SCHAF R BAND en, 18 ÖTTINGEN. 2 = e = 2U G VON DEN JAHREN 1864 BIS 1866. ZWÖLFTE . . GÓTTINGEN, : DER D IETERIG HSCHEN BUCH HAND LUNG. Bot. Gard IGLICHEN GESELL IN D Sek: basg Slöws = » an re E : Vorrede, Der vorliegende zwölfte Band der Schriften der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen enthält die Ab- handlungen, welche von ihren Mitgliedern und Assessoren in den Jahren 1864 und 1865 und in der ersten Hälfte von 1866 in den Sitzungen der Societät theils vorgelesen, theils derselben E worden sind. Auszüge daraus, so wie die kleineren SES - der Societüt mitgetheilten Abhandlungen, sind in den „Nachrich- : ten von der K. Gesellschaft der Wissenschaften und der G.-A.- Universität“ veröffentlicht worden. Das jährlich ünter den drei ältesten Mitgliedern der drei Classen wechselnde Directorium der Societät verwalteten wie. - bisher die Herren Marx, Weber und Ewald. z Von ihren ordentlichen Mitgliedern verlor die Socie- tät in diesem Zeitraum durch den Tod: 3 = Rudolph Wagner, gestorben am 13. Mai 1864 im 59. m [T S Bee Er war seit 1843 Mitglied in der physikalischen Classe. p Bernhard Riemann, gestorben am 20. Juli 1866 im 40. . — Jahre, seit 1856 Assessor, seit 1859 Mitglied der Hee = schen Classe. i E Von den Ehren- Mitgliedern: Wilh. Friedr. ik E und Fürst zu Salm- Horstmar LE ab No, IV PUT VORREDE. | E seit 1837 Mitglied der math. Classe. im 72. Jahre, seit 1837 Corrospondini seit 1851 Mitglied der : AM Coesfeld, gestorben am 27. Mürz 1865, 66 Jahre alt, seit 1857 Ehrenmitglied. Andreas von Baumgartner in Wien, gestorben am 30. Juli 1865 im 72. Jahre, seit 1854 Ehrenmitglied. Von den auswärtigen Mitgliedern und Correspon- denten: : C. M. Marx in Braunschweig, gest. am 6. December 1864 im 70. Jahre, seit 1837 Mitglied der phys. Classe. H. Rose in Berlin, gest. am 27. Januar 1864 im 69. J ahre, seit 1856 Mitglied der phys. Classe. G. Forchhammer in Kopenhagen, gest. am 14. December 1865: im 72. Jahre, seit 1857 Mitglied der phys. Classe. W. Hooker in Kew bei London, ‘gest. am 12. August 1865, im 80. Jahre, seit 1859 Mitglied der phys. Classe. J. F. Encke in Berlin, gest. 26. August 1865 im 74. Jahre, seit 1830 Mitglied der math. Classe. = F. C. W. Strwe in St. Petersburg, gest. am 23. November 1864 im 72. Jahre, seit 1835 Mitgl. der math. Classe. | J. Plana in Turin, gest. am 20. Januar 1864 im 83. J ahre, Chr. L. Gerling in Marburg, gest. am 16. Januar 1864 im 76. Jahre, seit 1830 Corresp., seit 1861 Mitglied der math. Classe. ©. B. Hase in Paris, gest. am 21. März 1864 im 84. J ahre, seit 1837 Mitglied der hist.-phil. Classe. J. M. Lappenberg in Hamburg, gest. am 28. November 1865 hist. - phil. Classe. | €. Cavetoni in Modena, gest. am 26. November 1865 im dahre, seit 1854 Race der hist.-phil. Classe. VORREDE. Er T 40 bcr jncii in Rostock, gest. am 30. April 1865 im 51. Jahre, seit 1859 Correspondent der phys. Classe. W. Frolik in Amsterdam, gest. am 22. December 1863 im 62. Jahre, seit 1861 Correspondent der phys. Classe. A. Th. Rupffer in St. Petersburg, gest, am 4. Juni 1865 im 66. Jahre, seit 1810 Correspondent der math. Classe. ` H. F. E. Lenz in St. Petersburg, gest. am 10. Februar 1865 im 61. Jahre, seit 1864 Correspondent der math. Classe. i W. St. Raradchitsch in Wien, gest. am 7. Februar 1864 iin 77. Jahre, seit 1825 Correspondent der hist. - -phil. Classe. F. J. Wolf in Wien, gest. am 18. Februar 1866 im 70. Jahre, seit 1841 Correspondent der hist.-phil. Classe. W. Cureton in London, gest. am 17. Juni 1864 im 56. Jahre, seit 1860 Correspondent der hist.-phil. Classe. Von den Assessoren verliessen die Herren G. Schmidt und L. Meyer Góttingen, indem ersterer einem Rufe nach Hannover, letzterer einem Rufe nach Dorpat folgte. Zum hiesigen ordentliehen Mitgliede für die historisch- philologische Classe wurde u und vom K. Universitäts-Cu- ratorium bestätigt: Herr Theodor Benfey. Zu auswärtigen Mitgliedern Wurden erwählt und vom ` K. Curatorium bestätigt : | . in der physikalischen Classe: die Herren Carl Theodor von Siebold in München, Corresp. s seit 660 Michel Eugéne Chevreul in Paris. ! - Joseph Dalton Hooker zu Kew bei ina YORREDE. A d Sdt Classe: ee . die Herren Heinrich Wilhelm Dove i in Berlin, Corresp. seit 1859. SE = August Ferdinand Möbius in Leipzig, Corresp. seit 1846. : : de | Johann Christian Poggendorff in Berlin, Corresp. seit 1854. SS William Thomson in Glasgow, Corresp. seit 1859. et Ferdinand Reich in Freiberg. E . Heinrich Buff in Giessen, Corresp. seit 1842. = — Carl Weierstrass in Berlin, Corresp. seit 1856. E = Enrico Betti in Pisa. E em In der historisch- - philologischen: Classe : : ; = = die Herren Samuel Birch in London. an, | To Friedrich Diez in Bonn. ^ | Zu Correspondenten für die Physikalische Classe wur- SSC? den ernannt: die Herren Johann Friedrich August Breithaupt in Freiberg —.. Bernhard von Cotta in ‚Freiberg. | v —. Friedrich Adolph Römer in Clausthal, Ae | - -— Alvaro Reynoso in Havanıı) ^ Be ya Für die mathematische; Classe: — ie Herren Carl Wilhelm. Borchhardt i in. ode. Arthur Cayley ini fizmbridggs-- August Clebsch in Giessen. 5 = . Andreas von Ettingshausen in Wien. — Wilhelm Gottlieb Hankel in Leipzig. | = Moritz Hermann von ‘Jacobi i in omnee : Philipp Gustav Jolly i in München. | =: RS een ORREDE. ` dco E Gent bua Sicher, in ne on zb James Joseph Sylvester in Woolwich. . Heinrich Eduard Heine in Halle. Pr die historisch - philologische Classe: ) | die Herren Theodor Nöldeke in Kiel, Assessor seit 1860. Hermann Bonitz in Wien. Jacob Burckhardt in Basel. Ludwig Häuser in Heidelberg. 2 Adolph Kirchhoff in Berlin. p - Leo Meyer in Dorpat; Assessor seit. 1861. i Matthias de Fries in Leiden, Wilhelm W. attenback i in Heidelberg. . Jean de Witte in Paris. Die i in dem Zeitraum » von 1864 Si August. 1866 in den See gen der K. Societät theils. vorgetragenen, theils vorgelegten Ab- handlungen und kleineren Mittheilungen sind folgende: 1864. ao Am 2. Januar. Grisebach, über die von 'Fendler in Venezuela en ten Bromeliáceen: "(Nachrichten Seite = an Derselbe, über‘ die Welwitschia. E Wicke, über die RE in SR Welwitschia. , p Listing, über ei (Nachr. S. 22.) SE Wöhler, EEN der. Mëtt in re Univ. Sen z ; 3 m lung. (Nachr. S. 30.) ` | Am 6. Februar. Stern, über die Eigenschaften der nepatiyen De Kettenbrüche, welche. die Quadratwurzel | aus einer gan- zen positiven Zahl darstellen. (Bd. xia) SS Waitz, über die Quellen des ‚ersten Theils der Annales e Ge Fuldenses. Se S. 53.) 5 win à E Am 5. März. Am 7. Mai. . Am 11. Juni. VORREDE. Marmé: (vorgelegt durch Meissner) über die Wirkiine d des Digitalins auf die Herzthätigkeit bei Thieren. (Nachr. S. 35.) Beilstein, über die Reduction der Nitrokórper durch Zinn und Salzsäure. (Nachr. S. 41.) Fittig, über einige Derivate des Phenyls. (Nachr. S. 43.) R. Wagner, über Schüdel aus alten Grübern. (Nachr. S. 87.) Keferstein, über die geographische Verbreitung von Pro- sobronchien.. (Nachr. S. 103.) von Seebach, über Orophocrinus, ein neues Crinoideenge- schlecht. (Nachr, S. 110.) Hübner (durch Wöhler), über Acrolein, Valeriansüurecya- nid, Cyanessigsäurebromid und Bromessigsäurecyanid. (Nachr. S. 111.) : Henle, über die äussere Körnerschichte der Retina. (Nachr. S. 119.) Klinkerfues, über einen neuen einspiegeligen Heliostaten. (Nachr. S. 125) Derselbe, über die Berechnung von Fixstern-Oertern (Nachr. S. 128.) : Ewald, über die grosse Karthagische Inschrift und an- dere neu entdeckte Phönizische Inschriften. (Bd. XII u Nachr. S. 179.) Curtius, über Delphische Inschriften. (Nachr. S. 135.) Beilstein, üb. Amidozimmtsüure u. Carbostyryl. (Nachr. S. 181.) Marmé, (durch Meissner) über ein neues giftiges Glycosid der Radix Hellebori nigri. (Nachr. S. 130.) Sauppe, die Epitaphia in der späteren Zeit Athens. (Nachr. S. 199.) Wöhler, über das Färbende im Aagi: (Nachr. S. 223.) Fittig , über die Synthese von Kohlenwasserstoffen und die Umwandlung des Acetons in Allylén. (Nachr. S. 225.) Klinkerfues, über einen von Steinheil construirten ëng: geligen Heliostaten. (Nachr. S. 248.; Deni. über einen von ih bearbeiteten SEN talog. (Nachr. S. 250.) Keferstein, über den feinern Baü der E der Mig d E | schnecken. (Nachr. S. 237.) . . Am 6. August. Wicke, über das allgemeine Vorkommen des Kupfers im Boden und in den Pflanzen (Nachr. S. 269). Derselbe, über Wurzel- -Verwachsungen bei EE und ihre Folgen. (Nachr. S. rt oo Wöhler, Bemerkungen über den neusten Meteorstein-Fall (bei Orgueil). (Nachr. S. 277) ` - Beilstein, über die sogenannte Salylsäure. (Nachr. S. 282.) = Am 5, Novemb. Henle, weitere Beiträge zur Anatomie der Retina. (Nachr. T i e ET S. 305) de - Curtius, zwei attische Inschriften. a S. 341.) Greg 3 Beilstein, über die isomeren Reen (Nachr. S. 326.) : Husemann u. Marmé (durch Wöhler), über die wirksamen Be- - standtheile von Helleborus niger u. H. viridis. (Nachr. S. 330.) Dieselben, über das Lycein. (Nachr. S. 337 d Am 19. Novemb. Sartorius von Waltershausen, über das Vorkommen des Rhi- - noceros tichorinus bei Northeim. (Nachr. S. 345.) i Beilstein, über einige Derivate der Brenzschleimsáure. d — (Nachr. S. 348.) Mp * E d Ei" Fittig, über isomere und peu Verbi adung en. Ge ih Bp d . 8. 852). Um ` Am 3. Decemb. Feier des COMM. = D Sos cie a. und Brel erioht- (Nachr. S. 961.) Grisebach, über die geographische Verbreitung a der Paan zen Westindiens. (Bd. SIL) ; | Meso o | ' rt aa Oase othe Studien. IL Ba. xum) p. Klinkerfues, über den Lichtwechsel der Veränderichen. (Nachr. S. L) x eg gier, die © geographische Verbreitung der Pul- : monaten. (Nachr. 829.) — Ä ` Wöhler, die Meteoriten in der U. inn Tug: (Nachr. S. 19.) SC Februar. Meissner, über das Entstehen der Bernsteinsäure im thie- rischen Stoffwechsel. (Nachr. S. 41) Waitz, über. die Ravennatischen Annalen als Hauptquelle für die Geschichte des Odovakar. (Nachr. S. 81.) Fittig, über das Dichlorglycid und dessen jon et. in Allylén. (Nachr. S. 61.) Derselbe, über einige Derivate des Dibenzyls. (Nachr. S. 64.) Pape (durch Weber), über das Verwitterungs - Ellipsoid wasserhaltiger Krystalle, (Nachr. S. 68.) Am 4. März. ‚Grisebach, Diagnosen neuer EE aus Cuba. (Nachr. S. 161.) ou Ec Meissner, weitere male über das Entstehen der >e Ber steinsäure im thierischen Stoffwechsel. (Nachr. S. 182.) von Steinheil (auswärt. Mitgl), die Bedingungen der Er- zeugung richtiger dioptrischer Bilder durch Linsensysteme = von beträchtlicher ‚Oeffnung. ` (Nacht, S. 131.) Klinkerfues, über ` den ‘Einfluss der. ‚Bewegung der Eiche quelle und eines brechenden ‚Mediums auf die Rich- tung des RO Strahls.: en S. 157.) Nach- N TER ett ne $ Keferstein, Beiträge ; zur [ Nach, s. Bs E 5 mg der obern Be um (Nachr: 8. 1881 e | (dutch. W ohlar)! ai über! dig, Oxydationsstufen des 2: E EES Exj Ate Reihe. (Nachr. S. 219.) Am 5. August. AE SÉ jc Sophokleische Inschriften. (Nachr. S. 244. | Wüstenfeld, der Reisende Jácüt als Schriftsteller und Ge- lehrter. (Nachr. S. 333.) | Listing u. v. Steinheil, üb. d. menschliche Auge. (Nachr. S.257.) Beilstein, über die Sege itane und Amidobenzoé- süure. (Nachr. S. 262.) Wendland (durch Grisebach), über die neue Palmengat- tung Gaussia. (Nachr. S. 327,) pus Th. Husemann (durch Grisebach) über Semina Wrightiae antidysentericae, ein neues Narcoticum. (Nachr. S. 329.) Ehlers (durch Henle), über die Bildung der Borsten und Ruderfortsätze bei den Borstenwürmern. (Nachr. S. 335.) Marmé (durch Meissner), über die physiologische Wirkung des Helleboröin und Helleborin. (Nachr. S. 342.) Listing u. v. Steinheil; über eine pite neuer Soe? ) struction. (Nachr: S. 348.) | Wicke, über das: Vorkommen von Kupfer im | Theron. nismus. (Nachr. 8.349). | Hampe (durch Wicke), "über den Harnstoff als Pflanzen- Nahrungsmittel“ (Nachr S- 352.) Keferstein, e zur An des Net dE os (Nachr. S. 356.) Ae. Klinkerfues , Wetten CC SCH Einfluss der u der Lichtquelle auf die Brechung: des Strahls. (Nachr. S. 316.) Fittig, über Amidovaleriansäure, über die Kohlenwasser- stoffe der Benzolreihe, über. Zersetzung des Di- und Te trachlorglycids durch Natrium (Nachr. 5S. 385.) m € Schubring (durch Curtius), Topographie der Stadt Selinu i EE Nerono. xo eine Inschrift | aus nequi Je de E SE VORREDE. Am 2. Decemb. Feier des Stiftungstages und Jahresbericht. (Nachr. $.481.) Ewald. über die Armenische Uebersetzung des vierten Ezrabuchs. (Nachr. S. 504.) Waitz, zum Andenken an Lappenberg. (Nachr. S. 496.) . Seebach, über den Vulcan Izalco und den Bau der Cen- tralamerik. Vulcane im Allgemeinen. (Nachr. S. 521.) Beilstein, Chlortoluol u. Chlorbenzyl nicht identisch. (N. 510.) 1866. E |... Am 6. Januar. Sartorius von Waltershausen, über den Silberkies, eine neue : Mineralspecies. | (Nachr. S. 1). Klinkerfues, Weiteres über den Einfluss der Bewegung De der Lichtquelle auf die Geschwindigkeit derselben und E E die Brechbarkeit eines Strahls. (Nachr. S. 33.) SS ps — Herm. Wicke (durch Boedeker) über das Corydalin. (Nachr. pu S | S Dn. | . Am3. Februar. Waitz, über die Quellen zur Geschichte der Begründung | der Normannischen Herrschaft in Frankreich. (Nachr. S. 69.) 200 0 Sartorius v. Waltershausen, Nachtrügliches über den Silber- un. kies. (Nachr. S. 66.) | C od a Mecznikow (durch Henle), zur vergleichenden Histologie der Niere. (Nachr, S. 61.) e : tu bo Oron MINNS, über die Valsslaciinesures (Nachr. S. 63.) | Am 3. März. Benfey, Auszug aus der im Bd. XII. gedruckten Abhand- pu: 2077 70 ene kung über die Aufgabe des Platonischen Dialogs: Kraty- Aw los. (Nachr. S. 113). | , aspe: zur we hands: (Nachr. S. 129.) En t über Curven doppelter men B 184) / ch id T Bericht üben; die vulkanischen Neubildun- gen bei Santorin. (Nachr. S. 149.) d Wöhler, abere ein neues Mineral von Borneo. Nachr. S. 155. 5) ` Sartorius von Waltersh ‚ über die GE dessel- — (Nachr. 8: 160. .) Ha u. Marme N Henle); bei die: gegen des Phosphors. (Nachr. S. 164.) Krause, über die Bierchen in der Clitoris. (Nachr s. 169.) Listing, über die Ree des SE (Nach. S. 171) Ewald, über die ee ee der Käfir-Spra- . chen. (Nachr. S. 175.) Benfey, zweite Abhandlung über die Aufgabe des "ue schen Dialogs: Kratylos. (Bd. XIL) Wicke, über den Phosphorit aus dem Eisenerz bei Peine. (Nachr. S. 211.) o | Keferstein, über einige liden. (Nachr. S. 215.) pos von Seebach, über den Vülean von Bänteriki und die Erup- tion von 1866. (Bd. XIII) Beilstein, über Para-Nitrotoluylsáure. (Nachr. S. 190.) Fittig, über Kohlenwasserstoffe. (Nachr. S. 194.) Preuss (durch Boedeker), über das Fumarin. (Nachr. S. 207.) von Seebach, die Zoantharia DRAMA der palaeozoischen Periode. (Nachr. S. 235). Enneper, über die cyclischen Flächen. (Nachr. S. 243. . Waitz, über Gotfrieds - von Viterbo Gesta Friderici I. Gëscht, 8/219): von Seebach, über. die eine: Soei ds deci < ren Leinethals und über einen neuen Beweis für das Al- ter des Menschengeschlechts: ` (Nachr. S. 293.) Klinkerfues, über den neuen Veränderlichen bei & c LS nae Borealis. (Nachr. S. 267.) 2 car über ein Problem der Photometrie. ach S. 210. E VORREDE.- Die für den 'Nivisiibor 1865 von der historisch- philologi- i schen Classe gestellte ` Preisfrage: eine ausführliche Ge- schichte der Stadt Damascus, hat keinen Bearbeiter ge- funden. ` ts Für die nächsten Jahre werden von der K. Societät folgende | Preisaufgaben gestellt: Für den November 1866 von der physikalischen ee . von Neuem aufgegeben: Lët Quum, eximiis Cl. Hofmeister JUS Le Selaginellae genesis satis cog- ^ . H D LI navaverint, desiderat R. S. ut germinatione accurate observata novis experi- mita sit, Lycopodii vero naturae explorandae botanici hucusque frustra operam: mentis iconibusque microscopicis illustretur, quaenam sit Lycopodii sporarum functio et GEESS vascularium familiae hoc genus vera affinitate jungatur. i „Da durch Hofmeister’s er: a CH Enntwicklungsgeschichte ki. m des Selaginellen zur Genüge bekannt, eine genauere Kenntniss des Wesens der - Lyeopodien aber bis jetzt von den Botanikern. vergebens erstrebt ist, so wünscht . die K. S., dass nach sorgfältiger Beobachtung des Keimens durch die Mitthei- lung neuer Versuche und. mikroskopischer Abbildungen die Bedeutung der Sporen ` von Lycopodium nachgewiesen und ausgeführt werde, mit welcher Familie der t kryptogamischen Gefässpflanzen diese, ‚Gattung wirklich verwandt ist“, & Bär | den November p von Kan mathematischen Classe: f 1 contineantur in ines Lien S EUR SE RE Schlinge Se von en v der Theorie zur Zt EC h rerit gebieten, und trotz der vielfachen Bemühungen, auf dem. Wege des Versuchs eine Beant- wortung herbeizuführen, steht eine endgültige Entscheidung noch immer zu er- warten. Die K. Societät wünscht daher die Anstellung neuer Versuche, geeignet auf möglichst directe Weise zu entscheiden , ob in einem polarisirten Liehtstrahl der Winkel zwischen der Vibrationsebene und. der Polarisationsebene Null oder 90° seits. Für den November 1868 von der historisch- philologi- k schen Classe: | Qui literas antiquas tractant, res Graecorum et Romanorum duobus discipli- VPN narum singularum ordinibus seorsum explicare solent. Quae separatio quanquam VO UHR necessaria est, tamen quanta eadem incommoda habeat, facile est ad intelligen- Se dum; quae enim communia sint in utriusque cultura populi, quominus perspi- . ciamus, impedit, quae ab altero instituta sunt, cum quibus alterius vel inventis vel institutis necessaria quadam et perpetua causarum officientia cohaereant, ne 2 intelligamus, graviter obstat, denique quae in historia rerum coniuncta sunt, " seiungit. Quare omnia ea, quibus res utriusque populi inter se cohaerent, accu- rate inquir haud levis videtur momenti esse. Quod cum Graeciae et Italiae incolas primitus inter se cognatos fuisse linguarum historiae scrutatores lucu- a ` ` lenter docuerint atque ex altera parte, quomodo cultura Graecorum et Roma- ` ie norum initio Scipionum temporibus facto 'Caesarum aetate prorsus denique in ` unum coaluerit, accuratissime homines docti explicaverint, Societas regia litera- | rum et gratum et fructuosum futurum esse existimat, quaenam vestigia rerum -graecarum prioribus. populi romani aetatibus appareant, studiose indagari et, .. quibus potissimum temporibus inde a regum aetate singula huius efficientiae ge- E. i nera ostendantur, a quibus ea regionibus . et urbibus (Cumis, Sicilia, Massalia, Athenis, Corintho) profecta. sint,, denique quae. ita praesertim in sermone, arti- bus, literis , institutis publicis. conformandis ; effecta sint, quantum quidem fieri potest, explicari. Quae quaestiones quanquam uno impetu : absolvi non poterunt, i plenius intelligendam multum videntur conferre posse. Societas. igitur regia Erg dd explicetur: n ; qnam vim res graecae in ES: Se, literis, institutis publicis Roma- X . habuerint. - ` ep EE ADe klassische Philologie ist gewohnt das griechische nd das ere e S thum in zwei gesonderten Reihen von Diseiplinen zu behandeln. . mmg die nothwendig, aber sie hat auch ihre unverkennbaren n I SC VORREDE. = i erschwert den Ueberblick über das Gemeinsame in der Kultur der Griechen und Römer, lässt die Kontinuität der Entwicklung nicht erkennen und zerreisst das geschichtlich Zusammengehörige. Es ist daher wichtig die Berührungspunkte und Wechselbeziehungen in der Entwicklung beider Völker ins Auge zu fassen. Nachdem nun sprachgeschichtliche Untersuchungen über die ursprüngliche Ver- wandtschaft derselben neues Licht verbreitet haben (die gräko-italische Epoche) und auf der andern Seite die Verschmelzung der griechischen und römischen Cultur, wie sie in der Zeit der Scipionen begonnen und unter den Cäsaren sich vollendet hat (hellenische Epoche), mit Erfolg durchforscht und dargestellt wor- den ist, so scheint es der K. Ges. d. Wiss. eine anziehende und lohnende Auf- gabe zu sein, den Spuren griechischer Einwirkung, welche sich in den früheren Perioden der römischen Geschichte zeigen, sorgfältig nachzugehn und, so weit es möglich ist, die verschiedenen Epochen dieser Einwirkung, von der Königszeit an, ihre verschiedenen Ausgangspunkte (Kumä, Sicilien, Massalia, Athen, Ko- rinth), und die Ergebnisse derselben, namentlich auf dem Gebiete der Sprache, der Kunst, der Literatur, und des öffentlichen Rechts zu ermitteln. Wenn auch diese Untersuchung sich nicht sogleich zu einem Abschluss führen lässt, so ver- spricht sie doch sehr erhebliche Ausbeute für die Geschichte der alten Kultur. In diesem Sinne stellt die K. Ges. d. Wiss. die Aufgabe: Darstellung der hellenischen Einflüsse, welche sich in der Birärke, der Kunst, der Literatur und dem öffentlichen Rechte der Römer vor der Zeit der ma- kedonischen Kriege erkennen lassen“. = Die Concurrenzschriften müssen vor Ablauf des Sep teinbess | der bestimmten Jahre an die K. Gesellschaft der Wissenschaften ‚portofrei eingesandt sein, begleitet von einem versiegelten Zettel, _ welcher den Namen und Wohnort des Verfassers enthält und mit | dem Motto auf dem Titel der Schrift versehen ist. | -Der für jede dieser Ane ausgesetzte Preis SE fü zig Dukaten. * > * ngekündigten . n Gauss Werken ist de des. dritten Bandes, de die zur -allgemeinen Analysis gehörige Arbeiten, ebenso auch der Druck des vierten Bandes, der die Ar- - -beiten von Gauss über Wahrscheinlichkeits-Rech g, über Geo- metrie und Geodäsie enthält, so weit vorgeschritten, dass beide Bände noch im Laufe dieses Jahres erscheinen werden. Göttingen im August 1866. - Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen im Augüss 1866. Ehren- -Mitglieder. P Pris Maximilian von Neuwied, seit 1826. EE? de Luynes in Paris, seit 1853. Peter Merian in Basel, seit 1862. Ordentliche Mitglieder. Physikalische Classe. T ES Een beii 1837. Bestindiger Secretair seit 1860. E Gott]. Bartling, seit 1843. A. Grisebach, seit 1851. L CE F. wi ee seit 1856. (davor Assessor, seit 1841) SH: Sauppe, Ba Go J. E. Wappäus, seit 1860. (Zuvor "Bhd seit t 1851). Th. Benfey, seit 1864. Assessoren. | Physikalisehe Classe. E. F. G. Herbst, seit 1835. C. Boedeker, seit 1857. W. Wicke, seit 1859. W. Keferstein, seit 1861. F. Beilstein, seit 1864. R. Fittig, seit 1864. . €. von Seebach, seit am W. Krause, seit 1865. ` | = | hlers, seit 1865. I arsarlasiaydd Mathari ike ER E F. W. Klinkerfues, seit 1855. À. Enneper, seit 1865. Auswärtige Mitglieder. | ` Physikalische Classe. Sir James Clark in London, seit 1837. Carl Ernst von Baer in St. Petersburg; seit iilos UNE Jean Baptiste Dumas in Paris, seit 1851. pron Correspondent, seit 1849). Christian Gottfried Ehrenberg in Berlin, seit 1851. Carl Friedrich von Martius in München, seit 1851. 1881 Justus Freiherr von Liebig in München, seit 1851. (Zuvor Com Ernst Heinrich Weber in Leipzig, seit 1851. ^ «©. S) eor Carl Friedrich Theodor Krause in Hannoyer, em 1852.. Wilhelm von Haidinger in Wien; seit 1853. Carl Friedrich Naumann in Leipzig, seit seit 1853. Robert Bunsen in Heidelberg, seit 1855. Elie de Beaumont in Paris, seit 1855. Gustav Rose in Berlin, seit 1856. : = AT I in Berlin, ‚ seit 1857. MS, de - Louis god in Beta 1859. EE Pierre, Marie, Flourens dn Paris, seit. 1859... Sir Richard Owen in London, seit 1859. Adolph Brongniart in Paris, seit 1860. ieh Wilh. Hofmann in Berlin, seit 1860. H Milne Edwards in Paris, seit 1861. Hermann Kopp in Giessen, seit 1863. (Zuvor Corresp, seit 1855.) Carl Theodor von Siebold in München, seit 1864. (Zuvor Corresp., seit 1850) . Michel Eugéne Chevreul in Paris, seit 1865. ; -Joseph Dalton Hooker zu Kew bei London, seit-1865. : Mathematische cum Br David Brew ster in Edinburgh, seit. 1826. Mich. Farad ay in London, ‚seit 1835. ORUM Sir John Hersch elin in Collingwood, šeit 1840. ioi Corresp. ‚ seit 1815.) U. J. Rt D. P ‚seit 1846. 7 | : ios Biddel Airy in | Greenwich, seit 1851. - Charles Wheatstone in N seit 1884. Joseph Liouville in Paris, seit 185 er EENEG SE: Kummer in Berlin, seit Sink (Zuvor Corse Wiliam 1 Halka Miller i in Wee seit 1859. à Edward Sabine in London, seit 1862. > Zuvor‘ Coiresp, seit Se * ek von Steinheil in München, seit 1862. Zu Jor 7 Corresp. seit 1837.) eun Hansteen He Christianis, seit Ia. Zuvor. . seit 1840.) | v r Come. seit 1859) ` "Bistorisch-philologisdié' gw SET | wiainnA sd c d. Si SC Fr. Gott. Welcker i in Bonn, seit 1819. ` (Zuvor Zuvo: BN Ma rd. ai, |. AA, Boeckhi in Berlin, seit 1830. GH DESEN Da tic Im. Bekker in Berlin, seit 1835. Ed. Gerhard in Berlin, seit 1835. G. H. Pertz in Berlin, seit 1837. Francois Guizot in Paris, seit, 1841. Christian August Brandis in Bonn, seit 1851 Victor Cousin in Paris, seit 1851. : Leopold Ranke in Berlin, seit 1851. Justus Olshausen in Berlin, seit 1853. Franz Bopp in Berlin, seit 1854. 9419: Christian Lassen in Bonn, seit 1860. . onn SEE seit 1850.) Georg Friedr. Schömann in Greifswald, seit 1860. (Zuvor Corresp. seit 1850) . Gottfried. Bernh ardy. in Halle. seit 1860. . (Zuvor Correspondent, seit 1854.) . Friedrich Ritschl in Bonn, seit 1860. (Zuvor. Correspondent, 1854.) ` Wilhelm Wackernagel in Basel, seit 1860. (Zuvor rg ‚seit 1855) ‚August Meineke in Berlin, seit 1860. . Georg Gottfried Gervinus in Heidelberg, seit 1862. . Adolph Trendelenburg in Berlin, seit 1861. i Georg Ludwig von Maurer in Mün "rush : dl 1863. . Zuvor Comep. aei: 1895) ` Samuel Birch in London, seit 1864 Friedrich Diez in Bonn, seit 1864. east . De Medici Spada in Rom, seit 1847. T : Hermann Stannius | in Rostock , seit. — rod N Hehretier in Wien, eit die. 5 J. Pelouze in Paris, seit 1856. Henri Sainte Claire Deville in Paris, seit 1856. Axel Erdmann in Stockholm, ‚seit 1857. L. Zeuschner in Warschau, seit 1857. Heinrich Helmholtz in Heidlbeig, seit 1859. Johannes Hyrt] in Wien, seit 1859. Nicolai von EB os in St. Petersburg, seit 1859. Rudolph Leuckart in Giessen, seit 1859. . Eduard Weber in Leipzig, seit 1860. - Alfred Wilh. Volkmann in Halle, seit 1860. F. H. Bidder in Dorpat, seit 1860. Carl Schmidt in Dorpat, seit 1860. F. C. Donders in Utrecht, seit 1860. ..J. van der Hoeven in Leyden, seit 1860. Joh. Jap. Sm. Stenstrup in Kopenhagen, seit. 1860. Hermann von Meyer in Frankfurt a. M., seit 1860. - Bernhard Studer in Bern, seit 1860. e Mu P Heinrich Limpricht in Greifswald, ‚seit 1860. (Zuvor Assessor, seit t 1857. x Ernst EE SES in es RE 1861.. ` Braun in Her seit 1861. nie poor in dod. seit i 1861. Pec von Mohl i in Kee seit 1861. -Friedrich Adolph Römer i in i Clans wa 1864. Alvaro Boynone in Havanna, seit 1865. Mathematische Classe EC A. Quetelet in Brüssel, seit 1837. SEN Humphrey Lloyd in Dublin, seit 1843. Curva cedo E : F. G. A. Argelander in Bonn, seit 1846. — E NE qr C. A. F. Peters in Altona, seit 1851. | M ideis Uc John. Couch Adams in Cambridge, seit 1851. | ies | Thomas Clausen in Dorpat, seit 1854. Ludwig Seidel in München, seit 1854. — Georg Rosenhain in Eu seit 1856. : = Otto Hesse in Heidelberg, seit 1856. 5 Peter Riess in Berlin, seit 1856. John. Tyndall in London, seit 1859. Charles Hermite in Paris, seit 1861. Leopold Kroneker in Berlin, seit 1861. =~ Julias Schmidt in Athen, seit 1862. =, Carl Wilhelm Borchardt in Berlin, seit 1864. T Arthur Cayley in Cambridge, seit 1864. August Clebsch in Giessen, seit 1864. x Andreas von Ettingshausen in Wien, seit 1864. "Wilhelm Gottlieb Hankel in Leipzig, seit 1864.. Moritz Hermann vori Jacobi in Petersburg, seit. 1864. Philipp Gustav Jolly in München, seit 1864. _ Carl Hermann Knoblauch in Halle, seit 1864. Carl Neumann in Basel, seit 1864. Julius Plücker in Bonn, seit 1864. un. a Georg Gabriel Stokes in Cambridge, seit 1864 ` : Fi 1:7 James Joseph Sylvester in Woolwich, seit 1864. Heinrich Eduard Heine in Hette; m, 1865. 4 Daoin piii gae Gett S i jac Champollion Figeac in Fontainebleau, seit 1812. ZER von Lü itzow in Schwerin, ‚seit 1835. Ge Eer pe »e 1887. = — UE E G. Roulez in Gent, seit 1841. . Rudolph Roth in T übingen, seit 1853. ` Adolph Friedr. faw Schaumann in Hannover, seit 1853. Friedrich Tuch in Leipzig, seit 1853. August Dillmann in Kiel. seit ,1857... A AG Droysen in Berlin, pe 1857. . Moritz Haupt in Berlin, seit 1857. . Wilh. Henzen in Rom, seit 1857. . Carl Hegel in Erlangen, seit 1857. = G.C. F. Lisch in Schwerin, seit 1857. . Otto Jahn in Bonn, seit 1857. - "Theodor Mommsen in Berlin, seit 1857. B. Rangabé in Athen, ae.1857. 3: E von Stülin in Stuttgart, seit 1857. . von Dorn in St, Petersburg, seit 1859. , P. Gachard in Brüssel, seit 1859. "delit Gildemeister in Bonn, seit 1859. Th. G. von Karajan in Wien, seit 1859. Frans Palacky in Prag, seit 1859. Theodor Bergk in Halle, seit 1860. E Bötticher i in Berlin, seit 1860. Lepsius in Berlin, seit 1860. Cu m in Wiese Lok 1860. ‚eonhard Speng lin München, Er 1860. Heinrich Ludolf Ahrens i in n seit 1861 a; 1861. Sach Burekhazdt i in Basel, seit 1865. gear jiss s sonaida T St of dülobuit Ludwig Hüuser in Heidelberg, seit n ni ansmiüsdo8 io haiwi dalobA | 3 y Adolph Kirchhoff in Berlin, seit 1865. SESE mes Bisqisd ar GEDE getcbotet Leo Meyer in Dorpat, seit 1865. (Zuvor Askkäsdr, ‚sei —Q agant d deser - Matthias de Vries in Leiden, seit 1865. VOA dioe ihid ai asavosQ 23: Wilhelm Wattenbach in Heidelberg, seit 1865. 991 Jos nilo ni iqgaH steet | Jean de Witte i in Paris, seit SEN ët diae | SE mi Den Sat AIW at Wer end. Af ER D ; 239 hal AM. | D 8 noël ar ode t od 2 SR E » 1 e Lë ‚old ol oasemgoh o ‚FIRE Mud. üt am BE ES n C81 disg Toeil i GI dioa arol ni 194 ae Got Aas aptaqem ET dioe mof 0081 2152. pev iu d aer. dioa ‚novonaeH fi anar ‚1981 Jisa dottüdasioW ni .Iü8I tisz .TovomtüsH ni keeten: ,üedoeuM ni Josee 4 LISI sa diris mi modii? ai aoa d | seint his Haase 38% isi p 2s 998 I3 Hess. Seite III ` Verzeichniss der Mitglieder der Königl. Gesellschaft der Wissen- schaften zu Göttingen im August 1866. XVIII Abhandlungen der physikalischen Classe. A. Grisebach, die geographische Verbreitung der Pflanzen West- indiens. Abhandl ungen der math ematischen Classe. Stern, über die Eigenschaften der periodischen negativen . Kettenbrüche, welche die Quadratwurzel aus einer SE Zahl darstellen. wos ie l4: AA Avi MÄ AA ai y : : E t | Dër SE be j S ; ite; | Die geographische Verbreitung der Pflanzen Westindiens. Von A. Grisebach. Vorgetragen in der Sitzung der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften vom 3. December 1864. Nach der vollendeten Herausgabe meiner Flora der britischen Inseln Westindiens!) habe ich es für meine Aufgabe gehalten, was aus dieser Arbeit für die Geographie der Pflanzen sich ergeben hat, in einer, abge- sonderten Abhandlung nicht bloss zusammenzustellen, sondern unter dem Gesichtspunkte der Schöpfungscentren zu bearbeiten. Aus manchen Un- tersuchungen hatte ich die Ueberzeugung geschöpft, dass. die Gesetze, welche in Bezug auf den räumlichen Ursprung der Organismen bisher nur von kleinen oceanischen Archipelen abgeleitet waren, auf der gan- zen Erde dieselbe Gültigkeit haben und auf den Kontinenten nur durch den erleichterten Austausch der Erzeugnisse zahlreicher Bildungscentren verdunkelt sind. Ein Archipel von der Grösse Westindiens, ungleich nach seinen Bestandtheilen gegliedert und dem amerikanischen Kontinent sich beiderseits anlehnend, konnte als’ ein Uebergangsgebiet zwischen In- seln und Kontinenten gelten, und versprach daher weiterführende Auf- schlüsse über die Frage, ob die organischen SEN überall von ein- zelnen Oertlichkeiten ausgegangen sind. Während der langjährigen Dauer meiner utes RE Untersu- chungen über die westindische Vegetation habe ich die Lösung. dieser Aufgabe stets im Auge gehabt und daher alle vorhandenen Nachrichten, namentlich die nicht publicirten Dokumente. der Sammler, sowohl von 1) Flora of the British West Indian islands. London, 1859—64. 4 A. GRISEBAC H, den Inseln als vom Kontinent möglichst vollständig zu benutzen gestrebt, um die Verbreitungsgrenzen der Arten festzustellen. Auf diese Unter- suchung: der geographischen Areale,- welche die verglichenen Gewächse bewohnen, habe ich aber auch den Zweck der vorliegenden Abhandlung eingeschränkt, da eine umfassendere Bearbeitung der Vegetationsnormen Westindiens von vorn herein ausgeschlossen war. Weder die Literatur, noch die den Pflanzen hinzugefügten Angaben der Reisenden geben uns ein hinreichend deutliches und gegliedertes Bild von der Vegetation die- ses tropischen Gebiets; die Untersuchungen über die Anordnung der Ge- wächse zu Formationen, über ihre vertikale Vertheilung, über den Ein- fluss des Bodens und Klima’s können bis jetzt von einem entfernten Standpunkte aus nicht unternommen werden. So blieb mir nur übrig, die horizontale Verbreitung der Arten vergleichend zu bearbeiten und aus der Gestalt ihrer Areale Schlüsse auf den Ursprungsort ihrer Bil- dung und auf die Kräfte abzuleiten, welche ihre Wanderung bewirkt und ihren heutigen Verbreitungsbezirk umgrenzt haben. Diese Methode ist ganz unabhängig von den Hypothesen über den Ursprung der Arten selbst: man kann die Frage, wie sie entstanden sind, als ungelöst und sogar auf dem jetzigen Standpunkt der Naturforschung als unlösbar an- sehen, und doch von dem Orte, wo sie sich bildeten, eine sichere Er- kenntniss erlangen, wenn sie auf eine enge Räumlichkeit beschränkt blieben, oder wenn die TE ihrer Wanderungen nachgewiesen werden kónnen. Hätte sich de zu bearbeitende Stoff nur auf die Flora des briti- schen Westindiens und auf die früher mitgetheilte Uebersicht der Ve- getation der Karaiben beschränkt, so würde die Absicht, ein grösseres Ge- biet der ees Zone zu behandeln nicht erreicht sein. Allein’ die Thátigkeit C. Wrights in Cuba, dessen frühere Sammlung tos ich bereits bearbeitet hatte 1), machte es möglich, die grösste Insel der den Plan der Arbeit aufzunehmen. Dieselbe umfasst daher en “von den Bahama's und Cuba bis Trinidad mit alleiniger : cS AE irs of Amer. Acad: p 1. 1860. P. 2. 1862. OUV, AE DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 5 Ausnahme von Haiti und Portorico: diese Inseln bilden ein Verbindungs- glied zwischen den beiden westlicher gelegenen grossen Antillen und den Karaiben, mussten aber aus Mangel an Hülfsmitteln ausgeschlossen werden. Der handschriftliche Katalog, den ich zu Grunde lege, enthält gegen 4400 Phanerogamen und etwa 400 Gefässkryptogamen: die neuen, darin aufgenommenen Cuba-Pflanzen beabsichtige ich nächstens zu publi- eiren. Ich schätze die Zahl der bekannten Gefässpflanzen des Gebiets auf nicht höher als 5000 Arten, wiewohl ich aus jenem Verzeichnisse diejenigen ausgeschlossen habe, die mir zweifelhaft geblieben waren. Zwei der grössten Familien habe ich in meinen geographischen Ver- gleichungen meist ganz unberücksichtigt gelassen, die Farne, weil die Verbreitung der durch Sporen sich fortpflanzenden Gewüchse mit der der Phanerogamen nicht wohl zusammengefasst werden kann und in weit hö- herem Grade*'auf athmosphärischen Bewegungen zu beruhen scheint, und sodann auch die Orchideen, deren Areale, da viele Sammler in tropi- schen Ländern sie vernachlässigt haben, nicht hinlünglich bekannt sind. Bei der Feststellung der Arealgrenzen habe ich übrigens ausser den Samm- lungen auch die Literatur benutzt: es lüsst sich jedoch, da die Doku- mente in der Flora des britischen Westindiens erwähnt sind, im einzel- nen Falle erkennen, ob die Angaben auf Autopsie oder fremder Autori- tät beruhen. I Areale der nicht endemischen Pflanzen Westindiens. 1. Exotische Pflanzen. (156 Arten, welche nach der Art ihres Vor- kommens als eingeführt bezeichnet worden sind). Hiezu gehören Kul- turgewächse die auf verlassenen Plantagen sich erhalten und fortpflanzen, sowie die auf bebauten Boden beschränkten Pflanzen, welche mit jenen, zum Theil erst in neuerer Zeit, nach Westindien gelangt sind. 5 ist überflüssig. nüher auf diese Gewüchse einzugehen, da sie in der westi dischen Flora nach den Angaben der Sammler durch die für solche Fälle übliche Bezeichnung (*) von den einheimischen Pflanzen unterschieden worden sind. Von manchen ist es ungewiss, ob sie sich auf di 6 A. GRISEBACH, erhalten und in eine der folgenden Kategorieen übergehen. Der soge- nannte amerikanische Muskatnussbaum (Monodora myristica), der jedoch erst von Afrika nach Amerika verpflanzt worden war, scheint zum Bei- spiel in Jamaika wieder verloren gegangen zu sein und überhaupt in Amerika nicht mehr vorzukommen. Solche Arten hingegen, die, wie Ranunculus repens, eigenthümliche klimatische Varietäten erzeugt haben, zeigen hiedurch die Fühigkeit, sich einen selbstündigen Platz in der west- indischen Gebirgsvegetation zu erobern und ihn in der Zukunft festzu- halten. 2. Ubiquitáre Plonsen- Von den durch mehr als 80 Breitegrade und den ganzen Umfang der Meridiane verbreiteten Gefässpflanzen kom- men 34 Arten in Westindien vor, welche grösstentheils in dem entspre- chenden Verzeichnisse A. de Candolles!) erwähnt werden. Sie sind sämmtlich entweder Wasser- und Sumpf- oder Litoral-Pflanzen, deren Verbreitungsweise durch Zugvógel und Strömungen als möglich nachge- wiesen ist, oder Begleiter der Kulturfelder, die den Kolonisationen über die Erdkugel gefolgt sind. Ihre. Unabhängigkeit von klimatischen Ein- flüssen zeigt sich nur bei zwei Cruciferen gemindert (Cardamine hirsuta und Senebiera pinnatifida), welche in Jamaika nach Macfadyen auf die Gebirge der Insel beschränkt sein sollen. Nur in wenigen Fällen ist durch die Form des Verbreitungsbezirks eine Andeutuug der ursprüng- lichen Heimath gegeben, namentlich bei Dichondra repens, die in der. südlichen gemässigten Zone allgemein vorkommt und die nördliche nur in einzelnen Meridianen erreicht. f. E pe o Bed lemersum L. 629 —449. |Droser a longifolia L. 71° —23^ - Nasturtium officinale R- Br. 58° —492*. ^ snardia palustris L. 54° 340. E ‚ palustre DC. 3719.—40^.;; ; |Callitriche verna L 719 —529. 1° an eda fruticosa K Eorsi 55°. —23°. !Samolus Valerandi L. 60° — 84? a c. Ruppia. maritima L. 59° —40°. SE Ziti bedentet- nördliche, die dania io ieit DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. Potamogeton natans L. 68% —40°. Lemma trisulea L 67° —40°. . — ... fluitans Rth. 56° —40°. Typha angustifolia L. 67° —40 Lemna. minor. 67? — 40? L. 2. PI. agrestes ete. Cardamine hirsuta L. 64? —? 1). Datura Stramonium L. 60° —40°, Senebiera pinnatifida DC. 55° —35?. — Tatula L 50° — 40*, Oxalis corniculata L. 57? — 359. Dichondra repens Forst 40? — 48*, Lythrum Hyssopifolia L. 54° —40?. Verbena officinalis L. 57° —40°, Erigeron canadensis L. 67° — 34°, Eragrostis pilosa P. B. 51° —34°. Senecio vulgaris L. 719 —52°. — poaeoides P.B. 52° —34°. Sonchus oleraceus L. 679 Ann. 'Panicum crusgalli L. 57° —34°, — asper Vill. 679 —40°. Setaria glauca P. B. 56° —40°, Plantago major L. 67° — 40°, Weieen Ischaemum L 52° —34°, Solanum nigrum L. 61° —40°. . 8. Transoceanische Areale. gi Arten). Die erste Zusammenstel- lung von Gewüchsen, welche die tropischen Meere auf ihrer Wanderung überschritten haben, ist bekanntlich in der Abhandlung R. Brown’s über die Congo-Pflanzen enthalten und neuerlich von A. de Candolle betrücht- lich vervollständigt worden. Allein ihre Anzahl wächst Im Verhältniss ausgedehnterer Vergleichungen, und in der westindischen Flora allein sind bereits mehr als doppelt so viel transoceanische Arten nachgewie- sen, wie in den Verzeichnissen de Candolles. In manchen Fällen, -na- mentlich bei der Verbreitung nach den nördlichen Küsten Australiens, die damals von der Kolonisation noch ganz unberührt waren, hat R, Brown die Einwanderung auf natürliche, ohne Zuthun des Menschen wir- kende Ursachen zurückgeführt. Seine Ansicht, dass hiebei die oceani- schen Strömungen durch die Hinüberführung des Samens zu gleicharti- gen Klimaten besonders thütig sind, erhielt durch die Versuche Darwin's und Anderer über die Keimfühigkeitsdauer im Meerwasser schwimmen i der Früchte eine neue Stütze. Was. aber den Zusammenhang | bet iff : SP Die Identität von Sal hirsuta de südlichen gemäsfigten. Zone En . .. vergl. Bemerkungen über Pflanzensammlungen Philippi's und Lechler's S. 27. (Bd. 6. dies. Abh.), und J. Hooker Fl. Tasman. p. 20. 8 A. GRISEBACH, den R. Brown zwischen der Organisation des Samens und den transoce- anischen Wanderungen zu finden glaubte, so lässt sich seine Meinung nicht mehr festhalten, oder vielmehr die Mittel, welche die Dauer der Keimfähigkeit erhöhen, erscheinen mannigfaltiger, und die Art, wie sie wirken, ist nicht überall erkennbar. Es ist zwar richtig, dass die al- bumenfreien Familien mit entwickeltem Keim, wie die Leguminosen, Malvaceen und Convolvulaceen, zahlreichere Beispiele von transoceani- scher Verbreitung enthalten, aber Suaeda, Pisonia, Scaevola, Solanum u. a. besitzen ein ausgebildetes Albumen gleich den meisten Monokoty- ledonen. Man könnte vielleicht behaupten, dass entweder der ent- wickelte Keim die Wanderung begünstige, oder in anderen Fällen das Stärkemehl des Albumens, welches leichter als die Fette der Zersetzung widersteht, aber auch” hiemit würde die Verbreitung von Scaevola und Solanum nicht erklärt sein. Ein bemerkenswerthes Beispiel von der Erhaltung der Keimkraft oelreicher Samen ist Hippomane Mancinella, wel- che nach Andersson auf den Galapagos vorkommt, wohin dieselbe nur durch das Meer verpflanzt sein kann, da, wie J. Hooker gezeigt hat, die einzige Verknüpfung dieses Archipels mit der Flora Panama’s und Westindiens auf einer oceanischen Strömung beruht: übrigens fehlt je- ner Euphorbiaceenbaum in den nachfolgenden Verzeichnissen, gleich den übrigen Pflanzen, deren Wanderung nur bis zu verhältnissmässig nahen Inselgruppen oder Küsten reicht. In den meisten Fällen, wo eine Ver- breitung nach den Galapagos stattgefunden hat, ist dieselbe durch das Vorkommen auf dem Isthmus von Panama vermittelt: die wenigen Arten, we zwischenliegende Standorte bis jetzt nicht bekannt sind, habe ich am Schluss der Uebersicht transoceanischer Areale zusammengestellt und darauf die ebenfalls geringe Zahl von sporadisch vertheilten Pflanzen fol- gen lassen, welche Westindien und der nördlichen gemässigten Zone zu- gleich angehören Unter diesen letzteren hat die Ansiedelung einiger europaeischer Unkräuter und Wasserpflanzen nichts Auffallendes, das en Sage von zwei , westindischen Holzgewächsen auf den Bermudas Golfstrom erklären, und die Verbreitung einer süd- Y bis zum Cap der guton Hoang wird falls die DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 9 Identität der Art sich bestätigt, ebenfalls an die analogen transoceani- schen Wanderungen innerhalb der Tropen sich anschliessen. Das merk- würdigste und wiewohl es sich dabei um eine schwimmende Pflanze des süssen Wassers handelt, bis jetzt unaufgeklärte Beispiel intermittirender Verbreitungsweise ist Brasenia peltata, zu deren, von J. Hooker nach- gewiesenen Fundorten, nun durch Wright's Entdeckung auch das westli- che Cuba hinzuzufügen war. Die meisten transoceanischen Pflanzen Westindiens begleiten die Kulturfelder und Plantagen, und auch unter den übrigen sind manche Holzgewüchse und Lianen enthalten, die mit der Kolonisation oder dem Negerverkehr der Inseln in Beziehung stehen. Da aber diejenigen Ar- ten, bei denen eine Mitwirkung des Menschen auf ihre Verbreitung un- denkbar ist oder nur durch so seltene Zufälligkeiten herbeigeführt sein könnte, dass die Allgemeinheit ihres Vorkommens dabei unerklärt bliebe, fast ohne Ausnahme entweder am Meeresufer wachsen oder Wasser- und Sumpfpflanzen sind, und also in beiden Fällen ihren Samen die Strö- mungen des Oceans oder der Flüsse zu Gebote stehen, so lässt sich ihre Vefbreitung auf bestimmte Ausgangspunkte oder Schöpfungscentren zu- rückführen. Auch bei den im Allgemeinen durch den menschlichen Ver- kehr absichtlich oder zufällig übersiedelten Gewächsen ist in gewissen Fällen nach dem Vorgange R. Brown’s die Verpflanzung durch natür- liche Ursachen nachzuweisen, namentlich bei Arten, welche auf den nicht kolonisirten und unbewohnten Inseln des Gallapagos-Archipels an- getroffen sind (z. B. Mollugo nudicaulis, Sida spinosa u. a., Cassia occiden- talis, Solanum verbascifolium, Ipomoea pentaphylla, Commelyna cayennensis u. s. w.) Die Meeresstrómungen sind nun wohl das einzige Mittel, durch welches eine Uebertragung von Kontinent zu Kontinent über den ` atlantischen oder stillen Ocean hinüber möglich ist. Auf so grosse Ent- fernungen könnte der Wind vielleicht Sporen, aber nicht Körper vom Gewicht eines phanerogamischen Samens schwebend erhalten: auch weht der Passat nirgends über eine grössere Meeresbreite von einem tropischen Kontinent zum andern, ausgenommen von Australien nach Java. Procella- rien, Vögel, die das atlantische Meer kreuzen, ernähren sich von Seethieren: Phys. Classe. XII. : B 10 A. GRISEBACH. wie sollten sie Samen von Landpflanzen beherbergen? Nehmen wir dem- nach an, dass alle transoceanischen Pflanzen Westindiens entweder durch die Kolonisation oder durch Meeresströmungen angesiedelt sind, so würde es nahe liegen, die letzteren als ursprünglich nicht amerikanisch anzu- sehen, weil die allgemeine Bewegung des Meers innerhalb der Tropen nach Westen gerichtet ist und keine Strömung von Amerika auf gera- dem Wege zu anderen tropischen Kontinentalküsten hinüberführt. In- dessen lehrt eine genauere Untersuchung, dass die grossen Aequatorial- strömungen beider Meere an der Wanderung von Litoralpflanzen grösstentheils unbetheiligt sind, die atlantische nicht, weil sie durch den Guinea-Strom von den Küsten des tropischen Afrika's geschieden wird, und ebenso wenig die pacifische, welche, ehe sie Asien erreicht hat, sich verliert und in Gegenströme auflöst. Die den beiden Küsten des atlan- tischen Meers gemeinsamen Pflanzenformen werden daher nur durch die Verzweigungen des Golfstroms verknüpft, der, die Sargassosee umkrei- send, der Küste Afrika's schwimmende Körper zuführen kann, die von den westindischen Inseln abstammen. Hierdurch wird die amerikanische Heimath leicht erklärlich, auf die man bei mehreren dieser Gewächse, 2. B. Drepanocarpus lunatus, Hecastophyllum Brownii, Paullinia pinnata, aus anderen Gründen schliessen musste. Aber man muss erstaunen über die Dauer der Keimkraft eines Samens, wenn man bedenkt, wie sehr der Abstand von Afrika und Amerika durch die Bewegung im ` Golfstrome vergróssert wird, oder wenn man sich die Lünge des Weges vergegenwürtigt, den eine den drei Kontinenten gemeinsame Litoralpflanze, wie Paritium tiliaceum, zurüklegen muss, um aus dem indischen Meere durch den ` Capstrom an die atlantischen Küsten verpflanzt zu werden, Dennoch giebt es eine Reihe pflanzengeographischer Thatsachen, welche in solchen Betrachtungen eine gemeinschaftliche Erklärung finden: die o Beschränkung ewisser Pflanzen auf die beiden atlantischen Tropenkü- sten ohne Theilnahme Asiens, das Vorkommen der in beiden Indien wachsenden auch in Afrika, die Verknüpfung der pacifischen Archipele isien durch die aequatoriale Gegenstrómung mit Ausschluss der s, die von. derselben nicht erreicht werden, endlich das Fehlen DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 11 amerikanischer Formen auf den meisten Südseeinseln, welche nur mit dem abweichenden Klima Perus durch Meeresstróme in Verbindung stehen. Die einzige Schwierigkeit bei dem Versuche, die Verbreitung der tropischen Litoralpflanzen aus der Richtung der oceanischen Strö- mungen zu erklären, bietet die Westküste Centralamerika’s: allein die geringe Breite des Isthmus lässt hier den verschiedensten Vehikeln der Wanderung freien Spielraum, und die Möglichkeit einer ehemaligen Senkung desselben unter den Spiegel des Meers braucht nicht einmal herbeigezogen zu werden. Bei einigen transoceanischen Holzgewächsen und Lianen, die weder auf die Küsten beschränkt noch durch die Kolonisation verbreitet sind, kann die Verpflanzung durch Meeresströmungen davon abgeleitet werden, dass dieselben in den Uferwaldungen der Flüsse vorzugsweise häufig vor- kommen, deren Gewässer die Früchte aufnehmen und weiterführen kön- nen. Dahin gehören von Bäumen Andira inermis; von holzigen Lianen: Cissampelos Pareira, Paullinia pinnata, Entada scandens, Abrus precato- rius, Dioclea reflexa, Mucuna urens und pruriens, von nicht holzigen Lia- nen mehrere Ipomoeen. Nur wenige Fälle transoceanischer Wanderung bleiben bis jetzt unerklärt, vielleicht weil wir von den Standorten nicht hinlänglich unterrichtet sind: Lonchocarpus sericeus, ein Baum an beiden atlantischen Küsten, der in Jamaika auf felsigem Boden wächst; Pepe- romia reflexa, ein Epiphyt der Wälder in allen tropischen Meridianen und bis zum Cap verbreitet; drei Gramineen, Panicum-Arten, von denen P. pallens ebenfalls im Schatten des Waldes vorkommt, aber auch von Rich. Schomburgk auf feuchten Weideplätzen angegeben wird, während P. prostratum und molle als Savanengrüser gelten, das letztere übrigens auch wegen seines Futterwerthes in Kolonieen, wo es nicht einheimisch war, absichtlich eingeführt worden ist. Die Mehrzahl der transoceanischen Gewüchse, welche mit den 2a turpflanzen unabsichtlich verbreitet sind, besteht zwar, wie auf den Ae- ckern der gemässigten Zone, aus vergänglichen, einjährigen und vielsami- gen Produktionen, aber, wie unter den Tropen häufig auch die weiche Axe verholzt und im der gleichmässigen Temperatur des Jahrs der Ge- B2 12 A. GRISEBACH, . gensatz ein- und. mehrjührigen Wachsthums verschwindet, so giebt es in dieser Reihe auch wirkliche Strüucher, welche die Baumkulturen der Plantagen begleiten oder sich, wenn diese verlassen werden, massenhaft ausbreiten. Hierzu möchte auch die eigenthümliche Form von Citrus Aurantium (var. spinosissima Mey.) gehóren, welche man in Westindien und Süd-Amerika als ein einheimisches Gewüchs bezeichnet hat. Ist v. Humboldts Meinung!) begründet, dass dieser Strauch schon vor der Zeit der Europaeer daselbst vorhanden gewesen sei, so würde in dessen Vor- kommen eine ausgezeichnete Stütze für die Annahme von vorhistori- schen Verbindungen zwischen den Küstenvölkern der Südsee liegen, in- ` dem in diesem Falle der asiatische Ursprung klar und die Uebertragung durch natürliche Ursachen hóchst unwahrscheinlich ist. Denn einestheils hat sich die specifische Eigenthümlichkeit der amerikanischen Form, die" Meyer und Macfadyen behauptet hatten 7, nach umfassenderen Verglei- chungen nicht bestütigt, anderntheils giebt es bekanntlich keine zweite in Amerika einheimische Aurantiacee und keine Thatsache liegt vor, welche auf die Möglichkeit von transoceanischem Transport durch na- türliche Mittel bei Gliedern dieser ostindischen Pflanzengruppe hindeutet. Von den tropischen Pflanzen habe ich diejenigen Arten nicht ab- ` gesondert, die auch in die wärmeren Gegenden der gemässigten Zone eintreten, wenn nach ihrer Gesammtverbreitung oder nach dem Typus ihrer Organisation der Ausgangspunkt ihrer Verbreitung innerhalb der . Wendekreise anzunehmen war. Bei diesen habe ich die Polargrenzen, so weit sie bekannt sind, angeführt; inallen Fällen, wo das Vorkommen ausserhalb der Wendekreise nicht nachgewiesen ist, fehlt dieser Werth. Namentlich bei einjährigen Gewächsen,, die wegen der Kürze ihrer Ve- getationszeit auch jenseits der Tropen die Sommerwärme finden, welcher sie bedürfen, ist hier freilich nur eine willkührliche Grenze gegen die SS Ss welche etwa 80 B egrade einschliessen, sind im Allgemeinen als -die D Humboldt, Ess. pol. Cuba, 1. p. 68. ED s 2) Veg. der Karaiben p. 34. (nach Meyer's Flora esseq. und Macfadyen's Fl. of DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 13 äussersten Linien festgehalten, bis zu denen sich gewisse Pflanzen der tropischen Zone ausgebreitet haben. Es zeigt sich hier das eigenthüm- liche Verhältniss, dass ein Theil der Arten vorzugsweise in die nördli- che, ein anderer in die südliche gemässigte Zone vordringt. Dies steht wahrscheinlich in manchen Fällen mit dem ursprünglichen Ausgangs- punkte der Wanderung in Verbindung und tritt noch auffallender bei den auf Amerika eingeschränkten Gewächsen hervor, bei denen ich diese Erscheinung näher erörtern werde. A. Tropische Arealet). 1. Pl. litorales. Anona palustris L. Scaevola Plumieri L. 25? —34°., Sesuvium Portulacastrum L. 38? — 48°. |Enicostema litorale Bl. (Slevogtia occ. etor. Suriana maritima L. sec. Kl). Paritium tiliaceum Juss. 23° — 34°. Argyreja tiliifolia Wight. Thespesia populnea Corr. 23? —34°. Ipomoea pes caprae Sw. Dodonaea viscosa L. — - asarifolia R. S. — Burmanniana DC. 30° —40°. Heliotropium curassavicum L. 45° — 459. — angustifolia Sw. 28° —34°. Avicennia nitida Jacq. Tribulus cistoides L. 30° —23°. — — tomentosa Jacq. 25° — 409. Drepanocarpus lunatus Mey. ‘Sporobolus litoralis Kth. 45° —23?. Hecastophyllum Brownei Pers. Chloris petraea Thunb. 320 — 249. Sophora tomentosa L. Stenot Schrk. 32° —359. Guilandina Bonducella L. 30° —23?. ae aphylla Kth. Rhizophora Mangle L.'309? —23°. Remirea maritima Aubl. 23° —30°. Laguncularia racemosa G. Scirpns obtusifolius V. 23° —34°, Conocarpus erectus L. 25° — 23°. — ferrugineus L. 23? _1350, 2. Pl. ripariae et hydrophilae, sylvaticae etc. Cissampelos Pareira L. 28° —23°. Mucuna urens DC. Paullinia pinnata L. . [Lonchocarpus sericeus Kth. Peperomia reflexa Kth. 28° —34°. Andira inermis Kth. Abrus precatorius L. 23" —34°, Entada scandens Benth. Dioclea reflexa J. Hook. Neptunia oleracea Lour. 30° —93*. Mucuna pruriens DC. |Ammannia latifolia L. 42? Be. 1) Die erste Ziffer ER nördliche, die zweite südliche Breite. 14 Jussiaea repens L, 40? —40.° acuminata Sw. suffruticosa L. 36? —23?. erii asiatica L. 35° —40°. natans Cyr. 40° — 239. Geophila reniformis Don. Centunculus pentandrus RBr. Herpestis Monnieria Kth. 40" —40°., Leersia hexandra Sw. 37? —34°. Vetiveria arundinacea Gr. cretus polystachyus Rottb. 41? —34?. mucronatus Rottb. 36? —23°, compressus L. 40? —23?. aristatus Rottb. 239 — 34°. Haspan L. 35° —34°. A. GRISEBACH. Cyperus articulatus L.30° — 34. rotundus L. 45? —40°, esculentus L. 45° —34°, distans L. 23° —34°, elatus L. ligularis L. 23° —34°, Kyllinga triceps Rottb. monocephala Rottb. pumila Mich. 40° —34°. — brevifolia Rottb. Abildgaardia monostachya V. 23? —34°. Scirpus capitatus L. 30° —23°. capillaris L. 40? —23°. Fuirena umbellata Rottb. iRhynchospora surinamensis Ns. —— — J. Pl. agrestes, introduclae elc. (Holzgewüchse kursiv gedruckt, meist durch Kultur verbreitet , alle übrigen kraut- artig oder Gräser). Argemone mexicana L. 40? —40°. Sinapis, brassicata L. Cleome pentaphylla L. Polygala paniculata L. 23° —35*. Phyllanthus Niruri L. 23° —34°. Euphorbia prostrata Ait. 30° —23°. pilulifera L. 35° —300. — hypericifolia L. 46? —40°. Drymaria cordata W. Mollugo nudicaulis Lam. Portulaca oleracea L. 53° —34°. Chenopodium ambrosioides L. 49° - Celosia argentea L. —— c 40°. Achyranthes aspera L. 40° —34*. Cyathula prostrata BL 30° —239, nn vermiculatus R. Br. 33° —23*. a the sessilis R. Br. 40° —400. ficoidea R. Br. 23° — 409, Amarantus spinosus L. 40° —23°. paniculatus L. Euxolus caudatus Moq. 23? —35°. Boerhavia paniculata Rich. 30° —23°. Pisonia aculeata L. Malvastrum tricuspidatum As. Gr. 32? —23?. spicatum Gr. 32? —23°. carpinifolia L. 32° —23°, spinosa L. 41° —35°, rhombifolia L. 40° —36°. urens L. 23? —28°, cordifolia L. 23° —34?. linifolia Cav. ` ` Abutilon periplocifolium G. Don. indicum G. Don. er Malachra capitata L. Urena lobata L. — sinuata L. — Sida — EEN DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. Guazuma tomentosa Kth. 30° —0°. Waltheria americana L. 30° —23°. Corchorus acutangulus Lam. Triumfetta Lappula L. semitriloba L. rhomboidea Jacq. Colubrina asiatica Brongn. Sauvagesia erecta L. — gez Halicacabum L. 35? —34°. 34°. microcarpum Kth. 23° — Melia sempervirens L. 30° —23°. Carapa guianensis Aubl. Citrus Aurantium L. var. Fleurya aestuans Gaudich. Polygonum glabrum W. 32° —35°. Crotalaria lotifolia L. | incana L. striata DC. Indigofera subulata V. viscosa L. Anil L: 34° —23?, Tephrosia apollinea DC. 30? —20°. leptostachya DC. Sesbania aegyptiaca Pers. 30° —23°, aculeata Pers. Aeschynomene sensitiva Sw. Zornia diphylla Pers. 35° —30°. Desmodium triflorum DC. incanum DC. spirale DC. 35? —23°. Stylosanthes procumbens Sw. Rhynchosia minima DC. - Clitoria Ternatea L. Centrosema virginianum Benth. 40? —30°, Teramnus labialis Spr. 23° —34°. Galactia filiformis Benth. 30° —23°. Pachyrrhizus angulatus Rich. Vigna vexillata Benth. — — c 15 Phaseolus lunatus L. adenanthus Mey. 23? — 35^. semierectus L. Canavalia obtusifolia DC. 23° — 30^. gladiata DC. 23% —35°. Caesalpinia pulcherrima Sw. Cassia bicapsularis L. 34° -- 23°. alata L. tomentosa L. 30° —34°. occidentalis L. 30? —40°. glauca Lam. obtusifolia L. 40° —23*. Absus L. Dialium nitidum G. P. Desmanthus virgatus W. 30% —35°. Mimosa pudica L. asperata L. 30° —23°. Leucaena glauca Benth. — — Ximenia americana L. 3 | Oldenlandia corymbosa 2 Acacia Farnesiana W. 30° —30°. ‚Chrysobalanus Icaco L. Quisqualis ebracteata P. B. Hernandia sonora L. IMomordica Charantia L. Luffa acutangula Ser. 30° —23°. Lagenaria vulgaris Ser. 30° —23°. Helosciadium mee DC. 32° _400. 9 359, herbacea DC. Sparganophorus Vaillantii G. Vernonia cinerea Less. Elephantopus scaber L. 30° —23*. Ageratum conyzoides L. 34° —30°. Xanthium macrocarpum DC, 46° ap. i Eclipta alba Hassk. 40° —30°. - s t Bidens leucanthus W. 34? —34°, -bipinnatus L. 50° -—95*. — Emilia sonchifolia DC. . 16 A. GRISEBACH, Brachyrhamphus intybaceus DC. Pongatium indicum Lam. 30? .—23?. Vinca rosea L. 30° — 239. Scoparia dulcis L. 25° -—-23°, Capraria biflora L. Vandellia diffusa L. — crustacea Benth. Schwenkia americana L. Datura Metel L. 40° — 23°, Physalis peruviana L. 38° —34°. — minima L. — angulata L. 40" —23°. Capsicum frutescens L. — baccatum L. Solanum nodiflorum Jacq. — verbascifolium L. — torvum Sw. 34? —23°. — virgatum Lam. 30° —23°. — latifolium Poir. Blechum Brownei Juss. Ipomoea bona nox L. — tuberosa L. — dissecta Pursh. 40° —23°. — pentaphylla Jacq. — digitata L. — Jalapa Pursh. 36° —23°. — pulchella Rth. — carolina L. - =- — umbellata Mey. = — Quamodlit L. 30° —23°. coccinea L. 40? —34?. — Nil Rth. 40° 23°. Convolvulus ovalifolius v. .. Evolvolus linifolius L. - Evolvulus alsinoides L. Heliotropium indicum L. 40? —35°, Hyptis spicigera Lam. — capitata Jacq. — brevipes Poit. —. atrorubens Poit. — suaveolens Poit. — pectinata Poit. 23° —35°. Leucas wartinicensis R. Br. 23° —34°. Leonotis nepetifolia R. Br. Lippia nodiflora Rich. 40° —35°, |Commelyna cayennensis Rich. 36? —23°. Eragrostis bahiensis Schr. 30° —30°. — ciliaris Lk. 30° —34°. Sporobolus virginicus Kth. 40? —34?. = indicus R. Br. 33? —34°. Leptochloa mucronata Kth. 40? —23?. Chloris barbata Sw. (Dactyloctenium aegyptiacum W. 409 —34°. Eleusine indica G. 45° —36°. Paspalum conjugatum Bg. 30° —34°., Digitaria marginata Lk. 40? —40°. — setigera Rth. 23? —34°. Panicum paspaloides Pers. 30? —23°, — pallens Sw. 23° —36°. Cenchrus tribuloides L. 45? --23°. — echinatus L. E eo aliena Spr. 30° —34°. Manisuris granularis Sw. 35° —23°. ; Sorghum halepense Pers. 45° —34°. 22 Unver kan Verbindung zwischen Westindien und den Gallapagos. DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 17 C. Verbreitung westindischer Pflanzen zu den Bermudas. Elaeodendron xylocarpum DC. S. Thomas; '' trei Rhachicallis rupestris DC. Bahamas — Jamaika. ` ` D. _Transoceanische Verbindung Westindiens mit den gemässigten Zonen. a. Pl. aquaticae. . Brasenia peltata Pursh. Canada — D Bhotan, Khasia, trop. Australien. Potomageton plantaginea Duer. Westeuropa; als. Najas major All. Europa, Asien, Sandwich-Inseln, Antigua. — - flexilis Rostk. Nordeuropa; — Mexiko; Haiti, Guadeloupe. b. Pl. agrariae. ` ` Abutilon crispum G. Don. Venezuela — Neumexico; Ostindien. Phytolacca decandra L. Nordamerika — Cuba; Sandwich-Inseln, China; Azoren, e canarische Inseln, Mediterrangebiet (eingeführt). CMT Rumex obtusifolius L. Nördliche gemässigte Zone — Cuba; Brasilien. "ues tenuis W. Nordamerika — Uruguay; Westeuropa. l c. Crinum giganteum air: Brasilien, Jamaika, Westafrika — Cap. 4. Areale, die beide tropische Zonen Amerikas umfassen. Die geographischen Verbreitungsbezirke der Pflanzen sind unter den Tropen, ebenso wie in der nördlichen gemässigten Zone, in zahlreichen Füllen bei Weitem grösser, als man früher geglaubt hat. Je mehr die Sammlungen aus den entlegene Standorte verbindenden Zwischenländern verglichen werden, desto häufiger zeigen sich die Areale nach innen zusammenhängend, nach aussen abgeschlossen , wie das Gesetz der Schö- pfungscentren fordert. In der südlichen gemässigten Zone dagegen, wo die Hauptgebiete von geringerem Umfang und in westöstlicher Richtung durch weite Meere oder wüste Ebenen !) getrennt sind, zeigen sich auch die Areale verhältnissmässig am kleinsten. Unter den westindischen Gefässpflanzen, soweit sie auf Amerika beschränkt oder ‚höchstens bis zu Age ‚Akchipelen, wie den Gallapagos und Bermudas eich E d Sr PEST d à Hiedurch erklärt sich wohl am eiifüchsten. der Gegensatz der Ost- and West- ee den Dr. Hooker bésprod en man, FL Introduet. p.54). - bsshrg.J) asobtio: "Ps Classe. XII. C 18 A. GRISEBA CH, bewohnt nach meinen Untersuchungen ungefähr der sechste Theil den ganzen Raum des tropischen Gebiets, und. hierunter findet sich. wieder eine Anzahl, welche über die Wendekreise und den Bereich der tropi- schen Jahrszeiten hinaus in die würmeren Gegenden der gemässigten Zonen eindringen. In dem letzteren Falle betrachte ich nämlich nicht die Wendekreise selbst als die Polargrenzen der tropischen Vegetation, sondern die gebogenen Linien, welche das klimatische Gebiet tropischer Regenzeiten einschliessen, von denen die eigenthümliche Physiognomie ihrer Natur, die Mischung der Baumarten in den Wäldern ‚.der Reich- thum ihrer Parasiten und Epiphyten, die Mannichfaltigkeit ihrer Lianen, in den Savanen die Aufnahme von ‘grösseren Holzgewächsen abhängt. In dem nachfolgenden Verzeichnisse, wo die Polargrenzen, wie vorhin nur bei den in nicht tropische Klimate eindringenden Pflanzen angege- ben sind, ist daher keine Rücksicht darauf genommen, ob z.B. eine Art in Brasilien nur bis zur Breite von Rio oder von Porto Alegre beob- achtet worden ist: denn hier reichen tropisches Klima und tropische Formationen bis über den 30sten Grad südlicher Breite, wogegen an der mexikanischen Ostküste der Wendekreis als Polargrenze tropischer ‚Natur gelten kann. Ein ähnlicher, aber weit merkwürdigerer Unterschied tritt in Westindien selbst hervor, wenn wir die Vegetation der Bahama’s mit dem gegenüberliegenden Festlande von Florida. vergleichen: jene ist tropisch , dieses besitzt nur vereinzelte tropische Bestandtheile. Die Insel New. Providence, wo wahrscheinlich Swainson's Bahama- Pflanzen haupt- süchlich gesammelt worden sind,. wird von dem 95sten Parallelkreise geschnitten : etwa südlicher, jedoch noch. unter demselben Breitegrade, li x t der dem Südende von Florida benachbarte kleine Archipel von. Key "est, von dessen Vegetation man einige Kunde hat. Die Flora der Bahama's ist nur ein Glied der westindischen: die grosse Mehrzahl der Pflanzen wächst auch in Cuba und auf anderen Antillen, bis hieher sonima, Malpighia, Stigma 'hylion, Triopteris), Meliaceen (Swietenia Ma- o 4 i A ona j DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 19 ‚hingegen ist im Allgemeinen mit dem von Georgien und Carolina über- einstimmend ` die Vertreter tropischer Familien, welche in den südlichen Staaten vorkommen, haben sich in Westindien nicht wiedergefunden (mit Ausnahme von Sabal Palmetto, einer Palme, die vielleicht durch den Verkehr übergesiedelt ist); von westindischen ‚Holzgewächsen kommen nur wenige in Florida und Key West vor (in Florida. 2 Coccoloba-Arten, Pithecolobium unguis cati, Guettarda elliptica, Psychotria lanceolata, Myr- sine laeta, Jacquinia armillaris, Tournefortia gnaphalodes; in Key West Guajacum sanctum, Schaefferia» frutescens, Passiflora angustifolia , Exo- stemma caribaeum, Erithalis fruticosa. Beurreria tomentosa). Wenn die nórdlichsten Bahamas. die über den 27sten Parallelkreis hinausreichen, botanisch untersucht sein werden; ist mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Unterschied von der kaum 14 g. Meilen entfernten Küste des Kontinents noch auffallender horvortritt. ` Auch hier habe ich die Grenze der eigentlich tropischen Vegetation als eine zwischen Florida einerseits, Cuba und den Bahama's andererseits verlaufende Linie aufgefasst, die daher vom Wendekreise bis zum: 28sten Breitegrade nach Osten aufwärts steigen würde, aber klimatische Ursachen scheinen. hier nicht vorzuliegen. Zwar werden auch den Bahamas tropische Jahrszeiten zugeschrieben }), aber wührend des Sommers, vom Mürz bis zum September, herrscht hier der Passat, der auf diesen niedrigen Inseln und. in dieser Breite Nieder- schläge tropischen’ Charakters nicht zu gestatten scheint. Ihr trockenes Klima ist offenbar vielen tropischen , auf stärkere Befeuchtung angewie- senen Gewächsen weniger günstig, als das des benachbarten Kontinents mit seinen intensiven Sommerregen?), wenn auch durch die oceanische Lage die Temperaturunterschiede vermindert werden und dadurch die Aufnahme gewisser Pflanzen wiederum begünstigt ist. Noch weniger Br sich der 4 mag km doe Ge aus wider e wird, ‚so ist auch. der weite ege der Bahama's nichts weiter als ein Ei Bchöpf, Reise. 2. aam 483. SE as Bt 2 E Blodget, Mineralogy of the United States, p. . 328. eT Léi go 2 A GRISEBACH, grosses Bauwerk von Korallenkalk. ` Wie kommt es nun, dass die west- indische Pflanzenschópfung sich dieses Archipels bemáüchtigt hat und der ebenso nahe gelegenen und gleichgebauten Keys von Florida nicht? Selbst die wenigen gemeinsamen Gewüchse sind grossentheils auch an den Kontinentalküsten des mexikanischen Meerbusens nachgewiesen und können also ebensowohl von dort, als von Cuba, zu den Keys gelangt sein. Die Ursache ist offenbar, dass die Bahama’s mit den grossen An- tillen durch zahllose Inseln und Untiefen verbunden sind, Florida hin- gegen mit seinen Key's von diesem Gebiete durch den Golfstrom getrennt wird. der hier eng zusammengepresst am stärksten sich entwickelt und die Früchte der Küstenpflanzen' nicht von Ufer zu Ufer gelangen lässt, sondern in das atlantische Meer hinaustreibt: ein Beweis, dass nicht immer die Meeresstrómungen Florengebiete verknüpfen, sondern dass sie auch. zur Erhaltung der Grenzen SES gesonderter Schöpfungen beitragen können. er . Vergleicht man die Organisation. der durch das ganze Tropengebiet Amerika's verbreiteten‘ Gewächse, so geben sich manche: Andeutungen von dem hóheren Grade ihrer Wanderungsfühigkeit zu erkennen. Die Zahl der Holzgewüchse ist geringer, als bei den endemischen Arten: dieselbe betrügt ungeführ den vierten Theil der Gesammtzahl, und dabei ist noch zu erinnern, dass unter den Bäumen etwa die Hälfte wegen ihrer Produkte auch durch die Kultur verbreitet worden ist. Ferner finden sich unter den artenreichsten Familien wiederum diejenigen, bei denen die Lebensdauer des Keims. gross ist"). . Endlich ist die Arten- pass im Verhültniss zu: den Gattungen: viel kleiner, als bei den ende- rischen den Westindiens; indem ` in vielen Füllen. einzelne Arten iow" df "es , smi: — ji ose 55 Arten eme die > ee Xormen dieser LR "m [^ ulaceen EH DAD Solaneen ` 15 le), Malvaceen 12 in Ir), Gramineen 71 Qs), Cyperaceen. 45 D: die übrigen Familien mit mehr als 12 Arten sind: Synanthereen 39 (e). Rubiaceen 18 (1/5), Euphorbiaceen 17 : bal, genen, 16 (Ye), Piporacoen 16 (Gi, Melastomadeën 16. eom Pe BER | a Make 2 Psje podium Hu adj io dein | hol iH DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 21 einer Gattung weithin. sich ausbreiteten, während die übrigen lokal blieben A. isto: «Unter den amerikanischen ar welche: die Gegen, geg tropischen: Klimas überschreiten, finden. sich nur wenige Holzgewächse : die grosse Mehrzahl besteht auch hier wiederum . aus Produktionen. des kultivirten Bodens, und auch diese sind im Allgemeinen nicht so weit als die transoceanischen in die gemüssigten Zonen vorgedrungen, sondern finden. ihre Polargrenzen oft schon in den südlichsten | Staaten Nord. amérikas, auf den; Bermudas oder im. Süden mm Uruguay. Diese. Er- sclieinung beruht offenbar auf der rascheren Abnahme der Wärme in Nord- amerika im Verhältnisse zu Europa, sowie auf dem Einflusse der Pampas von Buenos Ayres.: Alle diese Gewächse stelle ich in einem besonderen Verzeichnisse zusammen, vum de weit auffallendere Eigenthümlichkeit deutlicher zu machen, welche sich. aus ihrer Verbreitung ergiebt. Sie zerfallen nämlich in drei Klassen, je nachdem, sie in beiden Richtungen die Tropen überschreiten, oder nur in einer der. beiden gemässigten Zonen nachgewiesen sind. Diesen Unterschied, der. wohl in manchen Fällen nur auf unvollständiger Kenntniss des Areals beruht, aber zwei- fellos in anderen wesentlich ist, glaube ich nicht auf Einflüsse des Kl! ma's oder des Bodens beziehen zu kónnen. Stellen wir zwei Gewüchse zusammen, vón denen das eine in Florida, das andere in Uruguay an- getroffen wird, wührend das erstere zugleich bis zum südlichen Brasilien, das andere bis zu den grossen Antillen sich verbreitet hat, so scheint es durchaus an klimatischen Thatsachen zu fehlen, welche diesen Gegen- satz veranlassen konnten. Die Wärme von Uruguay entspricht der der südlichen Staaten Nordamerikas. Von den Niederschlägen Uruguay's, bemerkt: Darwin, dass viele. und starke Regengüsse während des Winters. fallen, dass aber auch der Sommer nicht übermässig; trocken sei: auch hierin liegt wohl kein hinlänglicher Erklürungsgrund. ` In. beiden. Gebie- ten endlich ist der Boden mannigfaltig und fruchtbar. In einigen Fällen sind es vikariirende Arten von ähnlicher Organisation, welche diese enté 1) oaa ved Mere Regel adios sich bei Arte Solanum, Tpomoea, Tournefortia, Panicum und bei den Cyperacee e "St 0 = de? cx CSV) KGRISEBAOH, gegengesetzte Verbreitungsweise zeigen (z. B. Cuphea- viscosissima ‘und hyssopifolia, Myrsine laeta und floribunda, Lantana odorata und Camara): man darf hier also wohl vermuthen, dass in der Natur dieser Pflanzen kein Hinderniss ihrer Wanderung in beiden Richtungen liege. ` Aus diesen Verhältnissen "wage'ich den Schluss zu ziehen, dass die Ursache der verschiedenen Form ihrer Areale auf der verschiedenen Lage der Ausgangspunkte ihrer Verbreitung beruhe, dass die Schópfungscentren, auf die sie ursprünglich beschränkt waren, in dem einen Falle diesseits, im anderen jenseits des Aequators zu suchen sind, und dass sie daher, gleichmássig nach Süden und Norden fortschreitend, in derselben Zeit entweder den nórdlichen oder den südlichen Wendekreis früher erreicht haben. Vielleicht stiessen sie auch auf ihrer Wanderung auf mechanische oder physiologische Hindernisse, sei es dass sie in nördlicher Richtung den Floridastrom oder von Mexico aus die Prairien nicht überschreiten konnten, oder dass in’ den Urwäldern und Savanen Brasiliens ein 'zu kräftiges Pflanzenleben ihnen entgegentrat, welches sie in herein an nicht zu‘ RER vermochten. . Song sonoN a. ‚ Pflanzen , "weiche , auf. Amerika, beschränkt, von "den Tropen aus die Grenzen des. tropischen Klima's entweder in beiden Richtungen oder nord- y wärts (B) oder südwärts (A) überschritten haben. (Holzgewüchse cursiv.) — als vB B. Nymphaea ampla DC. 309. . B... Petiveria alliacea L 34°. RB. -Croton glandulosus L. au. —— _ Chenopodium anthelminthicum E am B. Euphorbia maculata L. 40. z 85" HB , heterophylla A 40°. : e Salicornia ambigua Mich. 420. eu Iresine celosioides L. 40° —35°. ~ ° JA. Alternanthera polygonoides R.Br: 35°. latu | 35 (6g ee oe "A. Amgarahtus tristis L 339.- Prsi o} = -Boerhavia viscosa Lag. 30". am. Ip. Anoda hastata Cav. 36°, . D eese caroliniana G. Don. 4 d A0 wm» E : "i T $5 T LE SE B. ERR . Rhynchosia reticulata DC. 30%. s eei. ; DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG: DER PFLANZEN WESTINDIENS. Buettneria sedbra Db. .345;. Melochia L 30°; Triumfetta . süthaeoides Lam. 380, Salix Humboldiiana W. 35°. Oxalis Martiana Zucc: 35°. Urera caracasana Gaud. 35°. Boehmeria cylindrica: W. 45 —35°. Polygonum acre Kth. 40? —40?. acuminatum Kth. 40°. Meissnerianum Cham. Schl. aot. Coccoloba uvifera Jacq... 201. Desmodium uncinatum DO. 30? —34t: Vigna luteola Benth. 30? —35°. Parkinsonia aculeata L. 35? — 34?. | ve Desmanthus depressus Kth. 30°, Acacia macracantha Humb. 35°. Cuphea viscosissima Jacq. 42°, hyssopifolia Kth. 34°, Ammannia humilis Kth. 42°. ‚\Cucumis, Anguria L. 25. Passiflora incarnata L. 40°. Hydrocotyle umbellata L. 42°. ranunculoides L. 42° 40. Hamelia patens Jacq. 25°. Chiococca racemosa Jacq. 33° —30°. Diodia rigida Cham. Sw. 30. Borrera verticillata Mey. 34°. Valeriana scandens L. 309. . Erigeron bonariensis L..35*. : deeg xanibieigdes, DC. 350, —— is L. 30° —40°.| Ambrosia eng L. 45°, Zinnia multiflora L; 36°. . . Borrichia arborescens. Dc. EEU REEF [EPSEWESM p EE E is ESCH B. A. B. 23 Flaveria Contrajerva Pers. 34°, . Pectis prostrata Cav. 30°, Porophyllum ruderale Cass. ‚35°... Galinsoga parviflora Cav. 34°; (B*. —53?). Gnaphalium albescens Sw. 42%. — 247. americanum Mill. 30° — 55°, Erechthites hicracifolia Pers. 42? —35°. Leria nutans DC. 30* — 34^. Plantago virginica L. 45? —40°, Plumbago scandens L. 30°, ; Utricularia subulata L. 45. Myrsine laeta A. DC. 30°. IH ^ floribunda R. Br. 340, Jacquinia armillaris L.: 30°. Vallesia glabra Cav, 25° —9279. — Buddleja americana L. 30°. Buchnera elongata Sw. 30°. Herpestis chamaedryoides Kth. 309. ;ı Micranthemum orbiculatum Nutt. 36°. Physalis pubescens L. 40°. g Linkiana Ns. 36°. Solanum mammosum L. 36°. Tecoma stans Juss. 279. .. Elytraria tridentata V. 30° -- 350, Ruellia tuberosa L. 30°. Jacquemontia tamnifolia Gr. 36°. Evolvulus sericeus Sw. 34°. Cuscuta umbellata Kth. 34°, ` Cordia DENA RoS 27° an. Deeg inundatum Sw. 30° 30. .jparvifloum L. 25°. — Hyptis spicata. Poit. 30° 38°, i verticillata Jacq. 34. ado: Se Micromeria Brownei Benth. 30°... Bidens Coreopsidis DC. 20". SM a A. GRISEBACH, . Teucrium inflatum Sw. 35*. Lippia geminata Kth. 30% — 359. A. Laníiana Camara L. 359. B. Pistia occidentalis Bl. 30%. ënn reptans Ns. 45° 350, Beo conferta Tr. 36°. NUM stricta Mich. 36° —34*. A. Milium lanatum RS. 34°, B. Oryza latifolia Desv. 36?. B. Pharus latifolius L. 30°. B B > . Leptochloa virgata P. B. 30°. . ® . Chloris polydactyla Sw. 30°. green compressum Ns. 36? —395?.. distichum L. 409. —35*. — setaceum Mich. 42°, plicatulum Mich: 40°. Erioċliloa punctata Ham. 35% —=350, B. Panicum fuscum Sw. 309. B. inescens Ns. 30°. "PF b» EERSSSSSS . Setaria onurus Gr. 349. = Tripsacum monostachyum ı W. 429. Tricholaena insularis Gr. 40°. Andropogon saccharoides Sw. 360 — 35°, — condensatus Kth. 34°. Cyperus vegetus W. 369 — 349. — Luzulae Rottb. 36°. Beie plantagineus L. 309. — autumualis L 439. — spadiceus L. 42°, — brizoides Sm. 42°. -Hemicarpha subsquarrosa Ns. 409. » BB Rhynchospora Vahliana Gr. 369. . Scleria hirtella Sw. 309. Allium striatum Jacq. 369 —34°. Heteranthera reniformis P. B.42° — 35^. Eichhornia azurea Kth. 35°; . Pontederia cordata L. 459. u Tillandsia recurvata L. 369.— 359. e usneoides L. 409 —34°. |B. Burmannia — Mart. 36°. b. c tie Bee dae ganze SÉ Amerika’s Seat den Antillen "und Mexico bis Peru und Südbrasilien) verbreitet sind, ohne dessen klimatische ‚ Grenzen oder die grossen Oceane zu überschreiten. ` (Holzgewächse cursiv gedruckt.) | Clematis. deddi Li? Tétracera etii Capparis cynophallophora L. Bixa Orellana L. i DIE GEOGRAPHISCHE VERE Polygala longicaulis Kth.. ` — angustifolia Kth. Hieronyma alchorneoides Allem. Cicca antillana Juss. Phyllanthus Conami Sw. Jatropha gossypifolia L; — Curcas L Cnidoscolus napaeifolius Pohl.. Croton urticifolius Lam. — hirtus Lam. — ]lobatus L. Caperonia shaik ES Hil. — palustris St. Hil. | Juss. Talinum triangulare W: Glinus Cambessedesii. Fzl. Phytolacca icosandra L. Microtea debilis Sw. Rivina octandra L. Anredera scandens Moq- Atriplex cristatum Kth. Celosia virgata Jacq. Chamissoa altissima Kth. ` ` Gomphrena decumbens Jacq. Mogiphanes Jacquini Schr. — . straminea Mart... Iresine elatior — 4 — gurata Dir.. Scleropus RE Dëse Boerhavia scandens L. ‘Pisonia inermis Jaeq. — . obtusata Sw. : Sida glomerata Cav. — supina lHér. ^ Phys. Classe. XII. .|Rheedia lateriflora L. Calophyllum Calaba Jacq: Sida paniculata L. i Bastardia viscosa Kth. Pavonia typhalaeoides Kth. ` — spinifex Cav. — racemosa Sw. Hibiscus bifurcatus Cav. (Pachira aquatica Aubl- Guazuma ulmifolia Lam. Melochia tomentosa L. — serrate Benth. — hirsuta Qay. — lupulina: Sw. s» r|Corchorus hirtus L. =; Apeiba Tibourbou Aubl. . «Gouania tomentosa Jacq. ` Clusia rosea L! Moronobea coccinea Aubl. Mammea americana L. Vismia ferruginea Kth. . |Erythroxylum ovatum. Cav. Byrsonima verbascifolia Kth. ;;;|Clethra tinifolia Sw. 2|Celtis aculeata Sw... su EET — microphylla | Casar. Westindien nur eingeführt TUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS 25 - (vielleicht im Y m ram £k ges s j iFcus. Radula Wr: nee sus 26 Cecropia obtusa Tréc. — palmata W. Maclura tinctoria Don. — Xanthozylon Endl.- Urera baccifera Gaud. ` Pilea microphylla Liebm. — pubescens Liebm. — hyalina Fzl Boehmeria caudata Sw. ': Phenax urticifolius Wedd. — vulgaris Wedd. Polygonum spectabile Mart, : = hispidum Kthl ` Mühlenbeckia tamnifolia Msn. Peperomia nummularifolia Kth. 10. v" pellucida Kth. ` MT LI cci mdp A Dina en -dendrophila Sch, siart En repens i Kth. paion TM distachya Dtr. ^: Ea obtusifolia k — d — galioides Kth. septemnervis R: Ro SA Potosi Mw ep Enckea Amalagó Gr 2 ‚ Sekilleria caudata Kin A. GRISEBACH, |Aeschynomene brasiliana DC. ^|Desmodium barbatum Benth. adscendens DC. — eajanifolium DC. — axillare DC. - — scorpiurus Desv. — molle DC. ^'^ Stylosanthes viscosa Sw. “Rhynchosia phaseoloides DC. » » Set ez H u "Rer Get An SE Sn brevipes B Bentl vitia PUT ania e ita Kt. nnns yigte bd ite M gines a Nebel untl A - E ana n. es. % 3 Clitoria glycinoides DC. — cajanifolia Benth. Centrosema Plumieri Benth. — hastatum Benth. '|Teramnus uncinatus Sw. - |Stenolobium coeruleum Benth. "'|Phaseolus ovatus Benth. '|Mucuna altissima DO. "956 Erythrina CorallodendroR: rm TEE — velutina W. ^^ [Cassia bacillaris L. — viminea L. — laevigata Wi — hirsuta L. "^ sm — sericea Sw. — diphylla L. - — rotundifolia Pers. — pubescens Benth. ` EE pubescens ae are Bin SES DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG: DER PFLANZEN WESTINDIENS. 27 Acacia sarmentosa Dess. Dto — racemosa DC. ha Chaenopleura ferruginea Ox. Ee longifolia Gr. Cremanium rubens DC. Arthrostemma ce Naud. »ladanoides. DC. "e lanceolatum Gr. Nepsera aquatica. Nand. . — Heimia salicifolia Lk. | ~ Jussiaea sedoides Kth: u... — variabilis: Mey. - ans Be leucantha Na.» BJ4HTOOD = " " " M mollis Ns. -794 I: ben sine, 'Trianospermum racemosum Gr. Passiflora laurifolia L. Turnera ulmifolia L. Piriqueta cistoides Gr. | Aristolochia trilobata: L. Cereus flagelliformis Mill. Opuntia Ficus indica Mill. Begonia scandens Sw. ` Sciadophyllum oapilajum Gr. l Plotodendon flavens Gr. 4 [Diodia sarmentosa Sw; mn cus mn‘ Spermacoce tenuior. L. . TM tad aotem s 22s |Borrera parviflora Mer. — s wi un [Riehardsonia scabra Lise) fasid [Vernonia tricholepis DC... 3 a ben‘! 28 Rolandra argentea Rottb. ` Ageratum muticum Gr Brickellia diffusa As Gr Hebeclinium macrophyllum DC. Eupatorium conyzoides MN paniculátuni - Mikania gonoclada DO. ^" orinocensis -— Elvira biflora DC. Clibadium asperum DC. Ogiera ruderalis Gr. Wedelia carnosa Rich. Wulffia stenoglossa DC. Cosmos sulfureus Cav. "^ ^ Spilanthes uliginosa Sw; ^ ^ urens Jacq. ^ Synedrella nodiflora OG — fi "Vs Chrysanthellum piti Rich. Gnaphalium Tee ge? i Leria albicans DC. Centropogon surinamensis Presl: Lobelia. Cliffortiana gr. iria —n P EAT į ms wë "GC 'GRISEBACH, Echites biflora Jacq. |Asclepias curassavica L. Coutoubea densiflora Mart. - [Schultesia stenophylla Mart: -— heterophylla Mio. Lisianthus uliginosüs Gr." Voyria uniflora Lam. Gerardia hispidula Mart. Alectra brasiliensis Benth. Stemodia maritima L. parviflora Ait. d — - |Herpestis repens Cham: Schl. reflexa. Benth, ` [Solandra grandiflora L. Datura suaveolens Humb. ` Lycopersicum Humböldtii Dun. ` | [Solanum triste Jacq. Radula V. aculeätissimum Jacq. C5 (Cestrum vespertinum L. macrophyllum Vent. ` Crescentja Cujete en sh ` |Tecoma heptaphylla Mart. Bignonia rufinervis Bf; co l [Amphilophium Kn... ' "^ |Tanaecium Jaroba Sw. ` © [Ruellia geminiflora Kth Be Lepidagathis ERBETEN R. Bros Dianthera secunda Gr. vier TNR f b Zi lis M: ? E sos \ "éi ZALI Limnanthemum Humboldtianum Gr. durantifolia Sw. Hasen CAM ne d ) DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 29 Ipomoea quinquefolia Gr.» |^ 577 |Priva echinata Juss; e — fastigiata Swt. ^: ^1: )|Stachytarpha cayennensis: V. — setosa Lindl. esee in West- E jamaicensis’ Sala indien nur eingeführt). Lippia reptans Kihn — amcetosifolia R. S. Lantana stricta Sw. ` d — martinieensis Mey. >> -— A Radwla Sw: auss«ilol irosoqodno E , hederifolia L. pei — trifolia La — cissoides Gr. ^ aH Duranta Plumieri Jacq. = on — . acuminata R. S; wu Petrea volubilis Jacq. ` | — . eathartica’ Poir. ' ^^ Aegiphila macrophylla Kth. ©. ` Convolvulus pentanthus Jaeq.: Htio [Echinodorus cordifolius’ Gr... — . micranthus stg [A guianensis. Or. nodiflorus a Linee Miis Plumieri' Bach, — Evolvihus villosus R. P. i Anthurium violaceum. Sch... — mucronatus: Gë n ISyngonium auritum Sch. hao — mummularius L. ^ Acontias helleborifolius-Sch. - Dichondra sericea Sw. . Hm Arisaema atrovirens? Bch. Cuscuta americana L. ~ i Pistia obcordata Schl. Hydrolea spinosa L. - Euterpe oleracea Mart, Wigandia urens Kth. ët "Läeroeomg sclerocarpa Mart. Cordia Gerascanthus Jaeq. ri 1!) Campelia Zanonia Rich. ant? — ulmifolia Juss. ; Tradescantia geniculata: rs 1 Tournefortia hirsutissima L. . (Callisia repens L. F r^ — angustiflora R: P. — . umbelluláta Lam i bicolor Sw. © Commelyna elegans: Kth. i — polübilis Bes ; Mayaca fluviatilis Aubl. «ss shio? — ferruginea Lam. Eriocaulon melanocephalum Kth. 27 — iomentosa Mill. Tonnina fluviatilis Aabl, 5:5 00057 Heliotropium filiforme Kth. Pariana sylvestris Nszobioceso sm) = iorum Gr. Arundo oceidentalis Sieb: ; Ocimum mieranthum W. — saccharoidés Gr. Marsypianthes hyptoides Mart. aq sřabëjOrthoclada laxa P. B. bos Hyptis recurvata Poit. non Sporobolus purpurascens Ham. -— — uliginosa St. Hil. ww. /Luziola peruviama Juss. ^ ord exe — lantanifolia Poir. mie adim Olyra latifolia Lr? :utsisbesb o d = — polystachya Kith. 93 süoiüs Pharus glaber Kth. Enc Be Salvia occidentalis Sw. ^ "^ nn Chloris radiata Sw! ' — eos Scutellaria purpurascens'Sw:^ ^ —— [Paspalum pusillum Ven: 85 AAAA A. GRISEBACH, — decumbens Sw. '|Imperata caudata Tr. disseetum L, sd /^|Cyperus aurantiacus ‚Kth. — fimbriatum kb, — — a laxus Lam — paniculatum L. — surinamensis Rottb. densum Poir. — sphacelatus Rottb. Orita loliaceus Spr- — densiflorus Mey. — setarius Spr. si — flexuosus V. Panicum spectabile Ns. — . Meyenianus Kth. — sulcatum Aubl... — . Mutisii Gr. — . oryzoides Sw. Did sias flavomariscus: Gr. — stenodes Gr. | conii [Seirpus retroflexus Poir. — laxum Sw. .. — capillaceus Gr. — potamium Tr. hor — ocreatus Gr. — distichum Lam. — maculosus V. — frondescens Mey. — nodulosus- Rth ipes Ns | — constrictus Gr. — mutatus L. — . &mentaceus Gr. . juncoides W. 1 Cladium occidentale Schr. =- P" — Mes mata Lk. -— aere A8 =- < barbata Kth. — globosa R.8.. —: cyperoides, Mart. em domingense Ee 2 lal sa —— latifolia: Su. daten 1 * bicorne P Ka nigtbet armid ERN do c ` LO [ "n Ri Plai je 4 = Berg. ` TEN GEO f TER A Se x i i d ; u Aaen Tee PR. ga pae dier scu bracteata Car... BEHI . DIE GEOGRAPHICHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 31 Foureroya cubensis Haw. ` D jTillandsia platynema Gr. | d # sib gigantea Vent. ` | — ;pulehella Hook; yah +; sob Ate edulis Tuss. ! |/Guzmannia tricolor R. P. keet Amaryllis carinata Spr. usi Heliconia Bihai L. Greg Hypoxis decumbens L. — pulverulenta Lindl. — scorzonerifolia Lam. — psittacorum L. Smilax papyracea Poir. Renealmia racemosa Rose. — "havanensis Jaco, ` Intro Costus spicatus Sw. ` Dioscorea lutea L. | rO | spiralis Hosc, Bojanin -hantata Le at | cir Myrosms; Lind... Xiphidium floribundum Sw, i41 „‚Ischnosiphon Arouma Körn. Eichhornia tricolor Seub. er Maranta arundinacea L. Aechmea nudicaulis Gr. ii — bba Sm. ` | | Tillindsia bulbosa Hodk. e ! Burmannia DEORE -— SE eani: gogo nb geg Areale des FREU Amerikas. ` "Versucht man die Pflanzen, welche Westindien und den zunächst gelegenen Landschaften des tropischen Kontinents gemeinschaftlich an- gehören, geógraphisch zu ordnen, oder diejenigen zusammenzustellen, de- ren Verbreitungsbezirk demselben Typus folgt, so lassen sich bis jetzt zwar einige Hauptverhältnisse unterscheiden, aber bei vielen Arten, de- ren Areal zum Theil unvollständig bekannt sein mag. dst « eine abschlies- sende Beurtheilung noch nicht möglich. Ich unterlasse daher die voll- ständige Mittheilung der Verzeichnisse, die ich nach den vorhandenen Angaben und ‚meinen eigenen Vergleichungen entworfen habe, und be- schränke mich darauf, die mit Sicherheit nachzuweisenden "Arealformen zu erläutern, ohne auf die zweifelhaften Fälle einzugehen. ‚So bleibt es bei zahlreichen Pflanzen, die auf den Antillen und in Venezuela oder Neu-Granada ' vorkommen, ungewiss, ob sie auf die Nordküste Südameri- ka’s beschränkt sind oder tiefer in den Kontinent eindringen ; aber auch » wenn die Verbreitung bis zum Aequator nachgewiesen ist, "wird sich oli. Zweifel künftig in manchen Fällen ` das Areal grösser zeigen, als "nach den gegenwürtig vorliegenden Thatsachen. Es braucht indessen sen kaum e er- innert zu Werden, dass in diesem Sinne die hier mitge! e. l Bn "Verzeich- nisse um so weniger als abgeschlossen und sicher festgestellt (gelten. kön- 32 HX A. GRISEBACH, nen, je enger die ‘Areale werden. auf die sie sich beziehen, während wir doch in der Zahl der angeführten Beispiele einen Massstab’ für die Rich- tigkeit der aufgestellten Kategorieen erhalten, indem, wenn einige Ar- ten in der ‚Folge fortfallen, andere von gleichartigem Areal an ihre Stelle treten werden. | Die erste Reihe wird durch diejenigen Pflanzen gebildet, deren Ver- breitung von Westindien: bis zur-Aequatorialzone Amerika's nachgewiesen ist. Mehr als die Hälfte derselben reicht nordwärts bis Cuba und be- wohnt den ganzen Raum der nördlichen Tropenzone längs der östlichen Küsten des Kontinents, ohne in der Regel die Anden zu überschreiten. Es entsteht die Frage, weshalb sie, in solchem Grade wanderungsfä hig, auf das diesseitige Gebiet des Aequators in Brasilien beschränkt sind. Für die Sicherheit der Thatsache spricht, dass in einigen Fällen, wie bei den Malpighiaceen, alle vorhand brasilianischen Sammlungen . dieses negative Ergebniss geliefert haben, überall aber. wenigstens Gardner Pflanzen verglichen worden sind. die eine so reiche Uebersicht der Flora jenseits des Aequators gewähren. Mögen daher einzelne Arten künftig als der vorigen Reilie angehörig sich erweisen, für die meisten muss és eine physische Ursache geben, welche sie hindert, in die, südliche Tro- nzone e einzudringen. Von klimatischen Linien solcher Art, wie. wir sie in der nördlichen gemässigten Zone finden, wo sie, ganze Kontinente gliedernd, die Vegetation bald in östliche und westliche, bald in südliche und nördliche. Gebiete scheiden, kann im tropischen Amerika überhaupt ‚nicht, ‚die Jede sein: denn hier, wo die, klimatischen aiu d in m der Sege ist, sind die uale von voc sisi der F ee re über beide Zonen vetheti, B. : ‚druck [un Set ue Ge gëtt, Kerg i3 den Nee Tand- : vu schaften Südamerikas, in 1 Venezuela. und Guiana, ebenso wie jenseits = 1 sste | iens folgen die Urwälder den wäh d a ji innere Raum der ‚Wasserscheiden o „In Westindien sind die klimati- DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG! DER PFLANZEN WESTINDIENS. +33 hen: Verhältni iannigfaltiger, und; obgleich die Inseln‘ sämmtlich»in -derPassätzone‘ liegen‘, wechseln’ "nach dem‘ Niveau,» nach der Richtung -und Gestaltung ihrer "Gebirge ,- Daueri»-Continuität und Intensität der Niederschläge in hohem Grade, Die Solstitialregenzeit‘' vermindert sich ‚auf den "grossen Antillen» in Folge’ der höheren: Breite wind kommt auf ‘den östlichen Karaiben wegen ihrer. Kleinheit und Gebirgslosigkeit nicht zu voller Entwickelung: ` Auf (ren westlichen; »ulkanischen Nachbaren und. am der! gebirgigen : Nordküste von "Trinidad verlängert sich hingegen die Dauer der nassen Jahreszeit. Unabhängig vom: Stande: der : Sonne entladet ` der Passatwind, wo er‘ an den quervorliegenden ` Hóhenzügen von. Cuba, Haiti und Jamaika aufwärts weht, awch- in anderen Jahres- zeiten 'reichliche ;Niederschlüge; die an der trockeneren Südküste der letztge ten Insel,''oder; wie man sich ausgedrückt. hat, im Wind- achatton; ihrer Hochgebirge fehlen 1. Westindien besitzt daher, wenn es gleich nirgends die: volle Waldenergie üquatorialer Regenzeiten entfaltet, hievon abgesehen die ganze Fülle klimatisecher: Gliederungen auf einem engen Raume vereinigt. ` Bleiben wir Dei der dem Kontinent am nächsten liegenden. Insel,” bei Trinidad; stehen, so leben sowohl die Bäume an der Küste, als die Savanenpflanzen des Inneren unter gleichen klimati- schen Bedingungen, wie die: Vegetation’ von Venezuela; und Guiana , die denn auch in der (hat die wäanderungsfähigen Arten jener Formationen vollständig mm sich ‘aufnimmt. = Weshalb. aber finden. so viele derselben sich: nicht in »den’Savanen und: se jenseits des Amazonenstroms wieder, wo die äusseren Lebenst n dieselben sind, wie in Guiana, und. der geographische Abstand: miibifig grösser ist, als von Trinidad bis Cayenne? Diese Frage weist auf ein mechanisehes Hinderniss, und dieses erkennen ` wir im dem "breiten "Urwaldsgürtel; der die Aequatorialland- scháften:Brasiliens: erfüllt und‘ den Stromlauf. des Amazonas: in gaz anderm Umfange als seine Nebenflüsse’umspannt. Dieser Urwald enthält eine grosge^Anzahl endemischer 'Bestandtheile, welche, durch: Niéder- died mn allen Monaten des Jahrs und Buch die Ueberschwemmunge (oso: omg RI Up) Journ. Dee 2f BC iaa. og cua Orta — 19b 2r un Classe. XII. ; SE , 34 | A GRISEBACH, des ‚Stroms befeuchtet, eine. vegetative. Kraft besitzen, die nirgends in Amerika ihres ‚Gleichen: hat,» und. deren: weithin- zusammenhüngendes Dickicht den meisten Gewächsen der seitlich. anliegenden Gebiete un- durchdringlich und: unüberschreitbar gegenübersteht. ‚Untersucht man in welcher Richtung die durch die nördliche Tro- penzone Amerika’s verbreiteten Gewüchse gewandert sind, so lässt sich in vielen Fällen nachweisen, dass der Ausgangspunkt auf dem südlichen Kontinent und. nicht auf den Antillen lag; oft ist der Typus der Flora von Guiana in. ihnen ausgeprägt. Es fehlen dagegen die artenreichsten | Gattungen Westindiens entweder ganz (z.B. Phyllanthus, Pilea, Clidemia, Rondeletia), oder sind, wenn Südamerika ebenfalls eine grössere Reihe von Formen besitzt, durch einzelne, gemeinsame Arten vertreten (aiB. Croton , Eugenia, Passiflora, Psychotria, Eupatorium , Ipomoea). Ueber- haupt.sind die für die Flora Westindiens -charakteristišċhen Gattungen auch fast immer in Bezug auf sümmtliche; daselbst. vorkommenden Arten endemisch (z. B.. Calyptranthes, - Mouritiá;, Calycogonium , Exostemnia, Stenostomum , Critonia, Salmea , Leianthus, Brunfelsia, Conradia, Pen- tarhaphia, Thrinax, Rajania): fast die einzige bemerkenswerthe Ausnahme würde die Gattung Malpighia sein, wenn nicht feststände, dass die in Guiana. vorkommenden Arten wegen ihrer essbaren Früchte. von. den Antillen dahin eingeführt worden sind. ` Ee ist aus den. Untersuchungen über die Flora der Galapagos, sowie auch von den canarischen Inseln und anderen Archipelen bekannt, dass ihre nicht. endémischen Bestand- theile. von den. benachbarten Kontinenten entlehnt sind, während. eine Wanderung in entgegengesetzter Richtung. nicht stattgefunden und eben deshalb der Charakter aligesondosiet. und durch zahlreiche, eigenthüm- liche Produkte aus ‚Schöpfungscentren -sich erhalten hat. Diese Erschein: mg RNN ii in einem noch. weit grüsseren Ver- diiliniss:à mee in Westindien, -wiewohl hier, ‚wie sogleich. gezeigt werden wird, auch Fälle der. Verbreitung: von den. Inseln zum Kontinen a vor- ko SE na mm des übe x 3 Kohtineht DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 35 Theil des grossen Aequaterialstroms geht von dort längs der Nordküste Südamerika's nach dem Isthmus und Yukatan und trifft auf seinem Wege gleich: Anfangs die karaibischen Inseln... Auch werden’ die schwimmen- den Früchte von Manicaria, einer in Guiana einheimischen Palme, häufig an der Küste von Barbadoes nicht allein; sondern nach Sloane auch in Jamaika angetrieben. Demnach muss jene Strömung, wiewohl sie im Allgemeinen der Ostküste des Kontinents folgt und Cuba erst als Golf- strom erreicht, nachdem sie den mexikanischen Meerbusen umkreist hat, doch auch die Südküste Jamaika's berühren. Indessen giebt es noch eine andere, allgemeinere Beziehung, welche den entschiedenen und dauernden Endemismus von Inseln, sowie die erleichterte Aufnahme von kontinentalen Gewächsen erklärlich macht. Sowie die Masse der erzeug- ten Samen eine der Veranstaltungen ist, um die Wanderungsfühigkeit einer Pflanze zu erhöhen, so muss auch die grössere Anzahl schon vor- handener, ihre Samen ausstreuender Individuen ihre weitere, gleichsam geometrisch wachsende Ausbreitung auf dem Erdboden befördern. Unter übrigens gleichen Verhältnissen ‘wird’ also ein Baum, der in Wäldern auftritt, weil unzählige Keime desselben in jedem Jahre erzeugt werden, leichter in neue Gebiete vordringen, als ein anderer, von dem, wie von der Dracaena Orotava's; "überhaupt nur wenige Individuen vorhanden sind: weil der terrestrische Raum; der seinen Schöpfungspunkt umgab, von Anfang an insular begrenzt war. ^ Oder weil die Wanderung auf dem Festlande so viel leichter stattfinden kann, als über das Meer, so konnte eine kräftige, “kontinentale” Art sieh eines grossen Raums be- mächtigen und hiedurch auch die Chance; die Schranke des Meers zu überschreiten , sich erhöhen, während das endemische "Erzeugniss einer Insel um so weniger sich 'vervielfültigte. je kleiner das Areal dieser Insel war. So ist also der Flücheninhalt der Archipele ein bedeutendes Moment, die organischen Erzeugnisse zurückzuhalten. or sich sowohl aus diesem Verhältnisse, wie aus dem Charakter der ee, strömungen die Vertheilung der Pflanzen pen auf den verschiedenen LI sind ‚desto weniger endemische' Pflanzen: besitzen: sie: -— ve grossen Antillen wachsen verhältnissmässig weniger: südan wüchse, theils weil der ' Meeresweg länger ist, theils weil die Anzahl der Auú= tochthonen: ungleich: grösser, die mit ihrer, Individuenzahl. zunehmende Kraft, ihren Boden gegen fremde. Einwanderung Zu behaupten ; hier einen grösseren Widerstand leisten konnte. In: dem nachfolgenden Ver- zeichnisse sind die Polargrerizen der Guiana- Pflanzen ‚ soweit sie bis pi bekannt sind, angegeben. | Auf der anderen Seite Weg, xii PER aus den Arsalen und aus den: Affinitüten. der nicht endemischen. Pflanzen. Westindiens folgern, dass eine gewisse Anzahl|derselben nicht von dem Kontinent, sondern ‚vom den Inseln ursprünglich: ausgegangen und also in umgekehrter Richtung gewandert ist... Wenn eine grössere Gattung oder iunig verbundene Arten- reihe nur westindische. Formen: enthält. bis. auf eine ‚einzelne Art, welche den Inseln ` und ‚dem: Kontinent gemeinsam; ist; so. bildet. die. letztere hier ein fremdartiges,,.dort ein dem. Typus der. Erzeugnisse, entsprechen- des Glied, und, da die nahe. liegenden Schópfungscentren eines Archipels durch Analogie. ihrer: organischen. ‚Bildungen verbunden sind, so ist in solchen, Fällen die Wanderung. von den Inseln zum ‘Kontinent um: so sicherer. anzunehmen; je weiter. die endemischen "Typen des Kontinents von jener Art durch ihren Bau: abweichen.‘; Tupa ist eine Lobeliaceen- gattung, von. der. bereits 12 durch einen besonderen. Bau bezeichnete, westindische Arten beschrieben -sind ,. während die: übrigen Peru und Chile bewohnen: TT. persicifolia ist. nun; die, einzige Art der ersten Reihe, welche anch in Guatemala. gefunden wird. und. stimmt in ihrem Baue: ‚mit den Zen, wöttindischen Arten überein.. Aehnlich verhält es sich mit, der R | Roudeleti welcher mir 32. westindische Arten "d mmmen sind! ib R Hodie; Sich: ves Gabe nach. Voie ver: DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN TERROR 37: wanderten, und, da ihre abg lerteco Z enstellung "jetzt noch zu: vielen‘ Zweifeln vüber die ‚wirklichen; Südgrenzen. der einzelnen Arten führen würde. halte ich es nicht‘ für zeitgemüss; ihren “Typus näher! festzustellen. ! 7" Eine geringe Anzahl vor eisäquatörialen "Tropenpflanzen überschreitet‘ den nördlichen Wendekreis und schliesst sich’ ade: analogen Reihe (4:8): an, deren Areale einen grösseren Raum von gleichem klimatischen Typüs’ einnehmen. | Hier theile. ich Rue bee —— — mit, um das frühere zu ergänzen, ' od Endlich giebt es doch zwei kleine Reihen von TP Ver- breitung, die, so gering die. Anzahl der Arten ist, ‚doch mit Sicherheit besondere "Wanderungslinien erkennen lassen, . Die, eine weist auf einen Zusammenhang der. botanischen ‚Erzeugnisse der, "Anden Südamerikas mit, denen der Gebirge von Jamaika und Cuba, die andere Linie verbindet Westindien mit Panama und setzt sich längs des stillen Meeres südlich: bis Guayaquil, 'also "ebenfalls in ‘der Richtung der Anden, fort. In) beiden Fällen wird der Aequator nur wenig < überschritten , "in dem ersteren von manchen Gebirgspflanzen Venezuelas, die ich hier unerörtert, lasse, nicht, erreicht:; dagegen ‚scheint zwischen dem nördlichen. Anden system Mexikos und den Antillen eine unmittelbare. Verbindung nicht zu bestehen. Da die Niveaue der meisten westiridischen ‚Pflanzen. nicht; hinlänglich bekannt sind. so haben sich beide Reihen" nicht trennen lassen: etwas vergrössert wird ihre Zahl durch einige von den Antillen’ bis Peru verbreitete Arten, die in das vorhergehende Verzeichnis. (4. KI aufgenommen und deren Gebirgsverbreitung dort, erwähnt, dst. Die Er scheinung selbst ist offenbar, aus klimatischen | und ein neues. Beispiel der. atmosphärischen, Werbindangsweges; welche. Skandinavien mit den Alpen; oder" A bessien mit den: Caineroonbergen) verknipte” Js — bag — er ‚det een zwischen rn ie EE a, U n, 6 Zugvögel. sind, die sie. e so ceri td es. angeführt t zu werden, , dass der nördliche Passat ‚wohl ‚eine Verbindung z wischei E indien 38 A GRISEBACH, und den südamerikanischen Anden .diesseits des Aequators, nicht aber mit Mexiko bewirken: kann; sowie dass die Aequatorialzone eine Grenze bildet, welche Zugvögel nicht leicht zu überschreiten scheinen. a... Pflanzen, welche. von der. Aequalorialsone. bis zu, den Antillen, sich verbreiten. (Die. nördlichste Insel, wo. die ‚Art gesammelt wurde, ist hinzugefügt.) Curatella americana L. — Cuba. Doliocarpus semidentatus Gk. — Cuba. Anona montana Macf. — Jamaika. sericea Dun. — Jamaika. : squamosa L. — Cuba. mucosa Jacq. — re et glabra L. — Jamaika. Ouregou Dun. — S. Thomas. Kr å — Myristica surinamensis Sol. -— S. Vincent. Cleome speciosa Kth. — Jamaika. Houstoni R. Br. — Cuba. ! aculeata E= Martinique. Crataeva gynandra L. — Jamaika. due. eege un — Cuba. e — — Guidonia spinescens, Gr. H Cuba. h E Polygala galioides Poir. — Cuba. 3 Securidaca erecta L. bs * 5. Thomas. Ja |Eriodendron anfractuosum DC. — Cuba. Melochia melissifolia. Benth. — Cuba. Corchorus aestuans L. — Jamaika... . |Muntingia Calabura L. — Jamaika. -|Sloanea Massoni Sw. — Dominica. — sginemariensis Aubl — S. Kitts. Gouania domingensis L. — Cuba. Cissus sicyoides L. — Cuba: Gomphia guianensis Rich. — Jamaika, |; |Erythroxylum squamatum V. — Cuba? ‚Byrsonima cinerea DC. — Cuba. Bunchosia nitida DC. — Cuba. Lindeniana Juss. — adici: T* | niana glabra L. — Cùba: — punicifolia L. — Cuba. ‚Brachypteris borealis Juss. — Cuba. (Stigmaphyllon fulgens Juss. — S. Vincent. puberum Juss. — Cuba. periplocifolium . Juss. — Cuba. Heteropteris platyptera DC. — Dominica. ; — — Bre op ovata Cav. — Jamaika (nach PONDER © in un —9 i Paullinia sphaerocarpa Rich, — Dominica. chrysophylla Juss. — S. Lucia. (Of DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. ` [Inga ingoides W. — Jamaika. Simaba «orihocensis Kth. — S. Vincent. Hippocratea ovata Lam. — Cuba. . /. malpighifolia Rudg. — Cuba. comosa Sw. — Haiti. Ficus pertusa L. — Cuba. Coecoloba pubescens L. — Antigua. Pothomorphe peltata Miq. — Cuba. Artanthe Bredemeyeri Miq. — Antigua. —' macrophylla Gr. — Jamaika. Icica heptaphylla Aubl. — Cuba. — heterophylla DC. — Guadeloupe. Spondias lutea L. — Cuba. : purpurea L. — Cuba. Myrica microcarpa Benth. — Cuba. Indigofera -pascuorum Benth. — Cuba. Eriosema violaceum E. Mey. — Cuba. ‚crinitum E. Mey. — Cuba. Clitoria arborescens- Ait. — S. Vincent. Teramnus volubilis Sw. — Jamaika. Lonchocarpus latifolius- Kth. — Cuba. Pterocarpus | Draco L. — Jamaika. Rohri V. — S. Vincent. — —— — ` Machaerium robinifolium Vog.— S. Vincent. Hecastophyllum: Monetaria DC. — Haiti. Diplotropis brachypetala Tul. — S. Vincent. Cuba. n |Panax Morototoni Aubl. — Cuba. Haematoxylon campechianum L. -- tricha . Coll. — Cuba. el DC. — Jamaika. hispida Coll. — Cuba. =- Hymenaea Courbaril L. — Déc: Schnella.splendens Benth. — Guadeloupe. „Crußya: spicata! W. — Jamaika. d i 4L Entada polystachya DC. — ea Acacia parvifolia W: — reen Calliandra purpurea Benth. =: S. Kitts. a 39 Connarus guianensis. Lamb. — S. Vincent. |Chrysobalanus pellocarpus Mey. — Jamaika. | |Hirtella paniculata Sw. — S. Vincent. Myrcia leptoclada DC. — Haiti. ut?) ferruginea DC. — Cuba. Eugenia coffeifolia DC. — Dominica. floribunda West. — Cuba. Pimenta Pimento Gr. — Jamaika. Tschudya ibaguensis Gr. — Cuba. lanata Gr. — S. Vincent. Tetrazygia cornifolia Gr. — Martinique. Miconia inpotiblaria Don. — Cuba. eta c — lacera Naud. — Martinique. Eurychaeniaà punctata Gr. — Jamaika. Chaetogastra strigosa DO. — S. Kitts. Spennera pellucida DC. — Martinique. . 'Acisanthera recurva Gr. — d S. Vincent. ^!|[sertia cocéinea V. — 8.7 amaika. Hypobrichia Spruceana Benth. — Cuba... Combretum Jacquini Gr. — Jamaika. Bucida capitata V. — Cuba. Passiflora biflora Lam. — Dominica. ` serrata L. — Dominica. Rhipsalis Cassyta’ G: — Cuba. Weinmannia pinnata L. — Cuba. iLoranthus occidentalis L. — Jamaika. ` ` |Phoradendron rubrum Gr. — Cuba. Genipä americana L. — Cuba. LI Caruto Kth. — Cuba. released endis Moussaendae DC. —: 8S. Visas: larmat: DC. — $. Lucia. ^^ - Angie fagifolia Desf. — Cuba. Alibertia edulis Rich. — Laan Haenkeana DC.” sime. -:/ efto SMIT N/A TAI GRIS Sipanea pratensis'Aubl. —/ Dominica. Manettia. €occinea: Sw. — Cuba. - odorata- Lam.»+* Cuba; slis Chiococca .nitida Benth. — Cuba; sior; Malanea maérophylla Bartl: (8; Vincent. Ixora. ferrea Benth. 24 Cuba. rag Faramea: odoratsstmg DC. — Cuba. Psychotria uliginosa Sw. — Cuba. — ''Mapouria) R. S. — Dominica. ».horizontalis: Sw; —. Ber ^erassa Benth... Quba.. - Pili erocea; DC..— Cuba. si didymocarpa. Gr; — . Ge Cephaelis: muscosa Sw. — Cubas! axillaris Sw.-— 8; Kitts... Spermacoce aspera! Aubl — Cuba... Eupatorium: odoratum. L. —. Dame ëen Mikania triitaria D. — abt: Verbesina- alata-L. — Cuba. d Spilanthes: exasperata Jacq..-— n Biest Egletes domingensis Cass. —. enims utl : Neurolnénie lobata R. Br. — Cuba. llum: glab D „Ri 5 Jacq: Sapota- Achrak: Mil. — Cuba... Mimusops globosa Gi +: miii: Styrax glaber) Sw. +-: S. Vincent. ' É xe Forsteronia :corymbosa. Mey. — cost Sarcostemma Brownei Mey. — Cubas: Voyria pallida. Gk.. — ‚Cuba. Herpestis sessiliflora Benth. — Gabias Warte ehlissnifolia. Boni, nr: Guba. | Pachystachys coccinea Ne. — EBACH;! | |Tecoma ;:Leucoxylon Mart... Qubadsımi 9 |Bignonia. aequinoctialis Li; Cuba La) -laurifolia V. —. € | |Pithecocténium Aubletii-Splitg. — Gaba. Adenocalymna alliacéa Mrs. ==: en Stemonacanthus macrophylius. Ns. —-| (Cuba. Aphelandra) pectinata Ns. =+ 8. A ammaito | |Besleria lutea L. — Betzen Dm Alloplectus eristatus Mart; — Quba: «55! Columneä: scandens Di!— Qüba; l Ipomoea tuba Don. — Cuba: pterodes Chois. — Cuba. demerariana Chois. — Sg. Kitts. ^ ‚Cordia'Sebestena Jacq: =: Bahamas, br! — '„dasycephala. Kth. — Antigua; o7 > |Tournefortia laurifolia | Vent. =: Cuba. - ^ [Stachytarihs mutabilis. V..— Quba; 7) `. 0rubica V. — Dubai — 1i (Lippia mieromera Schan. — Cuba "7 SS ` Aegiphila- marbnircensts L.' —: n innt d Led EH stoechadifolia Kth. —' Cuba 7" | Lantana eröčea Jacq. —:Bahama’s: ` Citharexyln quadrangulare Jaen. — Cuba. | "lacidum: Cham. Sch) = Cuba. Hin elata; Se. — Cuba. 'Rü ' |Clerodendron aculeatum Gr. — Kor? J [Vitex divaricata: Sw. — Cuba ` “ iSagittaria: acutifolià.L. 24- Dun; ^ lancifolia L: — Cuba — ‚Anthurium lanbeölatum! Mibsh — gel — DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. ` 41 Acrocomia lasiospatha Mart. — Cuba. |Dioscorea eayennensis Lam. — ‚Jamaika. Tradescantia elongata Mey. — S. Vincent. |Nidularium Karatas Lem. — Cuba, — Paspalum caespitosum Fl. — Cuba. Bromelia Pinguin L. — Cuba. . Orthopogonhirtellus R. Br. — Cuba. Chevalliera lingulata Gr. — Antigua: Panicum martinicense Gr. — Cuba. . |Aechmea aquilega. Gr. — Cuba. on! Cyperus odoratus L. — Cuba. Pitcairnia angustifolia. Ait. — S. Croix. ` — Ehrenbergii Kth. — Cuba. ` Tillandsia flexuosa Sw. — Cuba. . — giganteus V. — Cuba. — — - ro foliosa Gr. + S. Vincent. Kyllinga filiformis Sw. — Cuba. ^ -Caraguatá lingulata Lindh Cuba. ` Rhynchosposa florida Dtr. —— Cuba. Catopsis nitida (Gr. — Cuba. -— micrantha:V. — Cuba: ` ` .|Heliconia hirsuta L. — S. Mick: — pura Gr. — Antigua. ^ |Costus glabratus Sw. — Haiti. _ Persooniana Gr.— Cuba. | =- cylindricus Jacq. — Martinique. : Scleria tenella Kth. — Cuba. Canna Lamberti Lindl. — Dominica. Pancratium caribaeum L. — Cuba. — coccinea Ait. — Jamaika. . t Crinum erubescens Ait. — Cuba. ^^— . glauca L. — Jamaika. | Amaryllis equestris Ait. — Jamaika. Calathea Allouya Lindl. — ER ése rosea Spr.— Cuba... (0 Thalia: geniculata L. — Cuba. doces Sieberi Pl. — 5 Kitts. REN tenella Benth. — Cuba. b. Pflanzen, welche con: der igi A und den Antillen aus die Grenzen des tropischen Klimas überschreiten. Euphorbia buxifolia Lam. Venezuela vnd Honduras — Florida und Borüindas EE , strand). Batis maritima L. Venezuela — Florida (Soestrand). + ftot Celosia nitida V. Ecuador — Texas, Californien. voeidobveg d Amblogyne polygonoides Raf. Dë Florida , Nendebiko. A Boerhavia erecta L. Westindien, Mexico — Georgia. HE ou — hirsuta W. Guiana — Texas. mdo 2d Corchorus siliquosus L. Neu-Granada —- Texas. m ThE maximus L. Panama — - Texas, Californien. Cast Mio LP "Venezuela — Florida. Pithecolobium unguis cati Beuth: Venezuela — - Florida. Phys. Classe. XII. F 43 243 A. GRISEBACH, Jussiaea decurrens DC. Aequator — Georgia. Exostemma caribaeum R. $. Guiana — Key West. Erithalis fruticosa L. Trinidad, Honduras — Key: West. Mitreola petiolata T. Gr. Venezuela Virginia. Pluchea purpurascens DC. Venezuela +t Key West. Cosmos caudatus Kth. Ecuador — Key West. Eustoma exaltatum Gr. Venezuela — Arkansas. Polypremum procumbens L |Neu-Granada'— Virginia. Craniolaria annua L. . Venezuela — Neu-Mexiko. Ipomoea purpurea Lam. Venezuela — Nordamerika (eingeführt). Lantana odorata L. Trinidad, Honduras, Galapagos — Bermudas. Streptogyne crinita P: B. Guiana — Carolina. Uniola paniculata L. Ecuador — Südstaaten. Hymenachne striata Gr. Guiana — Südstaaten. Heteranthera limosa V. ‚Venezuela — Südstaaten. Apteria setanba Nutt. m — Alabama. €, Fear weiche von Ecuador längs des stillen Meeres bis zum Isthmus - oder auf den Andesketten bis Venezuela verbreitet, auf den Antillen ' wiederkehren. (Die ern sind WS Cursivschrift bezeichnet). (Tovaria pendula R.P. s. oben). Gaya. occidentalis Gr. —. Cuba. Brossaea anastomosans Gr. — EEE 1), Acacia tortuosa W. — Haiti. Calliandra portoricensis Benth. — Cuba (und Mexiko) Rourea glabra Kth. — Cuba. - Viburnum villosum Sw. — Jamaika. (= glabratum Kth. s. oben). Palicourea alpina P — Cuba — Mexiko). à sorte analog kann . oe d von. DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 43 Adenostemma Swartzii Cass. — Cuba. adolow gon Melanthera deltoidea Rich. — Cuba. ' , o (Utricularia. montana Jacq. s. oben). | Rauwolfia Lamarckii A. DC. — Cuba. Salvia hispanica L. — Jamaika (und Mexiko). Panicum alsinoides Gr. — Jamaika. Uncinia jamaicensis Pers. — Jamaika (und Mexiko). 6... Südamerikanische Areale, welche Trinidad. nicht, aber die übrigen Inseln Westindiens umfassen. Trinidad liegt Venezuela so nahe und den Ausflüssen des Orinoco so unmittelbar gegenüber, dass schon deshalb die Vegetation dieser Insel mit der des Festlandes in einem weit hóheren Grade, als mit den An- tillen übereinstimmen muss. | Dazu kommt die grössere Wärme und Feuchtigkeit des Klimas; eine Folge der südlicheren Lage und der Ge- birgsgliederung an der dem Passatwinde zugewendeten, waldigen Nord- küste. . In der That zeigt sich die Eigenthümlichkeit "rinidads. vor- zugsweise dureh die Abwesenheit vieler Antillenpflanzen. ausgedrückt, während die Mannigfaltigkeit südamerikanischer Formen weniger auffallend hervortritt, was aber vielleicht; nur daher rührt, dass die Insel nicht so vollständig botanisch erforscht ‘ist, swie die meisten Antillen. ` Schon jetzt ist man. indessen berechtigt, Trinidad von Westindien nach seiner * Pflanzenproduktion zu trennen und als ein Glied. des Festlandes zu betrachten. Die eingewanderten und nicht: auf den. Antillen beobach- teten Pflanzen stammen grósstentheils aus Guiana und Venezuela, eine andere Reihe ist brasilianisch, und alle diese Gewüchse erreichen hier entweder ihre Nordgrenze oder sind, der Küste des Kontinents folgend. bis zum Isthmus von Panama verbreitet. Man erkennt auf den ersten Blick, dass diese Wanderungen genau der grossen atlantischen Strömung entsprechen, welche bei Cap Roques die brasilianische Küste zu > spülen anfängt, als Guiana-Strom Trinidad erreicht und sich im karaibi- schen Meere längs des Kontinents bis zum Isthmus fortsetzt. Bei einigen Arten, die auch in Südbrasilien vorkommen, kann die "Verbr dp u falls, als von Cap Roques ausgehend, auf die beiden Arme. dieser Strö- F2 eben- rS bs um [7 (+. ERISEBACH) mung bezogen werden, welche den beiden Küsten Brasiliens entlang fliessen. Die den Antillen zugewendeten Gliederungen ` der ` Mosquito- Küste und Yucatan’s, welche das karaibische Meer vom mexikanischen Golf absondern und die Küstenströmung ‚zu grossen Ausweichungen von ihrer Bahn nóthigen, sind anscheinend die Ursache, weshalb die Flora von Centralamerika, die so zahlreiche Formen ‚mit Südamerika und West- indien gemein hat, weit seltener Wanderungen in nördlicher Richtung erkennen lässt. Der Isthmus würe demnach nicht bloss; weil dié De- pression der Anden die Vermischung der Organismen im Inneren ge- hindert’ hat, eine Grenze grosser Schópfungsgebiete, sonder auch in Bezug auf die Erzeugnisse der Ostküsten , welche ausserdem noch durch das trockene Klima Yucatan's gesondert werden. Der Gegensatz Trinidads: gegen die Antillen geht mit hinreichender Deutlichkeit' schon daraus hervor, dëss ` eine. Reihe von Gattungen des Festlandes, welche in Westindien nicht einheimisch sind, sich bis nach Trinidad verbreiten. Statt daher das Verzeichniss der Arten mitzutheilen, begnüge ich mich, das Areal der Gattungen, welche in diese Kategorie fallen; soweit es mir bekannt geworden, anzugeben, woraus sich‘ der Typus dér an die Küsten gebundenen Wanderung erkennen lässt; die, ohne den weiteren Seeweg zu den Amtillen zuzulassen, gleichsam Schritt für Schritt. der atlantischen Strömung gefolgt. und von verschiedenen Ausgangspunkten aus zu cimus oder — nn erg ze pen zu sein’ scheint. i | flne a aus RR CORR Kn ide. e Trinidad, ie nicht Mollinedia por Brasilien. (230. an — Trinidad. - nis aid teriphoma e | bus W ib esb- al de Se, donus. Sb 91 DIE GEOGRAPHISCHE V UNG DER PFLANZEN WESTINDIENS 45 Norantea guianensis Aubl. Aequator — Trinidad. Salacia scandens Gr. Guiana — Panama. Chailletia pedunculata DC. Guiana — Trinidad. Muellera moniliformis L. Guiana — Trinidad. i Mora excelsa Benth. Guiana — Trinidad. | ! Nw Parinari campestre Aubl. Guiana — Trinidad. Couepia guianensis Aubl. Guiana — Trinidad. Comollia veronicifolia Benth. Guiana — Trinidad. Dodecas maritimus Gr. Guiana — Trinidad. | Cacoucia coccinea Aubl. Guiana — Panama. Roupala montana Aubl. Brasilien — Isthmus. Schoenobiblus daphnoides Mart. Zucc. Aequator — Venezuela. Tacsonia sanguinea DC. Guiana — Trinidad. Ryania speciosa V. Guiana — Venezuela. Helosis guianensis Rich. Brasilien — Trinidad. Cordiera triflora Rich. Guiana — Trinidad. Bertiera guianensis Aubl. Aequator — Venezuela. Nauclea aculeata Lam. Guiana — Venezuela. Ronabea latifoha Aubl. Guiana — Venezuela. Perama hirsuta Aubl. Brasilien — Venezuela. ` ; Emmeorrhiza brasiliensis Pohl. Südbrasilien (28° S. Br.) — Venezuela. “ Centratherum muticum Less. Guiana — Venezuela. Cybianthus cuspidatus Miq. Trinidad — Venezuela. ped d Weigeltia myrianthos A. DC. Brasilien — Trinidad. ` Clavija ornata Don. Brasilien — Venezuela. ` Pouteria guianensis Aubl Guiana — Trinidad. Condylocarpum intermedium J. Müll. Brasilien. — Trinidad. ` Beyrichia scutellarioides Benth. Brasilien — Venezuela. Es Conobea aquatica Aubl. Guiana — Venezuela. ^ - Isoloma. hirsutum . Decs.. Venezuela, Trinidad. Amasonia erecta L. Brasilien — Venezuela. Spathiphyllum cannifolium Schtt. Brasilien — Trinidad. are Dan, Aubl. Brasilien — Trinidad. riobor H 46 P ! A. GRISEBACH, Becquerelia cymosa Brongn. Brasilien — Trinidad. Pteroscleria longifolia Gr. Guiana — Trinidad: Calyptrocarya angustifolia Ns. Aequator — Trinidad. Lagenocarpus tremulus Ns. Guiana - Trinidad. Macrochordium melananthum Beer. Guiana — Trinidad. Anderweitige Beispiele der Verbreitung von Trinidad- Pflanzen über Neu- Granada. und bis zum Isthmus. Clematis caripensis Kth. Brasilien — Isthmus. Citrosma guianensis Tul. Brasilien (23° S. Br.) — Panama. Artanthe coruscans Miq. Trinidad — Neu-Granada. Schnella excisa Gr. Trinidad — Panama. Pithecolobium oblongum Aubl. Trinidad — Panama. Rourea frutescens Aubl Guiana — Panama. Tschudya spondylantha Gr. Aequatorialzone. —- Nicaragua. remanium trinitatis Cr. Guiana — Panama. Phoradendron quadrangulare Gr. Trinidad — Neu-Granada. Palicourea parviflora Benth. Trinidad — Veraguas. : Wedelia caracasana DC. Venezuela — Veraguas. Ardisia decipiens A. DC. Trinidad — Panama. Odontadenia speciosa Benth. .Aequator — Costarica. Marsdenia maculata Hook. Venezuela — Panama. Lisianthus alatus Aubl. Guiana — Nicaragua. ; Buchnera longifolia Kth. Venezuela — Neu-Granada. Bignonia mollis V. Guiana — Panama. Smilax surinamensis Miq. Guiana — - Panama. 7. Areale, welche Mexiko und Westindien verbinden. — Von mexikanischen Firmen, die nach Westindien eingesmndert sind, kennt man Besch en Arten, als von südamerikanischen : offenbar ung | deu Seeweg schwieriger, dann ist aber auch das Areal des Baden: bei der Abwesenheit grosser Flüsse auf dàs So com = me Littoral ergi "Meerbusens und auf Yucatan eingeschrünkt und ‚Schöpfungsgebiet, als der reich gegliederte erum aber tritt bei der. Ansiedelung mexik influss der Masseria auf das. deutlichste * DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 47 Insel allein. durch den die mexikanische Küste bespülenden Golfstrom in der :Umgegend von Havanna berührt wird: nur einige wenige folgen, das tropische Gebiet überschreitend, der Küste über Texas und Louisiana. Was die Ausgangspunkte der Wanderung betrifft, so. sind die meisten Arten auf dem Kontinent nur an der Ostküste Mexiko' beobachtet; mehrere lassen sich bis Yucatan verfolgen, und andere reichen südwürts bis zum Isthmus, wo die Produkte beider Hemisphüren zusammentreffen. Auch hier wird es genügen, die Verbreitung derjenigen Gattungen . an- zuführen, die keine anderweitige westindische Arten enthalten, und, wie im vorigen Fall, einige charakteristische Beispiele. von grösserem Areal hinzuzufügen ! | Von diesen letzteren Arten, welche demnach, vom 'Isthmus längs der mexikanischen Ostküste verbreitet. durch den Golfstrom nach West- indien geführt zu sein scheinen, hat sich indessen eine andere Reihe nicht absondern lassen, die bisher in Mexiko noch nicht nachgewiesen, dem Isthmus und den Antillen gemeinsam ist. Es ist nämlich denkbar, dass dieselben zum Theil künftig auch in Mexiko entdeckt worden, wäh- rend aus der Arealform anderer sich mit Sicherheit schliessen lässt, dass die Wanderung auf unmittelbaren Verbindungswegen beruht. Dies geht nämlich daraus hervor, dass es Pflanzen giebt, welche, ohne in nörd- licher Richtung bis Cuba oder überhaupt nur zu den grossen Antillen verbreitet zu sein, auf die karaibischen Inseln und den Isthmus sich beschrünken. Vielleicht wird sich ihre Zahl auch dadurch noch in der Folge verringern, dass neue Standorte an der Küste von Venezuela be- kannt werden, so dass sie dann einer der. früheren ‚Kategorien (5.) an- heimfallen würden. Immerhin ist jedoch zu erwarten, dass auch unmit- telbare Verbindungen durch den von Westindien gegen die Küste von Panama wehenden Passatwind oder durch Vogelflug stattfinden: denn ein Seeweg durch Meeresstrómungen scheint in einigen Fällen nicht ange- nommen werden zu kónnen, indem zwar von den Karaiben und Jamaika die atlantische Strömung zu dem Isthmus hinüberfluthet , die übrigen grossen Antillen hingegen in keiner, solchen unmittelbaren . Verbindung mit dem südwestlich gelegenen Theile des Kontinents stehen. Hier ist "às Sher? "A GRISEBACH, also die Untersuchung bis jetzt nicht abgeschlossen: es bleibt übrig; die Areale sicherer in ihrem vollen Umfange festzustellen, und. dann wird es vielleicht möglich sein, aus der systematischen Stellung jeder einzelnen Art neue Gründe zur Entscheidung ‘der Frage herbeizuziehen, ob. die- selbe ihre ursprüngliche Heimath in Westindien oder auf dem Kontineht hatte, ob sie von dort durch atmosphärische Mittel herübergeführt ;: oder von “hieraus zu. den Inseln verbreitet ward. Sò weit das Areal gegen- wärtig bekannt ist, habe ich in den angeführten Beispielen das hypo- thetische Sehüpfungscentrum! durch die gewühlte Reihenfolge der Fund. orte anzudeuten versucht. ;8.. Mexikanische Gattungen , welche nach . Westindien verbreitet sind. Berberis fraxinifolia Hook. ^ Mexiko -— Cuba. Stegnosperma halimifolium Benth. `- Guatemala: — Cunha. posse Südspitze. Gali- ‚forniens). ! Cryptocarpus globosus Kth. Mexiko — Cuba. Boldoa ovatifolia Cav, Mexiko — Cuba. Malvaviscus arboreus Cav. Mexiko — Bahama’s und Bag E " pleurogonus DC. Mexiko — Cuba. Belotin er Rich. Mexiko — Cuba. | Mexiko — Cuba: Castilloa elliptica Cav. Mexiko - — Cuba. * um leptopus H. A. Mexiko — D Dalea’ mutabilis W. en — = 1 SED (191 an Pm Segen KS (Gera). bh measrbaidqe Y orsdiat DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 49 Samolus ebracteatus Kth. Mexiko — Cuba. Russelia sarmentosa Jacq. Panama — Cuba, Achimenes coccinea Pers. Panama — Jamaika. Martynia diandra Glox. Mexiko — Zoe: Attalea Cohune Mart. Honduras — Jamaika. Agave americana L. Mexiko — Dominica. — spicata Cav. Mexiko — Cuba. ^ b. Verbreitung vom Isthmus nach Westindien oder in umgekehrter Richtung. Lühea platypetala Rich. Panama; Cuba. Cleyera theoides Pl. Cuba — Guadeloupe; Veraguas. Heteropteris Lindeniana Juss.. S. Vincent; Yucatan. Meliosma vernicosum Pl. Dominica; Costarica. Alvaradoa amorphoides Liebm. Nicaragua, Mexiko; Cuba. Acacia villosa W. Panama, Mexiko; Cuba, Jamaika.. — Berteriana Balb. Jamaika; Panama. Eugenia Lambertiana DC. Guadeloupe — S. Vincent; Panama. Bucida Buceras L. Cuba — Guadeloupe; Panama., Phoradendron latifolium Gr. Panama; Cuba, Jamaika. x Psychotria marginata Sw. Jamaika; Panama (M. Wagner!). — longicollis Benth. Costarica; Cuba. © — "pubescens Sw. Panama, AMeriko; Cuba, Jamaika. Diodia prostrata Sw. Panama, Mexiko; Jamaika, ‚Baccharis nervosa DC. Guadeloupe — Trinidad; re Verbesina gigantea Jacq. Jamaika — Dominica ; Panama, Pectis Swartziana Less. Haiti, Jamaika; Panama. Tupa persicifolia A. DC. Guadeloupe, Dominica; Guatemala Dee? Myrsine coriacea R. Br. Cuba — Dominica; Parama. Ardisia coriacea Sw. Jamaica; Panama. ` -Diospyrós tetrasperma Sw. Panama; Cuba, ER | Gë Echites paludosa NV. Bahama's — Jamaika; Panama. x Solanum. fuscatum L. Antigua; Yucatan. | EA "Tecoma pentaphylla DC. Cuba — 8. Lucia; Panama ies , Blechum angustifolium R. Br. Bars Panama. Tussacia pulchella Rchb. Cuba — Trinidad; Panama. Tpomoea sidifolia Chois. Panama, Mexiko; Cuba, Haiti, Jamaika. — ^. 277227 jamaicensis Don. : Panama; Cuba ; Jamaika. | [iow deg G. Mo. Bot. Garden, “Ol. 50 3 A. GRISEBACH, Ehretia tinifolia L. Yucatan, Meziko; Cuba — S. Barthelemi. Beureria grandiflora Gr. Guatemala; Cuba. Lantana involucrata L. . Bahama's — Guadeloupe; Panama. Pinus occidentalis Sw. Costarica; Cuba, Haiti. Arundinella martinicensis Tr. Cuba — Martinique; Panama. Dioscorea pilosiuscula Berter. Panama, Meziko; Jamaika, Haiti. ké c. Verbreitung von Mexiko nach Westindien längs der nördlichen Golfküste. Froelichia interrupta Moq. Mexiko, Texas, Florida; Jamaika. Guettarda elliptica Sw. Mexiko, Florida; Cuba, Jamaika. Eupatorium ivifolium L. Nordmexiko, Louisiana; Cuba — Guadeloupe. — ageratifolium DC. Nordmexiko, Texas; Cuba, Haiti, Bahamas. Forestiera porulosa Poir. Mexiko, Texas, Florida; Cuba, Jamaika. Nicotiana repanda W. Mexiko, Texas; Cuba. Ipomoea commutata R.S. Mexiko, Louisiana, Carolina; Cuba. Nama jamaicensis L. Mexiko, Texas; Cuba — Antigua. Leersia monandra Sw. Mexiko, Texas; Cuba, Jamaika. Pancratium caroliniamum L. Mexiko, Südstaaten; Jamaika. 8. Areale, welche Nordamerika und W estindien verbinden. Bei den Nordamerika und Westindien gemeinsamen Pflanzen lässt sich fast in allen Fällen theils aus der Form ihres Areals, theils aus ihrer systematischen Stellung erkennen, in welcher Richtung sie sich verbreitet haben. Ich habe daher die nordamerikanischen und westindi- schen' Typen abgesondert zusammenzustellen "versucht , und bemerke, dass die Mehrzahl der ersteren auf Cuba beschrünkt ist, sowie umgekehrt die letzteren meist nur in die südlichsten Staaten eingedrungen sind, also sich gerade so verhalten, wie die Tropenpflanzen überhaupt (vergl. £ d. und 5. wie In anderen Füllen, wo das Areal nach beiden Rich- ehnter ist, oder wo sich dasselbe auf Florida und Cuba ~ beschränkt, gewährt die Verbreitung der Gattung, die Verwandtschaft s mi endemischen Arten, in der Regel einen Anhaltspunkt. So betrachte = j3arvifloru n als einen nordamerikanischen , nach Cuba über- ` elu ten Typus; weil Seng © lien: Staaten noch eine zweite, endemische jesitzen . Euphorbia ` ccu als vom * DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 51 Seestrande Cuba's nach Florida verbreitet . miem die nüchstverwandten Formen tropisch sind. | | Ueber die Mittel und Wege; ee nordamerikanische Gewächse zu den Antillen geführt haben, lässt sich fast dasselbe nachweisen, was sich für die transoceanischen Wanderungen ergab (3. und 4. ai Die Meeresströmungen sind hier jedoch ohne besondere Bedeutung, da der Golfstrom nur Louisiana mit Cuba in Verbindung setzt, am Mis- sissippi aber manche Arten fehlen, die Cuba mit Florida und anderen Staaten an der atlantischen Küste gemein hat. Allein die meisten dieser Pflanzen sind entweder Begleiter des Kulturbodens oder wachsen auf sumpfingem Boden und im Wasser. und die Holzgewüchse, gering an Zahl, wie sie sind, gehören grösstentheils zu den häufigsten und am weitesten verbreiteten Erzeugnissen Nordamerikas, so dass man, in Er- mangelung aller näheren Angaben über ihr ‚Vorkommen in Cuba, in Zweifel gerathen muss, ob sie nicht vielleicht nach dieser Insel eingeführt worden sind. Indessen giebt es auch einige Gewächse des Waldbodens, von denen dies nicht angenommen werden kann: namentlich ist die Wiederkehr mehrerer Hyperieineen auf Cuba merkwürdig, welche früher nur von dem dürren Boden der Nadelholzwälder (pine barrens) in den Südstaaten bekannt waren. und, vielleicht Begleiter der in Cuba beob- achteten Coniferen Nordamerika's sein..mögen.. Ob, diese und andere Formen unter den Tropen in Gebirgsregionen hinaufrücken, darüber fehlt bis jetzt von den Sammlern jede nähere Auskunft. : Das zweite Verzeichniss, welches die nach Nordamerika verbreiteten westindischen Pflanzen enthält, hat eigentlich nur die Bedeutung, zur Ergänzung der früher charakterisirten , tropischen Areale (3. 4a. 5b. Zei zu dienen, auf welche ich hier nur zu verweisen habe, da die Unter- scheidung dieser Kategorieen eine willkührliche nach Breitegraden ‚und der Typus der Wanderungen der nämliche ist oder doch See ind ler chen Richtungen zusammentrifft. 4 A. Nordamerikanische Plansen welehe in ‚Westindien a. Pl hydrophilae. Illicium parviflorum Rich. Georgia — ee 52 m | A. GRISEBACH, Nymphaea odorata DC. Canada — Cuba. Nuphar advena Ait. Canada — Cuba. Nelumbium luteum W. Ontario — Jamaika. Acnida cannabina L. Michigan — Trinidad. Isnardia microcarpa Poir. Süd-Carolina, — Jamaika. Oldenlandia glomerata Mich. New-York — Cuba. Hedyotis coerulea Hook. Canada — Cuba. Cephalanthus occidentalis L. Canada — Cuba. Aster carneus Ns. Massachusets — Cuba. Pluchea bifrons DC: Süd-Carolina — Cuba. Utricularia cornuta Mich... Canada, — Cuba. — purpurea Walt. -Massachusets — ‚Cuba. Buchnera americana L. New-York — Cuba. Herpestis rotundifolia Pursh. Illinois — Cuba. Hemianthus micranthemoides Nutt. Carolina — Cuba. Potamogeton hybrida Mich. Massachusets — Cuba. Cyperus acuminatus Torr. Ilinois — Jamaika. Scirpus melanocarpus Gr.. Carolina — Cuba. — . validus V. Nordamerika — Jamaika; Mexiko. Rhynchospora setacea V. Carolina — ‚Cuba. N ee distans V. Südstaaten — Haiti. — stellata Gr. New-Jersey — Martinique. -Sderia gracilis Ell. Carolina — Cuba. Juncus repens Mich. Carolina — Cuba. b. Pl. litorales. : Cakile aequalis DC. Südstaaten (?) — S. Vincent. -Aster linifolius L. Massachusets — Cuba. | Baecharis halimifolia L. Maryland — Cuba. Gnaphalium purpureum L. Maine — Cuba. “pauciflora Pursh. Nordamerika — Cuba. (Sandwich - Inseln). Seutera "n Fo, Süd-Carolina, Texas — Bahamas. DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 53 Cassia nictitans L. Massachusets — Guadeloupe. Ambrosia psilostachya DC. Illinois — Jamaika. Melanthera hastata Rich. Carolina — Cuba. Verbena urticifolia L. Canada — Jamaika. d. Pl. sylvaticae, variae. (Die Holzgewächse sind cursiv gedruckt). Claytonia perfoliata Don. Rocky-Mountains, Mexiko — Cuba. Ampelopsis quinquefolia Rich. Canada — Cuba. Hypericum galioides Lam. Carolina — Cuba. — fasciculatum Lam. Carolina — Cuba. Ascyrum crux Andreae L. New-Jersey — Cuba. — hypericoides L. Texas — Jamaika. (Bermudas). Oxalis violacea L. Canada — Cuba. Rhus: Copallina L. Canada — Cuba. Juglans cinerea L. Canada — Cuba. Myrica carolinensis Ell. Carolina — Cuba. Eupatorium foeniculaceum W. Virginia — Cuba. — coronopifolium W. Carolina — Cuba. Sabbatia gracilis Salisb. Südstaaten — Cuba. Callicarpa americana L. Virginia — Cuba. Juniperus virginiana L. Canada — Cuba. Commelyna angustifolia Mich. . Pennsylvania — Cuba. T Aristida purpurascens Mich. Massachusets — Jamaika. Panicum virgatum L. Nordamerika — ‚Cuba. — dichotomum L. Nordamerika — Jamaika. Andropogon scoparius Mich. Carolina — Cuba. Sabal Palmetto Lodd. Carolina — Cuba. | Yucca aloifolia L. Südstaaten — Antigua. ` Smilax pseudochina L: New-Jersey — Cuba. . Sisyrinchium Bermudiana L. Canada — Cuba. ER E B. Westindische Pflanzen ,. welche „die Nordgrenze des ed Klina's re SR Eth. Cuba E Ce iab, Abutilon permolle G. Don. Cuba, Bahama's — Florida. Ayenia pusilla L. Antigua — Neumexiko, Kalifornien. Guajacum sanctum L. Portorico, Haiti, Bahama’s — Key West. Fagara lentiscifolia W. Trinidad — Florida, Texas. Hui Lë: e 54 A GRISEBACH, Simaruba glauca Kth. Jamaika — Florida. Castela erecta Turp. Antigua — Texas. Myginda Rhacoma Sw. Jamaika — Florida. (Seestrand). Coccoloba floridana Msn. Cuba — Florida. Passiflora angustifolia Sw. Jamaika — Key West. Randia aculeata L. Dominica — Key West. Psychotria lanceolata Nutt. Trinidad — Florida. Ernodea litoralis Sw. Guadeloupe — Florida. (Seestrand). Ambrosia crithmifolia DC. Cuba, Bahama's — Florida. (Seestrand). Flaveria linearis Lag. Cuba — Florida. Pectis linifolia Less. S. Thomas — Key West. Asclepias nivea L. S. Thomas — Louisiana. Beureria tomentosa Jacq. Jamaika, Cuba, Bahama's; Key West. Tournefortia gnaphalodes R. Br. Barbadoes — Bahama’s; Florida. (Seestrand). Anatherum macrurum Gr. Antigua — Südstaaten. Crinum floridanum Fras. Jamaika; Florida-Key’s. IL. Areale der endemischen Pflanzen. Zu den wichtigsten Ergebnissen der bisherigen Untersuchungen über den Endemismus oceanischer Archipele gehören die Beschränkung der ‚Schöpfungscentren auf die einzelnen Inseln, die im Verhältniss zu den . eingewanderten Pflanzen vergrösserte Artenzahl in den Gattungen, welche mit der räumlichen Absonderung verwandter Formen in Verbindung steht, und das Auftreten endemischer Gattungen, die oft nur eine oder wenige Arten enthalten (Monotypen).. Im dieser Reihenfolge ist nun auch. der Endemismus der westindischen Vegetation zu beleuchten. ` So- leselt rg für eine Insel von der Grösse Cuba's sich gültig rüı rum des Satzes, dass sie hicht bloss auf die | DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 55 Vertheilung der endemischen Arten Westindiens auf die einzelnen Inseln. Mehr als 2000 Pflanzen Westindiens, also beinahe die Hälfte aller verglichenen Arten. sind, soweit bis jetzt unsere Kenntniss reicht, dem Gebiete eigenthümlich. Eine so grosse Verhältnisszahl endemischer Ge- wächse wird wohl nur selten auf oceanischen Archipelen erreicht: doch nähert sie sich dem Endemismus der Galapagos, und wird in Neuseeland und Madagaskar ohne Zweifel weit übertroffen. Fast zwei Drittel der eigenthümlich westindischen Pflanzen sind bis jetzt nur auf einer einzigen Insel beobachtet worden. Allein die Ver- theilung ist im höchsten Grade ungleich, und, um das Verhältniss rich- tiger zu würdigen, ist zunächst die Grösse der Inseln, als der wichtigste Faktor der Ergiebigkeit organischer Schöpfungen, in Betracht zu ziehen. Das Gesammtareal Westindiens beträgt nach den neuesten Schätzungen !) beinahe 4600 g. Quadratmeilen, wovon etwa 4040 auf die grossen An- tillen, 290 auf die Bahama's, 150 auf sämmtliche Karaiben und 100 auf Trinidad fallen. Von den grossen Antillen interessiren uns hier nur Cuba mit 2120 und Jamaika mit 275 Quadratmeilen. Die Vertheilung der auf eine einzige Insel beschränkten Arten er- giebt sich aus folgender Uebersicht : | Cuba 849 Arten. Martinique 2 Arten. Jamaika 275 » Guadeloupe 1 Art. Toudd 55 o Po T Dominica 29 » Antigua F > S. Vincent 12 » Barbadoes l + Montserrat 2 » Bahama’s (Providence u. Turk-Islands) ‚Grenada 2 3 18 Arten. Wenn man berücksichtigt, dass einige westindische Inseln nicht so vollständig wie andere erforscht sind, so scheinen diese Ziffern i im All- gemeinen für eine ziemlich gleichmässige Vertheilung der Schöj p m 1) American Almanac for 1858. Die Angaben sind daselbst in engl. Üuadrat- meilen angesetzt, und hier nach dem. approximativen iis von 20:1 ‚in abgerundeten Ziffern auf ERS reducirt. 56 | A. GRISEBACH, centren zu sprechen. Wird Jamaika, eine der am besten bekannten Inseln, zu Grunde gelegt, wo auf die Quadratmeile je eine endemische Art fällt, so entfernt sich Trinidad von diesem Verhältniss nicht bedeu- tend, und die noch wenig untersuchten Bahama's, die bis jetzt weniger Eigenthümliches dargeboten haben, dürften in der Folge noch neue, endemische Arten liefern. Nur die Karaiben, von denen 51 auf eine einzige Insel beschränkte Arten bei einem Areal von 150 Quadratmeilen bekannt geworden sind, würden in dieser Beziehung abweichen, um so mehr als hier die einzelnen Schópfungscentren, durch das Meer von einander abgesondert, die Organismen nicht so leicht unter einander austauschen kónnen, als auf einer lüngeren, durch Flüsse gegliederten Küstenlinie. Bei einer genaueren Vergleichung der einzelnen Inseln und, wenn wir Cuba mit Jamaika zusammenstellen, zeigen sich indessen noch ent- schiedenere Gegensätze in der erzeugenden Kraft, welche dieses insulare Gebiet belebt hat. Zu den am vollständigsten untersuchten karaibischen Inseln gehören namentlich Guadeloupe, Dominica und Antigua. In meiner früheren Arbeit über die Karaiben hatte ich mehrere neue Arten aus Guadeloupe beschrieben, die ich später auch von anderen Inseln erhalten habe: es blieben nur vier Arten übrig, von denen ich aber drei, da sie nach Vorkommen und Verwandtschaft schwerlich auf die Insel beschränkt sind, unberücksichtigt lasse, und somit halte ich jetzt das auf dem Gipfel des Vulkans Soufriere schon von Swartz entdeckte, in der Perrottet'schen Sammlung von mir untersuchte Cremanium coria- um „‚Melastoma Sw.) für das einzige, sicher bekannte 1), endemische ;rzeugniss der Insel Guadeloupe. Diese ist nun aber die grósste aller Kran ihr Areal beträgt mehr als 26 Quadratmeilen, nach älteren B Angaben. mehr als Kä Durch ihre aiat mit Grandeterre vereinigt DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN PREGINDISNS, 57 nigfaltigen Bodengestaltung den grössten‘ Pflanzenreichthum taitoi gre Karaiben H. ° Kaum halb so gross ist Dominica (14 Qüadratmeilen), und dennoch haben hier die Forschungen Dr. Imray's bereits 29 eigenthürh- liche Arten geliefert, eine bei Weitem grössere Zahl, als irgend eine andere karaibische Insel, mehr als die Hälfte aller in diesem Archipel auf ein einziges Centrum eingeschränkten Arten. Mögen manche der- selben in der Folge auch noch anderswo aufgefunden werden, dieser grosse Gegensatz in- der Ergiebigkeit eigenthümlicher Schöpfungen kann kein zufüliger sein, da durch Duchassaing’s und Perrottet's Sammlungen unsere Kenntniss von Guadeloupe vollstündiger geworden ist , als von Dominica. Diese Insel liegt in geringem Abstande zwischen Guadeloupe und Martinique, die bis jetzt nur mit je einer und je zwei endemischen Arten vertreten sind; die physische Beschaffenheit, durch eine vulkanische Gebirgsmasse und feuchtes Klima bezeichnet, bietet keinen Erklärungs- grund, der natürliche Austausch der Organismen konnte in beiden Rich- tungen gleichmässig stattfinden. ` Wie kënnen wir also umhin anzuneh- men, dass Dominica die grössere Eigenthümlichkeit dem geologischen Schöpfungsakte selbst verdankt, oder dass die hier entstandenen Orga- nismen ^ weniger befühigt' waren, sich jenseits des Meeres änzusiedeln? Wir finden ‘ähnliche Exscheinungén in Europa, wenn wir die zahlreichen endemischen' Pflanzen Corsikd' mit der so'wenig eigenthümlichen Vege: tation" Sardiniens, oder auf dem’ Kontinente selbst die Pyrenaeen mit der Sierra Morena vergleichen. ` Wie wir Inseln ohne eigene Schöpfüngs- éentren kennen, 80 ist auch die erzeugende Kraft der Bou p M der Erdoberfläche nicht überall gleich intensiv gewesen. ^ ^ Die übrigen, ` vulkanischen Karaiben zeigen ähnliche Fonai heiten, wie Dominica und eg sind aber nicht gleichmässig be- kannt, Die nicht vulkanische Insel Antigua. hingegen, von der wir cine sehr vollständige Sammlung dem verstorbenen Wullschlaegel verdanken, bietet ` zu der Frage Anlass, ob ` auf "den ` Tertiärkalken der udishe Karaiben: BEER — xat sind , d € S ad sie E ` 3) Vegetation der Kilo 8.6. Phys. Classe. XII. 58 A. GRISEBACH, nur eingewanderte Pflanzen besitzen. Von allen diesen. Inseln | sind gegenwärtig nur 2 Arten bekannt, welche nicht auch in anderen Theilen Westindiens beobachtet würen:. von Antigua eine Graminee. (Bouteloua elatior) und von Barbadoes eine holzige Boraginee (Cordia tremula). Mit grosser Wahrscheinlichkeit ist zu erwarten, dass diese Pflanzen auch anderswo vorkommen, da die meisten Grüser grosse Areale bewohnen, und die Boraginee Arten gleicher Gattung auf anderen Inseln nahe ver- wandt ist. Auch wenn wir das Gebiet des Tertiärkalks als ein Ganzes zusammenfassen, ist kein weiteres Beispiel des Endemismus in. dessen Bereich bekannt, wührend für die. vulkanischen Karaiben zu den auf eine einzelne Insel beschrünkten Arten noch gegen 50 mehreren der- selben gemeinsame, endemische Formen hinzuzurechnen sind. . Sodann ist auch in Antigua die Artenzahl in den Gattungen geringfügig. Hier scheint also der Fall vorzuliegen, dass die Schópfungscentren an ein bestimmtes geognostisches Substrat gebunden sind, dass, als die östlichen Karaiben gebildet wurden, die Kraft, neue Pflanzen zu erzeugen, in diesen Gegenden der Erde erloschen oder latent war, und dass ihre Pflanzendecke ihnen von auswürts, zunüchst von. den Nachbarinseln zu- geführt wurde. Es würe von Wichtigkeit, diese Hypothese auch. vom geologischen Gesichtspunkte aus zu prüfen und zu untersuchen, ob die vulkanischen Karaiben früher. aus dem Meere gehoben sind, als der Tertiürkalk. ‘Jedenfalls hat sich num dauernd eine scharfe Vegetations- grenze zwischen. beiden Inselreihen herausgebildet: die Gewächse des feuchten Waldgebirges konnten, sich nicht in dem trockeneren Klima und auf dem dürren, wenig über den Meeresspiegel. hervortretenden Boden des Tertiärkalks ansiedeln, sondern nur Pflanzen bestimmter Stand- orte und solche, die, gegen äussere Agentien gleichgültig, sich leicht . des RR Beien bemüchtigten. Die Flora der óstlichen Karaiben ist ssmässig arm gegen ihre westlichen Nachbaren. giebigkeit der Schópfungscentren darf endlich SCH aus naika und Cuba mit einer gewissen Wahrschein- cc N m. Cuba, dessen Areal fast achtmal so gross E vie das von Jamaika, ee ee mehr als die, dreifache H DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 59 Zahl eigenthümlicher Pflanzen geliefert. So gewiss es nun auch ist, dass Jamaika weit genauer erforscht ist, und dass die meisten endemischen Gewüchse Cuba's erst durch die unerwartet formenreichen, jedoch nur von einzeluen Gegenden der Insel herrührenden Sammlungen der neueren Zeit, durch Ramon de la Sagra, Linden und besonders durch C. Wright bekannt geworden sind; so kann man doch nicht wohl annehmen, dass gegenwürtig noch eine so grosse Menge von Arten unbekannt sein sollte, wie vorhanden sein müsste, um die Verhültnisszahl Jamaika's zu errei- chen. Freilich wüchst auch mit der Grósse des Areals, wie oben gezeigt wurde, die Leichtigkeit des Austáusches, und es werden daher von denjenigen Pflanzen, welche über mehrere Inseln oder über ganz West- indien verbreitet sind, eine ungleich gróssere Zahl von Cuba ausgegangen . sein, als von anderen Orten und in anderen Richtungen. Cuba ist den anderen Inseln -gegenüber gleichsam ein kleiner Kontinent, dessen Areal beinahe halb so gross ist wie das aller übrigen zusammengenommen. Allein selbst wenn man annehmen wollte, dass alle mehreren Inseln : gemeinsame, endemischen Pflanzen Westindien's von hier aus verbreitet wären, würde man für die Schöpfungscentren Cuba's bei Weitem nicht das Verhältniss einer Art auf die Quadratmeile, wie in Jamaika, erreicht sehen. Ich halte es daher für wahrscheinlich, dass Cuba an Ergiebigkeit der Pflanzenschöpfungen Jamaika ’nachsteht! Auch würde es, dies als sicher vorausgesetzt, leicht sein, den Grund aus der physischen Beschaf- fenheit und plastischen Gestaltung beider Inseln abzuleiten. Jamaika hat ausgedehntere und höhere Gebirge, eine éomplicirte Gliederung in Bezug auf Thalbildingen, Gipfel- und Kammgestaltungen , steile oder sanftere "Bóschungswinkel; es besitzt eine manmigfaltige, geognostische Constitution, und vor Allem sind hier die durch den Einfluss der west- östlich streichénden' Bergkette ediugten "klimatischen Gegensätze der feuchten Nordgehünge und der trock en, durch Cacteen d Südküste für die Anordnung der Pflanzer inf Cuba ist! gleichmässiger €— und die‘ "Hochgebirge sind auf.) engen et. Aue diese Verhältniäbe” wirken‘ züsámmen, eschrünken, und, wenn en A. GRISEBACH, die ‚Schöpfungscentren unter dem allgemeinsten Gesetze der organischen Natur, dem Gesetze der Adaptation stehen, so war ihnen hier ein wei- terer Spielraum zu ihren Bildungen gegeben, als in Cuba. Wendet man sich von, den Erzeugnissen einzelner Inseln zu. den- jenigen , ‚welche innerhalb des Gebietes über einen .grósseren Raum sich ausgebreitet haben, ‚so zeigt sich die Gestalt. der Areale ‚grösstentheils nur durch die geographischen Entfernungen geregelt, und, ob Strümun- gen, oder andere Hülfsmittel: die: Wanderungen: unterstützt haben, ‚ist nicht, mit Sicherheit festzustellen... Dagegen. lässt. sich die grössere Hälfte der Areale nach. Polhöhe, und Bodengestaltung ‚ zu fünf klimatischen Gruppen ordnen, die bei der Untersuchung der Pflanzenformationen ‚sich ohne. Zweifel aueh durch. den allgemeinen Charakter der Vegetation rechtfertigen, würden... Die kleinere Hälfte umfasst. diejenigen Pflanzen Westindiens, die durch den grössten Theil des Gebiets, also von den grossen Antillen oder den Bahama's bis zu.den Karaiben oder Trinidad verbreitet sind (294 Arten). ` .l. ‚Die erste Gruppe. wird. pes PR Bahamas. und Turk - Inseln debildeis sie erstreckt sich vom 28sten. bis zum 21sten Breitengrade, ist gebirgslos und hat trocknes. Passatklima | mit. kurzer €— ^, ; Man Wie bis jetzt nur Pflanzen einzelner: Inseln. b Die vier grossen Antillen, vom. posce bis ‚zum 18ten itengrade reichend, haben s&mmtlich ausgedehnte; Ketten. von Hoch- d regen "08 Regenzeiten vor und. naeh dem Sommersolstitium "nds zeigen ausserdem örtliche Verschiedenheiten ‘in den Feuchtigkeits- verhältnissen , indem. die Niederschlige.bald mit ungleicher Intensität fallen, ‚bald. über fast alle Monate des Jahrs in, wechselnder- Proportion aha sindi oder auf kürzere Zeiträume sich einschränken. . Diese ' lieferte unter. den verglichenen Pflanzenformen 307. gemeinsame, wenigstens auf zwei Inseln Roo ida GE von., Wa ie Bahama Air, vechstitet habenc: | er fiber ‚5900 jansteigend), nin E 4 DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 6i dem der grossen Antillen ähnlich; von denen sie aber durch eine nicht unbetrüchtliche Meeresbreite und zwischenliegende Insel der folgéndeü Gruppe getrennt sind. ` Sie haben 104, auf mehrere Inseln verbreitete Arten geliefert, von denen 21 auch die — — er — erreichen. ` arida A. Die östlichen - sai äusseren Ee Karaiben RE die Ireo von S. Thomas (199. N. B.) bis Tabago (129 N. Bi Die physi schen Verhältnisse sind denen. der Bahama's: ähnlich ,. mit denen sie weniger als mit. den übrigen Gruppen geographisch | verbunden ` sind. Gemeinsame: Pflanzen. haben. sie nicht! geliefert, die nicht: auch auf den inneren Karaiben vorkümen: aber ihre Vegetation ward auch‘ iduréh din Kultur des Bodens bedeutend beeintrüchtigt. "ob. Das letzte Glied bildet "Trinidad, wo Niederschläge idi áusser- halb ‚den Regerizeit in allen Monaten: vorkommen ,: jedoch Savanen ; dges schützt. durch. die.zu 3100' sich erhehenden Gebirgszüge, wie in Guiana; dem feuchten Waldgebiet sich einordnen. Von Curacao und anderen gebirgslosen Inseln an: der Nordküste! von Venezuela € — bota- nische Sammlungen vor. Die: Gesammtzahl der auf einer Mehrzahl von ee Mit nachgewiesenen, endemischen Gewüchse betrug demnach kaum mehr. als 700 Arten; während 1274 nur auf einer einzigen n p waren. rare ichthum. der Gattungen: an Min dtes s EE in einer formenreichen ` Gattung ` die eeng ER welche sie zusammensetzen, (über nahe gelegene Inseln ` oder Gebirgs- gipfel sich vertheilen, also durch das Meer oder durch nieht leicht über- schreitbare Thäler von einander: geschieden sind, so werden sie in! ihrer Absonderung verharren ‚ind! aüf die Dauer den Ort, wo sie entstanden sind, erkennen Jassen. . Dies ist das : Verhältniss, ' WelchestiJ. Hocker zuerst. für. die artenreichen PR weg EE nachgewiesen hat!). Sind dagegen. die ‚grossen Gattun | on be * aGbdibN iu090x96 ER rH agi tert a ^q Enn. Ti EIERN gaihiira WW usb otmen ad St 49 AUNIdAr A. GRISEBACH, die Arten leichter ausbreiten können und jede einzelne doch ihre eigen- thümlichen Kräfte besitzt, physische und physiologische Hindernisse auf ihrer. Wanderung zu überwinden, werden die schwächer ausgestatteten auf einem engen Raume zurückbleiben, während) die gleichsam mit den stärksten Waffen gerüsteten, die wuchernden, die massenhaft sich fort- pflanzenden, die von Klima und Boden unabhängigsten weiter und weiter ihren. Wohnort ausdehnen, ja einige zuletzt auch das Meer über- schreiten mögen. So empfangen die Inseln aus der Ferne nur einzelne Vertreter aus den Gattungen des Kontinents. Man kann daher auf einem oceanischen Archipel die endemischen von den nicht endemischen Pflan- zen oft schon dadurch unterscheiden, dass die Artenzahl in der wa höher ist. N Bei den westindischen Pnishi hat sich dieser Unterschied ebenfalls nachweisen lassen: da derselbe aber durch die endemischen Monotypen und andere mds verdunkelt wird, ist eine) weitere — er- forderlich. : Ich. SE EE meine ‚Darstellung auf die Däer da zwei der grössten monokotyledonischen Familien, die Gräser und Cyperaceen, wegen ihrer erleichterten ‘Wanderungsfähigkeit und der Ubiquität der Hauptgattungen zur Vergleichung mit den ersteren‘ -— geg sind. Die. Verbältnisszahlen der verglichenen dikotyledoni G gen und M sind folgende: gësch EET RT MECL gen — 1030, wovon 273 sowohl Ee "A als nicht endemische Arten enthalten. seen Arten — 1789, in 540 Gattungen. ` - Nicht endemische: Arten — 1866, in 763 ERS Ye ines. '"Verháltniss. der Arten zu den Gattungen ist demnach bei dia n. Dikotyledc Westindiens 3, 3: 1, der nicht endemische 2, bol "Dioui Unterschied aber würde weit erheblicher werden, wenn ` statt des mie n. Mittels eine ` mehr: in: die besonderen Verbrei- I 1 23 D. i A d 7, E, HET ET AS MES der gewühlt VALAZIAA S s folgender Thatsachen in Betracht Bee TEE | thüm. ichen Pflanzen eine DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 63 Menge von Gattungen. deren Artenzahl sehr weit über das arithmetische Mittel hinausreicht. Die grösste Anzahl endemischer Arten fand sich in folgenden Gattungen: von Croton und Rondeletia habe ich je 21. von Pilea, Psychotria und Eupatorium je 30, von Eugenia 29, von Clidemia 24, von Phyllanthus und Ipomoea je 23 Arten kennen gelernt, welche bis jetzt núr auf den yestindischen Inseln beobachtet sind. Unter den nicht berücksichtigten Orchideen steigt diese Ziffer bei Epidendrum auf 31, bei Pleurothallis auf 32. Von Gattungen,. deren endemische Arten, unter einander durch ihren Bau näher verbunden, als typisch für West- indien zu betrachten sind, hatten Calyptranthes 13, Calycogonium 13; Exostemma 11, Stenostomum 12, Tupa 11, Conradia 12 dem Gebiete eigenthümliche Arten: die mit Conradia verwandte Gesneriaceengattung Pentarhaphia mit 9 Arten ist sogar, wie Calycogonium, ER endemisch. ` 2. Zahlreiche S Gttaapck des kontinentalen Amerika's zühlen ein- zelne endemische Arten in Westindien.. Von manchen ist es wahrschein- lich. dass sie künftig auch auf dem Kontinent nachgewiesen werden, wodurch sich.das Verhältniss der endemischen Arten und Gauss in Westindien ündern würde. A Endlich wird der durchschnittliche Quotient. der endemischen Arten und. Gattungen durch die Monotypen, d. h. die Gattungen mit einzelnen oder wenigen Arten herabgedrückt, von denen mir unter deri | Dikotyledonen allein 61, die nur eine einzige Art zühlen, bekannt ge- worden sind. Diese Erscheinung ist eine Eigenthümlichkeit' der Schö- pfungscentren, die abgesondert untersucht zu werden verdient, und dem Artenreichthum anderer Gattungen gerade entgegengesetzt. Zieht man jene 61 Monotypen von den (übrigen Gattungen ‘mit endemischen Arten ab, so steigt das Verhältniss der Artenanzahl in den letzteren auf 3/71} . Die Unterscheidung der Monotypen von den Gattungen mit zahl reichen endemischen Arten ist keine willkührliche, sie bezeichnet nicht bloss die Grenzwerthe der r eines herr oic sie bezieht: ehe af das his nestypen. j Ge a die. ich. wegen. mehrfa 64 1471 ‘VATA GRISEBACH, typisch oder arm an Arten, während die artenreichen Gattungen: dem Gebiete fast ohne. Ausnahme nicht. eigenthümlich angehören ‚sondern in der Regel auf den Kontinenten ebenfalls durch mannigfaltige ‚Formen vertreten werdet. | Dies geht daraus hervor, dass von den 94 endemi- schen Gattungen Westindiens. folgende. Reihe nach: der Artenzahl gebildet wird: 61 Gattungen enthalten 1,21G.2, 2G.3,,.5G.4, 3G. 5, 1G. 9 und LG 13 endemische Arten. ` Die Zahl der endemischen Gattungen mit mehr als 2. Arten ist daher verhältnissniässig unbedeutend, während die oben aufgezählten artenreichsten enden mit Ausnahme von zweien auch kontinental’ sind! | “Wichtiger | noch. ist die 'systeinatische Stellung der. LE ak Wenn’ auch. die. Absonderung von anderen Typen. bei man- chen derselben nur eine ‚Folge der Bearbeitungsform' ihrer Familien ist, und daher einem Wechsel subjectiver Ansichten unterworfen sein mag, so zeichnen sich dagegen viele Monotypen durch einen so eigenthümlichen Bau. aus. dass sie in: jedem Pflanzensystem unverändert. ihren Platz finden müssen, ma dass micht ihre ‚Selbständigkeit, sondern: ihre Stellung. zu anderen. grösseren: Gruppen Zweifel und Fhwiesikdplen ie ‘Unter ihnen nämlich finden sich die eigenthümlichsten: West- indiens... ;die es weden. in: keine der im. System dinfgcstkllton Gattungs- reihen... welche ‚man ‚natürliche Familien‘ nennt; sich ohne Zwang‘ eiu- reihen lassen.,. Dm die zwischen zwei solchen Gruppen Verbindungsglieder bilden. so das die Grenzlinie derselben dadurch vollständig verwischt werden kann. Die endemischen Gattungen "Wéstindiens ,. deren Ein- reihung.in das System solchen Bedenken ioni oder) verschiedenartig beurtheilt. wird, sind namentlich Tar | ' Lunania wird den Fl tianeen PEG, während Bama: und. 3A. Hooker sie! für. eine: Gattung der Samydeen erklären, Pe age ‚mit den ersteren "moe : Carpodiptera ES emi E Heint ebben ‚von: den. genann- gé sr , d $ r LEN 2. SEI É re reto art EID fond Se E E N. UOGSIIDIUEU IE EL MGR e x 4 = ER d d S $ DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 65 Canella grenzt ‚auf der einen Seite an die Guttiferen, auf der an- deren an die Violaceen und Bixineen. Hypelate wird von Bentham und J. Hooker für ein E e . Glied der Sapindaceen gehalten. Peltostigma erscheint denselben ebenfalls als ein ungewisser Typi unter den Rutaceen. Purdiaea ist eine Cyrillee, hat also eine anomale Stellung neben dem Ericeen. Pierodendron weicht durch sehr bedeutende Kigentbümlicbkeiten des Baues von den Juglandeen ab. Olisbea ist eine Mouriria nahe stehende Gattung, also ein Verbin- dungsglied zwischen den Myrtaceen und Melastomaceen. | Mildea ist eine noch unbeschriebene Gattung aus Cuba, die ich vorläufig als eine anomale Piperacee auffasse. ` 'Fheophrasta ist ein deutliches Verbisdungsglicd zwischen den "a teen und Myrsineen. Goetzea: Wydl. (Espadaea Rich) ist eine anomale Solanee: Bellonia ist eine Gesneriacee mit dem Antherenbau von Solanum, verknüpft also zwei Familien, die sich übrigens BEE fern stehen. ‚Unter den auf dem Tee verbreiteten Monotypen finden sich ebenfalls ausgezeichnete Beispiele anomalen Baues: so Alvaradoa, ein Verbindungsglied der Simarubeen und Sapindaceen, Polypremum, der Serophularineen und Gentianeen, Batis, deren Verwandtschaft mit. den Chenopodeen von gewichtigen Stimmen bestritten wird. = -> Wenn auch in einigen dieser Fälle eine tiefere Einsicht in den Br die systematischen Bedenken einst hinwegräumen wird, so ist es von anderen und namentlich den Verbindungsgliedern zwischen grossen, natür- lichen Familien ebenso unzweifelhaft, dass die Schwierigkeit mit-zuneh- mender Sachkenntniss nicht abnehmen, sondern wachsen wird, da Bei- spiele von solchen Mittelstellungen nicht bloss hier, monde auf allen Schöpfungsgebieten der Erde von Jahr zu Jahr zahlreiche i ind. Indessen scheinen doch die grossen Antillen eine besonders zeichhaltigb Phys. Classe. XII. 6 9 SZAITTAJGRISEBACH, Fundgrube: von ` Zwitterbildungen zwischen natürlichen 'Gattungsreihen darzubieten. | In gegenwártiger Zeit kann man. Wien? EEN den Boden der Thatsachen zu verlassen, doch nicht leicht diese Verhältnisse des Endemismus überdenken, ohne sich daran zu erinnern, wie die räthsel- hafte Verschiedenheit des Baues polymorpher und monotypischer Gattun- gen aus der Theorie Darwin’s von der Entstehungsweise der Organismen abgeleitet werden könnte. Die ersteren würden dem gegenwärtigen Bil- dungstypus der organischen Natur entsprechen und daher in einem Sy- stem, welches vorzugsweise auf deren Formenreihen gegründet ward, sich: mit Leichtigkeit einordnen: diese Gattungen würen ferner noch jetzt oder seit nicht zu langer Zeit in der Spaltung ihrer Erzeugnisse begriffen und deshalb verhültnissmássig reich an Arten. ‘Die Monotypen hingegen könnten als Ueberreste einer längst vergangenen ‘Schöpfung betrachtet werden, die sich. nicht mehr zur Manmigfaltigkeit der Form zu verviel- fältigen vermóchten; sie enthielten daher einzelne oder wenige Arten, die in grossen Zeiträumen ihren Platz im Reich des Lebendigen behauptet hätten; sie wären, sofern sie zwischen übrigens getrennten Gattungs- reihen Verbindungsglieder darstellen, Denkmale einer Periode, in welcher die heutigen Pflanzenfamilien noch nicht bestanden, sondern Gruppen, aus denen diese erst durch Spaltung ihres Typus hervorgegangen würen, gerade wie man eine Mittelstellung der Sigillarien zwischen den Farnen und Coniferen wenigstens aus den Meinungen der Naturforscher über diese Gruppe ableiten ‘könnte. . Solche ‘Ansichten möchte ich indessen auch nicht einmal vermuthungsweise aussprechen, ohne hinzuzufügen, was meiner Bagage nach dabei unzulässig sein würde.: Die unbekann- Hülfsmittel, welche die Natur besass, die erste, vom Darwinismus sich i E st. gung der Org 1 auf dem unorganischen Erdball S kou tu ye nm. o x Schó fi ' tren mi „können auch Bo pátria in den I g thätig S gewesen sein. Die: Möglichkeit , ‚dass, was einmal geschah, ‚sich auch olen konnte ; sind '-—Aé zu bestreiten; obwohl ohne. Zweifel. viele g Zusammenhang der verschiede = sprechen, De E EE disli z Fall die von Stur für eeng Si ` DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 67 nachgewiesene Erscheinung, dass in den: polymorphen Gattungen nicht selten das Areal einer Art die Areale mehrerer endemischer Arten in sich einschliesst. Allein der ansprechende Gedanke, dass die Natur, nicht begnügt, in alter Weise. sich zu erhalten, im Laufe der Genera- tionen, wie der menschliche Geist, erhöhter Thätigkeit zustrebe, kann sich auf mannigfaltige Weise, nicht: bloss durch stetige Wandelungs- processe, auf welche ihn Darwin einschränkt, verwirklichen. Dass die Metamorphose der organischen: Natur durch Variation erfolgt sei, diesem Grundgedanken seiner Hypothese stehen Schwierigkeiten entgegen, die mir unüberwindlich scheinen, namentlich die Thatsache, dass in den wenigen Füllen, wo die Palaeontologie aus dem vollen Zeitumfang einer geologischen Periode, wie in den Bernsteininsekten, die Reihenfolge un- zühliger Generationen zur Verfügung hat, keine Uebergünge der Arten haben nächgewiesen' werden können, sondern jede gesondert dasteht, wie in den räumlichen Gebieten der gegenwärtigen Schöpfung, sodann die Betrachtung, dass jedes Individuum in seiner Gestaltung vollkommen ist, eine stetige Verbindungsreihe von zwei verschiedenen: Gestaltungen aber mindere Grade der Vollkommenheit umfassen müsste. | Ein Orga- nismus ist mit einem Kunstwerk oder einer Maschine zu vergleichen, ` und, um ein von Asa Gray gebrauchtes Bild anzuwenden, verhalten sich die Arten ener Gattung, wie die Muster eines Gerüthes, von denen man nur diejenigen anfertigt, die einem besonderen Zweck oder Ge- schmack dienen kónnen, nicht Reg jede beliebige Gestalt, welche weniger gut zu gebrauchen wäre: | Hybridität ugt Mittelfi ohne dauernden Bestand : die geologische. Reihe der Planzenschöpfungen hat sich in umgekehrter Ordnung aus weniger zahlreichen und unb teren Typen zu der Mannigfaltigkeit des heutigen Systems erst in den letzten Perio- den gegliedert. Bestand hiebei wirklich ein genetischer Zusammenhang zwischen den früheren und "späteren Schöpfu g so hatte die Natur ganz andere Krüfte zur Verfügung, wie COSS sind, welche stetige Reihen von Variationen erzeugen. Den letzteren wirkt immer eine aus- : gleichende Kraft in der Zeugung entgegen, welche: die Art auf ihren ursprünglichen Typus zurückzuführen strebt. Dagegen zeigen uns Er- I2 68 q CISZA INTORI SEBNO, scheinungen, wie die Metamorphose der Insekten oder "kryptogamischer Pflanzen, der Generationswechsel anderer Organismen, dass, wie der Schmetterlingsflügel, die Axe des Farns an Larven und Vorgebilden räthselhaft auswachsen, so überhaupt aus einer Gestalt unvermittelt - eine. andere sehr verschiedenartige hervorgehen kann. ^ Je mehr die Thatsache sich verallgeméinert; dass unter den Pilzen die: einzelnen Entwickelungsstufen ebensowohl sich vervielfiltigen und abgesonderte Lebenskreise darstellen, wie sie sich zu anderen ebenfalls fortpflanzungs- fähigen Gestalten erheben, desto mehr wird die Vorstellung an Bedeu- tung gewinnen, dass die Genesis der organischen Natur sich ‘nicht: bloss in vergünglighen Variationen gefällt, sondern uns einen Schauplatz der Thätigkeit von 'unerschópfter Tiefe verbirgt. Die Kräfte der organischen Natur, durch veründerten Plan der Entwickelung den Zwecken des Lebens zu dienen, sind nicht nach unserer Kenntniss der Thatsachen zu bemessen, und die Hoffnung, neue Quellen der Metamorphose zu entdecken, scheint mir durch Darwin's Methode, geologische und geo- graphische Ergebnisse unter grosse Gesichtspunkte zu stellen, neu belebt zu sein, Ob sie trügerisch sei oder zu unerwartetem Fortschritt: führt, kann erst die Zukunft lehren: jetzt et e ebenso denkbar, dass die . Monotypen einzelne, die polymorphen Gattungen zahlreiche Arten ent- halten, weil die ersteren einem einzigen, die letzteren jedem beliebigen Schöpfungscentrum angepasst sind, als dass ein genetisches Verhiültniss der Arten dabei wirksam gewesen sei . Die Anhänger des Darwinismus haben oft geäussert, dass die Entstehung der Arten ohne Generation ein Wunder oder ein unmittelbarer Eingriff des Schöpfers in die Gesetze m Natur. sein.. würde: aber Wege, die wir nicht kennen, sind BeN | — Wa die, von denen wir Kunde haben. ee hair indessen DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 69 nur in 118 Peien, und die übrigen venie meist núr einzelne oder wenige Arten. Wie überall gehört die grössere Hälfte der See nur zu etwa 12 Familien und nach deren Artenreichthum lässt sich schon eine allge. - meine Charakteristik Westindiens und zum Theil auch der klimatischen Gliederungen innerhalb des Gebiets gewinnen. ` Es frägt sich, ob man zur Vergleichung die Listen sämmtlicher oder nur der endemischen Arten benutzen soll: doch ist dies von geringerer Bedeutung, als e$ scheinen könnte, da die hieraus sich ergebenden Unterschiede in der Reihenfolge der artenreichsten Familien nicht sehr erheblich sind und auf die ver- schiedene Wanderungsfähigkeit derselben sich beziehen. ^ Dies zeigt sich am deutliehsten bei den Farnen, die ich deshalb, wie bisher, unberück- pen lasse: diese Familie ist nämlich in Westindien die artenreichstk von allen, sie enthült gegen 8 Procent aller Gefüsspflanzen; aber an endemischen Bestandtheilen ist sie so arm, dass sie in der Reihe der Familien, wenn man nur deren endemische Arten berücksichtigt, erst den dreizehnten Platz mit etwa 2 Procent einnehmen würde. "n Im Allgemeinen ergiebt' die Vergleichüng der in den verschiedenen tropischen Floren vorherrschenden Familien einen hohen Grad der Ueber- einstimmung D. der sich wohl verringern würde, wenn man die in allen dempud sich "wiederholenden Gegensätze der Wald- und Savannen- ‘oder die Gebirgsregionen abgesondert "zusammenstellen könnte. Die: Déeg ée Verschiedenheiten, in denen der amerikanische Cha- rakter Westindiens ausgedrückt erscheint, bestehen den beiden tropischen Kontinenten der alten Welt gegenüber in der Zunahme der Melastoma- ceen und der Solaneen, abgesehen davon, dass die Cacteen und Bromé- liaceen, wenn auch minder zahlreich, doch eigenthünlich amerikanisch sind. Auch ist die Mannigf: | s indien bereits 43 Arten ee Ce sind, eine bekannte Eigen - lichkeit Amerikas und Asiens im Gegensatze zu Afrika ^ ^^ ^^ -: Zur Vergleichung Westindiens mit den kontinentalen Gebieten des 1) J. Hooker, Fl. of Tasmania. Introd. pr 50059 dii (i 70 A GRISEBACH, tropischen Amerikas benutze ich das reichhaltige Verzeichniss von Guiana- Pflanzen bei Rich. Schomburgk !), welches etwa 3250 Phanerogamen auf- zählt. Hieraus ergiebt sich als charakteristisch für Westindien die Zu- nahme der Synanthereen, Euphorbiaceen und Urticeen in der Richtung vom Aequator gegen den nördlichen Wendekreis, während die Rubiaceen und Leguminosen abzunehmen scheinen. Auf dieses letztere Verhältniss möchte ich indessen kein besonderes Gewicht legen, da die Leguminosen auch in Westindien die grösste phanerogamische Familie bilden und die Rubiaceen in der Reihe der endemischen Gewächse den ersten. Platz behaupten. Um die klimatischen Gliederungen Westindiens, so weit dieses aus- führbar erschien, zu berücksichtigen, habe ich zuerst die endemischen Pflanzen Cuba's mit denen des ganzen Gebiets verglichen, wobei sich für diese Insel eine Zunahme der Euphorbiaceen und Acanthaceen, eine Abnahme der Orchideen, Urticeen und Gesneriaceen herausstellte. Sodann wurde die Flora der Karaiben benutzt, wie sie in meiner früheren Arbeit zusammengestellt ist, und ohne die endemischen Bestandtheile abzuson- dern, ergab sich bei der Vergleichung mit dem Gesammtkatalog der westindischen Pflanzen für die kleinen Antillen eine Abnahme der Orchi- deen, Euphorbiaceen und Rubiaceen, eine Zunahme der Convolvulaceen, Boragineen und ‚Verbenaceen. Endlich zeigte die Reihe derjenigen Pflan- zen, welche Trinidad vor den übrigen. Inseln voraus hat, die entschie- densten Eigenthümlichkeiten ‚und unterstützte auf’s Neue die. Ansicht, dass diese Insel als ein Uebergangsglied zur; Flora des Kontinents, zu betrachten ist. Die Analogie mit Guiana ergiebt sich. aus der ver- mehrten Anzahl von Leguminosen und Malpighiaceen, wird ferner unter den kleineren Familien durch die Dilleniaceen und Chrysobalaneen be- stätigt, besonders aber durch eine, sehr entschiedene Abnahme der Synan- Euphorbiaceen, welche beide in Cuba ihr Maximum erreichen. Ausser diesen Verhältnissen. ist Trinidad auch dadurch ausgezeichnet, ; Ss ‚hier die. verhältnissmässig grösste Anzahl von Melastomaceen vor- E Schomburg, Reisen in britisch Guiana. Th. 3. DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 71 kommt, was nicht mit dem Charakter von Guiana, aber vielleicht mit dem von Venezuela zusammenstimmt. Dass die Insel auch die grösste Menge von Orchideen geliefert hat, ist muthmasslich nur eine Folge der Sorgfalt, welche Dr. Bradford der Beobachtung dieser Gewächse gewidmet 72 [ad "UHgASZJGURISEBACH, Uebersicht der gróssten Familien nach Pro Von allen verglichenen Pflanzen! Von den endemischen Pflanzen Ton den endemischen Pflanzen indiens enthalten : j Westindiens — Cuba's betragen: Leguminosen | 7— 8 Droe Rubiaceen e 9 Proc.| Rubiaceen 8—9 Proc. Orchideen 6—7 > |Orchideen 8 » |Euphorbiaceen 8 ». Rubiaceen 6—7 > |Synantheren 7—8 > jSynanthereen fast 8 >» Synanthereen 6 » |Euphorbiaceen 7 >» | Orchideen 6 » Euphorbiaceen 4—5 » |Melastomaceen 5 » | Leguminosen 5 > Gramineen 4—5 >» |Leguminosen fast 5 ^» |Melastomaceen 4—5 » Melastomaceen 3—4 > |Myrtaceen fast 4 » |Myrtaceen 3—4 » Cyperaceen 3—4 > |Urticeen über 3 » | Cyperaceen 8 Urticeen über 2 >» |Gramineen fast 3 > |Gramineen 2—3 » Myrtaceen über 2 » |Oyperaceen 2—3 > |Urticeen über 2.» Solaneen 2 >» |Apocynen über 2 ^» }Apocyneen fast 2x Convolvulaceen 2 > |Gesneriaceen über 2 ^» |Acanthaceen fast 2 >» Das Verhältniss der Monokotyledonen zu den Dikotyledonen nach ihrer Gesammtzahl fand ich ziemlich nahe wie 1:4: es ist also hóher als das gewóhnliche (1:5), aber mit dem für Westafrika und andere Tro- penlinder von R. Brown angegebenen!) übereinstimmend, eine Bestütigung der Meinung A. de Candolle's 2), dass ein feuchtes Klima die Mannig- faltigkeit der Monokotyledonen begünstige. In der Reihe der endemi- schen Pflanzen Westindiens ist die Verhültnisszahl der Monokotyledonen etwas geringer und würde noch niedriger ausfallen, wenn nicht die engen Areale der epiphytischen Orchideen die grossen Verbreitungsbezirke der Grüser und Cyperaceen einigermassen ausglichen. Die Mannigfaltigkeit der Holzgewüchse, lid und Epiphyten wünschte ich als zur Charakteristik einer tropischen Flora gehórig eben- falls durch Zahlenwerthe näher zu bestimmen. Indessen liessen sich die Schwierigkeiten: nicht vollständig beseitigen, welche theils aus dem e schwankenden Begriffe dieser Wachsthumsformen, theils aus der Unvoll- DR. Brom, Congo, p. 423. ar: bot. p. 1188. DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 73 centen der Gesammtsumme der Phanerogamen. Von allen EEE Pflanzen Von den auf Trinidad beschränk- In der Flora des britischen der Karaiben enthalten: ten Pflanzen enthalten : Keng enthalten : Leguminosen 9. Proc.| Orchideen 11 Proc: mg 12 Proc. Synanthereen 6 >» |Leguminosen 10 » {Orchideen (Së Rubiaceen 5—6 >» | Melastomaceen 7 » | Rubiaceen 5 » Gramineen 5 » | Rubiaceen 6 » | Melastomaceen EU. Cyperaceen 3—4 > Gramineen — ^5 » |Oyperaceen 4 >» Euphorbiaceen 3—4 » |Synanthereen ' 3. 4 ^» |Gramineen Sich Melastomaceen über 3 ` — Malpighiaceen 2—38 » | Synanthereen B 10% Convolvulaeeen ` 3 » | | Apocyneen 2—3 » |Euphorbiaceen 3.3 » Boragineen fast. ` 3 » |Myrtaceen 2—3. » |Apooynen 12-3 » Myrtaceen fast : 3. » . | Cyperaceen 2—3 » |Malpighiaceen 2—3. » Orchideen 2—3 , » |Fuphorbiacen 2—3., > Myrtaceen 2.» Verbenaceen 2—3 >» |Urticeen 2 » |Piperaceen 2 > ständigkeit der gesammelten Angaben entsprangen. Bäume und Sträucher können nicht gesondert werden, weil viele Arten in beiden Gestalten auftreten: allein auch die Grenze zwischen Stauden, die in der heissen Zone so häufig verholzen, und eigentlichen Sträuchern ist eine unbe- stimmte. ` Dei den Epiphyten, die, wenn sie nicht parasitisch sind, auch auf anderem Substrat gedeihen, ist es ebenfalls unmöglich, eine schärfere Unterscheidung durchzuführen. Ich bin daher bei diesen Versuchen nur zu Schätzungen gelangt, die ich indessen mittheile, weil sie einen neuen Beweis für die geringere Wanderungsfähigkeit der Holzgewächse liefern. Indem ich die Bäume und Sträucher zusammenfasste und die suf- frutescirenden Stauden ausschloss , erhielt ich für die Holzgewüchse Westindiens ein angenähertes Verhültniss zu der Gesammtsumme der Phanerogamen wie 1:3 (33 Procent). Dagegen ergaben die endemischen Gewüchse für sich allein betrachtet eine weit grössere Mannigfaltigkeit von Holzgewüchsen, nämlich das Verhältniss von 1: 2 (d 50 Procent aller endemischen Phanerogamen). Die Lianen schätze ich auf 8 Procent, und hier. sein die ende- Phys. Classe. XII. 74 SUR GRISEBACH, mischen Formen keine so erhebliche Verschiedenheit, indem. ihre Ver- hältnisszahl zwischen 6 und 7 Procent liegt. Um einen angenäherten Werth für die Epiphyten zu erhalten, habe ich die Loranthaceen, Aroideen, Bromeliaceen, die Orchideen (mit Aus- schluss der terrestrischen) und die in ihren Standorten noch weniger bestimmte Familie der Piperaceen zusammengestellt und aus dieser Reihe das Verhältniss von 9 Procent, für die endemischen von 10 Procent er- halten. Es würde nun endlich zur vollständigeren, systematischen Charak- teristik der westindischen Flora gehören, :die endemischen Formen nach ihrer Vertheilung in Gattungen und Familien zusammenzustellen. Indem ich aber in dieser Beziehung theils auf die Flora der britisch-westindi- schen Inseln, theils auf den zur Herausgabe vorbereiteten Katalog der Cuba-Pflanzen verweisen kann, begnüge ich mich hier, die wichtigeren Gattungen anzuführen, welche durch die Anzahl oder Bedeutung ihrer Arten für den Charakter der Flora am bezeichnendsten sind. Die ende- . mischen Gattungen sind sümmtlich genannt und durch Cursivschrift her- ` vorgehoben, nur bei den Orchideen habe ich sie aus dem oben ange- führten Grunde opi i rag: ‚Gattungen Westindiens mit sgh der Zahl id endemischen Arten. Magnoliaceen. Talauma (1.) Bixineen Valentina _(2.) Anonaceen. _ Anona ER | Casearia (6) SE : (2.) Samyda (3.) (1.) |Violaceen Hybanthus ` (D (2.) Polygalee Polygala (5) ^m . (1) —— Badiera seat 4.) ER Phlebolaenia —. (1.) J Euphorbiaceen. Tricera (4) - : Hieronyma (1) Savia (4.) Drypetes (4) DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 75 Euphorbiaceen. Caryophylleen. Amarantaceen. Phyllanthus Jatropha Q3) Rhamneen. Ochnaceen. Guttiferen. Canellaceen. |Marcgraaviaceen. Hypericineen. | Erythroxyleen. Sapindaceen. Mdinceta. Ternstroemiaceen. Henleophytum — Triopteris Polimoon. Chlorantheen. Terebinthaceen. "A GRISEBACH, !Connaraceen. ^ |Rosaceen. Leguminosen. Peltophorum Cassia Ateleia Chrysobalaneen. Myrtaceen. DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS, 77 Myrtaceen. - Mouriria (7) |Cucurbitaceen. | Olisbea -(L) |Passifloreen. Melastomaceen. Calycogonium (13.) |Turneraceen. Loreya (L) |Homalineen. Henriettea (2. © |Aristolochiaceen. Clidemia (24.) | |Cacteen. Heterotrichum ` (2.) Conostegia (6. \Saxifrageen. Tetrazygia (3.) |Begoniaceen. Miconia (9.) - |Araliaceen. Pachyanthus (5.) Pleurochaenia (4) |Umbelliferen. ' Oremanium (5. |Balanophoreen. Catachaenia (L) |Olacineen. Octopleura ZE EES Blakea EN Charianthus (5.) |Loranthaceen. Meriania (2.) Graffenrieda (2.) Chaetogastra (6. ^ |Rubiaceen. Lythrarieen. Cuphea (9.) — Ginoria (3.) i Antherylium (1.) | -° Diplusodon (1.) _ Oagraricen. Jussiaea (4) Combretaceen Combretum (3.) Thymelaeen. ^ ^^ Daphnopsis (3.) Lagetta (1) - Linodendron (1.) Laurineen | ^ Phoebe (&) 3 ^^ Nectandra (6.) Do foni SM sotwyllendron (4) . -= Hernandia (L) Garryaceen. © ^ Fadyenia (1.) Cucurbitaceen. Triceratia (1.) £a - Sechium (1.) 78 A. GRISEBACH, . Rubiäceen. Chione (4) |Synanthereen. Anastraphia (2.) Phialanthus (1) |Lobeliaceen. Siphocampylus (4.) Scolosanthus (2.) Tupa (11.) Strumpfia (1.) |Plumbagineen. Statice (1.) . Erithalis (3. .|Lentibularieen.. -Pinguicula (3.) Psychotria (30.) .|Myrsineen. allenia (3.) Phyllomeria ined. (2.) Ardisia (7.) Machaonia (3.) Jacquinia (2.) Borrera (8.) Theophrasta (1.) Mitracarpum (3.) ` |Sapoteen. . Sapota (3.) Synanthereen. | Oliganthes (1.) Sideroxylon (2.) Vernonia (12.) Dipholis (3.) Monanthemum (1.) Bumelia (6.) Phania (3.) Lucuma (4.) Eupatorium (30.) |Styraceen. Styrax (1.) Critonia (5.) Symplocos (6.) ^Mikania ` (10.).. |Ebenaceen. Macreightia (2.) Heptanthus ined. (2. |Oleineen. Haenianthus (2.) Erigeron (7.) Linociera (3.) Solidago (1.) Forestiera (2.) Baccharis (b. |Apoeyneen. + Strychnos Di Lachnorrhiza O/ | -Rauwolfia (6.) Sachsia ined. (3.) Tabernaemontana (4.) Rhodogeron ined. (1.) "o -Cameraria (3.) ‚Lantanopsis (1.) 'Anechites AL) Pinillosia (1.) Plumieria (5.) Clibadium (4.) Forsteronia EN Wedelia- (6.) Echites (14.) >... Ghaenocephalus (1.) Odontadenia (3.) -= Salmea (8. |Asclepiadeen. ` ` Astephanus BEN ir "` Metastelma (7.) (5.) u): (1.) i (2.) : CH (3.) (6.) "DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER PFLANZEN WESTINDIENS. 79 Asclepiadeen. Gentianeen. : Serophularineen. Solaneen. Bignoniaceen. Acanthaceen. Gesneriaceen. Convolvulaceen. Hydroieaceen. Boragineen. Labiaten. SS Metalepis ined (1) |Verbanaceen. Goeppertia (1.) "Zonanthus (1.) Leianthus (4.) Voyria (4.) Encopa ined. (1.) Hemianthus (4.) Amphiolanthus ined.(2.) |Myoporineen. Scrophularia (1.) \Coniferen. Brunfelsia (9.) Solandra EVITA Solanum (14.) |Cycadeen. Cestrum (T. |Najadeen. Goelzea ` (L) |Aroideen. Schlegelia (3. |Pandaneen. Jacaranda (2. "Palmen, Catalpa (3.) Tecoma (12.) Tanaecium (2.) Stenandrium CN Dianthera (8.) Anthacanthus (7.) Bellonia (1) Rytidophyllum (4.) Pentarhaphia (9.) Duchartrea (1.) z Vaupellia (L) |Xyrideen. Conradia (12.) |Restiaceen Columnea (6.) Ipomoea (23.) |Gramineen. ` Hydrolea (L) | dd Cordia (16.) | i ir. Rochefortia (2) |; Tournefortia (9.) | Heliotropium (&) | Hypti €) | Salvia (e). Citharexylum Callicarpa Arthrostylidium Chusquea Platonia Eragrostis Zeugites, —— Paspalum | Panicum Triscenia (5.) 80 A.GRISEBACH, DIE GEOGR. VERBREIT. DER PFLANZEN WESTINDIENS. Cyperaceen. Cyperus ` (11). |Bromeliaceen. Tillandsia IL) Scirpus (8. |Scitamineen. Renealmia (5.) Machaerina (1. (Orchideen. Pleurothallis (32.) Rhynchospora (19.) Lepanthes (9). Scleria (3.) i Epidendrum (37.) Carex (2.) Oncidium (8.) Smilaceen. ° Smilax (5.) Cranichis (5.) Dioscoreen. Rajania (5.) Spiranthes (6.) Irideen. Cipura (1.) . Habenaria (7.) Uebersicht der verglichenen Areale. I. Nicht endemische Pflanzen: 1. Sec eingeführte Pflanzen. 156. 2. Ubiquitäre Pflanzen 34. d eer Areale. A. ne Areale. 252. B. Westindien und REDE : 3; » und rmudas. | 2:4. D. und gemässigte Zonen 9. 4. Areale, die beide tropische Zonen Amerika’s umfassen , a. die Grenzen des tropischen Klima's überschreitend ; 139. b. innerhalb der Wendekreise. er DER 178 5. Cisäquatoriales Südamerika und Westindien, : a. Guiana und Venezuela bis zu den Antillen, Ge p.m. 525. b. die Grenzen des tropischen Klima’s überschreitend: ZS 30. €. „westliches Gebiet em: und Westindien. ' T 15. 6. Ses und Trinidad. p. m. 240. Y. und Westindien. v > a. Mndko imd d Westindien. Birk p.m. 95. b. ee, und Westindien. 35. c. Mexiko , Südstaaten und. Westindien. Ur 10. dien. i 64. 21. 2131. 115. 2246. ES e: 1276. en grossen . | 307. P 5 de Karka oi E "eg peru Trinidad gemeinsam, 104. o 4. ganz Westindien gemeinsam. - 994. Ge gegen bec E. E weno | 174. ABHANDLUNGEN DER MATHEMATISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICHEN GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN ZU GÖTTINGEN. ZWÖLFTER BAND. ; l Mathem Classe. XII. A Ueber die Eigenschaften der periodischen negativen Kettenbrüche, welche die Quadratwurzel aus einer ganzen positiven Zahl darstellen. Von M. A..Stern. Der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften vorgelegt am 7. Februar 1864. 1. Im Folgenden werden nur zweierlei Gattungen von Kettenbrüchen betrachtet, solche bei welchen die sämmtlichen Theilzähler — 1 und die Theilnenner ganze positive Zahlen sind, und solche bei welchen die sämmtlichen Theilzihler — — 1 und die Theilnenner ganze positive Zahlen sind. die jedoch grösser als die Einheit seyn müssen. Um. diese beiden Gattungen durch einen kurzen Ausdruck von einander zu unter- scheiden, werde ich die ersteren positive, die zweiten negative Kettenbrüche nennen. Zur Bezeichnung eines positiven Kettenbruches brauche ich ausschliesslich das Schema a+ i1 zv. ES T dd au statt dessen auch S g ; ; 2 (0; apan. ga -:) gesetzt werden soll. ` Zähler und Nenner des Näherungswerthes a, bezeichne ich, wie sonst, durch a, a, und a,. a, A2 d M. A. STERN, Zur Bezeichnung eines negativen Kettenbruches brauche ich ausschliess- lich das Schema b—1 hi € t b, — oder auch B Nr a] und bezeichne Zähler und Nenner des Nüherungswerthes : besch, durch 5, ös und bj, b, Die Verwandlung von YA, wo A eine ganze positive Zahl bedeutet, in einen positiven periodischen Kettenbruch ist aus den Elementen be- kannt. Die Entwickelung der Eigenschaften dieses Kettenbruches^" ist der Gegenstand mannigfacher Untersuchungen gewesen, welche ich als bekannt voraussetze. Dagegen scheint man bis jetzt der Verwandlung von YA in einen negativen Kettenbruch noch wenig Aufmerksamkeit geschenkt zu haben, obgleich dieser Kettenbruch, wie ich im Folgenden zu zeigen hoffe, mancherlei eigenthümliche Eigenschaften besitzt, welche nicht ohne Interesse sind. Ee ro Der Weg, welchen zuerst Lagrange eingeschlagen hat, um die ` Periodicität des positiven Kettenbruches, welcher VA ausdrückt, zu finden, kommt bekanntlich auf Folgendes zurück. Man nehme an, es sey A zwischen a? und («+ 1)? enthalten, dann hat man VA=a+1 | úpr . a+ zs d. + 2. Zm ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 5 wo 8,4;,49...ü, ganze positive Zahlen sind und der cs credi Quotient z, in die Form VA t Im fua uL uA gebracht werden kann, so dass Im und D, ganze positive Zahlen sind. In der Folge werde ich, zur Abkürzung, Im den Zähler und Dm den Nenner des vollständigen Quotienten Zm nennen. Man weiss auch dass Im = + (A.aı, Ge, di, Am-ı — 4, Gn. 0, On- 1) B D,,— + (a, a2 — A. On, Qu)” wo das obere oder untere Zeichen zu nehmen ist, je nachdem der Theil- nenner a, eine gerade oder ungerade Stelle in der Beie Em U einnimmt. ` Bezeichnet ge A3 die grite - in 5, enthaltene ganze positive Zahl, VA + Im Si so ist demnach Nun kann man wieder AT In e. Set = ei setzen, so dass Im}: und Det: ganze positive Zah- len sind, und indem man diese Werthe statt Se +1 in die vorhergehende Gleichung setzt, zerfällt dieselbe in zwei, nemlich 1) Im + lapi = — Am+1Dm 2) A = dn» -p1 D, In4 i + Dm De E In: Aus der Verbindung dieser zwei Gleichungen folgt 3) 4 lapi Ec D D» 4 1 hieraus erhält man ES pc dE — Da+) und mit Rücksicht auf Gleich. 1) 4) Dm+2 = ampe ndi — Im+2) + Ds Die Gleichung 3) zeigt, dass Im}1ı LA. also höchstens „+1 =a, . und da am+ı mindestens — 1 ist, so folgt aus Gleich. 1) dass D, höch- ` stens — 2a. Dieselben Grenzen gelten bezüglich für jedes 7 und jedes D; da nun aber in dem unendlichen Kettenbruche unzühlig viel voll- ständige Quotienten vorkommen, so müssen nach einer endlichen Reihe von Werthen, die der vollständige Quotient annehmen kann, dieselben zusammengehórenden / und D, die schon einmal vorkamen, wieder vor- ` Setzt man . diesen Ausdruck — 6 M. A STERN, kommen, und von da an muss. der Kettenbruch. periodisch seyn. Später hat man diesen Satz aus der Theorie der quadratischen Formen abgeleitet. welche Beweisführung nur in der Einkleidung von der Lagrange'schen ver- schieden ist. 3. Versucht man den Lagrange'schen Gedankengang auf den negativen Bruch, welcher YA ausdrückt, anzuwenden, so erhält man Folgendes. Da YA zwischen a und a-+1 liegen soll, so setze man" a-]- 1 — 5) und YAzb-- >, es ist also 0 52 und wo 7» 1. -Setzt man wg = b — i so dass 5, die nächst grössere ganze Zahl zu wo bedeutet, so ist b, S 2 und "| — l. Fährt man. auf diese Weise fort, so findet man so dass b, bı, b2... b, ganze positive Zahlen bedeuten, die sämmtlich $2 sid und «,— 1l. Denkt man sich m unbegrenzt wachsend, so erhült man den unendlichen negativen Kettenbruch, welcher YA aus- drückt. Bei einem Kettenbruche von dieser Form nehmen, wie bekannt, die Zühler und Nenner der aufeinander folgenden Nüherungswerthe immer zu und sind alle positiv , wührend die Nüherungswerthe selbst immer abnehmen und immer grösser als V/A bleiben. | Nun ist ya >% n- b, ba — 5 bam $ ` wë age VA—A.b, Da Se e zk 5,5, 5, bni Un: bn, Aan — ba, bm- b, d, A. be At d. | E = ‚ so soll wieder Ze der Zähler, dm der Nenner deo vollständigen Quotienten ge heissen, und es ist C TET bi, bm bn, bm-1 da — b, A- A. b, bm on : Da 2» A. so ist auch b, > d bi bh, d. h. Pe ist positiv. Da ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 7 b, bii b, bm E» KSC? also Ce b, H E ferner auch CC im k m > A, so ist auch im zt 1 positiv, mithin sind Ze und d, ganze positive Zahlen. VA T ini gn A1 C Setzt man Am = De Li — und 41 = so dass 1 Um+i mithin auch Ze A. 3 und dm+ı ganze positive Zahlen sind, so findet man hieraus } 5) im + imp i = Dg pida 6) A = im+ı — dm dn i und aus diesen Gleichungen ergiebt sich 7) Am +2 = Be +2 (im +2 — fe EA + dm ebenso wie die Gleichung 4) aus 1) und 3) abgeleitet wurde. Die Gleichung 5) entspricht der Gleichung 1) und stimmt in der Form vollkommen mit derselben überein; die Gleichung 6) entspricht der Gleichung 3), unterscheidet sich aber von ihr durch das Zeichen des Produktes der Nenner der zwei aufeinander folgenden vollstündigen Quotienten, welches dort positiv hier negativ ist. In Folge dieses Um- standes kann man daher aus der Gleichung 6) nur eine untere Grenze für £».L; ableiten, sie zeigt nemlich dass Ze 3 . YA also mindestens —a+1=b ist, eine obere Grenze kann aber daraus nicht,.wie dies bei der Gleichung 3) der Fall war, abgeleitet werden. Damit fällt aber auch die Möglichkeit weg, in ähnlicher Weise, wie es Lagrange bei dem positiven Kettenbruche, welcher YA ausdrückt, gethan hat, zu zeigen, dass auch der entsprechende negative Kettenbruch periodisch ist. Indessen findet diese fundamentale Eigenschaft wirklich statt und kann auf folgendem Wege nachgewiesen werden. 4. Wenn a, a, a2... und eo, @... ganze positive Zahlen sind, so kann bekanntlich die Gleichung a--1 zex--1 eil ` api 8 nicht statt finden, die Gleichung nicht statt finden, M. A. STERN, wenn nicht a — e, a — «e, u.s. w. . Ebenso kann b fex loy = p—1 h—1 &—1 &— m wenn b, bı, b2... und f, fi, 5... ganze positive Zahlen bedeuten, die sämmtlich 22 sind, sobald nicht » — f, b, = ff, u.S. W. ist. Hat man also r (a, 01, üo ....) LI (b, b. As... so muss es móglich seyn, unmittelbar aus dem gegebenen positiven Kettenbruche, den gleichwerthigen negativen abzuleiten. Es ist zunächst von selbst klar, dass 5 — a-]-1l ist; die folgenden Theilnenner des negativen Kettenbruches ergeben sich aber aus einer sehr einfachen Betrachtung. Man setze (a; $4,492...) — a--41 a dann hat man die Gleichung a+ 1 = Mk a+ 1 2—1 B 1+1 8 —— 2 — 1 R deren Richtigkeit die unmittelbare Reduction ergiebt. -Es ist also auch 1+1 =° ai — 2+ 1 2—1. 1+1 a — 4+1 Verwandelt man nun wieder 1 +1 nach demselben Gesetze SE R und fährt so fort, so sieht man, dass sich nach E Operationen ein Ket- tenbruch ergiebt, welcher mit ÜBER DIE. EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 9 Lee | 71 o — 241 R schliesst, während, auf das Anfangsglied a+1 folgend, 24 — 1 Theil- nenner vorausgehen, welche sämmtlich = 2 sind, und deren entspre- chende Theilzühler sämmtlich = — 1 sind. Ist also a; eine gerade Zahl und — 2k, so erhält man nach % Operationen einen Kettenbruch, bei welchem auf das Anfangsglied die Anzahl 2h — 1 oder a, — 1 Theilnenner, die sämmtlich — 2 sind, folgen, worauf als Schluss des Kettenbruches der Ausdruck in = TER folgt. 0+1 R . Ist dagegen a, ungerade und —2%+-1, so hat man nach A Ope- rationen einen Kettenbruch, bei welehem auf das Anfangsglied die An- zahl 2h — 1 — a, — 2 Theilnenner — 2 folgen, worauf der Ketten- bruch mit — 1 — 1+1 41 RM schliesst. Setzt man aber statt dieses letzteren Ausdrucks den gleich- werthigen — 1 so ist dann wieder der Kettenbruch a— 1 31 El LP R in einen anderen verwandelt, in welchem auf das Anfangsglied a + 1, wie im vorhergehenden Falle, a — 1 Theilnenner, welche — 2 sind, folgen, worauf der Kettenbruch mit schliesst. — 1 IR Indem man nun R = a; 4-1 setzt, kann man wieder I+R ati Ri | in einen Kettenbruch mit nur negativen Theilzählern verwandeln, wel- Mathem. Classe. XII. B 10 M: A. STERN, i cher mit a5-|-2 beginnt, worauf nach der vorhergehenden Regel a4 — 1 —1 1+ R! verwandelt man dann wieder 1- R! in einen negativen Kettenbruch, welcher mit a,-1-2 beginnt, worauf as — 1 Theilenner — 2 folgen u. S. W. Es ergiebt sich demnach hieraus folgende einfache Regel zur Ver- wandlung eines Kettenbruches von der Form (a, o, az...) in einen gleichwerthigen Kettenbruch von der Form (b, b, b» ...]. Man bilde nemlich aus der Reihe den Schluss bildet. Ebenso Theilnenner — 2 folgen, und dann 8) 05,01. 09, 0n. SEN die Reihe 9) a--1, 3 —1, 242 a, — 1, a4 1-2,.... so dass allgemein, um die leztere Reihe zu bilden, jedes Glied o aus der Reihe 8), sobald > 0, um eine Einheit vermindert, oder um zwei Einheiten vermehrt wird, je nachdem E ungerade oder gerade ist, d. h., insofern a als das erste Glied der Reihe 8) betrachtet wird, je nachdem o in einer geraden oder ungeraden Stelle steht. Nach Anleitung der Reihe 9) bilde man nun einen negativen Kettenbruch auf folgende Weise. Man beginne mit dem Theilnenner a+ l, lasse hierauf a, — 1 Theilnenner — 2 folgen, setze als nüchsten Theilnenner go + 2, lasse, hierauf a. — 1 Theilnenner — 2 folgen, setze als nüchsten Theil- nenner a4, 4-2 und fahre so fort, so erhält man den gesuchten Ketten- bruch (b, bj, b; .. ]» vorausgesetzt, dass der Kettenbruch (a, o. az.. J unendlich ist. Ist dagegen dieser letztere Kettenbruch endlich. so so sind zwei Fälle zu unterscheiden. Ist nemlich die Anzahl der Theil- nenner gerade, so dass etwa der letzte Theilnenner — 254-1 ist, so bleibt die Regel dieselbe wie bei dem unendlichen Kettenbruche, ist dagegen die Anzahl der Theilnenner ungerade und der letzte Theilnenner etwa —,@3n+2, so muss man, während alles Uebrige wie früher bleibt, statt dieses Theilnenners in dem negativen Kettenbruche nicht as, +2 +2 sondern oz, +ı-+-1 setzen. Dies ergiebt sich unmittelbar aus dem Obi- gen. Wäre nemlich @2»+1 nicht der letzte Theilnenner, so hätte man ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 11 statt desselben a$,..1— 1 Theilnenner — 2 zu setzen, worauf der Ketten- —1 1+-R 4354-1 ab, so muss bruch mit schlósse. Bricht daher der positive Kettenbruch mit 1--R bleibt also dieselbe, wie wenn der positive Kettenbruch unendlich würe. Folgt aber in dem positiven Kettenbruche auf as,.p: noch ein Theil- —0, d.h. R= oo gesetzt werden. Die Regel nenner Ay +2, SO das man R = azn DE + X setzen kann, also i 1 Komesch EE Do ITE oeil: Theilnenner ist, Ri — oo setzen, folglich schliesst der negative Ketten- bruch mit a3,-L2-- 1. Auf diese Weise findet man z. B. so muss man, wenn au +2 der letzte Iei 2-1 +1 2—1 A uf * 1-47 | 3+1 m ew 3+1 224 KC? 5-1 Im Allgemeinen entspringt also aus jedem Theilnenner des positiven Kettenbruches ein oder mehr als ein Theilnenner des negativen. Eine Ausnahme bildet nur der Fall, wenn in dem positiven Kettenbruche ein Theilnenner a, — 1 vorkommt, welcher in einer geraden Stelle steht. Diesem würde in der Reihe 9) das Glied ak — 1 — 0 entsprechen, was also so viel heisst, dass dasselbe gar nicht vorhanden ist. In diesem Falle folgt alsdann in dem negativen Kettenbruche auf den Theilnenner àj-i-|-2 unmittelbar der Theilnenner ar41 + 2. In der That ist a+ 1 a TI. R+1 a, R B2 12 M. A. STERN, Für die unendlichen Kettenbrüche kann man die obige Regel in der Kürze symbolisch so ausdrücken, dass man sagt, es ist (8, 4, ge, 45, 04 ....) — [a-I-1, a, —1, as --2, ds St, a4 4-2, ...] indem man statt der Symbole o — 1, a4 — 1 u.s. w. so viel Theilnenner = 2 setzt, als Einheiten darin enthalten sind. Auch ist, sobald ax in einer geraden Stelle steht (a, 41, 09 ...ay) — Jett, a4 — 1, a5 4- 2, 0 — 1] m 9. Aus diesen Betrachtungen ergeben sich noch einige weitere For- meln, von welchen ich später Gebrauch machen werde. Wenn man nemlich nach der obigen Regel aus dem Kettenbruche (a, à, .... 04-1, ap) den Kettenbruch [b, b,,.... bn-ı, bn) gebildet hat und es bedeutet s eine ganze positive Zahl, welche nicht grösser als o ist, so hat man auch, | wenn a in einer geraden Stelle steht, (a, o... ak — 8) — m5... SET Aus dem Theilnenner a; des Kettenbruches (a, a, ... aj) entspringen nemlich die letzten a — 1 Theilnenner des Kettenbruches Le ...D,|, d. h. die Theilnenner A, tz, .... 5, 1, Ön, welche daher sämmtlich — 2 sind; streicht man die letzten s Theilnenner E Ee M so bleiben die 4 —s—1 Theilnenner 5,4, 2....5,.,. Nun ergeben sich aber, nach obiger Regel, aus dem Gliede a; — s des Kettenbruches (a, d1,... a&— s), da a& —s nach der Voraussetzung in gerader Stelle steht, in dem gleichwerthigen negativen Kettenbruche aj — s — 1 Theil- nenner, welche —2 sind und also mit den Theilnennern rt, übereinstimmen. Als specieller Fall folgt hieraus: wenn (a, Br. dT, a) = (b, b, re bi, ba] und es steht ag in gerader Stelle, so ist auch : US A. LS. np. s; aj — D css E BU mithin | (ak — 1) a, e sH ws Gras xD, bua (ay — 1) a, Ok 1 uL Gk- = bi. bi ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. c 3 oder 10) og Gk — 4, Gk-1 — b, bn-ı 4,0 — Q, 4-1 — bi, b, und da a, ap — b, bn; aj, ak — Du, b, so ist auch b, b, — b, b,-1 — a, Gizi 11 ) bi, b, — bi, b,-1 = a. %-ı 6. Es ist nun, nach dem Vorhergehenden, leicht die fundamentalen Eigenschaften des negativen Kettenbruches, welcher YA ausdrückt, zu finden, wenn man die des positiven gleichwerthigen Kettenbruches als bekannt voraussetzt. Sei nemlich VA = :la,.a,.a -:.) — [b,b1, be, -.) Nun weiss man, dass (a, d, 39...) ein ne Kettenbruch ist, dergestalt, dass auf a die Glieder (01, 09 ... (2, 03, 28 folgen, welche sich in derselben Ordnung unendlich oft wiederholen. Diese Glieder sollen die positive Periode heissen. Es wird sich zeigen, dass auch der Kettenbruch [b, "b ba...) periodisch ist. so dass auf b die Glieder b, ba... bo, " 2b folgen, welche sich in derselben Ordnung unendlich oft wiederholen, diese Glieder werde ich die negative Periode nennen. Bei der posi- tiven Periode unterscheidet man zwei Fülle ^ Entweder hat sie kein Mittelglied, so dass ihr das Schema di 89 Gh; en te EE zukommt, oder sie hat ein Mittelglied g so dass ihr das Schema di; 0277. dV g, das - 1c 0p, di, 2a zukommt. Hat die positive Periode ein Mittelglied, so ist die Anzahl ihrer Glieder eine gerade. Die sich in umgekehrter Ordnung wiederholenden Glieder d, a2... gew stehen beide mal zugleich in einer geraden oder in 14 M. A. STERN, einer ungeraden Stelle; aus irgend einem dieser Glieder a, ergeben sich also beide mal in dem negativen Kettenbruche entweder o — 1 Theil- nenner —2 oder ein Theilnenner a, -+2. Das Glied 2a, welches die erste Periode schliesst, steht in einer ungeraden Stelle und es tritt also an dessen Stelle in dem negativen Kettenbruche das Glied 2a--2. Es sind nun folgende Fälle zu unterscheiden : 1) Steht g in einer ungeraden Stelle, so entspricht demselben in dem negativen Kettenbruche der Theilnenner 9+2. Der negative Kettenbruch ist also ebenfalls periodisch und zwar hat seine Periode die Form aj —1, a5--2,.... a4 — 1, 9+2, a4— 1, ... d$ 2:9, SIE 2a--2 wenn die Symbole a, —1...a, — 1 wieder die Bedeutung haben, dass man statt jedes derselben so oft den Theilnenner 2 zu setzen hat, als darin Einheiten enthalten sind. In diesem Falle hat mithin der negative Kettenbruch ein Mittelglied 9-+2 und die Periode schliesst mit 2a +2. 2) Steht g in einer geraden Stelle und ist zugleich eine gerade Zahl, so treten an dessen Stelle in dem negativen Kettenbruche g — 1 (also eine ungerade Zahl) Theilnenner — 2. Die negative Periode wird dann durch &—1, 2--2,...2.-L-2, 3— 1, Geck 45-2, a, — 1, 284-2 symbolisch dargestellt; sie hat also wieder ein Mittelglied, welches nun der mittlere in dem Symbol £ — 1 enthaltene Theilnenner ist und schliesst wieder mit 242. .. Ist dagegen g eine ungerade Zahl, so bleibt die symbolische Form der negativen Periode dieselbe, sie hat aber nun kein Mittelglied, da 9 —1 eine gerade Zahl ist. 3) Hat die positive Periode kein Mittelglied, so wird der negative Kettenbruch wieder periodisch seyn und ein Mittelelied — 2 haben, seine Periode bildet sich aber nun aus zwei Perioden des positiven Ket- tenbruches. In diesem Falle steht nemlich das Schlussglied 2a der ersten positiven Periode in einer geraden Stelle, es sind also statt esselben in dem negativen Kettenbruche 24— 1 Theilnenner — 2 zu ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETT ÜCHE. 15 setzen, der mittlere derselben ist das Mittelglied der negativen Periode; das Glied 2a dagegen, welches die zweite positive Periode schliesst, steht in einer ungeraden Stelle und es ist daher statt dessen in der negativen Periode 2a +2 zu setzen, womit dieselbe schliesst. Hierin sind also folgende Resultate enthalten : Der negative Kettenbruch, welcher YA ausdrückt, ist wie der positive, ein periodischer, auch hier folgen auf das Anfangsglied (a -+ 1) eine Anzahl Glieder, die sich, mit oder ohne Mittelglied, in umgekehrter Ordnung wiederholen, das Schlussglied (2a -+ 2) ist auch hier das Dop- pelte des Anfangsgliedes. Die negative Periode hat nur und immer dann kein Mittelglied, wenn die positive Periode ein ungerades in gerader Stelle stehendes Mittelglied hat. Da bei dem positiven Kettenbruche kein dem Schlussgliede voran- gehendes Glied der Periode grösser als das Anfangsglied æ seyn kann, so kann bei dem negativen Kettenbruche keines dieser Glieder grösser als «-+2 seyn, d.h. es kann keines derselben das Anfangsglied a- 1 der negativen Periode um mehr als eine Einheit übertreffen. Es folgt hieraus dass bei dem negativen, ebenso wie bei dem positiven, Ketten- bruche kein Glied der Periode so gross‘ als das Schlussglied seyn kann. "f Sowie man, nach dem Vorhergehenden, aus den bekannten Theil- nennern des positiven periodischen Kettenbruches, die Theilnenner des gleichwerthigen negativen ableiten kann, ebenso kann man auch aus den bekannten Zählern und Nennern der vollständigen Quotienten des positiven Kettenbruches die Zähler und Nenner der vollständigen Quo- tienten des negativen ableiten und auf diesem Wege für die letzteren eine obere Grenze finden (vgl. S. 3). In dem Kettenbruche (a, a, ... ax) stehe a; in einer geraden Stelle und es sei re Be 16 M. A. STERN, so kann man auch setzen ($. 2 und 3) Asra -p a b— 1 Alsdann ist a, — A. a, ak — D; b, ba — A bi, ba — d, und da a, a} — b, bn und a,, ak = bi, b, so ist 12) d, — Ih Da nun k der Voraussetzung gemäss ungerade ist, so heisst dies: die Zahlen aus der Reihe Do, D,, Dz... welche einen ungeraden Index haben, kommen auch in der Reihe do, d. da... vor. Es ist ferner, da ax in gerader Stelle steht (S. 2) 4:35 teen dy, dk. vo. Ok: G, Oksi und zugleich ($. 3) iy — b, b. bb — A. bn, be bur, Du Hieraus folgt Ix -- Dy = a, ax (a, ak — a, a-1) — A. a. oi (a1, ak — a, a1) Setzt man in diesem Ausdrucke b, b, statt a. o und b,, b, statt a, ax und berücksichtigt die Formeln 10) so ergiebt sich unmittelbar 13) in — h + D; VA+h Nun ist ot, die grösste ganze in EE m enthaltene Zahl, A, A1 : k die nüchst grüssere ganze Zahl zu HN oder, wie ich im Folgenden sagen werde, es gehört A und D, zu aj41*) und i, und d, zu ba 4.3; *) Zu o gehören b und D»; da a aus En > entspringt, so kann man sagen zu a gehören I-ı und D-ı indem man I-ı—=0 und D-ı = 1 setzt. ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 17 zugleich ist » +1 = ı+ı-+2. Sei ferner b,+ı der Theilnenner des negativen Kettenbruches, welcher aus oz entspringt, so dass bs4 1- = @+3—+-2; dann gehören I;+2 und Di+. zu +5 und i, und d, zu b, pie Nach den Formeln 12) und 13) findet man i, und d, aus I; und D, und ebenso 4, und d, aus fj.» und Dia Die Aufgabe aus den Zühlern und Nennern der positiven vollständigen Quotienten die Zähler und Nenner der negativen vollständigen Quotienten zu, finden, ist also gelöst, sobald man noch nachweisen kann, wie man mit Hülfe von I1: und Dı, welche zu oz gehören, die Zähler und Nenner der vollständigen Quotienten finden kann, welche zu den 4+2—1 Theil- nennern — 2 des negativen Kettenbruches, die aus oz entspringen (wenn nicht a+2=1) gehören, d.h. zu biz bui s Dupuy py Es sind demnach i„4ı und din, „+2 und ILLIS DUE und dn + a, pia bestimmen. Zugleich ist nach der Formel 12) und 13) int arg =, = I2 + Dis m d = D n.o = d; — Di+2 Aus (Form. 5) tu = bnp i dn — in — (asp 1-- 2) Dx — (k+ Dy) und (Form. 1) + Dk = bk GJ folgt aber ; 15) inti = hırı Dk ferner ist (Form. 6) in — A hk + Dj? — A 16) da iii c —— (kr d = Di 4-2 h Dn und (Form. 7) EE —- VIE (n+ 1 — in) + da-1 oder da Det) = arpi H2, cb = kya — hr dapi = + 1 (Tp i— Io) d- 2 Tap 1 Di— Dii also da (Form. 4) Dii = api (ka — a) + Di-ı 17) dpi — 2h+ı+ Di — Dii Mathem. Classe. XII. C 18 M. A. STERN, Hierdurch sind zunächst i1 und d„+ı bestimmt. Um nun noch in+2 und d,» u.s. w. zu finden, bemerke man Folgendes. Die zweiten Differenzen der zwei Reihen In 4- 1 int ee d, dii. Late sind constant und gleich. Wenn nemlich drei aufeinander folgende Theilnenner 5,, br+1, dr+2 sämmtlich — 2 sind, so folgt aus 5) i-i. d s $i. fn irti Hire 2 2 e 2 d.-ı = dAn und aus Formel 7) d.+1 = F (+1 quon i) + d.-i Setzt man in der letzten Gleichung statt d.+ı und d: die vorher- gehenden Werthe, so erhält man DEE irto i. 2 (i 2 fe - L1 — i) ET 1 + ir à 2 oder ipic: = A — i) H iri Hi Statt dieser Gleichung kann man aber schreiben 18) ipp — ir pi (íi 4) p ri (fr E Al d. h. unter der Voraussetzung, dass b,, &,+1, d,+2 sämmtlich —2 sind, sind die zweiten Differenzen der Reihe b-i dr, dpi. dp einander gleich. Da nun in der That b, r2, bants. LITE sämmtlich — 2 seyn sollen, so gibt die ee von r—=n-+2 bis r — n-d-a&-p3 — 2 einschliesslich, d. h. die zweiten Differenzen der Reihe 19) dE , inp.. -shta ya sind alle e Aus i1 +i — 2d,.-ı folgt aber auch % — $421 — 2(d,-1 —%-1) ebenso +1 — i = 2(d.— i) mithin p; (pi — i) Wes bel = Bi — d,-1) .— 2 (4, — ni) ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 19 und da 2 (i, e ir-1) -— d, eur: d a so ist +1 SE GJ we e zm i,-1) d, remm d,-i UU (de - 1 Se d, ai mithin sind die zweiten Differenzen in der Reihe 20) d. d, 1; 2 his ds Kante ebenfalls constant und den zweiten Differenzen der Reihe 19) gleich. Der Werth dieser constanten Grósse ist aber leicht zu finden. Denn aus dipo = 2 (inp nr) + da = 4(di4i — 4s ^E 1) + ds folgt d, 4-2 — Sta 4-1 + d, = 2d, +1 + 2d, — $in +1 also. wenn man die Werthe von dein, da, 5p: aus den Formeln 17). 12) und 15) einsetzt, (dn+2 — d, 4-1) — Wat) da) = — 2Di+1 welches die gesuchte Constante ist. Aus nt ingi — 2 (da-p1— in+ı) folgt ebenso np — ur = 2041— Di +1) Man findet daher die aufeinander folgenden Glieder der Reihe 19) durch die Formel 21 Gi E — Dj + hpi tH 2 (DB 1 — Dy i) e — 2 (£ — 1) D4: — D+ hpi H hrpi — Drp) e Dipia? indem man für z die Werthe 0,1...0+2 — 1 setzt. Da ferner d, i1 — dn = kpi — Dii so werden die auf einander folgenden Glieder der Reihe 20) durch die Formel 22) dy. = Delt — Diei] 2 — z(e —U Dii = Di-2Ii pic — Dip ia? dargestellt, indem man für x alle Werthe von 2=0 bis x—a4.-» setzt, so dass also das i welches zu einem bestimmten © gehört und das d welches zugleich zu æ+ 1 gehört, Zähler und Nenner desselben voll- ständigen Quotienten sind. Der Werth = a,» — 1 in 21) substituirt giebt übereinstimmend mit 14) wenn man die Formel 1) und 4) berück- c2 20 M. A. STERN, sichtigt inta, TAT Ik+2—+ Dr+2 und ebenso giebt die Substitution von PU Se, 22) wieder gh s = DER 8. Für das Folgende benutze ich eine einfache aber, soviel ich weiss, noch nicht bemerkte Eigenschaft des positiven periodischen Ketten- bruches welcher YA ausdrückt. D % D . = . yA — G i Bezeichnet wie bisher o die grösste ganze in VE enthaltene -1 Zahl, so ist mithin (s+1)D,-ı >a+l-ı, setzt man hier statt o seinen Werth bk 1 bk. so erhält man 4.1 ++ Dj-1 >a-+I;.ı, mithin 23) I + D-ı > a Hat die Periode des Kettenbruches ein Mittelglied, welches aus dem vollständigen Quotienten Gas entspringt, so ist, wie bekannt, hk: Im+2 — Im-ı u.s.w. und zugleich D. iD. gs Data — Dn-2 u.s.w. Nun ist nach 23) j Im+r+1 E Datr >a also da mpr+ı — Im-r und Du +, — Dm-r auch Za + Da >a und wenn m — r — k gesetzt wird, also ka Ferner ist nach 23) Im-r — Ee > a also auch Im+r+1 + Dmn-p ri >a es ist mithin für jeden Werth von k Ä EF Di 7 a*. Hat die Periode kein Mittelglied oder; wie man auch sagen kann, zwei Mittelglieder, und sind P E p die zwei vollstün- j m m-1 *) Auszunehmen ist nur der Fall wenn k=—1, wo D-ı=1, I-ı=0 (vgl. 5-7 ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 21 digen Quotienten, welche zum ersten und zweiten Mittelgliede gehören, so ist bekanntlich m +1 = Im-i, Im+2 = Im-2 u.s. w. und Da-ı = Da, Dati = Da-2 u.s. W. Man hat also wieder Je AL Dm+r-1 >a und mithin Im-r + Dm-r > a. Ebenso folgt aus 14-.-- Dm-r-ı >a auch m+r—+Dma+r>a. Mithin hat man für jeden positiven periodischen Kettenbruch den Satz: die Summe des Zählers und Nenners eines vollständigen Quotienten ist immer grösser als die grösste in YA enthaltene ganze Zahl. 9. Da bist Dina und ba höchstens =a ist (8. 2) also jeden- fall; Iry + Dy 129 Fg 2 so ist auch nach Formel 1) Iii + Dii > arpo Dii —hrı oder 24) Zb. > (ak +2 D Dia : A Andererseits ist, insofern oa die grösste ganze 1n Ki ent- e ; pi haltene Zahl bedeutet, (+2 -+ D) Dy 1 7» a 4- Ir+ı also jedenfalls 25) 2I. i < (Qs + 1) Dii Hieraus ergiebt sich unmittelbar folgender Satz: Wenn 4 +3 eine ungerade Zahl ist, so werden die Glieder der Reihe 21) bis zum mu + 1ten einschliesslich, d.h. bis z — N zunehmen und von da abnehmen. Denn die ersten Differenzen sind 2I i —23D+1, 2h41 —2.2Di +ı, 2k41 — 3.20 14... : —1 Nach 24) und 25) ist aber 24 ı — ES ar+2+1 2 2D;+ı positiv und 2l Ait 2D; +1 negativ. Ist +2 eine gerade Zahl, so werden die Glieder jedenfalls bis zum T ? ten einschliesslich wachsen und vom Dx + Zten an abneh- men. Denn aus 24) folgt umsomehr 21,41 > (“+2 — 2)Di+ı also ist 22 M. A. STERN, 2I 4.1— eI: —1)2D;+1 positiv. Andererseits folgt aus 25), dass a am 2, +1 — > + 1D2D;+1ı negativ ist. Dagegen kann das Ka + Ite Glied, sowohl zur. wachsenden als zur abnehmenden Reihe gehören. Ist ak+2 Dr+ı = 241, was nur und immer statt findet, wenn Z4; daa so wird das "7 * + 1te Glied‘ dem SH ten Gliede gleich seyn, und beide werden also den Maximalwerth ausdrücken. Aehnlich verhält es sich bei der Reihe 22). Hier sind die ersten Differenzen 2I .1— Di 4.1 ; 2I 3i =B (US u. 8. W: Ist nun a+2 eine gerade Zahl, so werden die Glieder der Reihe 22) bis zum A + lten einschliesslich zunehmen, die folgenden ab- nehmen, da SC ı — Du kleiner als .2D;+ı und grösser als eu — 1) 2D 4.1 ist. ak4 2 2 Ist ois ungerade, so wird das st? te Glied zur wachsenden oder abnehmenden Reihe gehören können, während die vorhergehenden Glieder jedenfalls wachsen, die folgenden abnehmen. Ist 21r 41 — Daa: mn DAL, do EE has o COM tn Glied dem “t T E cen gleich und beide die grössten. 10. Aus dem Vorhergehenden leitet man nun leicht eine obere Grenze für die Zähler und Nenner der vollständigen Quotienten des negativen periodischen Bruches ab, und zwar ergiebt sich, dass beide niemals grösser als A seyn können. | Man schreibe statt der Formel 22) 26) d, 5, 38 SUL MOT e ia D; +1 ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 23 Ist nun aj.» gerade, so wird, nach dem Vorhergehenden, das Glied der Reihe 22), welches zu r= gehört, das grösste seyn. Der Werth desselben ist aber | 2 D, Dip i + Tipi Dip i ak 2 — (thu Dii Nun ist Dy Di. i = A— Au: Gk 4- 2 Di p 1 —=hrı+ kpe; also ist dieser Werth — P + Cp ^ ar Dii d Dieser Werth ist mithin immer kleiner als A, ausgenommen wenn Di+1 = 1, in welchem Falle, wie bekannt, %+ı — ltz, so dass als- dann das grösste Glied der Reihe 22) den Werth A hat. Dieser Fall wird aber immer und nur dann eintreten, wenn die Periode des positiven Kettenbruches kein Mittelglied hat. Dann steht nemlich das Schluss- glied 24 dieser Periode in einer ungeraden Stelle, setzt man dasselbe — Ota, SO ist @+2 eine gerade Zahl und zugleich D,..; — 1. Dies ist aber auch der einzige Fall in welchem der Nenner eines vollständi- gen Quotienten des negativen Kettenbruches den Werth A erreicht. Ist nemlich oz ungerade, so ist im günstigsten Falle x Tee : zu setzen. Macht man nun dieselben Substitutionen, wie im Vorher- gehenden, so verwandelt sich die Formel 26) in an et: = a xta Di+1 D + Jk ŽE Dipi — —L oder, wegen 44-psJD&-pi = in kpi ho 9 Li kyi — bt E quen à kris Dt: Di i 2 4 26 M.A. STERN, Was nun den Zähler i, und Nenner d, des vollständigen Quotienten betrifft, der zu einem Theilnenner der negativen Periode gehört, welcher aus einem in einer ungeraden Stelle befindlichen Theilnenner des positiven Kettenbruches entspringt, so ist deren Werth durch die Formeln 12) und 13) gegeben. Da d,— Dg, so ist mithin d, < 2A, also dp, < A sobald A>4. Es bleiben also nur noch die Zahlen A—2, A=3 übrig, bei welchen die unmittelbare Rechnung zeigt, dass hier kein Nenner d„> A vorkommt. Da ferner „= I; -1- Di, so ist jedenfalls à, < 3A, also à < A sobald A7 9. Es wären also nur noch die Zahlen A = 2, 3, 5, 6, 7, 8 übrig, bei welchen man sich wieder durch unmittelbare Rechnung überzeugen kann, dass bei denselben kein Zähler ên 5 A vor- kommt. Man findet demnach als schliessliches Resultat, dass die Zähler und .Nenner der vollständigen Quotienten des negativen periodischen Kettenbruches in der Regel kleiner als A sind, und nur in dem einen oben erörterten Ausnahmefalle den Werth A haben. 11. Mit Hülfe des Vorhergehenden lassen sich viele Sätze, die für den positiven periodischen Kettenbruch bereits ermittelt sind, leicht auf den negativen übertragen. Ich hebe nur einige hervor von welchen ich noch Gebrauch machen werde. Der Nenner des vollständigen Quotienten, welcher zum Schlussgliede 2a -|-2 der negativen Periode gehört, ist — 1, der Zähler — a+ 1. Ist nemlich yati der vollständige Quotient, welcher zu dem Schlussgliede gehört, so muss der nächstfolgende voll- ständige Quotient Eo Es 2 wieder ds ersten d aus welchem sich der Theilnenner n OM gleich Seg Da nun Kë SCH "ere ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETT ÜCHE. 27 so ist 4s. .1 fe bg LL da 1 = d — 0? — A; nun ist dada fi — impi A also d, — 1 und daher m = a+ 1. Umgekehrt muss ein vollständiger Quotient, dessen Nenner — 1 ist, zu dem Schlussgliede gehóren. Ist nemlich pt T m der vollständige Quotient welcher zu 5,..; gehört und dm= 1. so T ba+ı=a+1— im und da im +1 = 544 1d, —im auch m+ı=a+1=i und n+ı=d da da da4i— (ap? -A=lc Hi -A Man kann ferner beweisen, dass die Gleichung a? — Ay? — d, wo d, eine ganze positive Zahl bedeutet, sobald d, < J/A. immer und nur dann eine Lösung in ganzen Zahlen hat, wenn d, der Nenner eines vollständigen Quotienten ist, welcher zu einem Theilnenner b,4.: des negativen periodischen Kettenbruches [b, by, be... bn, b, 1... .] gehört, welcher = |/A ist, und zwar ist z — b, ba; y =b, ba: Man hat hierbei nur die Eigenschaft eines negativen Kettenbruches zu berücksichtigen, dass bei einem solchen die Nüherungswerthe sümmtlich grósser sind als der ganze Werth und zugleich jeder folgende Näherungswerth. kleiner als der-vorhergehende, dagegen Zähler und Nenner eines folgenden Nüherungswerthes bezüglich grösser sind, als Zähler und Nenner eines vorhergehenden. Soll nun entschieden werden, ob ein Ausdruck 7 ein Näherungswerth eines negativen Kettenbruches, welcher den Werth VA hat, ist, so verwandele man 7 in einen negativen Kettenbruch, welcher [b, bi, b2... hl sey, also s= b, ba; y = bi, b. Den unmittelbar vorher- gehenden Näherungswerth [b, b, bo... Al nenne man also so — b Denti yo = bı, b.-1. Nun kann man jedenfalls VA= pt Fo setzen, soll py — 9o : aber = ein Nüherungswerth von A seyn, so muss p 7 1 seyn und umgekehrt ist p > l, so ist » ein Näherungswerth von VA. Da nun D2 28 M. A. STERN, er, INN und coy — Zyo —I so ist ^ — V/A cl p y Py — yo y ` "im — yo) sobald also p — 1 ist t yA < ——— und umgekehrt. Aus y y SE 1 — Ay? — d, folgt aber £ paio dn , also ne d y y(z+yV A) LA yo oder d,(y— yo) — z-3- yV A, wenn * ein Nüherungswerth von V/A seyn soll. Da nun y— yo positiv und kleiner als y ist, so ist, wenn „VA, d,(y — yo) < yV A und um so mehr d,(y — yo) < x-4-yV A, also ist auch d ein Näherungswerth von YA. Andererseits ergiebt sich aus der Gleichung d, = b, ba — A. br, ba (8.3), dass der Gleichung a?—— Ay? = durch die Werthe az — b, ba und y — bi, b, wirklich Genüge geleistet wird, sobald d, unter den Nenner der vollstindigen Quotienten vor- kommt, welche in der Entwickelung des negativen Kettenlfuahbe er- scheinen, welcher = LH A ist. Es folgt hieraus, dass der erste Nenner d„—1 zu der ae der Gleichung z? — Ay? =1 in den kleinsten ganzen Zahlen führt; dies ist aber der Nenner, welcher zum Schlussgliede der ersten Periode gehört, da kein vorhergehender — 1 seyn kann. Auch folgende Eigenschaft kann hier ebenso wie bei den positiven periodischen Kettenbrüchen bewiesen werden. Wenn die ersten Theil- nenner b, bı, be... be, bj, 2b sind, so dass zu dem ersten b, der voll- ständige Quotient ra u.s.w. zu dem zweiten b, der vollständige Quotient Ze gehört, also zu 25 der vollständige Quotient nn und die Periode hat ein Mittelglied 54, zu welchem‘ der vollständige VA Sé Ím-i Quotient ——, —7— gehört, so sind die Zähler der vollständigen Quo- tienten Ee E nemlich i — i4:; 4 =%; bei den Nennern zen kommt ein Mittelelied d,.; vor, während die übrigen Nenner ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 29 gleich sind, nemlich d = d; dj =d;-ı u.s. w. Hat dagegen die Periode kein Mittelglied, oder vielmehr zwei Mittelglieder, zu welchen die voll- ständigen Quotienten nn und gehören, so sind die m-i Nenner paarweise gleich, dm-1 = dm u.s: w. Dagegen haben die Zähler ein Mittelglied m während die übrigen Zähler paarweise gleich sind, nemlich ; — ri P — d u.s. w. Aus der Gleichung A= i5 — dm-ı dm (S.3) folgt also in diesem Falle A = im — dm, d.h. wenn die negative Periode kein Mittelglied hat, ist A die Differenz zweier Quadrate. Dies gilt also von allen Zahlen deren positive Periode ein ungerades in gerader Stelle stehendes Mittelglied hat (S. 6). 12. Hat die Periode des negativen Kettenbruches ein Mittelglied welches d„+ı heisse und gehen diesem die Theilnenner b, b, b2 ...b, voraus, so sey x der Zähler, y der Nenner des Kettenbruches [b, bi, Ae. Ae, Öm+ i. by... b2, bj] und BR ferner sey A b, — p; by, b, — 4. b, 6421 = po: bi, bm-ı = 90; ba, Om — Q1; be, b -1 = pn i T1 so findet man po m+19 — 90) P do (bu +19 — 290) 4 also wenn man 28) ba-p1q — 290 — 1 setzt 29) z = lp—1l; rH und 4 EE E iun y q i 30) F? — 2Ff + f? Tp nun ist auch a? — Ay? — 1 oder PA= 30 M. A. STERN, also 2Ff — f? — A oder ZS d. h. PAS ap bo (m AP 31 e d ha E Sak ! 2pq p ( 2pq ) nun ist auch p? — Ag? — d, mithin d — (p? + Aq?)? — A (2pg)? oder PIC dee ( 2pq Gro) also 32) y = 2 und nach 31) Pr Ag 33 = — ) T i Aus 32) und 29) folgt 2p 34 Lie... ve i Aus p?— Ag? — d, folgt aber, wenn man diese Gleichung mit 2 multi- Ser SE EE — 2. Nach Form. 34) ist aber T eine ganze Zahl, dm dy, | dm 2 also auch SC Da nun p und g keinen gemeinschaftlichen Faktor haben, so muss 2A durch d, theilbar seyn, mithin wenn A eine Prim- zahl, muss d, —2 oder — A seyn. Ist A eine Primzahl von der Form 4n-|-l, so muss, übereinstimmend mit §. 10, d, — A seyn, da dann p? — Ag? nicht — 2 seyn kann; ist dagegen A eine Primzahl von der Form 4n j-3, so kann nicht p? — Ag? A seyn, also muss dann dm — 2 seyn. Wenn in dem negativen periodischen Kettenbruche, welcher — V/A ist, ein vollständiger Quotient den Nenner d, — 2 hat, also die Gleichung q? — Ay? — 2 lösbar ist, so muss auch, insofern VA>2, die Zahl 2 unter den Nennern der vollständigen Quotienten des gleich- werthigen positiven Kettenbruches vorkommen, und zwar dort zu einem vollständigen Quotienten gehören, aus dem sich ein in ungerader Stelle ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 31 stehender Theilnenner ergiebt. Wenn aber überhaupt 2 als Nenner eines vollständigen Quotienten in dem positiven Kettenbruche vorkommt, so muss dieser zum Mittelgliede gehören *), die Periode des positiven Kettenbruches muss also ein in ungerader Stelle stehendes Mittelglied haben, folglich muss auch die Periode des negativen Kettenbruches ein Mittelglied haben (§. 6). Kein Nenner eines vollständigen Quotienten des negativen Kettenbruches kann also — 2 seyn, sobald dessen Periode kein Mittelglied hat. Hat diese Periode ein Mittelglied, so kann unter den Nennern der vollständigen Quotienten nur ein einziger seyn, welcher — 2 ist und dieser muss zum Mittelgliede gehören. Jedenfalls muss dann, wie eben gezeigt wurde, in dem gleichwerthigen positiven Ketten- bruche, der Nenner des vollständigen Quotienten, welcher zum Mittel- gliede gehört, — 2 seyn, und dieses Mittelglied muss in gerader Stelle stehen. Seyen nun im positiven Kettenbruche die dem Mittelgliede p vorausgehenden Theilnenner a, aj...a45,-1 und s — (a, 9 ...Ggm-ı), also p? — Aq? = 2, mithin sind z = p, y — q die kleinsten Zahlen, welche die Gleichung a? — Ay? = 2 lösen. Dem Mittelgliede im negativen Kettenbruche werden also die Glieder asco der | vorausgehen und es wird i —[s+1, m — 1...894-1— 1] seyn, also muss auch, wegen p?— Aq? — 2, der zum Mittelgliede gehörende Nenner in der negativen Periode — 2 seyn. Gäbe es nun noch einen anderen, also dem zum Mittelgliede gehórenden vorausgehenden, Nenner — 2, so wäre auch die Gleichung pi — Agi — 2 lösbar, so dass p < p, q VA, so ist dm+ı mindestens — b, andererseits kann b,4.L.: nicht grösser als b --1 seyn (8. 6); im ersten Falle ist daher q! = 29, im zweiten q = ?qo — q. also gt = 29. Hieran knüpfen sich ganz ähnliche Resultate, wie sie Goepel zuerst bei den positiven periodischen Kettenbrüchen gegeben hat und ich spüter in der oben erwähnten Abhandlung weiter ausgeführt habe. Man findet nemlich hier folgenden Satz: Wenn d, — 29 und es sind Gg NT VA ES du u-1 die vollständigen Quotienten, welche bezüglich zu den zwei Theilnennern A, und du+ı gehören, so giebt es immer in der Periode des negativen Kettenbruches einen Theilnenner b, so beschaffen, dass entweder d,-; — 2d, oder d, — 2d,.1; im ersten Falle ist A — i, — 2d;, im zweiten A — i, — 2d,-1. | ©»... Man setze b,, b, — m!, bz, b, = n}, by, bu-1 = mo, ba, bu-1 = no, b e EN, b, bui 2t No; b. 4i bg — t, b. 4 2; ch buti bm- ~ Mo; KEIER bm-1 = vo. Nun ist gp! —4!qo — —1. Jet nun erstens bmpı==b also qt = 29, so ist mithin gp! = 29, — 1, d.h. 2gp! = oi — 2. Da ferner | Ho ..Q = um! — vm 35 = 7 g= ani — vno Pbi ag! = gue ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 33 36).8 el ung a — varho) | und zugleich uo» — uro = 1. Diesen Gleichungen genügt man, wenn man 37) u = dmg + ml; v — — dml -+ emo 2uo = Ing + enl; 2vo = — d8l + erno und 38) d — est — setzt. Nun kann d nicht — 1 seyn, denn dann könnte & höchstens — 1 seyn, da aber m! D> mọ so würde sich aus dem Werthe von » in 37) er- geben, dass » negativ ist, was nicht seyn kann. Auch kann d nicht — — 1 seyn, denn dann wäre ss! — 1. Wäre nun è= — 1, &! = — I, so würde aus 37) folgen, dass u und wo negativ, was nicht seyn kann; wäre aber s= 1, s!— 1, so hätte man u= mi- my und r=m mo, also »> wu, was ebenfalls nicht seyn kann. Es muss daher A — 0 seyn und es sind demnach nur zwei Fälle. möglich, entweder ist e — 2, s! — 1 oder e — 1, &! —2. Ist € — 2, so folgt aus 37) | 39) u E » — f Moe WË 584 und der Werth von q in 35) wird q = Zum — m, Ist « — 1 so folgt p c y E Zuü— w'; gi— M, und q — m,— ; 2m, ec dui so ist d.h. 2 [bup buts, bs] = [bir An... bi) und hieraus folgt, dass je den bu+ı gerade oder ungerade ist, b == 1b.i oder b, — 4{bu+1 FD *. Da nun 5, mindestens = 2 ist, so ist du+1 mindestens im ersten Falle c4. im zweiten == —3. c Ist £ — 1, so ist p iy also Deas. boi — SCT ya *) Vgl. Crelles Journ. f. d. Math. Bà. 53:^p. 59. its Mathem. Classe. XII. E 34 M: A STERN, e bu je nachdem A, gerade oder ungerade ist, muss demnach b,p;— -5 oder 2 bu—+1 5 iA : boa oe seyn. und da du+ı mindestens — 2, so muss bu min- destens im ersten Falle — 4, im zweiten — 3 seyn. * Alles dies bezieht sich auf die Voraussetzung bt) — b. Ist nun aber zweitens »+ı=b-+]1, also g-+g!=2g,, so ist nach Form. 35) 4 (m + n!) — v (mo + no) = 2 (ugm — vomo): Diese Gleichung erhält man aus 36), indem man m! +n! statt n! und mo No statt no setzt. Man hat daher statt der Gleichungen 37) nun die folgenden u = dm + smi; v — — ôm! + smo 2uo = Ö(mo + no) e(m +n); 27, = — (m! + n!) + & (mo + no). Man beweist nun wieder, vermöge der Gleichung ô? -+ sc! — 2, dass ð — 0 und = 2, d—=1 oder s — 1, $1 — 2 und dass im ersten Falle q — 2m; —m, und zugleich At: mindestens = 3, im zweiten q = m: — 2m} und zugleich b, mindestens — 3 ist. | Uebrigens wird bei allem Vorhergehenden vorausgesetzt, dass es einen dem Mittelgliede vorausgehenden Theilnenner 5, giebt, welcher auf das Anfangsglied der negativen Periode folgt, was also nicht mehr der Fall ist, wenn, wie bei A — 7, das Mittelglied, zu welchem der Nenner 2 gehört, unmittelbar auf das Anfangsglied folgt. 14. . Aus dem Obigen erhellt, dass q immer entweder: in der Form 2m? — m? oder in der Form m’ — 2m. darstellbar ist. Es lässt sich aber auch zeigen, dass q weder auf mehr als eine Weise in derselben Form noch zu gleicher Zeit in beiden Formen darstellbar ist. Denkt man sich nemlich in der Periode des negativen Kettenbruches noch einen Theil- nenner bg und setzt b, by — lj; bi, br-1 — lg, so ist es nicht möglich, dass d — mj — 2m, — P — 2% oder q. = 2m. — m; — 2l; — I, oder q — m, — 2m, = 2L, — E oder q = 2m? — m? — D — 25. Man nehme nemlich an, der positive Kettenbruch, welcher = VA ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 35 ist, habe die Form (a, o, 45...) Ist nun g = m; — 2m}, so muss, wie oben gezeigt wurde, b, 7» 2 seyn, dieser Theilnenner muss also aus einem 'Theilnenner a; des positiven Kettenbruches entsprungen seyn, welcher in einer ungeraden Stelle steht, so dass b, — a&-1-2. Alsdann ist ($. 4) (b, b, va bu- 1] = (a, Gr... 4-1) (b, by... 0, — 1] = la, a...) und b, bui = a, a&-1; br; bu-1 = Q1,@-ı; ferner a, a, der Zähler, aj, o der Nenner des reducirten.Bruches, welcher den Werth von (b, b, ... 5, — 1) b, bu i: ausdrückt. Aus SE — ne es ie folgt aber b, bu A a ss, E dh-1 bi, bu ou, Q4 + 04, h-i also m! — bh. b, — a, ah F a1, a,-1, zugleich ist mg = bi, b,-1 = di, ah- i, also q = (a, an+ a, a-ı) — 2 (a, an -1)? Wäre nun ausserdem g = P — 2L, so müsste auch b >2 und mithin aus einem in ungerader Stelle stehenden Theilnenner a; des positiven Kettenbruches entsprungen seyn. Man fünde also durch Wiederholung der vorhergehenden Betrachtung h —m,.a--a,8;-:1; ly— a4,ai-1 und (m, an+ a, a4-1? — 2 (a, 0-1) = (m. aid- ai, ai- 1? — 2 (a, ai-1? d. h. 40) «a, aj + Zo, o. o, d4-1 — 41, ai. = m,a; 4-2a;, Gi. a1, di-1 — $1. Ai-i Diese Gleichung kann aber nicht bestehen, wenn nicht À— i also k= u ist. Ist nemlich nicht k= i, so sey h die grössere der zwei Zahlen A und i Im günstigsten Falle wäre also — h — 1 und o, aj = a, a-1; a, di-1 = @,@-2. Nun ist aber (o, of = (a.a, a4-1 + a1. 04-2). also selbst im ungünstigsten Falle, wenn o — 1 noch immer (a, ap)? > a; 04-1 2a, 04-1. gr, 44-2 und um so mehr > a, ai Zem, di. 1, Ai-i, mun ist auch di, 44.04; @h-1 > 0. oi, also kann die Gleichung 40) nicht bestehen. = E2 36 M. A STERN, Ist q = 2m; — mp; so muss At 2 seyn, also muss De Lu aus einem Theilnenner oa 13 der positiven Periode entsprungen seyn, welcher in ungerader Stelle steht. Man hat mithin db, by... du) = (a, a... ay) woraus fu. E = aa, folgt, zugleich ist due Form. 11) Dh —bınbumı -aLak t Da nun 2m; — m, — (2m, — mo)? — 2 (m, — no)? ..so. findet man y ss (21, bu — by, bu-1)? — (b. b, — b, b, 1)? oder q = (am, n+, a&-1? — 2 (aj, o AS Hütte man nun zugleich q = SI — l5, so müsste wieder die Glei- chung 40) statt finden, deren Damöglichkeit bewiesen worden ist. Auf dieselbe Weise ergiebt sich auch die Unstatthaftigkeit der zwei noch übrigen Annahmen in Beziehung auf die Darstellung der Zahl q. Es folgt mithin, dass g nur in einer der Formen m, — 2m, oder 2m; — m? und nur in einer Weise darstellbar ist, und man kann mithin, nach der Beschaffenheit von g, alle Zahlen, deren negative Periode einen zum Mittelgliede gehörenden vollständigen Quotienten mit dem Nenner 2 hat, in zwei Klassen theilen. Im Folgenden soll eine solche Zahl zur ersten oder zweiten SE gerechnet werden, je nachdem q — 2m‘ — m, oder q— mi — 2m, is E: là. 4 Wenn 4! = 2g, und q — 2m’ — m,, SO folgt aus der Gleichung qp dg, — I Ap e — — m, Da nun ic: ge = 2, so folgt aus 35) und 39) qı = 2mm — mono er Si u? sac ZE q also ° | EE “Setzt man, mit Rücksicht auf be rl s l, statt dessen Wia E — (2mm m — myno)? ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 37 so folgt hieraus unmittelbar 2p! = 2m; toin? Aus p?— Ag? — 2 und p — bq— q} folgt aber WK | mw e graft Ge 41) diat Ka — 2bq! + 2p d q Substituirt man hier die eben er Werthe von 4! und 2p! und setzt zugleich Zm — m,. statt q,- so erhält man Zi, — m)? — (bmo — well _ 2N* — N, q d A = Setzt man nun .. 2Nm! + Nom, . , Nmo + Nom q q so ist A — z? — Zu, Ferner ist m? (2N? — N?) — 2 (m, N? — w N) — N, Da nun, wie der Werth von A zeigt, 2N? — Nè durch 4 theilbar ist, also auch m;N? — m? Ng und zugleich Nom; — Nmo = 1, so ist auch Nmo + Nom; durch q theilbar, mithin y und folglich auch æ eine ganze Zahl. Ist noch immer gl = Zou, aber q — mj — 2m;, so hat man To ne 2m, und da funte =1, so ist d = mn — 2mono und hieraus findet man 2p! — n) — 2n,. Substituirt man wieder diese Werthe von q, q}, 2p! in die Glei- chung 41), so ergiebt sich GEES, N2 — 2N? q A — Setzt man __ Nm! Zen e: S. Aal + Nm, d so hat man wieder A — s 2y? und de rg m, (N? — 2N,) — 2(N*m, — Nal = Nq 38 | M. A. STERN, und N? — 2N, durch g theilbar ist, so ist auch Nomi + Nm, durch 4 theilbar, also y und mithin auch z eine ganze Zahl. Alles dies gilt für die Voraussetzung q! — 2go, woraus g? — 2 = 2pg! folgt. Ist ol = Zu — q oder o = q!(2q9 — q), so folgt, da zugleich — 2 — 2(p'q — qoq"), qi — 2 = q(2p! —q?. Der Werth von g? —2 stimmt also mit dem früheren überein, sobald man 2p! — q! statt 2p! setzt. Nun behalten g und oi dieselben Werthe wie früher und 2p! — 4! nimmt denselben Werth an, welchen früher 2p! hatte, es bleiben also auch die Formeln für A dieselben wie früher. 16. Es sind V4 it a pa AUN ^"* die vollständigen Quotienten, welche du-1 bezüglich zu 5, und „+1 Neem auch hat man ($. 3) tu = NNo — A.mimo; d, = N? — Am’. Gehört nun A zur ersten Klasse (S. 14), so dass mithin AT a so ist i d ei zc Noa — SE mmo = (2Nm + Des o oder 4, == "im x Nomo Ebenso findet man d, = Nmo + N om Vergleicht man dies mit den oben gefundenen Werthen von æ und y, sp sieht man, dass îs = £; d, = y mithin A = 2? — 2y2 — i, — 2d, und da (Form. 6) A = in— du-i du, so muss mithin du — 2d, seyn. Ebenso findet man, wenn A zur zweiten Klasse gehört, ós = z, d, = 2y, also A = &— —2($) =é did, demnach d-i = F =y und A — i, — 2du-1, vn der in $. 13 ausgesprochene Satz bewie- sen ist. ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 39 Aus duii tu = bu du-1 und at fekt = Bucki du folgt $,-1— fupi = bu duzi — but 1 du. Gehört nun A zur ersten Klasse, so folgt hieraus iu-1— dur i = (2b, — bu $ 1) du- Es ist aber (S. 13) entweder A3 — Zb, — 1 oder bupı — Zb, Im ersten Falle ist daher i,-1— fett = dy, im zweiten iu-ı = feck). Gehört dagegen A zur zweiten Klasse, so ist entweder bu — 2b,+1 — 1 oder b, = 2bu+ı, zugleich ist det) fut = (2bu-p 1 — bu) du-i. Im ersten Falle ist also £,4p:— i,-: = d,-:, im zweiten e) = ett Ist 4,71 = fett, so wird zugleich di: = 2d„-3 oder d,-$ — 2d,+ 1, je nachdem A zur ersten oder zur zweiten Klasse gehórt. Denn man hat (Form. 7) 42) du-p1— du-ı = bup 1 (fupi — du) 43) d, — duż2 = bu (iy — iu-1). Nun ist, wenn A zur ersten Klasse gehört, 5,4; — 25, und zugleich dn — 2d,. Man hat daher in diesem Falle 2d, — SZ — Beki (iu — iu-1). Addirt man diese Gleichung zu 42), so folgt mithin d, 4- 1 = 2d,-2. Gehört A zur zweiten Klasse, so dass b, — 2bu+ı und zugleich 2du-ı — du, so folgt aus 42) 9d,41— d, = la) und wenn man diese Gleichung zu 43) addirt, so erhält man d o = 2d, 1. Mit Rücksicht auf die Beschaffenheit der Zahlen „-ı und ei) lässt sich also jede Klasse nochmals in zwei Abtheilungen theilen. Zur zweiten Abtheilung sollen die Zahlen gerechnet werden, bei welchen ui = hpa Ist, zur ersten die übrigen. ER Unter den Zahlen von 1 bis 1000 gehören ee zur ersten Klasse, die Zahlen: 71, 94, 103, 127, 151, 238, 263, 271, 40 M. A. STERN, 311, 343, 386, 391, 431, 478, 508, 542, 622, 631, 647, 679, 718, 734, 862, 863, 866, 911. 919, 926, 958, 967, 974 zur zweiten Klasse, die Zahlen: 7*9, 31, 46, 158, 191, 199, 206, 239, 302, 334, 367, 382, 383, 446, 463, 479, 487, 511, 526, 599, 607, 686, 706, 719, 743, 751, 766, 802, 823, 878, 887, 983, 991. Nach dieser Zählung gehören. zur ersten Klasse 31 Zahlen und zur zweiten 83. Es ist also schon hiernach zu vermuthen, dass sich die Zahlen, unbegrenzt gedacht, gleichmässig unter den beiden Klassen ver- theilen. Ich habe aber schon früher bemerkt, dass es, wenn man aus solchen Abzählungen Schlüsse ziehen will, richtiger ist nur die Stam m- zahlen zu berücksichtigen **). Thut man dies auch hier, so sind in der ersten „Klasse: die. Zahlen: 238, 503, 866 und in der. zweiten ‘die Zahlen 158, 383, 706, 887, 983 auszuscheiden, so dass in beiden Klassen 28 Zahlen bleiben. : | Wenn die Zahlen, von welchen hier die Rede ist, in Beziehung auf die gleichwerthigen positiven Kettenbrüche betrachtet werden, so zerfallen sie in drei Klassen ***. Diese drei Klassen müssen sich. also unter den zwei, zum negativen Kettenbruche gehörenden, vertheilen und in der That findet man in jeder dieser zwei Klassen Zahlen aus den drei zum positiven Kettenbruche gehörenden Klassen. So z. B. kommen in der ersten zum negativen Kettenbruche gehörenden Klasse die Zahlen 7 1, 94, 311 vor, von welchen die erste, zweite, dritte, be- züglich in der dritten, zweiten, ersten, get zum: positiven Kettenbruche gehórenden Klassen enthalten ist. . Die dritte Klasse habe ich a.a. O. auf folgende Weise ühorakierisirt In. A positiven Kettenbruche der zu dieser Klasse gehörenden Zah- len kommen immer vier auf einander folgende vollständige Quotienten ed Eigentlich ER die Zahl 7, wie oben (8.13) bemerkt worden ist, zu keiner der beiden Klassen; ich rechne sie zur zweiten, weil die Nenner der beiden ersten vollständigen Quotienten 1 und 2 sind, also der Bedingung du — Zdu- 1 genügen. **) Crelle’s Journ. f. d. uns Bà. 53. p 69. mn Ebend. p.53. T ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 41 Reeg ke. ye ed. Bh bd. vor, aus welchen sich Dia Dydi D; DA die Theilnenner &-1, as; Gett, +2 ergeben, so dass a; = dr} 1 = 2 und D,-ı #D, = 9L Ira PL Dat D: +a — D-1 + D wäh- rend zugleich Is-1 + I — 2D;-i:; L-F-L-:— 2D, Es ist hieraus leicht zu schliessen, dass die Zahlen dieser Klasse immer in der zweiten Abtheilung der zum negativen Kettenbruche gehörenden Klassen ent- halten sind, und zwar der ersten oder zweiten Klasse, je nachdem a; in einer geraden oder ungeraden Stelle steht. Im ersten Falle nemlich entspringt aus a, in dem negativen Kettenbruche der Theilnenner 2, während aus dem folgenden oi: in der negativen Periode der Theil- nenner 4 entspringt. Im zweiten Falle dagegen entspringt in der nega- tiven Periode aus a, der Theilnenner 4, aus @,+1 der Theilnenner 2. In der negativen Periode finden sich also im ersten Falle die unmittelbar auf einander folgenden Theilnenner 2, 4, im zweiten Falle dagegen 4, 2; jedenfalls soll die erste dieser Zahlen 5,, die zweite b,.p: heissen, so dass entweder 5,41 — 25, oder b, —2b,.p;. Nun sind die vollständigen Quotien- V A -F i-i d,-1 ten, aus welchen b, und At entspringen, bezüglich und PAM Da aber im ersten Falle ası in einer ungeraden Stelle steht, so ist, nach Form. 12) und 13) d — D 4 -—L3pD, ferner nach 15) und 16) e Get? = lpi t Da; deis Dk 2I, — D,-ı und da is-14 fe = budu-ı — 2d,-1. so folgt, wenn man die eben ge- fundenen Werthe von i, und d,.; substituirt, is-1 = D, + 3I, — 2D;-ı also +1 - 1 = Li — 8I, + 2D .; oder da SÉ vs k1 +i (nach Form. 1) | m hpi ha S Lai +h-ı — 2 also da 2, = Lh4.i-T h-1i | ipi = ui Mathem. Classe. XII. 42 M. A. STERN. Nun ist auch 2, — D,-, = D. also dn = 2D, = 2d,, d.h. die Zahl A gehört zur zweiten Abtheilung der ersten Klasse. Steht dagegen a, in einer ungeraden Stelle, so ist | d,-1.— Ds 5,7: = Las HD; d, — bk Da und nach Form. 17) du = 2L + Di: — D, also wei >= bu+1 d, — i4, = 2d,—i, — 8l, + D.-ı — 2D, und da 2D, = I, -- L1 isti = ZE D also : ispi — is-1 = 2L — E-1— L4 d. h. ! fu EL = fut, Da ferner 2,—D, — D..i, so ist zugleich d, = 2D,-; — 2du-1. Die Zahl A gehört demnach zur zweiten Abtheilung der zweiten Klasse. Man darf aber diesen Satz nicht umkehren. Es giebt nemlich Zahlen, bei welchen die Gleichungen d 1 — í,.-1 und du-ı = 2d, oder d, — 2d,-i statt finden, und welche dennoch nicht in der dritten zum positiven Kettenbruche gehörenden Klasse enthalten sind. Dies ist z. B. bei der Zahl 311 der Fall, bei deren negativen Periode die Zähler u = 21, i,— 19, Zeckt zc 21 mit den entsprechenden Nennern du. — 10, d, — 5 vorkommen, obgleich diese Zahl in der ersten zum positiven Kettenbruche gehórenden Klasse enthalten ist. 18. Aus der Gleichung p?—— Ag? — 2 folgt, dass g ungerade ist. Da nun d — 2m; — m, oder m; — 2m? ist, so muss im ersten Falle mg und im zweiten m, ungerade seyn. Setzt man 2mm, — f, und je nachdem A in der ersten oder zweiten zum negativen Kettenbruche gehörenden Klasse enthalten ist, œ — 2m, +4 m, oder e = m’ + 2m? , so ergiebt sich in jedem Falle aus den in §. 14 gefundenen Werthen von æ und y die cmd ay — pe = 1. | ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN DER PERIOD. NEGATIVEN KETTENBRÜCHE. 43 Da nun f gerade ist, muss y ungerade seyn und da y — d, oder d„-ı, je nachdem d.) = 2d, oder d, = 2d,-ı, so heisst dies: von den zwei Zahlen d: und d, muss immer die kleinere ungerade seyn. Ich lasse noch zur bequemeren Veranschaulichung eine Tafel folgen, welche für alle Zahlen von 1 bis 100, die keine Quadratzahlen sind, die zugehörigen negativen Kettenbrüche enthält. Die Einrichtung der Tafel ist der des bekannten Degen’schen Werkes Canon Pellianus ähnlich, nur ist noch eine Columne hinzugekommen, so dass zu jeder Zahl drei Columnen gehören; die erste Columne enthält die Theilnenner bis zum mittleren oder bis zu den beiden mittleren einschliesslich, die zweite (welehe bei Degen nicht vorkommt) die Zähler und die dritte die Nenner der zugehörigen vollständigen Quotienten. F2 M. &: STERN, v ts E Mov or p "EM Qoo] wé K- E. eq rd ro ZER 0 €, oo x GE - CO ee a E EE, A TAY Ei oc c. Ce Vi Ani nm 0» T W* pn ` "es d A £N m — A a e" eae ^ M C De D Qao m UH OA QD M r GN VO OO ON aO Es ON VO CC Se? MA iO e$ i0 el 461: 'Frideriches' wi ‘Hinrikes’; S. 462: *michelen' u. s. w. à) "Die Verwandtschaft erstreckt sich aber viel weiter. Die Handschrift München Cod. Germ. Nr.55, membr. s. XIV, mit der Ueberschrift: Dat is die kronick, ist von mir während meies letzten Aufenthalts in München etwas nüher untersucht. Es zeigte sich alsbald, dass sie alle dieselben Weglassungen hat wie Wolf. 3 und auch ebenso wie diese endet: ‘zu sihem ohim dem chunig von Tennamarchen' ^ 'Hieran schliesst sich die bei Massmann S.475 N. S.495 (Schöne S. 92) gedruckte Fortsetzung unmittelbar an: f. 66!: *In der zeit starp Innocencius, der kayser Fridrich uf gesucht het wider kayser Otten’ — —_ T 7: : “stát diu sich im huldiget von dem reich’. id Der Text ist ein oberdeutsch umgearbeiteter, mit manchen Mo Misverständnissen und Irrthümern; z. B. S. 445 statt: 'do gewan men Baruth unde belach Toron: dat belef ungewunnen' steht: ‘Baruth unde Hist.- Philol. Classe. XII. H 58 AUTI3.I4A í U X WAITZ, Baldach, ''Thorum belaib ungewunnen’. Die Stelle S. 450 lautet: ‘dem lantgraven ze-hilff unde der. chünich Otte und die Pehaim furen' vil nach halben enwech: ` Do ir fütra'r verriten sich in daz lant, der graf Otte‘ von Bremen: und grafe Ulrich von Witin (nachher: Ulrichen von Cyten). Eine andere Stelle hat Massmann S. 452 Note 2 angeführt. Nahe verwandt ist auch eine zweite Handschrift in München Cod. Germ. Nr.327, chart. fol. (Massmann N. XVII). Fol. 80 unten steht: ‘Iste liber est monasterii Benedicten peuren’. Die Ueberschrift wie Massmann S. 608.'angiebt. Der Text stimmt im ganzen mit dem der beiden vorher- gehenden: Codices: dieselben Auslassungen finden sich, der Schluss ist wesentlich .derselbe; nur mit einer wunderlichen Verderbung der Lesart: ‘czu Sweryn zu" konig Semochen von Denemarken’ (Aufsess : symothen, nach Massmann .8.469.N. für: 'sinem om). ‘Auch die angehängte Fort- setzung ist dieselbe, geht aber weiter wie die welche bei Massmann und Schóne abgedruckt ist. Die Lesarten haben an manchen Stellen Verwandtschaft mit denen der vorigen Handschrift; doch ist diese keinenwäge‘ von derselben ab- hängig, und im ganzen weniger verdorben. ‚Die vorher angeführte Stelle heisst: ‘dem lantgrafen c czu hilf und a ir konig. Den entweich der konig Philippus ezu Erfurt in. Der konig Otte, kam auch dar cen hilf und die Behem ‚und furen. vil; nahen halben weg auf den reyn. Da dez koniges fulk Philippi sich hin verriten hete, der graf Otte, von Bremen’ pio. us Es heisst hier richtig: ‘belag Thorum'; "Wo Cod. 55 unter Heinrich VI. - statt 8 Jahr hat (Massm. S.439): “acht jar und ein halbes’, findet sich das hier nicht; ebenso wenig bei Philipp (S. 443): “wart kunich’, sondern: "wart zu konige erkorn';. bei Otto (8. 453) hat Cod. 55 statt 10 ‘zwei jar, dieser: ‘11 jar’, wie Massmann aus- Closener anführt. Die Zeit Friedrich IL. "d hier angegeben: :33 jar. . Eigenthümlich ist ein Zusatz (S. 462) nach edeleman:- Do schreib man nach Gots geburt 1228 jar, und do konig, Friderich: erwelt wart do | Suen 1215 jar. Der koni Friderich und die fursten worden. zu rate ete. pine n € 13:77 fti par ÜBER EINE SÄCHSISCHE KAISERCHRONIK UND IHRE ABLEITUNGEN. 59 Die hier ‘besprochenen Handschriften sind für die Geschichte des Textes der Chronik überhaupt nicht ohne Bedeutung. Die erste giebt ein Beispiel, wie der ausführliche Text nicht blos in G. oder solchen Handschriften die in allem mit dieser übereinstimmen überliefert ist, son- dern selbst wieder in verschiedenen, in Einzelheiten unter sich: abwei- chenden Exemplaren vorliegt. Wolf. 2, obschon mit Berl. 1 und Hamb. verwandt, hat doch weder alle eigenthümlichen Zusätze derselben noch sonst was diesen Text charakterisiert, stimmt auch nicht am Ende mit ihnen überein. Die Handschrift ist geeignet allein schon das von Schóne aufgestellte System als unhaltbar zu’ erweisen. Wolf. 3 endlich geht weniger weit und hat einen kürzeren Text, als es wenigstens früher von anderen bekannt war!, und gleichwohl wird nie daran gedacht werden können, hier etwa eine ältere Gestalt des Werks zu finden. ` Dieser Text giebt also einen Beweis mehr, wie dasselbe wiederholt einer solchen Umarbeitung unterlag. ^' Offenbar hat die Sachsenchronik durch ihre Abfassung imn der hei- mischen Sprache im 13ten und den folgenden Jahrhunderten vor andern Theilnahme und Verbreitung gefunden. Ausführlich, wie das Buch in der ersten Anlage oder doch in der zuerst in Umlauf gekommenen Gestalt war, und ausgestattet mit manchen Nachrichten von mehr provincieller Bedeutung, war es für den gewóhnlichen Gebrauch nicht ganz passend und gab eine Aufforderung Abkürzungen vorzunehmen. Solcher liegen mehrere vor. Sie sind, wie die Vergleichung der Texte ergiebt, nicht unabhängig von einander entstanden, sondern cine aus der andern hervorgegangen. ` | Soweit die Handschriften näher untersucht sind, ergeben sich fol- gende Recensionen. Den ausführlichen Text haben Goth., Wolf 1, Strasb., wahrschein- lich auch Dresd. und Pommersf, dieser mit einzelnen eigenthümlichen l | goY S s. Die Angaben bei Massmann in den Noten sind wenigstens theilweise so un- bestimmt (s. z.B. S. 463 N. 1); dass sich aus ihnen kein — ge- winnen liess. à EEN 6D VIOWUTIAIJA AAH OXF MAWNITZEIAN 3 DÄR "Term AAA Auslassungen;, a Not& 1; alle enthalten: sie die Vorrede und sind: ausser: dem charakterisiert durch die beigefügten‘ Abschnitte über Herkunft der Sachsen das Welfische Haus u. 8. w. (— Recens. A.) — Kon 457, den Schöne; anreiht und: der in manchen. Lesärten übereinstimmt, ist ‚ohne Vorrede und bedeutend abgekürzt; (s. Archiv VII, S. 654). ^ Der Récension A. zunächst steht die Gestalt der Brem. Handschrift, der sich Berl. 2 (Nr. 129) anschliesst. ` Abgekürzt. ist hier besonders die Geschichte Heinrich NV. und Lothars. ` Die ' Vorrede. ist; beibehalten (== Recens. B.). — Auch die lateinische Uebersetzung der Leipziger. Hand- schrift zeigt Verwandtschaft mit diesem Text, hat aber eigenthümliche Auslassungen 1 urd- MZusätze, Ihrem Schluss entspricht, nach dem: was ich | Archiv .V,.S..651 angeführt, genau Kop. 1978, ohne Vorrede, und dürfte deshalb hier. anzureihen sein. : Dafür. sprechen. auch. die ‘9 kore? Dm der Vorrede (— Recens. B*.).. + | Mehr abgekürzt, mit ER fast aller SERIE Nachzichr ten; aber auch. mit eigenthümlichen Zusätzen‘, die auf die Gegend von Blankenburg und Anhalt hinweisen? (Schöne. 8. 71. sind Bert, 1 (Nr.284), und Hamb: . Wahrscheinlich gehört, Wien CXX hierhin | Sie lassen den Abschnitt ‚religiösen ‚Inhalts unter. Asheton, fort wë ge, 6.1). Dahin, gehört: ie Weng UE Abschnitt pases Bündnis der den L ‚Verf. ‚als, Geistlichen kundgiebt. — Es „ist, ganz ohne Grund, wenn Schóne sad $8.12. ‚sagt, das Verhältnis der Handschriften zu dieser Stelle und den nord- - . deutschen Rüchrichten beweise , dass beides spätere Zusätze: sonst müssten die ABleitüngen so wunderbar — sein, dass die eine immer nahm was die andere — A hiai - » — Uebers. nur ausgelassen, was “nieht streng t und-was eine andere. deutsche Albis. aus demselben iind auch Sch ortos. Dasselbe hat die Handsehrift ‚(der Rec. A. Pommersf. gethan (s. Massmann S. 159 N.), jedoch in einer Weise, o EA muse, der Schreiber fand. die Stelle in seinem Original. L. machte der Einleitung ebenso. 3 SCH denen die Schöne anführt kommen aber nur die erste und zweite in “o o: Betracht. Diese haben B. 1 und H allein, die erste jetzt auch Wolf. 2. vs boe: die ‘beiden «andern finden:sich/auch in Münch. 55 und . Aufs., jetzt auch Wolf. 3, gehören also einer andern Quelle an. sssi! as en ep à A ÜBER EINE SÄ K OK UND IHRE ABLEITUNGEN. 61 05t:In manchem: abweichend ist "Wolf. 2 ` Er hat den Abschnitt unter Constantin ‚lässt dagegen die Vortede weg. ` Von. den eigenthümlichen Zusätzen- von G: findet sich hier|der erste. (Schóne: S:'7), nicht der. letzte lingere; indem eben an: diese Stelle. die Ee Neen anhebt (= Recens. D.). je 5 Je „Noch bedeutend: mehr, een ist. Wolf. 3. inii 55. 327: Aufsess, amch ohne Vorrede (Récens. E.).. Nach den ‚Zusammenstellungen von Schöne! S. LL gehören: wahrscheinlich auch «@ine/ dritte‘ Münchener Händschrift (unrichtig mit. der. Nummer DU angegeben), uüd die in Frankfurt, Heidelberg, sammt Wien 2692. zu dieser Classe, > 0 . Hiernach. berichtigt, sich ‚die von Schöne: $8; 13 miie * mind die peras Geaa aber auch im. dinatieert 'hie und. da — werden muss, ^. d SIE EHF, 29 Im mn Géi PS den: oliin stellen sich die»: Recensionen in fol- gender Weise. . | . T gus Aia 4 "A. — 1250 EEE jagt att 19 (Wolf. 1. — “1260; die: Märgaretel). Kop.457 — 1246 .(—- |‘seshündert EES i ST S; vam. B. — 1260: (*s. Margareten: dage’)» / ::505099 055 (Berl: 2. unvollständig‘ erhalten). gH asidose B: — 1235 (— ‘herren vele’; Massm. S. 485, in ‘Dar wart — myt vanen’). C. — 1229 (— ‘Odacker van Behem’; Massm. S. 479). D. — 1225 (— ‘Heynriche-vonsbzwern; entsprechend Massm. S. 472). E. — 1225 (— ‘koning von Denemarken’; Massm. S. 470). Die Vergleichung dieser Angaben (über eine Anzahl Handschriften fehlt eine genauere Nachricht) zeigt wohl, dass wenigstens bei einem Theil der Codices das Ende einen ziemlich zufälligen Charakter an sich trägt, und dass sich hieraus allein kaum etwas über die Abfassungszeit der Chronik selbst oder der verschiedenen Texte ermitteln lässt. C. D. E., die im wesentlichen übereinstimmen, müssen auf eine Quelle zurück- gehen die wenigstens — 1229 fortgesetzt war. B*. und B. zeigen bis auf den Schluss von B. völlige Uebereinstimmung, und ebenso hat A. hier 62 G. WAITZ, ÜBER EINE SÁCHS. KAISERCHRONIK UND IHRE ABLEIT. und: weiter dieselbe Fortsetzung wie B., eine Handschrift sogar — 1260, die andere wenigstens bis 1250. "Wie dies zu erklären, da doch Œf. aus B. geflossen sein müssen und ein Theil der hierher gehörigen Hand- schriften entschieden auf die Zeit vor Friedrich II. Tod zurückgeht (auch G. hat ihn noch nicht), dessen Regierungsjahre sie ungenannt lassen, ist nicht leicht zu sagen. Es bleibt kaum etwas anderes anzunehmen, als dass: B. aus A. abgeleitet ist, ehe der Schluss hinzugefügt war (am waht- scheinlichsten da A. bis 1238 ging, bis wohin sich der mit B* nahe ver- wandte Text in Detmars Lübecker Chronik erstreckt; s. oben S. a wobei es auffallend bleibt, dass B', wo sie schliesst, 1235 die Errich- tung des Herzogthums: Braunschweig- Lüneburg abweichend berichtet), und dass aus dieser Gestalt die anderen Handschriften hervorgingen, die willkürlich (wie es bei E. deutlich vorliegt) einiges am Schlusse fortliessen; meist dafür- andere Fortsetzungen anknüpften; dass dann aber, sei es in A. oder B., auch das Werk weitergeführt ward und dieser Anhang aus der einen Recension in die andere überging (wahrscheinlich aus A. in den uns allein so erhaltenen Bremer Codex von B.) dil Hier bleiben allerdings noch Zweifel übrig, deren Gänge vielleicht theilweise von der genaueren Vergleichung der noch nicht vollständig untersuchten Handschriften, namentlich der ersten Klasse, erwartet wer- len Aiiki i 5 über e die grosse Karthagische und andere neuentdeckte Phönikische inschriften ` von ^H. Ewald. Vorgetragen in der sizung der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften vom 7. Mai 1864. : Zu den zwei großen Phönikischen inschriften von Massilia und von Sidon, den einzigen der art welche wir bisjezt durch den entdeckungs- eifer unserer tage aus den trümmerstütten des Alterthumes gerettet em- pfangen hatten, ist jüngst eine dritte hinzugekommen welche man kurz die große Karthagische nennen kann, da sie bis jezt die einzige Kartha- gische von solcher größe ist. Sie wurde vor wenigen jahren durch nach- grabungen auf dem boden des alten Karthago's entdeckt; und wie Herr Nathan Davis diese ` seine nachgrabungen auf kosten der Englischen herrschaft betrieb und seine werthvollen funde dem Britischen Museum übergab, so ist sie eben jezt mit 89 kleineren welche er ebenda entdeckte auf befehl der Leiter des Britischen Museum's in einem gewiss sehr zu- verlässigen abdrucke — dom 1) Inscriptions in the PN character, now deposited in the British Museum, discovered on the site of Carthage, during researches made by Nathan Davis, . Esq., at the expense of Her Majesty's government, in the years 1856, 1857 and 1858. Printed by order of the Trustees. 1863. — . Mit diesem werke kann man zwar vergleichen Carthage and her remains: being an: account of the excavations and researches on the site of the Phoenician metropolis in Africa, and other adjacent places. ` Conducted under the auspices of Her Majestys government. By N.Davis. London, 1861 und Ruined Cities within Numidian and Carthaginian territories: By N. Davis. London, 1862: allein 64 H. EWALD, Für diese und so manche ähnliche veröffentlichung welche die er- leuchteten Vorsteher dieser &nstalt' ermöglicht haben, muss die wissen- — den edlen bestrebungen ihrer freunde äußerst dankbar seyn. Die liche, erforschuug. und verwerthung; dieser großen, inschrift beginnt aber erst Jest, b es ‚hat bei ihr wie bei, ‚allen größeren stücken des uns bis jezt so wenig bekannten Phönikischen schriftthumes noch immer ihre ungemeinen .schwierigkeiten. Zwar springt bei einer ver- gleichung mit der Massilischen! Anschrift leicht in die augen dass die neuentdeckte große Karthagische eine bedeutsame ähnlichkeit mit ihr hat, und schon demnach ebenso wie jene ein Opfergesez enthalten mußte welches in stein eingegraben an der vorderseite eines Tempels óffentlich aufgestellt war. Allein derselbe erste überblick lehrt auch dass neben dem ähnlichen doch--auch vieles unühnliclie in beiden inschriften ist und auf der Karthagischen nicht "weniges uns ganz neue erscheint. Die hauptschwierigkeit bei der neuentdeckten liegt aber dárin dass sie uns leider nur auf einem äußerst‘ verstümmelten steine erhalten ist. Zwar besizen wir die »Massilische jezt ebenfalls ihres. von oben queer- nach unten zerschlagenen steines wegen nur etwa zur hälfte: allein die ver- stümmelung ist bei der Karthagischen noch viel größer. Der stein ist an allen seiten auf das übelste zertrümmert; ^ und die inschrift kann sowohl rechts als links bei der äußersten. verstümmelung des steines sehr viele. vüge eingebü&t haben. Ob außer: ihren elf zeilen unten eine oder mehere. verloren gegangen sind, kann man äußerlich. nicht erkennen. Oben ist zwar in der ersten eine überschrift deutlich erkennbar: aber über: der issenschaftlichen: werth rede ich lieber in den Göttinger Gel. An- ^^ zeigen, - "Wii; cergroifem:-nber: diese gelegenheit um auf zwei andre äußerst 181 en Eee NER fond na iini: ab Thebis, vend. wait j vof their discovery by A. Henry Rhind, Bist gn zept baa asibims7 ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÓNIKISCHE INSCHRIFTEN. 65 auch diese ist links nicht vollständig erhalten; und rechts hat außer dieser keine einzige einen richtigen anfang. Sodass es schon mühe kostet überhaupt nur erst zu begreifen wie breit die inschrift und mit ihr der stein nach beiden seiten hin ursprünglich seyn mußte, will man auch ihre ausdehnung nach unten hin zunächst außer acht lassen. Im ganzen ist die verstümmelung der inschrift só gross dass wir sehr wenig zuverlüssigeres von ihr verstehen könnten, hätten wir jezt nicht bereits die beiden anderen großen inschriften in unseren hünden und wären wir in deren verstündnisse nicht schon auf einen im Ganzen sehr sichern grund gekommen. Wo wir nun von einem alten schriftthume heute nur so wenige und insbesondere so wenige größere mehr oder minder vollständig erhal- tene stücke besizen wie von den Phönikischen, da kann uns jede neue entdeckung einer wennauch halb verstümmelten größeren inschrift zugleich das beste mittel geben um zu erwühren wie weit die entzifferung aller seiner zerstreuten überbleibsel bisdahin mehr oder weniger gut gelungen sei. Das licht einer menge nüzlicher oft entscheidender erlüuterungen kann auf die entzifferung der früheren schriftstücke zurückfallen, auch um so manches was früher nur als wahrscheinlich vermuthet werden konnte entweder zu bestätigen oder zu berichtigen. Umgekehrt muss das möglich richtigste verständniss der neugefundenen inschrift nun desto leichter werden, je sicherer schon sehr vieles in den früher erklärten wiedererkannt ist. Ich muss deshalb an dieser stelle bemerken dass die richtigkeit sowohl meines allgemeinen verfahrens bei der entzifferung der Phönikischen schriftstücke als der meisten dadurch gewonnenen ein- zelnen ergebnisse’ durch die große Karthagische ganz nach erwartung aufs beste sich bestätigt findet. Insbesondere hat sich nun die erklärung der großen Massilischen inschrift welche ich der K. Ges. der WW. im j. 1848, und die der großen Sidonischen welche ich ihr zu anfange des j. 1856 vorlegte, auch durch das dritte dieser großen schriftstücke auf das vollkommenste bewährt; sowie auch abgesehen von dieser neuen bestütigung gegen die dort gegebene erklürung jener beiden bis jezt wich- tigsten Phönikischen inschriften von keiner seite etwas treffendes hat Hist. - Philol. Classe. XII. I 66 H. EWALD, gesagt werden können. Wir werden jedoch bei dem zuvor erwähnten zustande worin wir diese dritte große inschrift empfangen haben, vor allem uns nach den besten mitteln ihrer möglichst vollständigen und zuverlässigen wiederherstellung umsehen müssen, und können dann erst ihre möglichst richtige erklärung kürzer zusammenfassen. Über ihr alter welches mit ihrem verhältnisse zu der Massilischen schwesterinschrift näher zusammenhängt, wird erst am schlusse weiter zu reden seyn. Ich kann hier aber überall desto kürzer reden je mehr ich besonders die‘ oben erwähnte abhandlung über die große Massilische inschrift hier vor- aussezen darf. b Indem wir nun von der in der ersten zeile enthaltenen überschrift zunüchst absehen um erst am ende auch ihre wiederherstellung zu ver- suchen, bemerken wir l. Dass die einrichtung der ersten sechs zeilen auf der Karthagi- schen eine andere gewesen seyn muss als auf der Massilischen, nämlich im allgemeinen (um damit zu beginnen) só dass je ein saz von dem ganzen opfergeseze dort zwei hier aber nur eine lange zeile ausfüllte. Der beweis dafür kann wohl am kürzesten und überzeugendsten in fol- gender weise geführt werden. Auf der Massilischen werden nach der überschrift welche dort die beiden ersten zeilen füllt in z. 3— 12 fünf verschiedene arten von opferthieren unterscheiden, und über jede spricht sich das Gesez hier in éinem langen vielerlei enthaltenden saze aus: diese fünf thierarten sind 1) stiere, 2) kälber und hirsche; 3) widder und ziegen, 4) limmer böckchen und junge hirsche; 5) vógel Diese an- reihung ist inderthat so naheliegend und beinahe von selbst so noth- wendig dass man meinen sollte sie müsse sich ebenso auf der Karthagi- schen wiederholt haben: und was die vier ersten dieser arten betrifft, so lässt sich das auch sicher genug beweisen. Denn von allen den namen für die vier ersten arten hat sich zwar jezt nur z.4 der für die ziegen (op), und z.5 der für den jungen hirsch (yn 27x) erhalten: aber da in einer jeden von allen diesen vier zeilen sonst ähnliche redensarten ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 67 wiederkehren, so lässt sich daraus sicher genug folgern einmahl dass 2.2 die stiere und z. 3 die kälber und hirsche genannt waren, und zweitens dass jede dieser vier zeilen den ganzen gesezesabschnitt über eine der vier arten von vierfüßigen thieren zusammenfaßte. So entspre- chen, abgesehen von besonderen unterschieden bei einzelnen wörtern, z.2—5 der Karthagischen inschrift den z. 3 — 10 der Massilischen, und je eine zeile dort je zweien hier in derselben reihe der vier thierarten. Hieraus lüsst sich zwar noch nicht folgern dass die anreihung des stoffes und die entsprechende der zeilen hier und dort gleichmäßig so fortgehen müsse: vielmehr zeigt sich das gegentheil davon sogleich an einem sehr merkwürdigen falle. Denn in z.6 der Karthagischen wird offenbar bloss von diesen vier thierarten zusammengenommen noch etwas weiteres bemerkt, und erst z. 7 geht dann die reihe zu den vögeln fort. Aber da sich späterhin auch aus dem sinne der worte ergeben wird dass, abgesehen von abweichungen im, einzelnen, dennoch im Ganzen z. 6 der Karthagischen den beiden z. 15 f. der Massilischen und z. 7 dort den beiden z. 11 f. hier entspreche, so stellt sich doch auch in dieser weise die ühnlichkeit wenigstens insofern wieder her dass je eine zeile der Karthagischen je zweien der Massilischen gleich ist. Warum aber in jener die vier arten vierfüßiger thiere (kurz mit dem namen w3p» vieh zusammengefasst) von den vögeln durch einen zwischensaz abge- sondert werden, wird unten aus dem gesammten sinne des gesezeswerkes sich ergeben. 2. Allein so gewiss dieses alles ist, so würde man sich doch sehr irren wenn man meinte danach liessen sich nun wenigstens bei diesen sechs zeilen die vielen theils rechts theils links verlorenen buchstaben leicht wieder herstellen wenn man nur hinzunühme was die Massilische inschrift mehr habe. Denn abgesehen von kleineren oder theilweisen veränderungen des einen und des anderen wortgefüges müssen zwischen beiden noch zwei andere durchgreifende grofie unterschiede gewesen seyn. Einmahl bringt die Massilische die bestimmung des für jede der thier- arten den priestern zu bezahlenden geldes immer erst nach der angabe der thieràrt und der bei jeder der fünf thierarten möglichen opferart: I2 68 H. EWALD, dass die Karthagische aber darin wenigstens bei den vier ersten thier- arten eine ganz andere wortfügung einhielt, erhellet deutlich genug aus z 4 und z. 5 wo die bestimmung des geldes an dieser stelle fehlt. Nun aber ist undenkbar dass sie überhaupt fehlen konnte; auch tritt sie bei den vógeln z. 7 wirklich an dieser stelle ein. Ist dieses alles aber so, so wird man nicht irren wenn man annimmt dass sie bei diesen vier großen hauptarten von thieren vielmehr ganz vorne stand und danach die gesammte anweisung der worte in jedem der vier ersten gesezes- abschnitte sich richtete. Denn dass sie nicht etwa weiter nach hinten hin ihren plaz haben konnte, ist aus dem sinne der wórte welche hinten stehen müssen leicht zu folgern. Zweitens bringt die Massilische bei jeder der vier ersten oder viel- mehr aller fünf!) thierarten nach der bestimmung des den priestern zu bezahlenden geldes sogleich noch eine besondre bestimmung über die nach den bei jedem thiere möglichen zwei opferarten zu tragenden ab- gaben von dem opferfleische selbst. Dass eine solche bestimmung aber in der Karthagischen hier einen ort gehabt habe, davon fehlt jede spur und jedes anzeichen. Vielmehr hangen mit dieser auslassung deutlich genug die veründerungen in den sonstigen bestimmungen ab welche auf beiden inschriften das breite ende jeder dieser vier gesezesabschnitte bil- den: was freilich im einzelnen nur aus dem verstündnisse des richtigen sinnes der jeder inschrift eigenthümlichen worte völlig einleuchtend wer- den kann. Eins ist jedoch hier sogleich im allgemeinen noch etwas nüher fest- zustellen, wenn man einen sicheren sinn des ganzen gesezes und eine ebenso zuverlässige wiederherstellung der inschrift wünscht. Wenn näm- 1) es ist mir nämlich bei wiederholter scharfer vergleichung aller umstände jezt wahrscheinlich geworden dass die z. 11 der Massilischen inschrift links so zu ergänzen ist: 35 pack naw]ar "on, nach z.3f. 9f. Das gewicht der fleisch- abgabe vom vogel brauchte hier ebensowenig bestimmt zu werden wie bei dem kleinviehe z.9f. 9f., weil es aus den angegebenen verhältnissen schon deutlich ist. Und dass von den überbleibseln des vogelopfers nicht weiter die . rede zu seyn braucht, bestätigt sich durch z. 7 der Karthagischen inschrift. ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 69 lich nach der Karthagischen (wie eben gesagt) eine bestimmung über die besondere abgabe vom fleische aller der fünf thierarten welche die Mas- silische für den altar fordert wegfallen sollte, so mußte offenbar alles fleisch des thieres für den altar bestimmt werden; und wohl konnten ‚gewisse stücke des thieres z.b. die füße als für den altar unwürdig aus- genommen werden. von einem »übrigen fleische« als dem besizer des opferthieres anheimfallend konnte aber nicht so wie in der Massilischen die rede seyn. Wurde aber für den altar mehr gefordert, so dass der besizer des opferthieres für seinen eignen gebrauch weniger zurück bekam, so war damals der preis der thiere wohl überhaupt höher gestiegen. Damit stimmt denn auch überein dass das geld für den einzelnen opfer- vogel in der Massilischen z. 11 zu dreiviertel pfund, in der Karthagischen z. T aber zu einem vollen pfunde bestimmt wird. Bei den vier ersten thierarten ist nun zwar die angabe des geldes für uns jezt verloren ge- gangen, weil sie nach dem oben gesagten ganz vorne an der spize jeder zeile stand, wo der stein überall so arg verstümmelt ist. Allein wir haben alle ursache anzunehmen dass das geld in der Karthagischen jenem einen beispiele entsprechend um etwas erhöhet war: doch lassen wir für jezt hier die werthe wie sie in der Massilischen stehen. 3. Damit ist nun die möglichkeit einer hinreichend zuverlässigen wiederherstellung der sechs ersten gesezesaussprüche oder abschnitte schon gegeben; denn was in jeder dieser zeilen links zu ergänzen sei, ist aus der vergleichung aller dieser zeilen unter sich und dann mit den ent- sprechenden der Massilischen inschrift wenigstens im Ganzen leicht deut- lich, obgleich im einzelnen einiges mehr nur nach voller -wahrscheinlich- keit vermuthet werden kann. Das einzige hier noch etwas dunklere ist dass in der Massilischen inschrift jede der vier ersten abschnitte mit den worten nawy b»2> schließt, nach der spur aber auf z.3 in der Karthagi- schen dahinter noch einige buchstaben folgten. Viele aber kónnen es in keiner weise gewesen seyn, theils weil wir nichts wesentliches mehr vermissen, theils weil sonst die zeile unverhältnißmäßig lang geworden seyn müßte. Um nämlich auch diese seite der sache etwas näher zu berühren, so konnte die zeile des Massilischen steines durchschnittlich 70 H. EWALD; bis gegen 75 buchstaben fassen: dies läßt sich dort sicher genug be- rechnen, obgleich der stein auf der linken seite mehr oder weniger ver- stümmelt ist. Zählt man dagegen alle buchstaben zusammen welche auch in der lüngsten zeile der Karthagischen inschrift den obigen wie- derherstellungen zufolge sich zusammendrängten, so muss man die eben- falls etwa auf 75 — 77 schüzen. Wie nun auch in dem zulezt erwühnten umstande ein beweis für die richtigkeit der wiederherstellung sich darbietet, so liegt ein solcher endlich nicht minder in der erst hier zu erwühnenden erscheinung dass sich aus allen den vorigen verhältnissen auch am leichtesten erklärt wie gerade die 6te und dann ebenso die Tte zeile nur etwa die hälfte dieser buchstaben enthalten konnte. Der stein zeigt uns noch dass jede dieser beiden zeilen schon in der mitte aufhórte, und der nach allen obigen bemerkungen hier zu erwartende sinn beweist uns ebenso sicher dass gerade der bte und ebenso der 6te gesezesabschnitt verhältnißmäßig so kurz sich fassen liess: beides trifft hier aufs beste zusammen, um den gesammtbeweis für die richtigkeit aller bisherigen annahmen zu vollenden. 4. Weiter aber folgt aus allem was bisher erörtert ist keineswegs dass von den jezt noch übrigen vier lezten zeilen jede ebenfalls immer einem gesezesausspruche entsprechen mußte, sodass wir zusammen noch vier solcher selbständiger abschnitte zu erwarten hätten: denn wir sind nur vorbereitet zu erwarten dass auch hier die zeile wenn ein abschnitt in ihrer mitte zu ende wäre wahrscheinlich sich unvollendet schließen würde, nicht aber dass ein abschnitt nicht auch über mehr als éine zeile sich ausdehnen könnte. Vergleichen wir nun dabei die beiden inschriften, so ist es hier zwar überall weit schwerer zu festen ergeb- nissen wegen der wiederherstellung der vorne und hinten schwer ver- stümmelten zeilen zu gelangen, weil auch die Massilische gerade hier links weit ärger verstümmelt als bei den vorigen zeilen und so ihr sinn selbst hier weit unsicherer zu erkennen ist. Doch sind wir auch hier nicht von allen anhaltsfäden entblößt. Denn die worte z. 8— 10 ent- sprechen deutlich genug dénen z. 13 — 14. der Massilischen, die der lezten zeile aber (11) denen der dort lezten z. 17—21. Wir erwarten also ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 71 hier nur noch zwei gesezabschnitte, von denen sich aber der erste nun sogar über drei zeilen erstreckt und damit nicht bloss gegen die bisherige weise viel länger ist als der entsprechende der Massilischen, sondern auch eine andre stellung im Ganzen einnimmt. Hier drängt sich also vieles auffallende zusammen. Was indessen die umstellung zweier gesezabschnitte betrifft, so war eine ganz ähnliche schon bei dem fünften in der Karthagischen zu erkennen: und wie sie dort ihren unten zu erläuternden guten grund hatte, so wird sie einen solchen auch hier haben. Der grund hängt aber, wenn man näher zu- sieht, mit der ganzen anlage der beiderseitigen inschriften zusammen. Da nümlich nach dér gesezesfassung welche der Karthagischen zum grunde liegt, die abgabe vom fleische der opferthiere bei der ersten der beiden opferarten ganz wegfüllt, so kann diese ihrerseits bei den sechs ersten abschnitten sich überhaupt viel kürzer fassen, und hat zulezt nur von der andern noch etwas besonderes zu sagen, muss aber von dieser an irgendeiner stelle desto bestimmter reden. Zwar redet auch die Massi- lische über diese zweite von den beiden opferarten in ihrem 6ten saze z. 13 f. noch besonders, nachdem sie von ihm beiläufig schon. bei allen vier thierarten geredet hat: so nothwendig scheint es ihr von diesem für die priester wichtigsten der beiden opferarten bestimmt genug zu reden und an dieser stelle in einem besondern abschnitte darüber man- ches nachzuholen was sie bei den vorigen nicht wohl anbringen konnte. Allein die Karthagische faBt ihrer anlage zufolge alles darauf sich be- ziehende nun in diesem abschnitte desto genauer und ausführlicher zu- sammen. Soviel lässt‘ sich im allgemeinen hier ‚zuverlässig genug erken- nen; und danach wird es doch auch móglich die hier klaffenden lücken rechts und links fast mit vollkommner sicherheit auszufüllen, wie dieses unten versucht werden wird. Dass endlich die fünf lezten zeilen der Massilischen hier sogar in éine zusammengezogen werden, ist nur auf den ersten blick auffallend. Denn schon im allgemeinen haben wir vielfach erkannt und es wird spüter an so manchen einzelnheiten noch weiter hervortreten, dass die Massilische ihrer gesammten anlage nach viel ausführlicher, die Karthagische trozdem 72 H. EWALD, dass sie nach dem eben gesagten ihren siebenten saz viel weiter ausdehnt im Ganzen kürzer gefaßt ist. Dazu kommen hier noch zwei besondere gründe. Denn die Massilische sagt in ihren beiden lezten aussprüchen doch nur wesentlich dasselbe aus, nämlich dass sowohl die opferer ihrer- seits als die priester an dies gesammte opfergesez gebunden seyn sollten: das konnte die Karthagische só zusammenziehen dass sie nur das zweite von beiden als das um gesezlich noch besonders gesagt zu werden wich- tigste hervorhob. Die Massilische beruft sich dabei aber auch insbeson- dere auf die beiden Suffeten unter deren befehle dieses ganze opfergesez gegeben sei: die Karthagische hält es sowohl hier als (wie wir sehen werden) in der überschrift für unnóthig die beiden Suffeten mit ihren beisizern besonders zu nennen; wenigstens haben wir kein anzeichen dass solehe namen einzelner Obrigkeiten hier am ende zu lesen waren. Aus allen solehen ursachen konnte die fassung hier weit kürzer seyn: und nach diesen voraussezungen ist hier alles nóthige rechts peus links ergänzt. Wir haben dabei aber auch vorausgesezt dass die lezte uns jezt auf dem steine sichtbare zeile wirklich die lezte war. Zwar ist der stein auch hier unten sehr arg verstümmelt: doch finden wir weder ein äußer- lich sichtbares noch ein innerlich zwingendes zeichen dass diese zeile nicht die lezte war, oder dass wenigstens viel am ende fehle. Höchstens wären die namen der Suffeten bis in den anfang einer folgenden zeile ausgedehnt gewesen. 5. Blicken wir aber jezt vom ende zu der überschrift zurück, so wird es uns nach alle dem sehr leicht sie zu ergänzen. Gerade die Massilische welche eine weit längere überschrift in zwei zeilen hat, ist an sehr vielen stellen der ersten zeile äußerst verlezt: unsere dagegen ist ihrer schon erwiesenen allgemeinen anlage nach überhaupt viel kürzer gefaßt, und dazu bloss auf der linken seite verstümmelt. ` So kann denn hier einmahl umgekehrt die Karthagische dienen einiges in der Massili- schen besser zu lesen und sicherer zu verstehen. ` Und da wir aus dem Obigen jezt die ganze breite der zeilen der inschrift hinreichend be- greifen können, so werden wir auch deutlich einsehen dass die überschrift ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 73 etwa nur aus fünf worten bestand welche über der mitte der anderen zeilen standen. Danach ist sie links leicht wiederherzustellen. Wir geben hier nun vorläufig die inschrift nach ihrer völligen wie- derherstellung, wie sich uns diese aus allem vorigen ergibt; und be- zeichnen alles rechts oder links ergänzte durch die zeichen ]..... [ Zugleich fügen wir die übersezung der ganzen so wiederhergestellten inschrift hinzu, um diese demnächst mit rücksicht auf alles rein Sprach- liche zu erläutern }). 1) des dioit, raumes wegen sezen wir ER die folgende seite auch die unten zu erlàuternde dreisprachige: Sardische inschrift nach ihren fünf zeilen, indem wir das Griechische und das Phönikische sogleich mit der worttheilung ; und dieses hier wie sonst überall aus mangel an Phönikischen nur in H br räis buchstaben abdrucken lassen. Kaum bedarf es der erinnerung dass auch auf en die hier gegebene worttheilung nur von mir ist. Hist.- Philol. Classe. XII. K Die große Karthagische inschrift. pysyn ] unten opp nsa [ 1 .. bom bsab naam anc maly pi mpw DN Glo pona u nawy ne» 2 Ze, d x naim pad neam Spuk rr my? ow 0565 Dina oW Days u moon poa 3 ..5 Bu nam ib. DEn Dalbwam 91 225025 gan mas (on n»w [DM 0555 wy» oN bn ww rope nes 4 En on nam byab Dayam oabenn 12) Glanck n»n (en ny pp 09b bg 29x[3 ON i723 ON IONS ln ECK mm yb 751 ba pn b" nat 533 nn 55: now 55 mn" 55 6 ms 5» ı an mos pea [DR nina ON ap DM pow "EN 7 vw nar 55 P «EY 77 eh spo ba y P ppm row) mep much ro De no» oaa wis Dr man vw nat 535 8 S nm . ben doe mar ben ag mar bai nesp rr 53 vn ON Ld now 9 E. |0 45.7 .. a ue B. 5 . e»: ana nar ban abn wb — 593 .. 40 m busen NY ÉN nano" T HS (E nv bow (UN Pan DIN ka | np P" na 53 11 m Die dreisprachige Sardische inschrift. CLEON. SALARI. SOC. S. AESCOLAPIO. MERRE. DONVM. DEDIT. LVBENS MERITO. MERENTE AXKAHIIQI MHPPH ANAOEMA BQMON EXTH XE KAEQN O Ell TQN AAQN KATA HPOZTATMA j op naban "Rn iom phar swr Jak nam neh bp non: nam MANN mont 8 ap 29 on. nsbaun Bupw NAN DNY 74 ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 75 In der übersezung suchen wir zugleich den kurzen scharfen ausdruck der gesezessprache möglichst wiederzugeben. Bestimmung der abgaben welche die Suffelen festsezten. (1) Zehn pfund silber für einen stier, sei es gemeines oder lobeopfer: die haut fällt den priestern, das gerippe dem besizer des opfers oder seinem stellvertreter zu. (2) Fünf pf. silber für ein kalb oder einen hirsch, gemeines oder lobeopfer : die haut den priestern, das gerippe dem besizer des opfers oder seinem stellvertreter. (3) Ein pf. gültiges silber für einen widder oder eine ziege, gemeines oder lobeopfer: die haut der ziegen den priestern, die vorder- und die ‚hinterfüße dem besizer des opfers oder seinem stellvertreter. (4) Dreivierlel pf. gültiges silber für ein lamm oder ein bóckchen oder ein hirschkalb, gemeines oder lobeopfer: die haut den priestern, die vorder- und hinterfüße dem besizer des opfers oder seinem stellvertreter. (B) An einer milchspende oder weinspende oder saftspende!) bei irgend einem opfer von vieh hat der priester keinen antheil. (6) Für einen vogel vom Heiligthume sei es ein Shißif oder ein Chazut oder ein Ssaß ein pf. gültiges silber, je für das stück. (7) Für jedes opfer das als lobeopfer bereitet wird gebühren dem priester stücke und spenden; und das lobeopfer ist möglich bei jedem thieropfer hast du es vorher geheiligt oder nicht, bei trocknem wie bei feilem thier- opfer isre: , bei geöltem ...., bei milch, beim thier- und speiseopfer, (8) Kein priester nehme eine abgabe welche auf dieser platte nicht festbe- stimmt noch nach der vorschrift der Suffelen gegeben ist. Zur leichteren vergleichung fügen wir hier auch eine übersezung der Massilischen inschrift an, jezt hie und da etwas verbessert. 1) diese bedeutung ist nur gerathen: mv? scheint jedoch mit &% und zc: tropfen verwandt. K2 76 H. EWALD, Artikel der beslimmung der geldwerthe und der abgaben welche die Suffeten see e 77 n — (4 — (5 (7 kb baal sohn Bodtänit’s sohnes Bod.... und Chalßibaal sohn Bodeschmun’s sohnes Chalßibaal’s und ihre genossen festsezten. Für einen opferbaren stier, sei es ein lob- oder ein gemeines opfer, den priestern zehn pf. silber, je für einen; beim gemeinen ist nach der stufe der opferart die abgabe vom fleische 300 loth, und beim lobeopfer stücke und spenden: aber die haut die vorder- und die hinterfüße und das übrige fleisch gebürt dem besiser des opfers. Für ein opferbares kalb welches hórner hat mit der höhe eines fingers und tiefer oder für einen hirsch, sei es ein lobe- oder ein gemeines opfer, den priestern fünf pf. silber, je für eins; beim gemeinen ist nach der stufe der opferart die abgabe vom fleische 150 loth, und beim lobe- opfer stücke und spenden: aber die haut die vorder- und die hinter- füße und das übrige fleisch gebürt dem besizer des opfers. Für einen opferbaren widder oder bock, sei es ein lobe- oder ein gemeines opfer, den priestern ein pf. gültiges silber, je für eins; und beim lobeopfer ist nach der würde der opferart die abgabe von stücken und spenden: aber die haut die hinter- und die vorderfüße und das übrige fleisch gebürt dem besizer des opfers. Für ein opferbares lamm oder böckchen oder hirschkalb, sei es ein lobe- oder ein gemeines opfer, den priestern dreiviertel pf. gültigen silbers, je für eins; und beim lobeopfer ist nach der würde der opferart die abgabe von stücken und spenden: aber die haut die hinter- und die vorderfüße und das übrige fleisch gebürt dem besizer des opfers. Für einen vogel vom Heiligthume, sei ein Ssüß das gemeine opfer oder ein Shißif oder ein Chazut, den priestern dreiviertel pf. gültige® silber, je für eins; und die abgabe ist nach der würde der opferart. Hast du den vogel vorher geweihet, sei es ein trocknes oder ein fettes opfer, den priestern éin silberpfennig je für einen; ..... Vom lobeopfer welches bereitet wird von diesen opferarten, gebüren den priestern stücke und spenden; und das lobeopfer ist möglich auch bei .. geöltem ...., bei milch, und bei jedem opfer das der mensch mit speise opfern will. ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 77 (8) Bei jedem thieropfer das von vieh oder von vögeln gebracht wird, sollen die priester nicht haben ..... irgend eine milchspende noch weinspende noch safispende von diesen: aber jeder mensch (soll) von dem was er opfert (auch genießen). (9) Der mann aus der Gemeinde!) (ist schuldig) eine abgabe wegen jedes opfers nach dem maBe gesezt in der vorschrift der Suffeten; nicht aber ist er verpflichtet zu einem gelde und einer abgabe die nicht gesezt noch gegeben sind nach der vorschrift welche die Suffeten .... baal sohn Bodtänit’s und | ChalBibaal sohn Bodeschmän’s und ihre genossen vor- schrieben. , (10) Jeder priester der eine abgabe nimmt über das hinaus was auf: dieser Platte gesezt ist, wird. gestraft: so wie strafe auch treffen wird den opferer welcher nicht gibt das Vorgeschriebene der abgabe .... m 2. 1. In der überschrift treffen wir hier sogleich das so ächt Phöniki- sche thatwort w:o aufstellen, "welches sich seitdem ich es zuerst nach- wies?) nun so vielfach bestätigt hat. Wir sehen hier dass es ebenso wie das nv sezen z. ll (Massil. z. 18. 20) auch gesezgeberisch gebraucht wird, und können jezt die buchstaben Gen in z.1 der Massilischen leicht er- gänzen. — Das vorhergehende wort nnswn die abgaben ist uns schon aus der Massilischen bekannt: neu ist hier nur die auffallende bildung der mehrzahl durch ein doppeltes n. Diese findet sich im Hebräischen nur erst bei ganz kleinen hinten wie abgeriebenen weiblichen selbst- wörtern 3), häufig aber in Äthiopischen selbstwórtern; sie konnte jedoch gerade bei diesem worte im Phönikischen umso leichter eintreffen wenn das einfache weibliche #— mit dem x als drittem wurzellaute sich aufs engste verschlungen hatte, ähnlich wie im Hebräischen nn. Da wir noch kein anderes beispiel einer solchen verdoppelung des n im ze 1) so erst bildet sich der rechte gegensaz zum priester im folgenden saze. Über dies nam s. die Abh. über die Sidonische inschrift s. 36 £ 2) in der Ztschr. für die K. des Morgenl. IV s. 418. 3) s. das LB. $. 186e. 78 H EWALD, kischen besizen, so läßt sich über den fall bis jezt weiter nichts sagen. — Ganz neu erscheint hier das erste wort n»=: ich zweifle jedoch nicht dass es wie ny3 auszusprechen und etwa soviel als eine gesezliche be- stimmung bedeutet welche (wie ursprünglich jedes öffentliche gesez) durch gegenseitige übereinkunft gilt. Auf diesen begriff des gegenseitigen übereinkommens und gesezlichen geltens führt die wurzel sai: und dass diese sich sonst nur im Arabischen in einer solchen anwendung erhalten hat, kann gegen die möglichkeit dieser bedeutung nichts beweisen; für dieselbe w. halte ich aber auch die Äthiopische NPR, wowon das so gewöhnliche (LSC genosse!). Die &., welche im jezigen Arabischen ihrer urbedeutung nach ganz einzeln dasteht und als eine christliche Kirche bezeichnend ‘nur mundartig in es eingedrungen seyn kann, be- deutete ursprünglich gewiss soviel wie ovrveyoyí oder no:5, geht also auf dieselbe wurzel und urbedeutung zurück. Nun aber erscheint dasselbe wort offenbar auch ganz vorne in der Massilischen dá wo man bisher Gaz las: die spur des lezten dieser drei buchstaben führt eher auf ein n; und wenn noch davor die beiden buch- staben n2 stehen, so können diese als ma zu sprechen auch wohl »die glieder der bestimmung der abgaben« bedeuten, mit hinweisung auf die glieder oder abschnitte aus welchen dies ganze gesez besteht. Dass die w. n3 dasselbe bedeuten kann wie die w. 53, leidet keinen zweifel: es erklärt sich aber dann vollkommen wie dieses erste wort in der über- haupt kürzer gefaßten Karthagischen auch ohne der deutlichkeit zu scha- den ausgelassen werden mochte. — Die nüchsten buchstaben vor jenem ..owe führen in der Massilischen auf dasselbe nnxwnn welches die Kar- thagische so deutlich gibt: aber noch ein anderes jezt leider ganz un- kenntlich gewordenes wort muss in ihr mehr gestanden haben, was uns wiederum bei dem wechselseitigen verhältnisse beider wenig auffällt. Da jedoch die Karthagische nach dem oben erlüuterten die abgaben mit dem geldwerthe der opferthiere zusammenfaßte, nicht aber die Massilische: 1) wie der wechsel von > und y auch ins Äthiopische hinüberspiele, ist schon im LB. 5.585 gezeigt. Zulezt ist dasselbe mit dem Ce kleinen worte auch das bekannte jas. ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 79 so liegt alle wahrscheinlichkeit vor dass die überschrift in dieser ur- sprünglich etwa só lautete »Glieder (Artikel) der bestimmung der geld- werthe und der abgaben welche feststellten die Suffeten....«. Die spuren der buchstaben leiten etwa auf die fassung: nnawn7 n921 909 n»2 n3, wobei die wiederholung des n»3 nicht auffallen kann. 2, Bei den bestimmungen über die vier ersten thierarten ist zu- nächst merkwürdig dass statt der redensart 55s z55 mw n»x cw welche in der Massilischen bestündig wiederkehrt, die Karthagische nach z. 4. 5 ebenso bestündig immer kürzer aber zugleich etwas anders die worte gefaßt n»: tw b> sagt; allein ebenso einleuchtend ist nach z: 5 dass mit dieser veränderung noch die andere zusammenhängt das 555 welches in der Massilischen dieser ganzen redensart immer auch vorangeht vóllig auszulassen. Zweierlei kann ich aber um dies rüthsel zu lösen aus der Abhandlung über die Massilische voraussezen: 1) dass nyy und >53 die zwei hauptarten jedes opfers sind, jenes das lobeopfer dieses das ge- meine oder einfache; und 2) dass >53 eine bloße abkürzung von 553 c» ist, wie besonders auch aus z.11 der Massilischen inschrift einleuchtet. Jedes opferthier muss danach immer zunächst >>> opze oder kürzer ein »55 seyn: es kann sich aber zu einem n»»x steigern. Die Karthagische dagegen sezt ihrer ganzen anlage zufolge den ersten dieser beiden in der Massilischen stets so ausdrücklich hervorgehobenen fälle als selbstver- ständlich voraus, und läßt daher vorne das +55 oder >>> Go ganz aus, wie besonders auch aus z. 7 vgl. mit z. 11 der Massilischen so deutlich erhellt. So kann sie auch die ganze redensart 55 Go Ds Daag me sei es ein lobeopfer oder ein gemeines opfer sogleich kürzer in nis =x obs zusammenziehen in dem sinne das gemeine opfer davon (nämlich von dem thiere) oder das lobeopfer. Ja man kann hier die weise wie in der Kar- thagischen alles verkürzt wird, noch augenscheinlicher verfolgen. Denn in der Massilischen lautet die sprache des gesezes eigentlich só: Für einen stier gemeinen (opfers), also wie er den bekannten priesterlichen forderungen gemäss seyn muss!), sei es ein lobeopfer oder ein gemeines 1) wie richtig die voraussezung sei dass demnach das 555 auch hinter jedem 80 H. EWALD, opfer u.s. w. Alle diese worte sind in der Karthagischen só zusammen- gezogen: Für einen slier, ein gemeines opfer davon oder ein lobeopfer, sodass das wort **5 dennoch vorne bleibt und die n»is nun bloss zum schlusse erwähnt oder wie nachgeholt wird. — Sprachlich aber läßt sich hienach gar nicht verkennen dass das anhüngsel =- an nz das der dritten person. der einzahl ist: über welche wichtige erscheinung im Phónikischen unten noch weiter zu reden ist. Ist dieses alles aber só, so ziehe ich bei dem worte 5»5 unter den beiden möglichkeiten welche ich in der vorigen Abhandlung erwühnte, jezt die erste vor: danach ist es ansich wie ein aussagewort (Adjectiv) gebildet, und kann fürsich hinge- stellt bedeuten das (allgemeine verwandt mit >> all, von einer w. So oder 2 einschließen, abrunden (sonst auch umgeben). Eine andere abweichung zwischen den beiden opfergesezen betrifft die stücke welche man kurz als die überbleibsel jedes opferthieres der vier ersten arten bezeichnen kann. Nach der Massilischen soll die haut die vorder- und die hinterfüße sowie alles sonst etwa übrige fleisch dem besizer des opfers gehören. Davon weicht die Karthagische ab insofern sie die haut stets den priestern zuspricht. Dies ist auf jeder der vier zeilen dieser abschnitte des gesezes am leichtesten zu lesen: undeutlicher ist dagegen und schwerer festzustellen was sie dem besizer des opfer- thieres zusprach. Denn von den worten welche am ende der zeilen dies enthalten mußten, sind jezt auf den beiden ersten dieser vier zeilen nur die worte nam 5»235 nmam übrig, wozu nach der zweiten noch einige andere buchstaben anfangend mit ....w hinzukamen: aber das wort naan ist hier neu und ansich für uns heute sehr dunkel; und dazu enthielten die beiden lezten zeilen dafür wieder eine andere bestimmung, von wel- cher aber nur auf der dritten zeile die ansich ganz undeutlichen buch- staben anth nach dem leicht verständlichen 32» sich gerettet haben. namen n eines Ser dem sprachgebrauche der Massilischen inschrift zufolge b n n könnte, ergibt sich vorzüglich auch aus v.11, wo EL abe 555 hier bebe séet weiter ws war, so steht dafür an dieser einen — stelle lieber die volle redensart ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 81 Hier erheben sich demnach eine menge schwerer räthsel: und es frügt sich wieviele davon wir gegenwärtig sicher lösen können. Nun wird die bei manchen thieren so kostbare haut welche dazu nie auf den altar selbst gehörte, zwar in manchen gesezen alter völker den priestern zugesprochen !): allein wenn sie bei den Phüniken nach der Massilischen inschrift dem besizer des opfers wie für sein gutes kauf- geld zugesprochen, nach der Karthagischen aber ihm ebenso bestimmt abgesprochen wird, so mußte das offenbar mit einer menge verwandter gesezesaussprüche zusammenhangen, und sezt hier und dort eine ganz verschiedene bestimmung über alle "die theile des opferthieres voraus. Es ist daher hier zunächst von bedeutung dass die Karthagische nach ihrem oben s. 74 wiederhergestellten wortgefüge auch in anderen stücken dieses inhaltes abweicht. Sie bestimmt nicht ein gewicht von fleisch- pfunden welches von jedem thiere der vier arten für den altar abzu- geben sei: hing dieses, wie oben gesagt, mit dem höher gestiegenen opferwerthe der thiere zusammen, so erklärt sich wie die Karthagische, wenn sie den geldwerth gerade dieser vier thierarten nicht erhöhen wollte, wenigstens die haut den priestern zusprechen mochte. Ferner bestimmte die Massilische die fleischabgabe zwar bei den beiden ersten viel theue- rern thierarten genau nach den pfunden, forderte sie aber bei den beiden lezten offenbar weil bei ihnen weniger auf das genaue gewicht ankam nur »nach der stufe der besonderen würde« worauf ein solches opferthier im allgemeinen stand. .So wird nun auch hier offenbar ein ähnlicher unterschied gemacht, indem von den beiden ersten thierarten die naan, von den beiden lezten die .... bwxm dem besizer zugesprochen wird. Leztere redensart ist wohl gewiss só zu ergänzen dass man &:»em czs*5vsa die vorder- und die hinterfüße herstellt: denn diese erwarten wir hier nach der Massilischen inschrift: und wenn der vorderfuss 25wy hiess, so konnte für Gass" doch auch leicht mehr zusammengezogen wm gesprochen werden ?), sodass hier die schreibart der Karthagischen nur die voll- 1) s. die Alterthümer des volkes Israel s.351f. der zweiten ausg. Ne auch die bestimmung M. Sh'qalim 6, 6. - 2) wie sogar im Hebräischen einigemahle geschieht, LB. $.72c.— Dass die Hist.- Philol. Classe. XII. L 82 H. EWALD, kommnere wäre. ‚Das wort nsan aber kann sehr ähnlich aus aam w. “ax zusammengezogen seyn und so das gerippe oder alles was von dem größeren thiere nach hinwegnahme des opferfleisches überblieb be- zeichnen, nicht bloss wie bei den beiden niederen thierarten die vorder- und die hinterfüße, sondern auch sonst noch manches vom gerippe wel- ches sich bei so großen thieren verwerthen liess. Wenn das Talmudische Sax!) und das entsprechende Äthiopische ANA (mit dem wechsel von r und l) leib und glied bedeutet, so konnte ein Phönikisches nsan seiner umbildung gemäss sehr wohl das gliederwerk oder den gesammten leib in der oben angedeuteten engeren beziehung bedeuten. — Wird daneben vor diesem nan beidemale bloss das einfache ...* und, vor ....»wsm da- gegen das stärkere 32: wiederholt, so deutet auch dieses zeichen därauf hin dass hinter diesem mehr als ein einfaches wort folgen sollte. Da- gegen folgte auf die lezten worte narm »»35 anders als in der Massilischen inschrift zwar noch einiges, weil auf der zweiten zeile ein dahinter noch erhaltenes X hierauf hinweist: allein etwas zum ganzen sinne des gesezes sehr wesentliches konnte darin nicht liegen; wir kónnen annehmen dass dieser zusaz etwa lautete ...'» tow oder seinem stellvertreter. Sonst ist in diesen vier ersten abschnitten noch auffallend dass hinter dem worte n=» haut welches sich in allen so einfach wiederholt und in dieser einfachheit deutlich genug ist, nur bei dem dritten Dry der ziegen hinzugefügt wird. Waren vorne widder und ziegen (bock) beide zugleich genannt, woran wir nicht zweifeln können, so würde in dem besondern hervorheben der ziegen liegen dass die haut der böcke und schafe den priestern eben nicht zufallen solle; und das ließe sich wegen der wolle sehr gut ben, vorderfüße in Semitischen sprachen leicht besondere’namen haben, ist auch aus dem gebrauch des Sc und A zu schließen; es scheint wenigstens sicherer wie in der vorigen Abhandlung hieran als an lo lende zu denken. 1) die nähere bedeutung des 28% ersieht man besonders klar aus M. Sh’qalim 6,4. 7,8. 8,8 wo ebenfalls vom opfer die rede ist: es bildet immer den gegensaz zu den bloss zerschnittenen stücken. ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 83 3. Weiter ist nun aber nach der oben erläuterten anlage der Karthagischen inschrift ganz passend dass sie in ihrem fünften saze z. 6 die rede über diese vier thierarten mit rücksicht auf die dabei gebräuch- lichen arten von flüssigen spenden mit der bemerkung schließt dass der priester davon nichts haben solle, während ihm von jeder fleischabgabe die auf den altar kam und zum opferessen zubereitet wurde ein be- kannter antheil (wahrscheinlich der zehnte) zufiel. . Der saz stellt sich nach den oben erläuterten grundlagen der wiederherstellung leicht: her: zweifelhaft ist in ihm nur ob ms» von ihm oder von ihnen bedeute, da die rückbeziehung beide möglichkeiten erlaubt. Für die bildung der mehrzahl kann man sich auf das wort z:-3n ihre genossen Massil. z. 19 berufen; man muss aber sagen dass die mehrzahl vom sinne nicht noth- wendig erfordert wird. Jedenfalls darf man hier nicht wie in den vorigen vier abschnitten 2:525 in der mehrzahl lesen, theils weil das folgende => dann schwerlich irgendetwas bedeuten könnte, theils weil die einzahl der priester sowohl hier als bei dem siebenten abschnitte z.8 zum sinne sogar besser paßt. Denn hier ist die rede nicht wie dort von einem gute an geld welches der gesammten priesterschaft zu- fallen müßte und von ihr verkauft werden kann, sondern von dem was der einzelne eben beschäftigte priester verzehren kann. — Sprachlich aber bestätigt sich nun hier vollkommen die bedeutung des wortes = welche ich bei dem entsprechenden abschnitte der Massilischen z. 15 als richtig annahm, ‘obwohl diese annahme damals leicht mehr als ge- wagt scheinen konnte. | 4. Bei den opfervögeln hielt dieses gesez eine ähnliche bemerkung hinsichtlich der flüssigen spenden offenbar gar nicht mehr für nóthig, obgleich sie sich in der Massilischen noch findet. Um so kürzer konnte dieser sechste abschnitt werden, da auch der gewóhnliche antheil des priesters am fleische dieses opfers als bekannt vorausgesezt werden kann. Dass die reihe der drei vógel hier umgesezt ist, kann nicht viel be- deuten; wir wissen jezt wenigstens nicht den grund davon aufzufinden. Dass aber in beiden gesezeswerken so ausdrücklich hervorgehoben wird der opferwerth beziehe sich in diesem falle wo es sich von vógeln handelt L2 84 H. EWALD, nur auf je einen, davon ist der grund leicht einzusehen: der geldwerth ist verhältnißmäßig sehr hoch. Merkwürdig und sprachlich lehrreich ist dabei nur dass für die seltene zusammensezung ...3» je für .... in der Karthagischen vielmehr das einfache Ga in bezug auf ... angewandt wird: wir werden aber bei dem folgenden abschnitte weiter sehen wie beliebt gerade in der Karthagischen auch sonst dieses 5» in gleicher bedeutung ist Die häufung der kleinen präpositionen selbst ist, wie ich schon anderswo bemerkte, ächt Phönikisch. An dieser stelle bemerken wir zuvor dass der ausdruck ^: $25 wel- cher nach z. 7 in der Karthagischen ebenso wie in der Massilischen sich bei allen den drei lezten unter den fünf thierarten fand, doch nicht wohl fremdes geld bedeuten kann, schon deswegen weil wir jezt sehen dass er auch in der Karthagischen gleichmäßig lautet. Wir zweifeln . jezt vielmehr nicht dass er dem Hebräischen os 393 2 Kön. 12,5 ent- sprechend gültiges geld bedeutete; und da es von 4: weichen gebildet auch das flüssige oder wie wir ähnlich sagen könnten das gangbare be- deuten kann, so ist die möglichkeit eines solchen sinnes nicht ‚abzu- läugnen, obgleich uns hier wie so oft sonst im Phönikischen die uner- . wartete wirklichkeit überrascht. Das mit 4s verwandte „w drückt übri- gens das dahingehen oder durch die länder reisen selbst aus. — Dass der zusaz géllig sich aber bloss bei den drei lezten thierarten fand, er- klärt sich wenn gerade die kleineren münzen leicht unächt waren. 5. Der sechste abschnitt z. 8— 10 holt, der obigen wiederherstel- lung gemäss, nun erst das in vieler hinsicht so wichtige nach wie es mit dem lobeopfer als der zweiten opfergattung zu halten sei: da ein priester dabei noch besonders zu singen hatte, so war es nur billig dass dieser von allen móglichen opferstoffen noch besonders »stücke und spenden« empfangen sollte, deren mass zu bestimmen freilich dem be- lieben des opferers überlassen blieb. Auch zweifeln wir nicht dass der lezte buchstab. auf 2.8 von welchem nur ein kleiner strich oben erhalten ist ein ^ war und. ‚das ‚wort n5x* begann. Neu ist uns in dem ganzen abschnitte nur das nmzss rar z. 10, wonach wie man erst jezt sehen kann die beiden lezten buchstaben der entsprechenden redensart in z. 14 der ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 85 Massilischen herzustellen sind. Die redensart selbst kann nach dem Hebräischen ‘nichts als ein fleischopfer mit einem getreideopfer bedeuten, und erscheint hier richtig nur als eine von dén den bloßen stoffen nach sehr vielerlei opferarten. Während die Massilische aber durch den zusaz »jedes fleisch- und getreideopfer« sich zum schlusse der aufzählung dieser vielen opferarten hinwendet, sezt die Karthagische diese aufzählung viel- mehr mit dem in beiden an dieser stelle beständig wiederholten doppel- würtchen Se: und in hinsicht auf .... noch weiter fort: aber leider sind die bloßen striche die sich dahinter auf dem steine noch erhalten haben, für uns nicht mehr hinreichend auchnur das nüchste wort herzustellen. — Das z.9 erwähnte trockene d.i. öllose und das fette opfer führte die Massilische ebenso wie die nicht im Tempel gekauften vógel schon in einem früheren saze z. 12 auf. Eine gewisse schwierigkeit bildet hier noch der wechsel des m2 z. 8 mit n» in der entsprechenden z. 13 der Massilischen. Der sinn der wortgruppe Ga n kann zwar, wie ich schon in der vorigen Abhand- lung zeigte, nicht zweifelhaft seyn: und dazu ist die richtige bedeutung des wortes j» jezt noch von einer andern seite her völlig bestätigt. Denn unstreitig ist es dasselbe wort ve welches sich seitdem auf über hundert kleinen inschriften gefunden hat die ein gelübde an die 5»3 32 mn nas Herrin Tänit und an Baal Chamán enthalten und in welchen die Tänit offenbar bloss deswegen vorangestellt wird weil die gelübde zunüchst an sie gerichtet sind; wie davon unten weiter zu reden seyn wird. Hat man das nun heute immer so verstehen wollen als bedeutete es das gesicht ze Baal’s, so ergriff man offenbar aus reiner verlegenheit dieses Hebräische wort. Denn dies würde so gar keinen sinn geben!); und dazu konnte man aus der Massilischen inschrift bereits hinreichend wis- sen dass me keineswegs nothwendig soviel wie das Hebrüische =» gesicht sondern vielmehr auch ein ganz für sich bestehendes wort völlig ver- schiedener bedeutung sei. Ist aber dies js soviel als das fach wohin 1) die Phóniken und Kanäanäer nannten wohl einen ort Aeof moscerrev (vgl. die Geschichte des volkes Israel I. s. 437 der dritten ausg.): aber etwas ganz anderes ist es wenn ein mensch oder eine Göttin so bezeichnet werden sollte, 86 H. EWALD, etwas gehört oder bei menschen der stand oder die würde die einem gebürt, so versteht sich dass die herrin Tänit höchstgöttlicher würde oder die als Gott geltende Artemis im sinne des Heidenthumes den richtigsten sinn gibt!) In der gesezessprache unserer beiden inschriften dagegen bilden alle die arten der vierfüßigen thiere eine 53 oder gattung, ebenso wie die vögel: jede dieser fünf thierarten aber bildet eine 3». Bei diesen verhültnissen nun kann die verschiedenheit der schreibart n:s und n:» nur von geringer bedeutung seyn: entweder ist auf der Karthagischen hier ein bloßer schreibfehler2), oder b wechselt hier bloss mundartig mit p. Auf einer offenbar so wohl geschriebenen inschrift wie unsere Karthagische ist, möchte man keinen bloßen schreibfehler vermuthen: allein da das wort auf ihr wie wir sie haben nicht so anf der Massilischen wiederkehrt, so ist eine entscheidung darüber schwer zu füllen, für.den sinn der worte selbst auch ganz unnóthig. 1) ganz ühnlich ist dann sowohl an bedeutung als an der kurzen scharfen wort- fügung die redensart der Sidonischen inschrift z. 18 die Astarte Saz oe höchst- göttlichen namens oder höchstgöttlicher würde, wie ich diese in der Abh. über die Sid. inschrift s. 45 erläuterte. Man kann aber das Gaz in solchen fällen nur etwa durch Aóchstgótilich übertragen, weil er offenbar mehr als das ein- fach göttliche bedeuten soll — Auf eine aussprache pon führt die schreibart ze welche sich einmahl auf II der Davis'ischen inschriften findet, vgl. aas IH. nach der aussprache Ostort für Astarte die ächt Phönikisch war, wie man aus dem eigennamen Bodostor erkennt. Zwar findet sich auf LXXXII der- selben sammlung das wort einmahl x» geschrieben welches man nach bloßer vermuthung leichter den Hebräischen »zz gleichstellen könnte: allein wie zur ergünzung dieser fälle findet sich auch x335 in einer von A. Judas heraus- gegebenen inschrift die ich in den Göttinger Nachrichten 1858 s. 137 ff. erläu- terte, nur dass ich jezt als aus diesem ganzen zusammenhange einleuchtend die lesart Saz w:»b vorziehe. Steht damit pone als die wirkliche aussprache des j2 vor %» fest, so kann man dies doch nicht só deuten als wäre es etwa die auf Gott hinblickt, da dies (auch wenn ein solches ms möglich wäre) gar keinen klaren sinn geben würde. Das schließende -e kann vielmehr der vocal des stat. constr. pl. seyn, da die mehrzahl nach LB. 8.1785 zum sinne paßt. a solche gibt man jezt sogar auf den schönsten Griechischen inschriften öffent- sin : licher geltung als möglich zu. ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 87 Das vor dieser wortgruppe erscheinende thatwort v» könnte in der hier allein passenden bedeutung machen (sacrum facere) insofern ein be- denken erregen als wir jezt aus der Sidonischen z. 5f. 7. 21 wissen dass es im Phönikischen auch ebenso wie ähnlich im Hebräischen ein be- schweren bedeuten konnte. Allein der mittelbegriff des mühehabens oder arbeilens führt auch auf jene hin, wie bei Ae und sonst in so vielen fällen. | Eigenthümlich ist auch z. 8 das einfache 73 in der bedeutung. ist: in der Massilischen stände in einem solchen wortzusammenhange eher das émperf. 325. Allein nach dem schon in der Abhandlung über die Massilische inschrift erläuterten sprachgeseze könnte es in einem solchen zusammenhange auch sehr wohl mit dem Väv der folge lauten 3:1: und dass dieses sich endlich auch wohl in das bloße perf. verkürzen konnte, folgt aus dem sonst!) bemerkten. Immerhin aber zeigt sich dieser sprachgebrauch als der Karthagischen eigenthümlich, und führt durch den gegensaz mehr auf eine spätere als auf eine frühere zeit hin. 6. Über die wenigen worte welche im achten abschnitte z. 11 er- halten sind, ist nach dem oben und in der früheren Abhandlung be- merkten nichts neues zu sagen. 9. Dass diese Karthagische inschrift gesezt wurde während mit ganz Karthago auch das große heiligthum noch bestand für welches sie gesezt wurde, ist selbstverstindlich. Die frage ist nur ob wir das alter in welchem sie vor Karthago's zerstórung in dem großen opfertempel auf- gestellt wurde, näher bestimmen können. Die Phönikische schrift sieht auf dem steine soweit dieser sich er- halten hat, mit dem steine selbst ungemein reinlich unverlezt und fast 1) in der Hebr. SL. 8. 346b, womit das in der Gr. arab. II. p. 347 bemerkte zu verbinden ist. In der Mishna ist die kurze scharfe gesezessprache schon ganz auf diesen stand gekommen: und nichts ist hier mehr zu vergleichen als eben dieser Mishna'ische sprachgebrauch. 88 H: EWALD, wie noch ganz frisch aus: einen solchen eindruck empfängt man wenn man den in. dieser veróffentlichung gegebenen abdruck beachtet; und dasselbe versichern alle welche den stein näher betrachteten. Man kann danach vermuthen die inschrift sei verhältnißmäßig erst kürzere zeit vor Karthago's zerstórung aufgestellt gewesen: doch wäre leicht auch das gegentheil davon denkbar Wir bedürfen also festerer zeugnisse. zur nüheren erkenntniss des alters dieses denkmals. Ihrer art nach ist die Phönikische schrift dieses steines ungemein zierlich und schön zu nennen; auch sehr gleichmäßig ist sie in ihrer ganzen haltung. Sie hat nicht die gröberen und die mannichfaltig wech- selnden züge welche man an der Massilischen und noch mehr an der Sidonischen wahrnimmt. Im einzelnen ist sie besonders dädurch eigen- thümlich dass sie den obern strich des n links nie ausläßt und damit die ältesten züge dieses buchstaben treuer bewahrt. Ruhezeichen hat sie zwar gar nicht. obgleich schon die Massilische das : am ende eines abschnittes wenigstens auf z. 4 deutlich zeigt: allein dagegen bemerkt man auf ihr beinahe schon einen anfang die buchstaben desselben wortes etwas näher aneinanderzurücken, wiewohl es noch nicht zur deutlichen worttrennung kommt. Alles dies zusammen führt wohl auf ein ver- hältnißmäßig späteres alter hin; und wir werden danach geneigt die Massilische und noch mehr die Sidonische für ältere schriftstücke zu halten. Allein wir besizen bisjezt noch immer viel zu wenig größere Phönikische inschriften um nach ihnen allein das alter einer einzelnen sicherer zu erkennen. Aber inderthat haben wir ja durch die oben gegebenen erörterungen über das verhältniss der Karthagischen inschrift zur Massilischen rück- sichtlich des sinnes und der anlage der beiderseitigen gesezeswerke schon den sichersten grund zu einem urtheile über das alter beider schriftstücke erlangt. Wir sahen dass beide gesezeswerke sich wesentlich gleich sind, sowie gewiss auch die beiderseitigen großen heiligthümer in denen sie aufgestellt waren der verehrung derselben gottheiten dienten. Wir er- kannten aber auch dass ` das gesezeswerk der Karthagischen. erst aus dem andern sich durch eine verkürzung hervorbildete. Diese verkürzung ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÓNIKISCHE INSCHRIFTEN. 89 durchdringt fast alles. Die Karthagische bringt das ganze gesezeswerk auf acht abschnitte zurück: die Massilische hat zehn: wir wollen nicht gerade behaupten dass wir hier eine den Mosaischen Dekalogen gleiche absichtlich kunstvolle gliederung !) hätten, denn wir kennen das Phöniki- sche Alterthum nach dieser seite hin noch bei weitem zu wenig; allein hier haben wir alle ursache anzunehmen dass die zehntheilung die ältere war. Denn ansich zwar wäre es ja wohl ebenso denkbar dass ein kür- zeres gesezeswerk sich später verlängerte und so auch aus acht abschnitten sich bis zu zehn ausbildete: allein dann müßten sich die zusäze oder doch die gründe der vermehrung der einzelnen aussprüche deutlich er- kennen lassen, während hier solche nirgends aufzufinden sind. Vielmehr kommt hinzu dass auch die einzelnen redensarten in der Massilischen in alterthümlicher fülle und anschaulichkeit auftreten, in der Karthagi- schen aber theils absichtlich verkürzt theils zierlich zusammengezogen erscheinen. Und damit stimmt überein dass sich uns auch die Phöniki- sche sprache hier, obgleich noch ganz rein, doch schon als eine etwas andere und spätere ergeben hat. — Von der andern seite aber haben wir hier keineswegs eine verkürzung und vereinfachung wie spätere buch- verkürzer und leichtfüßige berichterstatter sie lieben. Wir sahen vielmehr dass auch im stoffe des Gesezlichen selbst gewisse veränderungen ein- geführt wurden, wie das nur möglich ist wenn ein älteres gesez nicht mehr ganz genügt und neue bedürfnisse zu befriedigen sind. Wir wer- den uns also denken müssen dass das alte gesezeswerk in einer jüngeren zeit wirklich auch im stoffe etwas verändert werden ‚sollte, und dass bei dieser umbildung die man für nöthig hielt dann auch beliebt wurde es in die zierlichere und leichtere sprache der neueren zeit einzukleiden und es überhaupt möglichst zu vereinfachen. Ehe aber ein Tempelgesez so zu verändern von den Priestern beschlossen wird, vergeht leicht ein jahrhundert oder noch mehr zeit. 1) was alles dazu gehöre, darüber mögen die leser welche es noch dal wissen alles in der Geschichte des volkes Israel I. s. 205 ff. erörterte weiter ver- gleichen Hist. - Philol. le XII. M 90 H. EWALD, So ergibt sich uns aus allen betrachtungen was wir von vorne an kaum für möglich gehalten hätten, dass die Massilische inschrift bei weitem älter seyn muss als die Karthagische. Könnten wir nun das genaue alter der einen oder der anderen noch näher bestimmen, so hätten wir einen sicheren grund zu einer allgemeineren erkenntniss aller Phönikischen schriftgeschichte gefunden: allein wir müssen uns hier mit dem erwähnten sicheren ergebnisse vorläufig begnügen. Die anderen neuentdeckten inschriften. Die kleineren Karthagischen. Alle die 89 kleineren inschriften welche in dem Englischen werke veröffentlicht sind, gehören zu den weihinschriften, und sind ihrem inhalte und ihrer fassung nach nur von derselben art von welcher in unseren tagen schon viele ähnliche entziffert sind. Dies erklärt sich leicht wenn sie alle aus einem altberühmten Tempel in Karthago ab- stammen, etwa demselben dessen öffentliches opfergesezwerk die vorige große inschrift enthält. Zwar erscheinen auf den einzelnen dieser 89 inschriften sehr verschiedenartige schriftzüge, welches uns auf die wech- selnde lange zeit schließen lässt während welcher sie gesezt wurden: allein alle stammen doch wohl sicher noch aus der zeit vor der zer- stórung Karthagos. Herr Nathan Davis hat nämlich zwar auch einige inschriften mit Neupunischer schrift für das Britische Museum einge- sandt, und wir können es nur bedauern dass diese jezt mit den hier abgebildeten nicht zugleich veröffentlicht sind. Allein im allgemeinen wird die annahme nicht täuschen dass die flüchtigere Neupunische schrift erst nach der zerstórung Karthago's sich vordrüngte um auch auf öffent- lichen denkmälern gebraucht zu werden. ‘Nur solche große umwälzungen im volksleben bringen leicht auch in der schrift ähnliche hervor. Bei weitem die meisten dieser 89 inschriften sind zwar nur mehr oder weniger verstümmelt erhalten: da sie jedoch alle eine sehr gleich- mäßige fassung haben, so kann man viele dieser lücken leicht ergänzen. ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 91 Und da ich selbst viele von dieser fassung sowohl in alter als in neu- Punischer schrift früher erklärt habe, so reicht es hin hier einige nach- träge zu geben zu welchen diese zahlreiche menge neuentdeckter den anlass gibt. Nach ihrer fassung kommt es auf dreierlei stoffe hier an: 1. Die beiden aufs engste verbundenen gottheiten denen alle worte dieser inschriften geweihet sind!) und die daher in ihnen immer ganz vorne genannt werden, sind wegen einer besonders schwierigen redensart die sich immer bei ihnen findet schon oben s. 85 f. erwähnt. Sie sind einerlei mit der Andhit oder Nanda und dem Omán; und ihre geschichte vom äußersten osten der Alten nach dem äußersten westen zu verfolgen wäre sehr lehrreich, wenn es uns hier nicht zu weit abführte. Wir wollen hier nur hervorheben dass man nach dem offenbaren sinne aller dieser inschriften die beiden gottheiten zwar in der engsten wechselsei- tigen verbindung, aber doch die stets vorangesezte Tänit als die hervor- ragendere sich denken muss. Eine wichtige folge davon wird sich unten bei den schlußredensarten zeigen, und uns zu deren sicherem verständ- nisse sehr nüzlich seyn. 2. Für das weihen selbst zeigt sich hier inschr. 23 und 83 das thatwort ww: als mit dem sonst stets gewöhnlichen 7: wechselnd. Da das davon abgeleitete nennwort nxwn wie es auch in der großen Kartha- gischen inschrift s. 77 sich findet von opfersachen gebraucht wird, so wird auch das thatwort eine art von weihe bezeichnen können: wie es sich aber in seinem genaueren sinne von ^7: unterscheide, ist uns noch- nicht klar. — Fragen wir was eigentlich in allen diesen 89 inschriften sowie in den vielen anderen ihnen ähnlichen geweihet werde, so ist es nur die mehr oder weniger verzierte Tempelinschrift selbst mit den worten des preises der gottheiten welche sie enthält. Es ist nicht etwa etwas. besonderes welches der weihende hier den gottheiten übergibt um da- durch ihren segen zu gewinnen, ein altar oder etwas Gelee , wie 1) dass die namen und die stellung der gottheiten je nach der verschiedenheit ` der zeiten und der Tempel wechselte, ist in der abbas MN unserer Nach- richten 1858 s. 140 gezeigt. M2 92 H. EWALD, wir davon sonst bei Phönikischen inschriften beispiele haben !): er wünscht bloss seinen namen als den die gottheiten preisenden im Tempel zu ver- ewigen. Hieraus folgt schon dass er nur ein allgemeines anliegen an sie hat, sei es dank für eine göttliche rettung die er schon erfahren, oder eine bitte um abwendung eines gefürchteten übels?). Er hat ein solches anliegen zunächst für sich: doch finden sich einige fälle anderer - art, wo Z. b. ein vater für seinen sohn flehet, etwa weil er an einer langwierigen krankheit leidet5). Von lezterem falle gibt die inschr. 71 1) wie in den von mir entzifferten Phönikisch-Kyprischen inschriften, s. die Gött. Nachrichten 1862 s. 460 und 546. Die auf der ersten von diesen gefundenen eigennamen von männern w53 Bodo und z35w:2^ Ikunshilem bestätigen sich durch die hier entdeckten inschriften, 20. 85 und 45. — Aber eine inschrift dieser art mit derselben redensart 45: ws ist die unten weiter zu erläuternde erste Renan'sche. .2) daher die bilder welche sich auf manchen dieser inschriften zeigen, wie bei den hier veröffentlichten die ausgestreckte hand inschr. 26. 38. 50. 78 f, die beiden augen als die der sehenden Gottheit inschr. 29, woraus inschr. 46 seltsamer weise fische gemacht sind. 3) hier ist zum verstündnisse des folgenden nichts unterrichtender als die inschrift in Graevii inscript. lat. I. p. xcvi: FEBRI DIVAE FEBRI SANCTAE FEBRI MAGNAE CAMILLA AMATA PRO FILIO MALE AFFECTO. Wir ziehen auch hieher eine vor kurzem von A. Judas (in dem Annuaire de la société archéol. de Constantine 1860—61 pl. I) veröffentlichte aber wie gewöhnlich weniger gut verstandene inschrift welche so lautet: ""3 UN 4343 5335 7795 aah 335 qmn53 13 25v» M NOU Nb; oban mm aon N25 oan "n3 Nbp n d.i. »Dem Herrn Baal geweihet von Ikunshillem sohne Bodtán's dem beschüzer des Baalitten seines hórigen. Er hörte seine stimme gemüss dem wohlge- fallen seiner gnädigen füße.« Ein Patron weihet hier etwas für seinen Clien- ten: denn man kann nicht zweifeln dass 34: und bsan sich verhalten wie = und doa; die beiden worte xb; z5»2n entsprechen aber nach obigem ganz einem Aramäisch-Hebräischen wortgefüge LB. §. 309c. Auch das an3 nach, gemäss ist Aramüisch; n»n ist von asp als einerlei mit c»o in der Aramäischen bedeutung; die erwähnung der füße des Gottes aber in solchen ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 93 ein merkwürdiges beispiel. Sie ist auch ihrer gestalt nach eigenthümlich. Sie steht nämlich nicht wie alle die anderen vorne auf den stein ein- gegraben: der weiße Marmor zeigt sich hier ganz leer, wir haben aber auch von ihm jezt gewiss nur die rückseite; die vorderseite wo wir uns ein bild kunstvoll eingemeißelt denken müssen, ist zerstört; die inschrift lief dagegen ganz unten an den vier kanten herum, hat sich aber jezt nur an den beiden lezten kanten erhalten, und lautet hier nach richtiger wortabtheilung so: a»2n Ap 309p Fans "55 Jabber er | délevexd aibi gewei(het von Baalmilik sohne “Akbör's wegen seines sohnes Hören mögest du seine stimme ihn segnend! Diese inschrift ist uns auch wegen des wortes c:3 in der bedeutung sein sohn lehrreich: sie bestätigt dass das nachfügwörtchen sei» im Phönikischen nicht bloss &- d.i ...é sondern auch voller ....em lauten konnte, was ich längst behauptete aber vielfach bezweifelt wurde, während es sich jezt noch immer mehr bestätigt ). Ganz entsprechend ist, wie ich erst später sah, das 2 5» . wegen meines sohnes auf der unten zu erwühnenden zweiten Renan'schen inschrift. 3. Wir sind nun durch alles dies genug vorbereitet die schluß- redensarten zu verstehen; und hier besonders sind wir durch die große menge der hier vorliegenden inschriften in den stand gesezt einen be- deutenden ‚schritt im verständnisse aller solcher inschriften weiter zu machen. Schon manche der früher entdeckten inschriften schließen mit den worten x23 Rap »snw> oder kürzer bloss ao nwə: und ich habe bereits 1852 einleuchtend dargethan?) dass sie bedeuten müssen weil er fällen ächt Phónikisch. Bodtän mag aus Bodtänit verkürzt seyn. Die inschrift ist ihrer fassung nach übrigens Neupunisch: in der schriftart aber geht sie gleichsam erst halb in das Neupunische über, wie man diesen übergang auch sonst bemerkt. ; 1) s. die Erklärung der großen Sidonischen inschrift s. 17; vgl. auch nig To? vio) ... Aaxlnru xci “Yyısig C. J. Gr. IL. p. 349. 350. 357. 380. | 2) in der Entzifferung der neupunischen Inschriften (Gött. 1852) s. 22 f£. Dagegen ' fällt das was dort über das imperf. 432^ gesagt, vonselbst schon durch die erklärungen weg welche ich in deh Nachrichten 1862 s. 460 vgl. s. 546 gab. 94 H. EWALD, (der gott) seine (des gelobenden) stimme hörte und ihn segnele, dass also sowohl saw als 4*3 in diesem zusammenhange als perf. zu lesen und > oder (wie es im Neupunischen auch geschrieben wird) >> das ächt Phö- nikische wort sei welches dem Hebräischen ^» entspreche, aber ganz anders als dies auszusprechen sei. In diesem falle bringen also die inschriften den dank für die erhórten gelübde dar, und kónnten kurz dankinschriften heißen. Und von dieser art waren gewiss die meisten: daher sich die volle redensart allmühlig abkürzte, oder auch ganz weg- gelassen werden konnte, weil ihr sinn sich dennoch leicht verstand. Unter unsern 89 inschriften haben nun 5. 6. 39. 68. 78. 80 die kürzere; die lüngere 49 (wo nur durch ein versehen des steinschneiders der plaz für > zwischen w..^3 leer gelassen ist) und 75, sowie noch einige andere wie sofort erhellen wird. Allein bei unsern 89 inschriften ist daneben noch etwas anderes merkwürdig. Da nämlich hier beständig zwei gott- heiten zusammengereihet werden, so erwartet man die mehrzahl des that- wortes: davon zeigt sich aber nirgends eine spur. Nun ist zwar auch die einzahl sehr wohl denkbar, da unter beiden doch die eine und zu- nächst die erste am meisten hervorgehoben werden kann; und wirklich wird sich sofort an einem weiteren zeichen offenbaren dass die Tänit vorzüglich gemeint wurde. Allein dann erwartet man das weibliche that- wort, muss also annehmen dass in saw hinten ein doppeltes aa in d. ähnlich in s553 das -æ des weiblichen mit dem nachfügwörtchen -e verschmolzen sei. Inderthat ist jedoch diese annahme, obgleich auf den ersten blick scheinbar schwierig, recht wohl möglich, weil wir wissen dass gerade im Phönikischen das thatwort im perf. immer bloss auf -a auslautete (wie &«: sie gelobie), und dieser reine laut dann in ihm leicht noch mehr als im Hebräischen sich verflüchtigen liess; die übrigen Semitischen sprachen weichen ja hier überhaupt gänzlich ab. Der äußere beweis aber dafür liegt in der vollen redensart -37 Nbp nws welche sich inschr. 58. 70. 73 in ganz klaren schriftzügen findet, nur dass der steinmez in der lezteren irrthümlich + für n sezte. Diese redensart kann nur bedeuten weil sie seine stimme hörte ihn segnend, da das lezte thatwort in einem solchen zusammenbhange sehr wohl auch im imperf. a us ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 95 sich anfügen konnte): sie zeigt sicher dass die rede nur auf ein weib- liches wesen gehen kann. Sehr gut ist aber, wie oben angedeutet, möglich dass jemand auch wegen der zukunft seine opfer im Tempel brachte und ein sichtbares andenken an seine im Heiligthume für den besonderen ihm bewußten zweck dargebrachten gebete und opfer stiften wollte. Dann ist es aber auch nur billig dass der schlußsaz ganz anders eingekleidet wird: er lautet dann s5531 bp »own mögest du seine stimme hören ihn segnend ! inschr. 68. 71. 83, oder vielmehr vorne noch vollständiger ‘n 325 o Herr! mógest du ..... 66; und bei inschriften welche näher. betrachtet einen solchen inhalt haben wie die oben weiter erläuterte 7lste, versteht sich ein solcher sinn des schlußsazes vonselbst. Auch kann es nicht auffallen dass in ihm der Herr angerufen wird obgleich wir nach obigem die weibliche Tänit erwarten: denn entweder ist das wort 3*4 in solchen fällen bloss aus n355 abgekürzt, was bei ausrufungen ganz gewöhnlich 2) obgleich gerade im Hebräischen ungewöhnlich ist; oder die Phöniken machten bei solchen ausrufungen überhaupt keinen solchen unterschied. Jedenfalls ist die göttin zunächst gemeint, weil der gott nach dem ste- henden sprachgebrauche dieser inschriften als 77x adón! angeredet wäre. — Sonst können wir aus diesen 89 inschriften besonders viele neue eigennamen kennen lernen: und es erhellet immer mehr dass die Phö- niken bei den eigennamen der freien männer zwar ähnlich wie die He- bräer und die Griechen gerne zusammensezungen liebten 5), sonst aber 1) nach LB.8.3415. Ganz entsprechend ist "lord: yoqori 8n xóc dré C.1.Gr. IL. p. 243. 422. 858. 2) s. Gr. arab. &. 350. 3) s. darüber die SL. 8.273 ff. In zusammensezungen erscheint hier 49. 56. 61 auch der uns bis dahin nicht nachweisbare gottesname 125 Sakkün oder Sanchün, woraus sich auch der name Sanchuniathon erklärt; doch hatte man (vgl. die Erklärung der großen Sidonischen inschrift s. 65 f.) schon früher an eine solche möglichkeit gedacht. — Auch solche manneseigennamen wie Non Channa (Hanno), sz Bodo, aas Abdo (über das schließende x s. die SL. §. 16b oder s.57) sind gewiss aus zusammengesezten wie wsri»»a (eig. Gnädi- ger Gott) erst wieder verkürzt; ähnlich wie jnn Mutun 56.63 aus saınn Mutumbal. * 96 H. EWALD, den stoffen nach ihre eigennamen von den Hebräischen meist sehr ver- schieden lauteten; wie sich denn jezt immer allseitiger bestätigt dass das Phönikische als sprache trozdem dass es in manchen eigenheiten dem Hebräischen besonders nahe stand, doch auch weit genug von ihm sich sonderte und keineswegs bloss wie eine mundart von ihm betrachtet werden darf. Die Renan'schen inschriften von Umm el'avámíd, und die zweite Sidonische. Der Professor Ernst Renan in Paris hat von seiner Phönikischen reise nur drei inschriften heimgebracht: und wir wundern uns vielleicht dass er bei den ungemeinen hülfsmitteln aller art welche ihm zu gebote standen, nicht eine größere anzahl von ihnen entdeckte. Allein man muss bedenken dass die Phönikische bildung in Asien schon seit Alexan- ders zeit immer mehr der Griechischen wich, wührend sie in Africa bis zur zerstórung Karthago's müchtig fortblühete und auch nach dieser sich im kampfe nicht sowohl mit der in vieler hinsicht ihr nahe verwandten Griechischen als vielmehr mit der ihr völlig widerstrebenden Römischen macht und bildung noch lange zu erhalten strebte. Die Phönikisch- Asiatischen inschriften kónnen also nicht wohl wenigstens in großer an- zahl bis in so späte zeiten herabgehen. Dennoch möchte ich nicht be- zweifeln dass man auf diesem boden noch eine gute ernte halten kónnte, wennnur die órter wo diese vorzüglich zu halten ist erst recht gefunden sind; und die hohe wichtigkeit der inschriften je älter sie sind läßt wohl auch in der nüchsten zukunft die einmahl so kräftig angefangene nach- suchung nicht ruhen. Unter diesen drei Renan’schen inschriften ist nur die erste eine etwas längere von 8 zeilen; die beiden anderen sind kurz und im ganzen leicht verständlich. Die erste aber ist aus vielen ursachen eine für uns ebenso wichtige als « als schwer verständliche inschrift, die gleich viel neues 1) wie wichtig & fh es für alle geschichte des Alterthumes sei dies wohl zu beachten, ist so eben noch in der dritten ausg. der Geschichte des volkes Israel I s. 549 f. erörtert. ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 97 für unsere wißbegierde wie für unsere entzifferungskunst bringt. Renan selbst der sie mit den beiden anderen gegen ende des j. 1862 in abbil- dern. veröffentlichte, versuchte damals zugleich in einem längeren aufsaze ihre auslegung;. und nachdem inzwischen der bekannte Pariser Gelehrte Sam. Munk, mitglied der dortigen Akademie der Inschriften und schönen Wissenschaften (dieser, was man sehr anerkennen muss, troz seiner er- blindung), so wie der Abbe Barges Professor an. der Sorbonne nach manchen seiten hin über diese erst jezt im Louvre óffentlich aufgestellte inschrift einige abweichende ansichten veröffentlicht haben, kommt Renan so eben in einem neuen aufsaze auf ihre erklürung zurück). Allein diese vielfachen: versuche ‚die räthsel der inschrift zu lösen; halten vor einer genaueren untersuchung nicht stand; und anstatt ihre unhaltbarkeit im: einzelnen ausführlich ou beweisen, halte ich es auch hier für besser sogleich. das richtige zu erläutern, da was bisjezt Anireffendas bracht ist daraus leicht beurtheilt werden kann. Zum voraus bemerke ich nur noch dass Renan zwar ein abbild 2) dieser steininschrift veröffentlicht hat, dieses aber an manchen. stellen nicht sehr deutlich ist. | Indessen werden jene drei Pariser ‚Gelehrte die inschrift wohl überall genau genug eingesehen ‚haben, sodass ich mich auf ihre beschreibungen verlassen kann, zumahl wo ein richtiger sinn sich ergibt. . Die ersten buchstaben sind. durch die beschüdigung des steines zwar ganz unleserlich geworden, jedoch dem sinne nach leicht zu ergünzen; und Renan hat sie auch "— in seiner ersten abhand- lung treffend ergänzt ` . 1. Dass die alten trümmerhaufen in EA CEA Renan eee inschrift auffand, von einer stadt. Laodikeia kommen, einer der vielen Laodikeien welche unter Seleukos I sieh diesen neuen namen zulegten oder ihn zu- gelegt erhielten, beweisen: die zwei worte xox 3593 womit die dritte zeile beginnt. tart Rb CUM qr" cn: richtig aiti 1) s. über dies alles die Revue de Pisten. pbdque 1862 Sept. pi 376; be- sonders das Journal asiatique 1862 II. p.355 380; 1863. IL p. 161— 195. 517 — 5831. men 2) im lezten hefte des Journ. as. 1862. piak + Hist.-Philol. Classe. XII. N 90 ZAITOH F H. EWALD) da solche Phönikische buchstaben wie sangt nur auf ein Laodikeia hin- weisen können. | Auf den ersten blick könnte nur dás zweifelhaft schei- nen ob man das w von der gruppe sz25s» nicht besser zum folgenden ziehe, da. dann das bekannte Phónikische wórtchen mx sat!) als das Accusativzeichen sich bilden würde welches auch ganz in diesen zusam- menhang- paßt. . Allein die Syrer: schrieben den namen "einer solchen stadt Laodikeia aus guten gründen immer 55s» und sprachen ihn Lao- diké; und sogar die Araber nannten einen solchen ort nicht etwa 533, sondern. bildeten den namen nach ihrer sprache in neuer weise weiblich als Së um, was sich nur erklärt wenn sie von den Syrern Laodike hóürten?).. Das würtchen mw könnte nun zwar nach der eigenthümlichkeit jener zeit und jenes ortes anch wohl in ss jät verkürzt scheinen, wie es Am Aramäischen lautete: doch ist es auch möglich anzunehmen das eine & sei an dieser stelle für zwei geschrieben, zumahl sich vor diesem nw in dem steine wirklich ein größerer zwischenraum findet. Das erste dieser beiden worte zez ist dagegen zwar ansich heute für uns só dunkel und zweifelhaft dass wir darauf erst unten weiter zurückkommen kënnen. Aber desto leichter sind die auf jenes m fol- genden worte nmbs sur zu verstehen, da sie nur bedeuten können dies thor. und die thorflügel (oder mit den thorft). Die bildung einer mehr- zahl nbz: von einem nennworte welches wie ich sonst bewies) in der Phönikischen einzahl ganz kurz -57 lautet, ‘überrascht uns zwar auf den ersten augenblick, da das Hebräische dafür ganz anders nn53' bildet 9): allein diese ig bat ihre möglichkeit und ihr gesez 5). "Soviel erhellet be De so muss man a wórtchen aussprechen, wie aus LB. $ 105b vgl. g. 264a ^ erh et; man sollte doch 'aber auch in solchen dingen endlich i e. in zu ' der nothwendigen genauigkeit und richtigkeit kommen. 21 was FZeegeg ihren lauten zufolge als Laodiki hörten. Im Arabischen hört man nun zwar vorne nur noch ein d: aber die Phöniken müssen; wie ihre schreibutg T beweist, vorne noch am ber yoga zwei lanto e oder láa €18) Vgl. das Ke DCH 4) s. LB $. 186e. 3 Lé 5) es ist nämlich mem Mine SEH? man in dem re qTmATAN väter ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE CA. PHÓNIKISCHE INSCHRIFTEN. (99 aber hier für den scheinbar noch dunkeln 'sinn der inschrift dass wenn neben demi- thote ` noch besonders die: thorflügel erwähnt werden, wir uns en sehr hohes prachtvolles thor denken müssen‘, in welchen man auch.wie.etwa.in das eines palastes häufig einzog; und ohne dies wäre ja auch diese ganze weihinschrift‘ nicht wichtig’ genug: : ban 2 2742. Der sinn der ganzen inschrift hängt aber deene von den bien worten ^ni pa z.4sab: and hier kann man sich sofort nicht genug hüten das ^5:3 nur so wie dos scheinbar entsprechende Hebräische "mei als sch bauete: zu fassen. ` Denn im: Phönikischen wird diese erste person. eg. des perf. «hinten mie wie im ‚Hebräschen so gut wie aus- nahmslos !). mit ni gasctinéheni: «entweder, war der endlaut in. ihm schon 3 "von ap beóbàchtet wovon der Won weiter EB. 81164. 187d etörtert ist. "Gerade wenn der stamm den dritten wurzellaut verloren hat, drüngt sich bei ‘ioia der Bildung der mehrzahl am leichtesten ein’ an seine stelle; und so kann diese bildung: hier ‚einen neuen beweis dáfür geben dass das Phönikische: wirk- Bi lich ein ‚hinten, so, sehr verkürztes ko für; den begriff thür gebrauchte. | 1) wie LB. 8. 190d. weiter erläutert ist. Immerhin ist es jedoch merkwürdig dass auch das Hebräische hie und da schon einen übergang. zu derselben ‚verkür- zung zeigt welche im Phonikischen allein herrscht. "Nur eine einzige Inschrift hat sich bis jezt gefunden in welcher ein *- erscheint: das ist die erst ganz eren ip entdeckte, in dem Römischen Bulletino dell’ Instituto archeologico 108861 ntlichte: sechste Athenische inschrift, welche ziemlich leicht zu ver- ò stehen. aber in ihrer ganzen art sehr merkwürdig ist. ‘Sie ist mit einer Grie- -;ehischen: dem grábmahle eines Asqaloniers eingehauen; welcher wie die bilder ` und die außerdem'noch beigefügten 6 Griechischen: dichterzeilen schön erläu- "ter, áls: reicher »kaufmann zur see von einem feindlichen Lówen d.i. von ^55] einem bóllischen: sturme überfallen ‚aber: doch wie von guten Engeln verthei- digt wenigstens vor "dem &ufersten bewahrt d.i. nicht in der see versunken ‚ sondern in Athen. gestorben von! einem Sidonischen' freunde‘ feierlich begraben „und mt diesemi grabmale beehrt wende. Wenn hier nun unter dem Griechi- ee steht E ic c oiie ME git w daodoridoagri 1193 | ANTIHATPOS. ADPOALSIOY MXKALONITHA. i di 40M3AAQ93 40MANO XIAQNIOS ANEYHKEN ai” 2 PALPEN n*àónv»22 33 vw. npa nr. eda UTE Sënn j2 Date ps onen vk, N2 100 Hi EWALD, ebenso wie im Aramäischen hinten ganz abgefallen; oder wenn er viel- leicht noch gehört wurde, so war er doch tonlos und brauchte deshalb nach dem eigenthümlichen geseze der Phönikischen schriftart obwohl das wort schließend nicht durch einen vocalbuchstab bezeichnet zu werden. Wir werden also dies » wohl anders zu deuten haben. Das vorige iz würe uns auch abgesehen von dem zweifelhaften sinne dieses hier gleich- falls schließenden ^ in seiner bedeutung sehr dunkel, wenn ich es nicht schon 1862 in einer Kyprischen inschrift als dem nòn der Sidonischen inschrift gleich und etwa unsern sarg bezeichnend nachgewiesen hättet). Allein wollte man es nun mit dem vorigen n3 zusammen als mein grabhaus fassen, so würde das zum sinne der ganzen inschrift nicht taugen. Denn wir wissen jezt genug wie die Phónikischen grabinschriften aller art etwa lauteten und in welchen redensarten sie sich bewegten: unsre in- schrift aber kann schon. wegen des 5*5: wx z.l nur eine weibe-, nicht eine grabinschrift seyn; aber auch der ganze verlauf ihres inhaltes führt, wie sogleich erhellen wird, nicht entfernt auf eine grabschrift hin. Und so können wir auf diesem wege unmöglich zum ziele gelangen. Viel- mehr führen dahin nur folgende zwei beobachtungen. N ehmen wir den ausgang der ganzen inschrift wie er sich in den so Gäste das leztere »Ich bin Shammas sohn 'Abdastarts von Asqalón. — Aufgerichtet von mir Domßaläh sohne Domchannö’s von Sidon«: und es erhellt leicht wie es, unter treuer beibehaltung der eigenthümlichen Phönikischen inschriftenart, doch sonst dem Griechischen hinreichend entspricht. Hier findet sich also zwar ngom ich errichtete mit ^ geschrieben: aber es ist eben - "die frage ob diese aussprache nicht bloss Askalonisch gewesen sei. Denn ‚auch sonst ist in dieser inschrift einiges eigenthümliche: die schriftzüge na- mentlich sind sehr ungewöhnlich; der lezte buchstab von yaw ist jedoch wahr- scheinlich ein 7; und ein name wie mw d.i. diener konnte wohl durch ein Griechisches Antipatros (d.i. der an des vaters stelle tritt wie sein diener und pr umschrieben werden. Neu ist uns auch ein Sidonischer gott >’, im hische Sidonier die Askalonische mundart gewählt, so wissen wir zugleich wie man damals unter den nachkommen u Philistäer — 1) in den Nachrichten 1862 g.547. — - ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 101 drei lezten zeilen ungewöhnlich großartig darstellt, so finden wir ihn im allgemeinen leicht verständlich ünd vollkommen klar. Der stifter der weihinschrift sagt hier das weihegeschenk solle ihm sum ewigen andenken und guten namen unter den füBen seines herren des Bálsamém werden: und es ist leicht zu sehen dass «255 (wie statt des zuerst von Renan gefun- denen ^25» zu lesen ist) nur ein wechsel von «3:5 ist. Allein höchst schwierig ist das wort zb im anfange dieses ganzen langen schlußsazes z.D: die lesart ist aber völlig sicher. Ans dieser schwierigkeit kann man nicht anders sich retten als dádurch dass mari zugibt das nachfüg- wörtchen für unser sein werde hier durch ~- bezeichnet, wührend es im Phónikischen sonst durch x- gekennzeichnet wird: dann bedeutet cc leküné soviel wie das Hebrüische inms dass es sei, was allein in diesem zusammenhange passend ist. Nun aber ist die amnahme dieser möglich- keit einer verschiedenen schreibart gar nicht so schwierig als sie vielleicht auf den ersten augenblick scheint. Denn das Phönikische weicht schon dádurch von allen übrigen Semitischen sprachen ab dass es für das wört- chen sein x- schreibt; was niemand für möglich hielt ehe man durch die deutlichsten beweise überführt würde. Dieses schließende x- ist aber gewiss -ê zu sprechen, nämlich verkürzt aus -éhu, -éh, wie im Aramäi- schen beständig m— dafür geschrieben wird; woraus wir nur wiederum sehen dass das Phönikische sich auch hierin ganz anders als das Hebrii- sche ans Aramäische ‘anschließt. Lautete aber dies schlußfügwörtchen einmahl -é, so konnte dafür sicher auch + geschrieben werden: dies war dann eigentlich nur folgerichtiger, weil das x doch nur für das nicht mehr als A lautbare = geschrieben wurde und den laut & darstellte der ansich noch näher durch * zu bezeichnen war. Und wirklich findet sich etwas ähnliches anfangend und sehr zerstreut auch schon im Hebräi- schen!) Und wenn die schreibart mit &- sonst herrschend blieb, so konnte sie doch in dér gegend und in dér zéit angewandt werden wo unsre inschrift abgefaBt wurde. Aber wir werden sehen dass sich nur so das »- auch jener beiden oben besprochenen worte msa wës z. 4 ver- 1) s. LB. $.16b oder s. 57 der lezten ausg. 102 ITU IST 3HOEZDITZOHRL E WALD- stehen‘: läßt: sist: dieses so. so: kënnen wir da der fall innerhalb dieser inschrift dann | dreimahl: wiederkehrt, ` bei einem ‘einzelnen dieser fille desto weniger im.unsichern | bleiben. Die zweite .beobachtung ‚muss: sich. um jenes schon oben als Pe bezeichnete wort 555 z.3 drehen. ` Wie das wort in diesem seinem zu- sammenhange steht, muss es "eben dén theil von Laodikéa -bezeichnen an. welchem der stifter unsres weihgeschenkes sein glänzendes thor bauen und mit dieser inschrift versehen liess. ` Man wird Weg annehmen können dass es mit dem wechsel von / und r dem népyoc — ; entspricht, einem worte: welches gleich dem ähnliches bedeutenden "yz durch soviele. alte sprachen sich hindurchzieht!):: Geben wir es als noch am meisten ent- sprechend durch unser burg ‘wieder, so können’ wir die ganze inschrift schon jezt: sicher genug in en weise mach ihren einzelnen worten ees und N PO i 9 oiya ossi lasbas 8 ohw oys I als o Wi oso enb I reed (o diii dogmbemvpiyb eg babos Dule mar pde nr - &y «noi^nu"n5s ns ab omo] conddoilinsb sil -RSI NERV gza pkaigzgo Do Tirioborw ` Bsi;bu1"*505 ab, aam ap -6 CHURPSET snb els mbas kase "am eni w*5m.D»b nnn 7 toi5rów ema d 1 nir Jemi by > inis P dns Bee reeche — *Abdelim sohn: Mottub's: "— "Abdelim’s sohnes.Baalshamars an der. bm von Laodikéa dieses thot mit den. thorflügeln ` welches: ich'zum (dienste, ihres Mausoléum's bauete im jahre 280.:des.Herrn Milkom; dem. jahre 143 der "Tyrier; damit es mir zum ewigen: andenkemund guten namen merde. ` Er segne michle o Der ‚bung der. Stadt war demnach dem. großen: Phónikischen: gotte Baalsham&m geweihe ta: sein. Tempel und: bild ragte über ihr hervor. Aber sie schloss. an bh ‚ein ‚Todtenhans in sich, und 'zu diesem hatte unser ' Abdelim.. sein glänzenden. thor: Gebanet, ` Dieses, Mausoleum lag D die ge eines vollen beste se -— im C. I. v z P 139. auch dort p. 648. erg oa b ) ü T ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U” A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 103 gewiss zu: den füßen der burg - aber» indem “Abdelim: seinen ban ` dem oben auf ihr hervorragenden gotte weihete; konnte er hoffen dadurch selbst zu seinen füßen von ihm ewigen ruhm nd — zw — So erklärt sich auch die ganze fassung der inschrift./ ^ - > Die wortfügung des ganzen sazeés'ist eigentlich die als e 'es heißen »hier ‚sehet ‚was dem. Golte “Abdelim 'weihete, nämlich‘ dieses thor u.s.w.«, sodass dieses thor: im Accusative als erklürung des was erscheint. Das ächtPhönikische wort oëser 2.4 ‚entspricht vollkommen einem He: bräischen n3575; und. das schlußfügwörtchen in »n:2 bene Lens Hebräisch nnig wäre) geht auf das ihm nächste ww z.4 zurück." Auch die ge- sammte wortfügung der inschrift welche: zunächst We sehr: 'verworren scheint, ist so vollkommen klar. A Man kann auf diese art die ganze inschrift 4 ins mer alin Dach sehr wohl verstehen ohne rücksicht anf die bloss einge- schaltete zeitbestimmung: diese ist aber für uns noch. besonders: schwierig, da sie die erste ihrer art jet welche. uns wieder vor die augen: tritt und zwar eine doppelrechnung gibt aber eine: solche von deren: zwei: hülften keine uns so leicht deutlich ist. Die zahlen sind (vorausgesezt dass das erste zeichen nach dem stiche-wirklich:die Hunderte bedeutet) 280 und 143: jene sollen nach >>>» zap. diese nach dem Tyrischen volke be- rechnet werden. Jene zwei wörter kënnten. wenn sie keinen eigennamen bezeichnen, soviel als der herr der könige zu bedeuten scheinen: allein sollte dies (was schon ansich unwahrscheinlich) soviel seyn als kónig der könige und. etwa. den Persischen könig bezeichnen, so wissen wir doch garnicht. dass je nach einer |Persischen | zeit von. Kyros an fortlaufend gerechnet ‘wurde; oder sollte, es den Syrischen könig' als den nachfolger des Persischen bezeichnen, so «würde vielmehr der bekannte name: der Seleukidischen zeitrechnung. zu erwarten seyn... Man könnte beide wörter zur noth auch wohl Cato vg die herren könige verstehen, alswenn damit die könige Syriens und Ägyptens zugleich gemeint würen: Er s wieder wesentlich auf die Seleukidische zeitrechnung hin iid neben ihr würde eine besondere Tyrische nicht wohl zu-ménnen ` seyn. Sollte aber die bekannte Tyrische zeitrechnung gemeint:seyn w 104 | H. EWALD, mit dem verfalle des Seleukidischen reiches und der neuen freiheit von Tyros beginnt, so würde dazu auch die zahl der Seleukidischen nicht stimmen. ` Allein das sicherste ist jedenfalls die beiden worte D52 x so zu verstehen wie sie auf der großen Sidonischen inschrift z. 18 er- scheinen: dann kann der Herr Milkum als ein Sidonischer gott die zeit- rechnung von Sidon bezeichnen wie die Priester sie dort nach der reihe der Götter. bestimmen mochten. ` Denn das wahrscheinlichste ist doch dass man in einer der kleineren Phönikischen städte die jahre nach den beiden gewóhnlichsten Phönikischen zeitrechnungen, der Sidonischen als der alterthümlichen und der Tyrischen, zugleich zählte; Alexander aber hatte Sidon wieder neben Tyros unabhüngig gemacht. Der name Lao- dikeia zeigt jedenfalls dass die inschrift erst unter den Seleukiden gesezt seyn kann: doch füllt sie wohl eben so sicher schon in die frühere und bessere zeit ihrer herrschaft. : Nur soviel lässt sich bisjezt über diese zwei zeitbestimmungen sagen: weiter kënnte man nur vorgehen wenn die eine oder die andere sich auf anderen urkunden finden ließe. Nur kurz und zunächst nur wegen ihres lezten : wortes arähnen wir hier die zweite Renan'sche inschrift, welche lautet: ep bR pn. 4535 M23 bs og g ^32 UR und Weg, sinn im allgemeinen nicht im geringsten dunkel wäre wenn nicht an der stelle der ersten zeile wo ich hier die zwei striche sezte eine ‚schwierigkeit sich aufthüte. Hier ist etwa für zwei buchstaben raum: allein statt ihrer erblickt man auf dem abdrucke an erster stelle nur einen ansich unverständlichen baken J. Nun drängt sich zwar die luthung: dass hier ops zu lesen sei vonselbst auf: allein das wort pen gibt hier doch im zusammenhange keinen sinn, man müßte sonst annehmen die Astarte werde hier männlich König genannt und dem be- kannten Gott Ch’man gleichgestellt. Da uns aber eine, inschrift solcher fas- sung noch nicht e eit er t: bekannt ist, so muss man hier entweder alles für jezt im ungewissen lassen, oder vermuthen dass o nobnb zu lesen sei: Der Milkat der Taube (die. uralte. eiligkeit der taube in Syrien ist bekannt) des Gottes Ch’män geweihel. von * Abdeschmin wegen: seines sohnes« Uns ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÓNIKISCHE INSCHRIFTEN. 105 liegt es hier besonders nur an dem lezten worte “2: dies könnte zwar bedeuten mein sohn im schnellen wechsel der rede; doch es leuchtet von selbst ein dass wenn es nach s. 101 gesprochen’ sein sohn bedeuten kann, dies viel besser passt !). — Indessen wurde. in jüngster zeit auf Sidonischem boden ander- weitig eine in vieler hinsicht sehr wichtige inschrift gefunden welche hier am passendsten zu berücksichtigen ist. Diese inschrift ist die erste und meines wissens einzige welche nach der im j. 1854 erfolgten ent- deckung der großen Sidonischen auf jenem boden sich fand: so wenig haben sich bisjezt die hoffnungen verwirklicht welche man damals nach jenem ersten glücklichen funde fassen konnte; und wir wollen wünschen dass man dort bald mit neuem eifer und glücke das werk der nachforschung beginne, da die inschriften jenes bodens, wie auch diese zweite obwohl kleinere Sidonische zeigt, an geschichtlicher wichtigkeit sehr lehrreich werden können. Sie wurde im jezigen Ssaidä zwar von dem dortigen Englischen Consul gefunden, kam aber bald in den besiz des Comte de Vogüé, welcher damals schon lange längs der Syrischen küsten so eifrig und nicht ohne manche gute erfolge sich mit der erforschung Kanäanäi- scher Alterthümer beschäftigte. Derselbe brachte sie dann nach Paris, und veröffentlichte sie in einer besondern abhandlung wo er auch ihre entzifferung versuchte. Ich habe nun schon neulich bei einer andern Phönikischen inschrift veranlassung gehabt?) den ausgezeichneten eifer zü preisen womit der Comte de Vogüé alle diese erforschungen verfolgt, aber auch zu bemerken dass seine erklürungen Phónikischer schriftdenk- male an manchen unvollkommenheiten leiden, wiewohl sie immer noch besser sind als die des Franzosen A. Judas. Dasselbe trifft hier ein: ich halte es jedoch auch hier nicht für nóthig darauf weiter einzugehen, da die herstellung einer richtigeren erklürung genügen wird. Diese inschrift hat sehr große feste: züge, und gehört augenschein- Be MEE 1) die bedeutung des Ga kann abren nicht. zweifelhaft seyn, vgl. das inig v to viol doing xai Yyısig eögyv und ähnliches im C. I. Gr. IL oben s. 83. 2) in den Mémoires présentés par divers savants à l'Acad. des Eos: et " belles lettres T. VI, 1. Hist. - Philol. Classe. XII. o 106 H. EWALD, lich zu den ältesten. Phönikischen inschriften welche wir bisjezt besizen. Ihre zeilen sind zwar oben und unten sowie auch links durch die be- schüdigung des steines etwas verlezt, sodass wir bedauern müssen einige buchstaben entweder garnicht oder nur halb sicher bestimmen zu kónnen: doch leidet dadurch der sinn im ganzen wenig. Ich lese sie nach der mir wahrscheinlichen ergünzung dieser buchstaben soweit sie sich geben lisst und nach der besseren erklürung so: 552b y noi ben nva 1 Ton nónc»"3 495» 2 nÜnv»43 1» Eazag 3 TN JO mW Gaang aan A nnwy ap pop 5 d. i. »Im monate Mapal im 2ten jahre meiner herrschaft habe ich König Bod'ashtóret könig der Sidonier und sohn Bod'ashtóret's königs der Si- donier den vorplaz dieses heerdes ihr der Astarte errichtet «. Ich zweifle nämlich nicht dass das nur in den obersten strichen der buchstaben noch ein wenig erkennbare erste wort der lezten zeile so herzustellen sei: es ist dies das ächt Phönikische wort xəm, welches ich in der schreibart w:z^ schon 1841 zum ersten male nachwies und das sich seitdem so viel bestätigt hat. Ebenso ist das » des folgenden wortes `> im steine zwar schwer jedoch eben noch hinreichend zu erkennen: und dann kann es in der redensart ihr der Astarte womit nach bekannter Aramüischer weise nur die Astarte etwas stürker hervorgehoben wird, als lê zu sprechen wieder nur dás bestütigen was ich bei der vorigen inschrift s. 101 über dies nachfügewörtchen bemerkte; auch darf es uns keine schwierigkeit machen dass es hier sogar weiblich gebraucht wird, da wir bisjezt dagegen nichts einwenden können. Wenn diese zwei worte aber so zu verstehen sind, so ist damit schon der ganze umriss des sinnes der inschrift gegeben; und dieser sinn ist so einfach und so klar dass er die bürgschaft seiner richtigkeit in sich selbst trügt. Mitten im laufe des sazes der inschrift sind nur die beiden worte row ymw z.4 nach sinn und lesart etwas zweifelhaft, was wenig auffallen kann da sie das zum Tempel gehórende bezeichnen welches der kónig hier der ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 107 Astarte widmet; solche namen von bausachen sind bei einer sprache die wir kaum erst aus einigen ihrer überbleibsel mühsam wiedererkennen müssen, leicht etwas dunkler. Das erstere dieser wörter nun ist dem zuge seines zweiten buchstaben nach wahrscheinlicher 332 als zw zu lesen: dann muss jedem der Arabisch versteht dabei das in Arabischen schriftstellern häufige wort XiX- für die tempelthürsteher einfallen, welche doch nur von etwas dem vorplaze eines tempels eigenthümlichem ihren so kurzen namen haben können. Wirklich haben sie nun zwar von dem Sr (lautwechsel für =) dem langen vorhange vor dem tempel den namen: "allein es konnte im Phónikischen wohl auch überhaupt den vorplaz eines tempels bedeuten wo ein Altar stand. Auf einen altar führt uns aber das folgende wort wenn wir es mx lesen dieser heerd: denn dieses dem Lateinischen ara vielleicht nur zufällig gleichlautende *w aru für heerd fanden wir neuestens in einer Kyprischen inschrift 1: und obgleich ein grofer Altar auch wohl zwei heerde haben kann wie in dem dortigen falle, so kann doch ein wort wie heerd auch wohl den wesentlich in ihm bestehenden feueraltar bezeichnen. Der lezte buchstab des wortes ist wegen der beschädigung des steines nur rechts an seiner spize zu erkennen, ich halte ihn aber für ein y, wozu die noch vor- stehende spize nach der eigenthümlichkeit dieser schrift gut passt?). Sollte jedoch der zweite buchstab des ersten wortes ein 4 seyn, so würde mw mit dem Hebräisch- Aramäischen 773 zusammenzustelen seyn und die are oder den großen ringkreis des Altars bedeuten und als bauaus- druck vielleicht eine Apsis bezeichnen kónnen. Wir wollen, da das wort hier zum ersten mahle erscheint, über die eine oder andere móg- lichkeit jezt nicht bestimmt entscheiden: jedenfalls bezeichnen die worte 1) s. die Nachrichten 1862 s. 544. 2) wie richtig dies sei beweist die groBe Sidonische inschrift, wo das ; denselben zug hat womit das y rechts beginnt, als wäre y nur ein y mit einem stär- keren striche links. Im allgemeinen aber sind die buchstabenzüge gerade auf den beiden Sidonischen inschriften sich só gleich dass man ‚schon von einer Sidonisch-Phönikischen schriftart reden könnte. 02 108 H EWALD, den besondern neuen theil des großen Astartetempels in Sidon welchen dieser kónig anbauete und der Astarte mit dieser inschrift weihete. In der ersten zeile ist der lezte buchstabe des monatsnamens nicht zu lesen: ich habe daher nur weil mir ein 5 nach den spuren der ver- lezten schriftreihe am leichtesten zu passen schien, den namen als Yon mappal hergestellt; und es wäre sehr zu wünschen dass die reihe der uns schon bekannten Kanäanäischen monatsnamen durch diesen neuen Sicher vermehrt würde. Hinten wo der stein sehr gelitten hat, soll nach de Vogüé's versicherung die zahl fünf m y zu lesen seyn: aus dem ab- drucke des steines sieht man aber nur ein ı und einen weiter abstehen- den strich welcher von einem oben zerstörten — übrig seyn kann. Ver- . gleicht man nun die deutlich ganz ebenso beginnende erste oder große Sidonische inschrift wie ich sie 1855 erklärte, so erwartet man an dieser stelle ein 3373 meiner herrschaft, mag sich also gerne denken. dass hinten noch die beiden buchstaben >» standen. Sollte der stein aber hinter dem dritten striche nur noch für ein 5 raum gehabt haben: so würden die worte in meinem dritten jahre mit dem geringen unterschiede in der zahl dennoch denselben sinn geben müssen , da es sich vonselbst versteht dass hier nicht von den geburts- sondern nur von den herrschafts- jahren des königs die rede seyn kann. — Übrigens nennt sich unser könig z. 3f. nicht ohne ursache königssohn, ähnlich wie der könig der großen Sidonischen inschrift, nur viel einfacher; und weil ihm diese abstammung so schwer wiegt, so erklürt sich daraus auch das wort und z. 31); diese abstammung ist ihm der zweite grund für seine würde. ‚Möchten wir nur, wie wir durch Josephus ein verzeichniss der Tyrischen könige und ihrer zeitrechnung besizen, so auch eine ähnliche geschichtliche übersicht der Sidonischen könige bald empfangen! Dann könnten wir nach dem sicheren grunde solcher inschriften auch die ge- schichte aller Phönikischen schrift leicht mit höherer gewissheit wieder erkennen. ex de isa LONE - D vgl. Ps. 72, 1. ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 109 Die neuentdeckte Sardische inschrift. In Sardinien dessen einstige Phónikische bildung uns heute am deutlichsten schon so viele ‚andere in ihm entdeckte Phönikische in- schriften bezeugen, ist in jüngster zeit, eine neue entdeckt, auch bereits durch die Gelehrten jener gegenden. veröffentlicht und zu deuten ver- sucht !). Wir übergehen auch hier diese ganz ungenügenden. versuche, um sofort die richtigere erklürung des sowohl geschichtlich als sprachlich sehr eigenthümlichen denkmales zu geben. Diese inschrift stand, wie ihr inhalt lehrt, am fuße eines ehernen altares des Sardisch-Phönikischen Asklépios. Sie ist Lateinisch- Grie- chisch -Phónikisch, und gewührt uns schon durch diese hüufung dreier sprachen. manche besondere vortheile. Vorzüglich erhellet aus dem sogar an erster stelle gebrauchten Lateinischen leicht dass sie wührend der jahre zwischen dem ersten und zweiten Punischen kriege oder doch nicht lange zeit spüter verfasst seyn muss, weil nach dem ende des zweiten dieser kriege der gebrauch des Phönikischen in öffentlichen denkmälern Sardiniens wohl bald ganz aufhörte, Ein anderer vortheil dieser inschrift ist dass sie uns fast ganz unversehrt und gut lesbar erhalten. vorliegt. Sie besteht aus fünf langen jedoch ungleichen zeilen. Die erste der beiden Phönikischen zeilen enthält nicht weniger als 58 Phönikische schriftzeichen woraus auch erhellet mit welchem rechte oben s. 69 f. der großen Karthagischen inschrift sehr lange zeilen zugeschrieben wurden. Wir haben deshalb das bild dieser inschrift schon oben s. 74 gegeben, die Phónikischen schriftzeichen jedoch wie überall in dieser abhandlung sogleich nach dem richtigen sinne in worte abgetheilt. Die Phönikischen ` schriftzüge selbst sind in dieser inschrift ähnlich wie die Griechischen und nur noch ärger auf eine seltsame weise durch den künstler wie zerhackt eingegraben, sodass man sich in diese ächte Phönikische Fractur- schrift erst völlig einlesen muss: hat man indessen dies gethan, so zeigt sich dass die inschrift übrigens mit sorgfalt ausgeführt und allem an- scheine nach ganz fehlerlos ist. 1) in den schriften der Turiner Akademie der WW. von 1862. 110 H: EWALD; Der Lateinisch - Griechische theil kann uns nun zwar hier wie in allen ähnlichen fällen zum sicheren verständnisse des Phönikischen sehr nüzlich seyn: allein wir wissen schon durch eine menge früherer beispiele dass die Alten wenn sie zwei- oder dreisprachige inschriften sezten, dabei nicht so ängstlich genau bloße übersezungen der einen sprache durch die andere geben wollten. Wenn zumahl eine sprache schon seit langen zeiten zu vielen tausenden von inschriften angewandt war und sich dadurch an eine eigenthümliche fassung und gestalt der worte gerade für inschriften gewöhnt hatte, so drückte man den sinn ihrer gewohnheit gemäss aus; das Phönikische aber hatte seit den frühesten zeiten auch als inschriftensprache seine feststehende eigenthümlichkeit. Aber man ging auch über die hieraus sich ergebende freiheit noch weiter heraus, wie hier sogar das Lateinische wenig dem Griechischen entspricht. Und so werden wir bei dem Phönikischen hier am ende zwar därauf zu sehen haben wie weit es im ausdrucke des sinnes mit den beiden andern spra- chen übereinstimme oder nicht, seine erklärung selbst aber ganz unab- hängig davon feststellen. Wir erklären es am besten nach den drei theilen in welche sein langer saz sich passend zerlegen lässt, und kön- nen dabei vorläufig immer auch das in den andern sprachen entsprechende berücksichtigen. ; 1. Die ersten worte Dem Herrn Eshmûn M'erréch einen ehernen Altar 100 pfund wiegend sind dem sinne nach am leichtesten deutlich. Der bekannte Phónikische Eshmün muss in Sardinien in einer só eigenthüm- lichen weise und daher auch mit einem só besonderen namen verehrt seyn dass ihm hier nicht wie sonst der gewóhnliche Griechische name Asklépios hinreichend zu entsprechen sondern ihm den Phönikischen beinamen auch im Griechischen und Lateinischen beizusezen nothwendig schien. Wir treffen nun diesen beinamen welcher sich als MERRE oder MHPPH so seltsam ausnimmt, hier zum ersten male: so könnten wir ihn sogar leicht für einen bloss Sardischen gott zu halten geneigt wer- den, wenn nicht die laute vm schon ihrer schreibart zufolge zu gut Semitisch klängen. Auch ist es bei näherer betrachtüng doch wohl mög- lich den namen aus dem Phönikischen zu deuten. Wir können uns das ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 111 wort als ron denken: dieses könnte nach der vielen spuren zufolge feineren Phönikischen aussprache einem mittelworte nwa (3n25) ent- sprechen und entweder den Lebensverlängerer oder vielmehr allgemeiner den Heiler bedeuten, jedenfalls also zum begriffe des Asklépios gut stimmen. . Denn die w. nax. konnte Phönikisch in gewissen fällen der w. jns entsprechen: und entweder wäre 78% dann aus cU nen. ver- kürzt, oder es wäre unmittelbar von «2:75 heilung !) abzuleiten, welches vorzuziehen scheint. Die bedeutung des namens ist im ganzen klar; und er lehrt uns zugleich dass der Phönikische Eshmün doch ursprüng- lich mehr als der Griechische Asklépios war. Ebenso finden wir hier zum ersten male die «45» für pfund, ein wort welches nicht Semitisch aushört und doch der Arge und der libra völlig entspricht. Die frage unter welchem volke dieses wort zuerst ge- braucht sei, müßte mit der anderen sich verbinden woher die uncia Seel komme, liegt uns jedoch hier zu ferne. — Das schriftzeichen hinter nga soll offenbar wie sonst kundert bezeichnen, erscheint aber hier ebenso zerhackt wie die für die Phönikischen buchstaben. 2. In den folgenden worten was weihete Kleon der genosse der salz- sieder ist vor allem das zum ersten male hier vorkommende wort nz». als von n? salz abstammend deutlich; das = für n konnte mundartig seyn; die stürkere süchliche bildung welche man sich zugleich als die mehrzahl oc denken kann, weist aber auf künstliche salzwerke hin. Demnach werden wir in den vorigen buchstaben ars» die arbeiter in solchen zu suchen haben: und wir können nicht bezweifeln dass die w. ag der bedeutung nach unserm sieden nahe genug entsprach. Denn das 2*: „IS gibt den hier verwandten begriff des schmelzens, woran sich 1) dieses Hebräische wort läßt sich mit der w. TON lang ebenso wohl verbinden wie im Arabischen (welches diese w. in der ersten bedeutung verloren hat) das dem sinne nach gleiche jub auch ausdrückt was Tee d. i. irgendwozu hinlangt, hinreicht, tauglich und nüzlich ist, sodass KAL geradezu das nüz- liche andeutet; vonda ist bis zum begriffe des passenden und heilsamen nicht weit, und diese bedeutung hat sich in dem selten gebrauchten Arabischen sk! und dem altAramäischen 77% erhalten. 112 | H. EWALD, wieder der in dem seltenen €; und in sx «2o4 liegende begriff des stärkeren fließens anschließt. Bedeutet also ayx} oder aısn im Phöniki- schen den eine solche arbeit künstlich betreibenden, so konnten die namban (ars sehr wohl die arbeiter von salzwerken seyn und ganz den in der Lateinischen inschrift genannten salarii entsprechen. Das zeichen für 7 ist insofern etwas zweifelhaft als es in diesen zerhackten zügen vielleicht ein w darstellen könnte: doch sieht es diesem wie es sonst in der inschrift oft genug erscheint, nicht genug ähnlich; und jedenfalls wäre wie im laute so in der bedeutung des wortes kein großer unterschied. — Steht aber dies fest, so können die vorigen buchstaben 39m nur den genossen anzeigen: und da eine w. isi im Phönikischen sehr wohl dem pun eb. entsprechend die festere gleichsam klebende verbindung aus- drücken kann, so macht die bedeutung hier ebenso wenig schwierigkeit wie die bildung eines S beschreibewortes aom nach dem ächt Phönikischen 7232 LB. S. 162a. Wir müssen jedoch jezt den 733% betrachten, einen sonst nirgends vorkommenden auch wenig Phönikisch aushörenden mannesnamen,- wel- cher erst aus einem Griechischen Kleon Phönikisch umgelantet aber offenbar in dieser umlautung unter den Phönikisch redenden in Sardinien schon viel gebraucht war. Dass die Phöniken auch die salzsiedereien früh im Großen betrieben und Sardinien nachdem es Punisch geworden war ihnen dazu eine der besten gelegenheiten bot, ist bekannt: "wir ersehen aber aus unserer inschrift dass noch damals sogar unter der Rómischen herrschaft auf Sardinien eine Punisch redende groBe innung von salzsiedern sich erhielt. ‘Unser reiche Kleon muss, obwohl allen anzeichen pach e ein geborner Grieche, sich längst in diese innung haben aufnehmen ^ ssen, und lebte auch in der sprache und sitte ganz wie ein Punier.. Abe obwohl er sich sowohl; auf Punisch als. auf Lateinisch mur als einen thei ‚dieser innung bezeichnet, so nennt er sich doch : wenigstens Griechise Imehr ó èm ën Zä und war demnach ent- weder der erste beamte od r vielmehr der reiche besizer dieser salzwerke selbst. Allein dass jene innung. dama. UBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U. A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 113 sehr selbständige entweder für sich oder in einer größeren Punischen gemeinde noch bestand, zeigt sich deutlich genug 3. indem schlußtheile der inschrift| nach ihrer Phónikischen . fas- sung, wo die worte mir den sinn zu haben scheinen sich haltend an den beschluss der Väter - Suffeten Himilkat und Abdeshmán söhne Chamlän’s. Das 7. von mw als der oben erwähnte erste buchstab der zweiten zeile ist zwar rechts ganz verstümmelt: allein. was von dem buchstaben noch übrig ist, passt gut zu einem 5; und aa in der bedeutung »sich haltend an eine vorschrift oder dr folgend« konnte recht wohl mit folgendem -> verbunden werden. ‚Das wort x kann vergl. mit dem Hebräischen mayrn sehr wohl unserm erlasse ähnlich einen öffentlich erlassenen obrig- keitlichen befehl ausdrücken, und eat «v so ganz dem zer& ngooreyu« }) des Griechischen theiles entsprechen. . Allein während das Griechische nicht weiter andeutet welche obrigkeit dem reichen Kleon auf sein ge- such durch einen öffentlichen erlass die erlaubniss ertheilt habe diesen Altar am Asklépiosheiligthume zu stiften, drückt dieses der Phönikische theil ganz urkundlich aus durch die erwähntng der beiden damals der gemeinde vorsizenden Väter-Suffeten, ganz nach Karthagischer weise. Der dritte buchstab von max könnte zwar etwas zweifelhaft seyn, sofern sein rechter strich sehr kurz’ gelassen ist: allein dasselbe trifft auch so- fort bei dem n von n>barn ein, wenn man es mit den übrigen n ver- gleicht; Phönikisch aber konnte das wort väter nax ähnlich wie zasi lauten. Wenn aber die Suffeten sonst nicht Väter - Suffeten heißen, so konnte das doch in dieser Sardischen Gemeinde aus besonderen veran- lassungen sehr wohl möglich seyn. Vergleichen wir aber zum schlusse diese Phönikische fassung mit ihren beiden schwestern. der Lateinischen Cleon salariorum societatis soc. Aescolapio Merre donum dedit . libens merito merente (für merenti) und a Griechischen ’AoxAyrio Mmzgói dvé9sue fwuórv Forges Kitov d Sg Git xctà mcd so kann man zwar jezt leicht ah hen wi 1) vgl. in demselben sinne und ebenso kurz ond ei xe IL p.244; 360. 429. = Hist. - Philol. Classe. XII. 114 | H EWALD, höchst verschieden sie sind troz ihrer höchsten sinneseinheit: allein es ergeben sich dabei noch einige wichtige folgerungen. Die Phönikische fassung steht zwar den damaligen verhältnissen der Römischen welt ge- mäss am ende, allein sie ist die einfachste und doch bestimmteste, ganz wie für die Punische gemeinde berechnet aus deren mitte sie sich erhob. Die vorne stehende Römische hält sich zwar was die bezeichnung des gebers betrifft ganz an die bescheidenheit der Phönikischen, lautet aber sonst prahlerisch genug, als wollte sie zu den herrschern der zeit reden. Die Griechische fasst besser als die Römische und der Phönikischen in- soferne entsprechender das wesentliche der schenkung und ihrer errich- tung nur kürzer zusammen, bezeichnet aber das amt des schenkers deutlicher: sie gibt die sprache des schenkers selbst, und wenige moch- ten dort wie er das Griechische verstehen. Eine neuentdeckte Kyprische inschrift veröffentlichte ich selbst zuerst wenigstens mit Hebräischen buchstaben in unseren Nachrichten vom j. 18621); womit man jedoch die in einem stücke noch genauere lesart und erklärung vergleichen muss die ich dort kurze zeit nachher gab2) und deren inhalt auch in dieser größeren ab- [ g oben s.107 berücksichtigt ist. Ich ergünze hier nur dass herr We 8. W. Vaux, einer der oberaufseher des Britischen Museums und herausgeber des oben erwähnten großen bandes Karthagischer inschriften, mir etwas später einen abdruck von ihr mit einem kleinen versuche sie zu erklären und einer umschreibung in Hebräischen buchstaben zu- sandt ha welcher ebenfalls von einem weiteren buchstaben am ende der oz ue nicht, die „geringste spur zeigt. Indessen tabe ich, schon : 1) s: 467 f. E ; . : Se T ebenda s. 54349. Dios findet in ein. aufsäzen id pod xdi er E aus den hee E D R. Society of Literature vol. Vil new s series. ce ita ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE U: A. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 115 Ne hs chr h Obige abhandlung ist größtentheils schon seit längerer er verfaßt: jezt bewegt mich die vergleichung einiger erst eben gelesener schriften unserer zeit noch einen kurzen rückblick auf den allgemeinen zustand zu werfen in welchem die entzifferung Phönikischer inschriften sich heute findet. Es kann nicht anders seyn als dass jedes neue schriftstück welches uns heute aus einem völlig verlorenen alten weiten schriftthume wieder zugänglich wird, unsre erkenntniss dieses schriftthumes mehrt, und dass das immer weiter lernen nirgends - so seine nächste anwendung finden muss als hier. Schon durch bloße emsige ver- gleichung aller der oft so weit zerstreuten einzelnen stiicke dieses schriftthumes "welche hier allmälig wieder an den tag kommen. läßt sich manches. immer sicherer und vollständiger wiedererkennen. ` Kein einziges ‚schriftthum des Alterthumes war vor dem Griechischen über so viele weit von einander entfernte lünder ausgebreitet als das Phönikische, wie wir dies erst jezt klar genug einsehen kónnen: nachdem also die aufmerksamkeit der wissenschaft in unseren tagen einmahl auf dieses feld stärker hingelenkt ist. mehren: sich aus den verschiedensten gegenden her die ent- deckungen verlorener Phönikischer schriftstücke; und sind auch die meisten kürzer und verstümmelter als ‚man wünschen ` sollte, ` so kann doch jedes dieser hunderte von stückchen schon durch seine bloße vergleichung mit den anderen für uns seinen guten nuzen haben. Findet sich z. b. ein eigenname wie n>>nm s.113 welchen die Rómer als Himilco sprachen, so ist heute leicht zu sehen von welcher güttin er aus- ging und dass er vorne aus op verkürzt wurde: denn ähnliche eigennamen und ähnliche verkürzungen sind jezt schon vielfach genauer nachgewiesen !), und dazu findet man jezt unter den eigennamen der Karthagischen inschriften solche weibliche die mit -ni beginnen welches nur aus -nhy verkürzt seyn kann. Allein die entzifferung des 'Phönikischen hatte von anfang an und hat noch immer ihre großen schwierigkeiten, mit denen niemand glücklich ringen kann als wer vor allem in den verschiedenen. Semitisch n sprachen und schriftthümern aufs vollkommenste heimisch ist und wohl begreifen kann was überhaupt sowohl nach sprachlichen als nach sachlichen gründen möglich oder unmöglich ist. Das schlimmste ist wenn leute sich hier einmischen wollen denen schon diese erste und 'nothwen- digste büngschaft : für « eine glückliche beschäftigung mit dem Phünikischen. vollkommen 1) im LB. 8.273 b. Auch der mannesname Dër ist aus «Ww wm o - 116 H. EWALD, - fehlt; leider aber beschäftigen sich solche denen aller beruf und alle geschicklichkeit abgeht noch immer viel zu viel mit diesen Phönikischen dunkelheiten, und stiften damit fortwährend einen argen schaden. Denn hinzukommt dass man mit so klei- nen oder so dunkeln schriftstücken leicht auf das willkürlichste umspringen und den lesern alles bieten zu können meint: sowie es auch bei anderen als Phönikischen inschriften so oft der fall ist dass leute die von einer gründlichen sprach- und schriftwissenschaft nichts wissen desto unverantwortlicher mit den oft so kleinen und meist so völlig dunkeln schriftstücken auf münzen und anderen denkmälern verfahren zu können meinen. Ich will nicht umsonst durch meine erste etwas längere abhand- lung vom j. 1841 in der Zeitschr. für die Kunde des Morgenlandes die sich mit Phönikischem beschäftigenden zum einhalten des ächten wissenschaftlichen weges aufgerufen haben: was damals gesagt und bewiesen wurde, war ganz nothwendig zu sagen, und ist weder damals noch später widerlegt. Gesenius hatte sich wohl mit der Phönikischen schrift als schrift viel beschäftigt und die denkmäler fleißig ge- sammelt, war aber im Sprachlichen immer ein stümper geblieben und verstand sogar auch in bloßen schriftsachen noch immer vieles des wichtigsten ganz unrichtig; noch mehr war dieses dann bei Movers der fall troz seiner unermüdlich reichen stoff- sammlungen. ‘Wenn nun noch heute Franzosen wie A. Judas !) und Engländer wie der herausgeber der oben erwähnten Karthagischen inschriften ?) an solchen unvoll- kommenheiten kleben bleiben, so kann uns das in Deutschland wenig auffallen: schwerer dagegen ist es zu ertragen dass sie auch noch mitten in Deutschland an so manchen stellen wie absichtlich beibehalten und empfohlen werden?) Weiter darüber zu reden ist nicht dieses ortes, weil hier alle wissenschaft aufhört 4): es mußte nur kurz darauf hingewiesen werden, um keinen zweifel über solche erschei- nungen zu lassen. Denn je schwerer einzelne wissenschaften zu einer höheren voll- endung emporstreben, desto wachsamer missen sie vor dem eindringen aller ver- kehrten bestrebungen geschüzt werden. | : re % D vgl. weiter was zulezt über ihn in den Gött. Gel. Ans. 1863 s. 803 ff. gesagt wurde. 2) ich. habe eben deshalb die meinungen dieses herausgebers oben gar nicht näher bemerkt h : ai e z vie die abhandlung von 0. Blau- über die grobe Karthagische Inschrift (in der DMGZ. 1862 47), auf welche ich eben aufmerksam gemacht bin, wohl kaum werth war | zu werden. — Auch von Heidenheim’s Abh. über dieselbe inschrift (in seiner Englisch- IV. 1862) ist nichts weiter zu sagen; vgl. auch noch Gött: Gel. Anz. ‘der veröffentlichungen des Jüdischen Predi- Gel. Ans. (wo sie nun 1864 st. 23 schon erschienen ist). Ee : = gers in Breslau M. ÜBER DIE GROSSE KARTHAGISCHE A. U. PHÖNIKISCHE INSCHRIFTEN. 117 — Zu einer weiteren nachschrift veranlaßt mich der bei der Hannoverschen Philologenversammlung vom herbste dieses jahres eingereichte aufsaz Fr. Ritschl’s und Joh. Gildemeister’s über die dreisprachige Sardische inschrift. Nach dem ersten der von mir s. 113 aus dem C. I. G. angeführten beispiele 11 ist der ausdruck zara nyosteyue allerdings auf einen göttlichen befehl zu beziehen welchen Kleon nach dem bekannten heidnischen aberglauben 2) in seiner Enkümésis empfangen zu haben meinte. Steht dieses fest, so muss man sich entschließen die lezten worte des Phönikischen theiles der inschrift só zu lesen: "e zen Se nbp snw Er (der gott) hörte seine stimme ihn heilend. Im jahre der Suffeten u.s.w. Das wort Niss ist dann w:57 auszusprechen, als perf. Qal mit dem Suffixe: diese wortbildung ist zwar weit mehr Aramäisch als Hebräisch; aber eine solche erscheinung trifft sehr richtig mit alle dem überein was ich längst über das verhältniss des Phönikischen zum Hebräischen lehrte; und ihr entspricht in diesem besondern falle sogar im He- bräischen selbst fast gänzlich eine mehr mundartige und dichterische abweichung 5). Sazverbindungen aber wie er hórte seine stimme heilte ihn (d.i. ihn heilend) sind zwar ebenfalls mehr Aramäisch als Hebräisch *): allein auch das ist eher eine empfehlung dieses verstündnisses der worte. Inderthat liegt die redensart Nbp Spo SE wodurch sich auch der sinn der folgenden worte’ bestimmt, nach der bekannten weise der Phönikischen dankinschriften so nahe dass sie sich von selbst ergibt sobald man den oben erwähnten Griechischen ausdruck richtig bezieht. Die doppelte lücke welche die inschrift im Phönikischen hier hat, darf das richtige verständniss ebenso wenig aufhalten wie die in gerade dieser inschrift auffallende gestalt des w in dem worte nv3 im jahre ..... Gegen die oben s.112 angenommene bedeutung eines wortes wie 2:573 läßt sich ihm mar anzufügen, nicht aber ein wort der längeren und bestimmteren bildung niha hier ebenso leicht passend wäre. Wollte man jedoch von der anderen seite annehmen worte wie nr»552 wy könnten dem Griechischen ausdrucke A ini wy GÀdw ganz entsprechen, so würde dies dem Semitischen sprachgebrauche widerstre- ben. Kann nümlich dieser Griechische ausdruck nichts als den aufseher der salswerke bedeuten, so müßte der im Semitischen nicht durch 22 ww sondern nothwendig 1) dass die beiden andern dort erwähnten von anderer art seien, habe ich an jener stelle bereits deutlich genug zu verstehen gegeben; warum sie aber dort angeführt wurden ist ebenso leicht deutlich. i D ME .2) vgl über diesen die Alterihümer s. 298 ff, 3) nach dem LB. §. 2525. 4) LB. $. 2855. 349a. 118 H. EWALD, ÜBER DIE GROSSE KARTHAG. U. A. PHÓNIK. INSCHRIFTEN. durch "o 5» on bezeichnet seyn? Die Phönikische redensart der oder die an den salzwerken (d.i. die theilnehmer an ihnen) kann demnach nicht eine wörtliche: über- sezung der Griechischen bezeichnung Kleon's seyn, sondern nur den Lateinischen worten salarii soc. entsprechen. Hieraus folgt aber weiter dass das vorige com in einem solchen zusammenhange kaum etwas anderes aussagen kann als ihr nämlich der theilnehmer an. den salzwerken genosse, was bei uns fast nichts anderes ist als der genosse der theilnehmer an den salwwerken, nach einer wortverbindung welche wiederum -mehr Aramüisch als Hebräisch. ist?), die sich uns aber nach dem oben bemerkten dadurch leicht um desto mehr empfehlen kann. Sollte nun die abkürzung s. hinter soc. wirklich nur sereus bedeuten können, so müßte man bei dem Phöniki- schen 39m einen ähnlichen sinn suchen: allein ich vermisse den beweis warum es hinter soe. (d.i. sociorum oder societatis) nicht sodalis bedeuten könne. Kleon konnte als aufseher über diese salzwerke ein reicher sklave der gesellschaft, er konnte aber auch ein gesellschaftstheilnehmer seyn; und lezteres ist die sache geschichtlich be- trachtet auch ansich: viel wahrscheinlicher. Ich habe längst gezeigt?) dass die Phöniken die bildung solcher gesellschaften zum besseren betriebe der gewerbe und des handels liebten; und schon der gebrauch des Phönikischen in unserer inschrift beweist dass bei diesen Sardischen salzwerken am; nächsten nur Phöniken beschäftigt waren. Auch der heilgott dem der dank der inschrift gilt, war deutlich ein Phönikischer. So erhebt sich vonselbst die frage ob nicht auch Kleon Go seines Griechischen namens ein Punier von geburt und bil- dung war; und wir würden daran garnicht zweifeln wenn Griechische sprache in Sidim geblühet hätte und wir auch sonst viele Griechische inschriften von dort ] n. Da beides nicht der fall ist, so wird man den Griechischen theil der in- schrift i immer am wahrscheinlichsten dävon ableiten dass Kleon selbst ein Grieche war. Co Ra qund nieht dárauf berufen dass in und andre thatwórter des herrschens mit -2 "os ieSieh verbinden kënnen: diese verbindéng: haste andern grund. d CA Lb ue e 3 o rie von Deh 40, 30. Attische Studien Ernst Curtius. II. Der Kerameikos und die Geschichte der Agora von Athen. — Der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften vorgelegt am 7. Januar 1865. In demselben Maße, wie sich das staatliche. Leben der Griechen in der Stadt vereinigte, musste auch der stüdtische Mittelpunkt der Brennpunkt des óffentlichen Lebens werden. Darum ist die grosse Bedeutung des Stadtmarkts ein Kennzeichen des Griechenthums. Auf dem Markte der Stadt stellt sich der Staat dar?) Daher wird im Anfange von Sopho- kles Elektra der lykeische Markt statt. Argos genannt 2). Die markt- schirmenden Gottheiten (dyogéc £míoxono:) sind zugleich die Staatsgótter (die so 70410070: Aesch. Sieben 271); Ausweisung vom Markte. (Meier de bon. damn. 103, 183) kommt der Landesverweisung gleich und die im Auslande lebenden Hellenen sehnen sich vor Allem nach den Markt, versammlungen der Heimath (Iph. T. 1096) Der Markt ist der Platz des ernsten Geschäfts wie des Müssiggangs; er ist die Bildungsschule des Mannes zum Handeln und Reden (Od: 4, 818). Seine Einrichtung ist der Maßstab des öffentlichen Wohlstandes (Herod. 3, 57); er vereinigt am Herde der Stadt die ehrwürdigsten Altäre und Heiliethümer. di .1) Duncker Gesch. des Alt. 3?, 608. Me oc 2) Was Kolster in seinen EUR; Studien S. 157 hier von: lin “ - : Dichters’ zu erkennen glaubt, halte ich für unb rün ge, 120 ERNST CURTIUS Gräber der Heroen, heilige Bäume, die Erinnerungen der Geschichte, die Denkmäler ausgezeichneter Mitbürger; er ist der Sitz der The- mis, deren Zucht das menschliche Treiben ordnet (roù rè dria ETUNTOEOKETO zei iQ degt Eyiyvero Å yàg O£utc Enöneng Tv &xxAnowr Schol. Od. IX, 112). Aufihm findet die Stimmung der Gemeinde ihren Ausdruck, die Festfreude so wie die Landestrauer (Herod. VI. 54); nach der Bewegung des Markts bestimmte der Grieche die Tageszeiten und schon die vielen Ausdrücke, mit denen seine Sprache den Marktplatz bezeichnet, so wie die vielen davon hergeleiteten Personen- und Ortsnamen könnten allein genügen, die Bedeutung desselben für das Leben der Griechen zu bezeu- gen!) Durch ihre Marktversammlungen unterschieden sich die Griechen von den zerstreut wohnenden Barbaren, und dieselben Märkte waren es, in denen von der einen Seite eine Schwäche des Volks, von der an- dern seine Stärke gesehen wurde. “Kyros begründete seine Geringschä- tzung der Hellenen dadurch, dass sie Marktleute wären (Herod. I, 153), während bei ihnen selbst das Sprichwort ging: “auf dem Markte werden wir stark sein’2). | i Der Widerspruch, welcher in diesen Aussprüchen liegt, löst sich, wenn wir die zwiefache Bedeutung des Worts unterscheiden. Die Per- ser hielten das Kaufen und Verkaufen auf öffentlichem Platze für etwas. das mit der Würde des freien Manns unverträglich sei und die kriege- rische';'Tüchtigkeit eines Volks untergraben müsse. Sie pflegten daher diese Geschäfte gerne Leuten anderen Stamms zu überlassen, namentlich den Lydern, dem Krümervolke des vordern Asiens, und noch zur Zeit des eh Kyros waren es Mec welche den wandernden Heeresmarkt 8 yme von &yogé erwähne ich nur dyvgis, sion, dyow, co, dag Weg dãuoç? (Ross Inselr. II, 110), zv äer (Meineke Vind. Strab. p- 119, 241), xogoc, xv«Aoc, uaxsAAoc, innódgouoc (Paus. VI 23), Aezov? Mei- matsber. 1852 S. 576). Ueber xoc vgl Ahrens Themis S. L5. Personennamen sind dreifacher Art nach Analogie von fou ed "Aydgguos, "Ansllä; w. s. w. snam Es auch das Iykische Anéh has hierher? ATTISCHE: STUDIEN ` a ‚der Perser bildeten (Anab. .1, 5. 6. Leder und Phönizier: haben die. Ein- richtung der ‚Kaufmärkte | besonders- ausgebildet. . Wohin sie. kamen, richteten .sie...ihre. Bazare ein, wie es. Herodot im. Anfange seiner Ge- schichten von den Phöniziern in Argos meldet, und wir können an den ‚Küsten ‚Griechenlands eine. Reihe solcher. Plätze, nachweisen; welche als Marktplätze der. fremden ‚Seefahrer, eine. bleibende; Bedeutung. für die igriechische Culturentwickelung gewonnen haben., Daher ‚nannte man An Thessalien die Häfen gerad&u Märkte.. Hesych. o. d. W.. grond, So ist vielleicht Migonion. (Pelop. ‚II. 323). als Uferbazar, zu deuten im Gegensatze zur čuixros ela (Iph. T.. 402)... Auch. die lykische Küsteninsel. Enagora oder Xenagora (Plin. V $. 131) mag ursprünglich, so ‚viel wie Küstenem- porium bedeuten, wie jetzt Kastellorizon auf Megiste. ein atc: ist. Ross Kleinasien S.. 51. “I Aber auch die ‘Perser hatten einen. GE, omg sie im Kg ‚satze zu dem der semitischen Völker den ‘freien Markt nannten, einen Platz des öffentlichen. Lebens .in der Nähe der Staatsgebäude, den Sam- melort der männlichen "Zeene nach: ihren yeehisdenen. Alterstu- fen. (Xen... Cyrop. JL. gi W Merkwürdig ist nuu das eea der Griochémi im, Kran Markt- Sitte den Välkern. des Morgenlandes gegenüber. Sie haben ‚nicht die Sprödigkeit, der Perser gehabt ‚und nicht auf die Dauer fremden Leuten den Handel in ihrem Lande überlassen; vielmehr haben: sie den ;Han- delsgeist der :Semiten,sich angeeignet und.. die, ‚geschäftliche Betriebsam- 'keit-ihnen: abgelernt ,.. erst. ‚einzelne Stämme, wie. die. | Aegineten . (Herod. :9,.80), dann mehr ‚und, mecht das ganze Volk. Denn ‚auch, ip, den Staa- ten, welche Handel und Gewerbe durchaus nicht begünstigten, wie z. B. im-Spaîta, gált iles persönliche: :Betheiligung ` an Kauf ; und Verkauf. ‚80 wenig. ‚für etwas Ehr ges, dass, vielmehr. der Ausschluss vom Markt en RER dae; ve ET ER done auch. wx. ácl dtiges.Colonialvolk geworden, wenn: sie zu spröde. ET ären, di Hist.- Philol. Classe. XII. '122 ERNST CURTIUS bräuche und Erfindungen der fremden -Handelsvolker ` sich anzueignen, mit denen sie sonst sehr wenig Sympathie hatten. Denn das ist nicht zu verkennen, dass sie von Hause aus dieselbe Abneigung gegen den Handelsérwerb und dieselbe Geringschützung desselben hatten, wie die arischen Volker Vordérasiens, und dass sie dieselbe nie verläugnet haben (Vgl. Müller Dorier II 271. Mit femem Gefühle haben sie die Gefahren dés Markts für den Staat wie für den Einzelnen zu würdigen gewusst, und nicht boss die bäuerliche, altvüterliche Weisfeit: Hesiodk! warnt vor dem "Besuche des Markts (W. u. T. 29), sondern auch unter städtischem und ioni- “sehem Volke erhielt das Wort &yopesos eine so üble Bedéatungs dass es fast dasselbe wie zo»5ooc war, während mah vor dem Bürger unwillkürlich eine besondere Achtung hatte, der sich wenig auf dem Markte sehen liess. (Eur. Or. 918 dvögsios dän öAryazız Ger z&yogäs' yocívar zdeion, Vgl. "Sgr ne &yopäs, dyvovet, GOroubAAsm xarà rl» dyogár us s, w.) Für die Jugend aber galt es als ein wesentlicher Theil guter Zucht, sich vom Markte fern' zu halten. In Theben bestand eine alte Satzung, nach wel- Cher jeder Bewerber um ein öffentliches Amt nachweisen ` musste dass er zehn Jahre lang kein Marktgeschäft betrieben ‘habe. Den dntysodaı Gyopé; bedeutet bei Arist. Pol. p. 1278' offenbar so viel wie dn£yeoO o. Beet ioyor (p. 1321) und die Bestimmung entspricht den Satzungen neuerer Reichsstüdte, naeh denen ORI u sein soll, welcher ba [| Ladengeschäft betreibt. (3 Aber nicht bloss die Antipathie der Bagage gegen Märktberköhe fin- den wir bei den‘ Hellenen wieder, sondern'auch die Einrichtung; welcher sic | imi" Ge e zu den 'umwohnenden Krämervölkern die . Perser ühmten. S So bestand unter "demselben ^ Namen bei den "Thessaliern T Marit findet sich unter verschiedenen Namen und: der s d ‚gemäss in: Bebo Form in xe inb ATTISCHE ‚STUDIEN 123 die. Männer, die. des Vertrauens. ‚würdig, sind. (vgl. .@yog&s &yeAue, Bergk. Bel, Com, Att. p. 422, eg. hier ist der Sitz jener. «ides, welche den Feigen‘ vom Markte .scheucht. (Her..1, 37) und jener. auch. dem: Freien wohlanständigen. Ehrfurcht.. vor den an Ansehen rs For stehenden. (d zw» &4svdfowv géif Arist.: Pol. 133kb); " : Die. Griechen. haben also bei ihrem gesunden. = x Re "emm beide Gattungeny yon Märkten bei „sich, „ausgebildet den Kaufmarkt sowohl wie, den freien Markt. :» Beide, erschienen ihnen als unentbehrliche Bestandtheile jeder wohleingerichteten. Stadt, und Aristo- teles, welcher. ans allen. das Gemeindewesen . betreffenden Bestrebungen und Einrichtungen des Volkes..das. Resultat. gezogen hat, ‚verlangt daher für die Stadt einen dreifachen öffentlichen Platz: erstens eine, Tempel- höhe, von ‚ansehnlich fester Lage, darunter ‚einen nach,‚thessalischer Lan- dessitte ‚von. allen Kaufgeschäften freien Markt (d. i. die obere Agora, ze vior) und endlich einen .Kaufmarkt, bei welchem nur auf. die für den Verkehr zweckmüssige Lage. Rücksicht zu nehmen: ist .. (4; dyogà jns. Tas dvayzeias nodus, Ñ dvayxaía dyogd). Die. beiden Sammel- plätze der Gemeinde sind ‚klar unterschieden; wie zwei verschiedene Qr- gane, das eine für die höheren) SSES das: anderei-für- Hte sinnlichen Funktionen des Gemeinwesens; i nd ; . Hier erkennt man den Pare Geist. en un "m in: ihren. stüdtischen. Einrichtungen. offenbart, und. welcher. den For- séhúngen auf: dem Gebiete ‚alter Topographie, einen besondern Reiz ver- leiht.....Die. Frage "mach, der Agora ist bei jeder alten Stadt die Kernfrage und! wir konnen nach der Einrichtung, der Agora die. gessobiedonen Stu fen: der Stadt-:und: Landesgeschichte unterscheiden. pb Es gab; Märkte aines ‚Städte, Plätze; des NEL schon: wo man eigenen Folii am wie) auf „dem. Delphion. mitte: im Gebirge zwischen Ponta und Adria PO mir. ausc. 104. W. Müller Çorcyr. D 62). Es gab ‚innerhalb der einzelnen Landschaften UU mue Centralpunkte, welche zur Vermittelung . der verschiedenen | Lar 194 ERNST CURTIUS Zeiten ein bunt bewégter Jahrmarktsört' war, sö begreift sich, warti ge- rade hier die Anfänge der Komödie zu Hause wareh!). Endlich gab es solche Märkte ohne Stadt an den Gränzen zweier Stadtgebiete. © Das wa- ren die &yópel égopíór, oóvodot ai gäe toig: gois Tv doruysrövwv, durch Vertrag geheiligte und unter den Schutz der beiderseitigen Stadtgotthei- ten gestellte Freistätten, welche zu ge Verkehre von Nachbarge- meinden’ benützt wurden (Demosth. 23 $. 37). Ein besonders merkwür- diges Beispiel haben’ wir. jetzt dafür in der isg dyop5 zwischen Salmal kis und Halikamass (Sauppe Gött. Nacht. 1863 S. 318). In ähnlicher Weise diente als’ gemeinsame Dingstütte für die Akarnanen und die Amphilochier (denn so geg wir das xowór wohl auffassen 'Thük. 3, 105) Olpai. Die ’Märkte waren die ipaq und Keime der um sie er- wächsenden ‘Städte, daher auch ` eg ` manche Städte- den Namen Agorà trügeri2); sie verödeten mit der Stadt und wurden zu Weideplützen (Dion. Or: VIE p. 117. Dåf Plut. Timol c. 22), oder auch die Städte gingen unter und die Märkte blieben, wie es mit Aleision der Fall war, der ho: merischen Stadt, in deren Nähe Alesiaion sich als Platz eines monatli- chen Jahrmarkts erhalten: hatte (Strab. 341). ib Die Märkte der Städte waren die ältesten“ Theile gäe mg, mpiotperog dyood Pind. Neh. 3,14). Ihre Plätze bestimmten sich ent- weder dureh’ innere und selbständige Entwickélung der Verkehrsverhált- nisse und efwuchsen aus den Gaüen (vgl. Rudorf Grom. Instit. S..240), odet ago Folge üusserer Einwirkung, indem ` sich der Verkehr aach den &üstenpunkten- zog, welche fremde Kaufleute oder Ansiedler zum Lan- Pe wählten. So entstanden jene Küstenemporien; | von denen oben die Rede war (S. 121), die hie und da ausserhalb/ der: späteren a o omg e — == Staatsh.: be? -e In den: Auen et? f | — angenommene er | (Geogr. Ed vn s en Stadt- ie 8.19 lonialländern pflegte sich das städtische Leben ganz nach dem Landungs- platze 'hinzuziehen’ und die dortigen’ Städte: >erwuchsen “aus! den Hafen- plätzen ‘und Stapelórtern. ` Im Mutterlande hatten sich meist chan land- einwärts ‘städtische 'Mittelpunkte — so dass nur — ‚aus den Küstenemporien erwuchsen. n "Die aus natürlichen Lamdäierhöltilssehi: ERSTEN mee riti (daher: descendere. in forum), saat xoi4o:; wo die Wege züsammentreffen , edovvdywyoı toi; re dn) tie OwAdrmjs Tteunoué- voig xci roig dn) Tijg ypas zë (Ar. Pol 1331b); daher. hüufig sum- pfige Gegenden (Ov. Fast. 6, 395), auch mit. fliessendem "Wasser versehen (Herod. 5, 101) und. zur. — von- EEE ee KL Asien 11:528, 592 !, ' | «Um den Markt baut sich die ‚Stadt an, viblelie sich ous ;&h ; um- Bee /Gaüen' hier 'zusammenizieht.' ` Daher: kómmt der Markt: in die Mitte der Stadt‘ zu liegen (& usow yog /— ödoi g£povoai nods «Pri séi uégov Arist. Vögel 1004). Daher wird der Markt den Zoe: tig nöAswg entgegengesetzt (Thuc. 8. 95) Aber auch am äusseren ` Bande der Städte: waren Waarenplütze, wo Stadt- und Landgebiet 2 enstit also den Gränzmärkten analog. ` So hatte das FRE Thorgebäude einen runden Plátz.in seiner Mitte, auf) dessen Bestimmung ich (Pelop: IL 142) hingewiesen habe; eine Einrichtüng, welche sehr an die Benu- tzung der Thorräume im rg erinnert bea A D: Jacobi de foro in portis. Lips. 1714). - 9119 ^ie: centrale Lage der grischischäns Märkte 2 TER nicht a pedantischer Aengstlichkeit festgehalten ; sondern das organisirende Talent der Griechen zeigte ‘sich darin, dass überall den örtlichen Ver- Men EE Me Wee mg wurden; -sò hatte be- : iadod u Da ie; der aere zu K ltzen. fade wir auch im | orgen- lande; wie 2. B. in Jerusalem die Einsenkung zwischen Moria, Zion Zio und Akra, die mit einer Mörserschale verglichen wird (Zeph. 1, 11), der Auf- enthalt der Kaufleute war und der ‘mit Silber Beladenen’, und genau in der- ws «àn selben“ ‚Niederung befindet sich ‚auch der heutige Bazar (Robinson ` Neue ‘© Unter! $S:65, Thenius Bücher der Könige. Anhang S42). «=. 126 ERNST CURTIUS kanntlich der Peiraieus einen doppelten Markt; der eine war der See- stapel lund) Hafenmarkt ,. der andere das Organ für: den: ‚Verkehr zwi- schen Hafenstadt und Binnenland: . Der. attische Kerameikos | war. auch. nichts weniger als das räumliche Centrum der Stadt, aber er lag für die wichtigsten Beziehungen der Stadt unübertrefflich gut. Auch nach den Zeitverhültnissen richtete sich die Marktlage. | Denn ` durch ‚wesentliche Veränderungen der städtischen Bewohnung wurde ein früher wohlgelege- per Marktplatz unpraktisch. So können wir Verlegüngen des Marktpla- tzes 10 verschiedenen: Städten nachweisen, namentlich solchen ,. die- eine besonders bewegte Geschichte durchlebt ‘haben, wie Athen und ‚Syrakus. Milesiern) 'weissagte Thales; dass ein ganz schlechter 'urd verachte- ter Platz ihres Weichbildes noch einmal ihr Markt werden würde (Plut. Solon 12); der :attische' Kollytos' wurde in: späterer Zeit das vornehmste Stadtquartier/ weil ein Theil ‚desselben: Markt wurde, | Auch in Amphi- polis unterschied màn einen Altmarkt. vom Hemes (ryð: tis wir dieg- ge otong: 'Fhuk.:5, 11) H | BOOI ise0V 75^» Im Ganzen hielten die Griechen daratf, ‚dass nicht gen ganze: EN zum Markte: werde und alle Strassen zu Bazaren.!.; Sie beschrünkten den Verkehr auf bestimmte Plätze, sie gaben diesen ausserdem eine religiöse Weihe und eine staatliche. Bedeutung; indem sie daselbst als heiligen Mittelpunkt: den ` Staatsherd gründeten ünd. in Verbindung. damit «die of: fentlicheri. Gebäude, namentlich, das Prytaneion; sie machten den Markt zur Stätte der wichtigsten Funktionen des Staats, gor Allem der Rechts: pflege, und! darum; hat auch: die Kunst keine das Gemeindeleben‘: betref- bm. — em ‚früher in Angriffigenommen, als die Ausstattung des Marktplatzes. ‚Die ‚schön geglätteten, Richtersitze || (&eotol? 4/90:) de Schmuck des h hen: Markts, sind die ‚ersten Werke einer óffent- lichen Kunst. der Hellenen, | die Hicht bloss dem eg dient, "und als "den $ Ec IH i ^ ES ien psodie Tn on nye Steg yd ERR «Jn M "ed fno : eee Beispiele provisorischer Mairktverlegung '(newiorjens ne rege véi mo. — Aovuévov Thuk: 1.627, ER Jb +Altmarkt jn Ortygia: Rh: Musi XX. 21. “ATTISCHE STUDIEN | db ehrwürdigen TE der Gemeinde... Es zeigt am Besten, wie. die Hel- lenem mit dem Begriffe der Stadt auch den des Stadtmarkts ethisch auf- zufassen‘und ihm dadurch eine ganz andere Bedeutung und Weihe zu LÍ - wussten als die Völker des.Morgenlandés!). >v ` & mer "Dieses Gericht auf der Agora vor dem Ringe des Volks ist Aber nicht das ursprüngliche. Denn in ältester Vérfassungsperiode! so lange in der Königsburg der Schwerpunkt des öffentlichen Lebens lag, war és vor den Thoren des Palastes, wo der Konig seine Bescheide ertheilte, und diejenigen zusammenrief, welche einen ` Antheil am Gemeinwesen hatten ; die Vorplätze des Palastes waren also die ältesten Hammelorte der Bür- gerschaft, gi Horduoıo Aëgtpoe in der Ilias” vor den Pforten des Pen. theus (Eurip. Bakchen 315) u. s. w. In Theben und Athen erhielt sich die Tradition des alten Burgmarkts und "wie die Könige des heroischen Griechenlands, so richteten auch die Könige Israels (2 Sam. 15, 1) und die der Germanen (Grimm Rechtsält. Si an derselben Seene’ Vel. Ahrens Themis 2, 13. i : . Bei dem Sturze des Königthums wird Verwaltung und. Gericht. in die untere Stadt verlegt, in die Wohnplátze des Volks, bei dem jetzt die Staatshoheit ist. Kaufmarkt und Gemeindeplatz treten nun zusammen und. nach altem Sprachgebrauche bezeichnete &yog& auch Zeit (Höck Kreta II S. 59). So lange nun eine bestimmte Anzahl edler Geschlech- ter sich als das Volk betrachtet, wohnen sie um den Marktplatz herum (eineroden oi er tò Zoe ozoŭvtes) und sehen die Umgebung des Staatsherds und der Staatsgebäude ı wie ihr Quartier an, das nur scheu und vorübergehend von den Männern des Demos besucht wird. pene Mit der weiteren Entwickelung des V erfassungslebens hängt das Bedürfnis nach einem vom Kaufmarkte getrennten Gemeindeplatze z zu- sammen; : für, die Versammlung der Bürgerschaft wird ein ‚oberer Platz dije, HOY 1) Im Morgenlande dienen die Thorräume auch als Plätze für die Proz ues ` wie für die freiwillige Gerichtsbarkeit und für Öffentliche‘ lekanntmac Winer gg Realwórterbuch II 715. ` (im xil housy : - (1: 36 1 128 ^ ERNST CURTIUS übgegrünzt V, wie es Aristoteles! verlangt; aber ‚die Gerichte. bleiben am Markte und ebenso die öffentlichen Gebäude.» Die ganze. bauliche Ent- wickelung des griechischen Markts knüpft.sich. also an die Agora im 'en- geren Sinne, und wie die Kunst der heroischen Zeit dem. Sitze des Kö- Aigthums diente, so richtete sich seit Beginn der Demokratie die ‚künst- lerische Erfindsamkeit darauf, den Sitz des Demos schön, Saach und. grossartig auszustatten, w -Wo diese Erfindungen zu Hause sind, ist. uns SEN überliefert. Aber wir können mit gutem, Grunde die reichen Handelsstädte Ioniens : als die Wiege der Demokratie so wie der demokratischen Architektur be- trachten, Dort ist ohne Zweifel der Säulenbau zuerst zu prachtvollen Communalbauten (Arjize) verwendet und der Marktplatz zuerst mit schat- tigen Hallengängen ‚umgeben worden. Bei den. Siphniern sehen. wir, wie ein ‚solcher Luxus des Gemeindelebens mit einem gewissen Grade des öffentlichen, Wohlstandes einzutreten pflegte (Herod. 3, 57). Von Ionien wurde diese Kunst in Kimons Zeit nach Athen. ver- pflanzt. Damals entstanden die dyogei nerdetdeioı (Pindar. dithyramb. 1), die Lagerplätze und Marmorhallen (oroat£, dnoordiosıg, eEaıgkosıs, Kee nsginero. C. Insc. Gr n 3545), die Wasserkünste und Baumpflanzungen auf, den Märkten der Städte, welche mit ‚einander wetteiferten, in zweck- müssi ‚Einrichtung und geschmackvoller Ausstattung ‚derselben ihren uge zu bethätigen. Chalkis war stolz auf ı seinen Markt und ‚selbst f ASA e Orte, „wie Anthedon, ‚konnten sich ihrer Marktanlagen. ‚rühmen. a und s so konnten « die Märkte bei aller Pracht doch i im i. en ei e unr reg zelmässige Gestalt. haben. Es war eine neue Erfindung, die ms oen aus Ionien stammte, dass man den Markt als eine ' bauliche ‚Anlage auffasste , die früher getrennten, rchschnittenen und in schiefen Winkeln eben einander LD Weil ee darauf. ge, s fin bel i ATTISCHE STUDIEN 129 liegenden: Hallen. symmetrisch, ordente und auf diese Weise einen offnen Gemeindesaal! zu Stande, brachte, welcher durch Thore mit den anderen Stadttheilen in Verbindung stand!). Dies ist der vewzspog toónos, den ich in der Arch. Zeitung 1848 S. 295 f. deutlich zu mafhen gesucht habe; das ist die Grundform des Forums, welches Vitruv. V. 1 beschreibt: Graeci in quadrato amplissimis et duplicibus porticibus. fora constituunt crebrisque columnis et lapideis aut. marmoreis epistyliis adornant: et su- pra ambulationes in contignationibus faciunt. . Wenn ich nach diesen allgemeinen Bemerkungen zum Stadtmarkte von Athen übergehe, so bedarf ein Versuch zur topographischen Her- stellung desselben wohl keiner weiteren Befürwortung. | Mir wenigstens erschien es schon lange als eine ‚dringende Aufgabe, dass man, nachdem gewisse Vorfragen, wie ich hoffe, erledigt sind, die Markttopographie nicht, wie es bisher geschehen ist, im Zusammenhange mit der Topo- graphie der ganzen Stadt behandle; sondern einer besonderen Betrach- tung unterziehe, Denn ‚die Erfahrungen der letzten Jahre haben deut- lich genug gezeigt, wie viel Einzelforschung noch nöthig ist, ehe ein Ge- samtbild der alten Stadt gelingen kann und wie wir nur Schritt für Schritt auf dem schwierigen Boden der attischen Topographie vorwärts kommen können. Auf dem Gebiete des Kerameikos ; stehen fürs Erste keine Nachgrabungen in; Aussicht, deren Ergebnisse man abwarten könnte, und. wenn bei dem empfindlichen Mangel an deutlichen Ueberresten des Alterthums die Wiederherstellung in manchen Einzelheiten auch hypo- thetisch bleiben muss, so enthält doch jeder ernstliche Versuch dazu schon die heilsame Nóthigung, alle Punkte des Problems sich klarer zu wachen, das Sichere und VE Nier zu unterscheiden und den 1. Ueber Marktthore vgl. Göttling de Intanihta 1863 p. 5. Aber Thuk. 4, 111. ^^ dst kein solches Marktthor gemeint. Vgl Wegebau S. 83 und Vischer in ^" Jahn's Jahrb. f. Phil. LXXIII. S. 139. Marktthore in Xanthos (Ross Klein- asien $.47, Kadyanda (Ritter II 957) Korinth (Pelop. TE 5804 P3 t ii (1443) u. s. w. Hist.- Philol. Classe. XII. PR 130 ERNST CURTIUS. Vorstellungen, welche wir uns unwillkürlich bilden; eine schürfere Fas- sung zu geben, wodurch Wahrheit und Irrthum sich deutlicher heraus: stellen muss. -'Deshalb habe jet es versucht, den Raum, von welchem doch jeder Philologe ein mehr oder minder deutliches Bild im Geiste tragen muss, in einem ausgeführteren Grundrisse , als es bisher gesche- hen ist, vorzulegen ?). | Die Herstellung der Agora muss' von dem einzig Sicheren, 8 uns überliefert ist, ausgehen; das ist die Beschreibung des Pausanias. ‚Ihr richtiges Verständniss ist die erste Aufgabe, weil nur hier die Grup- pen der Marktgebüude in ihrem Zusammenhange mit den übrigen Stadt- quartieren angegeben sind. Dann erst wird es möglich sein, das aus an- deren Notizen Bekannte einzureihen, um so das skizzenhafte Bild, wel- ches wir aus Pausanias gewinnen, zu vervollstündigen. Seine Beschreibung der Agora ist ein Theil der Periegese von Athen, welche in sechs Abschnitte zerfällt: 1. vom Eingangsthore über den Markt bis zum Fusse der Burg. 2. Tlissosufer und Enneakrunos. 3. Fort- setzung der Marktbeschreibung bis zum Prytaneion. 4. vom Prytaneion nach dem Olympieion und Stadion. 5. vom Prytaneion zum dionysischen Theater und Umgebung. 6. die Akropolis, an welche die Grottenheilig- thümer unterhalb derselben und der See mit seinen E Saten angereiht wird ?). . Diese Eintheilung der Periegese erscheint im Ganzen zweckmässig und vernünftig. Die verschiedenen Absätze erklären sich am natürlich- sten aus dem Wechsel der Ortsführer, dessen Einfluss auf die Gestal- D Dankbar gedenke ich dabei der Unterstützung meines Freundes, des Herrn Oberhofbauraths Strack. Im Einverständnisse mit ihm habe ich den Plan entworfen und seiner SSES verdanke ich die Zeichnung derselben. 2) Als ‚Anhang folgt c. 28, 8 eine Aufzählung der attischen Gerichtshöfe; line | der, pues | Poriegeten entgangen, ‚welcher den ATTISCHE STUDIEN 181 tung des Textes ich ‚bei andrer Gelegenheit nachgewiesen , zu haben glaübe (Pelop. II 52, 109). Durch die Abhängigkeit des Pausanias von der Leitung der Ciceronen lässt sieh. manche Seltsamkeit ‚erklären, welche bei einem Manne, der den Stoff mit Selbstündigkeit und Freiheit beherrschte, unerklärlich wäre. Am seltsamsten bleibt die Enneakrunos- episode, welche nicht nur an ihrer Stelle. jedem vernünftigen Plane wi- derspricht, sondern auch an sich als ein besonderer Theil der städtischen ` Wanderung schwer zu begreifen ist, da eine spätere Tour in. dieselben Gegenden zurückführt. Auch an eine Verunstaltung des Textes ist nicht zu denken, da ganz deutlich zwei Wanderungen vorliegen. . Wenn ` man also.nicht ganz besonderen Umstünden, die ausserhalb aller. Combina- tion liegen, diese Abnormität zuschreiben will, so kommt ‚man auf fol- gende Vermuthung. . Die Punkte nämlich, ‚welche Pausanias. bei seiner ersten. Ilissoswanderung erwähnt, (Odeion, Enneakrunos, die Heiligthü- mer der Demeter und Kora, sowie der.Triptolemostempel und der Tem- pel der Eukleia) liegen. alle.in der Nähe des itonischen Thors. Da nun Pausanias zuerst in: dies Thor'eingetreten ist und. dann erst, eines Bes- seren belehrt, von. der Westseite, dem Haupteingange der Stadt, her ei- nen neuen und richtigeren Anfang seiner städtischen Periegese macht, so.ist es. mir nicht. unwahrscheinlich.-dàss er jene Punkte gleich nach seinem ersten Eintritte besichtigt‘, und verzeichnet. hat; so: dass. sie eine besondere Gruppe in seinem Tagebuche bildeten, welche er dann spáter. um. die Merkwürdigkeiten der innern Stadt nicht auseinander zu reissen, an. einer andern Stelle eingeschaltet hat. Dass er dies nicht geschickter gemacht hat, kann bei der geringen Kunst und. Vebung, welche Pausa- nias gerade in der Redaktion seiner attischen Aufzeichnungen erkennen . lässt, nicht Wunder nehmen. Vgl. Lenormant in seinem Aufsatze ‘de . la maniere de lire Pausanias in Bulletin. Archéol. de l'Athenaeum. Fran- cais. 1855. p. 10: Soit que l'expérience manquát à Pausanias, lorsqu'il commenga sa description, soit que le nombre des ouvrages, qui se rap- portaient à l'Attique, lui eüt cause de l'embarras, ce Deep ‚se distingue par des omissions considérables etc. Auch einen. Stral € wé ES, 396) brachte die;Fülle der Merkwürdigkeiten Athens in Verwirrung 132 ERNST CURTIUS Nachdem wir uns auf diese Weise den befremdenden Umstand zu erklären gesucht haben, dass zwei Touren des Pausanias in dieselbe Ilis- sosgegend führen und die Beschreibung der Agora durch ein. ungehöri- ges Einschiebsel in zwei Hälften getrennt ist, fassen wir dieselbe als ein Ganzes auf und suchen sie uns im Einzelnen deutlich zu machen. Pausanias kennt nur die Agora im inneren Kerameikos. In Be- zug auf ihn herrscht ein doppelter Sprachgebrauch. Im weiteren Sinne verstand. man darunter das ganze Stadtquartier vom Fusse der Akropo- lis bis an die Westgränze der Stadt, die ganze innere Hälfte des durch die Ringmauer getheilten Gaues der Kerameer; so in allen Stellen, in welchen der städtische Kerameikos dem äusseren entgegengestellt wird, und dort, wo Privatgebüude innerhalb der Stadt als im Kerameikos ge- legen angeführt werden. So bei Isaios VI 8 20: 7 ër xzeoausızd ovvot- ef, : Im engeren Sinne aber bezeichnet der Name Kerameikos einem bei den Griechen weit verbreiteten Sprachgebrauche gemäss den wichtigsten Theil des städtischen Gaues, d. h. den Markt, und in zahlreichen Bei- spielen, namentlich wo von Aufstellung öffentlicher Denkmäler die Rede ist, bedeutet èv xsp«useu gerade so viel wie é» &yoo@. Zestermann Basiliken S. 36. Pausanias bespricht den Kerameikos nur in dem zweiten Sinne, nicht als Gau oder Stadtviertel, sondern als einen städtischen Platz, xwotov. Der Platz ist im Ganzen ein niedrig gelegener; deshalb werden die östlichen Gebäude als oberhalb des Kerameikos angeführt. Es muss ferner ein Platz von ansehnlicher Grósse gewesen sein, da er ihn auf zwei verschiedenen Wegen in zwei Absützen beschreibt (was z. B. bei einem Platze von der Grösse des römischen Forums schon sehr auffal- lend wäre), und zwar geht er erst an den äusseren Seiten herum, um ` dann das in der Mitte des Platzes Befindliche zu erwähnen. Dass er aber bei seinem Umgange nicht die Absicht habe, in Aufzühlung der KZ Vollständig zu sein, Kr er deutlich zu verstehen, in- A “hervorhiebe. , Zewen andern Stelle (3. 11, 1) spricht er ATTISCHE STUDIEN 133 sogar von einer Revision (£neröo9wue), welche er mit seiner Atthis vor- genommen habe. Daraus geht hervor, dass er bei späterer Durchsicht seiner Aufzeichnungen nur einen Auszug aus denselben zu veröffentli- chen beschlossen habe mit Ausschluss des minder Merkwürdigen. Nach welchen.Grundsützen er aber die Sonderung des Merkwürdigen von dem minder Merkwürdigen (dztoxgive: rà Gro Zorte, &niA£En0 D c tà ud Auot Gë uvýunņs) gemacht und wie er diese Rücksicht mit der anderen ver- einigt habe, das Allbekannte zu übergehen, darüber finden wir bei dem Schriftsteller keine Auskunft und es ist wohl vorauszusetzen, dass er da- bei im Ganzen ziemlich principlos verfahren sei; denn eine rationelle Ausgleichung dieser beiden Gesichtspunkte ist ja an sich ganz unmöglich, Für die ganze Schriftstellerei des Periegeten scheint mir aber das Re- sultat sich zu ergebén, dass er, als ihn seine Liebe zum Alterthume vor Allem nach Athen hinführte, für litterarische Darstellung noch ganz un- vorbereitet war, dass er anfangs den ganzen Stoff mit vollen Händen ge- ben wollte und erst spüter, als er die Atthis in besonderer Ausgabe ver- öffentlichte, sich zu einer abkürzenden Redaktion veranlasst sah, wie er sie sich. nachher. bei besonders wichtigen Städten zum Gesetze machte, Wie grossen Nachtheil uns, denen Pausanias die einzige periegetische Quelle ist, die zweite Hand, welche er an seine Tagebücher legen zu müssen glaubte, gebracht hat, ist leicht ersichtlich, und bei solchen Plä- tzen des. Alterthums, wie der attische Markt, tritt uns natürlich das Lü- ckenhafte der Beschreibung am empfindlichsten entgegen. Pausanias betritt den Markt, indem; er von Westen her die grosse Halenstrasse herkommt, welche den Kerameikos im engeren Sinne mit dem Dipylon verband!) Es war diese Strasse gewissermassen eine Er- 1) Ueber den Eintrit des P. durch. da. -Dipylon vgl. meine Abh. z: geck ii Wegebaus S. 68 (276); Bursian Geogr. v. Gr. L 278 stráubt sich noch gegen das Dipylon, obwohl er zugiebt, dass der gewühnliche Weg vom Peiraieus durch dasselbe ging, und warum ging denn P. vom itonischen Thore um die halbe Stadt herum, wenn er nicht dadurch den Vortheil erreichte, die eigent- ` liche Stadtwanderung bei dem Hauptthore zu beginnen, der porta velut in ore urbis posita. maior aliquanto patentiorque quam ceterae (Liv. 31, 24). 134 ERNST CURTIUS weiterung des Marktplatzes und die Einleitung und Vorbereitung dessel- ben, indem sich in ihr‘ zu beiden Seiten nur Gegenstände von allge- mein städtischer Bedeutung fanden und namentlich die Bildnisse ausge- zeichneter Männer und Frauen rechts und links vor den Süulenhallen in Erz aufgestellt‘ waren, wie sie sonst die Marktplätze selbst zu schmü- cken pflegten. ` Es wird nicht gesagt, dass es nur Athener und Athene- rinnen gewesen seien; es ist im Gegentheil sehr wahrscheinlich; dass man namentlich in der perikleischen Zeit hier Bildnisse von Hellenen aller Gegenden vereinigte, um Athen als den Mittelpunkt griechischer Bildung zu kennzeichnen, wo jedes Verdienst, das sich auf dem weiten Gebiete derselben geltend gemacht hatte, seine Anerkennung und Wür- digung finde. Die Hallen gingen ununterbrochen vom Thore bis zum Marktplatze; es war also eine Strasse und ohne Zweifel eine der we- nigen kunstgerecht angelegten, breiten. und geraden Strassen von Athen, wie es schon die Festprozessionen verlangten und wie es namentlich von den Marktstrassen verlangt wurde. (Vergli Arist. Vögel 1005 die ódoi Geier), Sie ging in' der flachen Höhlung des Bodens entlang, welche der von Natur so deutlich vorgezeichnete Ein- und Ausgafig der Stadt ist, und welche zu allen Zeiten, so lange Athen an der Nordseite ` det Burg gelegen hat, als westliche Thorstrasse gedient hat, ‚sie fällt also mit dem unteren Theile’ der heutigen Hermesstrasse "zusammen ` "wo ‚diese aber eine östliche Biegung macht, ging die alte Strasse in gerader Linie ch weiter, bis sie den nördlichen Rand des Marktes erreichte. — . " Die beiden Strassenseiten waren äusserlich gleichartig, aber wesent- lich verschieden von einander. Denn die eine Seite hatte einfache Säùt ige, welche nur die Einfassung der Strasse bildeten, ‘die ‘ändere aber Hallen mit anliegenden Gebäuden (7 rég töv goën Zrer iepà Aere etc) Der einsilbige Perieget sagt uns nicht, welche von beiden zur ; E Linken gelegen. war. Te lässt, sich mit * maleho D. geht, bt die ri Inta intra BR deet, das RER ing, an der Strasse lag) so wie der De- re mótertempel zeugen für das Dipylon. Vgl. Att. Stud. TOM Oa ATTISCHE STUDIEN 135 Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die rég và» gro mit den ísg& Aen mn. oso w. die linke war. Denn während rechts vom 'Thore der Raum durch Felshóhen eingeschrünkt ist, breitet sich zur Linken d. i; gegen Norden eine geräumige Fläche aus, wo für grössere Anlagen Platz war. Auf dieser Seite also haben wir uns hinter den Säulenhallen die von Pausanias angeführten Baulichkeiten zu denken, zunächst dem 'l'hore einige Heiligthümer, dann das Gymnasion des Hermes, dann einen gros- sen Bezirk des Dionysos Melpomenos, welcher das berüchtigte Haus des Polytion einschloss so wie die Weihgeschenke des Eubulides, und endlich das Gemach, in welchem eine Gruppe von Thonfiguren den Landeskónig Amphiktyon darstellte, wie er die Götter und namentlich. den. Diony- sos bei sich bewirthete. Diesen Gastsal haben wir ops also schon . in der Nähe der Agora zu denken, und es leuchtet ein, wie sehr derselbe ` seiner Bedeutung nach dieser Lage entspricht, da am. Markte der Herd der Stadt war, in welche Dionysos von Eleutherai auf dieser Strasse ein- gewandert sein sollte, und der Altar der zwölf Götter, an welchem. auch die dionysischen Festchóre ihre Gesünge aufführten. Die Lage des Markts kann im Allgemeinen nicht zweifelhaft sein. Sie ist schon dadurch bestimmt, dass man vom Kerameikos bei den ‚Standbildern der Tyrannenmörder zur Burg hinaufging. In dieser Rich- tung ist nur eine flach gesenkte, muldenförmige Niederung, welche sich zum Burgaufgange hin erstreckt, eine Niederung, welche im Süden durch die ansteigenden Terrassen des Areopags, im Westen durch den Höhen- zug, welcher im Hügel des Theseions ausläuft, im Osten durch das et- höhte Terrain am Nordfusse der Akropolis ihre natürliche Begränzung hat. In dieser Niederung haben wir uns den Markt als einen vierecki- gen Platz zu denken, dessen drei Seiten den Rändern der Niederung entsprechen, wührend an der vierten oder nórdlichen Seite der natürliche Zugang, war, durch den man von der Dipylonstrasse den Markt betrat. ' So wie Pausanias den Platz betritt, erblickt er zur Rechten. die Halle des Archon-König mit den Gruppen des Skiron und Kephal auf dem Dache. Diese Halle kann nach den Worten des M opeten noch an der Nordseite des Platzes gelegen haben, ‚aber auch schon an * 136 ERNST CURTIUS der Westseite. Das Letztere ist wahrscheinlicher, besonders deshalb, weil Pausanias später die an der entgegengesetzten Marktseite - befind- lichen Gebäude als oberhalb der Königshalle gelegen bezeichnet. Da- raus dürfen wir folgern, dass sie das erste Hauptgebäude an der West- fronte des Markts gewesen sei. In der Nähe der Stoa, also vor der gegen Osten geöffneten Säulen- halle, und zwar, wie das Folgende lehrt, bei dem südlichen Ende sah man eine Gruppe von drei Standbildern, welche historisch genau' unter sich zusammenhingen; es waren die um die Wiederherstellung der atti- . schen Selbständigkeit und Seemacht vor Allen verdienten Männer, Konon, 'Timotheos und Euagoras, und diese standen wiederum in der Nähe einer ohne Zweifel kolossalen Statue des Zeus Eleutherios oder Soter, einem Denkmale der Perserkriege, welchem spáter Kaiser Hadrian an die Seite gestellt wurde. An dieser Gruppe vorübergehend war Pausanias schon vor der Fronte der zweiten Markthalle angelangt, denn ‘hinter den Standbildern' (P. ist nämlich, um die nach Osten blickenden Statuen von vorne zu se- hen, auf den innern Marktraum vorgetreten), also an derselben Markt- seite war eine Halle mit den Gemälden der zwölf Götter. Diese Halle, e die des Zeus Eleutherios genannt, schloss sich also unmittelbar an nigshalle an, und damit stimmt auch die Angabe bei Harpokration: dili | goe nag &AANAec dj ee Too EAsvOsolov Adds xci Ñ Beoiisıog, ein Ans, ` druck, aus welchem man mit Unrecht gefolgert hat, dass die eine hinter der anderen gelegen haben müsse oder dass sie gar an verschiedenen Marktseiten anzusetzen seien. wodurch der Zusammenhang in der Perie- gese des Pausanias gänzlich zerstört werden würde. Er geht ohne Zwei- fel an. derselben Marktseite gegen Süden weiter und reed bezeichnet ‘auch hier nichts Anderes als ein einfaches Nebeneinander oder die ui- mittelbare ‘örtliche Folge (vgl. Ausdrücke wie tør gumgërnon tès negak- Anjkovs Hass u. A). Damit ist aber nicht gesagt, dass beide Hallen ge- mau in einer Fluch ‚gelegen haben; es deutet vielmehr ge: Bruder ATTISCHE STUDIEN 137 + Nahe bei der Zeushalle . welche gewiss das ansehnlichste und ge- räumigste Marktgebüáude auf dieser Seite war und vor allen der Bürger- schaft. zu einem angenehmen Aufenthalte diente, lag der Tempel des Apollon Patroos, welcher als Vater der ionischen Geschlechter Ahn und Schutzherr der Athener und der Hort ihres Staats war. Da die ‚später genannten Gebäude am Areopag lagen, so ist es wahrscheinlich, dass der Apollotempel noch in derselben Reihe von Gebäuden stand, welche den Markt an der Westseite schlossen, so dass seine Fronte mit. der Zeushalle ungefähr in seiner Linie lag, und vor seiner Fronte standen, gegen Morgen blickend, nach dem innern Marktraume vorgerückt, die beiden Standbilder des Gottes, der Patroos des Leochares und der Alexi- kakos des Kalamis. Mit dieser Anordnung stimmt es, dass Pausanias, nachdem. er die bisherigen Gegenstände mit ausdrücklicher Bezeichnung der Nähe (an ein- ander gereiht hat, nun ohne einen Ausdruck dieser Art zu gebrauchen, zu einer Gruppe von drei Gebäuden übergeht, welche eng unter einan- der verbunden nach. unzweideutigen Kennzeichen : dem Südrande ` des Markts angehören. An ihnen entlang gehend kommt P. zur südöstlichen Ecke des Kerameikos, und so spricht Alles dafür, dass er nach dem un Patroos'von der westlichen Marktseite auf die Südseite Bes wo sich das Terrain zum Areopag hebt. : Die drei Gebäude führt Pausanias in dieser Folge auf: Metroon, Buleüterion und Tholos; indem et sie durch ein zweifaches 745oíov zu einer Gruppe verbindet.-: Dass sie am Rande einer ansteigenden Gegend lagen, folgt daraus, dass ‘oberhalb’ derselben die Standbilder der Heroen standen, nach welchen die attischen Bürgerstämme benannt waren. Diese müssen also auf einer den een "ze Terrasse gës xai A M3 . die Eleutherios bei Hesychios angeführt a der Verbesserung von. Meur- sius (Hes. ed. M. Schmidt I p. 362), wenn sich daraus auch über die Lage nichts. Näheres folgern lässt; und eben so wenig aus Diog. Laert, VI, 7. 22, ...*. ‚woraus. Leake (D. A?. S. 18) auf die Nähe von Temas m Ponpeion ‚schliessen. wollte), nn Hist. - Philol. Classe. Xll. E rx 138 ERNST CURTIUS haben, und diese Terrasse, welche, wenn auch künstlich aufgemauert, doch ohne Zweifel auf einer natürlichen Bodenerhebung beruhtel), kann nach der ganzen Oertlichkeit nur am Abhange des Areshügels gesucht werden. Diese Annahme wird dadurch bestätigt, dass in der Nähe der Arestempel angeführt wird, welcher von der nach demselben Gotte be- nannten Hóhe doch nicht wohl getrennt gedacht werden kann, und end- lich setzt Pausanias hinzu, nicht weit davon ständen dié Statuen des Harmodios und Aristogeiton. Da diese nun nach anderen Zeugnissen in der Nähe des Burgaufgangs standen, so folgt aus dem Allen auf eine, wie mir scheint, zwingende Weise, dass Pausanias vom Apollotempel her am Areopag entlang gegen Osten bis zum Fusse der Akropolis vorwärts gegangen ist, und so wird die Anordnung der Gebäude auf der Südseite des Markts im Allgemeinen ausser Zweifel gestellt. Die Tyrannenmörder standen nicht in enger Reihe mit anderen ‚Denkmälern , darum werden sie von Pausanias auch nicht in unmittel- barer Nähe eines anderen Gebäudes angeführt, und auch Arrian’s Aus- sage?), dass sie ungefähr dem Metroon gegenüber standen, lässt noch. ei- nen geräumigen Zwischenraum voraussetzen. Es war ein: hochragender, weit sichtbarer Standort, den sie einnahmen, eine von andern Aufstellun- gen absichtlich frei gehaltene: Terrasse, welche als Opferstätte des Pole- marchen und als Tanzplatz für Festchöre diente), eine stattliche Hoch- fläche noch: innerhalb des Kerameikos und zum Markte gehörig, ungefähr ‚dort, wo noch heute die Wege sich trennen, welche aus der Unterstadt rechts zum em links zur Burg hinaufführen. SE er Ii 5 »x Man erkennt noch Ben alter Terrassen am Areopag. wie sie auf dem Plane i sindsriod 2) Anab. 3, 16: xsiyran er èv Kegausıza ai RER 5 deg éc nö, Seenen Bilder von vgevvosróvo: agind, de- ; den Agoranomen oblag, die- die Zmuelsıe ër eixovar at E 1863 S 267. So war es gne u in Athen. ATTISCHE STUDIEN 139 M Rathhaus und Metroon lagen selbst: schon auf höherem Grunde. Dass letzteres auf Felsgrund stand, schliesse ich aus dem Barathron. oder Chasma;: welches unter demselben befindlich war (Suidas s. v. Bcge9oor und Mnroeyvorns) und das wir uns doch als eine Felskluft oder -spalte denken müssen; zugleich kann man aber aus den Worten Ariane schlies- sen, dass von der Ostseite des Metroons eine freie Aussicht gegen Osten war, weil die gegen Westen gerichteten Bildsäulen der Tyrannenmörder ihm gegenüber standen. Deshalb habe ich es auf dem Plane etwas tie- fer als das Rathhaus angesetzt. Dieser freien, sonnigen und bequemen Lage wegen liebte es gewiss auch Diogenes, sich vor dem Metroon zu lagern, wo er das rege Volksleben vor Augen hatte D. Darüber also lag die Eponymenterrasse auf einem Absatze des Areopags, und an derselben Hóhe' standen in: der Richtung nach der Burg die Statuen- des Amphia- raos und der Eirene, welche ihren Knaben Plutos auf dem Arme trug; dann die Erzbilder des Lykurgos, des Kallias; des Demosthenes und un- weit des letztern das — € des Ares mit einer Gruppe von Stand- bildern umher. So war Pausanias bis: zur Südostecke der Agora Gerten und da- mit schliesst der erste Theil seiner Beschreibung‘ derselben, welcher viel- leicht einem herkömmlichen Pensum der Fremdenführung entspricht. Fragen wir nun, wo er den Faden wieder aufnimmt, so giebt darüber Pausanias selbst einen Fingerzeig, indem er Kap. 14, 6 die Marktseite, welche er jetzt beschreibt, als die höhere und die Punkte, welche er zunächst erwähnt, nach der Stoa Basileios bezeichnet. ‘Oberhalb des Ke- rameikos, sagt er, und der Königshalle ist ein Tempel des Hephaistos’. Wenn wir die Worte önig òè zöv Kegeusızöv u. s. w. in dieser Weise auffassen (und ich wüsste in der That nicht, wie sie anders ver- standen werden sollten?), so müssen wir daraus schliessen, dass die er- sten Gebäude, welche jetzt von Pausanias genannt werden, der Bion 1) Diog. Laert. VI, 23. Sen. Ep. 90, 14. Als eine Stätte T olickens kommt der Sonde vc Merde v» ©. auch bei Aesch. c. Tim. '8 60 vor. 9) $nig nach Analogie von Opdxsc ung vov kno — m 140 ERNST CURTIUS stostempel und das benachbarte Heiligthum der Aphrodite Urania, dem Markte so nahe lagen, dass man von ihnen die Königshalle erblicken konnte (denn an diese knüpft P. an, um seine Leser zu orientiren, und dies war bei der Fortsetzung der Marktbeschreibung om so passender, da er bei derselben Halle den Anfang derselben gemacht hatte); aber sie lagen nicht unmittelbar am Markte, denn es wird noch ein Weg ge- macht, um von jenen beiden Heiligthümern zur Markthalle Poikile: zu gelangen (Zog dà npóg zën orodv, f» lTowíAnr Ovoudtovow , Lou "Eoute gaAxobe xeAoUusrvos dyopeiog zal An nAnoiov). Auf diesem Wege kommt also P. an einem Thore vorüber, und da dies Thor ohne Zweifel am Rande der Agora gestanden hat; so muss hier anch eine fortlaufende Begränzung derselben stattgefunden haben; denn feste pot gehören zum Wesen eines griechischen Marktplatzes (vgl. Arist. Ach, 727). Als Grünz- zeichen dienten aber die Hermen, und da wir nun wissen, dass von der Poikile und: zwar nach Norden hin [wie sich gleich ergeben wird) eine Hermenreihe ausging, so wird es gewiss in hohem Grade wahrscheinlich, dass Pausanias durch diese zur Poikile gelangt ist. An dieser Hermien- strasse stand auch der Hermes Agoraios, und da derselbe an der inneren Marktseite stand und Pausanias erst ihn und dann das Thor nennt, so folgt daraus, dass P. nicht durch das Thor, wie Einige angenommen haben, den Marktplatz betreten hat; er muss denselben: schon vorher erreicht haben und zwar durch die offene Hermenreihe, welche Durch- blick und Durchgang gestattete.^ Nach dieser, wie ich hoffe, einfachen und einleuchtenden Combination sind also auf meinem Plane die beiden Tempel: des. Hephaistos und der Aphrodite der Königshalle gegenüber hinter den Hermen angesetzt worden und diese Ansetzung wird dadurch bestätigt, dass in anderen ‘Zeugnissen das Hephaisteion nicht am Markte; sondern in der Nähe desselben angeführt wird mn "e CH X und ge. MN Tage ad Pausa aias: die, Beschreibung der den Markt. ins A SE zu ee inneren, | Marktraume über, ohne die ae, zu ‚erwähnen. . Diese muss ATTISCHE STUDIEN 141 aber nothwendig auch ihren Abschluss gehabt haben, da wir uns keine Agora ohne eine vollstindige Umgränzung denken kónnén, und: diesen Abschluss bildeten die Hermen. Denn die Hermenreihe nahm. nàch be- ‚stimmten Zeugnissen nicht nur. bei der Poikile ihren: Anfang, sondern auch bei der Königshalle (nò pe HomxíAme xe ris. zu Baoılkos ormäs sloiv ol'Eouei xeAodusvor Harp. u: d. W.'Eguei); eine Ausdrucksweise, welche um so passender erscheint, wenn die Hermen nicht in gerader Linie von einer Halle zur anderen sich erstreckten, sondern, wie es auf dem Plane angegeben ist, an der nordöstlichen Marktecke einen Wins kel bildeten, von welchem sich ein Arm der Hermernreihe bis zuri Pois kile erstreckte. ` Unter diesen ‚Verhältnissen konnte sehr wohl von einem doppelten Anfangspunkte die Rede sein: Die Hauptreihe der Hermen war aber diejenige, welche von dé Königshalle gegen Osten ging; damit gewinnen wir die vierte Marktseite und zugleich den Abschluss des Kerameikos im Norden. "Wenn uns also zwei verschiedene Gruppen von Markthalléen genannt werden, éin- mal Eleutherios, Basileios und Poikile, und wiederum Poikile; Hermen- halle und Basileios (Tzetzes in Cramer. Anecd. IV p. 31), so werden in der ersten Gruppe diejenigen zusammengestellt, welche die gróssten und ansehnlichsten waren, in der zweiten aber die drei Hallen, welche, mit ihren. Enden ` zusammenstossend , den: nördlichen Theil des Marktplatzes einfassten. Indessen haben wir uns die .*Hermen' wohl nicht als eine eigentliche Markthalle vorzustellen (wenn auch Aeschines g. Ktes. 183 sie so nennt und die ‘sro 'Egudw bei Harpokration auf einer sehr wahrscheinlichen Emendation Sluiters beruht), sondern als eine offene Reihe von. Hermenbildern, welche in grosser m und. mehrfachen Reihen neben einander aufgestellt waren. Dass aber diese Hermen. ‚wirklich an der Seite standen, wo die Hauptstrasse vom Thore) her in den Markt mündete, bezeugt Xenophe im Hipparchikos 3, 1. Dort ist. von den Reitergeschwadern dini dis. welche auf dem Markte: Athens einen feierlichen Umzug. halten, wobei sie ot jedem der dort befindlichen Heiligthümer Halt machen und ihre Verehrung bezeugen. ‘Dieser Umzug geht von den. Hermen aus und 142 ERNST CURTIUS kehrt dahin zurück. ‘Nach Vollendung dieses religiösen Akts , bei wel- chem sich die Reiter in feierlich ruhiger Haltung der Bürgerschaft zeig- ten, soll wiederum von den Hermen ein neuer Ritt von den nach Stüm- men geordneten Geschwadern gemacht werden, ein schneller Ritt, wel-. cher das am Fusse der Akropolis gelegene Eleusinion zum Ziele hat. A Hieraus geht deutlich hervor, dass man die Hermen als den An- fang und Hauptzugang des Markts betrachtete, und zweitens, dass dieser Zugang an der von der Akropolis entfernten und ihr gegenüber liegen- den Seite befindlich wär. "Denn es liegt in der Natur der Sache, dass die Reitergeschwader auf ihrem Bitte nach der Burg erst den ganzen Platz durchritten und darauf in die Strasse einlenkten, welche vom Bb rameikos nach dem Eleusinion führte. Die Reitergeschwader stellten sich also an demselben Platze auf, wo Pausanias den Markt betrat. Es war das caput fori, ohne Zweifel ` der beste Punkt, um den ganzen Platz zu überblicken. ` Da hatte man rechts die Konigshalle, links die Poikile, gerade vor sich die reich be- setzten Terrassen des Areopags, seitwürts davon oberhalb der 'Tyrannen- mörder die Propylüen u. s. w. Hier war der beste Standpunkt für die Zuschauer der Marktfeste; deshalb wurde auch hier das Schaugerüste für Aristagora erbaut, welches. die Höhe der Hermen überragte (řxorov HELEWO0TEOOV mër 'Eogud» Athen. 167), damit sie dort, vom Gedränge un- belästigt, den ganzen Platz am Panathenäenfeste überschaue und selbst ein! Schmuck des Festes sei In seiner Eigenschaft als Hipparchos er- richtete Demetrios seiner: Geliebten diese Tribüne , deren Errichtung zu- Sie meine frühere Annahme bestätigt, dass die Hermen nicht als eine kte Stoa zu denken seien. Als ein Hauptpunkt am Markte und -— —À als ein Aufenthalt und Tümmelplatz der Reiter werden die eee — in dem Bruchstücke des Hippotrophos von Mnesima- s sehr Eos lich geschildert (Meineke Fr. Com. III 568), und wir 2 inen een Platz sowohl ausserhalb der Hermen : men. Wir dürfen hier überhaupt kei- n t " eg annehmen, welcher von der Thor- "sondern eine Reihe von Zugängen , viel- ATTISCHE STUDIEN 143 leicht zehn nach der Zahl der Bürgerstämme, welche hier, in eben so viel Geschwadern vertreten, auf den Kerameikos aufritten. Auf jeden Fall sprechen ‚diese Erwägungen. dafür, dass die Hermenreihe sich im Norden. über die ganze Breite des Kerameikos erstreckte, und dadurch bestütigt sich wiederum die Ansetzung der Basileios an der. Westseite, womit wir die Periegese des Markts begannen. Bei der Begrünzung, wie wir sie festzustellen. gesucht haben, erhal- ten wir einen Platz, dessen Diagonale (von der Königshalle bis oberhalb der Orchestra der Tyrannenmörder) ungefähr dieselbe Länge hat, wie die obere Burgflüche von dem Thore der BEE bis zum. Ostrande. des Burgfelsens, also etwa 450 Schritt. ‚Bisher sind wir in der Hauptsache don, Pausanias HA und ha- ben anderweitige Ueberlieferungen und Thatsachen nur so weit benutzt, als ste für. die Anordnung der von P. angeführten Denkmäler und für die Ergänzung seiner Beschreibung eine unmittelbare Bedeutung haben. Von erhaltenen Ueberresten ‚des Alterthums ist keine Rede gewesen, da bis jetzt noch nichts zu Tage getreten jet. ` was ‚an und für sich einen festen Haltpunkt für die Topographie abgäbe. ` Man hat freilich auch auf dem heutigen Boden des Kerameikos Kennzeichen und Spuren des Alterthums nachweisen wollen. ` Man hat. auf die. vielen Kapellen hinge- wiesen. welche in dieser Gegend noch stehen und früher noch zahlrei- cher waren; man hat die Legenden zu Hülfe genommen, um zu erwei- sen, dass die Philipposkirche den Platz bezeichne, wo. der Heilige auf dem Markte der alten Stadt. zum Märtyrer geworden sei. Man hat die Namen der Heiligen, welche im Kerameikos und Umgegend verehrt werden, benutzt, um theils in ihrer Bedeutung, theils in ihrem Klange .einen Hinweis auf die Gebäude. des Alterthums.zu erkennen. Es sind begreiflicher Weise besonders. die einheimischen Gelehrten, welche. in Griechenland wie in Italien die Tradition als ein Moment in der topo- graphischen Wissenschaft geltend machen, und auch Forscher wie Zeg gabé verschmähen es nicht, in der Kirche roð Xce4xovoíov eine Rem cenz an das Heptachalkon und: das Heroon des Chalkodon.. zu kennen und die &yíc Heo«oxsvn, mit dem Pompeion, den. Zoe ` NixóAmoc mit dem "144 ERNST CURTIUS ‘Poseidon, die dwdexe dnócovo4o: mit der Zwölfgötterhalle und : sogar den &ytoc ' HAíes mit der Basileios in Verbindung zu setzen. Vgl. döyos £xgx- gneis neo& Too xeOnyrroU "ARE. | "Peyxefij vj 20 Meiov 1861. Auch 'wäre es ohne Zweifel unbesonnen, bier jeden Zusammenhang läugnen zu ‚wollen und man wird es den neugriechischen Gelehrten Dank wissen, wenn sie noch sorgfältiger, als bisher geschehen ist; die örtlichen Tradi- tionen sammeln. © Andererseits ist aber nicht zu verkennen. dass és sehr ‘schwierig ist, in Benutzung solcher Traditionen methodisch zu verfahren und auf sichere Resultate zu kommen , so dass man einstweilen darauf wird verzichten müssen, den christlichen Ueberlieferungen eine ph dici . phische Beweiskraft einzuräumen. Etwas Anderes ist es mit den ‘schriftlichen Denkmälern, vale den Namen ihres ursprünglichen Standorts enthalten und so als topogra- phische Fingerzeige dienen. Einige dieser Marktinschriften, welche gros- ‚ses Interesse erregten, sind jetzt nicht aufzufinden und deshalb apokry- phisch; "namentlich solche, welche neben ein Paar gleichgültigen Wör- tern den Namen einer berühmten Lokalität enthalten, wie die Leoko- rioninschrift (Pittakis Athènes p. 78), die vom Apollon Patroos (Rang. 1I 1048) und die vom Metròom (1153— 56); welche die Lage dieses Ge- "bü&udes bei H Hypapante, der N. W. Ecke der Burg gegenüber, erwei- sen sollten. Andere sind erhalten und sind besonders für die Lage des Buleuterion von den neuern Gelehrten einstimmig als ein vollwichtiges Zeugniss angenommen worden. ` Vgl. Meier Comm. Epigr. p. 18. K. ‚Fr. Hermánn Gr. Staatsalt. $:127, 2. Indessen hat man erst in den letzten Jahren'die Beschaffenheit dieser inschriftlichen Fundstätten näher kennen ‘gelernt. Die Ruinenmasse, welche auch noch auf der dem Pro- gramm |, Ges.'in Athen vom Juli-1861 beigegebenen Tafel genannt wird, ist ein Stück der sogenannten’ Valerianischen . Mn deren. Beschaffenheit ich im ersten Hefte dieser Studien beschrie- deren Lauf in der demselben beigegebenen Karte zuerst ver- zeichnet worden is . Wischer ist gleichzeitig mit mir zu der Ueber- zeugung dass sie einer. späteren Zeit. als der des Valerian er setzt. Mc erst in die ‘fränkische Zeit. ^ Auf jeden Fall ATTISCHE STUDIEN 145 ist sie bestimmt gewesen, eine engere Befestigung der Unterstadt herzu- stellen, und zu ihrer Aufführung ist das Baumaterial der Umgegend: in solcher ‚Weise zusammengerafft, dass die darunter befindlichen Inschrif- ten für die alte Bedeutung des Platzes, auf dem sie gefunden sind, kein zuverlässiges Zeugniss ablegen können. Kumanudes hat in dem genann- ten Programm S. 17 von der Verschleppung der Inschriftsteine gehan- delt. ` Andrerseits lässt sich aber auch mit: voller Gewissheit behaupten, dass die Steine nicht aus entlegenen Stadtquartieren, sondern äus der Nachbarschaft zusammengebracht worden sind; und dafür also liefern sie einen unumstösslichen Beweis, dass wir uns in der Niederung nordwest- lich vom Burgaufgange auf dem wirklichen Boden des Kerameikos be- finden. In dieser Beziehung sind denn auch die Steine, auf denen des Zeus Eleutherios (Rang. 381 und 478), so wie des Buleuterions (430, und nach wahrscheinlicher Ergünzung auch 467 und 474) Erwühnung ge- schieht, und ebenso die Zeugnisse von einer Aufstellung év Gvopé auf Urkunden, die bei der Panagia Pyrgiotissa gefunden sind 1), von grösster _ Wichtigkeit. Indessen hat jene Mauer nicht bloss als Magazin versprengter Al- terthümer und Fundstätte von Inschriften eine Bedeutung für die Topo- graphie, sondern auch dadurch, dass ihre Richtung sich den natürlichen Terrainverhältnissen anschliesst und darum auch den alten Gliederungen des Stadtgebiets, welches sie durchschneidet, zu entsprechen scheint. Da nun der Ostrand der Agora, wie wir wissen , der höhere war, so ist es gewiss von vorn herein sehr wahrscheinlich, dass jene Befestigungsmauer der östlichen Marktgränze folgte, und 'darum haben wir auch die Poikile in die Linie der sog. Valeriansmauer gelegt. Es sind aber endlich dn derselben auch zusammenhängende Grundmauern eines alten Gebäudes aufgefunden worden, welche auf dem beigegebenen Plane eingezeichnet sind und sich. an die Nordostecke unserer Agora anschliessen. Die Grundmauern sind bis jetzt weder vollständig fgeräumt, noch ‚auch ge- nau verzeichnet worden. Es kann daher auch nur meine à i - 1) Kumanudes a. a. ©. S. 16. Arch. Ephem. 4104, 57; 4108. c , Oh iz? Hist.-Philol. Classe. XII. ee 146 ERNST CURTIUS . für diejenigen, welche den attischen Aufgrabungen der letzten Jahre nicht genauer gefolgt sind, das Thatsächliche kurz zu erörtern und dann die Bedeutung dieser Ruinen für die Topographie des Kerameikos in Erwügung zu ziehen. Hinter der Kirchenruine der Panagia CS wurde bis Anfang des Jahres 1862 ein Gebäude aufgedeckt, welches sich 110 Meter von S. O. nach N. W. erstreckt, bestehend aus einer offenen Halle und ei- ner Rückwand mit 21 Thüren, welche in eben so viel geschlossene vier- eckige Räume von c. 5 Meter Tiefe führen. Vor dieser Thürwand zog sich in einem Abstande. von c. 6 Meter éine Süulenreihe entlang, und von dieser wiederum, c. T M. entfernt, eine zweite, von welcher sich auf dem theilweise erhaltenen Fussboden Spuren von Sáulen erkennen lassen, welche einen geringeren Durchmesser als die hinteren Sáulen ge- habt haben.: An den beiden Schmalseiten ist das Gebäude von Mauern eingefasst, welche von der Rückwand der Fenstermauer in rechtem Win- kel vorspringen und die doppelte Sáulenhalle mit ihr zu einem Gebäude verbinden. Die Mauer an der südlichen Schmalseite hatte innerhalb der inneren Süulenhallen ein breites Thor, innerhalb der äusseren einen schmalen Zugang und schloss gegen Westen mit einer Ante, welche der äusseren. Säulenstellung entsprach. ` Unmittelbar vor Ante und Säulen sogen sich drei Stufen entlang und unterhalb derselben eine sorgfältig 4 beitete Wasserrinne. Auch an dem entgegengesetzten Ende hat man die Stelle der entsprechenden Schlussante gefunden und Bruchstücke sowohl eines Architravs von pentelischem Marmor, welcher die äussere Säulenreihe deckte, wie auch Platten von hymettischem Steine, die zum Fussboden gehörten. 1) diesem Gebäude hat man seit einer Reihe von Jahren das iade. nasion des: Ptolemaios: zu erkennen geglaubt, obwohl schon Kumanudes in seinem Berichte über die Ausgrabungen mit besonnenem Urteile gel- tend machte, da ndie Beweise für diese Benennung sehr unsicher seien, und in der That kann: weder die Inschrift im Corpus Inscr. Gr. 360, deren Fundort ungew Bong noch der dort gefundene Kopf, in welchem man Juba II. einen Verwand Ss ‚des. Bee zu. erkennen. ise -ATTISCHE STUDIEN 147 als Beweis gelten. Die nachweislich dort gefundenen Inschriften bezeu- gen nur die Nähe der Agora, und das ganze langgestreckte Hallenge- bäude hat gewiss ungleich mehr den Charakter eines Marktgebäudes als den eines Gymnasiums. Das Ptolemaion muss ein grosser Complex von Räumlichkeiten gewesen sein, um die Uebungsplütze der Jugend, die Bibliothek u. s. w. einzuschliessen. Dafür ist aber durchaus kein Raum vorhanden, da die Begrünzung des fraglichen Gebäudes‘ deutlich gegeben ist und im Rücken ein höheres Terrain beginnt, welches nicht zu dem- selben gehört haben kann. Neuerdings ist nun über die Bedeutung dieser Ruine, des einzigen ansehnlicheren Ueberrestes von Gebäuden des inneren Kerameikos, ein unerwarteter Aufschluss gewonnen worden. Es ist nämlich nach unserer Anwesenheit in Athen bei fortgesetzter Aufräumung der Fundamente eine Inschrift zu Tage gefördert, auf deren Bedeutung für attische To- pographie schon K. Wachsmuth im Arch. Anzeiger 1863 S. 101 auf- en gemacht hat, die von Pervanoglu im römischen bullettino 1862 . 120 herausgegebene Architravinschrift, welche dem fraglichen Gebäude BE und dasselbe als ein von Attalos und Apollonis errichtetes Gebäude bezeugt. Die Halle des Königs Attalos in Athen, welche Athenäus 213 d. erwähnt, ist ohne Grund und irrig mit der porticus Eumenia identificirt worden (Meier Pergam. Reich S. 20). Jene lag im Kerameikos, an der Agora, und zwar in der Gegend, wo sich das Volk vorzugsweise zu ver- sammeln pflegte, namentlich in der römischen: Zeit, als die alten Plätze der Volksversammlung . Theater sowohl wie Pnyx, veródet waren, wie dies aus der lehrreichen Rede des Athenion bei Athenäus erhellt (rò IEaroov dvexzAnoleorov, riy nxva «iqnonu£rnr. vob dr uo), Damals wurde die Agora benutzt, um von Seiten der rómischen Behórden. amtliche Mittheilungen an die Bürgerschaft gelangen zu lassen. Zu diesem. Zwe- cke war vor der Attaloshalle eine Tribüne erbaut (fijue tò ned tis At- ze iog oroüg dxodounuéror tois “Poueiwv orgernyois Athen. 212 E) Hie- her wurde das Volk berufen, und damals, als Athenion angeko 148 ERNST CURTIUS ‚sammelte es sich ungerufen an der gewohnten Stelle (nArons iv 6 Keoe- ueizösg — zei avróxâņtos tig Thy Exximoler töv ÜyAww cvvógour). Wie verhielt sich nun die Attaloshalle zu den älteren Anlagen des Kerameikos? Man hat früher die Ruinen bei der Pyrgiotissa, so lange nur eine Ecke derselben sichtbar war, wohl für ein Stück der Poikile gehalten; eine Ansicht, welche namentlich von Göttling und Raoul Rochette vertreten wurde, aber keine allgemeinere Billigung fand, weil man die Benennung ‘Ptolemaion’ für gesichert hielt. Nach Beseitigung derselben könnte man zu jener Ansicht zurückkehren und in der Atta- loshalle einen Neubau der Poikile erkennen wollen. Allein die Aufräu- mung der Ruinen macht diese Annahme unmöglich. Es kann das be- schriebene Gebäude weder ein Umbau noch ein Vorbau noch ein un- mittelbarer Anbau der Poikile gewesen sein, von der wir wissen, dass sie unter ihrem alten Namen und als Gebäude unversehrt bis in das fünfte Jahrhundert unserer Zeitrechnung fortbestanden hat. Auch ist das Gebäude viel zu kolossal, als dass dafür innerhalb der alten Agora Raum zu finden möglich gewesen wäre. Seine Anlage forderte zugleich einen neuen Platz, welcher sich vor demselben ausbreitete, und dieser Platz muss eine Art Vorplatz der alten Agora gewesen sein, so dass die Her- men, welche früher den Abschluss des ganzen Marktes bildeten, nun die ränzlinie zwischen dem engeren und dem erweiterten Marktraume wur- den. Was aber die praktische Bedeutung der Attaloshalle betrifft, so enthielt sie, so weit man bis jetzt urteilen kann, einen Bazar, eine Reihe von Magazinen und Verkaufslokalen, nach Art der orog Mvgönwäıs am Markte von Megalopolis (Pelop. 2, 287). Am nächsten liegt es, an eine Gier Login zu denken, um sö mehr, da Eustathios eine mit Gemälden geschmüc kte e Prachthalle dieser Art in Athen erwähnt (vgl. Brunn Gesch. der Künstler u 81). ` Auch liesse sich vermuthen, dass es dieselbe Halle i œ oro@ bei den Alten vorkommt, ein Name, welcher ihr ukam und nicht nothwendig als zweiter Name der erden braucht; wie gewöhnlich geschieht n sei, welche il: gewiss vOrZugs Poikile EUM 'heseion S. 46). th ER D viel aber ist kla st Geet eege nichts entscheiden. ` e ige Attalos sich nicht besser "s ATTISCHE STUDIEN ^w» als Philhellenen ind Philathenäer bewähren konnte, als durch eine so glänzende Erweiterung der alterthümlichen Agora, indem er die öst- liche Marktseite, welche zu Kimons Zeit ihre Anordnung erhalten hatte, nach Norden fortsetzte. Und es ist in der That merkwürdig, wie Atta- los in seinen attischen Werken sich vorzugsweise an die Werke jenes Mannes angeschlossen zu haben scheint. Auf der Burg schmückte er die kimonische Mauer, vor der Stadt die Akademie, deren Schöpfer Ki- mon war; auf dem Markte rührten die ersten Luxusbauten von Kimon her und die Poikile, deren Richtung die Attaloshalle aufnahm, war seine und seines Schwagers Schópfung. Dass Pausanias die Attaloshalle, an welcher er vorbeigegangen sein muss, nicht erwühnt hat, kann um so weniger befremden, da er ohne Zweifel ungeduldig dem Raum der äl- teren Agora zueilte, welchen er bei den Hermen betrat. Was die weitere Umgebung des Markts betrifft, so erwühne ich nur diejenigen Punkte, welche auf die Topographie desselben von Einfluss sind; namentlich ist für die Ostseite auch die Gegend, welche hinter ihm lag, in Betracht zu ziehen. Hier war eine natürliche Erhebung, der Kolonos, seiner unmittelbaren Nähe wegen der Markthügel ‚genannt. Er war bei der Poikile (denn Metons Haus war ihr benachbart und zu- gleich auf dem Kolonos gelegen); er erstreckte sich hinter der Makra Stoa, auf ihm lag das Hephaisteion. Diesen Kolonos erkennen wir also in der Höhe, auf welcher das wohlerhaltene Thorgebäude der Athena Archegetis steht. Hier gränzte der Kerameikos an Melite, welches in grosser Breite die Gegend oberhalb des Markts und die Felshöhen der südlichen Stadt umfasste; wer sich daher vom offenen Marktraume weg- schleichen wollte, 7929s gäe Meiíty &vo (Demosth. g. Konon 1259). Die natürliche Erhebung des Terrains hinter der Ostseite der Agora be- stätigt also unsere Begrünzung derselben, und mit dieser Anordnung stimmt auch Ross überein, nur dass er seltsamer Weise Melite x von bier gegen Norden ®ich ausbreiten lässt, eine Ansicht, welche Der iof ntlich durch eet diss Beweise beseitigt ist!). S 1) Die Stellen über den Kölonos siehe in Ross Theseion S. Di die richtige Er- 150 ERNST CURTIUS Auf dem inneren Raume des Markts nennt Pausanias nur ganz vereinzelte Gegenstände, die Altäre des Eleos, der Aido, Pheme und Horme. Hier haben wir keine weitere Anknüpfung als die Thatsache. dass der Altar des Mitleids in der Nähe des Zwölfgötteraltars gelegen war, mit dessen Gründung einst die Pisistratiden den neuen Marktplatz inau- gurirt hätten. Der Altar des Mitleids, dessen Stiftung den Athenern im Alterthume besondere Ehre eingetragen hat (obwohl er nur ein sinniger Ausdruck für das Asylrecht des Herdes war), lag inmitten einer Baum- pflanzung, wie wir Statius glauben dürfen (Theb. 12, 481): mite nemus circa cultuque insigne verendo, vittatae laurus et supplicis arbor olivae. Für diese Anlagen so wie für die Platanen, welche seit Kimon den Markt schmückten, konnte der feuchte Grund der Niederung so wie das Regenwasser, das von den Höhenrändern hier zusammenfloss, nicht genügen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass der heutige Laufbrun- nen, tò ßovodzı genannt, der sich dort befindet, wo die zur Burg und zum Areopag hinaufführenden Wege sich trennen, mit einer alten Leitung zusammenhängt, welche den Kerameikos bewüsserte. Ausdrücklich er- wühnt wird daselbst der Laufbrunnen "bei den Weiden’ (Lyk. g. Leokr. 30), unweit des Rathhauses (Thuk. 8, 92)!. In dieser mannigfach bė- pflanzten Niederung haben wir uns also auch die anderen Marktaltäre zu denken und namentlich den Zwölfgötteraltar, den eine Fläche umgab, welche geräumig genug war für die Kreistänze, wie sie hier aufgeführt wurden. Dazu gehörten auch die dionysischen Chöre; wie Xenophon im Hipparchikos 3, 2 ausdrücklich bezeugt. So werden wir uns doch wohl e. die: Aufführung des‘Pindarischen Dithyrambos hier vorzustellen ha- ben. Die See Niederung in diesem Theile der Agora war also supe: en bei F. Dübner zu s Scholia ad E V. 997, 97 ose orod kann, wie > die Terrainskizze” zeigt, sehr wohl pa = eln und SE auf der Agora siehe die Stel- Sanni Ats EZ l ATTISCHE STUDIEN 151 pflastert; an den Rändern derselben, vor den Hallen, ist aber jedanfalie ein gepflasterter Boden vorauszusetzen 1). So viel ist gewiss, dass der Zwölfgötteraltar nicht, wie man ee seiner Bedeutung als umbilicus urbis. anzunehmen geneigt sein möchte, im Mittelpunkte des Marktplatzes lag, sondern ganz gegen Süden, also in der Niederung unterhalb des Areopags. Das folgt aus dem klaren Zeugnisse im Leben der zehn Redner (Westerm. S. 77), das die Statue des Demosthenes, neben welcher eine der Platanen wuchs (Plut. Dem. 31), in die Nähe des Altars setzt. Er stand also dem Arestempel ge- genüber, den Staatsgebüuden benachbart, welche das geistige Centrum der Stadt bezeichneten. Nannte man doch die städtische Curie selbst öugekög nóñéws (C. Inscr. Gr. I p. 557), und so war in ihrer Nähe auch der Zwölfgötteraltar, der Ivösıs &orsog ÖugeAös, an seiner Stelle. Auch das römische miliarium, welches ja eine entsprechende centrale Bedeu- tung hatte, lag nicht im Mittelpunkte des Forums, sondern am Anishge desselben, in capite fori, und der alten Curie benachbart. Wir müssen überhaupt bei Vergegenwürtigung des attischen Markt- platzes im Auge behalten, dass derselbe nicht auf einmal fertig war und dass wir deshalb auch kein durchaus regelmässiges Schema voraussetzen dürfen. Ohne Zweifel ist der Markt allmählich erweitert worden, und diese Erweiterung hat gegen Norden stattgefunden, weil im Süden der Felsterrassen wegen jede Erweiterung unmöglich war, und ebenso waren im Osten und Westen natürliche Ränder vorhanden. Da es nun aber für die Feststellung des Plans der Agora von gros- ser Wichtigkeit ist zu wissen, wo zur Zeit ihres vollen Ausbaus die Mitte derselben gewesen sel, so kommt uns hier der Scholiast des . stophanes (Ritter 297). zu Hülfe, welcher uns bezeugt, dass das Stand- bild des Hermes Agoraios év ueon vj dyoog aufgestellt gewesen sei. Ausdrücke dieser Art, wie èv uson Ti nóis und in media urbe, sind häufig sehr unbestimmt und bezeichnen nichts weniger als die mathematische ! g 1) Die estate der Jiäo im Dialog Eryxias S. 400 D auf Maktpasterun bei Zestermann S. 27 ist mehr als zweifelhaft. 152 ERNST CURTIUS Mitte eines Umkreises, sondern nur den Gegensatz zur Peripherie. - Hier aber ist es anders. Denn es handelt sich von einem Gegenstande, welcher neben der Poikile, also am Rande des Marktes, stand und der Einfassung desselben angehörte. Also hier kann nichts Anderes gemeint sein als die Mitte der östlichen, durch den Bau des Attalos nach Nor- den ausgedehnten Langseite und hier muss also neben dem Hermes das Thor angesetzt werden. Wie nämlich die vom Dipylon her kommenden Züge durch die Hermen den Markt betraten, so bedurfte es eines anderen Zugangs, durch welchen die Festchóre von der Stadt her einziehen und wiederum: vom Markte aus nach den andern Stadttheilen ihren Zug fortsetzen konnten. Der Hauptzug ging aber von der Agora gegen Osten am Nordfusse der Burg entlang nach der Tripodenstrasse und durch diese um die Burg herum nach dem Lenaion. Diese Verbindung des Kerameikos mit der inneren Stadt herzustellen diente also das Thor, neben welchem jener Hermes stand, die sogenannte zwv4(g, eim Wort, welches hier im Gegen- satze zum Stadtthore eine Pforte oder einen städtischen Durchgang be- zeichnet; es muss ein stattliches Gebäude gewesen sein , wie man schon aus der Bezeichnung nvåóv schliessen kann und daraus, dass auf der Hóhe desselben ein Denkmal des Siegs der Athener über den macedo- nischen Feldherrn Pleistarchos aufgerichtet war, welches Pausanias der Erwühnung werth fand. Das Gebäude hiess entweder bloss ‘Pylis’, wie bei Isaios 6, 20 (es war also das einzige in seiner Art am Markte) oder pne bezeichnet ó "mie A čruzós?): Seit Verbindung des Keramei- E Vgl- Archäol. Zeite, 1843 S. 109. 2) So bei Philochoros ír..80. Die Bedeutung dieser: Benennung ist dunkel. iesk man. mit Leake: dowxóc, so kann man annehmen, dass sich darin die ng an eine Zeit erhalten habe, wo hier die Gränze des &cr war erameikos noch ein vorstüdtischer Bezirk, aus welchem man hier ity einen Durchgang hatte. Nach dem Absterben des städti- wäre > durch die sog. Valeriansmauer die esse 3 u i ze d ‘ der Burg ATTISCHE STUDIEN 153 kos mit dem ülteren Athen am Fusse der Burg ging hier die Hauptader des städtischen Verkehrs hindurch, und darum war an diesem . T hore auch jener Hermes an seiner Stelle, dessen Aufrichtung eine neue Epoche des attischen Verkehrslebens, die Gründung der Hafenstadt, bezeichnete. Vielleicht lässt sich für die Lage des Marktthors noch eine andere und genauere Bestimmung gewinnen. Jener dorische Säulenbau nämlich, welchen die älteren Topographen das "Thor der neuen Agora nannten, und dem Spätere den falschen Namen eines Tempels oder die wenig- stens schiefe und unklare Bezeichnung *Tetrakionion gegeben haben, ist in der That ein Thor, wie die Nachgrabungen, über welche Bötticher in seinem ‘Berichte’ S. 223 f. genauere Auskunft gegeben hat, ausser Zwei- fel gestellt haben. Es ist, wie eine unbefangene Betrachtung immer er- geben musste, ein Durchgangsthor mit einem breiten Interkolumnium in. der Mitte für Reiter und Wagen. Es war aber kein gewóhnliches, mur für den Verkehr gebautes Thor, sondern der Athena Archegetis ge- weiht; es stand also in Beziehung zum Cultus der Stadtgöttin und es kann kein Zweifel darüber sein, dass die Festzüge zu Ehren der Stadt- göttin, welche an der Nordseite der Burg entlang gingen. durch jene Thorhalle ihren Weg nahmen, wie ich es schon in meiner Abhandlung über den Wegebau bei den Griechen S. 77 (285) zu erweisen suchte. Da nun gewiss nicht anzunehmen ist, dass bei ihrer Errichtung die alte Bahn der städtischen Prozessionen ‘wesentlich verändert worden sei, so kónnen wir mit gutem Grunde voraussetzen, das jenes Marktthor, des- sen Lage wir zu bestimmen suchen, dem nur etwa 120 Meter östlicher gelegenen Athenathore gegenüber gelegen habe; eine Annahme, welche mit den auf anderem Wege ermittelten Thatsachen vollkommen stimmt und der auf dem Plane re inerme des Kerameikos eine neue Bestätigung giebt. Was die Einrichtung des inneren Närkermnne betrifft, so war der- selbe darauf angelegt, grosse Versammlungen aufzunehmen; es war eine ‚edougwgie , welche trotz der Altäre, Heiligthümer, Standbilder, Bäume u.s. w. einen freien Raum von ansehnlicher Grösse darbot y Daher — 3) Inmitten des Markts/befaud sich auch das Leokorion, ein Denkmal auf- Hist.- Philol. Classe. XII. | CH 154 ERNST CURTIUS standen auch die Statuen, von denen wir nähere Kunde haben, am Rande des Platzes vor den Hallen, om den freien Raum möglichst we- nig zu verengen. Dieser wurde bei feierlichen Anlässen entweder ganz oder zum grossen Theil in Anspruch genommen. Der ganze Markt wurde. bei Volksfesten zu einem heiligen Raume, einem Temenos, ge- macht, und seine Grünzen mussten für die Dauer des Festes sorgfältiger gehütet werden. Um also den Markt als den Schauplatz einer heiligen Handlung zu bezeichnen, wurde er mit Weihwassergefässen umstellt, und feierliche Satzungen bestimmten, dass Keiner, welcher unreine Hände hatte oder als schlechter Bürger bekannt war, innerhalb der Pe- rirrhanterien sich sehen Josee !). Diese Sprenggefüsse denken ` wir: uns also an den Punkten aufgestellt, wo die städtischen Strassen die Markt- gränzen berührten, also bei der Hermespforte, am Durchgange bei den Hermen, an der Strasse, welche bei der Terrasse der Tyrannenmörder zur Burg hinaufführte, bei den Ausgüngen nach dem Areopag zu und überall, wo zwischen den Hallen Marktzugünge waren. Andere Abzäunungen erfolgten innerhalb der Agora, und zwar zu verschiedenen Zwecken, entweder um die Marktseiten gegen den inneren E Opfernder Vaterlandsliebe, ein erhöhter Platz, von dem einst, wie ich mit — ' 7 0. Müller vermuthe, das festlich versammelte Volk entsühnt wurde. Vgl. ^ Ind. schol. Gott. 1840 p. 7.. Ferner befand sich auf dem Markte, und zwar ^^. .im südlichen. Theile, der aus Solon's Leben allbekannte Heroldstein, ó ss 90U xíovxoc Aí9oc, von dem Bekanntmachungen erfolgten und der Anfang der B : Rathssitzungen verkündet wurde, wie in Rom der praeco die Rathsherrn vom Ee Forum i in die Curie berief. Vgl. Liv. 3, 38 mit Andoc. de myst. $ 36. Der TUS ere E iv vj dyog& war der Schwuraltar, an welchem die neun obersten Vorsteher der Gemeinde auf die Verfassung vereidigt. wurden. Er stand i im nördlichen Theile des Markts vor der Königshalle, weil hier ein . Theil der. Verfassungsurkunde aufgestellt war. Vgl. Pollux 8, 86 (verbes- ME Bergk Rh. Mus. 1858 S. 453), Schömann Gr. Alt. 2, 263, Böckh ne S. 13. y venglov egener déen sch tà c cop ag c b: Ktes.' 116. b e Schol. p. ed Le apt y 155 Raum oder diesen gegen aussen abzugrünzen, mit andern Worten: um die Menge entweder ein- oder auszuschliessen. Das Letztere erfolgte, wenn die Markthallen dem Publikum, verschlossen wurden , damit die in den ‚öffentlichen Gebäuden. stattfindenden Verhandlungen nicht ge- stört würden. So wurde das Rathhaus vor der zudringlichen Menge ab- gesperrt, und an der Königshalle sah man bei feierlichen Sitzurgen und namentlich bei Verhandlungen, welche die Mysterien betrafen , ein vor- gespanntes Seil, das unter‘ Aufsicht von Amtsdienern bie auf funfzig Fuss keinen Unberufenen an die Halle herantreten liess (Pollux 8, 123. 141. Dem e Aristog. 1, 776). Versammelte sich aber das Volk zur Ausübung bürgerlicher Rechte, so musste der Marktraum selbst abgegränzt werden, wie bei den religiö- sen Handlungen, nur noch viel sorgfältiger, weil hier ungleich mehr da- rauf ankam, jeden Unberechtigten fern. zu halten. Darum wurde hier ein ansehnlicher Theil des Markts durch Seile und Bretterschranken ab- gesperrt (Poll. 8, 20 meproyowioævtés cw tis čyogčs u£oos). Diese Vor- kehrungen bestanden natürlich nur für die Dauer der Handlung; indes- sen waren ohne Zweifel (wie auch vor den Säulenhallen) bleibende Ein- richtungen.. vorhanden, om vorkommenden Falls die Abschliessung zu erleichtern, und, darum gab es auch, einen bestimmten Theil des Markts, welcher immer zu diesem Zwecke diente, das sogenannte zegruoyoívioua. Da nun der südlichere Theil des Markts: der geráumigere war, und hier die städtischen Amtsgebáude lagen, so ist es wahrscheinlich, dass jene Gemeindehandlungen dort vor sich gingen, und diese Annahme wird da- durch bestátigt, dass des Demosthenes Bildsäule in. der Nähe des Peri- schoinisma stand (Leben der X Redn. 847), d.h. m der Nähe des südli- chen Randes seines Umkreises. Denn wir erfahren aus der Beschrei- bung vom Hergange des Ostracismus,; dass die Umzáunung des Platzes eine ringförmige ‚war (rózog. tis. dyogäs. neguneggeyuévog Ev xóxAq Ógugáx- tors Plut. Arist. 7), und es ist wahrscheinlich, dass die Räume, in welche sich die Bürger vertheilten, fächerförmig um den Mittelpunkt herum la- gen. Es waren aber Abtheilungen und Eingänge so Sep: wie. Stämme ve ioodo: Schol, Arist. Ritter 855), und bei jedem Ei ge wurden 156 ERNST CURTIUS die Eintretenden als recognoscirt, ehe sie ihre Stimme abgaben, Hier drängt sich eine a auf, welche allerdings mehr in die Verfassungsgeschichte als in die Topographie gehört, welche ich aber um so weniger ganz unberücksichtigt lassen kann, je mehr es mein Be- streben ist, beide Gebiete mit einander in Verbindung zu setzen. War der Ostracismus die einzige öffentliche Handlung, welche die Bürger- schaft als solche auf dem Markte vollzog? Dies ist die gewöhnliche An- sicht, und demnach müsste seit Abschaffung desselben das Perischoinisma auf dem Markte ganz bedeutungslos geworden sein und könnte nur als eine Antiquität von den Späteren noch erwähnt werden. Indessen be- zweifle ich sehr, ob jene Ansicht richtig sei; ich glaube vielmehr, dass das Verfahren beim Ostraeismus nicht einzig in seiner Art war, sondern dass auch andere óffentliche Handlungen, welche einen ühnlichen Charak- ter hatten und ähnliche Vorkehrungen verlangten, auf dem Markte vor- genommen wurden. Das sind aber diejenigen Handlungen, in welchen die nach Stimmen gegliederte Bürgerschaft als Corporation darüber ab- stimmt, wie ein Einzelner sich zu ihrer Gemeinschaft verhalte, ob er zu ihr gehóre oder nicht, ob er zeitweise oder auf immer zu entfernen oder 6b Einer nach seiner Entfernung wieder zuzulassen sei. So füllt also mit dem Ostracismus auch die Aufnahme eines Neubürgers und die Wiederaufnahme eines Ausgestossenen (Zros) in dieselbe Kategorie. Die Bürgerschaft handelt hier nicht als Gesetzgeber und Regent des Staats, sondern wesentlich als Genossenschaft, ähnlich wie die Mitglie- - bui einzelnen Gaue bei der dıewnigeors über die Mitgliedschaft eines igenössen auf ihrer Agora abstimmen. Za solehen Handlungen eignete sich die Pnyx nicht. Auf die gege waren ja überhaupt die Volksversammlungen nur deshalb verlegt worden, um durch die vom pae aufsteigenden Sitze die Verhandlungen ATTISCHE STUDIEN 157 Gehege (saepta) u. s. w. ungleich passender war, als ein theaterförmiger Bergábhang. ` So kommt es denn, dass sich hier die BIER Iden- tität von dyogé und £xxágoeíe erhalten hat... — - Bei diesen Gemeindehandlungen, wie wir. sie dno Markte zueignen, bedurfte es von Seiten der Beamten nur einer üusserlichen Beaufsichti- gung, weil hier kein xenuwerifew statt fand. Deshalb konnten hier auch nach Eukleides die Prytanen ungestört in ihrer Thätigkeit bleiben; um só mehr da die Abstimmung unmittelbar vor ihrem Amtslokale erfolgte. Nun werden sich auch die viel besprochenen y£oge (in der Rede gegen Neaira S. 1375) sehr einfach erklären, bei denen doch nach attischem Sprachgebrauch ein Jeder an die Agora denken muss, und man würde sich nicht so sehr bemüht haben, die zëpge auf der Pnyx zu erklären, wenn man nicht von der, so viel ich sehe, durch nichts begründeten An- sicht ausgegangeu würe, dass der Ostracismus die einzige Gemeindehand- lung gewesen sei, welche auf der Agora vorgenommen worden wäre). Ist das Gesagte richtig, so erhält also der Markt des Kerameikos eine neue Bedeutung für das öffentliche Leben, als der herkómmliche Raum für diejenigen Entscheidungen der Bürgerschaft, wo bei móglichst vollzähliger Versammlung ohne Debatte Be EC nach Tribus statt fand. und die genaueste Sti ähl lich war, wie sie durch die zehn Gehege wesentlich erleichtert war. Das sind die comitia tributa der Athener, welche sie wie die Rómer auf dem forum abhielten (role vj; Qyogčs negıogowioertes, ër olg KusAAov ei qvAci omosodaı xaO" «trás Dion. Hal. Ant. Rom. 7, 59).2) Beim Ostracismus trat die Gemeinde zu einer gewissermassen dE terlichen Entscheidung (xgío:c) zusammen, und wenn auch die Gerichtshöfe Athens an verschiedenen Plätzen zerstreut lagen, so blieb doch die Agora immer der eigentliche Schauplatz des gerichtlichen Lebens, und es wird 1) Vgl. bes. Westermann in den Ber. d. Sächs. Ges. der W. 1850. E 165. K. F. Hermann zu Beckers Charikles ITI. S. 148. 2) Damit soll nicht geläugnet werden, dass auch auf der Pnyx” ea abge- stimmt‘ werden konnte. Aber das geschah ganz ausnai » vg gewiss ohne Bretterschranken. Vgl. Schömann de com. p. 127. 309. 158 ERNST CURTIUS als etwas Absonderliches namhaft gemacht, wenn Jemand, der nahe am Markte wohnte, ‚sich dennoch weder beim Dikasterion noch beim Buleu- terion sehen liess (Lysias 19, 55). Hier muss also ein besonderer Gerichtshof gemeint sein, und gewiss der grösste, die Heliaia, welche in einer Niede- rung gelegen war (èv xoíAo tì tónw Bekker Anecd. p. 253). Die of- fenen Gerichtshófe, wie die Heliaia, waren wahrscheinlich theaterförmig angelegt, so dass man mit Rücksicht auf die ansteigenden Sitzstufen von einem 'dveßeiveıw reden konnte, wie dies der von den Dikasterien tb- liche Ausdruck ist (vgl. Mätzner zu Antiphon S. 261). Vielleicht könnte man östlich von Buleuterion und Tholos einen Platz für die Heliaia finden, doch wage ich nicht über diesen und die anderen Gerichtshöfe weitere Vermuthungen aufzustellen, da nur so viel bekannt ist, dass sie zum grössten Theile am Markte oder in der Nähe desselben eni MA Eine Gruppe derselben lag in der Strasse der Hermoglyphen. . Wir können uns überhaupt die Agora nicht ohne ihre iiie ie vorstellen. Diese gehórte mit zu ihr, und nicht nur der Gerichtsverkehr, sondern das ganze geschäftliche Treiben erstreckte sich- nach allen Sei- ten über die engen Gränzen des Platzes hinaus. Im Süden gehörte noch ein ansehnlicher Theil des Areopags dazu; denn die Terrasse der Stammheroen, bei denen der erste Archon sein Amtslokal hatte, war nicht nur der wohlgelegene Sitz der Marktaufsicht und der Lagerplatz der Polizeisoldaten, sondern auch die Stätte der öffentlichen Bekanntma- chungen, und dazu: gehörte auch eine Tafel, auf welcher die schweben- den Prozesse verzeichnet waren, wie wir aus dem deiyue dızav bei Arist. Ritt. 979 entnehmen können: Vgl. Schömann Opusc. I, 228. Im Osten war pe: Been Agoraios, wo die dienstthuende Klasse auf die Arbeit- 1) m Der sine Versuch, € so viel ER: wess, gemacht worden ist, cm He- liaia genau zu bestimmen, rührt von Chr. Petersen her, welcher sie in sei- ner Abh. über das Zwölfgöttersystem der Gr. und R. 1853 S. 36 an die Stelle setzt, welche später das Odeion des Herodes eingenommen hat. Da- ATTISCHE STUDIEN -159 geber wartete und also die wso9apvie, welche einen wesentlichen Theil des Marktgeschäfts bildete, ihren Hauptsitz hatte. Die Handwerker aber hatten ihren Sitz in den vielen engen Gassen, welche namentlich an der Westseite den Markt umgaben und gegen den freien Mittelraum des- selben (tò üneido:ov) einen auffallenden Gegensatz bildeten. Hier hatte die bürgerliche Betriebsamkeit, die attische ßevevoi« und zeowvekte, ihr Arbeitsfeld. Hier war es, wo Sokrates seine Gespräche anzuknüpfen liebte und dem Vorübergehenden mit seinem Stocke den engen Weg sperrte, wie er es mit Xenophon machte (Diogen. Laert. II, 6, 2). Hier waren die Gassen (orevwnof), welche nach den Handwerkern genannt wurden, die vorzugsweise in denselben ihr Geschäft hatten, die Gasse der Hermenbildner, der Kistenmacher oder Schreiner, der Schuster u. s. w. Hier waren, wie die Werkstätten, so auch die Magazine und Verkaufs- lokale, hier auch vorzugsweise die Herbergen und Kneipen, die Barbier- stuben und alle Lokale, in welchen theils Geschäfte abgemacht, theils die müssigen Stunden verschwatzt wurden. Hier hatten auch die Leute vom Lande ihre Plätze, wo sie zu treffen waren, wie die Dekeleer bei : dem xovgeior tò neo& robc “Egučs und die Platäer bei dem y4coós 1voóg opa 23 § 3 und 6). Es liegt in der Natur der Vėrhältnisse, dass man zum Kaufen und Verkaufen diese engen Gassen, welche Schatten gewährten und auch ganz oder theilweise leicht überspannt werden konnten, vorzog, wie ja in den Städten des Südens die Bazars zu allen Zeiten eingerichtet ge- wesen sind. Andere Verkaufsartikel aber wurden auf dem freien Platze ausgestellt!). Hier wurden vorzugsweise die Dinge feil geboten, die nicht Handwerksarbeit waren, also namentlich die Nahrungsmittel, we von den Landleuten täglich zur Stadt gebracht wurden, aber natürlic auch alles Andere, was zum täglichen Lebensbedarfe gehörte. ` Man hatte e wie auf einem Jahrmarkte die rt der Gegenstände 1) Dies heisst ad viv dyooà» ixgéonw Aesch. g. Tim. § 97, » o get H- leo zum — von m éoyacrmoíov xcd / Demostli CER S. 1367 8 67. yr durs Ter y: crtpA rut 160 |. ERNST CURTIUS welche man sonst in verschiedenen Gassen aufsuchen musste, und zur "Erleichterung des Verkehrs waren die Gegenstünde des Handels getrennt, so dass Jeder wusste, wo er Brod, Fische, Gemüse, wo er Gerüth, Klei- der, Sklaven oder die Tische der Geldwechsler zu suchen habe!) Auf dem Markte konnte eine grössere Menge die Waaren umsteben (ov»- &oté ver negoù tà dux éni vj &yoo@), wodurch der Absatz befördert wurde. So bildeten sich unter Aufsicht der Marktpolizei die verschiedenen ring- förmigen Abtheilungen des Kaufmarkts, die xvz4or, und die ausstehenden Höker hatten ihre Zeltbuden (oxnvci, yéoo«), welche durch Decken und vorgezogene Felle (wrodywve oxendouere £x otegečs PBvoons) den Ver- käufer wie die Waare gegen Sonne, Wind und Staub schützten. Das waren provisorische Einrichtungen, welche hinweggeräumt wurden, so wie man des freien Platzes zu anderen Zwecken bedurfte, und dann _ wurden wohl dieselben Bretter und Latten, aus denen die Buden herge- richtet waren, benutzt, um die Schranken zu bilden, zwischen denen die Bürgerstimme abstimmten. So erklärt sich der verschiedene Gebrauch des Worts y&ope. Aber auch bei festlichen Aufzügen musste der Mit- telraum frei gemacht werden. Der tägliche Geschäftsverkehr aber rich- tete sich nach der Sonne; der Mittag pflegte, wenigstens zur Sommer: zeit, dem geschäftigen Drängen ein Ende zu machen (Herod. 3, 104); Segen Abend:erneuerte es sich, so dass wir einen Vormittags- und Nach- ` en unterscheiden können , wenn auch der erstere der Haupt- RE ich deg Kerameikos, 9. weit genauere Angaben vor- liegen, zu beschreiben und damit zugleich den gegebenen Grundriss zu rechtfertigen versucht habe, bleibt nun noch die Aufgabe übrig, die weer, ` welche mit dem attischen Marktplatze eingetreten sind, ımenhange zu betrachten und die Geschichte desselben in ein- Ehen rrundlinien zu. entwerfen, indem ich mich für die Begründung = örterungen beziehen kann. ‚ Die Annahme , u Athen (0D Katoren, pre 23. ATTISCHE STUDIEN 161 Jahrhunderte einen und denselben Marktplatz gehabt haben sollte, ist jetzt wohl von den Sachkundigeren aufgegeben worden D. und es ge- reicht mir zur besonderen Freude, dass diejenigen Gelehrten, welche sich in letzter Zeit am eingehendsten mit diesem Probleme beschüftigt haben, nicht nur in der Hauptsache beistimmen, sondern auch in der chronolo- gischen Bestimmung, welche ich für die wichtigste Veründerung der Stadt Athen und die Hauptepoche ihrer Geschichte zu ermitteln versucht habe?) So darf ich mit um so besserem Vertrauen an die gewonnenen Ergebnisse anknüpfen und darauf weiter bauen. Athen wurde aus umliegenden Gauen zu einer Stadt, als die Akro- polis der Sitz einer königlichen Herrschaft wurde. Das ist die Periode, deren Eintritt die einheimische Sage, welcher auch Herodot und Thuky- dides sich anschliessen, mit dem Namen des Kekrops bezeichnet. Da- mals war die Akropolis die Polis; dort war also der Herd des Staats, die gemeinsame Opferstätte, der Sitz der Regierung, der Mittelpunkt des öf- fentlichen Lebens, also auch der Sammelort der Gemeinde. Vor dem Eingange des Palastes war die älteste Agora und sie ist auch immer‘ die Agora des kekropischen Stamms geblieben. Nachdem aus der Stadt, welche eine der zwölf war, die Hauptstadt der Landschaft geworden war und sich unterhalb der Burg in der süd- lichen Niederung eine volkreiche Gemeinde gesammelt hatte, bildete sich in der Mitte derselben ein neuer Sammelort. Das ist die Agora der the- seischen Stadt, die čọyaív &yoo& bei dem Heiligthume der Aphrodite Pandemos, in der Nachbarschaft des Dionysosheiligthums, und darum konnte man von hier den dionysischen Aufführungen zuschauen. Hier waren die ixgue, dg! ùv Edewvro tò ncoAcióv robe Ziorécov Gydweg, hier 1) Den Unterschied von Alt- und, Kerr immer festgehalten zu haben, ist ein Verdienst von Göttling | ‚Gesammelte Abh. 2, 144). Sehr richtig. urteilt auch Redlich ‘der Astronom Meton’ S. 5. 2) Bursian Geogr. v. Gr. I 280. Stark im Philol. XIV S. 711. Wieseler de loco, quo ante theatrum Bacchi lapideum exstructum Athena eg sint. ludi sce- nici p. 8. | . Hist.-Philol. Classe. XII. : x 162 ERNST CURTIUS die berühmte Schwarzpappel (die «iysıg0s zAnoíov ro? isgoó!). Dies war die untere Agora, während der obere Theil derselben abgetrennt und am Berghange zu einem Sitzungsraume. der Bürgerschaft d. h. zur Pnyx eingerichtet wurde. Dieser blieb, so lange. die Republik bestand, derselbe, aber der Markt wurde verlegt; denn der spütere Markt ist notorisch in einer ganz anderen Gegend, im Kerameikos. Diese Verlegung kann nur in einer Periode. geschehen. sein, welche den Zeiten voranging, von denen uns eine zusammenhängendere Kunde erhalten ist, in einer Zeit, welche über- haupt für das städtische Leben eine tief eingreifende Epoche war. Eine solche war. aber in allen Beziehungen die Zeit der Tyrannis, und da wir zuerst von den Pisistratiden wissen, dass sie auf dem spüteren Markte gebaut haben, und zwar den Altar der Zwölfgötter, durch welchen der Stadt ein neues Centrum gegeben wurde, so ist es gewiss in hohem Grade wahrscheinlich , dass sie es waren, welche bei ihren grossen Re- formen. im ganzen städtischen Wesen (mw nó4m zeig diexóounocr Thuk. 6, 54), um mit dem alten Athen zu brechen, den Altmarkt, den die al- ten Geschlechter umwohnten, verliessen und dafür den Gaumarkt des Kerameikos zum. Stadtmarkte von Athen machten. Dieser Platz lag nicht im Mittelpunkte der Stadt, aber inmitten der gewerbfleissigen Be- vólkerung, welche die Tyrannen zu heben suchten, in der aufblühenden Neustadt, zum. Verkehre mit den wichtigsten Gauen und dem Uferlande wohl ‘geeignet. Nun wurde die frühere Rückseite der Burg die Vorder- seite (ugoen nó rij dxgonóAsog Herod. 8, 53), und mit den Wor- ten Ange ang móAecg (Aesch. g. Tim. $ 97) bezeichnete man seitdem die südliche Gegend, den Hauptsitz der theseischen Stadt. Der Zwölfgötteraltar lag am südlichen Ende des Kerameikos, wie wir geselig an, nog es ist aae an sich durchaus e N ATTISCHE STUDIEN 163 nes Altars zeigt, die Wege nach den verschiedenen Gegenden innerhalb und ausserhalb der Stadt: den Weg nach dem Dipylon einerseits und andererseits den östlichen Weg am Nordhange der Burg entlang, wo noch freieres Terrain für neue Anlagen war. Es war der Weg; der theils nach dem Olympieion hinführte und dem Pythion, theils nach dem Dionysosheiligthum , und da die Pisistratiden es gewesen sind, die das Heiligthum des olympischen Zeus bauten und den Festplatz am Altare des pythischen Apollon einrichteten, da sie den Dionysosdienst vorzugsweise gepflegt und ebenso die panathenäische Feier so wesentlich erhöht haben, so haben sie auch ohne Zweifel die Feststrassen geordnet, auf welchen die Prozessionen vom Kerameikos auch in jene Gegenden zogen, und wir finden Hippias selbst im Kerameikos beschäftigt, durch persónliche Leitung die neu eingeführten Festlichkeiten einzuüben!). An den Feststrassen wurde nichts geündert und Athen hat im Wesentlichen das Strassennetz, wie es durch jene Einrichtungen gegeben war, für alle Zeiten behalten. | Auch für den Markt blieb das, was damals eingerichtet wurde, massgebend, nur wurde es in grósserem Massstabe und mit reicheren Kunstmitteln fortgeführt. Des Kerameikos Glanz wuchs mit dem Ruhme der Stadt. Nach den Perserkriegen wurde der Markt bepflanzt und mit Hallen umgeben, deren Einrichtung ausdrücklich als eine Neuerung der kimonischen Zeit bezeichnet wird; sie bewirkte eine Umgestaltung des Markts, ähnlich wie die des römischen Markts nach den macedonischen Kriegen. Diese Hallen lagen am nördlichen Theile. Von den beiden an der Westseite ist zwar über die Gründungszeit nichts Näheres be- kannt; aber die Eleutherioshalle hatte so wie der Koloss des Zeus, der nach den Perserkriegen aufgestellt wurde (Arist. Panath. I p. 217), ohne Zweifel seine Beziehung auf die Freiheitskriege, so gut wie die gegen- über liegende Poikile und wie die Perserhalle am Markte zu Sparta. 1) Thuk. 6, 57. — Sollte nicht mit Beziehung auf diese Feststrassen, welche Athen damals ein ganz neues Ansehen geben mussten, die nr stove "durch die Hofpoeten in den homerischen Text di orden sein? — 164 ERNST CURTIUS Es wurden auch Schilder tapferer. Krieger an der Vorderseite jener’Halle aufgehängt. Noch bestimmter ist uns verbürgt, dass die Hermenhalle aus jener Zeit stammt. ‚Denn nach Aeschines (gegen Ktesiphon $ 183) haben.die Athener den Siegern am Strymon die Ehre ertheilt, dass in der Hermenhalle drei Hermen aufgestellt werden durften, deren In- schriften sich auf jene Siege bezogen, wenn auch weder Kimons noch eines Anderen Name darin genannt war. Wenn also zu jener Zeit der nördliche Theil des Markts eine glän- zende Erweiterung und seinen Abschluss erhielt, ‚so ist wahrscheinlich, dass auch die Hallensirasse, welche gewissermassen eine Verlängerung des Hallenmarkts war, bis zum Dipylon in jener Zeit begonnen oder ein- gerichtet worden ist, um so mehr, da damals auch die vor dem Dipylon gelegene Gegend besonders gepflegt und ausgeschmückt wurde. Die Ausstattung | jener Strasse. mit ‚den Standbildern der ausgezeichnetsten Hellenen entspricht ganz dem Sinne der perikleischen Staatsverwaltung, und ich glaube, dass bei dieser Gelegenheit Kolotes die weisen Män- mer ‚Griechenlands in Erz bildete, deren Ehrenbilder Athen als; einen Sitz der Philosophie kennzeichneten (Plin. N. Hist. 34, 87). So war also der Markt im Wesentlichen fertig und aus eignen Mit- teln und Antrieben haben. die Athener denselben nicht mehr verändert, wenn auch durch Aufstellung von Statuen, von inschriftlichen Denkmä- lern, und von Siegeszeichen dafür gesorgt wurde, dass der Markt in sei- ner Ausstattung gleichsam ‚Schritt hielt mit der Geschichte der Stadt und: von allen glänzenderen Ereignissen eine Erinnerung aufzuweisen | Als nun aber die auswärtigen Fürsten anfingen ihre Ehre darin zu setzen, der ‚Mutterstadt hellenischer Bildung Huldigungen zu erweisen, kam dieser Philhellenismus auch der Agora zu Gute. Denn seit alter Zeit konnte "man dem Demos keine willkor ere Aufmerksamkeit er- weisen, als wer in man ihm seine Agora behaglicher und prachtvoller ein- - nun aber ein in sich abgeschlossenes Ganze war, so | hlthäter in der Nähe derselben Raum zu d te die Ostseite der Agora nach Norden ATTISCHE STUDIEN 165 weiter und baute am Fusse des Kolonos seine Prachthalle, welche durch das noch heute sichtbare Thor in die Hermenreihe mündete; gegenüber aber dürfen wir wohl zwischen Königshalle und Theseion das Gymna- ` sion ansetzen, in welchem Ptolemaios Philadelphos den Athenern ein Prachtgebüude schenkte, das zugleich ein Mittelpunkt der Jugendbil- dung und Gelehrsamkeit in Athen wurde. Der nun gewonnene Raum wurde mit zur Agora gerechnet, wie dies auch die Ephebeninschriften beweisen, welche so massenweise in der Attaloshalle gefunden worden sind, dass man auch daraus erkennt, wie diese erweiterte Agora zwischen den Bauten des Attalos und Ptolemaios ein Hauptsitz der ihrer leibli- chen und geistigen Bildung beflissenen Jugend in Athen war. In der Mitte des Platzes stehen die bekannten Schlangenfüssler, kolossale Pfei- lerstatuen, welche einer Art von Stoa angehórt haben müssen und also auch das Vorhandensein eines öffentlichen Platzes hier erweisen. Das sind die bedeutendsten 'Thatsachen der hellenistischen Zeit in Betreff des Kerameikos, die Werke derselben Könige, welche unter die attischen Stammheroen aufgenommen und oberhalb des Markts neben ihnen in Erz aufgestellt wurden. Was die römische Zeit betrifft, so ist über die damals eingetretenen Verfassungszustände Athens ein siche- res Urteil nicht möglich; aber das ist gewiss, dass die Eingriffe der Rö- mer in.das Leben der griechischen Staaten und namentlich Athens auch für die äussere Geschichte der Stadt von Bedeutung waren. Der Geist der Ordnung und strafferen Zucht, wie er schon durch Flamininus den Griechen sich ankündigte, machte sich in ‚ungleich herberer Weise gel- tend, seit Griechenland unter die Befehle einer rómischen Statthalter- schaft gestellt wurde, und dass damals der scheinbar erhaltenen Autono- mie ungeachtet in sehr entschiedener Weise eingeschritten worden sei, . scheint mir am deutlichsten daraus zu folgen, dass Sulla, als er nach der Eroberung Athens die städtische Verfassung ordnete, im Wesentli- chen nichts Anderes verfügte, als dass er die strenge Befolgung er gen Bestimmungen verlangte, welche nach der Besitznahme . Achajas den Römern angeordnet worden waren (Appian. bell. Mithr. 89: vó Zäusen Zeg drot 10» z9óoÓsr efroie bn * Poucíay ô m: evt 166 ERNST CURTIUS müssen doch damals schon sehr bestimmte Verfassungsnormen und zwar solche, welche dem Geiste sullanischer Politik entsprachen, gegeben worden sein. Jede antidemokratische Gesetzgebung richtete sich aber vorzugs- weise gegen die Volksversammlungen in Theatern und theaterähnlichen Räumen , gegen die ‘sedentes contiones Graecorum’, welche den Römern als das Grundübel der griechischen Kleinstaaten erschienen, und vorzüg- lich in Athen. Also gehörte die Beseitigung der Pnyx gewiss zu den ersten Massregeln der römischen Politik. Den Römern lag es nahe, comitium und forum wieder zusammen zu legen, und dass in der That eine solche Anordnung getroffen sei, beweist die Errichtung der Tri- büne vor der Attaloshalle, die oben besprochen worden ist. Es war im Grunde dieselbe Reactionsmassregel, wie die der Dreissig, welche auch ein neues Bema einrichteten, um die Pnyxsitzungen zu beseitigen und die Bürgerschaft zu gewöhnen, sich nur zu dem Zwecke zu versammeln, um die Anordnungen ihrer vorgesetzten Behörden entgegen zu nehmen, wie dies in den alten Aristokratien die ganze Bedeutung der Bürger- versammlungen war. Ob und wann die Pnyx definitiv ausser Gebrauch gesetzt worden ist, darüber fehlt leider eine bestimmte Ueberlieferung; wohl bezeugt aber ist, dass unter der römischen Herrschaft die beiden alten Lokale der attischen Bürgerversammlungen ganz verlassen wurden; damit musste überhaupt der südliche Stadttheil mehr und mehr veröden und das stüdtische Leben sich immer mehr auf der Agora concentriren. Inzwischen hatte man auch auf der Agora nicht aufgehört zu bauen 2), . und da auch die Umgebung derselben durch das Ptolemaion u. a. Ge- ` büude eingeengt worden war, so musste sich das Bedürfniss nach Er- weiterung der für den Marktverkehr bestimmten Plätze fühlbar machen. | jener Zeit gehört das Theater des Agrippa an (Philostr. S. 247, 23; 251, 25 DO das gebeten an die, Stelle ei- R gg ehan At im Rhein. Mus. 188.47. ATTISCHE STUDIEN 167 Diese ‚Erweiterung konnte nur nach Osten hin stattfinden, am Nordab- hange der Burg, wo die breite Feststrasse entlang führte, welche diese Gegenden schon seit der Tyrannenzeit mit dem. Kerameikos verbunden hatte. Auf dieser Feststrasse stand das Thor der Athena Archegetis, welches zugleich zum ehrenden Andenken an die Freigebigkeit der Fa- milie Octavians errichtet war und offenbar mit einem freien Platze in Verbindung stand, welchen die Festzüge durch das Thor betraten. Das neben dem Thore, wie die neusten Ausgrabungen erwiesen haben, am ursprünglichen Platze erhaltene Dekret über den Oelverkauf (C. Inscr. Gr. n. 355) bezeugt, dass hier ein Kaufmarkt war, wie auch der neuste Topograph ein forum olearium hier annimmt. Jenes Thor zeigt uns also nicht nur die Richtung, in welcher einst die Feststrasse ging, sondern auch diejenige, in welcher zur rómischen Zeit neue Marktanlagen ge- macht wurden, die sich in ähnlicher Weise an den Kerameikos anschlos- sen, wie die Kaiserfora an das forum romanum. Die weitere Richtung dieser neuen Anlagen ist durch ein lies wohlerhaltenes und unzweideutiges Denkmal bezeugt; das ist der acht- seitige Thurm des Andronikos, ein Gebäude, welches bei seiner Bestim- mung, als Sonnenuhr, als Wasseruhr und als Windsignal zu dienen, un- möglich anderswo als auf einem freien Platze des öffentlichen Verkehrs gestanden haben kann. Die ionischen Säulen, die in dem Keller eines westlich vom Windethurme gelegenen Hauses stecken!), sind Ueberreste von Hallen, welche diesen Platz einfassten und ihn zugleich mit dem anderen Platze, zu welchem das Thor der Athena gehörte, in Verbindung 1) Sie sind auf dem Plane des Programms der arch. Ges. in Athen von 1861 als oro &yvweo0roc bezeichnet. Drei Säulen stehen im Hause des Dr. Litzi- kas; man sieht; noch den alten Fussboden mit Wasserrinnen, ungef. 16 Fuss unter dem Niveau der heutigen Strasse. Dazu gehören zwei ebenfalls un- kannelirte Säulen mit ionischen Kapitellen im Hofe der benachbarten Ka- den Marktanlagen dieser Gegend angehört haben müssen, n ài t "^ Karyatiden, die in einem von ihm bezeichneten Hause zu seines: Zeit noch vorhanden ees aber seitdem gänzlich u wären. ` 168 ERNST CURTIUS setzten. Wie die ganze Einrichtung zu denken sei, darüber kann na- türlich nur von ausgedehnteren Nachgrabungen Auskunft erwartet werden. Einstweilen können wir als wahrscheinlich annehmen, dass der Platz, zu welchem das Athenathor führte, sich von Westen nach Osten erstreckte, während der Platz des Windethurms sich von Norden gegen Süden d. h. gegen den Burgfelsen hin und zwar gerade gegen die Mitte seiner Nord- seite erstreckt haben muss. Für diese Richtung des Platzes zeugt die von der Burg herkommende Wasserleitung, ein Denkmal der augustei- schen Zeit, welches doch auch einen freien Platz durchschnitten haben muss. Die Bogenstellung diente dazu den Verkehr nicht zu hemmen. Es lässt sich aber dafür, dass der Platz des Horologiums sich gegen den Burgfelsen hinanzog, noch ein anderer Beweis anführen. Es lag näm- lich an der Mitte der Nordseite desselben das Agraulion und demselben benachbart das Prytaneion. Ein solches Staatsgebäude lässt sich aber ohne einen ansehnlichen Vorraum gar nicht denken, und die Wanderung des Pausanias bezeugt ja auch deutlich die freie Lage des Gebäudes. Denn bei dem Prytaneion war ein Mittelpunkt des: städtischen Verkehrs. Hieher führte einerseits die Strasse vom Kerameikos und von hier ging wiederum nach der anderen Seite eine doppelte Strasse aus, die eine nach der Unterstadt und zwar am Serapeion vorüber nach dem Olympi- eion und Pythion (das war die alte Feststrasse der dem Zeus und Apollo gewidmeten Prozessionen) und die andere hart am Burgfelsen entlang durch das Tripodenquartier zum dionysischen Tempelbezirke, eine Strasse, deren Richtung durch das Lysikratesdenkmal gegeben ist. Wie das Pry- taneion selbst, so lassen also auch diese hier zusammenlaufenden Haupt- strassen auf einen stüdtischen Platz schliessen, und wir werden wohl nicht Fa wenn wir diesen für kefien Së halten se den, wel- l rte. , um dde Aba an om Nord- ATTISCHE STUDIEN 169 seite der Akropolis neue städtische Plätze einzurichten. ` Denn die Was- serleitung ist eben zo wohl wie das Marktthor der Athena Archegetis und dem kaiserlichen Hause zu Ehren erbaut!) Auch im zweiten Jahr- hundert würde hier fortgeatbeitet. "Denn wenn wir das von Süulenhal- len umgebene Gebäude in das Auge fassen, welches aus hadrianischer Zeit stammt und gewöhnlich die Stoa Hadrians genannt wird, das grosse Viereck von 5765;, Fuss, dessen südóstliehe Ecke 200 F. vom Markt- thore der Athena Archegetis entfernt liegt, so sehen wir, dass die West- fronte desselben genau in einer Linie mit dem Thore liegt, worauf schon Leake aufmerksam gemacht hat. ` Die Südseite muss also dem Platze, zu welchem das Thor führte, parallel gelegen haben-und an der Ostseite des Vierecks finden wir einen Durchgang. welcher in gerader Linie auf den Platz des Horologiums hinführt. ` Hier ist unverkennbar eine grosse Regelmässigkeit; es sind Anlagen des zweiten Jahrhunderts, welche iu Uebereinstimmung mit den früheren gebaut sind und deutlich darauf ħin- weisen, dass sich vom Kerameikos her Leben und Verkehr‘ mehr und mehr gegen Osten gezogen hat, und zwar die verschiedensten . Zweige des tüglichen Verkehrs. Denn auch der Kolonos beim Kerameikos ver- lor seine frühere Bedeutung, und die Tagelöhner standen jetzt bei dem Anakeion, also in der Nähe des Prytaneion (Arexsior Aıooxovgwr isgóv, ob vor ob uıodoyogoürrss dovAoı Eoracıw Bekker. Anecd. I, 212). Damit werden nun auch wohl andere Andeutungen über Veründe- rungen der städtischen Verhältnisse zusammenhängen; namentlich was Strabon 447 von der attischen Eretria: sagt: 7 zën snu» dyood. Denn da kein Grund vorliegt; Eretria auf den Kerameikos zu setzen, wie Ross will (Theseion S. 41), so führt die einfachste Deutung, der auch O. Mül- ler wie Leake folgten, ‚darauf, ‚darin den ursprünglichen Namen der Ge- gend zu erkennen, in welcher sich zu Strabons Zeit die römischen "Marktanlagen ausbreiteten. ` Mit’ derselben 'Veränderung wird dann auch wohl die erhöhte Bedeutung. welche der Gau Kollytos erhielt, zusam m nen nn zor vom Kerameikos gegen Ostan: -— wenn es nit) "Botticher im Philol; XXII S. 73. K: Wachsmuth: anii I xxr 8. 1125. : Hist. - Philol. Classe. XII. 170 ERNST CURTIUS von diesem Gaue heisst, dass er in der Mitte der ganzen Stadt gelegen, wegen seiner Benutzung als Bazar (dyogée zpsie) besonders geehrt und eine Wohnung daselbst besonders gesucht gewesen sei (Himerios bei Photios Bibl. Cod. 243 p. 375 b. Bekker. Plut. de exil. p. 601 C.), so erklürt sich dies am einfachsten aus der ganzen Bewegung, welche der stüdtische Verkehr in der rómischen Zeit von Westen gegen Osten machte und die Athener dem alten Boden ihrer Geschichte immer mehr ent- fremdete; eine Bewegung, welche dadurch ihren Abschluss erreichte, dass Kaiser Hadrian um das Olympieion ein neues Athen anlegte. Da- durch rückte die Gegend um den Windethurm herum in den Mittel- punkt der ganzen Stadt. Dies sind die einfachen Grundlinien einer der Entwickelung der städtischen Verhältnisse folgenden Geschichte des attischen Markts, und wenn ich dabei mehrfach auf die Ansichten derer zurückgekommen bin, welche mit gesundem Sinne und richtigem Takte die Topographie Athens begründet haben — ich meine Leake und O. Müller —, so. kann. mir dies nur zur Genugthuung gereichen. und meinen Glanben an die Rich- tigkeit der gewonnenen Ergebnisse erhöhen. . Es bleibt nun zum Schlusse noch eine Aufgabe übrig, nämlich. die Gebäude, welche mit der Agora in Verbindung stehen, in das Auge zu fassen und ihre Schicksale im Zusammenhange mit der Agora zu erfor- schen. . Diese Aufgabe ist noch niemals ernsthaft in Angriff genommen, und doch. ist es klar, dass Veränderungen des Marktplatzes. nicht erfol- gen konnten, ohne auf die Lage der Staatsgebäude einen massgebenden Einfluss zurüben. ` Denn wenn die Agora der Mittelpunkt des öffentli- chen Lebens war, so können auch die religiösen und politischen Einrich- tungen, Ween, zu e» unentbehrlichen Ee desselben ër ‚nicht wt -- duis Herd TT seines kaik als Regent | und Rich- el e So sind ger ‚von einan- ATTISCHE STUDIEN 171 der und beide von der Agora nicht zu trennen!), und da sie zusammen gleichsam das Herz der Stadtgemeinde bilden, so folgt daraus, dass sie zur Zeit auch nur an einer Stelle der Stadt vorhanden sein können. Lassen sich also mehrere Gebäude dieser Art nachweisen, so müssen sie verschiedenen: Zeiten angehört haben, und es lässt sich leicht begreifen, wie nach den verschiedenen Epochen der Verfassungsgeschichte auch die Staatsgebäude ihre Lage gewechselt haben müssen. Athen hatte als Kekropsstadt wie jede der zwölf Städte sein Pry- taneion als penetrale urbis und gäe reusiov, und dies Prytaneion kann nur auf der Burg befindlich gewesen sein, wie dies auch von Pollux 9. 40 ausdrücklich bezeugt wird. Beim Heiligthume der Athena, wel- cher von Anfang bis zu Ende attischer Geschichte jedes Prytaneion ge- weiht war (zönos rte Heiiddos tegos Schol. Aristid. p. 48), war der ge- meinsame Herd, wo der König als Hüter der heiligen Flamme waltete, der älteste Prytanis, Pouör zgerd um Zorten yO9ovós (Aesch. Suppl. 355). Nach dem Synoikismos war das Prytaneion am Markte und der Mittelpunkt der theseischen Stadt. Die Prytaneen lagen unmittelbar über dem Markte; daher heisst die Agora in Siphnos von. dem marmornen Prytaneion Zeözoggvs?); denn öggvs bezeichnet den Rand, welcher die Niederung (zö xoi4ov)'der Marktplätze überragt, und dieser Lage wegen sagte man auch dveßeiveıw sis tò noviæveiov, (Athen. p. 450 A). Hier waren die Erben der Königsmacht d. h. die Eupatriden, die Hüter des Staatsherds, die Regenten und Gerichtsherrn. Von den öffentlichen Gebäuden, welche hier gestanden haben, hat sich in einzelnen zerstreuten Nachrichten eine Ueberlieferung erhalten. Wir erfahren nämlich, dass es ausser dem jüngeren Amtsgebüude des - Archon Kónig. dem im Kerameikos ne ein ülteres gegeben habe. 1) Ein Prytaneion ohne Agora lässt ih vielleicht in E es Men I. V, 15, 8), aber hier war auch keine Stadtgemeinde. In Megara. (Paus. I 42) bezeichnet das Prytaneion den Anfang des Markts. | - 9) Orakel bei Herod. 3, 57, falsch gedeutet von Bähr: foru | albi marmoris lapidibus stratum. Ueber: ögove vgl. Hense ‘Poetische Personif cation' 1 S. 8. 172 - ERNST CURTICUS Dies Basileion war der Sitzungssaal der vier alten 'Phylenkónige , und wir können: also voraussetzen, dass es im dem Theile der Stadt, welcher ‚nach Thukydides: der ‘älteste gewesen ist, und zwar am Markte gelegen war. In seiner Nähe war das Bukoleion (Herm. Griech. Staatsalt. 8 138, 14). welches man gewiss sehr richtig mit den heiligen Ceremonien des Pilügens in Zusammenhang gésetzt hat, denen die Buzygen vorstanden (Petersen Arch. Ztg. 1852 S. 412). ` Das Pilugfeld der Buzygen lag un- ter.der Burg, und da dasselbe Geschlecht auch der Heiligthümer im Pal- ladion zu warten hatte, so wird dasselbe in benachbarter Gegend zu su- chen sein.‘ Nach der Zusammenstellung mit Ardettos uud Lykeion bei Plut. Theseus 26 muss das Palladion in der llissosgegend gelegen ha+ ben, und die Sage von: der Gründung: desselben (bei Pollux 8; 118). führt uns in die Gegend des itouischen Thors, wo die Stadt dem Phaleros am nächsten war. Wenn nun ausser dem Bukoleion auch. das Prytaneion in unmittelbarer Nähe des älteren Basileion: ‚gesetzt wird; so kann darun- ter nur ein Gebäude der Südstadt, ein Gebäude am Altmarkte, verstan- den sein, und auch sein Gedächtniss ist nicht erloschen! im Athen. Denn wenn schon längst erkannt worden ist; dass imi-*Prytaneion' als Gerichts- stätte sich die Erinnerung an den ältesten und. ansehnlichsten aller Ge- richtshöfe Athens erhalten hat (Müller. Dor; 2; $37); woher auch der Name Prytaneia für Gerichtsgelder stammt (Bóckh Staatsh. d. Ath. 1, 240), so wird man mir wohl beistimmen, wenn ich in diesem Prytaneion das Padhas der alten city von Athen so wie in den benachbarten Ge- bäud eion und Bukoleion die Staatsgebäude am Altmarkte erkenne. r Gruppe wird auch das negeotto» angehörten, welches Petersen Be H dm die Nähe des Prytaneion. gesetzt hat; denn wie zum Stadt: = eme Kellerei gehörte, die für die Malzeiten daselbst den besten Vein lieferte Ere inii an nnskeller von dch un Athenäos = ATTISCHE STUDIEN 178 Licht fallen- Denn es zeigt sich, dass diejenigen Gerichtsstütten von Athen, wo keine eigentlichen Prozesse geführt, sondern nur gewisse Süh- nungen nach altem Herkommen vorgenommen wurden, ünd deshalb die mit dem heiligen Rechte vertrauten Geschlechter der Eupatriden auch nach Solon in ihrer Thätigkeit verblieben, weil: dieselbe ohne politische Bedeu- tung war, alle m dem alten Eupatridenquartiere; im Kydathenaion, süd- lich von der Burg lagen; «nicht nur Palladion und Prytaneion, sondern auch das Delphinion, welches, ohne Zweifel in der Nähe des Pythion nach der phalerischen Seite hin gelegen war. In diesen Scheingerich- ten erhielt sich die Schattengrósse der Eupatridenstadt, in dirin Schosse einst’ die ganze Geschichte der Stadt geruht hatte. ` Mit der Verlegung. des Markts nach dem Kerameikos ER der Herd- der. Stadt eben dahin verpflanzt, und hier finden wir. nun zuerst eine von Augenzeugen beschriebene und vielfach bezeugte: Gruppe von Staatsgebüuden, unmittelbar am Markte gelegen: Tholos, Buleuterion und Metroon; auch den Apollotempel können: wir dazu rechnen und die Königshalle; endlich auch die Terrasse der Eponymen, den Platz offizi- eller Publikationen. Nur Eins fehlt und zwar das Wichtigste — das Prytaneion. Der Sache nach freilich nicht, denn im Buleuterioh tagt die Regierungsbehórde und .in der Tholos sitzen die Prytanen; sie,ha- ben hier am Stadtherde ihren Tisch, aber wenn dies Gebüude deshalb bei späten Grammatikern auch wohl einmal Prytaneion genannt wird! so ist doch vollkommen sicher, dass dies eine leicht erklärliche Unge- nauigkeit ist und dass es nach offiziellem: ne am Markig des Keranieikos kein Prytaneion gab. Die Erklärung dieser auffallenden Thatsache bietet sich. leicht dn Einmäl bestand: das: impen am >» mit seinem Namen: foh 1) Vg. Meier. zu Geh S, xcvi, rim — x dich wird Prytaneign ii. B leuterion genannt, nach Ulrichs Reisen. u. El, 67 ein Gebäude;, ‚doch ist das Prytaneion auch hier wohl dasselbe wie Tholos und dieser dur anderer als der von Theodorus Phocaeus beschriebene del Kg Bau. Vitruv. VII. u—n at ari 40 di ngvtaycío ai, adt: g. Aristokr. 645. Pol. $2 20, genauer 174 ERNST CURTIUS und dann scheute man sich wohl auch ein neues Stadthaus zu errichten, das durch seine Benennung an die Geschlechterherrschaft erinnerte, mit welcher man gebrochen hatte. Man baute also neben dem heiligen Herd- gebäude, der Tholos oder Skias, das Regierungsgebäude, welches aber kein Herrschaftssitz und Richthaus sein sollte, sondern ein Rathhaus (Buleuterion). Die ganze Gruppe der attischen Staatsgebäude nannte man zusammen 7& dorsi (public offices and places of registration nach Leake) und bezeichnete demnach die Tholos als einen zonog £v roig dg- xefoıs (Lex. Rhetor. Etym. M.) Des Herdes wegen wird sie gerne als Haus bezeichnet und dem Herdaltare entsprechend war sie rund, ein ge- wölbter Ziegelbau (oreoyyvÄosıdijs olzos de Ócrgézwv siinusvos Hesych.) Wahrscheinlich waren neben dem Rundbaue die Versammlungs- und Speisesäle; denn auch in Olympia werden beim Prytaneion die Versamm- lungsräume und das eigentliche Hestiaheiligthum als zwei verschiedene Theile des Gebäudes bezeichnet. Paus. 5, 15. Peloponn. II 67. Merkwürdig und zu weiterem Nachdenken anregend ist das Ver- hältniss der beiden eigentlichen Staatsgebäude, Tholos und Buleuterion, zum Metroon. Gerhard hat in seiner Abhandlung über das Metroon (Berlin 1851) dies Verhältniss zuerst eingehender erwogen, und ihm er- ‚schien die Verbindung eines phrygischen Cultus mit den wichtigsten Staatsgebäuden Athens so befremdlich, dass er als ursprüngliche Grund- lage dieses Cultus einen Dienst der Athena, der mütterlichen Stadtgott- heit und Stammutter der Erechthiden, annehmen zu müssen glaubte. Doch scheint mir eine solche Umgestaltung schwer begreiflich. Der Rheadienst im Kerameikos wird uns zu bestimmt, auch in Inschriften t (Phil . Suppl. II, 588. Rhein. Mus. XIX, 301), und wenn uns its be zeugt wird, dass der phrygische Göttermutterdienst nirgends re en ES on Pe. als in kenn (siehe — D d Migtoc t ours: wxodöunge» Bovásv utram £y (9 Grti4ov s" 2 ATTISCHE STUDIEN 115 wiss kein Grund, welcher uns zwingen könnte, mit der Stiftung des ` Rheadienstes in Athen bis in die Zeit der Pisistratiden, wie Preller will (Gr. Myth. II, 512), oder gar mit Gerhard bis nach den Perserkriegen herabzusteigen. Der Rheadienst gehört gewiss nicht zu den in den spä- ten Zeiten religióser Reformen 'eingedrungenen Auslündereien, sondern zu dem Erbgute religióser Vorstellungen, welche die Hellenen aus Klein- asien herüber gebracht haben. Ist denn die Tholos mit dem Herdfeuer nur zufällig in die Nähe des Metroon gekommen, welches aus älterer Zeit an der Stelle bestand, wo man den neuen Mittelpunkt der Stadt errichten wollte? So scheint es, wenn in der That eine Verbindung zwischen dem Feuer der Hestia und der Göttermutter den Athenern so ganz unbekannt war, wie Ger- hard sagt. Allein warum soll denn den Athenern die Sage fremd ge- wesen sein, welche seit Hesiod gemeinsam hellenisch ist und welche Pin- dar mit solchem Nachdrucke an die Spitze seines herrlichen Prytaneion- liedes (Nem. IX) stellt: e Hei “Pies & te novreveie A£Aoyyas “Estria. Rhea und Hestia sind als Mutter und Tochter eng mit einander verbunden, und wenn diese als Gründerin des Hauses und Erfinderin des Hausbaus verehrt wurde, so hatte an diesen Ehren auch die Mutter ih- ren Antheil, welche durch ihre Mauerkrone auch als eine herdgrün- dende, menschenvereinigende, stadtbauende Gottheit sich zu erkennen giebt und also gewiss nicht erst durch späte Allegorie zu einer Stadt- gottheit geworden ist. So erklürt sich auch, warum man in der peri- kleischen Zeit, als man die Idee des gemeinsamen Staats bei allen Bür- gern so lebendig wie möglich machen wollte, gerade diese Göttin in ei- nem thronenden Bild von Phidias darstellen liess und warum man ihr Heiligthum in so enger Weise mit dem Staate verband), dass man es zum Staatsarchive machte, wie in Rom den Tempel des Saturnus (des Vaters der Vesta), und das Rathhaus auf dem geweihten Boden gründete, Denn so erscheint es nach den genauen Worten des Suidas . u d. W. j rocyvorr xai 176 ERNST-CURTIUS TEQIHEETTOVTES fré zedıEowoer tÅ unto v» Or. Die Curie stand also im Bezirke der Göttin und gehörte zum Metroon. Die Ortslegende ist noch in anderer Beziehung lehrreich. ‚Sie be- zeugt, dass hier einst ein Felsschlund war, welcher zu Hinrichtungen benutzt wurde. Solche Plütze waren an den Grünzen der Stadt; wir kónnen also annehmen, dass auch diese Stätte einmal ausserhalb der Stadt gelegen war, und da solche alterthümliche Vollziehungen der To- desstrafe einen nahen Felshang voraussetzen, so ist dieser in den Ab- hängen des Aresfelsens zu erkennen, welcher sich hinter dem Metroon erhebt. Auf die Erdschlünde am Ateopag bezieht sich Eurip. Elektra V. 1272: Heyov nag eéróv yaoue derer y90róc, und es erhellt. wie passend gerade als Strafort der Abhang des Areshügels, der Wohnsitz der Fluchgöttinnen, erscheint. Bei Erweiterung der Stadt ist die Richt- stätte an die Felsen von Melite ER wo ich ihre Stelle nachgewie- sen zu haben glaube (Att. Studien 1, S. 8). Wann nun Tholos, Rathhaus SCH Metroon in der Gruppe, wie wir sie kennen, erbaut worden sind, darüber lässt sich nichts Bestimmtes nachweisen. Nur können wir mit Zuversicht. die Ansicht abweisen. welche Lenormant ‘in seinem Anfsatze über die Tholos ausgesprochen hat!) es sei nämlich erst unter Perikles das Feuer. des Staatsherds an den Markt verlegt worden. Wenn Preller (S. 512) die Anlagen der Tyramnenzeit zuschreibt, so schliesst er sich darin meiner Ansicht über die Zeit der Marktverlegung an, und es kann in der That nur zweifel- haft bleiben , ob die Errichtung jener Staatsgebäude mit der Verlegung des: Bhilitrtarkts: "unmittelbar verbunden géwesen oder erst spüter, etwa in der Gen des Kleisthenes, eingetreten sei, damals als die Terrasse. der »enmórder Pul ‚wurde, :n Hetirigaño, müssen in der Nähe * ATTISCHE STUDIEN 177 chonten gewesen zu sein (Schömann Gr. Alt. I2, 427); denn wenn es von Nikias heisst (Plut. 5), dass er als Archon sich bis zur "Nachtzeit. im ‚Strategion aufzuhalten pflegte, so ist der Ausdruck &eyw» wohl nicht im engeren Sinne vom. Archontate zu verstehen, sondern im weiteren Sinne -und hier insbesondere von der Strategie. Seit Perikles war aber dies ` Amt das wichtigste aller Staatsämter geworden und dadurch das Strate- gión der Mittelpunkt der Staatsregierung. ` Wer hier präsidirte, führte das Ruder des Staats; daher der Ausdruck xeAsi» me gn zé füpa:» zei zé orgeriyıov (Plut. Per. 37). Aber auch die heiligen Gebäude am Kerameikos hatten ohne Zwei- fel ihre staatliche Bedeutung. Aphrodite war auch hier, wie am Alt- markte, die volkeinigende Gottheit. deren Myrtenkranz die Beamten der Stadt trugen, wenn sie im öffentlichen Dienste waren. ' Hephaistos hatte seinen Tempel inmitten des Volks, das ihn vorzugsweise als seinen Stammyater 'ehrte; sein Tempelhaus theilte nach einer echt attischen ‚Vorstellung Athena, und Beiden war wieder Apollon Patroos, der gegen- über wohnende, als gemeinsamer Spróssling zugeeignet (Schómann Op. acad. 1,324) Das sind mythologische Verbindungen, durch die Sage geheiligt und durch örtliche Nähe veranschaulicht, welche doch gewiss einen we- sentlich politischen Inhalt haben, indem. sie unter -religiöser Form die ‚Verschmelzung der nach Stand. und. Herkunft verschiedenen Klassen der Bevölkerung zu einer Gemeinde darstellen. . Dies ist die volkeinigende Bedeutung. der Marktkulte, wie sie seit Gründung der Agora in's Leben trat und sich in den Gemeindefesten bezeugte, namentlich im Apaturien- feste, das alle Marktgótter verband. ` Der Mittelpunkt desselben war einst Phrynichos S..519.. Hat Fa Sago, wie gt zu zweifeln, eine Waert ', namentlich jentre der Demophontiden . (Schnei- dewin in, Zeitschr. f. tere pod : 40. 80 muss man auf ein. äl- teres, am Altmarkte gelegenes, Gebäude dieses Namens schliessen, und da- rauf führt auch die Bezeichnung bei Plutarch: Bovisvrigov deg 4 miod Tgp: ee DE war P Bio das alte Amthaus oder Bi eab 1n der Athener. | ur. n) Hist. - Philol. Classe. XII. Z 178 ERNST CURTIUS das alte Prytaneion und dann der Staatsherd in der Tholos. Vgl. August Mommsen Heortologie S. 305. OH ` Folgen wir nun den Erweiterungen der Agora in der römischen Zeit, so ist an sich deutlich, dass wenn damals, wie unzweideutige Denk- mäler und alte Zeugnisse beweisen, eine neue Agora eingerichtet wor- den ist, dieselbe auch ihr Prytaneion gehabt haben wird, und so kom- men wir denn zu dem Gebäude, welches uns allein unter diesem Na- men an-einem bestimmten Platze bezeugt ist, d. h. zu dem oberhalb des Windethurms gelegenen Prytaneion. Dies kann nicht das Prytaneion der Xheseischen Stadt gewesen sein, denn es lag an der entgegengesetzten Burgseite, und es hätte ja, wenn hier das Staatsfeuer der alten Stadt ge- brannt hütte und von hier die Gründer der ionischen Stüdte das heilige Feuer mitgenommen hätten, jeder mit Athen nur oberflächlich bekannte Leser dem Thukydides in Beziehung auf seine Kennzeichen der alten Wohnplätze im Süden der Burg entgegnen können: der Herd und hei- lige Mittelpunkt der alten Stadt war aber an der Nordseite! Dies Pry- taneion kann auch nicht das der solonischen Stadt gewesen sein; denn an ihrem Markte gab es nur Tholos und Rathhaus, und neben der Tho- los, wo die Prytanen am Staatsherde opferten und speisten, kann man unmöglich ein anderes Prytaneion mit einem zweiten Staatsherde ange- legt haben. Es bleibt also nichts Anderes übrig, als dass das Prytaneion des Pausanias einer späteren Zeit angehört, der Zeit der römischen Markt- reformen, in welcher die anderen Prachtbauten zu Ehren der Athena (denn jedes Prytaneion war, wie wir oben sahen, der Stadtgöttin heilig) tet worden sind. Wenn es häufig vorkommt, dass freigebige Wohl- thiter- das Prytaneion einer Stadt beschenken, so war ein neues Pryta- neion selbst. das glänzendste Geschenk, das einer Stadt gemacht werden konnte. Es war ein pn Glied und der ER cn Schluss- stein der neuen : ATTISCHE STUDIEN 179 uralte Prytaneion, ‚das. Gerichtshaus an der Südseite, und das un- scheinbare Ziegelgebäude der Tholos. Jenes neue Prytaneion erkenne ich in dem oizos u£yes’beim Schol zu Thuk. II, 15, im Gegensatze zu dem novrevsiov oixíoxog nao& roig ’Adnveioıs Schol. Arist. Ritt. 167. Mit diesen Bezeichnungen kann doch nicht wohl ein und dasselbe Gebäude . gemeint sein. Nun handelt es sich vorzugsweise um die Speisung im Prytaneion, einen Gegenstand, welcher auch durch Meiers Forschung nicht vollstün- dig aufgeklürt worden ist. Ich hebe jetzt nur die Punkte hervor, welche für die Topographie von Wichtigkeit sind. Wir müssen zwei Arten von Speisungen unterscheiden, die ehren- halber am Staatsherde gewührte Malzeit und die Speisung der im Staats- dienste stehenden Beamten, welche den ganzen Tag über auf dem Po- sten sein mussten, um das Staatsinteresse wahrzunehmen. Darnach wird in allen Zeugnissen aus historischer Zeit die Tholos, wo die fungirenden Prytanen opfern und speisen, von der Speisung im Prytaneion unter- schieden. War aber diese Trennung von Anfang an? Gewiss nicht. Sie bestand nicht, so lange der alte Staatsherd | der Mittelpunkt der Stadt war; da wurde der Geehrte, wie einst auf der Burg zur Königs- tafel, so am Altmarkte zum Male mit den Regenten des Staats geladen. Denn diese Weise der Auszeichnung war uralt, sie bestand wie Pollux bezeugt und Demosthenes, so weit das Gedüchtniss der Stadt zurück- reichte. Als nun aber der Markt in den Kerameikos R und die Tho- los beim Metroon gegründet wurde, da trat die doppelte Speisung ein. Die Beamtentische folgten dem Regierungssitze und vervielfältigten sich hier, indem für die Senatsausschüsse und für die Archonten besondere Räume eingerichtet wurden (Tholos und Thesmothesion). Aber e Ti- sche der Ehrengäste liess man im alten Quartiere, im alten Prytaneion; dadurch erhielten die Beamten in ihrer sich immer mehrenden Nie schüftigkeit freiere Hand, und es wurde doch eine Sitte, die auf ural- tem Herkommen der gastfreien Stadt beruhte, ununterbrochen fortge- setzt, und zwar an dem Herde der Theseusstadt, im Kydathenaion, wo 22 180 ERNST CURTIUS alle Traditionen des Alterthums vorzugsweise gepflegt wurden. Hier hatten. die Mitglieder alter Geschlechter, ‘namentlich die Priester der Staatsgottheiten, welche ausser dem Vorsitze bei den Spielen (der uns durch die neuen Entdeckungen so anschaulich geworden ist) auch dies Recht besassen, hier die Olympioniken und Andere ihren Sitz. Es war ein Verein von Bürgern, denen theils durch persónliches Verdienst, theils durch das ihrer Vorfahren, theils durch amtliche Stellung ein gewisses Ehrenrecht zustand, welches für das Staatsleben bedeutungslos war, aber dennoch niemals allen Glanz verlor. ^ Diese Einrichtung wurde mehr- fach Gegenstand der Gesetzgebung; Solon gab genaue Bestimmungen über die Art der Speisung, Kephisophon beantragte ein Gesetz über die Theilnahme an derselben (vgl. Meier de Lyeurg. p. CH); im Ganzen aber blieb die aus der Königszeit stammende Sitte durch alle Jahrhun- derte unverändert. Es gab tüglich eine zwiefache, vom Staate gedeckte, ' Tafel und eine zwiefache Tafelrunde. Die Einen speisten am alten Staatsherde, die Anderen am neuen. In der rómischen Zeit wurden beide Speisungen, die ursprünglich eins waren, von Neuem mit einander verschmolzen. Nun hatten auch die bürgerlichen. Aemter mit. der Unabhängigkeit des Staats ihre eigent- liche Bedeutung verloren. -;Ausserdem wurde die Zahl der Ehrengäste der Stadt. der de/oro:, immer grösser (schon Aeschines g. Ktes. p. 567 klagt über die Zunahme derselben); auch die Zahl der Priester nahm zu, indem man neue Dienste einführte, ohne die alten eingehen zu lassen. Aus der römischen Zeit haben wir die amtlichen Listen derer, weléhe im jtaneion speisen; da sind die Prytanen und die Ehrengäste, nament- lie Mysterienpriester, und eine grosse Zahl yon Beamten vereinigt, welche nun zusainmen die:-Honoratioren des kaiserlichen Athens bilden. Einige dieser Inschriften sind nachweislich am Horologium des Androni. sgegraben (Ross Demen S. 17), und es leidet keinen Zweifel, dass das Prytaneion beziehen, welches Pausanias als den Aus- sten Strassen an der Nordseite der Burg bezeich- genes Gebäude oberhalb der römischen Agora, heutigen Aeolosstrasse. Dies neue Stadthaus ATTISCHE STUDIEN 181 war ein Prachtbau mit Speisesülen, ein grosses Hestiatorion, vielleicht auch nach Art der palatia zur Aufnahme fürstlicher und amtlicher Per- sonen eingerichtet. ` Die Aufsicht über das Gebäude führte ein erg Beamter: ô £wuusAgrie movrevetov. (C. Inscr. Gr. n. 575). Als man dies neue Prytaneion einrichtete, setzte man ""— den Dienst der Hestia daselbst ein, ohne welchen kein Prytaneion zu den. ken ist, und stellte neben der Hestia die Eirene auf , um die Rómer-. herrschaft als eine neue Zeit des Friedensglücks für Athen zu bezeich- nen. Man brachte aber auch aus den ältern Stadttheilen Kunstwerke und Denkmäler anderer Art in das Stadthaus, welches nun als der Mit- telpunkt der Geschichte Athens gelten und dessen Halle eine Ruhmes- halle der Athener sein sollte. Eine Anzahl von Ehrenbildern war da- selbst aufgestellt, ` von denen nur einzelne namhaft gemacht werden; so das Bild des Pankratiasten Autolykos!), das des Olympiodoros: (Paus. 1, 26, 3), die Statuen des Miltiades und Themistokles, welche indessen hier so willkürlich behandelt waren, dass man ihnen falsche Namen bei. geschrieben hatte ?); endlich das Erzbild des Demochares; welcher, mit dem Schwerte angethan, der Erste war in der Reihe von Standbildern, welche rechts vom Eingange zu dem Heiligthume der Hestia aufgestellt waren (sioiórwr ngòs rj» Íoríev dest 6 mocwoc). Von dieser Bildsüule ist nun auch ausdrücklich bezeugt, dass sie von ihrem früheren Stand- orte (wahrscheinlich. in der Nähe des Demosthenes) nach dem Pryta- neion versetzt worden sei (sig 10 Roggen? pudet Leben ‘der X Redner S. 79 Westermann). ' Das Merkwürdigste aber von Allem, was im Prytaneion zu sehen war, waren die ehrwürdigen Ueberreste der solonischen Gesetzestafeln; und auch von diesen ist ausdrücklich bezeugt, dass sie erst in spüterer Zeit nach dem Prytaneion gebracht worden sind; denn Pollux (8, 128) sagt: eödıs (of te zögßeis zei oi @Soves) eis. ò, aQvreveioy zei m dyogar a ge ——— 2, a á ah 1) Vgl. O. Jahn Arch. Beitr. S. 44. | g ^ BT -| 2) Paus. 1, 18, 3. Ueber diese Statuen werden wir nun; " i^ E sen, als Stark in der Arch. Zeitg. 1859 S. 78. EN €T 7 182 ERNST CURTIUS ustexzouiodnoer. Freilich hat Pollux hier seine Quelle ungenau benutzt, in so fern er die mittlere Station auf dem Wege, den die Gesetztafeln durch die Stadt machten, übergeht oder die zweite und dritte mit ein- ander vermischt. Ihn ergänzen aber die genauen Angaben trefflicher Gewährsmänner. Denn Harpokration (u. d. W. zégfjs;)) und Photios p 109, 19 wissen aus Aristoteles, dass die Kyrbeis in der Kónigshalle auf- gestellt waren; ausserdem nannte Anaximenes (bei Harpokr. ô zdıwder vöuos) das Buleuterion als Ort der Aufstellung!). Es waren also die Gesetzestafeln in den Staatsgebäuden am Kerameikos vertheilt, und die das heilige Recht betreffenden Gesetze werden vorzugsweise in der Halle, die Axones im Buleuterion zu finden gewesen sein. Diese Einrichtung stammte von Ephialtes her, der durch die Entfernung der Tafeln von der Burg einen wesentlichen Fortschritt der demokratischen Entwicke- lung im Staate. bezeichnete (Griech. Gesch. 2, 137). Das Prytaneion war also der dritte Platz, wo sie bei einer neuen Wendung der Ge- schichte Athens aufgestellt wurden und sich lange erhielten (Harp: v. @bovss: dıeowloreer èv c novrevsio), wenn auch nur in comen Ueber- Testen, wie Plutarch (Solon 25) bezeugt. In der Náühe dieses Prytaneions wird als ein Schmuck dendi auch das berühmte Bild der Agathe Tyche gestanden haben (Ael. Var. H. IX 39), von welchem Gerhard im Philologus 1849 S. 380 gehandelt hat. Die Identification derselben mit dem aus Lykurg angeführten ya- Fis vóyme vews bei Harpokr. ist freilich nichts weniger als sicher; aber mit vm Rechte hat Gerhard a. a. O. zuerst darauf hingewiesen, dass e Lage des attischen Prytaneion, so entfernt von den Staatsgebäuden Kerameikos, etwas sehr Befremdliches habe, und es ist nur zu ver- wundern, dass a man diesen Gesichtspunkt seitdem ganz unbeachtet Gem ATTISCHE STUDIEN 183 sen hat. Man hat aber im Ganzen die Topographie Athens so äusser- lich behandelt, dass man sich solcher Widersprüche und Schwierigkei- ten nicht bewusst geworden ist und sich die Probleme gar nicht ge- _ stellt hat, welche hier zu lösen sind. Die Lösung ist aber nur mög- lich, wenn man das Leben der Stadt in seiner geschichtlichen Bewegung auffasst. Wenn der Schwerpunkt desselben im Laufe der Zeit wesent- lich verrückt wird, so kann auch der Markt nicht derselbe bleiben. Dem Markte folgt der Stadtherd, dem Stadtherde das Prytaneion. Drei- mal sind die Athener im eignen Hause umgezogen; aber die alten Quar- tiere sind nicht leer gelassen, die alten Herdflammen nicht erloschen, sondern man hat, wie bei einer Colonieengründung, die neuen Feuer an den alten entzündet. Als das Prytaneion der Nordseite Mittelpunkt des römischen Athens wurde, bestand das alte der theseischen Stadt noch fort, und Pausanias nennt am Ende seiner städtischen Wanderung den Gerichtshof Prytaneion als ein ganz besonderes Lokal, welches, wie ich oben erwiesen zu haben glaube, mit den beiden anderen. Ephetenhófen, mit Delphinion und Palladion, ih der alten Patricierstadt, dem Asty von Athen, gelegen war!) Das alterthümliche Haus e wo über Holz und Eisenstücke, die einen Menschen beschädigt hatten, feierliches Gericht gehalten und Thiere zur Entfernung aus dem Stadtgebiete verurteilt wur- den, hatte nichts als den Namen gemein mit jenem Prytaneion, dem Prachtbaue an der durch kaiserliche Munificenz ausgestatteten Agora, dem Ausgangspunkte der belebtesten Strassen an der Gränze des Tripo- denquartiers, wo die Verbindung war zwischen Kerameikos, Olympieion und Lenaion. Dieser glücklichen Lage wegen brauchte auch in der vierten und letzten Epoche der attischen Stadtgeschichte, als Hadrian 1) Das Wort don hat eine zwiefache "SN es bedeutet Altstadt und. Oberstadt (im Gegensatze zum Peiraieus) Im erstern Sinne wird es. ge- braucht, wenn damit der Wohnsitz der Eupatriden bezeichnet wird (Ein. aurd tò dom olxoövıss), und so gebraucht es auch Plutarchi im 24: êv mowjceg dp xowóv dvraüde movtaæveřov xci gov. op, önov idgvimı tò dow, vjv noA 'AO(vec rgoönyógevos. Me = ser Be stammt wohl auch dorsloc. derana 184 ERNST CURTIUS ein neues Athen an der Ostseite schuf, nicht wieder ein neuer Markt und. ein. neues Prytaneion gegründet zu werden. Denn durch Hadrian wurde. die Bewegung 'der Stadt von Westen nach Osten, die mit dem -Eintritte der römischen Zeit begonnen hatte, nur vollendet. Damit war der Kreislauf stüdtischer Geschichte geschlossen und die Stadt der Athena zu der Kallirrhoe Mut welche die Náhrerin ihrer ältesten An- siedler gewesen war. H int .N achtiràaüge zum ersten Theile der attischen Stüdiém. ^00 Si gu der Kön. Ges. der Wiss. Band XD. E > » n in so ud hende secet EE o agre ursprünglich en ’rgname sg. und denselben Berg bezeichne, ‚dessen; Gipfel ‚man Museion nannte (nach zt ge wöh Ss ‚Bezeichnung Philopappos), . ist im Litt. Centralbl 1863 S. 412 jen wi SA I Ge"? N n „wo. der Ref. zu beweisen sucht , dass die Angaben des Kleidemos es. 27, mit ‚meiner uu. ‚unvereinbar seien pu uns — € if ‚bed “ihre de zog Sis ‚vom: Areopag Mig zur r Kan bis, zum Fnsse des. Philopappos, - de der rechte à "Vgl. seinen Aufsatz im Philologus XX S. 529. Er stimmt mir auch. in] > verhältnissmässig jüngeren Ursprungs der Polygonmauer bei. War nun su ee ATTISCHE STUDIEN l 185. sich den dpi eo volatellit; folgt aus der Verknüpfung desselben mit den Bagdad qu&. Je näher die Feinde standen, um so wirksamer musste ein solcher Ueberfall sein. Die Amazonen wurden in die Ebene geworfen und die Athener wollten sie zum pirüischen Thore aus der Stadt hinausdrüngen. In der Thorstrasse aber fassten die Amazonen wieder festen Fuss und drängten ihrerseits den Feind bis an den Fuss des Areopags zurück, um ihre alten Stellungen wieder einzunehmen. Da er- folgt ein neuer Zuzug vom llissos her (das ist ja die Gegend, in welcher sich die Alten Aigeus wie Theseus vorzugsweise ansässig dachten), von Ardettos, Palladion und Lykeion, und dieser Zuzug, welchen wir uns also auch an der Südseite der Burg entlang kommend denken müssen, entscheidet das Treffen, indem er den rech- ten Amazonenflügel, welcher die zusammengedrängten Athener zu umringen drohte, überfiel und so die Niederlage der Landesfeinde herbei führte. Mag man sich diese mythistorischen Vorgünge in einzelnen Punkten auch anders vorstellen kónnen, auf keinen Fall vermag ich zu begreifen, wie die Darstellung des Kleidemos beweisen soll, dass ‘die von ihm gemeinte Pnyx eine ziemliche Strecke nördlich vom Museion, also auf dem gewöhnlich so genannten Hügel oder am Nymphenhügel zu suchen sei’. Plutarchs Worte am Anfange des Kapitels sprechen eher für das Gegentheil; denn wenn er sagt, die Amazonen und die auf dem Museion stehenden Theseiden seien meg viv Ilviza xci tò Movosiov handgemein geworden, so denkt man dabei doch nicht an zwei von einander entfernte Oertlichkeiten (in diesem Falle erwartet man: xci "toi tò Movosiov), sondern an zwei Punkte, welche einer Oertlichkeit angehö- ren. Die Entfernung des Schlachtfeldes in der Thorstrasse vom Museion erklärt sich aber dadurch, dass Theseus im Anfange siegreich war; denn anders konnten sich doch die Athener den gozÓoópuoc nicht vorstellen. . Eine doppelte Benennung für eine Höhe kann aber nicht befremdlich sein, wenn die im Bereiche des Markts liegenden Abhänge derselben eine besondere und eine so hervorragende Bedeutung erhielten, dass sie den eigentlichen Bergnamen (Airis) für sich in Anspruch nahmen, so dass dann der Gipfel, dem erst die mace- : donische Zeit eine geschichtliche Bedeutung gab, eine besondere Bezeichnung (Mu- seion) erhielt. 4 Was die eigentliche Pnyxfrage betrifft, so hat sich eine Reihe competenter " Stimmen, welche bis dahin schwankend waren, wenigstens dem negativen Ergebnisse meiner Abhandlung angeschlossen und sieht in dieser Beziehung die Frage für er- ledigt an. Darunter sind jetzt auch athenische Gelehrte, wie E Dr. Per- vanoglu, welcher schon durch die vielen Ausgrabungen, welche er im Geb alten Felsenstadt vorgenommen hat, mehr als irgend ein Anderer hier ER Ha Hist. - - Philol. Classe. XII. BC ha - w -O ERNST CURTIUS durch dieselbe gestützte Terrasse nicht die Pnyx, so bleibt doch für einen theater förmigen Sitzungsraum der Bü ürgerschaft , welcher der Akropolis nahe gegenüber ge- legen haben soll und oberhalb der alten Agora vorausgesetzt werden muss, so bleibt doch für die Pnyx, welche als eine ansehnliche Hóhe genannt und sogar mit dem - Lykabettos als eine ihm vergleichbare Stadthöhe zusammengestellt wird, auf dem so engen und übersichtlichen Stadtgebiete Athens in der That kein anderer Raum übrig, als der Philopapposberg, dessen Abhänge die alte Agora unmittelbar überra- ‚gen und wie geschaffen sind für den Sitzungsraum einer im Freien tagenden Volks- versammlung. . Die ungenügenden Erfolge der Nachgrabungen dürfen uns nicht irre machen. Die gezogenen Grüben haben freilich nur erwiesen, dass hier ein Boden ist, in welchem Felsstufen und Felssitze sein konnten. Wenn keine Terrassen zu Tage getreten sind, so bedenke man 1) dass die Breite des' Terrains, wo man sie suchen konnte, sehr bedeutend ist, und 2) dass eine absichtliche Zerstórung dersel- ben in macedonischer oder römischer Zeit sehr wahrscheinlich ist; denn schon um die Festung oben ‚unzugänglicher zu machen, musste man die treppenförmigen Ter- rassen. zu beseitigen suchen, welche das Braten der Höhe erleichterten. Was die Befestigung von Athen betrifft, deren Nachweis den zweiten Theil der Abhandlung, bildet, so sind in Betreff einzelner Punkte abweichende Meinungen ge- äussert, Peryanoglu setzt das Diateichisma höher (bei b auf meinem Plane), Rhu- Mët hält „einige Mauerstüke, an denen wir den alten . ‚Stadtring ` zu erkennen für. modern. . Beide haben auf Gräber hingewiesen, welche innerhalb. unsers x * vubten, / Peribolos gefunden seien. Diese Punkte können natürlich nicht. im Einzelnen hier | ~ besprochen werden: ich glaube nur darauf hinweisen zu dürfen, dass schlechtes PIA Mauerwerk jüngerer Zeit von Herstellungen der Stadtmauer herrührt, die doch in der a Regel dem alten Mauerzuge folgten. Nach den Notizen über Gräberfunde aber die = y Stadtgränze zu bestimmen , war unmöglich, weil sie keinen festen ‚Anhalt boten; wir wissen nicht , mit SES pg ses alte peto durch die pee. eios see S Derrainverhältnissen., deren Benutzung die Griechen nie Geescht ke geleitet, und eii glaube nicht, dass in wesentlichen Punkten ein ab- gefunden. werden wird. einen Bemerkungen schliesse ich einige Berichtigungen einzelner eh e kam auch | an He Südseite entlang und PB. 119. D 9. v. o. lies: wahrscheinlich machte es gegen Nordwesten Front. US. Tal: TOV. mg Der nürdliche Arm ist der jetzt wasserhalti tige. 2 dm Tig: meiner attischen Bach A war recht bestimmt , . meinen | ‚und Heinrich - Hirzel nach Athen zu begleiten, wohin er sich. im Sc o Kis. begeben wollte, voll I Eifer, sich an den Forschungen auf dem Boden A ilige , auf welche er sich seit lange vorbereitet hatte. "Nun hoffnungsreichsten Leben plötzlich « entrissen , an der Pyramide des i statt des wissenschaftlichen Austausches , auf welchen wir uns a. mir nur die wehmüthige Klage u um n den denen Jüngling und der N ri and liebevollen Andenkens. vua a din dar bam fillits te TOME Bees etai $ isro . Allgemeines über die Marktanlagen hellenischer Städte | ee Pausanias Topographie von Athen . . Ueber die Aufgabe des platonischen Dialogs: Kratylos. Von Theodor Benfey. Erste Abhandlung. Vorgetragen in der Sitzung der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften vom 3. März 1866. $ Die neuere Sprachwissenschaft ist aus der Philologie und Sprachen- kunde emporgewachsen. Ihre charakteristische Eigenschaft bildet die innige Verschmelzung von vier Richtungen: der NITRO Da E philosophischen, geschichtlichen und vergleichenden. jfi Die naturwissenschaftliche Betrachtung und Erforschung der Spice hat schon in ältester Zeit, wenigstens vor der des Buddha, d.h. sicher- lich wohl vor dem 6ten oder 5ten Jahrh. vor unserer Zeitrechnung , eine hohe Vollendung in der indischen Grammatik erreicht. Sie fasst die Sprache wie eine Naturerscheinung, deren Wesen sie durch Zerlegung in ihre Bestandtheile und Erkenntniss der Funktionen derselben zu er- gründen sucht. Die Sprache ist ihr das Gegebne; von ihr aus sucht sie die Art und Weise, wie sie ihren Inhalt sich vorstellt und gestaltet, zu erkennen; von der Sprache aus dringt sie zu dem gedanklichen oder überhaupt geistigen, psychischen Hintergrund, auf dem sie ruht, | dem sie sich gestaltet, abgelöst, verselbstständigt hat. Sie bewegt sich gewissermassen von aussen nach innen; vermittelst der Körperformen sucht sie den Geist zu ergründen, der diese geschaffen, gestaltet a Ob dieser schon in den ältesten uns bekannten g grammatischen Werken der Inder eingeschlagene Weg auch gleich zur Zeit der Anfänge der indischen Grammatik betreten ward, oder ihm ein andrer, etwa eine see ee een war, wie ielle icht En BM KS | THEODOR BENFEY, steht, wird sich bei der Dunkelheit der indischen Geschichte überhaupt, insbesondre der ihrer wissenschaftlichen Entwicklung und vor allem der in ein so hohes Alterthum hinaufragenden Anfänge ihrer Grammatik, weder jetzt noch wahrscheinlich in Zukunft mit Sicherheit entscheiden lassen. Zu der Zeit, wo die indische Grammatik in die uns bekannte Geschichte tritt, hat sie im Wesentlichen die ihr erreichbare höchste Eee n Vollendung schon erlangt. Diese prügt sich in einer fast mustergiltigen | | Behandlung der formativen Seite der Sprache aus. Sie ist vorzugsweise auf das Sanskrit angewendet doch keinesweges auf dieses beschrünkt, sondern auch — wenn gleich, insofern das Sanskrit stets als Muster gilt, einseitig — auf verwandte wie das Páli und selbst unverwandte Sprachen ausgedehnt, wie z. B. die Dravidischen und unzweifelhaft auch das Tibetische; Ceylonesische und manche hinterindische. Diese Sprachbehandlung , obgleich ihre hohe Bedeutung schon in x der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts in Europa angedeutet | — —- . wart), wurde doch erst seit der Einführung des Sanskrits in den Kreis Ke L- E. europäischen Studien bekannter und ist selbst jetzt noch nicht be- tee um nach ihrem wahren Werth geschätzt‘ werden zu können. T Die. philosophische Richtung, wenigstens die deren Anfänge und chichte wir zu verfolgen e hat ihren Ursprung in Europa, | E E demjenigen Volke dem, neben den Inderh, und in einem bei weitem . höheren Grad als diesen; so weit sich mit geschichtlicher Sicherheit er- ennen lässt, die Anfänge fast aller wahren Wissenschaft verdankt werden. Bo: "Richtung bildet einen reinen Gegensatz zu der naturwissen- E "n. "Während die letztere die Sprache an sich und durch sich und SE = : "Wege: den in ihr waltenden besonderen Geist, den Sprach- ns S nen sucht, geht jene vom Gedanken, vom Geist, überhaupt E e = zu ergründen, wie er sich in der Sprache: einen lautlichen ` Gr zeht a. im e zu a von aussen "mach ef: CS s & abgedruckt in Lettres dëcke et curieu- n igeres, 1743. HER | RS 219, hai Bit Abdruck. S> er ee ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. OAM Pour. innen ging. sed nalen von innen nach. aussen. "Während diese ihre Aufmerksamkeit vorwaltend ja fast einzig auf die sorgfältigste Er- forschung der sprachlichen Thatsachen und. ihres’ begrifflichen Werthes richtet, sucht jene zu erklären, warum der Gedanke grade diese. Ver- körperung annimmt, mit einem Worte, wenn diese frägt, was ist die Sprache, frägt jene, warum ist sie das, wenn diese die Natur der Er- ‚scheinung zu erforschen sucht, richtet jene ihre Forschung auf die Gründe derselben. Wenn jene an Tiefe ihres Bestrebens augenschein- lich diese überragt, so hat diese dafür die Sicherheit einer festen gewisser- massen handgreiflichen. Unterlage voraus; ebenso. die Fähigkeit sich Ka unabhängig von der ‚philosophischen Richtung ‚zu‘ entwickeln, ja ihre EU Aufgabe ganz zu. erfüllen, ‚während jene, sobald sie sicher gehen will, ` | r : der naturwissenschaftlichen Ergebnisse als Grundlage. bedarf. e TE Pd dritte so. wie die vierte Richtung, die geschichtliche und ver- gleichende, sind beide Kinder der neuesten Zeit; die erstere betrachtet die. geschichtliche ‚Entwicklung der Sprache von ihren Anfängen bis, zu der Zeit, his zu, welcher sie; sich See lässt, und sucht; ; wenn Sie erklären ; die. andre Sir Sr die Sprachen riai, | ee? fg $o : .. mach allen Gesichspunkten,. welche für das Verständniss derselben. in —. — Betracht kommen und sucht auf diese Weise eine Einsicht in das. Ver- = hültniss derselben zu einander und zur Idee der Poo Bhesheut zu E gewinnen. T A d : Wenn nun, te, "e Tee vier T (um e. tegen M der neueren. Sprachwissenschaft die erste und de beiden letzten am ` ` stärksten in den "Vordergrund. getreten sind, und sich. für die bisherige e Entwicklung dieser jungen Wissenschaft. am erspriesslichsten erwiesen pe haben, so ist doch Aeder Sprachforscher. ‚weit davon. entfernt die. he Bedeutung der zweiten zu verkennen. Wie sie nicht aufgehört; hat, gia =. an den Fortschritten, welche auf diesem Gebiete gemacht sind, in in ihrer er , d Weise zu betheiligen, so darf man der Hoffnung Raum geben dass si sie, i sobald die Unterlagen, deren sie zu mächtigerer Wirksan | > i s noch umfassenderer und festerer Art von ihren drei | 198 2.2.2000 2202 THEODOR BENFEY, sein werden, mit erstarkter Kraft, erweitertem Gesichtskreis und ver- tiefterer Anschauung vielleicht nicht am wenigsten dazu beitragen werde, uns dem Ziele näher zu bringen, welches nur vermittelst der har- monisch zusammenwirkenden Thätigkeit dieser vier Schwestern erreicht zu werden vermag. Das augenblickliche Zurücktreten der philosophischen Richtung wird übrigens mehr als aufgewogen durch die Herrschaft, welche sie über drittehalb Jahrtausende in der europäischen Wissenschaft fast allein und unumschränkt geübt hat. Mit den ersten uns genauer bekannten An- fängen der griechischen Wissenschaft ist auch sie hervorgetreten; unter ihrem Scepter hat sich die griechische Sprachwissenschaft entwickelt und an diese schliesst sich — unmittelbar und mittelbar — fast aus- nahmslos alles, was, bis zum Eintritt des Sanskrits in das Gebiet euro- päischer Wissenschaft, über Sprache und Sprachen gedacht, gelehrt und geschrieben ist. Und keineswegs mit Unrecht. Denn wenn auch die philosophische Richtung des griechischen Geistes, sein fast unbezühmbares Streben von allem die Gründe zu er- forschen, alles erklären zu wollen, gepaart mit einer Phantasie, die an -Reichthum von Ideen und Combinationen, an Höhe ihres Flugs, und Tiefe ihrer Anschauungen in der Geschichte der menschlichen Entwick- lung bisher unübertroffen dasteht; ihm nicht Geduld genug gónnte zu der ruhigen, demüthigen und entsagungsvollen Beobachtung, Sichtung und Analyse, deren es zur richtigen Erkenntniss von Naturgestaltungen und een u ihn daher nicht en zu übereilten Unde Ferner ver- nei Ent- welche wir unter Se? EN manche begünsti- welche in der griei Sprache selbst liegen, zur tsäċhlichsten Verdienstes der Griechen um die tragen haben — wie sich denn ja nicht ver- rossen Verdienste der Inder um die Ein- ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 193 ‚sicht in. des formativen Charakter der Sprachen durch die Eigenthümlich- keiten des Sanskrit nicht wenig unterstützt wurden — so ist es doch vor allem grade der Aufmerksamkeit zu verdanken, welche die Griechen auf das Verhältniss des Gedankens zu seinem sprachlichen Ausdruck, seiner lautlichen Verkörperung richteten. Endlich — und darin dürfen wir wohl das höchste Verdienst der von den Griechen angebahnten und weit entwickelten philosophischen Richtung der Sprachwissenschaft er- blicken —: sie schärfte den Blick für das generelle, allgemein -mensch- liche in den Sprachen, während die naturwissenschaftliche Betrachtung das Augenmerk mehr auf die Besonderheiten in den Sprachclassen und Sprachen zieht. So ergänzen sich beide Richtungen in einer Weise die allein zu einer wahren Lösung des Problems der Sprachwissenschaft zu führen vermag; getrennt .bahnt die eine den richtigen Weg zur Gestal- tung der Specialgrammatiken, die andre zu der der generellen; vereint leiten sie zur Erkenntniss des allgemeinen Sprachgeistes in ‚all seinen Besonderungen. Jede Phase der Entwicklung de griechischen Breechen, verdient demnach die grösste Aufmerksamkeit; um wie viel mehr eines ihrer bedeutendsten Werke, welches die in ihr herrschend gewordene Richtung — die Unterordnung der Sprache unter die dialektische Er- kenntniss — auf das Allerbestimmteste ausprügt, ‘einer andern; sich mehr der naturwissenschaftlichen ‚näherenden , eine ‚Selbständigkeit der Sprache anerkennenden, Ansicht kämpfend und, weil schwach vertreten, siegreich gegenübertritt, und: von den ältesten Zeiten | bis ‘vor Kurzem unbestritten den ersten Anfängen europäischer oder vielmehr. überhaupt wahrer Wissenschaft ;und ‚einem der grössten Männer des ‚griechischen. Alterthums Sec geben ward? . US Aug dL : M cunt Der Dialog Kratzlos galt bis vor kn Zeit für eine m o echte Schöpfung Platos, des Mannes, dem, abgesehn von der indischen Grammatik, neben Hippocrates die ersten bis zu uns poma zusam- menhängenden, Werke wahrer Wissenschaft verdankt, werden. Hist. - Philol. Classe. XII. Bb 194 —— THEODÓR BENFEY, Herr Schaarschmidt ist der erste, welcher die Echtheit desselben bezweifelt und nicht ohne Scharfsinn angefochten hat!) Auf diese Frage nüher einzugehen, kann nicht meine Absicht sein; zur Entscheidung : derselben bedarf es einer eindringenden und tiefen Kenntniss der platoni- schen Philosophie, Sprache, Kunst und Geisteskraft, so wie der Platon vorhergegangenen und gleichzeitigen philosophischen Entwicklungen, auf welche ich keinen Anspruch machen kann. ; Natürlich ist die Bedeutung dieses Dialogs ungleich grósser; wenn er diese Feuerprobe glücklich übersteht und seine Berechtigung Plato's Namen fortzuführen siegreich zu behaupten vermag, als wenn er in e diesem Kampfe unterliegen sollte. | Es bleibt ihm dann die Stelle an der Spitze der europüischen Sprachwissenschaft gesichert, welche er bis jetzt unbestritten eingenom- men hat; er ist dann auch ferner unzweifelhaft das ülteste uns erhaltene Werk, welches auf europäischem Boden eine der bedeutendsten Fragen dieser Wissenschaft , trotz unverkennbarer Mängel, mit einer Tiefe, in einem Umfang, mit einer Kunst und einem Erfolg behandelt hat, welche, ` zumal wenn man die Zeit seiner Entstehung berücksichtigt, mit Recht das Staunen und die Bewunderung aller derer geürndtet hat, welche sich eindringend mit ihm beschäftigt haben. ` Von diesem Nimbus wird er natürlich manches einbüssen, wenn er genöthigt werden sollte, dem Namen zu entsagen, dem er in diesem Fall. vielleicht allein seine Erhaltung durch zwei Jahrtausende verdankt haben ‚möchte; jedoch keinesweges so viel als man auf den ersten k k ‚glauben möchte und auch das nur in den Augen derjenigen, Wë. mehr von Namen en und beherrschen lassen, als E Dialog von ee EE oe von irgend einem andern, . namenlosen, Sel . der Sprachw; ! en ee seines Einfinsicn in alle TE in die heutige Zeit, mit einem Worte: sein innerer S ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 196 Werth bleibt auch in letzterem Falle ungeschmälert derselbe und der - cM 650 weit mir nach einer zwar durch und durch erneuerten , dennoch aber, wie ich gern zugestehe, keinesweges tief eindringenden Kenntniss der platonischen Werke, scheint, der Art, dass sich Plato desselben nicht zu schämen brauchte, ja dass er in seinem unverwelklichen Lor- beerkranze eines der frischesten Blätter bilden würde. Eine wirkliche Einbusse an Bedeutung würde dieser Dialog nur dann erleiden, wenn sich zugleich feststellen liesse, dass er einer viel jüngeren, wissenschaftlich weiter entwickelten, an Hülfsmitteln der Er- kenntniss für dieses Gebiet der Wissenschaft reicheren Zeit angehürte. Dass aber dieses nachzuweisen jemals möglich sein werde, scheint mir mehr als zweifelhaft, ja völlig unglaublich; im Gegentheil bin ich überzeugt, dass wenn dieser Dialog. auch Platon selbst abgesprochen werden möchte — was mir übrigens ebenfalls sehr zweifelhaft scheint — er doch seiner oder der nächsten Zeit nach ihm verbleiben wird, so dass er also höchst wahrscheinlich auch in diesem Fall den Ruhm be- haupten wird, das älteste der uns erhaltenen griechischen Werke auf dem Gebiete der Sprachwissenschaft zu sein und an der Spitze derjenigen Richtung derselben zu stehen, welche in ihr die herrschende ward und in allen sich daran schliessenden bis fast auf die neueste Zeit geblieben ist. Denn so sehr kann Niemand den Einfluss seiner Zeit verbergen, dass sich auch keine einzige Spur ihrer Anschauungen in seinem Werke finden sollte. Diess aber müsste man für den Verfasser des Kratylos annehmen. Keine Spur Aristotelischer Anschauungen lässt sich bei ihm erkennen, noch viel weniger ein Einfluss der Stoiker oder gar noch späterer Zeiten. Sein Gebrauch des Wortes ue (vgl. den der Abhand- = lung angehängten Excurs) deutet sogar.mit Entschiedenheit auf eine vor- aristotelische Zeit, so dass, im Fall Herrn Schaarschmidt's Angriff auf die Echtheit dieses Dialogs sich nicht widerlegen liesse, der hohe Werth und das Alter desselben uns die Nöthigung auflegen würde, als seinen Verfasser einen Mann vorauszusetzen, der mit Platon gleich- zeitig diesem an Höhe und Tiefe des Geistes kaum nachzusetzen sein ei mit einem Worte: einen wahren er e desselben. Bb2 196. THEODOR BENFEY, HE Was die älteren Ansichten über die Aufgabe des Kratylos betrifft, so ist die in der aus dem Alterthum überlieferten (von Thrasyllus her- rührenden) Ueberschrift regt dodóngros dvoudtwv “über die Richtigkeit der Wörter’ niedergelegte, wenn gleich nichts weniger als erschópfend, doch im Allgemeinen nicht unzutreffend. In der That bildet die Frage »woher es komme, dass dem Worte seine bestimmte Bedeutung mit allgemeiner Gültigkeit zukomme«, es sind diess die Worte, in denen Deuschle, die platonische Sprachphi- losophie, S. 55, sie richtig prücisirt hat, oder um sie noch klarer hin- zustellen »woher es komme, dass der Hórende ein Wort in demselben Sinne versteht, welchen der Sprechende damit verbindet«, »dass ein Wort die richtige Bezeichnung seines begrifflichen Inhalts ist, Richtig- keit, ógJórgc, hate den Ausgangspunkt der Untersuchung und diese dreht sich von Anfang bis zum Ende des Dialogs um die Richtigkeit der Wörter (vgl. z. B. 383 A; 422D; 429 E und sonst); allein die Frage nach den Gründen dieser Richtigkeit erweitert sich rasch zu der, ob in der wirklichen Sprache eine Richtigkeit in dem von Sokrates geforder- ten Sinne des Wortes überhaupt anzuerkennen sei. Der Dialog zerfällt, um diess sogleich im Voraus zu bemerken, in drei Abschnitte. Der erste (383 A— 390 E) hat einen dreifachen Inhalt. Zunächst stellt er die Frage hin, welche den Ausgangspunkt des Dialogs bildet und die entgegengesetzten Gründe, durch welche die beiden Mit- unterredner die Richtigkeit der Wörter erklären zu können glauben. Hermogenes, der eine derselben, ist der Ansicht, dass sie auf Vertrag und Uebereinstimmung, oder vielmehr (als deren äusserster Consequenz) auf reiner ER Dees, Kratylos der andre) dass eine CARPE 4 die Natur eu dureh sie ac haste Dn: "ten Abschnitt (391A — 427 D) macht er deut- ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DJALOGS: KRATYLOS. 197 lich, welcher Art diese natürliche Richtigkeit sein müsse. Im dritten (427 E— 440 C) dass die wirkliche Sprache, auch in der Kratylos’schen Auffassung, den Forderungen nicht entspreche, welche sie, um richtig zu sein, erfüllen müsste. Proclus, indem er sich an die Ueberschrift anschliesst, giebt zu- nächst als Resultat des Dialogs an Zo ô megow dıdloyos &uotjuoveg jucc noi re v)» Óórouctov ógOórgrog ‘der vorliegende Dialog macht uns der Richtigkeit der Wörter kundig’!). Wenn er damit sagen wollte, dass wir aus diesem Dialog erfahren, von welchen Forderungen der Verfasser desselben die Richtigkeit der Wörter abhängig mache, so würde er einen Theil des Inhalts richtig angegeben haben; allein nach seiner ganzen Auffassung des Dialogs ist es, wie sich sogleich deutlicher wird erkennen lassen, unzweifelhaft, dass er meint, wir lernten dadurch die Richtigkeit der Wörter in der wirklichen Sprache kennen und danig irrt er sich, wie die Analyse ergeben wird, vollständig. Richtig erkannte er, dass sich die Frage nach den Gründen der Richtigkeit der Wörter zu der über die Entstehung der Wörter erwei- tert, bemerkte aber nicht, dass diese damit keinesweges die Hauptfrage wird, sondern nur dazu dient, die Frage nach den Gründen der Rich- tigkeit zu der zu erheben, ob, wie schon bemerkt, in der wirklichen Sprache eine Richtigkeit in dem von Sokrates geforderten Sinne bestehe. Mit Recht bemerkt er, dass sich die Frage nach der Entstehung der Wörter darum drehe, ob sie von Natur (pcs) oder durch (will- kührliche, zufällige 2)) Beilegung (94o:; den durch sie bezeichneten Din- gen zu Theil geworden sind). Dabei ist jedoch zu beachten, dass Jéoi; in dieser technischen Bedeutung erst der späteren Zeit angehört; das Wort kömmt zwar auch im Kratylos vor, aber nicht in diesem technischen, sondern nur in seinem etymologischen Sinn :Beilegung' 9), so dass es bei der hier herrschenden Auffassung der EE — 1) Ex Procli Schol. ad Cratyl. Excerpta ed. Boissonade, p. 3. z’. 2) vgl. Ge uý und Gellius N. A. X, 4. D P-D; GE 4) vgl. ed C. 401, B. ESL |J THEODOR BENFEY, Bildung der Wörter auch bei dieser Statt findet; diese ist unter den mannigfachen Weisen wie man sich eine natürliche Entstehung der Wörter vorstellen kann !), hier so aufgefasst, dass der Wortbildner die Wörter der Natur der Dinge gemäss bildet und sie diesen beilegt, also eine Joi; vollzieht. Indem Proclus die untergeordnete Stellung, welche diese Frage in diesem Dialog einnimmt, verkennt, räumt er ihr eine so grosse Bedeu- tung ein, dass er — gleichwie später auch die neueren Erklärer — glaubt, dass der Dialog nothwendig eine Entscheidung darüber enthalten müsse und Sokrates eigne Ansicht darüber in einer Vereinigung oder Vermittelung beider Gegensätze findet: ‘Sokrates zeige, dass einige Wörter yvosı andre auch 9éoz;, wie zufällig entstanden, seien; die Aus- drücke, welche ewiges bezeichnen, hätten mehr von einer natürlichen, : die welche vergüngliches, von einer zufälligen Entstehung" (zei voírog Ip Zwxgdıns, ous čmxoívæç, čðseğe và ulv cünóv zue qos, tè Ó xci er = HEosı, olov róyp yeyovöre. — Tí uiv yàg dg oie Qiðiors u&AAov ro qcs | Herzer, TÈ dE End tois qOegroic uGAAov toŭ rvyaíov?2). In der That lässt sich. ‚einiges aus dem 2ten Abschnitt z. B. 397, B, 394, E auf den ersten S Anblick zur Noth so deuten, allein, sobald die Analyse den Charakter = des zweiten Abschnitts so wie die Aufgabe des Dialogs überhaupt fest- S gestellt haben wird, wird man erkennen, dass jede Berechtigung fehlt, = anzunehmen, dass der Verfasser dieses Dialogs die Entwicklung seiner Aer on Ansicht über die Frage, ob die wirkliche Sprache durch Natur oder W: Balkan: gnisten den sei, als einen irgend wesentlichen Theil seiner Lë E ansicht des een über Rn Pine herauszubringen. 3 (S. 10) sieht richtig, dass Sokrates gegen Kratylos (im die Nothwendigkeit, neben dem natürlichen auch noch | = -nur durch Mee. en Element anzu- | E is gegend bei Proclus p. 8, = = zur we po : ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 199 nehmen’ geltend mache, erkennt aber nicht, dass diess nur eines der Momente sei, durch welche er nachweist, dass die wirkliche Sprache auch in der Kratylos’schen Auffassung den Forderungen der Richtigkeit nicht entspricht. Weiter findet er dann, dass das ‘was’ er zu diesem Zweck ‘vorträgt, schwächer erscheint und auch nur als eine Ausrede dessen, der nicht völlige Rechenschaft zu geben weiss’ Man sollte meinen, dass ein solcher Verehrer des Plato, welcher keinen Zweifel hegte, dass der Kratylos von diesem abgefasst sei, bei EEE der Worte ‘der nicht völlige Rechenschaft zu geben weiss’ hätte be- denklich werden müssen, ob er an Plato die Forderung sich über etwas zu erklären, worüber er, nach seiner eignen Ansicht, ‘keine völlige Rechenschaft zu geben weiss’, mit Recht stellen dürfe, ob es im Plan der Aufgabe, welche Plato in diesem Dialog verfolgt, wirklich lag, dass er sich darüber zu erklären gehabt hätte. Ich glaube, ein wahrer Ver- ehrer des Plato oder überhaupt jeder, welcher bemerkt hat, mit welcher wahrhaft künstlerischen Weisheit dieser alle seine Werke componirt hat, muss sich sagen, dass, wenn Plato über etwas keine völlige Rechen- schaft geben konnte, er es entweder gar nicht, oder so behandelt haben würde, dass man deutlich erkennt, warum es trotz dem behandelt ist. . Aber anstatt sich zu fragen, ob Plato über diese Frage seine eigne Ansicht überhaupt habe vorlegen wollen und wenn, warum sie dann so unvollkommen auftrete, heisst es ohne weiteres, ähnlich wie schon bei Proclus: ‘So viel ist deutlich und jeder Unbefangene muss es sehen, nur durch die Aufhebung des Gegensatzes zwischen der Meinung des Kratylos und der des Hermogenes sollte sich Platons Ansicht von der Sprache darstellen. Ich glaube, dass ich, wenn irgend Jemand, den Dialog mit der grössten Unbefangenheit studirt habe, allein ich kann nirgend eine Absicht erkennen, die ee. durch eine derartige Ver- mittlung zu lösen. Ziemlich ähnlich geht es mit Stallbaum. Er meint: obgleich « die Frage, ob die Wörter durch Natur, oder Willkühr und Gebrauch ent- standen seien, nicht de industria in diesem Buche behandelt sei, doch — Platons: eigne Ansicht ziemlich deutlich (haud obscuris. indiciis) kund 900 — THEODOR BENFEY, gegeben sei: Nam ex eo quod Hermogenis sententiam usque ad p.390 E ita refutat, ut eam ad Cratyli traducat opinionem, vicissim autem inde a p.427 E Cratyli rationem convellit sic, ut eam ad Hermogenis senten- tiam revocare studeat, non obscure intelligitur, ipsum in ea fuisse sen- tentia, ut utrique rationi aliquid veri subesse judicaverit D. Selbst wenn diese Charakterisirung des Kampfes gegen Hermogenes und Kratylos richtig würe — die gegen den letzteren ist es aber in dem Umfange ent- schieden nicht, da die Willkühr, welche Hermogenes für sämmtliche Wörter annimmt, hier höchstens für die Zahlwörter angenommen wird — würde doch anerkannt werden müssen, dass wenn eine Entscheidung über diese Frage ein wesentlicher Theil der Aufgabe wäre, sie nicht in eine solche Dunkelheit hätte gehüllt sein dürfen, dass man als Resultat derselben nichts weiter hinstellen konnte, als utrique aliquid veri. sub- ‚esse; man dürfte dann wohl eine klare Andeutung über das erwarten, was in jeder von ihr wabr sei, so klar, dass man nicht nöthig hätte, ‚oder sich gar berechtigt glauben dürfte, darüber so willkührliche Auf- stellungen zu machen, wie z. B. Proclus im weiteren Verlauf seiner Scholien 2). Ast erkennt als Platons Ansicht, dass neben den natürlichen und wesentlichen Elementen zugleich ein eonventionelles walte. Steinhart 5) betrachtet Plato ‘als Vermittler zwischen den beiden entgegengesetzten Ansichten' liest aber ohne alle und jede Kritik seine eue. &grabkiphilasophisehé Ansicht in den Kratylos hinein und aus ihm ‚Es mag diess mit der alle seine Einleitungen belebenden, schö- nen ee für die Platonische Philosophie entschuldigt werden, allein schwer zu begreifen bleibt es, wie ihm und andren, welche alle nn _ 1) Platon. Opp. V, 2, 23. 2) Proclus, 5,48‘. Ich habe diese Stelle oben absichtlich ausgelassen, will sie aber nachtragen: Ou tà óvópera, xci tò qoa Zoe Tod Oéon ueréye x0 tÈ Josi Zur xci voU groer psríAnqev: xai did toðto 1G Övöuere UV vo CH Se Tür: Eos xoi t uiv quon «à 0: Sca. So geistreich das klingt, Dig findet sich eine Spur davon im Dame gs y. Pim Werken. II, 551. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 201 sprachphilosophische Weisheit im Kratylos erblicken, die Einseitigkeit entgehn konnte, mit welcher äuv9jzn, Vertrag. und vog, Natur, von dem Verfasser dieses Dialogs theils in ihren äussersten Consequenzen, theils mit Momenten begleitet hingestellt werden, welche an und für sich gar nicht nothwendig in ihnen liegen. Die £vr95zy, Vertrag, ist als individuelle, weder zeitlich, noch rüumlich beschrünkte Willkühr gefasst, obgleich beide Beschrünkungen dem Verfasser des Dialogs wohl bekannt sind (vgl. 385 A, wo Sokrates fragt: ô čv AC xeAsiv us fxacror, mër Pour Exdorw Övoua; und Hermog. antwortet: "Euorys doxei; dann’ wieder Sokr.: zei £v ang xzahğ xei Zë nóAw; ‘Wie jemand festsetzt, etwas zu nennen, ist das auch seine Benennung? Herm. Ja! Sokr. Sowohl wenn ein Einzelner als wenn die Stadt es (so) nennt?' ferner 433E Ñ 00e u&AAdóv oe do£oxs 6 TQOzt0g .... diap£osıv Óà oëdin. úv TE us Sud, dono vir Eiyzerer, éd» te xæ Tobverdov Zi uiv dé vir ojixQóv, Ae zeien, Em d ò uéye, ouuxQóv; ‘Oder gefällt dir diese Weise besser ~. und dass es nichts verschlage, ob Jemand den Vertrag (in Bezug auf den Gebrauch der Wörter) so vollziehe, wie er jetzt gilt, oder grade umgekehrt das, was jetzt ‘klein’ bedeutet, mit dem Worte ‘gross’ bezeichnet, ‘gross’ aber, was ‘klein’?). Nimmt man ihr diese Voraussetzungen, so fállt die ganze Widerlegung des Hermo- genes zu Boden (vgl. jedoch Analyse IV). Ganz eben so ist ot: einzig vom Standpunkt der ganz speciellen Sprachauffassung des Kratylos be- kümpft, mit Voraussetzung der heraklitischen Etymologien, der Annahme, dass die Lautcomplexe, welche nur durch Uebereinkommen zur Bezeich- . nung gewisser Dinge gebraucht werden, nicht aber deren naturbedingte Benennung (in seinem Sinne) sind, den Namen Wörter gar nicht verdienen, und dass die Wórter die einzige und beste Quelle für die Erkenntniss der Dinge sein; nimmt man ihr diese Voraussetzungen weg, so füllt auch ihre Widerlegung über den Haufen. Wer diess gehórig beachtet, wird schwerlich umhin kónnen zu bezweifeln, dass der Verfasser dieses Dialogs überhaupt so hohe und so allgemeine Fragen zu entscheiden beabsichtigt habe. Eine Art Vermittlung zwischen qo und Some ` nimmt auch Hist.- Philol. Classe. XII. Ce 202 "uc THRODOR BENFEY, Deuschle!) für unsern Verfasser in Anspruch, doch nähert er sich fast ganz der Aufstellung der Uebereinkunft als einzigen Princips; man ver- gleiche S. 70 wo es heisst: ‘Plato fühlt sehr wohl, dass man ja dann vielleicht überhaupt mit diesem Einem Princip' (dem der Uebereinkunft) 'zufrieden sein kónnte; allein die gor; ist doch immer das höhere und, wo es möglich ist, muss das der Vernunft am nächsten stehende die Herrschaft behaupten 435C. An ihn schliesst sich Susemihl2. Deuschle’s Entwicklung ist zwar sehr scharfsinnig, beruht aber auf einer unrichtigen "Anwendung der Worte "ESog A A£yow olsı u Ouégopor A£ysww EvvOTxQc; Ñ &A4o tı A£ysig 10 Ios i Ze Co, Gen ër ëmer, dievoodurı &xEivo, GU d yıyvoorsıs Ze &xeivo dıevooüunı; oU ToUro Akysıs; 'Glaubst du denn, wenn du Gewohnheit sagst, etwas andres zu sagen als Ueber- einkunft? oder willst du mit Gewohnheit etwas andres sagen, als dass ich wenn ich diess (Wort) ausspreche, jenes (jenen Begriff) im Sinne habe, und du verstehst dass ich jenes im Sinne habe? Willst du nicht das damit sagen’. In dieser Bestimmung sieht Deutschle eine Definition von &3os ‘Gewohnheit’, welche als subjective óp9órgc ‘Richtigkeit’ an die Stelle der auf die qéo; basirten objectiven trete. Diess ist aber ` eine Täuschung, wie sich aus den Worten erkennen lässt , welche wenige . Zeilen weiter folgen 435 B ene) Ò? ter Euygwpoüuw .... dyayzalov — AOV xæ Surdijenv u zei č9os Evußdiisogeı noös Ó6Acotw wv dıavoovusvor A£yousy ‘da wir aber dieses zugestehen .. .. so ist es nothwendig, dass auch Vertrag und Gewohnheit etwas zur Kundgebung dessen was wir béi unsern Worten im Sinn haben beitragen. Man sieht aus dem ‘etwas beitragen zum’, dass ‘das Kundgeben dessen, was man im Sinn hat’, nicht mit Jos und Ss äéeg identisch ist, sondern etwas bezeichne was neben diesen noch etwas andres umfasst. Es ist, um es mit einem Worte zu sagen, die Definition von 603örns ‘Gemeinverständlichkeit” im Allgemeinen; diese war nach der bisherigen Deduction von der Natur der durch die Wörter bezeichneten Dinge bedingt; Sokrates zeigt nun, a D Die platon. Spra hphil. S. 69. 70. 2) Die genet. Entwickel. I. 145. 146. 154. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 203 dass man zur Erklärung derselben auch Vertrag oder Gewohnheit an- nehmen müsse. Dass diese Bedeutung des Wortes des in einem so späten Theil des Dialogs und nur so nebenher erwähnt wird, erklärt sich daraus, dass das, was ög9orng im Allgemeinen sei, als bekannt vor- ausgesetzt wird, wie der Anfang des Dialogs zeigt, wo weder Kratylos noch Hermogenes sie definiren. Ist es doch auch die wörtliche į ja etymolo- gische Bedeutung; 0gFörns Óvouctcov bedeutet ja nichts andres als ‘der Zustand der Wörter richtig zu sein’, d. h. der anerkannte, gemeinver- ständliche — vom Hörer in demselben Sinn verstandene, den der Spre- cher damit verbindet —, lautliche Ausdruck ihres Begriffs. Dass diese óg9órgs in der wirklichen Sprache existire, darüber ist kein Streit. Die Frage ist, worauf sie beruhe, wodurch sie entstanden sei, sich erklüre. Man wird die Richtigkeit meiner Auffassung noch deutlicher erkennen, wenn man mir erlaubt, selbst auf die Gefahr hin, mich wiederholen zu müssen — eine Gefahr, die ich übrigens bei einem so schwierigen und wie ich glaube, so sehr missverstandenen Werke nicht scheuen zu dürfen meine — auch die erstre Stelle ins Auge zu fassen. Kratylos hat, wie schon bemerkt, die Richtigkeit der Wörter einzig aus ihrer Naturbedingtheit erklürt, die nicht naturbedingten sind ihm gar keine Wörter (383 B); Sokrates zeigte nun in dem was jener Stelle vorhergeht (434 C ff), dass er das Wort 0xAmgöıns, trotz dem, dass es ein, der früheren Ausführung (427 B) gemäss, seiner Bedeutung wider- sprechendes 4 enthält, verstehe. Kratylos erklärt diess aus Gewohnheit und darauf antwortet Sokrates in der angeführten Stelle etwa folgender- massen: ‘Magst du den Grund deines Verstündnisses dieses Wortes durch Gewohnheit oder Vertrag erklären, du verstehst es ganz eben so, wie du ein Wort verstehst, welches deinem Princip gemäss 0pSórrg hat: du verstehst es in demselben Sinn welchen ich damit verbinde, indem ich es ausspreche; es erfüllt also ganz die Funktion eines richtigen Wortes; du bist also nicht berechtigt ihm den Namen: Wort à droue zu verweigern, sondern vielmehr verpflichtet anzuerkennen , dass auch Zoe oder vvðłýxņų nicht bloss qvos, selbst in deiner Auffassung der wirk- lichen ee, zur doFöung beitrage'. ei €c2 204 = THEODOR BENFEY, XE - Deuschle erkennt übrigens die Dunkelheit, welche auch so fortfährt die Frage nach Platons Ansicht über die Entstehung der Wörter zu umhüllen, dadurch an, dass er im Voraus bekennt, dass man auf die wichtige Frage 'wie wird nun in der konkreten Erscheinung das Ver- hältniss der gor; und der Hoss, die als 29og und Susan bestimmt war, zu denken sein’, eine ganz befriedigende Antwort nicht erwarten dürfe. Ich kann Deuschle nicht verlassen, ohne den Leser aufzufordern, sich erusthaft die Frage aufzuwerfen, ob es auch nur entfernt wahr- scheinlich sei, dass die Lösung einer Aufgabe, von welcher auch ein so scharfsinniger und tiefsinniger Mann, wie der leider so jung verstorbene Deuschle war, nicht zu erkennen verwochte, wie er sie gelöst habe, im Plane des Verfassers dieses Dialogs habe liegen können ? Steinthal!) folgt Stallbaum darin, dass er den Gegensatz zwischen . Kratylos und Hermogenes, welchen Proclus durch die, wie bemerkt. de ~ . einer späteren Nomenclatur angehórigen termini technici gor; und Aëme | ausdrückt, dem sonst bei Plato erscheinenden von gor; und róuoc unter- ordnet. Diese Annahme scheint mir irrig; dass vöwog im Kratylos kei- nen Gegensatz zu gor; bildet, geht mit Entschiedenheit aus 388 D hervor. Denn von 388 an beweist Sokrates, dass Richtigkeit der Wörter nur auf einer naturbedingten Bildung derselben beruhen könne; nichts destoweniger spricht er dem »öuos die Ueberlieferung der Wörter zu und nennt den Wortbildner vouoOérnj;, eine Benennung, die auch von Kratylos gutgeheissen wird (429 B), obgleich dieser doch entschieden nur die Naturbedingtheit der Wörter zulässt; vóuos, Herkommen, verträgt sich auch in der That mit Annahme der naturbedingten sowohl als der willkührlichen Entstehung der Wórter; nach welchem Princip sie auch = ne sein mögen; das Herkommen fixirt und überliefert sie von Ge- ht zu' Geschlecht. An einer Stelle 384D braucht Hermogenes zur aer Basis der Richtigkeit zwar auch die Worte vóu xci allein dicht- davor sind auch ` Sy Déeg zei óuoAoyíc genannt, so — bei den Griechen und Römern S. 72 ft. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 205 dass man sieht, dass hier die Momente zusammengefasst sind, aus welchen sich die Richtigkeit der Wörter auch ohne Annahme einer naturbeding- ten Entstehung derselben erklären lasse, nämlich als wortbildende: Ver- trag und Uebereinstimmung (d. h. in letzter Instanz Willkühr, s. weiterhin die Analyse), als fixirende und (die Bedeutung) bewahrende: Herkom- men (Gesetz) und Gewohnheit. Was Platons eigne Ansicht anbetrifft, so schliesst sich auch Stein- thal, so viel ich ihn zu verstehen vermag, im Wesentlichen an Deuschle an. Schon aus der eben erwähnten Verbindung von »óuoc und rouo- Pés mit gúsıs glaubt er folgern zu dürfen, dass Platon von Anfang an anzeige, ‘wohinaus er will, auf Auflösung des Gegensatzes' (S. 91). S. 103 folgert er aus 435 A. B (was zu der schon bemerkten Parthie gehört, in- welcher Kratylos gezwungen wird, auch die durch $ww9jxn entstandenen Wörter als Wörter óróucre anzuerkennen): ‘Und so ist überhaupt die ógUórnc vob Övöueros ğvvðýzņ’ (während nach dieser Stelle &vvOjzn nur v $vufiAAerer) ‘und es sind nicht etwa zwei Principe, Z9og und dere, in der Sprache nebeneinander wirksam, sondern bloss jenes’ (beiläufig bemerke ich, dass Zoe neben Zusätsen von Sokrates gebraucht wird, nicht allein). ‘So hat sich denn das Ergebniss der Untersuchung ..... schliesslich ganz umgekehrt und’ die Benennungen ‘erscheinen nun viel- mehr durchaus nur vóuo' (von vóuo als Gegensatz von qom ist weder hier noch überhaupt im Kratylos die Rede). ‘Was ist denn nun Platon's Ansicht? Das letztere behaupte ich entschieden’ (das wäre £o im Sinne des Proclus) S. 108 heisst es dann wieder: der Kratylos ' zeigt, dass man zwar meinen sollte, die Sprache müsse nothwendig und durch- aus góos; sein; dass aber bei näherer Untersuchung sich ergibt, sie ist durchaus nicht góos, wenigstens nicht in dem Sinne, dass die Namen. Wahrheit lehrten' (so! ‘durchaus nicht ... wenigstens nicht'; selbst wenn man diese Beschränkung abzieht, könnte die Sprache noch in einem sehr hohen Grade góoss sein). ‘Nicht bloss dass Gewohnheit und. Ueberein- kunft zur epes hinzutreten (das wäre eine sehr oberflächliche Platons unwürdige Aussöhnung der Gegensätze)’ [dieser Grund kann vielleicht . gelten, wenn man die Autorschaft Platon’s für unbestreitbar hält; wenn 206 . | THEODOR BENFEY, aber Schaarschmidt Recht hütte, würde diese Aussóhnung nicht abzu- weisen sein; im Kratylos selbst scheint übrigens Steinthal nichts ge- funden zu haben, was sie verbóte; sonst hätte er dieses statt des erwühnten sehr subjectiven und darum nicht entscheidenden Grundes geltend machen müssen]; 'sondern sie sind allein das wirksame Princip der Sprache (S. 103); und dennoch ist diese gës" [eben ‘durchaus nicht gepost |. ‘Aber wie? Es kommen hier zwei Punkte in Betracht, beide im Kratylos nur angedeutet und aus ihm zu erschliessen. ` Den Schluss aber, den ich .... subjectiv mache, halte ich dennoch .... für objectiv, insofern Plato erwartete, wir sollten ihn ziehen'. Es würde mich hier zu weit führen, wollte ich auch die Entwicklung dieser zwei Punkte aufnehmen; ich will nur noch den Schluss hinzufügen S. 109 ‘Allerdings hat hier Plato ein zweideutiges Spiel mit Aë iuue getrieben, wie mit uevSávousr dAAfAny .... Aber von zwei Fällen einer: entweder Plato hat dies selbst bemerkt, so ist er absichtlich von der ersten Bedeutung zu der andern übergesprungen und wollte hiermit dem Leser einen An- haltspunkt für die Bildung der richtigeren Ansicht gewühren; oder er ist selbst von der einen Bedeutung zur andern gelangt, so kónnen wir mit nicht geringerer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass das der Punkt = war, von dem aus er selbst zur richtigeren Ansicht gelangt ist. Und a mun frage ich den Leser: Ist es glaublich, dass wenn der Verfasser dieses Dialogs die Absicht gehabt hätte, seine eigne Ansicht über gvorg oder Ss Aen in der wirklichen Sprache der des Hermogenes und Kratylos gegenüber auseinanderzusetzen, er diese so dunkel und ungelenk dar- gestellt hätte, dass der Leser nur durch einen subjectiven Schluss aus. zwel nt angedeuteten Punkten und durch Voraussetzungen, welche, wie 3 stellt sind, weder für den Verstand noch die Ehre des Dialogs schmeichelhaft sind, man kann nicht sagen Rer zum Verständniss. nein nur zur Ahnung derselben en? Uebrigens wird dem Verfasser des Kratylos der gen B Spiele mit ó54ouc (435 A) und uev9évav echt panache Diese Stellen gehören eben der ez: Cum wird auch es als ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 207 Wörter anzuerkennen, die nicht den Forderungen entsprechen, welche er an ein richtiges Wort macht, weil sie in der wirklichen Sprache völlig dieselbe Funktion erfüllen, wie die nach ihm richtig gebildeten, indem sie eben so gut, wie diese, dazu dienen, dass wir von einander lernen und uns einander etwas kund thun. Die daraus zu ziehende Fol- gerung ist aber nicht, dass also in einer wahrhaft richtigen Sprache gar nicht nöthig sei, dass die Wörter auch objectiv ihre Bedeutung aus- drücken, sondern dass die wirkliche Sprache auch in der Kratylos’schen Auffassung keine wahrhaft richtige sei. Ganz im Gegensatz zu den bisher besprochenen Auffassungen sind Hermann!) und Dittrich 2) der Ansicht, dass der Verfasser dieses Dialogs die naturbedingte Entstehung (gVoi;) der Wörter annehme. Uebersehen wir nun, wie die Erklürer dieses Dialogs theils die Schwierigkeit anerkennen, diese Frage zu entscheiden, theils in Bezug auf sie zu so verschiedenen Annahmen gelangen, dann werden wir uns wohl überzeugen müssen, dass eine Lósung derselben gar nicht im Plane des Verfassers gelegen haben kónne und diess ergiebt sich auch, wenn man die Aufgabe des Dialogs so auffasst, wie ich sie auffassen zu müs- sen glaube. : Danach zeigt Sokrates zunächst, dass nicht eine willkührlichr Ent- stehung der Wörter wie Hermogenes sie annimmt, eine Richtigkeit der- selben, d. h. eine richtige Sprache, ergeben könne, sondern nur eine naturbedingte; dann stellt er die Forderungen hin, welche die Wörter erfüllen müssen um richtig zu sein, und deutet zugleich an, dass diese Forderungen in der wirklichen Sprache nicht erfüllt sind; endlich zeigt er, dass die wirkliche Sprache auch in der Kratylosschen Auffassung keine Richtigkeit habe und lässt deutlich genug erkennen, dass eine wahrhaft richtige sich nur vom Standpunkt der eege con- struiren lasse. Ist diese Afients richtig — und ich glaube dass die welch 1) Geschichte und Syst. der platon. Phil. S. 655. n. 473. 2: Proleg. ad Cratyl p.52 ff. PS $9 vc |J THEODOR BENFEY, folgende Analyse ihre Richtigkeit erweisen wird —, so liegt in der wirklichen Sprache keine Richtigkeit im wahren Sinne des Wortes, son- dern hóchstens in so fern, als die Erscheinungswelt einen — gewisser- massen unbewussten — Antheil an den Ideen, Anklänge an dieselben hat 2), Die wirkliche Sprache ist eben nur eine Nothsprache, gewissermassen nur dem Bedürfniss entsprungen und diesem eben genügend, einer philo- sophischen Betrachtung gar nicht oder kaum werth; höchstens hat sie gewissermassen eine Verwandtschaft mit der Sprache wie sie sein müsste und der Ideenlehre gemäss construirt zu werden vermöchte. Diese theoretische Verachtung der wirklichen Sprache schliesst natür- lich nicht aus, dass sich der Verfasser des Dialogs ernsthaft mit ihr beschäftigt und tiefe Blicke in ihr Wesen gethan hat, grade wie der Politikos und die Republik auch von tiefen Studien und grosser Kennt- niss der wirklichen Staaten Zeugniss ablegen. Aber da es dem Verfasser . dieses Dialogs nur darum zu thun ist, die Möglichkeit einer richtigen . Sprache vom Standpunkte der Ideenlehre anzudeuten , keinesweges eine : solche — etwa wie den idealen Staat in der Republik — auszuführen, so können wir im Gegensatz dazu auch über die Richtigkeit in der wirk- lichen Sprache höchstens Andeutungen, keine Ausführungen erwarten. 4 oe diese siehe weiterhin. = Ze ‚Eine ‚schwierige Frage bildet EE die Stellung und Bedeutung : Daun das Verhältniss o grossen fast rein re Ab de comp. voce. 95. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 209 bestimmen, Etymologie als die eigentliche Aufgabe des Dialogs zu be- trachten und ihn neo) grvuo4oyíec zu nennen. Wenn ihm auch in neuerer Zeit Niemand eine so weitgreifende Bedeutung zugeschrieben hat, so war er doch vom grössten Einfluss auf die Auffassung des Kratylos bei Ast und Stallbaum. Erkennend, dass der grössere Theil dieser Etymologien ironisch, spöttisch und mit Hohn behandelt ist, betrachten sie als Haupttendenz des ganzen Dialogs eine Persiflage der sophistischen Sprachforscher. Dabei haben sie aber un- beachtet gelassen, dass eigentliche Sophisten in diesem Dialog gar nicht angegriffen, im Gegentheil ganz unberücksichtigt gelassen und geradezu ausgeschlossen werden (391 B); ferner, dass eine nicht ganz unbeträcht- liche Anzahl der aufgestellten Etymologien theils nicht unrichtig ist, wie z. B. die von Movrwv D. theils ernsthaft hingestellt und ernsthaft ge- meint ist oder in der damaligen Zeit sein konnte. So schwer und im Ganzen unnütz es auch sein mag, diese von den scherzhaft oder ironisch behandelten, verspotteten, verhöhnten, als lächerlich und verkehrt ge- kennzeichneten zu scheiden, so wird man sich doch auch schon bei einer übersichtlichen Betrachtung überzeugen, dass die letzteren nur eben die Majorität bilden. Man kann schon daraus schliessen, dass Verspottung, wenn gleich nicht der sophistischen, doch der Etymologie überhaupt — so unverkennbar auch diese mit bezweckt ist —, doch weder die Haupttendenz des ganzen ee noch die einzige dieses Abschnitts sein kann. Schleiermacher, welcher die ganze sprachliche Untersuchung, trotz- . dem, dass sie den Dialog von Anfang bis zu Ende füllt — wie wir gleich sehen werden —, nicht für die Hauptaufgabe desselben gelten lassen will, räumt diesem etymologischen Abschnitt natürlich noch vie] geringere Wichtigkeit ein. . Er fordert zwar auf, Ernst und Scherz in ihm zu scheiden und giebt dafür einige richtige Kriterien, meint dann, . dass sich bei dieser Scheidung ergeben werde (S. 8), ‘dass Plato sich nur das Besondere jener Sprachbehandlung abgesteckt hat, um wer weiss 1) vgl. Hermann Gesch. u. Syst. S. 656. n. 474. PU. Hist. - Philol. Classe. XII. ? o 210 THEODOR BENFEY, welche Comödie aufzuführen, alles Allgemeine aber .... ernsthaft zu nehmen ist ....', schliesst aber ‘diess muss den .... Leser.... geneigt machen, jenes .... auf sich beruhen zu lassen, als eine . .. . Neben- sache’. Ich gestehe, dass ich sehr bezweifeln muss, ob irgend Jemand, am wenigsten, wenn er den Kratylos für eine Schöpfung Platons hält, dieses Meisters der Composition, welcher, wie wir aus dem Phädros und andren Werken desselben ersehen, grade so viel Gewicht auf die Kunst, eine Aufgabe richtig zu behandeln, legte, berechtigt ist, irgend einen Theil, zumal einen so umfassenden und in sich abgeschlossenen, als eine Nebensache, als eine ‘wer weiss welche Comödie’ anzusehen; im Gegentheil scheint grade er vor allen verpflichtet, dessen Verhältniss zum Ganzen und den Grund seiner eigenthümlichen Composition, dieser Mischung von Ernst und Scherz, zu erforschen. Aber auch wer. diesen Dialog dem Plato absprechen sollte, wird es nicht wagen sich dieser Aufgabe zu entziehen; denn es wird ihm bei tieferer Betrachtung desselben nicht entgehen, dass er auf das allersorgsamste gegliedert und abgerundet ist, ja in einer Weise durchgeführt, die den Tadel, welchen einige sich erlaubt haben gegen ihn auszusprechen (selbst Schleiermacher S. 21), : auch nicht im Entferntesten verdient, ja grade in Beziehung auf seine S : . Composition, so viel ich nach erneuerter Lectüre des Plato zu erkennen N ` vermag, zu den ‚übrigen Werken desselben ein würdiges Seitenstück bildet. Grade die schroffen Uebergänge in dem übrigens ziemlich stief- mütterlich von den bisherigen Forschern betrachteten dritten Abschnitt, che Schleiermacher am angeführten Orte tadelt, scheinen mir der ligste Ausdruck der Aufgabe desselben. In der klimaxartigen in welcher Sokrates die Beweise gegen Kratylos Auffassung le E vorführt werden diese immer pied kürzer, Steigerung, E ehit, Doch so wenig ich auch verkenne, wie e ästhetische Betrachtung der platonischen Werke niss Setgelben ist, so habe ich sie doch in dieser en, um mich desto ‚strenger an den ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 211 einzigen Zweck derselben, die Erkenntniss der Aufgabe dieses Dialogs, zu halten. : Aber sowohl vom ästhetischen als diesem Gesichtspunkt aus bin ich überzeugt, dass mit einer Auseinanderreissung des scherzhaft und ernsthaft gemeinten, selbst wenn sie.gelänge, für die Erkenntniss des Verhältnisses dieses Abschnitts zum Ganzen wenig oder gar nichts ge- wonnen wäre. Grade in der Durchdringung dieser Elemente scheint mir im Gegentheil die charakteristische Eigenthümlichkeit desselben zu be- ruhen und also nicht ohne ernste Absicht von dem Verfasser des Dialogs gewählt zu sein. Wie konnte er auch den Satz: ‘so müsste die Sprache sein, aber kaum ‘in einem oder dem andern Fall lässt sich annehmen, dass ein Wort die Forderungen, welche ein richtiges erfüllen müsste, erfülle, in den allermeisten sieht man vielmehr, dass alle Versuche, sie mit diesen in Einklang zu bringen, vergeblich oder gar verkehrt und lächerlich sind’, zu anschaulicherem Leben erheben, als durch eben diese inductive wahrhafte demonstratio ad hominem ? Dennoch haben sich fast alle, welche diesem Dialog ihre Aufmerk- samkeit zugewendet haben, damit begnügt, diesen Abschnitt als eine zwecklose Mischung von Scherz und Ernst zu betrachten, und benutzen daraus nur einzelnes, um Platons Ansicht über die wirkliche Sprache zu bestimmen. Der einzige, der den Grund, warum dieser Dialog eine solche Fülle von Scherz, Ironie, Spott enthält, zu erklären sucht, ist Steinthal, allein was er beibringt, scheint mir reine Phantasie, würde auch höchstens den Scherz im Verhältniss zum ganzen Dialog erklären, keinesweges aber warum er grade nur in diesem zweiten Abschnitt herrscht, während die beiden übrigen Abschnitte sich ganz ernsthaft, ja mit einer schroffen Strenge bewegen, mit einem Worte, es würde, selbst wenn es richtig wäre, für die Erkenntniss des Verhältnisses dieses Abschnittes zu den beiden umgebenden, für die Stellung und Bedeutung desselben völlig unfruchtbar sein. ‘Plato’, heisst es bei Steinthal (S. 95), “hätte gar zu gern eine Wissenschaft der Etymologie gesehen und, da sie. noch nicht da war, selbst gegründet. Aber er fühlte, dass er diess nicht vermochte. - 212 THEODOR BENFEY, Von dem Grundriss einer Etymologie, den er im zweiten Theil unsres Dialogs vorträgt, verwirft er Einiges als falsch, Einiges glaubt er halb, Anderes glaubt er wirklich; beweisen aber kann er weder die Falschheit des Einen, noch die Richtigkeit des Anderen; und darum giebt er das Eine wie das Andere dem Spotte Preis. In dieser nicht zu befriedi- genden Sehnsucht nach einer wissenschaftlichen Etymologie, die Plato, obgleich er von ihrer Unerfüllbarkeit, oder Vorzeitigkeit, überzeugt ge- wesen sel, gewissermassen nicht habe los werden kónnen, findet Stein- thal den innersten Trieb des Gesprüchs 'der es erzeugt hat und von Anfang bis zu Ende durchzieht’ (S. 80 ff) ^ Plato musste den Reiz der A Wortdeutung ‘tiefer als irgend Jemand fühlen’ (S. 81). Er durfte sich sagen: ‘Wenn die Benennungen nicht vóuw, Ers ätzen sein können, wenn sie also nothwendig yvosı sind, sollte dann nicht das Wesen des Dinges in seinem Namen ausgedrückt liegen? .... Dieser Gedanke konnte Platon natürlich kommen, und war er ihm gekommen, so lag es in Platons Natur ihn zu verfolgen.... Indem er seine Ansichten scherzhaft und ernsthaft durchführt, löst er sie auf, führt er sie ad absurdum’ (S. 83). Steinthal meint, ‘dass Platon, mit der Ahnung von einer ety- mologischen Wissenschaft, aber daran verzweifelnd, dieselbe zu begründen, auch ohne lebhaftes Bedürfniss nach ihr, weil er besseres wusste, diese seine Ahnung, indem er den Missbrauch der falschen Etymologie geisselte, zugleich der Verspottung preis gab. Ist diess aber richtig und steckt hinter aller Ironie noch ein gewisser Schmerz der Selbstpeinigung: so wäre in unserm Dialoge hinter der fratzenhaften Karikatur ein Medusen- Haupt. zu sehen, dessen schönes Gesicht mit sanften Zügen den Schmerz über die es umzischelnden Schlangen verrüth' (S. 105). gehört viel Phantasie dazu diese Bilder im Kratylos zu iden. ` fast eben. n s vil als pem entwickelt, indem er eine ganze, moderne stpeinigung SCH Sr ein der gegebnen edi se nhaupt hinter sich bärge, oder eine ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 213 verzweifelnde Sehnsucht nach einer wissenschaftlichen Etymologie ver- riethe. Der Scherz ist weit entfernt mit selbstpeinigendem Humor ge- mischt zu sein; er ist vielmehr sprudelnder Uebermuth, vernichtende lronie. Wenn der Verfasser desselben eine Sehnsucht, wie sie Steinthal voraussetzt, gefühlt hätte, so müsste in diesem “Grundriss der Etymologie’, wie Steinthal, fast in Uebereinstimmung mit Dionysius, der. diesen Charakter jedoch auf das Ganze ausdehnt, diesen zweiten Abschnitt des Werkes nennt, doch irgendwo eine gewisse Achtung vor der Etymologie durchschimmern. Statt dessen wird sie aber mit souverainster Verach- tung oder wenigstens vollstindiger Gleichgültigkeit behandelt, ganz in Uebereinstimmung mit der wichtigsten Nutzanwendung oder Lehre dieses- Dialogs: ‘dass aus der etymologischen Erforschung der Wörter keine Erkenntniss zu schöpfen sei’, ähnlich, wie im Politikos (261 E) über- . haupt gerathen wird, es mit Wörtern nicht so ernst zu nehmen, und auch in andern platonischen ‚Schriften davor pus wird sich an Worte zu halten. . Allein wenngleich mir diese Phantasie so wenig begribudat scheint, dass sie keiner Widerlegung bedarf, so will ich doch nicht verkennen, dass die feine Beobachtungsgabe, durch welche sich Steinthal auszeichnet, bisweilen das Richtige trifft; dahin rechne ich die Bemerkung, dass Plato *indem er diese Ansichten scherzhaft oder ernsthaft durchführt, sie auflöst, ad absurdum führt’ (S. 83). Allein weder sie noch die übrigen leiten, wie schon gesagt, zur Erkenntniss des Grundes, warum grade hier Scherz und Ernst so gemischt, jener so gehüuft ist, noch weniger lassen sie uns den Zweck dieses Abschnitts und warum er grade diese „Stelle einnimmt erkennen. | Er macht auf den ersten Anblick in der That den Eindruck einer Comödie, um Schleiermachers Auffassung ins Gedächtniss zurückzurufen, eines scherzhaften Intermezzo, eines lustigen, übermüthigen , etymologi- schen Feuerwerks, welches zwischen den trocknen 'und kalten Wider- legungen des Hermogenes und Kratylos aufgeführt, eine belebende, er- frischende Abwechslung bietet und neben seinem Hauptzweck höchst wahrscheinlich auch diesem sich von selbst ergebenden untergeordneten 914 | THEODOR BENFEY, dienen sollte. Allein ein Intermezzo darf keinen grössern Raum ein- nehmen, als das ganze eigentliche Werk, und ein decoratives Element ist nur dann berechtigt, wenn es naturgemäss aus dem nothwendigen gleichsam herauswächst. So ist auch von diesem Abschnitt vornweg zu vermuthen, dass er ein für die Oeconomie des Ganzen nothwendiger und an seiner richtigen Stelle stehender Theil sei. Die Analyse wird nun ergeben, dass er, wie er die Mitte des Dialogs einnimmt, so auch den Kardinaltheil desselben bildet und mit vollem Recht diese umfängliche Behandlung erhalten hat. Nachdem Sokrates im ersten Abschnitt dialektisch gezeigt hat, dass eine Richtigkeit der Benennungen nur Statt finde, wenn diese durch die Natur ihres begrifflichen Inhalts bedingt sind, zeigt er hier im An- schluss daran, wie er sich diese N aturbedingtheit derselben vorstelle, deutet aber schon an, dass sie sich in der wirklichen Sprache nicht nachweisen, schwerlich anerkennen lasse; mit dieser Andeutung greift er wor und ein in den dritten Abschnitt, in welchem, wiederum dialek- tisch, bewiesen wird, dass die wirkliche Sprache auch in der Kratylos- | schen Auffassung die Forderungen nicht erfülle, welche die Wörter, um : richtig zu sein, erfüllen müssten. Indem nun, wie wir gesehen haben, diejenigen, welche den Zweck dieses Dialogs zu erforschen suchten, zunächst etwas anderes von ihm angten als in seiner Aufgabe lag — nämlich die eigne Ansicht des ssers über die Frage, ob die Wörter durch Vertrag und Ueberein- Vill oder durch Naturbedingtheit entstanden seien — dieses oder een dunkel, auf ‚keinen Fall so ausgedrückt fanden, e sich € ES Meinung zu, dass die Untersuchung über die r, trotz dem, dass sie den ganzen Dialog von E. Bir : nicht seine eigentliche A bilde, ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 215° So heisst es zunächst bei Schleiermacher (S. 11): ‘Allein je mehr diese Sache' (ich gestehe, nicht sicher entscheiden zu kónnen, ob er damit 'die Art und Weise' der Aufhebung des Gegensatzes zwischen Naturbedingtheit und vertragsmässiger Entstehung der Wörter meint, die ` er, wie wir oben gesehen haben, von dem Verfasser verlangt, oder die Untersuchung über die Basis der Richtigkeit der Wörter überhaupt) ‘nur angelegt, gar nicht zu Ende gebracht erscheint, um so weniger eignet sie sich .... dazu, der Gegenstand eines eignen Werkes zu sein, son- dern eher würde sie nur irgendwo beispielsweise .... angeregt wor- den sein’. Die Andeutungen, welche ich über meine Auffassung schon gegeben habe, und die weiter folgende Analyse werden, wie mir scheint, jeden Unbefangenen überzeugen, dass diese Prümisse keinesweges richtig ist, indem vielmehr die eigentliche Aufgabe wirklich erschöpfend behandelt ist. Wir müssen demnach auch dem aus ihr gefolgerten Schluss seine Berechtigung versagen. Dieser lautet: 'daher muss nun Grund und Absicht des Werkes in noch andern Beziehungen gesucht werden’, worauf dann vor allem hervorgehoben wird die sich aus der ‘Darstellung der Natur der Sprache’ ergebende Folgerung:- ‘das Verhältniss der Sprache zur Erkenntniss sei ein solches, dass erstre auf keine Weise .... als Quelle der letzteren kann angesehen werden, sondern .... eher die Sprache nur als ein Product der Erkenntniss .... zu betrachten sei’. Hier hat Schleiermacher richtig gesehen, dass Erkenntniss als die Grundlage der Sprache hingestellt wird; nur fehlte er darin, dass er diese Auffassung nicht in enge Beziehung zu dem eigentlichen Inhalt des Dialogs, der Untersuchung über die Richtigkeit der Wörter, setzte. Hätte er diess gethan, dann würde er erkannt haben, dass zunächst statt Erkenntniss bestimmter zu sagen gewesen wäre: ‘richtige Erkennt- niss' und dass nach dem Verfasser dieses Dialogs nicht jede Sprache Product einer richtigen Erkenntniss sei, sondern nur eine solche, welche den Anforderungen entsprechen will, von deren Erfüllung nach Sokrates die Richtigkeit der Wörter abhängt; mit andern Worten, nicht die wirk- 216 THEODOR BENFEY, liche, sondern die Sprache, wie sie sein müsste | und vermittelst der Ideenlehre construirt zu werden vermóchte. Dieser Gedanke tritt schon mit Entschiedenheit im ersten Abschnitt hervor, wo Sokrates eine natür- ' liche, auf die Kenntniss des eödos, der goi, ovoíz der Dinge gegrün- déte, Richtigkeit der Wörter verlangt, ferner im zweiten, wo er zeigt, worin diese Richtigkeit bestehen müsste, nämlich darin, dass die Be- nennung das Wesen der Dinge lautlich BE, e oder überhaupt kund- giebt, und endlich im dritten, wo er nachweist, dass die wirkliche Sprache auch in der Kratylos’schen Auffassung keine Richtigkeit der Wörter haben könne, weil sie nicht aus einer richtigen Erkenntniss her- vorgegangen sei (vgl. weiterhin IV und VI). Hätte Schleiermacher das Ver- hültniss der richtigen Erkenntniss zur Sprache so gefasst, so würde ihm auch nicht entgangen sein, dass es nicht eine aus der Darstellung der Natur sich ergebende Folgerung ist, sondern vielmehr die ganz eigent- liche Basis dieses Dialogs; die wirkliche Sprache, sowohl im rein empi- rischen als im Kratylosschen Sinn, beruht auf keiner richtigen Erkennt- niss und ist desswegen unfähig die Forderungen, von denen Sokrates die Richtigkeit der Wörter abhängig macht, zu erfüllen; erst die Ideen- lehre macht eine richtige Erkenntniss der Dinge möglich, folglich ist nur auf Grundlage von dieser eine richtige Sprache construirbar. ` Auch Stallbaum und Deuschle sehen die Hauptaufgabe des Dialogs in der Bestimmung des Verhältnisses der Erkenntniss zur Sprache, legen jedoch nicht das Gewicht auf die Sprache, wie bei Schleiermacher in Uebereinstimmung mit dem ganzen Inhalt des Dialogs geschieht, sondern im Gegentheil auf die Erkenntniss, indem sie als das Hauptergebniss der hung den Satz hinstellen: dass Erkenntniss nicht aus den Wor- nder aus den Dingen selbst zu schöpfen sei. So heisst es bei E ‘Nam illud potius egit’ (Plato) ‘quam maxime (im r Vermittlung zwischen vor und vöuos, und der Ver- ehrten Etymologien, welche er schon als Zwecke des hatte), ‚ut rerum cognitionem non ex umbris vocabu- 1 arur vi et natura hauriendam esse doceret; bei ird a ISSUE des Kratylos hingestellt ‘dass ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHFN DIALOGS: KRATYLOS. 217 die wahre Erkenntniss nicht in der Untersuchung der Sprache, sondern des Seienden selber zu suchen sei”. Diese Auffassung kann sich, soviel ich zu erkennen vermag, nur auf drei Stellen stützen, nümlich zunüchst auf 436 B, wo gezeigt wird, dass die wirkliche Sprache in der Kratylos’schen Auffassung materiell un- richtige Wörter enthalte, indem ihre Wörter nur nach der Meinung gebildet seien, welche die Namengeber von den Dingen hatten, also desswegen nicht die Aufgabe einer richtigen Sprache erfüllen, über die Dinge, welche sie bezeichnen, eine richtige Belehrung zu geben; ferner 438 D — 439 B, wo gezeigt wird, dass wenn die Wörter auch ein noch so gutes Mittel würen, die Dinge durch sie kennen zu lernen, ihnen doch auf jeden Fall die Erkenntniss der Dinge durch diese selbst vorzuziehen sei; 'endlich 440 D, wo jedoch nur die negative Seite hervorgehoben wird, dass man sich nicht blossen Worten anvertrauen und nicht glauben solle, aus ihnen Weisheit schöpfen zu können. Dass man diesen Stellen eine solche Bedeutung für den ganzen Dialog zuschreibe, verbietet aber, ganz abgesehen von dem übrigen Inhalt des Dialogs, welcher eine andre Auffassung bedingt, schon der Zusammenhang in welchem sie erscheinen. Die ersten beiden bilden Beweismittel gegen die Richtigkeit der "Wörter in der wirklichen Sprache, wie diese von Kratylos aufgefasst wird. Sie haben also nicht mehr Anspruch darauf die Hauptaufgabe des Dialogs auszudrücken, als das vorhergehende und die folgenden Beweismittel. In der klimaxartigen Form, in welcher diese Beweise vorgeführt werden, nehmen sie weder die höchste noch auch nur eine besonders über- oder hervorragende Stelle ein; die folgenden sind viel- mehr noch hóhere Gradationen; auch bilden sie nicht den Schluss der Beweisführung, so dass man etwa sagen kónnte, die ganze We spitze sich darin zu, finde ihren Abschluss in ihnen. Die dritte Stelle nun bildet zwar den Schluss, allein sie schliesst sich eng an das letzte Beweismittel, von welchem das in ihr Gesagte nur eine Anwendung ist. In diesem werden, wenn gleich in der fast durch- weg gewählten hypothetischen und bescheidnen Form, doch, mit Rück- Hist. - Philol. Classe. XII. ; Ee 218 | THEODOR BENFEY, sicht auf die Verhöhnung der heraklitischen Etymologien im zweiten Abschnitt, auf das allerentschiedenste, alle diese Etymologien aus ‘Fluss und Bewegung’ in Bausch und Bogen und damit die ganze Hauptgrund- lage, auf welche Kratylos seine Behauptung der Richtigkeit der Wörter in der wirklichen Sprache stützt, verworfen. Daran schliesst sich dann auf das Allernatürlichste die Aufforderung sich der Etymologie überhaupt nicht anzuvertrauen, am wenigsten aber einer solchen, die, wie die der Herakliteer, alle Dinge so erscheinen lässt, als ob an ihnen nichts ge- sundes wäre. Diese Aufforderung hat also keine grössere Bedeutung als die einer Nutzanwendung, welche, wenn gleich sie nicht der eigentliche Zweck des Dialogs war, doch sich ungesucht von selbst aus ihm ergab und gegen philosophische Richtungen, die, wie Kratylos, die Wörter für das einzige und beste Mittel der Erkenntniss erklärten (436 A), wohl ver- diente, besonders hervorgehoben zu werden. Uebrigens bin ich weit entfernt zu verkennen, dass fast alle Beweis- mittel in diesem Dialog mit einer Schärfe und Bestimmtheit hingestellt werden, welche sie fast befähigt, aus ihrem Zusammenhang, gewisser- massen ihrer untergeordneten Stellung, herauszutreten und sich selbst- ständig geltend zu machen. Daraus erkläre ich es, dass Hermann (S. 495) gradezu behauptet ‘alle jene Ansichten über die Sprache bekämpfe Platon nur um der philosophischen Consequenzen willen, die daraus her- vorgingen’ (vgl. auch Susemihl I, 146). Habe ich dem bisher bemerkten und in der Analyse zu entwickelnden gemäss mit Recht behauptet und nachzuweisen gesucht, dass der Verfasser des Dialogs die Hauptfrage über die Richtigkeit der Wörter auch keinen Augenblick aus dem Auge verliert, s 8o. sind alle xe s und Beziehungen z. B. auf Protagoras, die eleatischen Ansichten u. s. w. dem E dass = SC RE ES er- So 2. b. cciam ug ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 219 überhaupt klar wird. Der Nachweis, dass die heraklitische Philosophie die Erkenntniss der Dinge unmöglich mache (439 C f£), dient zwar hier nur dazu, festzustellen, dass die wirkliche Sprache auch in der Kra- tylosschen Auffassung, die sich wesentlich auf Heraklits philosophisches Princip stützt, keine Richtigkeit der Wórter habe; er ist aber so geführt, . dass er für eine selbststindige Deduction gelten kann. Diess alles im Einzelnen durchzuführen würde jedoch eine Kenntniss der alten Philo- sophie erfordern, welche ich, wie ich gern zugestehe, nicht zu bean- spruchen vermag. Allgemein anerkannt ist, dass unser Dialog in einem nahen Ver- hältniss zur platonischen Ideenlehre steht. Schleiermacher sagt in Bezug hierauf (S. 17): ‘ausser allem diesen führt der Kratylos auch .... die wissenschaftlichen Zwecke des Platon weiter .... Vorzüglich .... ist hieher zu rechnen. Zuerst die Lehre von dem Verhültniss der Bilder zu den Urbildern, wobei in der That die Sprache und ihr Verhältniss zu den Dingen nur als Beispiel zu betrachten ist, wodurch aber Platon eigentlich eine Ansicht der Lehre von den Ideen und ihrem Verhältniss zur erscheinenden Welt zuerst aufgestellt hat’... : Susemihl (L 158) sieht in der Aufstellung und Begründung der Ideenlehre das eigentliche Gesammtresultat dieses Dialogs: ‘der Dialog', heisst es an der angeführten Stelle, *schliesst sonach mit der Aufstellung der Ideenlehre und ihrer Begründung auf das eleatische Sein. Diess ist aber nicht als ein über den wesentlichen Zweck desselben hinübergrei- fender Anhang’ (wie Ast und Steinhart meinen), ‘sondern als das eigentliche Gesammtresultat zu betrachten’. Wesentlich eben so Steinthal (S. 109): ‘Man kann keinesweges sagen, im Kratylos sei die Sprache eigentlicher Gegenstand; diess ist nur die Begründung der Ideenlehre mit Abweisung der falschen Anwendung der Wörter zur Erkenntniss. So kommt nun Plato auch im Theaetet und Sophisten nur gelegentlich auf die Sprache, um ihr wahres Verhültniss zur Dialektik darzulegen'. . Wie wenig angemessen dieser Vergleich ist, erkennt jeder, wenn er Fe? 220 THEODOR BENFEY, nur den Raum vergleicht, welchen die Betrachtung der Sprache in die- sen drei Dialogen einnimmt; während dieser in letzteren beiden ganz unbedeutend ist, handelt der Kratylos von der ersten bis fast zu der letzten Zeile von Wörtern. Ja! bis zu Ende! denn keinesweges schliesst er mit dem Beweise, ‘dass die Dinge vielmehr aus sich selbst, d. h. aus .... den Ideen erkannt werden p.439 B', wie es bei Susemihl (S. 158) unmittelbar vor der angeführten Stelle heisst. Es folgen vielmehr noch zwei Beweise gegen die heraklit-kratylos’sche, Richtigkeit der wirk- lichen Sprache, 1. dass das heraklitische Princip weder eine Aussage, noch eine (richtige) Erkenntniss ermógliche, also auch keine Richtigkeit der Wörter; 2. dass, wenn das eleatische Princip richtig, die herakliti- sche Worterklärung, auf welche Kratylos seine Ueberzeugung, dass die wirkliche Sprache eine richtige sei, stützt, in Bausch und Bogen zu verwerfen sei. So wie diese zwei Beweise noch gegen die Kratylos'sche Richtigkeit zielen, so natürlich auch der ihnen vorhergehende, auf wel- chen sich die Ansicht, dass die Ideenlehre in diesem Dialog begründet werde, vorzugsweise stützt. Sein nüchster Zweck ist, zu zeigen, dass die Kratylossche Anschauung die Erkenntniss nicht aus ihrer richtigen Quelle: den Dingen selbst, schópfe, also auch desshalb keine richtigen Wörter bilden, keine Richtigkeit der Wörter haben könne. =- . Weberhaupt kann ich mich nicht enthalten zu bemerken, dass der- jenige. welcher in diesem Dialog eine Begründung der Ideenlehre findet, von dem, was man in der Wissenschaft ‘begründen’ nennen darf, eine sehr bescheidene Vorstellung hegen muss; nachträglich bezeichnet sie übrigens Susemihl selbst (S. 160) ‘als eine nur vorläufige’. Natürlich bin ich weit davon entfernt, zu verkennen, und habe. auch schon angedeutet (S. 216), dass durch den ganzen Dialog unver- kennbare, ja starke Beziehungen ad die Besen, ee so atz von Fr ep A bo. eird éxsivo 6 šou (vgl. w. und vor allem gegen das Ende 439 "denn . was mir e o a Traume vorschwebt. Dürfen wir sagen, dass WË NK Mes 29 AEST TOT Sa LN DEM erar BT PNE ROPA d V e SM Orem o Be REY Be EST DRE "uo wee. PS e E AIDE To ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 221 das Schóne und Gute an sich etwas sei und so jedes eine der Dinge, oder nicht?’!). Allein in allen diesen Beziehungen wage ich weder eine Begründung, noch auch nur eine Aufstellung der Ideenlehre zu sehen. Jeder Unbefangene, welcher das erste Gesetz der Hermeneutik im Auge behält, ein Werk so weit als möglich zunächst aus sich selbst zu er- klären, kann nur Andeutungen derselben in ihnen erblicken und höch- stens kann ein Streit darüber entstehn, ob die Ideenlehre als eine eben erst im Geiste ihres Schópfers keimende, oder als eine wenigstens im Wesentlichen schon vollendete vorausgesetzt wird. Ich weiss, wie viel von der Entscheidung dieser Frage — wenn man die Autorschaft des Platon für unsern Dialog gelten lässt — abhängt und, im Bewusstsein meiner schon eingestandenen keinesweges genügenden Kenntniss der pla- tonischen Werke und Philosophie, wage ich es nicht, näher auf sie ein- zugehen, doch darf ich nicht unbemerkt lassen, was dem aufmerksamen Leser auch ohne dies nicht entgehen würde, dass das Verhültniss, welches ich zwischen der Untersuchung über die Richtigkeit der Wörter und der Ideenlehre in diesem Dialog annehme, zwar auch im erstern Fall bestehen kónnte, viel wahrscheinlicher jedoch auf einer schon im Wesentlichen vollendeten Gestaltung — wenn auch noch nicht literari- schen Veröffentlichung — derselben beruht. Denn schwerlich kann es gerechtfertigt erscheinen, auch nur anzudeuten, dass die Ideenlehre in ihrem Schooss die Construction einer richtigen Sprache trage, wenn sie selbst erst im Keime existirte. Ich betrachte daher sowohl den eben angeführten Satz, wonach die Ideenlehre dem Sokrates erst wie im Traume vorschwebt, als den ihm um wenige Zeilen vorhergehenden, wo er sagt, ‘dass es vielleicht über seine und Kratylos Kräfte gehe, zu erkennen, auf welche Weise man die Dinge erlernen oder finden könne’ 2), nur als bescheidne Wendungen und setze voraus, dass der Verfasser dieses Dialogs die Ideenlehre schon als wenigstens im MM 1) géien ydg .... 0 &ymys moÀÀdxic Óv&iéivuo: zesoen qué» m M curo xcÀÓY xci pur. xci fy Exaorov vé» dra obwec, i uis 2) 439 D. övuva uiv voívvy toónov det uavOevav Ñ siolGxur ES Övtæ, weilov one écuv» &yvoxévon Z xat’ uè xoi oé. ‚222 THEODOR BENFEY, lichen vollendet ansieht. Damit stimmt auch Stallbaum überein, in- dem er sagt: Etenim Heraclitei ...... quum etymologia ita abusi essent, ut sua ipsorum opinionum commenta exinde confirmarent, faciendum philosophus judicavit, ut non modo illorum rationem rideret et convel- leret, sed etiam suam ipsius de ideis doctrinam eorum decretis oppo- neret .... ' Quocirca dialogo extremo doctrinam de ideis Vue dee Bgm e regione collocavit. Die in diesen Worten ausgedrückte Ansicht steht in einem so eigen- thümlichen fast möchte man sagen verwandten Verhältniss zu der mei- nigen, dass ich nicht umhin kann, es schon hier hervorzuheben und kurz zu erörtern, nicht ganz ohne Hoffnung, dass es vielleicht dazu beitragen wird, den Leser in eine ihr günstige Verfassung zu versetzen. Ich nehme ganz wie Stallbaum an, dass die Ideenlehre dem, was in diesem Dialog widerlegt wird, entgegengesetzt ist. Allein ich weiche darin von ihm ab, dass ich es nicht als die Aufgabe dieses Dialogs betrachte, die Behauptungen jener Philosophen überhaupt zu widerlegen, ~ sondern nur deren Ansichten in Bezug auf das, was den eigentlichen Stoff dieses Dialogs bildet: die Richtigkeit der Wörter in der wirklichen Sprache. Ist also die Widerlegung jener Philosophen nur auf diesen Gegenstand beschränkt, so gilt auch dieselbe Beschränkung für die Ideen- lehre; mit andern Worten: wird nachgewiesen, dass die Kratylos'sche Auffassung der wirklichen Sprache keine Richtigkeit der Wörter ermög- liche, so wird im Gegensatz dazu behauptet, dass die Möglichkeit einer htigen Sprache in der Ideenlehre gegeben sei, ähnlich wie sie auch im Gegensatz zu dem unrichtigen wirklichen Staat die Möglichkeit eines richtige Staates gewührt. Diese ideale Sprache wird nur angedeutet, wie im ag der ideale Staat. Gäbe es unter den Gies Gage, Ise EN zu pu so be- d : E mir desshalb nicht erlauben darf. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 223- LV: Der Dialog beginnt damit, dass Hermogenes dem Sokrates mittheilt, dass zwischen ihm und dem ebenfalls anwesenden Kratylos ein Streit über die Richtigkeit der Wörter entstanden sei. Kratylos behaupte, ‘die richtige Benennung für jede Sache sei eine von Natur entstandene }), und nicht das sei eine Benennung, womit einige (etwas) lautlich bezeich- nen, nachdem sie übereingekommen sind, es so zu bezeichnen, indem - sie ein Theilchen ihrer besondern Sprache dabei erklingen lassen, sondern es gebe eine gewisse Richtigkeit der Benennungen, welche sowohl bei den Hellenen, als allen Barbaren dieselbe sei' St | Hiernach scheidet Kratylos den Sprachschatz jeder besonderen Sprache in zwei Theile, in Lautcomplexe, welche die durch Natur ent- standene (natürliche) Richtigkeit haben, welche bei allen Völkern die- selbe sei, und solche die sie y haben, sondern durch Uebereinkunft (0 $uvOfusvow xcAsiv zaAwoı, i. Zosen) zum lautlichen Ausdruck mancher Dinge dienen; nur jene lässt er für Benennungen gelten, die- sen spricht er diesen Namen ab; vergleiche 429B, wo Sokrates frägt: ‘Also sind alle Benennungen richtig’? und Kratylos antwortet: ‘Ja! die welche wirklich Benenunugen sind'5); 436 C, wonach eine ohne Kennt- niss der Sache gegebene Benennung gar kein Name sein soll 9; 429 C, wonach ein nicht in diesem Sinn richtiger Lautcomplex dem dadurch be- zeichneten Gegenstand nicht allein nicht mit Recht zukomme, sondern gar nicht zukomme, nur zuzukommen scheine, in Wahrheit aber der Name ` . von einem andern sei, dessen Natur mit der Benennung übereinstimmt 5). 1) óvdpezoc ópJovyra sivos éxccvo wàv Övınv quos msquxviay. 2) xai o) eng slve. Gran Z dv uvss EvvOfusvo, xalsiv xao, re eUTdv quvic pógiov émqOsyyóusvow, ilà üg9óvyw "we zë Óvoucrev nsquxéva, xci "Ellnoı xoi Beofcoo wjv atv dnaoıw. | 3) nevre dga vi Övouare óg9óg seten: Koart. Occ ys 0vóucte Zon, | 4) dvayxciov ... sldóva. Isod viv uIEusvor và vóuove, ci dà wi... old’ dv övöuere Ein. diu 5) Zwxg..... quiusv .... set uv, oU uérvo, boss ys; Koat. OVÈ xeicJo, nous dusef .... dÀÀG doxsiv zegoen, eben Oè frípov voro ms, OUnsQ xoi $ qVocic 7 10 Övoue dnkoüoe. mp (385D.E 294 THEODOR BENFEY, Es ist schon oben (S. 202) bemerkt, dass 0g9ótgc övoudtwv 'Richtig- keit der Wörter’ eigentlich den Zustand der Wörter gemeinverständlich zu sein bezeichnet. Es sind also von diesem Gesichtspunkt aus alle Wörter richtig, welche so beschaffen sind, dass der Hörer sie in demselben Sinn versteht, welchen der Sprechende damit verbindet (vgl. 434E und 435 B oben 8.202); es ist diess nur ein Ausdruck, wodurch die in allen Sprachen erscheinende Thatsache bezeichnet wird, dass die einem be- stimmten Begriff entsprechenden Lautcomplexe insofern dessen richtiger ' Ausdruck sind, als sie denselben Begriff in dem Hörer hervorrufen. Diese Bedeutung hat Kratylos aufs stürkste beschrünkt; unter den im der wirklichen Sprache zur Bezeichnung eines Gegenstandes dienenden Lauteomplexen schreibt. er nur denen Richtigkeit zu, welche durch die Natur der Gegenstände, die sie bezeichnen, entstanden (deren natürlicher naturgemässer Ausdruck) sind; den durch Uebereinkunft entstandenen verstattet er nicht einmal das Recht für Wörter angesehen werden zu dürfen. Damit tritt uns sogleich der Gegensatz zu Hermogenes vollständig gegenüber. Wir haben schon bemerkt und werden gleich sehen, dass dieser ‚die Richtigkeit der Wörter nur aus Vertrag u.s.w. Sëtzen ab- leitet, so dass seine Wörter in Kratylos Augen gar nicht einmal Wör- ter sind. ‚Hat Kratylos die Richtigkeit nur auf einen Theil der Lautcomplexe beschränkt, so giebt er ihr die umfassendste Ausdehnung nach einer andern Seite. Diese so beschränkte Richtigkeit ` ist ihm nämlich allen Sprachen gemeinsam. Beachten wir, dass Hermogenes bei Gegenüberstellung der eignen Ansicht, wonach die Richtigkeit der Wórter nur auf Vertrag u. s. w. beruht, sich. auf. die Verschiedenheit der Benennungen derselben Gegen- stände in verschiednen hellenischen Stüdten und bei den Barbaren be- i), so wie dass Sokrates in der Ausführung seiner eignen Ansicht über das naturgemässe Verhältniss zwischen Wort und Begriff rhe bt, dass auch bei Voraussetzung dieses Verhältnisses kein : ung ; B der Benennungen bei allen Völkern nothwendig = sei, i (000. E uo dus Ap z dvddde Zen te ër Beoßdooıs und tóv ve vide ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 225 zei 1v £v Bagßdooıs dem zei "EAAnoı zei Beoßdooıs 383 A entspricht), so ist diese Bestimmung wohl unbedenklich so zu verstehen, dass Kra- tylos der von ihm angenommenen Bedingtheit der Wörter durch ihren begriffliichen Inhalt eine solche Macht einräumt, dass dadurch bei allen Völkern für dieselben Dinge dieselben Namen hervorgebracht seien. Nur dadurch scheint sich mir auch seine Scheidung des Sprachinventars in richtige Wörter und Lautcomplexe, die gar keine Wörter sind, noth- wendig gemacht zu sein. Denn ein Mann, welcher die haarsträubenden für heraklitisch gelten sollenden Etymologien billigt, welche im zweiten Abschnitt vorgebracht werden, nahm gewiss nicht den geringsten An- stand jedes Begriffswort auf ähnliche Weise als naturbedingt nachzu- weisen, so dass bloss die wenigen Eigennamen übrig geblieben wären, welche der Natur ihrer Träger nicht entsprechen. Dass derentwegen aber eine derartige Scheidung des Sprachinventars gemacht sei, ist kaum auch nur im Entferntesten glaublich. Es scheint vielmehr seine Ansicht zu sein, dass jedes Sprachinventar in zwei Theile zerfalle, in einen richtigen, allen Völkern gemeinsamen, und einen jeder Sprache beson- deren, welcher den Namen övöuere nicht verdiene. Dass er die Ety- mologien, welche Sokrates aus dem Griechischen giebt, billigt und diese dadurch auch als in seinem Sinn richtige anerkennt, entscheidet dagegen nicht, da diese im Sinn von Sokrates Auffassung der Naturbedingtheit gegeben werden, welche Kratylos durch seine Billigung 427 D ff. Buch zu der seinigen gemacht hat. Uebrigens bescheide ich mich gern auf eine ganz sichere icd darüber zu verzichten, da ich keine Stelle finde, in welcher genauer angedeutet würe, wie Kratylos oder die unter seinem Namen angegriffe- nen Philosophen sich diess Verhältniss im Sprachinventar eigentlich vor- gestellt haben, "wie denn überhaupt sowohl von Kratylos als Hermogenes Ansicht nicht mehr gesagt wird, als zur Widerlegung derselben noth- wendig ist. Was jene betrifft, so findet sich zunächst an unsrer Stelle noch eine nühere Bestimmung derselben. andre ergeben sich theils aus dem dritten Abschnitt, in welchem Kratylos bekämpft wird, theils mögen sie Hist.- Philol. Classe. XII. : xy p 296 THEODOR BENFEY, aus der Zustimmung zu erschliessen sein, die er Sokrates Ausführungen ertheilt. Aus unsrer Stelle ersehen wir, dass Kratylos sein Princip der Rich- tigkeit selbst auf die Eigennamen ausdehnt; auch hier erkennt er nur solche Eigennamen als richtige an, welche mit dem Charakter der Trüger derselben übereinstimmen. Da er allen durch Uebereinkunft zur lautlichen at von Gegenständen verwendeten Lautcomplexen den Charakter Benennungen (Namen, Wörter) zu sein abspricht, dazu aber vorzugsweise die Eigen- namen zu gehören scheinen müssen, da die Griechen gewohnt waren, sie insbesondre bei den Sclaven ganz willkührlich umzugestalten, sie aber andrerseits grade am entschiedensten sich als Namen von etwas kund geben, indem jeder auf seinen Eigennamen hört, so fragt ihn Hermogenes, augenscheinlich um ihn von der Absurdität dieser Schei- dung des Sprachinventars in Namen und Nichtnamen zu überzeugen, ob ‘er selbst denn mit Recht den Namen Kratylos habe oder nicht’ }). Kratylos lässt sich nicht irre machen, sondern antwortet ruhig, ‘ja wohl’, indem er, wie sich aus der ganzen weiteren Entwickelung, ins- besondre dem etymologischen (zweiten) Abschnitt, erkennen lässt, diesen von zg@ros ‘Kraft’ abgeleiteten Namen ganz in Uebereinstimmung mit sich (d. h. seiner Natur oder auch Lage) findet. Eben so findet er auch Sokrates Namen richtig, indem er augenscheinlich auch in dessen ety- mologischer Bedeutung (von ow — ogo ‘gesund’ und xoirog) eine Ueber- einstimmung mit dem Träger erkennt. Als aber Hermogenes auf diese speciellen Fälle einen allgemeinen Satz bauen will, indem er frägt ‘Gebürt demnach nicht auch allen übrigen Menschen jedem der Name, mit welchem wir ihn rufen’ 2)? da antwortet Kratylos ganz maliciós: nig stens wahrhaftig nicht der Name Hermogenes und wenn dich enschen so nennen’). Sokrates erklärt zwar diese Behaup- w KoewAoc rij dindeig üvope Zon fj od. lois dYJgoimoic mücw, neg xaAoDusv Övoua Exaorov, voir ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 227 tung des Kratylos zuerst für Scherz: ‘wenn er sagt, dass du den Namen Hermogenes nicht in Wahrheit habest, so glaube ich, dass er dich damit verspottet; denn er meint vielleicht, dass du’ [gewissermassen in Uebereinstimmung mit der etymologischen Bedeutung dieses Namens ‘Hermes, dem Gotte des Reichthums, entsprossen'] ‘stets nach Schätzen strebst, aber nie Besitz erlangen kannst" 1. Auch Hermogenes nimmt sie wenigstens halb scherzhaft, indem er 408 B, nachdem Sokrates, auf seine Bitte, eben um herauszubringen, was Kratylos malicióse Bemerkung andeuten wollte, den Namen des Hermes aus seinem Charakter als Gott der Rede erklärt hat, ausruft ‘beim Zeus! danach scheint mir Kratylos ganz mit Recht zu sagen, dass ich kein Hermogenes bin; denn eine besondre Redefertigkeit besitze ich wahrhaftig nicht'?). Dass aber diese Annahme ei integrirender Theil der Kratylosschen Auffassung der wirk- lichen Sprache ist, geht schon daraus hervor, dass Sokrates im zweiten Abschnitt, wo er verdeutlicht, wie er sich die natürliche Richtigkeit der Wörter vorstelle, zuerst auch an Eigennamen die Uebereinstimmung ihrer etymologischen Bedeutung mit dem Charakter oder den Zustünden ihrer Trüger nachzuweisen sucht; dann aber insbesondre aus 429 B, wo Sokrates Kratylos zu überzeugen sucht, dass die wirkliche Sprache auch nach seiner Auffassung (keinesweges bloss aus richtigen Benennungen und Lautcomplexen bestehe, die nicht verdienen Benennungen genannt zu werden, sondern) auch unrichtige Benennungen enthalte; hier kehrt er zu dem vorliegenden Falle zurück und frägt: ‘Sollen wir nun sagen, dass dieser Hermogenes diesen Namen gar nicht führe, wenn ihm nichts von einer Abstammung von Hermes zukommt, oder er führe ihn zwar, aber nicht mit Recht? 5)', worauf Kratylos ganz ernsthaft und eifrig ant- 1) 3840 ën dë oj genat cow "Eouoyévg Övopa ebe vij diräeio , deg Ómomrevo ovr» gesin ` ie yàg fue ce 2ggpdeun équíusvov xvjcta drop EXČOTOTE. 2) Nì vv Ae, sÙ Ğọæ uor doxsi KgowíAoc Aéyew tò du: uù PS: Sage vUxovV sùuýxævóç yé sim Aoyov. 3) Eọpoyévsı tğðe nóregov unè Övoue vobro setoäe duer, el uin abu "Eguoi yevédews rg00nxE1, T7 xsicOos uév, o) uévto: óg9üg yé; .— Ff2 228 THEODOR BENFEY, wortet: ‘Mich dünkt, er führt ihn auch nicht einmal ...., sondern scheine ihn nur zu führen, dieser‘ Name gehöre aber einem Andern, der auch eine Natur hat, welche den Namen verdeutlicht’ ); endlich auch daraus, dass Hermogenes, wo er seine Ansicht ausführt, dass die Richtigkeit der Benennungen auf &wJrjxn, Vertrag, beruht, die er als Willkühr fasst, die Willkührlichkeit in der. Benennung der Sclaven gel- tend macht (384 D). ` Beachtenswerth ist auch, dass, wo Sokrates seine eigne Ansicht über die Bedingtheit der Wörter durch ihren begrifflichen Inhalt aus- führt, er keinesweges die Bedingtheit der Eigennamen durch das Wesen ihrer Träger in gleicher Weise ablehnt, wie die Identität der richtigen Benennungen derselben: Gegenstände in allen Sprachen. Bei der Ver- deutlichung seiner Ansicht über die Art dieser Bedingtheit lehnt er es zwar ausdrücklich ab, sie auch an Eigennamen aufzuzeigen (397 B), in- dem er bemerkt, :dass viele derselben nach den Namen von Vorfahren beigelegt sein und einigen gar nicht zukommen, andre einen Wunsch ausdrücken'2), wie er denn auch schon 394 E die Möglichkeit des Zu- falls (miyn) in Bezug auf Orestes Namen und 395 E den Zufall der Sage (tóyņ vis yiuns) in Bezug auf den des Tantalus hervorhebt. Allein diess bezieht sich nur auf die wirkliche Sprache, nicht auf die richtig sein wollende, für die Sokrates seine Forderungen hinstellt; ob nicht Sokrates in ihr auch eine diesen entsprechende Richtigkeit der Eigen- namen verlange, wage ich nicht zu entscheiden, da die Andeutungen über die Sprache, welche sich auf der Basis der Ideenlehre construiren ` lasse, weder zu einer Construction derselben genügen, noch auch ge- nügen sollen. Eine derartige Construction hätte ein eignes Werk erfor- dert, so ‘gut wie die Construction des idealen Staats. Eine‘ i nühere Bestimmung der Kratylosschen Auffassung der pue Sp hen finden wir im dritten Abschnitt 435 D, wonach ` 1) 000i eo porre doxei .... alla doxsiv stoen, svær dë étégov volvo vojvouc, geg ei ù gras $ tò Ovoue Ógovca En ED uà» yàp cindy. eefto xov "roden Zem order mgocijxor &víoic Eu 27.. nolla dè don: ed 'Ousvor TiOevroi ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 229 ` derjenige," welcher die Benennungen kennt, auch die (dadurch bezeich- neten) Dinge kennt'!). Daraus ergiébt sich dann als Folgerung, die zwar schon ihrer Bedeutung wegen hervorgehoben zu werden verdiente, hier jedoch nur benutzt wird, um zu einem weiteren Beweismittel gegen die Richtigkeit der wirklichen Sprache in der Kratylosschen Auffassung zu dienen, ‘dass die Wörter das einzige und beste Mittel der — über die Dinge seien’ ?). Demnach schreibt Kratylos den Dingen auf die Gestaltung ihrer Benennungen einen so mächtigen Einfluss zu, dass letztere gleichsam wie tónende Abbilder derselben, oder um einer neuen Erfindung einen Vergleich zu entlehnen, ‘wie wahre Phonographien erscheinen, die strietesten Abbilder derselben (vgl. VI), fast mit ihnen ganz identisch sind. Die Auffassung erinnert fast an die Naivität der schwäbischen , Köchin in Paris, welche gar nicht begreifen konnte, dass die Franzosen Bohnen haricots nennen, da sie doch weiter gar nichts seien als Bohnen. Charakteristisch ist endlich für diese Auffassung der wirklichen Sprache, dass die richtigen Wörter derselben — die einzigen, die Kra- tylos als Benennungen gelten lässt —, das heraklitische Princip: der ewigen Veränderung der Dinge wiederspiegeln sollen; vgl. 436 C ‘hier hast du aber den gróssten Beweis, dass der Wortbildner die Wahr- heit nicht verfehlt hat: denn sonst würde nicht alles bei ihm so zusam- men stimmen; oder hast du nicht während deines Vortrags’ (im 2ten Ä Abschnitt, wo eine Fülle von Wörtern nach diesem heraklitischen Princip etymologisirt wird) ‘selbst erkannt, dass alle Benennungen nach der- selben Weise und in en Richtung gebildet sind’ 5)? 1) óc čv za dvöuere Genee éníavag9o zei 1à nodywete,.vgl. ebendaselbst E, wo Sokrates diesen Satz wesentlich mit denselben Worten wiederholt ... doxeic Aíyav dc fe dv «à dvönare sid iere xoà và modyuaıe. 2) 435 E ideusv zig nor’ dr sip Ó vgóztoc ofge tis OiÓmoxeALoc zët du xci mdrsgon Zon piv xci dAÀoc, ofge uévvos sAziow, € od" don» | Eidos P ojroc; motégws oře; Koat. Oŭtwç iymys, od nóvv u sivo dior, TOUTov Oi xci uovov xci BéAuorov. 3) uéyiotov dé 00, der Texumgov Óm ovx &oqcAwa zig Pu Ó mÓéuevoc- 230 THEODOR BENFEY, In der Art und Weise, wie die Natur der Dinge in den Wörtern veranschaulicht ist, stimmt Kratylos mit dem überein, was Sokrates im 2ten Abschnitt ausführt. Die Urwörter sind durch die ihrem begriff- lichen Werth nach ihnen entsprechenden Laute wiedergespiegelt; die abgeleiteten und zusammengesetzten (oder wie sie der Verfasser nennt: zusammengehümmerten) von jenen abgeleitet oder aus ihnen zusammen- gefügt. Doch zurück zu der Analyse! Nachdem Hermogenes von der Ansicht des Kratylos so viel als oben bis (einschliesslich) zu der Stelle über seinen eignen Namen ange- geben ist, mitgetheilt hat, fügt er hinzu, dass er ihn nicht habe bewegen können, sich deutlicher auszulassen und ersucht desshalb Sokrates, ent- weder des Kratylos orakelartigen Ausspruch zu erklären oder ihm seine eigne Meinung über die Richtigkeit der Benennungen kund zu thun. Sokrates giebt seine Bereitwilligkeit zu einer gemeinschaftlichen Unter- suchung zu erkennen. Hermogenes setzt nun seine Ansicht genauer auseinander. ‘Er hat sich oft mit Kratylos und andern (über die Rich- tigkeit der Wörter) unterhalten, kann sich aber nicht überreden lassen, dass es eine andre Richtigkeit der Benennung gebe, als Vertrag und Uebereinstimmung (£v»Ófzr xæ? öuoAoyte)’, d.h. er ist überzeugt, dass die (als bekannt vorausgesetzte) Richtigkeit der Benennungen nur auf Vertrag und Uebereinstimmung beruhe. Es ist diess, wie manches andre in diesem Dialog so kurz ausgedrückt, dass es eine auffallend grosse Uebung in der. Behandlung sprachwissenschaftlicher Fragen bekundet, wie. wir sie denn auch nach den Nachrichten über die sprachwissen- schaftlichen Betrachtungen der Philosophen, Sophisten, Mythologen und ` Exegetetig vor. pwd zu Platons Zeit vorauszusetzen berechtigt sind. Hermogenes erklärt also die Richtigkeit der Benennungen aus dem- Ip, welches nach Kratylos nicht einmal Benennungen zu T CER = gestalten vermag, puer würde also dem Hermogenes nach obigem ant- Se yao dy TOTE p ipa 12 du e SC? ER ; SER : e. Tt vua XATO TQVTÒV ` di ow > ; ; eo ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 231 worten: ‘Sonach hätte seine Sprache nicht allein keine richtigen, son- dern gar keine Benennungen’, und wie die weitre Entwicklung zeigt, mit Recht. | Hermogenes fährt nämlich zur genaueren Bestimmung seiner An- sicht unmittelbar fort: ‘Denn mir scheint, dass jede Benennung, welche Jemand irgend einem Gegenstand giebt, die richtige sei, und wenn er dann wieder eine andre an deren Stelle setzt, jene aber nicht mehr ge- braucht, so ist die spätere um nichts weniger richtig, als die, welche ihm früher zukam, wie ja auch bei unsern Sclaven, wenn wir ihre Namen umändern, der spätere eben so richtig ist als der früher von ihm geführte. Denn Nichts von allem hat einen Namen von Natur, sondern durch die Anordnung und Gewohnheit derer, die ihn verändert haben und gebrauchen’ A Die Veründerlichkeit der Sclavennamen bildet den Gegensatz zu Kratylos Behauptung, dass auch in den Eigennamen Naturbedingtheit herrschen müsse. Der hier gegebnen näheren Bestimmung gemäss fasst also Hermogenes Svvłýxņ xal óuoAoyíe, Vertrag und Uebereinstimmung, als identisch mit rein individueller, weder numerisch (vermittelst einer Gemeinde), noch histo- risch beschrünkter Willkühr. So versteht ihn auch Sokrates, indem er frügt (385 A): “Wie Jemand etwas zu nennen festsetzt, das ist auch sein Name ?' und Hermogenes antwortet ‘So mein ich. Weiter antwortet er auf Sokrates Frage ‘Einerlei, ob ein Privatmann oder eine Gemeinde?’ ebenfalls ‘Jav und nimmt schliesslich das Recht in Anspruch ‘Pferd’ zu nennen. was allgemein ‘Mensch’ heisst und umgekehrt?) In allgemeinerer de | 1) 384D poè yàp doxsi, 0 m ëv dic "p Jia Övouæ, roUro siva tò dos, xæ dv oetäie ys Eregov Mepoäëre, dxsivo dè unxeu weii, oddEv Zeen tò ÜorEg0v die &yew toŭ rmootrégov , WOrLEQ, EÈ TOig olxétæç Nweig Heen äänee, oddev Zon ër" bur deädn tò usrersDiv coU mgótegov xewuévov: o) ydg quos Zeta mepvzévas roue očðèv oyOeví, diia voum xci die mr pEi- gun TE soi XGÀOUYTOY. 2) ô dv I xalsiv uç Íxacvov, Tür” Zouv Exdorw Övone; Een, "Boi doxsi. Zwxg. Koi iQ» idiste xali xoi dà» nolıc; "Eon. Drui. Zuxg.... dén Ze 232 THEODOR BENFEY, wiederholt Hermogenes diese seine Identification 385 D ‘Denn ich kenne keine andre Richtigkeit der Benennung als diese, dass mir verstattet ist, Jeden Gegenstand mit einem andern Namen zu benennen, den ich ihm beigelegt habe, dir aber mit einem andern, den du'!j, und Sokrates 433 E 'Oder gefállt dir diese Weise besser, welche Hermogenes vorträgt und viele andre, dass die Benennungen Uebereinkommen sind und denen die sich darüber vertragen haben die Dinge, die sie aber vorher kann- ten, kund thun, und die Richtigkeit der Benennungen Vertrag sei, es aber nichts verschlage, ob jemand dem Uebereinkommen folge, wie es jetzt besteht, oder im Gegensatz dazu ‘gross’ nenne, was jetzt ‘klein’ heisst und ‘klein’ was jetzt ‘gross’2)” Da diese Willkühr völlig un- beschränkt ist, so sind die Benennungen, wenn so entstanden, rein zufällig, sie bezeichnen die Dinge ‘durch das erste beste’, durch ‘das, was einem grade in den Mund fällt’ (và &nırugöoru 434 A), ‘aufs Gerathe- wohl’ (dzó rov «ùtouétov 397 A). | Man hat nun gefragt und bezweifelt, ob der Verfasser des Kratylos das Recht habe, &ww 9x1 und óuoAoyíe, Vertrag und Uebereinstimmung, und gar noch vóuog und £9oc ‘Gesetz und Gewohnheit’, die er ja eben- falls als Basen der Richtigkeit der Wórter hingestellt hat (384 D), mit : Willkühr und Zufall zu identificiren. Man wendet ein, dass Vertrag und Uebereinstimmung voraussetzen, dass ein Menschencomplex in Bezug auf etwas übereingekommen ist und übereinstimmt, Gewohnheit, dass das, Xx«ÀU Ömodv zën Greet, olov 0 viv xcAoUusv čvðgwnov, dà» iyd toðto inmov Rgogeyogeto, ö dè viv inmov, rM, ron Ömuooig niv voua Gv9oomoc 16) LP (die dë innos; sei die uiv «X čvðgwnoç, Ómuocíg dà innoc; .... 'E Qu. "Enoıye doxst. 1) od yàp & &e Symys... óvóuceroc di dgSóryro d rad, dno) piv Eregov fer xaAsiv & Exdoro óvoua, 6 gue Iéu, coi dë Ézepov, ô dv ov. 2) 7 ode Dëiige gs dpkoxsı Ó toónoç, ôv Eowoy£vns Atyaı xci dÀÀow mohhok, tò Eaux ädueere E TÈ dvöuare, xci yov Toric SvvÓOsuévowc, noosıddoı Qé, Necyuare, xci sivo sun Geädeten dvóporoc, ğvvðýzyv, deg äZgeg dë CHR Ge sé ne EvrÓdjwn denso wën ran, ÓV Te xc vo)veyríov im piv e vir m , Gpuxgóv , uéya. Bas > dè d SE guaxoóv. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 233 worauf diese sich bezieht, schon einen längeren Bestand hat. Benennungen, die diesen Prineipien gemäss richtig sind, sind richtig, weil sie in dem ihnen anhaftenden Sinn von diesem Menschencomplex fixirt und bei ihm zur Gewohnheit geworden sind. Wer einer von ihnen im Widerspruch mit diesem Menschencomplex und der Gewohnheit eine andre Bedeu- tung giebt (z. B. durch das Wort ‘Pferd’ einen ‘Menschen’, durch ‘gross’ ‘klein’ und umgekehrt bezeichnet), oder einem Gegenstande überhaupt . einen andern Namen als in diesem Menschencomplex gebräuchlich, ver- stósst grade gegen das Princip des Vertrags, der Uebereinstimmung und Gewohnheit und bedient sich von diesem Standpunkt aus eines unrich- tigen Wortes. Wenn also Hermogenes behauptet, jede Benennung, die irgend ein Individuum einem Gegenstande gebe, sei dessen richtige, so scheint diess auf den ersten Anblick im grellsten Widerspruch mit einer auf diesen Principien beruhenden Richtigkeit zu stehen. Allein dieser Widerspruch ist nur scheinbar; in Wirklichkeit ist Hermogenes Anspruch das folgerechte Ergebniss der alleinigen Annahme dieser Momente als Basen für die Richtigkeit. der Wörter. Denn wenn diese auf gar keinem weiteren Grunde beruht, als dass die Wörter: in dem Sinne, welchen man damit verbindet, in Folge von Uebereinkunft und Uebereinstimmung gebraucht werden, wenn speciell die Art ihrer Entstehung von gar keinem Einfluss auf ihre Richtigkeit ist, man also zu der Zeit, wo die Uebereinkunft geschlossen ward, jeden Lautcomplex, welchen man wollte, zum Ausdrucke jeglichen Gegenstandes verwenden konnte, so ist absolut kein Grund vorhanden, warum diese Berechtigung nur auf eine Mehrheit von Menschen und auf eine vergangene Zeit beschränkt sein sollte; besteht doch diese Mehrheit nur aus Individuen, -von denen jedes einzelne unzweifelhaft das Recht hat einen Lautcomplex vorzuschlagen und abzuwarten, ob ihm die übrigen beistimmen und Ge- wohnheit ihn fixiren werde; kann nun nicht Hermogenes mit vollem Recht sagen: hatte früher ein Individuum das Recht, den ersten besten Lautcomplex zu benutzen, um damit einen Gegenstand zu bezeichnen, warum sollte ich es nicht auch haben? ich kann ruhig abwarten, ob meine Gemeindegenossen meiner Wahl beistimmen und die folgenden . Bist. - Philol. Classe. XII. : 234 | THEODOR BENFEY, Geschlechter sie zur Gewohnheit machen werden. Und ist denn, wenn wir die Worte ‘den ersten besten’ auslassen, die Theorie nicht ganz richtig? . Haben nicht Individuen in den historisch bekannten Zeiten in die uns genauer bekannten Sprachen neue Wörter in Menge einge- führt, die Bedeutung von alten verändert u.s. w., und sind nicht un- zühlige dieser Neuerungen durch Gewohnheit fixirt worden? Ja ist es nach den Forschungen, welche unsre Zeit über Entstehung der den Menschen gemeinsamen Institute, Sprache, Religion, Sitte u. s. w. ge- macht hat, nicht so gut wie gewiss, dass die Schópfungen allsammt von Individuen — nicht selten wohl ganz einzelnen — ausgehen und die öuoAoyie, durch welche sie fixirt werden, grösstentheils in einem blossen Annehmen besteht, eine fast rein passive ist? Die Theorie des Hermogenes unterscheidet sich von der jetzt als richtig anerkannten in der That nur durch die Worte 'den ersten besten ' dadurch aber auch Mn himmelweit. Nicht die ersten besten, sondern nur die durch die Natur | der Sprache bedingten Wörter können, wenigstens im Allgemeinen (diese Beschränkung füge ich nur wegen einer Besonderheit in den oceanischen Sprachen hinzu), auf Uebereinstimmung und Gewohnheit rechnen; die Richtigkeit der Wórter ist einzig gócs durch Natur, aber nicht in dem beschränkten Sinn, wie er uns in der Kratylosschen Auffassung und selbst der des Sokrates geboten wird, wo sie ganz von der Natur der Dinge abhüngig gemacht wird, sondern sie beruht eben so sehr auf dieser als auf der des Menschen. E iet en eines der allergrössten Verdienste des Kae wie ` dass die Identität von äw9Yxn, Vertrag, Willkühr und Z wal. i . iw E Instanz mit paleler Sener in ihm erkannt it e nit noch die Enistebung einer Geier durch £wärzn, = ertrag (odk Men man es Se nannte er Wenn er h gurien, - zwar bie ebenfalls im Sinn von es ein r Element A os bei den Zahlwór- ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 235 tern) anzuerkennen sei, das zur Richtigkeit der Wörter (im allgemeinen Sinn, d. h. der Gemeinverständlichkeit derselben) beitrage, so ist zu beachten, dass ihm die wirkliche Sprache gar nicht für eine solche gilt, in welcher die Forderungen erfüllt wären, die er an eine wahrhaft rich- tige Sprache stellt. Aber eben wegen dieses Gegensatzes der wirklichen und der idealen Sprache konnte das grosse Verdienst, welches der Verfasser des Kratylos sich durch diese Identification der Sven mit Willkühr erworben hat, weder von ihm noch seinen Nachfolgern in seiner ganzen Bedeutung gewürdigt werden. Diese tritt erst seit der Zeit hervor, wo man weiss, dass jede Sprache im Ganzen eine richtige ist; und Sokrates Beweis, dass eine richtige Sprache nicht durch Vertrag entstanden sein könne, verwandelt sich seitdem in den Satz, dass überhaupt keine Sprache durch blossen Vertrag u.s. w. entstanden sein könne. Nachdem beide Ansichten über die Entstehung der Richtigkeit, óg- Jörns, auseinandergesetzt sind, zeigt Sokrates, dass bei der des Hermo- genes keine Richtigkeit bestehen kónne, dass vielmehr die Benennungen, wenn sie richtig sein sollen, von der Natur der durch sie bezeichneten Dinge bedingt sein müssen (385 A — 390 E). Zu diesem Zweck sucht er zu beweisen, dass man eine falsche und wahre Benennung gebrauchen kónne!), dass ein Gegenstand weder so viele Benennungen haben kónne, als ihm Jemand beilegt, noch bald diese bald jene ?. Denn, da man weder (mit Euthydemos) sagen dürfe, ‘dass Allen Alles auf gleiche Weise zugleich und immer zukommt, noch (mit Protagoras), dass jedes Ding für Jeden auf eine besondre Weise da ist, so sei klar, dass die Dinge ein bestimmtes ihnen selbst eignes 1) 385 C Fon Gë övouæ wevóic xci dAg9ig AÉysw.... 2) 385 D ‘Ist also jede Benennung, die irgend Jemand als die eines Gegens angiebt, diese ihr Name?’ ... ‘Werden ihm auch so viele Namen Skier, als Jemand für ihn angiebt und zu der Zeit, wo er sie giebt?’ ^O d» doe ixacroc pů vo roue siv, rof Eouv éxdcwo Óvouo; ... H xci noca dv gi nc Zog dvonara siva, TooeiTe Zon xoi zdrs Amdeen gi - 236 THEODOR BENFEY, Wesen haben D Dieser Natur der Dinge gemäss müssen die auf sie bezüglichen Handlungen vollzogen werden, nicht nach unsrer Meinung (Vorstellung) 2). Das Benennen derselben sei aber eine auf sie bezüg- liche Handlung 5). Daraus wird dann geschlossen: also muss man die Dinge benennen, wie und womit es ihrer Natur gemäss ist, dass man sie benenne und dass sie benannt werden, nicht wie wir eben belieben. So erreichen wir mit der Benennung unsern Zweck, sonst nicht ^. Sokrates geht nun zu den objectiven und subjectiven Bedingungen über, von welchen das ‘Benennen und Benanntwerden' (5 négvxe tà noéyueve rouden xai Övoudlsodeı wie es eben hiess) abhängt, wobei noch ein Moment gegen Hermogenes Willkührlichkeit hervorgehoben wird. Der Name ist das Werkzeug des Benennens5). — Mit Namen be- nennen heisst einander etwas lehren und die Dinge nach ihrer Beschaf- . 1) 386 D Oxo) si urrs ëm mv: dot Óuoíec Guo xci) dei, wire Zeen (die Exacıov mu vtov iym, O7Aov dp u adı avv» ojcíay Syovrd uva BEßaıov ion TÈ mo&yuerm .... 2) 387A Kark vr «vrv doo gon xci ai nedkss groe, 0) xci a nustegav ðóğav. 3) 387 B.C ‘Ist nicht also auch das Sprechen eine Handlung? ... Ist nicht das Benennen ein Theil des Sprechens? ... Ist nicht also auch das Benennen eine Handlung?! '4o' oiv o) xoi 16 Aéyav nie nc vov nmotedv OUV; .... Oùxoŭv vo? Aéyew gógiov tò óvoud(nr; .... Oixo)rv xci rò dvoualsw mo@kig de suv; ; "d 387 E Oxo)» xci Óvouecríov 7 níqvxs tà nočypæta Zuang we xci dvond- Todes xci e, dÀX oy € dv Zuse ßoviyððusv .... mÀéo» ù moi0Tuev xoà dvoudlomev, dAAc dë oj; 5) 387 D ff. "Was man schneiden muss, muss man mit etwas schneiden ... und was man boren muss, mit etwas boren... und was man benennen muss, mit etwas benennen . . Was war das, EZ womit man boren muss? Herm. Der Borer. ... Sokr. Was aber, womit man benennen muss? Herm. Der CHER, Sokr. ... Also a auch der Name ein Werkzeug’. à Ze téwvaw, ide 1... té WEI ... ô ia vovnGv, ðs vo rovnGv ... xci 0 dz... von, E u "e ... é dè ër èxsīvo d Ze rgvnv; "Een, Tov- F e = * eer es "Eo u. "Ovouae. mire „+. Ögyavor Seier ti don xci tò See ; xoà omg piv dv ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 237 fenheit unterscheiden P). ge Der Name ist also ein Werkzeug, durch welches man belehrt und das Wesen (der Dinge) unterscheidet 2). Damit ein Werkzeug gut, seinem Zwecke gemäss, zu gebrauchen sei, muss es von einem gefertigt sein, der die Kunst, es zu verfertigen, versteht 5. — Die Benennungen sind das Werk des Gesetzgebers *). — 1) 2) 4) 388A 'Was für ein Werkzeug war der Schütze? doch dasjenige, womit wir (das Gewebe) schützen? Herm. Freilich. Sokr. Was thun wir, indem wir schützen? Wir trennen doch die untereinander gerathenen Fäden der Kette und des Einschlags. ... Was thun wir nun, indem wir vermittelst des uns als Werkzeug dienenden Namens benennen? .... Belehren wir uns nicht einander über etwas und unterscheiden die Dinge nach ihrer Beschaffenheit ? Herm. Ganz richtig’. Ti Zv Ogyavov $ xeoxis; oi c xsoxilouev; "Een Naí. Zwxo. Kroxílovwec dë Ti deguen: oU vin xgoxgv xai rode Gryuovac cvyxsyvpévovc Oiaxoiívousv; .... Ogycvo övm và ovöuan Övouclovıss d norð- uev; .... Ag oiv didegzousv u dÀAjAovg xai và nodyuare Owexgivousv dj Eye; Een, Havv ys. 388 C voua dom didaozelırov tí ën Öpyavov xai dıaxgruxòv ër ovoíac. 388D ‘Wessen Werkes wird sich der Bohrende gut bedienen können, wenn er sich des Bohrers bedient? Herm. Des des Schmieds. Sokr. Ist nun Jeder- mann ein Schmied, oder der der diese Kunst versteht? Herm. Der diese Kunst versteht’. Te uge dë oyw ó wunnıng x«Adc yońostær, dro og tov- nevo xojuwi; Eop. TG voU zoixgëme, Zeg, Län" o)v müs misste d Ó mv zeyynv yov; “Eou. ‘O ry sÉyvqv &yow. 388D ‘Wessen Werkes bedient sich der Belehrende, wenn er sich der Be- nennung bedient? Herm. Das weiss ich nicht. Sokr. Kannst du auch nicht sagen, wer uns die Benennungen überliefert, deren wir uns bedienen? Herm. Ganz und gar nicht. Sokr. Scheint dir nicht das Gesetz’ (im wei- testen Sinn: Herkommen, Sitte, Institut, alles was als ordnendes Element des menschlichen Lebens überliefert ist) ‘sie zu überliefern? Herm. So scheint es. Sokr. So wird sich also der Belehrende, wenn er sich einer Be- nennung bedient, des Werkes des Gesetzgebers bedienen. Herm. Du hast Recht’. Të de tivos igyo ó ÓideoxaAixóc yerosım, Grey i: dréngen 4ojros; "Eon. OVói wür’ era, Zwxo. Ovds vob:0 y Sync sinsiv, dig nagadidwcv uïv tè Övouere oic yoojus9o; Eou. Od dës, Zaxo. Lan" ovy) ó vópoc doxes; goi eivam 0 negadıdovs ees: “Eou. "Eoıxev. Lwxo. NogoSérov Goa dora yorosmı ó didaoxalızds, Óvav óvóucn yoiwa. ‘Egu. Josef por. 238 THEODOR BENFEY, Dieser ist als Inbegriff oder Personification aller derer zu fassen, welche das, was vowog ist, was in staatlicher und socialer Beziehung gesetzlich oder gebrüuchlich ist, gestaltet, eingeführt oder festgesetzt haben, also auch die überlieferten Benennungen oder Wörter. In letzterer Beziehung ist er also der Namengeber (gewissermassen der Spracherfinder) und wird desshalb 424 A övoueorxos (doch wohl vielleicht mit Anspielung auf Demokritos órouecuxór) ‘der Benennungskundige’ genannt. Dass er als Vertreter von vielen, denen die Beilegung der Benennungen ver- dankt wird, zu fassen ist, sieht man daraus, dass statt seiner Menschen überhaupt als die Namen Beilegenden genannt werden; ferner die Namengebenden (oi và övsurre vi2£usror) 431 E, die Beilegenden (9£usror 418 A). Insofern die Benennungen einstmals zuerst beigelegt sind, wer- den die, welche sie zuerst gaben, an die Stelle des vouoO£rs gesetzt, 401B ‘die, welche zuerst die Namen beilegten' (oi ngoto: tè Óvóueie r£usrvor)?). Insofern die Wörter aus dem Alterthum, theilweis aus dem höchsten, überliefert sind, treten an die Stelle des vouosErns die Alten 3) und die Uralten 4). ES] 401A 'vorausschickend, dass wir keine Untersuchung über sie (die Götter). anstellen wollen ..., sondern über die Menschen, von welcher Vorstellung geleitet diese ihnen ihre Namen gaben' (mgosımovieg ... u zeg e)ràv oj0iv jusis oxsıbousde ... dÀÀG meg edv dvÓgainzov, Zvuvd note Óóiav čzovteç Eridevro ett: «à Óvouere); 401B ‘Die Beilegung der Namen scheint mir . von derartigen Menschen herzurühren' (xevaqaívevai uo Å Féis «ov Övoudınv |. "wO/noy oun dreint sivai). 2) Vgl. 397 C. D ‘die ersten Hellenen scheinen nur Sonne, Mond, Erde, Sterne E und Himmel für Götter gehalten zu haben, und da sie diese stets in Bewegung Frot uoi oi MOTOL TÖV GvÜQoire» Tv "eet tj» Bldada vue Areloden ... iron xci oeAjvmv xci yiv xci dog xci oßoavóv: dr VIC ... Gei lóvtæ ... dmó 1XUTQC TÄS púoswc vie voU Yeiv tovouć goa ). d lten haben sie so gebildet, wie sie vorliegen’ (cevé9ecav (sep, oi nehme). _ Be pi» yàg ofge, ` SC en, welche die Namen beilegten’ (oi zévv meioiwoi 4) 411B ‘Die uralten ms die Götter 9sovs (die Laufenden) von Jerv (laufen) benannt zu haben“ ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 239 Aber nicht Jedermann ist ein ee sondern nur der, der diese Kunst versteht 1". Demnach, schliesst Sokrates, ist es nicht Jedermanns Sache Namen zu geben, sondern die des Namenkünstlers, das ist aber der Gesetzgeber, welcher unter den Werkmeistern der seltenste ist 2). So ist denn auch von der subjectiven Seite her Hermogenes Will- kühr ausgeschlossen. Was hat nun der Gesetzgeber bei Beilegung der Benennungen ins Auge zu fassen, oder mit andern Worten, welche Forderung hat er u erfüllen, um richtige Benennungen zu bilden ? Wer ein Werkzeug verfertigen will, blickt (im Geiste) auf so etwas, dessen Beschaffenheit der Art ist, dass es dem beabsichtigten Zweck zu dienen vermag; auf das Bild davon, das er im Geiste trägt, auf das, was es an sich ist 3). Soll nun ein Werkzeug für verschiedne Gegenstände dienen (z. B. ein Schütze. xeozis, zum Weben verschiedener Stoffe, Leinen. Wolle u.s. W.), so dass es nicht in völlig gleicher Beschaffenheit dazu ver- wendet werden kann, so müssen die zu diesen verschiednen Zwecken gefertigten Werkzeuge zwar allsammt das Bild des Werkzeugs (z. B. des Schützen) in seiner Allgemeinheit enthalten, in jedes besondere der- selben muss aber die Beschaffenheit gelegt werden, durch welche es für seinen besonderen Zweck am meisten geeignet wird, d.h. man muss 1) 388 E Nouo9srng dé om doze? mc eich avio j ó vjv tíyvp» &ywv; "Een, 'O viv iéyvmv. | 2) 388E OZx ige naævròç čvðgóç .... ğvouæ ée ien cuv, QAAd uvoc Övouazovo- yov: ojwog ð’ orv .... ő vouoJécpc, 0c dë và» Ömmovgywv onavıwıeros èv TER yiyvetaær. 389 A.B z.B. bei der Verfertigung eines Schätzen, x2gxis, stellt er sich im Geiste dasjenige vor, was das, wozu der Schütze dienen soll, auszurichten, xeoxítewv, vermag; zerbricht diese xegxis während der Anfertig so blickt er bei Anfertigung der neuen nicht auf die zerbrochene, sondern auf das Bild, was er davon im Geiste trägt, tò sidog, nach vid er auch die elc nd gefertigt hatte, auf das, was die xeoxíc an und für sich ist, avto 0 ou xeQ»íc. o» u 240 THEODOR BENFEY, die allgemeine Idee mit den für die besonderen Zwecke nö öthigen Modi- ficationen ausführen !). Beide Momente, das des richtigen Findens (Erkennens) des Werk- zeugs und das der richtigen Ausführung desselben werden nochmals 389 C hervorgehoben, zugleich aber, weiterleitend, auch auf den Stoff Rücksicht genommen, aus welchem es verfertigt wird: ‘das für jedes seiner Natur nach angemessene Werkzeug muss man ausgefunden haben und dann in dem niederlegen, woraus man das Werk macht (z. B. den Bohrer in Eisen, den Schützen in Holz), nicht nach eigner Willkühr, sondern wie es naturgemäss ist’2). So muss auch der Gesetzgeber (vouoO rns in seiner Eigenschaft eines Namengebers) verstehen, die jedem Gegenstande Kraft seiner Natur zukommende Benennung in die Laute und Sylben zu legen und alle Namen machen und beilegen, indem er sein Auge auf das richtet, was ein Name an und für sich ist m, Hierbei sucht Sokrates zu zeigen, dass die von ihm für die Rich- tigkeit der Wörter geltend gemachte, sowohl objective als subjective (vonder Natur der durch sie zu bezeichneten Dinge und von der Einsicht des Namengebers abhüngige) Naturbedingtheit derselben doch keinesweges zu der Folgerung nöthigt, dass bei allen Völkern alle Benennungen derselben Dinge dieselben sein müssten. ‘Wenn nicht jeder Gesetzgeber (die Namen) in dieselben Sylben legt, so muss man folgendes beachten: es führt ja auch nicht jeder Schmied dasselbe für denselben — zu verfertigende Weeer in demselben E aus; eq er unter "den Barbaren ee SC so wenig steht ein hel- be ER, DÉI dei tò ang xexídog Zysw eos, oie ð’ Exdorn vxe, voten dnodıdövas ijv qucw eis tò Šoyov Zeen, -— ` o Sram Re. er SIO SS dxsivo, ZE où ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 241 lenischer oder barbarischer Gesetzgeber, jener diesem oder dieser jenem, im Geringsten nach, so lang er, in was für Sylben es auch sei, das Bild (die Idee) der Benennung ausdrückt, die einem jeden Gegenstand zukommt’ ?). Damit wird Kratylos Eintheilung des Sprachinventars in richtige Wörter, die bei allen Völkern dieselbe Richtigkeit haben — wie ich es verstehen zu müssen geglaubt habe, bei allen dieselben sind — und Lautcomplexe, die keine Wörter sind, unnóthig gemacht; es wird viel- mehr festgestellt, dass nur das Princip der Richtigkeit bei allen Völkern dasselbe sei, dass aber jedes Volk seine besondre Sprache haben könne, diese jedoch durchweg nach diesem Princip gebildet sein müsse, um richtig zu sein. | Die Richtigkeit der Wörter war von der Einsicht des Gesetzgebers bedingt. Es ergiebt sich daraus die (erst im dritten Abschnitt hervor- gehobene) Möglichkeit, dass diese nicht ausreichte, Wörter zu bilden, die in dem von Sokrates aufgestellten Sinn richtig sind. Wer hat nun . ein Urtheil darüber, ob der Gesetzgeber die Namen der Idee gemäss gebildet und beigelegt hat? Die Antwort ist folgende: Wer sich eines Werkzeugs am besten zu bedienen versteht, der kann auch am besten beurtheilen, ob es seiner Idee gemäss verfertigt ist. In Bezug auf die Benennungen ist diess der zu fragen und zu antworten Wissende, d.i. der Dialektiker?). Wie der Zimmermann ein Steuerruder unter Aufsicht 1) 389 E ff. & dè un sic re atc ovAlaßas Éxccvoc A vouos&ıns sí Snow , otdèv det Tour dyvosiv- oj0P ydg sig vóv «jrüv gidoge čnaç yakzevc TPN, of oeren Evexa moðy tò od Öoyavov: dA) due, mc dr tv adıiv idéav anodıda, Gen te &v dÀÀo odëoe, Opec dogs rer zé Opyavov, dv te Evdade àdv te dp BeoBdoowc us moWj.... 390A oUxoUrv oner diwicnc xoi tòv vouojévpy TÖV Te evddös xol tòv fv voic Baoßdooıs, Bee dv tò roi évóporoc sidog dnodida và 710005x20v Zero èv Onosaıcodv ovllaßaīç, oddEv yeiow vouodErm» ef en &vddde 7 tòv ónovoðv Ako; - 2) 390 B ‘Wer wird nun erkennen können, ob in irgend einem Holze die dem Schützen entsprechende Idee ausgedrückt ist? Der Zimmermann, der ihn gemacht hat, oder der Weber, der ihn gebrauchen wird? Herm. Eher natürlich .... der, welcher ihn gebrauchen wird’. Tiç oiv ò yvocóyusvog si Hist.- Philol. Classe. XII. . Hh 242 THEODOR BENFEY, des Steuermanns zu verfertigen hat, wenn es gut werden soll, so der Gesetzgeber den Namen unter Aufsicht eines Dialektikers, wenn er die Benennungen auf eine angemessene Weise beilegen will !). Der Dialektiker, dem hier die Beurtheilung und Aufsicht über das Werk des Wortbildners zugesprochen wird, ist sicherlich eben so zu fassen, wie im Sophisten 253 E, als der doe zæ zeOcgUs YıRocoyıv, ‘der richtig und rein Philosophirende', d. h. der die richtige Erkenntniss Besitzende und Uebende. Diess ist aber dem Schlusse gemäss, wo die auf die eleatische Ontologie basirte Ideenlehre als die einzige zur wahren Erkenntniss führende Philosophie hervortritt, der Philosoph im Sinn der Ideenlehre. Die ihm zugesprochene Kritik des Werkes des vouodFE£rns übt Sokrates — gewiss der beste Vertreter derselben — in seinem Namen gewissermassen im 2ten und 3ten Abschnitt und zeigt, dass der vouo- Sém der wirklichen Sprache den Forderungen, welche eine Sprache, um richtig zu sein, erfüllen müsste, nicht zu entsprechen vermochte, dass in der wirklichen Sprache, nimmt man sie in rein empirischem Sinn, eine derartige Richtigkeit sich nicht nachweisen lasse, und nimmt man sie im Kratylos’schen Sinn, gar nicht existiren könne. So verschlingt sich dieser erste Abschnitt schon vermittelst des T ede mit den beiden folgenden. tò ngoojxor ddog xsoxidos èv ónorwoðv Sie set : o nomoas, Ò Texıwv, Ñ 9 xogoóusvoc Ügavıns; Eou. Eixóc uiv udÀAov .... vóv xoncóusvov. 390C "Wer könnte aber wohl am besten über das Geschäft des Gesetzgebers die S . Aufsicht führen und das Werk desselben beurtheilen ...? ` Doch auch der es i gebrauchen wird. Herm. Ja! Sokr. Ist das nun nicht der, der zu fragen . vers eht? Herm. Ganz und gar. Sokr. Und zu antworten? Herm. Ja. d E Den zu fragen und zu antworten Verstehenden nennst du aber doch den tiker. Tis dè rë vov vopoOérov oyo Emoremoss T dv sëlle xci xobvas ....; QQ’ oÙ% Greg yojostar; "Een, Nai. KCTT REN deriv imowiusvog oðtós Zon: “Eou. Hávv ys. Xo xo. O de veado; Eou. Nai. Zoo. Tóv dë gogy xai dnoxgiveode m où Bein. 4 diciiur ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 243 Als Resultat der bisher geführten Untersuchung stellt Sokrates hin, dass die Gegenstände, wie Kratylos sage, ihre Namen von Natur haben A), dass der Name von Natur eine gewisse Richtigkeit habe?), dass die Beilegung eines Namens nicht, wie Hermogenes glaube, etwas geringes sei, auch nicht die Sache unbedeutender Leute oder des ersten besten 3), dass nicht jeder ein Verfertiger von Namen sei, sondern nur derjenige, welcher den Namen ins Auge fasst, welcher jedem Gegenstand von Natur zukömmt und es versteht, die Idee desselben (miro? tò eidos) in Laute und Sylben zu legen *), dass es nicht Jedermanns Sache, zu verstehen, irgend einem Gegenstande einen Namen schón (d. h. richtig) beizulegen 5), d. h. dass an eine willkührliche Entstehung richtiger Benennungen (Wörter) nicht zu denken sei. Sokrates tritt also Kratylos Meinung bei, jedoch mit der Beschrän- kung, dass trotz dem jedes Voik seine besondre Sprache haben könne. Nur gvoer, nicht Suxäden. die in letzter Instanz mit Willkühr identisch ist, kann eine Sprache entstehen, deren Wörter Richtigkeit haben wollen. So wird denn auch 397A im Fall der willkührlichen Entstehung den Wörtern Richtigkeit geradezu abgesprochen, indem es hier heisst: ‘Von wo sollen wir anfangen zu untersuchen .... damit wir erkennen, ob die Benennungen selbst uns Zeugniss geben, dass sie keinesweges so aufs Gerathewohl jedem Gegenstand beigelegt sind, sondern eine gewisse Richtigkeit haben’? 6) vgl. auch 427D, wo cepe selbst das Wort 1) 390D Kgewloc gint Aíya Afymv quon t dvonare sivoa Tote nodyuaoı. 2) 391A groer TÉ uva dodrun £yov fren tò voua. 3) 390D zıyduveiss doc... fuer od paðlov, dg dù oře, j mof vówaæroç IE, odd? eet Am dvögwv 0702 töv Bmuvydvwov. 4) 390 E xoi ov up Ömmovoyöv dvoprov sîvæar, dÀÀG uóvov éxeivoy tòv Geo: BAínovie sic tò vij doe droe Ov & Zoom xci i? Grof tò eldoc. nom sic TE Te OMA xci vic GvAAcfdc. 5) 391B zei oð zmevróg Gvógóc éníorecSci xelic «Vr (sc. tò Kee örwoüv FEodaı. 6) no9ev .... QoŞwusþæ Owvoxonmobvzc, .... iva sidousv si doe du» Zoppen. super or Ta dudunenm wi navv nò tov GC gouen EE iiid Sëf as, dA ërem uva dog 244 THEODOR BENFEY, Richtigkeit nur für die Kratylossche Auffassung der Sprache, die natur- bedingte Entstehung der Wörter, gebraucht, und damit implicite aner- kennt, dass es der seinigen (der willkührlichen — vertragsmüssigen) gar nicht zukomme: 'Kratylos macht mir vielfach viel zu schaffen Ms indem er zwar sagt, die Wörter hätten Richtigkeit, aber sich nicht deutlich darüber erklärt, worin diese besteht’ D. Und mit Recht. Denn wenn, wie er behauptete (384 D), jeder Lautcomplex, durch wel- chen man einen Gegenstand benennt, sein richtiger Name ist, dann fällt jeder Unterschied zwischen richtig und unrichtig weg und man kann mit demselben Recht sagen, jeder ist unrichtig. Sonach hat die empirische Bedeutung der do9öms, welche nichts als die Thatsache ausspricht, dass der Erfahrung gemäss ein Wort dann richtig ist, wenn es in dem Sinne verstanden wird, in welchem der Spre- cher es gebraucht, und so im Anfang des Dialogs vorausgesetzt wird, wie daraus hervorgeht, dass Hermogenes hier de9oms eben so sehr für seine Auffassung in Anspruch nahm (483 D). als Kratylos für die sei- nige; einer principiellen Platz gemacht: de9ömgs im prineipiellen Sinn ist'nur denkbar, wenn die Benennungen der Dinge auf eine objectiv und »subjectiv bedingte Weise entstanden, wenn speciell die Idee der- selben von einem kundigen Namenverfertiger in Lauten und Sylben aus- rückt ist (390E). Damit ist aber nicht entschieden, ob diess auch in der wirklichen Sprache der Fall sei, ob diese Annahme sich als richtig in ihr nachweisen lasse, ob sie nicht vielleicht eine in diesem Sinn richtige Sprache gar nicht sei. Darüber wird uns erst der zweite See Abschtitt belehren. ~ 1). S ES ré Ho moÀÀÓ»sc nocyuare nageysı KootiAoc .... quu pi» siva 309 t árov, Zoe Ò’ onv oùdèv sagèc Aéyow. Ueber die Aufoabe des Pe Dialogs: Kratylos. fisia Botak Zweite Abhandlung. Vorgetragen in der Sitzung der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften vom 2. Juni 1866. V. Der zweite Abschnitt beginnt 390 E und reicht bis 497 D, ist also bei weitem der längste, indem er weit über die Hälfte, fast zwei Drittel des ganzen Dialogs umfasst. Hermogenes weiss auf Sokrates Ausführung nichts zu erwidern, ist jedoch von dieser dialektischen Beweisführung auch noch nicht über- ‚zeugt; er fühlt, dass der Satz, ‘dass man tò soe vo övöucros in Laute und Sylben zu legen habe (390 E)’, seine Verständlichkeit erst dadurch erhalten könne, wenn auch die Art seiner Anwendung aufgezeigt. sei, und bemerkt daher: “ich glaube, dass ich mich eher so. werde. über- zeugen lassen, wenn du mir zeigst, welcher Art die natürliche Richtig- keit der Benennung sein muss’ 1). Sokrates antwortet, dass wisse er nicht, doch sei er bereit, es mit ihm gemeinschaftlich zu untersuchen (391 A). Diese Untersuchung zerfällt in zwei Theile, deren erster, bis 397 A reichend, eine Art Einleitung bildet. Zuerst (391B) wird die Frage aufgeworfen, wo und wie man sich wohl über die Richtigkeit der Be- nennungen unterrichten könne. Der Unterricht der Sophisten wird ab- gewiesen (891 B.C). Eher soll man sich bei Homer und den übrigen Dichtern Rath holen (391 C. D). | Homer bemerkt einigemal, dass die Götter dieselben Gegenstände anders benennen, als die Menschen: ‘glaubst du nicht, dass er damit etwas grosses und wunderbares über die Rich- tigkeit der Benennungen sagt? Denn es ist doch klar, dass die Götter 1) 391A ... doxà uo de Gv u&AAov Tt5c950s09oí om, Ei uos deifsinc, vuve | is ES my yvos ĉo Jóra dvöuerog. 246 THEODOR BENFEY, sie, was Richtigkeit betrifft, mit den Namen benennen, die ihnen von: Natur eigen’ (020v yàg ðù on give Feo alte xeAoUo: ngüg doFörmte Zeg ën gos, Övöuere); es wäre von Wichtigkeit zu wissen, um wie viel die göttlichen richtiger seien als die menschlichen (vgl. 392 A). Doch bleibt es bei diesen Andeutungen; es wird kein Versuch gemacht, vermittelst dieses Unterschieds näher zu bestimmen, worin die Richtigkeit der Be- nennungen bestehe; denn ‘das herauszubringen, gehe wohl sowohl über Socrates als Hermogenes Kräfte’ (392 B). Beachten wir, dass fast in diesem ganzen Abschnitt der Scherz eine so hervorragende Rolle spielt, dass er dem Ernst nur eine sehr geringe Stelle überlässt, so dürfen wir, zumal wenn wir die Einzelheiten in Betracht ziehen, auch schon diesen Anfang zu dem scherzhaften Theil rechnen. So ergeben sich z. B. die pathetischen Prä idikate: ovx oře: Toüro osuyór u stur 7 und gæŭhov yel tò ud3nuce; (392 A) ‘Glaubst du nicht, dass es etwas ehrwürdiges sei?’ ‘hältst du ‘es für unbedeutend zu er- kunden?’ wenn man sie mit dem zusammen hält, wovon sie prüdicirt werden, nämlich ‘ob es richtiger sei, den Fluss in Troja Xanthos oder Skamandros, den Nachthabicht yeixis oder xúuwðis zu nennen’, als reine Ironie. Ist diese Benutzung der Göttersprache oder des Homer über- . haupt zur Bestimmung des"Begriffs der Richtigkeit verspottet, so folgt . daraus wohl unbedenklich, dass der Verfasser des Kratylos sie nicht, selbst nicht zum Scherz, erfunden, sondern schon vorgefunden hat und der Vollständigkeit — wohl auch des Scherzes wegen, der im ganzen weiten Abschnitt vorwaltet — nicht mit Stillschweigen übergehen wollte. die Herakliteer, gegen die der Dialog vorzugsweise gerichtet ist, sich auch: ‚durch eine derartige Verwerthung des Homer für ihre Unter- iber die Richtigkeit der Wörter im Theaetet den Beisatz "Ouij- 3 erdienten ee. eo. Raben, oder ob er nur an E ar 407 A) ironisirt werden, igi ich E Sokrates die re darüber: - welchen ier iicet ne een er ob see ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 247 mandrios oder Astyanax (392B). Hier ist aber, wie schon Schleier- macher angemerkt hat, der Scherz unverkennbar. Aus Tooes in Ilias 22, 506 schliesst Sokrates, dass nur die Männer ihn Astyanax genännt hätten, indem er in sophistischer Weise das masculinare Geschlecht des Volksnamens allein gelten lässt, sich stellt, als wisse er nicht, dass es das weibliche mit in sich begreife; daraus folgert er dann, dass er bei den Frauen Skamandrios geheissen habe, natürlich absichtlich Il. 6, 402 übersehend, wo grade von Hektor gesagt wird, dass er seinen Sohn Skamandrios zu nennen pflege, die. andern aber Astyanax. Weiter fol- gert er dann, dass, da die Frauen minder vernünftig seien, als die Männer, so sei Astyanax der richtigere Name, was er dann durch die etymologische Bedeutung desselben zu erhürten sucht; und damit glaubt er dann 'gewissermassen eine Art Spur von Homers Ansicht über die Richtigkeit der Wörter zu erfassen'!), wo der Scherz deutlich genug. auch in den Worten hervortritt. Auch diese Entwicklung bezieht sich ` gewiss auf ähnliche Spitzfindigkeiten, welche bei der Frage über die Richtigkeit der Wörter ventilirt sein mögen. Doch giebt sie Veranlas- sung zu zwei allgemeinen Betrachtungen, die, wie die allgemeinen Sätze — schon nach Schleiermachers Bemerkung — überhaupt, ernsthaft ge- meint sind. Die eine hebt hervor, dass es gerecht sei, einen Spross von derselben Art, wie das von dem er entsprossen, mit demselben Worte, also nach der Art, zu bezeichnen (das Junge eines Lówen eben- falls Löwen zu nennen) 393B. 394D. Die andre, dass die Identität der Benennungen einer und derselben Sache nicht von der Identität ihrer Laute, sondern ihres (durch die Etymologie bestimmbaren) begrifflichen Inhalts abhänge. ‘Es verschlägt nichts’, heisst es 393 D, ‘ob es in diesen oder jenen Sylben dasselbe bedeutet, eben so wenig, ob ein Buchstabe hinzugekommen oder weggenommen ist, solange nur die Beschaffenheit des Zeenen sich in dem Namen vorherrschend ku dgiebt’ 12. em ie 1) oiousvog uvogc BE ixvovc Zare vic 'Owjoov OE gc E page ôg- Sóvgvoc 393 B. 2) ei dè èv &vígeuc ovÀAeBotc Ñ èv weg TÒ cÜTÓ Onwaiven, H mo&yuo, ovd’ 248 THEODOR BENFEY, Die letztere Betrachtung insbesondre war, wenn es so stricte An- hänger der naturbedingten Entstehung der Wörter gab, dass sie annah- men‘, dass ein und derselbe Gegenstand sich nur in denselben Lauten kundgeben konnte, zur Widerlegung derselben von keiner ganz geringen Bedeutung. Aber wenn wir sehen, welche Anwendung, besonders im zweiten Theil, von der Theorie gemacht wird, dass Buchstaben ohne Nachtheil für die etymologische Bedeutung eines Worts zugesetzt und ausgestossen werden können, so möchte man fast glauben, dass sie nur hingestellt sei, um ein Seitenstück zu Hermogenes Ahnung abzugeben, dass die Richtigkeit eines Satzes wesentlich von seiner Anwendung be- dingt sei. Noch stärker tritt diess in Bezug auf die erste Betrachtung hervor. Hier wird y&vos auf eine ganz sophistische Weise zuerst im Sinne der naturgemässen Art genommen, wo der Satz ganz richtig ist; dann aber auch in Bezug auf Stand (der Sohn eines Königs soll auch König heissen 394 A); weiter wird dann 394 D ff. im Gegensatz dazu richtig geschlossen, dass, "wenn der Spross widernatürlicher Weise einer andern Art ange- höre, er nach dieser zu benennen sei (ein von. einem Pferd geworfenes Rind; Rind); dieses aber, ganz widersinnig, auch auf moralische Be- schaffenheit ausgedehnt (der Sohn eines Frommen, wenn er ruchlos sei, dürfe nicht seinen Namen nach seinem Vater erhalten, sondern nach der Art, der er angehóre, ‘nicht OsógiA0g *Gottlieb'.... heissen, sondern was: das: Gegentheil davon bedeute, wenn die Namen Richtigkeit haben We and endlich auf die Eigenthümlichkeit des Trägers eines Namens wupti Dieses Princip wird dann’ <— im Kratylosschen Sinn — in ere op dine nachzuweisen gesucht, dabei jedoch schon die wee, ` Zufalls zn (394E vgl: 395 E) hervorgehoben, wie denn siie Richtigkeit der Pies durch Nachweisung 1 poo mit der Natur der Trüger zu er- = sl ng0oxsei n à € E d giona, adi od? tow, Ems dv éysQaTic 24 ý odoíe voi mocywano: ðņiovpévy èv 16 Zeen, Be 394B. C. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. | 249 hürten ganz und gar abgewiesen wird. Wenn sich Sokrates dennoch hier längere Zeit, als billig ist, bei dem Versuch aufhält, die Eigennamen in einen derartigen Einklang mit ihren Trügern zu bringen, so geschieht diess zunächst wohl, um in Nachahmung ähnlicher, wenn auch nicht von Sophisten herrührender, doch sophistischer Entwicklungen zu zeigen, wie die, welche Kratylos Ansicht hegten, die Richtigkeit der Eigennamen zu verdeutlichen suchten; es dient aber auch schon dazu, klar zu ma- chen, welcher Art die öo&örng überhaupt sein solle, nämlich eine Art Beschreibung der Dinge (bei Eigennamen der mit diesen Benannten), vermittelst des etymologischen (oder, wie sich weiterhin zeigen wird, lautlichen) Werths ihres Namens, und anzudeuten, wie gewaltsam, ver- kehrt und lächerlich die Versuche seien, diese deg in der, wirklichen Sprache nachzuweisen. Denn dass auch in dieser Einleitung schon der Scherz vorherrscht, zeigt ausser den schon hervorgehobenen und leicht noch vermehrbaren Einzelheiten insbesondre der durchweg ironische Schluss derselben 396 D ff. Trotz dem, dass der scheinbar treffliche Erfolg der Namendeutungen Sokrates Muth so hoch hebt, dass er , ¿wie er sagt, — wenn er nur Hesiods Genealogien im Kopfe hätte — nicht aufhören würde zu demonstriren, mit wie vollem Recht auch: die 'ent- fernten Stammväter ihre Namen führen, weiss er doch nicht, woher ihm die Weisheit, die er eben hat leuchten lassen, angeflogen sei. Er schiebt die Schuld auf den enthusiastischen Euthyphron; mit dem er am Morgen lange zusammengewesen sei und der ihm Ohr und Seele mit seiner wunderlichen. Weisheit gefüllt habe (396 D). `. Auf denselben. Euthyphron beruft sich Sokrates auch mehrfach im Folgenden, insbesondre in dem zweiten gewissermassen systematischen Theil:(399 A; 407 d 409 D; 428 C), und nach 399 E scheint für diesen und seine Anhänger das Princip ‘je toller, je besser’ gegolten zu haben; denn nachdem: hier für wuyij ‘Seele’ die ganz richtige Ableitung. von yúzw *hauchen' gegeben ist, führt Sokrates auf einmal, als ob er sich eines besseren-:besónne, fort 'doch, bitte, einmal stil! ich glaube ich sehe da etwas, was den Freunden des Euthyphron viel wahrscheinlicher vorkommen wird. Denn jenes werden sie, wie mir scheint, verachten. und für platt hal- Hist. - Philol. Classe. XII. 3 250 THEODOR BENFEY, ten" D, und dann folgt die Erklärung aus gúcış und ?yw, wonach vv eine euphonische Umwandlung von gvo£yg sein soll, eine Etymologie, die augenscheinlich im Geiste von euthyphronischen fabricirt, Anspruch auf Tiefsinn machen soll, aber einen grósseren auf Wahnsinn hat. Euthyphron ist natürlich identisch mit dem, welchen wir aus dem nach ihm benannten Dialog kennen, ein Mann, welcher es durch seine verkehrten Speculationen über religiose Fragen in seiner Frómmigkeit so weit gebracht hatte, dass er seinen eignen Vater, noch dazu auf zweifelhafte Indicien hin, des Mordes anklagte. Wer von dessen Weis- heit und Enthusiasmus angesteckt ist, kann natürlich nur auf Verkehrt- heiten gerathen, die vom Wahnsinn nicht fern liegen, und insofern Sokrates gleich in diesem ersten Theil — der Einleitung — des zweiten Abschnitts erklärt, dass er seine Versuche, welcher Art die Richtigkeit der Wörter sein müsse, in der wirklichen Sprache nachzuweisen, unter dem beherrschenden Einfluss des euthyphronischen Geistes mache, deutet er schon hinlänglich an, was man von ihnen zu erwarten habe, mit andern Worten, dass diese Richtigkeit in der wirklichen Sprache nicht nachweisbar sei. Doch Sokrates hat sich nun einmal in diesen sündhaften Eë schen Pfad hineintreiben lassen und nach dem Princip, dass wenn ein- mal Sünden abzuwaschen sind, ein Paar mehr oder weniger keinen Unterschied machen , schlägt er, in seiner Ironie fortfahrend, vor ‘sich heute dieser wunderlichen Weisheit weiter zu bedienen und die Erfor- chung der Benennungen (damit) zu Ende zu führen, morgen aber dafür Busse-zu thun und sich reinigen zu lassen, sobald sie jemand gefunden, der einen von derartigen Dingen zu reinigen verstehe, sei es nun einer der Priester ple der Po 2). EH ef dë Bos ye joíua- dog ydo uoi u cures TtLOcVoiregOy TOVTOV Tois ` ugi Seen Eë rág, Gc éuoi doxst, tiges rinde dy soi $yg- p Ss Dëse ‚doxst oy por Sein a ur moon: 10 uiv súper elvaı yo- ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 251 Damit wendet er sich nun zu dem zweiten, gewissermassen syste- matischen, Theil, um zu erforschen, ‘ob die Benennungen selbst (d. h. die wirkliche Sprache, von welcher im ersten Abschnitt — ausser den drei Eigennamen zu Anfang — gar kein Beispiel angeführt war und im dritten nur sehr wenige vorkommen) uns Zeugniss dafür ablegen werden, dass sie keinesweges so aufs Gerathewohl jedem Gegenstand beigelegt sind, sondern eine gewisse Richtigkeit haben' (397 A). Die Brauchbar- keit der Eigennamen von Heroen und Menschen für diese Untersuchung wird jetzt — gegen Kratylos Ansicht und gegen die Praxis im vorigen Theil — als trügerisch (d.h. ohne sichere Auskunft über das, worin die Richtigkeit besteht) abgewiesen (397 B, vgl. 394 E, in: Bezug auf das oùðèv 710007207 Evioıs). ‘Am wahrscheinlichsten ist, dass wir die richtig beigelegten' (also auch über das Wesen der Richtigkeit Aufschluss ge- benden) *unter den Namen für ewig dauernde und durch die Natur existi- rende Gegenstände finden’ (d. h. einerseits für Götter u. s. w., andrerseits für Sonne, Mond u. s: w.) ‘Denn hier muss die Beilegung der Namen mit der grössten Sorgfalt vollzogen sein’ 1). Hier wird selbst die, Mög- lichkeit einer göttlichen Entstehung wenigstens von einigen der Namen berührt, ‘vielleicht aber sind einige derselben auch von einer die mensch- liche Kraft überragenden göttlichen. beigelegt’ 2), in welchem Falle sie natürlich noch mehr Anspruch darauf haben , wahrhaft richtig zu sein und auch über das Wesen der Richtigkeit Auskunft zu geben. Eine góttliche Entstehung der Sprache wird — um diess hier sogleich zu be- merken — auch 416 C, 425 D angedeutet und von Kratylos 488 C, wo sie aber für die wirkliche Sprache in der Kratylos'schen ze... va Sokrates treffend zurückgewiesen wind: cacdeı «vi (sc. vij daınovig vogíg) xci t Jour megi mv dvoudwe» morsé- ege, «voi» Ò’ dv xoi Oyiv Evydoxi; , drodıonmourmoöusdd te «čtv xci xaJagovusÓo EEsvodvres Zone tà tuara ðswòc xadeigsıv, eim -quy- SES ne ir TÖV Goguorn, 1) sixóc dë gëäirgen Znëe sbpsiv ed deäde xsiusve mep ed dei me wäh: Br | gonovddoda yàg Evredder wahre moéne viv O9écw tav óvopvov, - 2) iows Ö’ ix atv xai Uno Jeotépec Óvvdusoc € «jc vv dvðgónøov y 8er. I 2 : 252 THEODOR BENFEY, 415 B giebt sich Sokrates den Schein, als ob diese systematische Behandlung der Wörter eigentlich eine erschöpfende sein sollte und das Uebergangene gewissermassen nur durch Zufall übergangen sei; er be- merkt nämlich, dass er ósí« ‘Feigheit’ noch nicht durchgenommen, sondern übergangen habe; es hätte seine Stelle nach čvðgsíæ ‘Tapferkeit’ haben müssen, und fährt fort: ‘aber ich glaube, wir haben auch vieles andre übergangen’!). Ein gewisses System ist in der Darstellung un- verkennbar zu Grunde gelegt; es zu erschöpfen, zumal in der hier be- folgten Weise, wäre natürlich die grösste Thorheit gewesen; was der Verfasser damit erreichen wollte, hat er mit den gegebnen Beispielen vollständig erreicht und würde es auch mit noch wenigeren erreicht haben. Die Frage, ob die Benennungen eine Richtigkeit haben und worin diese bestehe, wird in diesem Theile in zwei Unterabtheilungen be- ` handelt. Die erste reicht bis 421C und bespricht die Wörter, welche vermittelst andrer, auf denen sie beruhen — sei dieses nur eines, wie Wf von wóro, oder mehrere, wie in der oben mitgetheilten Erklürung . desselben Wortes aus gë und Zeen — etymologisch erklärt werden (vgl. 421 Ef) ‚also um sie mit einem für das hier eingeschlagne Verfahren zwar nicht ganz passenden, aber die Eintheilung uns nüher bringenden, erlüuternden Ausdruck zu bezeichnen: die ableitbaren (und zwar sowohl die einfachen als zusammengesetzten). Die zweite reicht bis zu Ende de zweiten Abschnitts (427 D) und spricht in ühnlicher Allgemeinheit, ie im. „ersten und dritten Abschnitt, von denjenigen Wörtern, welche ern ‚nicht erklärt oder. überhaupt auf andre. nicht zurückgeführt zu werden vermögen, also in unserm Sinn: den unableitbaren. Diese bilden in*letzter Instanz die Grundlage der ableitbaren und werden von Sokrates als deren Elemente bezeichnet (421 D). ‘Wenn Jemand’, heisst eis d nach den Aussagen fragt, welche den Wortsinn (wir wür- bier, “i durch. die Etymologie erkennbaren ges Inhalt) [ET ra SS C u dée aj nerd Tv psv we po xo lha nolle ürzeoßeßrreiven. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 253 einer Benennung bilden und wiederum nach denen, welche den Wort- sinn dieser Aussagen bildeten, und nicht aufhört dieses zu thun, ist es dann nicht nothwendig, dass der Antwortende zuletzt das Antworten ablehnen’ muss 1)?’ Weiter dann 422 A: ‘Wann hat nun der sich Los- sagende ein Recht zur Ablehnung und zum Aufhören? Doch sicherlich, sobald er zu denjenigen Benennungen gelangt, welche gewissermassen die Elemente der übrigen, sowohl (etymologischen) Erklärungen als Be- nennungen sind. Denn wenn es sich so verhält, so wäre es ungerecht, auch diese noch als aus andern bestehend nachweisen zu sollen. So z. B. haben wir oben gesagt, dass &yadör ‘das Gute’ aus dyecróv ‘das Bewunderungswerthe’ und 306» ‘das Eilende’ bestehe. Von Soóv könn- ten wir vielleicht sagen, dass es aus andern und diese wieder aus anderen bestehen, allein wenn wir auf etwas stossen; was nicht mehr aus andern Benennungen besteht, dann dürfen wir mit Recht sagen, dass wir schon bei einem Element sind und nicht mehr nóthig haben, dieses auf andre Benennungen zurückzuführen’ 2). Obgleich ich mich sonst nicht auf den Nachweis der Kunst, ehe sich in der Gliederung. und Darstellung dieses Dialogs erkennen lässt, einlasse, so kann ich doch nicht umhin, darauf aufmerksam zu machen; wie einsichtsvoll und dime. hier die natürlich scheinende Ordnung umgekehrt ist. Sokrates behandelt zuerst die ableitbaren Mörten: weil nur an ma 1) & us get, à dy dp keynıor TO Óvouc, Exeive deier d juara, xci wide ad di’ àv dv tà Ginen AsyOdj, Exeiva nevoeren, vol vOUTO uù ft Orto. ro, do’ oğ» üvdyxm telsvsaryın dreeë 10v dnoxgıwousvor; 2) méte o)» ünamov d drei ogsbun dreiwe mavor’. dr: do’ ois KE »- éxeívosc yévevos voic óvóuaow, & dgnesgci groryeia vy hlav don xoi Ad, svoudtuy; reüre ydg mov oUxén Oíxowv yayjvaı 5 dÀÀav deene acd bere, dv ojwec ër. olov viv dé tò dya9ó» Zrenen ix vob dyaomwü xci èx vo) Joob Evyxeiode, tò è Joóv Zoe qotusv dv 8E Augur, ixetya dë LE Aller" all édv noté ys Adfwusv Ö oUxíu Ze uvøv šrégwv Suyxsıman ` óvopcvov, Quxoímc dv goiuen mì oroıyeim te oy svar xoi oUxén.. sedeo Zuëe deiv sie elle dvonare rt 254 | THEODOR BENFEY, klar zu machen móglich ist, was er unter der natürlichen Richtigkeit verstanden wissen will . Die hier dargelegte Ansicht wendet er dann auf die unableitbaren an und sucht zu zeigen, durch welche Mittel bei ihnen dieselbe Richtigkeit gewonnen werden kónne. Dieser Gang der Untersuchung macht es uns zugleich möglich, die erste Abtheilung ohne weitere Rücksicht auf die zweite durchzugehen. In dieser setzt Sokrates seine Ansicht, worin die Richtigkeit der Wörter bestehe, durch die etymologische Erklärung folgender Wörter auseinander, welche ungefähr (denn manches wird gelegentlich mit be- sprochen) in drei Classen zerfallen, 1. Götter: Jsoé Götter 397C, detuwv Dämon 397 E, Zoe Heros 398 C, &v3gwnos Mensch 399 C, vvyij Seele - 399D, oWue Körper 400 B, “Eori« Vesta 401B, “Pé Rhea und Koövog Kronos 402B, Ty9Vs Tethys 402 D, Moosıdıv Poseidon 402 E, Mhoútwv . Pluton 403 A, "4idgc Hades 403 D, Anuijrmoe Demeter 404 B, "Hoc Hera . 404 B, dsooégavro. Persephone 404C, Zoé im Apollo 404 E, Moüo« Muse 406 A, Arnd Latona 406 A, "Agreuig Artemis 406 B, Aórvoos Dio- nysos.406 D (dabei gelegentlich o/vog Wein 406 C), Aygodsiım Aphrodite 406 C. Aua Athene, Heiies Pallas 406 D, Hyeıoros Hephästos 407 C, Joe Ares 407 C, “Eouijs Mercur 407 C, Dén Pan 408B. — ` 2. Natur- existenzen: 440g Sonne 409 A, oeAjvn Mond 409A, ucis Monat 409 C, &orge Sterne 409 C, deren? Blitz 409 C, nio Feuer 409 D, toco Wasser 410A, djo Luft 410 B, ci96o Aether 410B, yi Erde 410B, Woi Jahreszeiten 410 C, &revzös und čros Jahr 410 C. — 3. Philosophische, ethische, psychische und andre Benennungen: go6»noıg Ueberlegung 411D, woiun-Erkenntniss 411D, due Denken 411 D, cogooc/r; Be- sonnen weit 411 E ; motun Wissen 412 A, oöveoıs Einsicht 412 A , copia 112 B, dya9ór das Gute 412 B, dizerosóvi Gerechtigkeit 419 C, keit 413 D, gelegentlich «vie dooí» Mann 414 A, ywii Au das Weibliche 414 A, 9r4j Saugwarze 314 A ` 9á41w vn Kunst 414 B, umnrer Kunstgriff 415 A, zexíc » JuAíe Feigheit 415 B, doer Tugend 415 C, elozoór Aë das Schöne 416 B, £vug£oor das Zutrügliche B. AvossAoöv das Vortheilhafte 417 B, fåa- ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 255 fsgóv das Schüdliche 417 D, Ging schaden 417 E, Inuwödss das, Nach- theilige 418 A, gelegentlich Zu£oe Tag 418 C und fvyó»v Joch 418 D, ñðový Vergnügen 419 B, Zénon Trauer 419 C, dvie Betrübniss 419 C, GAyndó» Schmerz 419 C, déen Qual 419 C, dy9qóó» Kummer 419 C. zeg& Freude 419 E, ou Ergótzen 419 D, zegzróv das Ergötzliche 419 D, sigoooórr Fröhlichkeit 419 D, £uSvuíe Begierde 419 D, 9vuóc Gemüth 419 E, iusgos Verlangen 419 E, 090g Sehnsucht 420 A, Zows Liebe 420 A, ðóġæ Meinung 420 B, oinoıs Vorstellung 420 B, fov Rathschluss 420 C, &@ßovii« Unentschlossenheit 420 C, £xoío:o» das Frei- willige 420 D, &véyzņ Nothwendigkeit 420.E, óvouc Namen 421 A, óvoucecrór das Nennbare 421A, die Wahrheit 421 B, weidog Lüge 421 B, örv das Seiende und ovoíe das Wesen 421 B. An diesen Beispielen zeigt Sokrates nun; worin die Richtigkeit der ableitbaren Wörter besteht; vgl. 397 C: ‘Ist es also nicht billig mit den Göttern sol zu beginnen und zu untersuchen, in wiefern dieselben mit eben diesem Namen (9sol) mit Recht benannt sind? !); ferner 400 D. wo Hermogenes auffordert ‘zu untersuchen, nach welcher Richtigkeit. die Namen der einzelnen Götter diesen beigelegt seien'?), d. h. welcher Art diese Richtigkeit sei; ferner 411A, wo derselbe sagt ‘ich möchte gern . erschauen, nach welcher Richtigkeit diese schönen Benennungen bei- gelegt sind, .... wie Ueberlegung yoörnoıs’ u.s. w. 3). Diese Richtigkeit besteht nach Sokrates darin, dass die Benennun- gen vermittelst ihres etymologischen Werthes, d. h. vermittelst des Ele- ments, von welchem sie abgeleitet, oder vermittelst derer, durch deren Verbindung sie gebildet sind, das Wesen der Dinge bezeichnen oder beschreiben, deren lautlicher Ausdruck sie sind; Er selbst fasst das Resultat der Untersuchung 422 D in den Worten zusammen: ‘die Rich- tigkeit der bisher durchgegangenen Benennungen (d. h. der eben aufge- zühlten) wollte der Art sein, dass sie fühig würe kund zu ee wie 1) mij no: oe roro 10 Grape oi Zeg dg Jig Zsld reen: 2) xarà tva noè góra cw» (sc. mà» Jedw) è dvouare elta; 3) dée dv Jeacoiumv Teure vd sid Ovóuara, du not isdn XETT, .... olov qQóvmoic etc. 256 - | THEODOR BENFEY, jeder (durch sie bezeichnete) Gegenstand beschaffen ist'!; vgl. 498 E 'die Richtigkeit der Benennung besteht darin, dass sie zeigen wird wie -die Sache ist'?); ferner 423 E; 431E; 436 E, wo das was sie zeigen soll, ‘das Wesen’ ovoie genannt wird. Durch diese Charakterisirung der Dinge vermittelst des etymologischen Werths der Wörter ist die Richtigkeit der letzteren gewissermassen begründet und gegen das Ende dieser Nachweisung, wo Sokrates voraussetzen darf, dass seine Ansicht über das, worin die Richtigkeit bestehe, vollständig klar sei, frägt daher Hermogenes 416 A, statt das Wort deilë- oder şFórnç zu gebrauchen, in Bezug auf die Wörter xe4ó» ‘das Schöne’ und e/oyoórv ‘das Hüssliche', "fj sVAóyos rer “in wiefern sie sich wohlbegründet verhalten’, d.h. diese Benennungen vermittelst der Etymologie sich als wohl begründet. erwei- sen. Diesem añ (vgl. auch die schon angeführte Stelle 397 C) entspricht dann in dem Nachweise des lesen Inhalts very ‘insofern’, ‘in dieser Weise’ 417B. Die Wörter sind entweder, wie gesagt, von einem Element abge- leitet, dann heisst es, dass den Dingen ihre Benennung von etwas (dz) . gegeben wird (£movoudtsw, xeAsiv), vgl. 397 D: die ersten Hellenen ‘haben die Götter (soös) von dieser ihrer Eigenthümlichkeit des Laufens . (Sei») benannt’ (End tæútye tis yúosws vij; ro Ae Za sods airovc &orouucocr) ; 414 A ‘9jAv ‘das Weibliche’ scheint von 947) ‘der Brustwarze’ benannt zu sein’ (tò dè 954v and tis Iniis ti getvirou enwvoudote:); vgl. 406 A; 419 En wo zweimal novoudtew und einmal ze4siv (vn ðè dré tis T ws vis Az xexAmufrm foixsr); letzteres auch 408 B; 417 A. Acu- v ò Övoue dno 419 D; Zen tò övouæ no A19 E u.s.w. Die etwaige peser. welche in M dp. Wort eintritt, wird | e . vgl 398 D, wo das um Heros’ von Zou: ‘Liebe’, von Grieg es abgeleitet ist, | ist’ (guixoòðr neonyu£vor Sort), nämlich insofern es statt des lenis und ein cum dies des kurzen e * ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 257 hat (vgl. 400 C; 407 C; 416 B; 419 D); auch megexAívew (400 B; ‘um- ändern’ überhaupt 410 A). Die auf etymologischem Weg gewonnene un- geünderte Form würde eigentlich die richtige sein; so müsste usíg *Mo- nat, welches von weoücde: ‘abnehmen’ abgeleitet wird, eigentlich weing ‚heissen }). | Ist das Wort aus mehreren Elementen zusammengefügt, die keine wesentlich scheinende Veränderung erleiden, so wird es als ein fue ‘eine Aussage’, bezeichnet, d. i. eine Verbindung von Benennungen die eine gewisse Selbstständigkeit hat, vgl. 421 B, wo «@indsıe ‘Wahrheit’ als eine Verbindung von &4n Zeie ‘göttliches Umherschweifen’ gefasst wird?). Sind sie aber bei der Verbindung verändert, so sind sie zu- sammengefügt (ovveguolsw); vgl. 414 A. D wo O&44o blühen’, wegen des raschen und plötzlichen Wachsthums von jungen Wesen, von Zei ‘lau- fen’ und &44eodes: ‘springen’, abgeleitet wird 3. Am- häufigsten wird jedoch der Ausdruck ‘zusammenhämmern’ ovyxgorsiv gebraucht, vgl. z.B. 416 B, wo aioyoór “das Hássliche' aus dei Zero tòv óoùv (“immer den Fluss, die ewige Bewegung des Heraklit, hemmend’) erklärt und als aus 210700009 zu «ioyoov zusammengehümmert betrachtet wird^). — So et övoue@ ‘Name’ abgeleitet von ðv ‘seiend’, ô ‘das was’ und einer dritten Person Passivi von Ki ‘gesucht wird", gleichsam ein ganzer zusammen- 1) ó uiv veie dmÓ roU usododeı ein dv using dei wsxAquévoc. 2) *dÀj95c« gleicht ebenfalls den übrigen (d.h. den vorhergehenden, welche alle nach dem heraklitischen Princip der steten Bewegung (402 A, vgl. 416 A) er- , klürt sind); denn die góttliche Bewegung des Seienden scheint vermittelst — Aussage, däs, als ein göttliches Umherschweifen benannt zu sein’ (ý) È dlýðsiæ, zei Toöro voie &AÀoc Eoıxe [OvyxizoorjoOo: ist von Hermann mit vollem Recht als Interpolation bezeichnet; ich habe es daher auch un- übersetzt gelassen]* 4$ rag Fsiæ «oU övroç qood &owxs cmt TOU TO juau, vj Cinsi, ec Isla. odoe Ein). 3) -ei 9d Ae lien mv aŭgyv uor doxsi dnsizdtew TWV TÖV Vë, óu fpica. xai Ee? Tier: olóvnep on en TÒ Övouen, ge dad voi Óeiv xai &AÀsOOc: tÒ Övone. 4) «à dei ioyovu 1üv ÓoUv voro vobvoue dev Wee viv Samir eigypó» zaAovow. js Hist.- Philol. Classe. XII. * | Kk AT age TE TE E ga 3 > | THEODOR BENFEY, gehämmerter Satz!). Die volle unveründerte Gestalt dieser etymologi- schen Elemente, etwa wie sie in dAx9se erscheint, würde eigentlich die richtigste Form des so gebildeten Wortes sein, vgl. 409 B, wo oeÄnvn, mit der volleren Form esZeveíc, als eine Zusammenhämmerung von . o&las ‘Glanz’, &vov "alt, v£ov ‘neu’, det ‘immer’ betrachtet und gesagt wird, ‘dass sie am richtigsten oe4asvoveodsıe genannt werden würde, aber zusammengehämmert oeAavyef« genannt werde’ 2); vgl. 417 E, wo 6odorere uiv čv ein; 419 D, wo & dien. Vermittelst dieses etymologischen Verfahrens bringt Sokrates heraus, was der Sinn (der etymologische Werth) einer Benennung (eines Worts) sei, was es vosi; vgl. 397E; 402B; 407 E; 416 A5); was diejenigen, die diesen Namen gaben, dabei im Sinne hatten, sich dabei dachten, ebenfalls durch »osiv ausgedrückt (399 D; 401 D); durch dıevosiode: Jr welcher Meinung sie in Bezug auf einen zu benennenden Gegenstand bei der Benennung desselben folgten, 4ys709e:£5). Ferner: was das Wort vermittelst seines etymologischen Werths über seinen begrifflichen Inhalt aussagt, Ayet (398 D; 402C toŭtó ye ÖAlyov euro Akysı om u.s. w., 412 A ovunogsvscdheı yo Afysı u.s. ml: was die, welche diesen Namen gaben, damit über dessen begrifflichen Inhalt aussagen Aéysw 398 B. — Ferner, SH 421 A (voua) orze toivuv èx Adyov OvOucu Ovgxexgormueven, Atyovros dn toùt’ onv öv, oÙ wyyava Denn, tò Övoua- uüALov» dë dv avrò yvoíng èv d i . Aéyousv tò dvouacróv: dvreüder yàg goude Asyer voUto sivo, öv oð Age čov. E ön dè géie véov ve xoi Evov Zre de, GsAesvovsocsío uiv dixorótar čv zën EX xcÀo?ro, Ovyxsxgomusvov dë oskavaiæ xExiyraı. 3) e uiv wivuv aloygöv xoi dë xcwíÓgAóv uor paiveraı Z vost. ‘Was der Sinn von eigygóv ist, scheint mir schon ganz klar’. 4) 401 B ú oiv čv me pain dıevoovusvovy tòv dvoucoevıe 'Ecray óvopdco:; *Was dachte wohl der, welcher die Hestia (so) benannte, mit diesem Namen M "vgl. 407 B 5) 401D ‘Diejenigen, he es (das Seien statt ovoie) dote nannten, die glaub- ~ ten wohl, wie Heraclit, dass alle Dinge sich bewegen und nichts still stehe’, indem sie es von $e. ‘stossen’ ableiteten (dos d’ aŭ wolev, oxedov u aù xc “Hı Hodxherroy. er. Aree TG dy iÉvo. 18 máva soi wer ovöLr). ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 259 warum ein Gegenstand so genannt ist: övoudlsw, xcAsiv õu !); als was (seinem begrifflichen Inhalt gemäss seiend) er so genannt ist?); wovon er so genannt ist: &rwvoudoser dnó, d.h. von welcher etymologisch be- legten begrifflichen Auffassung aus); wonach: xexAjo9cı zar 404 B; in Bezug auf: xexAjodaı n96c*); wegen: dé 5); wodurch: im Dativ (420 B döge .... mj Obs. Enwvöucoreı). — Ferner zeigt der etymologische Werth des Namens, was der Gegenstand ist: sive: (398 C; 406 C; 407 D; 409 A. C; 411D Ñ qoórnor;* qogéc zg don zei oŭ vonoıs u. s. e 412 A; 413 A. E); was der Name sein will, d.h. durch seinen etymologischen Werth als Wesen des Gegenstandes angeben will: God Aen: sive) 414 A. B. In demselben Sinn erscheint häufiger Bov4sre: allein 401C; 402 C; 410B; 415 A. — Der Name giebt kraft seines etymologischen Werths das Wesen des Gegenstandes kund: Ar Zo? ô Bovisreı 417 B und die? allein 405 A: 411D (/ yooum ... Ömdoi yovis ozéyw xci væunow); 415 C; 417A. Der Name benennt (vermittelst seines etymologischen Werthes) eine Kraft, Eigenschaft (émovouete: dvvauıy) seines begrifflichen Inhalts 417 B, oder ist danach benannt 419 E; 420 A. — Der Name zeigt durch seinen etymologischen Werth an: uer, was sein begrifflicher Inhalt ist 404 D; 412 A; 412 E, oder der Namengeber zeigt es durch den des Namens an, umvösı 411 E. — Der Name bezeichnet (oder wohl nur: deutet an) durch seinen etymologischen Werth, was er sein will: onueiveı 0 Go Äerer (vgl. 1) vgl. 402 E ‘Der Name des Poseidon scheint mir von dem, welcher ihn zuerst ` so nannte, gegeben zu sein, weil’ dvouda3c .... õu; 410 B ó d de dao .... ën aigeı .... ang xéxÀgvon; d ën u.s.w. 2) 402 E wvoueoe Ilocsdóve ws nmocíósouov Öyre; vgl. 406 B Zoe dë does otopa wjv Os» (sc. "Aovepiv) éxcAscsv ó xaAÉécac- téza ð čv xoi dg wv doorov wmonodons tòv dvÓgóc v yvvouxi. 3) 404 B, ò "diógc .... mollov det and vov dedoie ênovoučop ær , aa o u&AÀov dnó voi ER: tÈ xcÀd dei sidévar, 406 A. * 4) 406 A Eoıxev (sc. Zä) op mooc «0 uù roy) roë yOovc dii? Ka TE soi Jeton Jdewp9w sesdëogäen, 5) 406 D "Agrems 08 tÒ Goreuic yalvaraı .... dia mv vic magOsvíec suplar. 406 C ’Aygodiem .... die viv èx vob doa yévscw. 406 D di? Ó zeiten "es. wegen er (der Name) beigelegt ist’; 420 B. ` Kk 2 p e ter RS Lage 260 THEODOR BENFEY, oben von Go Aere 410 B; sonst onueivsı allein mit dem was bezeichnet werden soll 412 B!); 413 E; 414B; 415 A. — Er ist ein Zeichen (eine - e Andeutung) von ... onusiov sive: 415 A, vgl. 427C. — Der Name ist (vermittelst seines etymologischen Werthes) eine Nachbildung seines be- grifflichen Inhalts: ansızalew 414 A (94220 ‘blühen’ bildet durch seine Zusammensetzung aus łéw ‘laufen’ und &440ouc: ‘springen’ einerseits die Raschheit, andrerseits die Plötzlichkeit des Wachsens nach); 419C (@y- 31505» ‘Kummer’ bildet durch seine Ableitung von &y9oc die Schwere einer Last nach), 419 D; 420 D.E ?). — Die Benennungen ahmen durch ihren etymologischen Werth den begrifflichen Inhalt nach: uusio9e 414 A. — Sie scheinen Abbilder von irgend etwas: gefuer ensızdsuere 420 C (Bovan von fo4j) — Sie gleichen: dos 419 C 3); 420 C nooo£oıze *). | Die gewissermassen technischen Ausdrücke, durch welche der be- grifliche Inhalt eines Wortes charakterisirt wird, von vosīy (‘der Sinn sein’) bis Zosen ‘gleichen’, treten ungefähr in der Folge ein, in welcher ich sie angeführt habe, so jedoch, dass die zuerst angeführten auch zwischen den später auftretenden gebraucht werden. Ob in Bezug auf alle eine gewisse Absichtlichkeit herrscht, wage ich nicht zu behaupten. Denn eine wesentlichere Differenz in der etymologischen Erklärung tritt nur bei dvveumw Enovoudlsw und ensızelsıv und den folgenden ein, indem dort der Name aus einer (gewissermassen charakteristischen) Eigenschaft, hier durch einen Vergleich erklärt wird. Doch lässt sich auf keinen ka copia qop&c Zctrregior ommwalve ‘Weisheit oopi« [abgeleitet von geste ‘sich . heftig bewegen’ und ézeg» ‘Betastung’] bezeichnet der Bewegung theilhaftig werden" eine der heraklitischen Etymologien. 2) wo Gvoyxotoy , erklärt aus gud dyxoc und iévos, ... dmsíxocto: = ser TÈ reg rogeig, oder wie es einige Zeilen weiter heisst, Zei är... vj dia om &yxovc dnexocO9iv roosie. Géing dè dmö tis £vÓVGswc tis Aurıns xexAmuévg čorzev ‘das Wort ddvvn Qual » tanzi iehen’ ee sieht aus als ob es von &vdvas is Avrıms es Schmerzes’ benannt wäre”. ung’ mit Lo ‘Bewegung’ etymologisch identificirt, olw . ve yogis di tò ngëypa s... ‚Önlodon moocíoxev ‘sieht aus als ob es eine E otii der Seele E3 dem Iram. kund gäbe’. Se ÜBER DIE AUFGABE DES PLATÓNISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 261 Fall verkennen, dass in den zuerst gebrauchten vosiv, Nysiodaı, Akysır, Ovoudlsw, zuleiv, elvaı, Bovisodeı, ÓmAoUr eine grössere (in ever sogar eine viel grössere) Identification des begrifflichen Inhalts mit dem ety- mologischen Werth ausgedrückt wird, als in den folgenden, insbesondre in unvvew, onueivew, onusiov zuer, oder gar dnsızdlew, wueio$er, čoizev. Der Grund der Stellung der zweiten Reihe, nämlich, dass sie nicht die erste bildet, giebt sich in der unmittelbar anschliessenden zweiten Unterabtheilung dieses Abschnitts zu erkennen, und ist wieder ein Beispiel der sorgsamen Gliederung, welche in diesem Dialog herrscht. — Die daselbst zu gebende Erklärung der Richtigkeit in den Urwörtern (den unabgeleiteten) beruht nämlich wesentlich darauf, dass die Wörter eine Nachahmung ihres begrifflichen Inhalts sind, daher die letzten Bezeichnungen der etymologischen Richtigkeit durch onusiov svær, on- ueivew, dnsızdlew, wusio9eı den Uebergang dazu bilden. Auf ähnliche Weise erklärt sich wohl auch die Stellung der ersten Reihe aus dem ihr vorhergehenden Abschnitt. Hier war behauptet, dass die Wörter, um richtig zu sein, das Wesen ihres begrifflichen Inhalts enthalten müs- sen. Daran schliessen sich natürlich die Bezeichnungen am besten, in welchen der etymologische Werth der Wórter mit dem begrifflichen iden- tificirt wird. Wenn die Benennung in der an den angeführten Beispielen auf- gewiesenen Art vermittelst ihres etymologischen Werths mit ihrem be- grifüichen Inhalt übereinstimmt, so heisst es von ihr: sie ist- richtig: õpJðs Zem 415 A; Zeile ze ieioäer 398 C; 401C; 404 D; 405 C; 410€; 412 D; deih óvouctsc9e: 399 €; püs redivar A06 E; OpOórcre za- Asio9ei 405 C; dızeiws xeAsio9e 409 B; schön: zeiwc &eiw 400 A; 401D; diir zeichen 404 E; wahr: d4n9os óvoudtso9e: 400 B; hat guten Grund: ys: Aóyov 401 C; hat Angemessenheit: e tò sixóc 408 B; vgl. 410 C; sixótws zeioden 409 E; vgl. sixóvog tvygdvav 399 D. Uebersehen wir die Etymologien im Ganzen, so tritt uns sogleich entgegen, dass einige derselben unzweifelhaft sicher sind, wie z. B. die von Hiogeon 403 A und wvy5 399 D; andre sind der Art, dass sie dem - Verfasser dieses Dialogs für sicher oder wenigstens mehr oder minder Wagen’) der Name des Erfinders. Ueberhaupt wird Niemanden ent- 262 THEODOR®BENFEY, wahrscheinlich gelten konnten, wie etwa eoi 397 C, deiuwv 397 P. gue 400 B, "Anó44ov 404 E. | Beachten wir nun, dass in dem vorigen Abschnitt von Sokrates dialektisch erwiesen ist, dass eine Sprache, um richtig zu sein, eine natürliche Richtigkeit haben müsse, in diesem aber erläutert werden soll, welcher Art diese natürliche Richtigkeit sei, so dürfen wir die sichern und wahrscheinlichen Etymologien aus der wirklichen Sprache einerseits als ein Mittel betrachten, Sokrates Ansicht über das, worin diese Rich- tigkeit bestehe, zu verdeutlichen, verständlich zu machen, andrerseits aber auch sie als eine im Allgemeinen richtige zu belegen. Wir kón- nen also sagen, dass Sokrates die volle Ueberzeugung hegt, dass in einer Sprache, wenn sie eine richtige sein will, die Wörter durch ihren etymologischen Werth ihren begrifllichen kund geben müssen; dass es ihm also mit dieser Ansicht, welche diesen ganzen Abschnitt in der ent- schiedensten Weise durchdringt, vollster Ernst ist. Und dafür spricht auch die wesentliche Richtigkeit derselben, die jeder implicite anerkennt, der auch nur ein einziges Wort etymologisch erklärt. Natürlich ist das Verhältniss zwischen Wort und Ding nicht, wie hier geschieht, so eng zu beschränken, dass das Wort durch seinen etymologischen Werth nothwendig die Idee oder die Beschaffenheit der durch dasselbe bezeich- neten Sache kund thun müsse, sondern anzuerkennen, dass die Sprache in der Bedingtheit der Wörter durch ihren begrifflichen Inhalt sich auf nichts weniger als enge Grünzen beschrünke, dass ihr die naturgemässe Verbindung von Wort und Sache schon hinlünglich bestimmt zu sein | scheine, wenn ein charakteristisches Merkmal in der Benennung hervor- tritt, z. B. bei ‘Hase’ (etymologisch: der 'Springende') seine Sprung- fertigkeit, in der Draisine (eigentlich ‘der vom Hrn von Drais erfundene TEMMUN: UH s, an die TRIERER eines Medien ES Ding "Wort. anstreife, d areh | welche letzteres, die lautliche Bezeichnung ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 263 des Natur- und Geistes-Lebens, erst ermöglicht wird, dennoch der Hauptmangel desselben eben darin liegt, ‘dass dieses Bindeglied — die Vorstellung von den Dingen und ihre sprachliche Besonderheit, der ei- gentliche Kern der Sprachentwicklung — nicht hinlänglich zum Bewusst- sein gebracht ist, sondern das Verhältniss zwischen Ding und Wort noch zu sehr als ein unmittelbares gefasst ist. Doch wir wollen keine Kritik dieses Dialogs geben, sondern kehren zu unsrer Aufgabe zurück. Sind auch einige der in diesem Abschnitt gegebnen Etymologien sicher oder als sicher hingestellt, so ist deren Zahl doch auf jeden Fall eine sehr geringe. Die ganze Art der Behandlung ist vielmehr so, dass man deutlich erkennt, dass der Verfasser selbst die grössre Anzahl nicht bloss als unsicher, sondern zum Theil auch als thöricht, verkehrt, lücherlich hinstellt. Zunächst ist zu beachten, dass viele durch die Worte gyewere:, doxei, oixe ‘scheint’, mögen diese auch bisweilen nur als höfliche, be- scheidene Redeweisen zu fassen sein, doch auf jeden Fall zu hypotheti- schen werden, auf keinen Fall diejenige Gewissheit erlangen, welche nóthig würe, wenn nachgewiesen werden sollte, dass das aufgestellte Princip der Richtigkeit auch durchweg oder wenigstens in umfassender . Weise in der wirklichen Sprache herrsche. Man vergleiche z. B. yaivorzei bei der Etymologie von Jeoi 397 C; 413 D bei der von óíxe:ov, die ent- schieden zu den scherzhaft gemeinten gehört; 414 A; £oixe 419 D; 420 B u. sonst. Aehnlich ist es zu fassen, wenn Sokrates sagt, dass er gar nichts wisse 401 D, wenn eine Etymologie als dunkel und fremdartig bezeichnet wird 412 B. E Schlagender tritt die Absicht, die Etymologien als unsichre — also auch das Princip, welches sie in der wirklichen Sprache nachweisen sollen, als ein in dieser nicht mit Sicherheit nachweisbares — hinzu- stellen, darin hervor, dass in mehreren Fällen von einem Worte mehrere gleich berechtigte, oder gleich unberechtigte, Etymologien gegeben wer- den, vgl. 401C, 407 B. C; 409A; 410B; 411D; 415 D; 420B. Um der Gefahr zu entgehen, gleich berechtigte Etymologien zu häufen, fordert . Sokrates 407 D den Hermogenes auf, gleich nach andern Wörtern zu fragen. 264 THEODOR BENFEY, Er erkennt ferner ausdrücklich selbst an, dass die ursprüngliche Gestalt der Benennungen durch das Streben, sie, ohne Rücksicht auf Richtigkeit (d. h. ohne Berücksichtigung der Gefahr, dass durch derartige Veründerungen ihr etymologischer Werth und damit also auch ihre Rich- ‚tigkeit unkenntlich gemacht wird) mundgerecht zu machen (vgl. 404 D; 414 C), so entstellt sei, ‘dass auch nicht ein Mensch einzusehen ver- möge, was in aller Welt der Name will’!), d. h. welchen etymologischen Werth er hat, also auch in wiefern er dem aufgestellten Princip gemäss . richtig ist oder nicht. Man vergleiche auch 418 A, wo es heisst, “dass durch Einschiebung und Ausstossung von Buchstaben der (ursprüngliche etymologische) Sinn so sehr verändert werde, dass, wenn man nur ein ganz klein wenig daran drehe, sie bisweilen das Entgegengesetzte (von dem, was sie ursprünglich durch ihren etymologischen Werth ausdrück- ten) bezeichnen’ ?); vgl. auch 414C d uexégie u.s.w.; 418D viv Ai u.s.w. Nach 421D ist die alte Gestalt der Wörter in Folge der allsei- tigen Umwandlungen so verändert, dass sie sich von (fremden) barbari- schen, deren Etymologie, wie 409E richtig anerkannt wird, im Grie- chischen gar nicht zu suchen ist, nicht mehr unterscheiden lassen. Die Etymologien, welche Sokrates giebt, d. h. das Mittel, durch welches er die Richtigkeit der Wörter der wirklichen ‚Sprache aufzuweisen . sucht,. strotzen von den kühnsten Einschiebungen, Auslassungen und Veränderungen von Lauten und Sylben (als Beispiele kann man , mit einigen Ausnahmen, fast alle Etymologien ansehen, man vgl jedoch insbesondre 399 A, 402 E, 404 D, 419 E, 417 B; als Grund dieser Veründerungen wird gewóhnlich das Streben nach Euphonie angegeben, vgl. z. B. noch 407 C, 408 B, 409 C). Dieses Verfahren wird aber von Sokrates ‚selbst als eines, womit man alles — also nichts — beweisen .- könne, verdammt : 414 D ‘Wenn man aber erlaubt, was man will in v iva dvOgwiztwv cvvsivcu à i note Bovksını tò Óvoua. pero xci éEoagoUvrec opodger diioofo, tès «d» rouden | GpuxoG návv nagaorpeyorızs viote tåvaváæ moisiv on- S e EE AE A e a ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 265 die Würter einzuschieben und aus ihnen auszustossen, dann ergiebt sich grosse Leichtigkeit und man kann jedes Wort mit jeder Sache in Ein- klang bringen'!. Damit erklärt also Sokrates selbst fast alle seine Etymologien für völlig ungewiss, somit also auch den Versuch sein Princip der Richtigkeit in der wirklichen Sprache auf diese Weise auf- zuweisen für verfehlt. Dass diese Etymologien weit entfernt sein sollen für gewiss zu gel- ten — also die geforderte Richtigkeit in der wirklichen Sprache nach- zuweisen — ergiebt sich zu allem Ueberfluss endlich daraus, dass in dem dritten Abschnitt dieses Dialogs 436 E ff. ein Hauptgrundsatz , wel- cher bei einer verhältnissmässig beträchtlichen Anzahl derselben mass- gebend war, nämlich die Annahme, dass, dem heraklitischen Princip gemäss (402 A), die Benennungen das Wesen (der Dinge) so bezeichnen, ‘als ob alles ginge, bewegt würde und flósse', d.i. in ewigem Fluss sei ?), bekämpft und an einzelnen Beispielen (&ucráug im Gegensatz zu 412 A; ffov ‘das Feste’, iorogie Erkundung, zuoröv das Zuverlässige, uvyun Gedächtniss) nachgewiesen wird, dass eine etymologische Erklä- rung von dem entgegengesetzten Standpunkt eben so berechtigt gei ; vgl. 437C: ‘Ich glaube aber, dass, wenn man es darauf anlegt, man noch viele andre (Benennungen) finden kann, welche einen zu dem entgegen- gesetzten Glauben berechtigen kónnten, dass der, welcher die Benen- nungen aufstellte, die Dinge weder als gehende noch bewegte, sondern als bleibende bezeichne' 5). Damit fällt aber von den oben angeführten Etymologien wiederum eine grosse Anzahl in das Meer der Ungewissheit, und wird daraus 1) Ei d'et ug dien xci ivn9Sírvo: xoi ëëorgefy are’ dv BovAmqwo us sig tè dré uci Tt0ÀÀj sünopía Zoe sei näv dv mavií us üvoue NIC YURU 7E000RR- uoosıEv. . 2) 436E ee ro? navrög ióvrog te xoi qégouévov xci óéovvoc paæuèv cquaivew Thy ovoía». 3) Oiue dë sei Eile nóÀÀ' &v mg soo, si moæyuatsvoito, 2E dy Stäck dp cv nw 10» TÈ Övonere mÓusvov or lóvræ ogdi Wee diià uEvovre tà tout Onuaivar. Hist.- Philol. Classe. XII. Ts Li 266 THEODOR BENFEY, durch das halbe Zugeständniss 439 C — wonach die Namengeber dem Sokrates selbst dem heraklitischen Princip bei der Beilegung der Namen gefolgt zu sein scheinen (gefrorre: yàp Zuorys xoi croi otro OievonO var) — um so weniger gerettet, da am Schluss die ganze Erklärung der Wörter aus dem heraklitischen Princip in Bausch und Bogen verdammt wird m Wollte man sich die — in der That überflüssige — Mühe geben, die Andeutungen zusammenzustellen, welche auch in Bezug auf mehrere der noch übrigen ihre Ungewissheit ausdrücken, so würden mit Aus- nahme der beiden richtigen — MAovrwy und wu? — wohl nur sehr wenige zurückbleiben, von denen sich mit Sicherheit annehmen liesse, dass der Verfasser dieses Dialogs sie auch nur als sehr wahrscheinliche hinstelle. Das vollstàndige Bewusstsein dieser Unsicherheit und die Absicht auch den Leser nicht in Ungewissheit darüber zu lassen, ergiebt sich ferner auch daraus, dass der sonst so glüubig hingestellte Hermogenes bisweilen seine Bedenken zu erkennen giebt, z. B. 414 C, wo er eine etymologische Erklärung als ‘sehr schwach’ bezeichnet (ud4« ye yAloyows) und sich über sie lustig macht, vgl. 417 E; 409 C. Endlich aber auch aus dem, wie schon angedeutet, scherzhaften, spottenden, hóhnenden Charakter dieser Abtheilung. In unsrer Zeit, wo sich der Gegensatz von Wissen und Glauben auch in Bezug auf Etymologie geltend gemacht hat, wo sich die Etymo- logien in zwei grosse Klassen scheiden, deren eine die (vermittelst der Sprachenvergleichung , der Identitit des Differenten in Sprachstümmen, und vermittelst massenhafter Analogien in den Einzelsprachen) wissen- schaftlieh beweisbaren umfasst, die andre die mehr oder minder wahr- scheinlichen, hat der Spott, dessen Hauptziel die Etymologie vormals war, nach und nach beschämt sich immer mehr zurückgezogen und, wissenschaftliche Bestrebung je zu hoch geachtet werden och nicht verdienten, fast zu hohen Würdigung Raum ... OÙ por qeíveres tadre Zug Övre ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 267 gemacht. So lange sich die Etymologie aber einzig auf dem Gebiet der Wahrscheinlichkeit , oder vielmehr dem der Unwahrscheinlichkeit, Will- kühr, Thorheit, ja des baaren Unsinns bewegte, die Momente, auf welche sich die eine Art der beweisbaren Etymologien begründen liess, entweder ganz übersah, oder so gut wie gar nicht zu verwenden wusste, war dieser Spott wohlverdient, ja selbst diesen Bestrebungen von Nutzen, indem er als ein Ferment diente, welches den sprachforschenden Geist nicht zur Ruhe kommen liess, ihn aufzustacheln und immer rege zu erhalten wusste. Wie muss es nun mit der Etymologie zu der Zeit bestellt gewesen sein, welcher dieser Dialog entsprang, einer Zeit, wo man, wie aus ihm hervorgeht, auch nicht die entfernteste Ahnung von grammatischer Analyse hatte, der Methode, durch welche es allein móglich ist, zu einer wissbaren Etymologie zu gelangen? Denn so wenig die Wörter der griechischen Sprache in der Weise zusammengehümmert sind (cvyzgo- rei), wie in den sokratischen Etymologien angenommen wird, eben so wenig konnte man zu einer richtigen etymologischen Deutung durch die Art gelangen, wie sie hier, anstatt ihr Gefüge zu suchen, ihre Glieder zu finden und so eine naturgemässe Sektion zu ermöglichen, auseinander- gehümmert werden (dıe@zooreiv, 421 C). Wie in der Folgezeit, waren auch diesen im Dunkeln tappenden ` Anfüngen die Pfeile des Spottes nicht erspart (z. B. bei Aristophanes, ` vgl. auch 406 D); diesen zu reizen, hätte es eigentlich nicht einmal der lücherlichen Resultate bedurft. zu denen man gelangte — wie eben unser Dialog zeigt —; schon das Beginnen, sich ohne jegliches Steuer im schwächst gebauten Boote auf das gewaltige Meer des unergründlichen Sprachgewoges zu wagen, hätte bei jedem Vernünftigen Scherz, d'et und Hohn hervorrufen müssen. Wenn die Etymologen diese Kehrseite ihrer EE i sonst andern unbetheiligien zu überlassen pflegen, sie höchstens einer gegen den andern wenden, so hat der grosse Meister, dem wir diesen Dialog verdanken, seinen Etymologen selbst damit ausgestattet. Scherz, Spott und Hohn herrscht in diesem ganzen Abschnitt so sehr vor, dass man L12 268 THEODOR BENFEY. in Gefahr gerüth, auch das zu übersehen, was ernsthaft gemeint ist. Doch erkennt man, dass sie einzig an die Etymologien selbst gebunden sind, nicht an den Gedanken, den sie 'verdeutlichen sollen; also insofern nur dazu dienen, die Ungewissheit von jenen und somit die Unmöglich- keit, die theoretisch geforderte Richtigkeit der Wörter in der wirklichen Sprache nachzuweisen. nur noch greller hervorleuchten zu lassen. Dieser scherzhafte, spöttische Charakter ist den Etymologien schon dadurch aufgedrückt, dass sie in der schon angeführten Stelle 396 D als Folge einer Unterhaltung mit dem ` wunderlichen Enthusiasten , oder vielmehr Fanatiker Euthyphron dargestellt werden; sie geben sich dadurch gewissermassen als Folgen eines etymologischen Rausches zu erkennen, eines anständigen nüchternen Menschen so unwürdig, dass er sich davon, wie von einem sündigen Beginnen, reinigen lassen muss. Er tritt aber auch in vielen Einzelheiten hervor, von denen ich: nur einige erwäh- nen will. So ist es unverkennbarer Scherz und Spott, wenn Sokrates 398 E. 399 A die Finessen rühmt, die er im Kopf hat, und fürchtet, dass, wenn er sich nicht in Acht nehme, er heute noch weiser werde, als ‚sich geziemt 1); ferner S. 399 D, wo er eine — und zwar die richtige — | Etymologie als extemporisirt bezeichnet (Os uiv roírvvv èx toù 7t Qa oT uc A£yew), dann aber eine andre ganz wahnsinnige an deren Stelle setzt, in der Hoffnung, dass sie Euthyphron und seinen Genossen besser zu- sagen werde, sie von Hermogenes als kunstgerechter (reyyix o) rSgor) loben - lässt und selbst in die Worte ausbricht: “Es ist wahrhaftig rein zum Lachen, wie wahr (d. h. wie sehr durch seinen etymologischen Werth mit dem Wesen des begrifflichen Inhalts übereinstimmend) der Name ist, der (ihr, nämlich der Seele) beigelegt ward’ 2. Die Etymologien im ‚Sinne der heraklitischen Philosophie, welche ganz vorzugsweise verhóhnt werden, werden zuerst 401 E mit den Worten eingeführt: ‘ein ganzer - : Weisheitsschwarm schwirrt mir im Kopf’ (&vevönzd u Guijvog ooptes), i 1) ws xci vi)» ré i yalvopaı zoppäc Evvevonzsvaı, xci xıvdvvsvoo, Zi un 4 | Sefwucs, ču vým dé Goyasregos toù Ö£ovrog yer&oden. Em yelotov pe veier de ZUR dvonalousvov dc Geéig, 400B. SE ren; ein de E P , : ’ ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 269 und 402A: ‘Es klingt zwar ganz lächerlich, doch glaube ich, es ist etwas daran’ (ysAoiov uiv návv sinsiv , gier ué£rtot và suOavórgws Éyov). S. 409 C wird die schon erwühnte Form, welche Sokrates als die ur- sprüngliche für den Namen des Mondes herausgebracht hat: os4ae-svo- eg ge eine dithyrambenartige (di9vomufWóósg) genannt. S. 418 A schiebt Sokrates die Verantwortlichkeit für diese von ihm aufgestellten Wortungethüme von sich ab auf die Wortbildner. Spott ist es natürlich auch, wenn 398 D die etymologische Basis eines Wortes in diesem ein wenig geündert sein soll, damit der etymologische Werth rüthselhaft (eiviyueros Fo), oder, wie es 402 C. 404 € heisst, versteckt, verhüllt sei (xexovuuévov, Emzovntoöusvos). Auch die etymologische Panacee, diese Hülfe aus allen Nóthen: ein Wort, welches allen etymologischen Hebeln trotzen will, für fremd, barbarisch (entlehnt) zu erklüren, ist, wenn gleich sie auf Ernst ruht und in vielen Füllen mit Recht angewendet wird, von Sokrates nur zu Scherz und Spott gebraucht; man vergleiche z.B. 409D ‘Schau her, was ich für ein Mittel bei allem derartigen an- wende, wo ich mir nicht zu helfen weiss'!); ferner 416 A in Bezug auf xexóv ‘das Schlechte’: ‘beim Zeus! diess scheint mir wunderlich und schwer zu erklären. Ich wende also auch hier jenes Hülfsmittel an. Herm. Welches meinst du? Sokr. Zu sagen, dass es ebenfalls etwas von den Barbaren stammendes sei'2); vgl. auch 417 D; 421 D und 419C, an welcher letzten Stelle er sich dieser Panacee recht ohne Noth bedient, also sicherlich nur, um diess von andern wohl recht oft angewandte Verfahren zu bespotten; er holt sie nämlich für dáyyðwv herbei, obgleich er dieses von d4yswog ableitet, also nur über dessen dos in Zweifel sein dürfte, welches ihm aber in dem sogleich folgenden &yIndu» zu keiner derartigen Bemerkung Veranlassung giebt, überhaupt keine Sorge macht. Scherz ist es Fahre auch, wenn Sokrates 411 A seine. etymologi- 1) ox&ıyor o)v Zu sicdyo umyovirv émi navre và made, È dv dmogé. 2) "Aronov u vn Mi Suoiys doset xai yoÀsnov EvufcAsiv: enaya or xci TOTO ixsívqv zët ungavıv. '"Éouoy. Hoíav wi; ZIwxo. Tj wi Baopßagızov c xoi todo qvo: eva. | doppelgestal 270 THEODOR BENFEY, schen Arbeiten gewissermassen mit denen des Herkules vergleicht, *doch da ich einmal die Lówenhaut umgehüngt habe, darf ich mich nicht feige zurückziehen !); vgl. auch 410 E u. a. Der meiste Scherz, Spott und Hohn liegt in den Etymologien selbst. Wer sie durchgeht, wird sich mit Leichtigkeit davon überzeugen. Ich hebe nur ‚einige Beispiele hervor. So ist es natürlich Spott, wenn schon 398 E die Heroen vermittelst der Etymologie zu einer Art Sophisten oder Rhetoren gemacht werden, diesen Hauptstichblättern des platoni- schen ‚Spotts und Hohns; wenn 400C zur Erhärtung der Ableitung des Namens der Hee von dro, worin der Anlaut œ an das Ende gesetzt sei, empfohlen wird, jo@ mehremal hintereinander zu sprechen, wo sich dann vermittelst 59-e-59-«-5o gleich die ergeben werde; wenn 408 A der als Namenbildner aufgestellte Gesetzgeber (vouoOérnc) gewissermassen den Namen Eipéugc (angebliche Urform von Hermes) den Menschen an- befiehlt;' wenn 402 E die Möglichkeit aufgestellt wird, dass Moosıdav für ursprüngliches noofdsouos oder gar noAAideouos stehe. Man vergleiche auch die dialektische oder vielmehr sophistische Entwicklung der Etymo- logie von xe4ór ‘das Schöne”. Endlich kann ich mich nicht enthalten, als eines der interessantesten Beispiele die bis zur Tollheit übermüthige Deutung des Hex anzuführen (408 B ff) Hier heisst es: ‘Auch dass Pan der doppelgestaltige Sohn des Hermes sei, ist ganz angemessen ... Du weisst doch, dass die Rede (Hermes war dicht vorher, von eiosıy und éco abgeleitet, als ‘Erfinder des Redens' gedeutet) das All (na) bezeichnet und im Kreise herumdreht und immer bewegt und doppelter Art ist, wahr und lügenhaft... So ist denn das Wahre derselben glatt ` und göttlich und wohnt oben unter den Göttern, die Lüge aber unten unter dem. grossen Haufen der Menschen und ist rauh und böckisch. . Mit Recht ist also der alles (na) anzeigende und stets in Bere seiende (de oA) en (einoAos aus dei ztoAdw) Pan (— név) der | ige Sohn des Hermes, oben glatt, unten aber rauh und an ist ja, wenn er Hermes Sohn ist, wie sich von Br Sn bockgestaltig Er Spec dé èrmedýnsg v» heo ine, > anodsılıarkoy. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 271 versteht, die Rede oder der Bruder der Rede; dass aber ein Bruder dem Bruder ähnlich ist, ist nicht zu verwundern’ }). Ehe ich zur Bestimmung des Zwecks dieser Abtheilung übergehe, hebe ich noch eine Thatsache hervor. Es ist schon von früheren Erklärern bemerkt, dass einige der aufgestellten Etymologien nicht von dem Verfasser dieses Dialogs herrühren, sondern andersher entlehnt sind (vgl. die Müller- sche Uebersetzung von Platons Werken II, 658 Anm. 14); in Bezug auf Dionysos und Aphrodite wird diess 406 B ausdrücklich bemerkt; auch 413D, wo Hermogenes sagt: 'diess, o Sokrates! scheinst du mir von Jemand gehört zu haben und nicht aus dem Stegreif vorzubringen’2), scheint anzu- deuten, dass die lange Exposition über deer sich an etwas fremdes anlehnt; und die unmittelbar folgenden Worte (Sokr. Aber das andre? Herm. Das nicht. Sokr. So hóre denn: vielleicht gelingt es mir auch bei dem noch übrigen dich zu tüuschen, als ob ich aus meinem Kopfe spräche’) 5) sollen den Verdacht erregen, dass auch manches andre von andern entlehnt sei Wir können natürlich aus diesen wenigen Daten nicht schliessen, dass alle oder auch nur sehr viele der hier aufgestellten Etymologien von andern entlehnt sein, aber sicherlich dürfen wir an- nehmen, dass es mit mehren von ihnen der Fall sein wird, als sich speciell nachweisen lässt, und dass die vom Verfasser des Dialogs selbst erfun- denen — trotz alles Hohns und Spotts, mit welchen viele dargelegt werden —, ganz im Geiste der bekümpften, oder erwähnten Richtungen, der Erklürer des Homer und andrer Dichter, des theosophischen Euthy- 1) Kai tó ys rv Häva gin 'EguoU sivo. vióv Óiqu ër tò sixóc.... Olo9a im 6 Àdyog tÒ näv omueiva soi siet xai molet dei, xci don dinloöc, alnduns ve xai WevÓrc.... O)xovv rò uiv dinäëe avrov Jeton xci Jeiov xai dvo oixoUv èv toic Jeoig, 10 dë weÜüdog wn èv voi; moAkois vv dvOgemer xci Tgayd xai toæyıxóv .... OgIus doe A müv umviwv xoi dei moAdw Dén einoAoc sim, ipus 'Eouo? vide, vd uiv duer Asoc, tà dë xdwwsv rgcy)c xai zgayosıdijs. xci cuv Zeg Àóyoc Ñ Aóyov side A Hein. sinso "Eguov viog suv. ipM dë &owxívas GOsÀqüv ovdèv Iavuaoıdv. 2) Deivs uor, Dy EIwxoaætes, eve uiv dxpxoévos TOV xci OUX avroogsdıaleıv. » 3) Ti dë tlla; Egu. Ov wën, Zwxg. “dzove dr. iow; ydo Gv» 08 xci to me eSanaemoamı, Gc 00x dxmxooig AÉyo. 272 "THEODOR BENFEY, phron und der Herakliteer erdichtet sind. Man wende dagegen nicht den Unsinn ein, der den grössten Theil kennzeichnet. Es giebt kein Feld menschlicher Geistesthätigkeit, welches so vielen und so grossen Unsinn hervorgebracht hätte — und leider selbst heutiges Tages, wo ein Hauptgebiet desselben sich sogar wirklich wissenschaftlicher Grundlagen erfreut, noch hervorbringt — als das der Etymologie. Wenden wir uns nun zu der Frage, was der Zweck dieser TER lung sei, so haben wir ins Gedächtniss zurückzurufen, dass sie sich zunächst nur an Hermogenes Forderung. schliesst: anzugeben, 'worin nach Sokrates Ansicht die natürliche Richtigkeit der Wörter bestehe (391 A. B. Dieses kann nur durch Beispiele verdeutlicht werden, die der wirklichen Sprache entnommen werden. Am besten freilich dienen ` solche dazu, deren Etymologie sicher ist, indem diese zugleich geeignet sind, auch wenigstens in einem gewissen Umfang, diese Ansicht zu begrün- den, als eine sich durch die wirkliche Sprache bestütigende hinzustellen. Will man z. B. die Ansicht ausführen, dass Zahlwórter dadurch entstan- den sind, dass man einer Zahl den Namen desjenigen Gegenstandes gab, an welchem sie vorzugsweise erscheint, so wird man matürlich am besten thun, Beispiele zu wühlen, in denen die Etymologie diese Ansicht nicht bloss verdeutlicht, sondern auch bestätigt, z. B. aus mehreren Sprachen des malayischen Stammes, wo das Zahlwort für fünf mit dem Namen der Hand identisch ist 1), aus der der Abiponen, wo das Zahlwort für vier Straussenzehen bedeutet), weil die Strausse in Paraguay vier Zehen am Fusse haben. å i Ebenso. können wir sagen, dienen auch im Kratylos diejenigen ologien, welche richtig sind. oder dem Verfasser richtig oder sehr ei n ich schienen, nicht bloss zur Verdeutlichung, sondern auch ig dieser Ansicht. pot nun die Menge von "— hóchst „vgl. 2) Pott & & O0. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 273 . unglaublichen, verkehrten, kurz zum Scherz, Spott und Hohn hinge- stellten ? Kommt es allein auf erden einer Ansicht an, so können unsichre und selbst falsche Beispiele eben so gut dazu dienen, wie sichre und richtige, sobald man sie der zu beweisenden Ansicht gemäss auffasst. Wir würden derartige Auffassungen natürlich als Voraussetzun- gen bezeichnen. Wenn ich z. B. die oben für die Ansicht über die Zahlwörter angeführten richtigen Beispiele nicht gleich zur Hand hätte, so könnte ich meine Ansicht eben so gut an dem ersten besten Beispiel klar machen, sobald ich bei ihm eine zu dieser Anschauung passende Etymologie voraussetze. Ich könnte z. B. sagen, gesetzt, das sanskriti- sche Zahlwort panchan ‘fünf’ wäre von páni ‘Hand’ abgeleitet, so würde . die Zahl fünf danach bezeichnet sein, dass an der Hand fünf F inger sind. Ich kónnte in der Weise natürlich eine Menge Beispiele bilden; ich könnte z. B. sagen: ‘gesetzt das sanskritische Zahlwort für ‘drei’ tri bedeutete eigentlich *Klee', so würde die Zahl ‘drei’ danach benannt sein, dass am Blattstiel des Klees fast ausnahmslos nur je drei Blättchen erscheinen. Ich könnte derartige Beispiele allein häufen, oder könnte sie auf einige sichre in grösserer oder geringerer Anzahl folgen lassen. Zur Verdeutlichung meiner Ansicht würden sie allsammt dienen, aber mit der Häufung derselben würde sich eine immer grössere Divergenz zwi- schen dem Zweck und den dazu verwandten Mitteln ergeben. In dem- selben Verháltniss, in welchem ich die Zahl falscher oder unsichrer Etymologien vermehrte, würde sich der Glaube an die Richtigkeit der veranschaulichten Ansicht verringern. Der Zuhörer würde mir bald zu- rufen: deine Ansicht verstehe ich schon lange, aber je mehr mit Voraus- setzungen begleitete unsichre Beispiele du vorlegst, desto wahrscheinlicher ` wird mir, dass sie zwar wohl in einem oder dem andern Fall richtig sein möge, im Allgemeinen aber überaus fraglich sei. Ich würde also, wenn mir mehr an meiner Ansicht, als an ihrer Wahrheit gelegen wäre, vielleicht besser gethan haben, mich auf ein Paar richtige Beispiele zu beschrünken. Vielleicht hätten sie dem Hörer nicht nur meine Ansicht verdeutlicht, sondern ihn auch überredet, an die Richtigkeit derselben zu glauben. Hist.- Philol. Classe. XII. | Mom 274 THEODOR BENFEY, Derselbe Erfolg tritt natürlich auch dann und selbst in einem noch. höheren Grad ein, wenn, wie im Kratylos, ohne Hinzufügung eines derartigen ‘vorausgesetzt’ eine nicht unbeträchtliche Anzahl falscher, verkehrter und lächerlicher Etymologien zur Veranschaulichung einer Ansicht beigebracht wird. So muss sich denn hier jeder Hörer und Leser schon während des Fortgangs der Erörterungen sagen: was für Forderungen Sokrates an die Wörter einer Sprache stellt, damit sie natürliche Richtigkeit haben, verstehe ich längst; dass diese aber in der wirklichen Sprache erfüllt seien, wird mir mit jeder neuen derartigen Etymologie immer bedenklicher. Wenn nun aber derartige Etymologien, wie hier, mit vollem Be- wusstsein absichtlich gewählt und gehäuft werden, wenn sich Scherz, Spott, Ironie, Hohn und Persiflage — wie keinem der neueren Erklärer entgangen ist — in ihnen immer mehr steigern, dann muss der Hörer oder Leser zur Erkenntniss gelangen, dass diese Auffassung nicht von ihm selbst ausgeht, sondern dass es in der Absicht des Verfassers lag, sie in ihm hervorzurufen, grade diesen Eindruck auf ihn zu ma- chen. mit andern Worten, dass er mit Bestimmtheit andeuten wollte, dass die Erfüllung der von Sokrates gestellten Forderungen, so richtig diese auch sind, in der wirklichen Sprache nicht nachweisbar sei. Der nächste Zweck dieser Abtheilung ist also, zu zeigen: so müss- ten die Wórter einer Sprache beschaffen sein, wenn sie natürliche Rich- tigkeit haben sollen, dass sie es aber in der wirklichen Sprache sind. ish nicht nachzuweisen; damit ist denn eine Andeutung gegeben, dass An letzterer vielleicht gar nicht, oder nur in einem beschränkten auf keinen Fall durchweg existire. t Terg und Mangel derselben in der Sprache in ein $ Verhältniss, als in der Kratylos’schen Auffassung. Trotz Allgemeine die Richtigkeit der Wörter der wirklichen ügenthümlichkeit derselben von dem Hörer in dem- 2 inde 1 zu werden, welchen der Sprechende damit ver- bat Kratylos, um seine Erklärung dieser Rich- ee der Wörter zu retten, nur den ` ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 275 Theil derselben für wirkliche Wörter gelten lassen; welche sich als so entstanden nachweisen lassen, allen andern dagegen den ‘Charakter ‘Wörter’ zu sein abgesprochen, so dass also nach ihm die wirkliche Sprache Lautcomplexe enthält, welche der Idee einer Benennung ent- sprechen, und andre, welche, obgleich eben so gebraucht, damit im Widerspruch stehen. Bei Sokrates dagegen, welcher ebenfalls für eine wahrhaftige Richtigkeit der Benennung ein naturgemässes Verhältniss zwischen ihr und ihrem begrifflichen Inhalt fordert, ist dieser Gegensatz des der Idee der Sprache entsprechenden und widersprechenden aus der wirklichen Sprache hinaus verlegt: das, was die Sprache sein müsste, scheidet er von dem, was sie in Wirklichkeit ist; an das Ideal einer Sprache finden sich in der wirklichen höchstens Anklänge. Wenn diess auch der Hauptzweck dieser Abtheilung ist, so ist er doch nicht der einzige. Wie sie durch die Andeutung, dass in der wirklichen Sprache die Forderung, welche richtige Wörter erfüllen. müss- ten, nicht erfüllt sei, auf den dritten Abschnitt, in welchem dialektisch bewiesen wird, dass die wirkliche Sprache in der Kratylos’schen Auffas- sung die natürliche Richtigkeit nicht besitze, im Allgemeinen vorbereitet, so ragen auch andre Momente in diesen hinüber. und dienen zum Ver- ständniss, gewissermassen zur inductiven Begründung, von Sätzen, welche hier im dialektischen Zusammenhang hervortreten. Zunächst erhalten wir in diesen grösstentheils lächerlichen Etymo- logien eine Beleuchtung des so unschuldig auftretenden 6 te uéžioræ in 439 A. Hier heisst es: * Wenn man also einerseits die Dinge auch noch so gut aus den Benennungen derselben kennen lernen kann, andrerseits aber auch aus ihnen selbst, welche Art, sie kennen zu lernen, würe dann wohl die bessere und bestimmtere: aus dem Abbild (d. i. der Be- nennung) herausbringen zu wollen, ob dieses eine gute Nachbildung sei und zugleich, wie die Sache, deren Abbild es ist, in Wahrheit be- schaffen sei, oder aus der wahren Beschaffenheit (der Sache); wie diese selbst sei und zugleich ob ihr Abbild angemessen gefertigt?'). ^ Wie 1) Ei ovv šou uiv d n pudore di’ óvoudrev và nocyuare uaydavev, Zon de - . Mm2 276 THEODOR BENFEY, dieses ‘auch noch so gut’ zu verstehen sei, darauf hat uns diese etymo- logische Abtheilung hinlänglich vorbereitet. Denn so sehr auch die Wahrheit dieses Satzes ‘dass es besser sei, einen Gegenstand aus ihm selbst, als aus seinem Bilde kennen zu lernen’, von selbst einleuchtet, so könnte doch noch Jemand einwenden: es ist zwar wahr, dass man die Dinge durch sie selbst erkennen kann; doch ist das ein schwerer. sich in Abstractionen und Dialektik bewegender Weg; handgreiflicheres gewissermassen scheint die Sprache zu bieten, und wenn sie auch nur bis zu einem gewissen Grade mit den Dingen bekannt machte, so würde diese Kenntniss doch leichter und eher auf diese Weise zu gewinnen sein, als auf jene. Dem gegenüber haben wir in diesen Etymologien für das, was sich aus den Benennungen lernen lässt, einen Massstab er- halten; wir wissen nun wie diess ô u udiıore zu verstehen ist; wissen nun das in ihm liegende scheinbare Zugestündniss an Kratylos nach seiner wahren Bedeutung zu würdigen; ja man kann sagen, dass, wer sich der Etymologien erinnert, nicht umhin kann, bei diesem 6 u udliıore ` in ein lautes Gelächter auszubrechen, - Ferner: eine Hauptstelle nehmen die m ` ah Tes dem Grundprincip der heraklitischen Philosophie ein. Die Kraty- lossche Ansicht von der Richtigkeit der wirklichen Sprache stützt sich . eben insbesondre darauf, dass die Wörter derselben nach diesem Princip gebildet seien. So gewähren jene abenteuerlichen Etymologien auch schon die richtige Beleuchtung für die Bekämpfung der Kratylos’schen Ansicht s von dieser Seite. Es sind uns schon die Früchte dieser Ansicht à : ; danach sind wir schon fast im Stande sie selbst zu würdigen. E damit gewissermassen die inductive Begründung des Satzes: weder einem Fliessen noch Bewegen zu gleichen’ !), mit a taŭra KA E Hi» on Barmer, bet ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 277 welchem Sokrates sich fast am Ende des Dialogs von jeder Complicität ^an heraklitischen Etymologien lossagt. Erinnert man sich ferner der Persiflage dieser heraklitischen Etymologien; so weiss man auch, was von 439 C, wo Sokrates selbst zuzugestehen scheint, dass die Wortbildner von heraklitischen Principien geleitet seien (gevorres yọ Zuoıye xci croi ovrw dıevonFiver) zu halten ist, "und weit entfernt darin Ernst zu er- blicken (wie Steinthal S. 105), wird man auch dazu nur lücheln kónnen. In Erinnerung der Weisheit, die sich aus den gegebnen Etymologien schöpfen liess, werden wir Sokrates auch vollständig in Bezug auf die Nutzanwendung 440 C. D beistimmen, wo er seinen Zeitgenossen den Rath giebt, sich nicht an’ Worte zu halten. Endlich glaube ich, dass grade in dieser auf die wirkliche Sprache angewendeten ironischen Etymologisirung derselben sich jene Verachtung der wirklichen Sprache kund giebt, welche schon oben S. 207 hervor- gehoben ist. Eine Richtigkeit im wahren Sinne des Wortes ist in ihr gar nicht zu erwarten, so dass jede auf eine Nachweisung derselben verwendete Arbeit lücherlich erscheinen muss. So angesehen bildet diese Abtheilung, in die Mitte des Dialogs gestellt, die trocknen dialektischen Erörterungen des ersten und dritten Abschnitts durch ein brillantes etymologisches Feuerwerk unterbrechend, in welchem die Blitze des Scherzes, Spotts, Hohns, der Ironie und Persiflage, wie Raketen nach allen Seiten sprühen, in Wahrheit den Cardinalpunkt ‚ die Angeln, welche den ersten und letzten Abschnitt eben so sehr auseinanderhalten, wie verbinden. Sie wirft ihr Licht vor- wärts und rückwärts und ist, in Uebereinstimmung mit ihrer äusseren Stellung, gewissermassen der Brennpunkt des Ganzen, in welchem in Ernst und Scherz die Frage, welche vorher und nachher dialektisch zu Ende geführt wird, inductiv schon fast entschieden ist. In ihr ist trotz alles Scherzes sicherlich mit einer gewissen Unparteilichkeit in den . Hauptzügen alles dargestellt, was der damaligen Etymologie, sowohl der exegetischen (gewissermassen grammatischen), als theosophischen und philosophischen für die Entscheidung derselben entlehnt oder in ihrem Geiste gesagt zu werden vermochte. Wer ihr mit lebendiger Theilnahme 278 THEODOR BENFEY, folgt, für den kann schon jetzt kaum ein Zweifel darüber bestehen, dass die wirkliche Sprache, sowohl rein empirisch gefasst, als auch in der kratylos-heraklitischen Auffassung, die Forderungen nicht erfüllt, von welchen Sokrates die natürliche Richtigkeit der Wörter abhängig macht. Ehe ich diese Abtheilung verlasse, kann ich nicht umhin, darauf aufmerksam zu machen, dass, wie dieser ganze Dialog, so sie insbe- sondre dafür zeugt, dass die Zeit, in welcher der Kratylos entstanden ist, eine zwar unwissenschaftliche, aber rege, lebensvolle und gedanken- reiche Beschäftigung mit der Sprache voraussetzt. Ferner lässt sich zwar nicht entscheiden, wie viel der Verfasser dieses Dialogs von Vorgängern und Zeitgenossen entlehnt, wie viel Eignes er hinzugefügt haben mag, und für die Würdigung desselben ist das natürlich ein unersetzlicher Mangel, allein das lässt sich dennoch erkennen, dass, wer seinen Gegen- stand so launig beherrscht, von den Principien, die er bei Behandlung desselben befolgt, weiss, dass sie mit Mass anzuwenden sind (414 ©), durch die scherzhafte Benutzung derselben andeutet, wo die Gränzen ihrer Berechtigung liegen mögen, selbstständige und im Verhältniss zu der Zeit, welcher das Werk angehört, tiefe Betrachtungen über den Gegenstand desselben angestellt haben muss. So schreibt Niemand, der eine Sache nur von Hörensagen oder aus Andrer Arbeiten kennt; was dieser Dialog bietet, setzt eine selbstthätige Theilnahme an den Fragen voraus, die hier zur Sprache kommen. Auf alles Einzelne einzugehen, was des Hervorhebens werth wäre, wenn ich nicht bloss die Aufgabe, sondern auch den Inhalt dieses Dialogs genauer erörtern wollte, würde Y E IURE nur auf einige WE denn us nächst ist es ein kühner, tiefer und richtiger Gedanke, dass ein Wort am ichtigsten sein würde, wenn es seine etymologischen ‚enthielte (vgl. S. 257), so ungethüm und scherzhaft - in ip gemäss als Urformen hingestellten Wörter aus- | Erkenntniss, dass die Urformen im Laufe der Zeit ch Ausfall, Eintritt md ‚Wechsel von Lauten 5 o sein ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 279 (414 C; 418 B f; 419 A), so willkührlich und scherzhaft sie auch an- gewendet wird, ist principiell richtig, so wie denn auch die Erklärung dieser Umwandlung aus dem Streben ein Wort mundgerechter oder auch wohllautender zu machen, der Wahrheit nahe kommt. Eben so zeugt die Berücksichtigung dialektischer Formen und die — wenn gleich mehr zu Scherz und Spott benutzie — Annahme von eingedrungenen Fremd- wörtern von richtigem sprachwissenschaftlichen Takt. Auch die Bemer- kung gegen die onomatopoietische Entstehung der Wörter — obgleich ich sie nicht in dem Umfange abweise, wie von dem Verfasser und manchen neueren Sprachforschern geschieht — ist auf jeden Fall ein Zeugniss tiefsinniger Betrachtungen über die Sprache. Vor allem ver- dient aber Anerkennung die Eintheilung der Wörter in ableitbare und unableitbare. "Wer diese Scheidung auf griechischem Boden zuerst unter- nommen haben mag, man muss zugestehen, dass er schon dadurch allein eine höchst ehrenwerthe Stelle unter den Gründern der europüischen Sprachwissenschaft verdienen würde und ich kann nicht bergen, dass die Art, wie sie in diesem Dialog eingeführt wird, auf mich wenigstens ganz und gar den Eindruck macht, als ob der Verfasser desselben der erste gewesen sei, der sie aufgestellt hat; ich sage den Eindruck, denn ich zweifle, ob sich ein Moment findet, aus welchem sich ein irgendwie entscheidender, affirmativer oder negativer, Schluss ziehen lüsst. Es lässt sich nicht verkennen, dass diese Scheidung, wenn sie mit einem Talent zur grammatischen Analyse verbunden gewesen oder geworden würe, einen wahren Blick in das Wesen der griechischen und der Sprache überhaupt zu eröffnen vermocht hätte. Auch die Scheidung der ableitbaren Wörter in abgeleitete und zu- sammengehämmerte beruht wenigstens auf einer dunkeln Ahnung des Richtigen. Nur hat der Verfasser keine Ahnung davon, wodurch sich beide Classen unterscheiden, d. h. keine Ahnung von der Ableitung vermittelst Suffixe. Diese erklärt er an mehreren Stellen als Vertreter von Wörtern, als Wortreste, z. B. BAaßsoov aus Bien (10v) 6oóv 417 D; drëtte aus ent (rr) Jvuà» iovo@ 419 D; Tuspoc aus i£usrvog dei 419 E. Doch hätte auch diese Unterscheidung in der Hand eines Marines von mehr sprach- 280 | THEODOR BENFET, | wissenschaftlichem als philosophischem Sinn zur Erkenntniss ihres Prin- cips führen kónnen. Wir wenden uns jetzt zu der zweiten Abtheilung dieses zweiten Abschnitts (421 C — 427 D). In dieser setzt Sokrates auseinander, wel- cher Art die Richtigkeit in den unableitbaren Wörtern sein müsse, d.h. in denen, auf welche die ableitbaren in letzter Instanz sich reduciren (vgl. oben S. 252), während sie selbst auf andre nicht mehr reducirbar sind (422 C). Den Weg zu dieser Auseinandersetzung bahnt eine dialektische Be- gründung: Die Richtigkeit aller Benennungen müsse auf ein und dem- selben Princip beruhen 422 C. ‘Ich glaube, dass wir darin übereinstim- men, dass in jeder Benennung, der ersten wie der letzten, die Richtigkeit eine und dieselbe ist, und dass sich in Bezug auf das, wodurch sie Benennung sind, keine von der andern unterscheidet’ ); in den bisher Dn der ersten Abtheilung dieses Abschnitts) durchgegangenen (den abge- leiteten, ‚gewissermassen sekundären Benennungen) bestand die Richtigkeit darin, dass sie die Beschaffenheit der durch sie bezeichneten Dinge kund thun. wollten. (422 D ‘Aber die Richtigkeit der eben durchgegangenen Namen: wollte der Art sein, dass sie kund thäte, wie jedes der Dinge i sei’) 2). Diese Aufgabe müssen also die ersten Benennungen (die Ur- wörter) eben so gut erfüllen, wie die abgeleiteten | (422 D *Diess (diese eni ümlichkeit)' müssen also die ersten nicht minder wie die späteren n, eu Se Benennungen sem wollen 5. Die abgeleiteten Benen- = gie ente "më "3 BUE roude ÖVÖUQTOG en Trgurov xci Vordrov, ) gäer së Grape va ojdiv adzwv, ane sei coi Evvdoxst. $ ! nd vöy diAgA Jausv wv Ovopccov 7 dgIdıns wıeven nc ifo Aero | qioóv olov &£xcgróv Zon wüv Óvror. Vgl. auch 428 E dvöuaros ... / x ine &vdsisstes olóv Zon zé no&ype. Ferner 423 E, wo die ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 281 nungen sollten diese Forderung, wie in dem vorhergehenden Abschnitt verdeutlicht ist, in letzter Instanz vermittelst der unabgeleiteten (zu wel- chen man durch fortgesetzte Analyse gelangt) erfüllen; diese aber be- ruhen auf keinen andern; wie werden sie also die Aufgabe erfüllen, die Dinge so sehr als möglich durch sich kund zu thun? }). Der Verfasser stellt nun die mit Recht bewunderte und tiefsinnige Hypothese auf, dass dieses vermittelst des begrifflichen Werths der Laute als solcher, an und für sich, herausgelóst aus dem Verband, in welchem sie in den Wörtern erscheinen, geschehe. ‘Wenn wir weder Stimme noch Zunge hätten’, heisst es 422 E, ‘dann würden wir die Dinge, wie jetzt die Stummen, durch die Hände, den Kopf und den übrigen Körper (durch Gesten) bezeichnen'.... 'Da wir nun (aber die Dinge) durch Stimme, Zunge und Mund kund thun wollen', so findet diese Kundthuung dadurch Statt, dass wir sie mit den Stimmorganen nachahmen, oder, wie es wörtlich heisst: ‘wird uns dann nicht die durch sie stattfndende Kundthuung jedes Gegenstandes zu Theil, wenn eine auf was es auch sei sich beziehende Nachahmung ver- mittelst dieser (der Stimme, der Zunge und des Mundes) Statt findet?’ 2). Daraus wird dann gefolgert: ‘Benennung ist also, wie sich ergiebt, Nachahmung desjenigen, was jemand nachahmt, vermittelst der Stimme, und derjenige, welcher es vermittelst der Stimme nachahmt, benennt es, wenn er es nachahmt' 5). 1) 422 D ‘die späteren (Benennungen) aber waren, wie sich ergab, vermittelst der ersten (der Urbenennungen) fähig, diess zu leisten’; dii vd nët vorm, - Gc doux, dià wd)» mootégwv old te jv voíro dnsgyalsoden. Ebds. ‘Auf welche Weise aber werden die ersten, denen doch keine andern mehr zu Grunde liegen, die Dinge so sehr als móglich uns verdeutlichen, wenn sie Benennun- gen sein wollen?’ rå dè dé zm, ol; oímw £rgo Üróxevrca, du vgómt Rare tò dvvardv ô t uc Avira. qaveod utv noıyjosı va Óvva, nso (ët óvdpasa svati; 2)'"Enaó; dë pov Ts xci "ig xci ordnen Povidusde ðņloŭv, do' o) wire ixdcvov ðjkwua uiv Zoe tò dd roden ywvóusvoy, Zeep _ yevpran dré tovtov negi Önoöv; 423 B. 3)'Ovoua dë 2oriv, de Eoıze, Dinge povi éxsívov, à musita xoà Grande ó mpoúuevos t pov], droen muita. | Hist. - Philol. Classe. XII. Nn 282 THEODOR BENFEY, Diese Definition der Benennung scheint aber Sokrates zu weit; man könnte sagen, dass der, welcher Thiere (Schafe, Hühner u. s. w.) mit der Stimme nachahmt, sie dadurch benenne (423 C), was als selbst- verständlich falsch abgewiesen wird. Er schliesst damit die onomatopoietische Entstehung der Wörter aus, die gewiss schon in der damaligen Zeit von manchen geltend ge- macht wurde; sonst gedenkt er ihrer so wenig, als der aus Interjektio- nen, welche übrigens damals vielleicht wohl noch von niemand ange- nommen sein mochte. Die Nachahmung des Lautes der Dinge ist, wie er weiter sagt, Sache der Musik, wie die ihrer Gestalt und Farbe der Malerei, nicht aber der Onomastik (der Kunst die Dinge zu benennen). Die Dinge haben aber eine Wesenheit und der Benennungskünstler ist derjenige, welcher diese vermittelst Buchstaben und Sylben kund zu geben vermag P. : Wie sich der Verfasser dieses Dialogs vorstellte, dass die Laute an und für sich fáhig sein, das Wesen der Dinge kund zu thun, ist bekannt. Er nimmt an, dass die Laute durch die Art, wie sie hervor- gebracht werden, eine Verwandtschaft mit gewissen Begriffen haben und > dadurch sich dazu eignen, diese nachzuahmen und zu bezeichnen, so MB. ‘sei bei der Bildung des ọ die Zunge am wenigsten in Ruhe, sondern erzittere am meisten'2. Demgemäss schien es dem, welcher | die ee aufstellte, ein passendes Werkzeug zum Ausdruck der um (die diesem Begriff anheimfallenden Benennungen) der- | CR Zen 3 murea gav) xæ ogjua ardoro, xci yoðuæ ye nokdois. — i ou Toivuy ode éd» oe rof munter, o(dë "ep Tevras Tas mujas Ñ rëmg ic ù civar om ui ydo low ù uiv wovon, 5 dë ygequxj. 423E $ tóðs; oU xoci otoia doxsi 001 sivon éxdGtTo, teg xci yomue etc. E end rof Auster deg Exdorov, ër oVoíav, yoduneos te gp oUx dv ÓmÀot Exaorov ô onv; 424 À Koi d Gv gains Tóv = ; Toŭto Zuoıys doxei ...., Ö dvopacnxóc. » 426 E "e E nämlich der, welcher die Benennungen beilegte) . SC der Bildung des à à) Tee uévovcay , bon. de ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 283 Bewegung ähnlich zu machen .... Zuerst ahmt er in (den Wörtern) oi und Got durch diesen Buchstaben die Bewegung nach, dann in toöwos u. s. W. ). Durch das gi, wi, oiyue und fre, weil diese ‚Laute hauchartig sind, hat er alle derartigen (Dinge) nachgeahmt und benannt, wie wuyoöv, L£ov, groer und alles hauchartige, gvowdes?). Die Eigenthümlichkeit des Zusammendrückens der Zunge beim Delta und gleichzeitigen Anstemmens derselben beim Tau schien ihm nützlich zur Nachahmung des Bindens und Stehens 5). Indem er sah, dass die Zunge beim Labda am raschesten gleitet, benutzte er diese Achnlichkeit zur Benennung von glattem und dem Gleiten selbst, dem Glänzenden u.s. w.'*) Hierbei füllt nun die Art und Weise auf, wie der Verfasser diese seine Hypothese einführt: Auf den ersten Anblick scheint sie sehr un- behülflich; doch zeigt der Verfasser durchweg eine solche Fertigkeit in der Behandlung der sehr schwierigen Probleme, denen dieser Dialog gewidmet ist, dass man sich sagen muss, dass diese Unbehülflichkeit nur scheinbar sein kónne und der Gang, welcher ee ist; ab- sichtlich gewählt sei. Um durch Buchstaben ünd Sylben das Wesen der Dinge nachzuah- men, heisst es, muss sich der, welcher diese Nachahmung ins Werk setzen will, zuerst mit dem Stoff, in welchem die Dinge nachgeahmt werden 1) 426 D tò d’ oiv jd tò oroıyetov, Wong Ayo, xai» Edokev ðoyavov. svær vig ` zıvjoswg TO TÈ Övouare nJtuévo "gäe TÒ Eyouowüv i gong .... moGioy 2 pi» èv oe ve óeiv xai ooi due tovtov coU Yocupuovoc iv Yogav ge , - ela êw zo touw ete. ; 2) 497 A die soë qi xoi më vi xai roi Oiyu& sei voU Gira, Zo M za yocupare, "ig tè toaðtæ neukuneı adrois rend Den. olov tò Vezgée xci 10 Dou xai tò GeítGJon ... xal Örav mov tò guamdes papiwa, navtæzoð ... và voici yodupare émqéonr palvetati .... gt 3) Tzc d'et voU dëi cvumiécsoc xoi toU tað xoi —Á — ji ria "(c dvvauıy Xxorowuov gYaivsıcı 5y70aosaı móc viv Bi wi dsonoi OTÉOEWS. . 4) 427B ën dë oAc9cva páliora Ev ré Außda ý eg Ge Been divóuocs Ta te Atia xai erg tò dhuoddvev xol tò Jurmapov etc: Nn2 a: THEODOR BENFEY, sollen — also den Buchstaben nach ihren verschiednen Classen und Arten — genau bekannt machen, eben so mit dem, was darin nach- geahmt werden soll, sehen, ob auch die Dinge, ähnlich wie die Masse der Laute, sich auf Grundelemente zurückführen lassen, aus denen man sie selbst erkennen kann, und ob in ihnen Arten existiren in derselben Weise, wie in den Buchstaben, d.h. wie sich erst aus der schon mitgetheilten näheren Ausführung klar ergiebt, ob eine Correspon- denz zwischen den Lauten und Begriffen Statt finde (424 A — D). Dann heisst es weiter: ‘Hat man diess alles wohl durchschaut, dann muss man wissen, jeden (Buchstaben bei Nachahmung und Benennung eines Dinges) der Aehnlichkeit gemäss anzubringen, sei es nun nöthig einen bei einem anzubringen, oder bei einem viele mit einander zu vermischen; wie die Maler, wenn sie nachbilden wollen, manchmal nur Purpur auf- tragen, manchmal aber irgend eine andre der Farben, bisweilen aber auch viele mit einander vermischen, wie wenn sie Fleischfarbe bereiten, oder etwas andres der Art, je nachdem ein bestimmtes. Bild einer be- stimmten Farbe zu bedürfen scheint: so werden auch wir die Buchstaben für die Dinge anwenden, einen für eines, wo es nöthig scheint, und viele; :só das machend, was man Sylben nennt, und dann die Sylben zusammensetzend, aus welchen die Benennungen und Aussagen zusam- mengesetzt werden. Und aus den Benennungen und Aussagen werden wir dann schon etwas Grosses, Schónes und Ganzes zusammenstellen, wie dort vermittelst der Malerei ein lebendes, so hier den Satz vermittelst der pues, oder Rhetorik oder wie diese Kunst sonst heisst. Doch nein, nicht wir — ich habe mich von der Rede fortreissen lassen: Denn d. Alten haben sie so zusammengesetzt, wie sie verbunden sind. Wir aber, wenn wir verstehen wollen, alles dieses kunstgerecht zu be- — trachten, müssen es auseinanderlegen und so zusehen, ob die Urbenen- = nn und 4 di ren sachgemäss Be sind’ D. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 285 Man kann nicht umhin sich hier zu fragen: lag irgend eine Noth- wendigkeit, oder auch nur Angemessenheit zu einer derartigen Darstellung vor, wo das Bilden der Benennungen näch diesem Prineip erst in die Hand des Sprechenden verlegt wird, und dieser sich dann, wie vom Redefluss zu dieser Ungehörigkeit fortgerissen, verbessert, die Rede als fertige überlieferte Schöpfung bezeichnet, aber zugleich ‚auffordert, nach der angegebenen Methode zu untersuchen, ob die, welche sie gestaltet haben, dabei sachgemäss verfahren haben ? Ich glaube, jeder wird mit Nein antworten; es gab eine Menge andrer Wege, durch welche Sokrates zu seiner Hypothese selbst sichrer hinüber leiten konnte. Er konnte z. B. fragen: Zerfällt die Masse der Buchstaben nicht in verschiedne, in ihrer Production verwandte Classen ? Hat nicht jeder einzelne eine bestimmte Art, wie er producirt wird? Ist nicht andrer Seits auch in den Dingen eine Eintheilung in Classen zu erreichen? Ist es nicht möglich, eine gewisse Verwandtschaft zwischen der Art zu erkennen, wie bestimmte Laute hervorgebracht werden und zwischen dem Wesen bestimmter Begriffe und Begriffsreihen ? Daran hätte sich dann die Hypothese in derselben Form schliessen lassen‘;, wie sie 426 C ff. ausgeführt wird. Ja, dass ein ähnlicher. Gang der Dar- stellung nicht eingeschlagen ist, ist um so auffallnder, da in. Folge davon der Beweis, dass die Laute den Begriffen correspondiren müssen, an dieser Stelle, wo man ihn eigentlich erwarten sollte, fehlt, und erst zoÀÀG Ouyxsodoavıes, oiov Örav dvdgeixsiov geed 7 CÀAO T. Ty Torov- Twv, Gc Gv, olua, doxj &xdom n sixòv detoäer Exaorov papuáxov: ojus dé xci Zuete TG owıyeia émi tà nodyuere Erroivouev, xci Ev déi fv, o) av dozi dsiv, xai ovunolie, noores ð) ovilaßas xcAoVci, xci OvAAefBGG að curn Hevıss, 25 dw wd te Övönere xai và Ömuare ovvJevtær* xci "roi 8x vd» dvoudıwv xci Ömudımv péyæ jdn ww xci zahoy xci ÓÀov cvcwjcousy, moms Exsi 10 Lov vj yoayızı), &vwxÜJa iv Aöyov vij Ovopacuxi 5j rogue 5 Ñas onv ý séng, péÀAov dë oy musis, dii éyæv Zéi, ovyéĝsoav èv yàg obuoc, Zeg OÚyxestær, 0i ole, Zuné dé dei, sireg reyyixðs Eruormoöusde cxoniiGSes atè mevee, owe dıslopévovç, cte xarà sgómov wi te noWre dvonearu xciv xci TÈ UVG:Qo, sir un, ot egen, 286 e THEODOR BENFEY, an einer weit entfernten nachgetragen wird; nämlich 434 A, wo es heisst: ‘Wenn also der Name dem Dinge ähnlich sein soll, so ist es nothwendig, dass die Buchstaben, aus denen man die ersten (die Ur-) Benennungen, zusammensetzen muss, von Natur den Dingen ähnlich seien. Ich meine aber so: Könnte wohl Jemand ein Gemälde .... so zusammenfügen, dass es irgend einem Gegenstande ühnlich ist, wenn nicht Farben, aus denen die Gemälde zusammengesetzt werden, existirten, die von Natur den Dingen ähnlich sind, welche die Malerei nachahmt? .... Eben so wür- den auch die Benennungen niemals irgend einem Gegenstande ähnlich werden, wenn nicht vornweg jene (Elemente), aus denen die Benennungen. zusammengesetzt werden, mit jenen (Dingen), deren Abbilder die Be- nennungen, eine gewisse Aehnlichkeit hätten. Woraus man sie aber zusammensetzen muss, das sind die Buchstaben’ 1), Wenn Sokrates statt dieses oder irgend eines andern Weges den einschlägt, dass er die Benennungen von sich selbst nach dem angedeu- teten Princip bilden lässt, so gestehe ich, darin eine Andeutung des Gegensatzes zwischen der idealen Sprache, die er im Sinn hat, und der wirklichen zu sehen, der schon einen bedeutenden Schritt weiter geht, als die, welche ich in der ersten Abtheilung dieses Abschnitts zu er- kennen glaube. Wenn dort dieser Gegensatz gewissermassen nur negativ hervortrat, nämlich dadurch, dass die Erfüllung der Forderung, welche an die ideale Sprache gestellt war, — das Wesen der Dinge durch die E o kund zu thun — sich in der wirklichen Sprache so gut e gar. nicht nachweisen lüsst, so wird er hier positiv, indem diese illung in die kiang der hier philosophirenden gelegt, erst als ein 1) oina. -cinso ŝotas tò óvouc ÓuowY të nodywern, dveyxoior repvzévai tè oa toç nodyuaoıy, SE dv Te TODT duguerd pe &vrÓdcoa; dór | ini Go yaquaxsia uge övr, 25 dv Svvaiderer tà Soygapoiusve, Gestion & SH Å yoagixý. .... Ojxobv soten xci dvouare o% dv more Zug revomo. oddevi, ei um Undoss ixsivo 7tQUTOV OpOiÓTQTÓ uva Eyovre Ze L ey Eug äegten È A Övóuætæ, Exsivois dw don tà oe pun uote ; ; ŝon dé, » dy eu, Origin; ` D ge nor’ &v us EvvéOgxsv .... boyocquue no Tu TOY ÖVT@V, D . ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 287 Ergebniss der Zukunft angedeutet wird, ausführbar nur durch solche, welche durch die in der angedeuteten Weise methodisch erforschte Glei- chung zwischen Laut und Begriff und die weiterhin geforderte richtige Erkenntniss der Dinge (wie sie erst durch die Ideenlehre ermöglicht wird) zur Gestaltung einer wahrhaft richtigen Sprache hinlänglich vor- bereitet sind. Für diese Auffassung scheint mir auch der Umstand zu sprechen, dass, während dort doch noch Versuche gemacht werden, die Erfüllung dieser Forderung in der wirklichen Sprache aufzuweisen, hier, genau genommen, auch jeder derartige Versuch fehlt, trotz dem, dass eigentlich am Schluss der mitgetheilten Stelle ausdrücklich dazu aufgefordert war (425 B). Im Gegentheil lehnen sowohl Hermogenes als Sokrates selbst diese Art der Zerfülung von Buchstaben und Dingen, als über ihre Krüfte gehend, ab (ebds.). Denn, dass die Wörter, welche 426 C — 427 D: bei der detaillirten Auseinandersetzung.dieser Hypothese angeführt werden, nicht als Beweise oder nur Versuche eines Beweises dafür die- nen sollen, sondern nur als Beispiele, welche diese Hypothese verstünd- lich, die Möglichkeit einer derartigen Wortbildung vorstellbar machen, — nicht ganz unähnlich wie in der ersten Abtheilung dieses Abschnitts die Etymologien zum Verständniss dessen dienten, was Sokrates unter der Bedingtheit der Namen durch die Dinge verstanden haben will — kann man schon daraus folgern, dass, wenn damit etwas hätte bewiesen werden sollen, jedesmal auch die Bedeutung der übrigen in diesen Wörtern erscheinenden Buchstaben und ihr Einfluss oder Nichteinfluss - auf die des ganzen Wortes hätte erklärt werden müssen, z. B. bei TQÓMOS, ju welches als Beispiel für die dem o zugeschriebene Bedeutung des Be- -wegens (zivgoıs) gegeben wird (426 E), hätte gezeigt werden müssen, warum die dem r zugeschriebene Bedeutung des Stillstehens (oz&oıs 427 B) hier ohne Wirkung ist. Dass hier eben so wenig, wie bei den ableit- baren Wörtern durch die Etymologien, ein Beweis, dass dieses Princip in der wirklichen Sprache zu erkennen sei, gegeben werden soll, zeigt auch die scherzhafte Behandlung, welche sich, wie in der vorhergehen- den Abtheilung, in der Etymologie von singe (426 C) wiederholt, und 288 THEODOR BENFEY, in der Erklärung der Wörter u£ye (tð usyéAo), uixos, yoyyVAov aus der Gestalt der Buchstaben A H O fast noch überboten wird (497 C). Wie in der ersten Abtheilung dieses Abschnitts sind die Beispiele also auch hier nur zur Verdeutlichung der Art und Weise gegeben, wie sich der Ver- fasser die Möglichkeit vorstellt, vermittelst des begrifflichen Werths der Laute Wörter zu bilden; auch hier dient die eben angeführte scherz- hafte Behandlung dazu, recht in die Augen fallen zu lassen, dass dieses Verfahren in den Wórtern der wirklichen Sprache sich nicht nachweisen lasse, dass sie hóchstens Anklänge an dasselbe enthalte. Aber es fehlt nicht bloss der Beweis, dass Richtigkeit der Benen- nungen von der Gleichheit der Laute mit dem Wesen der durch sie nachgeahmten Dinge bedingt sei, sondern im dritten Abschnitt wird sogar gezeigt, dass in der wirklichen Sprache die Richtigkeit einer Be- nennung dadurch nicht afficirt werde, dass sie ausser den begriffsgleichen Buchstaben auch einen dem Begriff entgegengesetzten enthalte, der ei- gentlich die Bedeutung aufheben müsste (434 C in oxAmgótnc, wo das o nach der angenommenen Theorie der Bedeutung des Wortes entspricht, weil sein begrifflicher Werth ‘Härte’ ist, das 4 ihm aber widerspricht, weil dessen begrifficher Werth Glätte, Weichheit' ist). Es ist also auch dieses Princip in der wirklichen Sprache nicht nachweisbar, und wenn Sokrates 426 A folgert, dass wer über die Ur- namen — die er nach diesem Princip gebildet haben will — nichts weiss, auch über die auf ihnen beruhenden nichts wissen könne 1), so schliessen Mon na 1) “Weiss jemand — sei es aus diesem oder jenem Grunde — nicht, warum die Urnamen richtig sind, so ist es unmöglich, dass er es von den späteren Te vd» QWTWV dvoudtov mv dosdıme un oldsv, dadvvarov Gv sidévæas, d iE éxeivev dvdyen deiofoäe . dw mc régi i j4ov dn Toy qüocxovre iQ) enëy teyvıxöv civar, mepi ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 289 wir daraus, dass er damit andeute, dass in der wirklichen Sprache das Prineip: dass die Benennungen die Beschaffenheit der Dinge aussagen, sich weder in den ableitbaren noch unableitbaren aufzeigen lasse. | Allein die Unmöglichkeit, den Nachweis der Verwandtschaft zwi- schen Buchstaben (Laut) und Sache aus der wirklichen Sprache zu füh- ren, hindert Sokrates keinesweges dieses Princip, wenn gleich in be- scheidener und ironischer Form aufzustellen und festzuhalten. ‘Es wird lächerlich scheinen’, heisst es (anzunehmen), ‘dass die Dinge, in Buch- staben und Sylben nachgeahmt, kenntlich werden. Dennoch ist es (die Annahme) nothwendig. Denn wir haben nichts Besseres als dieses, um die Richtigkeit der Urnamen darauf zurückzuführen, man müsste denn für die Urnamen einen göttlichen Ursprung annehmen — wie die Tra- gódiendichter, wenn sie sich nicht zu helfen wissen, Götter erscheinen lassen —, oder behaupten, dass wir (die Hellenen) sie von den Barbaren überkommen hätten, oder dass sie wegen des Alters etymologisch eben so unerklürbar seien, wie barbarische. Das alle seien windige Ausflüchte; wer die Benennungen erklären wolle, müsse vor allem im Stande sein; die Urnamen zu erklären u.s. w. 1). Weiter dann: *Was/ich über die Urnamen mir ausgedacht habe, scheint mir ganz toll und lächerlich zu sein’ ?). Dann folgt die ERBE CUN S der. Hypothese, Be wesent- lichstes schon mitgetheilt ist. Diese selbst ist nicht zum Scherz gege- ben; sie ist von allen folgenden Zeiten bis auf den heutigen Tag als einer der tiefsinnigsten Gedanken anerkannt, die in der-Sprachwissenschaft hervorgetreten sind, und obgleich gewaltiger Missbrauch mit ihr getrieben et, ja noch in unsrer Zeit er wird, so ist emen dafür e ihr “ii spit cidévar dn tÉ ys Vowgæ nom ENDE. g 1) 425 D IsÀoia uiv olucı eeben. yocuuacı xci teg tà a e pspuumuévo xurednka yıyvousve* GE droen, 0v ydg Zrouen zeng Behnor, eis 6 u émavevéyxwousv Tegi tis Aimdeias va 7powvav vou etc. 2) 426 B "A uiv roívv yò Coeur megi vov iie - E. a mdyv m doxes? üßgıonxa sie xci ysàoia. Hist. - Philol. Classe. XII. Se GI 290 THEODOR BENFEY, Urheber verantwortlich — mag es nun der Verfasser dieses Dialogs oder sonst irgend Jemand gewesen sein — noch der, durch welchen sie der Folgezeit literarisch bekannt geworden ist — was unzweifelhaft der Ver- fasser des Kratylos ist. Dieser letztre hat sie ausdrücklich auf den Kreis derjenigen Wörter beschränkt, welche nach vollzogener Etymologie aller übrigen sich als deren Grundlagen erweisen; er würde also weit entfernt sein, das Verfahren derer zu billigen, welche sie auf nicht analysirte Wörter anwenden und diese gewissermassen mit Haut und Haaren aus dem begriflichen Werth ihrer einzelnen Läute erklären. Er hat im Gegentheil mehr als zuviel Gewicht auf die historische Um- wandlung der Laute gelegt und damit hinlänglich zu erkennen gegeben, dass, wenn man den Versuch machen wolle, dieses Princip auf die wirkliche Sprache anzuwenden, die Erklärung der Urnamen Lagu vóuta), wie er sie nennt, nicht eher beginnen kónne, als bis man sie durch Zerhämmerung der abgeleiteten nicht etwa im Allgemeinen, sondern in ihrer historisch ungetrübten Gestalt aufgefunden habe. Wenn er bei Entwicklung dieses Gedankens sich auch Wörter bedient, die er sicher als zerlegbar anerkannte, wie xsọuetitew (426 E), so sollen diese, wie gesagt, nur dazu dienen, ihn verstündlich zu machen; dagegen rüumt . er ihm von seinem Standpunkt aus mit Recht eine Berechtigung ein für die Erklärung von tò iov, zò ĝéov, tò doiv (421C), oder, wie es 424 A heisst, für don, iévc^, gë denn in diesen Formen soll das Neutrum des Particip Prüsentis, das primäre Abstract (607) oy&oıs) und der Infinitiv aller vier Verba augenscheinlich dasselbe ausdrücken, nämlich den .all- gemeinen Begriff, so dass man mit Bestimmtheit behaupten darf, dass, wenn dem Verfasser dieses Dialogs schon die Zurückführung der Wörter. auf Wurzeln, oder in der uns bekannten Phase der indogermanischen Sprachen auf primäre Verba bekannt gewesen wäre, er, statt dieser Wörter, die Grundformen der Wurzeln oder vielmehr Verba ? ‘gehen’, óv ‘fliessen’, dw ‘geben’, | halten’, gebraucht und also die Erklirung aus dem . begrifilichen Werth der Laute auf die Fälle beschränkt haben würde, auf nere Forscher, welche die Anfänge der Sprache er- klär zu können glauben, , die en dieser r, Hypoifjte auch jetzt = e aN ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 291 noch für anwendbar halten. Ja selbst diejenigen, welche es nicht wagen, die Anfänge der menschlichen Geistesentwicklung historisch erklären zu wollen, kónnen dennoch nicht umhin, anzuerkennen, dass die Anfünge der Sprache, wenigstens theilweis, von einem naturbedingten Verhültniss zwischen Laut und Ding (Begriff) beeinflusst gewesen sein müssen, mógen sie sich auch scheuen, dasselbe näher zu bestimmen, oder gar, wie der Verfasser dieses Dialogs, einzig aus der Lautbildung zu erklären, und selbst in unsern den Sprachanfüngen so unendlich fern liegenden Sprachen nachweisen zu wollen. Doch zurück zu diesem! Nachdem die Hypothese entwickelt ist, schliesst Sokrates: *Und auch das andere scheint der Gesetzgeber in dieser Weise in Buchstaben und Sylben zu bringen, indem er für jedes der Dinge eine Bezeichnung und Benennung bildet, aus diesen aber scheint er das übrige denn schon vermittelst eben dieser (Urwörter) zu- sammenzusetzen, indem er es nachahmt. Darin scheint mir die Rich- tigkeit der Benennungen bestehen zu wollen’ }). Für den der den ganzen Inhalt dieser beiden Abschnitte für vollen Ernst nimmt, ist die Richtigkeit der Benennungen erklärt: sie beruht darauf, dass die Benennungen das Wesen der Dinge kund thun, in den unableitbaren durch die den Dingen entsprechenden Laute an und für sich — die also deren Wesen durch ihre Laute nachahmen und aus- drücken —; in den abgeleiteten durch Zusammensetzung ?) aus diesen, indem diejenigen Urwörter mit einander verbunden werden, deren Be- deutung mit einander verbunden die Beschaffenheit des zu benennenden Gegenstandes kund giebt. Das allgemeine Princip der Ricktigkeit ist demnach aus dem der Beschreibung vermittelst des etymologischen Werths 1) 427 C Kat sëlle obw yalvsızı ngooßıßalsw xo xarà YyQcppova xa xcu cviàafàc ixdcu» zët Zon Omusiov vs xci Óvopa now» 0 vouo3ézgc, x dë tovtov và Aem Gd verte voro gg Zëter dnopipoUusvoc. eiu, i" gal- yetar ... BovAscOn, svar $ töv droen ÖoFóTNs- 2) Wir ins hinzufügen: und Ableitung; aber deren -—— Unterschied von der Zusammensetzung kennt der Verfasser dieses Dialogs nicht, da ihm noch die Suffüxe für Repräsentanten, oder vielmehr Reste von Wörtern gelten, 002 292 THEODOR BENFEY, — wie es in der ersten Abtheilung hervortrat — zu dem der Nachah- mung erweitert, welche sowohl die Bildung der Urwörter als der ab- geleiteten unter sich subsumirt. Es folgt nun der dritte Abschnitt von 427 D bis zu Ende 440. Während wir in dem vorhergehenden nur zu ahnen vermochten, dass das Princip der Richtigkeit, welches Sokrates für die Sprache auf- Stellt, und auch Kratylos billigt, sich seiner Ansicht nach in der wirk- lichen Sprache nicht nachweisen lasse, wird in dem jetzt beginnenden der direkte Beweis dafür angetreten. Während in dem ersten und zweiten Abschnitt dem Hermogenes gegenüber, welcher reine Willkühr in der Namengebung (wir würden sagen: in der Sprachbildung) annahm, gezeigt war, dass die Bildung der Wörter von der Natur der Dinge be- dingt sein müsse, dass so eine natürliche Richtigkeit entstehen könne und welcher Art diese seien müsse, und angedeutet, dass diese natürliche Richtigkeit in der wirklichen Sprache nicht nachweisbar sei, wendet sich dieser Abschnitt gegen Kratylos und führt dialektisch in einer Art Klimax aus, dass es höchst unwahrscheinlich , ja unmöglich sei, dass die wirkliche Sprache in seiner Auffassung derselben, wie wir sie theils aus dem Anfang des Dialogs, theils aus seiner.Beistimmung zu Sokrates bisherigen Ausführungen, theils endlich aus diesem dritten Abschnitt selbst genauer kennen lernen, die für eine natürliche, Richtigkeit aufgestellten Erfordernisse erfülle. Zugleich wird angedeutet, dass dieses nur in einer auf der Basis der Ideenlehre construirbaren Sprache möglich sein werde. Hatten wir in den beiden vorhergehenden Abschnitten unsere Auf- ' , die uns ahnen liessen, iri ü lung der Forderungen, welche Sokrates für eine natürliche Richtigkeit a i stellte, seiner Ansicht gemäss sich nicht in der wirklichen : ise: lässt, so ist in diesem zu beachten, dass der nun ek = Beweis dieser Ansicht nicht allein nichts ent- LI Geen aufhóbe, "ped 'sie vielmehr E E ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 293 der wirklichen Sprache anwendet, so dass die Kluft zwischen dem, was . die Sprache sein müsste, um richtig zu sein und dem, was sie wirklich ist, in ihrer vollen Breite hervortritt. Hermogenes, welcher, wenn gleich bisweilen bedenklich, doch im Ganzen mit seinem Beifall gegen Sokrates nicht sparsam war, scheint von Sokrates Entwicklung ganz befriedigt und fordert Kratylos auf zu erklären, ob sie auch ihm behage, oder ob er besseres zu sagen habe (427 E). Auch Sokrates, obgleich er nichts von dem, was er gesagt hat, verbürgen will (oödiv &v ioyvoroe(un» dw sionxe 428 A), fordert ihn in ähnlicher Weise auf, worauf denn Kratylos seine unumwundene Bei- stimmung ausspricht (428 B. C). Da nun, als ob grade dadurch erst Bedenklichkeiten bei ihm entständen, findet es Sokrates angemessen, das Gesagte nochmals in Betracht zu ziehen; es ist als walte in ihm em dunkles Gefühl, dass seine bisherige Ausführung zu Missverständ- nissen führen könne, als ob man aus ihr entnehmen könne, dass die natürliche Richtigkeit, welche er fordert, in der wirklichen Sprache ver- wirklicht sei. | | Der gegen Kratylos geführte Beweis zerfällt in mehrere sich, wie gesagt, climaxartig steigernde Abtheilungen. : Die erste Abtheilung (428 E — 435 D) zeigt, dass die wirkliche Sprache hóchst wahrscheinlich nicht richtig gebildete — d. h. nicht den für die natürliche Richtigkeit der Wörter gestellten Susiennien ent- sprechende —, formal unrichtige Wörter enthalte. ; Der Bees wird dadurch geführt, dass gezeigt wird, dass diejeni- gen, welche die Benennungen beilegten, gleich andern Künstlern, ihre Kunst mehr oder minder gut verstehen konnten, folglich auch die Er- gebnisse derselben, die Benennungen, mehr oder minder richtig — d. h. den aufgestellten Forderungen entsprechend — ausfallen konnten, speciell Namen entstehen konnten, in denen — gegen das aufgestellte Princip — nicht alle zum Ausdruck des begrifflichen Inhalts nóthigen and ver- wendet sind, oder mehr als nöthig (428 E — 433 A). | Diesen Schluss bestreitet Kratylos mit Heftigkeit und Se Sokrates dadurch zugleich Gelegenheit, seine sophistische Scheidung des Sprach- 294 THEODOR BENFEY, inventars in Lautcomplexe, die den Namen Benennungen verdienen und solche, die ihn nicht verdienen, zu widerlegen. Dass auch die vouo9érw, die Gesetz- und speciell Namengeber, wie andre Künstler, bessere und schlechtere Werke liefern, will er nicht zugeben. Nachdem Sokrates gefragt hat: ‘Fertigen also nicht auch einige Gesetzgeber ihre Werke besser andre schlechter?'!), antwortet er: ‘Das will mir noch nicht einleuchten' 2}. Alle Benennungen, welche wirklich Benennungen sind — also mit Ausschluss derer, welche, dem Anfang des Dialogs gemäss, gar nicht diese Bezeichnung verdienen —, sind richtig. Damit diese Unterscheidung recht hervortrete, wird sie an Hermogenes Namen veranschaulicht. ‘Sollen wir sagen’, frügt Sokra- es, ‘dass dieser Hermogenes seinen Namen gar nicht führe, wenn ihm nichts zukommt, was mit einer Abstammung von Hermes in Beziehung steht, oder dass er ihn zwar führe, aber nicht mit Recht? 4). Darauf antwortet Kratylos: ‘Ich bin der Ansicht, dass er ihn gar nicht führt, sondern nur zu fübren scheint, dass dieser Name vielmehr einem andern angehórt, der auch die Eigenschaften besitzt, welche den Namen ver- deutlichen’ $. Sokrates erweist aber, trotz aller Sophismen, die von Kratylos entgegengesetzt und oft sehr derbe, bisweilen ironisch 6) zurück- gewiesen werden, dass man die Wahrheit sagen und lügen könne, “demnach auch die Benennungen unrichtig zutheilen könne und einem ENDE EE 9 429 B Ag’ oi xci Vno dán oi uiv xallin oi oya caUwür nægéyovtæs, oi dä .. aloyiw; E OV po Joxe? würo in. 3) 429B Sokr. Also sind alle Benennungen richtig beigelegt? Krat. Alle dio, welche wirklich Benennungen sind. Xo xg. erg dee và óvópe:a doOdc wer; Koar. "Oo ys Övonere cuv. 4) 429B ' Kisel rode nöregov udè ğvopæ würo seier Yapev, si uý o avu : "Eouo? y cec. nooO5xe, Z sefmiäer uív, oU pévvo. ógJoc ys; . B) Oùðè se E a ee. Bevit rds dade doxsiv RE, svar de &végov Tour RECHT TTT e TEEN ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 295 Gegenstande bald vorenthalten, was ihm zukömmt, bald geben, was ihm nicht zukomme’ !). Die Urwörter sollen nun, gemäss der Forderung, welche in der 2ten Abtheilung des vorigen Abschnitts gestellt war, das Wesen der durch sie auszudrückenden Gegenstände vermittelst Buchstaben und Sylben nachahmen; man kann also auch bei ihnen, wie in Gemäl- den, alles zukommende anwenden , dann entstehen gut gebildete Benen- nungen; oder man kann auch einiges (zukómmliche) weglassen, und bis- weilen andrerseits einiges (nicht zukómmliche) zusetzen, dann entstehen schlecht gebildete ?). Ehe sich Kratylos ganz darin ergiebt, dass es, in Folge der ver- schiedenen Begabung der Gesetzgeber, gut und schlecht gebildete Be- nennungen in der wirklichen Sprache geben werde, macht er noch eine Einwendung, welche, wenn gleich in andrer Form, doch wesentlich mit seiner ursprünglichen Beschränkung des Begriffs ‘Benennung’ auf die richtig gebildeten Wörter auf eins herauskömmt. Er sagt nämlich: ‘wenn man einem Namen die ihm zukommenden Buchstaben nicht vollständig giebt, oder mehr als ihm zukommen, oder 1) 431 B ei dë toðzo oírec £y, xoi Zon un dor dieviusw xd dvonara und arodıdova e rooońjxovta Exdorw, dÀX viote và uù noocrxorza. 2) 431C.D Sokr. ' Wird nun nicht, wer alles (was das Original erfordert, in einer Abbildung) wiedergiebt, die Zeichnungen und Bilder schön machen, wer aber zusetzt oder wegnimmt, zwar auch Zeichnungen und Bilder machen, aber schlechte? Krat. Ja. Sokr. Wie nun, wer in Sylben und Buchstaben das Wesen der Dinge nachbildet? Wird nicht, auf dieselbe Weise, das Abbild (d.h. die Benennung) schön sein, wenn er alles zukömmliche wieder- giebt? wenn er aber weniges auslisst oder bisweilen zusetzt, wird zwar auch ein-Abbild entstehen, aber kein schönes; so dass einige Benennungen gut, andre schlecht gebildet sein werden?’. Zwxg. O/xoi» ò uiv dmoóidovc "gou soi tæ yoduperé vs xci) as sixóvag inoÓ(ómcw, ó dë 5 men Zeie 7 dqowóv yoduuera uiv xai eixdvas $oydlswu sei otoc, alle momggce? Koat. Nai. Zasg, Tí dë Ó die «div ovllaßav te xci yoruucıme ën odoiay v)» MQQYPÉTOV GnopiuoVusvoc; doc OČ ser rv «čtv Adyov, čv pi» navıe drodë tÈ mgoomxovre, xal Ñ stet iore. air ð Aen Övopaæ> idv dè omxo& Èhlsini Ñ ngooudi ivíow, sixàóv ui» yevýostos, zeli dë oj; ders 1d này xc Ad sigyaouéva Zoo TOY rouden, TÈ dë xCXUG 3 : au . THEODOR BENFEY, sie in falscher Ordnung anbringt, dann schreibe man einen Namen nicht allein nicht richtig, sondern ganz und gar nicht; wenn irgend etwas der Art eintrete, so sei er gleich ein andrer'!) Diesem Vergleich gemäss stellt er die Forderung, dass ein Wort, um richtig zu sein, alle Momente seines begrifflichen Inhalts in strictester, lautlicher oder etymologischer, Correspondenz wiedergeben müsse. ; | Dem entgegen bemerkt Sokrates, dass das wohl für quantitative Begriffe gelte, wie z. B. die Zahl ‘zehn’, sobald man etwas hinzuthue oder wegnehme, gleich eine andre werde; nicht so sei es aber bei qualitativen, noch bei einer Nachbildung. Bei diesen würden die Gegen- stände durch eine vollständige Nachbildung nicht nachgeahmt, sondern verdoppelt werden. Man müsse also für ein Bild und das, wovon sie jetzt sprächen (d. h. die Benennungen), nach einer andern Richtigkeit suchen und nicht für nothwendig halten, dass etwas aufhóre ein Bild zu sein, wenn etwas fehle oder zu viel sei; er wisse ja selbst, wie viel den Bildern fehle, um dasselbe zu enthalten, was die Gegenstünde ent- halten, deren Nachbildungen sie sind. Würden die Namen in jeder Beziehung den Gegenständen gleich gemacht, dann würde sich die Lä- cherlichkeit ergeben, dass alles verdoppelt wäre und man nicht wisse, was von beiden die Sache und was die Benennung sei’ 2). . 1) 431 E rav set t yocduuere, tó ve die xci tò Pie xci Éxacvov zën 4 0mıyelmv, fe óvóuecw anodıdausv wj yoapuauxi tÉyym, idv u dqéAousv (4 nt9ocS pucr D PETER U, oÙ yEyganıcı Ev uïv 10 Ovouc, o) Gët ‚sed, dÀÀd tò nagenev GE yiyoanıcı, ČAL etäde Zrepdn cuv, idv u -- doneg soi oe tà ğéxa .... idv dqíhqg m Ñ. moocÓOic, Éwpoc /s* od dë nd uvòç xci Evundons sixóvoc wi ott ad 2 H us | s o aatia dv xoi sixov Koanidot TÓT? iN TÒ TOLOUTOV, 4j dio ee e "Oeëe oiv ... dn dAAqv xon tixovog 0gJóvgva Qqwiv xci ov j &Aéyouev, xai ox. "— Ss idv w amni Ñ ngoci, ees atty &ixovo Ero; j oùz oicód. der. Arten, ci sixóveg và wurd yev Exeivos ow ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 297 An dieser Deduction lässt sich manches aussetzen. Denn eigent- lich bleibt zwischen Wort und Ding — wenn die Nachahmung auch noch so weit getrieben wird — doch immer der stoffliche Unterschied, da festgesetzt ist, dass das Wort eine Nachahmung.der Dinge in Buch- staben und Sylben sein soll, also in einem von ihnen verschiedenen Stoff, und Sokrates hat nicht das Recht, die Nachahmung eines Dinges durch Laute mit der durch einen Gott vollzogenen vollständigen, nicht ` bloss das áussere, sondern auch alles innere, sogar die Seele u. s. w. wiedergebenden Nachbildung, wie in der angeführten Stelle geschieht, auf eine Stufe zu stellen. Doch es ist nicht unsre Aufgabe, diesen Dialog zu critisiren, sondern nur seinen Zweck zu erkennen, und dabei ist festzuhalten, wie schon bemerkt, dass Sokrates seine Untersuchung über die Sprache nicht von einem allgemeinen Standpunkt aus führt, sondern nur von denen des Hermogenes und Kratylos. . Kratylos, welcher: Wort und Ding gewissermassen unvermittelt .coordinirt, fordert deren stricteste Gleichheit; diese greift Sokrates auf b und sagt etwa: wenn du die Forderung der Gleichheit so weit treibst, dann kónntest du ja eben so gut fordern, dass das Wort in jeder Be- ziehung (also etwa auch im Stoff) seinem Begriff gleich sei, wodurch dann jene unsinnige Verdoppelung statt Nachbildung entstände. Du musst dich vielmehr bescheiden, musst anerkennen, dass es nicht in der Natur eines Bildes liegen könne, alles wiederzugeben, was das Original enthält, dass also auch nicht die mit einem Bilde auf gleiche Stufe ge- stellte Benennung die Verpflichtung habe, alle Momente eines Gegen- standes durch correspondirende, lautliche oder etymologische Elemente wiederzugeben, vielmehr sowohl einiger ermangeln, als andre zusetzen dürfe. Wie man in einem Bilde das Original erkennt, wenn auch nicht alle Momente desselben wiedergegeben sind, sogar ein oder der andre Zusatz Statt gefunden hat, so giebt auch das Wort seinen begrifflichen sixovsg sidív; ... Teloie yobv .... Und vv» Ovoucrov nase dv deet wv Óvóneré Zon và Övonere, si návræ navtayi avrois uow. irr yàp dv . mov Tavre yÉvovo, xai 00x dr 8401 adımvy sineiv EEE ÓTOTEQOV Zon tÒ uèv aŭto, 10 de voua. Hist.- Philol. Classe. XII. r4 Pp 298 THEODOR BENFEY, Inhalt kund, wenn gleich es in Bezug auf die Wiedergabe der einzelnen Momente desselben durch lautliche Repräsentanten etwas zu wenig oder zu viel thut. Es erfüllt also die Funktion eines richtigen Wortes, wenn gleich es den Forderungen, welche ein richtig gebildetes Wort erfüllen müsste, nicht ganz entspricht, formal unrichtig, im Kratylosschen Sinn gar kein Wort ist. Kratylos ist also nicht berechtigt, ihm den Namen Dvoue zu bestreiten. Damit fällt die sophistische Scheidung des Sprachinventars, durch welche Kratylos seine Auffassung der wirklichen Sprache als einer richtigen aufrecht zu halten suchte, zusammen, und es ergiebt sich, dass diese auch unrichtig gebildete Wörter enthalten kann. Dabei- wird aber doch — in Uebereinstimmung mit dem „Ergebniss des zweiten Abschnitts — festgehalten, dass die Benennung nur dann gut ist, wenn sie alles enthält, was dem Gegenstand zukommt, schlecht aber, wenn nur weniges; so heisst es 432 D ff. zum Schluss dieser Unter- suchung: ‘Ergieb dich also nur darein, dass eine Benennung gut bei- gelegt sei, eine andre nicht, und dringe nicht darauf, dass sie alle Buchstaben enthalte, um genau so zu sein, wie das, dessen Benennung sie ist, sondern gestatte, dass auch ein nicht zukommender Buchstabe hinzugefügt werde .... und (gestehe zu) dass eine Sache trotzdem benannt werde ... solange nur der Typus (Abdruck) der Sache darin enthalten ist... (wobei er auf eine frühere Ausführung 393 D — 394 C verweist). ... "Denn wenn dieser darin enthalten ist, wird die Sache, auch wenn (die Benennung) nicht alles zukommende enthält, ausgedrückt sein, gut, wenn alles, schlecht aber, wenn weniges’ }). KI H a 7 v0i10UtTov en où övoud vu dAA ée xci tò upa émqépnw ..... sel umdEv rro» roud zogen tò mQéyuc CZ / 10U 7tQyueToc ..... “Orav ydg wir évi, xdv um e es re zo méme) pone d Gren rıavıe, me dé, Gren Öliya, ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 299 Kratylos hatte die Lautcomplexe, denen er, da sie nicht richtig gebildet sind, den Namen ‘Benennung’ óvoue verweigerte, als solche bezeichnet, deren Werth auf Uebereinkunft beruht (383 A) Es wird ihm nun nachgewiesen, dass in der wirklichen Sprache auch diese die Funktion von Benennungen erfüllen, also ebenfalls auf diesen Namen Anspruch machen dürfen (433 B — 435 C). Diese Abtheilung dient zunüchst dazu wesentlich dasselbe zu beweisen, was die vorige: nümlich einerseits, dass die wirkliche Sprache auch in der Kratylosschen Auffassung formal unrichtige Wörter habe; andrerseits, dass die Kratylos’sche Scheidung des Sprachinventars in :Wörter und Nichtwórter eine sophistische sei. Hinzukommt aber als drittes, dass in der wirklichen Sprache nach der Kratylosschen Auffassung auch Ueber- einkunft als Element der Richtigkeit anzuerkennen sei. Der Beweis beruht wiederum auf den im 2ten Abschnitt für die Richtigkeit der Benennung gestellten Forderungen. Die Benennungen müssen, um die Dinge richtig zu bezeichnen, auf Urwörtern beruhen, in denen die Buchstaben durch die Aehnlichkeit mit den Dingen deren Wesen kund geben. In dem Worte oxAnoorms ‘Härte’ drückt das 6, der früheren Annahme gemäss, deren Richtigkeit hier von Neuem zuge- standen wird, ‘Härte’ aus (vgl. 426 E, wo zeyüs dem oxAnoorng in 434 C entspricht); 4 drückte aber (nach 427 B) ‘weiches’ aus; beide in einem Worte, wie hier, verbunden, würden sich also eigentlich einander aufheben; dennoch aber versteht Jeder und Kratylos selbst , was das Wort bedeutet. .Kratylos will das aus der ‘Gewohnheit’ &9og erklären. ` Sokrates aber wendet dagegen ein: ‘Glaubst du, wenn du Gewohnheit sagst, etwas anderes zu sagen, als ‘ Uebereinkunft' Syra äten 2 Oder nennst du nicht das Gewohnheit (d. h. willst du nicht damit sagen), dass ich, wenn ich dess (ein Wort etwa oz4moórrc) ausspreche, ich jenes (seine Bedeutung, etwa 'Hárte") im Sinne habe, du aber verstehst, dass ich jenes im Sinne habe? .... Wird dir also nicht, insofern du mich ver- stehst, wenn ich spreche, eine Kundgebung von mir zu Theil? (vgl. ee D)... Und zwar durch etwas, welches dem, was ich beim Sprechen im Sinne habe, unähnlich ist, da doch das L dem Begriff der Härte 300 THEODOR BENFEY, unähnlich ist. Wenn sich das aber so verhält. was thust du anderes, als dass du mit dir selbst eine Uebereinkunft schliessest, und die Rich- tigkeit der Benennung wird dir zu einem Uebereinkommen, da ja sowohl ähnliche als unähnliche Buchstaben (einen begrifllichen Inhalt) kund geben, sobald ihnen Gewohnheit und Uebereinkunft zu Statten kommen? Wenn aber Gewohnheit aufs hóchste verschieden würe von Uebereinkunft, so dürfte es nicht mehr angemessen sein zu sagen, dass die Aehnlichkeit (das Mittel der) Kundgebung sei, sondern Gewohnheit. Denn diese giebt durch ähnliches sowohl als unähnliches kund. Da wir aber darin über- einstimmen ..., so ist es unabweisbar, dass auch Uebereinkommen und Gewohnheit etwas zur Kundthuung dessen, was wir bei unsrer Rede im Sinne haben, beitragen’), Es ist also danach erwiesen, dass die wirkliche Sprache in OXANQÓTNS ein formal unrichtig gebildetes Wort hat, dem aber, da es ganz die- selbe Funktion erfüllt, wie andre nach Kratylos Auffassung richtig ge- bildete, dieser die Bezeichnung óvouc (Wort) nicht verweigern darf; zugleich ergiebt sich, dass der Umstand, dass es diese Funktion erfüllt, aus nichts anderm als Uebereinkunft Suiten oder Gewohnheit Soe erklärt werden kann, so dass Kratylos auch diese als zur Richtigkeit der Wörter beitragende Momente anerkennen muss. -~ Einen weiteren Grund für die Nothwendigkeit Uebereinkunft als Moment der Richtigkeit in der wirklichen Sprache anzuerkennen findet 1) 434 E "E9oc dë Àéyev oie u dıcpogov Aéysw EvvOmxgc; € &AÀo u Äkysıc tò &9oc 7 ën drei, ówxv rovro qQOéyymyuca, diavooðuaı Exeivo, où dé yıyvaozsıc dn Ödievooium Exeivo; .... Orxoöv ei yıyvoozsıs uoŭ qOsyyouévov Inland co. yíyvew næg’ Zuoö; ... Läd voi dvouoíov ys 7 0 dıevoovusvog q9£ryouca,. cinso 10 Àdfda dvóuowóv don Tj Å qc 0) geiggdrgn ` si d voUro otc Sys, tÉ &ÀÀO 7 adı Üc cavtă EvvéJov sel cow yiyvaraı ý 9o9ócvzc soë ovoueros Eu ägzseg, émadá ys € nào xcd TG nau sei TÈ dvonoıe roduuere, Zäoue te xci Eouätegpe tugóvtæ; si d Ö u nahore Ad dom tò Jos Funden ovx dv xcAuc ču S | Aérav viv Önodenee fion sivas, d và Joc- éweivo ydo, dr Some, xci ` óuoío xci &vouoím ı dot, inaó; dë taŭra Svyywooüusv .... Gvayxaióv Tov xci ue Burda tı xci ¿Fos EvuBdAAscOca mgös Öýhwsw av dievooviusvos A£yousv. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 301 der Verfasser dieses Dialogs in den Zahlwörtern, indem er bemerkt 435B.C: ‘wenn du dich zur Zahl wenden willst, woher denkst du Be- nennungen, die jeder einzelnen Zahl ähnlich sind, beilegen zu können, wenn du nicht zulässt, dass deine Uebereinstimmung und dein Ueber- einkommen in Bezug auf die Richtigkeit der Benennungen eine gewisse Herrschaft besitzen?’ 1). | Ich habe schon angedeutet, dass Euren ‘ Uebereinkunft’ in diesem Dialog in drei Beziehungen vorkömmt, 1. in dem Sinn, in welchem sie Hermogenes nahm ‘reine, numerisch und historisch unbeschrünkte Will- kühr’ (als äusserste Consequenz der alleinigen Annahme dieses Princips für die Sprachentstehung, s. oben S. 201; 231). 2. Swen eines natur- gemäss zusammengehórigen Menschencomplexes (385 A). 3. die historisch geltend gewordene Zus Agen (433 E) Die Uebereinkunft, aus welcher hier die Entstehung der Zahlwörter erklärt wird, gehört ohne Zweifel unter die Kategorie der Willkühr. Denn es ist sicherlich nicht anzu- nehmen, dass der Verfasser dieses Dialogs eine Ahnung davon gehabt habe, dass auch die Zahlwörter auf eine naturgemässe (d. h. der Natur der Sprache gemässe) Weise gebildet seien; diese Entdeckung gehört erst der neueren Sprachwissenschaft. Der Verfasser unsres Dialogs kann sich augenscheinlich nicht vorstellen, dass man zur Bezeichnung dieser ganz abstracien Begriffe auf eine andre Weise habe kommen können, als durch rein willkührliche Fixirung von Lautcomplexen zur Bezeichnung derselben, mag diese Fixirung nun von einem einzigen oder einer Ge- ` meinde ausgegangen sein. = Das Uebereinkommen, Zus Artan. dagegen, durch welches 02ingöms seine Bedeutung hat, ist ein historisches, und zwar scheint es schon ganz in demselben Sinn aufgefasst zu sein, wie auch wir es heutigen Tages begreifen. Wo nämlich Sokrates darauf hinweist, dass das 4 in demselben das Gegentheil von ‘Härte’ bedeute, bemerkt Kratylos 434 D ‘dass es vielleicht mit Unrecht darin stehe .... und man vielleicht 1) Ei Féåsiç ëtt TOv ir doi Sief, nóStv oic EEsıv ové pate uoa évi Zeene zën do/inuaiy Erevsyxeiv, dër um égc u mv onv Ke xci EvvO env Sege Zren và» dron ron ĞoİöTHTOG népi; 302 THEODOR BENFEY, — ähnlich wie sich auch Sokrates, wo es nöthig war, viele Veränderun- gen mit den Buchstaben erlaubt habe — o statt dessen sagen müsse’, und Sokrates billigt diesen Einwand). Nun hat Sokrates jene Buch- stabenveränderungen vorgenommen, um die ursprüngliche, mit dem an- genommenen Princip der Richtigkeit übereinstimmende, Form herzu- stellen. Eben so will also Kratylos auch hier die Urform durch Ver- änderung des 4 in ọ herstellen, und indem Sokrates diess Verfahren als berechtigt anerkennt, giebt er zu, dass die Urform dieses Wortes eine richtige war, dass sie aber im Lauf der Zeit durch die in der Sprache eintretenden Umwandlungen unrichtig geworden ist. Indem das trotz dieser Umwandlung bewahrte Verständniss dieses Wortes der Ueberein- kunft zugeschrieben wird, wird dieser dieselbe Macht zugestanden, die auch wir ihr zuerkennen, nämlich einem ursprünglich etymologisch klaren und so durch seine Bildungselemente verständlichen Worte auch dann seine Bedeutung zu bewahren, nachdem, durch die historischen Umwand- lungen der Laute, Verdunkelung des etymologischén Werthes entstanden, oder dieser ganz aus dem Sprachbewusstsein geschwunden ist. . Das Hauptbollwerk, hinter welchem sich Kratylos bei der Verthei- digung der Richtigkeit der wirklichen Sprache verschanzt hat, nämlich allen Lautcomplexen, die nicht in seinem Sinne richtig sind, den Werth von Wörtern abzusprechen, ist erobert. Es ist erwiesen, dass die Sprache schlechtgebildete und solche Wörter hat, die theils nur durch Ueber- einkunft entstanden, theils nur durch sie verständlich sind. Das Haupt- resultat dieser Abtheilung ist: die Sprache hat Wörter die in formaler ng unrichtig sind (vgl. noch Ende der folgenden Abtheilung). weite eng KE je 437 Ek führt aus, n sie auch Bauer: ste? fü lt au Aufgabe, einer P a niit, pamm sie .. materiell unrichtige eo o Sere soy d sm o 0 RUNE KE , d yefnnawe oš D dën, zei ópOoc dÓóxac £uoiye, 5 det Gen. Jozo. Eù àÉyeg. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 303 Sokrates beginnt:- ‘Was ist der Zweck der Wörter? was sollen sie uns leisten ?' !). Wie oben (388 B; 428 E) Sokrates selbst, antwortet auch Kratylos zunächst: ‘Der Zweck der Wörter ist zu belehren’ (duddoxei Zuoıys dozei); die Belehrung wollen sie, wie wir aus dem ersten und zweiten Abschnitt wissen, dadurch geben, dass sie durch ihren Lautwerth, oder ihre Ab- leitung, oder die Verbindung der Wörter, die in ihnen zusammenge- hämmert sind, das Wesen der Dinge kund thun?), die sie bezeichnen. Da die Wörter nach Kratylos aber das treuste Bild, oder noch nüher die strengste Wiedergabe, Reproduction, der Dinge sind (435 D. E), so fühlt er sich berechtigt, diese Belehrung als eine absolut zuverlässige hinzustellen, dem duddozsır als nähere Bestimmung hinzuzufügen, dass» wer die Benennungen versteht, das heisst, ihren etymologischen Werth in der Weise, wie im zweiten Abschnitt gelehrt ist, erkannt hat 5), auch die Dinge kennt 9). Ja, da er keine andre Weise kennt, die Dinge zu erkennen, ist ihm diese die einzige und beste5), und zwar nicht bloss zum Lernen (d. h. Aneignen von etwas schon sonst, nur nicht dem ler- nenden, bekanntem), sondern auch zum Suchen und Auffinden der Dinge (als etwas unbekannten und nur vermittelst der Worte zu erkennenden) 9). 1) Tíve Auiv Óvrvopar ys và Övóuæræ xci di een avrà zalòv drregydleode; 2) wie es schon 388 B heisst: ‘nach ihrer Beschaffenheit unterscheiden’ te ngeyuarer dıaxgivousv Ñ Eyer. x m 3) vgl. insbesondre noch 425 B und 436 B senn P ch» Zero Go Jet elvaı. mo 4) öç Ev oi Övouere Eniowmei, énicracÓOo. xci va puer: 435 D. 2 5) Tovvov (scil. 709 voO7t0» gon)... x«i uovov xci BéAmorov 436 A. * 6) 436 A *(Glaubst du) dass auch die Auffindung der Dinge dieselbe sei, so dass wer die Namen gefunden hat auch im Besitz der Dinge sei, deren Namen sie sind, oder dass man auf eine andre Weise suchen und finden müsse, auf diese aber lernen? Krat. Ganz im Gegentheil: auch suchen und finden muss man ganz ebenso auf eben diese Weise’. X«w»g. Héssgov A xai sDoecwy vy» Övtv ty avıny ravımv sivo. (scil. oii), tòv tà vópara porro ; Eregov dei v xoi ësst xaGxsivo eb gnxévous wu ën T vonata’ D Inzeiv này xo eboía Det zoonov, Heynen dë voUrov; Koat. Terra paca xci dcn TÒV QÜTÒV TQÓTOV TOŬTOV sem vot. = 304 THEODOR BENFEY, Darauf antwortet Sokrates: *Merkst du nicht, dass, wenn Jemand so auf etymologischem Wege die Dinge erfahren will, er in die grósste Gefahr geräth, getäuscht zu werden? Der, welcher den Dingen zuerst ihre Namen gab, hat ihnen diese doch der Meinung gemäss beigelegt, * welche er von ihnen hegte’, was Kratylos zugiebt. ‘Wenn diese Mei- nung nun nicht richtig war, so werden die, welche durch etymologische Erforschung der danach beigelegten Wórter die Dinge kennen lernen wollen, getäuscht’). Nehmen wir dem Satz seine höfliche Form, so heisst dass nichts anders, als: Wenn die Meinung nicht richtig war, so sagt auch der darauf gestützte Name etwas unrichtiges aus, er ist, wie wir sagen würden, ein materiell unrichtiger, und die wirkliche Sprache enthält in der Kratylosschen Auffassung materiell unrichtige Wörter. Kratylos will diese. Folgerung nicht anerkennen; er wendet zunächst wieder sein Sophisma ein: der, welcher die Benennungen gegeben habe, müsse die Dinge gekannt haben, dh könne keine unrichtige Meinung Dier sie gehabt haben; wäre das nicht der Fall gewesen, so wären es gaio keine: Benennungen, d. h. materiell unrichtige lautliche Ausdrücke gehörten in:die Classe von Lautcomplexen, die nach ihm den Namen Benennungen (Wörter) gar nicht verdienen. Auf diesen Einwand wird hier nicht weiter eingegangen, da er schon in der ersten Abtheilung dieses Abschnitts: vernichtet ist; so gute Kratylos dort formal unrichtige Wärter. sobald sie die Funktion von Wörtern in der wirklichen Sprache erfüllen ,. als Wärter anerkennen musste, eben so gut muss er auch materiell unrichtige,. sobald sie diese ees erfüllen, als solche an- erkennen. 3 Es bedarf, daher keiner wiederholten Widerlegung, und Kra- " ` + e tylos, diess, gewissermassen selbst einsehend, wendet sich auch, ohne Sokrates... ‚Antwort. abzuwarten , zu einem andern Einwand. Dass der DAR. m mehr i gegen die Wahrheit SEH habes da: er, wie Kra-. = SS d) “Wenn | nun ‚jener eine ind TIEREN batte; SG de Tee? PE seiner sh "i ek Rec ‚was glaubst du, dass wir; wenn wir ihm folgen, erleiden | sonst, als getäuscht zu werden? Eè or éxsivoc un Hős E es oia geg a oie dead: ^us undue euro nelosodeı; ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 305 tylos annimmt, stets das richtige getroffen habe, würde aufs sicherste durch die vollständige Harmonie bezeugt, die in den Benennungen herrsche: Sokrates hätte ja selbst (in seinen im 2ten Abschnitt nach heraklitischen Principien entwickelten Etymologien) gesagt, dass alle Benennungen nach derselben Weise und in derselben Richtung gebildet seien }). Diesem Einwand setzt Sokrates zwei GE zuerst sinat allgemeinen: es sei natürlich, dass, wenn Jemand zuerst fehlgriff (d. h. auf ein falsches Princip gerieth), er auch alles weitere mit Gewalt damit in Uebereinstimmung bringen werde 2. Dann zeigt er inductiv, dass diese vorausgesetzte Harmonie auch gar nicht so sicher sei. Mit dem- selben Rechte, mit welchem oben die Benennungen aus ‘Fliessen’ und ‘Bewegen’ erklärt sind, lassen sich mehrere aus ‘Stehen’ und ‘Bleiben’ etymologisch deuten; durch dieses etymologische Verfahren werden die Namen der schlechtesten Dinge denen der besten ähnlich (z. B. due9(a: wird eine &uc Je nogsie). Aus der Etymologie folgt also nichts für die materielle Richtigkeit der Wörter und da diese von dem Namengeber zugestandenermassen nur nach seiner Meinung gebildet sind, so kann diese auf jeden Fall eben so gut eine falsche als richtige gewesen sein. Kratylos : will dagegen nun zwar noch geltend machen, dass doch die Mehrzahl der Benennungen auf jenem (heraklitischen) Princip beruhe; dieser Einwand wird aber — da die Richtigkeit sich nicht nach der Majorität der Fälle feststellen lasse — halb ironisch zurückgewiesen "a 1) Méyıoror dé 00 Zoe vevndougn õu oix $0qaÀwa wis dimdelag d STE ` ov yàp &» no: otro Eiuyava jv adı dnevın- N ois Evevosıs oefrde Léna ds mir xarà tæčtòv sei Zi vai)» Eylyvero od dvonere; vgl. dazu insbe- sondre 402 C tečt’ ott oxons ĝu xoi EEE ovupwvsi xoi no TOU "Hoazásírov mom testver. i 2) 436 C. D si yàg tò moðtov ogaÀdc 6 mIéuevos tike £r "o wir Kkaag xci «v1 Evpquyvsv gqv&yxolev, oidëy dronov. EN 3) ‘Sollen wir die Wörter wie Stimmsteinchen durchzählen und darin idi Rich- tigkeit finden? soll das richtig sein, was deren Mehrzahl ; 12 wonso wiyovs doegäugodueäe cà Bun. xci èv tovto ` eren H ed; i önvrega Gy mÀsío qoívpve và Övouera Gqyuoívovza, ud Sow and; —— Hist.- Philol. Classe. XU. a Qq 306 THEODOR BENFEY, Es bleibt also dabei, dass die Benennungen, da sie ihren Ursprung nur der Meinung verdanken, die diejenigen, welche sie den Dingen beilegten, von diesen hatten (und wie sie zu ihren Meinungen gekommen sind, ist in der Abtheilung gesagt, welche uns den eigentlichen Brenn- punkt ‚dieses Dialogs zu bilden scheint !)), diese Meinung aber eine un- richtige sein konnte, auch materiell unrichtig sein können. Wir können diese beiden ersten Abtheilungen so getrennt auffassen, wie eben geschehen, und haben dann wohl das Recht, aus dieser zwei- ten Abtheilung, in welcher erwiesen ist, dass die Sprache materiell un- richtige Wörter enthalten kann, d.h. solche; die auf unrichtiger Auf- fassung der Dinge beruhen; für den ersten die Voraussetzung einer richtigen. Meinung. zu entnehmen. ` Die Steigerung würde dann darin bestehen: 1. die wirkliche Sprache nach der Kratylosschen Auffassung kann. Wörter enthalten; welche trotz dem, dass sie auf einer richtigen Meinung von den Dingen beruhen, formal unrichtig gebildet sind; 2. sie kann sogar Wörter enthalten, welche auf unrichtiger Meinung beruhen. onio Gegen diese Auffassung machen zwar die folgenden Steigerungen bedenklich; die. der wirklichen Sprache im Kratylos'schen Sinn jede . Migglichkeit-einer richtigen Erkenntniss absprechen und desswegen viel- leicht: verbieten, ..die erwühnte a ae aus der zweiten esum biis N 411 B; ‘Ich’ glaube. wahrhaftig: ich habe mit dem, was a schon ersten be- E „merkte, ‚nichts, übles ausgewittert, nämlich dass, die Urmenschen, die die E igiene. aufgebracht haben, ganz eben so, wie fast alle heutige Philo- ‚ durch. das häufige Herumdrehen und Een, wie -sich die Dinge erhalten mögen, in ewigem Schwindel sind; und "n. scheinen ihnen die V ‚sich ae und allweges sich zu bewegen. Dann erkennen sie über hicht ‚das, was in ihnen vorgeht, als den Grund dieser Vorstellung, - E) sondern geren, CS diess die Natur der Dinge sei’ (Ko? wo, vj tòv xva, de o. LE xoxüc navızvscde Ö xoi vüv ð) dvkvonon, dm oi më o Evo tè Övyouere mavrös uähkoy, deg xci vv » GogGv», Und voU nvxvà negiorgigsodean Smoüvıes, óng da "ie gemein vic bns, dig ian TQ ypove ovt aen) ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 307 für die erste zu entnehmen. Allein dieser Grund ist schwerlich! ent- scheidend; selbst wenn im Fortgang der Steigerung die Unmöglichkeit einer richtigen Erkenntniss für die Sprache im Kratylos’schen Sinn nach- gewiesen ist, liess sich dennoch auf der untersten Stufe der Beweisfüh- rung die Möglichkeit derselben von Sokrates um so mehr für sie voraus- setzen, als sie, wie wir sogleich sehen werden, von ihm als nothwendiges Erforderniss verlangt und von Kratylos zugestanden wird, auch ein wirkliches Zugestündniss von Sokrates durch die Voraussetzung‘ keines- weges gegeben ist. Ich wage keine volle Entscheidung dieser Frage, bemerke aber, dass sich bei dieser Auffassung die weiteren Steigerungen, zunächst die folgende : dass der Namengeber gar keine Quelle für eine Erkenntniss der Dinge hatte, sehr passend. anschliessen. ^ Im Fall man die Zulässigkeit dieser Voraussetzung leugnet, wird man die beiden ersten Abtheilungen enger verbinden kónnen und als ihren Grundgedanken den Satz fassen: die wirkliche Sprache im Kratylos’schen Sinn enthält ‘eine Anzahl sowohl formal als materiell unrichtiger Wörter. Für die Beweis: führung selbst macht es übrigens keinen Unterschied, ob man die eine oder die andre ‚Auffassung vorzieht, daher ich mich nicht. länger dabei aufhalte; doch will ich nicht unbemerkt lassen, dass ich persónlich die erste Auffassung vorziehe, ‘wonach wir hier schon zwei Steigerungen haben. Ba i Es folgt nun die dritte Abtheilung (437 E-—438 D) Darin wird nachgewiesen, dass, wenn man die Kratylossche Theorie als Tichtig voraussetzt, der Widerspruch entsteht, dass der Namengeber die Dinge kennen musste, als er ihnen ihre Benennungen gab, und doch kein Mittel besass, sie kennen zu lernen. ai. d | Dass er sie kennen musste. hat Kratylos schon: 436 C ‚gesagt: ‘es ist nothwendig, dass der. welcher die Namen beleet sie als em (die Dinge) kennender beilege' ); 437 E ff. gesteht er nochmals ausdrücklich zu und wiederholt auf Sokrates Aufforderung, dass er bei “i dieser Be- hauptung bleibe und sie auch auf den ersten Namengeber ausdehne 2. 1) AX dvayxoiov ... sidore a äecäet tov uJéusvov và Grénge, 2) ‘Sag nun: haben die ersten Gesetzgeber, als sje. die ersten 308 THEODOR BENFEY, Nun hat Kratylos schon in der vorigen Abtheilung (436 A) be- hauptet, dass es ganz und gar keine andre Weise gebe, die Dinge ken- nen zu lernen (o? zën te eive &AAov scil. vpózorv), als ihre Benennungen. Vor dem, welcher die ersten Namen gab, existirten aber gar keine Be- nennungen. Es gab also für ihn keine Weise, kein Mittel, die Dinge kennen zu lernen 1). À die Dinge gekannt, denen sie sie beilegten, oder haben sie es gethan, ohne sie zu kennen’? Krat. So viel ich glaube ... haben sie sie gekannt .... Sokr.... Du hast eben gesagt, dass der, welcher die Namen gab, die Dinge kennen musste, denen er sie gab. Bleibst du auch jetzt noch bei dieser Ansicht oder nicht? Krat. Ich bleibe auch jetzt dabei. Sokr. Nimmst du an, dass auch der, welcher die ersten (Namen) gab, sie mit Kenntniss (der Dinge) beilegte? Krat. Ja, mit Kenntniss’: (Asye dr, oi moõtor vouo9évo: tà or vóuætæ s0zsQOv yiyveioxOyvéc TÈ mtQdyneve, oic iddevvo, Ecidevio 7 doo Kocaa. Oiuaı piv yó, o Zuisgerse, yırvaozorıss. Z Oxo. ...- ... EN tT0ig 7tQÓGOsv ... TOV mwJÉusvov TÈ Ovönere dyayxaioy ës siva po fäer oig &ríSero. notegov ott £u 001 -doxsi ottas A où; Kor. "Eu. Zoxg. H xoi vóv và noðtæ uJéusvor sidd quc eisen ; 5 dee & t. Bidden! E D ‚Aus welchen Namen lernte oder fand er denn nun die Dinge, wenn die ersten 3a doch, noch gar nicht existirten, wir aber sagen, dass es unmöglich sei, die 3 er = Dinge auf eine andre Weise zu lernen oder zu finden, als, indem man die a ` Namen (derselben) lernt, oder selbst herausfindet, wie sie (die Namen) be- 1 schaffen. ina Dox. „Auf welche Weise: können wir nun sagen, dass jene mit being, ee Ehem, oder Kortidende) Zeeche waren, ehe L wenn man die (Re, wirklich durch weiter nichts kennen leon y P ^C c simeo vd ys "ër ý Tw &xsıro, madeiv O^ ad qeuiyv tè schon zu der vierten Abtheilung über, wo ir positive er "Dinge. aus sich selbst und somit zur Construc ss Wortes Ge met gës) wird, näm- ner , als durch ihre Namen?’ (Ex moícw oUv drondran Ñ ueuadmeog 7 ebonxac gr el sógety WEE elvai &AÀoe N và ovonere ueSóvvag Z otzode ` e old &0nv;.... Tíve gë don dénen avroð siddrec Herd Z ^ fren moi xci ónoUv óvopa weigO oí te x«i Exeivovg eidévoa, sinso a ucósty All 3 èz ët dvopdwev;) Mit den letzten Wor, NL EIC Enge 1° 1, Ale ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 309 Kratylos, in die Enge getrieben, flüchtet sich zu dem schon früher (S. 251) angedeuteten göttlichen Ursprung der ersten Benennungen: *Ich glaube’, sagt er, ‘die richtigste Erklürung ist, dass eine übermenschliche Macht den Dingen die ersten Namen gab; so dass sie nothwendig richtig sind!)' Diesen weist aber Sokrates wegen der Widersprüche zurück, die sich durch die hier gegebenen gleichberechtigten Etymologien «aus dem Princip des Stillstandes (436 C — 437 C) statt des der Bewegung, des Fliessens in der 2ten Abtheilung ergaben: solche einander wider- sprechende (Benennungen) könnte doch kein Gott oder Dämon (den Dingen) beigelegt haben (438C). Kratylos kehrt zu seinem alten So- phisma zurück: die einen möchten gar keine Wörter sein. Sokrates hat das Sophisma an und für sich schon in der ersten Abtheilung widerlegt; er bekämpft es daher hier so wenig wie in der zweiten von einem all- gemeinen Standpunkt sondern frägt nur» 'welche, die auf das Princip der Bewegung oder des Stillstands führenden?’ und fügt hinzu: nach der Mehrheit werde man es doch nicht (wie schon in der Zeg en lung. bemerkt) entscheiden können’2). Daran schliesst sich nun in der Vierten Abtheilung (438 D —439 B) die Andeutung, wie die Dinge durch sich selbst erkannt zu werden vermögen. ‘Da die Na amen in Zwiespalt sind und. die einen sagen, sie seien es, die der Wahrheit ähnlich (d. h. richtig), die andern; sie seien es, wodurch, oder. wozu unsre Zuflucht nehmend, NE wir das nun entscheiden 213 ` Zu andern Wörtern kann man seine Zuflucht nicht nehmen; denn es giebt keine 4). Man muss also etwas. anderes als die Benennungen SECH welches o 6 E 1) Oiue uiv drei zv distet ER megi roi ton u pes uva dire sivo | dvdowreiev vin 9suívgv Ta ur Övóuata -totg zeng, don &veyxoioy siyar eir. dee Aye eus Ae aiios 2) Howe ... «d dn mv cwicw Group N và dni M goody ; où Seat ser 10 don AeyO9iy mÀ(O95 spuere, | 3) 'Ovoucweov oy groen, xci TÖV piv qaoOxovrov éavra sh ov ch Giysi, sët Ó'éawut, zi du desogofuer , 5 M Ad dyvec ; 4) OV ydo mov Zi Övouard ys $e die voVvav- yàg 20m 310 THEODOR BENFEY, uns ohne Benennungen klar machen. wird, welche von beiden Auffas- sungen (die nach dem Princip der Bewegung oder des Stillstands) die wahre sei, indem sie uns das wahre Wesen der Dinge klar und deutlich zeigt‘). Kratylos gesteht diess zu und Sokrates fährt dann fort: ‘Man kann also die Dinge auch auf andre Weise als durch die Namen erken- nen?),.... nämlich durch einander, wenn sie irgend verwandt sind, und durch sich selbst’ 5). Die richtigen Namen sind aber, wie im Dialog mehrfach hervor- gehoben war, den Dingen, die sie bezeichnen, ähnlich, Bilder der Dinge (eixöves và» noe@yudınv 439 A): welche Thorheit wäre es nun, die Dinge, wenn man sie durch, sich selbst kennen lernen kann, durch ihre Ab- bilder ‚kennen lernen zu ‚wollen? oder wie es 439 A heisst: ‘Wenn es also zwar noch so sehr möglich ‚wäre, die Dinge durch die Benennungen zu erkennen, möglich aber auch durch sie selbst, welche Erkenntniss wäre dann wohl die schönere und.klarere? aus dem Bilde kennen lernen zu. wollen, ob es gut nachgebildet sei und wie das Original sei, dessen Abbild es ist, oder aus dem Original dieses Se und.ob das Abbild a net n 3 | Was es mit dem ‘auch noch so sehr’ 6 u ud Are für; eine Bewandt- niss, habe, darüber haben uns die Etymologien . des zweiten Abschnitts hinlünglich. Kunde „gegeben. .Wir wissen. wie gering und unzuverlässig, oder genauer, wie werthlos die Auskunft über die Dinge ist, die auf er eg zu 1 erlangen wäre (vgl. S. 27 b PR ‚dass also die Erkenntniss i 1 durch. sie selbst ‚gewonnen zu. werden verdiene. 1) pm dio Öm dAÀ' Era Crees zën rouden, uiv &upavısi vsv Hoy, Ó7tÓasQo. vovTmy icu met, deiat T dn uf Exec TÖV e B 3 D 23 u o un. di’ E TÈ ngúypora per ien d y goes. Gv ein zallimv xci vapsorige $ ndsnas; &x vis sizóvoc n. ef xalüç eixacımı, zei TLV dAjuav, Ze di &ixoiv, € an ER xci mv sixóva attis, do moenóvzoc e KE ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 311 Sokrates glaubt, dass es vielleicht über seine und des Kratylos Kräfte gehe, herauszubringen, in welcher Weise die Dinge gelernt oder gefunden werden können; man müsse aber schon zufrieden sein, dass die Dinge nicht aus den Benennungen, sondern bei weitem eher aus sich selbst sowohl zu erlernen, als zu erforschen sein Ek Dass dasjenige, was Sokrates als über ihren Kräften Hiágenid be- zeichnet: die Weise, wie die Dinge durch sich selbst zu erkennen seien, die Ideenlehre bedeute, bedarf keiner Ausführung; es würde sich aber, würe es nóthig, aus dem vorhergehenden sowohl als folgenden, mit Leichtigkeit zeigen lassen; sie ist es ja allein, die das wahre Wesen der Dinge deutlich und klar zu zeigen vermag (438 D); vgl. auch 439 E univ £Sıordusvov ríe «ðtoð idées, Dittrich de Cratylo Platonis p. 17. 18. Wozu aber wird erwiesen, dass die Erkenntniss der Dinge durch sich selbst der durch die Namen vorzuziehen sei, und angedeutet, dass sie von der Ideenlehre zu erwarten sei? Geschieht es, wie es auf den ersten Anblick der Fall zu sein scheint, um der Ideenlehre an d für sich die Bahn zu brechen? Mind Dass dieses schwerlich der Fall sei, kann man schon "erkennen? wenn man bedenkt, dass es kein absonderlicher Ruhm, keine grosse Empfehlung der Ideenlehre wäre, wenn die durch sie gebahnte Erkennt- niss über diejenige gestellt wird, welche vermittelst der Etymologien (zu- mal derer im 2ten Abschnitt) zu erlangen wäre. Der Grund dieses Beweises und der Andeutung eigiebt sich, wenn wir beachten, zu welchem Zweck der Beweis in der Sie “ Abtheilung geführt ward. an welchen dieser sich anschliesst: E- In der 3ten. Abtheilung war erwiesen, "dass "der" Weck im EC Kratylosschen Sinn keine Quelle der Erkenntniss hat, da nach K nur die Benennungen eine solche sind, diese aber ihm fehlten,” D ieser Beweis sollte, zeigen, dass demgemäss die wirkliche Ke ‚auch. nach 1) Ovuva ui» zolvuv todnov det uevddvsv Ñ Sëgigee tè Övıe : " ica iyvawéyos Ñ et Zus xoi cé: dyanmıov dë xci toŬto önoAoynanoden, ën oix E dvoucrev alla 70A) uGAAov arà ZE adv xci pes Ld Ugemiéov 7 vuv ovouarav 439 B. 312 THEODOR BENFEY, der Kratylos’schen Auffassung nicht richtig sein könne, wie diess theils aus dem Zusammenhang folgt, in welchem dieser Beweis zu denen in der 1. 2. und 5. 6. Tten Abtheilung steht, theils daraus, dass Kratylos anerkennt, dass der Namengeber die Dinge nothwendig kennen musste (497 E —438 B), theils endlich aus 438 C, wo Kratylos in seiner Noth zum góttlichen Ursprung der Sprache flüchtet, um so ihre Richtigkeit zu retten, also damit eingesteht, dass, wenn der Namengeber keine ‚Erkenntniss hatte, er keine richtige Sprache schaffen konnte. Im Gegensatz zu Kratylos Prämissen wird nun in der 4ten Abthei- lung gezeigt, dass die wahre Quelle der Erkenntniss (eher) in den Din- gen selbst (als, oder eigentlich: und nicht in deren Benennungen) zu suchen ist und angedeutet, dass es die Ideenlehre ist, durch welche man diese Erkenntniss gewinnt. Es ist natürlich, dass aus entgegenge- setzten Prämissen auch die entgegengesetzte Folgerung zu ziehen ist; hier also: dass durch die vermittelst der Ideenlehre zu gewinnende wahre Erkenntniss der Dinge die Möglichkeit einer Mee Sp =. ist. 15Wenn.dieser Schluss nicht ausdrücklich gezogen wird, so ist das eine natürliche Folge davon, dass die Ideenlehre nicht allein nicht als etwas fertiges hingestellt wird, sondern ganz im Gegentheil Sokrates sich so ausdrückt, als ob er noch gar nicht wisse, wie die Erkenntniss ver- : Tnittolat: der Dinge selbst zu gewinnen sei; hütte er dieser Form gemäss den, Schluss: gezogen;:so würde er in’ unbehülflicher hypothetischer Form orgetreten: sein. etwa: Wenn es aber eine. Art giebt, die Dinge E inqui gs zu coss. Gegen = woher: diese kenit; mr mir scheint , beabsichtigte und durch ae; m en Schlusses geschieht.” ==! | yii s cm schliesst: ‘dass, es Se über ihre er wissen, dass, wenn ERBE as dite Ab- | drückt: ‘Sollen ‚wir sagen, dass das Schöne m 'sei oder: ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISOHEN DIALOGS: KRATYLOS. 313 Kräfte: ‚gehe,‘ zu erkennen, auf welche: Weise man die Dinge lernen und finden könne’, dieses nur eine bescheidne Form ist; dass vielmehr der Verfasser dieses Dialogs, mag er nun Platon oder irgend ein andrer namenloser Schriftsteller sein, die Ideenlehre als diese Weise kennt — da sie ja in allen Theilen dieses Dialogs, wie mir scheint, vorausgesetzt wird (vgl. dos 390 A und sonst, odote 386D; 388 B.C; 423 E; 436 E, idée 389 E; 439 E; den häufigen Gebrauch von end. aurd 8 Bora, &xeino ô Zon, s. Susemihl I, 161 und 160 und vgl. auch 439 C); Hörer und Leser werden in Betracht der insbesondre im 2ten Abschnitt gegebnen Aus- führungen und Andeutungen in der bestimmtesten Form-den nahegelegten Schluss ziehen: da die Ideenlehre die wahre Erkenntniss der Dinge gewährt, so ist sie auch im Stande , die an eine Sprache, die richtig sein soll, gestellten Forderungen zu erfüllen, eine richtige Sprache zu schaffen. : In der fünften Abtheilung (439 B — E) folgt eine neue Steigerung, durch welche. sich: die Unrichtigkeit der Sprache in der Kratylos'schen ! Auffassung ergiebt. ` In der Aren sahen wir: sie hat kein Mittel. der Erkenntniss. Diese fünfte zeigt, dass sie nicht im Stande.'ist etwas richtig. zu benennen... Der Beweis beruht auf dem von Kratylos/ ange- nommenen heraklitischen — von der steten EIERN der Dinge. Sokrates beoitihta Man solle sich nicht: ‚dureh Wiel P eade geg FR nennungen, welche sich aus Gehen. und. Fliessensserklären y0 täuschen lassen, d. h. sich nicht dadurch! bewegen lassen, anzunehmen; dass die, - welche sie gaben, sie den dadurch bezeichneten: Dingen: mit! Recht ges geben hätten ;- das. Wesen der-Dinge dadurch richtig: bezeichnet: hätten? sie hätten. zwar. wie;auch ihm;scheine, diese: Ansicht von. den Dińgeri | gehabt und ihnen desshalb. diese. Namen: gegeben: — was e mit: iesem- scheinbaren Zugestündniss. für «eine Bewandtniss: habe, zeigt der zweite‘ Abschnitt, wo die Etymologien, die auf dieses. Princip basirt: sind; ver“ höhnt werden (vgl. oben:5. 276) —; aber diese Ansicht sei. irrig: müsse vielmehr sagen, das Sinne an und für sich, dani der Dinge sei etwas; oder wie er es bescheiden in: e Hist.- Philol. Classe. XII. 314 THEODOR BENFEY, nicht?’ 1) | Kratylos bejaht‘ dieses und Sokrates fährt ungefähr fort: Diese Ideen seien ewig dieselben und nicht mit der sich ändernden Erscheinung zu verwechseln, ‚wörtlich: Lass uns nun jenes an und für sich in Betracht ziehen; nicht ob irgend ein Gesicht oder etwas der Art schön ist und alles dieses in Fluss zu sein scheint, sondern lass uns sagen, ob das Schöne an und für sich nicht stets so ist, wie es ist?’ zy worauf. Kratylos antwortet ‘Unbedingt’ (dvayan). Wie könnte man diess nun, wenn es, dem heraklitischen Princip gemäss, einem stets unbemerkt entschlüpfte (indem es immer ein andres würde), richtig benennen (ng00sınsiv aic 002056)? man kann von ihm dann ja ‚weder sagen, was noch wie es ist; es würde ja in dem Augenblick, wo wir etwas. darüber aussagen, sogleich etwas andres wer- den, entschlüpfen und nicht mehr so beschaffen sein 5). ^ Was sich immer. verändert ist überhaupt nicht ... was dagegen stets auf dieselbe Weise beschaffen und dasselbe ist, kann sich weder ündern noch bewe- gen; sondern verbleibt stets in seiner Urgestalt t), | Der Gegenschluss ergiebt sich von selbst. Die Ideenlehre stützt Sch, auf, die. Lehre vom ewigen Sein. Sie kann also die Dinge, die ihr gewissermassen stille halten, richtig benennen, indem sie in deren Be- nennung — den im 2ten Abschnitt verdeutlichten Principien gemüss — ausdrückt, m Sie sind und wie sie beschaffen sind. ve P Es ep Ka ‚sechste Bey ‚(439 E— 440 Ge mit der weiteren pri lr pr na ze Ré: jd e Q5 Tiaa E eeneg peter p eÈ modom ai ae 7 "» tüv 1010U- v oliv. Te KE atò dodo db Geb. bobo TT piv dn : Minn pecie dia dao Jim diio ade KS brreEsévon, xoà gegen obrac Eye; - in Lg echte, Sarg bie Ge d dà i decina v) st sen fen zur e- QAR cr, iy tò xcÀóv o? toroðtov dei 0 E ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. . 315 dass etwas von Jemand erkannt werde. Denn in dem Augenblick, wo einer hinzuträte, um etwas zu erkennen, würde es etwas andres und andersartiges, so dass nicht mehr zu erkennen, welcher Art und wie beschaffen es sei). Richtige Erkenntniss ist aber nach allem wegen die Voraussetzung für richtige Wörter. Sie sind demnach auch nach der Kratylosschen Auffassung in der wirklichen Sprache unmöglich. -Die Gegenfolgerung: dass sie vermittelst der auf die Ontologie — welche Erkenntniss möglich macht — Epirus Ideenlehre ermöglicht werden, versteht sich wiederum von selbst. In der siebenten Abtheilung (440 A. B) folgt die sich eng an die vorhergehende schliessende. Steigerung, ` dass das: heraklitische Princip Erkenntniss überhaupt unmöglich mache, also die eigentliche Voraus- setzung der Sprache. Denn diesem Princip gemäss- muss ja auch Er- kenntniss selbst immer etwas andres als Erkenntniss werden 2). N Die Gegenfolgerung ist wesentlich wie in der vorigen Abtheilung: k t9 1) AA uiv ovd’ £v yvwodein ys ùn’ ojdevóc. duo yàg Gv movióg vo$^yyipuó- uévov dÀÀo xci osos vase. öte ois du ER eu $notér: EN u dony Ñ nos yov. ` 2) ‘Aber wenn alld Dinge sich umwandeln und Ee besteht. Aw - RO ‚darf man natürlich auch nicht sagen, dass Erkenntniss. existire. „Denn wenn grade dieses, nämlich Erkenntniss, den Charakter: Erkenntnis zu sein nicht auf- gäbe, dann bliebe ja Erkenntniss immer und wäre , Erkenntnis. ` “Wenn aber auch der Begtiff-der:Erkenntniss selbst sich umwandelt;..so, geht. er: zugleich in einen von Erkenntniss verschiedenen Begriff über und hört, auf,Erkenntniss zu sein; ündert'er sichwaberustets , dann -existirt: Erkenntniss. nie und: dem- gemäss giebt es weder etwas; was erkennen wird» (ein: Subject. der, Erkennt- niss), noch etwas, was erkannt werden wird (ein Objeetider Erkenntniss)’; : "AA ode yvdciw suen eto stade. si pezunimess. rr P di xoi undtv uéve. si piv yàp avro voten, ý ugoe, soi. ywdtus dve gi; pesanien, uévo. vs Gv de 4 yruci SES sip ugoe: et dë xoi. og zé eld e Mëroatizrrer ër YvWosws, dng T dy uevoníno sic diio -sidos yveiaeume sei oùz dv ein pec ed 0" dei peranintr, dei ovx d» sig mias, sni omini Aóyov gës TÒ yvacOusvov obrs TÒ yvocóncóusvovy dy sig. o © Y bs $916 ` THEODOR BENFEY, die Ideenlehre hat eine unwandelbare Erkenntniss, also die für Bildung richtiger Wörter nothwendige ‚Voraussetzung. Sie allein vermag die . Dinge ihrer wirklichen Natur gemäss zu benennen, nicht nach einer blossen. Meinung (vgl. den ersten Abschnitt, insbesondre 387 A). Die achte Abtheilung (440 B). stellt dem vorhergehenden den onto- logischen Gegensatz gegenüber und damit sagt sich Sokrates in letzter und hóchster Steigerung, wenn gleich in zweifelnder, d. h. — wenn wir uns des zweiten Abschnitts erinnern — nur höflicher Form, von der ganzen. kratylos-heraklitischen Auffassung der wirklichen Sprache los. Ist die ontologische Anschauung die richtige — wir wissen ja aber, dass sie dess dem Sokrates ist — ‚so scheinen (d. h. sind ihm) sämmtliche auf dem .heraklitischen Prineip basirte Etymologien, durch welche. man vom Kratylosschen. Standpunkte, die Richtigkeit der wirklichen Sprache nachzuweisen versuchen möchte, eitel Wind), (Die neunte Abtheilung (440 C— E Ende) bildet den Schluss. Er fügt sich ungesucht an das vorhergehende, indem er nochmals die heraklitischen Worterklärungen, aber viel entschiedener, verwirft, und daraus eine ganz natürliche Folgerung zieht, die gewissermassen als S Nutzanwendung . dieses Dialogs betrachtet. werden kann, insofern sie für E die Erkenntniss. überhaupt von Wichtigkeit ist (vgl. Polit. 261 E, wo ^g sere Einsicht. davon pobangig gemacht wird, dass man sich nicht Broad arts rp H yas aber dieti: das Erkennende (das Subject); stets das Erkanntwerdende das Object), das'Schóne, Gute und jedes eine der Wesen, dann scheint mir "das, wovon wir jetzt sprechen (d.h. die Benennungen), weder éinem Fluss [3 finer ‚Bewegung ähnlich zu sein (d. h., — da ja dem vorhergehenden më Benennungen- -den Dingen, die sie ausdrücken, ähnlich sind, in / durch die Correspondenz der Laute und Grundbegriffe — ` SÉ er in den Urwörtern noch den abgeleiteten oder A E sie in letzter Instanz auf den Lautwerthen der Begriffe ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 317 ängstlich an Worte halte })), vielleicht gegen ein und die andre damalige philosophische Richtung von Bedeutung war (vgl. Hermann G. u. S. 493). Da Sokrates seine Verwerfung der kratylos-heraklitischen Auffas- ‚sung der Sprache in höflicher Form ausgesprochen hat, so leitet er auch den Schluss mit einer zweifelnden, höflichen Form ein: ob die heraklitische Ansicht oder die ontologische richtig sei, das sei schwer zu untersuchen; dann folgt aber in sehr entschiedener Form: doch auf jeden Fall würe es sehr unvernünftig, seine Weisheit aus Benennungen schöpfen zu wollen (vgl. oben 2ten Abschn. Ende), und im Glauben an diese und die, die sie gegeben haben,' sich darauf zu steifen, als ob man etwas wisse, und sich selbst und die Dinge zu verachten, als ob an nichts was gesundes wäre, sondern alles wie Töpfergeschirr rinne, und die Dinge so beschaffen wären, wie Menschen, die am Schnupfen leiden, und alles von Fluss und Katarrh geplagt wäre. ^ Kratylos versichert, dass er an Heraklits Ansicht festhalte. Damit schliesst das Sachliche des Dialogs. | CC ETS EH Ist die im vorhergehenden gegebene Auffassung dieses ` Dialogs richtig, so behandelt er in der That, der alten Ueberschrift gemäss, die Frage über die Richtigkeit der Wörter, aber in der Weise, dass er zeigt, wie die Wörter gestaltet sein müssten, um riehtig zu sein, dass die wirkliche Sprache, auch in: Kratylos Sinn aufgefasst, keine Richtigkeit - der Wörter besitzen: könne, dagegen auf dem Grunde der Ideenlehre ` richtige Wörter, d.h. eine richtige Sprache construirt zu werden vermög®. Das eigentliche "Hinderniss, wesshalb die wirkliche ues keine oder wenigstens nicht durchgehend richtige Wörter besitzen kann . liegt =. M CS o E Ple) derselben, der Gesetzgeber | a ten e Les 1) Kav Hosius TO un onovdalsıy $ni tois Be, jenen dee rjoas dvayavıoa qoovgosuac. 318 THEODOR BENFEY, sitzt die wahre Erkenntniss und damit die wesentliche Voraussetzung für die Bildung richtiger Wörter, d. h. einer richtigen Sprache. Die Ideenlehre trägt also, wie z. B. den wahren Staat, so auch die wahre Sprache in ihrem Schooss. Wer durch sie das Wesen der Dinge erkannt hat, vermag — nach den im Allgemeinen angedeuteten Principien, wie dasselbe, oder vielmehr nur der Typus der Dinge (432 E) nicht alle ihre” einzelnen Momente, wie Kratylos will, in Buchstaben und Sylben und weiter durch Ableitung und Zusammenhämmerung in den Benen- nungen auszudrücken sei — das Ideal einer Sprache zu gestalten. Die Existenz der wirklichen Sprache, also die Unnöthigkeit, eine neue ideale zu bilden, kann gegen meine Auffassung dieses Dialogs keinen Einwand bilden. "Hat sich Plato durch die Existenz der wirk- lichen Staaten nieht davon abhalten lassen; eine ideale Republik zu construiren, so wird er, wenn er der Verfasser des Kratylos war, oder ein andrer Anhänger der Ideenlehre; der ihn verfasst haben: móchte, noch weniger Anstand genommen haben ‘sich die Möglichkeit’ einer idealen" Sprache zu denken und darüber Andeutungen zu geben. Zeigen doch anch die folgenden Zeiten, bis in die unsrige hinein, nicht wenige vmd ` Keinesweges von unbedeutenden Männern herrührende Versuche über dag" Ideal einer Sprache und sind ‘manche’ Urheber von solcher selbst! so weit gegangen‘, die Verwirklichung und ne ihrer Ver- uthe nicht für' unmöglich. zu halten. Are ag "Indem ieh’ deg" schon 8:222 gemächten Vergleich des Kratylos mit demP'Politikos ins Gredüchtniss zurückrufe,’ verweise ich zugleich auf das, ~ ‚was Susemihl (I, 326) über den Politikos sagt. 'Es kommt allein darauf dée der Herrscher die wahre‘ Erkenntniss besitzt, womit dann die sis ns Wie in“ Anspruch genömmene Identität desselben mit dem d er gier EE ausdrücklich ausgesprochen dst TL Ganz eich m mir auch auf das Mille zu machen , was Schleier- einer Einleitung zum Kratylos (8. 18, 2te Ausg.) über das ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 319 eben so beruht die richtige Sprache im Kratylos auf der durch die Ideenlehre möglich gewordenen Erkenntniss, zë , und der vouoF£ıns, Namengeber, welcher in Bezug auf die wirkliche Sprache, auch in der Kratylosschen Auffassung, der wahren Erkenntniss entbehrte, eines Dialektikers, óreAsxzuxóg, als Aufsehers, &moz&rns, bedurfte, ist in Bezug auf die ideale Sprache selbst Dialektiker, das heisst, wie dieser im Soph. 253 E erklärt wird, der richtig und rein philosophirende (0994s xci ze&9«odc qu400090r), der wahre Philosoph, der in Folge davon und vermittelst der Principien, welche über die Bildung der Benennungen für die richtig erkannten Dinge aufgestellt sind, bei der Gestaltung der Sprache nicht mehr irre gehen kann. | Auch was Susemihl bezüglich des Politikos (I, 327) über die Staatsverfassung. bemerkt: ‘Man. sieht daher wohl, dass ‚Platon im Grunde diese Form. selbst. nur als ein Ideal betrachtet'.. gilt für den Kratylos: die Sprache, welche der mit dem Dialektiker ; und. Philosophen. identificirte Gesetzgeber, ` »vouoOémj, zu schaffen im Stande ist, ist nur Ideal. on Wie sich der Verfasser dieses Dialogs diese ideale Benoit eh. struirt haben móchte, genauer als in dem bisherigen geschehen, nach den in diesem Dialog hervortretenden Andeutungen bestimmen zu ‚wollen, scheint mir kaum möglich. Nur auf eines mache ich noch aufmerksam. Als ein Haupteinwand gegen die Richtigkeit der, wirklichen Sprache war geltend gemacht, dass sie zum Verständniss der Uebereinkunft nicht entbehren könne , speciell meiner Auffassung gemüss derer, welche be- — wirkte, dass Wórter,. deren einst. in- ihnen ERBE ee re als die Kunst, deeg Beet das Wahre schlechthin. ist in, ES eit des Kier und ‚Darstellens, ‚alles andre. hieher gehörige aber und, yor lich. die Vorstellung und die Sprache nur ihr Organ... ‚Diese Par lcle .... zieht das Band zwischen jenen . en zusammen ind eina Eee höhe gestellt erblicken wir schon kie. . den Philosophen, ak die Einheit des Dialektikers und Staatsmanns'. Ich A jedoch nur, dass man « diese Identität beachte; die übrige Auffassung ist, meiner E H irrig. — Man vergleiche auch, was Susemihl (L, 215. n. Phüdros bemerkt, wo die Redekunst von der 320 -= THEODOR BENFEY, durch Lautveränderungen aus dem Sprachbewusstsein geschwunden ist (S. 301). In der idealen Sprache musste es ein Mittel geben, diese ursprüngliche Richtigkeit ‘zu sichern und also diese Art der Ueberein- kunft als ein Moment des Verständnisses unnóthig zu machen. Ich vermuthe fast, dass dieses dem Institut der qóZcxsg und yviezızararoı in der Republik nicht unähnlich gewesen sein würde: Damit meine Auffassung dieses Dialogs minder auffallend erscheine, setze ich schliesslich einige Stellen von Deuschle und Schaarschmidt hieher, welche zeigen, dass sie keinesweges so fern liegt, als auf den ersten Anblick scheinen móchte. Bei Deuschle (die Platonische Sprach- philosophie S. 47) heisst es: ‘Setzte man nun auch wirklich den Sprach- bildner als Philosophen und Dialektiker, so führte das ... . zu. verkehrten Consequenzen .... Weiter würde sich ergeben, dass fedes, der sich in den Typus seines (des platonischen) Systems versetzt hätte, das Recht und die Kraft besässe .... eine neue Sprache zu schaffen’. S.50: “Vermöge seiner Erkenntnisskraft kann er (der Mensch) den ob- jektiven. Standpunkt einnehmen und die Worte zu treuen Reflexen des Wesens. der Dinge machen’; vor allem 8.62: ‘es bleibt eine qv0ic, aber nur die ideale, sofern sie dargestellt werden soll’. ` Man vergleiche. auch folgende beide Stellen in Schaarschmidts Abhandlung (über die Unechtheit des Kratylos, im Rheinischen Museum XX, 3); zunächst. S..325,. wo es heisst: ‘Der letztere Gedanke im letzten . (389.C f£) durchgeführt, ist zwar allgemein gehalten, die Be- hung. auf. den .eigentlichen Gegenstand des Gesprächs indessen so- gedrü ückt, dass damit zugleich die Sprache selbst als eine verfehlte i Sie zu, werden scheint’; dann S.333, Zeile 1: ‘also .... Ihre Künstler, der die Idee der Sache kennt .... auch alle Bee: darzustellen wissen. Hier Heer; . Plat. Rep. ei? e wird odes pit. dass der sondern es wird ` ÜBER DIE AUFGABE DES. PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 321 soph, der seiner Erkenntniss gemäss nach den fd die Bildung richtiger Wörter aufgestellten Principien eine wahrhaft richtige Sprache zu bilden vermag — und die wirkliche Sprache ‚scheint. nicht als eine verfehlte Bildung bezeichnet zu werden, sondern es wird yon ihr dialektisch be- wiesen, dass sie — wenigstens in der Kratylos’schen Auffassung — der Richtigkeit entschieden ermangelt. Habe ich Recht, so haben Deuschle und Schaarschmidt gewisser- maassen den Eckstein in der Hand gehabt, aber selbst wieder wegge- worfen. VIII. Aehnlich wie im Politikos und in der Republik neben der Hin- weisung auf einen idealen Staat und der Construction desselben tiefe Blicke in den wirklichen Staat gethan werden, so finden sich auch im Kratylos in Bezug auf die wirkliche Sprache und speciell auf die — waltende Richtigkeit tiefsinnige und wesentlich richtige Gedanken. Als eine blosse Nothsprache wird sie zwar keiner EEE philosophischen Betrachtung gewürdigt, nicht de industria, ^wie Stall- baum sich ausdrückt, behandelt, ja es wird ihr gewissermaassen verächt- lich der Rücken zugekehrt, und es ist desshalb schwer, mit voller Sicherheit zu bestimmen, wie der Verfasser dieses Dialogs über sie ge- dacht habe; allein man wird schwerlich irre gehen, wenn man, da ja die Welt der Erscheinung — der Ideenlehre gemäss an’ der Ideenwelt ` Theil nimmt, eine Art. Nachahmung derselben ist!), alles auf sie bezieht, was in diesem Dialoge über Sprache vorgebracht wird und ihrem Wesen so wie der Erkenntniss derselben, wie wir sie für die damalige Zeit vorauszusetzen vermögen, nicht widerstrebt. Kurz zusammen; | scheint mir diess etwa folgendes. A | Die wirkliche Sprache ist richtig, insofern ihre ware von S Hörer in demselben Sinn verstanden werden, in welchem ` der sie gebraucht und verstanden wissen will (s. oben S. S. 203). .1) Hermann Gesch. u. Syst. der plat. Phil. 491 u. 651 2.458; Deuschle, de ` plat. Sprachph. 65. Hist.- Philol. Classe. XII. E = T S. 399 . THEODOR BENFEY, Diese Richtigkeit beruht darauf, dass die Wörter nicht nach Will- kühr gebildet sind, sondern im Allgemeinen in einem natürlichen Ver- ‚hältniss zu den Gegenstünden stehen, welche sie bezeichnen, von ihnen irgendwie bedingt sind. Davon bilden die Eigennamen im Verhältniss ‚zu ihren Trägern eine Ausnahme (vgl. 397 B; 384 C) und vielleicht auch ‚einige Begriffswörter, wie die Zahlenbenennungen, für welche, als all- gemeinste Abstractionen, der Verfasser die Möglichkeit einer naturge- mässen Entstehung sich nicht vorstellen zu können scheint (435 B). Dieses naturgemüsse Verhältniss zwischen Wort und Begriff beruht aber nicht — wie das in der idealen Sprache der Fall sein würde — auf richtiger Erkenntniss , Zeg, der zu benennenden Dinge, sondern auf der Meinung, Vorstellung, dö&@, welche die Menschen, die ihnen diese Namen beilegten, von a hatten !). Diese Vorstellung konnte mög- „licher Weise eine richtige sein, gewissermaassen also mit Erkenntniss, Ardet, identisch, eben so oft und noch ófterer konnte sie aber auch „falsch sein (vgl. 436 B ff). Ausgeprägt in Worten ward sie wesentlich „nach, ‚den für die richtige Sprache aufgestellten Forderungen. Die Be- griffe, welche der Namengeber für elementare nahm, drückte er durch = se See Werthe der Laute aus, und bildete so Urwörter; die SA Vgl: 401 A: nachdem ` Sokrates — we die Richtigkeit der Götter- - . namen (auf etymologischem Wege) nachzuweisen — bemerkt hat, dass wir . weder von den Göttern selbst, noch den Namen, welche sie sich selbst geben und die ohne:Zweifel die wahren sein. würden, etwas wissen, fährt er fort: enn ee dr also recht ist, so sagen wir gewissermaassen erst den Göttern, š; wir keine ER über sie anstellen wollen — denn dazu sind wir, meinem Erachten, nicht fähig —; sondern wir wollen erwägen, von Vorstellung geleitet die Menschen ihnen ihre (speciellen) Benennungen 1; e oiv Bovia, oxomauer sorge mQoswóvTec voi Aegte um s i Zu ee — o) yàg dEwoöuev oloi t dv slyen 0x0- | vÀY čyJgw. 4 note dd fren Eyovıss àvíSevro avtroiç 1. "auch 411B; 436 B: Es ist klar, dass der, welcher zuerst : sie sie nach der Meinung, die er von den Dingen hatte, d Jéusvo; ngaos TÈ Ze gie dite eivai tà ÜBER DE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. ; 225 auf jenen beruhenden bezeichnete er durch Ablsituug und Zusammen- hämmerung aus den Urwörtern. Zu dieser Nachahmung der Dinge "durch Lautcomplexe bedarf es aber nicht einer vollständigen lautlichen oder etymologischen Wiedergabe aller begrifllichen Momente, sondern es genügt, wenn ihr Typus in der lautlichen Nachbildung hervortritt (432 E). Die so gebildeten Wörter sind im Laufe der Sprachgeschichte den mannigfachsten Lautumwandlungen ausgesetzt, welche die Nach- weisung und also noch mehr das allgemeine Bewusstsein der ursprüng- lich in die Benennung gelegten Auffassung des Gegenstandes derselben nach und nach immer mehr erschwert und vielfach ganz vernichtet. Dennoch wird aber die ursprüngliche Bedeutung des Wortes geschützt und zwar durch das geltend gewordene Uebereinkommen, Euren (433 E vgl oben S. 301), gegen welches — im Gegensatz zu Hermogenes Auf- fassung desselben — Niemand berechtigt ist, sich aufzulehnen, ein Uebereinkommen, das sich zwar der besonderen Gründe, auf welthen es in jedem einzelnen Falle beruht, nicht bewusst ist, aber doch‘ Wis wenn auch dunkle, Gefühl hat, dass es Gründe dafür giebt, welche" in der Sache selbst liegen. : | So tritt uns schon in diesem ältesten Erzeugniss der Bd ans Sprachwissenschaft im Wesentlichen fast dieselbe Anschauung mutgegen, | welche auch wir über die Richtigkeit der Sprache hegen. = er für uns ‚steht es fest, dass im Allgemeinen — vielleicht mit FR L Eral fi Y Ausnahme einiger Erscheinungen bei den poly die Wörter echt die Zahlwörter, pe Namen id Per: ws. N — beigelegt wurden, dass sie also zu dieser Zeit etymolog 0 = waren pnt. ihre regunt] uci dieser Toad: : besassen. Durch sche Durchsichtig volt nach und mach“ ein und N ihnen ihre Bedeu- a dem $E Ss2 324 . THEODOR BENFEY, tung dennoch verbleibt, so beruht dieses auf der Gewohnheit, Z9oc, welche Sokrates mit dem Uebereinkommen gleich setzt (434 E). Dass die Gewohnheit durch die Allmählichkeit und Gesetzmüssig- keit der historischen Umwandlung eine bedeutende Stütze erhült, dass die Bedeutung auch durch Reihen von zusammengehórigen Analogien geschützt wird, wie manches andre seit den 2200 Jahren, welche seit Abfassung dieses Dialogs verflossen sind, im Gebiete der Sprachwissen- schaft erkannte, mochte und konnte dem Verfasser desselben noch nicht bekannt sein; um so mehr ist es zu bewundern, dass trotzdem das Verhältniss im Wesentlichen richtig von ihm erfasst ist. IX. Es würde nun die Frage zu behandeln sein, ob meine Auffassung dieses Dialogs sich mit der platonischen Ideenlehre, oder mit einer damit iM“ Zusammenhange stehenden Modification derselben vereinigen lasse, Die Beantwortung derselben würde vielleicht auch für die Kritik der von Sch aarschmidt gegen die Echtheit unsres Dialogs erhobenen Zweifel von ‚Entscheidung sein. Doch meine Kenntniss des Plato, so wie der alten Philosophie überhaupt, ist, wie ich gern eingestehe, für diese Aufgabe völlig‘ unzureichend; ich muss sie daher den Männern über- lassen, "welche auf diesem Gebiete bewandert sind und deren Anzahl jetzt "Keine geringe ist. Von diesem Gesichtspunkt aus waren mir . Schas rschmidts Bedenken gegen die Echtheit des Kratylos keinesweges om len. ‚Sie, gaben mir die Berechtigung, ja Verpflichtung, ihn he » als ob er unter den platonischen Werken niemals eine hne mich auf das Verhältniss desselben zum System hie einzulassen, Schwerlich aber ` wäre es mir rpflichtung mich zu entziehen, wenn Platos ;'ezweifelbar und unbezweifelt fest stünde. ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 325 Exeurs über die Bedeutung von órvouc und gue im Kratylos. Ueber övou« habe ich nur wenig zu bemerken. . Es ist so ziemlich allgemein angenommen, dass es im Kratylos alle Wörter bezeichnet, keinesweges, wie z. B. im ENS Soph. 261 E, die Nomina im Gegensatz zu den Verben. Diese Annahme ist un- zweifelhaft richtig und man sollte meinen, dass, wer nur einige Seiten des Kratylos gelesen, nicht an ihr zweifeln kann. Dennoch nimmt Schaarschmidt (Rheinisches Mus. für Phil. 1865, XX, 3, 342) an, dass es nur Nennwort bezeichne, und es ist darum dienlich, jene umfassende Bedeutung vor zukünftigen Angriffen zu sichern. Sie ergiebt sich eigentlich schon vollständig aus 385 B.C: ‘Ist es möglich, dass ein wahrer Satz ganz wahr, seine Theile aber falsch sind? Herm. Nein, auch. die, Theile müssen wahr sein. Sokr. Müssen nur die grösseren Theile wahr sein, bran- chen es die kleineren nicht, oder müssen alle Theile wahr sein? Herm. Alle. ` Sokr., Giebt es nun von dem, was du einen Satz nennst, einen kleineren Theil als das. Wort (óvona)? Herm. Nein; dieses ist der kleinste’ !). Bezeichnet Övone alle kleinsten Theile eines Satzes, so bezeichnet es natürlich auch Pronominä, Zahlwórter, Verba, Partikeln u.s.w., sämmtliche Wörter. Zu allem Ueberfluss werden unter den Wörtern, deren, Richtigkeit: liio die: wird, auch Infinitive aufgeführt, z. B. 424 A iévos, 426 D zo. óciv, 421 A mé geiegäen, ` ` 427 B tò dhuodavav, und es wird gewiss Niemand annehmen, dass damit nur die Abstraction des Verbum gemeint sei, sondern vielmehr jeder anerkennen , dass ‚sie, ; wie ja auch bei uns, den verbalen Begriff, das Verbum, überhaupt bezeichnen sollen 2, da es bei der Specialisirung desselben in der grossen Fülle der Verbalformen nicht“ möglich ist, ihn anders als durch eine Abstractbildung in seiner Allgemeinheit hin- zustellen. Man wird mir daher gewiss vollständig Recht geben, wenm ich schon oben S. 290 in ergoe (424 A) das Abstractum als Bezeichnung des verbalen Begriffs: ` gefasst habe, wofür ich auch die Analogie der indischen Grammatiker , elt en welche den | Verbalbegriff vorzugsweise durch Ableitungen, T o n dem. entspre- : É CR Aóyos d' iewv ô &Xxy93c möregov 0Àog uiv dÀg95c, rà uöoe ed TP vin diop?: ion Qix, iae zei tà dëng, Zwxg. Hóngov Jè fà uiv m POM Té di Ozon ob ` 8 návra; Eon. Diese, olums Zraig, Zwzxo. ’Eony oiv ipee Cuszoótegav Aögsor i à cum dio $ 7 óvoua; Eom. Oix, GÀÀ& ToUTO GuixoórcToy., k j ? x ‚auch 397 D ano ravms Toc pioroc Tic rof — ee > 9209 79.9 THEODOR BENFEY, chenden Verbum vermittelst des, mit dem griechischen Suffix c; identischen, sskrit. ti bezeichnen. Eben so habe ich sicherlich mit Recht auch das Abstract Zo? (424 A), ‚so, wie die Participia Präsentis ed io», «o géng und od Óo?v (421 C) als Bezeichnungen des Verbalbegriffs gefasst. Es ergiebt sich diese Berechtigung mit Entschiedenheit daraus, dass oy&aıs und dor categorisch gleich mit iévc, 494 A erscheinen (rregi Gute vs xci Tod iívos xci o%£osws) und diese mit ov, ióv, doöv auf gleiche Stufe gestellt werden, indem Sokrates an der angeführten Stelle angiebt, dass Hermogenes nach goj, iévo:, oy&oıs gefragt habe, Hermogenes aber 4210 in seiner Frage die Worte resp. Formen óéov, ióv, doöv braucht. Diese aber, augenscheinlich nur eine vierte Art das Verbum durch ein Abstract zu bezeichnen, werden 421C aus- drücklich övonere genannt !). Man sieht also hieraus, dass óvouc im Kratylos auch Verba umfasst, und ich hoffe, dass, den beiden Ausführungen gemäss, kein Zweifel mehr darüber aufkommen kann, dass es hier Wort überhaupt bezeichne. »urdsı-Wenden wir uns zu eine. Was dieses Wort bedeutet, zeigen insbesondre drei - Stellen; zunüchst 399 B, wo der Name Aiyılos (gewissermassen *Gottlieb") aus Ai mibr B; iwo. iere *Wahrheit' aus din Isa ‘göttliche Bewegung’ erklärt und in fern ein jpe genannt wird; endlich 399B, wo. Evdgwnos aus dveSogdy und ‚ indem zu zeigen ert sind, die nach Auflösung dikative Aussage über das zu mung damit werden die durch genannt (421 E vgl. $.253) Bei "dagegen, wo durch diese. Zerhümmerung nicht eine .prüdicative ` n ganzer Satz entsteht, nämlich bei jvoe, welches durch öv & — D? Droe erklärt wird: 'seiend, was gesucht wird’ — ‘das, was 421 A) fou ... ix Adyov Zrdues GvyxexQorpuévo ‘es sieht ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 327 ist, sondath, weil diese Wörter durch Supplirung zu ðe’ ôv Liv Groot erweitert sut oiov Aóyoc (gewissermassen ein Satz). Ich vermuthe daher, dass óZu« ERGELA wie in Jıl gíAoc, dir 9sía eine Ver- bindung von Wörtern bedeutet, welche zwar keinen satzlichen, aber einen selbst ständigen Sinn gewährt, also einen durch sich selbst verständlichen Satztheil, etwa z. B. im Gegensatz zu dvógóc, welches nur durch Verbindung mit dem Worte, von welchem es abhängig ist, einen verständlichen Sinn erhält. Insofern ein solcher selbststündiger Sinn grósstentheils durch zwei oder mehrere constructiv zusammengehörige Wörter gebildet wird, scheint mir Gëue weiter die Bedeutung 'grósserer Satztheil' angenommen zu haben (vgl. die S. 325 aus 385 B.C angeführte Stelle); insofern aber ferner die Verba durchweg einen derartigen selbst- ständigen Sinn haben, mag die Benutzung des Wortes óZu« zur Bezeichnung des Verbum, wie sie entschieden Soph. 262 A erscheint, wenigstens zum Theil sich an diesen Gebrauch lehnen, in welchem es wohl eigentlich. nur eine selbstständige, aber nicht satzliche Aussage bezeichnet. Es entsteht nun die Frager hat ózu« im Kratylos auch die Bedeutung ‘Ver- bum’? Dass es sie an den bisher angeführten Stellen nicht habe, bedarf keiner weiteren Ausführung; eben so ist diess in allen übrigen unzweifelhaft mit Ausnahme von zweien, bei denen man wenigstens auf den ersten Anblick schwanken kann. Es wäre diess einerseits, da öjwe später entschieden diese Bedeutung hat; natürlich nichts weniger als unmöglich, allein andrerseits wäre es doch höchst auffallend, wenn ein Wort, "welches an so vielen andern Stellen in einem andern und entschie- den technischen Sinn gebraucht wird, an zweien einen ganz abweichenden ebenfalls technischen haben sollte. Ich erlaube mir daher den Versuch zu machen, jene Be- deutung auch für diese beiden Stellen in Anspruch zu nehmen. i; Die erste Stelle findet sich 431 B, wo alle Erklärer und Steeg. ilia Ach einsehen konnte, die Bedeutung “Zeitwort’ annehmen:' Sie lautet::s? de zoüro. oërne syer, xci ëmm u) doe droën tà dvöuare pyðè dnmodıdovau tÈ merid Zeen, AAN? dvíows vd uù ng00nx0VIe, ci dv xci Önuare dd Toro TETY. x dino xci üvóuara Zon om më, Grieg soi Aóyovc* Agro ydp nov, wg &yepeu, zovvey EVv9eoig suv. Ich übersetze: ‘Wenn es sich so verhält, und. möglich is die Benennungen unrichtig zuzutheilen, nicht jedem das ihm zukomniende ,' geg bisweilen auch das, was ihm nicht zukommt, so könnte man dasselbe‘ auch. mit: den Aussagen (d.h. ‘den begrifflich zusammengehörigen Wortverbindungen im Satz’, andre ‘mit den Zeitwörtern’) thun; kann man aber Aussagen und ur so setzen, so ergiebt sich dasselbe mit Nothwendigkeit auch für die! ütze. Eds ‚Sätze. sind doch, wie mich dünkt, eine Verbindung von diesen’. ger = Da die Beneruingen, öyöuere, wie wir oben g 5 in unserm nie: ent: 328 THEODOR BENFEY, schieden Verba mit umfassen, so wäre die besondre Anführung von 'Zeitwórtern' schon von diesem Gesichtspunkte unnütz und öruer« könnte also schon desshalb diese Bedeutung hier nicht haben.‘ Dass es aber auch hier ‘Wortverbindungen’ be- deutet, geht auch aus einer genaueren Erwägung des Sinnes dieser Stelle hervor. Dieser ist: ‘kann man unrichtige Benennungen machen, so kann man auch unrichtige Wortverbindungen machen und endlich auch unrichtige Sätze’. Wollte man dju« durch ` Zeitwort” übersetzen und övou« natürlich dann durch Nennwort, so entstände der Sinn: ‘kann man unrichtige Nennwórter machen, so kann man auch unrichtige Zeitwörter machen und unrichtige Sätze’. Um die Unrichtigkeit dieser Auffassung zu erkennen, braucht man den Satz nur positiv zu wenden. Dann würde es heissen: ein Satz ist richtig, wenn die Nennwórter und Zeitwörter, welche darin enthalten sind, richtig sind’; das ist.ja aber, wie jeder einsieht, gar nicht wahr; zunächst giebt es ja im Satz ausser Nennwürtern und Zeitwörtern auch andre Wortarten und es wird Niemand in Abrede stellen können, dass derjenige, welcher Nennwörter und Zeitwórter als Elemente des Satzes zu unterscheiden vermochte, auch nicht umhin konnte, zu erkennen, dass es ausser ihnen noch “Wörter gebe, die weder das eine - noeh das. andre sind; ferner genügt zur Richtigkeit eines Satzes noch keinesweges, dass: Nennwürter und Zeitwörter, oder wie ich, in Uebereinstimmung mit dem im Kratylos/hertschenden Gebrauch, Beneunungen, óvópee, fasse, alle Wörter an und für sch chte sind, dass das dem Begriffe entsprechende Wort gewählt ist, son- ` dern anch die constructive Beziehung, das grammatische Verhültniss der Wörter unter:eibander muss richtig àusgedrückt sein; erst dadurch wird der Satz zu einem richtigen und das finde ich eben durch ózw«e bezeichnet. So z.B. kann in dem Satz ‘der Vater des Sohmns ist. ein Mensch’, jedes Wai) also mærjo viog čvłownoç don richtig: sein; wenn aber einer anstatt zu sagen A zrevjo voU gief don» dvÓQgoroc, € ó viéc rob margdç donn vÓOoonoc, so ist der Satz natürlich dennoch falsch. d eg god‘ vio? finde ich die constructiv"zusammengehörigen Wörter, welche Zwar keinen Batz, wohl aber eine durch sich selbst: verständliche, gewissermaassen amb, Aussage, ein-ó7uw, bilden. : : Eine Bestütigung meiner Auffassung dieser Stelle finde ich in der angeführten Stel ‚385 B. Ci ‚Hier werden; wie wir oben (S: 325} gesehen haben, als kleinste Theile (Glieder) des. ‚Satzes die Benennungen óvépere, Wörter, TER und zwi- * ze diesen und dem ‚hier, grade: wie in der eben behandelten Stelle, Aöyos ge- nan ; er sse: " peydia Thale (Glieder) erwähnt; was können diese H— M Warten, , dass ÜBER DIE AUFGABE DES PLATONISCHEN DIALOGS: KRATYLOS. 329 öjue Verbum bedeute, in der That sehr nahe liegt und schwerer abzuweisen ist. Dennoch muss jeder, der berücksichtigt, dass diese, der bisherigen Darstellung ge- mäss, dann allein den vielen Fällen gegenüber steht, wo ómp« im Kratylos diese‘ . : Bedeutung entschieden nicht hat, schon darum diese Annahme entweder ganz zurück- weisen oder wenigstens für äusserst bedenklich halten, und im Fall ihm meine Er- klärung nicht genügt, nach einer andern suchen, ohne dass es ihm verstattet wäre, für diese Stelle allein zu der Bedeutung Verbum zurückzugreifen. Die Stelle ist schon in ihrem ganzen Zusammenhange oben (S. 284 ff.) mitgetheilt; ich entnehme daraus nur den hier in Betracht zu ziehenden Satz: ö dé ovlaßds xaAoUo, xci cvÀÀeféc ad oun Aëtrgse, 8E Bv vd te Övöuare xci zd. Auer ovvúðsvrar xci mély èx vv dron ran xci ğyuatov .... ovorýdousv .... vÓv Aöyov; die Ueber- setzung lautet an der angeführten Stelle: ‘so das machend, was man Sylben nennt und dann die Sylben zusammensetzend, aus welchen die-Benennungen und Aussagen zusammengesetzt werden. Und aus den Benennungen- und Aussagen .... werden wir .... zusammenstellen .... den Satz'. Wir haben nur Beispiele gesehen, in welchen ein óZue durch mehrere vom, ` structiy zusammengehórige Wörter gebildet wird. Wer sich daran hält, kónnte' sagen, ein óZu« ist zunächst aus dvouere« ‘Wörtern’ zusammengesetzt; die Angabe; ` dass auch önuere aus Sylben zusammengesetzt sind, passe nur, wenn auch diese ` einzelne Wörter bezeichnen; wenn meine Auffassung richtig wäre, dann müsste es heissen: 'Benennungen seien. aus Sylben zusammengesetzt, Aussagen aus: Benen- nungen, der Satz aus Benennungen und Aussagen’. Dagegen ist zu bemerken, wie ich schon oben angodoítót habe, dias éine | auch ein einzelnes Wort eines Satzes bezeichnen könne. - Dass nur Beispiele vorlie- gen, in denen özu«@ mehrere Wörter unter sich begreift ‚entscheidet dagegen: nicht — Der Verfasser des Kratylos will nirgends erklären , was Que bedeutet; diess Wort ` setzt er als ein auch in der hier vorkommenden: technischen Bedeutung bekanntes- voraus. Der Grund, warum (ue mehrere constructiv zusammengehórige Wörter ` bezeichnet, liegt, — wie mir eben auch durch seine ‘spätere: Bedeutung ‘Zeitwort’ bestätigt wird — nicht darin, dass diese Wörter mehrere sind, sondern darin, dass sie ` im Satz eine Selbstverständlichkeit, eine gewisse Selbstständigkeit besitzen; d viös GT nc19óc ist nicht darum ein óZue, weil es mehrere Wörter sind, sondern weil gen ` Wörter gerade wie A2 gilos, ig Aeio , wenn gleich sie keinen Satz’ bilden, ‘doch: >: ` einen in sich abgeschlossenen begrifflichen Inhalt zur Vorstellung bringen; oba so. ist umgekehrt mö zevoóc trotzdem, dass es aus zwei Wörtern besteht, kein RR ba weil es keinen abgeschlossenen Sinn darbietet. Nun aber entsteht eine derartige Selbstständigkeit keinesweges bloss durch Verbindung mehrerer Wörter, sondern sie tritt auch in jeder finiten Verbalform . in we Nominativ hervor. Wenn also der Hist.- Philol. Classe. XII. pe me d Tt Li 330 TH.BENFEY, ÜBER D. AUFGABE D. PLATON. DIALOGS: KRATYLOS. Verfasser unsres Dialogs gesagt hütte, dass die Önuera aus dvouere bestehen. so E: würde er alle ĝýuæræ, welche nur aus einem Worte bestehen, damit ausgeschlossen haben, während er dadurch, dass er auch die Ginen aus Sylben zusammengesetzt sein lässt, beide Classen umfasst, da ja auch die aus mehreren Wörtern bestehenden Öyuare so gut wie die nur aus einem Worte bestehenden in letzter Instanz aus Sylben zusammengesetzt sind. Einen Unterschied zwischen beiden Classen zu machen, war aber an unsrer Stelle, wo es allein auf den Vergleich der Rede mit einem Gemälde ankömmt, von gar keiner Nothwendigkeit oder Erheblichkeit. Schliesslich bemerke ich, dass bei meiner Auffassung die an dieser Stelle ge- gebene- Schilderung der Entstehung des schönen (d. h. richtigen) Satzes aus óvóueco (Wörtern als kleinsten Satzgliedern, d.h. in jedmöglicher Gestalt, in welchem sie sich im Satz zeigen können) und Ze nos (begrifflich selbstständigen Satzgliedern) ganz in Harmonie steht mit den beiden vorher besprochenen Stellen 431 B und 385 B. C. | > Dass aus diesem Gebrauch die Benutzung des Wortes öjue zur Bezeichnung : des Verbum meiner Ansicht nach hervorgegangen sei, habe ich schon angedeutet. T Diese Benutzung aber scheint mir eben der Grund, weswegen diese tiefsinnige Schei- dung in óvóuere und öruere für die Entwickelung der Sprachwissenschaft spurlos vorüberging und keinesweges die Früchte trug, die sie — insofern sie eine wahre Grundlage der ganzen Grammatik enthült — zu tragen fähig gewesen wäre. Zum Schluss bemerke ich, dass auch Stallbaum über die Bedeutung von ñua - im Kratylos zu 399 B und 431B, aber sehr unzulänglich, spricht; viel besser ist die Ausführung bei Steinthal (Geschichte der Ä Sprachwissenschaft bei den Griechen d Römern S. 134). Doch schien auch sie mir die wahre Bedeutung noch nicht volle Licht zu setzen. i | a Druckfehler. statt Einzelner (vgl. S. 231). . MARKTPLÄTZE von Athen eg D SE GE enym oi O8 Tempel Tempel: deg Aren" d di ee QN ANIN A i j PA RRN \ W 7 SU sn N NUM N IS -— 24 WC » sie, siymin dks Prolemaias 0 al Hir | er. l6 Koloss des Zeus Eleutherios DR, ND D ki INNEN, 17 Statue des Hadrian V a ann UG un OU wi SAN Zr _ SESS 777 7 18 Mark Ka CN iH D VAN d Vd HE ; 1 N (f : Zëss ` E EET 77, ail \ Xx MU 77 " A = \ ET 19% | ëng) =: N "f Me Se Dom, - ("ulgo ; Ki ag. NU Tm o `