Seiner Majeſtaͤt, find die Großwürdentraͤger, Staatsmaͤnner und Adminiſtra— toren durch allerhbchften Befehl in den Palaſt von Sans⸗Souci zur Staatsverſammlung berufen worden, um Kenntniß von den Papieren zu nehmen, die es Seiner Majeſtaͤt gefallen hat, ihnen zur Discuſſion vorzulegen. Die genannten Per— ſonen, in großer Hofgalla, ſind durch den Groß-Ceremo— nienmeiſter, Herrn Baron von Sicard, nach ihrem Range pla— cirt worden. Seine Majeſtaͤt, unſer ſehr gerechter und ſehr gnaͤdiger Souverain, iſt mit ſeiner koͤniglichen Hoheit, Mon— ſeigneur dem Kronprinzen, an ſeiner Linken, und in Beglei— tung der Wuͤrdentraͤger der Krone, in dem Saale, unter dem Geſchrei: „es lebe der König! es lebe der koͤnigliche Prinz!“ eingetreten. Nachdem Seine Majeſtaͤt ſich auf den Thron begeben, ſprachen Hoͤchſtdieſelben folgende Worte: Haytier! Wir haben euch verſammelt, und zum allge— meinen Rath der Nation berufen, um euch von Papieren in Kenntniß zu ſetzen, die wir durch den General Daurion Lavayſſe vom franzoͤſiſchen Kabinet erhalten haben. Haytier! Erwaͤgt mit Weisheit und Bedaͤchtigkeit, wie es Maͤnnern ziemt. Ueberlegt, was ſich mit der Wuͤrde der Bevollmaͤch— tigten, welche die Nation repraͤſentiren, verträgt, und was ſie in dieſer Eigenſchaft uͤber ihr eigenes und uͤber das Schick— fol ihrer Mitbuͤrger auszuſprechen haben. Graf Limonade, Staatsſekretaͤr und Miniſter der auswaͤr— tigen Angelegenheiten, verlas hierauf den Brief von Dauxion La vayſſe. Nachdem man den Inhalt deſſelben hinlaͤnglich berath— ſchlagt hatte, wurde einſtimmig beſchloſſen, ſich lieber unter dem Schutte der Mauern begraben, als wieder unter das Joch der Sclaverei beugen zu laſſen. Ja dieſem Anbetracht wurden nun alle möglichen Anſtalten zur Vertheidigung der Inſel getroffen. Kaum war die Reſolution des allgemeinen Rathes der Nation in der Provinz bekannt, ſagt Vaſtey, als ſich ſchon Alles zum Kampfe vorbereitete; von allen Seiten griff man zu den Waffen. Jeder hielt Brände in Bereitſchaft, 54 — um, ſobald die Franzoſen den Fuß ans Land ſetzten, feine eigene Hätte den Flammen zu uͤberliefern. Der Eine ſchaͤrfte ſeinen Saͤbel, der Andere putzte ſeine Flinte, ein Dritter re— parirte ſeinen Torniſter. Die Weiber waren dabei nicht min— der thaͤtig, ſelbſt das Kind verſtand ſeine Mutter, machte auch guten Muthes fein kleines Paͤckchen zuſammen, und zeigte mit den Fingern auf die Gebirge als den letzten Zu— fluchtsort gegen die Sclaverei. Unterdeſſen hatten die Miffionaire ihre Dispoſitionen getroffen, Davermann war beſtimmt, ſich nach der Suͤd— provinz, Medina, ſich nach der Nordprovinz zu Chriſtoph zu begeben, und Dauxion Lavayſſe ging nach Port-au-Prince zum Praͤſidenten Petion, dem er zuvor ſchon, durch einen Brief ſeine Ankunft gemeldet hatte, und von welchem er nicht als Feind, ſondern freundſchaftlich aufgenommen wurde. Chriſtoph that das Gegentheil, ſobald Medina ſein Gebiet betrat; als er auf dem ſpaniſchen Antheile gelandet, ließ er ihn greifen, und ſtellte ihn vor Gericht. Chriſtoph ließ ſeine Inſtructionen drucken, und begleitete ſie mit einer Proklama— tion ans Volk, vom 10. November 1814, in welcher er Medina für einen Spion erklärte, und feine Verhaftung be— kannt machte. Einige Tage darauf begab ſich der ganze Hof von Sans: Souci in die Capſtadt, um dem Te deum beizuwohnen, welches der allmächtigen Gnade zum Dank und Opfer abge ſungen wurde. Medina war bei dieſem Te deum gegen— wärtig; er ſaß ganz allein auf einer Bank, ſo daß er dem Anblicke des ganzen Volkes ausgeſetzt war. Er hoͤrte den Inhalt der Inſtructionen, wovon er der Ueberbringer geweſen war, wie auch den Inhalt des Briefes, und die Antwort des Vol— kes uber dieſen Gegenſtand. Zu Ende des Te deum, heißt es weiter, wurden alle dieſe gedruckten Stuͤcke an die Offi— ziere und anweſenden Perſonen vertheilt. Man kaun ſich die u Lage dieſes Weißen denken, in der Mitte eines Haufens von Kriegern, die ihn wie ein bösartiges Thier mit dem Aus— drucke der Wuth und Rache betrachteten. Wahrſcheinlich iſt er auch auf die Seite geſchafft worden. Chriſtoph ſandte hierauf noch Proklamationen an die Suͤd— weſtprovinz, in welchen er Petion der Verraͤtherei beſchuldigte, und als einen Nationalfeind ſchilderte, der, mit den Fran— zoſen im Bunde, das Volk in die Sclaverei zurückbringen wolle. Chriſtoph ruͤſtete ſich indeß zum Kampfe. Es erſchien eine Verordnung zur Vertheidigung des Landes, ö vs Geſchichte der Inſel von 1814 — 1820 unter Chriſtoph. Die ganze Bevölkerung ward nun unter die Waffen gebracht. Alte und ſonſt Unfaͤhige wurden in Feſtungen verlegt. Alle Magazine und Arſenale ließ Chriſtoph mit Munition, und Egquipirungsſtuͤcken anfuͤllen. Der Werth belief ſich, nach der Angabe Vaſtey's, auf mehr als zwei Millionen Thaler, welche Summe auch baar bezahlt wurde. Die von Chriſtoph nach der Suͤdweſt- Provinz geſen— deten Proklamationen waren fruchtlos geblieben. Er be— ſchloß deßhalb, eine Geſandtſchaft nach Port-au-Prince abgehen zu laſſen; ſie beſtand aus vier Perſonen, zwei Mu— latten und zwei Schwarzen. Graf Limonade hatte im Na— men des Koͤnigs die Depeſche ausgefertigt, welche Mas Artikel enthielt: 1. alles Vergangene der Vergeſſenheit zu uͤberliefern; 2. eine Vereinigung beider Gouvernements einzuleiten: Praͤſident Petion ſollte als General das Commando der Suͤd- und Weſtprovinz, alle Offiziere und Beamten ſollten ihre Stellen behalten, und alle Gegenſtaͤnde des Beſitzes den Eigenthuͤmern geſichert bleiben. Als die vier Abgeordneten auf der Graͤnze angekommen waren, ſchrieb Graf Trou, Chef dieſer Miſſion, an Petion, um ihn von ſeiner Ankunft und dem Zwecke ſeiner Miſſion in Kenntniß zu ſetzen. Petion antwortete ſehr freundſchaftlich, daß die Abgeordneten mit aller Achtung, die man ihnen ſchuldig ſey, aufgenommen werden ſollten. Am 15. Februar 1815 kamen fie in Port- au» Prince an, wo ſie unter viel— fachem Geſchrei: „la paix, la paix!“ empfangen wurden. Als man des andern Tages die Depeſchen eroͤffnete, fand Petion zu feinem Erſtaunen eine Menge Bedingniſſe, ja ſelbſt die Beſchuldigung, daß er mit den Franzoſen in Verbindung ſtehe. In Folge deſſen wurden die Unterhandlungen abge— brochen, ehe ſie recht begonnen hatten und Chriſtoph blieb fortwaͤhrend damit beſchaͤftigt, die Inſel auf den Fall eines Angriffs von Seite dern Franzoſen in Vertheidigungsſtand zu ſetzen. ; Nach der Ruͤckkunft der Deputirten antwortete Graf Limonade in einem gedruckten Brief an die Einwohner der Suͤdweſtprovinz, der mit einer kleinen Broſchuͤre von Baron Vaſtey (le cris dela patrie) begleitet war; worauf jene wieder in einer Schrift: Le peuple dela republique d’Hayti a Messieurs Vastey et Limonade, erwiederten. Waͤhrend dieſer Zeit, kam Daupion Lavayſſé in Frank— reich an (Januar 1815). Die franzoͤſiſchen Zeitungen mache ten ſich Hoffnung, durch Petion wieder in den Beſitz der Inſel zu kommen. Chriſtoph erhielt alle dieſe Zeitungsblaͤt— ter, und machte ſie ſeinen Negern bekannt, er ſchilderte dabei fortwaͤhrend Petion als einen Treuloſen und Landesverraͤther. Durch die Sorgfalt Petions wurden alle Schriften, die Chris ſtoph auch in ſeinem Gebiete bekannt machen wollte ver— brannt. Im Auguſt 1815, brach indeſſen in Port- au- Prince dennoch eine Verſchwoͤrung gegen Petion aus, deren Ver— zweigung ſich bis Jacmel erſtreckte. Das Complot wurde aber an demſelben Tage, als Petion ermordet werden ſollte, entdeckt, und die Haͤupter beſtraft. Im Jahre 1816 ſandte die franzöfifche Regierung wies der eine Commiſſion nach Hayti, an deren Spitze de Ton— Tayer ſtand, um Petion zur Anerkennung der franzoͤſiſchen Oberherrſchaft zu bewegen. An Chriſtoph aber, bei dem die Art der Aufnahme ſich ſchon vorausſetzen ließ, ſandte man nur Briefe, mit der Aufſchrift: A Monsieur le General Christoph au Cap frangais, die aber nicht angenommen wurden. Indeß ward 1816 die Citadelle von Musſouci aufgeführt und zwar durch Neger, die hart behandelt und ſchlecht be— zahlt wurden. Ueberhaupt ließ Chriſtoph mit immer größerer Keckheit die Neger ſeine Willkuͤhrmacht fuͤhlen und oft auf ein geringes Vergehen hin die Todesſtrafe vollſtrecken. Indeß arbeitete er unausgeſetzt an Verbeſſerung des Reichs und berief ſogar aus Hamburg Kuͤnſtler zu ſich hinuͤber. So ſtanden die Sachen, als im April 1818 Petion mit Tode abging. Er ward von ſeinem Volke allgemein geliebt, und aufrichtig beweint, was er vermoͤge ſeiner Bildung, Klugheit und menſchenfreundlichen Geſinnung wohl verdiente. An Petions Stelle, ward General Boyer, Petions Sekretaͤr, als Praͤſident der Republik ausgerufen. Chriſtoph war mit feiner Familie in Port- au-Vaix, als er den Tod Petions vernahm. Aus St. Marco an der Graͤnze erließ er eine Proklamation an die Suͤdprovinz, worin er ſie durch mancherlei Verſprechungen unter ſeinen Zepter locken wollte; allein man gab eine kraͤftige Antwort, die ihm jede Ausſicht auf die Herrſchaft uͤber dieſes Gebiet vereitelte. i Damals verkuͤndeten die Zeitungen, daß Chriſtoph ein großes Stuck unbebauten Landes an fein Militair vertheilt habe; jeder erhielt auch nach Verhaͤltniß ſeines Ranges einen Theil davon. Da aber die ganze Woche, ſelbſt von den Wei— bern, fuͤr ihn gefroͤhnt werden mußte, ſo blieb Wenigen Zeit uͤbrig, für ihren eigenen Nutzen thaͤtig zu ſeyn. So verhielt es ſich, als ich in Hayti ankam. Im Auguſt 1820 erkrankte Chriſtoph, und wurde nach feinem Luſtſchloſſe Sans⸗Souci gebracht, wo er einige Wochen das Bett huͤtete. Dieſen guͤnſtigen Augenblick benutzten mehrere der Vornehmſten aus feiner Umgebung, um eine Verſchwoͤrung anzuzetteln. An deren Spitze ſtand der Duc de Marmelade, Gouverneur der Capſtadt und der Kriegsminiſter Prince de Limbé. Am 6. October 1820 traf Nachmittags die Nachricht ein, in St. Marc ſey eine Empdorung ausgebrochen; doch Niemand wußte etwas Naͤheres. Gegen Abend vernahm man ein dumpfes Getöfe und Laufen durch die Straßen. Unruhe und Angſt erſchien auf allen Geſichtern, dieß gab deutlich zu erkennen, daß etwas Außerordentliches ſich vor— bereite. 5 Niemand war mehr beaͤngſtiget als wir Weißen, da man allgemein fuͤrchtete, es ſey gegen uns ein Anſchlag im Werke. Wir verſammelten uns daher unverzuͤglich um zu berath— ſchlagen, welche Maaßregeln wir zu unſerm Schutze zu ergrei— fen hatten. Wir beſchloſſen, uns an Bord der Schiffe zu fluͤchten, die im Nothfall ihre Anker lichten und abſegeln könnten. Wir ſaͤumten keinen Augenblick uns dahin zu be— geben; doch — welch neuer Schrecken, da wir alle Ufer mit Negerwachen beſetzt fanden, die vom Gouverneur den aus— druͤcklichen Befehl hatten; Jedermann zuruͤckzuweiſen, der ſich einſchiffen wolle. Unſere Beſorgniſſe wurden hierdurch be— ſtaͤrkt. Wir begaben uns daher nach unſern Wohnungen zur ruͤck, deren Thuͤren wir fo viel als möglich verrammelten, hielten die Waffen bereit, und erwarteten zur Gegenwehr entſchloſſen, unſer Schickſal. i Wie die Nacht eintrat, vermehrte ſich auch der Laͤrm in den Straßen. Gegen 11 Uhr riefen Trompetenſchall und Trommelſchlag die Truppen zuſammen. Das Waffengeklirr, 2 000000 | | | au das fürchterliche Geſchrei der Regerwachen, das Umherſprengen der Reiterei durch die Gaſſen und die Feuerfluthen, die von Chriſtophs angezuͤndeten Plantagen und Habitationen am Himmel emporſtiegen, ſteigerten fortwährend unſere Beftürzung, Dieſes wilde Toben dauerte bis zum Morgen. Da in ſolch einem Zuſtand der Dinge alle Ordnung aufhoͤrt, fo konnten die Neger nach Belieben Raub, Mord und jede Graͤuelthat ungehindert veruͤben. Gluͤcklicherweiſe jedoch fehlte es ihnen an Zeit hiezu; denn jeder wehrfaͤhige Neger mußte auf den Verſammlungsplatz eilen, wo auch ſchon ſeit Tagesanbruch Alles in Bereitſchaft ſtand, die ferneren Befehle des Duc de Marmelade zu vernehmen; denn in der Capſtadt war auch nicht ein Einziger, der zu Chri— a ſtophs Vertheidigung eine Piſtole abgefeuert haͤtte. Fruͤh Morgens verſammelte ſich ein zahlreicher Neger— haufe, von einem Offizier geführt, vor dem Haufe, welches wir bewohnten. Der Offizier uͤbergab dem Herrn Hoffmann, Handlungsagenten des Herrn Baron von Dietrich in Wien, einen ſchriftlichen Befehl des Gouverneurs, ihm ſo viele Feuergewehre zu verabfolgen, als der Offizier verlangen werde“), und nebſtbei dem Gouverneur eine Summe von einigen Tauſend ſpaniſchen Thalern vorzuſtrecken *). Jedes Widerſtreben wuͤrde unter ſolchen Umſtaͤnden eben fo tollkuͤhn als fruchtlos geweſen ſeyn. Der Wille des Gouverneurs wurde vollzogen. In der Folge ward fuͤr das Empfangene Zahlung in Kaffee geleiſtet. Ungeduldig und in voller Hitze brachen ſie die Kiſten auf und vertheilten die Waffen. Da nun alles geruͤſtet war, folgte dieſes Geſindel dem Militaͤr nach Haut du Cap, wo ein Lager aufgeſchlagen wurde. Aus dem Arſenal fuͤhrte — *) Unſer Schiff hatte ein Ladung Waffen und Munition au Bord, a) Dieſe wurden unter das Militär verteilt, man in der größten Schnelligkeit mehrere Kanonen nach Haut du Cap. Chriſtophs Mehlmagazine in Petite-Anſe kamen nun ſeinen Gegnern trefflich zu ſtatten. Schlachtvieh wurde aus der Umgegend zuſammengetrieben; es fehlte da— her nicht an Lebensmitteln. Chriſtoph erfuhr bald in Sans-Souci die Vorfaͤlle der vergangenen Nacht. Er ſann auf Rettung, und verſuchte alle Mittel um die Empoͤrung zu unterdruͤcken. Auf die Kunde, daß ein Weißer dem Volke Waffen geliefert habe, gab er dem Gouverneur den Befehl, alle Weißen nieder— machen zu laſſen; aber Marmelade, von dem er nicht wußte, daß er an der Spitze der Verſchwörung ſtund, ſchuͤtzte uns im Gegentheile. Chriſtoph rief nun ſeine Garden, von denen er 1000 Mann in Sans⸗Souci beiſammen haben konnte, unter die Waffen, und ließ ſie den Eid der Treue erneuern. Die Folgen ſeiner Krankheit erlaubten ihm noch nicht, ſelbſt das Commando zu uͤbernehmen, er uͤbertrug daher den Be— fehl einem feiner Verwandten dem Duc de Cort Royal, Der Kronprinz und andere Generaͤle begleiteten ihn. Mittlerweile hatten ſich die Rebellen in Haut du Cap verſchanzt, und bereits Batterien aufgeworfen. Die Garden ruͤckten zwar raſch vor; allein ihr Angriff war ſchwach, und während jene ſchrieen: „Vive Pindeépendence. vive le General Richard, “ ſteckten ſie weiße Tücher auf die Vajo⸗ nette und gingen unter Geſchrei zu ihren Brüdern über, Ihre Anführer fluͤchteten ſich allein in größter Eile nach Saus-Souci, um Chriſtoph von dem Vorgefallenen zu unterrichten; alle ſeine Freunde verließen ihn nun, nur Baron Dupuy hielt Stand. Chriſtoph ſoll ihm geſagt haben: „Retten Sie ſich, meine Zeit iſt aus,“ worauf er ſich ins Bett begab, und ſein Leben durch einen Piſtolenſchuß endete (8. October). Am Tage nach Chriſtophs Tode wurden feine Gemahlin, der Kronprinz, die beiden Prinzeſſinnen und die übrige Familie auf Pferden unter dem Jubelgeſchrei des Poͤbels, unter Glockengelaͤute und dem Donner der Kanonen nach der Cap— ſtadt gebracht; wo die Damen Zimmerarreſt bekamen, die Maͤnner aber ins Gefaͤngniß geworfen wurden. Am 9. Oct. wurden die Verhaßteſten, worunter ſich auch Chriſtophs Sohn, Victor Henri, befand — ermordet; dieſer hat bit— terlich geweint, als man ihn erdolchte. Der Herzog Fort Royal ſchrie jedoch bis auf den letzten Augenblick: „Vive Henri Christoph, roi d Hayti.“ Der Herzog Laxavon ward der Rache des Militairs uͤberlaſſen, das ihn mit Bajonetten erſtach. Baron Vaſtey, Herausgeber der erwaͤhnten Schrif— ten auf Hayti, ward gleichfalls ermordet; ſeinen Leichnam wollte man gar nicht beerdigen; man warf ihn in einen alten Brunnen, wo ich ihn ſelbſt noch geſehen habe. Die Leichname der andern Unglüͤcklichen wurden unweit des Hospitals bei einem kleinen Gebuͤſch in ein Loch geworfen. Chriſtophs Körper ward in der Henri-Citadelle in eine Kalkgrube gelegt. Das Lager in Haut du Cap blieb noch ſtehen. Ich begab mich mit einigen Weißen auch dahin. Da ſtanden eine Menge Huͤtten von Baumzweigen und Palmblaͤttern, da wurde gekocht und gebacken, getanzt und geſungen. Chriſtophs ſchoͤnes Schloß Sans-Souci ward geplündert und ſehr verwuͤſtet. Der ganze Theil der Inſel, welcher unter Chriſtophs Botmaͤßigkeit ſtand, gerieth in einen Zu— ſtand der vollkommenſten Anarchie. Ueberall hoͤrte man den tollen Ruf: „Liberté Egalité.“ Der rohe Neger raubte unter dieſem Vorwande nach Herzensluſt in der Gegend ums her. Kein Geſetz hielt den wilden Schwarm in Schranken, Alles fühlte ſich frei und ungebunden. Aber auch die Weißen konnten nun ohne Paß reiſen, wohin ſie wollten, wiewohl ihnen fuͤr ihre Sicherheit freilich Niemand buͤrgte. Waͤhrend dieſer Zeit ſah man oft die drolligſten Scenen. Hier z. B. * lief ein halb nackter Neger, einen praͤchtigen, mit Goldtreſſen beſetzten Federhut auf dem Kopfe; dort ſtolzierte ein anderer ohne Schuhe mit ſeinen plumpen Fuͤßen, in einer eleganten mit Gold verbraͤumten Offiziersuniform einher, waͤhrend wieder ein Negerkerl auf einem Eſel daher trabte, mit bunten Schwals behangen, als den Trophaͤen frechen Raubes. Indeß ruͤckte Praͤſident Boyer, der von Allem, was hier vorgefallen war, vollkommene Kunde erhalten hatte, mit einem Heer von 15,000 Mann heran. Es lag nicht in dem Plane der Rebellen, ſich unter die Befehle Boyer's zu ſtellen. Die Chriſtoph'ſchen Generäle hatten ſaͤmmtlich andere Namen angenommen. Es war alles in einem zerruͤtteten Zuſtande. Ehe daher ein neues Gouvernement errichtet werden konnte, ruͤckte Boyer vor. Jeder Widerſtand wuͤrde fruchtlos geweſen ſeyn, und es erfolgte nunmehr eine Proklamation des Inhalts: Bürger und Soldaten! Der Magiſtrat und die Generäle machen euch mit lebhafter Freude bekannt, daß von nun an nur ein Gouvernement und eine Conſtitution auf Hayti eriſtire. Der Friede iſt zuruͤckgekehrt, alle Haytier find Brüder und vereint. Der Praͤſident Boyer und feine Armee werden bald in dieſer Stadt eintreffen, um den Frieden zu ſchließen. Bereitet euch vor, ſie mit jenem Enthuſiasmus zu empfangen, der aͤchten Haytiern ziemt. In Folge deſſen wiederholen wir tauſend Mal den Ruf: „Es lebe die Re— publik Hayti! Es lebe Freiheit und Gleichheit; Es lebe Praͤſident Boyer!“ Gegeben im Hotel der Capſtadt am 21. October 1820. Am 26. October ruͤckte Praͤſident Boyer mit feiner Ars mee unter Kanonendonner, Glockengelaͤute und großem Pomp in die Capſtadt ein. Er begab ſich nach dem Pallaſte Chri— ſtophs, wo ſchon Alles in Bereitſchaft ſtand, die fremden Gaͤſte zu empfangen. Nach einigen Tagen ſchenkte Praͤſident Boyer Madame nei a Chriſtoph und ihren Töchtern die Freiheit, worauf ſie ſich ſogleich nach Port-au-Prince, und von da ſpaͤter nach Eng— land einſchifften. Er war ſehr betruͤbt uͤber die Gewaltthaͤ— tigkeiten, die man an dem jungen Henry und an der uͤbrigen Verwandſchaft ausgeuͤbt hatte. Der Wittwe Chriſtophs uͤber— ließ er auch noch ihren Privatſchatz, wovon ſie derzeit in Italien anſtaͤndig lebt. Boyers Charakter hat ſich uͤberaus mild und menſchen— freundlich bewieſen. Er verſteht das Volk durch Guͤte zu regieren. Ich wohnte einigen Anreden bei, die er an daſſelbe hielt, wobei man dfter den Ausdruck: „meine Kinder, Bruͤ— der und Freunde“ vernahm, was bei dieſen Negern einen ganz befondern Enthuſiasmus erweckte. Seine Erziehung hat er in Frankreich erhalten und wurde, als er nach Hayti zu— rückkam, Petions Sekretaͤr. In den Kriegen zwiſchen Petion und Chriſtoph hatte er auch einen Theil der Suͤdarmee als General commandiert. Er iſt ein Mulatte, fein Aeußeres verſpricht wenig; er iſt klein, mager. Er liebt das Einfache. Ich ſah ihn nie anders als in einer ſchlichten blauen Uni— form, und mit einem dreieckigen Hute. Er iſt ſehr populaͤr und benimmt ſich uͤberaus hoͤflich und wohlwollend. Er hatte nunmehr die allgemeine Ordnung völlig wieder herge— ſtellt. Die Nobleſſe und der Hofſtaat waren aufgehoben. Alle Fuͤrſten, Grafen, u. ſ. w. hatten die Maske abgelegt, und waren nunmehr als Stabsoffiziere untergebracht. Das gemeine Volk lebte fortwährend im Taumel der Freude, von allen den ſchweren und laͤſtigen Arbeiten befreit zu ſeyn, mit welchen fie Chriſtoph unaufhörlich gedruͤckt hatte. Jeder kehrte nach ſeiner Wohnung zuruͤck, um ſein eigenes Land zu bebauen oder — und dieß war bei ſehr Vielen der Fall — ſich feiner Traͤgheit zu uͤberlaſſen. Ein großer Theil von Boyers Armee war wieder nach der Suͤdprovinz abgezogen. Boyer ſelbſt machte nun An⸗ =. UM falten zu feiner Abreiſe; zuvor follte aber das Volk noch den Eid der Treue gegen die Republik und die Conſtitution ablegen, und zwar geſchah dieß bei Auſpflanzung eines Con— ſtitutionsbaums unter freiem Himmel. Boyer ſetzte den mit einer rothen Tuchmüge gekroͤnten Baum, eine Kohlpalme, ein, jeder der Generaͤle warf zum Zeichen des Schwurs eine Schaufel voll Erde dazu, und darauf folgte ein allgemeines Volksfeſt. Der Praͤſident, der auf der Henri-Citadelle einen Schatz von 20 Millionen ſpaniſchen Thalern entdeckt hatte, ließ bei ſeiner Abreiſe nach Port au Prince den General Maner als Gouverneur der Capſtadt zuruͤck, und gerne fuͤgte ſich das Volk den Befehlen dieſes Negers, waͤhrend ein Far— biger keinen guͤnſtigen Eindruck gemacht haben wuͤrde. Das Militair wurde equipirt und gut genaͤhrt, und bekam den Sold ſo regelmaͤßig, wie das des Praͤſidenten. Deſſen ungeachtet fehlte es bald nicht an mancherlei Reibungen und Streitigkeiten, wozu, wie nicht gelaͤugnet werden kann, Maner das Seinige beigetragen hat, indem er gegen Boyers Abſicht bei der Verwaltung der Juſtiz und bei Ertheilung ſeines Schutzes auf die Farbe partheiiſche Ruͤckſichten nahm. Beſonders aber waren Chriſtophs Gr neraͤle und Offiziere mit der neuen Ordnung der Dinge aͤußerſt unzufrieden. Die Unterwuͤrfigkeit, wozu ſie ſich jetzt im Drange der Umſtaͤnde nur mit Widerwillen bequemten, wollte ihnen nicht behagen. Richard und Romain machi— nirten ſeit der Abreiſe des Praͤſidenten gegen Boyers An— ſtalten und benuͤtzten deſſen Abweſenheit, um ſich des Zwanges zu entledigen, der ſie zu einer untergeordneten Stelle ver— dammte und ihrer Herrſchſucht Schranken ſetzte. Um ihren Plan auszuführen, zettelten fie einen Aufſtand an (27. Fe— bruar 1821), der aber durch Boyers ſtaatskluge Haltung wieder gedaͤmpft wurde, Hayti, VI. Militairweſen. Chriſtophs Armee belief ſich auf 15,000 Mann, Alles mit einbegriffen, was nur irgend für dienftfähig gerechnet werden kann. Allein von dieſer Anzahl waren kaum 4000 in Activitaͤt. Dieſe lagen zum Theil in der Kaſerne der Capſtadt, theils auf den Habitationen vertheilt. Mit Aus— nahme der Garden waren ſie ſchlecht equipirt, und zogen, die Offiziere ausgeſchloſſen, mit bloßen Fuͤßen auf. Auch ſah man nicht ſelten in ihren Reihen mit Lumpen und Schmutz bedeckte Leute einhermarſchiren. Die Garden theilten ſich in Garde du Corps, leichte Reiterei und Garde Haytienne. Dann eriſtirte auch noch eine Ehrengarde oder Gensdarmerie aus jungen Dahomet“) beſtehend. Boyers Armee wurde vor Vereinigung beider Staaten auf 20,000 Mann gerechnet, worunter 4 Regimenter Gar— den waren, nämlich Grenadire und Jaͤger zu Pferd und zu Fuß; dann Artillerie, Dragoner und Gensdarmerie. Die Linientruppen des Präſidenten Boyer wurden ebenfalls nur in Kriegszeiten organiſirt. Das Koſtuͤm des Militairs beider Staaten war nach franzöfifchem Geſchmacke. Die Gardejaͤger des Praͤſidenten *) Dahomet iſt der Name eines Landes in Afrika, woher viele Haytier ſtammen. * Boyer gleichen den Pariſer Huſaren unter Napoleon. Chri— ſtophs Militair unterſchied ſich von dem der Republik be— ſonders durch die Haarzoͤpfe, welche ſie, ſo lange er regierte, tragen mußten, die aber groͤßtentheils falſch waren. Tuch— uniformen ſind bei der Haytiſchen Armee ohngeachtet der großen Hitze durchaus uͤblich. Die Tſchakos find von Leder und bei Offizieren ſehr reich behaͤngt; leinene Hoſen ſind durchaus gebraͤuchlich, jedoch tragen die Offiziere und andere Perſonen von Rang Beinkleider, die ſehr weit ſind, von den feinſten engliſchen weißen, oft auch geftreiften Stoffen. Die Schwarzen ſchlagen ihre franzofifchen Märfche fo gut als jeder Tambour, vorzuͤglich haben die Regiments— trommler eine große Gewandtheit, ihre Stoͤcke unter der größten Volksmenge hoch in die Luft zu werfen, und ſie nach ver— ſchiedenartigen Schwenkungen mit Leichtigkeit wieder auf— zufangen. Hinſichtlich der Fähigkeiten und der Taktik ſagt die oft nur zu prahleriſche Feder des Baron Vaſtey: „Wir ſtudieren Mathematik; unſere Artilleriſten und Bombardiere find vortrefflich; unſere Grenadiere zu Pferd konnen ſich mit den erſten Truppen der Welt meſſen; unſre Kavallerie-Korps find wohl beritten und gut exerciert.“ Die Armee beider Staaten iſt in der Taktik von euro— päifchen Offizieren unterrichtet worden. a Der Neger iſt in dieſem Theile der Welt ein trefflicher Soldat; er bekaͤmpft die groͤßten Beſchwerlichkeiten; das Klima hat beinahe keinen nachtheiligen Einfluß auf ihn; er marſchirt bei einem Stucke Kommisbrod und einem Trunk Waſſer (wozu er einen kleinen Becher von Blech am Knopf— loche haͤngen hat) zwar langſam, aber unermuͤdet unter Ge— ſang in heißem Sande fort. Hayti kann im Falle eines Angriffs von irgend einer fremden Macht leicht eine Armee von 50 bis 60,000 Mann 5 * rer af \ mn ins Feld ſtellen, worunter man ungefähr 30,000 exercierte Leute zählen kann. Die Kuͤſtenforts find zwar nicht ſonder— lich beſtellt; aber wie beſchwerlich fuͤr den Europaͤer und fuͤr eine noch nicht acclimatiſirte Armee der Krieg im Innern des Landes iſt, laͤßt ſich kaum denken. Eine Marine exiſtirt eigentlich nur dem Namen nach. Sie beſteht blos aus einer Brigg und einigen Schoonern, zuſammen etwa von 20 Kanonen. 2 VII. Chriſtoph und ſeine Familie. Heinrich Chriſtoph, geboren den 6. October 1767 auf der kleinen weſtindiſchen Inſel Grenada, der Sohn freier, unbemittelter Leute, ward im eilften Jahre von ſeinem Vater einem franzoͤſiſchen Schiffscapitain als Schiffsjunge uͤberlaſſen. Das Schiff ſegelte nach Hayti, wo ihn der Capitain, nachdem er ihn als einen leichtfertigen Jungen kennen gelernt hatte, an den Prokurator einer Habitation verkaufte, der ihn als Kuͤchenjunge gebrauchte. Hier zeigte Chriſtoph Fleiß, und machte in der Kochkunſt ſolche Fortſchritte, daß ihn ſein Herr in der Folge zum Koche erhob, Zur Zeit, wo der franzoͤſiſche General Deſtain Freiwillige warb, meldete ſich Chriſtoph, ging an Bord der franzoͤſiſchen Kriegsſchiffe und hörte auf Sclave zu ſeyn. Nach dem Feldzuge verließ er den Seedienſt, und errichtete im Cap ein Gaſthaus mit dem Schilde la Couronne. Seine frühere Carriere als Koch kam ihm nun trefflich zu Statten, und er erwarb ſich als Reſtaurateur die Zufriedenheit ſeiner Gaͤſte. Allein als ein grober und ungebildeter Menſch artete er oft aus, und zog ſich durch ſein rohes Betragen manche Unannehmlichkeiten zu, wobei es dͤfter zu Thaͤtlichkei⸗ ten kam. Beim Ausbruch der franzoͤſiſchen Revolution (1789) nahm er wieder Kriegsdienſte, anfaͤnglich als erſter Kanonier, — MO 1 dann als Dragoner, und zog durch Muth und Dienfts eifer gar bald die Aufmerkſamkeit feiner Offiziere auf fich. Bei dem erſten Brande der Capſtadt wurde Chriſtoph zum Capitain ernannt. Spaͤter beſtieg er als Capitain ein Cor— ſarenſchiff. Nach ſeiner Ruͤckkunft uͤbernahm er eine Schlacht— bank, wo er durch Rohheit bei allen ſeinen Kunden in Miß— kredit kam. In ſeiner Brutalitaͤt ging er oft ſo weit, daß er denſelben das Fleiſch ins Geſicht warf. Endlich zog er ſich nothgedrungen zurück, um von einem Theile des Ge— winnſtes zu leben. Einige Zeit nachher ernannte ihn General Touſſaint zum Commandanten von Petit-Anfe, Hier war er wieder in feiner Sphaͤre. Im Jahre 1801 wurde er Commandant der Capſtadt. Mit ſeinem ſteigenden Range entwickelte ſich auch mehr und mehr ſein Haß gegen die weißen und farbigen Leute, welche letztere damals einen bedeutenden Theil der Bevoͤlkerung ausmachten. Die franzoͤſiſchen weißen Offiziere ſuchte er über feine wahren Geſinnungen zu taͤuſchen, benahm ſich ſehr freundlich gegen fie und überhäufte fie ſogar mit Geſchenken, um ſie dadurch in dem Wahne zu beſtaͤrken, daß er Frank— reich aufrichtig ergeben ſey. Allein er hatte dabei lediglich den Zweck, Touſſaint von Allem unterrichten zu können. Die Geſchichte hat von ihm verſchiedene verbrecheriſche Handlungen aufgezeichnet, die ich aber hier mit Stillſchwei— gen uͤbergehe. Nachdem Deſſalines ſich als Jacob I. zum Kaiſer von Hayti erhoben hatte, ernannte er Chriſtoph zu einem ſeiner erſten Kriegs- und Hofbeamten. Nach dem Tode des Deſſa— lines wurde er als Praͤſident und Generaliſſimus des hayti— ſchen Staates ausgerufen, Petion aber zu ſeinen Lieutenant und zum Statthalter des ſuͤdlichen Theiles ernannt. In einer zu Capfrancais zuſammengetretenen Nationalverſamm⸗ — on lung, welche eine Conſtitution entwerfen ſollte, trennten ſich Chriſtoph und Petion fuͤr immer, indem letzterer eine Volks— sepräfentation einführen, Chriſtoph aber eine unbeſchraͤnkte Herrſchaft durchſetzen wollte. Die Folge davon war ein blu— tiger Krieg zwiſchen beiden. Petion, immer geſchlagen, nie aber völlig beſiegt, hielt ſich ſtets in Port- aus Prince, von wo aus er als Praͤſident den ganzen Süden von Chriſtoph unabhaͤngig beherrſchte. Chriſtoph ernannte ſich ſelbſt 1811 zum Koͤnige unter dem Namen Henry J. Chriſtophs Aeußeres war mehr abſchreckend als ein— nehmend, dennoch wußte er ſich bei manchen Gelegenheiten recht angenehm herauszuſtellen. Er war ein großer ſtarker Mann, von nervigem, muskuloͤſem Koͤrperbau und feſter Ge— ſundheit. Seine Haare waren weiß, obgleich er nicht mehr als 52 Jahre zaͤhlte. Seine Leibesfarbe war nicht ganz ſchwarz, ſondern fiel ins Kaſtanienbraune. Seine Geſichts— zuge waren regelmäßig und keineswegs widerlich, obgleich fein Blick Furcht erregte. Gewöhnlich trug er einen grünen Rock mit rothen, geſtickten Aufſchlaͤgen, einen dreieckigen Hut, weiße Sommerbeinkleider und braune lederne Stiefel. Er ging faſt nie zu Fuß, ſondern ritt meiſtens in Begleitung ſeiner Offiziere. Zu Hauſe hatte er einen Stock an ſeiner Seite, womit er Alles zu bezeichnen pflegte, und vor deſſen Schlaͤgen Niemand ſicher war. Er ſprach gewoͤhnlich raſch und in hart gebietendem Tone. Sein gewoͤhnliches „au diable« erregte ſchon Zittern, ſtampfte er aber mit dem Fuße, ſo verbreitete ſich Angſt und Schrecken um ihn her. Den Schnupftaback liebte er. Ich hatte oft Gelegenheit, ihn zu beobachten, da der Zimmerplatz im Cap, wo er durch ſeine Soldaten das Bauholz bearbeiten ließ und täglich Morgens ſechs Uhr Anordnungen traf, ohnweit unſerer Wohnung lag: Chriſtophs Augenmerk war faſt einzig und allein auf die Ausbildung des Militairs gerichtet; deshalb fand man zur MY auch unter feinem Volke wenig Handwerker, und dieſe mußten bei Strafe lediglich für die Regierung arbeiten. Chriſtoph ging zuletzt ſo weit, daß er den Soldaten, ja ſelbſt ſeinen Generaͤlen ihre Gagen nicht mehr bezahlte; mit ihrem Ei— genthum ſchaltete er nach Belieben, indem er es dem Einen wegnahm und den Andern damit beſchenkte, oder es gar für ſich behielt. Kurz Chriſtophs Unterthanen hatten alle Launen eines eigenſuͤchtigen Tyrannen zu ertragen. Wie begreiflich alſo, wenn ſeine Haͤrte ihn verhaßt machte. Zur naͤheren Bezeichnung ſeines Charakters moͤge das Schickſal jener Weißen dienen, welche Chriſtophs Rufe im Jahr 1817 auf gut Gluͤck von Hamburg nach Hayti folgten, und von deren Wohlſtand einige deutſche Blätter ſo faͤlſchlich groß geredet, wahrfcheinlich nach Angabe eines Vaſtey oder Limonade, da letzterer beſonders mit Europaͤern in Verbin— dung geſtanden. Dieſe Geſellſchaft von Kuͤnſtlern, beſtehend aus etwa 20 Perſonen beiderlei Geſchlechts, behandelte Chri— ſtoph mit vieler Grauſamkeit und Haͤrte, und der groͤßte Theil derſelben kam durch Mangel an Lebensmitteln oder in Gefaͤngniſſen um. 1 Die Englaͤnder waren die einzigen Weißen, die er menſch— lich behandelte, und denen er noch ein gewiſſes Zutrauen ſchenkte. Von ihnen weiß ich einige Profeſſoren, die, weil ihre Carriere nicht fo glänzend ausfiel, als fie ſich getraͤumt hatten, nach ihrem Vaterlande ungehindert zurückgekehrt ſind. Hiemit ſtimmt die Behandlung zuſammen, welcher Doctor Stuart ſich zu erfreuen hatte: er fuͤhrte den Titel eines Feld— marſchalls, ſtand in hohem Anſehen und fand ſelbſt in Sans Souci Zutritt, wo ſonſt nie ein Weißer ſich blicken laſſen durfte. Dieſer, der aus Spanien ſtammende Erzbiſchof und die erwaͤhnten Profeſſoren waren aber auch unter allen Weißen allein mit Titel und Gehalt angeſtellt. Wenn Chriſtoph ungewöhnliche Geiſtesaulagen keines- — WE wegs abzufprechen find, fo war doch feine Ausbildung gaͤnz— lich vernachlaͤßigt. Des Schreibens unkundig, mußte er dem Grafen Limonade ſeine Familienbriefe dictiren, und unter— zeichnete ſie mit einigen unleſerlichen Buchſtaben. Ich theile hier einen Brief an ſeine Gemahlin mit, wovon das Ori— ginal ſich in meinen Haͤnden befindet. Au Palais Cap Henri, 18. Mars 1815. lan 12 de l’independance, Le roi à la Reine son Epouse, Je viens, ma chere, de voir les medicins; ils m’ont dit, que ma fille, Madame Premiere, avait la langue bien charché, ce qui etoit un signe de beaucoup d’hu- meurs, ainsi demain dimanche Vous lui ferez prendre la casse *) ainsi que lundi, à force, le medecins se rendront lundi apres midi à Sans-Souci pour lui donner mardi l’Epica’*), car elle a besoin d’ötre bien evacuée. Je Vous Tai dit, Ma chére epouse, depuis dis huit Mois, Madame Premiere a besoin d'étre purgée, et Vous devez Vous reprocher depuis si longtemps de ne lavoir pas fait evacuer. Je Vous le reproche et Vous le reprocherai toujours de Tavoir laissé si longtems. C. Henry. Chriſtophs Gemahlin habe ich in der Kirche und bei einigen Feierlichkeiten geſehen. Sie war eine ziemlich unters ſetzte Frau von ſchwarzer Farbe, und wie mir oft verſichert worden iſt, von mildem Charakter; auch ſoll ſie ihren Ge— mahl auf die Zukunft und auf die nun wirklich in Erfuͤllung gegangenen Ereigniſſe oͤfters aufmerkſam gemacht haben, „) Caſſie, ein oft» und weſtindiſcher Fruchtbaum, deſſen Hülſen⸗ früchte eine abführende Eigenſchaft haben. en) Ebenfalls eine Mebdiein. un eh Sie trug ſich wie alle Damen der Nobleſſe nach europaͤiſchem Geſchmacke. Sie iſt am 8. Mai 1778 geboren, und ver— heirathete ſich mit Chriſtoph am 15. Juli 1790. Ueber ihre Herkunft konnte ich keine Data erheben. Zur naͤhern Ber zeichnung ihrer Geiſteskultur theile ich einen Brief au Chri— ſtoph ihren Gemahl mit, welchen ſie diktirte, obgleich ſie ſelbſt ſchreiben konnte. Das Original befindet ſich ebenfalls in meinen Händen, Mon cher et bien aimè &pous! Je Vous accuse reception de votre lettre du jour d’hier, au quel Vous m’annoncez, qwayant trouve la rivière haute, Vous avez été obligé de Vous faire, en allendant qu'elle soit basse, un repos militaire avec vos officiers. Pai appris avec peine cette nouvelle, et finis en regrettant, de m’avoir point prevue au besoin, que vous auriez eu, étant arreté par cet element. Mes enfans vous embrassent, et vous disent une santé inalterable. Je vous embrasse de meme et suis avec les sentiments, qui ne cesseront d’animer celle, qui se dit toujours, mon tres cher et bien aimé épous, Votre tr&s attachee epouse. ° Marie Louise, P. S. On a apporté hier le moulin du chau, les ouvriers, qui y tra- vaillent, ont demande des magons: je viens d'en envoyer. Chriſtophs Sohn, Victor Henri, ift den 3. März 1804 geboren; er war in ſeinem Benehmen noch ſehr kindiſch, hatte aber beinahe ſchon die Größe und Stärke feines Vaters er: reicht. Er war einer der ſchoͤnſten jungen Maͤnner unter den Schwarzen, beſaß auch, wie ich ſelbſt von Englaͤndern, welche ihn in der engliſchen Sprache unterrichteten, erfuhr, viele | | | | Geiſtesfaͤhigkeiten. Er ſchrieb eine ſchoͤne Handſchrift, wozu ihn ſein Vater fleißig anhielt, indem jede Woche eine Probe— ſchrift vorgelegt werden mußte. Von Chriſtophs Toͤchtern iſt die Eine, Madame Pre— miére, den 9. Mai 1798, Madame Frangaiſe Ametiſte— Henri aber den 7. Juli 1800 geboren. Beide ſind von ſanftem Charakter und in jeder weiblichen Arbeit wohl uns terrichtet; ſie laſen Buͤcher, correſpondirten, wie das ganze Hans, häufig unter ſich, ſpielten Guitarre und Fortepiano und verſtanden zu ſingen. Obige Mittheilungen uͤber Chriſtoph verdanke ich dem Herrn Deneau, welcher als Chriſtophs Arzt Gelegenheit hatte, ihn in der Naͤhe zu beobachten. 8 VIII. Ausflug nach Sans⸗Souei. Schönheit der Natur. — Schloß von Sans + Souci. — Säle. — Schlaf- und Badezimmer. — Audienzſaal. — Gallawägen. — Kirche. — Gärten. — Beſchaffenheit der Stadt Sans⸗Souci. — Henri⸗Citadelle. Nach jener Kataſtrophe verſaͤumte ich keinen Augenblick, meine Excurſionen ins Innere der Inſel anzutreten. Mein erſter Ausflug war nach Sans-Souci, der geheimnißvollen Sommerreſidenz dieſes Negerfuͤrſten, deren Umgegend mir immer als der Garten der Inſel geſchildert worden war, Andrerſeits hatte Sans-Souci nach ſo wichtigen Ereigniſſen zu viel Intereſſe erregt, als daß es nicht die Aufmerkſamkeit jedes Weißen haͤtte in Anſpruch nehmen ſollen. Am 16. October, dem achten Tage nach dem Tode Chriſtophs, begab ich mich in Geſellſchaft mehrerer Weißen dahin. Morgens 6 Uhr verließ unſere kleine Karawane die Capſtadt. Die herrlichen Naturbilder, die uns auf der Reiſe dort hin umgaben, ergoͤtzten wunderſam das Auge. Bald ver— ſchraͤnkten ſich die Gipfel der Baͤume auf beiden Seiten der Straße zu dichten Laubengaͤngen, unter deren Schattendecke man die kuͤhlſten Lüfte athmete. Bald öffnete ſich eine reiche Durchſicht nach einer entfernten Plantage, oder es prangten weit ausgedehnte Zuckerfelder in uͤppiger Fuͤlle. Kurz, immer wird Sinn und Gemuͤth von neuen und reitzenden Natur— m ſcenen erfreulich angeregt, fo daß man nicht anders als in einem reich ausgeſtatteten engliſchen Park zu wandeln waͤhnt, bis man, aus dem dichten Gebuͤſch hertvorretend, durch den Anblick des herrlichen Sans-Souci uͤberraſcht wird. Wahr— lich dieſes Schloß macht, in einem Lande, wo das Auge der ſchoͤnen Palläfte entwoͤhnt iſt, aus der Ferne einen impoſanten Eindruck. Die hohen und ſteilen Gebirge, die ſich ſtolz im Hintergrund erheben, und auf deren Gipfel die Henri-Cita— delle ruht, ſchuͤtzen es gegen die Strahlen der tropiſchen Sonne, und huͤllen es gleichſam in ein ſchattiges Dunkel, waͤhrend nach der Capſtadt zu die entzuͤckendſte Ausſicht ſich offnet. Schon in einer Entfernung von etwa dreißig Minuten ergoßen große Alleen von Brod- und Mangobaͤumen das Auge, und uͤppige Bananerien begraͤnzen beiderſeits die Straße. Nicht ohne einen ſchauderhaften Ruͤckblick auf die Vergangen— heit paſſierten wir dieſen Weg; denn unter Chriſtophs Re— gierung ſich hier ſehen zu laſſen, haͤtte jedem Weißen das Leben gekoſtet. Um 11 Uhr kamen wir zu Pferd in der Reſidenz des Schwarzen an, und ſchritten gleich zur Beſich— tigung des Schloſſes, wo Alles offen ſtand. Dieſes pracht— volle Gebaͤude, das ganz nach europaͤiſchem Geſchmacke an— gelegt iſt, ſteht auf einer kleinen Anhoͤhe, die ſich mitten im Thale erhebt, von wo das Auge die ganze Gegend uͤberſchaut. Chriſtoph ſah von hier mit ſeinem Tubus ſogar jedes Schiff in den Hafen der Capſtadt einlaufen, und erkannte an der Flagge die Nation, der es angehoͤrte. Das Schloß hat zwei Stockwerke und mehrere Seiten— gebaͤude, die zu Magazinen, Kanzleien u. dgl. beſtimmt waren. Am Fuße des Berges liegt die Kapelle. Ein großer Thorweg mit eiſernem Gitterwerk verſchließt den aͤußern Hof des Schloſſes; alsdann fuͤhrt eine Haupttreppe in die erſte Etage, Hier ſahen wir eine große hoͤlzerne, ſchwarz angeſtrichene a Sonne, mit der Unterſchrift: „Je vois tout, ot tout voit par moi dans Vunivers.« Unter dieſer Sonne ſprudelt ein kleines Roͤhrwaſſer in einen ſteinernen Behaͤlter herab. Wir erſtiegen die Haupttreppe rechts, und kamen auf einen ſchoͤnen geebneten Platz, welcher von einem üppigen Baume geziert wurde, unter deſſen ſchattigen Aeſten eine Art Thron von Mahagoniholz angebracht war. Dort verweilte Chriſtoph taͤglich und verrichtete daſelbſt nicht nur einen großen Theil ſeiner Arbeiten, ſondern gab auch Audienzen. Des Morgens und Abends ertönte Janitſcharenmuſik. Rechts hatten wir die Buchdruckerei und die Gefaͤngniſſe, links die innern Ge— maͤcher des Schloſſes. Der ganze erſte Stock enthielt ſehr viele und reich nach europaͤiſchem Geſchmacke decorirte Saͤle. Wir erſtaunten uͤber die hier angerichtete Verwuͤſtung. Nicht ſelten mußten wir über ſchoͤne Draperien oder Truͤmmer von Spiegelglaͤſern hinwegſteigen. Die Meubels waren aus Mahagoniholz gearbeitet, die Fenſter mit ſeidenen Vorhaͤngen bedeckt und die Fußböden poliert. Glasfenſter ſah ich hier zum erſtenmal in dieſem Lande, felbft einige Glasmalereien traf ich in den Gemaͤchern. Als eine beſondere Verzierung waren uͤberall metallene und ziemlich ſtark vergoldete Koͤnigskronen angebracht, wovon einige ſo groß, daß man ſie kaum halten konnte. Im zweiten Stock, wo ebenfalls Alles verwuͤſtet war, beſichtigten wir Chriſtophs Schlaf- und Badezimmer. Aus dem letzteren begab man ſich auf eine erhabene Terraſſe, wo Chriſtoph nach dem Bade ſpazieren zu gehen pflegte. Hier genießt man die entzuͤckendſte Ausſicht und athmet die reinſte Luft. Wir konnten uns kaum von dieſem Orte trennen, der uns durch mannichfache Fernſichten ſo reichlich belohnte. Sieht man ſenkrecht, ſo ſchaudert man vor einem ungeheuern Abgrund. Im Vorhof nahmen wir zufoͤrderſt den Audienzſaal in Augenſchein. Am Ende des Saales ſchwebte eine große, mit kuͤnſtlichem Schnitzwerk verſehene und aus Mahagoniholz gearbeitete Koͤnigskrone. Der Thron war ebenfalls aͤußerſt koſtbar. In den Magazinen ſtanden vier wirklich fuͤrſtlich und hochſt geſchmackvoll gebaute Prachtwägen, an deren beiden Seiten man das Haytiſche Wappen bemerkte; uͤbrigens gab es Koͤnigskronen auf jedem Riemen. Auch in dieſen Maga— zinen, welche allerhand Requiſiten fuͤr das Militaͤr enthielten, herrſchte die groͤßte Verwuͤſtung. Es iſt unglaublich, welche ungeheuere Vorraͤthe von Kriegsbeduͤrfuiſſen und dergleichen Effekten Chriſtoph beſaß. j Die Kirche, worin Alles unverſehrt geblieben war, ftand mit der ganzen Umgebung in ſonderbarem Contraſte. Hier ſieht man noch die vorige Eleganz; wir zaͤhlten drei Altaͤre, die artig verziert und reich beſetzt waren. Am Hauptaltar ſah ich ein gut gehaltenes, braun gemaltes Marienbild, und einen Chriſtuskopf; an den beiden Seitenaltaͤren ſtanden Heiz lige in Lebensgroͤße. Der Plafond war ſchoͤn ausgemahlt, und der Fußboden mit geſchliffenen Steinen belegt. In den Garten gekommen, fanden wir keine ſonderliche Zierlichkeit, weder Grotten noch Tempel, weder neuen noch alten Gartengeſchmack, ſondern lange Alleen von Brodbaͤumen, mit Mango und Sapatillen abwechſelnd, kreuzten ſich nach allen Richtungen. Hier ſah ich auch die erſten europaͤiſchen Obſtbaͤume, die jedoch klein, traurig und mager daſtanden, waͤhrend die einheimiſchen Produkte, in uͤppiger Fuͤlle prangend, ſich majeſtaͤtiſch über alles Andere erhoben. Weit reichhalti— ger fand ich Chriſtophs oͤkonomiſches Gaͤrtchen, durch welches ein kleines Gebirgswaſſer rauſcht. Chriſtoph begab ſich aus ſeinem Schloß in dieſes Gaͤrtchen, welches uͤbrigens auch durch ein ſchoͤnes Landhaus geziert war. Hier fand ich einen großen Theil jener Gemuͤße, wozu ich den Samen aus — — — N | I — 0 Europa mitgebracht hatte. Dergleichen Gemuͤße wurden dort als eine Seltenheit gezogen, während erhabene Kohl -und Kokospalmen, die wir in unſern Laͤndern mit ſo vieler Muͤhe und Sorgfalt und ſo vielen Unkoſten aufbewahren, die Um⸗ zaͤunung bilden. Sans⸗Souci war zur Zeit der franzöfifchen Kolonie nur eine einfache Habitation, ſeine jetzige Verſchoͤnerung verdankt es Chriſtoph. Im Verhaͤltniß zu unſern europaͤiſchen Staͤd— ten iſt dieſer Ort keine Stadt zu nennen, da er an Umfang kaum einem Dorfe gleicht; allein auf Hayti iſt man mit der Benennung Stadt ſehr freigebig. Sans⸗Souci hat ungefähr 160 Haͤuſer, wovon der groͤßte Theil nur aus einem hoͤlzernen Erdgeſchoße beſteht, und ohngefaͤhr 500 Einwohner. Die Haͤuſer, welche von der Nobleſſe bewohnt wurden, wenn ſich der ſchwarze Hof daſelbſt befand, ſind etwas beſſer gebaut; wenigſtens haben ſie ge— mauerte Wände, Mit den ſchönen Haͤuſern der Capſtadt ſtehen ſie freilich in ſonderbarem Contraſte, eben ſo wenig paſſen ſie zu dem praͤchtigen Pallaſte Chriſtophs, deſſen Bau 1817 beendet wurde. Befeſtigt iſt Sans-Souci nicht. Breite ungepflaſterte Straßen kreuzen ſich gegen einander. Kaum einige hundert Schritte von den Haͤuſern ſieht mau ſchon allenthalben die uͤppigſte Vegetation. Saus⸗Souci hat außer dem Pallaſte, der Kirche, der Kaſerne, die am Berge liegen, und einem Hospital keine Merkwürdigkeiten, die eine beſondere Erwähnung verdienten. Auf dem Gipfel des hohen Gebirges, welches Sans— Souci umzieht, ruht die Henri-Citadelle. Dieſes Gebirge, deſſen Grundlage Kalk iſt, hat eine Höhe von 460 Toiſen über der Meeresflaͤche. Der Weg von Sans-Souci nach dieſer Feſtung iſt ſehr beſchwerlich. An manchen Orten geht es ſo ſteil, daß er eſcarpenmaͤßig hat angelegt werden muͤſſen; auf jedem ſolchen Abſatz iſt ein Raum geebnet, wo das = pp = Pferd ausruhen kann; denn man macht den Weg immer zu Pferde. Blickt man zuruͤck in die Tiefe, ſo wird man von einem ſchauerlichen Gefuͤhle ergriffen. Ich meines Theils habe nicht ganz den Gipfel des Berges erreicht, da Excurſionen nach ſolch einem befeftigten Orte mir in politiſcher Hinſicht als ſehr gefaͤhrlich geſchildert wurden. Ich habe nur den letzten Vorſprung erſtiegen, um die Feſtung zu zeichnen. Nur gleich nach Chriſtophs Tod iſt es einigen Weißen gelungen, dieſe Feſte zu ſehen. Nach allem, was ich von derſelben weiß, muß ſie unuͤberwindlich ſeyn. Der Weg von dem Stand— punkte, von wo ich ſie gezeichnet, fuͤhrt nach dem kleinen Negerdorfe, wo gewöhnlich die Pferde zuruͤckgelaſſen wurden, um den letzten Kalkfelſen vollends zu Fuß erklimmen zu koͤnnen. Die kleinen Haͤuſer find Wachthuͤrme; die äußere Fronte iſt mit doppelten Reihen von Kanonen beſetzt, welche Chriſtoph aus der Feſtung Fortroyal mit ungeheurer An— ſtrengung ſeiner Neger auf den Gipfel des Gebirgs geſchafft hat. Auf der Ruͤckſeite bildet daſſelbe einen der wilde— ſten Abgruͤnde. Im Innern der Feſtung iſt ein Hof, in welchen die Fenſter des Wohngebaͤudes und die fuͤr Chri— ſtoph und ſeine Nobleſſe beſtimmten Gemaͤcher gehen. Hie— her gedachte er ſeine Zuflucht zu nehmen, wenn die Franzoſen wieder auf der Inſel landen wuͤrden, und dieß war auch der eigentliche Zweck der Erbauung dieſer Feſte. Indeſſen hat ihn die Vorſehung bei dieſem Bau wenig beguͤnſtigt; denn kaum hatte er das Ziel ſeiner muͤhevollen Arbeit erreicht, als im Jahre 1817 bei einem heftigen Gewitter der Douner Alles zerſchmetterte. Die Feſtung enthielt viele Pulvervor— raͤthe, die Pulverkammern wurden ergriffen, und die ganze Militairbeſatzung ſammt dem Commandanten, Chriſtophs Schwager Prinz Noel flog in die Luft. Bei der Wiederauf— bauung, wobei in jeder Hinſicht Vieles verbeſſert wurde, ließ Chriſtoph Wetterableiter anbringen. Hayti, 6 Pa Wirft man von der Höhe dieſes Gebirges einen Blick fiber das ausgebreitete Panorama, umgeben vom großen Ocean, fo fühlt man ſich ganz bezaubert, und kann ſich des Erſtau⸗ nens über die unermeßliche Große der Natur nicht erwehren. Solch ein Schauſpiel iſt an einem heitern und wolkenloſen Morgen am belohnendſten. Ich wuͤrde mich nicht enthalten können, der mannigfaltigen Formen und des reitzenden An— blicks der Vegetation zu gedenken, die man hier bewundert, haͤtte ich mir nicht vorgenommen, derſelben unter einer be— ſondern Rubrik zu gedenken. So viel glaube ich indeß noch bemerken zu muͤſſen, daß die Vegetation auf der Hoͤhe der Gebirge ſich ebenfalls wie in Europa verkleinert. Es zeigt ſich gleichſam eine Alpenflora, aus lauter niedlichen Pflanzen beſtehend, die auf den höchften Punkten faſt verſchwindet. Neblichte Duͤnſte umſchweben dieſe Gebirge des Nachts; deß⸗ halb iſt die Vegetation daſelbſt uͤppiger als anderswo, und man ſieht nicht ſelten ganze Flaͤchen mit den wucherndſten Moosdecken uͤberkleidet. IX. Reiſe nach Fortrohal. Fahrt dahin. — Phosphoresciren des Meeres. — Thier- und Pflan⸗ zenreichthum auf und in der See. — Farbenſpiel des Meeres. — Ankunft. — Diner bei dem Commandanten Charles Pierre. — Die Stadt Fortroyal. — Gefängniſſe. — Feſtung. — Excurſionen des Verfaſſers. — Auſternfang. — Anekdote. Gegen Ende des Monats September hatte ich das Ver gnuͤgen, ein Schreiben vom k. k. Hofnaturalienkabinets-Direktor und Regierungsrath von Schreibers zu erhalten, in welchem ich den Befehl erhielt, lebende Krokodile nach Europa zu bringen. Da es nun in der Umgegend der Capſtadt keine gab, ſo unternahm ich eine Reiſe nach Fortroyal. Am 19. October ſchiffte ich mich zur Abendzeit, als der Landwind ſich einſtellte, auf einer kleinen Negerſchaluppe ein. Kaum war der kleine Anker gelichtet, ſo fingen die Neger nach ihrer Gewohnheit an zu fingen. Die disharmoniſchen Töne, bei welchen ſie durch ihre Gebaͤrden eine Zufriedenheit und Froͤhlichkeit ausdruͤckten, die man nur bei dieſer Klaſſe Mens ſchen finden kann, beleidigten mein Ohr, allein um in Freund— ſchaft mit ihnen fortzukommen, mußte ich wohl meine ganze Zufriedenheit hieruͤber bezeugen. Kaum war unter ſolchen Abwechſelungen die Nacht ein— gebrochen, fo ſaß das Fahrzeug auf einem Selfenriffe feſt. Nun war der Geſang mit einem Mal geendet. Alles war 6 * — ä — en a — 1 aan in der groͤßten Verwirrung; man unterſuchte mit Stangen den Grund, und fand kaum einige Schuhe Waſſer. Zum Gluͤck herrſchte in dieſem Augenblicke Windſtille, und das Fahrzeug ward durch die eintretende Fluth wieder in Bewe— gung gebracht. Nun ſuchten meine Neger einen Ankergrund; ſobald ein ſolcher ſich gefunden hatte, warfen ſie den Anker aus; ſie haͤtten ſich verirrt, ſagten ſie, und muͤßten warten, bis es Tag würde, um nicht aufs Neue Gefahr zu laufen. Jeder ſuchte ſofort einen Platz zum Schlafen. Statt einer Kajuͤte war auf dieſer Schaluppe nur ein kleines ohngefaͤhr 6 Schuhe breites und 8 langes Loch vorhanden, das bei hef— tigem Wetter Schutz gegen den Regen darbot. Hier zu ſchla— fen, war mir wegen allerhand darin liegenden Gepaͤcks, eines Schwarms von Mosquitos und noch andern Ungeziefers nicht möglich; deshalb legte ich mich mit den Negern aufs Verdeck und wickelte mich in ein Segeltuch ein. An Schlaf war nicht viel zu denken; denn das Brauſen der bewegten See über den Korallenriffen beunruhigte mein nicht daran gewoͤhn— tes Ohr unaufhoͤrlich, waͤhrend mein Auge ſich an dem ſelt— ſamen phosphoriſchen Glanz ergoͤtzte, der die heftig gepeitſchte See als einen unruhigen Feuerſtrom erſcheinen ließ. Um Mitternacht, als ich eben ein wenig ſchlummerte, ward ich ploͤtzlich durch den dumpfen Donner, deſſen Wie— derhall weit in den Gebirgen ertoͤnte, aufgeweckt. In dem— ſelben Augenblick ſah ich den Himmel mit ſchwarzem Ge— wölke bedeckt. — Nachdem wir dem Schauſpiel etwa eine Viertelſtunde lang zugeſehen hatten, löste ſich das Gewitter in einen maͤchtigen Regenguß ohne Sturm und Stoßwind auf. Wir eilten dem vorhin erwaͤhnten Loche zu, der obere Deckel wurde zugemacht, und nun denke man ſich, wie ich dieſe Nacht unter der ſtarken Ausduͤnſtung der Neger, in einer erſtickenden Hitze, wobei mir der Schweiß uͤber das Geſicht rann, und von Ungeziefer gepeinigt zugebracht habe. Wir konnten nicht einmal neben einander, ſondern mußten uͤber einander liegen. Gegen Morgen hoͤrte zu meiner Freude der Regen anf, und es konnte friſche Luft eingelaffen werden. Mein voriges Lager war fo durchweicht, daß ich es nicht weiter benuͤtzen konnte. Als der ſehnlichſt erwartete Morgen anbrach, waren wir kaum eine halbe Stunde vom Lande entfernt, ich ſah ins Meer, und war nicht wenig verwundert, als ich wahr— nahm, daß unſer Fahrzeug gleichſam uͤber einem meerum— floßnen Garten, auf einer reinen klaren Fluͤßigkeit ſchwebte. Ein Blick in die Fluthen, um dieſes ſeltſame Schauſpiel zu betrachten, ließ mich alle eben erſt ausgeſtandenen Un— gemaͤchlichkeiten vergeſſen. Das Waſſer war bis auf den Grund, bei mehr als dreißig Fuß, von der reinſten Klarheit. Das Boot ſchwamm wie auf Kryſtall, oder vielmehr, es ſchien in der Luft zu ſchweben. Auf dem reinſten Sande ſieht man unter ſich buntes Gewuͤrme, Seeigel, Seeſterne, Seeſchnecken, und vielartige Fiſche von ſo ſchoͤner Farbe, wie man an dieſen Thieren in Europa kaum denkbar findet. Das brennendſte Roth, das vollſte Blau, Grün und Gelb ſpielt hier bunt durcheinander. Man ſchwebt über ganzen Waldungen der ſchoͤnſten Seepflanzen, von Gorgonien, Ko— rallen, Alcyonen, Flabellen und mancherlei Schwammgewaͤch—⸗ ſen hinweg, die von den Wellen ſo ſanft hin und her bewegt werden als die ſchoͤnſte Vegetation eines blumenreichen Ge— fildes über der Erde. Das Auge taͤuſcht ſich in Beurthei— lung der Tiefe. Man glaubt mit der Hand Pflanzen pflü- cken zu konnen, welche bei genauer Unterſuchung mit einem Ruder von 10 Fuß Laͤnge kaum erreichbar ſind. Merkwuͤrdig iſt, daß eine Menge von Molusken in halb— mondfoͤrmiger Geſtalt bisweilen beinahe auf der Oberfläche des Waſſers umherſchwimmen. Nirgends ſah ich ſo viele dieſer Geſchoͤpfe als hier; fie waren ebenfalls von den ſchoͤnſten — 86 — Farben. Als ich aber mehrere mit einer Waſſerkanne auf- fing, um fie mit nach Fortroyal zu nehmen, verſchwand ihre Farbe nach einer halben Stunde, und ich war gendthigt, fie wieder ins Meer zu werfen, Einen Blick auf die Oberflaͤche des Meeres und der Umgegend werfend, gewahrte ich, ringsum von Korallen— und Felſenriffen eingeſchloſſen, jetzt erſt die Gefahr, welche uns die Nacht über bedrohet hatte. Ein einziger Windſtoß, und unſer Fahrzeug waͤre in Truͤmmer gegangen. Eine lange Reihe dieſer Riffe erſtreckt ſich von Cap bis gegen Mont Chriſt, und ſchließt faſt durchaus das Ufer ein. An dieſen Felſen ſitzen unter dem Waſſer ſchoͤne Madreporen in großer Menge feſt, theils in armfoͤrmigen, wie die Madrepora echinata, theils in ſchaufelfoͤrmigen Geſtalten. Dieſe wechſeln mit Gorgonien (Gorgonia flabellaria) und Schwammgewaͤch—⸗ ſen auf die angenehmſte Art ab. Und zwiſchen dies alles hin— durch zittern vielfach nuancirte und durch alle Farben ſpie— lende Lichtſtreifen, die ſich ſo ſcharf abſchneiden, daß man, wenn das Boot von einen hellgruͤnen Streifen plotzlich auf einen dunkelſchwarzen hinuͤberſchwimmt, ploͤtzlich in einen Abgrund zu fallen glaubt, naturlich, ohne daß das Boot auch nur im mindeſten in feinem Gange gehindert wird, Die Neger bemerkten die Freude, welche ich an allen dieſen Gegenſtaͤnden fand. Ihr Capitain erlaubte daher, daß Einer mit mir ins kleine, hinten angehaͤngte Boot ſtieg, um in der Nähe der Schaluppe mehrere Pineen mittelſt einer Stange, woran vorn ein eiſerner Hacken beſeſtigt war, in die Hoͤhe zu bringen; auch fiſchte ich mehrere Fucusarten, allein kaum hatte ich ſie in die Luft gebracht, um ſie etwas abzutrocknen, als ſie ſich in Nichts verwandelten. Gleich nach meiner Ruͤckkunft an Bord wurde der Anker abermals gelichtet, ein ſanfter Landwind trieb uns unfern dem Ufer hin, und die Schiffer fingen wieder an zu fingen, — MB — Die Neger hatten mir unterdeſſen heimlich meinen Mund— vorrath verzehrt, fo daß ich genoͤthigt war, Salzfiſche mit ihnen zu eſſen. Dieſer Vorfall erregte meinen ganzen Un— muth und da ich mich beklagte, erlaubten ſie ſich Schmaͤ— hungen, und warfen ſich ſogar gegen mich auf, ſo daß ich gute Miene zum uͤbeln Spiel machen mußte. In der fro— hen Hoffnung, noch an demſelben Abende in Fortroyal an— zukommen, ſah ich plotzlich, wie ſich der Wind drehete, und zwar gerade, als wir eine Paſſage von Felſenriffen vor uns hatten. Die Neger fuͤrchteten ſich gegen den Wind zu fah— ren, ſie warfen daher wieder den Anker aus und legten ſich auf das Verdeck ſchlafen. Hier brachte ich noch eine grau— ſenvolle Nacht zu, die ſich von jener nur dadurch unterſchied, daß wir von Regen verſchont blieben. Auf dem Verdeck fiel jedoch um Mitternacht ein ſo ſtarker Thau, daß wir uns hinab begeben mußten. Mit Tagesanbruch fuhren wir durch die enge Paſſage, und ſtiegen am Kanal des laͤngſt erſehnten Ortes, ſo weit wohlbehalten, ans Land. Die— ſer von lachenden Ufern begrenzte Kanal fuͤhrt eine Viertel— ſtunde landeinwaͤrts, und breitet ſich dann zu einem kleinen See aus, woran die Stadt Fortroyal, mit einer vormals ſtarken Feſtung, recht angenehm liegt. In Fortroyal war mein erſter Gang zum Commandanten, dem General Charles Pierre, unter Chriſtoph Herzog Terrier ronge, den ich ſchon im Cap als einen gebildeten Neger kennen gelernt hatte. Ich beſchwerte mich über die auf der Schaluppe erlittenen Miß— handlungen, und erſuchte ihn zugleich um ſeinen Schutz an dieſem Orte, nachdem ich ihm zuvor meinen Zweck bekannt gemacht hatte. Fuͤr das Erſtere meinte er nichts thun zu konnen; da die Ordnung der Dinge noch nicht ganz herge— ſtellt ſey, muͤſſe er alles vermeiden, was die Neger aufreitzen würde; auch könnte es mir ſelbſt nachtheilig werden. Indeß empfahl er mich dem Hafencapitain, bei dem ich bequem u DE wohnen konnte, und der auch alle Sorgen für mich tragen wurde. Der Hafencapitain, ein zerlumpter Neger, deſſen dreieckiger Capitainshut ſich von allen Seiten herabneigte, kam; der General uͤbergab mich ſeiner beſondern Protection, wobei jener aus Ehrfurcht eine Menge der tiefſten Buͤcklinge machte und aufs Beſte fuͤr mich zu ſorgen verſprach. Ich wurde nun in feine Huͤtte geführt, die im Junern nicht un— reinlich ausſah, allein bei einem ſtarken Regen konnte ihr leichtes Dach das durchdringende Waſſer nicht abhalten. Fur den folgenden Tag, welches gerade ein Sonntag war, ließ mich der Commandant zu Tiſche bitten, welche Ehre den dortigen Einwohnern eine hohe Idee von meiner Perſon beibrachte. Mehrere ſchwarze und farbige Offiziere von Boyers Armee waren gegenwaͤrtig, das Diner fiel aber nicht ſplendid aus. Eine Suppe, junge Huͤhner mit inlaͤn— diſchem Gemuͤße und eine kalte Schoͤpſenkeule war, nebſt einigen Fruͤchten als Deſſert, Alles. Dabei floß der Wein ſehr ſparſam. Statt Brod hatten wir Caſavi. Das Ge— ſpraͤch, welches man mit mir anfnüpfte, handelte vorzuͤglich von der Aufnahme der Schwarzen in unſern Laͤndern. Als ich erklaͤrte, daß daſelbſt jeder Schwarze frei und ungehindert ein Gewerb betreiben koͤnne, ſobald er ſeine Abgaben wie jeder Andere entrichte, freueten ſie ſich ſehr, und meinten, es ſey doch Unrecht von Chriſtoph geweſen, daß er die Wei— Ben fo mißhandelt habe. Ihre Geſpraͤche unter ſich ſelbſt betrafen vorzuͤglich die beiden Gouvernementsverwaltungen ſeit dem Tode des Deſſalines und andere politiſche Angele— genheiten. Als ich nach meiner Wohnung zuruͤck kam, fand ich einige Neger vom Schiffe; ſie verlangten uͤber den aus— gemachten Preis für die Ueberfahrt auch noch ein deen von zwei Thalern fuͤr ſich. Fortroyal hat beiläufig 200 Haͤuſer, die aber alle in Ruinen liegen; ſelbſt das Haus des Commandanten war — 0 — keines von den ehemaligen ſchoͤnen ſteinernen einſtoͤckigen Haus fern der Franzoſen, ſondern nur ein Erdgeſchoß, das von vier Mauern umgeben, und mit einem Schindeldache uͤber— deckt war. Die gegenwaͤrtig von den Schwarzen bewohnten Haͤuſer in Fortroyal koͤnnen 150 an der Zahl betragen. Sie ſtehen einzeln umher. Die Gaſſen ſind breit, aber ohne Pflaſter und Regelmaͤßigkeit. Die Kirche iſt das einzige Ge— baͤude, das von den Feuerfluthen im Jahre 1801 verſchont geblieben iſt; deßhalb fand ich auch dieſelbe weit reichhalti— ger an Verzierung und Schmuck als jene im Cap. Beſon— ders auffallend war mir die Weiſe, wie man in Ermange— lung eines Thurmes die Glocken angebracht hat. Dieſe haͤn— gen vor der Kirche auf einem großen freien Platze zwiſchen zwei Saͤulen, die eher einem Galgen gleichen. Außer der Kirche ſah ich nicht die geringſte Merkwuͤrdigkeit in dieſer Stadt. Kauflaͤden und Gewoͤlbe, Kaffeehaͤuſer oder Gaſt— hoͤfe ſucht man vergeblich, kaum daß man auf dem Markt einige Lebensmittel findet. Das Gebaͤude, welches die Ge— faͤngniſſe enthielt, war ringsum von einer Mauer umgeben, im Innern kam es mir wie eine Kaſerne vor; es mag wohl auch unter Chriſtoph die Beſatzung darin gewohnt haben, wie ich aus den verſchiedenartigen Effecten, die in den Zim— mern umherlagen, ſchließen konnte. Gegenwärtig fand ich nur einen Wachepoſten von einigen Mann darinnen, die mir den Eintritt keineswegs verſagten. Unten im Hofe ſah ich die Gefaͤngniſſe. Sie ſtanden alle offen; es waren Hd— cher, die durch 4 oder 5 Fuß breite, eben ſo lange und hohe Mauern eingeſchloſſen, und vorn mit einer eiſernen Gitter— thuͤre vermacht waren; von außen war jedes noch mit einer eiſernen Thuͤre zu verſchließen. Hinten im Winkel ſah man eine hölzerne Pritſche zum Schlafen, aber voller Koth. Das Ganze kam mir wie eine Menagerie vor, wo man reißende Thiere einſperrt. er MR Gegen Abend hörte man jedes Mal den Laͤrm der Trom— meln und Pfeifen. Hierauf verſammelte ſich Alt und Jung von der gemeinen Klaſſe der Einwohner zum Tanze. Ein großes Zimmer diente hiezu. Aber auch auf freier Gaſſe ſah man noch andere Zirkel, die ihre afrikaniſche Muſik und ihre unzuͤchtigen Taͤnze exercirten. Ohngefaͤhr eine kleine halbe Viertelſtunde von der Stadt entfernt ſteht die Feſtung, die ehemals dazu diente, um jedes feindliche Schiff, das in den erwaͤhnten Kanal einlaͤuft, in Grund zu bohren. Sie iſt gegenwärtig in ſehr ſchlechtem Zuſtande, denn ich fand daſelbſt kaum noch 10 Feuerſchluͤnde, die jedoch 16 Spannen lang waren und deren 5 im Umfang hatten; Chriſtoph hat das Geſchuͤtz aus dieſer Feſtung auf ſeiner Henri-Citadelle verwendet. Bei meiner Anweſenheit ſtand dieſe Feſte ganz verlaſſen da, ich fand darin nur eine Heerde Ziegen, die auf dem Graſe weideten, In Begleitung eines ſchwarzen Jaͤgers und einiger Ne— ger begann ich nunmehr meine Streifzüge in der Gegend umher, die ich vorzüglich in zoologiſcher Hinſicht ſehr beloh— nend fand. Wie ſehr hatte ich hier den Mangel eines Ge— faͤhrten für das zoologiſche Fach zu bedauern. Es gebrach mir uͤberdieß an Arſenik zur Conſervirung der Thierhaͤute, wodurch mir meine Arbeit ſehr erſchwert wurde. Uebrigens konnte ich nun erſt mit Luſt und Ausdauer meinem Zwecke nachſtreben. Niemand legte mir, etwas in den Weg, auch war ich jetzt ziemlich an das Klima gewöhnt, fühlte mich fortdauernd geſund und in heiterer Gemuͤthsſtimmung. Meine Geſichtsfarbe hatte ſich in jenes widrige, dem Creolen eigene Gelb verzogen. Beleibtheit hinderte mich ſehr wenig auf mei— nen Streifzuͤgen; leicht wanderte ich mit einem Tuche um den Kopf und einem breiten Filzhut à IIndienne den ganzen Tag in der groͤßten Sonnenhitze umher, ohne mehr das Druͤckende dieſer Ungemächlichfeit ſehr zu empfinden. Oefters = Me gefellten ſich Negerbuben zu mir, um neugierig zuzuſehen, wie ich Schmetterlinge fing, oder andere ähnliche Arbeiten verrichtete. Kehrte ich Abends nach meiner Wohnung zuruͤck, fo fand ich mein frugales Gombo (ein von Hibiscus escu- lentus bereitetes Gericht), das ſehr wohlſchmeckend war, Die phyſiſche Natur bot hier einen fuͤr mich ganz neuen Anblick dar. Statt dichter Waldungen fand ich große Sand: flaͤchen mit unzaͤhligen Stachelgewaͤchſen bedeckt, gegen das Meer zu iſt jedoch die Umgebung von Fortroyal ſumpfig. Des Morgens fuhr mein Wirth immer auf das entge⸗ gengeſetzte Ufer der Bay, auf den Auſternfang. Ich beglei— tete ihn einige Male, wobei ich mir den Ausdruck, daß die Auſtern auf den Baͤumen wachſen, erklaͤren lernte. Die Sache verhaͤlt ſich ſo. Jene Ufer der See, die eine hohe Brandung haben, ſo wie auch die, wo die Brandung niedrig iſt, find häufig mit Manglebaͤume (Rizophora Mangle) be ſetzt, deren Arme in die See hinabſproßen, und an die ſich haufig Auſtern feſtſetzen. Waͤhrend der Fluth find dieſe Thiere alle im Waſſer; tritt aber die Ebbe ein, ſo ſtehen ſie einige Stunden frei uͤber dem Waſſer, und nun wachſen die Auſtern auf den Baͤumen. Bei dieſer Gelegenheit nahm mein Wirth, der Hafencapitain, ein großes Meſſer (Machette), welches jeder Neger anhängen hat, hieb die Wurzeln Stuͤck— weiſe ab, und warf fie mit den Auſtern zugleich ins Boot. Hier traf ich auch am Ufer in unzaͤhliger Menge jene kleinen Krabben mit einer Scheere an, welche von den Eingebornen male Oreille genannt werden, und den ſonderbaren Polypen Schatrouille. Eines Tages hörte ich vom Geſtade her ein gewaltiges Jubelgeſchrei, welches ſich immer mehr naͤherte. Zwei Neger, von einem Schwarm Soldaten, von Weibern und Kindern umgeben, ſchleppten an langen Stricken zwei ziemlich große Krokodile auf dem Sande fort. Der ganze wilde Haufen — 92 — zog nach dem Hauſe des Praͤſidenten Boyer zuruͤck, wel— cher zu dieſer Zeit eben die Stadt auf einige Tage beſuchte. Derſelbe beſah die Thiere und ging in ſeine Wohnung zuruͤck. Ich befand mich mitten im Haufen, als man das Geſchrei vernahm: „Portez 1 au caye blanc la, ga ga bacaye à li“ (Bringet fie nach dem Haufe des Meißen, fie gehören für ihn). Mit diefen Worten gings auf meine Wohnung zu. Nun aber ward ich von dem ganzen Schwarm umringt, der in lautes Gelaͤchter ausbrach, worunter einige in creoli— ſchem Jargon ſchrieen: „Jesus! blanc la besoin cayman, ca li veut faire avec tout bacaye en pays à lic (Jeſus! dieſer Weiße will Krokodile; was will er nur mit all dem Zeug in ſeinem Lande machen). Ich ließ die beiden Thiere in den Hof meiner Wohnung bringen, der auf der Straßenſeite von einer bretternen Wand eingeſchloſſen war. Kaum glaubte ich ſie hier in Sicherheit, als die Wohnung von allen Seiten beſtuͤrmt wurde. Die Thuͤre des Hauſes, ohnehin nur mit einem hoͤlzernen Riegel verwahrt, wurde aufgeſprengt, die Bretterwand des Hofes niedergeriſſen, und die feſtgebundenen Thiere mit einem Steinregen gedeckt. Mein Hauswirth, der Hafencapitain, jammerte entſetzlich über die Zerſtoͤrung in feinem Gebaͤude, und ich war eben bereit, zum Praͤſidenten um Hilfe zu eilen, als ein anderes Schauſpiel einen Theil des Poͤbels auf ſich zog. Zwei Neger, die ſich hiebei beleidigt hatten, fingen an ſich zu boxen. Nun ſtröͤmte die Menge dem Kampfplatze zu, und umkreiste die Streitenden, wobei die ganze Straße verſperrt ward. Der Eine wurde durch einen heftigen Schlag auf den Kopf zu Boden geſtreckt, wo er einige Minuten ganz beſinnungslos lag. „Li meur! li meur Je ſchrieen viele; jedoch bequemte ſich Niemand, friſches Waſſer zu bringen, bis er wieder von ſelbſt zu ſich gekommen war, worauf er in eine Huͤtte getragen wurde. Der Andere demonſtrirte mit ſieges— m mo ſtolzer Miene den umſtehenden Gaffern die Geſchicklichkeit ſei— nes Mandvers, wodurch er des Gegners Meiſter geworden, und ſchlich ſich heimlich lachend davon. 5 Indeß fiel ich auf ein weit kuͤrzeres Mittel, mich, von dem nun neuerdings zuſtroͤmenden laͤſtigen Beſuche zu be— freien. Ich ließ die beiden Krokodile auf die Straße werfen, wo ſie unter graͤßlichem Geſchrei getoͤdtet und mit Saͤbeln in Stuͤcke zerhackt wurden. Einige feuerten ſogar mitten im Haufen Piſtolen auf ſie ab. Die einbrechende Nacht und vor— zuͤglich ein heftiger Platzregen machten der Scene ein Ende, Die Fiſchereien wurden zwar wiederholt fortgeſetzt, allein keine Krokodile mehr gefangen, wodurch ich uͤberzeugt wurde, daß ſie hier auch nur ſelten erſcheinen. Ich entſchloß mich daher, auf Anrathen meines Wirthes, zu einer Reiſe nach dem Fluſſe Maſacre auf den Krokodilfang. Ich bedung ein Boot, gefuͤhrt von zwei Negern; eine Stange, mitten im Nachen befeſtigt, diente als Maſtbaum, und eine Baſtmatte, mit zuſammengedrehten Baſtbaͤndern von der Musa sapien- tum erſetzte das Segel. X. Fahrt nach dem Fluſſe Maſaere. Krokodile. — Das Dorf Embouchure. — Krokodilen-Jagd. — Rück⸗ reiſe nach dem Cap. Gegen Mitternacht, als der Landwind eintrat, ſtachen wir in die See. Ein ſanftes Lüftchen ſchwellte unſer Segel, um nicht zu ſagen, unſere Baſtmatte; der hellſcheinende Mond beleuchtete die am Geſtade hoch ſich aufthürmenden Felſenmauern und verſilberte den Schaum der tobenden Bran— dung in den Steinmaſſen. So glitten wir ſanft uͤber den majeſtaͤtiſchen Spiegel. Während ich, in tiefſtes Nachdenken verſunken, das erhabene Naturgemaͤlde anſtaunte, ſchliefen meine beiden Neger wechſelsweiſe. Inzwiſchen brach der Morgen an, ein ſtarker Thau durchnaͤßte meinen Mantel, bis die kraͤftigen Sonnenſtrahlen ſich uͤber uns ausbreiteten, und in einigen Minuten Alles getrocknet war. Gegen Mittag landete unſer kleines Schifflein bei der Muͤndung des Fluſſes Maſacre, wo ſchon ein ſtarker Biſamgeruch den Aufenthalt der Krokodile verrieth. Hier ſah ich zum erſten Mal dieſe Ungeheuer in ihrem natuͤrlichen Zuſtande. Kaum war das Boot befeſtigt und wir ans Land ger ſtiegen, als mir meine Neger zwei dieſer Thiere von bedeu— tender Größe zeigten. Anfangs hatte ich fie für Holzſtaͤmme gehalten, da fie ganz unbeweglich in den Sand hingeſtreckt a lagen, um ſich zu ſonnen. Ihre Rachen waren weit aufge: ſperrt, und ein Schwarm von Fliegen ſummte um ſie her. Ein Huͤndchen, das wir mitgenommen, ſprang ſogleich auf ſie los und klaffte ſie an. Da erhoben ſich die Giganten ganz langſam; das eine Krokodil ſenkte ſich mit Hinterlaſſung vieler Luftblaſen ins Waſſer, das andere zog ſich in einen Sumpfwald von Rhizophora Mangle zuruͤck. An der Mündung des Mafacre liegt das kleine Neger— dorf Embouchure, welches aus einem Dutzend elender Huͤtten beſteht, die ſich laͤngs des Fluſſes hinziehen. Gegen Geld— bezahlung erhielt ich eine ſolche unbewohnte Hütte zur Woh⸗ nung waͤhrend meines Aufenthaltes. Die Waͤnde waren von Holzgeflechte und außerhalb mit Lehm beworfen, und das Ganze war in zwei Gemaͤcher getheilt. Ein leichtes Stroh⸗ dach ſchuͤtzte vor dem Regen. Das Vorderzimmer raͤumte ich meinen Negern ein, das zweite ohne Fenſter waͤhlte ich zum Schlafgemache. Der Eigenthuͤmer dieſer Huͤtte, ein Griffon !), war fo träge, daß er es kaum der Mühe werth fand, mir etwas Nahrung zu verſchaffen, und nur durch vieles Zureden meiner beiden Neger, die ihm weiß machten, ich haͤtte viel Geld, ließ er ſich bewegen, einige Fiſche zu liefern. In Anſehung des Zweckes, den ich bei dieſer Fahrt hatte, konnte ſelbigen Tag nichts Weſentliches vorgenommen werden, da die eigentlichen Fiſcher mit den Netzen nach den Korallenriffen auf den Fiſchfang gefahren waren. Ich be— gnuͤgte mich daher, in den erwaͤhnten Sumpfwaldungen mit meinen beiden Negern verſchiedenartige Krabben aufzuſuchen. Bei dieſer Gelegenheit fing einer derſelben ein ganz kleines Krokodil von einem halben Fuß in der Laͤnge. Es ſpuckte ganz gewaltig, als wir ihm ein kleines Strickchen an den ) Siehe das Kapitel über vermiſchte Menſchenracen. — 98 — Hinterleib banden; doch wurde es im Boot angebunden, mit einem Stuͤcke Bret uͤberdeckt und Waſſer darauf gegoſſen, wornach es ſich auch ſogleich ruhig verhielt. Am Ufer des Sees ließen ſich noch dfters große Krokodile an der Sonne ſehen; als aber meine Neger einen Schuß auf ſie gethan, verſchwanden ſie plotzlich. Abends, ehe wir uns ſchlafen legten, mußten wir zuerſt einen Bund getrockneter Tabaksblaͤtter anbrennen, um das zahlloſe Heer Maringoins “) zu verbannen. Nirgends hatte ich in ſolchen Schwaͤrmen dieſe Inſekten geſehen als hier. Den Tag uͤber kam eine ziemliche Anzahl Schwarzer herbei, die mich von Kopf bis zu Fuße neugierig begafften, und zu der Vorſicht veranlaßten, ein Paar geladene Piſtolen nebſt meinem Saͤbel, ohne welchen ich nie ausging, an der Seite meines Lagers bereit zu halten. Den andern Morgen unternahm ich mit mehreren Ne— gern auf unſerm Boote eine Excurſion ſtromaufwaͤrts. Cs ward auf mehrere Krokodile geſchoſſen, jedoch nur ein ein- ziges getodtet, welches ſich zu weit vom Waſſer entfernt hatte. In einer kleinen Kruͤmmung landeten wir, um uns nach einem andern kleinen Fluſſe zu begeben, wo vorzüglich viele kleine Krokodile zu finden ſeyn ſollten; wir ſahen uns jedoch in unſern Erwartungen getaͤuſcht. Als wir weiter vorwaͤrts drangen, kam uns plotzlich ein peſtartiger Geruch entgegen; wir entdeckten auch bald die Urſache davon, denn unſern dem Ufer lag auf dem Sand ein großes Krokodil hingeſtreckt, welches von tauſenden der weißen Maden verzehrt wurde. Außer mehreren Krokodilseiern konnte ich keine weitere Aus— beute auf dieſer Excurſion machen. Nach meiner Ruͤckkunft zog ich noch an demſelben Tage die Haut von dem erlegten Krokodile ab, wobei ich wieder eine Menge Zuſchauer hatte. ) Sind große Mücken, deren Stich eine ſchmerzhafte Blaſe zurückläßt. | | Pr Während meines Aufenthaltes daſelbſt wurden mit Hilfe der Fiſcher mehrere Krokodiljagden unternommen, und mit Erfolg ausgefuͤhrt. Die Art und Weiſe derſelben iſt im Ar— tikel von den Amphibien hinlänglich bezeichnet. Am 4. Tage kehrte ich freudig mit meinen Gefangenen, die ganz vorn im Boot gebunden, und mit Baumzweigen uͤberdeckt waren, nach Fortroyal zuruͤck. Aber bald wurde meine Freude in Traurigkeit verwandelt als ich bei unſerer Ankunft im Hafen die beiden Kriegsſchaluppen nicht mehr gewahrte, auf denen ich die Krokodile fortzubringen gedachte, und der Hafen wieder ſo oͤde und leer ausſah, wie vorher. Um einen Auflauf zu vermeiden, ſtieg ich erſt in der Daͤm— merung ans Land; die Krokodile band ich im Garten meines Wirthes an einen Baum, bis ich ſie den andern Morgen in ein großes, mit Waſſer gefuͤlltes Faß brachte. Mein einziges Beſtreben war nun, dieſe Thiere wohlbe— halten nach dem Cap zu bringen. Das kleine Fahrzeug, womit ich eingetroffen, war bereits wieder vom Cap angekommen, und ſollte in 5 bis 6 Tagen abreiſen. Aber ich konnte mich zu neuen Ungemaͤchlichkeiten nicht entſchließen, und war geſonnen den Ruͤckweg mit einer Karawane von Eſeln auf dem Lande zu nehmen. Von allen Seiten kam aber die Nachricht, daß die Fluͤſſe durch die vielen Regenguͤſſe ungewöhnlich angeſchwollen ſeyen; folglich blieb mir nichts uͤbrig als jener Weg zu Waſſer. Meine geſammelten Naturalien hatte ich alle in Kiſten gepackt und bereits eingeſchifft. Die Schaluppe hatte dies Mal mehrere Negerpaſſagiere aufgenommen, die nach dem Cap reisten. Um von dem Landwind zu profitiren, wurde um Mitter— nacht in die See geſtochen, obgleich der Himmel mit ſchwar— zen Wolken bedeckt war, die nur hie und da ſpaͤrliches Mon⸗ denlicht durchſcheinen ließen. Kaum waren wir unter Segel, als die Krokodile ſich ET Hayti,. — 98 — fortwährend aus ihrer Gefangenſchaft zu befreien ſuchten; weshalb ich beſonders von einem Mulatten, der ſie ins Waſſer werfen wollte, viel zu leiden hatte. Der Himmel verfinſterte ſich gegen Morgen immer mehr mit ſchwarzem Gewolke, das endlich in einen Sturmwind und in unermeß⸗ liche Regenguͤſſe ausbrach, die uns noͤthigten, ſchnell nach Fortroyal zuruͤckzukehren. Die Schiffer fürchteten einen Or— kan, der in dieſer Jahreszeit keine ſeltene Erſcheinung iſt. Nachmittags 2 Uhr trafen wir mit vollen Segeln in Fort royal an. Den erwähnten Mulatten führte mein Wirth, der Hafencapitain, zum Commandanten, der ihm zur Strafe für die mir angethanen Mißhandlungen die Reiſe nach dem Cap unterſagte. Des andern Tages traf mich derſelbe Mulatte am Meeresufer, wo er mir eine Vorpartie antrug, zu der ich mich aber nicht verſtand. . Am dritten Tage ging unſer Fahrzeug zum zweiten Male unter Segel, und wir langten dann ohne weitere Dorfälle mit einem frifchen Winde im Cap an. Der General Richaud, ehemaliger Gouverneur und Her— zog von Marmelade, hatte die Gefaͤlligkeit mir zu erlauben, die lebenden Krokodile in das Baſſin ſeines Gartens zu ſetzen. Von dieſer Zeit an nannten mich viele Neger im Cap: „Moncher caiman“ (Herr Krokodil) und manchmal ſetzten fie noch hinzu: „avec petites a lie (mit feinen Kleinen). Als ich wieder im Cap angelangt war, machte ich fort⸗ waͤhrend Excurſionen nach verſchiedenen Gegenden, wobei ich Gelegenheit fand, mir manche Kenntniß uͤber das Land ſelbſt und ſeine Bewohner zu erwerben, woruͤber an ſeinem Ort geſprochen werden wird. XI. Reiſe von Cap nach Gonayves. Die Stadt Gonayves. — Salinen. — St. Marc. Am 7. Februar verließ ich die Capſtadt, und ging zur See nach Gonayves. Ich nahm nun auf immer Abſchied von jener Stadt, worin ich ſo manchen Jammer und ſo wenige gluͤckliche Tage erlebt hatte. Die Ruͤckerinnerung an uͤberſtandene Muͤhſeligkeiten erregte ein dankbares Gefuͤhl in mir. Waͤhrend des Fruͤhſtuͤcks, das unſer Capitain allen Bekannten gab, ging das Schiff unter Segel. An demſelben Tage paſſirten wir die kleine Inſel la Tortue, hierauf das Vorgebirg Cap Nicolas, und gelangten erſt am dritten Tage wegen widriger Winde in Gonayves an, wo ich bei Herrn Braun, einem engliſchen Kaufmann, an welchen ich empfoh— len war, gut aufgenommen wurde. Gonayves iſt eine kleine Stadt mit einem Hafen, auf der weſtlichen Seite der Inſel, zwiſchen Plaiſance und St. Marc. Sie zählt ungefähr 200 Häͤuſer, die jedoch alle von Holz erbaut, und theils einen Stock hoch, theils nur Erdgeſchoſſe und mit Gallerien verſehen find. Dieſe Stadt macht in der Ferne nicht den mindeſten Effekt, und gleicht mehr einer unbedeutenden Ortſchaft, als einem der erſten Handelsplaͤtze der Inſel. Sie hat beilaͤufig 1000 Einwohner von verſchiedenen Farben, jedoch iſt die Anzahl der farbiagn Leute weit geringer als die der Schwarzen. — 100 Die vorzuͤglichſten Produkte, welche hier erzeugt werden, find Baumwolle und Kaffee. Weiße gab es bei meinem Aufenthalte nicht mehr als etwa 15 in dieſer Stadt, die ſich mit Spekulationen auf Produkte des Auslandes beſchaͤf— tigten. Nach dem Cap iſt dieſe Stadt der vorzuͤglichſte Han— delsplatz der Nordprovinz. Die Gaſſen ſind ſandig, ſehr breit und geradlinig. Gonayves hat eine kleine Kirche und einen Marktplatz, wo man zweimal in der Woche alle moͤg— lichen Nahrungsartikel findet. Kleidungsſtuͤcke werden in Boutiquen verkauft. Zwei von Erde und Holz aufgebaute Schanzen am Meeresufer decken die Stadt von der Seeſeite. Außerdem dient ein kleines Fort, welches auf dem ſeitwaͤrts gelegenen Kalkgebirge (Mont blanc) angelegt iſt, zum Schutze der Stadt. Zwölf bis ſechszehn Schiffe liegen hier gewoͤhn— lich vor Anker. Sehr bedeutend ſind die nicht weit entfernten Salinen. Hier laͤßt man das Seewaſſer in Gruben eindringen, ver— ſchließt ſodann die Oeffnung, durch welche die Grube mit dem Meere in Verbindung ſteht, und laͤßt das Waſſer, den Einwirkungen der Sonne und der Luft ausgeſetzt, cryſtalli— ſiren. Ich habe das Salz der Salinen von Gonayves viel weißer, reiner und ſchaͤrfer als jenes in den Salinen von Trieſt gefunden. In dieſer Gegend iſt der Boden eine halbe Meile im Umfange mit einer weißen Thonerde bedeckt, die ſehr mit ſalzigen Theilen geſchwaͤngert iſt, und auf deren Oberflaͤche man nur zwei Pflanzengattungen antrifft, naͤm— lich Salsola indica und Atriplex halinus. Die ganze Um⸗ gegend iſt ſehr ſandig, und ob ſie gleich beim erſten Anblick ein unfruchtbares Land zu verrathen ſcheint, ſo findet man doch, wenn man ſich nur etwas dem Gebirge naͤhert, die ſchoͤnſten Kaffeeplantagen, während die ſandigen Gegenden mit Baumwollſtauden beſaͤet ſind. Die Straßen werden von langen Reihen Tannenpalmen (Blate sylvestris) be; = u ſchattet. Die Acaciengebüſche find mit Agaven, mit Cars tusarten, Alden u. dgl. gemiſcht. Auf der Straße nach dem Cap kommt man über ein Gebirge von Felſenbloͤcken, das unter dem Namen Escalter bekannt iſt. Ueber daſſelbe fuͤhrt eine Straße, die nicht ohne Gefahr zu paſſiren iſt, in mehreren ſtufenartigen Abſaͤtzen. Die Straße von Gonayves nach St. Marc fuͤhrt durch ein Sandmeer, wo man fortwaͤhrend den Strahlen der Sonne ausgeſetzt iſt, und ſich oft meilenweit kein lebendes Geſchoͤpf blicken laͤßt, bis gegen den Fluß Artibonite, wo die unge— heuren, mit dem Meere in Verbindung ſtehenden Suͤmpfe ihren Anfang nehmen. St. Marc iſt eine kleine Stadt mit Hafen, die in franzoͤſiſchen Zeiten viele ſteinerne Haͤuſer ent— halten hat, gegenwaͤrtig aber unbedeutend iſt. Die kleine Stadt machte den Grenzort von Chriſtophs Koͤnigreich aus. Von hier ſtoͤßt man auf keine Stadt bis Port-au-Prince, wo Praͤſident Boyer reſidirt. N Nach Port-au-Prince bin ich nicht gekommen, weil mich die bei meinem Aufenthalt in Gonayves ausgebrochenen Unruhen daran verhinderten; indeſſen iſt Alles, was ich von dieſer Stadt weiß, von keinem beſondern Belange. Die Haͤuſer waren 1821 groͤßtentheils noch von Holz, wie die von Gonayves. Mitten in der Stadt iſt das Grabmal des vorigen Praͤſidenten Petion, bei welchem eine Lampe fort— waͤhrend brennt. Der Hafen iſt ſicher und durch mehrere Forts gedeckt. Da ich nun das Wichtigſte, was mir waͤhrend meines Aufenthaltes in Hayti begegnet iſt, erzaͤhlt habe, ſo wird es paſſend ſeyn, die Beobachtungen, welche ich hinſichtlich des Landes und der Bewohner gemacht habe, jetzt im Zuſam— hange folgen zu laſſen. XII. Allgemeine phyſikaliſche Beobachtungen auf Hayti. Geographiſche Lage. — Größe. — Gebirge. — Flüſſe. — Klima. — Thermometerbeobachtungen. — Jahreszeiten. — Gewitter. — Negenz zeit. — Merkwürdiges Naturphänomen. — Tagsverſchiedenheit. Die Inſel Hayti liegt unter dem 180 bis 200 nördlicher Breite und den 600 bis 700 weſtlicher Länge von Green— wich, zwiſchen Kuba und Portorico, und iſt eine der frucht— barſten und ergiebigſten Antillen. Die Inſel hat nach Du— mas etwa 100 Seemeilen, jede zu 2851 Toiſen gerechnet, in der Laͤnge, in der Breite aber, von Norden nach Suͤden, ohngefaͤhr 30 Meilen. Der ziemlich genau berechnete Flaͤchen— inhalt betragt 3000 [I] Meilen. In der Mitte der Inſel erheben ſich große Gebirgsketten, deren hoͤchſte Spitze der Cibao iſt, deſſen ehemals reiche Goldminen jetzt unbearbeitet liegen. Dieſe Gebirgsketten ſind von ſehr mannigfaltiger Geſtalt und laufen viele Meilen weit ins Meer, in welcher Richtung fie einen überaus pitto— resken Anblick darbieten. . Vom Cibao laufen Gebirgsketten nach Suden und Nors den; einige nehmen dann eine weſtliche Richtung und erſtrecken ſich bis Cap Tiburon. Eine andere wichtige Gebirgskette nimmt öſtlich bei Cap Raphael ihren Anfang, und verbindet - 19 — ſich mit denen des Cibao. Außer dieſen ſchließt eine maͤch— tige Gebirgsreihe das Thal von Sans-Souci ein. Die Gebirge ſind, je nachdem ſie aus zerſplittertem Thonſchiefer oder aus Kalk beſtehen, mit einer Schichte Hu— mus bedeckt oder auch nackt, in jedem Falle aber mit großen Reitzen von der Natur ausgeſtattet. Denn die Thonſchiefer— gebirge prangen mit herrlichen Urwaldungen und die kahlen Kalkgebirge ergoͤtzen durch die Kuͤhnheit ihrer Umriſſe. Un— zaͤhlige Spitzen und Felswaͤnde ſcheinen aus der Ferne ein Land der Unfruchtbarkeit anzudeuten; kommt man aber in ihre Naͤhe, ſo ſind auch ſie mit der wunderbarſten Vegetation bedeckt. Das neugierige Auge findet auch hier eine Menge Naturſchaͤtze, die man vergebens anderswo ſucht. Die vielen, oft ſeltſam genug geſtalteten Stachelgewaͤchſe ſind es, welche hier ihr Spiel treiben. Es ließe ſich daraus ſchließen, daß die Inſel nur aus Floͤßgebirgen und aufgeſchwemmten Erd— lagern beſtehe; vorzuͤglich da ich oͤfter auf den Gipfeln der Gebirge kleine Muſcheln gefunden habe. Bei genauen Nach— forſchungen duͤrften vielleicht manche Verſteinerungen von Pflanzen und Thieren ſich vorfinden. Viele Naturforſcher behaupten allerdings, daß dieſer Theil der Erde erſt in ſpaͤtern Zeiten ſich aus dem Meere emporgehoben habe. Andere geben an, ein maͤchtiger Waſſer— ſtrom habe alle weſtindiſchen Inſeln von dem feſten Lande Amerikas losgeriſſen. So viel iſt gewiß, daß ſeit Colum— bus Entdeckung manche Theile der Inſel weggeſchwunden ſind, und daß hie und da an ſolchen Stellen jetzt Land iſt, wo früher Meer geweſen. Doch betraͤgt dieß nach Ausſage der Eingebornen hoͤchſtens etwa eine Viertelſtunde. Mitge— wirkt moͤgen hiebei die Orkane haben; vielleicht auch die oben genannten Madreporen, die an den Felſenriſſen immer fort— wachſen, indem ſie bei taͤglicher Ebbe und Fluth eine Menge herumſchwimmender Wurzeln, wie z. B. Rhizophora Mangle, — A Stücke Holz und andere Vegetabilien einſchließen, wozu ein Anflug von Sand oder Erde kommt, ſo daß endlich ein Ganzes und Zuſammenhaͤngendes formirt wird. Die Inſel Hayti enthaͤlt abwechſelnd fruchtbare Thaͤler, Sandſtrecken, Suͤmpfe, Ebenen und Savannen. Man findet dort nicht wie in unſern Laͤndern einige Meilen weit ein gleiches Land, ſondern es hat jeden Augenblick ein anderes Anſehen. Kaum iſt man uber ein ſteiniges Gebirge hinab, ſo hat man einen Sumpf oder eine Sandflaͤche vor ſich lie— gen, wo das Land mit ſeiner Vegetation auf der Stelle einen andern Charakter annimmt. Unter den vorzuͤglichſten Ebe— nen erwaͤhne ich die Plaine du Nord, Plaine de UArtibo— nite und Plaine du Port-au-Prince. Erſtere, die zu Chri— ſtophs Koͤnigreich gehoͤrte, umfaßt den fruchtbarſten Theil der Inſel. Der gute Boden iſt vorzüglich zum Zuckerbau geignet, deswegen trifft man auch hier die meiſten Zuckerplantagen. In den Sandflaͤchen von Gonayves und Artibonite bauet man Baumwolle; in den Gebirgsgegenden aber findet man Kaffeeplantagen. Die Ufer find groͤßtentheils mit Madre— poren und Korallen verſchanzt. In den mit Waldungen bedeckten Gebirgen entſprin⸗ gen viele kryſtallhelle Quellen, wovon mehrere zu bedeu⸗ tenden Fluͤſſen heranwachſen, die jedoch nur zum Theile gegen ihre Muͤndung hin fuͤr kleine Fahrzeuge zum Trans— portiren der Lebensmittel ſchiffbar find, Sie führen groͤßten⸗ theils eine Menge von Fiſchen, beherbergen aber auch Kro— kodile (Crocodilus acutus) Krabben und Schildkroͤten. In den niedern Theilen der Inſel iſt das Waſſer faulig und warm. Der Fluß Artibonite, der ſeinen Namen von dem Ur— bewohnern hat, entſpringt auf den Gebirgen des Cibao, lauft von Oſten nach Weſten, durch das Thal Valleé de Temperaturausweiſende Tabelle. 25 = = = = = = = = = Q 2 5 185 8 2 — = 3 2 S © 8 » » & 2 = — 2 = = Febr. März | | 8 Sonnenaufgang Nachmittag 1 Uhr onnenaufgang [Nachmittag 1 Uhr onnenaufgang Nachmittag 1 Uhr Sonnenaufgang Nachmittag 1 Uhr Sonnenaufgang Nachmittag 1 Uhr Sonnenaufgang Sonnenaufgang Nachmittag 1 Uhr Sonnenaufgang Nachmittag 1 Uhr Sonnenaufgang Nachmittag 1 Uhr Sonnenaufgang Nachmittag 1 Uhr 1 2 A DSS S [Nachmittag 1 Uhr | I &® & & = => I oo ER} & — 1 — Banica, vereinigt fich dafelbft mit dem Gnagamuco Banica, Seyba, Macaſia und Nibon, die jedoch alle unbedeutend find, und ergießt ſich bei St. Marc ins Meer; er iſt nebſt dem Neiba und dem Ozama bei St. Domingo der bedeu— tendſte auf der Inſel. Der Fluß Eſtre entſpringt auf den Gebirgen des Cahos, laͤuft von Oſten nach Weſten, vereinigt ſich in der Plaine de l'Artibonite mit dem Cabeuil und muͤndet ebenfalls auf dem noͤrdlichen Theile der Inſel bei Gonayves ins Meer. Mehrere kleine Fluͤſſe, trois rivières genannt, vereinigen und ergießen ſich bei Port-au-Paix ins Meer. Zu den be— deutenderen Gewaͤſſern find ferner zu zaͤhlen: Granderiviére, welcher auf der Höhe von Valiere entſpringt, und ſich bei Limonade mit dem Meere vereinigt, der Maſacre, der Fluß des Chriſtusbergs, der in die gleichnamige Bay muͤndet, der Cul de Sac, Niviere blanche, Rivière Jacquemel und Leogane. Was die climatiſchen Verhaͤltniſſe Haytis betrifft, ſo ſteigt das Thermometer in der Hoͤhe von 200 Klaftern uͤber der Meeresflaͤche nicht über 45° Fahrenh., fo daß man alfo hier das Klima gewiſſermaßen gemaͤßigt nennen kann; wie man denn auch dort Verſuche gemacht hat, europaͤiſche Pro— dukte zu acclimatiſiren, als Gemuͤße, Getraide, Baum— fruͤchte. In den niedern Theilen würde die Hitze des Tages un— ertraͤglich ſeyn, wenn nicht die Atmosphaͤre durch wohlthaͤ— tige Seewinde abgekuͤhlt wuͤrde. Beiliegende die Tempera— tur ausweiſende Tabelle iſt in Sans-Souci von einem eng— liſchen Arzte im Schatten entworfen worden, wobei jedoch zu bemerken iſt, daß Sans-Souci einer der kuͤhlſten Punkte vielleicht auf der ganzen Inſel iſt. Aus dieſer Tabelle geht hervor, daß im Auguſt und September die heißeſten Tage auf den Antillen eintreten. Nur kommt es, wie ſchon geſagt, nn auf den Standort an. So habe ich z. B. im Cap, wo doch die Seewinde abkuͤhlen, das Thermometer im Schatten waͤh— rend des Auguſt 899 am Tage und 800 in der Nacht ge funden, waͤhrend des Septembers bisweilen etwas niedriger. Ich fand im Durchſchnitt in den Monaten Juni, Juli, Auguſt Mittags das Thermometer nahe an 900 und manch- mal darüber, in der Sonne 1200 bis 1260 nach Fahrenh. In der naſſen Jahreszeit faͤllt das Thermometer ſehr herab, weil die ganze Atmosphäre durch Gewitter abgekuͤhlt iſt; ja die Naͤchte ſind oft ſehr empfindlich kuͤhl und feucht; allein in der trockenen Jahreszeit faͤllt es des Nachts ſelten unter 750 nicht einmal unter 800, weil des Nachts die Suͤdwinde regelmaͤßig eintreten. Hayti hat wie die uͤbrigen Inſeln der heißen Zone zwei Jahreszeiten, die naſſe und die trockene. Die naſſe, welche vom Mai bis Oktober währt, nennt man mit Unrecht den Winter der Antillen. In den erſten Monaten faͤllt taͤglich ein ſtarker Regen; erſt gegen Ende dieſer Jahreszeit zeigt ſich die Natur in ihrer ganzen Kraft. Nachmittags 3 Uhr bort man den weit entfernten Donner dumpf über dem Meere rollen; bald aber kommt er naͤher; dunkelſchwarze Wolken thuͤrmen ſich auf; duͤſtere Dunſtmaſſen umhuͤllen die Haͤupter der hohen Gebirge. Ploͤtzlich wandelt ſich der Tag in Nacht; jeder Schiffer ruͤſtet ſich gegen den Ausbruch der furchtbaren Erſcheinung; hellleuchtend fahren die ſchlaͤngelnden Blitze durch das ſchwarze Gewoͤlk. Die See ſchlaͤgt ungeſtuͤm an die Kuͤſte und das ſchaͤumende Gewoge fliegt gegen die Fel— ſen, bis ſich endlich die ganze Himmelsdecke unter Donner— ſchlaͤgen in ungeheuren Waſſermaſſen herabſtuͤrzt, wovon man in Europa keinen Begriff hat. Die Schlaͤge waren oft ſo ſtark, daß ich mehrmals im Freien eine electriſche Er— ſchuͤtterung empfand. Solche Gewitter brechen in den Mor naten Auguſt und September unausbleiblich jeden Tag aus, = 109 — So furchtbar die Gewitter toben, ſo wohlthaͤtig und nothwendig zeigen ſie ſich in dieſer Zone. Merkwuͤrdig iſt auch die Eigenthuͤmlichkeit, womit die Regenguͤſſe oft her- abſtuͤrzen. Es geſchieht naͤmlich bisweilen, daß, waͤhrend maͤchtige Waſſerſaͤulen rings um uns niederrauſchen, ploͤtz— lich eine perpendikulaͤre Oeffnung ſich zeigt, die das Auge auf eine von der Sonne ſchoͤn beleuchtete Landſchaft fuͤhrt, was einen uͤberraſchenden, ſchwer zu beſchreibenden Anblick gewaͤhrt. In ſolchen Regenperioden ſcheinen auf den ſteilen Ge— birgen neue Fluͤſſe entſprungen zu ſeyn, die mit Gewalt her— abſtuͤrzen, und tiefliegende Straßen und Gegenden in ein Waſſermeer verwandeln. Die Regenguͤſſe dauern gewöhnlich in mehreren kurzen Zwiſchenraͤumen bis Morgens 3 oder 4 Uhr fort, gegen ſechs Uhr aber, erſcheint die Sonne wieder am reinen, ruhigen Horizont. Nach der Berechnung des engliſchen Aſtronomen Moor auf Hayti betrug die Menge des Regenwaſſers im Monat Auguſt 1820 vier Zoll 75 Linien. n Gegen Ende der naſſen Jahreszeit ſtellen ſich des Mor— gens Nebel ein, die oft Stundenlang mit der Sonne im Kampfe liegen, bis endlich dieſe mit ihren feurigen Strah— len ſiegreich durchbricht. Am intereſſanteſten wird die Scene, wenn man ſich auf der Hoͤhe eines Berges befindet. Hier ſcheint es, als ob das ganze Land in einem Waſſermeere ſchwebte, uͤber welches nur die Spitzen der Berge mit dem reinſten Himmel umgeben majeſtaͤtiſch hervorragen; oder es waͤlzen ſich dicke Dunſtmaſſen durcheinander, ein maͤchtiger Sonnenſtrahl greift durch und es entſteht das herrlichſte Na— turphaͤnomen. Durch dieſe Nebel in den Aequinoctial Ge— genden entſtehen haͤufig gruͤne Wolken, und andere bei uns nie bemerkbare Erſcheinungen. Erſt wenn in Europa der Sonnenſtrahl ſchraͤger fallt = mu = und ſich der Winter bildet, beginnen in Weſtindien die fchb- nen Abende der trockenen Jahreszeit, welche die Weſtindier vor der Thuͤre oder auf dem Balkon zubringen; dann truͤbt kein Wölfchen mehr den Himmel, die Sonne beſtrahlt vom fruͤhen Morgen den majeſtaͤtiſchen Meeresſpiegel und ver— ſchwindet des Abends in demſelben. Morgen- und Abend— daͤmmerungen finden faſt nicht Statt. In den Tropenlaͤn— dern weiß die ganze Natur nichts von einem Winter. Ein immer fruchttragender Boden und ein ewiges reges Leben der Vegetation, ernährt zu jeder Jahreszeit ſeine Bewohner und bietet ihren Beduͤrfniſſen jegliche Befriedigung; daher verändern die Thiere, einige Arten von Zugvoͤgeln ausgenom— nen, ſelten ihren Aufenthaltsort. Der tropiſche ſogenannte Winter iſt eigentlich nur eine rein trockene Hitze. Der Pflan— zer iſt nun beſchaͤftigt, ſeine Zuckerrohre auspreſſen zu laſſen, und den Kaffee einzuaͤrnten. Die Baumwoll-Felder bieten einen Anblick dar, als waͤren ſie mit Schnee bedeckt. Die Schiffe, welche in den Haͤfen auf der Rhede liegen, werden taͤglich, manche zweimal des Tages, mit Waſſer begoſſen, um fie vor allzu ſtarkem Austrocknen zu ſchuͤtzen; ſorgfaͤltige Capi— tains laſſen oft das ganze Verdeck mit Pech uͤbergießſen. Waͤhrend dieſer Jahreszeit ſind die Steine oft ſo erhitzt, daß man nicht im Stande iſt, ſich darauf zu ſetzen; eben ſo heiß iſt der Sandboden, ſo daß nur die verkruſteten Fußſohlen der Eingebornen das Barfußgehen auf demſelben aushalten konnen. Ich muß hier eines ganz außerordentlichen Naturphaͤ— nomens in dieſer Jahreszeit erwaͤhnen, wovon ich ſelbſt Au— genzeuge geweſen. Es war in der kleinen Stadt Gonayves, als die Sonne von Morgens bis Abends ihre faſt ſenkrech— ten Strahlen unausgeſetzt über die oͤſtlich von der Stadt gelegenen hohen Kalkgebirge ſendete. Nachmittags den 16. Februar ward auf einigen Punkten ein Dampf und Rauch — — ſichtbar; ohngefaͤhr von drei Uhr an zeigte ſich beilaͤufig an acht bis 10 verſchiedenen Punkten dieſe Erſcheinung; gegen Abend aber nahm die Anzahl derſelben bedeutend zu, bis ſich endlich bei Einbruch der Nacht das Phaͤnomen in ſeiner ganzen Herrlichkeit darſtellte. Der Rauch nämlich ging in Flammen uͤber, und ſo zaͤhlte ich Abends gegen 9 Uhr uͤber hundert von einander abgefonderte kleine Feuer, die auf der Erde fortzulaufen ſchienen, wenigſtens ihren Standort unauf⸗ hoͤrlich veraͤnderten, hier und da er loſchen und anderwaͤrts wieder entſtanden, ſo daß ich das ganze Schauſpiel nicht anders als mit wandelbarem Wachefeuer eines 2 Lagers vergleichen kann. Die Einwohner gaben mir als Grund dieſer Erſcheinung an, daß die Kalkſteine zerſpraͤngen, und die in der naſſen Jahreszeit gewachſenen und jetzt vertrockneten Vegetabilien ſich entzuͤndeten. Daß eine Menge zerſprungener Kalkſteine von dieſen Kalkwaͤnden herabgerollt waren, kann ich beſtaͤtigen; ich nahm ſelbſt ein ſolches Stuͤck mit nach Europa; auch fand ich das Kalkgebirge an manchen Orten mit einer ver— trockneten Grasart bedeckt, die, nach bluͤthenloſen Exemplaren zu urtheilen, einem Scirpus gleicht. Schließlich noch ein Wort uͤber die Tagesberſchiedenheit auf Hayti. Der Unterſchied des laͤngſten und kuͤrzeſten Tages betraͤgt in Deutſchland ohngefaͤhr 8 Stunden, auf Domingo 2 Stunden 41 Minuten. Der laͤngſte Tag hat daher 13 Stunden 31 Minuten, und der kuͤrzeſte 10 Stunden 40 Minuten. Die Verſchiedenheit des Eintritts der Sonne in den Mittagskreis im Verhaͤltniß zu Deutſchland betraͤgt ohn— gefaͤhr 6 Stunden, fo daß es, wenn in Deutſchland Mittag, auf Domingo Abends 6 Uhr iſt. Bemerkenswerth iſt, daß der Aufenthalt im Freien beim vollen Monde auf die Geſundheit des Europaͤers ſehr nach⸗ theilig wirkt. — 1 — Die Jahreszeiten hatten nach europaͤiſcher Berechnung daſelbſt im Jahre 1820, wie folgt, ihren Anfang: Fruͤhling den 20. Maͤrz 11 Uhr 28 Min. 28 Sek. Morgens. Sommer den 21. Juni 8-54 28 Morgens. Herbſt den 22. Sept. 10 8 — Abends. Winter den 21. Dech. 9 » 38 238 Sek. Abends. — MS — XIII. Bevölkerung. — Menſchenracen. — Krankheiten. Vor der franzoͤſiſchen Revolution (1789) belief ſich die Population in Hayti ungefaͤhr auf 570,000 Menſchen, die ſich in drei verſchiedene Klaſſen eintheilten, als: 40,000 Weiße, große und kleine Pflanzer, 30,000 Farbige und Schwarze, freie Leute, 500,000 Sklaven, ſo wohl Eingeborne als Afrikaner, die wieder in verſchiedene Klaſſen zerfielen. Lacroir gibt die gegenwaͤrtige Bevoͤlkerung auf 501,000 an, naͤmlich: 480,000 Schwarze, 20,000 Farbige, 1,000 Weiße. Davon rechnet er auf Chriſtophs Antheil 240,000. auf die Republik f 261,000. Ich glaube, daß Lacroix Angaben zu hoch gehen. Nach meinen Erkundigungen nehme ich fuͤr Chriſtophs Antheil nicht mehr als 160,000 an, worunter 15,000 Mann Militair miteingerechnet ſind. Auch die Zahl der Farbigen iſt zu hoch angegeben, indem ſich dieſe Klaſſe, ſeit die Inſel von Schwarzen regiert wird, ſehr vermindert hat. Die männliche Bevoͤlkerung hat in Folge der blutigen Kriege bedeutend abgenommen. Hayti. 8 1 — In jedem Hauſe findet man 5 bis 6 Frauenzimmer, welche faſt allein die haͤuslichen Geſchaͤfte beſorgen. Ich getraue mir auf Chriſtophs Antheil nicht 30,000 maͤnnliche Individuen, Alles miteingerechnet, zuſammen zu bringen; von Afrika her hat die Population keinen Zufluß mehr, jedoch kann man annehmen, daß fie cher fteigen als fallen duͤrfte, wenn ſich einmal die Inſel eines langen Friedens zu erfreuen hat. Neueſten Nachrichten aus Port-au-Prince zu Folge rechnet man die Bevoͤlkerung ſeit der Vereinigung mit dem ſpaniſchen Antheile auf 700,000 Seelen. Ueberraſchend iſt dem ankommenden Europaͤer der Kon— traſt der verſchiedenen und ee Nuͤancen der Menſchenfarben. Wenn wir den Europaͤer und den Neger, beide in Weſtindien fremd, als Stammeltern annehmen, fo entſtehen daraus die farbigen Menſchen. Es geht die Miſchung der farbigen Leute ins Unendliche. Ich will daher nur folgende Falle anfuͤhren: Schwan | ß | Mulatte. Ein Weißer und eine Negerin zeugen einen Mulatten, B. Schwarz Wulate Weiß | | Griff | Quateron. Ein Mulatte und eine Negerin zeugen einen Griff. Ein Weißer und ein Mulatte zeugen einen Quateron. — — C. | Schwarz Griff Mulatte | Quateron ö Weiß | | Sacatra Marabon Meſtitze Mamelucke Ein Griff und eine Negerin zeugen einen Sacatra. Ein Griff und eine Mulattin zeugen einen Marabou. Ein Mulatte und ein Quateron zeugen einen Meſtitzen. Ein Weißer und Quateron zeugen einen Mamelucken, und ſo entſtehen die Nuͤancen der Menſchenfarben, wie nach— ſtehende Tabelle noch naͤher zeigt. Neger. Sacatra[Griff[Marabou[Mulatte Mes ö ſtitze Quateron Mameluck Weiß + 12 2 0 85 2 . 8 | 4 105 2 8 2 2 8 Bu 8 2 — — 2 8 8 8 . S 8 85 V = 15 „ | EEE LEE 0, 5 G * 80 8 2 w 8% 8 0 S se R G Die Verbindung mit Karaiben hat dieſelben Nefultate wie die mit den Mulatten, welchen ſie an Farbe gleichen; ausgenommen, daß ihre Haare in der Verbindung mit dem Neger weniger lockig, und in Verbindung mit Weißen weit länger und ſtraffer find, “) Die Neger und farbigen Leute ſind beide von ſchoͤnem ſchlankem Wuchſe, doch ſchwaͤchlicher ſind letztere, je mehr ſie ſich dem Weißen an Farbe naͤhern. Die Phyſiognomie der Schwarzen oder afrikaniſchen Neger iſt bekannt; die der Mulatten iſt ein Gemiſch, jedoch ſchon regelmäßig gebildet, und kommt der unſrigen näher, Ihr Haar iſt dunkelbraun und lang, ihr Auge ſchmachtend, ihre Farbe nicht empfehlend. Viel lebhafter iſt das Auge *) Näheres liefert Blumenbach in feinem neuen Werke: Punité du genre humain et de ses varietes. Paris 1804. 8 5 — 18 — der kaſtanienbraunen Menſchen, und immer feuriger wird der Blick, je mehr ſich der Teint ſchwaͤrzt. Nicht ſelten ſieht man hier drei bis vier Geſchwiſter von eben ſo vielen verſchiedenen Farben, z. B. der Bruder iſt Neger, eine Schweſter iſt Griffone, dagegen die zweite eine Mulattin, waͤhrend die Mutter ſelbſt keinem ihrer Kinder gleicht. Man trifft jetzt noch viele Neger auf Hayti, die markirt ſind, einige tragen Hauteinſchnitte (Taͤtowirungen) im Geſichte. Die haytiſchen Neger beſtehen aus vielerlei afrikaniſchen Volksſtaͤmmen, wovon in ihrem Vaterlande jeder Stamm ſeine befonderen Sitten und Gebräuche hat. Descourtils zufolge unterſchied man ehedem unter den Negern auf Hayti folgende Staͤmme: Die Neger Ufe » Phylamis 959 Diabon 5 Conchos. und die aus dem Königreich Dahomet. Eines Tages ſah ich Neger-Sclaben, welche ein ſpaniſcher Korſar nach Hayti brachte; nie in meinem Leben kamen mir elendere menſchliche Weſen als dieſe Leute vor. Man glaubte, nur ein mit Haut uͤberzogenes Skelet zu ſehen. Die Haytier, welche fie führten, gingen mit ihren ſtarken kraftvollen Gliedern darneben her: ſchwerlich wuͤrde man, ohne es zu wiſſen, errathen haben, daß ſie von denſelben Stammeltern ſeyen. Kakerlaken oder weiße Neger, deren Haare und Augen— braunen weiß, und die Augenlieder roth ſind, trifft man wohl auf Hayti, aber nur ſelten. Weiße unterſchied man ehedem auf Hayti zwei Klaſſen: Europaͤer und Koloniſten. Unter den dortigen Weißen, wo einer den andern zu uͤbervortheilen ſucht, beſteht nichts weniger als Harmonie; ſie ſind aus vielerlei Nationen zu— — 17 — ſammengeſetzt, und jeder lebt nach feiner eigenen Art. Der größte Theil der dortigen Kaufleute beſteht aus Nordamcri— kanern und Englaͤndern. Die Sitte der letztern iſt daher die allgemeinſte. Der groͤßte Theil der weißen Kaufleute, wenn ſie dort ankommen, um ſich auf einige Zeit zu etabliren, geſellt ſich zu den farbigen Schönen, und lebt mit ihnen auf vertraulichem Fuße. Geht der Fremde dann nach Europa zuruͤck, fo beſchenkt er feine Geliebte, und fie faͤngt damit einen kleinen Handel an, und ſieht ſich nach einem andern Protector um. Obgleich die farbigen Maͤdchen wiſſen, daß ihnen die Weißen niemals treu bleiben, ſo geben ſie doch immer dieſen den Vorzug vor ihren Landsleuten, weil ge— woͤhnlich ein weißer Kaufmann ſie anſtaͤndiger erhalten kann als ein dortiger Buͤrgersmann, der an ein ganz einfaches Leben gewoͤhnt iſt. Wird ſolch ein Weißer krank, dann iſt die Anhaͤnglichkeit dieſer Weſen bewundernswerth; er kann dann auf ihre Pflege mit Sicherheit rechnen. Tag und Nacht verläßt fie keinen Augenblick das Krankenbett, und es iſt gewiß, daß mancher Weiße nur ihrer Sorgfalt ſein Leben verdankt. In dem Dunſtbade, worein gleichſam die ganze Inſel getaucht iſt, muͤſſen ſich natürlich eigene Krankheiten er— zeugen. Was den ankommenden Europaͤer gewöhnlich zuerſt belaͤſtigt, iſt ein Ausſchlag, der den Maſern gleicht, eine Art Hitzblattern, die auf der Bruſt ihren Anfang nehmen, und ſich ſofort über den ganzen Körper verbreiten. Die Einge— bornen, welche nie damit beläftigt werden, nennen es Pechaufle. Die Englaͤnder nennen den Ausſchlag Prikleheat, allein in England kennet man dieſen Namen eben ſo wenig als die Krankheit ſelbſt. Dieſer Ausſchlag bewirkt ein immerwaͤh⸗ rendes Jucken und Prickeln unter der Haut. Auf der Bruſt, wo er ſich am ſtaͤrkſten zeigt, iſt er ſehr gefährlich; — En = denn ſchlaͤgt er in Folge irgend einer Abkühlung zurück, fo folgt oft eine Krankheit. Er iſt ein ſicheres Zeichen der Acclimatiſirung, und man hat waͤhrend deſſelben weniger den Anfall eines Fiebers zu beſorgen. Bei mir hat ſich dieſer Ausſchlag auf dem Ruͤcken gezeigt. Ich wurde erſt einen Monat nach meiner Krankheit damit belaͤſtiget. Anfangs glaubte ich, daß man mir Stacheln von Kaktus— arten, deren ich in meinem Zimmer hatte, ins Bett gelegt habe, bis ich die wahre Urſache einſah. Spaͤter hatte ich dieſen Ausſchlag fo ſtark, und er plagte mich ſo heftig, daß ich nicht im Stande war, das Geringſte zu leſen oder zu ſchreiben, ohne daß ich mich haͤtte kruͤmmen und wenden muͤſſen. Der häufige Schweiß, der den Europäern ausgepreßt wird, und die allmaͤhlige Erſchlaffung ſtöͤrt die Lebensverrich⸗ tungen, und erzeugt eine allgemeine Abſpannung. Statt der lebhaften Geſichtsfarbe ſtellt ſich eine gelbliche ein. Frauensperſonen altern ſchnell, ſo auch die eingebornen, je mehr ſie ſich den Weißen an Farbe naͤhern. Doch wenn ein Europaͤer ſich nicht zu lange dort aufhaͤlt, und kein Krankheitsſtoff im Körper zurückgeblieben iſt, ſo kann er ſich bald wieder erholen. Den Anſichten der Aerzte gemaͤß ſoll das dortige gelbe Fieber mit dem Gallen- und hitzigen Fieber viel gemein haben. Es zeigt ſich auf Hayti anfangs mit einer Mattig- keit in allen Gliedern, mit heftigen Kopfſchmerzen und brennender Hitze, die bei Vielen in Raſerei übergeht; hierauf folgt bei den Meiſten ein heftiges Erbrechen; der Kranke verliert ſein Bewußtſeyn, und ſtirbt am 4ten oder öten Tage. Hat er aber den 7ten uͤberlebt, dann iſt die Prognoſe guͤnſtiger. Dem Pater Labat zufolge herrſcht das gelbe Fieber ſchon ſeit Entſtehung der franzoͤſiſchen Kolonie auf Hayti. Damals wurde es Maladie de Siam genannt. — 119 — Der engliſche Leibarzt Gilbert Blane aͤußert ſich uͤber das weſtindiſche gelbe Fieber folgendermaßen: „Alle drei weſtindiſchen Contagionen entſpringen entweder aus ſchlechter Nahrung, Noth, Mangel an Pflege, oder aus einer giftigen Luft, die, wie dies in heiſſen Klimaten gerne der Fall iſt, von nahen Suͤmpfen ausgehaucht wird, oder aus unreinen, zuſammengedraͤngten ollluviis der Menſchen z. B. auf Schiffen mit vielen Kranken. Zu letzterer Klaſſe gehört das gelbe Fieber.“ Man kann die feuchte Hitze wohl als einen Hauptum— ſtand bei den dortigen Krankheiten annehmen: durch die Sumpfumgebungen, in welche die ſenkrechten Sonnen— ſtrahlen fallen, wird der Dunſtkreis mit waͤſſerigten Theilen geſchwaͤngert, welche ſich, wenn ſie der Waͤrmeſtoff verlaͤßt, niederſchlagen und faule Duͤnſte erzeugen. Als Beweis glaube ich anführen zu koͤnnen, daß man in den Gebirgen, wo die Luft, rein und heiter, der Seele eine gleiche Stim— mung mittheilt, nichts von dieſer Krankheit weiß. Daß das Klimafieber und das weſtindiſche Gelbefieber eins und daſſelbe ſey, erlaube ich mir zu bezweifeln. Denn vom Klimafieber werden bekanntlich nur Europäer befallen, während das gelbe Fieber Jeden wegrafft, nur mit dem Unterſchiede, daß die Schwarzen erfahrener find, und die Vorbeugungs— mittel beſſer als die Europaͤer kennen. Auch ſind die Symp⸗ tome des gelben Fiebers von jenem durch ihre Heftigkeit verſchieden. In Weſtindien angekommen, muß der Europaͤer ein kleines Fieber uͤberſtehen, welches man das Klimafieber nennt, und von welchem geneſen er ſodann weniger Gefahr zu beſorgen hat. Es wird gewoͤhnlich mit einigen Brech— mitteln gehoben. Manchen koſtet es jedoch auch das Leben. Die Mittel, welche die Aerzte in Weſtindien gegen das dortige gelbe Fieber anwenden, ſind Aderlaͤſſe und Chinarinde; wirken dieſe nicht, fo uͤberlaͤßt man den Kranken feinem — 120 — Schickſale. Man gibt auch wohl noch ein wenig Opium ein, worauf er in einen Schlaf verfaͤllt, aus dem er nie mehr erwacht. Die Schwarzen reiben ſich, um der Krank— heit vorzubauen, den Koͤrper mit Rum ein. Was die Mittel betrifft, welche dazu dienen, den Europaͤer an das Klima von Hayti zu gewoͤhnen, ſo haben wir dieſelben von unſerer Hauswirthin ſogleich erfahren und ſie bewaͤhrt ge— funden. Man halte nicht nur ſtrenge Diät, gebrauche nicht nur fleißig Bäder, ſondern auch Klyſtiere von lauem Waſſer und Oel, und genieße nur leichte Speiſen als: Hühner, Kalbfleiſch, Fiſche und einheimiſche gruͤne Gemuͤße. Alle hitzigen Getraͤnke muß man vermeiden, aber auch nicht Waſſer allein trinken. Das Gemiſch von drei Theilen Waſſer mit einem Theile franzoͤſiſchen Weins oder Rums iſt am zutraͤglichſten. Ferner bekommt der Genuß der einheimiſchen Fruͤchte ſehr wohl, und Morgens mag man ein nicht eben großes Glas Limonade oder Kaffee genießen. Der Kopf muß mit einem Tuch umwunden ſeyn, um ihn ſowohl vor den Sonnenſtichen als auch vor zu geſchwinder Abkuͤhlung zu ſchuͤtzen. Ein flanellenes Leibchen auf der Bruſt unter dem Hemde zu tragen, iſt ſehr rathſam, inſofern ſich dann die unter dem Einfluß der Hitze weit geoͤffneten Poren nicht zu raſch ſchließen Können, Auſſerdem herrſchen noch bösartige ſchleichende Fieber auf der Inſel. Eine meiſtens nur den Negern eigene Krank— heit iſt der Chique (Pulex penetrans Lin,), wovon dieſelben ſehr an den Fuͤßen leiden. Aber auch die Europaͤer werden damit belaͤſtigt. Ich hatte ſelbſt einmal deren ein Paar. Die Krankheit kommt auf folgende Art vor. Gewöhnlich an den Fußſohlen entſteht ein rother Fleck, der etwas auf⸗ ſchwillt, und vielen Schmerz verurſacht. Oeffnet man die Haut, ſo kommt ein ſchwarzer, weicher Koͤrper zum Vorſchein, der an Größe und Farbe einem Floh gleicht, und das ganze Uebel iſt gehoben. Wird es aber vernachlaͤßigt, ſo entſteht = RT = daraus ein Geſchwuͤr, das fich immer mehr entzündet, Die Neger vernachlaͤßigen dieſes Uebel oft ſehr, ſo daß der Knochen angefreſſen wird, und der Fuß in Gefahr iſt, abgelöst werden zu muͤſſen. Freilich hat ein Neger oft acht bis zehn ſolcher Chiques, die dann bei der entſetzlich dicken Haut, welche die Neger von dem Barfußgehen auf heißen Sande haben, ſchwer herauszugraben ſind. Tuſſac erzaͤhlt, daß ein Kapuziner, der ſich in Domingo nach Frankreich einſchiffte, einen Chique an der großen Zehe hatte. Um dieſe Seltenheit lebendig mit nach Frankreich zu bringen, duldete er waͤhrend der ganzen Reiſe die groͤßten damit verbundenen Schmerzen. Derſelbe Autor ſagt, daß ſich dieſes Inſekt haͤufig in dem Staube und Abgang vom Kaffee vorfaͤnde, von wo es die Neger bekommen; allein nun frage ich, woher ſie die Weißen bekommen, die nie barfuß gehen, auch keinen Kaffee reinigen? Mir gelang es nie, eine ſolche Excretion ganz und unbeſchaͤdigt zu erhalten, um ſie im Weingeiſte aufzubewahren. Der bekannte Guinea Woorm (ver de Guinée) kommt gegenwaͤrtig nicht mehr vor; jedoch erinnern ſich die Neger noch lebhaft an die durch denſelben ehemals verurſachten Uebel. Er fand ſich an Armen und Beinen unter der Haut vor, und verurſachte eine mit vielem Schmerz verbundene fieberartige Krankheit. Man oͤffnete die Haut an einem Ende, wo der Wurm ſaß, zog ihn ſoweit als moͤglich heraus, und wickelte ihn auf ein rundes Holz; der aufgewickelte Theil vertrocknete und fo ward die Arbeit 14 Tage fortgeſetzt, bis der lange, fadenfürmige Wurm ganz herausgezogen und der Leidende befreit war. - iM = XIV. Sitten. — Häusliche Gebräuche und Unterhaltungen. — Trachten. — Hausgeräthe. — Erziehung. — Geſang. — Tanz. — Beluſtigungen der Weißen. Waͤhrend das gemeine Volk noch viele alten Sitten und eine gute Portion Rohheit beibehalten hat, herrſcht unter den gebildeten Haytiern der gefaͤllige franzdfifche Geſellſchafts— ton. Ich habe Neger kennen gelernt, die mit einem edeln, wuͤrdevollen Anſtande die verbindlichſte Feinheit im Umgange vereinigten; und bei der Fruchtbarkeit ihrer Einbildungskraft haben ſie nicht nur uͤberhaupt eine gelaͤufige Zunge und eine gewiſſe Anlage zum Improviſiren, ſondern es gibt Redner unter ihnen, von denen man glauben ſollte, ſie haͤtten mehr als eine Schule durchgemacht. Doch iſt das geſellige Leben eigentlich erſt im Entſtehen. Unter Chriſtoph war alle Sommerabende großer Hof, auch wurden zur Karnevalszeit einige Hofbaͤlle gehalten. Außerdem beſtand die Unterhaltung der Männer im Reiten, die der Damen im Sitzen vor der Thuͤre unter einer Sonnen— plane, oder auf dem uͤberdeckten Balkone. Auch ließen ſich die Tone einer Guitarre oder einer weiblichen Stimme ver— nehmen. Spaziergaͤnge fanden erſt nach Chriſtophs Tode wieder Statt. Im Kaffeehauſe ſah man zu Chriſtophs Zeiten keinen Eingebornen, doch deſto haͤufiger wurden dieſe Orte beſucht, als Boyer mit feiner Armee im Cap einruͤckte. Unter Chriſtoph herrſchte eine gewiſſe ſteife Etikette und — 19 — Haltung bei dem ſchwarzen Adel, der ſich von den übrigen Bewohnern ſcharf abſonderte. Deſſenungeachtet ſtand der Weiße fruͤher ſo wie auch noch jetzt in großem Anſehen, welches ſie jedoch nach dem Grade ſeiner Vermoͤgensumſtaͤnde richtet. Auf beſonders ſchoͤne Einrichtung der Zimmer haͤlt der ſchwarze Adel nicht. Den deutlichſten Beweis geben uns die Galanterie-Mobilien, welche meine Reiſegefaͤhrten auf Spekulation mitgenommen hatten. Die ſchönen geſchlif— fenen Glaswaaren, Stockuhren oder vergoldeten Kaffeetaſſen gefielen den vornehmen Herren recht wohl; aber ſie meinten, derlei Geraͤthſchaften paßten nicht in ihre nur mittelmaͤßigen Zimmer. Ihre Betten ſind beinahe die einzigen eleganten Meu— bels, welche man bei ihnen findet. Sehr reiche Decken von eng— liſchen oder oſtindiſchen Stoffen zieren ſie oft. Die Murquitaires (Fliegennetze) ſind ebenfalls vom feinſten durchſichtigen Stoffe. Gaſtmaͤhler werden mehr unter den dort lebenden Weißen als unter den Eingebornen gegeben. Auf der Tafel eines Schwarzen von Rang iſt der Wein oft nur ſchlecht, und manchmal kein Roggenbrod, ſondern bloßes Caſſavibrod (Negerbrod) zu finden. Auch beſteht keine regelmaͤßige Ein— richtung und Ordnung bei den Mahlzeiten. Bei beſondern Feſtlichkeiten jedoch iſt die Tafel wohl ſo reich als manche europaͤiſche beſetzt, und es fehlt dann auch an Blumenver— zierungen und aͤhnlichen Beigaben nicht. Wagen find nur bei außerordentlichen Gelegenheiten uͤblich; deßwegen ſah man nicht ſelten einen hohen Miniſter mit Schuhen und ſeidenen Struͤmpfen zu Fuß nach Hofe gehen, oder trabte hoͤchſtens ein ſchmutziger Neger hinter ihm drein. Reiche Frauen, wenn ſie in die Kirche gehen, laſſen ſich durch ihr ſchwarzes Dienſtmaͤdchen einen Stuhl nachtragen, der nach beendetem Gottesdienſte wieder nach Hauſe gebracht wird. Das gemeine Volk wohnt dem Gottesdienſte auf dem Fuß boden ſitzend bei. Vielweiberei iſt im Geheimen uͤblich. Vaſtey fagt: „Wir beguͤnſtigen die Heirathen als ein maͤchtiges Mittel zur Vermehrung der Bevoͤlkerung, und als die ergiebigſte Quelle fuͤr Moral und Sitte.“ Auffallend iſt bei Hoͤheren der Luxus und die ſchrei— ende Pracht in Hinſicht ihrer Kleidung; ſo iſt z. B. die Waͤſche bei den Mannern und Frauen von der feinſten Leinwand, oder von Mouſſelin, der mit reicher Stickerei ver— ziert iſt, und auf Stickereien halten die Haytier ſo viel, daß ſie trotz aller Arbeitsſcheue ſelbſt welche verfertigen. Die Männer trugen zu Chriſtophs Zeit Uniformen, weil Keiner vom Militaͤrdienſte ausgeſchloſſen war. Auch die jungen Haytier von 18 bis 20 Jahren, welche noch die Schule beſuchten, trugen blaue Uniſormen. Erſt nach Chriſtophs Tode, als man ſah, wie Boyers Offiziere auſſer dem Dienſte bequemerer Kleidung ſich bedienten, fing mau an, die Civiltracht vorzu⸗ ziehen. Das Tuch um den Kopf vermißt man bei keinem Stande, weil man dadurch Krankheiten vorzubeugen ſucht. Frauen und Maͤdchen zeichnen ſich durch Pracht und Aufwand im Anzuge beſonders aus. Ihr Kopſputz beſteht in reichen und zierlich gewundenen Tuͤchern, ihre Leibesklei— dung aus den koſtbarſten engliſchen Stoffen. Bei feſtlichen Gelegenheiten rauſchen ſie in Seidenkleidern einher; doch immer waͤhlen ſie grelle und auffallende Farben. Alle Finger ſind mit Ringen beſteckt, und Hals und Ohren mit golde— nem Geſchmeide behaͤngt. Ich ſah auch Fingerhuͤte und andere zu weiblichen Arbeiten noͤthige Kleinigkeiten, die aus Achtem Golde gearbeitet waren. Ihre Strümpfe find von der allerfeinſten franzoͤſiſchen durchloͤcherten Gattung. Auf ſeidenen Strümpfen oder Schuhen von feinem gefaͤrbtem Leder gewahrt man noch kleine Goldflitter, wie ſie ehemals bei uns üblich waren; haͤufig gehen fie jedoch auch barfuß — 1 — in niedergetretenen Schuhen. Dieſe höhere Klaſſe haͤlt ſich ſehr reinlich, und wechſelt der druckenden Hitze wegen dreimal des Tages die Waͤſche. Gehen die Damen auf die Prome— nade, ſo bedecken ſie den Kopf mit einem ſehr breiten weißen oder ſchwarzen Filzhute, von dem ein Paar große Quaſten bis über die Schulter herabhaͤngen. Ihr Gang iſt langſam und abgemeſſen; mit der einen Hand tragen ſie das Schlepp— kleid, in der andern einen Sonnenſchirm. Im Reiten find fie ſehr geuͤbt. Auf Reifen tragen fie geſtreiſte Maͤnnerhoſen und ſitzen eben ſo wie die Maͤnner zu Pferde. Viele Frauen, zumal unter den Farbigen, ſind muſikaliſch. Die Guitarre iſt ihr Lieblingsinſtrument, wozu ſie oft recht angenehm ſingen. Sie beſitzen außer franzoͤſiſchen Liedern, die ihnen noch von früheren Zeiten im Gedaͤchtniß geblieben find, auch eigene Compoſitionen. Eine davon wird hier eine Stelle finden koͤnnen, um den Geſchmack der Haytier anzuzeigen. C'est trop long temp souffrir, chere amie, C'est trop long temp souffrir, chere amie, C'est trop long temp soufkrir, Pour mes premieres AMOUTS, Adieu, chere amie, pour toujours, Adieu, chere amie, pour toujours, Adieu, ma chere amie, L’objet de mes amours. Nur drei Fortepianos, und zwar bei einem engliſchen Kaufmann, habe ich in der ganzen Kapſtadt angetroffen. Eines gehoͤrte dem Kaufmanne, und zwei hatte er zum Verkaufe aus London erhalten. General Richaud, ehemals Herzog von Marmelade, kaufte auch wirklich feiner Frau ein ſolches Inſtrument. Um den Handel in Stand zu bringen, lud ihn der Kaufmann zu Tiſche. In einem Lande, wo der Menſch einzig und allein nach dem Gelde geſchaͤtzt wird, — 186 = kann wohl leicht ein Kaufmann einen Herzog einladen, was indeß gleichwohl zu Chriſtophs Zeiten nicht waͤre angenommen worden. Richaud ſelbſt kam uͤbrigens auch jetzt nicht, allein ſeine Gemahlin erſchien mit ihren zwei Kindern, in Beglei⸗ tung eines ſchwarzen Offiziers, der ihr gegenuͤber geſetzt ward. Ich war anch dazu eingeladen und hatte ſogar die beſondere Ehre, neben der ſchwarzen Dame zu ſitzen. Ich muß ge— ſtehen, ihr Geſpraͤch war geiſtreich und anziehend. Sie ers zählte beſonders viel von den bei Chriſtophs Lebenszeiten Statt gehabten Hofceremonien, wo die Weißen niemals Zutritt hatten. Auf die Bitte der Herrn Shin (ſo hieß der Kaufmann) ſpielte ich nach dem Eſſen Etwas auf den neu angekommenen Inſtrumenten, Madame Shin ſang dazu, und dieß gefiel der ſchwarzen Dame fo wohl, daß der Kauf ſo— gleich geſchloſſen, und folglich auch der Zweck des Gaſtmahls erreicht ward. Der gemeine Neger iſt traͤge, und kann nur durch Strenge zur Arbeit gebracht werden, und iſt dieſe vollendet, ſo legt er ſich unter den naͤchſten beſten Baum, raucht ſeine Zigarre und ſchlaͤft dann ruhig. — Man ſieht nicht ſelten zwei Neger auf einem Pferde ſitzen, und ein dritter haͤlt ſich am Schweife, um deſto leichter mit fort zu kommen. Auf Hayti, wo die Neger frei find, will keiner, auch nicht einmal fuͤr Geld, arbeiten, ſo lange er noch einen Groſchen, um Caſſavibrod zu kaufen, in der Taſche hat; fie überlaffen ſich eher ihrer Traͤgheit, als daß fie Etwas zu verdienen ſuchten. Der gemeine Neger hat ſehr wenige Beduͤrfniſſe. Bei einem Stuͤck Caſſavibrod mit gekochtem Salzfiſche, bei einem Trunk Waſſer mit ein wenig Rum gemiſcht, und einigen Orangen oder andern Fruͤchten, die er allenthalben findet, iſt er zufrieden geſtellt, ſingt ſich Eins, und geht dann ſchlafen, ungefähr wie in Neapel die Lazzaronis. Das Hausgeraͤthe entſpricht dem Hauſe: es iſt ſchlecht — 127 — mit Ausnahme des Bettes. Dieſes trifft man nicht ſelten auch bei gemeinen Leuten elegant an. Bisweilen ſind Bett— ſtellen fogar von Mahagoniholz gearbeitet; haufig trifft man aber auch ſtatt der Betten nichts als einige Baſtmatten. In der Huͤtte eines gemeinen Negers findet man einen kleinen eiſernen Keſſel; in dieſem kocht er bald Salzfiſche, bald Bananenfrüchte oder ſein Gombo-Gericht. Gewoͤhnlich wird bei ſchoͤnem Wetter vor der Huͤtte, bei ſchlechtem aber in derſelben das Feuer zwiſchen zwei Steinen angemacht. Das Waſſer wird in großen irdenen Kruͤgen, die ſie Kanarie nennen, aufbewahrt. Als Bouteillen und Trinkgeſchirre gebraucht man ausgehoͤhlte Fruͤchte. Eine ſolche Hütte hat ohngefaͤhr zwölf in die Erde ges rammelte Holzſtaͤmme, die, durch Querbalken befeſtigt, in einer Hoͤhe von acht Fuß ein aus Palmblaͤttern beſtehendes Dach tragen. Die Seitenwaͤnde ſind aus allerhand Holz— geflechte, zuweilen auch noch mit Lehm beworfen. Im In— nern trifft man zwei bis drei Abtheilungen, wovon eine fuͤr die Schlafſtaͤtte, eine zur Aufbewahrung von allerhand Früchten und andern Beduͤrfniſſen, die mittlere aber für den Aufentz halt der Familie und zu haͤuslichen Verrichtungen beſtimmt iſt. Die Weiber beſtellen die Hauswirthſchaft, waͤhrend der Mann, wenn er nicht beim Militair iſt oder fuͤr's Gouver⸗ nement arbeiten muß, ſich mit der Jagd beſchaͤftigt. Der gemeine Neger geht nie ohne kurzen Saͤbel (Machette) aus, den er an der Seite ſtecken hat, theils zu ſeiner Vertheidi— gung, theils um ſich in den Gebuͤſchen Platz zu machen, oder ein Thier zu erlegen. Man hat auf dem Lande keine Uhren, und doch koͤnnen die Neger die Tageszeit nach der Sonne beinahe auf die Minute beſtimmen. Die Kleidung der niederen Klaſſe iſt ſehr einfach. Ein grobes Hemd, ein leinenes Beinkleid, ein Tuch um den Kopf a gewunden und ein großer runder Strohhut find das Koſtume der Maͤnner. Die Weiber umwinden ihren Kopf ebenfalls mit einem Tuche und bedecken ſich mit einem ähnlichen Hute; ein roth oder blau geſtreifter Rock vollendet ihren Putz. Die ganz Armen gehen beinahe vollig nackt umher; in dieſem Falle machen fie in ſchon vorgeruͤckten Jahren einen wider waͤrtigen Eindruck auf den Europaͤer, der durch die Spuren von Hautkrankheiten, die dieſer Klaſſe eigen ſind, nur noch vermehrt wird. Andere gehen auf dem Lande blos bei ihren Arbeiten halbnackt, und ziehen dann, wenn ſie auf den Markt nach der Kapſtadt reiten, weiße Kleidung an. Noch Andere von dieſer Klaſſe erſcheinen bei denſelben Gelegenheiten in einem weißen feinen mouſſelinenen Kleide, dem einzigen, welches ſie haben. Die ſtarken ſchmutzigen bloßen Fuͤße haͤngen dann über das Laſtthier, welches fie trägt, herunter, und ſtehen mit dem Kleide in dem ſonderbarſten Kontraſte. Die Jugend beiderlei Geſchlechts bis zum 16ten Jahre traͤgt ein graues, auch weißes leinenes Hemd, welches ſich bei den Maͤdchen dadurch unterſcheidet, daß es etwas laͤnger und um den Leib mit einem Bande zuſammengebunden iſt, ſo daß es das Anſehen eines foͤrmlichen Kleides hat. Oft nehmen die Weiber, wenn ſie auf den Markt reiten, die Kinder mit. In dieſem Falle legen fie den einen Fuß über das Pferd oder den Eſel, welcher ſie traͤgt, um einen Schooß zu bilden. Auf beiden Seiten des Thieres haͤngt ein von Baſt geflochtener Korb, worin ſie ihre Waaren haben. Das Kind vorn, ein Paar Dutzend Huͤhner, die mit den Fuͤßen zuſammengebunden ſind, hinten und die Pfeife im Mund, reiten ſie mit den Maͤnnern in groͤßtem Galopp. Diejenigen Marktweiber, die zu Fuſſe gehen, tragen ihre Waaren in einem geflochtenen Korb auf dem Kopfe. Kommen ſie an einen Fluß, ſo durchwaten ſie ihn, da es auf Hayti ſehr wenige Bruͤcken gibt. — 129 — Alles Gepaͤck wird auf Pferden transportirt, ſey es, was es wolle; nur Zuckerrohr, Kaffee und Kaufmanns— guͤter werden auf kleinen zweiraͤdrigen Karren mit Ochſen fortgebracht. Nach der Revolution, wo viele Bewohner der Capſtadt nach einem andern Theile der Inſel auswanderten, ſah es poſſierlich aus, wenn man die mit Betten und Meubels be— packten Laſtthiere in Karavanen auf den Straßen ziehen ſah. Die Neger reiten faſt bei jeder Gelegenheit, ſelbſt in die Kirche. Vor der Kirchthuͤre im Kap ſtand Sonntags immer ein langohriges Geſchwader, welches die Leute vom Land zur Meſſe gebracht hatte, Die Kinder gehen bis ins 6. und 7. Jahr ganz blos; bis zu dieſem Alter waͤlzen ſie ſich vor der Huͤtte im Sande umher, ohne daß ſich die Mutter um ſie bekuͤmmert. Die Kinder der Reichen ſind bekleidet, allein ihr Anblick reitzt zum Lachen, weil der Schnitt ihrer Kleider derſelbe iſt wie bei den Erwachſenen. Schulen und Kirchen exiſtiren nur in Staͤdten, daher denn ein großer Theil der von dieſen entfernt wohnenden Familien gar keine Erziehung genießt. Ja viele Kinder werden nicht einmal gleich nach ihrer Geburt getauft, ſondern erſt nach einiger Zeit nimmt die Mutter zu dieſem Zwecke das Kind mit ſich auf dem Pferde nach der Stadt. Um ſo bemer— kenswerther iſt die Ehrerbietung, welche Kinder gegen ihre Eltern und überhaupt gegen aͤltere Perſonen beobachten. Der Vater beſtraft die Kinder nicht, dieß iſt die Sache der Mutter. Ich ſah Mütter ihre Kinder dergeſtalt ſchlagen, daß ſie ſich auf der Erde vor ihnen kruͤmmten, ohne die Flucht zu ergreifen, oder ſich zu vertheidigen; laͤuft aber ein ſolcher Sträfling davon, fo hat er die Strafe doppelt zu erwarten. In dieſem Falle kommt er aber auch ſelten wieder nach Haufe, ſondern wird Maron, d. h. er hält fich entweder Ü Hayti. 9 „ in der Wildniß auf, oder geht anderswo in Dienſte, um fi zu allerlei Arbeiten verwenden zu laſſen. Die Neger und Negerinnen putzen taͤglich ihre Zaͤhne mit Jatropha gossipifolia, die Buͤndelweiſe zu dieſem Zweck auf dem Markte verkauft wird. Manchmal gebrauchen ſie auch hiezu das Orangenholz. Sie nehmen ein Stückchen davon in den Mund und kauen ſo lange daran, bis das unterſte Ende zu einem Pinſel geworden iſt, dann fangen ſie erſt an, die Zaͤhne damit zu reiben. Das Stuͤckchen Holz wird nach jedesmaligem Gebrauche weggeworfen. Die Zähne der Neger find von Natur ſchoͤn und dauerhaft. Der gemeine Neger iſt ſchmutzig, und häufig in erwachz ſenen Jahren voll Ungeziefer. Daſſelbe ſuchen fie den Kindern und die Kinder wieder den Eltern beim Eſſen oder bei irgend einer andern Beſchaͤftigung. Die Haare der Negerin ſind ſehr niedlich geflochten; dieß iſt eine noch aus Afrika beibehaltene Sitte. Die Jagd lieben die Neger leidenſchaftlich, und ſchießen ſehr genau. Die Beluſtigungen der gemeinen Klaſſe ſind Geſang und Tanz. Sie zeigen dabei viele Gelenkigkeit der Glieder, und jeder taktmaͤßige Ton ſetzt ſie ſogleich in die lebhafteſten Bewegungen. Denn es darf nur irgend Einer nach dem Zeitmaaße auf eine leere Kuͤrbisflaſche ſchlagen, fo trippelt auch ſchon Alles im Kreiſe herum. Ihr Lieblingstanz iſt der afrikaniſche Nationaltanz Bambauche, wobei ſie ſich auf das ſonderbarſte geberden. Ich will denſelben etwas naͤher beleuchten. Die Acteurs ſtehen mit feſt auf einander gehefteten Blicken Paarweiſe in einem Kreiſe: fobald das Inſtrument ertönt, ſetzen beide die Haͤnde unter die Arme, und mit un— zaͤhligen Geberden und Kareſſen tanzen ſie in beinahe regel— mäßigen Ecoſſaiſeſchritten im Kreiſe umher. Bisweilen faſſen um IE fie ſich die Hände, machen einige Schwenkungen und tanzen dann auf die vorige Art weiter. Ihr Orcheſter beſteht aus einem Faſſe, welchem der Boden ausgeſchlagen und ſtatt deſſelben ein Kalbfell uͤbergeſpannt wird. Das Faß wird auf eine Bank geſtellt und zwei Schlegel entlocken ihm jene Toͤne, die den Europaͤer taub machen konnen. Das widrige Klappern einiger hohlen, mit kleinen Steinen gefuͤllten Früchte accompagnirt die Harmonie, welche noch uͤberdieß von dem Geſange, oder vielmehr von dem graͤßlichen Geſchrei der Maͤnner und Weiber begleitet wird. In beſſern Zirkeln beſteht ihr Orcheſter auch aus Trommeln und Pfeifen. Es gewaͤhrt einen komiſchen Anblick, die ſchwarzen Ar— chitecten beim Haͤuſerbauen zu beobachten. Eine lange Reihe von Negern, deren jeder einen Ziegelſtein auf dem Kopfe traͤgt, zieht langſam mit pathetiſchen Schritten nach dem Bauplatze, wo ſie dann eben ſo langſam arbeiten, und ſich zu ihrem muͤhſamen Werke durch Geſang ermuntern. Beim Rudern wird ebenfalls unaufhörlich geſungen. Einen ſolchen Geſang will ich hier mitheilen. * x f5\ — RN 1 2 8 eee Ame - li- no ou pas ou-bli-er, titot n'en lais-ser, REN e u 3 ars, ve a we x ui SR 21 U 4 9 T [4 * ti-tot n'en lais - ser, ti- tot n'en lais - ser? Amelino iſt der Name eines Mädchens, der Geliebten des Kompoſiteurs, die ſich von ihm auf laͤngere Zeit entfernt. Beim Abſchiede ruft er fie an „Amelino! ou pas oublier u. ſ. w. Das Ganze hat wenig Sinn, allein es iſt gerade das, was man von dieſer Klaſſe Menſchen verlangen kann. 9 3 u Ar Bei dem Geſange fehlt es nicht an wunderlichen Geberden und Zuckungen, welche die Begeiſterung der Saͤnger aus— drucken ſollen. Zu den Unterhaltungen der Weißen auf Hayti gehbren die Hahnengefechte. Die dabei ausgeſetzten Preiſe ſind oft bedeutend. Ferner gehören die Fahr-Wetten auf dem Meere zu den beliebteſten Luſtbarkeiten. Man fährt in Boten, zuweilen nur mit Rudern, zuweilen auch mit Segeln. Die weißen Matroſen kennen hier keine andere Unter— haltung, als ſich Sonntags zu berauſchen. Mancher bleibt übernacht wohl auch im Freien liegen, haucht die feuchten ungeſunden Duͤnſte ein, wird krank und findet ſein Grab. — 1833 — XV. Religion. — Volkscharakter. — Sprache. Die Religion der Haytier iſt die roͤmiſch-katholiſche; der größte Theil iſt ſehr orthodox und nicht ſelten bigott; auch wird ſehr auf die aͤußerlichen Gebräuche gehalten. Unter den gottesdienſtlichen Feierlichkeiten zeichnet ſich das Frohn— leichnamsfeſt aus. Die Begraͤbnißfeierlichkeiten ſind den un— ferigen ahnlich ; die niedrigſte Klaſſe hat afrikaniſche Sitte beibehalten. Kaum hat bei dieſen der Sterbende die Augen geſchloſſen, ſo ruft ſchon ein Glied der Familie alle Nachbarn und Freunde zuſammen. Wenn die Leiche abgewaſchen und weiß angekleidet worden iſt, ſtellen ſich alle Anweſenden im Kreiſe umher und beginnen einen Geſang fuͤr die arme Seele des Verſtorbenen. Dieſer Geſang geht aber oft in die widrig— ſten und klaͤglichſten Töne uͤber, und endet nicht eher, als bis der Leichnam zur Erde gebracht iſt. Eine Leiche bleibt nur 6 bis 8 Stunden liegen, ſo daß diejenigen, welche Abends ſterben, fruͤh, und die, welche Morgens ſterben, Abends begraben werden. Einen laͤngeren Aufſchub würde die Hitze des Klimas nicht erlauben. Mit den Weißen werden wenig Umſtaͤnde gemacht. Man legt den Leichnam ſammt Kleidern in den Sarg, und bedeckt ihn mit einem weißleine— nen Tuche. Vier Neger tragen ihn ſodann mittelſt zweier wei— en Servietten nach dem Kirchhofe. Iſt der Kranke am Fieber geſtorben, ſo geht kaum von den naͤchſten Freunden — 134 — Jemand mit; im entgegengeſetzten Falle ſchließen ſich wohl auch mehrere Eingeborne dem Zuge an. Auf dem Kirchhofe bekommt Jeder eine kleine braune Wachskerze, um welche ein ſchwarzes Band geſchlungen iſt. Der Geiſtliche liest einige Gebete und Formeln, und waͤhrend der Sarg in die Erde eingeſenkt wird, reicht ein Neger den Anweſenden eine Mau— rerkelle, mit welcher Einer nach dem Andern ein wenig Erde auf ſeinen Freund wirft und ſich ſodann entfernt. Leichen— ſteine oder andere Denkmale findet man auf den Kirchhöfen nur wenige, Die Heirathen werden ohne alle Feierlichkeiten geſchloſſen. Was den Volkscharakter betrifft, ſo iſt zu erinnern, daß im Allgemeinen die Meiſten ein gegenſeitiger Haß beſeelt. Die Schwarzen haſſen die Farbigen und die Farbigen die Schwarzen, am verhaßteften aber find die Meſtitzen, welche den Weißen an Farbe ziemlich nahe kommen; oft beklagen ſich dieſe Geſchoͤpfe, fo in der Welt Niemanden anzugehören und von Jedermann verachtet zu ſeyn. Die Neger in Hayti zeichnen ſich durch lebhaften Geiſt und reiche Phantaſie aus. Von natürlichem Muthe beſeelt, gehen ſie an die ſchwierigſten Unternehmungen, wenn perfüns liches Intereſſe und Ambition fie dazu treibt, Sie beſitzen gluͤckliche Anlagen zu Erlernung der Wiſſenſchaften und der freien ſowohl als mechaniſchen Kuͤnſte. Ueberhaupt ha— ben ſie Talent, und ſogar eine nicht unbedeutende Literatur, wie dieß der verdienſtvolle Gregoire in ſeinem ſchaͤtzbaren Werke: „de la literature des nögres« darthut. Der Neger behandelt den Weißen mit aller Freundlichkeit, ſobald ſolches bei dieſem auch der Fall iſt, und der Schwarze gut bezahlt wird. Bei ihren Geſpraͤchen haben ſie die Gewohnheit, zu ſchreien und zu laͤrmen, und ihre Meinungen durch mannig⸗ faltige Grimaſſen und Geberden auszudruͤcken; auch iſt Vielen das Fechten mit den Haͤnden eigen, als wollten ſie ihren - m muͤndlichen Aeußerungen durch Geſtikulationen Eingang und Nachdruck verſchaffen. Die Neger nennen ſich untereinander Vater, Mutter, Bruder und Schwefter, ohne es zu ſeyn; auch die Weißen nennt man, vorzüglich auf dem Lande — Gevatter, oder wenn man ihnen vielen Reſpekt bezeugen will: Bourgeois, oder auch: Monſieur Blanc. Nähert ſich ein Weißer auf dem Lande einer Habitation, ſo wird er zuerſt von einem halben Dutzend ausgehungerter Hunde angeklafft. Seine Aufnahme daſelbſt haͤngt ſchon von dem Gruße ab, mit welchem er die Familie anredet. Bonjour Compére oder Commere, iſt das Lofungswort zur Freundſchaft. Die Hunde werden ſodann beſeitigt, und der Fremde iſt aufgenommen. Nur ihre Vorſtellung von Freiheit und Gleichheit darf man nicht verletzen, ſonſt erhitzt man ihr Blut. Im Allgemeinen iſt es auf Hayti wie bei allen Nationen: es gibt gute und boͤſe Menſchen. Ich habe Neger getroffen, die wirklich ſehr viel Herzliches und viele lobliche Eigenſchaften hatten; andere dagegen, die ſehr boͤs⸗ artig waren. Gegen die Franzoſen wurzelt in den Haytiern ein ewi⸗ ger Haß, in den Suͤdprovinzen jedoch in nicht ſo hohem Grade. Voyer hat fortwährend in Port-au-Prince franzoͤſi⸗ ſche Kaufleute geduldet, welches in Chriſtophs Bezirk nicht der Fall war. a Die jetzigen Haytier koͤnnen durchaus keinen Druck von Seiten der Weißen ertragen. Ich ſah, wie ein Weißer, der nur erwaͤhnte, daß die Schwarzen einſt Diener der Weißen geweſen ſeyn, hiefuͤr eine tüchtige Ohrfeige bekam. Für Geld und bei guter Behandlung verrichten ſie jedoch den Weißen jeden Dienſt. Bezahlt man ſie gut, ſo iſt man „un bon blanc.“ Des Bettelus ſchaͤmt ſich die niedere Klaſſe nicht; haufig wird man von weiblichen Judividuen angeſprochen, und zwar nicht wie hier um einen Kreuzer, ſondern um einen — 136 — Gourtin oder wenigſtens um einen halben. Gibt man nichts, fo wird man tüchtig ausgeſchimpft. Wird der Neger gut behandelt, fo iſt er gewöhnlich der treueſte, anhaͤnglichſte und gutmuͤthigſte Diener. Als ich waͤhrend der Unruhen in Go— nayves mich deſſen ungeachtet in Begleitung meines Negers Thomas in entfernte Gebuͤſche auf Excurſionen wagte, ſtieß ich auf eine Negerhuͤtte, und brach von einem dabei ſtehenden Baume einen Zweig fuͤr mein Herbarium ab, als in dem— ſelben Augenblicke ein bewaffneter Neger erſchien, auf mich anſchlug und mir zuſchrie: „Weißer, wenn du nicht gleich mein Haus verlaͤſſeſt, toͤdte ich dich.“ Thomas lief herbei und ſagte ihm: „Wie, Gevatter, wer wird Kaffee kaufen, oder Hemden bringen, wenn wir die Weißen tödten? Wiſſet ihr nicht, was unſer General ſagte: Neger, toͤdtet keinen Weis ßen, denn wir brauchen ſie zu unſerm Handel.“ Die Farbigen, vorzuͤglich die Frauen, jemehr ſie ſich den Weißen an Farbe naͤhern, ſind ſehr gebrechlich, und koͤnnen weniger den Beſchwerniſſen des Klimas widerſtehen. Unter den bejahrten Frauen gibt es viele, die mit den Mitteln gegen das ſchreckliche Landesfieber ſehr wohl bekannt ſind; bei ſolchen Gelegenheiten ſind dieſe ſehr mild und hilf— reich gegen den Fremden. Stirbt der Kranke unter ihren Haͤnden, ſo machen ſie ſich weit mehr Gewiſſen daraus, als ein dortiger weißer Arzt. Stirbt ein Weißer als Geliebter einer farbigen Frau, ſo heult und ſchreit ſie laut auf der Gaſſe bis nach dem Kirchhofe; aber auch bejahrte Frauen thun dieß aus bloßer Anhaͤnglichkeit. Uebrigens find ſie äußerft traͤge und langſam. Selbſt im Sprechen uͤbereilen ſie ſich nicht, es waͤre denn, daß ſie in Zorn gerathen. Eine Dame von Rang ruft ihr Dienſtmaͤdchen mit gedehnter Stimme: „Nini! Nini! — Arrive „ me tourner la tete, il faut me cracher.“ Die Grundſprache der Haytier iſt die creoliſche, ein — 137 — ſchlechtes Franzoͤſiſch; die gebildete Klaſſe jedoch ſpricht gut franzoͤſiſch. Hier einige Beiſpiele, gagner wird häufig anſtatt des Hilfzeitworts avoir geſetzt, z. B. ou pas gagnez d'argent? haben Sie kein Geld? Da— gegen fagen fie auch: ga on gagner Moucher ? (Monsieur) Was iſt Ihnen, mein Herr? Wenn ſie Etwas ſehr hoͤflich verlangen, fagen fie: Moucher blanc, bey moin“ Herr Weißer, geben Sie mir; bey ſteht hier ſtatt donner; es wird aber auch ſtatt apporter verwendet, als: bey moin une assiette, bringen Sie mir einen Teller. Anſtatt savoir ſetzen fie immer connoitre z. B. non pas connois ga Ii dit Moucher la? Ich weiß nicht, was dieſer Herr ſagt. Ou pra aller? wo gehen Sie hin? guettez none zamis à moin, hören Sie mir meine Freunde, Bei Thieren nennen ſie z. B. den Hahn Papa poule und die Henne Mama poule; auch fagen fie Papa cochon und Mama boeuf; bei Mama hört man auch oft am Ende ein u, Maman. XVI. Civiliſation. — Kunſtfleiß. — Kultur des Bodens. — Handel. — Münzen. Als ſich die Inſel noch in franzoͤſiſchen Haͤnden befand, ließen faft alle bemittelten Leute, von welcher Farbe fie auch immer ſeyn mochten, ihre Kinder in Frankreich erziehen, oder doch wenigſtens einige Jahre ſtudiren. Selbſt auf Domingo fanden ſich ſchon gute Anſtalten für die Bildung der Jugend, woran ſowohl die Kinder der Farbigen als der Weißen Theil nahmen. Damals ſchon ſpielten die gebildeteren Neger und farbigen Leute eine bedeutende Rolle, die hinlaͤnglich bekannt iſt. Es iſt einleuchtend, daß dieſe Leute, welche gegenwaͤrtig die höhere Klaſſe der geſetzgebenden Körper ausmachen, waͤh— rend einer Zeit von 25 Jahren an Bildung gewonnen haben, wie ſie denn auch Allem aufbieten, um den civiliſirten Nas tionen nachzukommen, und unter fie gerechnet zu werden. Liest man aber die prahleriſchen und ſchmeichelhaften Schriften des Baron Vaſtey, ſo wird man leicht zu dem Fehlſchuſſe verleitet, als ſey plotzlich die ganze Nation aus der Finſterniß und Unwiſſenheit in ein civiliſirtes Volk umgeſchaffen worden, während die gemeine Klaſſe noch immer auf demſelben Grade der Bildung ſteht wie vor 25 Jahren, Ich habe gefunden, daß die Republikaner in der Civili— ſation, in Kuͤnſten, Handwerken, ſelbſt in feinen Manieren noch weiter vorgeruͤckt ſind als jene in Chriſtophs Bezirk, = wm — obgleich fie Vaſtey in feinen Schriften immer als rohe, un— gebildete Leute ſchildert. Die Republikaner zeigen ſich gegen die Weißen beſcheidener und freuen ſich, mit ihnen in Ge— ſellſchaft zu ſeyn. Chriſtoph dagegen pflanzte ſeinen Unter— thanen unaufhörlich Haß und Groll gegen die Weißen ein, ſchilderte ſie fortwaͤhrend als Verraͤther, die ihnen ihre Frei— heit rauben wollten, und naͤhrte ſonach ſchon im Buſen der Jugend den Keim des Haſſes und der Verachtung, die ſich am offenbarſten gegen die Franzoſen ausſprach. Nach Chri— ſtophs Tode iſt dieſer Haß durch das Beiſpiel der republika— niſchen Truppen ſehr gemildert worden. Von ihrem Kunſtfleiße weiß ich wenig Vortheilhaftes zu ſagen. Manufakturen haben ſie keine, indem ihnen Ma— nufakte und Fabrikate aus andern Ländern zugeführt wer— den. Indeß verfertigen ſie ſchoͤne Tiſchlerarbeiten, wobei ihnen die mannigfaltigen und trefflichen Holzgattungen ſehr zu Statten kommen. Mahler gibt es einige, die jedoch noch wenig Erhebliches geliefert haben. Man kann annehmen, daß ſie in der Literatur weiter vorgerüͤckt find. Sie haben ſogar ſchon einige Theaterſtuͤcke, worunter folgendes Drama genannt zu werden verdient: Neri chef des Haytiens, tragèdie en trois actes, par son Excellenca le Comte Rozier. Graf Rozier, welcher auch der Verfaſſer von mehreren Gedichten iſt, hat dieſes Stück Chriſtophs Gemahlin dedicirt. Die Vorrede uͤberhaͤuft die Genannte mit den füßeften Schmeicheleien und nichtsheißen— den Phraſen, denen jedoch einiger dichteriſche Schwung nicht abgeht. „Eure Majeſtaͤt,“ ſagt der Autor daſelbſt, „werden in dieſem Stücke den Heldenmuth, die Seelenſtaͤrke und jene Probehaltigkeit wieder finden, welche ſo oft den Ruhm un— ſeres Volkes ausgemacht hat. Ihre Genehmigung, Madam, gereicht mir zum Ruhme, und Ihr Beifall iſt mein ſchoͤnſter = MU — Lohn. Denn dieſer Beifall iſt aͤhnlich dem Strahlenſchimmer jener Sterne, wovon auf die kleineren der Glanz uud die Herrlichkeit ausſtroͤmt.“ Zeitungen erſchienen unter Chriſtoph von Zeit zu Zeit, wenn ſich denkwuͤrdige Begebenheiten ereigneten, oder wenn Veraͤnderungen im Staate eintraten. Die Republikaner ha— ben ſich immer etwas eifriger mit der Journaliſtik befaßt. Was die Betriebſamkeit in oͤkonomiſcher Hinſicht betrifft, ſo verlegen ſie ſich nur auf das, was zum Handel und Luxus unumgaͤnglich nothwendig iſt, auf den Bau des Kaffees, der Baumwolle, des Tabaks, Indigos, Zuckerrohrs und der Lebensmittel. Die Kultur der Lebensmittel iſt im Schwunge. Bedeutende Bananerien ſind auf allen Habitationen errichtet, und die Pflanzungen von Koͤrnerarten aller Sorten in den Ebenen, ſo wie auch auf den Höhen der Kaffeegebirge bedeutend vermehrt worden. An dieſen letztern Orten kulti— viren ſie auch ſchon die engliſchen Erdaͤpfel und andere Knol— lengewaͤchſe, die ihre Subſiſtenzmittel bedeutend vermehren. Die Bebauung des Bodens findet auf eine eigene Art ſtatt. Einen Ackerpflug oder eine Egge kennt man nicht, da die Erde immer mild und locker iſt, und kaum des Duͤngens bedarf. Wenn cin Stud Land bebaut werden ſoll, fo wird zuvor alles Geſtraͤuch und Unkraut durch Feuer auf dem Platze vertilgt; die Aſche dient als Duͤnger. Nun kommen zwanzig bis dreißig Negerweiber und Kinder mit Hacken, ſtellen ſich in eine lange Reihe und hauen das Land um, und Andere, die dieſen nachfolgen, bepflanzen oder beſaͤen es zu gleicher Zeit. Bei Anpflanzung eines neuen Zucker— feldes verfährt man auf ſolgende Weiſe: man ſchneidet die Rohre in Stuͤcken und pflanzt ſie in langen Reihen, etwa einen Schuh von einander entfernt; zwiſchen durch bleiben ſchmale Wege zum Gehen, Solch eine Anlage nennt man eine Zuckerplantage. Die Anpflanzung geſchieht mit Eintritt des — 141 — Mai, weil dann die naſſe Jahreszeit beginnt. Die täglich. fallenden Regengüſſe, welche in den erſten Monaten noch maͤßig ſind, beguͤnſtigen die neue Pflanzung ſo ſehr, daß der Pflanzer ſich faſt gar nicht darum zu kuͤmmern hat. Das Zuckerrohr wird erſt im zweiten Jahre reif; das iſt nämlich die Zeit, wo es am ſaftreichſten iſt. Ließe man es noch länger ſtehen, fo kaͤme es zur Bluͤthe, wodurch die Pflanze an Gute unendlich verliert. Der Stengel wird holzartig, und enthält alsdann nur noch ſehr wenig Saft). Zur Zeit der Reife des Zuckerrohrs werden die Blaͤtter abgeſchnitten, nach welchen alle vierfuͤßige Thiere ſehr genaͤſchig ſind, und die Rohre nach der Zuckermuͤhle gebracht. Die Kaffeeplantagen, welche ſich in den gebirgigen Ge— genden befinden, brauchen ſehr wenig Pflege. Die Baͤumchen werden, wie bei uns die Obſtbaͤume, in Schulen gezogen, und dann in die Plantagen verſetzt; worauf man nur von Zeit zu Zeit die obern Aeſte abzuſtutzen hat, damit ſie viele Seitenzweige treiben und folglich deſto mehr Fruͤchte tragen. Der Kaffee blüht und trägt halb- und ganzreife Früchte faſt zu gleicher Zeit; jedoch rechnet man drei Erndten im Jahre, wovon die zu Anfang Januars die bedeutendſte iſt. Zu dieſer Zeit ſind die Baͤumchen mit den rothen, kirſchenartigen Fruͤch— ten beladen und haben ein gefaͤlliges Anſehen. Es werden dann große leinene Tuͤcher ausgebreitet, auf welchen man die Fruͤchte durch heftiges Schuͤtteln des Baͤumchens ſammelt. Bereits ſammelt man auch die Früchte ohne Tuͤcher, deshalb wird der Kaffee nicht ſo rein von Sand und Steinen als jener, welcher auf obige Art geſammelt worden iſt. Die Beeren, die noch nicht von ſelbſt abfallen wollen, pfluͤckt man alsdann mit der Hand ab. Die noch gruͤn gefärbten bleiben bis zur *) Deshalb iſt es auch für den Botaniker eine außerordentliche Sel⸗ tenheit, ein blühendes Exemplar zu bekommen. — 11 — nächften Erndte. Die geſammelten Früchte werden nun auf breiten Tuͤchern an der Sonne ſo lange getrocknet, bis die aͤußere ſuͤßlich ſchmeckende fleiſchige Umgebung, welche zwei Bohnen einſchließt, ganz vertrocknet iſt. Sodann bringt man dieſelben in einen großen Moͤrſer, wo die Früchte mit hoͤl— zernen Keulen geſtampft werden; die aͤußere Umgebung wird zu Pulver und ſondert ſich ſodann beim Durchſieben ganz von dem reingewordenen Kaffee ab. Das Trocknen des Kaffees iſt auch die Urſache, warum die Bohnen, wie man ſie beim Kaufmann bekommt, nie mehr aufgehen, wenn man ſie in die Erde legt. Je mehr der Kaffee getrocknet iſt, deſto leichter conſervirt er ſich und deſto feiner iſt ſein Geſchmack. Der Kaffee, den man in Amerika trinkt, iſt bei weitem nicht fo gut als der bei uns, eben weil die Bohnen noch zu viel rohe, nicht vertrocknete Theile mit ſich fuͤhren. Indigo wird ſelten mehr cultivirt. Die Kultur der Baumwolle iſt ganz einfach und bekannt genug. Der Anbau des Manioks (Jatropha manioc), aus deſſen Wurzeln man das bekannte Negerbrod Caſſavi bereitet, wel— ches in allen Theilen von Amerika, vorzuͤglich von den Skla— ven genoſſen wird, iſt auch auf Hayti gut im Gange. Bei Zubereitung dieſes Brodes verfaͤhrt man auf folgende Weife, Die Wurzeln, welche an Größe unfre größten Erdaͤpfel uͤber— treffen, werden, nachdem ſie gewaſchen und gereinigt ſind, auf einem groben Reibeiſen gerieben. Die ganze Maſſe kommt nun in einen Sack und wird zwiſchen zwei Brettern, die mit Steinen belaſtet ſind, rein ausgequetſcht. Aus dem zuruͤckgebliebenen Teige bereitet man breite duͤnne Kugeln, welche ſofort auf einer eiſernen von Feuer erhitzten Platte gebacken werden. Man kann das Caſſavibrod ſehr lange auf— heben; bei jedesmaligem Gebrauche benetzt man es zuvor mit Waſſer. Der ausgepreßte Saft iſt ein ſehr ſtarkes Gift, — 1 — deſſen Kraft durch mehrmaliges Kochen bedeutend erhöht wird, und dann reicht eine geringe Portion hin, um einen Men— ſchen oder ein Thier zu töoͤdten. Häufig gebaut werden noch Reis, tuͤrkiſches Korn, Ba— tatten, Pamswurzeln und amerikaniſcher Kohl (Arum sa- gittaefolium) und Esculentum. Von letzterem werden die Blaͤtter, die denſelben Geſchmack wie unſer Spinat haben, als Zugemuͤße gekocht. Die Wurzeln werden wie Erdaͤpfel zubereitet genoſſen. Auf allen Suͤdſee-Inſeln wird der Anbau dieſes Wurzelgewaͤchſes betrieben. Auf Jaffa heißt dieſe Pflanze Tallos. Die Pamspflanzen werden ebenfalls auf den Inſeln des ſtillen Oceans kultivirt. Die Wurzel, welche verſchiedenartig zubereitet als Gemuͤße genoſſen wird, erreicht nicht felten eine Große von 3 Fuß Länge, und iſt bisweilen 20 bis 30 Pfund ſchwer. Das Fleiſch derſelben iſt ſehr weiß und zart). Eine ebenfalls ſehr beruͤhmte und beliebte Gemuͤßegat— tung iſt der Gombo; hierunter verſteht man nämlich die voch unreifen Früchte von Hibiscus esculentus. Gekocht und gehdrig zubereitet ſchmecken fie nicht nur recht angenehm, ſondern man legt ihnen auch die Eigenfchaft bei, daß fie zur Acclimatiſirung des ankommenden Europaͤers Vieles beitragen. Domingo wurde ehedem der große Markt des neuen Kon— tinents genannt. Zufolge Lacroix verwendete Frankreich zum Handel dieſer Colonie 750 Schiffe, welche mit 24,000 Ma⸗ troſen bemannt waren. Im Jahre 1789, der letzten Epoche ihres Wohlſtandes, liefen ein: franzoͤſiſche Schiffe 515 mit einer Laſt von 158,289 Ton. fremde Schiffe 10633⸗ñ ũͤ⸗ 60,052 ⸗ im Ganzen 1578 un 218,341 Ton. 4) Eine Abbildung findet ſich in dem Werke von Rumpf, 9 tom. 121 Tafel. — 1 — Die National-Einfuhr betrug Livres 220,783,684 Die fremde Einfuhr betrug , 34,588,600 Livres 255,372,284 Die National-Ausfuhr betrug Livres 399,627,078 Die fremde Ausfuhr betrug 2 45,716,600 Nicht bekannte Waaren betrugen + 16,000,000 Summa Livres 461,343,678 Die Total⸗Summe der ein- und ausgeführten Waaren belief ſich alſo im Jahre 1789 auf 716,715,962 Livres. In einer Zeitung, die unter Chriſtophs Regierung er— ſchien, fand ich von Monat zu Monat 10 im Cap ange— kommene Schiffe notirt, worunter je 5 inländifche waren. Gegenwaͤrtig kommen monatlich ungefaͤhr 16 Schiffe nach dem Cap, und nach Port-au-Prince 92, wovon 20 Nord⸗ amerikaniſche. Aus den Vereinigten nordameriſchen Staaten wurde im Jahre fuͤr 1,746,000 Dollars an Waaren eingefuͤhrt, und die Ausfuhr dahin ſtieg auf 2,341,400 Dollars. Der Ver kehr mit den Nordamerikanern iſt der lebhafteſte; ſie bringen Bauholz, Bretter, Naͤgel, Dachziegel, Pulver, Blei, einge— ſalzene Waaren, Mehl, Schuhe, Stiefel, Stuͤhle und Ka— napees. Das von ihnen eingefuͤhrte Mehl iſt aber oft durch die Seereiſe ſehr verdorben, und deßwegen wird das Brod ſehr ſchwammig. England bringt wollene Tücher, vorzuͤglich für das Militair, alle Baumwoll- und Seidenſtoffe, Stahl⸗ waaren, Goldarbeiten, Nankin, Porterbier in Bouteillen, Kaͤſe. Aus Schottland kommen Salzfifche, Butter, Fiſch— thran, Schiffpech. Schweden liefert eiſerne Cylinder für die Zuckermuͤhlen und eiſerne Zuckerkeſſel. Am vortheilhafteſten fuͤr Deutſchland waͤren: Leinwand, Glaswaaren, eiſerne Keſ— ſel fuͤr die Neger zum Kochen, Beile, auch Zuckerkeſſel; denn — 145 — bei dieſen Artikeln kann man, weil fie den Haytiern unent— behrlich ſind, ſtets mit Sicherheit auf Verſchluß rechnen. Seit Chriſtophs Tode fuͤhren die Franzoſen ihre Weine wie— der ein; früher brachten engliſche Schiffe den Bordeaur Wein, Frankreich liefert jetzt vorzüglich auch Parfumeriewaaren, die vielen Abſatz unter den Schwarzen finden. Einer Verordnung von Boyer zufolge wurde nach der Revolution nur einer beſtimmten Anzahl von etwa 20 Kauf— leuten erlaubt, ſich zu etabliren. Fruͤher machten viele weiße Kaufleute ihr Gluͤck daſelbſt; jetzt aber, da die Schwarzen ſelbſt anfangen Gewölbe und Magazine zu errichten, iſt dieſer Zeitpunkt voruͤber. Es wird hier am Orte ſeyn, über die auf Hayti curſi⸗ renden Geldſorten einige Auskunft zu geben. Die gangbar— ſten Münzen find ſpaniſches Silbergeld oder portugieſiſches Gold. Jedoch iſt auch eine Menge auf Hapti ſelbſtgeſchlagenen Goldes im Umlaufe. Ein ſpaniſcher Thaler gilt 6 Schil— linge 3 Pence. Gewoͤhnlich bekommt man, wenn man einen ſpaniſchen Thaler wechſeln laͤßt, vier haytiſche Gourtins. Ein Gourtin hat 3 Escalins; dann gibt es auch halbe Esca— lins, welches die kleinſte Muͤnze iſt. An kleinen Muͤnzen fehlt es ſehr, ſo daß man oft mehr kaufen muß als man braucht, um das Wechſeln zu vermeiden. Die meiſten haytiſchen Muͤnzen ſind in Port-au-Prince unter Petion oder Boyer geſchlagen. Von Chriſtoph ſah man nur ſelten ſolche Escalins. Die letzte Zeit ſeines Lebens war er eben beſchaͤftigt, Thaler ſchlagen zu laſſen, die ſein Portrait trugen. Sechs Stuͤcke zur Probe waren fertig, als die Revolution ausbrach, und von dieſen ſechs Stuͤcken, war ich ſo gluͤcklich, eines an mich zu bringen, welches gegenwaͤrtig im Wiener k. k. Muͤnzkabinet aufbewahrt wird. Hayti. 8 10 — 116 — Praͤſident Boyer hat mehrere Male ſpaniſche Thaler (Dollars) einſchmelzen und Gourtins und Escalins daraus ſchlagen laſſen, wodurch er bedeutend gewonnen hat, da die Gourtins ſehr klein und leicht ſind. Wenn die Rede von einer großen Summe iſt, ſo rechnet man auf Hayti gewoͤhnlich in Dublonen, das Stuͤck zu 16 ſpaniſchen Piaſtern, XVII. Säugethiere. — Vögel. — Fiſche und Amphibien. — e Schleimthiere. — Schaalthiere. Bei der Entdeckung der neuen Welt durch Kolumbus fand man auf den Antillen nur einige Gattungen von Saͤu— gethieren, worunter Sus pecari, das Moſchusſchwein und Cavia aguti die vorzuͤglichſten waren. Ueberhaupt zeigten ſich außer den Krokodilen und Eidechſen keine wilden Qua— drupeden. Die Europaͤer fuͤhrten nach und nach alle Haus— thiere ihres Welttheils dort ein. Das Klima war ihnen ge— deihlich; ſie vermehrten ſich ſchnell, man ließ ſie frei herum— gehen, um ihre Nahrung zu ſuchen. Manche verirrten ſich von der Heerde, oder liefen in den Waldungen davon, wo die unerſchoͤpfliche Natur das ganze Jahr uͤber Nahrung bietet, und daher kommt es, daß man bereits wilde Schweine, wilde Ziegen, ſelbſt wilde Ochſen auf Hayti findet. Ich habe die dort befindlichen Hausthiere auch nicht im Geringſten von den unſrigen verſchieden gefunden. Gewoͤhnlich weidet das Hornvieh, ſowie auch Pferde, Eſel und Schweine, Heerdenweiſe von einigen Negern bewacht, in den Savannen und Gebuͤſchen. Des Abends werden ſie nach einem ſichern Orte, der von allen Seiten mit dornigem Gehoͤlze umgeben iſt, hingetrieben. In Etälle kommen ſie nie, ſondern bleiben das ganze Jahr im Freien. Braucht man ein Pferd zum Reiten oder zum Drehen der Zuckermuͤhle, was faſt ihre einzige Beſtimmung auf dieſer Juſel iſt, fo wirft ein Neger 10* 1 ae dem Thiere einen Strick um den Hals und führt es fort. Viele Kuͤhe und Ochſen, die ganz ohne Huͤter, aber doch in zahmem Zuſtande umherlaufen, verſammeln ſich des Abends in den Straßen, die ſie zu ihrem Schutzorte waͤhlen. Jedes Stuͤck Hornvieh hat ein Zeichen, und man hört in ruhigen Zeiten wenig von Viehdiebſtaͤhlen. Die Pferde, deren es viele gibt, find groͤßtentheils von kleinem Schlage, jedoch muthig, kraftvoll und fo dauerhaft, daß fie den größten Be— ſchwerden widerſtehen koͤnnen. Was würde aus einem euros paͤiſchen Pferde werden, wenn es zwanzig Meilen des Tages durch Fluͤſſe, Sandebenen, ſteinige Gebirge auf und ab ma— chen muͤßte? Von Pferdedreſſur wiſſen die Neger nicht viel. Chriſtoph hatte einen Englaͤnder als Bereiter aufgenommen, der aber, da er ſeine Rechnung nicht fand, die Inſel bald wieder verließ. Uebrigens ſind die Pferde daſelbſt ſehr zutrau⸗ lich und nicht bösartig. Bedeutend iſt die Anzahl der Eſel; ſie ſind Haytis Laſt⸗ traͤger und werden zu vielen haͤuslichen Arbeiten verwendet, am haͤufigſten aber dazu, um Lebensmittel auf den Markt zu bringen. Weiber, die langſam und ſicher reiten wollen, bedienen ſich der Eſel. Die Ochſen und Kuͤhe, welche zu der langhörnigten, ſchwarz und weiß gefleckten Art gehören, ſind von mittlerem Schlage. Mit erſtern wird das Zuckerrohr von den Planta— gen auf zweiraͤdrigen Karren nach den Zuckermuͤhlen gefuͤhrt. Die Haͤute werden roh nach Nordamerika verhandelt. Doch faͤngt man auf Hayti jetzt auch an, Leder zu gerben, wozu die Regierung ſehr aufmuntert. Haͤufig kommen wilde Schweine vor, die ſich in den Sumpfwaldungen von unzaͤhligen Krabben und Froͤſchen er⸗ naͤhren; doch gerathen fie auch uͤber die Mais- und Batatten⸗ Felder. — 149 — Von Schaafen fand ich diejenige Gattung, deren Fuͤße bis zum Koͤrper mit kurzen Haaren beſetzt ſind. Unter den Ziegen findet man ein herrliches Farbenſpiel: ſie ſind meiſtens ſehr ſchoͤn dunkelbraun, daneben ſchwarz und weiß gefleckt. Mehrmals des Tages machen ſie Toilette, deßwegen ſieht man mit Vergnuͤgen die Reinlichkeit dieſer Thiere. Selbſt die Ochſen und Kuͤhe zeigen einen Inſtinkt zur Reinlichkeit. Wilde Ziegen ſind ſolche, die ſich von der Heerde verirrt haben. Sie find ſcheu, das mindeſte Geräuſch ſetzt ſie in Unruhe; ſie ſpringen uͤber Abgruͤnde von einem Felſen auf den andern, halten kurz an und lauſchen aufmerk— ſam nach dem Orte des Geraͤuſches. Ihr Fleiſch und Fell iſt ſo beliebt als das der zahmen. Hunde trifft man auf Hayti von verſchiedenen Gattun— gen an, auch die unbehaarten ſogenannten Amerikaniſchen. Die eigentliche einheimiſche Race iſt eine Art von Wolfshun— den, braun, weiß und ſchwarz ſchattirt; man haͤlt ſie fuͤr diejenigen, welche in der franzoͤſiſchen Revolutionszeit die Neger in den Waldungen ausſpuͤrten, und die man von Kuba dort eingefuͤhrt hat. Sie ſind von der Groͤße und dem Ausſehen eines Wolfes, haͤngen den Schweif, ſtrecken die Zunge heraus, und ſtehlen wie die Raben. Ich kannte einen Kaufmann im Cap, deſſen Hund von dieſer Gattung ſich nie mit ſeines Herrn Koſt begnuͤgte, ſondern jeden Morgen ein Stuͤck Wildpret oder anderes geſtohlenes Fleiſch nach Haufe brachte. Man trifft gegenwärtig auch wilde Hunde auf Hayti. Sie ſind ſo mager, daß man jeden Knochen und jede Rippe liegen ſieht; die rohe Speiſe muß ihnen nicht gut bekommen. Man iſt fruher der Meinung geweſen, daß in Amerika die Hunde nicht bellen, ich habe aber ſowohl die dortigen als die mitgebrachten Hunde bellen hoͤren, mit Ausnahme der — 150 — eben erwähnten wilden Hunde, denen nur ein ungleiches jam- merndes Geheul eigen iſt. ’ Kein franzoͤſiſcher Autor macht Erwaͤhnung von der Menge Ratzen, die man auf Hayti antrifft, und die gegen⸗ waͤrtig ganz einheimiſch geworden ſind. Sie mögen wohl auf fremden Schiffen dahin gekommen ſeyn. Sie ſind weit dicker und laͤnger als die europaͤiſchen, und haben nach hinten lie— gende Ohren und einen weißlichen Schwanz, wovon die Haare etwas in die Höhe ſtehen. Graͤnzenlos iſt die Frech⸗ heit dieſer Thiere. Wir bewohnten nach unſerer Ankunft auf Hayti ein etwas altes Haus. Oft, wenn wir Mittag hielten, marſchirten ſie im Galopp auf der Leinwand, die uͤber uns ſtatt eines Plafonds das Zimmer ſchloß, hin und her, ſo daß man jede Wendung an der Bewegung der Lein— wand wahrnehmen konnte. Des Nachts kamen ſie haͤufig in unſer Schlafzimmer und ſprangen wie junge Katzen umher. Regnete es, fo war man vor den Naben ſicher; allein dann retirirten ſich bei Einbruch der Nacht eine Menge Fleder⸗ maͤuſe ) durch die Oeffnungen in das Zimmer. Eine Gat— tung ſehr großer ſchwarzer Schmetterlinge, die man im Dun— keln nicht von Fledermaͤuſen unterſchied, flog mit ihnen umher. Nicht minder laͤſtig find die wilden Ameiſen, welche nicht ſelten meine Inſekten-Schachteln ausfraßen, und in einer Nacht oft die Frucht wochenlanger Arbeit zerſtoͤrten. Das Wirthſchaftsgefluͤgel haben die Haytier aus Europa; aus Mexico den Kuroff (erux alector); aus Guinea Werks huͤhner (Numida melencris), welche von den Genueſern um das Jahr 1500 nach den Antillen gebracht wurden. Ein *) Es iſt die Vespertilio molossus, Hundsmaul, Gmel. 49. Von Fledermäuſen iſt mir außer dieſer Gattung keine vorgekommen. Indeſſen ſind Vespertilio hastatus, Gmel. 49 und Vespertilio spectrum, ibid. 46 auch auf den Antillen einheimiſch. — 11 — bemerkenswerther Umſtand iſt, baß diejenigen Perlhuͤhner, die in wildem Zuſtande in den Waldungen leben, ſchwarze, dagegen die andern rothe Fuͤße haben. Auch ſind die wilden Perlhuͤhner etwas kleiner als die zahmen. Sie leben Heerden— weiſe in den Waldungen, und auf ſie vornemlich iſt es bei der Geflügeljagd abgeſehen. Obgleich die wilden Perlhuͤhner die trocknen und ſandigen Gegenden lieben, ſo findet man ſie doch auch zur Zeit, wenn die Hitze unertraͤglich wird, im Rohre oder in ſchattigem, dickbuſchigem Geſtraͤuche. Hier ſchlafen ſie, aber manchmal wird ihr Schlaf durch den Ruf der von ihnen aufgeſtellten Schildwachen unterbrochen, und nun eilt die aufgeſtörte Truppe unter widerwaͤrtigem Geſchrei zur Flucht, allein vermoͤge ihrer kurzen Fluͤgel können ſie nicht weit fliegen, kaum einige hundert Schritte. Hoch in die Luft erheben ſich die zahlreichen Schwaͤrme der Papageien. Sie kommen nur dann und zwar unter lautem Geſchrei in die Ebene herab, wenn ſie nach guten Fruͤchten luͤſtern find, oder wenn fie über irgend eine Plans tage von Bananen herfallen, um ſie zu verheeren. Selbſt über die Kaffeeplantagen kommen ſie zuweilen, und zwar nicht wegen des Samens, ſondern wegen des ſuͤßen Fleiſches, das die Kaffeebohnen umgibt. Das Fleiſch der Papageien iſt zaͤh und unſchmackhaft. Am zahlreichſten ſind die Waſſervoͤgel. Der ſchoͤnſte unter ihnen iſt der in Scharlach gekleidete Flamingo. Schwer ift es, die außerordentliche Wachſamkeit und Schlauheit dieſer Thiere zu täuſchen. Sie werden 4 bis 5 Fuß hoch, und leben Truppweiſe am Meeresufer, wo ſie ihre Nahrung, die Fiſche, aufſuchen. Eine ſolche Truppe Flamingos gleicht in der Ferne einer Compagnie Soldaten mit rothen Uniformen, In der Gegend von Fortroyal ſchwaͤrmen Schaaren von ſchoͤnen Sumpfooͤgeln, vorzüglich Reiherarten, als: Ardea cayennis, Ardea Kyretta, Ardea candidissima, Schöne 152 Sichel-Voͤgel, deren glänzendes Gefieder im Sonnenſchein eine vortreffliche Wirkung macht, find der Tantalus aleinel⸗ lus, und der Tantalus albus; letzterer kommt jedoch ſelte— ner vor. In Menge zeigen ſich die von den Eingebornen ſogenannten Chirurgiens, Spornflügler (Parra Jacana), deren Geſchrei hoͤchſt fonderbar klingt, und deren Namen von dem Stachel entlehnt iſt, welcher an der inneren Seite ihres Fluͤgels hervorragt, und womit fie ſich gegen ihre Feinde vertheidigen. Dann zeichnen ſich unter den Waffervögeln die Kropfgaͤnſe (Pelecanus onoerotalus) aus. In den Ebenen, in der Naͤhe der Habitationen trifft man am haufigſten dies jenigen Vögel an, die von den Eingebornen Bouttabac oder Perroquet noir genannt werden. Sie ſind ſo groß wie eine Amſel, und ebenfalls von glaͤnzend ſchwarzer Farbe. Ihr buͤ⸗ gelfoͤrmiger breit gedruckter Schnabel gibt ihnen ein ſonderbares Anſehen. Sie leben geſellſchaftlich, ihrer 20 und 30 zuſam⸗ men; ſelten trifft man ſie einzeln an. Des Nachts ſchlafen ſie in den großen dicken Bambusſtauden; ſchreckt man ſie auf, ſo entfernen ſie ſich unter großem Geflatter und Geſchrei, welches letztere dem der Aelſtern gleicht. Unter den Singyodͤgeln verdienen die ſogenannten Ros- signols du pays bemerkt zu werden. Sie beleben die Gebü— ſche mit ihren lieblichen Melodien, und geben unſern Nachti— gallen gewiß nichts nach. In den ſuͤdlichern Theilen der vereinigten Staaten kommt dieſer Vogel unter dem Namen Spottvogel ebenfalls vor, weil man ihm die Kunſt beilegt, den Geſang jedes andern Vogels nachahmen zu koͤnnen. Dann gehoren zu den Singoögeln auf Hayti auch die ſoge⸗ nannten Esclaves, die man auf den Gipfeln der Palmen antrifft; ſie ſind klein, von grauer Farbe, und empfehlen ſich weit mehr durch ihren Geſang als durch ihr Aus— ſehen. Ein kleiner Vogel, den die Eingebornen Muficien nennen, iſt ebenfalls von minder ſchoͤnem Geſieder, aber von \ | — 1 — angenehmer Kehle. Von Kolibris ſind mir auf Hayti nur zwei Gattungen vorgekommen, naͤmlich Trochilus niger und Trochilus gramineus. Erſterer iſt der kleinſte von allen; hie und da vernimmt man ein vieltoͤniges Gezwitſcher, aber das Auge durchſucht vergebens alle Gefträuche, man entdeckt nichts, bis man endlich bei einem bluͤhenden Baume die kleinen Geſchoͤpfe von der Größe einer Hummel um duf— tende Blumen flattern ſieht. Doch wie ſoll man eines ſolchen Thierchens habhaft werden? Soll man es ſchießen? Da wird es ganz zerſtuͤckt und bis zur Unkenntlichkeit zu Grunde gerichtet. Feinen Sand zu laden, iſt vielleicht noch das ſicherſte Mittel; doch dann kann der Vogel ins dichte Geſtraͤuch fallen, und man vermag ihn mit aller Muͤhe nicht aufzufinden. Mit raſch bewegten Fluͤgeln, die einen ſummenden Ton hervorbringen, ſchwebt er wie ein Schmetter— ling von einer Blume zur andern, holt mit ſeinem kleinen Saͤugeruͤſſel, ohne ſich niederzuſetzen, den Honig heraus und fliegt dann weiter. Ich habe ein Paar ſolcher kleinen Zun— gen oder Saͤugeruͤſſel, die ſehr lang find, geoͤffnet, und mich dabei überzeugt, daß fie eine foͤrmliche Roͤhre bilden. Selbſt im Magen fand ich nichts von animaliſchen Exere— menten“). Kann man zweifeln, daß dieſe niedlichen Thier— chen, wenigſtens die der genannten zwei Gattungen, einzig nur vom Honige der Blumen leben, wie ſie ſich denn auch nur in der Nähe von Blumen aufhalten? Meiſtens traf ich dieſen Vogel auf Carica Papaja, Melonenbaum, der mit ſeinen honigreich duftenden Blumen faſt das ganze Jahr die Flora ſchmuͤckt; dann auf Agaven (Amerikaniſchem Aloe) ; auf Lantana aculeata; auf verſchiedenen Arten von Ascle— piaden und in Kaffeplantagen. Die zweite Art, Trochilus 1) Dieſe Unterſuchung unternahm ich auf Veranlaſſung eines Brie- fes vom Herrn Regierungsrath v. Schreibers. — 154 — gramineus, iſt größer; die glänzenden Farben ſchillern aus dem ſchoͤnſten Olivengruͤn ins Dunkelbraune; der Schnabel iſt ſehr lang und gebogen, die ebenfalls ſehr lange Zunge ſtreckt der Vogel, vorzuͤglich wenn er ſeine Toilette macht, oft bis 3 Zolle weit uͤber den Schnabel heraus. Bei dieſer letzteren Art habe ich das oben erwaͤhnte unangenehme Ge— zwitſcher nicht wahrgenommen. Sonderbar genug iſt, daß die Kolibris immer duͤrre Zweige, Aeſte und Baͤume zu ihren Ruhepunkten waͤhlen; hier ſitzen manchmal zwei bis drei eine ganze Viertelſtunde beiſammen, um ihre Toilette zu machen oder auch um zu ſchlafen. Zu dieſer Zeit kann man ihnen ſehr nahe kommen. Ich zweifle, daß dieſe Thiere lebend nach Europa gebracht werden koͤnnen, da ſie uͤberaus zart und empfindlich ſind. Eines Tages war ich ſo gluͤcklich, ein lebendes Exemplar zu erhalten. Ich ſchoß wie gewöhnlich mit feinem Sande nach einem Kolibri, ein einziges Koͤrnchen traf den einen Fluͤgel; das kleine Geſchoͤpf fiel flatternd ins Gras, wo ich es mit vieler Freude aufnahm, in mein Schnupftuch band, und nach Hauſe trug; doch nicht lange waͤhrte die Freude, denn es ſtarb bald darauf. Die Kolibris bauen ihre Neſter, wie ich beobachtet habe, am liebſten in die Gebuͤſche von Psidium pyriferum (Gos yaven). Das Neſt des Trochilus niger iſt von der Größe einer welſchen Nuß, am gewöhnlichften von Baumwolle ge— baut, und außerhalb mit kleinen Blaͤttchen von Baumrinden umgeben. Ihre Eier find nicht größer als die Erbſen. — Ich habe ein Paar junge Kolibris acht Tage lang im Neſte mit Honig erhalten, den ich ihnen mittelſt einer kleinen Feder in den aufgeſperrten Schnabel traͤufeln ließ. Ich laſſe nun die Ueberſicht der auf Hayti einheimiſchen Vögel, nach ſyſtematiſcher Ordnung folgen. Die mit * bes zeichneten habe ich nach Europa mitgebracht. — 15 — Raubobgel (Accipitres). Aquila antillarum, „ nudicollis, Geyer mit nackendem Halſe. * Falco spaverius, Buffon 465, Huͤhnerdieb. „ Strix dominicensis, Eule von Domingo. Klettervoͤgel (Levirostres). 255 psittacus guyanensis, der guyaniſche Papagei Buff. 407. dominicensis Buff. 792. ochrocephalus. 8 ruſirostris, Rothſchnabel-Papagei. Spechte (Piei). picus striatus (charpentier de Hayti), geſtreifter Specht. * „ passerinus, kleiner olivenfarbiger Specht. * Trochilus niger. . gramineus , ſchwarzer Kolibri. E dominicus, domingiſcher Kolibri. * Certhia flaveola, Meerfanger, Edwardtal 122. * Todus viridis, grüner Plattſchnabel. = Raben (Coraces). Corvus caribaeus, antilliſche Aelſter. * Cuculus vetula, Kukuk. N seniculus, kleiner Kukuk ml. 391. * Oriolus dominicensis, Pirol von Hayti. „ „ niger, ſchwarzer Pirol. * „ Kanthornus, ſchwarzkehliger Pirol. * Gracula quiscala (Merle de Hayti). * Crotophaga ani. 8 ” major (Peroquet noir), Madenfreſſer. 22 — 156 — Sperlinge (Passeres). Turdus polyglottus (Rossignol du Hayti), Spott⸗ droffel, „ guianensis (Esclave), guianiſche Droffel, Turdus palmarum , Palmdroſſel. „ hispaniolensis, olivenfarbige Droſſel. „ plumbeus, aſchfarbige der Antillen. * Luxia violacea, violetter Kernbeißer. „ dominicensis, Domingiſcher Kernbeißer. Muscicapa coronata Buff. 298, gekroͤnter Fliegenfaͤnger. we ” cayenensis, cayeniſcher Fliegenfaͤnger, | 7 querula (Pibiry), graukohliger Fliegenfaͤnger. ” Tyrannus intrepidus (Vieill) , grauer Tyrann. Parus coeruleus , Buff. ibid 3. f. 2., Blaumaiſe. Hirundo dominicensis (Gm.), Schwalbe. „ cCapyenensis Buff. 725. 2., Schwalbe mit weißem Halsbande. * „ riparia, Uferſchwalbe. Caprimulgus rufus, rother Ziegenmelker. Sylvia aestiva, gelber Saͤnger. „ Coronata, gefrönter Saͤnger. „ maritima (Wilson), Meerſaͤnger. Taugara dominica Esilam (Lath.). 1 *. % 1 Hühner (Gallinac). Columba passerina, Sperlings-Taube. a martinica (Buff. 141.), Martinique: Taube. 75 leucocephala Gm. 772. 1 caribaca Gml. 773., karaibiſche Taube. Numida Meleagris, Perlhuͤhner. Sumpfobgel (Grallae), N * Phoenicopherus ruber, der Flamingo Calesby 1. Tab. 73. . ar — 157 — Ardea cayenensis, Reiher von Cayenne. egretta, großer Silberreiher. „ cCandidissima (Wills.), kleiner Silberreiher. „ minuta, kleine Rohrdommel. „ scolopacea, ſchnepfenartiger Reiher. „ coerulea, blauer Reiher. Tantalus Faleinellus, brauner Sichelſchnaͤbler. 8 albus, weißer Sichelvogel. Scolapax frenata, amerikauiſche Moosſchnepfe. * Totanus flavipes, Waſſerlaͤufer. — 22 Parra jacana, Spornflügler. „ Calidris. Charadrius pluvialis, goldfarbiger Regenvogel. 5 vociferus , Schrei-Regenvogel. Tringa Cinclus , Seelerche. Calymbus dominicus , domingiſcher Taucher. * Podiceps dominicensis , Steißfuß. * Gallinula chloropus , grüner Steißfuß. 22 22 ſich „ martinicensis, Martinique-Waſſerhuhn. Fulica mexicana (Loth). Rallus jamaicensis (Coward fol. 278). Schwimmvoͤgel (Anseres). * Anas moschata, Bifam + Ente, „ arborea (Buff. 801.), Baumgans. „ americana (Gm. 526.) , amerikaniſche Ente. „ dominica, domingiſche Ente. Pelecanus Onocrotalus, Kropfgans. * Sterna fuliginosa, große Meerſchwalbe. Colymbus dominicus (Gm. 593.), Taucher von St. Domingo. Unter den Fiſchen, die man in Hayti kennt, zeichnet durch feine Größe und Gefraͤßigkeit der Haiſiſch (Squa- lus carcharius) aus“). Er hält ſich im Hafen der Cap⸗ ſtadt auf, und verſchlingt alles, was aus einem, Schiffe ins Waſſer geworfen wird, und nicht ſelten kommen dieſe Thiere dem Ufer ganz nahe. Unfern unſerer Wohnung badeten faſt den ganzen Tag Negerkinder im Meere, allein ſobald ſich ein Hai naͤherte, entfernten ſie ſich unter vielem Geſchrei aus dem Waſſer. Man ſieht ſchon von weitem einen langen Streifen wie eine kleine Welle, da, wo der Fiſch iſt, weil er beinahe auf der Oberflaͤche des Waſſers ganz horizontal ſchwimmt. — Eines Tages ward an unſerm Schiffe ein Hai gefangen, und zwar auf folgende Art. Ich hatte zwei Krokodile an Bord, die ich daſelbſt anato— mirte; wir warfen von Zeit zu Zeit Stücke Fleiſch ins Meer, welches eine Menge kleiner und größerer Fiſche herbei— lockte. Ploͤtzlich erblickten wir auch einen ſehr großen Hai⸗ fiſch, den man recht deutlich um das Schiff herumſchwimmen ſah. Der Capitain ließ fogleich einen eiſernen mit Fleiſch umwundenen Haken uͤber Bord werfen. Wir gingen unterdeß zu Tiſche; doch kaum hatten wir uns geſetzt, ſo hoͤrten wir den Ruf: „ein Hai iſt gefangen.“ Wir ſtuͤrzten alle aufs Verdeck, aber das Ungeheuer hatte ſich mit ſeiner Beute in die Tieſe verloren; der Strick wurde nachgelaffen ; da ſich aber der Fiſch nicht zu verbluten ſchien, zog man ihn herbei. Der eiſerne Haken hatte ſich an den Kinnladen eingehakt, und hielt ihn feſt. Hoͤchſt intereſſant war der hartnaͤckige Widerſtand dieſes Thieres. Da es immer mit dem Kopfe nach unten wollte, und maͤchtig mit dem Schweife uͤber dem Waſſer umherſchlug, ſo brachte dieß die Matroſen auf den Einfall, ein Boot auszuſetzen, um den Hai mit einer Schlinge zu fangen. Furchtbar wuͤthend in *) Der Haiſiſch gehört zwar zu den Säugethieren, indeß wollte ich ihn aus andern Gründen hier anführen. = Mo) — konvulſiviſchen Bewegungen ſchlug dieſer beinahe das Boot um. Indeß gelang es, den Schweif in der Schlinge zu fangen; der Strick wurde nun hoch uͤber dem Verdeck an einer Segelſtange feſtgemacht, und auf dieſe Art das Unge— heuer mit dem Kopfe gegen das Waſſer in die Hoͤhe ge— zogen, und aufs Verdeck gebracht. Am meiſten zog die un— verhaͤltnißmaͤßige Dicke des Körpers unſre Verwunderung auf ſich. Wir hatten daher keinen andern Glauben, als daß der Hai Junge truͤge. Nach Verlauf einer Stunde, als das Thier ſchon todt war, ſchnitt ich den Leib auf, um die Haut abzuziehen; unſer Erſtaunen war nicht klein, als wir eine zwei Fuß breite Seeſchildkroͤte (Caretta virgata) beinahe noch ganz unverſehrt in ſeinem großen Hautſacke fanden. Ich ſtopfte den Hai, von den Matroſen unterſtuͤtzt, mit vieler Muͤhe aus, allein ſeine außerordentlich fette Haut und der Mangel an Conſervirungsmitteln machte alle ange— wendete Sorgfalt fruchtlos. Es blieb mir daher nichts uͤbrig, als den Kopf des ausgeſtopften Fiſches abzuſchneiden, und als Skelet ihn mitzunehmen. Dieſer Hai trug auch einen Saugfiſch (Kcheneis remara Lin.) an ſich, welcher mittelſt eines haͤutigen ausgezackten Schildes am Kopfe feſtſitzt. a Es finden ſich auf Hayti mehrere Arten von Haifiſchen; der größte nach dem genannten iſt der Faſerhai (Squalus eirrhatus Lin.) wovon ich ein ſieben Fuß langes, gut er— haltenes Exemplar mitbrachte, welches auch dem k. k. Hof— naturalienkabinet ſehr erwuͤnſcht kam. Seine Farbe iſt dun— kelbraun. Die Haut hat die ſonderbare Eigenſchaft, daß ſie am Stahle Funken giebt. Der Rachen iſt ebenfalls wie bei dem vorigen mit ſechs Reihen dreieckiger ſchneidender Zähne bewaffnet. Merkwürdig iſt, daß dieſe Reihen von Zaͤhnen nicht wie bei andern Thieren in der Kinnlade feſt— ſitzen, ſondern daß das Thier ſie willkuͤhrlich bewegen kann. Uebrigens gibt es auch Saͤgefiſche (wovon ich blos ein Paar Sägen bekommen konnte), Meerſchweine, Dorade und fliegende Fiſche in Hayti. Unter den zuruͤckgebrachten Fiſchen finden ſich folgende Gattungen vor: Knorpeligte Fiſche. Squalus. 5 75 cirrhatus , der Faſerhai. „ Vulpes, der Fuchshai. 5 75 Zıygaena, der Hammerhai. ? „ ustus. 7 Galeus. Diodon. „ Hystrix, Gm. 1448, der laͤngliche Igelfiſch. 5 u Atinga, Gm. 1451, der kugelrunde Igelſiſch. * Ostracion. * „ bicandalis Gm. 1441, Panzerfiſch. „ quadriconis 0. triquester Gm., das Bügel: eiſen. Syngnathus. . 7 IIippocampus Gm. 1457, das Seepferd⸗ chen (eßbar). ” Anthias. * „ formosus, der ſchoͤne Roͤthling. * Eicheneis. * Neuerates, der große Saͤugefiſch. . remara L., kleine Saͤugefiſch. Fistularia. „ Tabacaria Gm. 1387, Tabakspfeifenfiſch. Ferner zwoͤlf noch unbeſtimmte Species. Unter den Amphibien zeichnen ſich beſonders die Kro— kodile aus. Die auf Hayti vorkommenden gehoͤrten zu den — 161 — ſpitzrachigen, Crocodilus acutus. Von den Eingebornen wird es allgemein mit dem Namen Cayman belegt, ob— gleich der Cayman der Gelehrten eine andere Gattung, naͤmlich Crocodilus vulgaris bezeichnet. Herr Fitzinger beſchreibt mein lebend zuruͤckgebrachtes Exemplar, wie folgt“): „Die Breite des Kopfes iſt in der Laͤnge zwei und ein halbmal enthalten. Die Augen liegen ziemlich nahe bei— ſammen, ſind mit einer Nickhaut verſehen, und haben eine goldfarbene ins Gruͤnliche ſpielende Iris. Die Pupille iſt ſchwarz und ſehr ausdehnbar; in der Sonne und bei ſtark auffallendem Licht erſcheint fie wie bei den Katzen als ein laͤnglicher Streif, im Dunkeln aber vollkommen rund. Die Oeffnung iſt laͤnglich, und wie bei allen Crokodilen mit einer Kapſel bedeckt, die das Thier nach Willkuͤhr oͤffnen und ſchließen kann. Die ſehr kleinen Naſenloͤcher liegen an der vorderen Spitze des Ruͤſſels nahe beiſammen auf einem etwas erhabenen Wulſte. Der Oberkiefer iſt etwas laͤnger als der Unterkiefer und beweglich; es befinden ſich in den— ſelben 38 zugeſpitzte hakenfoͤrmige Zähne von ungleicher Laͤnge; im Unterkiefer 30, die ſo vertheilt ſind, daß ſie bei Verſchließung des Rachens in die obern eingreifen. Die Zunge iſt an den Unterkiefer feſtgewachſen, und bildet rück waͤrts in der Rachenhoͤhle mit der Gaumenhaut eine will— kuͤrlich ſchließbare Klappe. Gleich hinter dem Schädel ber finden ſich auf dem Nacken vier kleine, in einer ununter— brochenen Reihe liegende Schildchen, auf dieſe folgen ſechs große ovale gekielte Schilde, von denen vier Paarweiſe hinter einander liegen. Die Haut zwiſchen den Vorderfuͤßen und dem Nacken iſt nicht mit Schildchen bedeckt. Die Quer— reihen der Nücenfchilde beſtehen jede aus vier viereckigen, breiten und gekielten Schildern, welche vier Laͤngslinien von %) Wiener Zeitſchrift Auguſt 1821. Hayti, 11 — NR Kielen bilden. Außer den in Reihen liegenden Schilden find noch mehrere unregelmaͤßige ovale Schildchen vorhanden. Der an der Seite zuſammengedruͤckte Schwanz iſt etwas länger als der Korper; feine erſte Haͤlfte iſt mit 17 bis 18 Querreihen von Schildchen bedeckt, die auf der obern Flaͤche zwei Laͤngsreihen von vorſpringenden Kielen bilden; ſeine letzte Haͤlfte iſt mit 17 einfachen kammartigen, vorſpringen— den Schildchen beſetzt. Die viereckigen Schilde des Bauches bilden breite regelmäßige Binden, und find gegen den After zu mit kleinen Löchern verſehen. Die Vorderfuͤße haben fuͤnf unverbundene, mit Naͤgel verſehene Zehen. An den Hinterfuͤßen hat das Thier vier mit ganzer Schwimmhaut verbundene Zehen, von denen die zwei innerſten mit Naͤgeln verſehen, die aͤuſſerſten aber naͤgellos ſind. Die Farbe deſſelben iſt ſchmutzig gruͤn, mit ſchwarzen olivenfarbigen Flecken gezeichnet, die am Ruͤcken größer als am Halſe und an den Fuͤßen ſind, und auf dem Schwanze große Quer baͤnder bilden. Die Unterſeite des Thieres iſt gelblich und ungefleckt.“ Die Lebensweiſe der Krokodile ift folgende. Sie be— wohnen Fluͤſſe, Teiche und ſumpfige Oerter. In der See kommen ſie nicht vor, jedoch halten ſie ſich gerne an den Muͤndungen der Fluͤſſe auf; auch in Seebuchten und See— ſumpf-Mangle-Waldungen, worin ſie Krabben, Fiſche und Sröfche finden, trifft man fie haͤufig. Doch eigentlich leben fie nur in ſuͤßem Waſſer. Ihr Aufenthalt iſt mehr im Waſſer als auf dem Lande; denn man kann annehmen, daß ſie kaum 7 bis 8 Stunden des Tages auf dem Lande zu⸗ bringen; in dieſem Falle lagern ſie an den Ufern auf dem Sande umher; oft machen ſie in einem Zeitraume von zwei Stunden nicht die mindeſte Bewegung. Werden ſie aufge⸗ ſchreckt, fo fliehen fie ins Waſſer. Beim Fliegenfaug ver— fahren fie auf folgende Weiſe. Mit geſchloßenen Augen und — 163 — weit gedffnetem Rachen daliegend, locken fie durch ihren Moſchusgeruch die Fliegen an; dieſe ſetzen ſich in die furcht— bare Falle; das Ungeheuer ſchlaͤgt ploͤtzlich den Ober- und Unter-Kiefer zuſammen und verſenkt ſich ins Waſſer. Finden die Krokodile keine Gelegenheit, ſich am Ufer zu ſonnen und zu ſchlafen, ſo ſieht man ſie im ſtillen Waſſer ganz horizontal auf der Oberflaͤche ohne Bewegung ſchwim— men, und zwar ſo flach, daß der ganze Ruͤcken und beſon— ders die Naſenloͤcher frei find, durch welche fie bei dieſer Gelegenheit athmen, die ſich aber gleich wieder verſchließen, ſobald das Thier unter Waſſer geht. Oft auch, wenn ſie unter dem Waſſer ſchwimmen, ſieht man ſie die Naſe her— vorſtrecken, um Athem zu ſchoͤpfen. Descourtils zufolge füllen fie fich die Lungen mit Luft an, ehe ſie untertauchen. An hohen Ufern haben die Krokodile Hoͤhlen, die aus dem Waſſer unter der Erde ans Land fuͤhren, und worin ſie ihre Beute aufbewahren, die erſt, wenn ſie ſchon in Faͤul— niß übergeht, verzehrt wird. Man erzaͤhlt ſich in Hayti, daß einſt ein Spanier, welcher ins Waſſer fiel, von einem Kro⸗ kodil in eine ſolche Hoͤhle geſchleppt worden, und als er zu ſich kam, waͤhrend ihn das Krokodil verlaſſen hatte, durch eine Oeffnung unverletzt herausgekrochen ſey. Aeltern Reiſe— beſchreibungen zufolge vernimmt man ein Gebrüll von den Krokodilen. Ich meines Theils habe von meinen Gefange— nen nur ein ſtarkes und Schrecken verbreitendes Schnauben und Sauſen vernommen, indem ſie mit Anſtrengung Luft durch die Nafenlöcher ſtießen. Selbſt kleine Krokodile von kaum einer Spanne Laͤnge gaben ſchon auf dieſe Weiſe ihre Bösartigkeit zu erkennen; ihr Laut war dann dem Spucken einer aufgereizten Katze aͤhnlich. Indeß haben ohne Zweifel die Altern Reiſebeſchreiber das Krokodilengeſchlecht zu furcht— bar geſchildert. Das Krokodil auf Hayti ſucht unbewohnte Gegenden, wo es in Ruhe und Sicherheit leben kann; es 11 * — 164 — flieht den Menſchen und jedes Geraͤuſch, vorzuͤglich wenn es in der Naͤhe des Waſſers iſt, wohin es jedesmal flieht. Gefaͤhrlich wird es dem Menſchen nur daun, wenn pein— licher Hunger es antreibt, nach der naͤchſten Beute zu grei— fen. Daß ſie den jungen Schafen, Ziegen und Rindern auf— lauern, iſt beſtaͤtigt. Das Laufen faͤllt dem Krokodil ſehr beſchwerlich, zumal da es von Natur traͤge iſt. Wird es aus ſeiner Ruhe ge— ſtort, fo läuft es wie eine Eidexe, ſchießt mit vieler Schnel⸗ ligkeit ein Stuͤck fort, und ruht ſodann wieder auf dem Bauche aus. Drehen kann es ſich wohl mit dem ganzen Körper, aber nicht ſehr geſchwind; allein es weiß mit dem Schweife ſeine Beute ſehr geſchickt nach dem Kopfe zu bringen, den es ebenfalls rechts und links ſehr gut bewegen kann, da der Hals nur oben mit einigen Reihen harter Schilde beſetzt iſt. Die Hunde ſind auf dem Land ihre abgeſagten Feinde, fo wie es im Waſſer die Haififche find, Man behauptet, daß das Krokodil im Waſſer nicht beißen kann. Die Kraft, die ſie auf dem Lande in den beiden Kinn— backen beſitzen, iſt bewunderungswuͤrdig. Ich ſah ein ge⸗ fangenes Krokodil in einen eiſernen Stab beißen, ſo daß auf beiden Seiten ein Zahn abſprang. Von der Kraft, welche fie in ihrem Schweife haben, Konnte ich mehrere Beiſpiele anfuͤhren, es ſey indeß genug, wenn ich ſage, daß ein ge— bundenes Krokodil mit ſeinem Schweife drei Neger auf die Seite ſchleuderte, und daß zwoͤlf Menſchen erfordert wurden, um ein zehn Fuß langes, im Netz gefangenes Krokodil zu binden. Der Biſamgeruch, den ſolch ein erzuͤrntes Thier um ſich her verbreitet, iſt außerordentlich. Ihre Hauptnahrung beſteht ohne Zweifel in Fiſchen, indem ich beim Seciren immer fleißig den Magen, einen Hautſack, unterſuchte und außer einer ſtarken Handvoll — 165 — kleiner Kieſelſteine und einigen Knochen faſt lauter Fiſchgraͤte fand. Mein groͤßtes Krokodil hatte ſo viel Steine im Magen, als man mit zwei Haͤnden faffen kann. Ohne Zweifel beför— dern dieſelben die Verdauung. Jenes Krokodil war ſo feſt mit Stricken gebunden, daß der eine Vorderfuß nach einigen Tagen an lebendigem Leibe von weißen Maden wimmelte, und ich darauf denken mußte, es zum Behufe der Aus— ſtopfung zu ſeciren. Da ſich Niemand in die Naͤhe beſſelben wagen wollte, fo hatte ich Mühe, es zu toͤdten. Ich ließ indeß einen Strick am Schweife, und einen zweiten am Kopfe, deſſen Rachen ohnehin feſt verbunden war, anmachen. An jedem Ende zogen vier Mann aus Leibeskraͤften. Ein engliſcher Matroſe, der auf dem Schiffe war, ein verwege— ner Kerl, ſtieß dem Thiere ein langes ſcharfes Meſſer ins Herz. Das Ungeheuer ſchlug gewaltig mit dem Körper, das Blut floß haͤufig aus der Wunde. Nach einer Viertelſtunde gelang es mir nun, den Bauch aufzuſchneiden. Die Ein— geweide, nachdem fie ſchon lange vom Korper getrennt waren, zeigten noch immer volle Lebenskraft. Das Fleiſch der Kro— kodile iſt ſehr weiß und zart, aber nicht genießbar. Die Biſamdruͤſen ſcheinen am Halſe zu ſitzen. Ueber ihre Be— gattungsweiſe habe ich keine Gelegenheit gefunden, Beobach— tungen anzuſtellen. Descpurtils zufolge ſoll dieſelbe auf der Oberflaͤche des Waſſers unter dem Schwimmen ſtatt haben. Das Krokodil legt 15 bis 20 Cier, die von der Größe eines Gaͤnſeeies und von weißer Farbe ſind, in den Sand. Nach Verlauf von einigen Wochen verlaſſen die Jungen, von der Sonne ausgebruͤtet, ihre Huͤlle, und zwar, wie mir Eingeborne verſicherten, beſonders nach einem hef— tigen Gewitter. Ich hätte mich von dieſer merkwuͤrdigen Erz ſcheinung ſo gerne ſelbſt genau uͤberzeugt, und bewahrte deßhalb in einem kleinen Garten unweit meiner Wohnung im Cap eine ganze Kuͤſte voll Krokodileier im Sande. Ich 166 fah mit Schmerzen einige Wochen lang einer Entwickelung entgegen; als mir aber die Zeit zu lange dauerte, oͤffnete ich einige und fand, daß die oberen flach liegenden Eier ver— dorben waren. Nur die ungefaͤhr 5 bis 6 Zoll tief im Sande liegenden enthielten ganz ausgebildete, lebende junge Krokodile, die bei Eroͤffnung des Eies muthig herumzappelten. Am Unterleibe gewahrte ich eine Oeffnung, die durch eine Nabelſchnur mit einem Hautſacke, der einen gelben Eidotter enthielt, in Verbindung ſtand. Descourtils nennt dieſen Sack Sac alimentaire, und behauptet, daß ſich das zur Welt ges kommene junge Amphibium die erſte Zeit nach ſeiner Geburt daraus ernaͤhre. Ich habe mich beeilt, die aus den Eiern genommenen kleinen Krokodile, welche etwa eine Laͤnge von ſechs Zollen halten, in Spiritus zu legen; ſie werden nebſt den Eiern im k. k. Hofnaturalienkabinet aufbewahrt. Daß die Alten ihre neugebornen Jungen ins Waſſer führen, be— zweifle ich ſehr. Man findet die kleinen Krokodile am ge— woͤhnlichſten in kleinen Teichen und Lagunen. Die Krokodiljagd iſt auf dem Lande ſehr beſchwerlich, weil man ſie in den ſumpfigen Gegenden nicht verfolgen kann. Deſto angenehmer und weniger ermuͤdend iſt die Jagd in den Canots. Ruhig fährt man unter dem küͤhlen— den Schatten großer Baͤume am Ufer der Fluͤſſe hin. Steht das Boot ſtill, ſo kann man bisweilen die Krokodile auf dem ſchlammigen Grund bei hellem Waſſer ſchlafen ſehen; aber auf die mindeſte Bewegung hin fahren ſie ſchnell wie ein Fiſch fort und machen das Waſſer dabei ſo truͤbe, daß man ſie nicht verfolgen kann. Das Schießen mit Feuer— gewehren iſt oft zwecklos; denn ſelbſt, wenn man ſie gut trifft, naͤmlich am Halſe, wo die Kugel am eheſten eindringt, nehmen ſie noch die Flucht und kommen erſt an einem ent— fernten Orte tobt aus Ufer; — es waͤre denn, daß fie vom Waſſer entfernt ſind, und mehrere Schuͤſſe angebracht wer— — 167 — den Tonnen, Ich ziehe daher die Jagd mit Netzen vor, Die Neger, als ich mit ihnen im Maſacre auf den Krokodilenfang ging, ſpannten ein großes ſtarkes Netz, deſſen ſie ſich ſonſt zum Seefiſchfange bedienten, zwiſchen zwei Canots, und ſo gingen wir den Fluß Maſacre aufwärts, Sobald ein Krokodil gefangen war, ruderten die Neger ans Land, das Netz wurde umwickelt; das Thier verkritzte fich mit feinen fingerartigen Krallen in demſelben und war gefangen. Der Rachen wurde gleich mit Stricken umwunden, welches ſehr leicht geht, weil einige Zaͤhne weit vorſtehen. Daſſelbe geſchah mit den Vorder- und Hinterfuͤßen. Die fuͤnf Fuß lange Leguan-Eidechſe kommt auf Hayti vor. Ich habe ſelbſt einige Exemplare erhalten. Ihr Fleiſch wird von den Englaͤndern als ein Leckerbiſſen genoſſen. Weit ſeltener aber iſt die Abart mit einem Horne auf dem Kopfe, Lacerta cornuta, Iguana cornuta, welche dieſelbe Groͤße erreicht, und dem k. k. Naturalienkabinette ſehr erfreulich war. Folgende Amphibien ſind von mir zuruͤckgebracht worden: * Caretta virgata, Fitzinger. (Chelonia virgata, Schweigger). „ Crocodilus acutus. Cuvier. * Xiphosurus Cuvieri, Fitzinger. (Anolis Cuvieri. Merrem). 5 75 eguestris, Fitzinger. (Anolis equestris Merem). *. 55 principalis, Eitzinger. (Anolis prin- sipalis Merrem). Pr Anolis bullaris. Merrem. Iguana cornuta, Cuvier. Tropidurus Schreibersii. Fitzinger. * Ameiva boskiana, Fitzinger. (Lacerta boskiana Daudin). E73 — 168 — * iliqua dominicensis, Fitzinger. Lacertus Ma- bouya, La Cepede. * Rhinostoma rufo- ſuscum, Fitzinger, * Coluber porosus, Fitzinger. * „ melanogrammus, Fitzinger. * Chironius Longicauda, Fitzinger. Die Familie der Inſekten dürfte wohl auf Hayti eine der ſtaͤrkſten ſeyn; ich meines Theils habe zu wenig Zeit hierauf verwenden koͤnnen, und mein Streben ging daher darauf, das zu bekommen, was mir auf meinen Excurſionen aufgeſtoßen iſt. Von den ſchaͤdlichen Inſekten bemerke ich beſonders die Kakerlaken (Blatta americana Lin.) wovon alle Haͤuſer voll find, Größer als ein Maikafer, aber ganz platt und von brauner Farbe, finden ſie ſich vorzuͤglich in der Naͤhe von Eßwaaren haufenweiſe ein. Sie zernagen und verzehren ſolche, befchädigen ſelbſt die Meubeln, und ver— urſachen durch die Feuchtigkeit, welche ſie von ſich laſſen, daß Stahl- und Eiſen-Waaren orydiren. Des Nachts lau⸗ fen ſie den Schlafenden uͤbers Geſicht und verurſachen durch ihre ſteifbehaarten Fuͤße eine unangenehme Empfindung; be— rührt man fie, fo laſſen fie außer einer Feuchtigkeit auch noch einen ſehr unangenehmen Geruch von ſich. Dieſes Inſekt laͤuft mit Schnelligkeit, ſcheut das Licht, und legt ſeine Larve am liebſten ins Mehl. Eine andere Geißel der Magazine und der Wohnzimmer find die Fourmis marronnes, eine ſehr kleine Gattung Ameiſen von rother Farbe; vor ihrer Gefraͤßigkeit iſt nichts ſicher und kein Zwiſchenraum ſo eng, daß ſie nicht eindringen konnten. Sie fallen andre Inſekten fehr muthig an, und ihrer 20 bis 30 ſchleppen dann oft ein zehnmal größeres Thier nicht nur auf ebenem Wege fort, ſondern auch an Waͤnden und Mauern in die Hoͤhe, wenn ihre Kommuni— kation ſie dahin fuͤhrt. — 169 — Die ganz große Ameiſe, welche eine Plage der Menſchen auf dem Feſtlande von Amerika iſt, kommt hier nicht vor. Die Moskitos ſind bekannt. Man kann den Schmerz, welchen ihr Stich veranlaßt, bald lindern, wenn die Haut mit Unſchlitt beſtrichen wird. — An feuchten Orten ſind ſie am zahlreichſten; fie folgen den Menſchen. Oft ſah ich auf meinen Excurſionen einen ganzen Schwarm hinter mir her— ziehen; blieb ich nur einen Augenblick ſtehen, um irgend etwas zu beobachten, ſo war ich in einigen Minuten ganz bedeckt. Eine zweite ſehr kleine, aber ebenfalls Schmerz brin— gende Gattung iſt die der Flohmuͤcken (Culex pulicaris Gm. 2888.). Dieſe dringt befonders in die Zimmer ein. Unter den vorzuͤglichen Arten von Inſekten habe ich nachfolgende, worunter einige ganz neue ſind, mit hieher gebracht: Schmetterlinge (Lepidoptera). * Papilio Alcyonia IIbst. Charitonia bst. * Eubule Cr. * „ Alcmeone Cr. 8 Monusta Cr. 53 Amasine Cr. n Sphinx Hasdrubal F. „ Alope Cr. Bombyx Bella Cr. Noctua Agarista Cr. * * Käfer (Coleoptera). Chlorima obsoletum Oliv. * Calandra sericea Oliv. %* Stenocorus irroratus Oliv. „„ * Clytus suturalis Oliv. * Lampyris fulgida Oliv. * Oyclocephala. 75 barbata Fahr. 75 signata Fahr. *Scarabeus. * 55 tinnulosus Pal. de Band, * Melolontha. 75 fervida Fabr. * Lamia. 55 Scorpis Fabr. * Cryptocephalus. 55 lasofasciatus Kollar, Halbfluͤgel (Ulemiptera). * Scutellaria. 35 Kabrici Kollar. * Coreus. „ ruſo marginatus Kollar. Von Schleimthieren find mir blos folgende zwei Arten vorgekommen namlich: * Sepia officinalis, Tintenfiſch und * „ media, Meerſpinne. Letztere, welche mit ihren armformigen Theilen Alles faßt, lebt am Ufer der See, da, wo das Waſſer ſeicht iſt. Ein Neger durchſtach einſtmals eines dieſer Thiere, um es fuͤr mich zu fangen, mit einem ſpitzigen ſtarken Stock, mit welchem er es ſodann auch aus dem Waſſer hob. Das Thier zeigte hiebei ſeine ganze Kraft, indem es einen großen Stein umſchlang und ihn mit in die Hoͤhe nahm. Die Franzoſen nennen es Chatruille; fie ſollen den vierfuͤßigen Thieren und Menſchen im Waſſer ſehr gefaͤhrlich werden. — Mm — Unter den Schaalthieren findet man beſonders zahlreich die Familie der Krabben, die ſich theils im Waſſer, theils auf dem Lande in Loͤchern und verborgenen Orten aufhalten. In den Gebirgen bemerkt man am haͤufigſten die ſogenann— ten Soldatenkrabben, die ſich ein leeres Schneckenhaus auf— ſuchen, in welches ſie kriechen, und es mit ihrer großen Scheere, die quer vor der Oeffnung liegt, vertheidigen. Wird ihnen dieſes Haus zu klein, fo fuchen fie ſich ein anderes auf. Unter den eßbaren Krebſen zeichnen ſich die Hummern aus, die oft einen Fuß lang ſind. Ihr Fleiſch iſt nicht ſo zart wie das unſerer Krebſe, ſondern hart; deßwegen ſchnei— det man es auf dem Teller ſehr fein, und genießt es mit Eſſig und Oel. Die gewöhnlichen Landkrabben, die breiter als lang ſind und haͤufig in den Suͤmpfen vorkommen, werden von dem gemeinen Volke genoſſen. Beſonders auf— gefallen unter den Krabben iſt mir eine ganz kleine, von den Eingebornen mal oreille genannte Art. Ihr Körper iſt breiter als lang, und eine einzige Scheere, welche das Thier immer quer vor dem Kopfe haͤlt und womit es ſich ver— theidigt, im Verhaͤltniſſe zu dem Koͤrper ungemein groß. Sie durchloͤchern die Ufer, wo ſie ſich in Menge aufhalten, und können ungemein ſchnell die Flucht nehmen. Von Conchylien habe ich eine große Menge mitgebracht, worunter beſonders die Kriegsmuſchel, Strombus gigas, ſich in großer Anzahl befand. Auſtern kommen häufig vor, allein man faͤngt fie auf den weſtindiſchen Inſeln aͤußerſt ſelten. Weit haͤufiger werden von dem gemeinen Volke die Bewohner der Kriegsmuſcheln genoſſen. f Unter den beſtimmten Conchylien, die ich von Weſtindien zurückgebracht habe, finden ſich folgende Species vor: 2 * Chiton aculeatus. * Lepas porosa. * Tellina tigrina. Pinna rudis. ** Conus varius. „ leoninus. 8 achatinus. * „ intorruptus. * Cypraca Exanthema. er, Cinerea. * Bulla gihbosa. 2 „ ampulla. Voluta. * 5 77 Oliva. . 95 asperula. ** = mercaloria. % 5 fusca. * Buccinum. 1 Perdix. 25 75 tuberosum, * a Arcola. 1 5 Olearium. 2 5 Terticulus. * Sirombus. *. fr Gigas. * 5 Urceus. 5 Oniscus. 1 35 Gallus. 15 9 pugilis. * Murex. 53 Tritonis, 4 Melongena. 3% Galen. * Murex "Tulipa. *. * % . % *. 38 Turbo. 79 9 79 Helix. ” Nerita. 59 Patella. 57 „ 79 Spenglerianus. Pica. Castanea. cornu militare. Caurena. octoradiata. barbadensis. jamaicensis. 173 — 174 — * XVIII. Allgemeine Anſicht der Pflanzenwelt auf Hayti. Ueberall, vom Suͤden bis zum Norden, ſo weit man vorgedrungen, iſt unſere Erde mit Vegetabilien geſchmuͤckt. Gegen den Aequator zeigt ſich die Vegetation am reichhaltig— ſten, gegen die Pole zu nimmt die Mannigfaltigkeit derſel— ben ab. Waͤhrend die Vegetation in Europa mehr einfoͤrmig erſcheint, und unſere Waldungen nur aus mehreren, oftmals nur aus einer einzigen Baumgattung beſtehen; ſo erhoͤht in den tropiſchen Laͤndern ein buntes Gemiſch das Bild des Lebens, und hohe Baͤume prangen mit den farbenreichſten Bluͤthen aus den Familien der Malvaceen, Papilionaceen und Ipomaceen. 2 Hayti, unter dem Himmelsſtriche gelegen, wo Hitze und Feuchtigkeit das Wachsthum beguͤnſtigt, zeigt eine Vegetation von außerordentlicher Kraft und Ueppigkeit. Durch Urtheile von Maͤnnern, die oft fuͤr die ſchoͤne Natur keinen Sinn hatten, oder aus Mangel an Zeit keine naͤhern Beobachtungen anſtellen konnten, wird man leicht zu dem Fehlſchluſſe verleitet, als ſeyen Baumloſigkeit und kahle Felſenmaſſen der Charakter der weſtindiſchen Inſeln, waͤhrend doch hier ſogar die Kalk— und Korallenfelſen mit bunten Schoͤpfungen der organiſchen Natur bekleidet ſind. Allerdings glaubt man in der Ferne oft nur kahles Gebirgsland zu ſehen, aber bei naͤherer Be— trachtung ſtaunt das Auge über die Lebens fuͤlle, welche da, ae wo Alles öde ſchien, verſchwenderiſch ausgebreitet iſt. Und immer wieder nimmt die Landſchaft einen andern Charakter an. Da ſtoͤßt man bald auf dichte, undurchdringliche Waldun— gen, die noch keines Menſchen Axt beruͤhrt hat, bald auf weite Sandflaͤchen, die, ſoweit das Auge reicht, von Sta— chelgewaͤchſen ſtarren; bald Öffnet ſich eine Ausſicht in tiefe, fehdn von Bergen umgrenzte Thaler, bald auf reichbeſaͤte Felder und Plantagen. Führt der Weg über Felfenreihen und Kalkgebirge, ſo ſind Stufen eingehauen, uͤber welche die Pferde mit unglaublicher Geſchicklichkeit und Sicherheit in die Tiefe hinabſteigen, und eben ſo geſchickt heraufklettern. Gleich beim Ausſteigen ans Land verwundert man ſich, aus Steinhaufen und Ruinen uͤppige Bananen- und Melonenbäͤume emporfproßen zu ſehen. Einzaͤunungen von Holzſtaͤmmen haben Wurzeln geſchlagen und ſind zu maͤch— tigen Baͤumen aufgewachſen. Die kleinen Gaͤrten, welche die Haͤuſer umgeben, ſind mit Brodbaͤumen und mit den ſchoͤn rothen Blumen der Plumeria rubra geziert, die mit den goldfarbigen Früchten des Mangobaums, Mangifera indica, oder dem prangenden Farbenſpiele der Blaͤtter des Goldblattbaumes (Chrysophyllum Cainito) herrlich kon⸗ traſtiren. Schwer mit goldfarbigen Fruͤchten beladene Oran— genbaͤume lachen uns entgegen; waͤhrend dort eine herrliche Palme wie eine Königin hoch emporragt, Alles ringsumher majeftätifch beſchattet und den Wanderer zum Bleiben einzu— laden ſcheint. In den Ebenen geſellt ſich zu den Palmen eine Menge von Seittamineen, als: Heliconia, Amomum, Muſa, dann die mächtigen und dichten Bambusgebuͤſche (Bambusa arun- dinacea) mit ihren ſchattigen Bogengaͤngen, worin ſich des Nachts Schaaren ſchwarzer Vögel (Crotophaga major) ver⸗ bergen; endlich mancherlei Arten von Rieſengraͤſern, die ein Schmuck dieſer Gegenden ſind. Welch' reicher Stoff fuͤr — 176 — Maler und Gartenkuͤnſtler, den Charakter dieſer Pflanzen— gruppen zu ſtudiren, und Nachahmungen in unſern Gaͤrten zu verſuchen. Die grünen Raſenteppiche, die aber nur in der naſſen Jahreszeit ſchoͤn genannt werden koͤnnen, beſtehen aus verſchiedenen Grasarten, wozu mehrere Paſpalum- und Cloris-⸗Arten gehören, Dann finden ſich daſelbſt: Parthenium histris, Hedysarum reptans, Poerhavia erecta, Poa ciliata; letztere Pflanze vertritt ganz die Stelle der Poa distans in unſern Laͤndern. Tribulus maximus ziert die Raſenflaͤchen durch feine haufigen goldfarbigen Blumen. An Wegen trifft man haͤufig ſtatt unſers Loͤffelkrautes und unſerer wilden Gerſte u. dgl. folgende Pflanzen an. Vinia rosea, Datura Metel, Cassia occidentalis et ligustrina, Hedyotis ver- tieillata, Megastachya ciliata, Kupatorium purpurascens, Mimosa pudica u. ſ. w. In den Savannen trifft man Lacharum contractum, Sorchum halapensse, Agrestis tenacissima, Denela ame- ricana, Kylingia pumila, Scirpus ferrugineus, Kleusine indica, Scleria mitis, Cenchrus parviflorus u. dgl. Da- tura stramonium iſt die einzige dort haͤufig vorkommende Pflanze, die auch bei uns wild vorkommt. Ich habe ſie jedoch nur in der Naͤhe der Capſtadt angetroffen, es iſt daher möglich, daß ſie durch zufällig ausgeſtreuten Samen dahin verpflanzt worden waͤre. Die kleinen Gebuͤſche beſtehen aus: Petittia domingen- sis, Psydium pyriferum, Tabernae montana citrifolia, Geoffraea inermis, Coffea occidentalis, Psychotria gla- brata, Plumeria alba, Inga alba, Poinciana pulcherrima, Acacia cornigera, Malphigia urens, durch welche ſich verſchiedenartige Paſſifloren, Ariſtologien, Cucurbiaceen und andere Schlingpflanzen, ſo wie manche mir gaͤnzlich unbe— kannt gebliebene Baͤumchen, Straͤuche und Pflanzen hinziehen. Die ſumpfigen Gegenden ſind mit vielen Cyperaceen, | | | | | — 177 — Sagittarien, worunter auch die ſchoͤne Sagittaria lancifolia, mit Maranthen, Heliconien, und einer Menge uͤppiger Rieſen— graͤſer bedeckt. An ſie ſchließen ſich dann die Sumpfwaldun— gen der Rhizophora Mangle, Avicennia tomentosa und Cono⸗ carpus-Arten an. Dieſe Gebuͤſche kann man aber nur in einem Boote beſuchen, ja an manchen Orten ſind ſie ganz unzugaͤnglich. Ich hatte oft ſchon über dieſe Sumpfwaldungen nach⸗ geleſen, konnte mir aber nie eine deutliche Vorſtellung von der Eigenthuͤmlichkeit derſelben machen. Am naͤchſten kommt denſelben in unſern Laͤndern ein Wald, der eben von einem angeſchwollenen Fluſſe uͤberſchwemmt wird, wie es im Fruͤh⸗ jahr an den Donauufern bisweilen der Fall iſt, — nur mit dem Unterſchiede, daß die Stämme nicht innerhalb der Waſ⸗ ſerflaͤche, ſondern uͤber derſelben auf 8 bis 10 armſtarken Wur⸗ zeln ruhen. Dann reichen von den obern Aeſten des Baumes ebenfalls armſtarke, keilfoͤrmig zugeſpitzte Wurzeln ins Waſſer oder in den Schlamm herab, und bilden in ihrer umgebung ſogleich neue Baͤumchen, ſo daß ein einziger Baum im Stande iſt, ſich in einen ganzen Wald umzuwandeln. Uebri⸗ gens iſt zu bemerken, daß Baͤume dieſer Art nur in ſolchen Suͤmpfen gedeihen, die hie und da von der See uͤberſchwemmt werden und daher ein ſalziges Waſſer enthalten“). Noch intereſſanter wird der Anblick, wenn dieſer Baum eben mit feinen keilformig geſtalteten Wurzelfruͤchten behangen iſt, welche nach ihrer Reife abfallen und ebenfalls zu neuen Baͤumchen empor ſteigen. Die Urwaldungen, welche theilweiſe die Gebirge bedecken, 6) Ich habe es verſucht ſolch abgefallene, einen Schuh lange Wur— zeln in Hapti einzupflanzen, und hatte das lohnende Vergnügen, fie nicht nur glücklich nach Europa zurückzubringen, ſondern fie auch in einer Auflöſung von Salzwaſſer gedeihen zu ſehen. Hayti, 12 — 178 — ſind von unbeſchreiblicher Schoͤnheit und gewaͤhren einen majeſtaͤtiſchen Anblick. Es ſey mir erlaubt, hier einzuſchalten, was ich in einem Aufſatze im Archiv für Geographie ꝛc. (Wien 1823) über dieſen Gegenſtand geſagt habe, „Schattirungen vom Lichteſten bis zum Dunkelſten, die vielartigſten Gattungen von Blättern der Baum- und Staus denarten, die Abwechſelung der mit den herrlichſten Farben prangenden Pflanzen, kurz Alles, was hier das Auge auf ſich zieht, iſt fuͤr den Europaͤer entzuͤckend. Nur hier findet der muͤde Wanderer die angenehmſte Kuͤhle, wenn er, von der Tageshitze bis zur Erſchoͤpfung matt geworden, nach Erfriſchung lechzt. Undurchdringlich iſt hier den mächtigen Sonnenſtrahlen die dichte Blaͤtterdecke der mannigfaltigen Feigenarten, der Panax (Panax Chrysophyllus), des Ma⸗ hagonibaumes (Swietenia Mahagoni), der vielgeſtalteten Fiederungen der Palmengattungen und des großen Blattes vom Kanonenbaume (Ceeropia peltata), deſſen auf der Unterflaͤche weiße Blätter, wenn fie vom Winde bewegt wer den, dem ganzen Walde bald ein ſilberweißes, bald ein mit dem ſchönſten Grun abwechſelndes Ausſehen geben. Die feierliche Stille in dieſen gigantiſchen Waldungen wird oft durch das ſonderbare Geſchrei eines Waldvogels, oder das Knarren der durch den Wind bewegten, ſich aneinander reibenden Stämme ungewöhnlich hoher Baͤume, oder durch das Geraͤuſch großer, ſteifer Palmblaͤtter unterbrochen. Oft greift man, durch ein auffallendes Getöͤne aufgeſchreckt, nach dem Saͤbel oder den Piſtolen, den Angriff eines lauſchenden Negers fuͤrchtend, oder man wähnt ſich in Gefahr, von einem Wildſchweine angefallen zu werden. Wirklich ſtieß ich oͤfters auf einzelne im Wald umherſtreifende Neger, welche Honig ſammelten, oder den Wildschweinen auflauerten. a Der Naturforfcher findet ſich in dieſen Hainen ganz in ſeiner Sphaͤre; bald haſcht er einen goldſchimmernden — 19 — Schmetterling, bald ſchießt er einen bunten Vogel, hier nimmt er einen Kaͤfer auf. Einen eigenthuͤmlichen Reiz gewaͤhren in dieſen Waldungen die fuͤnfzig Fuß hohen, bald ſenkrechten bald wagerechten Waͤnde der Lianen (Schlingpflanzen), welche, als waͤren ſie von Menſchen— haͤnden gezogen, bisweilen ganze Lauben bilden, und die rieſenhaften Feigenarten, von welchen Wurzeln von hohen Gipfeln herab in die Erde ſproßen, an denen ſich abermals eine Menge Pflanzen emporwindet. Hat man ſich einige hundert Schritte durch alle dieſe Hinderniſſe, worunter auch die zahlreichen, morſchen und verfaulten, zuſammengeſtuͤrzten Baͤume zu rechnen ſind, durchgearbeitet, ſo zeigt ſich dem Auge ein hoher Steinhaufen oder ein tiefer Abgrund. Man tritt bisweilen plotzlich wie aus einer Fühlen Grotte oder einem Walde in die heiße Gluth des Tageslichtes hervor, und genießt nun eine freie und reiche Ausſicht. Dieſe Abgruͤnde ſind gewöhnlich der Aufenthalt der Schlangen und anderer Am— phibien. Groͤßtentheils iſt ihr Lager mit den ſchoͤnſten Far⸗ renkraͤutern ausgeſchmuͤckt. Unter dieſer Schattendecke, da, wo kleine Waſſer rauſchen, trifft man auch die herrlichen Cyateen und die übrigen baumartigen Farrenkraͤuter, die wie. ein Palmenwaͤldchen ausſehen. Die Feinheit und Zartheit ihres mannigfaltigen Gefieders, das am Ende des Stammes eine Krone bildet, macht ſie auch in der That wuͤrdig, den Platz neben der Palme unter den Vegetabilien einzunehmen, und von den Eingebornen werden ſie allgemein durch den Namen Oroero marron, wilde Palme, ausgezeichnet. Nir— gends habe ich dieſe herrlichen Pflanzen in größerer Anzahl getroffen als in den Gebirgsſchluchten bei Saus ⸗Souci, wo fie faſt in ein ewiges Dunkel gehüllt find. Ihr Stamm hat 1 Fuß im Durchmeſſer, und 12 bis 14 Fuß in der Höhe. Die Peripherie iſt bedeutend, da ein einziger Zweig immer 8 bis 10 Fuß Laͤnge hat. Von beſonderer Schoͤnheit 12% — 180 — find die Cyathea commutata et arborea, ohne der herrlichen Davallien, Polypodien und Mertenſien zu gedenken. Oft kommt man in ein Gewirre rankender und Alles umſchlin⸗ gender Paſſifloren. Ihre Bluͤthen aber gehen meiſtentheils fuͤr das Herbarium verloren, denn hoch auf den Baͤumen, auf ſie ſich geſchlungen, kommen ſie erſt zur Bluͤthe. Orchi⸗ deen, beſonders Epidendrum-Arten, Tillandſien und Ananas haͤngen allenthalben, und manchmal ſehr hoch, ſchmarotzeriſch auf den Baͤumen herum; ſie leben einzig und allein von der Rinde der Baumaͤſte, die ſie mit ihren trockenen Wurzeln umklammern. Die Vögel tragen die Früchte der Ananas auf hohe Baͤume, um ſie dort zu verzehren; da der liegen bleibende Saame gern in die morſchen Baͤume einwurzelt, ſo kommt es, daß Ananas auch auf den Bäumen wachſen. Ich habe die Ananas in den Gebirgen wild und immer gruppen⸗ weiſe angetroffen, oftmals in Geſellſchaft von Agave ame- ricana an lichten Plaͤtzen im Walde, oftmals aber auch auf Felſen in ſchattigen Waldungen; zur Zeit der Reife ihrer Fruͤchte umſchwaͤrmt ſie eine Schaar von Inſekten, groͤßten⸗ theils Wespen und Fliegen, die hier eine vollkommene Nah— rung finden. Diejenigen Ananas, die ich in den Gebirgen gefunden habe, und von denen hier die Rede iſt, find ftachel- los; dagegen die, welche man mit dem Namen wilder Ana⸗ nas bezeichnet, die keine eßbaren Fruͤchte tragen, und blos ihrer Bewaffnung wegen zu Einzaͤunungen der Gaͤrten ange⸗ pflanzt werden, mit haͤufigen Stacheln beſetzt ſind. Die Fruͤchte der Ananas, welche man taͤglich zu jeder Jahreszeit auf dem Markte verkauft, ſind in Gärten gepflanzt und gezogen worden, wo fie weit größer und geſchmackvoller als in der Wildniß werden, Ich zweifle auch ſehr, daß die Ananas auf dieſer Inſel urſpruͤnglich zu Hauſe iſt, ſondern 5 ſcheint mehr durch die Milde des Klimas verwildert zu eyn. - u Nach dieſer kleinen Abſchweifung wieder in die Wal— dungen zuruͤckkehrend, ſehe ich mich von einer Anzahl von Vegetabilien aller Art, von Baͤumen und Geſtraͤuchen um— geben. ; Dieß iſt ungefähr das Gemälde der mittleren Regionen; erreicht man aber die Alpen-Regionen, ſo nimmt die geſammte Natur einen andern Charakter an. Hier haben die hohen Waldbaͤume aufgehoͤrt; man ſieht ſich nun ploͤtzlich von einer Alpenflora umgeben und erblickt die herrlichen Waldungen, aus denen hie und da die maͤchtigſten Palmen hervorragen, zu ſeinen Fuͤßen. Schluchten und andere ſchattige Plaͤtze ſind hier mit einer felſigen Pflanzendecke beſetzt, beſtehend aus verſchiedenen Mooſen und Farrenkraͤutern, die durch die feuchten Duͤnſte und Nebel, welche des Nachts die Gipfel der Gebirge umhuͤllen, hinlaͤngliche Nahrung erhalten. Dieſes dichte Gewebe von Vegetabilien, beſteht groͤßtentheils aus Lycopodium selago und cernuum. Man glaubt einen Wald in Miniatur zu ſehen, wie etwa im Krummholzge⸗ birge auf dem dſterreichiſchen Schneeberg. Mertenſien, Aſpi— dien, Pitcarnien und tauſenderlei andere Pflanzen winden ſich hin und her, und bedecken den fruchtbaren Boden, In den ſandigen Gegenden, die in der trockenen Jahres— iet durch die ſenkrechten Strahlen der Tropenſonne beinahe zur Gluͤhhitze gebracht werden und den Negern die Fußſohlen ſengen, muͤßte die organiſche Natur nothwendig verſchmach— ten, hätte nicht die weiſe Vorſehung auch hier geſorgt, und jedem Strich Landes ſeine eigene Vegetation angewieſen. Hier nehmen die Stachelgewaͤchſe ((Succulentae) ihren Platz ein. Dieſe groͤßtenheils unfoͤrmlich geſtalteten Gewaͤchſe ſind fleiſchig und ſaftreich, und haben die ſonderbare Eigenſchaft, in der naſſen Jahreszeit, ſo viele Feuchtigkeit einzunehmen, daß fie in den trockenen Monaten nicht nur den glühenden — 182 Strahlen vollkommen widerſtehen koͤnnen, ſondern ſie dienen auch noch vierfuͤßigen Thieren zur Nahrung, die vom Durſte gepeinigt, mit ihrem Hufe den fleiſchigen Koͤrper der Gewaͤchſe verwunden, und den aus der Wunde haͤufig herausquellenden Saft trinken; wie z. B. Cactus Melocactus, der zwei Fuß im Umfang hat, und gegen zwei Maaß Saft enthalten kann, Denſelben Nutzen gewaͤhren einige Tillandſien-Arten, deren Blätter fo tuͤttenfoͤrmig in die Höhe ſtehen, daß ſich das Waſſer mehrere Wochen darin haͤlt. In dieſem Sandmeere ſtaunt man ganze Waldungen von Cactus an, deren Staͤmme ohne Uebertreibung einen bis anderthalb Fuß im Durchmeſſer haben, und bei 20 Fuß hoch ſeyn koͤnnen. Ernſt und groß iſt der Eindruck, den ſolch ein Anblick gewaͤhrt. Welche Muͤhe, und welchen Ko— ſtenaufwand erfordert es nicht, um in Europa nur einige Zwerggeſtalten dieſer Pflanzenkinder, der Seltenheit wegen, zu cultiviren. Ich durchſaͤgte einige dieſer Stämme, um damit meine Holzſammlung zu bereichern, allein ich hatte nichts als eine hohle Rinde, die bald in einen faulen und faſerigen Stoff uͤberging. Hiezu gehoͤren die Arten, Cactus brasiliensis, spinosissimus, Tuna und mehrere andere, die mir unbekannt geblieben ſind. Sie ſind theils mit rothen, theils mit gelben ſaftigen und ſuͤßlich ſchmeckenden Fruͤchten belaftet, die haufig herabfallen und von den Vögeln und Inſekten aufgeſucht werden. Die Neger nennen dieſe Fruͤchte Pommes d'orge, und laſſen fie unbenuͤtzt. In ſolchen Ge— genden trifft man faſt nichts von gruͤn belaubten Pflanzen und glaubt ſich daher in eine afrikaniſche Landſchaft verſetzt. Statt der gruͤnen Pflanzenteppiche bedecken die Huͤgel einige Aloen- und niedrige Cactusarten, als foliosus, grandiflorus, triangularis, opuntia. Nur hie und da wird dieſe groteske Vegetation durch einige ſtachlichte Akazien, Acacia cornigera = ww => und farnesiana, die auch hier vorkommt, unterbrochen. Sel⸗ ten und nur in der Naͤhe von Wohnungen erheben ſich einige Tannenpalmen und andere Fruchtbaͤume. Noch intereſſanter wird der Anblick ſolch einer Land— ſchaft, wenn man von der See aus dahin kommt. Eine Menge ſcheinbarer Baumſtangen ragen uͤber aſchgraue, ſon— derbar geformte Gebuͤſche empor, deren Zweck man ſich An— fangs nicht erklaͤren kann, bis man in ihnen die hohen auf— rechtſtehenden Cactus heptagonus erkennt, die jedoch kaum einen Stamm von etlichen Zollen im Durchmeſſer bilden, armfoͤrmig in die Hohe wachſen, alsdann vermoͤge der ſchwa— chen Wurzel vom Wind in die Arme der uͤbrigen geworfen werden, und ſofort einen vegetabiliſchen Wirrwar bilden, bis ſie endlich zuſammenfaulen. Noch einen verſchiedenartigen Anblick gewaͤhrt die Vege— tation der Kalkgebirge. Hier trifft man lange Reihen von Baumaloeen, deren Blumenſaͤfte hoch emporſteigen, und an der aͤußerſten Spitze mit einer Menge feuerfarbiger Blumen gefrönt find, welche ich haufig von Colibris umflattert ſah. Mit ihnen wechſeln niedere und halbhohe Cactusarten. Son— derbar iſt es, daß ich keine von den uͤbrigen verwandten Gat— tungen von Fettpflanzen, als Euphorbien, Cacalia craſſula, Semper vivum, u. dgl. getroffen habe; ein Beweis, daß dieſe letztgenannten Pflanzengattungen nur in Afrika vorkommen. Eine einzige Species von Mesembryanthenum, ſich die etliche Fuß ausgebreitet hatte, und ungefähr dem Mesembryanthe- num virideflorum gleich kam, erinnere ich mich unweit der Capſtadt im Sande gefunden zu haben, Am Fuße eines nackten Kalkgebirges, welches mit einer Fettpflanzenvegetation bedeckt iſt, wovon der Mont blanc bei Gonayves ein treffendes Beiſpiel gibt, nimmt die gruͤ— nende Vegetation allmaͤhlig ab. Gebuͤſche von Acacia cor- — 181 — nigera untermiſcht mit Chamerops humilis und einer klei⸗ nen an der Bafis mit Fäden uͤberſponnenen Palme, einer Art Latavia, wechſeln ſchon mit baumartigen Cactus. Erz klimmt man Kalkfelſen, ſo ſieht man um ſich her lauter niedere Gewaͤchſe, und man hat einen freien Blick über das ſonder⸗ barſte Pflanzengewirr, XIX. Ueber das Herbarienſammeln. — Haytis Flora. — — — Groß find die Beſchwerden für den Herbarienſammler, da die meiſten Baͤume eine außerordentliche Hoͤhe haben, und erſt am Wipfel eine dichte Blaͤtterdecke bilden, fo daß man von vielen Baͤumen gar kein bluͤhendes Exemplar bekommen kann. Andere Pflanzen fügen ſich ihrer großen und ungeſtalteten Blätter halber nicht in unſere Bogen, oder zerfallen in Stuͤcke, nachdem ſie einige Tage eingelegt worden ſind, welches beſon— ders bei vielen Leguminoſen mit gefiederten Blaͤttern der Fall iſt. Kleine zarte Blumen kann man an ſonnigen Stel— len kaum geſchwind genug einlegen, um ſie gegen die Sonne zu ſchuͤtzen. An das Beſtimmen iſt auf Excurſionen nicht zu denken. Die Vegetation ſteht nicht wie in unſern Laͤndern nur während gewiſſer Monate in lebensfriſcher bluͤthenreicher Entwi— ckelung, ſondern das ganze Jahr hindurch bluͤhen Pflanzen und Bäume, ſo daß man in keinem Monat von einer allgemeinen Flora ſprechen kann. Eine Pflanze oder ein Baum bluͤht, während der andere Früchte trägt; hundert andere trifft man aber gar nicht in der Bluͤthe. Hat man daher nicht oͤfter Gelegenheit, einen und denſelben Ort zu beſuchen, ſo gehen für das Herbarium eine Menge Pflanzen verloren. So iſt es mir gegangen, und ſo wird es auch manchen Andern gehen. Daher koͤnnen noch viele Jahre fort Botaniker nach — 186 — jenen Ländern reifen, und man wird immer wieder neue Pflanzen entdecken, und hiebei brauchen wir nicht einmal die Hypotheſe in Betracht zu ziehen, daß die Pflanzen durch ge— genſeitige Befruchtungen, mittelſt des Windes und der Inſek— ten, ſich, wenn auch nicht gerade an Gattungen, doch wohl an Arten vermehren. Welchen ungeheuern Reichthum noch unentdeckter Pflanzen muͤſſen nicht die Urwaldungen im In— nern beider Kontinente noch verbergen. Uebrigens kommt zu den Beſchwerlichkeiten des Pflan— zenſammlers auch die Unthaͤtigkeit und Ungefaͤlligkeit der Neger, die ſo wenige Beduͤrfniſſe fuͤhlen, daß ſie, um ihrer Bequemlichkeit zu pflegen, oft die glaͤnzendſten Anerbietungen ausſchlagen. Daher kommt es auch, daß ſich z. B. mein Herbarium von Palmen, deren ich etwa zehn verſchiedene Species ſah, kaum einiger Species erfreuen durfte. Hierzunächſt folgt nun aus meinem Herbarium ein Betz trag zur Flora von Hayti, der, wie ich recht gut weiß, wohl ſehr unvollſtaͤndig iſt. Da mir aber keine Flora uͤber dieſe Juſel bekannt iſt, fo dürfte für einen kurzen Ueberblick meine Arbeit nicht ganze ohne Intereſſe ſeyn. Es finden ſich unter den hier aufgezaͤhlten Pflanzen viele nicht einheimiſche; um dieſe eigentlich nicht zur Flora von. Hayti gehoͤrenden Pflanzen mit jenen nicht zu verwechſeln, habe ich fie mit einem 8 bezeichnet. Baͤume, Straͤucher, Stauden und perennirende Pflanzen führen übrigens die in allen Büchern angenommenen Zeichen, — ii — PHANEROGAMIA. Crassıs J. MONAND RIA. Monog'ynia, Canna coceinea. Mill. dict. Ait. 2. Maranta Aromna. Aubl. Salicornia indica Willd. in Nov. act. soc. Berol. 2. t. 4 . 2. Amomum. sp. Crassıs II. DIAN D AKI A. Monogynia. Dialium guinense. Willd. Roemr. Arch. I. p. 31. t. 6. b Justicia spinosa. Jacq. Amer. 2. tab. 2. fie. I. h 55 sessilis Jacq. Amer. 2. tab. 2. fig. 2. h Gratiola Monneria. Jacgq. Obs. I. p. 4. t. 1. O Trigynia. Piper peltatum. L. Plum. amer. 56. t. 74. 4 „ reticulatum. Plum. amer. 56. t. 75. 2 „ Amalago. Willd. dict. n. 3. 2% Zeichen-Erklärung. h Bäume und Sträuche. Stauden. O einjährige. 6 Nicht einheimiſch. — 18 — Crassıs III. TRIANDRIA, Monog'ynia. Hippocratea scandens. Jacq. amer. t. 12. h Boerhavia erecta. Jacg. hort. t. 5. © Comocladia integrifolia. Willd. sp. pl. p. 18% h Scirpus domingensis. 55 ferrugineus. Mariscus aphyllus. Willd. sp. pl. 1. p. 259. Kyllingia pumila. Mich. 55 filiformis, Swartz prod., 20. Ej. flor. 21. Fimbristylis spadicea. Röm. Schult. Cyperus fascicularis. Mich. 1. C. p. 37. 55 dlistans. Jacq. ic. rar. 2 t. 299. 4 75 hexastachys. Rottb. 28. (. 14. f. 2. 55 vegetus. Willd. „ Ornithopus. Pers. Setania gracilis. Humb. et Bonpl. Panicum maximum. Jacq. ic. rar. I. t. 13. „ nemorosum. Swartz. prod. 22. „ laeve Lam. ill. gen, I. p. 173. Digynia. Digitaria horizontalis. Willd. Paspalum notatum. Flügge. 55 strictum. Pers. 25 conjugatum Swartz. prod. 21. 75 paniculatum Sloan. jam. 34. 55 virgatum Jaeg. Collect. I. g. 112. Chloris barbata Swartz. Rhabdochloa cruciata Beauv. 75 domingensis Beauv. — 489 — Dactylotenium aegyptiacum. Lam. ill. t. 48 f. 2. Eleusine indica. Michaux Flor. 1. p. 64. Sorghum halepense. Schreb. gram. p. 129. t. 18. O. 6 5 nitidum. Vahl. Symb. p. 112. Cenchrus echinatus Schreb. gram. 9. t. 23. f. 1. 55 parviflorus Poit. Pernicillaria cylindrica. Swartz. Saccharum officinarum. Rhumb. amb. 3. p. 186. 2 | 75 „ varietas, culmis variegatis 2 55 contractum. Poit. 2 Andropogon bicornis Sloan I. hist. p. 42. f. 12. Festuca Flabellata. Lam. Agrostis (Sporolobus) tenacissima. Lim. fil. Axonopus Poiretii. Röm. et Schult. Megastachya ciliaris. Beauv. Dinaebra americana. Beauv. 55 secunda. Beauv. Poa domingensis Poiteau. Crassıs IV. TETRANDRIA Monogynia. Hedyotis verticillata. Linn. Wallenia laurifolia (Petesiodes laurifolium Jacq. stirp. amer.) Swartz. Flor. 1. p. 248 — 249. 1.6. 5 Potitia domingensis. Jacq. amer. 14. t. 182. h Aquartia aculeata, Jacq. amer. 15. t. 12. h Scoparia dulcis. Willd. sp. pl. I. p. 652. © Fagara tragodes. Jacq. amer. 21. t. 14. h Cissus sicyoides. Swartz. Obs. 48. 21 Cuscuta americana. Linn. — 190 — CLASSIS V. P HF NT N Monogynia. Tournefortia volubilis. Lam. ill. t. 93. f. 2. b Plumieria rubra. Lin: Willd. p. 1242. h „ alba. Lin. Jacq. amer. t. 174. f. 2. 5 Rauwolfia nitida. Jacq. amer. dict. Nro. 2. h Tabernaemontana citrifolia. Jacg. amer. 38. t. 175. f. 13. 5 Pr laurifolia. Jacq. amer. p. 39. 5 Varronia humilis. Brown. Jam. 1. p. 172. t. 13. f. 2. 4 5 bullata. Pl. amer. pict. Tab. 43. 4 inchona caribaea. Pluckm. alm. 288. tab. 103. f. 3. 5 Hchites biflora. Lin. Syrt. 209. 2. Cordia. Büttnera cordata. Flor. Peruv. 3. p. 9. h Plumbago auriculata. Lam. enc. 2. p. 267. 4 Duhamelia patens. Jacg. amer. pict. p. 39. t. 72. h 55 erecta. Jacꝗ. Conocarpus erecta. Jacg. amer. 18. t. 52. fol. 1. b 55 racemosa. Sloan. jam. 156. b Ipomaea tuberosa Lin. Syst. 171. 2 D) carnea. Jacd. amer. 26. t. 18. 2% 59 villosa. Fl. Peruv. 2. p. 12. b. 121. f 1. 4 5 coccinea. Jacg. amer. piet. t. 68. b Coffea occidentalis. Jacqg. amer. pict. t. 68. h m arabica. Inos. act. 1713. p. 388. t. 7. h. 6 Chrysophyllum Cainito. Pl. amer. piet. tab. 31. b Achras mammosa, Jacq. amer. t. 182. f. 19. b Zursera gummifera. Swartz obs. bot. p. 130. b Psychotria glabrata. Swartz. Fl. ind. ece. 1. p. 390. h 5 domingensis. Jacq. amer. = 9 = Datura Metel. Rhumph. S. t. 87. © 75 Stramonium Blackn. t. 313. © Solanum Melongena (pomiferum) Willd. sp. pl. p. 1036. O. & 55 verbascifolium. Jacg. hort. t. 13. bh Nicotiana Tabacum. L. Vinca rosea. Lin. Mill. Diet. t. 186. 4 Anychia Herniariae. Michaux flor. 1. p. 113. © Asclepias nivea Plum. Sp. 2. ic. 30. 2. „ curassavica. Sloan. hist. 2. t. 129. 2 Convolvulus brasiliensis. L. (Batatte marron). 2. 55 Batatas. L. Michaux flor. 1. p. 138. 2 Ehretia Bourreria. Pl. amer. pict. tab. 58. h Jacquinia linearis. Pl. amer. pict. tab. 58. h Sideroxylon foetidissimum. Lin. Syst. 194. b Chimarrhis eymosa. Jacg. amer. p. 61. h Morinda muscosa. Pl. amer. pict. tab. 66. 9 75 Royoc. Pl. Spec. 2. t. 26. 5 Chiococca racemosa. Lin. Syst. 179. Pl. amer piet.- tab, 72, 2. Rhamnus iguaneus. Comm. Hort. 1. P. 141. 4. 73. 5 „ cColubrinus. Pl. amer. piet. tab. 74. h Achyranthes altissima. Sloan. Hist. jam. 2. p. 142. 2. Gouania domingensis. Lin. G. Glabrata. Jacq. amer, pict. p. 128. t. 264. f. 96. 4 Mirabilis Jalappa. Willd. Batsch. Anal. plant. 2. p. 84. 2. Digynia, Cynanchum racemosum. Pl. amer. piet. tab. 80. 2 „ parviflorum. Swartz. Fl. ind. occid. 1. b. 537. 2 Panax chrysophyllus Vahl. 9 Atriplex Halimus Lin. „ 2 ze Aralia arborea. Lin. Willd. 2. p. 1518. b „ capitata. Jacg. amer. 89. t. 61. h MA 1 . 0 Trigynia, Turnera pumila. Lin. Sloan. I. c. t. 127. f. 6. © 75 oistoides. Sloan. Hist. 1. t. 127. © CLassis VI. HEX AND RIA. Monog'ynia. Bromelia Ananas. L. Willd. Sp. pl. II. p. 7. 2. „ Pinguin. Jacqg. amer. ed. piet. t. 91. 75 Acanga. Pis. bras. t. 91. 2 Tillandsia lingulata. Jacq. amer. t. 62. 4 75 usnecides. Lin. Willd. I. c. p. 15. 2 55 tenuifolia. Swartz. Fl. ind. occ. 1. p. 592. 4 Loranthus uniflorus. Jacq. amer. 98. t. 69. 2. Pancratium caribaeum. Lin. Hort. cliff. 133. 2 Lagetta lintearia. Lam. enc. 3. p. 376. Daphne Lagetto, Swartz. (Bois dentelle). h Agave americana. ‚Alo& bonariensis. Örassıs VII. HEPTANDRIA, Monogynia. Pisonia aculeata. Willd. Sp. p. 283. h ee Crassıs VIII. OCTAND RIA. Monog nid. Dodonaea viscosa. Willd. Sp. pl. 343. h Lawsonia inermis. L. Lam, end. 2. p. 106. h. 6 Rhexia longifolia, Vahl. 2 Trigonis tomentosa, Jacq. amer, Combretum laxum, Willd. Sp. pl. 319. 4 Ximenia americana. L. Jacg. amer. 106. tab. 277. f. 31. 5 Trigynia. Paullinia triternata. Jacg. Pl. amer. pict. tab. 260. f. 29. | Coccoloba uvifera. L. Willd. Sp. pl. II. p. 457. 95 leoganensis. Jacq. amer. 113. t. 178. f. 33. h 75 diversifolia. Jacq. amer. 114. t. 76. b „ excoriata. Plum. ic. 146. t 1. h CLASS IS X. | DECANDRIA. | Monogynia. Melastoma racemosum. Enc. I. c. Aubl. t. 156. 2 Melia sempervirens. Swartz. amer. Ed. piet. t. 129. 4 Parkinsonia aculeata. Jacg. amer. Ed. pict. t. 129. b Moringa zeylanica, Willd. Sp. pl. II. p. 536. 5 oleifera. Lamark. 5 Poinciana pulcherrima. Jacg. amer. 122. pict. t. 120. Caesalpinia crista, Swartz. b. C. Plum. t. 68. h Swietenia Mahagony. Willd. Sp. pl. II. p. 557. h Trichilia spondivides. Jacd. Schoemb, I. p. 54. t. 122. b Hayti. 13 — 1 Samyda serrulata, L. Jacq. Collect. 2. p. 328. t. 17. 1. 1 Cathartocarpus Fistula. Pers. = Bactyrilobium Fistula, Willd, 55 Cassia Fistula. L. grandis, Lin, suppl. p. 230. 5 Cassia brassiliang. Lam. Casearia spinosa, Willd. Sp. II. p. 626. 75 C. aculeata, Jacq. 95 Samyda spinosa, Lin, h Cassia glandulosa, Lin, 7 alata, Jacq. Obs. 2. p. 24. t. 45. f. 2. h 55 spectabilis, De Candoll, h » occidentalis (foetida) Lin. Sloan, jam. 2. t. 176, 24 55 ligustrina, L. Dill. elch. 560. t. 259. f. 338. 4 Guilandina Banduc, Lam, enc, I. p. 434. etill. t. 336. h Haematoxylon campechianum L. Lam, ill, t. 340. h Tribulus maximus. L. Jacq. amer. ic, rar, 3. t. 462, 2 Trigynia. Malpighia urens, L. Mill, dict. i. c. t. 181, f. 1. h „ dubia. Cavan, I. C. p. 413. t. 243. h Triopteris ovata. Willd. Cav. I. c. p. 43. f. 259. b Crassıs XI. DO DEC AND RIA. Monogijnid. Rhizophora Mangle, L. Jacd. amer, 141. t. 89, Ed. pict, pr. 63. 5 Bocconia frutescens, Willd, Sp. pl. 2. p. 840, h — 195 — Triumfetta semitriloba, L. Jacd. amer, 174. Ed. piet, t. 133. 4 55 rhombifolia. Jacq. amer. 147. t. 90. 2 Portulaca pilosa, Lin. Gaest, de. fr. 2. p. 212, . 128. O „ bpaniculata. Lin. Syst. 371. Plant; amer. piet; tab. 136. 4 Trigynia: Kuphorbia hypericifolia, Lin. „ tithymaloides. Lin. E. myrtifolia. Lam: ill. 416. 2. Crassıs XII. ICO SAND RIA. Monog'ynia. Cactus glomeratus,; Lam. enc; I. p. 537. 2 55 brasiliensis; hortul, Opuntia. Brasil. Wild. 7 grandiflorus, L. Plant, grass. ic. Trew. chr. t, 31. 32. 35 pendulus, Swartz, Fl. Ind. oc. 2. p. 576. » Opuntia. L. Knorr. Mill. ic. 191. 55 coceinellifer. L. Knorr. Plant. grass. 5h 5 spinosissimus, Act. Kew. 2. p. 155. b 55 heptagonus. Lin. 8 „ Nelocactus. Willd. Sp. II. P. 938. f. coronatus; Lam. Digynia. Chrysobalanus Icaco. Jacg, amer. 154. t. 94, Ed, piet t, 141. + 13 — 196 — Crassıs XIII. POLYANDRIA Monogynia. Marcgraavia umbellata. Jacq. amer, Ed, piet, t. 143. 4 Mammea americana. Jacd. amer, p. 268. h Capparis etandra. Jacꝗ. Pl, am. pict. t. 149. b „ comosa. Jacg, am. 5 „ frondosa. L. Pl. amer. piet, t. 153. h „ ferruginea. L. Jacq. amer, pict. ed pict. h Muntingia Calabura. Jacq. amer, piet, p. 81. t. 158. h Argemone mexicana. L. Meriam. Surin. 24. t. 24. O Bixa Orellana. L. Sloan. hist. 2. p. 52. t. 181. f. 1. h Clusia rosea. L. Jacq. amer. ed, pict. p. 131. h Citrus decumana. L. Rumph. 2. t. 24. f. 2. Pumpel⸗ mus. & „ medica (acida) Willd. Sp. III. p. 1426. h & » Aurantium (duleis) Lam. ill. t. 639. f. 2. h. & Crassıs XIV. DID ITIN AMI A. Gymnospermia. Zapania nodiflora Willd, I. c. p. 117. 7 Lippia nodiflora, Mich, Verbena. 55 nodiflora. 4 Ocymum americanum L. O Lantana aculeata, Ait. Ken, 2. p. 352. h Angiospermid. Martynia diandra. Jacq. Schweb. 3. p. 21. t. 289. © Duranta Ellisia. L. Jacq. hort. 3. t. 99. b Bignonia longissima, Jacd. amer, 182. t. 176. f. 78. h — 197 — Bignonia unguis. Willd. Plum. amer. 80. t. 94. h 575 staminea. Willd. Lam. enc. 1. p. 121. b Avicennia tomentosa, Willd. p. 393, Jacg. am, f. 117. . 2. bh Capraria biflora, Pl, amer, pict. 174. 2 Verbena lappulacea. Jacq. amer, 1. p. 37. t. 24. Priva- lappulacea. (Pers,) Crassıs XV. T ET RAD VYIN AMI A. Siliculosa. Lepidium Iberis Roth. I. c. Label. icon. 223. © 55 virginicum. L. Sloan. hist. 1. p. 195 t. 123. f. 3. O Cleome procumbens. L. Jacg. amer. 189. t. 120. O „ polygama. L. Willd. Sp. III. p. 565. © Crassıs XVI. MONA D ELP HI A. Triandria. Tamarindus indica. Willd. Sp. pl. III. p. 577. b Lobelia longiflora. L. Jacq. hort. t. 27. h Pentandria. Melochia pyramidata. L. Willd. Sp. II. p. 600. 2 Passiflora quadrangularis. Jacq. amer. 231. t. 143. 2 5 maliformis. Jacq. Schoenb. 2. p. 27. t. 180. 4 5 lancifolia. Jacq. Hort. 2. t. 162. 4 v minima Jacq. hort. t. 20 2 „ foetida. L. Cav. diss. 10. p. 458. t. 289. © 75 Murucuja. L. Willd. Sp. III. p. 612. 2 — 198 — Oclandria. Pistia stratiotes. L. Jacg. amer, 234. . 148. Ed. piet, 1. 225. Dodecandria. Guazuma ulmifolia (Bubroma) Willd. Sp. pl. III. p. 1423. h. 6 Theobroma Guazuma L. Polyandria. Urena reticulata. Willd. Cav. I. c. 6. p. 335° 2 „ lobata. Willd. Lam. ill. t. 583 f. 1. 2 Pavonia spinifex. Willd. Cav. 3. p. 133. t. 45. f. 2. 4 Ilibiscus spinifex. L. Jacg. Hortus. 1. 103. 2 Sida indica. L. Cav. 1. p. 33. t. 7. f. 10. © „ periplocaefolia. Willd. Cav. 1. p. 26. t. 5. f. 2. O „ heruandioides. Willd. Herit. stirp. 1. p 121. f. 58. . „ triquetra. Jacq. hort. t. 118. Cav. 1. p. 26. t. 5. O Malva caroliniana. Willd. Cav. 2. p. 58. t. 15. f. 1. O Malachra- capitata. Willd. Cav. diss. 2. p. 97. 1.38. 1 & Adansonia digitata. Sam. ill. t. 588. Boabab. h. & Bombax pentandrum. Jacq. amer. Ed. piet. I. t. 176. h Hibiscus Manihot. Willd. Cav. 3. p. 172. 1. 63. f. 2. 2 55 Sabdariffa Willd. p. 170. O. & 5 esculentus. Willd. Cav. 3. p. 163. t. 61. f. 2. O. 6 Gossypium indicum Willd. Lam. enc. 2. p. 134. 4 > religiosum Swartz. Cav. 6. p. 313. t. 164. 1.1 9 arboreum. Willd. Cav. 6. p. 311. t. 193 5 — 199 — Mimosa pudica. L. Comm. hort. 1. p. 57. t. 29. 2 55 Lebbek. Pluck. alm. 331. f. 1. h „ cCornigera Pluck. alm. 3. t. 122. f. 1. b „ Farnesiana. L. Duh. Orb. ed. N. t. 28. h „ nilotica, Lin. Acacia vera Willd. h 55 scandens. Crassıs XVII. DIA D ELP HI A. Oclandria. Polygala ovata, P. domingensis Jacg. Stirp. am. h Decandria. Indigofera hirsuta. Willd. Burm, Zeyl. 137. f. 14. % „ Anil. Willd. b. 6 Amerimnum Brownei. Swartz. Flor. ind. oceid, 3. p. 1234. h 55 americanum. Geoffraea inermis Swartz. Plor, ind. occid. 3. p. 1255. h Erythrina Corallodendron. Ait. Kew. 3. p. 8. h Dolichos urens. Jacq. Stirp. amer. Pl. piet, t. 189. 4 9 articulatus, Willd. Plum. Sp. 8. ic. 222. 4 pruriens. Pl. amer. piet. t. 188. 2 32 subracemosus. Jacg. amer. 208. . 5 ruber. Jacq. amer. Ej. ad, pict. I. 191. 2 Galega caribaca. L. Willd. Sp. pl. III. p. 1247. 4 Cytisus Cajan. L. Pluk. alm. 29. 3. t. 213. f. 3. h. 6 Aeschynomene americana. Sloan. hirt. 1. p. 186. t. 188. l. 3. O Clitoria virginiana. L. Pluck. alm. 175. t. 90. f. 1. 2 „ rubiginosa. Juss. 2 „ amoena. Willd. C. brasiliana, Person. © = MH Inga fagifolia Jacq. amer, p. 264. f. 164. „ alba. Swartz. flor. ind. oc. 2. p. 976. 21 Crassıs XVIII. S 1 N GENE SIA. Aequdlis. Kleinia Porophyllum. Pluck. alm. 100, t. 161. f. 1. © „ ruderalis. Jacq amer. 215. O Eupatorium sinuatum. Lam. enc. 2. p. 407. 2 er atriplicifolium. Willd. Vahl, Symb. 3. p. 96. 2 Superflua. Conyza purpurascens, Swartz. hist, 1. p. 258. t. 189. £ 1. © Erigeron laevigatum. Richard, in Oct. Soc. Paris. p. 105. 2 Necessaria, Parthenium Hysterophorus. Willd. Sp. III. p. 2385. Ar- gyrochaeta bipinnatifida. Cav. ic. 4. p. 54 © Segregata. Elephantopus carolinianus, Willd. Mich. flor, 2. p. 148. 2 CLassIs XIX. GYNANDRIA Diandria. Epidendrum cochleatum, Jacq. amer. ic, rar, g. t. 600. 2. „ tetrapetalum. Jacgq. — Mi —: Hexandria. Aristolochia peltata, Jacq. amer. Ed. piet, t. 222. 24 ” reniformis, Willd. Sw. Obs. p. 341. 5 caudata, Jacg. amer. 233. t. 145. Ed. pict, t. 221. 2 75 punctata Pl. sp. 5. ic. 34. Crassıs XX. MONO E CIA. Diandria. Anguria pedata. L. Jacq. I. c. t. 233. © Triandria. Scleria mitis. Willd. Swartz, Flor. ind, occ. 1. p. 90. 2 Heteropogon Allionii. Olyra paniculata Swartz. Obs. p. 347. Olyra latifolia. L. 2. Pentandria, Ambrosia artemisiaefolia, Willd. Sp. IV. p. 375. © Hexandria. Cocos nucifera L. Lam. ill, gen, t. 894. h „ aculeata. Jacq. amer, Ed. pict. 254. h Elate sylvestris. L. Lam, ill. t. 893. Rhud. 3. t. 22 — 25. h. 5 Polyandria. Sagittaria lancifolia. Willd. Sp. IV. p. 408. 2 5 indica, — 202 — Caladium sagittifolium Willd. Arum sagittifolium L. Jacq. hort, t. 157. 4 » esculentum, Willd, Rhumph. 5, t. 100. f. 4. A. 6 Monadelphia. Areca oleracea, Jacq. amer. p. 178. t. 170. h Phyllanthus Niruri, Willd. Rhud. 10. t. 15. © Jatropha Manihot. Linn. 6 5 gossypifolia. L. Comm. hort. I. p. 17. t. 9. 2 2 Curcas, L, Ruiz et Pavon. 5 25 hastata, Pl. amer, pict. 263. f. 82. 4 Hura crepitans. L. Lam. ill. t. 793. h. & Hippomane Mancinella, L. Jacq. amer, Ed, pict. t. 238. 2 Acalypha carensis. Willd. Jacq. amer, ed, pict. 240. 4 Dalechampia Scandens. Willd. Jacg. amer, Ed. piot, 239. D. villosa, Lam, CLasSsISs XXI. p10 E CO IA. Diandria. Cecropia peltata, Lam. ill, gen. f. 800. b Tetrandria. Batis maritima. Lam. ill, gen t. 806. h Hexandria. Smilax havannensis. Jacq. amer, 262. t. 119. t. 102. h Dioscorea alata, Willd. Rhud. 7. t. 58. 2. 6 5 varietas, caulibus rubris. 6 sativa. Willd, Rhumph. 5. t. 180. 2. 6 — 203 — Artocarpus incisa. Tussac, Flo, Ant. Vol. 2. t. 1. h. ö » integrifolia, Rhud. 3. t. 26. 27. h. ö, CRYPTOGAMIA, Lycopodium selago. 55 cernuum. Filices, Mertensia furcata, 73 pectinata, Anemia hirta, Acrostichum aureum. Hemionitis dealbata, Grammitis lanceolata, 77 elongata. Polypodium phyllitidis. 55 angustifolium. 75 serpens. 73 tenuifolium. > incanum. Aspidium exaltatum, 5 Semicostatum, 75 trifoliatum, 8 55 varietas pinnata, FF molle, 73 patens. Lomaria lineata, Pteris lunulata. Blechnum occidentale, Adiantum tenerum. 75 cristatum. Cheilanthes tenuifolia. Davallia dumosa, — 204 — Davallia arborescens. Cyathea commutata, 5 arborea, Usnea sp, Neue Pflanzen haben ſich theils unter den Herbarien, theils aus Saamen und unter den lebend zuruͤckgebrachten etwa 12 Species vorgefunden, worunter ſich von denen, die hier gebluͤht haben, folgende am meiſten auszeichnen. Eine ueue Erethrina, mit vielen purpurfarbigen Bluͤthen, kreuz— weiſe ſtehenden, mit brauner Wolle bedeckten, Bluͤthentrauben und dornenloſem Stamme. Dieſer etwa 20 Fuß hohe Vaum, wovon ich nur ein einziges Exemplar ohnweit der Capſtadt gefunden habe, war zur Zeit der Bluͤthen blaͤtter— los, aber fo häufig mit Bluͤthen bedeckt, daß derſelbe in geringer Entfernung einem rothen Scharlache glich; da keine jungen Setzlinge zu bekommen waren, ſo habe ich in eine mit Erde gefuͤllte Kiſte ein Paar ſtarke Aeſte gepflanzt, die ſchnell Wurzel geſchlagen und nicht nur die Reiſe vollkommen überftanden, ſondern hier gleich das erſte Jahr gebluͤht haben und von Herrn v. Jacquin fuͤr neu erklaͤrt wurden. Ferner blühte hier eine neue Species von Caladium mit fenſterartig ausgeſpannt- transparenten Blättern, ein ſehr ſchöͤnes aus: gezeichnetes Knollengewaͤchſe, welches jaͤhrlich einzieht; ich habe es in einem vorlaͤufigen Bericht meiner Reiſe in der Regens— burger botaniſchen Zeitung Caladium fenestratum genannt. Dann bluͤhte hier eine neue Species von dem Geſchlechte Bur— ſera, ebenfalls aus eingepflanzten ſtarken Baumaͤſten, uͤbrigens mit unbedeutenden weißen Bluͤthen“). Ferner habe ich auf den Kalkgebirgen von Gonayves eine neue Species von Agave gefunden, die ſich durch ihren viel kleinern Bau und ) Das Einpflanzen ſolcher Baumäſte empfehle ich jedem, der Trans⸗ porte lebender Pflanzen nach Europa zurückführt. — 205 — durch die aufrechte Stellung der Blaͤtter, vorzuͤglich aber durch einen aus vielen Aeſten zuſammengeſetzten und bei 12 Fuß hohen Blumenſchaft auszeichnet, der haufig mit feuer— farbigen Blumen beſetzt iſt; gruppenweiſe vorkommend ge— währen letztere einen ſchoͤnen Anblick, um fo mehr es eine unge woͤhnliche Erſcheinung iſt, da bekanntlich die Agave americana eine ſchmutzig gelbe Bluͤthe hat. Unter den lebend zuruͤckgebrachten Pflanzen befinden ſich folgende ausgezeichnete Gattungen: Areca oleracea. Elais guienensis. f . Palmen. Elate silvestris. Cocus nucifera, Cyathea commutata. Rhizophora Mangle. Clusea rosea. Lagetta linteraria. Sagittaria lancifolia. Artocarpus incisa. Laurus persea. Mammea americana, und einige unbeſtimmte Arten. Auch habe ich zu bemerken, daß ich in der Bai von Fortroyal eine ungeheure Menge muſchelartig geformter Saamen ſchwimmend gefunden habe; es ſind davon mehrere hier angebaute aufgegangen, es entſtanden daraus rankige Gewaͤchſe mit lanzettfoͤrmigen Blaͤttern, die aber nach Kurzem zuruͤckgegangen find. Aehnliche Gewaͤchſe find mir auf Hayti nirgends zu Geſichte gekommen. Es dürften daher dieſe Pflanzen dem Meeresgrunde angehoͤren, der in den Buchten eben nicht ſehr tief liegt. — 206 — Ueberſicht ſaͤmmtlicher für das kaiſerl. Naturalienkabinet und den kaiſerl. Hofgarten mitgebrachten Gegenſtaͤnde: 112 Stuͤck lebender Pflanzen. 140 Verſchiedene Arten Saͤmereien, zum Theil in großer Menge. 1 Pflanzenpaquet. 64 Verſchiedene Arten Probehoͤlzer. 39 Stuͤck lebende Thiere. 130 Stück ausgeſtopfte Vögel von 54 Arten. 55 Stuͤck Fiſche von 25 verſchiedenen Arten. 60 Stuͤck Amphibien. Inſekten von 100 verſchiedenen Arten. 40 Cruſtaceen von 20 Arten. 4 Kiſten mit Conchylien, Madreporen, Schwaͤmmen u. ſ. w. Verſchiedene Mineralien. Haytiſche Muͤnzen von Petion, Chriſtoph und Boyer, darunter ein Thaler von Chriſtoph, wovon nur ſechs Stücke zur Probe gepraͤgt worden ſind. Das k. k. Antikenkabinet erhielt ein Paar Goͤtzenbilder der Urbewohner von Hayti. . Fe 3 6. Heistner ger. Mash der Skizze der Verfassers ausgeführt und auf Ale gent, wre, greg, R Ale. ger 8 e Ai 28 2 Ke, ZZ af r cee. 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