IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE DER PFLANZEN NEBST EINEM NATURGEMALDE DER TROPENLANDER, jr f Auf Beobachtungen und Messungen gegründet, welche vom ıoten - Grade nördlicher bis zum ıoten Grade südlicher Breite, in den Jahren 1799, 1800, 1801, ı802 und 1803 angestellt worden sind, VON. AL. VON HUMBOLDT UND A. BONPLAND., BEARBEITET UND HERAUSGEGEBEN VON DEM ERSTERN. MIT EINER KUPFERTAFEL. TÜBINGEN, BEY F. G. COTTA. PARIS, BEY F. SCHOELL (kur DES MAGONS-SORBONNE, N. 19). 1807. Mo. Bot. Garden, 1895. VORREDE Nach einer fünfjährigen Abwesenheit von Europa, nach einem Aufenthalte in Ländern , von welchen viele nie von Naturkundigen besucht worden sind, hätte ich vielleicht eeilen dürfen , eine kurze Schilderung meiner Reise bekannt zu machen. Ich hätte mir sogar schmeicheln können, dafs diese Eile den Wünschen des Publikums gemäls gewesen wäre, von dem ein grofser Theil einen so aufmunternden Antheil an meiner per- sönlichen Erhaltung und dem Fortgange meiner Unternehmungen geäulsert hat. Aber ich habe geglaubt, dafs es nützlicher für die Wissenschaf- ten sey, ehe ieh- von mir selbst und den Hinder- nissen spreche, welche ich in jenen entfernten Weltgegenden zu überwinden hatte, die Haupt- & * 11 VORREDE. resultate der von mir beobachteten Erscheinungen in ein allgemeines Bild zusammenzufassen. Dieses Naturgemälde ist das Werk, welches ich gegen- wärtig.den Physikern vorzulegen wage, und dessen einzelne Theile in meinen nächstfolgenden Arbei- ten näher entwickelt werden sollen. Ich stelle in diesem Naturgemälde alle Erschei- | nungen zusammen, welche die Oberfläche unsers Planeten und der Luftkreis darbietet, der jenen einhüllt. Naturkundige, welche den dermaligen Zustand unsers empirischen Wissens, besonders den der Meteorologie kennen , werden sich nicht . wundern, so viele Gegenstände in so wenigen Bogen behandelt zu sehen. Hätte ich längere Zeit auf ihre Bearbeitung verwenden können, so würde mein Werk nur noch kürzer geworden seyn: denn mein Naturgemälde sollte nur allgemeine Ansichten, sichere und durch Zahlen auszudrü- ckende Thatsachen aufstellen. VORREDE. 111 Seit meiner frühesten Jugend hatte ich Ideen zu einem solchen Werke gesammelt. Den ersten Entwurf zu einer Pflanzen -Geographie legte ich meinem Freunde Georg Forster, dessen Namen ich nie ohne das innigste Dankgefühl ausspreche, vor. Das Studium mehrerer Theile der physika- lisch- mathematischen Wissenschaften, dem ich mich nachmals gewidmet, hat mir Gelegenheit verschaflt, meine ersten Ideen zu erweitern. Vor allem aber verdanke ich die Materialien zu dieser Arbeit meiner Reise nach den Tropenländern. Im Angesichte der Objekte, die ich schildern sollte; von einer mächtigen, aber selbst durch ihren innern Streit wohlthätigen Natur umgeben ; am Fulse des Chimborazo , habe ich den grölsern Theil dieser Blätter niedergeschrieben. Ich habe geglaubt, ihnen den Titel /deen zu einer Geogra- Pphie der Pflanzen lassen zu müssen. Jeder andere -unbescheidnere Titel würde die Unvollkommen- IV VORREDE. heit meines Versuchs auflallender und ihn selbst der Nachsicht des Publikums unwerther gemacht haben. Dem Felde der empirischen Naturforschung getreu, dem mein bisheriges Leben gewidmet gewesen ist, habe ich auch in diesem Werke die mannichfaltigen Erscheinungen mehr neben ein- | ander aufgezählt, als, eindringend in die Natur der Dinge, sie in ihrem innern Zusammenwirken geschildert. Dieses : Geständnifs , welches den Standpunkt bezeichnet, von welchem ich beur- theilt zu werden hoffen darf, soll zugleich auch darauf hinweisen, dafs es möglich seyn wird, | einst ein Naturgemälde ganz anderer und gleich- sam höherer Art naturphilosophisch darzustellen. Eine solche Möglichkeit nähmlich, an’ der ich vor meiner Rückkunft nach Europa fast selbst gezwei- felt; eine solche Reduction aller Naturerscheinun- gen, aller Thätigkeit und Gebilde, auf den nie VORREDE. v beendigten Streit entgegengesetzter Grundkräfte der Materie, ist durch das kühne Unternehmen eines der tielsinnigsten Männer unsers Jahrhun- derts begründet worden. Nicht völlig unbekannt mit dem Geiste des Schellingischen Systems, bin ich weit von der Meynung entfernt, als könne das ächte naturphilosophische Studium den em- pirischen Untersuchungen schaden, und als soll- ten ewig Empiriker und Naturphilosophen als streitende Pole sich einander abstofsen. Wenige Physiker haben lauter als ich über das Unbefrie- digende der bisherigen Theorien und ihrer Bil- dersprache geklagt ; wenige haben so bestimmt ihren Unglauben an den specifiken Unterschied der sogenannten Grundstofle geäufsert. (Zersuche über die gereitzte Muskel- und ervenfaser, B.], $. 376 und 422; 2. 1/7, 8.34, 40.) Wer kann daher auch frohern und innigern Antheil, als ich, an einem Systeme nehmen, das, die Atomistik vI VORREDE untergrabend, und von der auch von mir einst befolgten einseitigen Vorstellungsart, alle Differenz der Materie auf blofse Differenz der Raumerfül- lung und Dichtigkeit zurückzuführen, entfernt, helles Licht über Organismus, Wärme, magne- tische und elektrische, der bisheri gen Naturkunde so unzugängliche, miyamen zu verbreiten verheifst ? Das Naturgemälde,, welches ich hier liefere , gründet sich auf Beobachtungen, die ich theils allein, theils mit Herrn Bonpland gemeinschaft- lich angestellt habe. Durch die Bande inniger Freundschaft viele Jahre lang mit einander ver- bunden, die mannichfaltigen Beschwerden thei- lend, denen man in unkultivirten Ländern und unter dem Einflusse bösartiger Klimate ausgesetzt ist, haben wir beschlossen, dafs alle Arbeiten , wel- che als Früchte unserer Expedition zu betrachten sind, unsere beyden Namen zugleich führen sollen. VORREDE. vu Während der Redaction dieses Werks zu Paris, habe ich oft des Raths der vortrefllichen Männer bedurft, mit denen ich das Glück habe in genauen, Verbindungen zu leben. Herr Laplace , dessen Name meiner Lobsprüche nicht bedarf, hat seit meiner Rückkunft aus Philadelphia die wärmste Theilnahme an der Ausarbeitung meiner unter den Tropen gesammelten Beobachtungen bezeugt. Aufklärend was ihn umgibt durch die Fülle seiner r Kenntnisse und die Kraft seines Genies, ist sein Umgang von eben so belebendem wohlthätigem Einflusse für mich geworden, als für alle junge Männer, denen er gern seine wenige Mulse auf- opfert. Die Pflichten der Freundschaft fordern mich auf, nicht minder dankbar Herrn Biot, Mitglied der ersten Klasse des National-Instituts, zu nennen. Der Scharlsinn des Physikers ist so glücklich in ihm mit der Stärke des Mathematikers vereinigt, vn VORREDE. dafs auch er mir bey der Bearbeitung meiner Rei- sebeobachtungen sehr nützlich geworden ist. Er selbst hat die Tafeln für die Horizontal-Refraction und die Lichtschwächung berechnet. Mehrere Thatsachen über die Wanderungen der Fruchtbäume, habe ich aus Herrn Sickler’s vortrefl- licher Schrift entlehnt. Herr Decandolle und Herr Ramond haben mir interessante Beobachtungen über den Stand der Gewächse in den Schweizer- und Pyrenäischen Gebirgen mitgetheilt. Andere verdanke ich den klassischen Schriften meines viel- jährigen Freundes und Lehrers Willdenow. Es schien nicht unwichtig, einen Rückblick auf die gemälsigte Zone zu werfen, und die Vertheilung europäischer Pflanzen mit der der südamerikani- schen zu vergleichen. Herr Delambre hat mein Tableau der Berg- höhen mit mehreren , nie bekannt gemachten eigenen Messungen vermehrt. Ein Theil der mei- VORREDE 1x nigen ist nach der neuen Laplace'schen Barome- terformel durch Herrn Prony berechnet worden. Eben derselbe hat mit der gelälligsten Bereitwil- ligkeit die Berechnung von mehr als vier hun- dert Messungen übernommen. Ich beschäftige mich gegenwärtig mit der Bear- beitung des Bandes, welcher meine astronomi- schen Beobachtungen enthalten soll. Ein Theil derselben ist bereits dem Längen-Büreau in Paris zur Prüfung vorgelegt worden. Es würde voreilig seyn, vor der Vollendung dieses astronomischen Bandes, die geographischen Karten, welche ich gezeichnet, oder die Reisebeschreibung selbst herauszugeben, da Lage und Höhe eines Orts fast auf’ alle physikalische und moralische Erschei- nungen einen nähern oder entferntern Einflufs haben. Ich darf mir schmeicheln , dafs besonders die Längen-Bestimmungen , zu denen ich wäh- rend der mühseligen Schiflahrt auf dem Orinoco, “% x VORREDE dem Cassiquiare und dem Rio Negro Gelegenheit gehabt habe, denjenigen interessant seyn werden, welche den mangelhaften Zustand der Geographie des Innern von Süd-Amerika kennen. Trotz der genauen Beschreibung, welche der Pater Caulin von dem Cassiquiare geliefert, haben neuere Geographen doch wieder die grölsten Zweifel über die Verbindungsart des Orinoco mit dem Amazonenflusse geäufsert. Da ich selbst in diesen Gegenden mit astronomischen Werkzeugen gear- beitet habe, so erwartete ich freylich nicht, dafs man mich mit Bitterkeit' tadeln würde, wenn ich den Lauf der Berge und Flüsse nicht immer in der Natur so finde, als sie die Karte von La Cruz angibt : aber es ist das gewöhnliche Schiele der Reisenden, da zu misfallen,, wo sie hergebrachten Meinungen widersprechen. Nach vollendeter Her- " Geographie moderne de Pinkerton, traduite par Walkenaer, T. VI, P- 174-177. VORREDE xı ausgabe meiner astronomischen Beobachtungen , wie der der barometrischen und geodesischen Messungen , werden meine übrigen Arbeiten schnell hinter einander dem Publikum vorgelegt werden können : denn erst nach der Bearbeitung aller jetzt vorräthigen Materialien, werde ich mich mit der neuen Expedition beschäftigen , deren Plan ich entworfen, und von der ich hoffe, dafs sie grofse Aufklärung über die wichtigsten magnetischen und meteorologischen Erscheinun- gen verbreiten soll. | Ich kann die ersten Resultate meiner Reise nach den Tropenländern nicht bekannt machen, ohne diese Gelegenheit zu: benutzen, der spanischen Regierung, welche fünf Jahre lang mein Unter- nehmen eines so besondern Schutzes gewürdigt hat, den Tribut meines tiefen und ehrerbietigen Dankes darzubringen. Mit einer Freyheit arbei- tend, die vorher nie einem Fremden oder einem x - VORREDE. Privat-Manne zu Theil geworden ist, unter einer edeln Nation, die im Drange der Begebenheiten ihre Eigenthümlichkeit erhalten hat, habe ich in jenen fernen Weltgegenden fast kein anderes Hin- dernifs gekannt, als das was die Natur den Men- schen entgegensetzt. So wird das Andenken an einen Aufenthalt in dem neuen Kontinente stets mit dem lebhaftesten Dankgefühle für die liebe- volle Behandlung begleitet seyn, welche ich, in . den spanischen Colonien beyder Hemisphären, wie in dem nordamerikanischen Freystaate, von allen Klassen der Einwohner erfahren habe. Rom, im Julius 1805. Aı. von Hümsouor. IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE DER PFLANZEN. D:.: Untersuchungen der Naturforscher sind gewöhnlich nur auf Gegenstände beschränkt, welche einen sehr geringen Theil der Pflanzenkunde umfassen. Sie beschäftigen sich fast allein mit Aufsuchung neuer Arten, mit Beschreibung der äufsern Form derselben, und mit den Kennzeichen, nach deren Ähnlichkeit sie in Klassen oder Familien verei- nigt werden. Dieses physiognomische Studium der organischen Geschöpfe ist unstreitig das wichtigste Fundament aller Naturbeschrei- bung. Ohne dasselbe können selbst diejenigen Theile der Botanik, welche auf das Wohl der menschlichen Gesellschaft einen mehr unmittelbaren Einflufs zu haben scheinen, wie die Lehre von den Heilkräften der Pflanzen, von ihrer Kultur und ihrem technischen Gebrauche, keine bedeu- tenden Fortschritte machen. So wünschenswerth es dem- nach aber auch ist, dafs viele Botaniker sich ausschliefslich diesem weitumfassenden Studium widmen mögen ; so sehr auch die natürliche Verkettung der Formen einer philoso- phischen Behandlung fähig ist : so ist es dennoch nicht 2 IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE minder wichtig die Geographie der Pflanzen zu bearbeiten, eine Disciplin, von welcher kaum nur der Name existirt, und welche die interessantesten Materialien zur Geschichte unsers Planeten enthält. Sie betrachtet die Gewächse nach dem Verhältnisse ihrer Vertheilung in den verschiedenen Klimaten. Fast grenzen- los, wie der Gegenstand den sie behandelt, enthüllt sie unseren Augen die unermefsliche Pflanzendecke , welche, bald dünner, bald dichter gewebt, die allbelebende Natur über den nackten Erdkörper ausgebreitet hat. Sie verfolgt die Vegetation von den Jluftdünnen Höhen der ewigen Gletscher bis in die Tiefe des Meeres, oder in das Innere des Gesteins, wo in unterirdischen Höhlen Kryptogamen wohnen, die noch so unbekannt als die Gewürme sind , welche sie nähren. Der obere Rand dieser Pflanzendecke liegt, wie der des ewigen Schnees, höher oder tiefer, nach dem Breitengrade der Orte oder nach der Schiefe der wärmenden Sonnen- strahlen. Aber die untere Grenze der Vegetation bleibt uns völlig unbekannt : denn genaue Beobachtungen, welche man über die unterirdischen Gewächse beyder Hemisphären an- gestellt hat, lehren , dafs das Innere der Erde überall belebt ist, wo organische Keime Raum zur Entwickelung und eine sauerstoffhaltige Flüssigkeit zur Ernährung gefunden haben. Jene schroffen beeisten Klippen , die hoch über der Wol- kenschichte hervorragen , sind mit Laubmoosen und Flech- tenarten bewachsen. Ihnen ähnliche Kryptogamen breiten, bald buntgefärbt, bald von blendender Weisse , ihr weiches DER PFLANZEN. 3 faseriges Gewebe über die Stalaktiten-Wände unterirdischer Grotten und über das feuchte Holz der Bergwerke aus. So nähern sich gleichsam die äufsersten Grenzen der Vegetation, und bringen Formen hervor, deren einfacher Bau von den Physiologen noch wenig erforscht ist. Aber die Pflanzen-Geographie ordnet die Gewächse nicht blofs nach Verschiedenheit der Klimate und Berghöhen, in welchen sie sich finden ; sie betrachtet dieselben nicht blofs nach den wechselnden Graden des Luftdruckes, der Tempe- ratur, der Feuchtigkeit und elektrischen Tension,, unter welchen sie sich entwickeln : sie unterscheidet unter den zahllosen Gewächsen des Erdkörpers, wie unter den Thieren, zwey Klassen', die in ihrem Verhältnisse gegen einander (und so zu sagen in ihrer Lebensweise) weit von einander abstehen. Einige wachsen einzeln und zerstreut. So in der gemäs- sigten Zone, in Europa, Solanum dulcamara, Lychnis.dioica, Polygonum bistorta, Anthericum lliago, Crategus aria, W eissia paludosa, Polytrichum piliferum, Fucus saccharinus, Clavarıa pistillaris, und Agaricus procerus : so unter den endekreisen, im neuen Kontinent, Theophrasta americana, Lysianthus longifolius, Hevea , die meisten Cinchona-Arten, Vallea stipularıs, Anacardium caracoli, Quassia simaruba, ‚Spondias mombin , Manettia reclinata, und Gentiana aphyia. | Andere Gewächse , gesellig vereinigt, gleich Ameisen und ’ Ich en aut diesen Unterschied und auf andere Verhältnisse de Pflan- in meiner Flora ii (1793) aufmerksam gemacht. A IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE Bienen, bedecken ganze Erdstrecken , von denen sie alle von ihnen verschiedene Pflanzen ausschliefsen. Zu diesen gehört das Heidekraut (Erica vulgaris), die Erdbeeren (Fra- garia vesca), Vaccinium myrtillus , Polygonum aviculare, Cyperus fuscus, dira canescens, Pinus sylestris, Sesuvium portulacastrum , Rhizophora mangle , Croton argenteum,. Convolvulus brasiliensis, Brathys juniperina , Escallonia myrtilloides, Bromelia karatas, Sphagnum palustre , Poly- trichum commune, Fucus natans, Spheria digitata, Lichen hematomma, Cladonia paschalis, und Thelephora hırsuta. Ob ich gleich unter diesen geselligen Pflanzen manche* südamerikanische mit aufgezählt habe : so ist ihr Vorkommen in den Tropenländern doch im Ganzen seltener, als in der gemälsigten Zone, wo ihre Menge den Anblick der Vegeta- tion einförmiger und defshalb unmalerischer macht. Von dem Ufer des Orinoco bis zu dem des Amazonen- Stroms und des Ucayale, in einer Ebene von mehr als drey hundert Meilen, ist das Land ein ununterbrochener dichter Wald. Hinderten nicht trennende Flüsse, so könnten Affen, die fast die ausschliefslichen Bewohner dieser Einöde sind, ohne die Erde zu berühren, von Zweige zu Zweige sich schwin- send, aus der nördlichen Hemisphäre in die südliche über- gehen. er diese unermefslichen Waldungen bieten dem Auge nicht das ermüdende Schauspiel der geselligen Pflanzen dar. Jeder Theil ist mit anderen Formen geschmückt. Hier stehen dichtgedrängt Psychotria, buchenblätterige Mimosen und immerblühende Melastoma : dort verschlingen die hohen Zweige Cäsalpinien, mit Vanille umränkte Feigen- DER PFLANZEN. 5 bäume, Lecythis- Arten, und die von gerinnbarer Milch! strotzenden Heveen. Kein Gewächs übt hier verdrängende Herrschaft über die anderen aus. Ganz anders sind die Pflanzen in der Gegend der To: penländer vertheilt, welche an Neu-Mexico und Louisiana grenzt. Zwischen dem siebzehnten und zwey und zwan- zigsten Grade nördlicher Breite ist eine kalte, zwey tausend Meter (6000 Fufs) über den. Meerspiegel erhabene Gebirgs- ebene (Anahuacnennen die Eingeborenen dieses Land), dicht mit Eichen und mit einer Tannen - Art bewachsen , welche sich dem Pinus strobus naht. Liquidambarbäume, Arbutus madronno, und andere gesellige Pflanzen bedecken in den anmuthigen Thälern von Xalapa den östlichen Abfall der mexicanischen Gebirgskeite. Boden, Klima, Pflanzen , For- men, ja die ganze Ansicht des Landes, nehmen hier einen Charakter an, welcher der gemälsigten Zone anzugehören scheint, und den man innerhalb der Wendekreise, in glei- cher Berghiölie, in Südamerika nirgends beobachtet. Die Ursache dieses sonderbaren De liegt wahrscheinlich gröfstentheils in der Gestalt des neuen Kontinents, der an Breite übermäfsig zunehmend hoch gegen den Nordpol an- steigt; wodurch das Klima von Anahuac kälter wird, als es nach des Landes Lage und Höhe seyn sollte. Canadische Pflanzen sind so auf dem hohen Gebirgs-Rücken allmählich gegen Süden gewandert; und nahe am Wendekreise des utschuk, durch Absorption des atmosphärischen Oxygens sich aus der ask abicheiden d. 6 IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE Krebses sieht man jetzt die feuerspeyenden Berge von Mexico mit denselben Tannen bewachsen, welche den nördlichen Quellen des Gila und Missury eigen sind. In Europa ist die grofse Katastrophe, welche durch plötz- liches Anschwellen der Binnenwasser erst die Dardanellen und nachher die Säulen des Herkules durchbrochen und das breite Thal des Mittelmeers ausgehöhlt hat, dem Ueber- gang afrikanischer Pflanzen hinderlich gewesen. Nur die wenigen , welche man in Neapel, in Sicilien und in dem südlichen Frankreich findet, sind wahrscheinlich , wie die Affen von Gibraltar , vor diesem Durchbruche eingewandert. Die Kälte der pyrenäischen Gebirgspässe beweist, dafs sie unmittelbar von Süden her , aus dem Berberen-Lande , und nicht durch Spanien von Südwesten her, gekommen sind. In den folgenden Jahrtausenden hat das länderscheidende, aber für Schiffahrt, gegenseitigen Verkehr und intellectuelle Kultur des Menschengeschlechts so wichtige Mittelmeer , diese Einwanderung unmöglich gemacht, und die südeuro- päische Vegetation kontrastirt defshalb mit der von Nieder- Ägypten und den nordatlantischen Küsten. Nicht so ist die Pflanzenvertheilung zwischen Canada und der mexicanischen Landenge. Beyde Länder haben gleichsam ihre Gewächse gegen einander ausgetauscht, und die Hügel , welche das Thal von Tenochtitlan begrenzen , sind fast mit denselben Bäumen bedeckt, welche unter dem fünf und vierzigsten Brei- tengrade nördlich vom Kranichgebirge und dem Salzsee von Timpanogos, vegetiren. Wenn Künstler diesen mexicani- schen Theil der Tropenregion besuchten , um in demselben DER PFLANZEN. 7 den Charakter der Vegetation zu studiren , würden sie dort vergebens die Pracht und Gestaltverschiedenheit der Äqui- nocual-Pflanzen suchen. Sie würden in dem Parallel der westindischen Inseln Wälder von Eichen, Tannen und zweyzeiligen Cypressen finden ; Wälder, welche die ermü- dende Einförmigkeit der geselligen Pflanzen von Canada, Nordasien und Europa, darbieten. Es wäre ein interessantes Unternehmen, auf botanischen Special-Karten die Länderstrecken anzudeuten , welche diese gesellige Verbindung von Gewächsen einerley Art auf dem Erdboden einnehmen. Sie würden sich in langen Zügen darstellen, die, Unfruchtbarkeit verbreitend,, alle Kultur um sich her verdrängen, und bald als Heiden, bald als uner- mefsliche ee a ea: ; Be als durele dringlicheWal fast gröfsere ee, Er Berge und Men entgegen- stellen. So beginnt das Heideland, diese Gruppirung ae Erica vulgaris, Erica tetralix , des Lichen icmadophila und Lichen hematomma, von der Nordspitze von Jütland, und dehnt “sich südlich, durch Holstein und Lüneburg‘, bis über den zwey und fünfzigsten Breitengrad hinaus. Von da wendet es sich gegen Westen, und reicht, durch die Granitebenen von Münster und Breda, bis an die Küsten des englischen Oceans. Seit vielen Jahrhunderten herrschen diese Pflanzen in den nordischen Ländern. Die Industrie der Anwohner, gegen jene Alleinherrschaft ankämpfend , hat ihnen bisher ı Fast bis 52° aq'. 8 IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE nur wenig Raum abgewonnen. Aber diese neugefurchten Äcker, diese Eroberungen des Kunstifleifses, die allein wohl- ihätigen für die Menschheit, bilden Inseln von frischem Grün in der öden Heide. Sie erinnern an jene Oasen, welche den Keim des vegetabilischen Lebens mitten in den todten Sandwüsten Lybiens bewahren. Ein Laubmoos, Sphagnum palustre, welches den Tropen und den gemäfsigten Klimaten gleich eigen ist, bedeckte ehemals einen beträchtlichen Theil von Deutschland. Die häufigen Torfmoore in den baltischen und westdeutschen Ländern bezeugen, wie weit jene gesellige Pflanze dort einst verbreitet war : denn die neueren Moore verdanken zwey Sumpf-Kryptogamen , dem Sphagnum und Mnium serpillifolium, ihren Ursprung, während dafs der Torf älterer Formation aus zusammengehäuften Meer-Ulven und koch- salzhaltigen Fucus-Arten entstanden ist, und daher oft auf einem Bette kleiner Seemuscheln ruht. Durch Ausrottung der Wälder haben ackerbauende Völker die Nässe des Klima vermindert. Die Sümpfe sind nach und nach abge- trocknet, und das Sphagnum , welches den Nomaden des alten Germaniens ganze Länderstrecken unbewohnbar machte, ist durch nutzbare Gewächse verdrängt worden. Unerachtet das Phänomen der geselligen Pflanzen der gemäfsigten Zone hauptsächlich und fast ausschliefslich angehört : so liefern die Tropenländer doch auch einige Beyspiele davon. Den langen Rücken der Andeskette in einer Höhe von drey tausend Meter über dem Meere ( fast 9500 Schuh ), bedecken in einförmigen Zügen die gelbblü- DER PFLANZEN. 9 hende Schite (Brathys juniperina), Schitimani , (Brathys ovata), Jarava, eine Grasart, die dem Papporophorum verwandt ist, myrtillbläurige Escallonia, mehrere Arten strauchartiger Molinen, und die Tourrettia, deren nährendes Mark der Indianer oft aus Dürftigkeit den Bären streitig macht. In den brennend heifsen Ebenen zwischen dem Chinchipe und dem Amazonenflusse wachsen gesellig silber- blättriger Croton, Godoya, und die mit farbigen Bracteen bedeckte Bougainvillea. In den Gräsfluren (Savanen) des Nieder-Orinoco wachsen Kyllingia , reitzbare Mimosen, und, wo eine Quelle ausbricht, die fächerige Morizpalme mit pur- purrothen zapfenartigen Früchten. Eben so haben wir im König am Madalenen-Strome, wie an dem westlichen Abfall der Schnee-Alpen von Quindiu, fast ununterbrochene Wälder von Bambus-Schilf und pisangblätirigen Heliconien gefun- reiche Neu-Granada, zwischen Turbaco und Mahates, den. Aber diese Gruppen geselliger Pflanzen sind stets minder ausgedehnt und seltener unter den Wendekreisen, als in der gemäfsigten und kalten Zone der nördlichen Erde. - Um über die ehemalige Verbindung nahegelegener Kon- tinente zu entscheiden, gründet sich je Geognost auf die ähnliche Struktur der Küsten , auf die a und Lagerung ihrer Gebirgsarten , die gleichen Menschen- und Thier-Racen , die sie bewohnen, und auf die Untiefen des angrenzenden Meeres. Die Geographie der Pflanzen kann nicht minder wichtige Materialien für diese Art der Unter- suchungen liefern. Sie betrachtet die Gewächse, welche Öst- Asien mit Kalifornien und Mexico gemein hat. Sie 2 2 - 10 IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE macht es wahrscheinlich , dafs Süd- Amerika sich vor der Entwickelung organischer Keime auf dem Erdboden von Afrika getrennt, und dafs beyde Kontinente mit ihren öst- lichen und westlichen Ufern einst, gegen den Nordpol hin, zusammengehangen haben. Durch sie geleitet kann man in as Dunkel eindringen, welches den frühesten Zustand unsers Planeten einhüllt, um zu entscheiden, ob nach den chaotischen eeihalis die trocknende Erdrinde an vielen Orten zugleich mit verschiedenen. Pflanzenarten bedeckt worden ist, oder ob (nach der uralten Mythe vieler Völker) alle vegetabilischen Keime sich zuerst in einer Gegend ent- wickelt haben, von wo sie, auf schwer zu ergründenden Wegen und der Verschiedenheit der Klimate trotzend,, nach allen Weltgegenden gewandert sind. Die Geographie der Pflanzen untersucht, ob man unter den zahllosen Gewächsen der Erde gewisse Urformen ent- decken, und ob man die specifische Verschiedenheit als Wirkung der Ausartung und als Abweichung von einem Prototypus betrachten kann. Sie löset das wichtige und oft bestrittene Problem, ob es Pflanzen gibt, die allen Klima- ten, allen Höhen und allen Erdstrichen eigen sind ? Wenn ich es wagen dürfte, allgemeine Folgerungen aus dem zu ziehen, was ich selbst in einem geringen Theile beyder Hemisphären beobachtet : so sollte ich vermuthen, dafs einige kryptogamische Pflanzen die einzigen sind, wel- 5 che die Natur überall: hervorbringt. Dieranum scoparium, ı Auch Herr Schwarz fand eı päischeM F: ia hyg ca , Dicranum DER PFLANZEN. nn Polytrichum commune, Verrucaria sanguinea und Ver- rucaria limitata Scopoli , wachsen unter allen Breiten, in Europa wie unter dem Äquator, auf dem Rücken hoher Gebirge wie an den Meeresküsten , überall wo sie Schatten: und Feuchtigkeit finden. Am Ufer des Madalenen- Flusses , zwischen Honda und: der Ägyptiaca, in einer Ebene wo das Thermometer unun- terbrochen fünf und zwanzig bis acht und zwanzig Grade zeigt, am Fuflse der Ochroma und des grofsblättrigen Macro- cnemum, haben wir Moosdecken gefunden ‚so dicht gewebt und von so frischem Grün, als man sie nur in schwedischen oder norddeutschen Wäldern beobachte. Wenn andere Reisende behaupten , dafs Laubmoose und alle Kryptogamen überhaupt in der heifsen Zone selten sind : so liegt der Grund dieser Behauptung unstreitig darinn, dafs sie nicht tief genug ins Innere der Wälder eindrangen , sondern nur dürre Küsten oder kultivirte Inseln besuchten. Von den Flechten finden sich sogar viele derselben Art unter allen Graden der Breite in der Nord - und Südzone. Sie scheinen fast unabhängig vom Einflufse des Klima, wie die Gebirgs- arten, auf denen sie wachsen , und von denen kaum eine irgend einem Theile der Erde ausschliefslich zug gehört. tar den phanerogamischen Pflanzen kenne ich keine, deren Organe biegsam genug sind, um sich allen Zonen und allen Höhen des Standorts anzueignen. Mit Unrecht hat man drey Gewächsen, der Alsine media, der Fraga- glaucum und Bryum serpillifolium, auf den blauen Bergen in Jamaika, deren Höhe zwey tausend zwey hundert und sechzehn Meter (1138 Toisen ) beträgt. 12 IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE. ria vesca und dem Solanum nigrum, den Vorzug dieser Biegsamkeit zugeschrieben, dessen sich der Mensch allein und einige Hausthiere erfreuen, die ihn umgeben. Schon die pensylvanische und canadische Erdbeere ist von unserer europäischen verschieden. Von der letztern glaubten wir zwar, Bonpland und ich, einige Pflanzen in Südamerika entdeckt zu haben, als wir zu Fufse über die Schneegebirge von Quindiu aus dem Madalenenthale in das Flufsthal des Cauca kamen, Die wilde Natur dieses Theils der Andeskette, die Einsamkeit jener Wälder von Wachspalmen, duftendem Styrax und baumartigen Passifloren, die Unkultur der an- grenzenden Gegenden; alle diese Umstände scheinen den Verdacht auszuschliefsen, als hätten Vögel, oder gar die Hand des Menschen, zufällig den en dieser ee verstreut. Fanden wir aber wirklich 7, ragaria vesca? Würde die Blüthe, wenn wir sie gesehen hätten, uns nicht Ver- schiedenheiten zwischen der andesischen und europäischen Fragaria gezeigt haben, da so manche andere Arten dieses Geschlechts durch die feinsten Nüaneen von einander ab- weichen ? Mehrere deutsche und schwedische Gewächse i ‘welche man ehemals auf den Granitklippen des Feuerlan- des, der Staateninsel, und an den Küsten der magellanischen Meerenge,, beobachtet zu haben glaubte, sind, bey näherer Untersuchung des Charakters, von Decandolle, Willdenow* und Desfontaines, als analoge, ‘aber von den europäischen verschiedene, Species a worden. ee ne ern * Siehe den vortrefllich ausgearbeiteten Abschnitt, Geschichte der Pflanzen, in Willdenow’s Grundr. der Kräuterkunde,, 1802, S 504. j; DER PFLANZEN. ı3 Ich darf wenigstens mit Zuversicht behaupten , dafs in den vier Jahren, die ich in Südamerika in beyden Hemi- sphären herborisirt, ich nie ein einziges wildwachsendes , dem neuen Kontinente vor seiner Entdeckung zugehöriges , europäisches Gewächs beobachtet habe, Von vielen Pflanzen, zum Beyspiel von Alsine media, Solanum nıgrum, Sonchus oleraceus, Apium graveolens, und Portulaca oleracea, darf man blofs behaupten, dafs sie, wie die Völker der kaukasi- schen Race, über einen beträchtlichen Theil der nördlichen Erdstriche verbreitet sind. Ob sie auch in den südlicheren: Ländern existiren,, in welchen man sie bisher noch nicht . entdeckt hat, ist eine unzubeantwortende Frage. Naturfor- scher sind bisher noch so wenig in das Innere des afrika- nischen , südamerikanischen und neuholländischen Konti- nents eingedrungen ; wir dürfen uns so wenig schmeicheln, die Flora dieser Länder vollständig zu kennen, während dafs man in Europa täglich unbeschriebene krautartige Gewächse, in dem vielbesuchten Pensylvanien sogar unbe- schriebene Bäume, entdeckt, dafs es vorsichtiger ist, sich über diesen Punkt aller allgemeinen apodiktischen Aussprü- che zu enthalten. Der Botaniker würde sonst leicht in den Fehler der Geognosten verfallen, von denen viele den ganzen Erdkörper nach dem Modelle der Hügel? konstruiren , welche ihnen zunächst liegen. Um über das grofse Problem von der Wanderung der ? Den Oehl-Nufsbaum, Pyrolaria , Michaux. 2 Der Brocken, der Montmartre, der Vesuv, der Peak von Derbyshire, der Saleve und Heinberg. ıh IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE Vegetabilien zu entscheiden, steigt die Geographie der Pflan- zen in das Innere der Erde hinab, um dort die Denkmähler der Vorzeit zu befragen, als versteintes Holz, Gewächs- Abdrücke, Torflagen , Steinkohlen, Flötze und Damm- erde:, welche die Grabstätte der ersten Vegetation unsers Planeten sind. Betroffen findet sie südindische Früchte , Palmenstämme , baumartige Farrenkräuter , Pisangblätter und den Bambos "der Tropenländer, in den Erdschichten des kalten Nordens vergraben. Sie untersucht, ob diese Pflanzen heifser Klimate, wie Elephantenzähne , Tapir-, Krokodill- und Didelphis- Gerippe , die man neuerdings in Europa entdeckt hat, zur Zeit allgemeiner Wasserbedeckun- gen, durch die Gewalt der Meeresströme vom Äquator her in die gemäfsigten Zonen angeschwemmt worden sind, oder ob einst diese nördlichen Klimate selbst Pisanggebüsche und Elephanten, Krokodille und baumartiges Bambos-Schilf erzeugten. Die Ruhe, in der man jene indischen Produkte oft fami- lienweise geschichtet entdeckt, scheinet der erstern Hypo- these, astronomische Gründe scheinen der letztern entgegen zu stehen. Aber vielleicht sind grofse oankiiene de Klimate möglich, ohne zu einer gewaltsamen Eoresuns der Erdachse und zu Perturbationen seine Zuflucht zu nehmen 2 welche der gegenwärtige Zustand der physikalischen Astro- nomie wenig wahrscheinlich macht. Wenn ie geognostischen Phänomene bezeugen , dafs die ı Siehe Steffens en Abhandlung in Schellings Zeitschrift für en Physik, DER PFLANZEN. ı5 Rinde unsers Planeten noch späthin flüssig. war; wenn man aus der Natur und aus der Lagerung der Gebirgsarten schliefsen darf, dafs die Niederschläge und die Erhärtung der Felsmassen auf dem ganzen Erdboden nicht gleichzeitig erfolgt sind : so sieht man ein, wie bey dem Übergange der Materie aus dem flüssigen in den festen Zustand, wie bey dem Erstarren und dem Anschusse der Gebirge um gemeinschaftliche Kerne, eine ungeheure Masse von Wärme- stoff frey geworden ist, und wie diese locale Entbindung, wenigstens auf eine Zeit lang, die Lufttemperatur einzelner Gegenden, unabhängig vom Stande der Sonne, hat erhöhen en Würde aber eine solche temporäre Erhöhung der Luftwärme von so langer Dauer gewesen seyn, als es die Natur der zu enkdärenden Phänomene erheischt ? Die Veränderungen, welche man seit Jahrhunderten in der Lichtstärke mehrerer Gestirne beobachtet hat, begün- - stigen die Vermuthung, dafs dasjenige, welches das a unsers Systems Ausndshe; ähnlichen Modificationen ‘von Zeit zu Zeit unterworfen ist. Sollte eine vermehrte Inten- sität der Sonnenstrahlen einst Tropenwärme über die dem Nordpole nahen Länder verbreitet haben ? Sind diese Ver- änderungen , welche die Tropen - Regionen veröden, un Lappland den Äquinoctial - Pflanzen, den Elephanten und Krokodillen, bewohnbar machen würden , periodisch ; oder sind sie Wirkungen vorübergehender Perturbationen unsers Planetar-Systems ? Alle diese Untersuchungen knüpfen die Geographie der Pflanzen an die Geognosie an. Lichtver- breitend über die Urgeschichte der Erde, bietet sie der 16 IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE Phantasie des Menschen ein weites und fast noch unbear- beitetes Feld dar. : Die Pflanzen, welche den Thieren in Hinsicht auf Reitz- empfänglichkeit der Organe und auf die Natur reitzender Potenzen so nahe verwandt sind, unterscheiden sich von _ den Thieren wesentlich durch die Epoche ihrer Wande- rungen. Diese, wenig beweglich in der frühern Kindheit, verlassen ihre Heimath erst wenn sie herangewachsen sind: jene, an den Boden gewurzelt nach ihrer Entwickelung, stellen ihre Reisen noch im Samenkorne, gleichsam im Eye, an, welches durch Federkronen , Luftbälge, Flügelansätze und elastische Ketten (Elater oder Catenula der Morchantien „% zu Luft- und Wasser - Reisen geschickt ist. Herbstwinde , Meeresströme und Vögel begünstigen diese Wanderungen ; aber ihr Einflufs, so grofs er auch ist, verschwindet gegen den, welchen der Mensch auf die Verbreitung der Gewächse auf dem Erdboden ausübt. Wenn der Nomade, sey es durch die nachziehende Menge an einen Meeresarm gedrängt, sey es durch andere unüber- steigliche Natur-Hindernisse gezwungen, endlich sein irrendes Leben aufgibt : so beginnt er sogleich einige zur Nahrung und Kleidung nützliche Thiere und Pflanzen um sich zu versam- meln. Diefs sind die ersten Spuren des Ackerbaues. Langsam ist bey den nördlichen Völkern dieser Übergang aus dem Jägerleben zum Pflanzenbaue : früher ist die Ansiedelung bey vielen Bewohnern der Tropenländer. In jener waldrei- chen Flufswelt, zwischen dem Orinoco und dem Maraüon, hindert der üppige Pflanzenwuchs den Wilden sich aus- DER PFLANZEN. 17 schliefslich von der Jagd zu nähren. Die Tiefe und Schnel- ligkeit der Ströme, Überschwemmungen ‚ Blutgier der Krokodille und Tiegerschlangen ( Boa), machen den Fisch- fang oft eben so fruchtlos als beschwerlich. Die Natur zwingt hier den Menschen zum Pflanzenbaue. Nothgedrungen versammelt er einige Pisangstämme, Carica papaya,Jatropha und nährendes Arum um seine Hütte. Dieser Acker, wenn man so die Vereinigung weniger Gewächse nennen darf, ersetzt dem Indianer viele Monathe lang, was Jagd, Fisch- fang und die wildwachsenden Fruchtbäume des Waldes ihm versagen. So modificiren Klima und Boden, mehr noch als Abstammung, die Lage und die Sitten des Wilden. Sie bestimmen den Unterschied zwischen den beduinischen Hirtenvölkern und den Pelasgern der altgriechischen Eichen- wälder, zwischen diesen und den jagdliebenden Nomaden am Mississipi. ‚ Einige Pflanzen , welche der Gegenstand des Garten- und Ackerbaues sind, haben seit den fernsten Jahrhunderten das wandernde Menschengeschlecht von einem Erdstriche zu dem andern begleitet. So folgte in Europa die Weinrebe den Griechen, das Korn den Römern , Baumwolle den Arabern. Im neuen Kontinente haben die Tulteker, aus unbekannten nordischen Ländern über den Gilastrom ein- brechend, den Mais über Mexico und die südlichen Gegen- den verbreitet. Kartoffeln und Quinoa findet man überall wo die Gebirgsbewohner des alten Kondinamarca: durch- ı Das Königreich Neu-Granada. 18 IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE gezogen sind. Die Wanderungen dieser efsbaren Pflanzen sind gewifls; aber ihr erstes und ursprüngliches Vaterland bleibt uns ein eben so räthselhaftes Problem, als das Vater- land der verschiedenen Menschen-Racen , die wir schon in den frühesten Epochen, zu welchen Völkersagen aufsteigen , fast über den ganzen Erdboden verbreitet finden. Südlich und östlich vom kaspischen Meere, am Ufer des Oxus und in den Thälern von Kurdistan, dessen Berge mit ewi- gem Schnee bedeckt sind, findet man ganze Gebüsche von Citronen-, Granat-, Birnen- und Kirschbäumen. Alle Obst- arten, welche unsere Gärten zieren , scheinen dort wild zu wachsen. Ich sage scheinen; denn ob diefs ihr ursprüngli- ches Vaterland sey, oder ob sie dort einst gepflegt, nach- mals verwildert sind, bleibt um so ungewisser, als uralt die Kultur des Menschengeschlechts, und daher auch der Gartenbau, in diesen Gegenden ist. Doch lehrt die Geschichte wenigstens , u jene frucht- baren Gefilde zwischen dem Euphrat und Indus, zwischen dem kaspischen See und dem persischen Meerbusen Europa die kostbarsten vegetabilischen Produkte geliefert haben. Persien hat uns den Nufsbaum und die Pfirsiche ; Armenien (das heutige Haikia), die Aprikose; Klein-Asien, den süfsen Kirschbaum und die Kastanie ; Syrien, die Feige, die Gra- nate, den Öhl- und Maulbeerbaum geschenkt. Zu Cato’s Zeiten kannten die Römer weder süfse Kirschen , noch Pfirsiche, noch Maulbeerbäume. Hesiod und Homer er- wähnen schon des Öhlbaums, der in Griechenland und auf den Inseln des Äsgäischen Meeres kultivirt wurde. Unter DER PFLANZEN. 19 Tarquin dem Alten existirte kein Stamm desselben, weder in Italien, noch in Spanien, noch in Afrika. Unter dem Cansulate des Appius Claudius war das Öhl in Rom noch sehr theuer ; aber zu Plinius Zeiten sehen wir den Öhlbaum schon nach Frankreich und Spanien verpflanzt. Die Weinrebe, welche wir jetzt kultiviren , scheinet Europa fremd zu seyn. Sie wächst wild an den Küsten des kaspi- schen Meeres, in Armenien und Karamanien. Von Asien wanderte sie nach Griechenland, von Griechenland nach Sicilien. Phocäer brachten den Weinstock nach dem süd- lichen Frankreich, Römer pflanzten ihn an die Ufer des Rheins und der Donau. Auch die Vitis-Arten, welche man wild in Neu-Mexico und Canada findet, und welche dem zuerst von Normännern entdeckten Theile von Amerika den Namen Wineland verschaflften , sind von der jetzt über Pensylvanien, Mexico, Peru und Chili verbreiteten Fitis vinifera specifisch verschieden. Ein Kirschbaum, mit reifen Früchten beladen , schmückte den Triumph des Lucullus. Die Bewohner Italiens sahen damals zuerst dieses asiatische Produkt, welches der Dictator nach seinem Siege über den Mithridates aus dem Pontus mitbrachte. Schon ein Jahrhundert später waren Kirschen gemein in Frankreich, in England und Deutschland.: So verändert der Mensch nach Willkühr die ursprüngliche Vertheilung der Gewächse, und versammelt um sich die ı Einige Botaniker behaupten, dafs die kleine Varietät von Prunus arpium i Deutschland wild sey. Von Pflaumen und Birnen haben die Römer nur die gröfseren schöneren Abarien aus Syrien eingeführt, 20 IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE Erzeugnisse der entlegensten Klimate. In Ost- und West- Indien, in den Pflanzungen der Europäer , bietet ein enger Raum den Kaffee aus Yemen, das Zuckerrohr aus China, den Indigo aus Afrika, und viele andere Gewächse dar, welche beyden Hemisphären zugehören : ein Anblick, der um so interessanter ist, als er in die Phantasie des Beob- achters das Andenken an eine wunderbare Verkettung von Begebenheiten hervorruft, welche das Menschengeschlecht über Meer und Land, durch alle Theile der Erde getrieben haben. Wenn aber auch der rastlose Fleifs ackerbauender Völker eine Zahl nutzbarer Pflanzen ihrem vaterländischen Boden entrissen, und sie gezwungen hat, alle Klimate und alle ‚Berghöhen zu bewohnen : so ist durch diese lange Knecht- schaft ihre ursprüngliche Gestalt doch nicht enklich ver- ‘ändert worden. Die Kartoffel, welche in Chili drey tausend und fünf hundert Meier (fast 11,000 Schuh) hoch über dem Meere kultivirt wird, trägt dieselbe Blüthe,, als die, welche man in die Ebenen von Sibirien verpflanzt hat. Die Gerste, welche die Pferde des Atriden nährte, war unbezweifelt dieselbe, als die, welche wir heute noch ein- ernten. Alle Pflanzen und Thiere, welche gegenwärtig den Erdboden bewohnen, scheinen seit vielen Jahrtausenden ihre charakteristische Form nicht verändert zu haben. Der Ibis, welchen man unter Schlangen- und Insekten-Mumien in den ägyptischen en findet, und dessen Alter vielleicht selbst über das der Pyramiden hinausreicht;; dieser Ibis ist identisch mit dem, welcher gegenwärtig an dem DER PFLANZEN. PIE sumpfigen Ufer des Nils fischt.‘ Diese Uebereinstimmungen, diese Beständigkeit der Form, beweisen , dafs die kolossali- schen Thiergerippe und die wunderbar gestalteten Pflanzen, welche das Innere der Erde einschliefst, nicht einer Ausar- “tung jetzt vorhandener Species zuzuschreiben sind, sondern EB sie vielmehr einen Zustand unsers Planeten ahnden lassen, welcher von der jetzigen Anordnung der Dinge ver- schieden, und zu alt ist, als dafs die Sagen des vielleicht . später entstandenen Menschengeschlechts bis. zu ihm auf- steigen könnten Di der Nekochau die Herrschaft fremder eingewan- derter Pflanzen über. die einheimischen begründet, werden diese nach und nach auf einen engen Raum zusammen ge- drängt. So macht die Kultur den Anblick des europäischen Bodis; einförmig, und diese Einförmigkeit ist den Wün- schen des Landschaftmalers, wie denen des im Freyen forschenden Botanikers , gleich entgegen. Zum Glücke für beyde ist aber diefs scheinbare Übel nur auf einen kleinen . Theil der gemäfsigten Zone eingeschränkt, in welchem Volks- menge und moralische Bildung der Menschen am meisten zugenommen haben. In der Tropenwelt ist menschliche Kraft zu schwach, um, eine Vegetation zu besiegen, welche den Boden unserm Auge entzieht, und nichts unbedeckt läfst, als den Ocean und die Flüsse Die ursprüngliche Heimath derjenigen Gewächse , welche das Menschengeschlecht seit seiner frühesten Kindheit zu eyde findet man in dem Museum der Naturgeschichte zu Paris neben a ufsentelle 23 IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE begleiten scheinen, ist in eben solches Dunkel vergraben, ° “als das Vaterland der meisten Hausthiere. Wir wissen nicht, woher jene Grasarten kamen, auf deren mehlreichen Samen hauptsächlich die Nahrung aller kaukasischen und mongo- lischen Völker beruht. Wir kennen nicht die Heimath der Cerealien , des Weitzens, der Gerste, des Hafers und des Rockens. Diese letztere Grasart scheint noch nicht einmal von den Römern kultivirt worden zu seyn. Zwar suchen altgriechische Mythen den Ursprung des Weitzens in den Fluren von Enna in Sicilien ; zwar haben Reisende behaup- tet, die Gerste in Nordasien, am Ufer des Samara', der in die Wolga fliefst, den Spelz in Persien? bey Hamadan , und den Rocken in Kreta, wildwachsend entdeckt zu haben: aber diese Thatsachen bedürfen einer genauern Untersu- chung; es ist so leicht einheimische Pflanzen mit fremden zu verwechseln, die, der Pflege und Herrschaft des Menschen entflohen, verwildernd ihre alte Freyheit i in den Wäldern wieder finden. Auch die Gewächse,, auf welchen der Reich- thum aller Bewohner der heifsen Zone beruht, Pisang, Melonenbäume, Cocospalmen , Jatropha und Mais, hat man noch nirgends ursprünglich wildwachsend beobachtet. Frey- lich habe ich mehrere Stämme der ersteren, fern von mensch- lichen Wohnungen, mitten in den Wäldern am Cassiquiare und Tuamini gesehen : a leicht aber hat sie doch die Hand ı Im u Kaptschak, im Lande Orenbur ® Auf einem ee vier Tagereisen von Ham. A fand Michaux wilden Spelz. Er ai ‚ dafs Triticum hybernum und Triticum estivum in Persien einst ebenfalls nen entdeckt werden würden DER PFLANZEN. 23 des Menschen dahin versetzt ; denn der Wilde dieser Regio- nen, düster, ernst und mifstrauischen Gemüths, wählt ab- gelegene Schluchten, um seine kleinen Pflanzungen anzu- legen , Pflanzungen , die er, wechselliebend nach kindischer Art, bald wieder verläfst und mit anderen umtauscht. Die verwilderten Pisangstämme und die Melonenbäume: schei- nen dann bald Erzeugnisse des Bodens, auf dem sie sich mit einheimischen Gewächsen zusammengesellen. Eben so wenig habe ich je erfahren können, wo im neuen Kontinente die Kartoffel wild wachse : diese wohlthätige Pflanze , auf deren Kultur sich grofsentheils die Bevölkerung des unfruchtbaren nördlichen Europa gründet, hat man nirgends in unkul- tvirtem Zustande gefunden, weder in Nordamerika, noch in der Andeskeite von Neu-Granada, Quito, Peru, Chili und Chiquitos ; ungeachtet die Spanier mehreren Gebirgs- ebenen den täuschenden Namen, Paramo de las Papas , geben. Durch diese und ähnliche Untersuchungen verbreitet die Geographie der Pflanzen Licht über den Ursprung des Acker- baues, dessen Objekte so verschieden sind als die Abstam- mung der Völker, als ihr Kunstfleifs, und das Klima , unter- welchem sie wohnen. In das Gebiet dieser Wissenschaft gehören Betrachtungen über den Einflufs einer mehr oder weniger reitzenden Nahrung auf die Energie des Charakters, Betrachtungen über lange Seefahrten und Kriege , durch welche ferne Nationen vegetabilische Produkte sich zu ver- h meyne Carica papaya; denn Carica posoposa glaube ich oft ursprüng- lich wild gesehen zu haben. I) A IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE schaffen oder zu verbreiten suchen. So greifen die Pflanzen gleichsam in die moralische und politische Geschichte des Menschen ein : denn wenn Geschichte der Naturobjekte freylich nur als Naturbeschreibung gedacht werden kann ; so nehmen dagegen, nach dem As niche eines tiefsinnigen Denkers:, selbst Naturveränderungen einen ächt historischen Charakter an, wenn sie Einflufs auf menschliche Begeben- heiten haben. Alle diese Verhältnisse a unstreitig für sich schon hin- länglich, um den weiten Umfang der Disciplin zu schildern, welche wir mit dem nicht ganz passenden Namen einer Pflanzen-Geographie belegen. Aber der Mensch , der Gefühl für die Schönheit der Natur hat, freuet sich darinn zugleich auch die Lösung mancher moralischen und Se oe Probleme zu finden. Welchen Einflufs hat die Vertheilung der Pflanzen auf dem Erdboden, und der Anblick derselben auf die Phantasie und den Kunstsinn der Völker gehabt ? worinn besteht der Charakter der Vegetation dieses oder jenes Landes ? wodurch wird der Eindruck heiterer oder ernster Stimmung modificirt, welche die Pflanzenwelt in dem Beobachter erregt ? Diese Untersuchungen sind um so interessanter, als sie unmittelbar mit den geheimnifs- vollen Mitteln zusammenhängen, durch welche Landschaft- malerey und zum Theil selbst beschreibende Dichtkunst, ihre Wirkung hervorbringen. Die Natur im Grofsen betrachtet, der Anblick von Fluren 2 Schelling's System des transcendentalen Idealismus , S. 413. DER PFLANZEN. 5 und Waldung, gewährt einen Genufs, welcher wesentlich von dem verschieden ist, welchen die Zergliederung eines organischen Körpers und das Studium seiner bewunderns- würdigsten Struktur erzeugt. Hier reitzt das Einzelne die Wilfsbegierde, dort wirken Massen auf die Phantasie. Wie andere Gefühle erweckt das frische Grün der Wiesen, und der dunkle Schatten der Tannen ? Wie andere die Wälder der gemäfsigten Zone und die der T ropenländer, in welchen die schlanken Stämme der Palmen hoch über dem dick- belaubten Gipfel der Hymenäen gleichsam einen Säulengang bilden ? Ist die Verschiedenheit dieser Gefühle in der Natur und Gröfse der Massen, in der absoluten Schönheit oder in dem Kontraste und der Gruppirung der Pflanzenformen gegründet ? Worinn liegt der malerische Vorzug der Tro- penvegetation ? Welche physionomischen Unterschiede beob- achtet man zwischen den afrikanischen Gewächsen und denen von Südamerika, zwischen’ den Alpenpflanzen der Andeskette und denen der Pyrenäen oder der Gebirge von Habesh ? Unter der fast zahllosen Menge von Vegetabilien , welche die Erde bedecken, erkennt man bey aufmerksamer Beob- achtung einige wenige Grundgestalten , auf welche man wahrscheinlich alle übrigen zurückführen kann ‚ und welche eben so viele Familien oder Gruppen bilden. Ich begnüge mich hier siebzehn derselben zu nennen, deren Studium dem Landschaftsmaler besonders wichtig seyn mußs. 1. Bananenform: Pisanggewächse , Musa, Heliconia , Stre- litzia. Ein fleischiger, hoher, krautarliger Stamm, aus zarten, 26 IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE silberweifsen , oft schwarzgeflammten Lamellen gebildet. Breite, zarte , seidenartig glänzende, quergestreifte, Es lilien- arüge Blätter, von denen die jüngeren , gelblichgrün und lg senkrecht emporwachsen, indem die älteren, vom Winde zerrissen , mit den Spitzen, wie die Krone der Palmen, abwärts gebeugt sind. Goldgelbe länglichte Früchte, traubenartig zusammengehäuft. 2. Palmenform. Ein hoher , ungetheilter , geringelter und gegen die Mitte oft bauchiger und stachliger Schaft, auf dem sich eine Krone von ln oder fächerarti- gen Blättern majestätisch erhebt. Am Ende des Stammes meist zweyklappige Blumenscheiden, aus welchen die Rispe ausbricht. 3. Form der en Farrenkräuter. Den Palmen ähnlich, aber der Schaft minder hoch und schlank , schwarz- rissig, mit zarten und schiefgestreiften,, hellgrünen,, am Rande zierlich gekerbten , fast kohlartigen Blättern. Keine Blumenscheiden. 4. Aloe-Form: Agave, Aloe, Yucca, einige Euphorben, Pourretia. Steife, oft bläulichgrüne, glatte , stechendspitzige Blätter. Hohe Blüthen. Stäng ı die aus der Mitte entsprin- gen und sich bisweilen kan ah2 theilen. Einige Arten erheben die strahlige Krone auf nackten, geringelten , oft schlangenartig ldlasen Stämmen. . Pothosform; Arum, Pothos, Dracontium. Glänzende, grofse,, oft spiefs- und pieilfürnuge, durchlöcherte Blätter. Lange hellgrüne saftige Sı ängel Di cke, läng- liche Be a Kin aus weifslichen Scheider nd, DER PFLANZEN. 97 6. Form der Nadelhölzer: alle Folia acerosa, Pinus, Taxus, Cupressus, einige Proteen, selbst Banksien, Erica-Arten und die (durch angeerbte Monstrosität ?) ungefiederten neu - hol- ländischen Mimosen grenzen an die Pinusform. Die Krone, bald pyramidal, wie Lerchenbäume und Cypressen , bald schirm-, fast palmartig sich ausbreitend , wie Pinus pinea. 7. Form der Orchideen : Epidendrum , Serapias, Orchis. Einfache, fleischige , hellgrüne Blätter , mit buntfarbigen , wunderbar gestalteten Blüthen, oft parasitisch ; die gröfste Zierde der Tropenvegetation. 8. Mimosenform : Mimosa , Gleditschia, Tamarindus, Porlieria. Alle fein gefiederte Blätter, zwischen welchen die Bläue des Himmels angenehm durchschimmert. Weit- schattige Kronen, oft schirmartig gedrückt. 9. Malvenform : Sterculia, Hibiscus, Ochroma, Cavanil- lesıa ( Flor. Per.). Dickstämmige Bäume mit grofsen, wei- chen, meist lappigen Blättern (folüs lobatis) und pracht- vollen Säulenblumen (Columnifere des Linne ). 10. Rebenform: Lianen, Vi itıs, Paullinia, Clematis, Mu- tısia. Rankende Gewächse mit rissigen holzigen Stämmen und vielfach zusammengesetzten Blättern. Die Blüthen meist in Doldentrauben und Rispen. ı1. Lilienform : Pancratium, Fritillaria , Iris. Stammlose Gewächse mit langen , einfachen , hellgrünen,, zartgestreiften,, oft schwertförmigen und zweyzeiligen, aufrecht stehenden Blättern , und mit zarten, prachtvollen Blüthen., bald in Scheiden ( Spathacee des Linne), bald ohne Scheiden (Coronarie des Linne),. 28 IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE 12. Cactusform : die Cerei. Vielkantige , fleischige , blatt- lose, oft gestachelte , säulenförmig ansteigende, theils kron- leuchterarüg getheilte Gewächse, mit schöngefärbten aus der fast unbelebt scheinenden Masse ausbrechenden Blumen. .13. Casuarinenform : Casuarıina , Equisetum. Blattlose Gewächse, vom einfachsten äufsern Baue, mit weichen, dünnen , gegliederten , in der Länge gestreiften Stängeln. ı4. Gras- und Schilf- Form. ı5. Form der Laubmoose. ı6. Form der Blätterflechten. 17. Form der Hutschwämme. Diese physionomischen Abtheilungen weichen oft von denen ab, welche die Botaniker in ihren so genannten na- türlichen Systemen aufstellen. Bey jenen kommt es allein auf grofse Umrisse, auf das an, was den Charakter der Vegetation, und folglich den Eindruck bestimmt, den der nblick der Gewächse und ihre Gruppirung auf das Gemüth des Beobachters macht. Die eigentlich botanischen Klassificationen gründen sich dagegen auf die kleinsten , dem gemeinen Sinne gar nicht auffallenden,, aber bestän- digsten und wichtigsten Theile der Befruchtung. Es wäre gewils ein treflliches, eines gebildeten Künstlers würdiges Unternehmen , die Physionomien jener Pflanzengruppen , für deren Beschreibung es selbst den reichsten Sprachen an Ausdrücken fehlt, nicht in Büchern oder Treibhäusern, sondern in der Natur selbst, in ihrem Vaterlande zu studi- ren, und sie treu und lebendig darzustellen. Hohe Palmen , welche die mächtigen, federartig gekräuselten Blätter über DER PFLANZEN. 29 ein Gebüsch von Heliconien und Pisangg sewächsen schwingen ; dornige , schlangenartig aufgerichtete Cactusstämme , mitten unter blühenden Liliengewächsen ; ein baumartiges Farren- kraut von mexicanischen Eichen umgeben : welche malerische Gegenstände für den Pinsel eines gefühlvollen Künstlers ! Auf der Schönheit der einzelnen Formen , auf dem Ein- klange oder dem Kontraste, welcher aus ihrer natürlichen Gruppirung entsteht, auf der Gröfse der organischen Massen und der Intensität des Grünes beruht der Vegetations- Charakter einer Zone. Viele Gestalten, und gerade die schönsten , die der Palmen, der Bananengewächse und der baumartigen Farrenkräuter und Gräser, fehlen gänzlich den nördlicheren Erdstrichen. Andere, zum Beyspiele die der gefiederten Blätter, sind darinn sehr selten und minder zart. Die Zahl der baumartigen Pflanzen ist darinn geringer, ihre Krone minder hoch und belaubt, seltener mit grofsen pracht- vollen Blüthen geziert, als in den Tropenländern. In diesen allein hat die gestaliende Natur sich ergötzt, alle Pflanzenfor- men zu vereinigen. Selbst die der Nadelhölzer, welche auf den ersten Anblick zu fehlen scheinen, finden sich nicht blofs auf dem hohen Rücken der Andes, sondern selbst in den wärmeren Thälern von Xalapa, und hier und da: bey Loxa. ! Tannen, Cypressen und Juniperus sind drey Geschlechter, die sich in Men in der nördlichen Tropenzone, z. B. in Neu u-Spanien, finden. agegen En ich kein anderes Nadelholz, als ein Paar Stämme einer Cupressusart, in den Wäldern von Quindiu und bey Loxa, gefunden 30 IDEEN ZU EINER GEOGRAPHIE Die Physionomie der Vegetation hat unter dem Äquator im Ganzen mehr Gröfse, Majestät und Mannichfaltigkeit, als in der gemäfsigten Zone. Der Wachsglanz der Blätter: ist dort schöner, das Gewebe des Porenehien lockerer , zarter und saftvoller. Kolossalische Bäume prangen dort ewig mit gröfseren , vielfarbigeren , duftenderen Blumen , als bey uns niedrige, krautartige Stauden. Alte durch Licht verkohlte Stämme sind mit dem frischen Laube der Paul- linien, mit Pothos und mit Orchideen gekränzt, deren Blüthe oft die Gestalt? und das Gefieder der Colibri nach- ahmt, welchen. sie den Honig darbietet. Dagegen entbehren die roatı fast ganz das zarte Grün der weiten Grasfluren und Wiesen. Ihre Bewohner kennen nicht das wohlthätige Gefühl des im Frühlinge wieder er- wachenden , sich schnell entwickelnden Pflanzenlebens. Die sorgsame Natur hat jedem Erdstriche eigene Vorzüge ver- liehen. Die vegetabilische Fiber, bald dichter, bald lockerer gewebt; Gefäfse, ausgedehnt und von Saft strotzend, oder früh verengt und zu knorriger Holzmasse erhärtend , grö- fsere oder geringere Intensität der Farbe, nach Mafsgabe des Desoxidations - Prozesses , welchen der reitzende Licht- ‚strahl erregt : diese und ähnliche Verhältnisse bestimmen den Charakter der Vegetation in jeder Zone. Die grofse Höhe, zu welcher der Boden sich über der recht eigentlicher are 2 dieses Wachs von Proust in Madrid en ausgeschieden worden ist. 2 Die Indianer nehmen von dieser vogelähnlichen Gestalt der Epidendra oft die specifischen Namen her. DER PFLANZEN. 31 Wolkenregion unter dem Äquator erhebt, gewährt den Ein- wohnern dieser Gegend das sonderbare Schauspiel , dafs sie aufser den Bananengewächsen und Palmen auch von Pflan- zenformen umgeben sind, welche man oft den europäischen und nordasiatischen Klimaten eigen glaubt. Die heifsen Thäler der Andeskette sind mit Heliconien und feinblättri- gen Mimosen geschmückt. Höher herauf wachsen baum- arlige Farrenkräuter, und die Pflanze , deren Rinde das wohlthätigste Heilmittel gegen das Fieber enthält. In dieser milden Region der Cinchona und weiter aufwärts , erheben sich Eichen , Tannen , Cypressen,, Berberis, Brombeersträu- che, Ellern, und eine Menge von Gewächsen,, denen wir eine nordische Physionomie zuzuschreiben gewohnt sind. So geniefset der Tropenbewohner den Anblick aller Pflan- zenformen. Die Erde offenbaret ihm auf ein Mal alle ihre vielfachen Bildungen , wie die gestirnte Himmelsdecke von Pole zu Pole ihm keine ihrer leuchtenden Welten verbirgt. Die Völker Europens geniefsen diesen Vorzug nicht. Viele Pflanzenformen bleiben ihnen auf immer unbekannt. Die krankenden Gewächse,, welche Luxus oder Wifsbegierde in unsere Treibhäuser einzwängt, erinnern uns nur an das, was wir entbehren : sie bieten ein verzerrtes, unvollkom- menes Bild von der Pracht der Tropenvegetation dar. Aber in dem Reichthume und der Kultur der Sprache, in der regen Phantasie der Dichter und Maler, finden die Europäer einen befriedigenden Ersatz. Der Zauber nachahmender Künste versetzt sie in die fernsten Theile der Erde. Wessen Gefühl regsam für diesen Zauber, wessen Geist gebildet 92 IDEEN ZU EINER GEOGR. DER PFL. genug ist, um die Natur in allen ihren Thätigkeiten zu umfassen, der schafft sich in der Einsamkeit einer öden Heide gleichsam eine innere Welt: er eignet sich zu, was die Kühnheit des Naturforschers, Meer und Luft durch- schiffend, auf dem Gipfel beeister Berge oder im Innern unterirdischer Höhlen, entdeckt hat. Hier sind wir auf den Punkt gelangt, wo Kultur der Völker und Wissenschaft am unbestrittensten auf das individuelle Glück einwirken. Durch sie leben wir zugleich in dem verflossenen und in dem gegenwärtigen Jahrhunderte. Um uns versammelnd was menschlicher Fleifs in den fernsten Erdstrichen aufgefunden , bleiben wir allen gleich nahe. Ja, die Kenntnifs von dem innern, geheimen Spiele der Naturkräfte , läfst uns bey vielen selbst Schlüsse für die Zukunft wagen, und die Rück- kehr grofser Erscheinungen vorher bestimmen. So schafft Einsicht in den Weltorganismus einen geistigen Genufs, und eine innere Freyheit, die mitten unter den Schlägen des Schicksals von keiner äufsern Macht zerstört werden ann. rrmmmnmTTTRnV NATURGEMÄLDE DER TROPENLANDER, Nach Beobachtungen und Messungen , welche zwischen dem zehnten Grade nördlicher und: dem zehnten Grade südlicher Breite, in den Jahren ı799 bis 1803 angestellt worden sind. WVexs man von der Meeresfläche zum Gipfel hoher Gebirge emporsteigt, so verändert sich nach und nach die Ansicht des Bodens und die Reihe physikalischer Erschei- nungen, welche der Luftkreis darbietet. Die Pflanzen der Ebene verlieren sich unter Alpengewächse von mannichfal- tiger Bildung. Den hohen Waldbäumen folgt niedriges Ge- büsch mit knorrigen Ästen; diesem folgen duftende Kräuter, deren zartwollige Oberfläche mit gegliederten Saugröhren besetzt ist. Weiter hinauf, in luftdünneren Höhen, wachsen gesellig die Gräser, und an die einförmige Grasflur stöfst die Region der kryptogamischen Gewächse. Flechtenarten liegen hier einsiedlerisch unter ewigem Schnee vergraben , . 34 NATURGEMÄLDE und bezeichnen die obere Grenze der organischen Schöpfung. Mit dem Anblicke der Pflanzendecke verändern sich auch die Gestalten der Thiere. Andere leben in den hochschat- tigen Wäldern der Ebene, andere in den Grasfluren der Alpen, welche ewig der schmelzende sauerstoffreiche' Schnee benetzt. Selbst das Gestein, die unorganische Masse des Erdkörpers, verändert seine Natur, je weiter es sich über die Meeresfläche erhebt. Oft finden sich die späteren Granit bedeckenden Formationen nur bis zu einer gewissen Höhe, und der Gipfel der Gebirge besteht aus demselben Urge- stein, auf dem alle andere Gebirgsarten zu ruhen scheinen, wenigstens so tief, als Menschen bisher in das Innere unsers Planeten eingedrungen sind. Oft ist, selbst auf dem hohen Rücken der Cordilleren, der Granit unter neueren Forma- tionen versteckt. Felsen, vier tausend Meter (2053 Toisen) über dem jetzigen Meeresspiegel erhaben , schliefsen eine Welt von pelagischen Muscheln und versteinten Korallen in sich. Basaltkuppen , Perlstein , Obsidiane und groteske , thurmähnliche , Felsen von Porphyrschiefer sind hier und da auf dem Gebirgskamme zerstreut. Ihr Vorkommen legt der Geognosie schwer zu lösende Probleme auf. Aber nicht blofs Pflanzen, Thiere und Gestein, selbst der Luftkreis, das Gemisch gasartiger Flüssigkeiten, welches die Erde ein- hüllt, und dessen obere Grenze wir nicht kennen; selbst ur P Analyse de Fair ai ique, par Humboldt et Gay- Zune p: 54. Die Luft, welche man aus dem Schneewasser durch Kochen entw ickelt, ist oxygenreicher als te Luft, aber nicht als die Luft des Flufs- und Regenwassers DER TROPENLÄNDER. 35 der Luftkreis bietet auffallende Verschiedenheiten dar, je nachdem man sich von der Ebene entfernt. Wärme und Druck nehmen ab, indem Trockenheit und elektrische Spannung zunehmen. Die Himmelsbläue wird tiefer und dunkler, je mehr man sich erhebt. Die Höhe des Stand- orts modificirt zugleich die Abnahme der Schwere, den Wärmegrad des kochenden Wassers, die Intensität der Sonnenstrahlen und ihre Refraction. So unendlich gering auch , verglichen mit dem Erddurchmesser , der Abstand ist, um den wir uns von dem Mittelpunkte des Sphäroids entfernen : so ist diese Entfernung doch schon hinlänglich, uns gleichsam in eine Schöpfung zu versetzen, und uns gröfsere Verschiedenheiten in Naturprodukten und Klima bemerken zu lassen , als ein beträchtlicher Wechsel geogra- phischer Breite darbieten würde. Diese Verschiedenheiten sind allerdings allen Zonen eigen, wo die Natur hohe Gebirgsketten gebildet hat : doch sind sie minder auffallend in der gemäfsigten Region, als unter . em Äquator , wo der Rücken der Cordilleren sich fünf bis sechs tausend Meter (2565 bis 3078 Toisen) über die Oberfläche des Oceans erhebt, und wo jeder Höhe eine eigene und unveränderliche Temperatur zugehört. Zwar finden sich in der Nähe des Nordpols Berge, welche den Kolossen des Königreiches Quito wenig nachgeben , und deren Existenz auf den ersten Blick der Meynung ungünstig scheint, als habe die Rotation unsers Planeten auf die An- häufung der Gebirgsmassen unter den Tropen gewirkt. Der Elias - Berg auf der Nordwest-Küste von Nord - Amerika, 36 NATURGEMÄLDE unter 60° 2ı’ nördlicher Breite, erhebt sich zu einer Höhe: von fünf tausend vier hundert ein und vierzig Metern (2792 Toisen); der Pico de Buen Tiempo erreicht eben- daselbst die Höhe von vier tausend vier hundert neun und achtzig Metern (2504 Toisen). In unserer mittlern Breite von fünf und vierzig Graden hat der Mont-Blanc vier tausend sieben hundert vier und fünfzig Meter (2440 Toisen), und ich glaube, man darf ihn als den höchsten Gipfel des alten Kontinentes betrachten, so lange als die Berge von Pue-Koachim:® (das heifst das nördliche Schneeland,, Tibet) und die nordwestlichen Gebirge von China, welche, der Sage nach, höher als der Chimborazo sind, ungemessen bleiben. | Aber unter fünf und vierzig und sieben und vierzig Graden nördlicher Breite in der gemäfsigten Zone senkt sich. die untere Grenze des ewigen Schnees, welche zu- gleich auch fast die Grenze alles organischen Lebens ist, bis zwey tausend fünf hundert und dreyfsig Meter ( 1300 Toisen) herab. Um die Fülle verschiedenartiger Thier- und Pflanzenformen zu entwickeln, um die Mannichfaltigkeit meteorologischer Erscheinungen hervorzubringen , bleibt demnach der Natur auf dem Abhange der Gebirge in unserm mildern Erdstriche kaum die Hälfte des Raumes, welchen ihr die Tropen darbieten, wo in den Cordilleren die Vege- ! Relacion del Viaje hecho por las Golettas Sutil y Mexicana en el A. 1792, para reconocer el Estrecho de Fuca (por D.” Dionisio Galeano y D." Cayetano Valdes), p. 122. 2 Samuel Turner’s Gesandschaftsreise nach Bootan , $. 300. DER TROPENLÄNDER. 37 tation erst in einer Höhe von vier tausend sieben hundert und neunzig Metern (2460 Toisen) aufhört. In den Gebir- gen der nördlichen Himmelsstriche erhöht im Sommer die Schiefe der auffallenden Sonnenstrahlen und die ungleiche Dauer der Tage so sehr die Temperatur des Lufikreises , dafs der Unterschied der Wärme in der Ebene und in fünfzehn hundert Meter (750 Toisen) Höhe oft fast ganz unbemerkbar wird : defshalb finden sich viele Pflanzen, welche am Fufse unserer Alpen wachsen, auch auf den hohen Gipfeln derselben. Die kalten Herbstnächte zerstören nicht ihre Organisation. Derselben Erniedrigung der Tempe- ratur würden diese Gewächse einige Monathe später auch in der Ebene ausgesetzt seyn. Einige a der Pyrenäen und. der südspanischen Sch tte (‚St vada de Grenada) wandern tief in die Thäler herab. Sie le dort eine Wärme, welche sie bisweilen auch, wenn gleich auf kürzere Zeit, in höheren Standpunkten erfahren hätten. Unter den Wendekreisen dagegen, in einer senkrechten Höhe von vier tausend und acht hundert Metern (2400 Toi- sen) auf dem weiten Berggeländer, welches von den Pal- men- und Pisanggebüschen der meeresgleichen- Ebene bis zum ewigen Schnee ansteigt, folgen die verschiedenen Kli- mate, gleichsam schichtenweise über einander gelagert. In jeglicher Höhe erleidet die Luftwärme das ganze Jahr hin- durch nur unbedeutende Veränderungen. Das Gewicht der Atmosphäre, ihre elektrische Ladung, ihre Feuchtigkeit, alles ist regelmäfsigen,, periodischen Veränderungen unter- worfen, deren unwandelbare Gesetze um so leichter zu 38 NATURGEMÄLDE . . . . 1% Fi . entdecken sind, als die Erscheinungen unverwickelter,, min- -der in Perturbationen versteckt sind. Aus diesem Zustande der Dinge folgt, dafs unter den Tropen jeder Höhe eigene Bedingnisse zugehören, und dafs diese Bedingnisse eine so grofse Verschiedenheit organischer Formen begründen, dafs in der peruanischen Andeskette ein Gebirgsabhang von tau- send Metern (500 Klaftern) mehr Mannichfaltigkeit in Na- turerzeugnissen darbietet, als eine vierfach gröfsere Fläche in der gemäfsigten Zone Ich har es gewagt, ein iiiysarktischks Gemälde der Aqui- noctialländer zu entwerfen. Ich habe versucht, alle Erschei- nungen zusammenzustellen , welche der Boden und der Lufikreis, von den Küsten des stillen Meeres an bis zum Gipfel der Cordilleren, dem Beobachter darstellt. Dasselbe a umfafst Vegetation ; Thiere; Geognostische Verhältnisse ; Ackerbau ; Luftwärme; Grenzen des. ewigen Schnees; Elektrische Tension der Atmosphäre; Abnahme der Gravitation ; Dichtigkeit der Luft; Intensität der Himmelsbläue ; Schwächung des Lichts beym Durchgange durch die Luftschichten ; Strahlenbrechung am Horizonte und Sichhilre des DER TROPENLÄNDER. 39 Wassers in verschiedenen Höhen über der Meeres- fläche. Um die Erscheinungen der Tropenländer leichter mit denen der gemäfsigten Zone zu vergleichen , sind noch an- dere Verhältnisse, zum Beyspiel, Berghöhen in verschiedenen Weltgegenden , nebst den Entfernungen, in welchen sie ohne irdische Strah- lenbrechung sichtbar seyn würden , hinzugefügt worden Dieses Nr ik berührt demnach gleichsam alle Er- scheinungen, mit denen ich mich fünf Jahre lang während meiner Expedition nach den Tropenländern beschäftigt habe. Es enthält die: Hauptresultate der Arbeiten, welche ich in den folgenden Bänden näher entwickeln werde. Eine solche Schilderung der Natur heifser Klimate schien mir nicht blofs an sich selbst interessant für den empyrischen Physiker; sondern ich schmeichelte mir auch, dafs sie besonders lehr- reich und fruchtbar durch die Ideen werden würde, die sie in dem Geiste derer erregen könnte, welche Sinn für allge- meine Naturlehre haben und dem Zusammenwirken der Kräfte nachspüren. In der grofsen Verkettung von Ursachen und Wirkungen darf kein Stoff, keine Thätigkeit: isolirt betrachtet werden. Das Gleichgewicht, welches mitten unter den Perturbationen scheinbar streitender Elemente herrscht, diefs Gleichgewicht geht aus dem freyen Spiel dy- namischer Kräfte hervor; und ein vollständiger Überblick der Natur , der letzte Zweck alles physikalischen Studiums, kann nur dadurch erreicht werden , dafs keine Kraft, keine s 40 NATURGEMÄLDE Formbildung vernachläfsigt, und dadurch der Philosophie der Natur ein weites, fruchtversprechendes Feld vorberei- tet wird. Wenn ich einer Seits hoffte, dafs mein Naturgemälde neue und unerwartete Ideen in denen erzeugen könnte, welche die Mühe nicht scheuen eine Zusammenstellung zahl- reicher Thatsachen zu studiren : so glaubte ich andrer Seits auch, dafs mein Entwurf fähig wäre die Einbildungskraft zu beschäftigen , und derselben einen Theil des Genusses zu verschaffen , welcher aus der Beschauung einer so wun- dervollen,, grofsen, oft furchtbaren und doch stets wohl- thätigen Natur entspringt. Diese Fülle organischer Gestalten, auf dem schroffen Abhange des Gebirges familienweise ver- theilt; dieser Übergang vom üppigen Wuchs der Palmenwäl- der nd der von Saft strotzenden Heliconien zur dürftigen Vegetation der ewigbeschneiten Grasflur; diese Pflanzen | nd Thiergestalten durch das Klima ek Berghöhe und den Luftdruck bestimmt; diese glänzende Schneedecke, welche dem Auen, unübersteigbare Grenzen setzt, aber diese Grenzen unter dem Arab zwey tausend zwey hundert Meter (1100 Toisen) höher hinaufschiebt als in unsrer gemäfsigten Zone; das unterirdische Feuer, durch unbekannte Kräfte und Stoffe ernährt, bald in niedrigen Hügeln ausbrechend wie im Vesuv, bald in fünffach höhe- ren Vulkanen wie im kegelförmigen Gipfel des Cotopaxi ; diese Meeresmuscheln , welche der Bergbewohner auf iso- lirten Klippen viele tausend Meter über der Meeresfläche anstaunt, und welche ihn an die frühesten Katastrophen DER TROPENLÄNDER. Ai der Vorwelt erinnern ; diese einsamen Luftregionen end- lich, zu welchen kühner Muth und edle Wifsbegierde den Aeronauten' leitet : alle diese Gegenstände, in ein Natur- gemälde vereinigt, sind gewifs fähig die Phantasie auf das vielfachste zu beschäftigen, und in ihr neue und lebendige Bildungen zu gestalten. Auf diese Weise behandelt, könnte eine Schilderung der Tropen-Natur Wifsbegierde und Einbil- dungskraft zugleich nähren , und zum Studium der Physik selbst diejenigen anreitzen , welchen bisher diese reiche Quelle des intellectuellen Genusses verschlossen geblieben ist. Indem ich diese Ideen entwickle, rede ich nicht sowohl von der Arbeit, welche ich in diesem Werke liefere, als vielmehr von der Ausführung, deren ich ein Naturgemälde der Äquinoetial- Länder fähig Kalrsi Der gegenwärtige Versuch bedarf der Nachsicht des Publikums um so mehr, als er mitten unter den heterogenesten Beschäftigungen ausgear- beitet worden ist. Gestatten neue Unternehmungen, zu denen ich mich vorbereite, mir künftig Mufse und Ruhe : so hoffe ich, diesem Naturgemälde eine gröfsere Vollständigkeit zu geben; denn botanische Karten werden das Schicksal der bisher sogenannten geographischen haben, und sich ihrer Vollkommenheit allmählig nur dadurch nähern, dafs sich die Zahl genauer Beobachtungen und Messungen vermehrt. Ich habe die erste Skizze dieser Arbeit an der Küste der Südsee, im Hafen von Huayaquil entworfen im Februar 1805, als ich von Lima zurückkehrte, und mich zu der Herrn Gay-Lussac’s Versuche, im September 1804. ' 10) NATURGEMÄLDE Schiffahrt nach Acapulco vorbereitete. Eine Gopie dieser Skizze schickte ich sogleich Herrn Mutis nach Santa -Fe- de-Bogota. Dieser vortreflliche Botaniker, mit dem ich in den innigsten Freundschaftsverhältnissen gelebt, wäre mehr als irgend jemand im Stande gewesen meine Beobachtungen zu berichtigen, und sie durch die seinigen zu erweitern. Vierzig Jahre, lang hat er das Königreich Neu-Grenada durchreist, und die Tropenpflanzen auf allen Höhen unter- sucht, in den dürren Sandebenen von Carthagena, an den schönen Ufern des Madalenen - Stromes, wie auf den Hügeln von Turbaco, wo Gustavia augusta, Nectandra san- guinea und die kolossalischen Stämme des Anacardium Caracoli ein dickes Gebüsch bilden. Herr Mutis hat einige Jahre lang auf den hohen Gebirgsebenen von Pamplona und Mariquita, andere Jahre am östlichen Abfall der Andeskette, nahe bey dem Städtchen Ibague gelebt, einem Aufenthalte, der durch ewige Milde der Luft, üppigen Pflanzenwuchs und malerische Berggehänge auch mir un- vergefslich geworden ist. Kein anderer Botaniker hat mehr Gelegenheit gehabt, wichtige Beobachtungen über die Geo- graphie der Pflanzen einzusammeln, da er während des Her- barisirens stets barometrische Höhenmessungen angestellt , und die hohen Gipfel der Cordilleren so vielfältig bestiegen hat; Gipfel, auf welchen Escallonia myrtilloides, Wintera granatensis und die ewig blühende Befaria (Bejaria), die Alpenrose der Tropenwelt, den fast nackten Felsen bedecken. Auch Herr Hänke, welcher den unglücklichen Alessandro Malaspina auf seiner Schiffahrt begleitet hat, wird viele Mate- DER TROPENLÄNDER. 43 rialien zu einer Arbeit wie die meinige besitzen. Zehn Jahre lang durchstreift er mit rastlosem Eifer die Andeskette von Cochabamba, einen Arm, der die Gebirge von Potosi mit den brasilianischen vereinigt. Nicht minder wichtige Beobach- tungen für die Pflanzen-Geographie haben wahrscheinlich die Herren Sesse und Mociäo gesammelt, welche, mit den vege- tabilischen Schätzen von Neu-Spanien beladen, so eben nach Europa zurückgekehrt sind. Sie haben in einem Lande gearbeitet, wo die Vegetation sich von den brennendheissen Küsten von Vera-Cruz und Yucatan bis zum ewigen Schnee der Vulkane, bis zum Sitlaltepetl (Pico de Orizaba) und zum Popocatepec erhebt. Leider aber hat mein Aufenthalt in Mexico und in den nordamerikanischen Freystaaten mich gehindert mit allen diesen gelehrten Botanikern in Verkehr zu treten, und ihren Rath bey der Ausarbeitung dieses Natur- gemäldes zu benutzen. Die Zeichnung, welche ich selbst in Huayaquil entwor- fen, ist in Paris von einem grofsen Künstler, Herrn Schön- berger , weiter ausgeführt worden. Um dieser Ausführung diejenige Vollendung zu geben, welche zum Kupferstich nöthig ist, hat Herr Turpin die leizte Hand daran gelegt. Ein Bild, welches an nebenstehende Scalen profilartig ge- bunden ist, kann an sich keiner sehr malerischen Aus- führung fähig bleiben. Alles was geometrische Genauigkeit erheischt, ist dem Effekt entgegen. Die Vegetation sollte eigentlich blofs als Masse sichtbar seyn , und daher wie in militärischen Planen angedeutet werden. Doch habe ich geglaubt, dafs ich es mir erlauben dürfte, in der Ebene 44 NATURGEMÄLDE (gleichsam im Vorgrunde) die zartblättrigen Pisanggebüsche und die hohen Stämme der Palmen bestimmter auszudrü- cken. Man sieht Musagewächse und Fächerpalmen allmählig sich in kleinblättrige Laubbäume, diese sich in niedriges Gesträuch, das Gesträuch sich in die Grasflur verlieren. Die Region der Gräser reicht so weit als die lockere Erdschicht, . welche dünner und dünner sich über dem Berggipfel aus- breitet. Moose, inselförmig an den klüftigen Felswänden vertheilt, Blätterflechten und buntfarbige Psoren bestimmen stufenweise die obere Begrenzung der Pflanzendecke. Ge- schmackvoller wäre vielleicht das Ganze ausgefallen, wenn keine Zahl, keine Beobachtung um den Umrifs der An- deskette selbst geschrieben worden wäre. Aber in dieser geographischen Vorstellung sollten zwey sich oft fast aus- schliefsende Bedingungen zugleich erfüllt werden, Genauig- keit der Projection und malerischer Effekt. Wie weit es uns geglückt ist diese Schwierigkeit zu überwinden, müssen wir der Entscheidung des Publikums überlassen. Das Naturgemälde der Tropenländer umfafst alle physi- kalischen Erscheinungen, welche die Oberfläche der Erde und der Lufikreis von dem ıoten Grade nördlicher bis zum ıoten Grade südlicher Breite darbietet. Pflanzen- und Thier- formen, und vorzüglich die meteorologischen Phänomene, nehmen, im neuen Welttheile, vom ıoten bis zum >3sten Grade der Breite einen der Äquatorregion so ganz unähn- lichen Charakter an, dafs es unrichtig gewesen wäre dasselbe Naturgemälde bis an die Wendekreise selbst auszudehnen. DER TROPENLÄNDER Ab* Nach den geodesischen Messungen , welche ich im Königreich Neu-Spanien angestellt, senkt sich die untere Schneelinie unter neunzehn Graden nördlicher Breite noch nicht tiefer als vier tausend sechs hundert Meter (2560 Toisen) herab , das heifst, der ewige Schnee fängt dort nur um zwey hundert Meter (104 Toisen) früher als unter dem Aquator an. Dage- gen geben die Nähe der gemäfsigten Zone; die Strömungen in den oberen Luftregionen;; der Einflufs, den in jeder Hemi- sphäre der nähere Pol auf die abweichende Richtung der Passatwinde ausübt, und andere Ursachen, welche von der Konfiguration des Kontinents abhängen, den unter dem »osten und 2ö5sten Breitengrade gelegenen Ländern ein Klima und einen Vegetationscharakter , den man unter den Tropen kaum erwarten sollte. Im Lande Anahuac (im jetzi- gen Neu-Spanien) wachsen die Tannen (Pinus) bis drey tausend neun hundert vier und dreyfsig Meter (2019 Toisen) hoch über der Meeresfläche; und kaum sechs hundert fünf- zig Meter (552 Toisen) unterhalb der Schneegrenze habe ich noch Stämme von neun Decimetern (3 Fufs) Dicke gefunden, während dafs südlicher unter dem ten und 6ten Breiten- grade hohe Bäume kaum noch auf Bergen von drey tausend fünf hundert Metern (1795 Toisen) wachsen. In der Insel Cuba sinkt das Thermometer an der Meeresküste im Win- ter bisweilen bis zum Eispunkte' herab. Ganze Tage erhält ı Wo nicht das Gegentheil ausdrücklich bemeskr: ist, wird in dieser Schrift die Wärme stets nach dem hunderitheiligen (Reaumürschen) Quecksilberther- mometer bestimmt. Unter Meilen verstehe ich Seemeilen, zwan zig auf einen Grad, jede zu fünf tausend fünf hundert fünf und fünfzig Metern (2850 Toisen), 46 .. NATURGEMÄLDE es sich auf sieben Graden, während dafs man es auf der Küste von Vera-Cruz und in S. Doming südlichern Breite, nie unter siebzehn Graden sieht. In Neu- Spanien ist Schnee in den Strafsen der Hauptstadt Mexico, im Königreich Michoacan ist er in Valladolid selbst gefallen; obgleich beyde Städte nur zwey tausend zwey hundert vier u achtzig Meter (1174 Toisen) und tausend acht hundert siebzig Meter (959 Toisen) über der Meeresfläche erhaben liegen. Zwischen dem Aquator und dem Aten Breitengrade hat man dagegen unter vier tausend Metern (2052 Toisen) Höhe nie schneien sehen. Alle diese Verschiedenheiten be- weisen hinlänglich, dafs ein Naturgemälde der äquatornahen Länder nicht u ganze heifse Zone zugleich umfassen kann. Mein Naturgemälde stellt einen senkrechten Durchschnitt nach einer Fläche dar, die durch den Rücken der Andes* kette, von Osten gegen Westen, gerichtet ist. Man unter- scheidet in der Zeichnung gegen Westen die Küste der Südsee, eines Oceans, welcher in dieser Gegend allerdings den Namen des friedlichen oder stillen Meeres verdient : denn vom ı2ten Grade südlicher bis zum 3ten Grade nörd- licher Breite, nicht aber ausserhalb dieser Zone, wird seine Oberfläche durch keine Stürme beunruhigt. Zwischen dem Meeresufer und der hohen Cordillere befindet sich das merk- würdige Thal Cuntisuyu‘ (der westliehe Theil des König- reichs Peru), welches sich weit von Süden gegen Norden erstreckt, aber kaum zwanzig bis dreyfsig Seemeilen breit 0, in einer wenig ı Gleichsam das Westland i in der politischen Eintheilung der Incas-Länder. Garcilasso Comentarios reales, TI DER TROPENLÄNDER. 47 ist. Diefes Längenthal, oder vielmehr diese meernahe Ebene, ist von 4° 50! südlicher Breite an, gegen Quito oder Chin- chasuyu hin, mit einer üppigen kraftvollen Vegetation er-. füllt; südlicher als jener Parallelkreis findet man eine öde, traurige Sandwüste. Von den Hügeln von Amotape an bis gegen Coquimbo hin kennen die Einwohner dieser Steppe weder Regen noch Donnerwetter, während dafs jenseits dieser Hügel, gegen Norden hin, die Wasser viele Monathe hindurch , unter tösenden , elektrischen Explosionen, wol kenbruchähnlich aus der verfinsterten Luft herabstürzen. Ich habe das Profil der Andeskette ihren höchsten Gip- fel, den Chimborazo, durchschneiden lassen, welcher unter ı° 27' südlicher Breite und 0° ı9'/ westlich vom Meridian von Quito liegt. Die Höhe dieses Kolosses ist dreymal im Jahr 1741 durch die französischen und spanischen: Astro- nomen, und im Jahr ı802 durch mich selbst gemessen worden. Da diese Messungen halb geodesisch, halb barome- trisch sind; da, je gröfser die Höhenwinkel ausfallen sollen , um so höher die Ebene ist, auf welcher man die Grund- linie zwischen den Standzeichen mifst; und da in dem Calcul so beträchtlicher Höhen wahrscheinlich ganz verschiedene Barometer- und Refractionsformeln befolgt worden sind : so darf man sich nicht wundern, dafs die dem Chimborazö bisher zugeschriebenen Höhen so überaus verschieden aus- - Auf einer Karte des Deposito a ico de Madrid, liest man beym haha die Zahl 7496 varas. Da e Zahl genau mit Bouguer’s 3217 Toisen zusammentrift: so vermuthe ich Fr dafs nn Expedition den Chimborazo nicht gemessen habe. ı Toise = 2,3316 v 48 NATURGEMÄLDE fallen. La Condamine bestimmt ihn auf sechs tausend zwey hundert vier und siebzig Meter (3220 Toisen); Don Jorge Juan, der tiefsinnige spanische Geometer, auf sechs tausend fünf hundert sechs und achizig Meter (3580 Toisen). Wahr- scheinlich liegen die Ursachen dieser Verschiedenheiten nicht in der geodesischen Messung, sondern in der barometrischen Bestimmung der Höhe, um welche die Standlinie über der Meeresfläche erhaben ist. Die dem Chimborazo nächsten Ebenen sind zwey tausend neun hundert Meter (1488 Toi- sen) hoch. Berechnet man ihre Höhe nach Bouguer’s baro- metrischer Regel : so findet man sie um hundert dreyfsig oder hundert vierzig Meter (67 oder 72 Toisen) geringer , als wenn man der Schuckburgischen oder Laplacischen For- mel der Temperatur-Correction folgt. Die Höhe des Chimbo- razo, welche La Condamine und Don Jorge Juan angeben, -gründet sich wahrscheinlich auf die Höhe der Stadt Quito, welche der erstere zu zwey tausend acht hundert fünf un vierzig Meter (1460 Toisen), und der letztere zwey tausend neun hundert fünf und fünfzig Meter (1517 Toisen) annimmt. Die Laplacische Formel gibt dieser Stadt zwey tausend neun hundert fünf und dreyfsig Meter (1506 Toisen); und man darf diesem Resultate, welches aus den von La Condamine selbst angegebenen Barometerständen folgt, nicht etwa die Bouguersthe, sogenannte geodesische Operation bey Niguas* entgegensetzen, weil diese, wie an einem andern Orte ent- wickelt werden soll, auf sehr unsicheren Datis beruht. Ist ı Bouguer, Figure. de la terre, p. 166. DER TROPENLÄNDER. 49 demnach schon Quito von La Condamine wahrscheinlich um neun und achtzig Meter (46 Toisen) zu niedrig angege- ben, welche andere Modificationen mufs nicht die Messung des Chimborazo durch die Referirung eines Signals auf das andere, und durch die Annahme einer zu starken Strahlen- brechung erlitten haben ? Denn La Condamine und Don Jorge Juan, welche in der Höhe von Caraburu nur um achtzig Meter (4ı Toisen), in der von ‚Quito um hundert und zehn Meter (57 Teisen) von einander abweichen, ent- fernen sich in der Höhe des Chimborazo um drey hundert und zehn Meter (160 Toisen), das heifst, um ein Einund- zwanzigstel des Ganzen: von einander, ungeachtet beyde "Astronomen gemeinschaftlich und mit Instrumenten von fast gleicher Güte arbeiteten. Während meines Aufenthalts in der neuen Stadt Rio- bamba habe ich durch eine trigonometrische Messung , die ich in der Bimssteinebene von Tapia angestellt, den höchsten Gipfel des Chimborazo, bey der Annahme von einem Vier- zehntel Strahlenbrechung, um drey tausend sechs hundert und vierzig Meter (1867 Toisen) über der Ebene erhaben n den neuesten Messungen von Mechain und Delambre finden sich indefs noch stärkere Differenzen mit älteren Messungen: Puy-Marie, nach Cassini; neun en ns Na De Toisen; vn Delambre, acht Be ein a fünfzig ı Cassini, t Dela mbre, neun hundert an 2 sechzig Sn Pic du Midi, dach Mechain, tausend vier h Vi hundert und al, tausend fünf hundert und sechs Toisen: Montblanc, nach Dale, zwey tausend drey hundert ein und neunzig Toisen; nach Pictet, zwey tausend vier hundert sechs und zwanzig Toisen ; nach Saus- sure, zwey tausend vier hundert und fünfzig Toisen MAzEDr4Ie 50 NATURGEMÄLDE gefunden. Nun gibt meine Barometer-Beobachtung, welche Herr Gouilly gefälligst nach Laplace’s Formel berechnet hat, Tapia um zwey tausend acht hundert sechs und neunzig Meter (1485 Toisen) über dem Meere an. Demnach beträgt die ganze Höhe sechs tausend fünf hundert sechs und dreyfsig Meter (3354 Toisen). Wende ich dagegen Laplace’s neue Refractuionsformel auf meine Höhenwinkel an : so finde ich den Chimborazo sechs tausend fünf hundert vier und vierzig Meter (5557 Toisen) hoch; ein Resultat, welches zwischen die älteren Angaben fällt, aber der Messung des spanischen Astronomen Don Jorge Juan: am nächsten kommt. Die Länge der von mir gemessenen Siandlinie, tausend sieben hundert zwey Meter (875 Toisen), die Natur der Winkel und die Güte meines Ramsdenschen Sextanten lassen mich ‚hoffen, dafs meine Höhenbesimmung des Chimborazo nicht gar viel von der Wahrheit abweicht, Der Gipfel dieses kolossalischen Gebirges hat, Trotz der Verschiedenheit des Gesteins, einige Ähntichlsäie mit der Physionomie des Montblanc. Er ist ein grofses Kugelseg- ment, eine Form, welche auf dem beyliegenden Profile , der geringen Distanzscale wegen, nicht hat ausgedrückt werden können. Eine Landschaft , welche für meine Reise- beschreibung bestimmt ist, wird den Chimborazo in seiner wahren Gestalt malerisch darstellen. Hinter dem Chimborazo erhebt sich in der Zeichnäng ein fünf tausend sieben hundert zwey und fünfzig Meter (2952 ı Viaje a la America merid. p. 98. (Ed. franc., T. II, p. 114.) DER TROPENLÄNDER. 51 Toisen) hoher, vulkanischer Kegelberg, der Cotopaxi (nebst dem Tungurahua und dem Sangay), gegenwärtig der ver- heerendste aller feuerspeyenden Berge von Quito. Er ist fast fünfmal höher als der Vesuv, ein Hügel, der kaum eilf hundert sieben und neunzig Meter (615 Toisen) erreicht. Doch ist der Cotopaxi noch nicht der höchste Vulkan auf unserm Planeten : denn er steht dem Antisana an Höhe nach , dessen dickbeeister Gipfel sich fünf tausend acht hundert zwey und dreyfsig Meter (2995 Toisen) über der Meeresfläche erhebt und mehrere kleine Öffnungen hat, von denen ich eine im März ı802 rauchen sah. In der Natur selbst ist der Cotopaxi entfernter vom Chimborazo als er es in dem Profile zu seyn scheint. Wenn in demselben die wahren Horizontaldistanzen angegeben; wenn es (wie mein geognostischer Atlas) die Unebenheiten des Bodens in einer bestimmten Gegend treu darstellen sollte : so hätte ich statt des Cotopaxi den dem Chimborazo nahen Vulkan Carguei- razo abbilden sollen. Aber ausserdem dafs dieser in der schreckenverbreitenden Nacht des ıgten Julius 1698 fast ganz eingestürzt ist, und in den Trümmern seiner alten. Gröfse wenig Interesse einflöfst, so "bewogen mich auch andere Gründe dem Cotopaxi den Vorzug zu geben. Dieser Vulkan war es, dessen krachenden unterirdischen Donner wir ın dem Hafen von Huayaquil fast in jeder Minute vernahmen,, während ich mein Naturgemälde der Tropen entwarf. Ungeachtet der Crater: des Cotopaxi zwey und *Ich habe den Crater des Cotopaxi ohngefähr neun hundert und dreyfsig Meter (478 Toisen), den von Rucupichincha (gleichsam Vater-Pichincha, der 52 NATURGEMÄLDE vierzig Seemeilen von uns entfernt war, so hörten wir doch sein brüllendes Getöse (los bramidos del Cotopaxi nennen es die Einwohner) wie den Donner des schweren Geschü- izes. Im Jahr 1744 vernahm man dasselbe in zwey hundert und zwanzig Seemeilen Entfernung, bis gegen Honda und Monpox am Madalenen-Strome a Hätte der Vesuv gleiche Intensität des vulkanischen Feuers, oder gleiche unterir- dische Verbindungen : so müfste man sein Krachen, der Analogie nach, bis Prag oder Dijon gewahr werden. Die Höhe, zu welcher im Profil der Rauch des Cotopaxi in die Luft steigt, ist nicht willkührlich , sondern nach wirklichen Messungen angegeben. La Condamine , dessen Werk ein schwer nachzuahmendes Muster von Genauigkeit ist, fand, dafs die Flamme im Jahr 1758 über neun hun- dert Meter (fast 2800 Fufs) hoch über dem obern Rande des Craters aufloderte. Während dieser Explosionen speyt der Cotopaxi, wie andere Vulkane des Königreichs Quito , eine ungeheure Masse süfsen , oft mit geschwefeltem Hydro- gen geschwängerten Wassers, mit Kohlenstoff durchdrun- genen Letten und Fische ', welche kaum von der Hitze verunstaltet sind und zum Geschlecht Pimelodes gehören. Es bedarf kaum des Erwähnens, dafs die Projection der Alte, im Gegensatz des Guagua oder des jungen Pichincha) tausend vier hun- dert drey und sechzig Meter (751 Toisen) im Durchmesser gefunden. Der Graier des Vesuv soll, im Jahr ı801, etwa sechs hundert und sechs Meter (312 Toisen) breit gewesen seyn. ! Pimelodes Cyclopum. S. das erste Heft meiner Beobachtungen aus der Zoo- logie und vergleichenden Anatomie, DER TROPENLÄNDER 53 Cordillere blos an einen Höhenmaasstab gebunden ist; dafs aber dieselbe Scale nicht für die horizontalen Entfernungen gelten kann. Die höchsten Berge der Erde sind so unbe- trächtlich , wenn man ihre Höhe mit den Entfernungsgröfsen vergleicht, dafs der Chimborazo, zum Beyspiel, in einer Zeichnung, welche auf dem gröfsten Allasformat eine Land- strecke von zwey hundert Meilen darstellen sollte, noch nicht vier Millimeter (> Linien) hoch ausfallen würde, wenn einerley Maasstab für die Ordinaten und Abscissen dienen sollte. Wollte man andrerseits nach der Höhenscale meines Profils, ich sage nicht ganz Süd-Amerika in seiner Breite, sondern blos den schmalen Landstrich zwischen der Südsee und dem westlichen Abfall der Cordillere projiciren: so müfste das Profil fast vierzigmal länger als das Format dieses Werkes seyn. Wenn man daher einen beträchtlichen Theil der Erdoberfläche in Durchschnitten darstellen will, um die Construction der Gebirge aufzuklären : so mufs man die Idee aufgeben den Höhen- und Distanzscalen einer- ley Größe zu geben; ein Umstand, der allerdings den Nachtheil hat, dafs bey der nothwendigen Verengerung .aller Breitenverhältnisse die Gebirgsabhänge zu steil aus- fallen. Eine solche widersinnig scheinende Verzerrung der Umrisse darf aber diesen Länderprofilen so wenig als der geographischen Mercator-Projection vorgeworfen ‘werden , da es in Arbeiten dieser Art auf strenge Befolgung fester Regeln, und nicht auf malerische Ähnlichkeit ankommt. An einem andern Orte, in meinem Versuche einer geognos- tischen Pasigraphie , oder in meinem physikalischen Atlas » 54 NATURGEMÄLDE werde ich Gelegenheit haben die Natur dieser Profile näher zu erörtern. Den östlichen Abfall der Cordillere stellt die Zeichnung etwas sanfter als den westlichen vor. Dieser Unterschied existirt in dem Theile, durch welchen ich die schneidende Fläche gelegt habe. Doch bin ich weit davon entfernt zu glauben, dafs die ganze Andeskette überall diesen steilern Abfall gegen Westen darbietet, wie Buflon und andere berühmte Physiker annehmen. Wer des Landes genau kun- dig ist, weils wie wenig man sich es erlauben darf über den fast unbesuchten westlichen Abhang zu entscheiden, und wie leicht es ist Nebenketten und einzelne Gebirgsstöcke mit dem hohen Rücken selbst zu verwechseln, der die gren- zenlosen , flufsreichen Waldebenen des Beni, Puruz und Ucayale von dem schmalen Küstenlande trennt. Die Cordil- lere übersteigend, — einmal von Westen gegen Osten, vom eisigen Paramo des Guamani, wo man auf drey tausend drey hundert Meter (1704 Toisen) Höhe, der Cyclopen-Construc- tion ähnliche Ruinen eines Ynca-Pallastes sieht, herab gegen den Chinchipe und Amazonen-Flufs; und das andere Mal, von Osten gegen Westen, von Jaen de Bracamorros über Mi- cuipampa gegen die Südsee hin, — habe ich deutlich bemerkt, dafs unter dem 3ten und 6ten Grade südlicher Breite der östliche Abhang der Andes minder sanft als der westliche ist, Herr Hänke, ein genauer und scharfsichtiger Beobachter , behauptet eben dieses: von den fruchtbaren Thälern von "In einem Manuscripte En von Cochabamba), das mir der gelehrte Mönch Cisnero in Lima gelie DER TROPENLÄNDER. 55 Chiquitos und Cochabamba. Im Königreich Neu-Grenada , unfern der Hauptstadt Santa-Fe-de-Bogota, ist der östliche Abhang der Cordillere so steil, dafs kein Indianer noch vom Gebirge Chingasa herab in die Ebenen (Grasfluren) von Casanare hat gelangen können. Die Kluft, welche ich auf dem östlichen Abfall der An- deskette angedeutet, erinnert den Beobachter an jene engen, schauervollen Thäler, welche wahrscheinlich Erdstöfsen und vulkanischen Explosionen ihren Ursprung verdanken. Einige derselben sind so tief eingefurcht, dafs der Vesuv, die Schneekoppe und der Puy-de-Döme, in sie versetzt, noch nicht mit den Gipfeln der Höhe der Thalmauern gleich- kommen würden. Das wegen seiner furchtbaren Hitze weit berufene Thal von Chota, unweit der Stadt Quito , ist tau- send fünf hundert sechs und sechzig Meter (4824 Fufs), das Flufsthal des Cutacu in Peru über tausend vier hun- dert Meter (4200 Fufs) tief, ungeachtet der Boden dieser Schluchten noch um eben so viele Fufs über der Meeres- fläche erhaben ist. Die Breite dieser Thäler ist oft nicht über acht hundert Meter (41 ı Toisen), und sie stellen dem Geognosten das Bild ungeheurer,, unausgefüllter Gänge dar. In Europa ist eins der tiefsten Thäler unstreitig das von Ordesa am Mont-Perdu in den Pyrenäen, welches nach Ramond acht hundert sechs und neunzig Meter (459 Toi- sen) mittlerer Tiefe hat. Am östlichen Ende meines Profils ist die Küste des atlan- üschen Oceans angedeutet. Um zu zeigen, wie viel länger dieser Theil dat Zeichn seyn sollte, ist die unermefsliche 56 NATURGEMÄLDE Ebene, welche der Amazonen-Flufs und der Guainia (Rio- Negro) begrenzen , unterbrochen vorgestellt. So viel von den geognostischen Phänomenen, welche ich in dem Contour des Profils auszudrücken gesucht. Im Innern desselben habe ich die Geographie der Tropen- pflanzen in dem gröfsten Detail entwickelt, welches der Raum eines einzigen Blattes gestattet. Diese Arbeit gründet sich auf eigene Beobachtungen; denn sechs tausend zwey hundert verschiedene Species von Äquinoctial-Gewächsen haben wir, mein Reisegefährte Bonpland und ich, in fünf Jahren auf unseren Excursionen in Süd-Amerika, Mexico , „und der Insel Cuba gesammelt. Da wir zu gleicher Zeit astronomische, geodesische und barometrische Messungen angestellt : so können wir nach den Journalen unsrer Expe- dition fast für jede gesammelte Pflanze Breitengrad , Maxi- mum und Minimum der Standhöhe über der Meeresfläche, Temperatur der Luft und Beschaffenheit des Bodens und Natur der in der Nähe anstehenden Gebirgsart angeben. | Den Compafs in der Hand, habe ich, nach Angabe unserer Manuscripten , in das Profil von Süd-Amerika vorzüglich die Pflanzen eingetragen, denen die Natur sehr bestimmte Hö- hengrenzen .anzuweisen scheint. Jeder Name ist nach der beystehenden Meter- und Toisenscale in die dem bezeich- neten Gewächse zukommende Höhe gesetzt. Wenn eine Pflanze auf dem Abhange der Cordillere eine breite Zone einnimmt: so ist diels oft dadurch ausgedrückt worden, dafs der Name der Pflanze schräg geschrieben ist. Wenn fast alle bisher bekannte Arten einer Gattung in einer Höhe DER TROPENLÄNDER. 57 wachsen, so hat man sich begnügt, den blofsen generischen Namen aufzuzeichnen. So finden sich unter dem Äquator die Escallonien ‚ Wintera, Befaria und Brathys, nur auf grofsen Höhen der Andeskette ‚ während dafs Mahagony (Switenia), Brasilet (Cesalpinia), Bombax, und. besonders Cocollaba, Avicennia und Mangle (Rhizophora), nur in tieferen Ebenen und am Meeresstrande wachsen. Die Enge des Raumes, den ich zu benutzen hatte, gestattete mir nur wenige Arten zu nennen. Sollte dieser Versuch. hinlängli- ches Interesse erregen, so kann ich in der Folge botanische Special-Karten liefern, zu denen bereits alle Materialien gesammelt sind. Im beyliegenden Profile war es unmöglich über hundert und fünfzig Arten von Melastoma, sechs und achtzig von Molina, acht und achtzig von Eupatorium , vierzig Lobelien, zwey und fünfzig Calceolarien und über vier. hundert Grasarten, welche wir in der Tropenregion beobachtet, in den ihnen zukommenden Höhen aufzuzeich- nen. Bisweilen habe ich den Namen derselben Gattung mehrmals wiederholt, um dadurch anzudeuten, dafs einige Arten derselben auf fünf hundert Meter (256 Toisen),. an- dere auf drey tausend Meter (1539 Toisen) Höhe wachsen. Da wir dazu erst seit wenigen Monathen in Europa zurück sind : so habe ich es nicht wagen können eine grofse Zahl neuer Gattungen hinzuzufügen, die wir bald beschreiben werden, über deren Benennung wir aber noch unschlüssig sind. Ich habe blofs einige aufgeführt, welche in dem ersten und zweyten Heft unserer Plante «quinoctiales erscheinen und jetzt gestochen werden, als Cusparia febrifuga (der 8 58 NATURGEMÄLDE wohlthätige Baum, welcher den cortex angosture liefert : eine neue Gattung, foliis ternalıs et alternis), die Matisia "cordata, und die Wachspalme , Ceroxylon andicola, über welche Bonpland dem National-Institut so eben eine eigene Abhandlung vorgelesen hat. Um die Yöhıbeiaih: der Gewächse auf dem Endhoden unter einen allgemeinern Gesichtspunkt zu stellen, habe ich. meine botanische Karte in Regionen abgetheilt, von deren jede die analogen, in einer Höhe vorkommenden , Pflanzenformen in sich begreift. Die Namen dieser Regio- nen sind mit gröfserer Schrift bezeichnet, wie die Namen der Provinzen in den geographischen Landkarten. Wenn man sich von dem Innern des Erdkörpers, oder von der Tiefe der Höhlen zu den beschneyten Gipfeln der Andes erhebt : so trifft man zuerst auf die Region der un- terirdischen Pflanzen. Der untere Rand des Profils nennt einige dieser kryptogamischen Gewächse, deren wunderba- ren Bau Scopoli zuerst erforscht hat, und die ich in meiner frühern Jugend in einem eigenen Werke: bearbeitet habe. Specifisch von den Kryptogamen verschieden, welche man auf der Oberfläche der Erde findet, scheinen sie, wie eine grofse Zahl dieser letzteren, unabhängi ig vom Breitengrade und dem Klima. In tiefe Nacht gehüllt, dem Reitze des Son- nenstrahles fremd, Stickgas und brennbare Luft aushauchend, breitet sich ihr flockiges Gewebe über das feuchte Gestein unterirdischer Höhlen, und über die alternde Zimmerung der ı Flor&e Fribergensis ee plantas cryptogamicas presertim subterra- neas recensens; 1790. DER TROPENLÄNDER. 5g Bergwerke aus. In denen von Neu-Granada und Mexico, ja selbst in der südlichen Hemisphäre , in den peruanischen sruben von Hualgayoc , habe ich dieselben Flechten- und Schwamm-Arten entdeckt (Boletus ceratophora, Lichen verticillatus, Boletus botrytes, Gymnoderma sinuata, Byssüus ‚speciosa), welche ich in den Bergwerken von England , Deutschland und Italien beobachtet. In gleicher Tiefe mit diesen unterirdischen Kryptogamen , vegetiren im finstern Meeresgrunde Fucus- und Ulven-Arten, die sich oft an das Senkbley anhängen , und deren frisches Grün dem Physiker eine räthselhafte Erscheinung darbietet. Wenn wir die zahllose Menge unterirdischer Pflanzen verlassen, finden wir uns auf einmal in eine Zone versetzt, in welcher die Natur die prachtvollsten Gestalten enı- wickelt, und sie zu den schönsten Gruppen vereinigt hat. Hier ist die Region der Palmen und Pisang - Gewächse, welche von der Meeresfläche bis tausend Meter (514 Toi- sen) hoch auf das Gebirge hinansteigt. Hier herrschen fast ausschliefslich Musa , Heliconia , Alpinia , die wohlduf- tendsten Lilien und das Gebüsch schlankstämmiger Palmen. Der Balsambaum von Tolu, Hymeneen, die schildblättrige Cecropia, Theophrasta, Plumeria , Musenda, und die Cuspare oder Quina von Carony, vegetiren hier in voller Kraft. Vom glühenden Sonnenstrahle getroffen, bedecken das dürre Sandufer Allionia, Conocarpus, Convolvulus lttoralis, Convolvulus brasiliensis, Talinum, Avicennia , Cactus peireskia, und ‚Sesupyium portulacastrum. An den Flufsufern rankt die Aristolochia cordıflora, deren Blume 60 NATURGEMÄLDE oft volle drey und vierzig Centimeter (16 Zoll) im Durch- messer hat. Einige Gewächse dieser Region zeigen san wenn gleich nur scheinbare Abweichungen von den allgemeinen Gesetzen der geographischen Pflanzenvertheilung. Die süd- amerikanischen Palmen werden, wie die des alien Kont- nents, durch Mangel der Wärme gehindert über tausend Meter (514 Toisen) hoch an dem Abhange der Gebirge anzusteigen. Ein einziger Palmbaum der Andeskette bietet ie en Erscheinung dar, dafs er, von allen ande- ren Arten seiner Familie entfernt, erst in der Höhe der Scheideck und des Gothards-Passes beginnt, und sich mit üppigem Wuchse fast bis zu der doppelten Höhe der Schneekoppe verbreitet Der Anblick einer solchen Alpenpalme in den Schnee- bergen von Quindiu, unter 4° 32‘ nördlicher Breite, hat uns auf das lebhafteste überrascht. Ihr oft fünfzig Meter (fast 160 Fufs) hoher, schwarzgeringelter Stamm glänzt von reinem Wachse,, welches Herr Vauquelin unter meh- reren anderen Produkten unserer Expedition , chemisch untersucht hat. Diese Wachspalme (Ceroxylon andıcola ) haben wir in den Andes von Quindiu und Tolimala , zwischen Eichen und Wallnufsbäumen , in einer Berghöhe von achtzehn hundert bis zwey tausend acht hundert Meter (zwischen 900 und ı500 Toisen) beobachtet. In der spanischen Beschreibung der Seefahrt des Admiral Cordoba wird gesagt, dafs man eine Palme in den engen Schluchten der magellanischen Meerenge, unter dem 53sten DER TROPENLÄNDER. 64 Grade südlicher Breite (also in einem Klima, das nicht viel milder ist als das von Nord-Deutschland) gefunden habe. Diese Nachricht, welche mir in der Havana ein Gefährte von jener Expedition mündlich bestätigt hat, ist um so auffallender, als es selbst unbotanischen Augen unmöglich scheint, eine Palme mit irgend einem andern Baume , als höchstens mit einem hochstämmigen Farrenkraute zu ver- wechseln , dessen Existenz in einem so kalten Klima nicht minder sonderbar wäre. In Europa wächst der ein- heimische Chamerops, und die eingeführte afrikanische Dattelpalme, nicht nördlicher als 45° 40’ Bananen-Gewächse (plante scitamine®) und die bisher bekannten Heliconien wachsen unter den Tropen nicht höher als auf Gebirgsabhängen von vier bis fünf hundert Meter (etwa ı400 Fufs). Um so mehr sind wir erstaunt, als wir nahe am Gipfel des sogenannten Sattel-Felsens von Caracas (la Silla, oder el Cero de Avila, nahe bey Oaraval- leda), zwey tausend ein hundert und fünfzig Meter oder 6600 Fufs hoch über dem Meere, ein Pisang-Gewächs fan- den, das über vier Meter (ı2 Fufs) hoch war, und ein so dickes Gebüsch bildere, dafs unsere Indianer die gröfste dem ganzen Habitus nach ist es eine: neue Speliks von Heliconia, welche diese Bergkälte erträgt, und das seltene Beyspiel eines von Also finden umgebenen Bananen- Gewächses darbietet. Sesuyium BEN bedeckt die Meeresküsten von 63 NATURGEMÄLDE 'Cumana, wie die unfreundlich kalte Gebirgsebene von Pe- rote im Königreich Neu - Spanien ; eine Ebene, welche zwey tausend drey hundert und vierzig Meter (1200 Toisen) über dem Meere erhaben,, und mit efllorescirender Kohlen- und Kochsalzsaurer Soda angefüllt ist. Pflanzen der Salz- Steppen scheinen , wie Wassergewächse , unempfindlicher gegen Klima und barometrischen Luftdruck zu seyn. Unmittelbar über der Region der Palmen und Bananen- Gewächse liegt die Region der baumartigen Farrenkräuter. Dieser Erdstrich ist zugleich auch die Region der Fieber- rinde, nur mit dem Unterschiede , dafs die baumartigen Polypodien, dem gemäfsigten Klima treu, sich auf die Zone zwischen vier hundert und sechzehn hundert Meter (1200 und 4800 Fufs) beschränken , und selten zu gröfseren Höhen an den Gebirgsabhängen heransteigen. Mehrere China-Arten (Cinchona) hingegen bedecken die Andes- kette bis zwey tausend neun hundert Meter (1487 Toisen) Höhe. Die orangenfarbene und gelbe Fieberrinde (Cinchona lanceifolia und Cinchona cordi ifolia des Mutis) scheuen die Bergkälte so wenig, dafs man sie in Höhen antrifft, welche da des inmi in Tyrol, oder des Canigou bey Per- pignan gleich sind. Das Thermometer sinkt hier fast bis zum Eispunkte herab. Die Cinchona-Arten, welche dagegen das heifse Klima am leichtesten ertragen , und defshalb am tiefsten in die Thäler herabsteigen , sind die China (Cinchona oblongifolia), die ungleichblüthige Be chona dissimiliflora) und die prachtvolle Cinchona longi- ‚Flora. Von der leiztern habe ich hohe Stämme in Thälern DER TROPENLÄNDER. 63 geschen, welche kaum sieben hundert und vierzig Meter. (379 Toisen) über der Meeresfläche erhaben sind. Die berühmte Fieberrinde von Loxa, welche von der Cinchona lanceifolia specifisch verschieden, und eine fast unbeschrie- bene, in den Blättern der Cinchona glandulifera der Flora peruana ähnliche Art ist, wächst zwischen neunzehn hundert und zwey tausend fünf hundert Meter (1000 und 1500 Toisen) Höhe. Sie ist bisher blofs zwischen 5° 50' und 5° ı4' süd- licher Breite entdeckt: nämlich in der Provinz Loxa, blofs zwischen den Bergflüssen Zamora und Cachiyacu ; in der Provinz Jaen de Bracamorros, um das kleine indianische Dorf Sagique, und im nördlichen Theile von Peru, um Huancabamba ; während dafs die orangenfarbene China, die rothe, gelbe und weisse (Cinchona ovalifolia), sich in den von einander entlegensten Theilen der andesischen Gebirge finden. Die Fieberrinde von Loxa (Cascarilla fina); welche wir in dem zweyten Hefte unserer Plante eequi- noctiales, unter dem Namen Cinchona condaminea beschrei- ben, um nicht neuen Misverstand durch den Ausdruck Cinchona officinalis * zu verursachen , wächst auf Gneifs und Glimmerschiefer , auf feuchtem aber felsigem Boden. ? Linne’s Cinchona oficinalis ist ein Gemisch dreyer Species, der Cascarilla fina von a welche La Condamine,' ‘wenn gleich etwas unvollkommen,, gezeichnet, und der Cinchona lanceifolia und Cnehona cordifolia, welche Herr 2 wahre Calisaya von Santa-Fe, nennt Ruiz Cinchona angustifolia, und hat sie unter diesem Namen in Supplemento a la Quinologia, 1801, p. 21, gut abge- 64 NATURGEMÄLDE Jahrhunderte lang auf das unbedachtsamste von den China- Schälern ( Cascarilleros) verfolgt ,. ist sie selbst in den berufenen Chinawäldern von Caxanuma und Uritusingu so selten geworden , dafs man in einer Tagereise oft nur wenige Stämme davon sieht. Gegenwärtig werden auf Be- fehl der Regierung nur wenige Bäume dieser Species (viel- leicht kaum. neun hundert) jährlich gefällt, während dafs vor 1779 man oft in einem Jahre fünf und zwanzig tau- send zerstörte. _ Mehrere Reisende haben versichert, Chinabäume in den kältesten Gebirgsebenen (Paramos), nahe am ewigen Schnee, etwa vier tausend sechs hundert Meter (2358 Toisen) hoch, angetroffen zu haben. Aber wahrscheinlich hat botanische ‚Unkunde einige Arten grofsblättriger Weinmannien , oder die Wintera grenadensis mit dem Genus Cinchona_ ver- wechselt , weil jene Alpenpflanzen , wegen .ihres häufigen Gerbestoffs (tannin), bisweilen ebenfalls mit Vortheil als Fiebertreibende Mittel in den spanischen Colonien gebraucht werden. Wir haben keinen wahren Chinabaum tiefer gegen das Meer hin, als sieben hundert Meter (359 Toisen ), und höher als zwey tausend neun hundert Meter (1487 Toisen ) gesehen. Denn mehrere Pflanzen der heifsen bilde t. Mit dieser Species ist synonym die Cinchona nitida Flor. Peruy., welche Ruiz sonst Cinchona officinalis nannte, wie auch (nach Zea) Cinchona lanceo- en Flor. Per., oder Cinchona glabra Ruiz. Die Cinchona ovata Flor. Per. ist e Cinchona serie Muüut., und a longiflora Mut. ist identisch mit ne ‚Jolia oblongo-cordata, und corolle limbum tubo longiorem. Die Cinchona_an- gustifolia des Swartz ist nicht mit Cinchona angustifolia Ruiz zu verwechseln. DER TROPENLÄNDER. 65 meeresgleichen Ebenen , als zum Beyspiel die Fieberrinde der Philippinen, welche unser verewigter Freund Cavanilles beschrieben, Forsters China der Südsee‘, und der so eben in der Insel Cuba, in dem wasserreichen Thale der Guines entdeckte, und für Cinchona gehaltene Baum , gehören _ wahrscheinlich zu einem der Cinchona nahen, aber von ihr verschiedenen Geschlechte. Ähnliche chemische Produkte werden oft von Pflanzen erzeugt, die in ihrer äussern Struktur grofse Verschieden- heit zeigen. Caoutschuc wird aus den Säften der Ficus, der Hevea, der Cecropia, der Castilloa, mehrerer Euphor- bien, und einer baumartigen Lobelia abgeschieden. Cam- pher ist in Pflanzen enthalten , welche nicht einmal zu einer Familie gehören. In Asien findet er sich in einem Laurus ; in Süd-Amerika hat ihn Hänke bey Ayopaya, in den fruchtbaren Gebirgen von Cochabamba, in einem didy- namischen Strauche entdeckt. Die Frucht der Myrica cerifera gibt dasselbe Wachs , welches der Schaft der Wachspalme (Ceroxylon andicola) ausschwitzt. Eben so scheint das fieberheilende Princip der China, gleich dem Gerbestoffe und der Galbussäure, in ganz verschiedenen Pflanzengeschlechtern enthalten zu seyn. Der Cusparebaum der Ebene von Carony und Upatu (dieses langblättrige prachtvolle Gewächs, welches den Cortex angosture oder die guayanische Fieberrinde liefert) gehört nicht zu dem Genus Cinchona. Eben so wenig gehört dazu die Cuspa ı China ee Cav. Icon. IV, t. 329. China corymbifera, Forst. Acta Upsal. Nov. III, p. ı 9 66 NATURGEMÄLDE oder China von Cumana, deren Blüthe wir uns frey- lich noch nicht haben verschaffen können , welche aber wechselsweise stehende Blätter (folia alterna) und keine Spur von Afterblättern (stipule) hat. Dennoch würde ein Chemiker leicht die Infusion der Cuspa mit der gelben Fieberrinde von Santa-Fe (China cordifolia, Mutis) ver- wechseln. Westlich von Popayan , an den Küsten des Südmeers, bey Atacamez, wächst ein Baum, dessen Rinde viele Eigenschaften der Cinchona und Wintera hat, und doch wahrscheinlich zu keinem dieser beyden Geschlechter gehört. Die Fieberrinde von Cayenne gibt die Coularea, ein Aublet’sches Genus, zu dem die Portlandia hezandra : gehört. Die Organe aller dieser Pflanzen, welche in den heifsesten Thälern fast in gleicher Höhe mit der Oberfläche des Meeres wachsen, bilden Produkte, die, ihren che- mischen Bestandtheilen nach , denjenigen analog sind , welche die Cinchona-Arten an unfreundlich kalten Berg- gehängen zwey tausend acht hundert Meter (1457 Toisen) hoch hervorbringen. In der Beschreibung meiner Reise nach den Tropen- ländern von Amerika, denke ich eine botanische Special- Karte über das Genus Cinchona herauszugeben. Diese Karte zeigt alle Standorte dieser wohlthätigen Pflanze in beyden Hemisphären an. Man erkennt auf derselben wie die Cin- chona-Arten sieben hundert Meilen lang, vom zwanzigsten Grade südlicher Breite, bis zum eilften Grade nördlicher ! Ventenat, Tableau du Regne vegetal; II, p- 578. DER TROPENLÄNDER. 67 Breite, auf der Andeskette gruppenweise vertheilt sind. Der ganze östliche Abfall dieser Kette, südlich von Huanuco, bey den Bergwerken von Tipuani, um Apollobamba und Yuracarees, ist ein zuammenhängender China-Wald. Hänke hat ihn bis Santa -Cruz-de-la-Sierra verfolgt. Die Cinchona scheint nicht weiter östlich gewandert zu seyn; denn in den brasilianischen Gebirgen hat man sie noch nicht ent- deckt, ob diese gleich, wie oben bemerkt worden ist, durch den Bergrücken von Chiquitos mit den Andes von Potosi zusammen hängen. Von der hohen Gebirgs-Ebene von La Paz verbreitet sich das China-Gebüsch nördlich durch die peruanischen Provinzen Guailas und Guamalies bis Huancabamba und Loxa. Ein Arm dieses Gebüsches läuft gegen Osten durch die Provinz Jaen, wo um die berufene Flufsenge (Pongo) von Manseritsche die Uferhügel des Maranion mit Cinchona-Stämmen bekränzt sind. Von den anmuthigen Thälern um Loxa an, dem Garten der Andesischen Gebirge, erstreckt sich die Fieberrinde durch das Königreich Quito bis Cuenca und Alausi. Der westliche Abhang des Chimborazo ist reichlich damit bedeckt; aber auf dem hohen Plateau von Riobamba und Quito, wie auf dem der Provinz Pasto, bis Almaguer hin (in diesem Thibet der Südzone), scheint dies köstliche Produkt gänz- lich zu fehlen. Sollten Erdbeben und die grofsen vulkani- schen Katastrophen , welche diese kalten Gebirgsebenen seit Jahrtausenden erleiden , die Zahl der Pflanzenformen vermindert haben ? Sollten bey diesem gänzlichen Umsturz grofser Landesstrecken viele Arten untergegangen seyn ? 68 NATURGEMÄLDE Wenigstens glauben wir bemerkt zu haben, dafs in deni Plateau von Pasto und Quito die Vegetation weniger man- nigfaltig ist, als in anderen Gegenden , welche eben so hoch über der Meeresfläche erhaben sind, und ein nicht minder unfreundliches Klima haben. Nördlich von Alma- guer, in der Provinz Popayan , findet man beyde Abhänge der Andeskette auf einmal wieder mit China - Gebüschen geschmückt. Fast ununterbrochen verbreiten sie sich durch die Schneeberge von Quindiu und Tolima, durch die hohe Ebene (La Vega) von Supia, und durch die fruchtbaren Berggehänge um Mariquita, Guaduas und Pamplona , bis zu dem meernahen Gebirge von Santa-Martha und Merida, in dem heifse Schwefelquellen unter ewigem Schnee her- vorbrechen. Der Sattelberg von Caracas (la Silla de Avila) und das. Bergplateau der Provinz Neu - Andalusien , zum. Beyspiel die Gegend um das Kapuzinerkloster von Caripe, die Sandsteingebirge des Tumiriquiri, und die berufene Fels- schneide (Cüchilla) von Guanaguana , sind alle dreyzehn hundert bis zwey tausend fünf hundert Meter (700 bis ı300 Toisen) über der Meeresfläche erhaben. Sie geniefsen gerade das angenehme Mittelklima, in welchem man nie der Hitze oder Kälte ausgesetzt ist, und in der die Cin- chona am besten gedeiht. Das Königreich Neu - Spanien hat ebenfalls Gebirgsabhänge , deren Boden-Höhe und andere physikalischen Verhältnisse genau denen der Provinz Loxa und anderer chinareichen Länder ähnlich sind. Den- noch hat man weder in der Provinz Neu - Andalusien DER TROPENLÄNDER. 69 (Cumana), noch in Mexico , bis jetzt eine Cinchona -Art entdeckt. Vielleicht liegt die Ursache dieser sonderbaren Erscheinung in der geringen Höhe der Hügel, welche an die hohen Gebirge von Guamocö und Santa-Martha gren- zen. Die Andeskette fällt plötzlich ab, ja sie verschwindet fast ganz zwischen dem noch wenig bekannten Golf von ‚Cupique und der vielarmigen Mündung (dem Delta) des Atracto. Die Landenge von Panama ist niedriger als die geringste Höhe in der die Cinchona wächst. Vielleicht hat diese wohlthätige Pflanze in ihrer Wanderung gegen Norden unübersteigliche Hindernisse in dem allzu heifsen . Klima der angrenzenden Länder gefunden ? Vielleicht würden-.die Gebirge von Caracas und Paria, wie die von Mexico , mit China-Büschen geschmückt seyn, wenn der Rücken der Andes in ders Höhe von den Schneebergen von Santa- Martha, gegen Osten, und von denen von Tolima und Erve, gegen Norden, fortliefe. Diese Gründe bietet die ' Naturlehre dar. Aber ist das Factum selbst unbestreitbar ? mufs man die Hoffnung ganz aufgeben, dafs nicht künftig einmal in dem Dickigt der Wälder von Xalappa, östlich von der Stadt Mexico, China entdeckt werden sollte; um Xalappa, wo auf jeden Schritt Milde des Klima’s, Luft- feuchtigkeit, Felsboden , baumartige Farrenkräuter , hohe immerblühende Melastomen, und viele andere, mit der Cinchona in Neu-Grenada und Peru gesellig wachsende. Pflanzen, dem Botaniker diese Entdeckung zu verkündigen scheinen ? Der Ostküste von Süd- Amerika hat die Natur in der Coutarea, dem Königreich Neu-Spanien, in einer 70 NATURGEMÄLDE fiebertreibenden Portlandia, welche Sesse beschreiben wird, und den nordamerikanischen Freystaaten, in dem Michaux- schen Genus Pinknea : (Bartrams Mussenda bracteolata), Pflanzenformen gegeben , welche der der Cinchona in vielen Blüthentheilen analog sind. In der milden Region der Fieberrinde wachsen in Süd- Amerika einige Liliengewächse : zum Beyspiel, Cypura und Sisyrinchium , Melastoma - Bäume mit prachtvoll grofsen violetten Blumen, die strauchartige Bocconia , vielfarbige Alströmerien , und baumartige hochstämmige Passifloren , hoch und dick, wie unsere norddeutschen Eichen. Hier erheben sich das glänzende Macrocnemum, der prachtblu- mige Wotschi? (Cucullaria) , die gelben Lysianthus, und der Weinbaum des indianischen Gebirgevolks , die Uva camarona (Pavon’s Thibaudia), ein Genus, welches nahe bey Vaccinium und Ceratostema steht. Unter dem Schatten balsamischer Styraxbäume bedecken hier immergrüne Laub- Moose, Kehlreutera, Weissia, Dieranum und Tetraphys, den vom häufigen Nebel feuchten Boden. Die Wasserrisse dieser Haha verstecken an steilen Abhängen Dorstenien, Gunnera, Oxalis und eine Menge unbeschriebener Arum- Arten ı Pinknea pubescens ; S. Persoons treflliche Synopsis plantarum, 1, p- 197. 2 Aublet’s “och ist das Genus Cucullaria in dem Willdenow’schen Pflanzen- ta, fol. Species); 2. Carola a fol. obovatis ne ternis; 3. Carola grandi- ora, fol. verticillatis oblongis. DER TROPENLÄNDER. zu In siebzehn hundert Meter (872 Toisen) Höhe, findet sich Porlieria hygrometrica , der wetterverkündigende Strauch, den Ruiz und Pavon zuerst beschrieben haben ; Citrosma, mit aromatisch duftenden Blättern und Früchten; Hypericum baccatum und cayanense, zahlreiche Eroteum und Symplocos-Arten. Höher hinauf als bis zwey tausend zwey hundert Meter (1128 Toisen), habe ich keine Mimose gefunden, deren Blatt sich bey der Berührung zusammen- zieht. Die Bergkälte scheint der Reitzbarkeit dieses Pflan- zengeschlechts diese bestimmte Grenze anzuweisen. Von zwey tausend sechs hundert Meter (1532 Toisen) an, und besonders in einer Höhe von drey tausend Meter (1539 Toisen), bilden Acena, Dichondra, Nierembergia, Hydro- cotile, Nerteria und Alchemilla einen dichten Rasen. Diefs ist zugleich die Region der Weinmannia, der Eichen und der Spermacocce. Barnadisia und der andesische Berberis bilden hier Hecken um die Kartoffel- und Quinoa-Felder. Die scharlachblumigen Mutisien umranken hier die Stämme der Vallea stipularis. Eichen beginnen in den äquatornahen Regionen der Andes nicht unterhalb siebzehn hundert. Meter (872 :Toisen); aber unter dem ı7ten und 22sten Grade nördlicher Breite, im Königreich Neu-Spanien, habe ich sie am Gebirgsabhange bis acht hundert Meter (410 Toisen) herabsteigen sehen. Sie allein bieten dem Bewohner der Tropen bisweilen ein schwaches Bild vom Erwachen der Natur im wiederkehrenden Frühlinge dar : denn sie verlieren durch Dürre alle Blätter auf einmal, und das junge frische Grün der neuen Schöfslinge kontrastirt dann 7% ' NATURGEMÄLDE angenehm, in der eintretenden Regenzeit , mit den viel- farbigen Blüthen des Epidendrums, dessen Wurzeln die schwarzen rissigen Eichenäste dicht umschlingen. Ein Baum wundersamer Struktur, aus der Malvenfamilie, der Cheiranthostemon, über welchen Herr Cervantes eine eigene Monographie zu Mexico herausgegeben, gehört eben- falls dieser Höhe der Eichen- -Region an. Bis jetzt ist er noch nicht in den, dem Äquator nächstgelegenen Ländern entdeckt worden. Es war lange ein allgemeiner Glaube, als existire in der ganzen bekannten Welt nur ein einziges Individuum dieser Pflanze, der uralte Arbol de las Manitas, Maepalxochiquahuitl, welcher nahe bey der Stadt Toluca ‘, zwey tausend sechs hundert und siebzehn Meter (1345 Toisen) über dem Meere, auf einem Porphyr-Felsen wächst. Mit dem Boabab in Senegambia, mit dem Drachenbaum von Teneriffa, und der kolossalischen Mimosa in den Thälern von Aragua?, ist der Cheiranthostemon von Toluca unstreitig einer der ältesten Bewohner unserer Erde, und, wie jene, verjüngt er sich jährlich noch in Blüthe und Frucht. Neuerdings hat man mehrere Individuen dieses sonderbaren Geschlechts in dem Königreich Guatimala entdeckt; und da der Baum von Toluca sich fast in den Ringmauern der alten Stadt findet, so wird dadurch wahrscheinlich, dafs er gepflanzt worden sey: denn die Gärten von Iztapalapan , deren Reste Hernandez noch gesehen, bezeugen, dafs die ı Das alte Tolocan,. die Hauptstadt der Provinz der Matlanziger, westlich von Mexico. . : ; ‘2 Westlich von der Stadt Caracas, el 'Zamang del Gueire genannt. DER TROPENLÄNDER. 73 Aztequen (die man für Barbaren verschrieen) Sinn für die Kultur seltener Pflanzen hatten. Unter dem Äquator finden sich hohe Bäume, das heifst solche, deren Stamm fünfzehn bis zwanzig Meter (45 bis 60 Fufs) erreicht, selten höher als zwey tausend sieben hundert Meter (1583 Toisen) über der Meeresfläche. Schon in der Höhe der Stadt Quito fangen die Bäume an zu erkranken, und ihr Wuchs ist nicht mehr mit dem zu vergleichen, den sie in den milderen Thälern in der Mit- telzone, zwischen zwölf hundert und achtzehn hundert Meter (615 und 923 Toisen) erreichen. Um so häufiger sind hier strauchartige Gewächse. Ich nenne diese Region die der Barnadesia oder der Duranta Ellisü und Duranta Mutisü : denn diese drey Pflanzen und die Berberis cha- rakterisiren die Vegetation der hohen und rauhen Gebirgs- ebene von Pasto und Quito, so wie die hohlstämmige Polymnia (Arbol loco), und der durch Wohlgeruch berau- schende Datura-Baum, die Vegetation von Santa-Fe-de- Bogota besonders auszeichnen. In der Region der Barnadesia wachsen Castilleja integrifolia, Castilleja ‚fissifolia , Colu- mella, das prachivolle silberblättrige Embothryum emargi- natum, und eine Clusia, deren Blume nur vier Staubfäden enthält. Der Boden ist hier mit einer grofsen Anzahl von Calceolarien geschmückt, deren hochgelbe Blätter angenehm mit dem frischen Grün des moosigen Rasens kontrastirt. Die Natur hat diesen Calceolarien einen Erdstrich ange- wiesen , welcher sich: von Chile aus nicht weiter gegen Norden , als bis ı° 4o' nördlicher Breite erstreckt. Ruiz, 30 x „4 NATURGEMÄLDE Pavon und Hänke, welche in der Südzone weiter als ich vorgedrungen sind , können einst bestimmen, wie weit dieses Pflanzengeschlecht gegen den Südpol zu gewandert ist. ‘Noch höher auf dem Rücken der Andeskette , zwischen zwey tausend acht hundert und drey tausend drey hundert Meter (1437 und 1695 Toisen), liegt die Region der Win- tera grenadensis und der Escallonia. Diese unwirthbaren Gegenden (welche die Spanier wegen der dort ewig herr- schenden schlackig-feuchten Kälte Paramos nennen) sind mit strauchartigen Gebüschen bedeckt. Der niedrige Stamm dieser Gebüsche breitet sich in zahllose knorrige , durch den Sauerstoff der Atmosphäre halb verkohlte Äste aus, und trägt eine schirmartige Krone mit kleinen, aber immer- grünen, glänzenden, lederartigen Blättern. Einige Stämme der orangenfarbenen Fieberrinde (Cinchona lanceifolia ), einige Rhexien und Melastomen mit dunkel-violetten , fast purpurfarbigen Blüthen , verlieren sich in diese Einöden. Alstonia, deren Blätter einen süfslich schmeckenden, aber sehr heilsamen , stärkenden Thee* geben ; Escallonia tubar und einige Andromeda - Arten : beschatten hier niedrige Lobelien, Basellen und die stets blühende Swertia qua- dricornis. Fast alle baumartigen Gewächse, selbst die mit niedrigem Stamme, hören in drey tausend fünf hundert Meter (1795 Toisen) Höhe auf. Nur am Vulkan Pichincha , in einem engen Thale, das vom Ziegelfels des Pichincha (vom Cono * El The de Bogota. DER TROPENLÄNDER. 75 de los Ladrillos) herabkommt, vier tausend ein hundert Meter (2103 Toisen) über dem Meere, haben wir noch eine sonderbare Gruppe baumartiger Syngenesen entdeckt, deren Stamm sieben bis acht Meter (etwa 22 Fufs) erreicht. Die nahen Mauern von Basalt-Porphyr mildern die Kälte dieser Gegend. An die Region der Escallonia grenzt unmittelbar die der Alpen-Kräuter, welche sich von drey tausend drey hun- dert bis vier tausend ein hundert Meter (1695 bis 2105 Teisen) erstreckt. Hier wachsen gesellig die Gentianen , Stehelinen, und die berufene Espeletia frailexon, welche im Thal von Bogota : sogar bis zwey tausend sechs hundert acht und siebzig Meter (1575 Toisen) herabsteigt, und deren dickwollige Blätter oft den Indianern, wenn sie die Nacht auf den eisigen Gebirgsgipfeln überfällt, zum Bette dienen. In dieser Höhe, und bisweilen schon von fallendem Schnee Tage lang bedeckt, überziehen den felsigen Boden Lobelia nana, Sida pichinchensis, Ranunculus Gusmani, Ribes frigidum , Gentiana quitensis, und mehrere andere Alpenkräuter, welche wir in den nächsten Heften unserer Plante «@quinoctiales beschreiben werden. Unter den strauch- arüigen Gewächsen sind die Molinen die, welche wir am Vulkan von Purac€ bey Popayan, und am Antisana, die gröfste Höhe erreichen gesehen. h habe den Frailexon um die Kapelle de ‚Nuestra Senora del E pto gefunden. Diefs ist eine merkwürdige Ausnahme : denn seine untere Grenze ist, nahe am Aquator, drey tausend neun hundert Meter (2000 Toisen) über dem 76 NATURGEMÄLDE Die Alpen-Kräuter werden zwischen vier tausend ein hundert und vier tausend sechs hundert Meter (2103 und 2558 Toisen) durch die Region der Gräser : verdrängt. Jarava, Stipa, viele neue Arten von Panicum, Avena y Agrostis und Dactylis, bedecken gesellig den Boden, und diese Grasflur leuchtet von ferne als ein hochgelber Teppich, den man im Lande mit dem Wort Paxonal bezeichnet. Der Schnee ruht oft Wochen lang auf dieser Höhe, und die Kameelschafe (Llama’s) steigen dann , vom a getrieben, zur Region der Alyankrasifar herab. In vier tausend sechs hundert Meter (2358 Toisen) Höhe, findet man unter dem Äquator kein phanerogamisches Ge- wächs mehr. Von dieser Grenze an, bis zu der des ewigen Schnees , beleben sparsam kryptogamische Pflanzen die verwitternde Rinde des nackten Gesteins. Einige scheinen sich selbst unter dem ewigen Eise zu verstecken : denn gegen den Gipfel des Chimborazo hin, fünf tausend fünf hundert vier und fünfzig Meter (2850 Toisen) über der Meeresfläche, habe ich nk einer vorstehenden scharfkan- tigen Felsklippe (Grate) noch zwey Flechten, Umbilicaria dans und Ferrucaria geographica, vegetirend gefunden. So ist Leben in allen Räumen der Schöpfung verbreitet. Aber diese einsamen. Pflanzen waren auch die letzten organischen Wesen, welche wir in diesen beeisten Höhen an dem Boden geheftet gefunden haben. Bis hieher ist die Vertheilung der Pflanzen geschildert ’ La Condamine, Voyage ä l’Equateur, p- 48. DER TROPENLÄNDER 77 worden , welche das Naturgemälde der Tropenländer dar- bietet. Ehe wir zu den Erscheinungen des Luftkreises oder zu denen der thierischen Schöpfung übergehen , wol- len wir einen vergleichenden Blick auf die Vegetation unsers nördlichen Welttheils werfen. Wie sehr wäre es zu wünschen, dafs man diese Vegetation in einer ähnlichen „Skizze darstellte, als ich über die der Tropen -Region zu liefern gewagt habe ! Wie viele Materialien hat der nie ermüdende Fleifs der Botaniker nicht bereits dazu gesam- melt ! Wie viel ist nicht in den klassischen Schriften eines Jacquin , Schreber, Pallas, Wulfen , Willdenow, Ehrhart , Weber, Link, Host, und vieler anderen vorbereitet ! Die berühmten Naturforscher, welche die Schweizer - Alpen , die Gebirge von Tyrol, Salzburg und Steyermark durch- strichen haben, könnten , wenn sie Höhenmessungen mit ihren botanischen Beobachtungen genugsam verbunden hät- ten, genauere Pflanzenkarten entwerfen, als man je über die unzugänglichere und minder bereiste Andeskette hoffen darf. Vielleicht aber ist niemand im Stande die Geographie europäischer Alpenpflanzen fruchtbarer zu bearbeiten, als Herr Ramond, der so viele Jahre lang die höchsten Gipfel der Pyrenäen erstiegen, und geognostische, botanische und mathematische Kenntnisse mit dem reinsten Sinn für phi- losophische Naturbeobachtung verbindet. Ich habe oben die Gründe entwickelt, aus denäng unter dem Adsten Breitengrade die Phänomene der Pflanzen- vertheilung weder so konstant, noch so mannigfaltig seyn können, als unter dem Äquator. Der Ätna, die Gebirge 78 NATURGEMÄLDE von Haikia (Armenien), und der Pic von Teneriffa bewei- sen hinlänglich, dafs je weiter man gegen Süden vordringt, desto schneidender sich die Pflanzenformen in verschiedenen Bergzonen von einander absondern. Doch ist auch in unserm nördlichen Theile des gemäfsigten Himmelsstriches diese Absonderung schon auffallend genug, um sie in einem eigenen Bilde darzustellen. Man könnte in der Mitte des-, selben die Höhe von vier tausend sieben hundert fünf und siebzig Meter (2450 Toisen) andeuten, zu der die grofse ' europäische Gebirgskette sich im Montblanc erhebt. Der Abfall dieser Kette müfste auf einer Seite sanfter gegen das Nordmeer, auf der andern südlichen Seite, gegen das mittel- ländische Meer hin, steiler abgebildet werden. Hier erinnern Chamearops, Dasilöilnieii, und viele Pflanzen des Atlas, dafs ein wahrscheinlich ehmals trocknes, seit der samo- thracischen Fluth mit Meerwasser gefülltes Kalksteinthal, Europa von Nord-Afrika getrennt hat. Der ewige Schnee würde in diesem Naturgemälde der gemäfsigten Zone bis zwey tausend sechs hundert Meter (13352 Toisen) über der Meeresfläche, also bis auf eine Grenze herabsteigen, in der unter dem Äquator noch die Wachspalme, die Fieberrinde und andere hohe Bäume in voller Vegetationskraft stehen. Die Zone, welche in Europa zwischen den Küstenländern und der Schneegrenze enthalten ist, hat demnach kaum die. Hälfte der Breite als die ihr ähnliche unter den Tro- pen, während dafs die Schneehaube,, welche die höchsten Gebirge Europens (den Montblanc und Mont-Rose) bedeckt, sechs ander Meter (307 Toisen) breiter als die ist, welche DER TROPENLÄNDER 79 den Gipfel des Chimborazo einhüllt. Auf den nackten und steilen Felsen, welche zwischen dem ewigen Schnee her- vorragen,, höher als drey tausend ein hundert Meter (1590 Toisen) über der Meeresfläche , wachsen in den Bergen, welche den Montblanc umgeben , Androsace chamejasma, Jacq.; Stlene acaulis, die Saussure drey tausend vier hun- dert acht und sechzig Meter (1780 Toisen) hoch gefunden, die aber auch bis fünfzehn hundert Meter (769 Toisen) in die Ebene herabsteigt ; Saxifraga androsacea, Cordamine alpina, Arabis cerulea, Jacq., und Draba hirta, \Villars, (Draba stellata, Willd.). Bis zu diesen beeisten Höhen wan- dern auch allmählig aufwärts von der Ebene aus Myosotis perennis und Androsace carnea, deren Stengel immer nie- driger und niedriger wird. Die letztere ist endlich einblumig, und nimmt den ganzen Gebirgsabfall zwischen tausend und drey tausend ein hundert Meter (5135 und 1590 Toisen) ein. In den Pyrenäen sind, in zwey tausend vier hundert bis drey tausend vier hundert Meter (1250 und 1744 Toisen ) Höhe , die Klippen mit Cerastium lanatum , Lamarck , Saxifraga grenlandica, Aretia alpina und Artemisia rupes- iris bedeckt. Das Cerastium lanatum findet man nicht einmal unterhalb zwey tausend sechs hundert Meter (1332 Toisen ). Zwischen zwey tausend fünf hundert und drey tausend ein hundert Meter (1281 und ı590 Toisen) Höhe, bilden auf dem Steingerülle, das den ewigen Schnee der Schwei- zer-Alpen begrenzt, inselförmige Gruppen Sazxifraga biflora (Allionii), Saxıfraga oppositifolia, Achillea nana, Achillea 86 NATURGEMÄLDE atrata, Artemisia glacialis, Gentiana nivalis, Ranunculus alpestris, Ranunculus glacialis, und Juncus trifidus. Etwas tiefer, zwischen drey tausend und fünfzehn hundert Meter (1559 und 769 Toisen), beobachtet man auf den Pyrenäen Potentilla lupinoides, Willd., Silene acaulis, Sibbaldia procumbens, Carex curyula und Carex nigra, Allion. , Sempervwum montanum und Sempervivum arachnoideum, Arnica scorpioides , Androsace villosa und Androsace carnea. In den Schweizer-Alpen, zwischen zwey tausend drey hundert und zwey tausend sieben hundert Meter (1179 und ı385 Toisen), da wo der ewige Schnee und der hohe Gletscher nicht an nacktes Gestein, sondern an fruchtbare Dammerde grenzt, in Wiesen vom Schneewasser getränckt , blühen Agrostis alpina , Saxıfraga aspera , Saxifraga bryoides , Soldanella alpina , Viola biflora , Primula farinosa , Primula viscosa, Alchemilla penta- phylla, Salix reticulata, Salix retusa und Salix herbacea, welche höher als irgend ein andres Strauchgewächs an den Berg gen hinansteigt. Selbst Tussilago farfara und .Scatice armeria verirren sich von der Ebene bis zu zwey tausend sechs hundert Meter (1332 Toisen) Höhe. In gleich luft- dünnen Regionen wachsen in den Pyrenäen Scutellaria alpına, Senecio persicifolius, Ranunculus alpestris, Ranun- eulus parnassifolius , Galium pyrenaicum , und Aretia vitaliana. Unterhalb der Grenze des ewigen Schnees , zwi- schen fünfzehn hundert und zwey tausend fünf hundert Meter (769 und ı28ı Toisen), findet man in der Alpen- kette Eriophorum Scheuchzeri , Eriophorum alpinum , DER TROPENLÄNDER. 8ı Gentiana purpurea , Gentiana grandiflora , Saxifraga stellaris, Azalea procumbens , Tussilago alpina , Veronica alpına, Poa alpina , Pinus cembra und Pinus larıx; am nördlichen Abhange der Pyrenäen, Passerina geminiflora, Passerina nivalis, Merendera bulbocodium:, Crocus mul- tifidus , Fritillaria meleagris , und Anthemis montana. Etwas tiefer zeigen sich, um den Montperdu und in anderen spanischen Grenzgebirgen , Genista lusitanica , Ranunculus Gouani, Narcissus bicolor, Rubus saxatılıs , und eine Menge schöner Gentianen. Die Alpenrose, Rho- dodendrum ferrugineum®, - liebt in Savoyen und in der Schweitz eine Höhe von fünfzehn hundert bis zwey tausend. fünf hundert Meter (769 und ı28ı Toisen). Doch hat Herr Candolle, dem ich gröfstentheils vorstehende Beobach- tungen über die Höhe schweitzerischer Alpenpflanzen ver- danke, sie in der Jurakette in der tiefen Schlucht des Creux-du-vent, also kaum in neun hundert siebzig Meter (497, Toisen) Höhe gefunden. In den bairischen und tyroler Alpen beginnt die Alpenrose zwischen acht hundert und tausend Meter, oder zwischen 410 und 513 Toisen. Nach Graf Sternberg’s Beobachtung, nähert sich Rhododendrum cham«ecistus weniger der Ebene, als Rhododendrum ‚ferru- gineum und Rhododendrum hirsutum. Die beyden letzteren wachsen übrigens sowohl auf uranfänglichem als auf Flöz- kalkstein , in a Sette communi ih dem Berg Surmangb : Desfontaines hat diese Pflanze auch am Atlas gefunden 2 Ramond, Memoire sur la vegetation des montagnes, in ER du Museum dhist, natur. vol. 4, p. 82 NATURGEMÄLDE der ein tausend zwey hundert sieben und siebzig Meter (656 Toisen) hoch ist. Die rankende Linnea borealis , welche bey Berlin, in Schweden, in Pensylvanien , und an der Nordwestküste von Nord-Amerika, in Nutka-Sund, in gleicher Höhe mit der Meeresfläche wächst, erscheint in den Schweitzer-Alpen erst auf Gebirgsabhängen , die fünf hundert bis sieben hundert Meter (162 bis 227 Toisen) über dem Ocean erhaben sind. Man hat diesen birkenähnlichen Strauch im Wallis, am Ufer des Bergstroms der Tete-noire, und bey Genf (nach Saussure) am Voirons entdeckt. Gouan be- hauptet, dafs sie auch in Frankreich bey Espinouse, in der Gegend von Montpellier, vorkomme. Unter dem Äquator haben diejenigen Bäume, welche. man auf einer Höhe von drey tausend fünf hundert Meter (1795 Toisen) beobachtet, kaum. fünf bis sechs Meter (15 Fufs) hohe Stämme. Nur im Königreich Neu-Spanien findet man die merkwürdige Ausnahme, dafs unter 20 Grad nördlicher Breite eine Tannenart , welche dem Pinus strobus nahe verwandt ist, bis drey tausend neun hundert Meter (2000 Toisen), ja dafs mehrere-Eichenarten bis drey tausend ein hundert Meter (1590 Toisen) Höhe, an den Gebirgsabhang hinaufsteigen. Wer mit diesem sonderbaren Phänomene der Pflanzen-Geographie, mit diesem Lokalein- flusse des mexikanischen Klimas unbekannt ist, hält es für unmöglich, dafs (unter den Tropen) Berge , die er mit _ hohen Tannen bis an die Spitze bewachsen sieht, doch den Ätna, und selbst den Pic von Teneriffa, an Höhe DER TROPENLÄNDER. 83 übertreffen. Herr Ramond beobachtet, dafs in den Pyrenäen die zu den beeisten Gipfeln am höchsten ansteigenden Bäume, die gemeine Kiefer (Pinus sylvesiris) und Pinus mugho. sind. Beyde nehmen eine Zone zwischen zwey tausend und zwey tausend vier hundert Meter (1026 und 1250 Toisen) ein. Abies taxıfolia und Taxus communis erscheinen in den Pyrenäen erst vierzehn hundert Meter (718 Toisen) hoch über dem Meere. Sie erheben sich bis zu Gebirgen von zwey tausend Meter (1026 Toisen) Höhe. Die Buche (Fagus sylvatica) wächst zwischen sechs hun- dert und achtzehn hundert Meter (307 und 923 Toisen). Aber unsere Steineiche (Quercus robur), welche die Ebene am Fufse der Pyrenäen bedeckt, erhebt sich kaum bis zu sechzehn hundert Meter (82ı Toisen). Sie wandert dem- nach vier hundert Meter (205 Toisen) weniger hoch, als der Taxus ; acht hundert Meter (4ıo Toisen ) weniger hoch, als die Mugho-Tanne. So hat, selbst an grofsen euro- päischen Gebirgen,, jede Baumart ihre bestimmte Zone. Herr Ramond hat mir sehr interessante Beobachtungen ‚ über die gröfste und geringste Höhe mitgetheilt, in welcher sich Pflanzen einer Gattung finden. Ich glaube den Phy- sikern einen angenehmen Dienst dadurch zu leisten , dafs ich einige dieser Messungen , welche mit vortrefllichen Werkzeugen angestellt sind, hier einschalte. Ich wähle die Gattungen Gentiana, Daphne , Primula , Ranunculus , Saxıfraga und Erica zur Probe aus. Am Abhange der Pyrenäen ist beobachtet worden : 84 NATURGEMÄLDE Aa S ei Daphne : Pergament Ranunculus a, Br elaci die —— Saxifraga. . se ee zwischen ne . zwi ae Eee — Gentiana. campestris..... —— ciliat = vi — aquatilis...... — G N —— o 600 | Meter Toisen 800 od.zwischh ou. 4ı0 3000 307 1539 3000 513 — 1539 2400 3 — 1230 1800 615 — 925 1600 615 — Baı 2000 821 — 1026 2000 153 — 1026 2000 513 — 1026 2400 1026 — .1230 2200 o 1128 2000 769 1026 2400 923 1230 2100 0 — 1077 000 256 — 1026 2000 717 1026 2400 69 — 12350 2600 925 — 1332 2400 — 1230 800 1026 — 1437 2800 1250 — 143 200 1250 — 1642 100 — 1600 821 2400 410 — 1230 2400 410 — 123 2000 615 — 1026 1800 718 — 0923 3000 821 — ı53g 3400 821 — 1744 1800 718 — 923 1600 615 821 3400 „1230 — 1744 3400 1250 — 1744 Graf Sternberg, be- ı Ein scharßiuniger und unermüdeter Naturforscher, 4 "gina den Tyroler-Alpen fast nie unter ac (410 Toisen funden werden. Nur die letztere (eine sonderbare N wächst bey Regensburg auf niedrigen Hügeln DER et 85 ans .......zwischn ou S% si zwischh o u. 461 Erica... vulgaris. ....:. © — 2000 ——— 0 — 1026 tralaage 2,00... 500 — 2400 256 — 1230 or, 550 — 700 — 28ı — 559 Unter den Saxifragen der Tyroler-Alpen bemerkt man eben‘ diese Regelmäfsigkeit in der Höhe ihres Standorts. Der Graf von Sternberg, welcher diese Gebirge untersucht, und von dem wir bald eine interessante Beschreibung des Monte-Baldo zu erwarten haben, bemerkt, dals Saxifraga cotyledon und Saxifraga aizoon schon im romantischen ' Eisackthale , zwischen Brixen und Botzen, etwa drey hun- dert und fünfzig Meter (178 Toisen) üBer der Meeresfläche beginnen. Man kann ihnen folgen bis auf den Gipfel der Grappa bey Bassano, in sechzehn hundert vier und achtzig Meter (865 Toisen) Höhe. Sie nehmen demnach eine brei- tere Zone als in den Pyrenäen ein. Saxifraga cesia, Saxı- Jraga aspera, und Saxifraga androsacea zeigen sich erst in einer mittlern Höhe von sieben hundert Meter (359 Toisen), in den bairischen und tyroler Alpen. Zunächst auf sie folgen, gegen den Gipfel der Gebirge zu, Saxı- Jraga Er: ‚ Saxıfraga muscosa, Saxifraga mos- chala, und Saxifraga petrea. Die zu höchst wachsenden Saxifragen sind, nach eben diesem Beobachter, Saxifraga burseriana und Saxıfraga bryoides. Beyde bedecken selbst die öde Kuppe des lombardischen Monte-Baldo, in zwey tausend zwey hundert sechs und zwanzig Meter (1143 Toisen) Höhe. Aber um die Pflanzen-Geographie vollständig zu bearbeiten, 86 NATURGEMÄLDE müfste man nicht blofs Naturgemälde für die Polarländer, für die gemäfsigte Zone zwischen dem Aosten und 5osten Grade der Breite, und für die Aquatoriäl- Regionen ent- werfen; man müfste auch einzelne botanische Karten für ' die nördliche und südliche Hemisphäre, und für ‘den alten und neuen Kontinent liefern. Die Pflanzen von Chiloe und Buenos-Ayres sind specifisch von den griechischen und spanischen verschieden. Die Tropenländer von Afrika und die gemäfsigten Himmelsstriche von Asien besitzen eine Vegetation, welche mit der süd- und nord-amerikanischen nur wenige Gewächse gemein hat. Madagascar, dessen hohe Granitberge Commerson für Schneeberge erklärt, und an dessen Küsten noch neuerlichst Herr du Petit - Thouars herborisirt hat, der Adamsberg auf Selan (Ceilon), und der Ophyr auf Sumatra, der, nach Marsden’s Beobachtung, eine Höhe von drey tausend neun hundert sechs und vierzig Meter (2027 Toisen) übersteigt, könnten dem mes- senden Botaniker wichtige Materialien über die Pflanzen- vertheilung in den Gebirgszonen des alten Kontinents liefern. Herr Barton in Philadelphia, der mit rastlosem Eifer Zoologie, Botanik und indianisches Sprachstudium umfafst, beschäfügt sich mit der Geographie der Gewächse in dem gemäfsigten Erdstriche des neuen Kontinents. Er hat im Jahre ı800 der philosophischen Societät von Pensylva- nien eine Abhandlung über diesen Gegenstand vorgelesen, welche noch ungedruckt, aber voll der wichtigsten Unter- suchungen ist. Er bemerkt darinn, dafs die Zahl ursprünglich DER TROPENLÄNDER. 87 wildwachsender, Nord- Amerika und Nord-Europa gemein- schaftlich zugehörender Pflanzen , weit geringer ist, als man gewöhnlich glaubt. Nicht einmal Sonchus oleraceus ist einheimisch in dem erstern Welttheile. Mitchella repens ist, nach Barton, die Pflanze, welche in den nordameri- kanischen Freystaaten den gröfsten Raum einnimmt. Er findet sie von 28° bis 69° nördlicher Breite. Auch Arbutus uva ursi erstreckt sich von New-Yersey an bis 72°, wo Hearne sie beobachtet hat. Dagegen sind auf den engsten Raum eingeschränkt Gordonia Francklinü, und die wun- dervoll reitzbare Dion®a muscipula. Die Mündung des Ohio in den Missisipy, und die Ufer des letztern bedecken prachtvolle Pyramidal-Pappeln, Populus deltoides, Marshal, und Salix nigra. Der Astronom, Herr Ellicot , bemerkt, dafs die letztere südlicher als 31° Breite sehr selten wird. "Dagegen beginnen dort am untern Missisipy die mit TIL landsia usneoides bedeckte Cupressus disticha, Laurus borbonia , Acer nesundo, Magnolia grandiflora, Juglans Pacan oder illinoinensis (der schöne Juglans mit haselnufs- artigen Früchten, Juglans rubra, Gärtner), und Miegia macrosperma, Persoon (Arundo gigantea , Barton), ein sechs und dreyfsig bis a und vierzig Fufs hohes Schilf, das zwischen 30° 40’ und 32° 2’ nördlicher Breite ein dichtes undurchdringliches Gebüsch bildet. Sehr , sehr wichtig für die Pflanzen-Geographie ist die Bemerkung des Herrn Barton , dafs dieselben Species westlich von der \ Travels to the Missisipy,, p. 286. 88 NATURGEMÄLDE s Gebirgskette der Alleghany weiter gegen Norden wandern, als in den östlichen atlantischen Ländern, das heifst, als in dem schmalen Striche, welcher zwischen dem ‚östlichen Ocean und dem Nee enthalten ist. Oestlich Westlich Fsculus flava...... reicht bis 36° ei Breite — bis 42° Aral Breite. i igra ee, 4° ——-— bis4 — Aristolochia sypho 38° — bis 41° mbium luteum 40° — bis 44° Gleditsia iriacanthos 38° — bis 41° Gleditsi perma 36° — bis 9’ 070————— Glycine frutescens ... —— 56° — _ bis 40° Überall ist der westliche Erdstrich milder , als der östliche Theil der nordamerikanischen Freystaaten. Baum- wolle wird mit Vortheil in Tennesee gebaut, und erträgt nicht das Klima gleicher Breite in Nord - Carolina. Die ' östliche Küste der Hudsonsbay ist öde und pflanzenleer , während dafs die westliche mit Vegetabilien geschmückt ist. Selbst in der Vertheilung der Thiere bemerkt ‚Herr Barton ähnliche Verhältnisse. Die Klapperschlange (Crotalus horridus) findet sich östlich von den Alleghany - Bergen nur bis 44 Grad, aber westlich von denselben bis 47 Grad nördlicher Breite. Fehlt es den nord-amerikanischen Freystaaten.an Gebirgen , die: sich mehr als zwey tausend. Meter über die Meeresfläche erheben (denn die nicht in ewigen Schnee reichenden hite - Mountains von New- Hampshire können nicht, wie Cutler und Belknap behaup- ten, drey tausend zwey hundert fünf und dreyfsig Meter DER TROPENLÄNDER. 89 oder ı660 Toisen hoch seyn): so sind sie dagegen mit desto mannigfaltigeren Gewächsen geziert. Pensylvanien , Carolina und Virginien haben fast zweymal so viel Eichen- arten , als ganz Europa hochstämmige einheimische Bäume besitzt. Unter derselben Breite ist in Nord-Amerika der Anblick der Vegetation mannigfaltiger und mahlerischer,, als in unserm Welttheile. Gleditsien , Tulpenbäume und Magno- lien bilden dort mahlerische Kontraste mit dem dunkeln Grün der Thuya und Tannen. Die Natur hat sich gleich- sam bestrebt, den Boden der Freyheit mit ihren schönsten Pflanzenformen zu schmücken. So viel von dem Theile meines Naturgemäldes , welches die Vertheilung der Gewächse betrifft. Ich gehe nun zu an- deren physikalischen Verhältnissen über; denn diese Arbeit ist dazu bestimmt, alles zu umfassen, was als veränderlich durch die Höhe al Standorts betrachtet werden kann. Vierzehn Scalen, welche das Bild emschliefsen, enthalten gleichsam das Resultat von dem, was die Naturlehre in ihrem gegenwärtigen Zustande in Zahlen darbietet. Dieje- nigen derselben, welche die Luftwärme, die elektrische Spannung und den hygrometrischen Zustand der Atmo- sphäre , den Sauerstoflgehalt, die Himmelsbläue , die geo- gnostischen Verhältnisse, die Kultur des Bodens und die Wohnplätze der Thierarten angeben, gründen sich auf meine eigenen Erfahrungen. Ich darf mir schmeicheln‘, dafs selbst dem Naturphilosophen, der alle Mannigfaltigkeit der Natur den Flementaractionen Einer Materie zuschreibt , und der den Weltorganismus durch den nie entschiedenen 2:2 90 NATURGEMÄLDE Kampf: widerstrebender Kräfte begründet sieht, eine sol- che Zusammenstellung von Thatsachen wichtig seyn mulfs. Der Empyriker zählt und mifst, was die Erscheinungen unmittelbar darbieten : der Phuosppkie der Natur ist es auf- behalten, das allen Gemeinsame aufzufassen und auf Prin-' cipien zurückzuführen. Luftwärrme. Die, in dem Naturgemälde, der Luft gewidmete Scale drückt den höchsten und niedrigsten Thermometerstand aus, welcher von fünf hundert zu fünf hundert Meter (250 Toisen) Höhe unter den Tropen beobachtet wird. Eine grofse Zahl eigener Beobachtungen, oft von Stunde zu Stunde angestellt, sind zur Bestimmung der mittlern Tem- peratur angewandt worden ; eine Mittelzahl, welche natür- lich durch alle Beobachtungen und nicht etwa durch die Extreme begründet ist. a sind Lokalverhältnisse, beson- ders die, welche die nördliche Grenze des Krebswende- kreises darbietet, geflissentlich vernachläfsigt worden. So liest man, zum Beyspiel, in meiner Zeichnung, dafs an den Küsten, in gleicher Höhe mit der Oberfläche des Mee- res, das hunderttheilige Thermometer nicht unterhalb 18%5 ı Auf diesen, Leben in der Natur erhaltenden, Kampf scheint der uralte Trimurti, die Dreyeinigkeit der Hindus, hinzudeuten. Als der Unsterbliche und. Ewige, der Pa Et hma, vom Berge Meru herab die Weltregierung anordnete, befahl er dem Shiwa zu zerstören, dem Vi u erhalten, und dem Brahma, snu mitten im an der beyden a a rend zu zeugen und zu schaffen DER TROPENLÄNDER. 91 herabsinkt, ungeachtet man es in der Hauptstadt der Insel Cuba, in der Havana, und weiter östlich , in Matanzas , oft auf + 1°%,4 gesehen hat. Aber diese, für niedrige Tropen- länder so überaus auflallende, Winterkälte findet auch nur in einer Gegend Statt, die schon volle dreyzehn Breiten- grade nördlicher, als die Zone liegt, bis zu der ich mein Naturgemälde erstrecke. Sie ist Folge der wüthenden Nord- stürme, welche die kalten Luftschichten des allzu nahen Kontinents über die Insel Cuba jagen. In dem nur wenig südlichern, aber von Nord- Amerika fernern Santo-Domingo erhält sich das Thermometer, in den Ebenen, das ganze Jahr hindurch , zwischen '20° und 31°,2 (16° und >5° R. JE Es bedarf übrigens wohl kaum der Bemerkung, dafs alle angegebenen Thermometer-Beobachtungen im Schatten und fern vom Reflex der strahlenden Wärme angestellt worden sind. HÖOH . | ÜBER DER MEERESFLÄCHE HOCHSTE NIEDRIGSTE MITTLERE ; LUFTWÄRME. | LUFTWÄRME. |LUFTWÄRME! METER. TOISEN. | | o bis 1000 bis 500 + 38%4 + 18% Pa 25°%,3 1000 bis 2000 | 500 bis 1000 + 30,0 1210,55 | +22 | 2000 bis 3000 | 1000 bis 1500 ar Dh 19 u 18,7 | 3000 bis 4000 | 1500 bis»ooo + 20,0 2.00 le | 4000 bis 5000 | 2000 bis 2500 + 18,7 — 75 SE | , 3000 bis 6000 | 2500 bis 3000 + 16,0* — 10,0* 2% Die Zahlen, welche diese Tafel für Höhen angibt, die fünf tausend Meter (2565 Toisen) übersteigen, sind von 92 NATURGEMÄLDE minderer Genauigkeit, da diese grofsen Höhen: bisher zu wenig und auf zu kurze Zeit besucht worden sind, um ihre mittlere Temperatur bestimmen zu können. Die Kälte, wel- cher wir auf den höchsten Gipfeln der Andeskette ausgesetzt gewesen sind, ist, dem Ausspruch des Thermometers nach, nie sehr beträchtlich ; aber die mindere Menge des einge- athmeten Sauerstofls (als Folge der Luftdünne), die Asthe- nie des Nervensystems‘, und andere noch wenig ergründete Ursachen machen diese Bergkälte für das Gefühl fast uner- träglich. Die französischen und ‘spanischen Akademiker ha- ben, in ihrer Hütte am Vulkan Pichincha, in einer Höhe von vier tausend sieben hundert fünf und. dreyfsig Meter (2428 Toisen), das hunderttheilige Thermometer nur 6° unter dem Eispunkte herabsinken sehen. Am Chimborazo, nahe an seinem Gipfel, zeigte mir diefs Instrument noch — ı°,8. Ja am Vulkan Antisana, auf der beträchtlichen Höhe von fünf tausend vier hundert und drey Meter (2775 Toisen), fan- den wir im Schatten eine Wärme von ı9°. Der Sonne aus- gesetzt, war diese Wärme so grofs, dafs wir uns enikleideten, ungeachtet wir zwey tausend fünf und sechzig Meter (1060 Toisen) höher als der Ätna, und sechs hundert sieben und zwanzig Meter (523 Toisen) höher als der Gipfel des Mont- Blanc waren. | An Orten, welche man für die heifsesten der Erde hält, ı Besonders des gastrischen Systems, alles dessen, was mit dem untern After- gehirn, dem Plexus coeli ‚ zusammenhängt: daher in grofsen Berghöhen die Neigung zum Erbrechen, eine Bergkrankheit, wie das Seeübel, mal de mer. DER TROPENLÄNDER. 95 in Cumana, La Guayra, Carthagena de Yndias, Huayaquil (dem Hafen von Quito), an den Ufern des Magdalenen- und Amazonenflusses, ist die mittlere Luftwärme 27°, wenn sie in Paris und Rom 11°,9 und ı5° ist. Aber in eben diesen heifsen Gegenden des neuen Kontinents erreicht das Ther- mometer, Trotz-der Nähe des Äquators ‚ sehr'selten die Höhe, auf welcher wir es sehr häufig selbst im nördlichsten Europa beobachten. Ich habe die Gelegenheit gehabt, ein Tableau von mehr als ein und zwanzig tausend Beobachtungen zu untersuchen, welche Don Bernardo de Orta, ein königlich- spanischer Seeoflicier zu Vera-Cruz, mit vortrefllichen In- strumenten angestellt hat. In dreyzehn Jahren ist in diesem, (wie Senegambia) wegen seiner schwülen Hitze berufenen, und dazu noch von Flugsand umgebenen, Hafen das Ther- mometer nur dreymal über 52° und nie über 55°,6 (28°,5 R.) gestiegen, während dafs man es in Berlin, Petersburg, Wien und Paris oft genug auf 36° gesehen. An dem letztern Orte stieg es, den ı4ten August 1773, gar bis 58°,7, oder bis 50°,9 nach der alten Reaumür’schen Eintheilung. Desto verschie- dener ist die mittlere Temperatur. In Vera-Cruz beträgt diese im Mai, Junius, Julius, August und September 27°,5, und das furchtbare adynamische Fieber, welches unter dem Namen Vomito prieto bekannt ist, richtet Verheerungen an, so oft die mittlere Luftwärme des Monaths 23°,7 übersteigt. In den äquatornahen Regionen sind die Extreme der gröfsten und geringsten Wärme 20°; in Europa, unter dem A8sten und 5osten Breitengrade, sind sie bis 62° von einander entfernt. Über das, was man sehr gewagt Temperatur des innern 94 “ NATURGEMÄLDE Erdkörpers nennt, mag ich nicht entscheiden. Die Quell- wasser geben diese Temperatur (wie ein vortreflllicher Beob- achter, Herr von Buch, gefunden) schr genau an. Nach die- sem Maasstabe ist das Innere der Erde unter den Tropen kühler als man vermuthen sollte. Ich habe in der Provinz Cumana, auf drey hundert neun und achtzig Meter (200 Toisen) Höhe, die Quellen zu 22°%,5 (18° R.); auf sieben hundert neun und siebzig Meter (400 Toisen) Höhe, zu 21° (26%8..R.): bey Caraccas, auf tausend drey hundert vier und zwanzig Meter (680 Toisen) Höhe, zu 16°, (AS&R.); gefunden. Diese Wärmegrade sind alle geringer, als die mittlere Temperatur der genannten Standorte. An der Meeresküste oder in den unübersehbaren Steppen (Lianos) von Calabozo und Cari: erwärmt sich, während der sechs Monathe, in denen es nie regnet, dermafsen der Boden, dafs Sesuyium, Gomphrena, Thalinum, Kyllingia, einige Mimosen und andere niedrige Kräuter, welche der Wind halb im Sande vergräbt, eine Hitze von 53° ertragen. In der schwarzen Erde, die den Vulkan von Jorullo , in Neu-Spanien , umgibt, stieg mein Thermometer bis 60°; und doch ist diese,,vom Krater im Jahr 1759 ausgeworfene Erde schon hie und da mit Vegetation bedeckt. Dagegen erdulden Swertia quadricornis, Stähelinen, Espeletia frai- lexon und andere Alpenpflanzen der hohen Andeskette das ’ Die Steppe zwischen der Bergkette, längs der Küste von Caraccas und dem Apure und: Nieder-Orinoco ; so eben, dafs sie überall das Bild des Meer- Horizonis darbietet. 2 DER TROPENLÄNDER. 95 ganze Jahr hindurch, aufser den wenigen Stunden, wo die Sonne den ewigen Nebel durchbricht, eine Kälte von +3°,5. Diese Alpenpflanzen und die en bezeichnen gleichsam die Extreme der botanischen Thermometer-Scale. Die mittleren Luftwärmen, welche das Naturgemälde von tausend zu tausend Meter (500 zu 500 Toisen) Höhe an- gibt, stellen die Abnahme der Wärme unter dem Äqua- tor vom Meeresspiegel bis zu den höchsten Berggipfeln dar. Wenn meine Beobachtungen genau und zahlreich genug gewesen sind, so mufs diefs Resultat richtiger seyn, als man es fast je für Europa wird ausmitteln können. Diesen Vortheil gewährt in den Tropenländern des neuen Konti- nents die grofse Erhebung des Bodens. Hier findet man Dörfer, welche noch vier hundert Meter (200 Teoisen ) höher liegen; als die Spitze des Pico de Teneriffa, und in welchen Physiker einen interessanten und nicht sehr be- schwerlichen Wohnort finden können. In Europa dagegen ist ‘es schwer, , bestimmte Begriffe von der mittlern Tem- peratur gleichhoher Luftschichten zu erlangen. Diejenigen , welche zwischen drey tausend und fünf tausend Meter (1500 und 2500 Toisen) liegen, werden selten besucht; und selbst Luftreisen , eines der wichtigsten und unbenutztesten Mittel für die Erweiterung der Meteorologie, können ihrer Natur nach nicht oft genug angestellt "werden, um die Abnahme der Lufiwärme mit völlig ger Genauigkeit auszumitteln. Aus meinen Beobschunden scheint zu folgen, dafs diese Abnahme, in der Andesketie, oberhalb drey tausend und fünf hundert Meter (1795 Toisen), in Verhältnifs von 5 : 3 96 NATURGEMÄLDE h schneller ist, als in den Luftschichten zwischen der Meeres- küste und zwey tausend und fünf hundert Meter (1281 Toisen). Diejenige Schicht, in welchei die allmählige Erkal- tung gleichsam einen Sprung macht und plötzlich schnell zunimmt, ist zwischen zwey tausend fünf hundert Meter und drey tausend fünf hundert Meter (1250 und 1750 Toisen), zwischen der Höhe des Gothard und des Ätna enthalten. Freylich kann man leicht einsehen, wie viel die strahlende Wärme, welche durch die Unebenheiten , durch die Natur und Farbe des Bodens mannigfaltig bestimmt wird, auf dieses, von mir in den Andes beobachtete, Gesetz der Wärmeabnahme Einflufs haben mufs : freylich würde ein Aeronaute, der sich unter dem Äquator, fern von den Gebirgen, zum Beyspiel über der Meeresfläche oder in den unermefßslichen Ebenen des Amazonenlandes erhöbe, diefs Gesetz wahrscheinlich etwas anders modificirt finden. Doch ist zu vermuthen, dafs diese Verschiedenheit der Resultate sich nicht weit über vier tausend Meter (2052 Toisen) Höhe erstrecken würde : denn in diesen kuftdünnen Regionen ist die Masse der Berggipfel, selbst in der Andeskette, schon geringe. Sie bieten daselbst nicht mehr so beträchtliche Ebe- nen dar, und der Einflufs strahlender Wärme kann daher dort nur geringe seyn. Auf der Reise, welche ich im Junius 803 nahe bis an den Gipfel des Chimborazo gemacht, habe ich die Abnahme der Wärme zu hundert sechs und neunzig Meter (101 Toisen) für jeden Grad des hunderttheiligen Thermometers gefunden. Aus den mittleren Temperaturen zwischen dem Meeresspiegel DER TROPENLÄNDER. 97 und fünf tausend fünf hundert Meter (2823 Toisen) Höhe (Mittelzahlen , die auf verschiedenen Wegen gefunden wor- den sind), ergeben sich hundert vier und neunzig Meter (100 Toisen) für jeden Thermometergrad.: Saussure nimmt für den Sommer hundert sechs und fünfzig Meter (go Toi- sen), für den Winter zwey hundert drey und dreyfsig Meter (ı1ı Toisen) an. Eine noch auffallendere Übereinstimmung bietet die letzte grofse Luftreise meines Freundes, des Herrn Gay-Lussac, dar. Dieser scharfsinnige Physiker fand ım Som- mer über Paris genau dieselbe Abnahme der Wärme, wel- che ich lange vorher für den Äquator bestimmt hatte. Er beobachtete (während dafs das Thermometer in Paris 30° zeigte), in einer Höhe von fünf tausend Meter (2565 Toi- sen), Eiskälte (+ 0°). In sechs tausend Meter (5078 Toisen) Höhe stand das Thermometer 3° unter dem Gefrierpunkte. Hieraus folgt zwischen o und fünf tausend fünf hundert Meter (2825 Toisen) eine Wärmeabnahme von hundert drey und achtzig Meter (95 Toisen) für jeden Thermome- tergrad. Rechnet man für alle Luftschichten ‘von der Ebene bis sechs tausend neun hundert sieben und siebzig Meter (3580 Toisen) Höhe , so ergibt sich eine Abnahme von hundert drey und siebzig Meter (87 Toisen). Ich habe an ı Wirft man einen Blick auf die mittlere Wärme verschiedener Orte der gemälsigten Zone, so bemerkt man, aa ER BE und sechzig Grad nördlicher Breite ein Grad Temperat zwey Breitengraden zukömmt. Wer also unter den Tropen zwey tausend fünf hundert Meter (1281 Toisen) an dem a der Andeskeite ansteigt, gelangt vom Klima von Ber- lin in das von ı3 v 98 NATURGEMÄLDE einem andern Orte in einer, der ersten Klasse des National- Instituts vorgelesenen, Abhandlung ' entwickelt, wie in dem Luftmeere, in welches unsre feste Erdmasse eingetaucht ist, oberhalb vier tausend sieben hundert Meter (2411 Toisen) Höhe, die geographische Breite die Temperatur nur wenig modifieirt, und wie Herr Gay-Lussac (in 48° nördl. Breite) ‚in den hohen Luftschichten überall genau denselben Ther- mometerstand beobachtete, welchen ich nahe am Äquator, in gleichen Höhen, auf der Expedition nach dem Gipfel des Chimborazo, gefunden hatte: Die Phänomene der Horizontal-Refraction,, mit deren Theorie Laplace gegenwärtig beschäftigt ist, scheinen auf den ersten Blick dieser gleichen Abnahme der Wärme in Luftregionen, die vom Äquator‘, der geographischen Breite nach ‚so ungleich entfernt sind, entgegen zu seyn. Diese Refraction, welche man seit Bouguer’s Zeiten um vier bis fünf Minuten geringer in den Tropenländern,, als in der gemäfsigten Zone annimmt, lassen nähmlich in den ersteren auch eine schnellere Abnahme der Wärme vermuthen. Aber man mufs nicht vergessen, dafs, nach Delambre’s neueren Beobachtungen, die Horizontal-Refraction in Europa weit kleiner, und, nach Le Gentil, in Ostindien unter den Tro- pen weit gröfser ist, als man sie gewöhnlich angibt. In Eu- ropa kennen wir dazu noch sehr wenig die Wärmeabnahme während der Wintermonathe; und da die Horizontal-Refrac- ı Memoire sur la limite nr da Se we et sur En en ‚ment du calorique dans les h 8 1 lu DER TROPENLÄNDER. 99 tion von allen Luftschichten abhängt, welche der Lichtstrahl durchläuft : so wäre es sehr möglich, dafs eine ungleiche Abnahme der Wärme in Schichten , welche höher als sie- ben tausend Meter (3591 Toisen), also jenseits aller bishe- rigen Beobachtungen liegen, die ungleiche Strahlenbrechung begründe. In einer Materie, über welche es noch so sehr an genauen und vervielfältigten Erfahrungen fehlt, ist es vorsichtiger , statt sich in Vermuthungen zu verirren, die Resultate, wie sie aus den bisherigen Beobachtungen folgen , unverändert zu liefern. Luftdruck. Der Druck, welchen die Atmosphäre in verschiedenen Höhen über der Meeresfläche ausübt, ist durch Barometer- stände bezeichnet, welche nach der Laplacischen Formel für barometrische Höhenmessungen berechnet sind. Die Tem- peratur ist dabey nach dem oben entwickelten Gesetz der Wärmeabnahme supponirt. Sey X die Höhe in Meter aus- gedrückt; H, der Barometerstand an der Oberfläche des Meeres; T, die Temperatur ebendaselbst; t, die Temperatur, welche der Höhe X zugehört ; und h, endlich, der gesuchte Barometerstand für X : so ist Bil E gm 2(T+t) 18393 ı+ ; 100: und hat man so die Zahl m gefunden, so ergibt sich u m =) = 5 hz= n 100 NATURGEMÄLDE Nach dieser Formel findet man von fünf hundert zu fünf hundert Meter (250 Toisen) folgende Barometerstände. 5 MITTLERE ÜBER DER MEERESFLÄCHE.| TEMPERATUR | BAROMETERHÖHEN NACH DEM — | DUNDERTTHEILIGEN] ee IN METER. | IN TOISEN. | THERMOMETER. | IN METER. | ın Linıen. o =E#29,3 0,76202 337,8 500 256 —+ 24,0 0,71961 319,03 1000 513 + 22,6 0,67923 301,18 1500. 76 + 21,2 0,64134 284,28 2000 1026 + 20,0 0,60501 268,24 2500 1282 + 18,7 0,57073 253,05 3000 1539 + 144 0,53689 238,06 3500. 1795 + 90 0,504 18 223,50 4000 2052 + 64 0,47417 210,20 4500 2308 Ze ob 0,44553 19755 5000 2565 + 04 0,41823 185,40 5500 2821 — 3,0 0,39206 173,84 6000 307 (— 60) 0,36747 162,95 6500 3334 (— 10,0) 0,34357 152,38 7000 3591 ( 13,0) 0,32035 142,61 7500 3847 (— 16,0) 0,30068 133,36 Die mittleren Luftwärmen oberhalb sechs tausend Meter (3000 Toisen) sind hier abermal wenig genau, da sie sich nicht auf unmittelbare Erfahrungen , sondern nur auf die, in tieferen Regionen beobachtete Wärmeabnahme gründen. Saussure hat das Barometer auf dem Gipfel des Mont-Blane bis 0,45515 Meter (16 Zoll 0,9 Linie) herabsinken schen. DER TROPENLÄNDER. 101 La Condamine und Bouguer‘ fanden auf dem Corazon (süd- lich von der Stadt Quito) 0,42670 Meter (15 Zoll 9,2 Linien). Ich bin auf dem Chimborazo zu einer Höhe ge- langt, in welcher das Barometer nur 0,57717 Meter (13 Zoll 11,2 Linien) zeigte. Aber Herr Gay-Lussac hat in seiner aerostatischen Reise eine Luftdünne ertragen, welche durch einen Barometerstand von 0,5288 Meter (ı2 Zoll 1,8 Linie) ausgedrückt wurde. Die Barometerhöhe am Meeresufer habe ich zu 0,76202 Meter (337,8 Linien) bey einer Wärme von 25° angenom- men. So folgt dieselbe aus zahlreichen Beobachtungen , welche ich an den Ufern des atlantischen und des stillen Oceans, in der südlichen und nördlichen Hemisphäre, an- gestellt habe. Bouguer nahm als Mittelzahl 28 Zoll ı Linie; der spanische Geometer Don Jorge Juan, 27 Zoll ı 1,5 Linien an. La Condamine sagt ausdrücklich : . Wenn die mittlere « Barometerhöhe unter den Tropen nicht gar geringer als «28 Zoll ist, so weicht sie wenigstens nur wenig. davon “ab.” Zwey vortreflliche Barometer, welche ich vor meiner Abreise aus Europa, wie alle andere von mir gebrauchte Instrumente, aufs sorgfältigste mit denen der National-Stern- warte zu Paris verglichen hatte, und die ohne alle Beschä- digung nach Süd-Amerika gelangten, haben mich gelehrt, ı La Condamine, Foyage dä Fe: p: 58. « Personne n’a vu le barome£tre «si bas dans !air libre, et vraisemblablement personne n’est monte a une plus « grande hauteur. Nous tions (a la cime du Corazon) a deux mille quatre ceni « soixante-dix toises, et nous pouvions repondre, a quatre oy cing toises pres, « de la justesse de ceite determination. ” 102 NATURGEMÄLDE dafs der siiittlere Luftdruck in der heifsen Zone am Meeres- fer etwas geringer, als in den gemäfsigten Erdstrichen ! ist. Shukburg fand denselben in Europa 0,76301 Meter (28 Zoll 2,24 Linien); Fleuriau Bellevue, 0,76427 Meter (28 Zoll 2,8 Linien), bey einer Lufttemperatur von ı2°. Dieser Unter- schied nähmlich, welcher zwischen der heifsen und gemäfsig- ten Zone Statt findet, läfst sich nicht durch den Einflufs ‚der Wärme allein erklären, um so weniger als in den nie- deren Ebenen des westlichen Theils von Peru, während dafs die Sonne vier bis fünf Monathe lang in dickem Nebel ein- gehüllt ist, das Thermometer bis ı5° oder ı6° herabsinkt, ohne den Barometerstand merklich zu afhıciren. Der Luftdruck wechselt in der gemäfsigten Zone in dem- selben Jahre, ja bisweilen in wenigen Monathen, um 0,045 der Versuche von Shukbur rg und Fleuriau wäre es doch sehr wün- er wenn die mittlere Barometerhöhe der europäischen Meere, zum Beyspi . entscheiden werden, wenn wir diese Entscheidung durch sorgfältige Bed ungen gegenwärtig vorbereiten. Wie sehr haben die Physiker auch nicht en Hinsichn die unermüdete Vorsicht der Astronomen nachzuahmen ! DER TROPENLÄNDER. 103 Meter (20 Linien). In der Tropenregion zwischen dem ıoten Grade nördlicher und dem ıoten Grade südlicher Breite , wo die Passatwinde (der ewig wehende Ostwind) immer- fort eine fast gleich warme und also fast gleich dichte Luft herbeyführen , verändert sich der Barometerstand am Mee- resufer nie um mehr als 0,0026 (1,4 Linie), ja auf Gebirgs- ebenen, die drey tausend Meter (1539 Toisen) über dem Meere erhaben sind, nie um mehr als 0,0015 Meter (0,7 Linie). So gering aber auch diese Barometerveränderungen in den dem Äquator "nahen Erdstrichen sind, so werden sie dagegen um so merkwürdiger durch die aufserordent- liche Regelmäfsigkeit, der sie von Stunde zu Stunde unter- worfen sind. Godin ist unstreitig der erste gewesen, welcher diesen stündlichen Wechsel, diese Ebbe und Fluth des Luftmeeres, während seines Aufenthalts zu Quito entdeckt hat. Doch gibt La Condamine, der uns diese Entdeckung überliefert, nicht das tägliche und nächtliche Maximum Ina Minimum der regelmäfsigen Barometerveränderungen an. Diese Epochen hat John Farquhar in Calcutta!, wie Moscley und Thibaut de Chanvalon in den Antillen, wirklich beob- achtet; aber sie stimmen nicht mit denen überein, welche wir, Bonpland und ich, seit den ersten Tagen unsrer An- kunft in Süd-Amerika wahrgenommen haben, da wir viele Nächte hinter einander den stündlichen Veränderungen ge- folgt sind. Wir haben gefunden, dafs die Barometerhöhe ! Franeis Balfour und John Farquhar, in den 4siat. nessarces, l. 4. ® Treatise on tropical diseases,.1ı792, p. 3. Gilbert’s ehr Annalen, B. 6, p. 188 104 NATURGEMÄLDE Morgens um neun Uhr ihr Maximum erreicht hat. Von neun Uhr bis Mittag sinkt das Quecksilber gewöhnlich nur w enig; aber diefs Fallen ist stets sehr merklich von zwölf Uhr bis vier Uhr oder vier Uhr dreyfsig Minuten, wo das Barometer auf dem niedrigsten Punkte ist. Von diesem Minimum an steigt es abermals bis eilf Uhr Abends, wo es fast eben so hoch steht, als um neun Uhr Morgens. Das Barometer sinkt abermals die ganze Nacht hindurch, vorzüglich von Mitter- nacht an bis vier Uhr dreyfsig Minuten Morgens. Von die- sem zweyten Minimum an erhebt es sich wieder bis neun Uhr. So gibt es in vier und zwanzig Stunden zwey Ebben und zwey Fluthen, in denen die nächtlichen kürzer , als die täglichen sind. Diese kleinen stündlichen Veränderungen habe ich identisch gefunden, am Ufer des Amazonenflusses, in Cumana oder im Callao (dem Hafen von Lima an der Südseeküste). Sie erfolgten zu derselben Zeit, in Gegenden, die vier tausend Meter (2052 Toisen) über dem Meere erha- ben liegen, wie in den Ebenen des spanischen Guayana. Sie scheinen, und diefs ist am auffallendsten , völlig unabhängig vom Wechsel der Temperatur oder dem Einflufs der Wit- terung überhaupt. Wenn das Barometer einmal im Sinken ist, von ein und zwanzig Uhr bis vier Uhr; wenn es einmal im Steigen ist, von vier Uhr bis eilf Uhr : so unterbrechen weder En noch Sturmwind, noch mit heftigen Regen- güssen begleitete Gewitter, seinen eine Der Sonnenstand lan scheint diesen zu lenken.: An einigen Orten habe ich e Kenntnifs der stündlichen Veränderungen des ht selbst n a Fehler verschwinden, welchen man unter dem Äquator bey baro- DER TROPENLÄNDER. 105 viele Wochen hinter einander diese stündlichen Variationen so regelmäfsig gefunden , der Anfang des Steigens und Sinkens war so bestimmt, dafs die Betrachtung des Barometers nicht um eine Viertelstunde in der wahren Zeit irren liefs. Ich hebe hier von den zahlreichen Beobachtungen , die wir‘ über die stündlichen Barometerveränderungen von unsrer Reise zurückbringen, folgende aus, welche ich in dem Callao. bey Lima angestellt habe, und welche gleichsam als Typus für dieses sonderbare Phänomen gelten kann. Das gebrauchte Barometer war von vorzüglicher Güte. Der Nonius liefs bequem 0,03 Linie erkennen. Die absolute Höhe der Stände war, wegen des unberichtigten Niveau’s, um 0,9 Linie zu niedrig. Die Richtung der Pfeile drückt die Epochen des Steigens und Fallens, gleichsam die Fluth und die Ebbe des Luftmeeres,, aus. metrischen Höhenmessungen, ohne correspondirende Beobachtungen, begehen: ann. It der Barometerstand zu irgend einer Stunde bekannt: so weils man: i inie, mit ziemlicher Gewifsheit, wie er zu er andern gegebenen ER En seyn wir ey er mittlere Barometerstand eines Orts deı Tropenländer am Ufer de: Meeres, so ist die de daselbst zZ 5 - 4.204 — ı. =Z2-+o, ı 106 . NATURGEMÄLDE ‚Stündliche Veränderungen des Luftdrucks, am 8ten und gten November ı802, an den Ufern der Südsee, in 12° 5' süd- licher Breite und 79° ı5 westlicher Länge von Paris. SEUNBEN. BAROMETER oe STAND AN DER FRVEn LUFT WAHRE ZEIT. IN LINIEN. | BAROMETER. | uno ın sanarıen, |NACH DELUC. Am 8 Nov. um N v: 336,92 190 ; 16,3 43,0 a 336,98 19,0 16,2 43,7 13 336,72 19,5 16,2 [AA 14 336,60 19,5 16,2 ho ı5 336,65 19,8 16,5 43 \ ı5+ 336,62 20,0 16,0 ha 16 336,55 19,0 16,0 42 16% 336,80 20,5 16,3 42,5 5 17 336,87 22,0 16,4 4 17% 336,95 22,7 1750 42 20 337,25 23,0 18,0 39 21 337,35 23,0 19,2 37 224 337,13 24,5 204 375 ot 336,90 25,5 22,5 0% 336,75 25,9 22,7 4 \ z 336,60 26,0 23,2 34,5 [A 336,45 25,5 20,8 33,6 5 336,50 25,5 18,0 37 8 336,85 25,0 16,1 39 9 336,95 22,0 16,5 ho Y 10 336,97 22,4 »,16,4 42 11 337,15 20,0 16,4 42 113 336,90 | 20,5 16,7 42 13 336,84 20,5 16,7 43 DER TROPENLÄNDER. 107 Unerachtet ich mehrmals in diesem Abschnitte diese stünd- lichen Variationen des Barometers mit dem Phänomen der Ebbe und Fluth verglichen, und bemerkt habe, dafs sie mit dem Stande der Sonne in nicht zu verkennendem Zusam- menhang stehen : so glaube ich doch nicht, dafs sie unmit- telbar und allein in der Attraction dieses Weltkörpers gegründet sind. Wäre hier Anziehung der Massen im Spiel, wie in der Ebbe und Fluth des Meeres, warum ist es mir nie geglückt, so viele Nächte ich auch darauf aufmerksam gewesen bin, Einwirkungen des Mondstandes auf die Baro- meterhöhe unter dem Äquator zu bemerken ? Herr Mutis, dessen Scharfsinn nichts entgeht, und der sich seit dreyfsig Jahren mit diesem Phänomene in Santa-Fe (2625 Meter oder 1347 Toisen über dem Meere) beschäftigt hat, versichert zwar, daselbst deutliche Spuren dieser Einwirkungen in den Conjunctionen und Oppositionen entdeckt zu haben. Aber gesetzt auch, dafs sie wirklich existiren : so scheinen die stündlichen Barometerveränderungen unter dem Äquator doch noch zu beträchtlich zu seyn , als dafs sie der Anzie- hung der Sonne und des Mondes, und der en sie verur- sachten Erhebung des Luftmeeres werden könnten. Based hat in seinem eiseertrerken in der Meca- nique celeste, gezeigt, dafs diese Anziehung unter den vor- theilhaftesten Umständen kaum ein Millimeter betragen könne. Hängt demnach der periodische Wechsel des Luft- drucks fast ausschliefslich von dem Sonnenstande ab, und hat man Gründe denselben weder der Massen - Attraction dieses Central-Gestirns, noch den Wirkungen der von 108 NATURGEMÄLDE ihm austrahlenden oder wenigstens durch ihn erregten Wärme zuzuschreiben : so darf man vielleicht irgend einen Einflufs des ‚Sonnenlichtes auf die Atmosphäre ahnden. Naturphilosophische Ideen geben diesen Ahndungen ein gröfseres Gewicht, und Herr Schelling weist an mehreren Orten seiner Werke: scharfsinnig auf die Übereinstimmung zwischen dem Gange des Barometers und der Magnetnadel hin. Ich werde bald an einem andern Orte? ( wenn ich meine Beobachtungen über Inelination , stündliche Declina- tion und durch die Zahl der Oscillationen gemessene Inten- sität der magnetischen Kraft bekannt mache) auf diesen Gegenstand zurückkommen. Nahe an dem Wendekreise des Krebses in dem Meer- busen von Mexico, zwischen dem neunzehnten und drey und zwanzigsten Grade nördlicher Breite, erkennt man bis- weilen einen temporären Einflufs der Wetterveränderungen auf den Luftdruck. In der Havana und in Vera-Cruz erhebt der stürmende Nordwind,, welcher kalte Luftschichten her- beyführt, das Barometer um fünf bis sieben Linien. Diesem Steigen geht ein plötzliches Sinken des Quecksilbers zuvor, ein Sinken, welches ein wichtiges und jetzt sorgfältig beob- achtetes Prognosticon für die gefahrvolle Schiffahrt in diesem Meerbusen ist. Das Barometer erhält sich unveränderlich hoch, so lange der Sturm wüthet. Kaum ist derselbe vor- über, so tritt mit den Passatwinden (la Briza) auch sogleich ? Weltseele, S. 151. Neue Zeitschrift für speculative Physik, B. ı, St. 2,8. 169. 2 In einer Schrift, welche ich mit Herrn Biot in Paris nemeinchaflich her- ausgebe. DER TROPENLÄNDER. 109 wieder das regelmäfsige Spiel der stündlichen Barometer- veränderungen ein. Cotte hat durch Vergleichung einer grofsen Anzahl genauer Beobachtungen ausgemittelt, dafs in Europa der niedrigste Stand des Quecksilbers im Durchschnitte zwey Stunden nach Culmination der Sonne , also zwey Stunden früher als unter dem Aquator eintritt. Wahrscheinlich existiren auch in unsrer gemäfsigten Zone diese kleinen periodischen Ebben und Fluthen des Luftmeeres. Vielleicht sind sie nur durch die vielen Perturbationen einer, an Wärmegehalt und Feuch- ‚ Atmosphäre versteckt, und Mittel- zahlen , aus vielen tausend stündlichen Beobachtungen gezo- 1 tigkeit so oft gen, würden durch Compensation der störenden Ursachen die Existenz dieser periodischen Oscillationen des Barometers auch in Europa erweisen. Ohne Mittelzahlen würde man Ja selbst nie die kleinsten Modificationen in der Ebbe und Fluth des atlantischen Oceans entdeckt haben, Ich kann diesen Abschnitt über die Elastieität der Luft nicht verlassen, ohne eine physiologische Bemerkung hinzu- zufügen. Der Barometerstand in der Stadt Quito ist 0,1:5436 oder 20 Zoll ı Linie; in der Stadt Micuipampa, im nordöst- lichen Theile von Peru , 0,M-4962 oder ı8 Zoll 4 Linien. Die Bewohner der Meyerey Antisana athmen eine Luft, deren Elastieität durch eine Quecksilbersäule von 0,4692 (17 Zoll 4 Linien) ausgedrückt wird. Herr Gay-Lussac hat das Baro- meter bis 0,-3288 oder ı2 Zoll ı2 Linie sinken schen. Der Mensch , der in der Ebene an einen Luftdruck von 0,7579 (28 Zoll) gewöhnt ist, widersteht allen diesen Veränderungen. 110 NATURGEMÄLDE Die Bewohner jener hohen Gebirgsstädte der Andes (Indianer und weifse Racen) geniefsen der besten und dauerhaftesten Gesundheit. Fremde klagen zwar in den ersten Tagen ihrer Ankunft von der Küste über beschwerliche Respiration , besonders wenn sie schnell sprechen, oder sich einer starken Muskelbewegung aussetzen ; aber diese Unbehaglichkeit dauert nur kurze Zeit. Sinkt dagegen das Barometer bis 0,4060 Meter (15 Zoll), alsdann wird der Einflufs der Luft- dünne bedeutender. Auf fünf tausend Meter (2565 Toisen)) Höhe fühlt man eine auffallende Frmattung, eine Schwäche des ganzen Nervensystems. Man fällt leicht in Ohnmacht , so gering auch die Anstrengung ist, zu welcher man seine deprimirten Muskeln zwingt. Schwächere Personen fühlen dabey grofse Neigung zum Erbrechen; und in Höhen, welche fünf tausend acht hundert Meter (2975 Toisen) übersteigen , wirkt die, zum Ersteigen der Berge nöthige, starke Muskel- bewegung und der Mangel des äufseren Luftdrucks so sehr auf die Häute der kleinsten Blutgefäfse , dafs das Blut aus ‘den Lippen, aus dem Zahnfleische und aus den Augen her- vordringt. Alle diese Erscheinungen wechseln natürlich mit der Constitution der Individuen. Saussure hat auf seinen Alpenreisen beobachtet , dafs der Mensch mehr als der Maulesel der Luftdünne widersteht. Ich habe im Königreich Neu-Spanien mit vieler Beschwerde ein Pferd am Cofre de Perote bis drey tausend acht hundert neun und dreyfsig Meter (1970 Toisen), also hundert und vier und dreyfsig Meter (69 Toisen) höher als der Gipfel des Pico de Teneriffa gebracht. Das Thier hatte eine stöh- DER TROPENLÄNDER. aıı nende , beängstigte Respiration , welche nicht als Folge der Muskelanstrengung zu betrachten war , da die Beängstigung in tieferen Gegenden verschwand, wo das Gebirge gleich steil war. Im Ganzen glaube ich bemerkt zu haben , dafs die weifse Menschenrace in Höhen, welche fünf tausend acht hundert Meter (2975 Toisen) nahe kommen, minder leidet, als die eingeborenen kupferfarbigen Indianer. Der Luftdruck mufs den wichtigsten Einflufs auf die vitalen Functionen der Pflanzen , besonders auf die Respi- ration ihrer Integumente äufsern. Unerachtet die meisten Kryptogamen, und unter den Phanerogamen viele Gräser, fast gleichgültig für diese Wirkungen des Luftdrucks scheinen: so sind andere Gewächse dagegen um so empfindlicher für dieselben. ‚Swertia quadricornis, Espeletia frailexon , die Stehelina der Andeskette und viele Gentianen erheischen einen Barometerstand von 0,460 und 0,487 Meter (17 bis .ı8 Zoll). Viele peruanische Alpenpflanzen würden, wenn man sie nach Europa in die Ebene verpflanzte , daselbst ‚allenfalls wohl die erforderliche Temperatur, nicht aber die Luftdünne finden , an welche ihre Organe gewöhnt sind, und die zu ihrem Gedeihen erforderlich ist. JFeuchti gheit der A imosphäre, Eine eigene Scale des Naturgemäldes stellt die allmählige Abnahme der Luftfeuchtigkeit unter dem Äquator, vom Ufer des Meeres bis zu dem Gipfel der Andeskette dar. Die Beob- achtungen, aus denen ich diese Mittelzahlen deducirt habe, sind im Schatten bey vollkommner Himmelsbläue, bald mit 112 NATURGEMÄLDE dem Saussure’schen , bald mit dem Deluc’schen Hygrometer angestellt worden, je nachdem das Instrument die Feuch- tigkeit schnell anzeigen sollte, oder es der Luft lange aus- gesetzt bleiben konnte. Alle Resultate sind auf Grade des Saussure’'schen Hygrometers und auf die gleiche Temperatur von 25°,5 reducirt. Saussure’s und Dalton’s Versuche lehren, dafs die Correction durch den verschiedenen Luftdruck gänz- lich überflüssig ist. : h; |HYGROMETER|HyGROMETER HÖHE N IN METER. THERMOMETER. | VERBESSERUNG TR no DURCH DAS BAROMETER 20% Meter 0 U 1000 + 25,3 86 86,0 Von 1000 zu 2000 + 212 8o 7354 Von 2000 zu 3000 + 18,7 74 64,5 Von 3000 zu 4000 +90 65 16,5 Von 4000 zu 5000 97 54 36,2 . Von 5000 zu 6000 + 30 38 26,7 Diese Tafel wird künftig einmal für die Strahlenbrechung wichtig seyn, wenn die Theorie der letztern aus mehr umfas- senden Gesichtspunkten wird betrachtet werden. Die Ab- nahme der Luftfeuchtigkeit unter dem Äquator beträgt, nach meinen Versuchen, ungefähr neunzig Meter (46,17 Toisen) für einen Grad des Saussure’schen Hygrometers. Trotz der ungeheuren Trockenheit der Luftschichten auf dem hohen Gipfel der Andes (wo das Hygrometer bis 46° bey einem Thermometerstande von 3°%,7 herabsinkt = Hygrometer 31°,7 Sauss. bey 25°%,3 Wärme); Trotz dieser DER TROPENLÄNDER. 113 Trockenheit der Bergluft , sage ich , befindet sich der Reisende gerade in diesen Höhen von zwey tausend fünf hundert bis drey tausend fünf hundert Meter (1283 bis ı796 Toisen) jeden Augenblick in dicken Nebel gehüllt. Dieser Nieder- schlag (oder diese mysteriöse Wasserbildung?), mag sie Folge oder Ursache einer starken elektrischen Tension seyn, gibt der Vegetation der Paramos (oder der hohen Wildnisse) diefs frische, stets sich erneuernde Grün, mit dem sie prangt. In den tieferen Tropenregionen des neuen Kontinents enthält eine durchsichtige und viele Monathe lang wolken- freye Luft, eine grofse Menge Wasser. Deluc hat die Existenz dieses latenten Wassers auch in Bengalen, durch die Versu- che seines Sohnes, erwiesen. Diese sonderbare Luftbeschaf- fenheit ist es, welche die Tropenvegetation während der ‘ fünf bis sechsmonathlichen trocknen Jahrszeit erhält. Hätten die Pflanzen nicht in einem so hohen Grade die Fähigkeit, der Luft das Wasser zu entziehen, wie könnte man Bäume und Stauden mit solcher Blätterfülle in Ländern geschmückt sehen, wo, wie zum Beyspiel in Cumana,, oft in acht bis zehn Monathen weder Regen, noch Thau, noch Nebel fällt ? In Europa habe ich in der Ebene nie eine Lufttrocken- heit unter 46° Sauss. bey einer Wärme von 15° bemerkt. In dem zwey tausend zwey hundert fünf und neunzig Meter (1177 Toisen) über dem Meere erhabenen Thale von Mexico, sinkt eben diefs Saussure’sche Hygrometer meist bis 42° und 44° herab. Wo bleiben die Dünste, welche aus den fünf, die Stadt umgebenden Seen täglich emporsteigen? Denn von der grofsen Masse kochsalzsaurer und kohlensaurer Soda, ı5 114 NATURGEMÄLDE welche diese hohe Ebene wie mit Schneeflocken bedeckt, werden sie wohl nicht absorbirt. Diese ungeheure Trocken- heit der mexicanischen Luft, welche den schädlichsten Ein- flufs auf die Gesundheit der Einwohner und auf den Acker- und Gartenbau äufsert, nimmt täglich zu, da man durch künstliche Kanäle die Seen zu verringern sucht, und da sich die Regenmenge in Neu-Spanien (wie in den Antillischen Inseln) seit fünfzehn Jahren sichtbar vermindert hat. Ist diese Abnahme periodisch , oder hängt sie von grofsen kos- mischen Veränderungen ab? Was menschliche Industrie auf der Erdoberfläche umwandelt, ist in so grofsen Landstrichen zu unbedeutend, als dafs, man diesen künstlichen Verände- rungen, zum Beyspiel der Ausrottung der Wälder in Nord- Amerika, die Verminderung des Regens, das Seltenerwerden der Orkane, der grofsen elektrischen Explosionen, und selbst das des Nordsturmes zwischen Vera-Cruz und der Mündung des Missisipy zuschreiben dürfte. — Wie grofs mufs nicht vollends die Lufttrockenheit in Persien seyn, wo man, nach Chardin’s Bericht, in der Provinz Kerman , Häuser von Stein- salz baut! Aber wann werden Hygrometer in diese Gegen- den eindringen ? Der in der Luft enthaltene Wasserdunst tritt, bald durch Erniedrigung der Temperatur, bald durch andere noch wenig ergründete Ursachen, in sichtbare Bläschen zusammen, de- ren Gruppirung wir mit dem Worte Wolken bezeichnen. Die Höhe ihrer untern Schicht, welche ich oftmals gemes- sen, scheint unter den Tropen sehr beständig zu seyn. Sie beträgt zu jeder Jahreszeit etwa tausend zwey hundert Meter DER TROPENLÄNDER. 115 (615 Toisen) über der Meeresfläche, und in dieser Höhe mufs man unstreitig den Grund suchen, warum man am Abhange der CGordilleren,, in der milden und mittlern Region von - Xalappa und Guaduas:, fast stets in dicken Nebel gehüllt ist. Die gröfste Höhe des teen Gewölkes scheint mir nahe am ‚Äquator drey tausend drey hundert bis drey tausend sechs hundert Meter (1695 bis ı846 Toisen) zu betragen. Aber die merkwürdigen kleinen Flocken, welche das Landvolk Schäfchen nennt, und deren regelmäfsige, striemartige Ver- theilung für eine allgemeine Polarität spricht, sind gewifs acht tausend Meter (4104 Toisen) über dem Meere erhaben. Wir haben diese Schäfchen auf dem Vulkan Antisana noch hoch über uns gesehen. Herr Gay-Lussac erwähnt ihrer auch in der Beschreibung seiner zweyten aerostatischen Reise. Wie specifisch leicht müssen nicht Dunstbläschen seyn, welche sich in so luftdünnen Regionen schwebend erhalten können ! In Europa ist, nach Bios und Gay-Lussac’s Mes- sung, die Höhe der untern Wolkenschicht im Sommer eben- falls tausend ein hundert neun und sechzig Meter (600 Toisen), also der der tiefsten Tropenwolken gleich. In den westlichen Ebenen von Peru lösen sich die Dünste nie in Regen auf. In einem Jahrhunderte hat man kaum ein Bey- spiel eines viertelstündigen Regens. Auch sind, der Bauart der Häuser wegen, Regengüsse daselbst eben so sehr als ' Xalappa, westlich von Vera-Cruz; Guaduas, im Königreich Neu-Grenada, ein Gebirgsstädtchen, in dem die Vicekönige bey der Ankunft von Spanien ausruhen, um nicht zu schnell von der Hitze des Magdalenen-Stroms in das eisige Klima von Santa-Fe überzugehen. 116 NATURGEMÄLDE Erdbeben zu befürchten. Rührt, was man Anziehung der Wolken gegen die Andeskette nennt, von dem senkrecht aufsteigenden Luftstrome her, den der Granitsand der er- wärmten Ebenen erregt ? Die gröfste Trockenheit, welche Menschen je in den hohen Tunkehfährch beobachtet haben, ist die , welche ebenfalls Herr Gay-Lussac in fünf tausend zwey hundert sieben und sech- zig Meter (2700 Toisen) Höhe fand. Bey einem Thermo- meterstande von + 4° sank das Saussure’sche Hygrometer bis 27°,5 herab. Reducirt man diefs auf die Temperatur von >5°,3, welche im Sommer in den Ebenen herrscht: so erhält man eine Lufttrockenheit von 21°,5 des Saussure’schen Hy- grometers. Die mittlere Regenmenge, welche in den äquatornahen Gegenden in einem Jahre fällt, beträgt 1,89 Meter (70 Zoll). In sehr feuchten Gegenden , zum Beyspiel in Huayaquil und Cumanacoa, fallen bis 2,43 Meter (go Zoll). In Europa beobachtet man im Durchschnitte 0,69 Meter (22 Zoll). Aber 'nahe an der Alpenkette, zum Beyspiel, bey Genf, hat man (nach einem Durchschnitte von neun Jahren) im Mitteljahre 0,87 Meter (32 Zoll 7 Linien, nähmlich 5ı Zoll 6 Linien Regen, und ı Zoll ı Linie Schneewasser) gefunden. In Eu- ropa fällt in einer Stunde selten 0,009 Meter (4 Linien) Regenwasser ; in Huayaquil habe ich 0,055 Meter (1% Zoll) fallen sehen. * Pictet, Bibl. Britan. 1805, n.° 223, p. ı52. DER TROPENLÄNDER. 117 Elektrischer Zustand der Lufi. So wie man gegen den Gipfel der Andeskette ansteigt, sieht man die elektrische Tension der Atmosphäre in eben dem Mafse zunehmen, als Wärme und Feuchtigkeit abneh- men. Die Resultate, welche die elektrometrische Scale auf dem Naturgemälde enthält, gründen sich auf Versuche, wel- che ich auf verschiedenen Höhen in beyden Hemisphären mit einem Elektrometer angestellt habe , dessen 1,4 Meter langer Conduktor, nach Volta’s Vorschlag, mit brennendem Schwamm armirt war. Die tiefen Luftschichten der Tropen- länder, von der Oberfläche des Meeres bis zu einer Höhe von zwey tausend Meter (1026 Toisen), zeigen gewöhnlich nur eine sehr geringe elektrische Ladung. Nach zehn Uhr Vormittags habe ich oft nur mit Mühe einige Bewegung in dem empfindlichsten Bennet’schen Elektrometer beobachtet. Alle Elektricität scheint indefs in den Wolken angehäuft zu seyn, und gerade dieser Mangel des Gleichgewichts. zwischen den oberen und unteren WLuftschichten erregt heftige elektrische Explosionen , welche periodisch sind und ‘gewöhnlich in der Ebene zwey Stunden nach der Culmi- nation der Sonne, also während des Maximums der Wärme, Statt finden. In den Flufsthälern dagegen, an der Magdalena, am Guainia, den die Europäer Rio Negro nennen, und am Cassiquiare , treten die Gewitter, mit furchtbaren Regen- güssen begleitet, stets bey Nacht, gegen zwölf oder ein Uhr, ein — ein Umstand, der dem Reisenden, wenn er im Freyen zu schlafen gezwungen ist, sehr unbequem fällt. In der 118 NATURGEMÄLDE mittlern Höhe, zwischen tausend acht hundert und zwe tausend Metern (925 und 1026 Toisen), sind die elektri- schen Explosionen am geräuschvollesten. Die Gebirgsebenen von Caloto und Popayan sind besonders wegen der Frequenz und Stärke des krachenden Donners bekannt. Höher hin- auf, am Abhange der Andeskette, über zwey tausend Meter (1026 Toisen ), sind die Gewitter seltner und weniger periodisch. Aber hier, und vorzüglich in drey tausend Meter (1559 Toisen) Höhe, bildet sich häufiger Hagel, wobey die Luft oft und auf lange Zeit negativ geladen ist. Diese nega- tive Elektricität ist: in tieferen, nicht tausend Meter (513 Toisen ) über dem Meere erhabenen Gegenden überaus selten, und wird kaum auf wenige Augenblicke beobachtet. Höher als drey tausend fünf hundert Meter ( 1795 Toisen) werden elektrische Explosionen noch seltner. Der Hagel fällt dort ohne von Gewittern begleitet zu seyn, und über eine Höhe von drey tausend neun hundert Meter (2000 Toisen ) hinaus, fällt er mit Schnee gemengt, und, was am auflal- lendsten ist, selbst mitten in der Nacht. Die den hohen An- desgipfeln nahen Luftschichten haben stets eine elektrische Tension, welche das Saussure’sche Elektrometer durch einen Abstand der Kugeln von vier bis fünf Linien ausdrückt. Die grofse Lufttrockenheit, Wolkenbildung, Entstehung und Verschwindung der Dunstbläschen beleben gleichsam in diesen hohen. Regionen das ‘Spiel der Elektricität. Am Rande der vulkanischen Cratere geht sie oft schnell vom Positiven zum Negativen über. Dazu sieht man jenseits der untern Grenze des ewigen Schnees, in den höchsten DER TROPENLÄNDER. 119 Gebirgsebenen, hoch über sich, häufige leuchtende Erschei- nungen, welche von keinem Geräusche begleitet sind. Die auffallende Menge von Sternschnuppen , welche besonders in dem vulkanischen Theile der Cordilleren fallen, und ihre gröfsere Häufigkeit in den wärmeren Ländern, könnten ver- muthen lassen , dafs diese Meteore unserm Luftkreise zuge- hören , wenn nicht ihre ungeheure Höhe und andere Betrachtungen diese Voraussetzung zu bestreiten schienen. Himmelsbläue. Wenn der Bewohner der Ebene sich drey bis vier tausend Meter (1795 Toisen) hoch am Gebirgsabhange erhebt, so überrascht ihn der Anblick der dunklern, gleichsam tiefern Himmelsbläue. Diese Intensität der Farbe nimmt mit der Luftdünne und der geringern Menge von Dünsten zu, durch welche der Sonnenstrahl zu uns gelangt. Lichtzer- streuung, welche die in der Luft schwimmenden Dunst- bläschen verursachen , läfst die Himmelsbläue nach und nach verschwinden, und verändert sie in eine graulichweitse, milchigte Farbe. Je dünner und dunstreiner die Luftmasse ist, durch welche wir das Sonnenlicht empfangen , desto mehr naht sich die Farbe des Himmelsgewölbes der abso- luten Schwärze, welche wir sehen würden, wenn wir ent- weder an die Oberfläche des Luftoceans: gelangen könnten, oder wenn gar keine laterale Dispersion des Lichts, bey seinem Durchgange durch die Atmosphäre, vor sich ginge. ‘ Wenn anders eine solche bestimmte, sich abschneidende Grenze denkbar ist. 120 NATURGEMÄLDE Das Kyanometer, dessen ich mich auf meiner Expedition bedient habe, war (nebst einem eboulloir und einem Magne- tometer) von Paul in Genf verfertigt und von Pictet aufs sorgfältigste mit dem Kyanometer verglichen worden, wel- ches Saussure auf dem Mont-Blane gebraucht hatte. Alle Beobachtungen sind im Zenith bey wolkenfreyem Himmel angestellt. Ich glaube, im Ganzen die Luftbläue dunkler und energischer unter dem Äquator, als in gleicher Höhe in der gemäfsigten Zone gefunden zu haben. Die mittlere Him- melsbläue ist in Paris (bey einer Sommerwärme von 25°) zwischen ı6° und ı7° des Saussure'schen Kyanometers ; unter den Tropen, ebenfalls in der Ebene, ist sie 23° — ein Unterschied , welcher wahrscheinlich von der innigern Auf lösung und gleichmäfsigern Vertheilung der Dünste in den Kunworial: -Regionen herrührt. Auch sind die schönsten spa- nischen und italiänischen Sommernächte nicht mit der stil- len Majestät der Tropennächte zu vergleichen. Nahe am Äquator glänzen alle Gestirne mit ruhigem planetarischem Lichte. Funkeln ( Sceintillation ) ist kaum am Horizonte bemerkbar. Die schwächsten Fernröhre , welche man aus Europa nach beyden Indien bringt, scheinen dort an Stärke zugenommen zu haben : so grofs und beständig ist die Durch- sichtigkeit der Tropenluft. Auf dem Gipfel des Mont-Blanc, in vier tausend sieben hundert fünf und siebzig Meter (2450 Toisen ) Höhe, hat Saussure das Kyanometer auf 39° gesehen. Auf dem Pico de Teneriffa, am Rande des Craters, schien mir die Him- melsbläue 41°. Die aufserordentliche Trockenheit dieses DER TROPENLÄNDER. 121 afrikanischen Klima’s vermehrt dort die Intensität der Farbe: denn der Pico von Teneriffa ist tausend und siebzig Meter (549 Toisen) tiefer, als der Mont-Blanc. In den südameri- kanischen Andes, auf fast fünf tausend acht hundert Meter (2975 Toisen) Höhe, beobachtete ich 46° des Kyanometers. Eben diese dunkle Farbe des Himmels wurde von Gay-Lussac auf seiner ersten grofsen Luftreise bemerkt. « Auf der Höhe « von sieben tausend und sechzehn Meter (3600 Toisen) war « es mir auffallend » (sagt dieser Physiker in seinem Rapport an das National-Institut) „ diefs Mal Wolken über mir, und « zwar in einer sehr beträchtlichen Höhe, zu sehen. Ganz « anders waren dieselben auf meiner ersten Luftreise gela- « gert. Damals erreichte ihre oberste Schicht kaum tausend « ein hundert neun und sechzig Meter (600 Toisen), und « über mir war der Himmel von der gröfsten Reinheit. Im « Zenith schien seine Farbe von der gröfsten Intensität , « wenigstens so dunkel als Berliner - Blau. » Schwächung des Lichts bey seinem Durchgange durch den Lufikreis. Das Licht der Sonne und der Gestirne wird bey seinem Durchgange durch den Lufikreis allmählig geschwächt. Diese Schwächung, dieses partielle Ersterben de Lichts, welches mit der Herrofbtingun: der Erdwärme im innigsten Causal- Zusammenhange steht, nimmt mit der Dichte der Luft schichten zu. Es ist schwächer auf dem Gipfel hoher Berge, stärker in der meeresgleichen Ebene. In der Tafel, welche dem Naturgemälde beygefügt ist, hat man die Lichtabnahme 16 122 NATURGEMÄLDE so berechnet, wie sie in einer völlig durchsichtigen , dunst- freyen Luft vor sich gehen würde. (Man vergleiche Laplace, in der Exposition du systeme du Monde, vol. I, p. 157.) Die unbeschreibliche Reinheit der Tropenluft verursacht, dafs, selbst bey gleicher Höhe des Standorts über der Meeres- fläche, das Licht lebhafter und stärker als in Europa ist. Wie blendend und ermüdend ist nicht in Westindien das Tageslicht, selbst an Orten wo kein Reflex Statt findet! Auch suchen die Europäer sich mehr noch vor nervenschwächen- der, überreitzender Helle, als vor der Wärme zu bewahren. Sie schmelzen dort gleichsam wieder in ihrem Gefühle zusammen , was, in den Wirkungen geschieden, doch nur aus derselben einfachen, aber nie versiegenden Quelle fliefst. Diese geringere Schwächung der Tageshelle in der Tropen- Region, über welche es wichüug wäre, Versuche mit dem Leslie’schen Photometer anzustellen, erweist sich recht auf fallend in einer astronomischen Erscheinung. Das röthliche Licht, welches der ganz verfinsterte Mond , mittelst einer Inflection der Sonnenstrahlen durch die Erdatmosphäre , empfängt und zurücksendet, ist bekanntlich in der gemä- fsigten Zone oft so schwach, dafs die Mondscheibe gänzlich verschwindet. Dagegen habe ich unter dem zehnten Grade nördlicher Breite, wo die Luft so überaus rein und durch- sichtig ist, die verfinsterte Mondscheibe mit fast eben so starkem Lichte glänzen sehen , als der Vollmond hat, wenn er röthlich in unseren Klimaten am Horizonte empor steigt. Auffallend ist der Einflufs des Sonnenlichtes auf die vitalen Functionen der Pflanzen , auf ihre Respiration, auf DER TROPENLÄNDER. 123 ihre Färbung und, nach Berthollet, auf die Fixirung des Stickstoffs in der Fäcula. Diese Betrachtungen bestätigen die Vermuthung, dafs die. ungeschwächte Helle, welcher die Alpengewächse , besonders in der .Andeskette , ausge- setzt sind, zu ihrem resinösen und aromatischen Cha- rakter beytrage. In dem zweyten Bande meiner Schrift über die gereitzte Muskel- und Nerven-Faser habe ich Versuche angeführt , welche einen Einflufs des Sonnenlichtes auf die thierischen Organe andeuten, der der Wärme allein‘ nicht zugeschrie- ben werden kann. Sollte nicht diefs sonderbare Gefühl von Schwäche, über welches alle Einwohner von Quito oder Mexico klagen, wenn sie den, in drey bis vier tausend Meter (1800 Toisen) Höhe so auffallend stechenden Sonnenstrahlen ausgesetzt sind (eine Schwäche und Ermüdung, welche gar nicht der Muskelbewegung, oder der, in der en Region vermehrten Hautrespiration allein zugeschrieben wer- den kann), auf eine solche Nerven - Reitzung des unge- schwächtern Sonnenlichtes hindeuten ? In der That kenne ich nichts erschöpfenderes , als diefs Sormenlicht auf der hohen und kalten Andeskette. Oder kann das gleichsam noch unerschöpfte Licht bey dem Widerstande, den es, gegen dichte Körper anprellend, gleichsam zum ersten Male h bediene = der unschädlichen Fiction, von Wärme und Licht n verschiedenen Stoffen zu en, unerachtet ich es für ee en ärme ee no oder Licht freye me sey. Aber Trotz der ee der Materie, ist man immerfort a sie als in zwey verschie- enen Zuständen zu betrachten. Schelling, Ideen zu einer Philosophie der Natur, Th. I, p. nıı, 113. 124 NATURGEMÄLDE findet, auf dem Gebirge mehr Wärme, als in den luftdich- teren Regionen der Ebene erregen ? Strahlenbrechung am Horizonte. Strahlenbrechung hängt von der Dichtigkeit der Lufi- schichten und von der Abnahme ihres Wärmegehalts ab. Sie ist defshalb nach der Höhe des Standorts des Beobach- ters verschieden. Laplace hat bewiesen, dafs der Calcul der Strahlenbrechung sehr verschieden ausfällt , je nachdem der Winkel unter oder über zwölf Grade beträgt. In dem letztern Falle ist der Einflufs des hygroscopischen Zustandes der Luft sehr geringe. In dem ersten Falle dagegen, wo der einfallende Strahl gleichsam dicht an der Erdoberfläche hinläuft , wird die Betrachtung der Luftfeuchtigkeit und der gleichen oder ungleichen Dunstvertheilung. sehr wichüg : denn wenn die Abnahme der Wärme in den höheren Luftschichten allein die Strahlenbrechung am Horizonte modifieirte, so sieht man in der That nicht ein, warum die letztere unier dem Äquator anders als in der gemäfsigten Zone. ist; denn im Sommer, zwischen der Meeresfläche und der berachihlen Höhe von sechs bis sieben tausend Meter, ist (wie aus Gay-Lussac’s und meinen bereits oben berührten Versuchen folgt) die perpendikuläre Wärmeabnahme in Europa und in den Kordilleren von Quito wenig verschieden. Die französischen Akademiker haben auf der Marmortafel, welche noch gegenwärtig in dem Jesuiten - Collegium aufbe- wahrt wird, die Strahlenbrechung am Horizonte, unter dem Äquator , an der Mecieisene >7', in der Höhe der DER TROPENLÄNDER. 125 Stadt Quito 22’ 50”, und am Chimborazo, am untern Rande des ewigen Schnees, 19’ 5ı'' angegeben. Die Refraction an der Oberfläche des Mondes findet Laplace gar nur 5", vorausgesetzt, dafs der Dunstkreis dieses Planeten wenig- stens noch luftdünner als das gröfste Vacuum ist, welches wir unter der Luftpumpe hervorzubringen im Stande sind. Auf der Gebirgskette der Andes bemerkt man bisweilen ganze Nächte hindurch , üef am Horizonte, ein schwaches Licht, welches jenen rund umher erleuchtet. Ich ‘habe diese Erscheinung mehrmals, besonders in der Meyerey (Hacienda) von Antisana, im Königreich Quito , auf zwey tausend zwey hundert fünf und neunzig Meter (1177 Toisen) Höhe beob- achtet. Saussure hat eine ähnliche Erscheinung auf dem Col- de-Geant, in einer Höhe von drey tausend vier hundert ‚sechs und zwanzig Meter (1758 Toisen) gesehen. Diese Erleuchtung scheint Folge einer sonderbaren Reflection des Sonnenlichtes durch die tieferen, den Horizont umgebenden, dichten. Luftschichten zu seyn. Man vergleiche Biots scharf- sinnige Erklärung in der Astronomie physique, vol.1, 8.277. Chemische Beschaffenheit des Lufikreises. Das Gemisch elastischer Flüssigkeiten , welches unsern Pla- neten einhüllt,, erstreckt sich bis zu einer Höhe, die für uns bisher unermefslich geblieben ist. Nur die Theorie der Licht- abnahme oder Lichtschwächung, und Bouguer’s Versuche erweisen, dafs die ganze Höhe des Lufikreises, wenn man ihre Dichtigkeit auf den Eispunkt und auf einen Barome- terdruck von 0,757 Meter reducirt, nur 7820 Meter (4oıı 126 NATURGEMÄLDE Toisen ) betragen würde (Laplace, Exposition du syst. du Monde, p. 155). Dagegen deuten Crepuscular-Beobachtungen an, dafs selbst in 60000 Meter (30784 Toisen ) Höhe die Luftdichtigkeit noch grofs genug ist, um uns bemerkbares Licht zurückzusenden. Man hat noch ‘vor Kurzem geglaubt, dafs die chemische Beschaffenheit der Atmosphäre nicht blofs an einem und demselben Orte veränderlich sey, sondern auch dafs der Sauerstoffgehalt derselben abnehme, je mehr man sich von der Ebene entferne. Man schrieb einem Wechsel in dem Gleichgewichte der Luftarten zu, was allein von der Unvoll- kommenheit der angewandten eudiometrischen Mittel her- rührte. ‘Die Versuche, welche ich vor sieben Jahren über das nitröse Gaz bekannt gemacht, haben dazu bejgeinenl ; diesen Irrthum mehr zu verbreiten. In diesen letzteren Jahren hatte man angekündigt, dafs der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre, statt sieben oder acht und zwanzig Hunderttheile ( wie ihn Lavoisier und fast alle Chemiker behaupten), nur zwischen 0,20 und 0,23 betrage. Diese Angabe war noch zu unbestimmt, um sich damit zu begnügen. Dazu gab unter den berühmtesten Scheidekünst- lern der eine Ich Eudiometer ‘den Vorzug , welches der andere geradehin verwarf. Es schien mir daher (gleich nach meiner Rückkunft nach Europa) wichtig, eine neue und sorgfältige Arbeit über den Luftkreis zu unternehmen, um die Fragen zu entscheiden : welches eudiometrische Mittel unter den jetzt bekannten die gröfste Genauigkeit verspreche? ob der Luftkreis 0,21 wu 0,23 Oxygen enthalte ? wie viele DER TROPENLÄNDER. 127 Tausendtheile Sauer- oder Wasserstoff man mit Sicherheit in einem Luftgemische entdecken könne ? ob die Atmo- sphäre in ihrem Mischungsverhältnisse bemerkbar veränder- lich sey, oder ob die Behauptung dieser Unveränderlichkeit nur darauf beruhe , dafs die Quantität der Veränderung geringer als die zwey Hunderttheile sey, über welche man in der absoluten Oxygenmenge schwankte ? Ich glaubte mich zu dieser Arbeit, die ich mit, Herrn Gay -Lussac in einem der Laboratorien der polytechnischen Schule ange- fangen , um so mehr verpflichtet, als ich ein unvollkommnes Werk meiner frühern Jugend durch ein gründlicheres zu ersetzen wünschte. Es geht der Chemie wie der Astronomie. Die Vervollkommnung der Methoden und der Instrumente setzt uns in die Lage, sehr kleine Quantitäten mit Sicher- heit messen zu können ; und es ist gegenwärtig nicht mehr erlaubt , Gröfsen zu vernachläfsigen , welche ehemals unbe- stimmbar schienen. Wir haben, Herr Gay-Lussac und ich, die ersten Resultate unserer Versuche in einer Abhandlung: ekannt gemacht, welche wir in der Sitzung des ersten Pluviöse dem National - Institut vorgelegt haben. In dem gegenwärtigen Zustande unserer chemischen Kennt- nisse ist das Voltaische Eudiometer, oder dasjenige , welches auf Verbrennung des Wasserstoffgazes gegründet ist, allen anderen vorzuziehen. Es ist das einzige, welches mit Sicher- heit Mischungsveränderungen entdeckt, die nicht über zwey Tausendtheile Oxygen betragen. Schwefelalkali , Phosphor, ı Memoire sur Panalyse de Vair atmospherigue, par MM. Humboldt et Gay- Lussac. Paris, 1809. 128 NATURGEMÄLDE und selbst nitröses Gaz (indem man die Residuen im Fon- tana’schen Eudiometer mit schwefelsaurem Eisen , oxygenirter Kochsalzsäure oder Laugensalzen wäscht), geben die Sauer- stoffinenge nur bis ein oder zwey Hunderttheile, und nicht genauer an. Schwefelalkali, wenn man die Auflösung heifs anwendet, verschluckt den Stickstoff; und wollte man die ganze beobachtete Absorption dem Sauerstoff’ zuschreiben , so würde man von diesem dreyfsig bis vierzig Hunderttheile in der Atmosphäre zu entdecken glauben. Dieser Action heifser Auflösungen von Schwefelalkali ‚und falschen Voraus- setzungen über die Menge Oxygen , welche erforderlich ist, um zwey bis drey Theile nitröses Gaz zu sättigen, mufs man die Scheel’sche und Lavoisier’sche Behauptung von 0,27 oder 0,28 atmosphärischen Oxygens zuschreiben. Die wahren constituirenden Bestandtheile des Luftkreises scheinen demnach, zu seyn : 0,210 Sauerstoffgaz , 0,787 Stickgaz und 0,003 Kohlensäure. Die Menge der leiztern aben wir noch nicht so genau als die des Öxygens aus- gemittelt, und wir haben Ursachen zu glauben, dafs sie noch etwas geringer als drey Tausendtheile sey : denn pneumatische Genauigkeit ist überall schwer zu erhalten , wo tropfbare Flüssigkeiten eine Zeitlang in Contakt mit einem Luftgemisch stehen sollen ; weil etwas Stickstoff mit dem Sauerstoff und der Kohlensäure absorbirt wird, und die Flüssigkeiten zugleich von den ihnen ursprünglich bey- Srndschten Gazarten hergeben — ein Wechsel von Absorp- tion und Ausscheidung , welcher den wahren Hergang ver- steckt, oder wenigstens unkenntlich macht. DER TROPENLÄNDER. 129 Der Luftkreis scheint in seinem chemischen Mischungs- verhältnisse , wenigstens in der Menge von Sauer- und Stickstoff, keinen Veränderungen unterworfen zu seyn. Wenn diese Veränderungen existiren , so gehen sie wahr- scheinlich nicht über einen Tausendtheil Oxygen : denn . Luft, die wir unter den verschiedenartigsten meteorologi- schen Verhältnissen, bey trockner und heiterer Atmosphäre , im Nebel, während des Schneyens, im Platzregen und bey Winden sammelten, die aus allen Weltgegenden bliesen, bot uns immer zwischen 0,210 und 0,211 Oxygen dar. Herr Gay-Lussac hat das merkwürdige Factum begrün- det, dafs in 7016 Meter (3600 Toisen) hohen Luftregionen die Atmosphäre noch dieselben ein und zwanzig Hundert- theile Sauerstoff enthält, welche man in den Ebenen findet. Sein Versuch ist der einzige , welcher mit grofser Genauig- keit über die chemische Mischung so hoher Luftschichten angestellt worden ist; und wenn andere Physiker‘, und ich selbst ehemals, die europäische Bergluft für sauerstoffärmer erklärt haben : so hat der Grund dieser Behauptung wahr- scheinlich in der Unvollkommenheit der angewandten Mittel gelegen. Nur Lokalumstände können eine solche Vermin- derung der Sauerstoffmenge begründen ; und wenn dieselbe auf dem Gipfel des Pico von Teneriffa oder auf einigen brennenden Vulkanen der Andeskette Statt findet : so mus man die Ursache davon in der Wirkung der Cratere und in dem Contact der Luft mit brennenden Schwefelmassen ı Volta, Saussure der Vater, und Gru Der jüngere Saussure und Volta haben rd die Idee von dieser ee ebenfalls aufgegeben. 27 ı30 NATURGEMÄLDE suchen. Es ist lange schon die wichtige Frage aufgeworfen worden : ob die atmosphärische Luft auch Hydrogen ent- halte ? Mein Freund Gay-Lussac hat durch seine zweyte grofse Luftreise bewiesen , dafs wenn diefs Hydrogen in der Atmosphäre vorhanden ist, es in sieben tausend und sech- zehn Meter (3600 Toisen ) Höhe nicht in gröfserer Menge als in der Ebene existirt. Diese Untersuchung haben wir gegenwärtig beyde gemeinschafilich weiter verfolgt, und durch zahlreiche Versuche erwiesen, dafs entweder gar keines oder nicht über 0,005 Wasserstoflgaz in unserm Luftkreise vor- handen ist : denn diese drey Tausendtheile , einem künstli- chen Gemenge von Oxygen und Azote beygemengt, sind genau durch die von uns befolgte Methode wieder gefunden worden. Da nun auf der andern Seite Luftgemenge, in welchen unter sechs Hunderttheilen Hydrogen enthalten sind, durch den elektrischen Schlag sich nicht entzünden lassen: so scheint daraus zu folgen, dafs man wenigstens nicht in dem Sinne der empyrischen Antiphlögistiker, Regen und andere leuchtende Meteore des Luftkreises durch Verbren- nung von Sauer- und Wasserstoff erklären könne. ' Unter einer Reihe von Versuchen , welche wir, Gay- Lussac und ich, im März ı805, im Kloster des Mont- Cenis, in einer Höhe von zwey tausend und sechs und sechzig Meter ( 1060 Toisen ) über dem Meere angestellt, haben wir Luft in dem Innern einer dicken Wolke gesam- melt. Sie enthielt ebenfalls 0,211 Oxygen, und war von der Luft, welche wir von Paris in wohlverschlossenen Fla- schen mitgebracht , gar nicht verschieden. DER TROPENLÄNDER. 131 Die beständige Gleichheit in der chemischen Mischung des Luftkreises und der Mangel von Hydrogen sind zwey Facta, welche für die Theorie der Strahlenbrechung überaus wichtig, ja, man könnte sagen , beruhigend sind. Sie bewei- sen, dafs die Mathematiker wirklich nur durch das Baro- meter, das Thermometer und Hygrometer zu ceorrigiren brauchen , ohne die grofse Refrangibilität des Hydrogens besorgen zu müssen. Aber ausser dem Oxygen und dem Hydrogen enthält die Atmosphäre noch eine Menge anderer gazförmiger Dünste , welche unsere Instrumente nicht anzeigen , und welche wahr- scheinlich den mächtigsten Einflufs auf die Erhaltung unsrer Gesundheit haben. Thenard hat erst neuerlichst ( Bibl. medicale, T. 9, p. 10) durch direkte Versuche gefunden , dafs 0,0012 geschwefeltes Wasserstoflgaz, der atmosphärischen Luft beygemischt , hinlänglich ist, Thiere, welche dieser Mischung lange ausgesetzt sind, zu tödten. Diese schädli- chen, uns unbekannten Emanationen , welche wahrschein- lich grofsentheils von oxygenirter Kochsalzsäure weggebrannt werden, bilden sich besonders in dem ebenen Theile der Tropenregionen , wo der Pflanzenwuchs am üppigsten , Dammerde und Luft mit zahllosen Insekten angefüllt, und. daher die Masse der absterbenden , organischen Materie am gröfsten ist. Ewige Windstille, unbeschreibliche Nässe (theils durch Regengüsse , theils durch Flufsüberschwemmungen ), vermehren diefs Übel in den dicken Waldungen zwischen dem ÖOrinoco und dem Amazonenflusse. a am gefahr- vollesten für die Gesundheit sind die tiefen, feuchten und 132 NATURGEMÄLDE heifsen Thäler der Andeskette , welche zwölf hundert Meter (615 Toisen ) tiefe Furchen bilden, und in denen das Ther- mometer durch Reflecetion der dunkeln Wärmestrahlen über zwey und vier zig Grade steigt. Ein Aufenthalt gerS Hagen ist oft schon hinlänglich ‚ um dem europäischen Reisend fürchterlichsten Typhus zu verursachen, während dafs die kupferfarbenen Eingeborenen dieser Thäler , welche seit vielen Jahrhunderten diese verderbliche Luft einathmen , in mehreren derselben der festesten Gesundheit geniefsen. So bewundernswürdig ist die Biegsamkeit der, nach ihrem Bedürfnifs aneignenden oder ausscheidenden menschlichen Natur ! Abnahme der Schwere. Die Abnahme der Schwere, welche mit der Entfernung des Abstandes vom Mittelpunkt der Erde wächst , ist schon auf den geringen Höhen, zu welchen sich unsere Gebirge erheben , bemerkbar. Da aber die Dichtigkeit der Kordil- leren sehr verschieden ist : so habe ich es für nützlicher gehalten, die dem Naturgemälde angehängte Tafel nach der Theorie zu berechnen, als die Data von den wirklich ange- stellten Versuchen herzunehmen. Ich darf meinen eigenen um so weniger grolse Zuverläfsigkeit zutrauen, als ich durch meine beschleunigte Abreise nach den Canarischen Inseln verhindert wurde, mir den vortrefllichen Apparat zu ver- schaffen, mit dem Zachs alles umfassender Erfindungsgeist die Physik bereichert hat. Sey N die Zahl der Oscillationen , welche ein einfaches Pendel unter dem Äquator an der DER TROPENLÄNDER. ı33 Oberfläche der Erde macht; sey M die Zahl der Oscilla- tionen, welche dasselbe Pendel auf einer in Meter ausge- drückten Höhe 3 zeigt : so ist eg 79 \ N 576.6375793 $ Um durch Vergleichungen die Ansicht mannichfaltiger zu machen, schalte ich hier folgende Zahlen ein. Beobachtete Länge des einfachen Secundenpendels in Paris — 1,000000. ' Länge des Secundenpendels unter dem Äquator — 0,9966. Gröfse der Erde : Radius in der Ebene des Äquators — — 6375705 Meter (3271208 Toisen ); in der durch beyde Pole = 6556671 Meter (35261443 Toisen). Abplattung — 19032 Meter (9765 Toisen). Länge eines Grades unter dem Äquator — 51077,70 Toisen (Bouguer und La Condamine); in Frank- reich , in der Breite von 5 1°,33 51516,58 Toisen (Mechain. und Delambre) ; in Schweden, in der Breite von 73°,707 — 51475,0ı Toisen (Melanderhielms Bericht). Man dürfte sich vielleicht wundern , dafs ich unter so vielen Zahlen- verhältnissen nicht der magnetischen Kräfte gedenke. Aber die Höhe, zu welcher Menschen gelangen , ist zu gering, als dafs die- Intensität dieser Kräfte davon afhıeirt werden könnte, wie Gay-Lussac’s Versuche in Europa und die meinigen in der südamerikanischen Andeskette beweisen. (Siehe das von Biot und mir gemeinschaftlich bearbeitete Memoire sur les variations du Magnetisme terrestre; 1805, P- 9.) 134 NATURGEMÄLDE Geognostische Ansicht. Die Natur der Gebirgsarten scheint im Ganzen unabhängig von der geographischen Breite, wie von ihrer Höhe über der Meereslläche : sey es, dafs Luftwärme und Luftdruck wenig auf die Aggregation der unorganischen Massen gewirkt haben ; oder sey es, dafs die Bildung der Erdrinde in eine Epoche fällt, in der jede Region noch nicht eine eigene, durch den Sonnenstand bestimmte, Temperatur hatte. Auch ist die Höhe der gröfsten Gebirge, in Vergleichung mit dem Erddurchmesser , so gering, dafs kleine Verschiedenheiten des Niveau’s wenig Einflufs auf die grofsen geognostischen Phänomene haben ausüben können. Wirft man einen Blick auf das Ganze : so erkennt man, dafs fast alle Gebirgsarten in allen Höhen und unter allen Zonen angetroffen werden. Entdeckt man aber auch keinen allgemeinen Zusammen- hang zwischen der Natur des Gesteins und der Lage des Orts in Hinsicht auf Breite und Höhe : so kann man den lokalen Einflufs der Höhe wenigstens nicht in einem einzel- nen Theile der Erdoberfläche verkennen. Stellt man genaue Beobachtungen über ein kleines G Gebirgsstück an : so wird man gewahr, dafs nicht nur das Streichen und Fallen der Gebirgsarten einem gewissen Typus folgt, und durch ein partikuläres System: von Anziehungskräften (sey es durch streichen in der Andeskette von Südamerika, wie in den on von Fo. und Neu-Andalusien , Gneils und Glimmerschiefer gewöhnli St. 5% des ee Grubenkompasses ; das heifst : ihre ee macht mit dem Meridian einen Winkel von zwey und fünfzig Graden, von Norden aus gegen Osten gerechnet. Am Fichtelgebirge und, wie ich mit ch, DER TROPENLÄNDER. 135 magnetische oder elektrische Polarität) besimmt worden ist; sondern dafs auch ein Lokalgesetz in der Höhe Statt findet, zu welcher sich die älteren oder neueren Formatio- nen über der Meeresfläche erheben. So bemerkt man, dafs in gewissen Regionen die Flözgebirge nicht die Höhe von drey tausend Meter (1559 Toisen) übersteigen; dafs dichter Kalk, über achtzehn hundert Meter (925 Toisen) hinaus, nie mit Sandstein bedeckt ist; dafs der Glimmerschiefer nicht so hoch , als Gneifs, gegen den Gebirgsrücken ansteigt; .dafs Conglomerate, welche einer gewissen Höhe zukommen, nur Geschiebe von Urgebirgsarten und kein kalkartiges Binde- mittel enthalten. Für eine bestimmte, nicht weit ausge- dehnte Gegend, kann man eine obere Grenze des Basalts, des Flözkalks oder des Gypses entdecken, gerade wie man obere Grenzen der Fichten und Eichen beobachtet. Diese Betrachtungen lehren , dafs die Natur selbst es uns nicht gestattet eine Scale der Gebirgsarten zu verfertigen , weil man kleine und partielle Phänomene nicht zu allgemeinen Gesetzen erheben kann. em vortrefllichen Freiesleben beobachtet, in den westlichen Schweizer- Alpen ist diese Richtung, wie das Fallen der Urgebirgsarten, ebenfalls sehr häufig. ın Königreich Neu-Spanien ist das herrschende Streichen St. 7 bis 8. Ein allgemei ter der Gebirgsarien abhängiges, Streichungsgesetz , welches ich vormals geahndet habe, in der äufserste rdrinde, welche wir beobachten, schon darum nicht Statt finden, weil die ungleich vertheilten kleinen Systeme von Kräften sich ungleich einander beschränken. Dafs aber das Streichen und Fallen, einige neuere Gebirgsarten abgerechnet, von grofsen ischen Phänomenen, und nicht von der Gestalt der Gebirge abhänge, davon überzeugt sich jeder leicht, der die Struktur grolser Gebirgszüge in der Nat elbst studirt hat ı36 NATURGEMÄLDE Die Äquatorial-Regionen des neuen Kontinents bieten zugleich die höchsten Gebirge und die weit ausgedehntesten Ebenen der Welt dar : ein Kontrast, welcher darauf hin- zudeuten scheint, dafs die Rotation unsers Planeten nicht die Ursache jener so hoch aufgethürmten Gebirgsmassen ist. Das hohe asiatische Plateau von Himali und Thibet liegt ausserhalb der Tropen; und unter dem sechzigsten Grade nördlicher Breite erheben sich die Kordilleren zu einer Höhe, welche der kolossalischen Berggruppe von Quito wenig nachgibt. h Die Andeskette (ihr wahrer Name ist Antis, von Anta, Kupfer, in der Quichoa-Sprache) naht sich beyden Polen fast in gleicher Entfernung. Ihre äufsersten Enden bleiben kaum neun und zwanzig bis dreyfsig Grade davon entfernt. Man kann sie von den Granitklippen , welche südlich vom Feuerkande liegen , oder von Diego Ramirez und dem Cap Horn bis zum Eliasberg ( nordwestlich von Port Mulgrave ) verfolgen ; das heifst, sie erstreckt sich von 56° 27' südli- cher, bis 60° ı2' nördlicher Breite. Sie hat demnach an zwey tausend und fünf hundert Meilen Länge , bey einer Breite von kaum dreyfsig bis vierzig Meilen. Die Höhe dieser Gebirgskette ist weit ungleicher,, als man gewöhnlich anzunehmen scheint. In der südlichen Hemi- sphäre, zwischen dem Chimborazo und Loxa, gibt es ganze Strecken der Andes, wo der hohe wasserscheidende Kamm derselben kaum die Höhe des Sanct-Gothard erreicht. In der nördlichen Zone, in der Landenge von Panama , beson- ders bey Cupique,, erhebt sich das Land kaum zwey hundert DER TROPENLÄNDER. 137 Meter (102 Toisen) hoch. Umfafst man mit einem Blicke die ganze Länge der Andeskette : so bemerkt man, dafs sie viermal zu einer ungeheuern Höhe und Mächtgkeit anschwillt. Unter dem sechzehnten Grade der südlichen Breite, in Peru ; unter dem Äquator selbst, im Königreich Quito ; in Neu-Spanien, unter neunzehn Grad nördlicher Breite; und endlich, der Ostküste von Asien gegenüber , unter dem sechzigsten Grade, sind die Gipfel der Andes überall höher als der Mont-Blanc : das heifst, sie erreichen aufs Weligste fünf bis sechs tausend Meter (2565 bis 3078 Toisen ). Mehr aber noch, als durch die Höhe Serbse können die Kordilleren durch die Mächtigkeit des hohen Theils ihrer Gebirgsmassen (besonders in Quito und Mexico ) unsere Einbildungskraft in Erstaunen setzen. Am Vulkan Antisana, vier tausend ein hundert und fünf Meter (2106 Toisen ) über dem Meere, also höher als der kegelför ‚mige Gipfel des Pico von Teneriffa, habe ich eine Ebene gefunden, welche volle zwölf Meilen im Umfange hat. Wenn man von den isolirten , sich hier und da thurmähnlich erhebenden Spitzen abstrahirt : so kann man unter dem Äquator die mittlere Höhe des Gebirgsrückens der Andes auf drey tausend und neun hundert bis vier tausend und fünf hundert Meter (2000 bis 2508 Toisen) anschlagen , während dafs die mittlere Höhe der Alpen und Pyrenäen zwischen zwey tausend fünf hundert und zwey tausend sieben hundert Meter (1283 bis 1385 Toisen) beträgt. Das Höhenverhältnifs ist demnach fast =7:4. Die Breite der Pyrenäen und anderer hoher euro- 18 138 NATURGEMÄLDE päischen Gebirgsketten beträgt im Durchschnitte nur zehn bis zwölf Meilen, während dafs die Andes in dem mächtigen Gebirgsstocke bey Quito ein und zwanzig, in Neu-Spanien und einem Theile von Peru, zwischen vierzig und sechzig Meilen breit sind. Diese Betrachtungen geben einen klarern Begriff von der grofsen Massenverschiedenheit , welche zwi- schen den Andes, den Alpen und den Pyrenäen Statt findet, als die Vergleichung ihrer höchsten Gipfel‘, welche genau sechs tausend fünf hundert vier und vierzig Meter ( 3557 Toisen), vier tausend sieben hundert fünf und siebzig Meter (2450 Toisen), und drey tausend vier hundert ne und dreyfsig Meter ( 17635 Toisen) betragen. Der höchste Theil der Andes ist fast unter dem Äquator selbst, eigentlich zwischen ihm und ı° 45’ südlicher Breite enthalten. Nur an diesem und keinem andern Punkte der bisher bekannten Erde findet man Berge, welche eine Höhe von sechs tausend Meter (3078 Toisen) erreichen, oder gar übersteigen. Auch gibt es nur drey so kolosalische Gipfel : der Chimborazo (höher, als der Ätna auf die Spitze des Canigou ; höher, als der $S. Gothard auf die Spitze des Pico von Teneriffı gesetzt), der Cayambe und der Antisana. Nach einer sehr wahrscheinlichen Tradition der Indianer von Li- can, ist der Altarberg (el Altar de los Collanes, oder in der Quichoa-Sprache,, Capa-Urcu) einst höher als der Chimborazo gewesen, aber unter der Regierung des Ouai- nia-Abomatha (in, acht Jahre lang dauernden, Nacht ver- a » Der Chimborazo, Mont-Blanc und Mont-Perdu. DER TROPENLÄNDER. 139 breitenden , vulkanischen Ausbrüchen) eingestürzt. In der That zeigt der Gipfel dieses merkwürdigen Berges nichts als gesenkte Hörner und Zacken — ein Bild der Zerstö- rung, welches jeden Abend, wenn die niedergehende Sonne ihre Strahlen an den beeisten Trümmern bricht, das pracht- vollste Farbenspiel darbietet. Der Chimborazo steht, wie 1 Mont-Blanc, am süd- westlichen Ende einer kolossalischen Berggruppe. Von ihm südlich, in einer Strecke von hundert und zwanzig Meilen, reicht keine Spitze der Andeskette in den ewigen Schnee. Die mittlere Höhe des Gebirgrückens beträgt daselbst nur zwischen drey tausend und drey tausend fünf a Meter (1559 und ı795 Toisen). Noch südlicher , jenseits des Sten Breitengrades, oder von der Provinz Guamachuco an, werden die beschneyten Gipfel wieder häufiger , vorzüglich in der Nähe der alten Incas-Stadt Cusco und auf dem Plateau von La Paz, wo sich die weitberufenen Kegelberge Ilimani und Cururana erheben. In Chile: ist leider kein einziger Berg durch Messung besimmt, und am südlichen Ende dieses Königreichs naht sich die Andeskette so schr der Meeres- küste, dafs man die Klippeninseln des wenig bekannten Archipels der Huaytecas gleichsam als abgerissene Trümmer derselben betrachten kann.. Hier erreicht der mit ewigem Schnee bedeckte Cuptana (der Pico de Teyde für die Schif- fer dieser Zone) noch die Höhe von drey tausend Meter ı Ich habe in nn Be, sur la limite inferieure de la neige perpetuelle Gründe ee g Höhe des Descabezado sehr unwahrschein- lich m 140 NATURGEMÄLDE (1590 Toisen). Aber weiter gegen den Südpol, in der Nähe des Cap Pilar, senken sich die Granitberge bis zu drey hundert neun und achtzig Meter (200 Toisen) herab, und bilden eine Hügelreihe, welche, ihrer Form wegen , vom Meere aus sehr hoch erscheint. Nördlich vom Chimborazo ist die Höhe der Andeskette nicht minder ungleich. Von ı? 45' südlicher bis 2° nörd- licher Breite erhält sie sich zwischen fünf tausend und fünf tausend vier hundert Meter (2565 und 2770 Toisen). Die hier gelegene Provinz Pasto ist eine der höchsten Gebirgs- steppen der Welt, gleichsam das Tibet des neuen Konti- nents. Weiter gegen Santa-Fe hin theilt sich die Kordillere in drey Ketten. Die östlichere hat keinen ewigen Schnee von 4° bis 10° nördlicher Breite. Aber an ihrem nördlich- sten Ende, da, wo sie sich gegen Osten wendet und die Küstenkette von Caraccas zu bilden anfängt, liegt der mäch- tige Gebirgsstock von Santa-Martha und Merida, der sich vier tausend sieben hundert bis fünf tausend Meter (2411 bis 2565 Toisen) über dem Meere erhebt, und in dem heifse Schwefelquellen unter ungeheuern Schneemassen hervor- brechen. Der mittlere Arm der Andeskette, der mit ewigem Eise bedeckt ist, zieht sich zwischen dem Cauca und Mag- dalenen-Thale durch Tolima und Erve bis in das goldhal- tige Gneifsgebirge von Guamoco, wo er sich unter 8° 10’ nördlicher Breite in die niedrigen Hügel von S. Lucar ver flächt. Der dritte und westlichste Arm endlich, welcher bey Barbacoas und Taddö: in Basalt- und Grünstein- Gerüllen ‘ In der gebirgigen Provinz Choco DER TROPENLÄNDER. ı4ı den Platinasand enthält, läuft, als niedrige Bergkette , längs der Küste des stillen Meeres hin, setzt durch den Isthmus von Cupique und Panama in die nördliche Hälfte des neuen Kontinents, und fängt erst im Königreiche Guatimala an, sich allmählig zu erheben. Von eilf bis siebzehn Graden nörd- licher Breite beträgt seine mittlere Höhe zwischen zwey tau- send sieben hundert und drey tausend fünf hundert Meter (1383 und 1795 Toisen). Aber in der Nähe der Hauptstadt Mexico, unter dem neunzehnten Breitengrade, bildet er einen ungeheuern Bergstock, der dem von Quito und Cusco wenig nachgibt. Zwey noch brennende Vulkane, der Popo- catepec cd der Pico de Orizava , übersteigen hier fünf tausend drey hundert Meter (2718 Toisen). Aber diese grofse Höhe des Bergrückens dauert nur eine kurze Strecke. Im nördlichen Theile von Anahuac, in der Provinz Neu-Bis- caya, sind die Andes (hier ‚Sierra madre genannt, und in viele Zweige getheilt) nicht höher als die Pyrenäen. Unter dem fünf und fünfzigsten Grade der Breite haben englische Reisende durch Messung sie gar nur gegen sieben hundert neun und siebzig Meter (400 Toisen) hoch gefunden. Man könnte geneigt seyn, aus diesem allmähligen Abfall zu schlie-- fsen, als verschwinde die Andeskette völlig gegen ‘den Nord- pol hin, wenn man nicht unter 60° 21’ nördlicher Breite die vierte Gebirgsgruppe kennte, deren Gipfel (der Elias- berg und Montaüa de Buen Tiempo) bereits oben genannt worden sind. Hier und in der Halbinsel Analasca scheinen die Andes unter dem Meere in Verbindung mit den noch brennenden Vulkanen von Kamischatka zu stehen. Die 142 NATURGEMÄLDE Gebirge des östlichen Asiens sind demnach nur eine Fort- setzung der Gebirgskette des neuen Kontinents. Wenn es wahrscheinlich ist, dafs der gröfsere Theil der kupferfarbi- gen Bewohner von Amerika Mongolischen Ursprungs ist ; wenn man vielleicht Ursache hat, im nördlichen Hindostan (im hohen Plateau von Tibet und Butan) den Ursprung reiner religiöser Mythen , die frühesten Keime menschlichen Kunstsinnes, ja aller menschlichen Bildung zu suchen : so ist es zwiefach interessant, von jenem Cen- tral-Punkte auch die höchsten Gebirgszüge unsers Planeten ausgehen zu sehen ch habe es versch, mit grofsen Zügen den Umrifs der Andeskette zu schildern. Von ihrer innern Struktur und den Gebirgsarten, die sie einschliefst , gehören nur folgende allgemeine Sätze in ein Naturgemälde. Die Tropenregion vereinigt fast alle Gesteinarten , welche man bisher auf dem ganzen übrigen Erdkörper entdeckt hat. Blofs die sonderbare Gebirgsart, welche aus Smaragdit und Sade besteht, und welche Buch am Mont-Rose sich zu grofsen Höhen hat aufthürmen sehen, habe ich in den -Andes nicht angetroffen ; auch nicht Rogenstein, Kreide und das sonderbare Gemenge von körnigem Kalkstein und Serpentin (Verde antico), welches in a und gegen den Euphrat hin gemein seyn soll. Existirt aber auf der gan- zen Oberfläche des Erdbodens eine /dentität in der Natur ° Auch bey Susa, nordwestlich von Turin, auf Glimmerschiefer AUS eine sehr alte, wenig untersuchte und mit einem eigenen Namen zu bezeich- :nde Formation DER TROPENLÄNDER. 143° ‚n _ der Gebirgsarten : so ist die Übereinstimmung, welche wir in den fernsten Gegenden in der ‚Schichtung Ind Lagerung oder in dem Alter der Formationen beobachten, nicht min- der auffallend. Überall, im Bau der Weltkörper, wie in der Construktion der Gebirge; in der Schichtung der Forma- tionen, wie in der blättrigen Textur einzelner Fossilien ; überall hat die gestaltende Natur sich durch einfache und allgemeine Gesetze beschränkt. Granit ist in der amerikanischen Tropenwelt, wie in den übrigen von Physikern beobachteten Theilen des Erdbo- dens, die älteste Gebirgsart, auf welcher alle andere zu ruhen scheinen. Er kommt am Fufse der Andeskette zu Tage heraus, sowohl an der Küste der Südsee (zum Bey- spiel zwischen Lima und Truxillo), als in den östlichen Ebenen des Orinoco und Amazonen-Flusses. Er trägt so- wohl die Übergangsformationen des hohen Gebirgsrückens , als die Flözlagen der Llanos. Der quarzreiche Granit, wel- cher wenig Glimmer und grofse röthlich-weifse Feldspath- krystalle einschliefst, scheint unter den Tropen älter, als der feinkörnige Granit mit vielem Glimmer in sechsseitigen _ Tafeln krystallisirt. Bald (und meist) ungeschichtet, bald in regelmäfsig streichende und unter gleichem Winkel ein- schiefsende Lager getrennt, bald durch senkrechte Quer- klüfte in unregelmäfsige Säulen zerspalten, bietet der Granit der Andes dieselben geognostischen Phänomene, als der der europäischen Alpenkette, dar. Wie dieser, enthält er auch oft jene sonderbaren glimmerreichen Massen :, welche ’ An den Obelisken und anderen ägyptischen Kunstwerken, die ich hier zu * 1 ı4h NATURGEMÄLDE wie eingewachsene Stücke eines ältern Granits erscheinen , und doch wahrscheinlich nur auf lokale Zusammenziehun- gen in den anschiefsenden Bestandtheilen hirideuten. Speck- stein, der ( wie ich zu Paris in Herrn Rozier’s vortrefllicher, in Ägypten und Arabien gemachter, Fossiliensammlung gese- hen) im Granit von Syene, wie im Schweizer-Granit, vor- kommt, habe ich in Peru, Neu-Grenada, Venezuela, Mexico und am Ober -ÖOrinoco nie in Granitgebirgen entdeckt. Eben so wenig Lepidolit, welcher ein partieller Gemengtheil eines europäischen Granits ist. Titanschörl und Turmaline sind in südamerikanischen Graniten sehr selten , doch er- sterer minder als der letztere. In den geognostischen Samm- lungen, welche ich dem königlichen Mineralienkabinette zu Madrid geschickt, befinden sich sogar Titan-Dendriten , die ich bey Caraccas gefunden, und die Herr Proust chemisch untersucht hat, da sie den Braunstein-Dendriten sehr ähn- lich sehen. Rom untersucht, bemerke ich eben diese a Der Basalt der Alten, von dem ich an einem andern Orte (in meinen Mine eralogischen Beobachtungen über einige Basalte am Rhein, 1790) gehandelt, ist eat nichts anders als eine ähnliche hornblendreiche Masse, welche ägyptische Bildhauer aus dem Werner’schen Syenit auszuwählen wufsten. Diefs erkennt man deutlich an den Bespu hen nern 4. gr Las en vor dem heutigen Capitol. Die kolossalischen i ägyp- usäum, besonders die, we ee eine thurm- t der letzteren uranfänglichen Grünstein , Syenit, ei ornsteinporphyr mit kleinen fast mikro oskopischen He rich en Stein und Kie selschiefer in sich. DER TROPENLÄNDER. ı45 Auf dem Granit, als auf der ältesten uns bekannten Gebirgsart aufgesetzt, und bisweilen 'selbst mit ihm. alter- nirend, erscheint in der Andeskette der Gneifs. Er geht allmählich in Glimmerschiefer, wie dieser in den uranfäng- ichen Thonschiefer über. Granaten sind in den Tropen des neuen Kontinents mehr dem Gneifs, als dem Glimmer- schiefer eigen. Auch in Afrika, bey Elephantina, also nahe am Wendekreise des Krebses , hat Rozier den Granat stets im Gneifs entdeckt. Im südlichen Theile von Peru , welcher in der politischen Landesabtheilung gegenwärtig zum Vice- ' königreich Buenos-Ayres gehört, erscheint der Granat sogar im Porphyr. Ein solcher granatreicher Porphyr bedeckt die silberreiche Thonschieferkuppe von Potosi. Körniger Kalk- stein, Chloritschiefer, und uranfänglicher Grünstein bilden oft untergeordnete Lager im Gneifs und Glimmerschiefer von Südamerika. Der hohe Kamm der Andes ist, wie der vieler deutschen Gebirge, fast überall mit Porphyr- und Trappfor- mationen (Basalt, Mandelstein , Porphyrschiefer und fası ungemengten Klingsteinmassen) bedeckt. Die säulförmigen ° Absonderungen dieser räthselhaften Gebirgsarten geben den. Kordilleren diese thurmähnlichen, zackigen, grotesken For- men, an denen man sie von weitem erkennt. Das vulka- nische Feuer bricht in diesem porphyrartigen Trapp-Gesteine aus, und es ist ein für den Geognosten schwer zu lösendes Problem , ob diese Porphyre mit glasigem , faserig verwit- terndem Feldspath,, ob diese Basalte, diese porösen Mandel- steine, ob Obsidiane, Perl- und Grünstein durch Feuer gebildet, oder ob es früher erzeugte Gebirgsarten sind , auf 2) ı46 NATURGEMÄLDE welche die vulkanischen Kräfte ihren zerstörenden und. um- wandelnden Einflufs ausgeübt haben. Glimmerschiefer ist in der Andeskette, wie in den euro- päischen Alpen, (nächst dem Porphyr) die am weitesten verbreitete Formation. Er enthält oft Lager von Graphit und unterteuft andere spätere Gebirgsarten, wie den Serpentin mit Schillerspath und den Jade. Der Serpentin ist (was sehr auflallend ist) bisweilen , zum Beyspiele in der Insel Cuba, bey Guanavacoa, und in Neu- Spanien bey Guanaxuato , mit Werner’schem Syenit: abwechselnd geschichtet. Die Identität der Schichtung, welche auf dem ganzen Erdboden zu herrschen scheint, wird noch auffallender , wenn man die Flözformationen von Südamerika mit denen des alten Kontinents vergleicht. Die bildende Natur, durch die der Materie einwohnenden Kräfte auf gewisse Prototy- pen beschränkt, hat dieselben geognostischen Phänomene am Örinoco, an den mexicanischen Küsten des stillen Meeres, in Deutschland, Frankreich , Polen, Palästina und - Nieder-Ägypten wiederholt. Am Fufse der Ahdeskenie un- ' Ich sage mit Werner’schem Syenit : dee der Syenit der Alten ist gröfsten- theils Granit. Die elisken enthalten, ne Wad’s, Pfafl’s, Graf Geslers, und Hornblende. Herr Rozier und andere Gelehrte, welche Bona aparte’s Expediti begleiteten, haben beobachtet, dafs bey en wahrer Granit die herrs Fe Gebirgsart ist; dafs aber hier und da in diesem Granit von Syene kleine, wenig zusammenhängende Lager von Werner Be Syenit vorkommen. Dagegen hat Herr Se am or Sinai, dem klassischen Boden jüdischer Mythen, den j ) Syenit so häufig gefunden , dafs er vorgeschlagen hat, seinen Namen in Senat zu verwandeln. DER TROPENLÄNDER. 147 terscheidet man zwev .Sandstei, ıformationen , eine ältere mit kieselartigem Bindemittel , Geschicke von Ürgestei- nen einschliefsend, und eine kalkartige mit Brocken von Flözgebirgsarten ; zwey Gypse, und zwey oder gar drey For- mationen von dicehtem Kalkstein. Ungeheure Flächen von siebzig bis achtzig tausend Quadratmeilen sind mit altem Conglomerat bedeckt, in dem Trümmer von braunem Eisenstein und, wie in Sachsen und in Ägypten bey Suez, versteintes Holz vorkommen. Auf diesem alten, weit ver- breiteten Sandsteine ruht die Kalksteinformation , welche ich ehemals Alpenkalk: genannt habe, und in welcher die pelagischen Versteinerungen stets dicht zusammengedrängt, oder auf grofsen Höhen isolirt vorkommen. Dunkel rauch- graue Farbe, kleine Trümmer von weifsem Kalkspath , eine . aus dem dichten ins körnige übergehende Textur, und häu- fige Schichten von elierıkeit elikrakıknish sie in der Andeskette und in Neu-Andalusien, wie in Ober- Bayern und ın Piemont. Dieser near dient zur Unterlage einem blattrigen ‚Gyps, der bisweilen Schwefel und Steinsalz' ent- ält. Auf diesen Gyps folgen neuere Formationen, als ein zweyter röthlich - weifser dichter Kalkstein, dessen ebener Bruch an das flachmuschlige grenzt, und der oft Höhlen ent- hält — ein Kalkstein, der dem des Jura, des Monte-Baldo und dem von Mittel- -Ägypten analog ist. Auf diesem Jura- kalkstein ruht Sandstein mit kalkartigem Bindemittel, und auf diesem, doch nicht weit verbreitet und oft verdrückt, ! Siehe meine Schrift über die unterirdischen Gazarten und die Mittel ihren Nachtheil zu vermindern , 148 NATURGEMÄLDE ‚Jaseriger mit Thongallen gemengter Gyps, und spätere Kalk- massen,, welche Feuer- und Hornstein , ja in der Provinz Neu-Barcellona selbst ägyptischen Kiesel: einschliefsen. Die hier geschilderte Folge oder Lagerung der Flözformationen ist in den grofsen Ebenen zwischen dem Orinoco , Rio Negro und Amazonenflusse schwer zu erkennen, weil dort alles, was einst das alte Conglomerat zu bedecken schien, durch spätere Naturrevolutionen weggeschwemmt worden ist. Aber sie zeigt sich deutlich in der Provinz Cumana (in der Flözkette des Tumiriquiri), in den hohen Gebirgs- ebenen von Neu-Grenada und im Königreich Neu-Spanien, wo mein Freund, Herr Del Rio, längst vor mir die interes- santesten Beobachtungen Pe angestellt hat. Aber Trotz der angedeuteten Analogie, welche zöbiäeldn beyden Kontinenten und allen Zonen in der Natur der Gebirgsarten , ihrer Schichtung und Lagerung sich findet, bieten die Äquatorial - Regionen doch auch mehrere Er- scheinungen dar, welche ihnen gleichsam ausschliefslich zugehören. Eine der auffallendsten ist die ungeheure Mäch- tigkeit und Höhe, in welcher man alle, dem Granit in Alters- folge nachstehende Schichten in den Tropen antrifft. In dem westlichen Theile der europäischen Centralkette beste- hen die höchsten Berggipfel aus Granit. Der Glimmerschiefer ‚ scheint hier die Höhe von zwey tausend vier hundert Meter (1230 Toisen ) nicht haben übersteigen zu können, während dafs der Granit im Mont-Blanc noch vier tausend sieben :In Ägypten selbst. findet sich dieser Kiesel nie im Kalkstein, sondern in einem alten Conglomerat, aus welchem auch die Memnons-Statuen bestehen, DER TROPENLÄNDER. 149 hundert fünf und siebzig Meter (2450 Toisen ) hoch zu Tage erscheint. In der Andeskette ist diese letzte Gebirgsart fast, stets durch neuere Formationen versteckt. Man könnte viele Jahre lang in dem Königreich Quito und in einem grofsen Theile von Peru und Mexico umherreisen, ohne je den Granit kennen zu lernen. Am höchsten habe ich diesen letztern im neuen Kontinente sich in den Andes von Quin- diu, und doch nur zu drey tausend fünf hundert Meter (1795 Toisen) erheben gesehen. Die mit ewigem Schnee bedeckten Gipfel des Chimborazo, Cayambe und Antisana , zu sechs tausend fünf hundert vier und vierzig, fünf tausend neun hundert und fünf, und zu fünf tausend acht hundert drey und dreyfsig Meter (3557 , 5050 und 2993 Toisen), beste- hen aus Porphyr. Dagegen bemerkt man dichten Kalkstein in Peru, bey Micuipampa, auf drey tausend sieben hundert Meter (1897 Toisen) : Glimmerschiefer am Tolima, einem Schneeberge des Königreichs Neu-Grenada , in vier tausend fünf hundert Meter (2508 Toisen) : Basalt am Vulkan Pichincha, unfern der Stadt Quito, auf vier tausend sieben hundert sechs und dreyfsig Meter (2450 Toisen) Höhe, In Deutschland hat man den Basalt am höchsten in der Schnee- grube‘, tausend zwey hundert sechs und achtzig Meter (660 Toisen) hoch, über dem Meere gefunden. Mineralogen, welche den a des Chimborazo, alle Basalte und Grün- ı Ge here Bean gen er Reisen durch Deutschland und Italien, von Leopold von Buch, B. I, S. 122: eine Schrift, welche von dem ar geiste und dem bewundernswürdigen Genie ihres Verfassers zeugt, und i fremden Sprachen bekannt zu werden verdient, ı5o NATURGEMÄLDE steine nicht durch unterirdisches Feuer verändert, , sondern von diesem ursprünglich erzeugt halten, müssen diese Be- trachtungen über die obere Grenze der Formationen für nicht minder wichtig halten, da es in der beschreibenden Geognosie, welche eine zuverläfsige Wissenschaft ist, auf den gegenwärtigen Zustand der Dinge, und nicht auf Ver- muthungen über den Ursprung und die frühesten Katastro- phen der Natur ankommt. Die Steinkohlenflöze von Santa-Fe, nahe an dem grofßsen Wasserfalle der Tequendama, liegen zwey tausend sechs hundert deey und dreyfsig Meter (1352 Toisen ) hoch. Bey Huanuco in Peru soll man Steinkohlen im dichten Kalk- stein, in einer Höhe von vier tausend fünf hundert Meter (2308 Toisen) , also fast weit über aller jetzigen Vegetation, entdeckt haben. Das Plateau von Bogota , welches sich zwey tausend sieben hundert Meter (1383 Toisen) hoch über der Meeresfläche erhebt , ist mit Flözformationen , mit dich- tem Kalkstein voll Seemuschel- Versteinerungen , mit Sand- stein, Gyps und Steinsalz. angefüllt. Ich zweifle, dafs man je Tele in Europa Steinsalz oder Steinkohlen über zwey tausend zwey hundert Meter (1128 Toisen) hoch angetrof- fen hat. Was begründet diefs Vorkommen derselben Fossi- lien auf so verschiedenen Höhen unter dem Äquator und in der gemäfsigten Zone? Die versteinten Seemuscheln, welche man im alten Kon- tinent auf der gröfsten Höhe entdeckt hat, sind die des Mont-Perdu, dem höchsten G Gipfel der Pyrenäen. Sie lie- gen drey tausend fünf hundert sechs und sechzig Meter DER TROPENLÄNDER. 150 (1727 Toisen) über dem Meeresspiegel erhaben. In der An- deskette sind die Spuren organischer Körper ‘der Vorzeit im Ganzen ziemlich selten , weil Kalkstein und Sandsteine mit kalkartigem Bindemittel überhaupt den Äquatorial- Regionen von Amerika weniger als unseren Klimaten eigen zu seyn scheinen. Doch sind bey Micuipampa , einem Berg- städichen, dessen südliche geographische Breite ich 6° 45 38" gefunden habe, Echiniten, Austern- und Herzmuschel-Ver- steinerungen , zwey hundert Meter ( 102 Toisen) höher als der Gipfel des Pico von Teneriffa, auf drey tausend acht hundert acht und neunzig Meter (2000 Toisen ) Höhe ent- deckt worden. In den Gebirgen von Huancavelica, südöst- lich von Lima, liegen die Reste alter pelagischer Schaalthiere gar bis vier tausend drey hundert Meter (2205 Toisen) Höhe. Alle fossile Elephanten-Knochen , welche ich aus der hohen mexicanischen Gebirgsebene, aus der von Suacha bey Santa- Fe de Bogota, aus Quito und Peru mitgebracht, und unter welchen Cuvier Reste einer neuen, vom Mammut sehr ver- schiedenen Gattung bemerkt hat, kommen in grofsen Höhen wenigstens een zwey tausend drey es und zwey tausend neun hundert Meter ( 1179 und 1488 Toisen ) Höhe vor. Ich weifs kein Beyspiel, dafs man Elephanten- Knochen tiefer am Fufse der Andeskette,, also in warmen Erdstri- chen entdeckt hätte; denn die berufenen Riesen-Knochen, die ich am Cap von S.' Helena, nördlich von Huayaquil , habe ausgraben lassen , zu weder von leo noch von Elephanten, sondern Ss l Cetaceen): In der gemäfsigten Zone since vanisealel Meter (513 een) Bo NATURGEMÄLDE mächtige Schichten schon sehr selten. In Neu-Spanien und Peru, am steilen Abfalle der Kordilleren oder in tief ein- gefurchten Thälern, erkennt man eine Mächtigkeit der Porphyrformation von zwey tausend neun hundert bis drey tausend zwey hundert Meter ( 1488 bis 1642 Toisen ). Die Pechstein-Porphyre des Chimborazo sind über drey tausend sieben hundert Meter (1897 T oisen)-mächüg. Der Sandstein in dem Flözgebirge von Cuenca (zwischen Quito und'Loxa ) hat tausend sechs hundert Meter ( 821 Toisen ) : die sonder- bare Formation von reinem Quarzfels, östlich von Caxa- marca, welche der peruanischen Andeskette eigenthümlich zu seyn scheint, hat zwey tausend neun hundert Meter (1488 Toisen ) Mächtigkeit. Keine dieser weit- und hoch-. verbreiteten Gebirgsarten ist durch das Vorkommen fremd- artiger Lager und Flöze unterbrochen ! Noch DEU TTEINER die Äquatorial- Region folgende geo- gnostische Phänomene, welche an anderen ie unıständ- lich entwickelt werden sollen : Unbeschreiblich grofse Fre- quenz und Mannichfaltigkeit der Porphyrformationen ; stetes Vorkommen der Hornblende:, Mangel des Quarzes und Sel- tenheit des Glimmers in diesem Porphyr ; mächtige Schwe- fellager , nicht etwa im Gyps oder im Kalksteine, sondern, fern von Vulkanen , in Urgebirgen ; Überflufs an allen Tropen-Porphyre des neuen Kontinents enthalten Hornblende, meist ll Feldspath, glasigen und gemeinen, oft Olivin, Augit und etwas Glim- mer. Bisweilen sind sie polarisirend : so die, b Provinz Pasto nen Neu -Grenada ) entdeckt, meinem EEE Ser- pentin - Hornbl physikalisch ähnlich. DER TROPENLÄNDER. 153 Metallen aufser dem: Bley; das Vorkommen der Pacos- Schichten oder eines innigen Gemenges von Thonerde , oxidirtem Eisen , gediegenem und kochsalzsaurem Silber ; die verschiedene Höhe , in welcher die Natur diese Metall- schätze’ vertheilt hat, in Peru drey tausend fünf hundert bis vier tausend ein hundert Meter (1795 bis 2103 Toisen) hoch, und in Neu-Spanien , in milderen Bergregionen , kaum. tausend sieben hundert oder. zwey tausend sechs hundert Meter ( 872 oder 1332 Toisen ) hoch ; Frequenz des Quecksilbers, das in der ganzen Andeskette in zahllosen Gängen zerstreut ist, aber wenig und meist fruchtlos bear- beitet wird. Kein Theil da bekannten Erde ist gröfseren vulkanischen Revolutionen unterworfen , als die Andeskette. Vom Cap Horn bis Analasca, zählt man noch heut zu Tage über vier und fünfzig brennende Vulkane. Die feuerspeyenden Berge, welche sich am meisten von der Meeresküste entfernen , sind 741] “11 2-51] 2,D ee BR ist so ar ei dafs mit zunehmender Bevölkerung im Neuen Kontinent da ‚ dessen Gold- und Silber- Ausbeute gegenwärtig acht und ih ig Nihionen we beträgt, dieses Produkt wahr- dre sch einlich dreymal vergröfsern kann. Neu-Spanien, in dem ie Industrie so zu sagen erst vor Kurzem zu erwachen Sofsnen: liefert: a zwey und zwanzig ihrend e ünf und zwanzig Millionen Piaster, währen, nfange dessachtzehnten ae o existiren au Uber den Silberbergbau und die amerikanische Amalgamation be (der viele Jahre lang die Mexicanischen Gebirge durchreiset hat) zu erwarten. 154 NATURGEMÄLDE der Popocatepec, der, nach meinen astronomischen Länge- Beobachtungen, sieben und dreyfsig, und der Cotopaxi, der vierzig Seemeilen landeinwärts liegt. Die Vulkane von Quito speyen gegenwärtig nicht fliefsende Laven, sondern nach aufsen verschlackte oder an den Seitenkanten erweichte Stücke von Grünstein,, Basalt und Perlstein-Porphyr , Obsi- dian, Bimsstein , ungesalzenes , aber mit geschwefeltem Hydro- gen geschwängertes Wasser, ungeheure teigartige Massen von gekohltem Letten (in welchem kleine Fische: in zahlloser Menge eingehüllt sind), und die sonderbare Moya, welche den Indianern zum Brennmaterial dient, und von der, nach Vauquelin’s Analyse, 2 sich ganz wie thierische und vege- tabilische Substanzen verhalten. In einer mit Indigo sorgsam bepflanzten mexicanischen Ebene, ein und dreyfsig Meilen von der Südseeküste, ist in der Nacht des ı4ten Septembers ı759 der Vulkan Jorullo von zwey bis drey tausend kleinen, noch rauchenden Kegeln ( die Einwohner nennen sie Öfen) aus der Erde emporgestiegen. Der grofse Vulkan hat in Kurzem die Höhe von vier hundert vier und achtzig Meter (248 Toisen) über der alten kultivirten Flur , oder utsenel zwey hundert und drey Meter (619 Toisen ) über der Meeres- fläche erreicht. Sein Krater ist noch entzündet; aber mit vieler Arbeit sind wir, Bonpland und ich, zwischen den offenen Spalten bis zu seinem Grunde gelangt. Die in diesem Krater gesammelte Luft war beträchtlich mit Kohlensäure * Pimelodes Cyclopum. Siehe meine Beobachtungen aus der Zoologie und P vergleichenden Anatomie , Seite 39 DER TROPENLÄNDER. 155 geschwängert. Sollten vielleicht mehrere Kuppen von weilsem aufgelöstem Porphyr durch vulkanische Dämpfe umgewan- elte Granite und eines ähnlichen Ursprungs seyn , als Herr von Buch so scharfsinnig von den emporgehobenen Porphyren von Auvergne und Santorino erwiesen hat ? Entfernung ; in welcher Berge auf der MWeeres- fläche sichtbar sind. Da mein Naturgemälde eine grofse Menge beträchtlicher Höhen enthält : so glaubte ich, dasselbe auch dadurch in- teressant zu machen, dafs es zugleich die gröfstmögliche Entfernung angebe, in welcher erhabene Gegenstände in der Ebene sichtbar sind. Diese Entfernung hängt bekannt- lich von der Krümmung der Erde, von der Höhe des Gegenstandes, und von der Stärke der irdischen Refraction ab. Wegen der Veränderlichkeit des letztern Elementes ist die Scale mit Vernachläfsigung desselben berechnet worden. Wenn man die angegebenen Entfernungen ( welche zugleich auch die Halbmesser des Gesichtskreises auf dem Gipfel der Berge sind) mit den Weiten vergleicht, in welchen Schift- fahrer oft den Pico von Teneriffa, den azorischen Kegel- berg, den Orizaya, die Schneegebirge von Santa-Martha , und den Tafelberg gesehen zu haben vorgeben : so mufs man diesen Unterschied weniger anomalischen Strahlenbre- chungen, als vielmehr der Unkunde des Schiflorts ( der geographischen Länge und Breite ) zuschreiben. Man glaubt sich nähmlich weiter von dem geschenen Gegenstande ent- fernt, als man wirklich ist. Der Strahlenbrechung geht es ı56 NATURGEMÄLDE auf dem Meere, wie den Strömungen ( Courans ), deren Einflufs oft blofs defshalb übertrieben wird, weil man unerwartet auf Klippen und Inseln stöfst, von denen man sich, aus Mangel richtiger astronomischer Bestimmungen , sehr fern glaubt. Unter den Tropen, wo die irdische Strahlenbrechung weit regelmäfsiger und minder wechselnd ist, sind Höhen- winkel von grofsem noch nicht genugsam erkanntem Nutzen für die Schiffahrt. Der Pico von Teyde , der Sattelberg von Caraccas, und der Orizava an der Küste von Vera-Cruz, sind leitende, von der Natur errichtete Signale, die dem vorbeysegelnden Schiffer von dem gröfsten Nutzen seyn önnen, wenn er sie gehörig zu benutzen weifs. Ist nähm- lich die Höhe eines solchen Küstenberges und seine geogra- phische Position genau bekannt : so können sehr einfache Beobachtungen den Ort der Schiffer bestimmen. Ich habe in diesen letziverflossenen Jahren viele Beobachtungen dieser Art, theils in der Südsee, theils im atlantischen Oceane angestellt. Churruca hat sogar Tafeln für die Entfernungen berechnet, in welchen der Pico von Teneriffa sich unter bestimmten Höhenwinkeln zeigt. Die Scale, welche das Naturgemälde über diesen Gegen- ständ enthält, bietet zugleich der Einbildungskraft die weiten Landesstrecken dar, welche das Auge von dem höchsten Gipfel der Andes übersehen würde, wenn nicht Nebel und Gewölk den Genufs dieses majestätischen Schauspiels dem Reisenden so selten machten. Der Durchmesser dieser Sıre- cken würde für mich am Chimborazo , bey meiner Reise zu DER TROPENLÄNDER 157 dem Gipfel desselben, sieben und neunzig Meilen ; er würde für Herrn Gay-Lussac,, bey seiner letzten Luftreise , hundert und sechs Meilen gewesen seyn : aber Wolken haben uns beyden den Anblick der niederen Regionen entzogen. Untere Grenze des ewigen Schnees. Ich habe oben , wo ich von der allmähligen Abnahme der Wärme in den hohen Luftschichten handelte, Beobachtungen angeführt, welche es wahrscheinlich machen, dafs über der Höhe des Mont-Blanc hinaus diese Abnahme unter den Tropen dasselbe Gesetz, wie in der gemäfsigten Zone, be- folgt. In diesen hohen Regionen scheint nähmlich die Wir- kung der strahlenden Wärme, welche die Oberfläche unsers luftumflossenen Planeten zurückschickt, schr gering zu seyn. Ihre Temperatur hängt hauptsächlich von einer’ Zersetzung der Sonnenstrahlen bey ihrem Durchgange durch die Licht verschluckenden und daher Helle mindernden Luftschichten ab. Ganz anders verhält sich die Abnahme der Wärme in den tieferen Regionen der Atmosphäre. Von der Meeres- fläche an bis auf fünf tausend Meter (2565 Toisen ) Höhe folgt diese Abnahme, wenn man die mittlere Temperatur vergleicht, anderen Gesetzen als in gröfseren Höhen ; denn da diejenigen Luftschichten,, in welchen der ewige Schnee der Gebirge sich zu finden anfängt, nach Verschiedenheit der Breite in verschiedener senkrechter Höhe über der Meeresfläche liegen : so darf man mit Sicherheit schliefsen , dafs Luftschichten von einerley mittlerer Temperatur sich in anderen Höhen unter den Tropen, in anderen in der 158 NATURGEMÄLDE gemäfsigten Zone finden. Ist demnach die senkrechte Wär- meabnahme unter dem Aquator bekannt ( eine Abnahme, welche ich von der Meeresfläche bis zur untern Grenze des ewigen Schnees zu zwey hundert Meter oder hundert und zwey Toisen, auf einem Grade des hunderttheiligen Ther- mometers finde) : so führt uns diese Betrachtung ganz natürlich auf ein Mittel, die Höhe des ewigen Schnees unter allen Breiten durch Rechnung zu bestimmen. Es kommt blofs darauf an, die Höhe einer Luftschicht zu finden, deren mittlere Wärme — + 0°%,4 sey; eine Wärme, welche der gleich ist, welche ungefähr in dem Anfange der Schneeregion herrscht. Sey 12°%,5 die mittlere Temperatur der Ebene unter 45° nördlicher Breite: so findet man die untere Schneegrenze zu 200 (12°,5 — o °,4)= 2420 Meter oder 1240 Toisen; ein Resultat, das bis achtzig oder hundert Meter mit den unmittelbaren Saussure’schen und Trallesi- schen Messungen übereinstimmt. Gegen den Nordpol hin würde ein Land, dessen mittlere Temperatur in der Fläche ‚des Meeres + 4° wäre, den ewigen Schnee in 720 Meter (369 Toisen) beginnen sehen. Im Allgemeinen findet man nach dieser Methode die Grenze des ewigen Schnees in Meter, indem: man die durch das hunderttheilige Thermo- meter ausgedrückte mittlere Wärme der Ebene zwey hundert Mal nimmt. Eine Formel, in welcher die Schneegrenze als Function der Breite vorkäme , würde weniger genau seyn, weil das physikalische Klima meist sehr unabhängig von der geographischen Lage des Orts ist. Dagegen bietet die ange- gebene Methode den Vortheil dar, die mittlere Temperatur DER TROPENLÄNDER. 159 eines Landes ohne langjährige Beobachtungen aus der beob- - achteten Schneehöhe, und zwar sie dazu noch durch ein Vielfaches zu finden. Doch ich verlasse spekulative Vermuthungen, welche sich doch nur auf unvollständige Inductionen gründen , und kehre, meinem Plane getreu, zu dem zurück , was die empirische Beobachtung unmittelbar gibt. Die Höhe der untern Schneelinie nahe am Aquator ist eine der bestimm- testen und unabänderlichsten Erscheinungen , welche die Natur darbietet. Bouguer bestimmt diese Höhe auf vier tausend sieben hundert vier und vierzig Meter (2434 Toisen). Ein Mittel aus vielen Messungen hat mir etwas mehr, unge- fähr vier tausend acht hundert Meter (2462 Toisen) gegeben, Ein grofser Theil dieses Unterschiedes beruht auf der von Bouguer vernachläfsigten Wärmecorrection in den Barome: terformeln , auf der Annahme des Quecksilberstandes am Meere und auf der verschiedenen Höhe, welche defshalb , Bouguer und ich, dem Signal von Caraburu zuschreiben , wie an einem den Orte gezeigt werden soll. Übrigens haben die französischen Akademiker sehr richtig bemerkt , dafs in diesen Äquatorial- Ländern , in welchen die Luft- temperatur das ganze Jahr hindurch dieselbe ist , die Schnee- grenze nicht um fünfzig bis sechzig Meter schwankt, und dafs sie eine rein abgeschnittene sölige Linie bildet , ohne dafs der Schnee sich an einem Punkte, zum Beyspiele in den Schluchten und Thalera, tiefer als an den steileren Abhängen herabzöge Es fehlte bis jetzt ud an Messung der Schneelinie gegen 160 NATURGEMÄLDE .die nördliche Grenze der Tropen hin; und man hätte in er That vermuthen sollen, dafs vom Äquator bis zum zwanzigsten Breitengrade die Belkin dieser Linie beträcht- lich seyn könne. Durch äctieeiee und geodesiche Mes- sungen, die ich in Neu-Spanien am Schneegebirge von Toluca , am Cofre de Perote, am Popocatepec und am Itzaccihuatl angestellt, habe ich gefunden, dafs nahe am Wendekreise des Krebses der ewige Schnee erst in vier tausend sechs hundert Meter (2560 Toisen ) beginnt. Der Unterschied zwischen dieser Region und dem Aquator be- trägt also kaum noch zwey hundert Meter ( 102 Toisen). Dagegen fällt Schnee, was sehr auffallend ist, in Neu-Spanien ebenfalls zwischen dem neunzehnten und zwanzigsten Grade ‚der Breite, volle zwey tausend ein hundert Meter ( 1077 Toisen) tiefer als in Quito ; Beweis genug, dafs die augen- blicklichen partellen Erkältungen beyder Länder sehr ver- schieden sind, während dafs mittlere Temperatur fast ganz mit einander übereinstimmt. Da Neu-Spanien (das eigentliche alte Anahuac) schon an die gemäfsigte Zone stöfst : so ist die Grenze des ewigen Schnees auch schon darin beträchtlicheren Veränderungen unterworfen, als man in einem Tropenlande erwarten sollte. Im Julius habe ich diese Schneegrenze vier tausend sechs hundert und neunzehn Meter (2572 Toisen), im Februar drey tausend acht hundert: und zwanzig Meter (1962 Toisen) hoch über dem Meere angetroffen. Die Andeskette hat, so weit ich sie kenne, nichts, was man einen eigentlichen Gletscher nennen könnte. Diese prachtvolle Naturerschei- DER.TROPENLÄNDER 16 nung , die unabhängig von aller Höhe ist, fehlt den Äqua- torial- Ländern ganz, wahrscheinlich weil in denselben nie, sehr viel Schnee auf einmal fällt, und weil die Lufttempe- ratur jeder Höhe daselbst constant ist. Auf dem Chimborazo findet man dagegen tiefer als die heutige Schneelinie, wenn man gräbt, unter mächtigen Sandschichten uralte Schnee- lagen, welche sonderbare Naturkatastrophen in diese Lage . gebracht haben mögen, und die für ein Alter unsers Pla- neten zeugen, das vielleicht weiter als der bestrittene Zodiacus von Dendyra hinaufsteigt! — Man kennt, leider! nicht durch Messungen die Höhe der Schneegrenze unter dem fünf und zwanzigsten und dreyfsigsten Grade der Breite. Unter dem zwey und vierzigsten und sechs und vierzigsten Grade beträgt sie in Europa an zwey tausend fünf hundert drey und dreyfsig Meter (1500 Toisen ). Ich habe dieses Gesetz, welches die Schneelinie zu befolgen scheint , in einer eigenen Abhandlung untersucht, welche im December 1804 in der ersten Klasse des französischen. National-Instituts verlesen worden ist. Siedhitze des kochenden IF assers auf verschie- denen Höhen über der Meeresflüche. Der Wärmegrad , welchen Flüssigkeiten annehmen, ehe sie zum Sieden übergehen, hängt von ihrer eigenthümlichen chemischen Natur, zugleich auch von dem Gewichte der Atmosphäre ab, : auf sie drückt. So wie diefs Gewicht mit der Höhe Nee so verändert sich auch 2& 162 NATURGEMÄLDE der Siedpunkt selbst. Die nachstehende Tafel drückt das Gesetz dieser Erscheinung aus: - HÖHE SIEDHITZE DES WASSERS. : BAROMETERSTAND.| — mm — nme ÜBER DEM MEERE. HUNDERTGR. REAUMUR’SCHES THERMOMETER. | THERMOMETER. 0,7620 100,0 80,0 1000 0002 971 797 2000 0,6050 943 7 5,4 3000 0,5368 91,3 73,0 4000 0,4741 88,1 70,5 5000 0,4183 847 67,7 6000 0,3674 81,0 64,8 7000 0,3203 77,0 61,6 Da von der Oberfläche des Meeres an bis zu tausend Meter ein Grad niedrigern Siedpunktes drey hundert sieben und fünfzig Meter Höhenveränderung ausdrückt, und da zwischen eben dieser Meeresfläche und 7000 Meter ein Grad noch drey hundert und vier Metern zugehört: so kann man im Allgemeinen annehmen, dafs bis zur Höhe des Mont- Blanc ein Thermometergrad ungefähr zehn Linien Barome- terdruck oder drey hundert und vierzig Meter ( 174 Toisen') Höhe ausdrückt. Ich habe, während meiner Expedition, eine grofse Menge von Beobachtungen über den Siedpunkt des Wassers auf den Gipfeln der hohen Andeskette ange- stellt. Ähnliche Versuche des Herrn Caldas ( eines jungen Mannes aus Popayan, der mit rastlosem Eifer sich der Astronomie und einigen Theilen der Naturbeschreibung gewidmet), werde ich in meiner Reisebeschreibung bekannt DER TROPENLÄNDER. 163 machen. Diese Arbeit hat freylich fast kein Interesse für die Meteorologie; selbst die Theorie des Lufidrucks bedarf ihrer wenig : aber sie zeigt doch, welches Grades der Genauig- keit die Bergmessungen mittelst des Thhermometers fähig sind , wenn man mit Sicherheit kleine Fractionen eines Grades angeben kann. Feerbreitung der Thiere, nach der Höhe ihres IF ohnorts betrachtet. Um das Naturgemälde der Tropen-Regionen vollständi- ger zu machen, habe ich eine Scale hinzugefügt, welche die Verschiedenheit der Thiergattungen darstellt, die den schroffen Abhang der Andeskette bewohnen. So weit nur immer die Vegetation in und auf dem Erdkörper hat vor- dringen können , ist thierisches Leben verbreitet. Im Innern der Bergwerke und Höhlen leben Dermestesarten und ähn- liche Insekten , welche sich von unterirdischen Schwämmen nähren. Wie sie, dem Lichte entzogen, aber in der Tiefe des Meeres, benagen Coriphanen , der gefräfsige Chactodon, und zahllose Schaaren von Gewürmen, den Seetang (Fucus), dessen Früchte mit gallertartigem Schleime überzogen sind. Weiter aufwärts, zwischen der Meeresfläche und tausend Meter (513 Toisen) Höhe, in der Region der Palmen und Bananengewächse, finden sich Riesen-Schlangen (Boa), der grasfressende Manati, und Krokodille, die unbeweglich,, wie kolossale Statuen von Erz, mit offenem Rachen am Fufse des Conocarpus ausgestreckt liegen. Diefs ist der Wohnplatz des wehrlosen Flufsschweins (Cavia capybara), das, wech- 164 NATURGEMÄLDE selsweise vom Tiger und Krokodille verfolgt, bald im Wasser, bald auf dem Lande seine Rettung sucht. Die Wälder dieser heifsen Zone erschallen von dem Regen ver- kündenden Geheule der Alouaten, von dem vogelartigen Gezwitscher der kleinen Sapajou-Affen, und dem stöhnenden Klagen des Faulthiers, welches den Stamm der silberblättri- gen Cecropia hinankriecht. Sie sind das Vaterland der Papagayen , der buntgefiederten Tanagra und des majestä- schen Hocco (Crax pauxi). Der grofse, aber feige ameri- kanische Löwe, der furchtbarere prächtig gefleckte Jaguar, und der schwarze Tiger des obern ÖOrinoco , welcher noch blutdürstiger als der Jaguar ist, sind die Herren dieser Wälder. Sie stellen dem kleinen indischen Hirsche ( fälsch- lich Cervus mexicanus genannt), der Sus tajassu und dem Ameisenbären nach, dessen dehnbare Zunge an dem Brust- beine inserirt ist. Die Luft in dieser heifsen Zone, beson- ders bis fünf hundert Meter Höhe (sey es an den Ufern grolser Flüsse oder in dem Dickicht der Wälder, oder an dem Meeressirande, wo dieser mit Schlamm bedeckt ist), wimmelt überall von giftigen Stechfliegen und Mücken (‚Mosquitos), deren unbeschreibliche Menge einen grofsen und so schönen Theil der Erde dem Menschen fast unbe- wohnbar macht, Zu diesen Mosquitos gesellen sich noch der Oestrus Mutisü, der seine Eyer mit unglaublicher Schnel- ligkeit bis in das Muskelfleisch des Menschen legt und ee Geschwülste erregt; Acari, welche die Haut wie einen Acker in parallelen ee aufschlitzen (ASradores ); giftige Spinnen , Ameisen und Termiten, deren gefürchtete DER TROPENLÄNDER. ı65 Industrie fast alle menschliche Arbeit zerstört. Alle diese Plagen, von denen die Eingeborenen freylich weniger als Fremde leiden , verbittern den Lebensgenufs in einer übri- gens so wundervoll schönen, allbelebten Natur. Höher aufwärts, in der Region der baumartigen Farren- kräuter, zwischen tausend und zwey tausend Meter (515 und ı026 Toisen) Höhe, findet man nicht mehr Krokodille , Riesenschlangen, Manati (Flufskühe) und Faulthiere. Der Tiger und die Affen werden selten; aber desto häufiger sind hier Heerden von Tapir und Nabelschweinen , und der kleine Jaguar ( Felis pardalis). Menschen, Affen und Hunde sind in dieser Höhe vom Minirfloh (Pulex penetrans), der in der heifsern Region seltner als in der mittlern ist, aufs fürchter-. lichste geplagt. Zwischen zwey und drey tausend Meter (1026 und 1539 Toisen), in der obern Region der Cinchona, sind -gar keine Affen mehr, kein Cervus mexicanus ; aber die schöne Tigerkatze (Felis tigrina), Bären und der grofse Hirsch der Andes. In dieser Höhe, welche zugleich die des Gotthards ist, sind Menschen -Läuse , leider ! sehr häufig. Zwischen drey und vier tausend Meter ( 1559 und 2052 Toisen ), in den kalten Gebirgssteppen , lebt die kleine Löwenart, welche die Peruaner Puma nennen, und deren Spur wir oft noch höher aufwärts auf frischgefallenem Schnee gefunden haben ; der kleine weilsstirnige Bär, und einige Viverren. Mit Verwunderung habe ich Colibri-Arten bisweilen bis zur Höhe des Pico von Teneriffa gefunden. Die Grasfluren und die Region der wollblättrigen Espeletia (Frailexon), zwischen vier und fünf tausend Meter (2052 166 NATURGEMÄLDE und 2565 Toisen), ist von den sogenannten Kameelscha- fen:, von der Vicuna, dem Guanaco und der Alpaca be- wohnt, welche in abgesonderten Heerden umher schwärmen Llamas finden sich nur als Hausthiere : denn diejenigen , welche am westlichen Abhange des Chimborazo geschossen werden, sind (so geht die Sage unter den Eingeborenen ) verwildert, als der Inca Tupayupangi die Stadt Lican, den alten Sitz des Cochocandi von Quito, zerstörte. Die Vicuna liebt grofse Höhen , wo bisweilen schon Schnee fällt. Trotz der Nachstellungen , welche sie seit Jahrhunderten erleiden, sieht man doch noch , auf dem Andesrücken , Heerden von drey bis vier ee besonders in den Provinzen Pasco (an den Quellen des ee Guailas und Caxa- tambo , besonders in den Gebirgen von Gorgor. Auch um Huancavelica, Cusco und in der Provinz Cochabamba , wo das hohe Flufsthal von Cotacages anfängt ; kurz überall, wo der Gebirgsrücken sich zur Höhe des Mont - Blanc erhebt, ist die Vicuäa noch sehr häufig. Dagegen ist es eine recht auffallende Erscheinung der Thiergeographie , dafs Vicunas und die ihnen verwandten Gattungen (Alpaca und Guanaco) die ganze Andeskette, von Chile an bis zum neunten Grade südlicher Breite bewohnen, und dafs weiter nördlich, weder in Quito, noch in den Schnee-Gebirgen von Neu-Grenada , noch in Neu-Spanien eine Spur ihrer jetzigen oder ehemali- gen Existenz zu entdecken ist. Der Straufs von Buenos-Ayres t gleichem Rechte könnte man sie Be nennen : denn sie en zugleich dem Kameele, dem Schafe und den Gaz DER TROPENLÄNDER. 167 bietet ein ähnliches Phänomen dar : er findet sich nicht nördlich von der Bergkette von Chiquitos, wo die Wal- dungen durch Grasfluren ( Savanen ) unterbrochen sind, und wo dieser Vogel ähnliche Nahrung und ein ähnliches Klima geniefsen würde. Die Thiere und Pflanzen gehen kaum über die She grenze hinaus. Unter ewigem Eise vegetiren zwar noch einige . Flechtenarten; aber unter den Vögeln ist der Condor der ein- zige ‚ der diese unermeßslichen Einöden bewohnt. Wir haben ihn in einer Höhe von sechs tausend fünf hundert Meter (3334 Toisen) schweben sehen. Einige Sphinxe und Fliegen, die wir noch fünf tausend sechs hundert zwey und fünfzig Meter (2900 Toisen) hoch antrafen, schienen uns durch senkrecht aufsteigende Luftströme unwillkührlich in diese Regionen gebracht worden zu seyn. Saussure hat sie ebenfalls auf dem Gipfel des Mont-Blanc, Ramond an den Ufern des hohen Bergsees am Mont-Perdu gefunden. Sonderbar , dafs diese‘ Insekten beobachtet worden sind, so oft Menschen sich auf Gebirgen zu sehr grofsen Höhen erhoben haben. Diese zoologische Scale, welche hier nur skizirt erscheint, enthält die Grundzüge zu einem zoologischen Gemälde, welches nach Analogie dessen entworfen werden könnte , welches ich für die Pflanzen - Geographie geliefert habe. Zimmermann’s klassisches Werk stellt die Thiere nach Ver- schiedenheit der geographischen Lage ihres Wohnorts auf dem Erdboden dar. Es wäre interessant, in einem Profil die Höhen zu bestimmen, zu welchen sie sich in derselben Zone, aber in Gebirgsländern erheben. ı68 NATURGEMÄLDE Kultur des Bodens. Wir haben bisher die physikalischen Erscheinungen ent- wickelt, welche die Tropenwelt darbietet; die Modificationen des Luftkreises; die Natur und Schichtung der Gebirgsmassen; die ‚vegetabilischen Erzeugnisse des Bodens, und die Thiere, welche den Gebirgsabhang bewohnen. Es bleibt uns noch übrig, einen Blick auf den Menschen und die Objekte des Pflanzenbaus zu werfen. Von der Oberfläche des Oceans an, bis nahe an den ewigen Schnee, ist die Andeskette von kupferfarbigen Indianern, wie von afrikanischen und euro- päischen Ansiedlern bewohnt. Das Bergland, in der poli- üschen Eintheilung der Incas Antisuyu genannt, ist im Ganzen sogar weit mehr als die Ebene (Contisuyu) kulu- virt. Der ackerbauende Fleifs der Völker , ja fast alle pri- mitive Civilisation des Menschengeschlechts, steht in umge- kehrtem Verhältnisse mit der Fruchtbarkeit des Bodens und mit. der Wohlthätigkeit der ihn umgebenden Natur. Je karger diese ist, je unüberwindlicher die Hindernisse sind, welche sie entgegen stellt; desto stärker werden menschliche Kräfte aufgeregt, desto früher werden sie durch Gebrauch entwickelt. Auch bildeten die Gebirgsvölker von Anahuac, Cundinamarca und Antisuyu schon grofse, wohl organisirte politische Gesellschaften ; schon hatten sie eine intellectuelle Kultur, welche der von China und Japan nahe kam, als in den fruchtbaren Ebenen, welche sich östlich von der Andeskette gegen das Meer hin erstrecken, die Menschen noch, zerstreut und nackt, ein thierisches Leben führten. DER TROPENLÄNDER. 169 Wenn aber die moralische Kultur des Menschengeschlechts sich früher in der gemäfsigten, dem Pole nähern Zone, als in der reichern Tropen-Natur entwickeln mufste ; wenn man einsieht, warum diese Kultur früher auf den hohen Gebirgs- ebenen der Andes, als an dem Ufer grofser Flüsse begann: so drängt sich desto lebhafter die Frage auf, warum der schon gebildete , ackerbauende Mensch nicht in jene glück- lichen Klimate zurückzieht, wo der Boden ungepflegt dar- bietet was in der kältern ärmern Zone ihm nur durch mühevolle Arbeit abgewonnen werden kann. Was bestimmt den Indianer in einer Höhe von drey tausend drey hundert dreyzehn Meter (1700 Toisen) unter einem eisigen unfreund- lichen Himmel ein steiniges Erdreich zu beackern,, wäh- rend dafs, kaum eine Tagereise von seiner Hütte entfernt, ganze fruchtbare Ebenen am Fufse des Gebirges unbewohnt liegen ? Welchen Reitz hat ein Land, wo zu allen Jahrszei- ten Schnee fällt, wo alle Nächte das Wasser gefriert, und wo der Felsboden nur mit wenigen krüppligen Sträuchen bedeckt ist? Dieser Reitz ist der des Vaterlandes ; jener Bestimmungsgrund liegt in der Macht der Gewshhele In unserm Europa sind die Dörfer, welche am höchsten liegen, tausend sechs hundert bis tausend neun hundert Meter (821 bis 974 Toisen) über der Oberfläche des Meeres .erhaben. So liegt in den Schweizer- und Savoyer-Alpen: Meter. Toisen. Das Dorf Saint- es de Val d’Ayas in einer Höhe von .... 1631. 837. Das#DorfsSano kemys ar 2.2... 0 0 er ne 1604 823. Das Dorf d’ Me am Gramontt. er er 1308 672 170 NATURGEMÄLDE Meter. Toisen. Das Dorf Lans-le-Bourg am Mont-Cenis in einer Höhe von. . 1388 712: Das Dorf Hormaza...... 2... .. 2 2... 1263 648. In den Pyrenäen liegt: Das Dorf Heas in einer Höhe von... . oc, 1465 752. DasDorGayarmer 2... Se ea 1444 741. ‘ Das Dorf a ee el aan, 1290 662. Höher aufwärts gibt es bey uns keine beständigen Men- schenwohnungen', sondern nur Sennhütten, welche die Hirten im Sommer bewohnen. In Peru dagegen hat man Städte, wie Pasco, Huancavelica und Micuipampa, fast in der Höhe des Pico von Teneriffa, und über zweyfach höher als der Gipfel der schlesischen Schneekoppe erbaut. Die ofterwähnte Viehmeyerey am Vulkan Antisana, im König- reiche Quito, liegt gar vier tausend ein hundert und zwölf Meter (2110 Toisen) über dem Meere, und ist vielleicht der höchste Ort, welchen unsere Race bleibend auf dem Erdboden bewohnt. Der Pflanzenbau wird in der Tropenwelt durch die Ver- schiedenheit der Klimate bestimmt, welche wiederum eine Folge der Gebirgshöhen sind. Von der Meeresfläche an bis zu tausend Meter (513 Toisen) Höhe kultviren die Ein- geborenen Pisang, Mais , Jatropha , Dioscorea bulbifera , Ich rechne nicht das Kloster S. Bernhard , welches freylich zwey tausend vier hundert acht und z wanzig Meter (1246 Toisen) hoch liegt, aber mit den eigenem Triebe und sich selbst Unter- halt verschaffend)) auswählen , keineswegs verglichen werden kann. DER TROPENLÄNDER. ı7ı Cacao und die dem Cacao verwandte Theobroma Bacao.' Diefs ist die Region der Ananas, der Orangen, der Mamea, des Nispero (Achras) und so vieler anderen wohlschmecken- den Früchte. Die Europäer haben hier Zuckerrohr, Indigo und Kaffe eingeführt — neue Zweige des Pflanzenbaus . welche, statt wohlthätig zu werden , vielmehr Unmoralität und grenzenloses Elend über das Menschengeschlecht ver- breitet haben : denn die Einführung afrikanischer Sklaven, indem sie einen Theil des alten Kontinents entvölkert, be- reitet dem neuen blutige Schauspiele der Zwietracht und Rachgier. In der gemäfsigtern Zone, zwischen tausend und zwey tausend Meter (513 und 1026 Toisen) werden Zuckerrohr, Indigo, Pisang und Jatropha Manihot immer seltner. Der Kaffe besonders liebt eine kühlere Luft und steinigte Berg- gehänge. Baumwolle wird hier noch mit grofsem Vortheil gepflanzt, aber nicht Cacao und Indigo, welche nur in der glühendsten Sonnenhitze gedeihen en wird im Königreich Quito Zuckerrohr noch in zwey tausend fünf hundert drey und dreyfsig Meter ( 1500 Toisen) Höhe kultivirt ; aber in solchen Gebirgsebenen bedarf es Schutz vor kalten Winden und Reflex der strahlenden Wärme. Zwischen tausend und tausend fünf hundert Meter (513 und 769 Toisen ) herrscht das ı Im Cho Der Bacao hat eine grofßse, ungeheuer Ss Frucht, die der Cocosnufs a a und welche die Indianer Tassen verar- eiten. Die Zeichnung, die ich a in Carthago (in der Provinz Popayan ) gemacht, befindet sich in dem ersten ande unserer Plant cequinoctiales in Kupfer Eestachen (Pl. a et En 172 NATURGEMÄLDE Klima, welches der europäische Ansiedler allen anderen vorzieht, weil in demselben ewig milde Frühlingsluft weht, und die Atmosphäre von stechenden Insekten frey ist. Hier kommen gewisse Früchte, besonders Anona Chirimoya, zu einer aufserordentlichen Vollkommenheit. Diefs ist die freund- liche Region, in der Caraccas, Loxa, Guaduas, Popayan , Ibague, Huancabamba, Chilpanzingo, Valladolid und Xalappa liegen; Städte, deren Fluren mit anmuthigen , ewig blühen- den Fruchigärten geschmückt sind. Zwischen tausend und tausend zwey hundert Meter (513 und 615 Toisen) Höhe beginnt in den Äquinoctial-Ländern des neuen Kontinents die Kultur der”eingeführten europäi- ‚schen Getreidearten. Diese nahrhaften Gräser, stete Begleiter aller kaukasischen Völker , ertragen , wie der Mensch , die verschiedensten Klimate, die Tropenhitze und die Kälte, welche das ganze Jahr hindurch nahe an der Schneegrenze herrscht. In der Insel Cuba, in zwey und zwanzig Grade nördlicher Breite, wird wirklich Weitzen mit vielem Vortheil kaum hundert und fünfzig Meter (77 Toisen) hoch über dem Meere gebaut. In der Provinz Caraccas, zwischen Turmera und La Victoria, in einer. Höhe von fünf hundert Meter (256 Toisen) , sieht man schöne Kornfelder; und, was noch auffallender ist ‚in den Thälern von Aragua werden in einer Ebene dicht neben einander Zuckerrohr,, Indigo, Cacao und europäischer Weitzen kultivirt. Doch gehören besondere Lokalumstände dazu , wenn unsere Getreidearten in so nie- drigen heifsen Gegenden volle Ähren geben sollen. Ihre wahre Höhe unter den Tropen , diejenige, in welcher sie überall DER TROPENLÄNDER. 1735 reiche Ärnten versprechen, fängt erst mit tausend vier hun- dert Meter (7ı7 Toisen), ungefähr mit der Höhe des Brennerpasses an. Im Königreich Neu-Spanien , zum Bey- spiele, schiefst der Weitzen um Xalappa ( nach meinen Beobachtungen in 19° 30‘ 40” nördlicher Breite, und tau- send drey hundert zwölf Meter oder 674 Toisen hoch über dem Meere) zwar schnell und üppig in Halme. Man bedient sich derselben zur Viehfütterung; aber die Ähren sind fast ohne reifes Samenkorn. Selbst der Anfang der einträgli- chen Weitzen-Kultur ist in Mexico sehr ungleich an dem östlichen und westlichen Abfall der Bergkette. Auf jenem beginnt die Kultur erst im kalten Plateau von Perote in zwey tausend drey hundert zwey und dreyfsig Meter (1197 Toisen) Höhe; während dafs ich sie in diesem, gegen die Südsee hin , bis Chilpanzingo in tausend zwey hundert neunzig Meter (663 Toisen ) Höhe habe herabsteigen sehen. Aber dieser beträchtliche, jedem Reisenden so auffallende Unterschied ist zum Theil auch dem Umstande zuzuschrei- ben, dafs östlich von Perote das Gebirge sehr prallig und zur Kultur wenig geschickt ist. Im Ganzen gedeiht euro- päisches Getreide in Neu-Spanien, wie in Peru, Quito und Neu-Grenada, am befsten tausend sechs hundert bis zwey tausend Meter (821 bis 1026 Toisen ) hoch über dem Meere. Der Mittelertrag dieser fruchtbaren Erdstriche ist fünf und zwanzig bis dreyfsig Körner für eines. Höher als tausend acht hundert Meter (923 Toisen) bringt der Pisang selten reife Früchte hervor ; aber die Pflanze selbst erträgt noch die Bergkälte, welche in zwey tausend Inh. NATURGEMÄLDE fünf hundert Meter (ı28ı Toisen) herrscht : nur sind Strunk und Blätter hier schon kleiner und weniger saftreich. In der milden Mittelzone, zwischen tausend sechs hundert und zwey tausend Meter (821 und 1026 Toisen ) herrscht vorzüglich die Kultur der Cocca (Erythroxylum peru- vianum). Wenige Blätter dieser speicheltreibenden , dem Europäer unschmackhaft scheinenden Pflanze, mit unge- löschtem Kalk gemengt, nähren den ‚genügsamen Indianer auf langen Reisen in der Cordillere. Zwischen zwey und drey tausend Meter (1026 und ı559 Toisen) Höhe wird der Ackerbau (Weitzen- und Quinoa - Kultur) am sorg- samsten betrieben. Die grofsen Gebirgsebenen , welche sich gerade in dieser Höhe so häufig in der Andeskette finden, und von denen viele fünfzig bis sechzig Quadratmeilen Flächeninhalt haben , begünstigen diese Kultur. Ihr gleich- förmig ebener (söliger) und defshalb leicht zu beackernder Boden läfst vermuthen,, dafs sie alte, sey es abgelaufene, oder . aus Mangel von Zuflufs durch Verdampfung ausgetrocknete Seen sind. Wo der Acker über drey tausend drey hundert Meter (1693 Toisen), also fast wie der Gipfel des Ätna über dem Meere erhaben ist, da werden Nachtfröste und Hagel oft dem Getreide schädlich. Mais findet sich fast gar nicht mehr in zwey tausend vier hundert Meter (1250Toisen) Höhe. Zwischen drey und vier tausend Meter (1559 und 2052 Toisen) ist die Hauptkultur die der Kartoffel (‚Solanum tuberosum), deren Wurzel oft eine Gröfse von sechs Zoll erreicht, und dabey mehlreicher und wohlschme- ckender als in Europa ist. In drey tausend vier hundert DER TROPENLÄNDER. 175 Meter (1744 Toisen ) Höhen säet man nicht mehr Weitzen, sondern blofs Gerste, und auch diese leidet hier augen- scheinlich von der mangelnden Wärme. Hier sind wir fast an die obere Grenze aller Pflanzenkultur gelangt : denn drey tausend sechs hundert Meter ( 1846 Toisen) über dem Meere hört sie gänzlich auf. Die Menschen wohnen hier zerstreut mitten unter zahlreichen Heerden von Llamas , Schafen , Pferden und Rindern, welche sich oft bis in die Region des ewigen Schnees verlieren. So bietet die Scale des Acker- baus das Bild menschlicher Industrie, von dem Innern der Bergwerke bis zu dem beschneyten Gipfel der Andes dar. Höhe der vornehmsten Berge auf der Erde. Da alle physikalischen Erscheinungen , welche in dem Naturgemälde der Tropen angedeutet worden sind, sich an die Idee von Messung und Höhe anknüpfen : so schien es interessant, am Ende dieses Versuchs eine Sammlung der, in verschiedenen Erdgegenden gemessenen Punkte beyzu- fügen. Diese Sammlung , welche die nachfolgende Übersicht enthält, wird unstreitig denen zu merkwürdigen Verglei- chungen Anlafs geben, welche die Natur im Grofsen zu beobachten und ihre geognostischen Ahndungen durch That- sachen zu begründen suchen. Die Zeichnung selbst stellt die gröfsten Höhen dar, zu welchen Menschen bisher über der Meeresfläche gelangt : Die gröfste Tiefe, welche Menschen in Bergwerken unter den Tropen (und we irgendwo ?) erreicht haben, ist die Mina de Valenciana, welche fünf ert und zehn Meter (263 Zn tief ist, deren Tiefstes aber noch tausend 176 _NATURGEMÄLDE DER TROPENLÄNDER. sind. Saussure’s Reise nach dem Mont- Blanc bis vier tausend sieben hundert fünf und siebzig Meter (2450 Toisen), Bou- guer’s und La Condamine’s Reise nach dem Gipfel des Corazon vier tausend acht hundert vierzehn Meter (2470 Toisen) hoch, und der Punkt, zu welchem ich an dem Chim- borazo gelangt bin , fünf tausend acht hundert zwey und neunzig Meter (35023 Toisen), finden sich darauf bemerkt : aber alle diese Höhen bleiben noch tief unter der zurück , zu welcher sich mein Freund , Herr Gay-Lussac , allein in einem Luftball über Paris-am ı6ten September 1804 erhoben hat. Er ist noch vier hundert zwey und siebzig Meter (243 Toisen‘) höher als der höchste Gipfel der Andeskette gelangt. In sieben tausend und sechzehn Meter (3600 Toisen ) senk- rechter Höhe hat er wichtige Beobachtungen über den Magne- lismus und über die chemische Beschaffenheit des Luft- kreises gemacht. Sein Unternehmen wird stets, als ein schönes Denkmal menschlicher Kühnheit und aufopfernder Liebe für die Wissenschaften betrachtet werden. sechs hundert fünf und neunzig Meter (870 Toisen) über der Oberfläche der Sudsee erhaben ist. Die höchsten Werke menschlicher Baukunst (die Pyramiden des Ckops und das Münster in Strafsburg) haben hundert drey und vierzig und hundert zwey und dreyfsig Meter, oder 74 und 68 Toisen. ÜBERSICHT DURCH MESSUNG BESTIMMTER HÖHEN. D:. Klammer ist da a wo die Messung sehr ungewils scheint. Die mit 7 bezeichneten Höhen sind von mir selbst besti he es Dr metrisch oder a nes derselben werden Folge noch kleine Kepndeunsen erleiden, da zur Ausarbeitung gegenwärtiger Schrift nicht alle ( mit der Genauigkeit angewandt nn sind, ls es die angestellten Beobachtungen möglich machen ande astro- nomischer Beobachtungen und barometrischer Messungen wer = alle von mir im en Kontinente bestimmte Höhen sorgfältig berechnet erscheinen. Alle ln und spanischen Namen sind so geschrieben , wie die Spanier in Amerika sie zu schreiben pflegen. Um sie gehörig a mufs man defshalb die Regeln der a Aussprache befol mborazo wird Tschimborasfo ; Pichincha wird a Chile a fast Schile; Quito wird Kito; Cupique wird ; Maraton wird Maranion; Xalappa wird Chalappa; Kirk wird na, Be Hagua, ausgesprochen. ÜBER DER NAMEN E MEERESFLÄCHE, GEMESSENE HOHEN. — DER 2 BEOBACHTER. ın in METERN. | TOISEN. 6544 3358 |Humboldt. 5 | Bouguer, la Condamine. Al In Amerıga. Chimborazo. . » 2. 0 0. +t 627 3220 ; 6587 3380 Don Jorge Juan und Ulloa. Cayambe-Uru. v2... 5905 | 3030 | Bouguer, la Condamine. 5954 | 3055 |. Antis I RÜBane nr se il arg | Bora, Mauer Cotopaxi. 2 2 ee een. «| 5753 | 2952 22 ee RB 298 Fatonikterfongel ) 5 4816 |'247ı |Don Jorge Juan. 25 Rucu-Pichincha. . . o.. » 178 ÜBERSICHT Orinoco - De DeLgDE NAMEN 2 u: MEERESFLACHE, GEMESSENE HOHEN. u— DE IN IN METERN. TOISEN. BEOBACHTER. ua Pichincha 4740 | 2432 |ZLa Condamine. we nach den an chen von 4958 2544 |H. Naturrevolution von 1797. Vorher im Jahr 1742 . . » 5106 2620 ze en Stad Quo. 2... ..|229352|% 1506 lace’scl . Stadt ee Fe-de- en “>| .2635 1547 |. Stadt Mex 2294 Wr Stadt Popayan 756 901 I. Stadt Cuenca (Provim ittey 2514 1290 |M. Stadt Loxa ( P er 960 1006 |. Stadt Caxamarca ö 2748 1410 |ZH. Stadt Micuipampa m 3557 1825 |. Stadt Car: 810 416 |M. a (Pr Quito)) 4095 a |P72 Popocatepec (der Vulkan von 3 ° Mexico). 380 a Ei Itzaccihuatl ( Sierra Nevada de Mexico 4796 ee { Sitlaltepetel oder Pico de Ori- } 2 En 53086 2722 |. zaba (Neu -Spanien). Nauvpantepetel oder Coffre de ss Iz Perote (Neu-Spanien) Kon | 20 S Nevado de Toluca(Neu-Spanien)| 4607 2364 |. Vulkan von Joru aus der Ebene emporgehoben, 1759, 1204 618 |. (Neu-Spanien) Eliasberg ( Nordwestküste von Amerika) , 5513 2829 |Expedition der spani- Montana de Buen - Tiempo > | d 'Galeano. j (ebendaselbst ). 4949 2334 kn a ? Vulkan von Arequipa (Peru) .| 2693 1382 | Espinosa. Berg Duida, a von den 2551 1309 |. ar 5 BESTIMMTER HÖHEN. ÜBER DER _ NAMEN MEERESFLACHE, GEMESSENE HOHEN. u IN IN METERN. | TOISEN. BEOBACHTER. Sattelberg (Silla) von Caraccas.| 2564 1316 |Z. "Tumiriquiri ‚ eine Sandste 1902 976 |, uppe in Neu- Andalusien. Gipfel 3er Blauen Berge von 2238 1138 | Erward. Jamaica. In ner Sunser : Mowna-Roa(Sandwich-Inseln)| 5024 | 2578 |-Marchand. In Asızn. . . . Tumel Mezereb, Spitze des Li- n Billardiere | Icones 2906 1491 banon. \ nt.Syrie,d Ophyr (Sumatra ). “ ...| 3950 | 2027 | Marsden. 37 190 Cordier. 3701 ı899 |VJohnst orda es Shukburgs 368 893 In Arrıra. . Pico de Teyde. . x»... ? Jg Burn ee ie (43 3) 1 (4687) | (2405). | Heberden in (5180) | (2658) | Man. Hernandez (geo Tafelberg en 054 54 Caille. Mens de ae [€ te de lal 3300 1693 |z , gewit nion). In Eurora, 5 5 Saussure ( nach Shuk- IN DER ALPEN- 477 2a burgs Formel). Mont-Blane. 2.2... ..} 4728 | 2426 | Pietet (geome 4660 age Delue ( theils geometr. , theils barometrisch ). se. . - 000.| 4736 2430 |Saussure. Ortler, in Tyrol . . . 2. .| 4699 | a4ıı | Etwas ungewils. Jungfrau. ». .: oo... ne .]| 4180 2145 |Irall Finsterahorn . . 2. 2.2... .1 4363 2238 |Tralles önc oe 2 ae aırı | Tralles. Sehreckhem “onen. .)| 4079 2093 | Tralles. an een ee ee) 3983 2044 |Tralles, Breit .. 3902 2002 |Tralles. Groglckner, in Ana 2.21 3898 000 |Etwas ungewils. ee on 3913 1905 ralles. en du Dru onen .] 3794 | 1947 Saussure, ) 180 ÜBERSICHT ÜBER DER NAMEN R MEERESFLÄCHE, GEMESSENE HOHEN. —— ar a BEOBACHTER. Wetterhom. s ... ...u1 3720 909 |Tralles. Brauerei. none: #215,3699 1898 |Tralles. Doldenhorn . . «| 3666 881 |Tralles. Col-de-Geant . . 2... .| 3426 1758 |Saussure. Rothorn. . a. 028... .220,2935 1506 aussure. Le Cramont . » o 2... .| 2732 1402 |Saussure. uet . .| 3075 157 Saussure. Wißrihr (Oberayen) 2941 1509 |Bech. Fourche de . 2: 1203 35ı |Saussure. Schneeherg = a 2.2599 1294 hr Steinsalz von $. Maurice in Sa- Sa el voyen. Steinsalz der Wasserberge in 65a 248 [Buch 'yrol. Pettine, Gipfel des Gothard. . 22 1397 |Saussure. Fels bey Pafs-Lug een «| 2161 1109 |Moll. Gipfel des Brenner (Tyr. 2066 1060 |Buch. Montanvert. ee 5 954 |Saussure. Doee (Sateburg), 22 5: 1,800, 924 chieg. 1.1903 92 chieg. Dole (Jura) . 1648 846 |Saussure. Alpenpässe von Deu ad derSchweitz und Kiankueich, nach Italien : | über den Mont-Cervin. . 410 1ı75o |Saussure. über den col d igne 461 126 aussure. über den grand S. Bernard.| 2428 124 Saussure. über den col Terret. . . 321 1191 |Saussure. über den petit S. Bernard. | 2192 1125 |Saussure. über den S. Gothard . 2075 1065 |Saussure. ü den Mont-Cenis . .| 2066 1060 |Saussure: über den Simplon. , . 2005 102 aussure. Aner den Splügen 925 988 |Scheuchzer. r die Rastadter Tapren. ı559 800 5 über den Brenner . . 420 729 |Buch. DeurscHe GesBircE, nördlich an der rn kett F hlesien), . .| 1608 825 | Gersdorf. BESTIMMTER HÖHEN. GEMESSENE HÖHEN. ÜBER DER MEERESFLACHE, m | NAMEN IN IN METERN. TOISEN. BEOBACHTER. $ Große Rad . . . sie. . »| 1512 776 | Gersdorf. Tafelfichte . . » GR ...| 1150 590 | Gersdorf. Hohe Eule. . . 0. +| 1079 554 | Gersdorf. Zobtenberg. . - Sen] 721 370 sdorf. rocken. ©... 0... ...| 1062 545 C. IrıLıÄnısche Gesince, südlich von der Alpen- kette Ass 3338 1718 Saussure ( nach Shuk- Lesrone Ceigentich hr : a) bardischen ek 2806 1440 |Pini. won- a a 2672 1ı37ı |Perney, 2652 1361 |Perney. Monte- Gromo (Con). “+1 2237 1148 |Perney. M (Ap ) 2393 28 |Shukburg. Krix (Si icilien) . 1187 609. Monte -Cervello (Oonin) 1826 937 |Perney. ee ö 1198 615 |Shukburg, Venda,l er Gipfel d : ganien.. x. 20000. 555 285 |Graf Sternberg. La Fenestra, ein a des onte- 2149 1103 |Graf Sternberg. Monte - Yngir ‚der Höchst ste Gipfel Menke -Baldo. .| 2227 1143 |Graf Sternberg. GEBIRGSKEITE DER PYRENÄE Mont „Rena, A I nn 3436 | 1763 |Yidal, Reboul, Ramond. H 356 7 Me£eha?, n # g Ile Vignemale, ; = er u 3356 aa Fler, eine DL EN. 133382 ı710 |Fidal und Reboul. Mas ee ee ee re 123255 16750 }Cordier, etwas ungewils les Marbore . .| 3188 163 Vidal und Reboul, nes elle >. 123158 1619 |ARamon Breche de Holand, ee. 2923 1510 amond. Boom. 2935 1506 |Fidal und ‚Reboul. 2865 1470 echain. LePic long » » so... .| 3251 668 |.Ramond. 182 ° ÜBERSICHT BESTIMMTER HÖHEN. GEMESSENE HÖHEN. ÜBER DER MEERESFLACHE, u N NAMEN ENDE. IN IN = r METERN. | TOISEN. BEOBACHTER. , 2808 1441 | Cassıni, Canigou . » - 2 2781° 1427 .| Mechain. Pic du Montaigu . 2376 ı219 | Ramond. Pyrenäen - Pässe zwischen Frankreich und Spanien Port de Pinede a5ı ı29ı | Ramond. Port de Gavernie 2331 1196 | Ramond. Port de Cavarere . . .| 2259 | 1151 |Aamond. Pafs des Tourmalet . .| 2194 1126 |Ramond. In Frankreich, nördlich von den Pyrenäen : > Montagne de Mezin (Cevennes).| 2001 1027. a 886 968 ee 2042 1048 |Cassini ana... 1857 ‚953 a 1935 99 Cassini. Puy-Mary . 1658 85ı | Delambre 1863 956 |Cassini Col-de-Cabre . . . » 1689 867 | Delamdre Puy-de-Döme © 1477 758 | Delamb 1592 817 |Cassint. Le Ballon (Vogesen ) . 1403 720. Mont S. Victor bey Mia) . 970 498 |Thulıs. Is Sranıen, südlich von den Pyrenäen : n p; Das N72] (Si ne v vada de Grenada) . . 2249 1154 | Thalacker. Pallast von S. Tldefonso. 1155 593 | Thalacker. In Scnwepen : Kinekulle no 306 ı57 |Bergm In Istann.... Snoahals Jokulll . » 2. .| 1559 800 | Povelisen kla . 1013 520 |Poveisen. | In en ee . 1194 613 ;|Lord Muigrave. DISTANCE A IDECROIS- 3 N RACTON! ff, [2 R | 2 50°. |ülayuelle ler HAUTEURS| ae | CULTURE BaMEN? ASPECT \deMumidite | ey, TEMPERATURE HAUTEUR | | DEGRES |ECHELLE , RE; r "Aı COMPOSITION, D kant |Mnbge: | UESUREES Ddermamg DU Nenn“ Be ee rn gi dela. | POHELIE | zuleem | UES R i 2 & EG {mi RR Animaux n Jedon x felon eaprime par Ciel ee ey Br x limite ne des bo te n won elevalio les Osallan-\ exprume \en Degres de\ erpranee> ETTEN de Ar felon la hau 7 / da haut ds | ana en ee ee en % En vun jailierenten | 7 9; A lessus du Niveau “eg 1) B, 2 z Ye ve Z sfortis Quches. dela Me ‚me Pendule’\ du >, a, imaumum YRDSpRE Pa per = 1a hauteurs. Bi COLE JLIUCES er. yanometre > y 1 Iregue>. uils habıtenet . x DU GLOBE. ee Saußure. | Meriyues. mi 7. us differentes | 9 . Y ecentgrade). i 0% latı@udes ügrade. L y 2, =, 2 a 2 J Fi A x er 7 U units Men gr ze 7 2 An Elob 2 | m: = g ‚ N } J. ie en 5 EA nz Klevation des peits nuages | gl (moutons) tele bi le det Z NE A SE DA J, er? FR 7 = 5 2 u zuveau de la mer. 7. RR, .g ‚ x ; Bar. 0,” 300: N EEE . 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