ZU GÖTTINGEN. : É ies 7 FÜNFZEHNTER BAND VOM JAHRE 1870. GÖTTINGEN, IN DER DIETERICHSCHEN BUCHHANDLUNG. 1871. Mn. Bot. Garden, ^. Vorrede. | Der vorliegende fünfzehnte Band‘ der Schriften der König- lichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen enthält die in dem J. 1870 in den Sitzungen derselben vorgetragenen oder vorgelegten Abhandlungen. Die der Societüt mitgetheilten klei- neren Arbeiten sind in den ,Nachrichten von der K. Gesellschaft der Wissenschaften und der G. G. Universität“ veröffentlicht worden. Das unter den drei ältesten Mitgliedern der drei Classen jährlich wechselnde Directorium verwalteten wie bisher die Herren dde; Weber und Ewald. Von ihren ordentlichen Mitgliedern verlor die Societüt in . diesem Jahre durch den Tod: | Wilhelm Keferstein, gestorben am 28. Januar, geboren am 7. Januar 1833. Seit1861 Assessor, seit 1866 Mitglied der physika- — lischem Classe. - Von den auswärtigen Mitgliedern und nen: ; J. Clark in London, gest. am 29. Juni, geb. 1788. Seit 1837 Mitgl. der physik. CL / | G. Magnus in Berlin, gest. am 4. April, geb. am 2. Mai 1802. Seit 1857 Mitgl. der physik. CL | C. A. von Steinheil in München, gest. am 4. September, geb. am 12. October 1801. Seit 1837 Corresp., seit 1862 Mitgl. d. physik. CL A x IV VORREDE. W. Wackernagelin Basel, gest. am 21. December 1869, geb. am 23. April 1806. Seit 1855 Corresp., seit 1860 Mitgl. d. hist. philol. Cl. A. Koberstein zu Schulpforta, gest. am 8. März, geb. am 10. Januar 1797. Seit 1869 Corresp. d. hist. philol. Cl. li. Köpke in Berlin, gest. am 10. Juni, geb. am 23. August 1818. Seit 1869 Corresp. d. hist. philol. CL Von den Assessoren verliessen die Hrn. Fittig und Kohlrausch Göttingen, ersterer einem Rufe an die Universität Tübingen, letzterer einem Rufe an die Universität Zürich folgend. Zum Ehrenmitglied der K. Societit wurde erwühlt und von K. Curatorium bestätigt: Graf Sergei Stroganoff in St. Petersburg. Zu auswärtigen Mitgliedern wurden erwählt und von K. Curatorium bestätigt die bisherigen Correspondenten: Franz von Kobell in München, phys. CL Anton Schrötter Ritter von Kristelli in Wien, phys. Cl. Francesco Brioschi in Mailand, mathem. Cl. Zu Correspondenten wurden erwählt: Wilhelm Hofmeister in Heidelberg, physik. Cl. Carl Friedrich Rammelsberg in Berlin, physik. CL Friedrich Kohlrausch in Zürich, mathem. CL Paul Gordan in Giessen, math. Cl. Alfred Ritter von Arneth in Wien, hist. philol.-Cl. Die im Laufe des J.1870 in den Sitzungen der Societät vor- getragenen oder vorgelegten Abhandlungen und kleineren Mitthei- lungen sind folgende: Am 5. Januar. Am 8. Januar. + VORREDE. Ao Nöther, (durch Clebsch), über die auf Ebenen eindeutig abbildbaren algebraischen Flächen. N. 1.*) Clebsch, über die Abbildung einer Classe von Flüchen 5. Ordnung. Bd. XV. Fittig, weitere Untersuchungen über die Constitution der Piperinsáure. N. 22. Wöhler, über ein angebliches Meteofeisen. N. 31. Marmé u. Creite, (durch Meissner), über die physiologische Wirkung des alkoholischen Extracts von Cynoglossum officinale. Am 5 Februar. Ewald, Entzifferung der jüngst entdeckten 60 Phönikischen Am 5. März. Am 7. Mai. Inschriften. N. 33. S. Lie, (durch Clebsch), über die Reciprocitätsverhält- nisse des Reyeschen Complexes. N. 49. -Fittig, über das Tetramethylbenzol N. 66. Enneper, über eine Erweiterung des Begriffes von Parallel- flächen. N. 70. Sauppe, Bemerkung über das Leben des Terentius. N. 107. Wieseler, Bemerkungen über die Küstnersche Sammlung antiker Lampen. N. 163. Stuart (durch Henle), Neapolitanische Studien. N. 99. Riecke, (durch Kohlrausch), über die Ersetzung eines auf einer Oberfläche befindlichen Systems galvanischer Ströme durch eine Vertheilung magnetischer Massen. N. 103. Schweigger (durch Clebsch), über die Grösse des ophthal- moskopischen Bildes. N. 143. Sartorius von Waltershausen, über die Taipe der schwe- felsauren Salze. N. 236. Stern, über einen einfachen Beweis des Düsdmtischeh Re- ciprocitütsgesetzes. N. 237. *) N. bedeutet „Nachrichten von der K. Gesellschaft d. Wissensch. mit der S Seitenzahl. VI Am 22. Juni. Am 2. Juli. Am 6. August. VORREDE. Clebsch, über einige Probleme der Theorie algebraischer Flächen. N. 253. Klinkerfues, Versuche über die Bewegung der Erde und der Sonne im Aether. N. 226. Enneper, über ein Problem der mathematischen Geome- tie. N. 267. Kohlrausch, über den Einfluss der Temperatur auf den Elasticitits-Coefficient einiger Metalle. N. 257. Christoffel, Corresp., über die Abbildung einer einblättrigen einfach zusammenhängenden, ebenen Fläche auf einem Reese N. 283. Meissner, fortgesetzte Untersuchungen über den elektri- sirten Sauerstoff. N. 343. | Listing, Notiz über ein neues Mikroskop von K. Winkel. N. 321. Schering, die Schwerkraft im Gauss'schen Raum. N. 311. Waitz, über die Annalen von Lüttich, Fosses und Lobbes. N. 302. Benfey, Entstehung und Verwendung der mit 4* anlau- tenden Personalendungen im Sanskrit Bd. XV. Wieseler, das Feuer- und Heerdsymbol bei den Griechen und Römern. Bd. XVI. Wicke, Mittheilung über Vegetationsversuche. N. 323. Enneper, zur Theorie der Helikoidflächen. N. 335. Christoffel, Corresp., über die Abbildung einer n-blättrigen einfach zusammenhängenden, ebenen Fläche auf einem Kreise. N. 359. Clebsch, zur Theorie der binären algebraischen Formen. N, 405. Wöhler, Analyse des rn N. 411. Wicke, über die Zusammensetzung und den Nährwerth essbarer Pilze. N. 387. Kohlrausch, über eine von Hrn. Riecke im physikal. In- YORREDE. CC stitut ausgeführte Prüfung des Neumann'schen Gesetzes über den Magnetismus der Rotationsellipsoide. N. 396. Derselbe, Bestimmung einiger hydro- und thermo-elektro- motorischen Kräfte. N. 400. ER 28. EE Kohlrausch, über eine durch die verschiedene Brechbarkeit Am 19. Octob. des Lichtes hervorgebrachte st kopische Wirkung. N.415. Gordan, Corresp., die partiellen Differentialgleichungen, denen die Resultante R einer Form ai Grades und einer Form mí Grades genügt. N. 421. Lipschitz, Corresp., Beiträge zu der Theorie der Umkeh- rung eines Functionensystems. N. 439. v. Willemoes-Suhm (durch Henle) über einen Balanoglossus im Nordmeere. N. 478. Am 16. Novemb. Waitz, über das sogenannte Chronicon Thuringicum Vien- nense. N. 481. Benfey, Sanskritischer Ablativ auf ursprüngliches at von Themen auf u. N. 490. Clebsch, über Transformation binärer Formen. Bd. XV. Kohlrausch, Beobachtungen im magnetischen Observatorium aus dem J. 1869, insbesondere Bestimmung der Siemens- schen Widerstandseinheit nach absolutem Maasse. N.513. Ennneper, über asymptotische Linien. N. 293. Am8. Decemb. Feier des Stiftungstags der K. Societät und Jahresbericht. N. 541. Ewald, über die geschichtliche Folge der Semitischen Sprachen. Bd. XV. Sartorius von Waltershausen, über den Aetna. Wieseler, über den Delphischen Dreifuss. Bd. XV. Am 7. Decbr. Brill (vorgelegt von Clebsch), über zwei Eliminationspro- bleme aus der Theorie der Curven, welche gegebenen Be- dingungen genügen. N. 526. Quincke, Corresp., über diePhasenänderung bei der Brechung und Reflexion der Lichtwellen. N. 549. VIII Ae aere awe A EX PC ose VORREDE. | Die für den November dieses Jahres gestellte mathematische Preisfrage hat keinen Bearbeiter gefunden. Für die nächsten Jahre macht «die K. Gesellschaft folgende Preisfragen bekannt: Für den November 1871, von der historisch - philolo- gischen Classe von Neuem aufgegeben: Qui literas antiquas tractant, res Graecorum et Romanorum duobus disciplinarum singularum ordinibns seorsum explicare solent. Quae separatio quanquam neces- saria est, tamen quanta eadem incommoda habeat, facile est ad intelligendum: quae enim communia sint in utriusque cultura populi, quominus perspieiamus, impedit, quae ab altero instituta sunt, cum quibus alterius vel inventis vel insti- tutis necessaria quadam et perpetua eausarum effieientia eohaereant, ne intelligamus, graviter obstat, denique quae in historia rerum coniuncta sunt, seiungit. Quare omnia ea, quibus res utriusque populi inter se cohaerent, accurate inquiri haud levis videtur momenti esse. Quod cum Graeciae et Italiae incolas primitus inter se cognatos fuisse linguarum historiae serutatores luculenter docuerint atque ex altera parte, quomodo cultura Graecorum et Romanorum initio Seipionum tempo- ribus facto Caesarum aetate prorsus denique in unum coaluerit, accuratissime homines doeti explicaverint, Societas regia literarum et gratum et fruetuosum futurum esse existimat, quaenam vestigia rerum graecarum prioribus populi romani aetatibus appareant, studiose indagari et, quibus potissimum temporibus inde a regum aetate singula huius efficientiae genera ostendantur, a quibus ea urbibus (Cumis, Sieilia, Massalia, Athenis, Corintho) profecta sint, denique quae ita prae- sertim in sermone, artibus, literis, institutis publicis conformandis effecta sint, quantum quidem fieri potest, explieari. Quae quaestiones quanquam uno impetu ab- solvi non poterunt, tamen ad historiam veteris culturae rectius et plenius intelligen- dam multum videntur conferre posse. Societas igitur regia postulat, ut explicetur: ` quam vim res graecae in sermone, artibus, literis, institutis publicis Roma- norum conformandis atque excolendis ante macedonieorum tempora bellorum habuerint. | Die klassische Philologie ist gewohnt das griechische und das römische Alter- thum in zwei gesonderten Reihen von Disciplinen zu behandeln. Diese Tren- nung ist nothwendig, aber sie hat auch ihre unverkennbaren Nachtheile; denn sie erschwert den Ueberblick über das Gemeinsame in der Kultur der Griechen und Römer, lässt die Kontinuität der Entwicklung nicht erkennen und zerreisst das geschichtlich Zusammengehörige. Es ist daher wichtig die Berührungspunkte ^ VORREDE. _ IX und Wechselbeziehungen in der Entwicklung beider Volker ins Auge zu fassen. Nachdem mun sprachgeschichtliche Untersuchungen über die ursprüngliche Ver- wandtschaft derselben neues Licht verbreitet haben (die gräko-italische Epoche) und auf der andern Seite die Verschmelzung der griechischen und römischen Cultur, wie sie in der Zeit der Scipionen begonnen und unter den Cäsaren sich vollendet hat (hellenistische Epoche), mit Erfolg durchforscht und dargestellt wor- den ist, so scheint es der K. Ges. d. Wiss. eine anziehende und lohnende Auf- gabe zu sein, den Spuren griechischer Einwirkung, welche sich ın den früheren Perioden der römischen Geschichte zeigen, sorgfältig nachzugehn und, so weit es möglich ist, die verschiedenen Epochen dieser Einwirkung, von der Königszeit an, ihre verschiedenen Ausgangspunkte (Kumä, Sicilien, Massalia, Athen, Ko- rinth), und die Ergebnisse derselben, namentlich auf dem Gebiete der Sprache, der Kunst, der Literatur, und des öffentlichen Rechts zu ermitteln. Wenn auch diese Untersuchung sich nicht sogleich zu einem Abschluss führen lässt, so ver- spricht sie doch sehr erhebliche Ausbeute für die Geschichte der alten Kultur. In diesem Sinne siellt die K. Ges. d. Wiss. die Aufgabe: Darstellung der hellenischen Einflüsse, welche sich in der Sprache, der Kunst, der Literatur und dem öffentlichen Rechte der Römer vor der Zeit der ma- kedonischen Kriege erkennen lassen“. Für den November 1872, von der physikalischen Classe von Neuem aufgegeben: R. S. postulat, ut viarum laerymalium structura omnis, comparandis cum homine animalibus, illustretur, praecipue vero de iis exponatur apparatibus, qui absor- bendis et promovendis lacrymis inservire dicuntur, de epithelio, de valvulis, de musculis et plexibus venosis duetui lacrymali vel innatis vel adjacentibus. „Die K. Societät verlangt eine vergleichend-anatomische Beschreibung des Thränen leitenden Apparats, mit besonderer Berücksichtigung der Einrichtungen, welche bei der Aufsaugung und Förderung der Thränenflüssigkeit in Betracht kommen, des Epithelium, der Klappen, der Muskeln und Gefässgeflechte in den Wünden der Thränenwege und deren Umgebung.“ Für den November 1873 wünscht die mathematische Classe: . Theoriam numerorum generalissime complexorum formarumque omnis gradus in faetores lineares resolubilium. „Eine Theorie der allgemeinsten complexen Zahlen und der zerlegbaren Formen aller Grade“. b 3 | VORREDE. Die Conceurrenzschriften müssen vor Ablauf des Septembers der bestimmten Jahre an die K. Gesellschaft der Wissenschaften portofrei eingesandt sein, begleitet von einem versiegelten Zettel, | welcher den Namen und Wohnort des Verfassers enthält und aus- wendig mit dem Motto versehen ist, welches auf dem Titel der Schrift steht. Der für jede dieser Aufgaben ausgesetzte Preis beträgt funfzig Ducaten. * 3 * Die von dem Verwaltungsrath der Wedekindschen Preisstiftung für deutsche Geschichte gestellten Aufgaben für den dritten Ver- waltungszeitraum, d. h. für die Zeit vom 14. März 1866 bis 14. März 1876, sind in Nr. 7 S. 122. der „Nachrichten“ von 1870 wiederholt bekannt gemacht worden. Góttingen, im Januar 1871. F. Wöhler. EIUS Lu Verzeichniss der Mitglieder der | Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Januar 1871. Ehren-Mitglieder. Peter Merian in Basel, seit 1862. N Carl Stüve in Osnabrück, seit 1866. Adolph von Warnstedt in Göttingen, seit 1867. Theodor Georg von Karajan in Wien, seit 1867. Johann Jacob Baeyer in Berlin, seit 1867. Freiherr F. H. A. von Wingenkeim auf Waake, seit 1868. Graf Sergei Stroganoff in St. Petersburg, seit 1870. Ordentliche Mitglieder. : Physikalische Classe. C. F. H. Marx, seit 1833. F. Wöhler, seit 1837. Beständiger Secretair seit 1860. F. Gottl. Bartling, seit 1843. Grisebach, seit 1851. .J. Henle, seit 1853. A = u. W. Sartorius von Waltershausen, seit 1856. G. x Pim eissner, seit 1861. Mathematische Classe. W. E. Weber, seit 1831. G. C. J. Ulrich, seit 1845. J. B. Listing, seit 1861. M. Stern, seit 1862. E. Sehering, seit 1862. (Zuvor Assessor seit 1860). A Clebsch, seit 1868. (Zuvor Correspondent seit 1864). XII VERZEICHNISS DER MITGLIEDER Historisch - philologische Classe. H. Ewald, seit 1833. C. Hoeck, seit 1841. S G. Waitz, seit 1849. H. F. Wüstenfeld, seit 1856. (Zuvor Assessor, seit 1841.) H. Sauppe, seit 1857. J. E. Wappüus, seit 1860. (Zuvor Assessor, seit 1851.) Th. Benfey, seit 1864. F. Wieseler, seit 1868. H. Brugsch, seit 1869. G. Hanssen, seit 1869. Assessoren. Physikalische Classe. E. F. 6. Herbst, seit 1835. C. Boedeker, seit 1857. W. Wicke, seit 1859. C. von Seebach, seit 1864. W. Krause, seit 1865. W. Henneberg, seit 1867. Mathematische Classe. E. F. W. Klinkerfues, seit 1855. A. Enneper, seit 1865. Historisch- philologische Classe. A. Fick, seit 1869. Auswärtige Mitglieder. ; Physikalische Classe. Carl Ernst von Baer in St. Petersburg, seit 1851. Jean Baptiste Dum as in Paris, seit 1851. (Zuvor Correspondent, seit 1849.) Christian Gottfried Ehrenberg in Berlin, seit 1851. Justus Freiherr von Liebig in München, seit 1851. (Zuvor Corresp., seit 1840.) Ernst Heinrieh Weber in Leipzig, seit 1851. DER KÖNIGL. GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN. XII Wilhelm von Haidinger in Wien, seit 1853. Carl Friedrich Naumann in Leipzig, seit 1853. Robert Bunsen in Heidelberg, seit 1855. Elie de Beaumont in Paris, seit 1855. . Gustav Rose in Berlin, seit 1856. Louis Agassiz in Boston, seit 1859. Richard Owen in London, seit 1859. Adolf Brongniart in Paris, seit 1860. August Wilh. Hofmann in Berlin, seit 1860. H. Milne Edwards in Paris, seit 1861. Hermann Kopp in Heidelberg, seit 1863. (Zuvor Corresp., seit 1855.) Carl Theodor von Siebold in München, seit 1864. (Zuvor Corresp., seit 1850.) Michel Eugéne Chevreul in Paris, seit 1865. Joseph Dalton Hooker zu Kew bei London, seit 1865. Theod. Ludw. Wilh: Bischoff in München, seit 1866. (Zuvor Corresp., seit 1853.) Hermann Helmholtz in Heidelberg, seit 1868. (Zuvor Corresp., seit 1859.) August de la Rive in Genf, seit 1868. ; Henri Sainte Claire Deville in Paris, seit 1869. (Zuvor Corresp., seit 1856.) Franz von Kobell in München, seit 1870. (Zuvor Corresp., seit 1861.) Anton Sehrótter Ritter von Kristelli in Wien, seit 1870. (Zuv. Corr., seit 1856.) Mathematische Classe. Sir John Herschel in Colingwood, seit 1840. (Zuvor Corresp., seit 1815.) U. J. Leverrier in Paris, seit 1846. P. A. Hansen in Gotha, seit 1849. George Biddel Airy in Greenwich, seit 1851. Charles Wheatstone in London, seit 1854. Joseph Liouville in Paris, seit 1856. E. Kummer in Berlin, seit 1856. (Zuvor Corresp., seit 1851.) F. E. Neumann in Königsberg, seit 1856. Henri Vietor Regnault in Paris, seit 1859. William Hallows Miller in Cambridge, seit 1859. Edward Sabine in London, seit 1862. (Zuvor Corresp., seit 1823.) Christoph Hansteen in Christiania, seit 1862. (Zuvor Corresp., seit 1840.) Riehard Dedekind in Braunsehweig, seit 1862. (Zuvor Corresp., seit 1859.) Aug. Robert Kirchhoff in Heidelberg, seit 1862. Heinrich Wilhelm Dove in Berlin, seit 1864. (Zuvor Corresp., seit 1849.) XIV VERZEICHNISS DER MITGLIEDER Johann Christian Poggendorff in Berlin, seit 1864. (Zuvor Corresp., seit 1854.) William Thomson in Glasgow, seit 1864. (Zuvor Corresp., seit 1859.) Ferdinand Reich in Freiberg, seit 1864. Heinrich Buff in Giessen, seit 1865. (Zuvor Corresp., seit 1842.) Carl Weierstrass in Berlin, seit 1865. (Zuvor Corresp., seit 1856.) Enrico Betti in Pisa, seit 1865. - Leopold Kronecker in Berlin, seit 1867. (Zuvor Corresp., seit 1861.) Friedr. Wilh. August Argelander in Bonn, seit 1868. (Zuvor Corresp., seit 1864.) Carl Neumann in Leipzig, seit 1868. (Zuvor Corresp., seit 1864.) Francesco Brioschi in Mailand, seit 1810. (Zuvor Corresp., seit 1869.) Historisch - philologische Classe. Im. Bekker in Berlin, seit 1835. G. H. Pertz in Berlin, seit 1837. Francois Guizot in Paris, seit 1841. Leopold von Ranke in Berlin, seit 1851. Justus Olshausen in Berlin, seit 1853. Christian Lassen in Bonn, seit 1860, (Zuvor Corresp., seit 1850.) Georg Friedr. Schömann in Greifswald, seit 1860. (Zuvor Corresp., seit 1850.) Gottfried Bernhardy in Halle, seit 1860. (Zuvor Corresp., seit 1854.) Friedrich Ritschl in Leipzig, seit 1860. (Zuvor Corresp., seit 1854.) Georg Gottfried Gervinus in Heidelberg, seit 1862. Adolph Trendelenburg in Berlin, seit 1861. Georg Ludwig von Maurer in München, seit 1868. (Zuvor Corresp., seit 1835.) Samuel Birch in London, seit 1864. Friedrieh Diez in Bonn, seit 1864. Christoph Friedrich von Stälin in Stuttgart, seit 1866. (Zuvor Corresp., seit 1857.) Theodor Mommsen in Berlin, seit 1867. (Zuvor Corresp., seit 1857.) Richard Lepsius in Berlin, seit 1867. (Zuvor Corresp., seit 1860.) Ernst Curtius in Berlin, seit 1868. (Zuvor hies. ord. Mitglied, seit 1856.) George Baneroft in Berlin, seit 1868. Franz Miklosich in Wien, seit 1868. Ludolf Stephani in St. Petersburg, seit 1869. C orrespondenten. Physikalische Classe. E. Eichwald in St. Petersburg, seit 1841. Robert Willis in London, seit 1844, Hermann Stannius in Rostock, seit 1850. Theodor Sch wann in Lüttich, seit 1853. Theodor Seheerer in Freiberg, seit 1853. Wilhelm Duncker in Marburg, seit 1853. L. Zeusehner in Warschau, seit 1857. Johannes Hyrtl in Wien, seit 1859. . Nicolai von Kokseharow in St. Petersburg, seit 1859. . Rudolph Leuckart in Leipzig, seit 1859. Eduard Weber in Leipzig, seit 1860. DER KÖNIGL. GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN. Alfred Wilh. Volkmann in Halle, seit 1860. F. H. Bidder in Dorpat, seit 1860. Carl Sehmidt in Dorpat, seit 1860. F. C. Donders in Utrecht, seit 1860. Joh. Jap. Sm. Steenstrup in Kopenhagen, seit 1860. Bernhard Studer in Bern, seit 1860. Heinrich Limpricht in Greifswald, seit 1860. (Zuvor Assessor, seit 1857.) Ernst Brücke in Wien, seit 1861. Emil du Bois Reymond in Berlin, seit 1861. Alexander Braun in Berlin, seit 1861. Carl Ludwig in Leipzig, seit 1861. Hugo von Mohl in Tübingen, seit 1861. Archangelo Scacchi in Neapel, seit 1861. Quintino Sella in Floreuz, seit 1861. Thomas H. Huxley in London, seit 1862. Albert Kölliker in Würzburg, seit 1862. Ferdinand Rómer in Breslau, seit 1862. Charles Upham Shepard in Amherst, V. St., seit 1862. Adolp Strecker in Wtürzburg, seit 1852. Heinrich Credner in Halle, seit 1863. Alexander Ecker in Freiburg, seit 1863. ~ Joh. Friedr. August Breithaupt in Freiberg, seit 1864. — Bernhard von Cotta in Freiberg, seit 1864. des e dä XVI VERZEICHNISS DER MITGLIEDER Alvaro Reynoso in Havanna, seit 1865. Ferdinand Müller in Melbourne, seit 1867. Anton Geuther in Jena, seit 1861. A. L. Deseloizeaux in Paris, seit 1868. Asa Gray in Cambridge, V. St., seit 1868. Jean Charles Marignac in Genf, seit 1868. Alex. Theodor von Middendorff auf Hellenorm bei Dorpat, seit 1868. Adolph Wurtz in Paris, seit 1868. William Sharpey in London, 1868. August Kekulé in Bonn, seit 1869. Robert Mallet in London, ‘seit 1869. Wilhelm Hofmeister in Heidelberg, seit 1870. Carl Friedrich Rammelsberg in Berlin, seit 1870, Mathematische Clssse. A. Quetelet in Brüssel, seit 1837. Humphrey Lloyd in Dublin, seit 1843. C. A. F. Peters in Altona, seit 1851. John Coueh Adams in Cambridge, seit 1851. Thomas Clausen in Dorpat, seit 1854. Ludwig Seidel in München, seit 1854. Georg Rosenhain in Königsberg, seit 1856. Otto Hesse in München, seit 1856. Peter Riess in Berlin, seit 1856. John Tyndall in London, seit 1859. ` 3 Charles Hermite in Paris, seit 1861. Julius Schmidt in Athen, seit 1862. Carl Wilhelm Borchardt in Berlin, seit 1864. Arthur Cayley in Cambridge, seit 1864. Andreas von Ettingshausen in Wien, seit 1864. Wilhelm Gottlieb Hankel in Leipzig, seit 1864. Moritz Hermann von Jacobi in Petersburg, seit 1864. Philipp Gustav Jolly in München, seit 1864. Carl Hermann Knoblauch in Halle, 1864. Georg Gabriel Stokes in Cambridge, seit 1864. James Joseph Sylvester in Woolwich, seit 1852. ; Heinrich Eduard Heine in Halle, seit 1865. | . DER KÓNIGL. GESELLS HAFT DER | WISSENSCHAFTEN. RW > Rudolph Jul. Emanuel Cisis. in "Bass Seit 1995. | 2 Erik Edlund in Stockholm, seit 1866. ` | Georg Quincke in Berlin, seit 1866. Charles Briot in Paris, seit 1867. Benj. Apthorp Gould in Cambridge, V. S., seit 1867. Rudolph Lipschitz in Bonn, seit 1867. Benjamin Peirce in Cambridge, V. St., seit 1867. F. Magnus Sehwerd in Speyer, seit 1807. Siegfried Aronhold in Berlin, seit 1869. E. B. Christoffel in Berlin, seit 1869. Luigi Cremona in Mailand, seit 1869. ` Wilh. Theod. Bernhard Holtz in Berlin, seit 1869. . .. Camille Jordan in Paris, seit 1869. . George Salmon in Dublin, seit 1869. H. A. Sehwarz in Zürich, seit 1869. ; Friedrich Kohlrausch in Zürich, seit 1870. (Zuvor Assesssor seit 1867.) j Paul Gordan in Giessen, seit 1870. | A. Historisch-philologische Classe.. F. E. G. Roulez in Gent, seit 1841. Rudolph Roth in Tübingen, seit 1853. Adolph Fried. Heinr. Schaumann in Hannover, seit 1853. August Dillmann in Berlin, seit 1857. J. G. Droysen in Berlin, seit 1857. . - Moritz Haupt in Berlin, seit 1857. — Wilh. Henzen in Rom, seit 1857. Carl Hegel in Erlangen, seit 1857. . @. C.F. Lisch in Schwerin, seit 1857. A. B. Rangabé in Athen, seit 1857. B. von Dorn in $t. Fenti, seit 1859. L. P. Gachard in Brüssel, seit 1859. Johann Gildemeister in Bonn, seit 1859. Franz Palacky in Prag, seit 1859. Theodor Bergk in Bonn, seit 1860. Carl Bötticher in Berlin, seit 1860. . . Georg Curtius in Leipzig, seit 1860. . K. Lehrs in Königsberg, seit 1860. Giovanni Battista de Rossi in Rom, seit 1860. P Ei un Tun VERZEICHN.] D. MITGLIEDER D. K. GESELLSCH. D. WISSENSCHAFTEN. 4 7 Leonhard Spengel in München, seit 1860. f 0 Heinrich Ludolph Ahrens in EE seit 1861. E Carl Ludwig Grotefend in Hannover, seit 1861. B Max Müller in Oxford, seit 1861. SM E b Arnold Schäfer in Bonn, seit 1861. d Friedr. Ferdin. Carlson in Upsala, seit 1863. Wilhelm von Giesebrecht in München, seit 1863. Martin Haug in München, seit 1863. Ludwig Lange in Giessen, seit 1863. : Heinrich von Sybel in Poit, seit 1863. E. Theodor Nöldeke in Kiel, seit 1864. (Zuvor Assessor, seit 1860.) | Hermann Bonitz in Berlin, seit 1865. Jacob Bürekhardt in Basel, seit 1865. S Adolph Kirchhoff in Berlin, „seit 1865. - | ; Leo Meyer in Dorpat, seit 1865. (Zuvor Assessor, seit 1861.) A Matthias de Vries in Leiden, seit 1865. Wilhelm Wattenbach in Heidelberg, seit 1865. | Jean de Witte in Paris, seit 1865. | Leopold Vietor Delisle in Paris, seit 1866. | E Julius Ficker in Innsbruck, seit 1866. | De | | : ; Jacob Bernays in Bonn, seit 1867. Johannes Brandis in Berlin, seit 1867. Ernst Dümmler in Halle, seit 1867. B. Huillard-Bréholles in Paris, seit 1867. Wilhelm Nitsch in Königsberg, seit 1867. E William Nassau Lees in Caleutta, seit 1868. E Theodor Siekel in Wien, seit 1868. S SE E William Wright in London, seit 1868. : Theodor Aufrecht in Edinburg, seit 1869. SS, Alfred Ritter von Arneth in Wien, seit 1870. e BE D fulhalt S n Vorrede . . Verzeichnis de Mitglieder M K. Gesellschaft der Wiss zu Göttingen emnud 1571] 0, gek, Am, Cher d BERN, D E H D D D H D LI Mathematische Classe. A. Clebsch, über die Abbildung einer Classe von Flüchen 5. O. absoluten Invarianten binürer Formen bei höheren Transforma- tionen genügen . D D D D D D s * . D Historische -philologische Classe. G. Waitz, das Carmen de bello Saxonico . . . (5 sq Th. Benfey, über die Entstehung und Verwendung dii im Sanskrit mit r anlautenden Personalendungen D 1 Dritte sprachwissenschaftliche abhandlung P F. mals, über den Een Dreifuss d AR. A. Clebsch, über die partiellen Differentialgleichungen, welchen die . : H. Ewald, über die geschichtliche folge der SE e S EE HI XI 65 ABHANDLUNGEN DER "STHEMATISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICHEN GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN ZU GÖTTINGEN. FUNFZEHNTER BAND. Mathem. Classe. XV. A ABHANDLUNGEN DER NGC THEMATISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICHEN GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN ZU GÖTTINGEN. FUNFZEHNTER BAND. AMathem. Classe. XV. "ur t las at Fa a u m BEP PRSE Ueber die Abbildung einer Classe von Flächen 5. O. Von A. Clebsch. Der Kónigl. Gesellschaft der Wissenschaften überreicht am 8. Januar 1870. Die Abbildung algebraischer Flächen auf einer einfachen Ebene ist selbst dann wenn sie möglich ist oft schwer auszuführen, indem es sich dabei gewöhnlich um den Nachweis gewisser auf der Fläche liegender Gebilde handelt, welche von verwickelten algebraischen Gleichungen abhängen. Dagegen ist es immer sofort möglich, diese Fläche auf einer mehrblättri- gen Ebene abzubilden, z. B. durch einfache Projection von einem Punkte aus; und dieses Hülfsmittel, so einfach es ist, erleichtert unter Umstän- den auch die Vorbetrachtung für die eindeutige Abbildung auf einer ein- fachen Ebene sehr wesentlich. Ich werde im Folgenden einen Fall die- ser Art behandeln. Bei den Abbildungen der Flächen 5. O. mit zwei sich nicht schneidenden Doppelgraden oder mit einer Doppelcurve 3. Grades, welche ich im 1. Bd. der Math. Annalen behandelt habe, stellten sich der Abbildung keine besondern Schwierigkeiten entgegen. Aber bei den Flächen 5. O. mit einer Doppelcurve 4. Grades, ist zur Herstel- lung der einfachsten Abbildung auf der Ebene der Nachweis der Exi- stenz gewisser Kegelschnitte nöthig, welcher mir lange Zeit nicht gelin- gen wollte. Es wird sich unten zeigen, dass dieser Nachweis leicht ge- führt werden kann, wenn man die Fläche zunächst auf einer zweiblät- trigen Fläche abbildet, und dass sich hierbei zugleich der Character des entsprechenden algebraischen Problems—Zweitheilung der hyperellipti- schen Functionen für p = 3 — aufs Einfachste ergiebt. 4 A. CLEBSCH, 8$. 1. Bemerkungen über Abbildung von Flächen auf einer mehrblättrigen Ebene. Sind zu, 82,83, A die Coordinaten eines Puncts im Raum, å, u,” die eines Punkts einer Ebene, so erhält man die Abbildung einer alge- braischen Fläche auf einer mehrblättrigen Ebene, indem man die x pro- portional mit ganzen rationalen Functionen von A, u, Y, w setzt, während w als Function von 4,u,» durch eine Gleichung mit rationalen Coefficien- ten bestimmt ist. Ist diese Gleichung vom Grade r für w., so entspre- chen einem Werthsystem 4, u, v im Allgemeinen r verschiedene Puncte der Fläche, und um dieselbe zu trennen, kann man sich die Ebene aus r Blättern bestehend denken, in deren jedem dann das Bild einer der r Puncte sich befindet. Um eine einfache Vorstellung dieser Verhältnisse zu gewinnen denke man sich die Abbildung einer Fläche rie O. etwa dadurch erzeugt, dass man von einem beliebigen Puncte des Raums Strahlen zieht. Jeder Strahl trifft die Fläche in r Puncten; sie werden durch r unendlich nahe über- einanderliegende Puncte abgebildet, deren Ort der Durchschnitt des Strahls mit der Bildebene ist. Auf diese Weise ist die gegebene Fläche ein- deutig abgebildet auf einer r-blättrigen Ebene. Die r Blätter können in ‘diesem Falle auf doppelte Weise mit ein- ander verbunden sein. Erstens hängen sie längs derjenigen Curven zu- sammen, in welcher die Bildebene durch den von dem gegeben Puncte ausgehenden Tangentenkegel der Fläche getroffen wird. Jeder Strahl desselben enthält zwei unendlich nahe Puncte; in jedem Puncte dieser Curve hängen also zwei Blätter der Ebene mit einander zusammen, und man kann in Puncten dieser Curve von einem Blatt der Ebene in das andere gelangen; die Curve mag daher die Uebergangscurve heissen. An- ders ist es mit der zweiten Verbindung der Blätter. Wenn die gege- bene Fläche eine Dop 1 s E D . peleurve besitzt, so schneidet auch jeder nach die- ser hin gezogene Projectionsstrahl in zwei zusa und w mmenfallenden Puncten, enn man also die Doppelcurve projieirt, so erhält man eine ebene UEBER DIEABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. 0. — 5 Curve längs deren immer zwei Blätter der Ebene sich durchdringen. Aber an diesen Stellen kann man im Allgemeinen nicht continuirlich aus dem einen Blatt in das andere gelangen. Wie aber eine Abbildung auf der mehrblättrigen Ebene entstan- den sein mag, immer vermittelt sie die Vergleichung der auf der Flä- che gelegenen Raumcurven mit ebenen Curven. Denken wir uns in der Ebene eine Curve Eoo 9 (A, u, v) = 0 gezogen, so liegt diese zunächst in allen r Blättern, und entspricht im Allgemeinen einer zusammenhängenden Raumcurve. Aber es kann ge- schehen, dass durch Hinzunahme der Gleichung 1. die Gleichung für w reductibel werde; und in diesem Falle zerfällt das der Gleichung 1. entsprechende Raumgebilde. Dies tritt insbesondere im Allgemeinen dann ein, wenn die Gleichung y — 0 aus der Darstellung des vollstän- digen Durchschnitts der gegebenen Fläche f — 0 mit einer andern Flä- che F = 0 hervorgegangen ist. Setzt man die Ausdrücke der æ durch A u,v, w in F = 0 ein, so erhält man eine Gleichung Rte 9 (A, u, », v) — Die Definitionsgleichung von w sei GNU S (A pu, 9, m) 0. Dann entsteht, die der Gleichung 9 — 0 entsprechende Gleichung der Abbildungscurve, indem man w aus 2. 3. eliminirt. Aber dabei führt der Eliminationsprozess auf eine Gleichung niederen Grades für w, im Allgemeinen auf eine Gleichung 1. Grades; und diese Gleichung d (4, u, v, wo) — 0 ist mit Hinzunahme der Eliminationsgleichung As R (A, u,. 9) — 0 ein Factor von 3., sodass diese Gleichnng in Bezug auf w in zwei Fa- ctoren zerlegt ist. Jeder dieser Factoren liefert mit 4. ein auf der Flü- che liegendes Gebilde; aber nur eines dieser Gebilde entspricht der vollstindigen Durchschnittscurve, von welcher wir ausgingen. 6 A. CLEBSCH, Der einfachste Fall, und derjenige, welchen wir im Folgenden al- lein brauchen werden, ist der einer zweiblättrigen Fläche. In diesem Falle hat die Gleichung 3. die Form o U + 2Vo + Wo? — 0, wo U, V, W ganze Factoren von 4, u, » sind; die Uebergangscurve hat die Gleichung R = Kä — UW ees H Die Gleichung 5. kann in diesem Falle nur reduntibel werden, wenn VR einem rationalen Ausdruck gleichgesetzt wird, oder wenn ein rationaler Quotient = der Gleichung 5. genügt. Ist aber die Gleichung einer ebenen Curve von der Form e Uy? + 2Vgw + 2Vg? = 0, so dass i Uyt Ve M too pe , — wird, so stellt die Gleichung 6. zwei verschiedene und vóllig getrennte Raumcurven dar, jenachdem in der Gleichung 7. das Vorzeichen von VE gewählt wird. Ein weiteres Zerfallen der Raumgebilde kann da- durch herbeigeführt werden, dass der Ausdruck auf der linken Seite der Gleichung 6. identisch in zwei Factoren zerfällt. Im Folgenden ist, wie man sehen wird, insbesondere der Fall von Wichtigkeit, wo R iden- tisch in der Form Q? — PS dargestellt werden kann. In diesem Falle sind P — 0, S — 0 die Gleichungen von Curven, welche K — 0 berüh- ren; in jedem Puncte ihres Verlaufes wird V K rational, —-2-Q, und es tritt daher durchaus der oben erwühnte Fall ein. SZ Gleichung der zu behandelnden Flächen 5. O. Die Flüchen, welche im Folgenden behandelt werden sollen ‚. sind von der 5. Ordnung, enthalten eine Doppelcurve 4. Grades und eine endliche Anzahl von Geraden. Die Doppelcurve 4. Ordnung kann nur erster Species sein. Denn UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 7 die Raumcurve 4. O. und 2. Sp. besitzt Sehnen, welche die Curve in drei Puncten treffen; es sind die Erzeugenden der einen Schaar eines Hyperboloids. Diese würden eine Fläche 5. O., welche die Raumcurve zur Doppelcurve hätte, in 6 Puncten schneiden, würden also derselben ganz angehóren, und die Fläche lóste sich also in ein Hyperboloid und eine Fläche dritter Ordnung auf. Ganz ebenso zeigt man die Unmög- lichkeit solcher uneigentlichen Doppelcurven 4. O., welche nicht beson- dere Fälle der Curve 1. Species sind. Sei also F — 0 die Gleichung einer Fläche 5. Ordnung mit einer Doppeleurve 4. Ordnung und erster Species. Die Gleichungen zweier 1 Flächen zweiter O., welche sich in der Doppelcurve schneiden, seien ge = 0, y = 0. Jede Fläche des Systems $ + Ay = 0 schneidet dann die Fläche F — 0 in einer Curve zweiter Ordnung; soll die Fläche nicht windschief sein, so muss diese Curve zweiter Ordnung ein Ke- gelschnitt werden. Die Ebene desselben ist der entsprechenden Fläche zweiter Ordnung zugeordnet; für q — 0 sei sie A = 0, für y =0 C—0. Die Fläche F—- Cge? = 0 | hat dann mit y = 0 die doppelt gerechnete Curve vierter Ordnung und den Kegelschnitt y — 0, 9 = 0 gemein, was zusammen den vollständi- gen Durchschnitt ausmacht. Bestimmt man also die absoluten Werthe der Constanten in C so, dass jene Fläche mit w = 0 noch einen weite- ren Punct gemein hat, so muss dieselbe y als Factor enthalten, also identisch F = Cg? + Ny sein. Ganz ebenso erhült man durch geeignete Bestimmung der abso- luten Werthe der Constanten von A: 2 eme Ay? + Ng. Hier sind M und N Functionen dritter Ordnung; vergleicht man beide Darstellungen von F, so hat man Cg? + My = Ay? + Ng, 8 d A. CLEBSCH, el — Cg) = y(M — Ay). Man kann also setzen M = Ay — 2Bg N = Cg — 2By, wo M ein linearer Ausdruck ist, und erhält also endlich für F die Gleichungsform : ui). F = Cg? — 2Byy + Ay? — 0. Die Fläche F — 0 ist also der Ort der Kegelschnitte, welche durch den Schnitt entsprechender Elemente in dem Kegelschnittbüschel g + åy = 0, und der Ebenenschaar A 4- 24B + 20— 0 entstehn. Die Ebenen der Schaar sind die Tangentenebenen des Kegels AC — B? = (Q, dessen Spitze in dem Puncte der Oberfläche 5. O. sich befindet, der durch die Gleichungen 4A —0 Bc 7 0 gegeben ist. S 3. Die Kegelspitze. Die Kegelspitze (A — 0, B — 0, € — 0) besitzt eine sehr bemer- kenswerthe Eigenschaft. Jede von ihr ausgehende Gerade trifft die Flü- che noch in 4 Puncten, und die Aufsuchung der letztern hängt von ei- ner Gleichung 4. Grades ab. Aber diese Gleichung 4. Grades ist im- mer durch quadratische Gleichungen auflösbar. merke man nur, dass jeder von der Kegelspitze ausgehende Strahl zwei Tangentenebenen des Kegels angehórt, also zwei Kegelschnitte der Schaar in je zwei Puneten trifft, wodurch die verlangte Zerlegung der Um dies einzusehen be- TAS RD re u in CL Knie mann an un, E | 2 UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. 0. 9 biquadratischen Gleichung gegeben ist. Für die Seiten des Kegels fal- len jene Tangentenebenen, aber auch die Kegelschnitte zusammen; der Kegel AC — B? — 0 berührt also die Oberfläche doppelt. Die Berührungs- curve findet man aus den Gleichungen 9 + Ay = 0, A + 4B = 0, B+ 2C — 0. Verbindet man diese mit der Gleichung einer Ebene, und eliminirt die x, so erhält man für 4 eine Gleichung 5. Grades. Die Berührungscurve ist also von der 5. Ordnung. Die von dem Puncte A = 0, B — 0, C = 0 an die Fläche gelegte Tangentenkegel besteht aus zwei gesonderten Theilen, von denen der obige doppeltberührende Kegel einer ist. Der andere kommt dadurch zu Stande, dass nicht die zu einem Strahl gehörigen beiden Kegel- schnitte zusammenfallen, sondern die Puncte, welche der Strahl mit ei- nem derselben gemein hat; er umfasst also die von der Kegelspitze aus- gehenden Strahlen, welche Kegelschnitte der Schaar berühren. . Irgendeinen von A = 0, B = 0, C — 0 ausgehenden Strahl kön- nen wir als Durchschnitt zweier Tangentenebenen " A + 24B + 422€ — 0 veiut AL 2uB Lët — 0 des doppelt berührenden Kegels auffassen; die beiden Ebenen sind durch den Strahl, wie dieser durch jene, vóllig bestimmt. Da aus 1. D I) A HOO sg iL f xf so verwandelt sich die Gleichung der Oberflüche, welche in Verbindung mit l. die Schnittpuncte der Strahlen bestimmt, sofort in et 4v) (9 + uy) = 0, der oben erwähnten Zerfällung entsprechend. Für die Strahlen des doppeltberührenden Kegels ist Dax A SA Mathem. .Ciasse. XV. B 10 A. CLE BSCH. Den andern Berührungskegel erhült man aus der Bedingung, dass der durch 1. dargestellte Strahl die Flüche berühre. Man erhált diese Bedingung, indem man die Determinante des Ausdrucks e + Aw mit den Coefficienten der beiden linearen Functio- nen 1. rändert; die so entstehende Determinante ist durch 4(4 — uy theilbar, und die nach der Division übrigbleibende Gleichung a. ll. M xs enthält dann å noch bis zur vierten, u bis zur zweiten Potenz. Um die Gleichung dieses Kegels zu bestimmen, fügt man die Glei- chung einer durch die Spitze gehenden Ebene bie «A + 28B + yC — 0 hinzu, und zählt die dadurch bestimmten Werthe 4. Mit Hülfe von 2. geht 5. in edu — B +u) +y— 0 über, und wenn man hiedurch « als Function von 4 ausdrückt und in 4. einsetzt, so erhült man eine Gleichung 6. Grades. Der Kegel ist also von der 6. Ordnung. | Es folgt zugleich, dass die Berührungscurve von der 7. ist. Denn da durch die Kegelspitze ein Kegelschnitt der Schaar geht, so giebt es ei- nen von der Spitze ausgehenden Strahl, welcher in dieser selbst be- rührt; die Kegelspitze gehört also der Berührungscurve an, und muss, wenn man die Durchschnitte der Ebene 5. mit dieser Curve zählt, hin- zugerechnet werden. Dasselbe Resultat wird sich weiter unten auf an- derm Wege ergeben. pongas m» eae. Eet a nom Tert TUTO Ee spec eee p Irma UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 11 SZ Die Fläche der vierten harmonischen Puncte. Die Gleichungen : DB: C= an: STI 9 + Am —0 bestimmen die Durchschnitte eines von der Kegelspitze ausgehenden Strahls A, u mit einem Kegelschnitte 4 der Schaar. Legt man zunächst der Zahl u alle möglichen Werthe bei, so erhält man, paarweise, nach einander alle Puncte des Kegelschnitts 4, und wenn man nun auch 4 varirt, alle Puncte der Fläche, und zwar, da zwei Kegelschnitte der Schaar einander im Allgemeinen nicht schneiden, im Allgemeinen je- den nur einmal. Die Fläche ist also durch die Gleichungen 6. in eine Reihe von Punctepaaren aufgelöst. Suchen wir zu jedem dieser Punctepaare und zu der Kegelspitze den vier- ten harmonischen Punct. Dieser ist dadurch gegeben, dass man den Strahl 4, u nicht mit der Fläche ọ + Ay = 0, sondern mit ihrer in Bezug auf die Kegelspitze genommene Polare durchschneidet. Die Gleichung der letztern ist | Ip Qv Erb dar A, B, C, S a 4, B, p, 68 01 J z 2 = p + AF E a dës Ss drz Aces ta dy dy PA - da, A4 B; C, Alle diese vierten harmonischen Puncte werden daher durch die Glei- chungen gegeben: B2 12 A. CLEBSCH, A a H teg Ay E ep STE Sie bilden eine Flüche, von welcher im Allgemeinen jedem Werthsystem A u nur ein Punct entspricht, welche also auf einer Ebene eindeutig abgebildet ist, wenn man 4, u als Coordinaten eines Punctes in der Bildebene auffasst. Eliminiren wir aus 7. 4 und u, so erhalten wir die Gleichung SA EDU Cd? — 2Bd9w + Ay? — 0 Sie stellt eine windschiefe Fläche 3. O. dar, welche zur Doppellinie diejenige Gerade hat, in welcher die Polaren der Kegelspitze in Bezug auf das Flüchenbüschel e + Aw — 0 sich schneiden, und welche ausserdem durch die Kegelspitze geht. Die in 7. enthaltene Abbildung dieser Flüche auf der Ebene ist nicht die einfachste, soll aber doch hier beibehalten werden. Setzt man statt der Gleichungen 7. die folgenden: 9. eA — án. eB = — E e0 1 QU — A, ob = — A, und ist ' 10... . «A + BB + yC + qd — yw —0 die zwischen den linearen Ausdrücken A, B, C, $, % bestehende lineare Identität, so hat man A ein — Bo + y — x (p tia) zx, und indem man den Werth von x hieraus entnimmt, kann man den Gleichungen 9. die Form geben: D E NE EP T PER ERIT TREND TREES UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 13 QA — APTUM B. eB— — LE (p. a SR SEM | T welche die Abbildung liefert. Die ebenen Schnitte werden, wie man sieht durch Curven abgebildet, welche 4, u zusammen in der dritten Diemension, aber 4 nur quadratisch, 4 nur linear enthielten. Macht man die Ausdrüche rechts durch Einführung einer dritten Grösse » ho- mogen, so haben alle diese Curven 3. O. einen festen einfachen Punct bei u = 0, v = 0, einen festen Doppelpunct bei 4 = 0, v = 0. Die in 10. 11 auftretenden Coefficienten p. q haben eine sehr ein- fache Bedeutung. Bezeichnet man durch z,, xo, x4, x, die Coordinaten der Kegelspitze, so dass, identisch für die u, u Aı Bj Ci 4» Ao Bz C» uz Az B; C; u4 A; DB, C, - puse 11 Maia + 3:5 -- ux == so ist aus 10., wenn man darin die x durch die x ersetzt: P:4 = dy + doo Lass dux, : Pixy Les Les + Wax. Mit Rücksicht auf die Definitionsgleichung 6° von 4, verhalten sich also p und q zu einander, wie die Werthe der Functionen e. v, wenn man darin die æ durch die x ersetzt, und können mit diesen Functions- werthen identificirt werden. Alsdann sind e, B, y durch die Determinan- ten ausgedrückt : a = (BOHP), B —(CAdW, y —(ABdw, 8. 5. Darstellung der Fläche 5. O. durch zwei Parameter. Um nun die Puncte der Fláche 5. O. zu finden. braucht man zu den Gleichungen 14 A. CLEBSCH. =: Hi C ss AES vex —— Dg nur eine einzige lineare Gleichung hinzuzufügen, welche die Stelle der quadratischen Gleichung g + Au —0 vertritt. Eine solche findet man indem man das Quadrat von -+ 4 in die Form bringt: | 18... (PAPP — et Ay) (p+ 4g) (bt E Die rechte Seite, für sich gleich Null gesetzt, stellt den von der Kegel- spitze an die Fläche ọ + Av — 0 gelegten Tangentenkegel dar, und muss sich daher, soweit sie von den x abhängt, als quadratische Function von ABC darstellen; die Coefficienten derselben werden quadratische Fun- ctionen von 4. Setzt man darin für A, B, C die ihnen proportionalen dn Werthe Au, — TER: l, so muss sich der Ausdruck bis auf einen con- ^stanten Factor in 2 verwandeln, dessen Verschwinden, wie oben gezeigt, das Zusammenfallen eines Punctepaars anzeigt, und mit welchem auch die Dimensionen des .Ausdrucks in 4, u und in den Coefficienten von 9, V übereinstimmen; man hat daher: 14: A: B:C:d-E = ap: — LE, Ak Diese Proportion zeigt. wenn man sich die A, B, C um einen gemein- schaftlichen Factor verändert denkt, dass c auch von A, B, C nicht mehr abhängt, also eine Zahl ist. Die wirkliche Ueberführung der g rechten Seite von 13. und da- mit die Bestimmung von c kann man folgendermassen vornehmen. Sei symbolisch 9 + Ay = {z = x? etc.; dann kann man der Gleichung 13. die Form geben: d E i í ; UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 15 (P + 148) = — My, — X,” = — AIS, (ABC) — x, (ABO)? = — Mx BO) A, + (xy CA) B,+ (X AB) C, t. Die Darstellung durch A, B, C ist hiermit schon gegeben. Es ist aber die rechte Seite, wenn man die A, B, C durch die ihnen proportiona- len Ausdrücke ersetzt, : = lag BO) Au — 3x CA) (4 + u) + (xx AB)? 1 H gap mx. A+24B +40, A +2uB+ uC = — 2. Man hat also in 14. c = — 1. Die Gleichungen Ed — du Longini M E ee? ES $ e(b--4p)—-VyW-—o lassen die Variabeln æ mit Hülfe linearer Gleichungen durch 4 und u ausdrücken. Mit Hülfe dieser Gleichungen entsprechen jedem Puncte einer Ebene, in welcher 4, u die Coordinaten bedeuten, zwei Puncte der Oberfläche 5. O., welche in dem oben gebrauchten Sinne ein Paar bilden. Die Fläche ist also auf einer zweiblättrigen Ebene so abgebil- det, dass diese Ebene, einfach gerechnet, zugleich das Bild der Flüche der vierten harmonischen Puncte ist, und dass der Ort des Bildes eines Punctepaars mit dem Ort des Bildes der entsprechenden vierten harmo- nischen Puncte vereinigt ist. Nimmt man wieder die Identitit 11. zu Hülfe, so kann man die 4 Gleichungen 15. durch die folgenden 5 ersetzen, in denen nun links A nicht mehr vorkommt: 16 A. CLEBSCH, 94 — Au(p + 44) eB — EEE LA ec (p +44) À TE E e? Alen — Beate IQ oW-— (eu— A ee +V - 2. 8$. 6. Abbildung auf der zweiblättrigen Ebene. Ebene Schnitte. Ich habe die Abbildung der Gleichungen 16. in dieser allgemeinen Form gegeben, werde aber der Einfachheit wegen im Folgenden voraus- setzen, dass A = 0, B — 0, C — 0 drei Ebenen » —0, y —0,2—0 eines Coordinatentetraeders seien, während die vierte Ebene t — 0 eine beliebige Lage. Die Tangentenebenen des Kegels werden dann durch x + 2y + 4?z = 0 2 4- 2uy+u?z = 0 dargestellt, und man hat 16.1 A 18... 2: ye= dni ER Setzt man dies in die Gleichung + 4w=0 ein, so findet man Ig. i Uz? + 2Vzt E Wt? — 0, wo U, V, W Functionen von 4, u sind; und zwar enthält U die Grös- sen 4, u zu den Ordnungen 3, 2, V zu den Ordnungen 2, 1, W zu den Ordnungen 1, 0. Setzt man, wie geschehn soll, œ und v als allge- mein voraus, so sind auch U, V, W ganz beliebige Functionen solcher Art; denn es ist: MUN VANS Mare Ie EE E NE AET ENN ENE E E gigs) ide xa Ny d coi DET IL A jouir pas ip rns dc dg ecd UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 17 ALa? U—[9314?u?—919Au(4-- u) + 922( Ja +2gıs4u—g2s(4+u)+935] ib s on Jä 2? — yas An (7a) Eos E Hayısdu Ves (471-4)31- Vs] A+u A+u V—(91444— pog + 952) + Alysadıı — Va 5 + P34) W = 944 + A ya. Es ist leicht zu sehen, dass wenn etwa U, V, W als gegeben ge- dacht werden, die Coefficienten g, y völlig und eindeutig bestimmt sind. Aus W sind sofort 944, w44 gegeben; aus V zunächst 994, 454, W^, W24, in zweiter Linie 904, W34; endlich aus U zunächst gas, 95, P33, Vii. Wiz: Vo». sodann aus den Coefficienten von 242, u?4, 42, A mit Hülfe der oben gefundenen auch qii, Yı2, Was, iss: zuletzt bestimmt man noch 913, ans aus den Coefficienten von #4? und uå. Die Functionen U, V, W sind also übrigens allgemeiner Natur, und kónnen an Stelle der Functionen g, y als ursprünglich gegeben angesehen werden. Entnimmt man aus 19.: V — V V2 —UW WwW t z so giebt dies im Verein mit 18. für v, y; z, t die folgenden Ausdrücke durch 4, u: va =iAuW. I^ cR 21. er "Wed x ME. dios ues MVVE DW, eine Darstellung der Fläche, welche der Darstellung 16. üquiva- lent ist. Mathem. Classe. XV. C 18 A. CLEBSCH, Es ist hierbei nichts willkürlich, als die Lage der vierten Ebene, t — 0. Ersetzt man diese durch eine andre, t^ — 0, welche nur nicht durch die Kegelspitze gehen darf, so hat man 99... gf — p (t+ ax + By +y) — — V 4- Wr --VR, WO A 233, T = eu — fp LE Ry gesetzt ist und wo R die Formen annimmt: 24... R= V2 — UW —(V —Wry —W(U —2Vr-- WT?. Die Gleichung 22. reicht aus, um die ganze Abbildung darzustellen, wenn man c, f, y als allgemeine Coefficienten betrachtet. Denn in diesem Falle reprüsentirt ? — 0 eine beliebige Ebene, also AS os E E A lR.-O0 das Bild eines beliebigen der Ebene = 0 entsprechenden ebenen Schnittes. Befreit man die Gleichung 25. von der Irrationalität, und benutzt R in der Form 24,, so erhält man, mit Absonderung des von c, p, y un- abhängigen Factors W: 20 U — 2 TV ¥P PW =), Dieses ist die Gleichung der ebenen Curve, welche als Bild eines ebenen Schnittes zu betrachten ist; aber von den beiden Blättern der Ebene repräsentirt in jedem Puncte nur eines einen Punkt des ebenen Schnittes, insofern das Vorzeichen von VR aus der Gleichung 25. be- stimmt ist. : E ET EE RT EEP LET UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 19 Um auch das Bild eines solchen ebenen Schnitts zu erhalten, wel- cher durch die Kegelspitze geht, muss man sich die absoluten Werthe der Constanten «œ, ß, y unendlich gross denken; # =— 0 geht dann in ex + Py + yz =Q über, aus 26. sondert sich W ab, und es bleibt übrig 37 x^ AB Tse während 25. keine Vorzeichenbestimmung von LH R mehr giebt; es ge- hóren also zwei übereinanderliegende Puncte der Doppelebene immer gleichzeitig dem Bilde an. 8. 7. Die Uebergangscurve. Schon in & 1 ist darauf aufmerksam gemacht, dass die Ueber- gangscurve R = 0 für die Abbildung von besonderer Bedeutung ist. Diese Curve ist hier von der Ordnung 6; aber da in ihrer Gleichung Sé $9 A R = y2 — UW reus 0 4 nur bis zur vierten, A nur bis zur zweiten Potenz vorkommt, so hat : i 4 an sie besondere Eigenschaften. Setzt man = e für 4, o und multiplicirt mit der betreffenden Potenz von v, so erhält man eine Gleichung, in welcher jedes Glied für 2, » zusammen wenigstens von der vierten, für 4, » zusammen wenigstens von der zweiten Dimension ist, Die Ueber- gangscurve hat also einen vierfachen Punct P bei 4 = 0, » — 0, einen Doppelpunet Q bei u = 0, » = 0. Es ist leicht zu sehen, dass sie eine allgemeine Curve dieser Art ist. Dass die Functionen U, V, W in ihr Art allgemein sind, ist schon oben erwühnt. Aber man kann auch jede Curve, welche in P einen vierfachen, bei Q einen Doppelpunct hat, in die Form 27*. bringen. Um dies zu zeigen, stelle ich folgende Betrachtung an. Es sei eine Curve der gedachten Art gegeben; ihre Gleichung muss die Form haben C2 20 A. CLEBSCH, 23... Lu? +2 L'u» -4+ L"»? —0 wo L, L', L" homogene Functionen 4. O. von 4, » sind. Schneidet man die Curve durch eine von P ausgehende Gerade (für welche : constant ist) so findet man die beiden Schnittpuncte, welche die Gerade ausserhalb P mit R — 0 gemein hat, durch die Gleichung: u D phei E L i Der Ausdruck LL” — L’? kann kein volles Quadrat sein, denn jedem quadratischen Factor entspricht ein Doppelpunct der Curve, es gübe dann also ausser P und Q noch 4 Doppelpuncte, und die Zahl p würde, da P als sechsfacher Doppelpunct gilt, negativ, die Curve müsste zerfallen. Man muss also wenigstens zwei Factoren in LL“ — I’? haben, welche nur je einmal vorkommen. Jeder derselben entspricht einer von P an der Curve gezogenen Tangente. Sei nun 4 so gewählt, dass 4 — 0 eine solche Tangente wird. Der Ausdruck vt (Lou? + Sens + Lor?) in welchen die linke Seite der Curvengleichung für 4 — O übergeht, muss ein Quadrat v* (lu + lv}? sein, die Curvengleichung also die Form haben: 29... Hiu -- Bag MSD, eine Form, welche unter 27*. als besonderer Fall enthalten ist. Man kann also in der That jede Curve, welche P zum vierfachen, H zum Doppelpunct hat, in der Form 27. darstellen, und 27°. giebt also eine ganz allgemeine Curve solcher Art. UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 21 Die Uebergangscurve ist das Bild derjenigen Curve, in welcher der einfach berührende von der Kegelspitze ausgehende Tangentenkegel die Oberfläche berührt. Um die Ordnung der entsprechenden Raumcurve festzustellen, hat man nun die Gleichung R — 0 mit den Gleichungen 21. ov = AuW A+u p W ot ——V und mit der Gleichung der Abbildung eines ebenen Schnitts (26) U — 2 rV + PW = 0 zu verbinden. Die beiden Gleichungen U — 2rV 4+ PW = 0, V? — UW = 0. führen aber auf U — IV — 0 V — rW = 0, aus denen wiederum die erstern hervorgehen. Von diesen stellt die erste eine Curve 5. O. dar, welche in P einen dreifachen, in Q einen Doppelpunct hat, die andere eine Curve 3. O., welche in P einen Doppelpunct hat und durch Q einfach hindurchgeht. Diese Curven ha- ben also ausserhalb P und Q (welche nicht mitzuzühlen sind, da ein Schnitt in ihnen nicht einen Schnitt im Raum bedeutet) noch 3.5 —2.3 —1.2 — 17 Schnittpuncte. Eine Ebene trifft also jene Raumcurve in 7 Puncten, und diese ist von der 7. Ordnung, was mit S. 3 übereinstimmt. Diese Raumcurve bildet sich durch die Uebergangscurve eindeutig ab. Beide haben also das Geschlecht gemein (p — 3) und den Umstand, 22 A. CLEBSCH, dass sie Ayperelliptisch sind, d. h. dass ihre Coordinaten sich mit Hülfe einer Quadratwurzel (hier aus einem Ausdruck vom 8. Grade) darstel- len lassen. 8.8. Die Gerade W =. Wenn man die Gleichung 27°. in der Form 28. anordnet, so giebt 295... LL” — L?-0 eine Gleichung 8. Grades, welche die 8 von P an die Uebergangscurve gezogenen Tangenten liefert. Diese Gleichung aber zerfällt hier immer in den Factor W, und eine Gleichung 7. Grades S — 0. Die Gerade W = O0 ist in der That eine der von P an die Curve ziehbaren Tan- genten, denn W versieht in 27°. genau dieselbe Stelle, wie 4 in 29. Bei der Uebergangscurve ist also insbesondre eine der von P zu zie- henden Tangenten ausgezeichnet und von vorn herein gegeben. Diese hat Zär die Abbildung die grösste Wichtigkeit; sie dient zur Unterscheidung der in den verschiedenen Blättern über einander liegenden Gebilde. Jede von P ausgehende Gerade stellt einen Kegelschnitt der Schaar : A : dar, indem = für dieselbe constant ist. Auch die Gerade W — 0 also stellt einen solchen dar. Um diesen zu bestimmen, bemerke ich zu- nächst, dass durch Einführung der Grösse » die Gleichungen 21. in die folgenden übergehen: ex — AuW A+u 80-3 (oi X. pr -— ^" et = — V + V V- WU, wo U, V, W aus 20., nur immer mit Ergänzung entsprechendes Po- tenzen von » zu entnehmen sind. Für W = 0 ist nun hienach, wenn UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 23 VV? = — V, offenbar x — 0, y = 0, z = 0, t von Null verschie- den. Bei dieser Wahl des Vorzeichens von LES stellt also die Gerade W nur die Kegelspitze dar. Ist dagegen V V2 — V, so nehmen alle- Ausdrücke 30. rechts die Form Null an, statt dessen kann man den Gleichungen die Form geben: H Qv — Au py —— iu y 02 = y? ^ —V--VWV:—UW .— "nl bo Kaes DN U DW. BR A Diese Gleichungen, in welchen y, aus W = 0 zu entnehmen ist, stellen ‚denjenigen Kegelschnitt der Schaar dar, welcher durch die pd hin- durch geht. Denn die Gleichungen gt — ZAK ey = — (A + u)»V 02 = 22V p c D enthalten den Parameter u zur zweiten Potenz, stellen also eine Curve 2. O. dar; dieselbe liegt in der Ebene v?æ + 2ivyy + A?z = 0, ist- also der Schaar angehórig; endlich ist mit V — 0, was einen Werth von Z giebt, < — 0, y — 0, z — 0, d. h. der Kegelschnitt geht durch die Kegelspitze. l Die Gerade W — 0 in der Doppelebene besteht also aus zwei Geraden Hi = 0, Wz = 0, von welchen immer zwei Puncte in den verschiedenen Blättern über einander liegen, und welche zwei verschiedene Gebilde darstellen. Die Gerade Wı = 0 ist das Bild der Kegelspitze, die Gerade W, — 0 das Bild des durch die Kegelspitze gehenden Kegelschnitts der Schaar. 24 A. CLEBSCH, Erscheint die Kegelspitze so im Bilde in eine Gerade ausgebreitet, so entspricht jedem Puncte der Geraden eine auf der Flüche durch die Kegelspitze gehende Richtung. Der Berührungspunct mit R — 0 insbesondere, welchen W = 0 und Wa — 0 gemein haben, entspricht der durch die Kegelspitze gehenden Richtung, welche den Kegelschnitt berührt. Indem man ein für alle Mal die Geraden W; — 0 und W = 0 unterscheidet, kann man nun zugleich in allen andern Fällen, in welchen eine Curve der Bildebene in ihrem doppelten Verlaufe zwei verschiedene Raumgebilde darstellt, diese von einander unterscheiden, indem man das verschiedene Verhalten beider Theile der Abbildung gegen diese beiden Geraden angiebt. & 9. Curven der Ebene und ihre Bedeutung im Raum. Die Curve el 7.1 fA, pm») 399: der Bildebene stellt ein einziges Raumgebilde dar, sobald mit Hülfe ih- rer Gleichung nicht R in das Quadrat eines rationalen Ausdrucks übergeführt werden kann. In diesem Falle ermittelt man die Ordnung der entsprechenden Raumeurve einfach, indem man die Gleichung 31. mit der Gleichung 39... E PARE e combinirt. Jedem Schnittpuncte der Curven 31. 32. welcher nicht in P oder Q fällt, entspricht ein Schnittpunkt einer Ebene mit der zu 31. gehörigen Raumcurve; nur einer, weil aus 25. zugleich LR gegeben ist; die Anzahl der beweglichen Schnittpuncte von 31. 32. giebt also die Ordnung der Raumcurve an. condi ica SEE sed $E UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 25 Nun hat die Curve 32., welche von der 5. Ordnung ist, P zum dreifachen, Q zum Doppelpunct; hat also die gegebene Curve f = 0 P zum efachen, Q zum ffachen Punct, und ist f von der m. O., so ist die Ordnung m’ der zugehörigen Raumcurve: Bi bs — 3o, — 2B. Ganz anders verhält es sich, wenn die Gleichung f = 0 die Ei- genschaft hat, dass mit ihrer Hülfe VR in einen rationalen Ausdruck ae = verwandelt werden kann. In diesem Falle erhält man aus 30., je nachdem für = das eine oder das andere Vorzeichen gewählt wird, N die Gleichungen: Qr. cm Au WEN > op = AuWN A+ u s A+ H ON = — d iii ON = — e" PUTET og = »*WN a c WN o = — VN--M gt = — VN— M. Dies sind die Gleichungen zweier völlig verschiedener Raumcurven, welche zusammen durch die Curve f — 0 abgebildet werden, doch sodass zwei in den beiden Blüttern übereinanderliegende Puncte niemals dem Bilde derselben Raumcurve angehören. Daher folgt ferner, dass in solchem Falle immer f — 0 die eindeutige Abbildung der entspre- chenden Raumcurve ist, dass also die Zahl p für f = 0 und für die beiden dadurch repräsentirten Raumcurven denselben Werth haben muss. Ich werde jetzt die einfachsten dieser Fälle untersuchen. In denselben ist immer N = 1, also identisch RBR = M — fF; und zwar hat die Curve 3. O. M — 0 in den zu betrachtenden Fällen immer in P einen Doppelpunct, in Q einen einfachen Punct, sodass Mathem. Classe. XV. D 26 A. CLEBSCH. von f.F — 0 dasselbe gelten muss. Wenn nicht etwa F eine Con- stante ist, so stehen die beiden Curven f = 0 und F = 0 in einer gewissen Wechselbeziehung zu einander, beide berühren die Curve R — 0, wo sie derselben ausserhalb der vielfachen Puncte be- gegnen oder schneiden sich auf derselben. Einige bicher gehörige Fälle will ich im Folgenden behandeln. Unter den angegebenen Verhältnissen ist es leicht, die Ordnungen des zu den beiden Curven f — 0 gehörigen Raumcurven zu bestimmen. Sie sind durch durch die Schnittpuncte bestimmt, welche die Curve f 0 in den beiden Blättern mit dem Bilde eines ebenen Schnittes hat, und welche nicht in P oder Q fallen. Die Gleichung des Bildes eines ebenen Schnittes ist nach 25. ` V—Wr-—wVvR zs 0 man hat also hier, jenachdem VR = M oder LR = — M in den Schnittpuncten mit f — 0 ist, entweder 398... Ve WE — M — 0 oder V — WE kA — D Beide Gleichungen stellen Curven dritter Ordnung dar, welche P zum Doppelpunct, Q zum einfachen Puncte haben. Jede dieser Curven schneidet also f — 0, wenn diese Curve wieder von der Ordnung m ist, und P zum efachen, Q zum ßfachen Punct hat, ausserhalb P, Q noch in 3m — Ze — ß Puncten. Aber hiezu kommt noch, dass in den Schnittpuncten von f = 0 mit W = 0, wo R = M? — Y? ist, auch entweder V — M oder V + M verschwindet, also jedenfalls eine der Gleichungen 33. erfüllt ist. Mit andern Worten, unter den Schnitt- puncten von f — O mit 33. sind noch diejenigen fest und daher hier auszuschliessen, welche f = 0 mit W — 0 gemein hat, m — a an Zahl, aber nur immer in einem Blatte, nämlich da, wo nach S 8 Wz = H ist (VR = V), während sie in dem andern Blatte jedesmal über- haupt nicht der Gleichung 25. genügen. Ist nun 9 die Zahl derjenigen UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 27 unter den Schnittpuncten von f — 0 mit W = 0, für welche M = V, c die Zahl derjenigen für welche M — — V, so ist GL ess m — a, und die Ordnungen der zugehörigen Raumcurven sind: 2m— a—ß-+0 2m—a«— f-1-0. nz Zug EC Mood m" = 3m—2e—-—o = Die Zahlen ọ und o haben für die Raumcurve eine sehr einfache Bedeutung. Da W, = 0 das Bild des durch die Kegelspitze gehenden Kegelschnitts der Schaar ist, so geben die Zahlen o, ø an, wie oft jede der betrachteten Raumcurven diesen Kegelschnitt schneidet. Ferner aber trifft das Bild jeder der Raumcurven offenbar W, — 0 überall da wo W = 0 ohne dass W, = 0; bei der erstern tritt dies omal, bei der zweiten omal ein. Und da W, = 0 das Bild der Kegelspitze ist, so sieht man, dass o bei der ersten, o bei der zweiten Raumcurve die Anzahl von Zweigen bedeutet, welche durch die Kegelspitze gehen. & 10. Die Linienpaare der Kegelschnittschaar. Von dem vierfachen Puncte der Curve R = O lassen sich nach 8. 8 acht Tangenten an diese Curve ziehen. Von diesen ist eine, nämlich W — 0, gegeben; die 7 andern findet man durch die Gleichung 29*., wenn man aus derselben den Factor W entfernt, Ist W = 0 die Gleichung einer solchen Tangente, so nimmt nach $. 7 die Gleichung R = 0 die Form y2 EA W'U' in 0 an, und VR wird für W’ = 0 gleich + V’. Es tritt also der zweite in & 9 erwähnte Fall ein; die Zahlen m, e, B haben die Werthe 1, 1, 0. also m — «œ = 0, daher auch o = 0, o — 0, und mithin D2 28 A. CLEBSCH, S ums xd Die von dem wierfachen Puncte an R — O gezogenen 7 Tangenten (ausser W — O0) stellen also 7 Linienpaare dar, welche auf der Fläche liegen. Diese Linienpaare sind besondere Fälle der Kegelschnittschaar, welche durch die von dem vierfachen Punct ausgehenden Geraden abge- bildet wird. Für jede solche Linie ist in §. 9 m — 1, « = 1, B = 0, also mi —2; da für jede solche Curve z constant ist, so stellen dieselben die Kegelschnitte der erzeugenden Schaar vor (S. 8). 7 Linienpaare sind, sieht man direct. Man braucht nur die Bedingung aufzustellen, unter welcher die Fläche 9+4 w=0 von der Ebene A+ 24 B+ 4? C — 0 berührt wird. Dies giebt eine Gleichung 7. Grades, und offenbar ist dieselbe mit der oben erwühnten identisch. Man erhält diese Gleichung direct in der Form, welche entsteht, wenn man die Gleichung der Oberfläche 9 + 4 y — 0 in Ebenencoordinaten schreibt, und für die Coordinaten der Ebene dann die der Gleichung A + 24B + 22C = 0 einsetzt, nämlich Dass unter diesen 0 = | Ipııt+Ayıı 912-1-4V19 9153-4V15 Pia tiya 414-24B, +4 h 912-4412 922--4V22 925--^V25 $24--AV24 Aa 4-24 B+ $15-3-4V15 925-1-AVos 95571-4155 954-]-AV54 45--24B5--4^.- 9143-2V14 9247-424 9547-454 944 1-A4V44 444-24Bí4-- Hl 414-24 Bi +4201 A54-24B5--4?C, A7424 B52-4205 A42 -24B4-41-4504 0 : Da die zwei Linien eines Paars durch zwei in den beiden Blättern übereinanderliegende Geraden abgebildet werden, so muss der Durch- schnittspunct beider durch denjenigen Punct dargestellt werden, in welchem die Gerade die Uebergangscurve berührt. Die Berührungs- curve des einfachen von der Kegelspitze ausgehenden Tangentenkegels geht also durch die Doppelpuncte der 7 Geradenpaare. ee ee een In UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 29 $& 1l. Die von R — 0 herrührenden hyperelliptischen Integrale. Die Uebergangscurve R — 0 führt auf hyperelliptische Integrale, und auf ein denselben entsprechendes Umkehrproblem. Es seien am. v», uz die einem Puncte von R = 0 entprechenden Integrale erster Gat- tung; ihre untern Grenzen seien so bestimmt, dass, wenn sich die Summe auf die Durchschnittspuncte einer algebraischen Curve mit R — 0 erstreckt, immer 44 = 0, Zug ES egen, VT m OU (vgl. Crelles Journal Bd. 63, p.197). Dem vierfachen Puncte der Curve entsprechen 4 Integralsysteme, die durch oe, f; y; 9; bezeichnet sein mögen (i= 1, 2, 3), dem Doppel- puncte zwei Systeme, welche durch a;, b; bezeichnet seien. Da die beide vielfache Puncte verbindende Gerade die Curve R=0 nicht mehr schneidet, so hat man l... e + Bit yit ð taut b= (i= 1,2, 3) Jede von dem vierfachen Puncte ausgehende Gerade schneidet die Cure in zwei Puncten deren Integralsysteme «;, u;‘ seien. Man hat dann e + Bit yi t di + ut ww — 0, oder 9... WT W.-.a + [A eom 1, 2. Al. Insbesondere fallen für die 8 oben erwühnten Tangenten die Inte- grale v; mit den Integralen w; zusammen. Man hat also für die jenen Berührungspuncten entsprechenden Integrale 2u; — ai + bi oder da rechts eine Periode hinzugefügt werden kann: YA Pitat b; = > ; u; wo die P; gewisse Periodensysteme bedeuten. 30 A. CLEBSCH, & 12. Berührungskegelschnitte. i Legen wir einen Kegelschnitt durch die beiden vielfachen Puncte | von R = 0, so trifft er die Curve noch in 6 Puncten, deren Integralsy- — steme wi”, ES ...*? seien. Man hat dann nach dem Vorigen r x LE p A Er qe en kl oder wegen l.: =ĝ =Z ow = VO, k—1 " 3 Man kann nun diese Schnittpuncte paarweise zusammenfallen lassen, und erhält dann Kegelschnitte, welche durch die beiden vielfachen Puncte gehen, und R — 0 in 3 Puncten berühren. Die Berührungspuncte be- | stimmen sich durch die Gleichungen : IT TE es. cuo RM S 2(v Lei + v^ — O0 oder J u 4 Qi TOT NEUE v + vi ET wo die Q; beliebige Systeme von Periodicitätsmoduln sind. Jedem System Q entspricht ein System v’, v^, v” und also ein | Kegelschnitt; da die Q 6 ganze Zahlen enthalten, welche O oder 1 sein | können, so hat man im Ganzen 2° — 64 solcher Kegelschnitte. Die Gleichung eines solchen Kegelschnitts sei K — 0. Durch die Berührungspuncte desselben lege ich eine Curve 3. Ordnung, L = 0, : welche in dem vierfachen Puncte von R — 0 einen Doppelpunct hat, ` und durch den Doppelpunct von R — 0 einfach hindurchgeht. Für ! sie sind nur 7 lineare Bedingungen hiedurch gegeben ; es giebt also ein Sy- stem solcher Curven mit zwei willkürlichen Parometern; ist eine Curve : des Systems L — 0, so sind die übrigen von der Form L + AK = 0. wo A = 0 die Gleichung irgend einer durch den vierfachen Punct ge- | legten Geraden ist. UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 31 Die Curve R — c L? = 0 hat mit K = 0 12 Puncte gemein; | den vierfach gerechneten vierfachen Punct und den zweimal gerechneten Doppelpunct von R = 0, ausserdem, die 3 doppelt zu rechnenden Be- rührungspuncte von R = 0 mit K — 0. Bestimmt man also c so, dass der Ausdruck R — c L2 noch für einen weitern Punct von K —0 verschwindet, so muss er K als Factor enthalten. Indem man also die absoluten Werthe der Coefficienten von L richtig bestimmt, wird immer identisch — I? — MK. Die Curven K — 0 gehören also unter die zweite in R 9 erwähnte Kategorie; für sie wird R rational, und die Ordnung der entsprechen- den Raumcurven bestimmt sich aus den Gleichungen 34. jenes §. Für E= Oaou m 2 vv = Le Le — à =], daher eine der Zahlen o, o gleich 1, die andere gleich 0, eine der Zahlen m‘, m" gleich 2, die andere gleich 3. Jede Curve K = 0 repräsentirt somit einen Kegelschnitt. und eine Curve 3. O. im Raum, jenachdem sie die Linie W = 0 in demjenigen Blatt wirklich schneidet, in welchem sie einen Kegelschnitt (W, — 0), oder in demjenigen, in welchem sie die Kegelspitze (W, = 0) bedeutet. Es giebt also ausser der oben erwähnten Schaar noch 64 einzelne Kegelschnitte auf der Oberfläche. Sie werden durch die Zweitheilung der hyperelliptischen Functionen für p = 3 gefunden, welche bekannt- lich ausser der Lösung der Gleichung 7. Grades ($. 10) nur Ausziehen von Quadratwurzeln erfordert. Jede Curve K = 0 schneidet jede der von dem 4fachen Puncte ausgehenden Geraden in einem Puncte. Aber von den Puncten des Raumes, welche dieser Punct darstellt, liegt nur einer auf dem entspre- chenden Kegelschnitte. Man hat also den Satz: Jeder der 64 einzelnen Kegelschnitte trifft jeden Kegelschnitt der Schaar einmal. Zur Ergänzung des Beweises für diesen Satz ist noch folgender hin- zuzufügen. Zwei Curven im Raum können sich schneiden, ohne dass dies bei ihren Bildern der Fall ist; wenn nämlich beide durch die Ke- 32 A. CLEBSCH, gelspitze gehen, oder einen Punct der Doppelcurve gemein haben. Er- sterer ist hier ausser Frage, da die Kegelschnitte der Schaar nicht sämmtlich durch die Kegelspitze gehen. Aber auch was den Schnitt auf der Doppelcurve angeht, so kann jeder der 64 Kegelschnitte doch nur einzelne Puncte mit der Doppelcurve gemein haben, sich also auch nur mit einzelnen Kegelschnitten der Schaar ausnahmsweise auf der Doppelcurve treffen. Ich bemerke noch, dass aus der Berührung des Kegelschnitts in der Ebene mit R — 0 keineswegs eine Berührung der entsprechenden Raumeurven zu folgern ist. Vielmehr folgt daraus nur, dass die Tan- gentenebene des Schnittpunkts durch die Kegelspitze geht, was an und für sich klar ist. & 13. Synthetische Configuration der Abbildung. Obgleich durch das Vorliegende für die eindeutige Abbildung auf einer Ebene die wesentliche Grundlage gewonnen ist, so werde ich doch im Folgenden noch einige weitere Untersuchungen über die Ab- bildung auf der Doppelebene bringen. Es handelt sich zunächst darum, was man in der Doppelebene als gegeben ansehen kann und muss, um daraus die Abbildung einer Fläche 5. O. mit einer Doppelcurve 4. Gra- des in bestimmter Weise herstellen zu kónnen. Zunächst ist oben bereits gezeigt, dass R=0 eine allgemeine Curve ihrer Art ist. Denken wir uns also eine solche in beliebiger Weise in der Bildebene gegeben. Von dem Puncte P müssen wir ferner eine der 8 möglichen Tan- genten an die Curve ziehen, und sie zur Linie W — 0 wählen, indem wir sie für die beiden Blätter als W, — 0 und W, — 0 unterscheiden. Wollen wir nun aber diejenigen Kegelschnitte angeben, welche durch P und Q gehen und Bilder der durch die Kegelspitze gelegten ebenen Schnitte sind, so müssen wir noch beachten, dass die Gleichung I = 0 eines solchen Kegelschnitts immer für 4, u symmetrisch ist. Dies Moment kann man in folgender Weise einführen. UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 33 Ziehen wir in der Abbildung irgend eine Linie, welche nicht durch P oder Q geht. Durch passende Wahl der Veründerlichen 4, u können wir noch auf unendlich viele Arten es erreichen, dass A xs die Gleichung dieser Linie ist. Denn hierzu ist nur nóthig, dass die dritte Ecke des Coordinatendreiecks auf dieser Linie angenommen wird, . und dass man 4 und o mit passenden Zahlenfactoren versieht. Man kann mit Hülfe dieser Linie die Bedingung, dass ein Kegelschnitt die Gleichung «Au — gl, y» = 0 habe, auf rein geometrische Elemente zurückführen. Ist nämlich irgend ein Punct A des Kegelschnitts mit den Coordinaten 4, u, » ausser P, Q noch gegeben, so muss auch ein zweiter Punct B mit den Coordinaten u, A, v auf demselben liegen, wenn die obige Gleichungsform eintreten soll; es handelt sich nur darum, B zu finden. Zwei solche Puncte A, B stellen dann die beiden Punctepaare dar, in denen ein von der Kegel- spitze ausgehender Strahl die Fläche schneidet. Aber die Linie PA, P für welche = den gegebenen Werth hat, schneidet sich mit Q B, für welches S denselben Werth hat auf der Geraden 4 = u; eben so PB mit QA. Man verbinde also, um Q zu finden, A mit P und Q, und die Schnittpuncte beider mit 4 = u verbinde man mit Q und P; die . letztern Geraden schneiden sich dann in B. Diese Construction sagt nichts weiter aus, als dass die Pole der Linie v — O in Bezug auf alle Kegelschnitte T — O der Linie 4 — u angehören. : Die Linie 4 — u ist nach §. 3 das Bild der Berührungscurve des doppelt berührenden Kegels, welcher von der Kegelspitze ausgeht. Indem man diese annimmt, und die soeben gegebene Construction hinzufügt, wird aus der dreifach unendlichen Schaar der durch P und Q gehenden Kegelschnitte die doppelt unendliche Schaar T — 0 herausgehoben. Mathem. Classe. XV. E 34 A. CLEBSCH, Durch die Wahl der Linie 4 — u ist die Bedeutung von å, u so weit festgelegt, dass höchstens noch 4°, u' mittelst der Gleichungen A=al'+bv, u= ay + br an ihrer Stelle eingeführt werden, wobei dann å = u in 4' — u‘ übergeht. Es kommt nun darauf an, der Function R die Form V2 — WU zu . geben, wobei die Curve 3. Ordnung V — 0 Q zum einfachen, P zum Dop- pelpunct, die Curve 5. Ordnung U — 0 aber Q zum Doppelpuncte, P zum dreifachen Puncte haben soll Eine solche Darstellung erhält man immer dadurch, dass man eine Curve V — 0 der oben beschriebenen Art durch den Berührungspunct von W — 0 legt. Eine solche Curve schneidet R — 0 noch in 7 weitern Puncten. Bestimmt man aber in dem Ausdrucke R— cV? die Constante c so, dass dieser Ausdruck noch für irgend einen andern Punct von W verschwindet, so hat die Curve E — cV? — 0 mit W — 0 7 Puncte gemein, und E — c V? hat also W als Factor. Lässt man c in V? eingehn, so hat man also R= p WE Die Curve U — 0 berührt R in den erwähnten 7 Puncten, und ist durch ihr Verhalten in P, Q, so wie durch diese 7 Puncte nebst ihren Tangenten (23 Bedingungen) mehr als hinreichend bestimmt. Die Curve V — 0 kann noch in sehr verschiedener Weise gewählt werden. Ist V, — 0 eine solche Curve, so ist die allgemeinste Kak- FO a 0, wo G ein Ausdruck der Form G = alu +ßi+yu+ à» ist, mit vier willkürlichen Coefficienten. Zugleich wird, wenn U, dem V, entspricht U = U,—2G--W qe. Die Curve V, muss noch an völlig bestimmt zu machen. nach unter der vierfach unend eine gewählt genommen werden, um die Abbildung Hat man diese einmal gewählt, und dem- lichen Schaar der Berührungscurven U — 0 ; S0 müssen nach $. 6 die Gleichungen der übrigen Bilder UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 35 ebener Schnitte, deren Ebenen nicht durch die Kegelspitze gehen, die Form haben: U.—.UQ-—2V r4 WI? -90, wobei P von G sich nur durch die Gleichheit der Coefficienten von 4 und u unterscheidet. Aus dem vierfach unendlichen System wird so ein dreifach unendliches zur Abbildung ebener Schnitte herausgenommen. Es frügt sich, wie dieses geometrisch geschieht. Das System der Kegelschnitte T — 0 wurde schon oben construirt. Die Curven vr Fu Wr e D welche zur Construction der dreifach unendlichen Schaar von Curven U — 0 dienen, erhält man offenbar, indem man mit der angenommenen Curve Vı — 0 die Curven jenes Systems schneidet, und die neuen Cur- ven V = 0 immer durch ein System solcher Schnittpuncte legt, deren ausserhalb P, Q noch immer 3 existiren. Jede Curve des dop- pelt unendlichen Systems T= 0 bestimmt hierdurch ein Büschel von Curven V — 0, Das dreifach unendliche System der V — ist also geo- metrisch vóllig gegeben, und damit auch das dreifach unendliche System der U — 0, also das ganze System der Abbildungen ebener Schnitte. In welchem Blatte sie jedesmal als solche gelten, lehrt die Unterschei- dung von W, — 0 und W, = 0; die Abbildungen ebener Schnitte, welche nicht durch die Kegelspitze gehen, schneiden niemals die Gerade Wı = 0, sondern immer die Gerade W, = O. RS 14. Schnitt von R — 0 mit 4 — p. Die Berührungscurven der beiden Tangentenkegel, welche von der Kegelspitze an die Fläche gelegt werden können, werden durch R — 0 und = u abgebildet. Die Abbildungscurven haben 6 Schnittpuncte, und diese stellen also diejenigen 6 Puncte dar, in welchen jene Be- rührungscurven sich schneiden. Es giebt somit 6 Puncte der Fläche deren Tangentenebene sowohl dem einen wie dem andern jener beiden Kegel angehórt. Diese beiden Kegel berühren sich also in 6 Seiten. Da | E2 36 | -e A. CLEBSCH, ihre Ordnungen 2 und 6 sind, so bilden diese 6 Berührungsseiten in der 'That ihren ganzen Durchschnitt. Dass eine solche Berührung beider Kegel eintritt, folgt auch direct indem man ihre Gleichungen aufstellt. Die Gleichung des einen Kegels ist 2 — y? = 0; die des andern erhält man auf folgende Weise. Nach der Veründerlichen ? geordnet mögen die Function 9, y die Formen annehmen: e = 95 + 2yı + yo y — ge + aan + Ca Die Gleichung der Oberfläche ist also æ (Vo + 2tyı + yo)? — 2y (wo + 2twi + t?wo) (p2 + 2tg1 + tpo) +z (9 43- 2t9, 4 Geal = 0. Wenn nun die vom Puncte g, y, z, t nach der Kegelspitze gezogene Gerade die Fläche in zwei zusammenfallenden Puncten schneiden soll, so muss diese Gleichung, noch ? aufgelöst, gleiche Wurzeln haben, es muss also sein: (ew —y 9) (yz - tyi) — (yv —29)(92 + tp) = 0 (ay — y g) (us + two) — (yw —29)(gq1-- tgo) = 0. Diese Gleichungen sind auf dreifache Weise zu befriedigen. l Wenn g = 0, y = 0, so sind beide identisch erfüllt; dieser Fall giebt den Kegel, welcher die Kegelspitze mit der Doppelcurve verbindet. 2. Wenn zy—yg —0, yy —29 — D, ohne dass e und v ver- schwinden; man hat dann zz — y? — 0, also den doppelt berührenden Kegel. 3. Wird beides ausgeschlossen, so kann man setzen: x patty, = e(p-+tgı) T Vi ty = ole Lt tgo) («—ey) y— (y — ezg — 0. UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 37 Multiplieirt man nun die zweite dieser Gleichungen mit £ und addirt sie zur ersten, so erhält man y = 909, und an Stelle der dritten kann man also setzen: 3 . 231 æ — 2oy+ 0% = 0. Eliminirt man noch f£ aus den ersten beiden Gleichungen 2., so findet sich ferner ma-epo V1— 2.4, 4. Bes = 9 — 209 + 029, ké eg Ä A v0 -Vro GE wo der Kürze wegen: 9 = weyo — yi? 29 — Wo qo — 2yı q1 + Vo 92 9^— 9290 — qi? gesetzt ist. Eliminirt man nun o aus 3. 4., so erhült man die Glei- chung des Tangentenkegels, dessen Berührungscurve durch R = 0 abge- bildet wird: (92 — 9"? — A(9y — Ha) (9'z — 9"y) — 0 oder auch: (892 — 29*y + 9" x)? — 4(9 9" — 92) (yz — y?) — 0 In dieser Form sieht man sofort, dass dieser Kegel 6. Ordnung von dem Kegel 2. Ordnung zz — y? = 0 überall berührt wird, wo dieselben sich treffen; und zwar sind die Berührungsseiten durch den Schnitt der Kegel 2. und 3. Ordnung az — y? = 0, 92 —29'y + Fx = 0 gegeben. S 15. Abbildung der Doppelcurve. Die Doppelcurve der Oberflüche ist der Durchschnitt der beiden Flächen 2. Ordnung ø = 0, y = 0. Daher müssen für sie die Aus- drücke verschwinden, in welche g und w sich durch Einführung der 38 A. CLEBSCH, Ausdrücke für v, y, z, £ verwandeln. Gehen wir auf die Gleichungen des S. 6 zurück, und setzen der Kürze wegen U — Ui +40 V == Vi d- A Vs 3i W == Wi +4 W, P wo nun U, Vi, Wi, Uz, Vo, Ha symmetrische Functionen von 4. u sind, so geht durch Einführung der Werthe 18. (§. 6) y = 0 und y — 0 über in: U] 2? +2 V, zt+ Wı :u U5z?--2 Vo zt-- ET = 0. Die Abbildung der Doppelcurve ergiebt sich aus diesen Gleichungen durch Elimination von Z, (Ui W, Kaes U, Wi? = 4 (U, Ra Vi U,)(Vi W, NT. Vs W}). Diese Gleichung ist von der 8. Ordnung, enthält aber 4 und u jedes nur bis zur vierten Potenz. Die Doppelcurve wird also durch eine Curve 8. Ordnung abgebildet, welche P und Q zu vierfachen Puncten hat." ` Eine weitere Eigenschaft ist die symmetrische Gestalt ihrer Gleichung in Bezug auf 4 und u. Die Curve enthält daher lauter solche Puncte- paare wie sie in & 13 beschrieben sind; und jedes solche Paar stellt einen Punct der Doppelcurve dar. Das letztere ergiebt sich auch auf einfache Weise aus einer andern Betrachtung. Sollen 4, u, v und Ai. w,” | denselben Punct der Doppelcurve darstellen, so müssen die Werthe der & für beide Parametersysteme die gleichen Werthe besitzen, oder (indem wir für das zweite System alles durch Striche unterscheiden) es müssen aus 30. (p. 22) die Gleichungen stattfinden: AuW — Zb: (A+ u)» W — (A + u^) i W W = v2 W e Fd Ru — Y'--V gm. $ 2 E vi 3 b E Ke bk 1 E [ 3 d E TW LL NI n- 3 UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 39 Nun folgt aus den ersten drei Gleichungen Ab A FPR PEN EEE dee v p also entweder oder A WM u » y y Das erste ist auszuschliessen, da es die Identität der beiden Puncte des Bildes geben würde; im zweiten Falle, welcher hier allein zutrifft, sind Á 1 1 m und " nur vertauscht, wie es sein sollte. Die Puncte eines Paars können sich nur auf der Linie 4 = u ver: einigen, wo denn 4 = u = 4'— pu. Die 8 Durchschnittspuncte, welche die Abbildung der Doppelcurve mit der Geraden 4 — u gemein hat, stellen also zusammenfallende Punctepaare dar. Es sind (immer in dem entsprechenden Blatte) die Abbildungen derjenigen 8 Puncte der Doppel- curve, in welchen die beiden Tangentenebenen der Flüche zusammen- falle, welche also in den durch sie gelegten Schnitten Rückkehrpuncte geben. In der That, bemerke man, dass, wenn 3 Ay? —2Bgy + Cg? = 0 | die Gleichung der Fläche ist, das Paar der Tangentenebenen in einem Puncte z der Doppelcurve durch 1... A(Dy? —2BDgDv--C(Dg)? —0 dargestellt wird, wo 9v _ di - Dy —1-X 1 0g Dy Pru Damit die Factoren der quadratischen Gleichung 1. zusammenfallen, muss ` * 40 A. CLEBSCH, entweder De mit Dy proportional, oder A C — B2 = 0 sein. Ersteres tritt im Allgemeinen für einen Punct der Doppeleurve nie ein; das letztere führt auf die Schnittpuncte, welche die Doppelcurve mit dem Kegel AC — B2 = 0 gemein hat, d. h., im Bilde, auf die Schnittpuncte der Abbildung der Doppelcurve mit der Geraden 4 — u. Um nun die Abbildung der Doppelcurve in der oben geschilderten Configuration der Abbildung ($. 13) rein geometrisch zu definiren, be- merkt man leicht, dass sich von den erwühnten Punctepaaren unendlich viele construiren lassen. Ist nämlich irgend eine Abbildung U — 0 ei- nes nicht durch die Kegelspitze gehenden ebenen Schnitts gegeben, so findet man folgendermassen die 4 ihr angehórigen Punctepaare. Nach dem Obigen ist wo U, und U, für 4, u symmetrisch sind. Vertauscht man 4 mit u, und bildet also die Curve | U-U+ıl=0, so schneidet diese die Vorige erstlich in Puncten der Linie 4 =u, aus- serdem aber in den Schnittpuncten der Curven E d Eu Dieses (vergl. &. 6) sind quadratische Gleichungen für + u und Au, liefern also in der That 4 Punctepaare, welche sich nur durch Vertau- schung von 4 mit u unterscheiden, und welche also die vier Schnitt- puncte des ebenen Schnitts mit der Doppelcurve abbilden müssen. Man braucht also nur neben der betrachteten Abbildung eine zweite zu construiren, welche sich nur durch Vertauschung von 4, u von der- selben unterscheidet; bringt man beide Abbildungen zur Deckung, so schneiden sich die Bilder desselben ebenen Schnitts ausser in der Linie A = u noch in solchen 4 Punctepaaren, welche der Abbildung der Doppelcurve zugehören. | Am evidentesten tritt dieses hervor, wenn man die Gerade 4 = u so wählt, dass sie durch die Mitte der Strecke PQ geht und auf dieser ; Linie senkrecht ist. In diesem Falle ist die eine Abbildung geradezu UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 4l das Spiegelbild der andern, und man findet die Schnittpuncte der Abbil- dung der Doppelcurve mit der Abbildung eines ebenen Schnitts, indem man letztere mit ihrem Spiegelbilde durchschneidet. S 16. Geometrische Herstellung einer eindeutigen Ab- bildung auf einer einfachen Ebene. Da die Existenz der 64 einzelnen Kegelschnitte oben (§. 12) nachge- wiesen ist, so kann man sich derselben bedienen um die Abbildung der Fläche auf einer einfachen Ebene auszuführen. Wählen wir zu diesem Zwecke ‘irgend einen der 64 Kegelschnitte und bezeichnen ihn als den Kegelschnitt C. Derselbe schneidet jeden Kegelschnitt K der Schaar im Allgemeinen nur in einem Puncte ë. Projiciren wir von dem auf K liegenden Puncte E die Puncte des Kegelschnitts K auf irgend eine feste Bildebene B, so erhält man das Bild von K durch eine Ge- rade eindeutig dargestellt. Die Gesammtheit aller K, d. h. die ganze Flüche, bildet sich also durch eine Schaar von Geraden ab, welche nichts sind als die Durchschnitte, welche die Ebenen der Schaar mit der festen Ebene B bilden. Diese. Durchschnittslinien aber sind demnach, da die Ebenen der Schaar Tangentenebenen eines Kegels sind, nichts anderes, als die Tangenten des Kegelschnitts C", in welchem der Kegel die Bild- ebene schneidet. Die ganze Fläche ist also auf den Tangenten dieses Kegelschnitts abgebildet. : Aber wenn auch im Allgemeinen hierbei jedem Puncte der Flüche nur ei» Punct der Ebene entspricht, so ist doch das Umgekehrte keines- weges der Fall. Denn durch jeden Punct der Ebene gehen zwei Tan- genten von C^, demnach entsprechen ihm zwei Ebenen der Schaar, demnach auch zwei Puncte & in C, und endlich indem man diese mit ihm ver- bindet, zwei Puncte der Flüche. | ` Dieses wird vermieden, und die Abbildung zu einer reciprok ein- deutigen gemacht, wenn man zur Bildebene B eine Tangentenebene des Kegels wählt. In diesem Falle reducirt sich der Kegelschnitt C^. Durch jeden Punct der Bildebene gehen zwar noch zwei Ebenen der Schaar, aber von diesen ist D selbst die eine, und die andere bleibt also allein Mathem. Classe. XV. F 42 A. CLEBSCH, übrig, giebt einen Kegelschnitt K, demnach einen Punct E auf C, und : endlich indem man diesen mit dem ersten Puncte verbindet, einen Punct - der Fläche, denjenigen, in welchem diese Gerade den Kegelschnitt K nochmals schneidet. Die verschiedenen Kegelschnitte der Schaar bilden d sich als Gerade ab, welche durch einen Punct, die Kegelspitze, hindurch gehen. & 17. Das Vorige analytisch. Legen wir die Ebene einer der 64 Kegelschnitte C als Ebene t in den Formeln des $. 6. zu Grunde. In diesem Falle muss die Gleichung U — 0 des entsprechenden ebenen Schnitts zerfallen, oU. AME, wo L — 0 die Gleichung des durch P und Q gehenden Berührungkegel- schnitts ist, und in einem Blatte der Doppelebene das Bild von C liefert, während M — 0 eine Curve 3. Ordnung ist, welche P zum Doppelpunct, Q zum einfachen Puncte hat. Der Kegelschnitt C (L — 0) schneidet sich mit einem beliebigen Kegelschnitt K der Schaar in einem Puncte, dessen Coordinaten durch & n, E bezeichnet sein mogen, Die vierte Coordinate verschwindet der Annahme nach. Ist die Gleichung C — 0 in der Foim «Au -J- 84-- yn -- 4 —0 gegeben, so hat man und indem man dies in 21. (p. 17) einführt, hat man CH E — 482--0: — 12 y) — (822-9) aty, a &, n, č als quadratische Functionen von 4 dargestellt. Man kann M diese Gleichungen auch als die Gleichungen des Kegelschnitts C betrachten. Da der Punct £, y, £, 0 auf K liegt so befriedigt er die Gleichungen ` 0 GA, z-r24y-FT 22 — 0. Man soll nun einen Punct z, y, z von K aus dem Puncte č, n, t auf die Bildebene projieiren. Diese Bildebene kann eine beliebige Tangentebene UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O 43 des Kegels sein; nehmen wir für dieselbe die Ebene Z — 0. Das Bild eines Punctes z, y, 2, t habe also die Coordinaten a, y^, 0, t^, und man hat | ox — a + oğ ez = ot | oy — y'-Fon — et — t. In diesen Gleichungen sind z', y^, t^ die beizubehaltenden Parameter. Dieselben bedeuten zunáüchst die Coordinaten eines Punctes der Ebene Z — 0 in Bezug auf ein Tetraedersystem im Raum; kónnen aber auch als Coordinaten des Punctes in Bezug auf ein in Z = 0 liegendes Coor- dinatendreieck angesehen werden. Die Grösse ø ist noch zu bestimmen. Setzt man aber die Werthe 3. in 2. ein, so verschwinden die Glieder mit 0°, da £, xy, £ jenen Gleichungen bereits genügt, und es bleibt: o 9 = fertig + 2o (g +y") 0 = a'--2A4y'. | In der ersten dieser Gleichungen bedeuten oi. w^ die Functionen g, y, mit den Veründerlichen a^, y', si — 0, P gebildet, e", vii aber die Ausdrücke: A 4 " (Gori rtr 3 AE PES 2 + Gei Entnimmt man den Werth von c der ersten Gleichung 4., so kann man den Gleichungen 3. die Form geben: gx = 2a' (y + Ay") — Elei o2 — Ze + åy’) ey = 2y' (g^ + Aw") — nlg tH Aw) et — —2t'(g tiy"). Die Ausdrücke rechts in diesen Gleichungen sind homogen vom zweiten Grade in e, y', t', linear in £, n, Ẹ und enthalten ausserdem 4 in der ersten Potenz; setzt man für &, n, £ dieihnen proportionalen Werthe 1., so erhält man Ausdrücke, welche für x, y^, t^ homogen von der zweiten Ordnung sind, und 4 zur dritten Potenz enthalten. Wenn man endlich D iei. Ss | * 6. aus 4. 4 = — — setzt, und mit y multiplicirt, so erhält man Aus- drücke, welche in x’, y‘, # homogen vom 5. Grade sind, welche aber F2 44 e A. CLEBSCH, insbesondere a^, a in jedem Gliede mindestens zur dritten Dimensior enthalten. 8.18. Fundamentalpuncte der Abbildung. Da nach den Gleichungen 6. die æ sich durch Ausdrücke 5. Grade in a, y', t^ darstellen, welche in e, y’ überall von wenigstens der dritten Dimension sind, so bilden sich ebene Schnitte als Curven 5. Ordnung a welche bei z/ — 0, y^ — 0, dem Ort der Kegelspitze, einen dreifachen Punct haben, den dreifachen Fundamentalpunct der Bildebene. Man kennt von der Abbildung ferner 7 einfache F een Denn jeder in ein Linienpaar zerfallende Kegelschnitt K der Schaar wird von dem Kegelschnitt C mindestens einmal geschnitten, und es muss also auf einer Geraden eines solchen Paars ein zu dem Paar gehóriger Punct E t liegen. Wie nun ein ebener Schnitt gelegt werde, immer muss er 4 diese Gerade treffen und der Schnittpunct wird durch den festen Punct abgebildet, in welchem die Gerade die Bildebene trifft. Jedem Linien- paar entspricht also ein Fundamentalpunct in der Bildebene, welcher eine Gerade des Paares abbildet. E Es ist leicht zu sehen, dass jedes Linienpaar nur eine» Fundamen- - talpunct liefert: den es sind ohne dies so viel Fundamentalpuncte nach- weisbar, dass die Ordnung der Fläche sich ihretwegen auf die 5. reducirt, dass also weitere nicht vorhanden sein können. Das Bild besitzt nämlich ` offenbar noch einen doppelten Fundamentalpunct , dessen Existenz man ; durch folgende Betrachtung einsieht. | In-der Bildebene selbst liegt ein Kegelschnitt K der Schaar und : ihm gehört ein aufihm liegender Punct & an. Dieser ist der eine Schnitt- | punct des Kegelschnitts C mit der Bildebene. Es existirt noch ein zweiter, ` 5‘, und der ihm zugehörige Kegelschnitt K’ liegt in einer von der Bild ebene verschiedenen Ebene. : Jede Ebene im Raum schneidet K’ in zwei Puncten; und das Bild jedes dieser Puncte ist offenbar E. Daher ist P ein Doppelpunet für das Bild jedes ebenen Schnitts, also ein doppelter Fundamentalpunet der Abbildung. : Da nun die Abbildung somit schon einen. dreifachen xus uc ne E EE , einen dop- UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. 0. 45 pelten, und 7 einfache Fundamentálpuncte aufweist, so ist die Ordnung der dargestellten Flüche nach der allgemeinen Formel, welche ich in Bd. T. der mathematischen Annalen gegeben habe; gleich 25 — 9 — 4 — 7 = 5, wie es sein soll; es kónnen also weitere Funiamantalpanete nicht vor- handen sein, | bg $. 19. Einfachste Abbildung. Die soeben gegebene Abbildung ist nicht die einfachste, deren unsere Fläche fähig ist, vielmehr lässt sie sich durch eine Transformation zweiter Ordnung auf eine einfachste zurückführen, bei welcher die Abbildungs- functionen nur vom 4. Grade sind. Denken wir uns um dies einzusehen irgendwie die x als Functionen 5. Grades von drei Parametern p, q, r gegeben durch die Gleichungen L e si 05 = fip. 47) ind nehmen wir die Grössen p, q, r, durch lineare Transformation s so gewählt an, dass bei p = 0, q — O ein dreifacher, bei p = 0, r — 0 ein doppelter, bei q = 0, r — O ein einfacher Fundamentalpunct bestehe. Führen wir nun durch eine Transformation zweiter'Ordnung | | op zx Bien | oq = riy or Fop q’ die neuen Veründerlichen ein, und sehen wir, welches die ERU TES. der neuen Abbildung 8 xa go, = Re fm, gi, ri | sein werden. Aus Gin, a") wird zunächst eine Function 10. Ordnung fi ir, rm, p'g); aber ddg—=0, r=0 ein dreifacher Fundamental- punct ist, so ist jedes Glied von der dritten Dimension in p, 4 d. h. in d'r", r'p', und enthält also den Factor 7/5; da ferner p = 0, r — 0 ein doppelter Fundamentalpunct ist, so ist jedes Glied von der zweiten Dimension in p, r, d. h. in oer, me, und enthält also 4; endlich tritt ebenso des einfachen Fundamentalpuncts wegen ein Factor p' vor. Es geht also fi (p, q, r) in p‘ q'? 5. F; (p’, oi, r‘) über, und F; ist also nur von der vierten Ordnung. Von einem Term ve aë o in f; rührt dabei ein 46 | A. CLEBSCH. "Teri piate-lgrta2yte+d—3 in F; her, oder, da «+ 8-4-y — 6$, ein Term : H ET? who 2— p oer? By y. die Dimension in Bezug auf p', g^ zusammen ist also 7— « — ß, also 1 i mindestens 2, die in Bezug auf p‘, r‘ ist 6— « — f also wenigstens 1 - In der neuen Abbildung ist daher p‘ — 0, g^ — 0 in doppelter, p 20, — — 0 ein einfacher Fundamentalpunct, g/— 0, r' — 0 hat keine be sondere Bedeutung mehr. Da ferner Jp que so verschwinden alle F übrigens immer, und nur, wenn die f verschwinden, | alle übrigen Fundamentalpuncte bleiben daher ungeändert. Bei der oben gegebenen Abbildung waren noch 6 weitere einfache : Fundamentalpuncte vorhanden. Durch den angegebenen Process wird also die Fläche auf eine Weise dargestellt, in welcher Abbildungs- ` functionen 4. Ordnung mit einem doppelten und mit 7 einfachen Fun- ` damentalpuncten auftreten. S 20. Beweis, dass die einfachste Abbildung allgemeinste | Abbildungsfunctionen enthält. Gehen wir jetzt von den Gleichungen 1... 'wugay oer Fi (p, q, 7) aus, in denen die F; Functionen 4. Ordnung mit einem doppelten und | 7 einfachen Fundamentalpuncten sind, welche keine besondere Lagen | gegen einander einnehmen sollen. Die Ordnung der hiedurch darge stellten Fläche ist dann (vgl. Math. Ann. Bd. I. p. 254) immer 16—4—1 : = $; man hat also Flächen 5. Ordnung vor sich. Ein ebener Schnitt | bildet sich durch eine Curve 4. Ordnung mit einem Doppelpunct ab, ge- ` hórt also zum Geschlecht p —2. Die ebene Curve 5. Ordnung, dere? | Bilde sie ist, muss daher 4 Doppelpuncte besitzen. Die Flüche 5. Ordnung : hat also eine Doppelcurve 4. Ordnung. Um nachzuweisen, dass diese ` Flächen ganz allgemein den oben betrachteten zugehören, und dass also die Gleichungen 1. so: gut wie die Gleichung 1. des §.2 als Ausgang be- nutzt werden können, ist nach S. 2 nur noch nóthig zu zeigen, dass die UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 47 Fläche nur eine endliche Anzahl von Geraden besitzt. Dies geschieht auf folgende Weise. Denken wir uns in der Bildebene eine Curve m. Ordnung, welche in den einfachen Fundamentalpuncten A,, 45, ... Az bezüglich oe, ez, . &7fache Puncte, in dem doppelten Fundamentalpuncte B einen ßfachen Punct hat. Die jener Curve entsprechende Raumcurve ist dann von der Ordnung (vgl. Math. Ann. Bd I. p. 267) 4m — 20 — Ze Damit diese Curve überhaupt möglich sei, muss die Zahl der ihr auferlegten Bedingungen wenigstens um 1 kleiner sein, als die Zahl der Coefficienten einer ebene Curve m. Ordnung, also pe. Eder cd, Soll die Curve eine Gerade darstellen, so muss erstlich 4m —28 Ze—l sein; ferner aber das Geschlecht der Curve gleich Null, also m—1.m—2 O B.B—1 e.c«—1 2 ET RN "A^ nd, 3 Ki o Nun folgt aus 1. und 3. Am —58 —ZXe-l; hieraus aber mit Hülfe von 2.: , ewer B s m. Nun kann eine Curve m. Ordnng nie, ohne zu zerfallen (was hier ausgeschlossen ist) einen smfachen Punct haben, ausser einer Geraden, es muss also entweder m — 1, 8 — 1, oder m = 0, f — 0 sein. Das erstere führt auf Gerade die durch B gehen, und die dann um wieder Gerade zu reprüsentiren noch durch einen der Puncte A gehen müssen; man findet also auf diese Art nur 7 Gerade. Ebenso führt m = 0 nur auf die 7 einfachen Fundamentalpuncte. Die Fläche besitzt also nur eine endliche Anzahl von Geraden, sie gehört sonach zu der oben betrachteten Gattung; die Anzahl ihrer Geraden ist 14, sie enthält also keine Geraden ausser den oben gefundenen 7 Paaren. 48 A. CLEBSCH, §. 21. Kegelschnitte auf der Fläche. Wenden wir die im vorigen $. gegebene Schlussweise auf Curven m. Ordnung an, welche Kegelschnitte im Raum darzustellen geeignet sind, so "haben wir nur an Stelle der Gleichung 2. die Gleichung 2.755 4m — 2p — Xa = 2 zu setzen, während 1. 3. hos c bleiben. An Stelle von 4. erhält man dier Uc: B m-—1. Nur bei m — 1 kann B grósser als m — 1 sein; in der That kann man m= 1, B — 1 setzen. Man erhält dann den von B ausgehenden Strahlbüschel, der eine Kegelschnittschaar abbildet. Da, wie sich zeigen , wird, keine andre Kegelschnittschaar. existirt, so muss es die Schaar der Kegelschnitte K sein. Als besondere Lagen des Strahls finden sich die Verbindungslinien A; B, As B... A; B, bei denen immer der ent- sprechende Fundamentalpunct zu ergünzen ist; so dass man die 7 in Geradenpaare zerfallenden Kegelschnitte der Schaar erhält. Man kann aber auch o — 1, 8 — 0 ai In diesem Falle müssen zwei der « gleich l sein; man erhält ES — 21 einzelne Kegel- schnitte, welche durch die Verbindun bildet werden. Wenn m œ> 1, so ist nur P=m-—1 zulässig. Aus 3. findet man dann QU vl Wu ctae also die œ müssen sümmtlich Null oder 1 sein. m= y c. Daher sind entweder 4 oder 6 der oe gleich 1 l sind, giebt a — 1 und ist schon behandelt), m — 3. Hierdurch ergeben sich no schnitte abbilden : SE Aus 5 aber ergiebt sich: (der Fall wo zwei gleich und zugleich m — 2 oder ch folgende Curven, welche Kegel- 1. Kegelschnitte durch D und A Es giebt deren 22 = sie sindvöllig bestimmt. er gslinien je zweier Puncte A abge- OM MORET EEEE EN S UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. Q. 49 9. Curven dritter Ordnung durch 6 A mit einem Doppelpunct in B. Sie sind ebenfalls vóllig bestimmt, es giebt deren 7. Rechnet man den Kegelschnitt hierzu, welcher durch den Funda- mentalpunct B selbst dargestellt wird, so hat man im Ganzen 1 + 7 +21 + 35 = 64 einzelne Kegelschnitte, was die oben erhaltene Zahl ist. Die betrachtete Abbildung ist einem der Kegelschnitte zugeordnet, demselben welcher durch den Fundamentalpunct B abgebildet wird. Ihm gehören unter den 63 übrigen Kegelschnitten 7 zu, welche ihn zwei- mal, 35, welche ihn einmal, 21 welche ihn gar nicht schneiden. Da jede dieser Arten sich völlig symmetrisch abbildet, so unterscheiden sich die verschiedenen Abbildungsarten nur durch die Wahl desjenigen Kegelschnitts, welcher doppelter Fundamentalpunct werden soll. Es giebt also 64 verschiedene gleichberechtigte Arten der Abbildung. Auch das Verhalten der Kegelschnitte gegen die Geraden ist hier leicht zu übersehen. Der durch B abgebildete Kegelschnitt theilt jedes Geradenpaar so, dass eine Gerade desselben, i, sich als Gerade, die andre, i, sich als Punct abbildet. Dieser Kegelschnitt trifft also je einmal die Geraden 1.2;,8, 4, 5; 6, 1; die andern nicht. Die Gerade A, Az bildet dagegen einen Kegelschnitt ab, welcher die Geraden : 15;395,4,5, 9, 7 trifft, die übrigen nicht; der Kegelschnitt B, Au, Ag, As, A, entspricht einem Kegelschnitt, welcher die Geraden 1 35.4.0; 5,1 trifft, die übrigen nicht; endlich bildet die durch B, Aı ... As gelegte Curve 3. Ordnung, welche oben beschrieben wurde, einen Kegelschnitt ab, der die Geraden PIE P0; 1 trifft. Man sieht, dass je zwei Systeme von einem Kegelschnitt ge- troffener Geraden nur um eine gerade Anzahl von Geraden verschieden Mathem. Classe. XV. G Mo. Bot. Garden, e ^r „Wis 50 A. CLEBSCH, sein können. Man erhält die den verschiedenen Kegelschnitten so zuge- ordneten Geradensysteme, indem man aus jedem Paar eine Gerade be- liebig wählt, nur aus dem letzten ist die zugehörige Gerade von selbst gegeben. So erhült man für die Kegelschnitte wieder die Zahl 26 — 64, wie früher. Was das Verhalten der 64 Kegelschnitte gegen einander betrifft, so folgt aus der Abbildung sofort der Satz: Jeder der 64 Kegelschnitte wird von jedem andern beziehungsweise in 2. e Puncten geschnitten, wenn 2e-1-1 die Zahl der Geraden ist, welche beide Kegelschnitte treffen; also von 21 Kegelschnitten gar nicht, von 35 je einmal, von 7 je zweimal. $. 22. Abbildung der Kegelspitze. Die Tangentenebenen des doppeltberührenden Kegels schneiden die Fläche in einem Kegelschnitt der Schaar und einer zugehörigen Curve 3. Ordnung. Da ein Kegelschnitt der Schaar sich als Gerade durch B abbildet, so muss das Bild der zugehörigen Curve 3. Ordnung eine Curve 3. Ordnung sein, welche durch B und alle Puncte A, also im Ganzen durch 8 feste Puncte geht. Die 2 Durchschnitte, welche eine solche Curve noch mit den zugehörigen Geraden ausser B gemein hat sind die Bilder der Puncte, in welchen die Tangentenebene des Kegels die Oberfläche berührt (früher der Geraden 4 — u angehórig. Aber alle diese Curven dritter Ordnung im Raum schneiden sich in der Kegel- spitze; ebenso schneiden sich alle durch die 8 festen Puncte des Bildes gelegten Curven 3. Ordnung in einem festen 9. Puncte C. Dieser Punct C ist also die Abbildung der Kegelspitze, und die Gerade BC bildet den- jenigen Kegelschnitt der Schaar ab, welcher durch die E hin- durchgeht. Seien nun L, = 0, L = 0 zwei durch B gehende Gerade, KE, 0; K, = 0 die zugehörigen Curven 3. Ordnung, so können wir Lı. K, und L2.K, an Stelle zweier Functionen F zu Grunde legen. Alle durch die Puncte A gehenden Curven, welche in B einen Doppelpunct haben, müssen sich aus 5 solchen Curven linear zusammensetzen, da die allge- UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 51 meinste Curve dieser Art nur 5 willkürliche Coefficienten behält. Sind nun von solchen 5 Curven Li. Kı und L5. XK5schon als solche gegeben, welche Abbildungen ebener Schnitte werden sollen, so sind L; . Kə und Ls. K, zwei andere, und ist endlich # eine fünfte, so können die beiden fehlenden Functionen F aus diesen dreien zusammengesetzt werden, und für eine derselben kann man also eine lineare Verbindung von L; . Kz und L.K, wählen. Da die absoluten Werthe der Coefficienten in K,, K, noch beliebig gewählt werden können (nur Null ausgeschlossen), so kann man als dritte Function jedenfalls Lı Kg + Kı Lo wählen, Wie also auch die Functionen F gegeben seien, immer giebt es drei lineare Verbindungen derselben, welche die Form haben: P / i F; = Lı Kı Ee ZS pi F; L(L,Ke.-L.K) zZ Yi PF = Is Ko. Setzt man also der Kürze -wegen 2... sea ti, so ist auch E Zu: F; = (Lı + å L) (K, + å K3). Die Ebenen, deren Coordinaten die u; sind, umhüllen einen Kegel 2. Ordnung; in diesen Ebenen zerfallen die Schnitte mit der Fläche 5. Ordnung in Kegelschnitte und Curven dritter Ordnung, deren Bilder die Büschel Ns Lu Aas, K-+iR=0 sind. Jene Ebenen sind also die Tangentenebene des doppeltberührenden Kegels; und man hat folgenden Satz: Die Kegelschnitte der Schaar bilden sich als Büschel von Geraden durch B ab, die zugehörigen Curven dritter Ordnung als Büschel von Curven 3. Ordnung durch B, Aj, Az ... Az, welcher dem Geradenbüschel proje- ctivisch ist. Die Berührungspuncte der doppelt berührenden Ebenen bilden sich durch die Durchschnitte entsprechenden Glieder der Schaaren . 52 A. CLEBSCH, I, — A Ls Es 0 Kj + AK, = 0 ab; die entsprechende Ortscurve die Abbildung ist also LZ EIE, eine Curve 4. Ordnung, welche B zum Doppelpunct, die 4 und C zu einfachen Puncten hat. Diese Curve ist völlig gegeben, wenn ausser den Fundamentalpuncten auch noch das Entsprechen des Büschels der Geraden und des Büschels der Curven 3. Ordnung in der Abbildung gegeben ist. S 23. Ebene Schnitte. Wurde im Vorigen gezeigt, dass bei den Abbildungen der in den Tangentenebenen des doppelt berührenden Kegels gelegenen Schnitte die Kegelschnitte und Curven 3. Ordnung sich durch Gerade und Curven 3. Ordnung zweier projectivischen Büschel abbilden, so kann man auch die Bilder aller ebenen Schnitte, deren Ebenen durch die Kegelspitze gehen, auf diese Büschel zurückführen. Der allgemeinste Schnitt solcher Art bildet sich durch die Curve : 5... 0,14 K -- e5 (Li K+ Lo Ki) +e Lo K —0 ab. Erzeugt man nun diese Curve 4. Ordnung, welche B zum Doppel- punct, die A und C zu einfachen Puncten hat, durch die Büschel Za +uL — 0, K+/R=0, so ergiebt die Gleichung 5. zwischen den Parametern 2, u die Beziehung: ey 4j — æ (à+ u) + a = 0. . Dies ist die allgemeinste Beziehung, welche die auf einander liegenden Büschel Za +L —0, L)+ub=0 in Involution setzt. Man hat also den Satz: Um die Bilder der verschiedenen Schnitte zu erzeugen, deren Ebenen durch die Kegelspitze gehen, aber nicht Tangentenebenen des doppelt berüh- UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 53 renden Kegels sind, verbinde man mit dem Büschel von Curven 3. Ordnung : Bist K+/R=0 Strahlbüschel, welche mit dem Büschel L +AL — 0 gemeinschaftlichen Scheitel haben, und mit ihm in Involution liegen. Diese Büschel geben mit 6. die Bilder der verschiedenen ebenen Schnitte, welche gesucht werden, als Curven 4. Ordnung durch die A und C, und mit einem Doppelpuncte in B. Das so erzeugte doppelt unendliche System 5. mag das System der Curven M genannt werden. Um die Verhältnisse in der Bildebene geometrisch vollends zu de- finiren, muss nun noch eine vierte Curve $ — 0 gegeben sein, welche durch A geht, und in B mindestens einen Doppelpunct hat. Ich wähle als solche eine beliebig gegebene Curve, welche durch die Puncte A geht, und B zum dreifachen Puncte hat. Diese Curve ist durch diese Bedingungen noch nicht völlig gegeben, vielmehr wird den Bedingungen noch durch ein Büschel von Curven genügt, aus diesen also muss eine beliebig gewühlt werden. Diese Curve $ — 0 bestimmt mit jeder Curve M — 0 ein Büschel M + «d — 0, welches die vier Parameter ej, &, œz, œ linear enthält. Die Curven dieser Büschel sind es, welche, nunmehr in der Abbildung rein geometrisch definirt, die Bilder aller ebenen Schnitte der Flüche 5. Ordnung liefern. Die Curve d — 0 selbst ist das Bild derjenigen Curve 3. Ordnung, welche mit dem durch B dargestellten Kegelschnitt sich zu einem ebenen Schnitte ergänzt. Sie geht dreimal durch B, die ihr entsprechende Raum- curve schneidet also den zugehórigen Kegelschnitt dreimal ausserhalb der Doppeleurve. Die Ebenen der 64 einzelnen Kegelschnitte sind also dreifach berührende Ebenen der Flüche. Die Ergánzungscurven für die andern 63 Kegelschnitte erfordern eine etwas verwickeltere Construction. Was zunächst diejenigen angeht, deren zugehörige Kegelschnitte sich als Gerade abbilden, so bestimmt man zuerst das Bild desjenigen ebenen Schnitts, welcher durch die Kegelspitze und durch den Schnitt der Ebene dieses Kegelschnitts mit 54 A. CLEBSCH, der Ebene des durch B abgebildeten hindurchgeht. Dieses Bild liefert die nöthige Bestimmung für das Bild der Ergänzungscurve. Bezüglich derjenigen Kegelschnitte, welche sich als Kegelschnitte oder als Curven 3. Ordnung abbilden, muss man an Stell des durch B abgebildeten Kegelschnitts andre mit schon bekannten Ergünzungscurven benutzen, um die analoge Construction auszuführen. Es mag genügen hier auf die Ausführbarkeit hingewiesen zu haben. § 24. Der von der Kegelspitze ausgehende einfache T an- gentenkegel. Das System der Curven M, welches oben definirt wurde, enthält eine doppelt unendliche Anzahl von Büscheln, entsprechend ebenen Schnitten, welche durch einen von der Kegelspitze ausgehenden Strahl gehen. Man braucht, um diese Systeme sümmtlich zu finden, nur ein Strahlenpaar des in der Bildebene durch B gelegten Büschels festzu- halten, und diejenigen Involutionen zu suchen, in denen dieses Strahlen- paar sich wechselweise entspricht. Sind 2, u die Parameter der ge- wühlten Strahlen, so ist hiezu nur die Bedingung / edu — es (4+ u) + es =D; also eine Bedingung zu erfüllen, so dass eines der Verhältnisse der e noch beliebig bleibt. Alle Curven M, für welche die e so bestimmt werden, haben ausser dem Doppelpunct in B und den Puncten C, Ce Ag ... A; noch 4 Puncte gemein, diejenigen nämlich, in welchen sich ausser B noch der Strahl L, + 4L — 0 mit der Curve 3. Ordnung = Kı + uK — 0, und in welchen sich der Strahl Li + ul; = 0 mit der Curve A, + 4K — 0 schneidet. Diese Curven M haben alle 16 Schnittpuncte gemein und bilden also ein Büschel. Die beiden so bestimmten Punctepaare, welche als Fundamental- puncte dieses Büschels auftreten, sind die Bilder der Punctepaare, in welchen ein gewisser von der Kegelspitze ausgehender Strahl die Fläche 5. Ordnung schneidet, Lı + Al2=0, Lı + u Lg = 0 die Bilder der beiden von ihm getroffenen Kegelschnitte der Schaar. UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 55 Diejenigen Strahlen, welche einen Kegelschnitt der Schaar be- rühren, bilden den einfach berührenden Tangentenkegel, welcher von der Kegelspitze ausgeht ($. 3.) Ihre Berührungspuncte bilden auf der Flüche eine Curve 7. Ordnung, deren Bild in der frühern Abbildung die Uebergangscurve war. Um ihr Bild in der jetzigen Abbildung zu finden, brauchen wir nur zu untersuchen, wann die Gerade Lı + 4L = 0 die Curve K, + uK = 0 ausserhalb des Punctes B berührt. Dieses Bild ist also der geometrische Ort aller Berührungspuncte von Tangenten, welche, vom Puncte B ausgehend, Curven des Systems Kı + 4K5 = 0 berührt, oder der Ort der Durchschnittspuncte, welche dieses System mit dem System DK, + uDK, =0 der in Bezug auf dasselbe genommenen Polaren von B gemein hat. Diese Ortscurve hat also die Gleichung ki: 4 K DK, B KDK, — 0, sie ist von der 5. Ordnung und hat, wie leicht zu sehen ist, die A und C zu einfachen Puncten, B aber zum dreifachen Punct. Die Curve wird nach S. 14. von der Abbildung der Berührungs- curve des doppeltberührenden Kegels in 6 Puncten getroffen. Die Gleichung der letztern ist nach S. 22 Lı K, — L Ki = 0, eine Curve 4. Ordnung, welche B zum Doppelpunct, C und die A zu einfachen Puncten hat. Beide Curven schneiden sich 6 mal in B, je einmal in den 8 Puncten C, Au, Ag ... Az, so dass in der That 6 Schnittpuncte übrig bleiben. Man findet sie aus den Gleichungen K, + Ab: 0 DK, +4DK, = 0 L + 4L eg A, welche wirklich auf eine Gleichung 6. Grades in 4 führen. Nach §. 10. geht ferner die hier untersuchte Berührungscurve durch die Doppelpuncte der Geradenpaare. Dies drückt sich hier so aus, dass |i 56 A. CLEBSCH, die Tangente der Curve 1. in jedem der Puncte A durch B geht. Man zeigt dies unmittelbar, indem man die Gleichung der Tangente von 1. bildet. Aber dasselbe gibt auch von C; und man hat daher noch den Satz: Die Berührungscurve des einfachen Tangentenkegels der Kegelspitze berührt in dieser den durch sie gehenden Kegelschnitt der Schaar. $. 25. Eine mit der Abbildung gegebene Verwandtschaft 5. Grades. Jedem Puncte der Oberfläche, dessen Bild z sei, entspricht nach dem Vorigen ein bestimmter zweiter, dessen Abbildung z/ sein möge. Denn wenn man den ersten Punct mit der Kegelspitze verbindet, so trifft diese Gerade den durch a gehenden Kegelschnitt der Schaar in einem bestimmten Puncte. Die Gesammtheit aller Puncte n’ steht mit der Gesammtheit aller Puncte z in einer eindeutigen Beziehung, und zwar ist dieselbe offenbar eine reciproke. In Bezug auf diesen doppelten Character jedes Punctes der Ebene kann man die Bildebene als Ver- einigung zweier Ebenen E, E’ betrachten; einem Punct z in E entspricht ein Punct n’ in E’; aber auch umgekehrt dem Puncte z' als E ängehörig der Punct z als Punct von E. Ä Die hiedurch ausgedrückte Verwandtschaft entspricht genau der- jenigen, welche bei der Abbildung auf der Doppelebene zwei über ein- ander liegende Puncte verband, und welche dort also gewissermassen eine Identität wurde. Für die gegenwärtige Abbildungsart soll der Character dieser Verwandtschaft nun aufgesucht werden. Zwei Puncte nn‘ sind die Puncte eines Paars ($. 24), welche durch die Gleichungen L, + 4Ls Se 9 Kyt 4. K, — 0 (mit Ausschluss des Fundamentalpunctes B) bestimmt werden. Sind UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 57 p. q, r die Coordinaten von 7, p', q', r' die von mi, so hat man also (indem alles dem letztern entsprechende durch einen obern Strich be- zeichnet wird): 1 | Lı L', — Ls Lau =y K, Koe — K, K, = 0. Die Coordinaten von B seien pP, 49, 79; es muss dann p'= p + op’ 2. g =g F og r = r -4 or sein, da n, n‘ mit B auf einer Geraden liegen. Für p0, af, r° ver- schwinden sowohl die L wie die K; geht noch, mit Einführung der Werthe 2. K, und Kz in Kı + 39 D K, + 39? D?K, + D5K, K + 30 DK; + 39? D? K; + Uh: über, so verschwindet D5K, und D5K,, und man hat also aus 1.: goa K, (DK; + o D? K;) — K; (DK, + oD?K,) = 0. Die Gleichung des Punctes z' ist demnach: up! + vg + wr = 0, oder (up + vq + wr) + e (up? + vq? + wr?) — 0, und endlich, indem man den Werth von ọ aus 3. entnimmt: Ba (up +vq + wr) (Kı D? K; — K: D? Ki) — (up9 + vq9 + wr9) (Kı DK, p Ko DK) aw U, Die Bestimmung des zu z gehörigen Puncts z' wird also durch die Gleichungen vermittelt: Mathem. Classe. XV. i H 58 : A. CLEBSCH. ft ei oon DIES DIR or gi EG Da. eios DRM og‘ = q (Kı D? K, Mp Ko D? Ri) m q? (Kı DK, een, Le D K) | er (Kı D? K, EECH Ka D? Ki) — r0 (Kı DK, — a DK, ), während 4. für constante Werthe von w, v, w die einer Geraden von E entsprechende Curve von E* darstellt, welche von der 5. Ordnung ist. Die Curven 4. haben, wie man leicht nicht, B zum vierfachen,. C und die A zu einfachen Puncten. Die Abbildung der Ebene (E) auf sich selbst (E^ hat also einen vierfachen und 8 einfache Fundamen- talpuncte, wührend die Ordnung der Abbildungsfunctionen 5 ist. In der That erhált man daraus nach den allgemeinen Formeln für die Ordnung der abgebildeten Flüche (E) 25 — 16 — 8 — 1, wie es sein muss. Da nun die Abbildung eines ebenen Schnittes S (in E) durch den Punct B zweimal, durch die Puncte A je einmal hindurchgeht, so ent- spricht einer Curve S in E‘ eine Curve S’ yon der Ordnung : 54d gdw welche als eindeutige Abbildung von S eine zusammenhängende Curve. vom Geschlecht p — 2 sein muss. Um zu finden, wie oft sie durch die Fundamentalpuncte geht, nehmen wir an, sie gehe «mal durch jeden der Puncte A, fimal durch B, ymal durch C. Wegen des Werthes von p ist zunüchst ád ud e.e—1 L p.B—1 s Jy d 9 H da ferner wegen der Reciprocitüt des Entsprechens sich die Curve 5. Ordnung S wieder durch S abbildet, so muss, indem man die Ordnung der S' entsprechenden Curve aufstellt, sich die Zahl 4 ergeben, also 4 = 25 — Te — Af — 8. Von den Zahlen e, P, y kann keine grösser als 4, überhaupt æ nur 0 oder 1 sein; daher findet man als einzige Lósung: UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5.0. 59 ea]; Br; y a. Die Curve S’ hat also einen Doppelpunct in C, einen dreifachen in B, und geht durch die Puncte A einfach hindurch. Sie reprüsentirt dem- nach eine auf der Fläche liegende Raumcurve der Ordnung 5.4—3.2— T= 1, und man hat den Satz: Wenn man von der Kegelspitze nach den Puncten eines ebenen Schnitts Strahlen zieht, und immer die Puncte aufsucht, in denen sie den entsprechenden Kegelschnitt der Schaar nochmals treffen, so erhält man eine Raumcurve 7. . Ordnung vom Geschlecht p — 2, welche jede Gerade der Fläche einmal trifft und die Kegelspitze zum wirklichen Doppelpuncte hat. Von der Curve S^ kann man beliebig viele Puncte construiren, in- dem man die Büschel Lı + åL = 0 und K, + uK = 0 zu Hülfe nimmt. Man kann also auch ihre Schnittpuncte mit H bilden, deren Anzahl 20—6—417-—1 ist. Diesen Puncten entsprechen die Durchschnittspuncte des ebenen Schnitts mit der Raumcurve 7. Ordnung, längs welcher der von der Kegelspitze aus- gehende einfache Berührungskegel die Fläche berührt. Denn in jedem solchen Puncte berührt ein von der Kegelspitze ausgehender Strahl einen Kegel- schnitt der Schaar, und es fallen also zwei Puncte zusammen, welche sich als Paar zz abbilden. Die Schnittpuncte von S mit 5' entsprechen sich selbst, und die Curve solcher Puncte (S. 24. 1.) bildet für die oben betrachtete Verwandtschaft einen Ort sich selbst entsprechender Puncte. & 26. Die Abbildung der Doppelcurve. D Nach den allgemeinen Principien, welche ich im 1. Bande der Math. Annalen p. 270 gegeben habe, bildet sich die Doppelcurve als H2 60 A. CLEBSCH, Curve 7. Ordnung ab, welche B zum dreifachen Puncte, die A zu Doppel- puncten hat. Diese Curve gehört zum Geschlecht p — 5; aber sie hat einen speciellen Character. Sie besteht aus Punctepaaren, den Abbildungen der Puncte der Doppelcurve. Die Verbindungslinien der Paare ent- sprechen diesen Puncten eindeutig, und umhüllen also eine Curve, für welche p — 1, wie für die Doppelcurve selbst. Die Curve 7. Ordnung lässt sich also durch eine irrationale Substitution, welche nur eine Qua- dratwurzel enthält, auf eine solche zurückführen, für welche p= Lab Unter der vierfach unendlichen Schaar von Curven 4. Ordnung, welche durch die 7 Puncte A gehen und B zum Doppelpuncte haben, besitzt die dreifach unendliche Schaar der Bilder ebener Schnitte die Eigenschaft, das Bild der Doppelcurve in 4 Punctepaaren zu schneiden, welche den Durchschnitten der Doppelcurve mit der Ebene des Schnitts entsprechen. Um solche 4 Punctepaare für jeden Schnitt, und damit überhaupt beliebig viel Puncte der Doppelcurve zu finden, schlage ich folgenden Weg ein. Sei wieder S Bild eines ebenen Schnitts, welcher nicht durch die Kegelspitze geht, z ein Punct in S. Ihm entsprechen zwei Puncte z", deren entsprechende auf der Oberfläche dadurch entstehen, dass man den zu z gehörigen Punct mit der Kegelspitze verbindet, und die beiden Durchschnitte dieses Strahls mit demjenigen Kegelschnitt der Schaar sucht, in dessen Ebene der Strahl liegt, und welcher nicht durch den zu z gehörigen Punct geht. Die beiden Puncte a^ erhält man auf fol- gende Weise (vgl $. 24). Durch z legt man die betreffende Gerade Lı + åL = 0, und die betreffende Curve 3. Ordnung K, + uK, = 0, und sucht dann die Gerade Lı + uL; — 0 und die Curve K,--4K,-— 0. Die beiden letztern schneiden sich ausser in B in den beiden gesuchten Puncten z^. Die Puncte, welche der ebene Schnitt aber mit der Doppel- curve gemein hat, bilden sich offenbar als Punctepaare z z^ ab, und um zu finden, welche Punctepaare in S Puncte der Doppelcurve abbilden, hat man nur zu fragen, in welchen Fällen gleichzeitig z und einer der Waco Rer tcu EEN e geet Ee UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 61 zugehörigen Puncte z^ auf S liegt. Man bildet also den Ort S" aller Puncte z^, welche Puncten z von S zugeordnet sind, und die Schnitt- puncte von S^ mit S liefern die gesuchten Punctepaare. Wenn man von der Kegelspitze nach den Puncten des zu S ge- hórigen ebenen Schnittes einen Kegel 5. Ordnung legt, so schneidet der- selbe die Fläche 5. Ordnung in einer Raumcurve 25. Ordnung. Aber diese zerfüllt in drei Theile. Der erste dieser Theile ist der ebene Schnitt selbst. Der zweite entsteht, wenn man auf jeder Kegelseite den Punct der Fläche nimmt, welcher mit dem betreffenden Puncte des ebenen Schnitts auf demselben Kegelschnitt der Schaar liegt. Dies ist nach dem Vorigen eine Raumcurve 7. Ordnung, welche die Kegelspitze zum Doppelpuncte hat; ihr Bild ist S*. Der übrigbleibende dritte Theil ist es, welcher durch S" abgebildet wird. Die Raumcurve, welche zu S" gehört, ist also von der 13. Ordnung, und da offenbar der ganze Durchschnitt der Flüche mit dem Kegel die Kegelspitze zum Bfachen Puncte hat, so muss dieser dritte Theil desselben in ihr einen 3fachen Punct haben. Der ganze Durchschnitt bildet sich als Curve von der Ordnung 5.4 — 90 ab, mit einem 2.5 — 10 fachen Puncte in B, einem 5fachen in jedem Puncte A, und einem 5fachen in C. Da nun S von der 4. Ordnung ist, mit einem Doppelpunct in B, und einem einfachen in jedem A, da ferner S von der 5. Ordnung ist, mit einem drei- fachen Puncte in B, einem einfachen in jedem A und einem Doppel- punct in C, so muss S^ eine Curve 11. Ordnung sein, mit einem 5fachen Puncte in B, einem dreifachen in C und einem dreifachen in jedem der A, Diese Curve S^ von der 11. Ordnung schneidet S noch in 11:4 —5.2 — 7.8 = Lë Puncten. Es giebt also auf der Abbildung S eines ebenen Schnittes 13 Puncte n, denen ebenfalls auf S gelegene Puncte 7“ entsprechen. Aber 62 A. CLEBSCH, diese theilen sich in zwei Gruppen. Entweder kann z^ mit z zusammen- fallen oder nicht. Der erste Fall trifft dann ein, wenn die auf dem zugehörigen von der Kegelspitze im Raum gezogenen Strahl liegenden Punctepaare zusammenfallen, wenn also der zu a gehörige Punct der Fläche zugleich der Berührungscurve des doppelt berührenden Kegels angehórt. Da letztere Curve von der 5. Ordnung ist (S. 3.), so tritt dieser Fall 5mal ein. Es bleiben noch 8 Puncte übrig, und diese liefern, indem sie sich paarweise gruppiren, die Bilder der 4 Puncte, in welchen der betrachtete ebene Schnitt die Doppelcurve trifft. $ Man sieht ferner aus der Abbildung sofort die folgenden Bestim- mungen ein: : Jeder Kegelschnitt der Schaar trift die Doppelcurve 4 mal, jede Ge- rade der Fläche ist eine Sehne der Doppelcurve. Jeder der 64 einzelnen Kegelschnitte trifft die Doppelcurve dreimal. S 27. Kegelschnitte, welche eine Raumcurve 4. Ordnung und 1. Sp. dreimal, und 5 ihrer Sehnen je einmal treffen. Aus dem letzten Satze des vorigen $. lüsst sich der merkwürdige Satz ableiten: ; Wenn eine Rawmcurve 4. Ordnung und 1. Sp. gegeben ist ihrer Sehnen, welche weder einander Schneiden, noch durch die Curve gehenden Fläche 3. Ordnung ‚ $0 wie 5 von denen drei auf einer liegen, so giebt es im Allge- meinen nur zwei Kegelschnitte, welche die Curve dreimal und Jede der 6 Sehnen einmal. treffen. Die Richtigkeit dieses Satzes. welcher durch die geringe Anzahl ickelten Aufgabe von Interesse ist, vermuthete ich schon vor längerer Zeit, ehe ich noch im Stande war, die Existenz der GA Kegelschnitte auf den hier behandelten Flüchen 9. Ordnung strenge nachzuweisen. Hrn. Professor Lüroth in Carlsruhe, UEBER DIE ABBILDUNG EINER CLASSE VON FLAECHEN 5. O. 63 welchem ich meine Vermuthung damals mittheilte, gelang es, durch eine Reihe scharfsinniger Schlüsse den Satz direct zu beweisen; dieser Be-' weis wird in den math. Annalen mitgetheilt werden. Wenn es in- dessen gelingt, eine Fläche 5. Ordnung zu construiren, welche die Raum- curve zur Doppelcurve hat und die 5 Sehnen ganz enthält, so muss jeder der gesuchten Kegelschnitte ganz auf der Flüche liegen, indem er sie in 11 Puncten schneidet, muss also unter den 64 einzelnen Kegel- schnitten der Fläche enthalten sein. Nun giebt es unter diesen immer nur zwei, welche 5 sich nicht schneidende Gerade der Flüche treffen; wodurch denn der Satz bewiesen ist. Es kommt also nur darauf an, eine solche Flüche 5. Ordnung zu legen. Dies ist, nach einer Mittheiiung welche ich Hrn. Lüroth ver- danke, im Allgemeinen möglich, und zwar auf unendlich viele Arten. Ich bemerke in dieser Beziehung nur Folgendes. In dem durch die Curve bestimmten Flächenbüschel 2. Ordnung g + 4v = U seien A, Ag... A, die Parameter der 5 Flächen, welche beziehungsweise eine der 5 Sehnen ganz enthalten; der Voraussetzung nach sind diese Para- meter von einander verschieden. Setzt man + Ay = 0, so geht die Gleichung Ay? — 2Bgy + Cg? — 0 der gesuchten Flüche in E. A--24; PL 22; C — 0 über, und für die entsprechende i^ Sehne muss also diese Gleichung er- füllt sein, damit die Flüche 5. Ordnung sie ganz enthalte. Die 5 Ebenen 1. müssen also einzeln durch die 5 gegebenen Sehnen hindurchgehen. Man kann die Gleichungen des Problems dann aber auch in folgender Weise interpretiren: Es soll ein Kegel 2. Ordnung gesucht werden, von welchem 5 Tan- gentenebenen durch 5 gegebene Gerade gehen, und bei welchem immer 4 der Ebenen die 5. Gerade nach einem gegebenen Doppelverhältniss schneiden. &4 A. CLEBSCH, UEB. DIE ABBILD. EINER CLASSE VON FLAECHEN 5.0. | Durch zwei der Doppelverhültnisse sind die übrigen bestimmt; die * Aufgabe selbst aber ist im Allgemeinen auf unendlich viele Weise lósbar. Eine genauere Discussion des Problems und der móglichen Ausnahms- fälle würde hier zu weit führen. Druckfehler. p. 182.2 v. u. st. A. 14 A. Ueber die partiellen Differentialgleichungen, welchen die absoluten Invarianten binürer Formen bei hóheren Transformationen genügen. Von A. Clebsch. Der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften überreicht am 5. November 1870. Wenn man bisher vorzugsweise lineare 'T'ransformationen algebraischer Formen behandelt hat, so erkennt man doch leicht, dass auch die Un- tersuchung höherer Transformationen schliesslich auf jene als ihre erste Quelle zurückführt, und namentlich die Arbeiten von Hermite und Gordan über die Einführung höherer Substitutionen in die Theorie der binären Formen haben dies deutlich gezeigt. Die Untersuchungen der Letztgenann- ten wurden zugleich die Veranlassung zu den vorliegenden Betrachtungen, deren Entstehung im Wesentlichen schon mehr als zwei Jahre zurückdatirt. Unter höhern Transformationen einer Form f verstehe ich hier diejenigen, welche ich auch sonst als ‚eindeutige‘ bezeichnet habe; sie haben die besondere beschränkende Eigenschaft, dass mit Hülfe der Gleichung f=0 sowohl die alten Variabeln durch die neuen, als umgekehrt die neuen durch die alten, rational ausdrückbar sind. Die Transformation ist im Allgemeinen immer eindeutig, sobald man die neuen (homogenen) Variabeln gleich ganzen rationalen Functionen der ursprünglichen setzt; und nur unter besondern Bedingungen kann die Eindeutigkeit aufgehoben werden. Als transformirte Form wird die linke Seite der Gleichung be- zeichnet, welche entsteht, wenn man aus der gedachten Transformations- gleichung und aus der gleich Null gesetzten gegebenen Form die ur- sprünglichen Veränderlichen eliminirt. Die Ordnung der neuen Form ist der der ursprünglichen gleich. Ihre absoluten Invarianten sind simul- tane Invarianten in Bezug auf die gegebene Form und auf die beiden, Mathem. Classe. XV. I 66 A. CLEBSCH, welche den Zähler und den Nenner der Transformation bilden. Aber nicht umgekehrt kann jede absolute simultane Invariante der letztge- nannten drei Formen auch als eine absolute Invariante der transformirten Form aufgefasst werden. Vielmehr müssen alle diese gewissen partiellen Differentialgleichungen genügen, deren Aufstellung der Zweck des vor- liegenden Aufsatzes ist. Die aufzustellenden Differentialgleichungen geben namentlich ein für die allgemeine Anschauung dieser Verhültnisse bemerkenswerthes Re- sultat. Als absolute Invarianten der ursprünglichen und der transformirten Form bezeichnete ich Ausdrücke, welche sich bei linearer Transformation der betreffenden Form nicht mehr àndern; und zwar kann es, sobald von der Aufstellung partieller Differentialgleichungen die Rede ist, welche mit der Frage der Rationalität überhaupt nichts za thun haben, ganz gleichgültig bleiben, ob man von rationalen oder von irrationalen oder transcendenten absoluten Invarianten handelt. Aber man kann nun den Begriff der abso- luten Invariante selbst, welcher sich zunächst nur auf lineare Transfor- mation bezieht, zu erweitern versuchen, und fragen, ob es nicht Functionen der Coefficienten einer Form giebt, welche auch bei höhern Transfor- mationen der hier behandelten Art ihren Werth nicht ändern, und also absolute Invarianten in höherm Sinne sind. Dass bei Formen mit mehr als zwei homogenen Veränderlichen solche Grössen existiren, weiss man aus der Theorie der Abelschen Functionen, wo die Moduln einer Classe gerade die Eigenschaft besitzen, für höhere eindeutige Transformationen ungeändert zu bleiben. Aber diesem entspricht nichts bei den binären Formen. Es giebt für diese keine Invarianten in höherem Sinne. Wenn also auch eine Invariante, wie z. B. die Discriminante, die Eigenschaft besitzt, durch höhere Transformation sich nur um einen rationalen Factor zu ändern, so können doch niemals zwei Invarianten (oder Potenzen von Invarianten) existiren, für welche dieser Factor derselbe ist. HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 67 i. Erste Form der partiellen Differentialgleichungen. Eine gegebene binüre Form sei f (w, y), von der nten Ordnung in der homogenen Veründerlichen z, y. Führt man nun zwei neue homogene Veründerliche x, A durch die Gleichung 12,5, 7*9 y) Hay) = 0 ein, wo e und d zwei homogene Functionen mter Ordnung sind, so wol- len wir dies eine Transformation mter Ordnung nennen, als transformirte Form aber diejenige Form F bezeichnen, welche die Resultante der beiden Gleichungen $e, | ed ; xe LA = 0 ist. Die Resultante F ist von der Ordnung n in den neuen Veränder- lichen; ihre Coefficienten sind simultane Invarianten von f, p und A welche in Bezug auf die Coefficienten von f vom Grade m sind, für die Coefficienten von ọ und d aber vom Gesammtgrade n'). Aus diesen Coefficienten setzen sich die Invarianten der transfor- mirten Form F zusammen. Es wird sich zeigen, dass dieselben von den Coefficienten der transformirenden Functionen ọ und d nur in einer beschränkten Weise abhängen, welche durch partielle Differentialglei- chungen ausgedrückt wird, denen jene Invarianten genügen. 1) Es kann unter Umständen wesentlich sein zu bemerken, dass es bei gege- benem » nur nothwendig ist, Transformationen zu betrachten, welche unterhalb einer gewissen von » abhüngigen Grenze bleiben. Denn welches auch der Werth von m sein mag, man kann den Quotienten *, welcher nur in Zusammenhang mit der Gleichung f = 0 betrachtet wird, immer auf einen Quotienten e der Ordnung T oder UI zurückführen, indem man nur die Coeffieienten von 9, V so bestimmt, dass der Ausdruck po durch f theilbar wird. Für den vorliegenden Zweck hat diese Reduction keine Wich- tigkeit. 12 68 A. CLEBSCH, Indem ich die homogenen Veründerlichen verlasse, setze ich T * gU "iue cough A ebe zt und bezeichne durch f(z), e(z), (z) diejenigen Formen, in welche die oben - durch f, 9, d bezeichneten Functionen durch Division mit entsprechenden Potenzen von y übergehen, so dass t. f = pfeg). ge) = Ze play). Ye) = ys $n). Sind nunmehr Zi Ža... Z, die Wurzeln von f= 0, so sind die i absoluten Invarianten von f bekanntlich Functionen der z, welche cha- . racterisirt werden durch die drei partiellen Differentialgleichungen ; st Ame > SCH DE së Fafe, + SCH ITI ke = 0. Die Wurzeln f., p, ... p, der transformirten Gleichung F —0 hángen nach 2. 3. mit den z einzeln zusammen durch die Gleichungen: t, 9(2,) + pe) = 0 dé "oT Ha Sie, zb $(2,) = 0 Hn 92) HPE) = 0 Die absoluten Invarianten von F sind Functionen der H. welche partiellen Differentialgleichungen genügen, die den Gleichungen 5. völlig analog sind. Setzt man aber j n = bz LA ai T5. T $4) cena" bo e as cre en so kann man die p und also auch die absoluten Invarianten von F auch als Functionen der Gróssen , S... S3 3» — D HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 69 betrachten; und die erste Anschauungsweise kann man dann so modi- ficiren, dass man die absoluten Invarianten von F als Functionen von ib. tips, ae; LI DUT Bean eu ansieht, welche aber die Grössen b. und c; nicht mehr enthalten. Wir wol- len nun die Differentialquotienten einer absoluten Invariante II von F unter beiden Anschauungsweisen bilden. Und zwar wollen wir dieselben in Klammern schliessen, sobald wir II als Function der Grössen 9. ansehen, die Differentialquotienten aber ohne Klammer schreiben; sobald II als Function der Grössen 8. aufgefasst wird. Gehen wir von der ersten Anschauung aus, so genügt II, als Fun- ction der p allein, den Gleichungen ((2;) zm D i 0 10 (2. ES e Insofern aber II zugleich eine absolute Invariante von F sein soll, treten noch die drei folgenden, nach der Analogie von 5. gebildeten Gleichungen hinzu: ? (C $c) + Am) a) — 0 te tel) KA Die Gleichungen 10. 11. umfassen alles, was zur Definition von Il als absoluter Invariante von F erforderlich ist. Die Gleichungen 10. 11. sind also die gesuchten Differentialgleichungen; es kommt darauf an, ihnen die passende Form zu geben, indem man von den eingeklammer- ten Differentialquotienten zu nicht eingeklammerten übergeht. 70 A. CLEBSCH, 2: Zweite Form des Systems partieller Differentialgleichungen. Um diesen Uebergang auszuführen, werde ich zunächst die Glei- chungen 10. 11. durch eine Art symbolischer Bezeichnung in eine ein- 3 zige zusammenfassen. 4 Durch ZU werde ich die Variation einer Function Il bezeichnen, | wie dieselbe entsteht, wenn in der Function der Grössen b, und c, vari (3 werden. Aber die Bedeutung dieser Variation hüngt davon ab, "welche 3 Grössen neben den b, und c, als Veründerliche betrachtet werden. Es ist daher zu unterscheiden zwischen den Ausdrücken (Il) und SIT; bei ersteren ist Il von den Grössen 9. abhängig und die p werden nicht va- E riirt, bei letzterem ist II von den Grössen 8. abhängig, und die z werden 1 nicht variürt. 1 | Wir können nun die Gleichungen 10.11. zusammenfassen in die eine: : 12 ..0z(m-c-z( aed (a+ Bu -- 18). 1 wenn wir nur feststellen, dass dieselben für alle Werthe der Variationen òb.. $c; bestehen soll, und für alle Werthe der beliebigen Coefficienten — a, B, y; denn unter dieser Voraussetzung löst 12, sich sofort wieder in die Gleichungen 10. 11. auf. In dieser Gleichung sind nun die einge- ` klammerten Differentialquotienten und Variationen auf nicht eingeklam- merte zurückzuführen. Die Variation (öll) hängt mit 9I] durch die EE 13 . V Gm = àII + X $Ë Ge) y zusammen; die Differentialquotienten von II nach den p werden auf die nach den z genommenen durch die Gleichungen NES I S I SG - 2.) zurückgeführt. Es sind also nur die Differentialquotienten und Variatio- nen der z auszudrücken. Die Variationen der z erhült man aus den Gleichungen 6.: 15 5 BPR) + $ (z) = H HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 71 indem man diese Gleichungen varürt, die x aber dabei constant lässt. Man hat dann 16 . . ee + Hape) = 0; und zwar bezieht sich in Gesi, 8% Lei die Variation nur noch Auf die Coefficienten; denn der Voraussetzung nach bleiben bei den nicht ein- ` geklammerten Variationen die 2 unberücksichtigt. Setzt man nun den Werth von p, aus 15. in 16. ein, so erhält man: | LI s (82) [9 (2) 9 (2)— Pl) vy ()] T (0 (2) Beie) — p(z) 90(2)] — Q. Um den hieraus fliessenden Werth von 62, kürzer zu schreiben, führe ich die Function 9 ein durch die Gleichung 18 . . . . 9(2) = pogr el — v2) v (2). und setze ferner fest, dass der einer Function beigefügte Index ? be- deute, es solle in der Function z durch z; ersetzt werden. Alsdann ist DTI uie die — pòp 19. . ——. Ne] nh fI Jo und die Gleichung 13. (GI verwandelt sich in die folgende: 90 . . . M= 1i óz, In ähnlicher Weise findet man den Differentialquotienten Pe in- dem man die betreffende Gleichung 6. nach p. differenzirt. Es ergiebt sich dann: k * VER 21 . . . Ee) HYEN LG +) — 0, oder, wenn man wieder den Werth von œ aus 6. einführt: "y i ei 22 v. CE (3) — — EL Da jedes p nur von dem Des tege z abhängt und umgekehrt, so sind alle Differentialquotienten. ( GZ gleich Null, bei denen E von i verschieden ist. Wir kónnen die Gleichung 12. nun in ihrer neuen Gestalt bilden, 72 A. CLEBSCH, und erhalten, indem wir rechts auch noch p; durch seinen aus 6. ge- nommenen Werth ersetzen: | | RN oll pòp — 950 + ap? — 2899 +r) 23... . 0I — zi — L Wir können nun auch die Differentialgleichungen 10.11. in ihrer neuen Gestalt sofort aufstellen. Wir brauchen nur die Coefficienten der ein. f zelnen Variationen ob, óc, so wie die Coeflicienten von a, B, y einzeln verschwinden zu lassen, und erhalten das folgende, aus drei Gruppen von Gleichungen bestehende System: ell öl h.z” ? =z iale h o 9H yaly m 24 7, db, ðz l o jJ on on lo m m Rl en ON pg . 27 er TIE. RA ol ol ai 25 d dn P ELE ES ett Gm ge T 7 az [s]. ô II po? | d gon - Óz; [5]; Ol po 26 è i . . 0 H z; E k ôll vd Uc [5]: Diese Gleichungen bilden ein vollständiges System in dem Sinne, in welchem ich diesen Begriff im 65. Bd. des Borchardtschen Journals, p. 257, definirt habe. Denn sie sind aus den Gleichungen 10, 11. ent- standen, welche offenbar ein solches System bilden. Die Zahl aller Gleichungen ist 2m + 5: die Anzahl der in ihnen auftretenden Verän- derlichen ist 2m 4+- n 1. 9. Daher besitzen sie (2m + n + 2) — Gm + 5) =n-3 | D ET bag wel Ga E HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 73 von einander unabhüngige Lósungen, die von einander unabhängigen ab- soluten Invarianten der Function F. 3. d Ausgezeichnete Combinationen der Gleichungen des Systems. Um Combinationen des obigen Systems von Gleichungen herzustellen, kann man die Gleichungen des Systems mit Factoren multiplieirt addiren. Aber man erreicht dasselbe, wenn man auf die symbolische Gleichung 23. zurückgeht, und in dieser den Variationen die Werthe beilegt, welche jenen Factoren zukommen würden. Bezeichnen wir durch ò neue Variationen der b, und c,, welche mit den alten durch die Gleichungen verknüpft sind: E v cor c gl a EM òp = õp — ag + Bai in denen die Grösse x eine ganz beliebige Constante bedeutet. Ver- gleicht man die Coefficienten der Potenzen von z in 27., so ergeben sich daraus für die neuen Variationen der b, und c; im Zusammenhange mit den ursprünglichen die Gleichungen: òb, — àb, — (B — x) 5. -- 16; Ge, = Dë — ab. -+ (84-») c; Da in 23. die Variationen Öb,, òc, nur die eine Eigenschaft haben sollten, ganz willkürlich zu sein, so kommt diese Eigenschaft den Varia- tionen òb, dc, noch ebenso zu. Entnehmen wir aber aus 28. die Werthe ah, — ob. -H (8—x) 5; — te; $c, — 0c; FH ab; — (9-9) 6; 28 29 so finden wir mv 37, 55 EE I ‚all sa a si: uii Lac T y n 2i: de, de (Bx) J Ec, Ss + A | ides AT) ZS — 135i, + adb — (82-3 Xo. Mathem. Classe. XV. K 74 A. CLEBSCH, Setzen wir dies und die Ausdrücke 27. in 23. ein, só erhalten wir die transformirte symbolische Gleichung: SD rt Ee — eV) 30 E > . 0 = STI — RU. X el \ n ol on + teen, + 55; — PH NE ze; Da die Grössen a, B, y, x ganz beliebig sein sollen, so ergeben sich hieraus zunächst die vier Gleichungen : ou [X55 ~ 0 Te. = OU 31 irk BEER 3 2 Es bleibt dann von 30. eine symbolische Gleichung übrig. in wel- cher die Variationen 5, wie die Variationen à, nur die Eigenschaft haben, ganz beliebig zu sein, so dass es gleichgültig ist, ob man bei den Va- riationen die Striche setzt oder nicht. Die übrig bleibende Gleichung kann man also schreiben: | : Dipa ð I phòg —95 2... Oops EE Untersuchen wir zunächst den Inhalt der vier Gleichungen 31. Führen wir in den Gleichungen 31. statt der b, und c, die folgen- den Veränderlichen ein, welche, wie man sieht, unabhängige Functionen der erstern sind, da sich diese aus jenen berechnen lassen: | b boc 6 bo 38... Ir, es b, e, —c, b ir, — Ba —6. b nn. b oc —cb $, 0m 5,6, —6, b,, 8, — 0, 0,—c, b, mr, bee, und klammern wieder die im letzten Sinne genommenen Differential- quoüenten ein. Wir haben dann: NET TTT HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 15 = (xe 0e Elan a Haf D (ent) mde D. moche) 1E «> und die Gleichungen 31. gehen in folgende über: EN SENG 5] a. de (o5) re big de E 2) SERGE (5) - Xs (5) Bildet man aber aus der ersten und vierten dieser Gleichungen die 1 H n J. Combination; DI ER Es es 0 giebt diese mit der zweiten und dritten Gleichung 35. zusammen die Verhältnisse der vier Grössen as) (id EL Ga) ds)’ Vào? Mel" Wel Denn nach der zweiten und dritten Gleichung 35. kann man setzen: " Da, y ëtt ët, enis Sa und 36. giebt dann: also soweit Il von 5, b,, c, c, abhängt: = pd(bc, — cb). K2 Daher folgt aus 37., dll. jc, db + bdc, —cdb, —b, de) 16 A. CLEBSCH, Es ist also Il eine Function der Grössen Ee fa e Man o dete t = bc,— cb, | allein. Und zwar hat man | en on ah E ua (5;) = deel m EEO all all u on =) = Aba ee Die Gleichungen 35. kommen daher auf die eine zurück: t en nr SCH — Ze? ET welche aussagt, dass Il eine homogene Function nullter Ordnung der 2m—1 Grössen ist. Unter dieser Voraussetzung, und nur unter dieser, werden die Glei- chungen 35. oder 31. sämmtlich befriedigt. Man kann statt dessen auch sagen, dass [I eine homogene Function nullter Ordnung der "7 Grössen 2 b. (ewe b, E sei; denn nach einer sehr bekannten Identität ist TiSp— 37% b.c, — eb, = —, so dass jede homogene Function nullter Ordnung der Grössen A ge cb, auch eine solche der Grössen f, r., s, ist, während umgekehrt auch das letztere stattfindet, da die letztern Gróssen unter den ersten enthalten sind. Die Gróssen b,c, sind die Coefficienten des Ausdrucks ziel p(y) — vio (y); man kann also endlich auch sagen, dass wegen der Gleichungen 31. II eine homogene Function nullter Ordnung der Coefficienten dieses Aus- drucks sei, wie Hr. Gordan auf anderm Wege bewiesen hat. — HÓHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 77 Die Gesammtzahl aller in 23. enthaltenen Gleichungen war 2m + 5; dagegen liefert 32. noch 2m + 2 Gleichungen, während zugleich die 4 Gleichungen 31. bestehen. Diese 2m +6 Gleichungen können nicht sämmtlich von einander unabhängig sein; vielmehr muss eine aus 32. fliessende Combination existiren, welche zugleich eine Combination der Gleichungen ist. Man findet eine solche, indem man die Variation à so bestimmt, dass Za — y, õp = d wird; ll wird dann pH zeg 53-3. und die Gleichung 32. geht in die Summe der ersten und der letzten Gleichung 31. über. Ferner giebt es vier aus 32. folgende Cétibinefiodmi $ welche die soeben genannte umfassen, und zugleich nichts andres liefern, als die partiellen Differentialgleichungen , denen jede simultane absolute Inva- riante von f, 9, genügt. Man erhült diese, indem man die Variationen òb, òc, aus den folgenden Gleichungen bestimmt: e Pre RR BU = (as B) 2? — (a'z +) ) (mg —z $$) wo 2,0, a, P. willkürliche Grössen big sollen. 39 Es stehen hier wirklich auf beiden Seiten nur Functionen mter Ord- nung , da in den Ausdrücken EE ô mp — 2 SN m) — z 2 die höchsten Terme sich aufheben. Vergleicht man aber die Coefficien- ten auf beiden Seiten der Gleichungen 39., so hat man Db m mab — ab, ; à0, = (m—lab, —2ab,-r. mb — gb, òb, = (m—23)ab, — 3ab, + (n—1) B5, pe ^ WES, A0. MN. an ui" wet Mh, Mio um Ban T. mp, 78 A. CLEBSCH, He um mac — dc, óc, = (mljac, — 2«c, + mpec | — Be, óc, = (n—2)ac, — 3dc, + (m—1)Bc, . — 28'c, 4l T véi D D D . " dc, „= a. A + 28c, 9 — (^—1)P c, 4 ee : 8c. ~ mp cy x n Es wird also: 42...8II = ajmo 27. F (n—1)5,2 +... -- me tet. + Bimb bt met (mle, E bt tt + 265 +} 20c , 8 II ER on on — p] baa t 2,5, + "uu Can zb Zeg , wührend zugleich nach 39.: 43 .... $8y — pòp = (a2 + (a4- B) z +B). 8. % Führt man diese Ausdrücke in 32. ein, und lässt die Coefficienten von a, a‘, B, H verschwinden, so erhält man die vier Gleichungen: mb y + (m—1)b, 35 o me + me, bE |.. — Ze ER Lem tm. 2 2s p 1$ 20,5 sp e$ 26,5. T ai m | EZ A Bb. + Ben Le welche die partiellen Differentialgleichungen für die simultanen absoluten Invarianten von f, 9, d sind. Sondert man aus den 2m + 2 durch 32. dargestellten Gleichungen diese vier ab, so bleiben noch 2m — 2 übrig, welche der vorliegenden Frage eigenthümlich sind. Es kommt darauf an, diese in einer symme- trischen und übersichtlichen Form aufzustellen. ER XQ hd eh Out e anter Mon EE EE pti MDC HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 79 4. Die Wurzeln von 8 = 0. Die 2m — 2 Combinationen der partiellen Differentialgleichungen, welche zusammen mit den Gleichungen 31. und 44. das ganze System bilden, kann man in einer gewissen Weise den 2m —2 Wurzeln der Gleichungen 0 — 0 entsprechen lassen, Wir untersuchen deswegen zu- nüchst diese Wurzeln selbst, um sie sodann an Stelle der b. und c, als Veründerliche in die Differentialgleichungen einzuführen. Die Function 9 hat den Ausdruck: 0 = dell — p. di le & (ca^ aee 277* .. ) mb" + (m—1)5, e...) | — (bz" + b, z"7...)(mcez"^ + (m—1)ce, 277...) zm (be, — ch, IS" +... Der erste Coefficient von H ist also die Grösse ?, und indem man die Wurzeln von © = 0 durch E, EE 5 ee EA a E Fre a bezeichnet, hat man Da nun sümmtliche Coefficienten von O offenbar lineare Combina- tionen der Grössen be, — ch, sind, so hängen die E nur von diesen Aus- drücken ab; und zwar sind sie homogene Functionen nullter Ordnung dieser Ausdrücke, denn die Wurzeln von © — 0 werden nicht geändert, wenn eine der Functionen e oder ) um einen constanten Factor geändert wird. Die Wurzeln von H sind also gemeinsame Lösungen der vier Glei- chungen 31. Die vier Gleichungen 31. enthalten 2m + 2 Veründerliche und lassen also hóchstens, und wie aus dem Frühern hervorgeht, auch wirk- lich, 2m —2 von einander unabhängige Lösungen zu. Ich werde nun zeigen, dass die Grössen E in der That von einander unabhängige Fun- ctionen sind. Es folgt dann, dass alle Lösungen der Gleichungen 31. als Functionen der E. betrachtet werden können, und dass man jene Gleichungen in allgemeinster Weise vollständig befriedigt, indem man Il als Function der z, und der E. allein betrachtet. 80 A. CLEBSCH, Der Beweis, dass die £ von einander unabhängige Lösungen der Gleichungen 31. sind, ist leicht in folgender Weise zu führen. Alle Lósungen jener Gleichungen sind homogene Functionen nullter Ordnung vont, 7,. T, d $1597 oder, was dasselbe ist, Functionen der 2n —2 ANA Schliesst man also die Differentialquotienten nach den r, und s; wieder in Klammern ein, so hat man die folgenden Formeln für die &£, welche den Formeln 34. analog gebildet sind: 46 m = Ae + = dl ECHT Wow rtr t — á, s MA i ® EM SCH Ki Die £, sind 2m — 2 von einander unabhängige Functionen, sobald die Functionaldeterminante der £, nach den f und s, von Null verschie- den ist, also die Determinante: se) 5) es) 6... Ip ra| \ös,) \ör,) \ör "al ig Multiplicirt man aber diese Determinante mit der (m—1)jten Potenz der Determinante $ C. —b — b, so hat dieses wegen der Formel 46. nur den Erfolg, dass an Stelle der eingeklammerten Differentialquotienten nach den T; $, die nicht einge- klammerten nach den b, c. treten, so dass man die Formel hat: xe i, 95, 0&, 0t&, 8t, ge, o | 0b, gc, Ob, de, "^" " Ob, de, | Cat m m | 29... N.T s Ot, GE, üt, BE, 6l Bt o. 8b, de, 8b, 8e, "OR, e, | | TREE RE A e as HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 81 Die Werthe der in dieser Formel auftretenden Differentialquotienten ergaben sich durch Differentiation der qug —9 = WE ie) — - Y Ex). Man erhält, indem man diese Mom x b, oder c, differenzirt, Wo:z2,9...9 ui: 8t ; 2 > PE). së — — (mn—)&"77. AE TR ër 08 ; j PE) aa = ATI. e(&) — &"7. v. Der linke auftretende Factor © (£j) ist für keines der §, identisch Null, oder was dasselbe ist, die Gleichung 0 — 0 hat nicht an und für sich eine Doppelwurzel. Denn für eine solche müssten gleichzeitig die Gleichungen Leg d 4-9 (E — A P= 0 bestehen. Es müsste also entweder gleichzeitig ọ — 0, p — O sein, d. h. x und à müssten an und für sich einen gemeinsamen Factor be- sitzen, was nicht der Fall ist; oder es müsste ein Factor X existiren, so dass gleichzeitig I PI doo gd Hay = 0 e Ad = 0, d. h. eine Combination von und y müsste einen dreifachen Factor be- sitzen, was ebenso wenig eintreten kann, ohne besondere Beziehungen zwischen den veränderlichen Coefficienten b. c, vorauszusetzen. Man kann also die Gleichung 48. beiderseits mit dem Quadrate des Products P = HG, A HEI, FOL. al, welches bis auf einen nicht verschwindenden Factor die Discriminante von H ist, multipliciren, und der Ausdruck PF'E wird durch die Determinante der rechten Seiten der Gleichungen 49. dargestellt. Mathem. Classe. XV. L 82 A. CLEBSCH, Die rechten Seiten der Gleichungen 49. sind Functionen von o welche bis zur (2m—3)ten Potenz einschliesslich aufsteigen. Die "mes liche Determinante von 2m—3 Reihen ist aber dadurch characterisirt, dass ihre Verticalreihen verschiedene Functionen (2 —3)ter Ordnung, ihre Horizontalreihen 2; —2 Veründerliche &, enthalten. Daher zerfällt diese Determinante sofort in zwei Factoren. Der eine ist die aus den Reihen Et Ie : S- E 1 gebildete Determinante, und wird dem x der e. bis aufs Vorzeichen gleich; da dieses Differenzenproduct nicht identisch ver- schwindet, so ist nur noch der andere Factor zu betrachten. Dieser an- dere Factor nun ist die Determinante der Coefficienten aller 2m _2 Fun- ctionen, welche die rechten Seiten der Gleichungen 49. bilden. Und zwar sind, abgesehen vom Vorzeichen und von ihrer Reihenfolge, diese Functionen die folgenden: h=m UE gn — n e Sg ain. b, Eo m—h—3 : h=m (m—3)g"— o — Die = 2 4-3) b, cimi aur. . . h=m I gom X eg A en h—m — e — E (hm) b tm 1 9 zm à Eme "s RSEN Res EO m '^-— hik m— im—2) 07. en E h=m -9) 3$ — pes ' — X (A 2m—h—4 e a -—— AIST" 4 d Ai 3 «t 1 . h=m E P = X (l—m-p1)e, er Ac h=m e > HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 83 Für m — 2 ist die Determinante der Coefficienten dieser Functionen: ES aub s. cag 0 —0 —3b — 2, —b, bid Gei 0 Ss 2(be, —cb,) (b, c, — c,b,). 0 —3c —2%, —c, also von Null verschieden, wie zu beweisen war. Für alle hóheren Werthe von m aber erhält man schon von Null verschiedene Werthe der Determinante, wenn man in den Coefficienten die folgenden besondern Annahmen macht: b —1, 5, —0, 0, —0...5,—0, c = 0, c, —0...c, zz, so dass nur b, c,, c, von Null verschieden bleiben. Die Functionen 50. gehen dann bis auf die Zahlenfactoren über in die Potenzen i. — o BEN o S während die Functionen 51. die Ausdrücke annehmen: — c, Er + (m—2) c Dr? = 2c, E? + (m—3)e, Dr" — (m—2)c, EI + c | — (n—1)c, E Man sieht, dass aus den Functionen 52. und 53. sich auch die Potenzen e te er ee BTE. also mit 52. überhaupt alle Potenzen von Ẹ bis zur (2m—3)ten einschliess- lich, zusammensetzen lassen. Daher kann die oben betrachtete Deter- minante, welche den Nenner bilden würde, wenn man die Potenzen von & durch die Functionen 50. 51. auszudrücken versuchte, nicht identisch verschwinden. Es ist also auch R nicht identisch Null, und damit bewiesen, dass man die Wurzeln von ® als die unabhängigen Lösungen der Gleichungen 31. zu Grunde legen darf. L2 84 A. CLEBSCH, 5. Einführung der Wurzeln von 0 = 0 als neuer Veründerlichen. Da die E von einander unabhüngige Lósungen der Gleichungen 31. sind, und ihre Zahl hinreichend gross ist, so kann man diese Glei- chungen identisch erfüllen, indem man II ausser von den 2, nur von den £, abhängig sein lässt. Alle noch von II zu befriedigenden partiellen Differentialgleichungen sind in der symbolischen Gleichung 32. a... 09s DÉI el enthalten, und es ist also nur nóthig diese Gleichung in einer solchen Weise umzugestalten, dass darin die Variationen der &, an Stelle der Variationen d òc, erscheinen. | Nun ist der Zähler des Ausdrucks põe — et H um 2 Ordnungen hóher als der Nenner; setzt man also an Stelle von 9 seinen Werth (45.) v" t(z—£E.) (2—E,) y ag Nec» und zerlegt in Partialbrüche, so erhält man für die Zerlegung die Form: e M. 65 0 3 Treff — ASCLBR C xt ECC Ich werde nun zunächst zeigen, dass die 2m -+ 1 Constanten A, B, CH. Mo M,„_, ganz beliebig bleiben, sobald man die Variationen der Coefficienten b. c; als ganz beliebige Constanten voraussetzt. Hierzu gehört nur, dass man zeigt, wie bei beliebig gegebenen Werthen der A, B, C, M sich immer Functionen mter Ordnung Ze, 6% angeben lassen, so dass die Gleichung 55. besteht. . Zu diesem Zwecke bezeichne ich die Wurzeln der Gleichung Q—0 durch 8,,8, ... B, die von d = 0 durch y,,7, ... Ym so dass 56 ` v mb (0. eB)... EB : $ = c. (z—y,) Hr) E (eT, HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 85 Ich setze nun in 55. für z der Reihe nach einmal die Werthe 8; einmal die Werthe c, ein. Da Hd. eil — ẹ . p (2), so wird ges mt ke = AR e äi 90) = — 9. (2 und man erhält also aus 55. folgende zwei ua Up = PP) (A8? + Bf, + Miis: BB... o E DÄ, — VG) [Av By t C MUT Mit Hülfe dieser Werthe, welche Ge und òp für die Nullwerthe von e und d annehmen, kann man nun nach der Lagrangeschen Inter- polationsformel die Function òp und òp wirklich bilden, bis auf additive Glieder, welche beziehungsweise aus q oder d. multiplicirt mit willkür- lichen Constanten, bestehen. Denn es ist ech Ep), òp = 9. I9. c I! Di, je d AE DESI wo q,. $, willkürliche Constante bedeuten; und daher hat man, indem man die rechten Theile der Gleichungen 58. einführt: ABA B5; 0 M, > Kee E AT I ; 95 Ae 4x! 3 kä òp — 4.4 e eg Die nach i genommenen Summen kann man nach den Regeln der Partialbruchzerlegung ausführen. Man hat nämlich: y MERDU E Chu (As BE OVÓ ` Am: — 60 i | z— pj e (2) +42? c Bm-— Ab, b Is tw +2u+e Artt OYO Amz — Bn br en d F 7 86 A. CLEBSCH, und ebenso > 1 RES e' (z) "T e (Ex) ii 61 | i:—8;.B;— Bee (z — Ej) e (£5) Is 1 a ip 6s—1],- ` ep ŝi (z— Eé (2) (z — 5%) 4 (€z) und die Ausdrücke für Ze, 09 können daher in der Form geschrieben werden: òp = F. *,-- (AZ + Bz + Cpl) — Amz . gea (€ d eh Fe) — Zei Giel dM cb, A, LU. OAI — Amz . Ais | es TII te), wo der Kürze wegen an Stelle von 9,, fe die ebenso unbestimmten Constanten r Bm— Ab, ` come Re Sg Bm—A dr, = $, Ms MEER, Bildet man nun aus 62. wiederum die Verbindung pòp — pòp, indem man zugleich den Ausdruck von 9 und die für die £, bestehende Gleichung 0 — 0 oder v — A së ` Au berücksichtigt, so erhält man Trend) HA + Be + CE I. Die auf die allgemeinste Weise gebildeten Functionen öp und 29 befriedigen also auch die SE 55. vollkommen, sobald nur md gesetzt wird. Diese Beziehung zwischen den willkürlichen Constanten voraussetzend, haben wir also in den Ausdrücken 62. in der That die- jenigen Functionen 8%, òp, welche den beliebig gewählten constanten Werthen von A, B, C, M, ‚ M,.... M,,_, entsprechen, und es ist damit eingeführt sind. TW AMAT SERPENS ST H HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 87 nachgewiesen, dass diese in der That als völlig willkürlich angesehen werden dürfen. Dabei erscheinen freilich die Ausdrücke 62. als Func- tionen (m-]-l)ter Ordnung, aber dies ist eben nur scheinbar, da die Terme (m--l)ter Ordnung sich, theils durch Subtraction, theils durch Division, überall aufheben. Setzt man : Pol dia Se (Ex) WT v' (Ex) ag 64 a h “ e ge, ebe Ww 4 k und P= axm Am: X x 65 k 1 Q = Az + Bz-- C--X so haben die Ausdrücke 62. die Form: 66 Ki = P.) + Q. v) M = P. oe) + Q pe Von dieser Form ausgehend, kann man leicht 00, und damit auch die Variationen 2£, bilden, deren man zur Herstellung der Gleichung 32. noch bedarf. Da Z My —t&ü' Qum dp pd so hat man 67 ... 00— g.p — dpt 9.09 — 9 . bo. Aus 66. aber folgt, indem man nach z differenzirt : àg = P.O d- Q. Ft tr y = P.V(Q)--Q.V(9--9.35 c ye Wenn man nun noch hinzunimmt, dass € —4,$.9—25$.9. so findet man aus 66. 68.: gib) — dës — H. P pòg — pòp = 9. (P-- 59) 4- Q.Q, 68 88 A CLEBSCH, und die Gleichung 67. liefert also: 0Q 88 695.2 5/599 — N, [£P 4- 47] aeq Um hieraus nun die Ausdrücke für die Variationen GE, zu finden, hat man nur zu bemerken, dass | 6 = (e—&)6—&) — (6—&, y) war. Durch logarithmische Variation folgt daher: io H d [:J Sg i JE Lë, DN und indem man dies in 69. einführt, findet man: èt 85, JN e ðQ ôlog 9 t de a ki ds oder wenn man die Werthe von P und Q einsetzt: Ww... -T7—R gg A na t 2 ek 2— E 4- 2Az + B — X Ik («—8,,)* My 1 + (Az 4- Bz-- C-- X pL 2 En Um die Uebereinstimmung in der Form beider Seiten dieser Glei- chung zu erkennen, braucht man nur das letzte Glied zu entwickeln. Es ist As + Bei o Ze - Alz +E) +B Etue Z Er Von dem letzten Gliede der Gleichung 70. rührt daher der Term Az (2m—2)mal her, so dass dies sich ganz aufhebt. Ebenso heben sich alle Glieder der Form Mj (s—£5)* auf, wührend Mk BE, 1 1 e—a eE ^ Gu a E re man nun noch an Stelle der willkürlichen Constante x die ebenso willkürliche Constante HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 89 — 2x + ($m —1)B -- AX£, ein, so erhält man aus 70. die Formel: u MM Sr Loo AE Se C 11...7— p+2 Lx XY cu = deg t z—%;, In der Doppelsumme sind dabei für k alle Zahlen von 1 bis 2m—2 zu setzen; bei jedem Werthe von 4 aber hat man der Zahl A nur die von A verschiedenen Werthe beizulegen. | Aus der vorliegenden Formel kann man sogleich den Werth von d? entnehmen, indem man rechts den Gesammtfactor von udn z — EA aufsucht. Aber man kann statt dessen unmittelbar zu dem Ausdrucke von [I übergehen, wenn man nur bemerkt, dass die linke Seite in òM sich verwandelt, sobald man den von z freien Term auslässt, und dann immer ° an Stelle von 05, gsi | tiz setzt. Indem man eben dieses auf der rechten Seite von 71. ausführt, gelangt man sofort zu dem folgenden Ausdrucke für öll: 8 II ol 29. ët SM Et aen o — =)! — 2 LE F Bi, + Ost Die symbolische Gleichung 31. wird jetzt, mit Benutzung von 55. und 72: E 1 jon an $ en EE EE P Om, E Pe — X, (42? + Ba, + C2, a) y Um die verschiedenen hierin enthaltenen Differentialgleichungen zu finden, braucht man nur die Coefficienten der willkürlichen Constan- ten A, B, C, M, einzeln verschwinden zu lassen. Die Coefficienten von A, B, C geben die drei Gleichungen: Mathem. Classe. XV. 4 M 90 A. CLEBSCH, an n us > Bus i-o ol ne, zi aq HA a5 O on XQ I4 4 =. Sie drücken nichts weiter aus, als dass II eine simultane Invariante von f und Ô ist, und vertreten daher die Stelle der Gleichungen 44., von denen die Summe der ersten und letzten, als in 31. enthalten, be- reits identisch erfüllt ist. Dagegen erhält man die für die Invarianten von F characteristi- schen 2m —2 weitern Differentialgleichungen, indem man die Coefficienten der M, in 73. verschwinden lässt. Man hat als Typus derselben die Gleichung: De. - (29, — i "4H = 2 ta T m 0 aus welcher man das ganze System erhält, indem man für k der Reihe nach die Werthe 1, 2... 2m—2 einsetzt. Die Gleichungen 75. enthalten die gesuchten partiellen Differential- gleichungen in symmetrischer Form, und so dass keine jener Gleichungen dabei überflüssig ist. 6. Beweis, dass absolute Invarianten binärer Formen in höherem Sinne nicht existiren. An die oben gegebene Form der. partiellen Differentialgleichungen knüpft sich unmittelbar der Beweis für den am Eingange erwähnten Satz an, dass absolute Invarianten im höhern Sinne, d. h. Functionen der Coefficienten, welche auch bei höhern Transformationen ungeändert bleiben, für binäre Formen nicht existiren. Wäre nämlich II eine solche absolute Invariante, so müsste dieselbe von den Transf ti ffici ‚ also von den Grössen E, völlig un abhängig sein, so dass man die Gleichungen hätte: BER E "VE HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 91 a DH OA Mi. ou. vU i6, ae se H, e e H Alsdann aber verwandeln sich die Gleichungen 75. in folgende. üt C T m) "ps on qu ëch dn 1 v o Iw ri Schon eine dieser Gleichungen genügt, um die Nichtexistenz einer sol- chen Function II zu beweisen. Denn nimmt man irgend eine der Gleichungen JU UN M RN TUR dei 02; und differenzirt man diese Gleichung wiederholt nach &,, indem man immer berücksichtigt, dass = identisch verschwinden soll, so erhält man die Gleichungen: iH. Zog ës P EE T cu vM 0. | TED Diese Gleichungen können nicht bestehen, ohne dass Il eine Con- stante ist. Denn fügt man den ersten n—2 Gleichungen 79. die Glei- chung 78. und die aus der ersten Gleichung 74. entspringende Gleichung I jn = O hinzu, so hat man n homogene lineare Gleichungen für die n Grössen 5 vor vor sich, deren Determinante 1 1-5 22524 1 Sint WE SS Et EN Be ` ` ` G,—5" M2 92 A. CLEBSCH, das Differenzenproduct der Grössen Product der Ausdrücke EU UR S re ui al 7 VER Yon e—a RC (íi 1, 2... n) ist, also das Sc Diese Determinante ist also gleich dem Differenzenproduct der z, dividirt durch die (n—1)te Potenz von f(£), also von Null verschieden. Daher folgt aus den angeführten partiellen Differentialgleichungen sofort: 6 II e o5 EE EE 0, d. h. Il muss eine Constante sein, was zu beweisen war. » 4. Die Functionen A. In der Form 75., welche wir den partiellen Differentialgleichungen gegeben haben, werden die Coefficienten theils aus der z, und &, auf einfache Weise zusammengesetzt, theils enthalten sie die Gilsen % auf deren Character wir genauer eingehen müssen. Die Grössen A, wurden durch die Gleichung 64. kh ol YOU. (40 k ? et) DICH (Er) definirt, oder, was dasselbe ist, durch die Gleichung: : : — Dën d qv (Ex) MR uU d e in welcher p und q ganz beliebige Grössen bedeuten. Setzen wir z. B. p=—c,q=b, so haben wir ; bg) — ee) ` ben gt + (m—2)7, &"7* + (m—8)r, Eur, rei BEN — GE 03 ANNE k bpe) ee — UG Er EI En EC Tek Ufa Man sieht hieraus, dass die A, ausser den & nur die Grössen pn . r,, enthalten, und zwar so, dass wenn man durch $ in Zähler und Nenner dividirt, nur die Quotienten San us t e (äu "m D HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 93 auftreten. Statt der r, hätte man auch die s, anführen können; man hätte dann nur nöthig gehabt, in der Gleichung 80. p = — c,, q =b, zu setzen. Aber es handelt sich darum, die Grössen A, als Functionen der & darzustellen; und wie man sieht, kommt dieses auf die Forderung zurück, die Grössen 82. als Functionen der E, darzustellen. Dass dieses möglich sein muss, folgt aus dem früheren; denn die Grössen 82. sind Lósungen der Gleichungen 31., und andrerseits ist nachgewiesen, dass alle Lósungen der Gleichungen 31. Functionen der &, allein sind. Aber es sind höhere Gleichungen, von denen dies abhängt, und die À, sind also irrationale Functionen der Sr, mit Ausnahme des Falles m = 2. Es ist leicht zu übersehen, durch welche algebraische Gleichungen die in Rede stehende Bestimmung erfolgt. Schon oben wurde erwähnt, dass wegen der Identität b.c, — ëch = JC (i und n > 1) sich alle Grössen b,c, — c,b, durch die r, s; ausdrücken lassen; und man kann hinzufügen, dass alle Grössen 8B s... mn ze | sich durch die Grössen = = ausdrücken. Nun sind die Coefficienten von 0 — 0, wenn man durch den ersten Coefficienten von H. 7, dividirt, lineare Functionen der Ausdrücke 83., und da sie andrerseits gleich den einfachsten symmetrischen Functionen der Er sind, so hat man durch Vergleichung 2m—2 Gleichungen vor sich, in denen lineare Functio- nen der Ausdrücke 83. symmetrischen Functionen der $, gleich wer- den, und man hat also ebenso viel Gleichungen als Unbekannte r; s,, welche die gesuchte Bestimmung liefern müssen. Aber in den r; s; selbst sind diese Gleichungen quadratisch, und ihre Lósung führt daher auf Irrationalitäten. Ich will in den einfachsten Fällen diese Bestimmungen durchführen. Bei m — 2 tritt, wie erwühnt, noch keine Irrationalität auf. Man hat nämlich in diesem Falle 94 A. CLEBSCH, l ae 1, DE+DEH+D, | Zeck Le, cg ebe, — (be, — cb) È + 2(be, — cb,)E + (b, 0, — c, b,) = EE 2r, E+ s, Man hat also in diesem Falle ohne Weiteres En E LE e ms 2 = — e Zo 1—Ó5tÓ Daher liefert die Gleichung 81.: 1 Bru EE DEE E k t£ Hr, g- i» oder 2 2 A, SE EL A, E a uto und die auf die Transformation zweiter Ordnung bezüglichen Differen- tialgleichungen nehmen aus 75. die elegante Form an: 1 on on Tr A. e et x) — Iz Ss & — tà, | Gë 1. ER Bei m = 3 hat man © 3bE + 25. € -- b, DP Hb, PHD, EL b, «| &€8 Lt 2c,€ E e, c& Le, f op e, E EF e, = (be, —cb,)& + 2(be, —ch,)E + (30e, — cb.) + (b,c,—c,5,)]E® + 2(b, c, — c,b,)t + (b.c, —t,6) = t£ --2r,8 A. (3r, 4-5,)8 + 2s,& + au, Bezeichnen wir durch A, B, C, D die symmetrischen Grundformen der ee so ist dann HÖHERE TRANSFORMATION BINÄRER FORMEN. 95 Es sind also die Gróssen 2." "3 sofort bekannt, und nur '*, ?* noch zu bestimmen. Bilden wir aber die erste Invariante i von 0: As AD a = P(D- x d — H T so finden wir, indem wir für A, B, C, D die linken Theile der Glei- chungen 85. einsetzen: ` LI (8r, m. F 12 und daher, indem wir die Wurzel ziehen: 86 . 6o Df 8, = NS Dies ist | dió einzige EC welche auftritt. Combinirt man 86. mit der zweiten Gleichung 85., so erhült man: _ Bt+yl2i pa 6 |. Bt—V13i 4 m o————, und aus 81. hat man also für A, den Ausdruck: A BELK 7o 28. — 5 k TO the r,E n, a iin lD—sACp ein Ausdruck, der sich noch in mannigfacher Weise umformen lässt. — Der Umstand, dass diese Irrationalitäten in die oben gegebene Form der partiellen Differentialgleichungen eingehen, wird auch dann nicht auf- gehoben, wenn man etwa statt der & ihre symmetrischen Functionen, oder, was dasselbe ist, statt der Wurzeln die Coefficienten von H als unabhüngige Veründerliche in die partiellen Differentialgleichungen ein- führt. Es geht daraus hervor, dass eine absolute Invariante der transfor- mirten Form F, welche die Coefficienten von f, q, à rational enthält, nie- mals die letztern nur zu Coefficienten von O rational vereinigt enthalten kann, sondern dass diese noch in andern Verbindungen auftreten müssen, welche durch die Coefficienten von ® nur irrational ausdrückbar sind. Als solehe andern Verbindungen kann man die Coefficienten hóherer ungera- der Ueberschiebungen von x mit } betrachten, welche mit denen von 8 ausreichen, um alle Gróssen b.c, — c; b, rational auszudrücken. 96 A. CLEBSCH, 8. Die partiellen Differentialgleichungen für die Transformation zweiter Ordnung. Die partiellen Différentialgleichungen, welche wir für die Transfor- mation zweiter Ordnung haben, und welche sich durch die Rationalität ihrer Coefficienten auszeichnen, sind nach 74. 84. folgende: 6 II on 6 II SR o. 4E uis m + Pn ih tt o Xe = 0 1 on gii se 1 lH a cue S, "Eu : 1 D gon Ew t d £, —£, iE sel o SCH SR CS Diese Gleichungen bilden ein vollstándiges System von 5 Gleichun- gen mit 2-]-2 Veründerlichen; sie müssen daher a —3 von einander unabhángige Lósungen zulassen, und es ist in der That leicht, solche anzugeben, und damit das ganze System vollstündig zu integriren. Zu diesem Zwecke führe ich an Stelle der z. die neuen Veränder- lichen ein E Sur (y DE und bezeichne durch Klammern diejenigen partiellen Differentialquotien- ten, bei welchen die Gróssen Bi OUS e E als das System der noahia ka Veründerlichen betrachtet werden. Man hat dann ai ` (on EU sp — bal + le) on EI, EU üz. ` ð z; E dw. 90. Nun sind die w, einerseits nur von den Differenzen der z, und & abhängig und béfiiedigen daher die erste der Gleichungen 87., wenn man irgend eines der w, an Stelle von [I setzt; andrerseits hüngen sie auch ur v von ee d SC Ei k ab, ud genügen deshalb such da EE A der Gleichungen 90. 91. in folgende: zweiten Gleichung 87. Führt man SS die neue Art der Differentiation in die ersten beiden Gleichungen 87. ein, so Verschwinden die Coeffü- ` ` SÉ > cienten der ( Ka und es bleibt nur übrig: | Ld d mm i 2: on) i D | D ; (8) x EI Gs EE en on | y E og) t ba also ll SE Bee n m9 cl ze A Die Function ll hängt also von den w, allein ab, und wenn man |l so annimmt, sind die ersten beiden Gleichungen 8T. bereits identisch erfüllt. Die drei übrigen Gleichungen 87. verwandeln sich nun in Folge `` 0 = x (57) fs. in Ti pa. TU ps e Jr Sick: 2-0 GE ZE: let 552) — zx cl Aber wegen der beiden ersten Gleichungen 87., welche durch Il = w, - 3 : = befriedigt werden, hat man = | a dw; dw; dw; $5.88, V "388 ti Ss 0, dw; dw, dw, CS e + de 0 also geg? n8, dw, : 7 0 E ES. dw, Sch Ow, US, X BEL" Setzt man dies in die Gleichungen 92. ein, so erhält man: Mathem. Classe. XV. N : ne CLEBSOH, ap ee E ar) Me BE Y 2 iz) Cit) 22;— 8, — 5) dw; £;—£, Inzwischen ergiebt sich durch logarithmische Differentiation d EL 89. wj a E $e; Aet pum ET: 2i Ww, ðw; " (2;— £,)* y ,, 21! (gi — 5. — (; PME D ðw; = (z; — E) Die zweite und dritte Gleichung kónnen durch Abziehen oder Ad * dien der ersten modificirt werden; setzt man dann noch w, aus 89, für . seinen Werth ein, so ergeben sich die transformirten Gleichungen in der : folgenden einfachen Gestalt: i» Sg Es 3 ua D 200. D à Diese Gleichungen, welche nichts anderes ila die MEHR > die Invarianten einer Form QUAM . . D F = Z-—w, .4—W,...4—Ww n sind, werden durch die Doppelverhältnisse w; CG wj—w, Gi ESCH ‚gen 87. 88. eine me Sé de aus den d Grössen 89. hates ` ; 2. Doppelverháltnisse ist. ! : : Be ist sehr leicht, sich von ds E didi Reuse © Rechenschaft en Denn man braucht nur zu erwägen, dass | 5.73 2 = ß—:), $—(e—ty zwei quadratische ius sind, deren Fotodondiditatu iui i 8 v rade die Wurzeln &, und £, hat. Indem man also die Formen 95. als Substitutionsfunctionen benutzt, wird die quadratische Substitution durch die Formel M Bose De RJ drum: (a— £y gegeben sein kónnen, und die Resultante von e £o 7e» | ist nichts anderes als F — 0, wo F durch den Ausdruck 94. gegeben ; wird. Die absoluten Invarianten des Ausdrucks 94., oder die Doppel- verhültnisse der w,, sind also in der That diejenigen Grössen , für welche die Gleichungen 87. 88. aufgestellt waren. e U) Göttingen, im December 1870. n A AU AE CNA WEE AN ` [Sis TAAT An RE k 3 ABHANDLUNGEN DER HISTORISCH-PHILOLOGISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICHEN GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN ZU GÖTTINGEN. FUNFZEHNTER BAND. Histor.-philol. Classe. XV. A Das Carmen de bello Saxonico oder Gesta Heinriei IV. neu herausgegeben von G. Waitz. Der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften überreicht am 7. August 1869. Der Königlichen Societät habe ich die Ehre gehabt im Jahre 1857 einige Bemerkungen über das Carmen de bello Saxonico vorzulegen, welche bestimmt waren die von Pertz (Abhandlung, gelesen in der Ber- liner Akademie im J. 1848, abgedruckt im Archiv der Gesellschaft X, S. 75—86) gegen die Echtheit des Gedichts erhobenen Zweifel zu be- seitigen und dasselbe als ein authentisches und interessantes Denkmal der Literatur des 11. Jahrhunderts zu sichern. Wie die gleiche An- sicht schon vorher von Floto (Kaiser Heinrich IV. Bd. II, S. 427 — 432) vertreten war, so hat sie seitdem ziemlich allgemeine Zustimmung gefunden. Wilhelm Grimm, der gründlichste Kenner lateinischer Poesie des Mittelalters, sagte mir kurz nach dem Erscheinen jenes Aufsatzes, er habe nie an der Echtheit gezweifelt, blos aus der Beschaffenheit der Verse ergebe sich ihm der sichere Beweis, dass das Gedicht nicht im 15. oder 16. Jahrhundert, wohin man es setzen wollte, habe geschrie- ben werden können. Giesebrecht (Kaisergesch. III, S. 1016, N. A. 8. 1044) Wattenbach (Geschichtsquellen 2. A. S. 318), Dümmler (Lit. Cen- tralbl. 1869) und andere haben sich später für die Echtheit ausgespro- chen, Giesebrecht allerdings mit dem Zusatz, das Gedicht möge einige In- terpolationen erhalten haben, wogegen aber neuerdings auch schon Wat- tenbach sich erklärte (Heidelb. Jahrb. 1869 S. 371); zugleich äusserte jener die Vermuthung, der Verfasser sei vielleicht kein anderer als der be- rühmte Geschichtschreiber jener Zeit Lambert von Hersfeld, eine An- sicht welche spüter Lindner (Anno der Heilige Erzbischof von Kóln S. 3 ff.) aufgenommen und weiter zu begründen gesucht hat. Ohne aber hierauf Rücksicht zu nehmen, ist neuerdings Kópke, bei Gelegenheit A2 4 G. WAITZ, seiner eingehenden Erörterungen über die so ganz ohne Grund in ihrer Echtheit angefochtenen Werke der Hrotsuit, auf die Meinung zurück- gekommen, das Carmen gehóre nicht dem Mittelalter an, sondern sei das täuschende Erzeugnis einer späteren Zeit: den Schutz, den er Hrotsuits Gesta Oddonis in so erschópfender und glücklicher Weise zutheil wer- den lässt, hat er dem Lobgedicht auf die Thaten Heinrich IV. entzogen. Und wenn ich auch glaube, dass mein verehrter Freund hier die Sache etwas leichter genommen hat, als wir an ihm gewohnt sind, so kann ich doch nicht umhin, bei der Bedeutung, die der Widerspruch eines sonst so sorgfältigen und erprobten Forschers, der sich jetzt zu dem von Pertz hinzugesellt, haben muss, noch einmal auf die Sache zurückzu- kommen. Man mag es bedauern, dass unsere historische Kritik noch keinen so sicheren Boden gewonnen hat, dass solche Zweifel und Ver- ` schiedenheiten der Meinung unmóglich sind, aber doch auch hoffen, dass eine Discussion, die nur das Wahre erkennen und feststellen will, dazu beitragen werde, ihr ein immer festeres Fundament zu verschaffen. Dabei bitte ich aber um die Erlaubnis, das was ich früher ausge- führt habe und noch jetzt als in Betracht kommend ansehen muss in diese neue Erörterung mit den nöthigen Aenderungen und Zusützen auf- nehmen zu dürfen. Ausserdem wird die Frage nach dem Autor des Gedichts jetzt einer näheren Untersuchung unterworfen werden müssen. Ich glaube zugleich dieser Abhandlung eine neue Ausgabe des Gedichts beifügen zu sollen, die als ein Bedürfnis erscheint '), da, wenn auch meh- rere Abdrücke existieren, doch alle mangelhaft sind, an ihrer Grundlage, der Editio princeps, manches willkürlich geündert, die einzige uns er- haltene Handschrift nicht benutzt haben. Auf Grund dieser beiden wird es möglich, an nicht wenigen Stellen einen verbesserten Text zu geben. Ihre Benutzung und Vergleichung, auf die ich früher nicht ein- gegangen und die auch Köpke unterlassen — Pertz hatte von beiden eine etwas nähere Nachricht mitgetheilt — giebt, glaube ich, auch allein 1) Auch Wattenbach hat, da ieh schon mit dieser Arbeit beschäftigt war; den Wunsch einer solchen ausgesprochen, Heid. Jahrb. a. a. O Dé ft E E ÄER A gef NT TY DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 5 schon genügende Anhaltspunkte, um eine Entstehung des Gedichts im Zeitalter der Humanisten für ganz unmöglich zu erklären. Die Handschrift der Hamburger Bibliothek, Hist. imp. Rom. Germ. Quart Nr. 295, die ich durch die Gefälligkeit des Bibliothekars Hrn. Prof. Petersen hier habe benutzen können, ist ein kleiner Quartband, früher Uffenbach, dann der Wolfschen Bibliothek angehörig, in dem verschiedene Stücke vereinigt sind, alle von verschiedenen Händen im 16. und 17. Jahrhundert geschrieben, Olandie (so) Gelrieque bellum, Kaiserchronik bis Sigismund, Fragment Frankfurter Annalen 1474— 1494, von anderer Hand 1573—1589, Genealogia comitum de Solms. Die Gesta Heinriei (IV. später hinzugefügt) imperatoris metrice, wie der Titel hier lautet, stehen zu Anfang in einem Heft von 46 Seiten, von denen 38'/» beschrieben, die anderen leer gelassen sind. Die Schrift mit blas- ser Dinte ist gleichmüssig und mit Ausnahme einzelner Buchstaben (besonders c und t sind nicht leicht zu unterscheiden) deutlich; ein- zelne Correcturen sind mit anderer Dinte, aber vielleicht von derselben Hand gemacht. Ein Facsimile hat Pertz seiner Abhandlung beigefügt; er bemerkt, dass das Papier nach Strasburg hinweise. Ich bezeichne die Handschrift im Folgenden und in der Ausgabe als 1. Die Editio princeps ') besteht aus 16 Blättern in klein Quart, unpa- giniert, nur die Lagen unten mit A. B. C. bezeichnet, die erste und letzte aus 6, die mittlere aus 4 Blättern bestehend. Am Schlusse steht: Nouis excussum typis id operis in lucem primus prodire | fecit propriis impensis: Honestus vir Ioannes Grüninger | civis Argentinus Anno salutis. M. D. VIII. — Da Pertz nur ein Exemplar der hiesigen Bibliothek benutzte und Potthast dies besonders hervorhebt, so scheint die Ausgabe ziemlich selten zu sein. Doch habe ich selbst vor nicht langer Zeit ein Exemplar erworben, und auch die Bibliothek hat, da das frühere sich nicht auffin- den liess, eine vorkommende Gelegenheit benutzt ein anderes anzuschaf- 1) Sie ist von Reuber wiederholt, Vet. Script. T. 1 (Francof. 1584. Hanoviae 1589. 1619) mit einigen Verbesserungen. Daraus Goldast, Apologia pro d. n. Heinrico IV. imp. (Han. 1611), und Ioannis in der neuen Auflage des Reuber (Francof. 1726). 6 G. WAITZ, fen, so dass jetzt wahrscheinlich drei hier vereinigt sind. Ich bezeichne die Ausgabe 2. Es ist zunüchst hervorzuheben, dass nicht der eine 'lext aus dem andern genommen sein kann. 1 verbessert nicht blos mehrere Verse- hen von 2, wie Pertz (a. a. O. S. 86) bemerkt, sondern hat umgekehrt auch eine Anzahl Fehler, die dieser vermeidet, und die schwerlich blos durch Conjectur gehoben sein kónnen. Beispiele geben die Noten an die Hand, fast überall wo die Lesart von 2 vorgezogen werden musste: ich hebe nur hervor: II, 80 :lacessunt’ statt 'facessunt, II, 108 ‘arcem statt ‘arcus’, III, 13 ‘ducem’ statt ‘deum’, III, 141 ‘imagine’ statt ‘in agmine, III, 247 ‘exactis’ statt 'extractis. Anderswo finden sich in l Lesarten, die zu ändern für 2 überhaupt kein Grund war, und die bei der Art und Weise wie 2 sonst den Text giebt sicher nicht in sei- ner Vorlage gestanden haben können: I, 131 ‘tristem’ statt ‘turpem’, III, 198 ‘pontes’ statt ‘pontem’. Hat hier 2 die bessere Lesart, so in ande- ren Fällen wohl 1: III, 275 ‘posteritas’ statt ‘prosperitas’, III, 187 ‘alti statt "atri. 2 ist reich an Corruptelen der verschiedensten Art, wie eben- ` falls die Noten ausweisen: I, 13 ‘falsis statt ‘falsum’, I, 67 ‘vis’ statt jus, I, 141 ‘Haec — trecentos! statt ‘Hi — trecenti, I, 227 ‘mentis statt "meri- tis, II, 90 ‘quaerit statt ‘quaerunt, II, 94 *tutamus statt *tutamen', II, 120 indumis' statt ‘induviis’, IL, 197 “Instructis totis acies incendere campis’ statt ‘Instructas totis acies incedere campis, II, 119 ‘cum vertit für ‘convertit’ u. s. w. Ganz ähnliche Versehen hat 1: I, 21 'struxit statt 'strinxit, I, 40 ‘nec’ statt ‘nune’, I, 82 *ventay statt 'vetitas u. s. w. Sowohl die Fehler in 1 wie in 9 sind grossentheils der Art, dass sie sich aus Verlesen erklüren. Offenbar kann es sich dabei aber nicht um eine beiden gleichzeitige, d. h. dem 16. Jahrhundert angehórige Handschrift handeln, sondern es muss eine ültere gewesen sein, die we- der dem Setzer noch dem Schreiber jener Zeit so gelüufig war, dass er nicht in einzelnen Zügen (n und ti, m und vii) oder Abkürzungen (nec und nunc, das háufig in 2 vo rkommende ‘et’ statt 'vel) fehlgreifen konnte. Auf eine solche ältere Handschrift weist auch sonst die Beschaffen- heit von 2 auf das bestimmteste hin. Orthographie und Interpunction DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 1 sind in keiner Weise die welche in den Kreisen und Schulen der Hu- manisten üblich waren; sondern die Ausgabe macht ganz den Eindruck einer buchstäblich getreuen Wiedergabe einer älteren wohl unmittelbar in die Druckerei gegebenen, vielleicht nur hie und da mit einzelnen Correcturen versehenen Handschrift, wie ein solches Verfahren ja bei dem Abdruck des bekannten Codex der Hrotsuit und sonst nachge- wiesen werden kann. Sehr häufig wird e oder e geschrieben, wo das 16. Jahrhundert wieder ae setzte und wo 1 dies wenigstens meistens hat: pre, hec, sepe, cedes, cedere (caedere), sevire, eoherere, querere, ireque (I, 108), placide (I, 170. Aber auch umgekehrt ae und e für einfaches e, wie es damals nicht üblich war: Naec (TI, 128. 151), ver- ticae (L 93), heres, infelix (I, 63), magnifice (I, 238), telis (III, 147), zelo (IH, 45). Einiges der Art hat auch 1, z. B. ‘caedens’ für ‘ce- dens (II, 50), *caedant für ‘cedan? (II, 78), Und an ein paar Stellen kommen beide gerade hierin überein. Sie schreiben beide III, 59 ae- dictum, III, 148 leto oder leto, III, 238 und 263 1 caepit, 2 cepit für cepit: Formen die entschieden einer anderen Zeit als dem 16. Jahrhun- dert angehören, auf eine Handschrift des 11. oder 12. hinweisen. Viel- leicht weniger bezeichnend ist, dass 2 auch temptare beibehält, statt des im 16. Jahrhundert üblichen und in 1 regelmässig durchgeführten tentare; dass sich háufig c für t findet (justiciae, nuncia), die Praeposi- tion öfter nicht assimiliert wird (subpeditabo, exsultare: dagegen 1: inrevo- cabile); 2 schreibt auch: quemque, cumque, utrimque, nicht -nque, wie regelmässig 1 (wo auch Nanque II, 221) Hierher gehören auch Formen wie domno (Il, 34), ciphos (III, 11). Sehr charakteristisch sind die Formen Pajoarii und Pohemi, die niemand im 16. Jahrhundert ge- wählt hätte, die auf einen älteren schwäbischen Autor oder Schreiber hinweisen. Dass Goslaria in 1 zweimal mit doppeltem s geschrieben, wie Pertz hervorhebt S. 83, ist wohl ohne Bedeutung; in 2 steht einfaches s. Auch die Interpunction ist beachtungswerth; in Z I, 138. 143 ein Punctum mit folgendem grossen Anfangsbuchstaben vor Quod und Si, wie. es wohl in ülteren Handschriften vorkommt. Auch hier zeigt sich einige Male Uebereinstimmung mit 1. In dem Satz (I, 106): castellani meliores Bello magnifice vulgus funduntque fugantque E G. WAITZ, interpungieren beide nach ‘bello’, nach mittelalterlichem Gebrauch richtig, indem so angedeutet werden soll, dass 'bello zu dem vorhergehenden 'meliores gehöre. Ebenso I, 27. 28: studuit contraria regi Viribus atque dolis, beide nach ‘reg’, 1 nicht nach ‘dolis, während mit dem folgen- den ‘Furor ein neuer Satz anhebt. Weisen einige der angeführten Umstünde darauf hin, dass 1 und 2 freilich unabhängig von einander sind, aber auf eine gemeinsame Grundlage zurückgehen, so wird das durch andere Lesarten bestátigt. Beide haben I, 245: spem quaerit in arce salutis, wo nur ‘arte’ gelesen werden kann; ebenso gleich zu Anfang (I, 3) 2,. und soviel sich er- kennen lässt auch 1: 'sociaret viribus arces’ statt ‘artes’; in 1 ist gerade in diesem Wort die Unterscheidung von c und t nicht ganz leicht; auch I, 31 scheint 'arces' gelesen werden zu müssen, wo 2 das richtige 'ar- tes hat. I, 88 hat 1 Hennenbure, 2: Hennenberg, entweder beide ver- lesen statt Heimenb., oder aus einer Vorlage, die schon den Fehler hatte. Für fehlerhaft halte ich auch II, 145 fremens’ statt ‘frequens’, II, 224 “sondigne’ für ‘condigna’ und einiges andere was ich geändert habe. Zweimal geben beide die Verse in einer Reihenfolge, die auf Irrthum beruhen muss, wo aber durch einfache Umstellung der richtige Zusam- menhang herzustellen ist, I, 81. 82; III, 278. 279. Hier sind 277 und 279 in 1 am Rande ergänzt, so dass vielleicht schon in der Vorlage ein Anlass zu dem Irrthum gegeben war. An einer Stelle (I, 237) scheint beiden etwas zu fehlen: wenigstens ist die Construction jetzt eine sehr harte, wie der Dichter sie nicht liebt. Alles dies weist auf eine ge- meinschaftliche, aber ältere Quelle hin, aus der die Abschrift gemacht und die Ausgabe besorgt ist. Diese kann aus jener manche einzelne Verbesserungen erhalten, scheint aber im allgemeinen das Original treuer wiederzugeben, als es der Schreiber des 16. Jahrhunderts gethan. Der Gedanke an eine ihm gleichzeitige oder wenig ältere Abfassung muss als ganz unmöglich er- scheinen. Es ist in der That undenkbar, wie dann diese Verschieden- heiten auf der einen Seite und Uebereinstimmungen auf der andern zwischen den beiden Ueberlieferungen hätten entstehen können. Weder 1 | i X DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 9 würen Corruptionen, wie sie besonders 2 an zahlreichen Stellen zeigt, bei dem Abdruck eines gleichzeitigen Werkes irgend erklürlich, noch jener, dass ich so sage, edle Rest des Alterthums, den der Druck selbst mehr als die Abschrift bewahrt und der nichts auch gar nichts von dem Geprüge des künstlich Gemachten oder Gefülschten an sich trügt, den der Schreiber des 16. Jahrhunderts meist abstreifte, aber manchmal doch auch wieder, und dann meist in Uebereinstimmung mit dem Ab- druck, beibehielt. Dies und alle die kleinen Eigenthümlichkeiten welche beide Texte bieten bleiben unbegreiflich oder nöthigen zu den will- kürlichsten Annahmen, wenn man an das Werk eines Fülschers aus der Zeit da die Publication erfolgte denkt, sind dagegen vollkommen er- klärlich und natürlich, wenn es sich um die Ableitung von einem älteren Codex handelt. Und dass ein solcher im 16. Jahrhundert vorhanden war, und wo, ist uns überliefert. Wimpfeling in einer Stelle seiner Epitome rerum Germanicarum, auf die mich Hr. Dr. Steindorff aufmerksam gemacht hat, (ed. Marp. 1562 f. 24') sagt nach Erzählung des Krieges Heinrich IV. gegen die Sachsen: De quo belio pulchrum et elegans Poéma heroicum a Germano quodam lucubratum est, quod in Bibliotheca Spirensi vidimus et legimus. Wimpfeling datiert die Vorrede zu seinem Werk von J, 1502!) Die des G. Soupherus zu seiner Ausgabe ist vom Jahre 1508; also wenigstens sechs Jahre vorher ist das Vorhandensein des Codex bezeugt. Dass Soupher mit Wimpfeling in Verbindung stand, ist bekannt, auch aus der Ausgabe selbst zu sehen, in der Verse des Beatus Rhenanus an Wimpheling am Schluss angehängt sind. Wer wird aber glauben, dass Wimpfeling sich durch ein neues Machwerk habe tüuschen lassen, dass dies erst in die Bibliothek zu Speier eingeschmugelt sei, um nach einigen Jahren als ein altes Werk wieder hervorgeholt und publiciert zu werden, oder, wie man sonst müsste, einen Kreis ehrenwerther, unbe- 1) Nach P. v. Wiskowatoff, J. Wimpheling S. 109, liegt dem Werk Wimphelings eine Arbeit des im J. 1495 verstorbenen Sebastian Murrho zu Grunde; doch wird man die angeführten Worte nicht diesem vindicieren kónnen. Histor.-philol. Classe. XV. B. 10 G. WAITZ, scholtener, durch wissenschaftlichen Eifer und patriotischen Sinn ausge- zeichneter Männer einer gemeinschaftlichen Betrügerei beschuldigen, weil in einem Werke, das sie an den Tag ziehen und publicieren, einiges nicht gefällt oder auf den ersten Blick etwas Auffallendes zu haben scheint? Das ist eine Art der Kritik, die mit Recht Kópke an anderer Stelle so scharf gegeisselt hat. Soupher sagt von seiner Handschrift: Transactis diebus in codicem vetustissimum nobilissimorum etiam auctorum monumenta continentem incidi: quo hoc elegans opusculum excerpsi virtutem bellicam magnificaque Henrici Romanorum imperatorum ejus nominis quarti gesta complectens. Die Bezeichnung der Handschrift entsprieht ganz dem was sich über die wahrscheinliche Beschaffenheit derselben ergeben hat. Der Ausdruck "Iransactis diebus’ ist ein unbestimmter und schliesst nicht aus, dass auch Soupher den Codex schon länger kannte; möglich ist aber auch, dass er ihn später kennen lernte als Wimpfeling. Dass er den Ort nicht nennt, entspricht der Gewohnheit jener Zeit, in der Editoren neuer Werke über die Herkunft derselben ein vielleicht nicht absichtsloses Still- schweigen zu bewahren pflegen. Wo wird man aber eher als in Speier ein Werk zum Lobe Heinrich IV. erwarten dürfen? Und wo anderer seits ist der Verlust des Bandes erklärlicher als hier, wo die Bibliothek so vollständig zerstreut und zerstört worden ist? Trotzdem also dass keine alte Handschrift erhalten ist, die wenigstens einen Theil ungläubiger Zweifler durch ihren Anblick bekehren würde, glaube ich sagen zu dürfen, dass die äussere Beglaubigung des Buches eine so genügende ist wie irgend zu wünschen. . Wie manche Werke des Mittelalters — Lambert, die Vita Burchardi — und des Alterthums selbst — die Germania des Tacitus, Vellejus Paterculus — sind nur in jüngeren Abschriften oder alten Editionen jetzt verlorener Codices erhalten, ohne dass deshalb ihre Echtheit angefochten werden kann? Aber auch Sprache und Vers zeugen für den mittelalterlichen Ur- sprung des Gedichtes. > Entschieden unklassische Worte sind: addecimare (II, 189) in der eigenthümlichen Bedeutung: nur ein Zehntel sein, ausmachen; dissignat DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 11 (III, 5), sei es für designat, sei es wie der Zusammenhang zu fordern scheint in der Bedeutung von ‘auflösen’; factrie... malorum (III, 30); praesumptus (III, 47); malefidus (III, 192); philtrum (III, 106) = Filz. Dahin kann man auch rechnen: regalis machina (MI, 23), propiantes (I, 100), das erst Paulinus braucht; carnifex (I, 199) für Knochenhauer, Schlachter (Ducange II, S. 190); primatus (IL, 70), Vorrang, Ansehn; irritamenta (II, 117) ohne folgenden Genitiv; versuras (IL, 173) für Wendungen der Rosse'); die Form reflectat (III, 36). Ausdrücke wie I, 88: quod erat superabile visum, 151: prosperitas patet armis; 180: abscedunt .. . castris obsidiones; III, 208: incorrecta regens, scheinen mir nur mittelalter- lichem Latein entsprechend. Ebenso II, 21: quid vos sib; praecipiatis, und ähnliche Incorrectheiten im Gebrauch der Pronomina. Auch: in arma potens (I, 153), fortis in arma (I, 231. III, 58) wird wohl dahin gehören; während in arma ferocem (IL, 224) dem Lucan nachgebildet ist. Technisch und recht eigentlich dem 11. Jahrhundert entsprechend sind die Bezeichnungen regni primates (1, 60. II, 77) oder blos primates (II, 26. 42) für die Fürsten; vgl Ficker, Reichsfürstenstand I, S. 48; primos militiae (IL, 11), die man vielleicht den milites primi des Wipo vergleichen darf (s. die Anmerkung zu II, 32). Aediles für Wachen, Wachtposten (II, 111), konnte doch offenbar eher ein Dichter des Mittelalters, wo aedilis für custos, ostiarius ge- braucht wird (Ducange I, S. 111), als ein humanistisch gebildeter Autor, der die Rómische Verwendung des Wortes kannte, sagen. Accipolis für Harzburg hat, glaube ich, auch im 11. Jahrhundert nichts auffallendes; es war eher im 11. als im 16. Jahrhundert möglich, woman beim Harz an den Hercynius mons dachte und demgemäss auch wohl jenen Namen latinisiert hätte; ich erinnere an Herbipolis, Imbri- polis, Marsinopolis, Parthenopolis und andere Formen, die zeigen, wie beliebt solche Uebersetzungen im Mittelalter waren. 1) Ich begreife. nicht, wie der Vers den gelehrten Verfasser verrathen soll (Kópke S. 287); der Dichter ahmt eine Stelle des Vergil nach, gebraucht aber ein in diesem Sinn den Alten fremdes, recht eigentlich wie aus dem Deutschen über- setztes Wort. B2 12 G. WAITZ, Ausserdem wird die Stelle III, 129 in Anschlag zu bringen sein: Fluminis Unstardi, qui cladem nomine genti Jam praesignasset, si non tardanda fuisset. Nicht blos, dass der Autor hier, ebenso wie Vers 189: Unstardus tardabat abire, offenbar mit den Worten Uns-tardus, tardare, spielt, in einer nicht ganz deutlichen Weise, da es zweifelhaft scheint, ob geng oder ‘clades’ Subject ist; er muss auch an ein Wort denken, das der von ihm gewühlten Form für Unstrud im Klang entsprach und Unheil oder etwas ähnliches bedeutete. Da wird aber kein anderes als das mittel- hochdeutsche unstate sich darbieten, welches für schlechte Lage, Hülf- losigkeit gebracht wird (Müller, Wörterbuch II, 2, S. 606); man sagt: ze unstaten komen, zum Unglück, Unheil gereichen. Darauf hätte nie ein humanistischer Dichter kommen kónnen 7. Die Stelle ist für das Alter und die Echtheit des Carmen wohl ebenso beweisend wie für die der Gedichte Hrotsuits der Vers in dem diese ihren Namen mit clamor va- lidus übersetzt. Einen nicht geringen Theil seines Sprachschatzes, halbe ja einzeln ganze Verse, hat der Autor den Schriftstellern des Alterthums entlehnt. ` Wie die zu den Noten gegebenen N achweisungen, die ich zweien meiner Zuhórer Herren Dr. Pannenborg und Günther verdanke, zeigen, nimmt den ersten Platz Vergil ein; demnächst Lucan, Ovid. Auch Sallust ist von dem Verfasser viel benutzt. Einige Ausdrücke erinnern an Cicero oder andere classische Autoren ‚ können dem Verfasser aber wohl aus der Schule bekannt und geläufig gewesen sein. Eine Benutzung dem . Mittelalter fremder oder wenig gelesener Schriftsteller tritt, soviel ich sehe; nirgends hervor; das seltene induviae belli (II, 120) hat ausser Plautus n Prudentius nnd konnte aus diesem christlichen Dichter fast leichter im 11. als im 16. Jahrhundert übernommen werden. Ich zweifle auch, ohne mich sonderlicher Belesenheit in der poetischen Literatur dieser : 1) Pertz S. 83 bringt ein niederdeutsches unsteert in Anschlag, was ich gar nicht kenne. Ganz anders versteht die Stelle Kópke S. 284, er meint der Dichter habe an die Niederlage der alten Sachsen durch die Franken an der Unstrut g& dacht; aber da hätte er schwerlich auf den Namen das Gewicht gelegt. Le ERBE ae EE A e DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 13 Zeit rühmen zu kónnen, dass ein Dichter der humanistischen Kreise sich dergestalt mit fremden Federn geschmückt hätte, wie es unser Autor ge- than hat und wie es Dichtern und Prosaikern des Mittelalters gleich- mässig üblich war. Gerade mit Schriftstellern des 11. und 12. Jahrhunderts besteht eine auffallende Aehnlichkeit in der Ausdrucksweise. Sie ist, wie Giese- brecht (Kaisergeschichte IIL, S. 1045 ff.) und Lindner (Anno d. H. S. 4) bemerkt haben, mit Lambert von Hersfeld so gross, dass man daran hat denken können, diesen für den Autor zu halten. Nec mora, fasque nefasque, fundunt fugantque, concitus — ruit, caede cruentare und anderes der Art ist angeführt. Auch Köpke hat auf die Uebereinstimmung mancher Wendungen mit Lambert hingewiesen (S. 288 ff) und daraus eine Benutzung desselben gefolgert. Aber eine ähnliche Verwandtschaft der Ausdrücke zeigen andere Autoren der Zeit. So die Annales Alta- henses: fasque nefasque confusum est (1060; Carm. III, 29: confundunt fasque nefasque), magis magisque (1046), in arma ruentibus (1061); miserrima caedes (1068; Carm. I, 163), primatus (1040), utrimque (1061: utrim- que bellatur, 1065: praeliatur utrimque; Carm. III, 163: mars saevit utrimque). Besonders zahlreich und auffallend ist aber der Gebrauch gleicher Ausdrücke und Wendungen in dem Carmen und der Vita Heinrici IV., wovon noch nachher die Rede sein soll. Dazu kommen die Verse. Ein grosser Theil derselben ist, wie der erste Herausgeber schon bemerkt zu haben scheint, nach mittelalter- licher Weise so gebaut, dass Mitte und Schluss einen Reim geben. So gleich die 4 Verse des Eingangs; ein anderes Beispiel bieten I, 173 —178. Wenn sich auch in dem ohne Zweifel modernen Gedichte des angeblichen . Guntherus Ligurinus einige Fälle der Art finden, so doch viel mehr yer- einzelt: ‘Der Verf, sagt Kópke mit Recht S. 265, kennt sie, aber mehr zufällig entschlüpfen sie ihm, zu seinem Grundstil gehören sie nicht mehr’. . Ganz anders in unserm Gedicht: hier wiegen sie vor, bestimmen den Charakter der Dichtung. Im ersten Gesange tragen unter 238 Versen, wenn ich recht gezählt habe, 152 diese Eigenschaft an sich; einzelne, wie I, 162, zeigen einen dreifachen Reim. Dies und vielleicht 14 G. WAITZ, noch anderes, das mir entgeht, hat W. Grimm im Auge gehabt, wenn : er die Verse allein für ausreichend erklärte, um jeden Zweifel an der — Echtheit des Gedichtes niederzuschlagen. E Und was wird alledem gegenüber geltend gemacht, um die Echtheit : des Gedichtes anzufechten, dessen Autor sich in jeder Zeile als einen an den Dingen lebhaft theilnehmenden Zeitgenossen zeigt, der inmitten der Ereignisse schreibt, der abbricht wo eine Wendung in dem Kampf ein- getreten war, die er für eine entscheidende halten konnte? Es sind einige Ausdrücke, die modern sein sollen, einige Angaben und Nachrichten, die man glaubt dieser Zeit nicht zuschreiben zu können, die aber bei nüherer Betrachtung überall nichts bedenkliches haben oder bei denen wenigstens nicht abzusehen ist, warum sie nicht sogut im ll | Jahrhundert hätten vorkommen können, wie sieim 12. oder 13. vorgekommen sind, von denen keine irgendwie auf die Zeit der humanistischen Studien hinweist. Die Auseinandersetzungen und allgemeinen Sentenzen, die Köpke (S. 287) modern findet, II, 62 f. 185 f£ 194 ff, scheinen mir eher, einen, man möchte sagen scholastischen Charakter an sich zu tragen. Schmeckt einiges nach der Schule (eb. S. 288), so denke ich hat es eine solche nicht weniger im 11. als im 15. und 16. Jahrhundert gegeben. Schon Wattenbach (Geschichtsq. S. 318) hat mit Recht hervorgehoben, dass das Gedicht der Schule der alten grammatisch - classischen Bildung, die unter Heinrich II. so eifrig betrieben ward, angehöre. Wegen ihres Inhalts haben vor allem immer die Verse I, 198 ff herhalten müssen, wo sutores, fabri, pistores carnificesque sich aufmachen gegen die Besatzung der Harzburg. Diese Worte, meinte Pertz, werde niemand in eine frühere Zeit als das 16. Jahrhundert setzen. Ich solite meinen, ‚weder im. 15. noch 14; noeh. (13;; kënnten. wie. irgend: Së fallend sein; aber auch im 12. oder ll. sind sie es nicht. Floto hat mit Recht an ein anderes Ereignis in Goslar selbst, das nur KE wenige Jahre später fällt, erinnert, die Ermordung des Bischofs Bucco von Halberstadt, bei einer Volksbewegung durch einen ‘faber’. Auch in Köln, Worms und andern Städten regte sich gerade unter Heinrich IV- : à DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 15 die Bürgerschaft. Dass aber hier, da die städtische Einwohnerschaft bezeichnet werden soll, einzelne Classen der Handwerker genannt werden, soll offenbar etwas Geringschätziges ausdrücken; der Dichter, der die Thaten der Besatzung verherrlichen will, sieht mit Verachtung auf die Städter hinab, begleitet ihre Niederlage noch mit höhnenden Worten. Köpke aber verkennt ganz den Charakter der Darstellung, wenn er meint, solche Handwerker möge es wohl in Goslar gegeben haben; da der Dichter aber dies noch als villa bezeichne, was Giesebrecht gerade als ein Zeichen der Echtheit hervorgehoben, und Lambert die pastores Gos- lariensium, die Gemeindehirten, erwähne, so bekämen wir den Eindruck ‘einer etwas anfänglichen Entwickelung’; es erscheine als sehr zweifel- haft, ob "bei einem Massenaufgebot der Einwohner die genannten Handwerker so zahlreich vertreten sein konnten, um augenfällig grosse Bestandtheile desselben zu bilden’. Von einem förmlichen Aufgebot, einem städtischen Heer ist aber gar nicht die Rede, sondern nur davon dass, als die Nachricht von der Wegnahme der Heerden in die Stadt kommt, neben den milites auch die Eigenthümer der Kühe sich aufmachen, um die Räuber — 10 Mann der Besatzung — zu verfolgen; auf der Stelle eilt alles ihnen nach und gerüth so in den Hinterhalt der Feinde!) ‘Stets, sagt Köpke, habe ich für den schlagendsten Beweis gehalten, was Giesebrecht zuerst geltend gemacht hat’, die Verse II, 122 ff: scutis impicta gerebant Fortia facta patrum, quo talia visa virorum Incendant animos solius laudis avaros. ‘Das wären Wappenschilder, in denen an die Thaten der Väter symbolisch erinnert wird, erbliche Familienwappen’. Ich kann nichts, auch gar nichts in diesen Versen finden, was an Wappen erinnern kónnte, und halte was Kópke über das erste Vorkommen derselben beibringt hier für gar nicht in Betracht kommend. Bilder von den Thaten der Vor- fahren sind keine Wappen, und umgekehrt Wappenbilder, Lówen oder was Völlig unbegreiflich , sagt Wattenbach, ist mir, warum die Theilnahme der Handwerker am Kampfe für ihre Kühe Anstoss erregen soll’. 16 G. WAITZ, es sein mag, haben nichts mit den Thaten der Vorfahren zu thun. Ih L habe allerdings auch einen Zweifel an Bildern der Art, aber nicht weil : ich glaubte, dass man nicht damals ebensogut auf Schilden dergleichen — habe malen künnen wie an der Wand des Merseburger Palastes oder | wo sich sonst die Kunst im, 10. und 11. Jahrhundert versuchte, sondem - weil die ‘fortia facta patrum’ einfach aus Vergil übernommen sind und - wir wissen, dass bei solchen Entlehnungen die Schriftsteller es nicht ` eben sehr genau nahmen und ihren Helden wohl Eigenschaften und Dinge beilegten, die sie in beliebten Autoren des Alterthums fanden - ohne viel zu fragen, ob sie passten oder nicht. Auch bemalte Schilde . oder Waffen (arma) kommen bei Vergil und Lucan öfter vor, Aen. VIL — 796. VIII, 588. XI, 660. XII, 281. Phars. I, 398. Siesind aber auch — dem Mittelalter nicht fremd: | Ermoldus Nigellus III, 243, SS. II, S. 494: Scuta mihi fucata (tamen sunt candida vobis) Multa manent; Abbo I, 119, SS. II. S. 781: saxa fremunt parmas quatientia pictas; E Cosmas II, 8, SS. IX, S. 72, der Heinrich III. sagen lässt: vobis — ostendam, quot pictos habeam clipeos. Ich führe endlich eine interessante Stelle aus der Einleitung Notkers zu seiner Uebersetzung des apostolischen Symbols (Hattemer, Denkmahle 3 IL S. 523) an: Also ouh in prelio symbolum heizet daz zeichen, daz at ` scilten alde an gimoten worten ist, dannan iegliche iro socios erchen- : nent’). Sie zeigt, dass auch bestimmte Schildzeichen schon am Ausgang | des 10. und Anfang des 11. Jahrhunderts bekannt waren. | Pertz und Köpke haben ausserdem besonders die Verse III, 03 f. ` von Herzog Welf für verdächtig erklärt: Hos Romanorum sequitur de gente vetusta ' Dux Catulus nomen referens moresque genusque. a t 1) Vorher giebt er gewerff als Uebersetzung, und giwerf für symbola haben auch alie Glossen, Graff, I. S. 1039. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 17 Es sei das, sagt Pertz, Ausdruck der späteren fabelhaften Theorien; Köpke macht aufmerksam darauf, dass dieselbe Bezeichnung sich beim Ligurinus finde, IX, 80, und wirft die Frage auf, ob vielleicht einer von dem andern gewusst habe. Das ist weder den Umständen nach wahr- scheinlich noch irgend nöthig. Erzählungen der Art waren. früh genug verbreitet. In der Historia de Guelfis aus dem Ende des 12. Jahrhun- derts (Leibniz SS. I, S. 782) heisst es: Dicitur, quod quidam ex antiquis- simis istis (den Welfen) filiam cujusdam senatoris Romani, qui Katha- lina nominabatur, in uxorem duxerit et filium ex ea progenitum Katha- linum nominavit, quod quia theutonisatum gwelff sonat etc. Was man im 12. Jahrhundert erzühlte, brauchte man nicht im 15. oder 16. zu erfinden, konnte ebensogut im 11. schon in Umlauf sein. Ich meine, dass die italienische Herkunft Welfs schon zu dieser Bezeichnung Anlass geben konnte, ohne dass man auch nur mit Floto anzunehmen braucht, die Markgrafen von Este möchten vielleicht ihr Geschlecht auf die Rö- mer zurückgeführt haben. Die Worte ‘nomen referens moresque genus- que' sollen ohne Zweifel ausdrücken, wie durch diesen Welf das alte erloschene Geschlecht der Welfen erneuert ward. Die Form Catulus für Welf ist aber im früheren Mittelalter hinreichend belegt. Sie findet sich in der metrischen Passio Thiemonis (SS. XI, 5.29): Dux Catulus (über- geschrieben Welfo); und in der älteren Vita Altonis (Mabillon Acta III, 1, S. 218): comitis, qui vulgo nomen quoddam est sortitus, quod latine exprimitur Catulus. Ueberhaupt ist die Beschreibung, welche der Dichter im dritten Buche (V. 51 ff) von dem ausziehenden Heere des Königs giebt, einer der interessantesten Theile des Gedichts. Wenn die Verdüchtiger des- selben hier eine Reihe ihnen anstössiger Ausdrücke gefunden haben, so stehe ich nicht an, gerade diese durchaus eigenthümliche Beschreibung, der wir nichts ühnliches an die Seite zu stellen haben, für überaus werth- voll und so beschaffen zu erklüren, dass an eine spütere Erfindung der- selben nimmermehr gedacht werden kann. Kein noch so gelehrter Hi- storiker der humanistischen Zeit würe im Stande gewesen, diese überall richtigen und treffenden Bezeichnungen zu geben; keiner hat wahrschein- Histor.-philol. Classe. XV. C 18 G. WAITZ, lich nur vollständig verstanden was der Dichter sagen wollte, während wir nirgends auf etwas stossen, das wir nicht zu erklären und auf Grund unserer Kenntnis der Zeit als durchaus angemessen zu bezeichnen im Stande würen. Eine Schilderung die Vergil giebt liegt zu Grunde; aber das Einzelne hat der Dichter durchaus frei und selbstündig gestaltet. Ich begleite die einzelnen Angaben mit den nöthigen Erläuterungen. Dass die Schwaben unter ihrem Herzog Rudolf als die genannt werden welche den ersten Platz im Zuge einnehmen, entspricht, ebenso wie das was später bei der Beschreibung der Schlacht von ihnen gesagt wird (V. 141), ganz dem was Lambert bei Gelegenheit eben dieses Kam- pfes anführt: peculiari Suevorum privilegio, quibus ab antiquis jam die- bus lege latum sit, ut in omni expeditione regis Theutonici ipsi exercitum praecedere et primi committere debeant. ‘Es braucht darum keineswegs aus ihm genommen zu sein. Auch Berthold (SS. VI, S. 278) erwähnt der Sache bei diesem Kriegszug. Hätte der Dichter wirklich den Lambert vor sich gehabt, so würe es wohl kaum denkbar, dass er von der alten gesetzlichen Bestimmung geschwiegen hütte; er weicht auch in der Be- schreibung der Schlacht, wo Lambert es hat, von diesem ab, indem er hier mit den Schwaben gleich die Baiern vorgehen lässt, die nach Lam- bert erst in zweiter Reihe folgten; er knüpft das Privilegium endlich an den Ruhm, den die Schwaben in Karl des Grossen Sachsenkriegen erlangt haben sollen, wovon Lambert nichts weiss, was aber in Denk: mälern des 12. und 13. Jahrhunderts mehrfach in verschiedener Aus- führung vorkommt, bei Konrad im Ruolandes Lied, im Schwabenspiegel u. s. w. (Stälin I, S. 393 N.), so dass es auch im 11. wohl verbreitet sein konnte. Cur als Theil von Rudolfs Herrschaft besonders zu nen- nen, hátte spüter nicht leicht einem Autor einfallen kónnen, wührend für diese Zeit ganz angemessen jenes Curwalchen oder Rätien auf- geführt wird, welches wohl im weiteren Sinn zu Alamannien gehörte und unter dem Herzog stand, aber als ein selbständiges Land angesehen ward. Die dem Vergil nachgebildeten Worte ‘Ararim Rhodanumque bi- Mentes bezeichnen natürlich die Burgunder, deren Regierung dem Herzog übertragen war (Gerbert, De Rudolpho S. IV) DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 19 Es folgen die Baiern unter ihrem Herzog Welf. Auch in der Schlacht stehen sie neben den Schwaben, wie das Gedicht übereinstim- mend mit Berthold erzählt. Ihrer Siege über Ungarn und Böhmen wird rühmend gedacht. Die letzten sind wenigstens nicht der Art, dass man im 16. Jahrhundert leicht noch ihrer besonders sich erinnern konnte, wührend im 11. nach den Kriegen Heinrich III. mit Bóhmen eher Grund war auf sie Bezug zu nehmen. Die Ungarn Parther zu nennen konnte nimmermehr einem humanistisch gebildeten Autor einfallen; aber die Annalisten des 10. und 11. Jahrhunderts nennen sie Agareni (Ann. maj. Sangall.. SS. I, S. 77) und Turci (Liudpr. II, 426), Regino (a. 889, SS. I, S. 600) bringt sie geradezu mit den Parthern in Verbindung, in- dem er beide auf die Scythen zurückführt. Die 'numquam violata fides’ der Baiern wird auch gerade ein Dichter aus dem Anfang der Regierung Heinrich IV. eher Grund haben zu rühmen als ein spüterer, der nach den Erfahrungen, die mit Welf, Heinrich dem Lówen und andern ge- macht waren, wohl nicht gerade dies Verdienst hervorzuheben veranlasst gewesen würe. Von besonderem Interesse ist was sodann über die Wangiones ge- sagt wird. Zunächst bezeichnet es natürlich die Wormser (schon Floto hat bemerkt, dass dieser Name mittelalterlichen Autoren nicht fremd ist, gens antiqua mochte der Dichter sie nennen, weil sie schon aus Lucan I, 431 ihm bekannt waren); ohne Zweifel aber stehen diese für die Rheinfranken überhaupt (so Floto I, S. 422). Dass der Autor an andern Stellen die Franken nennt (II, 71. III, 270) ist kein Grund, warum er nicht hier und an noch einer Stelle (II, 3), wo es eben die- selben sind die nachher Franci heissen, in dichterischer Weise einen Namen gebrauchen sollte der den Theil an die Stelle des Ganzen setzt. Es fehlt auch nicht an besonderer Rechtfertigung dafür. Nicht blos dass die Wormser gegen den Willen ihres Bischofs den König Heinrich festlich in ihre Stadt aufnahmen und dafür mit besonderen Freiheiten bedacht wurden (Lambert S. 204; Arnold, Geschichte der Deutschen Freistidte I, S. 143 ff.; auf einer Inschrift, welche die Wormser zum Andenken hieran unter einem Bilde einhauen liessen, nennen sie sich C2 20 G. WAITZ, selbst Vangiones, ebenda S. 150) lüsst sich anführen, vor allem kommt in Betracht, dass das Geschlecht Heinrichs früher in Worms seinen Sitz | hatte, wie wir aus der Vita Burchardi wissen. Einem Autor des 16. 7 Jahrhunderts lagen diese Verhültnisse im Dunkeln; was sich uns aus anderen Zeugnissen ergeben hat, erhält hier weitere Bestätigung und - erläutert wieder was das Gedicht enthält. Dass die Rheinfranken oder — allgemein die Franken die 'regia signa', die 'insignia regni' begleiteten, während der Schlacht die ‘regales fasces’ bewahrten, wird, soviel ich weiss, anderswo nicht erwähnt. Aber was war natürlicher, als dass der König, der nach Fränkischem Recht lebte, der jetzt aus Fränkischem Geschlecht stammte, von den Franken umgeben war, die ihn und mit ihm natürlich die königlichen Insignien begleiteten und schützten! Der Herzog Gotfried ‘gibbosus? von Niederlothringen ist im: Fol- genden nicht übel geschildert. In der Beschreibung seines Heeres aber steht ein Vers (82), den Pertz und Köpke verdächtigen, während er nach Floto die Echtheit des Gedichtes vor allem verbürgt. Auch mit scheint derselbe von besonderer Wichtigkeit, wenn gleich noch aus an- derem Grunde. Floto meint, die Ripheae urbes, die hier genannt wer den, seien nicht ‘nördliche Städte’, sondern Städte im Rif- d. h. im Ripuarischen oder Uferlande. Die Erklärung (Floto hat sie schon I, S. 413) ist scharfsinnig, wie auch Köpke anerkennt; doch zweifle ich, dass dem Dichter der Anklang der Namen in Erinnerung lag. Rhipaeus — für nördlich war ihm aber aus Vergil und Lucan zu gut bekannt, als dass — er es nicht hätte auch ohne solche Anknüpfung verwenden können. Tie ` und Nimwegen, die er nennt, sind Stüdte, die man wohl im 11. Jahrhun- S dert zur Bezeichnung der Niederlothringischen Gebiete wählen konnte, Së: : wiss nicht im 16., wo Tile günzlich seine Bedeutung verloren hatte, kaum — nogh bekannt war. Wir wissen davon aus Alpert und anderen Zeug nissen; aber wer hütte früher daran gedacht, diese Stadt als einen Haupt- 1 cc cles der Aufzählung seiner Kriegsmacht namhaft Kë ne Grund wird von Köpke das ferne Thule herbei gezogen, Wae kann der Dichter dafür, wenn einem heutigen Gelehrter ein Name einfällt, den er vielleicht nie gehört hatte, auf den nichts in DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 21 dem Zusammenhang der Stelle hinweist. Dass die Verse die Vorstel- lung ‘weiter Entfernung und barbarischer Rohheit’ erwecken sollen, meint Kópke, sei nicht zweifelhaft. Ich finde es nicht allein zweifelhaft, son- dern das Letzte ganz unmöglich. Sie sagen nur ganz richtig, dass der Herzog von Niederlothringen die äussersten, nördlichsten Gebiete des Reichs (‘extremi regni fines’ sagt von denselben Gegenden die Vita Heinrici IV. c. 11, wo doch sicher nichts von solchen Nebengedanken zu finden) aufbot, und sie fügen hinzu, dass dies Lande waren wo der Krieg nicht ruhte; ganz angemessen für Gebiete die unter Heinrich III. der Schauplatz unablüssiger.Kümpfe gewesen waren. Ich kann es so wenig gelten lassen, dass der Dichter keine rechte Vorstellung von dem gehabt habe was er schildern wollte, und dass es sich hier um eine classische Reminiscenz handele, dass ich vielmehr alles bis aufs kleinste als genau und zutreffend bezeichnen muss, und wohl fragen darf. wie ein Dichter des 16. Jahrhunderts dies so hätte fingieren kön- nen; wie ich denn freilich auch nicht absehe, wie ein solcher hütte dar- auf verfallen sollen, das damals reiche und blühende Holland in dem Zustand barbarischer Rohheit zu schildern. Es folgen die Oberlothringer unter ihrem Herzog Theodorich. Sie sind, wie sie hier geschildert werden, auch sonst als treffliche Reiter be- kannt, was auch Stenzel bemerkt (Fr. Kaiser I, S. 326 N.). Den Schluss bilden Westfalen, Friesen und Bóhmen. Die erstern mit Pertz als Soldaten der Kölnischen Kirche zu nehmen und deshalb das Gedicht jedenfalls. nach 1180 zu setzen, ist, wie schon Floto erin- nert hat, gar kein Grund; wir sind dazu um so weniger berechtigt, da nach Lambert der Erzbischof von Köln von dem König die Erlaubnis erhalten hatte an diesem Zuge keinen Theil zu nehmen. Bruno nennt dagegen c. 39 die Westfalen als solche die durch Geld bestochen von den Sachsen zum König übergegangen waren. Die Friesen führt kein anderer Autor besonders auf. Dagegen ist die Theilnahme der Böhmen durch Lambert hinreichend verbürgt. Es mag endlich noch darauf aufmerksam ‘gemacht werden, dass hier überall die Stämme als solche, nicht etwa die Territorien oder fürst- 29 G. WAITZ, lichen Herrschaften berücksichtigt sind, wie das den Verhältnissen des | 11. Jahrhunderts entspricht. Im 16. hätte man wohl nicht leicht ver- - mieden, von Oesterreichern und Brandenburgern, von dem Pfalzgrafen, den geistlichen Fürsten besonders zu sprechen. Die ganze Beschrei- , bung ist so beschaffen, dass man dreist sagen kann, es hätte ein wahres Wunder von Gelehrsamkeit und Geschick dazu gehórt, um in spüterer Zeit etwas derartiges zu schreiben, dazu eine Kritik und ein Tact, um wahrhaft Anstössiges und Unmögliches zu vermeiden, wie sie schwerlich irgend ein Autor des 16. Jahrhunderts besass. Man vergleiche, wie Aventin und andere Männer der Zeit die Geschichte und Verhältnisse früherer Perioden dargestellt haben. Und der Autor hat dabei nicht etwa wie der angebliche Guntherus Ligurinus eine andere Erzählung nur in Verse gebracht. Zu dieser Be- schreibung gab ihm weder Lambert noch irgend ein anderer Schrift- steller den Stoff. Aber auch sonst ist er mit nichten, wie man gesagt hat, dem Lam- bert. gefolgt. Pertz hat gemeint (S. 80), das Werk zerfalle bei näherer Untersuchung in zwei verschiedenartige Bestandtheile, die geschichtliche Grundlage und die Zuthaten des Verfassers. Jene sei, bis auf einen Zusatz, ganz aus Lambert genommen; Eigenthum des Verfassers sei hauptsächlich nur die Einkleidung in die Form des classischen Epos — wobei derselbe sich Abänderungen der Erzählung Lamberts, wesentliche Auslassungen, mithin andere Verknüpfungen der Begebenheiten und : widergeschichtliche Einschiebsel erlaubte. Kópke ist trotz des Wider- 3 spruchs, den Floto und andere erhoben, auf diese Behauptung zurück- E i gekommen: er halte, sagt er, auch diese Ansicht von Pertz aufrecht; die DL. i Hauptmasse des Stoffs sei aus Lamberts Annalen entlehnt. Er stellt einige Stellen zusammen, nach denen man urtheilen soll. Ich kann auf diese, die hóchstens ein- oder zweimal etwas auffallendes haben. gar kein Gewicht legen; es ist mehr Verwandtschaft des Ausdrucks als der Sache. "m auch jene findet sich nur so, wie sie bei Autoren dieser Zeit, wenn sie vollends dieselben. Dinge erzählen , öfter begegnet und am Ende be- Segnen muss: man folgte denselben Mustern, man verwandte eine Am: DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 23 zahl zum Gemeingut gewordener Ausdrücke. Viel mehr muss auf die Auffassung im ganzen und die Art und Weise wie das Einzelne berich- tet ist ankommen. Eine solche Vergleichung wird, indem sie auf die Ereignisse selbst eingeht, ergeben, dass die Darstellung des Carmen ihre eigenthümliche Bedeutung hat, und vielleicht hoffen dürfen auch ihrer seits einige Beiträge zur Geschichte des Sachsenkrieges Heinrich IV. geben zu können. Der Verfasser beginnt sein Gedicht ganz nach dem Vorbild Vergils: er kündigt an was er beabsichtigt, die Kämpfe König Heinrich IV. ge- gen die Sachsen zu beschreiben; er wendet sich, wie der Römer an die Muse, an Gott mit der Bitte, ihm bei diesem seinem Vorhaben behiif- lich zu sein, auch die Ursachen, die, wie er sagt, verborgenen Ursachen (latentes causas) des Kriegs an den Tag zu bringen. Da er auch hier Vergil nachahmt, wäre man an sich berechtigt auf diese Wendung kein besonderes Gewicht zu legen, nicht, wie Köpke thut (S. 281) den Ver- fasser hart darüber anzugehen, dass er nun den Erwartungen nicht ent- spricht, die einer sich macht, wie jener meint nichts sage, als was vor den Augen aller Welt gelegen und was kein unterrichteter Zeitgenosse seinen Lesern oder gar dem Könige selbst habe als etwas besonderes bieten dürfen. Aber der Autor kommt nachher noch einmal auf die causae zurück; V. 29: Hinc belli causae veniunt sub imagine recti; und er wenigstens ist also überzeugt sein Versprechen gehalten zu ha- ben. — Und sollte er uns denn wirklich so gar nichts eigenthümliches geben, nichts was nicht damals alle Welt und wir selbst längst gewusst? Sagt er wirklich nur: ‘Die Sachsen klagen über Gewaltakte der An- hänger des Königs, dieser stellt das in Abrede, darauf greifen sie zu den Waffen. In Wahrheit sagt er das nicht allein, oder richtiger er sagt es gar nicht, da wo er von den causae spricht. Die Ursachen zu dem Kampf, den er schildert, findet er vielmehr darin — und ich wiederhole hier einfach, was ich vor zwölf Jahren ge- schrieben und was Kópke wohl nicht beachtet hat —, dass, nachdem während der Minderjährigkeit Heinrichs Recht und Ordnung völlig in 94 G. WAITZ, Verfall gerathen, Kinder, Wittwen und Waisen beraubt wurden, der König, als er selbst die Regierung übernahm, strenges Recht übte, de T Gewaltthat und dem Raub wehrte, V. 20 ff.: widerwillig habe das Volk | die ihm angelegten Zügel ertragen, habe gefürchtet für mancherlei Ud ; thaten zur Verantwortung gezogen zu werden. Furor hine evenerat omnis; Hinc belli causae veniunt sub imagine recti. a Jeder der mit den Denkmälern der Geschichte dieser Zeit bekannt i wird zugeben müssen, dass das eine Auffassung ist, welche weit genug von der abweicht welche sich regelmässig sonst und namentlich bem — Lambert findet. Dieser erzählt wohl von Gewaltthätigkeiten, die Hein- d rich nach dem Tode Adalberts sich erlaubt und dann Anno abgestellt | habe. und einige Worte klingen auch an dasan was das Carmen berich- — .tet, dass besonders ecclesiae, pupilli, viduae zu leiden hatten, dass die L Zügel gelöst waren und dann wieder straff angezogen werden mussten 3 (KópkeS. 288). Allein das sind eben Wendungen die sich leicht gleichartig — ergaben, wenn von ähnlichen Dingen die Rede war. Die Sache selbst — ist eine ganz andere. Nicht von der Jugend Heinrichs und nicht davon — dass er selber wieder gut gemacht was da geschehen, spricht Lambert. Vet- - wandtist nur die Auffassung in der Vita Heinrici IV. c. 2: Prohibebat quoque bella, violentiam et rapinas; nitebatur ... neglectas leges „restituere e - sceleris licentiam resecare. Quos assuetos sceleri per edictum cohercere E non potuit, per censuram legis et jus curiae, mitius tamen quam culpa 4 exigeret, correxit. Quod illi non justiciam, sed injuriam reputantes, do qui legem abjecerant, lege constringi, et qui per omne nefas ruebant 2 frena pati respuentes, qualiter eum vel extinguerent vel privatum face E rent, consiliis incumbebant. | Was hier mehr allgemein gesagt wird, be- i zieht das Carmen speciell auf die Sachsen. Ueber das Verhältnis des — I selben zu der Vita spreche ich später; hier ist nur zu bemerken, dass 3 dies wohl die Auffassung sein wird, welche in der Umgebung des KR f nigs geltend gemacht ward. s Das Carmen geht dann sofort in die Erzählung der Ereignisse ein. berichtet, dass die Sachsen unter sich verschworen, conjurata dolo DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 25 gens, eine Gesandtschaft an Heinrich schickten, um Klagen vorzubringen: drei Personen (oratores) wurden dazu auserwühlt, Meginfried führte das Wort. Die Rede- welche diesem in den Mund gelegt wird (V. 38 ff.) ist in den Ausdrücken wie in dem Inhalt merkwürdig genug. Die Sach- sen klagen über Gewalt, die sie von denen zu ertragen haben welche anderswo nur dergleichen zu erleiden pflegen (vim qui ferre solent aliis in partibus orbis hanc nobis faciunt): nur an die Krieger Heinrichs kann gedacht werden, die gewühlte Bezeichnung soll vielleicht ausdrücken, dass sie aus niedrigem Stande, Knechte waren; Fremde (was neben dem ‘advena quivis’ der ‘pupillus’ hier und nachher noch einmal soll, ist mir nicht deutlich; s. die Note) hindern sie an Benutzung der Gemein- wülder und -weiden, drüngen sich in ihren Besitz ein, treiben mit List und Gewalt die Eigenthümer aus ihren Gütern. Die Darstellung Lamberts ist eine sehr abweichende (SS. V, S. 196). Er berichtet auch von einer Gesandtschaft, die er um-den ersten Au- gust setzt, eine Zeitbestimmung die Schwierigkeiten macht (Giesebrecht S. 1122). Statt dessen hat Bruno (c. 23) eine Berufung der Süchsischen Fürsten durch den König nach Goslar Ende Juni. Die Ann. Altahenses bestütigen diese Zeit, lassen aber das Kommen der Sachsen als ein frei- williges erscheinen (plures Saxonici principes illo devenere, si finem his malis possent impetrare. Das können Lambert und der Dichter recht wohl beide als eine Gesandtschaft aufgefasst haben, die jener in eine unrichtige Zeit setzt, wührend dieser jede Zeitbestimmung vermeidet. Im Uebrigen gehen sie weit aus einander. Lambert weiss nichts von den drei oratores, nichts von Meginfried (nach Pertz soll dieser aus Bruno entlehnt sein, der ihn, den Burggrafen von Magdeburg, allerdings nennt, c. 52. 117, aber keineswegs als bei dieser Gelegenheit thätig); die For- derungen und Klagen der Sachsen beziehen sich auf ganz andere Dinge, auf einen angekündigten Kriegszug gegen Polen, den sie nicht leisten wollen, auf die Burgen, die der Kónig erbaut und deren Zerstórung sie verlangen, den langen Aufenthalt Heinrichs in ihrem Lande, auf die unwürdigen Personen in seiner Umgebung, auf den Lebenswandel den er führt. Dass das zum Theil unrichtig, zum Theil unpassend ist, hat Histor.-philol. Classe. XV. D 26 G. WAITZ, Giesebrecht (S. 1122) bemerkt; sollte der Dichter, wenn er Lambert be- d nutzte, das erkannt und glücklich ausgeschieden haben? Nur die For- derung, ut principibus Saxoniae, quibus sine legittima discussione bona. - sua ademerat, secundum suorum jurisdictionem satisfaceret, hat eine ent- — fernte Verwandtschaft mit dem was das Carmen sagt, wo Herstellung des Rechts, der ablata patria jura, verlangt wird. Ausserdem hat Lam- bert vorher (S. 194), wo er von den Gewaltthaten der Besatzungen in den festen Plützen redet, einiges was an die Worte des Carmen erin- nert: sie hätten Abgaben für die Benutzung von Wäldern und Weiden verlangt und unter dem Vorwand der Zehnten die ganzen Heerden fort- getrieben (Omnia quae in villis et agris erant in dies eruptione facta diripiebant, tributa et vectigalia silvarum et camporum importabilia exi- gebant, et plerumque sub praetextu decimarum totos simul greges abi- gebant) An einer dritten Stelle, wo die Sachsen den andern Fürsten ihre Leiden klagen (S. 198), heisst es: sie müssten den Gebrauch ihres Wassers und Holzes für Geld erkaufen; der König möge patrimonia per vim seu per calumpniam erepta restituieren. Köpke (S. 288) ist der Meinung, dass aus diesen Stellen der Autor des Carmen seine Erzählung zusammengesetzt habe. Aber nur eine sehr allgemeine Uebereinstimmung in den Thatsachen und eine zufällige Gleichheit einzelner Worte liegt vor: in letzterer Beziehung kommt eigentlich nur ‘abigunt armenta gre- gesque' V. 44, und ‘totos simul greges abigebant' bei Lambert (S. 194) in Betracht: ‘pecus abigere’ ist aber ein Ciceronischer Ausdruck, dessen der Dichter sich I, 195 bedient und dem er das ‘armenta gregesque abigere; ebenso wie I, 165 ‘praedas abigere' nachgebildet hat, ohne dass an eine Abhängigkeit von oder nähere Verwandtschaft mit Lambert zu denken wäre. Was die Sache selbst, den eigentlichen Anlass und Gegenstand des Streits zwischen den Sachsen und den Königen aus dem Fränkischen Hause betrifft, so ist dieses bekanntlich nichts weniger als klar. Floto (L S. 372) und auch Giesebrecht (III, S. 272 f£) haben darüber nur unge- ' nügend gehandelt, besser schon Schaumann (Gesch. des niedersüchsischen Volka S. 189 f). Mit Recht macht dieser darauf aufmerksam, wie & sich offenbar darum handelte, alte Fiscalrechte , kónigliches Gut und UT ATE EIN DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 27 vielleicht auch Hausgut der Ottonen, das in die Hände der Sächsischen Fürsten übergegangen war, für die Krone zurückzufordern. Der Vor- wurf gegen den König ist, ut omnes Saxones et Thuringos in servitium redigeret et praedia eorum fisco publico adiceret (Lambert. S. 194); Saxones omnes servilis conditionis esse, crebro sermone usurpabat, non- nullos etiam ex eis, missis nunciis, objurgabat, cur sibi juxta conditionem natalium suorum, ut ipso verbo utar, serviliter non servirent, nec de reditibus suis fiscalia sibi obsequia impenderent (S. 195); die Sachsen schreiben: semper nos insolito more quaerebat opprimere, bona nostra eripere suisque familiaribus ea contradere (Brief der Sachsen bei Bruno c. 42); was von Bruno etwas früher nur als Besorgnis dem Otto von Nordheim in den Mund gelegt wird: sed universa quae possidetis vobis simul eripiet, et hominibus advenis vestra bona largiens, vos ipsos, libe- ros et ingenuos, ignotorum hominum servos praecipiet esse. Darauf geht auch wohl die übertreibende von Lambert (S. 197) wie- dergegebene Behauptung zurück, Heinrich habe die Sachsen vernichten und Schwaben an ihre Stelle setzen wollen. Aber auch das Carmen stimmt damit insofern überein, als es die Sachsen klagen lässt über die Fremden (advenae), die die Sachsen beeintrüchtigen und verdrüngen, über die Verletzung des heimischen Rechtes, die wohl vorzugsweise in dem Anspruch auf Abhüngigkeit, ja Zinsbarkeit des Landes gefunden sein wird (vgl. Lambert S. 198: patrimonia nobis per vim seu per ca- lumpniam erépta restituat; postremo jusjurandum det, quod legitima genti nostrae a primis temporibus constituta numquam deinceps infringere moliatur. Und merkwürdig genug ist nun die Antwort, welche das Carmen den König geben lässt: er leugnet nicht, dass er Güter in Be- sitz genommen, er bestreitet aber, dass er damit Unrecht gethan, ihr Recht verletzt habe, vielmehr seien die Sachsen im Unrecht gewesen; er fordere nur zurück was anderen mit Gewalt genommen sei. Und dass dabei besonders an die Grossen des Volks gedacht, zeigen die Verse I, 64. 65. Von einer solchen Antwort weiss Lambert durchaus nichts; er sagt nur (S. 197): leviter et contemptim legatis respondit, nach Bruno 28 G. WAITZ, y (c. 23) hat er die in Goslar versammelten Fürsten in höhnischer Weise ohne alle Antwort gelassen. Nicht viel anders berichten die Amn. Altahenses (1072). | Die Auffassung des Carmen ist also eine wesentlich andere als die aller anderer Autoren. Nach ihm vertritt der Kónig ein bestimmtes Recht bestimmten Forderungen gegenüber. Diese sind der Art, dass, wenn für sie auch wohl gewisse Anhaltspunkte in den andern Berichten sich finden, doch in keiner Weise abzusehen ist, wie ein spüterer Autor hätte dazu gelangen sollen die Sache so darzustellen. Wenn im IA Jahrhundert einer daran ging,‘ unter Benutzung der bekannten Darstel- lungen, namentlich des Lambert, die Ursachen des Sachsenkrieges dar- zulegen, dann konnte er sicher nicht auf den Gedanken kommen, von einer Hinderung im Gebrauch der Geweinwülder und -weiden, von el- nem Eindringen Fremder in den Besitz der Sachsen zu sprechen: dam tönten ihm überall die Klagen über Heinrichs ganzes Regiment und Lebenswandel, bei den Sachsen besonders die über die aufgeführten Burgen und die Thaten der Besatzung entgegen. Ein Zeitgenosse, der den König verherrlichen wollte, mochte von jenem schweigen, während ein späterer Encomiast, dem Lambert vorlag, dazu wenigstens nicht 50 leicht die Möglichkeit hatte. Von den Burgen und ihren Besatzungen spricht das Carmen erst später und erwähnt von dem was diese begat- gen haben sollen gar nichts (die Auslegung Flotos I, S. 387 N.. dass alles vorher Gesagte sich auf die Mannschaft in den Burgen beziehe, ist entschieden unrichtig, wie die Antwort des Königs zeigt). Dagegen geht es auf die wichtige staatsrechtliche Frage nach dem Recht an den Gütern ein, stellt diese in den Mittelpunkt, in einer Weise die freilich noch manches dunkel lässt, die aber damals, unter dem Eindruck der Ereignisse selbst, in einem Gedicht genügen konnte. Ein Falsarius des 16. Jahrhunderts hätte, das ist meine entschiedenste Ueberzeugung, die- sen Gegenstand nie in dieser Weise behandeln können. Selbst die neu- sten Darstellungen des Kampfes haben die Bedeutung desselben nicht 50 gut aufgefasst und hingestellt wie unser Dichter. Und von dem sagt man, dass er nichts gewusst, dass sein Gedicht leer und arm an Inhalt sei! DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 29 In der Beziehung ist eine allgemeine Bemerkung zu machen. Lam- | bert hat eine so ausführliche Darstellung der ersten Jahre des Sachsen- krieges Heinrichs gegeben, wie wir sie kaum von irgend einem Ereig- nis in der Geschichte dieser Zeit besitzen: er war Zeitgenosse und gut unterrichtet. Auch Bruno schildert aus unmittelbarer und vollständiger Kenntnis der Verhältnisse, nur unter dem Eindruck entschiedenster Parteiansicht, diese Dinge. Wie sollten wir da in einem dritten Bericht ganz neue Thatsachen erwarten dürfen, wie etwas anderes als eine ei- genthümliche, selbstindige Auffassung und jene Abweichungen im Detail, die sich überall finden, wenn verschiedene Personen dieselben Sachen erzühlen. Und beides ist reichlich in dem Carmen vorhanden. Man denke sich den Lambert nicht geschrieben oder uns nicht erhalten, und man wird des Neuen und Aufklürenden genug bei 'dem Autor finden. Wir finden es auch jetzt, wo wir jenen zur Vergleichung haben, müssen nur die entschiedene Parteinahme des Dichters für den König ebenso wohl in Anschlag bringen wie die Brunos für die Sachsen und die diesen zugewandte Sympathie Lamberts. Gerade in ihrem Gegensatz ergünzen und berichtigen sich die drei Darstellungen. Und das hätte mit ge- schickter Kunst ein Humanist des 16. Jahrhunderts zu stande brin- gen sollen! | Gleich die folgende Erzühlung hat manches eigenthümliche an sich. Es handelt sich um die wirkliche Erhebung der Sachsen und die darauf folgende Flucht des Königs von der Harzburg. Während der Autor jene im ganzen richtig darstellt, hat er diese so berichtet, oder eigentlich nicht berichtet, dass er erzählt: der König habe auf die Nachricht von der Empörung der Sachsen dieselben zu sich entboten, d. h. wohl zum Heerdienst entboten, unter Androhung von Verlust Lebens und Gutes; da er aber gesehen, dass sie der Aufforderung keine Folge leisteten, habe er in sechs Castelle Besatzung gelegt und sei darauf von dannen ge- gangen, um ein Heer gegen die Aufrührer zu sammeln. Dass der Dichter hier 6 Burgen nennt, nicht 7, wie Lambert, oder wenn man Vocenroth mitrechnet 8, scheint mir nur aufs neue die Selbständigkeit desselben dem Hersfelder Annalisten gegenüber darzu- 30 G. WAITZ, thun’). Da eine von Lamberts sieben Burgen, Asenberg, jedenfalls in Thüringen lag, findet hier am Ende aber doch eine Uebereinstimmung in der Sache statt. ' Lambert, wo er, aber früher, von den Burgen spricht (S. 192), und der Dichter hier brauchen ein paar ähnliche Worte. Vgl. Montes omnes coliculosque Saxoniae et Thuringiae castellis munitissimis exstruxit praesidiumque imposuit mit I, 76. 77. Aber auch Bruno sagt (c. 25): Castella fortia ... in locis natura munitis plurima construxit, und Bruno hat doch nicht aus Lambert geschópft; praesidium imposuit ist ein Aus- druck, den Lambert und der Dichter aus Sallust kannten, den auch andere Autoren der Zeit häufig verwenden. Der Dichter fügt hinzu: victum quoque largiter addit; Lambert sagt umgekehrt: Quibus cum victui necessaria minus sufficerent, also das gerade Gegentheil, und doch meint Kópke (S. 289) in dem blossen Gebrauch des Wortes ‘victus’ ei- nen Zusammenhang zu entdecken. Weit genug gehen beide dann im Folgenden aus einander. Lam- bert erzählt, dass die Sachsen gegen die Burgen des Königs aus- ziehen, Graf Hermann das von diesem eingenommene Lüneburg bela- gert, die Besatzung gefangen nimmt und dadurch die Freilassung des jungen Billungers Magnus bewirkt, die Thüringer Heimenburg angreifen und einnehmen, andere sich gegen Asenberc aufmachen und dies eng einschliessen. Das Carmen dagegen beginnt mit der Belagerung Hei- menburgs: die Handschrift schreibt, wie schon oben bemerkt, Hennen- burc, die erste Ausgabe Hennenberg; und ebenso haben Handschriften 1) Wenn Pertz sagt, Lambert nenne 7, die ihm gerade einfielen, und füge dann noch zwei hinzu, so ist das jedenfalls ein sehr ungenauer Ausdruck. Lambert erinnert sich 7, welche Heinrich erbaut hat. Dazu nennt er Vocenroth, welches der Kónig dem Pfalzgrafen entrissen, und bei der Gelegenheit fügt er hinzu, dass derselbe sieh auch des festen Lüneburgs bemüchtigt habe. Floto hat ebensowenig Recht, wenn er dagegen bemerkt (IL, S. 428), Lambert nenne ausser Volkerode auch Giebichenstein unter den von Heinrich erbauten Burgen; denn dass Wigantensteit bei Lambert nicht Giebichenstein sein könne, habe ich schon in der Ausgabe (S. 200 N. 13) bemerkt. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 31 und die ültern Ausgaben des Lambert Hennenburg; was aber, ebenso- wohl wie das Hennenburg der Eccardschen Ausgabe des Annalista Saxo, leicht auf falscher Lesung beruhen ` kann und sicher nicht nöthigt eine Bekanntschaft des Autors mit den späteren Handschriften des Lambert anzunehmen (die editio princeps, von diesem ist erst be- deutend später als die des Carmen). Köpke bezeichnet die Ein- nahme Heimenburgs als ‘eine geringfügige Episode in diesen Kämpfen’ (S. 289). So erschien sie in der That nach der Art und Weise wie sie Lambert erwähnt, und man begriff kaum, wie der Dichter dazu gekom- men sei sie in den Vordergrund zu rücken. Nun finden wir aber ganz dasselbe in den neuerdings bekannt gewordenen Ann. Altahenses: Post regis autem abscessum Saxones urbem illius Heimburg dietam obside- runt eamque in deditione susceptam destruxerunt. Soll der angebliche Falsarius diese vielleicht auch gekannt oder durch Inspiration im 16. Jahrhundert richtig erfasst haben was diese uns jetzt mittheilen? Wir sehen, dass von den Zeitgenossen (gerade mit diesem Ereignis schliessen die Ann. Altahenses) die Belagerung und Einnahme Heimenburgs als der Anfang des eigentlichen Kriegs angesehen wurde, und ganz mit Recht beginnt also der Autor des Carmen damit seine Darstellung. — Er betrachtet auch, ebenso wie die Ann. Altah., die Sachsen, nicht wie Lambert Thüringer, als die Belagerer, und da kein Grund ist daran zu zweifeln (wie Floto I, S. 400 N. meint), dass die Heimburg bei Blankenburg gemeint ist, so erscheint das auch als viel natürlicher; wie hätten Thüringer an die Nordseite des Harzes kommen und hier eine schwierige Belage- rung unternehmen sollen? Aber doch erklärt das Gedicht auch, wie Lambert dazu kommen konnte die Thüringer zu nennen; der Pfalzgraf, der nach seinem Bericht das zweite grössere Belagerungsheer anführte, hatte seine Besitzungen grossentheils in Thüringen (Gervais, Gesch. der Pfalzgrafen von Sachsen S. 67. 73). Warum er den Namen nicht nennt, fragt Kópke (S. 283). Das war wenig nóthig, da es nur einen Pfalzgrafen gab, den damals jeder kannte, wenn auch der Name Fridericus sich nicht in den Vers fügte. — Die ganze Erzählung ist auch sonst so verschieden wie möglich von der Lamberts, Nach diesem ist die Burg 23 G. WAITZ, in wenigen Tagen eingenommen, die Besatzung friedlich entlassen, weil die Sachsen zeigen wollten. dass sie nicht von feindlicher Gesinnung gegen den König erfüllt seien. Dagegen werden nach dem Carmen die ersten 300, welche die Burg umlagern und einen Sturm versuchen, zu- rückgeschlagen. Darauf sammelt der Pfalzgraf 6000 Mann und denkt die Besatzung auszuhungern. Da aber auch dies sich in die Länge zieht, versucht er es mit einer Bestechung, und diese gelingt: so übergeben die Belagerten die Burg und retten natürlich damit ihr Leben. — Ich frage wieder, was soll einen Dichter des 16. Jahrhunderts bewogen ha- ben, eine solche Geschichte zu erfinden — ausgeschmückt mag er sie haben; er wendet 52 Verse seines nicht langen Gedichts daran —; was konnte ihn veranlassen dann in noch weiteren 8 Versen (132 ff) eie leidenschaftliche Exclamation gegen -den bethörenden Geiz hinzuzufügen. Von einem Manne, der den Dingen. der Zeit und dem Orte nahe stand, begreift sich eine solche Theilnahme an einem einzelnen Ereignis, nicht von einem späteren Dichter, der, wenn er die Kämpfe Heinrich IV. darstellen wollte, ganz andere Begebenheiten fand, an die er seine Be- trachtungen anknüpfen konnte. Noch ausführlicher wird darauf die glückliche Vertheidigung der Harzburg geschildert: der Schluss des ersten Gesanges und ein Theil ` des zweiten sind ihr gewidmet. Wenn Pertz meint, dass mit Unrecht das an der letzten Stelle Erzählte ins Jahr 1074 statt zu 1073 gesetzt sei, so ist zunächst zu bemerken, dass das Gedicht überall keine Jahre nennt; was aber vorher zu Anfang des zweiten Gesanges berichtet wird, das Gerstunger Abkommen, der Abfall der Fürsten von Heinrich, gehört erst dem Winter 1073 an; nach der Rückkehr der Sachsen von de? Verhandlungen mit den andern Fürsten wird der neue Versuch auf die Harzburg gesetzt, also wohl Ende 1073. Wenn Bruno c. 28. 29 die Dinge in umgekehrter Ordnung erzählt, so beweist das nichts, da diese! hier viel kürzer und ungenauer ist, auch erst alles erledigt was sich auf die Belagerung der Burgen bezieht und dann auf die in der Zwischenzeit von dem König getroffenen Massregeln und deren Folgen übergeht. In der Schilderung der einzelnen Kämpfe um und bei der Harz DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 33 burg ist dann wohl mit Lamberts Darstellung (S. 203) eine gróssere Ue- bereinstimmung als irgendwo sonst. Ich glaube annehmen zu dürfen, dass gerade die Vergleichung dieser Stellen Pertz zunüchst zu seiner Ansicht gebracht hat. Aber die Sache steht doch keineswegs so, dass man von einer blossen Wiederholung oder Umschreibung des Lambert- schen Berichtes bei dem Dichter sprechen könnte. Im Gegentheil es finden sich so viele und bedeutende Abweichungen im Einzelnen, dass es unmöglich ist anzunehmen, weder dass der Dichter dem Lambert gefolgt noch dass dieser selbst der Dichter gewesen ist. Ein Wechsel der Auffassung, der Partei ist denkbar, wenn auch in dem Masse, wie er stattgefünden haben müsste, wenn das Carmen dem Hersfelder Hi- storiker angehóren sollte, immer in hohem Grade unwahrscheinlich. Aber dass dieselben verhültnismüssig unbedeutenden Dinge zweimal von demselben Autor ganz verschieden erzühlt sein sollten, muss in der That ebenso undenkbar erscheinen wie dass der eine, der die Darstellung des andern vor sich hatte, recht eigentlich darauf ausgegangen sei kleine Veründerungen anzubringen. Ich will kein Gewicht darauf legen, dass das Carmen die Stärke der Besatzung auf 300 Mann und die der Be- lagerer, jedenfalls übertrieben, auf 20000 Mann angiebt: dergleichen kann erdichtet sein, und der Autor liebt es bestimmte Zahlen anzugeben (Köpke S. 283); es kann das auch die Glaubwürdigkeit, aber nicht die Authenticität seines Buches verdüchtigen. Wesentlich verschieden ist, dass nach ihm die Sachsen in einem Lager vor der Harzburg liegen (1, 154 ff. 172), in dem sie zweimal überfallen werden und bedeutenden Verlust erleiden, während Lambert nur von Streifzügen der Harzburger redet, bei der sie reiche Beute aufbrachten und den Goslarern grossen Schaden zufügten, da die Sachsen zu spät kamen oder zu schwach wa- ren um es zu hindern, also gar keine Belagerung unternommen hatten. Wenn Lambert dann berichtet, dass zwischen der Besatzung der Harz- burg und den Goslarern tempore quodam ad modicum pax convenisset, so ist das dem Dichter ein fórmlicher Friede, den der König zu bestä- tigen hat und in Folge dessen auch die Belagerung der andern festen Plätze aufgegeben wird. Ich bin durchaus nicht gemeint, diese Dar- Histor. - philol. Classe. XV. E 34 G. WAITZ, stellung für richtig zu halten; ich frage nur, wie und warum sie gemacht sein sollte, wenn die Lamberts vorgelegen hätte, oder wie dieser die Sache zweimal so ganz verschieden hätte auffassen und erzählen sollen. Und dasselbe gilt von dem Folgenden. Nach Lambert gehen während des Stillstandes einige von der Besatzung der Harzburg nach Goslar, gerathen. da sie sich im "Trinken übernommen. wohl in einer Herberge, mit Sachsen in Streit, denen sie Feigheit vorwerfen, und werden deshalb erschlagen. Nach dem Gedicht sind es zwei Jünglinge, die sich in Goslar neue Waffen kaufen wollen, eine Bemerkung, die Pertz verdäch- tig findet, an der ich aber so wenig wie Floto Anstoss nehmen kann; sie werden ohne weiteres gefangen, ihrer Kleider beraubt, ans Kreuz geschlagen. Gemeinsam ist dann beiden die Erzählung, dass die Harz- burger sich durch einen Ueberfall der Goslarer zu rächen suchen und die Gelegenheit so herbeiführen, dass sie erst die Heerden der Stadt wegtreiben lassen und dann aus einem Hinterhalt über die verfolgenden Bürger herfallen. Aber nach Lambert geschieht es so, dass ein dem König getreuer Mann, der Praefectus (Graf) Bodo die Hirten besticht, das Vieh etwas weiter als gewöhnlich von der Stadt fortzutreiben. Ob- schon ein solcher Zug sich wohl zu dichterischer Ausschmückung, die Treue des Bodo zu lobender Hervorhebung geeignet hätte, schweigt da- von das Gedicht. Es sagt dagegen, nach der überall hervortretenden Nei- gung bestimmte Zahlen anzugeben, dass es 10 Männer waren welche das Vieh wegtrieben, 100 welche den Ueberfall ausführten. Dann lässt es mit den milites die Handwerker ausziehen: eine Nachricht von der schon vorher die Rede war. Nach Lambert werden sie von zwei Seiten, aus der Burg und aus dem Hinterhalt, angegriffen; das Gedicht kennt nur diesen. -- Also in den Hauptzügen wohl Uebereinstimmung zwi- schen den beiden Darstellungen; aber in allem Einzelnen sehr erhebliche Differenz. In den Worten ist so wenig Gemeinsamkeit, dass KOpke der eifrig darnach sucht, aus diesem Abschnitt nichts hat anführen kön- nen. Lambert fügt auch gleich hinzu, dass die Sachsen aus Verdruss über die erlittenen Verluste einen Berg in der Nähe der Harzburg be- festigten, um sie so besser beobachten zu kónnen, was der Dichter erst DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO., 35 spüter (IL 83 ff) und ausführlicher erzühlt, wobei er der neuen Burg eine Besatzung von 1200 Mann giebt und die Ausdauer der schwücheren Mannschaft in der Harzburg feiert. i In allem Folgenden ist eine wirkliche Uebereinstimmung zwischen dem Hersfelder Geschichtschreiber und dem Dichter eigentlich gar nicht mehr vorhanden, wenigstens keine gróssere, als sich aus der Darstellung derselben Dinge bei zwei im ganzen gut unterrichteten Autoren ergeben : muss. Die ganze Auffassung, alles Detail sind so verschieden, dass man manchmal fast Mühe hat die Berichte nur überall in Verbindung zu bringen. Hie und da erhält der des Carmen eine gewisse Bestätigung von anderer Seite. Ich gebe im Folgenden nur eine mehr allgemeine Uebersicht über das was das Gedicht darbietet. Nach dem Anfang des zweiten Gesanges zieht Heinrich mit einem bedeutenden Heer, Rheinfranken, Baiern, Schwaben, Lothringern, gegen die Sachsen aus. Pertz meint, dass dies unrichtig sei, dass nach Lam- bert gerade die Herzóge von Schwaben, Baiern und Lothringen sich ge- weigert hätten an dem Zuge theilzunehmen. Das sagt Lambert aber hier keineswegs, sondern erst zu Anfang des Jahres 1074. Hierher ge- hört. was er früher berichtet, dass die Fürsten, namentlich Rudolf von Schwaben, eine Verschiebung des Kriegszuges bis zum Herbst erwirkten (S. 199). -So hat der Dichter wenigstens nicht aus Lambert geschöpft: er, der alles in starker Uebertreibung zu Gunsten des Königs darstellt, fasst die Dinge ganz anders als jener. Und alles Folgende hängt hiermit zusammen. Während nach Lambert, noch ehe der festgesetzte Termin für den kriegerischen Auszug da ist, Heinrich die Fürsten bittet, den Streit mit den Sachsen zu vermitteln, suchen in dem Carmen diese, er- schreckt durch die Ankunft des Königs mit dem Heer, die Verwen- dung der Fürsten für friedliche Ausgleichung nach: so kommt es zur Zusammenkunft von Gerstungen (der Ort wird übrigens nicht genannt), bei welcher die Fürsten plötzlich den König verlassen; der Verfasser denkt. dass sie mit Heinrich ausgezogen sind und hier von ihm abfallen. Dabei macht er die Bemerkung (42 ff): Sed quibus inducti primates artibus illi E2 36 : 6. WAITZ, Genti consensum tunc praebuerint scelerosum, Hoc alias patefit, mihi vita salusque supersit. Ich wüsste nicht zu sagen, was in aller Welt einen Falsarius des 16. Jahrhunderts zu einer solchen Aeusserung hätte veranlassen können; während sich bei dem Zeitgenossen wohl begreift, dass er mit einer An- kündigung hervortrat, die als eine Drohung erscheinen konnte, deren Verwirklichung er von den Umständen, der Haltung der Fürsten gegen seinen Herrn und Helden, den König, abhängig machen mochte. ` Lam- bert aber weiss am wenigsten etwas von einem Verrath, lässt die Fürsten nur durch die gerechten Klagen und schrecklichen Enthüllungen der Sachsen gewonnen werden. Nach ihm wäre damals aber schon von der Wahl eines neuen Königs die Rede gewesen: welcher Stoff für den Dichter seinem Zorn und Unwillen Ausdruck zu geben, wenn er darauf eingehen konnte! Ein Zeitgenosse mochte in einem Moment, wo die Fürsten mit dem König ausgesöhnt waren, es verschweigen, wenn er es wusste: was hätte einen späteren Fälscher dazu bewegen sollen? | Nach ihm versprechen die Fürsten nur, den Sachsen, wenn der Kónig ihre gerechten Forderungen nicht erfüllt, nicht feindlich zu sein. Das Gedicht übergeht dann alles’ was sich damals im Reich zutrug und nicht eben günstig für den König war. Es feiert diejenigen welche diesem treu blieben: wenige Franken, die Mehrzahl der Baiern, ein Theil der Schwaben (V. 71 f); eine eigenthümliche, der Beachtung gar nicht unwerthe Ausführung. Nachdem hierauf der schon erwübnte zweite Theil der Harzburger Belagerung eingeschaltet ist, folgt der Heereszug des Jahres 1074. Darin ist der Dichter mit Lambert in Uebereinstimmung, dass der Kónig jetzt der Unterstützung der Fürsten entbehrte und nur mit gerin- ger Mannschaft auszog (V. 119: Lambert S. 207), dass dagegen die ‚Sachsen alles aufgeboten hatten und in grosser Zahl (nach Lambert 40000) versammelt waren". Wenn aber nach diesem die einbrechende TS ER E 1) Aus einer frühern Stelle des Lambert S. 196 hat Köpke einige Worte zur — herangezogen; aber nur das ‘omnis conditio! U, 140 kann allenfalls DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 037 Kälte dem königlichen Heer grossen Schaden zufügt, so leiden nach dem Dichter vielmehr die Sachsen! deren Haufen durch Ungunst der Witterung aufgerieben werden, die den u. geringen Schaden zufügt: Nam sanguis calidus fuit "his et bellica virtus (V. 176). Pertz findet den Grund ziemlich lächerlich. Er ist das jedenfalls nicht mehr im Munde eines Dichters des 11. als des 16. Jahrhunderts; und wenig- stens insofern darf man ihn in Schutz nehmen, als mit der bellica virtus offenbar darauf hingewiesen werden soll, dass Heinrichs erprobte Krieger solche Strapazen leichter ertrugen als der eben aufgebotene Haufe der Sachsen: in diesem Sinn ist vorher geschildert, wie Bauern und Hirten, friedliche Kaufleute und andere ausgezogen waren, die meisten zu Fuss, nur ein Theil zu Ross, wovon Lambert hier gar nichts erzählt. So soll es auch begreiflich werden, dass die grossen Scharen der Sach- sen vor dem schwachen Heer des Königs sich zur Unterwerfung ver- stehen, während nach Lambert der Vorschlag zu friedlicher Verständi- gung, allerdings auf die Kunde hin von einer versöhnlichen Stimmung der Sachsen, von Heinrich ausging. Dass aber der Autor hier etwas zu beschönigen hatte, zeigen wohl die folgenden Verse, in denen er weit- läuftig entschuldigt, dass der Sieg, den er feiert, nicht wirklich mit den Waffen erfochten war. Er übergeht auch gänzlich die wenig ehrenvollen Bedingungen, in welche Heinrich willigte. Dann wird der Gesang be- schlossen mit Hervorhebung der Belohnungen, die den tapfern Verthei- digern der gé für die der Dichter ein besonderes, man kónnte reser geltend gemacht werden, konnte -aber.auch leicht jedem selbständig. in die Feder kommen, Wenn Lambert ausserdem sagt: omnis dignitas, | omnis. aetas, so der Dich- ter: omnis et ordo, und daran nimmt Köpke besonderen Anstoss, meint, ein Autor der Zeit könne das 'aristokratische und schwerwiegende Prädikat’ ordo nicht auf Handwerker und Hirten bezogen haben (S. 286). Aber weder weiss ich, dass dem Wort ein solches Gewicht beiwohnt; Lambert sagt S.197: si suum cuique ordinem, suam dignitatem, suas leges tutas inviolatasque manere pateretur, wo doch nicht blos von hóheren Stünden die Rede ist; noch ist bei dem Dichter nur an die unteren gedacht, sondern eben die Gesammtheit des Volks gemeint. 38 G. W AITZ, ben persónliches Interesse hat, zutheil wurden, aber nichts von der unzufriedenen Stimmung der Harzburger gesagt, die Lambert (S. " hervorhebt. Der dritte Gesang beginnt mit der Zerstórung der Harzburg e anderer Burgen, die nun nicht als Erfüllung, sondern vielmehr als eine Verletzung des abgeschlossenen Vertrages erscheint. Es wird dargestellt, als wenn eben wegen des abgeschlossenen Friedens die Besatzungen weg- genommen seien und nun Tausende von Sachsen die Harzburg über- fielen und niederrissen; ähnlich lässt der Autor es andern Burgen erge- hen, auch da Kirchen zerstóren, was als offenbare Uebertreibung erscheint. Die Nachricht davon veranlasst den neuen Kriegszug, den der Dichter in so ausführlicher und eigenthümlicher Weise beschreibt, wie oben dargelegt ward. Dem gegenüber wird auch noch einmal das Süch- sische Volk in Bewegung gesetzt: das Carmen schildert mit Vergilschen Worten, wie man sich hier rüstet und Waffen fertigt. Und wie es einem Dichter erlaubt ist, stehen dann ohne weiteres die beiden Heere an det Unstrut sich gegenüber. Lambert erzählt, dass der König Späher aussandte, durch sie über das Heer der Feinde unterrichtet einen Eilmarsch machte'), so in die Nähe der Sachsen kam und nun dem Herzog Rudolf auf seine Bitten die Erlaubnis zu einem plötzlichen Angriff ertheilte. Was in aller Welt konnte den Dichter, wenn er Lambert kannte oder Lambert war. be wegen, statt dessen ganz anders zu berichten, dass die Sachsen die Un- strut überschritten, da plötzlich des königlichen Heeres ansichtig wurden und nun keine Wahl hatten als zu kämpfen. Nicht einmal für den König kann das als irgend ruhmvoller oder günstiger erscheinen. Wie geringfügig ist es dieser Differenz gegenüber, wenn beide Autoren er zühlen, der sich nühernde Feind sei zuerst an den aufsteigenden Staub- wolken erkannt (Köpke S. 290). Nach Lambert greift Rudolf allein mit den Schwaben an, erhält erst später Unterstützung von den Baiern unter ihrem Herzog Welf: der Dichter lässt die Schwaben und Baiern zusam- men den Angriff unternehmen , und ebenso erzählt Berthold (5. 218). 1) Giesebrecht S. 1126 bezweifelt die Lesart: duorum pene dierum iter confecit. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 39 Die Verluste welche jene leiden werden übergangen, nur erwühnt, dass die Sachsen tapfern Widerstand leisten; die volle Entscheidung soll der Kónig selbst herbeigeführt haben, wührend Lambert und andere Nach- richten von persönlicher 'Theilnahme Heinrichs an dem Kampf ganz schweigen. Nach jenem haben die Bóhmen und Lothringer den Sieg erfochten; in dem Gedicht wird der Herzog dieser erst bei der Verfol- gung genannt, die Böhmen überfallen und plündern das Lager. Und so geht es fort. Nach Lambert wagt das königliche Heer nicht den Fluss zu überschreiten; nach dem Dichter wird die Verfolgung über die Unstrut fortgesetzt. Noch denselben Abend lässt dieser den König für Verwun- dete und Todte Sorge tragen, Lambert (S. 228) am nüchsten Tage, Bruno (c. 47) ihn deshalb einige Tage im Lager verweilen. In dem Carmen fordert Heinrich am folgenden Tage sein Heer auf, nach Sachsen zu ziehen und die Unterwerfung zu vollenden. Das geschieht; und beson- ders sind es dann die Bóhmen, die sich durch Verwüstung und Plün- derung des Landes auszeichnen. Viele (plures) ergeben sich (S. 253). Lambert nennt zwei Fürsten, et pauci alii nobiles (S. 229). Der König entlässt das Heer, setzt aber auch in der folgenden Zeit die feindlichen Angriffe fort, nimmt Bischöfe und Grafen gefangen (V. 263): gemeint ist ohne Zweifel der Einfall von Bóhmen aus in Meissen, dessen Bischof nach Lambert in die Hände des Königs fällt. Da mit alle dem die Unterwerfung Sachsens nicht vollständig gelingt, *wird ein neues Heer von Lothringern, Franken und Baiern aufgeboten; Lambert bemerkt, dass wenigstens der Herzog der Baiern fehlte. Mit der Ergebung der Sachsen, die dann statthat, schliesst der Dichter sein Gedicht, mit Versen, in denen er zuletzt noch sich als un- mittelbar an den Ereignissen betheiligt zu erkennen giebt. Die besieg- ten und unterworfenen Feinde empfiehlt er der Gnade des Kónigs. Was, muss man noch einmal fragen, konnte einen Fülscher zu dieser Wen- dung bewegen? Wie fern musste es ihm liegen gerade hier innezuhalten, das Lobgedicht auf den König mit einer Aufforderung zu schliessen, von der er und alle Welt wusste dass sie keine Beachtung gefunden hat, deren Gegentheil eingetreten ist. Der Zeitgenosse konnte sich ei- 40 G. WAITZ; ner Täuschung hingeben; nach den Verhandlungen welche stattgefunden, von denen er freilich schweigt, war wohl an eine Versöhnung des Kö- nigs mit den Sachsen zu denken; durch ihre Empfehlung fand er Ge- legenheit an seinem Helden auch edle Milde und Grossmuth zu rühmen, die er glauben mochte hier verwirklicht zu sehen. Pertz sagt (S. 85): der Sachsenkrieg sei als eine vaterländische Waffe gegen das Ausland gemeint. Er bezieht das auf die patriotischen Worte mit denen die erste Ausgabe begleitet ist; und eben nur an die Ausgabe, nicht die Abfassung des Gedichts kann er denken. Denn wie sollte ein Dichter, der die Grossthaten der Deutschen Frankreich gegenüber verherrlichen wollte, darauf kommen, einen Theil der unglücklichen innern Kämpfe Deutschlands darzustellen; dafür hätte die Deutsche Geschichte denn doch andere, würdigere Gegenstände geboten. Niemand wird aber auch begreifen, wie ein Autor des 16. Jahrhunderts zu einer solchen pat- teiischen Auffassung der Geschichte zu Gunsten eines dem Interesse jener Zeit so fern stehenden Kaisers wie Heinrich IV., zu einer Ent- stellung der Thatsachen auch im Einzelnen und Kleinen, wie sie hier vorliegen würde, wenn der Verfasser aus Lambert und etwa Bruno ge schópft hátte, zu einem leidenschaftlichen Eifer gegen die Sachsen, wie er sich überall ausspricht, gekommen wäre. Dass auch das vorgesetzte Argumentum diesen Standpunkt festhält, kann nimmermehr als Beweis dienen, dass der Herausgeber Soupher die Gesinnung gehegt hat: € thut nichts, als dass er in seiner Sprache den Inhalt des Gedichts wieder- giebt (dabei gehört ihm nur das ‘vipereum Saxonum genus’ an; die gen perfida, sacrilega’ sind einfach aus dem Carmen wiederholt). Hier noch an besondere Motive, an Zusammenhänge mit politischen Verhältnissen des 16. Jahrhunderts zu denken (Köpke S. 291), scheint mir die Grenze dessen zu überschreiten was an Vermuthungen und Combinationen in unserer Wissenschaft erlaubt ist. Das Carmen, darf ich sagen, ist so gewiss ein echtes Werk der Literatur des 11. Jahrhunderts wie irgend eins das uns erhalten is wie die Art der Ueberlieferung so verbürgen es Sprache, Vers und In- halt in gleicher Weise, ` DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 41 Der Dichter giebt keine vollständige Geschichte des Kriegs, theils, wie er sagt, weil er anderes einer besondern Darstellung vorbehält, theils weil sein Standpunkt ein beschränkter ist. Aber er hat eigenthümliche und gute Nachrichten. Er ist parteiisch und aus Parteilichkeit ungenau, unwahr. Aber die andern Geschichtschreiber, welche dieselben Ereig- nisse darstellen, sind es auch, nür von der entgegengesetzten Seite her. Die Vergleichung beider ist oft lehrreich und kann zur Feststellung des Einzelnen beitragen. Das Carmen de bello Saxonico ist keine Geschichte von grossem Werth, aber doch ein nicht unwichtiges historisches Denk- mal der Zeit in der es entstand: mit Unrecht ist es bisher von der Sammlung der Monumenta Germaniae historica ausgeschlossen geblieben. Eine volle Anerkennung hat diese Bedeutung des Werkes bei denen gefunden die es keinem geringeren als dem Lambert von Hersfeld, dem gefeierten Geschichtschreiber dieser Ereignisse, haben zuschreiben wollen. Nach der Vorrede zu seinem Buch über das Kloster Hersfeld hatte Lambert vorher ‘heroico metro' Geschichte geschrieben, war aber ange- klagt worden da Falsches statt der Wahrheit gegeben zu haben; SS. V, S. 137: Ad hoc me accendunt studia rerum moderno témpore gestarum, quamquam sciam me ad has describendas minus idoneum. Quas tamen plerasque pro opibus ingenioli mei heroico metro strictim comprehendi. Sed quoniam relata ab aliis ab aliis refelluntur, et in versibus plura falsa pro veris scripsisse accusor, in hoc genere stili manifesta transcurrere, du- bia ne attingere statui. Diese nicht ganz deutlichen Worte hat man auf unser Gedicht beziehen wollen. Doch scheint der Zusammenhang, in dem sie stehen, nur an eine Behandlung der neuern Geschichte des Klosters denken zu lassen. Aber davon abgesehen, die ganze Auffassung der Dinge im Carmen ist, wie vorher gezeigt ward, eine so durchaus verschiedene, die Be- handlung und Darstellung des Einzelnen, bei aller Uebereinstimmung, die sich aus der Gemeinsamkeit des Gegenstandes ergiebt, eine so ab- weichende. dass man nimmermehr dieser Vermuthung beipflichten, am wenigsten mit Lindner (S. 5) sagen kann: 'Kurzum fast mit Gewissheit darf man Lambert das Carmen zuschreiben". | Histor.-philol. Classe. XV. F 42 G. WAITZ, Die geltend gemachte Verwandtschaft in dem Gebrauch einzelner Worte und Redewendungen besteht; aber sie findet sich, wie auch schon gezeigt, nicht weniger im Vergleich mit andern Schriftstellern der Zeit; sie ist ein Beweis, dass das Gedicht in das 11. Jahrhundert gehört, nicht dass Lambert sein Verfasser ist. E Mit keinem andern Denkmal der Zeit aber ist die Gemeinsamkeit des Ausdrucks so gross wie mit der Vita Heinrici. Hr. Dr. Pannenborg, der mich zuerst auf die Sache aufmerksam gemacht, hat eine ganze Reihe von Stellen gesammelt, von denen ich die wichtigsten hier hervorhebe‘). Dux fortis in arma heisst Rudolf von Schwaben III, 58; fortis in armis in der Vita c. 4. Ruit inrevocabile vulgus steht III, 176 aus Lucan?) und ebenso Vita c. ll. Andere Beispiele sind: ` L 30: Conjurata dolo gens. c. 3: conjurata vestra malignuitas. I, 36 und ófter: animis et armis. c. 13: nec armis nec animis. I, 81: ante sibi vetitas ... rapinas. c. 8: quod vetitis rapinis raptor esuriebat. I, 92: crimen avaritiae quod per- c. 4: o avariciam .... quae bonos vertit bona quaeque. mores transvertit. I, 176: Obsessique suos obsessores. c. 12: obsessores ab obsessis ob- sessos. I, 232: Nunc terram vastantpraeda, nunc torre vel ense. c. 6: igne praeda ferro cuncta V II, 320: vastantes igni praeda vel stasset. caede. 1) Derselbe hat bemerkt, dass auch zwischen der Vita Heinrici und den letzten Briefen Heinrich IV. in der Ausdrucksweise manche Verwandtschaft besteht, das anderer seits einzelne Worte und Wendungen sich wie im Carmen auch im P anegyricus Berengarii und ganz besonders beim Poeta Saxo finden, also recht eigentlich der Dichter- sprache des Mittelalters angehören, mit dem letzteren auch in der Charakteristik der Sachsen sich grosse Uebereinstimmung zeigt, wie er es anderswo näher darlegen int. 2) Diesen benutzt die Vita auch sonst, wie der Herausgeber nicht hinreichend beachtet; c. 9: excepto si sola fames, quae cuncta expugnat, illud non expugnareh aus Phars. IV, 409: si sola recedat, expugnat quae tuta fames. Die Wendung © innert an Carmen I, 90: si solum continuissent etc. p DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 43 III, 32: fraudis vel scelerum. c. 1: ad fraudes et scelera. III, 54: docuere caballos ...reflec- c. 12: equum . . in orbes flexit et tere cursus. i reflexit. III, 173: ceu tenuis ventorum fla- c. 3: ut ventus pulverem dissipa- mine pulvis diffugit. verit. TII, 193: hostis eos ferro retro pre- c. 12. cum hostis a tergo preme- mit. ret. Beiden Autoren geläufig ist der Gebrauch von fraus, perfidia, ra- pina, furor, fas und nefas, habenae, letum, conculcare, primates; sesso- res; nec mora. Sie haben gemeinschaftlich: utrimque pugnatum est (c. 6, vgl. oben S. 13), exoritur clamor (c. 4; C. I, 103, aus Vergil), dextra victrix, temporis articulo (c. 13; C. III, 274), frena pati, praesidium im- ponere (c. 4, 7, vgl. oben S. 30). Charakteristischer aber noch ist die Art und Weise, wie sie fort- während ihre Erzählung unterbrechen mit lebhaften Anreden, Fragen, Vorwürfen an die Gegner des Königs. Man vergleiche Carm. II, 51: Quid tibi nunc prodest sollertia fraudis? Vita c. 3: Quid vobis profuit? c. 4: Quid, improbe, tibi profuit? vgl. c. 12; — Carm. I, 117: Cur non capis hinc documentum? 132: Cur tibi tanta fames auri fuit? Vita c. 9: Cur fugis non fugiendum? Und ähnlich, wenn auch nicht in den Wor- ten, doch in den Gedanken, andere Stellen. Der Schluss des Carmen beginnt (III, 288): Ecce tenes, die Vita schliesst mit: Ecce habes etc. Die Sachsen, die der Dichter wiederholt als ‘gens fera', "gens saeva' anredet (I, 117. 188; III, 273) und deren 'duriciam cordis’ er hervorhebt (III, 273), heissen in der Vita ‘gens dura’ (c. 3. 4). Beide sprechen von den ‘extremi regni fines, wie schon oben (S. 21) bemerkt wurde. Wenn der Dichter von Heinrich rühmt I. 9: Cujus et externi gaudent juga ferre tyranni, woran Köpke S. 289 ohne Grund Anstoss nimmt, so sagt die Vita c. 1: Sed et reges orientis et occidentis adeo fama ejus perterruit, ut ante tributarii sint facti quam victi. Wie beide Autoren in der Auffassung der Ursachen des Sächsischen Krieges übereinstimmen, ist früher (5. 24) gezeigt. Von der Geschichte F2 44 G. W AITZ, desselben giebt die Vita nur einen kurzen Abriss. Aber wenn man diesen liest, ist es nicht die Summe dessen was das Gedicht enthält? c. 3: Igitur Saxones, gens dura, bellis aspera, tam praeceps ad arma quam audax, vendicans sibi praerogativam laudis ex incepto furoris, re- pente super regem armis ruebant. Qui cum paucis contra innumeros armatos confligere periculosum estimans, vix elapsus vitam laudi, salutem fortunae praetulit. Itaque videntes inceptum suum votis suis non respon- disse, ossa filii regis — necdum enim imperator factus erat — o inhumanam mentem, o probrosam vindictam! — effodere. Qua utraque injuria gra- vissima rex commotus, exercitum contra gentem illam duxit, conflixit, vicit; vicit inquam aciem contra se instructam, non obstinationem erectam. . Nam licet eos in pugna congressos vinceret, victos fugaret, fugatos per- sequeretur; licet bona eorum devastaret, munitiones everteret et omnia quae victorem libet faceret, non tamen ad deditionem cogi potuerunt’). Iterum cum inde digressus, reparato in brevi exercitu, eos invaderet, diffidentes viribus suis?), utpote in priori bello gravissime contusis, quod saluti proximum erat, se dedidere, sperantes?) regem sola deditione con- tentum gratiam suam facile donaturum. Sed longe praeter spem eve- nit. Hier ist es als wenn der Autor der Hoffnung gedachte, der das Carmen so krüftig am Schluss Ausdruck gegeben hat. So weit überhaupt für zwei Autoren Auffassung, Darstellungsweise und Ausdruck gleich sein können‘), ist es in der That bei den Verfassern des Carmen oder der, wie die Ueberschrift lautet: Gesta Heinrici IV. und der Vita Heinrici IV. der Fall?. Die letzte ist 30 Jahr spüter geschrie- 1) Vgl. Carm. III, 266: Nec adhuc gens victa quievit, sed juga detrectat vel regia jura negabat. 2) Carm. III, 284: Jam diffidentes armis etc. 3) Carm. III, 295: Quid de te sperent, dum se tibi, rex pie, dedent. 4) Auch an einigen geschmacklosen Wendungen fehlt es beiden nicht; an das Spielen mit dem ‘tardare’ bei dem Namen Unstard (oben S. 12) kann wohl Vita c3 erinnern: Felix nimium es et multi semper nominis mola — quae et molendo pugnam ilam narras et narrando molis. 9) Dass beide Werke in demselben Geist geschrieben, hat schon Wattenbach DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 45 ben, nach dem Tode des zuletzt so unglücklichen, von dem Verfasser aber immer hoch verehrten und tief betrauerten Kaisers, wührend das Carmen abgefasst ward, da derselbe auf der Hóhe der Macht stand, eben einen glünzenden Sieg erfochten hatte. Sollte es unmüglich sein, dass derselbe Verfasser zweimal in lüngerem Zwischenraum die Feder er- griffen hütte zu Ehren des Kónigs? Es ist vielleicht auch der Beach- tung werth, dass in beiden Werken der Autor sich nicht nennt, wührend solche in das Dunkel zurücktretende Bescheidenheit den Schriftstellern dieser Zeit nicht gerade eigen zu sein pflegt. Man mag auch daran erinnern, dass die Vita, deren Verfasser zu bestimmen so manche ver- gebliche Versuche gemacht sind, ein gewisses näheres Interesse für Speier verräth (c. 1), die Handschrift des Carmen sich hier erhalten hatte. Speier, das die Fränkischen Könige so besonders begünstigt, zu ihrer Ruhestätte gewählt haben, mochte wohl unter seinen Geistlichen für Heinrich IV. auch den Biographen und Lobredner stellen. Doch ist auch dies eine Vermuthung, der nicht mehr Werth beigelegt werden soll als eine solche überhaupt in Anspruch nehmen darf. Haben zwei Männer zu verschiedener Zeit in ähnlicher Gesinnung, der eine ein ein- zelnes Ereignis aus der Regierung König Heinrich IV., der andere einen Rückblick auf sein ganzes Leben geschrieben, der eine in metri- scher Form, der andere in für seine Zeit meisterhafter Prosa, so ist das nur ein Zeugnis mehr wie für die Anerkennung, die der König auch in den Kreisen der wissenschaftlich geschulten Geistlichen gefunden, so für die Verbreitung gleichmässiger literarischer Bildung in Deutschland und insonderheit unter den dem König und seinem Hofe nahestehenden Männern. In der einen wie in der andern Beziehung hat das Gedicht eine Bedeutung, die noch über seinen Inhalt selbst hinausreicht, es zu- gleich zu einem Denkmal der Geschichte macht. Und darnach mag es selber zu dem Leser sprechen. S. 318 hervorgehoben. Brieflich hat er auf den Verfasser der Briefe des Erzbischof Siegfried von Mainz hingewiesen, der sich durch seine klassische Bildung auszeich- nete und ‘wohl auch ein solches Gedicht machen konnte’. Doch scheint mir in dem Carmen nichts auf Mainz zu deuten, und auch bei der Vita ist ja die Vermu- thung Jaffés wohl nicht festzuhalten. 10 15 G. WAITZ, Gesta? Heinrici? imperatoris metrice. Liber primus. Regis Heinrici volo praelia dicere^ quarti Contra Saxonum gentem sua jura negantem; Quae dum fallentes sociaret? viribus artes °, Plurima bella dolis fidens commisit et armis. Alme!) Deus, succurre! mihi proferre latentes Usque modo causas: ea gens quo laesa dolore Quidve timens tantos belli commoverit aestus 2) Adversus regem nulli pietate secundum, Cujus et externi gaudent juga ferre?) tyranni, Et cui se nunquam tulit impune obvius) hostis. Domni regis adhuc pueri gens effera laxis?) Dum fluit imperiis nec habebat jura timoris, Non falsum vero nec iniquum segregat aequo. Quod fuerat libitum sibi quisque secutus eorum, Ecclesias spoliant, viduis sua diripiebant, Pupillos miserosque premunt; vi cuncta geruntur; a) so 1. b) IV mit anderer Dinte später hinzugefügt 1. Up t mit anderer Dinte übergeschrieben 1. e) arces 1? 2; was Gold. corr. g) falsis 2, was Reub. änderte. d) socias ei f) ur aus Corr. |. 1) Vgl. Aen. I, 8: Musa mihi caussas memora, quo numine laeso Quidque dolens regina deüm tot volvere casus etc. III, 32: caussas penitus tentare latentes. Obvius. 5) Sal. Jug. 64: laxiore imperio. 2) Lucan V, 1433: Et belli magnos commovit funditus aestus. 3) Ovid Heroid. VI, 96: jug a ferre coepit. 4) Aen. VI, 879: non illi se quisquam impune tulisset a) struxit 1. b) Nach regi interpungieren 1.2; 2 auch nach dolis. c) arces 1? 1) Sal. Jug. 13: qui plus potuit. 2) Lucan V, 312: fasque nefasque. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. Pauperis heredem statuit fortuna potentem; Plus nocuit qui plus potuit"; lex nulla coercet; Fasque nefasque?) sibi fuerat cujusque voluntas. Sed rex ut teneros superat virtutibus annos, Ante nimis laxas?) huic genti strinxit^ habenas: Jura dedit, leges statuit, cohibenda coercet, Ecclesiis, viduis, miseris vi rapta requirit; Nec fecit quisquam posthaec impune rapinam. Talia quod populus tolerabat frena superbus, Perdoluit, multumque timens, ne poena sequatur Tot malefacta sui, studuit contraria regi? Viribus atque dolis. Furor hinc evenerat omnis, Hinc belli causae veniunt sub imagine recti. Conjurata dolo gens ut convenit in unum, Consiliis instructa suas fallentibus artes °, Tres oratores legatos eligit omni Ex numero, sua qui deferrent nuncia regi. Qui missi cursum tendunt ad regia tecta‘). Ut?) sunt ingressi fuit et locus aptus agendi, Inter eos animis qui maximus extat et armis Verbis Saxonum sic Meginfridus agebat: ‘Rex, tam virtutum quam regni nobilis heres Patris avique tui, meritis contraria nostris Plurima pertulimus, tibi nunc? semperque fideles. Vim qui ferre solent aliis in partibus orbis 3) Aen. I, 63: et laxas sciret dare jussus habenas. 4) Vgl. Aen. I, 520. 5) Aen. I, 631: regia tecta. 20 25 30 35 40 d) nec 1. 48 G. WAITZ, Hanc nobis faciunt; pupillus!) et advena quivis Indigenas °) prohibent silvis communibus uti, Pascua praeripiunt, abigunt armenta gregesque, 45 Heredes circumveniunt, vi praedia tollunt ; Omnibus atque modis fit ab his injuria nobis. Quam, pie rex, cohibe posthac, et corrige facta, \ Leges redde tuis ablataque patria jura. Quod tibi debemus, si nunc optata feremus); 50 Quo nos cumque vocant*) sequimur tua jussa volentes’. Sic? fatus, regis responsum tale recepit: 'Corrigo, si qua piis meritis adversa tulistis , Nec quisquam frustra queritur mihi vindice digna. Quam vos arguitis, non est injuria nec vis. 55 Non vestras leges, non jus discindere quaerens, Passis usque modo miseris vim rapta reposco, Reddo; nec absistam , donante Deo mihi vitam. Si qua tamen vestrae superest querimonia genti, Regni primates mihi conveniantque fideles: 60 Horum consilio super hac re subpeditabo'. ` Missi dicta suis referunt dum regia castris, Infelix populus ruit ad bellum studiosus; Aeque majores, aeque furuere minores, Ili ne perdant quae plurima rapta tenebant, 65 Hi quia pauperiem sperabant vincere praedis. Quisque manu patrium sibi jus^ ait experiundum. a) vis 2. G. R. 1) Vgl. Vers 83; darnach ist wohl nicht an fremde, junge kriegerische Mannschaft zu denken. Vielleicht aus Aen. IV, 591. 2) Vgl. Exod. 12,19, wo advenae und indigenae terrae sich gegenübergestellt werden. 3) Hier scheint ein Vers zu fehlen. 4) Aen. I, 610: Quae me cunque vocant. 5) Aen. II, 50: Sic fatus. RE DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. Talibus auditis, constanti pectore fortis Rex jubet ad sese Saxonum quemque vocare Conditione sub hac: si se velit et sua salva. Nescia mens hominum) spectans instantia tantum, Quot mala vitares, si provida vivere scires! Hi modo gauderent, si regia jussa fuissent ` Sectati; solvisse dolent semperque dolebunt?). Ut perspexit eos rex nolle venire vocatos, Sex ibi castellis multo munimine? firmis Praesidia imposuit?), victum quoque largiter addit. Ipse rebellantes acies? ducturus in hostes, Ibat, uti propere conduceret arma virosque. Saxonum populus digresso rege superbus, Ante? sibi vetitas? gaudet cumulare rapinas; Leges^, jura, magistratus, fas excidit omne; Ecclesiae, viduae, pupillus et advena quisque), Nuper desueti, vim sunt jam denuo passi. Sic indiscrete pravi rapiuntque ruuntque ?). Nec") minus interea circumdant milite castra Regia, praesidiis quae sunt commissa relictis. 49 80 85 a) multo: munimine 2. b) aciem 2. c) Diese Verse stehen in umgekehrter Ord- nung 1. 2. d) ventas 1. 1) Aen. X, 501: Nescia mens hominum fati. 2) Lucan VI, 302: dolet heu semperque dolebit. 3) Sal. Jug. 47 und ófter: praesidium imposuit. 4) Den advena neben viduae und pupilli als zu schützen, nicht zu unterdrücken, nennt Exod. 22, 21. 22. 5) Aen. IV, 581: rapiuntque ruuntque. 6) Aen. I, 633 und öfter: Nec minus interea. Histor.-philol. Classe. XV. G 50 90 100 105 G. WAITZ, Heimenburc? primum, quod erat superabile visum, Aggressi, bello decertavere cruento. Nam castellani fortes ad bellaque docti Invictique forent, solum? si continuissent Crimen avariciae, quod pervertit bona quaeque. Hoc igitur positum montano vertice castrum Circumdant vulgi tria milia nocte silenti’). Vix expectabant lucem, summisque ruentes Viribus ad montem, certatim scandere temptant. Hostica quo vitent acta") testudine tela, Undique conferti^ properant super ardua?) niti; Gressum dextra juvat, manus arma sinistra gerebat. Sic ascendentes et jam vallo propiantes, Ecce vident fortes occurrere desuper hostes, Indutos omnes insignia bellica quaeque. Exoritur‘) propere non parvus clamor utrimque, Eminus emissis?) crebrescunt vulnera telis. Post haec res agitur gladiis, miserabile?) visu; Nec") mora nec requies, castellani meliores Bello magnifice vulgus funduntque?) fugantque, Vulnera multiplicant iraeque satisfaciebant. Praeterea stantes ad propugnacula") castri, Ne sine se vincant socii, certamina temptant ^); a) Hennenbure 1. Hennenberg 2. b) si solum 2. c) conferri 1. d) sociis 1. 1) Aen. V, 527: sub nocte silente. 2) Aen. IX, 505: acta pariter testudine; Sal. Jug. 94: testudine act. 3) Lucan I, 397: super ardua venit. 4) Aen. II, 313: Exoritur clamor. 5) Sal. Jug. 101: jaculis eminus emissis. 6) Aen. I, 111 und öfter: miserabile visu. 1) Aen. V, 588: Nec mora nec requies. 8) Sal. Jug. 58: fundere atque fugare. 9) Aen.1X,664: per propugnacula. 10) Aen. II, 334: proelia temptant. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 51 Ferratos!! fustes alii mittunt super hostes, 110 Tormentis alii lapides; quidam ê Baleari’) Arcu dimissis hostes stravere sagittis. Plebs devicta fugam facit?) hostibus et miserandam. Namque cadunt plures, dum descendunt fugientes, Intereuntque suis infixi corpora telis *). 115 Gens fera Saxonum, cur non capis hinc documentum ?)? Ecce patent” plane cladis documenta futurae! Nam vincunt primo pauci tua milia bello. Sed cum servari non possint perniciei Debita, tu surgis rursum nec victa quiescis. 120 Ergo Palatinus comes, e Saxonibus unus, Sex armatorum collectis milibus, ipsum Castrum circumdat bellique moras redimebat °), Sperans expugnare fame, quos ense nequibat. Sed quae disposuit cum non procedere sensit, 125 Castellanorum primos per munera temptat"), Quae constant morum perversio magna bonorum. His dum multa dedit.furtim, sed plura spospondit , Si tradant castrum, mentes pervertit eorum , Ut facerent turpem ^ pro munere deditionem’). 130 Cur tibi tanta fames auri’) fuit, impie miles "TI? Auro”) vende fidem: forsan lucrabere mercem ; a) mit anderer Dinte 1. b) parent 1. c) tristem 1. 1) Aen. V, 208: Ferratasque trudes — expediunt. 2) Georg. I, 909: Balearis verbera fundae. 3) Sal. Jug. 53: fugam faciunt. 4) Aen. IX, 543: confixique suis telis. 5) documentum capere, Cicero. 6) Sal. Jug. 29: belli moram redimebat. 7) Sal. Jug. c. 29: pecunia temptare. 8) Sal. Jug. c. 26: deditionem facit. 9) Aen. II, 57: auri sacra fames. 10) Ecl. I, 71: impius ... miles. 11) Aen. VI, 621: Vendidit hic auro patriam. . G2 135 140 145 150 155 G. WAITZ, Quod precium dederis tu quodque receperis, una Si pensare velis, tibimet furuisse videris. Non lapides castri tantum, non ligna dedisti; Vile capis precium, dans carius omnibus unum, Quo sine semper eges, quod habens ditissimus esses. Perfide sic certas miles, sic credita servas. At tibi dissimiles referent per tempora laudes Hi? quibus Arcipolis fuerat commissa trecenti P, Quos merito longum virtus et fama per aevum Insignes faciunt, si!) quicquam carmina possunt. Milia Saxones ex se bis dena legentes, Arcipolim circumveniunt sua castraque. ponunt, Arcem quo capiant armisve dolisve retractant. Nunc castellanis fontes et pabula temptant Claudere, nunc dictis?) illos mulcere dolosis, Hic quoque confisi convincere ^ viribus auri. Verum nunc talis labor est absumptus inanis. Nam via nulla dolis nec prosperitas patet armis: Regius iste fidem miles non comparat auro. Quam sit in arma potens, jam? gens Saxonica sensit. Dune" licet hostiles circumdederint legiones, Non petitur, sed sponte petit! tot milia fortis. Hinc equites lecti descendunt arce ducenti. Insignes animis, nitidi fulgentibus?) armis; In castris resides) et nil hostile timentes Hostes invadunt, et bellica signa?) canebant. Saxones subito stupefacti corda") periclo a) Haec 2. b) trecentos 2. c) devincere 2. d) Jam 1. e) Nunc ?. 1) spontet perit 1. 1) Aen. IX, 441: si quid mea carmina possunt, und ebenso II, 193. 2) Aen. V, 464: mulcens dictis. 3) Aen. VI, 861: fulgentibus arm!* 4) Aen. VI, 814: residesque movebit. 6) Aen. V, 643: stupefacta que corda. 5) Aen. X, 310: signa canunt. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 58 Discurrunt, trepidant, consulto nil agitabant. 160 Pars cecidit, pars arma capit, pars maxima fugit. Instant!) victores, oriturque ?) miserrima caedes; Castra cruore?) madent, mars‘) saevit ubique cruentus. Sic devastatis castrorum partibus illis, Victores captas abigunt ad moenia praedas. 165 Sed victi luctum variantes clade suorum, Pars interfectos sepelit, pars membra levavit Saucia, vivorum curas habitura suorum. Corpora vix placidae componunt fessa?) quieti, Cum descendentes e moenibus Arcipolenses 170 Irrumpunt iterum, castris somnoque jacentes") Caedunt atque fugant, armis et equis spoliabant; Circum castra sitas? incendunt undique villas. Sic decertabant, sic hostibus usque nocebant. Obsessique suos obsessores numerosos 175 Tandem cogebant, quod pacem sponte petebant. Pax sed utrimque" fide datur hac sub conditione: Si pactum absentis firmaret gratia regis. Abscedunt° aliis quoque castris obsidiones: Ocia reclusis agitantur et undique portis 180 Ibant pacifice, quocumque placebat utrisque. Sed brevibus spatiis durant haec commoda pacis, Nec potuit veterem gens impia ponere fraudem. Nam duo cum juvenes descendunt Arcipolenses a) suas 1. b) utrunque 1. c) Adsendunt 1. 1) Lucan II, 469: victor — instat. 2) Aen. II, 411: oriturque miserrima caedes. 3) Aen. IX, 333: cruore terra torique madent. 4) Aen. VIII, 700: saevit medio in certamine mavors. Georg. I, 501: saevit toto mars impius orbe. 5) Georg. IV, 538: vix defessa ... conponere membra. 6) Ecl. VI, 14: somno — jacentem. 54 G. WAITZ, 185 Et nova Goslariae* voluerunt arma parare, Capti nudati sunt in crucem? suntque levati. Gens fera, sic servas pacem, quam tute petebas? At quod sperasti, non* haec impune tulisti; Nam tua pro geminis flevisti funera centum. 190 Velox fama!) volat referens de pace soluta Ad castellanos et turpi morte suorum. Qui sperasse fidem Saxonum sero dolentes. Consiliis agitant, mala qua? mercede rependant. . Denos* ergo viros mittebant, qui pecus omne 195 Goslariae. campis abigant?), praedam simulantes. Quo facto, praedam properanter! ad eripiendam Goslaria® currunt pariter juvenesque senesque; Sutores, fabri, pistores carnificesque .Militibus comites ibant in bella ruentes. 200 Vix extra villam pars agminis ultima venit Cunctaque per latos procedunt milia campos, En castellani centum de valle latenti Procurrunt equites mediosque feruntur in hostes ?). Ut segetes grando maturas proterit olim , 205 Dispergunt, caedunt adversos confodiuntque. Colla metunt‘) gladiis; madet?) undique terra cruore, Strataque tam latos texere cadavera campos. Saxonum reliqui, tam multa strage suorum a) Gosslariae 1. b) eruce 1. 2. c) nec 2. nec et h. G. R. d) malaque «B e) Densos 1. f) properantur 1. 2. was R. corr. g) Gosslaria 1. 1) Aen. III, 121 und öfter: fama volat. 2) pecus abigere. Cicero Verr. III, 23. 57. 3) Aen. IX, 401: medios moriturus in hostes Inferat; II,501: fertur m. in hostes. 4) Aen. X, 513: metunt gladio. 5) Aen. XII, 691: sanguine terra madet; cf. IX. 333. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 55 Visa, scuta retro jacentes terga dedere) Atque caballorum °) fodiunt calcaribus armos®. 210 Pars ad vicinam tendebat currere silvam, Pars fugit ad villam, memor uxorisque domusque. Victores instant?) fugientes atque trucidant‘). Praemia?) nunc sceleris, gens impia, ferre videris, Quae pro funeribus tibi sunt illata duobus? 215 Quid modo? num pacem malles servasse [priorem di Est? tibi dulce domum deferre cadavera centum? Certe majoris sunt haec tibi signa) doloris, Quae posses plane, si sis bene sana, notare. Nam cum nec paucis numerosa resistere possis, 220 Invietum contra regem potes arma levare, Cujus mira pari? virtus caret? atque carebit, Cujus militiae vix ultima signa tulisti? Sed scio, dissimilem sperans succedere finem Principiis, audes animo perstare f superbo. 225 Perge tibi poenas meritis® cumulare futuras; Nondum vincla pati vel? claustra satis meruisti. Dum sic dissolvunt condictum! foedus utrique, Castellanorum virtus experta laborum Fortis in arma furit”), per tempora nulla quievit, 230 Hostibus usque nocens, sibi laudis nomen adaugens. Nunc terram vastant praeda. nunc torre vel* ense. a) armo 1. b) fehlt 1. c) Et 2. d) pare 1? e) cares 1. f) prestare 1. 2. Vgl. Aen. II, 650. V, 812. g) mentis 2, h) tibi corr. vel 1. et 2. i) edictum 1. k) et 2. 1) Aen. XII, 748: terga dabant. 2) Aen. VI, 882: equi foderet calcaribus armos. 3) Vgl. Aen. V, 163. Ebenso wie hier IIT, 177. 4) Vgl. Aen. II, 494. XII, 577. 5) Ovid Fast. V, 204: praemia ferre. 6) Cic. or. II, 45: signa doloris. 7) Lucan II, 439: in arma furens. 235 1073. 20 G. WAITZ, Sic castellorum quoque custodes aliorum Fines Saxonum devastavere propinquos, Quosque suis castris®, simul igni, caede, rapinis, Multimodis omnes; sed primitus Arcipolenses Certant magnifice pro domni regis honore. Incipit liber secundus. Interea regis Germania laeta jubentis Imperiis acies ad praelia misit alacres. Agmina Wangionum® cum robore Pojariorum, Suevos, Lotharios, equites ad bella valentes. His comitatus iter rex protendebat ad hostes. Ejus ut adventum gens audiit illa propinquum, Diffüdens!) armis, spem quaerit in arte? salutis"). Mittit legatos ad regia castra decenos, Ut cunctis regni primis sua nuntia ferrent. Qui proficiscentes ad castraque pervenientes, Primos militiae regis comitesque ducesque Pontificesque pios compellant?) vocibus? istis: .'O provisores regni regisque fideles, Auxiliüs vestris usi per prospera pacis, Haec et consilio vitari® pericula vestro Sperant nostrates, cui parent usque volentes. Adversus regem se deliquisse fatentur; Sed quocumque modo vos vultis sive jubetis Utque placet regi, sunt haec purgare parati. Hanc igitur veniam praestate! petentibus unam , Ut vos conveniant, rem vobis ordine^ pandant, 3) hier scheint etwas zu fehlen. b) Vang. 2. c) arce 1. 2. G. R. d) vocebus L e) vitare R. f) praestare 1. 1) Aen. I, 51: cum jam diffideret armis. 2) Lucan II. 113: spes una salutis. 3) Aen. VI, 499:conpellat vocibus. 4) Aen. VI, 723: ordine singula pä ndit. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 57 Et decernatis, quid vos sibi praecipiatis. Majores nostrüm paucis tantum comitati Huc prope castra fide vestra venere, manentes Vestrum consilium, vestrum super omnia jussum’. 25 Ad quae primates respondent: cuncta placere Haec mandata sibi; de colloquio simul illis Esse locum dandum, si rex permittere vellet. Et mox narrantes regi mandata, rogabant, Ut legatorum liceat sibi verba probare. 30 Ipse doli nihil esse ratus, permiserat illis. Pontifices igitur primi') comitesque^ ducesque Conveniunt juncti Saxonibus aequore?) campi. Plurima Saxones de domno? rege quaerentes, Nunc supradictas etiam meminere querelas, | 35 Qualiter impulsi coepissent talia niti; Compositisque dolis sic pervertere potentes Ex aequo, coeptum quod^ quisque probaret eorum, 8) primique duces comitesque 2. b) mit anderer Dinte 1. c) quo 1. 2. 1) Es ist undeutlich, ob man primi mit pontifices oder mit, dem folgenden ver- binden, oder wie v. 11 die primi militiae von beiden trennen muss. Allerdings kónnte auch an der letzten Stelle das primos militiae auf die im Folgenden einzeln aufge- führten Grafen, Herzöge, Bischöfe zusammen bezogen werden, doch scheint es mir richtiger die angesehensten Vassallen, die milites primi, nach dem Ausdruck des Wipo (c.4) zu verstehen: die Grossen des Reichs sind dann ihrem Range nach, aber in umgekehrter Ordnung, die niedrigsten zuerst, aufgeführt. Hier würden, wenn man primi selbstindig nimmt und der Lesung von 1 folgt, die Weltlichen ebenso, nur die Geistlichen voran gestellt sein; primi mit pontifices zu verbinden und an die Erzbi- schófe zu denken, empfiehlt sich wohl am wenigsten; will man es zum Folgenden ziehen, wird man mit 2 auch duces voranstellen müssen und dann die Fürsten hier in umgekehrter Reihenfolge wie oben genannt sehen: Bischöfe, die angesehnsten Her- zoge und Grafen. 2) Aen. VII, 781: aequore campi. Histor.-philol. Classe. XV. H 40 45 50 55 60 65 G. W AITZ, Astringantque fidem, se regem commonituros , His ut jus patrium reddat, commissa remittat; Si nollet, se justa petentibus haud nocituros. Sed quibus inducti? primates artibus illi Genti consensum tunc praebuerint scelerosum, Hoc alias patefit, mihi vita salusque supersit !); Nunc juvat ire viam directo tramite?) coeptam. Principibus cunctis sic in contraria versis, Fortis rex, patria virtute nitens et avita?), Non sua fortunae subjecit colla superbae; Maluit cum? paucis multorum victor haberi, Quam cedens^ multis tanto caruisse triumpho. Quid tibi nunc veteris prodest? sollertia fraudis, Effera Saxonum gens? quae tibi commoda rerum Confert? Num scelerum poenas‘) vitasse putabas? Rapta tene, secura sede, rape plura: licebit. Forsan decisis rex inclitus haesitat alis, Cum paucisque tuas formidat adire phalanges. Accipe, quas illi laudes hac fraude parasti, Per quam multorum pauci sumpsere triumphum , Qua sine paucorum cessisset gloria multis. An praestat multis multos an vincere paucis? Pauces majori levat haec victoria laude; Nam si sint plures, daret his divisa minorem. Tale et^ omne bonum minus est in plura diremptum f Collige jam, quid te contra reputando sequatur; Nam si victores extollit gloria paucos, a) indocti 1. b)in1.2. c) caedens 1. d) proderit 1. e) tibil. f) direptum 2. 1) Georg. III, 10: modo vita supersit. Phars. V, 685: vita salusque 2) directo tramite Lucan ófter. 3) Aen. X, 752: virtutis avitae 4) Àen. XI, 258: scelerum poenas. t DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. - Nonne ferent ignominiam victi numerosi: Hoc ratio probat; adversis adversa cohaerent. 1074. Qui fuerant illi tunc regia castra secuti, Non de principibus quos legit regia virtus, Primatum parit his virtus et nobilitatem : 10 Pauci Francorum, pars plurima Pojariorum , E Suevis aliqui, numero, non robore pauci, Hi veteris fidei servabant pignora soli. Protinus in patriam Saxonum nuntia mittens Rex super Arcipolin castellaque caetera, mandat 15 Militibus fidis, ne propter deficientes Ab se primates regni cunctentur in arma, Hostibus ut nunquam cedant?, bene credita servent; Se cito venturum, ferro sua castra solutum. Continuo regis castrenses jussa facessunt P : 80 Hostibus obsistunt, castellis quaeque propinqua Vastantes igni, praeda vel^ caede cruenta’). Postquam Saxones ex principibus redeuntes Excussisse sibi sperabant regia frena, Castellis aliquam tractant obtendere technam ; ` ` 85 Resque monebat eos, clades non parva suorum. Caetera majori circumdant obsidione , Arcipolin autem temptare per obsidionem Nullus praesumpsit, casus memorando priores. Ergo dolos artesque novas ?) expromere quaerunt?. Immenso monti, qui proximus imminet urbi ^, Castellum superaedificant, mirabile dictu! a) caedant 1. b) lacessunt 1. c) et 2. d) quaerit 2. 1) Aen. IX, 45: praecepta facessunt. 2) Aen. 1, 471: vastabat caede cruentus. 3) Aen.I.657: novas artes. 4) Aen. I, 419: collem, qui... urbi Imminet. H2 DO 100 105 110 115 G. WAITZ, Altis ilicibus tantum resecando quadratis , Praesidium patriae, vigili tutamen? ab hoste. ` Iluc imponunt armatos mille ducentos, Qui despectarent hostes, quodcumque pararent, Ne quis possit? eis deferre cibaria. vel? si Unquam descendant praedas ? ad diripiendas, Descendant ut et hi“, concurrantí hostibus hostes'); Et castellanis furtim stipendia si quis Attulit, aut caecant, suspendunt sive trucidant. Utraque jam resident adversis agmina castris, Hinc. major numerus, hinc bello? clara juventus. Hostibus ut noceant, vigiles speculantur utrique, Nec ponunt fessi nocturnae membra quieti. Nostri majores bello numeroque minores Saxonum turbam multo certamine temptant: Nunc arcus? celeres, nunc contorsere balistas, Hostibus adversis transfigunt pectora telis, Nunc illis igni corrumpunt?) moenia castri; Aediles! ipsos perimebant aut capiebant. Saepeque perplures victu rhedas oneratas Hostibus allatas rapiunt violenter et ipsos Vectores* capiunt. caedunt funduntque fugantque 2). Sie inter sese belli certamina miscent‘) Illi, cum fortis rex, agmina lecta suorum Cogens, adversos cursum tendebat in hostes *). Regius en campis miles procedit apertis Paucus, at ingenti virtutum laude probatus, a) tutamus 2, was R. eorr. b) posset 2. c) et 2. d) ad p. 2. f) concurrent 2, was G. corr. g) belli 1. h) arcem 1. i) Ediles 1. 2. 1) Aen. VI. 477: bello clari. 3) Vgl. I, 106. k) e) hii 2. Victores L 2) Sal. Jug. 78: igni corrumpunt. 4) Aen. XII, 720: inter sese volnera miscent. 5) Aen. XII, 917: tendat in hostem. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 61 Nec minus induviis^ belli quam fulgidus armis! 120 Loricae galeaeque tegunt fortissima cunctae Corpora militiae; scutis impicta gerebant Fortia facta patrum !), quo talia visa virorum Incendant animos solius laudis avaros ?). Velox fama volat?) Saxonum nuntia genti, 125 Regem venturum, ferro sua castra solutum; Instructas D totis acies incedere campis. Nec mora, tam raras speculantur regis ut alas, Confisi numero, statuunt decernere ferro‘). Denique per patriam mittebant nuntia totam, 130 Cunctus ut ad bellum populus properaret agendum. Indiscreta ruunt e cunctis agmina villis; Rusticus abjecto quivis discedit aratro Et studio belli studium postponit arandi; Pastores?) pecorum custodes atque domorum 135 Praeposuere suis pugnae discrimina curis; Capta peregrinis mercator munera terris Negligit in bellumque ruit 54. securus ad horam, Accedat quantum summae quantumve recedat; Omnis conditio bellum cupit, omnis et^ ordo’). 140 a) indumis 2. induciis G. A. b) Instruetis t. a. incendere 2. incedere corr. R. c) fehlt 2. 1) Aen. I, 640: caelataque in auro Fortia facta patrum. Vgl.die Einleitung. 2) Horat. Ars poet. 524: praeter laudem nullius avarus. 3) Vgl. I, 190. 4) Aen. XI, 218: decernere ferro. 5) Ebenso III, 110. 111. Die custodes domorum sind gewiss nicht als Häuserbesitzer oder gar Stubensitzer, wie Kópke S. 286 sagt, zu fassen, sondern im. Gegensatz zu den pastores pecorum diejenigen welche die Aufsicht über Haus und Hof zu führen hatten; sie *vergessen auch nicht ihre Sorgen', sondern sie ziehen die Gefahren des Kriegs den gewöhnlichen Geschäften vor. 6) Aen. IX, 182: in bella ruebant. Ebenso IH, 114, f. 7) Aen. VII, 152: delectos ordine ab omni. 62 145 150 155 160 G. WAITZ, Maxima pars pedes ivit, equis pars fertur in altis'), Armati variis, sibi quae sors obtulit, armis. Tales militibus comites in bella ruebant, Ignari, se quam crudelia fata sequantur, Infaustique suas ausi dimittere curas. Ergo frequens? campis exercitus ibat apertis °), Cum glacialis hiems?) cursus frenarat aquarum ; Undaque*) navigiis prius, est^ modo pervia plaustris. In stabulis armenta ferae silvisque rigebant. Multa metallorum prae frigore dissiluere; Nec minus et pluvias venti spirant hiemales. Talis tempestas Saxonum contigit alas, Ex quibus intereunt miserando funere multi. Nam vulgus peditum gradiens per devia fessum, Dum sedet in campis requiem quaerendo laboris, Frigore concrescunt?) sudore madentia membra, Corpora multa gelu nocturno diriguere, In silvis hinc igne, sed hinc corrupta pruinis. Ast equites arti carpentes pervia callis A tergo insequitur vis maxima turbinis atri? Excussosque via cumulo nivis abdidit altae. 2) fremens 1. 2; aber vgl. III, 92. b) et 1. €) atrae 1. 1) Aen. VII, 624: Pars pedes ire parat campis, pars arduus altis Pulverulentus eques furit. 2) Aen. IX, 25: Jamque omnis campis exercitus ibat apertis. 3) Aen. III, 285: Et glacialis hiems aquilonibus asperat undas. Georg. IV, 135: Et cum tristis hiems . . . cursus frenaret aquarum. 4) Georg. III, 361: Undaque jam tergo ferratos sustinet orbes Puppibus illa prius, patulis nunc hospita plaustris; Aeraque dissiliunt. (Vgl. Phars. V, 538). v. 350: clausa tenent stabulis armenta. v. 356: spirantes frigora cauri. 5) Aen. XII, 405: Gelidus concrevit frigore sanguis. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. Hic nec sessor equum juvat aut juvat ille sedentem. Saxonum multi ceciderunt funere tali; | Caetera de tantis pars conservata periclis Regis ut instructas videt adventare cohortes, Sol et in auratas galeas clipeosque refulsit"), Cernit et erectis dties incedere* signis: Horribili stupet aspectu; furit igneus ardor, Consumens villas in circuitu numerosas. Procurrunt equites ex agmine regis alacres Exsultantque suis flectentes colla caballis, Alternos ineunt discursus? atque recursus Pi Versuras celeres duplicantque decenter equestres Ac desiderio pugnandi bella lacessunt?). Nec praedicta viris nocuerunt frigora tantis; Nam sanguis^ calidus^ fuit his et bellica virtus. Talia Saxones irritamenta videntes, Quid faciant? quid agant? qua vi certamina temptent? Languida vix tanto ,motabant frigore membra. Armis?) exuti, demissi colla superba Nudatique pedes, pariter cum supplice voto ô) Regis castra petunt, cui se sua cunctaque dedunt. Carmine quo tanti laudes celebrabo triumphi, Tempore de Karoli@ qualis non contigit ulli? Virtus celsa dedit hic, quod natura negavit, Quae sic in cunctis vires animantibus aequas 5) Ebenso III, 265 ff. a) accedere 2. b) discursos a. recursos 1. c) callidus 1. d) car. 1. 1) 1 Maccab. 6, 39: Refulsit sol in clypeos aureos. 2) Aen. V, 583: Inde alios ineunt cursus aliosque recursus Adversis spatiis alternosque orbibus orbes. 165 170 175 180 185 3) Aen. XI,254: lacessere bella. 4) Phars. 1, 363: calidus...sanguis. 6) Aen. VIII, 61: Supplicibus votis. 190 195 200 205 210 G. WAITZ, Destinat esse suas, ut major turba minori Ejusdem generis certamine praestet in omni. "Vix modo victores devictos addecimabant?; Milia sex vincunt, decies tot victa fuere, Participes tanti felices usque triumphi. Virtus nostra” feret decus immortale per aevum Pro tantis meritis, si quid mea carmina possunt '). Nec mihi quis dicat: non haec victoria praestat, Non sunt victores tam multa laude notandi, Qui non pertulerant ullum vincendo laborem; Non hostes jugulant nec terram caede cruentant. Concertare valens num quisquam supplicat hosti? Num fidens armis spem quaerit ab hoste salutis?") Tanto majorem fert haec victoria laudem , Quanto major erat honor, hostibus imperitare Vivis, quam gladiis vel? quavis caede peremptis. Rex igitur, facta Saxonum deditione, Supplicibus mitis contrarius atque superbis, More leonino, substratis hostibus, iram Justam deposuit commissaque cuncta remisit. Ibat per patriam rex invictissimus illam, Incorrecta regens, leges et jura reponens, Restituens cunctis sua dudum despoliatis. Hinc propriam sedem tendens ad Goslariensem , Saxonum genti dat patria jura petenti; Per totam patriam pacis? jubet esse quietem, ei cat Iusto judicio causas componit et aequo. Hic quoque militiam donat, bene munere dignam. a) mit anderer Dinte 1. b) vestra 1. c) fehlt 1, wo Raum für ein Wort leergelasse?- d) et 2. i 1) S. I, 143. 2) Phars. II, 113: spes una salutis. e) zweimal geschrieben 1. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. Ad se custodes castrorum convocat omnes Castraque reclusis jubet esse patentia portis. Primitus insignes donavit et Arcipolenses Muneribus meritis; auri dat pondera puri, Ingentesque viros extollit honoribus amplis; Virtutem laudat bene gestaque praelia jactat. Namque solet virtus hominum committere majus Acrius atque calet^, si laus sua facta sequatur). Sic castellorum quoque praesidiis aliorum Munera condigne dat pro quorumque ^ labore. Sic ibi dispositis rebus pacemque fideli Mente gerens factisque probans, se transtulit inde. Liber tertius. At gens exitio dudum devota futuro*), Ut fuerat solitae concessa licentia praedae, Concipit immanem diro^ sub corde furorem?) Et ruit effrenis, quo se tulit impetus amens‘): Fana profana simul miscet, fas discidit omne, Criminibusque novis dissignat foedera pacis. Praesidiis vacuam, placida jam pace quietam Arcipolin armis invadunt milia gentis, Moenia despoliant, aeraria regia frangunt, Thesauros cultusque? novos auroque rigentes g Aurea vasa"), ciphos, lances, insignia regni Plurima diripiunt, incendunt moenia flammis, Adversusque Deum^ vertentes arma furoris, a) calcet 1. b) vielleicht: quocumque. c) dire 1. d) cultosque 1. 1) Aen. IV, 109: factum fortuna sequatur. 65 215 220 225 e) ducem 1. 2) Aen.I, 712: pesti devota futurae. 3) Aen.IV, 501: mente furores concipit. 4) Lucan IV, 279: impetus amens. 5) Aen. XI, 72: auroque...rigentes. 6) 2. Macc. IV, 32: anren. vasa... furatus. Histor.-philol. Classe. XV. 66 G. WAITZ, Ecclesiam invadunt, avellunt aurea mensis 15 Ornamenta sacris, tabulas capsasque 'rescindunt, Atque sacerdotes sua munia jam celebrantes, Vestibus abscisis*'), audent obtundere^ pugnis Auratasque cruces manibus lacerare cruentis, Et defunctorum violare sepulchra, rejectis 20 Ossibus; intactum nullum liquere furorem, Flammarumque globos?) jactant ad culmina templi; Venti dant vires flammis, furit?) aestus ad auras, Aequaturque solo regalis machina tota A Sic aliis castris, custode carentibus, igni 25 Incensis, plures ornatibus expoliatas " Ecclesias etiam corrumpunt ignibus atris, Multas regales devastant undique curtes; Pupillis, viduis violenter dilaceratis , Multiplicant praedas, confundunt fasque nefasque 3 30 Gens fera Saxonum, factrix memoranda malorum, Est haec deditio tua? Sunt haec foedera pacis Condictae? Tales volvisti pectore fraudes? Quis tua non stupeat crudelia facta fidelis? Fraudis vel scelerum venient tibi digna tuorum 35 Praemia! Perge modo, rape, destrue, distrahe cuncta, Non divina fides non te? humana reflectat. a) abscissis 2. b) obtendere, an dem ersten e geändert und ein o übergeschrieben L c) expoliatis 1. d) te non 2. 1) Aen. V, 685: abscindere vestem. 2) Georg. I, 473: Flammarumque globos. Aen. II. 478: flammas ad culmina jactant. 3) Aen. IL, 759: furit aestus ad auras. 4) Lucan I, 80: totaque discors machina. 5) Lucan V, 313: per omne fasque nefasque rues; I, 667: confundit jus omne. Vgl. Ann. Alt. 1060: fasque nefasque confusum erat. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. Facti fama volat totum regnumque replebat. Cuncti Saxonum crudelia sacrilegorum Facta stupent artesque novas pollutaque pacis Foedera. Primates propriis se vocibus ultro Incusant, gentem prius hanc audisse nefandam Fallentemque dolis et regia jura negantem; Detestatur eos simul omnis sexus et aetas. Nec mora, percepto rex magnus crimine tanto, Egregia pietate nitens, fortissimus armis", Zelo justitiae flammato pectore fervet, Adversum tantos praesumptus colligit iras; Ignescunt?) animi justo sub corde feroces. Non sua jam, sed jura Dei violata dolebat. Imperat exciri totius robora regni, Armavitque acies, acer ruiturus in hostes. Regis ad edictum? cuncti se in bella parabant; Aeque majores, aeque studuere minores. Arma novant. animos acuunt, docuere caballos Currentes facili cervice reflectere cursus, Horrificos belli non exhorrere tumultus. Primus?) init bellum cogens in praelia secum Suevos unanimes dux fortis") in arma Rodolfus ? Quos prius expertos Saxonica bella celebrat Gloria quaesiti Carolo sub rege triumphi. a) aedictum 1. 2. b) Rudolphus 2. Rhodolfus 1. 1) Aen. VI, 403: pietate insignis et armis; IX, 40: optimus armis. 2) Aen. IX, 66: ignescunt irae. 3) Aen. VII, 647: Primus init bellum. der Dichter an diese Stelle der Aeneis an. 4) Vgl. I, 231 und die Einleitung. 67 40 45 50 55 60 Auch im Folgenden schliesst sich 12 68 G. WAITZ, Hic et in arma rapit secum, quos patria misit Curia, mille manus Ararim Rodanumque bibentes!) Hos Romanorum-sequitur de °) gente vetusta Dux Catulus nomen referens moresque genusque. 65 Signa ducis sequitur gens inclita Pojariorum , Quam totiens domitis celebrat victoria Parthis, Et nunquam violata fides, bellisque probata Virtus Pojemicis? multisque superba triumphis. Nec non Wangiones^ ibant in praelia fortes, 70 Gens antiqua?, potens armis et munere terrae, Regia signa sequi bello quae gaudet in omni Solaque regales servat per praelia fasces; Nunc quoque signa sui sequitur fulgentia regis, Agmine multiplici cingens insignia regni. 15 Rex, cunctas acies excellens vertice*) celso, Alto fertur equo?), mediis in milibus extans. Arma nitent aurata nitentibus addita membris, Emicat e cunctis, rutilans ut lucifer astris. Post") hos^ insignis dux agmen’) agit Gotefridus!, 80 Corda gerens patris, quamvis sit corpore dispar, Consuetas juvenum ducens ad bella phalanges. a) polemicis 1. b) vang. 2. c) hoc 1. d) Gotfridus 1. 1) Vgl. Verg. Ecl. l, 62: aut Ararim Parthus bibet aut Germania Tigrim; vgl. Aen. VII, 715. Arar und Rhodanus verbindet Lucan VI, 476. 2) Aen. IX, 284: Priami de gente vetusta. 3) Aen. 1, 531: Terra antiqua, potens armis atque ubere glebae. 4) Aen. VII, 783: vertice supra est. 5) Aen. XI, 678: equo fertur 6) Aen. VII, 655: Post hos insignem. 7) Aen. XII, 456: agmen agit. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. Ripheas!) habitant urbes, Thilen Nimagumque*, Extremos regni fines, ubi bella moventur Semper et hostili crudescit?) sanguine terra. Tum dux Lotharios Tiedricus cogit in arma, Dux insignis eques in equestria bella valentes Turmas educens, armis animisque vigentes. Et Westvalorum®, Fresonum, Pojemiorum Exibant acies, accitu?) regis alacres, Milia multa nimis, decorata nitentibus armis. His comitatus iter rex ultor tendit in hostes. Ergo‘) frequens campis exercitus ibat apertis; Tellus cornipedum cursu pulsatur equorum *). Talia Saxones ex fama percipientes, Absumpti figmenta prius fraudesque dolosque, Coguntur tandem nunc se defendere bello. Emittunt equites strictis mucronibus acres Per totam patriam, vulgi concire catervas Omnes ad bellum, seque et sua quemque tuendum. Concita plebs rerum mox ardet amore novarum, Omnes agricolae, fractis agrestibus armis, Arma parant") belli durisque ligonibus enses J Conflant ancipites curvis e falcibus^), hastis Spicula praefigunt"). Pars aptat scuta sinistris a) Numagumque corr. wie es scheint Nim. 1. b) Westvalvorum 2. 1) Georg. I, 240: Rhipaeasque ... arces. 2) Stat. Theb. II, 717: crudescit sanguine. 85 95 3) Aen.1,677: Regius accitu cari genitoris . . . puer. 4) S. oben II, 146. 5) Aen. VI, 591: et cornipedum pulsu simularat equorum. 6) Aen. XI, 18: Arma parate. 7) Lucan IV, 294: durisque ligonibus. 8) Georg. I, 508: falces conflantur in ensem. 9) Aen. IX, 465: in hastis praefigunt capita. 70 105 110 115 120 125 G. W AITZ, Levia; pars ferro galeas imitatur equestres. Pars triplici philtro; fustes ad praelia quernos Milia multa parant, plumbo ferroque gravabant. Mille modis acies ad bellum armantur agrestes). Squalent*?| arva suis cultoribus expoliata, Pastores?) pecorum custodes atque domorum Praeposuere suis belli discrimina curis. Quisque frequens curas convertit" ad arma redemptor. Concitus in bellumque ruit, securus ad horam, Accedat quantum summae quantumve recedat. Ergo tegunt latos passim tot milia campos, Quot vel^ pontus agit fluctus vel^ messis aristas *). Nec minus assuetae bellis?! armisque phalanges Indocili? turbae dictant discrimina pugnae Irritantque rudes verbis ad praelia mentes: Quam sit turpe jugum °) servile pati dominorum Ingenuos, quantumque mori sibi praestet in armis’). . His aliisque? modis accensum pectora vulgus Indomitum specie belli praeludit agendi, Per virgas discens subducere corpus ab ictu, Et juvat armorum sonitus clangorque°) tubarum Sic ruit? exitii gens inconsulta futuri. D . f Nec mora, jam cunctae transportantur vada turmae a) Squallent 1. b) cum vertit 2. c) et — et 2. d) I. pugnae diser. mit Zeichen nach Indocili dass etwas fehlt oder zu ändern 1. e) que fehlt 1. f) termae 2; was G. corr. 1) Aen. IX, 11: armatque agrestes. 2) Georg. I, 507: Squalent abductis arva colonis. 3) Ebenso oben II, 135 ff. 4) Ovid. Fast. V, 357: allescit messis aristis. 5) Aen. IX, 201: bellis assuetus. 6) jugum servile. Cicero. 7) 1. Macc.3, 59: quoniam melius est nos mori in bello. Vgl. 2. Macc. 14, 42. 8) Aen. II, 313. XI, 192: clangorque tubarum. 9) Lucan I, 498: (turba) . . . inconsulta ruit. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 71 Fluminis Unstardi, qui cladem nomine genti Jam praesignasset, si non tardanda fuisset. Ecce vident nigras glomerari pulvere nubes) 130 Et magis atque magis^) tenebras insurgere campis. Paulum progressi longe splendescere cernunt Aeratas?) acies erectaque signa volare. Quid faciant? Jam nulla doli figmenta patebant, Nec transire fuga poterant vada fluminis alti. 135 Ergo manu conferre parant, cunctasque phalanges Sacrilegas bello disponunt ordine longo). Regius instructis processit suaviter alis Miles et adversos jamjam properabat^ in hostes. Suevi, Pojarii, qui regis in agmine” primi 140 Extant, quos celebrat numerosis fama triumphis, Praecurrunt celeres primique feruntur ad hostes; Hastas decurtant et certis corpora signis Scutaque discreti densos rapiuntur in hostes. Bellicus exoritur magno certamine clamor; 145 Irrumpunt telis, quae confertissima stipant Agmina Saxonum; dejectant undique loeto Corpora; maturas 5) ceu falx succidit aristas, Ense metunt capitum segetes, miserabile visu! Ense parant, medios iter") est quacumque per hostes. 150 Non tegit indutos artus lorica fidelis") Nec caput auratae galeae; moriuntur ubique; a) propiabat 1. b) imagine 1. 1) Aen. IX, 33: Hic subitam nigro glomerari pulvere nubem Prospiciunt Teucri ac tenebras insurgere cam pis. 2) Aen. Il, 299: Et magis atque magis. Vgl. Lucan VI, 98. 3) Aen. IX, 403: Aeratas acies. 4) Aen. I, 395: ordine longo. 5) Georg. L 348: .. .. neque ante Falcem maturis quisquam supponat aristis. 6) Aen. IX, 355: via facta per hostes. 7) Aen. IX, 707: lorica fidelis. 155 160 165 170 175 G. WAITZ, Strata cadaveribus crudescit sanguine!) tellus , Ingruit armorum sonitus clamorque cadentum. Ancipites gladii numerosa caede calescun t, Seminecesque viris?) permixti sanguine multo Provolvuntur equi, trajecti pectora ferro. Horrificus belli crebrescit ubique tumultus; Saepeque Saxones immensa caede cadentes Audent obniti, ne sic moriantur inulti, Victoresque suos vario certamine temptant, Accipiunt redduntque ictus; mars saevit utrimque. Hic pedibus calcans sua viscera?), currit in hostem, Ille trahens proprio gelidum de corpore ferrum, Interfectorem moriens interficit hostem. Utraque sic odiis certabant agmina diris, Cum fortis subito rex irruit^ agmine denso In medios hostes, proculcans obvia quaeque Agmina Saxonum cunctantia sacrilegorum. Fulminat ‘) egregiis rex ipse coruscus in armis, Plurima consternens perjurae milia gentis. Nec mora, ceu tenuis ventorum flamine pulvis Diffugit, a facie regis sic agmen et omne. Scutis dorsa tegunt volucri cursuque recedunt. In spe nulla?) salus, ruit? inrevocabile?) vulgus. a) irrut 1. b) irrev. 2. 1) Aen. VII, 788: crudescunt sanguine. 2) Aen. IX, 455: seminecesque viros AL 634: sanguine in alto Armaque corporaque et permixti caede virorum Semianimes volvuntur equi. 3) Ovid. Met. XII, 391: sua viscera rupit Tractaque calcavit. Vgl. 2. Macc. 14, 46. 4) Aen. XII, 654: Fulminat... armis. 5) Aen. XI, 362: Nulla salus bello. 6) Lucan I, 509: ruit irre-vocabile vulgus. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. Victores!) instant fugientes atque trucidant, Et nisi jam coelum densatae pulvere nubes Texissent visusque sequentum detinuissent, Ultimus?) ille dies genti luxisset iniquae. Sed tamen in caecis multi cecidere tenebris, Corpora perfossi telis gladiisque secati. Milia multa cadunt hostili vulnere nullo Tacta, sed in fluvido*?) collapsi membra cruore, Cornipedum pedibus mox inculcantur equorum; Mortis mille modis moriuntur milia gentis. Sic et ad Unstardi veniunt vada fluminis alti". Quid faciant? Quos a tergo ferit hosticus ensis, Altus ab adverso Unstardus tardabat abire. Decernunt dubiam magis attemptare salutem In fluvio, quam non dubiae succumbere morti: Insiluere vadis inconsulti malefidis. Hostis eos ferro retro^ premit, imminet, urget. Involvuntur aquis certatim saucia sanis Corpora mixta, fere quot densa grandine ^) guttae; Milia multa nimis sic interiere sub undis. Caeruleum °) jam purpureo mutata colorem Defluit unda rubens; humana cadavera pontem Nostris praebebant transire volentibus ultra. Sic transportatus cum turmis dux Gotefridus Hostes ex undis servatos irruit armis, Fervidus innumeras prostravit et ipse catervas, a) fluido 1. b) atri 2; s. V. 188. c) tetro 1. retro ferro 2. 1) Vgl. I, 214; auch Lucan II, 469: Victor cedentibus instat. 2) Aen. IX, 759: Ultimus ille dies bello gentique fuisset. 180 185 190 195 200 d) pontes 1. 3) Aen. III, 663: fluidum ... cruorem; IV, 391: collapsaque membra. 4) Aen. IX, 669: quam multa grandine nimbi. 5) Lucan Il, 226: caeruleum . .. aequor. Histor.-philol. Classe. XV. T4 205 210 215 220 G. WAITZ, Circumquaque premit fugientes atque peremit. Usque furit gladius confundens!) stragis acervos. Dum nox composuit?) pariter bellumque diemque, Pojemii, castris Saxonum despoliatis, Vestibus occisos nudant truncantque jacentes, Plurima diripiunt carpenta ferentia victum, Atque suis multas castris traxere rapinas. Saxea gens, nunc digna tuis cape praemia factis! Sic bene quaesisti, quae patria jura petisti! Jus certe quodcumque feres et conditionem Amplius ex dextrae??) victricis munere pendet. Rex vespertinus victor de caede reversus, Imperat exquiri, quae saucia quaeve suorum Corpora per campos jaceant occisa cruentos, Saucia committi medicis, defuncta sepulchris. Postera^ cum stellas primum? lux alma fugavit", Agmina militiae jubet ad se cuncta vocare. Ipse dehinc medius consurgens talia fatur: ' Virtus vestra meum quanti perpendat honorem Ac decus imperii, declarant bella peracta. Mecum?) vos animas in aperta pericula vestras a) detre 2. b) p. st. 2. c) fugarat 2. 1) Aen. VL, 504: confusae stragis acervum; XI, 384: tot stragis acervos 2) Aen. I, 374: componet diem vesper; XII, 109: componere bellum. 3) Lucan I, 3: victrici ... dextra. 4) Aen. V, 42: Postera cum primo stellas oriente fugarat Clara dies, socios in coetum litore ab omni Advocat Aeneas, tumulique ex aggere fatur. Aen. I, 306: lux alma. 5) Lucan I, 299: Bellorum o socii, qui mille pericula martis Mecum, ait, experti. Aen. IX, 663: animasque in aperta pericula mittunt. DAS CARMEN DE BELLO' SAXONICO. 75 Misistis; gentem domuistis in') arma ferocem. Nec dubitata mihi fuit haec victoria belli, Dum me vestra comes virtus sequeretur") in arma, 225 Qua comitatus ego securus in omnia vado. Maximus en vobis labor est pugnando peractus! Nunc agitate fugae versos, componite bellum, Illorum fines invadite depopulantes, ` . Ut commissa luant?), qui jura Dei violabant; 230 Nec fuga salvet eos, bello quos arma nequibant'. Vix ea dicta dabat, simul omnes signa levabant, Acriter hostiles invadunt undique fines, Vastatas praedis villas dant ignibus atris); Consumptor furit?) immissis vulcanus habenis. 235 Sic rex per patriam deducens-agmina totam, Cuncta timore domat, vi castraque cepit et urbes, Ecclesias Christi tantum defendit ab igni. Pojemii variant praedas rapiuntque trahuntque, Hi pecus e stabulis abigunt ardentibus, illi 240 Multis plaustra onerant spoliis ex igne receptis ; Hi monstrant fossas loca per secreta repertas In lucemque trahunt argenti?) pondus et auri Defossi, pulchras vestes, insignia multa; Ast alii latebris silvestribus arte repertis 245 Pluribus extractis? gaudent ditescere") praedis; a) exactis 1. 1) Lucan IV, 146: in arma .. . ferox. 2) Lucan II, 287: virtus secura sequetur. 3) Georg. IV, 454: luis commissa. 4) Lucan Il, 299: ignibus atris. 5) Aen. V, 662: furit immissis vulcanus habenis. — Ignis con- sumptor sagt Cic. de nat. deor. II, 15. 6) Aen. I, 359: argenti pondus et auri. Georg. II, 507: defossoque incubat auro. Vgl. Horat. Sat. I, 41. 42. 7) Lucret. V, 1247: ditescere praeda. K2 250 255 260 265 210 G. WAITZ, Vis! et odora canum nonnullis commoda rerum Monstrat in obscuris penitus defossa^) cavernis. Paucis Saxonum remanet domus aut pecus aut res?) Per totam patriam nullus vastantibus obstat. ^ Plures in silvis latitantve? palustribus herbis; Plures castra petunt regis seque et sua dedunt; Quis vel nunc veniam clementia regia donat. Rex victor, patria sic undique depopulata, Agmina muneribus donans dimittit opimis. Ipse renitentes nec adhuc sua frena ferentes Fidentesque fugae‘) non destitit exagitare. Bello multiplici petit illos semper et acri; Nunc hac nunc illac fines invasit eorum. Ipsis per curvas valles?) silvasque moratis Improvisus ") adest, agitantibus otia tuta. Pontifices, comites cepit reliquosque fugavit, Quaeque relicta prius flammis nunc tradidit atris. His aliisque modis rex invictissimus hostes Conterit atque premit. Nec adhuc gens victa quievit, Sed juga detrectat vel? regia jura negabat. Ergo superborum rex debellator et ultor Rursus in arma vocat") lectissima quaeque suorum Agmina, Lotharios cum Francis Pojariisque, Invictas acies, bello sectatur et hostes, Certus eos toto jamjam propellere regno. Exue duriciam cordis, gens saeva, vel ipso a) ne 2. latitantque R. b) et 2. 1) Aen.IV,132:et odora canum vis. 2) Aen. X,526:penitus defossa talenta. 3) Hor. Ep. I, 2, 51: juvat illum sic domus et res. 4) Aen. XI, 351: fugae fidens. 5) Aen. I, 748: curva vallis. 6) Aen.IX,48:Improvisus adest. 7) Aen. VH,695: Agmina in arma vocat. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 77 Temporis articulo! Jam nunc delebere vel tu Vel tua posteritas®, ni^ colla superba remittas. Victa resistis ei, cui nullus restitit^ unquam? 215 Exhorresve? pio regi tua dedere colla, Subdere clementi, supplex substernere miti? Num pessundatus est quisquam sibi deditus unquam? Ipse paternorum certissimus assecla morum, Parcit*') subjectis debellaturque superbos. 280 Ergo propinquantis dicto cum milite regis Castra petunt humiles Saxonum quique valentes, Jam diffidentes armisque dolisque fugaeque. Armis exuti?), demissi colla superba Nudatique pedes, cuncti cum supplice voto '285 Regi se dedunt omni sine conditione. Ecce tenes solitum tibi f rex invicte, triumphum! En? tua frena pati gentem ^ effrenem docuisti! Ut virtute geris, sic et pietate parentes, Rex auguste, gere: vel! substratis miserere! 290 His satis exempli, fortissime, jam statuisti, Si qui forte tuis obsistent amplius armis. Nunc tibi supplicibus propone quibusque futuris, Quid de te sperent, dum se tibi, rex pie, dedent. a) prosperitas 2, was G. corr. b) nisi 2. c) restit 2, was R. corr. d) Exhor- res ne 2. Exhorrescesne R. Dieser und der Vers Num — unquam am Rand L Num — unquam vor Subdere — miti 2. e) Parcet 2, was R. corr. f) tu 2. g) Cum 2. h) gente effrene corr. gentem effrenem 1. i) tu 2. 1) Aen. VI, 583: Parcere subjectis et debellare superbos. 2) Ebenso II, 180 ff. 78 G. W AITZ, Nachtrag. Von Dr. A. Pannenborg. Die oben S. 42 N. 1 erwähnten Bemerkungen des Hrn. Dr. Pannenborg über die Verwandtschaft des Ausdrucks im Carmen mit dem in andern dichterischen Werken des Mittelalters theile ich mit seiner Erlaubnis hier nachträglich mit. Namentlich die Beziehungen zu dem Werke das sog. Poeta Saxo sind von nicht geringem Interesse. Ist, wie kaum zu zweifeln, eine Benutzung desselben durch den Verfasser des Carmen anzunehmen, so wird es sehr wahrscheinlich, dass dieser eine Zeit lang in Sachsen sich aufhielt, hier vielleicht in dem Kloster Lamspringe selbst den Codex des Poeta kennen lernte; und das besondere Interesse, das der Dichter an diesen Sächsischen Kämpfen nimmt, ohne doch offenbar selbst Sachse zu sein, wird da- durch nur erklärlicher. An eine Benutzung aber des Poeta im 15. oder 16. Jahrh. durch einen Humanisten, wenn von einer solchen überhaupt noch die Rede sein kann, ist gewiss am wenigsten zu denken. Sollte derselbe auch möglicher Weise sich die Kenntnis des wenig verbreiteten Gedichts haben verschaffen können (es existiert eine Abschrift s. XV. XVI in Brüssel, wahrscheinlich, wie mir Hr. Dr. . Arndt mittheilt, aus dem Kloster Korssendonck, Archiv VII, S. 379; dagegen beruht die Angabe von einer editio s. l. et a. bei Potthast S. 476 ohne Zweifel auf Irr- thum, da niemand etwas von einer solchen weiss und P. selbst auf meine An- frage nichts näheres über die Herkunft der Notiz anzugeben wusste), so ist doch ganz unglaublich, dass ein Autor der humanistischen Kreise sich einen mittelalter- lichen Dichter mit seinen Barbarismen als Vorbild ausgewählt hätte: der ganze Charakter des Werks ist ebenso mittelalterlich wie der der andern Dichter und Schriftsteller, mit denen es so nahe Verwandtschaft zeigt. G. W. Donizo sagt in seiner Vita Mathildis, er schreibe sein Werk u. a. zu dem Zweck, dass es in den Schulen gelesen und gelernt werde !), und er selbst bezeugt dureh Vers und Ausdrucksweise, dass er in seiner Jugend nicht blos Vergil, son dern auch lateinische Poeten des Mittelalters eifrig tractiert hat. Aehnlich wie in Oberitalien war es wohl auch diesseits der Alpen; unsere lateinischen Dichter im 1) L 54: Gimnasii mensae sint haec recitata decenter. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 79 10., 11. und 12. Jahrhundert tragen deutliche Spuren der Einwirkung an sich, welche die ähnlichen Productionen der früheren Zeit auf sie gehabt. Gleichartige Züge finden wir bei fast allen in der Characteristik der Haupthelden, der Feinde, mit denen gekämpft wird, in der Schilderung von Schlachten und Belagerungen ; bei allen finden wir eine Reihe von eigenthümlich gestalteten, theils biblischen, theils antiken Sentenzen, sodann gleichartige Formen für Vers und Ausdruck. Dies gilt durchweg auch von dem Carmen de bello Saxonico oder wie der Titel der Handschrift lautet Gesta Heinriei metrice. Durch Hrn. Prof. Waitz in den von ihm geleiteten historischen Uebungen angeregt, ist es mir möglich geworden, zu dem, was derselbe über die mittelalterli- chen Eigenthümlichkeiten des Gedichtes beigebracht, noch einige bestütigende Notizen zu geben. Das oben S. 12 besprochene induviae II, 120: Nec minus indwviis belli quam fulgidus armis, findet sich auch im Paneg. Bereng. III, 140: Indwvias cuncti rapiunt Mavortis anheli. Ebenso abscedere mit dem Dativ, wie I, 179: Absce- dunt aliis quoque castris obsidiones, so P. B. I, 267: Aut Italis Galli celeres abscedite terris (vgl. I, 225: armis abscedere). Bei demselben Dichter erscheint auch der oben S. 11. 13 der mittelalterlichen Latinität vindicierte häufige Gebrauch von utrimque und malefidus. Weiter das von Giesebrecht, K. G. III, 1017, hervorgeho- bene techna, II, 85: Castellis aliquam tractant obtendere fechnam (bald nachher durch dolos artesque erklärt): P. B. II, 227: In levi cumulans genitoris pectore technam (dafür im folgenden Verse dolus). | Köpke (S. 284) nimmt Anstoss an der Detailschilderung der Schlachten, die unser Dichter giebt; er nennt sie kleinlich und geschmacklos. Aber nicht blos der Lobredner Heinrichs hat die einzelnen meist aus Vergil, Lucan und der Vulgata ent- lehnten (vgl. oben die Noten) Züge für seinen König verwerthet; er stimmt hierin ganz, zum Theil wörtlich, mit dem Panegyriker des Berengar, mit Flodoard, Ermoldus Nigellus u. a. überein, ersterer geht sogar noch weit mehr ins Detail ein (I, 195 ff. IL 140 ff u. a). Hier wie dort erheben sich dichte Staubwolken; P. B. I, 189. Carm. III, 176, und lautes Kriegsgetöse entsteht, P. B. 1,190. Carm. I, 145. 158; es beginnt ein schreckliches Morden, die Erde ist von Blut geróthet, P. B. II, 102. 274. Carm. II, 163. Viele fallen im Getümmel ohne die Waffen gebraucht zu haben und werden von den Hufen der Rosse zerstampft, P. B. I, 197. 198. Carm. II, 187 f. Die weichenden Feinde fassen neuen Muth und dringen noch einmal vor, P. B. II, 182. 270. Carm. HI, 160 ff. Da erscheint der Führer selbst, hoch zu Ross, alle überragend, in glünzender Rüstung; wie ein Blitz führt er unter die Feinde und vor ihm weichen alle zurück, P. B. II, 106. I, 206. 223. II, 242. Carm. II, 170 ff. Die Nacht macht dem Kampfe ein Ende, P. B. U, 278. Carm. III, 80 G. WAITZ, 204. In jedem ähnlichen lateinischen Gedicht aus dem Mittelalter kehren diese ` Züge mehr oder weniger vollständig wieder. | Viele übereinstimmende Wendungen verlieren für den Beweis der Echtheit von ihrem Werth, weil sie aus allgemein bekannten antiken Quellen stammen, Aber doch sind auch sie nicht gleichgültig, weil sie gerade bei fast allen mittel- alterlichen Dichtern sich wiederfinden; es sind Schulformeln, in die der Gedanke ein für allemal eingezwängt erscheint; man merkt, dass das Lateinische nicht mehr die Muttersprache ist. Eine lange Reihe soleher Wendungen, oft ganze und halbe Verse, liesse sich anführen. Aber nur Einiges, was sich auf unser Gedicht bezieht, hebe ich hier hervor. Auffallend ist namentlich die Uebereinstimmung in Vers und Ausdruck zwi- schen dem Carmen und dem Poeta Saxo. Man vergleiche zunächst: Carm. WE III, 155: Nee íransire fuga poterant a. 180: Quem (Rhenum) transire tamen vada fluminis alti. nulla ratione valentes. scere nescis. : HL 265: nec adhuc gens victa quievit. 775, 9: numquam sub pace quiescere velle. 195, 3: quiescere nolens. L 21: studuit contraria regi. 188, 26: molitus fuerit contraria regi. L 176: Paz...datur hac sub Set 803, 28: Hac igitur pacis sub conditione. I, 120: tu surgis rursum ef victa quie- : 58: et vicla quiescere nescit. L 69: Conditione sub hac. 777, 28: Paruerat regi tali sub con- ditione. III, 23: Aequaturque solo. m 81: Aequatisque solo. ( 196, 32: Est aequata solo. I, 75: Sex ibi castellis multo munimine 189, 16: Et caput ipsius vallo munivit firmis utrumque Praesidia imposuit. Imponens et Pie. I 48: Eresburg iterum firmavit mu nimine forti. II, 67: Et nunquam violata fides. 188, 25: Quod violata fides esset. I, 71: Regia signa sequi. 787, 38: signa sequentes Regia. IH, 87: armis animisque vigentes. 718, 22: armis animisque priores. III, 222: animas in aperta pericula ve- 188, 17: mittere jam populos in summa stras Misistis. pericula. a. (92: suprema pericula. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 81 I, 236: Bello magnifice vulgus fundunt- 813, 45: Magnifice bellis regnum satis que fugantque. — amplificatum. L 150: nec prosperitas patet armis. - (191, 36: nec prosperitate priori | Sunt posthac usi. 112, 61: magna cum prosperitate. L 41: fama per aevum. l ds 46: fidumque per aevum. ... decus immortale per aevum. 803, 10: servire per aevum. III, 61: Hic et in arma rapit, quos pa- 787, 37: Ast orientalis qwos haec in tria misit Curia. proelia misit Francia. II, 225: Sie ibi dispositis rebus. . 190, 23: Dispositis ibi rebus. I, 44: abigunt armenta gregesque. . 809, 5: Nam cum pastores agerent ar- menía gregesque. Dazu spes salutis II, 199 u. 785, 28; placida pace IL, 3 u. placidam pacem 806, 3; fani profani 772, 55 u. fana profana III, 5; directo tramite II, 95 u. tra- mite recto 773, 9. 782, 42; condictum foedus, foedera pacis I, 238. II, 39 u. foe- dera condicta, foedere pacis 777, 8. 803, 3; indigenae I, 43 u. 775, 32. 797, 31; fluminis alti III, 135 u. alto flumine 789, 18. Ferner der gleichmässige Versschluss mit leto III, 147. u. 782, 83; mit phalanges III, 81 u. 788, 86; mit atris II, 27 u. 786, 33. Wie das Carm. öfter regius miles, so P. S. regius exercitus. Das o in Saxones ist bei beiden stets lang. Da diese Worte und Wendungen fast sämmtlich bei den andern Dichtern des Mittelalters zerstreut sich wiederfinden, so darf man nicht daraus allein auf Benutzung schliessen. In diesem Fall kommen aber andere Aehnlichkeiten hinzu. Nennt unser Verfasser die Sachsen III, 210 saxea gens und tadelt er III, 268 ihre duritia cordis, so erinnert das an den Poeta Saxo, bei dem es heisst, 814, 37: Saxonum saxea corda und 772,13: Saxonum natura ferox et pectora dura. Lees unser Dichter ihnen einen harten Nacken bei, so sagt der P. S. 775, 16: Non aliter gentis molliri pectora posse, Disceret ut cerviz reflectere dura rigorem Ingenitum. Ihre Gottlosigkeit und Unzuverlüssigkeit wird von SC mehrfach hart ge- züchtigt. Schlaue List und Betrug sind die Mittel, mit denen sie kämpfen. Sagt das Carm. I, 7: : Diffidens armis spem quaerit in arte salutis, so der P. S. 775, 14: Quod vi non poterant egerunt arte; heisst es dort II, 90: dolos artesque novas expromere, Histor.- philol. Classe. XV. L 82 G. WAITZ, so hier 782, 55: Immemores morum gentis simul ingeniique, Quod tanto varia plus nititur arie doloque Quo premitur bellis. Vgl. 777, 0: artibus variis; II, 95: fraudes dolosque u. 199, 106: dolis ac fraude. Aber auch dies würde noch nicht sicher zu dem Schlusse berechtigen, das unser Dichter den P. S. kannte, denn wiederum finden wir bei den übrigen mittel- alterlichen Poeten den Feinden, mit denen der Held zu kämpfen hat, vielfach die selben Prädicate beigelegt. Von den Sachsen sagt auch Hrotsuit G. O. I, 4: Ad claram gentem Saxonum, nomen habentem A saxo per duritiam mentis bene firmam; ühnlich wie Flod. IV, 735 von den Friesen: Ferrea Frisonum . . . frangere corda. Und lesen wir Carm. III, 36: Non divina fides, te non humana reflectat, so stimmt dies mit Einhard V. K.: Saxones, natura feroces meque divina neque humana jura vel polluere vel transgredi inhonenstum arbitrabantur. : Doch wenn dann der Dichter IH, 61 auf die Sachsenkriege Karl des Gr. sich bezieht, wenn er bei der Ergebung der Sachsen II, 180 ff. ausruft, ein solcher Sieg sei seit der Zeit Karl des Grossen keinem zu Theil geworden, so deutet er selbst an, dass er mit der Literatur jener Zeit bekannt ist, und wir sehen darin einen Hinweis auf den P. S., der 777, 27 und öfter von den Siegen Karls berichtet und auch die Ergebung der Sachsen in ganz ähnlicher Weise darstellt. | Der Anonymus kannte, das zeigt auch das Folgende, den Poeta Saxo, vie leicht auch die Schriften Eimhards: aus der Benutzung der V. K. und der Annalen desselben allein lässt sich aber nicht alles erklären. Auch dem Bilde, welches er uns vom König entwirft, hat als Muster Karl d. Gr. wie er beim P. 8. erscheint gedient. Wenig beweisen würde hierfür der Satz II, 203: Supplieibus mitis, contra- rius atque superbis (vgl. III, 280), der sich in etwas andererWendung P. S. 787, 1 u. 803, 43 wiederfindet; denn er, zurückzuführen auf Verg. VI, 853 und Ps. 11, 20 findet sich in den verschiedensten Modulationen bei fast allen mittelalterlichen Bio graphen!) Ebenso verhält es sich mit der Standhaftigkeit im Unglück und der Mässigung im Glück, I, 48 u. a. P. S. 814,269; denn auch dieser Tugend begegnet wir im Mittelalter gar häufig ê). Man urtheile vielmehr nach folgenden Stellen, die in diesem Zusammenhange nicht zufällig sein können: 1) Man vgl. z. B. Erm. Nig. II, 539; Eleg. II, 61. Angilb. (SS. II) III, 37. 47. 50-53; Flodoard V. P., Murat. SS. III, 2, S. 284. 308; Donizo (SS. XII) I, 1214; II, 24. 25; Otto FP G. F. III, c. 4; Wipo an vielen Stellen u. a. 2) Einh. V. K. c. 18; Greg. Registr., Jaffé IL, S. 10; Donizo I, 46 u. v. 2. Wipo c. 3 Ang., Flod., Erm. Zu Grunde liegt Horat. Sat. II, 2, 215. DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 83 Carm. P. S. III, 277: Exhorresve pio regi tua de-) 804, 33: Plus regis pietas et munifi- dere colla? centia fecit, Num pessumdatus est quisquam sibi Quam terror. Nam se quisquis com- deditus umquam ? miserit ejus Subdere clementi, supplex subster-; Egregiae fidei, ritus spernendo pro- nere mitt. anos, II, 219: Ingentesque viros extollit ho- Hune opibus ditans ornabat Aonori- noribus amplis. bus amplis. II, 45: (rex) egregia pietate nitens. 787, 5l: qui natura fuerat mitissimus. III, 252: Quis vel nunc veniam clemen- 195, 46: (rex) cujus clementia nulli tia regia donat. Reddiderat dignam tanto pro crimine poenam. III, 276: Victa resistit ei, cui nullus 775, 58: cum cunctis hostibus esset restitit umquam. Terrori, jam tunc audente resistere nullo. nomen amicis Auxerat externis regibus et populis. Dazu rex victor IH, 214 u. victor rex 791, 88; rex ultor II, 91. 267 u. rex justissimus ultor 797, 16; bei beiden ist der König tapfer und weise, fühlt er sich als Kämpfer für Gottes Ruhm. Freilich, auch unter diesen ist kein einziges Prädi- cat, das sich nicht mit einer ziemlichen Anzahl von Citaten aus den Dichtern des Mit- telalters belegen liesse: die vier Tugenden der Alten und die drei christlichen nicht minder, dazu noch eine ganze Reihe von stereotypen guten Eigenschaften schmücken vielmehr bei den Panegyrikern in oft bis auf's Wort stimmender Gleichmässigkeit fast alle Helden jener Zeit; doch wo, wie hier, so gar viele Uebereinstimmungen bei zwei Autoren sich wiederfinden, scheint mir die Annahme einer Benutzung nicht zu gewagt. Hatte also unser Dichter den Poeta Saxo studiert, so wirft dies ein neues Licht auf Stellen, die Anstoss erregt haben. Zunächst auf Worms, sofern seine Be- wohner mit einbegriffen sind in der III, 70 gepriesenen gens antiqua: schon Karl hatte sich von seinen Kämpfen oft dahin zurückgezogen, P. 3. 772,3; 116, 33; 779, 21; 784, 13; 787,26; 189, 46; 790, 6. 25. Und wenn der Dichter IH, 60 ff. sagt: Suevos unanimes dux fortis in arma Rudolfus. Quos prius expertos Saxonica bella celebrat Gloria quaesiti Carolo sub rege triumphi, so bezeichnet er als Schwaben offenbar die Alamanni, welche P. S. 778 59; 787,38 L2 1, 9: Cujus et externi gaudent juga 814, 297: Unde decus regni factis et ferre tyranni. ~ 84 G. WAITZ neben den Orientales Franci von Karl gegen die Sachsen aufgeboten wurden 1) (787,43 wird der Lech als Grenze zwischen Baiern und Alamannen bezeichnet), Weiter ergiebt sich, dass er unter den Parthi III, 65. 66: Signa ducis sequitur gens inclita Pojariorum, Quam totiens domitis celebrat vietoria Parthis, die Avaren versteht, welche der P. S. Huni nennt: hier hatte er von den öfteren Siegen der Baiern über diese gelesen, 778,30 ff.; 790,20; 791,63 ff.; 796,27; 799,100, Als zufällig wird man es ferner nicht ansehen, dass unser Dichter III, 67 grade den Baiern das ‘et numquam violata fides’ beilegt, denn eben von ihrem Herzog heisst es P. S. 788, 25: clarebat aperto, Quod violata fides esset, quod foedere spreto Tassilo molitus fuerat contraria regi. Ich möchte hierin eine N finden, dass der Dichter dem bairischen Stamme angehörte. Sollte es in Zukunft noch jemand unternehmen wollen, den angeblichen Fälscher aus dem Poeta Saxo, Lambert?) und der Vita Heinrici zusammenarbeiten zu lassen, so würde er vielleicht darauf hinweisen, dass statt Vangiones der P. S. Orientales Franci, statt Parthi Huni, statt Suevi Alemanni sagt. Köpke (S. 287) bezeichnet den Namen Vangiones für die Franken als „antiquarisch gelehrt und unpassend“; für unsern Dichter spricht aber u. a. Ragewin, der grade die Rheinfranken mehr- fach so bezeichnet; vgl. z. B. G. F. III, c. 14: Post celebratum apud ecelesiam sancti Guiberti pascha rursus ad superiores Vangionwm partes iter reflexit, ac in domum regalem, quam apud Lutra etc. Dass ferner die Bezeichnung Suevia für Alemannia nicht neu, ist hinreichend bekannt?) Die Parther angehend scheint mir zu beachten, dass Regino a. 889 (SS. I, 599) die Hungari von den Scythen ableitet und diese (mit Justin II, 2; vgl. Anm. 85 daselbst) das Reich der Parther begründen lässt: cum ipsi Parthos Bart . condiderint. Otto Fris. a. a. O. I, 3! lässt die Hunnen vom Jordan kommen. Huni, Ungari, Avari aber werden bei sehr vielen echt mittelalterlichen Schriftstellern gar nicht unterschieden. Da man aus 1) Kópke S. 284 meint: „Bei der Characteristik des Heeres III, 59 ff. durfte ferner m solcher Schriftsteller nimmermehr sagen, Karl der Grosse babe die Sachsen mit Hülfe der Schwaben besiegt‘. 2) Sind die von K. nachgewiesenen Uebereinstimmungen nicht zufällig, so hat Lambert das Carm. vor sich gehabt und einzelne Ereignisse nach seiner Tendenz abgeändert. 3) Vgl. z. B. Otto G. F. I, e. 8: eum illa tantum provincia, id est Suevia, a Lemanno E: vio vocetur Alemannia. s DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. 85 römischen Schriftstellern die schweren Kämpfe Roms mit den Parthern kannte, so lag es nahe, die óstlichen Feinde der deutschen Kaiser ebenso zu bezeichnen und mit jenen in Verbindung zu bringen; bei Rag. G. F. IIl, 3 erscheinen sie auch als Nachbarn der Polen: quamvis auxilio. vicinarum gentium, Ruthenorum, Par- thorum, Pruscorum et Pomeranorum etc, (vgl. auch Don. I, 1371). — Ein Fülscher hätte, denke ich, hier die in seiner Quelle sich darbietenden alten Namen bei- behalten. Ueberall zeigt unser Gedicht mittelalterliche Eigenthümlichkeiten, wie sie mit dem besten Willen ein Humanist sich nicht aneignen konnte. Wenn Otto a. a. O. I 19 die Welfen antiqua et nobilissima familia nennt, so dachte auch er vielleicht an Catulus. J/ersurae equestres II, 173 verrüth ebensowenig den ‘gelehrten Ver- fasser' (K. S. 287), wie Rag. IH, 37: vertibilem equum modo impetu vehementi di- mittere, modo strictis habenis in gyrum, ut huic negocio mos est, revocare etc. Köpke (S. 287) erkennt in dem Wort aedilis „humanistische Affektation“ ; „selten einmal“, sagt er, „kommt meines Wissens aedilis für ostiarius vor". Dennoch war es dafür ein im Mittelalter gangbarer Ausdruck, wie der alte Monachus Sangal- lensis bezeugt, der (SS. II, S. 738) folgende Erklärung giebt: dixit ad hostiarium vel scarianem suum, cujus dignitatis aut ministerii viri apud antiquos Romanos edi- liciorum nomine censebantur. Manche Gedanken und Worte gehen auf die Vulgata zurück. Wenn K. S. 287 in der Erörterung der Frage II, 60 — 67: an praestet multis multos an vincere paucis, einen modernen Charakter findet, so ist dagegen hinzuweisen auf 1. Macc. 3, 17—22, wo es heisst: Quomodo poterimus pauci pugnare contra mul- tiludinem tantam et tam fortem? Et dixit Judas: Facile est concludi multos in manus paucorum; et non est differentia in conspectu dei coeli, liberare in multis et in paucis, quoniam non in multitudine exercitus victoria belli, sed de coelo fortitudo est ete. Der Dichter hatte augenscheinlich diese Stelle vor Augen. Die Zusammenstellung pontifices comitesque III, 263 (K. S. 279) findet sich ebenso Flod. V. P. a. a. O. S. 292. Dort ist (S. 71) Papst Gregor II. virtutum et nominis heres, ähnlich wie bei unserm Dichter I, 38: Rex tam virtutum quam regni nobilis heres. Das ungewöhnliche ‘sub imagine recti! I, 29 findet sich als ‘sub imagine belli’ P. B. I, 24, bei Flod. öfter. Auch ist es wohl nicht gleichgültig, dass Conr. de Fabar. Cas. S. Galli, SS. II, S. 129, grade denselben Vers aus Vergil anführt: Parcit subjectis debellaturque superbos, der in dem Carm. III, 280 und dann ebenso bei Rag. III, c. 3 wiedererscheint. Der bemalten Schilde rühmt sich auch Murman gegen Witchar, wie oben S. 16 schon angeführt, bei Erm. III, 243: Seuta mihi fucata (tamen sunt candida vobis) Multa manent. 86 G. WAITZ, DAS CARMEN DE BELLO SAXONICO. Der advena aus Vergil taucht ähnlich wie Carm. I, 42 auch auf Don. IL, 1336: Advena vult miles nostras incidere vites. Es scheint nicht nóthig, noch mehr Analogieen aus den lateinischen Gedichten des Mittelalters vorzuführen. Es ist gar nicht zu verkennen, dass unser Werk mit allen diesen zu einer Familie gehört. Man lese dagegen die Austrias und die Ge- dichte von Celtes und Bebel, und der himmelweite Unterschied muss jedem ein leuchten. Ueber den Ligurinus, den Köpke zur Vergleichung heranzieht, sind mei- ner Meinung nach die Acten noch nicht geschlossen. | | | Ueber die Entstehung und Verwendung der im Sanskrit mit r anlautenden Personalendungen. Von Th. Benfey. Vorgetragen in der Sitzung der Kónigl. Gesellschaft der Wissenschaften vom 2. Juli 1870. I. Mit r anlautende Personalendungen im classischen Sanskrit und formatives Verhültniss derselben zu einander. S 1. In dem sogenannten classischen Sanskrit können bekanntlich dem Verbum vid ‘wissen’ (flectirt nach der zweiten Conjugations-Classe) in der dritten Pluralis des Ätmanepada Präsens, Imperfect und Imperativ eritweder die gewöhnlichen Endungen, bezw. afe, ata, atám, oder diesel- ben mit r anlautend, rate, rata, ratám angeschlossen werden, so dass diese Formen entweder vid-ate oder vid-rate, a-vid-ata oder a-vid-rata, vid-atám oder vid-ratám lauten dürfen !). In den Scholien zu der in der Note angeführten Stelle des Pänini werden Beispiele von vid in der Ver- bindung mit dem Prüfix sam gegeben, in welcher das Activ dieses Ver- bum nur durch das Ätmanepada ausgedrückt wird 2); derartige erschei- nen auch in dem Gedichte Bhattikävya, welches vorzugsweise den Zweck verfolgt, den Leser mit den grammatischen Formen des Sanskrit bekannt zu machen. Das Verbum d ‘liegen’, im classischen Sanskrit Ätmanep. und eben- falls nach der zweiten Conj.-Cl. flectirt, muss diese mit r anlautenden Endungen nothwendig anknüpfen, bildet also nur ge-rate, a-ge-rata, çe- 1) Pänini VII. 1, 7; meine Vollst. Gramm. d. Sskrit $. 813. 2) Värtikä 1 zu Pän. I. 3, 29; Vollst. Gramm. d. Sskr. $. 790. 88 TH. BENFEY, ratám 5). Diese Regel ist nicht bloss im Bhatfikävya angewendet, son- dern es ist auch schon ein Beispiel dafür aus dem Rämäyana nachge- wiesen. ^. In den Veden erscheinen diese Formen auch bei andern Verben ? " vgl. IV. Abschnitt S. 30 ff. | S. 2. Ausserdem gehören zu dieser Categorie noch die regelmässi- gen Personalendungen der dritten Plur. Ätmanep. und Passivi des Pfect. redupl., so wie das auslautende ran derselben Personen und genera im Potential und Precativ. S 3. Die des Pf. red. lautet re, mit Bindevocal i-re. Sie erklärt sich aus der in $. 1 erwähnten rate durch die in den Veden nicht sel- ten eintretende Ausstossung des af zwischen dem r und dem dem f fol- genden Vocal P, Alle Bedenken gegen diese Erklärung schwinden durch 3) Fan. VIL 1, 6; Vollst. Gr. 8. 813. 4) bei Westergaard, Radices linguae Sanscritae unter (i. 5) Pän. VIL 1, 8; Vollst. Gr. S. 366 n. 5, wo aradhram zu streichen. 6) Meine kurze Sanskrit-Grammatik S. 95; Dän, VII. 1. 41; Vollst. Gr. $.813. IV. Zu den an der letzten Stelle angeführten Beispielen für die Einbusse von at und blossem: liessen sich jetzt noch manche andre fügen; ich beschränke mich auf einige, so duh-rám für und neben duh-ratám, 3 Plur. Imperat. Àtm. und Pass. Atharv. V. III. 20, 9; VII. 7, 27. XVII. 4, 4; 5; cay-ám für çê-tåm, 3 Sing. Imper. Am, von gi Atharv. V. VI. 134. 2. Auffallender ist vevijé für vevijá'te mit Einbusse des langen, â in Rigv. I. 140, 3. Säyana glossirtes richtig durch 3 Dual. Präs., aber die unglückselige Annahme, dass in den Veden alle Formen verwechselt werden können, bestimmt ihn es für vevikte 3 Sing. zunehmen; in diesem sei t eingebüsst und der Sing. stehe für den Dual. Die Einbusse des langen â erklärt sich daraus, dass das anlautende d der 2. und 3. Dual. Ätman. in den Veden mehrfach kurz gelesen werden muss (Petersb. Wtbch. unter 1 ac, vgl. z. B. Rv. 1. 2, 8 brihantam ágüthe wo "tam ácáthe eine iambische Dipodie reprüsentirt; ebenso ägäte I. 25, 6. eben so äsäte von äs Rv. I. 41, 5, wo aber Sámav. II. 3, 1, 7, 2 ebenfalls ägäte liest ; ganz eingebüsst ist dieses â in didhithám Atharv. V. Il. 12, 5 von didhi 2 Du. Im- perat.; da diese Form aber für regelrechtes didhyáthám steht, wie Taittir. Ärany. IV. 20, 8 hat, so ist wahrscheinlicher, dass in didhithám ^yá?, wie in den Veden 50 oft, zu ê zusammengezogen ist). © Ferner vimokshye für vimokshyate von muc W UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. Mr ANL. PERSONALENDUNGEN. 89 die Atharv. Veda X. 3, 15 erscheinende Form gere statt cerate (in S. 1). Die Stelle lautet: yäthä vá'tena präkshinä vrikshá'À cére nyàrpitáA| evá' sapätnäms tväm máma prä kshinihi ny àrpaya| ‘Wie Bäume, vom Winde vernichtet, niedergeworfen liegen, so vernichte du, wirf nieder meine Feinde! Die Endung der dritten Plur. Pf. Ätm. ist also eben so gut iden- tisch mit der entsprechenden des Präs., wie die der lten und 2ten Sing. sasipatsye für °yate von pad 3 Sing. Fut. im Chänd. Up. VI. 14, 2 Cale. p. 460 nach den Commentaren, aber fraglich. Das Petersb..Wtbch. hat auch anajá (Padatext anaja) Rv. V.54,1 für anakta (ved. 2 Plur. Imperat. Parasm. von anj) genommen; dafür scheint auf den ersten Anblick arcata im zweiten Halbvers zu sprechen. Es ist aber bis jetzt kein Bei- spiel des Ausfalls vont in 2 Plur. nachgewiesen, wie denn auch Pän. ihn nur in der 3. kennt. Ich nehme daher anajd für 1. Sing. Imperat. statt anajäni (‘ich will herr- lich schmücken dieses Lied . . . . ihr sollt singen’); über die Stellen, wo Bollensen diese Form nachgewiesen hat, zu denen man diese füge, vgl. man denselben in der Zeitschr: d. dtschen Morgenl. Ges. XXII. 577. Beiläufig bemerke ich, dass auch Säyana, wenn gleich nicht hier, wo er anaja für 2 Sing. Imperat. nimmt, ohne aber ein Wort zur Erklärung der Gestalt zu verlieren, doch wenigstens an einer Stelle diese Er- klärung kennt; IV. 18, 2 fasst er nämlich ayd als Vertreter von ayäni; VI. 59,1 dagegen glossirt er zwar vocä nicht ganz unähnlich durch bravimi, betrachtet es aber irrig als Vertreter von vocam, avocam 1 Sing. Aor., vielleicht nur weil ein vocâni in der klassischen Sprache nicht möglich ist. Allein auf eine grammatische Regel beruft er sich bei seiner Identification von ayá mit ayámi nicht und zur Zeit der Constituirung des Pada-Textes kann diese Auffassung nicht existirt, oder we- nigstens nicht die Beistimmung der Verfasser desselben gefunden haben; denn sonst würden sie nicht das in der Sarühità auslautende lange d dieser Formen durchweg verkürzt haben (vgl. die bei Bollensen citirten Stellen im Padatext) Uebrigens halte ich nicht alle von Bollensen so aufgefasste Stellen für 1Sing. Imper., sondern manche für 2; so z. B. I. 64, 1 bhará; VI. 52, 13 namasyá' und ramdyá. Beiläufig bemerke ich, dass VI. 49, 8 bei Bollensen wohl ein irriges Citat ist; denn das in diesem Vs. vorkommende vacasyâ gehört nieht hieher und wird auch von Bollensen nicht ausdrücklich aufgeführt; für IX. 52, 2 sollte wohl IX. 53, 2 stehen, wo aber Pada stdvá richtig als stávai fasst (Samh. hat stává ábibhyushá). Histor.- philol. Classe. XV. M 90 TH: BENFEY, Dual. und Plur. und der 3ten Dualis. Die 3te Singularis unterscheidet sich nur durch die Einbusse des t (Präs. te, Pf. e), welche in den Ve den auch im Präsens erscheint z. B. crinv-é für gewöhnliches çrinu-té vermittelst crinu-é. &. 4. Ausser in 3 Sing. und Plur. Prüsentis (vedisch) und Perf. des Ätman. erscheint die Einbusse von af oder f noch vedisch in 3 Sing. und Plur. des Imperativs und 3 Plur. des Imperfects Átmanep., und in der gewóhnlichen Sprache durchweg in 3 Sing. Aor. Passivi. Da sonst f im Skrit zwischen Vokalen nicht ausfállt, so kann der Grund nicht, wenigstens nicht allein, in einer besondern Schwäche dest liegen. Er ist vielmehr, wie der so vieler lautlicher Erscheinungen, im Accent zu suchen. Was die Einbusse in 3 Sing. betrifft, so hatte die Endung des Prä- sens Átman. in der Grundsprache den Accent und hat ihn im Sskr. in der ganzen zweiten, d. h. ursprünglichen Conjugation, mit wenigen Aus- nahmen bewahrt. Dadurch erklärt sich die Einbusse des f z.B. in Fäl- len wie çrinv-é für erinu-t6 mit Leichtigkeit. Ausnahmen bilden die Verba, welche das Activum nur durch das Ätmanepada ausdrücken, und die vokalisch anlautenden, keine Verstärkung des Themas bedingenden, En- dungen bei reduplicirenden Verben 7). In beiden Fällen wird die En- dung nicht accentuirt, z.B. íc II. 2. Ätm. accentuirt fsh-te und aus die- ser Accentuation ist nicht zu erklären, wie so f,-e (vedisch) statt dessen erscheint. Allein die Geschichte der indogermanischen, speciell sam skritischen, Accentuation zeigt, dass die erwähnte inig und analogen Ver- ben nicht ursprünglich war, sondern die Endungen den Accent erst Ver loren, als durch den Mangel entsprechender Formen des Parasmaip. die eigentlich átmanepadische Bedeutung aus dem Sprachbewusstsein ver- schwand und die, im Ganzen wenigen, Verba dieser Art auf diese Weise aus ihrer grammatischen Categorie herausfielen. Daher findet sich in den Veden auch noch in diesen Fällen die Accentuation der Endunge" z. B. von idh (indh) Ätman., indhé, indháte, dagegen in Uebereinstimmung 7) Vollst. Gr. $. 813 vgl. mit 8. 824. UEB. D. ENTSTEH. D VWD. D. IM SKR. Mr ANL. PERSONALENDUNGEN. 91 mit dieser Ausnahme nur índhána (s. Petersb. Wtbch. unter idh); von ie finden sich zwar in den finiten Verbalformen die Endungen ohne Accent, aber neben dem Ptep. fçána mit Proparoxytonirung, welches sich dieser Accentuation anschliesst, findet sich auch Zednd in Anschluss an die alte der Endungen. Man kann daher sagen, dass sich hier die arbitrüre Ausstossung des ? im Präsens (ved.) geltend machte, als beide Accentua- tionen noch neben einander bestanden. Bezüglich der zweiten Ausnahme, z. B. in Fällen wie jöguv-e, von jogu, Redupl. von gu ‘tönen’, für jogu-té ist die Einbusse des t Folge dieser letzten Accentuation; erst nachdem nun die Endung den anlau- tenden Consonanten eingebüsst hatte, trat der Accent in Analogie mit der für die vokalisch anlautenden, nicht verstürkenden herrschend ge- wordenen Accentuation (z. B. 1 Sing. jóguv-e, 3 Plur. jóguv-ate), eben- falls auf die Reduplication. In 3 Sing. Pf. ist die ursprüngliche Accentuation der Endungen im Sanskrit die herrschende geblieben und daher mag es sich erklären, dass hier das ursprüngliche £ durchweg eingebüsst ist, also z. B. für orga- nisch *ni-ni-t6 stets ni-ny-é vermittelst *mini-é. Bezüglich 3 Sing. des Imperativs verhält sich die Accentuation in der 2ten, der ursprünglichen, Conjugation, wie in der 3 Sing. Präs. Da- her auch hier ved. arbitrüre Einbusse des t z. B. für *duA-tám (in der gewöhnlichen Sprache dugdhá'm) ved. duh-ám (vgl. noch aa. Beispiele bei Bollensen in ZDMG. XXII, 576). Was die 3te Sing. Aor. Pass. betrifft, so ist nach Pänini in nicht augmentirten Formen das auslautende i accentuirt. Denn dieses (fror be- zeichnet) ist ein Substitut8) des Tempuscharakters, welcher fe» bezeichnet wird und demnach den Accent hat9), Nach der indischen Darstellung ist hinter jenem auslautenden i die eigentliche Personalendung, nämlich ta, abgefallen 10). Diese Accentuation findet sich auch im Sämaveda eu Pän. III. 1, 66. | | 9) Pän. VI. 1, 163; dass dieses die Accentuation dieser Form sein soll wird auch durch das c (9) in ein nochmals bezeichnet. 10) Pän. VI. 4, 104. M2 92 TH. BENFEY, I. 1. 2. 3. 5 in dhdyi und für die Ursprünglichkeit derselben spricht das Verhältniss des Aorists zum Imperfect und des letzteren zum Prä- sens. Denn die nicht mit Präteritis von as zusammengesetzten Aoriste, d. h. die von mir als einfache und mit nr. 1. 2. 3 bezeichneten, sind ursprünglich Imperfecta und alle Imperfecta haben, wenn nicht augmen- tirt, dieselbe Accentuation wie das Präsens, welches ihnen entspricht, oder entsprechen würde. Zu diesen einfachen d.h. nur durch Augment (oder Augment und Reduplication) und die Personalendungen des Im- perfects gebildeten gehört aber auch diese 3te Sing. Aor. Pass. z. B, a-jan-i von jan. Die Endungen des Imperfects sind aber, wie schon oft bemerkt, blosse Abstumpfungen der entsprechenden Präsensendungen. Das i in dieser Form verhält sich zu dem auslautenden e des Präsens, wie das í in 1 Sing. Dual. und Plur. Impf. zu demselben e (vgl. z. B. l S. Präs. crinvé, Impf. a-erinv-i, 1 Du. Präs. crinu-vdhe, Impf. é-crinu-vahi, 1 Plur. Präs. crinw-máhe, Impf. d-grinu-mahi; hätte diese Schwächung auch in 3 Sing. durchweg Platz gegriffen, so würde der 3ten Sing. çrinuté im Impf. nicht d-erinuta, ohne Augment crinu-tá, sondern *d-erinu-ti, ohne Augment *erinu-ti gegenübergetreten sein. Dieses ist aber in den For men geschehen, auf welchen die 3. Sing. Aor. Pass. beruht, so dass auch : hier die Accentuation den Ausfall des £ erklärt *jan-i für *jan-t statt *jan-tá aus *jan-té. In dieser Erklärung dürfen wir uns nicht dadurch irre machen las- sen, dass in Wirklichkeit diese Accentuation nur an der angeführten Stelle des Sámaveda erscheint, wührend der Rigv. an dieser, welche in ihm X. 46, 1 vorkómmt, dhá'yi accentuirt und eben so céti I. 93, 4; jáni L 141, 1; d4'yi I. 139, 1 (wo Sámav. I. 5. 2. 3. 5 eine Variante hat), dhd'yi auch I. 158, 3 und VIL. 5, 2; védi IV. 16, 4 (= Ath. V. XX. T7, 4), sädi X. 98, 5. Da auch in allen übrigen Aoristformen, ausser der Tten, der Accent schwankt 11. so werden wir auch hier Ms nehmen haben, dass einst beide Accentuationen herrschten, aber die 11) s. Vollst. Gramm. $. 840, S. 382 n. 2; §. 841, S. 383 und n. 1. 5 S. 387 und n. 5. 6. 7. 8. 848; 8. 851; 8. 852. * UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IMSKR. M. # ANL. PERSONALENDUNGEN. 93 Oxytonirung aus den angeführten Gründen für die ursprüngliche er- klären. Den zweifelhaften Ausfall von at im Futurum, so wie das vereinzelt stehende vevije (s. n. 6 zu S. 89) lassen wir, als für unsirrelevant, un- erórtert. $. 5. Schwieriger ist die Erklärung des Ausfalls von a? in den 3ten Personen Pluralis, speciell der Nachweis des Grundes, durch wel- chen er in der vedischen Prüsensendung und in der gewóhnlichen des Pf, nämlich re für rate (vgl. $. 3), herbeigeführt sei. Die Endung der ten Plur. Präs. Parasmaip. (Activ zer eğoyýv), welche uns in der bekannten Phase der indogermanischen Sprache ent- gegentritt, ist anti 12). Ihr entspricht im Ätmanep., der allgemeinen Ana- logie gemäss, ante (für organischeres antai), welches in der ganzen zwei- ten Conjugation durch Einbusse des » zu ate wird. Demgemäss ist auch für rate als organischere Form rante hinzustellen. Wo nun anti, ante, oder deren Repräsentanten ati, ate, den Accent bewahrt haben, — d. h. in der ganzen zweiten Conjugation, mit denselben Ausnahmen wie in $. 4 — haben sie dem allgemeinen Accentuationsprincip gemüss, wonach in ac- - centuirten Affixen der Accent auf deren erste Sylbe fällt, fast ausnahms- los den Accent auf dem a, woraus folgt, dass im Sprachbewusstsein zur Zeit dieser Accentuation dieses a als ein Theil des Affixes gefühlt ward. Ob dieses aber schon ursprünglich der Fall war, wird mit Sicher- heit nicht eher zu entscheiden sein, als bis die Entstehung dieser Plu- ralform auf eine jeden Zweifel ausschliessende Weise erklürt ist, woran bis jetzt noch viel fehlt !5). Vergleicht man aber die übrigen acht Formen der Personalendun- gen des Prüsens, welche in ihren letzterreichbaren Gestalten kein anlau- tendes a zeigen, so wird man sehr zweifelhaft darüber, ob es ursprüng- lich ein wesentlicher Theil des Affixes gewesen sei und geräth auf die Vermuthung, dass es entweder unmittelbar als Bindevokal eingedrungen 12) vgl. ‘Ueber einige Pluralbild. u. s. w.’ in Bd. XIII, S. 44, bes. Abdr. S. 8, 13) ebds. S. 45 (9). 94 TH. BENFEY, sei 14) oder mittelbar von der ersten, der a-Conjugation her, deren a aber mir auch jetzt noch nur ein Bindevokal zu sein scheint 19), Ist diese Vermuthung zulüssig. dann konnte dem "-— Accentuationsprincip gemäss, wonach der Accent ursprünglich nie auf ein bedeutungsloses Wortelement fallen durfte, nicht das a accentuirt werden, sondern wo das Affix den Accent bewahrte, musste er auf den Vokal der Personalendung fallen, im Átmanep. speciell auf dase. Und dass diess im Sanskrit einst wirklich geschehen sei, dafür spricht ganz entscheidend der Umstand, dass in den Veden, die so viel archaistisches bewahrt haben, grade im Ätmanepada in den sogleich anzuführenden Formen diese Accentuation noch erhalten ist. Ehe wir diese aber mit- theilen, wollen wir auf noch einen Punkt aufmerksam machen, welcher, selbst wenn diese Accentuation nicht bewahrt würe, für ihre einstige Existenz gesprochen haben würde, zugleich aber auch die Entstehung von afe aus ante begreiflich macht und unsre Erklärung von re aus rante nicht wenig erleichtert und sichert. Es wird nämlich in vielen Fällen, wo einer accentuirten Sylbe eine mit einem Nasal anlautende Doppelconsonanz vorhergehen müsste, der Nasal eingebüsst; so wird z. B. man mit Affix tá zu matá, man mit t (lat. ment) zu matí (so in den Veden accentuirt und zwar dem Ursprung gemäss 16), bandh mit yd (Passiv) badhyd, ved. Pf. red. selbst bedh-is, bedh-i-shé, indem der Accent zuerst den Verlust des m herbeiführte und dann in Folge davon zu der Analogie der Verba mit a zwischen zwel einfachen Consonanten, von denen der anlautende in der Reduplication keinen Stellvertreter erhält, überleitete; aus demselben Grund ward ur- sprüngliches *an-dhás zu adhás griech. Zv9sv, *ambhá zu ubhd gr. Gut lat. ambo und aa. in unerschópflicher Fülle. 14) vgl. Bopp, Vgl. Gr. $. 458 und 8. 437. 15) meine kurze Sskr. Gr. S. 72 vgl. mit 86 Bem. 4 und 83. 16) aus *matí fem. von matá; wegen der Verkürzung des i vgl. ved. rátri ge wöhnlich rátri, yuvati für und neben yuvati und aa. Wegen der Bed. vgl. man den Gebrauch des Ntrum. des Ptcp. Pf. Pass. als Abstract (Pän. II. 3, 114 und in der Literatur oft). UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. M. 4: ANL. PERSONALENDUNGEN. 95 Auf eben dieselbe Weise nun erklärt sich, dass ante, in Folge der ursprünglichen Accentuation auf dem e, in der zweiten Conjugation durch- weg bekanntlich das n einbüsst, zu ate, mit r, rate wird. Davon giebt es, soviel mir bekannt, in den Veden in Bezug auf das Prüsens nur eine (s. im IVten Abschnitt $. 29), in Bezug auf die sich daran schliessenden Tempp., Imperfect und Aorist, nur ganz wenige Ausnahmen, in denen sich das organische n erhalten hat. Die von mir bemerkten Stellen, in denen sich die Accentuation des e, natürlich Zugleich mit Einbusse des n, erhalten hat, sind indh-ate Rv. IV. 8, 5. VIL. 43, 27. VIII. 45, 1 (wo aber der Sámav. I. 2. 1. 4. 9 und IL 5. 2. 21. 1 der herrschenden Regel gemäss indhäte accentuirt; Vas. S. dagegen VII. 32 stimmt mit Rigv.); tanv-ate I. 115, 2 (auch Ath. V. wo XX. 107, 15) VI. 46, 12; 59, 7; pun-ate Re, LX... MO A (Passiv); rin-até (von rí zerfliessen, zerbrechen) V. 58, 6; rih-até VIII. 20, 21 (wo aber Sámav. I. 5. 1. 2. 6 regelrecht rihdte liest); endlich sprinv-até VIII. 2, 5. Aus dieser nach obigem einst wahrscheinlich sehr verbreiteten Ac- centuation erklärt sich also sowohl der Verlust des n in org. *rante als auch die Synkopirung von rate zu re. Zu re, bemerke ich schon hier, verhält sich die ved. Endung des Imperf. ra (in a-duh-ra) für rata, wie diese zu rate (a-ge-rata zu ce-rate). $. 6. Im Potential und Precativ Átman. und Passiv, — oder ge- nauer im Potential allein: denn die Endungen des Ätman. des Precativs sind bekanntlich der Potential des Vb. as sein — lautet die Endung ran; in den Veden erscheint diese auch im Imperfect und Aorist. (vgl. IV. Abschnitt). Um deren Entstehung zu erklüren, müssen wir zuerst festhalten, dass weder durch Einfluss von Lauten (Buchstaben) noch Accent her- vortretende phonetische Erscheinungen durchgreifend sind; sie dehnen ihren Einfluss nur nach und nach immer weiter aus, erringen einerseits eine ausgebreitetere Herrschaft in Sprachen, welche sich lange ohne Li- teratur entwickelt haben, und werden andrerseits durch die Entwicklung einer Literatur in ihrer weiteren Verbreitung mehr oder weniger ge- 96 TH. BENFEY, hemmt. So ist z. B. die Verwandlung eines d in einer Sylbe, welche einer accentuirten vorhergeht, zu í überaus häufig z. B. pitá aus pá ‘trinken’ mit tá, insbesondre im Präsensthema der Passiva (z. B. sth: sthi-yd und aal: dennoch unterbleibt sie z. B. in Ahyd: khyd-yd und aa. Es darf uns daher nicht in Verwunderung setzen, wenn trotz dem, dass in der Endung des Präsens nie die volle Form rante erscheint, sich das n dennoch im Imperfect erhalten hat. Ganz analog findet sich in den Veden Är-anta von kar (kri) Rv. I. 141, 3 und nonuv-anta von nu Ry. IV. 22, 4 mit anta statt ata, wie die Regel gefordert Haben würde. Wir erklären demnach ran als eine Verstümmelung von ranta, die wesentlich auf dieselbe Weise entstanden ist, wie die Endung des Präs. Parasm. anti im Imperf. zu an ward, nämlich durch Einfluss des accen- tuirten Augments. Für die Richtigkeit dieser Erklärung sind drei Umstände ent- scheidend: 1. Statt der regelmässigen Endung des Potentialis ran erscheint ved. dreimal rata, nämlich jushe-rata Rv. 1. 136, 4; X. 65, 14; bhare- rata X. 36, 9, und cue-yav-i-rdta VIII. 9, 817). Ebenso im Precativ mam-si-rata X. 31, 5. Beide Formen ran und rata vereinigen sich nut durch Zugrundelegung von ranta. 2. Statt des gewöhnlichen Impf. von «f a-ce-rata erscheint ved a-ce-ran Rv. I. 132, 1. 3. Endlich erscheint ved. neben a-va-vrit-ran, 3 Plur. des Aorist. III Ätman. von vart (vrit) Rv. L 164, 47; 111.32, 15. X. 18, 3; Ath.V. XII. 2, 22; 41, die volle Form a-va-vrit-ranta Be IV, 24, 4 !9). Was das Verhältniss des Potent. (griech. Optativ) Ätman. zum Im- perf. betrifft, so wird er durch den Indicativ des Imperf. des in den 17) Das Petersb. Wörterb. hat (unter cyu) irrig cucyuviróta und cucyuvimáhi; die Verwandlung des u in av erinnert an die Verwandlung von auslautenden z, 4, Ch reduplicirter Themen vor der Endung ws in 3 Plur. Impf. Vollst. Gr. $. 799. 815. 18) Danach bitte ich Or. und Oce. III. 240 Z.14—16 zu corrigiren und Z. e 72 statt 27 zu lesen. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. Mr ANL.PERSONALENDUNGEN. 97 Veden in der Bed. ‘bittend angehen’ ‘bitten’ ‘wünschen’ erscheinenden Frequentativs von i ‘gehen’ nämlich ? gebildet. $. 7. Schliesslich wollen wir die bis jetzt vorgekommenen Formen dieser Endungen nach ihrer Verwandtschaft übersichtlich zusammenstellen : rante unbelegt (vgl. aber$.29). ranta ved. Ätmanepada und Pass. Aor. III. rate Ätman. Präs. rata, ved. Impf. Ätm. ran, Ätm. re Ätm. und Pass. Pf., und Pass. ; und Passiv ved. auch Präs. Potent. und Precat. Potent. u.Prec.; Átm. und Pass. ved. auch ra ved. Impf. Pass. Impf. und Aor. 1 und 3. Alle diese Formen erscheinen also nur im Átmanep. und im Pas- siv. Im IVten Abschnitt werden wir noch einige kennen lernen; aber auch deren Verwendung ist auf diese zwei Verbalarten beschrünkt. IL Bisherige Vermuthung über die Entstehung dieser En- dungen und Widerlegung der dafür angeführten Gründe. $. 8. Bopp hat zuerst 1834 in seiner ‘Kritischen Grammatik der Sanskrita-Sprache in kürzerer Fassung $. 272 19 Anm. 4' die Vermu- thung aufgestellt, dass das anlautende r dieser Endungen für organisches s stehe. Diese trügt er auch in der Vgl. Gramm. S 468 n. (1. Aufl. S. 674; 9. Aufl. Bd. IL S. 312) und $. 612 (1. Aufl. S. 852; 2. Aufl. Bd. IL. S. 694) vor. An der erstern Stelle der Vgl. Gr. wird speciell die Endung des Potential ram, z. B. in dadtran (von dá 'geben), wie schon &. 272, Anm. 4 der kürzeren Sskr.-Grammatik, mit dem oa» in didoígoe» zusammengehalten, und zwar mit Hinzufügung der Worte: dem ein Medio-Passiv didoroerro oder dıdoıoavro zuküme. An der zwei- 19) In der Vgl. Grammatik 8. 612, 1. und 2. Ausg. und selbst in Bréal's trefflicher Uebersetzung ist irrig 372 gedruckt. Histor.-philol. Classe. XV. N 98 TH. BENFEY, ten Stelle der Vgl. Gr. heisst es: ‘Wenn dem so ist’ (nämlich wenn r ‘eine Entartung’ von s), ‘so würde dieses r dem Verbum substantivum angehören und daran zu erinnern sein, dass auch im Griechischen dieses Verb. in gewissen Tempp. nur in der 3ten P. pl. sich sehen lässt, wäh- rend die übrigen einfach sind (£0/0ocev, &dooev)'. Ist die Vermuthung schon hier conditionell ausgesprochen, so wird ihre Unsicherheit in Be- zug auf das re im Pf. in demselben S. 612 noch bestimmter durch die Worte hervorgehoben: ‘Es ist kaum möglich über diese Endung eine zuverlässige Auskunft zu geben. Und diese Mahnung zum Zweifel ist in der That um so mehr angezeigt, da für die Möglichkeit des Ueber- gangs vons in r im Sanskrit nur eine Erscheinung verglichen war (näm- lich der Uebergang von ursprünglich auslautendem s in r im Zusam- menhang des Satzes), welche, wie wir weiterhin sehen werden, zu glei- cher Annahme in einem einfachen Worte, also z.B. zu dem Uebergange von organischerem vid-sate in vid-rate nicht die geringste Berechtigung gewährt. | $. 9. Dennoch hatte diese Vermuthung — theils durch die Aehn- lichkeit des griech. oe», theils wegen der häufigen Bildung von Verbal- formen durch Zsstzg. mit Formen des Vb. substantivum — so viel Blen- dendes, dass nicht bloss Bopp daran festhielt 20), sondern auch andre und unter diesen auch der Vf. dieser Abhandlung sie annahmen. Doch fühlte dieser, dass sie entscheidenderer Analogien für Annahme ei- nes Uebergangs von s in r bedürfe und verwies daher an der Stelle, wo er sich ihr anschloss 211. auf die Regeln, nach denen ursprüngliches $ zu r wird: 1) auch in Zusammensetzungen , also innerhalb von Wörtern (z. B. jyotir-antka ‘dessen Antlitz Licht ist’, jyotir-jaráyu ‘von einer Luft- hülle umgeben’, aus jyotis-, und vedisch anar-vic *wagensitzend' aus anas-) und 2) selbst in einfachen Wörtern, wenn das Affix ein mit tönenden Consonanten ausser y anlautendes ist (z. B. jyotirmaya ‘aus Licht gebildet) oder eine mit dA anlautende Casusendung (z. B. jyotirbhis Instr. Plur 20) vgl. noch dessen 3. Aufl. der Kürzeren Sskr.-Gr. 1863 8. 272 Anm. 4 21) Vollst. Gramm. 1852 8. 813, 8. 366, n. 4. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. M. r ANL. PERSONALENDUNGEN. 99 von jyotis). Diese Analogien schienen ihm damals, wo er die Geschichte der Lautgesetze des Sskrit noch nicht hinlünglich erkannt hatte, bedeu- tend genug, um vedisch a-sthi-ran (für organischeres *a-sthi-ranta), 3. Plur. Aor. von sthä ‘stehn’, gradezu mit dem regelmässigen a-sthi-shata (für organischeres *a-sthi-santa) gleich setzen zu dürfen und so einen Fall hinzustellen, in welchem dieser Uebergang unumstösslich vorzuliegen scheinen konnte. $. 10. In meiner Kurzen Sanskrit-Grammatik 1855. S. 96 fügte ich noch einiges hinzu, welches für die Annahme dieses Uebergangs zu sprechen schien. Allein dcishe Väj. S. XII, 49, welches Mahidhara mit ucire 3 Plur. Pf. Átm. von vac identificirt, ist von diesem verkannt; es ist und bedeutet die 2. Sing. und ist auch so von Säyana zum Rigv. ??) er- klärt, wo diese Stelle III. 22, 3 erscheint. Ausserdem identificirte ich an derselben Stelle zendisch bu-yäres, jam-yáres mit sskr. bhú-yásus, gam-yásus und da man damals (1855) die sskr. Endungen mit r in einigen ähnlichen zendischen reflectirt glauben durfte, so schien mir der Nachweis von r für s im Zend, diesem getreu- sten Gefährten des Sskrit, einer der entscheidensten Gründe für die Be- rechtigung, denselben für das r dieser Endungen auch im Sskr. annehmen zu dürfen. In der im XlIIIten Bde. dieser Abhandlungen veröffentlichten Schrift 25) glaube ich nun nachgewiesen zu haben, dass diese Identifika- tion nicht aufrecht erhalten werden kann. Da die übrigen von Bopp und mir geltend gemachten Gründe für die Entstehung von r aus s in diesen Endungen (nämlich die in S. 8. 9 aufgeführten), wie ich schon damals erkannt hatte und in 8. 12—15 nachweisen werde, völlig bedeu- tungslos sind, so nahm ich keinen Anstand in der angeführten Schrift (S. 63, 64, bes. Abdr. S. 29, 30) zu bemerken 'dass . . . . die Frage über die Entstehung dieses r, welche abgeschlossen zu sein schien, wie- der eine offne wird’. 22) Bd. II, 8. 743 der M. Müller'schen Ausg., welcher 1854 erschien und mir, als ich die kurze Skr.-Gr. schrieb, noch nicht zugänglich war. 23) Histor.-phil. Cl. S. 57 ff., bes. Abdr. S 21 ff. N2 100 i TH. BENFEY, S 11. Adalb.Kuhn, welcher in seiner eingehenden Kritik von W, Scherers Werke 'zur Geschichte der deutschen Sprache' auch diese Frage berührt, erkennt zwar an ?5, dass mit Zurückweisung jener Identifici- rung ‘die bisherige Auffassung der indischen Endungen re und ran eine wesentliche Stütze verliert, glaubt sie aber dennoch festhalten zu kón- nen, und zwar zunächst aus dem schon von Bopp geltend gemachten Grunde (vgl. S. 8, den wir in S. 12 in Betracht ziehen werden. Ferner macht er geltend, dass bei dem Vb. substantivum, as, sich noch ein im Sanskrit ganz isolirt stehender Uebergang findet, nümlich der des s in À in der Bildung der lten Sing. Ätm. des ersten Futur durch Zsstzg. des Nomin. sing. msc. eines Nomen agentis mit der lten Sing. Präs. Ätm. von as, z. B. dátá-he ‘ich werde geben' und auch, nicht zu vergessen, in der Verbindung mit den Präfixen vi ati, vyati-he "ich überwiege 25). Bei meiner Ansicht über die Entwickelung der Lautgesetze einer Sprache werde ich der letzte sein, die Möglichkeit zu bestreiten, dass sich eine phonetische Erscheinung nur in einem Falle geltend machen könne. Aber es wird jeder zugestehen, dass dann Zweifel an der Be- rechtigung dieser Annahme solange erlaubt sind, als sie nicht durch an- dre Gründe gesichert ist. Die Annahme des Uebergangs von s in A (in Ae) ist aber durch Umstände gesichert, denen bei der von s in r in den fraglichen Endun- gen nichts analoges entspricht. In vier der sechs zusammengesetzten 24) In seiner Zeitschrift für Vgl. Sprachfsch. Bd. XVII. S. 400. 25) vgl. Sch. zu Pän. VIL 1, 51. Da Pám. selbst den Uebergang von s in h nicht bloss für diese Futuralbildung aufstellt, — die er natürlich gar nicht aus dem Vb. as erklärt, sondern als eine Bildung vermittelst des Affixes täs und der Perso- nalendungen auffasst, also -fáhe aus täs-e erklärt, mit Uebergang von dessen $ inh — sondern auch für das Vb. as, so ist nicht zu bezweifeln, dass der grosse Gramma- tiker Beispiele, oder wenigstens ein Beispiel desselben in as kannte. Ob das vol dem Schol. gegebne in den Schulen mündlich überliefert war, wage ich nicht zu end- scheiden; doch ist es mir nicht unwahrscheinlich. Die Bed. habe ich nach dem Bhattikävya hinzugefügt. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. M. r ANL. PERSONALENDUNGEN. 101 Personalformen des Ätman., so wie in allen sechs des Parasmaip. jenes Futur. und in acht des Präs. Atm., so wie in allen neun des Parasm. von as erscheint, statt jenes A in 1 Sing. Ätm., stets s; in der im Ätman. der Futura, und des Präs. von as ausgenommenen (nämlich der 2. Plur. Ätm. dhve) ist es bekanntlich in Folge regelrechten Uebergangs in d vor dh eingebüsst. Es erscheint demnach in allen übrigen Formen, in denen es erscheinen kann, und es folgt daraus mit grösster Wahrscheinlichkeit, dass wie diese zu Vb. as entschieden gehören, so auch die Form Ae: also dessen h eine, wenn auch sonst im Sskr. unregelmüssige, Umwandlung von s sei. Ferner lüsst sich zwar im Sanskrit selbst weiter kein Beispiel die- ser Umwandlung nachweisen. Dagegen tritt sie aber in den, dem Sanskrit nüchst verwandten, indischen Mundarten, den prákritischen Sprachen und dem Páli in dem grössten Umfang hervor ?5), und bei dem grossen Ein- fluss, welchen die indischen Mundarten auf die Bildung des Sskrit nach- weislich schon seit verhältnissmässig alter Zeit hatten, lässt sich, eben- falls mit hoher Wahrscheinlichkeit, annehmen, dass er sich auch in die- sem Falle geltend gemacht habe. Aber weder der eine noch der andre dieser Umstände hat bei der Annahme des Uebergangs von s in r sein Analogon. Der Form ge-rate z. B. steht unter den übrigen acht nicht eine einzige mit s statt dieses r gegenüber und ebenso wenig kann ein Uebergang von s in r in den präkritischen Sprachen oder dem Páli nachgewiesen werden. Ferner glaubt Kuhn griech. zeiereı zem, xeleto xéeto gradezu mit sskr. ce-rate, ce-rata parallelisiren zu können. Ich bezweifle aber sehr, ob man berechtigt ist auf die Hypothese hin, dass sskr. r für s einge- treten sei, den Ausfall eines einstigen o (also ursprünglicheres xe/-oeraı, xei-0er0) hier anzunehmen; jene Formen entsprechen bei weitem eher nach der allgemeinen Regel gebildeten sskrit. Formen *çay-ate, *cay-ata, 26) vgl. Lassen, Institutiones ling. Pracr. 194. 219; Fr. Müller Beitrüge zur Kenntniss der Päli-Spr. I. in den Sitzungsber. d. Wiener Ak. hist.-phil. Cl. 1867 Bd. LVII, bes. Abdr. S. 11. 102 TH. BENFEY, deren einstige Existenz man, nach Analogie aller übrigen Verba, unbe- denklich anzunehmen berechtigt ist. Allein selbst, wenn man annehmen wollte, dass einst o hier gestanden hätte, so würde die Gleichheit mit dem sskr. r doch mit Sicherheit erst dann angenommen werden dürfen, wenn sich der Uebergang von s in r in einfachen Wörtern im Sanskrit über allen Zweifel erheben lüsst. Aehnlich, aber noch viel unsichrer, ist es mit dem schliesslich von Kuhn mit vid-rate verglichenen io«0ı. Denn, wenn hier ze für Fıdo zu neh- men ist, was in der That viel für sich hat, so ist zunächst viel wahrschein- licher, dass darin mit Fick 27) ein neues Verbalthema mit zugetretenem $ zu sehen sei ?8) (er vergleicht lat. vis-ere, goth. ga-veisan, un-veisa nhd. weisen, weise), so dass das o zu dem Stamme gehört, als dass das o ein Theil der Personalendung sei. Ferner spricht sowohl gegen diese Ver- gleichung einer Personalendung goe. als die von Bopp aufgestellte von sc» mit den fraglichen sskr. Personalendungen der Umstand, dass diese griech. Endungen active sind, wührend die sskrit. Endungen nur dem Ätmanep. (Medium) oder Passiv angehören (s. I. S. 7 und den IVten Abschnitt). | Nach allem diesen liegt die Hauptentscheidung über die Zulässig- keit der bisherigen Auffassung in der Beantwortung der Frage, ob die von Bopp und mir aufgeführten Fülle (vgl. 8. 8 und 9) eine Berechti- gung geben, einen Uebergang von sin r auch in den fraglichen Endun- gen anzunehmen. S. 12. Bopp und Kuhn haben, wie bemerkt, nur die Vertretung von ursprünglich wortauslautendem s durch r vor wortanlautenden tönenden Buchstaben (d. h. Vokalen, Diphthongen, Halbvokalen, Nasalen und g għ j jh d dh d dh b bh h) im Zusammenhange des Satzes oder Halb- verses geltend gemacht, dass z. B. statt des ursprünglichen s in agms vor nachfolgendem atra oder gacchati r erscheint: agnır atra, agnir gacchati. 21) Indogermanisches Wtrbch. 2. Aufl. S. 399. 28) Ich würde darin ein Desiderativ ohne Reduplieation vid-sa für vi-vid-s0 sehen. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SER. M. r ANL. PERSONALENDUNGEN. 103 Dabei haben sie aber nicht berücksichtigt: 1) dass zwischen den Lautgesetzen, welche in der Wortverbindung herrschen und denen, welche innerhalb eines Wortes zur Geltung kom- men, eine grosse Verschiedenheit besteht, so dass schon an und für sich aus dem, was dort erscheint, nicht geschlossen werden darf, dass es auch hier vorkommen dürfe. So z. B. wird trivrit, wenn das folgende Wort mit r anlautet, zu frivrid, während die Basis avavrit vor der Endung ran unverändert bleibt. 2) und das ist das Wichtigste, dass bei dieser Vertretung r nicht unmittelbar an die Stelle des ursprünglich auslautenden s tritt, sondern an die des Visarga, in welchen s, da im Sskr. kein einzelnes Wort auf diesen Buchstaben auslauten darf, sich umwandeln muss; in agnir atra ist r nicht zunächst für s in dem grammatischen agnis eingetreten , son- dern für agnih, wie jene grammatische Form als Wort lauten muss. Dass diese Auffassung richtig ist, ergiebt sich a) Daraus, dass auch in den dem Sskr. nächst verwandten Mundar- ten dem Präkrit und Päli kein Wort auf s auslautet; sskr. agnih (für gram- matisch agnis) lautet im Páli aggi im Prákrit aggí, sskr. bhikshuh (gram- matisch bhikshus) im Päli bAikkhu, sskr. bandhuh (für bandhus) im Präkr. bandhá. Die auf sskr. ah (grammatisch as) auslautenden Wörter ver- wandeln beide Auslaute durchweg in o, was im Sskr. nur vor folgendem anlautenden a und tónenden Consonanten geschieht. b) Wenn man r unmittelbar aus s ableiten wollte, so müsste man eben so in Bezug auf andre Umwandlungen in der Wortverbindung ver- fahren. Man dürfte z. B. mz za tvaù mama nicht aus der Form tvak mit folgendem mama vermittelst der Regel, dass die auslautenden dumpfen Consonanten sich vor folgenden anlautenden Nasalen in den Nasal ihrer Classe verwandeln, erklüren, sondern müsste die Form zu Grunde legen aus welcher tvak, um Wort zu werden, hervorgegangen ist, nämlich æa, tvac und aus ihr unmittelbar den Uebergang von wc in 3 » deduciren, was völlig unmöglich ist. c) Am schlagendsten wird aber der Satz, dass die Umwandlungen, d 104 TH. BENFEY, welche ursprünglich auslautendes s in der Wortverbindung erleidet, auf dessen Verwandlung in Visarga beruhen, dadurch erwiesen æ) Dass diese Umwandlungen im classischen Sskr., mit wenigen unerheblichen Ausnahmen, vóllig identisch sind mit denen, welche ur- sprünglich auslautendes r erleidet; der Grund liegt augenscheinlich da- rin, dass dieses so wenig als s ein einzelnes Wort auslauten darf, son- dern, grade wie dieses, ebenfalls in Visarga übergeht. Selbst wo die Verwandlung von Visarga vor anlautenden Buchstaben entschieden dar- auf beruht, dass man noch seine Entstehung aus ursprünglichem s fühlte, z. B. die in c vor c ch, in sh vor t th und in s vor t th, nehmen auch die auf ursprüngliches r daran Theil (z. B. svah für grammatisch svar wird vor ca ebenso gut svaç Rv. III. 31, 19, wie gajah für grammatisch gajas davor zu gajac wird) und man muss sagen, dass zu der Zeit, als die phonetischen Gesetze sich fixirten, die Wörter auf Visarga für ursprüng- liches r ganz in die Analogie derer auf s hineingerissen waren; wesent- lich konnte diess nur in Folge davon geschehen, dass in beiden Classen von Wörtern der Auslaut zu Visarga geworden war; unterstützt wurde es wahrscheinlich dadurch, dass die Wörter auf grammatisches r im Ver- hältniss zu denen auf s eine fast verschwindende Minorität bilden. B) Durch die, wenn gleich wenigen, in den Veden vorkommenden Fülle, in denen sowohl ursprüngliches s als r spurlos verschwunden sind, z. B. svadhitiva für svadhitih iva, was nach der Regel "tir-iva hätte werden müssen (Rv. V. 7, 8), bhümyä für bhümih á IX. 61, 10, was ebenfalls bhimir á hätte werden müssen und, trotzdem dass das Metrum bhümi á zu lesen gebietet, nicht in jene regelrechte Form gebracht ist; ferner der vedische Nomin. sing. ucaná (nicht uganäs), welcher auch für die klassische Sprache vorgeschrieben ist, hier aber oft der Form ugands, welche der allgemeinen Regel entspricht, Platz machte 29); in diesen Fällen bildete s den grammat. Auslaut; in aksAd induh dagegen Rv. IX. 98,3, sowie 29) Ich nehme so auch Rv. I. 127, 3 dhanvásáhá für dhanvásdhás (s. Sama- V. Gloss.) in Uebereinstimmung mit Säyana; doch scheint das Petersb. Wtbch. (unter dhanväsah) es anders zu fassen. ' UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. M. r ANL. PERSONALENDUNGEN. 105 aha eva VI. 48, 17 ist er r. Einige aa. hieher gehörige Fälle wie hin- ter sa (für welches die Grammatik sas als grammatische Form aufstellt) übergehe ich absichtlich. Innerhalb eines einfachen Wortes kann aber Visarga für grammat. s nur vor der Locativendung su erscheinen. Es ist also in den Fällen wie vid-rate u. s. w. an eine Entstehung des r aus s, nach Analogie der in der Wortverbindung, auch nicht im Entferntesten zu denken. Freilich zeigen sich bisweilen, insbesondre in den Veden, Ausnah- men von den Regeln, welche für die Umwandlung von ursprünglichem s gelten. Diese beruhen in der That auf dem noch nicht, wie im Päli, ganz erstorbenen Gefühl des einstigen Auslauts. Allein sie zeigen sich nur in der Bewahrung des s z. B. gubhas pati (Rv. I. 34, 6), oder Ein- tritt eines andern Sibilanten dafür, wührend die allgemeine Regel, welche Visarga erfordert, nicht in einer Weise durchbrochen wird, die zur Un- terstützung der Annahme eines unmittelbaren Uebergangs von s in r in einem einfachen Worte dienen könnte. Sie schliessen sich also nur den in2, c, « angedeuteten Füllen an, und zeigen, was sich ja eigentlich von selbst versteht, dass das vollstündige Vergessen der ursprünglichen Aus- laute s und r, wie es uns in den indischen Mundarten entgegentritt, sich im Sanskrit nach und nach vorbereitete. S 13. Wichtiger war die Vergleichung des r für ursprüngliches s in Zusammensetzungen, also innerhalb von Wörtern. Aber auch diese beruht auf einer irrigen Auffassung. Die Composita folgen nämlich bei Verbindung ihrer Glieder den Regeln der Wortverbindung und demgemäss erscheint in ihnen für ur- sprüngliches s vor tónenden Lauten ebenfalls r. Allein die consonan- tisch auslautenden Themen kónnen, wenn sie vordre Glieder sind, über- haupt nie auf einen Consonanten auslauten, welcher nicht wortschluss- fühig würe, so dass man erkennt, dass das Sprachbewusstsein derartige Glieder nicht in ihrer grammatischen Form fühlte, sondern in derjeni- ese annehmen müsste, um als Wort gelten zu kónnen, in einer Form, die was auch vielleicht nicht ohne Einfluss auf die Ent- Histor.-philol. Classe. XV. O gen, welche di 106 TH. BENFEY, wickelung dieser Richtung war, nicht selten mit der des Nomin. sing, identisch ist. So z. B. entsteht aus dem grammatischen Thema mr tvac zusammengesetzt mit mala, grade wie im Satze (vgl. S. 11), es pat: also tvanmala ‘Haare am Körper’, welches (wie in S. 11) zunächst nicht auf fvac, sondern auf fvak beruht. In Uebereinstimmung damit werden auch vordere Glieder auf.ursprüngliches s oder r als auf Visarga aus- lautend behandelt und dieser nach denselben Regeln umgewandelt, 2 in der Wortverbindung, z. B. jyotis wird behandelt als ob es jyotih wäre, z. B. jyotih-cástra ‘Sternkunde', wie jyotih gatruh, jyotig-cakra 'Zodiakus, wie jyotic ca; das Thema punar ‘wiederum’ wird punah-samgama *Wieder- zusammenkunft, wie punah samg9; punac-citi 'Wiederschichtung, wie pu- nac citah. Einige Abweichungen, wie z. B. avar mahah (Rigv. I. 133, 6 vgl. Rv.-Prátic. I. 32, 97) statt avó, wie die Regel für ursprüngliches as ge- fordert haben würde, sind von keinem Belang, da sie nicht dem allge- meinen Princip widersprechen; hier z. B. ist die allgemeine Regel be- folgt, wonach Visarga vor allen tónenden Buchstaben zu r wird, nicht aber die Ausnahme, wonach so entstandenes ar (für ursprüngliches as) sich in o (aus au) verwandelt. Wichtiger dagegen sind die, insbesondre in den Veden vorkom- menden, Ausnahmen, welche mit jenem Princip in Widerspruch stehen, indem sie die Glieder einer Zusammensetzung ganz oder theilweis nicht ` wie Wärter eines Satzes, sondern wie die Elemente eines einfachen Wor- tes behandeln. So z. B. wird dhur ‘Joch’, zsgstzt. mit sad ‘sitzen’, welches nach den Regeln des sogenannten classischen Sskrit. dhüh-sad (in Ueberein- stimmung mit der Wortgestalt dhúh) mit Assimilirung dhüs-sad hätte werden müssen, zu dhürshad, ganz in Uebereinstimmung mit der Gestalt, die dhur im Locativ Pl. vor dessen Endung annimmt, nämlich dhürshu. Ferner wird Jyotis zsgstzt. mit stoma, welches dem allgemeinen Princip gemäss jyotih-stoma oder jyotis-stoma oder jyoti-stoma werden müsste, zu Jyotishtoma, nach Analogie des Instrumentals von jyotis , nämlich jyotishá und z. B. des Ptep. Pf. Pass. eishta aus cis mit Affix ta von Vb. pás. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D.IM SKR. M. 23° ANL. PERSONALENDUNGEN. 107 Eine theilweise Behandlung, wie im einfachen Worte bietet z. B. catur ‘vier. dar, wenn es in der Zsstzg. mit stoma zu catushtoma wird; hier liegt nach der allgemeinen Regel cafuh, mit Visarga für auslautendes r, zu Grunde; damit hätte die Zsstzg. eigentlich zu catuh-stoma, catus-stoma oder catu-stoma werden müssen. In der Form catushtoma dagegen ist, wie im einfachen Worte, nach einer Regel, die jedoch auch in aa. Zsstzgen. hervortritt, durch Einfluss des vorhergehenden w das in catu- stoma folgende s zu sh geworden und diesem dann das folgende £ inso- weit assimilirt, dass es lingual ward, grade wie z. B. stu in der Pfredupl. zu shtu in tushtu wird. Eines der interessantesten Beispiele ist aber das vedische Wort ducchuná “Unheil, in welchem ech wesentlich eben so entstanden ist, wie cch in den Prüsensthemen, ursprünglichen Inchoativen auf ccha, wie gaccha — ßeoxo ‘gehen’ riccha = égyo (für £0-0x0) "gehen undaa. In diesen ist bekanntlich sk die Grundlage; das k ist durch Einfluss des s aspi- rirt, kh dann, wie Gutturale so oft, zu dem entsprechenden Palatal ch geworden, welchem sich der Zischlaut darauf assimilirte, so dass ch entstand; dieses Stadium des Uebergangs erscheint noch in vedischen Schriften und in indischen Mundarten 50). Daraus ist erst die gewöhn- liche Form ech entstanden; auf welche Weise kann ich ohne eine ganze Abhandlung einzuschieben, hier nicht nachweisen 51); doch will ich bei- läufig erwähnen, dass sie in den indischen Mundarten ihre Analogie hat 32). Ducchuná nun ist zsgstzt aus dus (— dus) und çuna ‘Heil 33); die Zu- sammensetzung ward zuerst in Uebereinstimmung mit der gewöhnlichen Regel durch Assimilation *dug-gund, dann ging das zweite ç, wie hinter dumpfen so oft, in ch über; so würe *dugchund entstanden, welches dann, wie in gaccha, zu ducchund ward. 30) s. Weber Indische Studien III, 285; Lass. Instit. 1. Pr. 428. 31) Ich hoffe diese Ergünzung bald in einem Aufsatz “über die sanskritischen Sibilanten und deren Lautgesetze' zu liefern. 32) Lassen Inst. l. Pr. 259, Trumpp ‘das Sindhi u. s. ei in ZDMG. XV. 743. 33) vgl. die Stellen bei M. Müller in Lectures on the se. of Lang. IL 479; beiläufig bemerke ich, dass es von dem Vb. cei, ‘wachsen, gedeihen’ stammt. 02 108 TH. BENFEY, Ich kónnte die Beispiele dieser Categorie noch mehr hüufen 85. allein auch so schon werden sie genügen, um die Vermuthung zu stü- tzen, dass einst, wie natürlich, die Zusammensetzungen, deren es in al- ter Zeit nicht so viele gab, wie spüter, den Lautgesetzen der einfachen Wörter im Sskr. folgten und erst in späteren Zeiten, wo das Sprachbe- wusstsein, bei der immer mehr steigenden Neigung zur Composition, das Verständniss der einzelnen Glieder zu bewahren strebte, in den am leichtesten zu verkennenden Themen, consonantisch auslautenden, gröss- tentheils, keinesweges aber immer, die Wortform an die Stelle der grammatischen trat. Ist diese Vermuthung richtig — und mir scheint, dass sie wenig- stens hohe Wahrscheinlichkeit in Anspruch nehmen darf — dann ist der Uebergang von ursprünglichem s in r in Zsstzgen. für die alte Zeit, in denen sich die fraglichen Personalendungen bildeten, kaum glaublich, konnte also auch keine Analogie für die Entstehung ihres r aus s ab- geben. & 14. Eine viel wichtigere Analogie für die Annahme jenes Ueber- gangs von sin r bildete natürlich die Erscheinung desselben in den Bildungen durch sekundäre Affixe, also in einfachen Wörtern, z. B. in dem erwähnten jyotirmaya aus jyotis mit dem sekundären Affix maya. Die allgemeine Regel lautet, dass vor consonantisch, ausser mit y, anlautenden sekundären Affixen der Auslaut der Basis, wie in der Wort- verbindung oder Zusammensetzung, behandelt wird und so findet sich denn auch z. B. manomaya aus manas mit maya grade wie es im Satz z. B. vor mama zu mano wird, tvanmaya von tvac grade wie tvan mama. Allein für alle vokalisch und mit y anlautenden Affixe dieser Ca- tegorie gilt die Regel, dass vor ihnen die Basis wie vor primären ; oder vokalisch anlautenden Casus-Affiixen behandelt wird z. B. manas mit 4 wird mänasa, jyotis mit a wird nicht jyotira nach Analogie der Wortver bindung und Composition, sondern jyotisha, wie z. B. im Genitiv jyof- shas, cakshus mit ya nicht cakshurya sondern cakshushya. 34) vgl. noch Vollst. Gramm. 8. 104, Ausn. 1, S. 58. 59. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D.IM SKR. M. r ANL. PERSONALENDUNGEN. 109 Die durch vokalisch, oder mit y anlautende, Suffixe gebildeten se- kundären Themen bilden aber so sehr die Majoritit, dass man schon darum als allgemeine Regel den Satz aufstellen dürfte, dass in den se- kundáren Themen dieselben Lautregeln gelten, wie in den übrigen ein- fachen Wórtern und die consonantisch, ausser mit y, anlautenden Affixe nur eine Ausnahme constituiren. Der Satz erhült aber eine noch gróssere Berechtigung dadurch, dass es von dieser Ausnahme wieder eine ganze Menge sowohl categorischer als sporadisch erscheinender Ausnahmen giebt, welche wiederum jenem allgemeinen Satz folgen. So sind grade die Basen auf s vor den Affixen mant, vant, vin, vala ausgenommen; das s wird davor nicht zu r und mit vorhergehendem a zu o, sondern bleibt hinter a unveründert und wird hinter aa. Vokk. nur zu dem verwandten Sibilanten sh z. B. jyotish-mant von jyotis, tejas- vant von tejas ‘Glanz’. Die Ableitungen durch diese Suffixe umfassen aber eine so grosse Anzahl, dass dadurch die Majoritit der sekundüren Bildungen, welche den Regeln der primüren folgen, in einem nicht ge- ringen Grade gesteigert wird. Eine einzeln stehende Ausnahme ist an- drerseits vedisch ayas-maya statt des nach der Regel gebildeten gewöhn- lichen (d. h. späteren) ayomaya ‘eisern’. Beachtenswerth ist hier, dass uns die ältesten Urkunden des Sekt. die Bildung nach der Regel der primären Wörter erhalten haben. Ein ähnliches Verhältniss tritt in ei- nem rein vedischen Wort ein. Wir finden nämlich Rigy. X. 178,1 sahá'vánam vom Thema sahd’van, welches auch Rigv. III. 49, 3; VI. 14, 5 und 18, 2 erscheint; die erste Stelle (X. 178, 1) findet sich auch im Sämav. I. 4. 1. 5. 1, aber da lautet das Wort sahovd'nam. Ausserdem erscheint sahfvant Rv. I. 175, 3 (= Sámav. IL 6. 2. 20. 3) in sahd'vän, wonach auch sah@'vde von Indra in I. 175, 2 (= Sámav. ib. 2.) als sa- háván zu fassen, nicht etwa für sahd’vd mit euphonischem Nasal zur Ver- meidung des Hiatus zu nehmen ist. Ferner mit abweichendem Accent sáhávant in sahdvän jétá Rv. IX. 90, 3 = Sämav. II. 6. 2. 11. 2. (wo der Rv.-Pada das d vor dem v bewahrt, während er es in den übrigen Stellen verkürzt). Sowohl sahován des Sv., als sahd'van des Rv. und das 110 TH. BENFEY, in diesen beiden Veden erscheinende saÁd'vant und sáAávant, so wie sá- hasvant, welches Rv. VIII 91, 7 (= Sámav. I 1. 1. 3. 1 — IL $E 20. 1) und X, 103, 5 (— Sámav. IL 9. 3. 2. 2) vorkómmt, haben die selbe Bedeutung ‘mächtig’ und sind unzweifelhaft ursprünglich identisch; sáhas-vant ist die regelmässige Bildung; daraus ist durch den in den Veden häufig nachweisbaren Eintritt von 4 für as 55) sdAdvant geworden. Nachdem durch diese Umwandlung das etymologische Verhältniss ver- dunkelt war, löste sich die Form von ihrer Grundform im Sprachbe- wusstsein ab und erlitt in Folge davon die Accentversetzung zu sahd- vant. Daraus entstand durch die bekannte Verstümmelung (vgl. ma- ghavan aus und neben maghavant 36), atishthávan aus und neben atishthá- vant 90), righávan in Rv. IV. 24, 8 neben righävant 59) sahd'van. Auf demselben sahasvant beruht auch das sahövan des Sámav. Wie in saM- van ist das Thema verstümmelt; dann aber ist ganz in Uebereinstimmung mit den Regeln der classischen Grammatik (die wir im Sámav. auch beim Accent befolgt sahen $.4und5) as in o verwandelt und der Accent versetzt. Wie hier diese Umwandlung von as in o augenscheinlich spät ist, so sehen wir sie, sogar gegen die grammatische Regel, in tamovant im Rämäyana und in fejovant in aa. späteren Schriften, natürlich neben ` den richtigen tamasvant tejasvant, erscheinen. Wir werden also auch in Bezug auf die sekundären Bildungen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Vermuthung aufstellen dürfen, dass die — übrigens in sehr beschrünktem Maasse auftretende — Behandlung derselben nach den phonetischen Regeln der Wortverbindung und Com- position sich verhältnissmässig spät geltend machte, wahrscheinlich ver- mittelst der vielen Bildungen der Art, welche ursprünglich Zusammen- setzungen waren, aber nicht mehr als solche gefühlt wurden; vgl. 2. B. die zu den sekundären Affixen gerechneten kata, katya, kalpa, kutára kritvas, khanda, goyuga, játiya, taila, pata, páça, mátra und aa. unter de- 35) s. Bollensen in ZDMG. XXII. 574. 36) s. Petersb. Wtbch. 4 UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IMSKR. Mr ANL.PERSONALENDUNGEN. 111 nen aber auch wieder mehrere sind, vor welchen grade Themen auf s den Regeln der Wortverbindung nicht folgen 37), ! Man kann demnach auch bezüglich der sekundüren Bildungen ver- muthen, dass in ihnen die Umwandlung von s in r einst gar nicht exi- stirte. Auf keinenFall bieten sie eine Analogie für die Entstehung des r in rate u.s. w. aus s, da hier hinter r ein Vocal, speciell ein a, folgt und vor vokalisch anlautenden sekundären Affixen s nie zu r wird, aus ma- nas, wie wir sahen, das sekundäre mánasa entstand, nicht aber mánara. S. 15. Endlich werden, wie die indischen Grammatiker lehren, die consonantisch auslautenden Themen vor den Casusendungen, welche mit bh anlauten, so wie vor der Endung des Locativ Pl. su, wie in der Wort- verbindung behandelt, demnach hier auslautendes s vor bh zu r, as zu o. Allein diese Regel ist nur aus praktischen Gründen so weitschich- tig gefasst; in Wahrheit sind die Veründerungen der Auslaute, welche hier eintreten, mit den beim Anschluss primürer und Verbalaffixe vor- kommenden bis auf wenige Ausnahmen identisch: die allgemeine Regel ist hier wie dort, 1) vor bh und s können keine Aspirata stehen; sie, so wie die dum pfetenuis, müssen sich vor b4 in die entsprechende nicht aspi- ə rirte tónende verwandeln; vor s dagegen, in Verein mit der tónenden tenuis, in die nicht aspirirte dumpfe; 2) kann c, ch, j jh, ç, ursprüng- liches sh, ksh und h vor ihnen nicht bewahrt werden; vor bh werden auch diese so umgewandelt, wie sie in primären und Verbalaffixen vor tönenden Consonanten zu verwandeln sind; vor sw dagegen werden nur c j und jh nach derselben Analogie behandelt; ch, c, sh, ksh und A da- gegen erleiden dieselbe Umwandlung, wie im Nomin. sing. d. h. dieje- nige, welche auch im Verbum eintritt, wenn kein Affix angeschlossen wird, wührend sie vor Verbalaffixen, welche mit s anlauten, zu k wer- den. Doch giebt es auch hier in den Veden eine Ausnahme; viç, wel- ches der Regel gemäss im Nomin. sing. vit bildet (z. B. Rigv. I. 72, 8. VII. 56, 5) und demgemäss im Locat. plur. in der classischen Sprache regelrecht vitsu, hat statt dessen, nach Analogie der Verbalbildungen 37) Vollst. Gr. S. 59. 112 TH. BENFEY, vikshu Rv. I. 45, 6 = Väj. S. 15, 31; Rv. I. 58, 3; Atharv.- V. IX, 5,19. Wir kónnen daraus entnehmen, dass diese Regel ursprünglich keines- wegs durchgreifende Geltung hatte. Die wichtigste Abweichung von den Regeln, welche vor primären und Verbalaffixen gelten, betrifft die erwähnte Verwandlung von Thema- auslautendem s vor bh in r. Denn nach jenen hätte es zu d werden müssen 338), welches vor verbalem dh häufig eingebüsst worden zu sein scheint, z. B. cakäs ‘glänzen’ mit dhi 2. sing. Imperat. Parasmaip. wird cakádhi 59) nach andern auch cakád-dhi #0); dagegen von ás ‘sitzen’ mit dhvam 2 Plur. Imperat. Ätm. áddhvam Atharv.- V. IV. 14,2. Ebenso von masj ‘untertauchen — welches der wunderbare grammatische Geist der Inder wahrscheinlich aus den gleich zu erwühnenden, schon von ih- nen erkannten, Etymologien, vielleicht auch anderen, erschloss, obgleich in den Verbalformen nie dieses durch das entsprechende lateinische merg- über allen Zweifel erhoben s erscheint — zunüchst mit Wiederkehr des ursprünglichen g für j und Umwandlung von s in d madgu *!) 1) ‘ein bestimmter Fisch 2) ein Taucher; diesem Worte entspricht also — wenn wir es uns ohne diesen phonetischen Uebergang in der grdsprachlichen Form masgu vorstellen, — genau das lateinische mergu-s, so wie alt" merrich *?).. Ferner gehört zu diesem Vb., wie ebenfalls schon die indi- schen Grammatiker sahen #5) und auch Fick erkannt hat 44), sskr. majjan ‘Mark’ für masg-an dann *madgan, welches durch die so häufige Ver- wandlung des Gutturals in den Palatal, *madjan und durch die auch in der Wortverbindung eintretende Assimilation des Dentals majjan ward; 38) Warum hier s zu d und vor s vielfach zu t wird (z. B. eas-syámi zu ia syámi) wird sich in der n. 31 erwähnten Arbeit zeigen. ! 39) nach Patanj. zu Pän. VIII. 2, 25. 40) nach der Siddh. K. und Vop. Vollst. Gr. 8. 62 Bem. 41) Unádi-Aff. I. 7 Aufrecht (5 Böhtl.) p 42) Graff Ahd. Sprschtz. II. 845. Diese Identification fehlt in Fick's Indo- germ. Wtbch. 43) Unädi-Aff. I. 157 Aufr. (158 Böhtl.) 44) Indogerm. Wtbch. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. M. 4 ANL. PERSONALENDUNGEN. 113 durch dieselben Uebergünge ist auch das Vb. selbst — grdsprchl. masg — vermittelst *madg *madj zu seiner herrschend gewordenen Form majj gelangt. Nach dieser Analogie hätte von Themen auf as vor bA nicht o mano-bhis, wie in der Wortverbindung mano bhavati, sondern ad, von Themen auf ás nicht d (mä-bhydm *5) wie z. B. durmaná bhavati (für gram- matisch durmanás) sondern ád entstehen müssen. Und in der That finden wir in den Veden von ushas Morgenróthe und más ‘Monat’, dieser Forderung gemäss, statt des auslautenden s nicht jene in der classischen Sprache geltenden Veründerungen, sondern d. Danach nehme ich die Erklärung dieser Formen, welche ich in der Vollst. Gr. 1852, S. 304, n. 1 (vgl. Kurze Gramm. 1855, S. 311, n. 21) aufstellte, wo ich in diesem d einen Rest der Entstehung von más aus mánt, ushas aus ushant erblicken zu dürfen glaubte, wieder zurück; das Suffix as hat sich schon viel zu früh (schon entschieden lange vor der Trennung der indogermanischen Sprachen) von seiner Grundlage ant ge- trennt, als dass es wahrscheinlich würe, dass sich in einer, im Verhält- niss dazu so späten Zeit eine derartige Spur noch hätte erhalten können. Dieselbe Umwandlung von s in d vor bh tritt nach Vårt. zu Dän, VIL 4, 48 auch in svavas (su-avas) und sva-tavas in den Veden ein, wie denn auch sva-tavadbhyas schon in der Väj. S. 24, 16 belegt ist, während das Catap. Br. die gewöhnliche Form svatavobhyas hat (Il. 5.1. 14)%), Auch diese Formen habe ich in der 'Kurzen Sskr.-Gr. a. a. O. aus der Grund- form aufnt deuten zu dürfen geglaubt 47) und dafür könnte der vedische Nominativ sing. svaván, svataván zu sprechen scheinen; doch würde die- ser anomal sein (er müsste auf d» auslauten) ` Ich móchte daher jetzt auch hier d nur als phonetischen Vertreter von s fassen und den Nomi- nat. auf ván daraus erklären, dass die Formen auf 9vadbAyám, ?vadbhis, vadbhyas, die gewiss einst oft gebraucht wurden, im Sprachbewusstsein 45) Siddh. K. 24* (Querfol.) Calc. 1811. 46) vgl. Aufr. in ZDMG. XIII. 1859, 499—501. 47) ebenso Aufrecht a. a. O. Histor.-philol. Classe. XV. P 114 TH. BENFEY, ` LI auf die Analogie der Themen auf suffixales vant überleiteten und de. durch den für diese regelrechten Nominat. sing. auf vd» herbeiführten. Auf jeden Fall zeigen diese Ausnahmen, dass auch bei den The- men auf s die Behandlung nach den Regeln der Wortverbindung in al- ter Zeit nicht durchgedrungen war, so dass die Vermuthung nahe liegt, dass, wie bei mehreren sekundüren, so auch in diesen Casus-Bildungen, diese für ein einfaches Wort so unnatürliche Behandlung sich erst verhältniss mässig spät geltend machte; wahrscheinlich nicht ohne Einfluss dessen, was in ähnlicher Weise in Bezug auf die sekundären Bildungen geschehen war. Es ist also auch hier keineswegs unwahrscheinlich, dass in älterer Zeit — speciell in der, in welcher sich die fraglichen Personalendungen auf rate bildeten — der Uebergang von thematischen is,.us, os in ir, ur, or vor ` den mit b% anlautenden Casus noch gar nicht existirte; aber selbst wenn er damals schon existirt hätte, würde er doch keine Berechtigung dar- bieten, desshalb auch dasr vor einem einer ganz verschiedenen Lautclasse angehörenden Laute, dem a in rate, für einen Vertreter von ursprüng- lichem s zu nehmen. $. 16. Die bisher (von $.9 an) gegen die Erklärung des fraglichen r aus ursprünglichem s vorgebrachten Bemerkungen haben die Unhalt- barkeit der dafür geltend gemachten Gründe im Einzelnen nachzuweisen gesucht. Es giebt aber auch ein noch bedeutenderes Moment, welches gegen diese Erklärung überhaupt spricht. In allen den Lautverbindun- gen, in denen diese mit r anlautenden Personalendungen vorkommen, erscheint s selbst und dessen regelrechter Vertreter sh so oft, dass sich gar kein Grund absehen lässt, warum die im einfachen Worte unter gleichen Bedingungen nie erscheinende Umwandlung in r grade hier hätte eintreten sollen, oder auch nur können; vid mit. sate z. B. hätte, wie vivid mit se vivitse (Rv. L 32, 4) wird, *vitsate werden müssen und so eine Lautgruppe /s gebildet, die im Sekt, überaus beliebt ist; f? mit sate, nach Analogie von geshe (Rv. X. 18, 8) aus ce mit se und. vielen ` aa., zu *ceshate; vedisch adrigran, wenn für a-drie mit san , mach Ana- logie von dadrikshe aus dadrie mit se und vielen aa., zu *adrikshan; ved. ! UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. M. 7 ANL. PERSONALENDUNGEN. 115 abudhran, wenn für a-budh mit san, nach Analogie von abAutsi aus a- budh-si und vielen aa., zu *abhutsan. $. 17. Wir glauben damit gezeigt zu haben, dass für die bisherige Erklürung dieser Personalendungen kein haltbarer Grund geltend ge- macht ist, somit die Frage über die Auffassung derselben in der That eine offne geworden ist. Denn selbst diejenigen, welche ohne Berück- sichtigung der von diesem Fall ganz verschiedenen Umstünde, unter de- nen r für ursprüngliches s erscheint, die einfache Thatsache, dass statt eines ursprünglichen s erscheine, für die bisherige Auffassung ver- wenden móchten, werden doch zugestehen, dass eine Erklürung, welche ohne eine derartige Hypothese, das r als ursprünglich nachzuweisen ver- mag, eine bei weitem gróssere Wahrscheinlichkeit für sich hat, ja selbst auf vollstindige Gewissheit Anspruch machen darf. Fine solche werden wir nun im folgenden Abschnitt auszuführen versuchen. II. Entstehung der mit r anlautenden Personalendungen. & 18. Es ist & 11 darauf aufmerksam gemacht, dass diese En- dungen nur im Ätmanepada und Passiv verwendet erscheinen. Im Sanskrit herrscht nun in allen uns bekannten Phasen seiner Existenz ein häufig vorkommender Sprachgebrauch, dem gemäss passi- vische und auf dem Passivum reflexivum beruhende mediale, oder neu- trale Wendungen ausgedrückt werden kónnen durch Verbindung eines der Verba, welche 'gehn' bedeuten, mit dem Accusativ eines Abstract, welches dem passivisch oder neutral zu fassenden Verbum oder Nomen begrifflich verwandt ist. Diese Art das Passiv auszudrücken, hat be- kanntlich viele Analogien auch in andern Sprachen des indogermani- schen Stammes, selbst noch in unserm ‘verloren gehen’ statt ‘verloren werden’, und giebt sich dadurch als eine in diesem Sprachstamm tief begründete Auffassung dieser Categorie kund. So heisst im Sskr. i ‘gehn’ in Verbindung mit varam ‘Gewalt wörtlich *in Gewalt gehn, gerathen’ — vergewaltigt werden’; gam ‘gehen’ mit nácam ‘Vernichtung’: 'vernich- P2 116 TH. BENFEY, tet werden’, mit samkhydnam ‘Zählung’: ‘gezählt werden’, mit eäntim *Lej- denschaftlosigkeit, Ruhe’: ‘beruhigt werden’: yá ‘gehen’ mit samparkam ‘Verbindung’: ‘verbunden werden’, mit dveshyatäüm "Zustand eines zu Has- senden’ neutral ‘verhasst werden’; eben so i mit cüdratám "Zustand eines Cüdra’: ‘ein Cudra werden, mit goskam ‘Trockenheit: ‘trocken werden’. Ebenso in den Veden, z. B. Rv. III. 54, 18: en yuyóta no anapatyáni gántoA wörtlich: *bewahret (schützet) uns vor dem Gerathen (gantoh) in Kin _ derlosigkeiten d. h. ‘schützet uns, dass wir nicht kinderlos werden’, Der Plural des Abstracts erscheint hier, weil es sich auf mehrere bezieht. Doch pflegt sonst auch da der Sing. gebraucht zu werden. Beiläufig bemerkt, zeigt diese, wie auch aa. Stellen des Rigv., wie yu ‘fern hal- ten’ vermittelst ‘bewahren, schützen’, zu der im latein. juvare hervortre- tenden Bed. gelangte #8). d Eben so Ath.-V. VI. 32, 3 úpa yantu mrityim ‘sie mögen in den Tod gerathen’ (subeant mortem) — ‘sie mögen getödtet werden‘. Eben so endlich Rv. IV. 1, 5 vihi mrilikam: ‘gehe in Barmherzig- keit = ‘werde (sei) barmherzig’. S. 19. Auf dieser gewissermassen materiellen Bezeichnung passivi- scher, passiy-reflexiver und neutraler Anschauungen beruht bekanntlich nicht nur die neu entwickelte Bezeichnung der grammatischen Categorie des Passivs im Bengalischen, sondern auch schon die Bildung der vier ersten Verbalformen des Passivs im Sanskrit ^9. welche durch Zusam- mensetzung des in ein Passiv zu verwandelnden Verbum mit i, nach der a-Conjugation, eig. i-a (vom sskr. Standpunkt aus i nach der 6ten Conj.-CL) zu Stande kommt 50), z, B. ‘du wirst gesehen’ durch dric-ya-st 48) vgl. Fick Indogerman. Wtbch. 2. Aufl. S. 161. 49) vgl. Haughton zum Mánavadharmacástra L p. 329 und Bopp, Vgl 6r $. 739. 50) Bopp am angeführten Ort hat sich für die Zusammensetzung mit ya ent- schieden. Allein diese Bildung wird schon in den entfernter stehenden verwandten Sprachen, wenn gleich nicht als Categorie des Passivs (val. sogleich im Text), wider- E UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D.IM SKR. Mr ANL. PERSONALENDUNGEN. 117 (für organisches dark mit ia-sai) wörtlich ‘du gerüthst (für dich) in das Sehen’. Mit dieser Passivform hängen aber die Verba der sskr. 4ten Conj.- Cl. zusammen, welche ihr Präsens (Special)Thema ebenfalls durch ya (für ia) bilden 9!) und diese Bildung wird häufig in den verwandten Spra- chen reflectirt, z. B. selbst das sskr. Passiv ar-ya von ar (ri) in lat. or- io-r und das eigentliche Passivthema mri-ya (für organischeres mar-ya) 5?) in mor-io-r, so dass daraus folgt, dass diese Bildung im Wesentlichen schon in der indogermanischen Grundsprache vorhanden war. $. 20. Sehen wir nun, dass seit so uralter Zeit bis zu der im Verhältniss dazu so jungen Bezeichnung des Passivs im Bengalischen, die Auffassung desselben, so wie der damit verwandten Categorien als ‘ein Eingehen, Gerathen in . . ' vorherrschend war, so dürfen wir wohl unbedenklich die Vermuthung hegen, dass, wie i, einst auch ein andres ‘gehn’ bed. Vb. zum Ausdruck dieser Wendungen benutzt und in den mitr anlautenden Personalendungen Reste desselben erhalten sein möchten. Als ein solches Verbum bietet sich aber dann, wie von selbst, durch Laut und Bedeutung ar (von den indischen Grammatikern ri geschrie- ben) dar. S 21. Was zunächst die Bed. betrifft, so wird in dem alten vedi- schen Glossar, dem Naighantuka, sowohl als in den indischen Wurzel- gespiegelt, ist also eine sehr alte, während ad erst eine spätere Entwickelung aus i ist, welche sich dazu verhält wie mná zu man, prä zu par und aa., d.h. durch hin- zugetretenes d. Ausserdem lässt sich die Kürze des a in der Passivform (z. B. deish- ya-se u. S. w.) nicht erklären, wenn man yâ als Bildungselement annimmt. Endlich kann man für die meisten Fälle, wo die einen der indogermanischen Sprachen ya, die andern ia widerspiegeln (wie z. B. hier lat. mor-io-r = sskr. mri-ya-), mit Si- cherheit nachweisen, dass ia die organischere Form ist; ich verweise darüber auf eine später zu veröffentlichende Darstellung der Lehre vom Potential (Optativ) und Futurum, welche in dieser und aa. Beziehungen von der bisherigen Auffassung ab- weichen wird. 51) vgl. Volist. Gr. 1852, S. 74 und Kze. Sskr.-Gr. 1855, S, 80, 52) vgl. Or. und Occ. III. S. 36 und schon Sámav. Gl. 1848 unter mri. 118 TH. BENFEY, verzeichnissen 'gehen' als solche aufgeführt und diese tritt, wo das Vb, ohne Präfix (Präposition) erscheint, auch am häufigsten hervor. Das Petersb. Wtbch. stellt zwar an die Spitze die Bed. ‘sich erheben, auf- streben‘. Allein ob gleich es nicht unmöglich wäre, dass aus der Bed. ee, hen, vermittelst der Bedd: ‘sich in Bewegung setzen’ ‘anfangen sich zu bewegen’ auch die ‘sich erheben’ hervortrat, so sehe ich doch keinen Grund, welcher in Bezug auf das Sskrit für diese Annahme spräche. In den beiden Stellen, welche das Petersb. Wtbch. für diese Bed. anführt, scheint sie mir nicht nur unnöthig sondern sogar unangemessen. S. 22. Die erste Stelle findet sich Rv. I. 165, 4, wo Indra sagt: güshma iyarti prábhrito me ädriA. | Das Verbum ar ist hier nach der reduplicirenden Conj.-Cl. (der sten) flectirt. Diese steht, wie schon früher bemerkt 53), in innigster Beziehung mit den, ebenfalls durch Reduplication gebildeten, Frequenta- tiven oder Intensiven. Uebersetzen wir nach dieser Verwandtschaft, so würde die Stelle ganz passend auf Deutsch lauten: 'Máchtig 54) eilet, wenn ich ihn schleudre 55), mein Donnerkeil. Ja, wenn wir die Regel berücksichtigen, welche die indische Gramma- - tik für alle Frequentative aufstellt, welche von Verben stammen, die ‘gehn’ bezeichnen, nämlich dass sie in 'Krümmungen gehen' 56) bedeu- ten, speciell sich *wie eine Schlange bewegen’ vgl. M. Bhár. V. 707, so kónnte man vielleicht selbst die sich schlängelnde Bewegung des Bli- tzes darin angedeutet sehen. Wollen wir diese etymologische Auffassung von iyarti nicht wagen 57), so genügt auch die gewöhnliche Bed. ‘bewegt sich. Auf keinen Fall aber passt die Uebersetzung durch ‘erhebt sich’ oder - 53) Kze. Sskrit.-Gr. S. 81. 54) wörtlich ‘als ein mächtiger’. 55) wörtlich ‘geschleudert’, aber die parataktischen Wendungen sind im Debt, wie diess auch die indischen Grammatiker und Schol. wissen, gewöhnlich syntaktisch zu fassen. 56) Pän. III. 1, 23. Vollst. Gr. S 165 Ausn. 1. 57) vgl. jedoch $. 23. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. M. # ANL. PERSONALENDUNGEN. 119 ‘strebt auf, wie das Petersb. Wtbch. will, da der Blitz ja. im Allgemei- nen, nicht aufwürts sondern abwürts führt. Die andre Stelle, Rv. VI. 2, 6 könnte zwar nach dem Petersb. Wtbch. gefasst werden, aber die Auffassung ist auf jeden Fall nicht nö- thig und bei nüherem Zusehen erweist sich auch hier die traditionelle als die richtigere. Die Stelle lautet : tveshäs te dhümá rinvati diví shäh chukrá tatah und ist zu übersetzen: ‘Schrecklich’ (wörtlich ‘als ein Schrecklicher) wal- Jet (eigentlich ‘bewegt sich) dein, (nämlich des Agni, des Feuers) ‘Rauch am Himmel leuchtend hingestreckt' (wörtlich ‘am Himmel seiend als ein leuchtender hingestreckt) Da der Rauch schon als ein ‘am Himmel hingestreckt seiender’ bezeichnet wird, so kann er natürlich nicht zu- gleich als ein 'sich erhebender dargestellt werden. Ich glaube fast, dass das Petersb. Wtbch. zu seiner Auffassung dadurch bewogen wurde, dass es diví zu rinvati zog 'erhebt sich zum Himmel. Dagegen spricht aber schon, wenn auch nicht ganz entscheidend, doch mit hoher Wahrschein- lichkeit der Umstand, dass die Cäsur vor divi füllt; denn im Allgemei- nen greift kein Wort aus einem Verstheil über die Cäsur in den andern hinüber. Auch würde divíidann, als determinirendes Element von rinvati, der allgemeinen Regel gemüss, vor diesem stehen nicht dahinter. Wie wir die Stelle fassen, steht es richtig vor dem dadurch .determinirten sán am Himmel seiend' grade. wie auch das determinirende çukráh vor dem dadurch. determinirten dtatah ‘als ein leuchtender hingestreckt. $& 28. Wie alle übrigen Verba, welche ‘gehen’ bedeuten, steht auch bei ar:(ri der Ort oder Gegenstand, wohin gegangen wird, im Accusativ und es entstehen dadurch Wendungen, in denen Bedeutungen wie 'erreichen' und ühnliche hervortreten, in welchen der subjective Cha- rakter des Verbum in einen objectiven, transitiven umschlägt. Ausserdem aber nimmt es auch wie viele andre Verba eine Art causaler Bed. an 'in Bewegung setzen' so insbesondre in der Flexion nach der 5ten Conjug.-Classe, ri-nu (für *ar-nw = ög-vv) und in der 120 TH. BENFEY, nach der dritten i-y-ri (für *i-ar) Dass sich diese Conjugationscdasse in der That an die Frequentativa schliesst, wie oben ($. 22) bemerkt, zeigt hier speciell der griech. Reflex dieser Form, und die ihr analogen Bildungen. Im Griechischen entspricht nämlich /e44o, welches von der sanskri- tischen Grundform i-ar nur dadurch abweicht, dass es sich nicht, wie diese, an das bloss durch Reduplication gebildete Frequentativ schliesst, sondern an das, welches im Sskrit, ausser der Reduplication, das Affix ya (für ia) anknüpft; es steht nämlich für deko mit 4 für r und Assimila- tion des ; an 4, wie in u&A4o» für ues-ı0v von udie. Ganz eben so erscheint gegenüber von sskr. sid, für sisad, reduplieirtes Thema von sad, griech. io aus id-ıo (wie z. B. éAzu£o aus Ziad A0, Denominatiy) Eben so ureww aus u-tev-w, wo jedoch das Sskr. von dem entsprechen- den tan kein reduplicirtes Prüsensthema bildet. In diesen Formen weicht das Griechische von der sskr. Regel der verwandten Intensivformen nur darin ab, dass während im Sskr. die active Bed. durch die Form des Ätmanep. (die mediale) ausgedrückt wird, im Griechischen die eigentliche Activform (— sskr. Parasmaip.) eingetreten ist. Der Grund ist derselbe, welcher auch beim Uebertritt des Passivs in das Parasmaip. in vielen Formen der 4ten sskrit. Conjug.-Cl. gewaltet hat 58). Letztres war im Sskr. und so auch im Griech. das Activ durch die grosse Majorität der Fälle, wo das Handeln (Aetiv) durch die Form des Activ xær 2&oyijv (des Parasmaip.) bezeichnet ward, als herrschender und regelmässiger Ausdruck des Handelns im Sprachbewusstsein zur Geltung gebracht und drängte sich mehr und mehr ii din Stelle der medialen Form, die es ja auch nach und nach ganz ausrottete. Bewahrt ist die mediale in dem ebenfalls hieher ‚gehörigen Av-Aci-0uct für Au-Aro-ıoueı, welches abgesehen von dem Reduplications- vokal ganz einem. sskr. *lá-las-ye (für lálas-y(am)e) entspricht, das aus lá-las in lá-las-a regelrecht hervortreten würde. $. 24. Wie die übrigen Verba, welche ‘gehn’ rer? in Ver- bindung mit dem Accusativ eines Abstracts zum Ausdruck passiver und 58) Kze Sskr-Gr. S. 80. UEB. D. ENTSTEH. U.VWD. D. IM SKR. Mr ANL.PERSONALENDUNGEN. 121 neutraler Wendungen dienen (S. 18), so auch ar, so dass es auch hier- durch seine Befähigung kund giebt, so gut wie i eine entsprechende flexivische Form zu bilden; man vgl. z. B. mit glánim un Erschlaffung gehen’ — ‘erschlafft, schlaff, werden’, mit ywddharangatám “in den Zu- stand eines Kampfplatzes gehn’ = ‘ein Kampfplatz werden’ (Petersb. Wtbch. unter arch Bed. 3 und ar). S 25. Wenden wir uns jetzt zur "ees gé Lautform der mit r beginnenden Endungen mit dem Verbum ar. Wir haben bezüg- lich jener im ersten Abschnitt nur zwei Grundformen *rante und ranta kennen gelernt; auf diese reducirten sich alle übrigen dort besprochenen. Es wird auch für die Vermittlung genügen sich auf diese zu beschrün- ken, da die im IVten Abschnitt zu besprechenden noch nicht erwühn- ten vedischen Formen sich mit Leichtigkeit nach deren Analogie erklä- ren lassen werden. $. 26. Das Verbum ar bildet sein Präsensthema nach der Sten Conjugations-Cl.'(ri-m£» — &g-vv und dean, nach der 3ten (iyar = fei in 2&4Aw) und verwendet als solches eine Inchoativform (ri-ccha für *ar-ska — £o-yo für ég-oxo in 2o-xoueı). Diese Bildungen sind belegt. Ferner erwähnt das indische Wurzelverzeichniss eine Bildung nach der 9ten Conj.-Cl. rind und diese haben auch zwei Handschriften der einen Re- cension des Vedenglossars Naighantuka (II. 14), wo aber die dritte C. (bei Roth) rindti schreibt, welches zu ri, im Petersb. Wtbch. ri, gehören würde. Ausserdem erscheint in denselben beiden Handschriften und einer Berliner des Naigh. (a. a. O. vgl. auch Roth's Ausgabe S. VI) ein Präsensthema rinar in der Form rinarti (3 si. Prüs. Parasm.), wo aber dieselbe dritte rinatti liest. Dem Petersburger Wörterbuch scheint letz- tre Form die richtigere zu sein und wird von ihm als zu ard gehörig betrachtet 59). Dafür kann man geltend machen 1) dass im Naigh. an derselben Stelle, aber in der andern Recension, ardati mit der Bed. ‘gehen’ aufgeführt wird; 2) dass die Recension, welche II. 14 rinarti und rinatti aufführt, auch Il. 19 unter den Wörtern mit der Bed. 'tódten' 59) vgl. daselbst unter ar. Histor.-philol. Classe. XV. Q 122 TH. BENFEY, rindtti, aber hier in allen drei Roth’schen Handschriften (wie die Berliner der zweiten Rec: liest, ist von Roth p. VI nicht ausdrücklich mitgetheilt) übereinstimmend: hat. Belegt ist bis jetzt weder rinarti, noch rinatti, so dass die Frage, welche Leseart in IL 14 die richtige sei, noch keines weges für ganz abgeschlossen betrachtet werden kann. So wahrschein- lich auch die Annahme des Petersburger Wörterbuchs ist, so lässt sich doch auch manches dagegen bemerken. Ich will, da die Frage doch noch keiner vollständigen Entscheidung fähig ist, nur auf zwei Punkte aufmerksam machen: 1) in den Handschriften wird häufig die Schreib- weise angewendet, wonach jeder Consonant, wenn er einem r unmittel- bar folgt, verdoppelt werden darf 60); so mochte in manchen Handschrif- ten emie rinartti geschrieben sein; dann wird aber diese Form der Form sms rinatti sò ähnlich, dass eine Verwechslung beider leicht möglich; aber die höchste Wahrscheinlichkeit ist dann, dass von einem Abschreiber eher das überstehende r^ übersehen, als zugesetzt sei: ritiartti ist dann, mit andern Worten, die doctior lectio. 2) Eine Verdoppelung von ur- sprünglichem ar durch ri zumal! mit Einschiebung eines Nasals, also eine vollständig analoge Form für Yinar findet sich freilich nieht. Allein, was zunächst die Reduplication betrifft, so findet sich Uebertritt des r-Ele- ments durchweg in den, der 3ten Conj.-Cl. so nah verwandten, Fre quentativen, im denen ar (sobald es dem ri der indischen Grammatiker entspricht, wie das hier bei dem Verbum ar — ri der Fall ist) regel- recht als ar oder ari oder arí in der Reduplication erscheint; dem ana- log kómmt in den Veden mit ? für als Intensiv des Verbum ar: alar vor und wird für die classische Sprache mit Suffix ya (2te Frequenta- tivform) arár-ya von den Grammatikern aufgestellt $1), wozu man die griech. Form des reduplicirten Pf. von dem entsprechen de vergleiche, welche öo-we als Basis hat. | Wir finden‘ nun im Präsensthema reduplicirter Verba drei Accem- ` tuationen: nach den allgemeinen Regeln fällt in zu verstärkenden For- 60) Vollst. Grammat. $. 19, 2. Pän. VII. 4, 46. 61) vgl. Petersb. Wtbch. unter ar I. Sp. 401. e UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. Mr ANL. PERSONALENDUNGEN. 128 men (sing. Präs. und Imperf., wenn letzteres augmentlos, des Parasm., den ersten Personen des Imperativs Parasm. und Ätmanep. und der 3ten Person Sing. Imperat. Parasm. auf tu) der Accent auf die erste Sylbe der Reduplication; allein davon giebt es mehrere Ausnahmen, in welchen statt dessen der Vokal des Stammes accentuirt wird und so- wohl die Schwächungen, welche in der Reduplication ‚der 3ten Conjug.- Cl. eintreten, als die Verstärkung der Stammsylbe und die Analogie der 2ten Conj.-Cl. machen es fast unzweifelhaft, dass dieses die ursprüng- lichere Accentuation war, welche erst einer späteren Neigung, die Re- duplicationssylbe zu accentuiren wich, die sich in den Veden auch in vielen Fällen geltend macht, von denen die indische Grammatik keine Notiz nimmt. In den nicht zu verstärkenden Formen fällt der Accent, wenn das Affix mit einem Consonanten beginnt, auf die erste oder ein- zige Sylbe von diesem; lautet es aber mit einem Vokal an, wiederum auf die erste Sylbe der Reduplication; aber auch hier ist wegen der Analogie der ganzen zweiten Conjugation kaum zu bezweifeln, dass einst der Accent, wie in den übrigen nicht zu verstärkenden Formen, auf die erste Sylbe des Affixes fiel. Sind diese Annahmen richtig, so stand die Reduplication theils unmittelbar, theils an der zweiten oder dritten Stelle vor der accentuirten Sylbe und war in Folge davon den in solcher Stel- lung im Sanskrit so häufig eintretenden Schwächungen ausgesetzt; ar insbesondre ward davon überaus häufig ergriffen und zu einem Laute, welcher, als das Sskrit sich phonetisch fixirt hatte, durch m gege drückt ward 62. Was nùn das n betrifft, so ist die Rechte eines md: zwi- schen Vokalen zur Vermeidung des Hiatus im Sanskrit gar micht selten. So zunüchst grade vor dem ar, welches ‚dem ri der indischen Gramma- tiker entspricht, in der Bildung des Pf. red: von Verben, welche mit ri anlauten; ardh, bei den indischen Grammatikern ridh, ze B. würde nach der Reduplicationsregel des Pf., welche als Repräsentanten von ar — ri ein a vorschreibt (vgl. z. B. von bhar == bhri xedupl. ba-bhar, ba-bhri, 62) vgl. Or. und Occ. HI. 32 fi. | Q2 124 TH. BENFEY, 2 eigentlich a-ardh a-ridh werden (vgl. von ish eigentlich i-ish, wie iyesh in den zu verstärkenden, ?sk in den nicht. zu verstärkenden Formen zeigt); anstatt aber, wo ardh bleibt, d. h. in den sonst zu verstürken- den Formen, die beiden o zusammenzuziehen, (wie z. B. in án aus a-an vom Vb. an) und wo es zu ridh geschwächt ward, d. h. in den sonst nicht zu verstärkenden Formen aridh zu erhalten (vgl. arinin im Petersb. Wtbch), tritt in beiden Füllen án vor, so dass än-ardh, än-ridh entsteht, Dieselbe Erscheinung zeigt sich auch, wenn ein Vb. mit einem a anlau- tet, dem eine Consonantengruppe folgt, z- B. anj bildet statt a-anj dr anj. Dass hier der Nasal zur Vermeidung des Hiatus zwischen gescho- ben sei, kann um so weniger bezweifelt werden, da wir in den Veden auch XEinschiebung eines Nasals (des anunásika) zur Vermeidung des Hiatus zwischen dem vokalischen Auslaut und Anlaut von Wörtern fin- den 95: auch in andern grammatischen Formen, ausser der erwähnten . Reduplication, wie z. B. der Declination der auf a, i, u, ri auslautenden Themen, insbesondere der Neutra (z. B. sing. Locat. Ntr. mridu-n-i mst. mridau. für *mridav-i, ntr. dátri-n-i msc. dätar-i) ist sie anzuerkennen, und erhält eine entscheidende Bestätigung durch ihre die Gränzen des Sanskrit überschreitende Ausdehnung im Päli und den Präkritsprachen. Wäh- rend sie z. B. im Sskr. im Mscül. der Themen auf i nur im. Instr. sing. und. Gen. Plur. eintritt, erscheint sie im Páli auch im Genit.-Dat. und Locativ Sing., im Prákrit im Genit.-Dat. Sing. und Nom.-Vok. Plur. (vgl. z. B. sskr. Sing. Inst. agni-n-4, im PAR aggi-n-á, Präkrit aggin-à; Gen. Plur. Sskr. agní-n-ám, Páli aggí-n-à, Prákr. aggí-n-aim; Gen. Sing. Ssk. agnes. Päli aggi-n-o, Präkr. aggi-n-o; Loc. Sing. Sek, agnau; Pali aggi-n-i; Nomin.-Vok. Plur. Ssk. agnay-as, Prákr. aggi-n-0; Acc. Plur. Ssk. agnín, Präkr. aggi-n-0). Man vergleiche auch die Einschiebung des Nasals vor dem Femininalexponenten sskr. í z.B; in Präkrit bhatti-n-i oder Uhatti-n-f für sskr. bAartr4 64), im Päli bhikkun- 95), vom sskr. msc. bhik- ` 63) vgl. Rigveda-Prätigäkhya II. 30—32. 64) Lassen, Inst. l. Pracr. p. 292, 65) Storck, Grammaticae Palicae Specimen II. 1862. p. 28. e UEB. D. ENTSTEH. D VWD. D. IM SKR: Mr ANL. PERSONALENDUNGEN. 125 shu; das im Sskrit in buddhistischen Schriften erscheinende bhikshu-nf ist, wie schon im Petersb. Wtbch. bemerkt, eine aus dem Päli in das Sanskrit zurückgeführte Form. Doch es würde hier zu weit führen, wollte ich den Beweis dafür, dass dieses » eine bloss phonetische Ein- schiebung sei, jetzt erschópfend geben. Was die Dehnung des a vor dem eingeschobenen n betrifft, so vergleiche man zunächst die im Gen. Plur. z. B. von gata, gatá-n-ám, und im Nom.-Voc.-Acc. pl des Ntr. z. B. gatá-n-i. Wir sehen also, dass wenn gleich rinar als Reduplication von ar (ri) in seiner Totalitüt keine Analogie in dem bisher bekannten Sskr. findet, doch die beiden auffallenden Elemente ^ einzeln sich aus analogen Er- scheinungen erklären lassen. Wir würden sagen dieses Präsensthema von ar ist in einer den Frequen- tativen analogen Weise reduplicirt. Diese Reduplication hat sich durch Ein- fluss des Accentes geschwächt und zwar so, dass ein Hiatus zwischen dem Reduplicationsauslaut und dem Stammanlaut erschien. Dieser wurde durch Einschiebung eines Nasals überbrückt, so dass das Thema zu der Zeit, wo sich die Phonetik des Sskrit fixirt hatte, ri-n-ar (ri-n-ri) klang. Ich wage zwar nicht diese Uebergänge genauer zu bestimmen, doch könnte ihr Anfangspunkt recht gut die regelmässige Frequentativform ari-ar gewesen sein; sie ward zu ari-n-ar und, mit Uebergang von ari zur (vgl. Or. und Occ. III. S. 26. $. 20 ff), zu ri-n-ar. $. 27. Aus den im vorigen $. aufgeführten Präsensthemen lässt sich eine dritte. Person Plur. Präs. Ätm. rante, welche die Grundlage der mit r anlautenden Personalendungen bilden würde, nicht ableiten. Allein es ist bekannt, dass in den Veden mehrere Verba ihr Präsens aus dem generellen Verbalthema, nach der sogenannten 2ten Conj.-Cl., bilden, für welche die Grammatiker diese Formation nicht angeben, so z. B. erscheint in den Veden von ardh (ridh) Präs. Ätm. 3 Du. ridhäte; von kar (kri) Präs: Par. 2 Sing. karshi, 2 Plur. Aritha u. s. w., von gam 3 Sing. Präs. Par. ganti, 2 Plur, gatha, von dáç 3 Sing. Par. däshti, von ráj ebenso ráshti 66), von Ave in der Form Au 1. Se Àtm.-hwvé (Rv. I. 66) die Belege im Petersb. Wtbch. 126 TH. BENFEY, 17, 9), 1. Plur. Aümahe (Rv. L 10, 10; 89, 3). Es ist aber auch ferner hóchst wahrscheinlich, dass ursprünglich diese Conjugation die einzige war, also wenigstens die ültesten Verba zuerst nur nach ihr flectirt wur- den. Danach wäre die Vermutbung berechtigt, dass ar (ri) einst eben- falls nach ihr flectirt ward, also, wie z. B. von kar in 3 Plur. Imper- fect Átmanep. kranta erscheint, welches ein "route in 3 Plur. Präs. vorauszusetzen nöthigt, so auch von ar (ri) im. Präs. rante, im Impf. ranta gebildet ward, also grade die Formen, welche wir als die Grund- lagen der mit r anlautenden Endungen erkannt haben (s. $. 7). Wenn diese Endungen sich auch in den verwandten Sprachen wie- derspiegelten, dann würde selbst eine auf blosse Vermuthung gestützte, in der wirklichen Sprache nicht nachweisbare 3 Plur. Präs. Àtm. von ar in der Gestalt rante keine Anfechtung zu befürchten haben. Allein keine einzige der verwandten Sprachen — ausser dem Zend, und selbst dieses mit voller Sicherheit nur in einer Form ($. 49) — zeigt eine Spur dieser Endungen, so dass wir daraus folgern müssen, dass sie dem Arischen Zweig speciell eigen seien, also einer verhältnissmässig späten Zeit ihre Entstehung verdanken. Aber für so spát entstandene Formen Analogien geltend zu machen, welchen man mit hoher Wahrscheinlich- keit nur für sehr alte Zeiten eine unbeschrünkte oder wenigstens weit- greifende Geltung zuschreiben darf, hat immer etwas hóchst bedenkli- ches. Ich würde daher schwerlich gewagt haben, meine Erklärung die- ser Endungen mit Zuversicht yorzutragen, wenn ich nicht überzeugt würe. die Verbalformen, aus denen diese Endungen hervorgegangen sind, in der wirklichen Sprache nachweisen zu kónnen. &. 28. Beide Formen erscheinen nämlich in den Veden und es entsteht einzig die Frage, ob wir sie als Präsens und Imperfect v0? ar (ri) betrachten dürfen, oder zu einem andern Verbum zu stellen ha- ben. Die Erhaltung des » in der dritten Pluralis widerspricht zwar den Gesetzen des classischen Sanskrit, allein es gehört, wie schon oben be- merkt, der organischeren Gestalt dieser Personalendungen an, und es darf nicht überraschen, dass in den Veden, wo so ziel alterthümliches be- wahrt ist, auch hier die organischere Form erhalten sei; ausserdem €T UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D.IM SKR. Mr ANL. PERSONALENDUNGEN. 127 scheint in den Veden ganz analog kranta (von kar), wo ebenfalls die Regel des classischen Sskrit krata gefordert haben würde, welches da- neben vorkómmt (vgl. auch momuvanta Rigv. IV. 22, 4) Von formeller Seite steht also nichts entgegen, diese Formen zu ar (ri) zu ziehen. Die Entscheidung liegt in der Bedeutung; betrachten wir demnach die Stel- len, in denen diese Formen vorkommen. Rigveda I. 61, 11 = Ath.-V. XX. 35, 11 heisst es asyéd u tveshásá ranta síndhava/ Säyana glossirt ranta durch ramanta und erklärt es als vedisches Imper- fect von ram mit Einbusse des Classenvokals und des Auslauts des Ver- bum, grade wie schon Yáska in der sogleich anzuführenden Stelle. Ich zweifle, ob man eine Synkopirung dieser Art mit Sicherheit in den Ve- den nachweisen kann; auf keinen Fall kann sie mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden, wo sich ein einfacher Sinn ohne einem solchen Nothbehelf ergiebt. Und dieses ist der Fall, wenn man vanta zu ar zieht. Dieses ist schon von Westergaard (in seinen Radices linguae San- scritae unter ri) geschehen ; eben so in Bezug auf die gleich zu erwähnende Stelle VII. 36, 3 von mir im Glossar zum Sámaveda 8. 158 67); beiden hat sich auch Roth zum Nirukta XII. 43 angeschlossen. Wenn ieh trotz dem in meiner Uebersetzung der zuerst angeführten Stelle im Or. und Occ. I. 584 zu der traditionellen Auffassung zurückgekehrt bin, so lag der Grund, wie ich offen gestehen will, einzig darin, dass ich diese Auffassung von ranta nicht in dem Petersburger Wtbch. unter ar fand. Roth, einer der tiefsten Kenner der Veden, gilt mir für eine Autorität, von der ich mich zwar nicht selten genöthigt sehe abzuweichen, aber nie ohne, wie wenigstens mir scheint, die triftigsten Gründe. Da ranta nicht unter ar aufgeführt war, schien mir Roth dieser Auf- fassung entgegen zu sein und, da dann nur die traditionelle aus ram oder dem verwandten ran (ran), also ranta für ramanta, oder eher, we- gen des unmittelbar vorhergehenden Gleichklangs, rananta übrig zu blei- 67) vgl. auch Vollst. Gr. $. 800, VI, wo ich desshalb ri zu den Verben ge- stellt habe, welche in den Veden auch der 2ten Conj.-Cl. folgen. 128 TH. BENFEY, ben schien, glaubte ich. dass er für diese, welche einen keinesweges ganz abzuweisenden Sinn gewährt, entscheidende Momente geltend machen werde. Seitdem ist nun auch das Heft des Petersb. Wtbchs erschienen, in welchem ran und ram behandelt werden. Aber auch hier fehlen die Formen ranta und rante und ich wenigstens habe bis jetzt nicht heraus- bringen können, wohin sie die Verfasser gesetzt haben 68). Ich kehre daher zu meiner früheren Ansicht zurück und übersetze jetzt, in Ueber- einstimmung mit der in den Veden herrschenden Vorstellung, wonach Vritra den Regen zurückhält und Indre ihn durch Vritra's Td be- freit, die angeführte Stelle (L 61, 11) ‘Durch dessen Kraft allein setzten sich die Ströme in Bewegung). Die zweite Stelle findet sich Rigv. VIL 39, 3- (auch im Nirukta XII. 43) und lautet mond dtra vdsavo ranta deváh. Yäska erklärt ranta durch aramanta, Säyana durch ramayantäm; allein die Uebersetzung ‘die Bahn durchwandelnd setzten sich in Bewegung (machten sich hieher auf) die guten Götter, passt viel besser, zumal wenn man mit Yáska im folgenden Viertelvers marjayanta ‘sie streichen’ medial, im Sinne von gamayanta (vgl. Naigh. Il. 14 wo marj Im) die Bed. ‘gehn’ gegeben wird) nimmt und hier urdv antárikshe marjayanta cubhrá hh übersetzt: ‘es gleiten hin die Strahlenden im weiten Aether’; daran schliesst sich dann ganz angemessen der zweite Halbvers arväk pathá urujrayah krimudhvam crötä dütäsya jagmüsho no asyá ‘lenkt her zu uns, Weitschreitende! eure Pfade; hört unsern. Boten. der zu euch gewandelt? — so dass der ganze Vers schildert, wie auf den Ruf des Agni, des zum Himmel wallenden Opfers, welches gewis- sermassen die Götter zum Genuss ruft, diese sich erheben, durch den Himmel gleiten und zu den Opfern kommen. Die dritte Stelle findet sich Rv. VII. 36, 3 und ist für uns die 68) Beilàufig bemerke ich, dass mi ar in der Bed. ‘unterliegen’ Rv. IV. 16, 9 (ni-arta) im Petersb. Wtbch. fehlt. - UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D.IM SKR. M. # ANL. PERSONALENDUNGEN. 129 wichtigste. Denn ranta kann auch als Aorist der lten Form gefasst werden, und entscheidet demnach nicht dafür, dass ar (ri) nach der 2ten Conj.-Cl. flectirt ward. Hier begegnet uns aber das Präsens rante, wel- ches jeden Zweifel darüber entfernt; zugleich ist in ihr die traditionelle Erklärung, welche man in jenen beiden Stellen noch aufrecht halten könnte, kaum zulässig. Die Stelle lautet: à vätasya dhrájato ranta ity À (ranta phonetisch für rante). Zwar wird auch hier von Säyana d rante durch abhito ramante glossirt; es ist aber unzweifelhaft zu übersetzen: 'Heran kommen des eilenden Windes Gänge’ d. h. Windstósse kündigen den nahenden Regen an. Hiermit glauben wir unsre Erklärung der im ersten Abschnitt auf- geführten Personalendungen als 3 Plur. des Präsens und Imperfects Ät- manepadi von ar erwiesen zu haben. Sie sind angetreten wie Verbal- formen von i zur Bildung des Passivs, von as zu der des Aoristes, der Futura u. s. w. Wir haben im folgenden nur noch die Verwendung und Umwandlung derselben in den Veden zu besprechen, wobei uns zugleich noch eine neue Form entgegen treten wird. IV. Verwendung der mit r anlautenden Personalendungen in den Veden. l. Prásens. S. 30.. Schon im ersten Abschnitt ist bemerkt, dass die classische Sprache in diesem Tempus nur in zwei Verben d und vid die mit r an- lautenden Endung bewahrt hat; das organische m ist eingebüsst, also ce-rate. In den Veden erscheint diese Verwendung, ausser in gerate Ath.- V. VIII. 6, 19, noch in mehreren Verben und zwar zunüchst ebenfalls in der Gestalt rate in duh-rate (neben duh-ate Átmanep.) Rv. I. 164, 7 Histor.-philol. Classe. XV. R 130 TH. BENFEY, (= Ath. V. VII. 73, 8 und IX. 10, 5), sowie I. 134, 6 und Ath.-V, XVIII. 4, 29, von duh, ‘melken, milchen'. In dem erwähnten Verse (Rv. I. 134, 6) kommt neben duh-rate, mit der oben ($. 3) erwähnten Ausstossung von at, duh-re, ebenfalls Ätma- nep. vor. Die Stelle lautet: 'vícvà it te dhenávo duhra ácíram ghritäm duhrata äciram, Alle Kühe milchen für dich Milch, Butter milchen sie und Milch. . Vergleiche noch Ry. VII. 101, 1; VIII. 9, 19, Ath.-V. X. 10, 32 und weiterhin $. 44. Diese synkopirte Form erscheint im Präsens sehr oft, während ich für die vollere Form nur cerate und duhrate bemerkt habe. So für ge-rate im Ath.-V. X. 3, 15 cére, für vid-rate Rv. I. 87, 6 vidre. Im Pf. redupl. knüpft die classische Sprache bekanntlich die En- dung re stets durch Bindevokal i an, wührend sie in den Veden noch sehr häufig ja vorwaltend unmittelbar antritt; wir dürfen daraus mit Wahrscheinlichkeit entnehmen, dass der Gebrauch des Bindevokals sich erst verhültnissmüssig spüt geltend machte; diese Folgerung würden wir gern durch Betrachtung aller Fälle, wo Bindevokale benutzt werden, feststellen, wenn diess hier nicht zu weit führen würde. z In den Veden erscheint nun die Anknüpfung der synkopirten Form re durch Bindevokal auch im Präsens und zwar in einer Weise, die nicht bloss jene Annahme bestätigt, sondern auch noch eine andre Fol- gerung zulässt. Sie findet nämlich zunächst bei einigen Verben der Dten Conj.-Cl. Statt, nämlich bei tru ‘hören’ in crinviré, Passiv, Rv. L. 15, 8; V. 87, 3. VIII. 45, 4. VIII. 66 (M.M. 77), 1; X, 168, 4; mit gd ‘berühmt werden’ IV. 8, 6. Válakh. 6, 6 (bei M.M. VIIL 54, 6); bei su ‘pressen’ in sunvird, Passiv, VIL 32, 4; IX. 65, 22; Väl. 5 (VIIL 53). 3; ferner bei Ai ‘senden, treiben, fördern, erfreuen’ in Ainviré; da dieses Verbum durch den schon in den Veden häufigen Antritt von a (Folge der übermächtig gewordenen lten oder -a-Conjugation, vgl. Vollst. Gr. S. 801 ff. insbes. 802), vor welchem das auslautende u des Prüsensthema UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IMSKR. M. # ANL. PERSONALENDUNGEN. 131 zu v wird, zu inva geworden ist und desshalb von den indischen Gram- matikern auch ein Verbum Ainv aufgestellt wird, so könnte man zwei- felhaft sein, ob Ainviré zu hi II. 5 oder zu hine I. 1 zu stellen sei; für erstres entscheidet aber der Accent Rv. IX. 65, 27; X. 28, 12, so wie die Formen Ainvánd IX. 63, 7 und hinve, für hinutE mit der vedischen Einbusse des # (vgl. S. 3) IX. 65, 11, welche von Aimv I. 1 abgeleitet hinvire, hinvamäna, hinve lauten würden; an den übrigen Stellen VIII. 15, 8; 43, 19; 90 (101), 6; IX 74, 8; X. 50, 3 erscheint Ainvire unac- centuirt. Während nun in Bezug auf cére neben gerate, vidré neben vidráte, duhré neben duhráte keinem Zweifel unterworfen ist, dass die synkopirten Formen unmittelbar aus den volleren entstanden ‚sind, diese ihre Vor- aussetzung bilden, kann von grinvire, sunviré, hinviré keinesweges analo- ges behauptet werden. Denn von dem Präsensthema (rinu z. B. würde sich *crinu-ráte gestaltet haben, welches nach Analogie des vedischen Pfect. juhü-ré (Rv. I. 48, 14. VIII 8, 6) und juhu-ré (Rv. V. 19, 2) von hve ‘rufen’, unmittelbar zu (rinure hätte werden können, nicht aber zu erinv-i-re. Wir haben vielmehr anzunehmen, dass zu der Zeit, als diese Formen auf i-re im Präsens Ätman. und Passivi gebildet wurden, re von rate sich abgelöst hatte, als Exponent der 3ten Plur. Ätm. und Pass. im Sprachbewusstsein lebte und nach Analogie andrer consonan- tisch. anlautender Endungen durch Bindevokal i angeschlossen wurde. Dasselbe werden wir auch für i-re im Pf. in Gegensatz zu re anzuneh- men haben, ja selbst für die übrigen Formen, welche mit oder ohne : angeschlossen werden (wie tha in 2 Si. Pf. red. Par., va in 1 Du. u.s. w.). Wir sahen, dass hinviré trotz des von den indischen Grammatikern aufgestellten Verbum Ainv noch zu hi gehört. Zweifelhaft kann man dagegen über pinvire sein; denn die indische Grammatik kennt kein hieher passendes Verbum, welches nach der 5ten Conj.-Cl. flectirt würde, sondern nur pinv ‘schwellen, strotzen'; allein mit diesem ist bedeutungs- gleich pí oder pyd (s. das Petersb. Wtbch. unter pinv und pf. Beachten wir nun, dass vor dem Classencharakter der 9ten Conj.-Cl. (nämlich nd, ni, n), in Folge der auf diesen oder die Endung fallendenden Accentua- R2 132 TH. BENFEY, tion, der Stammauslaut ? mehrfach und vd im Verb. jvá zu wird, (Vollst, Gr. $. 805), so liegt die Vermuthung nahe, dass dieses auch in einem oder dem andern Fall in der 5ten Conj.-Cl. habe geschehen können, wo dieselbe Accentuation wie in der 9ten herrscht. Nun erscheint im Zend des Präsensthema pr-nu (bei Justi unter pi) mit der Bed. ‘sich verbreiten’ (Subjectiv) und 'ausbreiten" (Objectiv), welche aus der im sskr. pí zu Grunde liegenden 'schwellen' durch die Vermittlung von 'zu- nehmen’ hervortritt. Das Präsensthema von sskr. pf würde nach der eben gegebenen Analogie eben so lauten. Dieses aber konnte sich wie hi-nu durch Antritt von a zu pinva erweitern, so dass sich, nachdem das Prüsensthema pi-nu, wie so manche andre, obsolet geworden war, wie hinv neben hi, so piw neben pi pyá als Verbalthema geltend machte. War pinvire Rest jener Flexion nach der bten, so würde es pinvire accen- tuirt sein; trat es dagegen aus pinv hervor, so war es pínvire accentuirt. Leider erscheint es an der einzigen Stelle, aus welcher ich es notirt habe (Válakh. 1. 2 — VIII. 49, 2 M.M.) ohne Accent; es hat die Bed. 'strotzend hervorbrechen' (Ätmanep.). Wäre die letztre Fassung die richtige — und dafür könnte man den häufigen Gebrauch von pinv nach I. 1, so wie den sonstigen ] Man- gel einer Spur der Flexion nach der 5ten C.-Cl. im ` Sekt, geltend machen —, so hätten wir hier das erste Beispiel einer 3 Plur. Pr. Ätm. ei- nes Verbum der ersten Conj.-Cl. auf i-re. Für diese wäre noch viel weniger, wie bei denen nach der 5ten, ein unmittelbarer Hervortritt dieser synko- pirten Form aus einer zu GruMde liegenden vollen annehmbar. Denn da die erste Conjugation das » der Endung nicht einbüsst, so würde die Grundform pinva-rante lauten, woraus pinvire nicht hervortreten konnte. Wir haben also, mögen wir nun pinvire aus pi-nu oder pinv-a ableiten, in beiden Fällen, wie bei crinviré, anzunehmen, dass die Endung ire zu einer Zeit antrat, wo sie sich von ihrer Grundform im Sprachbewusst- sein schon abgelöst hatte.“ Dasselbe gilt auch für den einzigen von mir bemerkten sichern Fall einer Bildung durch ire aus einem Verbum der ersten Conj.-Cl., nämlich UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D.IM SKR. Mr ANL. PERSONALENDUNGEN. 133 arh, in pra-arh-ire für arha-ante Ätm. ‘sich auszeichnen, Rv. X. 92, 11, leider auch unaccentuirt. 2, Imperativ. .&. 31. In der classischen Sprache erscheinen nur zwei Formen; von d ce-ratám und von vid vid-ratám neben der regelmässigen Form vid-atám, beide 3 Plur. Atm. In den Veden kommen noch zwei For- men von duh hinzu, nämlich duh-ratam Ath.-V. VII. 82, 6. ghritám tübhyam duhratàm gá'vo agne, ‘Butter sollen dir die Kühe milchen, o Agni'; ferner ebds. VIII. 7, 12; X. 9, 13 bis 24 und XII. 1, 16. ‘In der letzten Stelle steht es in Pas- sivbedeutung, nicht, wie im Petersb. Wtbch. (unter sam-duh) angenom- men wird, als Ätmanep. in activer. Der Text hat nämlich | tä’ nah prajàA säm duhratäm samagrá'A ~ nicht wie im Wtbch. gedruckt ist prajäin; ich übersetze ‘alle diese Ge- schöpfe (welche im vorhergehenden Verse aufgezählt werden: Sterbliche, zweifüssige, vierfüssige und die fünf Menschenclassen, vgl. Haug zum Aitareya Brähmana VIII. 23, Bnd. 2. S. 527 und das Petersb. Wtbch unter mánava) mögen uns gespendet werden’. Ferner erscheint mit Einbusse von at (S. 3): duh-rdm, Átmanepada, Ath.-V. III. 20, 9. VIIL 7, 27. XVIII. 4, 4. 5. i N 3. Imperfect, e §. 32. In der classischen Sprache erscheint a-ge-rata von d und a-vid-rata neben a-vid-ata von vid. In den Veden findet sich keine analoge Form. Dagegen mit Ausstossung von af (S. 3) a-duh-ra in den Schol zu Pámini VII. 1, 8 und 41 in zwei Vedenstellen, die noch nicht nachgewiesen sind. Ferner mit ran (für ranta vgl. $. 6) a-duh-ran (Át- man.) Ath.-V. VIII. 10, 14 und a-çe-ran Rv. L 132, 1. Vgl. noch vas bei Aorist S. 34. 134 TH. BENFEY, Potential (Optativ). $. 33. Die Abstumpfung zu ran ($. 32) hat sich hier als regel- mässige Form im Ssk. festgesetzt. In den Veden erscheint aber noch die vollere Form, jedoch mit Einbusse des n und zwar ganz in Ueber- einstimmung mit den gewöhnlichen Bildungsgesetzen, da der Potential Ätmanep. durch den Indicativ des Imperfects vom Frequentativ oder Intensiv des Vb. i ‘gehn’ nämlich 1 (— i4) gebildet wird, welches in den Veden mit der Bed. ‘anflehen, bitten’ erscheint 69). Bis jetzt sind zwei hieher gehörige Formen notirt jush-e-rata (für jush-a-trata) Rv. I. 136, 4; X. 65, 14 und ebenso bAarerata von bhar (bhri) ebds. X. 36, 9. Aorist der ersten Form. S 94. Als Aoriste der ersten Form, d. h. der bloss durch Aug- ment und die Endungen des Imperfect gestalteten, dürfen wir wohl un- bedenklich die folgenden betrachten ‚ da sich, wenigstens bis jetzt, für sie kein Präsens nach der 2ten Conj.Cl. nachweisen lässt. Es sind diess a-krip-ran (Pass. von krap; die Schwächung von ra, so wie die von ar, zu ri in den weiterhin zu gebenden Beispielen beruht auf der Accen- tuation von ran, wenn nicht augmentirt, vgl. Or. und Occ. III. 239 f.) Rv. IV. 2, 18 = Ath.-V. XVIII. 3,23, wörtlich ‘sind gefleht worden = 'er- tönten flehend' (Petersb. Wörterb, unter urvact); a-gribh-ran (Pass. von ved. grabh — gewöhnlichem grah) Rigv. V.2, 4; a-jush-ran (Ätman. von jush) Rigv. 1.71, 1; a-drie-ran von darc (driç) Rv. I. 191, 5 (Pass.); V. 3, 11 (Pass.); VII. 67,2 (Pass.); 75, 6 (adricrann usho Pass.); 76,2 (adrierann am’ Pass.); 78, 1 (adrierann úro Pass.); 78, 3 (Pass.); Väj. S. XVI, 7 (adri- , erann ádricrann udo Ätmanep.). Ferner a-pad-ran von pad Rv. VI. 20, 4 69) Dass neben dem Conjunctiv Imperfecti Parasmaip. von i, welcher den Po- tential des Parasm. bildet, nämlich yam u. s. w. für åm u. s. w., auch der Indica- tiv im Parasmaip. im Gebrauch war: *jam in *iyam (bhara-iyam = bhareyam eng 3.) werde ich an einer andern Stelle erweisen UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SER. M. 4* ANL. PERSONALENDUNGEN. 135 (Ätmanep.) 70); a-budh-ran von budh Rv. VII. 72,3; 80,1 (beidemal Ätmanep. vgl. z.B. VIL 81,3); a-yuj-ran von yuj Rigv. I. 169, 2; III. 41, 2 = Ath.-V. XX. 23, 2 (beidemal Pass.); a-vrit-ran von vart (vrit) Rv. VIIL 81, 14 (Ät- manep. oder Pass. reflex.); a-vas-ram Rv. IV. 2, 19 = Ath. V. XVIII. 3, 24; ich ziehe es zu vas 'aufleuchten', dessen Präsensthema uccha ist, und nehme ritam als Adverb. Es ist alsdann Ätmanep. Gegen diese Auffassung kann man einwenden, dass vas ‘leuchten’ bis jetzt als Ätman. nicht nachgewiesen ist. Nimmt man es mit Säyana als eine Form von vas ‘sich bekleiden, anziehen’, dann würde es, da vas der 2ten Conj.-Cl. folgt, als Imperfect zu fassen sein. Zu meiner Auffassung bestimmte mich die Beziehung des Vb. auf die Morgenröthe, indem ich mich kei- ner Stelle entsinne, wo vas in solcher Verbindung eine andre Bed. als ‘aufleuchten’ vom Aufgehen der Morgenröthe hat. Der Halbvers lautet ákarma te sväpaso abhüma ritám avasrann ushäso vibháti'A. Wörtlich übersetzt ‘Wir haben dir geopfert, wir waren schön das Werk vollziehende; kräftig haben aufgeleuchtet die aufgehenden Morgen- róthen', i metrisch : ‘Geopfert ist, das Werk ist schön vollendet und mächtig strahlt des Morgenrothes Aufgang. ; Ferner ni a-vic-ran von vie Rv. VIII. 27, 12 (Ätmanep.). Beiläufig bemerke ich, dass Säyana diese Form für Parasmaip. ‘durch Vertauschung 70) Da es noch so manche giebt, welche in Säyana’s Commentar ein überaus werthvolles Zeugniss von Gelehrsamkeit und Tradition sehen, so will ich bemerken, dass er hier gegen Grammatik, Accentregeln und den Padatext apadran in aller Ruhe durch apädravan erklärt und mit apaläyanta glossirt. Wieso adravan (Impf. von dru ‘laufen’) zu dran geworden sei, darüber verliert er kein Wort, bemerkt eben so wenig, dass bei seiner Erklärung das Wort dpa dran hätte accentuirt sein müssen und beachtet nicht, dass der Padatext, wenn er es so genommen hätte, es ad: zt dpa-dran getheilt und nicht in ein Wort #927 apadran geschrieben haben würde. Unter pad sind diese Fehler auch im Petersb. Wtbch. bemerkt, aber unter arkasáti ist fälschlich ápa dran gedruckt. 136 TH. BENFEY, vyatyayena nimmt. Er weiss, dass viç mit mi nur Ätmanep. sein soll, weil so von Páwini I. 3, 17 gelehrt wird; dass aber die mit r anlauten- den Personalendungen nur dem Ätmanep. oder Passiv angehören, ist ihm, da Pänini die Vedensprache nur sehr ausnahmsweise berücksichtigt, völ- lig unbekannt. So wenig kannte dieser Mann, den man uns als infal- lible Autorität hinstellen will, die Sprache der Schriften, die er zu er- klären unternommen hat. | Diess soll jedoch nur dazu dienen, den Nu- tzen seines Commentars auf die richtigen Grünzen zu beschrünken, kei- nesweges aber ihn abzuleugnen: Ferner a-srig-ran von sarj (stij) Rv. IX. 46, 1; 67, 17; 86, 4; 8T, 5; 88,0; 96, 22 (asrigrann aktö\; 97, 29; und 31 (asrigran várán), Passiv. Zweifelhaft bin ieh über a-sthi-ran von sthá und zwar wegen der grade im Aorist der 4ten Form statt findenden Schwächung von 4 zu i (in Folge des Accents in nicht augmentirten Formen) s. Pänini I. 2, 17 und meine Vollst. Gramm. $. 847, 2, 2. Es scheint eine Nebenform von asthi-shata zu sein, in welcher ran statt sata antrat. Dafür scheint mir a-vád-iram von vad ‘sprechen’ (mit Präfix sam, Ätman.) zu entschei- den, Ath.-V. XI. 4, 6, dessen 4 sich wohl nur aus der Dehnung von 4 in Parasm. der Bten Form erklären lässt: diese wäre gegen die Regel des classischen Sskrit hier auch in das ÁÀtman. gedrungen, so dass avá- diran dem regelrechten avadishata entspricht?!) Die Form asthiran er- scheint Rigv. L 80, 8; 94, 11; IX. 83, 2 (alle dreimal mit Prüfix wi Átmanep. vgl. Pän. La 22, Vollst. Gr. $. 790 Ausn. 1, 3); ferner Rv. I. 135, 1. (mit Präf. pra, Ätmanep. vgl. Dän, und Vollst. Gr. a. a. O.): dann Rv. X. 118, 2 (mit Präfix sam, Ätmanep. vgl. Pän. und Vollst. 71) Vgl. auch die Dehnung des a von sah ‘besiegen’ in sähshi 1. Si. Aor. der 4ten Form Ätman. Rigv.X. 49, 1 und 159,1. Hier erscheint die Dehnung auch im Àtm. Potent. dieses Aorist (Precativ) sákshiya Ath.-V, XIX. 32, 10, im Am, Impe- rativ desselben sákshea Rigv. IH. 37, 7 — AN. XX, 19, 7 und in dessen Com junctiv Parasmaip. sowohl sáksháma Rigv. VIL. 98, 4, als Ätman. sákshe Ath.-V. I 27, 5, und sákshate Dier, X. 120, 6 — Ath.-V. V. 2, 7. (wo aber V. L.) und XX 107, 9 (wo wie Rigr.). UEB. D. EN TSTEH. U. VWD. D. IM SKR. M. 2 ANL. PERSONALENDUNGEN. 137 Gr. a. a. O.); endlich Ath.-V. IV. 25, 7 (mit Prüf. upa Átm., vgl. Pän. I. 3, 26 und Vollst. Gr. a. a. O.) Dagegen a-spridh-ram von spardh Rigv. VI. 66, 11; VII. 56, 11 (Ätmanep.) fasse ich wieder als erste Form des Aorist. S 95. Mehrfach erscheinen, statt der im vorigen $. erwähnten Formen mit auslautendem n, solche mit auslautendem m, nämlich a-dric- ram asya Rigv. I. 50, 3 (Passiv: Säyana, der in seiner Unkenntniss der Vedensprache diese Form für 1 Singularis mit r vor der Endung am nimmt, welche die 3te Plur. vertrete, bemerkt, dass eine andre Cäkhä die 3te Plur. adricrann asya habe; so findet sich nämlich in der Wie- derholung dieser Stelle im Ath.-V. XIII. 2, 18; in der Väj. S. VIII. 40 dagegen, wo sie ebenfalls wiederholt wird, erscheint die Leseart des Rigv. adrieram); ferner Rv. X. 30, 13 (ddrieram áyatfr. ebenfalls Passiv). Ebenso so erscheint dbudhram u Rv. X. 35, 1 (Ätmanep.). Endlich asrigram Indra Rv. I. 9, 4 (Pass); mit folgendem indavah Rv.IX.7,1; 12, 1; 62, 1; 63, 26; mit ída IX. 62, 7 (alle Pass.); mit folgendem äcavah Rv. IX. 17, 1; 23, 1; 63, 4, ebenfalls Passiv. Wenn in den bisher angeführten Stellen m stets vor Vokalen er- schien, so findet sich in dsrigram vájasátaye Rv. IX. 13, 6 (Pass.) und ásrigraim váre IX. 66, 11 (Pass) Anusvära vor v, welches wir mit dem Pada-Text unbedenklich, wie regelmässig, für Vertreter von m nehmen 72), Eben so sind beide Stellen im Sámaveda geschrieben; dieser stimmt auch in den übrigen Stellen mit auslautendem m, so weit sie sich bei ihm finden (vgl. Whitney's Synopsis, mit dem Rigv. überein. $. 39. Die Erscheinung des auslautenden m statt » wird von mir, wie schon Or. und Occ. III. 240 bemerkt, aus dem Uebergang von t in s in dem aus ranta verstümmelten *rant erklärt. Diess bedarf jedoch einiger Ausführung. Ueber die im Sskrit zwar seltenen, aber sicheren Fülle des Ueber- 72) Das einzige Beispiel eines Anusvára für -m (ausser -án) vor v, welches ich Sämav. Einl XXXIX notirt hatte, fällt jetzt weg, da Aufrecht’s Text n hat. Es ist Rv. X. 81, 2 gemeint. Histor. - philol. Classe. XV. s 138 TH. BENFEY, gangs von ? in s habe ich in den Göttinger Gel. Anz. 1866. S. 286 ff, ge- Sprochen, Mit Unrecht habe ich da den von ursprünglichem anti, ver- mittelst ant, in us (in mehreren Imperfecten und Aoristen, so wie über- haupt im Potential und Precativ) noch aus dem Einfluss des i hinter t erkliren zu müssen geglaubt. Dagegen entscheidet der sogleich zu er- weisende von *rant in *rans wo dem £ kein i folgt; auch die andern dort angeführten Fülle, wo s ohne Hülfe von i hervortritt. Schon da- mals hätte ich diesen Einfluss nur für die Entstehung des us aus anti ` im Pf. red. geltend machen dürfen, wo z. B. dorisch nsgUxaru dem sskr. babhüv-ís gegenübersteht 75). Jetzt aber bin ich überzeugt, dass er auch hier schwerlich anzuerkennen ist. Wie im Imperfect oder Aorist (auf denen dann weiter us im Potential und Precativ beruht) das ursprünglich auslautende i durch Einfluss des accentuirten Augments eingebüsst ward (*d-bodhant, dann, weil kein Wort auf nt auslauten darf, d-bodhan, 8.32), so scheint mir auch im red. Pf. der Verlust des i durch einstige Accentuation der Reduplicationssylbe herbeigeführt zu sein. Denn von dieser, wenn sie gleich den Regeln der Grammatiker wider- spricht, erscheinen in den Veden noch mehrere Beispiele, vgl. sísratus in Or. und Occ. III. S. 224 und noch einige ebds. S. 225, n. Es ist demnach in diesen Fällen das auslautende $ durch Assibilation zu s geworden, wie das auch in aa. Sprachen nicht selten der Fall ist, z. B. im Griechischen (vgl. ws aus dt) und Altpersischen der Keilinschrif- ten (z. B. akhunaus für grdsprchlich a-kar-naut, vedisch a-kri-not). Was aber die Umwandlung von an, in ant, zu u betrifft, so erscheint sie, so wie die von am im Sanskrit, insbesondre wo das a in ihnen kei- nen Accent hat, mehrfach, z. B. in ubAd — &ugo, ambo; in ánu = griech. dvd beide für grdsprchl *émam; utá für anta 7^. Und wenn wir mit Recht die Einbusse des í aus dem accentuirten Augment und der ein- stigen Accentuation der Reduplicationssylbe erklärt haben, so dürfen wir 73) vgl. ‘Ueber Zu Pluralbildungen u.s. w? in Bd. XIII dieser Abhandleer S. 50, bes. Abdr. S, 74) vgl. Or. hd rk U. 565. 568. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. M. 4 ANL. PERSONALENDUNGEN. 139 dieselbe Erklärung auch für den Uebergang von an (in ant) in u geltend machen. Dass aber ws, nachdem es durch den Mangel des Accents entstan- den war, seit dem, auch wenn es den Accent erhielt (z. B. babhüvds, nachdem man nicht mehr, wie sisratus, auch bábhilvus accentuiren konnte), verblieb, hat nichts auffallendes: fixirte Formen kónnen nicht rückgüngig gemacht werden und derSatz: cessante causa cessat effectus, hat für die Sprache keine Geltung. §. 37. Nachdem in rant das t zu s geworden war, musste, den im Sanskrit geltenden Lautgesetzen gemäss, auch das ihm vorhergehende » sich umwandeln. Vor s werden nämlich sowohl n als m in den einen oder den an- dern der eigenthümlichen Nasale: Anusvára oder Anunásika umgewan- delt, z. B. man mit Affix sya- wird geg mamsya- oder 5er massya- und eben so kram mit sya- Ze kraisya- oder ge krassya-. Wir können da- raus entnehmen, dass diese eigenthümlichen Nasale in einem ganz glei- chen Verhältniss zu m wie zu n stehen und dürfen danach vermuthen, dass, wenn sie unter bestimmten Umstünden in » übergehen, sie, wenig- stens einst, unter denselben auch zu m werden konnten. In dem uns bekannten Sanskrit darf nun weder —ı ms noch "eg e$ ein vorderes Glied einer Zusammensetzung auslauten, oder der un- bedingte Auslaut eines Wortes sein; doch finden sich in Bezug auf die Zusammensetzung Ausnahmen, z. B. in Betreff des Themas pums (so puñs-kokila und aa. und in der Verbindung der Wörter kehrt nicht selten die ursprünglich auslautende Gruppe selbst zurück oder erhält ih- ren regelmässigen lautlichen Vertreter. ` Wenn kein Wort folgt, so wird der Auslaut eingebüsst und der Nasal verwandelt sich in n. Folgt aber ein mit £ oder th anlautendes, so bleibt der ursprüngliche Auslaut ms oder «s; folgt c oder ch, t oder th, so wird ihnen der Sibilant assimilirt, also me oder eç im ersten, msh oder ah im zweiten Falle; ähnliches geschieht in den Veden bisweilen auch vor p, so dass hier mh (eig. £g) oder «h (eg) entsteht, während S2 140 TH. BENFEY, in der gewöhnlichen Sprache hier so wie vor ph, k, kh derselbe Auslaut wie im unbedingten Wortende erscheint. Vor tónenden Buchstaben bleibt in der classischen Sprache eben- falls » als Auslaut. In den Veden dagegen finden wir mehrfach auch hier die Umwandlungen, welche die Auslautgruppe voraussetzen; wie nümlich s vor den sonoren Lauten r wird, so erscheint hier statt der unbedingten Auslaute in, ún, rín mehrfach fm oder fər, dër oder fier, rímr oder rísr, also die regelmässige Umwandlung von fis oder fys u.s.w. Wie ferner ursprüngliches s hinter langem á vor den tónenden Lauten spurlos verschwindet, oder, genauer gesprochen, das r, welches vor ihnen nach der allgemeinen Regel entstehen müsste, sich hinter d nicht zu halten vermag, oder einst vermochte, vgl. die Nominat. Singul. der The- men auf ar z. B. dätd für *dátár — lat. dator, griech. dwrije und Rv. IX. 98, 3 akshá índu? für aksháh grammatisch akshär 75) (wo aber Sâ- mav. II. 5. 1. 16. 3 augenscheinlich um diesen, so wie andre Archais- men des Viertelverses wegzurüumen dafür und für zwei andre Wörter Varianten hat), so wird im Rv. auch hinter dem nasalirten d also din oder áw» der Auslaut vor folgenden Vokalen und bisweilen y v r h ein- gebüsst 76); denn nasalirte Vokale haben im Sanskrit im Allgemeinen denselben Charakter wie die entsprechenden nicht nasalirten. S. 38. "Wir haben vermuthet, dass, wegen des gleichen Verhält- ` nisses jener beiden Nasale zu » und m letzteres einst ebenfalls für jene ursprüngliche Auslautgruppe eintreten konnte. Wir kënnten mehreres für die Wahrscheinlichkeit dieser Vermuthung geltend machen; allein ein Fall erhebt sie zu so vollständiger Gewissheit, dass wir alle Gründe für ihre Wahrscheinlichkeit unbenutzt lassen dürfen. Der Nominativ Sing. msc. des Themas mahant ‘gross’, welcher mit un- bedingtem Auslaut mahän lautet, erscheint in der Wortverbindung nicht bloss in den im vorigen $. angegebenen Gestalten, sondern auch in der Gestalt mahá'm mit auslautendem m. Dass dieser Nominativ zunächst 75) vgl. noch Rigv. Prátic. IV. 13 (259 M.M.). 76) Vollst. Gr. $. 100; vgl. Sämav. Einl. p. XXXV ff. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D.IM SKR. Mr ANL. PERSONALENDUNGEN. 141 für eine Form mit auslautendem Nasal und s stehe, ist nicht zu bezwei- feln; man kann nur darüber schwanken, wie das s entstanden sei, ob durch phonetische Umwandlung des Themaauslauts f, oder durch Zutritt des Nominativcharakters s, vor welchem ? nach bekannter Regel (s. so- gleich) eingebüsst ward. Diese Frage in erschöpfender Weise zu ent- scheiden, würde hier zu weit führen; ich spreche daher fürs erste nur als meine Ueberzeugung aus, dass die letztre Annahme die richtige ist. Es giebt Spuren genug, aus denen man beweisen kann, dass in ülterer Zeit das s des Nom. sing. m. und f. auch an consonantisch auslautende Themen trat und erst, verhültnissmüssig spät, der Nichtantritt desselben Gesetz wurde; so bilden avaydj, purodác und gvetaväh im Nom. und Vok. sing. selbst mit Einbusse ihres thematischen Auslauts (der wahrschein- lich vorher, der allgemeinen Regel gemüss, zu t geworden war und dann von dem antretenden s, wie in dem gleich zu erwühnenden Beispiel, den- tales £, absorbirt ward 77)) avayds, purodás und çvetavás; ganz eben so erscheint Rigv. VII. 18, 7 sadhamäs als Nomin. sing. von sadhamád für *sadhamáds, mit der regelrechten Einbusse des d vor s (vgl z. B. aves für a-ved- mit Affix s, 2 sing. Impf. von vid ‘wissen’ 79). Ich nehme also an, dass mahant zuerst regelrecht *mahants dann mit Absorption des f *mahans ward; dann ward durch Einwirkung der Position das 4 gedehnt mahäns; diese Form bildet die Grundlage des grössten Theils der Formen, in welchen das Wort in der Satzverbindung erscheint; am Ende des Satzes wird das s eingebüsst, so dass mahd’n bleibt und diese Form erscheint, den phonetischen Regeln gemäss, eben- falls in der Wortverbindung. &. 39. Da die Nominativform mahá'm bisher noch nicht erkannt ist 77) Vgl. auch die vedischen Formen der 2ten Pson. sing. Aor. von yaj und sarj (srij nämlich ayds (Rv. III. 29, 16 = Ath.-V. VII. 97, 1, wo aber Varianten, und Rv. IX. 82, 5) und srás (Ath.-V. XI. 2, 19 und 26), welche den einstigen An- tritt des Exponenten s auch hinter j (nicht bloss, wie bekannt, hinter den dentalen T-Lauten) erweisen. 78) Vollst. Gramm. $. 78, Ausn. 2. 142 TH. BENFEY, und die beiden Stellen des Rigv., in denen sie erscheint, im Petersb. Wtbch. auch nicht aufgeführt werden, so haben wir zunächst diese zu betrachten, um den Nachweis zu führen, dass mahä'm in ihnen als No- minativ aufgefasst werden muss. Die erste Stelle findet sich Rigv. II. 24, 11 und lautet: ii 'vare vrijäne vicváthá vibhür mahäm u ranväh cävasä vavákshitha| sá devó devän práti paprathe prithü vícvéd u tà paribhür brähmanas pátiA| Dass mahä@m hier nicht, wie sonst grósstentheils, Accusativ ist, kann man schon nach dem danebenstehenden Nominativ ranváh vermuthen; bei einem Versuch die Stelle zu verstehen, wird man sich aber vollständig überzeugen, dass sie nur bei dieser Annahme Sinn gewährt. Säyana, dem mahám nur als Accusativ bekannt ist, sucht sie zwar auch von die- sem Standpunkt aus zu begreifen; er sieht sich aber dadurch genöthigt vavdkshitha, gegen alle Grammatik, so wie die bekannte Bed. von vaksh, zu einem Desiderativ von vah zu machen, und nicht als Ste Person, wie die Grammatik fordert, sondern vermittelst seines hermeneutischen deus ex machina, der Verwechselung: vyatyaya, als dritte zu fassen, bei mahd'm das Substantiv stotáram 'Lobsünger zu suppliren und die bei- den Viertelverse unter einander zu werfen. Selbst wenn dadurch ein Sinn entstände, würde er doch wegen der grammatisch falschen Auffas- sung von vavdkshitha zu verwerfen sein. Welcher Sinn aber dadurch entsteht, das mag man in der Wilson'schen Ueberstzg. nachsehen, welche bekanntlich mit wenigen Ausnahmen nicht den Veda, sondern Säyanas Glossen ins Englische übertragen hat. | Die richtige Uebersetzung würde wörtlich lauten ‘Welcher (du) im untern Gehüge auf jede Weise müchtig (warst), du bist gross und er- freulich (eig. als ein Grosser und Erfreulicher , d. h. zu einem Grossen und Erfreulichen) durch Kraft gewachsen; weit hat er sich ein Gott 7" den Göttern ausgebreitet; alles Dieses (d. h. was existirt) umschliesse! UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D.IM SKR.: Mr ANL. PERSONALENDUNGEN. 143 Brahmanas patih (der Herr des Gebets). Der Sinn ist: ‘der Herr des Gebetes, d. h. das personificirte Gebet, zeigt zuerst seine Macht auf Er- den, indem der Betende in den menschlichen Beziehungen dadurch Heil gewinnt, dann erhebt er sich gross und Freude spendend zum Himmel, erhält Macht über die Götter, die dadurch gezwungen werden, des Be- tenden Willen zu erfüllen, ist endlich Gebieter alles dessen, was exi- stirt, indem durch Gebet alles zu erreichen ist. Die absolute Macht des Brahmanas pati, d. i. ‘Gebets’ wird an überaus vielen Stellen des Rigv. hervorgehoben 79). Entscheidender noch ist die zweite Stelle Rv. IX. 109, 7. Denn es entspricht ihr Sámav. I. 5. 1. 5. 10 und hier erscheint statt der Lesart des Rigv. mahä'm av? der in den Veden regelrechte phonetische Vertreter des Nomin. sing. mahd'n, nämlich ar: sa? mahd'» ot, Wie in mehreren schon bisher vorgekommenen Stellen des Sämaveda ($. 4. 5: 14. 37) regelrechte Accentuation und Formation statt der anomalen des Rigv. erschien, so scheinen die, welche den Sämaveda-Text consti- tuirten, auch hier die überlieferte Form mahd'm in die der Vedengram- matik entsprechende mahd'n umgewandelt zu haben. Der ganze Vers lautet im Rigv. pávasva soma dyumni sudháró mahá'm ävinäm ánu pürvyáA| Dass statt der beiden letzten Wörter anupürvyah in einem Worte hergestellt werden zu müssen scheine, wird im Petersb. Wtbch. (unter anupürvya) bemerkt. Die Uebersetzung ist: ‘Ströme o Soma! glänzend, stromreich, mächtig durch eine der Seihen nach der andern’. Sehen wir nun in diesen beiden Fällen, statt des organischeren agr mahd'os , vor Vokalen neben agiz mahd'» auch mahd'm erscheinen, so dürfen wir wohl unbedenklich danach auch das vor Vokalen und v erscheinende ?ram als analogen Vertreter des organischeren 73 ?raes 79) vgl. Muir Original Sserit Texts V. 212 ff. und sonst. 144 TH. BENFEY, auffassen. Dass uns in dem, im Ganzen doch so wenig umfangreichen Rigv. kein rs Orav bewahrt ist, kann schwerlich dagegen geltend ge- macht werden. Vielleicht hatte es sich wirklich in keiner Stelle neben ran und ram geltend gemacht, vielleicht war es aber auch, wie umge- kehrt im Sàmav. mahá'm, wegemendirt. $. 40. Ein andrer Einwurf von grössrem Gewicht gegen diese Zusam- menstellung liesse sich vielleicht von daher entnehmen, dass dem m in Oram ein kurzes, dem in mahäm aber ein langes d vorhergeht und m in den Veden sich nur für ursprünglicheres ns hinter d, nicht a, zeigt. Aus dem kleinen Vedencorpus lässt sich in der That keine Analo- gie zur Widerlegung dieses Einwandes beibringen, wohl aber mehrere aus dem Zend, welche in so stricter Analogie zu dem m in ram stehen, dass wir ihr m unzweifelhaft als wesentlich eben so entstanden, nicht aber als eine blosse Verwandlung von ursprünglichem » mit Spiegel 9)) betrachten dürfen. Bei der, trotz dialektischer Differenzen, allerinnig- sten Verbindung dieser Sprache mit der der Veden, hat eine derartige Zusammenstimmung auch gar nichts auffallendes. In den Veden erscheint statt des gewöhnlichen Vok. Sing. msc. der Themen auf van, welcher mit dem Thema identisch ist, statt der Endsylbe van auch vas, so von ritávan gerecht gewöhnlicher Voc. ritávan ved. rifávas; beide Formen vereinigen sich in der Grundform *ritävans, mag diese nun der ursprüngliche — durch blossen Antritt von s gebil- dete — Nominativ sein, welcher sich in der grundsprachlichen Gestalt erhalten hätte, oder eine durch die Accentuirung des Vokativs auf der ersten Sylbe herbeigeführte Verkürzung des letzten 4 in der Form des Nominat. *rifáváns. Die Formen rifávan und ritávas verhalten sich zu der Grdform *ritävans bezüglich des auslautenden n oder s genau 50, wie die acc. pl dn, ds, in, ds, im, ds, rin, rís zu den Grdformen "ans Fins, *uns, *rins, nur dass die Sprache in letzteren Füllen den ursprüng- lich rein phonetischen Unterschied, wie das in den Sprachen so oft ge- schieht (vgl. z. B. unser ‘denn’ und ‘dann’, ‘ahnden’ und 'ahnen), zu ei- 80) Grammatik der Altbactrischen Sprache 1867, S. 51. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IMSKR. M. r ANL. PERSONALENDUNGEN. 145 ner begrifflichen — hier geschlechtlichen — Unterscheidung benutzte, in- dem sie die auf n auslautenden Formen auf das msc., die auf s auf das fem. beschränkte. Dieses *ritävans hätte nun, wie die besprochene Endung Orans zu ram ward, auch zu ritdvam werden können. Im Sanskrit ist diess nicht geschehen. Im Zend aber entspricht dem Thema ritävan, oder vielmehr dessen organischerer Form *artavan (denn sskr. ri ist hier für ar eingetreten und der Auslaut in arta- ist gegen die allgemeine Regel gedehnt). mit dem bekannten Reflex von sskr. rt durch zend. sh, das Thema ashavan und dessen Vokat. lautet ashdum, augenscheinlich zunächst für ashavam mit der so häufigen Vokalisirung von va zu u; was das lange á anbetrifft, so zeigt es sich in allen Casus, in denen va, in u verwandelt ist, z. B. asháuné, ashdund, ashäunam. ` Statt du erscheint auch ao für organisches ava z. B. neben asháuné auch ashaoné, statt asháunüm auch ashaonüm. Mit dieser Umwandlung gestaltet sich der Vokativ von dtharvan ‘Priester aus der Form áthravan zu áthraom (für *áthravans) Mit Zusammenziehung von organ. ava zu u 9!) erscheint als Vokat. von yavan Jüngling vum 82) (für *yavans). Am wenigsten verdunkelt ist dieser Vokativ in thri-zafem, Vokat. von thri-zafan 'dreimündig'; hier ist nur nach der allgemeinen Regel organ. a vor m zu e geworden. Wenn im Sskr., wie in trina- jambhan u. aa. 95), auch in der Zsstzg. mit fri diese vollständigere Form von jambha ‘Gebiss’ antreten könnte, so würde hier tri-jambhan entspre- chen, im Vok. org. *trijjambhans und mit m statt ns *trijambham. i Aorist der 3ten Form. §. 41. Hier tritt uns die volle Form der Endung entgegen in sám . . . ávavritranta ‘sich gegen einander wenden’ (im Kampfe) Rv. IV. 24. 5. Man könnte die Form als Ätman. in Passiv-reflex.-Bed. des pri- mären Verbum (vart vrit) nehmen; allein in den entsprechenden Formen 81) F. Justi Hdbch. der Zendspr.; Gramm. nr. 23. 82) Yt. 22, 11. 83) Pän. V. 4, 125; Vollst. Gr. $. 669, IL. 1, 2. Histor.-philol. Classe. XV. X 146 TH. BENFEY, des Parasmaip. wie auch des Ätmanep. (in reflexiver Bed.) tritt so oft die causale Bed. hervor ®*), dass ich eher geneigt sein möchte, diese Form sowohl als die zunüchst zu erwühnenden ebenfalls als Aor. des Causale zu betrachten. Häufiger kommt die Form mit Einbusse des auslautenden ta, näm- lich avavritran vor, so Rigv. I. 164, 47 (mit Präf. d, d'vavritrant sádanád) = Ath.-V. VI. 22, 1 und IX. 10, 22; Ath.-V. XIII. 3. 9, vgl. auch Ath.-V. XII. 2, 41, Váj. S. X. 19; ferner mit den Präfixen sam d Rv. III. 32, 15 = Ath.-V. XX. 8, 3; mit ví 4' Rv. X. 18, 3 — Ath. V. XII. 2, 22. Mit auslautendem m für n (vor folgendem Vokal) erscheint asasri-. gram von sarj (srij) ‘loslassen, sprengen’ Rv. IX. 97, 30 (vor ahndm) und X. 31, 3 (vor dngäs), beidemal in Passivbedeutung, in letztrer Stelle neben dem Aorist Pass. ddhäyi; vgl. Plusquampf. S. 47. Aorist der 4ten und 5ten Form. In Bezug auf hieher gehörige Beispiele s. S. 34. Potential des Aorist der 3ten Form. S 42. Er erscheint mit der Endung rata (vgl. S. 33) in cucyavfrata vom Causale von cyu Rv. VIII. 9, 8. Das Petersb. Wtbch. hat irrig cucyuvtrata und auch cucyuvimahi statt cucyavimahi (Ry. VIII. 9, 9); av — des regelrechten wv ist nach Analogie von ay, av, ar für auslautende i4 d vor der Endung ws der 3ten Plur. Impf. Parasm. in redupli- cirenden Verben eingetreten. Precativ. S 43. Wie schon bemerkt, erscheint ‘rata im Precativ statt des gewöhnlichen ra» in maestrata von man Rv. X, 31, 5. Perfectum. $ 44. Der in den Veden erscheinende und auch von den indi ——M 84) Rv. 1.52, 1 und vgl. die Stellen im Petersb. Wtbch. unter â-vart und sonst: UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D.IM SKR. M. r ANL. PERSONALENDUNGEN. 147 schen Grammatikern angeführte Anschluss von re ohne den in dem ge- wöhnlichen Sekt. gesetzlich gewordenen Bindevokal i bedarf keiner Be- merkung (vgl. jedoch $. 30) 85). Beachtenswerth ist hier nur eine Stelle, wo duhre Singular und zwar des Prüsens zu sein scheinen kónnte. Sie findet sich Rv. I. 139, 7 und lautet: ví Gm (nämlich dhenim) duhre Aryamá' kartári sácáe. In der Vollst. Gr. S. 813, IV, welche vor der Veröffentlichung der M. Müller'schen Ausgabe des Rigv. erschien, speciell vor deren zweitem Bande, welcher diese Stelle mit Sáya»as Commentar enthält, nahm ich diese Form, da sie sich zunächst auf den Singular Aryamd bezieht, für Vertreter des sing. Präs. dugdhe: 'Aryama im Verein mit dem Schaffen- den melkt sie (die Kuh) aus’; ich folgte dabei den allgemeinen Regeln in Pà». VII. 1, 8 und 41, welche, wenn gleich sie kein Beispiel des Zutritts von r für den Singular geben, doch die Annahme desselben ver- statten. Säyana ist, wie wir aus seinem Commentar sehen , im Zweifel ; er fasst die Form nur als Singular, schwankt aber ob er sie als Pf. ohne Reduplication 86), oder als Präsens betrachten soll. Seine Glosse ist näm- lich dugdhaván ‘er hat gemelkt'; in der grammatischen Erklärung heisst es dann zunächst: duher liti bahulam chandastti (Pan. VII. 1, 8) rut; chan- dasi veti (Várt. 2 zu Pán. VI. 1, 8) vacanád dvivacanábhávah d. h. duhre ist Pf. von duh; nach der Regel (Pän. VIL 1, 8), welche den Vortritt von r in den Veden auch ausser den in VII. 1, 6 und 7 gegebenen Be- stimmungen anmerkt, ist es hier vor der Endung e des Singulars einge- treten, und aach der, welche besagt, im Veda ist die Reduplication. ar- biträr, fehlt die Reduplication', so dass duhre für duduhe steht. Dann folgt eine andre Erklärung: laty eva vá lopas ta ifi (Pán. VIL 1, 41) talopah oder Präsens mit Einbusse des f der Personalendung und Vor- satz von r, also für duh-te = dugdhe, wie auch ich es fassen zu dürfen — 85) s. Pän. VI. 4, 76, Vollst. Gr. S. 377. n. 3. 86) s. Värt. 2 ad Pän. VI. 1,8, Vollst. Gr. S. 373. n. 9, wo man noch manche Beispiele nachtragen kann. 148 TH. BENFEY, glaubte. Das Petersb. Wtbch. hat diese Stelle nicht besonders be- sprochen. Als ich meine mit der einen des Säyana zusammentreffende Erklä- rung aufstellte, war mir. der Veda nur aus Handschriften, grösstentheils ohne Commentar und in geringem Umfang, zugünglich, die Art, wie diese Formen zu erklüren und der Kreis ihrer Anwendung noch fast ganz unbekannt. Seitdem (1852) ist dieses anders geworden. Unter den seitdem bekannt gewordenen zahlreichen Fällen, in denen diese Formen erscheinen, ist auch nicht ein einziger, in welchem eine hieher gehörige Form als Singular auftritt. Es lässt sich nun zwar die Mög- lichkeit nieht in Abrede stellen, dass ausser den Formen der 3ten Plur. Ätman. von ar (ri) auch andre Personen dieses Verbum mit aa. Verben in gleicher Weise verbunden gewesen sein; allein trotz dem wird es doch nicht eher verstattet sein, für eine Form, über deren Bedeutung wir in Zwei- fel sind, einen Werth, welcher von dem bekannten abweicht, anzuneh- men, als bis dieser durch ein ganz sichres Beispiel belegt sein wird. Wir werden daher, Säyana’s Erklärung von duhre als Singular abweisen und es als Plural auffassen. Da die handelnden zwei sind, so konnte das Vb. auf jeden Fall daneben im Dual stehen und wir würden anzu- nehmen haben, dass hier der Plural statt des Duals eingetreten sei. 50 einfach eine derartige Annahme im Griechischen sein würde, wo Dual und Plural schon im Homer fast ungeschieden neben einander stehen, vgl. z. B. unzeu, neiós qíAo, noAsuítsts und: udyeoIov (Il. 7, 219), s0 ist ihre Berechtigung für die Vedensprache doch noch bedenklich. Der Dual hat hier und selbst im späteren Sskrit ein gewaltig ausgeprägtes, eigenthümliches Leben 87) und ich exinnre mich bis jetzt nur einer ein- zigen Stelle ‘des Rv. X. 65, 2, wo wahrscheinlich der Plural für den 87) Vgl. Dual eines Nomen zur Bezeichnung zweier verschiedener aber innig verbundener Gegenstände z. B. ved. Dual von ‘Mutter’ mátar für ‘Mutter und Vater’, Dual von ‘Mitra’ für ‘Mitra und Varuna’ (Vollst. Gr. 8. 637); Dual des Vb. bei vier durch ‘und’ ca verbundenen Göttern, weil die beiden ersten und letzten als A weis zusammengehörige aufgefasst wurden, im Ath.-V. III. 22, 2; ühnlich ib. v.30, 5. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. M. r ANL. PERSONALENDUNGEN. 149 Dual eingetreten ist; ich sage wahrscheinlich; denn auch hier kónnte der Plural durch den zu indrägnt' ‘Indra und Aen? hinzutretenden sóma herbeigeführt sein. Trotz dem scheint mir diese Annahme, dass dure als Plural zu nehmen sei, unter den jetzigen Umstünden noch immer die wahrscheinlichste; der Eintritt des Plur. für den Dualis ist — wie die ganze Geschichte des letzteren in den indischen Mundarten und den übrigen indogermanischen Sprachen zeigt —, fast naturgemäss und in dem der Vedensprache so ganz nahe stehenden Zend sehen wir das Ver- bum schon gewöhnlich im Plural neben nominalen Dualen 88). Was das Tempus betrifft, so scheint mir der Sinn die Auffassung als Pf. zu empfehlen; ich sehe also hier in duhre 3 Plur. Pf. red.; das Petersb. Wtbch. jedoch bezeichnet duhre nur als 3 Plur. Prüs., scheint - es also auch an dieser Stelle so zu fassen. &. 45. Neben re erscheint aber ferner in den Veden als Endung der 3 Plur. Pf. auch riré. So cikit-rire mit Präfix 4 ‘sich kund geben' Ry. I. 166, 13 (Pass); ferner mit sdm X. 92, 4 und 10; jagribh-riré von grabh ved. für grah ‘nehmen’ IV. 7, 2 (Ätmanep.); dad-rire von dá mit Präfix prá ‘darbringen’ Rv. VII. 90,1 = Váj S. XXXIIL 70 (Pass.) 59); duduh-rire von duh ‘melken’ (Ätmanep.) Sämav. I. 6, 2, 2 T Be 2, 17, 1 — Rv. IX. 70, 1, welcher aber duduh-re liest, wie in der Re- petition auch der Cod. B. des Sámav.; ferner bubhujriré von bhuj ‘genie- ssen Rv. I. 138, 3 (Ätmanep.); vivid-rire von vid ‘erlangen’ (Ätmanep.) Rv. IL. 21, 5; endlich sasrij-rire mit Präfix # ‘sprengen Rv. VIII. 58, -a — Sámay. IL 7, 1, 1, 2 = Ath.-V. XX. 22, 5 und 92, 2. Es giebt wohl mehrere Möglichkeiten dieses riré zu erklären; un- ter den von mir in Betracht gezogenen tritt jedoch eine durch hohe 88) Spiegel, Grammat. der Altbactrischen Spr. H. 328. 329. 89) Hier zeigt der Scholiast Mahidhara seine Unkenntniss der Vedensprache; prá nimmt er gegen Accent und den Pada-Text mit dem folgenden víreyá als ein Wort und leitet dadrire gegen den Sinn und Sprachgebrauch: von dri (= dri, dar) ‚bersten’ ab. 150 TH. BENFEY, Wahrscheinlichkeit, ja, wie mich dünkt, Gewissheit, so sehr hervor, dass ich die andern für jetzt ganz übergehn zu dürfen glaube. rire scheint mir nämlich aus ärire entstanden, der 3ten Plur. Pf. red. Átman. desselben Verbum ar, dessen Prüsens und Imperfect die Endungen rate, ranta lieferte. Die Benutzung des Perfects von ar zur Bildung des Perfects eines an- dern Verbum beruht auf derselben Anschauung, aus welcher die Bezeich- nung der Perfecta pariphrastica vermittelst der Perfecta reduplicata von as, bhü, kar (kri) hervorgetreten ist, und steht in Analogie mit. der Verwen- dung der Prüterita von as ‘sein’ zur Bildung der Präterita (Aoriste) an- drer Verba. Eben so findet auch die Einbusse des anlautenden 4 in der Zusammensetzung hier ihre Analogie. Wie ärire, zsgstzt mit vivid-, vivid-rire bildet, so verliert auch die Ate Plur. Ätm. des Imperfects (oder Aorists nach der lten Form) ásata in der Verbindung mit drig ihr an- lautendes 4 und es entsteht mit vortretendem Augment: adrikshata. Das á in ásata war eingebüsst, weil das in ihm enthaltene Augment vor die Zusammensetzung trat; der Einbusse des Augments folgte auch der Verlust des stammhaften a nach; ganz eben so wird das 4 in dré ver- loren, weil es die Reduplication enthält, die in den mit dieser Endung zusammenzusetzenden Basen erscheint, und auch hier folgt dem Verlust des reduplicativen a auch der des stammhaften. Dass in der Endung der 3ten Pluralis Pf. red. von ar, nämlich árire, bestehend aus a-ar-ire, das Verbum ar selbst nochmals steckt, wird Niemandem auffallen, der mit den Bildungsgesetzen des indogermani- ‚schen Verbum vertraut ist. Ganz eben so tritt an Zo 3 sing. Imptri von & im Plur. die Endung oa» (£oıwoey), eigentlich 3 Plur. Impf. des- selben ic; eben so ist im Latein in essem, esses u. s. w. an dasselbe 6 dessen Optativ (sem für siem) getreten; in scrip-sissem u. S. W. ist diese das Vb. es schon doppelt enthaltende Form an die verstümmelte Form des Pf. von es getreten, so dass in -sissem u. s. w. (vgl. fui-(e)ssem legi- (essem) das Vb. es dreimal steckt. Auch die romanischen Sprachen ha- ben sich nicht gescheut, die aus dem Vb., welches ‘haben’ bedeutet, ent- standenen Bildungsexponenten mit den Stämmen dieses Verbum selbst 7 UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. Mr ANL. PERSONALENDUNGEN. 15 sammenzusetzen; wie z. B. o für ko in italiänisch creder-ó eig. 'ich habe zu glauben’ mit credere zusammengesetzt ist, so auch in avr-ó eig. 'ich habe zu haben’ mit avere. Dem Wesen nach stimmt mit diesem Ver- fahren ganz das unsrige überein, wenn wir wie ‘ich habe geliebt’ so auch ‘ich habe gehabt, wie ‘ich werde lieben’ so auch ‘ich werde wer- den’ sagen. In allen diesen Bildungen ist die materielle Bedeutung der dazu verwandten Wörter aus dem Sprachbewusstsein mehr oder weniger verdrängt und die formative an ihre Stelle getreten. Imperativ des reduplicirten Perfects. $. 46. Einige Beispiele dieses Imperativs habe ich schon Vollst. Gr. $. 837, 3 gegeben. Mit der hier behandelten Endung erscheint da- drieräm 3 Plur. für dadrig-ratám (vgl. S. 31) von darg (drig) ‘sehen’ (Pass.) im Ath.-V. XII. 3, 33 90). Plusquamperfectum. $. 47. Im griechischen Medium bildet sich das Plusquamperfect aüs dem Perfect durch Vortritt des Augments und Antritt der verstüm- melten (sogenannten historischen oder sekundáren) Endungen statt der organischeren, z. B. Perfect rérvwe: Plusqpf. é«émvyo. Dass dieselbe Bildungsweise einst auch für das Activ Statt fand, dass die hier herr- schend gewordene periphrastische Bildung vermittelst Zusammensetzung mit dem Impf. von & erst später eingetreten sei, zeigen mehrere Reste derselben wie 2-améuS-us» Pix-wujy (neben dem Medium jjxro) é-xéxgay- usv, att. jouer jjove (von sido) und d-u£unx-ov, £-négvx-or. Das Plgpf. tritt also in dasselbe Verhältniss zu dem Pf., wie das Imperf. zum Präsens im Griech. und Sanskrit, und wie der Conditional zum Futur. II. im Sskr. | | Im Sskr. erscheinen nun mehrere ganz analoge Bildungen; allein da auch der Aorist der 3ten Form hier durch Reduplication, Augment 90) Zu einem Theile der Stelle vgl. Whitney zum Atharva-Veda-Prätigäkhya II. 34. 452 TH. BENFEY, und die verstümmelten Personalendungen gebildet wird, ferner in dem Gebrauch dieser Formen kein solcher Bedeutungsunterschied hervortritt. dass man sie danach zu trennen im Stande wäre, so kann man über viele derselben zweifelhaft sein, ob sie in dieselbe Kategorie mit dem griech. Plqpf. zu stellen, oder als Aoriste der 3ten Form zu betrachten seien. Ich beschränke mich daher für jetzt darauf, in die erstre Kate- gorie nur solche Formen zu stellen, deren Reduplication, Verstärkung, oder Endung in zu enge Analogie mit den entsprechenden Elementen des Pf. tritt und in den Aoristen keine nachweisbare Analogie hat und schwerlich hatte 91). So rechne ich dahin die Form aiyes (Rv. V. 2, 8) ‘bist gegangen oder vielleicht ‘warst gegangen’; vgl. den Perfectstamm von i nämlich iyi z. B. in der 2ten sing, Par, mit der regelrecht verstärkten Form tye- tha (Petersb. Wtbch.); mit Augment wird sie regelrecht zu aiyi und mit der Endung der zweiten des Imperfects und der regelrechten Ver- stärkung aíyes. Säyana fast sie als Impf. von í, welches ganz anomal wäre; wie das Petersb. Wtbch. sie nimmt, kann ich nicht angeben, da ich sie in ihm nicht finden kann. Diese Reduplication hat keine Ana- logie in dem Aorist der 3ten Form und die Verstärkung wäre hier ge- gen die Regel. Der letztre Umstand bestimmt mich auch ddudrot (Ew. II. 30,3) von dru ‘laufen’ (Pfbasis dudru) hieher zu ziehen, vielleicht, ‘er hatte angefallen’. Wegen der sicher nur dem Perfect angehörigen eigenthümlichen Reduplication fasse ich ferner dnarshat (Taittir. År. 2, 9, vgl. N irukt. II. 11) als Plgpf. von arsh (rish) *fiessen', in der Pfbasis ámarsh (dnrish); € ist hier a vor der Personalendung eingetreten, wie ja auch in der 2ten Conj-Cl gegen die Regel in Formen von ad, an, rud, qvas, svap. att analog erscheint ánmarchat von arch (rich) ‘gehen’, Pfbasis änarch (ánrich), im MBh. IIL 16375. 91) Die Vermuthung, dass hier alte Plusquamperfecta zu erkennen sein, - 0 ich zuerst Vollst. Gr. S. 383. Anm. 2 ausgesprochen, vgl. A Practical Grammar the Sserit Lang. $. 186. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. M. r ANL. PERSONALENDUNGEN. 153 Wegen der nur im Pf. erscheinenden Verstärkung ferner cacärit von car 'gehen', Pfbasis cacar, aber in der verstürkten Form cacár (Si. 1. 3. Parasm.), mit Einbusse des Augments, wie in den Veden und den die Vedensprache nachahmenden Schriften so oft, im Chand. Up. S. 265. Auch der Vokal 7 vor der Endung hat keine sichre Analogie im Aorist, dagegen oft in der 2ten Conj.-Cl. (vgl. die Flexion von an, as, tu, brú, ru, rud, cvas, stu, svap) und im Frequentativ. Aus letzterem Grund würe ich auch geneigt hieher zu ziehen djagrabhit von grabh, Pfbasis jagrabh, von grabh ‘greifen’ Rv. VIIL 6, 17 und dadharshit von dharsh (dhrish), Pfbas. dadharsh (dadhrish), ‘bewältigen’ Rv. IV.4, 3 = Väj. S. XIII. 11; doch kann man auch zweifeln, ob der Grund dazu genügt. Endlich ziehe ich dahin die uns speciell beschüftigenden Formen, welche auf i-ram auslauten; denn wührend im Aorist keine Form mit dem Bindevokal i mit Sicherheit nachweisbar, schliessen sich diese in dieser Beziehung dem Pf. red. an, wo die Form mit Bindevokal die vor- herrschende und in der classischen Sprache die allein herrschende ward. Zugleich stimmen sie auch in der übrigen Gestaltung zum Perfect. Die hieher gehörigen Formen sind apeciran Ath.-V. V. 18, 11 und ohne Augment peciran in der Käc. zu Pän. IV. 4, 120 von pac ‘kochen, in der geschwüchten Pfbas. pec, in der entsprechenden 3ten Plur. À tm. des Pf. pec-ire. Die Schwüchung dagegen ist nicht entscheidend, da anecam als Aor. von mac betrachtet wird und für organ. *ananagam steht, also dieselbe Schwüchung zeigt. Allein ich glaube fast, dass, wenigstens auf dem jetzigen Standpunkt unsrer Kenntniss des Sskr., der Zweifel nicht unberechtigt ist, ob die indischen Grammatiker mit Recht in die- ser Form einen Aorist sahen, ob sie nicht vielmehr eigentlich eben- falls hieher gehört. Die Bedd. aller Präterita laufen in den Veden so untereinander, verschlingen sich selbst mit dem Präsens und mit Modis, dass bei der grammatischen Anordnung des Sskrit eine so vereinzelt, neben dem entschiedenen Aor. anagam, in die classische Sprache hinüber- gerettete Form, zumal da man die wichtigsten alten Formen in der Gram- matik ganz unbeachtet liess, leicht für Aorist genommen werden konnte. Ferner gehórt hieher ajagmiran von gam ‘gehen’ Rv. X. 27, 15; Histor.-philol. Classe, XV. U 154 TH. BENFEY, auch hier stimmt die übrige Conformation mit dem Pf. red. (vgl. 3 PI. Par. jagm-us) überein und ganz entsprechend erscheint als 3 Plur. Ätm. . jagmire Rv. VI. 19, 5. Aus denselben Gründen gehórt hieher acakriran von kar (kri) *ma- chen Rv. VIII. 6, 20; auch hier entspricht im Pf. cakr-ire. V. Spuren dieser Endungen in den verwandten Sprachen. S 48. Im Päli erscheint neben der Endung der 3ten Plur. Ätm. ante auch die Endung are in socare von suc — sskr. cuc ‘sich betrüben‘, lajjare vom sskr. Vb. /ajj ‘sich schämen’ und pajjare vom sskr. Vb. pad im Prüsensthema padya ‘gehen. Fr. Müller 92) betrachtet are als eine bloss phonetische Umwandlung von ante vermittelst des Uebergangs des dentalen ? in das linguale und des letzteren inr. Allein der Ausfall des n ist dabei nicht erklärt und der Uebergang des lingualen t mr ist von ihm im Páli nicht nachgewiesen. Mir scheint die Annahme da- her sehr zweifelhaft und ich móchte kaum Bedenken tragen unsre pe sensendung re hier zu erkennen, welche unmittelbar an das Präsens- thema auf a trat, während sie sich in dem vedischen arhire (S. 30), wie in den übrigen Präsensformen dieser Art, durch Bindevokal i anschloss, vor welchem der Auslaut des Präsensthema (arha-) nach vielen Analo- gien eingebüsst ward. S 49. Im Zend wird ganz unverkennbar die S. 30 erwühnte ved. Form cere (für gewöhnliches gerate) regelrecht in cöire (Ysht X. 80) re- flectirt 95. Bezüglich des ői für sskr. e vgl. die Flexion des Potential z. B. zend. apa-baróis mit sskr. bAares; wegen zend. é für sskr. e z. B. zend. imé — sskr. ime 9%). 92) Beitráge zur Kenntniss der Päli-Spr. I. (Sitzungsber. d. Wien. Ak. der Wissensch. hist.-phil. Cl. Bd. XVII. 1867, bes. Abdr.) S. 10. 93) vgl. Spiegel's Uebersetzung in ‘Avesta’ Bd. III. S. 92, 80. 94) s. Spiegel Gr. d. Altbactr. Spr. S. 21. UEB. D. ENTSTEH. U. VWD. D. IM SKR. M. r ANL. PERSONALENDUNGEN. 155 Auch careré (Ysht XVII. 10) könnte vielleicht Anspruch machen, hieher gezählt zu werden, allein die Leseart und die Bedeutung ist zu unsicher, als dass ich ein Urtheil darüber abzugeben wagen möchte 95). Wenn cákhraren Vd. IV. 198 Sp., 46 W. die richtige Leseart 96), dann erinnert es auffallend an ved. acakriran in S. 47. Allein Westerg. hat cákhraré in den Text genommen 97). Vielleicht möchte bei dem entschiedenen Nachweis von re in çóiré die Nothwendigkeit einzutreten scheinen, die Behandlung der zend. En- dung diré (Bd. XIII. dieser Abhandlungen, S. 64 ff., bes, Abdr. S. 28 ff.) zu retractiren; allein die Länge des d scheint mir auch jetzt noch ge- gen eine Identification ihres rd mit dem sskr. zu entscheiden. Beiläufig bemerke ich dass Spiegel’s Altbactr. Gr. S. 247 irrig do Aa? mit kur- zem a giebt; Ysht X. 45, die einzige Stelle, die Justi dafür citirt, hat, wenigstens bei West. ohne eine Variante, áonháiré mit langem å. $. 50. In allen übrigen verwandten Sprachen habe ich auch nicht die geringste Spur dieser Endungen gefunden, so dass ihre Entstehung und Verwendung nur dem Arischen Zweige des Indogermanischen Stam- mes angehört. Nachtrag: S. 119 Z. 3ff. ist zufällig vergessen worden zu bemerken, dass Rigv. VI. 2, 6 im Ath.-V. XVIII. 4, 39 wiederkehrt und zwar mit der Corruption drnotu für rinvati. Diese Corruption be- ruht augenscheinlich zum Theil auf ungenauer Aussprache, den für rin (wohl aus ur für ri) und o (wohl aus u) für va und weist auf die münd- liche Ueberlieferung der Vedenhymnen hin. Der auf diese Weise cor- rumpirten Form (urnu-) wurde dann eine grammatisch verstándliche Form (ürnotu) gegeben. : S. 129, Z. 2 v. unt. füge man hinter 19 hinzu: und Váj. S. XIII 7. 95) vgl. Justi Altbactr. Wtbch. unter gi und yógareré; Spiegel ‘Avesta’ IIT. 162, 10. 96) vgl. Spiegel Gramm. d. Altb. Spr. 251. 97) vgl. auch die Vv. bei ihm. U2 gebcrmonee “37 A ba ax eb: ine ibr a. Ghi eed 8 N my 5 Le ba wr um ibd - ës Abhandlung über die geschichtliche folge der Semitischen sprachen. Dritte sprachwissenschaftliche abhandlung von H. Ewald. Vorgetragen in der öffentlichen sizung am 3. December 1870. Die zwei früheren sprachwissenschaftlichen abhandlungen welche ich in den jahren 1861 und 1862 der K. Ges. der Wissenschaften vorzulegen die ehre hatte, begannen die sprachwissenschaft selbst so wie sie alle mensch- lichen sprachen ihrer geschichte und ihrem innern wesen nach zusam- menfassend in unsern tagen gegründet werden muss, auf solchen festen grundlagen aufzubauen welche sich mir längst als die zuverlässigsten er- geben hatten. Es wurde gezeigt dass es zwar nochnicht an der zeit sei die lezte entstehung aller menschlichen sprache und die zertheilung al- ler der vielen sprachen aus éiner quelle wissenschaftlich zu beweisen, da die wissenschaft immer zwischen dem was sich bis jezt nur als wahr- scheinlich ahnen und vorausschauen und dem was sich überzeugend be- weisen lüsset streng unterscheiden muss; dass wir heute aber allerdings schon einen höchst bedeutenden schritt über alle bisjezt herrschende un- sicherheit hinaus wagen kónnen, welcher auf allen seiten dieses weiten gebietes glücklich zurückgelegt uns zugleich dem lezten uns hier vorge- steckten ziele schon sehr nahe bringen wird. Das ist die genaue zusam- menstellung der großen sprachstümme in welche sich alle die besondern sprachen zusammenfassen, und die erkenntniss ihres gegenseitigen verhält- nisses zu einander, einschließend die frage ob sie in einem ursprüngli- chen zusammenhange stehen oder nicht. Dies ist ein unternehmen wel- ches, früher kaum in seinen ersten anfángen und nur hóchst zerstreut versucht, in unsern tagen noch nie weder gründlich angefangen noch mit bedeutenden erfolgen belohnt war, in jenen zwei abhandlungen aber mit 158 H. EWALD, vieren der wichtigsten sprachstämme, dem Nordischen (Türkischen) Mit- telländischen (Indo-Europäischen) Semitischen und Koptischen begonnen wurde und zum ersten male zu den fruchtbarsten ergebnissen hinführte. Wie das so begonnene auf demselben wege weiter fortzusezen sei, wurde schon dort in seinen hauptzügen vorgezeichnet, auch eine nühere andeu- tung der fortsezung in derselben richtung gegeben. Leider aber wurde ich gerade seit der neige des j. 1862 durch eine menge völlig unvorher- gesehener zeitereignisse und drüngender geschäfte der verschiedensten art die fortsezung so bald und nach der dort angedeuteten richtung hin zu geben verhindert!): und jezt wo ich einige muße an der ganzen großen aufgabe fortzuarbeiten wiedergewinne, scheint es mir nothwendig zuvor eine andre abhandlung einzuschalten welche manche der über diesen dingen ferner. zeiten und unbekannter mächte liegenden finsternisse zu zerstreuen wohl geeignet sein mag. Denn die so weitreichenden wichtigen ergebnisse elt ich in je- nen beiden abhandlungen niederschrieb, stehen mir zwar heute noch immer só fest dass ich an ihnen auch beim besten willen jezt nichts zu bessern wüsste. Sie standen mir schon in den jahren 1861 und 1862 da ich sie niederschrieb, als durch die stets fortgesezten bemühungen und erfahrungen aller meiner sprachlichen arbeiten gewonnen fest; und seit- 1) Indessen suchte ich in anderer weise einzelne bruchstücke des einmahl an- gefangenen werkes auch durch die aufgabe von Universitätspreisfragen zu fördern, aus welchem bestreben die zwei abhandlungen hervorgingen: Die Bildung des Cop- tischen Nomens von Veit Valentin aus Frankfurt a. M. Göttingen 1866; und De phe ralium linguae Arabicae et Aethiopicae formarum omnis generis origine et indole scripsit et Síbawaihi capita de plurali edidit Hartwig Derenbourg Parisiensis, Got- tingae 1867. Ich nenne diese beiden kleinen schriften hier absichtlich, da sie in diesen gesammten kreis gehören und der gegenstand der zweiten in dieser meiner abhandlung weiter unten noch ganz besonders berücksichtigt wird. H. Derenburg's buch wie es hier erschien, enthält vorzüglich nur den ersten Arabischen druck der ihres alters und ihrer reichhaltigkeit wegen wichtigen abschnitte über die Arabische mehrheitsbildung in Sibawaihi’s werke; seine eigne abhandlung welche hier nicht er- scheinen konnte, wurde dann etwas später im Journal asiatique veröffentlicht. UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 159 dem ist mir durch weitere erforschungen dieser allerdings schwierigen gegenstände ihre gewissheit, wäre es möglich, nur noch gewachsen. Auch ist von keiner seite irgend etwas verstündiges gegen sie einge- wandt!): und gewiss wird auch in zukunft jede weitere sichere erfor- schung und erkenntniss von ihnen ausgehen müssen. Allein die sprach- wissenschaft selbst, versteht man sie nach ihrem ganzen umfange ohne welchen sie stets etwas hóchst unvollkommnes und zweifelhaftes bleiben wird und nach den hohen aber schwierigen aufgaben welche sie wahr- haft lósen muss, ist auch heute noch immer unter uns bei weitem nicht däs was sie seyn sollte, wenn auchnur die lauten ruhmesworte welche man darüber so oft hört irgendeinen sicheren grund haben sollen. Un- sere zeiten fühlen auch nach der seite dieser besondern wissenschaft hin wenigstens unklar und. dumpf sehr wohl dass noch größeres und siche- reres als alles was in den früheren jahrhunderten versucht und erreicht wurde jezt erstrebt werden müsse: allein wie wenig entspricht bisjezt die sichere that dem willen welcher unklar, und die unermüdliche reine arbeit dem streben und sichrühmen welches unrein bleibt! Noch immer sind es doch im wesentlichen nur die mit dem Lateinischen und Griechischen näher zusammenhangenden sprachen denen man an den meisten orten eine nähere rücksicht zuwendet, während man längst ge- lernt haben sollte gerade den bis jezt weniger sei es bekannten oderauch beachteten weiten gebieten menschlicher sprache die sorgfältigste beach- tung zu widmen: und so gewinnt man keine richtige übersicht über das gesammte so ungemein bunte und vielgetheilte gebiet, und vernachlässigt dagegen so vieles von dem richtigsten und wichtigsten was schon sicher erkannt ist. Da nun diese ganze wissenschaft auf der einen seite etwas uns selbst im eignen leben immer ganz nahes und scheinbar klares, auf der andern fragen der entferntesten zeiten und völker und erscheinungen der schwierigsten erkenntniss umfasst, so erhalten sich hier nicht nur 1) Es genügt hier deshalb auf die Gött. Gel. Anz. 1863 s. 1961—1975 zurück- zuweisen. Ich bemerke nur dass dort s. 1968 z. 16 statt Vormeinung richtig Vor- neigung zu lesen ist. 160 H. EWALD, alte vorurtheile und unkenntnisse lünger, sondern bei der übeln hast und zerfahrenheit gerade unserer neuesten zeiten dringen auch neue schädliche irrthümer in menge ein und erhalten sich leicht zäher wenn sie irgendeinem sonst schon in ihnen mächtigen übeln antriebe schmeicheln. Da scheint es mir nun nüzlich einmahl wie ein etwas leichteres zwischenspiel einzuführen und einen gegenstand zu behandeln der nicht bloß so wie dort in einem so weit entfernten schon halb übergeschicht- lichen gebiete über allen den einzelnen sprachen schwebt, und der doch auch auf jenes gleichsam schon jenseitige land seine breiten strahlen zu- rückwerfen und damit zur näheren begründung der ganzen sprachwis- senschaft ebenfalls einen guten beitrag geben kann. Wir können näm- lich jezt zwar schon ziemlich genau erkennen welche einzelne sprachen alter und neuer zeit zu einem bestimmten und wohl zu unterscheiden- den sprachstamme gehören, aus welchem sie sich erst abgezweigt haben und dann im verlaufe der jahrtausende immer weiter unter sich ausein- ander gegangen sind. Obgleich auch darin heute noch vieles zu thun übrigbleibt, wenn wir die verzweigung und verästelung aller der spra- chen der gesammten erde völlig sicher verfolgen wollen; namentlich bei den Afrikanischen Amerikanischen und Polynesischen sprachen. Allein wenigstens bei dreien der von mir in der zweiten abhandlung zusam- mengestellten vier sprachstüimme kennt man heute den umfang der je- dem einzelnen sprachstamme entkeimenden geschichtlichen sprachen im Ganzen sehr wohl, schliesst man nümlich von den vieren den Koptischen aus dessen weitere verzweigung in Afrika noch genauer zu untersuchen übrigbleibt. Nun aber ist es garnicht so leicht zu verstehen und nach- zuweisen wie die einzelnen sprachen eines sprachstammes aus ihm sich hervorbildeten, welche von ihnen nachdem sie aus ihm hervorgegan- gen waren und sich schon in einer bestimmteren gestaltung ausge bildet hatten am frühesten zu einer unveründerlicheren bestimmten fas- sung und gestalt gelangten, und welche erst vielleicht nach manchen ` anderweitigen umwandelungen in díe feste gestalt gegossen wurden in welcher sie durch irgend eine mächtig einwirkende ursache endlich sich gerade so gestaltet erhielten wie wir sie jezt geschichtlich vor unsern UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 161 augen sehen. Daß alle die besondern sprachen welche demselben stamme entkeimen gerade so wie sie uns geschichtlich entgegentreten schon in jener urzeit waren in welcher sie aus dem gemeinsamen stamme sich trennen konnten, ist nach dem geseze aller geschichtlichen bildung we- der ansich leicht zu denken, noch bestütigt es sich durch die unzweideu- tigsten einzelnen geschichtlichen merkmale welche uns vor augen liegen oder die wir wenigstens sicher auffinden können wenn wir uns darum bemühen. Wie also, in welcher geschichtlichen folge, und nach welchen sei es innerlich fortwirkenden oder von auflen müchtig hinzutretenden antrieben die einzelnen sprachen eines stammes aus ihm hervorgebildet seien, das zu untersuchen und soviel es heute irgend möglich ist genau zu erkennen gehört nicht bloß unausbleiblich in das bereich der sprach- wissenschaft, sondern vermag in ihr auch über vieles sonst schwerer zu verstehende ein willkommnes licht zu verbreiten. Denn sofern es hier wenigstens zunächst genügt die sprachen eines einzelnen sprachstammes zu verfolgen und alles hiehergehörende obwohl in uralte zeiten zurückgehend doch schließlich in die uns bekannteren zeiten aller geschichte ausmündet , sind solche fragen leichter zu behan- deln als dort wo es sich dárum handelt die sprachen der verschiedensten sprachstàmme unter ihre rechten hüupter zusammengebracht wieder, so weit es möglich, einem hóhern haupte zu unterwerfen und damit in ei- nen schon halb rein übergeschichtlichen kreis hinaufzusteigen. Auch stößt man hier nicht auf so ungeheure wendungen und umwälzungen in aller bildung wie die sind denen man dort begegnet und die erst die ver- schiedenheit der sprachstiümme selbst bedingten. Dennoch aber findet man hier manches und sehr wichtiges von ühnlicher art, wennauch dem schon gegebenen festeren grunde und dem engerbeschrünkten raume zu- folge verhältnißmäßig viel schwächeres. Auch hier sehen wir die urge- stalt durch bestimmte einwirkungen in eine steigende menge neuer fester gestalten sich vermannichfaltigend, welche zwar nirgends die züge der urgestalt günzlich verlassen und so unter sich eine hóhere gleichheit be- wahren, aber von denen jede doch wieder eine in ihrem ganzen übri- gens durch die höhere gleichheit mit den verwandten bedingten baue Histor.-philol. Classe. XV. A 162 H. EWALD. sehr eigenthümliche ist. Diese unühnlichkeiten der verwandten sprachen unter einander ergeben sich aber (und gerade das ist hier so wichtig) nicht etwa als solche veränderungen welche die bloe verwitterung der zeit und die räumlichen ortstrennungen herbeiführen: es fehlt zwar auch an diesen nicht, aber sie veründern mehr nur die oberflüche der gestal- ten, und kónnen so grofe.und so tief eingreifende wechsel nicht erzeu- gen. Vielmehr müssen wir auch hier das eintreten neuer sprachmächte erkennen welche zur rechten zeit neue ansäze und triebe in diesen spra- chen bedingten und sie dadurch in neue gestalten ergossen. Wir haben das wesen und die hohe geschichtliche bedeutung der sprachmächte in den früheren ‚abhandlungen erläutert: daß sie auch hier wiederkehren, ist um so lehrreicher je deutlicher dort bewiesen wurde welche tiefe wir- kung sie nicht bloß auf das uranfängliche sondern auch auf das ge- schichtliche leben der sprachen üben. Aber wenn uns in solcher weise die betrachtung der verwandten sprachen desselben stammes lehren kann daß jene selben machtvollen grundantriebe welche bei der ausbildung der verschiedenen sprachstämme wirkten, auch wiewohl verhältnißmäßig schwächer bei der vermannich- faltigung der im Alterthume entstandenen verschiedenen sprachen eines einzelnen stammes thátig sind: so begreifen wir welches licht aus die- sem uns geschichtlich näher liegenden gebiete auf jenes schon halb über- geschichtliche zurückfällt. Nun ist es zwar ansich nicht anders zu er- warten als daß dieselben mächte welche in den ersten urgebilden am gewaltigsten wirkten, auch wiewohl schon beschränkter und insofern schwächer in den späteren vielfach thätig werden ihre bestimmtere gestalt zu schaffen und zu erhalten. Allein daß dieses wirklich so in den einzelnen geschichtlichen sprachen eintreffe, und wie es bei den einzelnen fällen zutreffe, das in seiner gewissheit aufzuweisen ist ein hauptzweck dieser dritten abhandlung. Und wir dürfen hoffen dass sie auch abgesehen von dem besondern nuzen welchen sie durch die be- handlung eines früher noch nie so behandelten gegenstandes gewähren kann, nicht wenig däzu helfen werde die in den beiden vorigen ab- handlungen aufgestellten wahrheiten weiter zu bestätigen. UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 163 Es ist uns nämlich nicht bekannt daß alle die sprachen eines der alten großen und weiten sprachstämme in unserer zeit schon so wie wir eben das vorbild dazu entwarfen behandelt seien!) Und doch kann eine solche untersuchung und daraus hervorgehende neue erkenntniss uns auch abgesehen von den oben erwühnten vortheilen vielen nuzen brin- gen. Denn ist bei den sprachen, sehen wir einen augenblick von dem über aller uns bekannten geschichte hinausliegenden ursprunge und dem ewigen wesen der menschlichen sprache selbst ab, alles was ihre man- nigfaltigkeit und verschiedenheit betrifft rein geschichtlichen wesens und werthes (ein schwerwiegender saz, welchen ich als das ergebniss aller genaueren erforschungen betrachte), so leuchtet ein welchen nuzen es bringt wenn wir die große geschichte aller sprachen desselben stammes in einer richtigen folge herstellen können. Wir vermögen erst dann jede einzelne sprache von der ersten zeit an aus welcher wir sie kennen auf die ihr im kreise aller anderen gebürende geschichtliche stelle zu sezen: was uns unter anderem auch vor einer menge von irrthümern zu verwah- ren dient in welche man bei der vergleichung der verwandten sprachen und ihrer erklärung sonst so leicht fällt und schon so oft gefallen ist. Wir vermögen ferner erst dann mit der sprachengeschichte auch die ge- sammte völkergeschichte in einen sichern zusammenhang zu bringen und damit aus der sprachwissenschaft alle die wichtigen beweise für die all- gemeine geschichte der entferntesten zeiten der menschen und der völ- ker zu ziehen welche sie geben kann. An der herstellung aber einer solchen geschichte des ursprunges aller sprachen desselben stammes dür- fen wir nicht verzweifeln sobald wir nur die rechten mittel anwenden welche uns dazu dienen. Diese reicht uns vor allem die sorgfältige ver- ten sprachen, aber nicht die welche bloß n oder die einzelnen worte in betracht vielfache übung im erforschen aller .gleichung aller stammverwand die äußere gestalt jeder einzelne zieht, sondern die welche durch führliche Vergleichende Grammatik enthält nichts schon verstorbenen besten schüler Aug. Schleicher e ich hier nicht raum zu beurtheilen. 1) Bopp’s so ungemein aus dieser art; was aber einer meiner nach dieser seite hin versuchte, hab 164 H. EWALD, sprachstoffe schon sicher genug begreift wie sich alle sprachenbildung fortbewegt. Die vollständigste rücksicht auf alle in einem solchen kreise verwandten sprachen ist dabei außerdem höchst nothwendig: übersieht man dabei auchnur ein zwischenglied welches noch auffindbar ist, so bleibt alles weit unsicherer als nóthig ist. Nimmt man alsdann die man- nichfachen merkmale und beweise hinzu welche uns die sonst bekannte geschichte geben kann, und zeigt sich daß diese anderweitigen spuren mit jenen aus dem inneren wesen der sprachen zu erkennenden vollkom- men übereinstimmen, so läßt sich hier eine allseitige sicherheit erreichen welche das üchte kennzeichen aller wissenschaft ist. Wir wühlen aber hier den Semitischen sprachstamm aus, weil sich bei ihm eine solche geschichtliche folge aller zu ihm gehörenden spra- chen schon heute mit der eben erwühnten allseitigen sicherheit beweisen läßt. Der grund davon liegt nicht sowohl dárin daß der umfang wel- chen dieser sprachstamm im Alterthume ausfüllte etwas geringer ist als dér welchen der Mittelländische und noch mehr der Nordische damals bedeckte: denn dieser etwas geringere üuBere raum wurde gerade schon im frühesten Alterthume durch eine größere regsamkeit und feinere bil- dung der Semitischen völker bunter zertheilt, sodaß die einzelnen haupt- sprachen in ihm wennauch nicht ganz so weit wie in jenen räumlich ausgedehnteren sprachstämmen doch weit genug von einander abstehen. Der grund liegt vielmehr in zwei hier von verschiedenen seiten aus zu- sammentreffenden ursachen. Von der einen seite ist der Semitische sprach- stamm selbst zwar, wie in der vorigen abhandlung s. 55— 65") bewiesen ist, der jüngste unter den dort zusammengestellten vieren, aber auch derjenige unter ihnen welcher durch eine art eigenster neuer anstrengung sich aus den tiefsten wurzeln aller sprachbildung am meisten selbst ver- Jüngt hat. Er gibt uns das bild und muster der krüftigsten neu schópfung, so weit eine solche mitten im laufe der längst gegebenen und schon hoch ausgebildeten schöpfung menschlicher sprache möglich ist: und er steht darin ganz einzig und unvergleichlich da. Aber wie er in 1) nach dem besondern abdrucke welcher hier überall vorausgesezt wird. UEBFR DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 165 solcher weise aus einer gewaltigen erschütterung und neuen kraftvollen fassung aller früheren gestalt menschlicher sprache hervorgegangen seyn muss, so hat er allen merkmalen zufolge auch in seiner späteren ent- wickelung lange noch einzelne plózliche umwandelungen stürkerer art erfahren, welche seine gestalt immer merkbarer veründerten: dies hüngt gewiß nicht blog mit den wanderungen seiner sich unter einander ge- waltig bedrängenden vielerlei völker sondern auch mit der ungemeinen geistigen beweglichkeit und bildsamkeit derselben zusammen welche wir in ihrer geschichte so früh verfolgen können. Durch alles das hat sich denn in der geschichtlichen reihenfolge der sprachen dieses stammes wennauch in beschränkteren und schwächeren weisen etwa dasselbe wie- derholt was wir in den vorigen abhandlungen bei der bildung der sprach- stümme selbst bemerkten; und insofern ist die geschichte der folge der Semitischen sprachen nicht bloß nach rückwärts hin so lehrreich, son- dern auch an sich leichter zu verfolgen, erkennt man hier nur nach den grundgesezen der entwickelung aller menschlichen sprache den richtigen anfang und die daran sich schließenden immer weiter führenden stufen der umwandelungen. — Von der andern seite haben wir gerade bei die- sem sprachstamme aus dem früheren und späteren Alterthume auch eine reichere menge anderweitiger geschichtlicher zeugnisse über das daseyn und sich fortranken seiner großen zweige, welche wenn man sie richtig zu finden weiß die auf jener seite klar gewordenen ergebnisse bestäti- gen können. Diese ganze untersuchung dient demnach nicht bloß dázu um zu sehen wie diejenige ursprache welche wir die Semitische nennen können, in dem nach vielen jahrtausenden schon des Alterthums zu schäzenden laufe ihrer weiteren entwickelung ihre äußere gestalt immer weiter wech- selte, bis sie auf dieser stufe in der einen auf jener in der andern festen gestalt stehen blieb und so in immer neuen kernhaften gestalten eine immer weitere veränderung durchlief. Sie hilft uns auch nicht bloß eine menge schädlicher vorurtheile und irrthümer zu vermeiden, welche zum- theil sich schon früher als einer sichern erkenntniß und beurtheilung von tausend einzelnheiten nachtheilig gezeigt haben, zumtheil künftig viel- 166 H. EWALD, leicht noch nachtheiliger wirken würden. Sie nüzt uns vielmehr auch nach einer seite hin welche oben kaum erst etwas nüher angedeutet wurde und die doch höchst wichtig ist. Denn sind die wandelungen welche so das Semitische von stufe zu stufe erfuhr, nicht bloß die (um so zu sagen) gemeinen wechsel welche jedes einmal in die leibliche sicht- barkeit hervorgetretenes ding als ein wieder vergängliches oder doch ver- änderliches des alters wegen zu dulden hat, sind es vielmehr solche welche bei der immer fortlebenden bildungskraft menschlicher sprache in gewissen zeiten durch eine tiefere berührung und anstrengung dieser kraft wie in neuen schöpfungen sich erhuben und zu neuen sprachmäch- ten wurden, so begreift man daß sie mit dem gesammten leben und weben der sprache zusammenhangen und uns in die geheimnisse des we- sens aller menschlichen sprache hineinführen können. Sie sind also eine entferntere fortsezung der ursprünglichen sprachenschöpfung, neue schläge der aller menschlichen sprache eigenthümlichen lebenskraft, ‘aber nicht so leichter und zerstreuter art wie sie auch sonst oft heute noch immer vorkommen, sondern den ganzen sprachleib gewaltiger berührend und nach einzelnen seiten hin durchgängig umgestaltend, um dieses oder jenes grundbedürfniss der sprache entweder deutlicher oder doch kürzer und gefálliger zu befriedigen. Wir werden so bald näher sehen daß es = sich hier um einige der an bedeutung wichtigsten aber auch schwierigsten stücke des baues aller Semitischen sprachen handelt, welche in unsern zeiten vielfach unrichtig verstanden sind, während sie in ihrem ächten lichte zu erkennen schon längst ein bedürfniss unsrer heutigen wissen- schaft ist. Nun hat man zwar schon früher die eine oder die andre der Se- mitischen sprachen für die àlteste gehalten, als würen aus ihr die übri- gen irgendwie zufüllig spüter hervorgegangen. Man hat das Hebrüische dafür gehalten, aber nur einem irrthume folgend welcher sich um die höhere geltung der sprache des A. Ts. und die erklärung einiger stellen in ihm drehet, der aber heute keiner widerlegung mehr bedarf. Andere zogen vor das Aramäische oder Chaldäische dafür zu halten: doch auch dies entsprang so wie es früher gemeint war einem irrthume der sich UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 167 nur in anderer weise um ein mißverständniß des A. Ts. drehte 1) Sind diese beiden vorstellungen älteren ursprunges, so wurde es in neueren zeiten umgekehrt desto beliebter das Arabische für die mutter aller der ihm verwandten sprachen zu halten und die eigenthümlichkeiten dieser aus denen jenes zu erklüren. Allein waren jene beiden vorstellungen ziemlich harmlos und schadeten nicht viel, so mußten aus dieser dritten eine menge der schwersten irrthümer und fehler entspringen, da wir unten sehen werden daß das Arabische vielmehr gerade die späteste al- ler hier zur erwágung kommenden sprachen ist. Allein die urheber je- ner drei vorstellungen kannten nicht einmal den umfang der Semitischen sprachen hinreichend ; und jede dieser drei vorstellungen ist nicht besser als die dass das Sanskrit die mutter aller Mittelländischen sprachen sei, wie man irrthümlich vor 40—50 jahren meinte während ich schon da- mals diese ansicht verwarf. Das ergebniss aller hieher gehórenden untersuchungen ist vielmehr daß das Semitische nacheinander durch fünf sehr verschiedene stufen hindurch ging, auf deren jeder es in einer eigenthümlichen gestalt als eine besondere sprache weiter ausdehnung stehen blieb, und zwar auf jeder aus einem besondern grunde welcher unten näher erklärt werden soll Wir müssen diese fünf großen und weiten gestaltungen welche dieser sprachstamm durchlief, hier der deutlichkeit und kürze wegen mit besondern namen bezeichnen, können dies aber bei zweien von den fünfen nur indem wir namen aufstellen welche auf den ersten blick neu und willkürlich scheinen, die aber doch auch schon ansich deutlich ge- nug seyn kënnen und deren begründung unten bei jedem an seinem orte folgen wird. Und so nennen wir diese fünf Semitischen sprachbildun- gen: 1) die Aramäische; 2) die altAethiopische; 3) die altHebräische; 4) die Südsemitische; 5) die Arabische. Wir werden aber unten sehen wie alle die sonst noch als Semitische bekannten sprachen auf einer dieser fünf stufen entstanden. Dabei erwühnen wir das Assyrische der Keilschrif- ten nur kurz, weil dieses noch nicht sicher und vollständig genug entziffert 1) Wie dieses "mißverständniß sich bildete, ist in der Geschichte des v. Israel I. s. 551. IV. s. 640 hinreichend erläutert. 168 H. EWALD, ist um ihm hier schon seine genaue stelle anweisen zu kónnen: wird seine lesung in allen einzelheiten hinreichend zuverlüssig, so wird es sich in seinen üchten zusammenhang schon richtig einfügen lassen. Wir über- gehen hier ebenfalls die mannichfachen neuesten Semitischen mundarten welche erst aus den großen alten Semitischen sprachen entstanden: ihre entstehung ist bekannt genug, aber auch von ganz anderer art; und nie- mandem der das bei den bildungen dieser fünf sehr verschiedenen stufen unten zu erläuterde wohl begreift, wird es einfallen ihre entstehung und ausbildung der jener sprachen gleichzusezen, da sie vielmehr nur der entstehung der Romanischen sprachen aus dem Lateinischen gleicht. Wir werden jedoch diese fünf stufen aller Semitischen sprachbildung zunüchst nur rein sprachlich und nur den hier waltenden allgemeinen sprachgesezen gemäß aufweisen, da eben dieser beweis der der sache selbst nach wichtigste und entscheidendste, auch der am leichtesten in seinem eignen großen zusammenhange verstehbare ist. Erst nachher werden wir zeigen wie vollkommen damit auch alle die äußeren geschicht- lichen merkmale und zeugnisse zusammenstimmen. — Uebrigens aber denke ich die erläuterung des gesammten gegenstandes hier nur zu vol- lenden, da ich vieles einzelne davon schon in früheren schriften berührte. l. Die Aramäische bildung. Nehmen wir alle solche stücke Semitischer sprachbildung zusam- men welche den unumstößlichen tiefen grund oder den unzerstörlichen festen leib des Semitischen selbst ausmachen, die daher auch in allen den einzelnen Semitischen sprachen im wesentlichen gleichmäßig wie- derkehren und sämmtlich schon in jener entferntesten urzeit dieses Ganze bildeten welches wir kennen. Dann begreifen wir dass das Aramäische in seinem baue nur eine einzige aber desto durchgreifendere und gewich- tigere eigenthümlichkeit hat wodurch es sich von allem scharf unter- scheidet was sonst Semitisch heißt. Das ist die anhüngung eines -4 an das nennwort wodurch der in hergebrachter kunstsprache sogenannte sta- tus nominis emphaticus sich bildet. Was aber dieser hergebrachte kunst- ausdruck wirklich bedeute und woher dieses so kurze und so häufige -á UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 169 selbst komme, ist von der einen seite so dunkel von. der andern so üuferst wichtig, dass wir von der feststellung einer sichern antwortauf diese fragen nothwendig hier ausgehen müssen. Jesi Die zur umbildung eines wortes dienenden laute stumpfen sich bekanntlich, je häufiger sie sind (und keine endung eines nennwortes ist im Aramüischen häufiger als diese), desto stärker ab; sodaß es oft sehr schwer wird ihren ursprung wiederzuentdecken. Wie ganz verschieden mul doch dies -4 ursprünglich von jenem -4 gelautet haben welches im Aramüischen das weibliche nennwort bezeichnet, oder von jenem -4 welches (wie noch besonders weiter unten zu erwähnen ist) im Semiti- schen den Accusativ bezeichnen konnte! Die völlige verschiedenheit der bedeutungen welche in einer solchen gleichlautenden wortendung liegt, muß uns in solchen füllen leiten auch den ursprünglichen lauten welche jeder dieser bedeutungen entsprechen auf die spur zu kommen. Nun aber bedeutet diese endung im Aramäischen zwar nicht durchaus (wie bald weiter erhellen wird) aber doch einem großen theile nach dasselbe was wir in unsern sprachen als den Artikel zu bezeichnen uns so allge- mein gewöhnt haben. Der Artikel ist aber in allen sprachen welche ihn gebrauchen ein sehr ursprüngliches wort, ein fürwort nümlich mit hinweisender bedeutung welches sich mit dem nennworte welches er hin- weisend hervorhebt immer enger verbinden ja allmälig mit ihm wie ver- schmelzen kann. Wir haben daher alles recht anzunehmen daß dieses -á im Aramäischen wesentlich mit demselben Semitischen Artikel gleich- bedeutend sei welchen wir unten in anderen Semitischen sprachen nach einer neuen und späteren sprachbildung als dem nennworte vorangesezt erblicken werden, und dafi es demnach aus a/- oder aus einem diesem al- an bedeutug wesentlich gleichen -an verkürzt sei. Wenn wir hier als seine ursprünglichen laute -an oder -ana für richtig halten, so wird sich das im verfolge dieser abhandlung immer sicherer ergeben: vorlüufig aber weisen wir auf folgende erscheinung hin. Unstreitig ist dies sich anhän- gende fürwörtchen dasselbe welches sich in dem alten Aramäischen zu- sammengesetzten. Do dieser erhalten hat: dieses La bedeutet im Aramüi- Histor.-philol. Classe. XV. Y 170 | H. EWALD, schen dasselbe was im Arabischen Lë besagt und ist auch wesentlich ebenso zusammengesezt; die weichere aussprache -na ist also nur in eben dieser zusammensezung aus der ursprünglichen aussprache dá für das persönliche fürwort (Hebr. oui entstanden, steht aber der bedeutung nach diesem gleich. Ein kräftig zurückweisendes der oder er konnte aber in den ur- sprachen auch den sinn einer person oder (was dem begriffe nach das- selbe ist) eines Selbst sezen, wie sich leicht näher erweisen lüánt!). Denn sehen wir uns dabei weiter um, so kann es keinen zweifel haben daf dieses selbe wórtchen in einem andern zusammenhange auch zu einer lezten festen ausbildung des person-fürwortes angewandt wurde. Wir finden dieses so vorangestellt in den fürwórtern der zwei ersten personen "95 und opp, welche auf diese weise die ursprüngliche gleichheit ihrer zweiten hälfte mit dem Mittelländischen ak (ich) und tva (du) umso deut- licher darlegen; wie wenig aber diese voranstellung von allem anfange an nothwendig war, lehrt uns das Mittelländischen dádurch daß ein of- fenbar dem an- entsprechendes -am in diesem sich vielmehr hinten an- hángt?) Allein weiter läßt sich nachweisen daß im Semitischen dieses selbe mit an- wechselnde -am ursprünglich auch dem fürworte der drit- ten person hinten anklebte 5. Und wie dies -an sich sogar über das Aramäische und alles Semitische hinaus bis in das jenem örtlich benach- 1) am leichtesten für jedermann deutlich aus e?v6;: aber auch das diesem an bedeutung ganz gleiche wiewohl an laute viel kürzere əs kann dasselbe beweisen, Hebr. SL. $. 314 a. b. 2) Wir meinen hier die fülle welche im Sanskrit am deutlichsten hervortreten, ah-am, tw-am, svaj-am, vaj-am, jüj-am; auch aj-am, ij-am: hier erscheint die bildung auf den Nominativ beider zahlen beschränkt; und wie wichtig dies sei, auch wie es so kommen konnte, wird unten erklärt werden. Allein dass dies -am nicht schon ansich den Nominativ bezeichne, bezeugen die bil- dungen za, mag. 3) dal nämlich jenes wes inderthat erst aus einem hu-am verkürzt sei, folgt aus der Aramäischen mehrzahl pis wo das doppelte m aus diesem und dem -môn der mehrzahl sich erklärt, und aus dem -em als Suffix im Phünikischen und -esh im Himjarischen. Aber auch die aussprache des 2 hud (uva) erklärt sich am leichtesten als aus hudm verkürzt. UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 171 barte Armenische im sinne eines Artikels hineinziehe, ist in der vorigen Abh. s. 66 f. weiter erláutert. Gehen wir indess bei dieser für das volle Aramüische nennwort so wichtig gewordenen endung, auch abgesehen von der eben berührten bil- dung der fürwörter, bis in das gesammte Mittelländische zurück : so kön- nen wir wenig zweifeln es dort ebenfalls am ende der vollen nennwör- ter in einer anwendung wiederzufinden welche uns zulezt auf die gleiche bahn zurückführt. Denn steht nicht zu läugnen daß nach den allge- meinen gesezen der bildung der fürwörter !) mit jenem -an ursprünglich ein -at wechseln und dieses leicht in die feinere aussprache -as überge- hen konnte: so haben wir ja mit diesem kräftigen ér wieder eine her- vorhebung der Person welche zarter ausgesprochen -as die lebende und bei weiterer besonderung zunächst die männliche, stumpfer als -at (oder dann -an, am) die unlebendigere ausdrückt. Ich habe nun längst gezeigt daß das Semitische ursprünglich zwar ebenfalls das Unlebendigere so un- terscheiden konnte, in seiner bestimmteren ausbildung aber dieses mit dem Weiblichen zusammenfallen lieg?): woraus sich am leichtesten die endung -at als die älteste und vollste des Weiblichen im Semitischen erklärt 3). Ist aber dies der lezte ursprung dieser endung, so erklärt sich leicht wie sie im Semitischen zu -4 verkürzt vielmehr in neuer anwen- dung den sinn des Artikels hervorheben konnte, in welcher neuen be- deutung sie dann auch den hier zur weiblichen endung gewordenen -at selbst wieder angehängt wurde. Das Semitische zeigt sich auch nach dieser seite hin erst als aus einer noch älteren sprachengestaltung her- vorgegangen: wie dieses nach der vorigen abhandlung zu seinem wesen gehört. Wir halten demnach diese bedeutung der endung -4 als die ni sprüngliche fest. Allein man würde sehr irren wenn man sie für die sich im gebrauche festgesezt hütte. Eine ganz neue einzige hielte welche i sich vielmehr hier welche diese bildung erst zu dém erscheinung eröffnet 1) vgl. die größere SL. 8. 103 a. 2) nach LB. $. 172. 3) h LB. $. 173 a. ) nac 8 T 172 H. EWALD, macht was sie im Aramäischen wirklich ist. Dieses -4 obwohl ursprüng- lich das nennwort nur als persönlich hervorhebend, dient im Aramüi- schen in einem weitern sinne schon vorzüglich auch dázu das selbstwort zu bezeichnen. Selbstwörter nennen wir was man Lateinisch substantiva nennt: es sind die nennwórter (nomina) besonderer art welche den begriff eines nennwortes als ein selbständiges wesen oder kurz als ein Selbst hinstellen. Die nennwórter dieser art sind die inhalt- und kraftvollsten aller: denn jedes deutewort (fürwort) stellt zwar ansich auch ein Selbst hin, aber nur ein solches welches keinen vollen begriff gibt sondern es nur auf einen raum hinweist; und jedes beschreibewort (oder eigenschaftswort) kann zwar zu einem Selbstworte erhóhet werden, aber nur durch eine neu zu ihm hinzutretende kraft welche ihm diese hóhere bedeutung im saze zutheilt, sei es daß diese kraft in einem besondern wörtchen dieses sinnes oder in sonst etwas liege. Heute nun scheint uns die unterschei- dung des vollen Selbstwortes von jedem andern so leicht daß wir kaum daran viel denken: aber denken wir uns in die urzeiten aller mensch- lichen sprache zurück, so werden wir leicht finden daß diese unter- scheidung genau hervorzuheben und deutlich zu bezeichnen durchaus nicht so leicht war. Wie es sich aber bilden kónne und warum man es am besten das Selbstwort nenne, lehrt uns eben das Aramäische mit einer seltenen klarheit. e Sobald nämlich das Aramäische in Europa seit den lezten jahrhun- derten etwas bekannter wurde, sezte sich die bezeichnung eines status nominis emphaticus für diese bildung mit -á fest: darin lag das zwar rich- tige aber noch sehr unklare gefühl dat einem solchen nennworte irgend- eine besondere hervorhebung oder ein nachdruck im saze anhafte; denn daß das wort dadurch nur erst im baue und zusammenhange des sazes seine bedeutung empfange, sollte eben der begriff eines status nominis besagen, da man im Semitischen nicht gerne vom casus reden mochte welche in unsern sprachen eine ganz andere stellung und bedeutung ZU haben schienen. Als man aber in unsern zeiten das Aramüische weiter erforschte, fand man daß in dieser endung sehr oft die bedeutung des Artikels liege; und dieses hat auch zunächst seine volle richtigkeit- UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 173 Allein genauer betrachtet genügt auch diese annahme nicht. Das rich- tige ist daß jedes nennwort welches im Aramäischen als ein selbstwort gelten soll immer zunächst auch diese endung annimmt, sodaß man sa- gen kann dieses -á klebe untrennbar dem begriffe eines solchen wortes an, ja es bilde und halte ihn zwar nicht allein, aber doch als ein die wenigen unten zu erwühnenden fälle ausgenommen ganz nothwendiges zeichen; sodaß diese bildung auch in sehr vielen fällen erscheint wo man in anderen sprachen keineswegs den Artikel als gleichbedeutend sezen würde. Im Aramäischen wenigstens hat sich dieses so festgesezt: das selbstwort ist in ihm noch wie nothwendig von diesem anhängsel be- gleitet; und nur in wenigen fällen wo die sprache der deutlichkeit der rede wegen den begriff des Unbestimmten mit dem des Bestimmten (oder Artikulirten) zu vertauschen eine zu starke nöthigung empfand, kann das Aramäische dieses -4 von einem sonst immer mit ihm versehenen nennworte umgekehrt wieder ablösen. Da aber diese seltenen fälle aus- genommen das selbstwort nothwendig im Aramäischen diese endung ha- ben muß, so kann man diese keineswegs dem Artikel in unsern spra- chen völlig gleichstellen. Denn das wesen des Artikels ist in jeder sprache daß sein gebrauch völlig frei ist: einzelne sprachen die ihn ha- ben gebrauchen ihn viel mehr als andre, keine einzige aber só daß er immer zunächst nur-das Selbstwort bezeichnet und von diesem wie un- trennbar ist. Schliesslich ist nichts gewisser als daß sich so im Aramäischen die älteste gestalt des Semitischen erhalten hat welche wir kennen. Denn das Aramäische zeigt in allen seinen sonst sehr verschiedenen und sehr weit ausgebreiteten mundarten diese selbe hohe eigenthümlichkeit; und besizen wir heute keine große Aramäische bücher aus so alter zeit wie wir im A. T. Hebräische haben, so können wir doch einzelne sehr alte bruchstücke Aramäischer sprache nachweisen und vergleichen: diese zei- gen überall dieselbe tiefeingedrückte eigenthümlichkeit des Aramäischen von welcher wir hier reden 1). Aber auch schon der wortbau welcher 1) Die Aramäischen worte Gen. 31, 47 gehören in eine verhältnißmäßig sehr 174 H. EWALD, sich hier offenbart, führt auf dies höchste alter: wie in den beiden vo- rigen abhandlungen bewiesen wurde, gehört der hinterbau des wortes zu den ältesten bestandtheilen des Semitischen; und gerade von ihm sehen wir hier ein so gewaltiges überbleibsel, während sich leicht beweisen läßt dass die voransezung des Artikels wodurch diese bildung stark lei- den mußte im Semitischen erst später entsteht, wie dies unten an sei- ner stelle sich zeigen wird. Dazu werden wir bald sehen wie diese im Aramäischen erhaltene uralte bildung in den übrigen Semitischen spra- chen stufenweise immer mehr abnimmt und anderen mannichfachen bil- dungen weicht. Dies ganze sich umgekehrt zu denken wäre weder an- sich möglich noch würde es den sichersten merkmalen entsprechen. An- deres was hieher gehören könnte ist schon sonst berührt }). Stellen wir jedoch hiermit die Aramäische bildung auf der staffel des großen fortschrittes aller Semitischen sprachbildung als die älteste auf, so ist damit nicht behauptet dass nicht in ihm selbst schon wie es uns geschichtlich erscheint nach geringeren theilen hin eine noch ältere spaltung eingetreten seyn kann welche gerade weil in diese allerältesten zeiten hinaufragend auch in den späteren bildungen ihre spuren zurück- gelassen haben mag. Ein deutliches beispiel davon gibt die bildung der dritten person der UZ. (d. i. des Semitischen Imperfectum). Diese un- terscheidet sich im Syrischen durch ein vortretendes ne, wie «ooLas nektub: in den übrigen Aramäischen mundarten aber lautet dafür ebenso wie in allen anderen Semitischen sprachen ein je. Woher dieser unterschied seiner geschichtlichen und lautlichen bedeutung nach komme, ist anderswo alte zeit wie niemand läugnen kann der die quellenschriften des Pentateuches gut kennt; vgl. darüber die Geschichte des v. Isr. I. s. 103. 497 ff. Wir wollen außer- dem hier die Griechischen namen der buchstaben als zeugniß nehmen: diese erschei- nen zwar bei den LXX im B. der Klaglieder nach einer Hebräischen mundart aus- gesprochen '4Aég, Ben. TíusÀ: allein die Griechen müssen in viel älteren zeiten diese sowie andere namen über ein land Aramäischer sprache empfangen haben, weil sich nur so ihre aussprache "Ale, Bz9e, Panne u.s.w. erklärt. 1) vgl. LB. $. 202 a. Jahrbücher der Biblischen wiss. XI. s. 4—5. UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 175 erklürt!): es erhellt daraus dass nicht das je — sondern das ne-— der ursprüngliche laut sei; wiewohl uns aber das Syrische erst seit den christ- lichen zeiten in schriften erscheint, so haben wir doch alle ursache an- zunehmen daß diese mächtige Aramäische mundart manches aus dem. hóchsten alterthume treuer bewahrt haben kónne; und so mag schon in der ültesten zeit als alles Semitische noch enger zusammenhing, nach dieser seite hin eine spaltung eingetreten seyn nach welcher alle die übrigen Aramäischen mundarten sich den späteren Semitischen bildungen anschließen. Allein es handelt sich hier auch nur von einem ganz ein- zelnen stückchen der sprache und dazu von einem bloßen lautwechsel: solche unterschiede bestimmen nicht die großen bildungswechsel des Se- mitischen welche allein die stufen aller Semitischen sprachbildung bedin- gen und von welchen wir hier reden. Ebenso ist möglich daß das Aramäische in seiner besondern wei. teren ausbildung spüterhin eine einzelne ursprünglich allem Semitischen eigene wortbildung ihrer bloßen bedeutung nach sehr verschieden von den übrigen sprachen angewandt habe. Das denkwürdigste beispiel da- von gibt das Semitische mittelwort (participium), sofern es im Aramäi- schen schon in den ältesten schriften die wir von ihm heute kennen recht eigentlich die gegenwärtige zeit anzeigen kann und in ihm zu einer drit- ten zeitbildung dient welche mitten zwischen die beiden im Semitischen allein ursprünglichen (die VZ. und die UZ.) eintritt. Von diesem ge- brauche des mittelwortes hat sich das Aethiopische am allerfernsten gehalten, indem es immer noch viel einfacher die UZ. für diesen begriff benuzt: ihm schließt sich ziemlich nahe das Arabische, entfernter auch noch das Hebräische an. Wir haben alle ursache anzunehmen daß in jener entferntesten urzeit wo die mächtigen spaltungen des Semitischen - Doch nicht dawaren, die UZ. auch die gegenwart bedeutete und daß alsdann das Aethiopische diesen gebrauch am treuesten bewahrte: das Aethiopische hat auch sonst vieles aus der ältesten art des Semitischen treuer bewahrt, und stellt sogar räumlich in seiner weit entfernten in- 1) vgl. das LB. 8. 191 b. 176 “H. EWALD, dischen lage seine abseitigkeit und zurückgezogenheit dar; ja man kann sagen gerade nach dieser seite des gebrauches des mittelwortes hin gibt das Aramüische wie es uns geschichtlich in schriften erscheint, die am feinsten ausgebildete neueste (modernste), das Aethiopische die alterthüm- lich steifste und unvollendetste art des Semitischen. Allein das alles betrifft nur die spätere anwendung von wortbildungen, nicht das ur- sprüngliche feste gerüste und die gestalt der Semitischen wortbildung selbst: nur an diesem tiefsten grunde läuft die wirklich schöpferische bildungskraft weiter; und auf den sprossen ihrer staffel gelangen wir jezt zu 2. der altAethiopischen bildung, welcher name allerdings schon auf die sehr eigenthümliche Semitische sprache hindeuten soll welche als die Aethiopische unter uns bekannt ist. Allein wir méinen damit in diesem zusammenhange nochnicht das Ae- thiopische in seiner ganzen bestimmten gestalt, wie es endlich in den uns heute zugünglichen schriften erscheint: dieses ist, wie unten erhel- len wird, weit später. Was wir hier so nennen, ist eine gestalt des Semitischen welche unmittelbar auf die Aramäische folgte, dann aber wie- der zu anderen neuen gestalten desselben und am geradesten auf das bekannte Aethiopische hinführte. Diese Semitische spräche zweitültester gestalt können wir jezt nicht aus schriften aufweisen welche sich in ihr erhalten hätten: wir können sie nur auf der einen seite aus dem eben beschriebenen ältesten Semitischen, auf der andern aus den folgenden Semitischen sprachen erschließen welche ohne sie nicht erklärbar sind, weil sie zu ihnen die brücke bildet. Ja wir können heute (mit der bald anzugebenden ausnahme) nicht sicher genug wissen wo sie gesprochen wurde: gewiß freilich noch nicht in Afrika, wie unten weiter zu zeigen ist: aber wenn wir bedenken daß sie (wie bald erhellen wird) die brücke zunächst zu dem Phönikischen und Hebräischen bildet, so mag sie in weit entfern- ten zeiten in jenen nordöstlichen gegenden gesprochen seyn aus denen die Phöniken und wieder weit später die Hebräer weiter nach südwe- UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 177 sten zogen. Erst auf einer vierten stufe werden wir alsdann die jezt gewóhnlich Aethiopische genannte sprache entstanden sehen. Wer nun dieses uns heute immer mehr wieder in seinen bücher- schüzen nahe tretende Aethiopische genau kennt, weiß daß es zwar mit dem Arabischen viele durchgreifende eigenthümlichkeiten theilt, in nicht wenigen aber von diesem sich trennt und sich theils dem Hebräischen theils sogar dem Aramäischen näher anschließt. Uns ist hier das wich- tigste deit diese im tiefsten süden blühende Semitische sprache mit der allernördlichsten über alle zwischen beiden liegenden schwestersprachen hinaus noch immer manches gemeinsam hat: was nicht zufällig seyn kann. Wir meinen nämlich hier nicht einzelne christliche ausdrücke welche erst dádurch nach Aethiopien gekommen seyn können daß die altSyrische kirche lange auf die bildung der Aethiopischen sehr tief ein- wirkte, wie Pri,n aus «aaao entlehnt den Presbyter bezeichnet. Wir meinen vielmehr solche sprachbestandtheile welche zu dem ältesten und daher allgemeinsten Semitischen sprachgute gehören, und die man be- sonders auch däran erkennen kann daß sie sich im Arabischen nicht finden. Beispielsweise (denn alles dahin. gehörende auseinanderzusezen würde hier zu weit führen) erinnern wir an das Un welches in der bedeutung sezen ganz dem Aramäischen und in diesem falle auch Hebräi- schen ow entspricht und in ihm auch ein ebenso häufig gebrauchtes that- wort wie in diesen, aber dem Arabischen völlig fremd ist !). Allein es ist vor allem éine eigenschaft wodurch diese sprache sich durchgängig vom Aramäischen schied und welche den übergang zu allen wiederum jüngeren Semitischen sprachen machte: diese entwickelt sich gerade an dem was wir soeben im Aramäischen als seine einzige große und älteste eigenthümlichkeit kennen lernten. In diesem kann zwar 1) zulezt freilich kehrt auch die Arabische w. es« sofern sie bedeutet 1) frei ge- rade ausgehen lassen, treiben (vgle unser bote): 2) bieten d. i. frei vorlegen, wie unser bieten auf dieselbe urbedeutung zurück. Die bedeutung sezen oder viel- mehr vorsezen entwickelt sich aus der obigen ersten: allein das Arabische gebraucht dafür immer sein «2. | Histor.-philol. Classe. XV. Z 178 H. EWALD, auch jedes beschreibewort durch jenes -á zu dem nachdrucke eines selbst- wortes erhoben werden und so im saze gelten: allein ansich hat es we- der diesen nachdruck noch jene endung. Dies gilt auch im Nabatäischen noch so!), welches zu dem unten auf der vierten stufe weiter zu erläu- ternden Südsemitischen sprachen gehört aber in dieser sache noch ganz auf der ültesten stufe von Semitischer sprachentwickelung stehen geblie- ben ist: es unterscheidet nur das selbstwort durch ein mit jenem -4 wechselndes -u. Allein im weiteren fortschritte konnte diese das stärkste nennwort unterscheidende endung auf jedes nennwort übertragen wer- den, sodaf es seine ursprüngliche und beschrünktere bedeutung aufge- bend nur noch zur unterscheidung des nennwortes vom thatworte diente. Das ist die stufe auf welcher wir in den folgenden stufen alle nennwór- ter stehen bleibend finden werden, die aber hier an dieser stelle ihren rechten anfang und unwandelbaren grund erhalten haben muß weil die Semitischen sprachen auf den folgenden stufen sich von ihr aus wieder sehr verschieden ausbilden. Das Aethiopische ist jedoch unter diesen späteren sprachen noch am nächsten auf dieser stufe stehen geblieben, da es jedes nennwort mit einem bloßen vocalanstoße schließt welcher nach der eigenthümlichkeit seiner laute aus eben jenem -u entstanden ist?). Und doch hat dasselbe Aethiopische in einer besondern wortsippe noch das denkwürdigste überbleibsel von jener ältesten bildung des selbst- “ wortes bewahrt. Bekanntlich kann eine nennwortbildung wie b39, 33 im Semitischen sowohl als beschreibewort wie als selbstwort gelten 3). Das Aethiopische aber unterscheidet durchaus vorherrschend das selbst- wort in dieser und dem laute nach sonst ähnlichen bildungen dádurch daß hinten ein -/ nachklingt, sodaß ein wort wie zb. E 4.2 (naffäg‘) 1) soweit es sich nämlich nach den bis heute erst in so geringer anzahl ver- öffentlichten urkunden beurtheilen läßt, vgl. LB. 8. 202 a. 2) die richtigkeit dieses sazes habe ich längst bewiesen, vgl. LB. s. 522 der Sten ausgabe, Jahrbb. der Bibl. wiss. XI s. 6. Die sache selbst ist aber für die genauere kenntniß und beurtheilung der Semitischen sprachen von der größten wich- tigkeit; ja man kann ohne diese erkenntniß das Aethiopische nicht einmal richtig lesen. 3) vgl. LB. $. 155 c. UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 179 heuchler (iiia im Qorån) oder TWP, Vorgesezter sehr verschieden klingt von einem worte wie Z,PP (naddäje) elend, arm. Erwägt man nämlich diese im Aethiopischen noch so frisch blühende und weitver- breitete wortbildung sowohl nach ihrer wahren bedeutung wie nach ih- rem ursprunge näher, so kann man nicht zweifeln datt dieses -/ nach den bekannten lautgesezen der Semitischen wortbildung H nur durch einfluß des vorigen -d- aus 4 entstand, dieses aber nichts als eben jenes zeichen des selbstwortes ist?). Man könnte dies -4 nach denselben laut- gesezen sogar aus jenem Aramäischen -4 selbst ableiten: allein da wir wissen daß das alte -ân, -4 im altAethiopischen vielmehr sich in -dn, -u verfürbte, so ist es sicherer von diesem abzuleiten. Der begriff des selbstwortes als solches tritt aber mit dieser bildung noch reiner hervor als wir dies oben im Aramäischen sahen, was sich dädurch ermöglicht daß im Aethiopischen (wie unten weiter erhellen wird) das gefühl eines Artikels vollkommen fehlt. — Uebrigens erklärt sich so auch am leich- testen die Aramäische Infinitivbildung aolas% als neues Abstractum daraus. Man kann jedoch'hier die frage aufwerfen ob sich eben auf dieser stufe nicht auch das in unsern tagen aus seinem alten schlafe wieder zu erweckende Assyrische richtig só einreihen ließe daß es zu der bis hieher jns auge gefaliten art aller Semitischen sprache welche sich auf den fol- genden weiter entwickelt, eine zweite hälfte bildete welche anders als jene ohne weitere entwickelung stehen blieb. Aus der oben angegebe- 1) nach LB. $. 108 c, wie ich dies schon 1830 in der gr. ar. erörterte. 2) Wenn ich LB. $. 155 c die bildung 5273 von w77 verglich, so ist das zwar nicht unrichtig: noch nüher aber gehórt das oben erliuterte hieher. An das bezügliche beschreibewörter bildende -4 LB. $. 164 a aber zu denken erlaubt schon der sinn dieser bildungen nicht. — Aus dem alten Himjarischen und Aethiopischen ist auch das christliche dle Apostel ins Arabische gekommen, wo aber die ver- doppelung des zweiten wurzellautes schon verloren ist: allein erst das Aethiopische hat dann von APAZA Reisender durch die weibliche bildung (h9*PC.P den würde- namen für den begriff des christlichen daóorołoç unterschieden. Z2 180 H. EWALD. nen ursache verfolgen wir jedoch dies für jezt nicht weiter, in der hoff- nung daß darüber bald noch gewisseres sich werde sagen lassen. 3. Die altHebrüische bildung. Die demnächst folgende stufe bezeichnet eine sprache von welcher wir zwar ebenso wie von der vorigen unmittelbar keine schriften mehr haben, weil auch ihre blüthe noch in eine uralte zeit zurückgeht, die wir aber sicher genug am passendsten die altHebräische nennen können, Denn das Hebräische ist aus ihr hervorgegangen, und ist dazu unter den aus ihr entsprungenen sprachen die einzige von welcher wir so alte schriftliche denkmäler besizen. Allein es ist keineswegs die einzige sprache dieser quelle: neben ihm fließen vielmehr als derselben quelle entsprungen auf der einen seite nach südwesten hin das Phönikische, auf der andern nach osten und weiter nach süden hin die mit dem Ara- bischen verwandten sprachen welche wir auf der folgenden stufe unter dem begriffe der Südsemitischen zusammenfassen werden. Das völlig eigenthümliche und neue welches mit dieser bildung ein- tritt, drehet sich ebenfalls noch um den faden des bisher beobachteten sprachtheiles an welchem die fortbildung des Semitischen in jenen Alte: ‚sten zeiten so denkwürdig fortliuft. Dieses neue ist nichts als der ein-* tritt eines neuen und stürkeren ausdruckes für den uns in allen neueren sprachen so bekannten reinen und vollen sinn des Artikels, welcher sich nun aber gerade umgekehrt vorne an die spize des wortes oder des sazes drängt welchen er auszeichnen will Indem sich ein wörtchen dieses sin- nes und nachdruckes vor das wort oder den saz drüngt, kehrt sich da- mit ein sehr bedeutender theil alles Semitischen sprachenbaues wie voll- ständig um, und der vorderbau des wortes tritt an die stelle des hin- terbaues. Aber wir wissen schon aus der vorigen abhandlung (s. 56 f) daß dies in der ältesten urgeschichte des Semitischen sprachstammes gar nichts vereinzeltes ist, daß in ihm überhaupt der vorderbau des wortes immermehr an die stelle des noch älteren hinterbaues trat. Da dieses nun der neuere ausdruck für den Artikel wird, so hat dieser anfangs UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 181 auch die stärkste bedeutung, und kann vor den saz tretend sogar einen ganzen saz als einen bezüglichen (der welcher .. .) einleiten !). Als ein solches vorsazwörtchen erscheint nun Aal-, oder (besonders vor einem ganzen saze) ursprünglich wol etwas lünger mit dem hintern a des begriffes der bezüglichkeit halla- ?). Und da dieses im Arabischen etwas weicher zu al- und alla- wird, so kann man vermuthen auch das oben weiter beschriebene Aramäische -á des hinterbaues, aus -an ver- kürzt, sei ursprünglich dasselbe wörtchen mit diesem den vorderbau be- gründenden Aal-. Der wechsel zwischen / und n steht im gebiete der fürwörter auch anderweitig fest 3): doch ist von einem / dort keine nach- weisbare spur mehr. — Jedenfalls aber erscheint dies wörtchen im Se- mitischen erst wie allmälig und zerstreut eindringend: die spuren davon lassen sich noch deutlich genug nachweisen. Denn im Hebräischen und Arabischen ist es zwar sehr häufig geworden, obwohl im Hebräischen die dichter den Artikel verháültnifimáfig noch weit weniger gebrauchen: aber sowohl im Phónikischen als im Himjarischen ist er noch weit sel- tener; und wie einer neu mit kraft in einer sprache eindringenden bil- dung doch wenigstens ein theil von ihr örtlich leicht strenger widersteht, so hat sich das Aethiopische wie wir es auf der folgenden vierten stufe als 1) so ist dies noch im Hebrüischen oder vielmehr nur in einzelnen mundarten von ihm, nach LB. $. 331 5: im Arabischen dagegen hat er sich in dieser bedeu- tung und kraft schon immer mit dem älteren und ansich stärkeren si verbunden, diesem vortretend; und zulezt ist Hebr. ^x aus beiden nur só zusammengeschmol- zen dai die laute a-r (a-7) das sh in die mitte nahmen. Uebereinstimmend damit ist dann dal das Aramäische und Aethiopische weil sie den neuen Artikel nicht ha- ben hier das kurze ? H beibehalten. 2) Ob nämlich das ‚st in aller ursprünglichkeit aus drei immer enger zusammengewachsenen fürwörtchen al-la-di bestehe, könnte man insofern bezweifeln als das -a des dem sinne nach entsprechen- den Aethiopischen H welcher vgl. mit dem einfachen H selbst erst den begriff des Bezüglichen gibt, wie ich dieses immer behauptete. Man kónnte auch das -a von diesem alla- ebenso fassen: wonach sich bloß zwei grundtheile von | JJ! ergeben. Dann wäre das ursprünglichste bei sym erhalten: und wirklich kommt der Artikel bei tm ganz anderswoher. 3) LB. $. 103 a. 182 H EWALD, vollendet antreffen werden, noch völlig frei von ihm erhalten, weil es sich offenbar schon auf dieser dritten stufe seiner erwehrte. Das eindringen dieses Artikels in einen immer doch sehr bedeuten- den theil aller Semitischen sprachen verändert indeß schon die äußere gestalt des sprachstammes fühlbar genug: und es ist alsob von jezt an der gesammte Semitische sprachstamm sich troz aller übrigen seine ein- zelnen äste verändernden mannichfaltigkeiten doch nur in zwei große hälften auseinander scheiden wollte. Noch wichtiger aber wird daß die- ser Artikel auch die gestalt jedes einzelnen wortes dem er sich vor- drängt stärker umwandeln kann. Das wichtigste davon ist daß er die ganze kraft der aussprache des wortes sosehr nach vorne hin zieht dall er an seinem ende solche laute die ansich schon aus anderen ursachen schwücher und wandelbarer geworden sind leicht ganz dahinschwinden läßt. Und dieses zeigt sich im Hebräischen wie im Arabischen gleich- mäßig, obwohl in jedem nach seinem besondern baue bei den einzelnen lauten verschieden !). Denn zu diesem ergebnisse einer verkürzung des nennwortes nach hinten wirkte offenbar noch etwas anderes zusammen, was sich seiner großen bedeutung nach nun schon aus allem bei den beiden vorigen stu- fen gesagten erläutern kann. Schloß das oben bei dem Aramäischen erklärte -4 des Selbstwortes eine hervorhebung des begriffes seines nenn- wortes im saze ein welche in vieler hinsicht der kraft des Artikels gleicht, wie oben gesagt ist: so leuchtet ein daß jenes. schließende -4 des hin- terbaues seinem einfachen sinne nach desto mehr völlig entbehrt werden konnte, je häufiger der Artikel des vorderbaues gebraucht wurde. So kürzte sich denn auch deswegen das nennwort hinten immer leichter ab: wenn nicht eine gegenwirkung wegen einer anderen möglichen anwen- dung jenes schließenden -4 eintrat, wovon unten auf der fünften stufe zu reden ist. Hieher gehört daß sowohl das Phönikische als das He- bräische offenbar mit unter dem einwirken dieser neuen bildung jene en- dung gänzlich verloren, und erst dadurch nach dieser wichtigen seite 1) LB. $. 181 a am ende. UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 183 hin die lezte gestalt empfingen in welcher sie dann sich erhielten. Das Phónikische steht darin ganz dem Hebräischen gleich: und die nähere verwandtschaft welche diese beiden sprachen mit einander verknüpft, beruhet besonders auch auf dieser ihnen gemeinsamen art der bildung des nennwortes. Allein gewisse spuren dieses hinten abfallenden -a ha- ben sich in diesen sprachen dádurch erhalten daß sich bei den selbst- wörtern ein a vor diese endsylbe drängt, wie in den bildungen pawr S. 163 d und osn S. 186 d; ähnlich wie im Arabischen das schließende n bleibt bei dem selbstworte wie jl» und abfällt bei dem bloßen be- schreibeworte wie ar. Indessen lassen sich auch andere merkmale der engeren verwandt- schaft auffinden in welcher diese beiden Semitischen sprachen zu einander stehen. Wir meinen hier den gebrauch der kleinen wórtchen und der wortbildungen, weil man der engern verwandtschaft zweier sprachen be- sonders an diesen feineren und doch häufigsten merkmalen sich ver- sichern kann. Der gebrauch des bezüglichen wörtchens vwx im Hebräi- schen welches in Phönikischen verkürzt als dx und sonst nur im Süd- semitischen oder Aethiopischen in etwas anderem laute (aus em = an, al) als "Ano? wiederkehrt; das wörtchen `s für unser daß welches in ähnlicher aussprache und bedeutung nur im Phönikischen sich wiederfindet!); der im Hebräischen ausgebildete wechselgebrauch der zwei zeiten mit dem fortschreitenden . welcher nur im Phónikischen noch sein vollkommnes ebenbild hat 2): solche merkmale bezeugen eine nahe verwandtschaft die- ser zwei sprachen welche einst in den entferntesten urzeiten auch zwi- schen den beiderseitigen völkern groß genug gewesen seyn muss. Da- mit wir aber nicht wieder in den früher herrschenden irrthum zurück- fallen alsob zwischen den sprachen dieser zwei völker kein wesentlicher 1) vgl. die Erklärung der großen Phönikischen inschrift von Sidon (1856) s. 30 f. 2) ebenda s. 18 und die Abh. über die große Karthagische inschrift (1864) 8. 27; neuestens ist derselbe auch in der Moabischen inschrift königs Mäsha gefun- den, s. die Gött. Gel. Anz. 1870 s. 617. (Beiläufig bemerke ich zu jener stelle, daß mir die mmap jener inschrift jezt unser zwinger zu seyn scheint). 184 H. EWALD, unterschied obwalte, kommen uns von der andern seite genug zeugnisse eines weiten abstandes zwischen ihnen entgegen: und schon daß das einfachste thatwort seyn sich im Hebräischen immer durch das aus dem Aramäischen xı7 feiner gebildete my, im Phónikischen durch das rein zum Arabischen hingewandte 73 ausdrückt, ist ein genug starkes zeug- nib dafür. Je näher wir in unsern tagen das Phönikische endlich wie- dererkannt haben, desto sicherer stellt sich dieses ihr gegenseitiges ver- hältniß heraus, und desto weniger haben wir auch hier irgendeinen ge- rechten grund die alten geschichtlichen erinnerungen nach welchen He- bräer und Phóniken zwei hinreichend verschiedene vólker waren als un- geschichtliche zu verwerfen. 4. Die Südsemitische bildung. Zu ihr gehóren auf der einen seite das Himjarische !) und das Ae- thiopische mit seinen nebenarten, auf der andern das Arabische: allein dieses hat alsdann noch eine ganz neue weitere umbildung durchlaufen, von welcher erst auf der fünften stufe nüher geredet werden kann. Hier müssen wir uns in eine vorzeit zurückdenken wo alle diese sprachen noch ein engeres Ganzes bildeten welches wir mit einem gemeinsamen namen richtig als das Südsemitische bezeichnen können. Mit dér bildung also welche wir hier die Südsemitische nennen. tritt von einer ganz anderen seite her eine völlig neue bildungsmacht ein, welche das Semitische auf dieser stufe etwa in der hälfte aller wör- ter gewaltig umgestaltet und noch weiter hinein einen tieferen einfluß übt. Es ist nichtmehr die bildung von selbstwörtern an deren faden die gewaltige macht der umbildung sich zwar nicht allein aber doch vorzüg- lich weiter spinnt: auf etwas ganz neues wirft sich von einer andern und völlig verschiedenen seite her überwältigend diese macht, und gestaltet das Semitische sprachgut in einer weise um von welcher alle Semitische 1) Das Himjarische als sprache ist nach meinen früheren arbeiten jezt von einem andern meiner schon verstorbenen besten schüler E. Osiander in der D von 1866 noch näher erläutert. UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. ass ; erem auf ihrer früheren stufe nochnicht einmahl ein erstes gefühl iit bedürfniß hatte. Es ist mit éinem worte die innere Pluralbildung , welche wir verzüglich meinen und die wir hier ihrer ganzen im sprachenbaue höchst gewichtigeu bedeutung nach näher betrachten müssen. Was innere wortbildung sei, ist sonst gezeigt!); nicht minder ist gewil daß sie vorzüglich im Semitischen schon von den frühesten zeiten an mächtig herrscht 2. Allein trozdem ist die innere bildung des be- griffes der mehrheit allen dén Semitischen sprachen völlig fremd geblie- ben welche auf einer der früheren stufen stehen geblieben sind. Bei den Südsemitischen sprachen sehen wir sie nun aber plözlich herrschend und einen grofien theil von wörtern aufs stärkste só umgestaltend daß es garnicht so leicht ist den spuren ihrer erscheinung genau und vollstän- dig zu folgen. Dabei ist zwar von vorn an denkwürdig daß sich, diese bildung auch in manche solcher Afrikanischen sprachen fortzieht welche nicht Semitischen stammes sind: wie wir auch sonst finden daß sprach- erscheinungen ganz besonderer art solchen sprachen gemeinsam sind die sich örtlich einander eng begrenzen und doch verschiedenen stammes sind 5. Allein obwohl diese von mir schon längst hervorgehobene be- rührung des Südsemitischen mit Afrikanischen sprachen weiter zu ver- folgen sehr lehrreich wäre, so verbietet uns doch hier der enge raum darauf näher einzugehen. Wohl aber ist es an dieser stelle aus vielen ursachen sehr der mühe werth diese wichtige aber leicht mißverständ- liche spracherscheinung in den Südsemitischen sprachen selbst näher zu verfolgen ^). Wir kónnen jedoch hier die auseinandersezung gerade mit dem auf den ersten blick so auffallenden namen beginnen womit schon die ülte- sten Arabischen Sprachgelehrten selbst diese erscheinung bezeichnen. Sie nennen die so gebildeten mehrheitswörter gebrochene: und dieser name wäre freilich ganz unpassend wenn er, wie XA sprachgebrauch aller- 1) LB. $. 107 d, 3. 2) vgl. LB. ebenda. 3) wie oben s. 170 f. eine solche ähnlichkeit zwischen dem Aramäischen und Armenischen berührt ist. 4) man vgl. hier die oben s. 158 erwähnten neuesten arbeiten. Histor.-philol. Classe. XV. Aa HEC LU H EWALD, dings bei jenen Gelehrten allmälig allein herrschend wurde, das i l gegentheil der gesunden plurale seyn sollte. Dann würden eben die meisten mehrheitsbildungen im Südsemitischen gebrochene d. i. kranke - seyn: was selbst nur einen kranken begriff gibt, da schwüchliche kaum | lebensfáhige und kranke sprachbildungen wol zerstreut von übeln schrift- | stellern versucht werden können, nie aber in einer wirklichen sprache bestand haben, sowenig als die grundgeseze alles denkens und rechnens jemals in einem ganzen volke ernstlich und auf die dauer erkranken können. Fassen wir aber den begriff des gebrochenen in dem sinne wel- chen er auf sprachgebilde angewandt am einfachsten und passendsten trägt, so kann er bezeichnen da!! das nennwort wie es zunächst ist durch diese mehrheitsbildung seinen lauten nach wie gebrochen d. i. plözlich in sich selbst aufs gewaltsamste aus seiner gestalt herausgerissen und gänz- lich umgewandelt wird: und dann trifft diese bezeichnung, wie wir so- fort sehen werden, gut zu. Aber warum die laute des wortes so gleich- sam gebrochen werden, begreifen wir damit nicht. Und da diese ganze im Südsemitischen so neue und auf den ersten blick so wunderbare er- scheinung doch zulezt nur auf das wesen der inneren wortumbildung zu- rückgeht welche im Semitischen schon seit seinen ältesten zeiten eine $0 weite macht hat, so reden wir besser von der inneren Pluralbüdung, und müssen diese näher ins auge fassen. . Gut ist es aber hier zuvor noch von einer andern seite aus wohl zu beachten dais diese bildungen allerdings wirkliche mehrheitsbildungen sind, sowohl ihrem begriffe als ihrem ursprunge nach. Es gibt wörter welche schon in ihrer einfachen bildung eine menge bezeichnen kónnem theils durch ihren begriff selbst'wie e$ im Arabischen nicht bloß unser volk bezeichnet sondern auch unsern begriff leute in sich schließt, theils dädurch dan sie ein lebendiges durch die fassung als neutrum (wofür im Semitischen die weibliche bildung dient) als einen bloßen zusammenflub unbestimmt vieler derselben art oder desselben standes von menschen | hinstellen , wie von dastod ein Isma Zëer d.i. anhänger Isma'el's sich das mengewort &4ksie die Ismdíüheit (wie die Christenheit) d. i. die menge Now TISCHEN SPRACHEN. 187. piri A oder die gemeinde von seinen anhüngern bildet 1), Solche wörter kön- nen zwar den sinn einer mehrheit geben und im sazbaue so betrachtet werden, sind aber weder ihrer bildung nach genau genommen ihrem be- griffe nach mehrheitswörter. Man kann sie mengewörter (collectiva) nen- nen, muß sie aber von dénen unterscheiden welche von einem einzelbe- griffe aus dessen reine mehrheit und insofern nicht eine stehende son- dern eine wie frei sich bildende und frei zusammentretende mehrheit be- zeichnen. Und in dem allen liegt nicht etwa eine willkürliche unter- scheidung, sondern ein wirklicher unterschied welchen gerade die ülte- ren und dem ursprünglichen sprachgefühle näherstehend gebliebenen sprachen sehr klar festhalten. ! Die innere mehrheitsbildung tritt dagegen im Südsemitischen gera- dezu an die stelle der ursprünglichen d. i. der äußerlich durch eine dem einzelworte sich anhängende endung bezeichneten. gilt also von vorne an als etwas ganz anderes als jene besondere sippe von würtern welche man mengewörter nennen kann. Aber es läßt sich auch noch deutlich zei- gen wie sie aus jener äußeren hervorgeht: und eben dieser nachweis ist hier das wichtigste. Wir müssen uns zu dem zwecke vergegenwürtigen daü die endung der mehrheit in der frühesten zeit des Semitischen welche -wir erkennen können -án oder vielmehr -ám lautete, eine endung welche freilich schon aus einem ursprünglich viel bestimmteren lautganzen ab- geblait seyn mag?2), was uns aber hier gleichgültig ist. Diese laute sind nun zwar vorherrschend in den Semitischen sprachen auch selbst wieder mannichfach weicher und nachgiebiger geworden, indem das 4 sich zu í gesenkt hat und das -n im stat. constr. ganz zerrieben ist: allein das Aethiopische hat sie noch in ihrer ganzen ursprünglichkeit bewahrt5) und 1) Aehnlich sind wórter wie SAs und Spana servi welche die alten Arabi- schen sprachlehrer unter die mehrheitswörter stellen, sicher nur solche sachwörter wie im Hebräischen 7723 unser gesinde, servitium = servi. 2) vgl. LB. 8. 177 a. 3) nur bei der weiblichen umbildung zu. -áf aus -ámf hat das Aethiopische schon ebenso wie alle andern Semitischen sprachen das » im zusammenstole mit dem härteren £ vor ihm verloren. Aa2 188 | H. EWALD, HM hält namentlich das » sogar in der wortkette (sf. constr.) fest!); gerade = dies aber ist uns hier von großer bedeutung. Bei der nahen verwandt- schaft mit dem Arabischen in welcher das Aethiopische auf der hier zu betrachtenden stufe doch noch immer stehen blieb, kann es nicht auf- fallen daß diese stärkeren laute der mehrheitsbildung -án doch auch in das Arabische noch vielfach hinüberschallten: und so hat sich auf eine höchst denkwürdige weise auch in diesem bei manchen wörtern jene stärkere endung -án oder (s. unten änun) für das mehrheitswort erhalten, allein neben der gewöhnlichen und flüssigeren -mma (-üna s. unten) nun só daß sich der wortstamm vor ihr eben als dieser ungemein starken en- dung bereits wie gebrochen oder in seiner ursprünglichen vocalaussprache wie geknickt und umgefärbt kürzer zusammengezogen hat; wie man ähn- liches auch in ganz verschiedenen sprachstümmen wiederfindet 2). Hier- aus geht 1. die erste der drei bildungsarten hervor welche man bei. dieser ganzen mächtigen fortbewegung unterscheiden muß, aus Al bildet sich das mehrheitswort SE aus Ji;s : RE aus SCH : ej pos um hier wie sonst überall an dieser stelle nur einige hauptfälle dieser wie keine andere in die vielfachsten einzelnen arten aus einander fallenden neuen bildung hervorzuheben 3). Der wortstamm, obwohl durch die vocalaussprache mitten in oder vor der wurzel gedehnt, zieht sich vor der endung der mehrheit bis auf die nothdürftigste aussprache der drei wurzellaute zu- sammen, aber só daß als vocal für diese u eintritt: dies ist dasselbe V 1) wie der fall MN,NZ AN = Sp 237 und alle die ähnlichen bezeugen; denn (NN.NZ ist die äußere mehrheitsbildung. 2) ich erklärte schon in meinen frühesten Sanskrit-vorlesungen 1827 f. daß sich so der wechsel von me Tods "ergi neben narje nartge mit den tausend ähnlichen fällen erklären. 3) Was ich 1830 über die einzelnen und über den inneren zusammenhang der meisten unter sich in der Gr. ar. $. 306—329 gelehrt habe, bleibt fast durchaus als richtig bestehen: nur das Ganze in seinen lezten ursprüngen und beweggründen stelle ich hier in ein anderes licht, und verwerfe eben deshalb auch den dort ge- brauchten namen collectivum. _ UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 189 — welches auch sonst in neuen bildungen des Südsemitischen als ein trü- ber laut vielerlei frühere stärkere laute ersezen kann, oder vielmehr in welches diese sich auflösend wie zerfliehen !. Mit diesem u wechselt dann auch das feinere 2. wie dieses in allen Semitischen sprachen sich vielfach verfolgen läßt: und das kennzeichnende ist nur dass die bildung an dieser stelle hinter dem ersten wurzellaute niemals den reinen laut a duldet, só nothwendig daß z. b. aus zi wird deer, — Das denkwür- digste ist aber hier zulezt dan diese mehrheitsbildung wohl im Arabi- schen ziemlich häufig, im Aethiopischen aber nirgends sich findet. In- dessen erklärt sich diese auf den ersten blick so auffallende erscheinung hinreichend wenn man bedenkt daß das Aethiopische diese endung -án eben nicht als eine nur aus dem Alterthume stehen gebliebene und bei einer neuen sprachgestaltung selbst wie mit neuer macht desto härter andrüngende sondern als seine gewöhnliche zur bildung der mehrheit be- sizt. Ja man kann aus dieser erscheinung desto sicherer den schluß zie- hen daß diese endung im Arabischen eben nur diesen ursprung haben könne. — Indem aber die endung -án durch den weiteren fortschritt der bildung mitten in das wort eindringt und hier zu dem bloßen -4- sich abreibt, die bildungsweise also im strengsten sinne zu einer rein inneren wird, entsteht 2. die in allem Südsemitischen herrschendste mehrheitsbildung. Diese nun hat sich am einfachsten und gleichmäßigsten bei solchen nennwörtern festgesezt welche in ihrem stamme das maß von vier nicht weiter verkürzbaren lauten reichen: und indem das eindringende 4 sich gerade in die mitte zwischen dem zweiten und dritten dieser vier laute mit seinem stärksten laute vorschiebt, beherrscht es so einzig mächtig die ganze vocalaussprache des wortes daß der erste nur mit einem ihm A ». 95 „=... e, 1) dasselbe zeigt sich in den Arabischen bildungen äh, -. a vgl. mit den entsprechenden Aethiopischen PZC:. Per, PAP: denn jene halte ich völlig für diesen entsprechend, obgleich dadurch das Arabische in seinen móglichen bildungen etwas ürmer wird als das Aethiopische ist. Aber we- sentlich dieselbe erscheinung ist sogar im Französischen au für al. ` 190 — FUEL ONU . B. EWALD, wie ein bloger vorlaut vorspielenden a, der dritte dagegen mit einem nach dem gewaltigen d sich desto tiefer senkenden i zu sprechen ist. So Al von Asl> und nach der Aethiopischen färbung der vocalaus- spracheec99jgo,R" : von PHAR. Die vollkommne gleichmäßigkeit bei allen dén stämmen denen wenigstens vier bleibende laute zur festen i grundlage dienen, ist bei dieser bildungsart so stark hervorstechend: ganz x anders aber gestaltet sich wesentlich dieselbe bildung | 3. bei solchen stämmen welche im wesentlichen nur drei feste laute zur grundlage haben, sei es daß der stamm wirklich nur diese geringste zahl von lauten habe wie Ass, oder daß ein aus der dreilautigen wurzel hervorgebildeter stamm sehr häufigen gebrauches bei dieser gewaltigen umbildung einige der nicht zur wurzel gehörenden laute wieder abwarf um sich der neuen inneren bildung desto leichter zu fügen; jedoch kön- nen nur vocale oder ein angehängtes -án in diesen schmelztiegel fallen, und auch sie (wie schon angedeutet) nur bei sehr viel gebrauchten stamm- bildungen., wie wir bereits in Pe s. 188 ein beispiel davon auch bei der ersten bildungsart sahen. Da nun alle diese stammbildungen sämmtlich die bei weitem häufigsten in der sprache sind, so erklärt sich zwar wie die irgend wandelbaren laute hier vor dem gewaltigen anschlage der neuen inneren mehrheitsbildung sich wie verkriechen und damit bloß die drei wurzellaute als gerippe für die einen neuen leib sich suchende seele übrigzubleiben suchen. Allein da die stammbildungen sich innerhalb dieser grenzen ungemein häufen ‚und die einzelnen die verschiedensten ` bedeutungen tragen können, so erklärt sich ebensowohl wie die wandel- bar gewordenen laute sich dennoch wieder gegen ein völlig gleichmäßi- ges verzehrtwerden sträuben, wie die stärkeren sich mitten im wanken und sinken gegen ein völliges verschwinden lange wehren, wie die von verschiedenen seiten zusammentreffenden neuen bildungen sich unter ein- ander je nach ihren feineren lautgewichten und sinnverschiedenheiten auszugleichen suchen, und wie hier eine bunte mannichfaltigkeit und große menge der neuen mehrheitsbildungen entsteht. Ja da hier eine wahrhaft neue bildungsmacht alles neu gestaltend in das bereich der ee Se m PL LI MEL. ae E HESE EECH DIE GESCHICHTLICHE FO GE DER EMITISCHEN SPRACHEN. | j E eintritt, so suchen sich sogar feinere unterschiede der a und kraft der nennwörter in den möglichen neuen wortgestaltungen neu aus- zudrücken: und plözlich steht dieser ganze mächtige haufe von begriffen nichtnur in neuen gestalten sondern auch in neuen wohlgesonderten grup- pen vor unsern augen. Um dieses alles hier wenigstens in der kürze zu zeigen, bemerken wir im einzelnen folgendes: 1) Bei den am kürzesten lautenden stämmen wie Asp schiebt sich jenes d vor den lezten wurzellaut só daß der erste im gegenschlage zu ihm nur mit jenem oben bemerkten tiefsten laute i erschallt: Aan, Es ist aber unstreitig nur ein auch sonst zu beobachtender lautwechsel wenn mit diesem d ein durch d vermitteltes d. und mit diesem sodann wei- ter obgleich viel seltener ¿ wechselt, wie pes von ;= und Auer neben dem vorigen 24». Woher sich erklärt wie auch dieses d oder í ebenso wie jenes 4 die ganze vocalaussprache des neuen wortes allein von sich aus beherrscht, sodaß dem d ein # nur wie vorklingt !). 2) Hat ein stamm welcher zum behufe der mehrheitsbildung auf seine drei wurzellaute zurückgeführt werden kann nicht wie in dem eben erlàuterten ersten falle nur die nothdürftigsten beilaute (um sie hier so zu nennen) sondern vollere, nümlich statt éines kurzen vocales nach dem ersten wurzellaute zwei kurze je nach dem ersten und zweiten, oder ei- nen langen vocal nach dem zweiten, oder auch wol ein -án am ende: so stellt sich bei der umbildung der an seiner stelle zwar verschwin- dende aber doch noch gerne sich irgendwo und irgendwie zu halten su- chende längere laut dádurch wieder her dal; zwar jenes 4 als der grund- laut der umbildung vor dem lezten der drei wurzellaute bleibt, allen voran aber ein à als dessen stärkerer vorlaut tritt 2. Inderthat wird die- 1) derselbe umlaut zeigt sich in den Aethiopischen bildungen AUC städte | von J7C; aber auch die seltenen Arabischen aussprachen SH De sowie von det M seite Ke halte ich nur für mundartige wechsel von XA! und jul aus ER und E 2) daB es aber auch hinter dem ersten der drei grundlaute : haften konnte, zeigt das eben zuvor erwähnte mundartige KH T oue. e iE H. EWALD, ses ganz vorne an die spize tretende a nun ein sehr kräftiger laut, und -— haftet an seiner stelle (wie unten noch kurz berührt werden wird) sogar noch unwandelbarer als sein folgelaut 4. Bildet sich also elt wissen- schaften von „ie, so unterscheidet sich davon ER fahnen ie aus de her- - vorgehend vernehmlich genug; aber ebenso bildet sich m von e und Me Mas dem aus u^ (frei) ee eed >; möglich ist auch ein ala) von dem bekannten worte ‚las, — Allein etwas star- rer widersteht i 3) ein á nach dem ersten wurzellaute in den so ungemein häufigen stämmen u welche in der urgeschichte der ausbildung des Semitischen selbst auf einer wesentlich neuen und in ihrer art lezten stufe der stamm- bildung stehen!): auch bei ihnen bleibt zwar jenes wesentliche d vor dem lezten der drei wurzellaute, allein das vorige 4 senkt sich vor ihm zunüchst nur zu seinem kurzen, auch wohl (ebenso wie in dem falle s. 189) getrübten laute dé a unter verdoppelung des folgenden mitlautes herab, sodaß sich sein lautgewicht obwohl verfürbt noch erhält und neue wortgestalten wie Mr (scribae) entstehen. Allein nachdem diese | bildung einmal geschaffen, regt sich der in dieser neuen art von um- bildung überhaupt so ungemein lebendige sprachtrieb immer weiter bis dahin daß in vielen wörtern nach der vutdoppelung des zweiten wurzel- lautes zunächst das 4 sich verkürzt wie > neben > möglich ist, dann die verdoppelung sich auch selbst auflösen, dann sogar jene trü- bung des a der ersten sylbe in u sich bis in die zweite fortziehen, und endlich d-a oder ú-u in das bloße á und ú sich zusammenziehen kann, diners As NES eA, neben ye (mercatores) KS móglich und w (soci aus w verkürzt ist. Bissoweit ist bei aller freiheit mit welcher das Südsemitische diese neue umbildung durchsezt, ein gerade fortlaufender zusammenhang ent- deckbar. Nun aber läuft diese freiheit einmahl lebhaft angeregt noch einige schritte weiter, theils weil jede sprache immer gerne mit den 1) vgl. LB. & 151. UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 193 möglich kleinsten mitteln ihre zwecke zu erreichen sucht, theils weil sie von der andern seite wo durch eine verminderung ihrer mittel der zweck der deutlichkeit der rede als ihr höchster zu sehr zu leiden scheint im- mer gerne nach neuen greift um diesem vorzubeugen. So ist die abge- schwächte gestalt der lezten von den drei eben erläuterten bildungen, die mit ú-u oder ú-u, auch d-a, auch auf fälle übergetragen wo die zweite bildung móglich würe, zunüchst um verschiedene bedeutungen zu 2 z p ss » bemerken wie von = (geheimniß) als aus pw zusammengezogen sich eben- mäßig x Se gestaltet, aber aus 2 (sessel) s oder js dann aber ist der gebrauch dieser so kurzen und ziemlich glatten mehrheitsbildung weiter eingerissen. Aber stëmme der zweiten und der dritten lautart fallen sogar auch wol in die erste oder zweite der drei mehrheitsbildungen zu- rück wenn der sinn den sie geben es leicht dädurch leidet daß keine ap D D s e * 675 schwere verwechselung zu fürchten ist, wie von ASS sich nicht nur A42 sondern auch SUA und deg? und von f sich m ableitet. Als gegen- saz zu diesen kürzungen bleibt aber bei selbstwörtern mit der weiblichen endung vielmehr die volle vierlautige bildung unter dem abfalle der weib- lichen endung. wie pei von 5 paas grave d. i. delictum. Endlich spielt hier sehr mächtig aber auch sehr eigenthümlich noch der unterschied der beiden geschlechter ein: und auch hier kann man erkennen wie gewiß diese ganze art von umbildung nicht zu dem älte- sten gefüge des Semitischen gehóre sondern von weit spüteren antrieben sich leiten lasse. Wir deuten hier wenigstens einiges davon an, weil es schwieriger zu verstehen ist; gehen aber dabei am besten D von der erfahrung aus daß das Semitische auf diesem gebiete schon früh die doppelte neigung hat einmahl den begriff einer unbestimm- ten und daher meist sehr großen mehrheit in den einer bloßen dichten menge aufzulösen und so dem Weiblichen als dem Semitischen ausdrucke für das Neutrum anzunäheren!), und zweitens den nebenbegriff einer der Person wie anklebenden besondern größe und ehrwürdigkeit eben- 1) vgl. LB. 8. 179 5. 317 a. Histor.-philol. Classe. XV. Bb 194. H. EWALD, falls durch diesen ausdruck zu bezeichnen!) Beides trifft nun auf eine - denkwürdige weise bei dem Südsemitischen zusammen, indem eine menge von stümmen welche ansich nichts weibliches bezeichnen und in der ein- zelzahl niemals die weibliche endung tragen diese doch mit der neuen mehrheitsbildung annehmen, vorzüglich wenn sie männliches und großes bezeichnen, wie RUF und mit einem ganz verschiedenen worte AJAHT gótter von E und A7H.A gott, xod in beiden sprachen Engel, ssi ackerleute von Ki ; ES affen von S; wo das d bloß vor der weiblichen en- - dung so in à zusammengedrückt ist wie sich dies aus SCH neben je, männer von Le beweisen läßt. Im Aethiopischen ist diese bildung noch häu- figer als im Arabischen, vorzüglich auch bei den oben s. 178 f. erläuterten namen für den thäter. Auch für die vierlautigen stämme ist sie in al- lem Südsemitischen gebräuchlich: nur nicht für jene rein Arabische mehr- heitsbildung auf -án, was sich aus ihrem ursprunge leicht erklärt. 2) Kann nun das Südsemitische so jede mehrheitsbildung in wel- cher das eigentliche zeichen der mehrheit sich nur noch wie mitten in den lauten des wortes verloren erhalten hat, hinten in neuer weise mit der weiblichen endung bekleiden, so treten möglicherweise auch in der weiblichen endung selbst solche feinere unterschiede der bedeutung her- vor welche überhaupt bei dieser gesammten neuen umbildung Semiti- scher wörter in einer so denkwürdigen weise sich sondern. So gesellt sich im Arabischen diejenige unter den drei weiblichen endungen welche man die platte nennen kann gerne zu solchen wörtern der dritten bil- dungsart welche etwas gedrücktes hartes trauriges von Lebenden ‚aussa- gen, wie TP gefangene , AR schwache menschen; die welche man die hohe nennen kann, sagt nach der zweiten bildungsart vielmehr hohes herrliches und stolzes aus, wie lasst Propheten, TER reiche menschen, jas; hüuptlinge , äi Verwandte. Und man merkt leicht daß vor allen drei weiblichen endungen das wort sich so kurz als möglich zusammen- 1) Lb. 8. 177. UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 195 ` ` zieht und das zweite 4 von jenem Ji sich zu i zusammengedrückt hat. Hängt sich aber die gewöhnliche weibliche ordnung an die erste der drei Arabischen bildungsarten das -án verdrüngend, so liegt darin eher der begriff einer geringen zahl, wie Kuss neben vlait von T jüngling. — Während aber wie durch eine seltsame durchkreuzung die weibliche en- dung in diesen fállen eher den nebenbegriff des stürkeren geschlechtes gibt, kann sich der begriff des Weiblichen selbst in einer lezten wen- dung von da an 3) folgerichtig nun gerade umgekehrt durch das fehlen ihrer en- dung und durch eine abschwüchung des lezten vocales ausdrücken 3); sowie das erste dieser beiden fälle sich schon bei pu im gegensaze zu | kp s. 193f. zeigte. Die häufigen stimme Ks und Sat bilden ihre mehr- M heit einfach durch das abfallen der weiblichen endung só daß sich das d der inneren bildung in a verdünnt, vor welchem da das wort weniger gewaltig umgewandelt wird der vorige vocal in seinem unterschiede sich erhält: nis ; Wi ; und dasselbe á verkürzt und trübt sich in 4 bei der zweiten bildungsart wenn das wort schon ansich weibliches aussagt, wie MJ füBe, A4 hände. Dies ist ein grundriß der ganzen so gewichtigen umbildung durch welche die gestalt der mehrheit zunächst nur der selbstwörter im Süd- semitischen ebenso bunt wird wie etwa auch im Deutschen verglichen mit den übrigen Mittelländischen sprachen?). Eine ganz ähnliche neue umwandlung hat aber im Südsemitischen das weibliche beschreibewort durch die innere bildung erfahren. Am bekanntesten ist davon die um- bildung der weiblichen ableitung des so hüufigen beschreibewortes «x P 1) daB sich ühnliches auch schon in ülteren gestalten des Semitischen findet, ist LB. $. 179e. 267c gezeigt: allein erst im Südsemitischen breitet sich dieser . ganze trieb in neuer weise und nach neuer richtung hin so gewaltig aus. 2) Ich habe im vorigen die wahren grundzüge zu der in vieler hinsicht so schwierigen lehre von der inneren mehrheitsbildung im Arabischen und Aethiopischen entworfen, die man nur im einzelnen weiter zu verfolgen braucht um in diesen ver- wickelten dingen alles richtig zu erkennen und zu ordnen, Bb2 396 — H. EWALD, indem das a vorne mit einem weiblichen a am ende zu einem sehr starken ` — á zusammenfließt, ziehen sich auch die beiden ersten wurzellaute zu der kürzesten aussprache zusammen, ähnlich wie wir dies bei der inneren ` mehrheitsbildung ola von CE oben s. 188 sahen. Indem aber mit die- ser ganz neuen umbildung ühnlich wie oben bei der weiblichen endung der mehrheitsbildung s. 194 sich nun zugleich ein unterschied der mög- lichen bedeutungen ausdrückt, bleibt hier die lange oder hohe aussprache der weiblichen endung zugleich mit einem a als ihrem vorlaute für die nächste sinnliche bedeutung welche solche wörter haben können, die platte oder weichere weibliche endung aber bezeichnet mit der weiteren umbildung des a der ersten sylbe in u die feinere oder geistigere bedeu- tung: däs die schwarze Py die größere D. Allein es gibt auch noch andere weibliche innere bildungen, häufig im Aethiopischen, seltener im Arabischen ?). Und durch alles das empfing das Südsemitische eine ge- stalt welche es von den früheren Semitischen sprachen ungemein unter- scheidet. Auf dem gerade entgegengesezten felde der sprache, dem des thatwortes, ist es vorzüglich der ungemein häufige und so überaus ge- schickt angewandte gebrauch des zielstammes wodurch das Südsemitische sich von den übrigen Sprachen immer weiter zu trennen beginnt. Die- ses erlangt dadurch in der nachdrücklichen kürze und in der treffenden schürfe der rede ganz beneidenswerthe vorzüge; sodaß sein gebrauch schon im Aethiopischen beliebt, im Arabischen endlich zu den ausge- zeichnetsten sprachfertigkeiten gehórt worin keine andere sprache auch außerhalb des Semitischen ihm gleichkommt. Das Aramäische sbor ger: 1) Es ist denkwürdig genug wie weit sich im Südsemitischen diese feinste un- terscheidung des geistigeren vom sinnlicheren erstreckt. Man sieht sie sogar in der Arabischen unterscheidung von E dann und Ki dort: jenes als das zeitliche ist ein geistigerer begriff als dieses rein örtliche; aber wir wissen daß dieses die ursprüng- liche aussprach erhalten hat. 2) Diese habe ich zuerst in den Nachrichten bei den Gött. Gel. Anz. 1857 s. 110, dann in dem LB. 8. 173 f nachgewiesen. Dort sind auch schon die entfernteren anfánge zu dieser inneren weiblichen bildung aufgezeigt. UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 197 diese größte zartheit und zierlichkeit zu welcher das Semitische im um- fange des gebietes des thatwortes sich endlich erhoben hat noch gar- nicht, das Hebräische kaum erst wie im beginnen 1). Auf der breiten bahn der inneren wortbildung welche sich so im Südsemitischen immer weiter aufthat und wohin auch die eben erwühnte bildung des zielstammes des thatwortes gehórt, schritt nun zwar das Aethiopische noch um eine bedeutsame stufe weiter fort, indem es auch die ganze UZ. des thatwortes auf sie hinübergleiten ließ. Diese UZ. un- terschied sich nämlich (wie unten noch weiter zu bemerken ist) seit den urzeiten aller Semitischen sprache durch eine endung -an oder ın: diese schwand im Semitischen bestündig wo die UZ. wie im raschen ausrufe und im fordern zum heischeworte (zum voluntativ, und weiter zum imperativ) wurde, erhielt sich aber im Arabischen bestündig an ihrer stelle wie- wohl nur unter einem umlaute von welchem nachher die rede seyn wird. Im Aethiopischen aber zog sie sich, indem die innere, wortbildung auch bei ihr sich ihre bahn brach, zu dem bloßen 4 abgestreift bis hinter den zweitlezten wurzellaut zurück, wodurch die UZ. eine ganz andere gestalt empfängt: jegaber für jegberan ?). Erst- mit dieser tiefeinschnei- denden umbildung ist das Aethiopische vollkommen só geworden wie wir es jezt geschichtlich kennen: aber das Aethiopische ist damit auch im kreise aller Semitischen sprachen vóllig allein geblieben. Während jedoch das Aethiopische nur für sich allein in dieser rich- tung hin sich noch weiter umbildete, nahm 5. Die Arabische bildung von ihm sich immer entschiedener losreißend nach vielen andern richtun- gen hin endlich noch eine ganz neue gestalt an, wodurch die sprache welche wir jezt die Arabische nennen erst wirklich das wurde was sie 1) vgl. LB. $. 125 a. 2) Dies à zerflieht im zielstamme mit dem hier schon vor dem zweitlezten wurzellaute schon gegebenen â, sodal) es im steige- rungsstamme mit dem an dieser stelle gegebenen & der unterscheidung wegen desto nothwendiger vielmehr zu ae wird, sich ir ? verdünnend; ,BA € : 198 H. EWALD, ist: und dieses richtig zu erkennen ist hier schließlich noch von dir größten wichtigkeit. Die neuen umwandelungen welche hier noch ein- greifen, sind einschneidend ja man kann sagen gewaltsam: und »es ist denkwürdig genug daß das Semitische nachdem es nach einander zum werkzeuge geistigen verständnisses für vielerlei große und mächtige völ- ker gedient hatte, seine lezte und gewaltigste umwandlung endlich un- ter einem volke erfuhr welches selbst seine strenge rauhe kraft am läng- sten ungeschwächt sich ausbilden ließ und zum lezten aber größten und langherrschendsten Semitischen volke wie aufbewahrt war. Man kann im allgemeinen sagen daß die Araber je länger sie jahrtausende lang in ihren weiten wüsten zurückgezogen lebten, sich desto mehr zu einem kräftig gesunden einfachen und geradsinnigen aber auch abgehärteten einseitigen derben und starren volke ausbildeten: aber zu einer ganz ähn- lichen gestalt wandelte sich endlich auch das Semitische unter ihnen um, längst bevor sie in das hohe getriebe der weltgeschichte eintraten; und alle die tiefeinschneidenden wandelungen welche es unter ihnen noch erfuhr, erklären sich der hauptsache nach aus diesem hier seit jahrtau- senden mächtig gewordenen eigenthümlichen geiste. Man kann dieses 1. am nächsten und deutlichsten an der Arabischen sazbildung be- obachten. Diese ist eben und starr aber auch derbe und in ihrer eben- mäßigen derbheit doch wieder anziehend und schön wie die weite Ara- bische wüste selbst; kaum daß sie dem gewandten dichter einige größere freiheit gestattet. Wie wenig das nun bloß im wesen des Semitischen liege (obgleich nicht zu läugnen ist daß dieses von seinem ursprunge her eine theilweise neigung dazu in sich schließe), kann man am sichtbarsten an der sprache erkennen welche dem Arabischen am nächsten verwandt ist und von welcher es sich (wie man nach dem obigen richtig sagen kann) selbst erst auf einer gewissen stufe losgerissen hat, dem Aethiopischen. Die- ses, obwohl durch die schranke der ächt Semitischen wortkette!) ge- bunden, hat einen sehr freien und mannichfachen sazbau 2), vorzüglich 1) vgl. die vorige Abhandlung s. 58 f. 2) zu dem mannichfachen des sazbaues gehört im Aethiopischen besonders daß es auf eine ganz eigenthüm- EN Y UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 199 aber auch eine fülle von den kleinen wórtchen 1) welche durch ihre schar- fen bedeutungen und ihre vielfach bedingte stellung die wechselbezie- hungen der verschiedenen wörter und säze zu einander wie ebensoviele helle lichtlein erleuchten und den feinsten schmuck aller am hóchsten ausgebildeten sprachen darreichen ?). So treten sich die beiden am nächsten mit einander verwandten großen Semitischen sprachen, das Ara- bische und Aethiopische, nach dieser seite hin im kreise alles Semiti- . schen vielmehr am schärfsten gegenüber, zum klaren beweise dat eben diese unterschiede zu dem gehören was sich in den sprachen am späte- sten ausbildet, da es weniger ihr festes gefüge als vielmehr nur ihre haltung und ihren schmuck betrifft. Vorzüglich ist es nur éin kleines aber dem Arabischen höchst ei- genthümliches wórtchen von welchem wir hier am besten ausgehen. Wir meinen das wörtchen ds welches seiner bedeutung nach noch ammei- sten unserm an die spize eines bezüglichen sazes tretenden und ihn zu- sammenfassenden daß entspricht, in der wirklichkeit aber weder im Se- mitischen noch sonst in irgendeiner andern sprache etwas seines gleichen hat. Auch seinen lauten und seiner ableitung nach steht es im Semi- tischen so gänzlich vereinzelt daß man auch daraus erkennen kann wie weit das Arabische sich von allem übrigen Semitischen entferne und wie gewiß es in ihm ein ganz neues wort sei. Ueberdenken wir jedoch alles worauf hier die aufmerksamkeit zu richten ist, so zweifeln wir nicht daß dies anna sowohl seinen lauten als seiner bedeutung nach aus einem ursprünglichen kanna hervorgegangen ist. Es gibt im Semitischen ein deutewörtchen des mafles Hebräisch 73, Aramäisch noch ursprünglicher liche weise einen verbalsaz so unterordnen kann wie wenn er im Sanskrit durch den Comitativ des Infinitivs untergeordnet wird, so aber dab dennoch das dazu zu den- kende subject in seinem Suffixe ergänzt werden kann. Darin steht das Aethiopi- allein, und findet auflerhalb von ihm nur im Armenischen sche im Semitischen ganz 1) particulae. 2) Das Aethiopische gleicht etwas ihm gleiches. ER darin dem Sanskrit und dem Griechischen: aber nichts würe verkehrter als bei ihm etwa so wie bei dem Syrischen Griechischen einflul) zu wittern. 200 H. EWALD, va lautend !): dieses entspricht unserm so, also, konnte aber wie alle solche wörtchen auch bezüglich angewandt werden und nahm so im Ara- bischen die bedeutung des Griechischen op oder Lateinischen wf an; in- folge dieser verfeinerung der bedeutung und zugleich seines unendlich häufigen gebrauches stumpfte sich dann sein hürterer laut vorne ab und es wurde lautlich zu diesem rein dem Arabischen eigenthümlichen wörtchen ?). Aber seiner bedeutung nach benuzt das Arabische dies wörtchen nun in einer in allem Semitischen ja (wir kónnen wol richtig sagen) in allen sonstigen sprachen durchaus ungewöhnlichen neuen weise. Es faßt mit diesem daß nicht nur den ganzen saz zusammen an dessen spize es tritt um ihn bloß als einen einzelnen begriff andevswohin zu bezie- hen, sondern gibt ihm auch eine so einzige kraft daß es vor allem das Subject selbst dieses bezüglich werdenden sazes sich beständig im Accu- sative unterwirft. Anstatt einfach den ganzen saz mit seinen zwei hälf- ten (grundwort und aussage, oder Subject und Prädicat) gleichmäßig zu- sammenzufassen und so in ruhiger rede beide wie sonst im gleichge- wichte sich unterzuordnen, fordert es vor allem das grundwort hervor und zwingt es sich in engerer verbindung unter (d. i. versezt es in den Accusativ). Es ist alsob dieß dag mit besonderem nachdrucke soviel als ich meine ihn ... seyn solle und es so das grundwort sich unterwürfe 3). 1) nach LB. $. 105b. 2) Entfernt ist ihm also auch jenes oben s. 183 bemerkte `s nahe genug verwandt: aber es läßt sich beweisen daß; es ursprünglich auch im Arabischen noch mit seinem anlautenden k dawar. Wir können nämlich sehr gut das Arabische Së Y aber só verstehen daß es eigentlich nicht daß... be- deutete und das i in ihm nur wie sonst im Arabischen so oft durch das gegenge- wicht des vorigen d aus a verfärbt sei. Dann versteht sich auch am. leichtesten wie es gleich 3 das Subject sich im Accusativ unterwerfe. 3) Etwas ühnliches ist allerdings wol die verbindung des dore in fällen wie dore arròv simetr ifa ut diceret (wie dicerem selbst erst vom infin. sich ableitet). Die ähnlichkeit leuchtet umso mehr ein wenn man bedenkt daß A8 AX; einem audivi eum dicere entspricht und dali im Arabischen dann ebenfalls nur das grundwort des untergeordneten sazes in den Accusativ tritt. Dem reinen begriffe nach könnten auch A und a zugleich 5 "UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 201: NONU em en Ll PN rU x 2 3 Zwar war nun im Semitischen ein gewisser vorgang dazu durch die ganz ähnliche kraft des hinweisenden zën ei längst gegeben !). und ge- wiß wäre das Arabische ohne diesen mächtigen vorgang nie dárauf ge- kommen eine ganz entsprechende kraft dem ähnlich lautenden ursprüng- lich aber sehr verschiedenen A zu ertheilen. Allein das völlig eigen- thümliche ist daß eben nur das Arabische ein wörtchen der art und ei- nen solchen zwang des sazbaues hat. Die folgen davon sind für die sprache sehr gewichtig, und das Arabische wird dadurch mitten im Se- mitischen zu einer ganz besondern sprache?). — Sehr enge mit dieser neuen ächt Arabischen sprachmacht hängt es aber zusammen daß das grundwort des sazes dem zd nicht bloß nothwendig sondern auch stets unmittelbar folgen muß, und dadurch sich etwas bildet was wir zum unterschiede von der ücht Semitischen wortkette am besten eine wort- folge nennen können. Und eine weitere wichtige anwendung dieser ein- mal so festbegründeten neuerung einer wortfolge durch dies wörtchen werden wir bald auf das thatwort sich übertragend wiederfinden. 2. Doch die weitreichendste und folgenwichtigste erneuerung se- hen wir hier bei dem kleinen aber höchst wichtigen sprachtheile sich vollziehen welcher nach Obigem von anfang an im Semitischen die stürk- sten wandelungen erlitt. Wir sahen oben wie das selbstwort dann über- haupt das nennwort in den früheren stufen des Semitischen ausgezeich- net wurde: der gewaltige fortschritt durch welchen das Arabische nun das grundwort und die aussage d.i. den ganzen saz sich im Accusative unterordnen: das Semitische läßt aber in allen solchen fällen die aussage nachher ohne äußere unterordnung loser folgen. 1) nach LB. $. 262 e. 2) Außer dem öl ist es auch (wie wohl zu beachten ist) é allein welches diese kraft hat: denn daß of A auf dasselbe zurückkommt ist schon oben bewiesen; und nicht minder sicher habe ich schon in der Gr. ar. gezeigt daß auch kel nur durch mundartigen lautwechsel aus e # entstanden ist. Nur noch se - weil es soviel bedeutet als cuperem! dieselbe kraft und verbindung im saze wie ue oder vielmehr (weil auch ein blofies grundwort ohne aussage ihm unterworfen "o? kann) wie o Histor.-philol. Classe. XV. Cc 202 H. EWALD, endlich alle Semitische wortbildung nach dieser stufe hin vollendet, ist der daß es diese bezeichnung des nennwortes für den ganz bestimmten begriff des (um so zusagen) nennfalles vereinzelt oder (um mit den bisjezt den Deutschen geläufigeren worten zu reden) dan es das nomen wie es "bisdahin vollkommen ausgebildet ist im saze zu dem werthe des nomi- nativs erhebt. Wir müssen jedoch um dieses sowohl seiner ganzen wich- tigkeit als seiner ausbildung nach richtig zu begreifen, hier etwas weiter zurückgreifen und manches neue was um diesen fortschritt zu vollenden hinzutreten mußte genau erörtern. Darum bemerken wir zuerst daß das Semitische zwar von allem an- fange an eine ganz bestimmte bezeichnung des leid- oder folgefalles (Lat. des Accusativs) hatte, und zwar nach dem hinterbaue des wortes als dem (wie die beiden vorigen Abhandlungen darthun) ältesten und ursprüng- lichsten. Die wortendung welche für diesen begriff diente, lautete auch | hier allen merkmalen zufolge ursprünglich stärker, : wahrscheinlich -Adnna (die richtung des sinnes Am zu der zu treffenden sache angebend oder vielmehr sie her rufend als hieher gehörig): denn von der einen seite hat sich diese endung mit dem hauche aber hinten schon zusammengezogen als -há wirklich im Aethiopischen. noch für gewisse fälle erhalten !); von der andern läßt sich sicher beweisen daß ursprünglich auch ein n zu ihr gehörte; und nicht minder läßt sich beweisen daß sie anfangs auch dem Aramäischen sprachgute angehörte 2). Im Aramäischen ist sie 1) vgl. Dillmann’s Aeth. Gr. $. 143. 2) Fragen wir nämlich woher das n in dem Chaldäischen zap da oder dann und dem weiter zusammengesezten Syrischen on höiden und „So möden komme, so kann es uns nur auf den ural- ten Accusativ eines zusammengesezten fürwortes führen; denn dieses konnte nur 87 und ~x lauten. Dasselbe bestätigt sich durch das der bedeutung nach entsprechende ec welches noch alterthümlich mit T geschrieben werden kann gewöhnlich aber wie der sonstige Accusativ 151 geschrieben wird und erst bezüglich werdend sich zu LA IK wann kürzt. Aber daseslbo -ân hat sich auch noch in dem Aramäischen oZ = ? dort und „ı2 hier erhalten, während das alterthümlich-dichterische ces zeigt daß die endung noch alterthümlicher -at lauten konnte, vgl. LB. s. 555. 873. der lezten ausg. Aber das Arabische hat auch in den nicht als Präpositionen sondern als Con- UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 203 nun zwar beinahe spurlos verschwunden, auch im Hebrüischen nur zer- streut erhalten !): womit zusammenhüngt daß in eben diesen sprachen sehr früh neue bezeichnungen des Accusativs durch vorsazwörtchen sehr herrschend wurden, um den begriff des Accusativs wenigstens in solchen fülen deutlicher zu bezeichnen wo die blofe stellung des wortes im saze nicht schon seinem sinne zu genügen schien?); so stark unterschei- den sich sogar diese sprachen noch von den Romanischen und neuSemi- tischen wo nur der zusammenhang des sazes den sinn eines Accusativs bestimmt. Allein im Arabischen lautet die uralte endung wenigstens noch -an, und sie erhält sich sogar in pausa stärker als alle die ihr ähn- lichsten als -4; aber auch das Aethiopische bezeichnet den Accusativ noch immer wenigstens durch -a. Allein ganz verkehrt wäre es zu meinen der Nominativ als solcher sei im Semitischen ursprünglich durch eine endung bezeichnet. Dies geschieht nicht einmal im Mittellàndischen: vielmehr gilt in diesem das nennwort so wie es aus der vollständigen bildung mit den zeichen der person des geschlechts und der zahl hervorgegangen ist und sich so im saze aufstellt, schon dádurch allein als Nominativ daf es nicht wie die übrigen Casus ein zeichen der abhängigkeit und unterordnung im saze trägt (oder mit andern worten dádurch daß es keinem casus obliquus gleicht); und die hohe vollendung dieses sprachstammes wie er im Alterthume hervortritt , besteht hier nur dárin daß alle die übrigen fälle außer dem Nominative in denen ein nennwort im saze erscheinen kann so bestimmt unterschieden werden). Das Arabische strebte wesentlich nur demsel- junctionen d.i. stärker gebrauchten wörtchen Ze während daB... und Ù nachdem... (w. 9 nahe kommen, wie das Deutsche nach — nah) sogar noch ein -å für das ge- wöhnliche A des Accusativs erhalten: der beweis dafür liegt därin daß man auch oi Léi und Qj us, sagen konnte. 1) LB. 8. 216. 2) LB. 8.277 d.e. 3) die > fälle in welchen auch das Mittelländische schon seit den frühesten zei- ten aus welchen wir einzelne sprachen von ihm kennen Nominativ und Accusativ dennoch nicht äußerlich unterscheidet, übergehen wir hier: sie zeigen nur was wir auch sonst wissen können, daß keine einzelne menschliche sprache nach allen denk- Cc 2 204 H. EWALD, ben ziele zu: und es erreichte dieses nicht wenig schon dádurch daß es die endung des nennwortes welche sich nach s. 169. 178. 182 f. auf den früheren stufen der Semitischen bildung in anderen Semitischen sprachen immer mehr abstumpfte oder ganz verlor, umgekehrt desto stürker und desto mehr klar unterschieden in der aussprache -un festhielt. Aber um dieses ziel vollkommen zu erreichen, bedurfte es noch einer sehr durch-: greifenden grofien neuerung welche die ursprüngliche gestalt des Semiti- schen in einem wesentlichen stücke weiter ünderte. Das ist die wortkette, dieses müchtige und festeste grofe stück al- les urbaues Semitischer sprachen. In ihr wird das erste glied ursprüng- lich durch eine besondere endung unterschieden welche sich aus ihrem ersten längeren laute gewöhnlich zu einem bloßen -i verfeinert hatte B; Ein nennwort dieser art könnte nun zwar noch daneben durch ein äuße- res zeichen als nominativ im saze unterschieden werden: allein dies erste glied der kette forderte bekanntlich vielmehr alle mögliche verkürzung der aussprache, und mufte demnach jene ursprüngliche endung des nenn- wortes vielmehr abwerfen?2). Indem nun das Arabische jenes ? welches als zeichen der wortkette nach dem Semitischen urbaue dem ersten gliede anhaftete vielmehr bis auf das ende des zweiten zurückwarf, bei dem ersten aber ebendamit eine offene stelle zur aufnahme des zeichens des Nominativs oder jedes andern casus schuf, vollendete sich dadurch erst dieser neubau. Das zweite glied der wortkette welches im Semitischen bisdahin als solches gar keine unterscheidung trug; gestaltete sich zu einem falle (casus) um welcher zwar (weil die Semitische wortkette dennoch nicht aufgehoben werden konnte) mit einem uns aus anderen sprachstäm- baren seiten hin äußerlieh vollendet ist, daß also der geist doch immer mächtiger bleiben muß als alle seine äußere Se 1) Wenn dafür im Aethio- pischen ein -“ erscheint, so ist zu bedenken daf sowohl dieses als jenes aus einem ursprünglichen ae sich verflüchtigte, LB. 8. 211 a. 2) Wenn im Aethiopi- schen das erste glied der kette auch da wo es im saze als accusativ steht bloß 4 zeigt, so ist das só zu fassen dass alsdann die nähere bezeichnung des accusativ welche auchsonst im Aethiopischen an den entfernteren enden mangelhafter wird ganz aufhört: das a bleibt das von der wortkette. | UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 205 men bekannten genetiv der freien stellung im saze nach auch nicht die geringste ähnlichkeit hat, aber doch der bedeutung nach so genannt wer- den kann; und indem jedes nennwort in einem der drei so im Arabi- schen müglich gewordenen Casus eine ganz verschiedene endung trügt, tritt auch der Nominativ je an seiner stelle im saze vollkommen im laute unterschieden hervor. Hiermit hängt indessen noch etwas anderes zusammen, wodurch das Arabische diese neubildung erst ganz abschließt. Da die wortkette troz ihrer gewaltigen umbildung auf diese art dennoch im Arabischen wesentlich bleibt: so muß sie hier auch dás merkmahl beibehalten daß das erste glied, verliert es wie meist im Hebräischen und Aramäischen aus anderen gründen jenes zeichen der verbindung (ae, i, a), sich durch kürzere aussprache desto bemerkbarer mache. Da es sich nun nach s.169 und 202 só trifft daß sowohl die alte endung des accusativs als auch die des nennwortes selbst mit einem -n schloß, so behält das Ara- bische bei der erneuerung dieses ganzen gebietes wie mit neuem eifer ein -n hinter dem kurzen vocale der drei Casus desto zäher fest um durch sein auslassen in dem ersten gliede der wortkette eben dieses hin- reichend zu unterscheiden. Freilich bleibt dieses -n immer ein sehr wandelbarer und flüchtiger endlaut: es verwehet auch wenn das nenn- wort nach s.182 den Artikel vorne annimmt. Desto mehr aber dient es im Arabischen den begriff der vereinzelung bei einem nennworte im saze hervorzuheben: und auch durch diese neubildung unterscheidet sich das Arabische scharf von allen übrigen Semitischen sprachen. Es ist als hätte sich der ursprüngliche sinn der endung eines-selbstwortes s. 169 ff. in folge dieser langen stufenweisen umwandlung des Semitischen in sein gegentheil umgekehrt (vgl. ähnliches oben s. 194). Aber die großartige gleichmägigkeit und einfachheit ist auch hier das eigenthümlich Arabische. 3. Eine lezte folge aus beiden zuvor erläuterten neuen sprachmäch- ten des Arabischen ist die dal! es jenem di auch unmittelbar die UZ. unterwerfen kann, um damit in aller kurzen ‚schärfe die beabsichtigte that einem andern gedanken unterzuordnen: duis cl daß er sage. Dann verkürzt 9206 | H. EWALD, sich das anna zu dem nackten dn. weiles wie ein untheilbares stückchen des thatwortes wird, das thatwort aber im Semitischen sich durch rasche aussprache vom nennworte unterscheidet !); die UZ. aber unterwirft sich ` ihm in einer Accusativbildung, weil der Accusativ ja auch das ziel der handlung bezeichnet. Auch diese neubildung hat das Arabische allein 2). | Wenn aber das -an oder -un womit die UT. im unterschiede von dem -a am ende der VZ. ursprünglich schloß 5) im Arabischen in -u sich er- halten hat, so hat das mit jenem -u des Nominativs keineswegs einen gleichen ursprung; und wenn die alten sprachlehrer der Araber dieses den nominativ der UZ. nannten, so liegt die ähnlichkeit dabei nur därin daß die UZ. in dieser gestalt allerdings immer ähnlich wie beim nenn- worte der nominativ im saze von jedem andern worte oder wörtchen un- abhängig steht ^). Nun ist zwar nicht zu läugnen daB das Arabische durch diese ge- sammte neubildung die erheblichsten vorzüge gewinnt. Es gewinnt da- durch eine einfachheit und gleichmäßigkeit aber auch eine schärfe und kurze bestimmtheit der rede wie sie wenigen sprachen eigen ist. Allein ebenso sicher leuchtet ein daß wir hier überall nur neuerungen vor uns haben welche das Semitische in dieser seiner jüngsten gewaltigen um- wandlung erlitt. Und doch haben wir damit nur in einigen zusammen- 1) nach LB. $. 1195. 145. 2) das Aethiopische scheint in der engen verbindung seines ICP mit dem voluntativ welche. denselben sinn gibt, noch am- meisten etwas ähnliches zu haben. Sein so unendlich häufiges wörtchen OCH entspricht allerdings sowohl dem ursprunge als der bedeutung nach noch ammeisten dem oben s. 199 f. erläuterten ET so verschieden auch dem ersten gefühle nach die laute klingen: allein der große unterschied ist daß das Aethiopische welches docli nach s.203 a als zeichen des Accusativs besizt, nie einen solchen neuen modus ge- bildet hat, sondern sich nach der Hebräischen weise hier mit dem voluntativ be- gnügt (LB. $. 337 5.). 3) nach LB. $. 137 5. 4) Nachdem jezt klar geworden daß ein schließendes -& ursprünglich die VZ. unterschied, ist auch umso deutlicher geworden daß das -en oder -un welches die UZ. schloß nur eins seiner zwei zeichen seyn konnte und ihm von anfang an zukam; ähnlich wie um Mittelländischen zur bildung einer bestimmten zeit des thatworts z. b. SégAgxe zweier- lei zeichen zusammentreffen kónnen. | UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 207 hangenderen und größeren hauptzügen die so denkwürdige neubildung beschrieben welche diese wahrhaft jüngste unter den grofen alten Semi- tischen sprachen erfahren hat. Noch weiter bis in die einzelnsten theile der wortbildung erstreckt sich diese neubildung; sodaß man, da das Ara- bische in dér gestalt in welcher es für uns in die geschichte eintritt auch vielerlei stücke ültester bildung erhalten hat, in ihm sehr deutlich die zwei schichten unterscheiden kann aus welchen es sich aufgebauet hat. Doch fehlt uns dies nüher nachzuweisen hier der raum: und vieles was hieher zu ziehen wäre, habe ich theils schon 1830 in der Gr. ar. theils in den späteren ausgaben der Hebr. SL. erläutert. ` Der geschichtliche beweis. Wir haben nun die fünf stufen auf welchen eine der groten Semi- i tischen sprachen nach der andern sich ausbildete, rein aus sprachlicher untersuchung und erkenntniß selbst nachgewiesen. Und kämen uns auch garkeine geschichtliche zeugnisse von außen her zur hand um die so ge- | . fundenen ergebnisse weiter zu unterstüzen, so würden doch die hier aus dem großen weiten stoffe selbst gegebenen inneren beweise für die so gefundene gewißheit hinreichen. Allein inderthat kommen uns beim freie- ren umblicke genug viele und gewichtige zeugnisse von außen entgegen um uns auch auf diesem wege zu versichern daß wir nicht irrbildern nachgingen. Zwar muß man sich bescheiden hier nicht aus bloßen geschichtsbüchern und ähnlichen urkunden eine zahlreiche menge von einfachen zeugnissen für diese ganze sprachliche entwickelung vorführen zu können. Was wir aus schriften über die ältesten geschichten der Semitischen völker heute lernen können, ist zwar viel umfassender und zuverlässiger als alles was wir zb. aus Griechischen urkunden über die älteste geschichte der Griechen wis- sen können. Allein es handelt sich ja hier von den ursprüngen und ältesten geschichten der Semitischen sprachen selbst, und damit von din- gen welche weit über alle die bekanntere geschichte der zeiten und völ- ker hinaus liegen. Wir müssen bei den ersten jener fünf stufen in ent- 208 "7 ) H EWALD, fernte jahrtausende zurückgehen aus welchen uns heute hier gar keine dort höchstens ganz kurze und zerstreute schriftliche zeugnisse erhalten sind. Und fallen die lezten dieser fünf stufen in geschichtliche räume welche der heute bekannteren geschichte allerdings näher liegen, so müs- sen wir bedenken theils daf jene räume und gegenden uns doch heute viel entfernter liegen als zb. díe auf welchen die Romanischen sprachen aus dem Lateinischen sich herausbildeten, theils daß die umbildung von ülteren sprachen zu neuen sich zwar nur unter gewaltigeren aufrüttelun- ` gen und umgestaltungen der vólker selbst vollzieht, aber eben wie jede neue schöpfung sich unwillkürlich und lange vor den augen der großen welt ganz unvermerkt in ihnen vollzieht, bis eine so umgewandelte sprache vielleicht durch eine neue noch gewaltigere erhebung ihres vol- kes in das helle licht der geschichte eintritt. Dennoch fehlt es uns keineswegs an den hier gesuchten äußeren zeugnissen völlig. Das bloße geschichtliche daseyn einer dieser alten oder ültesten sprachen in einer bestimmten zeit ebenso wie ihre heimath und ihre wanderung und ausbreitung kónnen uns schon solche zeugnisse rei- chen. Noch mehr aber die art wie sie uns im langen laufe der jahrhun- derte entgegentritt. Erscheint uns nämlich eine sprache eine lange reihe von jahrhunderten oder gar jahrtausenden hindurch im wesentlichen un- veründerlich feststehend, so können wir daraus mit recht schließen daß es einmahl ein volk gegeben haben muf in welchem sie sich zuerst so völlig eigenthümlich und so wie durch alle wechsel und stürme der fol- genden zeiten unzerstörbar ausgebildet hatte; und dieses volk wird im- mer ein auch durch eine allseitigere hóhere geistesbildung ausgezeichne- tes, namentlich aber in schrift und buch geschicktes gewesen seyn; denn nichts trügt alsdann für unabsehbar lange zeiten zur festeren erhaltung einer solchen sprache só stark bei als das in einer blüthezeit des volkes mit ihr gegründete schriftthum. Nun aber fehlt es in dem weiten um- - kreise in welchem wir uns hier bewegen an solchen schon ganz wie un- wandelbar und unausrottbar gewordenen sprachen nicht, wie wir bald sehen werden: aus ihrer erscheinung sind also hier wichtige schlüsse ZU Ziehen. — Nehmen wir sodann die zerstreuteren geschichtlichen zeug” i i = UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 209 nisse hinzu welche sich noch finden lassen, so kann hier auch auf dem wege äußerer zeugnisse eine zusammenhangende und beinahe schon heute lückenlose vorstellung über diese große sprachengeschichte gegründet werden welche jener auf rein sprachliche beweise aufgebauten zur will- kommensten stüze zu dienen sehr wohl geeignet ist. 1. Wenn wir oben die Aramäische bildung des Semitischen auf die erste und älteste stufe erhuben, so stimmt das auch mit allen ge- schichtlichen merkmalen vollkommen überein welche wir heute noch ent- decken können. Vor allem kommt uns hier die geschichtliche erschei- nung des Aramäischen selbst entgegen, wenn wir sie im ganzen und groten richtig erkennen. Wir kennen es in zuverlässigen schriftlichen urkunden nach s. 173 f. aus dem zweiten jahrtausende vor Chr.; wir be- sizen längere und kürzere schriftstücke von ihm seit dem siebenten jahrh. vor Chr. in größerer zahl und in verschiedenen mundarten, und wir fin- den es in den mannichfachsten und reichsten schriftthümern bis in den ausgang unsres Mittelalters fortlebend. Es hat eine solche lebenskraft daß es sich obwohl sein volk als ein herrschendes der erde früh unter- ging, unter der gewalt der allerverschiedensten vólker und religionen dennoch jahrtausende lang unvertilgbar erhielt, und endlich erst in un- sern neuesten zeiten unter dem alles aufreibenden hochdrucke des Is- làm's erlag um heute nur noch in zerstreuten unter diesem erstickend finstern drucke vóllig umgebildeten bäurischen mundarten fortzuleben. Aber in den jahrtausenden in welchen wir es in schriftlichen urkunden verfolgen können, bleibt es in allen wesentlichen zügen ganz dieselbe sprache. Und doch haben wir keine ursache zu meinen es müsse erst im zweiten jahrtausende vor Chr. sich ausgebildet haben, aus welchem wir nur zufällig die ersten schriftlich verzeichneten worte von ihm heute besizen. Auch das reich des Ninus und der Semiramis wird diese sprache nicht geschaffen haben!) welche in einer schriftlichen urkunde des zwei- TET ia l) um so weniger da der alte geschichtschreiber Gen. 10. 22 ja selbst die As- syrier von den Aramäern streng scheidet, was als gerade von diesem geschichtschrei- ber lange vor dem emporkommen der neuAssyrischen macht im Sten ME gui de? niedergeschrieben von groíler bedeutung ist. Wenn dennoch sodann im Sten Han Histor.-philol. Classe. XV. Dd 210 . H. EWALD, ten jahrtausends vor Chr. schon als in der damaligen urzeit gebrüuch- lich gewesen vorausgesezt wird. Nur in einer noch früheren zeit die wir jezt nach genaueren geschichtlichen anhalten garnicht näher be- stimmen können, muß es in einem mächtigen und schriftgewandten volke seine wahre blüthe erlebt und die feste ausbildung erlangt haben in wel- cher es dann eine so ungemein lange reihe von jahrtausenden hindurch sich wie mit unverwüstlicher dauer und unveränderlichkeit erhalten hat. Vergleichen wir nun die älteste rein geschichtliche nachricht damit welche uns heute zu gebote steht, so finden wir darin nur eine bestä- tigung dieses unvergleichlich hohen alters des Aramäischen. Denn wenn die heute gewöhnlich sogenannte Völkertafel der Genesis!) den Arám zu den unmittelbaren sóhnen des urvaters aller Semiten Sém zählt, so ist das ja nur ein bekannter ausdruck der um jene zeit wo diese ur- kunde niedergeschrieben wurde längst allgemein feststehenden ansicht dai die Aramäer schon damals für eins der ältesten Semitischen völker gehalten wurden: diese urkunde ist aus dem elften jahrhunderte vor Christus?), gibt aber wo sie die völker der damaligen welt in reihe und glied stellt nur geschichtliche wahrheiten wieder welche damals seit lan- gen zeiten so fest standen als irgendeine geschichtliche erinnerung. Es kommt hinzu dag gerade diese urkunde dem verfasser des B. der Ur- sprünge und damit einem Hebräischen geschichtschreiber entstammt wel- cher in der ammeisten von hellem geschichtlichen sinne erfüllten zeit des volkes Israel schrieb und der überall die reichste und nüchternste kenntniß aller volksthümlichen verhältnisse der damaligen welt offen- bart?. Stellt nun dieser völkerbeschreiber den Arám unter den fünf söhnen Sém's als den lezten auf, so soll damit nichteinmal ein verhält- nibmábig jüngeres alter von ihm bezeichnet werden: denn die reihe die- ser fünf namen hat näher betrachtet nur den sinn daß damit zugleich nach B. Jes. 36, 11. 2Kön. 18, 26 das Aramäische die Assyrische reichssprache ge nannt wird, so sehen wir auch daraus nur daß das Aramäische als die uralte ge bildete sprache jener lünder zulezt auch das Assyrische überflügelte. Es blieb dann auch unter der Persischen herrschaft reichssprache in seinem ganzen alten gebiete. 1) Gen. 10, 22 f. 2) vgl. die Geschichte des volkes Israel 1. s. 111 f TONERS a E Su D ie a et NOR P L^ | 3 SA dëst e "UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 211 die örtliche lage dieser fünf alten Semitischen völker von südost bis nordwest beschrieben werden soll; die ursize der Aramäer lagen auch nach anderen alten erinnerungen im hóheren norden, und erst vonda: verbreiteten sie sich weiter nach süden!) ^ Ueberhaupt aber ist des be- sten Hebrüischen geschichtschreibers zeugniß über der Aramäer hohes alter umso zuverlüssiger je offener er selbst die entstehung des volkes der Hebrüer in eine spätere zeit stellt, wie dies bald weiter zu berück- sichtigen seyn wird. | 2. Können wir auf jener ersten stufe die uralte bedeutung der Aramäer und ihrer sprache nach geschichtlichen zeugnissen noch hinrei- chend nachweisen, so wird dies uns auf der zweiten bei derjenigen Se- mitischen sprachbildung umso schwerer welche wir als die altAethiopi- sche bezeichneten, weil wir für jezt keinen treffenderen namen für sie auffinden konnten. Und inderthat müssen wir gestehen daß heute hier eine lücke klafft welche nur schwer und nicht mit der wünschenswer- then sicherheit ausgefüllt werden kann. Der erfolg wird jedoch zeigen dan dies auch die einzige lücke ist, welche uns heute durch rein ge- ‚schichtliche zeugnisse auszufüllen schwer fällt. Und zu auffallend kann dieses nicht seyn. Wir wissen bisjezt von den geschichten der ältesten Semitischen völker viel zu wenig als daß wir jede lücke im zusammen- hange unserer erkenntnisse sofort mit aller sicherheit ausfüllen könnten. Bedenken wir nur das éine daß unter den oben erwähnten fünf söhnen Sem’s d.i. den ältesten Semitischen völkern welche man zu jenes alten geschichtschreibers zeit kannte, drei uns heute äußerst wenig bekannte sind, die “Alamäer, die hier so genannten Lydier und das volk Arphak- sad: wir können diese wol ihren einstigen wohnsizen nach nachweisen, aber von ihren sprachen und schriftthümern uns nach alten urkunden (bis die “Aelamäischen keilschriften entziffert werden) noch kein klares bild entwerfen, es wäre denn daß wir was Arphaksad betrifft von wel- een En MN 3) Dieses vorrücken Aramäischer völker nach süden wird Gen. 10, 23. "Amos 9, 7 aber auch sonst in alten erzählungen beschrieben, vgl. die Geschichte des v. Isr. I s. 490—551. II s. 497. 449 f. Dd 2 219 EE H. EWALD, chem die Hebräer sich ableiteten einen rückschluß aus der Hebräischen sprache auf die jenes urvolkes uns gestatteten. Und doch muß jedes dieser drei vólker einst seine besondere Semitische sprache und gewiß auch sein eigenthümliches schriftthum gehabt haben. Dennoch brauchen wir hinsichtlich dessen was wir oben aus rein sprachlichen gründen von einer altAethiopischen bildung des Semitischen erschlossen, geschichtlich nicht völlig rathlos zu bleiben. Wenn die Aramäer unter allen Semiten ursprünglich ammeisten gegen nordwesten wohnten und dort ihre sprache durch eine frühe höhere ausbildung die- ses volkes ihr festes gefüge erlangte, so ist ebenso gewiß daß weiter süd- lich und östlich von ihnen einst ein anderes Semitisches volk weit und breit mächtig geherrscht und selbst auch eine eigenthümliche hohe bil- dung erreicht haben muß. ` Dan wir heute von den schriften dieses vol- kes nichts mehr besizen kann nicht auffallen: nur besonders günstige umstände haben uns vom Aramäischen einige sehr alte schriftliche über- bleibsel erhalten. - Allein daß ein solches vom Aramäischen ganz ver- schiedenes Semitisches reich und volk in jenen weiten gefilden einst mäch- tig waltete und daß die Semiten erst von ihm aus weiter nach dem sü- den vorrückten, könnten sogar die neun Arabischen könige bezeugen welche nach der alten Babylonischen erinnerung vor Semiramis herrsch- ten !), und ergibt sich aus einer menge von spuren. Nachdem dies alte reich zerfallen war, scheinen sich trümmer von ihm noch am längsten östlich am Persischen meerbusen und westlich am Mittelmeere erhalten zu haben; und wir verstehen es wenn die Späteren diese auch wol zu den Aethiopen rechneten 2). Phöniken, Hebräer, und alle diesen ver- wandte völker sind erst wie aus der auflösung dieses alten volkes und reiches hervorgegangen; und die Phöniken (Kanaanäer) erinnerten sich später noch immer daß sie vom Persischen meerbusen her eingewandert seien 3. Aber auch die Aramäer überwältigten erst später nach süden Se eL QUU a lj nach Bérósos und Eusebios chrom. I p. 40 Auch. 2) vgl. die Geschichte des v, Israel M s. 130 f. 464 ff. 3) vgl. ebenda L s. 343 f. 3 . UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 213 und osten vordringend viele gebiete dieses alten reiches!). — Sollte sich aber das oben s. 179 f. kurz hingeworfene bewähren daß das Asyrische nur eine besondere hälfte des auf dieser stufe stehenden Semitischen wäre, so würden wir auch rein geschichtlich noch einen stärkeren anhalt hier empfangen. Allein wir können endlich dasselbe noch von einer andern seite aus beweisen. Ueberblickt man alle die verschiedensten Semitischen spra- chen, so steht fest daß sie sämmtlich zulezt auf zwei grundzweige zu- rückgehen, welche man den nördlichen und den südlichen nennen kann ?), Eine ursprüngliche dreitheilung hier anzunehmen wäre nach unseren heu- tigen erkenntnissen grundlos: nur in zwei groüe hälften geht ursprüng- lich alles Semitische auseinander. Nun aber ist das Nordsemitische völ- lig mit dem Aramäischen einerlei: zerfällt also das Südsemitische schon seit den für uns ältesten geschichtlichen zeiten in sehr verschiedene spra- chen, so folgt daraus sicher daß es doch einst eine einheit gehabt ha- ben muß. Und diese war gerade däs alte volk und reich von welchem eben zuvor die rede war, und die alte sprache welche wir oben als auf der zweiten stufe aller entwickelung des Semitischen sprachstammes ste- hend fanden, heute aber allerdings nur noch in den vielerlei älteren und späteren sprachen wiederfinden welche sich im verlaufe der folgen- den langen zeiträume aus ihr entwickelten. 3. Treten wir dagegen auf die dritte der oben unterschiedenen stu- fen, so gelangen wir auf ihr zum ersten male näher in uns auch sonst schon bekanntere gebiete der ältesten geschichte. Als sich das Semiti- sche in der zulezt bemerkten gestalt bis auf eine gewisse zeit bestimm- ter ausgebildet hatte, riß sich von ihm das Phönikische, dann örtlich von einer ander gegend her das Hebräische los, und beide unter sich näher verwandte aber nicht völlig gleiche sprachen erlangten dann jede durch ein früh sich höchst eigenthümlich gestaltendes reiches schrift- 1) man vgi. hier wiederholt das schon oben s. 210 f. bemerkte. e 2) LB. §. 1a, wo ausdrücklich gezeigt ist daß das Hebrüische Phönikische u.s.w. ursprünglich sich zur südlichen hälfte halte. ur H EWALD, thum die lange dauer welche wir bei ihnen umso hóher zu bewundern D. haben da keine von beiden eigentlich ein so sehr zahlreiches volk hatte ` und sich mit dem über die weitesten strecken ausgebreiteten Aramäischen nicht entfernt vergleichen konnte. Vom Hebräischen sehen wir deutlich genug wie seine blüthe und seine sich dann immer eigenthümlicher aus- gestaltenden vorzüge erst seit Mose begannen: viel früher hatte, wie wir noch hinreichend beweisen können !, das Phönikische schon ein man- niehfaltiges ausgezeichnetes schriftthum sich erworben, und bewahrte dessen eigenthümlichkeit sogar in gewissen zierlichen gewohnheiten der buchstabenschrift bis in seine spätesten zeiten sehr treu. Freilich kön- nen wir die wahren anfangszeiten die blüthe und den ursprung des Phö- nikischen schriftthumes heute nicht so verfolgen wie die des Hebräischen: aber daß es schon in weit älteren zeiten als dieses blühete ist aus den sichersten merkmalen zu schließen, und die erst durch die Römer zer- störten mannichfachen schriftdenkmäler der Karthager bezeugen noch bis in späte zeiten herab welche alte lust an schriftthum und wissenschaft bei diesem volke einheimisch war. Indessen besizen wir auch ein sehr altes geschichtliches zeugnif) von dem verhältnigmägig spütern zeitalter Hebrüischer bildung. Derselbe geschichtschreiber dessen aussagen über die urzeiten der Aramüer wir oben s. 210 in erwägung zogen, sezt den ursprung der Hebräer in eine bedeutend spätere frist?2): was umso mehr als ein zuverlässiges zeugnió gelten kann da er selbst ein Hebrüer war und nicht die unehre seines eignen volkes gesucht haben wird. Da nun das volk Israel selbst wie- der nur ein späteres bruchstück von dem einst viel weiter ausgebreite- ten der Hebräer ist, so kann man daran schüzen bis in welches alter- 1) Man vgl. die 1851 erschienene abhandlung über die Phönikischen ansich- ten von der Weltschöpfung und den geschichtlichen werth Sanchuniathon's und was im ersten bande der Geschichte des volkes Israel an meheren stellen über die ab- kunft der uralten erzühlung Gen. c. 14 auseinandergesezt ist, wobei ich nur kurz kemerke daß die wiederholten versuche meines schülers Theodor Nöldeke dieser ef- zählung ihren geschichtlichen werth zu nehmen keinen grund haben. 2) Gen. 10, 24 f. vgl. mit v. 21.—23. übrigen Semiten war. . UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 215 thum die abzweigung des Hebrüischen als sprache von allem übrigen . Semitischen zurückgeht. Zugleich ist aber hier so lehrreich daß dieser geschichtschreiber ebenso wie alle die übrigen erinnerungen des A.Ts die Hebrüer und in anderer weise auch die Phöniken keineswegs von den Aramäern ableitet, sondern sie in ganz andere völkerzusammenhänge einreihet. 4. Sezen nun alle erinnerungen die ausbreitung der Semiten über ganz Arabien und einen großen theil Afrika's wieder in verhältnimänig spätere zeiten !), bringen aber diese nun erst im bleibenden sinne so zu . nennenden Südsemiten ebenso sicher mit den Hebräern in dem uralten weiteren sinne welchen dieser name hat in eine engere verbindung?): 1) Nach diesen alten erinnerungen kann man aus mehr geschichtlicher zeit drei große wanderzüge dieser Semiten unterscheiden, und aus jeder ging dann sicht- bar eine besondere volksthümliche bildung hervor: 1) die älteste die von Jogfan in Südarabien, welche Gen. 10, 25—30 als die ursprünglichste hingestellt aber doch in ` spätere zeiten als die ursprünge der Hebräer versezt wird; — 2) die mannichfachen wanderungen welche sich um Abraham’s namen wieder in zwei verschiedene grup- pen stellen, die Ismael’s im mittlern und die im nördlichsten Arabien Gen. 25, 12—18 und 25, 1—6; und wirklich wissen wir jezt daß drei sehr verschiedene Arabische grundsprachen und völker einst die weiten Arabischen flächen bedeckten. Aber von allen diesen wird offenbar — 3) ‘Amos 9, 7 noch unterschieden die der söhne der Kushäer, welche uns schon diesem namen nach der etwa die Neu-Kushäer bedeu- tet ganz andere Afrikaner zu seyn scheinen als die Gen. 10, 6 f. und sonst einfach Küsh genannt werden. Wir halten sie für die aus Südarabien vielleicht erst etwa ein jahrhundert vor ‘Amos nach Afrika hinübergegangene Südaraber, welche sich aber in Afrika mit den nach Gen. 10, 6 f. dort schon weit früher angesiedelten Semiten 'vermischten. 2) Gen. 10, 298 30. 25, 1—18. Nur die am frühesten bis nach Afrika verschlagenen Semiten welche Gen. 10, 7 mit dem ächt Aethiopischen namen ae die menschen heißen, werden troz ihrer offenbaren verwandtschaft mit den nur mundartig geschiedenen mau Gen. 10, 27 ebenso wie die Kanaanáer von Cham abgeleitet: was nur auf eine noch viel frühere trennung hinweist als die der Daß die älteren einwanderer in zwischenräumen immer weiter nach Süden bis in die kühlen Aethiopischen gebirge hingedrängt wurden, ist leicht verständlich: aber nach alle dem ist auch keine ansicht irrthümlicher als die die Semiten (oder insbesondere das volk Israel) seien umgekehrt aus Afrika nach Asien 216 H EWALD, : so stimmt ja beides auf das vollkommenste mit der entwickelung des > Semitischen sprachstammes überein welche wir oben auf der vierten stufe als die Südsemitische bildung bezeichneten. Auch unter diesen Semi- ten mufi sich früh eine eigenthümliche geistesbildung und ein schrift- thum erhoben haben dessen nachwirkungen in der festen gestaltung und langen dauer sowohl des Himjarischen in Südarabien als des gewöhnlich so genannten Aethiopischen sichtbar sind. Wir kennen jezt nur das Aethiopische aus einer reichen fülle von büchern, das altHimjarische nur aus ẹinzelnen inschriften: aber wie höchst eigenthümlich und doch noch von einem vollkommen reinen Semitischen sprachgeiste belebt steht das Aethiopische wie wir es seit dem vierten und fünften jahrhundert nach Chr. aus büchern kennen, mitten in Afrika vor unsern augen! 5. Vom Arabischen finden wir heute die erste spur in einem buche aus dem ende des zweiten jahrtausends vor Chr.!), woraus wir wenigstens soviel sehen daß es damals in einigen seiner noch heute fortdauernden eigen- thümlichkeiten längst bestand. Allein daß es damals schon mit den ganz besonderen eigenschaften bestanden habe welche wir oben beschrieben, folgt daraus bei weitem nicht. Vielmehr ist die sprache welche wir heute als die Arabische kennen, erst seit Muhammed's zeit zu einem großen schriftthume geworden und hat erst durch ihn ihre unsterbliche dauer in der geschichte der menschheit gefunden, freilich nur ähnlich wie das Lateinische durch die weltsiege der Römer. Zwar ist es ein vielverbrei- teter irrthum wenn man früher unter uns meinte das Arabische sei über- haupt erst durch Muhammed zu einer schriftsprache geworden 2): allein ohne die wunderbaren nachwirkungen der paar jahrzehende des óffent- immer weiter nordwürts vorgedrungen, wie diese meinung sowohl im Alterthume als in neueren zeiten bisweilen aufgestellt wurde. 1) dem oben oft erwühnten B. der Ursprünge, Gen. 10, 26 vgl. LB. 8. 181 a. . Der name eines landes (und Volkes) an zeigt uns 1) den ächt Arabischen artikel al. ..; 2) ein altes passives particip von dem ächt Südsemitischen zielstamme; der landesname konnte bedeuten Langgestreckt. 2) der irrthum läßt sich sogar aus den dichtern vor Mu- hammed’s zeit und aus dem Qoräne selbst widerlegen. Ein neugefundenes stück äl- * terer schrift habe ich nachgewiesen in den Gött. Gel. Anz. 1869 s. 1494. E: > en > ze ER. = Yd) T UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 217 lichen lebens Muhammed's würden wir von allem was die Araber früher schrieben kaum etwas wissen; und abgesehen von ein paar inschriften ist es doch nur der reiche strom von liedern welcher sich aus der zeit vor Muhammed erhalten hat und worin das Arabische bereits ganz ebenso erscheint wie wir es im Qoráne finden und wie wir es seinen reinsten eigenthümlichkeiten nach oben beschrieben. Diese lieder aber in so rei- cher fülle sie sich seitdem in dem plözlich hochausgebildeten Arabischen schriftthume erhielten,, gehen doch nur in die lezten jahrhunderte vor Muhammed zurück, und wohl keine einzige zeile aus ihnen reieht bis ` in die vorchristlichen zeiten hinauf. Nun ist aber von einer andern seite her unverkennbar daß Muhammed's auftreten und wirken selbst nur der lezte und gewaltigste schwung einer lange fortgesezten grofien geistigen bewegung war welche sich von der übrigen welt bis zum schlusse vól- lig unbeachtet in jenen weiten wüsten vollzog!) Ungeheure innere um- wülzungen und zerstórungen, dann noch gewaltigere erhebungen des ücht Arabischen geistes aus seinen tiefsten inneren gefühlen und äuße- ren bestrebungen heraus, und nicht wenig eine alles dies begleitende und ermunternde ganz neue macht der rede und der dichtung schufen gewiß eine ältere Arabische sprache zu dieser neuen krüftig frischen ge- stalt um welche sich endlich zuerst durch den Qorán für alle zukunft verewigte: und ein volk wie damals das Arabische, seit langen jahrhun- derten in die wüsten gedrüngt und so günzlich von aller übrigen welt immer mehr geschieden, aber selbstündig tapfer und stolz bleibend und zu neuer gesunder kraft beharrlich aufstrebend, konnte eben díe geeig- nete stätte werden wo sich im zerfalle des Alten eine menschliche sprache noch einmal in glücklichster unbewußtheit aus ihren urkrüften heraus erneuerte und die lezte vollendung erreichte welche ihr auf den gege- 1) Es war früher ein plan von mir eine solche geschichte der so hóchst ei- genthümlichen und mitten in die uns bekanntere geschichte hinein fallenden geistigen erhebung der Araber zu entwerfen und sie mit Muhammed’s leben zu schließen: man würde sicher viel daraus lernen können. Ausgeführt ist eine solche geschichte, ge- stüzt auf die richtige und vollständige benuzung aller ihrer hülfsmittel, auch jezt noch nicht. Histor.-philol. Classe. XV. Ee 218 H. EWALD, benen grundlagen noch möglich war. Den zeitraum in welchem sich dies vollzog, kónnen wir heute nicht nüher bestimmen als er sich aus allem oben erläuterten ergibt: aber man merkt leicht den großen unter- schied welcher zwischen dieser lezten "wiederholung einer schöpferischen sprachthütigkeit und der entstehung der Romanischen oder der heutigen Neusemitischen sprachen obwaltet. So wird es denn sicher bei dér geschichtlichen wahrheit bleiben daß das Arabische wie es uns jezt erscheint gerade in den hervorstechend- sten eigenthümlichkeiten seines baues die jüngste der alten Semitischen sprachen ist. Die wichtigen folgerungen welche sich daraus ziehen las- sen, sind nach allen seiten hin lehrreich, aber nun auch so leicht zu ziehen daß wir hier dabei nicht verweilen mögen.‘ Nur eins heben wir zum schlusse noch besonders hervor. Man meinte vor einem halben jahrhunderte eine große wahrheit mit dem saze entdeckt zu haben daß menschliche sprache nur immer mehr abgerieben abgenuzt und verschlechtert werden könne, daß ihre höchste vollendung und schönheit nur in einer urzeit zu suchen sei deren gänz- lich übergeschichtlichen anfang wir nirgends mehr auffinden könnten. Man suchte dann in irgendeinem kreise von sprachen eine unter allen den übrigen heraus welche als die älteste diesem urbilde allein am treue- sten geblieben sei, wie beispielsweise das Sanskrit oder das Arabische. Nun ist zwar gewiß daf eine einmal gebrauchte sprache durch den un- endlichen gebrauch selbst in ihren lauten immer mehr abgerieben und insofern verschlechtert werden kann: allein auf die laute allein kommt es in den sprachen nicht an; und auch da zeigt zb. das Italienische verglichen mit den übrigen Romanischen sprachen daß sich sogar bei ihm manches neue frisch gestalten kann was keineswegs so übel klingt. Allein immer regt sich auch außer den lauten der ununterdrückbare sprachtrieb um den gedanken noch deutlicher und bestimmter auszu- drücken; schon das überall herrschende nächste streben so kurz als möglich zu reden ruft dieses gegenstreben hervor; dieses regt sich am | freiesten wo noch keine übermächtig gewordene stehende schriftsprache ihm entgegentritt; und da die sprache wesentlich auch auf nachah- UEBER DIE GESCHICHTLICHE FOLGE DER SEMITISCHEN SPRACHEN. 219 einmal ernst zu machen und sie durch alles zu erweisen. - Schrader in Gießen ihm jezt gewidmet hat. mung beruhet, so kann in der rede der vorgang éines mächtig anziehen- ^. den dichters oder sonstigen mannes oder ortes der neuerung leicht wei- tere verbreitung verschaffen, zerstreut zuerst und unvermerkt, bis eine gewaltigere bewegung solche neuerungen plözlich schärfer zusammen- fassen und in weiten kreisen herrschend machen kann. Wäre dagegen nichts als ein fortwährendes verderben hier möglich, so wäre ja der un- tergang aller menschlichen sprache zu fürchten: aber schon in einer ein- mal gegebenen sprache wirkt jeder bessere redner und dichter diesem verderben entgegen. Noch weniger erklärt sich durch jene ansicht die mannichfaltigkeit und die entstehung der verschiedenen sprachen selbst wie sie wirklich sind und wie wir ihren groen zusammenhang und ihre wechselseitigen verhältnisse näher verfolgen können. Man wird also künftig so irreführende ansichten verlassen und der bessern wahr- heit auch hier die ehre geben. Bedürfte es jedoch noch eines weiteren beweises für die richtigkeit der hier gegebenen geschichtlichen entwickelung, so läge er in dem ver- suche mit der vorstellung das Arabische sei die älteste Semitische sprache Vom Ara- mäischen ganz abgesehen, würde man mit ihr nichteinmal bis zum Ae- thiopischen, noch weniger bis zum Hebräischen herabsteigen, ja nicht- einmal die zwei im Arabischen selbst über einander liegenden sprach- schichte verstehen können !}). a. 1) Nachträglich bemerke ich hier noch daß die vermuthung welche ich oben 8.179£.213 über das Assyrische aussprach, sich durch die genauere erforschung zu bestätigen scheint welche einer meiner jüngeren schüler und freunde hr. Dr. Eberh. Die abhandlung über diesen schwieri- , wird hoffentlich gen gegenstand aus welcher er mir einige bruchstücke mittheilte lücklich ausgefüllt bald erscheinen; und auch diese lücke wird wie ich wünsche g werden. : AE ` A i D is o E 2 Ueber den delphischen Dreifuss. Von Friedrich Wieseler. Mit 1 Tafel. Vorgelegt in der öffentlichen Sitzung am 3. December 1870. Im Januar des laufenden Jahres ist grade ein halbes Jahrhun- dert verflossen, seitdem K. O. Müller, unvergesslichen Andenkens, die anregende dissertatio de tripode delphico. als Inauguralschrift zu dem Antritt der Professur der Alterthumskunde an der Georg-August's- Universität herausgab. Dieser liess er zwei Abhandlungen „Ueber die Tripoden“ in Bóttigers Amalthea folgen, die erste in Bd. I, der noch in demselben Jahre 1820 erschien, S. 119 fg. (wiederholt in K. O. Müller's kl. delütschen Schriften II, S. 575 fg), die zweite in Bd. III, 1825, S. 21 fg. (Kl. deutsch. Schr. II, S. 588 fg.) Seine neuen Ansichten über die Herleitung des Dreifusses aus dem Cultus des Dionysos und die Gestalt jenes Gerüthes fanden, namentlich die letzteren, niché durchaus Zustimmung bei dem Herausgeber der Amalthea (vgl. I, S. 97 fg., U, S. 10 fg., III, S. XVIII fg.; auch desselben Opusc. lat. p. 424 und „Archäologie u. Kunst“. 1828, S. XX fg.) und dem Referenten über die erste der Amalthea einverleibte Abhandlung in der Hallischen Allgem. Literatur-Ztg. 1821, April, n. 100, S. 799, Fr. Jacobs. Dann sprach Bröndsted in den Voyages dans la Grece I, p. 115 fg. ausführlicher über die Gestalt des delphischen Dreifusses, indem er den Müllerschen Mei- nungen theils beipflichtete theils entgegentrat. Ihm erwiderte Müller in Betreff eines Hauptpunktes in den Gött. gel. Anz. 1826, S. 1771 fg. Bald darauf erschien Franz Passow's Aufsatz „Herakles der Dreifuss- rüuber auf Denkmalen alter Kunst“ in Böttiger's Arch. u. Kst. S. 125, in welchem die vermeintliche Cortina der Bildwerke als Omphalos gefasst wurde. Durch diese neue Deutung wurde Müller veranlasst, seine Auf- fassung der Cortina als Schallgefässes, welches umgestülpt in den Kessel . 222 FR. WIESELER, des Dreifusses gelegt sei, aufzugeben, und danach äusserte er in der ` ersten Ausgabe des Handbuchs der Archäologie, 1830, S. 299, A. 9, dass ,so das Wesentliche der Dreifussform nun wohl endlich im Klaren sei“; eine Aeusserung, die man noch in der dritten Ausgabe des Hdbchs, 1848, wiederholt findet. Indessen sind ihm unter den neueren Special- schriftstellern über den Gegenstand, dem Herzog von Luynes, welcher sich um die Kunde bildlicher Darstellungen von Dreifüssen ein Verdienst erwarb (Nouv. Annales publ. par la sect. Franc. de [Institut archéol. II, 2. 1839, p.237fg. zu Mon. pl. XXIV et pl. C), dem Grafen Clarac Mus. de sculpt: T. II, P. I Paris MDCCCXLI, p. 258 fg., J. L. Ussing de nominibus vas. gr. disp., Havniae MDCCCLIV, p. 93—97, Joh. Heinr. Krause ‚‚Angeiologie‘‘, 1854, S.217fg., S. 247, H. Weiss ,,Kostümkunde" I, S. 921, nur die beiden letzten vollständig gefolgt; ausserdem auch C. Fr. Hermann „Lehrbuch der gottesdienstl. Alterth. der Griechen" S 40, Anm. 11: alle drei sogar mit Beibehaltung der von Müller selbst spüter nicht mehr gebilligten Annahme eines besonderen Schallgefásses. Bróndsted's eigenthümliche Ansicht über die Einrichtung des Dreifusses zum Behuf des Orakelgebens fand noch bei Preller in Paulys Realen- cyclop. des class. Alterthums, Art. Delphi, Bd. II, S. 905 fg. Anklang. Zuletzt ist über die Gestalt des Dreifusses die Rede gewesen bei Gelegenheit der Verhandlungen über die sogenannten Schlangensäule auf dem Hippodrom zu Constantinopel; s. die literarischen Nachweisungen bei C. Friederichs „Bausteine z. Gesch. der griech.-röm. Plastik“ n. 51. Ueber die Verbindung des Dreifusses mit Dionysos hat in neuerer Zeit namentlich C. Bótticher gehandelt, in der Tektonik der Hellenen IL S. 310 fg., auch S. 170, 178, 222, und besonders in dem Winckelmanns- festprogramm „Das Grab des Dionysos an der Marmorbasis zu Dresden" Berlin 1858, und in Gerhard's Arch. Ztg. 1858, n. 116—118, womit zu- sammenzuhalten Chr. Petersen's Abhandl. ‚Ueber den Festcyclus des Apollon und Dionysos':, Hamburg 1859, und besonders „Das Grab und die Todtenfeier des Dionysos" in E. v. Leutsch's Philologus XV, S. 771g. aber auch Pervanoglu in den Annali d. Inst. di corr. arch. XXXIII 1861, p. 119 fg., und Friederichs a. a. O. n. 75. remo TEC COQUE NAE GS: T NU ecce UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 223 Die nachstehende Abhandlung hat den Zweck, 1) die verschiedenen Arten des delphischen Dreifusses genauer zu bestimmen, 2) den Bestand und die Beziehung der Dreifüsse im delphischen Tempel zu ermitteln, 3) die Frage über die Gestalt des mantischen Dreifusses möglichst zur Entscheidung zu bringen und, weitere Auskunft über die anderen soge- nannten delphischen Dreifüsse zu geben. $. Der zu Delphi oder, genauer, Pytho befindliche heilige, für ganz Hellas bestimmte Orakeldreifuss (ô rọínovs 6 &v AsAyois Aristid. Vol. II, p. 281, 5 Dind., ô Duo ze. Philostrat. sen. Imag. II, 33, vo. t&9sog und ieọòs ze. Eurip. Ion.91 u. 514, ze. xowös 'E44ddog Eur. Ion. 369, A tọ. ô uuvuxóg u. ô u. vg. Plut. de ser. num. vind. XII, Schol. z. Pindar. Ol. IX, 43) wird zuweilen auch ô deAyızös oder zwOuxóg Tofnovg genannt (vgl. Pollux Onom. X, 81, Himer. Or. XIV, 10, Luc. Pseudol. 10, Zenob. Prov. VI, 3, T. I, p. 161 ed. Gotting., Theoph. Sim. Epist. 33 nebst Boissonade z. Eunap. Vol. I, p. 286, Nicephor. Gregor. Ep. ined. bei Boisson. a.a. O.); aber der betreffende Ausdruck kommt schon seit der hellenistischen Epoche auch in anderer Bedeutung vor. Bei Athenäos I, 6, p. 38, a. b heisst es: Zëuoe ð Ó Ankıög quor “Toinovs xeAxovs, oöy ô nvOuxóg, GAZ Ôv viv A£fgre zahovow. oro. Ò Zeen où uiv Gnvgor, eis of Toy olvov eisszeodvvvov, oi dè Aostooxoor, èv olg 10 Voc 2HEguawor, xci Zug: TOL. gei i0Órcy dvıoı (Órulevreg, voínode à viv nóßæow čyovres vpínoÓec Grouétorro] Bei demselben werden V, 26 fg. von Kallixenos in der Be- schreibung der Pompa Ptolemäos’ II mehrfach dsAgızol refnodes und tol- nodes schlechthin erwähnt, p. 197, a: seng u£oov Ai và» Groo wuugaı &leip9noav, dv als &xsırro deiyızol yovooi 1Tolnodes ünooıjuer Corte, P. 197, b: negsteI9noev ðè zei vgínoÓsc toig xaætaxeruévors xgvooi dıezöcıoı Tov doiOuóv, Bor’ eben do zar& xA( qr, En’ doyugov dıedgwv, p. 198, d: "90Éxévto Ò erof (sc. roð Auovöoov) — Tolnovs XovooUs, èp oU Juuiærýgiov XQvcoUr xoi yıdlcı dën govowi, p.198,c: deAyızoi zolnodes d9Ae rolg më EI Aymióy Xoonyoig, ô iv neıdiorwv dvvia nmmyorv tò Vyog, 0 d zmyow Jwdexa và vðgðv, und p. 199. d, auch in der dem Dionysos gewidmeten 224 | FR. WIESELER, Abtheilung: voízodec téooæoes, dw sis ulv elye vi megfuevgov zm iz- zeidsxa, zerdoyvoos dv 040c, oi Jè tosis EAdrroves Övres dıdhudor zerd ué- 009 Önjoxov. ustà voírovc čpégovro ÓOeAguxol tolnodes doyvgoi — EAdrrous töv noosıpnusvov, av ai yaviaı..., und f: zoinodes yovooi ueydko tét- tages, endlich p.202, c. d: deAyızol Tolnodss ygvooi ëmge £x "uo teooú- gov: ii Zen, nngðv EE* &Adog ınyav rouden, èp oU ñv Eða ygvoü nevtanýyn xci otépævos xvxAo yovooðs dun£ivos. Vergleicht man diese Stellen unter einander, so sieht man, dass zu der Zeit des Semos der so genannte pythische Dreifuss gegenüber ande- ren Dreifüssen, welche mit einem Kessel, éns, versehen waren und praktischen Zwecken des Lebens dienten, als roinovg bezeichnet wurde und bei Kallixenos zwischen dsigızor roínoósg und zeinodss schlechthin unterschieden wird; denn dass diese von jenen gar nicht verschieden sein sollen, folgt doch aus den Worten zów moosıonusvov p. 199, d mit nichten. Zu den dsigızoi roinodes gehören die sogenannten Zoonyızol To. (p. 198, c); zu den zoinodss schlechthin die rednsleı toínoðes, mensae tripedes, die Speise- und Schenktische (p. 198, d, 199, d). Die Bezeich- nung der dreifüssigen toéneďæı durch roinodes ist als bei griechischen Schriftstellern der classischen Zeit vorkommend aus Athenüos selbst zur Genüge bekannt; vgl. namentlich II, Cap. 32, p. 49 a — d, I, 35, p. 151 d, auch XI, 109, p. 503, b; so wie auch aus Pollux X, 80. Aus der hel- . lenistischen Epoche ist sie z. B. bei Phylarchos aus Athen. IV, 21, p. 142, d, nachweisbar. Sie findet sich auch bei den griechischen Schriftstellern der Kaiserzeit; vgl. ausser Plutarch. Cleomen. XIII: He- liodor. Aethiop. VII, 27, p. 214, 25 Bekker, Artemidor. Oneirocr. I, 41, Cassius Dio 61, 10, Alciphron. III, 20, 2 (zo. für die negowidss eines Gauk- lers im Theater), Pausan. V, 12, 3 (to. ÉmíymAxog, d où, now 7 uy toanslov zou Huer noostíÓsrro voi rafen oi orépevor, zu Olympia). Entsprechend dem Unterschiede, welchen wir bei Semos finden. beschränkte Apion nach Apollon. Soph. Lex. Homer. p. 154, 30 Bekker. die Bezeichnung durch zoinodss auf die Aífqvas GveSnucuxobs , welche durchaus zusammenzustellen sind mit den deAgızoi Toinodes bei Kalli- xenos. Man vergleiche über jene Eustathios z. Homer. ll X. 122, . UEBER DEN. DELPHISCHEN DREIFUSS. 225. pn 244, 57 fg.: oi dvadsueuxot (voínodsc), noóc xdAAog dvcen£usroi gy eixoug Ñ vaois, dxgeavıoı nvt Yuherıöusvor, otc dnígove Erreüdd quow 6 nomens, ngog dıroroAnv vor Eunvgıßneov, mit dessen letzten Worten zu- sammenzuhalten Pausan. IV, 32, 1, wo es in Beziehung auf zë óvoue- Cóusvov neo& Meoonviov 'Isgo9óoir heisst: zeivreı d xoi doyatoı vgínodec* dnvgovs erof x«Asi 'Ounoos. Wie bei Semos der Ausdruck A zwÓuxóg Toítovg nicht von dem mantischen Dreifuss zu verstehen ist, obgleich derselbe später von Erz war, sondern von dem anathematischen, so nach unserer Ueberzeugung auch der Ausdruck deigızös roínovg in der Stelle des Artemon über das zofinovs genannte musikalische Instrument des | Pythagoras von Zakynthos bei Athen. XIV, p. 637 c. d. Von den Römern wurden bekanntlich die zodnessaı toínoðes mensae delphicae und substantivisch delphicae genannt, vgl. Salmas. Observ. ad jus Att. et Rom. p.488, Wower. ù. andere interpr. ad Petron. C. XXII, Harduin. ad Plin. Nat. hist. XXXIV, sect. VIII, Anm. 6, T. II, p. 641, Müller de trip. delph. p. 6, Anm. 8 und p. 16, Anm. 43, und zuletzt J. Marquardt Róm. Privatalterth. Abth. I, S. 328 fg., bes. Anm. 2030. Griechische Schriftsteller der Kaiserzeit sprechen in demselben Sinne von einer deAgis roúnečæ oder von einer ÓeA4guzi) sc. zoanele. Jenes hat statt bei Lucian. Lexiph. 7, wo die Handschriften bieten: norigıe dt xeito . nevroie ni rte deAyıwidog roeneöng, was auch der Scholiast, Vol. IV, p.152 ed. Jacobitz, vor Augen hatte: olro Zeg negà tò OsAgívcw tnw rafe nödes 2ysıv. Schon Salmasius zu Ael. Spartian. p. 150 sah ein, dass de Zeid oe zu schreiben sei, und ihm folgte Koraés bei Schaefer Plut. Vit. Vol. VI, Lip. MDCCCXXX, p.345. Mit Recht; denn schwerlich wird Jemand die Auctoritit des Scholiasten durch eine Münze, wie die von Melite bei Torremuzza Sicil. num. t. XCII. n. 10 — Nouv. Ann. de l'Inst. Vol. II, pl. C, n.29, vgl. de Luynes p. 253 fg., oder durch den Krater in Roccheggiani's Raccolta T. II, t. LVIII, F.4, oder selbst durch den Lampenständer im Mus. Borb. VI, 30, 2, aufrecht zu halten gesonnen sein, wenn auch die betreffenden Bildwerke, namentlich das letzte, zei- gen, dass das betreffende Scholion auf einen gelehrten Mann zurückgeht. Das Andere findet sich bei Plutarch, welcher, wührend von ihm im Histor.-philol. Classe. XV. Ff 226 | FR. WIESELER, Leben des hellenischen Kleomenes, C. XIII, derselbe Gegenstand als voínovg xgoutijoc yuhxroöv Eywv olvov usordv xe) yıdlas doyvods u. S. W. bezeichnet wird, im Leben der Gracchen, C. II, nach den Handschriften in Beziehung auf den C. Gracchus sagt, œs oi negi Ag0000v ijAsyyov, ou deigivas Coyvooös Engiero ung sis Exdorm A(roav Ópocyudv yıllwv. xoi dınxooiov nevınzovıe. Man hat vorlüngst eingesehen, dass in deAgives ein Fehler steckt und schreibt jetzt mit Amiot und Koraés: d&Ayızuas, indem man einen Nominativ ô óé4gi& d. i. ô ÓsAguxóg Toinovs voraus- setzt. Aber davon findet sich unseres Wissens sonst keine Spur. Man verweist freilich auf die beiden bald anzuführenden Stellen des Proco- - pius und des Etymologicum magn. Allein da ist diese der Nominativ, das Lateinische delphica (wenn man nicht etwa ó£4g:xev schreiben will was aber unnöthig ist) Auch wäre es immer bedenklich, ein Wort des nagexuctov EAAmvıouös, wie Koraés annimmt, in den Plutarch hinein zu corrigiren, zumal in diese Stelle, an welcher es sich um einen römischen Ausdruck in der Zeit der Gracchen handelt. Man hat ohne Zweifel deAyızas doyvods zu schreiben. Letzteres musste zugleich mit dem Uebergang des dsigızas in deAgirveg in doyvooös verderbt werden. Dagegen braucht Philostratos nach Damis von Ninive den Ausdruck zoinodss nvOuxoi, vgl. Vita Apollon. III, 27: zoíaoósc uiv $£enogsóDnouv ous Terreges «čtóuætor, ` zefdneg oi "Oups (Il. XVIII, 373 fg.) nooiovres, oivoyóo. d' En wbrois yeAxoÜ uëiengg —. wv d zgunódcw oi uiv dro olvov &£nígosov, voiv Óvoiv dë H uiv VOeioc Feguoŭ zgtag nage", ô dë e) vvygov. Hier hat man an Kesseldreifüsse, d. h. Dreifüsse mit gewülbtem Bauch (y&orge), gedacht (Krause Angeiol. S. 217, Anm. 4). Aber schwerlich mit Recht. Weder kónnen die beiden von Philostratos zuerst erwühnten Dreifüsse die von Semos bei Athen. a. a. O. und von dem durchaus mit ihm übereinstimmenden Philochoros bei Athen. II, 6, p. 37f. und 38 a. aufgeführten xoerjoss sein, noch der dritte Dreifuss bei Philostratos ein unvoßýrns oder £uzvgoc, noch der letzte ein solcher, wie ihn Asklepiades von Myrlea im Sinne hatte, als er nach Athen. XI, 103, p. 501, c schrieb: xæ Aën emie? 6 nomtýs vóv uiv funver- Pienv, tòv dé &nvoor: . UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 227 xð d A£fg? Gnuvgorv Poös ëëron dvdeuösvre, Eo zën Ósyóusvov řows voco wvyoórv. An einer anderen Stelle be- d = zeichnet Philostratos dieselben Dreifüsse schlechthin als zeinodes (VI, 10, p. 100, 33 der Quartausg. von Kayser). Möglicherweise gehören hierher auch die von Pseudo-Phalaris (Epist. XX, p. 316 Lennep.) erwähnten toinodes deiyızot!). | Was den Namen der delphicae betrifft, so heisst es zur Erklürung desselben bei: Procop. de bello Vand. I, 21: gr meAeríp yọ wj £m Pw- ung — toinovs £x naAcioU sionjxen, dq? od di tès zöhızas d Peorhéws ol- voyóoi grí9svro, O£Aquxe di zën toinoða xaAovoi "Poucioı, ins noWrov £v. deAgoig y£yove. Die Worte sind allem Anschein nach aus der Schrift eines Grammatikers entlehnt, dessen Angabe vollständiger enthalten ist 1) Phalaris schreibt an die Messenier Siciliens : méupavróç pov roig nag pv Metz dvasijuare, voímoddg te diene sot orepavovg ygvooög xoi Gin zolidd xai nolvrehii yagıorigre vic owengiag. Lennep. bemerkt dazu p. 317, 65: solum nominasset noster, nihil in eo esset, quod a Phalaridis veri temporib S horreret. Sed habet zgınodwv deiyızav nomen, quod, cum Romanis, probat, nostrum consuevisse. Quas enim ii vocarunt mensas delphicas, aut delphicas, eas Graeci, | qui temporibus Romanorum florebant, rolnodas deAyıovs nominarunt. Ita Athenaeus, : in descriptione pompae Philadelphi, ex Callixeno Rhodio — reinodag 0sAquxo?c yovoobc E ... e deyvgoüs commemorat; atque ita alii citeriorum temporum scriptores. Nec credo ex antiquioribus inventum iri, qui ad cortinae delphicae exemplum factos zolmodas generatim deAgyıxors nominaverit. Trotz der offenbaren Irrthümer, welche, wie aus unseren obigen Darlegungen erhellt, in diesen Worten enthalten sind, geben wir die Möglichkeit, dass Pseudo-Phalaris an nichts Anderes als die delphicae gedacht habe, zu, zumal da auch diese zu Weihgeschenken an die Götter verwandt wurden (s. unten S. 229); aber auch nichts weiter. Es ist eben so wohl möglich , itas er die anathematischen Kesseldreifüsse verstanden wissen wollte, — Ich schweige über i die zgimodss töv deAyızavy xcxxdfgeo» (Anonym. bei Codinus de sign. Constant. p. 30), ROME ded quxoi aginodes (Socrates Hist. eccles. I, 16), tripodes delphici (Paulus Diaconus 5° Bist. misc. XI, p. 228 ed. Cherii), da sich darüber gar nichts Genaueres ermitteln : lässt, wenn ich auch noch jetzt die in dem Aufsatze »Zur sogen. Schlangensäule in -Konstantinopel« in Fleckeisen’s Jahrb. für class. Philol. 1864, S. 241, ausgesprochene Ansicht hege, dass es sich dabei durchweg um das, was die Alten anathematische Dreifüsse im engeren Sinne nanníen, also um Kesseldreifüsse, handl. Ff2 Si zeinodas us ab- EES FR. WIESELER, im Etym. magn. p. 255, 10: Afigıxa 10v 19ín00c (Etym. Gud. p. 138, 8 Asigıza tÈ Tg.) ol Poucior, Zei noWrov £v Asigois yEyovev. Ñ Tolnode 10» Zhióvvoor, olov dósAquxór, op và Arovboov u£Ag onegdsavres ob Turüreg vi Anóhhkwvi nagíOerro Zu fe /daureg Zen, Ô 08 næg v roinodı déier, Der zweite Theil dieser Erklärung, dessen Anfang ohne Zweifel verderbt ist, hat in neuerer Zeit wiederholt (zuerst bei Osann zu Cornutus p.377, dann bei Gerhard in Bótticher's Grab des Dion. Anm. 15) eine Conjectur veranlasst (roínoÓe zën Atovöcov), nach welcher angenommen wird, dass man auch einen im Adyton zu Delphi neben dem mantischen befind- lichen Dreifuss des Dionysos óé4grxe genannt habe. Aber dieselbe ist durchaus zu verwerfen. Auf der richtigen Fährte war schon Lobeck, da er Aglaoph. p. 559 vermuthete: 7j dré tv Aröv. Inzwischen ist es doch kaum glaublich, dass zoinod«e nur aus dem in de verschriebenen dðı& entstanden sein sollte. Aller Wahrscheinlichkeit nach war geschrie- ben: oU ri zov dré 1óv Zr. Der Verfasser verwirft also die zweite Deutung, und dazu passt es sehr wohl, dass Procop dieselbe der Er- wühnung gar nicht für werth befunden hat. Vergleicht man nun die Stellen des Procopius und des Etym. magn. mit einander, so wird man urtheilen, dass die Römer die zodnste zoinovs delphica nannten, ebenso wie den delphischen Orakeldreifuss, welchen sie als ültestes Beispiel der toan. Toinovs und als mensa delphica ze? é£oyiv betrachteten. Diese Auffassungsweise entspricht nicht bloss der unten zu behandelnden Stelle des Pollux Onom. X, 81, sondern sie wird auch durch die ebenfalls noch weiter zu betrachtende Stelle des Ammianus Marcellinus XXIX, 1, 29 und die des Tertullianus Apologet. XX XII: per quos (daemones) et ca- prae et mensae divinare coeperunt, so wie namentlich durch Stellen la- teinischer Grammatiker bestütigt, in denen der delphische Orakeldrei- fuss als mensa bezeichnet wird,. vgl. Servius zu Verg. Aen. II, 360: tripodes mensae fuerunt in templo Apollinis delphici, quibus superim- positae Phoebades vaticinabantur (wo der Pluralis tripodes im Texte des Dichters den Grammatiker dazu verleitet hat, so zu sprechen als wáren . mehrere derartige mensae zu Delphi vorhanden gewesen); Schol. zu Lu- can. Pharsal V, 152: tripus est mensa Apollinis a tribus pedibus, quae i K E s EARN P a UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 229 et cortina dicitur. Haec corio pythii serpentis tecta. erat, quem Apollo g interfecit, vgl. denselben zu V, 121: tripodas mensas Apollinis (wo es sich auch allein um den delphischen Orakeldreifuss handelt); Mythogr. Vat. III, 8, 5 in Bode’s Rer. myth. script. lat. p. 202: tripus vocatur et ` mensa Apollinis pythici serpentis corio tecta. Eine andere Erklürung des Namens findet sich bei Plinius Nat. hist. XXXIV, 14: Ex aere factitavere et cortinas tripodum, nomine delphicas, quoniam donis maxume Apolli- nis delphici dicabantur (vgl. Anm. 19) Dass auch die delphicae in den Heilisthümern vorhanden waren und Gottheiten als Weihgeschenke dar- gebracht wurden, ist ausserdem aus Cicero Act. in Verr. IV, 159, vgl. Spanheim in Callimach. hymn. observat. p. 386, und durch Inschriften bekannt. Besonders begehrt waren sie als Luxusgerüthe des Lebens. Man hat also drei Arten delphischer Dreifüsse zu unterscheiden, l) den delphischen Orakeldreifuss, 2) die anathematischen Dreifüsse, 3) die in die Kategorie der mensae delphicae gehórenden Tischdreifüsse. 2. : - Der delphische Orakeldreifuss stand bekanntlich im Adyton des apollinischen Tempels zu Pytho über der Erdspalte, aus welcher der die Pythia begeisternde Hauch aufstieg. Diodor XVI, 26 bezeichnet ihn als ungeriv, dei iv dvaßawovoev (ngogijw) doquAde &vOovowiten xai narısdsodeı tois BovAsvousvors, — TOEIS !yovoav Bdosıs. Strabo wusste von Hórensagen, dass der Toinovs Dun dës sei (IX, 5, P. 419). Auf dem drei- füssigen Gestelle lag ein Gerüth, welches als A&ßns oder guc4ny oder xíxAoc oder fuos oder cortina bezeichnet wird. Ueber alle diese Ausdrücke wird weiter unten ausführlicher die Rede sein. Ueber den 4£frce vgl. man ‚ Schon jetzt Photius Lex. roinode Agßne* &v 4eAgoig El vgínodm xe(uevov Mevuxov roU "AnódAAcvog, und die entsprechenden Glossen bei Suidas und Zonaras mit meinen Bemerkungen in Fleckeisen’s Jahrb. für class. Philol. 1864, S. 245 u. 254, A.4. In einer ohne Zweifel verderbten Stelle war das auf dem dreifüssigen Gestelle liegende Geräth aller Wahrscheinlichkeit nach noch mit einem anderen Namen bezeichnet. Es ist die Rede von . dem bekannten Orakel in Ge. Cedren. Hist. comp. I, p. 532, 8fg. Bekker.: 230 — | = "FR. WIESELER, einate ud eoim xcci níos ÓcídeAog wild, ovzsu Boißos Zret ee /gffen, of udvude deg, où nayüv Aahkovoav, drëgferg xci AdAov VÓcQ. Dass hier Niemand an der xe4éfie Anstoss genommen hat, ist sehr zu verwundern. Oder hätte man etwa an die x@Avßn bei Pausanias X, 5,5, und Philostr. Vit. Apoll. VI, 10, p. 110, 20 Kayser. zu denken und diese trotz der unmittelbar vorhergegangenen Erwähnung der deide/iog wid für passend zu halten? Es liegt auf der Hand, dass von dem Dreifuss die Rede gewesen sein muss. Man vgl. zum Ueberflusse Eustath. Ma- cremb. X, 11, p. 270, Bio Hercher.; à A4e4000€ nyy zei noöueru dëm sei toínovs, wenn es sich auch hier um eine andere Orakelstütte Apol- lons handelt. Sicherlich war ursprünglich geschrieben: x&4éfa». Dieses Wort ist bekanntlich dichterischer Ausdruck für ein Gefäss (Le- tronne Observat. sur les noms des vas. gr. p.47 fg), womit in dem vorliegenden Falle sehr wohl das émíOgue des Dreifusses und weiter dieser überhaupt gemeint sein konnte. Aus den Stellen über Zeus, gedoe, 04uoc, cortina und der des Ammianus Marcellinus XXIX, 1, 30 in welcher das betreffende Epithem mit anderem Namen (lanx) und nicht in unmittelbarer Beziehung auf den Orakeldreifuss erwühnt wird, folgt mit Sicherheit, dass es mit dem dreifüssigen Gestell nicht untrennbar verbunden war. el Das Material anlangend, so erwähnen die beiden ältesten Zeugen, Euripides, Iphig. Taur. 1253, und Aristophanes, Plut. 9, dass der Drei- fuss von Gold gewesen sei. Die sind freilich nur „Dichter“ (Müller Kl. Schr. IL, S. 592), entbehren aber deshalb gewiss nicht der Glaub- würdigkeit, und wenn Ulrichs Reisen u. Forsch. in Griechenland I, S. 99, Anm, 9, meint, Aristophanes Ausdruck zgímodog èx zue Zeng sei wohl . nicht ganz wörtlich zu nehmen, so kann das insofern zugegeben werden, als das Werk schwerlich ganz aus massivem Golde war, sondern — wie man am liebsten annehmen möchte — aus Holz, das mit gehäm- mertem Golde bekleidet war. Bestand nun aber der Orakeldreifuss zu den Zeiten des Euripides und Aristophanes aus Gold, so war er ohne Zweifel nicht der ursprüng- Lal Ek d : » 1 ; à E. zh : 3i no | Es Ké IM SE Sr UR - UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. CS E liche. Er rührt vielmehr vermuthlich aus der Zeit seit Gyges dem ` Lyderkónig her, in Bezug auf welchen es bei Athenäos VI, 20, p.231, e, heisst: 790 rte voórov ßaciheiæs dvdoyvoog ču 02 &yovoos Zu 6 Iló9i0c, dg Pavias té ynow 6 "Eg£oiog zi Osónounog £v rrogegezogt zën du- ` Arten, In derselben Periode wurde wahrscheinlich das ismenische Heiligthum der Thebáer ein Schatzhaus goldner Tripoden, wie es von Pindar genannt wird. Bei so bewandten Umständen könnte es vielleicht scheinen, dass mehr, als ich in Fleckeisen's Jahrb. a. a. O. S. 957, Anm. 10 zu thun wagte, auf den Scholiasten zu der angef. Stelle des Aristophanes zu geben sei, welcher berichtet, dass Einige den Orakel- dreifuss für jenen von milesischen Fischern aus dem Meere gezogenen, den sieben Weisen angebotenen, aber von ihnen abgelehnten , endlich von Solon dem Apollon als dem weisesten zugewiesenen Dreifuss hielt, von dem auch bei Plutarch, Solon. IV, bei Diogenes von Laerte I, 1,7 und 5, 1, bei Himerios Orat. XIV, 15, und Suidas u. d. W. tà èx mt nodos, die Rede ist. Doch scheint mir die betreffende Annahme auch jetzt noch gewichtigen Bedenken zu unterliegen, wenn auch der Um- stand, dass Diogenes an letzterer Stelle den in Rede stehenden Dreifuss als ehernen bezeichnet, nicht ohne Schein daher erklärt werden könnte, dass der delphische Orakeldreifuss in jener späteren Zeit von Erz war. Ebenso wenig möchte ich dem Pseudo-Kallisthenes vollstindiges Ver- trauen schenken, der I, 45 in Beziehung auf Alexander den Grossen berichtet: zei siveAgwv sig tò ToU "AnóAAcwog iegü» Gin vi» PoıßoAdkor ern uevrevoaodeı. tis dë Asyovons uù xonouodesreiv on vb uarısiov, doyıoders d ’AAsEevdgos snev’ si uù God Aer uevrsvoaoder, Beordsw zë tov volnode, onse 6 Howxhijs EBdorese TOv dorfoAdAor rotnode, ër Kooi- oos ô Avdav Beaoılsvs véso. Dass der in den letzten Worten er- wähnte Dreifuss der zu Pytho sein soll, unterliegt allerdings keinem Zweifel 2); wohl aber die Angabe, dass Krösos denselben wieder her- ` 21 Das von Pseudo-Kallisthenes Erzählte geht in einem anderen apollinischen Ora- kel vor sich, dem zu Tegyra, wie C. Müller in seiner Ausgabe des Bios "Als$avögov p. 49 fg. annimmt, dem des ptoischen Apollon bei Akräphia, wie ich vielmehr glaube (in den betreffenden Worten der Handschrift: 749ev rt toŭ "Axoayavuvo?, wird für 232 FR. WIESELER, gestellt oder eingesetzt habe, nicht sowohl wegen der eigenthümlichen Ausdrucksweise, nach welcher es so aussieht, als habe zwischen He- rakles und Krósos zu Delphi kein Dreifuss bestanden, als deshalb weil wir über Krósos Geschenke genau unterrichtet sind und die betreffenden gewichtigeren Gewührsmünner über einen nach Delphi geschenkten Drei- fuss günzlich schweigen, wührend ausdrücklich angegeben wird, dass von. Krösos ein solcher und zwar ein goldener, in das Ismenion zu Theben gestiftet wurde (Herodot. I, 92). Auf einer Verwechselung mit diesem wird die Angabe bei Pseudo-Kallisthenes beruhen, die inzwischen, ebenso wie die andere, für den Umstand, dass seit der Zeit der lydischen Kö- nige der delphische Orakeldreifuss von Gold war, wohl mit veranschlagt werden kann °). das verderbte letzte zu schreiben sein: "degen qvíov). Ob wv Doıßoidkor tgi- rod« geschrieben war, steht in Frage. Die leichteste Veränderung wäre: Goífov Àd hov. So würde auch auf Pytho ausdrücklich hingedeutet, da das, was das Wort AdAos ausdrückt, von mehreren alten Schriftstellern grade in Betreff des delphischen Dreifusses ausgesagt wird. Auch der vorhergehende Ausdruck ez» DoıßoAdkov erregt Bedenken, aber nur in Betreff des ersten gross geschriebenen Buchstabens. Die Handschrift bietet freilich nach Müller’s Angabe: Poißnv Awleıv, aber die Richtigkeit jener Herstellung Müller’s im Allgemeinen wird dadurch bestätigt, dass in den Worten, welche auf die oben im Text ausgeschriebenen folgen, die Handschrift selbst noch einmal 5 OoifioAdAoc, wie Müller schreibt, bietet, und zwar mit dem Zusatze párné. Dort wie hier war vielmehr das Wort qoiBloAdAoc einzusetzen, vgl. Hesych. gotfo ^vuxoi imi tv ÀvocoÓGv, und goën, goë: (Longin. de sublim. VIII, 4: noc yoıßafov zovs Àóyovc). Dass man sich auch in Betreff der an erster Stelle erwühnten Worte mit goifoocAov voíztode begnügen dürfe, indem man qoifloAcAov in der Bedeu- tung von uervuxóy» fasst, möchten wir kaum glauben. 3) Paschalius Coron. L. VII, p. 556 schloss ex Himerio, ubi Apollinem allo- quens invehitur in Xerxem , qui usque eo audaciae progressus est, ut sacris tripo- - dibus ignem injicere tentarit, dass der Orakeldreifuss von Lorbeer gewesen sei Nam si Xerxes tripodibus ignem admoturus fuit, utique fatendum est, eos tripodas con- stitisse ex ea materia quae igni obnoxia esset. Ea erat laurus, quam Phornutus ait esse eU£yxavoroy (sUéxxovorov, C. XXXII, p. 199 ed. Osann). Himerios sagt Ed. m. 39: "Emi Féoğyv woAd, imi Zegänv, "dmoAÀov, zën Dë vy (cov Wernsdorf.) Gen Zrëeretgogge, 1i» vote iegols GOV 1oímoc: To nip ngoocysav quAovax(oayu. UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 233 Die Nachricht, dass der Orakeldreifuss von Erz gewesen sei, findet sich unseres Wissens nicht früher sicher und deutlich ausgesprochen als bei Jamblichus de myst. III, 11. S. 126, 4 fg. Parthey. Dennoch ist es nicht glaublich, dass der goldene Dreifuss erst in seiner Zeit oder nicht lange vorher abhanden gekommen sei. Das geschah aller Wahrschein- lichkeit nach durch gewaltsame Vernichtung oder durch Raub. Zunächst denkt man wohl an die Zeit des Nero, von dem es bei Dio Cassius Epit. 1. LXIII, 14, Vol. IV, p. 52, 4 fg. ed. L. Dindörf. heisst: zoo "AnóAAcwog — To uevısiov xoaréAvosv QvOooinovo s v0 oróuiov dE of tò lego nveüue ry er ggdëec, und bei Philostratos Her. p. 339, 6 fg. Kayser.: 10 nvÓixóv oröworv, nag of ci due) Grínvsov, dnopodrısır (guor, dg und: v ^"AnóAAn». ori ein. Vgl. auch Schol zu Lucan. Pharsal V, 70, 102, 113, 139. Aber es steht, so viel wir sehen, auch kein üusse- rer Grund der Annahme entgegen, dass der goldene Dreifuss schon zu Hier steht es nicht einmal sicher, ob unter zginodss der Orakeldreifuss allein zu ` verstehen ist, und wenn das auch das Wahrscheinlichere sein sollte, so ist doch jener Schluss auf das Material keineswegs genügend. Sonst hätten wir ja nach un- serer obigen Annahme zur Zeit des Xerxes einen Dreifuss, der nicht bloss von Gold, sondern zugleich auch von Holz war. — Von Holz wird auch wohl der Dreifuss gewesen sein, welcher durch den »goldenen« ersetzt wurde. Doch giebt es dafür kein ausdrückliches Zeugniss. Denn dass Hymn. Homer. in Apoll pyth. 215, wo der Gott bezeichnet wird als: xosiov èx digrge yvalov čno Ilagvnooto, dahin zu deuten sei, wie Paschalius a. a. O. wollte, wird jetzt Niemand mehr glauben, obgleich die betreffenden Worte, mit denen zusammenzustellen Lucret. de rer. nat. I, 740, auch . von den letzten Herausgebern nicht richtig verstanden sind; vgl. meine Bemerk. in Fleckeisen's N. Jahrb. f. Phil. u. Pädag. Bd. LXXV, 8.692. Bei Ammianus Mar- .cellin. XXIX, 1, 29 heisst es in Beziehung auf ein Ereigniss aus der Zeit unmittel- bar nach dem Tode des Kaisers Valens: Construximus ad cortinae similitudinem delphicae diris auspiciis de laureis virgulis infaustam hanc mensulam, und Nicephorus Callistus, weleher in der Histor. eccles. II, 45, T. II, p. 202, © der Pariser Ausg. v. J. MDCXXX über dieselbe Sache berichtet, erwähnt zginod« Brian dagyvns meron- uévov, ohne die Aehnlichkeit mit dem delphischen Orakeldreifuss besonders hervor- zuheben. Diese bestand nur hinsichtlich der Form, nicht auch in Betreff des Stoffes. Dass man damals diesem besondere Bedeutsamkeit zu geben sich bestrebte, erhellt auch aus dem, was über den Stoff des émíOgpe berichtet wird, s. unten Anm. 4, Histor.-philol. Classe. XV. 234 FR. WIESELER, der Zeit verloren gegangen sein könne, in welcher den delphischen Heiligthümern so manche andere ähnliche Werthsachen genommen wur- den, der der phokischen 'Tempelräuber, die sich nicht scheuten, selbst das Adyton anzutasten, indem sie và nel tùy Zorten xci tòv zoinoda dré. oxenov (Diodor. XVI, 57, Aelian. Var. hist. VI, 9) und die goldnen | Adler am Omphalos raubten, worüber uns nur ganz zufällig, nämlich -durch die Scholien zu Pindar, Kunde hinterlassen ist. Vgl. auch A. 3l. Dass in den Zeiten nach dem phokischen Kriege bis auf Jambli- chos das delphische Orakel wohl im Stande gewesen wäre entweder durch sich selbst oder durch vermógende Gónner wieder einen goldenen Dreifuss zu beschaffen, unterliegt wohl keinem Zweifel. Aber einerseits mochte man einen solchen Luxus für überflüssig halten, um so mehr, als der im Adyton befindliche Dreifuss nur wenigen Fremden zu Gesicht kam, andererseits konnten sich mittlerweile Ansichten geltend machen, nach denen ein eherner Dreifuss seinem Zwecke besser entsprach als ein goldener. Nach Eusthathios zu Hom. Il. II, 408, p. 1067, 59 fg.: oi IlvOayo- Quxoí yaoı zën Zeien zeg guef nyeüucw FELOTÉQW, dò xoi ro AnóA- Amt toíztovs TOLOŬTOS dváxsici. Damit stelle man zusammen Porphyrios Vit. Pythag. c. XLI: Mv9ayöges asye Tbv £x yaAxod xgovouérov ysvo- usvov Tov Ywviw siveí twos v» Óeiuórvov Evansılyunsvmv v qax, und dass wir wenigstens bei Schriftstellern der Kaiserzeit Andeutungen ' finden, nach welchen aus dem Tönen des Dreifusses Weissage geholt wurde. Der Einfluss der Pythagoreer auf das delphische Orakel lässt sich schon lange vor Jamblichus' Zeit nachweisen *). Was aus diesem ehernen Dreifuss geworden, ob er unter Constan- tin dem Grossen nach Constantinopel gebracht ist, wie einige spátere Schriftsteller ohne Zweifel annahmen, oder nicht, kann nicht mit voll- kommener Sicherheit ermittelt werden; vgl. meine Bemerkungen in Fleck- eisen's Jahrb. a. a. O. S. 248 fg. Trifft unser obiger (S. 230) Verbesse- 4) Besonders deutlich und in eigenthümlicher Weise tritt symbolische Bezie- hung des Metalls hervor bei der lanx rotunda pure superposita ex diversis metallicis materiis fabrefacta des von Ammianus Marcellin. §. 30 erwähnten Dreifusses. Lee e SE EE UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 235 rungsversuch der Stelle des Eusebios das Wahre, so war er zur Zeit des Kaisers Julianus nicht mehr in Delphi vorhanden und auch durch keinen anderen ersetzt. Der Orakeldreifuss soll nach späteren lateinischen Grammatikern (Ser- vius zu Verg. Aen. III, 92 u. VI, 347, Mythogr. Vatic. III, 8, 5, p. 202 der Script. rer. myth. lat. ed. Bode, Schol. zu Luc. Phars. V, 134 u. 152) mit der Haut des Python (corio Pythonis oder pythici serpentis) bedeckt oder umgeben (tectus vel septus) gewesen sein. Mit ihnen stimmt überein Eustathios zu Dion. Perieg. vs. 441, p. 183, 15 ed. Bernhardy: Gc ws dopäs toU dodxovros éxei (nuo T nv?iw roinodı) dvaxsıusvng. Früher glaubte man diese Haut in dem jetzt wohlbekannten netzförmi- gen Ueberzuge der sogenannten Cortina erkennen zu kónnen, vgl. Schott Expl. de lapothéose d’Homere p. 69 und 78. Aber bei diesem handelt es sich ohne Zweifel um ein Netz aus Wollenbinden. Mit ähn- lichen Wollenbinden findet man in zwei statuarischen Darstellungen den Dreifuss, auf welchem Apollon sitzt, bedeckt (s. den Text zu Denkm. d. a. Kunst II, 12, 137). Von einer Schlangenhaut aber trifft man nie auch nur eine Spur an. Dieselbe beruht sicherlich nur auf falscher Interpre- tation jener späteren Gelehrten. Der Perieget Dionysios erwähnt Vs. 441 fg.: IlvOdwvog 9vósv néðov Ce dodzovrog Asiyüvns ıgınodsooı Feot ege Zrpet 04xós, 64205 Ensıosoinow Enıyoloowv YoAldsooı, au Ev iutQrQ. Nicht bloss Bernhardy Annot. ad Dion. Perieget. 442, p. 637, nahm an, dass hier von den exuviae serpentis die Rede sei; auch Ulrichs Reisen u. Forschungen in Griechenland I, S. 82 und $. 100, Anm. 92 fasste diese Stelle so, als sei in ihr ausgesagt, dass sich um die Füsse des Dreifusses die schuppige Haut der Schlange gewunden habe. Aber in ihr ist — wie schon der Ausdruck ö4xös lehren kann trotz Eustathios a. a. O. p. 188, 17 fg.: 64x0v db Zeg in dogev mp Ögdxorros, TÓ vuan roë Bien roude TÒ uígoc* de xci Ñ Pügoe Bog Akyereı, xci &épug zé Ógi0Uv ToU hépaævros — von dem vollständigen Körper des Gg2 236 FR. WIESELER, Python die Rede. Ihr entspricht wesentlich die Angabe bei Pseudo-Lu- kianos de astrolog. XXIII, dass ein dodzwv und ww roinodı gÓ£yysvou, wo wiederum keineswegs die blosse Haut des Python gemeint ist, vgl. meine Bemerkungen in Fleckeisen's Jahrb. für class. Phil. 1864, 8.243 fg. Aehnliche falsche Auffassungen verleiteten die alten Grammatiker, die nicht begreifen mochten, wie der von Apollon getódtete Python noch wie lebend fortwirken kónne, zu dem Gedanken an das corium Pytho- nis, um so mehr, als dieser sich auch wegen der Herleitung der cortina, a corio Pythonis, zu empfehlen schien 5). Der Dreifuss über der Erdspalte war gewiss der einzige, welcher zu Orakeln benutzt wurde, wenn auch diese von ihm aus im Verlaufe ` der Zeit in verschiedener Weise gegeben wurden. Eudocia Violar. p. 109 berichtet: Hv9oi iorwro 6 gaixoüs toínovs, 8E oU N uarrsia Zëseëperg: Èn- dm yo Tod voínodoc Gu us gidAm, & p cà uaruxei wijgor NAAovıo zei enydwv, Mvıza "AnóAAor Tij» warreiev £5£pege, ähnlich Suidas u. d. W. Hv9o6 in Beziehung auf tò legóv vob "AnóAAcwoc: Ze W ycAxoUc voínove Tovro, xci VnegOsr quáAg, N tàs uavuzds siye wiüjgove, «rives &goutrav iv uevrsvouévar WAAorro, xci $ Dräier $ugogovu£rg Ziszen È ébiqsgev Ó 'AnóAAo», und dieselbe Notiz findet sich bei Nonnos in dem scholion mscr. Bodl. zu Gregorius Nazianzenus, welches schon van Dale de oraculis ethnic. p. 156 benutzte, so wie in der Appendix narrat. LXVII in Westermann's Script. poet. hist. gr. p. 384. Wer wollte hier lieber an einen besonderen, eigens zum Behuf der ynyouevreie herge- stellten Dreifuss denken? ` Ausser der Bestimmung zur Weissage zu dienen hatte aber dieser Dreifuss keine. 5) Eigenthümlich ist es, wenn der Mythogr. Vat. III nach den oben 3. 229 ausgeschriebenen Worten fortfährt: a quo corio etiam locus ipse circa tripodem, unde dabatur oraculum, cortina dictus est. Diese besondere Auffassungsweise beruht vermuthlich ebenso auf falscher Interpretation einer Schriftstelle, wie die Bemerkung des Schol. zu Lucan. V, 134: Apollo cooperuit corio illius serpentis, quem ibi inter- fecit, tripodas (die codd. fügen hinzu: Apollinis); et ideo ponit (nämlich Lucanus) Pythona pro toto illo templo. WOO UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. ` +» 237 Man hat gemeint, dass er als Grab des Apollon gegolten habe, und diese Meinung hat an Petersen einen Vertheidiger gefunden, wührend Bötticher der Ansicht ist, dass die betreffende Sage nur auf einer Ver- wechselung mit Python oder mit Dionysos beruhe. Dieselbe findet sich bei Porphyrios Vit. Pyth. XVI, p.20, 7 fg. Nauck.: ge di máéew Aeh- pois ngoofoysv (Mvdeyöges), éAsysiov Tj) mg "Anó4Aowog zum én£ygows, à? oŭ djAov, de Zait uiv Zu vide d "AnóAnw, dvpotOn dë ünd Hv- Oros, éxndsíOn dè dv v xeAovuévo rolnodı, Üc më Eruye vis Enwvuulas diè tò toes xógas tès TQuónov Ivyerigus wide Iomrijocı "AnóAAwva. Wir wollen gar nicht fragen, wie es denn möglich gewesen sein kónnte, den Apollon in dem Orakeldreifusse 9) zu bestatten; es liegt ja zu klar zu Tage, dass in dem Worte zofnodı ein Fehler steckt; auch xæfovuévw, welches nicht wohl zu demselben passt, weist hierauf hin, und die Ver- besserung wird durch die letzten Worte deutlich angezeigt. Man hat zu schreiben: zoionı. Aber, wird man einwenden, dadurch wird nichts gewonnen; denn bei Hesychios lesen wir ja: Totoy 6 $10 töv Ivdeyo- gun Ev Asia Tolnovs. Allerdings beziehen sich diese Worte auf denselben Gegenstand; aber auch sie sind verderbt, nicht bloss lücken- haft, was freilich bisher Niemand gemerkt hat, selbst Lobeck nicht, der sich zwei Male in verschiedener Weise mit der Erklärung des zofoy als teinovs befasst hat, Aglaoph. p. 387, Anm.p, und Paral gramm. gr. p.290. "Wer jene Stelle des Porphyrios vergleicht, wird nicht bezwei- feln, dass bei Hesychios nicht von dem rQ/ímovs,, sondern von dem .4z6ó4- Acwog wágog oder wußos die Rede sein sollte 7). Dieser hatte aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Namen eigentlich von seiner dreieckigen 6) De Witte lässt ihn Nouv. Ann. II, p. 330, und Él. d. mon. céram. II, p. 18 »sous le trópied« beerdigt sein. Aber selbst wenn diese Deutung in sprachlicher Beziehung zulässig wäre, würde sie in sachlicher nicht geringere Schwierigkeiten machen. 7) Eine sichere Herstellung der Worte des Hesych. zu geben, ist unmöglich; wir beschränken uns darauf, zu bemerken, dass zgimovs entweder aus toç oder wwußos oder aus Teiózrov verderbt sein wird. In dem letzteren Falle war die bei Porphyr. a. a. O. vorkommende Herleitung des Namens mitgetheilt. 238 J FR. WIESELER, Gestalt, indem er einer Pyramide glich, die etwa auf einem viereckigen Untersatz stand, eine Grüberform, die bekanntlich auch sonst vorkommt; man vergleiche die Benennung des Vorgebirges "Toon von den drei Seiten nach Salmasius Plinian. exercit. p. 212, E und ad cons. Herod. im Thes. Polen. T. II, p. 651. So ist es also mit dem Orakeldreifusse als Grab Apollons nichts; denn Petersen's Aeusserung ,,eine Hindeutung auf beide Sagen, dass der Dreifuss Grab des Apollon oder des Drachen sei, findet sich bei Serv. ad Verg. Aen. VI, 347: Cortina dicta est aut quod cor teneat aut quod tripus septus erat corio Pythonis serpentis“, kann man getrost auf sich beruhen lassen, da wohl schon an sich die Beziehung des cor auf das Herz des getódteten Apollon schwerlich Beifall finden wird 8). Aber auch die Existenz einer Sage, nach welcher der Orakeldrei- fuss als Grab des Python gegolten haben soll, unterliegt, wenn mich nicht Alles tüuscht, den gewichtigsten Bedenken. Ich will gar nicht einmal in Anschlag bringen, dass ältere und bessere Gewährsmänner als Grab des Python den Omphalos bezeugen, wenn ich es auch mit meinem kritischen Gewissen nicht vereinigen kann, der Behauptung Dót- tichers (in Gerhard's Denkm. u. Forsch. 1858, S. 210) beizupflichten, dass jene Annahme Varros und Hesychios', schon deshalb ‚‚falsch‘“ sei, weil ihr „die andere Sage, dass der mantische Dreifuss die Reliquien des Python berge, widerspreche“. Eher würde ich mich noch zu der Annahme entschliessen, dass Servius, wenn er zu Verg. Aen. III, 360 von dem tripus cum ossibus et dentibus pythii serpentis sprach, nicht an die d. h. alle Knochen und Zähne, sondern an Knochen und Zähne dachte, so unwahrscheinlich auch diese Auffassungsweise seiner Worte 8) Wie die alten Erklärer selbst die betreffenden Worte, die bei Servius zu Verg. Aen. III, 92 lauten: quia cor illic vatis tenetur, und bei dem Mythogr. Vatic. III, 8, 5, p. 202, 15fg. Bode: quia illic cor vatis tenebatur, auffassten, erhellt aus Schol. zu Lucan. Pharsal. V, 152: dicitur cortina, quia cor vatis tenebat, ne omnia diceret, quae audiebat vel videbat. Auch Varro de ling. lat. VII, 48, p. 140 Müller. denkt durchaus nicht an das Herz Apollo's, wenn er in Betreff der cortina Apollinis bemerkt: ea a corde, quod inde sortes primae existimatae. Bo. EE UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. ` ` 239 sein würde. Am sichersten geht man wohl, wenn man annimmt, dass er gar nicht nachdachte, als er jene Worte schrieb. Er würde sich sonst wohl die Frage vorgelegt haben, wo denn im Dreifuss die Knochen und Zähne aufbewahrt gewesen seien. Die Neueren geben ihnen einen Platz im Kessel, ohne sich weiter darum zu kümmern, wie das müglich war, mit Ausnahme etwa des umsichtigen Ulrichs a. a. O. S. 82, wel- cher sich den Kessel gewiss auch mit Rücksicht auf den in Rede ste- henden Umstand als hohl in Form einer Halbkugel und als mit einem scheibenförmigen Deckel versehen denkt; was aber, wie wir unten sehen werden, nicht der Fall war. Uns scheint es unzweifelhaft, dass die Angabe über die Aufbewahrung der Knochen und Zähne des*Python im Dreifuss nur auf Rechnung kopflos ausschreibender Grammatiker zu setzen ist, wie wir diesen oben S. 236 das corium Pythonis serpentis an dem Dreifuss haben zuweisen müssen. Die betreffenden Stellen sind ausser den beiden oben angeführten: Servius zu Verg. Aen. III, 92 und 360, Schol zu Lucan. Pharsal. V, 152, Hygin. Fab. CXL. Die Ent- stehung des Irrthums lässt sich noch recht wohl aus der Fassung bei Hyginus nachweisen. Hier heisst es von Apollo: nam Parnassum venit et Pythonem sagittis interfecit; inde pythius est dictus : ossaque ejus in cortinam conjecit et in templo suo posuit. Hier oder doch in der Stelle, aus welcher Hygin schöpfte, ist mit cortina sicherlich ein beliebiger Kessel gemeint. Die Nachschreiber fassten dann das Wort in der ge- wöhnlicheren Bedeutung des Dreifusses und setzten tripus an seine Stelle. Bötticher hat versucht nachzuweisen, „dass in „Delphi zwei Drei- füsse bestanden, «von gleicher Heiligkeit und Wichtigkeit für den ört- lichen Kultus, einer dem Apollon, der andere dem Dionysos angehörend‘“ (Grab des Dion. S. 4), in Gemässheit der Sage, ,dass Dionysos in einem Dreifusse bestattet sei, den Apollon eigenhündig nach Delphi führte, im - allerheiligsten innersten Raume seines eigenen Hauses beisetzte und als hochheiliges Unterpfand seinen eignen Kultuspflegern überantwortete, auf diese Art die geheimen Weihen und Sacra des Dionysos an diesen Raum wie an seine Priester bindend. Daher sei beiden Góttern das Symbol des Dreifusses, beiden der Lorbeer gemeinsam theilhaftig; und dS UE E fk reds oL SUE TA S 34 EN S e See, s A x TID ^s ei KO ER i yrs | 940 FR. WIESELER, selbst in solchen spielenden Herleitungen, welche die delphischen Drei- - füsse auch Dreifüsse des Dionysos nennen zofnode 10v Aıövvoor (sic) oiov dósAquxóv, zei ÓsAgiuxóv sei wenigstens die Gemeinschaft des Drei- fusssymbols bezeugt“ (Arch. Zig. a. a. O. S. 219 fg.). Diesen Ansichten hat Petersen im Philol. a. a. O. eine weitere Erörterung und Begründung gewidmet. Man findet sie ferner hoch gepriesen in der Doctordisserta- tion von Michael Ross, einem Schüler O. Jahn's, de Baccho delphico, Bonnae MDCCCLXV, p. 3 und 25. Deshalb bin ich gezwungen, sie zu berücksichtigen. Bótticher und Petersen erkennen den SE des Diele in denr auf einer Säule stehenden Dreifuss an der bekannten Dresdener Basis und suchen die Zulässigkeit dieser Deutung durch Schriftstellen, welche sich auf das Grab des Dionysos im Adyton beziehen, zu stützen, oder, besser gesagt, mit diesen in Einklang zu bringen. Was nun die Dresdener Basis betrifft, so bin ich der Nachweisung der Unzulässigkeit der Bótticherschen Ansicht in kunsthermeutischer Beziehung durch die oben S. 222 angef. Darlegungen von Pervanoglu und Friederichs über- hoben. Die Schriftstellen, aus welchen Bötticher das Vorhandensein des Dreifuss-Sargs folgert, sind Clemens Adhort. adv. gentes p. 5 ed. Sylb. — Eusebios Praep. evang. II, 3, 14, wo es in Beziehung auf Dionysos heisst: oí ðè Tiräves, of zei dregzgëgenreg avıov, Aéßnté ure ıoinodı èn- Oí»vtg, xci ToU Zhovócov Zußeiörres và méin, zeëfou ngóregor, Era ófsAfoxoig negıneigevres Öneigeyov "Hooíowio' Zeus $* vorsoov Eruyaveis — à usin toU Aıovöcov adi im v) ned) negaxereridereı zët: m àà — sic zën Hepvaoov gë zerertdereı dısoneoutvoy ron TOv Vve- xo6v, Ttetzes zu Lycophr. Alex. 208: oi Tiräves và Arovioov wein, & dıs- onáoašav, "AndAAan ddsAgd) övr aŭro nagfOsrro £ufeAórisc eis Jm" ő dè nagok c rolnodı nag&dero de qno: KeA4(uegoc* ze Evyogiov Aën" dunvgi Bózyov Óiov ózuig ergi Eveßdiorro, d.i. nach Lobeck und Meineke Anal. Alexandr. p. 50, Euphor. fr. XV: év nvgi Béxyov ðiov nio yıdlns 6BdAorto, und Arnobius adv. gentes V, 9: ut occupatos puerilibus ludicris di- stractus a Titanis (so!) Liber sit, ut ab iisdem membratim 'sectus atque BNET TTE UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 241 in ollulas conjectus ut coqueretur, quemadmodum Juppiter suavitate odoris illectus, invocatus advolarit ad prandium, compertaque re gravi grassatores obruerit fulmine atque in imas tartari praecipitaverit sedes, endlich die Stelle des Etymol. magn. p. 255, 11 (s. oben S. 228). Wer die erste und dritte Stelle, so wie die damit zusammenzuhaltende des Firmicus de error. prof. rel 8, 2, p. 89, 25 fg. Halm.: crudeli morte caesum aut in olla decoquunt aut septem veribus — membra lace- rata subfigunt, auch nur oberflüchlich ansieht, wird zugeben, dass aus ihnen nicht einmal folge, Dionysos' zerrissene, gekochte und gebratene Glieder seien in einem 4£ßng oder in einer olla oder in ollulae — man beachte wohl die Mehrzahl! — im pythischen Adyton beigesetzt worden, geschweige denn in einem Dreifusse (dieses um so weniger, als ja der A£fos, wie ausdrücklich angegeben wird, von dem zofnovs trennbar war). Dagegen scheint auf den ersten Blick bei Tzetzes und im Etym. magn. a. a. O. das Beisetzen in einem A&ßns berichtet zu werden. Aber wer da erwägt, mit welchen Gewährsmännern wir hier zu schaffen haben, der wird grosses Bedenken haben, der abweichenden Angabe Glauben zu schenken, nach welcher die Titanen selbst das thun, was sonst dem Zeus zugeschrieben wird, zumal da die von Tzetzes angeführten Worte des Euphorion — die des Kallimachos sind uns leider anderswoher nicht bekannt — darauf hindeuten, dass es sich bei dem 4&ßns im Sinne dessen, dem jene Bemerkungen nachgeschrieben sind, nicht um eine Todtenurne, sondern um ein Kochgeräth gehandelt habe. Auch Lobeck Aglaoph. p. 559 sah ein, dass die beiden Stellen nicht in Ordnung seien. Wenn er aber meinte, dass es sich bloss um eine Textesverderbniss han- delte, so können wir nicht beistimmen, indem uns vielmehr ein kopf- loses Excerpiren oder ein Irrthum in Folge des Niederschreibens aus dem Gedächtniss anzunehmen zu sein scheint. Jedenfalls beweisen auch diese Stellen durchaus nichts für den Dreifusssarg des Dionysos. Aber noch mehr! Es fehlt nicht an viel gewichtigeren Schriftstellen. Sie sind von Bötticher ganz unberücksichtigt geblieben , obgleich sie schon vor- längst in Lobeck's Aglaoph. p. 512 fg. zusammengestellt waren (vgl. jetzt auch C. Müller Fr. hist. gr. I, p. 387, und IV, p. 391) und Bótticher selbst Histor.-philol. Classe. XV. Hh sa Pr Fe re ee dë zer En ` ZE, 4 SE X um ud LOL URS cof odo] LEE PIE ES É EN o Ge LE KR ca wes x ON. erg X f i T FR. WIESELER, schon in der Tektonik II, S. 318, Anm. 72 eine später hinzugekommene angeführt hat. Petersen kennt und benutzt (Philol. S. 80 fg.) besonders zwei derselben, Jo. Malalas Chron. II, 52, p. 45 ed. Dind., wo es von Dionysos heisst: xei sig AeAgyovs nehty Exei ierg: xol Erin v0 Ael- wevov voU cÜroU Atovioov des? èv 0006. xci và gie Oi cüroU aurdg Zei si; tò legór fxg£uamos, ole Aeivapyos d Ooywreros Goveygdweto neg tod erof Aiovicov. ooëroe Óà xci Ô VoywWreros duAóyogog rà üt ovve- yodyero, Ev 1 &xO£osi sine negl Tod cUroU Arovöoov- Eorw isi» v)» vagiy ott £v AeAyois ied zën 'AnóAAowe iv yovcobv. Pe dë o sier $n0- vositeı 1 00008, &v © yodysrar* ’Ev3ads zeireı Zeen Arbvvoos èx Xsu£Ans, und Syncellus Chron. I, p. 307 Dind.: zfírócov noděsis zei rà negi "Toto Avxoboyór ve xci "Arteiwva xci HevO£c, Onws te soos? ovorüg eis udynv dvagsiceı, de quot Asivagyos Ô nomtýs, oùz Ó ĝńýrwo. To ð? Bov- Aoustvo ndosouw Zdein erof ri» mein Ev Asigois neg 1v "AnóAAwwe "än xovoobv, rd xci tò 0nAov dvdxsıraı Ajyoócrov Kæíoægos xci Négwvos A xí9uge. Béĝgov dé Tı sivc voulereı tois &yvooücıv 6 Zlroyócov veqoc, OTQL- vnyóg dà doc? ysvéoOe: —, dig gnow Pıloyogos èv devr£ow 9). Ein Jeder, welcher diese Worte aufmerksam liest, wird zugeben, dass auch in ihnen nicht die Spur einer Andeutung von einem Dreifuss als Sarg des Dionysos 9) Petersen, der auch nicht umhin kann zuzugeben: »hütten wir nur die Worte des Philochoros bei Malalas: B&9gov dé u sivo, Ùnovosïtæsr ý cogóg sti, so würde es schwer sein den Widerspruch mit dem Tzetzes und dem — Clemens zu beseiti- gen« (deren oben besprochenen Worte P. mit Bötticher als sichere Belege für den Sargdreifuss des Dionysos betrachtet), äussert dennoch: »da aber bei Syncellus steht: Bdäoon dé o vopíleve. voig dyvooücı ó Aiovvoov toç, so kann nicht zweifelhaft sein, dass Philochoros sagen will, die Stufe, auf der die Inschrift stand, wurde von Unkundigen, also mit Unrecht für einen Sarg angesehen und für das Grab des Dionysos gehalten. Und doch sagt er, dass Jeder, der da wolle, es sehen könne. Da liegt es nahe, die Stellen des Clemens und Tzetzes zur Ergänzung hinzuzuziehen und anzunehmen, Philochoros habe weiter berichtet, nicht die Stufe, sondern der auf der Stufe stehende Dreifuss sei das eigentliche Grab des Dionysos. Der Dreifuss unseres Kunstwerks — er meint die Dresdener Basis — steht aber auf eben solcher Stufe«. | UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 243 zu finden ist, dass vielmehr als solcher ausdrücklich ein fjd99ov bezeugt wird. Es genügt gegen Petersen Folgendes zu bemerken. Die Worte zw dë Boviousvw négsour und féSoor ðé o sivc: u. s. w. gehören so wie sie uns vorliegen, dem Syncellus an, nicht seinen Gewährsmännern. Selbst die Worte fí99ov dé tı Zeu£ing am Schlusse der Stelle des Malalas sind nicht durchaus die von Philochoros gebrauchten. Im Adyton — denn hier stand der „goldene Apollon“ (Pausan. X, 24, 4) — befand sich ein einem fWé9gov gleichender Gegenstand, den Unkundige für nichts Anderes als ein gewóhnliches fjé9gorv hielten, während die Kundigen wussten, dass es der Sarg des Dionysos war. : Dieses Wissen beruhte auf einer an dem betreffenden Gegenstande angebrachten Inschrift. Welche Form das fjíé9oov hatte, lässt sich nicht mit völliger Sicherheit bestimmen ; aber das ist unzweifelhaft, dass es keine Süule war, wie wir sie auf der Dresdener Basis finden. Ich schweige davon, dass es meines Wissens an Beispielen von Sargdreifüssen durchaus fehlt, indem ich nur noch hinweise auf die Stelle Tatian. c. Gr. VIII, 251: e w teuéver tod AJuedidou zeisiei us duge/de, 6 è Öugyahos tégos ëtt Jon cov, und daran erinnere, dass uns Bildwerke diesen Omphalos auf einem Bathron stehend zeigen, welches recht wohl mit einer cogóc verglichen werden kann. Dass übrigens im Adyton noch mehrere Dreifüsse vorhanden waren als der mantische, habe ich schon in Fleckeisen's N. Jahrb. LXXV, S. 691 fg. dargethan. Aber, so viel sich sehen lässt, bestanden dieselben nur in Weihgeschenken ohne praktischen Zweck; etwa mit Ausnahme eines oder einiger, die neben dem heiligen Heerde mit dem immer- währenden Feuer standen und als Zubehör desselben betrachtet werden können. Wenn Petersen a. a. O. S. 84 als ausgemacht annimmt, dass auch das schon oben S. 225 gelegentlich erwähnte musikalische Instru- ment „neben dem vorzugsweise so genannten delphischen Dreifuss war“, und zwar nicht als blosses Anathem, so lässt sich dafür weder ein di- rectes Zeugniss noch irgendwelcher Wahrscheinlichkeitsgrund beibringen 19). 10) Den von Petersen beigebrachten : »s0 erklärt sich, auch abgesehen von dem Hh2 244 : FR. WIESELER, | 3. | | Wir haben schon oben (S. 228) gesehen, dass der delphische Orakel- dreifuss dadurch, dass er keinen bauchigen Kessel, sondern eine Scheibe oder runde Platte hatte, der nach ihm, wie man annahm, so genannten mensa delphica näher stand als den dreifüssigen Geräthen, welche als sot. "00s; im engeren Sinne des Wortes nicht zu den tọčnečtær mensae, son- dern zu den A£ßnres gerechnet wurden. Inzwischen gehört er von Hause aus keinesweges zu den Tischen, sondern zu den Sesseln, unter denen es auch im gewóhnlichen Leben an dreifüssigen nicht fehlte, wenn dieselben auch erst in spüter Zeit nach griechischem Sprachgebrauch bei einem latei- nischen Schriftsteller (Sulp. Sev. Dial. II, 1, 4, p. 181, 4 Halm.) unter dem Namen tripus erwühnt gefunden werden. Demnach heisst er bei Kallima- chos Hymn. in Del. 90 und bei Nonn. Dion. IX, 257 reınodrjıos, reınodnis Sien und bei Jamblichus de myst. III, 11, p. 126, 4 fg. Parthey diygos tosis nodes &ywv. Von einem Tisch konnte erst seit der Zeit die Rede sein, seitdem sich neben der ältesten Art der Weissagung in Delphi musikalischen Instrument, dass so hüufip von einer Mehrzahl von Dreifüssen in Delphi und von einem Erklingen derselben die Rede ist, wie schon beim Alkäos (?) bei Himer. Or, XIV, 10«, kann ich auch nicht im mindesten gelten lassen. Be- kanntlich hielt Casaubonus zu Athen. XIV, p. 637 den Dreifuss des Pythagoras und den oben behandelten bei Hesychios als zofow erwähnten für einen, und denselben. Dieser Meinung hat schon Lobeck Aglaoph. p.387, Anm. p, widersprochen und auch Petersen mit Recht sich nicht angeschlossen. Diesem scheint die Stelle des Eusebios adv. Marcellum I, p. 16, b, p. 31 fg. Gaisford. nicht bekannt worden zu sein, wo berichtet wird: TAaüxov adv dvaOsive, sig dsAqotg zoinoda yoÀxoUv, ovv Önuovg- yýoavtæ voic mayíec te (2viiyvog wore Schneidewin., Jevuecroc ger Heindorf, og opd ter weie Petav.) xoovouérvov, rode te móÓaec, ët dv péßnxe, xoi v (tò Heind.) due rregıxsiusvov (Aéfique Schneidew.) xei ej» cwqdvgv vj» éni sot Afffgroc xoà vàc baßdovs dd uécov tetayuévaçs qOéyys039e. Avoac get, Hier hören wir also von einem anstatt einer Leier als musikalisches Instrument zu gebrauchenden Dreifuss, der sicherlich wiederum von dem des Pythagoras zu unterscheiden ist — óbgleich Lobeck anderer Ansicht gewesen zu sein scheint — als Anathem zu Delphi; ob aber dieses Werk, das man dem berühmten Glaukos von Chios zuschrieb, im Adyton des apol- linischen Tempels aufgestellt war, steht sehr in Frage. UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 245 die entwickelten, bei denen der Dreifuss nicht als Sitz sondern als Träger eines Gefässes und so als Tisch in Betracht kam, oder eine Ver- wechselung mit der römischen mensa delphica eintrat. Um zu einer genaueren Einsicht in die Gestalt und Einrichtung des Orakeldreifusses zu gelangen, haben wir vor allen Dingen nóthig, mehrere Schriftstellen, welche sich hierauf beziehen, schärfer als bisher geschehen ins Auge zu fassen. Zunächst und hauptsächlich handelt es sich um die, welche den Dreifuss als Sitz der Prophetin betreffen. Die Hauptstelle ist Pollux Onom. X, 81: tò 0° éníOnue Too toino- dos (nämlich der ünozssusvn tois Öwoıs rodnste, von welcher es unmit- telbar vorher in $. 80 heisst, dass sie zoí(movs zu benennen sei) zeien zer 6Auov ngo0ONxeı zalsiv, fme xoi Tob deiyızod Toinodos 10 éníOmua, Q dree dj ngopits, 0Auoc zeisiceı (vgl. schol. zu Aristoph. Plut. 9), Qe t uéoæ rof Eunögov Tolnodog ydoroa x«9'"Ounoov (Il. XVIII, 348, Od. VII, 457). Müller betrachtet hier die Ausdrücke zóx4og und öAuos als auf dieselbe Sache bezüglich; Bröndsted dagegen ist der Ansicht, dass durch dieselben verschiedene Theile des &nt$nua bezeichnet werden sollen, sonst hätte, behauptet er, x. 7 Au. geschrieben werden müssen. Es liegt auf der Hand, dass Müller Recht hat, schon deshalb, ,,weil* — wie er in den Gótt. gel. Anz. a. a. O. gegen Bróndsted bemerkt — „Pollux zuerst unter tripus — nichts als die mensa tripes (delphica) versteht, die nur eine Platte hat, so dass én(Omue, xíxAog, uos bloss auf diese Platte gehen kann“. Ausserdem ist wohl zu beachten, dass der Verfasser des Onomastikon in den folgenden Worten, welche den delphischen Dreifuss angehen, den xóx4oc gar nicht wieder erwähnt. Das geschieht einerseits, weil ihm xúxĝos und uoç gleichbedeutend Sind, andererseits, weil xóx4og der gewöhnliche Name für die Platte des Speisetischdreifusses war, uos aber der technische Ausdruck für die Platte des delphischen Dreifusses — der ja von der Platte selbst ö4uos genannt wurde, vgl Schol. zu Aristoph. Vesp. 238 und besonders Zeno- bios Proverb. III, 63 nebst dem von Leutsch in dem Corpus Paroe- miogr. gr. T. I, p. 72 Angeführten — und er diesen — mit Recht, wie 246 FR. WIESELER, schon oben angedeutet ist — der Gestalt und den hauptsüchlichsten Bestandtheilen nach als dem Speisetischdreifuss wesentlich entsprechend ` betrachtet, also auch den Namen uos für die Platte dieses zulässig hält, Andererseits hat Bróndsted, wenn nicht richtiger, so doch regel- rechter interpretirt als Müller. Beide setzen für den delphischen Ora- keldreifuss einen bauchigen Kessel voraus. Bröndsted findet diesen in dem Ausdrucke ö4uog bezeichnet — . und so auch noch Ussing —; Müller aber zieht hieher die Erwähnung der yco:go: „die Benennung des mittleren Theils, der dem Aufsatz deutlich entgegengesetzt wird", sagt er, ,ist ganz in der Weise des Grammatikers nachlässig angeknüpft“. - Aber wer sähe nicht ein, dass von Pollux die ydorge des £uzwgos mr: "ov; mit dem uoç des mantischen und des Speisetischdreifusses paral- lelisirt wird? Von einer Entgegensetzung der ydorge gegen das Zut: Squc« kann gar nicht die Rede sein. Müller hat den Ausdruck và uéoc günzlich missverstanden. Dieser bezieht sich nicht auf etwas, das zwi- chen dem entInue und etwas Anderem, was Müller nicht angiebt, auch nicht angeben konnte, da es nicht vorhanden war — denn wer wollte an einen Untersatz denken? — in der Mitte Gelegenes, sondern auf das, was in der Mitte der drei Füsse liegt, und kann demnach ebenso wohl den ö4uos des mantischen und des Speisetischdreifusses als die ydoroe des Zunvgog toínovs bezeichnen. Tà og ist für beide verschie- denen Arten durchaus gleichbedeutend mit tò &nfYyue. Man vergleiche nur die Stellen der Lexikographen oben S. 229,2 und des Clemens und Eusebios oben S. 240, wo der 4A£ßns als éníOmue des Dreifusses ange- deutet wird, auch Orph. Lithic. 718: ! éni vgínodog xola yéorons dësem Evrös. Auch in archäologischer und rein sachlicher Beziehung ist sowohl Müllers als auch Bróndsted's Ansicht als vollkommen verfehlt zu be- trachten. | Beide haben gemeint, ihre Auffassungsweise der Stelle des Pollux in bildlichen Darstellungen des Dreifusses wiederfinden zu kónnen. Müller nun hält für den uos die nicht selten vorkommende „auf drei Ringe gelegte Scheibe‘ oberhalb des „von drei Füssen getragenen qe PAS ee m ju TER Mt = ius cr ne A ue un 2 NOE P. UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 247 Kessels“, Bröndsted betrachtet den ö4uog als kugelförmig und halb- kugelförmig. Der halbkugelförmige sei der Dreifusskessel; der kugel- förmige dieser Kessel mit seinem Deckel, dessen Aussehen der oberen Hälfte einer Kugel entspreche. Er bezeichnet diesen Deckel auch als öAuos supérieur und jenen Kessel als ó4uog inférieur. So habe der Groe deAyıxös für gewöhnlich ausgesehen; mais pour faire un siège à la Pythie (opsoen mensam pythicam) on Atait la partie supérieure du ö4uos, ou le couvercle; ou attachait au-dessus du 0Auog inférieur ou du bassin, un cercle (dans le fait c'était un xóxAoc) de métal, et à rayons concentriques comme une roue; c'était sur ce cercle ou sur cette grille circulaire, que lon plaçait ensuite la zozete ou la mensa pythica, le siege propre de la prophetesse. Bei Müllers Ansicht, deren Zulässigkeit selbst Bröndsted a. a. O. p. 115 zu pl. II, p. XX Vign., nicht in Abrede stellte 11), fällt schon das auf, dass die Platte über den Handhaben, nicht zwischen denselben liegt. In diesem Falle würden die letzteren zur Sicherheit der auf der Platte Sitzenden haben beitragen können, während durch das Legen der Platte auf die Ringe die Sicherheit des Sitzes auf das Aeusserste bedroht wurde. Dazu kommt, dass es Darstellungen des auf den Hand- haben des Dreifusses liegenden Gegenstandes giebt, welche dem Ge- danken, dass dieser zum Sitz gedient habe, unbedingt entgegenstehen, wie wir weiter unten sehen werden. Bröndsted hat für einen besonderen Sitz der Prophetin oberhalb des fuos Sorge getragen, ohne inzwischen zu erweisen, dass derselbe praktisch zweckmässiger sei als eine runde Platte zwischen den Hand- haben des Dreifusses. Dass der allerdings in Beziehung auf den del- phischen Orakeldreifuss vorkommende Ausdruck mensa grade den Sitz der Prophetin betreffen soll, ist eine hóchst eigenthümliche Annahme. Wie sehr es schon an sich befremden muss, wenn Bröndsted eine dop- pelte Einrichtung des Orakeldreifusses voraussetzt, eine gewöhnliche und 11) Sie ist, ohne dass es jener beachtet zu haben scheint, unter Anderen schon von Millingen kurz ausgesprochen, Peint. ant. de vas. gr. (1816) p. 15, wo ein offen- bar anathematischer Dreifuss für den delphischen Orakeldreifuss gehalten wird. 248 FR. WIESELER, eine für das Orakelgeben bestimmte, als würe dieses bei jenem nur Nebenzweck gewesen, bedarf wohl kaum einer besonderen Bemerkung. Es fehlt jetzt nicht an mehr oder minder bekannten Bildwerken, welche uns die Pythia, die weissagende Themis, Apollon selbst auf dem mantischen Dreifusse sitzend Zeigen sollen, vgl. 1) zunächst Raoul-Ro- chette Mon. inéd. pl. XXXVII — Overbeck Galler. her. Bildw. Taf. XXIX, n. 11; 2) Gerhard Orakel der Themis, Kupfertaf. — Auserles. Vasenbilder T. CCCXXVII. CCCXXVIII, n. 3 = Denkm. d. a. Kunst IL, 74, 947; 3a) Tischbein Collect. of Engrav. I, 28 — Lenormant et de Witte Él. d. mon. céramogr. IL, 46, b) Raoul-Rochette a. a. O. pl. XXXV = Overbeck a. a. O. T. XXIX, 4, c) EPHMEPIX APXAIOA., 1841, n. 575 (s. uns. Taf. n. 8), dei Stef. Raffei Richerche sopra un Apolline d. villa Albani, t. 1—3 = Clarac Mus. de sculpt. T. MI, pl. 486, B, n. 937 A — Denkm. d. a. K. II, 12, 137, f) Clarac III, 485 und 486 A, 937. Die beiden letzten Bildwerke sind Statuen, das drittletzte ein griechisches Marmorrelief, die übrigen Vasenbilder mit hellen Figuren auf schwarzem Grunde. Ueberall findet man die be- treffende Person zwischen den Handhaben auf dem Kessel des Drei- fusses sitzen. In einigen Füllen ist es nicht ganz deutlich, ob der Kessel mit einem scheibenartigen Deckel versehen sein soll oder nicht; in anderen liegt es klar zu Tage, dass die Person unmittelbar auf dem Kessel sitzt, trotzdem dass der verhältnissmässig tiefe Kessel zum Sitz durchaus nicht passt. Erwügt man die Sache vom rein praktischen Btandputiete so stellt sich ein Doppeltes als möglich heraus: entweder hatte der Dreifuss einen bauchigen Kessel mit einer denselben deckenden Scheibe oder er hatte gar keinen bauchigen Kessel, sondern anstatt desselben eine hori- zontale oder nur wenig vertiefte runde Platte. Das Erstere hat nach Bróndsted nicht bloss Preller a. a. O., sondern auch Ulrichs a. a. O. S. 82 und O. Jahn in den Ber. d. K. sächs. Ges. der Wissensch. 1851, S. 138 angenommen. Allein wenn der Orakeldreifuss ursprünglich nur als Sitz der Prophetin diente und auch für die spütere Zeit sich keine Bestimmung nachweisen lässt, die einen bauchigen Kessel erfordert UEBER DEN DELPRISCHEN DREIFUSS. `. gag hütte, so sieht man gar nicht ein, warum man ihm überall einen solchen gegeben haben sollte. Also ist das oben als Zweites Gesetzte schon aus praktischen Gründen das entschieden Wahrscheinliche. Die Bildwerke, welche Jahn für das Erstere veranschlagt hat, und andere mehr oder weniger entsprechende beweisen auch nicht das Mindeste 12). Dass auch der Ausdruck 64uos in Hinsicht auf die Wortbedeutung dem Anderen nicht entgegensteht, indem derselbe sehr wohl von einer Cylinder-Scheibe gebraucht werden konnte, hat Müller gewiss mit Recht angenommen. 12) Jahn glaubt sogar auf allen oben angeführten Vasenbildern den »runden Aufsatz (xvxAoc), auf welchem Themis, Apollon oder die Pythia sitzen«, erkennen ` zu können, ausserdem noch auf dem Vasenbilde mit dem auf geflügeltem Dreifusse sitzenden Apollon (Mon. ined. d. Inst. I, 46 — Gerhard Ges. Abhandl. T. V, n. 3), und auf dem Dreifusse neben der Myrina auf der puteolanischen Basis. Von den Vasenbildern kann aber füglich nur das bei Tischbein mit Apollon und das mit der Themis veranschlagt werden; kaum das mit dem geflügelten Dreifusse, obgleich auch auf diesem oben am Kessel etwas zum Vorschein kommt, das man auf den ersten Blick für eine horizontale Scheibe halten könnte; es steht ja keinesweges sicher, dass hier der Orakeldreifuss gemeint ist. Hält man beide Bilder untereinander und mit anderen Dreifussdarstellungen, z. B. der bei Gerhard Auserl. Vasenb. Taf. COCCXXIV = Overbeck a. a. O. XV, 6, und der am Sessel des Potamon bei Choiseul Gouffier Voyag. pittor. II, 8, 1, oder besser bei Texier Descr. de l'As. min. pl. 128, zusam- men, so wird man zu der Ueberzeugung gelangen, dass es sich nur um einen schma- len Rand des Kessels handelt. Ueber den Dreifuss an der puteol Basis s. unten Anm. 17 u. 38, z.1, b, d Eher als bei diesem könnte man noch bei dem nach dem Relief n. 8 uns. T. an etwas auf den Kessel Gelegtes, das unmittelbar zum Sitz diene, denken. Doch würde man nicht sowohl eine regelrechte runde Scheibe aus Metall als etwa ein rundes Kissen anzunehmen haben. Inzwischen ist entweder das Ori- S - ginal selbst oder doch die von uns wiederholte Zeichnung in Betreff des in Rede stehenden Gegenstandes so ungenau ausgeführt, dass sich nichts mit Sicherheit be- stimmen lässt. Vermuthlich soll die betreffende Partie als noch zum Kessel gehó- rend gedacht werden. Auch auf dem Denar der gens Manlia, welchen de Luynes in den Nouv. Ann. 1839, pl. C, n. 42 nach Morell. fam. Manl. pl. I, B hat abbilden lassen, ist sicherlich nicht ein trépied à couvercle plat, sur lequel reposent un vase ‚et deux étoiles (p. 255) gemeint, vgl die genaueren Abbildungen bei Cohen Méd. cons. pl. XXVI, Manlia n.6 u. 7, und Fröhner Notice de la sculpt. ant. du Louvre P. 113 (von jenen n.7 auf uns. Taf. n. 16). ` Histor.-philol. Classe. XV. i Ii 250 FR. WIESELER, Andererseits lisst es sich aber nicht in Abrede stellen, dass das Wort 9440; zur Bezeichnung von tieferen cylinderfórmigen oder auch dem unteren Theile einer Kugel oder eines Eies gleichenden Geräthen und Gefässen diente 15). Wie steht es nun mit dem in der lateinischen Sprache am häufig- sten vorkommenden Ausdrucke cortina, der in dieser ebenso habituell ist wie in der griechischen ö4u0s? Das Wort cortina wurde zunächst von dem éní9nuc des Dreifusses gebraucht, dann auf diesen übertragen, ganz so wie uos, wie auch 4£ßns (vgl. die Anführungen in Fleckeisen's Jahrb. 1864, S. 254, Anm. 6) und wie abacus auf den Tisch gleichen Namens 14). Cortinam, tripodas erwähnt als delphica instrumenta Apollo's nebeneinander Sidonius Apol- linaris VIII, ep. 9. Bei Servius zu Vergil. Aen. VIII, 300 heisst es von Hercules: cortinam ipsam et tripodem Apollinis sustulit. Pruden- tius Apoth. 438 fg. schreibt: Delphica dampnatis tacuerunt sortibus antra, Non tripodas cortina tegit, non spumat anhelus Fata Sibyllinis fanaticus edita libris. Perdidit insanos mendax Dodona vapores. An den beiden ersten Stellen ist ohne Zweifel das eigentliche £níümue des Orakeldreifusses gemeint. Wer sich der Stellen erinnert, 13) Den von Müller Amalth. HI, S. 22 — Kl. Schr. I, S. 589, Ussing p. 96, Krause S. 246 fg. und jüngst von O. Jahn Bericht., Jahrg. 1867, S. 86, A. 36 ange- führten Stellen füge man hinzu: Lucian. Hermot. 79. Bei Hesychios: Apoc" megi- yeons Aí9oc, BdoBagvc (so!), èv & vie Bordvag zgißova u. s. W., ist für das dritte Wort nach meiner Ansicht zu schreiben: z«gdomos, vgl. Pollux I, 245: 0Apo6, Uneoov, xégdonoc, Jviæ, doëd? A sei dlsıgißevos. Einen kesselartigen, ziemlich halbeifórmigen ó4poc zum Zermalmen des Korns zeigt uns das von Heydemann Iliu- persis S. 24 bekannt gemachte, bei Jahn a. a. O. Taf. I, n.4 wiederholte Vasenbild. 14) Eigentlich bezeichnet abacus bekanntlich einen Tisch, namentlich einen Prunktisch, mit vierkantiger Platte (dem abacus im engsten Sinne des Wortes); später verwechselte man den abacus mit der delphica, vgl. den bei G. Valla angef. Probus bei Jahn Juven. sat. p. 209, Anm. zu Z. 14, schol. Juven. II, 204, Gloss. Philox.: abacum, delphicam. | TS. riu i OR En MEL Cia a te E E a e mE EDE EE EUER c E TT e EE CR US a e Es Dee e: AVEC M EE EE uice MEL oi EOS NET n NES si TUN MUS aa rl e coe sc wi UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS 251 nach denen der delphische Orakeldreifuss corio Pythonis tectus est (s. oben S. 229 u. 238), und zugleich beachtet, dass das Wort cortina bei d di E späteren Schr in der Bedeutung von e4eíe, aulaeum, negıne- reoue, velum gebraucht wird !5) und dass Isidorus diese cortina a coriis ableitet, der kann recht wohl auf die Annahme verfallen, dass Pruden- tius unter cortina die Haut des Python verstanden habe. Darauf würde gar wenig ankommen, da aus den oben ausgeschriebenen Versen zur Genüge erhellt, wie wenig genau der Dichter mit den Orakeln zu Delphi und Dodona bekannt war. Allein jene Annahme ist durchaus nicht nóthig, da das tegit auch zu der cortina als metallenem Gerüthe, wel- ches das &nidnue des Dreifusses bildete, recht wohl passt, wie die oben S. 229, 240 und 246 angeführten Stellen zeigen. Freilich weichen die Ansichten der Gelehrten über die cortina als Epithema des Dreifusses wesentlich von einander ab, indem der grósste Theil derselben jene mit dem ö4uog u. s. w. für gleich hält, während die, welche sich an Müller anschliessen, sie als etwas hiervon Verschie- denes betrachten. Alle aber stimmen darin überein, dass die cortina ein bauchiger Kessel von der Form einer Halbkugel gewesen sein müsse. Diese Ansicht beruht theils auf der Analogie des im gewóhnlichen praktischen Leben gebräuchlichen kesselartigen Gefässes, welches den- selben Namen führte, theils:und hauptsächlich auf der schon von Schott Explic. nouv. de lapothéose d'Homère, Amsterdam MDCCXIV, p. 67 benutzten Stelle des Varro de ling. lat. VII. 48, p. 139 Müller.: Apud Ennium (Vahlen Ennian. poes. relig., Annal. 9) Quae cava * corpore caeruleo* cortina receptat: cava cortina dicta, quod est inter terram et coelum ad similitudinem cortinae Apollinis, Diese Stelle ist es zu- gleich, welche die Gelehrten früherer Zeit veranlasst hat, das auf den Bildwerken nicht selten vorkommende halbkugel- oder halbeifórmige Symbol, welches man jetzt meist als Omphalos bezeichnet, mit dem 15) Vgl. Cosm. Indopleust. Cosmogr. V, p. 197, Isidor. Orig. XIX, 26, gloss. Ambros.: negenéítwcue, cortina, Schol. zu Lucan. Pharsal. II, 354, Vol. III, p. 145 Weber., Adelung Glossar. man. med. et inf. latin. II, p. 745. Ii2 a: j FR. WIESELER, Namen cortina zu belegen und anzunehmen, dass die Pythia unmittel- bar auf diesem Gegenstande, dem 04uog supérieur Bründsted's, gesessen habe. In der That würe ein solcher Sitz nicht eben unpraktischer oder unsicherer gewesen als der auf der „Scheibe“ über den drei Ringen. Noch Jacobs erinnerte a. a. O. an den auf der „Cortina‘‘ sitzenden Apollon, wie er von den Münzen der Seleukiden und sonsther bekannt ist. Ja wir kónnen eine bildliche Darstellung nachweisen, welche mehr für diese Annahme über den unmittelbaren Sitz der Inhaberin des Dreifusses als für die beiden anderen zu sprechen scheinen kann; wir meinen die aus Roccheggianis Race. I, T. LXXIII, n. 5 auf uns. lithogr. Taf. unter n. 9 wiederholte 16. Die hier vor Augen stehende Form des Sitzes der Weissagerin ist um so beachtenswerther, als sie offenbar derjenigen entspricht, welche der Kessel des Dreifusses, der ohne Zweifel der mantische zu Pytho sein soll, auf römischen Reliefs zeigt; vgl. an erster 16) Roccheggiani bemerkt über die meines Wissens sonst nirgendwo besprochene oder abgebildete Darstellung nur: Tripode cavato da una pittura antica in unà stanza sepolerale scoperta poco distante dal Tempio della Tosse in questo anno 1795. Questo puol (so!) indicare la Pitia che da le risposte sopra il Tripode d'Apollo. Die in den lezten Worten enthaltene Deutung ist sicherlich die richtige. Das Gemälde zeigt, wie sich ein Maler zu Rom in der Zeit der spüteren Khiser den Orakeldrei- fuss und die Pythia darauf dachte, und hat in sofern sowohl in Betreff jenes als hinsichtlich dieser ein namhaftes Interesse, obgleich es in keiner Beziehung, am wenigsten hinsichtlich des Epithems des Dreifusses und der Art, wie die Prophetin auf diesem sitzt, den oben S. 248 angeführten an historischer Treue voransteht. Ueber die Tracht und das Attribut der Pythia vgl. meine Conject. in Aesch. Eumen. p. XLI, Hermann u. Stark) Lehrb. d. gottesd. Alth. d. Gr. 8.40, Anm.9, unten Anm. 35. Die Baarfüssigkeit und den Lorbeer-Zweig findet man auch bei der Orakel ertheilenden Priesterin des Apollon an der puteolan. Basis (Jahn Ber. 1831, a 199 und Tat, III). Am Dreifuss sind auch die drei Schlangen, von denen je eine sich um einen Fuss des Geräthes ringelt, beachtenswerth; vgl. den Dreifuss von Metapont, jetzt im Berliner Museum, bei Panofka Mus. Pourtales pl. XIII = uns. T. n 18. Aus Diogenes Laert. V, 91 geht hervor, dass es im Adyton zu Pytho mehrere lebendige Schlangen gab. Nichtsdestoweniger liegt klar zu Tage, dass die Zahl der Schlangen durch die Form des Geráths veranlasst ist (Friederichs Bausteine S. 66, n. 52 a E.). š Së E i [rer 3 S er 3 y 3 " er TE ele NE eeh Lk NAM Mi crie a c LIS UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. SE Stelle Gage Mus. Lateranens. T. II, n.1 — uns. Taf. n. 10; dann Mus. Pio-Clement. V, 22 = Overbeck Galler. her. Bildw. T. XXIX, n. 1, auch Mus. Borbon. IV, 9 — Bötticher Baumcultus d. Hellen. Fig.25 — Gerhard Ges. akad. Abhandl T. XXVI, n. 4, Raoul-Rochette Mon. inéd. pl. XXXII, n.2 17). Aber diese obersten Theile des Dreifusses kón- nen unmöglich die cortina des Orakeldreifusses sein. Ihre Form ist auch keinesweges ganz die in der Stelle des Varro gemeinte. An dieser würde die zuletzt von Böttiger und Jacobs vertretene Ansicht, so unwahrschein- lich auch sie ist, den anderen gegenüber eine wesentliche Stütze finden, ‚wenn die bisherige Erklärungsweise die richtige wäre. : Das ist aber nicht der Fall. Man lasse sich nicht durch Bildwerke täuschen, welche den Dreifuss mit einer Halbkugel darauf zeigen, wie n. 7 uns. Taf. und andere, obgleich sich jene auf die obere Hemisphäre bezieht; ganz abge- sehen davon, dass diese Darstellungen, wie wir unten sehen werden, den Orakeldreifuss nicht angehen. Varro dachte nicht an solche Bild- werke. Er verstand unter cortina Apollinis nicht den ganzen Dreifuss, sondern das Epithem desselben, und dachte sich dieses in der Form, wie es ihm von der mensa delphica her, welche als Nachbild des pythi- . schen Dreifusses galt, bekannt war. Die similitudo wurde von ihm nur darin gefunden, dass die metaphorische cortina des Ennius rund war wie die cortina Apollinis. Auch in dem griech. Ausdruck odgevov — wird jà zunüchst nur die Ründung hervorgehoben. Wie sich italische Künstler, denen jedenfalls keine geringere id rität zuzuschreiben ist, als den Verfertigern der letzterwähnten Bildwerke, i ` die cortina des delphischen Orakeldreifusses dachten, zeigen am deut- lichsten einige auf den Dreifussraub des Herakles bezügliche bildliche - Darstellungen, in welchen es sich nicht um den ganzen Dreifuss, sondern 17) Vermuthlich hat man sich den Aufsatz oberhalb des Kessels des Dreifusses . an der puteol Basis (oben Anm. 12), wenn auch nicht ganz gleich, so doch ähnlich zu denken. Nach der Abbildung bei Jahn a. a. O. T. III lässt sich über den obe- Ten Theil nicht genügend urtheilen, da derselbe mit dem Mantel der Priesterin be- deckt und beschüdigt ist. Dass der Aufsatz nicht bloss in dem bestehen soll, was sichtbar und wohl erhalten ist, unterliegt uns keinem Zweifel. - 954 | FR. WIESELER, nur um die cortina handelt: a) ein etruskisches Bronzerelief, das als Zierrath eines Gerüthes diente, jetzt zu Hannover, ungenau erwühnt im Bullett. d. Inst. di corrisp. arch. 1831, p. 195, von Gerhard Auserl Va- senbilder Th. II. S. 144, Anm. 4, und von Welcker A. Denkm. Th. II, S. 299, A. 4, zum ersten Male abgebildet auf unserer Taf. n. 11 18); b) ein etrusk. Scarabäus, von welchem sich ein Abdruck findet bei Cades in der grösseren Sammlung XXIII, 227, erwähnt von Stephani Compte- rendu de la commiss. imp. arch. pour l'a. 1868, p. 40; c) die Statue des Hercules im Mus. Pio-Clement. T. II, t. 5, vgl. Visconti p. 10. In n.a erblickt man einen verhältnissmässig tiefen bauchigen Kessel; ebenso aller Wahrscheinlichkeit nach in n.b; in n.c aber eine wagerechte runde Platte!9). Vergleicht man mit diesen Darstellungen die oben S.250 ange- 18) Die Zeichnung verdanke ich der Güte des Herrn H. Kestner in Hannover, des jetzigen Besitzers, dessen kundigen Bericht ich mir erlaube mitzutheilen. »Die Arbeit ist ziemlich roh etruskisch, sehr unförmliche Beine, Füsse und Hände, Be- handlung des Haares in der üblichen durch die Bronzetechnik gegebenen stereotypen ziemlich gradlinigen Strich-Manier. Die fast mittelalterlich erscheinenden faltigen : gestreiften Jacken mit Punctirungen ornamentirt und scheinbar die Genitalien ange- deutet, wenn auch eher den im Mittelalter üblichen Sückchen ähnlich. Das Streit- object, der Kessel, ist, bis auf die zackige obere Randverzierung, von ziemlich primi- tiver Form und der ad œ hindurchgetriebene Stift nur zum Zweck der Befestigung des Ganzen an ein dazu gehöriges Gerüth oder Gefäss oder Kästchen angebracht. Die als Fuss behandelte (in unserer Abbildung weggelassene) Lówenklaue scheint auf eine grössere mehrfüssige Bronzegerüthschaft zu deuten, woran allenfalls noch mehrere Herakles-Abentheuer dargestellt sein mochten, wie sie oft in fortlaufendem Zusammenhange an dergleichen Arbeiten vorkommen. — Die im Bullett. a. a. O. erwähnte »Riconciliazione« scheint zwar im Werden zu seien, aber noch immer etwas bedenklich durch die Haltung der streitenden Parteien, indem offenbar Apollo noch nicht aufhört, mit trotziger Haltung einige Anzüglichkeiten zu sagen, worauf Herakles mit seinem kleinen aber doch bedenklichen Life-perserver leicht eine un- angenehme Antwort ertheilen kónnte, zumal da Apollo nur die Linke mit seinem ohne Pfeil ziemlich unschuldig erscheinenden Flitz-Bogen zur Disposition hat«. 19) Nach Visconti a. a. O. ist il cratere del tripode espresso in una specie di disco , dov e lorma di una spranga, forse di metallo, che dovea reggere qualche altra parte di quello arredo. Er vermuthet, dass dieses die damals allgemein so AS. "PERSE TES A. S cuir ys RR 3 + UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. za führte Stelle des Servius zu Verg. Aen. VIII, 300, so kann es scheinen dass es eine Variation der Sage gegeben habe, nach welcher Hercules die cortina des Dreifusses allein nahm. Inzwischen ist es auch móglich 3 dass diese als der wichtigste Bestandtheil des Dreifusses von den be- treffenden Künstlern zur Andeutung des ganzen Dreifusses dargestellt ist, ühnlich wie in der Sprache von der cortina als &ni$nu« des Drei- fusses der ganze Dreifuss benannt worden ist. Leider bieten uns aber auch diese Bildwerke keinen sicheren An- halt zur Entscheidung der Frage, wie sich das Epithem des delphischen Orakeldreifusses in Wirklichkeit ausnahm; schon deshalb nicht, weil die Form desselben in nr.a und b einerseits und in nr. c andererseits durch- aus abweicht. : So müssen wir uns, um zu der Einsicht zu gelangen, ob das, was die Rómer als Theil des Orakeldreifusses cortina nannten, kesselartig oder plattenartig gewesen sei, weiter bei ihren Schriftstellern umsehen und ` etwa auch die Etymologie zu Rathe ziehen. Was jene anbetrifft, so kommt zunächst die oben S. 229 mitge- theilte Stelle des Plinius in Betracht. So sicher es auch steht, dass diese nicht ohne Verderbniss ist, ebensowenig kann bezweifelt werden, dass in ihr die mensae delphicae als cortinae bezeichnet sind 20). Dieses konnte genannte Cortina gewesen sei. Darauf beruht sicherlich die Aeusserung Bötticher’s Arch. Ztg. 1858, S. 222: »in der Statue des Mus. Pio-Clem. II, 2 (so!) trage Hera- kles sogar auch noch den Omphalos mit weg«. Handelt es sich um einen Aufsatz, wie es allerdings scheint, so wird dieser in der That schwerlich die Form von dem obersten Theile der Dreifüsse gehabt haben, über welche oben S. 253 die Rede war. 20) Kónnte in der Stelle des Plinius cortinas íripodum nichts Anderes bedeuten als »Dreifusskessele, so würde in dem zweiten Worte ein Fehler vorauszusetzen sein, da dasselbe auch mit den zunüchst folgenden nicht verbunden werden kann ohne diese zu verändern. Man könnte mit einem gewissen Scheine schreiben: cortinas, tripodes nomine ac delphicas (ac hat die beste handschriftl. Auctorität). Aber jener Ausdruck kann recht wohl bedeuten: die cortinae unter den tripodes, vgl. in sprach- licher Hinsicht z. B. den oben in Anm. 1 angef. Ausdruck des Anon., den ich in Fleckeisen's Jahrb. 1864, S. 246 erläutert habe, in sachlicher aber, dass, während es mehrere Arten von tripodes gab, doch wie in der griech. Sprache nach dem 256 | — FR. WIESELER, aber nicht wohl geschehen, wenn man nur einen bauchigen Kessel, nicht auch eine wagerechte oder flach ausgehóhlte Scheibe cortina ge- nannt hätte. Dazu passt es auch durchaus, dass Ennius bei Varro a. a. O. von einer cava cortina spricht. Wäre die cortina nur cava gewesen, so würde dieses Epitheton nicht besonders hinzugesetzt sein. Bei Taci- tus Dial. de orat. 19, p. 30, 23 Michael. bieten die Handschriften: in cortina, ganz in dem Sinne von in corona, einer Conjectur von Ursinus, die ohne Noth in den Text aufgenommen worden ist. Die Etymologie anlangend, so hängt cortina sicherlich mit cohors, chors, cors zusammen, wie schon Jos. Scaliger einsah, vgl. Cato ap. Fest. p. 146, 29: mapalia vocantur ubi habitant; ea quasi cohortes rotunda Grammatiker Aristophanes bei Zenob. Prov. III, 63 nur oi zoimodes «00 ’Anolkwvog uor , so in der lateinischen ausschliesslich die Dreifüsse desselben Gottes cortinae genannt wurden, zunächst und hauptsächlich der pythische Orakeldreifuss (Vergil. Aen. III, 92, VI, 347, Ovid. Met. XV, 635, Claudian. Epigr. XXXI, 2, Valer. Maxim. VIII, 10, vgl. ausserdem Schol. zu Lucan., oben 8. 228 fg., und den oben S. 235 fg. angef. lat. Grammat., Gloss. Philox.: Cortina, deAgyıxög voímovc t4móAAovoc); dann die entsprechenden der apollinischen Sibylla und der als Priester dieses Gottes zu betrachtenden Quindecimviri sacris faciundis, vgl. Propert. V, 1, 49, Serv. zu Verg. Aen. 332, Valer. Flacc. Arg. I, 5, Klausen Aeneas u. die Penat. I, S. 212 fg., Borghesi Osserv. num., dec. VII, 6 — Oeuvr. compl.I, p. 343 fg., wo inzwischen der Ausdruck cortina nicht richtig gefasst ist); endlich auch Weihdreifüsse von derselben Form, wie sie gewiss die nach Sueton. Octav. LII. dem palatinischen Apollo dedicirten cortinae aureae hatten. Dass auch Plinius an Platten und Beckendreifüsse in den Hei- ligthümern denkt, geht daraus hervor, dass derselbe unmittelbar vorher die triclinia aerata abacosque et monopodia und unmittelbar nachher die lychnuchos in delubris behandelt. Uebrigens kommt der von ihm angegebene Grund der Benennung als delphicae sonst nicht vor, und es fragt sich, ob er allein aufgeführt war. Vermuth- lich ist die Stelle von nomine an stürker verderbt'als gewóhnlich angenommen wird. Wer dem ac der besten Handschr. sein Recht widerfahren lassen will,. kann mit grossem Schein schreiben: nomine mensas ac delph., vgl. Tertull. Ap. XXXII und andere oben S. 228 fg. angef. Stellen. In den folgenden Worten war vielleicht eine doppelte Etymologie gegeben, so dass die erste, zu welcher etwa die Worte quod erat, die im cod. Bamberg. statt quoniam stehen, gehörten, der oben 8. 227 fg. mitgetheilten entsprach. , : ? UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 257 sunt, wie das entsprechende fuos mit łów, sien, EAloow (Ussing a. a. O. p. 96, G. Curtius Grundz. d. gr. Etymol. I, S. 325 der erst. Ausg.) Bei beiden Worten liegt der Begriff des Runden zu Grunde; beide konnten sowohl für runde Gerüthe oder Gefässe mit tieferem Bauche als für blosse Scheiben, wagerechte oder flach ausgehóhlte , gebraucht werden ?!). Nach dem Obigen halten wir es für überflüssig, die Ansicht, nach welcher die cortina ein Einsatz des Dreifusskessels gewesen sein und als xeiov gedient haben soll, besonders zu widerlegen, zumal da wir über das vermeintliche besondere Schallgefäss unsere Ansicht gleich zu äussern haben werden. | Noch dunkler als die Wörter fuos und cortina ist der Ausdruck Gë geblieben, welcher drei Male in Beziehung auf den mantischen Dreifuss vorkommt. Jamblichus de myster. III, 11, p. 127, 5 fg. Parthey berichtet: 7 &v Boeyxídeig yuv Zi &5ovos zasyuson nooAtysı tò u£AAov, und bei Nonnos heisst es Dionys. IV, 289 fg. von Kadmos: uevıwoıs dëng Zären ` wIa zıynoas deiypdv čoyýtotro usoóugaAor GEove IlvOobc, uevroovvnv &péstve, xol Gunvoa "ëng gwy zixAov £m airoßonrov $Oéonuos x0ıAddı qvi, und wird Apollon XXVII, 252 angeredet : &Eovog Öugyeioıo Henyogs zoigexg IlvOoUc. Müller, der de trip. delph. p. 18, Anm. 50, geäussert hatte, dass Gë dasselbe sei wie J£ßng, war dagegen in der Amalthea I, S. 121 = KI. 21) Nach Wernsdorf und Jacobs bezeichnete der Dichter des Aetna Vs. 229 die Wasserorgel durch cortina, was zu der kugelförmigen Gestalt, welche dieses Instrument auf Bildwerken, z. B. dem in meinen Denkm. der Bühnenwes. T. XIII, n. 1 herausgegebenen, hat, sehr wohl passt. Dass auch ein convexes halbkugelför- miges Geräth, wie das, welches in der Archäologie so lange unter dem Namen cor- tina gegangen ist und zum Theil noch geht, recht wohl so genannt werden konnte, stellen wir also nicht in Abrede, wohl aber, dass dieses in einer Schriftstelle in Be- ziehung auf den apollinischen Dreifuss geschehen sei. Histor.-philol. Classe. XV. Kk 958 |. FR. WIESELER, Schr. II, S. 577 der Ansicht, dass unter Gëmn ein „von den Römern cortina genanntes, von dünnem Erzblech gebildetes Schallgefäss‘‘, zu verstehen sei, das „seiner halbeiühnlichen Gestalt zu Folge unmöglich als Deckel auf dem schaalenfórmigen Kessel gelegen haben kónne, viel- mehr umgestülpt und mit der Wólbung nach unten hineingesetzt worden zu sein“ scheine. Gegen ihn bemerkte Böttiger a. a. O. S. XXIX, Anm., ,&&ov könne nie der eigentliche Name der cortina gewesen sein; diesen kónne sie nur als eine Art von Drehmaschine zuweilen ge- habt haben“. Unter cortina versteht er theils den Dreifusskessel, theils denselben Gegenstand, wie Müller, nur dass er diesen als jenen hemi- sphürischen Aufsatz des Dreifusskessels betrachtet, auf dem die Pythia gesessen habe (Amalthea IT, S. XIX fg. Er bezog den Ausdruck Gm also auch auf ein Schallgefáss und dachte sich das Schallen vermuthlich als durch das Umdrehen bewerkstelligt. Auch nach der Darlegung Fr. Passow's, dass die cortina nichts Anderes als der Omphalos sei, be- harrte Böttiger in „Archäol. u. Kunst“ S. XXI bei seiner früheren An- sicht, der er noch eine mehr als vage Vermuthung hinzufügte. Ueber den &&w» hat aber weder Böttiger, noch selbst Müller sich weiter aus- gesprochen ?7. Wohl aber Bröndsted ?5. Von Bemühungen anderer 22) Müller hat, wie ich schon oben S. 222 andeutete, offenbar seit dem J. 1828 seine Ansicht über ein besonderes Schallgefäss aufgegeben; aber ohne das ausdrück- lich zu sagen. Seine Meinung, dass der Ausdruck &&wv darauf zu beziehen sei, hatte er sichtlich schon vor dem Jahre 1825 wieder geändert; vgl. Amalth. III, S. 23 = Kl. Schr. II, S. 589, wo er nach dem Vorgange Welcker's den »griechischen Ausdruck für das innere Gefäss, welches die Römer cortina nannten«, in einer Stelle Alkman's vermuthet, die gar nicht hierher gehört (Fr. 25, p. 640 d. erst. Ausg. von Bergk’s Poet.lyr.gr.. Was aber unter de» zu verstehen sei, darüber hat er nach- ber sich nicht geäussert, ebenso wenig wie er nach 1830 auch nur angedeutet hat, wie der lat. Ausdruck cortina zu verstehen sei. 23) Dieser sagt a.a. O. p. 117, Anm. 11, Müller's Ansicht mit Entschiedenheit ver- werfend: quant au vase sonnant, Schallgefäss (le prétendu &&wv de Nonnus) — Jignore ce que c'est, et je ne crois pas que les anciens l'aient connu d’avantage, bemerkt aber p. 119: d'aprés un passage de Nonnus rapproché de Jamblique — er meint die beiden oben zuerst angeführten Stellen — on pourrait supposer que le UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 259 Gelehrten zur Erklirung des Wortes ist mir gar nichts bekannt ge- worden 2^. ; Die erste Stelle des Nonnos ist ohne Zweifel verderbt. Aber man hat den Sitz des bedeutendsten Fehlers nicht richtig erkannt. Nach den oben ausgeschriebenen Versen folgen die Worte des Orakels. Dann heisst es Vs. 307: die Ydusvos vgunóÓcw Enszolue Aude gwrjy. | Kann denn hier nödıos So» in Vs. 291 das Subject sein? Ohne Zweifel ist. vom Gott Apollon die Rede, Das sagt auch Nonnos Vs. 311 ausdrücklich : eine 9sóc. Zu Vs.291fg. ist zu verbessern: Móðos, twv zixAov £m adroßontov, &9Eoruoe. Durch das blosse Húðıos wird Apollon auch in Vs. 317 bezeichnet ?5). Unter &£wv ist aber der ganze Dreifuss zu verstehen. Oder sollte sich auch an den xóx4og denken lassen? ` Allerdings weisen die Worte des Verfassers der Dionysiaka, wenn er so schrieb, wie wir annehmen, nicht so bestimmt und deutlich auf einen Unterschied zwischen &&wv und zóx4og hin, wie es nach der xvxÀoc était uni au centre percé du öAuog inférieur par le moyen d'un fort cylindre de métal, ce qui rendait légérement mobile tout l'appareil à la volonté de la pré- tresse assisse dessus, supposition qui s'accorde avec ce que les anciens disent assez souvent (?) de la secousse communiquée ou trépied par la prétresse. Etwas Aehnliches hatte schon Schott Apoth. d'Hom. p. 98 aus der Stelle des Nonnos herausgeklügelt, von dem wohl Bóttiger Amalth. II, p. XIX seinen in der Mitte durchlócherten und eben desswegen immer mit einem Teppich behangenen öAuog hat. 24) Um von den oben S. 222 erwühnten Nachfolgern Müllers nur C. Fr. Her- mann zu berücksichtigen, so schweigt dieser a.a. O. A. 11 über den «$wv, inzwischen geht aus dem von ihm $.40, A. 27 Gesagten hervor, dass er unter diesem Worte nicht den Dreifuss verstand. Als »ein Schallgefäss am Dreifuss« bezeichnet den dan auch das Handwörterb. d. gr. Spr. von Fr. Passow, neu bearb. von Rost und Palm, Bd. I, 8. 289. 25) Nun passt auch in Vs. 291 die handschriftliche Lesart «urvoa, welche man schon frühzeitig angetastet hat, ganz vortrefflich. Die Redensart xgmouous dvanveiv findet sich bei Philostrat. Vit. sophist. 18, p. 216, 7 Kays.; vgl. auch Claudian. Epigr. ; l: Castalio de gurgite Phoebus anhelat. Kk2 260 FR. WIESELER, früheren Lesart scheinen konnte. Aber warum sollte er mit dem Aus- druck gewechselt haben, da der Vers doch auch čto? dé ejr. zuliess? Noch entscheidender ist, dass das Griechische &&w»v ebenso wie das La- teinische axis wohl in der allgemeinen Bedeutung von Wagen, nie aber in der von Wagenrad, wie zvx4oc, gebraucht wird, also es durchaus un- rüthlich ist, an eine runde Scheibe, wie der zéx4og ceVroffógroe eine war, zu denken. Es handelt sich nur darum, darzuthun, in wiefern der Dreifuss &&or genannt werden konnte. Uns unterliegt es keinem Zweifel, dass die Benennung sich auf die Gestalt des Dreifusses im Ganzen und Grossen bezog, der entweder drei Seiten und Ecken (ywvies, s. Athen. p.199, d, oben S. 224) hatte und so etwa einer oben abgestumpften Pyramide ähnlich war, oder einem Cylinder glich (s. uns. T. n. 18, und n. 48u.49 — Mus. Borb. VI, 13). Hinsichtlich des Ersteren, welches uns das Wahrscheinlichere dünkt, sind die Solonischen &&ovec zu vergleichen, die schon in der Zeit der Alexandrinischen Gram- matiker mit den als zo£ycwo: und nwowuosıdsis bezeichneten xúgßsrs iden- tifieirt wurden, vgl. die Anführungen in C. F. Hermann's Lehrb. der Griech. Staatsalterth. S. 107, Anm. 1. Dass ein £c» genanntes Geräth nicht nothwendig drehbar zu sein brauchte, bedarf wohl keines weiteren Beweises. Oder wäre in der That der Orakeldreifuss später drehbar ge- wesen? Claudianus sagt in Rufin. 1. I, praef. Vs. 11 fg., indem er die Freude schildert, welche nach der Erlegung des Python zu Delphi ge- herrscht habe: Omnis, IO Paean, regio sonat: omnia Phoebum Rura canunt. Tripodes plenior aura rotat. Die von uns verbesserte Stelle des Nonnos lehrt uns zugleich, dass auch das Epithem des mantischen Dreifusses xix4og genannt wurde, wie das des Speisetischdreifusses, und dass dieser xzóx4og; ebenso wie der gleichbedeutende ö4u0s dem Propheten als Sitz diente: Umstände, die sich allerdings aus Pollux X, 81 schliessen lassen, aber von diesem kei- nesweges ausdrücklich berichtet werden. Auch in den Worten Arte- midors Oneiroer. V, 21: Matz us gni xóxAo Toínodoc dıenksiv néhayos, ist UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 261 gewiss nicht sowohl der Orakeldreifuss als die delphica des profanen Lebens gemeint. Ausserdem ist die Bezeichnung des zix4og als evroßontos besonders beachtenswerth. Sie führt wie von selbst zu der Annahme, dass wenn an dem Dreifusse nur ein Theil war, der das Tónen verursachte, dieser eben der zxíz4og gewesen sein müsse, also ein besonderes Schallgefäss nicht anzunehmen sei. Lässt es sich nun auch anderweitig darthun, dass das Tönen auf den xvxAog beschränkt war? Man kann etwa ver- gleichen Vergil. Aen. III, 92: visa mugire adytis cortina reclusis, denn dass hier von Delos die Rede ist, verschlügt nichts. Allein wenn auch cortina zunächst dasselbe wie xíx4og bezeichnet, so wird es doch meist von dem ganzen Dreifuss gebraucht und der ist aller Wahrscheinlichkeit nach auch hier gemeint. An einer anderen Stelle, XIII, 133, wird von Nonnos selbst roízos c)roflógrog erwähnt. Nach Lucian. Phalar. II, 12 ô HóJios yoQ xci A toínovc qO£yyevos xol Ñ Mosis Zunveivei. Bei Himer. Or. XIV, 10 steht geschrieben: robe Ós4quxovg Gate rotnodas, ferner Or. XI, 3, dass Apollon nseınwioowv Tide xdxsios nde Tv nóAw (rhv "Egsoov), ivOsv uiv Ze Bocyxidov, Erigwädev dë £x KoAoyavos nAnrısı vobg zoinodes, und Or. XXI, 8, dass KoZogàv uiv Eye vly Augen: 1oínodsg dä @Aiws Zoos, Auch bei Eustath. Macr. X, 18, p. 271, 14 Herch. ô toíztovc "si. Allerdings sind diese Stellen an sich durchaus nicht be- weiskrüftig, da ja immerhin das, was nur von einem Theile gilt, auf den ganzen Dreifuss übertragen werden konnte. Wer sich aber der oben S. 234 angeführten Worte des Eustathios zu Homer erinnert, wird Zugeben, dass, nach diesen zu schliessen, auch das dreifüssige Gestell . zum Tönen beigetragen haben muss. Sonst würde ja nicht der ganze Dreifuss als aus Erz gemacht bezeichnet sein. Auch die Frage nach der Weise, wie das Tönen des Dreifusses vor sich ging, führt auf die An- nahme, dass der xóx4og und dass Dreifussgestell gemeinschaftlich dabei ‘ wirkten, und zu der Einsicht, dass der xóx4og dabei so zu sagen die erste Rolle spielte. Wie Nonnos a. a. O. den Dreifuss und den xux4os als „von selbst tönend‘‘ bezeichnet, so I, 432 den Donnerkeil als ögyavo» @inoßönzov. In beiden Füllen bezieht sich das „von selbst" nur darauf, 262 FR. WIESELER, dass nicht gewóhnliche Menschen, sondern hóhere Wesen durch eine Naturkraft das Tönen zu Wege bringen. Anlangend den Dreifuss, so ist es zu Delphi Apollon, der ,orakelt* oder jenen ,schlügt'', indem er jenen Hauch aus der Erdspalte, über welcher der Dreifuss stand, empor- sendet, womit nach mehreren Schriftstellern auch Erderschütterung, Win- deswehen u.s. w. verbunden war 2). Wer bedenkt, dass das Epithem des Dreifusses mit dem Gestell nicht fest verbunden war, wird einsehen, dass schon durch ein Emporgeschnelltwerden jenes und Zurückfallen auf dieses ein Getón hervorgebracht werden konnte. Auch bei einer Be- wegung des Dreifusses in horizontaler Richtung, wie sie in der Stelle Claudians angedeutet wird, sei es nun, dass an ein eigentliches Rotiren zu denhen ist oder nur an ein Erschüttertwerden nach verschiedenen Seiten hin — was uns das Wahrscheinlichere dünkt 27) — wirkten beide Bestandtheile des Dreifusses zur Herstellung des Getóns zusammen, konnte aber der xóx4og vorzugsweise als den Ton verursachend gelten, weil in ihm die Bewegung sich mehr manifestirte als in dem Dreifussgestell, welches natürlich so fest stehen musste, dass es nicht umfallen konnte. Es giebt aber keinen sicheren Beleg dafür, dass das Tönen des xóxAoc oder des Dreifusses stattgehabt hütte, wührend der Prophet darauf sass ?8), 26) Vgl. über das letztere die Stellen bei Ulrichs a. a. O. S. 95, Anm. 66, und die Claudians de VI cons. Honor. 30 fg.; hinsichtlich des Ersteren die von Ulrichs 8.99 und C. Fr. Hermann Gottesdienstl. Alterth. 8. 40, A. 8 angef. Lucan. Phars. V, 125 fg.: in immensas cineres abiere cavernas, Et Phoebi tenuere viam. Neben Apollon wird auch Python erwühnt, der Reprüsentant jenes Erdhauches, welcher als Diener des Gottes aus der Unterwelt her fortwirkt, vgl. Lucian. de astrol. 23: dog: xav Und v0 tgínoó. PIEyysıoı. Lucan. sagt a. a. O. Vs. 83 fg.: ventos loquacis ex- halare solum. 27) Vgl. namentlich auch den Ausdruck zé zeinoda drogeisgiäo bei Lucian. Bis accus. 1, worüber mehr in der folg. Anm. 28. Ausserdem ist meines Wissens von einer Bewegung des pythischen Dreifusses nur noch die Rede bei Luc. Phars. V, 121. 28) Nicht einmal die oben behandelte Stelle des Nonnos nach unserer Herstel- lung fordert jene Annahme. Unter ıgınodav Svwíóm pævýv, Vs. 307, ist nicht die Stimme des Dreifusses, sondern die Stimme, welche der auf dem Dreifuss sitzende Apollon erschallen liess, vgl. popas o, wie sie Vs. 308 genannt wird, zu verstehen. UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 263 zumal da andererseits erhellt, dass jenes auch vorkommen sollte, wenn Wenn Vs. 350 von einem zwS«ov oddeins oparov qyo)g die Rede ist, so kann man das Epitheton oëdofoc immerhin auch darauf beziehen, dass der Dreifuss in einer Höhle stand, vermuthlich ist aber noch mehr an die Bedeutung zu denken, welche das entsprechende Epitheton y9é»&oc in den Worten elef eddi x9ó»io» bei Euri- pides Hel. 1382 hat, so dass es wesentlich dem Ausdrucke xoi4ós ga? bei Nonnos entspricht, den der neueste Herausgeber p. XXIX nicht hätte antasten sollen. Mit round dun pwvýv ist zusammenzustellen Claudian. Epigr. XXXI, 2 fg.: quidquid fati- dico mugit cortina recessu, carmina sunt, und Ovid. Met. XV, 635 fg.: Cortinaque reddidit suo hanc adyto vocem, Stellen die nicht durchaus mit der oben angef. Vergil’s zusammenzuhalten sind. Auch hier ist an den auf der cortina sitzenden Propheten zu denken. — Noch weniger spricht für das Sitzen der Prophetin auf dem Dreifusse während des Tönens desselben die Stelle des Lucian. Bis accus. 1, welche gewöhnlich und auch von Müller de trip. p. 21 und von Bróndsted (s. oben Anm. 23) dafür veranschlagt wird: sei don uiv org (r9 ’Anollavı) èv 4deÀqotc GVeyxoiov svar, uev óAÍyov dë ic Koloywva Js? wGwetOsv Ze Zavdov zeraßeivsı xoi doouuioc one éc viv KAdgov, ef Ze Aëion d èc Boayyídac, xoi ice dvd dr fj rod- avuç "moo voi Lego vduarog xci uaomoauevn tjs Odqvgc xoi vov ıginoda dogego- pévg xsAsvom mapeva, &0xvov yo) adrixa wo nrapsoravan Evveígovva vovg yoncuovc. Oder wollte man den Umstand, dass die orakelnde Themis in dem oben S. 248,2 angef, Vasenbilde auf dem Dreifuss sitzend in der einen Hand die Trinkschale in der andern den Lorbeerzweig hült, dafür geltend machen, dass das Trinken von dem Wasser der Kassotis sowie das Lorbeerküuen und also auch das von Lucian damit zusammengestellte Durchschütteln des Dreifusses von der Prophetin, während sie auf diesem sass, vorge- nommen sei? Weder die archüologische noch die philologische Exegese heischt eine solehe Annahme; diese spricht vielmehr dafür, dass jene Vorkehrungen von Seiten der Pythia dem Weissagen vorausging, bei welchem jene doch erst auf dem Drei- fuss zu sitzen brauchte, insofern überall an eine Weissage, bei der dieses Letztere statthatte, zu denken ist, was uns wahrscheinlich dünkt. Die Notiz von dem Durch- schütteln des Dreifusses macht aber grössere Schwierigkeiten als man bisher geahnt hat. Die betreffenden Worte lassen zunüchst an ein Durcbschütteln mit der Hand von Seiten der nicht auf dem geschüttelten Gegenstande sitzenden Prophetin denken ; erst an zweiter Stelle kommt man zu der Annahme, dass die Pythia die Erschütte- rung des Dreifusses durch den Erdhauch veranlasst habe, wobei denn vorausgesetzt Werden muss, entweder, dass der Dreifuss nicht immer über der Erdspalte gestanden habe, oder, dass die Mündung dieser für gewöhnlich verschlossen gewesen — wer beides unwahrscheinlich ist — und es ganz dahingestellt bleibt, ob die Pythia wäh- 264 FR. WIESELER, keine Weissage gegeben wurde?9) Uebrigens gehört der tónende Drei- fuss erst der spüteren Zeit der Ausartung des Orakels an, derjenigen, in welcher die ursprüngliche Art der Weissage nur ausnahmsweise oder gar nicht geübt wurde, sondern es sich statt deren um ein Tonorakel handelte, bei welchem ausser dem Dreifusse auch die Quelle und der Baum in Betracht kam 50). rend der Erschütterung des Dreifusses auf diesem sass oder nicht. Die erste Auf- fassungsweise der Worte Lucian's hat etwa eine Parallele an dem Umstande, dass während nach Aristoph. Plut. 213 Apollon selbst osies «jv Ódqvqv, nach seinem Scholiasten dieses durch die Pythia geschieht. Nach der zweiten findet eine ziem- liche Uebereinstimmung mit dem in Luc. Phal. II, 12 Gesagten statt, da das Durch- schütteln des Dreifusses ohne Zweifel den Zweck haben soll, diesen tónen zu lassen, um die Prophetin zu begeistern; nur dass hier das xg&@» von Seiten Apollons als gleichzeitig und zusammenhüngend mit dem Ertónen des Dreifusses erwühnt wird, während im Bis acc. das Evvsiosıv vo?c yogouo)?c durch Apollon erst auf das Durch- schütteln des Dreifusses folgt: Dazu ist noch darauf aufmerksam zu machen, dass keinesweges an allen apollinischen Orakelstütten ein mantischer Dreifuss über einer Erdspalte mit daraus hervordringendem Hauche vorauszusetzen ist. Wir entscheiden uns für die Annahme, dass der Verf. des Bis acc. an ein Durchschütteln des Drei- fusses durch die Hand der Prophetin dachte, entsprechend dem, welches zu Pytho der spiritus fervidus vi quadam velut vento expulsus hervorbrachte, nümlich so lange als er vorhanden war, sonst aber auch wohl die Hand eines gewóhnlichen Sterblichen. 29) So offenbar bei Claudian an der oben S. 260 angef. Stelle, obgleich Gesner zu Vs. 12 anders urtheilt.— Wir halten es für überflüssig, die oben Anm. 23 angel, Vermuthungen über das Tönenmachen des Dreifusses durch die Pythia, welche in der von Schott angegebenen Richtung zunächst von Clavier Möm. sur les oracles d. anc. p. 103 fg. weiter ausgeführt sind, im Besonderen zu widerlegen. Hinsichtlich des Technischen massen wir uns überhaupt kein eigenes Urtheil an. Dass auch die Bildwerke für keine der bisherigen Ansichten einen Anhalt bieten, ist theilweise von uns schon erwiesen und wird weiter unten noch mehr zu Tage treten. 30) Den deutlichsten Aufschluss über die apollinische Weissage späterer Zeit, wie sie auch für Delphi anzunehmen sein wird, giebt wohl die Stelle des Eustath. Macr. X, 12 über das Orakel zu Daphnepolis: Kei dë xegAcd(s tò Ödwg, ó tofnovs 4X6, Ódqvn pernsg xaraoslsran sei olov Og xaravenodode ÓOoxsi. "Ey 99v010iV. ot ngóonołos, xoi Doißos uavısvsrus xoà xomouodorsi xci goude xci xeaqoiBicn id uéllo»ra. In früherer Zeit wird das Wasser der Quelle von dem Propheten getrunken, UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 265 Soweit über die Stellen, in welchen das Epithem des Dreifusses als Sitz des Weissagenden vorkommt. der dadurch in Begeisterung gerüth; in spüterer schöpft man die Weissage aus dem Geräusch des Wassers. Eudocia Viol. p. 251: Msgì ze Kaoıeliac. Hond èv ’Avuo- zeig orv, èv m Akysımı tòv "AnóAÀevo nagsÓgevaw xoi xenouovg voig &pyouévoig mì 10 wo Atysoyaı. Akysını Ó8 dn, Zvíze Zuoutrderd uc, ofge xci nvoag xcí ánAoiv "wa fron, où quvi(v, de uvsc Amgodcı, rò Zdag dvsdidov: xoi dvadidouévoy TV tor- gt pn nvsvuarovy oi iotăuevos "ep viv mny ieQsig voodvıss tà ovußola iAsyov & däeier ó deinen, Von der delphischen Kastalia heisst es bei Nonnos IV, 309 fg.: upevu ed Ae Kaoreling napiale voruovos évsoy üdme, und XIII, 133 fg.: do- yýroro dë nnyjs Kuoræhiņns ÀdÀov oidne copë ndqAete beiden. Als AdAov towo, Auktovoav zunyjv bezeichnet dieselbe das Orakel aus Julian's Zeit (oben S. 230). Die Bemerkung des Schol. zu Eur. Phoen. 222: d jc Kavınliag čdwg Adkov dn — ad vo) nosy ode dÀÀovc pavnuxo)c passt nur auf die Ansichten der früheren Zeit. Hinsichtlich des Lorbeers ist die ültere Anschauung, dass dessen Erschütterung die Anwesenheit mithin auch Wirksamkeit Apollons verkünde — wie nach Claudian. de VI cons. Hon. 33 bei der Erscheinung des Gottes auch aquis ein sacer horror zu Theil wird —, während später der Lorbeer prophezeit (weshalb er als mcvmc be- zeichnet wird oder auch als zgópervuc, analog dem Umstande, dass Daphne als rrgöu. des alten Orakels der Gäa betrachtet wurde, Pausan. X, 5,3), und zwar durch sein Rauschen, was ja auch sonst als Sprache galt (Hermann Gottesd. Alt. 8. 39, À.22). Entsprechend bezieht sich das Tónen des Dreifusses zuerst auf die Erschei- nung Apollons; erst spät steht es dem uns ebenfalls erst durch späte Gewährsmänner bekannten mantischen Gebrauche des Aéfgc Isonowesios oder dudwveiov yalxsiov (Gottesd. Alt. 8. 39, 26) gleich. Selbst in jener Beziehung ist es mit Sicherheit nicht vor Vergilius nachzuweisen. Dass Himer. Or. XIV, 10 (oben S. 261) Alkäos’ ei- gene Worte wiedergebe, kat keine Wahrscheinlichkeit. Als prophetische Begeiste- rung zu Wege bringend wird das Tönen des Dreifusses zuerst bei Lucian erwähnt, im Phalaris so, dass man es zugleich als die Stimme des Apollon zu deuten hat. Dass hierauf schon die Stelle des Eurip. Ion. 92 fg., oder gar die des Arist. Eq. 1016 zu deuten sei, hat keine Wahrscheinlichkeit. Inzwischen ist nicht zu übersehen, dass schon Plutarch. im Sulla XII. q3eyyopévgc vic èv wis dvaxıdgoıs zıddgag als eines zu der Zeit des Imperators vorkommenden Wahrzeichens erwühnt, um somehr als das Saiteninstrument und der Dreifuss allmälig immer mehr und mehr in Beziehung zu einander treten. Ausserdem ist für die spütere Zeit zu erinnern an das schol. Bodl. in Gregor. Naz.: Geo dè (Fogyópuoc) xoi neg) dvdguevros uvög, xci ovrog dë èv Aeh- gois jv gowj» &vag9oov (so schon van Dale de or. p. 155, dann Creuzer Symb. u. Histor.-philol. Classe. XV. Li 266 FR. WIESELER, Vermuthlich haben wir dabei gelegentlich schon einige berührt, in Myth. III, S. 187 fg., A. 3, IV, S. 656, A.) dnolvwv èg &vegyeíac Oouuovixgc. Freilich glaubt nicht allein Creuzer, sondern auch Götte (Delph. Orakel S. 114 fg.) und J. Kayser (Delphi S. 146, A. 80), dass diese Notiz auf Irrthum beruhe. Aber die bei- Lemon Gründe sind nicht stichhaltig. Aus den Worten Gregor's: m«Aw dvópgiac &qwevoc ó "Arie, geht hervor, dass die Statue nicht einen »Knaben« darstellte, wie er für Dodona, an welches Creuzer und Kayser denken, bezeugt wird, der ausserdem die Töne auf andere Weise hervorbrachte. Der erwähnte Apollon erin- nert uns an die aller Wahrscheinlichkeit nach von Eunapios herrührende Notiz in der Geschichte des Zosimos II, 31, nach welcher Constantin d. Gr. éovgos xc: wu toù imrodgöuov uépoc xci vov ıginodae Toü Ev 4sAqoic '"4nóAAevog yovræ èv éavió xci add v0 ro -4nóAAcvoc &ycoAue. Diese Worte hat man regelmässig auf das neuer- dings vielbesprochene platüische Weihgeschenk bezogen. Aber wer möchte einer Deu- tung beipflichten, wie die bei Dethier und Mordtmann a. a. O. S. 17 gegebene, oder der Annahme Müller’s (Amalth. I, S. 124, Anm. 10 = Kl. Schr. II, S. 579, A. 5), dass die Angabe über das Bild Apollons im Dreifusse ‚»wohl nur auf Missverstand der Worte AHO AAA2NOZ ATAAMA beruhe«? Ich habe in Fleckeisen's Jahrb. 1864, S. 248 fg. darzuthun gesucht, dass Zosimos und mehrere Byzantiner an den delphi- schen Orakeldreifuss dachten, dass in dem betreffenden Werke die Statue Apollons in der Mitte der drei Füsse stand (wie bei den von Pausan. III, 18, 5 u. IV, 14, 2 erwähnten Dreifüssen), dass es wahrscheinlich aus Delphi stammte; dabei habe ich aber die Beziehung des Dreifusses auf den mantischen für irrthümlich gehalten. »Dass man ihn zum apollinischen Orakeldreifuss stempelte, dazu verführte, bei dem bekannten Streben der Byzantiner, zu glauben oder glauben zu machen, dass man aus den verschiedenen durch Monumente berühmten Orten gerade die allerberühm- testen in der Hauptstadt besitze, wohl wesentlich der Umstand, dass sich bei ihm das eigene Bild des Apollon befand«. Hütte ich mich schon damals der Worte des Greg. Naz. und seines Erklärers Nonnos erinnert, so würde ich die Möglichkeit, dass es sich um den Orakeldreifuss handele, weniger angezweifelt, jedenfalls ein neues Indicium für das Vorhandensein einer von der mehrfach erwühnten goldenen ver- schiedenen Statue des Apollon im delphischen Adyton erkannt haben. Jene einen unarticulirten Ton von sich gebende Statue kann sicherlich auch zu Delphi nirgends passender aufgestellt gedacht werden als in Verbindung mit dem Orakeldreifusse. — Je spüter, desto mehr ist auch in Beziehung auf das Adyton zu Pytho vom Schall u. dgl. die Rede. Man wird durchaus an das Orakel von Dodona und noch mehr an die sibyllinischen erinnert, über welche zu vergleichen Klausen Aeneas u. d. Penat. I, S. 210 fg. S. auch C. Fr. Hermann a. a. O. 8. 40, A. 4. UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 207 welchen der Dreifuss in dieser Beziehung nicht in Betracht kommt. Wir meinen die zuletzt besprochenen, in denen der tönende Dreifuss der plütschernden Quelle und dem rauschenden Baume gleich steht. Dass diejenigen, in denen eine gıdiy als über dem Dreifussgestell befindlich erwühnt wird (s. dben S. 236), sich auf eine Nebengattung der Weissage, nämlich die ynpouevrsie, beziehen. wird in ihnen selbst an- gegeben. Auf diese oder irgend eine andere später vorkommende Art der Weissage wird auch die xeA&ßn (S. 230) zurückzuführen sein. Das- selbe gilt endlich sicherlich in Betreff des A£ßns (S. 229). Unter diesem hat man ohne Zweifel nicht einen bauchigen Kessel, sondern ein flaches phialenfórmiges Becken oder eine Schüssel zu verstehen. Es wäre in der That seltsam, wenn man für ein zunächst und hauptsüchlich zum Daraufsitzen bestimmtes Gerüth neben ö4uos und ziz4os, welche Worte, ebenso wie das latein. cortina, wie wir gesehen haben, wo sie in Be- ziehung auf den Dreifuss vorkommen, die ihnen auch sonst zuständige Bedeutung eines Rundes, in specie einer runden Platte haben, auch den Ausdruck A&ßng gebraucht hätte, dem jene Bedeutung gar nicht eigen ist. | Hat es nun Wahrscheinlichkeit, dass bei der ynyouevrsie die Py- thia sich, nachdem das Springen der wigor in der yıdin aufgehört hatte, noch auf den Dreifuss setzte und weissagte, oder ist es nicht vielmehr glaublich und führen nicht auch die Worte der Berichterstatter auf die Annahme, dass die Prophetin während des Springens ihre Thätigkeit ausübte? Wenn sie das, wie durchaus wahrscheinlich ist, im Sitzen that, so nahm sie wohl Platz émi roü zerednodog Oíggov, Ae Zon isgòs tob 9sob (Jamblichus a. a. O. p. 127, 5 fg. Parth., nach dessen Angabe dieser Sessel auch im Adyton stand). Mit der wngyouerısie ist aber hinsichtlich des in Rede stehenden Umstandes die Weissage aus dem Tónen des Dreifusses durchaus zusammenzustellen. | Dass unsere obige (S. 236) Voraussetzung, nach weicher an dem Orakeldreifusse das Gestell bei allen Arten der Weissage, die mit un in Verbindung standen, dasselbe war, durch die Annahme der Verschie- denheit der geän und des Asßng von dem 64uos, Geer der cortina * 268 FR. WIESELER, nicht im mindesten beeintrüchtigt wird, liegt auf der Hand. Es hatte ja durchaus keine Schwierigkeit, das &ri9nue zu wechseln, da es trenn- ` bar und stets von runder Form war. Ebenso bedarf es kaum ausdrücklich bemerkt zu werden, dass auch ‘der mit einem Aößng, einer gıdin oder xsA£ßn als Epithem versehene Dreifuss, wenn auch in Beziehung auf ihn ein Mal von einem zeinovs A£ßng und ein anderes Mal bloss von einer xehéßn die Rede ist (S. 229 fg.), dort sicherlich auch in dichterischer Sprache, doch nicht sowohl in die Kategorie der Gefässe als in die der trọánečær, mensae zu versetzen ist. Schon die Stelle des Ammian. Marcell. XXIX, 1, 29 fg. (oben Anm. 3, S.233 u. 234, A. 4) bietet eine Gewähr dafür. Ausserdem fehlt es nicht an bildlichen Darstellungen, in welchen dreifüssige Geräthe, die sicher nicht als A£ßnres sondern als zodneleı Toinodss betrachtet wurden, nicht etwa nur mit einer flach ausgehöhlten Platte, sondern mit einem flachen A£ßns als Epithem erscheinen 51. Ja es lässt sich mit allem Schein be- haupten, dass diese Form des Orakeldreifusses wesentlich dazu veran- lasst habe, auf denselben auch insofern als er Sitz der Prophetin war den Namen mensa zu übertragen (S. 228 fg), zu welcher unpassenden Bezeichnung dann die wirklich als Tisch dienende delphica des Lebens noch mehr beitragen mochte (S. 245). Sonst kann über Gestalt und Einrichtung des Orakeldreifusses schwerlich etwas Genaueres ermittelt werden. Diodor berichtet freilich nach den oben S. 229 mitgetheilten Worten des Weiteren: oyedö» ài navis vob zereoxsvdouetos roud uerg yivsodeı tovs ču xcl vi» Sum" 31) Letzteres gilt sicherlich von dem dreifüssigen Geräthe auf der Münze bei Beulé Monn. d'Athénes p. 359, welches auf uns. Taf. unter n. 1 wiederholt ist, be- züglich dessen der von dem Herausgeber p. 362 zurückgewiesene Gedanke an la table des jeux avec un vase dans lequel un palme est plongée gewiss die grósste Wahrscheinlichkeit hat. Aehnlich nimmt sich das dreifüssige Speisetischchen bei Dubois-Maisonneuve Introd. à l'étud. d. vas. pl. XLV, welches unsere Taf, unter n.2 wiedergiebt, aus. Die Wiederholung der Originalabbildung in Becker's Charikles Bd. I, Taf. III, Fig.1 ist minder genau. Vgl. auch den Lampenständer in Mus. Borbon. VI, 30, 1. UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 269 oxevetouérove ycAxobe ıglnodes. Er verstand unter diesen ehernen Drei- füssen ohne Zweifel die als Weihgeschenke und sonst im Cultus, nament- lich im apollinischen, gebrüuchlichen 32), bietet also, selbst, wenn wir, wie billig, den günstigten Fall annehmen, dass er nicht an Dreifüsse mit. bauchigem Kessel dachte, keine genauere Kunde, ganz abgesehen davon, dass er nur nach Hórensagen berichtet und die Abweichung von dem drei- füssigen Sitze der Pythia, die, wie aus dem ogeðòv hervorgeht, auch er voraussetzt, gerade nicht im besonderen angiebt. Was diese betrifft, so kommt es nach dem bisher Dargelegten wesentlich nur noch darauf an, zu ermitteln, worin die Vorkehrungen zum Behufe des d 0g«AQg v- Zongen zei uerrevecdeı bestanden. Dahin gehört, nach Diodor zu schliessen, ganz besonders, dass Vorsorge getroffen war, die Prophetin vor einem Hineinfallen in die Erdspalte zu schützen. Der Sitz der Pythia wird, wenn man jenem Schriftsteller vollständige Zuverlässigkeit ` zutraut, so über diese gestellt zu denken sein, dass die — wie es auch bei den eigentlichen Dreifüssen namentlich in der älteren Kunst vor- kam — nach auswärts gerichteten Füsse die Spalte umgaben und die Zwischenräume derselben, vermuthlich durch die bekannten ddßdor, so geschlossen waren, dass kein Hindurchgleiten im Falle eines Herabsin- kens der Prophetin von dem Sitze möglich war. Allein Diodor berück- sichtigt mit dem, was er über den Schutz der Prophetin durch die Her- ‚stellung des Dreifusses sagt, augenscheinlich nur die älteste Zeit, ohne genauere eigene Kunde zu haben und ohne einmal an die Möglichkeit zu denken, dass im Verlaufe der Zeiten Aenderungen eintreten konnten. Dass diese nach den Verwüstungen unter Nero (s. oben S. 233) statt- hatten, ist wohl nicht zu bezweifeln. Allein schon in der Zeit vorher 32) Vgl. zunächst die oben S. 255 fg., A. 20 behandelte Stelle des Plin.; andere Belege unten. — Obgleich allerdings die bei weitem grósste Anzahl der im Text bezeichneten Dreifüsse aus Erz hergestellt wurde, war doch dieses Material für dieselben keinesweges ausschliesslich gebräuchlich. Warum bezeichnet sie also Diodor grade als xalxoög to., da er sie ja durch Angabe ihrer Bestimmung kenn- zeichnen konnte? Nicht etwa deshalb, weil der Orakeldreifuss zu seiner Zeit ya4- xos war? 270 FR. WIESELER, wird schwerlich die Mündung der Erdspalte so geblieben sein wie sie ursprünglich war. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat schon damals auch die Kunst sich an die Natur angeschlossen, um das, was das am meisten Praktische war, herzustellen 53). So thut man wohl am besten, in Be- ziehung auf die Frage, in wiefern die Pythia durch die Construction des Dreifusses vor dem Hineinfallen in die Erdspalte gesichert gewesen sei, sich der genaueren Antwort zu bescheiden. Dasselbe gilt auch hin- sichtlich der Frage, auf welche Weise man gegen das Herabfallen der Prophetin von- ihrem Sitze eine besondere Vorkehrung getroffen habe. Dieses erscheint um so nothwendiger als der Dreifuss nach Strabon (s. oben S. 229) éwrm4óc gewesen sein soll. Wem kommen nun nicht un- willkürlich die Handhaben, c, der Dreifüsse in den Sinn? 354) Freilich sind diese nur für die Kesseldreifüsse bezeugt. Inzwischen empfiehlt sich auf den ersten Blick die Annahme einer Verlängerung der Füsse des mantischen Dreifusses nach oben über die Platte hinaus auch inso- fern als zu verhüten war, dass die Pythia bei irgend einer der Weisen das Tónen des Gerüths herzustellen (S. 262), nicht von dem Gestell herab- fiel. Indessen kann hiefür auch in anderer Weise gesorgt gewesen sein, Der Begriff „hoch“ ist aber ein sehr relativer. Es gab Dreifüsse, die ungemein niedrig waren. Wenn nun aber auch ein wesentlicher Grund gegen die Annahme einer Fortsetzung der Füsse nach oben hin oder von etwas Aehnlichem nicht vorhanden ist, so scheint doch der Umstand, dass 33) Nimmer wird inzwischen anzunehmen sein, que cet antre était un veritable puits (Clavier a. a. O. p. 76). Auf die Stellen der von dem franzósischen Gelehrten p. 91 fg. berücksichtigten Kirchenvüter kann auch nicht ein sicherer specieller Schluss gebaut werden, weder hinsichtlich des in Rede stehenden Umstandes noch in Betreff der Weise, wie Pythia »auf dem Dreifusse sitzend den aus der Erdspalte aufsteigenden Dampf in sich aufnahm«, obgleich sich selbst Gelehrte, wie C. Fr. Hermann Gottesdienstl. Alt. 8. 40, A. 12, und Preller a. a. O. (indem er den öluos, xUxkog als ein Becken mit durchbrochener Scheibe betrachtet), nicht gegen den Bericht strüubten, nach welchem jenes did zw» ryvveuxeío» geschehen sein soll. 34) Auf die Annahme, dass im Nothfall der neben dem Dreifusse stehende Lorbeerbaum der Pythia einen Anhalt habe bieten können, verzichte ich meines Theils trotz des Schol. zu Ar. Plut. 219 von vornherein. UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 271 der Dreifuss in den Fällen, wo auch er zum Sitz benutzt wurde, keine eigentliche Lehne hatte, sicher zu stehen. Jamblichus bezeichnet ihn als ðípọos und darauf ist, wenn derselbe auch nur nach Hórensagen be- richtet, mehr zu geben als auf den Umstand, dass Dichter, z. B. Aeschy- los Eumen. 586 u. sonst, von uevuxoi Jg6v0o: sprechen. Man lasse sich nicht täuschen durch Darstellungen von Dreifüssen, wie sie z. B. auf Bronzemünzen des Adäos von Herakleia Sintike und des Kassandros von Makedonien bei Dethier und Mordtmann Tograph. von Byzant. und Constantinop. in den Denkschr. d. K. Ak. d. Wissensch. zu Wien, phil.- hist. Cl., Bd. XIII, Taf. III, Fig. 24, o u. 24, p = n. 27 u. 99 uns. Taf., vorkommen. Die betreffenden Dreifüsse haben mit dem pythischen Ora- keldreifusse auch nicht das Mindeste zu schaffen. Sie sind anathema- tische oder attributive. Das was auf den ersten oberflächlichen Blick àn eine Sitzlehne erinnern konnte, gehórt zu dem Schmuck solcher Dreifüsse, den wir weiter unten genauer kennen lernen werden. Jenes gilt nicht minder von allen Dreifüssen auf Münzen, welche mir bekannt sind, auch auf den delphischen, denen bei Bröndsted a. a. O. p. XX, Vign. II, wo der Dreifuss des Reverses (n. 15 uns. Taf) die Umschrift ITYOIA hat, während der Avers den Apollon Kitharödos zeigt, und p. 120, Vign. XXXIII (n. 14 uns. Taf), deren tiefen Dreifusskessel Ussing a. a. O; P. 96, allerdings mit gehóriger Behutsamkeit, für das Aussehen des oAuos in Anschlag brachte; ferner der unter Hadrian geprägten, welche Span- heim in Callimach. p. 388 herausgab und de Luynes in Nouv. ann. pl. C, n. ll wiederholte, wo der auf die Pythien hinweisende Kranz auf dem Dreifusse von dem ersten Herausgeber ganz irrig als für die Weissagerin bestimmt betrachtet wird; dann der von J. Friedländer in der Arch. Ztg, N. F., II, Taf. XXIII, n. 20 herausgegebenen, deren Avers den Kopf des von den Amphiktyonen als Heros anerkannten Antinoos zeigt; end- lich auch der in den Denkm. d. a. K. II, 12, 134. b wiederholten, wo der Dreifuss nicht, wie auf den übrigen, auf einem Untersatz steht. Ueberall besitzen wir keine vollkommen zuverlässige und getreue bild- liche Darstellung des delphischen Orakeldreifusses, selbst nicht auf sol- chen Bildwerken, wo derselbe wirklich gemeint ist, wie — um schon 272 FR. WIESELER, oben Berücksichtigtes und Anderes zu geschweigen — auch daraus her- vorgeht, dass die auf bekannten, das pythische Heiligthum betreffenden Bildwerken aus dem Sagenkreise des Orestes und Neoptolemos in der Mehrzahl vorkommenden Dreifüsse, unter denen doch sicherlich einer der mantische sein soll, wesentlich dieselbe Gestalt zeigen; und dasselbe gilt in Betreff der Dreifüsse, welche bis jetzt als Nachbildungen des an irgend einer anderen apollinischen Weissagestütte gebrauchten gegolten haben. Wie selbst bei griechischen Schriftstellern die gehörige Kunde von dem Unterschiede zwischen dem delphischen Orakeldreifusse und den anathematischen und den verschiedenen als Geräthe im Cultus verwandten Dreifüssen vermisst wird —- Beispiele oben, noch zuletzt S. 269 —, so darf uns die auf Bildwerken regelmässig vorkommende Verwechselung um so weniger Wunder nehmen, als bekanntlich die Künstler bei der Darstellung von Nebendingen sich nichts weniger als scrupulóse Treue angelegen sein liessen; wozu dann noch zu erwägen ist, dass der Orakel- dreifuss selbst ihnen unbekannt war und dass die doppelte Art seines Epithems, deren eine sich von dem Kessel, welchen wir bei den meisten der seinsollenden Orakeldreifüsse finden, wesentlich nur durch geringere Tiefe unterscheidet, in Verbindung mit dem Umstande, dass die ana- thematischen Dreifüsse auch delphische hiessen und die Dreifüsse über- haupt vorzugsweise auf den Apollon in Beziehung standen, ganz geeignet war, einer Verwechselung Thür und Thor zu óffnen 95) 35) Schliesslich mógen anmerkungsweise noch einige den pythischen Orakeldrei- fuss betreffenden Angaben und Ansichten behandelt werden. O. Müller schreibt Amalth. I, S. 125 = Kl. Schr. II, S. 580: »Ein Lorbeerzweig lag stets auf dem delph. Orakelsitz, den die Pythia, sobald sie weissagen wollte, hinwegnahm und um den Kopf legte«. Dieser Zweig ist auch in die Restauration des Dreifusses auf der Taf. III der Amalth. a. a. O. n. N, aufgenommen. Bótticher sagt »Baumcultus der Hellen.« XXII, 7, S. 335: »Wenn Pythia vaticinirte, dann war ihr Sitz, der mantische Dreifuss, mit Lorbeerzweigen umwunden«. Dieses wird durchweg angenommen, und wenn ich grade den gelehrten Berliner Architekten dafür anführe, so geschieht es, weil er sich durch seine Arbeiten auf diesem Gebiete das Recht erworben hat, be- sonders berücksichtigt zu werden. Beide Behauptungen beruhen, so viel ich weiss. auf den Scholien zu den Worten des Aristoph. Plut. 39: d dë ó Doißog Zosen UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 273 Soweit über den Orakeldreifuss. Wenden wir uns jetzt zu den mensae delphicae oder nv®ixo toi- ix mër grengen, die letzte auch auf Hom. Hymn. in Ap. Pyth. 215: yesio» 2x -Odqvgc "ugin čno Ilegvyooto. Die von Müller nicht ganz genau benutzte Notiz eines der Scholiasten lautet: Srépavor Zog vo voímodoc &xsıvıo, oíc $ IlvOía dv vi xeqcÀi qogovoe Euavısdvero. Der absurde Plural or&pavoı entspricht dem Plural oreppcvov in den Worten des Dichters. Die Notiz ist ohne Zweifel ein reines avrooysdieoue, in dem nur der letztere Theil insofern Wahrheit enthält als die Pythia einen Kranz trug. Das Zweite anlangend, so ist die entsprechende Deutung der Stelle des Hymn. unserer Ansieht nach (s. Fleckeisens Jahrb. LXXV, 8. 692 fg.) irrig, jedenfalls nicht sicher; auf die Notiz in den Schol. aber: "Eme oi vgímodsc deeg Zoe £c:ppuérvo, gradezu gar nichts zu geben, zumal da, obgleich der Pluralis voímodsc allerdings mehrfach in Beziehung auf den Orakeldreifuss gebraucht vor- kommt, doch durchaus nicht fest steht, ob die betreffenden Worte ein ausdrückliches Zeugniss für denselben enthalten, oder nicht vielmehr einen Schluss aus dem be- kannten Umstande, dass die anathematischen und attributiven Dreifüsse Apollon's Lorbeerbekränzung hatten. Damit ist keinesweges die Unrichtigkeit der obigen An- nahme dargethan, nur behauptet, dass sie sich nicht mit Sicherheit erweisen lasse. Doch hat sie auch an sich keine übergrosse Wahrscheinlichkeit, am allerwenigsten wenn es denkbar wäre, was Bötticher a. a. O. XXIII, 1, S. 344 für glaublich hält, dass die Erwähnung der xe4/fij in dem letzten Bescheid aus Delphi (oben S. 230), »wol beweisen kónnte wie im Adyton unter freiem Himmel der Dreifuss in einer Laube aus Lorbeerzweigen gestanden habe.« Aber auch ohne dem fehlte es nicht an Lorbeerstauden um den Dreifuss herum, vgl. Fleckeisens Jahrb. a. a. O. S. 683 fg. Nimmt man dazu, dass die Pythia Lorbeer käute, einen Lorbeerkranz auf dem Haupte, einen Lorbeerzweig oder Stab (der auch auf n. 9 uns. Taf. vorauszu- setzen ist) in der Hand trug (Bötticher a. a. O. S. 350), so hat man des Lorbeers für sie und ihren Sitz wohl schon zur Genüge. Dagegen fehlte es diesem schwer- lich an dem, was vorzugsweise, wenn nicht allein bei den auf das pythische Adytón bezüglichen Ausdrücken moAvorepis pvgóc, bei Aesch. Eum. 39, Oeo? dr créupacs (ganz parallel mit évzóc deen) in Eur. Ion. 1308 fg. (wohl der Stelle, auf welche sich Aristophanes Plut. 39 nach dem Schol. bezieht) und SÀaxsv Èx TÖV OTEULATOV bei Arist. a. a. O. (ganz ebenso gesagt wie in den Rittern tage» ZE cvrowo und ühn- lich wie in Hom. Hymn. auf Ap. xgsíav ix dagyvns), zu verstehen ist, nümlich an den Wollenbinden, in Beziehung auf welche Festus Pauli p. 113 berichtet: infulae sunt filamenta lanea, quibus sacerdotes et hostiae templaque velantur, und durch Histor.-philol. Classe. XV. Mm 274 FR. WIESELER, nodes des Philostratos (oben S. 226 fg.) und den A£fmvec dvasgmuerxot, welche in ülterem, freilich nicht vor den Alexandrinern nachweisbaren Sprachgebrauche deigıxol und zwJ:«xoi Toinodss heissen, so wird zuvör- derst über die wesentlich verschiedene Beziehung der durchaus ähnlich klingenden Bezeichnung zu handeln sein. Dieselbe beruht einerseits allerdings auf dem doppelten Gebrauche des Wortes zoinovs, welches sowohl für dreifüssige Tische als auch für dreifüssige Kessel verwendet wurde, andererseits aber und hauptsüchlich darauf, dass in der That zwei verschiedene delphische Gerüthe zu Grunde lagen. Dass von den Rómern, wenn sie von mensae delphicae sprachen, an den delphischen Orakeldreifuss gedacht wurde (S. 228), unterliegt kei- nem Zweifel. Will man annehmen, dass diese Bezeichnung sich an den Schriftstellen und Bildwerke bekannt ist, dass sie an heiligen Geräthen angebracht wurden, ja selbst eine Angabe vorhanden ist, aus welcher erhellt, wie sehr sie zum Orakeldreifuss passten, bei Philostrat. sen. Im. II, 33, wo es von Dodona heisst: Xréupara Favara vis Ógvóc, Zted:?, zeideg ó èv Ilv9ot ıgimovg, yonouoùs èx- péos. Es ist in der That eigenthümlich, dass Bötticher in Gerhard's Denkm. und Forsch. 1858, $. 215 »Herrn Stark« den Vorwurf macht, »nicht gewusst zu haben, dass man nicht durch Tänien, sondern durch die Lorberzweige den mantischen Drei- fuss für seine Bestimmung ausstattete.« Er beruft sich dafür auf ein Vasenbild der Münchener Pinakothek, n. 1294 des Verz. von O. Jahn. Dasselbe ist jetzt in der Arch. Ztg Jahrg. XXV, 1867, Taf. CCXXVII, abbildlich mitgetheilt und von E. Curtius S. 106 fg. besprochen. Dieser bezieht die Darstellung auch auf eine »Gründung« des von Delphi fortgetragenen Dreifusses, nimmt aber nichtsdestoweniger an, dass »Binden aus den Kesselringen herabhangen, ohne sich an jene so scharf betonte Be- hauptung Bótticher's zu kehren. Gewiss mit Recht. Ob aber in der That auf jenem Bilde wie auf dem entsprechenden derselben Vase »Binden« gemeint sind, das móch- ten wir bezweifeln, da es sich uns vielmehr um Banden, vermittelst deren die Ringe an den Kessel befestigt sind, zu handeln scheint. Inzwischen vermögen wir auch nicht mit Bötticher zu erkennen, dass »der Dreifuss mit Lorberzweigen zum Wie- dergebrauche consacrirt wird.« Sicherlich handelt es sich um zwei junge Lorbeer- stauden neben dem Dreifusse, wie deren auch im Adyton zu Pytho bei dem Orakel- dreifusse standen. — Ueber die bisher gar nicht gewürdigte Notiz in den Schol. z- Ar. Plut.: õu orepávyv ioremwo ó wgízovc, èg? où xoo5oro 5 IlvOío, weiter unten. UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 215 schon im griechischen Sprachgebrauch vorhandenen Ausdruck dsAyızoi oder nvÓixol toínoðes anschloss — worauf man namentlich auch in Betracht der mit diesem ganz gleichlautenden Bezeichnung der delphicae bei Phi- lostratos verfallen kann —, so wird man vorauszusetzen haben, dass da- bei eine falsche Beziehung jenes Ausdruckes auf den Orakeldreifuss ob- waltete. Das würe um so weniger zu verwundern, als die vorzugsweise angesehene und charakteristische Art der anathematischen Dreifüsse der Griechen in Rom nicht gebräuchlich war und jene falsche An- sicht, nach der Verwechselung des mantischen und des anathematischen Dreifusses auf Bildwerken zu urtheilen, bei Ungelehrten schon früher und selbst in griechischen Landen verbreitet gewesen sein muss. Wir kennen aber keine Schriftstelle, welche die d&4quxoi roinodss des frühe- ren Sprachgebrauchs sprachlich oder sachlich mit dem Orakeldreifuss in Zusammenhang brüchte. Die anathematischen Dreifüsse heissen viel- mehr ,delphische, pythische', weil sie zu Delphi besonders früh aufka- men und häufig vorkamen und — was auch eine Hauptsache ist — hier und von hier bekannt wurden. Man bedenke, dass es sich nicht bloss um ein apollinisches Heiligthum, dass es sich um das berühmteste apollinische Orakel handelt, und erinnere sich namentlich auch an die pythischen Spiele, bei denen anfänglich Dreifüsse als Preise gegeben wurden, welche dann der Sieger dem Gotte weihte. Der Umstand aus welchem Plinius den Namen delphica herleitet, sei es allein oder nach einem anderen (s. oben Anm. 20), passt durchaus auf die dei. gixol zoinodes des früheren Sprachgebrauchs. Die betreffende Stelle des Polyhistors kann, nebenbeibemerkt, nicht ohne Schein mit zu den Indicien einer in römischer Zeit statthabenden Verwechselung der de /- 9120) toinodss des alexandrinischen Sprachgebrauchs und der delphicae gerechnet werden. Man weihte aber ursprünglich solche Tripoden wie sie im Leben gebrüuchlich waren (Ussing a. a. O. p. 95, vgl Thiersch Epochen d. bild. Kunst S. 147 fg... Die am meisten verbreitetete Art war bekanntlich der zginovg Zunvgos. Daher stammt zunächst der mehr oder weniger bauchige Kessel der anathematischen Dreifüsse. Von Delphi aus Verbreitete sich der Gebrauch der Preisdreifüsse namentlich bei musi- Mm2 276 FR. WIESELER, schen Agonen, unter denen ja die pythischen die ältesten waren, nach andern Orten der griechischen Lande. Der wichtigste unter diesen ist Athen. Die am meisten gefeierten Preisdreifüsse, die der grossen Dio- nysien, sind aus dem Apollodienst auf den des Dionysos übertragen (E. Gerhard Gr. Mythol. S. 450, A. 4, A. Mommsen Heortologie S. 58 u. 396). Ausserdem kommen in Athen Dreifüsse der Sieger in den kykli- schen Chören an den apollinischen Thargelien vor, die bekanntlich im Pythion aufgestellt wurden (Suidas s. v. Hödıov, Isaeus or. V, $. 41). Es ist nicht wohl glaublich, wenigstens durchaus nicht nachweisbar, dass sich die Dreifüsse der grossen Dionysien von denen der Thargelien wesentlich unterschieden hätten 56). Ob die Platten- und Beckendreifüsse unter diesen Preisdreifüssen vorkamen, dürfte trotz Plinius (S. 229) zu bezweifeln sein, wenn es auch unter den auf Bildwerken dargestellten unzweifelhaften Preisdreifüssen dionysischer Agonen einen giebt, der einen sehr flachen Kessel zeigt (Denkm. d. a. K. II, 50, 625), und ein ebenfalls ganz sicher stehender Siegesdreifuss, der in einem dionysischen Heiligthum auf einer Sáule aufgestellt zu sehen ist, des Kessels ganz entbehrt (Zannoni Illustr. di un vaso in marmo, Fir. 1826, t. 2. — Wel- cker A. Denkm. Th. II, Taf. V, 9)57). ‚Müsste man doch auch die be- 36) So urtheilt auch Mommsen a. a. O. Anm. ff: »da Bacchus und Apollo identifieiert wurden.« Wir sagen vielmehr: da beide eben delphische anathemati- sche Dreifüsse waren. Zwischen dem Dionysos der grossen Dionysien und dem py- thischen Apollon zu Athen wird doch ein Unterschied bestanden haben. Auch kön- nen wir jene Gleichheit der Dreifüsse der Dionysien und der Thargelien nur hin- sichtlich der Gestalt und Einrichtung im Ganzen zugeben, nicht auch in Betreff der Decoration im Einzelnen. Man wird z. B. unter einen Dreifuss der Thargelien nicht etwa eine Statue des Dionysos oder eines Satyrs gestellt haben, wie das hinsichtlich einiger Dionysischer Dreifüsse von Werken des Praxiteles bekannt und sicherlich auch bezüglich des Dreifusses anzunehmen ist, auf welchen sich Theocrit. Epigr. XII bezieht; man wird, meine ich, selbst Anstand genommen haben, bei den Dreifüssen des Apollon am Kessel beliebig Epheu (s. n. 38 uns. Taf), bei denen des Diony- sos Lorbeer anzubringen, obgleich die Uebertragung dieses auf jenen und jenes auf diesen bekanntlich statthatte. . 91) In beiden Fällen hat man Mangel an Genauigkeit von Seiten des ausfüh- UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 277 treffenden Eigenthümlichkeiten, wenn sie als wirklich vorhanden zu be- trachten wären, eher an apollinischen als an dionysischen Preisdreifüssen voraussetzen. sg Was sonst die delphicae und die ihnen der Gestalt nach im Al- gemeinen entsprechenden Platten- und Beckendreifüsse bei den Griechen und den Rómern betrifft, so haben wir schon oben (S. 229, vgl. auch ‚Anm. 1 u. 20) gesehen, dass sie sowohl für die Götter als auch für die Menschen bestimmt waren. Sie dienten aber für 1) jene theils a) als ihnen geweihte Schaustücke, in welcher Beziehung sie, abgesehen von der Gestalt, durchaus mit den anathematischen Dreifüssen der Griechen zu- sammengestellt werden können, theils b) als Gerüthe des Cultus und zwar e) als Speiseopfertische, f) als Träger heiliger Geräthe oder y) der Preise bei heiligen Spielen, ð) als Brandopferaltäre für Rüucherwerk und Libationen; für 2) die Menschen hauptsächlich als a) Speise- und b) Schenktische, dann auch e) zu anderweitigem Behufe 58. Nach der renden Künstlers vorauszusetzen, der im letzteren Falle den Kessel ganz wegliess. Dasselbe finden wir auch z. B. auf der Münze von Phanagoria bei B. de Koehne Mus. Kotschoubey pl. VIL, n. 8, welche den Uebrigen der von Pantikapäon nach Koehne pl. IV, n. 3 auf uns. Taf. n. 26 wiederholten bis auf einen irrelevanten Um- stand vollkommen entspricht. Die obige Deutung des Dreifusses des von Zannoni herausgegebenen Florentiner Reliefs auf einen dem Dionysos dargebrachten Preisdrei- fuss weicht freilich von der Welckerschen Auffassung a. a. O. S. 112 ab, dürfte aber durch die an der Säule, auf welcher der Dreifuss steht, befestigten Palmzweige ausser Zweifel gestellt sein. An delphisches Local ist wohl nicht zu denken. 38) Zu 1, a gehören sicherlich die von Sueton. Octav. LII erwühnten cortinae aureae; zu 1, a und mehr noch zu 1, b die cortinae tripodum bei Plin. XXXIV, 14 (oben S. 229 u. S. 255 fg. A. 20, sowie die delphica aerea cum omnt cultu exor- nata in der Inschr. bei Orelli n. 3094, und die mensae delphicae ex marmore bei Cicero in Verr. IV, 59, 181. Zu 1, 5, « ist hauptsüchlich zu vergleichen Bót- ticher Tekton. II, S. 265 fg. Ein Plattendreifuss mit Früchten darauf bei einem Stieropfer auf dem Relief in Mus. Borb. VI, 57, 1 (vgl. den metallenen tege fuss mit denselben Früchten bei einem gleichen Opfer, aus Piranesi d Moses Col- lect. of ant. vases, altars u.s. w. pl. 48) Für 1, b, f Beispiele auf römischen Min- zen, u. A. bei Spon Miscellan. erud. ant. p. 118; möglich, dass auch das bei Mont- 278 FR. WIESELER, verschiedenen Bestimmung wechselte das Ephithem als wagerechte, runde fancon Ant. expl, Suppl. T. II, pl. XIV, n. 1 abgebildete schöne Stück von Bronze für einen solchen Zweck: bestimmt war, so wie die mensa delphica cum laribus et ceriolariis bei Orelli n. 2505 (wenn diese nicht als Opferheerd dienen sollte). Zu 1, b, y vgl. Paus. V, 12, 3 (oben S. 224) und n.1 uns. Taf. Zu 1, b, d vgl. J. de Witte Rech. sur les emper. dans les Gaules pl. VIII, n. 127 — n. 3 uns. Taf., Mont- faucon a. a. O. pl XXI, auch pl. XX oder Armellini Scult. d. Bebe, t. 122. Beispiele von Münzen, die sich leicht vermehren liessen, bei Spon a. a. O. Bei manchen erhaltenen Exemplaren lüsst es sich nicht mehr ausmachen ob sie im Cul- tus oder im häuslichen Leben gebraucht wurden. So z. B. der schöne aus Pom- peji stammende bronzene Dreifuss im Mus. Borb. IX, 13, bei Gargiulo Mon. piü interess. d. M. B. t. LIX u. Overbeck Pompeji, Bd. II, S. 52, fig. 250, a. Winckel- mann, durch den wir wissen, dass in ihm eine thónerne Kohlenpfanne gefunden wurde (Werke II, S. 73 der ält. Dresd. Ausg., vgl. Siebelis VIII, S. 72) zweifelte nicht an dem Ersteren. Friederichs Baust. n. 874 denkt dagegen an ein »Kohlen- becken wie sie zur Wärme in den Zimmern aufgestellt. wurden«, Overbeck an einen leichten Tisch mit losem Blatte zum Darauflegen von Gegenständen. Auch im häus- lichen Cultus kamen, wie wir wissen, Rüucheropfer vor. ‘Doch hat in dem vorlie- genden Falle die Anwendung für das Leben wohl mehr Wahrscheinlichkeit, und zwar die zum Rüuchern. Auf das Gebiet des Cultus gehórt dagegen der Dreifuss mit dem Thymiaterion u.s.w. bei Athen. V, p. 198, d (oben S. 223); vgl. dazu das niedrige drei- füssige Tischchen als Trüger eines kleinen Thymiaterion: Zoega's Abhandl. herausg. von Welcker, Taf. IV, n. 9 u. S. 77. Als apollinische Feuerheerde sind n. 4 u. 5 uns. Taf. zu betrachten.. Eigenthümlich ist der Dreifuss n. 6 uns. Taf, aus Roc- cheggiani a. a. O. I, 70, 5, über welchen von diesem Folgendes bemerkt wird: Tri- pode auguriale ove mettendovi delli ucelli dandoli la libertà secondo la parte che pigliayano ne formavano la loro buona o sinistra fortuna, nel interprendere qualche Battaglia o altra Azione importante; cavato da un Bassorilievo trovato fuori la Porta S. Sebastiano, accanto il Circo di Caracalla. Ob das Relief noch vorhanden ist und wo, ist uns unbekannt. Leider erfahren wir auch nicht ein Wort über das, was auf ihm sonst dargestellt war. Der Dreifuss erinnert in Hinsicht auf den Zo- diakos an den von Thiersch Epochen S. 148, Anm. und Müller Amalth. III, S. 33, A. + = Kl. Schr. II, S. 597, A. 3 angeführten (denn es handelt sich trotz des ab- weichenden Citats doch wohl um einen und denselben) in Piranesi’s grossem Va- senwerk (das ich auf der Götting. Bibliothek jetzt nicht benutzen zu können sehr beklage) der aber nach Müller »gar kein Dreifuss« ist, »da er auf vier Füssen oder UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. _ 279 Platte oder als flaches Becken; fand auch ein Wechsel in den Dimen- Pfeilern steht, die mit Göttergestalten im Relief verziert sind.« Dass das jetzt in Rede stehende den Apollo Sol angeht, unterliegt uns keinem Zweifel. Dafür spre- chen auch die wohl nicht auf Juppiter zu beziehenden, dem Apollo als Sol zustehen- den Adler und die Lorbeerkränze, die sich ebenfalls an der Basis des Louvre mit dem opfernden Quindecimvir bei Fröhner Not. n. 89 finden. Eigenthümlich ist in- dessen die oben an dem halbkugelförmigen Aufsatz angebrachte Vertiefung, aus welcher ein Vogel sich aufzuschwingen im Begriff steht. Der fliegende Adler an der Halbkugel findet sich auch an dem Monument bei Roecheggiani II, 95, 1, wo Jup- piter inmitten des Zodiakos und der Jahreszeitengöttinnen auf der Halbkugel thro- nend dargestellt ist. Dass hier die obere Himmelshalbkugel gemeint ist, welche uns unter n. 7 uns. Tafel deutlich entgegentritt, unterliegt keinem Zweifel. Wollte man aber auch in Betreff des vorliegenden Dreifusses an diese denken, so würde sich dem jene Vertiefung entgegenstellen, die wir sonst nirgends an der Himmelskugel antreffen, Oder hätten wir hier wirklich jene von Neueren angenommene Oeffnung im Mittelpunkte der Wölbung des Himmels vor Augen, durch welche der Gipfel des Berges Olympos in den Aether hineinragte? Wir unseres Theils kónnen das nicht glauben. Wir erinnern vielmehr an jenes jetzt angeblich in Berlin befindliche Relief bei Roccheggiani II, 16, auf welchem eine runde ara dargestellt ist, deren altare der Halbkugel jenes Dreifusses sehr ähnlich ist und oben loderndes Feuer zeigt, als dessen Recipient nur eine ähnliche runde Vertiefung betrachtet werden kann. Daran "schliesst sich der aus Pistolesi’s Vatic. descr. ed illustr. IV, 37 auf uns. Taf. n. 50 . wiederholte Dreifuss, welcher sich auf dem zuerst in Boissard's Ant. Rom. VI, 116 und danach bei Gruter Inscr. lat. p. moxLvim., dann auch in Raoul- Rochette's Mon. inéd. pl. XLVII abgebildeten und von Gerhard Bescht, d. Stadt Rom II, 2, S. 54, n. 298 besprochenen Grabeippus der Luccia Telesina im Vatican befindet. Wir se- ben hier einen Kesseldreifuss, dessen Füsse nach oben hin verlüngert sind und auf einer Platte ein Halbrund tragen, aus welchem eine Feuerlohe emporschlügt. Frei- lich zeigt statt dieser die Abbildung bei R. Rochette — um von der ülteren ganz Zu schweigen — einen Knopf, wie man ihn an dem Deckel des Dreifusskessels "d weilen findet; aber sie dürfte in dieser Hinsicht, wie in anderen, minder getreu sei. Dreifüsse dieser Art, die für den Cultus bestimmt, zugleich mehreren Zwecken dion- ten, sind meines Wissens bis jetzt noch gar nicht beachtet. Ein anderes Beispiel bietet der Dreifuss neben Apollon, welcher nach Clarac Mus. de sc. III, 480, 922 auf uns. Taf. n. 51 wiedergegeben ist. Hier sehen mir unmittelbar auf den Kessel des Dreifusses einen förmlichen kleinen, als abnehmbar zu betrachtenden Rundaltar 280 FR. WIESELER, sionen statt, welcher sich inzwischen mehr auf die Horizontale als auf gesetzt , auf welchem Früchte zum Opfer liegen. Indessen nimmt sich die Sache nach der Abbildung bei Nibby Mon. scelti d. villa Borghese t. 32 etwas anders aus. Dariach lässt sich das Altärchen recht wohl als zum Kessel gehörig betrach- ten. Noch deutlicher zeigt sich allem Anschein nach auf dem ein lündliches Opfer darstellenden Relief bei Montfaucon a. a. O. pl. XXII oberhalb des Dreifusskessels ein Rundaltar, auf welchem oben eine Flamme brennt. Möglich, dass auch der Aufsatz an der puteolan. Basis (oben A. 17) hieher gehórt; schwerlich aber der entsprechende Gegenstand auf n. 10 uns. Taf. und noch weniger die auf den beiden anderen auf S. 253 mit dem letzteren zunächst zusammengestellten Dreifüsse (s. unten Anm. 48 a. EA Es würe zu wünschen, dass die obigen Darlegungen, die wir wegen Mangels genü- gender Auskunft über die meisten der betreffenden Bildwerke augenblicklich nicht zur vollständigen Entscheidung bringen können, weitere Prüfung fänden. — Wir kommen jetzt zu den dreifüssigen Tischen zum Gebrauche für die Menschen, zu- nächst zu 2, a, den Speisetischen. Für diese, welche nach Xenophon Anab. VII, 3, 2] auch bei den Thrakern gebräuchlich waren, führt Athen. II, 32, p. 49, b (vgl. Pollux VI, 83) als ältesten Gewährsmann den Dichter des Kyvxoc yduos an. Sie dienten ebensowohl für das eigentliche Mahl als für den Nachtisch, mit dessen Zu- behór wir sie in den bildlichen Darstellungen meist besetzt finden, auf Vasenbildern (oben, Anm. 31, Moses a. a. O. p. 45, Vign. XII) Wandgemälden (Conestabile Pitt. mur. a fresco scop. presso Orvieto t. V. u. Pitt. di Ercol. I, 14 u. sonst), Reliefs (D. a. K. II, 50, 624 nebst den Wiederholungen u. Clarac pl. 250, n. 572), hauptsüch- lich auf den in neuerer Zeit wiederholt besprochenen (Friederichs Baust. S. 213 fg.) Grabsteinen mit der Darstellung des Todtenmahls, von denen man auch Abbildun- gen findet bei Spon a. a. O., Roccheggiani I, 5, Clarac pl. 165, 156, 157, 159, 160, 161 A, Stephani Ausr. Herakl. T. VIL, 1, Janssen Gr. en Rom. Grafrel. V, 14, V, 16 u.s. w.). Eigenthümlich ist der nicht in Relief dargestellte, sondern en ronde bosse ausgeführte Marmortisch mit Schälchen, einer Weintraube u. s.w. auf der Platte aus Pal. Giustiniani bei Roccheggianil, 14, 4, der unmöglich unmittelbar »per ‚le cene domestiche« gedient haben kann, sondern entweder mit einer Statue in Ver- bindung gestanden haben oder als blosses Schaustück oder als Weihgeschenk be- trachtet werden muss. Auf den Bildwerken erscheinen die betreffenden Tische re- gelmässig ohne Untersatz. Anders verhielt es sich in dem von Kallixenos bei Athen. V, p. 197, b (oben S. 223) erwähnten Falle. Wenn man diese Stelle zur Erklä- rung des diedgog als aunoa xajéÓQe bei Hesychios angeführt hat, so ist das ein grosser Irrthum. Die x4ive: waren von besonderer Höhe; die Speisetische aber hat- UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 281 die Verticale bezog, die jener gegenüber nie übermässig zur Gel- ten, dem was bei ihnen Gebrauch war, gemäss, keine entsprechende Höhe. Damit sie aber für die zu Tische Liegenden bequem wären, setzte man sie auf ein Gestell mit zwei Plätzen oder Untersätzen, welches man sich etwa nach :Art einer niedri- gen Bank zu denken haben wird. Solche Bänke sehen wir auf den Bildwerken vor den siften, aber mehr als Vertreter der Tische, vgl. D. a. K. I, 64, 334, a, und Conestabile a. a. O., t. IX u. X. — Zu den Schenk- oder Credenztischen 2, b, die schriftlichen Belege oben S. 224 und in den speciell die delphicae angehenden Stel- len, 8. 225 fg. Betrachtet man diese aufmerksam, so wird man finden, dass unter delph., wenn dieses Wort in Beziehung auf ein von Menschen gebrauchtes Geräth vorkommt, durchgängig der Credenztisch, das was bei Petronius Sat. XXII mensa cum argento heisst, zu verstehen ist, woraus sich auch die oben Anm. 14 signali- sirte Identificirung mit abacus erklärt. Bei dem Symposion, welches Kallixenos bei Athen. V, p. 197 beschreibt, befand sich zrgóg sv vow xwAuxsíov xci movnoiíov tv te Joren và» móc vjv xojcw dvgxávue zareoxsvaoudınv &xIecıw nicht ein "ginovs, sondern eine x4ívy. Auch Pollux X, 69 bezeichnet ej» zganslev, èp 5 tà Zamgd born xardxerıeı, nur als zeıganovv vodztboy xci uovönovv, xci — wganeboqó- 0v. Bildliche Darstellungen solcher Credenztische, die nicht in die Kategorie der Minodss oder delphicae gehören, in den Denkm. d. a. K. II, 40. 479, bei Clarac pl 156, n. 840, auf der sogen. Ptolemäervase in Paris: D. a. K. U, 50, 626, au. b, im Mus. Gregorian. I, 101 und wohl auch 104 (D. a. K. I, 64, 334, b). Doch fehlt es auch nicht an solchen, die den Credenztisch als voízovg mit runder Platte zeigen, vgl. namentlich Conestabile A 40. 4 XL. Kin Originalexemplar aus Marmor vielleicht das bei Overbeck Pomp. U, S. 51, Fig. 218 (das bei Clarac. pl 259, n. 612 ist allerdings dreifüssig, hat aber eine dreieckige Platte).— Zu 2,c ge- hóren zeinodes wie der bei Alciphr. oben 8.224, der im Compte rend. p. 1860 pl.I, vgl. Stephani p- 34 fg., die als Kohlenbecken oder zum Verbrennen von Räucher- Werk dienenden s. oben z. 1, b, d, die Lampenstünder bei Moses p. 33, Vign. IX, Overbeck I, S. 58, F. 252, u. dgl. Welchem Zwecke Dreifüsse wie der bei Over- beck I, 8. 52, F. 250, b und der bei Gargiulo a. a. O. I, 74 dienten, ob wirklich dem, »dies und das aus der Hand zu legen, oder um Blumenvasen oder einzelne Prachtgefässe darauf zu stellen«, das wage ich nicht zu entscheiden, da über die Platte gar nichts verlautet, muss indessen bemerken, dass diese Annahme selbst in Betreff des viel prächtigeren Dreifusses bei Overbeck Fig. 250, a wie wir oben ge- sehen haben, nicht zutrifft. Dass die dreifüssigen Tischchen römischen Gebrauchs "Wsprünglich den Küchengeräthen angehören und zur Aufnahme von Kesseln be- Histor.-philol. Classe. XV. Nn 282 FR. WIESELER, tung kam 59. Da das Epithem von vornherein wesentlich zum Tra- gen oder Aufnehmen von Gegenstünden diente, blieb dasselbe bei den Exemplaren, welche einem praktischen Zwecke dienten und danach auch bei den ihnen nachgebildeten Schaustücken meist ohne bildliche Verzierung, abgesehen etwa von dem Rande. Dafür bemächtigte sich das Streben nach Schmuck schon frühzeitig des Gestells#%). Mehr noch entschüdigte sich der Luxus in der Zeit der hellenistischen Kónige so wie in Rom etwa seit dem letzten Jahrhunderte der Republik durch das stimmt waren«, wie Overbeck a. a. O. und nach ihm Marquardt Il, 2, S. 300, und jüngst wiederum Forbiger Hellas u. Rom T, S. 227 annahmen, wird man nach un- seren obigen Darlegungen wohl nicht mehr glauben. 39) Ueber die Betrüchtlichkeit der Dimensionen des horizontalen Durchmes- sers vgl. namentlich Athen. V, p. 199, d (oben S. 224). Das Schweigen über die Höhe des betreffenden Dreifusses zeigt deutlich dass diese nicht ausserordentlich war. Bei den deAgıxoi zeinodeg giebt Kallixenos umgekehrt und nicht minder cha- rakteristisch nur die Hóhendimensionen an. 40) Der »Roceocogeschmack« mit den »geschweiften Füssen«, dessen Friede- richs a. a. O. n. 874 so erwähnt als finde er sich erst in Pompeji, ist schon in griechischer Zeit bei den etwas niedrigeren Tischdreifüssen durchgängige Regel; auch das dreifüssige Tischehen aus Cypressenholz aus Theodosia, Ant. du Bosph. cimmér. pl. 80, n. 1, gehört hieher; ja dergleichen Tischchen mit runder Platte und drei geschweiften Beinen trifft man schon auf den Bildwerken der orientalischen Völker, von welchen die Griechen nachweislich anderes Prunkgeräth entlehnt haben. Einfachere Behandlung der Beine kommt nur ausnahmsweise bei solchen Dreifüssen vor, deren Platte von minder grösserem Durchmesser ist, deren Füsse dagegen im Verhältniss zu der Platte hoch sind, wie n. 4 uns. Taf. und Mus. Borb. VI, 57, 1, Beis piele, die beide nicht dem gewöhnlichen Leben angehören. Bemerkenswerth ist auch der meines Wissens noch nicht beachtete Umstand, dass, während die Kes- seldreifüsse in ungeheuer überwiegender Mehrzahl unten die Klauen des Lówen oder eines andern reissenden Thiers zeigen, die Tischdreifüsse noch ófter mit Füssen der Ziege oder des Rindes oder auch des Pferdes versehen sind, selbst der unter n. 4 uns. Taf. und in den meisten Fällen auch mit den ganzen Beinen, nicht selten (aber nicht auf Vasenbildern und Wandgemälden) ausserdem noch mit dem Kopfe der be- treffenden Thiere, was sich bei den älteren Kesseldreifüssen nie findet, dagegen über- haupt in Betreff der Tischbeine griechischer Fabriken in rómischer Zeit (Benndorf u. Schöne Bildw. d. lateran. Mus. S. 58) bekannt ist. UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 283 prachtvolle und theure Material, welches man vorzugsweise zu dieser Art von Dreifüssen, insofern sie Schau- oder Prunkstücke waren, ver- wandte 311. e kreieren Spielraum künstlerischen und symbolischen Schmuck an- zubringen hatte man bei den im engeren Sinne so genannten anathema- tischen Dreifüssen. Hier setzte kein äusserlicher Zweck Schranken, eine dem Begriffe des Anathems entsprechende auf Augenfälligkeit ab- zielende Vergrösserung und Ausschmückung in der schon bei dem haupt- sächlichsten Vorbild im praktischen Leben, dem zeinovg čunvoos, vor- waltenden verticalen Richtung nach Belieben vorzunehmen #2), was, abge- 41) Für jene Zeit vgl. namentlich Kallixenos oben 8. 223 fg., wo besonders auch die sọ, dude zu beachten sind — ein Luxus der aus dem Orient stammt und auch an Trinkgefässen und Krateren von diesem (Athen. V, p. 197, c, 199, f) und anderen Schriftstellern derselben Epoche (Menander ap. Athen. XL p. 484, d, ap. Poll. X, 187, Eratosth. ap. Athen. XI, p. 482, b) erwähnt wird; für Rom Marquardt a. a. O. I, S. 315 u. 338 fg. Häufig waren Platte und Gestell von verschiedenem Material, wie an den zeinodes Seneca's bei Cassius Dio 61, 10, die ich schon wegen der grossen Zahl (500) nicht für eigentliche delphicae halten kann. Ein interessantes Beispiel der Einfachheit in älterer Zeit bietet der hölzerne mit Erz bekleidete Drei- fuss für die Siegerkränze zu Olympia (Pausan. V, 12, 3, oben S. 224). 42) E. Q. Visconti meint freilich (Mus. Worslej. p. 37, z. n. 18): The votiv tripods were made to uphold a vase, the use of which probably was to burn per- fumes, aber ohne Zweifel mit Unrecht. — Bei dem Kochkesseldreifuss wechselte das Gestell natürlich je nachdem derselbe über loderndes Feuer oder nur über Koh- len gesetzt werden sollte, In jenem Falle nahm man einen öwißerov zginode« (So- Phod. Aj. 1404 fg.), vgl. Gerhard's Auserl. Vasenb. Taf. CLVI, n. 1u.2, und LXIX. LXX, n. 3; in diesem ein niedriges Gestell, wie z. B. bei Overbeck II, S. 68, Fig. 261a. Das Gestell hiess zeinovs oder émíorerov, vgl. Schol. ad Arist. Av. 436. Dass bei ‚dem "inovs Zurvgog anstatt des selbstständigen Gestells auch Füsse, die von dem Hßng wohl getrennt werden konnten, vorkamen, bedarf keiner besondern Bemer- kung, wohl aber, dass es eigenthümlich ist, wenn es bei Hesych. heisst: RE ‘Bis, xato, £yodvvo JÈ «iw sic tò Jeguaæiveiww tò vwe. d dë unvopýrys ony ð D Zeene modus rov sig 10 noxaled9arn Hier wird der tọ. durvgıßjıms von dem loetqoyóog geschieden (Semos bei Athen. L 6, oben S. 223) und mit dem gewóhn- lichen Kochtopfe, xdxxofog, xuxxeßn verwechselt, wohl in Folge des Gegensatzes Nn2 284 FR. WIESELER, sehen von der Freiheit das dreifüssige Gestell und den auf ihm liegen- den Kessel in jeder Hóhe auszuführen, die passend erschien, noch durch Aufsätze und Untersätze zu erreichen war. Es wird zweckmüssig sein, zunüchst bei den Schriftstellen nachzu- suchen, ob sich nicht Andeutungen der Einzelheiten finden, welche als für den anathematischen Dreifuss charakteristisch betrachtet werden kón- nen. Dahin gehóren ohne Zweifel aus der oben in A. 10, S. 244 mit- getheilten Stelle des Eusebios die Worte tò» Go nesoıxelusvovr xai tiv org ry vh» eni voU A£ßnrog, welche freilich in ihrem ersteren Theile ver- derbt sind. Von den dort mitgetheilten beiden Verbesserungsversuchen ist aus sachlichen Gründen nur der Heindorf’sche zulässig. Doch trifft auch er nicht das Wahre. Wir zweifeln nicht, dass hinter nsg1xsfusvor wegen der Aehnlichkeit der Buchstaben ausgefallen ist: z6owo». In dem anderen Theile ist der Ausdruck orepdvn von Müller im Hdb. d. Arch. $. 299, A. 9, wie es scheint mit Unrecht auf den Ring, in wel- chem. der Kessel hing, bezogen worden. Der oben in Anm. 33 a. E. angeführte Scholiast zu Ar. Plut. 39 kennt die ozepdvn an dem delphischen Orakeldreifusse. Man lasse sich dadurch nicht zu der Annahme verlei- ten, dass jene diesem eigen gewesen sei. Die für den betreffenden Grammatiker günstigste Voraussetzung ist, dass er von der oregérm an dem deigızös ıgfnovg gelesen hatte: unter diesem war aber der anathe- matische zu verstehen, an welchem wir die oz. unten nachweisen wer- den. An die Stelle des Eusebios schliessen wir den Bericht des Arte- mon über den musikalischen Dreifuss des Pythagoras bei Athen. XIV, 41, p. 637, c. d: zv 0à negenAgowg uiv deigyızd rotzod — , zën d xol oiv Tu d zıddges nageigsro. vv yo noódw £otóror ní twos BE6EWS ptorgde on —, tç ufos Tosis io Tas čnò nodös mà nóde dısorWoes zwischen dem vg. &uzrugißrjung und dnvgoc, nach»welchem der letztere als dva9nue- wxóc gefasst wurde (s. oben S, 224 fg., S. 226 fg.). Dabei liegt allerdings insofern Wahrheit zu Grunde als der anathem. Dreifuss durchweg ein den Kessel in seinen Dimensionen überragendes und als etwas Besonderes sich geltendmachendes Gestell batte. Auch scheinen voízodec &urevgoı wie die bei Gerhard a. a. O. dargestellten in spüterer Zeit ausser Gebrauch gekommen zu sein. UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 285 dvérewe yogdais, ünegdeis Exdom niyvv ze zéro noooeouócocg yogdoróvia, xu) vv Endvw xóguov xowórv roU AEßnros xol ën neongrnuivov evioy dnodidoós. Zu diesen „„Anhängseln‘ gehörte sicherlich jene øre- gávņ. Dann kann man dahin auch die sogenannten cre rechnen, die, . wenn sie auch ursprünglich ganz integrirende Theile des Kessels waren, doch wie die bildlichen Darstellungen namentlich anathematischer Drei- füsse zeigen, allmälich eine gewisse Selbstständigkeit erhielten und bei der künstlerischen und symbolischen Decoration wesentlich in Anschlag gebracht wurden. Dass dem zoinovg nzwOixóg die re wesentlich eigen waren, lässt sich auch aus Semos bei Athen. I, 6 (oben S. 223) entneh- men. Wenn Asklepiades von Myrlea bei Athen. XI, 78, p. 489, c roic tinodas rode roig Feois zæataæyıtouévovs als qOósig xoxAovegsig xci čorégas Üyortug, oùs xci xcAoU0: osåývæçs erwähnt, so hat er dabei ohne Zweifel vorzugsweise die «rc oder ihre Stellvertreter im Sinn 5$) Was Artemon etwa noch sonst zu den „Anhängseln“ rechnete, muss dahingestellt blei- ben. Dass der von Eusebios gebrauchte Ausdruck 6 &vw negızeiusvos 200u0s sich nicht auf den Kessel, jedenfalls nicht auf denselben allein 43) Bei Athen. XI, 106, p.502, b wird p9oig erklärt als z4eveto. qud An upalari. Vgl. n. 5, 20, 28, 36, 37, 48 uns. Taf., unten Anm 48, S. 295 und die Münze von Kroton 3m Mus. Borbon. VI, 32,3 und bei Carelli-Cavedoni Num. Ital. vet. t. CLXXXII, n. 4. Der runden unverzierten Scheibe an n. 26 uns. Taf. entspricht in der ganz gleichen Dreifussdarstellung bei Koehne Mus. Kotschoubey pl. VII, n. 3 ein kleiner Kreis mit einem Punkt in der Mitte. Dass Gestirne als Kugeln oder Scheiben dargestellt wur- den, ist bekannt. Die kleinen Runde, welche man an den Beinen des aus Millin- gen’s Peint. de vases (1813) pl. XXX entlehnten Dreifusses unter n. 12 uns. Taf. und bei der Verkleinerung minder deutlich an den Handhaben (an denen sie sich auch sonst öfters finden) gewahrt, so wie an den Beinen von Dreifüssen auf den Mün- zen von Kroton und Rhegion bei Carelli-Cavedoni t. CLXXXII u. CXCVI fg., ge- hóren schwerlich zu dem, was Asklepiades a. a. O. im Sinne hatte, ebensowenig aber zu den von demselben besprochenen Nägeln an homerischen Geräthen und Gefässen, Sondern etwa zu den bloss zum Schmuck dienenden mit dem Meissel hervorgebrach- ten hervorstehenden Punkten, die wie Nagelköpfe aussehen, worauf der Toreut Apel- *$ an korinthischen Erzarbeiten aufmerksam machte (Athen. XI, 76, p. 488); wenn nicht hie und da an eingegrabene Verzierungen zu denken ist, wie D. a. K. II, 13, 148. 286 FR. WIESELER, beziehen kann, liegt wohl auf der Hand. Beachtet man, dass es nur Ringe und Stübe sind, welche dort in Betracht kommen, und zwar frei- stehende, nicht anliegende, so wird man zugeben, dass zunüchst auch an so etwas zu denken sein wird, das oberhalb der orsydvn vorausge- setzt werden muss. Wenden wir uns jetzt zu den im Original oder in Nachbildung er- haltenen anathematischen Dreifüssen um hauptsächlich solche Punkte, die noch mehr oder weniger im Dunkelen liegen, zu erlüutern, so tre- ten uns als die beiden integrirenden Theile entgegen das in einem bau- chigen Gefüsse bestehende Epithem und das dreibeinige Gestell. Die Beine oder Schenkel sind entweder gerade oder geschweift; jene entweder auswürts oder einwürts gerichtet oder senkrecht, diese in der Regel von viel einfacherer Bildung als die oben berührten geschweif- ten der Tischdreifüsse. Sie bestehen bei metallenen Dreifüssen zuweilen aus mehreren bündelartig vereinigten Stäbchen, gewöhnlich aber bei je- nen sowohl als bei den steinernen in je einem Stabe oder Pfeiler, der unten regelmässig in eine Lówen- oder Pantherklaue ausläuft, oben aber dann und wann mit einem kleinen Capitelle versehen ist, wie es zu pfei- lerartigen Stützen sehr wohl passt. In den Zwischenräumen (zuoe«) werden die einzelnen drei Beine meist zusammengehalten durch gerade, in der Regel horizontale, dann und wann auch schrägstehende, oder durch geschweifte Stäbe, Ad do, Cavo #). ` 44) Die aus je drei Stäben bestehenden Beine des Dreifusses von Metapont n. 18 uns. Taf. entsprechen ganz denen der volcentischen in Mon. ined. d. Inst. II, 42, III, 43, VI. VIL 69, und Nouv. ann., Mon. pl. XXIV. Diesen reihen sich in abwechseln- der Weise an die auf den Münzen von Amastris und Gaulos bei Combe Vet. pop. et reg. num, IX, 10 u. IV, 13 — n. 19 u. 20 uns. Taf. und der besonders beach- tenswerthe im Tischbein'schen Vasenwerke II, 11 und bei Inghirami Vas. fitt. pl. COCLXVII, an welchem man deutlich die Verbindung von je zwei Stübchen zu ei- nem Beine erkennt. Bei diesen drei Bildwerken handelt es sich um geschweifte Beine, die auf Münzen dann und wann auch bei einfachen Stüben vorkommen, wie auf den in der Amalth. I, Taf. III, n. H, L, M abbildlich mitgetheilten, der von Rhegion bei Carelli-Cavedoni t. CXCVI, n.59, der von Amisos bei Combe pl. IX, D. 1 = n. 31 uns. Taf., und den sicilischen bei Torremuzza t.LII, n. 6, LXXXII, 25, UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 287 Das Gefäss ist entweder lose auf das strittenartige Gestell aufgesetzt oder zwischen die drei Beine hineingesetzt, oder es wird von diesen an ei- nem hervorstehenden Rande getragen, oder es hüngt in einem Ringe oder ist oben an die drei Füsse angenietet oder angelöthet #5). Es hat in den LI, 5, VII, n. 15 = de Luynes Nouv. ann. 1832, pl. C, n. 28, 33, 37, 47, so wie auf dem Fragment einer Vase mit Relieffiguren gallisch-rómischen Ursprungs in der Rey. num. frang. 1850, pl. IV, n. 21 = n.47 uns. Taf, und auf dem Marmorrelief bei Welcker A. Denkm. II, Taf. V, 9, dem aus Athen bei Stuart Ant. of Athens Vol. II, ch. IV, p. 29 Vign. — n. 40 uns. Taf. Hier hat die Ausschweifung der Beine nach unten meist denselben Zweck des sichereren Stehens wie da, wo sonst grade Beine nach auswürts gerichtet sind, was bei den italischen Bronzedreifüssen der Art wie n. 18 uns. Taf. die Regel ist, sonst aber auf Bildwerken, die nicht Thierbeine zeigen, nur ausnahmsweise gefunden wird (z. B. auf dem Vasenbilde in Ann. d. Inst. 1836, tav. F, n. 1). — Pfeilerähnliche Beine mit Capitellen z. B. an n. 46 u. 49 uns. Taf. und sonst, namentlich an den römischen Marmordreifüssen. Dorische Capitelle auf der Münze von Tauromenion bei Torremuzza t. LXXXVIII, = 4 = de Luynes n. 39. — Der Ausdruck 46e bei Artemon a. a. O. (S. 284). Zuweilen , aber verhültnissmüssig selten, findet man die geraden und geschweiften Verbindungsstäbe an einem und demselben Dreifusse zugleich, wie an n. 36 uns. af, Die Bezeichnung durch ócfÓo bei Eusebios oben in Anm. 10. Den Ausdruck "lier Davon gebraucht Pausan. X, 16, 1 vom Önmoxgermgıov des Glaukos von Chios. 45) Beispiele der an erster Stelle erwähnten Weise den Kessel auf das Gestell - setzen, welche sich namentlich auf älteren Bildwerken findet, bei Gerhard Auserl. Vasenbild. Taf. CLVII, n. 1. u. LXIX. LXX, n. 3, auf der Münze bei Beulé Monn. d'Ath. p. 27, Anm. 2 — n. 21 uns. Taf., der unter n. 20 uns. Taf., den bei Cohen Méd. cons. pl XXI, n. 29 und 30, Torremuzza t. LXXXI, n. 25, VIL n. 15, LXXXVIII, n. 5 — de Luynes, n. 33, 47, 40, hinsichtlich welcher man erinnert wird an die Angabe bei Pausan. a. a. O. über das Önoxgerigiov des Glaukos; zu dë 2Zidouere od ordıjgov TÈ deg dviorgamm xe: TÈ Grën ës - &xıds. Lose zwischen das Gestell hineingesetzter, tiefer Kessel, der in ei- genthümlicher Weise auf den Querstäben zu stehen scheint, bei dem Dreifuss der früher in Besitz Piranesi’s war, dann nach Holland kam, und nach Roccheg- giani II, 70, 1 auf uns. Taf. n. 52 wiedergegeben ist. — An dem vorspringenden Rande tragen die frei untergesetzten pilasterartigen mit einem Capitell scaena ine den Kessel z. B. bei dem altberühmten Peiresc'schen Dreifuss (Spon Miscell. P 118, n. I, Müller Amalth. III, S. 28 fg. = Kl. Schr. II, 8.593), womit zunächst 288 À FR. WIESELER, meisten Fällen die Form der untern Hälfte oder eines grösseren oder kleineren Abschnittes einer Kugel oder auch eines Eies. Nicht so gar selten aber erscheint es auch unten bauchig und mit einem mehr oder weniger hohen und dicken Halse versehen 46). zusammenzustellen der Reliefdreifuss aus Zoega's Bass. ant. t. XCVII = n. 46 uns. Taf. Der Ring ist deutlich zu erkennen n. 18 uns. Taf. (wo aber der Kessel fehlt) und bes. n. 40; das Annieten auf griech. Vasenbildern. 46) Auf den Münzen der Longostaleti bei de la Saussaye Num. de la Gaule narbonn. pl. XXIII gleicht das mit zwei an Hals und Bauch sitzenden Henkeln ver- sehene Gefüss durchaus einer bauchigen Amphora. Aehnliches Gefäss mit Hals, woran die drei ër, auf Münzen von Kroton, deren eine aus Fox Gr. coins P. I, t. IH, n. auf uns. Taf. n. 23 wiederholt ist. Vollständig wie eine Amphora ohne Henkel nimmt sich das mit einem Deckel versehene Gefäss auf n. 40 uns. Taf. aus, wo es sich um einen anathematischen Preisdreifuss handelt, der nebst einem Kranze von einem Agon (Müller Handb. $. 406, Anm. 2, S. 668 ff. 3. Aufl., Curtius in d. Arch. Ztg. XXV, 1867, S. 96) getragen wird. Mit den Münzen von Kroton, auf welchen der Hals manichfach abwechselt (Combe t. III, n. 24 u. 25, Mus. Borb. VI, 32, 8, de Luynes a.a. 0. n. 19,20, Fox Gr. Coins P. I, pl. IH), stelle man zusammen die von Massilia bei de la Saussaye Num. narbonn. pl. IX, auch die von Heraclea Sintica nach Mus. Hedervar. T.I, t. X, n. 231 = de Luynes n.38, die von Pantikapäon im Mus. Kotschoubey pl. VI, n.35 und das Blei in Mon. d. Inst. VIII, 11,55. Bröndsted hielt den Hals auf Kroton. Münzen p.119 für die »mensa pythica, un siége particulier destiné à la prétresse.« Einen verhältnissmässig kurzen Hals, an dessen Rande die Handhaben sitzen, wie auf Münzen von Kroton und anderen, hat das Gefäss auf den unteritalischen Vasenbildern in den Denkm. a. K. II, 13, 148 u. Ann. d. Inst. XL, 1868, tav. d'agg. E. Ohne Handhaben erscheint es auf der Münze von Kyparissia bei Pellerin Rec. de méd. I, 15, 10, und auf dem Denar des M. Lepidus bei Vaillant Num. fam. nom. t.I, Aemil, n. 94 — Amalth. I, Taf. IH, n. M., wo Müller de trip. delph. p. 21 den Hals für das in den Kessel eingelassene Zzeto hält. Aehnlich auf unteritalischen Vasenbildern, zZ. B. Mon. ined. d. Inst. VI. VII, 71 u. Inghirami Vas. fitt. t. CCCLXXXVII, und auf den beiden schon erwähnten Dreifüssen im Louvre, dem in Relief bei Fröhner n. 89 und dem en ronde bosse bei demselben n. 90 (vgl. auch Roccheggiani I, 33 und Müller Amalth. III, S. 33 — Kl. Schr. II, S. 597), wo der Hals in zwei Absätze zerfällt, deren unterer mit Reliefs verziert ist, während um den oberen, welcher ei- nen geringern Durchmesser hat, ein Lorbeerkranz liegt. — Bei dem manichfaltigen Wechsel der Form des Gefässes auf griechischen Bildwerken verdient es Beachtung, UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 289 Dann und wann ist das Gefäss deutlich mit einem Deckel verse- hen; in anderen Fällen steht es dahin, ob ein Deckel gemeint ist, oder nicht 47). dass die cylindrische Gestalt, welche bei den etruskischen Bronzedreifüssen die Regel ist und auch bei römischen Opferdreifüssen vorkommt, z. B. auf dem Relief bei Wicar Gal. de Florence IV, 16, auf jenen mit Sicherheit nicht nachgewiesen werden kann. Freilich signalisirt schon E. Q. Visconti Mus. Pio-Clem. IV, p. 98 die cortina cilindrica auf der Münze von Magnesia am Mäander mit dem Typus des Apollon, von welcher wir die betreffenden Figuren nach de Luynes a. a. O. n. 22 auf uns. Taf. n. 33, a wiedergegeben haben, der p.25 erklärt: Apollon tenant une branche de laurier de la main droite et appuyé de la gauche sur un trépied trés-élévó à cortine et à poignées, sur lequel repose un autre trópied à cylindre, comme ceux d'Étrurie, et orné de palmettes au lieu d'anneaux, also béi dem oberen Dreifuss auch die Cylin- derform des Kessels voraussetzt. Allein wir sind überzeugt, dass diese Auffassungs- weise in mehr als einer Beziehung irrig ist. Zuvörderst handelt es sich ohne Zweifel nicht um einen doppelten Dreifuss. Die Zacken, welche man unter n. 34 u. 39 uns. Taf. oben auf den Handhaben gewahrt, findet man hie und da zu Stäbchen von ziemlicher Höhe verlängert, z. B. auf der Münze Seleukos’ II. aus der Samm- lung Duane bei Richard Gough Coins of the Seleucidae pl. III, n. 22, wo sie oben einen Lorbeerkranz tragen. Die vermeintlichen Beine des oberen Dreifusses sind _ ähnliche Stäbchen. Um nun das, was auf ihnen liegt, richtig zu würdigen, vergleiche man zunächst die Abbildung desselben Typus der betreffenden Münze von einem anderen Exemplar, welche wir nach Dumersan Descr. d. med. ant. du cab. Allier de Hauteroche pl X, n. 3 unter n. 33, b uns. Taf. mitgetheilt haben. Nach die- ser wird man schwerlich an einen Dreifusskessel denken, viel eher an drei über einander liegende Runde von der Art, wie man unter n. 44 uns. Taf. eins über den Handhaben liegen sieht; wonach man etwa geneigt sein dürfte bei n. 33, a zwei soleher Runde anzunehmen, oder beide Male einen cylindrisehen Gegenstand mit mehreren Absätzen oder Reifen, s. unten S. 299. Was endlich die vermeintlichen Palmetten betrifft, so werden sie nicht verschieden sein von den drei Zacken oder Strahlen an n. 32, 36, 37 uns. Taf.; vgl. unten Anm. 50. 47) Der Deckel ist unzweifelhaft auf n. 40 uns. Taf. Auch in den Fällen, wo : m Kessel gleicher Gestalt liegt, erkennt man ihn er glockenförmig ist und auf eine Ä wie auf den Münzen von Kroton an dem besonderen Griff in Form einer Blume, Mus. Borbon. VI, 32, 5 (n. 24 uns. Taf.) u. 9, oder eines Ringes, wie anscheinend auf der Münze von Kroton bei de Luynes n. 31 und auf der von Melite bei Torre- muzza t. XLII, n. 11 = de Luynes n. 33, oder eines Knopfes wie, abgesehen von Histor.-philol. Classe. XV. Oo 290 FR. WIESELER, Wenn schon der Deckel als etwas nicht nothwendiges, sondern hauptsächlich zur Ausschmückung Hinzugefügtes zu betrachten ist, so Raoul-Rochette Mon. inéd. pl. XLVII, 1 (oben S. 279, A.), bei Causeus de la Chausse Rom. Mus. T.I, s. 3, t. 10, Choiseul-Gouffier Voy. pittor. II, 19, Torremuzza t. LXXXII, ‘ n. 25, XCII, n. 11, auf Münzen des Vitellius. Ohne Zweifel handelt es sich auch um einen Deckel mit Griff auf den Münzen Demetrios II bei Gough. t. XIV, n. 4 u. 7 = de Luynes n. 32 — n.30 uns. Taf., sowie auf den entsprechenden Alexan- ders I. bei Gough pl XII, n. 15, wo eine Blume, u. n. 16, wo ein Knopf als Griff deutlich sichtbar. Möglich, dass dasselbe auch von n. 29 u. T. gilt, womit zusammenzu- stellen der Dreifuss des Tischbein’schen Vasenwerks I, 33 — Hirt Bilderbuch Taf. XXII, n. 4 = Amalth. I, T. III, n. E — Inghirami Vas. fitt. t. CCCXXVII = El. céram. II, 62, und der auf dem Blei in Mon. d. Inst. VII, 52, 727. Doch steht die Sache, da der Griff am Deckel fehlt, Deckel und Kessel eine Kugel bilden, die erweislich nicht selten im Dreifuss gefunden wird, und gegen die Auffassung als Ku- gel auch der Querstrich in der Mitte nicht unbedingt spricht, nicht vollständig sicher. Auch hinsichtlich der Reliefdreifüsse am choregischen Monument des Lysi- krates, wo der betreffende Gegenstand elliptische Form hat (s. n. 43 uns. Taf, nach der Restauration von Theophil Hansen zu C. von Lützow’s Schrift über jenes Monum.) ist es schwierig eine Entscheidung zu geben. Dagegen wird man sich un- bedingt veranlasst sehen, den dreieckigen Gegenstand auf dem Kessel des von ei- nem Marmorrelief in Gerhard's Ant. Bildw. Taf. XXI entlehnten auf hohem Unter- satz stehenden Dreifusses unter n. 45 uns. Taf. als Deckel gelten zu lassen. Ein ühnlicher Aufsatz auf der Münze von Apollonia im Mus. Hunter. pl. VI, n. 4 — de Luynes n.30., ferner auf dem Vasenbilde bei Stackelberg Grüb. d. Hellen. T. XVII — El. céram. I, 97 — n. 36 uns. Taf. und auf der Münze von Pella bei Dethier und Mordtmann a. a. O. Taf. III, Fig. 24, m = n. 28 uns. Taf., in welchen beiden letz- ten Füllen freilich die Spitze oben nicht verbürgt, aber gewiss anzunehmen ist, dass die Runde oberhalb des Aufsatzes nicht zu demselben gehören sollen. Einen Deckel in Form eines Dreiecks haben wir sicherlich auch in dem Aufsatze eines Kraters auf dem geschn. Steine bei Gori Mus. Florent. II, 74, 5. — Böttiger Kl. Schr. Il, Taf. VIL, n. 3 anzuerkennen, obgleich der letztere S. 323 meint, dass »die drei- eckige Figur ihre mystische Bedeutung hat.« Auch der einer abgestumpften Pyra- mide ühnelnde Gegenstand, welcher bei Cohen Med. cons. pl. LXVII, Sosia, n. 3, auf deni Dreifusskessel liegt, könnte recht wohl als Deckel dieses gefasst werden. Wer die Ueberzeugung hat, dass auf n. 9 u. 10 uns. Taf. und aut den oben S. 253 u. S. 280, Anm. hiemit zusammengestellten Reliefs das Dreifussepithem mit Bewusst- UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 291 gilt das in noch hóherem Maasse von anderen oberhalb des Gefässes zum Vorschein kommenden Gegenständen, unter welchen die sogen. cre die gewöhnlichsten sind. Ursprünglich wesentlich dem praktischen Zwecke von Handhaben dienend und zu dem Behufe als Ringe gebil- det, werden sie allmälich nicht selten so behandelt, dass sie diesem Zwecke nicht wohl dienen kónnen, indem das Innere durch künstlerischen oder symbolisch bedeutsamen Schmuck zum Theil oder ganz ausgefüllt, oder ihnen Scheibenform gegeben wird, wenn nicht andere blosse Zierathen an ihre Stelle treten. Sie erscheinen an demselben Dreifusse mit abwechseln- der Gestalt und Verzierung und in verschiedener Hóhe. Auf ihnen findet sich dann und wann ein Knopf oder ein Zacken ; zuweilen verlängert sich dieser zu einem verticalen Stäbchen. Stäbchen abwechselnder Form trifft man auch neben einem oder mehreren Ringen oder Runden, sei es dass diese unmittelbar auf dem Kesselrande aufliegen oder mittelbar angefestigt sind. Dieselben verticalen Stäbchen zeigen sich endlich auch allein über den Beinen des Dreifusses, da wo die Ringe so häufig ihren Platz haben. Sie können, mögen sie nun gerade oder geschweift sein, wesentlich nur als Vertreter der gewöhnlichen Handhaben gefasst wer- den, die aber, wie diese wenigstens später, auch als Träger dienen. Die Zwischenräume der Handhaben und Träger werden ähnlich wie die der Beine des Dreifussgestells, und zu gleichem Zwecke, wenn auch weit seltener, durch Querstäbchen u. dgl. ausgefüllt, welche hier wie dort zugleich zur Verzierung beitragen können #8), REL aan u sein und Absicht als oben geschlossen dargestellt sei, der wird nicht umhin können als das Wahrscheinlichste anzuerkennen, dass jenes aus einem Kessel und seinem Deckel bestehen solle; indessen möchten wir jene Voraussetzung nicht als sicher be- trachten; jedenfalls fehlt es nicht an Belegen dafür, dass die betreffenden Epitheme recht wohl nur ein aus Bauch und Hals bestehendes Gefäss darstellen können. 48) Die Handhaben pflegen auf den ältesten Darstellungen der Dreifüsse ver- mittelst verticaler Banden an den Kessel selbst angenietet oder angelöthet zu er- scheinen, und zwar in den Zwischenräumen ‘der Beine des Gestells. Jene Banden der odere, welche schon oben S. 274, Anm. 35 gelegentlich berührt sind, hat man unter den dsowos bei Homer. Il. XVIII, 379 zu verstehen, nicht aber Nägel oder Oo2 292 FR. WIESELER, Ueber ihnen befinden sich endlich nicht selten Gegenstände, in welchen die Horizontale der Verticalen gegenüber vorherrscht und welche dgl. wie Müller Amalth. III, S. 24 = Kl. Sehr. II, S. 590 fg. wollte. — Dann wer- den die Handhaben meist gerade über den Beinen des Gestells angebracht mit solchen und ähnlichen Banden oder auch ohne dieselben. Ueber die Weise wie die Handhaben bei den Dreifüssen, die ein aus Bauch und Hals bestehendes Gefäss haben, ange- bracht sind, oben Anm. 46. Unpraktische Handhaben treten dem Beschauer uns. af. zur Genüge entgegen. Zu n. 46 vgl. man den Dreifuss des Louvre bei Fróh- ner n. 89. Wenn Bróndsted a a 0, p. 120 an dem Dreifuss der delphischen Münze Vign. XXXIII = n. 14 uns. Taf. »5 anneaux ou anses saillant/autour du bord su- périeur« erkennt, so irrt er insofern als es sich nicht um eigentliche Ringe, son- dern um kleine Dreiecken ähnliche Zierathen handelt, wie wir sie, gewöhnlich in der Dreizahl, auch an anderen Stellen bei Dreifüssen finden, obgleich es zu Tage liegt, dass dieser Zierath im vorliegenden Falle an die Stelle der Handhabe getre- ten ist. Beispiele abwechselnder Form und Höhenstellung der Runde n. 24, 27, 36 u. 37 uns. Taf., Torremuzza t. VIT, n. 15 u. 16 — de Luynes n. 47 u. 46. An einem aus Veji stammenden Dreifuss bei Roccheggiani I, 22 bilden die Obertheile der Schlangen des Caduceus, welcher an jedem der drei Beine angebracht ist, die Handhaben. Knöpfe oben auf der Peripherie der Ringe: Compte r. p. 1866, pl.IV ; Zacken desgl. n. 24 u. 39 uns. Taf, zuStübchen verlängert n.27 u. 29, 33 à u. b uns. Taf, und auf der Münze Seleu- kos VI bei Gough t. XXII, n. 4 — de Luynes n. 49, wo diese oben in eine klee- blattartige Verzierung ausgehen. Ein Ring und nichts weiter auf der Münze von Athen bei Beulé p. 259 — n.22 uns. Taf., vgl. Combe VII, 10 = de Luynes n. 27, der S. 25 mit Unrecht die poignée unique als adaptée à un convercle plan betrachtet, auf der von Katana bei Torremuzza t. XXII, n.12 — de Luüynes n. 45,'und auf der von Kroton bei Mionnet Deser. d. Méd., Planches, LVIII, 6. Nur ein, indessen beson- ders grosser Ring, daneben aber zwei Handhaben anderer Art: n. 41 uns. Taf. Der betreffende Dreifuss ist von einem attischen Relief entlehnt, welches Curtius in d. arch. Ze XXV, Taf. CCXXVI, n. 3 herausgegeben und 8. 95 auf Nike bezogen hat, die der Reprüsentantin der Phyle, welche den musischen Sieg gewann, den Dreifuss übergebe, während es mir vielmehr so scheint als händige die ungeflügelte Figur der geflügelten (Nike) denselben ein. Der Dreifuss hat auch deshalb ein be- 'sonderes Interesse, weil er dem lüngstbekannten der Hamilton'schen Vase bei Tisch- bein I, 33 u. A. in Betreff der Handhaben durchaus entspricht. Vergleicht man diesen schon auf einer Säule aufgestellten Dreifuss und ausser anderen zunächst namentlieh den unter n. 37 uns. Taf., welcher von dem durch Ussing To gr. vaser UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 293 dazu dienen, dem Dreifuss nach oben durch eine Art von Bekrónung oder Bedeckung einen Abschluss zu geben. i Antik- Kabin. i Kjóbenhavn :Taf I. bekannt gemachten und durch Curtius a. a. Q. Taf. CCXXVI, n. 1 wiederholten Gemälde stammt, auf dem eine heranfliegende Nike im Begriff ist ibn auf einer Säule aufzustellen, so gewahrt man, dass er noch nicht vollstindig mit dem Schmucke versehen ist, mit welchem Dreifüsse aufgestellt zu werden pflegten, und verfállt leicht darauf, dass auch dieses von der ihn entgegenneh- menden Nike, wie gewöhnlich, verrichtet werden solle. Hieran schliesst sich der Dreifuss auf einem Relieffragment von der Akropolis zu Athen, von welchem uns Dr. Matz nach fast vollendeter Ausführung der lithogr. Taf. eine von ihm selbst ange- fertigte Abbildung mitgetheilt hat, nach der leider nur das Geräth und zwar in zwei Hälften mit Andeutung der Hände der um dasselbe beschäftigten Personen un- ter n. 42, a u. b verkleinert wiedergegeben werden konnte. Von der Person links vom Beschauer, n. 42, a, welche den Dreifuss mit der linken Hand hält, ist ausser einem Theile des betreffenden Unterarms nur noch ein (geschweifter) Flügel erhal- ten, von der anderen Person, n. 42, b, nur der rechte erhobene Unterarm bis zum Ellenbogen und ein kleinerer Theil des grade ausgestreckten linken. Die rechte Hand dieser Person macht die namentlich von archaisirenden Reliefs her bekannte Geberde des Anfassens eines Gegenstandes, und man denkt danach wohl zunächst daran, dass es sich um das Halten einer Tänie handele, mit welcher der Dreifuss geschmückt werden soll (obgleich von der Tünie nichts zu sehen ‚ist und nach Ap- pulej. Metam. IV, p. 90 ed. Bip. primore digito in erectum pollicem residente auch adorirt wurde). Unter jener Voraussetzung wird man auch die betreffende Person, ebenso wie die gegenüberstehende geflügelte, zunächst für eine Nike zu halten ha- ben. An diesen Dreifuss, an welchem die runde den gewöhnlichen “se durchaus entsprechende Handhabe neben zwei anders geformten (von welchen die rechts unter 1. 42, b wohl ganz so wie die links, n. 42, a gestaltet zu-denken ist) ganz sicher Steht, wenden wir uns zu n. 35 u. 28, 31 u. 24 ums. Taf. N. 35 findet sich auf dem Vasenbilde mit dem Abschiede des Triptolemos bei Tischbein IV, 8 = Inghi- rami vas. fitt. t. CLXII als auf einer Säule stehender Votivdreifuss -eines Demeter- heiligthums. Der Duc de Luynes, welcher ihn für ausserordentlich merkwürdig hält und auf die Hekate beziehen möchte, bemerkt p. 255, z. n. 43: il: supporte une cor- tine ereuse dans laquelle s’emboite, au tiers, une sorte de sphére ou de couvercle Presque sphérique, und spricht ausserdem von une armature ou quadre ‚quadrangu- laire, qui répose sur le trépied, et dont les deux oo bn dit: wapent toucher en deux points le profil supérieur du couvercle hémisphérique. Er vergleicht sehr 294 FR. WIESELER, Unter diesen hat das bedeutendste Interesse jener früher als Hol-- mos gefasste Gegenstand, welcher bald als Platte, bald als Scheibe be- passend den apollinischen Dreifuss auf der Münze der Makedoner unter n. 44 seiner Taf., aus Mus. Hunter. pl. XXXIV, n. 12. Dieser hätte ihn zur richtigen Auftassung führen kónnen. Es handelt sich um einen mit dem liegenden Kreuze ausgefüllten Ring und um zwei ovale Runde, welche nur ungenau noch mehr en face dargestellt sind als unter n. 36 u. 37 uns. Taf. Vermuthlich sind ausser den drei Runden noch drei verticale Stábchen anzunehmen, deren jedes zwischen je zweien Runden stehend zu denken ist. Doch lüsst sich über diesen Umstand auch anders urtheilen. Oben auf den Runden liegt die unten zu besprechende ozsp&vr. Aehnlich gewahrt man an der Nachbildung des Weihdreifusses des Amphitryon auf dem bekannten Relief der Villa Albani bei Zoega t. LXX und Stephani Ausruh. Herakles Taf. I, n.1 drei Sphinxe, eine jede über jedem Beine des Geräthes, und zwei Ringe, jeden zwischen einem Sphinxpaare, wo ohne Zweifel noch ein dritter Ring hinzuzudenken ist. Jenes quadre quadrangulaire mit dem in diesem Falle einer Scheibe mit der Decoration concentrischer Kreise gleichenden Runde innerhalb der hier ganz unzwei- felhaften Stübe tritt uns auch unter n. 28 entgegen. Man hat sich diese Scheibe auf einem dritten verticalen Stäbchen stehend zu denken, ähnlich wie den mittleren Ring unter n. 27. N. 31 uns. Taf. ist von der Münze von Amisos bei Combe pl IX, n. 1. De Luynes erkennt hier S. 254 zu n. 36 seiner Tafel »une cortine à trois anneaux surmontée d'un couvercle avec un méme nombre d'anneaux.« Der ver- meintliche couvercle ist wiederum die greng. Die an erster Stelle erwähnten Ringe anlangend, so steht nur einer sicher, nämlich der in der Mitte, die beiden zur Seite sind entweder Ringe im Profil oder Stäbe, freilich nicht gerade, sondern geschweifte. Solche Stübe treffen wir auch unter n. 26 an, ebenso wie auf der entsprechenden schon oben S. 285 Anm. 43 in Betreff des Rundes in der Mitte erwühnten Münze der Kotschoubey'schen Sammlung. Weiter finden wir die Stäbe auch ohne das Handha- benrund in der Mitte. So auf n. 30 uns. Taf. In diesem Falle hat man anstatt zweier nothwendigerweise drei verticale Stübe vorauszusetzen, wenn man nicht etwa ein durch ein Stübchen getragenes Rund als durch den Deckel dem Auge entzogen annehmen will, wie bei n. 27 u. 28 uns. Taf. Die drei Stäbchen zeigen sich ganz deutlich an iki Dreifuss von einer Münze Athens bei Beulé p. 359 = n. 25 uns. Taf. und bei dem auf der Reliefvase n. 47 uns. Taf. Sie entsprechen durchaus den drei Beinen des Gestells, ganz wie es mit den gewóhnlichen Handhaben so oft der Fall ist. Hie und da Se sie grade dieselben Breitendimensionen wie die Beine selbst; ja sie nehmen sich ganz àus wie unmittelbare Fortsetzungen der Beine über UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 295. trachtet wird. In vielen Füllen zeigt er sich nur im Profil und so, dass .man recht wohl an eine auf der Oberfläche glatte Scheibe denken kann; man vgl. n. 15, 17, 25, 34, 43, dann auch 35, wovon 28 u. 26 nicht getrennt werden können *9) Aber schon Müller hat in Bóttiger's den Kessel hinaus, die zugleich als Handhaben dienen und wie diese mit Ringen oder sonstigen Runden versehen sind, vgl. die schon oben angeführte Münze der gens Sosia und Denkm. d. a. K. II, 50, 625, auch n. 50 uns. Taf. — Horizontale Ver- bindungsstäbe zwischen den drei Handhaben: auf Münzen von Kroton: Mus. Borbon. VI, 32, 3, Carelli-Cavedoni t. CLXXXI, n.1; wohl auch auf n. 12 uns. Taf. Kreuz- stäbe zwischen denselben: n. 35, 38, 50 uns. Taf., Mon. ined. d. Inst. II, 26, Ger- hard Etrusk. u. campan. Vasenbild. Taf. C oder Welcker A. Denkm. III, Taf. XXIII, 2.1 (wo sie sich an beiden Dreifüssen zwischen den Handhaben mit gäere, s. oben Anm. 43, wiederholen), Compte r. p. 1861, pl. IV — Gerhard’s Arch. Ztg. XXIV, T. CCXI, u. 1866, pl. IV. Etwas anders geformte: D. a. K., a.a. 0. Schrügliegende, gerade oder geschweifte, n. 15, 27 u. 29 uns. Taf. Vgl. auch n. 49 uns. Taf. nebst dem in Anm. 50 darüber Bemerkten. — Wer darauf achtet, dass Eusebios (s. Anm. 10) zuerst von den Beinen des Dreifusses spricht, dann zu der obersten Par- tie desselben übergeht, und darauf erst sde 6aßduvs dré uéícov terayuévaç erwähnt, der wird den Namen 6dßdoı nicht bloss auf die Verbindungsstübe der Beine, wie K. O. Müller that, sondern jedenfalls auch auf die eben erwühnten beziehen. 49) Mit n. 17, von einer Silbermünze des Titus bei Dethier . und Mordtmann Taf. III, n. 24, q, ist zusammenzustellen die andere Münze dieses Kaisers ebenda n. 24, r., so wie die Gold- und Silberm. bei Cohen Méd. cons. pl. XXXVIII, Sestia, n. 1 u. 3. Auf allen handelt es sich um Quindecimviratsdreifüsse. N.34, von einem geschnittenen Steine nach der kleineren Cades'schen Samml. von Impr. gemm. IV, 21, betrifft einen vor Apollon auf einem Postamente aufgestellten Dreifuss. N.44 ist ein auf hohem Pfeiler stehender des delphischen Apolloheiligthums auf dem Relief bei Zoega pl. XCIX. Aus dem Kreise der Reliefs gehören besonders noch hieher die auf den Dreifussraub bezüglichen. Ueber n. 35 s. Anm. 48, S. 293fg. Unter den anderen in Betracht kommenden Vasenbildern kenne ich nur eins mit schwarzen Fi- guren, bei Gerhasd A. V. Taf. CCXLVII, wo ein einfacher Preisdreifuss dargestellt ist. Auf dem in den Mon. ined. d. Inst. I, 9 ist der betreffende Dreifuss der von Herakles geraubte. Mit n. 28 u. 26 uns. Taf. kann der schon in Anm. 47 berück- Sichtigte Dreifuss auf dem zuerst von Tischbein I, 33 herausgegebenen Yasenbilde auch in Betreff der oben aufliegenden »Scheibe« zusammengestellt werden, so wie Bee Anm. 46 mit n. 35 mee, Taf. verglichene Münze der Makedoner. N. 26 296 FR. WIESELER, Amalthea I, Taf. III, n. H, aus Stuarts Antiq. of Athens Vol. I, ch. IV, P. 27 eine athenische Münze mitgetheilt, auf welcher man an der Pe- ripherie der „Scheibe‘; drei etwas nach auswärts gebogene Zacken, je einen über jedem Oehre des Kessels gewahrt. Man vergleiche damit zunächst den auf einen musischen Festsieg bezüglichen Dreifuss n. 37 uns. Taf.; dann den unter n. 36 uns. Taf.; auch den bei Millingen Vases gr, 1816, pl. XI (s. A LI. Ebenfalls drei aber sämmtlich gerade Spiess- chen erblicktman auf den beiden Dreifüssen bei Gerhard Etr. u. cam- pan. Vasenbild. Taf. C und Welcker A. Denkm. III, Taf. XXIII, 1. Daran schliesst sich der eines Vasenbildes in den Mon. ined. d. Inst. VIII, 42, und der von der Seleukidenmünze bei Gough a.a.O. pl. XX, n. 7 — 32 uns. Taf. Wie drei kleine Dreiecke nehmen sich die Auf- sütze aus auf dem Vasenbilde im St. Petersburger Compte rendu P. lann. 1861, pl. IV — Gerhard’s-Arch. Ztg. XXIV, 1866, Taf. COXI 50), nimmt sich so aus, als lägen zwei »Scheiben« übereinander. Doch ist das sicher- lich nicht gemeint, sondern ein Stück, etwa so profilirt, wie es uns bei dem auch in dieser Beziehung lehrreichen Dreifuss des Amphitryon auf dem Relief mit der Apotheose des Herakles nach der Abbildung bei Stephani Ausr. Her. "Tat. L 1 deut- lich entgegentritt; vgl. auch den einen Dreifuss in Gerhard's Auserl. Vasenb. T. CCXLIII. 50) Sicherlich gehören nicht nur die drei »Palmblätter« bei n. 33 a u. b uns. Taf. (s. oben Anm. 46 a. E.), sondern auch die je zwei Vorsprünge hieher, welche man auf den Enden des scheinbaren Querstabes bei n. 27, 29, 30 gewahrt. Hier ist je- desmal der dritte Zacken weggelassen. Bei n. 31 erblicken wir dagegen an der von de Luynes (s. Anm. 48) als couvercle gefassten Stephane drei Ringe, wenn die Originalzeichnung richtig ist. Das Gegentheil ist freilich wohl möglich, aber doch auch nicht unbedingt vorauszusetzen. Allerdings bilden die beiden Preisdreifüsse in Ger- hard’s Auserl. Vasenb. Taf. CCXLIII keinen genügenden Pendant, wenn es auch ganz so aussieht, als ob der Gegenstand, an welchem hier die Ringe sitzen, nicht zum Kessel gehóren solle. An diesem findet sich jà sonst keine Andeutung der dra. Aber bei n. 49 uns. Taf. trifft man über dem mittleren Dreifussbeine ein Oehr, welches von Rankenwerk umgeben ist (das den liegenden Kreuzen zu den Seiten des Oehrs unter n. 35 und anderem oben Anm. 48 a. E. Erwühnten paral- lel geht) und nichtsdestoweniger erscheint das Oehr, und zwar mit derselben Ver- zierung, wiederum in dem Schmucke oberhalb der "Stephane. Auch sonst lässt sich UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 297 Aber die Dreizahl, welche den drei Beinen, drei Handhaben und ihren Fortsetzungen nach oben entspricht, ist keineswegs durchgängig. Auf dem Vasenbilde mit der Vorbereitung zu einem Satyrdrama in den Mon. ined. d. Inst. III, 31 — Theatergeb. u. Denkm. des Bühnenwesens Taf. . VL n. 2 wechselt sie mit der Siebenzahl. Die letztere tritt uns ferner entgegen bei der Seitenansicht des von Herakles fortgetragenen Drei- fusses auf der bemalten Vase in den Mon. ined. d. Inst. TE, 26. In n:38 uns. Taf., von dem durch Gerhard Auserl. Vasenb. Taf. LXX XI und schon früher durch Inghirami Vas. fitt. T. IV, t. CCCLIX herausg. Bilde, zeigt die Vorderansicht eines dionysischen Preisdreifusses dreizehn und bei Roulez Choix de vas. peints du mus. d’antig. de Leide pl. VIII = n. 13 uns. Taf. treten uns auf dem sichtbaren 'Theile der Peripherie der „Scheibe“ sogar vierzehn kleinen Dreiecken ähnliche Zacken entgegen. Endlich vergleiche man noch die untereinander gleichartigen Dreifüsse auf einem in den Ann. d. Inst. 1840, t. C, n. 1 abbildlich mitgetheil- ten Goldplättchen aus der Krimm, von denen einer unter n. 54 auf uns. Taf. wiederholt ist. - Wer diese, wer ferner den Dreifuss auf dem Vasenbilde mit der Vorbereitung zu einem Satyrspiele links vom Beschauer, auch den unter 1.98 uns. Taf und den auf der Münze n. 32 uns. Taf. genauer betrach- tet, wird zu der Ueberzeugung gelangen, dass es sich nicht um eine Scheibe, sondern um einen Ring handelt, und wer bei Beschauung des auf uns, Taf. n. 48 wiederholten Dreifusses eines herculanensischen Wandgemäldes beachtet, dass das entsprechende Rund, trotzdem, dass auf ihm eine Sphinx hockt, ganz deutlich als Reif erscheint, der wird gewiss für wahrscheinlich halten, dass nicht bloss in den Fällen, in hinsichtlich der in Rede stehenden Zierathen Wechsel nachweisen: drei Blätterver- Zierungen an der Stelle der drei Zacken oberhalb der »lamina orbicularis« auf Mün- zen Demetrios” II (Müller de trip. delph. p. 17, Gough a. a. O. pl. € n. 207; wo man zugleich von zweien jener je eine gegliederte Wollenbinde — qu Welche von Müller a.a.O. und in der Amalth. I, 136, zu n. L, mit Unrecht als me- tallene Kette betrachtet wird (s. Anm. 58, S. 307). Histor - philo], Classe. XV. Pp 298 FR. WIESELER, welchen das Rund mit Strahlen besetzt erscheint, sondern auch dann, wenn es dieses Schmuckes entbehrt, zunüchst für einen Reif zu halten sei 5. Es ist eben die orspdvn, mit welcher nach dem Schol. zu Ari- stoph. der Dreifuss bekrünzt war — ein Ausdruck, der nur auf so et- was, nicht aber auf den Kesselring passt —, die oregérg mì Tod AEßn- mme, wie Eusebios in Beziehung auf den Dreifuss des Glaukos sich aus- drückte, und ganz passend, wenn dieselbe, wie so oft, auf den Oehren des Dreifusskessels lag. Durch diese Entdeckung wird ein längst bekanntes und wie- derholt besprochenes Vasenbild (D. a. K. II, 50, 625) nicht min- der erläutert als es selbst zur weiteren Bestätigung jener dient. Man sieht, wie eine Nike einen als Anathem aufgestellten Preisdreifuss 51) Freilich haben die herculanens. Akademiker zu den Pitt. ant. T. III, p. 819, A. 8 nichts von einem Reif gemerkt, sondern sprechen vielmehr von einem emi- sferio, welches sie als cortina, öAuog betrachten; auch Raffei Ric. s. un Apoll.. p. 6 nimmt ein vaso sferico an. Aber eine auch nur halbwege aufmerksame Betrachtung der von jenen auf t. LIX mitgetheilten Abbildung zeigt die Richtigkeit unserer Auf- fassung. In grade entgegengesetzter Weise scheint Roccheggiani sich geirrt zu ha- ben, indem er 1,13,1 den runden Gegenstand, welcher bei einem »Tripode etrusco che si vede in un bassorilievo a Firenze« auf den Handhaben liegt, als eine ein we- nig vertiefte Schale zeichnete. — Ich kenne kein einziges Bildwerk, welches für eine der von den unsrigen abweichenden Auffassungsweisen eine irgendwie sichere Bürgschaft bóte, wenn auch bei Reliefs mit dem Dreifussraube hie und da auf den ersten Bliek ein Gedanke an die der here. Akademiker aufkommen könnte (vgl. z. B. Zoega Bassir. t. LXVI = Welcker A. Denkm. II, Taf. XV, 28), für welche sich ausserdem Dar- stellungsweisen des.Dreifusses wie die unter n. 46 u. 47 uns. Taf. anführen lassen würden. Ganz vereinzelt steht dagegen nicht nur Roccheggiani's Zeichnung, sondern auch die Art da, wie der »Holmos« des anathematischen Dreifusses auf der einen Seite der Drodun Basis auf der Kupfertaf. zu Bótticher's Grab d. Dion. darge- stellt ist, und zwar im Gegensatz gegen alle anderen Abbildungen. An eine vierkantige Platte, die sich freilich auch Müller gefallen liess, ist schon von vornherein nicht wohl zu denken.— Die mit den Zacken versehenen Darstellungen der Stephane, namentlich die wie n. 13 u. 38 uns. Taf., sind diejenigen, welche wir oben S. 247 als die der Annahme, dass es sich bei der vermeintlichen Platte um den Ces handele, unbe- dingt entgegenstehenden signalisirten. j UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 29 9 aus einem dionysischen Agon mit dem letzten und obersten Schmuck auszustatten im Begriff ist, indem sie mit der Rechten grade einen Ring aufsetzt oder anhüngt und auf der linken Hand eine Strahlenkrone hält, um diese nachher hinzuzufügen 52). Eine mit noch weit stattlicherem Schmucke versehene Stephane, auch eine Art von Strahlenkrone, tritt uns entgegen an den beiden gemalten Dreifüssen des Mus. naz. in Neapel, Mus. Borbon. VI, 13 u. 14, von deren erstem die oberste Partie auf uns. Taf. n. 49 wiedergegeben ist. Hier besteht der auf dem Oehr und dem dasselbe umgebenden Ranken- werk liegende Schmuck aus drei Abtheilungen, von denen die beiden oberen auf dem oberen Rande der untersten, der eigentlichen Stephane, ruhen. Man wird sich diesen Schmuck auch in anderer Weise eine be- trächtlichere Höhe erreichend denken können, und das ist vermuthlich für n. 33, a und b uns. Taf. (s. Anm. 46 a. E.) anzunehmen. Dabei handelt es sich vielleicht nicht bloss um eine Verzierung oben (s. Anm. 50), sondern auch um eine an der Flüche ringsherum (wenigstens bei n. 33, b). = Während wir sonst bei den verhältnissmässig niedrigen Stepha- nen die Verzierungen in der Regel auf dem oberen Rande ange- bracht finden, treffen wir, abgesehen von dem in Anm. 50 angeführten 52) Nachweisungen über das Vasenbild und seine Erklürungen im Text zu D. a. K.a a. O.; vgl. auch Curtius Arch. Ztg. XXV, S. 60 fg. u. Stephani C. r. p. 1868, p.148. Bei der Annahme, die Nike wolle den Ring in horizontaler Richtung aufsetzen, kann der- selbe nur als Unterlage für den Strahlenkranz dienen sollen, was vielleicht Bedenken Segen die betreffende Auffassungsweise erregen kann. Aehnliche Ringe sieht man bei Gerhard Auserl. Vasenb. Taf. CCLVI. CCLVII, n. 3 an den Handhaben von Preisdrei- füssen aufgehängt; aber da hat man sich dieselben ohne Zweifel als aus Wolle bestehend zu denken. Die Originalabbildung des obigen Vasenbildes bei d'Hancarville II, 37 zeigt den betreffenden Ring so wie die Strahlenkrone, dann auch die Oehre der Handha- ben des Dreifusses und die Stübe zwischen diesen nicht in der róthlichen Farbe, Welche sonst vorherrscht, sondern in einer schmutzigweisslichen, welche auch für die Carnation der Frauen benutzt ist. Vermuthlich soll man sich den Dreifuss im Gan- zen von Bronze und die andersgefärbten Einzelnheiten aus anderem Metalle, etwa Silber oder einer Mischung mit demselben, bestehend denken. Auch der Ring macht durchaus den Eindruck, dass er von Metall, nicht etwa von Wolle sei. Pp2 300 FR. WIESELER, Vasenbilde bei Gerhard, bei der die gewöhnliche Höhe übersteigenden unter n. 44 uns. Taf. jene Flüche geschmückt, wie es scheint mit einem vegetabilischen Zierath. | Ein Schmuck oberhalb der Stephane entweder der Art wie unter n. 49 oder der wie n. 36 u. 37 uns. Taf., was uns wahrscheinlicher dünkt, mag Eusebios a. a. O. als tov &v«» negıxeiusvov xóguov bezeichnen 55). Für unsere Auffassung der in Rede stehenden ‚Scheibe‘ als ote- gevn lässt sich auch die Analogie des or&pevog veranschlagen, der sich in ganz entsprechender Weise am Dreifuss angebracht findet, wobei der beachtenswerthe Umstand statthat, dass in der Regel da, wo jene vor- kommt, dieser fehlt, und umgekehrt 5#). 53) Jedenfalls passt so etwas wie die Zacken, ganz abgesehen von dem oben S. 285 fg. Hervorgehobenen, besser zu dem Umstande, dass Eusebios den x00u0g von der orepevn trennt, als das, was sich unter n. 49 zeigt, wenn man nicht etwa hier den obersten zackigen Ring (den man sich auch ohne Zacken denken kann) als ein abgesondertes Stück fassen will In den je drei Zacken, welche hie und da noch grössere Länge haben als in jenen Fällen, offenbart sich der Stephane als ein- fachem Ringe gegenüber mehr Selbständigkeit, indem sie zuletzt noch einmal die verticale Richtung hervorheben. 54) Der Kranz pflegt da, wo Handhaben vorhanden sind, auch auf diesen zu liegen, vgl. die Münze Seleukos’ I bei Gough pl. I, n. 12, das Blei in Mon. ined. d. Inst. VIII, 52, 727, das Gemälde mit Apollo und Cyparissus bei Avellino Il mito di Cipar., Mus. Borbon. XII, 2, F. Lajard Culte du cyprés pl. XII; oder auf den Stäbchen oberhalb der Oehre, wie auf der Münze Seleukos’ II bei Gough pl. IH, n. 22; oder auf Oehren und Deckel zugleich, wie n. 45 u. 46 uns. Taf., oder auf den runden Figuren, welche an dem kreisfórmigen Rande des Gestells mit den Rin- gen zugleich, wie auf dem. mehrfach erwühnten Relief der Villa Albani bei Stephani Ausr. Her. Taf. I, 1, oder allein angebracht waren, wie an dem zoimovs deisde bei Athen. V, p. 202, c (oben S. 224), vgl. Müller Amalth. III, S. 29 fg. = Kl. Schr. II, S. 594. Sind keine Handhaben vorhanden, wie bei einigen rómischen Steindreifüssen, so liegt der Kranz dicht unterhalb des Kesselrandes entweder auf einem Vorsprung am Halse des Kessels, wie an dem Dreifuss des Louvre, über welchen in Anm. 46, S. 288, unten, die Rede war, oder über einem Reliefstreifen mit F iguren, von welchen er getragen zu denken ist, wie bei Roccheggiani I, 1. Wenn Müller a. a. O. ihn um „die obere Platte“ d. i. die Stephane herumlegt, so fehlt es dafür UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 301 Eime Erhóhung und zugleich einen Abschluss nach oben hin ver- mittelt der Deckel, welcher dann und wann dem Dreifuss aufliegt, wie es uns zwei interessante Fülle, n. 46 und 47 uns. Taf., zeigen 55). Selbst durch figürliches Bildwerk findet man die Dimensionen in verticaler Richtung erweitert. Ein besonders augenfälliges Beispiel bietet n. 48 uns. Taf. Auf der Münze bei M. Pinder Cistophor. u. Silbermed. in der Abh. d. Berlin. Akad. v. J. 1855, Taf. I, n. 19 erblickt man so- gar einen Apollon, den linken Arm auf eine Säule gelehnt, in der Rech- ten einen Zweig mit Binden haltend, auf einem Dreifuss stehend. Ein anderer Cistophor zeigt an derselben Stelle einen Adler (Pinder, Taf. I, n. 20); der geschn. Stein bei Caylus Rec. d'ant. II, 88, 5 und das Re- lief im Louvre bei Fróhner n. 89 einen Raben (s. auch A. 56, S. 303 unten). Auch der grosse Dreifuss bei Athen, V, p. 202, c. d (oben S. 224) kommt nebst entsprechenden auf erhaltenen Bildwerken (s. Anm. 48, S. 294, u. D. a. K. I, 14, 155, auch wohl n. 34 u. T.) hier in Betracht. Ganz besonders aber dienten solche und anderswo in Rundwerken durchaus an Belegen. Kranz und Stephane sind meines Wissens nie unmittelbar vereinigt. Ein belehrendes Beispiel bietet n. 38 uns. Taf. Hier findet man jene beiden, aber die Stephane an der gewöhnlichen Stelle, den Kranz entfernt von der- selben am Kessel, wo er sich als speciell für diesen’ bestimmten Schmuck ausnimmt, vgl. D. a. K. II, 40, 478 nebst Text und n. 53 uns. Taf. Jener der Stephane ent- sprechende Kranz ist dagegen als zum ganzen Dreifuss gehörend zu betrachten. Vgl. das analoge Verhältniss zwischen Kesseldeckel (oben S. 289 fg. Anm. 47) und Dreifussdeckel , über welchen gleich die Rede sein wird. ' 55) Ueber diesen Deckel, wie ihn auch Platner in der Beschr. der Stadt Rom lll, 2, S. 496 in Beziehung auf n. 46 uns. Taf. nennt, welcher der Form Bach durchaus an die Aufsätze unter n. 6, 7 u. 50 uns. Taf. erinnert, wird ebenso wie über die halbkugelfórmigen Dreifusskesseldeckel (Anm. 47 S. 290)in der für Bd. AA der Societütsschr. bestimmten Abhandl. über das Feuer- und Heerdsymbol in Eege usammenhange gehandelt werden. Hier genügt es darauf hinzuweisen, dass die dreiblätterige Pflanze auf dem Deckel bei n. 47, welcher Hacher Rev. num. e 1850, P- 179 symbolische Beziehung zuschreibt, jedenfalls in künstlerischer Hinsicht be- achtenswerth und mit den drei Zacken und ihren Pendants (S. 296 und Anm. 50) Zusammenzustellen ist. 302 FR. WIESELER, und Reliefs angebrachte Figuren dazu, dem anathematischen Dreifusse einen besonderen Schmuck zu verleihen, wozu sich ihnen dann allmä- lich immer mehr auch vegetabilische Zierathen gesellten 56). 56) Ueber die Weise wie die Figuren mit den Dreifüssen combinirt wurden, hat schon Müller in der Amalth. III, S. 29 fg. — Kl. Schr. II, S. 594 fg. einige gute Bemerkungen gemacht, welche jetzt bedeutend erweitert werden kënnen. Hier nur das Wichtigere. Eine eigene Gruppe bilden die in Italien, meist in Vulci, aus- gegrabenen ülteren Bronzedreifüsse, welche ohne Zweifel anathematische waren, wie in Betreff der Vulcentischen schon aus dem Umstande hervorgeht, dass der Kessel regelmässig ohne Boden ist, vgl. Roulez Ann. d. Inst. XXXIV, p. 189 fg. Für sie kann der ausnahmsweise auch am Kesselringe mit figürlichem Bildwerk versehene aus Metapont stammende auf n. 18 uns. Taf. als Beispiel gelten. — Sonst trifft man Figuren oberhalb der Stephane und des Dreifussdeckels und oberhalb des Ge- stellrandes, wie oben im Text bemerkt. Auch der Delphin, welcher auf n. 17 uns. Taf. als von dem Dreifuss getrennt erscheint, zeigt sich bei anderen Münzdarstel- lungen soleher quindecimvirorum cortinae, an welchen ihn Servius z. Verg. Aen. III, 332 erwähnt, unmittelbar auf ihnen liegend. Wie die erwähnten italischen Bronzedreifüsse den Kessel ohne figürlichen Schmuck zeigen, so in der Regel auch die Nachbildungen von Dreifüssen auf griechischen Bildwerken. Nnr auf dem Rande jenes zeigen sich Schlangen auf alten Münzen von Kroton (Carelli - Cavedoni, t. OLXXXII, n. 2, 3, 5, 9; Mionnet, Rec. de planches, LVIII, 3) und auf dem Henkelpaar Vögel, Schwäne und »Tauben«, in Rundbildern auf jedem der bei- den Dreifüsse des schwarzfigurigen Gemäldes bei Gerhard Auserl. Vasenb. Taf. CCXLI, 1. Die mit einem höheren Halse versehenen Kessel römischer Dreifüsse sind wiederholt mit Reliefdarstellungen geschmückt (s. oben Anm. 46, S. 281 unt., u. A. 54). Auch der Bauch des Kessels wird in späterer Zeit mit Reliefbildern ver- sehen gefunden, jenen zwischen den drei Füssen zum Vorschein kommenden Medu- senmasken (s. n. 44 u. 49 uns. Taf), die auf römischen Reliefs, geschn. Steinen, Wandgemälden ebenso häufig vorkommen als sie auf griechischen Werken, die Va- senbilder mit eingeschlossen, unseres Wissens unerhört sind , dort auch an anderen Stellen über dem Kessel, vgl. n. 46 uns. Taf., auch Smugliewicz u. Carloni Terme di Tito n. 44 und n. 55 uns. Taf. (wo Millin Voy. dans les depart. du midi de la France T. II, p. 87, z. pl. XXVII, n. 1 fülschlich an »une figure d'Apollon« dachte), insofern als dieser Fall, in welchem es sich offenbar nicht um die im Einzel- nen getreue Nachbildung eines vollstindigen Dreifusses handelt, überall hier veran- schlagt werden kann. Die Medusenmasken werden dann und wann durch Lówen- UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 303 Das stattliche Aussehen beruhte zudem auch auf dem Material. Dass die anathematischen Dreifüsse in der Regel von Bronze waren küpfe vertreten. Der griechischen Kunstübung gehóren als besonders ausgezeich- nete Werke Dreifüsse an, bei denen in der Mitte unter dem Kessel und zwischen den Beinen Rundbilder angebracht waren. Wir kennen sie in Exemplaren zu Amy- klae und Athen, auch die Künstler, welche entweder das Ganze oder doch die Fi- guren arbeiteten, Gitiadas, Kallon, Aristander, Polyklet (Pausan. III, 18, 5, vgl. IV, 14, 2) und Praxiteles, in Betreff dessen sich Friederichs Praxit. und die Niobe- gruppe S. 15 mit Recht an Müller anschliesst. In Th. Hansen's oben S. 290 A.47 erwühnter Restauration wird so etwas auch für das Denkmal des Lysikrates ange- nommen. Vgl. auch oben Anm. 36. Die sixóvec xovoas, Dien xa? £xacrov node an dem silbernen Dreifusse, welchen der Rhetor Aristeides als Choreg dem Zeus Asklepios zu Pergamos weihte (Or. sacr. IV, Vol. I, p. 515 fg. Dind.), hat man sich wohl gegenüber, d. i. vor den Beinen, nach aussen hin, stehend zu denken. Auf griechischen Brauch geht gewiss auch die Anbringung von Figuren auf den Verbin- dungsstäben zwischen den Beinen des Dreifusses zurück, wofür die beiden schon er- wühnten gemalten Dreifüsse des Mus. naz. zu Neapel (n. 49 uns. Taf) den glän- zendsten, jüngst von Stark, Niobe u. d. Niobid. S. 161 fg. behandelten Beleg geben, und andere sich in rómischen Werken finden, welche hier und auf den parallel ste- henden Untersätzen öfter Thierfiguren wie die Adler n. 6 uns. Taf. und den Raben n. 46 u. T. zeigen. Später brachte man, indem man auf diesem Wege weiter fort- Schritt, zwischen den Beinen die Platten mit Relieftafeln an, von welchen Müller Amalth. III, S. 33 fg., Anm + = Kl. Schr. II, S. 597, A.3 Beispiele giebt. Häufig findet man in der griechischen und griech.-róm. Kunst auf Münzen, auch auf geschn. Steinen und in Bronze- und Marmorwerken, den Raum zwischen den drei Beinen des Gestells und den unterhalb des Kessels durch eine Schlange ausgefüllt, welche man bei den apollinischen Dreifüssen in der Regel für den Drachen Python, bei denen des Asklepios und der Hygieia für den epidaurischen zu halten bat. Sie windet Sich meist um einen der Füsse, dann und wann auch um alle drei, oder steigt in der Mitte des Gestells, indem sie sich entweder durch eigene Kraft in die Hóhe hebt oder sich um ia Mittelstamm (unten Anm. 60) ringelt, empor, zuweilen noch über den Kessel hinaus, so dass auch sie zu den Figuren gehört, durch welche die Erweiterung des Dreifusses in verticaler Richtung vermittelt wird, wie bei n. Hus Taf. und namentlich auf dem oben Anm. 46, S. 288 angef. Denar des Lepidus, Wührend sie anderswo, nachdem sie den Dreifuss umschlungen, Kopf und Hals auf den Kessel gelegt hat, wie z. B. bei Morelli, Fam. Sempronia t. II, n. 3, und bei 304 FR. WIESELER, ist schon oben gelegentlich bemerkt, zuletzt S. 269 u. Anm. 32. Man vgl. dazu Semos bei Athen. I, 6 (oben S. 223), Herodot. I, 144, Pausan. Torremuzza t. XLII, n. 6 — de Luynes n. 24 u. 28, oder andere Bewegungen und Haltungen zeigt, wie sie den Schlangen überhaupt und ganz insbesondere als Wächtern eigenthümlich sind (Anm. 60). Der geschmeidige Schlangenleib gab den Künstlern im Gegensatz zu den fest aufgestemmten Stützen, zwischen denen er sich emporringelt, schon an sich ein sehr passendes Motiv künstlerischer Darstellung (Curtius Gótting. Nachrichten 1861, S. 377). — Zu welcher Zeit man anfing, Figu- ren in menschlicher oder thierischer Gestalt als Beine von Dreifüssen anzubringen, lässt sich nicht genau bestimmen. In Th. Hansen's Restauration des Lysikratesdenk- mals findet man sogen. Atlanten, die über den gewóhnlichen Beinen des Dreifusses stehen, als nächste Träger des Epithems vorausgesetzt. Das erinnert an die bekann- ten Giganten des Zeustempels zu Akragas und derartiges an Gebäuden, besonders aber an Candelaber des etruskischen und griechisch -römischen Kunstbetriebs, vgl. z. B. D. a. K. I, 59, 295 und Overbeck Pomp. II, S. 61. Allein für Dreifüsse wüss- ten wir keine andere Analogie nachzuweisen als kaum zureichende aus spüterer róm. Zeit. Die Büsten an dem bronzenen Dreifuss bei Spon p. 118, n. II, (wohl dem im capitolinischen Mus. befindlichen bei Platner in der Beschr. d. St. Rom III, 1, S. 184, n. 39), welche vermittelst eines hinten angebrachten Hakens das Gefäss trugen, wird man schwerlich als auch nur halbwege zureichende Pendants veranschlagen wollen. Dagegen findet man allerdings an dem gleichfalls römischen Bronzedrei- fuss in der früheren Sammlung Braschi, von dem Roccheggiani I, 8, 1 eine Abbil- dung mittheilt, über dem einen der drei Füsse, eine geflügelte Thiergestalt, welche das Epithem mittrügt. Aber um nicht davon zu reden, dass Zweifel an der Echt- heit des betreffendeu Theils wohl nicht ungerechtfertigt sind — der Dreifuss erin- nert durchaus an den mehrfach restaurirten »tragbaren zum Zusammenlegen«, wel- chen Brunn Glyptoth. n. 294 beschreibt, da auch bei ihm »an den Kreuzungen der verbindenden Stübe kleine Büsten von Knaben mit Früchten im Schurz angebracht sind« und »der Griff« (wenn man so will) san dem einen Fusse« (nämlich dem in Rede stehenden) mit einem Pantherkopfe verziert ist«—, so wird auch dieses Stück sicherlich nicht mit dem Dreifuss des Lysikratesdenkmals zusammengestellt werden dürfen. Atlantenartige Trüger passen für einen Dreifuss aus Metall um so weniger, als bei ihm das Epithem verhältnissmässig leicht war. Auch die Rücksicht auf zu grosse Einförmigkeit besonders langer Beine war nicht maassgebend. Das beweisen die uns bekannten Beispiele der hóchsten Gestelle anathematischer Dreifüsse (Anm. 59). Das ülteste Beispiel eines thierischen Trügers eines solchen auch nicht zu den UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 305 I, 20, 1, III, 18, 5, IV, 12, 5 u. 6, IV, 14, 2, Aeneas Tact. Poliorcet. 2, p. 6, 10 Herch. Doch gab es auch solche, die vergoldet oder mit niedrigen gehörenden Dreifusses bóte das platäische Weihgeschenk, wenn die Auffas- sungsweise Herodot's IX, 81 und Pausanias' X, 13,5, das Richtige träfe (s. Anm. 59 u. - 60,8. 311fg.). Von niedrigen Dreifüssen mit Beinen, die aus Thierfiguren und Thierbei- nen bestehen, haben wir oben Anm. 38, S.278 ein interessantes Beispiel aus Pompeji kennen gelernt, das, wenn man wollte, auch mit einem tiefern Kessel versehen wer- den konnte. Eine Abbildung eines bronzenen Dreifusses mit besonders tiefem Kes- sel, der von Greifenbeinen getragen wird und oben an den Fortsetzungen dieser die Köpfe desselben bacchischen Thiers hat (vgl. oben Anm. 40 a. E.), bietet n. 53 uns. Taf. nach Roccheggiani II, 86, 3. Es handelt sich offenbar um ein Gefäss zum Mi- schen des Weins, welches von Griechen und Rómern auch wenn es ein dreibeiniges Gestell hatte, in genauerer Sprechweise nicht als voízrovc (A. 57), sondern als zga@zno bezeichnet wurde. Von Dreifüssen mit Beinen, die wenigstens etwas von der mensch- lichen Gestalt zeigen, giebt n. 52 uns. Taf. ein Beispiel. Auch hier hat man wohl einen Krater anzuerkennen und danach die Hermen zunüchst auf den Dionysos zu beziehen, obgleich auch Hermeshermen passen würden (Text zu D. a. K. II, 30, 337, e). Ein silberner Dreifuss mit nur etwas anders gebildeten Bacchushermen als - Beinen bildet einen Bestandtheil des Hildesheimer Fundes. Hermen stehen den Pfeilern, welche in späterer Zeit so oft die Beine der Dreifüsse bilden, am näch- sten. Man findet sie, doppelte sowohl als einfache, zu dreien ganz passend mehr- fach als kurze stämmige Stützen der römischen labra. Das spätere Kunsthandwerk, welchem jene niedrigen Dreifüsse angehören, die sämmtlich einem praktischen Zwecke dienten, schmückt mit figürlichem Bildwerke in Relief auch die Capitelle der pilasterförmigen Beine und selbst den Schaft dieser und die zwischen den Beinen befindlichen Querstäbe, welche dann und wann von beträchtlichen Dimensionen in der verticalen Richtung sind, ebenso wie die Beine nicht selten von bedeutender Breite erscheinen; es füllt selbst das Innere der Handhabenöhre mit Reliefbildern aus u.s.w. So finden wir es namentlich an römischen Steindreifüssen, von denen dieser oder jener auch zu den anathematischen gehören oder doch im Cultus ver- wandt worden sein mag. In noch höherem Grade zeigen diese Dreifüsse Verzierun- gen anderer Art, namentlich dem Pflanzenreiche und der Arabeske angehörende, mit denen sie, ähnlich wie die Bauwerke späterer Zeit, zuweilen überladen sind, während man dergleichen bei den freilich meist in geringen Dimensionen ausgeführ- ten Darstellungen von Dreifüssen auf älteren Bildwerken nur spärlich antrifft, am meisten noch an den Beinen und zwischen denselben, namentlich auf Münzen, welche Histor.-philol. Classe. XV. Qq 306 FR. WIESELER, Goldblech belegt oder golden, versilbert oder mit Silberblech belegt oder silbern waren, ganz oder zum Theil (Müller de trip. p. 9 fg., Amalth. E S. 198 fg. 127 M S 20 fp — Rl Sehr LH, S. 579, Bi 592 fe.57. Von marmornen anathematischen Dreifüssen findet sich in guter griechischer Zeit unseres Wissens keine Spur. Aus Holz und Thon kommen sie nur als Nothbehelf vor: Pausan. IV, 12, 5 u. 6. Wie die Weihgeschenke überhaupt, so wurden auch die den Gott- heiten als Anatheme dargebrachten Dreifüsse durch Anfügung von wol- lenen Tünien consecrirt, die uns auf den Bildwerken, meist, aber nicht ausschliesslich an den Handhaben angebracht, in mehrfach abwechseln- der Form entgegentreten 58). Nachbildungen von Bronzedreifüssen bieten, und ganz besonders an dem obersten Theile von n. 49 uns. Taf. und dem Pendant dazu, wo übrigens die unteren Par- tien nur an den geschweiften Verbindungsstüben Verzierungen, und zwar ganz ein- fache architektonische, zeigen. 57) Hiezu können manche Nachträge aus Bildwerken gegeben werden. Die mehrfach berücksichtigten Dreifüsse im Mus. Borb. VI, 13 (n. 49 uns. Taf.) u. 14 sind durch die Färbung als durchaus goldene, bezw. vergoldete bezeichnet. Viel- leicht gehört hieher auch der »gelbe« Dreifuss bei Stephani Vasensamml. d. K. Er- milage n. 1821. Besonderes Interesse haben einige Beispiele der Anwendung ver- schiedener Metalle. Silberner Dreifuss des Aristeides mit goldenen Figuren: oben Anm. 56. 5.303. An dem unter n. 36 uns. Taf. sind Kessel und Deckel sowie das mittlere Bein nuran den Rändern vergoldet. Ueber einen Dreifuss aus Bronze mit ein- zelnen Theilen aus Silber oder anderem Metalle oben Anm. 53. Weisser, also silberner, Kessel eines sonst in Schwarz ausgeführten, also bronzenen Dreifusses bei Gerhard Aus- erl. Vasenb. t. CCLVI. CCLVII, n.1. Auch von Verzierung des Metalls durch Email finden sich Spuren, z. B. am Halse des bronzenen Dreifusskessels bei Gerhard t. CCCX VII. CCCX VII, n. 1, wo ein Krater (s. A. 56) zu sehen ist, der unter allen auf Bildwerken vorkommenden den besten Beleg bietet für die Auffassung dieses Mischgefässes als voí7zrovc Tov Aovvoov und die falsche Beziehung des homerischen Ausdruckes dzrvgog zeinovs auf dasselbe von Seiten Philochoros’ und Semos’ von Delos bei Athen. I, 6, p.37, efg. 58) Mit mehreren Binden ausgestattete anathem. Dreifüsse: Denkm. d. Bühnen- wes. Taf. VI, n. 2 (zwei choregische) und Millingen Vas. gr. pl. XI (im delph. Hei- ligthum). Anfügung einer Tänia, vermuthlich durch eine Nike , unter n. 42, b uns. Taf, s. oben Anm. 48, S. 293. Nike einen auf einer Basis stehenden rem UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 307 Noch beachtenswerther ist ein anderer Umstand, welcher den ana- thematischen Dreifüssen mit anderen Weihgeschenken gemein war: eine Dreifuss mit einer Binde bekrünzend: Jahn Beschr. d. Vasensamml. in der Pina- koth. z. München n. 1122. Nike mit einer Binde zum Bekrünzen des Dreifusses n. 39 uns. Taf. heranfliegend: Panofka Mus. Pourt. pl. VL In diesen Fällen han- delt es sich, wie bei den von Curtius in der Arch. Ztg XXV, S. 90 fg. besproche- nen Vasenbildern, welche sich auf die Weihung eines Dreifusses durch Nike oder Niken beziehen, um choregische Denkmäler, welche als Tropäen behandelt werden. Anders ist die Sache auf der Münze von Kroton bei Dethier und Mordtmann a. a. O. S. 47, fig. z zu fassen, auf deren Avers eine Nike dargestellt ist, die allem An- schein nach mit einer Binde in der Hand herbeifliegt, um den Dreifuss zu bekrän- zen. Hier ist der Dreifuss doch gewiss das Wappen der Stadt (Stephani Ausr. Her. S. 130), oder lieber das Symbol ihres Schutzgottes Apollon, welches an der Stelle der Stadt selbst oder ihres Gottes von der Reprüsentantin des Sieges, den dieser verlieh, bekrünzt wird. Anstatt der Nike schmücken Sirenen den Dreifuss auf einem Vasenbilde (Stephani Vas.-Samml. in d. Ermit. n. 1821), wohl in Beziehung auf einen musikalischen Wettkampf. — Die Tänien erscheinen an den anathematischen, wie an anderen Dreifüssen meist in der Form wie unter n. 5 und 17 oder n. 24 (vgl. die in der Hand des Apollon n. 33, b) uns. Taf., mit Troddeln (oréuuaræ xci 9vcavo:) oder ohne dieselben. Die zweite Form zeigt sich bei ihnen auf Münzen von Kroton öfters, sei es, dass sie an den erg befestigt sind, wie n. 24 uns. Taf., oder von dem Kesselrande herabhüngen, ohne dass klar wird, wie sie an demselben festsitzen können, wie bei de Luynes n. 18, Carelli- Cavedoni t, OLXXXIII, n. 21 u, 22 und in der Amalth. I, Taf. III, n. K, wo Müller S. 136, an Ketten" denkt und Brönd- sted a. a. O., p. 119, Anm. 20 mit ihm, sicherlich mit eben so wenigem Rechte wie bei der oben Anm. 50, S. 297 erwähnten Münze Demetrios’ II, wenn auch der Umstand, dass dort nicht klar ist, wie die Binden an dem Kesselrande festsitzen können, der irrigen Meinung einen gewissen Schein verleihen könnte, der aber auch Schwindet bei der Annahme, dass dem Stempelschneider ein Bronzedreifuss vorlag, an welchem die Binden nicht wirkliche aus Wolle, sondern aus Metall nachgemachte angelöthete waren. — Auf der Münze von.Heraclea Sintica oben Anm. 46, S. 288, findet man eine astragalenfórmig geknotete, von dem einen Oehr lang herabhän- gende Tänia, mit welcher zunächst zusammenzustellen die auf jener Münze Deme- trios’ II. — Auch bei den fadenähnlichen Gegenständen, welche bei den mehrfach er- wähnten gemalten Dreifüssen zu Neapel (n. 49 u. T.), an Knöpfen dicht PAPE den Capitellen der Beine aufgehüngt, den Kessel umgeben, ist wohl nicht an einen ir- relevanten Schmuck, sondern an Nachbildung von Wollenfäden zu denken. Wollen- Qq2 308 FR. WIESELER, Aufstellung, durch welche sie einerseits besonders ins Auge fielen und als „ein c&uvóy emporgehoben wurden‘, andererseits auch eine feste Gründung erhielten. Das Erste war dann minder nóthig, wenn der Dreifuss schon an sich eine enorme Hóhe hatte, wie z. B. der in der Pompa Ptolemäos’ II aufgeführte, bei Athen. V, p. 202, c. d (s. oben S. 224) an letzter Stelle erwühnte, welcher gewiss als eine besondere Ausnahme zu betrachten ist, obgleich die Dimensionen anathematischer Dreifüsse auch sonst dann und wann sehr bedeutend gewesen sein müs- sen 59. Die Weise der Aufstellung war aber sehr verschieden. Von binden in Kranzform an den Handhaben von Preisdreifüssen: oben Anm. 52. Tä- nien, welche von dem Zierath oberhalb der Stephane herabhängen: Anm. 50, 8. 297. 59) Hiebei kam es auf verschiedene Umstünde bezüglich der Weihenden, der- jenigen, in Hinsicht auf welche die Weihung statthatte, der Weihstütten, nament- lich auch des Materials der Dreifüsse an. Dieses anlangend, so muss der »goldene« Dreifuss, welchen Pausanias nach der Schlacht bei Platäae dem delphischen Gotte im Namen der Hellenen darbrachte, nach der wahrscheinlichsten Restauration (s. unten Anm. 60) über zwanzig Fuss Hóhe gehabt haben, da die Hóhe der »ehernen Schlan- gensäule mit den Köpfen« nach Dethier und Mordtmann S. 13 so viel betrug. Die Nachbildungen goldner Dreifüsse mit den Niobiden auf den beiden Wandgemälden zeigen jene in einer Hóhe, welche die des daneben dargestellten erwachsenen Nio- biden um mehr als das Dreifache übertrifft. Schade, dass von dem Dreifusse unter n. 48 uns. Taf., über dessen Färbung auf dem betreffenden Wandgemülde nichts verlautet, die untere Partie nicht mit dargestellt ist; seine Höhe ist ganz dieselbe wie die des grossen Tempels, vor welchem er steht, und doch hat man aller Wahr- scheinlichkeit nach kein besonders erhabenes Postament vorauszusetzen. Die oben S. 223 f. wörtlich mitgetheilten Stellen über goldene Dreifüsse sind auch hinsichtlich der Verschiedenheit der Dimensionen dieser beachtenswerth, und einen besonderen Fingerzeig bietet noch die Stelle p. 198, c in Betreff des Umstandes, dass der Drei- fuss raıdioxwv geringere Höhe hatte als der dvdewv. Auch auf den Bildwerken, welche sich auf anathematische Dreifüsse aus Bronze beziehen, wechselt die Höhe dieser, soweit man dieselbe nach den daneben befindlichen Figuren und anderen Gegenständen taxiren kann. Die »hochragenden« Dreifüsse in Gerhard’s Auserl. Vasenb. CCLVI. CCLVII, n. 3, haben ziemlich Mannshöhe. Das betreffende Bild ist eins mit schwarzen Figuren und giebt somit die Dreifüsse ohne einen Aufsatz, der auf den Vasengemälden mit hellen Figuren bei kleineren Dreifüssen, wenn auch NW UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 309 einem Preistrüger in den triopischen Agonen heisst es bei Herodot I, 144, dass er in seinem Hause den Dreifuss annagelte, gewiss nicht ‚an den Boden“ (Müller Amalth. I, S. 126 — Kl. Schr. II, S. 580), son- dern in der Hóhe, wie z. B. Agave in Euripides Bacchen ihre Jagd- beute, den vermeintlichen Lówenkopf, an die Triglyphen des Palastes anpflöcken will und wie sonst bei Schriftstellern und auf Bildwerken nicht selten an Baulichkeiten angefestigte Siegestrophäen angetroffen werden. Handelte es sich um Weihung von Dreifüssen zur Schau für die Menschen und zur Ehre für die Gottheit an einem dieser geweihten öffentlichen Platze, so stellte man dieselben gern auf einer Höhe auf, wenn die Natur eine solche darbot (Vit. scr. gr. ed. Westermann p.239, 52, Pausan. I, 21, 5, Harpocrat. u. d. W. zererou$), oder man er- setzte die natürliche Höhe durch ein eignes Bauwerk wie jene Tempel: in Athen, von welchen uns einer, das Lysikratesmonument, erhalten ist (Pausan. I, 20, 1, Plutarch. Nic. III), oder einen Facadenbau wie den des Thrasyllos zu Athen, oder eine hohe Sáule, namentlich in spüterer Zeit, in welcher man dergleichen Sáulen auch für Ehrenstatuen benutzte, wie uns deren zwei, auch als Trüger choregischer Dreifüsse, ebenfalls in Athen oberhalb des dionysischen Theaters entgegentreten. Aber man be- gnügte sich je nach den äusseren Verhältnissen und den Dimensionen des Dreifusses sowohl bei der Aufstellung unter freiem Himmel als na- mentlich bei der innerhalb eines Gebäudes auch mit niedrigeren Unter- Sätzen, deren Form auf das Manichfaltigste abwechselte, in der Regel aber so charakteristisch ist, dass sie auf den Bildwerken als Kennzeichen anathematischer Dreifüsse dienen können 60); wobei freilich, abgesehen nur ausnahmsweise, nahezu die Höhe des Dreifusses selbst erreicht. ve dazu n. 33 a u. b. uns. Taf, wo die Höhe des Dreifusses mit Aufsatz im Verhältnisse zum Gott Apollon auf noch bedeutendere Dimensionen schliessen lässt. dnd eg Pausanias III, 18, 3 die Dimensionen der zu Amyklae befindlichen posce ai "ijs viens Tic èv Aide mowéuoic, von welchen er hervorhebt, dass sie wey&dsı vneg rovc GAÀovc siet, ni er an. : Tw E aue pon deisde voímovc wird der ee mune nung ómógrgue und fcc ausdrücklich erwähnt von Kallixenos bei Athen. V, p. 197, a 810 FR. WIESELER, von Freiheiten in Betreff der Darstellung, welche sich die Künstler er- (oben S. 223) und von Artemon a.a. O. (oben S. 284). Beide Male handelt es sich nicht grade um die uns auch in dieser Beziehung am meisten bekannte Art der anathematischen Dreifüsse, die choregischen. Die früheren Verhandlungen über diese führt K. Keil in den Bullet. hist.-phil. de l'acad. de St. Pétersbourg T. XVI, p. 93 an; vgl. ausserdem noch Stark Niob. S. 112 fg., Pervanoglu in d. Ann. d. ` Inst. XXXIII, p. 114, E. Curtius in d. Arch. Ztg XXV, n. 226, C. von Lützow Denkm. d. Lysikr. S. 7 fg. Beispiele verschiedener Untersütze und Dasen anathe- matischer Dreifüsse, choregischer sowohl als anderer, welche sich von anderen cho- regischen nicht unterscheiden: n. 15, 39, 36 (durch die Fürbung als aus Marmor bestehend bezeichnet), n. 35 (unvollständig wiedergegebene Säule), 44 (Pfeiler von solcher Höhe, dass er nahezu die der Säulen des grossen in unmittelbarer Nähe dargestellten Tempels und mit dem Dreifuss die des ganzen Tempels erreicht). Säu- len und Stelen, die wir mit und ohne Stufen-Untersätze antreffen, wie auch diese ohne Säulen darauf, waren für anathematische Dreifüsse wie für andere Weihge- schenke (Ross Arch. Aufs. I, S. 201 fg.) von altersher besonders beliebt. Wir ha- ben hiefür schon in der Schrift über das Satyrspiel S. 24 fg. Beispiele von Bildwer- ken gegeben, welche sich jetzt ohne Mühe noch vermehren liessen. Von ganz be- sonderem Interesse sind die beiden Säulen mit Votivdreifüssen für Apollon auf der Vase des Xenophantos im Compte r. p. 1866, pl. IV, vgl. Stephani Vasen -Samml. d. Ermit. n. 1790. Diese an Candelaberschäfte erinnernden Säulen, deren Originale zunüchst in Athen zu suchen sind, gleichen Silphionstauden und tragen die Drei- füsse auf Silphionblüttern, ohne dass auf diese ein Abacus gelegt würe, wie man ihn mit Wahrscheinlichkeit über der Knaufblume des Lysikratesmonuments an- nimmt. — Schwierigkeiten hat die Säule als Mittelstamm, wie bei n. 39 uns. Taf. (von einem Vasenbilde in Panofka's Mus. Pourt., pl. VI), gemacht. Hat man doch noch kürzlich »eine Säule in der Mitte eines Dreifusses« für »ein unreifes Hirnge- spinnst der modernen Archäologie« ausgegeben (Dethier u. Mordtmann a. a. O. S. 45) und selbst Müller Amalth. III, S. 32 = Kl. Schr. II, S. 596 »die stützende Säule« nur bei den steinernen Dreifüssen »als durchaus nóthig, um das steinerne Becken zu tragen« zu erklären gewusst. Wir dürfen aber diese Säule ebensowohl bei me- tallenen Dreifüssen voraussetzen. Auf solche gehen gewiss die Beispiele auf Vasen- bildern zurück, von denen ich ausser dem unter n. 39 uns. Taf. nur noch ein hie- hergehörendes kenne, das bei Gerhard A. V. Taf. CCXLIII mit seinen beiden sicher- lich anathematischen Dreifüssen; ausserdem das an der Dresdener Basis. An dem Peiresc'schen Dreifusse hat der Untersatz eine dreieckige und der Kessel in seiner UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS, 311 laubten, wohl zu beachten ist, dass auch von den Dreifüssen, die Tiefe eine kreisfórmige Oeffnung. Müller bemerkt, dass beide wohl zur Einfügung einer ehernen Schlange bestimmt waren. Vermuthlich hätte man sich doch einen Stamm zu denken, an welchem sich die Schlange emporwand. Woher sonst die verschiedene Form der Oeffnungen? Sollte nun der Stamm etwa deshalb unten drei- eckig, oben rund gewesen sein, weil unten an jeder Seite des Dreiecks eine Schlange in Relief angebracht war, die nach oben hin en ronde bosse gebildet sich von dem Stamm ablös’te und den Kopf unter dem Kessel in drei verschiedenen Richtungen ausstreckte? Drei Schlangen haben wir schon oben S. 959 Anm. 16 am Dreifusse getroffen. Bei n. 18 la partie supérieure des arceaux contient deux taureaux et deux vaches posant sur des traverses soutenues par des serpents enroulés, et .l'écartement inférieur est maintenu par des espèces de serpents bicóphales qui supportent ensemble un cercle orné de trois lions couchés (J. J. Dubois Descr. d. ant. de M.le comte de Pourtalés-Gorgier n. 687). Zwei Schlangen erblickt man auf dem Rande der oben A. 56, S. 302 angef. Münzen von Kroton., Vermuthlich hat man aber hier noch eine dritte vorauszusetzen. Doch kommt auch sonst die Zweizahl vor, wenn es die decorative Verwendung so erheischt, wie bei n. 55 uns. Taf., wo durch die Schlangen die Voluten des Capitells hergestellt sind. Drei Schlangenobertheile füllten am Peiresc'schen Dreifusse sehr passend die obern Ráume zwischen den Beinen aus. Die Kópfe der Thiere konnten als Schreckmittel zum Schutze benutzt sein (Curtius Gött. Nachr. a. a. O. S. 377 fg.). Dem eben Bemerkten steht zunächst die Weise wie Strack die dreikópfige Schlange oder vielmehr die drei Schlangen an dem pla- tüischen Weihgeschenk ergänzt hat, s. Dethier u. Mordtmann a. a. O. Taf. III, Fig. 24, c. Hat der Berliner Architekt überall darin Recht, dass er die Schlangen sich um einen Stamm winden lässt, so irrt er unseres Erachtens doch insofern, als der Kessel des Dreifusses schwerlich auf dem Capitell der Säule ruhte und die Schlangenköpfe so tief unter jenem sich befanden, wie er annimmt. Nach der Strack, schen Restauration sieht man nicht ein, wie von Herod.IX, 81 ó voíztOVG d yoVosoc Ò émi toù Toixægjvov Öyıog oj yahoo èmeorwwàç gesagt werden und Pausanias X, 13, 5 yovcoóv zoinode dgaxovu émweiusvov Zeie erwähnen konnte. Mit Ansetzung der Schlangenkópfe nah unter dem Kessel (Friederichs a. a. O. n. 51, S. 65) kommt man auch nicht aus; der Mittelstamm durfte am Kessel als Trüger nicht zum Vor- schein kommen. Ich denke mir, wie ich schon in Fleckeisen's Jahrb. 1864, S. 252 entwickelt habe, den Kessel zwischen den drei Schlangenhälsen liegen; vgl. auch Barbault Mon. ant. pl. 66, fig. 3 (obgleich es sich hier nur um zwei Schlangen han- delt) Natürlich musste der Kessel auch mit dem Dreifussgestell verbunden sein. 312 FR. WIESELER, einem praktischen Zwecke dienten, manche mit einem niedrigen Unter- Sah man etwas von dem Mittelstamme, so konnte das nur die unterste Partie sein. Dabei bleibt noch immer die Frage offen, ob jener Stamm die Form einer Säule hatte, die sich allerdings in den ältesten und meisten Beispielen findet, oder die ei- nes Baums, wie sie der Dreifuss neben der Statuette des Apollon im Louvre bei Clarac pl. 346, 925 (Fröhner n. 73) zeigt. Ja, wenn es sich annehmen lässt, dass sich drei Schlangen über sich selbst so emporringeln können, wie wir es an der sogen. Schlangensäule sehen, so werden wir uns leicht dazu entschliessen, den Mit- telstamm ganz aufzugeben, wie schon Caylus Rec. d’ant. II, p. 164 meinte, dass ce dragon ne peut avoir occupé que la place du noyau, ou du montant. Herodot und Pausanias selbst nahmen keinen Anstoss daran, die dreiköpfige Schlange als Träger des Dreifusses zu fassen, wie ihre Worte zeigen; wenn das ästhetische Gefühl von Neueren sich dagegen gesträubt hat, auch nur den Dreifusskessel von drei Schlan- gen tragen zu lassen, so ist, um von Fällen wie die oben signalisirten an der Vase des Xenophantos und dem Dreifuss von Metapont zu schweigen, darauf hinzuweisen, dass der Mittelstamm bei metallenen Dreifüssen, denen sich marmorne von geringe- ren Dimensionen wie der unter n. 51 uns. Taf. zugesellen lassen, weniger dazu be- stimmt ist, das Epithem zu tragen — wozu die drei Beine genügen, wenn sie nicht allzuschwach sind —, als dazu, das Epithem mit der Basis zu verbinden und überall die Verrückbarkeit des Dreifusses zu verhindern; in welcher Beziehung der Mittel- stamm besonders gut zu den anathematischen Dreifüssen passt (Bötticher Grab d. Dion. S. 4), aber auch bei denen, welche im praktischen Leben zum Mischen von Wein oder zur Aufnahme von Wasser verwandt wurden, zu veranschlagen ist. Aehn- liches wird in Betreff der schmückenden Figuren, die nicht selten unter dem Kessel standen (s. oben Anni. 56 S. 303), anzunehmen sein, in Beziehung auf welche neuere Gelehrte und Künstler oft zu den beiden Extremen auseinandergehen, indem sie sich entweder nach dem Vorgange Müller's scheuen, dieselben bis unter die Mitte des Kessels reichen zu lassen, »da man Stützen des Kessels aus dünner Bronze we- der überhaupt brauchte, noch auch dazu Bildsäulen von Göttinnen genommen haben würde (Amalth. III, S. 30 fg. — Kl. Schr. I, S. 595), oder, wie Caylus a. a. 0. that, selbst solche Göttinnen haupsächlich nur als Träger betrachten. Wir hegen die Ueberzeugung, dass die betreffenden Statuen in der. Regel ebenso wie die Säu- len bis zum Kessel reichten und mit diesem verbunden waren, dass aber dabei der Gedanke an Träger durchaus nicht im Vordergrunde stand. — Zu den Basen von anathematischen Dreifüssen römischen Gebrauchs, der aber auch in dieser Beziehung sicherlich sich an griechischen Vorgang anlehnte, gehören ohne Zweifel manche 808°- UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 313 satze, versehen wurden, welcher theils unumgänglich nothwendig war, theils in mehr als einer Hinsicht erspriesslich sein konnte 61), nannte dreiseitige Aren oder Candelaberbasen; Beispiele bei Friederichs Bausteine n. 75, Fröhner a. a. O. n. 89, Roccheggiani I, 30, 1. Vermuthlich gehört hieher auch jener Dreifuss des capitolin. Mus., »dessen Platte von drei Greifen getragen wird, in deren Mitte sich ein Lorbeerbaum erhebt« (Platner a. a. O. III, 1, S. 251, n. 3, wohl derselbe, welcher in Winckelmann’s Werken IL 5.3729, A, 29 d, Ait. Dresd. Ausg. besonders hervorgehoben und bei Barbault Mon. ant. pl. 86. Fig. 2 abgebildet ist. Mit diesem dreifüssigen Untersatz aus Marmor ist wegen des Mittel- stamms zusammenzustellen der auf der von Spanheim herausgegebenen delphischen Münze (oben S. 271), wenn hier der Mittelstamm sicher steht, wobei es auffallen kann, dass eine untere Platte, wie sie an dem capitolin. vorhanden ist, fehlt. Sonst kommen dreibeinige Untergestele dann und wann vor, nicht bloss auf Münzen, wie .n. 14 uns. Taf, sondern auch sonst auf Bildwerken, wie z. B. auf dem berühmten Diptychon in den D. a. K. II, 61, 792, b., u. bei Pulszky The Fejérv. ivor., Kupfertaf. (wo der dreibeinige Untersatz wiederum auf einem von anderer Art steht, entsprechend dem übermässigen Gebrauch des Postaments auf Bildwerken späterer Zeit); auch bei einem Originalexemplar aus Bronze, dem zu Frejus gefundenen mehrfach er- wühnten Peiresc'schen Dreifusse. Wie an dem eben besprochenen capitolin. Drei- fusse die Beine durch Fabelthiere ersetzt sind, so vertraten bei einem ehernen Drei- fuss im Olympieion Perser aus phrygischem Stein die drei Deine des Untersatzes, Pausan. I, 18, 8; denn dass dieses in Betreff der Beine des Dreifusses selbst statt- gehabt habe, indem nur der Kessel von Bronze war, wie Müller Amalth. III, S. 31 = Kl. Schr. II, S. 595, und nach ihm Andere angenommen haben, ist nach den Worten des Periegeten nicht wohl.zu glauben. 61) Dreifüsse mit nach einwürts gerichteten Beinen, wie n. 7 uns. Taf. (aus Garruccis Vetri ornati di fig. in oro, t. XXXVI, fig. 5), und solche wie der in der Hand des Agon, n. 40 u. T., können ohne eine Basis nicht stehen; auch für Drei- füsse mit senkrechten Beinen kann sie aus praktischen Gründen gut thun, ja selbst für solche mit etwas nach auswürts gerichteten Thierbeinen, wie uns das Gemälde in den Pitt. d'Erc. T. III, t. XLVII, p. 247 — Dethier u. Mordtmann a.a. OTT F.3 einen (bronzetarbigen) zeigt. Dass solche Dreifüsse, gerade wenn sie besonders zierlich waren, einen niedrigen Drones erhielten, lehrt auch das Bronzeexemplar zu Neapel, über welches oben A. 38, S. 278, z. I,b,ð die Rede war. Der Untersatz, wie wir ihn, in zweifach verschiedener Form, auch n. 6, 46, 51 (ebenfalls dreieckig, nach Clarac T. II, p.206, z. n. 922) und 52 uns. Taf. finden, dient nicht bloss dazu, His tor.-philol. Classe. XV. Rr 314 FR. WIESELER, dem Dreifuss einen sicheren Stand zu geben, sondern er erfüllt auch einen ähnli- chen Zweck wie die Verbindungsstangen zwischen den Beinen. Daneben trägt er auch noch dazu bei, die im Detail ausgeführten Thierfüsse vor der ihnen durch den Gebrauch drohenden Beschüdigung zu schützen. In Hinsicht auf das Erste und auf das Letzte findet man auch wohl unter jeden Thierfuss eine besondere kleine Basis gesetzt, wie bei n. 18 u. T. Selbst eine Basis wie die unter n. 52 fordert nichts weniger als die Annahme eines anathematischen Dreifusses, wie denn auch der ganz ähnliche auf dem Wandgemälde mit Cyparissus (oben Anm. 54) wegen seiner Basis nicht nothwendig zu den anathematischen gerechnet zu werden braucht. Nachträgliche Bemerkungen. Die auf S. 239 fg. widerlegte Ansicht Bótticher's ist auch von Bursian Geogr. von Griechenland Bd. I, S. 177 angenommen, aber schon von Preuner Hestia-Vesta, S. 468 fg. gelegentlich treffend bestritten. — Das in Anm. 46, S. 288, Z. 7 von unt. angeführte Gemälde bei Inghirami Vas. fitt. t. CCOLXXXVIII (so zu schr.), dasselbe, welches vorher schon von Millin Descr. d. tomb. de Canossa pl. VII, spüter auch in der Arch. Ztg, N. F., 1847, T. III herausgegeben ist, zeigt bei beiden auf ihm dargestellten Dreifüssen je drei Handhaben an dem Rande des Kessels, ist also den unmittelbar vorher angef. unterital. Vasenbildern zuzugesellen. Zur Erklärung der lithogr. Tafel, — - A. Tischdreifüsse (Platten- oder Beckendreit. Von einer Münze (in der Grösse des Originals, wie alle von Münzen ent- lehnten Abbildungen). Vgl. Anm. 31, 38 S. 278. Von einem Vasenbilde. Vgl. A 81. Von einer Münze des Postumus, auf welcher der Kaiser dem ihm gegen- überstehenden Juppiter opfernd dargestellt ist. Vgl. A. 38, S. 978. Von einer Münze des bosporan. Kónigs Eubiotos. Vgl. A. 38 S. 278, A. 40. Desgleichen. e Vgl A. 38 S. 278, A. 48, A. 58 S. 307. — Während es bezüglich der Münze des Eubiotos unter n. 4 nach der Originalabbildung bei B. de Koehne Mus. Kotschou- bey pl. VIII, n. 5 klar ist, dass der Dreifuss keinen Kessel hat, steht es in Betreff der vorliegenden Münze der gens Cassia keinesweges sicher, ob man sich dieselbe nicht doch mit einem solchen versehen zu denken habe, obgleich die besten Abbildungen, die hier wiedergegebene im Num. Chronicle, N. S., Vol. IV, pl. I,n. 4, und die, welche Cohen in seinem Werke über die Beete von mehreren Exemplaren mitge- theilt hat, von einem Semel keine Spur zeigen. Von einem Relief. Vgl. A. 38 S. 278 fg., A. 55,,A. 56 S 303, A. 61 S. 313. Von einem Bruchstücke aus Glas. Vgl. 8. 258, A. 88 S. 279, A. 55, A. 61 S. 313. Von einem Relief. Vgl. S. 248, 8, c; A. 12. Von einem Wandgemälde. _ Vgl. S. 252 u. A. 16, A. 38 S. 280, A. 47 S. 290 fg. Von einem Relief. Vgl. S. 253, A. 38 S. 280, A. 47 S. 290 fg. 316 FR. WIESELER, B. Kesseldreifüsse. a. Auf Darstellungen des Dreifussraubes. n.11. Etruskisches Bronzerelief. Vgl. S. 254 u. A. 18. n. 12. Von einem Vasenbilde. Vgl. A. 48, A. 48 S. 295. n. 13. «Desgleichen. Vgl. S. 297. b. Auf delphischen und auf rómischen den Dreifuss der Quindecimviri betreffenden Münzen. n. 14. Von einer delph. M. Vgl. 8. 271, A. 48 S. 292, A. 60 S. 318. n. 15. Desgleichen. Vgl. S. 271, S. 295 u. A. 48, S. 295, A. 60 S. 310. n. 16, Von einer róm. M. Vgl. A. 12 a, E. n. 17. Desgleichen. Vgl. S. 295 u. A. 49 S. 295, A. 56 S. 802, A. 58 S. 307. c. Verschiedene andere. n. 18. Bronzedreifuss aus Metapont. Vgl. A. 16, A. 44 S. 286 u. 287, A. 45 S. 288, A. 56, S. 302, zm 60 8.811, A. 61 8. 314. Von einer Münze. Vgl. A. 44 8. 286, A. 56 S. 803 unt. n. 20. Desgleichen. Vgl. A. 48, A. 44 $. 286, A. 45, S. 287. B kel e n. 21. Desgl. Vgl. 45, S. 287 n. 22. Desgl Vgl. A. 48 S. 292. - n. 23. Desgl. Vgl. A. 46 S. 288. . n. 24. Desgl. Vgl. A. 47 S. 289, A. 48 S. 292, A. 58 S. 307. n. 25. Desgl. Vgl. A. 48 S. 294, S. 295. n..26. Desgl. Vgl. A. 37 S. 277, A. 48, A. 48 S. 294, S. 295, A. 49 S. 295 fg. 5 x " m» M B B s F " B B B ; AT. (84. 35. . 96. 37. . 98. 39. 40. 41. UEBER DEN DELPHISCHEN DREIFUSS. 317 Desgl. Vgl. S. 271, A. 48 S. 292, 294 u. 295, A. 50 S. 296, Vgl. A. 48, A. 47 S. 290, A. 48 S. 294, S. 995, A. 49 S. 295. l. S. 271, A. 47 S. 290, A. 48 S. 292, 294, A. 50 S. 296. Vgl. A. 47 S. 290, A. 48 S. 294, A. 50 S. 296. Vgl. A. 44 S. 286, ^ 48 i 294, A. 50.8. 296. Vgl. S. 296, S. 297. a u. b. Desgl. Vgl. A. 46 S. 269, A. 48 S. 292, A. 50 S. 296, S. 299, A. 58 S.807, A. 59 S. 309. Von einem geschn. Steine. Vgl. S. 295, A. 49 S. 295, S. 801 (die drei Träger der Stephane, welche möglichst ge- treu nach dem zu Grunde gelegten Abdrucke wiedergegeben sind, erscheinen auch- auf diesem nicht so deutlich ausgeführt, dass man sie mit Sicherheit erkennen könnte; doch hat es die grösste Wahrscheinlichkeit, dass Sphinxe gemeint waren). Von einem Vasenbilde. Vgl. A. 48 S. 298 fg. u. 295, S. 297, A. 60 S. 310. Desgleichen. Vgl. A. 48, A. 47 S. 290, A. 48 S. 292, 294, S. 296, A. 57, A. 59, A. 60 8.310. Der unterste Theil des STE Beines, welcher sicherlich die Thierklaue, und zwar auf der Oberfläche der Basis stehend, darstellen sollte, ist, wie die vorliegende Ab- bildung zeigt; auf dem Originale durchaus verzeichnet, Desgl. Vgl. A. 48, A. 48 5. 292 fe, S. 296. Desgl. Vgl. A. 86, A. 48 S. 295, S. 297, A. 54 S. 301. Desgl. Vgl. A. 48 S. 292, A. 58 S. 307, A. 60 S. 310. Von einem attischen Relief. Vgl. A. 44 S. 287, A. 45 S. 288, A. 46 S. 288, A. 47 S. 289, A. 61 S. 313. Desgleichen. Vgl. A. 48 S. 292. 42, au. b. Desgl. . 48. Vgl. A. 48 S. 293, A. 58 S. 306. Relief am Denkmal des Lysikrates zu Athen. Vgl. A. 47 S. 290, S. 295. 48. 49. ct mn on ug . 55. FR. WIESELER, Von einem rómischen Relief. Vgl. A. 46 S. 289, A. 49 S. 295, S. -— 56 S. 802, A. 60 S. 810. Desgleichen. Vgl. A. 47 S. 290, A. 54 S. 800. Desgl. Vgl. A. 44 S. 287, A. 45 S. 288, A. 48 S. 292, A. 51, A. 54 S. 800, 8. 301, A. 56 S. 302 u. 308, A. 61 S. 318 Bruchstücke eines gallisch-rómischen -Thongefässes. Vgl. A. 44 S. 287, A. 48 S. 294, A. 51 S. 301, A. 55. Von einem herculan. Wandgemälde. Vgl. S. 297, A. 51 S. 301, A. 59 S. 308. Von einem pompej. Wandgemälde. Vgl. A. 44 S. 287, A. 47 S. 290, A. 48 S. 295, A. 50 S. 296, S. 299, A. 56 S. 302 u. 303 u. 306, A. 57, A. 58 S. 307, A. 59 S. 308. d. Besondere Arten. Von einem Relief an einem róm. Grabcippus. Vgl. A. 38 S. 279, A. 48 S. 295, A. 55. Rundwerk als Attribut einer Apollostatue. Vgl. A. 38 S. 279 fg., A. 60 S. 312, A. 61 S. 318. Dreifüssiger Krater. Vgl. A. 45 S. 287, A. 56 S. 305, A. 61 S. 313 u. 314. Desgleichen. Vgl. A. 54 S. 301, A. 56 S. 305. C. Unvollständige Dreifüsse. Von einem Goldschmuck aus den Krimm. Vgl. S. 297. Von einem Capitell. Vgl. A. 56 S. 802, A. 60 S. 311. Seba ue "emt $ , S EE Er EE KEEN L ž EE