8 SREH! AN : ‚Ya ir Pe \ a SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN | AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN | JAHRGANG 1913 ERSTER HALBBAND. JANUAR BIS JUNI STÜCK I—XXXI MFF FÜNF TAFELN UND DEM VERZEICHNISS DER MITGLIEDER AM 1. JANUAR 1913 BERLIN 1913 VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DE IN COMMISSION BEI GEORG INHALT. Verzeichniss der Mitglieder am 1. Januar 1913 Norpen: Aus Cicero’s Werkstatt ee al ee Warsgurc, G. LertnÄuser, E. Hupka = K. Mär: Ober die Constante ce des Wirx- Pr.axcor’schen Strahlungsgesetzes . K. Scheer. und W. Heuse: Die specifische Wärme von Hella an einigen wen Gasen zwischen +20 und — Orr#: Über tubereulöse Reinfeetion und. ihre Bedeutung für die Eitetähung dee TER ee ; - Pranck: Ansprac Pexck: Die Formen der Kandobarkläche ER Torsdiiebnnkee de Kimagirtel Übersicht der Personalveränderungen Verleihung der Hernnorrz-Medaille und der se Pr aemie Jahresbericht über die Sammlung der griechischen Inschriften Jahresbericht über die Sammlung der lateinischen Inschrifte Jahresbericht über die Prosopographie der römischen Kaiserzeit a. ug: Jahrhundert Jahresbericht über den Index rei militaris imperii Rom ; Jahresbericht über die Politische Correspondenz son s des Gasen Jahresbericht über die Griechischen Münzwerke I Jahresbericht über die Acta Borussica Jahresbericht über die Kanr-Ausgabe Jahresbericht über die Ausgabe des Ibn Sa er Jahresbericht über das Hönieeioicn der sogypischen Sprache Jahresbericht über das »'['hierre . Jahresbericht über den Nom een ee generum et been. ahresbericht über das »Pflanzenreich« . en Jahresbericht über die Geschichte des seele: Jahresbericht über die Ausgabe der Werke WırneLm vos Humoisrr Jahresbericht über die Interakademische Leisxız-Ausgabe . , Jahresbericht über das Corpus medicorum Graecorum . Jahresbericht der Orientalisechen Commission . . » » + Jahresbericht der Deutschen Commission . Jahresbericht über die Forschungen zur auuhsehdenheeheh Sprach- ah 3 Bildungegeshihte Jahresbericht der Humsorpr-Stiftung . - . -» Jahresbericht der Saviosy-Stiftung. . » » + 4 Jahresbericht der Herman und Kine seh. ER Ww ee tung: Jahresbericht der Kirchenväter-Commission Jahresbericht der Commission für das Wörterbuch PR Sieheh Yecksssräce: Jahresbericht über die Bearbeitung der Flora von Papuasien und Mikronesien . Jahresbericht der Akademischen Jubiläumsstiftung der Stadt Berlin Harsack: Der Geist der morgenländischen Kirche im Unterschied von der abendiisdischen Wıirx: Zur Theorie der re Leitung in Metallen . \ Inhalt. Froszxtus: Über die Reduction der indefiniten binären quadratischen Formen I. Scaur: Zur Theorie der indefiniten binären quadratischen Formen. . . . Russer: Über die Nahrungsaufnahme bei der Hefezelle W. Bang: Über die Herkunft des Codex Cumanicus . - Adresse an Hrn. Hzınrıch WEBER zum fünfzigjährigen Doctomiübiläusi am 9. Bear 1913 J. Mewarpr: Eine Fälschung Cuarrrer’s in Galen’s Schrift über das Kom ER Herimann: Über die Herkunft der Staubfälle im »Dunkelm i Herımann: Psychologisch bedingte Fehler bei ee Beh ; M. Lipzsarskı: Eine punisch-altberberische Bilinguis aus einem Tem ae des Mensiiineh (hierzu Taf. I) . ner SchwarzschHiLp: Über die Radielgeschwindigkeit des Since 63 Tau G. EsernArD und SchwarzscaiLp: Über Umkehrungen der Caleinmlinien H md Ki in dien, speetren » Fıscner und K. Zus: Badekion ie Kusialinämelncsn Gi ähnlicher Stoffe ü Harerranpr: Zur Physiologie der Zelltheilung PLasck: Über d das ng zwischen Oesilintoren, edler ickininen a strahlender me WALDEYER: Das Skelet eines Belleinswitters ö Scauzze, F.E.: Die Erhebungen auf der Lippen- er RR SEEN der Säugehiere UI. Die Beutelthiergattung Maeropus (Snaw) (hierzu Taf. Y% Ser , Koser: Jahresbericht über die Herausgabe der Monumenta sine historica i Lüpers: Die Sakas und die rdieieche: Sprache J. Stark, R. Küxzer und G. Wenpr: Ein-, zwei- a Treiweriige Tin de Aliens in den Canalstrahlen sure Meyer, K.: Zur keltischen Wortkunde. II.. Frosesıus: Über die Markorr’schen Zahler Fischer und M. Rararort: Über die ee Kar Phönnlearbunsiunen ua ihre Verwendung für Synthesen. i FiscHer und H. 0. L. Fıscher: Synthese der Diorsellunkure i Rupess: ee e Alssorption des Wasserdampfs und über neue Restsrahlengrappen im iete der grossen Wellenlängen . er : ee Die Bestimmung des Geoids im Gebiete de Kar Herrwis, O.: RI durch chemische la Fanllh Miteilung (ira Tat. m Rorrae: re che . Norpen: Antri Dies: Erwiderung an Hin. Heisse er, Antrittsrede.. . ; Pıra Erwiderung an Hrn. rin 4 Antrittsrede i Rorrse: Erwiderung an Hın. Gesehen Beckmann: Antrittsrede Prasck: Erwiderung an Hrn. SEN oh Losgscnucke£: Antrittsrede . ee Wem Dirrs: Erwiderung an Hrn. ae ee Russe: Gedächtnissrede auf Hrusase Munk. 202 2.00 ne Rosree: Gedächtnissrede auf Erıcu Schuipr . Preisaufgabe der CuarLortex-Stiftung Stipendium der Envarn Gexuarn-Stiftung . Verleihung der Leirxız-Medaille Adresse an Seine Majestät den Kaiser und 2 König zum m ünfandswanzigjährigen Regierung Jubiläum am 16. Juni 1913 ; ne N ; 1913. | 0 SITZUNGSBERICHTE “DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 9. Januar. (S. 1) ee Nospen: Aus Cicero’s Werkstatt. (S. 2) an Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 9. Januar. (S.33) Wareurg, G. Lerruäuser, E. Hursa und C. Mörier: Über die Constante ce des Wien-Pranox- schen Strahlungsgesetzes. (S. 35) K. Scueer und W. Hkrvsr: Die speeifische Wärme von Helium und einigen zweiatomigen Gasen zwischen +20 und —ı80°. (S. 44 MIT DEM er DER MITGLIEDER DER AKADEMIE „JANUAR 1912. BERLIN 1913. a BOTAREN VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHREREN, er arg N ne ag . So] ‚ IN COMMISSION BEI GEORG. REIMER. Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften. Aus $ 1. iebt gemäss $ 41,1 Die eg der Statuten zwei fortla ar > wre heraus: » Sitzungsbericht« der Kön -_ = Preussischen Akademie der Wissensch . und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Win: Aus $ 2 = de zur Aufnahme in die Kilnnahsrichte oder die Abhandlungen bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wöbei in der Regel das inuckfrige Danuseript zugleich einzuliefern 1 ist, ers mitglieder haben hierzu die Vermittelun; ihre Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu Einen 53. Der Umfang einer aufzun in der Regel in den en bei Mitgliedern 32, bei Niehtmitglied öh der gaben in den Abhandlungen ER ; von je 8 Sei ten in der gewöhnlichen Schrift der Abhan lungen er überst teigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der ee ademie:oder der betreffenden Classe statt- haft und ist bei Vor lage der Mittheikıng ausdrücklich zu ler U < = Fe S S2] Ei 3 = 8 a legende Mitglied es vor von ae Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lasse Sollen nderen Tafeln bei f beso gegeben werden, so sind die Vorlagen era (Zeichnungen ufn ‚ phot ographische Original- oe ee, "Blättern, .einzurei Die gr der wi an Aiggtapeh haben. in der Regel die Verfasser zu tragen. iur diese m aber auf &inen ‘erheblichen Betrag zu veranschlägen kann die Akademie dazu Be Besshile essen. "Ein darauf gerichteter An ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschl at v ae ıre zu 'verhan a 2 Velden übernimmt die Höhe diese er- den Senkebaiichien 150 Mark, hei den side 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten. 1 Einreiehung des Saladin een m anuseripts an den zuständi en Seeretar oder an den Archivar r Aufnahme der Mittheilung in die akademischen und zwar, wenn eines der anwesenden glieder es verlangt, ;verdeekt ’abgestünmt., Mittheilungen von Verf: i r Regel naeh nur in di Sitzungsberichte anfgenommen werden. Beschliesst eine lasse die Aufnahme der Mittheilung eines Niehtmitgliedes in die Abhandlungen, so bedarf di eser Eee der ae dureh die Gesammt-Akader + R BE nr ehmenden Mittheilung soll 3 $4. einer Mittheilung Abbildungen im Text oder. w.) glei RER mit be ı Manus seript, jedoch See .. assern, welche nicht] m. | Fenkeitei en Aus 8:6. IT» 13 75 1 a nn es ve nicht bloss um u Text handele aus- schienen Fe Bee se reichende isungen für die Anordnung des | a di Wahl der Schriften enthalt Bei Einsendun - Fremder sin e Anweisungen v vorl n TEE EG N TOR n seine as Hung a ı drı ' Die erste Cor Pe ihetungen Besorgn Verfasser, en aben' diese erste rief Mitglied ann ® u 2 ©: =: 98 & = 8 BB 5 So u 3 a8 5 2 girenden Secretars vor der Einsendung an die D | und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr res verpflichtet. E: Aus 8 8. : ı allen in die Sitzungsberichte oder Abhan dlungen | ommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Redeı essen oder Berichten werden für die Verfasser, von nscsniiikin Mittheilungen, wenn deren Umfang im ruck 4 Seiten ne auch für ‚den Buchhasidel Sondeis abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen aus zer werden iR 3 7 ER Bi} Wi für Bein Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die Verlasser sieh en damit einverstanden erklären. Von den Sonderabdrue ken aus den Sitzungsberichten i erhält .ein Verfasser; . Mitglied der Akademie In | h Ber gezeigt hat; wünseht er an Abdrucke zur Vertheilung zu Bere der eg der Gesammt-Akadem treffenden Glas Niehtmitglie er ea exemplare and "dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem. den Seeretar weitere 200:’Exemplare auf ihre . Kosten .abzichen lassen. Von den Sonderabdrueken aus den ee er ; hält ein Verfasser, weleher Mi 1 € x auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl | ine noch weitere bis gezeigt hat; w y Abdrucke zur hal zu ae so bedart es daz u er ‚Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be- as Nicheniglieder erhalten 30 Frei- exemplare und dürfen nach reehtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden, Seeretar weitere 100 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lass == rt. Eine für die akademischen Sehriften ber stimmte wissensehaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle AROEES TUR sei es Auer nur nt \ anf 8.3: des Umsehlags.) a VERZEICHNISS DER MITGLIEDER DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN AM 1. JANUAR 1913. I. BESTÄNDIGE SECRETARE. Gewählt von der Be Dieb : : .......-.:,:phil-hist, Olasse . - Wäaldeyer-. . .. . . . phys.-math. - “u DR...» .... phlchist - SS Imeh 2.0... physsmallı -- U. ORDENTLICHE MITGLIEDER. Physikalisch-mathematische Classe Philosophisch-historische Classe Hr. Arthur von Auwers . ED a Hr. Alexander Conze . - Simon Schwendener . N - Hermann Diels ı Wilhelm Waldeyer ea - Heinrich Brunner . = Franz Eilhard Schulze a ae - Otto Hirschfeld - Eduard Sachau - (Grustav von Schmoller - Adolf Engler . a u - Adolf Harnack - Hermann Amandus Schwarz. . : . .... - Georg Frobenius - Emil Fischer . - Oskar Hertwig - Max Planck . a pe - Karl Stumpf . - Erich Schmidt . Adolf Erman . Datum der Königlichen estätigung 1895 Nov. 27. 1896 Jan. 20. 1911 Aug. 29. 1912 Juni 19. Datum der Königlichen Bestätigung — —— 1866 Aug. 18. 1877 April 23. 1879 Juli 13. 1881 Aug. 15. 1884 Febr. 18. 1884 April 9. 1884 Juni 21. 1885 März 9. 1887 Jan. 24. 1887 Jan. 24. 1890 Jan. 29. 1890 Febr. 10. 1892 Dec. 19. 1893 Jan. 14. 1893 Febr. 6. 1893 April 17. 1894 Juni 11. 1895 Febr. 18. 1895 Febr. 18. 1895 Febr. 18. 1895 Aug. 13. ı Physikalisch-mathematische Classe BR he Classe DHhil hierh.histari F Hr. U nt Wilhelm Branca . Robert Helmert . Heinrich Mall Drisles Friedrich Schottky ‘ Hermann Struve Hermann Zimmermann Johannes Orth Albrecht Penck Heinrich‘ Rubens Theodor Liebisch Gottlieb Haberlandt Gustav Hellmann Karl Schwarzschild . Ernst Beckmann Hr. r Reinhold Koser Max Lenz . Ulrich von ERTIMR Moellendorff . Heinrich Dressel . Konrad Burdach . ae Da, Dietrich Schäfer Eduard Meyer . Wilhelm Schulze Alois Brandl . Friedrich Müller . Andreas Heusler . Eduard Seler . Heinrich Lüders . Heinrich Morf . u Meyer i Benno Erdmann . Emil Seckel ; i Johann Jakob Maria 7 Ess Eduard Norden Karl Schuchlerdt - (Die Adressen der Mitglieder s. S. IX.) Datum der Königlichen Bestätigung 1896 Juli 1896 Dec. 1899 Aug. 1899 Dec. 1900 Jan. 1901 Jan. 1902 Mai 1902 Mai 1903 Jan. 1903 Jan. 1903 Aug. 1903 Aug. 1903 Nov. 12. 14. 1904 April 3. 1904 Aug. 1904 Aug. 1904 Aug. 1905 Nov. 1906 Dee. 1906 Dee. 1906 Dee. 1906 Dee. 1907 Aus. 1912 Jan. 1912 Jan. 1912 Juni 1912 Juni 1912 Juli 1912 Dee. II. AUSWÄRTIGE MITGLIEDER. Wr Be aa nz i p Classe Physikalisch-mathematische Classe Hr. T'heodor Nöldeke in Strass- ey Re Friedrich Imhoof- Blumer in Winterthur . - Pasquale Villari in Dos Hr. Wilhelm Hittorf in Münsteri.W. ns - Eduard Suess in Wien ; - Adolfvon Baeyer in München . Vatroslav von Jagie in Wien Panagiotis Kalbadias in then ee Lord Rayleigh in Witham, Essex . a N - Hugo Schuchardt in Graz . IV. EHRENMITGLIEDER. Earl of Crawford and Balcarres in Haigh Hall, Re ’ Hr. Max Lehmann in Göttingen . : ; Hugo Graf von und zu Lerchenfeld in Berlin Hr. Richard Schöne in Berlin-Grunewald Frau Elise Wentzel geb. Heckmann in Berlin Hr. Konrad von Studt in Hannover 5 - Andrew Dickson White in Ithaca, N. u: Bernhard Fürst von Bülow in Rom Hr. Heinrich Wölffün in München II Datum Jer Königlichen Bestätigung 1900 März 5. 1900 März 5. 1900 März 5. 1900 März 5. 1900 März 5. 1905 Aug. 12. 1908 Sept. 25. 1908 Sept. 25. 1910 April 6. 1912 Sept. 15. Datum der Königlichen Bestätigung mn nn rn 1853 Juli 30. 1887 Jan. 24. 1900 März 5. 1900 März 5. 1900 März 5. 1900 März 17. 1900 Dec. 12. 1910 Jan. 31. 1910 Dec. 14. V. CORRESPONDIRENDE MITGLIEDER. Physikalisch-mathematische Ülasse. Hr. Ernst Wilhelm Benecke in Strassburg - Oskar Brefeld in Berlin-Lichterfelde - Heinrich Bruns in Leipzig . - Otto Bütschli in Heidelberg - Karl Chun in Leipzig \ - Giacomo Ciamician in Balbeiie - Gaston Darboux in Paris . - Wuülam Morris Davis in Caikiägige, Asse Richard Dedekind in Braunschweig . - Nüs Christofer Duner in Uppsala . Ernst Ehlers in Göttingen . 2 Roland Baron Eötvös in Budapest . Hr. Max Fürbringer in Heidelberg Sir Archibald Geikie in Haslemere, Surrey . - David Gil in London Hr. Camillo Golgi in Pavia ; - Karl Graebe in Frankfurt a. M. - Ludwig von Graf in Graz . - Julius von Hann in Wien - Viktor Ilensen in Kiel. - Richard von Hertwig in München Sir Vietor Horsley in London Hr. Adolf von Koenen in Göttingen - Leo Koenigsberger in Heidelberg . helm Körner in Mailand . - Friedrich Küstner in Bonn . - Henry Le Chatelier in Paris. . - Philipp Lenard in Heidelberg - Gabriel Lippmann in Paris . Hendrik Antoon Lorentz in Haarlam . Hubert Ludwig in Bonn . - Felix Marchand in Leipzig . - Friedrich Merkel in Göttingen . Franz Mertens in Wien . . . - Henrik Mohn in Christiania 1909 Jan. Datum der Wahl (nt nn 1900 Febr. 8. 1899 Jan. 19. 1906 Jan. 11. 1897 März 11. 1900 Jan. 18. 1909 Oct. 28. 1897 Febr. 11. 1910 Juli 28. 1880 März 11. 1900 Febr. 22. 1897 Jan. 21. 1910 Jan. 6. 1900 Febr. 22. 1889 Febr. 21. 1890 Juni 5. 1911 Dee. 21. 1907 Juni 13, 1900 Febr. 8. 1889 Febr. 21. 1898 Febr. 24. 1898 April 28. 1910 Juli 28. 1904 Mai 1893 Mai Pa. er 1910 Oct. 27. 1905 Dec. 14. 1909 Jan. 21. 1900 Febr. 22. 1905 Mai 1898 Juli 14. 1910 Juli 28. 1910 Juli 28. 1900 Febr. 22. 1900 Febr. 22. ng Physikalisch-mathematische Classe. Hr. Alfred Gabriel Nathorst in Stockholm - Karl Neumann in Leipzig - Max Noether in Erlangen . - Wilhelm Ostwald in GRss-Badıen, Kir Shchaer - Wilhelm Pfeffer in Leipzig - Emile Picard in Paris . . - Edward Charles Pickering in Cambridge, Mass. - Georg Quincke in Heidelberg - Ludwig Radlkofer in München Sir William Ramsay in London . Hr. Gustaf Retzius in Stockholm 5 Theodore William Richards in Gmuhriäge; bs ; - Wilhelm Konrad Röntgen in München - Heinrich Rosenbusch in Heidelberg - Georg Ossian Sars in Christiania . - Oswald Schmiedeberg in Strassburg . - Gustav Schwalbe in Strassburg - Hugo von Seeliger in München Hermann Graf zu Solms-Laubach in Sehne Hr. Johann Wilhelm Spengel in Giessen - Johannes Strüver in Rom . Sir Joseph John Thomson in Cambeiden Hr. Gustav von Tschermak in Wien Sir William Turner in Edinburg Hr. Woldemar Voigt in Göttingen . . - Johannes Diderik van der Waals in Kamerun - Otto Wallach in Göttingen - Eugenius Warming in Koyinkapen - Heinrich Weber in Strassburg . . - - August Weismann in Freiburg i. Br. . - Emil Wiechert in Göttingen . ; - Wilhelm Wien in Würzburg . - Julius von Wiesner in Wien . Datum der Wahl nn en 1900 Febr. 8. 1893 Mai 4. 1896 Jan. 30. 1905 Jan. 12. 1889 Dee. 19. 1898 Febr. 24. 1906 Jan. 11. 1879 März 13. 1900 Febr. 8. 1896 Oct. 29. 1893 Juni 1909 Oct. 28. 1896 März 12. 1887 Oct. 1898 Febr. 24. 1910 Juli 28. 1910 Juli 28. 1906 Jan. 11. 1899 Juni 1900 Jan. 18. 1900 Febr. 1910 Juli 28. 1881 März 3. 1898 März 10. 1900 März 8. 1900 Febr. 22. 1907 Juni 13. 1899 Jan. 19. 1896 Jan. 30. 1897 März 11. 1912 Febr. 8. 1910 Juli 14. 1899 Juni 8. ni 1 > je +) » » Philosophisch-historische Classe. Hr. Karl von Amira in München ı Ernst Immanuel Bekker in Heidelberg ; Friedrich von Bezold in Bonn . Eugen Bormann in Wien Emile Boutroux in Paris James Henry Breasted in Bi Harry Bresslau in Strassburg . Ingram Bı yıater in London Rene Cagnat in Paris. Arthur Chuguet in Vlehombie (Sein Franz Cumont in Brüssel er Samuel Rolles Driver in Oxford Louis Duchesne in Rom. . Julius Euting in Strassburg Paul Foucart in Paris \ James George Frazer in Osnbetäge : Wilhelm Fröhner in Paris Percy Gardner in Oxford Ignaz Goldziher in Budapest . . Franeis Diewellyn Griffith in Oxford: Ignazio Guidi in Rom Georgios N. Hatzidakis in An Albert Hauck in Leipzig . ; Bernard Haussoullier in Paris . . Barclay Vincent Head in London . Johan Ludvig Heiberg in Kopenhagen . Karl Theodor von Heigel in München Antoine Heron de Villefosse in Paris . Leon Heuzey in Paris : Harald Hjärne in Uppsala . Maurice Holleaux in Paris . . Edvard Holm in Kopenhagen . Theophile Homolle in Athen Christian Hülsen in Florenz . Hermann Jacobi in Bonn Adolf Jülicher in Marburg ; Frederie George Kenyon in Londen ; Georg Friedrich Knapp in Strassburg Basil Latyschew in St. Petersburg Friedrich Leo in Göttingen . August Leskien in Leipzig . . Friedrich Loofs in Halle a. S.. Giacomo Lumbroso in Rom . Arnold Luschin von Ebengreuth in Gohe Datum der Wahl nn 1900 Jan. 18. 1897 Juli 29. 1907 Febr. 14. 1902 Juli 24. 1908 Febr. 27. 1907 Juni 13. 1912 Mai 9. 1887 Nov. 17. 1904 Nov. 3. 1907 Febr. 14. 1911 April 27. 1910 Dec. 8. 1893 Juli 20. 1907 Juni 13. 1884 Juli 17. 1911 April 27. 1910 Juni 23. 1908 Oct. 29. 1910 Dee. 8. 1900 Jan. 18. 1904 Dec. 15. 1900 Jan. 18. 1900 Jan. 18. 1907 Mai 2. 1908 Oct. 29. 1896 März 12. 1904 Nov. 3. 1893 Febr. 2. 1900 Jan. 18. 1909 Febr. 25. 1909 Febr. 25. 1904 Nov. 3. 1887 Nov. 17. 1907 Mai 2, 1911 Febr. 9. 1906 Nov. 1. 1900 Jan. 18. 1893 Dec. 14. 1891 Juni 4. 1906 Nov. 1. 1900 Jan. 18. 1904 Noy. 3. 1874 Nov. 12. 1904 Juli 21. Philosophisch-historische Classe. Hr. John Pentland Mahaf y in Dublin . - Gaston Maspero in Paris - Wilhelm Meyer-Lübke in Wien . - Ludwig Mitteis in Leipzig - Axel Olrik in Kopenhagen . - Georges Perrot in Paris - Edmond Pottier in Paris . - Franz Praetorius in Breslau - - Wilhelm Radloff i in St. gerne, - Pio Rajna in Florenz . - Moriz Ritter in Bonn. . . - Karl Robert in Hallea.S. . - Edward Schröder in Göttingen - Richard Schroeder in Heidelberg . - Eduard Schwartz in Be EB. - Emile Senart in Paris ; - Eduard Sievers in Leipzig 2 Sir Edward Maunde Thompson in Landen ; Hr. Vilhelm Thomsen in Kopenhagen . - Ernst Troeltsch in Heidelberg . . - Paul Vinogradof in Oxford . - Girolamo Vitelli in Florenz . - Jakob Wackernagel in Göttingen - Julius Wellhausen in Göttingen . - Adolf Wilhelm in Wien - Ludvig Wimmer in Kopenhagen - Wilhelm Windelband in al - Wilhelm Wundt in Leipzig vo Datum der Wahl m mn 1900 Jan. 18. 1897 Juli 15. 1905 Juli 6. 1905 Febr. 16. 1911 April 27. 1884 Juli 17. 1908 Oct. 29. 1910 Dee. 1895 Jan. 10. 1909 März 11. 1907 Febr. 14. 1907 Mai 2. 1912 Juli 11. 1900 Jan. 18. 1907 Mai 2. 1900 Jan. 18. 1900 Jan. 18. 1895 Mai 2. 1900 Jan. 18. 1912 Nov. 21. 1911 Juni 22. 1897 Juli 15. 1911 Jan. 19. 1900 Jan. 18. 1911 April 21. 1891 Juni 4. 1903 Febr. 5. 1900 Jan. 18. &» INHABER DER HELMHOLTZ-MEDAILLE Hr. Santiago Ramon y Cajal in Madrid (1904). - Emil Fischer in Berlin (1908). INHABER DER LEIBNIZ-MEDAILLE a. Der Medaille in Gold. Hr. James Simon in Berlin (1907). - Ernest Solvay in Brüssel (1909). - Henry T.von Böttinger in Elberfeld (1909). ‚Joseph Florimond Duc de Loubat in Paris (1910). Hr. Hans Meyer in Leipzig (1911). Frl. Elise Koenigs in Berlin (1912). vIn b. Der Medaille in Silber. Hr. Karl Alexander von Martius in Berlin (1907). A. F. Lindemann in Sidmouth, England (1907). Johannes Bolte in Berlin (1910). - ‚Karl Zeumer in Berlin (1910). - Albert von Le Cog in Berlin (1910). - Johannes Ilberg in Wurzen (1910). - Max Wellmann in Potsdam (1910). Robert Koldewey in Babylon (1910). - Gerhard Hessenberg in Breslau (1910). - Werner Janensch in Berlin (1911). - Hans Osten in Leipzig (1911). - Robert Davidsohn in Florenz (1912). - N.de Garis Davies in Kairo (1912). = Edwin Hennig in Berlin (1912). - Hugo Rabe in Hannover (1912). i i BEAMTE DER AKADEMIE. Bibliothekar und Archivar der Akademie: Dr. Köhnke, Prof. Archivar und Bibliothekar der Deutschen Commission: Dr. Behrend. Wissenschaftliche Beamte: Dr. Dessau, Prof. — Dr. Harms, Prof. — Dr. von Fritze. — Dr. Karl Schmidt, Prof. — Dr. Frhr. Hiler von Gaertringen, Prof. — Dr. Ritter. — Dr. Apstein, Prof. — Dr. Paetsch. WOHNUNGEN DER ORDENTLICHEN MITGLIEDER UND DER BEAMTEN. Hr. Dr. von Auwers, Prof., Wirkl. Geh. Öberregierungsrath, Lichterfelde-W est, Bellevuestr. 55. Beckmann, Prof., Geh. Regierungsrath, Dahlem (Post: Lichterfelde- West), Thielallee 67. Branca, Prof., Geh. Bergrath, Schaperstr. 15. W 15. Brandl, Prof., Geh. Regierungsrath, Kaiserin Augusta-Str. 73. W 10. Brunner, Prof., Wirkl. Geh. Rath, Lutherstr. 36. W 62. Burdach, Prof., Geh. Regierungsrath, Grunewald, Schleinitzstr. 6. Conze, Professor, Grunewald, Wangenheimstr. 17. Diels, Prof., Geh. Oberregierungsrath, Nürnberger Str. 65. W 50. Dressel, Professor, Kronenstr. 16. 8. Engler, Prof., Geh. Oberregierungsrath, Dahlem (Post: Steglitz), Alten- steinstr. 2. Erdmann, Prof., Geh. Regierungsrath, Dahlem (Post: Lichterfelde-Weest), Liebensteinstr. 1. Erman, Prof., Geh. Regierungsrath, Dahlem (Post: Steglitz), Peter Lenne-Str. 36. Fischer, Prof., Wirkl. Geh. Rath, Hessische Str. 2. N4. Frobenius, Prof., Geh. Regierungsrath, Charlottenburg 2, Leibnizstr. 83. de Groot, Prof., Geh. Regierungsrath, Lichterfelde-West, Dahlemer Str. 69. Haberlandt, Prof., Geh. Regierungsrath, Charlottenburg 5, Lietzensee- 1 ufer 1. Harnack, Prof., Wirkl. Geh. Rath, Grunewald, Kunz Buntschuh-Str. 2 Ilellmann, Prof., Geh. Regierungsrath, Margarethenstr. 2/3. W 10. Helmert, Prof., Geh. Oberregierungsrath, Potsdam, Geodätisches Institut. Hertwig, Prof., Geh. Medicinalrath, Grunewald, Wangenheimstr. 28 Heusler, Professor, Vietoria Luise-Platz 12. W 30. Ilirschfeld, Prof., Geh. Regierungsrath, Charlottenburg2, Mommsenstr.6. Koser, Wirkl. Geh. Oberregierungsrath, Charlottenburg 2, Carmerstr. 10. Lenz, Prof., Geh. Regierungsrath, Augsburger Str. 39. W 50. Liebisch, Prof., Geh. Bergrath, Westend, Leistikowstr. 2. Lüders, Professor, Charlottenburg 4, Sybelstr. 20. Martens, Prof., Geh. Übärrepierungenih; Dahlem (Post: Lichterfelde- West), Fontanestr. 22. Meyer, Eduard, Professor, Lichterfelde-West, Mommsenstr. 7/8. Meyer, Kuno, Professor, Charlottenburg 4, Niebuhrstr. 11a. Morf, Professor, Halensee, Kurfürstendamm 100. Müller, Professor, Zehlendorf, Berliner Str. 14. Müller- Breslau, Prof., Geh. Regierungsrath, Grunewald, Kurmärkerstr. 8. Nernst, Prof., Geh. Regierungsrath, Am Karlsbald 26a. W 35. 2 X Hr. Dr. Norden, Prof., Geh. Biienigeietit Lichterfelde-West, Karlstr. 26. Orth, Prof., Geh. Medieinalrath, Grunewald, Humboldtstr. 16. Penck, Prof., Geh. Regierungsrath, Knesebeckstr. 48/49. W 15. Planck, Prof., Geh. Regierungsrath, Grunewald, Wangenheimstr. 21. Roethe, Prof., Geh. Regierungsrath, Westend, Ahornallee 39. . Rubens, Prof., Geh. Regierungsrath, Neue Wilhelmstr. 16. NW 7. Rubner, Prof., Geh. Medicinal-Rath, Kurfürstendamm 241. W 50. Sachau, Prof., Geh. Oberregierungsrath, Wormser Str. 12. W62. Schäfer, Prof., Grossherzogl. Badischer Geh. Rath, Steglitz, Friedrichstr. 7. Schmidt, Prof., Geh. Regierungsrath, Augsburger Str. 43. W 50. von Schmoller, Prof., Wirkl. Geh. Rath, Wormser Str. 13. W 02. Schottky, Prof., Geh. Regierungsrath, Steglitz, Fichtestr. 12a. Schuchhardt, Prof., Geh. Regierungsrath, Lichterfelde-Ost, Teltower Str. 139. Schulze, Franz Eilhard, Prof., Geh. Regierungsrath, Invalidenstr. 43. N4. Schulze, Wilhelm, Prof., Geh. Regierungsrath, Kaiserin Augusta-Str. 72. Schwarz, Prof., Geh. Regierungsrath, Grunewald, Humboldtstr. 33. Schwarzschild, Professor, Potsdam, Astrophysikalisches Observatorium. Schwendener, Prof., Geh. Regierungsrath, Matthäikirchstr. 28. W 10. Seckel, Prof., Greh. Justizrath, Charlottenburg 5, Witzlebenplatz 3. Seler, Professor, Steglitz, Kaiser Wilhelm-Str. 3. Struve, Prof., Geh. Regierungsrath, Enckeplatz 3a. SW 48. Stumpf, Prof., Geh. Regierungsrath, Augsburger Str. 45. W 50. Waldeyer, Prof., Geh. Obermedicinalrath, Lutherstr. 35. W 62. Warburg, Professor, Charlottenburg 2, Marchstr. 25b. von Wilamowitz- ‚Moellendorff, Prof., Wirkl. Geh. Rath, Westend, Eichen- allee 12. Zimmermann, Wirkl. Geh. Oberbaurath, Calvinstr. 4. NW 32: . Apstein, Professor, W issenschaftlicher Beamter, Flemingstr. 5. NW 52. Behrend, Archivar und Bibliothekar der Deutschen Commission, Lichter- felde-West, Knesebeckstr. 8a. Dessau, Professor, Wissenschaftlicher Beamter, Charlottenburg 4, Leib- nizstr. 57. “von Fritze, Wissenschaftlicher Beamter, Courbierestr. 14. W 62. Harms, Professor, Wissenschaftlicher Beamter, Friedenau, Ringstr. 44. Freiherr Hiller von Gaertriugen, Professor, Wissenschaftlicher Beamten, Westend, Ebereschenallee 11. Köhnke, Professor, Bibliothekar und Archivar, Charlottenburg2, Goethe- str. 6 Paetsch, Wissenschäftlicher Beamter, Nollendorfstr. 29/30. W 30. Ritter, Wissenschaftlicher Beamter, Friedenau, Hertelstr. 3. Schmidt, Karl, Professor, Wi haftlicher Beamter, Lutherstr.34. W 62. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 1 SITZUNGSBERICHTE 1918. DER 1 KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 9. Januar. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. RoETHeE. 1. Hr. Norven las: Aus Cicero’s Werkstatt. Es wurden Analysen einzelner Stellen aus Cicero’s Schriften gegeben (Brutus, in Catilinam Ill, pro Caelio). Es liess sich zeigen, dass es sich um Dubletten handelt, deren Erklärung sich aus den eigenartigen Publicationsverhältnissen eiceronischer Schriften ergiebt. 2. Hr. Erman las über einen Fall abgekürzter Justiz in Aegypten. (Abh.) Drei kleine Papyrus des Berliner Museums, die aus dem rr. Jahrhundert v. Chr. stammen, enthalten geheime Verfügungen eines Generals und Vertreters des Königs, wonach zwei Polizisten der thebanischen Gräberstadt ihrer Reden wegen verhaftet werden sollen. Man soll sie im Hause des Generals mit Zeugen ihrer Reden con- frontiren, soll sie tödten und nachts in’s Wasser werfen, ohne dass Jemand etwas davon erfährt. | 3. Hr. von Wıramowırz-MoELLEnDoRFF überreichte die 3. Auflage seiner »Reden und Vorträge« (Berlin 1913) und sein Werk »Sappho und Simonides« (Berlin 1913). 4. Hr. Kuso Meyer legte vor »Sanas Cormaic, an old Irish Glos- sary« (Halle a.S. 1912) und Mittheilungen » Aus dem Nachlass Heinrich Zimmers« (Sonderabdruck aus der Zeitschrift für celtische Philologie, Bd. IX, Halle a.S. 1913). 5. Zur Vorlage kam die von der Akademie unterstützte Ausgabe »Abu’] Barakät Ibn Al-Anbäri«, hrsg. von G. Weır (Leiden 1913). Sitzungsberichte 1913. | ; 2 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 9. Januar 1913. Aus Ciceros Werkstatt. Von EpUARD NORDEN. 1 den letzten Jahren sind uns durch analytische Untersuchungen so wichtige Einblicke in die jenseits der Überlieferung liegende genetische Entstehungsgeschichte von Werken antiker Schriftsteller (Thukydides, Platons Gesetze, Aristoteles’ Metaphysik, Lucrez, Juvenal) gewährt worden, daß der Versuch, diese Methode auf Schriften Ciceros anzu- wenden, um so aussichtsreicher erscheint, als seine Briefe sowie die gelehrte Arbeit des Asconius uns ein Material an die Hand geben, das in seiner Reichhaltigkeit und Intimität im gesamten Altertum seinesgleichen nicht besitzt. z Ein Zeugnis Ciceros über seinen Bildungsgang im “Brutus’. Von $ 304 des ‘'Brutus’ an gibt Cicero eine Darlegung seines Bildungsganges als Redner in der Weise, daß er, Jahr um Jahr vor- schreitend, seine Studien mit den politischen Ereignissen kombiniert. Es ist nötig, seine eignen Worte (mit einigen Verkürzungen) anzu- führen. 305 sed me cupidissumum audiendi primus dolor percussit, Cotta cum est expulsus (a. 90); reliquos frequenter audiens acerrumo studio tene- bar cotidieque et scribens et legens et commentans oratorüs tamen ewerci- tationibus contentus non eram. — 306 iam consequente anno (89) Q. Varius sua lege damnatus excesserat; ego autem in) iuris civilis studio multum operae dabam Q. Scaevolae ... — atque huie anno proxumus (88) Sulla consule et Pompeio fuit. tum P. Sulpiei in tribunatu cotidie contionantis totum genus dicendi penitus cognovimus; eodemque tempore (88) cum prin- ceps Academiae Philo cum Atheniensium optumatibus Mithridatico bello domo profugisset Romamque venisset, totum me ei tradidi ... — 307 occiderat Sulpieius illo anno (88) tresqgue proxumo (8T) trium aetatum oratores erant crudelissime interfecti Q. Catulus M. Antonius C. Iulius. eodem anno (87) etiam Moloni Rhodio Romae dedimus operam et actori summo causarum et magistro. haec etsi videntur esse a proposita oratione diversa, tamen ideirco a me proferuntur, ut nostrum cursum perspicere, Norven: Aus Cicero’s Werkstatt. 3 quoniam voluisti, Brute, possis (nam Attico haec nota sunt) et videre, quem ad modum simus in spatio Q. Hortensium ipsius vestigüs perseculi. — 308 triennium (86—84) fere fuit urbs sine armis ... at vero ego hoc iempore omni noctes et dies in omnium doctrinarum meditatione versabar. 309 eram cum Stoico Diodoto ... 310 commentabar declamitans ... 311 tumultus interim (82) aa s E} E} E ” s = E} s = = ” a ae E = € 2 ide n N De Mr Aus dem aeg für die Redaetion der akademischen Druckschriften. e Akademie giebt a mäss en der Statuten zwei er Forökemalichungen heraus: der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « wand » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « Ä a; Jede zur Aufnahme in die si itzungsberichte er die Ahbandiangen Das Mittheilung muss in einer aka- haben die ttelung ihrem Fache. he er Mitgliedes z zu . ünhibe N. 5:3. Der Umfang einer aufzunehmenden sahen soll n der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32. bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der EEE Schrift = Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen n je 8 Seiten in ser ame Schrift der Abhand- Ka nicht über Überschreitung, ua Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesa mmt-Akad mie oder der betreffenden (lasse statt- »ines Manuseri mnthen, dass diese ae erforde lich sein w re, sö hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen eich Umfang m Druck abschätzen zu lass $4 Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder er afeln beigegeben werden, so sind die Üisemenne.n ae aphis ehe Original- Satsahmen u. 8. ee eichzeitig n Ar ec jedoch & m 43 [3 23 = 5 + @® = el 2 > 85 » “ ” 82 = S Fi 5 se i aber auf einen erheblichen Be zu veran nie on Bee For eine ee beschlies ssen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- when Soll mit dem serien Eee eines Sachverständigen an den Seeretar riehten, dann keit im ee vorz eine dr weiter in der ragen emie zu verhandeln. Die Kosteı i sten der Ve fältigung übernimmt die Aka- demie. Über die vorauss SEN Höhe dieser Kosten ist — wenn . sieh nieht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kosenan nschlag eines Sachverständigen beizufügen > reitet diese lag für die er- r Anschlag forderliche Auflage gr den ee 150 Mark, bei den AbhandInngen 300 so ist Vorberathung dureh das Seeretariat geboten ss 2 orlegun 1 Einreichung des volständien due Manureripi an den zuständi Seeretar oder an rehivar wird en Aufnahme der er in die ineichhihen Sehriften, und zwar, wenn der anwesenden Mit- glieder es ae verdeekt okikle: nt. Mittheilungen von Verfassen, arte nieht Mitglieder der Akademie sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen Be Besehliesst Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes in die Abhandlungen, so bedarf dieser Beschluss der ehe en RR. en Akademie sind, ee ee re auf. s. 3 des Umsehlags.) Aus $ 6. 1 oh h Rn % ” IE yı wenn es sch nicht bloss nm glatten Text handelt, aus- reichende g für die ng de und die er der Sehriften enthalten. Fremder sind die Mitgliede vor Einreiehung des Manuscripts vorzunehmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser seine er als vollkommen druckreif ansieht. ie erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die erfasser. Fre Ser haben diese erste Correetur an das vorlegende Mitglied nr an nn soll nach igeterd gr er die eich girenden Seeretars vor der Einsendung an die und die V ee = zur Tragung der entstehenden Mchr- kosten verpflich Aus $ 8. | Von allen in die Sitzungsberiehte oder Abhandlungen en wisse ep Mittheilungen, Reden, Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von EEE en Se ilungen, wenn deren Umfang im Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen aus- gegeben werden I 4 7 P.11.C& h | Ip für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die Verfasser sieh ausdrücklich damit einverstanden erklären. Von « - Sonderabärucken, aus = ee erhält ein V . weleher d der exemplare; er ist inde auf en der Akadem von noch 100 und u seine Kosten zur za von 200 (im ganzen also 350) abdleban zu lassen, ® Bi er dies rechtzeitig dem redigirenden Secre gt . et er auf seine Kosten noch mehe j Abdruche 5 rtheilung zu erhalten, so bedarf es der Genehmigung Bi Gesammt-Akademie oder der ber a — Niehtm emplare u =; dürfen nach rechtzeitiger Anzeige ‚ne he nden Seeretar en 200 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lass Von den ernndesres aus den ee. hält ein Verfasser, weicher Mitglied der Akademie ist zu unentgeltlicher Vertheitung ohne ae 30: Frei. R exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke auf — der Akademie NER Exemplare e- zur Zahl von no were ie nd auf seine Kosten noch weitere bis { vo 0 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen, sofern er = vet tzeitig dem Beeren Secretar au e Kos ehr gezeigt hat; wünscht er auf noch m drucke zur VFertheilimg zu a so a es dazu — Niehtm exemplare nnd dürfen zer ad redigirenden Serretar weitere Kosten abziehen lassen. & 17. & Eine für die akademisehen Sehriften be stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle en Sei 8 sed nur 49 SITZUNGSBERICHTE 1913. In. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 16. Januar. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. l. Hr. Orrn las über tubereulöse Reinfeetion und ihre Bedeutung für die Entstehung der Lungenschwindsucht. Eine Reinfection kommt bei Tuberculose vor, sowohl eine endogene als auch eine exogene, eine volle Immunität wird also durch eine einmalige tuberculöse Er- krankung nicht erworben. Eine geringe Immunität wird durch eine solche wohl er- zeugt, aber diese hindert nicht Neuerkrankungen auch ohne massige Infection. Eine Lungenschwindsucht kann durch eine erste Infection erzeugt werden, aber Überstehen einer solchen Infeetion scheint die Entstehung einer Lungenschwindsucht durch Re- infeetion zu begünstigen, weniger durch unvollständige Immunisirung als durch Schä- digung gerade der Lungen, welche dadurch zur Schwindsucht disponirt werden. 2. Das correspondirende Mitglied Hr. Wırn in Würzburg über- sendet eine Mittheilung »Zur Theorie der elektrischen Leitung in Metallen«. (Ersch. später.) Es wird ein Versuch gemacht, die Theorie der metallischen Elektrieitätsleitung auf die Quantentheorie zu gründen, mittels der Annahme, dass es eigentliche freie Elektronen nicht giebt, dass sich aber Elektronen im Innern der Metalle in bestimmter Bewegung befinden, die von der Temperatur nicht abhängig ist. Diese Elektronen können durch äussere Kräfte im Metall verschoben werden, und zwar ohne Wider- stand, solange kein Zusammenstoss der Elektronen mit den Metallatomen stattfindet. Solche Zusammenstösse finden in einem Metallkrystall nicht statt, solange die Atome in ihrer regelmässigen Lage verharren, wohl aber, wenn durch die Wärme Schwin- gungen der Metallatome um Gleichgewichtslagen hervorgerufen werden. Unter Be- nutzung der Desye’schen Theorie der specifischen Wärmen ergiebt sich so eine Formel für die Abhängigkeit des Widerstandes von der Temperatur, die nicht wesentlich von der empirischen Formel von KanerLiınen Onnes abweicht. 3. Hr. Sacnau legte vor eine Abhandlung des Hrn. Prof. Dr. Evusen Mrrtwocn in Berlin »Zur Entstehungsgeschichte des is- lamischen Gebets und Cultus«, deren Aufnahme in die Abhand- lungen der Akademie genehmigt wurde. Unter Benutzung der arabischen und hebräischen Quellen prüft der Verfasser die einzelnen Bestandtheile der eigenthümlichen täglichen Gebete des Islams, der Cul- tushandlung des Freitags und anderer Gelegenheiten, und beweist im Einzelnen eine weitgehende Entlehnung aus den Cultusformen des jüdischen Gottesdienstes. Sitzungsberichte 1913. 4 50 Gesammtsitzung vom 16. Januar 1913. 4. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: Bd. 7 der mit Unterstützung der Akademie bearbeiteten Ausgabe der Werke des Libanius von R. Forrster (Lipsiae 1913), von Hrn. Pranox die 2. Aufl. seiner Vorlesungen über die Theorie der Wärmestrahlung (Leipzig 1913) und von Hrn. von ScumoLter sein Werk: Charakterbilder (Mün- chen und Leipzig 1913). 5. Die Akademie hat Hrn. Srumer zur Weiterführung des von ihm begründeten Phonogramm-Archivs 1500 Mark und Hrn. Dr. Paur Vıcror NEUGEBAUER in Berlin zur Fortführung seiner Hülfstafeln zur astronomischen Chronologie 300 Mark bewilligt. Seine Majestät der Kaiser und König haben durch Allerhöchsten Erlass vom ı1. December ı9ı2 die Wahl des Directors des Kaiser- Wilhelm-Instituts für Chemie und ordentlichen Professors an der Uni- versität Berlin Geheimen ee gage Dr. rg BECKMANN zum ordentlichen Mitglied der physika th hen Olasse zu be- stätigen geruht. Das correspondirende Mitglied der physikalisch-mathematischen Classe PauL Gorpan in Erlangen ist am 21. December 1912 und das correspondirende Mitglied der philosophisch-historischen Classe JuLius Eurisne in Strassburg am 2. Januar 1913 verstorben. Orra: Tubereulöse Reinfeetion und Lungenschwindsucht. 5l Über tuberkulöse Reinfektion und ihre Bedeutung für die Entstehung der Lungenschwindsucht. Von J. OrTH. I meinem vorjährigen Vortrage habe ich ganz kurz auch der Mög- lichkeit gedacht, daß Überstehen einer Perlsuchtinfektion in der Ju- gend die Disposition zu einer chronischen Lungenschwindsucht ver- leiht oder doch verleihen kann. Ich habe damit zwei Fragen berührt, mit denen ich mich heute etwas eingehender beschäftigen will, näm- lich die Frage der tuberkulösen Reinfektion im allgemeinen und die Frage nach der Bedeutung einer Reinfektion für die Ent- stehung der Lungenschwindsucht der Erwachsenen im be- sonderen. Unter tuberkulöser Reinfektion versteht man heute zweierlei: ı. die exogene Reinfektion, bei der ein bereits tuberkulöses Individuum durch neuen Import von Tuberkelbazillen von außen her eine neue Infektion erfährt und 2. die endogene Reinfektion, bei der das tuberkulöse Individuum sich gewissermaßen selbst von neuem infiziert, aber mit Bazillen, welche schon in dem Körper vorhanden waren. Man sieht ohne weiteres, daß ein gewaltiger Unterschied zwischen diesen beiden Arten von Reinfektion besteht, da es sich in dem ersten Falle um eine Neuerkrankung handelt, während in dem zweiten nicht eine Neuerkrankung, sondern nur eine Verschlimmerung einer schon be- stehenden Krankheit vorliegt. In dem zweiten Fall ist eine direkte Kontinuität zwischen zweiter und erster Infektion und ihren Folgen vorhanden, im ersten Falle besteht ein soleher Zusammenhang nicht. Das gilt nicht nur für die krankhaften Organveränderungen, sondern das gilt vor allem auch für die die Infektion bedingenden Bazillen. Bei endogener Infektion wird die zweite Erkrankung, wenn nicht ganz besondere, ungewöhnliche Verhältnisse (Mischinfektion durch humane und bovine Bazillen) vorliegen, nicht nur durch dieselbe Bazillenart, sondern auch durch denselben Bazillenstamm wie die erste Infektion hervorgerufen; die Bazillen, welche die Reinfektion bewirken, sind die direkten Nachkommen der ersten Eindringlinge in den Körper. Ganz 4* 52 Gesammtsitzung vom 16. Januar 1913. anders bei der exogenen Reinfektion. Auch bei ihr kann freilich der- selbe Bazillenstamm in Frage kommen, wenn z. B. ein Nachkomme nicht nur seine erste, sondern auch seine Reinfektion von demselben tuberkulösen Vorfahr oder auch von einer nicht verwandten Person er- fahren hat, jedoch niemals handelt es sich dabei, wie bei der endo- genen Reinfektion, um direkte Nachkommen der bei der ersten In- fektion beteiligt gewesenen Tuberkelbazillen. Aber nicht nur das, son- dern es können bei der exogenen Reinfektion auch andere Stämme derselben Bazillenart, ja es können andere Tuberkelbazillenarten in Betracht kommen. Man könnte von vornherein geneigt sein zu glauben, daß die im eigenen Körper gewachsenen Bazillen durch eine Art Ak- klimatisation getährlicher seien als neu in den Körper überpflanzte, aber die Gefahr hängt nicht nur von den Bazillen ab, sondern auch von ihrem Wirt; nicht nur die Bazillen passen sich dem Wohntier an, sondern der Bazillenträger auch den Bazillen; können auf der einen Seite die Angriffswaffen der Bazillen sich ändern, so können auf der andern Seite auch die Verteidigungswaffen des Wohntieres sich ändern, beide im positiven wie im negativen Sinne. Diese Änderungen können sich wiederholen und brauchen keineswegs immer im gleichen Sinne zu erfolgen. Es kann also die Virulenz der Bakterien zu-, aber auch wieder abnehmen, es kann die Widerstandskraft des Wirtstieres un- abhängig davon ebenfalls zu- oder abnehmen. Für den Wechsel der Virulenz desselben Bazillenstammes besitzen wir direkte Beweise, z. B. wurden bei einem seit seinem zweiten Lebens- Jahre mit Knochentuberkulose behafteten Kinde zwischen seinem 8. und 13. Lebensjahre fünfmal Bakterienkulturen gewonnen, die zwar immer einen bovinen Stamm ergaben, aber mit wechselnder Virulenz derart, daß nach weniger virulenten Generationen bei der letzten Untersuchung ‚wieder Bazillen mit sehr starker Virulenz gefunden wurden. Es ist aber nicht nur die Virulenz der Bazillen, welche bei der endogenen Reinfektion in Betracht kommt, sondern die Gunst oder Ungunst ihrer Verbreitungsmöglichkeit. Es ist schon lange bekannt, daß latente oder durch örtlich begrenzte Erkrankungen im unmittel- baren Anschluß an Änderung der örtlichen Verhältnisse plötzlich mit einer fortschreitenden, ja allgemeinen Tuberkulose sich verbanden, die dann sogar innerhalb kürzester Zeit den Tod herbeizuführen ver- mochte. So ist es wiederholt beobachtet worden, daß an eine lokalisierte Knochen- oder Gelenktuberkulose im Anschluß an einen operativen Eingriff eine tödliche age Miliartuberkulose sich anschloß, daß aus einer latenten Bronchiald tuberkul im Anschluß an eine akute Lungenerkrankung (z. B. bei Masern) eine fortschreitende ört- liche oder eine allgemeine, selbst tödliche Tuberkulose geworden ist, Orrn: Tubereulöse Reinfeetion und Lungenschwindsucht. 53 so haben schon 1891 unabhängig voneinander Virchow und ich darauf hingewiesen, daß durch die damals üblichen Dosen des Kochschen Tuberkulins Bazillenherde gewissermaßen aufgerührt werden könnten, so daß eine fortschreitende und selbst tödliche frische Tuberkulose ent- stehe. Koch hat solche Äußerungen einmal törichte Befürchtungen ge- nannt, neuere Untersuchungen haben uns aber recht gegeben. In solehen Fällen — und ich habe hier die Zahl der Möglichkeiten längst nicht erschöpft — liegt die Ursache der eingetretenen Reinfektion mehr oder weniger klar zutage, in anderen Fällen sind es anatomische Lokalisationen des örtlichen tuberkulösen Prozesses, Erkrankung von Venen- oder Lymphgefäßwandungen, welche den Einbruch größerer Bazillenmengen in das Blut und damit die Überschwemmung des ganzen Körpers mit Bazillen und den Ausbruch einer akuten allge- meinen disseminierten Miliartuberkulose erklären, aber daneben gibt es Fälle genug, bei denen man nicht den Grund zu dieser Reinfek- tion, ja nicht einmal den Ort, von wo sie ausgegangen ist, festzu- stellen vermag, wenigstens nicht im einzelnen, sondern nur im all- gemeinen oder nur vermutungsweise. Wenn man bei einem Kinde eine Reinfektion findet, welche, wie so häufig, durch eine tuberkulöse Ge- hirnhautentzündung den Tod in kürzester Zeit herbeigeführt hat, und von alten Veränderungen nur eine tuberkulöse Lymphdrüse oder eine Gruppe von solchen, so wird man im allgemeinen annehmen dürfen, daß von solchen Drüsen die Reinfektion ausgegangen ist, aber auch bei Erwachsenen kommen solehe schnell tödlichen — meist auch mit Hirnhautentzündung einhergehenden Reinfektionen vor, bei denen aus- gedehntere ÖOrganveränderungen vorhanden sind, insbesondere Lungen- veränderungen, die in das Gebiet der Lungenschwindsucht, der Phthisis pulmonum, hineingehören. Vor langen Jahren — fast ein Menschen- alter ist darüber verflossen — bin ich schon einmal auf diese Frage eingegangen! und habe gegenüber anders lautenden Angaben und An- sehauungen die Annahme verteidigt, daß zu einer chronischen Lungen- schwindsucht eine frische disseminierte Miliartuberkulose sich hinzu- gesellen könne, welche aus dieser hervorgegangen sei. Obwohl da- mals der Tuberkelbazillus noch nicht entdeckt war, habe ich doch schon mit einem spezifischen, organisierten Infektionsstoff gerechnet und erklärt, daß die Lungensehwindsucht und die Miliartuberkulose durch dieselbe Ursache erzeugt würden, daß sie also nur als ver- schiedene Wirkungsformen eines und desselben Giftes anzusehen seien. Unausgesprochen habe ich also schon damals eine tödliche Reinfektion ! Orth, Zur Frage nach den Beziehungen der sogenannten akuten Miliartuber- kulose und der Tuberkulose überhaupt zur Lungensch windsucht, Berl. Klin. Wochenschr. 1881, Nr. 42. 54 Gesammtsitzung vom 16. Januar 1913. von einer chronisch schwindsüchtigen Lunge aus für vorkommend er- klärt, und ich bin in dieser Anschauung im Laufe der Zeit immer mehr befestigt worden, da ich stets neue Fälle vom Auftreten akuter Verschlimmerungen und schnell tödlicher allgemeiner Tuberkulose bei Schwindsüchtigen habe feststellen können, wie ich das in meinen in den Charite-Annalen erschienenen Jahresberichten über das Leichenhaus des Charit6-Krankenhauses wiederholt bewiesen habe‘. In allen diesen Fällen liegt kein Grund vor, eine andere Quelle für die Reinfektion zu suchen als die sich von selbst als solche darbietenden chronisch tuberkulösen Veränderungen, d. h. es liegt kein Grund vor, eine andere als eine endogene Reinfektion anzunehmen. Anders liegt die Sache, wenn neben einer ganz frischen Tuberkulose nur ein ganz alter, verkalkter Tuberkuloseherd gefunden wird. Erst dieser Tage kam die Leiche eines 5jährigen Kindes zur Sektion (Nr. 19, 1913) mit einer ganz frischen tuberkulösen Basilarmeningitis, welche den Tod herbeigeführt hatte. Trotz sorgfältigster Nachforschung fand sich von älteren tuberkulösen Veränderungen nichts als ein etwa hanfkorn- großer, völlig verkalkter Herd in einer Mesenterialdrüse. Selbst an- genommen — was aber bekanntlich auch nicht über jeden Zweifel erhaben ist, sondern erst bewiesen werden muß —, daß es sich hier um das Resultat einer früheren tuberkulösen Infektion gehandelt hat, ist man dann berechtigt, hier die Quelle der Reinfektion, welche in kürzester Zeit den Tod herbeigeführt hat, zu sehen? Daß die neue tuberkulöse Erkrankung nur die weiche Hirnhaut betroffen hat, würde dem nicht im Wege stehen, denn darüber besteht jetzt wohl allgemeine Übereinstimmung, daß die Ansiedlung im Blute vorhandener Tuberkelbazillen zum wesentlichen Teil von Gunst oder Ungunst örtlicher Verhältnisse abhängt. Aber wie soll man den Über- tritt von Bazillen aus dem alten Herd in das Blut — nur auf dem Blutweg könnte doch die Infektion der Hirnhaut entstanden sein —, wie soll man sich die Entstehung der Bazillämie erklären? Der alte Herd war so hart, daß er nur mit großer Gewalt zerkleinert werden konnte, keinerlei frische Veränderung irgendwelcher Art war in seiner Umgebung zu sehen, kurzum, es war nicht die mindeste Andeutung einer neuerlichen Änderung der örtlichen Verhältnisse gegeben, was berechtigt also zu der Annahme, daß von hier die Reinfektion aus- gegangen sei? Zu einer endogenen Reinfektion sind vorhandene Bazillen nötig, dürfen wir ohne weiteres annehmen, daß in dem verkalkten Drüsenherd noch lebende und gar stark virulente Bazillen vorhanden waren? Ein solches Recht haben wir durchaus nicht, denn es ist ! Bericht für 1904, Char.-Annal. XXX; Bericht für 1905, Char.-Annal. XXX] u. a. Orra: Tuberculöse Reinfeetion und Lungenschwindsucht. 55 längst bekannt, daß in solchen alten Kalkherden die Bazillen völlig fehlen können. In dem erwähnten neuen Fall hat die Untersuchung begonnen, wie sie ausfallen wird, steht dahin; ich habe aber mit Unter- stützung von Prof. Lydia Rabinowitsch auch neuerdings wieder in Fällen akuter Tuberkulose solche alten Herde untersucht und durch Meerschweinchenversuche nur in einem Teile die Anwesenheit lebender pathogener Bazillen festgestellt. Alles zusammengenommen muß man doch sagen, daß in den charakterisierten, keineswegs ungewöhnlichen Fällen von Reinfektion die größere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß es sich nicht um eine endogene, sondern um eine exogene Re- infektion handelt. Um nicht nur zu Wahrscheinlichkeiten, sondern zu festgestellten Tatsachen zu kommen, bietet sich ein Weg der Untersuchung dar, den ich in Gemeinschaft mit Frau Rabinowitsch beschritten habe, nämlich die kulturelle und biologische Feststellung der Art der in den alten und in den frischen tuberkulösen Herden vorhandenen Bazillen. Es kann sich dabei nur um die Feststellung der Art, des Typus der Bazillen handeln, nicht um die Unterscheidung verschiedener Stämme desselben Typus, da, wie wir schon gehört haben, die Virulenz des- selben Stammes sehr wechseln kann, und das gilt nicht nur in bezug auf Zeit, sondern auch in bezug auf den Ort: in einem tuberkulösen Körper kann der gleiche Stamm sehr verschiedene Virulenz darbieten, Je nach der Körperstelle, von welcher die Bazillen entnommen sind. Aber das Suchen nach verschiedenen Bazillentypen schien nicht aussichtslos, seitdem darüber bei wirklich Sachverständigen kein Zweifel mehr bestehen kann, daß Rinderbazillen für den menschlichen Körper nicht unschädlich sind, daß vielmehr ein recht erheblicher Prozent- satz von Tuberkulosen des Menschen, insbesondere des Kindes, durch den Typus bovinus erzeugt worden ist. Wenn es gelänge, in Fällen von Reinfektion in dem alten Herde einen anderen Typus von Bazillen nachzuweisen als in den frischen, so würde für die Annahme einer exogenen Reinfektion eine wichtige tatsächliche Grundlage gewonnen sein. Freilich würde auch in die Auffassung dieser Fälle die Frage der Umwandlung eines Bazillentypus in einen anderen hineinspielen, aber abgesehen davon, daß diese Frage, besonders soweit es sich um die Umwandlung des Rinderbazillentypus in den menschlichen inner- halb des menschlichen Körpers handelt, noch ganz ungeklärt ist und sogar recht viele Beobachtungen dagegen sprechen, würde eine et- waige Umwandlung in den genannten Fällen überhaupt nicht in Frage kommen können, weil ja auf der einen Seite ein ausgesprochener Typus bovinus, auf der anderen Seite ein ausgesprochener Typus humanus vorausgesetzt worden ist und ein Übergang des einen Typus 56 Gesammtsitzung vom 16. Januar 1913. in den anderen sicherlich nicht plötzlich innerhalb des Blutes oder in den frischen tuberkulösen Krankheitsherden vor sich gehen kann. Der Befund zweier ausgesprochen verschiedener und räumlich ge- trennter Typen in alten und frischen tuberkulösen Herden kann auch kaum als Mischinfektion aufgefaßt werden, sondern würde meines Erachtens eine exogene Reinfektion mit ziemlicher Sicherheit be- weisen. Unsere Untersuchungen sind noch nicht ausgedehnt genug, um jetzt schon etwas Abschließendes darüber sagen zu können, allein wir haben doch wenigstens schon einen Fall, bei dem tatsächlich zwei verschiedene Typen, und zwar jeder rein und an einer anderen Stelle, gefunden worden sind. Es handelt sich (Sekt. Nr. 166, 1912) um eine 21 jährige Person mit einer Lungentuberkulose, welche durch eine ausgedehnte frische tuberkulöse Pneumonie ausgezeichnet war. An der rechten Lungen- wurzel saß eine ganz verkalkte Lymphdrüse. Aus dieser Drüse wurde nach dem Verhalten bei der Kultur und gegenüber Kaninchen ein boviner, aus den pneumonischen Lungenteilen ein humaner Bazillen- stamm gezüchtet. Der Fall läge verhältnismäßig einfach, wenn nicht noch von einer dritten Stelle ein boviner Bazillus gezüchtet worden wäre, näm- lich aus der Galle. Dieser Befund bietet für die Erklärung große Schwierigkeiten, besonders da über das Vorkommen von Tuberkel- bazillen in der Galle noch nicht genügend zahlreiche und systematische Untersuchungen gemacht worden sind. Über eine kleine in meinem Institut angestellte Untersuchungsreihe wird Frau Rabinowitsch dem- nächst berichten, hier kann ich nicht weiter auf diese Frage und den erwähnten Fall eingehen, für meine jetzigen Zwecke genügt die Feststellung, daß in einer offenbar von einer ersten Infektion her tuberkulösen Lymphdrüse ein anderer Bazillentypus als in einem frischen, also durch Reinfektion entstandenen Herde gefunden wurde. Die neue Erkrankung muß also auf eine exogene Reinfektion zurück- geführt werden. Die Reinfektion betraf in diesem Falle die Lunge und hatte Ver- änderungen erzeugt, wie sie besonders bei der Lungenschwindsucht die hauptsächliche Rolle spielen; der Fall leitet mich also zu dem zweiten Teile meiner Besprechung, nämlich zu der Frage nach der Bedeutung der Reinfektion für die Lungenschwindsucht, über, doch möchte ich zuvor noch einen wichtigen allgemeinen Punkt erörtern, der nicht nur für die Reinfektionsfrage im allgemeinen, sondern auch für die Lungenschwindsuchtsfrage im besonderen von der größten Wichtigkeit ist. | Örra: Tuberculöse Reinfection und Lungenschwindsucht. 57 Es handelt sich darum, ob durch eine einmalige tuberkulöse In- fektion eine Immunität gegenüber neuer Infektion erworben wird. Es ist bekannt, daß bei zahlreichen infektiösen Krankheiten ein- maliges Überstehen eines Krankheitsanfalles gegen erneute Erkrankung in gewissem Maße und für eine gewisse Zeit schützt. Das gilt nicht nur für akute Infektionskrankheiten, sondern auch für solehe mit chro- nischem Verlauf wie die Syphilis. Es liegt deshalb der Gedanke nicht fern, daß auch für die Tuberkulose, welche der Syphilis ja in vieler Beziehung nahesteht, Ähnliches gilt. Daß durch eine einmalige tuberkulöse Erkrankung im Körper von Tieren eine Änderung konstitutioneller Art, gewissermaßen eine Um- stimmung gegenüber einer erneuten exogenen Infektion herbeigeführt wird, das hat zuerst von Behring für das Rindvieh erkannt und nutzbar zu machen gesucht; kein Geringerer als Robert Koch hat die ersten anatomischen Beweise beigebracht, indem er zeigte, daß die Vorgänge, welche sich an der Haut und dem Unterhautgewebe nach Einimpfung von Tuberkelbazillen abspielen, andere sind bei der Impfung eines schon tuberkulösen als eines noch gesunden Meerschwein- chens und daß sie vor allem lokal bleiben, zur örtlichen Ausheilung kommen, keine progrediente tuberkulöse Erkrankung auslösen. Wenn das bei dem für tuberkulöse Infektion so äußerst empfänglichen Meer- schweinchen geschieht, so durfte man um so mehr annehmen, daß auch beim Menschen eine derartige Umstimmung mit erhöhter Wider- standsfähigkeit eintreten kann, um so mehr, als bei anderen, an und für sich für Tuberkulose weniger empfänglichen Tieren eine über- standene tuberkulöse Erkrankung einen hohen Schutz gegen Reinfektion gewährt. Es wäre also aus diesem Gesichtspunkt eine frühzeitig im Leben eingetretene tuberkulöse Infektion mit geringen Folgen als ein günstiges Ereignis zu betrachten, da dadurch ein Schutz gegen Re- infektion gewonnen wird. Einer exogenen Reinfektion sind aber An- gehörige der Kulturvölker, insbesondere die in Städten lebenden Men- schen, ununterbrochen ausgesetzt. Zwar kann man von theoretischem Standpunkte aus den Tuberkelbazillen die Allgegenwart, Ubiquität, ab- streiten, denn sie können, soweit wir wissen, außerhalb ihrer tierischen Wirte auf die Dauer nicht existieren, in Wirklichkeit besteht aber für den Kulturmenschen tatsächlich eine solehe Ubiquität, denn die Zahl der Bazillenstreuer ist eine so ungeheuer große, daß kein Mensch dem Schicksal entgehen kann, wiederholt der Gefahr einer tuberkulösen In- fektion ausgesetzt zu sein. Es kann darüber keinen ernsthaften Streit geben, daß die meiste und beste Gelegenheit zu Infektionen und Reinfektionen durch das Zusammenleben mit einem bazillenverstreuenden Menschen geboten 58 Gesammtsitzung vom 16. Januar 1913. wird, daß also die Familien-, die Wohnungsinfektion an Häufigkeit und Bedeutung obenan steht; allein mir will es doch scheinen, als ob man in neuerer Zeit etwas zu einseitig auf diesen Infektionsweg Wert gelegt hätte. Zwar dürfte der Rinderbazillus, der für die erste Infektion bei Kindern eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt, für Reinfek- tionen, vor allem bei Erwachsenen, unter unseren heutigen Verhält- nissen nicht nennenswert in Betracht kommen, aber die vom tuber- kulösen Menschen ausgehenden Infektionsmöglichkeiten außerhalb der Familie und der Wohnung müssen doch offenbar höher eingeschätzt werden, als es jetzt vielfach geschieht. Untersuchungen, wie sie von Jacob auf Robert Kochs Veran- lassung in der tuberkulös durchseuchtesten Ortschaft des Deutschen Reiches, in Hümmling, angestellt worden sind, können in dieser Frage nicht ausschlaggebend sein, sondern im Gegenteil nur solehe Unter- suchungen, welche an Orten vorgenommen wurden, wo es wenig oder keine Gelegenheit zu Familien- oder Wohnungsinfektion gibt. Solche Untersuchungen sind von Hillenberg' angestellt worden, der ge- funden hat, daß selbst in Ortschaften, in welchen seit mindestens einem Jahrzehnt ein Tuberkulosetodesfall sicher nicht vorgekommen ist, trotzdem ein Viertel aller Kinder bei der Pirquetprobe positiv reagierte, also nach der herrschenden Auffassung tuberkulös war. Diese Kinder können also weder eine Familien- noch eine Wohnungstuber- kulose gehabt haben, und wo Gelegenheit zu einer primären Infektion gegeben war, da muß auch Gelegenheit zu Reinfektionen gegeben sein. Der demnach für die Kulturvölker überall bestehenden Ge- legenheit zu tuberkulösen Infektionen und Reinfektionen entspricht es, daß so viele Menschen die Zeichen tuberkulöser Er- krankungen an ihrem Körper tragen. Ich kann zwar jenen Patho- logen nicht zustimmen, welche behaupten, man könne bei go Prozent und mehr aller Leichen Reste tuberkulöser Erkrankungen auffinden, weil ich andere Erfahrungen gemacht habe. Die Erklärung für diesen Widerstreit der Meinungen ist wohl hauptsächlich darin gegeben, daß ich nicht wie jene Untersucher Veränderungen als tuberkulöse habe gelten lassen, deren tuberkulöse Natur erst noch zu beweisen ist. Eines aber erkenne ich vollständig an, daß sehr viel weniger Menschen an Tuberkulose sterben, als man nach der Häufigkeit der Infektions- möglichkeit einerseits und der Häufigkeit tatsächlich erfolgter Infektion anderseits erwarten sollte. Die Häufigkeit tatsächlicher Infektion ist in der Kindheit be- sonders groß, wenn auch die Resultate der Tuberkulinprüfungen mit ! Tubereulosis ıgıı, S. 254. Orra: Tuberculöse Reinfeetion und Lungenschwindsucht. 59 den Sektionsbefunden nicht übereinstimmen, sondern bei weitem höhere Zahlen liefern, die bekanntlich bei einigen Untersuchern gegen das Ende der Kinderzeit bis an 100 Prozent heranreichen. Ich erkenne aber ohne weiteres an, daß die Leichenbefunde in dieser Frage leichter wiegen als die im Leben erhobenen, da die Tuberkulinproben an- scheinend wenigstens auch die allergeringsten tuberkulösen Verän- derungen anzeigen, während der Anatom nur die makroskopisch er- kennbaren Veränderungen sieht und auch von solehen leicht einmal einen besonders kleinen oder versteckten Herd übersehen kann. Nehmen wir also an, daß ein sehr großer Teil der Kulturmensch- heit bereits in den Jugendjahren tuberkulös infiziert worden ist, so müssen tatsächlich eine große Anzahl Kulturmenschen als tuberkulös infizierte in die Pubertätszeit und das höhere Alter hineingehen, ohne durch die unausbleiblichen Reinfektionen weiter geschädigt zu werden. Man schreibt ihnen eine erworbene Immunität zu und erklärt durch diese die Tatsache, daß sogenannte Naturvölker, wenn bei ihnen Tuberkulose nicht heimisch ist, in schwerster und akutester Weise tuberkulös erkranken, wenn sie einer tuberkulösen Infektion ausgesetzt werden; sie besitzen eben gar keine Immunität, während die Kultur- völker erworbene und vielleicht nicht nur individuell, sondern phylo- genetisch erworbene, also ererbte Immunität besitzen. Diese erworbene Immunität ist keine absolute, sie soll zwar nach einer weitverbreiteten Annahme vor geringen Reinfektionen schützen, aber nicht vor stär- keren, sogenannten massiven Reinfektionen, doch soll sie die Stärke der Neuerkrankung mildern und bewirken, daß nicht eine akute, allge- meine Tuberkulose, sondern eine chronische, lokalisierte entsteht, welche freilich dafür auch örtlich destruktiver wirkt, Schwund der Gewebe, besonders in der Lunge, d. h. Schwindsucht, erzeugt. Das klingt ja ganz einleuchtend, aber es fehlt doch nicht an Bedenken. Zunächst ist von R. Kraus u.a. bei Affen, die doch dem Menschen am nächsten stehen, gefunden worden, daß nach völligem Überstehen einer tuberkulösen Infektion eine Immunität kaum noch nachweisbar ist. Vor allem aber lassen die tatsächlichen Beobachtungen die Sache doch keineswegs so einfach erscheinen. Ich habe mich schon einmal! über diesen Punkt geäußert und darauf hingewiesen, daß es keineswegs selten ist, daß beim Bestehen einer chronischen Tuberkulose irgendwelcher Art (Lymphdrüsen, Lunge usw.) plötzlich eine Verschlimmerung örtlicher oder allgemeiner Art auftritt, welche nun in kürzester Zeit den Tod herbeizuführen vermag. Der Erfolg zeigt, daß eine vollständige Immunität jedenfalls nicht vorhanden ' Berl. Klin. Wochenschr. 1904- 60 Gesammtsitzung vom 16. Januar 1913. gewesen sein kann. Das hat man ja freilich auch nicht angenommen, aber doch gemeint, nur durch eine massive Reinfektion könne der in gewissem Grade vorhandene Immunitätsschutz durchbrochen werden. Besteht eine chronische, ausgedehntere Lungentuberkulose, so kann man die Möglichkeit, daß plötzlich eine so große Zahl von Bazillen in die Blutbahn gelangt ist, daß sie auch von dem relativ immunen Körper nieht mehr bewältigt werden konnte, nicht von der Hand weisen, dagegen steht man Fällen, wo nur eine ganz umschriebene, in völliger Rückbildung begriffene tuberkulöse Veränderung, sei es in der Lungenspitze, sei es in einer Lymphdrüse oder an irgendeiner anderen Stelle, zu finden ist und doch eine akute Tuberkulose den Tod herbeigeführt hat, ratlos gegenüber. Solche Fälle sind aber keineswegs selten, sie kommen so gut bei Erwachsenen als bei Kindern vor. Wo soll in einem Falle, wie ich ihn vorher (S. 54) erwähnt habe (Sekt. Nr. 19, 1913), eine massive Reinfektion herkommen? Es muß als gänzlich unwahrscheinlich, ja geradezu als ausgeschlossen bezeichnet werden, daß es sich hier um eine endogene Reinfektion gehandelt habe, es bleibt also gar nichts weiter übrig, als daß es eine exogene Reinfektion gewesen ist, welche die tödliche Meningitis hervorgerufen hat. Gerade für diese Krankheit haben, weil sie oft so ganz unabhängig von schon bestehenden tuberkulösen Erkrankungen auftritt, pathologische Anatomen schon vor langer Zeit Infektionswege von außen her aufzufinden versucht, und gerade Karl Weigert, welcher vorzugsweise die Entstehung der allgemeinen Miliartuberkulose durch endogene Reinfektion aufgeklärt hat, hat hier auf die Möglichkeit einer exogenen Infektion von der Nasenschleimhaut her hingewiesen. Bei einer solchen Infektion kann aber wie bei den meisten exogenen, insbesondere bei denen erwachsener Menschen, von einem Massen- import von Bazillen in den menschlichen Körper kaum die Rede sein, es kann sich in der Regel nur um eine geringfügige Reinfektion handeln, und wenn trotzdem dadurch eine schwere akute Erkrankung herbeigeführt wird, so kann unmöglich ein nennenswerter Grad von Immunität vorhanden gewesen sein. Wenn überhaupt eine Immunität vorhanden war — und ich erkenne ja an, daß manches für eine solche spricht —, so kann es nur eine solche gewesen sein, welche sehr leicht unwirksam gemacht werden konnte durch gegenteilige Einwirkungen, durch die Entstehung einer Disposition. Wie für das Mobilwerden bisher lokalisierter Bazillen Änderungen der örtlichen Verhältnisse, örtliche Begünstigungen, also Dispositionen eine wichtige Rolle spielen, so muß auch für das Haftenbleiben von Bazillen, mögen sie nun aus anderen Herden im Körper stammen oder direkt von außen gekommen sein, eine örtliche Disposition vor- Orra: Tuberculöse Reinfeetion und Lungenschwindsucht. 61 handen sein, die sowohl aus generellen als aus individuellen Ursachen hervorgehen kann. Nach allem, was wir von den Beziehungen der tuberkulösen Er- krankungen aller Organe zu den Blutgefäßen wissen, kann man an- nehmen, daß ein Übertritt von Bazillen in das Blut eigentlich un- unterbrochen vor sich gehen muß, solange es sich um einigermaßen fortschreitende Prozesse handelt. Warum entsteht nicht aus jedem ins Blut gelangten Bazillus ein neuer tuberkulöser Herd, warum ent- stehen neue tuberkulöse Herde nicht überall, sondern nur an einzelnen Stellen? Warum bringt überhaupt nicht jede Infektion mit Tuberkel- bazillen auch eine tuberkulöse Erkrankung hervor, warum aber die eine oder die andere? Meines Erachtens spielt hier nicht eine er- worbene oder ererbte Immunität eine Rolle, sondern eine vorhandene oder nichtvorhandene örtliche Disposition. Eine durch Überstehen einer Infektionskrankheit .erworbene Immunität kann nur eine allge- meine sein, denn das Blut ist wesentlich der Träger der Immunkörper, und das kommt überall hin, die Lokalisation der tuberkulösen Pro- zesse ist von örtlichen, nicht von allgemeinen Bedingungen abhängig. Solche örtlichen Bedingungen müssen auch bei den Reinfektionen eine Rolle spielen, nicht nur örtliche Bedingungen an der Eintritts- stelle der Bazillen, besonders bei der endogenen Reinfektion, sondern auch örtliche Bedingungen am Orte der Entstehung neuer tuberku- löser Erkrankungen. Eine größere Rolle als die erworbene Immunität spielt meines Erachtens die verschiedene und sich ändernde Dis- position. Diese Disposition ist überhaupt und besonders in bezug auf ihre Stärke das Resultat sehr verschiedenartiger Umstände, mecha- nischer, zirkulatorischer, chemischer usw. Besonderheiten, Besonder- heiten also, welche in dem Bau, der Funktion, dem Stoffwechsel, kurzum in der Konstitution der Körperteile gelegen sind. Diese Überlegungen gelten für alle tuberkulösen Erkrankungen überhaupt, sie gelten für die häufigste tuberkulöse Erkrankung der Erwachsenen, für die Lungenschwindsucht, im besonderen. Auf die Frage, ob die Lungenschwindsucht durch Aspiration von Tuberkelbazillen entsteht, oder ob die sie erzeugenden Bazillen auf dem Blut- oder Lymphwege der Lunge zugeführt werden, gehe ich hier ebensowenig ein wie auf die Frage, welche Rolle andere Mikroorganismen als Tuberkelbazillen bei ihrer Entstehung oder ihrem Fortgang spielen, ich will nur mein Glaubensbekenntnis von neuem dahin ablegen, daß die direkte Aspiration von Tuberkel- bazillen nicht die große Rolle spielt, welche man ihr früher und von manchen Seiten auch heute noch zuschreibt, und daß zwar bei der Zerstörung des Lungengewebes noch andere Mikroorganismen mit 62 Gesammtsitzung vom 16. Januar 1913. Tuberkelbazillen zusammenzuarbeiten pflegen, daß aber die Grund- ursache jeder Lungenschwindsucht Tuberkelbazillen sind, so daß jede Lungenschwindsucht (Phthisis pulmonum) auch eine Lungentuberkulose ist. Die Frage, welche ich hier noch behandeln will, ist die vorher schon angedeutete Frage, welche Rolle bei der Lungenschwind- sucht die Reinfektion spielt, und zwar zunächst für den Beginn der Schwindsucht, für die Initialveränderungen. Ist erst einmal ein tuberkulöser Herd in der Lunge vor- handen — und der sitzt aus örtlichen Gründen, wegen deren ich be- sonders auf die zahlreichen Veröffentlichungen von Hart hinweise, in der Regel in der Lungenspitze —, so kann der Prozeß ununter- brochen weitergehen, kontinuierlich und diskontinuierlich, bald schneller bald langsamer, oder er kann nach verschieden langer Dauer und Ausdehnung zur dauernden oder temporären Ausheilung gelangen. Ich vermag durchaus nicht einzusehen, inwieweit für dieses wech- selnde Verhalten eine etwa früher, durch anders lokalisierte tuberku- löse Veränderungen oder durch die Lungenvorgänge selbst erworbene Immunität verantwortlich gemacht werden könnte, die doch dauernd und mit der Ausbreitung und Dauer der tuberkulösen Prozesse in immer erhöhtem Maße vorhanden sein müßte, sondern kann nur in einer wechselnden, zum großen Teil auch von äußeren Umständen und Einwirkungen abhängigen Gunst oder Ungunst der örtlichen Ver- hältnisse, in einem Wechsel der örtlichen Disposition die Erklä- rung finden. Bei dem Fortschreiten des tuberkulösen Prozesses handelt es sich sicher in der Mehrzahl der Fälle um immer wiederholte endo- gene örtliche Reinfektionen, es vermag jedoch niemand zu sagen, in- wieweit auch dabei eine einmalige oder sogar öfter wiederholte metas- tatische endogene oder auch exogene Reinfektionen eine Rolle spielen. Wie ist es aber mit den Initialveränderungen? Es bieten sich zwei Möglichkeiten genetischer Erklärung: entweder ist die Lungen- schwindsucht aus einer primären tuberkulösen Infektion direkt oder indirekt hervorgegangen oder sie ist die Folge einer sei es endogenen, sei es exogenen Reinfektion. Alle diese Erklärungsmöglichkeiten haben ihre Vertreter gefunden. Es ist begreiflicherweise sehr viel leichter, auf experimentellem Wege als durch Beobachtungen beim Menschen festzustellen, unter welchen Umständen, beim Gegebensein welcher Bedingungen eine Lungenschwindsucht entstehen kann, ich will daher zunächst die ex- perimentelle Seite der Frage erörtern. Es hat nicht an der Behauptung gefehlt, daß man experimentell eine der menschlichen Lungenschwindsucht entsprechende Erkrankung überhaupt nicht erzeugen könne, ich habe aber bereits in der vorher Orra: 'Tuberculöse Reinfection und Lungenschwindsucht. 63 erwähnten Arbeit vom Jahre ı88ı die Unrichtigkeit dieser Behaup- tung nachgewiesen. Heute braucht man über diese prinzipielle Frage nichts mehr zu sagen, man muß aber darauf hinweisen, daß die Neigung zu tuberkulösen Lungenerkrankungen überhaupt, daß insbesondere die Neigung der Lungen zu phthisischen Erkrankungen bei verschiedenen Tierarten ganz verschieden ist. Insbesondere zeigen die beiden Tier- arten, welche hauptsächlich zu Tuberkuloseexperimenten verwendet werden, Meerschweinchen und Kaninchen, in dieser Beziehung ein ganz verschiedenes Verhalten. Bei Meerschweinchen treten außer Ly gen vor allem solche der Milz und Leber auf, während die Lungen in der Regel nicht die hauptsächlich die schwind- süchtigen Erkrankungen kennzeichnenden nekrotischen, sogenannten käsigen Veränderungen darbieten, sondern die Erscheinung der soge- nannten Miliartuberkulose, für die die in Frankreich gebräuchliche Bezeichnung Granulie, tuberkulöse Granulie meines Erachtens durch- aus empfehlenswert ist. Beim Kaninchen dagegen spielen Milz und Leber eine nebensächliche Rolle, die Lungen dagegen eine Hauptrolle, und gerade von der Kaninchenlunge sind käsige und käsig-ulzeröse Prozesse dementsprechend auch schon seit langer Zeit bekannt, und es ist auch durch zahlreiche Untersucher mittels der verschiedensten Methoden festgestellt worden, daß zur Entstehung schwindsüchtiger Lungenveränderungen eine ein- oder mehrmalige (in kurzen Zwischen- räumen erfolgte) Infektion an irgendeiner Stelle des Körpers genügt. Eine gewisse Dauer der der Infektion folgenden Krankheit ist dazu notwendig, auf die Virulenz der angewandten Bazillen kommt es dabei nicht in erster Linie an, wenn auch Infektion mit weniger virulenten, mit abgeschwächten Bazillen besonders günstige Resultate gibt, weil gerade dabei eine chronisch verlaufende Krankheit zu entstehen pflegt. Bei Meerschweinchen ist es, wie gesagt, viel schwieriger, echte käsig-phthisische Lungenveränderungen zu erzeugen. Solche können vorgetäuscht werden durch emphysematöse Höhlenbildung, durch das von mir sogenannte tuberkulöse Emphysem, über das ich vor einigen Jahren mich ausführlicher geäußert habe'. Aber es gibt auch bei Meerschweinchen richtige Schwindsuchtsveränderungen mit Verkäsung und Höhlenbildung wie beim Menschen, und zwar kann man diese Lungenschwindsucht mit einiger Sicherheit hervorrufen, wenn man Meerschweinchen, die eine erste Infektion durch wenig virulente Bazillen überstanden haben, einer Reinfektion mit viru- lenten Bazillen unterwirft. Ich war meines Wissens der erste, welcher auf diese bedeutungsvolle Tatsache aufmerksam gemacht hat’, ! Berl. Klin. Wochenschr. 1910, Nr. 14. Sitzungsber. d. Ges. d. Chariteärzte. ? Berl. Klin. Wochenschr. 1906, Nr. 20. Sitzungsber. d. Berl. med. Gesellschaft. 64 Gesammtsitzung vom 16. Januar 1913. die dann später von zahlreichen anderen Forschern, wie Bartels, Levy, Römer u. a., bestätigt worden ist. Wie ich es von Anfang an getan habe, so haben auch alle folgenden Untersucher angenommen, daß durch die erste tuberkulöse Infektion und ihre Folgen eine Än- derung in dem Meerschweinchenkörper herbeigeführt worden ist, welche den Erfolg der Reinfektion anders ausfallen ließ, als er gewesen sein würde, wenn man dieselbe Menge derselben Bazillen in derselben Weise einem unberührten Tiere in den Körper gebracht hätte. Daß Jetzt die Lungen in so hervorstechender und in so schwerer Weise er- krankten, kann nicht wohl auf einer allgemeinen Umstimmung der Konstitution begründet sein, sondern muß in einer besonderen Be- einflussung der Lungen beruhen, denn nur an diesen zeigten sich die abweichenden Erscheinungen. Mit anderen Worten, nicht eine durch die erste Erkrankung erworbene allgemeine Immunität, son- dern eine durch die Primärerkrankung hervorgebrachte ört- liche Disposition der Lunge muß der Hauptgrund für dies ab- weichende Verhalten der Lungen bei der Reinfektion gewesen sein, wobei ja nicht ausgeschlossen ist, daß für den mehr chronischen Verlauf der zweiten Erkrankung auch eine gewisse erworbene allge- meine Immunität beigetragen haben kann. Wenngleich nun die abweichenden Verhältnisse beim Kaninchen von vornherein nicht gleich klare Resultate wie beim Meerschwein- chen erwarten ließen, so schien es mir doch von Interesse zu sein, experimentell zu prüfen, ob eine Reinfektion unter den angegebenen Bedingungen ebenfalls an den Lungen oder sonstwo abweichende Befunde entstehen lassen würde. Bei den Kaninchen brauchte man nach mild wirkenden Bazillen für die erste Infektion nicht lange zu suchen, da ja genugsam bekannt ist, daß die Bazillen des Typus humanus, in bestimmter Menge angewandt, keine tödliche Erkrankung hervorrufen. Ich habe also eine Anzahl Kaninchen (20) mit 0,01 g Bazillen des Typus humanus subkutan infiziert, 5 davon zweimal, die anderen einmal, und habe dann nach 3—6 Monaten eine Reinfektion mit Rinderbazillen vorgenommen, indem ich teils 0,01 g subkutan, 0,005 g intraperitonäal, 0,001 g intravenös injizierte; dazu kamen 6 Kontrollen, welche zu je 2 in der gleichen, dreifach verschiedenen Weise mit den entsprechenden Mengen infiziert wurden. Das Resul- tat war, wenn auch die Gegensätze nicht so scharf waren wie bei den Meerschweinchen, immerhin auffallend genug, denn von den 6 Kontrollen hatte nur ein einziges Tier nach 140 Tagen eine schwere Lungenerkrankung, ein anderes nach 435 Tagen eine Anzahl kirsch- kerngroßer Herde in den Lungen, während von den 20 vorbehandelten ı3 schwere, zum großen Teil ganz ungewöhnlich schwere Lungen- Orrn: Tubereulöse Reinfeetion und Lungenschwindsucht. 65 schwindsucht hatten (nach 43, 49, 112, 116, 156, 186, 189, 201, 236, 286, 297, 351, 429 Tagen) und außerdem noch 2 eine mäßig starke Lungenveränderung darboten; auch das eine Tier, welches die erste Reinfektion mit Rinderbazillen überstand, aber der zweiten nach 154 Tagen erlag, hatte eine mäßig starke zerstreute Herdtuberkulose der Lungen. Es darf also wohl gesagt werden, daß auch bei den Kaninchen die Lungen, welche an sich schon eine größere Disposition zu schwind- süchtigen Veränderungen haben als die Meerschweinchenlungen, durch die vorgängige milde Infektion eine stärkere Disposition zu einer phthisischen Lungenerkrankung nach Reinfektion mit auch für Ka- ninchen virulenten Bazillen (Typus bovinus) erhalten hatten. Wie bei meinen Meerschweinchenversuchen, so handelte es sich auch bei diesen Kaninchenversuchen um eine exogene Reinfektion durch eine andere Bazillenart, und auch von den übrigen Untersuchern, wenn sie auch die gleiche, nur in ihrer Virulenz verschiedene Art von Bazillen anwandten, wurde stets mit exogenen Reinfektionen gearbeitet. Wenden wir uns nun zu einer Betrachtung der menschlichen Phthisiogenese, so muß zunächst darauf hingewiesen werden, daß der Mensch in bezug auf sein Verhalten gegenüber den beiden Haupt- typen der Tuberkelbazillen, dem Typus humanus und dem Typus bovinus offenbar dem Kaninchen näher steht als dem Meerschweinchen, insofern auch er im allgemeinen weniger disponiert zu sein scheint, durch den Typus bovinus schwerer Erkrankung anheimzufallen als durch den Typus humanus, und daß bei ihm auch die Disposition der Lungen zu tuberkulösen Erkrankungen mehr derjenigen der Kaninchenlungen gleicht. So vorsichtig man auch mit der Übertragung der bei Tieren gewonnenen Erkenntnisse auf den Menschen sein muß, wird man darum doch immerhin mit einem gewissen Recht von vorn- herein vermuten dürfen, daß auch beim Menschen zwar zur Entstehung einer Lungenschwindsucht eine Reinfektion nicht nötig ist, daß aber wohl auch bei ihm eine solche eine Rolle spielen kann. Um diese Fragen wird denn auch tatsächlich gestritten sowie über die Unter- fragen, ob die Reinfektion, welche etwa an der Entstehung der Lungen- schwindsucht beteiligt ist, eine endogene oder eine exogene sei. Es ist mir unmöglich, diese Fragen hier eingehend und unter Anführung der Literatur zu behandeln, ich will aber meine Stellung zu ihnen kurz darlegen, die sich in wesentlichen Punkten mit der eines anderen pathologischen Anatomen, der sich jüngst darüber geäußert hat', mit der von Hart deckt. ‘ Tuberkulosis ı91o, Nr. 9. Sitzungsberichte 1913. . 66 Gesammtsitzung vom 16. Januar 1913. Der erste, welcher entgegen der herrschenden Ansicht, den Grund zu der späteren Lungenschwindsucht in einer Kindheits-, ja, Säuglingsinfektion sah, war Behring. In einer ausführlichen kritischen Würdigung' der Behringschen Lehre habe ich bereits zu ihr Stellung genommen und dadurch auch zu ihrer neuesten Form, welche ihr durch Behrings Schüler Römer gegeben worden ist”. Ein kurzsichtiger Kritiker hat gegen meine damalige Schlußfolgerung, ‘ich glaube nicht zu viel zu tun, wenn ich sage, es bleibt so ziemlich alles beim Alten’, protestieren zu müssen geglaubt, ich trage aber trotz- dem kein Bedenken, auch gegenüber der etwas modifizierten Römer- schen Lehre, mich zu derselben Anschauung zu bekennen. Römer erkennt an, daß es eine exogene Infektion im späteren Leben gibt, er erkennt, wenn auch in noch geringerem Grade als Behring, an, daß eine solche exogene Infektion unter gewissen Bedingungen mög- licherweise Lungenschwindsucht erzeugen kann, denn er lehnt eine solche Reinfektion nicht kategorisch ab, wenn er sie auch für un- wahrscheinlich hält. Römers Meinung nach ist die Schwindsucht der Erwachsenen im wesentlichen das Resultat einer massiven endogenen Reinfektion bei einem in der Jugend partiell in mäßigem Grade im- munisierten Menschen. ‘Wenn wir also’, so schrieb er, “Menschen jenseits des 18. Lebensjahres schwindsüchtig werden sehen, so müssen wir diese Schwindsucht auf so massive Reinfektionen beziehen, daß die durch die Kindheitsinfektion erzeugte Immunität zwar noch aus- gereicht hat, den Ausbruch akuter galoppierender Tuberkulose zu ver- hindern, nicht aber den derchronischen Phthise’. Der übergroßen Mehrzahl der erwachsenen Menschen droht nach Römer unter den gewöhnlichen Lebensbedingungen kaum die Gefahr einer neuen, erfolgreichen tuber- kulösen Infektion von außen, wohl aber kann eine erneute Propagation der im Körper schon heimischen Bazillen eine Reinfektion und durch sie eine Lungenschwindsucht bewirken. Diese Reinfektion muß aber eine massive sein, d.h. es muß eine schwere Jugendinfektion vorgelegen haben, welche derartige Bazillenlager zurückgelassen hat, daß von diesen aus eine schwere Reinfektion zustande kommen kann, denn nur eine solche vermag die erworbene Immunität zu durchbrechen. In den neueren Diskussionen über Phthisiogenese, soweit ich sie kenne, vermisse ich die Berücksichtigung eines durch klinische und pathologisch - anatomische Beobachtungen festgestellten Umstandes, dessen ich vorher schon gedacht habe, daß nämlich die Lungen- schwindsucht nicht das Resultat einer einzigen Infektion ı Berl. Klin. Wochenschr. 1904, Nr. 11—13, z. T. auch in Altes und Neues über Lungentuberkulose, Rindfleisch-Festschrift 1906. 2 Tuberkulosis 1910, S. 129 u.a.a.0 ur Orru: Tubereulöse Reinfeetion und Lungenschwindsucht. 67 oder Reinfektion ist, sondern daß die Lungenschwindsucht ein Prozeß ist, der fortschreitet, und zwar häufig in ganz ungleich- mäßiger Weise, bald langsamer, bald schneller, nicht nur kontinu- ierlich, sondern auch diskontinuierlich, bei dem also immer wieder neue Reinfektionen auftreten, von denen man keineswegs annehmen darf — der anatomische und bakteriologische Befund widerspricht einer solchen Annahme absolut —, daß es sich stets und überall um neue massige Infektionen handele, bei denen man im Gegenteil anzunehmen gezwungen ist, daß nur geringfügige, sei es endogene, sei es exogene, Infektion dem Fortschreiten der tuberkulösen Prozesse zugrunde liegt, und doch entstehen immer neue tuberkulöse Herde auch ohne massive Reinfektion, obwohl man doch annehmen müßte, daß die schon vor Entstehung der Schwindsucht vorhanden gewesene Immunität durch die schwindsüchtige Erkrankung sich noch weiter verstärkt habe. Und wo bleibt gar die Immunität in denjenigen nicht seltenen Fällen, wo nicht nur in den Lungen selbst, sondern vor allem auch an anderen Körpergegenden, insbesondere an der weichen Hirnhaut — ohne daß man eine massive Reinfektion immer nachweisen kann —, schwere, ga- loppierende, tödliche neue Tuberkuloseerkrankungen entstehen? Nicht eine allgemeine Immunisierung, sondern nur örtliche Umstände, die Beschaffenheit der örtlichen Disposition kann hier eine be- friedigende Erklärung geben. Ohne die Annahnfe einer örtlichen Disposition kommen wir bei der Erklärung der Phthisiogenese überhaupt nicht aus. Eine erwor- bene allgemeine Immunität kann weder erklären, warum denn gerade die Lunge durch die Reinfektion, die doch von den Körperflüssig- keiten (Blut, Lymphe) ausgehen muß, allein oder vorzugsweise be- troffen wird, und erst recht kann sie nicht erklären, warum die ty- pische Lungenschwindsucht der Erwachsenen regelmäßig in der Lun- genspitze beginnt. Eine massige Reinfektion von einem in der Kindheit erworbenen Tuberkuloseherd aus soll den Anstoß zur Lungensehwindsucht geben. Es müßte sonach bei jedem lungenschwindsüchtigen Menschen nicht nur ein älterer, aus der Jugendzeit stammender Bazillenherd vorhan- den, sondern dieser müßte auch geeignet sein, einer massiven Rein- fektion als Grundlage zu dienen. Die pathologisch-anatomische Erfahrung steht mit dieser Forde- rung in schroffstem Widerspruch, denn bei den meisten verstorbenen Phthisikern finden sich keine älteren, bis in die Jugendzeit zurückzu- datierenden Herde, insbesondere vermißt man bei Phthisikern meistens Jene Erkrankungen, welche bei den nieht zum Tode führenden kind- lichen Tuberkulosen im Vordergrunde stehen, die Verkäsungen der 5* 68 Gesammtsitzung vom 16. Januar 1913. Lymphdrüsen, und wenn man sie findet, so befinden sich die Drüsen in einem solchen physikalischen Zustande (Verkreidung und Verkal- kung), daß es unstatthaft erscheint, von ihnen eine massive Reinfektion abzuleiten. Und wenn ein alter, aus der Jugendzeit stammender Primär- herd auch noch nicht verkalkt ist, so erscheint es doch auch im höchsten Grade unwahrscheinlich, daß von ihm die verlangte massive Reinfektion ausgegangen sein sollte, wenn er so klein ist, daß er der aufmerksamen Leichenuntersuchung entgehen konnte. Die pathologisch-anatomische Erfahrung widerspricht also ı. der Annahme, daß jede Lungenschwindsucht Produkt einer Reinfektion sein müsse, und 2. der Behauptung, daß nur eine massive Autoreinfektion geeignet wäre, Lungen- schwindsucht zu erzeugen. Es bliebe noch die zweite Möglichkeit zu besprechen, welche Behring noch in größerem Umfange zuließ, Römer zwar für unwahr- scheinlich hält, aber nicht ganz von der Hand weisen will, nämlich die Reinfektion von außen. Daß Römer und seine Anhänger eine exogene Reinfektion für unwahrscheinlich halten, beruht auf einer Petitio prineipii: von außen kommende Infektionen beim Erwachsenen sind keine massigen, massige Infektion ist für die Entstehung einer Schwindsucht notwendig, folglich können exogene Infektionen für Phthisiogenese nicht in Betracht kommen. Daß exogene Infektionen Erwachsener in der Regel nicht massige sein werden, ist ohne weiteres klar; daß zur Entstehung einer Schwindsucht eine massige Infektion nötig ist, das ist aber erst noch zu erweisen. Ich habe gezeigt, daß für die meisten menschlichen Schwindsuchtsfälle eine massige Autoreinfektion nicht nachzuweisen oder auch nur wahr- scheinlich zu machen ist, ich habe gezeigt, daß für das Fortschreiten der chronischen Phthise nicht massige, sondern geringfügige neue In- fektionen verantwortlich ‚gemacht werden müssen, dadurch ist meines Erachtens der erwähnten Schlußfolgerung der Anhänger der Immunitäts- lehre der Boden entzogen, d.h. es steht der Annahme nichts im Wege, daß bei der Phthisiogonese exogene Infektionen eine Rolle spielen. Da allseitig zugegeben wird, daß jeder Mensch, auch der erwachsene, immer wieder neue Infektionen mit Tuberkelbazillen erfahren kann, so ist kein Mensch imstande, wie Hart das schon bemerkt hat, mit Sicherheit zu entscheiden, ob frische Herde neben älteren durch endogene oder exogene Infektion hervorgerufen worden sind, es sei denn, daß ver- schiedene Bazillentypen vorhanden sind. Auf die schwindsüchtige Lunge angewandt heißt das, es ist überhaupt nicht zulässig, die Veränderungen in einer schwindsüchtigen Lunge auf eine einzige Infektion zurückzu- führen, sondern nachdem durch eine, sei es primäre, sei es Reinfektion Örra: Tuberculöse Reinfeetion und Lungenschwindsucht. 69 eine umschriebene Initialveränderung in der Lunge hervorgerufen worden ist, können neben immer wiederholten Autoinfektionen auch eine un- begrenzte Zahl exogener Neuinfektionen für die weitere Erkrankung der Lunge, für die Entstehung einer ausgesprochenen Phthise verant- wortlich sein. Daß eine solche wiederholte exogene Reinfektion für die Ausbildung einer Lungenschwindsucht nicht notwendig ist, beweisen die Tierexperi- mente, bei welchen nur eine einmalige Reinfektion vorgenommen worden ist, diese beweisen aber auch, daß bei der Schwindsuchtentstehung in vorbehandelten Tieren eine exogene Reinfektion vollkommen genügt. Wie steht es nun in bezug auf die Reinfektion beim Men- schen? Ich habe schon darauf hingewiesen, daß offenbar beim Menschen ebensowenig wie beim Kaninchen eine Reinfektion zur Schwindsuchts- entstehung nötig ist, sondern daß die Schwindsucht gleich durch die erste Infektion herbeigeführt werden kann. Nicht von einer bestehen- den mäßigen Immunität, sondern von einer vorhandenen Disposition ist das Entstehen einer Lungenschwindsucht abhängig. Daß aber auch bei manchen schwindsüchtigen Menschen lange vor der Schwind- sucht schon eine tuberkulöse Erkrankung geringeren Grades vorhanden gewesen sein muß, das beweisen die entsprechenden anatomischen Befunde und dafür spricht auch der Ausfall der Pirquetreaktion bei Kindern. Ich stimme also darin Behring-Römer und ihren An- hängern bei, daß auch bei einem gewissen, freilich nicht sicher bestimmbaren Prozentsatz schwindsüchtiger Erwachsener die Schwindsucht das Produkt einer Reinfektion ist. Nach den pathologisch-anatomischen Erfahrungen ist eine Autoinfektion unwahr- scheinlich, denn man kann sie nicht nachweisen, vielmehr dürfte das Verhältnis dasselbe sein wie bei den reinfizierten Tieren, d.h. die Reinfektion ist eine exogene. Nach dem nahezu regelmäßigen Befund von Bazillen des Typus humanus in menschlichen schwind- süchtigen Lungen muß man, bis etwa eine weitere Klärung der Um- änderungsfrage betreffs der verschiedenen Typen der Tuberkelbazillen andere Grundlagen bietet, annehmen, daß diese Reinfektion mit Bazillen des Typus humanus erfolgt, dagegen bleibt noch fest- zustellen, welcher Art die Bazillen der ersten Infektion gewesen sind, die auch ich im wesentlichen in die Kindheit verlege. Nachdem feststeht, daß etwa ı0 Prozent aller tuberkulösen Kinder eine Infektion mit bovinen Bazillen erfahren haben, erscheint der Gedanke berechtigt, daß auch eine jugendliche Rindertuberkulose die Grundlage einer späteren Lungenschwindsucht abgeben kann. Diesen Gedanken habe ich schon im Jahre 1907 auf der VI. inter- nationalen Tuberkulosekonferenz in Wien in den von mir aufgestellten 70 Gesammtsitzung vom 16. Januar 1913. Leitsätzen zur Frage der Infektionswege der Tuberkulose Ausdruck gegeben. Da heißt es im Leitsatz 8: »Bei der Erklärung der Ent- stehung der Lungenschwindsucht, besonders Erwachsener, muß damit gerechnet werden, daß sie das Resultat einer Reinfektion mit viru- lenten Tuberkelbazillen sein kann, nachdem eine (oder mehrere) frühere leichtere Infektionen glücklich überstanden wurden« und im Leitsatz 12: »wieweit eine zur Heilung gelangende Infektion durch sie«, näm- lich Rinderbazillen, »prädisponierend für Lungenschwindsucht wirken kann, bedarf noch der weiteren Untersuchung.« Ich habe schon mit- geteilt, daß ich mit solehen Untersuchungen in Verbindung mit Frau Rabinowitsch beschäftigt bin und daß wir wenigstens schon einen Fall haben, bei dem sich in dem alten Herd Rinderbazillen von typischem Ver- halten, in der schwindsüchtigen Lunge typische Menschenbazillen fanden. Worin ich die Wirksamkeit der ersten Erkrankung suche, das habe ich im vorstehenden genügend dargelegt: bei aller Anerkennung der für eine gewisse Immunisierung sprechenden Tatsachen kann ich doch unmöglich eine solche erworbene, den ganzen Körper betreffende Immunität zur Erklärung der Tatsache, daß bei der Reinfektion nur die Lunge erkrankt, und zwar in der Schwindsuchtsform erkrankt, als genügend erachten, sondern muß annehmen, daß örtliche Änderungen in der Lunge entstehen, welche deren Reaktion gegenüber einer viru- lenten Reinfektion derart ändern, daß die Lungen leichter erkranken und daß sie in der Form der fortschreitenden chronischen Phthise erkranken. Ich habe auch diesem Gedanken in den erwähnten Leit- sätzen schon Ausdruck gegeben, indem ich von einer prädisponierenden Wirkung für Lungenschwindsucht sprach (s. vorher) und im Leitsatz 8 zu den oben zitierten Worten hinzufügte: »Es kann infolge dieser über- standenen Infektion a) die Erkrankung gerade der Lungen gefördert worden sein« usw. Worin diese Disposition begründet ist, vermag ich freilich nicht zu sagen, ihr Bestehen muß aber aus dem Erfolg notwendigerweise erschlossen werden; wie die Immunität wirken soll, hat auch noch niemand zufriedenstellend erklärt, und meine Annahme hat das für sich, daß sie die Lokalisation erklärt, die man mit der Immunität überhaupt nicht erklären kann. Ich fasse meine Ansicht über die Phthisiogenese bei er- wachsenen Menschen in folgende kurze Sätze zusammen: ı. Die Lungensehwindsucht kann als einzige Infektion oder als Teilerscheinung einer ersten Infektion mit Tuberkelbazillen entstehen. 2. Sie kann als Folge einer, wahrscheinlich meist exogenen Reinfektion entstehen auf Grundlage einer ersten Jugend- infektion. Orra: Tuberculöse Reinfeetion und Lungenschwindsucht. 71 3. Eine Überstehung einer tuberkulösen Erkrankung disponiert bei manchen Tieren zur Entstehung einer Lungenschwind- sucht durch Reinfektion; es sprechen Tatsachen dafür, daß auch beim Menschen etwas Ähnliches vorkommt. 4. Eine durch Überstehen eines tuberkulösen Krankheitsanfalles erworbene unvollständige Immunisierung kommt bei Tieren und wahrscheinlich auch beim Menschen vor; sie kann aber bei diesem weder das Fortschreiten der tuberkulösen Lungen- veränderungen durch geringfügige Reinfektionen noch das Auftreten neuer akuter, schwerer Tuberkuloseerkrankungen hindern. 5. Nicht eine, den ganzen Körper betreffende, durch Überstehen einer Tuberkuloseinfektion erworbene Immunität kann die Lungenschwindsucht infolge einer Reinfektion erklären, sondern nur die Annahme einer örtlich entstandenen Dis- position, d.h. einer direkten Schädigung des Lungengewebes in seiner Widerstandsfähigkeit gegenüber den Tuberkel- bazillen. Es bedarf keiner weiteren Darlegung, daß die Anschauungen über die Phthisiogenese auch diejenigen über die Prophylaxis beherr- schen. Wer der Meinung ist, daß alles Übel von der Kinderinfektion herrührt, der wird sie allein bekämpfen, der Anhänger der Immuni- tätslehre aber nur insoweit, als er nur die schweren Infektionen be- kämpft, denn eine geringe Infektion soll ja nützlich sein, indem sie einen Schutz gegen äußere Reinfektion gewährt; dementsprechend er- klärt denn auch Römer ganz folgerichtig: »Was wir in erster Linie verhüten müssen, das sind die schweren massigen Infektionen des frühen Kindesalters.« Er legt sich freilich auf sie allein nicht fest, denn er sagt vorsichtig »in erster Linie«, will also doch anderen Kampf nicht ausschließen. Nach meiner Auffassung würde nie und nimmer das zu erstrebende Ziel erreicht, wenn man den Kampf allein oder doch vorwiegend gegen die Kindertuberkulose führen wollte, son- dern vom prinzipiellen Standpunkte aus muß tatsächlich gerade in bezug auf die Prophylaxe so ziemlich alles beim alten bleiben; wir werden nach wie vor Kinder wie Erwachsene soviel wie mög- lich vor jeder tuberkulösen Infektion und Reinfektion zu bewahren suchen müssen, wir müssen die Quellen für Tuberkelbazillen zu ver- stopfen suchen, indem wir in erster Linie die wichtigste Quelle, den tuberkulösen Menschen, unschädlich zu machen, aber auch die kleinere Quelle, die von dem tuberkulösen Vieh gespeist wird, zu verstopfen suchen. Das alles reicht aber zu einer aussichtsvollen Bekämpfung der Tuberkulose noch nicht hin, sondern wir müssen auch dem zweiten =) 2 Gesammtsitzung vom 16. Januar 1913. Faktor, dem menschlichen Körper und seinen Organen, unsere Auf- merksamkeit widmen und danach streben, örtliche Dispositionen zu verhindern, vorhandene zu mildern. Wenn es auf irgendeine Weise gelingen sollte, eine völlige Immunisierung zu erreichen, könnte man das nur aufs freudigste begrüßen; bis jetzt kann der erworbenen un- vollkommenen Immunität noch keine größere Bedeutung für die Pro- phylaxe zuerkannt werden, denn sie schützt weder vor chronischen noch vor neuen akuten Krankheitsanfällen, scheint vielmehr die Dis- position der Lungen zu chronischer Erkrankung, zur Schwindsucht, zu erhöhen. Die leichten Jugendinfektionen sind also nicht nur nütz- lich, indem sie eine gewisse Immunität erzeugen, sondern sie sind vielfach wenigstens in viel höherem Maße schädlich, indem sie eine Disposition der Lunge zu Schwindsucht bewirken, und darum muß man bestrebt sein, auch sie zu verhindern. Ausgegeben am 23. Januar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei weise oder auch in weiterer Ausführung, in deutseher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Sollte ‚eine dem zuwiderlaufende Veröffent- ha = ag aus diesen z r "erfass iner aufgenommenen wissen- schaftlichen Mitch eilung dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beab t, als ihm dies nach den so bedarf er dazu der Ein- nie, veitig zu veröffentlichen ist den Verfasern ünbeichränke gestattet Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 22. Jeden Sitzungsbericht Er t eine Übersicht über die v in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- sehäftlichen Angelegenheiten. 1 inter den Titeln der wis an or er folgen in dieser Übersicht Maren Inhal gaben welehe die Verfasser einreichen, antwortlich sind. Diese Ichältsangaben sollen sieh in der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls 10 en überschreiten. Die nicht in den Sehriften ri Br i eheinenden Mittheil ak n werden etztem Stern bersichstet, bei u für die Abhandlungen er wird »(Abh.)« zugefü en Mittheilungen fremder Verfasser Fr in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in weleher deren en n die akademischen Sehriften endgültig beschlossen wird a 57 in einer akademischen Sitzung Aufnahme in die un sberichte zu- ächsten Donne Das Manuseript einer am Donnerstag zur dem vodioir fertig Ayers llt werden. werden, mit dem rege ermerk des re üigirenden Sec vr oder des Archivars versehen, spätere Stück TEE Jasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus . welchen .. be- sondere Hehwisrigkelien erwärten lässt, oder welche den in den a 3 und 4 aka ee wur ent- spree Die Er versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- für ein Revision ksen trauten Een wenn die — nn . einem s 18 Nach a ee en Correetnren nur a versandt: die Verfasser Kai damit n Be Seler use nach acht Tagen. Fre erfassern, der orreemren erst noch dem vorlegen ee zur Zen unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage Kbaaaipt eh zuge- siehert werden. iese es zu Aus $ 36. )ije Akademie behält sich das Recht vor. von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 191 hysikalisch-mathem atische Classe . Philosophisch-historische Classe . . » Abhandlungen. Jahrg. 1 — Physikalisch-mathematische Classe . ; Philosophisch- Blodsche Chase . 4...» Einzelne Abhandlungen L; ” >4,.— der ee 1911 HULZE, edächtnissrede auf Richard Pischel . -. . - een re u Rupenss: Gedächthiserede auf ser Kohlrausch re ec Lasporr +: Über die Er Fer asse bei chemischen Umsetzungen in ee Kexurr STRADONI ger Dır ; Sen Auf Se He echfehtlichen Welt in den Geisteswissenschaften Erste Halfte ae ee eine ni Gedächtniserede auf Hans Heinrich Landolt en 1 MÜLLER: Uigurica aa LER uk. Krause: Über den änatomischen Bau der baumartigen 'CY perncee Schoenodendron . Bücheri Ener. aus Kamerun u ae Fıscn£r: Gedächtnissrede ze Ja cobus Henrieus van’ rk "Hoff. ee a are er a Re Schtnisärede auf. Heinfich Zimmer : u 5.2 0 ne ee ee Ern : Hym we Diadem der re are ee ee, = Monr: ee eg re Dirıs : Die Bandschrftich Shenyesaie des " Galen’ 'schen Commentars zum Prorrheticum des ippokrates Er +: Auf welchem wen Gedächinissrede auf Wilhelm Dilthey Hevster: Zum en Fehdewesen in der "Sturlungenzeit een we ege Xame en ae Goldelen vom Continent ı nach 1 Idand? are ua = * * - ” ” * = Sagen I. er Au t aus Nubien. . er er wer ass ana In. LATTERMANN: Zn lische "Forschungen . Ta. " Wnoann: Erster vorläu ns Bericht über die von den Köni se Museen unternommenen bungen in Samos ass jedes hinreichend kleine, im wesentlichen stetig ge- einen Thei = einer Ebene .—. len ahn ich abgebildet ee see. aic s Cho tscho. 1: Br Nee muslimischen iften von Per. a een "Puönirche und aramäische Krugaufschrifen aus Elophantine a ee Entzifferung der te n une re EEE 5 . . . WE [3 der Inseln 8. Piykre, a S. Autioeo (Sardinien) a een SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. _ Öffentliche Sitzung am 23. Januar, (S. 73) Pranek: Ansprache. (S. 73) Psxck: Die Formen der Landoberfläche und Verschiebungen der Klimagürtel.._ (S. 77) Übersicht über die Personalveränderungen. (S. ! Verleihung der Hrımmorrz-Medaille und -Prämie. e 98) Jahresberichte über die akademischen Unternehmungen und Jaliresberichte der Stnngn (S..9) BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI BRON REIMER. Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften. : Aus 81. Die Akademie giebt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen ser der Wissenschaften « und » ee der Königlich: ee Rinde der Wissenschaften « Aus $ 2 Jede zur rum: in die Bikssnssherichte oder die Abhandlungen bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorelg . Seriy in der . efern ist Ni cht- en haben hierz die elung ihren he angehörenden ee en zu areen $ 3. an einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der n den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei ia 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Sitzun; von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft und ist bei Vorlage der Mittheilung aus drücklich zu m eines Man as vorlegende Mitglied e von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. 84. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gle en mit Ber Manuseript, jedoch auf getrennten Blättern, ein Die Kosten der Hesetung ie Vontagen haben in i ._ er Kosten aber auf einen ER, zu veranschlagen, so kann die een ange eine Briee heschtisen, Ein daranf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem sehriftlichen ae ines hverständigen an den vorsitzenden Seeretar zu richten, dann zunächst Se at rege und eiter in der Gesammt-Akademie zu verh Die a der Vervielfältigung ae die Aka- demie ie Mean che Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nieht um wenige einfache Textfiguren t der ee ines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche rn lage bei den Sitzungsberichten bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten. Aus $ 5. rlegung und Einreichung des vollsikndigen ürucktertigen . en an den zuständigen Seer ode en Archivar wird über Aufnahme ni Milan in = akademischen und zwar, wenn ein el! anwesenden Mit- erdeckt ee Mit uheitungen » von kann ke ‚nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel einer ws aufgenommen werden. Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes wi die Abhandlungen, so dieser Beschluss der ri dureh die (resammt-Akadermnie. ungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen | Aus H, 6. va Yr } z # } ne - s sich nicht bloss um glatten Text handelt, aus- eikiande Anweisung die” Anordnung des Satzes und die Wahl.der Schriften enthalten. Bei Einsendungen Fremder sind diese weisungen von d vorlegend Mitgliede vor Einreichung des Manuseripts vorzunehmen e hat sich zu vergewissern, d er Verfasser seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht erste C n der a des redi- girenden Secretars vor der Einse :ndung an die Druckerei, und die Verfasser sind zur Tragung der ne Mehr- ‘kosten verpflichtet. Aus $ 8. Ne on allen in die Ehzunge berichte oder re wissenschaftlichen Mishäilnige n, wenn deren Um Druck A Seiten übersteigt, auch für den Bnchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen aus- ag werden. + 4 I ' Parc = a? ke für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn a Verfasser sich Fe kigle damit einverstanden erklär den en aus den Sitzungsberichten Verfasser, weleher Mitglied der Akademie ist, sofern er dies rechtzeitig dem a, Secretar an- an er ung are are mehr s dazu der Genainkbei ng « in Gesammi- treffenden Classe. — Nich a we 50 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei (lem en. Seeretar weitere 200 Exemplare auf ihre abziehen lassen. re den ga aus den Abhandlungen er- Mitglied der Akademie ist, i zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu . sofern er dies rechtzeitig dem re ge Secretar an gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch meht Abdrucke zur Vertheilung zu he so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be- treffi asse. — Nichtmitglieder hal 30 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem ig redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lassen. S 17. Eine für die akademischen Schriften be- stimmte Besen Mittheilung darf in keinem Falle vor ihre e an jener Stelle Er sei es s auch nur an (Fortsetzung auf 8.3 des Umschlags.) 173 SITZUNGSBERICHTE 1913. | IV. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 23. Januar. Öffentliche Sitzung zur Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers und Königs und des Jahrestages König Frirnrıcn’s I. Vorsitzender Sekretar: Hr. PLanck. Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung mit folgender Ansprache: Ein Fest des Dankes ist es, das heute, wie in jedem Jahre um diesen Tag, die Angehörigen und Freunde der Akademie der Wissen- schaften zusammenführt: des pietätvollen, unauslöschlichen Dankes gegen ihren zweiten Stifter, den großen König, der die Akademie einst in der Zeit ihres ärgsten Tiefstandes aus unrühmlichem, schatten- haftem Dasein zum Lichte eines kräftigen neuen Lebens emporgehoben hat; und zugleich auch ein Fest der erneuten ehrfurehtsvollen Huldi- gung gegenüber ihrem gegenwärtigen allergnädigsten Protektor, der in den nun bald vollendeten fünfundzwanzig Jahren seiner Regierung nicht aufgehört hat, bei jedem sich darbietenden Anlaß sein landes- väterliches Interesse für die Akademie und ihre Arbeiten mit Wort und Tat zu bekunden, und der in den nächsten Tagen, so wünschen und hoffen wir, abermals in ein gesegnetes Lebensjahr eintreten wird. Ernst ist die Zeit, und niemand vermag zu sagen, ob nicht durch sie sich eine noch weit ernstere ankündigt; aber wir dürfen die Zu- versicht hegen, daß, je näher einmal die Stunde schwerer Gefahr heranrücken sollte, desto enger und fester das deutsche Volk sich um sein Oberhaupt scharen wird, ja daß gerade dann manche der edleren Kräfte der Nation, die in gewöhnlichen Zeitläuften zum Teil ungenützt und wenig beachtet in der Tiefe schlummern, sich zu regen beginnen und auch zur äußeren Entfaltung kommen werden, während manches andere, was jetzt an der Oberfläche in buntem Glanze schillert, unbedauert in ruhmloses Nichts zurücksinken mag. Die Arbeit unserer Akademie ist freilich nur auf den Frieden gestimmt. Selbst in den aufregenden Zeiten, deren hundertjährige Wiederkehr zu feiern das Land sich gegenwärtig rüstet, hat sie ihre Sitzungsberichte 1913. ; 74 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. ordentlichen Sitzungen mit wissenschaftlicher Tagesordnung regelmäßig abgehalten, und hat durch solche ruhige treue Pflichterfüllung ihren Patriotismus in ihrer Weise ebenso bewährt wie die jugendlichen Streiter, welche draußen im Felde für des Vaterlandes Befreiung kämpften. Die heutige Frierprıca-Sitzung findet die Akademie wieder in ihren provisorischen Räumen, deren Unzulänglichkeit sich gegenwärtig leider in stetig steigendem Maße fühlbar macht. Wie anders im vorigen Jahr, als ihr zur Zweihundertjahrfeier der Allerhöchste Protektor selber im Königsschlosse eine glänzende Stätte bereitete, als wir vor einer er- lauchten Versammlung, in Gegenwart der Mitglieder des Königlichen Hauses und der höchsten Würdenträger des Staates, aus dem Munde Seiner Majestät des Kaisers und Königs den Willkommengruß emp- fingen und damit verbunden die Ankündigung einer Anzahl von er- neuten Huld- und Gnadenbeweisen, deren größter Teil, dank der tat- kräftigen Mitwirkung des zuständigen Ministeriums, bereits heute de- finitive Form angenommen hat. Damals entfaltete sich dem äußeren wie dem inneren Auge das Bild Frreprıcns in seiner ganzen Größe als König und Herrscher; heute wollen wir wieder in schlichterem Rahmen vorwiegend des Philosophen gedenken, dem die Reorganisation der Akademie weniger ein Akt kluger staatsmännischer Berechnung als vielmehr eine Herzenssache war; der in seinen Akademikern nicht nur eine besondere Kategorie von Be- amten, sondern vor allem eine Schar Gleichgesinnter und Gleichstre- bender sehen wollte. Und nicht etwa nur in den Zeiten der behaglichen Muße, wie in dem künstlerischen Jugendidyll von Rheinsberg, oder in dem be- schaulichen Ruhesitz von Sanssouci, hat Frırprıca sich der Philosophie hingegeben; nein — gerade auf der Höhe seines Schaffens, da, wo der Große am größesten sich zeigte, wo sich seine Persönlichkeit am echtesten offenbarte, in den Stürmen des Lebens, als er Ehre und Existenz einsetzte, um das störrisch gewordene Glück wiederum in seinen Dienst zu zwingen, da war ihm in den Stunden innerer Samm- lung die Philosophie die einzige Freundin, die beste Trösterin, der stärkste Halt. Oft und mannigfach hat er selber hiervon dankbar Zeugnis ab- gelegt. Gedenken wir hier nur der Zeilen, die er im Januar 1762, in der schlimmsten Periode des großen Krieges, als Schweidnitz von den Österreichern, Kolberg von den Russen genommen war und der Preu- Bische Staat dem Untergange geweiht schien, von Breslau aus an seinen Vertrauten, den Marquis n’Arszns richtete: »Wenn das Glück fort- fährt, sich so erbarmungslos von mir abzuwenden, werde ich ohne —— Pranck: Ansprache. id Zweifel unterliegen; es allein kann mich noch aus der Lage ziehen, in der ich mich befinde. Ich rette mich daraus, indem ich das Welt- all im großen betrachte wie von einem entfernten Planeten aus; dann erscheinen mir alle Gegenstände unendlich klein, und ich bemitleide meine Feinde, daß sie sich so viel Aufregung machen wegen einer so geringen Sache. Was würde aus uns ohne die Philosophie, ohne Nach- denken, ohne Lossagung von der Welt und ohne jene vernünftige Ver- achtung der frivolen vorübergehenden und flüchtigen Dinge, welche deren genauere Erkenntnis uns einflößt, während Habsüchtige und Ehr- geizige großen Wert auf sie legen, weil sie sie für feste und dauer- hafte Güter halten.« Fürwahr: Wenn jene Philosophie keine anderen Leistungen auf- zuweisen hätte, als daß sie diesen einen Mann in seinem heldenmütigen Kampfe gegen widrige Schicksalsmächte vor dem Zusammenbruch be- wahrte — sie würde schon dadurch den Nachweis für ihre Berechti- gung auf das glänzendste erbracht haben, allen auch noch so scharf- sinnigen Verkleinerungsversuchen zum Trotz. Freilich ist hier das Wort Philosophie nicht im engeren Sinne als Wissenschaft zu nehmen, sondern mehr in dem weiteren als Welt- ansehauung, die niemals auf reine Wissenschaft allein gegründet werden kann, wenn auch gegenwärtig eine starke Partei das Gegenteil glauben machen möchte und damit die Wissenschaft ebensowohl schädigt wie die Weltanschauung. Aber nicht minder einseitig verfährt die ent- gegengesetzte Partei, die da meint, in: Weltanschauungsfragen der Mitwirkung der Wissenschaft überhaupt entraten zu können. Eine Weltanschauung, die sich abseits der Wissenschaft stellt — sei es derjenigen, welche die Natur, sei es derjenigen, welche den geisti- gen Menschen zum Gegenstand hat —, richtet sich selbst von vorn- herein. In klarer Erkenntnis der eminenten praktischen Bedeutung dieses so einfach und fast selbstverständlich klingenden Satzes hat Frırnrıcn die Akademie der Wissenschaften erneuert und hat in den ihr ver- liehenen Statuten seiner Auffassung von der Aufgabe der Akademie dahin Ausdruck gegeben, daß in ihr »die Wissenschaften durch ge- meinsame Hilfe gefördert, gebessert, wohl gefaßt, allgemeiner gemacht, die einzelnen Sätze derselben zusammengetragen, mehr und mehr in Ordnung gebracht, vermehret und wohl angewendet werden mögen«. Seit jener Zeit hat die Akademie auf dem solcherweise vorge- zeichneten Wege unablässig weitergearbeitet. Die regelmäßig er- scheinenden Sitzungsberichte und Abhandlungen zeugen von den Ar- beiten ihrer einzelnen Mitglieder, während der Frieprıcns-Tag ihr 6* 76 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. alljährlich Gelegenheit bietet, eine Übersicht über die wichtigsten Er- gebnisse der wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie und ihrer Stiftungen in zusammenfassenden Berichten der Öffentlichkeit zu übergeben. So liegen heute nicht weniger als 23 Berichte vor, darunter solche, wie der der Deutschen Kommission, die selber wieder in eine größere Anzahl von selbständigen Berichten zerfallen. Alle zusammengenommen gewähren ein reiches Bild von der Summe von Arbeit, welche in beiden Klassen der Akademie von den unter ihrer Leitung stehenden wissenschaftlichen Unternehmungen geleistet wird. Ehedem war es üblich, daß jeder einzelne Bericht durch den Vorsitzenden der betreffenden Kommission hier mehr oder weniger vollständig verlesen wurde. Seit mehreren Jahren aber, als die stetig steigende Anzahl der Berichte und die Fülle der darin enthaltenen technischen Einzelheiten dem einheitlichen Charakter der Festsitzung in immer bedenklicherer Weise nachteilig zu werden drohte, hat die Akademie beschlossen, nur den Hauptinhalt derselben in abgekürzter Zusammenfassung durch den vorsitzenden Sekretar zur Verlesung zu bringen. Aber auch diese Verbesserung konnte auf die Dauer nicht voll befriedigen, da sie, um wirksam zu sein, eine viel stärkere und gewaltsamere Beschneidung einzelner Berichte verlangt hätte, als mit deren selbständiger Bedeutung noch verträglich schien; wozu sich erschwerend noch der weitere bedeutende Nachteil gesellte, daß die bei der früheren originelleren Art der Berichterstattung wirksame persönliche Note, die ihren besonderen Eindruck auf die Zuhörer nie verfehlte, nunmehr in Wegfall gekommen war. Unter solehen Umständen wurde daher in der letzten Frırprıchs- Sitzung dazu übergegangen, den durch die akademischen Satzungen vorgeschriebenen Tätigkeitsbericht vollständig auf die Publikation zu verweisen, welche wenige Tage nach der Sitzung herausgegeben wird, und das nämliche Verfahren möge auch diesmal befolgt werden. In dem gedruckten Sitzungsbericht finden die Fachleute und sonstigen Interessenten die diesjährige Tätigkeit und den gegenwärtigen Stand sämtlicher akademischer Unternehmungen und Stiftungen mit aller wünschenswerten Ausführlichkeit behandelt. An Stelle des Tätigkeitsberichts hat die Akademie den wissen- schaftlichen Festvortrag, der ebenfalls in den Satzungen vorgesehen ist, in den Mittelpunkt des Interesses der Frıeprıcas-Sitzung zu rücken beschlossen, und dementsprechend bitte ich nun zunächst den Redner des heutigen Tages, Hrn. Prnck, das Wort zu nehmen. Hr. Prsck hielt hierauf den folgenden Festvortrag: Prnex: Die Formen der Landoberfläche u. Verschiebungen der Klimagürtel. 77 Die Formen der Landoberfläche und Verschiebungen der Klimagürtel. Das Studium der Formen der Landoberfläche hat deren Abhängigkeit von zwei Gruppen von Faktoren erkennen lassen. Sie hängen ab von der Struktur der Erdkruste, also von Ursachen, die im wesentlichen in der Erde selbst gelegen sind, und von Kräften, die außerhalb der Erde ihren Ursprung haben. Jene bedingen die großen Unebenheiten, diese suchen letztere auszugleichen; jene schaffen den Block, diese meißeln ihn aus: endogenen tektonischen Formen stehen exogene Skulp- turformen gegenüber. Das gegenseitige Verhältnis zwischen beiden Gruppen von For- men hat die Geologen und Geomorphologen durch mehr als ein Jahr- hundert beschäftigt. Man hat bald der einen, bald der andern Ur- sache den maßgebenden Einfluß zugeschrieben. Erst allmählich ist der Gedanke ausgestaltet worden, daß beide Ursachen in ihrem Gegen- einanderwirken die Formen der Landoberfläche bestimmen. Jede exo- gene Form hat irgendeine endogene zur Voraussetzung, und exogene Kräfte bringen endogene Formen allmählich zum Verschwinden. Das gegenseitige Verhältnis von endogenen und exogenen Ursachen als Formbildner hängt also im wesentlichen von der Größe der Zeit ab, während welcher beide in ihrem Gegeneinanderwirken sich entfalten konnten. Diese an sich nicht neue, aber nur selten klar erkannte Regel ist von Wırııam Morrıs Davıs zur Grundlage seiner Klassifi- kation der Formen der Landoberfläche gewählt worden. Aber nicht nur die Dauer der Zeit, während welcher die exo- genen Kräfte an endogenen Formen nagen, spiegelt sich in dem Formenschatz des Landes, sondern auch die Art der exogenen Kräfte selbst. Es sind ihrer nicht viele: die Verwitterung durch Temperatur- wechsel und chemische Tätigkeit des Wassers, an welche sich bald Jähe, bald langsame Bewegung gelockerter Massen knüpft, ferner die Zerstörung, der Transport und die Wiederablagerung von Teil- chen der Erdkruste durch die Bewegungen der Luft, des rinnenden Wassers, des Gletschereises, durch den Wellenschlag und die Bewe- - gungen in den großen Wasseransammlungen. Überbliekt man diese Gruppe von Agenzien, so erkennt man unschwer ihre Abhängig- keit vom Klima, wenn man dieselbe nieht zu eng faßt und nicht 18 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. glaubt, daß eine bestimmte Kraft einem bestimmten Klima eigen- tümlich sei. Man darf nicht den Wind als die ausschließliche exogene Wirkung im trockenen, das Wasser nicht als die im humiden Klima hinstellen und die Gletscher nicht als Wirkungen eines glazialen Klimas. Es darf’ nicht vergessen werden, daß der Wind ein universeller Faktor auf der ganzen Landoberfläche ist, welcher in jedem Klima große Wirkungen zustande zu bringen vermag, sobald die Landoberfläche nackt daliegt und nicht eine schützende Pflanzendecke trägt. Ebenso wie in den Wüsten, arbeitet er auch an den sandigen Küsten des Meeres und an den sandigen Ufern von Flüssen, auf den trockenen Betten von Gletscherbächen sowie endlich an jenen Gebirgszinnen, welche die Schneegrenze überragen. Fast universell ist auch die Wirkung des rinnenden Wassers. Wir kennen sie nicht bloß im ‚humiden Klima: sie entfaltet sich zeitweilig in allen, selbst in den trockensten Wüsten und begleitet tief in letztere hinein die aus humiden Ländern kommenden Flüsse. Sie kann bei gelegentlichen Regenfällen hoch über der Schneegrenze zur Entwicklung kommen und setzt selbst unter dem Gletschereise ein. Die Gletscher sind aber ebensowenig wie die Flüsse Kennzeichen eines bestimmten Klimas; sie wurzeln zwar im nivalen Klima, aber erstrecken sich weit aus letzterem heraus und enden in der Regel in humiden Gebieten, stellen- weise selbst in ariden Strichen, sofern sie sich nicht im Meere in Eisberge auflösen. Ganz verfehlt ist daher der Schluß, der immer und immer wieder, selbst in jüngster Zeit, von Geologen gezogen worden ist, daß die Flora und Fauna von Schichten, die in nächster Nähe eines Gletscherendes abgelagert worden sind, einen Anhaltspunkt für das Klima geben, unter welchem jener Gletscher entstand. Sie lehren nur klimatische Verhältnisse kennen, in welchen der Gletscher endete. Wir müssen streng unterscheiden zwischen autochthonen Flüssen und Gletschern des humiden und nivalen Klimas und alloch- thonen Flüssen und Gletschern im ariden bzw. humiden Gebiete'. Nicht die einzelnen Formen, nicht das einzelne Tal oder Düne oder Moräne ist daher bezeichnend für die Abhängigkeit der Formen der Landoberfläche vom Klima, sondern der Formenkomplex, die Land- schaft. Mustert man die einzelnen Formenkomplexe, so erkennt man in der Tat ganz auffällige und enge Beziehungen zwischen ihren cha- rakteristischen Eigentümlichkeiten und dem Klima. Im humiden Klima ist ein Überschuß von Niederschlag gegen- über der Verdunstung vorhanden. Überschüssiges Wasser fließt ab und ! A. Pexcx, Versuch einer Klimaklassifikation auf physiogeographischer Basis. Diese Sitzungsberichte 1910, S. 236 (246). Pexcx: Die Formen der Landoberfläche u. Verschiebungen der Klimagürtel. 79 gewährt dem Lande eine gleichsinnige Abböschung, welche weite Flächen beherrscht und lediglich dort aussetzt, wo durchlässiger Boden das Wasser aufschluckt. Die Gleichsinnigkeit der Abdachung beherrscht sowohl die Gebiete der Wassererosion als auch die der fluviatilen Akkumulation; sie kennzeichnet sowohl die Täler als auch die Strom- ebenen und wird namentlich durch Durchbruchtäler vermittelt, welche quer durch Gebirgsketten hindurchsetzen und sonst geschlossene Becken in ihr Bereich ziehen. Die gleichsinnige Abdachung erstreckt sich bis dahin, wohin das aus dem humiden Klima abfließende Wasser gelangt, bis zum Meere oder bis in die Trockengebiete hinein, wo sie in ge- schlossenen Hohlformen enden kann. Geschlossene Hohlformen sind das Kennzeichen arider Gebiete.” Wo das abfließende Wasser fehlt, gelangen mehr oder weniger zahlreiche Mittelpunkte für geson- derte Abdachungssysteme zur Entwicklung, und es wird das gesamte Land nicht mehr von einer großartigen gleichsinnigen zentrifugalen Abdachung beherrscht, sondern von zahlreichen kleinen zentripetalen. Die geschlossenen Hohlformen der ariden Gebiete sind selten sehr an- sehnlich. Oft handelt es sich lediglich um flache Ebenen oder flache Pfannen, seltener um scharf’ umrandete Wannen. Die Entstehung die- ser Formen ist eine sehr verschiedene. Die einen sind Ausfurchungen durch den Wind im Bereiche leicht zerstörbarer Gesteine, die andern verlassene Böden von allochthonen Flüssen, deren Kolke sichtbar ge- worden, oder verlassene Täler, welche durch den Einbau von Schutt- kegeln oder das Einwehen von Dünen gegliedert worden sind. Es kann sich aber auch handeln um Stücke der Landoberfläche, welche verworfen oder verbogen worden sind, ohne daß dem durch das Ein- schneiden von Durchbruchtälern entgegengearbeitet werden konnte; endlich können es Lücken zwischen Dünen sein. Die in diesen Hohl- formen zum Ausdruck kommende Ungleichsinnigkeit der Abdachung ist nicht so auffällig wie die Gleichsinnigkeit in humiden Landschaften, welche durch die Bahn des abfließenden Wassers gekennzeichnet wird. Sie tritt manchmal erst bei genaueren kartographischen Aufnahmen deutlich hervor. Solche aber fehlen gewöhnlich in den unbewohnten Troekengebieten. Erst ein Klimawechsel macht sie, und zwar in auf- fälliger Weise, sichtbar, wenn sie sich mit Wasser füllen, und weitaus- gedehnte flache Hohlebenen in Seen verwandelt werden. Die Einzelformen in den ariden Gebieten harren großenteils noch der eingehenden Untersuchung. Die Naektheit der Oberfläche rückt manche Einzelheiten in den Vordergrund, welche in humiden Gebieten mehr oder weniger durch die Vegetationsdecke versteckt sind. Manche Einzelheit daher ist als spezifische Wüstenerscheinung beschrieben worden, welehe auch dem humiden Klima an entsprechenden Stellen 80 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. keineswegs fehlt. Selbst die Wüstentäler sind mißdeutet worden. Sie gehören entweder zu größeren allochthonen oder zu kleineren autoch- thonen Gerinnen. Letztere kommen zeitweilig, namentlich an Steil- hängen, zur Entwicklung; rasch laufen die Wasser des ausnahmsweise, dann aber meist heftig fallenden Regens ab und schneiden zwar steil- wandige, aber gewöhnlich nicht tiefe, dichtgedrängte Furchen ein, die man als Spülrinnen den langgedehnten Tälern der autochthonen Flüsse humider Gebiete gegenüberstellen kann. In den Badlands nehmen diese Spülrinnen eine besonders großartige Entwicklung; sie fehlen aber in den humiden Gebieten nicht, wo sie manchmal auf nackten Oberflächen einsetzen. Die Erdpyramiden von Bozen sind steingekrönte Pfeiler, die sich aus den Firsten zwischen den Spülrinnen auf nackten Moränen herausheben. Die Karren sind kleine Spülrinnen auf Kalk. Während aber die Spülrinnen der humiden Gebiete mit Ausnahme jener auf permeablem Kalk sich der allgemeinen gleichsinnigen Abdachung unter- ordnen, sind die der Trockengebiete isolierte Erscheinungen, geknüpft an Steilhänge. Der Formenschatz des nivalen Klimas wird durch die Schnee- und Eisanhäufung den Blicken des Beobachters entzogen und läßt sich nicht direkt wahrnehmen. Er wird gestaltet durch die abfließenden Eismassen, die sich als Gletscherzungen aus dem nivalen Klima weit hinaus in das humide oder aride erstrecken. Glaziale Formen sind also ebenso entweder autochthone nivale oder allochthone im humiden oder ariden Klima. Man kann gewärtigen, daß ihre Gestaltung von denselben Regeln beherrscht wird wie die der Flußbetten; die Betten kleiner Gletscher werden stufenförmig münden in die tieferen der großen, am Boden beider werden Wannen vorkommen, vergleichbar den Kolken am Boden von Flüssen. Jedenfalls bestimmt das Gesetz, welches die Entwicklung der Flußspiegel und damit auch die der Oberflächengestaltung der humiden Gebiete beherrscht, auch die Entwicklung der Gletscheroberflächen. Sie senken sich gleichsinnig, und die der kleinen Gletscher schließen sich asymptotisch an die der großen an. Das gleichsinnige Oberflächen- gefälle wird nur unbedeutend unterbrochen, für den Wanderer aller- dings in erschwerender Weise durch Spalten und da und dort auch dureh trichterförmige Einsenkungen. Geht man nun mit diesen theoretischen Vorstellungen an eine Analyse der Formen humider und arider Gebiete der Landoberfläche, so findet man keineswegs überall Übereinstimmung zwischen Klima und Form. Im humiden Gebiete Europas ist eine solche Kongruenz lediglich im Süden und in der Mitte vorhanden, nieht aber im Norden, und ebenso verhält es sich in Nordamerika. Im Norden Europas und Nordamerikas findet sich ein auffälliger Widerspruch, eine wahre Dis- Pencx: Die Formen der Landoberfläche u. Verschiebungen der Klimagürtel. 81 krepanz zwischen Klima und Oberflächenform. Ersteres ist ausge- sprochen humid, letztere aber zeigt nicht die Gleichsinnigkeit der Ab- dachungen, welche zu gewärtigen wäre; vielmehr finden sich zahlreiche, rings umwallte Hohlformen, typische Wannen, welche gemäß den klima- tischen Verhältnissen mit Wasser erfüllt sind. Längst bevor diese auf- fällige morphologische Tatsache in ihrer Tragweite erkannt worden war, hatten geologische Untersuchungen in den betreffenden Gebieten erwiesen, daß diese den Schauplatz früherer Vergletscherungen dar- stellen. Mit glazialen Ablagerungen dringen glaziale Formen allent- halben tief in das Bereich der typischen humiden ein, und nichts hat mehr die Gewinnung guter morphologischer Vorstellungen gehindert als gerade die Tatsache, daß fast überall dort, wo man inden höhe- ren Gebirgen Europas die Talbildung zu studieren begann, man auf glaziale oder glazial beeinflußte Formen stieß und nicht die rein flu- viatilen kennen lernte. Mühsam hat man diese Schwierigkeit überwunden. Das eindring- liche Studium speziell der Formen der Alpen lehrte das Wesen gla- zialer Bodengestaltung mehr und mehr erkennen. Die Alpentäler sind nicht rein fluviatilen Ursprungs, sondern stark glazial modifiziert; die alten Gletscher haben ihnen Züge aufgedrückt, die man in Gletscher- betten zu erwarten hat. Stufenförmig münden die kleineren Täler als Betten kleinerer Gletscher in die großen, übertieften Gletscherbetten der Haupttäler. Der Querschnitt beider ist ein ausgesprochen trog- förmiger. Die Trogsohle hat kein gleichsinniges Gefälle. Sie endet talabwärts stumpf in moränenumwallten Zungenbecken und zeigt hier und da wannenförmige Vertiefungen. Man hat es in den Alpen mit den Werken einer durch ein schon früher entwickeltes Relief diri- gierten glazialen Erosion zu tun, während im mittleren Schweden, namentlich dort, wo sich die Gletscher frei über das Land verbreiteten, die Erosion selektiv verfuhr und weichere Gesteine aus den härteren herausräumte. Wannen entstanden hier und da; nunmehr, nach dem Schwinden der Gletscher, sind sie mit Wasser erfüllt und erscheinen als Talseen in den Alpen, als Ausräumungsseen im mittleren Schweden. Heute ist klar, daß die Wannenform ebenso charakteristisch für alte Gletscherbetten ist wie die Kolkform für die Flußbetten, nur daß diese steilwandiger und weit kleiner ist als jene. Wie bei den fluviatilen Formen lassen sich auch bei den gla- zialen autochthone Komplexe von allochthonen trennen. Autochthon sind die Formen, welehe Flüsse und Gletscher dort schaffen, wo sie beginnen; autochthon sind die fluviatilen Formen an Wasserscheiden und die glazialen an ehemaligen Eisscheiden. Das Studium der Tal- anfänge, speziell in den Gebirgen, lehrt typische autochthone Formen 82 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. kennen. In humiden Gebieten mit kongruenten Formen herrschen hier Triehter- und Muldenformen, in humiden Gebieten mit diskre- panten glazialen Formen aber halbkesselförmige Nischen, die Kare. Sie sind bezeichnend für die Wurzelstellen der alten Gletscher und offenbaren ein starkes Einsetzen glazialer Erosion dicht am Orte des Ursprungs des Gletschers; sie entstehen ausschließlich im nivalen Klima. An die Kare deutscher Mittelgebirge knüpfte Josern Parrscn im Jahre 1882 an, als er den Versuch machte, die Lage der Schnee- grenze während der Eiszeit zu bestimmen, und damit dieses gewaltige Phänomen auf eine Verschiebung der Grenze zwischen dem nivalen und humiden Klima zurückführte'. Einschlägige Untersuchungen sind seither über zahlreiche Gebirge ausgedehnt worden, und allenthalben hat sich gezeigt, daß die Schnee- grenze in der letzten geologischen Vergangenheit erheblich tiefer ge- legen gewesen ist als heute. Autochthone glaziale Formen zeichnen eine 800 bis 1300 m hohe Zone unterhalb der heutigen Schneegrenze aus. Kein Gebiet ist in dieser Hinsicht lehrreicher als Südamerika, dessen glaziale Spuren seit langem bekannt, aber erst in neuerer Zeit zusammenhängend gewürdigt worden sind. Gustav STEINMANN hat sie zuerst zusammenfassend, zum guten Teil auf Grund eigener Beob- achtungen geschildert: »Spuren der Eiszeit reichen über den ganzen Gebirgszug von Kap Horn (56° südl. Br.) bis zur Sierra Nevada de Santa Marta (11° nördl. Br.)’.« Allerdings sind sie in der nieder- schlagärmsten Region recht unbedeutend. In der Westkordillere zwi- schen 26° und 18° südl. Br. scheinen sie nach Sremmasn an Einzel- bergen von weniger als 5000 m Meereshöhe ganz zu fehlen. Auch in der etwas weiter südlich gelegenen niederschlagärmsten Region der Östkordillere sind sie nur minimal entfaltet. Warner Penck hat am 6000 m hohen Südgipfel des Nevado de Famatina Kare erst in 5200 m Höhe getroffen und sich davon überzeugt, daß kein Talgletscher von dem Gebirge ausgegangen ist”. Höher als bisher sonst nachgewiesen, liegt hier die eiszeitliche Schneegrenze, aber noch erheblich höher liegt die heutige, in welche nur die Gipfelpartie des fast 6400 m hohen Gebirges hineinragt. Wir lernen daraus, daß auch in den Wüsten- gebirgen Südamerikas eine ansehnliche eiszeitliche Herabrückung der Schneegrenze stattgefunden hat, und eine ähnliche Herabrückung der eiszeitlichen Schneegrenze wird uns auch aus den Wüstengebirgen Nord- ' Die Gletscher der Vorzeit in den Karpathen und den Mittelgebirgen Deutsch- lands. ‚Breslau 1882. ®? Über Diluvium in Südamerika. Monatsberichte der Deutschen Geologischen ren ae, 1906, S. 215. ® Briefliche Mitteilung. ni Prxcx: Die Formen der Landobertläche u. Verschiebungen der Klimagürtel. 83 amerikas und aus den Wüstengebirgen Zentralasiens berichtet. Diese Herabrückung der Schneegrenze macht aber auch nicht in den äqua- torialen Regionen halt, wie namentlich Hass Meyer auf Grund seiner ausgedehnten Reisen in Ekuador und Deutsch-Ostafrika' gezeigt hat und durch die neueren holländischen Arbeiten? auf‘ Neuguinea dar- getan worden ist. Diese Tatsache schließt alle jene Hypothesen aus, welche die Eiszeit als ein Phänomen betrachten, das alternierend die eine oder andere Halbkugel betraf; die Eiszeit muß vielmehr als eine allgemeine, die ganze Erde betreffende Verschiebung der Klimagürtel gelten. Die Grenze zwischen humidem und nivalem Gebiete hat einmal allgemein tiefer gelegen, und zwar in höheren Breiten, wie es scheint, etwas mehr, in niederen Breiten und kontinentalen Ge- bieten, wie es scheint, etwas weniger. Ausgeschlossen sind daher auch alle jene Hypothesen, welche die Eiszeit auf lokale Veränderungen, z. B. in der Höhe der Gebirge, zurückführen wollen, wie dies in jüngster Zeit erst wieder von Rıcnarn Lersıus geschehen ist. Wenn aber Lersıus’ zur Stütze seiner Ansicht auf die Arbeit von YokoyamA' verweist, wonach die japanischen Hochgebirge keine Gletscher besessen haben, so lenkt er die Aufmerksamkeit wohl weniger auf eine Lücke in einer sonst all- gemein auf der Erde auftretenden Erscheinung als auf eine Lücke in unserer Kenntnis des japanischen Hochgebirges. Wenigstens zeigen Ansichten aus diesem, die mir Prof. Osexı verehrte, beispielsweise am nördlichen Yariga Take (3093 m), deutlich Kare sowie einen Wall, der nach seiner Lage und Erstreckung nur als Endmoräne gedeutet werden kann. Ich gewärtige daher, daß morphologisch geschulte Beobachter im japanischen Alpengebirge uns bald auch den Betrag der eiszeitlichen Herabrückung der Schneegrenze ziffermäßig erweisen werden. Es ist eine Frage von fundamentaler Bedeutung, ob während der . Eiszeit auch die anderen Klimagrenzen auf der Erde verschoben waren. Vom Standpunkte der Morphologie kommt hier die Trockengrenze in Betracht, welche die ariden Gebiete von den humiden scheidet. Gehen wir vom humiden gemäßigten Klima Europas südwärts, so stoßen wir im Norden Afrikas auf die Trockengrenze an der Polarseite des Wüstengürtels. Durchmessen wir diesen, so kommen wir auf die zweite Troekengrenze, die ihn vom tropischen humiden Gebiete trennt. ! In den Hochanden von Ekuador. Berlin 1907, S-4 . A. Lorenz, An Expedition to the Snow clad BEER of New Guinea, Ger Journal XXXVII, 1911, 8. 477. ® Keine diluviale Eiszeit in Japan. Geologische Rundschau IH, ı912, S. 157. * M. Yoxoyama, Climatic Changes in Japan since the Pliocene Epoch. Journal of the College of Science Tokyo. Vol. XXX, Art. 5, 1911. 84 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. Ebenso überschreiten wir, von der Südspitze Afrikas an äquatorwärts gehend, beim Passieren des südlichen Wüstengürtels zwei Trocken- grenzen, die eine an seiner polaren, die andere an seiner äquatorialen Seite. Wir unterscheiden an jedem Wüstengürtel eine polare und eine äquatoriale Trockengrenze und legen uns die Frage vor, ob entsprechend der Herabrückung der Schneegrenze auch beide Trockengrenzen in niedere Breiten herabgerückt waren oder ob, was natürlich auch denk- bar ist, die polaren und äquatorialen Trockengrenzen verschieden- artige Bewegungen gemacht haben. Im ersteren Falle würden wir es zur Eiszeit mit einer Minderung der Größe des tropischen humiden (Gebietes, im letzteren mit einer solchen der ariden Gebiete zu tun haben. Zur Beantwortung dieser Frage bietet die Westseite Nordamerikas passende Gelegenheit. Hier schwillt der nördliche Wüstengürtel zu ansehnlicher Breite an; er reicht im Großen Becken bis 42° nördl. und auf dem Hochlande von Mexiko bis südlich vom Wendekreise. Nur wenige allochthone Flüsse, die in den Gebirgen ihren Ursprung nehmen, wie beispielsweise der Colorado und der Rio Grande del Norte, durch- brechen diese aride Zone, deren Breite mehr als '/, des Erdquadranten mißt. Charakteristische geschlossene Hohlformen herrschen hier, näm- lich die Bolsone'. Zwischen den einzelnen Gebirgsketten des großen Beckens von Arizona und Neumexiko sowie des ariden Hochlandes von Mexiko erstrecken sich flache, rings umwallte Einsenkungen; in sie reichen von den umgrenzenden Gebirgen wie Schleppen ungeheure z flache Schuttkegel hinein, die Bajadas der spanischen Amerikaner. In der Mitte liegen Salzsümpfe mit fast ebener Oberfläche, gelegent- lieh von einem See von geringer Tiefe und sehr wechselnder Aus- dehnung eingenommen, die Playas. Ob man sie im Norden in Arizona oder in Kalifornien oder im Süden in Mexiko sieht, ist die Erscheinung der Bolsone im wesent- lichen dieselbe; nur in Utah findet sich ein abweichender Zug. Die gewaltige Erstreckung der Bajadas wird unterbrochen durch eine deutliche, nahezu horizontal verlaufende Kerbe, welche vom Wellen- schlage eines Sees gebildet worden ist. Diese Kerbe verläuft rings um das Gebiet des Großen Salzsees und tritt auch am felsigen Ab- falle des Wahsatchgebirges in entsprechender Höhe als prächtige Felsterrasse auf. An sie knüpfen sich zahlreiche Einzelheiten, die für die Gestaltung von Seeufern bezeichnend sind. Kurz, wir haben das Ufer eines riesigen Sees vor uns. GrovE Kart Gitgert, der ihn ! Literatur bei C. F. Tomas, Erosion and Deposition in the Southern Arizona Bolson Region. The Journal of Geology XV1l, 1909, S. 136. Prncx: Die Formen der Landoberfläche u. Verschiebungen der Klimagürtel. 85 in klassischer Monographie' beschrieben hat, hat ihn nach einem früheren Erforscher der Gegend Bonnevillesee genannt. Der Bonne- villesee hatte einen Abfluß zum Snake River. Er gehörte also in das humide Klima, welches sich einst über weite Strecken des großen Beckens ausgedehnt haben muß. Daß dies während der Eiszeit der Fall war, lehrt die Verquickung von Moränen mit alten Uferlinien. Synchron mit der Schneegrenze ist die polare 'Trockengrenze, und zwar in gleichem Sinne, verschoben gewesen. Seit der Eiszeit hat sich jene um mehr als 1000 m gehoben, und diese ist um mehr als 3 Grad polwärts gewandert. Diskrepant breitet sich im Gebiete des Großen Salzsees über den Uferlinien eines humiden Klimas heute das aride Klima; der Große Salzsee selbst aber ist der Überrest einer früheren größeren Wasseransammlung; sein großer Salzreichtum kenn- zeichnet ihn als Sole, zurückgeblieben beim Verdunsten einer mächtigen Wasserschicht aus einer riesigen Pfanne. Die Bolsone südlich des ehemaligen Bonnevillesees zeigen nichts von einer solehen ehemaligen bis zum Überfließen führenden Wasser- erfüllung: keine Uferlinie umrahmt sie ähnlich denen von Salt Lake City oder von Provo. Sie könnten sich nicht den Blicken eines im Schnell- zuge Dahineilenden entziehen, der von Bolson zu Bolson gelangt; keine der Schriften über die Geologie der Gegend erwähnt sie. Sie treten auch nicht auf den neueren Karten des Landes entgegen, welche auf Aufnahmen beruhen und nicht bloß auf Rekognoszierungen wie die älteren. Wir müssen daher wohl annehmen, daß hier die Trockenheit des Klimas während der Eiszeit nicht durch eine fluviatile Periode unter- brochen gewesen ist, so wie am Großen Salzsee. In den Bolsonen zwischen dem südlichen Kalifornien und dem Hochlande von Mexiko herrscht Konkordanz zwischen Klima und Formen. Der große Wüsten- gürtel existierte hier auch zur Eiszeit, während die Schneegrenze auf den umgrenzenden Gebirgen erheblich tiefer lag; aber seine Polargrenze lag um etwa 3 Grad weiter südlich. Überschreiten wir auf dem Hochlande von Mexiko seine heutige äquatoriale Grenze, so werden wir dessen nicht sofort gewahr. Wir sehen nicht ohne weiteres, wo wir aus dem Bolsongebiete herausgelangen. Die weite Becken- form bleibt noch vorherrschend; wir erblicken noch langgestreckte Bajadas, aber inmitten der Becken finden sich nunmehr Süßwasser- seen, welche, wie im Tale von Mexiko, zu einem Salzsee mit mäßigem Salzgehalt entwässern, der bereit ist überzufließen, oder welche ihre Wasser dem Meere zusenden, wie z. B. der Lago Chapala durch den Rio Grande de Santiago. Wir erhalten den Eindruck, als ob ! Lake Bonneville. Monographs U. S. Geologieal Survey I, 1890. 86 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. hier humides Klima sieh über aride Bolsonformen gebreitet und diese eben mit Wasser erfüllt habe, als ob hier die äquatoriale Trockengrenze einst etwa ebensoviel weiter äquatorwärts gelegen habe wie die polare Trockengrenze im Norden. Aber wir sind auf dem Hochlande von Anahue im Gebiete jugendlicher vulkanischer Tätigkeit, wo mächtige vulkanische Aufschüttungen erfolgt sind. Auch solche können, wie dies der weiter südlich gelegene See von Nikaragua lehrt, geschlossene Becken bilden, die sich im humiden Klima mit Wasser füllen müssen. Man kann daher zunächst nicht mit Sicherheit sagen, daß hier eine Diskrepanz der Formen vorliegt. Lenken wir daher unseren Blick auf einen anderen Teil der Erde in entsprechender Lage. Der Wüstengürtel am Ostufer des nördlichen Atlantik erstreckt sich etwas weiter südlich als der am Östgestade des Pazifik. Er reicht nieht über Afrika hinaus, im Westen nicht einmal bis an dessen Nord- küste; seine polare Grenze liegt zwischen 30 und 35° nördl. Br., seine äquatoriale aber im Sudan ungefähr bei 15° nördl. Br. Er hat also nahezu dieselbe Breite wie der Nordamerikas, liegt aber um 7° weiter äquatorwärts. Seine Nordgrenze wird durch die alten Kulturländer Nord- afrikas bezeichnet, und vielfach wird aus diesen auch von einer in historischer Zeit vollzogenen Klimaänderung berichtet; die einschlä- gigen Zeugnisse sind jedoch nicht einwandfrei. Aber vieles spricht dafür, daß, wenn auch nicht in den Zeiten des klassischen Altertums, so doch in früherer Zeit das humide Klima im äußersten Norden Afrikas größere Ausdehnung gehabt hat als gegenwärtig. Nicht mit Unrecht sprieht man hier von einer früheren Pluvialzeit. Aber die Diskrepanz der Formen ist hier noch nicht so schlagend begründet wie im Westen Nordamerikas. Eingehendere Untersuchungen werden hierüber voraussichtlich noch manches Licht breiten, namentlich, wenn sie jene Erscheinungen im Auge behalten, auf‘ welche ALrken GRUND" die Aufmerksamkeit gerichtet hat, nämlich, daß von einer Reihe von Flüssen der oberste Teil des Einzugsgebietes durch Zunahme der Trockenheit gleichsam abgewelkt und in flache Wannen verwandelt worden sei. Gehen wir weiter südwärts, so schwinden die Anzeichen von einer Diskrepanz zwischen Klima und Oberfläche. Die Oasen in der libyschen Wüste Oberägyptens, welche geschlossene Hohlformen darstellen, zeigen keine Spur von ehemaliger Vollfüllung mit süßem Wasser und eines ehemaligen Ausflusses, was sich geltend machen müßte, falls sie je im humiden Klima gelegen hätten. Wir müssen daher aush, wohl für den größten Teil der libyschen Wüste und höchst x Die Pr selänle der Geomorphologie am Rande von Trockengebieten. Sitzungs- berichte der k. Akademie der Wissenschaften Wien. Math.-nat. Klasse, CXV. Abt. 1. April 1906. Pexck: Die Formen der Landoberfläche u. Verschiebungen der Klimagürte. 87 wahrscheinlich auch für den größten Teil der Sahara ein Andauern von ariden Zuständen durch die ganze Eiszeit annehmen. Anderen Verhältnissen begegnen wir am Südsaume der Sahara an der Grenze gegen den Sudan. Hier liegt der Tschadsee, größer als das Königreich Sachsen, aber nur ganz wenige Meter tief, Schari und Logone führen ihm mächtige Wassermassen von Süden her zu, die in ihm verdunsten. Gleichwohl ist er kein Salzsee: schon Naon- rıcaL hat berichtet, daß sein Wasser süß ist, und wenn es auch nach Tırao' mit zunehmender Entfernung von der Mündung der großen Flüsse brackisch wird, so ergibt doch die einzige vorliegende Analyse, daß es süß, sehr rein und ebensowenig salzreich ist wie die Wasser des Schari, Kongo und Niger. Der Tschadsee kann nicht mit dem Schott Melrir oder gar mit dem Großen Salzsee verglichen werden, der durch das Zusammenschrumpfen einer früheren größeren Wasser- masse entstanden ist. Man muß ihn als eine verhältnismäßig junge Wasseransammlung deuten, in der sich noch nicht viel Salz hat an- sammeln können. Der See hat nicht die Zeit, sich zu konzentrieren, sagen die Chemiker, welche die von Tırao” mitgebrachte Probe ana- lysiert haben. Daß er sich dabei über ein Gebiet erstreckt, in welchem früher aride Zustände herrschten, geht klar aus den Inselschwärmen auf seiner Nordseite hervor. FRrEYDENBERG’ nennt sie direkt Dünen- inseln, Iles Dunaires. Wo sich heute der See erstreckt, ist früher der Wüstensand in lange parallele, von NW nach SO streichende Dünenzüge zusammengeweht, ganz ebenso wie im angrenzenden Ge- biete von Kanem. Der Tschadsee erscheint uns daher als die sich bildende Wasseransammlung am Boden eines ganz riesigen Bolsons, welche allerdings erst einen sehr kleinen Teil von dessen ganzer Fläche einnimmt, und zwar je nach dem Wechsel von feuchten und trockenen Jahren, bald mehr, bald weniger. Alles in allem bietet er Anzeichen eines Klimawechsels, und zwar diesmal vom ariden zum humiden. Dieser Klimawechsel muß sich im südlich gelegenen Sudan abgespielt haben, denn Schari und Logone sind wasserreicher geworden und be- ginnen als allochthone Flüsse nunmehr den weiten Tschadbolson zu füllen. Wir folgern also im Sudan auf eine Polwärtswanderung der äquatorialen Trockengrenze in jüngster geologischer Vergangenheit. Der Tschadsee findet ein Seitenstück an der äquatorialen Trocken- grenze des südlichen Afrikas in Gestalt der großen Etoschapfanne. Wie jener bekommt diese die Zuflüsse aus äquatorialen Breiten, deren ! Exploration du lac Tchad. La Geographie XI, 1906, S. 195. Vgl. auch Documents seientifiques de la Mission Tırao (1906—1909). Paris ıgır, I, S. 84. ” Ebenda II, S. 595. ar x ® Explorations dans le bassin du Tehad. La Geographie XV, 1907, S. 161. 88 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. Wasser in ihr verdunsten. Gleichwohl gilt die Pfanne nicht als eigent- liche Salzpfanne, sondern als Brackwasserpfanne, d. h. auch hier haben wir es mit einer verhältnismäßig jugendlichen Wasseransammlung zu tun, gebildet in einer flachen Hohlform, gerade am Rande des ariden Gebietes. Aber der Umstand, daß wir uns in der Nähe des südwest- afrikanischen Kalkgebietes befinden, wo möglicherweise das Karst- phänomen für die Bildung der Hohlform in Betracht kommen kann, mahnt uns hier ebenso zur Vorsicht wie das Auftreten der hohen Vulkane angesichts der Seen des Plateaus von Anahuc. Wir wenden unsern Blick nun wieder auf die andere Hemisphäre und begeben uns an deren äquatoriale Trockengrenze. In etwa gleicher Breite wie die Etoschapfanne finden wir im interandinen Hochlande Südamerikas das Seenpaar des Titicacasees und des Lago Poopo, welch letzterer vielfach auch Lago Pampa Aullagas heißt. Nach den Untersuchungen von Maurice Neveu Lemame' erfüllt der Titicacasee eine 272 m tiefe Wanne zwischen den beiden Andenketten und ent- sendet seinen Ausfluß, den Desaguadero zum Lago Poopö. Dieser nimmt lediglich die Bodenfläche einer großen Hohlform ein und er- scheint hier als eine ähnlich seichte Wasseransammlung wie der Tschad- see; ist doch seine größte Tiefe nur 3.95 m. Der Titicacasee ist also hydrographisch ein Flußsee, der Lago Poopö aber, ebenso wie der Tsehadsee und die Etoschapfanne ein Endsee. Gleich den letzteren jedoch erscheint er nicht als ein eigentlicher Salzsee; seine Wasser sind zwar nicht ganz süß, aber ihr Salzgehalt ist geringer als der des Meeres; er beläuft sich nämlich nur auf 23.456 g im Liter, was nicht hindert, daß einige Fische und Krustazeen des Titicacasees in ihm vorkommen. Dies ist Neveu Lrmaıre als eine interessante Anpas- sung von Süßwasserbewohnern an stark brackisches Wasser erschienen. Wir möchten daraus folgern, daß sich der Bolsön des Lago Poopö jetzt eben erst mit Wasser füllt, und zwar namentlich durch den Abfluß des Titicacasees. Letzterer selbst enthält nun aber auch nicht rein süßes Wasser, sondern ist, allerdings sehr schwach, salzig. Ein Salz- gehalt von 1.071 g im Liter aber könnte in einem echten Flußsee nicht erwartet werden. Er, weist uns darauf, daß unser See erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit Flußsee geworden und früher Endsee ge- wesen ist. Wir erkennen also auch hier eine allmähliche Erfüllung von großen Hohlformen mit Wasser; die eine ist bereits bis zum Überfließen gefüllt, die andere beginnt sich eben erst zu füllen. Wir haben es wiederum mit der Umwandlung arider Zustände in humide gerade an der äquatorialen Trockengrenze zu tun, und diese Umwand- ! Les lacs des hauts plateaus de l’Amerique du sud. Paris 1906. Prxcx: Die Formen der Landobertläche u. Verschiebungen der Klimagürtel. 89 lung geht an beiden Seen in ähnlicher Weise oszillatorisch vonstatten wie am Tschadsee. Der Titicacasee hat in historischen Zeiten nicht unansehnliche Schwankungen seines Spiegels, der Poopösee solche seines Umfanges erlitten. Das Auftreten großer brackischer oder süßer Endseen an der äqua- torialen Trockengrenze, das wir sowohl in Afrika als auch in Amerika feststellen konnten, steht in auffälligem Gegensatze zu dem, was wir an der polaren Trockengrenze wahrnehmen. Hier liegen die salz- reichen der größeren Seen. Dem Großen Salzsee in Nordamerika entsprechen in der Alten Welt die Salzseen von Wan und Urmia, sowie das Tote Meer, dessen vielfach gestörte, zum Teil sehr hoch ge- legene alte Uferterrassen BLAncKENHORN' kürzlich mit eiszeitlichen Ablage- rungen in Mitteleuropa parallelisiert hat. Der Gegensatz zwischen den Seen beiderseits des Wüstengürtels wird uns verständlich durch die Annahme, daß sich die beiden Trockengrenzen in letzter geologischer Vergangenheit polwärts verschoben haben. Infolgedessen schrumpften an der polaren Trockengrenze vorhandene Seen ein und hinterließen Salzsolen, während sich an der äquatorialen Trockengrenze leere Wüsten- wannen mit Wasser füllten, das sich noch nicht zu konzentrieren ver- mocht hat. Neben dem Auftreten von brackischen Endseen scheinen aber auch morphologische Tatsachen für eine in jüngster Zeit erfolgende pol- wärtige Verschiebung der äquatorialen Trockengrenze zu sprechen, nämlich die eigentümliche Art der Entwicklung des Flußnetzes, wel- cher wir neben ihr an mehreren Stellen begegnen. Östlich und westlich der sich mit Wasser füllenden Hohlebene des T'sehadbeckens begegnen wir am Südrande der Sahara zwei großen ebenen Strichen Landes, welche gleichfalls von Süden her kräftige allochthone Flüsse erhalten; aber das Wasser der letzteren wird in ihnen nicht zum See gestaut, sondern fließt durch sie in äußerst unregelmäßiger Weise hindurch. Es kehrt der Niger, nachdem er das aride Becken von Tombuktu durchmessen, zur Guineaküste zurück, in deren Nähe er seine Quellen hat, und der Weiße Nil tritt aus dem weiten Gefilde des Bahr-el- (hasal-Beckens, in das er aus der äquatorialen Seenregion gelangt ist, im Norden als ein allerdings sehr wasserarmer Fluß heraus, der gewiß nicht die Nubische und Ägyptische Wüste durchmessen könnte, wenn er nicht durch den Blauen Nil verstärkt würde’. Die Strom- entwicklung in diesen beiden am Wüstensaume gelegenen Becken ist von n auffälliger Unregelmäßigkeit und trägt einen anderen Typus als I Nenes zur Geologie Palästinas und des ägyptischen Niltales. Zeitschrift der Deutschen ehe Gesellschaft LXI, 1910, S. 405 (455). Pıerscn, Das SORDERERIER des Nils. Dissertation. Berlin 1910. Stranger 1913. ; 90 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. das Geäste von Flüssen in ihrem Aufschüttungsgebiete. Sie macht den Eindruck einer gewissen Unfertigkeit in der Anlage der Flüsse, als hätten diese erst kürzlich ihren Weg durch bereits vorhandene Ebenen genommen. Manche Einzelheit, namentlich das Auftreten von Dünen in dem südlichen Teile des Nigerbeckens, weist darauf, daß diese Ebene ein Wüstenklima besessen hat, bevor sie vom allochthonen Niger durchmessen wurde. Eine ähnliche Unsicherheit der Flußläufe zeigt sich an der äqua- torialen Trockengrenze von Südafrika. In dem von Passarer! erforschten Okawangobecken teilt sich der Okawango in Arme, von denen einer zum Ngamisee, ein zweiter in die Pfanne des Makarrikarribeckens, ein dritter durch den Kwando zum Sambesi fließt. Bald ist es der eine, bald ist es der andere Ast, welcher die größten Wassermassen in sich aufnimmt. Es macht ganz den Eindruck, als ob die Wasser des Okawango sich in einem Gebiete ausbreiteten, in dem einst ähn- liche aride Zustände herrschten wie heute weiter südwärts im Ma- karrikarribecken. Man meint hier eine ähnliche Umwandlung von einem geschlossenen Binnenbecken in ein geöffnetes vor sich zu haben, wie sie sich im Titicacabecken vollzogen hat, und möchte das Ma- karrikarribecken mit dem Lago Poopö vergleichen, nur daß hier gleich- zeitig auch eine Angliederung eines ehemaligen Gebietes ungleich- sinniger zentraler Abdachung an das Bereich ozeanischer Abdachung durch Entwicklung eines Abflusses zum Sambesi im Zuge ist. Was hier einzutreten im Begriffe ist, hat sich möglicherweise am Sambesi bereits vollzogen. Oberhalb der Viktoriafälle fließt dieser Strom in flachem, sandigem Gelände, welches PassarcE auf Grund der Oberflächenformen und Bodenbeschaffenheit zur Kalahari rechnen möchte, obwohl hydro- graphisch das Ganze in das Bereich des humiden Klimas gehört. Aus dieser breiten, sandigen Fläche stürzt sich der Fluß in jähem Falle in eine tiefe Schlucht. Wer dort gestanden hat und gesehen, wie der über ı!/; km breite Strom in einer zehnmal schmaleren Schlucht weiterfließt, kann sich des Gedankens nicht erwehren, daß jener hier noch nicht lange an seiner Arbeit sein kann; denn sonst würden die Fälle längst ausgeglichen und die Schlucht, in die der Strom sich stürzt, längst verbreitert sein. Und wer dann unterhalb der Fälle auf den Höhen beiderseits des Stromes in altem Flußschotter mehr oder weniger abgerollte Manufakte aus Hornstein vom Typus der paläolithischen Werkzeuge gesammelt hat, der ist innegeworden, daß die Fälle seit Existenz des Menschen kilometerweit zurückgegangen sind und sich hineindrängen in das innere Hochland, um es zu zer- ! Die Kalahari. Berlin 1904. Kap. XXVI, XXXI. Pexcx: Die Formen der Landoberfläche u. Verschiebungen der Klimagürtel. V] talen: daß letzteres nicht schon geschehen, weist auf die Jugend des Stromes, der erst kürzlich den Weg zum Meere durch Überfließen aus einem Becken gefunden hat. Ist dem so, so muß das äquator- wärts gelegene Hochland nunmehr größere Wassermassen abgeben als früher. Auf diesem Hochlande aber liegt der Bangweolo, dessen große Ähnlichkeit mit dem Tschadsee wiederholt hervorgehoben ist, obwohl er sich von demselben dadurch unterscheidet, daß er im Lua- pula bereits einen festen Ausfluß hat, der gleich dem Sambesi sich in mächtigen Wasserfällen herabsenkt. Haben wir es nicht hier mit einem weiteren Entwicklungsstadium des Tschadsees zu tun, nämlich mit einer bereits zum Überlaufen gefüllten Hohlebene, wie sie für aride Gebiete kennzeichnend ist? Haben wir in Südafrika es nicht mit einer Reihe von Übergängen geschlossener Hohlformen in auf- geschlossene Becken zu tun, die wir erwarten müssen, wenn aride Zustände humiden weichen? Fast leer sind noch die Hohlebenen les Makarrikarribeckens, teilweise gefüllt ist die der Etoschapfanne, zum Überlaufen gefüllt die des Bangweolo und erschlossen die Hohl- ebene des oberen Sambesi. Und begegnen wir nicht in Nordafrika Ähnlichem? Leer liegen die Hohlebenen der westlichen Sahara im Djuf, es füllt sich die des Tschadbeckens, es fließt die des Viktoria- sees bereits über, und ertrunken sind die Mündungen der in letzteren mündenden Täler. Erschlossen sind endlich die Hohlebenen des oberen Nigerbeckens und des Bahr-el-Ghasal. Und ist es nicht ebenso in Südamerika? Beinahe leer ist der große Bolson von Uyuni, südlich vom Poopösee. Letzterer füllt sich mit Wasser. Zum Überlaufen gefüllt ist das Becken des Titicacasees, und weiter nordwärts ist das innerandine Hochland tief zerschnitten von Tälern. Liegen nicht hier wie da und dort, ebenso wie in Mexiko, die leeren, sich füllenden und übertließenden Hohformen in der Reihenfolge, die wir postulieren müssen, wenn ein Übergang vom ariden zum humiden Klima sich vollzieht? Und sind es hier wie da nur die ganz flachen Ebenen, die bereits durch al- lochthone Flüsse erschlossen sind? Alle diese Tatsachen können wir einheitlich durch Annahme einer in jüngster geologischer Vergangen- heit sich vollziehenden Polwärtswanderung der äquatorialen Trocken- grenze erklären. Freilich, Einzeluntersuchungen haben sie noch nicht erwiesen — vielleicht deswegen, weil die wenigen wissenschaftlichen Beobachter, welche auf dem weiten Gebiete tätig waren, die Möglich- keit nicht im Auge hatten. Daß an sie nicht gedacht wurde, kann nicht wundernehmen; denn augenblicklich tritt, wie es scheint, an den beiden äquatorialen Trockengrenzen eher Trockenheit ein als feuchtes Klima. Der Tsehadsee ist in den letzten Jahrzehnten stark zusammengeschwunden und auf ein Minimum reduziert worden, wie 7» 92 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. ein solches bereits mehrfach im 19. Jahrhundert eingetreten gewesen ist. Wir nehmen diese kleineren Schwankungen des Klimas nicht zum Ausgang, sondern lenken den Blick auf die größeren Vorgänge, die wir auseinanderzusetzen versuchten. Aber das Einsetzen weiterer Untersuchungen wird darum nicht minder wünschenswert. Von der Etoschapfanne. fast bis zum Okawangobecken werden sie sich im deutschen Kolonialgebiete bewegen. Dies erfüllt uns mit der Hoff- nung, daß hier deutsche Tätigkeit bald einsetzen möchte — sie würde auch vieles zur Kenntnis unserer Kolonien beisteuern. Wir sind zur Annahme gelangt, daß während der Eiszeit die Klimagürtel der Erde äquatorwärts verschoben waren; die Schnee- grenze war herabgedrückt und die beiden Trockengrenzen in niedere Breiten gerückt. Die Bewegung der Schneegrenze erscheint bedeutender als die der Trockengrenze, beläuft sie sich doch auf 800 bis 1300 m, das ist rund '/; der größten Höhe, welche die Schneegrenze auf der Erdoberfläche hat, während die Bewegungen der beiden Trockengrenzen nur wenige, 3, vielleicht 5 Grade der Breite ausmachen. In der Nach- barschaft unsrer Klimagrenzen finden sich Diskrepanzen. Nivales Klima herrschte einst unter der heutigen Schneegrenze, humides äquatorwärts von der polaren Trockengrenze und arides, wie es scheint, an der äquä- torialen Trockengrenze. Zwischen diesen Zonen diskrepanter Formen herrschen kongruente. ‚Daraus schließen wir, daß die heutigen Klima- gürtel bereits während der Eiszeit vorhanden waren, wenn auch in etwas äquatorwärts verschobener Lage. Wir dürfen daher die Eiszeit nicht mehr einseitig so fassen, wie es Louis Acassız getan und wie es auch von Neueren vielfach geschieht, und mit ihr die Vorstellung von riesigen Gletschern auf allen Teilen der Erde verbinden. Nur dort, wo heute die Schneegrenze schon tief liegt und wo durch ihre Herab- drückung enorme Flächen Landes in das nivale Klima rückten, kam es zu großen Vergletscherungen, während dort, wo sie hoch liegt und wo durch ihre Herabrückung nur kleine isolierte Erhebungen in ihr Bereich einbezogen wurden, nur kleine Gletscher gebildet wurden. Sonst machte sich die Klimaänderung der Eiszeit auf der Erde jeweils in der Nähe der Klimagrenzen geltend: an der polaren Trockengrenze durch pluviales Klima, an der äquatorialen Trockengrenze, wie wir wahrscheinlich zu machen suchten, durch arides. Bereits ELLsworTk Hvnriısetox' hat die Notwendigkeit empfunden, die eiszeitliche Klima- änderung, die seines Erachtens sowohl im Eintreten glazialer Umstände in den höheren Breiten und größeren Höhen als auch fluviatiler Um- ! Some Characteristies of the Glacial Period in Non Glaciated Regions. Bulletin Geological Society of America XVIII, 1907, S. 351 (362). r Pexck: Die Formen der Landobertläche u. Verschiebungen der Klimagürtel. v3 stände in niederen Breiten und geringeren Höhen bestand, mit einem einheitlichen Namen zu belegen: er nannte sie eine »Arsis« und be- zeichnete die Eiszeit als arsiale Epoche, während er den Effekt einer umgekehrten Klimaänderung vom kälteren zum wärmeren, vom feuchten zum trockenen eine »Thesis« nannte. Mir scheint zweckmäßiger, den Komplex der hier gewürdigten, in letzter geologischer Vergangenheit erfolgten Klimaänderungen von der Eiszeit zur Gegenwart als eine ana- klimatische Bewegung zu bezeichnen, während umgekehrt die vor- ausgegangene Änderung, die zur Eiszeit führte, eine kataklimatische Bewegung darstellt. Die dadurch eingeleitete kataklimatische Episode umfaßt die letzte Eiszeit mit ihrer Gletscherentwiceklung in höheren Brei- ten und in den Gebirgen, ferner die Pluvialzeit, von der so häufig an der polaren Trockengrenze bereits gesprochen worden ist, endlich an den äquatorialen Trockengrenzen, wie wir darzutun suchten, höchst wahr- scheinlich eine aride Zeit. Die auffälligen Diskrepanzen zwischen Klima und Form, die wir auf der Landoberfläche in zonaler Anordnung finden, bezeichnen wir als solche anaklimatischer Art; wir finden über nivalen Formen humides Klima, über humiden Formen arides und über ariden Formen humides Klima; zwischen diesen Zonen diskrepanter Formen liegen die breiten Gebiete kongruenter Formen der Landobertläche. Die Formen des Kataklimas der letzten Eiszeit aber lehnen sich wiederum an solche eines früheren Anaklimas an. In den Hochgebirgen der Erde folgten die eiszeitlichen Gletscher vorher existierenden Tälern, und die Uferlinien des großen Bonnevillesees sind nur Einkerbungen in den großen Bajadas am Fuße des Wahsatchgebirges. So dürfen wir auch vom Standpunkte der Morphologie die kataklimatische Epoche der letzten Eiszeit lediglich als eine vorübergehende Störung der Formenentwicklung der Erdoberfläche ansehen. Es gibt nicht bloß Diskrepanzen von Klima und Formen, sondern auch solche zwischen den Formen der Landoberfläche. Die Skulpturformen der Landober- fläche aber werden sowohl durch Zerstörungsvorgänge als auch durch Ablagerung von Material gebildet. Wir können daher auch kongruente und diskrepante Schichtfolgen unterscheiden, jene als Produkte sta- bilen, diese als solehe wechselnden Klimas. Wie aber die geolo- gische Schichtfolge bekanntlich stets lückenhaft ist, so kann es auch die morphologische Formenfolge sein. Es können die Formen eines letzten Kataklimas bescheiden zurückstehen gegen die eines früheren lange anhaltenden Anaklimas und sich deswegen der Beobachtung ent- ziehen. Dann meint man, eine kongruente Folge von Formen vor sich zu haben und sieht die Diskrepanz nicht. Wie lange hat man doch die Eingriffe der Eiszeit in die Geschichte der Alpentäler übersehen können! Es ist daher leicht denkbar, daß der Beobachter anfänglich 94 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. nur kongruente Formen dort würdigt, wo in Wirklichkeit diskrepante vorhanden sind, oder auch, daß er die letzte Diskrepanz in entgegen- gesetzter Richtung mutmaßt, als sie wirklich vorliegt. Nehmen wir an, daß sich an der Grenze humider Gebiete eine aride Periode geltend gemacht habe, nach deren Schwinden wieder humide Umstände ge- rade beginnen, die noch nicht zu ansehnlichen Wirkungen geführt haben, so kann es sein, daß die Diskrepanz der ariden Formen über den älteren humiden viel auffälliger ist als die der jungen humiden über den ariden. Dann kann man leicht aus den Formen einen falschen Schluß auf den letzten Klimawechsel ziehen. Nicht unmöglich ist es, daß die verschiedene Interpretierung über den Klimawechsel besonders an der tropischen Trockengrenze sich darauf zurückführt, daß die verschiedenen Autoren nicht denselben, sondern verschieden- alterige Klimawechsel ins Auge fassen. Zu dieser Bemerkung veranlaßt uns namentlich folgende Tatsache. Es wird von einigen der sich jetzt füllenden Seen an der äquatorialen Trockengrenze berichtet, daß sie Überreste ehemals größerer Seen seien. Nach Feuıx und Lexk' war während der Diluvialzeit an Stelle der heutigen kleinen Seen des Tales von Mexiko ein zusammen- hängender großer Süßwassersee forhanden. STEINMAnN teilt mit, daß der Lago Poopö von zwei Uferlinien umrandet ist: er war nach ihm einst viel größer und bildete einen großen Lago Minchin, welcher im Süden mit einem großen Lago Reck zusammenhing, dessen Überrest uns jetzt im Salzsumpf von Uyuni vorliegt. Der ausgezeichnete deutsche Geologe trägt kein Bedenken, den See Minchin-Reck als Gebilde der Eiszeit aufzufassen und seine Sedimente als limnoglazial zu bezeichnen. Er ist hierin geleitet offenbar von der Analogie mit der Bonneville- terrasse. Aber während im letzteren Falle der Beweis der Gleich- altrigkeit der Seeterrasse mit den alten Moränen geführt worden ist, ist solches in Südamerika meines Wissens bisher noch nicht gelungen, und es steht meines Erachtens nichts im Wege, jene Seen in die letzte Anaklimazeit, der letzten Interglazialzeit entsprechend, zu verweisen. Aus gleichem Grunde finden wir keinen Widerspruch zwischen der Auslegung der Zone südlich vom Tschadsee dureh FrevpengBere als alten Seeboden und unserer Ansicht. Ein viel größerer Tschadsee als heute kann sieh in der letzten Anaklimazeit erstreckt haben, und man könnte geneigt sein, in der Wasserverbindung des Tuburisumpfes durch den Mao Kebbi zum Binuö den Überrest des Ausflusses dieses alten Sees zum Meere hin zu erblicken. Sollten die Wasserverbindungen, die zeitweiligzwischen Cunene und Etoschapfanne einsetzen, nicht gleich- ! Beiträge zur Geologie und Paläontologie der Republik Mexiko. 1. 1890. S.65- Prxcx: Die Formen der Landoberfläche u. Verschiebungen der Klimagürtel. 95 falls einen Ausfluß eines alten größeren Etoschasees anzeigen, welcher vor der letzten kataklimatischen Episode existierte? Wir mutmaßen also, daß die Seen an der äquatorialen Trocken- grenze nicht die unmittelbaren Überreste jener großen Seen sind, deren Spuren rings um sie herum auftreten, sondern daß sich zwischen die Existenz beider eine aride Zeit einschaltet, während der die Seen verschwunden und ihre Becken leere Hohlformen waren. Wir stützen uns dabei auf die Tatsache, daß die heutigen Seen nach ihrem geringen Salzgehalte nicht alt, sondern eben in Füllung begriffen sind. Trifft unsere Hypothese zu, so sind die alten großen Seen an der äquatorialen Trockengrenze nicht gleichzeitig mit den großen Seen an der polaren Trockengrenze gewesen, deren Überreste heute im Großen Salzsee und im Toten Meere vorliegen; sie würden nicht in die letzte Glazial- zeit, sondern in die letzte Interglazialzeit gehören. Wir würden also aus gleichen Ursachen, weil die geschlossenen Hohlformen des ariden (rebietes in humides Klima rückten, zu verschiedenen Zeiten am Saume der ariden Zonen große Seen haben; während einer kataklimatischen Zeit an der Polargrenze, während einer anaklimatischen Zeit an der Äquatorialgrenze. Letzteres tritt eben jetzt ein: es füllen sich hier die großen Hohlformen, aber noch fließen nicht alle über, was einige, wie es scheint, während der letzten anaklimatischen Zeit ge- tan haben. Geologische Untersuehungen in den an die Schneegrenze an- stoßenden humiden Gebieten haben einen wiederholten Wechsel von Glazialzeiten und Interglazialzeiten kennen gelehrt. Wir dürfen daher auch gewärtigen, an den Trockengrenzen einen wiederholten Wechsel von humiden und ariden oder von ariden und humiden Zuständen anzutreffen. Am Großen Salzsee hat das Meisterauge GitLsEerTs bereits zwei humide Unterbr echungen des dortigen ariden Klimas feststellen können. Vielleicht gelingt ein entsprechender Nachweis auch an der äquatorialen Trockengrenze und macht uns hier mit wiederholten Unterbrechungen des angrenzenden humiden Klimas durch aride Zeiten bekannt. Wir widersprechen also nicht denjenigen, welche auch hier frühere humide Zeiten, wahre Pluvialepochen annehmen. Wir bezweifeln lediglich, daß die humiden Epochen, deren Spuren an der polaren und äquatorialen Trockengrenze erkennbar sind, gleichzeitig existierten. Hiermit streifen wir die Frage, inwieweit überhaupt eine Gleich- zeitigkeit oder Ungleichzeitigkeit von Vorgängen nachweisbar ist, deren Äußerungen sich an verschiedenen Stellen der Erdoberfläche finden. Den absoluten Beweis für den Synchronismus von Erscheinungen in der Erdgeschichte kann die Geologie nicht erbringen, und für die- Jenigen, die einen solehen Beweis verlangen, wird selbst die Frage 96 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. offen bleiben müssen, ob die eiszeitliche Vergletscherung benachbarter Gebirge gleichzeitig war oder nicht. Wer aber mit den gewiß un- zulänglichen Hilfsmitteln der geologischen Chronologie zu arbeiten versteht, wird den Eindruck teilen, daß die letzte Eiszeit die ver- schiedenen Teile der Erde gleichzeitig betroffen hat; denn in gleicher Frische stehen die von der letzten Vergletscherung gebildeten Formen vor uns, ob wir uns nun in Europa oder Nordamerika, in Südamerika oder Australien befinden. Überall ist die Diskrepanz zwischen Klima und Formen gleich auffällig. Ebenso groß ist aber auch die Diskrepanz zwischen heutigem Klima und den Uferlinien des alten Bonnevillesees im Großen Becken Nordamerikas. Morphologisch sind in allen diesen ällen die diskrepanten Formen gleich alt. Anders verhält es sich mit den Formen einer Pluvialzeit an der äquatorialen Trockengrenze. Nur Steınmann berichtet hier von alten, deutlich wahrnehmbaren Ufer- linien; weder aus dem Tale von Mexiko noch im Tschadsee-Bolsone wird uns von solchen berichtet. Wir möchten daher glauben, daß die Seen, deren frühere Existenz dort durch Ablagerungen verraten wird, älter sind als der alte Bonnevillesee, älter sind als die letzte kataklimatische Episode der Eiszeit. Der Überblick über die Skulpturformen der Landoberfläche und ihre Trennung in kongruente und diskrepante Formen wirft Licht auf die Art und den Umfang jener kataklimatischen Erscheinung, die wir ge- wöhnlich als Eiszeit bezeichnen. Sie ist die Teilerscheinung einer Epi- sode, während welcher das humide Tropengebiet eingeengt, die beider- seitigen ariden Zonen hingegen äquatorwärts gerückt und das nivale Klima viel ausgedehnter war als heute. Hat man nur die Annäherung der Roßbreiten und der Passatgürtel an den Äquator im Auge, so würde sich das eiszeitliche Kataklima durch Annahme einer geringeren Schiefe der Ekliptik erklären lassen können. Aber der Umstand, daß in den äquatorialen Gebieten die Schneegrenze erheblich tiefer lag als gegen- wärtig, leitet zu einer anderen Vorstellung. Ihre Herabrückung kann nicht als Folge geänderter Achsenstellung des Erdballs gedeutet werden: die Universalität ihres Auftretens erscheint uns vielmehr als eine Wir- kung einer 'Temperaturerniedrigung der Erde. Auf eine Minderung in der Wärmezufuhr der Erde kann aber auch der geringere Abstand der beiden Passatzonen zurückgeführt werden, welcher nach dem Dar- gelegten für die Eiszeit anzunehmen ist. Die Musterung der Formen des Landes lenkt den Blick auf das große erdgeschichtliche Ereignis der Eiszeit, und indem wir diese als eine kataklimatische Erscheinung zu deuten versuchen, wird uns deren Wesen verständlicher. Um aber zu gesicherter Erkenntnis gelangen zu können, erscheint es notwendig, speziell die Art der Klimaänderung Übersicht über die Personalveränderungen. 97 an den äquatorialen Trockengrenzen noch weiteren Untersuchungen zu unterwerfen, um mancherlei Widersprüche, die heute noch zwischen den Ergebnissen verschiedener Beobachter bestehen, zu beseitigen. Darin aber besteht der große Wert der Hypothese im Bereiche der Geo- graphie, daß sie den Blick lenkt sowohl auf Fragen als auch auf Ge- biete, die noch nicht genügend untersucht sind. Hierauf berichtete der vorsitzende Sekretar über die seit dem Frreprıcns-Tage 1912 (24. Januar) bis heute unter den Mitgliedern der Akademie eingetretenen Personalveränderungen folgendermaßen: ei rei ee durch den Tod das ordentliche Mitglied der hen Classe Hermann Munk; das Ehrenmitglied Köcros Freiherrn von TRLIRRERR in ‚Coblenz; die correspondirenden Mitglieder der phy Classe Ausust TOoEPLER in Dresden, EpuArn STRASBURGER in Bonn, Fervınann Zırker in Bonn, Hesrr Pomcar£ in Paris, Lewıs Boss in Albany, N. Y., Sir GeorsE Howarn Darwın in Cambridge, England und Pavı Gorvan in Erlangen und die correspondirenden Mitglieder der philosophisch-historischen Classe Heisrıcn Nissen in Bonn, GagrırL Monon in Versailles, Hrxry SWEET in Oxford, TuEopor Gomperz in Wien, Karı Jusrı in Bonn und Junius Eurise in Strassburg. Das ordentliche Mitglied der philosophisch-historischen Classe Hemrıch Wörrrzın verlegte seinen Wohnsitz nach München und trat damit in die Reihe der Ehrenmitglieder über. Neu gewählt wurden zu ordentlichen Mitgliedern der physikalisch- mathematischen Classe Karı Scuwarzschi,p und Ernst BECKMANN; zu ordentlichen Mitgliedern der philosophisch-historischen Classe Epvarn Norpen und Karı Schucnnarpt; zum auswärtigen Mitglied der philo- sophisch-historischen (lasse Huco SCHUCHARDT in aa zu correspon- direnden Mitgliedern der physikalisch-math hen Glasse Enır WiEcHErT in Göttingen, Huso pe Vrıes in Amsterdam, Karı von GOEBEL in München und Hernann von Vöchrise in Tübingen und zu corre- spondirenden Mitgliedern der philosophisch- -historischen Classe Harry Bressrau in Strassburg, EpwAarp Scuröper in Göttingen und Ernst Trorrrscn in Heidelberg. — Mein Personalbericht über das verflossene Jahr würde nicht voll- Ständig sein, wenn ich hier nicht auch noch eines Ereignisses ge- dächte, welches in der Geschichte der Akademie vermutlich einen besonderen Abschnitt begrenzen wird: es ist der am 1. Juli v. J. er- E En 38 “Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. folgte Rücktritt des Hrn. vos Auwers aus dem Amte eines bestän- digen Sekretars. Volle vierunddreißig Jahre hindurch — eine Amts- dauer, die bisher unter allen Sekretaren der Akademie nur von EnckE erreicht wurde — hat Hr. von Auwers die Geschäfte der Akademie geleitet, und hat in dieser Stellung durch seine gewissenhafte, durch besonderen Sinn für Ordnung und Gesetzlichkeit ausgezeichnete Art der Amtsführung, in späteren Jahren außerdem durch seine reiche Erfahrung und überragende Geschäftskenntnis sich eine Autorität in allen Fragen der Verwaltung erworben, wie sie in neuerer Zeit wohl selten einem Mitglied der Akademie von seinen Kollegen gezollt worden ist. Ihrer Anerkennung und ihrem Dank auch vor der Öffentlichkeit Ausdruck zu geben ist für die Akademie wohl kein Tag geeigneter als der heutige. Wenn sich in das jetzt durch seinen Rücktritt her- vorgerufene Bedauern ein Gefühl der Befriedigung mischt, so liegt dasselbe in dem Gedanken, daß er, wie sich bereits in Wort und Tat gezeigt hat, auch fernerhin gewillt ist, den Angelegenheiten der Aka- demie sein volles Interesse zuzuwenden. Der letzte Punkt der Tagesordnung betraf die Hrınnorrz-Stiftung, und zwar die Verleihung der Medaille und der Prämie. Nach einigen einleitenden Bemerkungen verkündigte der vor- sitzende Sekretar, daß die Akademie beschlossen hat, die HrLmnoLTz- Medaille für dieses Jahr ihrem Mitgliede Hrn. Sımon SCHWENDENER ZU verleihen, und überreichte hierauf die Medaille Hrn. Schwespener mit folgenden Worten: Es ist mir eine hohe Ehre und Freude, Ihnen, hochverehrter Herr Kollege, im Namen und Auftrag der Akademie diese Medaille zu überreichen. Betrachten Sie dieselbe als ein Zeichen der Wertschät- zung, welche die Akademie Ihrem Lebenswerk: Ihren bahnbrechen- den und unvergänglichen Leistungen auf dem weiten Gebiete der Pflanzenphysiologie, entgegenbringt. Mögen Sie Sich — das ist der herzliche Wunsch aller Ihrer Kollegen — noch lange Jahre ihres Be- sitzes erfreuen, in derselben geistigen und körperlichen Rüstigkeit, welche Sie jetzt immer noch befähigt, in Regelmäßigkeit und Pünkt- lichkeit der Erfüllung Ihrer akademischen Pflichten uns Jüngeren als Muster voranzuleuchten; und mögen Sie beim Anblick dieser edlen Züge gern auch des Stifters gedenken, dessen ehrfurchterweckende Persönlichkeit Ihnen, wie den meisten von uns, ja noch in frischer Erinnerung fortlebt. ' Verleihung der Hernnorrz-Medaille und -Prämie. 99 Hr. ScHWENDENER antwortete hierauf: Hochverehrter Herr Sekretar! Ich danke der Akademie von Herzen für die ehrenvolle Auszeichnung, die sie mir durch Verleihung der Hermnortz-Medaille zuerkannt hat. Meine verehrten Kollegen haben mir dadurch in überaus wohlwollender Anerkennung meiner wissen- schaftlichen Tätigkeit eine ungeahnte Überraschung und zugleich eine hohe Genugtuung bereitet, die im Gemüte wohltuend fortwirkt. Ich freue mich, daß Sie, hochverehrter Herr Sekretar, mir Gelegenheit gaben, meinen aufrichtigen, tiefgefühlten Dank für diese Ehrung hier öffentlich abzustatten. Damit verbinde ich zugleich die Versicherung, daß ich dem Stifter der Medaille, unserem unvergeßlichen Hervaxn von HeLnnortz, dessen überragende Persönlichkeit mir und vielen von uns vor dem geistigen Auge noch fortlebt, stets ein treues Gedenken bewahren werde, wie ich es schon bisher, seit seinem Hingange bewahrt habe. Schließlich wurde noch die Verleihung der Hernnorrz- Prämie verkündet. Bei jeder zweiten Verleihung der Bee EN BERN. er einer ausgezeichneten Arbeit auf matl h-naturwi oder erkenntnistheoretischem Gebiete eine zunächst auf 1800 Mark festgesetzte Prämie gewährt werden. Von dieser Befugnis hat die Akademie bisher, seit dem Bestehen der Hernnorrz-Stiftung, noch niemals Gebrauch gemacht. In diesem Jahre aber hat sie beschlossen, die Prämie zu vergeben, und zwar an den ordentlichen Professor der Physiologie an der Universität Halle: Hrn. Dr. Emır, Auperwaroen, für seine Untersuchungen über die Zusammensetzung und physiologische Verwertung verschiedener Eiweißstoffe. An den vorstehenden Bericht über den Verlauf der Festsitzung werden die vorgeschriebenen Berichte über die Tätigkeit der Akademie und der bei ihr bestehenden Stiftungen angefügt: Sammlung der griechischen Inschriften. Bericht des Hrn. von WıLamowıtz-MOELLENDORFF. Das Jahr hat ein bedeutendes Ereignis gebracht: das erste Heft der Inschriften von Delos ist erschienen, welche die Pariser Akademie im Rahmen unserer Sammlung als Band XI herausgibt. Der Vorsitzende 100 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. der Pariser Epigraphischen Kommission, Hr. Foucarrt, seit 1884 Kor- respondent unserer Akademie, hat seiner vollen Befriedigung lebhaften Ausdruck gegeben, als er das Heft seiner Akademie vorlegte, und diese hat dem Herausgeber, Hrn. F. Dürrsacn in Toulouse, ihre besondere Anerkennung ausgesprochen. Zu unserer Freude sind auch die Lei- stungen der Reichsdruckerei besonders hervorgehoben (Comptes rendus de l'academie des inseriptions 1912, S. 339). Mit derselben Genug- tuung hat unsere Akademie das Werk begrüßt. Wir aber können hinzufügen, daß unsere Pariser Kollegen, Hr. Foucarr und Hr. Havs- SOULLIER, auch dieser unser Korrespondent, uns die Beihilfe ihrer Sach- kunde und ihres Scharfsinnes auch für andere Teile unserer Sammlung gönnen: dies freundschaftliche Zusammenarbeiten betrachten wir als den edelsten Gewinn. Der rasche Fortgang des delischen Bandes ist gesichert; schon ist ein neues Heft im Druck, das namentlich die Psephismen des delischen Freistaates bringen wird, bearbeitet durch Hrn. F. Rovsseı in Naney. Zwei andere Bände werden in den nächsten Monaten erscheinen, V ı, Lakonien und Messenien, bearbeitet von Hrn. Prof. W. Korse in Rostock, und V 2, Arkadien, bearbeitet durch Freiherrn Hırırr von GAERTRINGEN. Die neue kleinere Ausgabe der attischen nacheuklidischen Inschriften, deren erster Band die Psephismen umfaßt, ist von Hrn. Prof. Kırcnner bis gegen das Ende des vierten Jahrhunderts geführt. Auch der Druck von XI 8, Euboia, bearbeitet durch Hrn. Prof. Zıesarrn in Hamburg, hat begonnen. So sind die Kräfte der Leiter, insbe- sondere des wissenschaftlichen Beamten, der Jeden Bogen liest und jeden zweifelhaften Abklatsch kontrolliert, bis auf das äußerste an- gespannt, und auch der Druckerei kann kaum zugemutet werden, so viele Werke nebeneinander rasch zu fördern. Die Sammlung der kyprischen Inschriften, die von der Leipziger Gesellschaft der Wissenschaften im Verein mit unserer Akademie unter- nommen ist, hat durch den beklagenswerten frühen Tod des Bearbeiters, Prof. Rıcmarn Mrıster, eine Unterbrechung erfahren; allein wir dürfen hoffen, daß das Werk so zu Ende geführt wird, wie es die Wissen- schaft und die Pietät gegen den unermüdlichen Forscher gleichermaßen fordern. Hr. Prof. Sränzıv in Nürnberg hat auf einer Studienreise in Thessalien für unser Archiv eine beträchtliche Anzahl wertvoller Ab- klatsche gesammelt. Ebenso ist Hr. Romaros, Ephoros der griechischen Regierung, für die Nachträge zu IX ı im Westen von Nordgriechen- land tätig gewesen. Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 101 Sammlung der lateinischen Inschriften. Bericht des Hrn. Hırscarern. Die Drucklegung des Auktariums zu Band VI (Rom) hat Hr. Bans im vergangenen Jahre begonnen und bis zu Bogen 473 geführt. Der Druck der Namenindizes wird in diesem Jahre in Angriff genommen werden; auch die Ausarbeitung der Sachindizes soll, wenn mögliclı, in diesem Jahre begonnen werden. Hr. Bormann hat auch im vergangenen Jahre auf wiederholten Reisen in Italien das monumentale und handschriftliche Material für Mittelitalien (Band XI) ergänzt und die Nachträge zu Etrurien teil- weise zur Drucklegung gebracht. Die Nachträge zu Aquitanien und der Lugdunensis (Band XIII) hat Hr. HırscnreLv zum Satz gebracht; die Nachträge zur Belgica werden, zugleich mit den von Hrn. Fınke in Heidelberg ausgearbei- teten Nachträgen zu Germanien, sich daran anschließen. — Hr. Bons hat die Nachträge zum gallisch-germanischen Instrumentum soweit ge- fördert, daß im wesentlichen nur noch die Terra-sigillata-Stempel ger- manischer Herkunft der abschließenden Bearbeitung bedürfen. — Die Sammlung der Ziegel von Niedergermanien gedenkt Hr. Striser in Trier bis zu Ende dieses Jahres abzuschließen und dann die Bearbei- tung der Legions- und Kohortenziegel von Obergermanien in Angriff zu nehmen. — Hr. SzraroLAwek ist mit der Fertigstellung des Sach- index noch beschäftigt. — Die Karten von Gallien und Germanien sowie die des dort gefundenen Instrumentum sind, wie Hr. Krerschwmer berichtet, im Stich bis auf die aus den Ziegeln und den Additamenta Sich ergebenden Nachträge fertiggestellt. Für die Fortführung der Bearbeitung von Band XV (Instrumen- tum domesticum) hat Hr. Dresser, durch dienstliche Obliegenheiten ganz in Anspruch genommen, im verflossenen Jahre nicht tätig sein können. Die Neubearbeitung von Band I,2 hat Hr. Lommarzscn (München) bis Bogen 87 gefördert; der Druck der Texte wird in Kürze beendet sein. Die Indizes befinden sich in Bearbeitung. — Von den in diesen Band gehörigen Münzlegenden hat Hr. Generalleutnant Dr. Baurreıpr (jetzt in Allenstein) eine dem heutigen Stande der Wissenschaft ent- sprechende Neubearbeitung zur Verfügung gestellt. Das von Hrn. Dessau in Gemeinschaft mit Hrn. Casnar bearbeitete Auktarium zu Band VIII (Afrika) ist bis zu Bogen 200 vorgeschritten, womit der Druck der Inschriften Tunesiens vollendet ist und der der Inschriften Algeriens begonnen hat. Das Material für diesen T eil des 102 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. Bandes liegt dank der freundschaftlichen Unterstützung des Hın. GsELL ziemlich vollständig und geordnet vor. Das Supplement des Hrn. HaverrıeLn (Oxford) zu Band VII (Bri- tannia) in dem 9. Band der Ephemeris epigraphica ist abgeschlossen und wird in allernächster Zeit zur Ausgabe gelangen. Prosopographie der römischen Kaiserzeit. Bericht des Hrn. Hırscaren. Der Druck der Magistratslisten hat auch in dem vergangenen Jahr noch nicht in Angriff genommen werden können. Index rei militaris imperü Romani. Bericht des Hrn. Hırscareu. Auch in dem vergangenen Jahr ist Hr. Rırrerrise infolge starker dienstlicher Inanspruchnahme verhindert gewesen, die Arbeit in nennens- werter Weise zu fördern. Politische Korrespondenz Frısvrıcus DES GROSSEN. Bericht der HH. von ScumorLer und Koser. Der im vorjährigen Bericht bereits angekündigte und nach seinem Hauptinhalt gekennzeichnete 35. Band, der bis Ende August 1774 führt, ist im Frühjahr 1912 erschienen. Von dem 36. Bande liegt das Manuskript in der Bearbeitung des Hrn. Prof. Dr. Vorz zum größten Teile druckfertig vor. Auch in diesem Bande nehmen die Verhandlungen über die Rege- lung des Grenzzuges der preußischen und der österreichischen Erwer- bung in Polen noch einen großen Raum ein. Während im östlichen Europa das überraschende Nachspiel des durch den Frieden von Kut- schuk-Kainardsche beendeten Russisch-Türkischen Krieges, die Besetzung der Bukowina durch Österreich, die Aufmerksamkeit der Mächte vor- zugsweise auf sich zog, erhielt die politische Lage im Westen ihre Signatur durch den Ausbruch des Nordamerikanischen Freiheitskrieges und durch die damit zusammenhängende erneute Verschärfung des (regensatzes zwischen England und Frankreich. Griechische Münzwerke. Bericht des Hrn. Conze. Für das nordgriechische Münzwerk, Band I, hat Hr. Reeuıne die Nachträge geordnet und gesichtet, auch begonnen, sie für die ersten beiden Abteilungen (Dakien und Obermösien) zu redigieren, Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 103 wobei namentlich der von ihm im Jahre ıg9ırı in Sarajewo aufge- nommene Fund von Sikirie in Betracht kommt. Von Band I (Thrakien) der HH. Münzer und Strack ist Heft ı des ersten Teiles, wie im vorigen Jahresberichte in Aussicht gestellt werden konnte, im Januar 1912 ausgegeben worden. Die Auszüge aus der laufenden Literatur für Band II und III hat Hr. Resume weiter überwacht oder ausgeführt. Vom kleinasiatischen Münzwerke ist Mysien, ı. Faszikel, durch Hrn. vos Frıtze im Druck so weit gefördert, daß Bogen ı—5 fertig vorliegen, Bogen 6—ı1 umgebrochen sich in erster Revision be- finden, Bogen 12—ı4 in der Fahnenkorrektur erledigt sind. — Die chronologische Vorarbeit über die Elektronmünzen von Kyzikos hat Hr. vox Frırze im Oktober 1912 im »Nomisma VII« erscheinen lassen. Die Bearbeitung des Bandes Karien durch Hrn. Kusrrscner hat leider weitere Verzögerung erlitten. Acta Borussica. Bericht der HH. von ScumoLter, Koser und Hiınrtze. Im Jahre ı9ı2 ist im Januar der Band Handels-, Zoll- und Ak- zisepolitik Brandenburg-Preußens bis 1713 von Dr. Racreı und Ende Mai der Band Behördenorganisation V, 2. Hälfte 1735—1740 von Dr. W. Srorze ausgegeben worden. Der letztere ist damit aus der Reihe unserer Mitarbeiter ausgeschieden; wir verdanken ihm die Be- arbeitung der Behördenorganisation von 1723—1740 in vier umfang- reichen Bänden, die 1908—ı912 erschienen sind. Prof. Dr. Freiherr vos Schrörrer wird, nachdem er ıg9ı1 schon das Heft der Münzbeschreibung bis 1806 fertiggestellt hat, in wenigen Monatenden Münzgeschichtlichen Teil, die Zeit von 1766—-1ı806 um- fassend, abschließen, so daß er gedruckt werden kann. Wenn er dann ebenfalls aus der Reihe der Mitarbeiter der Acta Borussica ausscheidet, so bleibt er doch insofern in Verbindung mit der Akademie, als ihm die akademische Jubiläumskommission die preußische Münz- und Geld- geschichte von 1806—-1857 aufgetragen hat. Dr. Racnzı, hat die Ausarbeitung der bra Handels-, Zoll- und Akzisepolitik von 1713—1740 im Laufe des Jah- res 1912 so gefördert, daß er hofft, gegen Ende ı913 das Manuskript der akademischen Kommission vorlegen zu können. Dr. Skarweır berichtet, daß er mit dem dritten Bande der Ge- treidehandels- und Magazinpolitik, welcher die Jahre 1756 — 1736 um- faßt, was die Darstellung betrifft, dem Abschluß nahe sei; dagegen sei das Aktenmaterial erst zur guten Hälfte druckfertig, und der preis- 7 fl: I 104 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. statistische Teil, der außerordentlich umfangreiche Kleinarbeit fordere, - sei noch im Stadium der Materialsammlung. Dr. Reımann ist im August 1912 in die Reihe a: Mitarbeiter eingetreten; er wird die Geschichte der I ] i Wollindustrie im 18. Jahrhundert bearbeiten. Es keörkmbanı ihm große Vorarbeiten von VON SCHMOLLER, LOHMANN, VON SCHRÖTTER und BrRACHT übergeben werden, in die er sich zunächst einzuarbeiten und die er dann zu ergänzen haben wird. Kaxt- Ausgabe. Bericht des Hrn. ErRDMmANN. Die Abteilung der Werke ist, nachdem Bd. VIII im Herbst des vorigen Jahres ausgegeben ist, bis auf den Schlußband fertiggestellt. Dieser Schlußband konnte noch nicht druckfertig gemacht werden; aber es ist zu erwarten, daß er noch im Laufe dieses Jahres veröffent- licht werden kann. Von dem Neudruck dieser Abteilung ist im letzten Jahre Bd.Il er- schienen, so daß die ersten vier Bände vorliegen. Band V ist im Druck. Mit der Drucklegung des letzten Briefwechselbandes, des XI. der Gesamtausgabe, wird voraussichtlich in diesem Jahre begonnen werden können. Der zweite Band des handschriftlichen Nachlasses, Bd. XV ler Gesamtausgabe, hat einen nicht vorhergesehenen Umfang ange- nommen, obgleich bei den Anmerkungen die Ausdehnung, die der erste Band dieser Abteilung aufweist, vermieden werden konnte. Er wird als Doppelband in diesem Frühjahr erscheinen. Die Vorbereitung des dritten Bandes soll sich unmittelbar anschließen. Die vierte Abteilung, die Kants Vorlesungen umfassen soll, soweit die vorliegenden Nach- und Abschriften Wesentliches ergeben, ist in erster Vorbereitung. Ibn Saad- Ausgabe. Bericht des Hrn. Sacnaur. Von dem islamischen Geschichtswerk des Ibn Saad ist im Jahre ı912 der zehnte Band erschienen, der ausführlich über Muhammeds letzte Lebenszeit, seine Krankheit und seinen Tod, über die nächst folgenden Ereignisse sowie über einige der bedeutendsten Persönlich- keiten seiner Umgebung und der folgenden Generation berichtet. Der Herausgeber ist Hr. Prof. Dr. Frieprıcn Scawarry von der Universität Gießen, dem für seine ausgezeichnete, selbstlose Arbeit der Dank der Akademie gebührt. Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 105 Die beiden letzten Bände des arabischen Textes, I. II über Mu- hammed in Medina, bearbeitet von Hrn. Prof. Dr. E. Mırrwocn, Berlin, und VII über die ältesten Muslime der Stadt Basra, bearbeitet von Hrn. Prof. Dr. B. Meıssner, Breslau, befinden sich im Druck und dürften im Laufe des Jahres 1913 ausgegeben werden können. Wörterbuch der ägyptischen Sprache. Bericht des Hrn. Erman. Die Ausarbeitung des Manuskriptes wurde von Hrn. Erman unter Mitwirkung des Hrn. Grarow fortgesetzt. Dabei wurde » zu Ende geführt, J ganz und D nahezu ganz erledigt. Bis zum Ende des J ergaben sich etwa 3866 Worte N 235; | 1344; =..3833, » 969, J 483), die etwa 240000 Zetteln entsprechen und 2440 Seiten des provisorischen Manuskriptes einnehmen. Ä Für Mitteilung neuen wissenschaftlichen Materials sind wir den HH. GArviner, RoEDER und Weeszisskı zu Dank verpflichtet. Die Verzettelung erstreckte sich vor allem auf den Tempel von Philae (Hr. Jusker). Außerdem wurden verzettelt: Hungersnotstele, Naos von EI Arisch, Inschriften aus Hibis (Hr. Roeper) — verschie- dene neuägyptische Papyrus aus London, Cambridge, Petersburg (Hr. GARDINER) — Berliner Ostraka (Hr. GArDINErR) — die bilinguen Papyrus Rhind (Hr! Mörter) — verschiedene Texte, meist Fortsetzungen früher schon verarbeiteter (HH. GArDINER, Horrmans, ROEDER, WRESzINSsKI). Die Zahl der verzettelten Stellen betrug 2261, die der alphabeti- sierten Zettel 20877. Im ganzen wurden bisher verzettelt 56401 Stellen und alphabetisiert 1186606 Zettel. Nachdem in früheren Jahren die Eigennamen der Orte, Könige und Götter geordnet worden waren, ist in diesem Jahre von Hrn. Horr- MAnN auch der umfangreiche Bestand an Personennamen (etwa 40000 Zettel) geordnet worden, so daß nunmehr das gesamte Material der Eigennamen bequem zugänglich geworden ist. Die Nebenarbeiten wurden von den HH. Horrmasn, ScHARFF, WIES- MANN und Frl. Morsenstern erledigt. Das Tierreich. Bericht des Hrn. F. E. Scauıze. Aus dem Bureau des »Tierreich« schied Frl. Turerr nach 13 jähri- ger Beschäftigung aus, an ihre Stelle trat im September Frau Dr. KränseL. Dem Bureau gehören jetzt demnach an: Hr. Prof. Arsteın (seit April Sitzungsberichte 1913, | an 106 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. 1911), Frl. Lurner (seit Dezember 1901), Frl. Born (seit Mai 1911) und Frau Dr. Kränser (seit September 1912). In dem Berichtsjahre war es möglich, folgende Lieferungen er- scheinen zu lassen. Lief. 30. Evanüdae (Hymenoptera) von Hrn. Prof. Dr. J. J. Kırrrer (Bitsch) 450 Seiten und 76 Abbildungen, Lief. 31. Ostracoda (Crustacea) von Hrn. Prof. Dr. G. W. MüLter (Greifswald) 467 Seiten und 92 Abbildungen, Lief. 32. Desmomyaria (Tunicata) von Hrn. Dr. J. E. W. Inıe (Utrecht) 78 Seiten und 68 Abbildungen. In diesem Falle gelang es, sämtliche Arten in guten Abbildungen wiederzugeben, was den Wert der Arbeit für die Bestimmung der Arten ganz be- deutend erhöht. Lief. 33. Eublepharidae, Uroplatidae, Pygopodidae (Rep- tilia) von Hrn. Prof. Dr. F. Werner (Wien) 43 Seiten und 6 Abbil- dungen, Lief. 34. Amathusüdae (Lepidoptera) von Hrn. H. SrticHEL (Berlin-Schöneberg) 243 Seiten und 42 Abbildungen. Im Druck befinden sich 2 Lieferungen: Lief. 35. Rhabdocoelida (Turbellaria) von Hrn. Prof. Dr. L. von Grarr (Graz) und Lief. 36. Pteropoda (Mollusca) von Hrn. Dr. J. J. Tescu (Helder). Nomenclator animalium generum et subgenerum. Bericht des Hrn. F. E. ScauLze. Auch im vergangenen Jahre bewies unsere Akademie dem Nomen- elator ihr warmes Interesse durch eine außerordentliche Zuwendung von 12000 Mark. Es ist Aussicht vorhanden, daß ihr langgehegter Wunsch, einen wissenschaftlichen Beamten für das große Unternehmen zu erhalten, in Erfüllung geht. Wir hoffen, daß das vorgeordnete Ministerium auch künftig sein Wohlwollen dem Unternehmen be- wahren wird. Unser Plan, durch Herstellung eines authentischen, alphabetisch geordneten, Lexikons der Gattungs- und Untergattungsnamen in die zoologische und palaeontologische Nomenklatur Ordnung zu bringen, und der Plan, eine zentrale internationale Auskunftsstelle für die ge- samte zoologische und palaeontologische Nomenklatur als dauernde In- stitution in Berlin zu begründen, fand freudige Zustimmung in einer gemeinsamen, an den Herrn Minister gerichteten Eingabe der her- vorragendsten Palaeontologen nicht nur Preußens sondern ganz Deutsch- lands, in welcher um die Förderung des Unternehmens in dem von der Akademie gewünschten Sinne gebeten wurde. Als wertvolle Unter- stützung kamen uns fortgesetzt die von der Gesellschaft naturforschen- der Freunde und dem Hrn. Prof. Dr. Lupwıs Darusräprer in Berlin schon früher gewährten Mittel zugute. Wiederholt ward dem Unter- nehmen finanzielle Hülfe aus einem von ungenannter Seite kommenden Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 107 Fonds. Auch die Deutsche Zoologische Gesellschaft hat auf ihrer dies- Jährigen Tagung in Halle dem Nomenclator ihre warme Sympathie aus- gedrückt. Das Interesse der Zoologen und Palaeontologen des Auslandes, wie es sich immer wieder in der von außerdeutschen Gelehrten mit uns geführten Korrespondenz äußert, fand im vergangenen Jahre auch erfreulichen Ausdruck durch Bewilligung erheblicher finanzieller Bei- hülfen. So seitens der Linnean Society of London, von der noch weiter- hin Beiträge zu erwarten sind, und von der British Association for the Advancement of Science. Die Bache-Stiftung in den Vereinigten Staa- ten von Nordamerika sagte durch gütige Vermittlung des zur Zeit an der Berliner Universität lehrenden Hrn. Prof. Ch. S. Minor von der Harward University eine größere Summe zur Honorierung un- serer nordamerikanischen Mitarbeiter zu. Auch aus Schweden lief an- onym von privater Seite ein Betrag ein. Das Ausland hat diese Sum- men zur Verfügung gestellt lediglich in Anerkennung des universellen Charakters unseres Unternehmens und im Vertrauen auf die Gründ- lichkeit deutscher Arbeit. Alle diese Beweise für die Notwendigkeit und Durchführbarkeit unsers Nomenclator gaben uns im vergangenen Jahre endlich den Mut, mit der restlosen Durchführung unsers im Jahre zuvor ausgearbeiteten und zu einem kleinen Teile schon in Angriff genommenen Planes nun- mehr unbedenklich Ernst zu machen. Wenn der vorjährige Bericht noch die lähmende Unsicherheit hervorheben mußte, die ein zielbe- wußtes Disponieren im Anwerben von Mitarbeitern unmöglich machte, konnte in diesem Jahre die Aufteilung des ganzen ungeheueren Stoffes endlich durchgeführt werden. Das gesamte Tierreich wurde mit Aus- dehnung auf das Grenzgebiet zwischen Tierreich und Pflanzenreich unter dem doppelten Gesichtspunkte der Zoologie und Palaeontologie in über hundert natürlichen Gruppen des Systems entsprechende Ar- beitsanteile zerlegt, und jeder derselben einem in seinem Spezialgebiete maßgebenden Zoologen, Palaeontologen oder Botaniker zur lückenlosen Katalogisierung der Gattungs- und Untergattungsnamen überwiesen. Damit ist nicht nur die Arbeit für den Nomenelator in zweckmäßiger Weise verteilt, sondern es ist auch zum ersten Male ein Bureau geschaffen, dem für alle Tiergruppen ohne Ausnahme kompetente Spezialisten des In- und Auslandes zur Seite stehen. Das Zusammenarbeiten aller die- ser Kräfte in einer internationalen Auskunftsstelle für Nomenklatur ist damit gesichert. Beteiligt sind außer deutschen Gelehrten solche aus Österreich, Ungarn, Dänemark, Norwegen, Schweden, Rußland, Eng- land, Frankreich, Schweiz, Italien und den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Eine Übersicht über die Verteilung des gesamten Stoffes 8’ 108 . Öffentliche Sitzung vom’ 23. Januar 1913. nebst den Namen der für die einzelnen Gruppen gewonnenen Gelehrten wird demnächst im Druck erscheinen. Um gegenüber der Vielköpfigkeit der Mitarbeiterschaft strenge Einheitlichkeit des entstehenden Lexikons auch der Form nach zu er- möglichen, gelangten von vornherein neben unseren » Anweisungen für die Bearbeiter« auch Listen über die anzuwendenden Zitatenkürzungen zum Versand. Bisher wurden dazu genommen die vier Kürzungslisten, wie sie das Schwesterunternehmen »Das Tierreich« für seine Zwecke hat drucken lassen, sowie die »List of the Abbreviations used in the Zoologieal Record«. Die vorschriftsmäßigen Kürzungen waren also in fünf verschiedenen Verzeichnissen aufzusuchen. Um den Mitarbeitern das Nachschlagen zu vereinfachen, haben wir diese Listen jetzt zu einem einzigen alphabetisch angeordneten Verzeichnis vereinigt. Der Druck und Versand dieser neuen Liste der anzuwendenden Kürzungen ist be- reits bewerkstelligt. Zu den schon im Vorjahre als fertig eingelieferten Manuskripten kamen in diesem Jahre hinzu: die rezenten und fossilen Scyphozoen von Hrn. A. G. Maver-Maplewood (New Jersey), die rezenten und fos- silen Chitonen sowie die Solenogastren von Hrn. J. Tumrr-Berlin, die As- eidienvon Hrn. R. Harrnever-Berlin, die Cestoden von Hrn. H.H. Wvnpsch#- Berlin, die rezenten und fossilen Oligochaeten von Hrn. W. MicHAELSEN- Hamburg, die Onychophoren von Hrn. R. Horsr-Leiden, die Tardigraden von Hr. F. Rıcnters-Frankfurt a. M., die Ricinuleen von Hrn. W. SörEn- sen-Kopenhagen, die rezenten Pseudoscorpione von Hrn. E. ErLinssen- Kragerö (Norwegen), die rezenten Scorpione, Pedipalpen, Palpigraden, Solifugen von Hrn. K. Krarrerın-Hamburg, die rezenten Embüden von Hrn. G. Enpertein-Stettin, die rezenten Termiten und Mallophagen von Hrn. Br. Harns-Berlin, die rezenten Copeognathen von Hrn. G. EnpEr- LEIn-Stettin, die rezenten Coceiden von den HH. T. D. A. CockERELL und M. Erris-Boulder (Colorado), die rezenten Aphanipteren von Hrn. G. ENDERLEIN- Stettin, die rezenten Nematoceren exel. Cecidomyiden _ von Hrn. J. J. Kıerrer-Bitsch, die rezenten Ichneumoniden von den HH. K. Prankucn-Bremen u. O. S Blankenburg (Thür.), die rezenten Chalcididen von Hrn. O. ScnmiepernecHt, die rezenten Api- den exel. Megachilinen von Hrn. J. D. Arrkex-Bremen, die rezenten Tene- brioniden von Hrn. H. Gesien-Hamburg, die rezenten Buprestiden von Hrn. Cu. Kerremans-Brüssel, die rezenten Rutelinen und Euchirinen von Hrn. Fr. Onaus-Berlin, die rezenten Passaliden von Hrn. G. J. Arrow- London, die rezenten Cicindeliden von Hrn. W. Horx-Berlin. Da für die Honorierung der Mitarbeiter nach dem in meinem vorjährigen Be- richte erwähnten Satze von 20 Mark für je hundert Namen die Anzahl der aufzunehmenden Gattungs- und Untergattungsnamen maßgebend ist, Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 109 läßt sich die hierfür erforderliche Gesamtsumme erst dann genau be- rechnen, wenn wir wissen, wie viele soleher Namen aus der für den Nomenclator in Betracht kommenden Periode vom 1. Januar 1758 bis zum I. Januar I9gIO existieren. Nachdem wir zunächst mit 150000, dann mit 200000 Namen gerechnet hatten, scheint diese letztere Zahl auch noch zu niedrig gegriffen zu sein. Um schon jetzt eine der Wirk- lichkeit möglichst nahekommende Schätzung des tatsächlichen Bestan- des zu erhalten, ist gegenwärtig bei allen mitarbeitenden Spezialisten eine Umfrage darüber im Gange. Die Auszahlung der Honorare wird sich voraussichtlich ziemlich gleichmäßig auf die Jahre bis zur Fertig- stellung des Lexikons verteilen. Außerdem steht uns eine größere Zahl schon ermittelter Namen zur Verfügung aus den bereits früher von dem verstorbenen Professor vov MAEHRENTHAL und neuerdings von unserm Nomenclatorbureau fertiggestellten Katalogen. Auch haben einige Mitarbeiter im Interesse des Werkes auf jedes Honorar verzichtet. Unsere Umfrage über die Anzahl der existierenden Namen wird uns außer über die Honorarkosten auch über die bis zur definitiven Drucklegung des Nomenclator in Anschlag zu bringende Zeit infor- mieren können. Aber nur bis zu einem gewissen Grade; denn der zu bearbeitende Stoff ist innerhalb der einzelnen Tiergruppen hinsicht- lich der zu überwindenden Hemmnisse ein sehr ungleicher. Ganz be- sondere Schwierigkeiten bereiten viele Namen aus der Palaeontologie, die, obwohl ihrem Wesen nach anscheinend Gattungs- oder Unter- gattungsnamen, doch eine klare Bezeichnung als solche vermissen lassen und statt dessen mit unbestimmten Angaben wie »Gruppe«, » Abtei- lung«, »Sectio«, »Tribus« und dergleichen versehen sind. In solchen Fällen ist jedesmal eine Untersuchung nötig, ob überhaupt Namen vor- liegen, die in unseren Nomenclator generum et subgenerum hineinge- hören. Palaeontologie und Zoologie bieten beide ein gehäuftes Maß nomenklatorischer Schwierigkeiten, die bei den Arbeiten für unser Werk fortgesetzt Anlaß werden zu zahlreichen Anfragen seitens der mitwir- kenden Gelehrten bei der Schriftleitung. Da der Nomenclator persön- liche Nachprüfung der ersten Veröffentlichung eines jeden Namens ver- langt, laufen Ansuchen um Nachweisung schwer zu beschaffender Werke und Zeitschriftenbände in großer Zahl ein. Für viele Literaturzitate müssen zwischen Bearbeiter und Schriftleitung angemessene Kürzun- gen festgesetzt werden. Auch nach Einlieferung des Manuskriptes bleibt in der Regel noch manche Frage nachträglich zu klären und verlangt abermals einen Meinungsaustausch. Wenngleich sich vieles, soweit Berlin und Umgegend in Frage kommen, mündlich erledigen ließ, war die hierdurch entstehende Korrespondenz im vergangenen Jahre doch bereits recht umfangreich. Sie wurde aber bei weitem übertroffen durch 110 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. die zur Gewinnung der etwa 70 neu hinzugekommenen Mitarbeiter erforderliche. So belief sich die Zahl allein der ausgehenden Post- sachen für die Zeit vom ı. Januar bis Ende Dezember auf 1373, wor- unter 659 Briefe, 52 Postkarten, 631 Drucksachen und 31 Pakete. Bei der notwendigen und oft schwierigen Beschaffung der einschlägigen Literaturwerke sind uns besonders die Nachweise des bei der König- lichen Bibliothek in Berlin eingerichteten Auskunftsbureaus der deut- schen Bibliotheken von großem Werte. Als eine geradezu unentbehr- liche Hülfe für das Unternehmen erweist sich die besonders an älte- ren Werken reiche Königliche Bibliothek in Berlin sowie die Spezial- bibliotheken des Museums für Naturkunde. Großes Entgegenkommen bewiesen auch alle sonst in Betracht kommenden Bibliotheken Berliner Institute: außer den Bibliotheken unserer Universität und Akademie die der Geologischen Landesanstalt, des Instituts für Meereskunde, der Kaiser-Wilhelms-Akademie, der Tierärztliehen Hochschule und des Deutschen Entomologischen Museums. Von auswärtigen Instituten un- terstützten uns die folgenden durch Herleihung seltener Werke: die Universitätsbibliotheken in Bonn, Göttingen, Greifswald, Kiel, Königs- berg, Rostock, Straßburg, die Großherzogliche Hofbibliothek in Darm- stadt, die Bibliothek der Hauptstation des forstlichen Versuchswesens in Eberswalde und des Bischöflichen Seminars zu Eichstätt, die Königlich Bayrische Hof- und Staatsbibliothek in München. Auch wissenschaft- liche Gesellschaften und Vereine privaten Charakters stellten in zum Teil zahlreichen Fällen ihre Bibliotheken zur Verfügung, so der Berliner Entomologische Verein, die Deutsche Entomologische Gesellschaft, die Gesellschaft für Erdkunde, die Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte und die Linnean Society of London. In besonders schwierigen Fällen half uns auch unsre Verlagsfirma R. Frıep- LÄNDER & Sönne durch Herleihung aus ihren reichen Beständen. Die Schriftleitung führte unter der Direktion des Herausgebers nach wie vor Hr. Dr. Tu. Kuntsarz. Ihm steht als bestens bewährte bibliographische Hülfsarbeiterin Frl. E. Roruengücher zur Seite. Im übrigen waren im Bureau tätig die HH. Dr. W. Stexperr, Dr. H.H. WusnpscH, Dr. Br. Harms und cand. zool. G. GErMERSHAUsEn; als Hülfs- arbeiterinnen Frl. M. Stenpeız, Frl. Fr. RorsengücHer und Frl. M. Par- avıcını. Als freiwillige Hülfsarbeiterin unterstützte uns Frl. Cr. Scauzze. Die Haupttätigkeit der Schriftleitung besteht naturgemäß in der Redigierung der einlaufenden Manuskripte sowie in der ständigen Fort- führung der nomenklatorischen und bibliographischen Zettelkataloge, die, ursprünglich von unserem verstorbenen Professor-von MAEHRENTHAL angelegt, schon jetzt ein unschätzbares Archiv bilden und die Grund- lage der sich entwickelnden nomenklatorischen Zentrale. Berichte über .die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 111 Das Pflanzenreich. Bericht des Hrn. Enter. Das Pilanzenreich schreitet rüstig vorwärts. Im Jahre 1912 wurden 6 Hefte mit einem Gesamtinhalt von 99 Bogen ausgegeben Während bei den in den gemäßigten Zonen vertretenen Familien ein gewisser Abschluß erreicht wird, ist ein solcher bei den vorherrschend tro- pischen Familien nicht zu erwarten, da die vielen neuerdings in die bisher weniger zugänglichen Länder unternommenen Expeditionen immer wieder neues Material ergeben, dessen vollständige Aufarbeitung voraussichtlich noch lange Zeit in Anspruch nehmen wird. Um so mehr ist anzustreben, daß die Formen, welche gegenwärtig bekannt sind, gesichtet werden. Die 1912 erschienenen Hefte sind folgende: Heft 52. F. Pax, Euphorbiaceae-Gelonieae und Hippomaneae 23 Bogen. » 53. R.Knuru, Geraniaceae 40 Bogen. » -54. K. Krause, Goodeniaceae und Brunoniaceae ı3 Bogen. » 55. A. Enerer, Araceae-Homalomeninae und Schismatoglottidinae 9 Bogen. » 56. Fr. Kränzum, Cannaceae 5 Bogen. » 57. F. Pax, Euphorbiaceae- Acalypheae-Chrozophorinae 9 Bogen. Durch die Herausgabe von Heft 56 ist die natürliche Reihe der Scitamineae jetzt abgeschlossen; die zu dieser Reihe gehörigen Mu- _ saceae, Zingiberaceae und Marantaceae (Heft ı, 20, ıı) wurden bereits früher bearbeitet. Im Druck befinden sich zur Zeit: H. Worrr, Umbelliferae-Saniculoideae. Der Druck ist bereits weit vorgeschritten, hat jedoch durch längere Abwesen- heit des Verfassers von Berlin und größere Reisen des- selben wiederholte Verzögerung erlitten. A. Branp, Hydrophyllaceae. G. Grünıse, Euphorbiaceae-Porantheroideae und Rieinocarpoideae. Auch liegt der zweite Teil der Araceae-Philodendroideae, welcher Philodendron (von Dr. Krause bearbeitet) enthält, druckfertig vor. Geschichte des Fi.xsternhimmels. Die Anzahl der im Jahre 1912 auf die Zettel übertragenen Stern- örter beträgt 16618. Zum Auszug gelangten neu die Cataloge der Sternwarten Bordeaux für ı890 (6999 Sterne, eingetragen durch Hrn. Martens) und Nizza für 1900 (4214 Sterne, eingetragen durch 112 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. Dr. PartscH), und weiter vollendete Dr. Parrsch den Auszug des Washington Zone Catalogue durch Eintrag der im Vorjahre übrig ge- bliebenen 5405 Nummern. Zurückgestellt wurde früher der Lamont’sche Catalog für 1850 (Münchener Annalen Bd. 20), der die Oerter von 2112 in dem Zeit- raum 1821—1868 am Münchener Meridiankreise ausserhalb der Zonen beobachteten Sternen enthält. Die Zurückstellung erfolgte in der Er- wartung, dass es gelingen würde eine Neubearbeitung zu veranlassen, _ bei der der Lamont’sche Gesammtcatalog zweckmässig in drei Theile: Soldner 1825 (Beobachtungen 1821—1ı827), Lamont 1835 (Beobach- tungen 18283— 1840) und 1850 (Beobachtungen 1841—1ı868) zu zer- legen wäre. Diese Erwartung ist leider fehlgeschlagen, und um keine grössere Lücke zu lassen, muss nunmehr der Lamont’sche Catalog für 1850 noch nachgetragen werden. Die Arbeiten aber, die sich sogleich noch als nothwendig erwiesen, um den Catalog wenigstens für diesen Zweck gebrauchsfähig zu machen, haben einen ganz unerwartet grossen Umfang angenommen und Dr. Parrscn während des letzten Viertels des Berichtsjahres fast vollständig in Anspruch genommen, ohne bis jetzt zum Abschluss gelangt zu sein. Die Berechnung der fehlenden Praecessionen, für 1875 und vielfach für eine zweite Epoche, wurde bis 20" 5” fortgesetzt, für 4996 Sterne durch Hrn. Martens und für 1024 Sterne durch Hrn. Roscn, der Ende Juli aus dem Bureau ausschied und erst mit December durch Hrn. HEıLmann ersetzt werden konnte. Die drei genannten Herren haben die allgemeine Reduction der Catalogörter für die Sterne nördlich vom Aequator bis 6"20” fortgesetzt. Die Revision der Nordzettel durch das geschäftsführende Mitglied der Commission wurde bis 21"24” fortgeführt. Seine Hauptthätigkeit für die Zwecke des Unternehmens hat dieses Untersuchungen über die systematischen Fehler der A.G.-Cataloge zugewandt, zunächst einer Vergleichung des Küstner’schen Catalogs von 10663 Sternen für 1900 mit den einzelnen Stücken des A.G.-Catalogs, Zonen Nicolajew bis Cambridge U.S. Hierfür wurde die Hülfsleistung des Hrn. Martens in sehr umfangreichem Maasse in Anspruch genommen, indem dieser alle gesammelten Catalogörter der. bei Küsrner vorkommenden Sterne auf 1875 überträgt und diese Arbeit für die Sterne nördlich vom Aequator zwischen den Rectascensionen 6"20” und 20" 5” durchgeführt hat. Die dann folgende Ableitung angenäherter Eigenbewegungen, bezw. Prüfung der Sterne auf Merklichkeit von Eigenbewegung, und die Vergleichung der Cataloge ist für die ersten elf Stunden der RA. vollendet. Der Berliner Catalog der 1855— 1863 beobachteten Sterne ist abgeschlossen und befindet sich im Druck. Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 113 Von der Bearbeitung der Bradley’schen Beobachtungen an den Alten Meridianinstrumenten ist der Erste Band im Juni 1912 erschie- nen. Von dem Zweiten Bande, der von den Beobachtungen am Qua- dranten handelt, sind 27 Bogen gedruckt, die einzelnen beobachteten Reetascensionen vollständig, die in der Südlage beobachteten Zenith- distanzen bis RA. ı2' 7”. Die Umrechnung der Deelinationsmittel für den Catalog ist erfolgt und das Manuscript des Dritten Bandes abgeschlossen. — Von der Ausführung der im letzten Bericht erwähnten Absicht, die Liste der nur einmal in Catalogen vorkommenden Sterne in Druck zu geben, musste leider Abstand genommen werden, weil die bei dem Umfang der Liste unvermeidlich sehr beträchtlichen für die Druck- legung erforderlichen Mittel den Aufgaben der laufenden Arbeit nicht entzogen werden können. Falls eine Sternwarte sich wie die Königs- berger bereit finden möchte die Neubeobachtung für eine Zone zu übernehmen, wird das Bureau ihr gerne einen handschriftlichen Aus- zug aus der Gesammitliste zur Verfügung stellen. — Über die Personalverhältnisse des Bureaus ist noch zu bemerken, dass Hrn. Dr. Parrtscn die seit dem ı. April 191 ı commissarisch ver- waltete Stelle des für das Unternehmen angestellten » Wissenschaft- lichen Beamten der Akademie« mit dem ı. April 1912 en über- tragen wurde. Kommission für die Heraietabt der „Gesammelten Schriften Wilhelm von Humboldts“. Bericht des Hrn. Erıcn Scanipr. Von WirnerLm von HumsoLprs Gesammelten Schriften ist 1912 in Leitzuanss Bearbeitung der durch buchhändlerische Stockungen ver- zögerte 9. Band erschienen. Er enthält die »Gedichte« seit etwa 1786 bis zu den von 1809 an immer reichlicheren Sonetten. Jetzt ist der 13. Band unter der Presse, der mit dem lange verschollenen, druck- fertig ausgearbeiteten Reisewerk »Die Vasken« beginnt. Interakademische Leızxız- Ausgabe. Bericht des Hrn. Lenz. Die Erwägungen und Verhandlungen über den Verlag und die äußere Ausstattung der interakademischen Leissız-Ausgabe haben sich, bei der Folgenschwere jedes Beschlusses in diesen Fragen, so in die Länge gezogen, daß wir mit der Drucklegung des ersten Bandes noch nicht beginnen konnten. In ee Wochen hoffen wir dazu in der Lage zu sein. 114 i Öffentliche Sitzung voin 23. Januar 1913. ' Hr. Dr. Pavı Rırrer hat im vergangenen Sommer die Bibliotheken und Archive Dänemarks und Schwedens besucht und dabei wieder erfahren, daß sich an Leissız-Handschriften weit mehr erhalten hat, als wir nach den Ergebnissen unseres Aufrufes von 1902 vermuten konnten. Die Königlichen Bibliotheken von Kopenhagen und Stock- holm, die Universitätsbibliotheken von Upsala und Lund, die Stifts- bibliothek von Linköping, die Reichsarchive von Kopenhagen und Stockholm: alle diese Stätten haben mehr oder minder die Durch- musterung gelohnt. Hier sei nur erwähnt, was die Königliche Biblio- thek von Kopenhagen bewahrt: außer einigen Leısnız-Handschriften im engeren Sinne und zahlreichen Briefen an und über Leısnız allein 272 Briefe von Leıssız; davon sind rund 140 noch gar nicht, und auch die übrigen zum größten Teil nur in mangelhaften Auszügen veröffentlicht. Corpus Medicorum Graecorum. Bericht des Hrn. Diers. Während des ganzen verflossenen Jahres ist an zwei Bänden der Hippokrateskommentare des Galenos zu gleicher Zeit gedruckt worden, anVo9,ıundVo,2. Fertiggestellt sind von V 9, ı bis jetzt ı8 Bogen, Eic Tö rrepi eYcewc Anerarıoy ed. J. MEwAaLpr (= Künn XV 1 —223) und Eic Tö rreri anitnc Özewn ed. G. Hermeeicn (= K. XV 418-919), desgl. ıı Bogen von Vo, 2 Eic Tö TTrorreuriıkön a ed. H. Dies (= K. XVI 489--840). Ein vollständiger Band konnte also noch nicht ausge- geben werden. An druckfertigem neuem Manuskript wurde vorgelegt ı) Galenus TTepi TAc Kae’ "IntIoKPÄTHN AIAITHc Er TON ÖEeWN NOCHMÄTWN ed. J. WESTEN- BERGER für V 9, ı (= K. XIX 182 — 221) und 2) Galenus TTeri To? mar’ “InmokpAteı Kkömatoc ed. J. Mewaror (= K. VII 643--665). Inzwischen haben auch die anderen Mitarbeiter ihre Editionen nach Möglichkeit gefördert. Hr. Prof. H. Scnöne (Greifswald) hat für den Text von Galens Kommentaren zu Hippokrates TTer} Ärmon den cod. Paris. gr. 1849 verglichen. Die Vergleichung derselben Handschrift für die Kommen- tare zu Hippokrates TTepi Ärperwn ist begonnen und bisher bis zur Mitte des ersten Buches vorgeschritten. Hr. Dr. J. Hrrs (München) hat für den Kommentar zum TTro- rnwctıkön im Oktober alle schwierigeren Partien der Vaticani 1063 und 1853 revidiert und die Edition soweit gefördert, daß in etwa 2 bis 3 Monaten mit dem Drucke des ersten Hyp begonnen werden kann. Gleichzeitig hat er die Bearbeitung des Aphorismenkommentars in Angriff genommen. Hierfür hat Hr. Prof. P. BouprrAaux (Paris) Probe- Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 115 kollationen der in Betracht kommenden Parisini (außer Parisin. gr. 2266) angefertigt, Hr. Dr. Hree selber im September und Oktober von den in Venedig, Pistoia, Florenz und Rom befindlichen Handschriften eben- falls ausreichende Probekollationen angefertigt sowie von den wich- tigeren Handschriften, Marcianus 278 und Palatinus 385 und in letzter Zeit auch von Parisinus 2266, umfangreichere Partien verglichen. Hr. Dr. E. Wenkesach (Berlin-Charlottenburg) hat den Text von Galens 3 Kommentaren zu dem II. Buche der Epidemien des Hippo- krates auf Grund zweier Handschriftenklassen konstituiert, deren eine durch Mare. App. el.V 5, Monae. 231 und Parisin. 2174 und deren zweite durch Laur. 74, 25 vertreten wird; er ist nunmehr mit der Herstellung des Druckmanuskripts, das die Kommentare der Bücher I und III umfassen soll, beschäftigt. Hr. Prof. K. KausrteiscH (Marburg), der mit der Bearbeitung des Galenschen Kommentars zur Schrift TTeri xvmön (XVI 1—483 K.) be- schäftigt war, hat inzwischen festgestellt, daß das Werk eine Fälschung der Renaissance ist, die fast ganz aus den vorhandenen Schriften Galens ungeschickt zusammengestoppelt ist. Voraussichtlich wird da- her eine vollständige Publikation dieses Machwerkes unterbleiben können. Die Arbeiten an den Kommentaren zu TTeri trosAc und am So- ranos konnten infolge Überbürdung der Bearbeiter mit beruflichen Verpflichtungen nicht in der wünschenswerten Weise gefördert werden. Es kann jedoch im jetzt beginnenden Jahre ein schnellerer Fort- schritt der Arbeiten in Aussicht gestellt werden. Dasselbe gilt von den Arbeiten an Galenos TTer! avcrnolac und TTepi vYxAc maeon Kal ÄMAPTHMÄTUN. Hr. Dr. W. Rısenı (Berlin) ist mit den Vorarbeiten zur Heraus- gabe von Galenos TTepi öctün, TTepi snes@n Kal ÄPTHPIÖN ÄnaToMmAc, TTeri NEYPWN ÄNATOMAc, TTeri ÖcerHcewc ÖrrAnoy und TTeri myün AnatomAc be- schäftigt. Zu TTerl öctan hat er alle Handschriften (die römischen besorgte Hr. Dr. A. Rırzenrerp) bis auf eine neapolitanische verglichen. Für die anderen Schriften sind bisher teils Proben genommen, teils sind auch sie schon ganz verglichen; zwei Pariser Handschriften (Parisin. gr. 2164 und 2219) konnten in Berlin benutzt werden; Mar- cian. App. class. V 4 besorgte Hr. Dr. RırzesreLn; von der Handschrift in Grottaferrata Z FT VI wurden Probephotographien angefertigt; die Beschaffung von Photographien des Laurent. arab. 235 ist in die Wege geleitet. Von Hrn. Prof. J. L. Hrısere (Kopenhagen) ist über die Tätigkeit der Kgl. Dänischen Gesellschaft der Wissenschaften nachfolgender Be- richt gesandt worden: 116 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. »Hr. Rektor Dr. Hupr kann erst im Laufe des Sommers 1913 an die Bearbeitung des in Italien für Aretaios gesammelten Materials herantreten. « »Hr. Dr. Rarver hat die Arbeit am Text des Oribasios, besonders der kleineren Schriften, fortgesetzt.« »Hr. Prof. Dr. Hrıgers hat am I. Bande von Paulos Aiginetes weiter gearbeitet. Die Herstellung des Druckmanuskripts wird da- durch verzögert, daß der ganze Text abgeschrieben werden muß, weil keine für den Setzer brauchbare Ausgabe existiert; aber Mitte 1913 wird der Druck wahrscheinlich anfangen können. « Hr. Prof. Ar. Orıvıerı (Neapel) hat für Buch I—VII des Aötios die Handschriften von Florenz, ferner den Palat. 199, den Parisin. Suppl. ı240 und den Athous 719 N 64 verglichen und wird auch fernerhin noch mit der Kollation von Handschriften beschäftigt sein. Hr. Prof. M. Werımans (Potsdam) hat‘ die Photographien der Aötioshandschriften vom Athos geprüft und ihre Stellung in der Über- lieferung festgestellt. Außerdem hat er begonnen, Buch XV des Aötios nach einer der Athoshandschriften abzuschreiben, um für weitere Kollationsarbeiten die geeignete Unterlage zu gewinnen. ' Hr. Dr. VieneBAantt (Potsdam) war seit seiner Rückkehr aus Italien mit allgemein orientierenden metrologischen Vorarbeiten beschäftigt. Dieselben werden ihm die Grundlage bieten für die kritische Bear- beitung der metrologischen Texte wie auch für die Aufarbeitung der medizinischen Traktate TTer! merrwn Kai cTaemon, die er im Frühjahr in Angriff zu nelımen hofft. Schließlich sei erwähnt, daß die Herausgabe von Galenos TTeri TÄC TON KAGAIPÖNTWN ®APMÄKWN AYNÄMEWC, TINAC Aci EKKABAIPEIN KAl TIOIOIC KABAPTHPIOIC Kal TIöTe und T® &miaArtow maıal YrroeAkh Hrn. Prof. P. Bov- DREAUX (Paris) und die von Galenos TIröc Taaykuna eerarteyrikA Hrn. Dr. A. RırzexreLn (Rom) übertragen worden ist, und daß beide Herren mit der Vergleichung der Handschriften an ihren Wohnsitzen be- schäftigt sind. Der autonomen Kommission der internationalen Assoziation der Akademien für das Corpus Medieorum gehören zur Zeit folgende Mit- glieder an: Hr. Ders (Berlin, als Vorsitzender), Hr. Leo (Göttingen), Hr. Heıgere (Kopenhagen), Hr. ILsere (Leipzig), Hr. BywAter (London), Hr. Orusıus (München), Hr. vox Arsım (Wien). Letzterer ist an Stelle des 1912 verstorbenen Hrn. Tr. Gomperz, in dem die Kommission ein eminent sachverständiges und um die antike Medizin wohlverdientes Mitglied verloren hat, durch einstimmige Wahl der Kommissionsmit- glieder zugewählt worden. Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 117 Orientalische Kommission. Bericht des Hrn. EpvvAarp MEreEr. Durch die Funde in Ägypten, Babylonien und Zentralasien sind in den Königlichen Museen gewaltige Massen von Schriftdenkmälern angehäuft, deren Bestand sich durch den Fortgang der Forschung und die systematische Organisation der Ausgrabungen ständig vermehrt. Aber für die wissenschaftliche Verarbeitung dieses Materials fehlte es bisher sowohl an Mitteln wie an ausreichenden Arbeitskräften; und so blieben die der Erde entrissenen Schätze größtenteils jahrzehnte- lang als totes Material unbenutzt liegen, und der Zweck, um dessent- willen sie ausgegraben und in unseren Museen gesammelt waren, wurde nicht erreicht. Die erfolgreiche Erschließung und wissenschaft- liche Verarbeitung dieser Denkmäler setzt ein gründliches Spezial- studium und andauernde eindringliche Beschäftigung mit ihnen voraus; nur wer sich völlig in sie eingearbeitet und volle Herrschaft über Schrift, Sprache und Inhalt gewonnen hat, kann sie wirklich nutz- bringend bearbeiten. Daher läßt sich diese Bearbeitung nicht neben- bei, in den von anderen Berufsgeschäften gelassenen Mußestunden oder bei vorübergehender Beschäftigung mit den Dokumenten, ausführen; sie erfordert die volle Kraft hierfür geschulter Gelehrter. Für manche der zugleich wichtigsten und schwierigsten. Gebiete waren geeignete Gelehrte überhaupt kaum vorhanden, da sie umfassende Spezialstudien verlangen, die junge, von lebhaftem wissenschaftlichem Interesse er- füllte Gelehrte wohl anlocken mochten, aber noch mehr abschrecken mußten, da sie gar keine Aussicht auf Erreichung einer Lebensstellung boten, so daß die Gefahr dringend geworden war, daß diese Gebiete in Deutschland völlig verwaisen könnten. Diese Erwägungen haben die an diesen Aufgaben interessierten Gelehrten veranlaßt, sich mit einer Eingabe an die Regierung zu wenden und die Bewilligung ausreichender Mittel zur Abhilfe des hier vorliegenden wissenschaftlichen Notstandes zu beantragen. Die Akademie hat das Gesuch warm unterstützt, und die Königliche Staats- regierung ist mit hochherzigem Entgegenkommen auf diese Anträge eingegangen. Vom laufenden Jahre an sind für die Erfüllung der hier vorliegenden Aufgaben entsprechende Mittel in den Etat der Akademie eingestellt worden. Sie sind bestimmt für die Bearbeitung der auf altorientalischem Gebiet durch die Ausgrabungen in Ägypten, in Assyrien und Babylonien, und in Zentralasien mit den angrenzen- den Gebieten jetzt und in Zukunft erschlossenen Schriftdenkmäler. - Für die Verwendung der Gelder und die Ausführung der damit gestellten Aufgaben hat die Akademie eine besondere Kommission 118 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. eingesetzt, bestehend aus den HH. Deritzscn, Erman, Lüners, EnuArD Meyer, F.W.K. Mürter, Sacnau, Wırnern SchuzzeE. Die Kommission hat auf allen in Betracht kommenden Gebieten die Arbeit erfolgreich in Angriff nehmen können. Auf dem ägyptischen Gebiete begann Hr. Devaun die Bearbei- tung des Papyrusfundes von Kahun, der das Archiv eines Tempels aus dem 19. Jahrhundert v. Chr. enthält. Hr. Rorper bereitete die in den Königlichen Museen befindlichen Inschriften des neuen Reiches zur Veröffentlichung vor. Hr. Grarow war mit lexikalischen Unter- suchungen beschäftigt. Außerdem wurde Hrn. Hrmrıcn ScHÄrEr eine Unterstützung für seine Untersuchungen auf dem Gebiet der älteren nubischen Sprache bewilligt. Auf assyriologischem Gebiete übernahm Hr. Fısurra die Be- arbeitung der im Museum befindlichen Geschäftsurkunden aus der Zeit der ersten Dynastie von Babylon, die zunächst chronologisch geordnet werden mußten. Hr. Orro Scuroeper bearbeitete die Amarnatafeln für eine abschließende Textausgabe, bei der auf genaue Wiedergabe des Sehrifttypus der einzelnen Tafeln besonders Gewicht gelegt werden wird. Außerdem soll die Bearbeitung der Tontafeln aus Assur in Angriff ge- nommen werden, und die HH. Pıck und Eserise haben bereits mit der Ordnung und Katalogisierung begonnen. Auf dem Gebiete der Funde aus Zentralasien (Turfan) be- gann Hr. Sıeerine die Bearbeitung der Buddhastotren des Matrceta, von denen ungefähr die Hälfte des ganzen Textes in Resten von mindestens 20 verschiedenen Handschriften erhalten ist. Bis jetzt ist ein Drittel des Textes durchgearbeitet. Außerdem hat Hr. SırsLins die gemein- sam mit Hrn. Sıre übernommene Bearbeitung der tocharischen Sprach- reste so weit gefördert, daß das Druckmanuskript etwa bis zur Hälfte der Texte fertiggestellt ist. Die Bearbeitung der 400 Fragmente des Udänavarga wurde so weit gefördert, daß demnächst mit dem Druck begonnen werden kann. Die lexikographische Bearbeitung des mittelpersischen und sogh- dischen Sprachmaterials hat Hr. Jansen übernommen und zunächst die schon veröffentlichten Texte verzettelt. Bis Ende Dezember waren 6430 Zettel mit etwa 13000 Notierungen fertiggestellt und außerdem 4600 mittelpersische Zettel alphabetisch geordnet. Die Anfertigung eines beschreibenden Verzeichnisses der chine- sischen Handschriftenreste aus Turfan übernahm Hr. Wane Yın-TAl. Zur Bewältigung des sich dabei ergebenden Namenmaterials wurde zugleich mit der Anlegung eines biographischen, nach den chine- sischen Klassenzeichen geordneten Index berühmter Buddhisten be- gonnen. Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 119 Deutsche Kommission. Bericht der HH. Burpacn, HevusterR, RoETHE und Scamipr. Die Arbeiten des Handschriftenarchivs sind wesentlich gefördert worden. In den Gebieten, die schon in Angriff genommen waren, wurden die Mitarbeiter vermehrt; außerdem konnten wichtige neue Gebiete erschlossen werden. Eine günstige Gelegenheit zur Werbetätigkeit bot zu Pfingsten die gemeinsame Tagung der Vereine der deutschen, österreichischen und schweizerischen Bibliothekare.. Unser dorthin abgeordneter Ar- chivar Dr. Beurenp hat durch einen Vortrag über die Arbeiten des Archivs (abgedruckt im Zentralblatt für Bibliothekswesen 1912, 7. und 8. Heft, S. 374f.) sowie durch persönliche Besprechungen das Inter- esse und die Neigung zur Mitarbeit für unser Unternehmen unter den Bibliothekaren wachzuhalten oder zu erwecken sich bemüht. Eine merkliche Beschleunigung des Arbeitstempos darf von der jüngst ge- troffenen Einrichtung erwartet werden, auswärtige Handschriften in größerer Anzahl in unser Archiv schicken und hier verarbeiten zu lassen. Aus der Sehweiz ist zu berichten, daß Dr. Rorn wiederum eine größere Anzahl von Handschriften der Basler Universitätsbibliothek beschrieben hat. Außer musikalischen Handschriften, deren Texte Ausbeute für Volks- und Kunstlied boten, wurden Handschriften der Gruppen G und O aufgenommen: darunter eine bisher noch nicht ver- wertete Handschrift des Laurin aus der ersten Hälfte des ı5. Jahr- hunderts, ein deutscher Lueidarius des ı5. Jahrhunderts, Predigten Taulers, vor allem eine deutsche Sibyllenweissagung (15. Jahrhundert). Besprechungen mit Hrn. Oberbibliothekar Dr. Escner ergaben, daß die wichtige Züricher Stadtbibliothek in etwa einem Jahr selbst zu der längst geplanten Aufnahme ihrer deutschen literarischen Hand- schriften übergehen wird. Da hierfür gemäß einer älteren Zusage (s. Sitzungsberichte 1905, $S. 138) die Berücksichtigung unserer Grund- sätze in Aussicht gestellt worden ist, so ist es nicht nötig, einen be- sonderen Beauftragten dort zu werben. ä Auch in Österreich ist ein Fortschritt zu verzeichnen. Die große Wiener Strickerhandschrift Nr. 2705 beschrieb Dr. Brıierzmans (Berlin); eine Reihe von Codices der Rossiana zu Lainz behandelte Dr. Biener (Wien). Privatdozent Dr. Pouneım in Graz hat durch eine Orientierungsreise in Steiermark und durch Rundfragen in den Kronländern die ersten Grundlagen zu legen begonnen und auch eine Reihe seiner Schüler für unsre Arbeiten vorbereitet. In Lengmoos (Südtirol) entdeckte Bibliothekar Dr. Errumeerr während eines Ferien- 120 ‚Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. aufenthalts eine Handschrift des Freiburger Stadtrechts, die er für uns beschrieb. Eine umfängliche Melker Handschrift beschrieb cand. Warruer in Berlin. Über die reichen Schätze der Sammlung des Hrn. Dr. Lanser in Braunau gab ihr Hüter Dr. Dorcn von neuem willkommene Nach- richt. Hervorgehoben sei die Handschrift Nr. 404, die außer einer deutschen Historienbibel mystische Stücke enthält. Außerdem lieferte Dr. Dorcn einige Ergebnisse früherer Inventarisationsreisen. nach. Die Kgl. Ungarische Akademie der Wissenschaften hat den Ober- lehrer Dr. Graserr beauftragt, die deutschen Handschriften Ungarns nach unseren Grundsätzen zu verzeichnen. Ein Alexanderbuch aus dem Priesterseminar zu Raab beschrieb Oberlehrer Dr. Travnık. In Bayern waren unsere bewährten Mitarbeiter an der Kgl. Hof- und Staatsbibliothek zu München, Oberbibliothekar Dr. Leipinser und Bibliothekar Dr. Prrzer, wieder rüstig am Werk, und da der Direktor der Hof- und Staatsbibliothek, Hr. Dr. Schwnork von ÜCAROLS- FELD sie in dankenswerter Weise bei ihrer Tätigkeit als Beamte der Handschriftenabteilung durch eine neue Hilfskraft entlastet hat, so darf für die nächste Zeit noch eine Beschleunigung erhofft werden. Einige lateinische Handschriften beschrieb cand. phil. WArruzr (Berlin). — Aus den Büchersammlungen der städtischen Kollegien zu München übermittelte Hr. Hrısenmoser eine Beschreibung einer älteren bayri- schen Chronik. — In das rechte Fahrwasser ist jetzt auch die Arbeit in Nürnberg gekommen. Aus der Nürnberger Stadtbibliothek sind für uns durch Prof. Dietmar deutsche Legenden, theologische Werke, einige Armenbibeln sowie eine österreichische Chronik des 16. Jahr- hunderts beschrieben worden. Auch von andern Nürnberger Mitar- beitern stehen Beiträge in sicherer Aussicht. Auch in Elsaß-Lothringen ist die Arbeit gefördert worden. Ein summarisches Verzeichnis der deutschen Handschriften der Kaiserlichen Universitäts- und Landesbibliothek inStraßburg von Dr. Becker lieferte eine vorläufige Übersicht, die allerdings noch der Nachprüfung und Er- gänzung bedarf. Einige fertige Beschreibungen steuerte Dr. Rırrer bei. In Baden ‚setzte unser Mitarbeiter Dr. Senrer die Handschriften- aufnahmen fort.” Er erledigte in der Karlsruher Hof- und Landes- bibliothek die Gruppe der Codices St. Georgen: Deutsche Predigten und Gebete, mystische Stücke (ein Seelenspiegel, die 24 Alten Ottos von Passau in zwei Niederschriften von 1383 und 1478). Eine Huma- nistenhandschrift der Heidelberger Universitätsbibliothek beschrieb Dr. Berraror (Berlin). In Württemberg wird für die Königliche Landesbibliothek zu Stuttgart, an die wir wiederholt jüngere Gelehrte zur Inventarisierung Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 121 entsandt hatten (s. Sitzungsberichte 1911, S. 105; 1912, $. 73) fort- an aus heimischen Kräften gesorgt werden; zu unserer Genugtuung hat sich die Leitung dieser Bibliothek nunmehr entschlossen, die In- ventarisierung ihrer deutschen Handschriften den mit deren Verwaltung beauftragten Beamten zu übertragen. Eine Reihe inhaltlich bedeut- samer Beschreibungen von Bibliothekar Dr. Kırı Lörrter und eine Beschreibung von Hilfsbibliothekar Dr. Lenze machten den Anfang. An der Universitätsbibliothek zu Tübingen setzte Dr. Hauser seine Tätigkeit fort: außer einer bisher unbekannten “Rechenschaft des Glaubens’ von Caspar Schwenkfeld erweckt besonderes Interesse eine deutsche Bearbeitung von des Boethius Buch ‘De consolatione philo- sophiae’. Einige andere Tübinger Handschriften inventarisiert cand. phil. Avsusr Bıum (Tübingen). Nicht minder erfreuliche Fortschritte sind aus Mitteldeutsch- land zu melden. Der hingebungsvolle Eifer des Direktors der Bi- bliothek des Herzoglichen Hauses zu Gotha Prof. Dr. Enwarn hat die Inventarisierung der dortigen deutschen Handschriften zum Ab- schluß gebracht: der Ertrag des letzten Jahres bringt 43 gründlich gearbeitete Beschreibungen. Der Reichtum dieser die meisten Rich- tungen der älteren deutschen Literatur umfassenden Sammlung liegt nun erst klar vor Augen. Neben den stark hervortretenden thüringischen Geschichtsquellen, neben Relationen von der Reise Herzog Wilhelms ins heilige Land, einem Bericht über die Wallfahrt des Hans von Sternberg nach Compostella und Jerusalem (1514), neben Nachrichten über den Nürnberger Reichstag (1487) von einem Diener Friedrichs des Weisen, bedeutsamen politisch-religiösen Prophetien und einem Copialbuch von Urkunden des Schwäbischen Bundes erscheinen die bekannten Gothaer Handschriften des Freidank und des Winsbecl ein spätmittelalterlicher deutscher Traktat “Von der Fürsten Kasinisatt; Spalatins Übersetzung von Gersons Schrift “Christlich zu leben’ und andere Theologiea (in einer Sammelhandschrift vom Anfang des 16. Jahrhunderts findet sich der verdeutschte Traktat Gersons "Vom heilsamen Sterben’, ein "Zwiegespräch zwischen Jesus und der Person’, ein lustiger Reimspruch des Hans Ohnesorge über Haushalten); end- lich ‘Seereta mulierum zu teutsch’ aus dem 15. Jahrhundert von Dr. Hartlieb. Unserem ausgezeichneten Mitar beiter haben wir am Ende seiner fruchtbaren Leistung warmen Dank auszusprechen. Neu setzte die Arbeit in Weimar ein. Während einiger Ferien- wochen verschaffte sich unser Archivar Dr. Benrenn eine Übersicht über die Bestände und beschrieb selbst eine Anzahl von Handschriften (24 Nummern). Unter den von ihm aufgenommenen Handschriften behauptet den ersten Platz der bekannte Sammeleodex 0145, der 1) Sitzungsberichte 1913. 122 Öffentliche Sitzung vom 23..Januar 1913. noch manche ungedruckte mhd. Verserzählungen enthält. Auch in der Weimarer Großherzog]. Bibliothek, die in ihrer eigenartigen Zusammen- setzung ein Spiegelbild der Geschichte des Fürstenhauses bildet, steht das spezifisch Historische im Vordergrunde, darunter manch bisher nicht bekannt gewordenes historisches Volkslied; z. B. ein Regensburgisch Vaterunser, historische Verse der protestantischen Kriegführenden des Dreißigjährigen Krieges, die in einem Ballett auftreten: Außer der reichlich vorhandenen theologischen Literatur sind auch einige juristi- sche Werke zu erwähnen: das älteste wohl ein Bruchstück einer ober- sächsischen Pergamenthandschrift des sächsischen Lehnrechts aus dem ı 3. Jahrhundert. — Im Staatsarchiv zu Weimar verzeichnete Dr. BEHREND einige historische Lieder des 16. Jahrhunderts. — Besonderer Dank ge- bührt der großherzoglichen Regierung, die auf Vermittlung des Direk- tors der Großherzogl. Bibliothek, Geheimrats v. Bosanowskı, die Er- laubnis erteilt hat, daß nach und nach die für uns in Betracht kommen- den Handschriften in unser Archiv gesandt und hier beschrieben werden. Unter Anleitung des Archivars sind bereits Beschreibungen von den HH. Dr. Buske, eand. DemETER und cand. Sternan hergestellt worden. Im Königreich Sachsen und in der Provinz Schlesien geriet die Aufnahmearbeit ins Stocken, doch lieferte Dr. ScaıLımann wiederum Nachrichten über Fundstellen für Sachsen und Schlesien. Einen bisher als verschollen geltenden lateinischen Traktat des Johannes de Indagine über die Kalandsbrüder fand Dr. Beuresp in der Kgl. Universitäts- bibliothek zu Leipzig. Aus Schlesien trafen einige RERENE von lateinischen theologischen Handschriften der Kgl. und Universitätsbibliothek zu Breslau ein, verfaßt von den Kandidaten HH. Rorver, Wirrerr und MAKIELA. Einen nicht unansehnlichen Ertrag brachte die systematisch die Bibliotheken und Sammlungen der Provinzen Posen und West- preußen musternde Reise des Hrn. Dr. Nıewönxer, die sich auf mehrere Sommermonate erstreckte. Ausgeschlossen blieben diesmal die Städte Danzig, Posen und ihre näheren Umgebungen, da für sie zweckmäßiger die Hilfe von ortsansässigen Gelehrten aufgeboten wird. Eine besonders wertvolle Ausbeute war allerdings nicht zu erhoffen, da die handschriftlichen Bestände des ausgehenden Mittelalters in diesen Gegenden vielfach geplündert und zerstört worden sind. Ein beträcht- licher Teil davon läßt sich bekanntlich in Upsala und Stockholm nachweisen, wohin sie im 17. Jahrhundert als schwedische Beute der Kriege gegen Polen gekommen sind. Dank Nıewönsers energischer Arbeit umfaßt unsere Ernte immerhin noch 178 Beschreibungen. Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 123 In Gnesen, wo die Bibliotheken des Priesterseminars und des Metropolitankapitels zu berücksichtigen waren, setzte die Arbeit Nır- WÖHNERS ein. Empfehlungsschreiben des Direktors des Breslauer Diözesan- archivs, des Geistlichen Rats Prof. Dr. Josern Junenıtz hatten ihm die Wege geebnet. Aus der Reihe juristischer und theologischer Hand- schriften, welche die alte Metropole des deutschen Ostens noch be- wahrt, sei ein Sammelkodex des ı4. Jahrhunderts mit der Summa Confessorum des Johannes von Freiburg genannt. Gnesener Bruch- stücke der Kaiserchronik bewegen sich zwischen V. 12839 und 13839 des Schröderschen Textes. Ebenfalls dem Gnesener Priesterseminar gehört eine Inkunabel, in die ein älteres deutsches Gedicht in Reim- paaren von Jesus und Maria handschriftlich eingetragen ist. Den Lokalhistoriker werden lateinische Distichen auf die Gnesener Erz- bischöfe interessieren, die bis auf das Jahr 1576 führen. — Der von Gnesen nach Tremessen unternommene Abstecher bot geringe Aus- beute. Längere Zeit beanspruchten die Sammlungen zu Thorn, wo außer der Gymnasialbibliothek das Ratsarchiv, die Ratsbibliothek und die Bibliothek der Altstädtischen Gemeinde in Betracht kam. Wie zu erwarten, fehlen in diesem Kolonialland mit jüngerer deutscher Kultur Abschriften von Werken der mittelalterlichen literarischen Gattungen: Minnesang und ritterlich-höfischer Liebesroman in Versen sind hier ersetzt durch modernere literarische Produkte, wie sie den gelehrten, juristischen und theologischen Interessen der einbrechenden Reformationszeit entsprechen: das bezeugen die zahlreichen dortigen Rechts- und Geschichtshandschriften ; dazu tritt ein längeres strophisches Gedicht vom Leiden Christi in einer Psalterhandschrift des 16. Jahr- hunderts, das einer älteren Zeit anzugehören scheint, die lateinischen Epigramme Sebastian Brants (in einer Kobergerschen Inkunabel des Boethius ‘De eonsolatione philosophiae’) und Distichen von Georg Sabinus. Doch liegt der Schwerpunkt in den Gesellschaftsliedern des 16. und 17. Jahrhunderts; erwähnt seien “Etliche Teutsche Liedlein, geistlich und weltlich. Durch F. D. zu Preußen Trompetern Paul Kugel- man (1560) gedruckt zu Königsberg in Preußen’, denen zahlreiche zeitgenössische Nachträge mit der Feder zugefügt worden sind. Für die Geschichte der wissenschaftlichen Bildung kommt eine Deseriptio Bibliotheeae Thorunensis anno ı 594 exstructae in Betracht, die sich völlig übereinstimmend auch in einer Handschrift der Elbinger Stadt- bibliothek findet. — Von Thorn unternahm Nıewönxer schnelle Exkur- sionen nach Schönsee, Kulmsee und Podgorz ohne wesentlichen Ertrag. Eine Anzahl von Stadtbibliotheken und Privatsammlungen brauchten nicht besucht zu werden, da ihre Verwalter bestimmt er- g* 124 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. klärten, daß sie keine derartigen Handschriften besäßen; so Marien- werder und Graudenz. Einen umfangreicheren Handschriftenvorrat bewahrt noch Elbing; hier verbrachte Nırwönner den Rest der ihm zur Verfügung stehenden Zeit, teils in der Stadtbibliothek, teils in der Bibliothek der Marien- kirche arbeitend. In einem Sammelkodex um 1500 findet sich außer einer ‘Summa de confessionis disceretione’ des Frater Rudolfus und einem lateinisch-niederdeutschen Glossar (Dietionarius curialis) auf dem Innendeckel eingetragen ein Fragment von Bruder Philipps Marien- leben. Die reichen Materialien zur Geschichte des Elbsehwanenordens, die die Stadtbibliothek besitzt, waren bereits von Prof. Neubaur ab- gedruckt worden. Einen Hinweis verdient die literarische Wirksamkeit einer Lokalgröße, des Elbinger Rektors Fr. Hoffmann (17. Jahrhundert): ‘Damon und Pythias’ ist von ihm als lateinische Schulkomödie ge- dichtet, das Drama ‘Bellum Trojanum’ in deutscher Prosa verfaßt, während im deutschen Drama ‘Salomo’ Reim und Prosa wechseln. — Ein Ausflug nach Frauenburg, wo freilich zur Zeit nicht alle Samm- lungen zugänglich waren, verlief ergebnislos.. — Die Konitzer Be- stände sind in das Staatsarchiv zu Danzig übergeführt worden. In Ostpreußen setzte Bibliothekar Dr. ErrLineer die Aufnahme an der Kgl. Universitätsbibliothek zu Königsberg fort. Die wich- tige Reihe der deutschen Ordensstatuten wurde neu beschrieben, und zwar unabhängig von Steffenhagen, auch von Perlbachs Ausgabe nur insoweit abhängig, als dessen Einteilung befolgt wurde. Wichtigen Ertrag brachten zahlreiche Rechtsquellen. Beachtung fordert außerdem ein Codex, der Rulman Merswins Buch von den neun Felsen enthält, besonders interessant aber durch eine fragmentarische lateinische No- vellensammlung ist, die auf den Vorsatzblättern der Handschrift steht. Nähere Untersuchung verdient eine bisher nicht bekannte deutsche Übersetzung der Ekloge des Theodulus. — An der Beschreibung der Wallenrodtschen Handschriften beteiligte sich neben Dr. ErTLinsGER der jetzt als Bibliotheksvolontär eingetretene Dr. Ronupr; von ihm liegen zwei Beschreibungen vor. In der Kgl. Bibliothek zu Berlin ist Hr. Dr. Drsrrme auch wäh- rend des vergangenen Berichtsjahres noch nicht dazu gelangt, uns Früchte seiner Katalogisierungstätigkeit zu übergeben. Inzwischen hat Dr. Nırwönner einige große Spruchsammlungen in Folio, Dr. Honsgaum einige niederdeutsche und niederrheinische Corpora geistlicher Traktate für uns beschrieben, Dr. K. Marruäı berichtete über den Sammelkodex Ms. Germ. 4, 909, Dr. Pones über einige aus der Bibliothek des Gym- nasiums zu Salzwedel an die Kgl. Bibliothek gelangte Handschriften (Abschrift des ı7. Jahrhunderts von Konemanns Wurzgarten; Gedenk- Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 125 blatt Philipps von Zesen u.a.). Dr. Nırwönner beschrieb außerdem niederdeutsche und bayrische Gebetshandschriften, sowie ein schönes mittelhochdeutsches Prosalegendar, die sich im Antiquariat von Martin Breslauer befanden. Für Pommern, die westlichen Provinzen Preußens und das Groß- herzogtum Hessen haben uns die HH. BenaAsner in Gießen, Eurısmann in Greifswald, Franck und von Kraus in Bonn, Stravcz in Halle und Vocr in Marburg eine stattliche Anzahl jüngerer Gelehrter für die Inven- tarisation empfohlen, die sich weit überwiegend zur Mitarbeit bereit erklärt haben: so wird da künftig von stärkerer Steigerung zu melden sein. Diesmal ist die Provinz Sachsen erst durch Halberstadt ver- treten, wo Dr. SomMmERMEIER Rechtshandschriften des Kgl. Domgymna- siums bearbeitet hat. Über die altdeutschen Handschriften Mühl- hausens berichtete Prof. Emm Krrrser ausführlich in den Mühlhauser Geschichtsblättern XI, 106ff., ebenso über die altdeutschen Codices der Fürst-Georg-Bibliothek zu Dessau Dr. K. Marrsär in den ‘Mit- teilungen des Vereins für Anhaltische Geschichte und Altertumskunde’ 1911, S. 528fl. Eine größere Reihe von Beschreibungen aus der Universitätsbiblio- thek zu Gießen sandte Prof. Herrn; meist handelt es sich da um Stücke aus der Bibliothek von H. Chr. v. Senckenberg und Schiltersche Abschriften. Neben bekannten Handschriften und Fragmenten hebt sich doch aus dem Frühhumanismus und aus der historischen Dichtung des ı6. Jahrhunderts auch minder Beachtetes heraus. Aus seinem Privatbesitz beschrieb Prof. Hrım ferner eine Handschrift des 15. Jahr- hunderts (darin ein Spiegel der Sünden; mystische Stücke; Lehre gegen den Geist der Lästerung). Da die Mitarbeit am Deutschen Wörterbuch künftig Prof. Heım in erster Reihe in Anspruch nehmen wird, hat er die Fortsetzung der Gießener Handschriftenbeschreibung in die Hände des Bibliotheksvolontärs Dr. SchnEiper gelegt, der bereits mit der Aufnahme eines Bruchstücks von Lirers Schwäbischer Chronik einge- setzt hat. — Ein Perikopenbuch der Stadtbibliothek zu Worms hat Dr. Dessau beschrieben; Dr. Scuärer in Büdingen hat seine Auf- merksamkeit den Gräflich Solmsschen Archiven zu Laubach und Lich zuzuwenden begonnen: namentlich aus Laubach, wohin die Bibliothek des Klosters Arnsburg gekommen ist, wird künftig zu berichten sein. Frankfurt a. M. war diesmal nur durch historische Verse des Augsburger Meistersingers Abraham Schädlin vertreten, die sich im Besitz des Antiquariats Baer und Co. befanden und die Dr. Benrenn verzeichnen durfte. — Die Beschreibung der lateinischen Handschriften aus der Landesbibliothek zu Fulda setzte Dr. Wırsann fort: heraus- gehoben sei eine Sammelhandschrift, die sich durchweg mit dem Tode 126 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. beschäftigt (Totenvigilien, -gebete, -tanz, Todesbetrachtungen, Kenn- zeichen des Todes u. a... — Die Sammlung des Altertumsvereins zu Dillenburg, die Dr. Hrıyız für uns prüfte, ergab nichts. Das Städtische Archiv zu Köln, das Hr. Neukırcaen bearbeitet, spendete neben vielen bekannten Handschriften aus de Grootes Besitz wieder auch manches Neue: unbenutzte Handschriften von des Pleiers Tandareis und Flordibel, von Bruder Philipps Marienleben, vom Prosa- Lanzelet, Fragmente aus Ammenhausens Schachgedicht, eine alchimi- stische Lehrdichtung über den Stein der Weisen. — In die Schätze der Landes- und Stadtbibliothek zu Düsseldorf werden sich Hr. Ober- lehrer Dr. Grürers und Hr. Bibliothekar Dr. Reuter teilen; jener hat bisher über eine niederdeutsche Augustinlegende, dieser über den nieder- deutschen Krauthof der Seele und ähnliche Traktate berichtet. — Seine Aufnahme der Bielefelder Handschriften schloß Prof. Tümreı ab durch Verzeichnisse der Tractate einer Handschrift der Gymnasial- bibliothek und der Predigten eines Codex der Altstädter Kirche. Unter den Handschriften der Kgl. und Provinzialbibliothek zu Han- nover, die Oberlehrer Dr. Brırn diesmal behandelte, befand sich u.a. allerlei Kleinkunst deutsch und lateinisch, die in Bodemanns Katalog noch nicht Aufnahme gefunden hatte (Gesta scolarium; Traetat gegen Mißbrauch des Tanzes; Recepte aus dem St. Bonifaciusstift zu Hameln); die geistliche Literatur überwog wieder bei weitem (darunter die nieder- deutsche Übertragung der Legenda aurea). — In den von Dr. K. Marrnät erledigten Handschriften der Beverinschen Bibliothek zu Hildesheim traten hervor Lokalchroniken, in denen historische Lieder aus der Hildesheimer Stiftsfehde eingelegt sind, ferner die Brandißschen Diaria und eine niederdeutsche Übertragung von Thancemars Vita Bernwardi aus dem 17. Jahrhundert. — Einige niederdeutsche und lateinische Gebetshandschriften und Hymnare der Universitätsbibliothek zu Göt- tingen beschrieb Dr. PransmüLLer, einen mittellateinischen Miscellan- codex derselben Bibliothek Hr. cand. phil. Warner. In Mecklenburg beschrieb Bibliothekar Dr. Craım die in der Geheimen Regierungsbibliothek zu Schwerin befindlichen Fragmente des Rolandsliedes. Weitaus die reichsten Früchte brachten auf niederdeutschem Ge- biete Lübeck und Hamburg, dank der emsigen und ergiebigen Tätig- keit Dr. Hasrns und Prof. Hesrıcıs. Dr. Hasen hatte aus der Lübecker Stadtbibliothek wieder große Sammlungen von niederdeutschen Gebeten, Psalmen, Horarien, Andach- ten auszubreiten, die vielfach aus Frauenkreisen hervorgegangen waren. Von Prosastücken ist hervorzuheben eine Abendmahlsandacht in 12 oder 13 Abschnitten, ein Leben der hl. Dorothea, die geistliche Harfe, . .. . . . . 7 Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 127 Stücke aus dem großen Seelentrost, merkwürdige Andachten in Dialog- form (darunter die Weihnachtsandacht eines Priesters Johannes), kleine fromme Erzählungen; außerdem wieder manche neue Handschriften beliebter Stücke wie der Bede Gregorii, der 100 Artikel vom Leiden Christi, des Psalters Christi usw. Daneben stehn aber auch sehr viele Reimgedichte, von denen nur ein kleiner Teil schon durch Mantels bekannt gemacht worden ist, viele übrigens auch in anderen Hand- schriften sich finden: mit Vorliebe huldigen sie der Jungfrau Maria, besingen ihre Namen, ihre Tagzeiten, ihre Vorzüge, ihre Freuden und Leiden; auch eine neue Handschrift der bisher nur aus Wolfenbüttel bekannten gereimten “Ehrentafel’ ist hier aufgetaucht, sowie eine neue Handschrift des geistlichen Blumenkranzes; noch unbekannt sind an- scheinend eine gereimte Margaretenpassion, eine gereimte Seelenmesse u.a.m. Besonders stattlich stellte sich diesmal Prof. Hrxrıcıs Arbeits- leistung auf der Stadtbibliothek zu Hamburg dar. Er hat etwa 700 Bände durchgesehen, von denen einige der Abteilung ‘In scrinio’, die meisten den ‘Manuseripta theologica’ angehörten; nur 140 erfor- derten eine Beschreibung, darunter aber viele große Sammelhand- schriften. Die Mehrheit enthielt deutsche, vor allem niederdeutsche geistliche Prosa: Traktate, Andachten, Mystisches, Legenden, Sprüche, Gebete, Breviere, Lektionare; doch auch an größeren und kleineren Reimdichtungen war kein Mangel, unter denen z. B. ein geistlicher Weingarten erwähnt sei. Ein Fragment der Kaiserchronik aus dem Anfang des ı3. Jahrhunderts, enthaltend mehrere 100 Verse des ersten und zwölften Tausends, war eingeklebt in dem theologischen Band 1546 aus der Karthause bei Erfurt. Besonders bemerkenswert erschien sonst ein Psalter mit Erklärungsprosa des 15. Jahrhunderts, eine Erklärung der Apokalypse mit zahlreichen Hinweisen auf zeitgenössische Er- eignisse des 16. Jahrhunderts und mit eingeklebten Zeichnungen, zu denen antipäpstliche Verse gesetzt sind; der niederdeutsche goldene Spiegel der armen sündigen Seele; ein niederdeutsches Seelenparadies; ein niederdeutsches Sammelwerk ‘der Tugenden Ketten’; eine hoch- deutsche (aber in Lüneburg entstandene) Miscellanhandschrift, die eine geistliche Ritterschaft, Meerfahrt usw. enthielt; geistliche Fastnachts- küchlein, Osterfladen, Maikäse, Maimus u. m.; die Predigt “der Berg von Golde’ von einem Straßburger Lesemeister; eine Handschrift von Ingolds Goldnem Spiel, die das Datum 1432 bestätigt; Stücke aus Meister Eckart, aus Geiler von Kaisersberg; Tagebücher der Nonne Angela de Hoelfels und Predigtexcerpte (Postille) der Nonne Katharina Gordeler, beide aus St. Agnes in Trier; Andachtsbuch der Herzogin Elisabeth von Nassau-Saarbrücken; eine oberdeutsche Summa deere- 128 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. talium des Johannes von Freiburg; eine volkskundlich interessante Sammlung von Lehren über Recht, Moral, Politik und Religion, und vieles andere. Von lateinischen Dichtungen kommen neben einem Cato namentlich Jesuitengedichte aus Würzburg und Leonhard Weikharts “Planetus animae ex flammis purgantibus ad mortales’ (16. Jahrhundert) in Betracht. Sehr reich vertreten ist die deutsche Dichtung des 16. und 17. Jahrhunderts durch Joh. Mich. Dilher, Ludw. Alb. Ölschlegel, Vine. Placeius, die Witwe Magdalena Meißner, Katharina Uhrwalt- Schumacher aus Wandsbek, das hochdeutsche Gedicht ‘Der weltlich ' Papst’, den Roman von Mausolus und Artemisia. Endlich ist zum erstenmal aus Italien über positive Erträge zu berichten. Schon in den Anfängen unseres Unternehmens hatte uns der Leiter des Preußischen Historischen Instituts in Rom, Geheimrat Krnr, die Unterstützung seiner Beamten in Aussicht gestellt (s. Sitzber. 1905, S. 138). Jetzt sandte uns der gegenwärtige Bibliothekar des genannten Instituts, Dr. Curıst, das Ergebnis seiner Arbeit an mehreren Biblio- theken. Unter planmäßiger Rücksichtnahme auf die bisherige Durchfor- schung der deutschen Bestände in den römischen Bibliotheken (Greith, Adelb. v. Keller, Dudik, Bethmann, Steinmeyer, Bartsch) richtete er sein Augenmerk zunächst auf die noch gar nicht oder nur unzureichend beschriebenen Handschriften. Für die Vatikanische Bibliothek leiste- ten dabei gute Dienste die Inventare der Bibliotheca Reginae, der Palatina und eines Teils der Vaticana Latina. Es ergab sich, daß im allgemeinen bereits Greith mit Sorgfalt diese vier Verzeichnisse durchsucht und alle deutschen Stücke vermerkt hat. Nachträge in größerer Zahl lieferte nur die Palatina, meist späte Handschriften medieinisch-naturwi haft lichen Inhalts, die auch im Anhang zu Bartschs Heidelberger Hand- schriftenkatalog (S. 182 ff.: ‘Deutsches in den Codices Lat. Palat. der Vaticana’) fehlen. Früchte trug auch die Durchsicht der letzten Bände des Inventars der Vaticana Latina (Cod. 7200 f.), die früheren Forschern nicht vorgelegen hatten, und die Prüfung eines Teils der Handschriften- bruchstücke in Büchern der Palatina, auf die schon Stevenson Inventario dei libri stampati Palatino-Vaticani, 1886 — 1891, hingewiesen hatte. Dr. Curıst hat, wie sein Bericht betont, bei Hrn. Pater Enkrr, dem Prä- fekten der Vaticana, für seine Arbeiten jederzeit verständnisvolles Ent- gegenkommen gefunden. Außer der Vaticana hat Dr. Carıst auch noch die Biblioteca Vittorio Emanuele und die Biblioteca Casanatense zu durehfor- schen begonnen und die Bestände der Handschriften in deutscher Sprache in der Biblioteea Corsiniana (Accademia dei Lincei) bereits erledigt. Aus den beschriebenen Schätzen der Vaticana heben wir hervor eine Aventinhandschrift »Von dem Herkommen der Stadt Regensburg«, Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 129 die in der großen Ausgabe der Bayrischen Akademie noch keine Ver- wendung gefunden hat; ferner ein mhd. Gedicht mit der Legende vom heiligen Wernher, das Dr. Curıst zu veröffentlichen beabsichtigt. Uner- wartet ist der Zuwachs an Reformationsliteratur: außer einem Brief und einer Predigt Melanchthons, die das Corpus Reformatorum nicht kennt, einem interessanten Brief Luthers an Agricola finden sich geistliche Lieder protestantischer Prediger. Auch der oft besungene Kampf um die Magd im Rautenkranz, um Magdeburg, 1550/51, ist in einem star- ken Sammeleodex in zahlreichen Landsknechtsliedern festgehalten. Aus der Biblioteca Casanatense sei ein mittelniederländisches Gebetbuch, aus der Corsiniana eine Handschrift mit Johann Lichtenaus Gedicht von der Fechtkunst und ähnlichen Stücken, ferner die bekannte Handschrift von Seyfrieds Alexander verzeichnet. Aus Spanien sandte von seiner großen Bibliotheksreise Professor Epnr. BAUNGARTNER aus Zug, der unser Archiv in Berlin benutzt hatte, Mitteilungen, die ergeben, daß zu Madrid, im Eskorial und in Barcelona Handschriften liegen, die für uns in Betracht kommen. Es kann nicht stark genug betont werden, wie erwünscht uns solche spontane und zu- verlässige Hilfsarbeit jederzeit sein muß. Die Benutzung der Materialien im Archiv, die Anzahl der Anfragen wies wiederum eine Steigerung gegen das Jahr zuvor auf. Soweit es die knappe Zeit zuließ, förderte der Archivar den Katalog des gedruck- ten Materials. Die Zahl der Zettel ist auf 320000, die der Beschrei- bungen auf 6800 gestiegen. Unter Anleitung des Archivars arbeiteten an der Verzettelung folgende Hilfsarbeiter: Dr. Böusıse, Dr. Buske, stud. DEmETER, cand. Genser, Dr. Gute, Dr. Honssaum, Dr. Kasch, Dr. Krürr, stud. Krücer, stud. Korte, stud. Karsten, Kaplan Loyo, stud. ÜBERBECK, stud. STEPHAN. An den Ordnungsarbeiten beteiligten sich stud. BLunex#ELpt, stud. Enser, stud. Neuxer, stud. Liesiex, stud. GEORGT, ferner Frl. Lunwis, Frl. Schwertreeer, Frl. VoLkmann. Die Zahl der zum Archiv geliehenen Handschriften belief sich auf 73. Besondere Aufmerksamkeit wurde den Handschriften zuteil, die von Antiquariaten zum Kauf ausgeboten wurden. — Die kleine Handbibliothek wurde um einige paläographische Werke verstärkt. Von den ‘Deutschen Texten des Mittelalters’ wurde ausgegeben nur Bd. XXIII ‘Konrads von Megenberg Deutsche Bphaere, aus der Münchener Handschrift herausgegeben von Orro Marruär ; dagegen ist der Satz der beiden umfänglichen Bände XX und XXII (Rudolfs von Ems Weltchronik, aus der Wernigeröder Handschrift heraus- 130 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. gegeben von Gustav Enurısmasn’, und ‘Das Väterbuch, aus der Leip- ziger Handschrift mit Ergänzungen aus der Hildesheimer und der Straß- burger Handschrift herausgegeben von Karı, REISSENBERGER‘) noch immer nicht zum Abschluß gelangt. Nahezu vollendet ist im Druck Bd. XXIV “Die Minnereden der Heidelberger Handschriften cod. pal. 344, 358, 376 und 393, herausgegeben von Karr. Marrnär; begonnen hat der Satz von Bd. XXV ‘Die Pilgerfahrt des träumenden Mönchs aus der Berleburger Handschrift herausgegeben von Anoıs Böner’. Be- vor stehen zunächst ‘Das alemannische Gedicht von Johannes dem Täufer und Maria Magdalena, aus der Wiener und Karlsruher Handschrift herausgegeben von Hemrıch Aprıan und die "Katharina divina des Hans von Vitpech, aus der Göttinger Handschrift her- ausgegeben von Frırz Paur’; ihnen wird voraussichtlich ‘Der Troja- nische Krieg, aus der Göttweicher Handschrift herausgegeben von Aurren Koppitz’ folgen. Die Wieland-Ausgabe hat trotz allem Drängen des Redaktors im abgelaufenen Jahre gestockt, doch sind jetzt die Jugendschriften aus- gedruckt, die sich unmittelbar als Zugabe anschließenden großen Dik- tathefte des Züricher Privatlehrers, die bei ihrem Besitzer nachver- glichen werden mußten, teils vollständig, teils im Auszug unter der Presse, die Lesarten zu den vier ersten Bänden zur Veröffentlichung gerüstet. Der Horaz soll auf Wunsch des Verlegers als Ganzes er- scheinen und wäre schon in diesem großen Umfang herausgekommen, hätten nicht Amtspflichten und auch gesundheitliche Anfechtungen Hrn. Dr. Stacuer in der Arbeit aufgehalten. Für rascheren Fortgang ist nun durch gleichzeitige Vorbereitung mehrerer Bände gesorgt. Über die Arbeiten am ‘Rheinischen Wörterbuche’ erstattet das außerakademische Mitglied der Deutschen Kommission, Hr. Franck, folgenden Bericht: | ‘Die im vorigen Bericht geäußerte Hoffnung, daß Hr. Dr. Fries etwas länger als wissenschaftlicher Assistent für uns tätig sein könne, hat sich nicht erfüllt, da ihn der Schuldienst ganz in Anspruch nahm. Das Interesse, welches er der Sache bewahrt, erlaubt ihm vielleicht später noch einmal uns zu unterstützen. An seine Stelle trat am ı6. April Hr. Dr. Orro Scuumann aus Marburg, Kandidat an der hiesi- gen städtischen Realschule, während der seit einigen Jahren bei uns beschäftigte cand. phil. Hr. Scuwarz seine Tätigkeit auf zwei Wochen- tage einschränken mußte. Als Hilfsarbeiterinnen wurden aufgenommen im März Frl. SEeıgert, im Mai Frl. WEınEnFEeLD und im Juli Frl. Hünten. Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 131 Außerdem ist seit Mitte Juni der cand. phil. Hr. Dr. Scnmoecker, aus Siegen für uns tätig. Anfangs April wurden die neuen uns von der Universität gewährten ausreichend großen Räume bezogen. Die Verzettelung der Eingänge an Einzelmaterial, die durch einen anfangs Oktober veröffentlichten Aufruf in den Zeitungen einen neuen Anstoß erhielten, und der gedruckten Texte wurde den vermehrten Kräften entsprechend fortgesetzt. Die Bearbeitung der Fragebogen, von denen seit der letzten Mitteilung Nr. 17—19 ausgegeben wurden, schreitet nach der bisherigen Methode langsam fort. Es muß wohl eine neue, noch weiter kürzende eingeführt werden, wodurch aller- dings die Nachschlagearbeit bei der späteren Ausführung stark ver- mehrt werden würde. Die kartographischen Arbeiten sowie die Vorbereitung von Laut- tafeln sind durch den Austritt von Dr. Frises zur Zeit ins Stocken geraten. Der Bestand an Zetteln aus der lebenden Mundart wird, abge- sehen von denen, die sich noch im Besitze von Dr. Trexse befinden, auf 390000, der aus Urkunden und anderen gedruckten Texten auf über 30000, der aus Fragebogen auf 60000 geschätzt. Außerdem ist für die an zweiter Stelle genannte Gattung auf die fortgesetzte Arbeit des Hrn. Dr. Wrepe in Köln zu verweisen (s. u.). Auf weitere Hilfe in der Exzerpierung älterer Materialien, wie sie noch im vorigen Bericht erwähnenswert schien, ist, von etwaigen gelegentlichen Mit- teilungen abgesehen, augenblicklich kaum zu rechnen. Ein Besuch beim Düsseldorfer Staatsarchiv überzeugte mich, daß an eine einiger- maßen umfassende und systematische Ausnutzung in unserer Lage nicht zu denken ist. In einer Sitzung der Wörterbuchkommission, die am ı2. März 1912 zu Bonn stattfand, wurde die Veröffentlichung einer ersten Probe des Rheinischen Wörterbuchs für das Jahr 1913 ins Auge gefaßt. Um eine Verstärkung der Hilfskräfte zu ermöglichen und dadurch die Aus- gabe der ersten Lieferungen zu beschleunigen, hat für das Jahr 1912 der Provinzialverband den Zuschuß um 1000 Mark, die Akademie und die Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde um je 500 Mark erhöht; eine ähnliche Erhöhung wird für das Jahr 1913 erhofft. Die Arbeiten am historischen Kölner Sprachschatz, die mit in erster Linie dem Rheinischen Wörterbuch zugute kommen, sind im verflossenen Jahre unter Leitung des Hrn. Dr. A. Wreve (Köln) be- trächtlich gefördert worden. Bisher wurden eine Reihe von Turm- büchern (Gefangenenverhöre), Kriminalprozeßakten, Handels- und Ge- werbeakten, Zunfturkunden, Geschäftsbüchern, Nachlaßverzeichnissen, Testamenten, Inventarien von Anstalten (Hospitälern) und Privatleuten, 132 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. Soldverschreibungen, Ratsedikten, Kirchenarchivalien, Rechnungsbü- chern der städtischen Verwaltung und von Korporationen sowie viele einzelne Urkunden und Aktenstücke, auch gedruckte Quellen verar- beitet und verzettelt. Die Bearbeitung berücksichtigt neben der rein sprachlichen Seite (in lautlicher, grammatischer und lexikographischer Hinsicht) auch die sachliche, so daß der historische Kölner Sprach- schatz auch eine kulturhistorische Quelle zu werden verspricht. Auch der Gebrauch der Fremdwörter wird einbegriffen.’ Über den Fortgang der Arbeiten am “Hessen-Nassauischen Wörter- buch’ berichtet Prof. Fern. WrEDE in Marburg das Folgende: ‘Die Verzettelung der wissenschaftlichen Literatur über die Mund- arten des Wörterbuchbezirkes ist im Berichtsjahr fortgesetzt worden, so daß der Apparat jetzt gegen 25000 Wörter umfaßt. Die Vereini- gung der Arbeit am Wörterbuch mit der am Sprachatlas des Deutschen Reichs unter demselben Dache sichert für jene eine stetige dialekt- geographische Orientierung. Eine ganze Reihe von Verfassern neuer dialektologischer Dissertationen, die in Marburg und Gießen im letzten Jahre entstanden, vermehrt die Zahl zuverlässiger Helfer. Und so dürfte denn für das Hessen-Nassauische Wörterbuch, das nunmehr definitiv das schön abgerundete Gebiet der preußischen Provinz Hessen- Nassau, des rheinischen Kreises Wetzlar und der Hessen-Darmstädti- schen Provinz Oberhessen umfassen soll, eine besonders günstige wissenschaftliche Grundlage geschaffen sein. Dagegen hat mit der Agitation und Sammeltätigkeit im Lande selbst erst eben begonnen werden können, da sie für mich abhängig sein mußte von der endgültigen Genehmigung des Herrn Ministers, meine dienstliche Tätigkeit zwischen Sprachatlas und Wörterbuch zu teilen. Diese ist im August eingetroffen. Im Herbst fand dann in Marburg eine Konferenz von etwa 20 Herren aus allen Teilen des Wörter- buchbezirks statt, auf der ein wertvoller und dankenswerter Meinungs- austausch über die wichtigsten Organisationsfragen stattfand (Benutzung der Presse, Vorträge in den Vereinen, Sammelzentralen, Abfassung der Fragebogen, Transkription u. a.). Vorher schon hatte Hr. Dr. Kron durch Vorträge auf Lehrerversammlungen vornehmlich im Westerwalde rührig und erfolgreich für die Mitarbeit am Wörterbuch gewirkt und allein von dort gegen 150 Adressen hilfsbereiter Herren heimgebracht. In den übrigen Teilen des Wörterbuchbezirkes hat eine ähnliche Werbe- tätigkeit jetzt eingesetzt. Bis zum ı. Oktober haben die HH. Dr. Kron (aus dem Nassauischen) und Corerr (aus dem Kurhessischen) als Assistenten dem Wörter- Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 133 buch wertvolle Dienste geleistet. Dann schieden beide aus, jener um sein Seminarjahr in Weilburg anzutreten, dieser um sich ganz der Vorbereitung für das Doktorexamen widmen zu können. Jener bleibt damit im Wörterbuchgebiet und wird auch von Weilburg aus für uns wirken können. Dieser will nach dem Examen, d.h. voraussichtlich noch in diesem Winter, als Assistent zum Wörterbuch zurückkehren. In der Zwischenzeit wurde und wird an diesem wechselnd von den . HH. Dr. Wıx, Dr. Bromm, Dr. Kavrert dankenswerte Hilfsarbeit ge- leistet und ihnen damit zugleich genauerer Einblick in Anlage und Apparat des Unternehmens gewährt. Mit besonderem Danke dürfen wir schon heute über wertvolle Zuwendungen an das Wörterbuch berichten. Frau Geheimrat von Münstermann in Berlin hat uns aus dem Nachlaß ihres Schwieger- vaters, des verstorbenen Geheimrats Franz Lunwıs Mırtrer in Cassel, des Herausgebers der »Deutschen Volkslieder« (1854, 2. Ausg. 1865), umfangreiche Sammlungen überwiesen, die nach der Benutzung für das Wörterbuch in den Besitz der Akademie übergehen sollen; nament- lich die große alphabetisch geordnete Sammlung von Sprichwörtern und Redensarten nebst Angabe zahlreicher Parallelstellen wird dem Wörterbuch von Wert sein. Ferner hat Hr. Lyzealdirektor Dr. Scnoor in Hersfeld, dessen Name in der hessischen Mundartenforschung längst einen guten Klang hat, auf die geplante Herausgabe eines Schwälmer Idiotikons verzichtet und sein reiches Material dem Hessen-Nassauischen Wörterbuch alsbald zur Verfügung gestellt. Für beide kostbaren Zu- wendungen sei den uneigennützigen Gebern auch hier aufrichtig ge- dankt. Über die Erwerbung einiger weiterer Privatsammlungen wird zur Zeit noch verhandelt.’ Über den Stand des ‘Preußischen Wörterbuches’ teilt Hr. Privat- dozent Dr. Warrner Zıesemer in Königsberg das Folgende mit: "Amt. August ı912 begann lIr. Dr. Warrner MırzRa, der durch seine Dissertation ‘Studien im ostpreußischen Niederdeutschen nördlich vom Ermland’ seine Fähigkeit für mundartliche Arbeiten gezeigt hat, seine Tätigkeit als Assistent am Preußischen Wörterbuch; er ist zugleich seit dem ı. Oktober Seminarkandidat am Kgl. Hufengymnasium. Als Hilfsarbeiterin ist Frl. Kırscunick seit dem 15. Mai tätig. Unsere Arbeit erstreckte sich im wesentlichen auf Aufnahmen des Sprachschatzes aus den lebenden Mundarten. Die Zahl der Sammler hat sich auf etwa 300 erhöht. Unter ilınen haben besonders wert- volle Materialien gesandt: Frl. von Barocxı (Tharau), Pfarrer ÜOEKOLL (Tannsee), Kandidat Dr. Grüsner (Königsberg), Kandidat Kerner (Königs- 134 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. berg), Lehrer Kırsteın (Lampasch b. Pr.-Eylau), Oberprimaner LAwETZKY (Braunsberg), Lehrer Lenmann (Bobau, Westpr.), Dr. Lorentz (Karthaus), Schriftsteller Mankowskı (Danzig), Vikar MopeEresser (Haffstrom), Frl. Mürter (Landeck), Lehrer Morscenkoru (Pr.-Holland), Lehrer Popent (Pr.-Eylau), Lehrer Porızs (Kerwienen), Oberlehrer Dr. Rısk (Danzig), Mittelschullehrer ScuLexerr (Königsberg), Hauptlehrer Sonntas (Sa- kuten), Gymnasialdirektor Dr. Stunrmann (Dt.-Krone), Lehrer Tnormans (Aulowönen), cand. phil. Werner (Königsberg). Es ist sehr dankenswert, daß einige Kreisschulinspektoren, bes. Hr. Schulrat Rırve (Pr.-Stargard), werbend für unsere Arbeit tätig ge- wesen sind und daß auch einige Lehrervereine (bes. Heilsberg, Lehrer Kraskı) eine Sammeltätigkeit in ihren Bezirken veranstaltet haben. Gedruckte mundartliche Literatur haben wir im vergangenen Jahr nur wenig in Angriff genommen, doch wurden bearbeitet: Boldt, Ut’m Noatangsche; Hirschfeld, Heern Se mal (Prof. Dr. Branpes [Dt.- Krone]); Königsberger Illustrierte Zeitung 1912 (Oberlehrer Dr. Bauszus), Reichardt, Offene Briefe; Trescho, Religion, Freundschaft und Sitten; Trescho, Geschichte meines Herzens (Apotheker Sensrırzkı [Memel]); Preußische Provinzialblätter I—-XX (Dr. Mrrzka). An handschriftlichen Sammlungen stellte uns die Direktion der hiesigen Kgl. Universitäts- bibliothek aus dem Nachlasse Friscnsiers eine sehr umfangreiche Sammlung Münuwes zur Verfügung, die Frıscugier für sein Wörter- buch reichlich benutzt, aber nieht ausgeschöpft hat. Hr. Direktor Dr. Mavporn (Thorn) übersandte uns seine früher für ähnliche Zwecke veranstalteten Exzerpte aus den Preußischen Provinzialblättern. So beläuft sich die Zahl der bisher eingeordneten Zettel auf etwa 60000. Mit bestem Dank buchen wir eine Zuwendung an das Wörter- buch von der Redaktion der » Danziger Neuesten Nachrichten«, die uns die wöchentlich seit 5 Jahren unter dem Pseudonym Poguttke erschienenen mundartlichen Artikel überwiesen hat und die weiter erscheinenden jedesmal übersendet. Im Frühjahr 1912 hat sich im Anschluß an die Altertumsgesell- schaft Prussia eine volkskundliche Abteilung gebildet, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das gesamte volkskundliche Material im alten Ordensland Preußen zu sammeln. Der Vorstand der volkskundlichen Abteilung hat sich gern bereit erklärt, die bei ihm einlaufenden sprach- lichen und volkskundlichen Materialien für das Wörterbuch zur Ver- fügung zu stellen. Der erste Fragebogen, der im wesentlichen Fragen nach einigen landwirtschaftlichen Dingen enthält, ist ie und soll im Laufe des Januar versandt werden.’ Ä Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 135 Aus der Centralsammelstelle des ‘Deutschen Wörterbuchs’ in Göttingen meldet ihr Leiter Dr. Jon. Locnner: "Seit dem 30. September befindet sich die Centralsammelstelle im neuen Seminargebäude der Universität Göttingen Nikolausberger- weg 13—-15, in dem sie auf Grund eines Vertrages mit dem Direktor des Orientalischen Seminars, Hrn. Prof. Sethe, die diesem zugedachten zwei Räume bezogen hat. Außerdem wurde ihr ein Teil des Direktor- zimmers des Deutschen Seminars zur Aufstellung des erledigten Zettel- materials von Hrn. Geheimrat Prof. Epw. Schröner zur Verfügung gestellt. Die längere Zeit offengebliebene Stelle des dritten Assistenten ist am 29. Januar 1912 durch Hrn. S. Jagusch wieder besetzt worden. Das Schwergewicht der Arbeiten lag auch in diesem Jahre in dem auswärtigen Excerpierungsgeschäft, zumal die Akademie auf eine möglichst schnelle Beendigung dieser Arbeit drängte. Es wurde des- halb die Anzahl der Excerptoren so vermehrt, daß zeitweilig über 100 arbeiteten, und deren Leistung derart hochgetrieben, daß etwa zum April 1913 der Abschluß erreichbar war. Gegen Ende Oktober wurde dann aber auf eine Anweisung von Berlin den Excerptoren mit einer kurzen Ausschlußfrist gekündigt. So mußten von den noch zu bearbeitenden Bänden zunächst 966 gänzlich, 40 teilweise unbearbeitet bleiben. Doch ist ins Auge gefaßt, später mit den als besonders zu- verlässig erkannten Excerptoren über die Erledigung der wichtigsten Restbestände zu verhandeln. Die Sammlung der CSSt. umfaßt jetzt 1813000 Belege, von denen 1477000 von insgesamt 395 Excerptoren, 203000 aus altem Material, 133000 aus den »Lexik. Hilfsmitteln« stammen (gegen das Vorjahr + 430000). Die CSSt. ist nunmehr, wenn auch auf etwas abrupte Weise, an dem Punkte angelangt, wo sie, von dem zeitraubendsten Teile ihrer Aufgaben befreit, sich völlig den andern widmen kann: der eigenen Excerpierarheit und der direkten Unterstützung der Mitarbeiter. Es sind in diesem Berichtsjahre von uns direkt 33000 Belege ex- cerpiert worden. Erledigt sind von den »Lexik. Hilfsmitteln« 138 Bände, für die übrigen etwa 1400 Bände dürften unter den jetzigen Ver- hältnissen noch 3—-4 Jahre erforderlich sein. Es müßten dann aber dauernd drei Kräfte dafür eingestellt bleiben. Während die Mitarbeiter bisher das Material nur nach den Stich- wörtern geordnet erhielten, innerhalb des einzelnen Stichwortes aber keinerlei Ordnung herrschte, soll jetzt mit der sachlichen Ordnung der Belege ein Versuch gemacht werden. Die Belege sollen hierbei nicht nur nach Autoren, sondern auch nach den Hauptbedeutungs- 136 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. gruppen geschieden werden, wobei zugleich auf die Ausfüllung der immer noch vorhandenen empfindlichen Lücken Bedacht genommen wird. Um die hierzu nötige Übersicht zu gewährleisten, haben die HH. Dr. Locnser, Dr. Fıscnher und Jagusch die Materialerfordernisse von je fünf Mitarbeitern dauernd zu überwachen und über die ge- fundenen Lücken in Zeitabschnitten zu beraten unternommen. Zu- nächst wird für jeden Mitarbeiter das Material im Umfange etwa einer Lieferung bearbeitet, um vor allen Mitarbeitern einen gewissen Vor- sprung zu bekommen. Dabei werden unklare Belege sofort collationiert, solche aus älteren Ausgaben nach den jetzt üblichen umeitiert u. a. m. Die Excerpiertätigkeit der CSSt. wird dabei mehr als bisher auf eine Ergänzung des bereits Vorhandenen Bedacht nehmen und überflüssige Arbeit vermeiden können. — Die CSSt. hat bisher alles bei ihr ein- gelaufene Material an die Mitarbeiter weitergegeben und es ihnen überlassen, nicht nur Belege, sondern auch Wörter völlig auszuscheiden. Sie wird vielleicht weiterhin in die Lage kommen, die Ausscheidung von zufälligen, überflüssigen und für das DWB. durchaus entbehrlichen Wörtern selbst vorzunehmen. Die Mitarbeiter erhielten im Berichtsjahre wieder vierteljährlich Je eine Sendung, zusammen etwa 70000 Belege. Auch hier wird Jetzt eine Vereinfachung eintreten, insofern diese regelmäßigen großen Nachschübe nunmehr aufhören und nur noch das von der CSSt. selbst excerpierte Material den Mitarbeitern zugehen wird. Zur Vereinfachung der Korrekturen und gleichmäßigeren Gestaltung des Druckes wurde den Mitarbeitern im Februar ein Circular über die einheitliche Einrichtung der Manuscripte, besonders in der Be- handlung der älteren Belege und der Abkürzung der Quellentitel, zu- gesandt. Ferner wurden wieder für die Mitarbeiter eine Reihe besonderer Aufträge erledigt, Umschreibungen, Collationierungen, besondere Samm- lungen, zusammen etwas über 800 Zettel. Die Schlußpartie des G („0—gz) ist zwischen den HH: Prof. Heım und Dr. Ilüsser so aufgeteilt worden, daß Prof. Hrın die Reihe 90 — graz, Dr. Hüsser, der jetzt definitiv in die Zahl der Mitarbeiter aufgenommen ist, den Rest gre—gz übernimmt. Ebenso haben die HH. Dr. Meyer und Dr. Cronr, die den Schluß des S bisher gemeinsam bearbeiteten, sich dahin geeinigt, daß jener die Reihe ste—stiz, dieser den Rest sio—sz behandeln wird. Im Berichtsjahre sind erschienen: für G: (Bd. IV Abt. ı) von Prof. Wunperrica die ı. Lieferung des 4. Teiles (gewöhnlich—Gewühl); Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 137 für S: (Bd. X Abt. 2) von Dr. Cromr und Dr. Mryer die 8. und 9. Lieferung (Staupe— stehen) ; » U: (Bd. XI Abt. 3) von Prof. Evuine die ı. Lieferung (Un—un- ansichtig) ; » V: (Bd. XII Abt. ı) von Prof. Mrıszxer und Dr. Leororn die $., von Dr. Lrororn allein die 9. Lieferung (versitzen — verstehen) ; ‘» W: (Bd. XIV Abt. ı) von Prof. Görze die 2. Lieferung (Wehr — Wehtag). Im Druck befinden sich: von Dr. Mrver Lieferung ı0 von Bd. X 2, von Dr. v. Krarık Lieferung 4 von Bd. XI ı, von Prof. Dorımayr Lie- ferung ı von Bd. XI 2, von Prof. Mrıszxer Lieferung ı von Bd. XII 2, von Prof. v. Banner Lieferung ıı von Bd. XII, von Prof. Götze Lie- ferung 3 von Bd. XIV ı, von Prof. Sörrerui Lieferung ı von Bd. XIV 2, von Prof. Servorr Lieferung ı von Bd. XV und von Prof. RosexnAaGEn Lieferung ı von Bd. XVI. Im ganzen sind also 7 Lieferungen erschienen und 9 im Druck (davon 2 im Satz abgeschlossen). ' Forschungen zur neuhochdeutschen Sprach- und Bildungsgeschichte. Bericht des Hrn. Burpacn. Über das Fortschreiten des Werkes Vom Mittelalter zur Reformation, Forschungen zur Geschichte der deutschen Bildung ist folgendes mitzuteilen. Im Oktober 1912 wurden zwei Teile (II. Band, 3. 4) veröffentlicht: Brief- wechsel des Cola di Rienzo, herausgegeben von Kosrap Burvach und Paur Pıur, dritter Teil (Kritischer Text, Lesarten, Anmerkungen) und vierter Teil (Anhang: Urkundliche Quellen zur Geschichte Rienzos; Oraculum ange- licum Cyrilli, Kommentar des Pseudo-Joachim). Der kulturgeschichtliche erste Teil der Rienzoedition (Rienzo und die geistige Wandlung seiner Zeit), vom Berichterstatter, steht im Reindruck beim 21. Bogen, im Satz beim 31. Bogen. Der zweite Teil (Einleitung: Beschreibung der Handschriften und Darstellung des handschriftlichen Nachlebens der Briefe Rienzos von K. Burvacn und P. Pıvr) befindet sich gleich dem fünften Teil (Historischer, sachlicher und literarischer Kommentar von K. Burpach, F. Küns, P. Pıur; Glossar von Artur MüLter) im Stande eifriger Vor- bereitung. Dieser kommt es zugute, daß Öberlehrer Dr. Pıur, der seit dem ı. Oktober 1912 einen ministeriellen Urlaub auf ein Jahr er- halten hat zu wissenschaftlicher Arbeit am Kgl. Preußischen Histori- schen Institut in Rom, dort neben der Arbeit an seiner voraussichtlich in den Publikationen des Historischen Instituts erscheinenden kritischen Ausgabe von Petrarcas Briefsammlung Sine nomine bemüht ist, die Beschreibung der von uns benutzten italienischen Handschriften für Sitzungsberichte 1913. ” 138 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. die Rienzoedition wie. für den seit Jahren vorbereiteten IV. Band des am Eingang erwähnten Werkes (Petrarcas Briefwechsel mit deutschen Zeitgenossen) durch Autopsie zu sichern und zu ergänzen, auch unser handschriftliches Material tunlichst zu vermehren. Zu diesem Zwecke hat er, nachdem er bei Durehsicht und Ausnutzung der römischen, insbesondere der vatikanischen Bestände einen vorläufigen Abschluß erreichen konnte, soeben eine etwa 10- bis ıgtägige Reise nach Padua, Mantua, Modena und Florenz zur Durchforschung einiger in den dortigen Archiven und Bibliotheken aufbewahrten Handschriften von Rom aus angetreten. So bleibt Dr. Pıwvr auch während seines römischen Urlaubs- jahres unmittelbar im Interesse der akademischen Unternehmung des Berichterstatters tätig; ermöglicht ist das nur durch das dankenswerte Entgegenkommen und Interesse des Leiters des Historischen Instituts in Rom, des Hrn. Geh. Reg.-Rats Prof. Dr. Kerr. Vom ersten Teil des III. Bandes (Der Ackermann aus Böhmen, herausgegeben von ALoıs BERNT und Konrap Burpach) ist Einleitung, kritischer Text mit Lesarten, Glossar im Druck vollendet (20 Bogen), das Manuskript der über- wiegend sprachlichen und exegetischen, von Bersr verfaßten An- merkungen ist im wesentlichen druckfertig, dasjenige der vom Be- richterstatter herzustellenden Anmerkungen dem Abschluß nahe. — Für den ersten Teil des V. Bandes (Ein schlesisch-böhmisches Formel- buch aus der Wende des 14. Jahrhunderts) hat Dr. Frrrz ScaiLımann die Handschrift eines verwandten Formelbuchs beigesteuert, die er bei seinen Nachforschungen im Auftrage der von der Münchener Akademie der Wissenschaften ernannten Kommission für die Herausgabe der mittelalterlichen Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz ge- funden hatte. Der Berichterstatter übertrug ihm danach die Auf- gabe, den kritischen Ertrag dieses Fundes zur Ergänzung des bereits im Satz stehenden Textes jenes Bandes herzurichten. Auch hat er zur Ermittlung weiterer urkundlicher, lokalgeschichtlicher Nachrichten über die in den beiden Formelbüchern genannten Ortschaften und Personen im Oktober 1912 auf einer zehntägigen Forschungsreise die Archive von Breslau, Königgrätz, Schweidnitz, Bautzen besucht. Die Ergebnisse dieser Feststellungen werden gegenwärtig von ihm in das der Hauptsache nach längst abgeschlossene Manuskript der vom Be- richterstatter verfaßten Einleitung dieses Bandes eingearbeitet. — Für die vorbereitete Ausgabe der deutschen Übersetzungen geistlicher latei- nischer Werke sowie der geistlichen lateinischen Prosaschriften und Gediehte von Johann von Neumarkt, dem Kanzler Karls IV., hat Oberlehrer Dr. Josern Kıarrer (Breslau) mit lebhaftem Eifer und bestem Erfolge die Sammlung des über Erwarten reichen handschriftlichen Materials fortgesetzt und für die an erster Stelle zu edierenden Werke Berichte über die wissenschaftlichen‘ Unternehmungen der Akademie. 139 dem Abschluß nahegebracht. Krarrer unternahm auf Grund der vom Berichterstatter in den Jahren 1897— 1899 aus den Bibliotheken Schle- siens, Böhmens, Mährens und Österreichs gesammelten Materialien, die er gemeinsam mit jenem bei zweimaligen Aufenthalt in Berlin geprüft und dann zum Teil auch zu Hause in Breslau benutzt hat, vom 4. bis 29. Juli 1912 eine ertragreiche Reise nach Olmütz, Raigern, Hohenfurth, Melk, Wien. Die für die erste Publikation noch durch- zuarbeitenden Handschriften sollen bis zum Frühling erledigt sein. — Die Ausgabe der Werke Heinrichs von Mügeln ist noch weit im Rück- stande: der Bearbeiter der Ungarnchronik, Dr. Vırror Dorımayr, war durch seine Tätigkeit im Schulamt und durch andere wissenschaft- liche Verpflichtungen abgehalten. Auch für die nächste Zukunft wird von ihm noch kaum eine energische Förderung dieser Edition zu er- hoffen sein, da er soeben als außerordentlicher Professor der deutschen Sprache und Literatur an die Universität Lemberg berufen worden ist. Die Materialsammlung zur Ergänzung und Fortführung der vom Berichterstatter vor Jahren teils in dem umfänglichen Manuskript einer gekrönten Preisschrift, teils in einer geordneten Zettelmasse niedergelegten grammatischen Darstellung der Sprache des jungen Goethe hat in der letzten Zeit wiederholt unterbrochen werden müssen und ruhte zuletzt ganz. Gymnasialprofessor ‘Dr. Heınrıcn Axz, der diese Aufgabe übernommen hatte, konnte, durch seinen amtlichen Dienst stark gebunden, die für sie nötige Zeit und Kraft nicht immer er- übrigen. Er sah sich daher am Schluß des Berichtsjahres leider zu der Bitte gezwungen, um der weitschichtigen Arbeit eine größere Kontinuität und einen schnelleren Abschluß zu sichern, von seiner Person zur Zeit abzusehen und ihn durch einen geeigneten jüngeren Gelehrten zu ersetzen, der unbehindert durch andere Pflichten sich diesem Unternehmen ausschließlich widmen kann. -Doch hat er zu- gesagt, nicht nur bei der bevorstehenden Übergabe des Materials, sondern, soweit es wünschenswert sein wird, auch künftig der För- derung des Werkes nach Möglichkeit zu dienen. Die Arbeit wurde von ihm aufgenommen im April 1905. Behandelt und erledigt wurden seit dieser Zeit im Einvernehmen mit dem Berichterstatter und nach dem von diesem festgestellten Plan die Briefe Goethes bis zum Ende des Jahres 1775, Götz von Berlichingen, Concerto drammatico, Prolog zu den neuesten Offenbarungen Gottes, Götter Helden und Wieland, Prolog zum moralisch-politischen Puppenspiel, Des Künstlers Erde- wallen, Künstlers Vergötterung, Mahomet, Jahrmarktsfest zu Plunders- weilern, Pater Brey, Der ewige Jude, Prometheus, Satyros, Hanswursts Hochzeit, Erwin und Elwire, Anekdote zu den Freuden des jungen Werthers, Claudine, Hans Sachsens poetische Sendung, der Weimarische : 10* 140 Öftentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. Faust der Abschrift des Fräulein von Göchhausen (sogenannter "Urfaust‘), endlich der größere Teil der Mitschuldigen. Das von Hemrıcn Anz gesammelte Material umfaßt alle grammatischen Kategorien von den Sprachlauten bis zu den letzten Feinheiten der Syntax und des Wort- schatzes, auch einige an das Stilistische grenzende Erscheinungen, schließt aber alles rein Stilistische aus: es liegt in annähernd 29000 Zet- teln vor, die nach den mit dem Berichterstatter vereinbarten Kate- gorien übersichtlich in 3 Kasten geordnet und mit einem Nachweis des Arbeitsplans wie der im einzelnen bei der Textbenutzung befolgten Methode versehen wurden. Wie schon früher an dieser Stelle hervor- gehoben worden ist (Sitzungsberichte 1910 S. 93), hat Prof. Anz ledig- lich aus wissenschaftlichem Interesse für die Sache und für die ihr vom Berichterstatter seit Jahrzehnten gewidmete Bemühung in einem freien Arbeitsverhältnis ohne den Zwang einer Verpflichtung dem Unternehmen sich zur Verfügung gestellt: die Akademie wird ihm für die ohne jede materielle Entschädigung geleisteten wertvollen Dienste ehrenden Dank nicht versagen. Humsoror- Stiftung. Bericht des Hrn. WALDEYER. Das bisherige Stiftungskuratorium, bestehend aus den HH. Branca, P. von MEnDELssonn-BARTHOLDY und WALDEYER, wurde wiedergewählt; zu diesen treten satzungsgemäß als ständige Mitglieder die HH. Wirk- licher Geheimer Oberregierungsrat Dr. Fr. Scnmir als Stellvertreter des Hrn. Kultusministers und der Oberbürgermeister von Berlin, zur Zeit Hr. Wermuru, Exz., an Stelle des im Laufe des Jahres 1912 ver- storbenen Hrn. Kırschner. Hr. Dr. vos Burrei-Reeren, dem im vergangenen Jahre die Mittel der Stiftung bewilligt worden waren, setzt seine Forschungsreise zur Zeit noch fort. Aus früheren Bewilligungen erschienen als Ergebnisse: Bd. 2 Fa und 2 Gf der Ergebnisse der Planktonexpedition, enthaltend die Cephalopoden nebst Atlas von G. Prerrer und die Corycaeinen von M. Danı. Kiel und Leipzig 1912; Leoxnarn Schurtze, Zoologische und anthropologische Ergebnisse seiner Forschungsreise im westlichen und zentralen Südafrika 1903—1905. Bd. 5, Lief. ı. Jena 1912; W. Vorz, Nordsumatra. Bd. 2. Berlin 1912; W. Sırvers, Die heutige und die frühere Vergletscherung Südamerikas. Leipzig 1911. Für das Jahr 1912 standen zur Verfügung 8500 Mark. Davon wurden bewilligt 2000 Mark an Hrn. Prof. Dr. Bückıns zu Straßburg i.. Els. zur geologischen Erforschung des südöstlichen Rhöngebietes und zur Herstellung einer geologischen Übersichtskarte des gesamten Rhön- Jahresberichte der Stiftungen. 141 gebietes. Damit werden die betreffenden, wiederholt von der HunsoLpr- Stiftung unterstützten Untersuchungen ihren Abschluß erreicht haben. Ferner wurden 6500 Mark bewilligt an den Privatdozenten Dr. Bruntscnti in Zürich zur Ausführung einer anatomisch-ethnologischen und zoo- logischen Forschungsreise in Südamerika. Der Teil dieser Reise, welcher das obere Amazonasgebiet zum Ziel hat, wird als besonderes Unternehmen der Hunsorpr-Stiftung ausgeführt werden. Inzwischen sind aus diesem Reisegebiete schon mehrere günstige Berichte des Hrn. Dr. Biuntschu, der sich zur Zeit auf der Rückreise befindet, ein- gegangen. Für 1913 werden 10700 Mark zur Verfügung stehen. Sarıenr- Stiftung. Berieht des Hrn. Brunner. Von dem zweiten Bande des Vocabularium Jurisprudentiae Roma- nae, welchen Hr. Direktor GrurE in Buchsweiler bearbeitet, ist das zweite Heft beinahe vollendet. Die Bogen ı 1—ı9, welche den umfang- reichen Artikel »et« enthalten, liegen gedruckt vor. Bogen 20 (Ar- tikel »ex«) ist im Manuskript hergestellt und befindet sich in der Druckerei. Das Heft wird Anfang 1913 erscheinen. Band III ist wegen Behinderung des Bearbeiters (cand. jur. Apra- HAM) nur wenig gefördert worden. Von Band IV (N—Q), den Hr. Referendar Lesser bearbeitet, sind fünf Bogen (nam —noceo) gedruckt. Das Manuskript für Bogen 6 befindet sich in der Druckerei. Für die weiteren Bogen ist die Arbeit so weit vorbereitet, daß das Erscheinen des ersten Heftes im Laufe des Jahres 1913 erwartet werden darf. Von Band V (R—Z), den Hr. Referendar Borcners bearbeitet, ist der Druck bis Bogen ı7 gefördert. Der letzte Bogen von Artikel »si«, der mehr als zwei Bogen füllt, steht im Satz. Weiteres Manu- skript liegt bis zum Artikel »soeius« vor. Voraussichtlich wird das zweite Heft des fünften Bandes noch im Jahre 1913 erscheinen. Den schwierigen Artikel »sum« hat der wissenschaftliche Leiter des Unter- ‚nehmens Hr. Prof. Küsıer in Erlangen unter seiner Aufsicht und Kon- trolle soweit fördern lassen, daß mit der Reinschrift demnächst wird begonnen werden können. Vermutlich wird dieser Artikel erst im dritten Faszikel des fünften Bandes erscheinen. Für die Neubearbeitung von Honevers » Deutschen Rechtsbüchern des Mittelalters« hatte Hr. Borcnzıns seinen Arbeitsanteil schon im verflossenen Jahre so weit erledigt, daß er sich darauf beschränken 142 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. konnte, die Zugänge des laufenden Jahres einzuarbeiten und einzelne Berichtigungen an dem vorhandenen Material vorzunehmen. Hr. Juuıus von GIErRKE war durch anderweitige Arbeiten so sehr in Anspruch genommen, daß er nur die Zeit fand, kleinere Ergän- zungen zu machen. Doch hofft er, seinen Arbeitsanteil im Laufe des nächsten Geschäftsjahres unschwer erledigen zu können. Borr- Stiftung. Bericht der vorberatenden Kommission. Die Kgl. Akademie der Wissenschaften hat am ı6.. Mai 1912 den Jahresertrag der Borr-Stiftung in Höhe von 1350 Mark Hrn. Prof. Dr. Luisı Svanı in Pavia zur Förderung seiner Prakritstudien zuerkannt. Hermann und Erısz geb. Herckmann WENTZEL- Stiftung. Berieht des Curatoriums. Aus den im Jahre 1911 verfügbaren Erträgen der Stiftung wurden bewilligt: | 6000 Mark zur Fortführung des Wörterbuchs der deutschen Rechtssprache; 4000 Mark zur Fortführung der Ausgabe der ältesten griechischen christlichen Schriftsteller; 4000 Mark zur Fortsetzung der Bearbeitung einer römischen Prosopographie des 4.—6. Jahrhunderts: 6000 Mark als zweite Rate für die Bearbeitung der Flora von Papuasien und Mikronesien. . Über die Arbeiten an der Kirchenväter-Ausgabe und der Proso- pographie berichtet Anlage I, über das Deutsche Rechtswörterbuch An- lage II, über die Bearbeitung der Flora von Papuasien und Mikro- nesien Anlage II. Von dem Vorıızkow’schen Reisewerk ist im Berichtsjahre kein neues Heft ausgegeben; doch befinden sich umfängliche Partien im Drucke. Von Prof. Pmippson’s »Topographischer Karte von Klein- asien« wurde die zweite Lieferung ausgegeben. : Am ı. Juli d. J. legte Hr. von Auwers sein Amt als beständiger Seeretar nieder und schied damit zugleich aus dem Curatorium aus, das in ihm seinen langjährigen bewährten Vorsitzenden verlor, der, seit die Stiftung besteht, ihre Geschäfte mit schwer zu ersetzender Sorgfalt und Umsicht geführt hat. Den Vorsitz übernahm statuten- gemäß der bisherige Stellvertreter Hr. Rortne. An seine Stelle als ‚Stellvertreter des Vorsitzenden trat der neu in das Curatorium ge- wählte Secretar der physikalisch-mathematischen Classe Hr. Pranxck. Jahresberichte der Stiftungen. 143 Anl. I. Bericht der Kirchenväter-Commission für 1912. Von Hrn. Harsack. I. Ausgabe der griechischen Kirchenväter. Ausgegeben wurde: die Kirchengeschichte des Philostorgius (herausgegeben von Bipzz). Im Druck befinden sich: das Werk des Origines Ile dry,wv (KortscHAv), die Demonstratio evangelica des Eusebius (Hecker) und die Chronik des Hieronymus (Heın). Von dem » Archiv für die Ausgabe der ältesten christlichen Sehrift- steller« wurde ein umfangreiches Heft ausgegeben, nämlich: Bd. VIII (XXXVID Heft 4: vown Dosscrürz, das Decretum Ge- lasianum. Größere Unterstützungen erhielten die HH. Enruarn und Kıoster- MANN. Eine Bemerkung in den Comptes rendues der Academie des In- scriptions et Belles-Lettres (1911 Nov. S. 679) über die Ausgabe der Kirchengeschichte Theodorets von Hrn. PArmentıer macht hier eine kurze Antwort nötig. »Une chose«, heißt es, »est ä regretter dans l’@uvre eonsiderable de M. Parmentier, c’est que la Kirchenväter-Com- mission de Berlin lui ait impose d’eerire cent pages de prolegomenes dans un idiome qui n’est ni sa langue maternelle propre ni la langue internationale de l’Crudition. Ce n'est pas lui qui repond de cet abus.« Die Kirchenväter-Commission hat, als sie ihre Aufgabe übernahm, ein- gehend erwogen, in welcher Sprache die Ausgabe erscheinen solle. Die Entscheidung fiel zugunsten der deutschen Sprache aus, weil ein- gezogene Erkundigungen ergaben, daß Engländer, Amerikaner, Skan- dinavier, Russen und Griechen die deutsche Sprache der lateinischen vorziehen. Dieser Tatsache gegenüber mußte die Rücksicht auf die romanischen Völker zurücktreten, zumal da vorauszusehen war, daß der Absatz der Ausgabe bei diesen erheblich geringer sein werde als, bei jenen. Dieser Voraussicht hat der Erfolg recht gegeben. Nach Mitteilung des Herrn Verlegers gehen nach England und Amerika etwa 90 Exemplare, nach Frankreich 20. Der Kirchenväter-Commission gereicht es zu besonderer Freude, daß an ihrer Ausgabe nicht nur Deutsche, sondern auch Belgier, Finnländer und Amerikaner mitar- beiten; aber die Einheit der Ausgabe würde gesprengt werden, wenn die Kommission jedem gestatten würde, in seiner Sprache zu schrei- 144 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. ben, und es ist auch von keinem Mitarbeiter eine solehe Forderung gestellt worden. Die »Sitzungsberichte« der Kgl. Akademie der Wissen- schaften und das » Archiv für die Herausgabe der griechischen Kirchen- väter« haben gerne auch fremdsprachigen Abhandlungen Aufnahme gewährt und werden es auch in Zukunft tun; ein Corpus scriptorum kann aber nur in einem und demselben Gewande erscheinen. Übrigens gibt es, man mag das. bedauern oder nicht, keine alleinherrschende »langue internationale de l’erudition« mehr, sondern die Hauptkultur- sprachen sind in Wort und Schrift ihr zur Seite getreten. Auch ist die Kirchenväter-Commission nicht die erste gewesen, die das Latei- nische zugunsten der heimischen Sprache hat fallen lassen. Schon vor 30 Jahren hat Lisntroor seine Ausgabe der apostolischen Väter in englischer Sprache veröffentlicht; Hr. Binpez hat in den »Byzan- tine Texts« seinen »Evagrius« mit einer englischen Einleitung, Hr. BoEHmER die »Chronica fratris Jordani« mit französischer Einleitung in den »Colleetions d’etudes et de documents« (tom. VI) erscheinen lassen, und auch andere Editionswerke wären noch zu nennen. 2. Prosopographia imperii Romani saec. IV—VI. Die unter Leitung der HH. Jürıcner und Sreck stehenden Ar- beiten, die nunmehr bereits auf dem fast vollständig gesammelten Ma- terial fußen, nahmen ihren Fortgang, indem einzelne größere Gruppen von Artikeln ausgearbeitet wurden. Anl. II. en Bericht der Kommission für das Wörterbuch der deutschen Rechtssprache. Von Hrn. Brunner. Eine Sitzung der akademischen Kommission hat im verflossenen Jahre nicht stattgefunden. Das in dem Berichte über das Jahr ı91 1 bereits angekündigte Quellenheft liegt gedruckt vor, wird aber im Buchhandel erst zugleich mit dem ersten Hefte des Rechtswörterbuches ausgegeben werden. Vorläufig ist es nur den Bearbeitern von Wortartikeln zugegangen, ‚damit sie sich bei der Abfassung der Wortartikel danach richten können. Das Quellenheft umfaßt 87 dreispaltige Quartseiten. Es enthält die grammatischen Siglen und die Zeichen sowie die Abkürzungen, die im Wörterbuch für Quellen und Literaturangaben Verwendung finden. Voraussichtlich wird nach Vollendung des Rechtswörterbuchs ein er- gänztes Quellenheft ausgegeben werden. Über den Fortgang des Unternehmens berichtet der BEN liche Leiter wie folgt: Jahresberichte der Stiftungen. 145 Bericht des Hrn. ScH#roEDer. Der Bestand an Zettelauszügen hat, abgesehen von umfang- reichen Beiträgen, die wir von der österreichischen und der schweize- rischen Kommission erhielten, im Berichtsjahre nicht in dem Maße zugenommen wie in den früheren Jahren. Einerseits erlaubte die Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit des Vorhandenen eine gewisse Be- schränkung des Sammelns auf die wichtigeren, wertvolleren und selteneren Wörter, anderseits mußten die im Archive tätigen Kräfte infolge drängender anderer Aufgaben von der Sammelarbeit längere Zeit ganz absehen. Der Zettelschatz reicht Ende 1912 nahe an die Zahl 900000 heran. Das Abkürzungs- und Quellenverzeichnis, das im Laufe dieses Jahres gedruckt wurde, ist zu einem eigenen reichhaltigen Quellenheft angewachsen, das die Ausarbeitung der Wortartikel merklich fördert. Für das Ausarbeiten von Wortartikeln sind eine kleine Anzahl Fachgenossen geworben. Eine beträchtliche Reihe von Artikeln sind im Berichtsjahre fertiggestellt worden von auswärtigen Mitarbeitern, von den Mitgliedern der Kommission, der Schriftleitung und des Archivs. Für freundliche Förderung unseres Unternehmens haben wir auch in diesem Jahre viel Dank zu sagen, so für gelegentliche Bei- träge und Hinweise den HH. P. Agranan, Berlin; Prof. Dr. vos Anıra, München; Dr. Ferpımann BiLGer, Graz; Prof. BonnenBereer, Tübingen; Landgerichtspräsident a. D. Curısr in Heidelberg; Prof. Dr. @. Con, Zürich; Prof. Dr. R. Hrınsaeımer, Heidelberg; Prof. Dr. R. Hıs, Münster i.W.; Prof. Dr. R. Hüsser, Rostock; Prof. Dr. F. Liesermann, Berlin; Lehramtskandidat Curr Meıszser, Magdeburg; Geheimer Ministerialrat von Münrengruch, Schwerin; Privatdozent Dr. Ernst Pereıs, Berlin; Privatdozent Dr. Evers Roseusrtock, Leipzig; Sammelstelle des Deut- schen Wörterbuches, Göttingen; Dr. R. Sıromox, Berlin; Prof. Dr. Ur- Rich Sturz, Bonn; Prof. Dr. Sürteruin, Heidelberg; Prof. Dr. Tuomnen in Basel; Prof. Dr. Wermisenorr, Königsberg i. Pr.; Prof. Dr. J. Wirtz, Heidelberg; Prof. Dr. F. von Worss, Innsbruck. Verzeichnis der im Jahre 1912 ausgezogenen Quellen. Die schweizerischen Beiträge sind mit *, die österreichischen mit ** bezeichnet. Anklamer Fischerinnung, Statuten 14. 15. Jahrh.: Frau Frıva Schröper, Heidelberg. "Anzeiger für schweizerische Geschichte. I.: cand. jur. Frırz Srsesser, 3ern. **Archiv tesky 24: jur. Fernınann Preirer, Prag. Arnsburger ee cand. jur. Max Reisinger, München. *Bern in seinen een a hrsg. B. Haller: jur. E. Wiss, Bern. *Berner Stadtrechnungen: Ü **Bluemblacher, Tractat vom kalaltreche, Salzburg 17at: Prof. Dr. M. Leverer, Wien. Brandenburgische Waldordnung für Ans ach: Dr. W. Diess, München. Bremische Polizeiordnung 1693: Admiral a. D. Baches, Heidelberg. Sitzungsberichte 1913. ” 146 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. Breslauer Urkundenbuch: G. Börre u Steglitz. “"Bretholz, Geschichte der Stadt Brünn I.: Guımo Kıscn, Prag. Briefe Friedrichs des Frommen, ang Kluckhohn: Admiral a. D. Bacnkn, Eee, Briefe des Pfalzgrafen Johann Casimir, hrsg. v. Bezold: Admiral a. D. Bac K. Bruns, Volkswörter der Provinz Sachsin} Dr. v. Künsspgere und J. ui *"Brüxeor Stadtbuch, hreg. Schlesinger: Ingenieur Dr. jur. Rupoır Zaskr, Brüx. Codex en majoris Poloniae, Posen ı 877—8ı: Dr. Jon. Brause, Posen. Clarenberger sundenbuch: re Orro Ruscn, Frankfurt a. O. **Godex juris rn Kae Jirecek I ı.: Gumo Kıscn, Pra Codex Maximilianeus Bavaricus: en Frfr. v Bonwiige: München. Coesfelder Urkundenbuch: G. Börrcaer, Steglitz. Dangkrotzheim, Das heilige Namenbuch: Dr. A. Ersässer, Heidelberg. L. Demme, Nachrichten und Urkunden zur Chronik von Hersfeld: Prof. Dr. G. Frosk; HOLD, Grolfewa ld. H. Stenger, Verfassung ... der Reichsstadt Donauwörth 1909: Dr. v. Küxsszers, Heidelberg. Dortmun der Urkundenbuch I.: cand. jur. Gorrro», Münster i. W. Flersheimer Chronik hrsg. Waltz: Dr. Höcen, Mannheim. Fock, Rügensch-Pommersche Össehichten: Admiral a. D. Bacaznm, BR, Frauenstädt, Blutrache und ee Jur. H. Euxerr, Leipzi **Fontes rerum END 1.245 7.8 972-135 1%28-27. 46, 32. 38. 47- 8 Dr. Er Leoben. Freiburger Dies chiv 31. 32. 33.: Lehramtspraktikant Hans Porrex, Heidelberg. Fuchs, zen des ee Straßburg 1888: Assessor ALrren BERGER, Rheins ehe Stadtbuch: Dr. v. Künssgers, ge A. Gerlach, Chronik von Lauchheim: Dr. v. Künsspe Halbarstädier a bearb. G. Schmidt; Ar. =. . München. Urkundenbuch der Stad nover: G. Börrcner, Steglitz van Helten, Zur wesen Le ikoogie: Dr. v. Künssgere. erlebe Chronik. I.: Frau Frına Schr ‚ Heidelber . Heusler, ee du deuts nal Pracht Ts Frıpa ScHRÖöDER Hi öngger Meiergerichtsurteile, hrsg. Stutz: Dr. v. Künsssere und Frau Frına Scnröpen. E. Huber, System und Geschichte des iR eizerischen Privatrechts: Frau Frıpa SCHRÖDER. Jahresberichte des historischen Vereins für Mittelfranken. 1.—56.: Pu. Torx, mburg. Jurisprudentia Frisica: Prof. Dr. R. Hıs, Münster i. W. Urkunden zur Geschichte der Stadt Kahla: G. Börrcner, Steglitz. S. Kleemann, Beiträge zu einem nordthüringischen Idiotikon: Dr. v. Künsssere. Kölner Stadtrechnungen des zu Rechtsanwalt Dr. W. Dırss, München. Ch. König, Prozessus und Praktica der Benni Dr. W. Diss, München. i Der curiose..... Kuust- und ee, ksnotar : M. Reısısger, München. “*Laibacher Malefizordnung: Dr. RunorLr Zankı, Brüx. Liegnitzer Urkundenbuch: jur. H. Taurus, Mannhei Loersch-Schröder-Perels, Urkunden zum Near Pivaigeiit: Prof. Dr. L. Pereıs, Heidelber Mack, Der Sprachschatz Neidharts von Reuenthal: Dr. A. Ersässer, Heidelberg. Der Magdeburger Kaufleute Brüderschaftsartikel: Dr. P. Be a Steglitz. Mannheimer Geschichtsblätter 1900, 1901: Frau Frıva Sc#röp Festschrift für v. Martitz: M, Reısınoer, München. Memminger Stadtrecht: J. Bercer, Rheinsberg und Dr. v. Künssserc. Mitteldeutsche Fabeln, hrsg. K. Eichhorn: Dr. L. me en **Mitteilungen des nordböhmischen Exkursionsklubs ı1 1.: Dr. v. Künsspere. Mitteilungen der ger hiehtsforschenden Gesellschaft den A 4.—ı1.: Prof. Goerrerich, Konstar en rn der Gesellechaft für Salzburger Landeskunde 1.—8. 10. 12. 14: Dr. R. Mitteilungen der ei für deutsche en und Schulgeschichte. 1.—4-: f. Goerrerich, Kon Pro Monumenta Germaniae ee Diplomata IV: Prof. Dr. L. Pzreı.s, Heidelberg. Jahresberichte der Stiftungen. 147 Monumenta Groningana: M. Reısıso£r, München. Th. Murner, Instituten: G. Börrcner, Steglitz. Urkundensammlung zur Geschichte des Fürstentums Oels: G. Börrcuer, Steglitz. Oberrheinische Stadtrechte. 1.8: Frau Ioa Berser, Rheinsberg. II.: Jon. Merxer, Leipzi ig. **Oroien, Das PORARETORNGE ne Dr. M. Leoverer, Bielitz. Osnabrücker Gildeurkunden: stud. Schauer, Leipzi Östfriesisches re a a: Dr. Gxone Escnex#AGen, Heidelberg. Pommerellisches Urkundenbuch: G. Börrcner, Steglitz. Deutsche Privatbriefe des Mittelalters: G. Börtcnzr, Steglitz. “Quellen zur Schweizer Geschich : Dr. Paur, Murzser. „Quellen zur Geschichte der Stadt Keronskai: ı—3.: Dr. A, Arsrıch, Fee ""Quellen zur Geschichte Siebenbürgens aus sächsischen Archiven. L: A, ALpricn, Hermannstadt. 5 nerfurth, Kritisches Wörterbuch der heraldischen Terminologie: Dr. v. Künsszers. “*J. C. Hofrichter, Privilegien der Stadt Radkersburg: Prof. Dr. F. Auammer, Leoben. Radolfszeller Halsgerichtsordnung: Frau Frına Scuröper, Heidelberg. Revaler Zollbücher und Quittungen: G. Börrcner, Steglitz. W. Richter, Geschichte der Stadt Paderborn. I.: Referendar Hzıxrıch Miırteıs, Zwenkau b. Leipzig. E. Rosenstock, Ostfalens ee Privatdozent Dr. E. rege en, Leipzig. Ruprechts von Freising Stadt- und Amen re (beendigt): Dr. v. Künssgerc. “*Saazer Urkundenbuch: Dr. Eos DOLF ZANK “"Salzburger Bergwerksordnung 1551: De Fe Zankı, Brüx. "*"Salzburgische Chronica 1666: cand. jur. H. Früne, Wien Saur, Fasciculus Juris (beendigt): Dr. A. EısÄsser, Heidelber; Schapper, Hofordnung usw.: Dr. phil. G. Scnarrenr, Groß-Möringen, Kreis Stendal. Siegel, Corpus juris cambialis (begonnen): Rechtsanwalt Dr. W. Dress, München Smend, Reichskammergericht. 1.: Dr. v. Künssgere. **Sonnenburger Urbar (Arch. f. österr. ih, 40.): Dr. > Zaskı, Brüx. Spieß, Archivische Nebenarbeiten: M. Reısınser, Müne **Steiermärkische Geschichtsblätter: Prof. Dr. een ern "*Steirische Zeitschrift: Prof. Dr. Auanmer, Leoben. a ae Stralsundische Stadtbuch: Frau Frına Scaröper, BR . Strobl, Das Obersthofmarschallamt 1908: Prof. Dr. Ananner, Stälz, ee des .... St. Florian: Prof. Dr. a: "Tessiner Rechtsquellen: W. Sraurrer, Bern. ""Tiroler Landesordnung 1526. FH : H. Frünr, Wien. Von der stete ampten, hrsg. Vaart Dr. v. KünsszerG und Frau Ina Bereer, Rheinsberg. a Yamer, nsranee der Ortenau: Dr. v. errvee ERG Wasungen, Urkundenbuch von: G. Börrcner, Steglitz E. Wellander, die Bedeutungsentwicklung der Partikel ab: Dr. v. rt ge Wernigerode, Urkundenbuch von: cand. jur. Hrırersavr, Mün Westfälisches Urkundenbuch. III.: Dr.E. Menue Bestens Weirnn Minibiet. W. Wetzlarisches Urkundenbuch. I.: Dr. J. Brause, Posen. ""Wiener re Stadtrecht: Prof. Dr. Anawner, Leoben. W. Win , die rechtliche Stellung der außerhalb der Landeskirche stehenden Reigonsgmeiichafen in Hessen: Frau Frına Scuröper, Heidelberg. Zehnter, Geschichte des Ortes Messelhausen: Admiral a. D. Bacnen, Heidelberg. "Zeitschrift für ae 1871. 76. 81. 85. 90—93. 98. 1900. 01. 07.: Dr. R. Zaskı, Brüx. Zeitschrift für Rechtsgeschiehte ıgır: Dr. v. Künssper Zeitschrift für Wortforschung ı912: R. Scnröper und I BeErGeEr, re! "Züricher Rechtsquellen hrsg. Hoppeler. I.: cand. jur. Feırz Sesesser, Bern *Züricher Stadtbücher. IU.: stud. jur. E. Wyss, Bern. 148 Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1913. Anl. III. Bericht über die Bearbeitung der Flora von Papuasien und Mikronesien. Von Hrn. Ens6rer. Nachdem das Kuratorium der Westzer-Stiftung die erste Rate für die Bearbeitung der Flora von Papuasien und Mikronesien be- willigt hatte, setzte sich die Direktion des Botanischen Museums mit denjenigen Persönlichkeiten unserer in diesen Gebieten befindlichen Ko- lonien in Verbindung, von welchen eine Mitwirkung bei der Erforschung der Flora zu erwarten war. An 19 Stationsleiter, Ärzte, Lehrer und Mis- sionare wurden insgesamt 50 Kisten mit Ausrüstungen zum Sammeln von Pflanzen abgesendet. Sodann wurde eine sehr umfangreiche Aus- rüstung Hrn. Lepermans, welcher als Botaniker an der Kaiserin- Augusta-Fluß-Expedition teilnimmt, mitgegeben. Von letzterem sind nun auch schon 2040 Nummern eingetroffen. Der Kaiserliche Gouverneur Exzellenz Dr. Haut gab die Versiche- rung, daß er das Unternehmen einer Florenerforschung Neuguineas und der Inselgebiete aufs lebhafteste begrüßen und daß er die ihm unterstellten Beamten darauf hinweisen werde, sich nach Möglichkeit an dem Zusammenbringen von Sammlungen zu beteiligen. Inzwischen wurde mit der Bearbeitung der Materialien begonnen, welche sich von früheren Expeditionen hier angesammelt hatten. Von hervorragender Bedeutung sind die Sammlungen Dr. SchtLEcHTERS, welcher drei Jahre in Neuguinea zugebracht hatte, ausgezeichnet auch die Sammlungen des Missionars Hrn. Peeeı, in Neu-Mecklenburg. Dazu kommen die Sammlungen von Dr. Moszkowskı, Prof. Dr. L. Scnuntze, Prof. Dr. Krarmer, Bezirksamtmann Fkrırz und Pater Raymunvus. Unter Leitung der HH. Dr. Lautersach und Dr. SchLecuter wurde auch ein erster Beitrag zur Flora von Papuasien in Englers Botan. Jalhrb. Bd. 49, umfassend 169 Seiten mit zehn Figuren, veröffentlicht; ein zweiter derartiger Beitrag befindet sich im Druck. Akademische Jubiläums -Stiftung der Stadt Berlin. Bericht des Hrn. Dirıs. Das Kuratorium hat beschlossen, die Stiftungserträgnisse der ab- gelaufenen vierjährigen Periode 1909 bis 1912 für die Bearbeitung einer preußischen Münz- und Geldgeschichte von 1806 bis 1857 zu verwenden. Zur Ausführung dieses Werkes ist ein Vertrag mit Frei- herrn Dr. vox Schrötter abgeschlossen worden, der in den Acta Bo- russica bereits die preußische Münz- und Geldgeschichte des ı3. Jahr- hunderts bis 1806 dargestellt hat. Jahresberichte der Stiftungen. 149 Es ist zu diesem Zweck eine runde Summe von 16000 Mark ver- fügbar, die teils für die Herstellung der Aktenauszüge und des Manu- skripts, teils zur Publikation bestimmt sind. Es wird erwartet, daß das Werk auf zwei Bände beschränkt und innerhalb des Quadrienniums 1913 bis 1916 zum Abschluß gebracht werden kann. Das Kuratorium für 1913 bis 1916 ist neu gewählt und konsti- tuiert worden. Es umfaßt außer dem Oberbürgermeister der Stadt Berlin, Exzellenz Wernur# als ständigem Mitglied, die Akademiker: Hrn. Pranck (als Vorsitzenden), Hrn. WaALpever (Stellvertreter des Vor- sitzenden), Hrn. Dırrs und Hrn. v. ScHMOLLER. Ausgegeben am 30. Januar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Sitzungsberichte 1913. 12 e oder auch in weiterer Ausführung, e dem zuwiderlaufe Hebu m ige: :n Seeretar vor der Ausgabe in den akademischen Schriften zur Kenntniss a so hat er er ee aus diesen zu entfer : We der Verfas einer aufgenommenen Mer schafülkehen Mittheilung dieselbe ernäitg früher zu veröffentliehen beabsichtigt, als ihm dies nach den gel- den Rechts Se eg so bedarf er dazu der Ein- ER der Ges Aerrengoe 1ie. Eeibetnlisseden aa weitig zu ‚vereinen ist den. Verfassern unbeschränkt gestatte Die Sitzungsberichte Aus ie erscheinen in einzelnen in der Regel Donnerstags ae tzung. ht Tage nach jeder S Aus $ 22. Jeden EEE eröffnet eine Übersicht über in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen se lungen und über die zur ee geeigneten ge- folgen in dieser were kur eu Sr n derselben, a rtlie Diese Inhaltsangaben sollen sich der Regel auf 5—6 ae beschränken, ee \ 10 Zeilen Üherschri n. Die nich Re DE U RE RER u einen werden mit v bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« zugefü ügt. da ae Seesen n freı Verfasser nde werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in weleher deren zen in die ae Sehriften vorgesetztem Stern bezeichnet, in den $$3 ;Aus $ = Das Maiiserip. einer in einer akademischen Sitzung tag zur Aufnahme in he Sitzungsbrrichte zu- hr Mo dem redigirende n Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- Später eingereichte EEE RE werden, mit dem Pinslevrenmerk des redigirenden des Archivars versehen, für ein: späteres Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend w ı Gründen be- sondere Schwierigkeite und 4 ren Bestimmungen nicht ent- sprechen. Die ee versendet rare am Montag hier wohnenden oder an- enden Verfasser, © an die Miele, welche die Mitheilimg vorgelegt a mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend der abholen lassen werde; Coriet wünscht jedoeh die mit der rreetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die ‚Druckerei zurückliefern. Wird die bend von der damit wenn ie Mittheilung in. einem späteren e Nach aus wärts werden Correeturen nur anf Ve a ER Verfasser verziehten damit auf en > & > & 8 =5 = B Er [77 E43 ® = r Revision unte = am ander Ansgabeisge überhaupt nicht auge- siehert werden. au S 36. Die Akademie behält s a Rechi vor, von einer ver- endgültig beschlossen wird griffenen Abhandlung eine a, Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1910: ysikalisch-mathematische er eh ; Ä ee Philosophisch-historische Clas ee 2 . wie an Abtandlungen. Jahrg. 1911: Physikalisch-mathematische Classe . .- N on ee 4 Philosophisch- historische Gase... Einzelne Abhandlungen aus den ae 1909, 1910, 1911 und 1912. Senuizz, W.: Gedächtnissrede auf Richard er ae ; A L— Rurexs: Gedächtnissrede auf Friedrich Kohlrausch ee Lasoorr +: Über die Erha tung der Masse bei chemischen Umsetzungen. een Be KekuLE von Stranontz: St trategenköpfe Gt THEY: Der Aufbau der geschichtlichen Welt ; in den Geisteswissenschaften Erste Hälfte ee van’T Horr: Gedächtnissrede auf Hans Heinrich Landolt » bo ÜLLER: Uiguri m Exorer .< . Krause: Über „gen anatomischen Bau der baumartigen Gyperacee Schoemodmdron | Brae. aus Kun 2.— ge Gedichunturede auf ed Hönsieis Tan Bee a ae W.: Ge Bo ara auf Heinrich Zimmer . Ma ; ne RMAN: Hymnen an d Be Ben Monr: Zur sprachlichen Gidereiz Frankreichs » » Diers : Die en ray des Galen’ schen Commentars zum "Prorrheticum des = 580 2 . ey * Hevsier: Zum indischen Fehdewesen in "der Sturlungenzeit en ae K. AGADSCHANIANZ; Über die Kerne des ae Kleinhirns N ER BE er ar Junker: Der een; = ei aus Nubien . er x. F. Freiherr Lartirvans: Arkadische Föhn ngen ATTERM Tu. WiEsasp:. inter. voräudger Bericht über die von den’ he esse Museen unternommenen kön usgrabun ngen n in L. LicHTENSTEIN krünmte sin Fenıe er 2 s Sat dass jedes hinreichend 'kleine, im wesentlichen stetig, 'ge- eie Fläch stück auf einen Theil einer eiristen holen ähnlich abgebildet werden. kann ürkische Manichaica aus Chotscho. I. EM: "Die muslimischen Inschriften von Per rgan M. Phönicische und aramäische Krugaufchrifien aus _Elophantine ©. Frank: zu En er der altelamischen Inschriften F. Scuurtuess: Zurufe an Thiere im Ara bischen A. Joussen: Die Gesteine der Inseln S. Pietro und S. Antioco (Sardinien) | Sitzungsberiehte der Akademie. Preis des Jahrgangs . N N Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1912. FRroseniıus: über den Srrivssere’schen Beweis des WAarınG .. Satzes . : i ersptenech ra eye Berechnung des a. von Damaskus ; n ; er des r ; Baanoa: pre Krmiäich notwendig ı mit Aufpressung verbunden sein? . ö : Burpack#: Faust und Moses. I. I. IH. R ‚ Merer: zur keltis chen Wortkunde: I. IL je Lüpers: epigraphische engen ‚EIER ; Jacogt: über die Echtheit des Kautiliya : J. Bipez: la tradition mannerhiee du Lexiqu . Suidas i H. Por 1ierzu af. VIu Vo). s In' ilsnpensiie & natura "hominis (hierzu 1 Taf. ‚ vIn) "m. AAS: en ER res Kirchenvätern und Sophi isten. I. Scnortkv und NG: neue are ber Symmetralfunetionen und die Asgı’schen Functionen der IH. gen re The Morr: vom Ursprung der provenzalischen Schriftsprache A. Ranırs: ge Wörter im Koptischen H. Samter: ) ass ıtan int über Gare che e viele Primzahlen darste EYER: Untersuchungen über die Era Geschichte Babylonins ubd über Nebukadnenar's efestigungsanlagen es P. Maas: zu den Be ezichungen z zwischen Kiechenvätern und "Sophister m . Koxow: zwei a Be eng et in der alten arischen Littera era aus Chinesisch. Turkistan Nenxsr und ntersuchungen esel die specifische Wärme. RN s in Sala Bedeutung für die RR der euro- jäischen und asiatischen Gebirge vos Wıramowiırz- ern und G. Praumans: Ninspapyrus P. Morgan (hierzu Taf. IX und x) ScuwarzscHiLn: über erographenohjetive . SER nenne Erpmanx: Erkennen ers Versteh EN Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1913. NoRrDEn: aus Cicero’s Werksta ; WARBURG, G. Leitnäuser, E. Hr und C. Mit: schen Strahlungsgesetze K. Sonze. und W. Hr EU ehr die speeifische "Wärme von Helium und. einigen "zweiatomigen Gasen schen +20 Orte: über tube Reinfoction und ihre Bedeutung für die Entstehung der Lungenschwindsucht Pesex: die Formen der Landoberfläche und Verschiebungen der Klimagürtel über die Öonstante C da WinwiPramor- r Ebene LO nr 850 en En » 50 a n ya M12.— 32 TE &ıSial ler) sm MO -» 0 ” 1 ® AR -D ” 1 ” 4 u ' » 1) „3 wc » 0 a “ 0,50 .: 0 00 2. 00 -» 050 ” L.—. ee ... ” 1.— „u: Ab 0,50 a. ” 1.— ” 1.— 1913. VE VE VE SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 30. Januar. (S.151) Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 30. Januar. (S. 153) Gesammtsitzung am 6. Februar. (S. 155) Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche im Unterschied von der abendländischen. . 157) Wien: Zur Theorie der elektrischen Leitung in Metallen. (8. 184) BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften. i Aus 81. kademie giebt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei r Wis und » Abhandlur un der Königlich Se ee € der Wissenschaften n Aus Aufnahme ir Ei Sienmngeberinh Su die muss in einer aka- erden, wobei a Regel a et zugli 2 insuisfen ist. Nieht- Sees haben hierzu mittelung eines ihrem Fache enden eier Mitgliedes zu benntzen. mfang einer- ‚aufzunchmenden ne soll € en iedern ie 8 Seiten in de gen Schrift der Abhand- ee Gere übersteiger rschreitung s üieer Grensen ist. nur ai Zustimmung der ee oder der betreffenden Classe statt- haft und ist bei RR der aut ac ug: zu beantragen Fe der Umfang Manuseripts ver- muthen, As‘ e Zustimmung reis sein werde, so N ep: Borlgeni Mitglied es vor dem Einreichen von auf seinen mnthmasslichen Umfang im Druck ee zu las Fi 4. Sollen einer Mittheilung en im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben so sind die Vorlagen en (Zeichnungen, p he en aufnahmen n. s. w. Senne ei Manuscript. jedoch auf geirennen Blättern, einzu e Kos erg bez Vorlagen si in de Ve tragen nd diese Kosten aber auf einen erheblichen. Beta): zu ae i ademie dazu eine eRewäligung berehkleen Ein er Antrag ji aeg demie. er: .die ee hi öhe dieser Kosten ist — wenn es sich ni um de siitsche Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständig beizufügen. Benperhn dieser Anschlag für die er- ug ag forderliehe Aufl i den rigen sa 150 Mark bei den Bene 300 st Vorberathung durch das. Seeretariat en Aus '$ 5. h der Vorlegung und Einreichung des vollständigen äruckferligen on = .—_ zuständigen Seeretar den Ar wird über Aufnahme der Miccheilung in 3 er erre und zwar, wenn eines — rer Mit- ; verlangt. verdeekt abges "Mienı :ilungen von Verfassern, weiche nieht der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die re aufgenommen werden. i edarf « : Beselus des — durch de eg nr Be auf S.3 des re Aus 6 Ss Try; Ju TE 1 . gr R an wenn es sich nicht bloss um sem 2 er aus- reichende A no s Satzes und die Wahl der Fremder sind die ungen von dem vorlegenden Mitgliede vor mess des ee vorzunehm Dasselbe ha zu vergewissern, der Verfasser seine Mitiheilung als vollkommen « i oe erste etur ihrer " Minheilungen besorgen ee ü ehmi girenden ss eretars vor Fr Kite ae an die Druck erei, 2 die Verfasser on zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflichte Aus $8. Yon allen in die Sthömgahertehlte oder Abhandlungen aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden, Adressen oder Beriehten werden An die . asser, von ” senschaftlichen Mittheilungen, w enn deren Umfang im ruck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder- ae ee die alsbald nach Erscheinen aus- gegeben we erdeı ar hi} I 11. & | ya ba für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. Von den Sonilssabdrueken aus den ee erhält ein V a exemplare; auf Kosten da Are von noch 100 un sit kei a Y zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu a. sofern er dies rechtzeitig an en wlen Seeretar gezeigt hat: wünseht er e Kosten noch. ae er zur Tach zu »ehalen, so .. es dazu un der en Aka a ı Clas itglie ar tale exemplare und len Si ei Se Anzeige bei dem redigirend . weitere 200 Exemplare auf ihre Kosten abet Von a ZzUu- ehe en ei aus den Abhandlungen er- welcher Mitglied der Akademie ist, oO er = ahl von 100 = ern er lies rechtzeitig d gezeigt hat; wünscht er anf seine Kosten noch m Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu exempläre und äfırfen sch rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lassen i S ir. Eine für die akademischen Schriften be- stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle ee sei 66 auch nur RN 151 SITZUNGSBERICHTE 1913. Y. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 30. Januar. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. RorTHe. 1. Hr. Scuucnnarpr sprach über »Westeuropa als alter Oul- turkreis«. (Ersch. später.) | In Spanien, Frankreich und England folgt auf die Blüthe des Paläolithicums eine eigenartig ausgeprägte Cultur, die nach Deutschland hinein und im Mittelmeere bis nach Griechenland ausstrahlt und die vorindogermanische Schicht des westlichen und südlichen Europa charakterisirt. 2. Hr. Morr überreichte der Akademie zur Förderung der von ihr herauszugebenden mundartlichen Idiotika die » Bibliographie linguistique de la Suisse Romande par Lovis GAUcHAT et JULES JEANJAQUET, Tome I« (Neuchätel 1912) sowie das »Bulletin du Glossaire des Patois de la Suisse Romande« (Zurich 1902— 1911), die »Questionnaires Nr. 1—227«, die »Rapports annuels de la redaction« (1899— 191 1) sowie das » Projet d’ar- rangement du Glossaire des Patois de la Suisse Romande« (Zurich 1907). Ausgegeben am 13. Februar. Sitzungsberichte 1913. 153 SITZUNGSBERICHTE 1913. v1. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 30. Januar. Sitzung der Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. Hr. Prnck las über die Höttinger Breccie bei Innsbruck. (Abh.) Er beschrieb eingehend deren Auflagerung auf Moräne im östlichen Weiher- burggraben, beim Richardsbrunnen, im westlichen Weiherburggraben, im unteren und oberen Höttinger Graben und in der Mühlauer Klamm, wo in enger Schlucht über 100 m Breceie auf Moräne aufruhen. Zwischen Breceie und Moräne findet sich in der Regel eine lehmige Zwischenbildung, vielfach voller kohliger, häckselähnlicher Pflanzenreste, stellenweise mit Konchylien. Diese Zwischenbildung macht ebenso wie der Grenzverlauf mit seinen Einzelheiten ausgeschlossen, dass die Moräne nachträglich unter der Breccie abgelagert worden sei. Ausgegeben am 13. Februar. 155 SITZUNGSBERICHTE 1913. vH. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 6. Februar. Gesammtsitzung. . Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. 1. Hr. Harnack las über den Geist der morgenländischen Kirche im Unterschied von der abendländischen. Obgleich die beiden katholischen Kirchen in ihrem dogmatisch-sacramentalen und politisch-sociologischen Aufbau als wesentlich identisch erscheinen, hat sich doch ein sehr verschiedener Geist in ihnen ausgeprägt und bestimmt die Völker antithetisch, die unter ihrem Einfluss stehen. Der Geist der morgenländischen Kirche ist eindeutig- Jenseitig-quietistisch und giebt noch heute den Geist und die Stimmung des 3. Jahr- hunderts wieder zusammen mit dem staatskirchlichen Ideal Konstantin’s. Der Geist der abendländischen Kirche ist von einem doppelten Ziel bestimmt, dem Jenseits und der Herrschaft der Kirche als der Herrschaft des Guten (regnum Christi) auf Erden. Hieraus ergiebt sich die energische Weltwirksamkeit der abendländischen Kirche und eine völlig verschiedene Stellung beider Kirchen zum Staat und zum Volksthum. 2. Der physikalisel th tisc} Classe der Akademie stand zum 26. Januar d. J. aus der Dr. Carr GÜTTLER-Stiftung ein Betrag von 2300 Mark zur Verfügung; sie hat beschlossen, diese Summe Hrn. Privatdocenten Dr. ALrrep Merz in Berlin als Unterstützung bei wissen- schaftlichen Untersuchungen im Atlantischen Ocean zuzuwenden. Die nächste Zuertheilung aus der Dr. Carı GÜrTTLer-Stiftung findet am 26. Januar 1914 statt. Es stehen 1700 Mark zur Verfügung, und zwar diesmal der philosophisch-historischen Classe. Der Betrag kann in einer oder mehreren Raten vergeben werden. Die Zuertheilungen erfolgen nach $ 2 des Statuts der Stiftung zur Förderung wissenschaft- licher Zwecke, und zwar insbesondere als Gewährung von Beiträgen zu wissenschaftlichen Reisen, zu Natur- und Kunststudien, zu Archiv- forschungen, zur Drucklegung grösserer wissenschaftlicher Werke, zur Herausgabe unedirter Quellen und Ähnlichem. Bewerbungen müssen bis zum 25. Oetober d. J. im Bureau der Akademie, Berlin W 35. Potsdamer Str. 120, eingereicht werden. 156 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. Die Akademie hat in der Sitzung vom 16. Januar den Professor der Botanik an der Universität Amsterdam Dr. Huco ne Vrıes, den Professor der Botanik an der Universität München Geheimen Hofrath Dr. Karı von Gorser und den Professor der Botanik an der Universität Tübingen Dr. HERMAES von Vöchrine zu correspondirenden Mitgliedern ihrer physil themätischen Classe gewählt. Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 157 Der Geist der morgenländischen Kirche im Unterschied von der abendländischen. Von Apour HARNACcK. 187 Einverleibung Bosniens und der Herzegowina in die Öster- reichisch-Ungarische Monarchie und die Erklärung dieses Staats und Italiens, Albanien müsse dem slawisch-griechischen Einfluß entzogen, also autonom werden, sind nicht nur politische Tatsachen ersten Rangs, sondern sie haben darüber hinaus noch eine weitertragende und tiefere Bedeutung. Hinter und neben dem Kampf zwischen Is- lam und Christentum, Türken und Gräkoslawen spielt sich auf der Balkanhalbinsel seit zweitausend Jahren noch ein zweiter, man darf sagen viel bedeutenderer Kampf ab, der sowohl öffentlich als latent geführt wird und niemals ganz geruht hat — es ist der Kampf ‘zwischen dem Morgenland und dem Abendland um den Be- sitz der Balkanhalbinsel'. Wo soll die Grenzlinie zwischen den beiden großen Kulturge- bieten liegen, im Adriatischen Meer oder an einer Linie östlich von Novibazar und Saloniki oder vor den Toren Konstantinopels, ja über Konstantinopel hinaus in den Dardanellen oder gar an der Küste Kleinasiens? An allen diesen Linien hat sie schon einmal gelegen! Im 4. und 5. Jahrhundert reichte die Herrschaft der lateinischen Kirche und Sprache im Norden bis gegen die Donaumündungen und im Süden bis Saloniki. Große Kämpfe sind dann bis ins 9. Jahr- hundert über den Besitz Mazedoniens und Bulgariens zwischen Ost- und Westrom, d. h. zwischen dem Bischof von Rom und dem Bischof von Konstantinopel, geführt worden; aber Westrom verlor schließlich nicht nur diese Länder, sondern verlor auch die Rumänen, obschon diese ihre abendländische Sprache, wenn auch stark entstellt, behielten ı Weltgeschichtlich bedeutender ist dieser Kampf, weil die türkische Herrschaft aur einen verhältnismäßig kleinen Teil der Bevölkerung der Balkanhalbinsel zum Islam bekehrt (nur in dem jetzt österreichischen Gebiet und in Albanien gelang die Be- kehrung in größerem Uıinfang, wenn auch längst nicht vollständig) und den Geist Fa die Volkssitte der christlich gebliebenen Bewohner nicht verän- ert hat. 158 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. und somit kulturell ein Mischgebilde darstellen'. Nach der kurzen und unsoliden Schöpfung eines lateinischen Kaisertums in Ostrom und vollends nach den Siegen der Türken lag die Grenze zwischen dem Morgenland und Abendland wieder dort, wo sie vor unserer Zeit- rechnung gelegen — im Adriatischen Meere. Wohl herrschte die Republik Venedig noch lange an vielen Küsten und auf Inseln des Ostens; aber die Kaufmannsrepublik verzichtete im Interesse ihres Handels außer in den Städten sehr bald auf die Rolle eines latei- nischen Kulturträgers. Ein tiefer, unüberbrückbarer Gegensatz hält das griechisch-sla- wische Morgenland und das lateinische Abendland geistig auseinander. Er ist so groß, daß seit den Tagen der türkischen Eroberung Kon- stantinopels bis zur Gegenwart konstantinopolitanische Patriarchen und gräkoslawische Theologen und Patrioten dankbar immer wieder erklärt haben, die Vorsehung habe ihren Ländern die türkische Herr- schaft gesendet, um sie vor der Herrschaft des fremden und zerfahrenen abendländischen Geistes zu bewahren. So groß die Abneigung gegen den Türken und die tatkräftige Sehnsucht nach Befreiung vom tür- kischen Joch war und ist — noch viel größer war und ist die Ab- neigung gegen den Geist des Abendlands; denn der Türke brachte zwar die von ihm unterworfenen christlichen Nationen in eine trau- rige Verkümmerung, aber er griff in ihr inneres Leben und in ihre Heiligtümer in der Regel nicht ein. Er ließ ihnen ihre Eigenart: ausdrücklich wurden die Sultane als Erhalter der Orthodoxie gepriesen’. Vom Abendland dagegen weiß man im Osten aus langer Erfahrung, daß es diese Eigenart zerstören werde, wo immer es die Herrschaft gewinnt. Worauf beruht aber der ungeheure und fortbestehende Gegen- satz zwischen dem Geist des Morgenlands und des Abendlands? Diese Frage hat denkende Historiker viel beschäftigt und sehr verschiedene Antworten gefunden. Am beliebtesten, zumal heute wieder, ist die Antwort, daß der Gegensatz auf der Rasse beruhe, und gern erinnert man sich der geistvollen Spekulationen Farımeravers’, der mit blen- dender Dialektik nachzuweisen suchte, daß das Griechentum als Rasse ' Die Rumänen haben das orthodoxe Kirchenwesen behalten und sind, bis über die Mitte des vorigen Jahrhunderts unter griechischem Einfluß stehend, von den Fanarioten geleitet worden. In den letzten Jahrzehnten aber ist der abendländische Einfluß die stärkste Kraft dort geworden, und der Herrscher führt diese Nation der abendländischen Völkerfamilie zu. Aber der Beweis, daß sich orthodoxes Kirchenwesen und abendländischer Geist zu durchdringen vermögen, ist noch nicht geliefert. * Auch das wird dem Türkenjoch nachgerühmt, daß es die griechische Kirche vor den Sekten geschützt hat; man vergleiche das Gegenbeispiel, welches Rußland bietet. ° Fragmente aus dem Orient, 1845. Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 159 überall mehr oder weniger erloschen sei, daß slawisch-asiatische Völker im Orient seine Stelle eingenommen haben, ihr Geist das Morgenland bis zur Adria heute beherrsche und daß dieser slawisch-asiatische Geist im unversöhnlichen Gegensatz zum Geist des Abendlands stehe. Diese Ansicht, daß man es im Orient mit dem Griechentum über- haupt nicht mehr zu tun habe, findet heute freilich kaum mehr Vertreter ; aber nun versucht man auf andere Weise aus der Rasse die Ver- schiedenheit von Orient und Okzident zu begründen. Alle diese Ver- suche können auf kritische Köpfe keinen Eindruck machen; denn sie operieren mit dem dunkelsten Faktor, den es gibt, dem Rassenunter- schied zwischen verwandten und gemischten Völkern, übersehen, daß es Zeiten gegeben hat, in denen diese Völker ihre Gemeinsamkeit stärker empfunden haben als ihre Verschiedenheit, und unterschätzen vor allem die stärkste Macht, die es hier als verbindende und als trennende gibt, nämlich die Geschichte, welche die Völker erlebt haben. Das politische Geschick der Völker ist ihr Schicksal. Durch Blutsverwandtschaft aufs engste verbundene Stämme können durch ihr Geschick auf immer getrennt werden und einen ganz verschiedenen Volksgeist in sich ausbilden, und wiederum sich fernstehende Stämme können durch gemeinsames Geschick zusammengeschweißt werden und zu einem Volk zusammenwachsen. Unter dem politischen Geschick ist die erlebte Geschichte im weitesten Sinn des Worts zu verstehen, d. h. sowohl die äußere Geschichte in Krieg und Frieden, in Sieg und Unterdrückung, als auch die innere Geschichte in Religion, in Staats- und Rechtsbildung, und nicht zuletzt in den großen und führenden Männern, die ein Volk erlebt hat und die seine innere Geschichte bestimmt haben. In diesen Erfahrungen und Erlebnissen bildet sich jener Geist eines Volks, der ihm zur zweiten Natur wird, und zwingt selbst angeborene Art und Fähigkeit in eine neue Richtung. Daher darf man in bezug auf die zivilisierten Völker mit einer reichen Geschichte dann erst auf den dunklen Faktor der Rasse zurückgreifen, wenn der Rekurs auf ihre Geschichte versagt oder direkt auf die Rasse hinweist. Unter den Elementen aber, welche die innere Geschichte bestimmt haben, ist die Religion das vornehmste. Es ist dabei jahrhundertelang fast gleichgültig, wie viele Menschen in einem gegebenen Zeitalter der Religion innerlich und herzlich zugetan sind, jaman darf, ohne paradox zu werden, sagen, je mehr Indifferente, um so stärker die Herrschaft einer alten Religion. Denn die Religion als herrschende erträgt den ausfahrenden Subjektivismus der wirklich Frommen nur schwer, während sie die gleichmütige Geduld der Indifferenten als Stärkung empfindet. Sie herrscht ja in Wahrheit niemals durch die Kraft ihrer über das 160 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. Ganze verbreiteten Frömmigkeit, sondern sie herrscht durch ihre Sitte, d. h. durch ihr Ritual, ihre Liturgie, ihre Feste und Ordnungen einer- seits und durch eine Reihe von Sittengeboten anderseits, die teils in das Rechtsleben übergegangen sind, teils neben demselben bestehen und in den weitesten Kreisen fast wie höhere Naturordnungen naiv empfunden werden‘. Daneben herrscht sie, indem sie die Gefühle feierlich weiht, die an den Höhe- und Tiefpunkten des Lebens in jedem entstehen — wobei die Art der Weihung den meisten ganz gleichgültig ist —, und indem sie im Tode das Leben mit dem Tode zu versöhnen sucht, wobei wiederum den meisten der feierliche und in altüberlieferten Formen sich aussprechende Versuch gefühlsmäßig wohltuend, aber bereits auch genügend ist”. Ob, damit die Religion in dieser Weise herrsche, immer ein Kreis solcher vorhanden sein muß, die sie wahrhaft innerlich im Herzen tragen, . ist eine Frage, die ich nicht unbedingt bejahen möchte; aber immer muß ein Kreis solcher da sein, die sie sozusagen professionsmäßig vertreten und daher auch an ihre Tiefen erinnern — die Priester, die Geistlichen. Diese und die Indifferenten® halten die Religion bei der Herrschaft. Ist demgemäß zwischen der Religion, welche in den Herzen einzelner herrscht, und derselben Religion als der herrschenden ein ungeheurer Unterschied, unbeschadet der Zwischenstufen, die hier entstehen, und hat der Historiker zunächst die Aufgabe, die Religion als herrschende ins Auge zu fassen — sie bestimmt ja das Volk —, so darf er doch die wirkliche Religion, die hinter dieser herrschenden steht, nicht unbeachtet lassen ; denn nicht nur bricht dieselbe stoßweise hervor und wird dann selbst zu einem mächtigen geschichtlichen Faktor, sondern aus ihr wird erst die Eigenart der herrschenden Religion ver- n denke an die Monogamie, an die Konservierung der physisch und a ökonomisch Schwachen u. a * Inden genannten vier Momenten liegt die ungeheure Macht der herrschenden Religion im öffentlichen Leben, der gegenüber die verstandesmäßige Kritik einzelner, sei es auch noch so vieler, wenig in Betracht kommt, zumal da sie sich nur selten wider die Herrschaft der Religion auflehnen. Dazu haben die großen Begriffe Gewissen, Liebe, Vergebung, Versöhnung, Erlösung, Frieden, Ewigkeit, Gott, sei es auch nur als Überschriften, eine magnetische Gewalt über die Gemüter und können durch keine Verstandeskritik zerbrochen werden. Die, welche es versuchen, gleichen einem Mückenschwarm, der gegen ein Glasfenster fliegt. Daher sind aber auch die »Ökonomen« dieses Kapitals, die Priester und Geistlichen, ein Stand von hoher Be- deutung im öffentlichen Leben, mag ihnen auch täglich ihre Rückständigkeit und Über- tlüssigkeit bewiesen werden. Daher setzt endlich aber auch der Staat, der tiefer blickt als die Tageskritik, alles daran, um die herrschende Religion seinen Zwecken dienst- bar zu machen. Der autoritative Priester und die mediokre Frömmigkeit gehören enger zu- sammen als der Priester und der lebendige Glaube. La medioerite fonda l’autorite. pP . .. * . i; Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 161 ständlich, die an und für sich denen, die sich nur unter sie beugen, stets eine superstitio ist, d. h. alle Kennzeichen des Aberglaubens trägt. Daß nun für den Unterschied des Geistes des Morgenlands und des Abendlands die herrschende Religion, d. h. die Kirche dort und hier, von besonderer Bedeutung ist, wird von niemand in Zweifel gezogen, ja man darf wohl sagen, daß sie das wichtigste Element ist. Und zwar ist auf abendländischer Seite allein die römisch-katholische Kirche in Betracht zu ziehen. Den Protestantismus muß man bei der Untersuchung ganz beiseite lassen; denn er hat sich aus dem Schoß der abendländisch-katholischen Kirche spät entbunden und ist mit der morgenländischen Kirche nur in wissenschaftliche, d. h. wesentlich gleich- gültige Beziehungen getreten. Aus dem Unterschied der orthodoxen morgenländischen und der römischen Kirche muß sich also die Ver- schiedenheit des Geistes des Morgenlands und des Abendlands zu einem bedeutenden Teil erklären lassen'. Sobald man das aber versucht, gewahrt man zunächst statt Ver- schiedenheiten nur die größte Verwandtschaft zwischen beiden! Man kann es kurz sagen: nicht nur die Grundauffassung von der Religion als Erlösungsreligion und nahezu alle Dogmen erscheinen als identisch, sondern auch alle übrigen Elemente, Funktionen und Institutionen der beiden Kirchen. Mag man nun auf den Unterschied von Klerus und Laien, von Klerus, Laien und Mönchen, von Bischöfen und Priestern blicken, mag man den vorausgesetzten und erstrebten Ertrag der Religion dort und hier samt dem sittlich-religiösen Lebensideal ins Auge fassen, mag man den Gottesdienst, die Messe, die Sakramente studieren, mag man vergleichen, was dort und hier als heilige Geschichte.gilt, oder sonst in einer beliebigen Richtung die Kirchen beobachten —— mit Ausnahme des römischen Primats und der Stellung der Kirchen im öffentlichen Leben tritt überall die innigste Blutsverwandtschaft der beiden Kir- chen zutage, ja es scheint, daß man nicht einmal von zwei Schwestern sprechen darf, vielmehr sieht man ein und dasselbe geistige Gebilde vor sich, wie es ja auch viele Jahrhunderte hindurch als ein ein- heitliches bestanden hat. Nimmt man nun noch hinzu, daß die römische Kirche jeden Griechen ohne weiteres aufnimmt, der den Papst anerkennt — was sie sonst noch verlangt, sind Formalitäten —, und daß die orthodoxe Kirche auch in der Regel keinem römischen Christen weitere Schwierigkeiten macht, der sich vom Papste lossagt, so scheint ' Die ausführlichste und beste Darstellung der »Örthodoxen Anatolischen Kirche«, die wir besitzen, findet sich im »Lehrbuch der vergleichenden Konfessionskunde« von Karrenpusch (Bd. I, 1892). Hierzu ist die kürzere, ebenfalls vortreffliche Darstellung von Loors, Symbolik (Bd. 1], 1902) zu vergleichen. S. auch Gasz, Symbolik der grie- chischen Kirche (1872). 162 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. es unbegreiflich, wie in dem Unterschied des abendländischen und des morgenländischen Katholizismus der ungeheure Unterschied des abendländischen und des morgenländischen Geistes wurzeln soll. Aber das Bild ändert sich, sobald man die beiden Kirchen so- wohl an sich als auch in ihrem Verhältnis zu der sie umgebenden Welt gründlich studiert. Ich versuche es, im folgenden die Unter- schiede zu skizzieren, die sich bei genauer Betrachtung an jedem Hauptpunkte ergeben, um dann die Frage zu beantworten, ob sich zur Erklärung dieser Unterschiede dort und hier ein einheitliches Prinzip finden läßt. ı. Die christliche Religion wird in beiden Kirchen ausschließ- lich als Erlösungsreligion aufgefaßt. Für Erlösungsreligionen aber sind die drei Fragen entscheidend: Wovon wird erlöst, wozu und wodurch? Beide Kirchen beantworten diese Fragen identisch: erlöst wird von der Sünde und vom Tode; das Ziel der Erlösung ist ewiges, reines Leben in der Anschauung Gottes, und das Mittel der Er- lösung ist der Glaube an den Gottmenschen Jesus, der die Sünde ge- tilgt und den Tod besiegt hät, sowie ein reines Leben nach seinen Vorschriften. Sieht man aber näher zu, so gewahrt man Unterschiede. In der morgenländischen Kirche tritt die Erlösung vom Tode und der Vergänglichkeit neben der Erlösung von Sünde und Schuld stärker, weil selbständiger, hervor als in der abendländischen oder vielmehr: in der abendländischen Kirche ist das Bewußtsein: »Wo Vergebung der Sünde und Liebe ist, da ist auch im Diesseits schon Leben und Seligkeit«, um einen bedeutenden Grad gegenständlicher als in der morgenländischen. Infolge hiervon ergibt sich auch ein Unterschied in bezug auf das Ziel der Erlösung. Daß es letztlich ganz und gar ein jenseitiges ist, ist auch die Überzeugung der abendländischen Kirche, und von dieser Überzeugung läßt sie sich durchweg leiten; aber wenn die Erlösung von der Sünde der Erlösung vom Tode über- geordnet ist, ja sich kausativ zu ihr verhält, so erscheint das Ziel und der Ertrag der Religion doch auch schon in der Sünd- und Schuld- losigkeit gegeben, positiv ausgedrückt: in dem vollkommenen Habitus des Guten, also in Glaube, Liebe und Hoffnung. Ein von diesen Kräften ganz erfüllter Mensch hat also schon, soweit es auf Erden möglich, die Erlösung und Seligkeit; daher ist dem Abendländer der fructus religionis nicht mehr eindeutig. Er besteht vielmehr sowohl in dem seligen, jenseitigen Leben, als auch schon jetzt in dem Habitus des Guten, auf Grund der Vergebung. Der Grieche empfindet nicht ganz so; er empfindet eindeutiger: ihm steht die Vergänglichkeit und der Tod so erschütternd und schrecklich vor der Seele, daß keine wahre Seligkeit bestehen kann, solange sie nicht weggeräumt sind. Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 163 Als stärkste erlösende Kraft erscheint ihm daher nicht die Kraft, welche die Sünde, sondern die, welehe die Vergänglichkeit und den Tod besiegt. Zwar darf man den Unterschied der beiden Kirchen hier nicht übertreiben: tausende von Bekenntnissen griechischer Christen bezeugen den Ernst und die Zartheit ihres Schuldbewußtseins und das tiefste Dankgefühl für die Erlösung von der Sünde. Dennoch bleibt es dabei, daß sie die noch bestehende Vergänglichkeit schmerz- licher empfinden als die Abendländer und daher dem vollen Erlösungs- gefühl keinen Raum lassen, so lange diese Zeitlichkeit sie noch um- gibt. Noch deutlicher wird dies am dritten Punkt, dem » Wodurch«. Zwar darüber, wie die Erlösung bereits in der Person Christi gegeben ist, besteht nicht der geringste Unterschied zwischen den Lehren der beiden Kirchen'. Aber in dem Werke Christi steht für den Orient die Menschwerdung mehr im Vordergrund, für den Okzident der Kreuzes- tod’. Und wo es sich um das subjektive Mittel der Aneignung handelt, tritt in dem identischen Gefüge von Glaube und Werken das Streben nach Mitteln, welche die Schuld tilgen, im Abendland primär hervor, im Morgenland dagegen das Streben nach Mitteln, welche einen Vorgeschmack der jenseitigen Seligkeit gewähren’. Dies führt auf ! Die christologischen und die mit der Christologie eng zusammenhängenden trinitarischen Dogmen der beiden Kirchen sind identisch bis auf die Lehre vom Ausgang des hl. Geistes. Die hier bestehende Differenz, die als eine rein schulmäßige sehr wohl zu ertragen gewesen wäre (wie manche andere theologische Lehren, die ungeklärt geblieben sind), ist absichtlich, man darf sogar sagen, tendenziös und mut- willig, von Photius zu einem artieulus stantis et cadentis ecclesiae erhoben worden und konnte nun nicht mehr der Schule überlassen werden. Gewiß spricht sich auch in ihr ein gewisser Unterschied des Orients und Okzidents im Gottesbegriff aus; aber dieser Unterschied gehört zu denen, die selbst in dem Mücken seihenden Zeitalter der Kirchenväter kein Schisma hervorzurufen brauchten. Haben doch im 4. Jahr- hundert Alt- und Jung-Nizäner es schließlich nicht zum Bruch kommen lassen, und vereinigte doch das Chalcedonense, namentlich in der Auslegung, die das 5. Konzil ihm gegeben hat, viel größere Gegensätze als der ist, um den es sich bei der Lehre vom Ausgang des hl. Geistes handelt. ? Gewiß kann das Kreuz als Symbol und Amulett nicht höher geschätzt und mehr gefeiert werden als in der orientalischen Kirche; aber nicht nur hat die bern- hardinische Kreuzesandacht, wie sie die ganze abendländische Kirche ergriffen hat, in der morgenländischen keine vollkommene Parallele, sondern auch in der Dogmatik überragt im Abendland die Gnosis des Kreuzestodes die Gnosis der Menschwerdung, während das morgenländische Dogma ausschließlich Darlegung der Lehre von der Gottheit und vom menschgewordenen Gott ist. ® Sofern in beiden Kirchen der Heilsbesitz bereits ein gegenwärtiger ist, erlebt ihn der abendländische Christ mehr in der absolutio und in dem Habitus von Glaube und Liebe (»gratia infusa«), der morgenländische mehr in dem feiernden und betrachten- den Genuß himmlischer Güter, die schon im Diesseits gewährt werden und über die Erde erheben. — Die Unterschiede, wie sie hier in Bezug auf das Erlösungsbewußt- sein angegeben sind, liegen zwar schon im Ansatz beider Kirchen begründet, haben sich aber doch erst allmählich herausgestellt. Für den Gang der Entwicklung und 164 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. den Gottesdienst und die Sakramente einerseits, auf das fromme Leben und die Askese anderseits. Zuvor ist aber noch ein wichtiger Punkt zu erörtern: Man hat häufig darauf hingewiesen, daß in der griechischen Kirche die trinitarischen und clıristologischen Dogmen unter schweren Kämpfen festgestellt worden seien, während die abendländische Kirche daran nur sekundär Anteil genommen habe, und man hat daraus ge- folgert, daß der griechischen Kirche ein spekulativer Zug innewohne, der der abendländischen fehle, ja man hat darin den wesentlichen Unterschied zwischen beiden Kirchen erkennen zu müssen gemeint. Allein so einfach liegt die Sache nicht, wie schon die Tatsachen be- weisen, daß im Abendland von Augustins Zeiten an sehr ernsthaft und eigentümlich über Trinität und Christologie nachgedacht worden ist, umgekehrt aber im Morgenland die kirchlich interessierten Laien und auch die Mehrzahl der Geistlichen die dogmatischen Kämpfe stets als Nyktomachien und als anstößig empfunden haben' und diese Kämpfe und Dogmenproduktionen auch seit dem 7. Jahrhundert ein Ende fan- den. Die Sache steht vielmehr so: da in beiden Kirchen die Gottes- erkenntnis und -anschauung das letzte Ziel und die Theologie daher die Hauptfunktion und eine Hauptförderung der Frömmigkeit ist, so hat in beiden Kirchen die Erkenntnis Gottes und des Gottmenschen dieselbe zentrale Stellung. Daß die griechische Kirche sie früher be- gonnen und jahrhundertelang energischer durchgeführt hat, erklärt sich aus ihrer höheren Bildung einerseits, anderseits allerdings aber auch dadurch, daß das Interesse der abendländischen Kirche sehr früh und dauernd auch von den praktischen Fragen der Kirchen- und See- lenleitung in Anspruch genommen wurde. Man gewahrt hier wieder das zweite Motiv, das sich im Abendland mit selbständiger Kraft ein- drängt, während es im Morgenland schwächer bleibt. Nun aber ist noch folgendes zu erwägen: Da die Erkenntnis Gottes und des Gottmenschen nach der Über- zeugung der Kirchen das Wesen der geoffenbarten Religion selbst aus- macht, darf sie nicht durch menschliche Anstrengungen oder gar erst durch innerkirchliche Kämpfe gewonnen werden, sondern muß von die .notw en Einschränkungen, sobald man die verschiedenen Epochen und einzelne Führer ins Auge faßt, s. Horı, Enthusiasmus und Bußgewalt beim griechischen Mönch- tum, 1898. Daß die Rücksicht auf Sünde und Buße im Orient zu gewissen Zeiten und bei gewissen Führern nicht minder ernst und streng war als im Okzident, daß man aber dort anfangs minder gesetzlich und mehr psychologisch verfuhr, weil man auch den Gläubigen als Werdenden behandelte, zeigte er an mehreren Stellen. Vgl. die Haltung der sog. »Mittelparteien« in allen dogmatischen Kämpfen der griechischen Kirche: und, die Laien MASAReOn, z.B. die Haltung des Kirchen- historikers Sokrates. Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 165 Anfang an offenbar und patent gewesen sein, d.h. alle ringende Spe- kulation und alle Kämpfe hier sind eigentlich ein ungeheures und un- erträgliches Skandalon; denn sie lassen das als einen menschlichen und in der Geschichte entstandenen Erwerb erscheinen, was doch ein von Gott gegebenes Gut sein soll. Die Fiktion, den Erwerb von heute jedesmal für einen uralten Besitz auszugeben, war in solcher Situation un- vermeidlich. Ein paar Jahrhunderte hindurch hat die griechische Kirche diese peinliche Situation und die schwere Irritierung, welche die dogmati- schen Kämpfe und die neuen Formeln ihr auferlegten, ertragen; dann hat sie Schluß gemacht! und nun erst den Zustand erreicht, der ihr von An- fang an als der notwendige und ideale vorschwebte, nämlich nicht sowohl zu spekulieren als über eine fertige Spekulation zu meditieren und ihren Inhalt zu kontemplieren; denn sowohl das Ritual als auch die mystische Frömmigkeit bedarf ein fertiges Dogma. Wirklich spe- kulativ interessiert und auf neue Erkenntnisse bedacht ist die morgen- ländische Kirche niemals gewesen. Jede neue Formel, die man auf- stellen mußte, war als solche eine schwere Verlegenheit und hatte zunächst schon als neue die Majorität in der Kirche gegen sich. Ein Unterschied von der abendländischen Kirche ist hier also ursprüng- lich gar nicht zu finden. Diese hätte sich gerade so benommen wie die morgenländische, wenn sie schon so gebildet gewesen wäre, und hat in einzelnen Fällen im 4. und 5. Jahrhundert auch dieselbe Haltung bewiesen. Der Unterschied beginnt erst von der Zeit an, wo die mor- genländische Kirche Schluß gemacht hat. Fortab nimmt sie eine Hal- tung zur »Tradition« ein, der die abendländische Kirche nicht voll- kommen folgt, d. h. diese Kirche läßt der theologischen Spekulation und der fortschreitenden Entwicklung noch einen größeren Spielraum als jene (vgl. über »Tradition« unten). Sie erscheint also — entgegen der herrschenden oberflächlichen Meinung — »spekulativ« lebendiger als die morgenländische Kirche. 2. Das religiöse Leben spielt sich in beiden Kirchen primär an der Messe und den Sakramenten ab. Zunächst gewahrt man wieder keine Verschiedenheiten. Die Messe ist dort und hier ganz wesent- lich identisch?, und auch die Sakramente sind dieselben. Allein bei näherer Betrachtung walten hier sehr große Unterschiede ob. Dem Orientalen ist der Meßgottesdienst in seiner Totalität die Hauptsache. Das gottesdienstliche Gebäude, seine Ausschmückung, Heiligtümer und aentlich seine Bilder, das Ritual vom Anfang bis zum Ende, der Eigentlich schon im 6. Jahrhundert unter Führung Justinians; die monothe- : Streitigkeiten sind künstlich von der Reichspolitik hervorgerufen worden. Demgemäß behalten auch die Orientalen ihren eigentümlichen Meßgottesdienst. wenn sie sich mit der römischen Kirche unieren. 166 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. Gesang, der Weihrauch und alle einzelnen Zeremonien und Stücke bis zu den Priestergewändern sind für das Erlebnis eine geschlossene Einheit, in welcher der Opferdienst nur den Höhepunkt bildet. Durch diesen Gottesdienst im Kirchenraum fühlt sich der orientalische Christ in den Himmel erhoben und empfängt im Gemüt und zugleich durch alle seine Sinne einen Vorgeschmack der himmlischen Welt und des jenseitigen Lebens. Voraussetzung für den Eintritt dieser Erhebung ist der pünktlichste Vollzug des Rituals und die Unveränderlichkeit aller zu ihm gehörigen Stücke. Die Sakramente erscheinen diesem Gottesdienst zugeordnet, stehen unter sich in einer nur losen Ver- bindung und leisten das partikular oder individuell applikativ, was der Gottesdienst in Fülle bietet. Die Zubereitung für das Jenseits bzw. die Erhebung zu demselben ist die Kraft ihres Inhalts. Anders ist es im Abendland. Innerhalb des Gottesdienstes ist die sünden- tilgende Opferung das allein entscheidende Moment, und aus den Sakramenten hebt sich das Bußsakrament so gewaltig heraus, daß es sich alles unterordnet, ja auch Zweck und Ziel der Messe sich unterwirft'. Hierin ist wiederum ausgedrückt, daß der Kirche die Sündenvergebung bzw. die Herstellung eines sittlich reinen Lebens und die Erfüllung mit Glaube und Liebe die Hauptsache ist, die sich nahezu als selbständiger Endzweck darstellt und sogar über den Gedan- ken der Zubereitung auf das Jenseits übergreift. Daher tritt auch im Erlebnis des Gottesdienstes nicht sowohl die Erhebung in den Himmel in den Vordergrund, obwohl sie nicht fehlt”, als vielmehr die Er- langung solcher geistiger Güter auf Erden, welche den Menschen von der Schuld befreien und ihn zur vollkommenen Gerechtigkeit ver- helfen. Von hier aus erklärt es sich auch, daß die Unverbrüchlich- keit des Rituals nicht dieselbe Rolle spielen kann wie im Orient; denn die Forderung seiner Starrheit entspringt im Orient aus dem Gedanken der rein mysteriösen und transzendentalen Natur der Gabe, während diese im Okzident zwar auch als streng übernatürliche gilt”, ' Die Taufe hat in beiden Kirchen dieselbe Stellung: das Höchste wird von ihr ausgesagt. Aber da sie sich als ea vollzieht, also an Bewußtlosen, muß doch alles am Subjekt von neuem beginnen. ®2 Wie ja auch umgekehrt in ER) orientalischen Kirche die Sündenvergebung in Demut gesucht und mit Freude empfangen wird ® Man könnte sogar bei flüchtiger Betrachtung meinen, der mysteriöse Charakter der Messe sei im Abe ndland strenger ausgebildet als im Morgenland, weil sie dort in einer dem Laien unverständlichen Sprache, hier dagegen in den Landessprachen gefeiert wird, und dazu im Abendland Stillmessen üblich sind. Allein das ist ein Irrtum; denn erstlich ist auch in manchen orientalischen Kirchen die Sprache der Messe den Laien nicht verständlich, sodann ist das Latein des abendländischen Meß- gottesdienstes und die Stillmesse nicht aus der Rücksicht auf das Mysterium, sondern aus hierarchischen und zentralistischen Gründen zu verstehen. Die zahlreichen Dar- A .. » r. . » Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 167 aber sich geistig und individuell vermitteln muß und dadurch ein Moment der Freiheit erhält. Eben dieses Moment der Freiheit gilt es aber nun zu ordnen, d. h. die Sakramente sind im Abendland unter dem pädagogischen Gesichtspunkt der Seelenführung in eine innere Einheit gesetzt. Zusammengefaßt: im Orient ist der Gottes- dienst samt den Sakramenten Mysterienfeier und Anbetung, im Okzi- dent ist er das auch, aber daneben tritt — und sogar übergreifend — die Rücksicht auf die sittliche Therapie der Seele hervor. Noch ist ein Blick auf die Bilder zu werfen. An der Nuance, welche zwischen der im allgemeinen identischen Bilderverehrung in beiden Kirchen besteht, kann man den Unterschied besonders deut- lich studieren. Im Orient ist der Bilderdienst nicht nur noch weiter ausgedehnt als im Okzident, durchzieht das ganze öffentliche und private fromme Leben noch mehr und hat auch in der Messe eine hohe Bedeutung, sondern es hat sich dort auch eine Bildertheologie und -philosophie entwickelt. Das heilige Bild ist seiner Form nach mit dem Prototyp identisch, welches es wiedergibt; nur sein Stoff ist irdisch. Es stellt also eine Vereinigung von Himmlischem und Ir- dischem dar und gilt in diesem Sinn geradezu als eine Auswirkung der Menschwerdung Gottes, wie die Sakramente Hinterlassenschaften des gottmenschlichen Lebens des Erlösers sind. Nichts kommt da- her den eigentümlichen Wünschen der griechischen Frömmigkeit so sehr entgegen wie das Bild, in welehem sich das Himmlische stetig dem Auge in Verschmelzung mit dem Irdischen darstellt. Dem Abend- land ist diese Theorie und die ihr entsprechende Praxis wesentlich fremd geblieben. Hier symbolisiert das Bild nur die Nothelfer, an die man sich freilich ebenso wendet, wie im Morgenland; aber eine selbständige Bedeutung kommt dem Bilde in der Theorie nicht zu. 3. Für das Leben des Christen ergibt sich in beiden Kirchen die Grundforderung, daß es als Vorbereitung auf das Jenseits gelebt werden soll. Diese Forderung führt direkt auf die Askese im Sinne des Mönchtums. Aber in der Zeit, als beide Kirchen noch eine gemeinsame Geschichte gehabt haben, haben sie — teils weil das Mönchtum keine Überlieferung aus ältester Zeit besaß, teils weil sich die Kirche nicht mehr in ein System von Einsiedeleien und Klöstern verwandeln ließ — beide geurteilt, daß sich das Mönchtum als ein besonderer Stand in der Kirche etablieren solle, daß es aber für die anderen Christen genüge, die Vorbereitung auf das Jenseits innerhalb des bürgerlichen Lebens zu üben. Daß diese Vorbereitung durch bietungen religiöser Erbauung in den Landessprachen in der abendländischen Kirche (wie spärlich sind sie im Orient!) lassen darüber keinen Zweifel, daß das Mysterium nicht das letzte Wort im abendländischen Christentum sein soll. Sitzungsberichte 1913. s * 08 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. Glauben und durch Beobachtung der Sittengebote und Kirchengebote, die eine partielle Askese einschließen, zu geschehen habe, darin sind wiederum beide Kirchen einig. Aber auf diesem Grunde — wie groß sind die Yersohiedenhnim] sowohl wenn man auf die Mönche als auch wenn man auf die Laien blickt! Das orientalische Mönchtum bietet in tausendfacher einförmiger Wiederholung im gemeinschaftlichen Leben und im einsiedlerischen — wenige bedeutende Ausnahmen abgerechnet — immer dasselbe Bild'; dagegen im Abendland — welch ein Reichtum mannigfaltigster Formen von der Schöpfung des Benediktus bis zur Schöpfung des Ignatius! Das Ideal der orientalischen Askese ist der völlig bedürfnislose, weltentrückte, kontemplierende Einsiedler’, der selbst des Verkehrs mit gleichge- stimmten Brüdern nicht notwendig bedarf. Das Ideal der abend- ländischen aber ist, wie der Gang der geschichtlichen Entwicklung lehrt, der Jesuit, in welchem sich das alte Mönchtum sozusagen selbst aufgehoben hat. Analysiert man diese beiden Typen, so erkennt man: der morgenländische Mönch flieht den Mundus und das Saeculum, der abendländische flieht den Mundus und sucht das Saeculum im Dienste der Kirche umzubilden. Der morgenländische Mönch hat nur das eine Ziel, seine Seele rein zu erhalten und sich durch Askese und Meditation auf das Jenseits vorzubereiten, ja:schon in diesem Leben bis an seine Pforten vorzudringen’. Auch der abendländische Mönch bejaht dieses Ideal, aber er verbindet es mit der andern Aufgabe, diese Welt der Kirche, d.h. Christus, zu unterwerfen. Wieder ge- wahren wir, daß das Ideal des griechischen Mönchs eindeutig und jenseitig ist, das Ideal des abendländischen aber ein duales; denn mit selbständigem Anspruch tritt zu dem asketischen Jenseitigkeitsziel das diesseitige Ziel, welches die Herrschaft des Guten und Heiligen in der Welt verwirklichen will’. Dieses Ziel entspricht genau der oben ge- machten Beobachtung, nach welcher die Erlösung nicht erst in der Befreiung von der Vergänglichkeit zu unsterblichem Leben im Jenseits gegeben ist, sondern auch schon in dem Erfülltsein mit den Kräften des ! Auch hier muß von der Entwicklungsgeschichte abgesehen werden, die in manchen früheren Stadien anderes zeigt, s. Horı, a. a 2 Den kontemplierenden Einsiedler läßt die sbenhiäikeh: Kirche überhaupt nur unter Bertihieken Bedingungen gelten, und er ist fast vollkommen verschwunden. ® Hierzu führt der Natur der Sache nach nur die strengste Askese, die bis an die Entkörperung heranstreift. — Eine gewisse liebende Sorge um die armen Brüder kommt auch bei orientalischen Mönchen hier und da vor, ist aber ganz sekundär. * Von hier aus kann sogar die Askese nur wie ein Hilfsmittel erscheinen (s. den Jesuitenorden): »Wer auf die Welt wirken will, darf sich mit ihr nicht ein- lassen.« In dieser Erkenntnis wird hier auch die Askese herangezogen. Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 169 Glaubens und der Liebe im Diesseits. Zwar hat auch das orientalische Mönchtum ein positives Verhältnis zur Kirche: die Bischöfe werden aus ihm genommen, und die Arbeit der Klöster steht mit dem Kultus und anderen Funktionen der Kirche in einer gewissen Beziehung; aber mit der Herrschaft der Kirche hat es schon deshalb nichts zu tun, weil diese Kirche, wie sich noch zeigen wird, eine Herrschaft, wie sie die abendländische Kirche ausübt, gar nicht beansprucht. Ganz analog dem mönchischen gestaltet sich dort und hier das Lebensideal für den christlichen Laien. »Mensch, bedenke dein Ende«, ist in beiden Kirchen die Grundform aller vorgeschriebenen Lebens- führung, und die Einhaltung der Sittengebote und bestimmter Kirchen- gebote' wird neben der Rechtgläubigkeit im Orient und Okzident dem Laien eingeschärft. Sieht man aber näher zu, so gewahrt man, daß sich zwar noch beide Kirchen die Einschärfung der Demut gleich an- gelegen sein lassen, daß sie aber dann doch auseinander gehen. In welcher Weise, das kann man noch besser als an der für Laien ge- schriebenen Erbauungsliteratur an den religiösen Volkserzählungen stu- dieren®. Eine schwere Melancholie liegt über dem christlichen Volk des Orients, soweit es sich auf seine Religion besinnt und von ihr lebt. Es erwartet von dieser Erde und Zeitlichkeit nichts und ist stets auf das Schlimmste gefaßt. Ergeben nimmt es dasselbe hin. Vom Stand- punkt der Religion aus erscheinen auch alle politischen und Rechts- formen als ungerecht und böse; schlimm ist schon der Mundus, noch schlimmer und unverbesserlicher das Saeculum. Die passiven Tugenden sind aufs stärkste entwickelt, und soweit Selbstlosigkeit aufihrem Grunde zu entstehen vermag, finden sich heroische und rührende Beispiele zahl- reich. Ungefärbtes Mitleiden quillt überall auf zu den »Mitgenossen im Elend«, wie schon im 2. Jahrhundert der Grieche Mareion seine Konfessionsgenossen nannte’. In dieses trübe und hoffnungslose Dunkel, as alle Sinne und Aktionen erstarren läßt, fällt zwar der Glaubens- und Hoffnungsstrahl der zukünftigen Welt; aber er erwärmt und er- leuchtet nur einen schmalen Weg; rechts und links bleibt alles schwarz und grauenhaft wie zuvor. Nicht einmal dazu reicht auf Erden das Licht, um sich in seinem Scheine untereinander zu verbinden und ge- meinsam den Widerstand zu leisten, den der einzelne nicht zu leisten ea Nein — jeder steht im Dunkel für sich und sieht seinen Daß diese Kirchengebote nicht ganz identisch sind, ist nicht gleichgültig, in tritt auch hier der be ondere Charakter beider Kirchen hervor; doch soll auf diese Feinheiten nicht eingegangen werden. ” Man schlage die »Dorfgeschichten« Torsroıs auf, aber auch unzählige russische Novellen und Romane bieten dieselben Belege. ®_ CYNTAHAInWPON, 170 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. Nächsten nur als traurigen Schatten an sich vorüberziehen. Anders in der abendländischen Kirche: zwar alle diese Gefühle und Stimmungen sind auch dort bekannt, aber man soll in ihnen nicht stecken bleiben, man soll an sich selbst arbeiten und erhält die Verheißung des Fort- schritts, und man soll dem Übel widerstehen und erhält die Verheißung des Siegs, wenn auch nicht eines vollkommenen. Auch soll man nicht daran verzweifeln, in dieses Saeculum die Gerechtigkeit und die Kräfte des Guten, welche die Kirche darbietet, einzuführen, vielmehr soll man ein Mitarbeiter und Mitstreiter Gottes und der Kirche werden in der freudigen Zuversicht, daß es gelingen kann, die Herrschaft Gottes in der Welt aufzurichten. Neben den passiven Tugenden gilt es also die aktiven zu pflegen, sich durch dieselben miteinander zu verbinden und nun in Gemeinsamkeit unter der Fahne der Kirche der Welt zu Leibe zu gehen, um sie zu unterwerfen. 4. Unter der Fahne der Kirche — was bedeutet die Kirche im Orient und im Okzident und wie stellt sie sich zum Staat und zum Volkstum? Das ist das umfangreichste Kapitel, aus dem nur die Haupt- abschnitte hervorgehoben werden können. In beiden Kirchen gilt die Kirche als die Hüterin des christlichen Erbes (der Tradition), als die Lehrerin «des wahren Glaubens, als die Verwalterin der göttlichen Gaben und als die Mutter der Gläubigen ; aber auf diesem gemeinsamen Grunde sind die Unterschiede so groß, daß man sie auf Antithesen zu bringen vermag. Von einem Differenzpunkte aus ist die Entwieklung dort und hier in entgegengesetzter Riehtung gegangen: Morgenland: (a) Die Kirche ist primär und ganz wesentlich Jenseitigkeitsan- stalt; sie erfüllt die Gläubigen mit den Kräften der himmlischen Welt, die auf das Jenseits vorbereiten und einen Vorschmack desselben bieten; die sittlichen Impulse, die sie gibt, sind daher primär welttlüchtiger Art (negative und passive Tugenden). (b) Die Kirche bedarf des Welt- geistlichen und des Mönchs; in der Schätzung aber ist dieser jenem faktisch übergeordnet, weil er dem Jenseits nähersteht; auch ist die Spannung zwischen beiden nicht gering. Abendland: Die Kirche ist Jenseitigkeitsan- stalt, aber sie ist zugleich das Reich Gottes auf’ Erden; daher kommt es neben den weltflüchtigen Tugenden auf die weltbeherrschenden an, und der einzelne soll und muß von der Kirche eine positive sittliche Cha- rakterbildung empfangen. Die Kirche bedarf des Weltgeist- lichen und des Mönchs; in der Schätzung aber ist jener diesem übergeordnet, weshalb auch fast alle Mönche zugleich Priester sind. Die Weltpriester und Mönche stehen sich sehr nahe. Harnack: Der Geist der (ec) Der Weltgeistliche ist primär priesterlicher Liturg und nur se- kundär richterlicher Seelenleiter. (d) Da die Kirche es allein mit der Seligkeit ihrer Glieder zu tun hat, soll sie kein Staat sein. (e) Die Organisation der Kirche bedarf daher auch keine weltliche Regierungsgewalt und keine höhere Instanz als die einer heiligen Rats- versammlung für Glaube und kirch- liche Sitte, die mit unfehlbarer Sicherheit nach den Vorschriften des Altertums entscheidet. (f) Weil die Kirche kein Staat ist und im Grunde keine positiven irdischen Aufgaben hat, so kann und soll sie sich vertrauensvoll dem Staate in Unter- und Über- ordnung zugesellen unter der Vor- aussetzung, daß der Lenker des Staats orthodox ist. Ideal auf Erden ist eine allgemeine orthodoxe Kirche im engen Bunde mit dem orthodoxen Weltkaiser; doch ist die Verwirklichung dieses Ideals nicht notwendig. Auch meh- | Para ınrt Cı F- iu mitden zuge- hörigen orthodoxen Staatskirchen können nebeneinander bestehen'. (8) Die Kirche bedarf unter der Voraussetzung, daß der Staat ortho- dox ist, keiner anderen Selbstän- digkeit, Freiheit und Herrschaft als Das höchste morgenländischen Kirche. 174 Der Weltgeistliche ist priester- licher Liturg und richterlicher See- lenleiter; aber faktisch überragt seine Wirksamkeit als Seelenleiter jene andere Funktion. Da die Aufgabe der Kirche auch Verwirklichung der alles umspan- nenden Herrschaft Christi auf Erden einschließt, muß sie ein Staat sein. Die Organisation der Kirche be- darf daher einer wirklichen und stetigen Regierungsgewalt, die mit unfehlbarer Sicherheit ex sese ent- scheidet. Eine solche istnurin einem absoluten Monarchen als Stellver- treter Christi auf Erden gegeben. Weil die Kirche das gottgewollte Reich auf Erden ist, so kann es nur eine einheitlich regierte und in sich nicht differenzierte Kirche geben, also nicht verschiedene Staatskir- chen. Die Staaten selbst aber haben nur soweit ein Recht auf Existenz, als sie sich in allen Grundfragen der sittlich-sozialen Lebensbewe- gung dem Kirchenreiche unter- ordnen. Die es nicht tun, können eben nur ad tempus ertragen wer- den. Die Idee des Weltkaisers aber ist des Antichristentums ver- dächtig. Die Kirche bedarf.der vollen Selb- ständigkeit gegenüber dem Staat, der absoluten Freiheit und Aktions- freiheit gegenüber der Welt sowie ! Es ist höchst bezeichnend, daß sich im Morgenland jeder Nationalitätssplitter, der zur Nation wird, alsbald und wie selbstverständlich dem Patriarchat von Kon- Stantinopel entzieht und seine eigene orthodoxe Nationalkirche bildet. Auf diese Weise ui jenes Patriarchat bereits ganz zusammengeschrumpft — unter Protesten, die gar nicht durchschlagend sein konnten, weil jene kirchenpolitisch Abtrünnigen den volks- und staatskirchlichen Geist der Kirche für sich haben. 172 derjenigen, die ihr Kultus und ihre Kirchensitte verlangen. (h) Da die Kirche über Lehre, Kultus und Kirchensitte hinaus keinen Spielraum begehrt, so soll sie sich nicht nur dem orthodoxen Staat zugesellen, sondern sich auch an Volkstum und volkstümliche Sitte anschmiegen und sie, unter der Voraussetzung, selbst als das nationale Palladium zu gelten, pfle- gen und konservieren (patriotische Kirchlichkeit). Daher sollen auch die Priester verheiratet sein und im bürgerlichen Leben stehen. (i) Da die Kirche alles, was nicht Lehre, Kultus und Kirchensitte ist, dem Staat und dem Volkstum über- läßt, so kann und will sie selbst in absoluter Unveränderlichkeit ver- harren. Eben darin erblickt sie ihre göttlichel giti 104 1Wahr- heit und faßt deshalb sich und ihre Tradition als das von Gott selbst gewirkte » Altertum«. Von hier aus beurteilt sie das Neue, von welchem sie das ganze Abend- land erfüllt sieht, schon deshalb, weil es neu ist, als Würdelosig- keit, schlimme Zerfahrenheit und Häresie. Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. aller äußeren Mittel des Rechts und der Strafgewalt, die auch die Staaten für ihre Regierung bedürfen. Da Volkstum, volkstümliche Sitte und Patriotismus zum Saeculum ge- hören, so bedürfen sie der kirch- lichen Leitung und der Durchdrin- gung mit kirchlichem Geiste, um überhaupt erträglich zu sein. Na- tionalkirchen sind ebenso schlimm wie Staatskirchen, wenn das Natio- nale innerhalb der Kirche mehr sein will als eine Etikette. Welcher Spielraum dem Nationalen sonst ge- währt werden kann, bestimmt die Oberleitung nach universalkirch- lichen politischen Erwägungen. Alle Priester müssen unverheiratet sein, um nicht in das national-bürger- liche Leben verflochten zu werden‘. Die Kirche ist durch ihren Glau- bens- und Sittlichkeitsbesitz unver- änderlich und genau dieselbe, die sie bei ihrer Stiftung war. Aber weder sind Kultus, Disziplin und Kirchensitte ebenso unveränderlich — namentlich die beiden letzteren können von der Kirchenregierung eingreifend umgestaltet werden —, noch schließt der unveränderliche Glaubensbesitz (Tradition) es aus, bisher nicht definierte Glaubens- lehren nunmehr zu definieren und unbestimmtere Fassungen durch be- stimmtere zu ersetzen. Das Tra- ditionsprinzip in der Hand des Papstes wird faktisch zum Pro- gressionsprinzip, wenn die Kirche, um ihre Stellung in der Welt zu befestigen, Neuerungen nötig hat. ı Auch in den mit ihr unierten orientalischen Kirchen arbeitet die römische Kirche auf den Priesterzölibat hin, wenn sie ihn auch einstweilen nicht fordert. Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 173 Überblickt man diese Tabelle und die drei Abschnitte, die ihr vorangehen, so kann man über Geist und Art der morgenländischen Kirche nicht im Zweifel sein. Sie ist das fast vollkommene Beispiel einer zuversichtlichen Jenseitigkeitsreligion, die, indem sie das Höchste in Aussicht stellt — zukünftiges göttliches Leben — die Erde nur noch mit dem Fuße streift, die in bezug auf das irdische Leben zwar im Bunde steht mit der Moral und der höchsten sittlichen Anspannung, aber diese in der Richtung der Askese leitet, die neben der Zubereitung auf das Jenseits, welche in der Askese liegt, ihren Gläubigen in dem Kultus, in den Sakramenten und namentlich in den Bildern einen heiligen ästhetischen Genuß und den Vorschmack des göttlichen Lebens der Un- sterblichkeit bereitet, und die endlich in den Engeln und Heiligen eine Kette von Heilanden und Helfern schauen läßt, die vom Himmel zur Erde führt und abwärts und aufwärts wirksam ist. Der Vorschmack und Genuß des himmlischen Lebens entsteht aber auch in der Kontemplation und Meditation der Gottheit, des Gottmenschen, des ganzen oberen Kos- mos und des Kultus, also in der Mystik. Ein tiefer, zur Todessehnsucht gesteigerter Pessimismus in bezug auf die Erde und das Erdenleben und ein vollkommener religiöser Quietismus ist das Korrelat zu der sicheren Hoffnung auf das Jenseits und zu den ästhetisch-mystischen Genüssen, die mit allem Ernste als tiefe Tröstungen empfunden werden. Da aber kein Gemeinwesen und namentlich kein Volk in Pessimismus und Quietismus verharren kann, so tritt im Orient neben die Kirche das volkstümlich-nationale Leben, zwar nieht mit voller Naturkraft — das läßt die religiös-kirchliche Stimmung nicht zu —, aber doch als der allein aktive Faktor. Die Kirche hat, aus der Not eine Tugend machend, ihm und dem Staate den weitesten Spielraum lassen müssen. So ist eine paradoxe Verbindung von Religion und Kirche einerseits und Volkstum und Staat anderseits entstanden, die die Kirche auf die tiefe Stufe einer zeremoniösen Kultusanstalt für alle diejenigen her- absetzt, die der Jenseitsverkündigung und der Askese nicht zugänglich sind. Und diese Verbindung hat ferner die Kirche in ein nationales Palladium verwandelt, um welches geschart, Volk und Staat ihre Eigenart und Unabhängigkeit sichern und verteidigen. Wer aber als ernster orientalischer Christ, gestützt auf die nicht vergessenen Worte Christi und die asketischen Anweisungen der Kirche, in dieser Geltung der Kirche als purer Kultusanstalt und als gefügiger Gehilfin des nationalen Staats eine entsetzliche Verkehrtheit empfindet, flüchtet sich entweder resigniert in das Kloster — obschon es auch da Mönche genug gibt, die das Staatskirchenideal aufreehterhalten — oder wird, noch konsequenter, zum entschlossenen Sektierer und zum »ausbrüchigen « frommen Anarchisten, der der Kirche, dem Staat und der Gesellschaft 174 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. samt ihrer ganzen Kultur in Kraft der Sprüche Jesu den Krieg erklärt. Der religiöse, sanfte und doch alles zerstörende Anarchismus Torsroıs ist der Revers der Münze, die im Avers die dem Staate völlig ein- geschmiegte orthodoxe Kirche zeigt‘. Die vollkommene Verquickung von Staat und Kirche, die im geheimen doch als die unvereinbaren Ge- gensätze von Diesseits und Jenseits, Aktivität und Quietismus empfun- den werden, hat die Folge, daß für Tausende das System aus dem Gleichgewicht kommt: die einen sehen dann in der Kirche lediglich das nationale Palladium, ohne sich um ihren religiösen Geist noch im geringsten zu kümmern’, und die anderen sehen umgekehrt in Staat und Gesellschaft die babylonische Macht, welche der religiöse Geist negieren und zertrümmern muß. Wie hat diese so beschaffene Kirche entstehen können? Daß sie nieht einfach die Fortsetzung der Jüngergemeinde in Palästina ist, ist ohne weiteres klar und bedarf keines Wortes. Aber ebenso klar ist auch die positive Antwort: Diese Kirche ist die stehen- gebliebene religiöse, philosophische und ästhetische Kultur des Morgenlands des 3. Jahrhunderts, mit der freilich zwei gewaltige Veränderungen vor sich gegangen sind, durch die sie erst stabiliert worden ist. Diese beiden Veränderungen sind darin gegeben, daß erstens durch den Eintritt des Christentums in dieses Gefüge alle nicht mehr erträglichen grob polytheistischen Elemente ausgetilgt worden sind’ und ihm durch die Einführung der beiden Testamente ein Zentrum von besonderer religiöser Kraft und Fülle gegeben worden ist‘, und zweitens, daß dieses Christentum eine Organisation der Gesellschaft von unvergleichlicher Stärke mitbrachte, welche ! Eine geheime Bewunderung und Verehrung Torsrois herrscht bis tief in die Kreise der russischen Geistlichen, Mönche und Staatsbeamten hinein; denn indem er die Staatskirche, den Staat und die Kultur negierte, verfolgte er die stärkste, wenn auch niedergehaltene Stimmungslinie des morgenländischen Christentums. So wie diese Kirche ist, müßte sie ihn zugleich verdammen und apotheosieren. Sie hat auch etwas Ähnliches wirklich getan. — Daß auf dem Boden der eigentlich griechischen Kirchen keine Tolstois hervörkelsnlen sind, erklärt sich erstlich daraus, daß zahllose Tolstois schweigend ihr Lies führen, sodann daraus, daß diese Kirchen Jahrhunderte hindurch unter dem Türken standen, unter dessen Druck jeder Grieche zur Verteidigung seiner nationalen Staatskirche genötigt war (s. o.), also die »ausbrüchige« Frömmig- keit nicht aufkommen lassen durfte. 2 Das gilt z.B. von zahlreichen gebildeten Russen und Armeniern, und bei anderen morgenländischen christlichen Völkern ist es nicht anders. Die schrecklichen Greueltaten patriotischer Banden auf der Balkanhalbinsel zeigen, daß, wo der Patrio- tismus entflammt ist, zwar nicht die Kirche, wohl aber die Christlichkeit der Kirche vollkommen ausgeschaltet ist. 3 In feiner und bedingter Form sind sie alle noch vorhanden. * Ein »Mythus«, der alle übrigen Mythen verblassen ließ. Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 175 allen Rivalen fehlte' und den genialen Konstantin veranlaßte, auf den _ sehon vollzogenen Bund zwischen der griechischen religiösen Hochkultur und dem Christentum das staatliche Siegel zu drücken’. Kann man zweifeln, daß der Geist der morgenländischen Kirche den Geist der griechischen religiösen Hochkultur des 3. Jahrhunderts wiedergibt? Dort und hier Tod und Leben — srotoi und AseAnaToı — der Grundgegensatz; dort und hier die Sehnsucht, ihn zu überwinden, hier aber mit der plerophorischen Zuversicht, daß er überwunden sei; dort und hier die Mysterien, die Kontemplation und die Askese als die Mittel der Aneignung des Heils; dort und hier der ästhetische Genuß des Heiligen schon im Diesseits; dort und hier der Mysterienkultus und die Bilder; dort und hier die tiefe pessimistische Stimmung gegenüber der Welt, der Quietismus, die Scheu vor dem Mundus und Saeculum und die Weltflucht! Was hinzugetreten ist, ist der neue »Mythus«’, der durch seine Kraft und Fülle die alten über- wunden hat’, und ist die staatliche Gewalt, die sich durch die kirch- liche verstärkt hat, um sie dann seinerseits wiederum zu verstärken: Plotin, Christus’, Konstantin — das sind die Grundsäulen des großen Gefüges*! Sofern die religiöse, philosophische und ästhetische Kultur des Morgenlands des 3. Jahrhunderts das Ergebnis der Gesamtgeschichte des Morgenlands — in der letzten großen Hauptphase unter Führung der Griechen —- ist, repräsentiert die morgenländische Kirche bis heute eben dieses Ergebnis. Und zwar repräsentiert sie es heute noch in der Zuständlichkeit des 3. Jahrhunderts. Die morgenländische Kirche ist in kultureller, philosophischer und religiöser Hinsicht das versteinerte 3. Jahrhundert. Selbst alle psyelıo- logischen und Gemütsmomente, die im 3. Jahrhundert durch die äußere und innere Geschichte hervorgerufen waren — die Ermüdung, der ! Wie hat sich Julian darum bemüht, eine solche hi arg für seine dem engen Christentum innerlich nahe verwandte Religion zu schaffen * Dadurch ist es gekommen, daß diese Form der neu ulionisch-änheiie: -h- quietistischen Kultur zum staatlichen Palladium werden konnte, was keiner ihrer anderen Spielarten zuteil geworden ist und als eine der paradoxesten Tatsachen der Weltgeschichte erscheint. ° Als Evangelium im Sinne der Sprüche Jesu und als Evangelium im Sinne der Verkündigung des Gottmenschen. Ich brauche hier das Wort »Mythus« in dem antiken Verständnis. * In christlicher Umformung kehrte freilich ein Teil von ihnen wieder zurück, mußte sich aber nun in den Heiligengeschichten mit dem zweiten Platze begnügen. ° Als Lehrer (durch seine Sprüche) und als dogmatischer Christus (der Gott- each), n vergleiche hierzu die posthume Schrift von G. Loescuck£, Zwei kirchen- er Entwürfe, 1913. 176 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. Quietismus, der partielle Verfall, der Weltüberdruß, die Sehnsucht nach dem Jenseits und die Zuversicht, es gewonnen zu haben —, sind hier auf immer konserviert'!. Sofern und soweit ein aktives Element hinzu- gekommen ist, hat es Konstantin hinzugefügt, und es ist daher auch schließlich rein staatlich geblieben. Damit ist auch gesagt, in welchem Sinne der Geist der morgen- ländischen Kirche als Rassengeist in Anspruch zu nehmen ist. Gewiß läßt sich etwas von spezifisch griechischem Geist in ihm spüren, vor allem im Platonismus der Kirche, sodann in ästhetischer Hinsicht (Eigen- art des Bilderdienstes); aber der große Gegensatz: BroTol — ÄBÄNATON, und seine Überwindung ist nicht spezifisch griechisch, sondern auch orientalisch”; der Platonismus hat im Neuplatonismus überhaupt und im kirehlichen Neuplatonismus insbesondere ebenfalls sehr starke orienta- lische Einflüsse erlebt, und das Ästhetische anlangend, so hat das Griechen- tum in der Kirche seine ganze Plastik darangeben und außerdem die fast unvollziehbare Aufgabe auf sich nehmen müssen, statt einer Ästhetik des Sinnlichen und des Lebens eine Ästhetik des Übersinnlichen und des Todes auszubilden’. Daß der Geist der morgenländischen Kirche spezifisch griechisch sei, darf man daher nicht behaupten. Er ist der Geist des im 3. Jahrhundert perfekten Synkretismus, an welchem der ganze Orient seinen Anteil hat. Also ist der Geist der morgen- ländischen Kirche kein Rassengeist; er ist auf Grund weit zurück- liegender und sehr mannigfaltiger Anlagen verschiedener Völker, die allmählich eine gemeinsame Geschichte erlebten, der Exponent dessen, ! Die Seite der dogmatischen Kämpfe haben der Kirche den unver- gleichlichen Dienst geta as Herzstück ihres Glaubens — das Stück, welches sie als erlebte und for wichende Tatsache En neuplatonischen Lehrgebäude einfügte — zu präzisieren und zu sichern. Aber an der Stimmung und Art des Glaubens und der Weltanschauung des 3. Yahehundaik haben sie schlechterdings nichts geändert, und ein Origenes besaß jenes Herzstück auch schon so sicher wie die späteren Jahr- hunderte, wenn er auch in den Formeln unpräziser und in der Weltanschauung hellenischer und freier war. Über das 3. Jahrhundert darf man aber nicht hinauf- gehen; denn das 2. Jahrhundert bietet noch ein wesentlich anderes Bild. Anderer- seits darf man unter das 3. Jahrhundert nicht heruntergehen; denn die folgenden Jahrhunderte haben überhaupt keinen selbständigen »Geist« und haben auch dem Geist des 3. Jahrhunderts nichts Geistiges, sondern nur alten und neuen Aberglauben hinzugefügt. ®? Die Versuche zur Überwindung des großen Gegensatzes durch Mystik sind überhaupt nicht genuin griechisch, sondern orientalisch; aber die Versuche, auf dem Wege des denkenden Geistes die Überwindung herbeizuführen, sind allerdings grie- chisch. ® In dem Heiligentypus entkörperter Erhabenheit und in gewissen Anfängen der Seelenmalerei ist diese Aufgabe vollzogen — soweit sie dänele vollziehbar war. Daß sie schließlich doch nicht unvollziehbar ist, hat die von Cısmagur und Giorro anhebende Entwicklung gezeigt. . u Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 174 was die politischen und intellektuellen Erlebnisse in einer langen Ge- schichte aus diesen Völkern gemacht haben. Das Griechische hatte dabei in bezug auf den Geist und die Unifizierung die Führung, weil die Erlebnisse dieses Volks tiefere waren als die der anderen Völker und weil es durch Alexander den Großen die orientalischen Völker mit seiner Kultur überzog. Es behielt auch in der Gesamtkirche zunächst die Herrschaft, weil der Staat griechisch war. Es erheben sich aber, bevor wir nochmals einen Blick auf das Abendland werfen, hier zwei Fragen: Wie war es möglich, daß sich die von Palästina ausgegangene Bewegung so rasch in die religiöse, philosophische und ästhetische Kultur der Zeit einfügte, also, wie es scheint, ihre Eigenart so schnell aufgab? Und wie hat sich das kirch- liche Gebilde, das im 3. Jahrhundert entstanden und von Konstantin staatlich approbiert worden ist, so unverändert nun 1600 Jahre er- halten? Beide Probleme hängen aufs engste zusammen. Die erste Frage mag befremdlich erscheinen®. Hat nicht die Kirche drei Jahrhunderte lang einen schweren Kampf mit dem Staat und der Gesellschaft geführt? Hat sie in diesem Kampf nicht ihre Eigenart verteidigt und zum Siege geführt? Was will man also mehr von ihr verlangen? Nun — es wäre zu zeigen, daß sich die Kirche in dieser ganzen Zeit mindestens ebenso stark dem Staat und der Gesellschaft aufzudrängen und mit den Kräften dieser seiner Gegner sich selbst auszugestalten getrachtet, und daß sie bei diesen erfolgreichen Ver- suchen ihre von den Propheten und von Jesus herstammende Eigenart als private und brüderliche Religion zu einem großen Teile schon bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts eingebüßt hat. Doch würde hier der ‘ Nur zunächst — die Abbröckelung der einzelnen morgenländischen Völker begann sehr bald ” Die tiefste Antwort auf diese Frage liegt an einem Punkte, der hier nicht erörtert werden kann: Das Evangelium war keine religio publica und sollte in seinem Sinne auch keine solche werden. Das Evangelium bezieht sich auf das Individuum und seine Seele. Jünger Jesu konnte und sollte man sein innerhalb der jüdischen Volks- und Kultusgemeinschaft. Fiel diese weg. so blieb zunächst ganz unbestimmt, wie es nun mit der religio publica gehalten werden sollte. Viele Möglichkeiten taten sich auf. Entwickelte sich auch alsbald der Christuskultus zum Herzstück einer neuen religio publica, so fehlte diesem Mittelpunkt doch noch die ganze Peripherie. Diese’ mußte aus den Impressionen der Umwelt geschaffen werden, soweit man nicht durch Vermittlung des heiligen Buchs doch wieder auf das Juden- tum zurückgriff. Fragt man also, warum die christliche Religion so schnell ihre Eigenart aufgegeben hat. so muß die erste Antwort lauten: eine Eigenart als religio publica hat die christliche Religion niemals verloren, weil sie Sie niemals besessen hat. In der zweiten Antwort müßte man sodann auf eine gewisse Wahlverwandtschaft zwischen dem Evangelium (bzw. auch dem Spät- Judentum) und einigen neuplatonisch-stoischen Hauptgedanken und Richtlinien hin- weisen Nun erst käme die Antwort, die im Texte gegeben ist. 178 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. Nachweis zu weit führen‘. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber folgendes: Die ganze morgenländische Kirche hat von Paulus und Jo- hannes, die nur zum kleinsten Teil verstanden worden sind, bis zu den Tagen Konstantins nur zwei geistig wirklich hervorragende Männer besessen’? — Clemens Alexandrinus und Origenes. Da diese aber synkretistische Platoniker waren, die das Christentum in die Denk- weise der Zeit hineinzogen, so diente ihr Werk nur zur Ver- stärkung des herrschenden Zugs der Zeit in der Kirche. Die morgenländische Kirche hat keinen christlichen Denker erlebt, der die Gedanken des Apostels Paulus aufgenommen und fortgesetzt hätte”, keinen, der gar die Verkündigung Jesu zum Fundament einer wirk- lichen Neubildung gemacht hätte, also überhaupt keinen, der mit kongenialer Originalität die neue Predigt gestaltete. Daß hier nicht Unmögliches verlangt wird, zeigt ein Blick auf die Geschichte der abend- ländischen Kirche, die freilich eine selbständigere Entwicklung viel leichter hatte, weil die religiöse und philosophische Kultur, die ihr gegenüberstand, ungleich schwächer und oberflächlicher war als die griechisch-morgenländische. Es soll auch der hohe Wert des engen Bundes der neuen Religion mit dem Hellenismus — bis zur endgültigen Verschmelzung hin — gar nicht in Abrede gestellt und überhaupt nichts kritisiert werden, sondern nur um die Tatsache handelt es sich, daß sich die morgenländische Kirche nieht nur mit Elementen des Hellenismus erfüllt, sondern diesen Hellenismus selbst, wie er auf der Stufe des 3. Jahrhunderts sich entfaltet hatte, in sich verewigt hat‘. ' Vgl. meine Abhandlung: »Über das Verhältnis von Staat und Kirche bis zur ho) Gründung der Staatskirche« in der »Kultur der Gegenwart«. Der außerordentlich kräftige Missionstrieb der Kirche, den sie vom Judentuin geerbt, Pe noch verstärkt hat, kommt hier besonders in Betracht. Mission im großen Sti r kann man nicht treiben, on sich dein Missionsfelde in immer steigendem Maße ae e hat Heroen der Geduld, der Aufopferung und des Todesmuts zahlreich besessen. ® Mit dem meisten Recht läßt sich das noch von Mareion einerseits, von Ire näus anderseits sagen; aber der prinzipielle Dualismus jenes verdarb seine besten Ein- sichten, und dieser blieb in ganz ausgezeichneten Ansätzen stecken und war schließ- lich, als ein zwar hervorragender, aber für die große Aufgabe doch zu enger Kopf, nicht fähig, die apologetische Theologie seiner Vorgänger, die die neue Religion g age legend hellenisiert hatten, zu durchbrechen. Wodurch sich die Kirche noch immer von anderen Spielarten des Hellenis- mus eigenartig unterschied und welche Elemente sie aus dem Judentum und der evangelischen Verkündigung als konstitutive noch beibehalten hat, davon ist hier nicht zu handeln, da diese Elemente den Geist und die innere Stimmung, die die Kirche ınit dem Hellenismus des 3. Jahrhunderts teilte, nicht wesentlich modifizierten. Aber freilich dadurch modifizierten sie sie, daß sie auf Grund der beiden Testamente und sub specie Christi eine Gewißheit hinzufügten, die geradezu als die Eigenart der Kirche bezeichnet werden darf. Wenn man in der philosophischen Dogmatik der Kirche ihre Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 179 Was aber von den drei ersten Jahrhunderten der morgenländischen Kirche gilt, gilt auch von den folgenden — die Kirche hat keine kraftvollen, originalen Denker erlebt oder vielmehr: ihre kraftvollen Männer, an denen es nicht gefehlt hat, waren keine dem Evangelium kongenialen Denker, und ihren Denkern mangelte, sei es jede Ursprüng- lichkeit, sei es die Kraft, sich durchzusetzen. Die Kappadozier, ihre besten Theologen, können doch höchstens als Denker zweiten Ranges bezeichnet werden; wirkliche Originalität fehlte ihnen vollkommen, und sie waren und blieben als Origenesschüler völlig eingetaucht in den Geist und die Stimmung des 3. Jahrhunderts. Die antiochenischen Theologen aber', welche kräftige Versuche gemacht haben, die Kirche aus diesem Geist und dieser Stimmung herauszuführen, waren doch nicht kräftig genug, um sich durchzusetzen und blieben trotz aller Anläufe, die Methistorie an die Stelle der Metaphysik zu setzen, durch ihre Hochschätzung des Kosmologischen und Mönchischen selbst im alten Geiste stecken. Vor allem aber — die bereits im 4. Jahrhundert einsetzenden und beharrlichen Versuche des Staats, die Eigenart der Kirche, wo sie ihm unbequem war, zu beugen und zugleich den Rest ihrer Selbständigkeit auszutilgen, nötigten die Kirche zu den schwer- sten Kämpfen. Diese vermochte sie nur zu führen, indem sie ihre gegebene Eigenart jeder Kritik und jeder Änderung entzog’. Der teils latente, teils offene, aber in Wahrheit ununterbrochene Krieg mit dem Staat von Athanasius bis zum Bilderstreit ließ innerkirchliche Refor- mationsmöglichkeiten gar nicht aufkommen. Nach dem Ausgang des Bilderstreits wurde schließlich die endgültige Regelung gefunden: die Kirche verlor ihre Selbständigkeit, aber behielt ihre Eigen- art, mit der der Staat sich fortab nicht nur abfand, sondern nunmehr wirklich zu befreunden vermochte. Diese Eigenart war noch immer der Geist des 3. Jahrhunderts. Ihn haben Männer wie Athanasius, Cyrill, Dioskur, Maximus Confessor und Theodorus Studita dureh die lange Reihe der Jahrhunderte hindurch konserviert und ge- rettet, gerettet vor einer eäsaropapistischen Religion, deren Sieg eine vollkommene Profanisierung bedeutet hätte’. Calvins und Cromwells Eigenart erblickt (Trinitätslehre und Christologie), so ist das zunächst ein Irrtum. Aber für das unphilosophische Motiv hinter diesen hellenischen Gedankenbildungen (»Gott war in Christus«) ist die Behauptung richtig. ' An ihrer Spitze Paul von Samosata. ? Zu werden, was sie wurde, dazu nötigte die Kirche der Kampf mit dem Gnostizismus; zu bleiben, was sie war, dazu nötigte sie der Kampf mit dem Staat. ® Man tadelt auch heute wieder die Herrschsucht eines Athanasius und die rücksichtslose Weltpolitik der alexandrinischen Patriarchen; aber diese Politik galt nicht nur der Schöpfung eines alexandrinischen Kirchenstaats, sie galt auch der Er- haltung der Eigenart und Selbständigkeit der Kirche gegenüber dem Staat. Der 180 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. hat die Kirche des Morgenlands nicht erlebt — doch hat es an Män- nern, die ihnen nahe kamen, nicht gefehlt — und im Kampf um ihre Eigenart nicht erleben können. Diese hat sie behauptet. Aber ander- seits — auch die Absichten Konstantins waren erst im 9. Jahrhun- dert wirklich realisiert: der Staat umklammerte dauernd die Kirche, wenn er ihr auch ihre Eigenart lassen mußte. Der Beharrungszu- stand war erreicht, und beide Teile waren zufrieden, wenn auch (s. o.) eine starke gegensätzliche Unterströmung im geheimen in der Kirche nachblieb. Das paradoxe sozialpolitische, staatlich-kirchliche Gebilde, welches nun perfekt war — der omnipotente Staat und die quie- tistische Kultuskirche in unauflöslicher Verbindung und doch im letzten Grunde kontradiktorische Gegensätze, an beide das Volks- tum angeschmiegt —, hat sein Existenzrecht durch seine Dauer bewiesen und beweist es noch immer'. Der Eintritt der Slawen in diese Kirche und ihr Aufstieg bis zu einer Weltmacht hat schlechter- dings nichts an der morgenländischen Kirche geändert. Mag sie sla- wischen Geist in sich aufgenommen haben oder nicht — eine Mo- difikation ihrer Eigenart hat sie dadurch an keinem Punkte erlebt, ja eine solche Modifikation in reformatorischem Sinne ist von den Slawen niemals auch nur versucht worden’. Die niederdrückende, dumpfe Macht des kirchlichen Quietismus ließ auch hier wohl mön- chischen Heroismus aufkommen und stoßweise anarchischen mönchi- schen Radikalismus (s. o.), nicht aber Reformationen. Aber starr und sicher hält sich doch dieses staatlich-kirchliche Gebilde samt dem ihm eigentümlichen Geiste in der Geschichte aufrecht’, gegenüber der Empfindungsweise, der Kultur und den reformatorischen Freiheits- Kampf des Athanasius und seiner Freunde gegen Konstantius ist wie der Kampf der Bischöfe gegen die bilderstürmenden Kaiser zu beurteilen. ! Wenn eine historische Entwicklung bis zur complexio oppositorum vorge- schritten ist, d.h. wenn sie die großen Gegensätze in ihrer Mitte zu umspannen ver- ınag, ist sie stets am machtvollsten und dauerndsten. Daß sich die morgenländische Ordnung der Dinge nun schon mehr als tausend Jahre erhalten und von Konstanti- nopel nach Petersburg verpflanzt hat, verdankt sie der gewonnenen Fähigkeit, jene complexio zu vollziehen. Im Morgenland vollzieht sie sich so, daß die Rollen a den Staat und die Kirche, obse kon sie zu einer Einheit verschmolzen sind, verteilt sind; im Abendland stellt die Kirche selbst 5 complexio oppositorum dar, und so ausgerüstet stellt sie sich dem Staat gegenübe 2 Wie anders die abendländischen sinn man erinnere sich der husitischen Bewegung! Auch hier sieht man wieder, daß es die Rasse allein nicht macht und daß die erlebte Geschichte mächtiger ist. 3 Der russische Großstaat, der an die Stelle des byzantinischen getreten ist, ist ein Beweis, daß von Konstantin etwas Geschlossenes und Dauerhaftes begründet worden ist. Harsack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 181 kämpfen und -errungenschaften des Abendlands; ja es lehnt sie als seine Feinde ab'. Der Geist der abendländischen Kirche — schon am Ende des ı. Jahrhunderts spürt man ihn im Briefe des römischen Klemens, obschon dieser Brief noch in griechischem Gewande steckt. Man spürt ihn in Tertullian und Novatian, den adsertores evangelii, in Cyprian, dem gewaltigen Kirchenorganisator, in den Maßnahmen und praktischen Ordnungen der römischen Bischöfe, in den Gedanken und Anordnungen über Kircheneinheit und Kirchenzucht, in den Invek- tiven des Luzifer von Cagliari und des Hilarius von Poitiers gegen den Kaiser und den Staat, am selbstbewußtesten und kräftigsten in der Haltung des Ambrosius von Mailand. Wo dieser Geist gezwungen wird, in den Spuren des griechischen Geistes zu gehen, bleibt er in den vier ersten Jahrhunderten noch weit hinter diesem zurück; aber wo es sich um kraftvolles Erfassen der Wirklichkeit, um aktive Christlichkeit, um kirchliche Selbständigkeit und um den entscheidenden Einfluß des Christlichen auf das Leben handelt, da ist er dem grie- chischen Geist schon damals überlegen gewesen. Dann aber erschien der Abendländer, der den ganzen Geist des griechischen Christentums in sich aufgenommen und tiefer verarbeitet hat als irgendein grie- chischer Christ vor ihm, der aber nicht in ihm stecken blieb, sondern ihn durch Rückgang auf Paulus und durch die geniale Objektivierung seiner eigenen religiösen und kirchlichen Erfahrung neue Elemente zuführte, die ihn umbilden mußten. Wie jeder wahrhaft epoche- machende Mann auf dem Gebiete des Geistes erscheint Augustin zu- nächst nicht als ein Auflösender, sondern als Vollender; denn das große triebkräftige Neue besteht niemals in runden neuen Sätzen, sondern in einer neuen Richtung und in der Kraft, mit der diese Richtung aufgezwungen wird’. Alles, was Augustin Neues gebracht i Die teilweise Rezeption der abendländischen Zivilisation darf über diese Tätsache‘ nicht täuschen: Auch die Japaner treten ja nicht dadurch schon in die abendländische Kulturgemeinschaft, daß sie sich unsre Zivilisation, die doch vor allem Technik ist, aneignen. Ob die abendländischen Dynastien in Rumänien, Griechenland und Bulgarien den Geist des Morgenlands und seiner Kirche stärker beeinflussen werden als die abendländische Dynastie in Rußland dieses Reich, muß man abwarten. Möglich wäre es, da für kleinere Staaten die Macht der Überlieferung nicht so ge- waltig ist wie für größere. Übrigens werden die zukünftigen Herrscher jener drei Reiche sämtlich orthodox sein, und daß ihnen dann die Orthodoxie, weil sie zugleich a ist, in Fleisch und Blut übergehen-wird, ist nach dem russischen Vorbild immerhin wahrscheinlich. i ie weltgeschichtliche Stellung Augustins ist mit der Rousseaus vergleich- bar. Beide vollenden den Geist der Periode, zu der sie gehören, und führen ihn zu- gleich. auf eine ganz neue Stufe. Daß sie beide »genial« im höchsten Sinne des Worts gewesen sind und beide »Bekenntnisse« geschrieben haben, ist nicht zufällig. 182 Gesammitsitzung vom 6. Februar 1913. hat, liegt als zukunftsreicher Keim in seinen Schriften verborgen und hat sich erst allmählich in der Geschichte entfaltet. Das Größte hier aber war die Richtung auf das Individuum und — ohne das jen- seitige Ziel verblassen zu lassen — die Richtung auf die Durchdringung dieser Welt in der Gesamtheit ihres Gefüges mit den Kräften des Heiligen und Guten'!. Indem dies als Hauptaufgabe erkannt wurde, ‚ließ sich die abendländische Kirche von keiner Macht dauernd die Aufgabe abtrotzen, die Erziehung der Völker und der Einzelnen zu leiten, und wehrte sich daher energisch und siegreich dagegen, auf die Stufe einer bloßen Kultusanstalt herabgedrückt zu werden’. Neben den Staat trat im Abendland die Kirche als selbständiger Faktor — mit Augustins großem Werke »De eivitate dei« und mit seinen übrigen Schriften in der Hand. Was aus diesen Schriften herausgelesen oder unter ihrer Anregung behauptet wurde, stand zu einem großen Teile gar nicht in ihnen; aber es wuchs doch aus ihnen heraus. Aus der un- geheuren und lebendigen Spannung zwischen Kirche und Staat, die nun entstand, entwickelte sich der eigentümlich abendländische Geist des Individualismus, der gewissenhaften Sorge für das Diesseits, der aktiven Frömmigkeit, der Bezwingung der Welt durch immer höhere Gesittung — die eivitas dei!” Von der spezifischen Ausgestaltung dieses Geistes im Protestantismus soll hier geschwiegen werden, und schweigen darf der Historiker in diesem Zusammenhang auch von den schweren Gravamina in bezug auf die Art, wie Rom die moralisch- religiöse Durchdringung der Welt und die kirchliche Aktivität ver- standen hat und versteht. Denn es bleibt doch dabei, daß es, gemessen an dem Geist der morgenländischen Kirche, einen abendländischen religiösen und sittlichen Geist als eigentümliche und geschlossene Größe und als Faktor des Fortschritts gibt, in welehem Millionen von Katho- liken mit Protestanten zusammenstehen. Auf der Balkanhalbinsel wird zur Zeit an einer neuen Grenzlinie gearbeitet. Sie wird die zukünftige Grenze zwischen Abendland und Morgenland sein. Alles Land, welches die orthodoxen Völker nach ! Das System der abendländischen Kirche gleicht einer Ellipse; es hat zwei Mittelpunkte, das Jenseits und das Reich Christi auf Erden. Das System der morgen- ländischen Kirche hat nur jenen Mittelpunkt und gleicht daher einem Kreise, der aber im Staate eingebettet ist. 2 Das haben alle großen abendländischen Kaiser und Herrscher von Karl dem Großen an versucht. 3 Sofern an dieser Entwicklung auch Sprüche Jesu und Lehren des Paulus einen bedeutenden Anteil haben, darf man sagen, daß die Christlichkeit der Kirche im Laufe ihrer abendländischen Geschichte gewachsen ist. Auch G. Lorscucke hat diese Ansicht vertreten. Harnack: Der Geist der morgenländischen Kirche. 183 dem Sturz der Türkenherrschaft erhalten, wird endgültig dem Geiste des Morgenlands untertan sein und dem tieferen Einfluß des Abend- lands entrückt bleiben. Dagegen wird alles Land, welches unter den entscheidenden Einfluß von Österreich oder Italien bzw. der römischen Kirche kommt, allmählich vom Geist des Abendlands erfüllt werden. Unvergessen aber wird es bleiben, daß nicht das lateinische Kreuz, sondern allein das griechisch-slawische die Türken von der Balkan- halbinsel vertrieben und ihre Herrschaft hier vernichtet hat. Das wird den Geist des Morgenlands gegenüber dem abendländischen für die Zukunft außerordentlich stärken. Sitzungsberichte 1913, 15 184 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. — Mitth. vom 16. Januar. Zur Theorie der elektrischen Leitung in Metallen. Von W. Wien in Würzburg. (Vorgelegt am 16. Januar 1913 [s. oben S. 49].) Die Ergebnisse der Strahlungstheorie und die neuere Theorie der spezifischen Wärme haben den Nachweis geliefert, daß die Elektronen- theorie der Metalle auf eine wesentlich neue Grundlage gestellt werden muß. Man kann nicht mehr die Annahme aufrechterhalten, daß die Elektronen in einem Metall wie freie Gasmoleküle herumfliegen und daß ihre mittlere lebendige Kraft der absoluten Temperatur des Metalls proportional ist. Solche Elektronen müssen vielmehr, wie LorEntz gezeigt hat, eine Wärmestrahlung erzeugen, die dem RAyteisH- Jeansschen Gesetz folgt, das sich bekanntlich mit der Erfahrung nicht in Übereinstimmung bringen läßt. Man würde nach diesem Gesetz für kürzere Wellenlängen eine viel größere Strahlung erhalten müssen, als sie erfahrungsmäßig vorhanden ist. Ebenso zeigt die Theorie der spezifischen Wärme, welche die Wärmebewegung in festen Körpern als Schwingungen der Moleküle um feste Zentren auffaßt und diese nach der Pranckschen Formel statistisch verteilt, durch ihre Über- einstimmung mit den Beobachtungen, daß die Elektronen nicht an der Wärmeenergie merklich beteiligt sein können. Wenn man somit auch die ursprüngliche Elektronentheorie auf- zugeben gezwungen ist, so wird man doch von ihr soviel wie möglich beizubehalten suchen. Allerdings muß man auf die Allgemeingültigkeit der Drupeschen Gleichung I (1.) : mu” =alT, welche die mittlere lebendige Kraft eines Elektrons der absoluten Temperatur proportional setzt, von vornherein verzichten. Damit fällt dann zunächst auch ein besonders schönes Ergebnis der Druneschen Theorie, die Ableitung des Gesetzes von WıEDEmann und Franz in der Form k 4a \,, (2.) Dr re a 1, Wırn: Zur Theorie der elektrischen Leitung in Metallen. 185 wo o die elektrische, % die Wärmeleitungsfähigkeit bezeichnen, e das elektrische Elementarquantum. Denn die Gleichung (2.) stützt sich auf (1.). Man kann nicht einmal zugeben, daß die Elektronentheorie der Metalle für höhere Temperaturen gilt, wo die spezifischen Wärmen bereits dem Duroxe- und Prritschen Gesetz folgen. Denn die Strahlungs- theorie läßt eine unregelmäßige Bewegung der Elektronen, welche ge- stattet, die Gasgesetze auf sie anzuwenden, nicht zu. Und auch die spezifischen Wärmen bei höherer Temperatur verhalten sich so, als ob nur die Moleküle an der Wärmebewegung beteiligt wären. Wenn man nun die Frage aufwirft, wieviel man von der Elek- tronentheorie beibehalten kann, so wird man zunächst versucht sein, die Theorie der elektrischen Leitfähigkeit der Metalle, wie sie die Elektronentheorie liefert, beizubehalten, weil man sich sonst von diesen Vorgängen überhaupt keine Vorstellungen machen könnte. Allerdings bedarf diese Theorie einer wesentlichen Umgestaltung. Kaneruinon Onnes hat bereits den Versuch gemacht', die Ab- hängigkeit des galvanischen Leitvermögens der Metalle von der Tem- peratur mit der Quantentheorie in Verbindung zu bringen. Da ja die Theorie der spezifischen Wärmen zeigt, daß die Wärmevorgänge bei tieferen Temperaturen nur durch die Quantentheorie eine Erklärung finden, so muß diese natürlich auch für alle Vorgänge, die von der Wärme beeinflußt werden, abhängig sein. KameErLinon Onnes setzt den galvanischen Widerstand nicht wie die Elektronentheorie proportional der absoluten 'Temperatur, sondern proportional En Ihv ekt —ı wo A das Wirkungsquantum Pranceks, A die Entropiekonstante und v die Sehwingungszahl des schwingenden Atoms bezeichnen. Die Formel ist sehr interessant, weil sie sich den Beobachtungen, von ganz tiefen Temperaturen abgesehen, gut anschließt. Da aber eine nähere Begründung nicht gegeben wird, so wird man sie als eine sich an die Quantentheorie anlehnende empirische Formel bezeichnen. Wenn man von der Elektronentheorie die Vorstellung übernehmen will, daß die Elektrizitätsleitung in Metallen durch Elektronen geschieht, so wird man die Drunesche Gleichung, welche das Ounsche Gesetz darstellt, beibehalten (3.) c‘— eNL. ! Kanmeruinen Oxxes, Comm. from the phys. lab. of Leiden Nr. 119, 5.23; IQTI. 15” 186 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. — Mitth. vom 16. Januar. Hier bezeichnen co die Leitfähigkeit, w die mittlere Geschwindigkeit, e die Ladung, L die freie Weglänge, N die Anzahl der Elektronen in ı com. Man kann jedoch jetzt nicht De —=aT setzen. Es muß also u eine andere Bedeutung haben als in der bisherigen Theorie; es muß eine Geschwindigkeit sein, die mit der Temperatur nichts zu tun hat, die also auch für T= o unverändert existiert. Da in einem festen Metall die Wirkungssphären der Atome jeden- falls erheblich ineinander übergreifen, wird man auch von vorüber- gehend wirklich freien Elektronen nicht sprechen können. Die mit der Geschwindigkeit u sich bewegenden Atome bleiben daher, solange sie im Metall sind, dauernd der Wirkung der Atome unterworfen. Wenn nun die Atome im Metallkristall, wie die Kristallographie an- nimmt, in regelmäßiger kubischer Anordnung gelagert sind, so wird, solange die regelmäßige Lagerung nicht gestört ist, eine freie Ver- schiebung der Elektronen parallel den Atomreihen durch äußere elek- trische Kräfte möglich sein. Im Metall müssen nun die Kräfte, welche dieser Verschiebung der bewegten Elektronen entgegenwirken, als ver- schwindend klein angenommen werden. Solange die Struktur des Metalls vollkommen regelmäßig ist, ist die Leitfähigkeit unendlich groß, wie sie tatsächlich von Kameruiınen Onnes für sehr niedrige Temperaturen beobachtet wurde. Bei höheren Temperaturen treten Schwingungen der Metallatome auf, durch die die regelmäßige An- ordnung gestört wird. Es werden dann Zusammenstöße der durch die äußeren elektrischen Kräfte beschleunigten Elektronen mit den aus der Gleichgewichtslage gebrachten Atomen stattfinden, und die von außen zugeführte Bewegungsenergie des Elektrons wird an das Atom übergehen und den Wärmevorrat vermehren. Nimmt man die Gleichung (3.) mit dieser Deutung an, so werden weder u noch N von der Temperatur abhängen, solange die gegen- seitige Lage der Elektronen nicht geändert ist. Es wird dann nur noch ZL von der Temperatur abhängen. Daß die bisherige Annahme der Elektronentheorie, die Elektronen im Metall verhalten sich bei den Zusammenstößen mit den Atomen wie Gasatome, mit den an Kathodenstrallen gemachten Erfahrungen nicht übereinstimmt, ist schon von Lenarp'! bemerkt. Er hat auch bereits die Anschauung vertreten, daß die Atome im festen Metall Elektronen emittieren und daß diese Emission nur von der Lage der Atome zueinander abhängt. Unsere Vorstellung ist der Lexarvschen nahe verwandt, nur daß dieser noch eine Abhängigkeit von u von der Temperatur annalım. * Lassen; Ann. d. Phys. 17, S. 243, 1905. Wien: Zur Theorie der elektrischen Leitung in Metallen. 187 Auch Kanzrrinen Onses' hat sich auf Grund seiner Beobachtungen ähnliche Anschauungen gebildet. Schließlich hat auch Stark’ eine widerstandslose Verschiebung der Elektronen in bestimmten Richtungen im Metall angenommen, ohne den Elektronen SPRRRIOE Geschwindig- keiten zu erteilen. Auf eine Sehwierigkeitn muß jedoch geachtet werden, welche der Elektronentheorie nicht entgegenstand. Es ist zunächst nicht möglich, auf dem eingeschlagenen Wege zu einer befriedigenden Theorie der Wärmeleitung zu gelangen. Dies ist die unmittelbare Folge unserer Grundannahme, daß die Elektronen an der Wärmebewegung nicht be- teiligt sind. Wenn die Wärme in festen Körpern aus den elastischen Schwingungen der Moleküle besteht, so ist es von vornherein fraglich, ob die Wärmeleitung mit den Elektronen im Metall irgend etwas zu tun hat. Nur ungern wird man das schöne Ergebnis der Elektronen- theorie, die Ableitung des Gesetzes von WıIEDEMmAnn und Franz auf- geben. Aber es ist zunächst kein direkter Weg sichtbar, auf dem es jetzt zu gewinnen wäre. | So scheint die Frage nach der Wärmeleitung und ihrer Beziehung zur Quantentheorie noch nicht so weit vorbereitet zu sein, daß eine Theorie aufgestellt werden könnte. Wir wollen daher die Wärmeleitung zunächst ganz beiseite lassen. Wir hatten für die elektrische Leitfähigkeit angenommen, daß ihre Abhängigkeit von der Temperatur nur daher rührt, daß die freie Weglänge von der Temperatur abhängt. Man wird nun, ohne auf den Mechanismus der Zusammenstöße näher einzugehen, annehmen müssen, daß die Zahl der Zusammen- stöße der Elektronen mit den Atomen von der Amplitüde der Schwin- gungen abhängig ist. In welcher Weise ist freilich unbekannt. Wenn man sich aber auf den Boden der Quantentheorie stellt und annimmt, daß die Atome nur Schwingungen ausführen können, bei denen die Energie ein ganzes Vielfaches von Av ist, so zeigt eine nähere Über- legung, daß es nur eine Art der Abhängigkeit der Zahl der Zusammen- stöße von der Amplitüde gibt, bei der diese Zahl von der Verteilung der Energieelemente auf die Atome unabhängig ist, nämlich wenn sie dem Quadrat der Amplitüde proportional ist. Wenn die Zahl der Zusammenstöße proportional dem Quadrat der Amplitüde ist, so ist die Verteilung der Energie nach Quanten auf die einzelnen Atome offenbar gleichgültig, denn wenn ein Atom nv Se hat, so wird es zu nmal so vielen Zusammenstößen Veran- 8 no Onses, Comm. from the phys. lab. of Leiden Nr. 119, S.22, ıgıT. ” J. Srark, Radioaktivität und Elektronik Bd.9, S.188, 1912. 188 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. — Mitth. vom 16. Januar. lassung geben als eines, das Av Energie hat. Es werden daher ebensoviele Zusammenstöße eintreten, wenn die nAv auf n Atome gleichmäßig ver- teilt sind oder wenn ein Atom alle n Quanten besitzt. Das gilt offen- bar nicht mehr, wenn Zusammenstöße einer andern Potenz der Ampli- tüde proportional sind. Wenn sie der Amplitüde direkt proportional sind, so werden um so weniger Zusammenstöße eintreten, je mehr sich die Energie in einzelnen Atomen aufhäuft. Dann kommt es we- sentlich auf die Verteilung der Energieelemente auf die Atome an. Wie viele Energieelemente auf die einzelnen Atome fallen, kann aus der Borrzmansschen Gastheorie' entnommen werden. Wenn die Energie in P gleiche Teile geteilt ist, also die ge- samte Energie L = Pe ist, und wenn die e sich auf N Atome nach den Wahrscheinlichkeitssätzen verteilen, so ist die Anzahl N, der Atome, N? N’P di k ® h — . . . 1 r den: : ie kein e hat N, NaPp’ > hat, N, N+P} e N z : die Zahl N,, die 2e hat, N, = ———-- usw. Schreiben wir also (N+P)° — P 2 = N+P’ so 1st N (ı+2.+20°+:-;) = N und N, (+ 20” + 30° +--.)=P Nun ist in der Quantentheorie die mittlere Energie eines Atoms hv Nh I U=-— ‚ die Gesamtenergie ist —, Piv, so daB — = — —= ekT — 1 eT— ı ekT— I hv wird. Es folgt also @=e *T=e”t. Dieser Wert von x stimmt überein mit dem entsprechenden ı — der neueren Praxckschen Theorie”. In der Tat ist s 5 N(i+et+e4+. )=N = —- 1—e”! N,e"? N,(eT’+ 2er zp®- je = —- pP (1—e7?) a er I so daß — = —— = —— ist. N 1—e”: e—1 hv Ist also e *7 genügend klein, so ist die Zahl der Atome, die mehr als ein Energieelement haben, verschwindend klein, und man kann dann, auch wenn die Zahl der Zusammenstöße proportional der Amplitüde ı L. Borrzmann, Wiss. Abh. 2, S. 180. 2 M. Prancx, Vorlesungen über die Theorie der Wärmestrahlung, 2. Aufl., Leip- zig 1913, S. 160. Wıex: Zur Theorie der elektrischen Leitung in Metallen. 189 ist, so rechnen, daß immer nur einzelne /v vorkommen. Ist aber die Temperatur höher, so muß man das Vorkommen mehrerer Quanten bei einem Atom berücksichtigen und dann ist die Zahl der Zusammen- stöße nicht mehr proportional P, sondern proportional mit N tet Ve) 32:4). Diese Theorie würde sich zwar durchführen lassen, aber nicht die einfachen Gesetzmäßigkeiten bei höheren Temperaturen ergeben. Wir werden deshalb für die Annahme, daß die Zahl der Zu- sammenstöße proportional der Amplitüde ist, annehmen, daß ; so klein ist, daß wir nur einzelne Av zu berücksichtigen brauchen. Wir setzen nun die Gleichung einer elastischen Eigenschwin- gung an md?’ x a ———=—ıdtı, =23,0082mwi, mw= Ym de U — ar. dr a Wir können nun die Differentialgleiehung mit er multiplizieren und integrieren und erhalten dann m{/da\ a’ ei 5 =( ) a 2 2 \d : div eu. ln Für =.a ist —=o, also =E , .=7- dt 2 a Nach unserer Annahme soll E gleich /v sein. Es ist also 3E == ad ce. 38 dt ER 4m’v’m 2m’vm I’ ı LT, u ee T am Vr Nun definieren wir wie in der Gastheorie die freie Weglänge, die zu der Schwingungszahl zwischen v und v-+dv gehört, so, daß von N Elektronen, die frei in der Riehtung x fliegen, nach Zurücklegung der Strecke x die Zahl Ne % keinen Zusammenstoß erfahren hat. Nach unserer Annahme ist die Zahl der Zusammenstöße proportional der Amplitüde «,, der Zahl der Quanten in der Volumeinheit P, ferner der Zahl der im Schwingungs- intervall v und v+dr liegenden freien Schwingungen, also 190 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. — Mitth. vom 16. Januar. 4 Py’d x,Py’dv oder proportional u da nach Desyr' die Anzahl der Eigenschwingungen zwischen v und v-+-dv proportional v’dv ist. Nun ist die freie Weglänge der Anzahl der Zusammenstöße umgekehrt proportional, so daß wir haben 3 v?dv I Yale; Konst. ‘ ekT — 1 Es sind die Zusammenstöße für die verschiedenen Schwingungen von- einander unabhängig. Die Wahrscheinlichkeit, daß N Elektronen auf der Strecke x nicht zusammenstoßen, ist demnach x 1 ı L ı _- il 44 — rn Ne ae Ne (z; Lay Ladv und I I I I i I Ra Nach der Gleichung (3.), in der nur Z von der Temperatur abhängig angenommen wurde, setzen wir den galvanischen Widerstand propor- I tional T: Wir haben dann 3 (4.) ee hv ek — I fa wenn wir mit DrsyeE v,— va setzen, wo F eine von den elastischen Eigenschaften des Körpers abhängige Funktion ist. hv Od —— er wenn wir m setzen kT\: m v-( Kl -) ec. [.r°#_ h e—ı Für kleine Werte von ?, also große von T, ist Ä 2 cKE 3A, 7 W, = — — * aa u DEE ne RN ; er, chi 10 a FZS FT ' ı P. Desyz, Ann. d. Phys. 39, S. 795, 1912. Wien: Zur Theorie der elektrischen Leitung in Metallen. 191 In der Tat würde für T= Wr = Konst. kT werden. Doch dürfen wir, wie wir gesehen haben, unsere Theorie hier nicht mehr anwenden. Für große Werte von p muß man eine andere BEIN be- nutzen. Wir setzen ?m 3 f£ db = [baren war e Nun ist fr e=®do uf, 3 1 I a PA 3 em | STORE e="dy a a = e’dy—=T, > 4-3 JE ’dy Am * erdy und mit Benutzung der bekannten Entwicklung für Ye: am NEN. 1 2 u a ie Pe FE | ((ma+!) (ma+1)(pna+2) Die Koeffizienten der Reihe sind en S a I: d. =. 4, = BenT_ i ee | 3... Ferner ist T : Br oyk 1.333 20 1.772, YET Wir haben also er 5. kT = Tue 3288 ) wc tee „im (5.) A) [er x a ee pc m u nn .. = men | a’y on, ’ TE Pen a+2) | 192 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. — Mitth. vom 16. ‚Januar. Für sehr kleine Werte von T ist WW c(F) 1.772. Für tiefe Temperaturen berechnet sich hiernach für den Spezial- hy, fall Er 50 für N eg 20° 10° 5° Weit 0.270 0.0624 0.0121 Werte. Diese können, wenn überhaupt, nur für niedrige Temperaturen gelten. Wie wir oben gesehen haben, wird die freie Weglänge von der Verteilung der Quanten nur unabhängig, wenn die Zahl der Zusammen- stöße dem Quadrat der Amplitüde proportional ist. muß für jede Temperatur anwendbar bleiben. Dann gestaltet sich die Rechnung wesentlich einfacher. Jetzt wird Diese Theorie ’m VW= | Kun et — 1 (6.) ® a kT\’ [ pd hv (5) Fr o Wir können für kleine fm den Ausdruck ar — nach Potenzen von 5 ce entwickeln (vgl. SchrömmcHh, Komp. d. h. Anal. II, S. 212) ER. B,r Be B, Y N wo a. m an —1 am (ar I ) ist, während r, sich aus der Gleichung nn—ı1)7,_, nn H)n— 2) —3)7,.., 2! SEI ergibt. Die Bernouzrtischen Zahlen B sind = sin #nr ı a ana TE rs B= 4: B=.. Be Ben Bug Wıex: Zur Theorie der elektrischen Leitung in: Metallen. Wir erhalten so AT‘: I I ı I 3: WW 6l— _— u — Hd — u ts (7) ® Fat FT Nr + zrreht] so daß bis 7„= ı die drei ersten Glieder den Wert bis auf 4 Pro- mille richtig ergeben. Für größere p„ bildet man ?m EINST. w= (5) [meet 2 sr [ee] [edre-" = | de — | pie”, $m 193 Setzt man . o o so erhält man Aus Gleichung (7.) folgt kTm : It 2 | We== et 36 3600 f" ’ so daß für T= kvn Wı=t6 h T wird. Für sehr hohe Temperaturen wird der Widerstand der absoluten Temperatur proportional. Doch ist die Temperatur, bei der die Ab- weichung von dieser Proportionalität anfängt merklich zu werden, je nach dem Werte v,„ verschieden. Für sehr niedrige Temperaturen ist so daß für T= 0 verschwindet. 194 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. — Mitth. vom 16. Januar. Solange = klein ist, haben wir einen merklich linearen Verlauf des Widerstandes als Funktion der Temperatur. Es ist I hun 1: A,\. I Av.\* WE TE SER Soli). Ju wi; 273 iM, I | Av ) a ee ara: 4 273k 36\273% Beschränken wir uns auf das lineare Glied, so ist We r( Bo Mn .. Mm. (6): m 273. 4.hla73 4 273KT. er $ (0.00366 + 2 ı Av nn --— BT—C. Ä ck) 4 273K 5 Man sieht, daß der Temperaturkoeffizient tatsächlich größer als 0.00366 ist. Allerdings ergibt er sich ‚hieraus für viele Metalle noch größer als 0.004, wie er bei einzelnen Metallen auch schon gefunden ist. Av, DegyE hat v, und damit — aus den elastischen Konstanten der k Materialien berechnet. Ist s die Dichte, x die Kompressibilität und o der Poıssonsche Koeffizient des Verhältnisses von Querkontraktion zur Längsdehnung, so findet er Pu E ar, = )] 3 3(1— 20) 3(1—e) 3 SV: Ym = WU IF’ N = Anzahl der Atome in der Volumeinheit. DeegyE gibt hiernach folgende Werte für hm. k Tabelle I. Metall ‚hm ß & Al 399 0.00500 0.00400 Cu 329 | .0.00476 0.0040 Ag 212 | 0.004837 | 0.0040 Au 166 0.00422 0.0040 Ni 435 | 0.00512 | 0.0060 Fe 467 | 0.00523 0.0060 Cd 168 0.00422 0.0040 Pb „2.24 000388 0.0040 Bi 111 | 0.00403 0.0042 Pd 204 | 0.00433 0.0038 Pt 226 | .0.00442 0.0040 j Wien: Zur Theorie der elektrischen Leitung in Metallen. 195 ®8 ist der Wert der Temperaturkoeffizienten, wie er sich aus (9.) berechnet, & der durchschnittliche Beobachtungswert. Man sieht, daß ß fast durchweg größer ist als «. Wenn man bedenkt, daß das Leit- vermögen der Metalle meist durch Unregelmäßigkeiten der Struktur unn. 40 WIU Rh} / 200 200 750 750 / E 700 700 berechnet j e berechnet . @& . berechnet (K .Onnes) 7 oberechnet (K.Onnes) ” Ä 0 beobachtet (K.Onnes) le 23 a nee 50 50 ; JE: 05 7 0,5 7 Wr er: eg re oder durch Verunreinigungen verringert wird, so kann dies Verhalten nicht besonders auffallen. Bemerkenswert ist, daß die Theorie in der Tat den an Eisen und Nickel beobachteten hohen Wert des Temperaturkoeffizienten ergibt. Die Metalle mit größerer Elastizität haben nach dieser Theorie den größeren Temperaturkoeffizienten. In den Kurven I—IV sind die aus der vorliegenden Theorie berechneten Werte graphisch dargestellt, 196 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. — Mitth. vom 16. Januar. außerdem die von KAmErLInGH Onnes angegebenen, aus seiner Formel berechneten und die von ihm beobachteten Werte eingetragen. Die ganz niedrigen Temperaturen sind in den Kurven V und VI dargestellt, wo für die Temperatur ein zehnfacher, für ein hundertfacher W; Win Maßstab gewählt ist. ‘In Tabelle I sind unter Ber. die nach Formeln (7.) und (8.) berechneten, unter Ber. (K.O.) und Beob. (K.O.) die von KAuErLINeH Onses berechneten und beobachteten Werte von angegeben. Tabelle II. Pt Ag Au Pb ME rg a a a Sr. ; BR |. | Ber. | Beob. Ber. | Beob. | Ber. | Beob. N Ber. | Beob. Ber. | (K.0.) | (K.O.) Ber. (K.O,) | Ro) Be | Ko) m.o)| Per | Ko) | 0%) 373 1.443 1.405 1.440 1.401 | 1.411 || 1.425 1.397 1.390 1.384 169.3 | 0.547 | 0.597 | 0.581 || 0.552 0.583 | 0.581 || 0.565 0.586 | 0.593 | 0.595 1.601 | 0.594 77.9 || 0.172 | 0.213 | 0.199 || 0.178 0.220 | 0.197 | 0.191 0.225 | 0.219 | 0.242 0.250 | 0.253 20.2 || 0.013 | 0.012 | 0.014 | 0.0140 0.015 0.009 || 0.0173 0.018 | 0.008 | 0.0365 | 0.035 | 0.030 13.9 || 0.00635 | 0.003 | 0.010 || 0.00670 0.004 0.007 || 0.00819 | 0.005 | 0.003 || 00173 | 0.015 | 0.012 4-3 || 0.000608 | 0.000638 | 0.000784 0.00165 W; Werte von ——. W. 273 Man sieht, daß unsere Formel den Gang der Abhängigkeit des Widerstandes von der Temperatur im ganzen richtig wiedergibt. Bei ganz tiefen Temperaturen sind die Abweichungen beträchtlich. Aber hier liegen auch die Beobachtungen, z. B. bei Platin und Silber, außer- halb einer möglichen Kurve. Kanzrruinen Onses zieht denn auch den Schluß, daß bei sehr tiefen Temperaturen die beobachteten Wider- stände nur noch von Verunreinigungen herrühren und daß der Wider- stand des reinen Metalls verschwindend klein sei. Bei Quecksilber ist von Kameruinen Onses beobachtet‘, daß der Widerstand bei 4.3° auf 0.0021 seines Wertes bei 273° abs. T., bei 3° aber auf < ı- 10”° ge- sunken war. Bei weiterer Erniedrigung der Temperatur blieb dann der Widerstand konstant. Dies Verhalten findet seine Erklärung, wenn wir annehmen, daß bei diesen tiefen Temperaturen die freie Weg- länge nicht mehr klein ist gegen die Längsdimensionen des benutzten Drahtes. Denn wenn die Zahl der Zusammenstöße der Elektronen dadurch immer kleiner wird, daß immer weniger Atome in Schwin- ! KAmErLINGH Önnes, Comm. from the phys. lab. of Leiden Nr. 122b; ıgı1. Wırx: Zur Theorie der elektrischen Leitung in Metallen. 197 gungen geraten, so werden wir schließlich zu einer ‘Temperatur kommen, wo die gebildeten Mittelwerte nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Der Widerstand muß schließlich einen konstanten verschwindend kleinen Wert annehmen, wenn in dem una unn ” WIG ® 277) me 200 7350 750 / Z: rg 00 ! / e berechnet - © berechnet (K. Onnes o berechnet (K.Onnes) beobachtet {RK Krie ;) e beobachtet(K.Onnes) 50 50 IT IE 0,5 7 0,5 7 Wr: Wr W. eg: > Wa73 273 Draht überhaupt keine nennenswerten Zusammenstöße mit schwin- genden Atomen mehr stattfinden. Nach der neueren Praxexschen Theorie! ist die mittlere Energie eines Öszillators hv /w ‘ M.Praxck, Berl. Ber. 13. Juli ıgr1; Wärmestrahlung 2. Aufl. $$ 150— 152. 198 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913. — Mitth. vom 16. Januar. Hiernach ist bei niedrigen Temperaturen Av U=—., 2 . Für die hier in Betracht kommenden elastischen Schwingungen ist für Silber schon bei T= 53° für die schnellsten Schwingungen > "m ekT = 54.6 s also das erste Glied von U nur noch ungefähr 4 Prozent des zweiten. Man hätte also schon bei verhältnismäßig hohen Temperaturen elastische Schwingungen im Metall, die mit der Wärmebewegung nichts Fe mehr zu tun haben und bis = 4 RP ,Ae| zum absoluten Nullpunkt mit ze Be gleicher Intensität bestehen A 3 bleiben. Es ist klar, daß die Au vorgetragene Theorie der elek- & Pen DL Ipı trischen Leitung in Metallen mit dieser Annahme unverträglich > ist. Es wird aber eine solche 10 L Theorie überhaupt mit der Tat- RER sache der starken Abhängig- © berechnet (E.Onnes) | keit der metallischen Leitung a beobachtet (K.Onnes) 5 von der Temperatur nicht in 5 . Einklang zu bringen sein, wenn 4 die Wärme aus den elastischen Schwingungen der Metallatome 0903 0,010 0,015 bestehen soll; denn wenn die Me mittlere Energie dieser Schwin- .. gungen bei niedrigen Tem- peraturen von der Temperatur nahe unabhängig ist, so ist nicht einzusehen, wie noch eine Wirkung der Temperaturänderung ein- treten soll. Trotzdem scheint aber die neue Praucxsche Theorie mit unserer Theorie verträglich, wenn man annimmt, daß die Zusatzenergie, die zum Werte der Energie U für T=o hinzukommt, nicht in den elastischen Schwingungen des Atoms besteht. Um überhaupt zur Theorie der elektrischen Leitung zu gelangen, mußten wir ja auch eine von der Temperatur unabhängige Energie annehmen, nämlich m > ” ” . 4 die Energie — u’ der Elektronen. Diese Energie haben wir von der 2 No Wıen: Zur Theorie der elektrischen Leitung in Metallen. 199 Temperatur unabhängig angenommen. Sie existiert daher auch für T=o. Es steht nichts im Wege, diese Energie als abhängig von v m anzunehmen. Wenn wir die Energie — u’ = /v setzen könnten, so 2 hätten wir denselben Vorgang, als wenn bei dem lichtelektrischen Vorgang durch die Schwingungszahl v ein lichtelektrisches Elektron nach dem Eistemschen Gesetz losgelöst wäre. Auch beim lichtelek- trischen Vorgang müssen wir annehmen, daß die Energie aus dem == Sat “ (5 ee = erg © “ . A en ® berechnet oe berechnet (FH .Onnes) a beobachtet. (K.Onnes) zZ 0,005 010 0,015 0,02 25 30 35 0, Vorrat des Atoms entnommen wird. Unsere Annahme setzt voraus, daß in den Metallen keine Absorption des Lichts dadurch entsteht, daß die elastischen Eigenschwingungen direkt durch die Strahlung erregt werden. In der Tat hat man bei den Metallen bisher immer angenommen, daß die Strahlung immer nur direkt auf die Elektronen wirkt!. Würden nämlich die elastischen Schwingungen direkt durch die Strahlung erregt und hierbei Energie absorbiert, so würde man nach der Pranckschen Theorie bei jeder solchen Schwingung den Betrag von m als durchschnittlichen Minimalbetrag der Energie be- halten, was aus den oben angeführten Gründen ausgeschlossen werden RE ‘ Drupe, Ann. d. Phys. 14, S. 936, 1904. Sitzungsberichte 1913, e 200 Gesammtsitzung vom 6. Februar 1913..— Mitth. vom 16. Januar. muß. Wenn aber die Strahlung nur auf die Elektronen wirkt, so hv kann = als konstante mittlere Elektronenenergie aufgefaßt werden. Wie sich die Isolatoren, bei denen bekanntlich die Dispersions- theorie Molekülschwingungen als Eigenschwingungen annimmt, in diesem Fall verhalten, und wie hier das “ zu deuten ist, bleibt eine offene Frage. Ausgegeben am 13, Februar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Birdoder aueh in weiterer we en saner- Sprache veröffentlie Sollte eine dem aveidertanfend Veröffent- r der A u entferne Wenn der Verfas ufgeno Bere wissen- abantähen Mitkheilung. kei te veröffentlichen ee che als ihm die Be ER gel- bedarf er dazu der Ein. ie. weitig zu veröffentlichen. ist den. Verfassern eine gestatt Aus = £ ° Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 22. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in = oe Ss den ‚enen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über (die zur rei geeigneten ge- schäfiichen eiteı der schihlichen Mittheilungen folgen in dieser Übersicht kurze rn derselben, wele he die u einreichen, und { elehe sie ver- Diese Inhaltsangaben aitken in er D iokseilen beschränken, keinestalls 10 .. Aene ten Die nicht in.den Schriften der Akademie erscheinenden Miheitungen v erden mit vorgesetztem Stern ee den für die Abhandinugen bestimmten wird en asser ee t. . Wissenschaftlicehe Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in a deren Aufnahme in die akademischen er eilehk endgültig beschlossen wird. rüher zu Aus 8 2 Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung onners zur Aufnahme in die san ai te zu- gelassenen ge welche am nächsten Doı gedruekt ers soll, muss der Regel meh in eg Sitzun ee = et bis - r Morgens de m ı redigirenden Seeretar oder der Reichsdr Iren druck- tellt wer« Später elikerciete Mannseripte 'äsentationsvermerk des ern Secretars oder des Arehivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit en Be Satz ans er. welch bes ndeı © 4 [= & 5 5 5 ni (= re In2 a > = 5 8 ab = rg Ber au in d und 4 ERTEN Ben: nicht ent- een Die Reichsdruckerei versendet jaereier am Montag Abend Ir Giltestin an die hier wohne den oder an- En wieder abholen .. Bei 5 ee gg betraute Perso zu leser die Correetur ee Dienstag früh an a Druckerei zurückliefern. Wird die nd von der damit be- Be aaa die Verfas ihrer Mittheilung nach acht T deren (orreeturen € zur Revision seheinen am nächsten Ausg: iläge überhaupt nieht zuge- - ichert werden. s$3 Akademie behä ich das Recht vor, von einer ver- FE n rg eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1910: ys sikalisch-mathematische Classe . Philosöphiseh-historische TE Abhandlungen. Jahrg. 1911: Phy sikalisch-mathematische . 5 Philosophisch. hintafische Class Einzelne Abhan dlungen . = . 1 ” aus den Jahren 1909, 1910, 1911 M 34.— » 38.— M 26.— „4, * . . . ” und 1912. R LZE, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel . . » - » a an en Gedächtnissrede auf Friedrich Kohlrausch N a Be ANDOLT 7: Über die as Hr e bei embehen, Umsetzungen Ver an an vos Srranont en Der Aufbau N ne Welt i in den Geisteswissenschafien Erste Hälfte een van "Ho: Ci Gedächtissrede auf Hans Heinrich Landol Be 1, Ui Ba Esser und u Über „gen duaisäuischen Bau der baumartigen Oyperacee Schoenodendron NG ; rer, re Golichteinreie auf ee ach Henricus van tree . gran W.: Ged ede auf Heinrich Zimm tem rohe Hymnen an das Diadem der Pharaonen . . - ee ee oRF: Zur sprachlichen Gliederun g Frankreichs m 18: ee - tliche Oberleferung des Galen’ schen” Comamentars "zum Prorrhetieum des - IPpo tes » . D . ” . rg T: Auf welchem m Wege " kamen die Goidelen vom Continent ie? , - ee RDMANN: Gedächtnissrede auf Wilhelm Dilthey et ee E er Heuvsırr: Zum isländischen Fehdewesen in der ee H. Junker: Der ei eb mens aus Nubien. . Ss F. Freiherr Hırız N GAE und H. Larrersans: Arkadische Forschun ungen Ta. Wırsann Er a roarlänfee "Bericht über die von den "Königlichen Museen unternommenen Aus usgrabungen in Samos . L. Licntenstei eweis des Sat dass jedes hinreichend klei ine, im wesentlichen stetig ge- kr Fümmee, sin narictenfreie Flächenstäck auf einen Theil einer Ebene NER PEIER und in den kleinst n Theilen ähnlich le een kan A.vox Le a: Türkische Manichaica aus Chotscho. I. Bee M. va Bercuem: Die muslimischen a von Pergam ER ER TNN M. Lipzsaxskı: Phönieische und aramäische äufschriften aus _Elephantine RE .C. Frank: Zur zen E- nee Inschriften s F. ng Zuru ere im Ara ee, A. Jounsen: Die Gesteine 2 Inseln S. Pietro” nd S. Antioco (Sardinie n) ie H. Kraarsen: Morphologische Studien zur Rassendiagnostik der Turfanschädel . Sitzungsberichte der Akademie. Preis des Jahrgangs Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1912. Frosgextus: über den Stripsgers'schen Beweis des Warme’ rn Satzes. gan as ische Pe des ns von Damasku Se W.Sc er Tod d des Kambyses ; Ba: a Intrusionen nothwendig mit Aufpressung ı verbunden sein? . Burpaca#: Faust und Moses. I. I. II. > R ER K. Mevex: zur keltischen Wortkunde, Du ee 0 nn, je Lüpers: epigraphische Bei L. ie : Jacopı = guet = Ei tiliy : a J. Bipez: la n manuserite du Vexi ique e de Suidas . en er H. er Mischlinesstudien ı. VH. (hierzu Taf. VI und vID. J. Mewarpr: die Editio princeps von Galenos In re. de natura hominis (iierzu 1 Taf. au RMAN: zur ägyptischen Wortforschung. P. Maas: zu den Beziehungen zwischen Ki irchenvätern und Sophisten ScHoTTkY = H. Juxg: neue m. über Symmetralfunctionen u "ie Aser’schen Funetionen ” en ._ Theo ee Morr: vom Tan der provenzalischen „Schriftsprache ee A. Ba: griechische Wörter im Kopt ne ee r: die Masse des Saturnstr ante n Pils Fronexiws; über uadratische Form en, die ide Pri mzahlen darst elleı E. Mer en = ne wc Nerxst und F. A. LinpEmann: Une schnee über = ee ‚Wärme, ERNST: Untersuchungen über die Ge sche W F. Frec#: über den Gebir sbau des Tauros in seiner für die en ie euro- äischen und asiatischen Gebirge vos Wıramowırz-MoELLENDORFF und FERN Praumans: inspapyrus p. >. Morgan (hierzu Taf. IX und x SchwarzschiLp: über S Es - Erpmasn: Erkennen und Verstel N tee werte Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1913. NORDEN: aus er eg ee ee Warsurs, G. Leite > Murica und c. Möuxe: © über die Constante c des Wirn-PLasck- schen Strahlungsgesetz K. Scheer. und W. Heuse: die ‚speeifische "Wärme von Helium und. einigen zweiatomigen Gasen zwischen +20 und — Orrs: über tuberculöse Reinach und ihre Bedeutung für die Entstehung der Lungenschwindsucht Prsckx: die Formen der Landoberfläche wer un ebungen der Klimagürte aeg me Geist der morgenländischeı e im Unterschied von der abendländischen Wis: zur Theorie der elektrischen Leiting i in z Meiilleci ee MAD . 850 de ee is 4 a ı: a Be = Kite a 050 - 050 - 050 050 - 050 - 090 833|1% = -”„.%# E s = O©OB 990-2 SwoHr9O9=mTHMonm-=-29 un 35| . 1913. | va R. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 13. Februar. (S. 201) Frogextus: Über die Reduction der indefiniten binären quadratischen re (S. 202) I. Scuur: Zur Theorie der indefiniten binären quadratischen en 8212 Rusxer: Über die Nahr ungsaufnahme bei der Hefezelle. (S. 232) Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 13. Erbrüar, (S. 243) W. Bass: Über die Herkunft des Codex Cumanieus. (S. 244) BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. nn Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften. Aus $1l. Die Akademie giebt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende een ungen heraus; en der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschafte und » „Adhandungen des Königlich Preussischen Akne der Wissenschaften « 52. Jede zur Aufnahme in ai e Sitzungsberichte oder die Abhandlungen bestimmte Mittheilung muss in einer en Ausischen Biking es gt werde en, wobei in der Rege inzuliefern ist ren mitglieder haben hierz ie Vermit telung eines ihrem di Fache angehörenden ordeniiichei Mitgliedes zu benutzen 3 Der Umfang einer aufzunehmenden ende soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift or. Sit itzungsberiehte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen 8 Seiten in dee gewöhnlichen Schrift der Abkand lungen nicht übersteigen. erschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der abe Akademie Pe: etreffenden Classe statt- haft und ist bei Vorlage der Mitcheilung ausdrücklich zu von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang m Druck abschätzen zu lassen ga. ker einer an. Abbildungen im Text oder n Tafeln be eben werden, so sind die ars jr gen photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit ser Manuseript, jedoch auf aeg Blättern, einzure e Kosten der Herstellu > eig Vorkpei haben in der Be ie Verfasser zu tragen. aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine ekienge,i Ser Ein tellung der be eines Sachverständigen an den ei = eretar zu eeretari nschlag eines ne rschr eier dieser Anse für die er- fürderliche Auf moi bei den a 150 Mark, bei den Abhandlungen : = Mark, so ist Vorberathung durch das Secretariat geb : pe = 5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen irucktertgen Manuseripts an zuständi ode hivar wird über eb 2 " Mitiheilung in die dt und zwar, wenn eines u ee Mit- glieder es verlangt, een ze i TER nieht Mitglieder sind, ae Be Re € Surenasbnlchee aufgenommen werden Classe die Aufnahme der ne eines Nichtmitgliedes in die Abhandlungen, bedarf , Beschluss der Bestätigung dureh die a A Sind diese Kosten Aus 8 6. r . Ss rYy I5AN 1 . f I nr ” n es sich nieht bloss um glatten Text ER aus- für die Ano Fremder sind diese Anweisungen von Mitgliede vor Sega des de ern Dasselbe hat sich vergewi das r Verfasser seine Mittheilung ü ee ee ne Die erste Correetur ihrer en besorgen die Verfasser. Fremde haben die ’ste ectur an das vorlegende Mitglied ee Die Cora soll nach Möglichkeit nicht über die en von Druckfehlern und leichten Schreibversehen hinausgeh Umfängliche Correeturen Fremder bedürfen der eneanigehe des redi- girenden Seeretars vor der Einsendung an die Druckerei, und die Ve a. = zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflich: us 8 8. - allen in die Sitzungsberichte oder eo. era wissenschaf‘ Red Adressen oder Beriehte en Mittheilungen, wenn deren Umfang im Druck 4 Seiten übersteigt, auch finden Buchhandel Sonder- abdrucke Ir Ilt, die alsbald nach Erscheinen aus- ie vn Klee I MN. G 7 4 hr für den Buchhandel ee indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. den Sonterabdrucken aus den Sitzungsberichten erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu nee eine ohne weiteres 50 Frei- ss bere zu gleichem Zwecke mplare bis zur Zahl eitere bis emplare; er ist indes anf Konten der Akademie weitere Exe von en und er seine Kroaten noch w = an, von also 350) abziehen zu lassen, itig dem redigirenden Secretar an- gen Aab Verksinmagpn er a seine Kosten = mehr es dazu der Genehmi der Ges er a der be- treffenden Bi ar ia ha pe Be 50 Frei- emplare ar) arsbem, nach rechtzeitiger Anzeige bei dem retar weitere £ ihre n lassen. ı den ee aus den ee er- ein Verfasser, .we r Akademie ke zu een Auhagen ohne ee 30 Fre emplare; er ist indess beree 200 Exemplare au sofe ies 2 n: Seeretar an- ee ER wi Abdrucke zur ee zu erhalten, so bedarf es “> der Genehmigung der Eee Akademie oder der treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Freie exemplare und dürfen Bi ik Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 100 Exempläre auf ihre Kosten abziehen lasse i» Eine für die akademischen Schriften be- issenschaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle anderweitig, sei es aueh nur auszugs-. el auf S.3 des Umsehlags.) 201 SITZUNGSBERICHTE 1913. VI. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, 13. Februar. Sitzung der physikalisch-mat] tischen Classe. ‘ Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. l. Hr. Rusens las über neue Reststrahlengruppen im ultra- rothen Spectrum und über die Absorption des Wasserdampfs im Gebiete der grossen Wellenlängen. (Ersch. später.) Es konnte gezeigt werden, dass die Zweitheilung der Reststrahlen von Steinsalz durch einen Absorptionsstreifen des Wasserdampfs hervorgerufen wird und dass das Auftreten der Doppelstreifen auch bei den Reststrahlen von Sylvin und Bromkalium der gleichen Ursache zugeschrieben werden muss. In Gemeinschaft mit Hrn. H. v. War- TENBERG hat der Vortragende die Reststrahlen von Chlorsilber, Bleichlorid, Calomel und Bromsilber untersucht und deren mittlere Wellenlänge zu 82, 92, 98 und ııza gemessen. Auch diese neuen Reststrahlengruppen zeigen zum Theil deutlich ausge- prägte Energieminima, wie aus den beobachteten Interferenzeurven hervorgeht. 2. Hr. Frogenivus legte eine Arbeit vor: Über die Reduction der indefiniten binären quadratischen Formen. Die Methode für die Reduction der indefiniten binären quadratischen Formen wird auf den Fall ausgedehnt, wo die Coefficienten der Formen keine ganzen Zahlen sind. 3. Hr. Frogrnivs überreichte eine Arbeit des Hrn. Prof. Dr. I. Scnur in Berlin: Zur Theorie der indefiniten binären quadratischen Formen. : Hr. Markorr hat für die untere Grenze der absoluten Beträge der ersten Coeffi- Cienten in einer Classe indefiniter Formen einen weitgehenden Satz bewiesen. Ein analoger Satz wird hier für die mittleren Coefficienten abgeleitet. Ein weiteres Re- sultat bezieht sich auf eine specielle Gruppe indefiniter Formen, die als Minimalformen bezeichnet werde 4. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: H. Zmmermann, Rechentafel, 7. Aufl., Ausg. B (Berlin 1913) und Bd. 5 (1910—12) der Abhandlungen aus dem Institut von E. Beerwans, Laboratorium für angewandte Chemie der Universität Leipzig (Leipzig 1912). n. Sitzungsberichte 1913. _ 202 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. Februar 1913. Über die Reduktion der indefiniten binären quadratischen Formen. Von G. FRoBENIUS. As Einleitung zu Untersuchungen über die indefiniten binären qua- dratischen Formen, die Hr. I. Scnur hier veröffentlichen wird, möchte ich die Darstellung mitteilen, die ich von jeher für ihre Reduktion ge- geben habe. Diese Theorie ist bei Gauss und selbst bei DiricnLer noch recht kompliziert. Erst Hr. Mertens hat (Cr£izes Journal Bd. 89, S. 332) die einfachste Herleitung gefunden, und seiner Methode schließe ich mich im wesentlichen an. Die Variante seiner Deduktion, die Hr. H. Weser in seinem Lehrbuch der Algebra, Bd. I, $ 132 gegeben hat, ist nur anwendbar in dem Falle, wo die Koeffizienten der Form ganze Zahlen sind, weil sie auf der Periodizität der Kettenbruchentwieklung beruht. Die Darstellung des Hrn. Markorr, Math. Ann. Bd. 15, 8. 381, sowie die spätere von Miınkowskı, Math. Ann. Bd. 54, $. 91, gehen von dem Satze von LA6rAnGE aus, der bei mir ($ 5) als Endresultat der Entwicklung erscheint. 8 1. In der binären quadratischen Form p(2,y) = as?’ +bry+cy? = (a,b,c) der positiven Diskriminante 4 = Da M seien die Koeffizienten beliebige reelle Größen, während die Variabeln nur ganzzahlige Werte annehmen sollen. Der Fall D= 0 wird aus- geschlossen, ebenso der Fall, wo die Gleichung a +52 + cz? = 0 ratio- nale Wurzeln hat. Von diesen Wurzeln R+b 2a R=-b 2a Be ERER sz= PREIS a Pe ae ET, BET a wer nennt man r die erste, s die zweite (R>0). Die Form $ nimmt also den Wert 0 nicht an, a und c sind stets von 0 verschieden, r und Frosentus: Die Reduction der indefiniten binären quadratischen Formen. 203 s weder 0 noch &; nie ist b=+R, oder wenn ® eine ganze Zahl ist, &R=b’—=b+2aß (oder b+2c$), weil b’ der zweite Koeffizient einer äquivalenten (parallelen) Form ist. Zwei Formen y(x,y) und y’(x’, y') heißen (eigentlich) äquiva- lent, wenn g in p’ durch eine Substitution (1) a 8 y=y:+%Y übergeht, deren Koeffizienten ganze Zahlen sind, und deren Determinante adö-ßy—= +1 ist. Ist r’ die erste Wurzel von p’, so ist dann y+ ör' a+Bßr' (2.) r— Mit () bezeichne ich die spezielle Substitution 0-1 ea : (3.) (8) 2 be ;) : = ) a Durch diese geht 9 = (a, b, a,) in die (nach rechts) benachbarte Form 9, = (a,, d,, a,) über, wo 1 (4) ı +5= 208, ,=a-bta®?—ar,sb-b) ist. Daß in der ersten Gleichung $ eine ganze Zahl ist, drücke ich auch durch die Kongruenz b, = -5 (mod 2a,) aus. Eine Form (a, 5b, c) heißt reduziert, wenn (5.) BER, 1>B-Wläl, >> Reale ist. Dann ist EUR - — 4er > (R-Dii Ir > Rd 530, und b2< R? — b?-Aarc, ac R? = b? + 4lac|, b>Jjel-Jal; ebenso b>Ja|-|e|, also d5>|a-+ c|, endlich R: — b®-4ac>(a+c)’-4iac = (a-e)?. In jeder reduzierten Form ist also (6) 5>o, 00 <0, b>jla+e|, R>]ja-e|. Die wichtigsten Folgerungen ergeben sich aber aus einer anderen Form der Reduktionsbedingungen: u 204 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. Februar 1913. Ist p eine reduzierte Form, so ist b>|R-2e|, sowohl wenn e=|a| als auch wenn e=|e| is. Wenn umgekehrt auch nur für einen der beiden äußeren Koeffizienten (7-) R>b>|R-2e]| ist, so ist p eine reduzierte Form. Denn weil in einer reduzierten Form (8.) 4|ac| = R®-b?—= (R+b)(R-b) ist, so folgen aus den beiden ersten der 4 Ungleichheiten 2|a|>R-b, 2jle|> R-b, 9.) 2ja|lR-2, b>2e-R, b>|R-2e]|. Umgekehrt folgt aus (7.) etwa für e=|a| die erste und die dritte Ungleichheit. (9.), und daraus nach (8.) die beiden andern. Die Bedeutung dieses Satzes will ich noch schärfer ins Licht setzen: Wenn man weiß, welche der beiden Größen |@a| und |e| die kleinere ist, etwa |a|, so ist von den 3 Bedingungen (5.) die dritte eine Folge der zweiten. Aus R’ — b’+4lac| folgt dann R-2|a|>0. Aber nach dem Satze I. ist auch die Bedingung 5>R-2|c| allein hin- reichend, vorausgesetzt, daß auch 2|e|R sein, so können die beiden letzten Bedingungen (5.) durch 5>2|c|-R ersetzt werden. Ist für einen der beiden äußeren Koeffizienten (10.) R>5b>R-2e>0, so ist p sicher eine reduzierte Form. Von den beiden Wurzeln der Form g hat die erste r mit a, die zweite s mit c das gleiche Vorzeichen. Aus (9.) ergeben sich (11.) Iri>E jei<1, rs <0 als notwendige und hinreichende Reduktionsbedingungen. Ist also a>0d, so st r>1I>0>s>-1, ist aber a <0, o Bi r<-I<0<30, e(1,-1)<0, 9 (1,0) (0,1) la+te|, aceX ist, also p, rechts von 9, steht, 1 1 (6.) ae OR NL (bh eehanzg) 206 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. Februar 1913. Setzt man (-1)’r, =r und (-1)*r, =r’, so geht also 9, durch die Substitution (7.) (-1)Pr = (kayıs kara, ku, (-1)er') in g,, und umgekehrt p, durch die Substitution 1 1 (8.) a in , über. Ferner ist R+b,_ (9.) nn = r,-ı = (k,, kırı, kyra» a), R-b,_ es — ı-1ı — De ...), r R (10.) >, = (ki, kızı, kiss; +) + (0 5 kan p) ka, ...) D x b} (1 I.) Fr” = (k,, RK, 8, +)—(0, kırıs kıras ...) . Betrachtet man g und \ im weiteren Sinne als äquivalent, wenn p durch eine Substitution (1.) $ ı in x" übergeführt werden kann, so ist also jede Formenklasse durch eine unendliche Reihe positiver (> 0) ganzer Zahlen %k, bestimmt. Dab,R-2o,, b,_,> R-2a, ist, so folgt aus (3.) (12.) . a: kıR, demnach ist stets a, < R, und in der Regel 2a, < KR, nämlich nur dann nicht notwendig, wenn kA, =1ist. Ist X das Maximum der Zahlen k,, und A die untere Grenze der Zahlen a,, so ist (13) AuR, AKZRZAKFD), Ist also A = 0, soist K= w; istaber A> 0, so ist Ä endlich. Für den Fall, wo die Koeffizienten a, b, ce von p ganze Zahlen sind, füge ich noch eine Bemerkung hinzu, die für die Bestimmung der Kette (Periode) der Form » von praktischer Bedeutung ist, die ich aber trotz ihres elementaren Charakters weder bei Eurer noch in einer andern der mir bekannten Darstellungen gefunden habe. Ist A die größte ganze Zahl, die 6, i 0 und nur dann ßy = (0, wenn B=y=d ist. Da man P durch - P ersetzen kann, so sei 2>(0, undseiy>®, falls & —= 0 ist. Dies kann aber nicht eintreten. Sonst wäre dy = -1, Bm -1}, Me, raue, r >1. Daher ist «21. Die Gleichung (2.) $ı kann man auf die Form (1.) en (a +e)=1. (as + Y) (5-2) =: bringen. It ß=0, wit a=d=l, y=s-s, IyI<ı, also y=(0. Ist umgekehrt y — 0, so ist 8 — = & n ‚|%]<1, ao 8&=0. Dann ist P die identische Substitution, also p = V. It 8 >0, so ist y>a: 1 ; i ‚aleod=-r ee: 1, zugleich aber auch dö=+s+ a atP>r, Maya YTABMES It y>0, so ist B>a: a au +y>1, —-B0, «8>1, also auch ö positiv. Sollten 8 und y beide negativ sein, sd’ sind in der inversen Substitution 208 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. Februar 1913. - alle Koeffizienten positiv. Indem man nötigenfalls g und ’ vertauscht, kann man erreichen, daß P selbst lauter positive Koeffizienten hat. Dann ist, wie oben gezeigt, r2a,. yd2ad>Py, 2>B, b>a, Be>ad>PBy, &>y, also (2.) B>a, u °>B, e>y. Sind ö und d>® zwei positive teilerfremde Zahlen, so kann man stets und nur in einer Weise zwei positive Zahlen E=« undy=y so bestimmen, daß d£-&4 —=1 und außerdem E<ß, also nß ist, so ist auch k,>0. Die positiven teilerfremden Zahlen &. und y sind jetzt durch die Gleichung 2 — (k,ks,---k,-ı) bestimmt. Nach der Bezeichnung von Evurrr ist e=fks-- kn, Befks--- kl, y-= [kı, ---ku-1]> ra [kı, :--%,]» und mithin ist (3.) ro Er TR RD It z.B. o=y,sita=y=1,d=ß+1lundr = (1,ß,r'). It a=ß=1, so istö=y+1lundr=(y,1l,r'). Da aber eine irrationale positive Größe r nur auf eine Art in einen Kettenbruch entwickelt werden kann, so sind, weil r’>1 ist, die positiven ganzen Zahlen k,,k,,---%k, die ersten » Teilnenner des Kettenbruchs für r, und folglich ist (3.) die Substitution, die pin p, überführt, und dem- nach ist 9 = g,. Diese Form », steht in der Kette rechts von 9, weil wir 8 und y als positiv vorausgesetzt haben. Hätten wir sie negativ gewählt, so würde p’ links von g stehen. $ 4- Es bleibt noch zu beweisen, daß jede Form (a,, b,,a,) einer redu- zierten äquivalent ist. Sei (a,,d,,a,) eine benachbarte Form, worin Id,| = Ja, | ist, (a,, d,, a,) eine dazu benachbarte Form, worin ld.| = le; | Froszntus: Die Reduction der indefiniten binären quadratischen Formen. 209 ist, usw. Nach einer endlichen Anzahl von Schritten kommt man so zu einer Form (a,, b,, a,,.),, worin a,4,,, <0 ist. Denn in einer Form (a,b, c), worin ac > 0 und |b| < |a| ist, ist b°-4|be|> b’-Alac| >0, also || >4le]. Soweit also @,a,,@,,--- dasselbe Zeichen haben, ist Ial2]41l>41&]242]5»]>16].]>16|6|>--- also |5,|> 4”""|d,| und 0 <4a,a,,, = b,-D<47?"*’b?-D. Wählt man m so groß, daß diese Zahl negativ wird, so muß daher a,a,,, für einen Wert n < m negativ werden. In einer Form 9 = (a, b, c) aber, worin ac <0 ist, it R’—= 5b?’ +4Jae|, demnach ist die kleinere der beiden Größen 2|a| oder 2|e|< R. Im zweiten Falle sei (a’, b’,c) eine mit p äquivalente Form, worin b’=b ‚(mod 20) und R>b’>R-2]le| ist. Nach (10) $ ı ist diese Form eine reduzierte. Ä Zu demselben Ergebnis gelangt man nach Heaurre auf folgendem Wege: Sip = £4 = (px +gy) (ra + sy) eine Form der Diskriminante D=(ps-gr)’= R’. Die positive Form £?+n?” der Diskriminante -4 geht durch die Substitution E=px+qy,n=rx+sy in eine Form Y(x,y) der Diskrimininate - A = -4R? über. Soll der Wert von U eine gegebene Grenze nicht überschreiten, so müssen die ganzen Zahlen x und y unter bestimmten Grenzen liegen. Folglich hat Y ein Minimum %, und es gibt eine mit Y äquivalente Form (k,/, m), worin |!|< % ist, und weil k das Minimum von WU ist, AS m ist. Daher it A= 4km-P?>4% -k”=3%?. Für die Werte von x und y, wofür V = k “eine. Dann ist 2lenla? + 4aa’ > 5m?, wenn m die kleinere der beiden positiven Größen a und a’ ist. Dem- nach ist ST (1.) m< 17% Ip; Zi 5 und die Gleichheit gilt nur dann, wenn a=b=a=c, also = a(l,1,-1) ist. 5 5- Für die durch @ bestimmte Klasse X mögen die Formen (8) p1ı = (a,, di, aryı)» wo sich A von -x bis +0 bewegt, die Kette der reduzierten Formen bilden. Ist dann a irgendeine durch g (eigentlich) darstellbare Zahl, so gibt es in X eine Form (a,b’,c’), deren erster Koeffizient «a ist, und dazu eine parallele Form Y = (a,b,c), worin R>5>R-2]a]| ist. Ist nun 2|a|—R sein, wenn k, =1 ist. Es gilt also der Satz: IV. In einer reduzierten Form (a,b,c), worin la| >—R ist, ist -|a|+d+Je]<—R; und in einer solchen, worin lel> —R ist, isl lal+d-|e|<—R. Die Zahlen a,, die absolut <—R sind, sind die absolut klein- sten durch y darstellbaren Zahlen. Für die Zahlen a,, die absolut >—R sind, trifft dies nicht zu. Denn ist z.B. g = (1,9,-8) die Frosenius: Die Reduction der indefiniten binären quadratischen Formen. 211 Hauptform der Diskriminante D = 113, so sind die Zahlen +a, gleich 1,2,4 und 8. Die durch g darstellbare Zahl 7 = 5?+9.5.6-8.6° kommt nicht unter ihnen vor. Ähnliche Sätze gelten für die mittleren Koeffizienten b, der Formen der Kette R. V. Liegt der mittlere Koeffizient b irgendeiner Form (a,b,c) der Klasse & zwischen -R und + R, so ist, falls |a| < le| ist, eine der Zahlen b,=b mod (2a). Da b’< R? = b’-A4ac ist, so ist ac negativ, also 2la|b'>R-2lal, so ist die zu (a,b,c) parallele Form (a,b’,c’) nach (10.) $ ı eine reduzierte Form 9,. Daher ist a=a, und D’=b, = (mod 2a). VI. Liegt der mittlere Koeffizient b einer Form der Klasse & zwischen 0 und R, so gibt es eine Größe b, 2b. Denn zwischen R und R-2]a| gibt es nur eine Größe b,, die = b (mod 2a) ist. Daher kann d nicht zwischen d, und R liegen. 'Endlich sei 5} der absolut kleinste Rest von 5, (mod 2a,), also 5] < la, |. VU. Liegt der mittlere Koeffizient b einer Form der Klasse & zwischen -R und +R, so gibt es eine Größe b}, die absolut < b ist. Denn zwischen -a und +a gibt es nur eine Größe b/, die =b,=b (mod 2a) ist. Daher kann 5 nicht zwischen -5b! und +5/ liegen. 212 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. Februar 1913. Zur Theorie der indefiniten binären quadratischen Formen. Von Prof. Dr. I. Schur in Berlin. (Vorgelegt von Hrn. Fropextvs.) Wendet man auf die quadratische Form 9 = ae + bayr+eoy: = (a,b,e), deren Koeffizienten beliebige reelle Zahlen sein können, eine ganz- zahlige Substitution a von der Determinante l an, so entsteht eine mit (eigentlich) äquivalente Form. Die verschiedenen unter diesen Formen bilden die durch $ bestimmte Formenklasse 2® = R(y). Ist q eine von Null verschiedene Konstante, so nenne ich die Klasse X (4) eine zu X(y) proportionale Klasse. Ich behandle nur Formen 9 mit positiver Diskriminante D=b?-4aec. Ausgeschlossen wird der Fall, daß p für zwei ganze Zahlen x und %, die nicht beide Null sind, verschwindet. Durchläuft (a’,b’,c’) alle Formen der Klasse &, so seien A und B die unteren Grenzen der Zahlen |a’| bzw. |b’|. Man kann diese Größen auch anders definieren: A ist die untere Grenze der Werte, die |p| erhält, wenn x und y alle ganzen Zahlen durchlaufen; auszu- schließen ist hierbei das Wertepaar =0,y=0. Ist ferner v— 2ara’+b(ay’+ ya’) + 2eyy’ die zu g gehörende symmetrische Bilinearform, so ist B die untere Grenze der Werte, die |/| erhält, wenn man für x, y,«, y alle ganzen Zahlen mit der Determinante xy’ - y.x’ — 1 (oder — 1) einsetzt. Für die Zahl A hat Hr. Markorr'! einen bemerkenswerten Satz be- wiesen, der sich folgendermaßen aussprechen läßt: ! Math. Annalen, Bd. XV, S. 381—406 und Bd. XVII, S. 379— 399. I. Scuur: Zur Theorie der indefiniten binären quadratischen Formen. 213 » Betrachtet man die Gesamtheit aller (indefiniten) Formenklassen &, so ist die kleinste Häufungsstelle (der Limes inferior) der zugehörigen Zahlen IND er: gleich 3. Es gibt unendlich viele nicht proportionale Klassen, für die — = wo p alle ganzen Zahlen durchläuft, für die sich zwei andere ganze Zahlen g und r bestimmen lassen, so daß PreEre ar wird. Sieht man proportionale Klassen als nicht verschieden an, so gibt es für jedes p nur endlich viele Klassen, für die Q’ = Q, wird'. Die Formen dieser Klassen haben rationale Koeffizienten. « Ein ganz analoger Satz läßt sich, wie im folgenden gezeigt werden soll, für die Zahl B aufstellen: I. Die kleinste Häufungsstelle der Zahlen od er ist gleich 2+Y5. Nur für die durch die Form bo = (1,1,-2-V75) bestimmte Klasse und die zu ihr proportionalen Klassen wrd Q’ = 2 + v5. Die einzigen Werte von Q”, die unterhalb 2 + V5 liegen, haben die Form ar = Yıa + Ser, = -1,0,1,3,..,) 2v+1 wo p, die Reihe der Fibonaceischen Zahlen P-ı = -1, a er pı = 0, pı =1, ...,. pı = Pı-ı tPı-:» durchläuft. Die Zahlen Q konvergieren mit wachsendem v gegen 2 + y5. Setzt man V.,= (Pa»+1 > Pa»,+1> — P2»44) > so wird nur für die Klasse R(X,,) und die zu ihr proportionalen Klassen Q” Dr Ist für die Form p die Zahl A größer als Null und gibt es zwei ganze Zahlen x und y, für die |p|= A wird, so ist p oder -g einer , ’ N Br . . . . ER Form (a’, b ‚ -c€’) eigentlich oder uneigentlich äquivalent, in der a = A und O0 und a zugleich die kleinste durch |«| darstellbare Zahl ist, nenne ich eine Minimalform'.. Die Diskriminante D — b?’ + 4ac einer solchen Form ist von selbst positiv. Für diese Formen gilt der Satz: I. In jeder Minimalform u = (a, b, -c), die nicht die Gestalt (a, a, -a) hat, ist (1.) e>2a+b. Ist u auch nicht von der Gestalt (a, a, - 3a), so wird 2+V3 > 1 +V3 > es 2 2 Betrachtet man die Gesamtheit aller Minimalformen, so ist die kleinste Häufungsstelle der zugehörigen Zahlen 2 gleich 2+V3. Die einzigen ‚Für Ar in Betracht kommenden Werte, die nicht oberhalb 2+V3 liegen, sind Vs, MB,:8 418. Diese Werte erhält 0 nur bei den Minimalformen (a,a,-a), (a,a,-3a), (a,a,— ine liR a). Die Bemerkung, daß bei jeder Minimalform, die nicht von der Gestalt (a, a, -a) ist, die Ungleichung (1.) besteht, daß demnach VD >bY13 ist und nur bei der Minimalform (a, a, -3a) das Gleich- heitszeichen gilt, rührt von Hrn. R. Remak her. Durch seine Mittei- lung bin ich erst auf die Frage nach der Größe der mittleren Koeffi- zienten in den Minimalformen aufmerksam geworden. In den Bezeichnungen schließe ich mich im wesentlichen der vorangehenden Arbeit von Hrn. Frosenıus an, die ich kurz mit F. zitieren werde. 54, 3 .®@-23 P-1: P0» Pı» 92, ... Es sei die Kette der reduzierten Formen der Klasse & (vgl. F.,$ 2). Ist ,=(-1)a,2’+b,02y+(-1a49? 0=0, +1,42) ! Es ist zu beachten, daß eine Formenklasse sehr wohl mehrere verschiedene Minimalformen enthalten kann. Z.B. gehören die beiden Minimalformen (21, 1, - 2211) und (21, 13, — 2209) einer Klasse an. I. Schur: Zur Theorie der indefiniten binären quadratischen Formen. 215 und nimmt man an, daß a,>0 ist, so sind alle Zahlen a, und b, positiv, ferner ist b, + by+1 24,41 =}, eine positive ganze Zahl. Setzt man =, ID avDe, a 24,41 2 Ay4ı so wird a : ’ = k,+8 Vy+1 Sy+1 und r,— iR; k,rı, kyras +), s,= (0, kiss DER +). Die Reihe der positiven ganzen Zahlen (K) EEE Be Si ki; E;, bezeichne ich als die zur Klasse ® gehörende Nennerreihe. Um diese Reihe zu erhalten, hat man nur eine reduzierte Form y, zu bestimmen und die zugehörigen Zahlen r, und s, in Kettenbrüche zu entwickeln. Zwei Klassen mit derselben Nennerreihe sind einander proportional (vgl. F.,$ 3). Will man, wenn K gegeben ist, die Klasse 8 eindeutig fixieren, so muß man für eine der Zahlen a, einen bestimmten Wert vorschreiben. Da wir angenommen haben, daß die Formen von 8, als Funktionen der ganzzahligen Variabeln x und y betrachtet, nur für a=y= 0 verschwinden sollen, so sind r, und s, irrationale Zahlen. Die Reihe K erstreckt sich daher sowohl nach links als auch nach rechts ins Unendliche. Zwischen den Zahlen D, a,, b,, r,, s, bestehen die Beziehungen a b in 5 RE — 1,$,5 = ug, Ant ar ae a A,+ı dy+1 d,+1 Die in der Einleitung definierten Zahlen A und B lassen sich nun folgendermaßen bestimmen: A ist die untere Grenze der Zahlen a,, VD also ag die obere Grenze der Größen r,+s, (vgl. Markorr, Math. Ann. Bd. XV,S.385, und F., $ 5). Ist ferner b‘ der absolut kleinste Rest von b, mod 2a,,, (also - b/ der absolut kleinste Rest von d,, nach demselben Modul), so ist B die untere Grenze der Zahlen |d; |(vgl. F., $ 5). Die von uns zu untersuchende Zahl 2 ist demnach die obere Grenze der Größen 216 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. Februar 1913. Setzt man rs, = k,+r., so wird Os, ist. Bezeichnet man die größere der Zahlen r! und s, mit w,, die kleinere mit v,, so wird also für ein gerades k, ) k,+u,+v, (2.) Q, — rer und für ein ungerades %, ; k,+tu+v. » _- ——ı—, (2) a, = Die Größen uw, und v, sind hierbei, abgesehen von der Reihenfolge, die Kettenbrüche (Os R,aKassı ...) und DR... +). 5:2, Dem Beweise des Satzes I schicke ich einige Hilfssätze voraus: Hilfssatz I. Ist keine der Zahlen Q, größer als 5, so muß jeder der Nenner k, entweder gleich 1 oder gleich 3 sein. Ist nämlich k, ungerade, so folgt aus Q,<5 wegen (2’.) k,+u,+0,<5(l1-uw,+v,)<5, also k,<5. Für ein gerades k, ergibt sich ebenso auf Grund der Formel (2.) Ä k,+u,+0,0,>—. Es kann aber nicht k,= 2 sein. Denn dann würde aus (3.) ne 4u, >2468%, „>24+7, a ]. Scaur: Zur Theorie der indefiniten binären quadratischen Formen. 217 also an. Daher müßte der Kettenbruch für w, die Form u, = (0,1,k,---) haben, wo k>7 ist. Dies ist aber nicht möglich, da k wieder eine Zahl der Reihe Ä ist. Hilfssatz II. Ist keine der Zahlen Q, größer als = und sind zwei aufeinanderfolgende Zahlen der Reihe K gleich 3, so müssen alle Zahlen der Reihe gleich 3 sein. Da = <5 ist, so enthält X keine von 1 und 3 verschiedene Zahl. Wären nun zwei aufeinanderfolgende Zahlen der Reihe X gleich 3, ohne daß alle ihre Zahlen den Wert 3 haben, so müßte es einen In- dex v geben, für den k, —= 3 und entweder k,_, =|1, #3 0a e:,=39,%,, 1: wird. :Danmmiist e, = (0,1,+ch, ve leB,..-), also ee 0, Aus Q,S _ folgt aber auf Grund der For- 8: B: mel (>’.) 23 3+u, +0,57 (1-0), also 18 28u,<8 + 180, < on, Dies gibt aber u4(1-%+0,) oder, was dasselbe ist, 5u, Fe 3 + 3 U,» Hat nun v, eine Kettenbruchentwicklung der Form (0,1,..+), so wird 1 ” Er} [3 9,> und 5u,>3+-, also u,>-7. Dies ist nicht möglich, da alsdann «, von der Form (0,1,%,.-.) sein müßte, wo k29 ist. Ist | 1 3 aber v, von der Form (0,3,---), so wird re und 5u,>3+ 2. also u, > - . Daher hat der Kettenbruch für w, die Form (0,1, k,--.); Sitzungsberichte 1913. 18 218 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. Februar 1913. wo %k nicht kleiner als 3 und daher gleich 3 sein muß. Der einzige in Betracht kommende Fall ist also we 9,18, a ie Da wir noch %, = 1 hatten, so erhalten wir in der Reihe X die Folge 3113. $ 3- Es sei EAU DR 7 2 und en _g’n ee (r=0,+1, +42). Da e und e’ der Gleichung x? = x-+1 genügen, so ist (5.) Pn — Pna-ı + Pa-3 in Die Zahlen p, sind positive ganze Zahlen; die ersten Zahlen der Reihe 9,,Pı;::- sind 32 1.8, 3, 5 8, 13, 31, 32, % Es gelten, wie man leicht zeigt, für alle positiven und negativen Werte der Indizes die Formeln (6.) pn = (1)"'pm, (7.) Pm+n we. gas Pn + PmPa-ı - Ersetzt man in der zweiten Gleichung n durch -n, so erhält man wegen (6.) (8.) - Pm+ıPn—- PmPa+ı m Im a ® Insbesondere ist (8°.) pP} — Pa-ıPa+rı = (— ie» P Aus Ps+n = PıPn + PsPan-ı» P-34n = P-aPı + P-3Pa-ı folgt durch Subtraktion p,,>- ?,-3 = (Pı- Pp-.)p, oder (9.) Pn+3 a 4Pn + Pn-s: Die Zahlen Pı' Pa’ ps’ sind die Näherungsbrüche des Kettenbruchs 5-1 1: (0,3, 1...) ee a Be, l. Scaur: Zur Theorie der indefiniten binären quadratischen Formen. 219 Daher ist PerieersKr; (10.) Ppı Ps Ps a a AN, Pa Pı Ps und lim Bet y —o Ph folgt. Daher ist Yin (0,241,13, +). Die Näherungsbrüche dieses Kettenbruchs sind mn mM pm Daher ist insbesondere AR x. se. yi, Pa Pı Ps Aus Pa» 3 Pav+3 ———< ’ Tree MEN Pa,+2 , Pav+3 : folgt (11.) Par ps, Pav+3 Es sei ferner x, ein Kettenbruch der Form “= (0,1, 1, +5,13 3,.°.)» wobei die Anzahl der Einsen gleich n sein soll. Der (n +1) te Näherungsbruch ist gleich = n ‚ der (n + 2)te gleich 3PatPı-ı un Pat Pre. N ar \ 3Pa+1, + FH Parts Pn+3 Pn+s (Pa+ı + Pa+s) Daher ist für ein ungerades n be N a a Pn+ı Pa+ı + Pn+s Pn+3 und für ein gerades n Pn Pre Ben, “n > 2. » x. Parı + Pa+3 Pn+3 220 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. Februar 1913. 54 Um den Satz I zu beweisen, haben wir diejenigen Formenklassen X zu bestimmen, für welche vD a i ist. Dies ist nach $ı dann und nur dann der Fall, wenn für alle v (12.) Se wird. Der Kettenbruch für e° ist Tr). Da e’<5 ist, so kann nach Hilfssatz I die zur Klasse 8 gehörende Nennerreihe Ä keine von 1 und 3 verschiedene Zahl enthalten. Sind alle Zahlen %, gleich 1, ist also X die Reihe (K_,) u Die so wird für jedes v V5;-1ı w=u,=(0,1,1,:-) Ber u und ‚=yV5 = a und Q, onen Vı3< «>. Im ersten Fall ist die reduzierte Form p,, abgesehen von einem kon- stanten Faktor, gleich Y- = (1,1,-1) = (p-23 P-1 — Ps). Im zweiten Fall ist p, = ceonst. (1, 3, -1). Die Form (1, 3, -1) ist der Form : % = (1,1,-3) = (Pi, Pr, -Pı) äquivalent. Sieht man von diesen beiden Fällen ab, so müssen in der Reihe Ä beide Zahlen 1 und 3 vorkommen. Da ferner e’ < = ist, so können nach Hilfssatz II in X auch nicht zwei aufeinanderfolgende Zahlen gleich 3 sein. Es sei nun für einen speziellen Wert von v insbesondere I. Scaur: Zur Theorie der indefiniten binären quadratischen Formen. 221 k,=3. Schreibt man zur Abkürzung w,v für w,, v,, so erhält die Ungleichung (12.) die Form a ie as se =4+En®, Hieraus folgt, wenn wir beachten, daß pa = 1, pr =1, MZElr pp =3, pp =5 ist, -Pı + PpsUuU—-Pıv = 13.) PP Pre Ist hier der Zähler positiv, so wird. P-ı - P:u + Ppıv > et —_ 44:7, -— p TBB Jue also (vgl. Formel (9.)). Ps —Psüu + Pıv > ers, —- Pa tpsU — PıP ER und hieraus folgt wieder — Ps + Puı% —Pı0d 0, Por+s — Por+sU + Por+ıV > 0. Dividiert man durch p4..,, bzw. Pos, und läßt k über alle Grenzen wachsen, so erhält man, da im Lit y; lim en ist, Su ie en al "Pussy >20, yPruryızd, SO u— yv+Y°. 222 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. Februar 1913. Gibt es ferner eine Zahl %, für die P,<0 wird, so erhalten wir u Pure, | Paare —— Pok+s Pok+5 Der rechtsstehende Ausdruck ist, wie aus den Formeln (10.) und (11.) folgt, kleiner als yo + y’. In jedem Fall ist also (14.) u,1,8,°005 .r— er Auf Grund der am Schluß des vorigen Paragraphen gemachten Be- merkung ergibt sich aus u n, also m>n+2. Dann ist (vgl. $ 3) u> Pm SeaE v< Pant Pn+2 ; Pm+ı — Pn+3 Pn+ı*t Pa+s Aus (14.) und (15.) folgt daher Pn+2 Pn+ıPn+4Pn+6 + Pn+3 Pr+4 Pan+s- Nun ist aber nach Formel (8’.) Bess = 1+ ParaPı+s5 Dun = 1+ ParıPars- Daher müßte Pn+3 + Pn+5 + Pn+2 Pn+4Pn+5 > Pn+1 Pn+4Pn+6 sein. Es ist aber, wie aus der Formel (8.) folgt, Pr+1ıPn+6 — Prar3Pı4s = Pı = 3, also müßte Pn+3 + Pn+5 > 3 Pu+a sein. Dies ist aber falsch, denn es ist Pn+s + Pn+s = 2Pn+3 + Panrı = 2(Pa+ı— Pa+2) + Pa+ı < 3Pa+e- Daher muß in der Tat m —=n sein. Unsere Diskussion hat ergeben, daß, wenn Ä von den Reihen K_,,K, und X, verschieden ist, die von uns betrachtete Zahl k, — 3 zwischen zwei Gruppen von gleichvielen Einsen stehen muß, wobei diese Anzahl gerade ist. Da dies für jede Drei in der Reihe X gilt, so muß Ä die Form n (K,) FEN, — (n = 2,4,6, --.) N haben. In diesem Fall wird, wenn k, = 3 angenommen wird, n=3+%, = (0,1, 1,.-.,1,3+8). Wir erhalten Fe Pa-ı + Pn(3 + 50) = Pnt Pn+2 + SoPn ae Pat PH (3 + £7) Pant 3Pan+ı + SoPa+ı also Pa+ı83 + 3Pa+180 = Pr + Par2- Die Diskriminante dieser Gleichung ist Iphrı + 4Parı (Pn + Pa+2) = Patı Patr- Auf Grund der Formeln des $ ı erhält man 90 = const. (-Pn —Pn+2 > 3Pa+ı» Pn+ı)- Die rechts (in den Klammern) stehende Form ist der Form F . ze = (Pa+ıs Pı+ı5> —Pn+i) aquivalent. Jedesmal, wenn k, — 3 ist, wird en Pa+7 ; Pr+1 Q,=3+uw+,=rnt+s, >= 224 "Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. Februar 1913. Da aber nach Formel (7.) Pn+r = PrPa+ı tPePn = 13Panrı + 8Pn ist und n eine gerade Zahl bedeutet, so ist Q.= Yız+ 2 2, so kommt in der Reihe X, Elrie Folge 3113 vor. Daher ist nach Hilfssatz II für k, = 1 nn 58Pr Q. 13 - (16.) B re ist. In dem ausgeschlossenen Falle n = 2 wird Y%, = (2, 2, -8), D= 411. In der zugehörigen Formenklasse ist gewiß der absolut kleinste unter den mittleren Koeffizienten gleich 2, also ist in Übereinstimmung mit (16.) | ID Sy art Ps In derselben Weise wie für n > 2 schließt man, daß bei der Klasse Kb.) - =2+45 wird. Beachtet man noch, daß lim Vıs+ BP v3+8y=2+V5 n—=o Pa+ı ist, so erkennt man, daß wir im vorhergehenden den Satz I in allen Teilen bewiesen haben. Zu bemerken ist noch, daß auch bei ungeradem n die zur Klasse K&($,) gehörende Zahl B der Gleichung (16.) genügt. Die rechtsstehen- den Werte konvergieren, wenn n die Zahlen 1,3,5,--- durchläuft, abnehmend gegen 2+Y5. Daher häufen sich bei 2+ V5 die Werte 22 sowohl von links als auch von rechts. 1. Scaur: Zur Theorie der indefiniten binären quadratischen Formen. 225 $5- Ich wende mich nun zum Beweis des Satzes II. Es sei u(@,y) = aw? +bay— ey? eine indefinite Minimalform von der Diskriminante D=b?’+4ac, d.h. es sei bu, ad und a die kleinste durch |#| darstellbare Zahl. Die Form u ist da- durch charakterisiert, daß für jedes ganzzahlige Wertepaar x, y aus »(2, y) > 0 die Ungleichung u(x, y) Z a und aus u(z, y) < 0 die Un- gleichung -u(x, y) > a folgt. Ist nun pa(l,1) =a+b-ec positiv, so wird a+b-c>a,alsob>c. Dieser Fall tritt, dde2Za>b ist, nur dann ein, wenn u die Form ı = (a,a, — a) Pa gi ist. Bei dieser Form ist Ist x von u, verschieden, so mußa+b-c>0, alsoc-a-b2a,d.h. (17.) c>2a+b sein. Hieraus folgt D= + 4ac > b* + 8a? + 4ab > 13, also VD — oe ; ve Vı3 Das Gleichheitszeichen steht hier dann nur, wenn c=a,c=2a+b wird, d.h. wenn u die Form & K = (a,a, —- 3a) ist, Es sei also x von u, und u, verschieden. Ist nun u (4,3) = 164 + 125 — 9e positiv, so muß diese Zahl >a sein; dies liefert 15a + 125 > 9c > 9(2a + b), also 5>a. Da aber b +4a(ya+ 2b), 9 VD V Se: a a er En Das Gleichheitszeichen könnte hier nur dann ‚stehen, wenn b=a, = Sa+l b ist. Dies führt auf die Form also, da a>D ist, ne > (98: +92 — 29y?). Diese Form ist aber keine Minimalform, denn es ist sub, = — 0 in Verbindung mit der Ungleichung (18.) b>a folgt. Ich will jedoch die Betrachtung gleich allgemeiner durchführen. Man setze a=2+V3, «= 2-V3 = a-! und Ri er, u Ya — In In-ı- (n=0,1,2,--) a—a Da & und «’ der Gleichung x? = 42-1 genügen, so ist u = 4a Mm: Die Zahlen x, und y, sind positive ganze Zahlen: = 1, =4,0, = 15,4, = 56, yı = l,y al, y=-ll,y=4, Man beweist leicht die Formeln ' (19.) ,Ya-b = m +, (20.) he Er as Offenbar ist und hieraus folgt (21.) im nn I. Scaur:. Zur. Theorie der indefiniten binären quadratischen Formen. 227 Ich will nun zeigen, daß bei jeder Minimalform u, die von u, und u, verschieden ist, u(z,,y,) <0, also - u(z,,y,)Za, d.h. a? +1 & 23; c>a —— +1 er u sein muß. Für »=1 und n = 2 stimmt diese Formel mit den Un- gleichungen (17.) und .(18.) überein. Es sei für einen Index n>2 schon bewiesen, daß (22.) gilt. Wäre nun u(&,4,,%:.) > 0, so müßte Kt. His) = a, also +1 ER “len 1) + banzıyarı Z ya 2 yala ge: \ 27 ) sein. Diese Ungleichung läßt sich in der Form bynYa+ı(&n+1Y%n = En Ya+1) > a [vr * 1) y, (@rrı R 1)] schreiben. Auf Grund der Formeln (19.) und (20.) ergibt sich, daß der Koeffizient von db gleich y,y,., und der von a gleich Y., + Yn-Yarı In Yan &az+ı — Ya+ı (Yazı - 17.) — YnK&n+ı +yY, = YynrılYa + 9) -Yakıyı ty = Yayını + -1 ist. Dieser Ausdruck ist, da für n>2 stets y„>1 ist, größer als YaYa+ı- Wir würden daher b>a erhalten, was nicht richtig ist. Läßt man in der nun bewiesenen Ungleichung (22.) n über alle Grenzen wachsen, so erhält man wegen (21.) (23.) e> art also ’ Hieraus folgt D=b: +40. >b?+(4+ 2V3)a® + (2 +2V3)ab > (7 +4V3)b®, also Das Gleichheitszeichen steht hier dann und nur dann, wenn b=a und 2c — (2 + V3) a+(+ y3) b wird, wenn also u die Form 3 +2V3 Ps = a ee EBEN EEE ist, 228 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. Februar 1913. Die Ungleichung (23.) besagt offenbar, daß bei jeder Minimalform »= (a,b,-c), die von u, und u, verschieden ist, die positive Wurzel der Gleichung ax? +be —-c —=0 nicht kleiner als v3 v3 -, ® und die negative Wurzel nicht größer als — — sein kann. $ 6. Der Satz II enthält noch weiter die Aussage, daß die Form u, eine Minimalform ist, und daß für jede Zahl g>2 + V3 eine Minimal- form angegeben werden kann, bei der VYD2 + V3 eine Minimalform u bestimmt werden kann, bei der VD rn und 2 BEHTIT 5 Ebenso wie bei der Reihe (K’) schließt man, daß r, +, die größte unter den Zahlen r,+s, ist. Sind 9, = (-1)""ta,02 + b,0y+ (-1)’0,419? (a,>0) die zu 8 gehörenden reduzierten Formen und setzt man a,=1, so erhält 9, die Gestalt 9%. = (- 00, 35 1). Diese Form ist der Form n:= (1, 1,-2-.a,) äquivalent. Aus den Formeln eg r,+s, ergibt sich, daß a, = | A,+ı die kleinste unter den Zahlen a,, also zugleich die kleinste durch «| darstellbare Zahl ist. Daher ist u eine Minimalform. Dahierd=a= | Ist, so wird ‚2 vD — ro+tSo- 230 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. Februar 1913. Diese Zahl ist, da u gewiß von 4,,4%,, 4, verschieden ist, nach dem früher Bewiesenen größer als 2 + V3. Nun stimmen aber die Ketten- brüche für r, und s,in den ersten 2n Teilnennern mit den entsprechen- den Kettenbrüchen bei der Form u, überein. Da bei u, die Summe dieser Kettenbrüche gleich 2 + V3 , so können wir N so groß wählen, daß für alle n> N die Zahl r, + s, in das Intervall2 + V3 > = oe ae: Gedächmiserede auf Friedrich Kohlra ur he Kr Dow +: Über die Erhaltung der Masse bei "ehemischen Umsetzungen nr ern Bm we VoN STRADoxXITZ: Strate genköpfe \ ı van’r Ic Der Aufbau der eschtchichen Wel % FR Geisteswissenschafien. Eiste tie an ahnen en — f Hans Heinrich Landol in ; > is u. eg Ober den anatomischen Bau der baunartigen Oper acee Schoenodendron : F : Ser. aus Kam ae | ve ONER: Yedächtnissrede auf Jacobns Henriens van’t Hof. en, ‚ L— Eakın: u, Gedäch ede “ on — = Dahn. ern Morr: Zu en an das Diadem der P’'ha ; aan . 3 Dikis: Die sprachlichen eg Die u ee Hipneke To iche Überlieferung ge Galen’schen Commentars zum Prorsheticum des a Zesın { ra s er a. eek Auf welch m Wege kamen die Goidelen vom Continent nach Irland? ne, > Heusier: Kon Mena auf Wilhelm Dilthey re re ee m isländischen Fehdewesen in der Sturlungenzeit ee . Junker: Der a; der Hathor-Tefnut aus Nubien re | F. .. Hırıe x GaerTRIngEen und H. LATTERMANN: "Arkadische "Forschun ngen u Tu. Wırseanp: ee vor ah Bericht über die von den a... Museen unternommenen Ei rn in San en L. Lic#tensteim: Beweis “ee "Satz Br dass. jedes hinreichend kleine, im wesentlichen stetig ge- kri Kine: singularitätenfreie Fläc tück auf einen Theil einer Ebene een und in den kleinsten Theilen ähnlich ea ildet erden kann . » 250 A.vox Le Cog: Türkische Manichaica aus Chotscho. I. . . u M. va Bercnen: Die —. rn von Pergam ; . dm M. a: Phönieische und a sche Kru aifaehäiften aus Elephantine . u En C. Frank: Zur en der een Inschriften a Fe F. ScuuLragss: eine ._ Arabischen » I A. Jonssen: Die Ges 2 n S. Pietro und S. Antioco (Sardinien) ; » 550 H. Kraarsenr: Morklialaeindt Studien zur Rassendiagnostik der Turfanschädel . » di Sitzungsberichte der Akademie. Pros de ua ee re. a ne AR— Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1912. —_—. Er Intrusionen nothwendig mit Er verbunden sein? . . - Aıie Burpacn: Faust und Moses. LU. II. . . - ee 6 K. Tea zur loch Wortkunde. IL U e. ee en 2.je =. 00 Lüpers: epigraphische Bei Er er Jacopı: über die Echtheit des Kautiliya ee en oo J. Bınez: la tradition a du Lexique e de Suidas ee er » 0,50 H. Porr: Bu sstudien. VII. (hierzu Taf. VI und vn. u J. Mewaıpr: die Fditio 0 princeps von Galenos In arg de natura hominis (ierzu 1 Taf. - VID) » 050 _ zur ägyptis a Wortforschung. - u den Tees gen Zwischen Kirchenvätern und Sophiste en. » 0.50 ne ar H. Jux a. über RER und die Ausı’schen Funetionen - der Rızmann’ ah Theo Er » 050 Morr: vom Ursprung der provenzalichen Schriftsprache le ee » 1L— A. Rauırs: griechische Wörter im Koptischen rear une » 00 H. Sauter: ” Masse ee Saturastrabanten Tita - 050 Froseniwus: über quadrat Formen, die viele Princohlen darstellen » 050 E. Meyer: me rien über rg älteste Geschichte ee und über Nebukadnezar's re gene eh 2 P. Maas: zu den Beziehungen "zwischen Kirchenvätern und Sophist en. IE - 050 S. Konow: zwei Handschriftenblätter i in der alten seen here aus "Chinesisch-Turkistan . 050 Nersst und F. A. Lisormann: Untersuchungen über speeifische Wärme. VI. i cifise ärme. vr ernst: Untersuchungen über die specifische Wärı F. Fre über den (rebirgs auros in seiner Bedeutung für die en = euro- päischen und asiatischen Gebirge von Wıramowırz-MoELLENDoRFF und G. PLAumans: iaspapyrus P. >. Morgan (iierau Taf. IX und x) „Br SchwarzscHiLp: über Spectrographenobjective an Eunnsans: Krkennen und Verstehen 2.Aul.) 0.5: ern er ser en Sonderabdrucke. |. Halbjahr 1913. Norpex: aus Cicero’s Ad rksta Warsure, G. LerrnÄuser, E. oe und C. Mörzzn: ber din Constante e - Wim Praune schen ee zes .» R. as ed u — die ‚speeifische "Wärme von Helium und“ einigen "zweiatonigen Gasen sche und — Dan: her read Heikfoction end ihre Bedeutung fü fi ür die Entstehung der Langenschwindsucht Prxer: die Formen der Landoberfläche und ‚Yerschiebungen n der Klimagürtel .. Hansacn: de seist der morgenländischen Kirche im 2 terschied von der abendländischen Wiıex: zur Theorie der elektrischen Leitung in Metalleı in ee: über die eine der indefiniten ko duadratischen Benn . 28. I. Scuur: zur Theorie der indefiniten binären quadra n Forn De Russer: über die Kuhrunsseolskkine bei we NE : ; Baer 1913. | x 20 SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Gesammtsitzung am 20. Februar. (S. 247) Adresse an Hrn. Hzınrıchn Weser zum fünfzigjährigen Doetorjubiläum am 19. Februar 1913. (S. 248) Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 27. Februar. (S. 251 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 237. Februar. (S. 253) Gesammtsitzung am 6. März. (S. 255) J. Mewarpr: Eine Fälschung Cuarrıer’s in Galen’s Schrift über das Koma. (S. 256) BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaetion der akademischen Druckschriften. Aus $1. Die Akademie giebt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen _ - ae Preussischen Akadem Abhandlungen der Ben Fibre Akademie de Wiiseiiieiiifi Fi $2 Jede zur Aufnah n die Alkrnyabesichis oder die Fe ee re "Mittheilung muss in einer ee demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckferti re nn Sneulieen ist. Nicht- mitglieder haben hierz e Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ee Mitgliedes zu benutzen. S 3. mfang einer aufzun Der ehmenden ee soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nich en dern 16 Seiten in der Ba Schritt der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen h von je 8 Seiten i in Kern gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschre ER Be Grenzen ist nur mit gr der mern Akademie oder.der betreffenden Classe statt- aft E ee 4 ed ® [52 & ”= 5 [ D 2: = 5: 4) BE == (171 ©: un gs [<} 7 m5 (<} m? N e muthen, age diese Zustimmung erforderlich sein rde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von BEE Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen SA. ollen einer Mittheilung Abbildungen im Br oder auf besonderen Tafeln beigegebe n werden sind die Vorlagen ai een Photographiiche Original- aufnahmen dem Manuscript, jedoch auf Be, Bis ttern, Sr Hg Die Kosten der a der Vorligen haben i der Regel die Verfas ecretar zu at vorzuberathen und mie zu verhandeln. Die Kosten der iabeete seen. Mac übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten i nie m e er forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen n ie so ist Vorberathung dureh das Secretariat En .. 3. orle ee Einreichung des vollständige iruckferigen Manuseripis an den zuständig ode Archivar wird über ie ee then Fr die akademisehen sr zwar, eines der anwesenden Mit- erlangt, verdeekt abgestimmt. Mitthe Pin von Verfa rg base nicht Mitglieder der Akademie‘ sind, sollen der na ieser een der Bestätigung durch die ee: Akadem Aus 4; 6. nn: 1:,n 7 . Pe | AT “= wenn es sich nicht bloss um glätten Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die Anordnung mg an: ne über die _ Umfän ngliche rreeturen F en a ısendung an die Dru und die Ver Fee Liz zur Tea der entsehallen Mehr. kosten verpflich Aus $8. Von allen in die Sitzungsberiehte oder Abhandlungen estellt, die alsbald nach Erscheinen aus- Eden! .. ‚den. 7 I 7 11. Q@ 7 rA ha für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. en Sonderabdrucken aus den Sitzungsberiehten h ie exemplar auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur von en nd auf se Kosten noch wei 15 z 0 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen, sofern er ei ee dem redigirenden Secre 2 wünscht er i noch mehr er Genehmi er Gesammt- lemie oder der be- eisen — Niehtmitglieder erhalten 50 Frei- emplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige Ben dem re rehehendee Secretar Seh 200 Exemplare au t ihre ost fen en lass enterdhidreiken aus den Abhandlungen ( er- t ar wünscht der ee der Gesammt-Akndemie treffenden Classe rar san ; exemplare und dürfen sah rech zeige bei dem redigirenden Seeretar weitere 100° Ex hs auf Kosten abziehen lassen. — T; Eine für die akademischen Schriften be- stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle anderweitig, sei es aueh nur auszug®” a auf S.3 des Umschlags.) 247 SITZUNGSBERICHTE 1913. X. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 20. Februar. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. l. Hr. Liesısch las über die optischen Eigenschaften der durch die Absorption von «-Strahlen erzeugten pleochroi- tischen Höfe. (Ersch. später.) Durch die Absorption der von Einschlüssen radioactiver Mineralien ausgesandten «Strahlen wird in Turmalin, Biotit und Cordierit eine Änderung der Absorption des Lichtes hervorgerufen, die mit Hülfe eines Mikrophotometers gemessen und mit der gleichzeitig erzeugten Änderung der Doppelbrechung verglichen wurde. 2. Die Akademie genehmigte die Aufnahme einer von Hrn. Dies in der Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom ı3. Februar vorgelegten Arbeit des Hrn. Dr. J. Hrrs in München »Pseudodemo- kritische Studien« in die Abhandlungen des Jahres 1913. Die von Renzı, Coll. Sal. IV, S. 290 f. als Fragmente des III. Buchs der Practica des Petrocellus (S.XI) veröffentlichten medieinischen Exeerpte gehören in Wirklichkeit nicht diesem Salernitaner, sondern zu einem medieinischen Pseudodemoeriteum, das durch eine Reichenauer, zwei Münchner und eine Pariser Hs. erhalten ist. Dieser Text ist eine »altlateinische« Bearbeitung einer hauptsächlich mit Benutzung der Syn- Opsis des Oribasius, daneben Galen’s und einer nicht näher festzustellenden Mittel- quelle am Ausgang des Alterthums abgefassten griechischen Vorlage, aus der anscheinend auch die von Weırmann edirten »Pseudodemocritea Vaticana« stammen. 21. ı 41 r®] ® 3. Das correspondirende Mitglied der physil Classe Hr. Henrich Weser in Strassburg hat am 19. Februar das fünfzig- Jährige Doetorjubiläum gefeiert; aus diesem Anlass hat ihm die Aka- demie eine Adresse gewidmet, deren Wortlaut unten abgedruckt ist. 4. Hr. Koser überreichte ein neu erschienenes Heft der Monu- menta Germaniae historica: Tom. 32, Pars 3 der Abtheilung Scriptores (Hannoverae et Lipsiae 1913). i Die Akademie hat in der Sitzung vom 6. Februar Sir James MurrAY in Oxford zum correspondirenden Mitglied ihrer philosophisch-histori- schen Classe gewählt. Sitzungsberichte 1913. er 248 Gesammtsitzung vom 20. Februar 1913. Adresse an Hrn. HEINRIcH WEBER zum fünfzig- jährigen Doktorjubiläum am 19. Februar 1913. Hochverehrter Herr Kollege! Steben Städte teilen sich in die Ehre, Sie zu den Lehrern ihrer Hoch- schulen rechnen zu dürfen. Viele Körperschaften werden Ihnen daher an dem heutigen Tage, wo Sie Ihr goldenes Doktorjubiläum feiern, Glückwünsche darbringen und in dankbarer Anerkennung Ihrer reichen wissenschaftlichen und pädagogischen Wirksamkeit gedenken. In diesem Kreise darf und will auch die Preußische Akademie der Wissenschaften nicht fehlen, der Sie seit vielen Jahren als korrespondierendes Mit- glied angehören, und in deren Mitte Sie so manchen wissenschaft- lichen und persönlichen Freund zählen. Auf Ihrem Lebenswege haben Sie die Länder deutscher Zunge von Süden nach Norden, von Westen nach Osten durchquert, bis Sie endlich wieder in Ihre geliebte Heimat, den Südwesten Deutschlands, zurückgekehrt sind. In ähnlicher Weise haben Sie das weite Feld der mathematischen Wissenschaften mit unermüdlicher Schaffenslust nach allen Richtungen durchzogen, dem Landmann gleich durch Frucht- wechsel reiche Ernte erzielend, bis Sie nach all dem Streifen durch die Analysis des Unendlichen schließlich bei der Arithmetik und Al- gebra, der Analysis des Endlichen, gelandet sind. Von den großen Meistern unserer Wissenschaft sind es drei, die auf Ihre Entwicklung entscheidenden Einfluß geübt haben, Rırmans, KroNECKER und Devexımp. An Rıemans knüpfen Ihre Arbeiten über die partiellen Differentialgleichungen und über die Aserschen Funktionen an. Dort erkannten Sie schon früh die Bedeutung der Eigenwerte, die in den modernen Forschungen eine so große Rolle spielen, und behandelten von den Entwicklungsfunktionen ausführlich die Bessei- schen Funktionen. Hier fesselte Sie besonders die Lehre von den Thetacharakteristiken, die Sie schon in Ihrer Preisschrift über die Aseıschen Funktionen vom Geschlecht drei auszubilden begonnen hatten. Von beiden Theorien machten Sie zahlreiche Anwendungen auf Pro- bleme der mathematischen Physik, namentlich der Hydrodynamik und der Elektrizitätstheorie, solche Aufgaben bevorzugend, die auf Theta- Adresse an Hrn. Heinrich WEBER zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum. 249 funktionen führen. Für alle Förderung, die Sie durch Rırmann er- fahren haben, haben Sie ihm gedankt durch die musterhafte Heraus- gabe seiner Werke und seines Nachlasses und durch Ihr Buch über die partiellen Differentialgleichungen der mathematischen Physik. Die Beschäftigung mit der Theorie der Transformation der Theta- funktionen und ihrer singulären Moduln führte Sie zu den Forschungen von KronEcker. Seine wunderbaren Ergebnisse über die Asrıschen Gleichungen im gegebenen Rationalitätsbereich und über die komplexe Multiplikation, die damals l’envie et le desespoir des geome£tres bildeten, wurden erst durch Ihre Kommentare weiteren Kreisen zugänglich. Ihrem philosophisch geschulten Geiste war es aber immer ein Be- dürfnis, Einzelergebnisse, wie sie namentlich Dirienzer bahnbrechend und zielsetzend entdeckt hatte, in eine zusammenhängende Theorie ein- zuordnen, und so entstand Ihr Werk über die elliptischen Funktionen und die algebraischen Zahlen. Was Kuunmer, KRONEcKER, DEDERISD in der Idealtheorie geschaffen hatten, machten Sie sich zu eigen und verknüpften es mit Rırmanns Theorie der Asrıschen Funktionen in jener glänzenden, zusammen mit Ihrem Freunde Deperınn verfaßten großen Abhandlung über die Theorie der algebraischen Funktionen einer Variabeln. Eine derartig geistvolle und gehaltvolle Arithmetisierung der Funktionentheorie muß selbst der ausgesprochenste Geometer gelten lassen. Immer tiefer drangen Sie in den Kern der Algebra ein, in die GaLoissche Gruppentheorie, die Sie an der Konfiguration der 16 Knoten- punkte der Kummerschen Fläche, der 28 Doppeltangenten der Kurve vierter Ordnung, überhaupt an der Gruppierung der Thetacharakte- tistiken erläuterten. Und durch eine großartige Zusammenfassung aller Ergebnisse der Algebra und der Zahlentheorie schufen Sie das gewaltige Lehrbuch der Algebra, das für diesen Wissenszweig geraume Zeit das Musterwerk bleiben wird, gleich ausgezeichnet durch Fülle des In- halts, Klarheit der Darstellung, Auswahl und Anordnung des Stoffes. Alles was wir Ihnen an Dank schulden, fassen wir in den Wunsch zusammen, Ihr Gesundheitszustand möge Ihnen gestatten, Ihr mit so schönem Erfolge gekröntes Wirken als Lehrer der gesamten mathe- Matischen Welt, der Lehrenden wie der Lernenden, noch recht lange fortsetzen zu können. ; | Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften. Ausgegeben am 13. März. 251 SITZUNGSBERICHTE 1913. XI. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 27. Februar. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. nn Vorsitzender Secretar: Hr. RoertHr. l. Hr. Sıcnau las über die ältesten Schicksale des Chri- stenthums im Orient, speeiell in den Euphrat- und Tigris- ländern. (Ersch. später.) Es wurde dargelegt, wie sich schon frühzeitig, bereits unter der Herrschaft der Partherkönige, in der Stadt Arbela eine christliche Gemeinde gebildet hat, welches die Schicksale ihrer Leiter waren, wie einzelne von ihnen auch in der Reichshaupt- stadt thätig gewesen und welche Rolle diese in der späteren Geschichtsüberlieferung spielen. Ferner wurde die Verbreitung des Christenthums in südlicher und östlicher Richtung behandelt, im Besonderen die Bisthümer und Erzbisthümer in Ostarabien, in der eigentlichen Persis und in Merw, und es wurde versucht, nachzuweisen, wie lange diese christlichen Gebiete unter der Herrschaft des Islams bestanden haben. 2. Hr. En. Meyer legte vor einen Aufsatz des Hrn. Prof. M. Livz- BARSKI in Greifswald: »Eine punisch-altberberische Bilinguis aus einem Tempel des Massinissa«. (Ersch. später.) ‚Die in den Ruinen von Thugga gefundene Inschrift wird nach einer Photo- sraphie neu publieirt und commentirt. Es ist die Bauinschrift für einen Tempel des Königs Massinissa aus dem 10. Jahre seines Sohnes Micipsa. 3. Hr. Harnack überreichte »Die Griechischen Christlichen Schrift- steller der ersten drei Jahrhunderte, Bd. 21: Philostorgius’ Kirchen- geschichte, hrsg. von J. Bınrz (Leipzig 1913)«. Mr Ausgegeben am 13. März. 253 SITZUNGSBERICHTE 1913. Xu DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 27. Februar. Sitzung der physikalisch-matl tischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. Hr. Hagertaspr las: »Zur Physiologie der Zelltheilunge«. (Ersch. später.) Im Anschluss an frühere Culturversuche mit isolirten Pflanzenzellen wird über Versuche mit kleinen Gewebsfragmenten der Kartoffelknolle berichtet. Das Haupt- ergebniss besteht in dem Nachweise, dass aus dem Mark der Knolle herausgeschnittene Gewebeplättchen nur dann Zelltheilungen erfahren, wenn sie ein lebendes Leptom- bündelfragment enthalten. Auf Grund weiterer Versuche wird wahrscheinlich gemacht, ass das Leptom, insbesondere die Geleitzellen der Siebröhren, einen Reizstoff bilden und ausscheiden, der die Speicherzellen zur Theilung veranlasst. N un isn Ausgegeben am 13. März. 255 SITZUNGSBERICHTE 1918. X. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 6. März. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. WALvEYER. l. Hr. Dırıs las über die Entdeckung des Alkohols. (Abh.) Gegenüber der früher verbreiteten Annahme, dass wir den Alkohol den Arabern verdankten, und der neuerdings versuchten Ableitung dieser Entdeckung aus Italien (12. Jahrh.) wird der Nachweis geliefert, dass das im ı2. Jahrhundert in einer chiffrirten Notiz auftauchende Recept der Alkoholbereitung sammt der überwiegenden Masse der übrigen im Mittelalter verbreiteten chemischen Recepte antiken Ursprungs ist und mindestens seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. in den alchemistischen Geheim- zünften Aegyptens bekannt und zu magischem Hocuspocus verwandt worden ist. "2. Derselbe theilte mit: Hippokratische Forschungen IV. Die neueren Bearbeitungen der Hippokratischen Schrift de arte werden epikri- tisch untersucht und Mittheilungen über die beiden Haupthss. A und M nach neuen Collationen gemacht. 3. Derselbe legte eine Mittheilung des Hrn. Prof. Dr. J. Mewaıor in Greifswald vor: Eine Fälschung Chartier'’s in Galen’s Schrift über das Koma. Es wird nachgewiesen, dass die kleine Schrift Galen’s TTepi To? rap’ "InmokpArei KÖMAToc (VII 643—665) nur in einer gr. Hs. (Laur. gr. 74, 3; s. XII) und in der lat. Übersetzung des Nicolaus von Rhegium erhalten ist. Dieser hat eine griechische Hs. benutzt, welche die grosse Lücke des Laur. ausfüllt. Danach hat Cuarrıer für seine Ausgabe bona ide den griechischen Text in der Lücke hergestellt. Die Küns’sche ‚ Ausgabe hat diese Fälschung Cnarrıer’s, die bis jetzt unbemerkt blieb, unverändert abgedruckt. 5 4. Die Akademie genehmigte die Aufnahme einer von Hrn. War- DEYER in der Sitzung der physikalisch-mathemati Classe vom 30. Januar vorgelegten Arbeit des Hrn. Prof. Dr. Epwın E. GoLpmann in Freiburg i. Br.: Vitalfärbung am Centralnervensystem. Bei- trag zur Physio-Pathologie des Plexus choroideus und der Hirnhäute in die Abhandlungen des Jahres 1913. 5. Vorgelegt wurde Tom. 2, Fasc. 2 des von der Savıenv-Stif- tung unternommenen Vocabularium Iurisprudentiae Romanae, bearb. von E. Grupr (Berolini 1913). 256 Gesammtsitzung vom 6. März 1913. Eine Fälschung CHARTIERS in Galens Schrift über das Koma. Von Prof. Dr. Jon. MEwALDpT in Greifswald i. P. dnı ya von Hrn. Dıers.) Ass Galenos den ersten Satz des hippokratischen Prorrhetikon Aa (die Worte oi KkwmatTWwaeec En ÄPXÄcı FINÖMENOI ... ÄPÄA FE ®PENITIKOI EICIN;) Er- läuterte in dem durchlaufenden Kommentar des Werkes, der uns in 3 Büchern, ed. Künn XVI 489— 840, vorliegt, da erkannte er, daß am besten gleich an erster Stelle, für den ganzen Kommentar maßgebend, auseinandergesetzt werden müsse, welchen Zustand des Kranken Hippo- krates bei dem Ausdrucke köma im Sinne habe. Eine dortige Erörterung hätte aber, bei der unendlich häufigen Verwendung des Begriffes k@ma in den Hippokratischen Schriften, den Rahmen eines Kommentars ge- sprengt. So entschloß sich Galenos, wie er uns zu Anfang des 3. Hy- pomnemas, K. XVI 705, selber mitteilt‘, zur Abfassung eines Parergons, das den Titel erhielt TTeri T0® mar’ "InmoRpAteı KöMATOc. Die relative Abfassungszeit ist damit gegeben: angesichts des ersten Lemmas vom Prorrhetikos, beim Ansetzen der Feder zu seiner Erklärung, ist es entstanden und auch zugleich abgeschlossen. So kann es denn bereits in der Erklärung eben jenes ersten Lemmas als fertig erwähnt werden mit den Worten, XVI 495: reri men o®n TO? KATÄ KOMA CHMAI- NOMENOY BIBAION Önon &xeic Hmerteron. Hier fehlt, natürlich nur aus Zu- fall, der eigentliche Titel, der uns aber an der oben zuerst genannten Stelle des 3. Buches, XVI 705, mitgeteilt wird und schon vorher ein- mal, kurz vor dem Ende des ı. Buches, XVI 579, vorkommt. Seit- dem also rechnet Galenos mit dem Büchlein über die Schlafsucht in seinen so beliebten Selbstzitaten, z. B. recht ausführlich im 3. Hypo- mnema zu ‚Epidemien » 8, XVIIA 389 K., und kürzer im ı. Hypomnema ı Es s heißt dort: THN TIPÖTHN ÄTIACON PÄCIN EEHFHCAMEND TOY TIPOKEIMENOY BIBAIOY (d. i. To? TTPoPPHTIKOY) FErPATITAI Mol BIBAIAION ETIITETPAMMENON TTepi To? rap’ “InmopÄTel KOMATOC. J. Mewaror: Eine Fälschung CnArrıer’s in Galen’s Schrift über das Koma. 257 zu Epidemien r, XVII A 540 sowie in TTeri mpornöwcewc coyrmön, IX 407 K. Dagegen in seinen beiden selbstverfaßten Schriftenkatalogen, TTeri T@n ialun Bıenlon und TTeri TÄc TAzewc TON lalon Bisnlon, K. XIX S ff. und 49 ff., in denen wir ja so manches Werk vermissen, hat er es nicht erwähnt. Dieses Schriftehen ist uns noch erhalten (Künx bietet es Bd. VII 643—665), aber in griechischer Gestalt heutzutage überliefert nur in einer einzigen Handschrift', nämlich im Laurentianus graec. 74, 3 des XI. Jahrhunderts auf f. 188"— 191". Außerdem existiert in dem großen, so wertvollen Parisinus lat. 6865 saeculi XIV. f. 198”— 200” die latei- nische Übersetzung des Nicolaus von Rhegium’, die aus der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts stammt. Diese lateinische Übersetzung geht nicht, was ja der Zeit nach möglich wäre, auf jenen Laurentianus graecus zurück, der uns noch erhalten ist, und zwar deshalb nicht, weil der Laurentianus das Werkchen im höchsten Grade lückenhaft darbietet, während der Parisinus, abgesehen natürlich von Schreiber- versehen, vollständig ist. Es ist für die folgende Untersuehung notwendig, von dem Zu- stande der Blätter 188"”— 191" des Laurentianus, wie er heute ist und von Anbeginn gewesen ist, ein möglichst anschauliches Bild zu ge- winnen. Die Schrift über das k&ma, die letzte dieses ganzen Perga- mentkodex’, beginnt ganz oben auf f. 188”, aber die Überschrift fehlt; vielmehr ist ein Teil der ersten Zeile, die Worte Ti rote cumaineı TÖ To? KwmaToc önoma, durch das Zeichen :— nach Art eines Titels abgegrenzt. Es folgt nun mit vielen Abkürzungen (die Endungen sind fast nie ausge- schrieben) ein Text, der an mehreren Stellen durch Aussparung von ge- wöhnlich 3 ganzen Zeilen verrät, daß er aus einer durch äußere Einflüsse stark zerstörten Vorlage abgeschrieben ist. So klafft z. B. gleich auf f. 188", wenige Zeilen vor dem Schlusse der Seite, eine solehe Lücke von 3 Zeilen hinter dem Worte karaneyovcı (K. VII 645, ı0), das überdies selber auf einer nur’ halb vollgeschriebenen Zeile steht, wodurch im ganzen also ein Zwischenraum von 34 Zeilen entsteht. Vergleicht man aber den Künsschen Text daraufhin, was in dieser Lücke etwa verlorengegangen sei, so bieten sich dort nur die Worte oYrwc oya& dar. Da in der Tat für den Zusammenhang des Sinnes nichts weiter erforderlich ist als diese beiden Worte, so hat, wie wir erkennen, der Schreiber des ' Vgl. H. Dıers, Die Handschriften der antiken Ärzte I (1905) S. 83- ; ” Siehe über diesen jetzt H. Scuöne in der Ausgabe von Gal. De partibus artis medicativae. Progr. Greifswald ıgıı S. 3 ff. Schon Dıers, Doxogr. gr. S. 234, hat bemerkt, daß die Folien 188”. 18g"V. un „hinzuzufügen ist ıg1Y) des Codex rescribiert sind; was für ein Text ursprüng- gestanden hat, ist noch nicht ermittelt. 258 Gesammtsitzung vom 6. März 1913. Laurentianus zu viel Raum ausgespart, hat also an seiner zerstörten Vorlage den Umfang der Zerstörung nicht mehr genau abmessen können!. Dasselbe Schauspiel wiederholt sich noch ein paarmal. Auf f. 189" ziemlich zu Anfang erscheint wieder eine Lücke von mehr als 3 Zeilen hinter TpAxHnon (K. 645,18), wo eigentlich gar nichts fehlt, sondern nur das folgende Wort Anro®nta (so Künn) im Laurentianus in Xnara kal verlesen erscheint. Weiterhin sind auf f. 189” zwei Lücken von je über 3 Zeilen ausgespart, die erstere hinter sncin (K. 647,18), die zweite hinter An (K. 648,16); für jede dieser beiden Lücken bietet Künn einen Text von etwas über 7 Zeilen dar?, was beidemal etwa um die Hälfte zuviel ist; denn eine Druckzeile Künns entspricht sonst fast genau einer Schriftzeile des Laurentianus, hier aber haben wir ungefähr das Verhältnis 7:3. Hier hätte also der Schreiber für den Fall, daß ihm eine vollständige Handschrift nachträglich in die Hände geraten wäre, zuwenig Raum gelassen. Eine letzte Aussparung, näm- lich von 23 Zeilen, findet sich auf f. ı90' Mitte, hinter &rtHaeymacın (K. 651,7); es fehlt aber, nach Künn zu urteilen, dahinter nur das Wörtchen «ai, weiter nichts. Der Laurentianus trägt jedoch in der Schrift über das köma neben dieser, nach Künn nur scheinbaren, Korrektheit im Bemessen der Lücken noch einen schweren Schaden in sich, den er völlig verbirgt. Nach- dem nämlich hinter jener letzten Aussparung der Text ohne besonderen Anstoß den Schluß von f. 190" und noch 10% Zeilen von f. 190” durch- - laufen hat bis zu K. 652, ı7 maptypei, springt er plötzlich über ıo Künn- sche Seiten hinweg und setzt sich, ohne daß irgendein Raum gelassen oder ein Zeichen einer Verderbnis gesetzt ist”, mit änopo®ntoc K. 662,6 wieder fort‘, nun bis zum Schlusse der Schrift, K. 665, 6. Nach alledem dürfte sich als Gesamteindruck ergeben, daß die Schrift über das köma im Laurentianus, der einzigen griechischen Hand- schrift, sich in einem höchst trostlosen Zustande befindet. Um so Auch aus dieser Vorlage kann also die Übersetzung des Nicolaus von Rhegium nicht geflossen sein. Daß sie aber unmittelbar, nicht erst über den Umweg des Arabischen, aus dem Griechischen geflossen sei, dafür spricht der Augenschein durchaus, kein Wort der Übersetzung steht dem entgegen. Es hat also in der zweiten Hälfte des XIV. Jahr- hunderts noch eine zweite griechische Handschrift des Werkchens existiert. ” Im ersteren Falle fehlt K. 647, ıs &tepun — 648, 3 Äcbanc, im zweiten 648, ı7 T® — 649,6. 7 TECCAPAKOCTH. ® Es ergibt sich hieraus, daß in der Vorlage mehrere Folien ausgerissen oder mindestens an eine andere Stelle verschlagen waren. * In dieser Schlußpartie hat die Schrift keine Verstümmlung mehr erlitten; nur hat sich f. 190”/191" zwischen die Worte KATAsorAc und Arıö TAc (K. 663, 3. 9) ein Stück aus Galens Schrift TTpdc AYkon eingedrängt, nämlich K. XVIII A 198, 3 eic roYc ÄAo- OPICMOYC — 199,3 BOYAETAI. Diese Beobachtung ist für den künftigen Herausgeber der Schrift TTröc AYkon, die sich ja in demselben Kodex von f. 2 an findet, von Wichtigkeit. ‘ J. Mewaror: Eine Fälschung Crarrıer’s in Galen’s Schrift über das Koma. 259 erfreuter mag mancher darüber sein, daß offenbar doch der Künssche Abdruck in letzter Instanz auf eine vollständige Handschrift zurück- gehe. Diese Hoffnung muß ich leider zerschlagen. Die Sache ver- hält sich ganz anders. 2. Künss Abdruck Bd. VII 643—665 geht, wie wir es bei ihm ge- wohnt sind, auf Cnarrıers Gesamtausgabe des Galenos von 1679 zu- rück, in der die Schrift über das «@ma in Bd. VII S. 191—- 199 steht, CnArrier aber wiederum fußte, wie wir aus seiner etwas gewundenen Äußerung in seinen Notae zu demselben Bande S. 878f. entnehmen können, auf einer Ausgabe des englischen Arztes Ioannes Caius'. Ge- meint ist das Buch: C!. Galeni Pergameni nobiliss. mediei libri aliquot graeci partim hactenus non visi, parlim a mendis quibus scatebant innu- meris ad vetustissimos codices repurgati et integritati suae restituti anno- tationibusque ülustrati per IToannem Caium Britannum, medieum”. Er- schienen ist es bei Froben in Basel 1544°, gewidmet König Hein- rich VIII. von England. Das Büchlein über das köma führt im vor- angesetzten Generalindex wie in der Vorrede und vor dem Texte selber den Titel TTepi To? rar’ “InmoRrAthn (so) kömatoc und wird an den beiden ersteren Stellen als »hactenus nunquam impressus« bezeichnet. Mit dieser Behauptung hat Caius ganz recht; denn weder in der Aldina von 1525 noch in der Basileensis von 1538 ist das Schriftchen ent- halten, und eine Sonderpublikation hat es von ihm in der Tat vor 1544 nicht gegeben. ' John Kaye lebte von 1510 bis 1573, studierte seit 1529 Medizin in Cambridge, trat 1539 eine Reise nach Italien an, kehrte 1544 wieder nach England zurück, wo er nicht lange danach des Königs Leibarzt wurde. Er ist der Begründer des Caius- College in Cambridge. Außer selbständigen Werken veröffentlichte er hauptsächlich Ausgaben und Übersetzungen von Schriften des Galenos. Vgl. Mıcuaun, Biographie universelle, nouv. edit. Paris o. J., s. v. Caius. ” Ich benutze das Exemplar der Kgl. Bibliothek zu Berlin (Sign. Vr 2012); das Buch enthält (vgl. auch J. C. W. Ackermann in der Hist. literaria Cl. Galeni bei Künn I Praef. S. CCXXXIV): 1. Gal. TTepi Ton “InriokpAtovc Kai TIaAtwnoc AormAton Buch I Sanz, II Anfang; 2. Gal. TTeri TO? rap’ “IrmoKPÄTHN (so) KömAToc (»nunquam hactenus Impressus«); 3. Gal. TTepi ÄnTemsannomenon (»ex vetusto codice integer nune factus«); 4. Gal. Tlepi AnaTomıkön Erxeiräceon libri IX. Hierauf folgt eine lateinische Über- setzung von De decretis Hippocratis et Platonis I, und hierauf mit neuem Titelblatt und neuer Seitenzählung, aber von demselben Jahre datiert, folgende im Generalindex des ganzen Buches vorn schon mitaufgeführten Werke: 5. Gal. TTeri myön kınhcewc libri ll; 6. Gal. TTeri xpeiac mopion Buch VII; 7. Hipp. TTeri varmkon. Ine, TA rieri PAPMÄKON TIPFITMATA. Expl. ö& rAp ayTtödc kinaynoc; vgl. Med.-Kat. I 49. Den Sehluß Piiden, im Berliner Exemplar nicht ganz vollständig, Annotationes Caii zu TTeri mYün KINHceuwc. ° Format nach dem Zerschnitt der Bogen 4° (so ACKERMANN a. a. O.), nach der Größe go, 260 Gesammtsitzung vom 6. März 1913. Über die Quelle oder die Quellen, denen er das Schriftchen ent- nahm, sagt Caius an keiner Stelle auch nur das geringste, und es ist daher vollkommen ungerechtfertigt und irreführend, wenn ÜHARTIER in jenen Notae S. 878 schreibt: »libellum de comate a me iam editum Caius Britannicus se ex variis Hippoc. et Galeni contextibus colle- gisse profitetur«. Es ist auch vollkommen unwahr; denn wir können noch genau feststellen, welche Vorlage Caius ausschließlich benutzt hat und daß er sie ganz getreu und ehrlich wiedergegeben hat. Die Vor- lage war der noch erhaltene, oben beschriebene Laurentianus graec. 74, 3. Es leuchtet ein, daß bei der eigentümlichen Verwahrlosung, in der sich TTepi xömaroc im Laurentianus befindet, der Beweis dafür leicht zu geben ist. Wirklich finden sich die oben beschriebenen Lücken der Handschrift bei Caius getreulich wieder, und überdies sind sie jedesmal durch einen Stern im Texte sorgsam und ehrlich gekennzeichnet. Es fehlen die Worte oYtwc ova& K. 645, ro im Laurent. wie bei Caius, statt des Anro®nta 645,18 steht bei beiden Änara Kal, und bei beiden fehlt 651,7 das «ai; also nicht einmal diese Konjunk- tion hat Caius einzusetzen gewagt; er setzt auch hier einen Stern, weil seine Vorlage eine Lücke, diesmal von 2% Zeilen, aussparte. Nur an jenen beiden noch übrigbleibenden Lücken, hinter eHcin 647, 18 und hinter Än 648,16 K., hat Caius einen Versuch gemacht, das Ver- lorene einzusetzen. Aber hier lag die Sache anders als sonst; hier waren nämlich zwei Zitate aus Hippokrates von der Verstümmlung betroffen worden, und diese würde ja auch ein moderner Herausgeber aus dem betreffenden Werke des Hippokrates, Epidemien r, allerdings etwas vorsichtiger als er, einsetzen und ergänzen'!. Schon hierdurch ist der Laurentianus als Quelle des Caius erwiesen. Es ist daher nicht verwunderlich, daß auch in allen Einzelheiten des Textes die Editio princeps des Caius jenen Kodex genau widerspiegelt. Diese Übereinstimmung von Handschrift und erstem Druck zeigt sich nun auch bei dem schwersten Schaden, den die Schrift TTeri «ömaroc im Laurentianus in sich birgt. Jene ı0 Künsschen Seiten zwischen 652,17 martyrei und 662,6 Artopo®ntoc, die im Laurentianus fehlen, werden auch von dem Drucke des Caius nicht geboten. G®& merkt hat Caius den Fehler, der seine Vorlage betroffen hatte, sehr wohl’; ! Die erstere Lücke hat Caius nur bis 648,2 K. Ärpyrıoc ergänzt, nicht bis 648, :: K., an der zweiten dagegen (648, ı—649, 7) stimmt die Ergänzung bei Caius mit ee Küuns übere o hat er Be den Einschub aus der Schrift TTrdc AYkon, gegen Ende von TTeri nnstos (vgl. o. S. 258 Anm. 4), bemerkt und dieses Stück in den Druck nicht über- nommen. Im Laurentianus ist der Einschub nahezu richtig durch Klammern eingefaßt; es ist nicht unmöglich, daß eben Caius es war, der diese Klammern in die Handschrift N eingezeichnet hat. J. Mewırpr: Eine Fälschung Cuarrıer’s in Galen’s Schrift über das Koma. 261 denn er setzt hinter martypei das Zeichen, mit dem er auch vorher die Lücken andeutete, den Stern; aber er sah kein Mittel, das Verlorene anderswoher wiedereinzubringen. Dies ist nun der bedeutungsvolle Punkt, an dem sich Lauren- tianus-Caius einerseits und CnArtier-Künn anderseits in zwei Gruppen scheiden. Laurentianus und Caius haben jene 10 Seiten griechischen Textes, d. h. ungefähr die Hälfte des Schriftchens, nicht; dagegen ÜHARTIER und Künn haben sie. Künn hat sie, wie wir sahen, aus ÜHARTIER nur wieder abgedruckt, scheidet also aus. So bleibt CmArTIER als ältester Zeuge. Woher hat er sich die 10 Seiten verschafft? 3, CHARTIER macht (Notae S. 878 f.) außer Caius, über den er, wie wir sahen, ganz irreführend berichtet, noch zwei andere Gelehrte als seine Vorgänger namhaft; aber beide hatten, wie er selbst mehr oder weniger deutlich sagt, nur lateinische Übersetzungen der Schrift TTer) kümatoc herausgegeben. Es sind Augustinus Rieeus und Nicolaus Leonicenus'. Von ersterem sagt er folgendes: Riceus vero se omnino hunc libellum restituisse gloriatur, in quem libellum commenlarium contexuit, ubi textus varios refert tum Hippocratis, tum Galeni. Verum hie Latinam Nieolai Regü Calabri versionem priorem edidit. Über Leonicenus bemerkt er: Versionem quoque Leoniceni non integram animadvertimus. Es ist schon hiernach ziemlich klar, daß beide Gelehrte für die Frage, woher Cnartırr die Mittelpartie in griechischer Fassung habe, ausscheiden; denn sie lieferten ihm nur lateinische Texte. Aber es lohnt sich, der Sache noch etwas genauer nachzugehen. Was Cnarrıer über Riecus sagt, trifft zu. Augustino Ricco Medico Lucensi auctore erschienen lateinisch Galens sämtliche Werke in 8 Sek- tionen? zu Venedig 1541— 1545. 8°. Band IV (= Sectio IV) vom Jahre 1541 enthält auf S. 278—288 die Schrift De comate in lateinischer Übertragung und auf S. 779 —3802 eine kleine Abhandlung” kritischer ER " Auch die lateinische Übersetzung des Nicolaus Rheginus hat CnArrier natür- lich gekannt; er führt Lesarten aus ihr in den Notae an. Gedruckt lag sie zuletzt vor in der lat. Iuntina des Jahres 1541 class. III f. 48—50’. In der Iuntina von 1550 class. III f. 48v—5r ist sie bereits ersetzt durch die modernere Übertragung des Dominieus Montesaurus aus Verona. Vgl. Ackermann in Künns Galenausgabe I, S. CCXXXII und M. Bonner, De Gal. subfig. empir. Bonn 1872, S.2. Mir liegt das Exemplar der Bonner Univ.- Bibl. (Sign. Da 16 30) vor. — Das Privileg des Papstes Paul IH. vor der Sectio III (t 544) nennt den Herausgeber, der sich selber auf den Titelblättern Augustinus Riceus lati- nisiert, Augustinus Riechi und erwähnt unter seinen Helfern besonders den Vietorius Trincavela. D er stammt Ackermanss Mitnennung des letzteren Gelehrten (a. a. O). ® Das ist der commentarius, von dem ÜHARTIER spricht. ; 262 Gesammtsitzung vom 6. März 1913. Noten zu ihr, eingeleitet durch einen Brief an Don Diego de Mendoza auf S. 774—778. Lassen wir Riccus über die Quellen seiner Bear- beitung selber sprechen. Im Index von Band IV wird unter anderem angekündigt: De comate Nicolao Regio interprete liber, qui etsi Graece non habetur, tamen ex multis Hippocratis et Galeni locis nune primum a nobis est restitutus'. Richtig ist die Behauptung des Rieccus, der griechische Text liege nicht vor; denn die Editio princeps von Caius erschien ja erst 3 Jahre später, 1544. Jenen Angaben des Index entspricht dann die Überschrift auf S. 278 des Bandes; auch hier heißt es: Nicolao Regio Calabro interprete und per Augustinum Riceum multis in locis ex Galeno ipso et Hippocrate restitutus. Diese Wiederherstellung wird nun in jenen Noten auf S. 779 ff. begründet. Hier gibt Riccus offen an und erläutert durch Beispiele, daß seine lateinische Übersetzung nur eine Umstilisierung der antiqua versio des Nicolaus von Rhegium sei; aber er zeigt auch durch ausführliche Zitate, aus welchen Parallelstellen des Hippokrates und Galenos er seine Verbesserungen und Ergänzungen gewonnen hat. Diese seine Angaben bestätigt der Befund des latei- nischen Textes bei näherer Prüfung durchaus. Er ergibt sich also, daß ÜHArTIEr von Riccus her jene in griechischer Fassung verlorene Mittelpartie nur in der etwas umstilisierten lateinischen Übertragung des Nicolaus von Rhegium hätte beziehen können, aber nicht das ge- ringste Bestandteilchen des Originals. Nicht minder einfach liegt die Sache bei Nicolaus Leonicenus. In welchen der zahlreichen Drucke” des Galenos seine Bearbeitung aufgenommen ist, hat sich zwar bisher nicht feststellen lassen’; es ist aber auch ohne Belang. Denn Cnarrier sagt deutlich, daß Nicolaus Leonicenus von dieser Schrift, wie wir das überhaupt bei ihm gewohnt sind, eine lateinische Übertragung geliefert hatte, und er fügt hinzu, daß diese Übertragung eine non integra war. Dies kann sich nur dar- auf beziehen, daß Nicolaus Leonicenus mangels einer griechischen Vorlage der Mittelpartie diese aus Nicolaus von Rhegium einsetzen mußte. Die Bestätigung, nämlich die Erläuterung jenes non integra, bringt der unmittelbar folgende Satz CuArtıers: Quare Latinam ver- sionem partim Leonicenus et partim Calaber condidit, guam, donec Galeni textus alter venerit, emendatiorem factam edidimus. Die von Nicolaus Le- onicenus gebotene lateinische Bearbeitung bestand also dem Ursprunge® nach aus zwei verschiedenen Teilen, einem Stücke, das er aus Nicolaus ! Vgl. Cuarrıers Angabe restituisse gloriatur. 2 Eine Anzahl von ihnen, die am ehesten in Betracht kämen, ist etwas weiter unten für die Schrift De comate nachgeprüft. 3 Auch eine Umfrage des Auskunftsbureaus der deutschen Bibliotheken ist ohne Erfolg geblieben. J. MewAror: Eine Fälschung Cuarrıer’s in Galen’s Schrift über das Koma. 263 Rheginus hatte übernehmen müssen, und einem anderen Teile, den er selbst übersetzt hatte. Er kann also sein eignes Stück Übersetzung nur nach dem Laurentianus oder nach der Ausgabe des Caius ange- fertigt haben, in denen eben nur der Anfang und der Schluß der Schrift in der griechischen Originalfassung steht; auch Nicolaus Le- onicenus verfügte also nur über dieselben Quellen, die uns noch heute zu Gebote stehen. Damit ist die Frage erledigt; auch Nicolaus Le- onicenus scheidet unter den Quellen für die Mittelpartie, zumal ihre griechische Fassung, gänzlich aus. Das von CHArTtier selbst genannte Material ist damit vollständig erschöpft; aber das Resultat der Prüfung wird noch verständlicher sein, wenn wir die Geschichte der Schrift De comate im 16. und 17. Jahrhundert noch an ein paar wichtigen Etappen ins Auge fassen. In demselben Jahre wie der IV. Band der oben besprochenen Lateinausgabe des Riccus erschien die schon erwähnte Iuntina von 1541, die das Schriftehen noch ganz in der Übersetzung des Nicolaus von Rhegium darbietet. Aber dies scheint das letzte Auftreten dieser Übertragung gewesen zu sein‘. Nach dem Erscheinen, weniger jener Umstilisierung des Riceus als vielmehr der drei Jahre später ge- druckten griechischen Edition des Caius, konnte und mußte an neue Übertragungen gedacht werden. Dem haben denn auch die späteren Herausgeber eines Galenus latinus entsprochen. Schon in der Iuntina von 1550 und dann in der von 1556 ist das geschehen. Der Übersetzer von De comate, class. III f. 48”—51', ist hier Dominicus Montesaurus. Dieser gibt das griechisch uns nicht bezeugte Mittelstück in der von ihm nur in geschmackvolleres Latein umgegossenen Übersetzung des Nicolaus Rheginus’, zu Beginn aber dieser Partie (f. 49” G) merkt er am Rande an In Graeco exemplari multa desiderantur und umgrenzt außerdem dieses im Griechischen fehlende Stück mit Sternehen. Mit dem exemplar Graecum ist die Edition des Caius gemeint. Die antiqua versio des Nicolaus Rheginus konnte Monte- Saurus aus der vorangegangenen Iuntina, der von 1541, kennen. Die neue Übersetzung des Dominieus Montesaurus ist auch über- gegangen in jene Frobensche Edition, die unter Conr. Gesners Leitung im Jahre 1562 mit Band I abgeschlossen wurde; die anderen Bände Sind von ı 561 datiert. Die sonst so schätzenswerte Frobeniana ist . " Jedehfalls ist sie schon in der II. Iuntina, der von 1550, wie sich sogleich zeigen wird, nicht mehr zu finden. ” Als antiqua versio hatte er sie im Titel bezeichnet, wo es heißt: Galeni de co- mate secundum Hippocratis sententiam commentariolus, nunc primum per Dominicum Mon- fesaurum Veronensem ex Graeco exemplari et antiqua versione restitulus. Sitzungsberichte 1913. u 264 Gesammtsitzung vom 6. März 1913. also in De comate, das bei ihr in class. II S. 98— 103 steht, nur ein Abdruck der Iuntina von 1550 bzw. der von 1556. Aus der ebenfalls in das Jahr 1562 fallenden Bearbeitung im lateinischen Galenus des Io.-Bapt. Rasarius, medicus Novariensis, die zu Venedig bei Vincentius Valgrisius gedruckt wurde', brauchen nur die Tatsachen herausnotiert zu werden. De comate steht hier in elass. II f. 89”—gı“. Der griechische Text liegt, soweit er erhalten, zugrunde, aus Caius. Bei Eintritt in das Verlorene lesen wir am Rande Quae sequuntur omnia usque ad asteriscum absunt a Graecis lib. usque prope finem tertü capitis und dementsprechend gegen Schluß des 3. Ka- pitels Hucusque mancus est lib. gre. Dieses Stück ist umstilisierter Ni- colaus. Augustinus Gadaldinus ist der Bearbeiter des Schriftchens in der IV. Iuntina latina, Venedig 1565, elass. II f. 48°—51". An der be- kannten kritischen Stelle lesen wir die Anmerkung, am unteren Rande von f. 49° Quae his signis | ] interclusa sunt, in cod. graecis desiderantur. Malui autem veterem tralationem ut iacet apponere quam quiequam inwer- iere, cum praesertim saepenumero mutatio verborum sententiarum etiam faciat inversionem. Gadaldinus hat also in der Mittelpartie die velus tralatio des Nicolaus unverändert abdrucken lassen; Umstilisierungen, wie sie Rieeus, Montesaurus und Rasarius vorgenommen haben, billigte er nicht. Am Schlusse jenes Abschnittes setzt Gadaldinus zur um- grenzenden Klammer ein Sternehen und an den Rand die Bemerkung Hucusque Calabri versio. So lautete die Kunde von dem Schriftehen bis in die zweite Hälfte des ı6. Jahrhunderts hinein. Aber auch das 17. Jahrhundert hatte für das Original weitere Quellen nicht aufzuweisen. Ist doc z.B. in der Iuntina latina des Jahres 1625, class. II f. 48”ff., die Bearbeitung des Gadaldinus als dem Stande der Kenntnis entsprechend wieder abgedruckt. Also bis in das 17. Jahrhundert, dem CHArTIER selber angehört, keine Spur der griechischen Originalfassung des Mittel- stückes. 4. Wir sind mit der Prüfung sämtlicher von CnaArtıer selbst ge nannter Vorlagen seiner griechisch-lateinischen Edition von TTeri ko matoc fertig, haben außerdem die Kenntnis vom Fehlen der griechi- schen Mittelpartie bis in sein Jahrhundert verfolgt. Nirgends hat sich eine Spur gezeigt, woher ihm die ı0 Seiten in griechischer ! Herm. Schöne hat mir sein Exemplar dieser seltenen Ausgabe gütig zur Ver fügung gestellt. J. Mewarvr: Eine Fälschung Cuarrıer’s in Galen’s Schrift über das Koma. 265 Fassung zugekommen sein könnten; denn wenn er selbst einen grie- chischen Kodex zur Verfügung gehabt hat, durch den er über Caius hinauskam, so hätte er auffällig damit hinter dem Berge gehalten. Es kommt ein Gefühl des Unbehagens und Mißtrauens gegenüber diesen Seiten auf, durch Cnarrıers unklare Wendungen in den Notae nur genährt. Wodurch erklärt es sich ferner, daß z. B. auf S. 654, 7. 655,7. 658,14. 660,17. 661,2. ır K. Hiate zum Teil schwerer Natur zugelassen werden, außerhalb dieser unbezeugten Partie aber nicht? Es bleibt nichts übrig: man muß die Frage stellen, ob wohl CuArrier selber dieses Stück in das Griechische zurückübersetzt habe. So ist es in der Tat gewesen: die Mittelpartie ist eine Rück- übersetzung Cuarrıers aus Nicolaus von Rhegium. Zunächst steht ja bereits fest, daß Crarrıer dessen lateinische Übertragung gekannt und daß er sie herangezogen hat; denn in den textkritischen Notae 3.879 ist sie mehrfach berücksichtigt. Aber für das ganze Mittel- stück ist sie wirklich CnArtıers einzige Grundlage. Der Beweis dafür, daß Cuarrıer hier eine Fälschung, wenn auch eine gutgemeinte, be- gangen hat, läßt sich nämlich, unabhängig von den obigen Finger- zeigen der Textgeschichte des Schriftchens, ganz allein mit Hilfe der köstlichen Versehen führen, die dem Rückübersetzer teils durch eigne Schuld zugestoßen sind, teils aber auch durch seine verderbte la- teinische Vorlage nahegebracht wurden. Das schlagendste Beispiel stehe an erster Stelle. Der letzte Satz von K. VII 658 (= Onarr. VII 197, 2ff.) lautet: TOn A& mA KATABEPOMENWN YTNWADC oT Men oYTw baalwc Kal Em TIonY EYKInHTol eicın, WCTE MH Ala- AEIMEIN BOÖNTEC MerA Kal KINEIN TI MÖPION Co0APÜC, ÄN AECzEreipHc AYToYc 4 MPOCAAAÄC, TIPOCBAETIOYCIN ÄTIPETIÖC Kal MANNON EZICTANTAI KAl KAKÖN TIPÄT- TEIN Emixeipofcı Kal TIÄNTWC ÄKOYEIN TIPO@YMÖTATOI EICIN OYAEN ÄTTOREITTÖMEND! TON ÄKPWC TIAPABPONOYNTUN, oi A’ömrianın usw. Dieser Satz enthält zwei Verstöße, einen sprachlichen und einen sachlichen. Sprachlich höchst “igentümlich ist zu Beginn des Satzes das oi men oYrw baalwc Kal Em ToAY eykinhroı: da man nämlich auch das oYtw Paaiwc mit dem evkinHroı verbinden muß, so wird entweder das baaiwc oder aber das e? des Kompositums als überflüssig empfunden, wie denn der gesamte Aus- druck überaus schwerfälliges Griechisch zeigt; es kommt hinzu, daß “wischen morny und evkinhroı ein Hiat entsteht. Stärker noch ist, am Ende des Satzes, der sachliche Anstoß. Der Autor spricht von jenem Wachen «öna, bei dem die Kranken sich hin und her werfen, bald mit diesem, bald mit jenem Gliede heftige Zuckungen machen und laut schreien, wenn man sie aber zur Besinnung bringen will, den Anredenden anstieren, nur noch toller werden, irgend etwas Böses “u vollführen suchen und durchaus zum — Hören bereit sind. Jeder 23* 266 Gesammtsitzung vom 6. März 1913. erkennt, daß der Schluß abgeschmackt ist, daß das Akoyeın nach der vorausgehenden Steigerung wie kaltes Wasser wirkt. Die beiden aufgedeckten Anstöße schwinden, wenn man die la- teinische Überlieferung des Satzes bei Nicolaus Rheginus in Vergleich stellt, in der Fassung zunächst, wie sie der Parisinus 6865 bietet: ipsorum vero, qui non sompnolente cataforantur, alii quidem ita facile mobiles et multum mobiles existunt, ul nec deficiant clamantes magne et moveant aliguam particulam vehementer, sed si excitaveris eos aut lo- quaris, aspiciunt incontinenter et magis egrediuntur a se et malum facere iemptant et omnino in audendo promptissimi fiunt, nichil relinguentes ab his qui summe desipiunt; aliü vero usw. Jenem sprachlich anstößigen Ausdrucke zu Beginn des Satzes steht hier etwas durchaus Ver- nünftiges gegenüber, ita facile mobiles et multum mobiles; denn griechisch würde das lauten: oYrwc eYKinHToi Kal TIOAYKInHToI, völlig untadelhaft, dem doch nicht aus Zufall doppelten mobiles gerecht werdend und zumal ohne Hiatus. Der sachliche Anstoß aber gegen den Schlüß löst sich hier in schönster Weise auf, insofern die Patienten nun als »überhaupt sehr bereit« nicht zum Hören, sondern »zu Verwegen- heiten« erscheinen, was gerade das ist, was wir nach dem Voraus- gehenden erwarten müssen. Und diese Auflösung ermöglicht es uns nun auch, das ganze Trugnetz zu zerreißen; das Akoyeın kann ja nur daher seinen Ursprung haben, daß jemand im lateinischen Texte nicht in audendo, sondern in audiendo las oder zu lesen glaubte; d.h. der ganze griechische Satz ist erst durch Rückübersetzung aus dem Lateinischen gewonnen; denn die Art des Fehlers zeigt, das La- teinische ist hier das Prius, das Posterius aber ist die griechische Form. So weit gelangt man durch Vergleich des Cuartierschen Griechisch mit dem Parisinus. Man möchte also annehmen, daß CuArrıers Versehen aus ungenauem Lesen dieser Handschrift entstanden sind. Andrer Meinung aber werden wir, wenn wir z.B. die lateinische Iuntina von 1541 aufschlagen und in der dort gedruckten Übersetzung des Nicolaus Rheginus f.49°H nicht jenes richtige ita facile mobiles et multum mobiles und das richtige in audendo des Parisinus lesen, sondern ita facile el multum mobiles und in audiendo, also genau das, was wir als trügeri- sche Vorlage Cnarrıers ansetzen mußten. Es ergibt sich hieraus, daß CHARTIER seine Rückübersetzung aus dem Nicolaus nicht nach dem Parisinus 6865 gefertigt hat'!, sondern entweder eben nach jener Iun- tina des Jahres 1541 selbst” oder jedenfalls nach einem ganz ähnlichen ! An und für sich wäre das ja möglich gewesen; denn dieser Kodex ist ein alter Colbertinus. Dort steht die Übersetzung des Nicolaus Rheginus in class. III f. 48”—5%"- J. Mewıror: Eine Fälschung Cnarrıer’s in Galen’s Schrift über das Koma. 267 Drucke'. Der ganze Trug ist also schon hiernach fast mit Händen zu greifen. Aufmerksam geworden, werden wir jedenfalls nunmehr auch in der Mitte des oben ausgehobenen Satzes ein Fragezeichen errichten zu dem griechischen Worte Anrenöc, dem im Parisinus das lateinische incontinenter gegenübersteht. Auch hier ist das Lateinische allein an- gemessen; denn gemeint ist doch offenbar der unzusammenhängende, unstete Blick der geistig Getrübten; dagegen von einem Ärrenöc mPoc- BAETIEIN, einem unanständigen, lüsternen Blicke kann keine Rede sein. Man könnte. aber den Ursprung auch des Änpenöüc zu erfassen glauben, wenn man sich gegenwärtig hält, daß ja jenes incontinenter gewöhn- lich nicht die obige, hier allein angebrachte Bedeutung hat, sondern vielmehr »unenthaltsam«, »begehrlich« bedeutet. Das Anrernüc wäre dann weiter nichts als ein Mißgriff des Rückübersetzers ÜHARTIER. Aber auch hier belehrt uns der Druck des Jahres ı 541 eines Besseren; er bietet nämlich nicht incontinenter wie der Parisinus, sondern, offen- bar durch Lesefehler, inconvenienter, und dem entspricht allerdings das CnArriersche Anrenüc genau. | Leicht ließen sich, wie man aus der Probe dieser paar Textzeilen abnehmen kann, die Versehen aus der ganzen rückübersetzten Partie häufen. Doch nur wenige, im Nu bewertbare Beispiele, seien aufge- führt. Auf S. 653,4K. (= 195,6 Ch.) heißt es: oi a& Ärpyrınoi CcTPe- »ömenoi eicın. Dem entspricht bei Nicolaus Rheg.: (quia hi quidem dormiunt mox et profunde et diu), hü vero vigiles versute sunt; aber das Entsprechende stimmt handgreiflich nicht zueinander: das versute ist offenbar etwas ganz anderes, als was das crpesömenoı ausdrückt. Zu Beginn von S. 658 K. wird es ganz ähnlich wie hier von Nicolaus ge- braucht in der Verbindung: et versute sunt difficile sencientes; der ganze Zusammenhang lautet dort: commune autem amborum est, quo et mazxime differunt a sompnolenta, quoniam locuntur et delirant nulli herencia menti et ad assurectiones promptissimi sunt. quorum nullum in liargieis ewistit cataforis; neque enim seorsum quid locuntur et versute sunt diffieile sencientes nec ad clamantes et pungentes excitati faciliter. Hier steht bei ÜHARTIER an der Stelle des versute das Wort ranoverwc, ganz sinnlos, wie jeder Sieht. Der Wechsel (oben entsprach ctresömenoı) ist schon an sich ver- dächtig; denn nach der Gepflogenheit des Nicolaus muß man für versute an beiden Stellen das gleiche griechische Wort im Originale voraus- nennen ‘ In der Iuntina des Jahres 1541 erscheint die Übersetzung des Nicolaus Rheg. von De comate zum letzten Male. Durch das Erscheinen der griechischen Edition des Caius (1544) verlor sie, wenigstens für die größere Hälfte der Schrift, die Bedeutung, einzige Quelle zu sein. 268 Gesammtsitzung vom 6. März 1913. setzen. In denjenigen gedruckten! Übersetzungen des Nicolaus, bei denen das griechische Original noch erhalten ist, findet sich, soviel ich sehe, das versuie nicht; es läßt sich also nicht strikte feststellen, welches galenische Wort durch versute wiedergegeben wird’. Aber auch ohne das ergibt sich: das versute kann weder einem cTpe»öMmeno! noch einem ranoyprwc entsprechen, vor allem aber nicht das eine Mal dieses, das andere Mal jenes Wort wiedergeben, und wir erkennen deutlich wiederum Mißverständnisse des Rückübersetzers CuArTIER”. Doch jenes ctresömeno: läßt uns noch einen tieferen Einblick tun. Woher eigentlich, fragt man sich, dieser Pluralis masculini, wo doch versute deutlich ein Adverbium ist? Folgende Beobachtung gibt. den Aufschluß. In der lateinischen Iuntina von 1541, die das Büchlein De comate in der Übersetzung des Nicolaus bringt, steht f. 49" Dan dieser Stelle nicht versute, sondern versuti! Damit erst ist alles er- klärt und zugleich festgestellt, daß Cuarrıer für seine Rückübersetzung nieht etwa den Parisinus lat. 6865 zugrunde legte, der ganz richtig versute gibt, sondern eben jene Iuntina von 1541, und das wird jeder nach Lage der Dinge auch ganz natürlich: finden. Noch ein markantes Beispiel! Auf S. 659, ı0ff. K. (= Ünuarr. 197,18 ff.) steht zu lesen (man muß leider die ganze Stelle hersetzen): ectı a& H ÄMmsIıcBaTHcıc Hae’ memnHmenoc "InmoKrPpÄtnc En TÖ TTPoprHTiKDi TON. KWMATWAON ÄFPYTINWN ÄTIOPEI, TIÖTEPON. ®PENITIKOYC AYTOYC HM: TI ETEPON ÖnomAcei” Üxeı AL EvEzÄc OYTWc. »oi KWMATWAGEC EN ÄPXÄCI FINÖMENOI« «re Ist das &sezAc schon innerhalb des ganzen Satzbaus anpassend, so wird es ganz unmöglich dadurch, daß oi kwmarwaeec KTe. die aller- ersten Worte des Prorrhetikon sind; vgl. Hipp. ed. Lirrr£ V 510. Was hat nun Nicolaus? Nur die folgenden Worte seien herausge- hoben, in denen diesmal Druck von 1541 und Pariser Handschrift‘ ! Am bequemsten zusammen zugänglich in der lateinischen Ausgabe des Galenus von Diomedes Bonardus, Venedig r490. 2 Kuarsrueisch, den ich befragte, dachte an Pırractıköc, Schöne an Aeındc (attiz. — c®6APa, TIÄNY); im letzteren Falle hätte also Nicolaus, mechanisch wie oft, aeındc in einer falschen Bedeutung wiedergegeben. 3 Infolge des Mißverständnisses bei versute ist dem Rückübersetzer jene Stelle auf S.658.K. gänzlich verunglückt. Bei Nicolaus steht richtig, wenn auch nicht ganz leicht verständlich neque enim seorsum quid locuntur et versute (so auch: der Druck von 1541) sunt difficile sencientes, bei Cuarrier völlig verkehrt S. 196, 43 oYre rAP XwPIC SPÄZOYCI TI KAi TMANOYPFWC, AYCAIceHToI A’eicin, worin außer allem anderen auch noch jenes xwric den Rückübersetzer entlarvt;; denn wie ich einem vergleichenden Index zu der griechisch erhaltenen Schrift TTepi cycTAcewc iatrıkAc entnehme (angelegt von P. Waruıes, einem Schüler H. Schönes, jetzt im Besitze der Berl. Akad. d. Wiss., Corp. Med.), gibt. Nicolaus K.I 282,» mit. seorsum, das. griechische AowPicmenw@N oder ÄSW@PICMENWC wieder; und damit gewinnen wir allerdings auch für die Stelle in De comate eine echt galenische Ausdrucksweise; vgl. nämlich auch K.I 541 u. ö. i Die Iuntina von 1541 geht in der Schrift De comate dureh Mittelglieder, wie z.B. die Iuntinen von ı522 und 1528, auf den ältesten Galenus latinus, den wir J. Mewarpr: Eine Fälschung CnaArrıer's in Galen’s Schrift über das Koma. 269 übereinstimmen: abet autem series ita usw. Das würde griechisch gelautet haben: &xeı a’k PAcıc oYrwc. Sogleich ist alles in Ordnung. Hier liegt nur eine Flüchtigkeit des rückübersetzenden CnaArTIEr vor; denn nur drei Zeilen weiter hat er für series das richtige griechische Wort bAcıc gefunden. Die Beweisstellen kann sich ein jeder leicht vermehren, zumal mit Hilfe von CuArtıers eigner Ausgabe, in der dem gefälschten griechischen Texte die Quelle, Nicolaus Rheginus, Satz für Satz gegen- übersteht; aber es würde sich nichts wesentlich Neues mehr für das Gesamtresultat ergeben. 5. Es ist also für das ganze Stück zwischen K.VI 652,17 marptypei und 662,6 äropo®ntoc von Galenos TTer! kömatoc die griechische Fassung als trügerisch erwiesen'. Vielleicht jedoch haben wir uns darum allzu große Mühe gemacht; vielleicht war es gar nicht nötig, alle anderen Möglichkeiten nach und nach auszuschalten und dann CHArrtıer mit Nicolaus von Rhegium zu konfrontieren, wenn wir eine Bemerkung CnArrtiers in den Notae ($. 879), die jetzt ohne Beziehung dasteht, kühnlich auf die in Rede befindliche Partie bezogen hätten. Unter Nota 22 zu De comate lesen wir nämlich folgendes Geständnis CmArrıers: »Quae his signis [] interelusa sunt, in cod. Graeco Caii desiderantur, nos vero versionem Latinam Calabri sequuti Graecum contextum ex variis locis collectum, quoad genuinus Galeni foetus accesserit, con- didimus«. Wozu also, könnte uns mancher vorhalten, diese Zeitver- Schwendung, da hier doch alles klar genug gesagt ist? Ja, wenn nur Jene angekündigten [] irgendwo in CHARTIERS Ausgabe des Schriftehens zu finden wären! Und wenn jene Notenziffer 22 korrespondierte mit jenem Stücke des Textes, dessen trügerische Fassung wir entlarvt haben, das wäre mit Cnarrier S. 195,2— 198,14! ‚Aber die Ziffer 22 steht im Texte nicht hier, sondern schon S. 194,18 und überdies auf dieser selben Seite noch gefolgt von den Ziffern bis 27; dann erst kommt jenes zurückübersetzte Stück S. 195,2—198,14 und in der kennen, nämlich auf den des Diomedes Bonardus, Venedig 1490, zurück, wo des Nicolaus Rheg. Übersetzung von De comate sich in Bd. I f. 131—ı32” findet. Von dort her stammen bereits sämtliche Fehler, die wir in der Iuntina von 1541 fest- stellten. Die Venetiana von 1490 selber jedoch fußt, soviel ich sehe, auf dem Parisinus 6865; denn die Abweichungen lassen sich sämtlich als Flüchtigkeiten und Verlesungen es Druckers erklären. ‘ Ähnlichen Ursprungs sind manche Sätze der Historia philosopha in Cnarrıers Ausgabe, wie Dirrs (Doxogr. gr. S. 240) gezeigt hat. Auch der Anfang des Epidemien- kommentars scheint eine solche Fälschung CnArrıers zu sein; vgl. vorläufig E. Wenee- BACH im Jahresbericht des Corp. Med., Sitzungs-Ber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1912 S. 68. 270 Gesammtsitzung vom 6. März 1913. darauffolgenden Schlußpartie merkwürdigerweise nochmals die doch schon verbrauchten Notenziffern von 23 an. Also völlige Verwirrung! Aus Ünartıers Angabe heraus konnte mithin die Fälschung niemals entlarvt werden, sondern nur aus der vollständigen Textgeschichte und aus der Vergleichung des CuArrıerschen Textes mit der Über- setzung des Nicolaus. Aber allerdings werden wir jetzt jene Note als willkommenes Eingeständnis Cnarrıers und damit als Bestätigung unserer These begrüßen. Die Untersuchung hat also nach und nach die griechische Fassung von nicht weniger als der Hälfte des Schriftehens TTeri Kwmaroc, SO wie sie zuerst von ÜHARTIER veröffentlicht worden ist, als einen Trug enthüllt. Es hat sich herausgestellt, daß keiner der bisherigen Drucke neben den beiden einzigen erhaltenen Handschriften, dem Laurentianus graec. und dem Parisinus lat., den Wert einer Quelle haben kann. Eine Neuausgabe des Schriftehens würde also ein gar anderes Aussehen tragen als noch die letzte Ausgabe, die Ausgabe von Künn. Nur das erste und das letzte Stück des Werkes würden in der griechischen Fassung, auf Grund des Laurentianus, herausgegeben werden können; dagegen für die zwischen ihnen stehende Hälfte müßte als Ersatz ein- treten des Nieolaus von Rhegium lateinische Übersetzung, die (im Parisinus 6865) für uns die älteste erreichbare Form dieses Teiles darstellt. Bei Cuarrtıer aber wird man in Zukunft in allen Fällen, wo eine äußere Beglaubigung seiner Texte fehlt, doppelt wachsam sein müssen, durch diese zufällig erweisbare Fälschung belehrt. Ausgegeben am 13. März. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerel S ise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Spräche veröffentlieht sein oder werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- ar en- schaftlichen Mittheilung dieselbe andere früher zu veröffentlichen een als ihm dies nach den gel- tenden Rechtsregeln zusteht, so n er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akadem Gedächtnissreden anderwei m zu VERDESREREN ist den Verfassern unbeschränkt gestattet. us $ 2]. erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. A Die Sitzungsberichte Aus $ 22. ‚ Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vo en ver en BE RR Mitthei- ungen und Ei rselben, welche die eg einreichen, und für w ae sie ver- antwortlie Ser iese Inhaltsangaben sollen sich in der Regel auf 5—6 en eilen beschränken, keinesfalls 10 Zeilen Überschret ie nich Br 2 Miöbeilungen m werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, ei )“ u n für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh ü Wissnschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser Bee in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, welcher deren Aufnahme in die arena Schriften Edi Veen wird. EEE Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung dem redigirenden Secretar oder der Reichsdruckere fertig zugestellt werden. Später eingereichte ae) werden, mit - Präsentationsvermerk des un eeretar: es Archivars versehen, für ein späte 22 er Ss & 5 S | E & Eu 98 2 + asselbe kann von vorn a mit Mittheilungen ge- hehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere alas sgpnen. erwarten lässt, oder welche den in den $$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht ent- sprechen Die Reichsdruckerei er su: am Montag Abend die si n die hier woh oder an- wesenden Ver we an = Neid, welt die Mittheilung es haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend eh =. ww sen hie - wünscht jedoch die mit der Cor r bet P Revision zu lesen, so muss sie ie: orreetur ARE ıckerei zurückliefern. Wird die ıstag Abend von de damit be- wenn die ee in einem ee Nach auswärts n Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Ve en ae damit auf Erscheinen en. den Verfassern, orrecturen erst nOC in chigre Mitgliede zur En unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage Öbeshaupt nicht zuge- sichert werden. m 36. Die Akademie behält 8 Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen. „Jahre. Physikalisch-ma ANEEERN Bi Philosophisch-historische Class Abhandlungen. Jahrg. 19 Physikalisch- ee Classes . . Philosophisch-historische Classe Einzelne en Abhandlungen der Akademie. en an ee - 38. . . . - * ” . . . M 26.— » Ih— . * . ” D ” ” - * . . aus den Jahren 1909, 1910, 1911 und 1912. yenuszz, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel . . 1. Rumexs; Gedächtissrede er Friedrich Kohlrausch . iR ; re Be K RE 1: die Erhaltung der Masse bei chemischen Umsetzungen her nee Be EKULE VON a ırz: Strat ıın Hr Der Aufbau der Be Welt in den Geisteswissenschaften Erste Hälfte ge Mi 7 una: U Braasg Hirn auf Hans Heinrich Landolt a ı_ . a * ee Esorzr daR, Krausg: Ce den anatomischen Bau’ der Baunarigen Oyperacee Schoenodendron Pac Bü iE amerun . 2— Scuvr. u Gedächtnissrede auf Jacobus Henricus van BE. . eh 1 Ersıa ee Gedächtnissrede auf Heinrich > or .. s 0m en an das Diadem der Phara = : ee Dr F: Zur sprachlichen Gliede ung Frankreic 30 a: D ha —. che Öberlieferung = " Galen’ ’schen Commentars "zum Prorrheticum des ai Ppokrates ion . rap 2 Auf welch m We ege kamen die Goidelen vom Continent nach Itand? . er, es NN; Gedächtniserede auf Wilhelm u Bet, IT : Zum isländischen Fehdewesen in dee Sturlungenzeit” u H. Junger: Der u - re aus Nubien. . 5 F. Freiherr Hırıer vox Gar und H. Larteruans: Ark adische "Forschungen Ta. Wıiesanp: Biaber vorlkiligen Bee icht über die von den ame Museen unternommenen Ausgrabungen in Samos L. as: Beweis des Sat dass jedes hinreichend kleine, im wesentlichen stetig ge- krümmte, singu Hacitktenfreie Flächenstück auf einen Theil einer Ebene en: end und in den kleinsten ae is abgebildet sei kann . A.von Le ar ‚Türkische Man otse M. van _ Die muslim Be Tonchrilten von Pergamon ; M. Lip : Phönieische und aramäische Krugaufschften aus _Elophantine . €. a Zus Entzifferung der ars arte Inschrifte : F. Scuurrugss: Zurufe an Thier Arabischen A nsEN: Die zieren der Ins ein S. Pietro und $. Antioco (Sardinien) H. Kraarscn: Morphologische Studien zur sandiegnantik der Turfanschädel . Sitzungsberichte der Akademie. ne ee I. Halbjahr 1912. Burpaca: Faust und Moses. I. U ee a a ver: zur keltischen Wortkun ee 1 ee je Lüpers: epigraphische Beiträge a = a Jacosı ee die Echtheit des Kautiliya J. Binz: la tradition manuserite du Lexiqu e de Suidas H. Porr: Mischlingsstudien. VII. (hierzu Hark. VI und VID. J. Mewarpr: die Editio princeps von-Galenos In iss de natura hominis (iierau 1 Taf. - VII) RMAN: zur ägypt dschen Wor tforschung. U. II. P. Maas: zu den Feines. zwischen Kirchenvätern und Sophis sten. I Schortky und eue . ber ee und die Asxr’schen Functionen u chen "Theo I. “ Morr: vom Ursprung der pr re Schriftsprache a A. Ranrırs: Ehe Wörter im Koptise ee ae . Sauter: die Masse des Eee RS Titan Frosenıus: über quadratische Formen, die viele Pr imzahlen darstellen . E. Meyer: a. rein über die älteste Geschichte waren und über Nebukadnezar's efestigungsanla P. Maas: zu den Be baieangen "zwischen Kirchenvätern und“ Sophis m S. Kowow: zwei er in der alten arischen Litter rtursprache a = "Chinesisch-Turkistan Nersst und F. A. Lixpe Untersuchungen über die specifische Wär VE Nersst: Une über die he Wärme. VIL x F. Frec#: über den Gebirgsba ee ee in seiner Bedeutung für die Beziehungen nr euro- isc von Wıramowırz-MoELLENDORFF und Toms: Tliaspapyrus P P. Morgan (iierzn Taf.IX und x) SCHWARZSCHILD: über Speetrographenobjective ee Eromann: Erkennen und Verstehen (2. Aufl) -. -». » . .» Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1913. Norpen: aus Cicero's Werkstatt Warsurs, G. Lerruäuser, E. Börss a C. Messe: über die Constate e > de We Pie: schen ereagn W. Hekv K. Sesam und : die speeifische "Wärme von Helium und“ einigen "zweiatomigen Gasen e —ı8 Orte: über tuberculöse Reinfeetion und Are Bedeutung für die Entstehung der Langenschwindsucht Pexex: die em er Landoberfläche und Verschiebungen n Klimagürte Hanxaoc: der Geist der ee Kirche im Unters hied von der abendländischen : zur Theorie Be rer, Leitung in Meta. Dar: über die Reduction der indefiniten "binären quadratischen Formen l. Scuur: zur er der ad finiten binären —. Forn a BNE r die Nahrungsaufnahme bei der ae Rupser: . J. Mewaror: eine Fälschung Cnarrier’s in Galen’s s "Schrift ee das Kann Ba s » E} ” ” ” ” s = = ”„% s E -”„% sw 3 s Ei: ü „su % WERNE EEE EEE 1913. E XIV. XV. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 13. März. (S. 271) Herimans: Über die Herkunft der Staubfälle im »Dunkelmeer«. (S. 272) Herımanx: Psychologisch bedingte Fehler bei meteorologischen Beobachtungen. (S. 283) Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 13. März. (S. 295) M. Lipzsarskı: Eine punisch-altberberische Bilinguis aus einem Tempel des Massinissa. (S. 296) MIT TAFEL I. BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften. s$1 Akademie giebt rd N 41,1 der Statuten zwei ah Veröffentlichun ungsberichte der re Preussischen d » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «. S2. n die a oder die Jede zur Aufnah re bestimmte "Mir einer aka- demischen Sitzung vorgelegt nee n, wobei in der Regel das druckfertige Manuseript age eahietarn ist. Nicht- er haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden nen Mitgliedes zu benutzen, 3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, iten in w eite — ee Sehritt der Abhand- . nicht übersteigen. Überschre ie ge Grenzen ist nur mit Zustimmung n Classe statt- so hat das von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang m Druek abschätzen zu las sA. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Kr nn auf besonderen Tafeln beigegeben werden, 1 die ee ya (Zeichnungen, photograph Be Original. au s.w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch er en Blättern, einzureichen Die Kosten der —. der = Vorlagen haben in der Regel die Verfasser tragen aber auf nr erheblichen Be kann die A lem darauf gerichtete treffenden Torte mit dem ee ren eere er ist — wenn es sich n xtfi handelt — der Konten Seirreriindieeh beizufü Derek es Anschlag für die er- fordirliche Auflage bei den en. 150 Mark, bei den Abhandlungen es rk, so ist Vorberathung dureh das Seeretariat gebo Aus ; . Torlegun nd a des vollständigen druckfertigen Manuseripts an den uständigen S tar oder an den wird über alas de Mittheilung in die re: und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- ngt, ee u... immt. der Akade Sitzungsberichte aufgenom Aufnahme der Miiheilong eines Niehtmitgliedes in die Abhandlungen, so bed diese er zn Bestätigung durch die Gera adem Aus $ 6. Di qn: 2 ._n ı 1 7 ar wenn es sich nieht bloss um glatten Text handel aus- ich seine ee AR v sei Correetur ihrer Mittheilungen —_- die n diese ers Correetur = ER "Fremde Möglichkeit nicht über n Correeturen Fremder girenden Seeretars vor der Einsendung an di und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr- Biken verpfliehtet e oder Abhandlungen n Mittheilungen, Reden, Adres der Berichten een für die Verfasser, von wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn d im Druck 4 Seiten übersteigt, auch fi iden Buchhandel gr abdrucke Ze ge die alsbald nach Erschei aus- ge geben erden 8. Von allen in die Sitzungeherichte Aameke b 2,11. © Bi für den Buchhandel ee indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. Von den Seniriabäruchen aus den a erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der A ademie ist, zu waere Vertheilung ohne ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke 'e Exemplare bis . seine K ga a exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzei ire ecı eitere e zu A Yes) Verhitung ohne weiteres 3 et er ist indess berechtigt, zu gleichem piare Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedar en er Genehmi der G mt-Akademi = treffenden se. — Niehtmitglieder erhalten 30 Be ee und dürfen nach rechtzeitiger Anzei bei de redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare uf Kosten u lass T: Eine für die akademischen Schrift en stimmte wissenschaftliche ee “ s se uszus® in keinem Falle vor ihrer A Stelle anderweitig, sei es auch nur & en auf 8.3 des Umschlags.) SITZUNGSBERICHTE 1913. XIV. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 13. März. Sitzung der ı ER LION © 4%: us Ei Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. 1. Hr. Herımann las über die Herkunft der Staubfälle im »Dunkelmeer«. Gegen die afrieanische Herkunft des röthlichen Staubes, der in dem zwischen (den Canarischen und Capverdischen Inseln gelegenen Theil des Atlantischen Oceans häufig fällt, hatte Eureneerg die Einwendung gemacht, dass es »im Innern von Africa keinen Passatwind und keine rothstaubigen Oberflächen giebt«. Es wird nachgewiesen, dass dies nicht zutrifft, und gezeigt, warum der auch in der westlichen Sahara wehende Nordostpassat gerade das leichte Oberflächenmaterial von röthlicher Farbe auf den Ocean weit hinaus trägt. Damit wird die vom Verfasser 1878 aufgestellte Theorie vom afrieanischen Ursprung dieser (und der europäischen) Staubfälle weiter befestigt. 2. Hr. Heıımann las ferner über »Psychologisch bedingte Fehler bei meteorologischen Beobachtungen«. Alle Beobachtungen, auch wenn sie prineipiell richtig gemacht werden, sind mit unvermeidlichen Beobachtungsfehlern psychologischer Natur behaftet. Diese bestehen in Verlesungen, Schätzungsfehlern und persönlichen Fehlern. Die beiden ersteren er- weisen sich durchaus abhängig von der Sealen- oder Maassstabstheilung und zeigen ein gewisses gesetzmässiges Verhalten, während die bei der Zehntelschätzung auftretenden persönlichen Fehler, die sogenannte Decimalgleichung, mehr individueller Natur sind. Sitzungsberichte 1913, 24 272 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. März 1913. Über die Herkunft der Staubfälle im »Dunkelmeer«. Von G. HELLMANN. i. Der zwischen den Kanarischen und Kapverdischen Inseln gelegene Teil des Atlantischen Ozeans wurde bereits von dem im ı2. Jahrhundert lebenden arabisch-spanischen Gelehrten Enrısı Dunkelmeer (Mare tene- brosum) genannt, weil die daselbst häufig vorkommenden Staubfälle und Lufttrübungen für dieses Gebiet des Ozeans besonders kennzeichnend sind und der Schiffahrt damals gefährlich werden konnten. Über die Herkunft dieser Staubfälle hatte in der Mitte des vorigen Jahrhunderts namentlich C©. G. Enrengere eingehende Untersuchungen angestellt, die er in zahlreichen Mitteilungen an die Berliner Akademie der Wissenschaften niedergelegt hat. Er war bei der mikroskopischen Prüfung der ihm eingesandten Staubproben, hauptsächlich bezüglich ihrer organischen Bestandteile, zu dem Ergebnis gelangt, daß der »Passatstaub« nicht aus Afrika, sondern aus Südamerika stamme, weil er organische Formen enthält, die nur aus Amerika bekannt waren. Später nahm er noch an, daß rings um die Erde eine Staubzone in der Atmosphäre schwebe, aus der sich von Zeit zu Zeit Staubwolken zur Erdoberfläche herabsenkten. Aus welchen Ursachen dies geschähe und warum es gerade so häufig im »Dunkelmeer« vorkäme, blieb indessen ganz unerklärt. Jedenfalls aber sprach sich EurENBERG, der mehr als 30 Jahre hindurch diese Studien aufs eifrigste betrieben hatte, bis an sein Lebensende gegen den afrikanischen Ursprung der Staub- fälle nicht bloß im »Dunkelmeer«, sondern auch in Europa aus. Im Jahre 1878 habe ich dieses Problem von einer ganz anderen, nämlich einer rein meteorologischen Seite aus behandelt und auf Grund der zahlreichen von englischen Schiffen beobachteten Staubfälle zum erstenmal eine systematische Darstellung der Erscheinung hinsichtlich ihres räumlichen und zeitlichen Auftretens usw. gegeben (»Über die auf dem Atlantischen Ozean in der Höhe der Kapverdischen Inseln häufig vorkommenden Staubfälle«, Monatsberichte der Berl. Akad. d. Wiss. I 878; S. 364— 403). Ich kam zu dem Schluß, daß die Enrengeresche An- Hertmann: Über die Herkunft der Staubfälle im »Dunkelmeer«. 273 sieht nicht haltbar ist und daß die Staubfälle des »Dunkelmeeres« aus Afrika stammen. Seitdem ist auch das von deutschen Schiffen gesammelte ein- schlägige Beobachtungsmaterial durch den verstorbenen Abteilungs- vorsteher an der Deutschen Seewarte, Kapitän DiskLasr, wiederholt bearbeitet worden, wodurch meine früheren Schlußfolgerungen durch- weg bestätigt und weiter gesichert wurden’. Diese Theorie wird jetzt überall, soweit mir die Literatur bekannt geworden ist, als richtig anerkannt. Es läge somit eigentlich kein Grund vor, auf den Gegenstand nochmals zurückzukommen, wenn sich nicht ganz neuerdings die Möglichkeit geboten hätte, zwei Einwürfe von EHRENBERG gegen die afrikanische Herkunft des Staubes zu ent- kräften, auf die ich damals gar nicht einging, weil einerseits die von mir beigebrachten positiven Tatsachen meine Theorie ohnehin ge- nügend zu stützen schienen und ich anderseits die Unrichtigkeit der beiden Enurengersschen Behauptungen nicht beweisen konnte. Diese beiden Einwendungen, die EurEnBErs gegen den afrikanischen Ursprung des im »Dunkelmeer« fallenden rötlichen Staubes wiederholt machte, waren nämlich erstens die Behauptung, der rötliche Staub könne deshalb nicht aus dem Wüstengebiet Nordafrikas stammen, weil dessen Sand weiß sei, wobei er sich auf seine eigene am Wüstenrand Oberägyptens und in Arabien gemachten Wahrnehmungen berief, und sodann die Unterstellung, daß der Nordostpassat, der zum Transport des Staubes von der Sahara nach dem Dunkelmeer notwendig sei, daselbst gar nicht existiere”. Beide Einwürfe sind mir immer sonderbar erschienen. Denn wie kann man aus vereinzelten Beobachtungen am Östrande der Libyschen Wüste auf die Oberflächenbeschaffenheit des ganzen nordafrikanischen Wüstengürtels schließen, und wie soll man über die Windverhältnisse einer Gegend etwas aussagen können, von der man zu EuRrENBERGS Zeiten in dieser Beziehung überhaupt noch nichts Zuverlässiges wußte. Erst ganz neuerdings sind namentlich durch die zahlreichen mili- tärischen und wissenschaftlichen Expeditionen der Franzosen in der westlichen Sahara und ganz speziell im südlichen Mauretanien, das —____ ‘ Eine zusammenfassende Darstellung der Diskr.aseschen Arbeiten, die in den »Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie«, Jahrgang 1886 fl. erschienen, ndet man in dem von der Deutschen Seewarte herausgegebenen »Segelhandbuch für den Atlantischen Ozean« (3. Aufl. Hamburg 1910, 8°), in dem ein eigenes Kapitel » Die Staubfälle im Passatgebiet des Nordatlantischen Ozeans« die Frage eingehend behandelt. * »Es giebt im Inneren von Afrika keinen Passatwind und keine rothstaubigen Oberflächen, welche den Passatstaub liefern könnten. Der Sand der Sahara ist wei Und grau... .« EurEnBERG, Passatstaub und Blutregen S. 166; vgl. auch ähnliche Stellen auf S. 9, 29, 39 (Staubring). 24° 274 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. März 1913. als Hinterland des » Dunkelmeeres« hier von besonderem Interesse ist, unsere Kenntnisse von der physischen Beschaffenheit des Landes und seines Klimas so weit gefördert worden, daß man über die Eurengereschen Behauptungen etwas Positives aussagen kann. 2. Mitten im Wüstengebiet Südmauretaniens, in 18° 30' nördl. Br. und ° 35' westl. Lg. v. Greenw., haben die Franzosen ein militärisches Fort (Tidjikdja, jetzt Coppolani) angelegt, an dem von dem Komman- danten und dem Arzt seit 1907 meteorologische Beobachtungen an- gestellt werden'. Wenn diese auch nicht lückenlos sind und der Beobachterwechsel von 1907 auf 1908 zu erkennen ist, so gestatten sie doch, sich ein Bild von den daselbst herrschenden Windverhält- nissen zu machen. Die Windverteilung, ausgedrückt in Prozenten, ist folgende: | Fort Coppolani. | | 1 n'| no |:o | so s |sw| w |nw i N ı Januar 368. 403. | 944 | 0.0 0.0 0.0 00. 00 Februar 45:17439 | 509100 0.0 es 00 | 05 März 3.2 26.91: 63.8 1.1 0.0 0.0 3.2 3.8 April 1441 178. 552 0.0 0.0 2.3 6.7 5.6 Mai 4:8: 121.0 1.008 1.6 0.0 1.6, 43 5.9 Juni 33 1 384 1 550 1.:79 0.0 561: 28:09 0.0.7 15.1.1 838 16 1.00 >47 124 1115 gust 0,0 | 1209| 645 4 0.0 00 | 15.6 5.9 September 331 400 | 559 | 64 641006 10, Oktober 0.5 | 10.2 | 75.8 | 0.0 | 9.0 a Novenber 0.0 | 14.4 1 72.2 tl 0.0 028.188 1:33 ! } | | Die Beobachtungen im Dezember fehlen in beiden Jahren; Wind- stillen, die sicherlich vorkommen, wurden nicht unterschieden. In Fort Coppolani herrschen somit das ganze Jahr hindurch fast ausschließlich Ost- und Nordostwinde, also jedenfalls Luftströmungen, die zum Trans- port des Staubes nach dem etwa 500 km entfernten Ozean die ge eignetsten sind. In der kalten Jahreszeit überwiegt die nordöstliche; in der warmen die östliche Richtung, neben der bisweilen noch Winde aus dem westlichen Quadranten vorkommen. Daß auch westlich vom Fort Coppolani, also näher dem Meere, am häufigsten der Nordostwind anzutreffen ist, geht aus den Be a hervor, die französische Reisende über die Streichrichtung I Veröffentlicht in den Annales du Bureau Central Meteorologique de France für die Jahre 1907—ı1909. Die Lage von Fort Coppolani ersieht man aus der Karte, die sich auf Seite 4/5 der Zeitschrift »La Geographie«, Bd. XXI, 1910 befindet. Die oben angegebenen Positionsbestimmungen sind noch ungenau. Hermann: Über die Herkunft der Staubfälle im »Dunkelmeer«. 275 und den Bau der Dünen landeinwärts zwischen der Mündung des Senegals und Kap Mirik gemacht haben'!. Ebenso hat der Geologe Qurrosa östlich von der Küste des spanischen Gebietes Rio de Oro nach dem Innern zu fast ausschließlich Nordostwind beobachtet, der bei Tage stürmisch wehte und große Mengen Staub mit sich führte”. Von nördlicher gelegenen Gebieten der westlichen Sahara, die für die Staubfälle im »Dunkelmeer« in Betracht kommen, ist neuer- dings nur von zwei Orten an der Küste, nämlich von Port Etienne (20° 57' nördl. Br., 17° 3' westl. Lg. v. Greenw.) bei Kap Blanco und von Kap Dsehuby gegenüber den Kanarischen Inseln, die Windver- teilung durch systematische Beobachtungen genügend bekannt ge- worden, während aus der großen Sandwüste Igidi solche naturgemäß fehlen. Indessen können die südlichsten Stationen der algerischen Sahara, nämlich Adrar (27° ı8' nördl. Br., 0° 5’ westl. Lg. v. Greenw.) und In- Salah (27° 17' nördl. Br., 2° 27' östl. Lg. v. Greenw.), zur Entscheidung der Frage nach dem Regime der Winde in der westlichen Sahara gute Dienste leisten. Aus dreimal am Tage angestellten Beobachtungen ergibt sich die nachstehende Windverteilung, die wieder in Prozenten ausgedrückt ist. In Adrar und Port Etienne wurden Windstillen nicht unter- schieden. Adrar und In-Salah liegen in Oasen des algerischen Wüstengebietes (Erg) und weisen fast die gleichen Windverhältnisse auf: das ganze Jahr hindurch ist Nordost der bei weitem vorherrschende Wind, neben dem nur in den Monaten März bis Juni Winde aus W, SW und S in nennens- werter Zahl vorkommen. An der westafrikanischen Küste, an der wegen des starken Tempe- raturgegensatzes zwischen einer kalten Meeresströmung und dem heißen Landinnern kräftig entwickelte Seewinde auftreten, muß man von vorn- herein eine von der im Binnenland herrschenden verschiedene Windver- teilung erwarten. Bei Kap Dschuby weht der Wind am häufigsten aus NO und N, welch letzterer Richtung in den Monaten März bis Juni das Maximum zukommt. In Port Etienne, das wegen seiner Lage auf der schmalen Halbinsel, welche die Baie du Levrier vom Ozean abschneidet, wahrscheinlich etwas lokal modifizierte Windverhältnisse hat, ist der \ordostwind vom Dezember bis zum März vorherrschend, während in »Ces anciens Sbar (dune cötiere) ont ete modifies par l'action des alizes du nord-est, dont linfluence croit quand on s’eloigne du rivage....« Pau LEnmoImE, en Littoral de la Mauritanie (La Ge&ographie, Bull. de la Soc. de Geogr., XXV, 1912, « 282— 284), : d * F. Quirosa, Observaciones geolögicas hechas en el Sähara oceidental (Anales © la Soeiedad Espanola de Historia Natural, NVIII, 1889). Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. März 1913. Windverteilung in Prozenten. N |no | 0 | so | s |sw| w | NW | Windstille Januar Dezember Januar Februar März November Dezember Januar Februar Februar Dezember 22.8 | 31.0 | 2:8.1. 314 31.9 5.8 41;7 1°28.7 47-8 | 41-7 49.3 | 44-7 46.8 | 51.6 4-5 | 52.0 42.7 | 47-4 29.7 | 44-5 30.0 | 30.7 21:0: | 31-9 22.6 | 49.8 21.0 | 54-4 10.6 | 51.4 10.4: | 55.2 134.1:45.2 11.09 | 388 14-0 | 55-3 9.9 | 58.9 31.3.1 50.3 17.1 | 520 20.1 } 43,3 22.7 | 43 16.0 | 44:7 15.2 | 33-5 15.8 | 30.3 33.1 370 10.0 | 37.6 9. 337 10.8. | 50.2 7-2 | 56.5 8.4 | 45.6 9.2 | 51.0 17.6 | 43-5 20.3 | 39.6 17:0. | 48.3 26.2 | 43:9 23.5 | 36.6 40.8 | 26.6 64.9 | 11.5 57.8 | 18.5 31.9 | 14.3 37:3: 91 30 | 258 39.4 | 25.8 23.3 |" 28,5 14.3 | 38.8 Kap Dschuby (20 Jahre). | 14.2 | 12.3 | 3.9 55 | 42 8.2 | 6.4 1.+3 | 10.4 | 54 19 | 2.6 29 | 6.8 | 11.9 a | 03°) >37 303 0.6 | 0.3 | 0.0 | 0.6 | 2.6 1.0 | 0.0 | 869 .1:..001.07 0.0 | 0.0 0.0 | 0.0 20,3 1.0 | 0.3 00 | 03| 06 | 13 03103 | 03| 13 ne 10.052: 4 | 5-7 | 6646| 67 | 93 | 43 12.9 | 10.3 | Sr REIS Adrar (1903—1909). 4.6 Nr, 8.3 | 125 | 04 #91 20 8.81 3:2 | 3.8 8.1 | 2.9 | 105 8.5 | 4-9 N 19.9 1.10.21. 15 2.6 4.3 31.9298 | 22 8.1 2.7 9.4 | 15.0 | 10.3 10.8 6.2 6.0 3.0 | 3.0 12.5 6.5 4:9 3.0| 2.6 13.1 3.8 5.3 8.33 ir.2 1.0 8.4 4.2 | 6.5 8. 2.4 16,3: 1 1.61: 7 73 521 7.3 11.9 | 7111| 52 In-Salah (1903— 1909). 13-4 | 0.9 3:2 | 8.0 | 4-9 i709. 1.40 2.9 1.7.9.8 16.0 2 3.4 10.6... 201 13,3 7 4.3 16,2 | 103 8.3 | 3.0 4-5 17.3 1 129 12.4 | 3.8 4.3 10.8... 13:3 98 | 41 ae 4-8 2.0 22.6 | 2.0 1.4 35 | 1.1 21.9 1.4 IX 23 1 13.8 0.9 40 Kr 10.7 | 4.6 2.0. 87 | 20 152. 23 5.9 3410 193 Port Etienne (1907— 1909). 1394 38 0 15 7.087.339 64.100 14 68. 1.8 3) 0.7 | 04 u 1082 0.0:| 0.0 nr | 0.0 0.7 8.07.00 1.00 0.0 0.0 00) 001 04 0.4 0.7 0.4 |: 0.0 | 04 | 5 3.6 0.7 | 3.2. 41 1.8 5:7 30.| 145 04 2 4-8 3.5.7009 1.08 00. 28 81 180.08 ee iEL8 | 32 1.4 t.I 2.9 | 48 | . | so 1.1 | 10.6 2.9 13.0 0.7 | 6.1 0.3 1.33 1.0 | 03| 10 To 0.3 Be, 3.0 2.6 5-5 | 4-7 2.0 4236 23 | 0.6; ] 2 | eg 3.1 — 2.0 | ange | 1.7.) — | 3.8 er | 1.9 m Br: —_ 5 _ So. Me are a a ea 34 | 55 1:40. | 5-7 5-5 5.8 3-5 4-4 3-1 3.3 1 5-4 7-8 | 2.0 31 0.9 4.8 | 2.5 14-3 3.8 8.4 | 1.5 9.4 143.1 8, Be 1.9 | 18.8 2.4 | 33.0 1.8 3k1 0.4 23.6 0.0 1..20,7 1.5 a 6.1 | 36.6 75 1300 | 58 ren. | 28.9 | 7-8 | 16.5 |, 100 Herıaann: Über die Herkunft der Staubfälle im »Dunkelmeer«. 277 Windrosen. Kap Dschuby. Port Etienne. Adrar. In-Salah. Fort Coppolani. 278 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. März 1913. den übrigen Monaten der Nordwind das Übergewicht hat. Doch treten vom Juli bis zum Oktober auch häufig Nordwestwinde auf. Ganz ähnliche Windverhältnisse wie an diesen beiden Punkten der Küste bestehen auf den küstennahen Teilen des Ozeans selbst; denn erst viel weiter draußen auf dem offenen Atlantik herrscht der reine Nordostpassat. Berücksichtigt man, daß sich auf dem undulierten Terrain des westafrikanischen Wüstengebietes Modifikationen der allgemeinen ozeanischen Luftströmungen einstellen müssen, so kommt man zu dem Schluß, daß in der westlichen Sahara, von etwa ı8°bis 28° nördl. Br., während der kalten Jahreszeit (der Zeit der häufigsten Staub- fälle im »Dunkelmeer«) gleichfalls der Nordostpassat weht, dem auch in den übrigen Monaten, bald als Nordost-, bald als Ost- wind, eine dominierende Stellung zukommt‘. Nun könnte es scheinen, als ob die von Lexz auf seiner Expedition von Südmarokko nach Timbuktu bis tief in die Igidi hinein (beiläufig 22° nördl. Br.) beobachteten West- und Nordwestwinde gegen dieses Resultat sprächen; allein diese Aufzeichnungen wurden im Mai gemacht, in dem nach den eben mitgeteilten Windrosen der festen Stationen Winde aus dem westlichen Quadranten ohnehin häufiger auftreten. Es liegt mög- licherweise aber auch eine Anomalie des Mai 1880 vor, da ja selbst in diesen Gegenden die Windverhältnisse Jahr für Jahr durchaus nicht genau dieselben sind. Dafür spricht nämlich der Umstand, daß Lexz die Winde als besonders kalt und heftig bezeichnet. Wie weit die Vorherrschaft der östlichen Winde in der westlichen Sahara nach Osten hin reicht, läßt sich zur Zeit noch nicht mit Sicher- heit angeben. Foureau hat sie auf seiner Expedition in 6° bis 3° östl. Lg. noch sehr häufig angetroffen, und zwar im Winter im eigent- lichen Wüstengebiet, im Frühjahr und Sommer auf den Gebirgs- schwellen von Tassili, Ahaggar und Air. Noch weiter östlich beginnt allmählich die Vorherrschaft des Nordwindes, der in der Libyschen Wüste und im Niltal durchaus dominiert. Jedenfalls zeigt die vorstehende Untersuchung, daß in der west- lichen Sahara die zum Transport des Staubes nach dem » Dunkelmeer« nötigen Luftströmungen vorhanden sind. E Bereits im vorigen Jahrhundert haben deutsche Geographen, wie Rırrer, PE- scher und Tu. Fischer, sowie der Pflanzengeograph Grisesacn die Herrschaft des Nordostpassats in der Sahara angenommen und sie zur Erklärung ihres Wiüstencharak- ters benutzt. Der letztgenannte behauptete sogar »die Sahara ist das Gebiet der un- gehemmt herrschenden Passatströmung« (Die Vegetation der Erde, 2. Autfl., 1884, I, S. 70). Sie taten dies aber, ohne irgendwelche systematische Beobachtungen dafür bei- zubringen, worauf schon ScuHirmer hinwies, der in seinem Werk »Le Sahara« (Paris 1893, 8°, S. 30) die Windverhältnisse auf Grund wirklicher Aufzeichnungen zuerst rich- tiger darstellte. Die oben von mir beigebrachten neuen Resultate verändern freilich auch dessen Anschauungen nicht unerheblich. Herrmasn: Über die Herkunft der Staubfälle im »Dunkelmeer«. 279 Ich gehe nun zur Prüfung der zweiten Enrensereschen Behauptung über, daß es in der Sahara keinen rötlichen Staub gäbe, der das Material für die Staubfälle im Dunkelmeer liefern könnte. Allerdings gibt es im nordafrikanischen Wüstengebiet viel hell- farbigen Sand, der oft als grauweiß, häufiger noch als gelb bezeichnet wird. So schildert z. B. Lenz den äußeren und mittleren Dünengürtel der Igidi als aus » lichtweingelbem Quarzsand« bestehend; auch im Erg der algerischen Sahara hat der Sand nach dem vielfachen Zeugnis der französischen Reisenden! häufig diese Farbe. Dafür kommen aber auch weite Gebiete vor, wo die Bodenoberfläche aus rotem oder röt- liehem (braunrotem, rosafarbenem) Sand bzw. Sandstaub besteht. Nach- dem ich die ältere und neuere’ einschlägige Reiseliteratur daraufhin durchgesehen habe, bin ich zu dem Ergebnis gekommen, daß gerade in Mauretanien, dem Hinterland des »Dunkelmeers«, roter Sand häufig angetroffen wird und daß allgemein in dem inneren Teil des Wüstengürtels sowohl der Sahara wie der Libyschen Wüste rötlicher Sand viel öfter vorkommt als am Außenrande. Zeugnisse dafür findet man bezüglich Mauretaniens schon bei Lexz (Timbuktu II S. 74ff.) sowie namentlich in den Berichten der neueren französischen Expeditionen, die der Oberflächenbeschaffenheit viel Auf- merksamkeit geschenkt haben. Ich verweise insbesondere auf »La Geographie« Bd. XXI S. 245ff., wo die Dünen Südmauretaniens »rouge Vif« genannt werden und auf dieselbe Zeitschrift Bd. XXV S. 282 ff., wo Leuome die Dünen landeinwärts der Wüste vom Senegal bis Kap Mirik nach den Aufnahmen von Cnupeav, Gruver und anderen gleich- falls als aus roten Sanden bestehend schildert. Ebenso wichtig sind die Angaben Fourraus über den großen Erg in der algerischen Sahara (Mission Saharienne S. 560, 567 ff.). Auch die Expeditionen, die weiter östlich die zentrale Sahara von Norden nach Süden gequert haben, berichten oft von rotem Sande oder Staub, der den Boden von ganz verschiedener geologischer Unter- lage bedeckt und, vom Winde aufgewirbelt, die Landschaft — z. B. Air und Adrar von Iforass im Sommer — in einen rötlichen Nebel ein- hüllt. Besonders lehrreich ist in dieser Beziehung der petrographische Teil von Fourraus bereits genanntem Werk und der Reisebericht von E. F. Gaurier (La Geographie Bd. XVII, 1908, S. 266ff.). i Ferner kommt im Süden von Tunesien und Tripolitanien sowie m Fessan roter Sand als Bodenbedeckung vielfach vor; und daß er 7 Vgl namentlich Fourezav, Mission Saharienne S. 557. — Igidi bedeutet im amatschek dasselbe wie erg (plur. areg) im Arabischen, nämlich Dünenmassıv. 280 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. März 1913. auch in der Libyschen Wüste große Verbreitung haben muß, geht aus zahlreichen Stellen der 2. Auflage von J. Warruer, Das Gesetz der Wüstenbildung (Leipzig 1912, 8°) zur Genüge hervor. Der rote Sand Nordafrikas scheint vorzugsweise aus Quarzkörnchen mit einem zarten Überzug von Eisenoxyd, der ihm die Farbe gibt, zu bestehen; vielfach wird leicht zerbröckelnder roter Ton als Ursprung angegeben, bisweilen wird er auch als äußerst feiner, staubartiger Tuff bezeichnet. Die Herkunft des leichten roten Oberflächenmaterials zu ermitteln, muß ich den Geologen überlassen, hier genügt es festzu- stellen, daß es vorhanden ist. Da also in den Wüsten Nordafrikas Sand und Staub von sehr verschiedener Farbe als Bodenbedeckung nebeneinander vorkommt, ent- steht die Frage, wie die bei den Staubfällen des » Dunkelmeeres«, ebenso wie bei den in Europa, vorzugsweise beobachtete rötliche Farbe des Staubes zu erklären ist. Die Wirbelstürme, die das leichte Ober- flächenmaterial emporheben und mit forttragen, brausen natürlich über gelben wie roten Sand gleichmäßig dahin, und nur von der Korn- größe kann es abhängen, wie lange der Sand und Staub sich' in der Luft schwebend hält und demgemäß auch wie weit er von den Luft- strömungen verfrachtet wird. Nun ist gerade den deutschen Schiffs- berichten zufolge die gelbliche Färbung des Staubes verhältnismäßig viel häufiger in der Nähe der afrikanischen Küste als in weiterem Abstande von ihr beobachtet worden. In verschiedenen Fällen findet sieh auch für denselben Staubfall, dessen Fortschreiten mit dem Winde in südwestlicher oder westlicher Richtung in den Berichten verfolgt werden kann, ein Unterschied in der Farbe angegeben, je nachdem er näher der Küste oder weiter landabwärts stattfand. Während die Farbe des Niederschlages dort als gelb oder gelblich bezeichnet ist, ist sie hier als rot oder rötlich notiert (DinKkLAce). Daraus folgt, daß der gelbliche Sand gröber und darum schwerer als der rötliche sein muß, der schon am Ursprungsort oftmals ein feines pulverartiges Aussehen hat. Leider besitzen wir noch sehr wenige genaue mikroskopische Analysen und gar keine Wägungen von verschiedenen Sorten nordafrikanischen Sandes und Staubes, um darüber sicher entscheiden zu können, aber in diesem Zusammenhang® scheint mir wichtig zu sein, was Lexz (Timbuktu II S. 59) über den Sand der Igidi mitteilt, deren ungeheure Dünen dem »Dunkelmeer« am nächsten liegen: »Bemerkenswert ist die Reinheit des (liehtwein- gelben) Sandes, der nicht nur wenig Staub enthält, sondern fast aus- schließlich aus bis hirsekorngroßen Körnern von Quarz besteht. « Hält man dagegen, was neuere französische Reisende von dem poudre im- palpable d’argile rouge aus dem Innern der westlichen Sahara be- Herrmann: Über die Herkunft der Staubfälle im »Dunkelmeer«. 2s1 richten’, so muß man den oben angeführten Grund für das vorzugs- weise Auftreten der roten Farbe bei den Staubfällen im » Dunkelmeer« als höchst wahrscheinlich bezeichnen. Einen weiteren Beweis für die Richtigkeit dieser Anschauung liefert »Der große Staubfall vom 9. bis ı2. März 1901 in Nordafrika, Süd- und Mitteleuropa. VonG. Hrrımans und W. Meısarnus« (Berlin 1901, 4°), bei dem in Tripolis und Tunis noch gelblicher Sand, aber schon in Sizilien und weiter nordwärts rötlicher fiel, und bei dem eine von Süden nach Norden fortschreitende Saigerung des Staubes nachgewiesen werden konnte. In Palermo hatte die Mehrzahl der Staubteilchen eine Größe von 0.011 bis 0.013 mm, in Bergedorf bei Hamburg aber nur von 0.0038 bis 0.009 mm. 4. Damit glaube ich die beiden Eurexgereschen Einwürfe gegen den afrikanischen Ursprung der Staubfälle im »Dunkelmeer« entkräftet zu haben. Was seine spätere Anschauung über das Vorhandensein einer Staubzone in der Atmosphäre betrifft, so kann ja kein Zweifel darüber sein, daß überall in der Atmosphäre Staub vorhanden ist. Es liegt aber kein Grund zu der Annahme vor, daß gerade in einer bestimmten Breite rings um die Erde eine solche Zone bestehe, und es bliebe vollkommen unerklärlich, warum bisweilen in dem einen oder anderen Gebiet der Erde, und besonders häufig im »Dunkelmeer«, Staubmengen daraus auf die Erde herab fallen sollten. Staubfälle kommen überall an den Randgebieten von Wüsten oder ariden Ländern vor und sind jedesmal eine Begleit- bzw. Folgeerschei- nung besonderer meteorologischer Vorgänge. So bringt an den Küsten Ostasiens der in der kalten Jahreszeit we- hende Nordwestwind große Staubmengen aus den Wüsten- und Löß- gebieten des Innern, so daß man in der Ebene von Peking-Tientsin, ja wohl allgemein in der Mongolei” diesen Wind den »gelben Wind« nennt. Auch hier werden die Staubmengen bisweilen weit aufs Meer hinausge- tragen. Ebenso sind in Nordamerika in der Umgebung der Gila- und Mohawewüste Staubfälle häufig. Überall da, wo Wüsten oder periodisch ganz trocken werdende Landgebiete mit leichtem Oberflächenmaterial be- deckt sind, macht sich eben ihr Einfluß auf die Nachbargebiete auch durch Staubfälle bemerkbar, und es hängt nur von den Windverhältnissen ab, auf welcher Seite die Staubmengen am häufigsten niederfallen. Im >Dunkelmeer« ist es der ziemlich stetig wehende Passatwind, der den ı: »La Geographie« XV S.6 und XV S. 266. \ g £ Vgl. Bull. de la Soc. Belge d’Astronomie XXXII® annde, 1912, S. 39, wo die taubfälle in der südlichen Mongolei geschildert werden. 282 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. März 1913. Staub so oft auf den Atlantischen Ozean hinausträgt. Gelangt der nord- afrikanische Staub aber in eine obere mächtige südliche Luftströmung, dann wird er nach Norden getragen, wie die ziemlich häufigen Staub- fälle in Sizilien und Unteritalien beweisen, wo sie seit dem Altertum als »Blutregen« bekannt sind, und gestalten sich die Windverhältnisse besonders günstig, dann kommen selbst in Mittel- und Nordeuropa solche Staubfälle vor. In einigen wenigen Fällen hat sich ein fast gleichzeitiger Staubfall im »Dunkelmeer« und in Europa nachweisen lassen; so am 19. bis 23. Februar 1903 und am 9. bis ı2. März 1901, ür den mir DiskzaeE das auf den Atlantik bezügliche Material nach dem Erscheinen der obengenannten Monographie handschriftlich zu- gehen ließ. Danach war auf dem Dunkelmeer vom 6. bis 9. März 1901 die Luft besonders staubreich. Aber auch auf der Südseite der Sahara macht sich deren Nach- barschaft durch staubführende Winde und trockene Nebel oft bemerk- bar. So findet man in den Beobachtungsjournalen der wenigen daselbst bestehenden meteorologischen Stationen, wie Kayes am unteren Sene- gal, Timbuktu am Niger und selbst noch Fort Lamy im südlichen Tschadseegebiet, in den Monaten November bis März sehr häufig die Eintragung: »brouillard see toute la matinee, poussiere vers 12%, (Ganz ähnlich verhält es sich auf der Nordseite des chinesischen Wüstengebietes, wo die Atmosphäre namentlich im Sommer fast beständig durch Staub getrübt ist. Herımanx: Psychologisch bedingte Fehler bei: meteorolog. Beobachtungen. 283 Psychologisch bedingte Fehler bei meteorologischen Beobachtungen. Von G. HELLMANnN. Bei fast allen meteorologischen Beobachtungen kommen psychologisch bedingte Fehler vor, über die noch wenig bekannt ist und mit denen sich die nachstehende Untersuchung beschäftigt. Es wird also vorausgesetzt, daß die Beobachtungen prinzipiell richtig gemacht werden und daß es sich nur um die sogenannten unvermeid- lichen Beobachtungsfehler handelt, die teils systematischer, teils zu- fälliger Natur sind. & Bei den Beobachtungen an Instrumenten mit Maßteilungen, wie dem Barometer, Thermometer, Hygrometer u. a., kommen zunächst die Verlesungen in Betracht, die viel häufiger sind als man wohl annimmt. Das Interessante und fast Gesetzmäßige an ihnen besteht darin, daß es meistens Ablesefehler um runde Vielfache der Skalen- einheit sind, wie namentlich 10, 5, 2, und zwar in beiderlei Sinn, zu hoch und zu niedrig. Auf Stationen mit Registrierapparaten erfolgt die Auffindung solcher bei den direkten Beobachtungen gemachten Verlesungen natürlich an? Sichersten, doch auch ohne diese geschieht sie beim Barometer leicht, weil die Änderungen des Luftdrucks an benachbarten Stationen ein- ander sehr ähnlich verlaufen. Die graphische Darstellung des Barometer- ganges nach den dreimal am Tage angestellten Beobachtungen der zu prüfenden Stationen ist daher das geeignetste Mittel zur Erkennung dieser Art von Fehlern. Der in Fig. ı gegebene Ausschnitt aus den Kurven des Monats Oktober 1911 für norddeutsche Stationen gibt dafür ein Beispiel. Die voll ausgezogenen Kurven sind nach den im Tagebuch ein- getragenen Beobachtungen gezeichnet und zeigen bei einigen Stationen merkliche Abweichungen von denen der Nachbarstationen, die auf Ver- lesungen beruhen, während die gestrichelten Kurvenstücke den von > .. . . . . . ” < 284 Sitzung der physikalisch-matliematischen Classe vom 13. März 1413. diesen Fehlern befreiten wahrscheinlichen Verlauf geben. Die Ver- lesungen betragen hiernach in: Marggrabowa 2, Osterode 10, Posen 2 und I, Wang 10, Schneekoppe 5, Norderney ı0o mm. Fig.1. 31. Oktober ı911 ns > D al D je} vw , 107 I D De) m Tilsit > Marggrabowa — Osterode Bromberg N Posen — Breslau T = Wang > Schneekoppe — Berlin Wasserleben — Brocken Erfurt N | > Helgoland > Norderney — Münster i. W. r- Gütersloh BEBITITG ELLE DIN Verlesungen bei Luftdruckbeobachtungen. Beim Thermometer lassen sich Verlesungen weit schwerer er- kennen als beim Barometer, doch geben die gleichzeitigen Ablesungen am trockenen und feuchten Thermometer des Psychrometers sowie an den Extremthermometern eine gegenseitige Kontrolle ab. Es kommt allerdings auch vor, daß beide Ablesungen am Psychrometer in gleicher Weise falsch sind. Daß die Verlesungen meist runde Vielfache der Maßeinheit sind, wird offenbar durch die Art der Teilung bedingt. Sowohl beim Baro- meter wie beim Thermometer pflegen die Zehner durch längere Striche gekennzeichnet und außerdem beziffert zu sein, während die Fünfer entweder nur einen langen Strich oder einen solehen mit Pfeilenden haben. Diese Symmetrie der Teilung führt hauptsächlich zu den Ver- Herrmann: Psychologisch bedingte Fehler bei meteorolog. Beobachtungen. 285 lesungen um Io und 5 Einheiten. Würden die Skalen von 5 zu 5 Ein- heiten beziffert sein, dann würden die Verlesungen um 10 Einheiten wahrscheinlich viel seltener auftreten. Die eben besprochenen Fehler sind nach meiner Erfahrung in der überwiegenden Mehrzahl von Fällen wirkliche Verlesungen, die bei der Ablesung der Skala gemacht und vom Beobachter so ins Tagebuch eingetragen werden. Es kommt aber auch vor, daß noch richtig ab- gelesen, beim Niederschreiben ins Journal aber eine Verschreibung begangen wird. Alsdann kann innerhalb der Reihe von Beobachtungen an verschiedenen Instrumenten, wie sie die üblichen meteorologischen Termine in rascher Aufeinanderfolge mit sich bringen, oft eine Beein- flussung durch die unmittelbar vorhergehende Ablesung deutlich er- kannt werden, die bei einer Einzelbeobachtung natürlich fortfällt. s; Eine zweite Art von Ablesefehlern beruht auf falscher Schätzung und betrifft die Zehntel der Skaleneinheit. Ich wurde erst kürzlich auf sie aufmerksam, als ich bei der Besichtigung einer meteorologischen Station II. Ordnung, die zur Bestimmung der Lufttemperatur ein in '/2° geteiltes Quecksilberthermometer hat, die Wahrnehmung machte, daß bei den 'Temperaturnotierungen im Tagebuch fast ausschließlich die Dezimalen 0, 2, 5 und 7 vorkamen, daß also der Beobachter nur Viertelgrade ablas statt Zehntelgrade, wie die Instruktion vorschreibt. Das veranlaßte mich, nachzusehen, inwieweit die Instruktion befolgt wird und insbesondere, ob an guten Stationen bei einer genügend großen Zahl von Ablesungen alle Dezimalen annähernd gleich häufig vertreten sind. Denn, welches auch die mittlere Temperatur eines Ortes sein mag, bei den fortwährenden Schwankungen der Temperatur nach oben und nach unten ist das Vorkommen der einzelnen Zehntel gleich walır- scheinlich. | Zur Prüfung wählte ich zunächst Stationen I. und II. Ordnung, an denen '/;°-Thermometer gebraucht werden (Psychrometer). Die geraden Zehntel sind bei ihnen durch kurze Teilstriche bezeichnet, die ungeraden müssen geschätzt werden. Die erste untersuchte Station. war Potsdam, wo am Met logisch-Magnetischen Observatorium von drei geschulten Beobachtern, die sich wöchentlich ablösen, die Ther- mometer in der englischen Hütte um 7*, 2”, 9” abgelesen werden. Das Resultat der auf 10 Jahre, also auf 10956 Einzelablesungen, aus- gedehnten Prüfung war mir höchst überraschend. Es zeigte sich — siehe Tabelle und Fig.2 —, daß von einer gleichen Häufigkeit im Vorkommen der Dezimalstellen keine Rede ist, daß vielmehr gleich- 286 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. März 1913. Häufigkeit des Vorkommens der Zehntel-Grad bzw. -Millimeter bei den Ablesungen, ausgedrückt in Promillen. ; Potsdam (1901— 19 1 Celle (19 Pawlowsk EEE Summe [123.2 | 81.5 124.2| 91. 1/114.6 84.0 114.9. 83.5 106.17 76.9 | 123.2 Schneekoppe (1891— 1900) Summe | 104.7 | 110.3 | 107.7 96.6 104.2 91.3 100.6. 95.9 97.9| Brocken & (1896— 1903) Summe [101.4 | 99.4 | 111.4 ' 100.8 109.0) 88.4 102.7 93.8 106.5 | 86.6 | 101.4 (1904— 1910) Summe | 87.9 | 109.5 .. 90.9, 103-5] 81.2| 105.2, 88.6 111.3) 103.5 87.9 Wasserleben (1901—ı910) Summe [148.6 69.1 ‚132.3 | 64.7 143-1] 67.8| 132.2 62.8 131.9 47-5 | 148.6 Breslau (1851—1860) Summe | 167.3| 53.7 149.5 49.9 160.4 | 46.2 137.3 51.1] 1409 43.7 | 167-3 Langres Celle (1890— 1899) Summe | 99.5 | 8| 99.2| 100.8 | 107.1 | 101.9 | 105.2| 93.2| 97-4| 99-5 | G00-100) Summe | 102. in 102. < Bam) 99.3! 97 .o| 99:3, 99.1 on 101.7 | 100.9 | 102.4] ! (1890— 1909) Summe | 101.0 23 95.6 | ee 98.9 | 103.2 | 100.5 | 103.3 | 97.4 | 99.1 101.0 Wasserleben (1901— 1910) Summe | 103.2 | 104.4| 96.9) 105.6| 96.0) 96.0| 96.9 100.2| 98.6 102.2) 103.2 Gelnhausen (1901—1910) Summe | 127.4 | 111.7 Wyk a. Föhr (1891—1900) Summe | 121.1 | 112.7 Eisleben (1904— 1912) Summe | 90.0 Er 93.3| 91 9 121.8 Neukirch (1907— 1912) Summe |ı151.8| 89.1 !/s°-Thermometer. in 128.4 | 75.6| 124.6 Tat 84.11117.7| 81.9 122.1 72.8) 128.4 | 2Pp 123.5 | 83. 5, 121.3, 81.9, 108.4 83.2 115.3 | 82. 4 116. 4 84.1| 123-5 gP 121.3. 71.5| 124.0 79-4 | | 122.9| 77.2|121.6| 82. 2| 124.0| 75.9| 121.3 Summe | 124.4. 16.9 123.3. ı 78. 1 117.0) 81.5 118.2 82.2] 120.9. 77-5 | 124.4 [ | 7% 137-5 | 57-5 | 145.1| 49.9) 172.2| 43.4 161.8, 40.1 | 137: 3 55.237308 2P 125.1| 60.2 150.1, 60.4 152.1) 47.0 149.1, 50.7149. 4 56.0 | 125.1 r9.4 1 79.1 111.6 83.9 131.2 70.8|131.7| 75.0 129.5 69.8| 119.4] Summe [127.3 64.9 | 135. 6 64.7, | 151.9) 53.7 147.6] 55.3 138.7 60.3 | 127-3 Ser 1899) Summe [122.2 66.9, 137. 4 69.0. 141. 6 61.0, 136.7 62.7 134.1 68.3 | 122.2 — 1909) Summe |132.4 | 63.0/133.6| 60.4 | 162.1! 46.5 158.3. 47.9 143.4 | 52.4 | 132.4 (1890 — 1909): 90.8 | 104-7 (1899— 1908) Summe |255.8| 0.5 211.6) 0.5/177.4| 0.8/170.7| 0.3/182.2| 0.2| 255.8 Barometer mit "/,. mm-Nonius. !/;°-Thermometer (vertikal). | 98.3, 77.1) 89.5 105.1 | 85. 8| 104.6 110.1 | 121.3 jr 90.7| 73-7 | 127-4 99.8 106:8| 93.9 76.8| 93.4 | 121-1 92.7|110.1/103.4| 73.4 | 104.8) 90-0] 126.4 104.2| 80.8) 75.6) 81.5) 151.8 96.1) 78.3 | 116.3 ' !/,°-Thermometer (horizontal; Maximum -Thermometer). 102.7 |113.9|101.8|100.2| 95.3) 87-1 110,6 103.2 139.9 |109.3| 92.0 69.8 93.1 131.7 98.3, 89.6 107.6 99.4 947, 972 83.8 140.4 91.1)119.8| 80.8| 66.8| 117.4 | 85-6 92.3) 87.2) 98.9) 97.0 97-4 92.3 130.9| 84.3| 70.4 95.8) 96.1) 151-4 98.0 | 112.8 118.9| 93.4 | 83.5 | 101-3 Potsdam (1901— 1910) [110.6| 96.4| 95.6| 96.4 Erfurt (1901— 1910) [131.7 | 114.5 | 80.0) 66.5 Schneekoppe (1891—1900) | 83.8| 85.7 | 123.8| 119.9 f (1896— 1903) | 85.6 123.2) 85.9 89.0 l (1904—ı910) | 92.3 114.2, 108.3 119.3 | 93.1| Wasserleben (r901— 1910) [151.4| 94.2| 83.5 aılaııa Gelnhausen (1901—1910) [101.3 | 108.2 | 115.8| 84.6| 83.5 Brocken !/;°-Thermometer. Dundee . (1901--1910) | 174-6! 50.2|131.3| 56.7| 74-5| 124.0| 130.2| 58.7 | 126.4 | 73.4 | 17461 Herrmann: Psychologisch bedingte Fehler bei meteorolog. Beobachtungen. 287 Fig.2. en nn Be . » x 1597 hl + ke} 15°. Iberı 5 es 2 er = AD Potsdam I901—1910 Pawlowsk 1899— 1908 NE NS 4—> | a EITeNd! Br a v2 Celle 1900-1909 IN Wasserleben 1901— 1910 \ Be a Brocken 1904-— I9IO Breslau 185 1— 1860 € NE zomeder ih Kom ’ Celle 1890 — 1909 Bokaeen, Bean m Wasserleben 1901— 1910 rl en Am °. Potsdam re a aber Erfurt 1901— 1910 Wasserleben 1901—ı 910 Be EITBDA Sy Schneekoppe 1891-1900 ee Brocken 1904— 1910 Gelnhausen ı901—ıgı10o H—T = IB Eisleben 1904— 1912 a Brocken 1896— 1 903 Dundee 78 Ss 2 1901 — 1910 7 is A ae , w “= j 4 “ ee SEE - \ “ [7 > g? [} E Häufigkeit des Vorkommens ” einzelnen Zehntel bei Thermometer- und Barometerablesungen. Sitzungsberichte 1913. ” ba . $ 288 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. März 1913. mäßig an allen drei Terminen und somit erst recht bei der Gesamtheit aller Beobachtungen die geraden Zehntel erheblich zahlreicher sind als die ungeraden. Um zu sehen, inwieweit hierbei eine Gesetzmäßigkeit bestelıt, wurden ähnliche Auszählungen zunächst bei solchen Stationen vor- genommen, wo ein einziger Beobachter tätig ist, der nur gelegentlich vertreten wird, wie bei Celle, Schneekoppe, Brocken, Wasserleben. Überall zeigte sich dasselbe Verhalten, wenn auch mit sehr verschie- dener Ungleichheit im Vorkommen der geraden und ungeraden Zehn- tel. Auch die Untersuchung der am Meteorologischen Observatorium in Pawlowsk bei St. Petersburg von mehreren geübten Beobachtern gemachten Ablesungen führte zu demselben Ergebnis. Da in Potsdam die Ablesungen um 2 Uhr nachm. eine geringere Verschiedenheit im Vorkommen der geraden und ungeraden Zehntel aufwiesen als die Morgen- und Abendablesungen, glaubte ich die bessere Beleuchtung um Mittag als Grund dafür ansehen zu dürfen. Bei anderen Stationen bestätigte sich dies jedoch nicht, und bei Celle zeigten merkwürdigerweise die Abendbeobachtungen das günstigste Ver- hältnis zwischen geraden und ungeraden Zehnteln. Das klärte sich dadurch auf, daß an diesem Termin meist ein anderer Beobachter die Ablesungen machte als am Morgen und Mittag. Desgleichen ergaben sich bei den Gipfelstationen Brocken und Schneekoppe, wo die Be- obachtungen im Winter recht erschwert sind, keinerlei nennens- werte jahreszeitliche Unterschiede im Verhalten der geraden und ungeraden Zehntel. Schließlich scheint auch innerhalb gewisser Grenzen die Größe der Skalenteile keinen Einfluß auszuüben. Während bei den neueren !/;°-Thermometern der Grad eine Länge von etwa 2.5 bis 3.2 mm hat, also auf das Intervall von zwei Zehnteln, abgesehen von den 0.03 mm dicken Teilstrichen, rund 0.6 mm kommen, hatten die früher auf den Stationen des preußischen Beobachtungsnetzes ge- brauchten Thermometer eine viel lichtere Teilung: ein Gradintervall war fast doppelt so groß, nämlich 4.5—4.8 mm. Die an der Stern- warte in Breslau an einem solchen 'Thermometer von 1851 —1860 gemachten Ablesungen ergeben aber durchaus kein günstigeres Ver- hältnis der geraden zu den ungeraden Zehnteln (vgl. Tabelle und Fig. 2)- Das Überwiegen in der Häufigkeit der geraden Zehntel glaube ich folgendermaßen erklären zu können. Wenn das Quecksilber nur ein wenig über oder unter dem Teilstrich eines geraden Zehntels steht, wird der Beobachter olıne weiteres, d. h. ohne eigentliche Abschätzung bzw. Überlegung, ein gerades Zehntel ablesen. Ebenso wird er, wenn das Quecksilber genau in der Mitte zwischen zwei Teilstrichen steht, prompt das ungerade Zelntel notieren, da das Auge ein kleines Längen- Herımann: Psychologisch bedingte Fehler bei meteorolog. Beobachtungen. 289 intervall sicher zu halbieren weiß. Wenn aber das Quecksilber einige Hundertstel über oder unter dem zu denkenden Teilstrich des unge- raden Zehntels steht, muß eine Schätzung vorgenommen werden, bei der offenbar die Fehler unterlaufen, die zum Überwiegen in der Anzahl der geraden Zehntel führen. Nimmt man an, daß bei einem Stande bis zu drei Hundertstel über und unter dem ungeraden Zehntel dieses abgelesen wird, bei allen anderen Ständen innerhalb des Intervalls von 0.2° aber die benachbarten geraden Zehntel, so würde das Verhältnis der ungeraden zu den geraden Zehnteln wie 7 zu 13 oder 35:65 sein. Es würde auf 9: ıı (45:55) steigen, wenn bis zu vier Hundertstel über und unter dem ungeraden Zehntel dieses richtig abgelesen wird. Zahl der ungeraden Zehntel Zahl der geraden Zehntel Maßstab für die Genauigkeit der Ablesungen an !/,°-Thermometern. Ich nenne ihn den Schätzungsquotienten. Seine untere Grenze, Null, kommt vor, wenn vom Beobachter gar keine ungeraden Zehntel unterschieden werden, die obere normale Grenze, Eins, wird erreicht, wenn gerade und ungerade Zehntel gleich häufig sind. Das scheint aber ein äußerst seltener Fall zu sein, dem ich bei dem von mir in Be- tracht gezogenen Beobachtungsmaterial nicht begegnet bin. Dagegen war der Quotient manchmal etwas größer als ı, d. h. der Beobachter machte den umgekehrten Fehler: er notierte auf Kosten der geraden Zehntel zu oft ungerade. Das kann leicht dann geschehen, wenn der Beobachter mit Vorliebe die ungeraden Zehntel notiert in allen den- Jenigen Fällen, in denen das Quecksilber zwischen zwei geraden Zehn- teln steht und die geraden nur dann, wenn das Quecksilber genau oder fast genau mit diesen zusammenfällt. Das ist bei den Stationen Brocken und Schneekoppe öfters vorgekommen und hat natürlich aus- gleichend gewirkt. Der Schätzungsquotient hat bei den in der Tabelle aufgeführten Stationen folgenden Betrag: einen Offenbar liefert also der Quotient 7a 0.63 Pawlowsk 0.72 Schneekoppe 0.94 Potsdam Ar ER £ pp 0.88 63 Brocken Summe 0.66 \ 0.90 7a 0.33 Wasserleben 0.45 Celle 2p 0.38 Breslau 0.32 (1890—1909) |} gP 0.60 Langres 0.00 Summe 0.43 Diese Schätzungsfehler würden offenbar wegfallen, wenn die Skala der Thermometer nicht in 2/,0°, sondern in "/ıo° geteilt wäre. Solche Thermometer sind auf meteorologischen Stationen nicht in Gebrauch, 95* 290 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. März 1913. wohl aber in magnetischen Variationshäusern, wie z. B. dem bei Potsdam. Da jedoch in diesen die Temperatur künstlich möglichst konstant gehalten wird, trifft die eingangs gemachte Voraussetzung des gleich häufigen Vorkommens der einzelnen Zehntel nicht zu. Ich habe deshalb die Beobachtungen an Stationsbarometern, deren Nonius unmittelbar Zehntelmillimeter abzulesen gestattet, zur Prüfung heran- gezogen. Die Auszählungen bei Celle und Wasserleben (s. Tabelle und Figur 2) ergaben in der Tat sehr geringe Schwankungen in den Häufigkeitswerten der einzelnen Zehntel', die wahrscheinlich auf per- sönliche Fehler zurückzuführen sind. Denn diese treten fast überall auf und interferieren mit den eigentlichen Sehätzungsfehlern. So meiden manche Beobachter -—— vgl. in der Tabelle die Werte vom Brocken 1904— 1910, wo kein Wechsel des Beobachters stattfand — die Null, offenbar damit es nicht so aussähe, als ob sie die Ablesung nur auf ganze Grade, also nicht genau genug, gemacht hätten. Die benachbarten Zehntel ı und 9 treten dann stärker hervor. Auch bei der Schneekoppe bleibt die Häufigkeit von oO etwas hinter der von I zu- rück. Diese Momente müssen neben der Größe des Schätzungs- quotienten mit in Betracht gezogen werden, wenn man die Genauig- keit der Ablesungen beurteilen will. Bei den in !/,° geteilten Thermometern, wie sie auf den Stationen III. Ordnung gebraucht werden, sowie bei den ebenso geteilten Maximum- thermometern” treten ganz andere Schätzungsfehler auf, die sich im wesentlichen in drei verschiedene Typen einordnen lassen. Der erste zeigt zwei deutliche Maxima der Häufigkeit bei o und 5 Zehntel, die durch Minima gewöhnlich bei 3 und 7 getrennt sind (vgl. Fig. 2). Der zweite Typus weist im Gegenteil für 0 und 5 niedrige und für die zwischenfolgenden Zehntel hohe Häufigkeitswerte auf. Beim dritten Typus werden die Zehntel © und 5 vermieden und die beider- seitigen Nachbarzehntel ı u.9 bzw. 4u. 6 bevorzugt, so daß vier Maxima und vier Minima entstehen. Dabei scheint es keinen Unterschied aus- zumachen, ob das 12 °-Thermometer vertikal hängt oder, wie das Maximumthermometer, horizontal liegt, obwohl das Auge ein horizon- tales Intervall besser überblicken und durchmessen kann. Beim ersten Typus dieser Schätzungsfehler tritt der Einfluß der Teilung deutlich hervor, während beim zweiten und dritten das Be ! Das Verhältnis der ungeraden zu den geraden Zehnteln ist bei den 3 Reihen von Celle 1.04. 1.01, 1.03 und bei Wasserleben 1.07. ? Die gleichfalls in '/,° geteilten Minimumthermometer wurden nicht in Betracht gezogen, weil es Alkoholthermometer sind, die sich nicht so genau ablesen lassen wie Quecksilberthermometer. Herrmann: Psychologisch bedingte Fehler bei meteorolog. Beobachtungen. 291 streben des Beobachters, die runden Zahlen 0 und 5 zu vermeiden, um genauer zu erscheinen, den Ausschlag gibt. Dort handelt es sich um eigentliche Schätzungsfehler, hier vorzugsweise um persönliche Fehler. Daß letztere natürlich auch beim ersten Typus zu verspüren sind, darf als sicher angenommen werden und zeigt sich z. B. bei Gelnhausen (vgl. Tabelle). Die in ganze Grade geteilten Thermometer habe ich bei der vor- liegenden Untersuchung nur wenig berücksichtigt, weil sie auf unseren Stationen nicht gebraucht werden und weil die Zehntelschätzung eines Intervalls von den Astronomen schon eingehend behandelt worden ist. Außerdem hat A. Warter (On errors of estimation in thermo- metrie observations. Journ. R. Meteorol. Soc. XXXV, 1909, S. 249) die in ganze Fahrenheitgrade geteilten englischen "Thermometer einer solchen Studie unterzogen. Freilich ist die Anzahl der von ihm zu- grunde gelegten Ablesungen so klein (nur zweimal über Tausend), daß die notwendige Voraussetzung des gleich häufigen Vorkommens der einzelnen Zehntel nicht immer erfüllt sein dürfte. Ich habe deshalb noch eine ıojährige Beobachtungsreihe von Dundee, wo der Beobachter in diesem Zeitraum nicht gewechselt hat, daraufhin untersucht. Die*zweimal am Tage (9*, 9’) gemachten Ab- lesungen zeigen, daß der Beobachter im wesentlichen Viertelgrade abliest, dabei aber die o stark bevorzugt und neben der 5 auch gern die 6 notiert. Bei dem gleichfalls in !/ı° geteilten Maximumther- mometer in Dundee tritt dagegen das Zehntel 5 sehr zurück”. Das individuelle Verhalten bei der Zehntelschätzung ist seit langem von den Astronomen studiert worden und hat dazu geführt, in An- lehnung an die Bezeichnung »persönliche Gleichung« (equation per- m auch bei einem in ganze Zentesimalgrade geteilten Thermometer, wie sie jetzt meist auf den französischen Stationen gebraucht werden, die Fehler der Zehntelschätzung zu ermitteln, wählte ich die Station Langres aus, wo im Jahrzelnt 1899— 1908 der- selbe Beobachter tätig war. Es ergab sich (vgl. die Tabelle), daß fast ausschließlich gerade Zehntel abgelesen worden sind, weshalb ich vermutete, daß ein '/;°-Thermometer verwendet worden war, was Hr. Aneor auf meine Anfrage bestätigte. Es müssen also nahezu in der Hälfte aller Beobachtungen die Einzelablesungen um ‚ein zehntel Grad unrichtig gewesen sein. ee Bei solcher Beobachtungspraxis bedeutet allerdings der Gebrauch des "/,°-Ther- mometers eine gewisse Gefahr, die bei Verwendung des viel billigeren :/;°-Therino- neters kaum größer sein kann. ! . ° Der deutsche Ausdruck »Dezimalgleichung« ist wörtlich aus dem Französischen übersetzt, wo ihn Gonsesssıar einführte. 292 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. März 1913. tretenden individuellen oder persönlichen Fehler zu verstehen. Ein sehr gewissenhafter Beobachter wird aus den eigenen Ablesungen seine »Dezimalgleichung« ermitteln und nachher zu vermeiden suchen. Schließlich möchte ich noch auf eine Ungleichmäßigkeit in der Art der Ablesung des Thermometers hinweisen, die wahrscheinlich sehr kleine Fehler bedingt, deren Betrag sich allerdings nicht ermitteln läßt. Sie besteht nämlich darin, daß bei positiven Temperaturen die Höhe der Quecksilbersäule über 0°, bei negativen aber die Länge des leeren Raumes unterhalb 0° abgelesen wird. Da aber ein weißer Raum gegenüber einem dunkeln in der Größe überschätzt wird, darf man annehmen, daß die negativen Temperaturen ein wenig zu tief ab- gelesen werden. Von den im vorhergehenden besprochenen Verlesungen, Schätzungs- und persönlichen Fehlern, von denen die beiden letzteren häufig zu- gleich vorkommen, haben nur die ersteren einen großen Einfluß auf die Genauigkeit der meteorologischen Beobachtungen, der möglichst eliminiert werden muß. Die Schätzungsfehler bei !/;°-Thermometern bieten beinahe mehr psychologisches als meteorologisches Interesse, doch können sie die Einzelmessung bis auf ein zehntel Grad ungenau machen, während die Mittelwerte der Temperatur davon kaum berührt werden. Die mehr persönlichen Fehler, die bei Ablesungen an !/»°- und !/,°-Thermometern auftreten, sind von etwas größerem Betrage, gleichen sich aber in den Mittelwerten ebenfalls aus. Für die Praxis der meteorologischen Beobachtungen folgt aus den vorstehenden Darlegungen, daß das !/,°-Thermometer keine größere Genauigkeit der Ablesungen verbürgt als das '/,°-Thermometer, daß aber für genauere psychrometrische Beobachtungen das '/,°-Thermo- meter beibehalten werden sollte. 3. Die bei der Schätzung der Bewölkung unterlaufenden persönlichen Fehler sind schon seit längerer Zeit bekannt und brauchen hier nur erwähnt zu werden. Da die Bewölkung nach einer zehnteiligen Skala geschätzt wird, in der o wolkenlosen, 10 ganz bedeckten Himmel be- zeichnet, kann man auch hier von einer »Dezimalgleichung« sprechen. Diese läßt sich natürlich nur aus den Häufigkeitszahlen der einzelnen Bewölkungsgrade ableiten, nicht aber aus den Werten der mittleren Bewölkung, die bei benachbarten Orten durchaus übereinstimmen können, obwohl auf ihnen ganz verschiedene Schätzungsfehler be- gangen werden. So weiß man, daß manche Beobachter den Bewölkungs- grad 9 selten notieren, dafür aber 8 und ı0 bevorzugen, während einige Herrmann: Psychologisch bedingte Fehler bei meteorolog. Beobachtungen. 293 den Grad ı vor 0 bevorzugen, andere ihn vermeiden usw. Man findet weitere derartige Fehlerangaben bei A. v. OBErmAYER, Die Häufigkeits- zahlen der Bewölkung (Sitzungsber. d. Wiener Akad., math.-naturw. Kl. CXVI, Abt. Ioa, 1908). Bei der Beobachtung der Windrichtung kommen gleichfalls per- sönliche Fehler vor. Ist eine Windfahne mit Richtungskreuz oder die an der Decke angebrachte Windscheibe einer sogenannten durchgehenden Fig. 3. Östzowe. (1907..1908) Honitz. (1904-1908) M PDzemen. (1906-1910 ) Sotzdam. (1906-1910) M PA \ Windrosen. Windfahne vorhanden, so werden, wenn der Beobachter ı6 Richtungen unterscheidet, gewöhnlich die 8 Zwischenrichtungen zweiter Ordnung NNO, ONO, OSO usw. zu selten notiert, d. h. es werden analoge Schätzungsfehler begangen wie bei der Ablesung der 1/,°-Thermometer, wo die ungeraden Zehntel zu kurz kommen. Aber selbst, wenn die Windriehtung nur nach einer achtteiligen Windrose bestimmt wird, begegnet man bisweilen solchen Bevorzugungen, und zwar am ehesten der Hauptrichtungen N, 0, S, W, seltener der Nebenrichtungen. Die in Fig. 3 abgebildeten Windrosen von Ostrowo und Konitz liefern dafür 294 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. März 1913. einige Beispiele. Aber selbst wenn ein Anemograph die Windrichtung kontinuierlich aufschreibt, können beim Auswerten der Registrierungen solehe Bevorzugungen vorkommen. So wurden offenbar in Bremen bei der Bearbeitung der Aufzeichnungen eines sehr frei aufgestellten Ane- mographen Sprung-Fuess die Nebenrichtungen NNO, ONO usw. zu- gunsten der Nachbarrichtungen etwas hintangesetzt, denn sonst würde die Windrose von Bremen nicht die strahlige Sternform aufweisen, wie sie Fig. 3 zeigt. Es findet nämlich in unseren Breiten, wo keine streng periodischen Winde wehen, wie die Passate und Monsune, ein stetiger Übergang von einer Windrichtung zur nächsten bezüglich ihrer Häufig- keit statt, wie die Registrierungen gut aufgestellter Anemometer un- zweifelhaft zeigen. Von den für diesen Zweck abgeleiteten Windrosen einiger Observatorien in freier Lage will ich hier nur die von Potsdam in Fig. 3 wiedergeben und hinzufügen, daß auch die Windrosen von anderen Stationen des ebenen Mitteleuropas diesen allmählichen Über- gang aufweisen. Die bei der Schätzung der Windstärke auftretenden Fehler sind mehr physiologischer als psychologischer Natur, soweit die Abhängig- keit der Schätzung von der Temperatur der heranwehenden Luft in Betracht kommt; denn einem kalten Winde wird eine größere Geschwin- digkeit beigemessen als einem warmen von derselben Stärke. Dagegen gehört in den Bereich der psychologisch bedingten Fehler die Tatsache, daß in Gebieten mit schwacher Luftbewegung, also im Binnenlande, die Stärke des Windes gewöhnlich überschätzt wird. Zum Schluß will ich noch auf die von mir in diesen Sitzungs- berichten 1912 8.288 gemachten Angaben über die wirkliche Dauer des Regens hinweisen. Es geht aus ihnen hervor, daß man die Dauer der Niederschläge im allgemeinen nicht unerheblich überschätzt. Ausgegeben am 27. März. 295 SITZUNGSBERICHTE 1913. XV. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Vorsitzender Secretar: Hr. Rorrne. “Hr. Srumpr las über Empfindung und Vorstellung esprach die Schwierigkeiten, die der Annahme eines speeifischen Unter- Er schiedes in irgend einer Form entgegenstehen, und andererseits die Voraussetzungen. die man bei Annahme einer blossen Intensitätsverschiedenheit zu machen hat. Das ht Gebiet der Gesichtserscheinungen blieb zunächst ausser Betracht. 296 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 13. März 1913. — Mitth. v. 27. Febr. Eine punisch-altberberische Bilinguis aus einem Tempel des Massinissa. Von Prof. Dr. M. LivzsAarskı in Greifswald. (Vorgelegt von Hrn. E. Meyer am 27. Februar 1913 [s. oben S. 251].) Hierzu Taf, ]. Ih Jahre 1904 teilte Pn. Berser der Pariser Academie des Inseriptions et Belles-Lettres den Fund einer langen punisch-altberberischen Inschrift zu Ehren des Numidierkönigs Massinissa mit (Comptes rendus 1904, S. 406). Der Fundort war Thugga, das auch die andere seit dem 17. Jahr- hundert bekannte punisch-altberberische Bilinguis geliefert hat!. BERGER hat sich bis zu seinem im März ı912 erfolgten Tode nicht weiter über das Denkmal geäußert. Im vergangenen Herbst machte mich H. DessAU darauf aufmerksam, daß das neue Supplement des Catalogue du Musce Alaoui eine Abbildung des Steines enthält (Pl. LV). Durch DessAus freundliche Vermittlung wurden mir auch von Hrn. Arrren Merrin, dem Direeteur des Antiquites et Arts in Tunis, die Originalphotographie und Abklatsche gesandt. Mit ihrer Hilfe konnte ich die Lesung bis auf ‚einige wenige verletzte Buchstaben feststellen. Nach der Photographie ist die hier beigegebene Tafel hergestellt. Der Stein enthält eine der längsten punischen, die längste unter .den jetzt bekannten altberberischen Inschriften. Die beiden Texte sind vollständig, nur einzelne Zeichen sind zerstört. Hat man früher für die Kenntnis des Altberberischen am meisten aus der bilinguen Grabschrift von Thugga gelernt, so wird von jetzt an bis auf weitere Funde be- sonders diese Inschrift verwertet werden. Es stehen erst fünf lange punische, dann sechs altberberische Zeilen da. An der Hand der zahl- reichen Personennamen konnte ich auch ohne Kenntnis des Berberischen eis daß die beiden Stücke inhaltlich einander ganz nahe stehen. i \B P. ScHröver, Die rue Sprache, S. 257, Taf. IV, 2 und Nordsem. Epigraphik, S.433, ce und Taf. IX, M. Lipzsarskı: Eine punisch-altberberische Bilinguis. 297 Unter den berberischen Zeilen steht noch eine punische, die die Bau- meister nennt und im altberberischen Teile kein Gegenstück hat. Vom punischen Teile gebe ich eine Transkription in hebräischer Schrift. Vom altberberischen muß ich eine Nachzeiehnung geben, weil die Reichsdruckerei keine berberischen Typen hat. Eine Transkription des Ganzen ist nicht möglich, da der Wert verschiedener altberberischer Zeichen erst festzustellen ist. Som a Ncy Mia upon josar ja nabmam "9a ja mobmi josonb X DR ya N OD OITEON ı Bm ja am ja vB ma ja Io man a7 mobmnn DEN ja namen ve ne2 000 >» man] awsTa9 72 ran 37 vom ja a Hmm Jar 3a jnmm ya zn irn ; ranon pn ja rasnan TOR ja Ropn UNT DOOR TODRT27 j2 zpon ja mar DET ; 130 ya ODo Ya mm) DOD 2 JaDıR ja on Wü nobonm by od 5; AZ IT IM ZFIMCIRIZT I IZTGO Troxg rt X-FI MI SR INT Ei HCLOC : IF IX3N13=210=°=13° SIR ID 3X AMT IRZ RZ ITI’OHT' III 2NC=1XZ02= IP I FHhn)=ElxX= AMETIT RE ITOI IPOD RN FAR 53 = BON 33er = 123 12 aM II DAFT °123= » . a ER —ı POD ja onen Dyaar 7a ya ja so DW21 6 Fein RI Bei einer Vergleichung der Namen in den beiden Teilen zeigte es Sich, daß in der altberberischen Schrift der einfache horizontale Strieh dem semitischen Zain, daß X und ( beide dem semitischen Samekh ent- sprechen. Letzteres war auch schon aus der anderen Bilinguis von Thugga zu ersehen, trotzdem wurde X dem x oder & gleichgesetzt. Vielleicht entspricht eines der beiden Zeichen dem t, das im Punischen auch durch © wiedergegeben wird. Unter den Appellativen war leicht gld in der Bedeutung » König« zu erkennen, und ieh fand bald, daß das Wort noch im Neuberberischen in der Form agellid fortlebt. Darüber hinaus konnte ich auch für die Wörter und Wortgruppen, deren Sinn nach dem Puni- schen feststeht, nichts Identisches im Neuberberischen finden. Es war mir nicht möglich, mich eingehender mit den neuberberischen Mund- arten zu befassen, es wäre auch mißlich, mit solch frisch erworbenem Wissen einen alten Text zu interpretieren. Ich ging daher nach Leipzig, um mit Hrn. Prof. Srumuz, einem vorzüglichen Kenner der neuberbe- Tischen Mundarten, den berberischen Text zu besprechen. Aber wieder- holte Besprechungen führten zu keinem Ergebnisse. Auch Hrn. Prof. STUMME war es nicht möglich, selbst da, wo durch das Punische der Sinn 298 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 13. März 1913. — Mitth. v. 27. Febr. gegeben ist, die berberischen Worte und Wendungen aus den jetzigen Mundarten zu erklären. Die Sprache der alten Berbern scheint danach von diesen weit abzuliegen, sei es, daß starke lautliche Veränderungen vorgegangen sind, sei es, daß viel Sprachgut durch das Arabische zu- rückgedrängt wurde. Für die vorliegende Inschrift ist die Undurch- sichtigkeit des Altberberischen um so bedauerlicher, als auch der punische Teil berberische Ausdrücke enthält, die, wenn man sie verstände, uns wichtige Aufschlüsse über die Verfassung der alten Berberstämme geben ı würden. Z. ı. Das Zeichen hinter op” ist wahrscheinlich ein v, kein 7, dennoch ist es als Pron. demonstr. aufzufassen. Dieses wird in den jüngeren punischen Texten oft mit © geschrieben, daher kann hier auch ein © dafür stehen. — 22. In den späteren punischen Inschriften steht häufig x>2 statt >2 »bauen«', so auch hier nachher zx:2. Ich glaube, daß die Form durch x:0 beeinflußt ist. 22 ist hier eine Pluralform; das Subjekt ist in maza®y2 enthalten. Die Lesung des vorletzten Buch- stabens ist nicht sicher; man kann zwischen 3 und > schwanken. Nach dem Punischen allein würde man #20 »592 abtrennen und »2% als Orts- oder Stammesnamen auffassen. Aber dann müßte »20 auch im ber- berischen Teile stehen. Hier stößt man auf drei Zeichen, von denen das erste und dritte sicherlich 5 und g sind. Das Zeichen dazwischen ist auch hier unscharf, und die erhaltenen Züge weisen auch hier auf 9 und khin. Danach scheint in beiden Texten eine Korrektur vorzuliegen. Man muß also »2 bzw. 522 allein als Namen auffassen. Ich sehe darin einen Stammesnamen. Vom vorhergehenden vs>>2 verbinde ich Ox mit »»2 als »2 Us zur Bezeichnung der gens, wie in »x7n vos. Das einzelne Glied wurde — freilich schlecht, wie ein wirklicher Punier kaum gesagt hätte — als »2 vos >r2 und dann eine Mehrzahl oder alle als »2 os >92 bezeichnet. Ich habe auch an »2 v x592 gedacht, aber das wäre ebenso schlecht. Vielleicht ist die eine oder andere Konstruktion durch ber- berische Ausdrucksweise beeinflußt. Im berberischen Teile steht vor bgg (bkg) ein X—=t. Ich fragte Prof. Srunme, ob dies mit dem modernen ait »Stamm« zusammenhängen könnte. Es wurde von ihm bejaht. SrummE meinte, daß besonders die bei den östlichen Berberstämmen übliche Form ät auf ein altes äf schließen lasse, das hier vorliegen könnte. Der Name des Ortes Thugga kann hier nicht stehen. Tugga ist ein gut berberisches Wort; es bedeutet »Wiese« und müßte hier etwa {9 geschrieben sein. Die punische Schreibung 70:02 findet sich auch in der Inschrift aus Scherschel Revue d’Assyriologie II, S. 36, Taf. I; Nordsem. Epigraphik, ! Vgl. CIS I, 1493; Ephemeris I, 46 I, 51 A; U 188 t.. M. Livzsarskı: Eine punisch-altberberische Bilinguis. 299 S.439, 2, Taf. XVI, 4, wo so statt jr:rn zu lesen ist. Bei jo:0% und den folgenden Namen entspricht dem © berberisches X. — Wir wissen bereits aus phönizischen Inschriften, die im Heimatlande gefunden wurden, daß man für »König«, wenn es als Appellativum außerhalb der Titulatur angewandt wurde, 'n>>=n statt T>n sagte. In Nordafrika findet es sich auch in enger Verbindung mit dem Königsnamen'. Es ist bemerkens- wert, daß die Fürsten Nordafrikas sich in der Regel nur als Könige be- zeichnen, ohne das Land oder das Volk zu nennen, über das sie regierten. Nur Mieipsa wird in der Inschrift von Scherschel o>on T>n »König der Massylier« genannt; außerdem erscheint in einer Inschrift von Cirta ein 278 7>2, dessen Bedeutung noch nicht aufgeklärt ist (Ephemeris1, S. 42). Der Name des Vaters wird im punischen Teile »s3, im berberischen 99 geschrieben. » bezeichnet den Vokal a. Gala der handschriftlichen Überlieferung bei Livius (24, 48f.; 29, 29f.; 40, 17) konnte schon früher nach Bacınewc Tara in den beiden griechischen Inschriften von Delos’ berichtigt werden. Es ist wohl eine Koseform eines mit 9 beginnenden Namens, z. B. von Gulussa, wie in karthagischen Texten eine wohl aus "7592 hervorgegangene Koseform 2 geschrieben wird (CIS I, 2653, 2874, Ephrmeris II, S. 178 O). Dieses "95 zeigt, daß auch “ss in den neupunischen Inschriften nicht immer Gaius zu sein braucht. Sicher Gaius ist es nur, wo ">" dabei steht. Die Lesung jo>>r ist sicher, nieht etwa jo» Gulalsa’. Wo er Sufet war, wird leider nicht gesagt. Auch der berberische Teil hat sicher $ft, obwohl f eine ungewöhnliche, wohl kursive Form hat. Es ist eine Mittelform zwischen dem alten X und dem I des Tifinagh. >© hinter 0? ist ziemlich sicher. Dahinter sind Spuren von etwa drei Buchstaben sichtbar. Z.2. Die Lesung jo=2 mit Waw steht fest, und auch der ber- berische Teil hat sicher mkwsn. Berberische mit mkw beginnende Namen finden sich auch sonst‘. Nun wird man auch in der Micipsa-Inschrift von Scherschel jo1>n statt joe2m bzw. jre>% zu lesen haben; der dritte Buchstabe ist dort beschädigt. Die Lücke am Ende von Z.ı wird sich nach dem berberischen Teile mit Sicherheit ergänzen lassen, aber bis jetzt habe ich für die berberische Stelle keine Erklärung erhalten können. Sie hat am Ende gld mkwsn, danach läßt sich der punische Teil zu [Tape os moa ! Siehe die Belege Nordsem. Epigraphik. S. 310. ® Bulletin de Correspondance hellenique 11 (1878), S. 400; III (1879), S- 470; Mosnusen, Hermes XIII (1878), S. 560; WacHsmurH, Rhein. Museum, N. F., XXXTIV (1879), S. 159; XXXV (1880), S. 490; Drrrenperger, Sylloge 1°, S. 482, Nr. 305. - CIEV, 4922, vgl. auch Mosmssen, Röm. Geschichte vVsS. 645 Anm. 2. * Journal asiatique, Serie VII, Tome IV, 1874 (Har£vy), S. 371, Nr. 202; S. 372, > NP, 206 » 300 _ Sitzung der phil.-hist. Classe v. 13. März 1913. — Mitth. v. 27. Febr. 020 ergänzen. Zu >W statt box vgl. Nordsemitische Epigraphik, S. 227 s.o8 3; Ephemerisl, 51Bs.4; Il, 65C,D. jo%n 7% statt namen jo» kann hier wohl gestanden haben. Denn auch der berberische Teil hat sonst NN g/dt', während hier gld mkwsn steht. Weniger wahrscheinlich ist mir die Ergänzung jo'>n [7>% v]>v nos mwa2. Mam erwartet ww nor”, außerdem sehe ich hinter >02 den unteren Teil eines langen Schaftes’. Die Datierung geht wohl von dem Jahre aus, in dem Mieipsa nach Massinissas Tode zusammen mit seinen Brüdern die Herrschaft über die Numidier übernahm, dem Jahre 149', denn schon von diesem Jahre an war er König. Sein zehntes Jahr fiele danach in das Jahr 140. Hier ist von der Weihung eines Tempels für Massinissa die Rede; ihm wurden danach göttliche Ehren zuteil. Aus den alten Autoren und Denkmälern wußte man bereits, daß die Berbern die Fürsten aus dem Hause des Massinissa göttlich verehrt haben; noch in der Kaiser- zeit wurden für die alten numidischen Könige Stiftungen vollzogen”. Veranlassung dazu gaben die hohen Verdienste Massinissas um das Land; von Polybius (XXXVI, 3, 7) wird sein Wirken als eeıöraron bezeichnet. Hier lernen wir zum erstenmal eine Weihung an Massinissa selber kennen. Die Mitteilung über die Stiftung selbst ist kurz, um so länger die Aufzählung der Würdenträger, unter deren Regime sie vollzogen wurde. So ist es auch in anderen punischen Stiftungs- und Bauurkunden‘®. Offenbar lag den Leuten mehr an ihrem eigenen >01 EU als an dem Berichte über das Werk‘. Diese mit »Im Jahre« beginnende Aufzählung ist von der Widmung im punischen Teile durch ein Spatium, im berberischen durch einen Absatz getrennt. An der Spitze steht ein König (m>>wn, gld). Er selber trägt einen punischen, sein Vater, der gleichfalls König war, einen berberischen Namen. Die berberischen gentes standen unter Häupt- i Das hier in der Regel hinter gld stehende Zeichen entspricht in der anderen Bilinguis von Thugga punischem r. Harzvr (a.a.0. II, S.84) hält es für £. 2 Vgl. Nordsem. Epigraphik, S. 346 unten. 3 Für jom= >> würde bei dieser Ergänzung auch der Raum nicht reichen. Aber das ® ist nicht nötig, denn auch in den aramäischen Papyri steht hinter der Jahreszahl einfach sn» wor, wobe zoom. * Vgl. Momusen, Römische Geschichte 117, S. 138. 5 Vgl. Momusen, Römische Geschichte V®, S. 622; Schurren, Das römische Afrika, S. 1oı, Anm. 43. ? Auch in der bilinguen Grabschrift von Thugga ist vom Verstorbenen 2 z Nac ı01, Anm.38 soll das Grabmal von einem König herrühren. Nennung des Namens und zweier Ahnen nicht wahrscheinlich. daß der Bau aus dem 5. oder 4. Jahrhundert v. Chr. stamme. weist zum Teil recht junge Züge auf, so besonders He und Chet. M. Livzwarskı: Eine punisch-altberberische Bilinguis. 301 lingen, die anscheinend den Titel »König« führten. In römischer Zeit werden sie principes genannt, doch erscheint noch in CIL VII, 8379 ein rew gentis Ucutaman ....'. Der Titel gld wurde nicht allzu hoch bewertet, denn in dieser Inschrift sind Würdenbezeichnungen mit yld zusammengesetzt, deren Träger an letzter Stelle genannt werden. Nach dem n>°n2 wird ohne Zählung das Jahr bestimmt, danach liegt die Annahme am nächsten, daß die Würde nur ein Jahr bekleidet wurde. Sonst stände, wenigstens nach sonstigem punischem Sprach- gebrauche, ny2 oder 7? ab. Die Kürze der Amtsdauer würde es auch erklären, daß so viele in dieser Inschrift genannte Personen den Königs- titel führen. Auch im berberischen Teile erwartet man vor $/f einen Ausdruck für »Im Jahre«. Das $ von $ft steht in einer Linie mit den Anfängen der folgenden Zeilen, doch sehe ich vorher Spuren von X=f. Kann dieses »im Jahre« bedeuten? Daß der »König« an der Spitze des Stadtwesens von Thugga ge- standen habe, ist nicht wahrscheinlich. Mag Thugga auch, wie der Name zeigt (s. oben S. 298), berberischen Ursprunges sein, so wird es doeh, sobald es sich zur Stadt entwickelt hatte, seine Verfassung nach karthagischem Muster eingerichtet haben; da erwartet man an der Spitze zwei Sufeten. Die Zweimänner, die hinter dem Könige genannt werden, können nicht den karthagischen Sufeten entsprechen. Mit der Einrichtung wäre auch der Name übernommen worden, und wir sehen Ja aus dieser Inschrift (Z. ı), daß das punische vew tatsächlich in das Berberische eingedrungen war. Auch hat gerade der Titel des Sufeten weite Verbreitung gefunden und hat sich tief in die römische Zeit hinein erhalten. Doch wurde vielleicht unter karthagischem Einflusse die Würde des »Königs« nur ein Jahr bekleidet. Auch die Überfülle punischer Namen zwingt nicht zu der Annalıme, daß wir es hier mit einem städtischen Milieu zu tun haben. Die Zähig- keit, mit der die Nordafrikaner Jahrhunderte nach dem Untergange Kar- thagos an der punischen Sprache und punischem Glauben festhielten, zeigt, wie tief der karthagische Einfluß ins Land hinein gedrungen war. Auch hat gerade Massinissa die Verbreitung punischen Wesens unter Seinem Volke begünstigt”. | ' In den altberberischen Inschriften bei Hazivr, a. a. O. II, S. 126, Nr. 66; S. 1 34, Nr. 86; S. 176, Nr. 168 dürfte bs, >s>s, bay mit dem heutigen amenokal identisch Sein und »König« bedeuten. ; ; lomusen sagt sogar (R. G. 18, S. 676): »Die selbst in der nivellierenden Kaiserzeit noch lebensfähig und kräftig dastehende phönikisch-nationale Zivilisation Nordafrikas ist bei weitem weniger das Werk der Karthager als das des Massinissa.« Das scheint mir doch zuviel gesagt. 302 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 13. März 1913. — Mitth. v. 27. Febr. Die hier genannte gens stand wohl, trotzdem sie ihren eigenen regulus hatte, unter der Oberhoheit des Numidierkönigs in Cirta. Eine Weihung zu Ehren Massinissas wäre auch bei einem freien Stamme denkbar, aber die Datierung nach dem König Mikiwsan spricht für dessen Oberhoheit. Die Grenzen des Numidierreiches nach dem dritten punischen Kriege stehen nur für die Küste fest (vom Tuscafluß bis Thaenae), für das Innere ist man auf Vermutungen angewiesen’, doch kann Thugga sehr wohl unter Miseipsas Botmäßigkeit gestanden haben. In jwesx ist das x prothetisch. Es wird in der berberischen Schrei- bung nicht wiedergegeben, wie auch bei den anderen mit x beginnenden Namen dieser Inschrift. Während nur ein König an der Spitze stand, fungierten zwei 27 mon. Vor dem zweiten Taw ist die Lesung unsicher. Es kommen be- sonders 8, ©, ©p, "9 in Betracht, aber ich habe mich für keines ent- scheiden können. Ich habe die Gruppe wiederholt auf na hin geprüft, habe die Lesung aber schließlich ausgeschaltet. Die Taw am Anfange und am Ende von nan lassen berberischen Ursprung des Wortes ver- muten, aber im berberischen Teile steht ein anderes Wort: mwsn-. Der Wert des Zeichens = ist noch nicht festgestellt; für dessen Bestimmung kommen besonders die Anfänge der beiden letzten berberischen Zeilen in der anderen Bilinguis von Thugga in Betracht. Aber hier und bei ns2 2% in Z. 3 ist zu ersehen, daß punischem 27 berberisches mw ent- spricht. 70 ist berberisch oder aus einem Namen wie To mus kontrahiert. Der berberische Teil hat hinter wbnj noch wsnk. Wahrscheinlich ist im punischen Teil hinter »2 j2 nur aus Versehen 7:2 2 ausgelassen, denn in dieser Inschrift werden in der Regel zwei Ahnen genannt. Ess deutlich a» da. Wie mg|n] im berberischen Teile zeigt, ist es nur ein Versehen. | Z. 3. Die Lesung des Wortes am Anfange der Zeile, das die Be- zeichnung einer Würde enthalten muß, ist unsicher und läßt sich auch nach dem berberischen Teile nicht bestimmen. Denn in dem ent- sprechenden Worte ist ein Zeichen zerstört, ein anderes in seinem Werte noch nicht bestimmt, doch schließt das Wort hier sicher mit kw. Auch das Wort im punischen Texte macht keinen semitischen Ein- druck, doch mag darin die Endung semitisch sein. Im berberischen sdjIn wird für © das Zeichen [ gebraucht. Die Lesung “m ist sicher; es steht nicht etwa "70, auch nicht „s»ı da. Das Berberische hat hier wieder etwas anderes: g-b, worin der Me des zweiten Zeichens H noch zu bestimmen ist. Die An- ! Vgl. Tıssor, La province romaine d’Afrique Il, S. ı ff. M. Livzearskı: Eine punisch-altberberische Bilinguis. 303 gaben über die Würdenträger sind sonst nicht durch Waw mit dem Vorhergehenden verbunden, auch das berberische Wort hat kein d vorn, daher gehört das Waw in "171 mit zum Wortkörper. Vielleicht ist auch hier, wie bei ztn das Jod die semitische Nisbe-Endung. px 27 findet sich auch in einer phönizischen Inschrift aus Tyrus'. Wie dort ist es auch hier zweifelhaft, ob der »Obere über Hundert« eine militärische oder eine zivile Stellung innehatte. Im Papyrus Ephemeris II, S. 219, Ca, bezeichnet armen "29 sicher eine militärische Würde, und so wird es auch hier sein. Auf ehemalig karthagischem Gebiete denkt man leicht an den Rat der Hundert. Aber dann müßte Safat das Amt anderswo bekleidet haben. Hätte die gens bgy einen Rat der Hundert gehabt, so wäre der Vorsitzende mit unter den Eponymen aufgezählt worden. jfauxT72y wird berberisch durch $mn wiedergegeben; also nicht bloß das s, sondern auch 727 ist weggelassen. In der anderen Bilinguis von Thugga entspricht 39< 729 in &"839 und nn229 berberisch wd. — m>nan ergibt sich aus gld- im berberischen Teile. 2.4. Im punischen Teile steht »2%7>5, nach dem äußeren Bilde eher >s°37=3, während berberisch gldmjl dasteht. bzw. ; darin muß konsonantischen Wert haben. Die Würdenbezeichnung enthält den Ausdruck »König«, obwohl der Träger nicht an der Spitze der Ge- meinschaft stand. Der Name ar findet sich auch in der anderen Inschrift von Thugga, er war danach dort häufig. Sonst ist er bei den Puniern selten (CIS I, 2755). Mit =--x77 wird ein neuer Würdenträger genannt. Hinter 87 ist ein Loch im Steine. Darin glaube ich Spuren eines 3 zu sehen, und zwischen diesen und * ist ein gerader Schaft erhalten, der von einem nachgetragenen 7 herrühren kann. — An sich liegt es näher, SENT Evan zu lesen. Denn wo das Gezählte determiniert ist, steht es nach den Zehnern eher im Plural als im Singular. Vgl. ix Dean II. Sam. ı 5, 1; I. Kön. ı, 5; II. Kön. 2,7, 17, doch apz7 nreon Gen. ı5, 24, Bram (oma, eıyad, oo) oiseon Ezra 8, 6 ff. Aber im Punischen findet sich der Name RS nieht, wohl aber s>p% (CIS I, 3049). Auch hat im berberischen Teile der Name mit m begonnen; mehr ist hier nicht erhalten. Danach muß man vs zwar lesen. Dies muß ein Kollegium bezeichnen, und za awnmra ar wäre ein Mann, der an dessen Spitze stand. Man würde freilich ws zw 27 erwarten, auch ist der Artikel auflällig. wosr zwar [a7 j]87 zu lesen, worin j78’7 zum Vorhergehenden, 22 zum Folgenden zu ziehen wäre, gestattet die geringe Breite der Verletzung nicht. Das Berberische hat bezeiehnenderweise ' CLernont-Ganneau, Reeueil d’Archeologie Orientale II, S. 295. Sitzungsberichte 1912, 5 304 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 13. März 1913. — Mitth. v. 27. Febr. hier wieder gld, während die folgenden drei Charaktere »fünfzig Mann « bezeichnen müssen. Für 50 scheint hier ein Zahlzeichen zu stehen. Der Name jws ist bei den Juden häufig und ist bei ihnen wohl eine Koseform von "ws, vgl. Ephemeris II, S.18, 19; III, S.ı20. Hier dürfte er aus einem Namen """ müs gebildet sein, wenn er nicht ber- berisch ist. In der anderen Bilinguis von Thugga steht, anscheinend vollständig, ‘OR. 2.5. Der Anfang wie in der Bauinschrift aus Karthago, Ephemerisll, S. 57, 2. 5, wo das © vor oxp davon zu trennen ist. Hinter naar ‚steht ein kleines zusammengedrängtes ® (siehe zu Z. ı), doch vielleicht auch gar kein Zeichen. wo» » Hammer« ist bereits bekannt: Ephemeris 1, S. 37, 309. Am Ende der sechsten berberischen Zeile, an der Stelle, die w"87 entspricht, steht deutlich dr = "81, dann sehe ich Teile eines $, dahinter aber noch leise Spuren von X=t oder X=f. Was be- deutet dies? Hängt es damit zusammen, daß am Anfange von Z.7 das zu erwartende w fehlt? 2.6. Von den beiden Baumeistern ist der erste ein Punier, der zweite ein Berber. Der letzte Name ist zum Teil zerstört. ı. »Diesen Tempel bauten die Mitglieder des Stammes Bgg (Bkg) dem Könige Massinissan, Sohne des Königs Gaiai, Sohnes des Sufeten Zllsan, im Jahre zehn des [Königs?] 2. Mikiwsan. Im Jahre des Königs Safat, Sohnes des Königs ’FSan. Ober... waren Snk, Sohn des Banai, (Sohnes des Snk), und Safat, Sohn des Magon, Sohnes des Tnku. 3. Mss-i war Magon, Sohn des Jrstn, Sohnes des Sdjln. Wgzdi war Magon, Sohn des Safat, des Oberen über Hundert, Sohnes des Königs Abd-E3mün. 4. Gellidgjml war Zmr, Sohn des Msnf, Sohnes des Abd-ESmün. Der Vorsitzende der Fünfzigmänner war Mqglo, Sohn des Königs ’Sjn, Sohnes des Königs Magon. 5. Über dieses Werk waren eingesetzt ’Sjn, Sohn des ’Nkkn, Sohnes des Patti$S und Aris, Sohn des Safat, Sohnes des Snk. 6. Die Baumeister waren Hanno, Sohn des Jatanba‘al, Sohnes des Hannibal, und Nftsan, Sohn des Sntq.« Ausgegeben am 27. März. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerel- F Taf. . 1913. S Nis, d. Berl. Akad. d. \ Sitzungsber. "BSSTUISSEN] Sop Jodurs], mous sne sung Pyostıaqaogyye-yosgund ou :ISUvazarr] * N weise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder n zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Ges ee nie, eden anderweitig zu veröffentlichen ist et. Gedächtnissre den Verfassern it gestatte Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 22. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die nn der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über die zur ge entlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheit Hinter den Titeln der w schaftlichen Mittheilungen folgen in ‚dieser Übersicht ae ee derselben, w e . se Inhaltsangaben sollen sie auf 5—6 Drucken beschränken, keinesfalls 10 Zeilen en Die nieht in den Shake der Akademie erscheinenden Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« zugefü Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser Ft in dem Bericht über diejenige Sitzung dan in welcher deren Aufnahme in die akademischen Sehrifte endgültig beschlossen wird. Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen eg welehe am nächsten Donnerstag gedruckt ers soll, m... nach in der rn Sr sptee ns bis Fre redigirenden Secretar oder der Behednkee i druck- Fark zugestellt werden, Später eingereichte Manuseripte werden, mit d ne des ya oder wi Archivars versehen, für ein späteres t. Dasselbe kann von vorn herein mit Asa Be schehen, deren Satz aus irgend w rs Grü ondere Schirieriehellen erwarten lässt, ei nn = in den ie 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht ent- spreche Die Rehändrneherei versendet Keen am Montag Abend die men an die hier v en oder an- wesenden Verfas oder an die ee welche die Mittheilung Vorgilegt haben, mit der Angabe, dass sie wünscht jedoch die n r Correetur betraute Person a ud so muss sie di t ereits Dienstag früh an di ckerei zurückliefern. Wird die Bas auswärts V en versandt; die Ve age nen damit auf Erscheinen ihrer ee =. cht Tagen. Verfassern, deren Corre ee dem en. gen zur en ee werden müssen, kan T- scheinen am nächsten paar serie Bechasse are eh sichert werden. Aus $ 36. e Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- a Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1910: Physikalisch-mathematische Classe . - - - age ; eh rn ME Philos Er Ce 3:42,08 ee a Abhandlungen. Jahrg. 1 Physikalisch- a u a en rn a ARE Philosophisch-historische Class ee a ei Br 9 Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1909, es 1911 und 1912. R uLzE, W.: Gedächtnissrede auf Richard dan : 1 . - M EB UBENS: en auf Friedrich "Kohira sch a ee Laxporr +: ha .. haltung der Masse bei "chemischen Umsetzungen a ns » 8 Kasoız vor S maavon Strategenkö ee Diurmer: Der A ei geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaftn. Erste | wi 5 van’t Horr: Gedichuier rede auf Hans Heinrich Landolt -» L_- Mörrer: Uieuri A, ExoLer und K.Rı Raaısz : Über dan Enntomischen Ban der baumartigen Oyperacee Schoenodendron > au "useme En: rer Peer, Ja cobus Heausieus Tas % "Hof. ee Im ru W.: Gedächtnissrede auf ve ee = . eh een : 2 iadem der Phara ne aa ; pri Hymnen Morr: ad eprachlichen Gliederun Eraikraiehe an Dirıs: Hipp k _— ftliche Dbeisfersg d des Galen’schen Commentars zum BERTERE: des os Zimmer Ri Ew Ber elchem Wege armen die, Goidelen von Continent nach Inland? » ae ei Gedächtnissrede auf Wilhelm Dilthey Zum isländischen Fehdewesen in der Sturkungenzeit” nenn H. Jusger: Der Aueas su auge aus Nubien. . ach F. Freiherr Hırrer vo ERTRI und H. Larrersans: Arkadische "Forschungen Ta. Wirseanp: Erster vorläniger "Bericht über die von > Honiplenmn Museen unternommenen Ausgrabungen in Sam L. Licntensteım: Beweis d "Satz dass jedes hinreichend kleine, im wesentlichen steti ig ge- krümmte, singularitätenfreie Flächen tück auf einen Theil einer Ebene a0: SRIEEENNERR d in den kleinsten Theilen ähnlich Se ebildet werden kann A. vox Le Cog: ‚Türkische Manichai s Chotscho. I. Na . vAN BERCHEM: Die rigen Inschriften von Per ergam ü M. LipzeArskt: * Phönieis che und a sche Krugaufschiften aus Elophantine . C, FRAsK: Zur ee a, der altelamischen Inschriften F. Scaurr rufe an Thiere im Arabis er. u A. Jounsen: Die gro eiae der Inseln S. Pietro und S. Antioco (Sardinien) De H. Kraarscn: Morphologische Studien zur ee der Turfanschädel . Sitzungsberiehte der Akademie. Preis: is dabssenis . 22.0 2 Sun men er ee ae Sonderabdrucke IH. en, 1912. Jacoeı: über die Echtheit des zn iya > J. Bivez: la tradition manuserite du ‚Lexigue e de Suidas - H. Posi; nern sstudien. vi. (hierzu Taf. VI u J. Fe WALDT ditio princeps von Coless In Hippocrati de natura hominis (ierzu 1 Taf. . VID) zen: zur ä, ee, Wortforschung. U. en Beziehungen zn Kirchenv ätern und Sophiste en. ee Er . Jung: neue Sätze r Symmetralfunctionen und die Aner’schen Functionen r eorie. rag i Morr: vom Ursprung. der provenzalischen Schriftsprache ee ee A. Ranırs: ee Wörter im Ko ee H. Sımter: die Masse des Saturstrabanten, ‚Tin Frosenıus: über gnadratische — die Pröahlen darstellen YER: Unters see über die älteste green en und über Nebukadnezar's P. Maas: zu den Bezi su ngen“ zwischen Kirchenvätern und‘ Sophis m S. Konow: zwei ng en in ge alten arischen Fee aus Chinesisch- Turkistan NeErNSsT : Untersuchungen =. die speeifische Wärme. VI Nersst: Gaik cache en 5 her “> ee Wärm F. Frec: ae den irgsbau des Tauros in Sikieh Bedeutung für die Beziehungen der euro- en und Bee :Gs bir voN Week MOoELLENDORFF und Pe Tiaspapyrus E P. Morgan (iierzn Taf. IX und 9 SCHWARZSCHILD: über Spectrographenohjective » Erpuans: Erkennen und Verstehen (2.Aufl.) . . .. . Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1913. NorDeEn: aus Cicero’s Werkstatt Warsurs, G. Lerruäuser, E. Hursa und c. Mouse: über die Consisute € lie Win-Prasee- schen St ge etze R. essen und W. de er "Wärme von Helium und ‚einigen aweintomigen Gasen schen +20 er —ı80° Dar: = Formen der Landoberfläche und er ‘der Klim magürte ' Harnack: der Geist der morgenländischen Kirche im Unterschied von der abendländischen . Th in : ng in Me Frosentus: über die Re uetion der deuten binären quadratischen Formen I. Sceur: zur > der indefiniten Prager Be rise Form ; Russer: über ahrungsaufnahme bei erh J. Mewarpr: eine & Fälsch ng ÜHARTIER’S in Ga len’s Schrift über im. 2.5 Herımaxs: über die Herkunft der Staubfälle im »Dunkelmeer-« oe Heıımans: sycholog gisch hedin te Fehler bei meteorologischen Beobachtungen M. Livzsasskı: eine punisch-altberberische Bilinguis aus einem Tempel des Massinissa (hierzu Taf. D =” . = » ” = 3 [3 AM 12.— »„s = = = = = “ % Ei = E = ® * ” 1913. XV1. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Gesammtsitzung am 27. März. (S. 305) SchwaArzschiLp: Über die Radialgeschwindigkeit des Sterns 63 Tauri. (S. 306) G. EseruArn und Scnwarzscrnmnp: Über Umkehrungen der Caleiumlinien H und K in Stern- speetren. (S. 308) Fischer und K. Zacn: Reduction der Acetobromglucose und ähnlicher Stoffe. (S. 311) Haserranpr: Zur Physiologie der Zelltheilung. (Mittheilung aus der Sitzung der phys.-math. Classe vom 27. Februar.) (S. 318) BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaetion der akademischen Druckschriften. Aus $ 1. e Akademie giebt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende eng ... en der nn Preussi n Akademie der Wis » Abhandlungen ie Königlich Fosneischei ae a Wissenschaften « us $ 2 Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte die Abhandlungen ee "Mitthe ilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt in a in a Regel das er ig zugle gen ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Ve ermittelung eines ihrem Fache angehörenden See Misekieden zu benutzen. Ss “ Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 ‚Seiten in der gewöhnlichen Schrift ig Abhand- übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur on Zustimmung der Gesammt-Akademie Se der sie en a. statt- von sachkundiger Seite auf seinen muthmassliehen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. 4. ollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln b Vorlagen a (Zeichnungen, photographi Original- aufnahmen u. s. w.) gleiehzeitig mit dem nee jedoch auf getrennten Akten n, einzureichen ten der ag der v un haben in der en er Verfasse tragen. Sind diese Kosten ‚aber auf . helfe Beung : zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine ae beschliessen. Ein darauf geriehteter Antrag ist vor der Herstellung der be- eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar richten, dann zunächst im Seeretariat vorzuberathen E weiter in der ie Akndemeie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ufügen. forderliehe Auflage bei den Sitzungsberiehten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten. Aus $ 5. ung und Einreichung des vollständigen druckfertigen NE an ii zuständig ode ehiv wird über Kaas ir Midheilung | in er en schriften, der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt ig it, r Sitzungsberichte aufgenommen werden e Aufnahme der Mittheilung eines Niehtmitgliedes in die Aka so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie. (Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) girenden Seeretars vor der Einsendung an die D ung der entsteh n ‚Aus s ‚6. ar I3.n 1 nr es sich nicht bloss ‚sum Ans Text handelt, aus- vergewissern, s der Verfasser m und die Verfasser ag zur Trag kosten verpflichte Aus $ 8. Von allen in die Seinerhsichl oder Abhandlungen aufgenommenen w issenscha ftlichen a Reden, Adressen oder Berichten ec für die Verfasser, von nn Missheiiun ‚ wenn deren Umfang im Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel eg abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erschein gegeben we erden hi 1 P1N1.QG ı hameke für den Buchliandel hergestellt, indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberichten erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Verkehr ohne weiteres Frei- geze hat; wün nscht er au sse. n xemplare und dürfen nach Anzeige bei dei redigirenden are weitere 200 Exemplare auf ihre ee gr Vo an aus den Abhssalunge er- hält e ee welcher Mitglied der Akademie zu unengclicher Vertheilung ohne weiteres 30 : pl ndess berechtigt, zu gleichem Zwecke auf Konten de Aindenie weitere Exemplare bis zur bdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so = Be i er ene der Gesammt-Ak: ae 30: Frei enden Se 100 Exemplare IE abziehen lassen, $ 17. Eine für die en Schriften b stimmte ee irn ale in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an Stelle anderweitig, sei es auch nur aus darf jener zuge a 305 SITZUNGSBERICHTE 198. xVi. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 27. März. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. 1. Hr. Scnwarzscnırn sprach über die Verwendung des Ob- jeetivprismas zum Studium der Sternspeetren und legte im Anschluss daran zwei Mittheilungen vor: a) Über die Radialgeschwindigkeit des Sterns 63 Tauri. ® e von Hrn. E. €. Pıckerıng angegebene Reversionsmethode zur Bestimmung von Radialgeschwindigkeiten mittelst des Objectivprismas wurde in der Weise ver- wandt, dass nicht die Radialgeschwindigkeiten selbst, sondern nur die Änderungen der Radialgeschwindigkeiten gesucht wurden. Durch eine kleine Abänderung des Zeiss- schen Stereocomparators war es leicht möglich, entsprechende Spectren von zwei Platten neben einander zu spiegeln und so die Unterschiede zwischen ihnen bequem zu messen. Als drei Aufnahmen der Hyaden, die mit dem Objectivprisma gewonnen worden waren, auf diese Weise verglichen wurden, ergab sich eine starke kurzperiodische Veränder- lichkeit der Radialgeschwindigkeit des Sterns 63 Tauri. b) Eine gemeinsam mit Hrn. Prof. Dr. G. EserHuArn in Potsdam verfasste Mittheilung: Über Umkehrungen der Caleiumlinien H und K in Sternspectren. Die Sterne Arctur, Aldebaran und r Geminorum zeigen dieselbe Umkehr der Caleiumlinien H und K, welche man auf der Sonne in Störungsgebieten beobachtet. 2. Hr. Fıscner berichtete über eine in Gemeinschaft mit Hrn. Dr.K. Zacn ausgeführte Untersuchung »Reducetion der Acetobrom- glucose und ähnlicher Stoffe«. Die Reduction gelingt leicht mit Zinkstaub und Essigsäure. Sie führt gegen Erwarten nicht zum Acetylsorbit, sondern zu einer Verbindung Cr» Hıs O,, die durch Alkalien in Essigsäure und eine zuckerähnliche Substanz Cs Hs 0, zerlegt wird. Letztere erhält den Namen Glucal und ist der Vertreter einer bisher unbekannten Körperelasse. Die Akademie hat in der Sitzung vom 20. Februar den Professor der Zoologie an der Columbia-Universität zu New York Enmunp B. Wırson zum correspondirenden Mitglied ihrer physikalisch-mathemati hen Classe gewählt. Sitzungsberichte 1913. = 306 Gesammtsitzung vom 27. März 1913. Über die Radialgeschwindigkeit des Sterns 63 Tauri. Von K. ScHWARZSCHILD. Far Bestimmung von Radialgeschwindigkeiten mit Hilfe des Objektiv- prismas hat Hr. E. C. Pıckerıne vorgeschlagen, zwei Aufnahmen einer Sterngegend unter Umkehrung des Prismas um 180° auf dieselbe Platte zu machen. Die Abstände entsprechender Linien in den beiden Spektren jeden Sterns hängen dann von der Radialgeschwindigkeit ab, und die Messung dieser Abstände ermöglicht nach der Identifikation der Linien und bei Kenntnis der nötigen Reduktionskonstanten die Ableitung der Radialgeschwindigkeiten. Statt die Radialgeschwindigkeiten selbst bestimmen zu wollen, kann man sich indessen auch darauf beschränken, mit Hilfe derartiger Doppelaufnahmen nur nach ihrer Veränderlichkeit zu suchen. Sind die Linienabstände für einen Stern auf einer ersten Platte gleich s, auf einer zweiten gleich s’, so würde die Differenz s’—s bereits die Veränderung der Radialgeschwindigkeit des Sterns messen, wenn die Aufnahmebedingungen absolut identisch wären. Die unvermeidlichen Änderungen der Aufnahmebedingungen haben zur Folge, daß sich über den Einfluß der Radialgeschwindigkeit noch eine lineare Funktion der rechtwinkligen Sternkoordinaten x, y lagert. Es gelten für die ge messenen Differenzen s’—s Gleichungen von der Form: ’—s=a+ßa+tyy+A(s—s), wo a, 8, y von den Aufnahmebedingungen der Platten abhängige Kon- stanten sind und wo nur der Rest A (s—s) den Einfluß der verän- derlichen Radialgeschwindigkeit darstellt. Die drei Konstanten 4, 8, 7 lassen sich aus den Sternen bestimmen, deren Radialgeschwindigkeit sich nicht ändert. Bildet man dann die Reste A (s’— s) für die übrigen Sterne, so kann man daraus ohne weiteres die Änderungen der Radial- geschwindigkeiten derselben ableiten. Falls nicht nur lineare, sondern auch quadratische Glieder in x, y im Ausdruck von s—s merklich sein sollten, so lassen sich dieselben, wie an anderem Ort ausgeführt werden soll, doch immer leieht von vornherein in Rechnung setzen. Die Messung der Differenzen s’—s geschieht am einfachsten, ine dem man die entsprechenden Spektren von beiden Platten neben} : SCHWARZSCHILD: Über die Radialgeschwindigkeit des Sterns 63 Tauri. 307 anderspiegelt, was ich durch eine kleine Abänderung des Blinkmikro- skops des Zeißschen Stereokomparators ausführte.e. Man kann dann sämtliche Linien beider Spektren zur Deckung bringen, eine Identi- fikation der Linien ist überflüssig, und die Vergleichung zweier Spektra ein und desselben Sterns ermöglicht auch die Mitbenutzung äußerst schwacher Linien, die man auf einer einzelnen Aufnahme kaum zu messen wagen würde, alles analog der Vermessung gewöhnlicher Spektro- gramme mit dem Hartmannschen Spektrokomparator. Ob dieser Methode der Suche nach veränderlichen Radialgeschwin- digkeiten, verglichen mit den Leistungen der großen Teleskope und Spaltspektrographen, eine allgemeinere Bedeutung zukommt, darüber möchte ich mir noch kein Urteil erlauben. Indessen kann ich ein Resultat mitteilen, das ich mit ihrer Hilfe erhalten habe. Es wurden drei Doppelaufnahmen der Hyaden vom ı0. Januar 1912, vom 1. Ja- nuar und 4. Januar 1913 in der geschilderten Weise miteinander ver- glichen. Das Instrument, mit dem dieselben gewonnen waren, war das Zeißtriplet von ısomm Öffnung und 1500 mm Brennweite, ver- bunden mit einem Objektivprisma, das von Hy bis K ıomm Dis- persion gab. Die Vergleichung ergab für den Stern 63 Tauri (1900.0 4 17°7+ 16° 33') folgende Abweichungen der Radialgeschwindigkeit vom (unbekannten) Mittelwert: + 5 km/see, — 37 km/see, + 33 km/see. Da der Stern gute Linien hat, gehen diese Zahlen weit über die Be- obachtungsunsicherheit hinaus, und es war zu schließen, daß er eine veränderliche Radialgeschwindigkeit von kurzer Periode und großer Amplitude habe. Der Stern ist in H.R. als von der Größe 5"68 und von Typus A, angegeben, in der P.D. als 5”g93. Mit Hilfe des großen Refraktors und des Spektrographen III war er in 60” gut er- reichbar, nachdem in den Spektrographen eine kurze Kamera mit dem neuen lichtstarken Chromaten! von ı8So mm Brennweite eingesetzt worden war. Aufnahmen mit dem Spektrographen bestätigten die Veränderlichkeit. Die Amplitude dürfte etwa 70—80 km/sec, die eriode acht Tage betragen. Eine genauere Bearbeitung ist im Gange. Der Stern gehört nach seiner Eigenbewegung und offenbar auch nach seiner mittleren Radialgeschwindigkeit physisch zu den Hyaden. Er ist aber nach Hrn. Hrrrzserung? anormal, insofern er eine schwächere K-Linie im Verhältnis zu den Wasserstofflinien hat als die anderen physischen Hyaden gleicher Helligkeit. i Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1912, S. 1220 Publ. des Astrophys. Observatoriums zu Potsdam Nr. 63, S. 35- 308 Gesammtsitzung vom 27. März 1913. Über Umkehrungen der Caleiumlinien H und K in Sternspektren. Von G. EBERHARD und K. ScHWARZSCHILD. Im Jahre 1900 machten die HH. G. Eseruarnp und H. LupenDoRrFF auf Wunsch von H. C. Vosrr Aufnahmen von Sternspektren mit Hilfe des kleinen Spektrographen D, die den Zweck haben sollten, die Stern- spektren möglichst weit ins Ultraviolett hinein zu verfolgen. Im sicht- baren Gebiet waren diese Spektren außerordentlich stark überexponiert. G&. EBERHARD fand auf einer derartigen Aufnahme des Arkturspektrums, daß die Caleiumlinie K eine scharfe Umkehr aufwies, daß also in der Mitte der Absorptionslinie eine Caleiumemission statthatte, so wie man es bei der Sonne in gestörten Gebieten ihrer Oberfläche beobachtet. Da die Absorption in der breiten Caleiumlinie sehr stark und die Emission nicht sehr kräftig war, so kam die Umkehr nur in Spektren zum Vorschein, deren kontinuierlicher Grund bis in die Gegend der H- und K-Linie überexponiert war. Weitere Beispiele derselben Erscheinung sind neuerdings von K. SchwarzscHıLp mit Hilfe des Objektivprismas aufgefunden wor- den. Auf den in der vorausgehenden Mitteilung erwähnten Auf nahmen der Hyaden mit dem U.V. Zeißtriplet und U.V. Objektiv- prisma (150 mm Öffnung, 1500 mm Brennweite, Dispersion Hy bis ıo mm) fanden sich stark überexponierte Spektren von Aldebaran, welche gleichfalls die Umkehr der K- — und etwas schwächer — der H-Linie des Caleiums aufwiesen. Bei & Aurigae und & Ursae majoris war auf ähnlichen Aufnahmen keine Umkehr zu erkennen, ebensowenig bei & Orionis und & Cassio- peiae; bei letzteren beiden Sternen war vielleicht allerdings die Ex- position noch nicht kräftig genug. Bei einer einstündigen Exposition von 8 Geminorum mit dem Objektivprisma zeigte auch das Spektrum dieses Sternes keine Umkehr, aber auf derselben Platte fand sich, daß der Nachbarstern s Geminorum außerordentlich helle, scharfe Emis: sionslinien inmitten der breiten Absorptionslinien aufwies. EBERHARD u. SchwarzschiLp: Umkehrungen der Caleiumlinien Hu.K. 309 Wenn der bloße Anblick der Spektren auch schon ziemlich über- zeugend dartat, daß man es nicht mit einer Aussparung im konti- nuierlichen Spektrum, sondern mit wirklicher Emission zu tun habe, so schien es doch gut, durch Bestimmung der Wellenlänge der Um- kehrungen ihre Zugehörigkeit zum Caleium zu kontrollieren. Im fol- genden sind die Resultate einiger Messungen mitgeteilt, wobei die Lage der Umkehrung durch die Abweichung der Radialgeschwindig- keit gegeben ist, welche aus der Umkehrung, verglichen mit 7 bis 10 benachbarten Sternlinien (Fe und Al) folgt: « Bootis: Großer Refraktor. Spektrograph Ill mit kurzer Kamera (Neuchromat mit 180 mm Brennweite), Spaltbreite 0.05 mm. 1913, Febr. 23. Expo- Bikionazeil 30... 4.0 H — 3 km/sec.. K + 6 km/seec.. « Bootis: Zeißtriplet mit Objektivprisma. Breite des Spektrums o.2 mm. 1912, April 23. Zwei Expositionen von und 7”. Im Mittel aus beiden +5 » +5 » « Tauri: Desgl. 1912, Jan. 14, eine Exposition von 30". 1913, Jan. ı, zwei Ex- positionen von je 30". Im Mittel r r Geminorum: Desgl. 1913, März 9 und 1913, März ı2 Je 60” exponiert.: Im Mittel aus ISO 0,00 ade -6 » -7 » Da in der Gegend von H und K für den Spektographen ıu = 1.2 km/sec., für das Objektivprisma ı u = 2.6 kmj/sec. ist, so bedeuten diese Zahlen zunächst nur, daß die Wellenlänge der Umkehrungen innerhalb der Meßgenauigkeit mit der Wellenlänge der H- und K-Linien übereinstimmt. Die Helligkeit der H- und K-Umkehr ist bei « Gemi- norum so groß, daß ihre Schwärzung die der hellsten Stellen im kon- tinuierlichen Spektrum zwischen H und K erreicht. Die Breite der Emissionslinie beträgt auf der Aufnahme vom 12. März etwa ı A. E,, was infolge der Luftunruhe und der Pointierfehler aber kein Maß für die wirkliche — vermutlich viel geringere — Linienbreite ist, sondern nur die Stärke der Erscheinung verdeutlicht. Bei Aldebaran ist, wie aus dem Vergleich mit anderen gleichzeitig auf der Platte erhaltenen Hyadensternen hervorgeht, die Helligkeit der Umkehr bei ähnlicher Breite um etwa 3 Größenklassen relativ zum kontinuierlichen Spektrum schwächer als bei r Geminorum. Arktur zeigt wenig stärkere Umkehr als Aldebaran. K ist bei allen 3 Sternen kräftiger als H. Bei der Sonne beobachtet man in Spektren sehr großer Dis- Persion überall auf ihrer Scheibe eine sehr feine und schwache Um- 310 Gesammtsitzung vom 27. März 1913. kehr vor allem der K-Linie. In vereinzelten Störungsgebieten wird die Umkehr so stark wie bei os Geminorum. Um ein Urteil über die durchschnittliche Stärke der Emission auf der Sonne, verglichen mit den Sternen, zu gewinnen, wurde (am 14. März 1913) das Spektrum des diffusen Himmelslichts mit derselben Dispersion, wie die Stern- spektren, aufgenommen und ähnlich stark exponiert. Das Spektrum des diffusen Himmelslichts entspricht ja dem durchschnittlichen Spektrum der Sonne. Auf diesen Aufnahmen war von einer Umkehr der H- und K-Linie nichts zu sehen. Daraus ist zu schließen, daß die Emission bei den obigen Sternen sehr viel stärker ist als auf der Sonne. Es seien noch folgende allgemeine Bemerkungen hinzugefügt. Linienumkehrungen in Sternspektren sind an sich nichts seltenes. Die hier gefundenen Umkehrungen sind aber deshalb interessant, weil sie sich auf Sterne beziehen, die der Sonne in ihrem ganzen Spektral- typus nahe verwandt und uns dadurch im einzelnen verständlicher sind. Dieselbe Art von Eruptionstätigkeit, die die Sonne in Flecken, Flocken und Protuberanzen zeigt, hat man sich offenbar auf Arktur und Aldebaran, vor allem aber auf s Geminorum in mächtig gesteigerter Intensität vorzustellen. Für Arktur stimmt damit das Ergebnis von Hrn. Anpanus', daß das Spektrum dieses Sterns auch in den Absorp- tionslinien einen Übergang vom normalen Sonnenspektrum zum Spek- trum der Sonnenflecken darstellt. Für die Folge ergeben sich zwei Probleme. Es werden die Eimissionslinien der Sterne auf eine etwaige Veränderlichkeit ihrer Intensität in Analogie zur Sonnenfleckenperiode zu prüfen sein. Ferner ist durch die Untersuchungen der HH. Desranpres’ und Sr. Jous” bekannt, daß die Zentren der Caleiumemission auf der Sonne eine radial auswärts gerichtete Bewegung von ı km/see. haben. Es wird noch durch genauere Wellenlängenbestimmung der Caleiumemission der Sterne zu prüfen sein, ob mit der größeren Gesamtintensität der Emission auch eine größere Aufstiegsgeschwindigkeit verbunden ist. ! Astrophys. Journal Bd. XXIV S. 69. ? Comptes rendus, 1905, S. 381. ® Astrophys. Journal Bd. 32 S. 36. Fischer u. K. Zacn: Reduction der Acetobromglucose und ähnlicher Stoffe. 311 Reduktion der Acetobromglucose und ähnlicher Stoffe. Von Enmır FıscHer und Karr Zacm. - Nach der allgemein angenommenen Strukturformel der Acetobrom- glucose sollte man erwarten, daß beim Ersatz des Halogens durch Wasserstoff ein Tetraacetylderivat des Sorbits entstehe. Nun wird das Brom durelı Behandlung mit Zinkstaub und Essigsäure bei gewöhn- licher Temperatur und sogar schon bei 0° rasch abgelöst, aber der Prozeß verläuft in ganz anderem Sinne, als obiger Erwartung ent- sprechen würde. Es entsteht in reichlicher Menge ein gut kristalli- sierender Körper, der nach der Analyse, Molekulargewichtsbesti g und dem Resultat der Hydrolyse die Formel C,,H,,O, hat. Seine Ent- stehung aus der Acetobromglucose läßt sich also durch folgende em- Pirische Gleichung ausdrücken C,„H,0,Br+2H = (C,H,0,+(C,H,0,+HBr. Das neue Produkt addiert in Chloroformlösung sofort 2 Atome Brom, scheint mithin eine Äthylenbindung zu enthalten. Durch Alkalien oder Barytwasser wird es schon bei gewöhnlicher Temperatur leicht verseift. Dabei entsteht Essigsäure, und zwar entspricht ihre Menge 3 Molekülen. Das zweite Produkt ist ein in Wasser und Alkohol äußerst leicht löslicher dieker Sirup, den wir bisher nicht kristallisiert erhielten. Leider ist es auch nicht gelungen, kristallisierte Derivate zu bereiten, dagegen läßt es sich im hohen Vakuum destillieren, und die Analysen des Destillats stimmen am besten auf die Formel C,H,0O,. Es scheint deshalb aus dem Acetylprodukt nach folgender Gleichung zu entstehen: C„H,0,+2H,0 = &%H,0, +3C,H,0,. Der neue Körper zeigt die Reaktionen der Aldehyde. Er färbt die fuchsinsch weflige Säure, reduziert Silberoxyd und Feruuisesche Lösung in der Wärme und wird durch warme Alkalien rasch gelb bis braun gefärbt. Mit Phenylhydrazin, Benzylphenylhydrazin und Bromphenyl- hydrazin gibt er ölige Derivate, die den Hydrazonen, aber nicht den Osazonen gleichen. Von den gewöhnlichen Zuckern unterscheidet er Sich ferner durch das Verhalten gegen Brom, das er in wässeriger 312 Gesammtsitzung vom 27. März 1913. Lösung sofort entfärbt, wie auch gegen Mineralsäuren, von denen er außerordentlich schnell in eine dunkle harzige Masse verwandelt wird. Endlich gibt er bei Gegenwart von Salzsäure eine intensive grüne Fichtenspanreaktion. Diese Eigenschaften haben uns auf die Vermutung geführt, daß er ein Derivat des Dihydrofurans ist, etwa von folgender Struktur HC==CH an a no In der Acetylverbindung müßten dann allerdings 2 Essigsäure durch die Aldehydgruppe nach Analogie des Methylendiacetats gebunden sein. Da die Entstehung eines so konstituierten Körpers aus der Aceto- bromglucose ein recht verwickelter Vorgang wäre, so betonen wir aus- drücklich, daß obige Formel keineswegs durch unsere Versuche be- wiesen wird, und daß wir sie nur als einen vorläufigen Versuch zur Veranschaulichung der Beobachtungen betrachten. Das von uns angewandte Reduktionsverfahren ist nicht auf die Acetobromglucose beschränkt, denn die Erscheinungen wiederholten sich bei der Acetobromgalactose und der Acetobromlactose. Allerdings waren die Produkte hier weniger schön. Aus der Acetobromgalactose erhielten wir ein dickflüssiges Öl. Auch der Körper aus Acetobrom- lactose wurde bisher nicht kristallisiert gewonnen, aber er bildet eine feste, farblose Masse, deren Analyse sich gut ausführen ließ. Da es sich hier also offenbar um eine neue, ziemlich große und recht eigenartige Körperklasse handelt, für die eine rationelle Bezeichnung noch nicht möglich ist, so scheint es uns zweckmäßig, dafür empirische Namen zu wählen. Wir nennen deshalb das Derivat der Glucose entsprechend seiner Aldehydnatur Glucal und die zugehörige Acetylverbindung, in der die Bindung der 3 Essigsäurereste noch nicht sicher festgestellt ist, Acetoglucal. Für das erste Produkt aus Acetobromlactose ergibt sich der analoge Name Acetolactal. Acetoglucal. 10 g Acetobromglucose werden mit 100 cem abgekühlter 50pro- zentiger Essigsäure übergossen und nach Zusatz von 20 g Zinkstaub 1!/; Stunden auf der Maschine bei Zimmertemperatur kräftig geschüttelt. Dabei geht die Acetobromglucose allmählich in Lösung. Die Reduktion kann auch bei 0° ausgeführt werden; da aber die Ausbeute dadurch nicht besser wird, so hat diese Abänderung keinen Zweck. Sehließ- lich wird die klare Essigsäurelösung vom Zinkstaub abgesaugt und Fiscaer u. K. Zac#: Reduction der Acetobromglucose und ähnlicher Stoffe. 313 bei 10—20 mm Druck bis zur Abscheidung von Zinksalzen einge- dampft. Man verdünnt jetzt mit 100 ecem Wasser, extrahiert das ge- fällte Öl mit Äther und wäscht die ätherische Lösung erst sorg- fältig mit Natriumbicarbonatlösung und dann mit Wasser. Beim Ver- dampfen des Äthers bleibt der Acetylkörper als farbloses Öl, das beim Impfen sehr rasch kristallisiert. Ausbeute 5.5 g oder 83 Prozent der Theorie. Ohne Impfung braucht das Öl Tage oder Wochen, bevor es spontan erstarrt. Durch einmaliges Umkristallisieren aus verdünntem Alkohol ist die Substanz leicht ganz rein zu erhalten. Für die Analyse wurde im Vakuumexsikkator über Phosphorpentoxyd getrocknet. 0.1704 g Substanz: 0.3300 g CO,, 0.0906 g H,O 0.1490 8 » 0.2889 g CO,, 0.0792 g H,O C„H,O, (M.G. 272.13) Berechnet: 52.91), C 5.93% H Gefunden: 52.82 52.88%,C 5.95 5.95°0 H Zu den optischen Bestimmungen diente die alkoholische Lösung. I. 0.1237 g Substanz. Gesamtgewicht der Lösung 1.3127 g. d”° = 0.815. Drehung im ı-dem-Rohr bei 20° und Na- triumlicht 1.0° nach links. Mithin [e]} = — 13.02°. II. 0.1008 g Substanz. Gesamtgewicht der Lösung 1.0802 g. d’° = 0.815. Drehung im ı-dem-Rohr bei 20° und Na- triumlicht 0.99° nach links. Mithin [@]3 = — ı3.02°. Die Molekul htbesti g wurde in Bromoformlösung aus- geführt, für die Kr 143 angenommen ist. Gewicht des Lösungs- mittels 49.14. 8. I. 0.2878 g Substanz A = 0.508° Mithin M= 27:9 I. 0.5980 g Substanz A = 0.653° Mithin M= 264,5 II. 0.9019 g Substanz A = 0.999° Mithin M= 262,7 Der Mittelwert aus diesen Bestimmungen ist 266.4 während 272.1 berechnet ist. 5 Die Substanz schmilzt nach vorherigem Sintern bei 534—55° und läßt sich in kleiner Menge sogar bei gewöhnlichem Druck destillieren. Sie löst sich leicht in allen gebräuchlichen organischen Lösungsmitteln, 314 Gesammtsitzung vom 27. März 1913. außer Petroläther und Ligroin, von denen sie nur in der Wärme leicht aufgenommen wird. In heißem Wasser löst sie sich auch ziem- lich gut und fällt beim Erkalten ölig aus. Sie reduziert die Frurine- sche Lösung in der Wärme stark, aber doch erheblich schwächer als Traubenzucker. Die in der Wärme bereitete und rasch abgekühlte wässerige Lösung färbt fuchsinschweflige Säure, die in der üblichen Weise durch Lösen von 0.5 g Fuchsin in 100 cem Wasser, Sättigen mit gasförmigem Schwefeldioxyd bereitet, und nach der Entfärbung durch Evakuieren von dem überschüssigen SO, befreit ist, nach einigen Minuten ganz schwach rosa. Die Färbung wird im Laufe von ı bis 2 Stunden ganz deutlich, bleibt aber sehr viel schwächer als bei dem Glucal selbst. Die Acetylverbindung scheint also keine freie Aldehyd- gruppe zu besitzen und die schwache Reaktion mit fuchsinschwef- liger Säure ist vielleicht nur durch eine vorhergehende geringe Ler- setzung, d. h. Abspaltung von Acetylgruppen hervorgerufen. Einwirkung von Brom. Wie schon erwähnt, nimmt das Acetoglucal leicht 2 Atome Brom auf, wie folgender Versuch zeigt: ı g wurde in 10 cem reinem Chloroform gelöst, mit Eis abgekühlt und mit einer Lösung von Brom in Chloroform, die im Kubikzentimeter 0.05115 Brom enthielt, solange versetzt, bis eben eine bleibende Gelb- färbung eintrat. Dazu waren 11.2 cem Bromlösung nötig. Die Menge des addierten Broms betrug also 0.573 g, während 0.588 g nach der Gleichung C,,H,,0,+ 2 Br=(,H,0, Br, berechnet sind. Eine zweite Bestimmung mit ı g Substanz gab 0.583 g addiertes Brom. Beim Verdunsten der Chloroformlösung blieb das Additionsprodukt als diekes farbloses Öl zurück, das bisher nicht kristallisierte. Darüber braucht man sich nicht zu wundern, da bei Addition von Brom an die Äthylengruppe eines asymmetrischen Moleküls 4 verschiedene stereoisomere Körper entstehen können. Der Bromkörper ist in kaltem Wasser sehr schwer löslich, beim Kochen geht er allmählich in Lösung, wird aber dabei in leicht lösliche Produkte verwandelt. Er reduziert sehr stark Fenuumesche Lösung. Bestimmung der Acetylgruppen. Nachdem wir uns über zeugt hatten, daß das Acetoglucal schon durch verdünntes Barytwasser bei gewöhnlicher Temperatur völlig verseift wird, wurde ı g gepulvertes reines Präparat mit 100 ccm - Barytlösung bei gewöhnlicher Temperatur auf‘ der Maschine geschüttelt. «Schon nach ı Stunde war der größte Teil gelöst. Nach ı5stündigem Schütteln wurde das unverbrauchte Bariumhydroxyd durch n-Salzsäure mit Phenolphtalein als Indikator zurücktitriert. Dazu waren nötig beim ersten Versuch 3.95 ecm und beim zweiten, ganz unabhängig ‚davon ausgeführten Versuch 9 cem. _ Fısczer u. K. Zacn: Reduction der Acetobromglucose und ähnlicher Stoffe. 315 n-Salzsäure. Mithin waren verbraucht zur Neutralisation der Essig- säure 55.25 bzw. 55.0 cem = Barytwasser, während für 3 Moleküle Essigsäure 55.12 cem. berechnet sind. Glueal. 10og reine Acetverbindung wurden mit einer Lösung von 508g kristallisiertem, reinem, wasserhaltigen Bariumhydroxyd in 700 cem Wasser ı5 Stunden bei Zimmertemperatur geschüttelt, dann der Baryt genau mit Schwefelsäure ausgefällt und die filtrierte Flüssigkeit bei 10—15 mm Druck eingedampft. Wenn man jeden Überschuß von Schwefelsäure vermieden hat, bleibt das Glucal als farbloser Sirup zurück. Die einzige Reinigungsmethode, die wir bisher gefunden haben, ist die Destillation im hohen Vakuum. Zu dem Zweck wurde der Sirup mit Alkohol aufgenommen und wieder an der Wasserstrahlpumpe ver- dampft, um alle Essigsäure zu entfernen; dann wurde mit wenig Alkohol in ein kleines Fraktionierkölbehen umgefüllt, der Alkohol wieder ver- dunstet und der Rückstand aus dem Ölbad in der üblichen Weise unter 0.2mm Druck destilliert. Bei einer Ölbadtemperatur von 170—185° ging das Glucal langsam als dicker farbloser Sirup über, während im Destillationsgefäß eine dunkle Masse zurückblieb. Das Destillat wurde direkt analysiert: 0.1289 g Substanz: 0.2628 g CO,, 0,0763 g H,O 0.1435 8 » 0.2932 g CO, 0,0840g H,O C‚H,0, (128,06) Berechnet: 56.22), C 6.30% H Gefunden: 55.61 55.72%0 6.62 6.55°/ H Öbschon die Zahlen an Genauigkeit zu wünschen übrig lassen, Sprechen sie doch sehr für die angenommene Formel. Wir halten aber weitere Versuche zu ihrer Sicherstellung für nötig. Das Glucal ist sehr leicht löslich in Wasser und Alkohol, Save in Äther. Es reduziert stark Fenumesche Lösung, bräunt sich mit Alkalien und ist besonders empfindlich gegen Mineralsäuren. Über- gießt man es z. B. mit kalter, rauchender Salzsäure, so färbt es sich sofort dunkel und verwandelt sich in ein dunkles Harz. Mit 5n-Salz- säure geht die Veränderung langsamer vonstatten und das Harz hat eine schmutziggrüne Farbe. Die Harzbildung findet auch beim Er- hitzen mit sehr verdünnter Salzsäure statt. Mit fuchsinschwefliger Säure gibt es schon nach einigen Minuten eine starke rotviolette Färbung. Bringt man einen Fichtenspan erst 316 Gesammtsitzung vom 27. März 1913. in eine wässerige Lösung des Glucals und dann in Salzsäuredampf oder in konzentrierte wässerige Salzsäure, so färbt er sich intensiv grün. Erhitzt man ı Teil Glucal mit 2 Teilen salzsaurem Phenylhydrazin, 3 Teilen Natriumacetat (wasserhaltig) und ı5 Teilen Wasser ı Stunde auf dem Wasserbad, so färbt sich die Lösung gelb und scheidet in der Kälte ein gelbrotes Öl ab, das in heißem Wasser ziemlich leicht löslich ist und bisher nicht kristallisiert erhalten wurde. Ähnliche Produkte liefern Bromphenylhydrazin und Benzylphenylhydrazin. Die wässerige Lösung des Glucals entfärbt sofort Bromwasser. Das destillierte Präparat schmeckte stark bitter. Rückverwandlung des Glucals in die Acetverbindung. 2 g möglichst trockenes, aber nicht destilliertes Glucal wurden mit 20cem Essigsäureanhydrid und 2g trockenem Natriumacetat 14 Stunden auf 100° erhitzt, dann die schwach gefärbte Lösung unter stark ver- mindertem Druck verdampft und der Rückstand noch mehrmals mit Alkohol abgedampft, um alles Essigsäureanhydrid zu entfernen. Schließlich wurde mit Wasser versetzt, das abgeschiedene Öl ausge- äthert, der ätherische Auszug mit Bicarbonat und Wasser gewaschen, filtriert und verdampft. Das zurückbleibende Öl erstarrte beim Impfen bald und zum größeren Teil. Anhaftendes Öl wurde durch scharfes Pressen zwischen Fließpapier entfernt und der Rückstand aus ver- dünntem Alkohol umkristallisiert. Ausbeute ı.1g. Das Präparat zeigte den Schmelzpunkt, das optische Drehungsvermögen und auch die Zu- sammensetzung der ursprünglichen Acetverbindung. 0.1524 g Substanz: 0.2959 g CO, 0.0796 g H,O C„H,O, (272.13) Berechnet: 52.910 C 5.93 °/o H Gefunden: 52.950 C 5.85 °/o H 0.1100 g Substanz Gesamtgewicht der alkoholischen Lösung 1.1756g. d” = 0.816. Drehung im ı-dem-Rohr bei 20° und Natrium- licht 0.99° nach links. Mithin lea = —12.97° Acetolaetal. Die Reduktion der Acetobromlactose verläuft genau so wie bei der Acetobromglucose. 5 5 reine Re A ORIODROERIBCPANE, die aus Oktacetyllae- tose durch B lösung hergestellt war', wurden mit 5o cem Essigsäure und 10og Zinkstaub 1 ‚Stunde bei Zimmertemperatur gechüiieih dann die Lösung filtriert, mit festem Natriumbicarbonat neu“ ı E. Fıscuer und H. Fischer, Ber. d. D. chem. Ges. 43. 2530 (1910). Fisc#er u. K. Zacn: Reduction der Acetobromglucose und ähnlicher Stoffe. 317 tralisiertt und das abgeschiedene Öl ausgeäthert. Als der mit Wasser sorgfältig gewaschene Äther verdampft wurde, blieb eine farblose, blät- terige, aber amorphe Masse zurück, die nach dem Trocknen im Vakuum- exsikkator direkt zur Analyse diente. 0.1417 g Substanz: 0.2667 g 00, 0.0753 g H,O C,,H,.O,, (560.26) Berechnet: 51.40°%% 0 5.76° H Gefunden: 51.3306 C 5.95°/o H Die Bildung des Acetolaetals erfolgt also nach der Gleichung C„H,O,, BB+2H = C,H,0,+C,H,0,+ HBr Abgesehen von der geringeren Neigung zur Kristallisation gleicht es dem Acetoglucal nicht allein in den Löslichkeitsverhältnissen, sondern auch in dem Verhalten gegen Brom in Chloroformlösung, Verseifung durch Alkalien usw. 318 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr. Zur Physiologie der Zellteilung. Von G. HABERLANDT. (Vorgetragen am 27. Februar 1913 [s. oben S. 253].) 1; Vor einer Reihe von Jahren habe ich in den Sitzungsberichten der Akademie der Wissenschaften zu Wien über Kulturversuche berichtet', die ich mit künstlich isolierten vegetativen Zellen von höher entwickelten Pflanzen in verschiedenen Nährlösungen angestellt hatte. Ich ging da- bei von der Voraussetzung aus, daß die Ergebnisse solcher Kultur- versuche manches interessante Streiflicht auf die Eigenschaften und Fähigkeiten werfen würden, die die Zelle als Elementarorganismus in sich birgt; auch waren Aufschlüsse über die Wechselbeziehungen und gegenseitigen Beeinflussungen zu erwarten, denen die Zellen innerhalb des vielzelligen Gesamtorganismus ausgesetzt sind. Zu diesen Versuchen wurden vor allem grüne Assimilationszellen, und zwar Palisadenzellen sowohl wie Schwammparenchymzellen, ver- wendet, die auf mechanischem Wege leicht zu isolieren waren. Als sehr geeignet erwiesen sich in dieser Hinsicht die Hochblätter von Lamium purpureum; kleine Blattfragmente wurden auf einem ÖObjektträger in einigen Tropfen der Nährlösung mit zwei Nadeln so lange zerzupft, bis die Betrachtung mit eihem schwachen Objektivsysteme das Vorhanden- sein zahlreicher isolierter Palisaden- und Schwammparenchymzellen er- gab. Dieselben wurden teils im hängenden Tropfen, teils in kleinen PETkr- Schalen, die ungefähr ıo cm’ der Nährlösung enthielten, gezüchtet. Die Kulturschalen waren gut beleuchtet, vor direkter Insolation aber geschützt. Natürlich wurden verschiedene Maßregeln getroffen, um die Kulturen möglichst bakterien- und pilzfrei zu erhalten. Als Nähr- lösungen dienten: Wasserleitungswasser, Knorsche Nährstofflösung» 1— 5 prozentige Rohrzuckerlösungen, Knorsche Nährstofflösung mit Zusatz von Rohrzucker, Traubenzucker, Glyzerin, Asparagin und Pepton in wechselnden Kombinationen und Konzentrationen. ı G. HagerLanpt, Kulturversuche mit isolierten are, Sitzungsber- .d. 2 k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Math.-naturw. Klasse, ıııB, Hagertanor: Zur Physiologie der Zelltheilung. 319 Die mit den Assimilationszellen von Lamium purpureum angestellten Versuche ergaben im wesentlichen folgende Resultate: Im diffusen Tageslichte blieben die Zellen wochenlang am Leben, am längsten in Knorscher Nährlösung, die überdies ı Prozent Rohrzucker enthielt. Hier waren auch nach einem Monat noch einzelne Zellen am Leben. Im Dunkeln gingen die Zellen weit rascher zugrunde. Die Chlorophyll- körner assimilierten wenigstens in der ersten Zeit ganz kräftig. Bei der Kultur in Knorscher Nährlösung werden sie allmählich kleiner. blasser und können sich schließlich in zart konturierte kleine Leuko- plasten umwandeln. In 3—5 prozentigen Rohrzuckerlösungen nehmen sie dagegen an Größe nicht ab und erscheinen bis zum Tode der Zelle noch intensiv grün gefärbt. Fast immer ließ sich beobachten, daß die kultivierten Assimi- lationszellen ein mehr oder minder ausgiebiges Wachstum zeigten. Die durchschnittliche Länge der normalen Palisadenzellen zu Beginn der Versuche betrug 5ow, ihre Breite 27%. In den Kulturen wuchsen sie bis zu 1084 Länge und 62 u Breite heran. Daraus berechnet sich eine Volumzunahme um das ıı fache des ursprünglichen Volums. Die zylindrischen Palisadenzellen zeigten dabei im allgemeinen ein stärkeres Breiten- als Längenwachstum; sie suchten sich abzurunden und der Kugelform zu nähern. Weniger ausgiebig, aber immerhin noch sehr beträchtlich war das Wachstum der Schwammparenchymzellen. Die Zellmembranen der isolierten Assimilationszellen zeigten aber nicht nur Flächen-, sondern auch Diekenwachstum. Häufig stellten sich lokale Membranverdiekungen ein, wie an den Querwänden der Pali- sadenzellen oder in den Einbuchtungen der Schwammparenchymzellen. Auch mit chlorophyllosen Zellen wurden Kulturversuche aus- geführt. Am bemerkenswertesten waren die Ergebnisse, die ich mit den Zellen der Staubfadenhaare von Tradescantia pirginica erzielte. Die noch nicht ganz ausgewachsenen Haare wurden zerschnitten und in 4—8 zelligen Fragmenten in einen hängenden Tropfen der Nähr- lösung gebracht, die 2 Prozent Traubenzucker und 0.4 Prozent Aspa- ragin enthielt. Gewöhnlich starben in den Teilstücken alle Zellen bis auf ı bis 2 ab, so daß tatsächlich einzelne Zellen gezüchtet wurden. Überrasehend war nun vor allem die lange Lebensdauer dieser isolierten Haarzellen. Noch nach 26 Tagen waren zahlreiche Zellen am Leben. Durch die künstliche Ernährung konnte also ihre Lebensdauer weit über das Normale hinaus verlängert werden. Dabei zeigten die Zellen ein sehr kräftiges Wachstum und wiesen auch kräftig entwickelte Plasmakörper auf. Sehr auffallend war das Verhalten der an tote Nachbarzellen Srenzenden Querwände. Dieselben wurden natürlich infolge des Turgor- 320 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr. druckes in die Lumina der abgestorbenen Nachbarzellen vorgewölbt und zeigten meist ein ganz auffälliges Diekenwachstum. Die Membran wurde schließlich 3—5 mal so dick, als sie anfänglich war. Häufig erstreckte sich die Verdickung auch auf die angrenzenden Partien der Außenwände und verlor sich hier allmählich. Im Schlußkapitel meiner Arbeit, über deren Ergebnisse ich hier kurz referiert habe, ist bereits auf den bemerkenswerten Umstand hin- gewiesen worden, daß trotz des so häufigen und auffallenden Wachs- tums der kultivierten Zellen niemals Zellteilungen zu beobachten waren. Ich bezeichnete es demnach als Aufgabe künftiger Kultur- versuche, die Bedingungen ausfindig zu machen, unter denen isolierte Zellen zur Teilung schreiten. Es wurde auf die Möglichkeit hinge- wiesen, daß »Wuchsenzyme« im Sinne von Beverinck bei den Zell- teilungen eine wesentliche Rolle spielen. Solche Wuchsenzyme könnten in Vegetationsspitzen, Pollenschläuchen oder Embryosäcken enthalten sein. Wenn es gelänge, sie in geeigneter Weise auf isolierte vege- tative Zellen einwirken zu lassen, so würde es möglicherweise zu den gewünschten Zellteilungen kommen. In einer Besprechung meiner Arbeit in der »Botanischen Zeitung« (1902, II. Abt., S. 262) hat Hans WınktLer meine Angaben bestätigt und zugleich in Kürze die Ergebnisse seiner eigenen Versuche mit- geteilt. Die von mir angeregten Versuche über die teilungsauslö- sende Wirkung von » Wuchsenzymen« ergaben mit Ausnahme eines einzigen Falles, den Wiıskter nicht näher schildert, keine befriedigenden Ergebnisse. Dagegen gelang es ihm, die Wurzelparenchymzellen von Vieia faba zu einigen Teilungen zu veranlassen, wenn der Nährlösung (Knor +1 Prozent Rohrzucker) 0.002 Prozent Co SO, zugefügt wurde. Dieses Ergebnis ist deshalb bemerkenswert, weil es die schon so oft geäußerte Ansicht bestätigt, daß durch chemische Reizung die Zellen zur Teilung angeregt werden können. Auch bei der Gallenbildung und den mit ihr im Zusammenhange stehenden Zellteilungen handelt es sich ja höchstwahrscheinlich um eine chemische Beeinflussung seitens des betreffenden Insektes oder Pilzes’. Dadurch wird der Analogie- schluß nahegelegt, daß auch in der normal wachsenden Pflanze che- mische Reize, die von bestimmten Organen, Geweben oder Zellen ausgehen, bei den Zellteilungsvorgängen eine wichtige, vielleicht aus- schlaggebende Rolle spielen. ! Die in Aussicht gestellte ausführliche Arbeit ist meines Wissens bisher noch nicht erschienen. 2 Vgl. Beyerinck, Über das Cecidium von Nematus Capreae auf Salix amys° dalina, Bot. Ztg. 1880. — E. Küster, Die Gallen der Pflanzen, Leipzig 1911. diesem Buche findet sich (S. 279 ff.) ein zusammenhängendes Kapitel über »die Zellen als Chemomorphosen«. HaserLannr: Zur Physiologie der Zelltheilung. 321 D. Vor ungefähr anderthalb Jahren habe ich die Frage nach den physiologischen Bedingungen der Zellteilung neuerdings in Angriff ge- nommen, dabei aber insofern einen anderen Weg eingeschlagen, als ich nicht mehr mit isolierten Zellen, sondern mit verschieden großen Zellkomplexen, bzw. Gewebefragmenten experimentierte. Ich suchte die Frage zu beantworten, wie klein die Gewebestückchen sein können, um noch jene Zellteilungen zu erfahren, die bei mechanischen Verletzungen der Organe zur Wundkorkbil- dung führen oder die Kallusbildung begleiten. Ferner wurde die Frage aufgeworfen, ob in den kultivierten Zellkomplexen ganz be- stimmte Gewebearten vertreten sein müssen, damit es in ihnen zur Zellteilung kommen könne. Schon das Ergebnis einiger Vorversuche führte dazu, auf diese zweite Frage das Hauptgewicht zu legen. Die große Mehrzahl der Versuche wurde im Herbst und Winter ıgıı/ı2 und 1912/13 mit Gewebestückchen der Kartoffelknolle ausgeführt. Dieses Versuchsobjekt war für derartige Versuche aus verschiedenen Gründen besonders geeignet. Das Speichergewebe der Kartoffel enthält so reichlich Reservestoffe, daß in jeder einzelnen Zelle die zur Teilung notwendigen Baustoffe in mehr als hinreichender Menge vorhanden sind!. Ferner ist es allbekannt, wie leicht und zahl- reich an Schnittflächen von Kartoffelknollen jene Zellteilungen auf- treten, die auf Wundkorkbildung abzielen. Die Bedingungen, unter denen diese Teilungen sich einstellen, sind von verschiedenen Forschern zum Gegenstande eingehender Untersuchungen gemacht worden, so daß schon mancherlei Erfahrungen vorlagen, die mir bei meinen Ver- suchen von Nutzen waren”. Was die Versuchsmethodik betrifft, so ist folgendes zu be- merken: Die aus der Kartoffelknolle herausgeschnittenen Stücke waren von würfelförmiger, meist aber von tafelförmiger Gestalt. Gewöhnlich wurden mittels des Mikrotoms 0.25 bis 0.5 mm dicke Sehnitte her- gestellt; dieselben wurden mit Leitungswasser abgespült und dann ! Betreffs der im Zellsaft gelösten stickstoffhaltigen Speicherstoffe der Kartoffel- knolle, die teils aus Amiden, teils aus Eiweißsubstanzen bestehen, vgl. G. HaprrLanD, Physiol. Pflanzenanatomie, 4. Aufl., S. 381 : ? So hat bereits L. Orursen (Untersuchungen über Wundperidermbildung an Kartoffeln, Beihefte zum Bot. Zentralblatt, ı5. Bd., 1903, S. 273) mit kleinen Knollen- Stücken experimentiert, um zu ermitteln, wie groß relativ eine Wunde sein kann, um noch zu vernarben. Doch gibt er zwar die Querschnittsgrößen der Gewebeprismen au, nicht aber ihre Höhen. Bei Verwendung von Schalenstücken wird nur ihre Dicke mitgeteilt. Auch hat sich Orursen nicht die Frage vorgelegt, ob für den Eintritt von Zellteilungen im Speichergewebe der Kartoffel die Anwesenheit anderer Gewebearten Eine unerläßliche Voraussetzung ist oder nicht. Sitzungsberichte 1913. | ” 322 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr. auf einer Glasplatte mittels eines Skalpells in quadratische oder recht- eckige Plättehen von verschiedener Größe zerlegt. Die Länge und Breite dieser Plättehen schwankte gewöhnlich zwischen I—5 mm, doch wurden auch noch kleinere und größere Plättchen gezüchtet. Da der Durchmesser der isodiametrischen Speicherzellen der Kartoffelknolle 0.13—0.15 mm beträgt, so bestanden die Plättchen aus 2—3 intakten Zellagen, stellenweise auch nur aus einer. Ein quadratisches Plättchen von ı mm Seitenlänge und 0.25 mm Dicke setzte sich aus etwa 100— 150 Speicherzellen zusammen. Die Plättehen bestanden nicht immer nur aus Speichergewebe. Viele von ihnen waren in verschiedenen Richtungen von Gefäßbündel- fragmenten durchzogen, und zwar entweder von zusammengesetzten Bündeln aus Leptom und Hadrom oder nur von zarten Leptombündeln. In den Stengeln der Solanaceen treten bekanntlich in der Peripherie des Markes zarte Leptomstränge auf, die unter den Hadromteilen des Ge- fäßbündelkreises dichter angeordnet sind, doch auch zwischen den benachbarten Gefäßbündeln, also unter dem Interfaszikularkambium auftreten. In der Kartoffelknolle ist aus diesen Leptombündeln ein den größten Teil des Markes durchziehendes Netzwerk geworden, so daß auf Längs- wie auf Querschnitten durch die Knolle Bündelfragmente zu be- obachten sind, die teils längs zur Schnittfläche, teils quer, oder auch schräg verlaufen. Der zentrale Teil des Markes von etwa ı bis 1.5 cm Durchmesser, der sich durch seinen geringeren Stärkegehalt und durch eine meist recht auffällige Umlagerungsfähigkeit seiner Stärkekörner auszeichnet, ist in der Regel bündelfrei. Dagegen wird die Rinde der Knolle von mehr oder weniger zahlreichen Leptombündeln durchzogen. Die histologische Untersuchung dieser das Mark und die Rinde durchziehenden Leptomstränge lehrt, daß sie aus Siebröhren bestehen, deren Glieder bis 0.09—0.16 mm lang und 0.008—0.0ı mm breit sind. Ihre mit großen Kernen versehenen Geleitzellen sind niemals quergeteilt, also ebenso lang wie die zugehörigen Siebröhrenglieder. Auch betreffs ihrer Weite stehen sie den Siebröhren nicht nach. Außerdem treten in den Bündeln auch großkernige Parenchymzellen auf, die entwicklungsgeschichtlich als Nebenzellen bzw. Schwester zellen der Röhrenglieder und ihrer Geleitzellen aufzufassen sind. Auf Querschnitten lassen sich diese twicklungsgeschichtlichen Bezie- hungen der Bündelelemente, die Entstehung eines ganzen Bündels samt seinen »Nebenzellen«, aus einer einzigen Urmutterzelle oft sehr deutlich feststellen'. ! Diese Angaben beruhen auf Untersuchungen, die Frl. Wenpeı auf meine Ver- anlassung hin im Botanischen Institut der Universität Berlin ausgeführt hat. Die Er- gebnisse dieser Untersuchungen werden später ausführlicher mitgeteilt werden. HaserLanpt: Zur Physiologie der Zelltheilung. 323 Bereits Kny' hat gefunden, daß zum Auftreten der bei der Wund- korkbildung stattfindenden Zellteilungen freier Sauerstoff notwendig ist, und daß diese Teilungen durch einen mittleren Feuchtigkeitsgehalt der Luft am meisten begünstigt werden. So war schon von vorn- herein die Kulturmethode vorgezeichnet. Die Gewebestückehen wurden mit einem fast trockenen Pinsel auf feuchtes, gut ausgekochtes Filter- papier gebracht, das den Boden einer flachen Prrrı-Schale bedeckte. Noch vorteilhafter erwies sich aber die Kultur auf dem schwach ange- feuchteten Boden der Schale ohne Filterpapier oder auf Objektträgern; eine Verpilzung der Gewebestückchen trat hier viel seltener ein; auch der schädigende Einfluß von Bakterien machte sich weniger bemerkbar. Einige Kulturen wurden auch auf 2 prozentigem Agar und auf aus- gekochten Torfscheiben vorgenommen. Zur Anfeuchtung des Bodens der Prrer-Schalen bzw. des Filterpapieres wurde Leitungswasser, in manchen Fällen auch Kxorsche Nährlösung verwendet. Die mit einem Deckel versehenen Schalen stellte man auf große Porzellanschüsseln, deren Boden mit Wasser bedeckt war. Die Schüsseln wurden mit Glasglocken zugedeckt; die Gewebestückehen befanden sich so dauernd in sehr feuchter Atmosphäre. Bei geringerem Feuchtigkeitsgehalte der Luft wurde die Transpiration der dünnen Gewebeplättchen leicht zu groß, was den Eintritt der Zellteilungen ungünstig beeinflußte. An- derseits war auch eine andauernde, wenn auch nur ganz schwache Benetzung der Plättehen nicht günstig. Die Regulierung der Feuchtig- keitsverhältnisse ist bei der Kultur so kleiner Gewebestücke über- haupt keine leichte Sache. Sämtliche Kulturen wurden im diffusen Tageslichte vorgenommen’, vor direkter Insolation waren sie geschützt. Die Temperatur des Ver- suchsraumes betrug im Herbst und Winter 18—21°, im Sommer einige Grade mehr. Die Zahl der Gewebestückehen in jeder Einzelkultur schwankte zwischen 10 und 20 und darüber. Gewöhnlich wurde am 3. Tage nach Beginn des Versuches mit der Kontrolle der Gewebestückchen be- gonnen. Nach einer orientierenden Besichtigung bei schwacher Ver- größerung wurde das betreffende Würfelehen oder Plättehen in dünne Querschnitte zerlegt, die man dann bei stärkerer Vergrößerung ge- nauer untersuchte, En TA . LKnv, Über die Bildung des Wundperiderms an Knollen in ihrer Abhängig- keit von äußeren Einflüssen. Berichte der Deutsch. Bot. Gesellsch. 1889. * Von Kar (a.2.0. 8. ı 57) wurde bereits festgestellt, daß die Zellteilungen, welche die Bildung des Wundperiderms einleiten, im diffusen Tageslichte und unter Lichtabschluß gleichzeitig beginnen und ohne erheblichen Unterschied gleichmäßig fortschreiten. 28° 324 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr. Die Untersuchung wurde mit verschiedenen Kartoffelsorten vor- genommen. Außer einigen nicht näher bezeichneten, ziemlich grob- schaligen Sorten, die aus einer Viktualienhandlung stammten, kamen auch zwei zartschalige Sorten zur Verwendung, die unter den Namen »Kaiserkrone« und »Eiszapfen« von der Samenhandlung Joseph Klar in Berlin bezogen wurden. Ein nennenswerter Unterschied zwischen den einzelnen Sorten war in bezug auf den Eintritt der Zellteilungen nicht festzustellen. Doch gewann ich im allgemeinen den Eindruck, daß die Sorten mit diekerem Periderm in etwas höherem Maße zur Wundkorkbildung und den dazu führenden Zellteilungen disponiert sind als die Sorten mit zarter Korkhaut. Alle Versuche wurden mit vollkommen ausgewachsenen, reifen Kartoffelknollen durchgeführt. Aufgabe der Untersuchung war ja, festzustellen, unter welchen Bedingungen in kleinen Komplexen von Dauergewebszellen Teilungen eintreten. 11. Die ersten Kulturversuche, deren Beginn am 25. Oktober 1911 erfolgte, wurden mit 0.3 mm dünnen Gewebeplättchen, die dem Mark der Knolle entstammten, vorgenommen. Schon nach 4 bis 5 Tagen, spätestens nach einer Woche, stellte sich heraus, daß die leitbündel- losen Plättchen, ohne sich gebräunt zu haben, abgestorben waren. Zellteilungen ließen sieh nicht beobachten. Eine Auflösung der Stärke- körner hatte nicht stattgefunden. Die Mittellamellen der Zellwände waren meist aufgelöst, so daß sich die Zellen leicht voneinander isolieren ließen. Dasselbe Verhalten zeigten auch jene Plättchen, die ihrer Dieke nach von einem oder mehreren entsprechend kurzen Leptom- bündelehen durehquert wurden. Die Speicherzellen sowohl wie die Leptomelemente waren tot. Ganz anders verhielten sich dagegen jene Plättchen, die der Länge oder der Quere nach von Leptombündeln durchzogen wurden. Kleinere Plättehen (1x ı bis 1x2 mm) zeigten meist in ihrer ganzen Ausdehnung eine bräunliche Farbe, und ihre Zellen hingen fest zusammen. Größere Plättchen (2x2 bis 4x4 mm) wiesen diese Beschaffenheit wenigstens in der Umgebung der Bündel auf. Erst in einer Entfernung von ı bis 2 mm von den Bündelfrag- menten waren die Zellen farblos und abgestorben. Die genauere mikroskopische Untersuchung der gebräunten Ge webepartien ergab, daß in ihnen gewöhnlich, wenn auch nicht immer, 1 Nach ÖLursen (a. a.0. S. 271) vernarben unausgewachsene Knollen nach Verletzungen früher und ausgiebiger als vollentwickelte. Hasgertanpt: Zur Physiologie der Zelltheilung. 325 eine mehr oder minder weitgehende Auflösung der Stärkekörner ein- getreten war. Die Plasmakörper zeigten, wenn die Zellen noch nicht geteilt waren oder überhaupt ungeteilt blieben, eine kräftige Aus- bildung; von dem zentral gelagerten Zellkerne aus strahlten zahlreiche Plasmafäden und -balken gegen den Wandbelag zu. In den meisten Fällen waren auch Zellteilungen eingetreten, und zwar um so zahl- reicher, je näher die betreffenden Speicherzellen den Leptombündelchen lagen (Fig. ı). Die neu aufgetretenen Zellwände waren meist parallel zur Schnittfläche orientiert und traten in beiden bzw. in allen drei Schichten des Plättehens auf (Fig. 3). Dasselbe wandelte sich sonach wel: 1 } Zellteilungen in der Nachbarschaft eines Leptombündels am 8. Tage nach Beginn des Versuches. an den betreffenden Stellen in seiner ganzen Dicke in ein Folgeme- ristem um, das dann später wenigstens an den Oberflächen des Plätt- chens zu Wundkork wurde. Stellenweise bestanden die Plättehen nur aus einer einzigen intakten Zellage. Auch in dieser traten oft tangen- tiale Teilungen ein, wenn nur ein lebendes Leptombündel in der Nähe war (Fig. 2). Die sich teilenden Zellen zeigten nicht selten eine zur Teilungsebene senkrechte, doch nicht bedeutende Streekung. Häufiger aber ging der Teilung kein merkliches Wachstum voraus. Alle späteren Kulturversuche lieferten im wesentlichen das gleiche Ergebnis: In dünnen Plättehen, die nur aus ı bis 2 Zellagen bestanden, konnte Stärkeauflösung und Zellteilung ohne Gegenwart von längs- verlaufenden Bündelfragmenten nicht stattfinden. Dagegen zeigten dickere Plättchen aus 3 bis 4 Zellagen bisweilen ein abweichendes Verhalten. Es kam zur Bräunung bzw. Verkorkung der vorgewölbten peripheren Zellwände, ohne daß in den betreffenden Plättchen Bündel- fragmente vorhanden gewesen wären. In diesen Fällen blieben die Zellen auch nach ihrem Tode in festem gegenseitigen Verbande. Je größer diese bündellosen Gewebefragmente waren, desto häufiger trat 326 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr. in ihnen auch eine teilweise Auflösung der Stärke ein. Sogar ver- einzelte Zellteilungen waren manchmal zu beobachten. Die neu- gebildeten Zellwände zeigten gewöhnlich keine bestimmte Orientierung zur Wundfläche. Wenn solche, aus 3 bis 4 Zellagen bestehende Plätt- chen ihrer Dicke nach von Bündelfragmenten durchzogen wurden, so starben diese nicht immer bald ab. Dann traten in ihrer Nähe fast immer einzelne Zellteilungen auf, die sich bis in die vierte bis fünfte Zellschicht hinein erstreckten. Im einzelnen waren die Bilder, die sich dem Beobachter bei der Untersuchung der Gewebestückehen darboten, sehr mannigfaltig. Im folgenden möge eine Kultur, die am 7. November 1911 auf dem Glas- boden der Prrrı-Schale angelegt wurde, genauer beschrieben werden. Die Gewebeplättchen waren 0.25—0.3 mm dick und bestanden sonach aus ı bis 3 intakten Zellagen. Am ı3. November erfolgte die Untersuchung in der oben beschriebenen Weise. ı. Quadratisches Plättehen (1xı mm), bündelfrei. Stärke- körner intakt, Wände farblos, keine Zellteilungen; Zellen tot. 2. Quadratisches Plättehen (Ixı mm); in einer Ecke ein schrägverlaufendes, etwa 0.3 mm langes L.eptombündelfragment. Das Speichergewebe ist in der Umgebung des Bündels bis zum Rande des Plättchens gebräunt, die Zellen hängen zusammen, die Stärke- körner sind stark korrodiert oder aufgelöst; fast jede Zelle hat sich ı bis 2mal tangential geteilt. Der Flächeninhalt desjenigen Teiles des Plättchens, der diese Beschaffenheit zeigte und in der Ecke ein Bündelfragment besaß, betrug ungefähr 0.3 qmm. Der übrige Teil des Plättchens bestand aus weißlichen, stärkeführenden abgestorbenen Zellen. 3. Rechteckiges Plättehen (0.5 X 1.5 mm); längs einer Schmal- seite verläuft ein Leptombündel, das beiderseits bis an den Rand reicht. Die angrenzenden, etwa 0.1 und 0.3 mm breiten Gewebestreifen zeigen dasselbe Verhalten wie bei Plättehen 2. Die Teilungen waren nament- lich in den an das Bündel angrenzenden Zellen sehr zahlreich; jede Zelle hatte sich 3—4 mal geteilt, das übrige Gewebe war stärkehaltig und abgestorben. | 4. Rechteckiges Plättehen (1 x 1.5 mm); zwei Leptombündel durchziehen es fast der ganzen Länge nach, reichen aber nicht bis zu den Schmalseiten. Das Speichergewebe ist zwischen den Bündeln so“ wie beiderseits bis auf eine Entfernung von 0.2 und 0.3 mm von den Längsseiten gebräunt, stärkelos oder mit zahlreichen kleinen sekun- dären Stärkekörnern versehen. Zellteilungen häufig. Die weißen Rand- partien des Plättehens enthalten normale große Stärkekörner. — Das eine Leptombündel war etwas länger als das andere und an seinem Haserranpr: Zur Physiologie der Zelltheilung. 327 Ende umgebogen. Der an dieser Stelle angefertigte Querschnitt war deshalb interessant, weil hier nur eine intakte Zellage vorhanden war, an die auf einer Seite das Bündel grenzte. Die Zellen hatten sich, wie die Abbildung (Fig. 2) lehrt, teils senkrecht, teils parallel zur Fläche geteilt. Auf der dem Bündel gegenüberliegenden Seite war eine große Kalluspapille entstanden, eine Erscheinung, die ich an so Erklärung im Text. kleinen Knollenstückehen unter den angegebenen Kulturbedingungen nur selten beobachtet habe!. 5. Rechteckiges Plättehen (1x 2.5 mm); zwei Bündelfrag- mente durchziehen es der Dieke nach, sind also nur etwa 0.25 mm lang. Alle Zellen tot, mit Ausnahme der den Bündelfragmenten be- nachbarten, in denen die Stärkekörner zum Teil aufgelöst sind. Keine Zellteilungen. 6. Quadratisches Plättehen (4x 4 mm), von vier Bündel- fragmenten der Dicke nach durchzogen; zwei davon sind zusammen- gesetzte Bündel und besitzen Tracheiden. Die Bündel sowohl wie die Speicherzellen des Plättehens sind abgestorben, letztere farblos, normal stärkehaltig. Keine Zellteilungen. 7. Rechteckiges Plättehen (1.5 X 2.5 mm). In der Mitte zwei kurze, etwa 0.8 mm lange, schräg verlaufende Bündelfragmente. In ihrer Umgebung ist das Gewebe gebräunt, die Stärke ist nur zum geringen Teile gelöst, die Zellkerne sind häufig zentral gelagert und an radialen Plasmafäden suspendiert. Keine Zellteilungen. Im Anschluß daran mögen noch einige Einzelbeobachtungen, die Sich auf andere Kulturen beziehen, mitgeteilt werden. a ' Reichliche Kallusbildung hat Orvrsen (a. a. 0. S. 298) bei gewisser Versuchs- anstellung erzielt. 328 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr. In einer am 7. November ıgıı angelegten Kultur waren die Plätt- chen etwas größer. Ihre Dicke betrug 0.3—0.4 mm. Die am 13. No- vember vorgenommene Untersuchung ergab ähnliche Resultate wie bei der Kultur kleinerer Plättchen. So zeigte z. B. ein rechteckiges Plätt- chen (83x ı2 mm), das auf einer Längsseite 0.5—3 mm vom Rande entfernt von einem geschlängelten Leptombündel durchzogen wurde, zu beiden Seiten des Bündels bis auf eine Entfernung von 2 mm Braun- färbung der an die Wundfläche grenzenden Wände der Speicherzellen; die Stärkekörner waren zum Teil gelöst, zum Teil mehr oder minder korrodiert. Alle Zellen der gebräunten Partie waren meist tangential geteilt (Fig. 3). Die vom Bündel entfernter gelegenen Teile des Plätt- Fig. 3. Zellteilungen in einem bündelführenden, zwei Zellagen dieken Plättchen. chens besaßen eine weiße Farbe, ihre ungeteilten Zellen waren tot und lösten sich leicht voneinander los; ihre Stärkekörner zeigten keine Korrosionen. In einer anderen, am 27. November 1911 angelegten Kultur (Kaiser- krone) waren die Gewebefragmente sehr klein. Die 0.25 mm dieken Mikrotomschnitte wurden mit dem Skalpell in möglichst kleine Par- tikelchen zerschnitten und diese mit einem Pinsel auf einen schwach befeuchteten Objektträger gebracht, den man auf den benetzten Boden der Prrrı-Schale legte. Bei der Untersuchung am ı. Dezember ergab sich, daß alle bündellosen und auch ein Teil der bündelführenden Gewebestückchen abgestorben waren. Teilungen konnten in ihnen nicht beobachtet werden. Die mit Bündelfragmenten versehenen Stückehen wiesen in der Nähe der Bündel häufig dieselben Veränderungen auf, wie sie oben beschrieben wurden: Bräunung der peripheren Zellwände, teilweise Stärkeauflösung, zentrale Kernlagerung und wenn auch nicht zahlreiche Zellteilungen. Das kleinste Fragment, das dieses ver halten zeigte, war ungefähr rechteckig, 2 Zellagen dick, 3 Zellen breit, 8 Zellen lang und bestand sonach aus rund 50 intakten Speicherzellen; Haserranpr: Zur Physiologie der Zelltheilung. 329 an dem einen Ende des Plättehens befand sich ein kurzes, gebogenes Bündelfragment. In seiner Umgebung, die sich bräunte, traten mehrere Zellteilungen auf. In einer am 19. Dezember ıgıı angelegten Kultur (Kaiserkrone) betrug die Dicke der Plättchen etwa 0.5 mm, sie setzten sich dem- nach aus 4—5 intakten Zellagen zusammen. Das Auftreten von Zell- teilungen war wieder an das Vorhandensein nicht zu kurzer Bündel- fragmente gebunden. Dabei fiel aber auf, daß die Teilungen nur in den beiden obersten Zellagen auftraten, während auf der Unterseite, die dem schwach benetzten Glasboden der Schale auflag, die Tei- lungen ausblieben. Größere, 6—8 mm dicke Querscheiben zeigten da- gegen auf beiden Seiten Wundkorkbildung. Der Umstand, daß die Mitte des Markes der Knolle in größerer Ausdehnung bündelfrei ist, ermöglicht es, auch mit größeren, nur aus Speicherzellen bestehenden Gewebestückehen zu experimentieren. Die Versuche wurden mit Würfeln von 2 bis 3 mm Kantenlänge, ferner mit Plättchen von ı mm Dicke und 2 bis 5 mm Seitenlänge ausgeführt. Des Vergleiches halber wurden in denselben Kulturen auch 0.3—0.5 mm dicke Plättchen gezüchtet. Das Ergebnis der im Februar durchgeführten Versuche bestand darin, daß bündellose Gewebestücke von der oben angegebenen Größe, die aus etwa 3 000— 10000 Zellen bestanden, in ihren peripheren Zellen tangentiale Teilungen aufwiesen. So zeigte z. B. in einem Würfel von 3 mm Seitenlänge fast jede unter den Schnittflächen gelegene Zelle nach 6 Tagen ı—-2, selten 3 Teilungen; die Zellen hatten sich in radialer Richtung etwas gestreckt. Ihre vorgewölbten Außenwände waren gebräunt. Je kleiner die Würfel oder Plättchen waren, desto spärlicher traten auch die auf Wund- korkbildung abzielenden Zellteilungen auf. So ließen sich z. B. in einem bündellosen ‚Plättchen (3x4 mm) von nur 0.3 mm Dicke nur noch vereinzelte Teilungen nachweisen. Die große Mehrzahl der Zellen war noch am Leben und besaß nach teilweiser Auflösung der Stärke wohlausgebildete Plasmakörper mit zentralem Zellkern. In noch kleineren und dünneren Plättchen habe ich aber niemals Zellteilungen beobachtet. Diese kleinen Gewebefragmente aus dem zentralen Teile des Markes verhielten sich demnach nicht anders wie die aus den bündelreichen Markpartien. Ich gehe jetzt zu jenen Versuchen über, die mit Gewebestückehen — gewöhnlich wieder in Plättehenform — ausgeführt wurden, welche man aus der Rinde der Kartoffelknolle herausgeschnitten hatte. Es kamen dabei radiale und tangentiale Längssehnitte sowie auch Quer- Schnitte, und zwar mit und ohne Periderm, zur Verwendung. Auch mit kleinen Würfeln wurde experimentiert. 330 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr, Im allgemeinen zeigte sich auch bei diesen Versuchen, die im einzelnen zu beschreiben wohl überflüssig ist, dieselbe Abhängigkeit der Zellteilungen von den (rindenständigen) Leptombündeln wie bei den aus dem Marke stammenden Gewebestückchen. Zahlreichere Tei- lungen traten nur in bündelführenden Plättchen auf und ließen sich in der Nähe der Leptomfragmente auch dann noch beobachten, wenn das Plättchen nur aus einer einzigen intakten Zellage bestand. In dünnen: Plättehen (1—2 Zellagen) ohne Bündelfragmente traten nicht nur keine Teilungen ein, auch die Bräunung der Wände und die Auflösung der Stärkekörner blieb aus; die Zellen gingen bald zugrunde. In etwas dickeren Plättehen dagegen, die 5—6 Zellagen dick waren, ließen sich nicht selten auch dann, wenn Bündelfragmente fehlten, wenigstens vereinzelte Zellteilungen beobachten. Es war dabei gleichgültig, ob das Periderm bzw. das Phellogen noch vor- handen oder weggeschnitten war. In einer am 8. Oktober 1912 an- gelegten Kultur war die Zahl der Gewebestückehen, die dieses Ver- halten zeigten, sogar ziemlich zahlreich. Am 14. Oktober ließ sich z.B. an einem 2.5 mm langen, ı mm breiten und 0.5 mm dicken Rindenstückchen ohne Bündel und ohne Periderm, das aus ungefähr 500 Zellen bestand, folgendes feststellen: Die peripheren Zellagen waren gebräunt, die Stärkeauflösung war nur geringfügig; in der zweiten und dritten Zellage unter den Wundflächen traten ziemlich häufig Zellteilungen auf; die meisten Zellen hatten sich ı—2mal tangential geteilt. Die an die Wundflächen angrenzenden intakten Zellen blieben ungeteilt. In einem noch kleineren Gewebestückchen (1x 1x 0.6 mm) ohne Bündelfragment und Periderm war die Stärke etwas mehr korrodiert. In der Mitte des fünf Zellagen dieken Plättchens, also in der dritten Lage, traten einige Zellteilungen auf; die betreffen- den Zellen hatten sich immer nur einmal geteilt. Das kleinste bündel- lose Gewebefragment, das, der Rinde entstammend, noch vereinzelte Zellteilungen aufwies, bestand aus etwa zoo Zellen; es war also ungetähr viermal so groß als das kleinste bündelführende Stückehen des Markes, in dem noch einige Zellteilungen zu beobachten waren. In den mit Periderm (Kork und Phellogen) versehenen Rinden- stückehen traten, wenn es überhaupt zu Zellteilungen kam, nicht zahl- reichere neue Wände auf als in den peridermlosen Stückehen. Dagegen zeichneten sich die ersteren fast immer dadurch aus, daß die Stärke der Speicherzellen ganz oder fast ganz gelöst wurde. Wohlentwickelte Plasmakörper mit zentralem Zellkern und zahlreichen radial ausstrahlen- den und Netze bildenden Plasmafäden erfüllten dann das Innere der Zellen. Die farblosen Stärkebildner hatten sich in ziemlich lebhaft grüne Chlorophylikörner umgewandelt. Das Periderm bzw. sein Bildungs HaserLanpr: Zur Physiologie der Zelltheilung. 331 gewebe, das Phellogen, begünstigt demnach in hohem Maße die Auf- lösung der Stärke in den darangrenzenden Schichten des Speicher- gewebes', es ist aber für den Eintritt der Zellteilungen belanglos. Daraus ergibt sich, daß nach Verletzungen die Auflösung der Stärke nicht etwa bloß als ein die Zellteilung vorbereitender Prozeß auf- zufassen ist. Es ist ja richtig, daß der Zellteilung in der Regel eine wenigstens teilweise Auflösung der Stärke vorausgeht. Es kann aber, wie die Beobachtungen an Rindenstückehen lehren, die Stärke voll- ständig aufgelöst werden, ohne daß nachher in irgendeiner Zellage Teilungen eintreten, und anderseits kann es schon bei geringfügiger Stärkeauflösung zu mehr oder minder reichlichen Zellteilungen kommen. Die Kulturversuche mit Gewebestückchen der reifen Kartoffel- knolle, über die im vorstehenden kurz berichtet wurde, haben mithin zur Feststellung folgender Tatsachen geführt: ı. Innerhalb des normalen Gefäßbündelringes, im Mark der Knolle, treten Zellteilungen in kleinen, dünnen Gewebeplättchen fast ausnahms- los nur dann auf, wenn sie ein Leitbündelfragment enthalten; dasselbe braucht keine Wasserleitungsröhren zu besitzen; es genügt, wenn es aus Leptom, d. h. aus Siebröhren mit ihren Geleitzellen besteht. Das Bündelfragment darf nicht zu kurz sein und darf auch nicht alsbald absterben, da sonst die Zellteilungen ausbleiben. 2. In relativ größeren Gewebestücken aus dem bündellosen zen- tralen Teil des Markes ist das Auftreten von Zellteilungen in den peripheren Zellschiehten nicht an das Vorhandensein von Leitbündeln gebunden. 3. Außerhalb des Gefäßbündelringes, in der Knollenrinde, ist die Anwesenheit von Bündelfragmenten in kleinen (Gewebestückchen für den Eintritt von Zellteilungen nicht in dem Maße notwendig, wie im Mark. Doch kommt auch hier der begünstigende Einfluß des Leptoms sehr deutlich zur Geltung. 4- Bündelhaltige Gewebestückehen aus dem Mark der Knolle zeigen noch einige Zellteilungen, wenn sie nur aus etwa 50 Speicherzellen bestehen. Bündellose Stückchen aus der Rinde müssen wenigstens gegen 200 Zellen aufweisen, um noch einige Zellteilungen eingehen zu können. ' In welcher Weise das Periderm die Auf lösung der Stärke fördert, muß dahin- gestellt bleiben. Man könnte zunächst meinen, daß die noch lebenden Zellen des Periderms (WIESNERS Saftperiderm) und das Phellogen infolge eines Wundreizes reich- lich Diastase produzieren und ausscheiden. Das scheint allerdings nicht der Fall zu Sein, denn auf die feuchte Schnittfläche dünner, nur aus Periderm bestehender Schalen- Stücke aufgetragene Weizenstärkekörner waren nach 24 Stunden noch nicht korrodiert. Es ist also wahrscheinlicher, daß die stärkehaltigen Speicherzellen die Diastase selbst erzeugen, daß aber die Diastaseproduktion nach einer mechanischen Verletzung unter dem Einfluß der lebenden Zellen des angrenzenden Periderms gesteigert wird. 332 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr. Natürlich ist nicht ausgeschlossen, daß unter günstigeren Kulturbe- dingungen noch kleine Gewebestückchen Zellteilungen erfahren. 5. Je kleiner die Gewebestückchen sind, desto später treten in ihnen Zellteilungen auf und desto spärlicher sind sie. 6. Das Periderm (samt Phellogen) kann die Gefäß- bzw. Leptom- bündel in ihrer Bedeutung für den Eintritt von Zellteilungen im Speicher- gewebe nicht ersetzen. Es übt auch keinen begünstigenden Einfluß auf sie aus, obwohl seine Anwesenheit in kleinen Gewebestückehen die Auflösung der Stärke in hohem Maße fördert. 7. Periderm- und bündellose, sehr kleine Gewebestückchen gehen meist nach wenigen Tagen zugrunde, ohne die mit Verkorkung ver- bundene Bräunung der peripheren Zellwände zu zeigen und ohne vor- her ihre Stärke aufzulösen. Nur ausnahmsweise kommt es wenigstens zur Verkorkung der Außenwände". Im Anschluß an die Besprechung des Verhaltens von Gewebe- fragmenten, die der reifen Kartoffelknolle entstammen, soll hier noch ein Versuch beschrieben werden, der mit Gewebestückehen aus einem grünen, knolligen Seitensproß einer Kartoffel angestellt wurde. Der Sproß war ungefähr 2.5 cm lang, in der Mitte ı cm dick un hatte sich bei gewöhnlicher Zimmertemperatur (16—18°) im Lichte entwickelt. Rinde und Mark enthielten reichlich kleine körnige Stärke. Im Marke traten unterhalb der Hadromteile des Gefäßbündelringes und zwischen diesen kleine Leptombündelehen auf. Sonst war das Mark vollkommen bündellos. Es wurden zwei Kulturen angelegt. In der einen Kultur (auf feuchtem Objektträger) wurde das Verhalten von Würfelehen geprüft, die man aus der basalen Hälfte des Sprosses herausgeschnitten hatte. ' In einer vor kurzem erschienenen Arbeit von B. Kasus (Neue Untersuchungen über Regenerationsvorgänge bei Pflanzen, Beiträge zur Biologie der Pflanzen, II. Bd. 1912, S. 24) werden Versuche mitgeteilt, wonach eine Wiederverwachsung entzwel- geschnittener Zylinder aus Kartoffelknollen durch Papillenbildung nur dann erfolgen soll, »wenn eine der Schnittflächen ein Gefäßbündel getroffen hat«. Die Darstellung Kasus' ist leider unklar und enthält anatomische Widersprüche. Da die mit dem Korkbohrer herausgestoßenen Gewebszylinder 1.5 em dick waren, so mußten, wenn sie entzweigeschnitten wurden, immer mehrere von den das Mark durchziehenden Gefäßbündeln bzw. Leptomsträngen getroffen werden. Nach einer späteren Bemerkung (S. 29) dürfte die Angabe Kazus’ so zu verstehen sein, daß wenigstens eine der beiden Schnittflächen mit einem parallel zu ihr verlaufenden Gefäßbündelstück versehen sein muß, damit Verwachsung eintrete. »Diese Gefäßbündel sind die Stellen, von denen aus die Verwachsung der Schnittflächen beginnt.« Daraus wird geschlossen, „daß das Vorhandensein der Getäße an der Wundfläche die Regenerationsvorgänge beeintlußt«- Daß die toten, wasserleitenden Getäße eine derartige Rolle spielen, ist aber schon vr vornherein höchst unwahrscheinlich. An die Möglichkeit, daß es sich um einen Ein- fluß seitens der Siebröhren mit ihren Geleitzellen handeln könnte, hat Kasus offen bar nicht gedacht. a Haserranpr: Zur Physiologie der Zelltheilung. 333 Die Kantenlänge der Würfel betrug 2 mm. Es wurden »Rinden- würfel« mit Epidermis, Rinde, Gefäßbündeln und 4— 5 Markzellagen sowie auch »Markwürfel«, die nur aus Markgewebe bestanden, ge- züchtet. Die Aussaat erfolgte am 27. Januar 1913. Am ı. Februar wurde die mikroskopische Untersuchung vorgenommen. Die Rinden- würfel wiesen auf beiden Querschnittsflächen in ihrer ganzen Aus- dehnung reichliche Zellteilungen auf. Aus den Gefäßbündeln ragten Kalluspapillen hervor, deren basale Teile mehrfach geteilt waren. Alle an die Wundflächen grenzenden Markzellen, auch die auf der tangen- tialen Längsschnittsseite, hatten sich wenigstens einmal, viele auch zweimal, geteilt. — Die peripheren intakten Zellen der Markwürfel, die derselben Querscheibe entnommen waren wie die Rindenwürfel, besaßen gebräunte Außenwände, ihre Stärkekörner waren zum großen Teile aufgelöst, die Zellkerne, von Chlorophylikörnern umgeben, nahmen eine zentrale Lage ein, radiale Plasmastränge waren in großer Zahl vorhanden, doch nirgends war eine Zellteilung zu beobachten, weder in den peripheren noch in den darunter gelegenen Zellagen. Die- selbe Beschaffenheit zeigten diese Gewebestückchen auch noch nach drei Wochen. Die Würfelehen der zweiten Kultur wurden aus einer Querscheibe herausgeschnitten, die aus der Nähe des Sproßscheitels stammte. Die verschiedenen Gewebearten waren schon vollkommen _ differenziert, allein die Streckung der stärkereichen Rinden- und Markzellen war noch nicht erfolgt. Letztere stellten Tafeln von 0.036 mm Höhe und 0.07—0.125 mm Breite dar. Die Aussaat fand gleichfalls am 27. Januar, die Untersuchung am 3. Februar statt. — Die Rinden- würfel zeigten auf den Querschnittsflächen folgendes Verhalten: Die intakten Epidermiszellen und die angrenzenden Rindenzellen hatten Sich einmal geteilt. Gegen die Gefäßbündel zu wurden die Teilungen zahlreicher; in der Nähe der Leptomteile war jede Rindenparenchym- zelle in 4—5 Zellen zerlegt. Aus den Gefäßbündeln wucherten wieder Kalluspapillen mit mehrfach geteilten Basalteilen hervor. Das Mark- gewebe war durch 5—6 Zellagen vertreten. Die unmittelbar an die Wundfläche grenzenden Markzellen waren ungeteilt. Dagegen hatten sich die Zellen der darunter befindlichen Lage stark gestreckt und 5—6mal tangential geteilt, so daß ein sehr typisch aussehendes Wundperiderm zur Entwicklung gelangte (Fig. 4A). Auf‘ der Längs- schnittsfläche hatten sich die Markzellen senkrecht zur Sehnittfläche gestreckt und 2-——3mal tangential geteilt. — In den bündellosen Markwürfeln waren auf der Querschnittsfläche die 2—3 äußersten Zellagen etwas höher geworden; ihre Stärke war aufgelöst. In der Mehrzahl der Zellen hatten sich senkrecht zur Schnittfläche orientierte 334 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr. Wände eingestellt, und zwar je eine Wand in jeder Zelle. Häufig wurde dann eine, zuweilen auch beide Tochterzellen durch eine zur Schnittfläche parallele Wand gleichfalls geteilt (Fig. 4B). Das Folge- Fig. 4. Erklärung im Text. meristem, das derart zustande kam, besaß sonach ein ganz anderes Aussehen als jenes, das sich unter der Querschnittsfläche der Rinden- würfel entwickelte. Auf der Längsschnittsfläche hatten sich die Zellen etwas gestreckt und nur einmal geteilt. Das Ergebnis dieser beiden Kulturversuche war also in Kürze folgendes: Die der basalen Hälfte des Sprosses entnommenen Rinden- würfel mit rinden- und markständigen Leptombündeln wiesen auf allen Schnittflächen reichliche Zellteilungen auf. Auch ihre Markzellen waren geteilt. Die bündellosen Markwürfel dagegen ließen keine Zellteilungen erkennen. Die aus der Nähe des Stamm- scheitels herausgeschnittenen Würfel ausnoch unausgewachsenem Markgewebe wiesen auch dann Zellteilungen auf, wenn sie keine Leptombündel enthielten. Doch war die Anzahl der Teilungen eine weitaus geringere als in den Markzellen der Rinden- würfel. Der begünstigende Einfluß der Leitbündel auf den Eintritt der Zellteilungen macht sich demnach schon frühzeitig geltend. iv. Es ist nunmehr die Frage aufzuwerfen, von welcher Art der Einfluß ist, durch den die Gefäßbündel der Kartoffelknolle die Speicherzellen kleiner Gewebestückchen zur Teilung be- fähigen oder veranlassen? Bei der Beantwortung dieser Frage soll auch das Verhalten größerer bündelloser Gewebestücke erörtert werden. Daß eine Beeinflussung im Sinne der oben geschilderten Frag® stattfindet, ist nicht zu bezweifeln. Die Annahme, daß die in der Haserranor: Zur Physiologie der Zelltheilung. 335 Nähe der Leitbündel gelegenen Zellen sich physiologisch anders ver- halten, eine größere Neigung zu Teilungen zeigen als die entfernter gelegenen Zellen, ist mit Rücksicht auf das Verhalten größerer bündel- loser Gewebestücke aus der Mitte der Knolle schon von vornherein sehr unwahrscheinlich. Allein auch die mit kleinen Gewebeplättchen angestellten Kulturversuche führen zu dem Ergebnis, daß nicht die Lage der Zellen als solche für den Eintritt der Teilung bestimmend sein kann. In den bündellosen Plättchen haben sich häufig die Rand- zellen einer Seite in der Nähe eines Leitbündels befunden, und doch sind in ihnen keine Teilungen eingetreten. Um ganz sicher zu gehen, wurde am ı8. Januar 1913 folgender Versuch angestellt. Aus einer größeren Fewebeplatte, die 3—4 Zellagen dick war, wurden unter dem Präpariermikroskop kleine rechteckige Plättehen von 2—4 mm Seiten- Fig. 5. SE Ber Teil eines Querschnittes durch ein dünnes Plättchen. In den Speicherzellen zwischen den beiden Leptombündeln sind Zellteilungen aufgetreten. länge derart herausgeschnitten, daß auf einer Langseite der Schnitt knapp unter einem längsverlaufenden Gefäßbündel geführt wurde. Auf dieser Seite waren also die Speicherzellen unmittelbare Nachbarzellen eines Bündels. Trotzdem waren nach 8 Tagen in ihnen ebensowenig wie in den übrigen Zellen der Plättehen Teilungen zu beobachten. Die Außenwände der intakten Zellen waren gebräunt, eine Stärkeauflösung hatte nicht oder nicht in nennenswerter Menge stattgefunden. Die große Mehrzahl der Zellen war tot. Daß es nicht die Lage der Speicherzellen als solche ist, die für die Zellteilung in Betracht kommt, geht übrigens auch aus der schon früher erwähnten Beobachtung hervor, daß, wenn kleine dünne Gewebeplätt hen / ihrer Dieke nach von einem ganz kurzen Bündelfragmente durch£, 20gen werden, das bald abstirbt, die in seiner Nähe befindlichen Speicher- zellen ungeteilt bleiben. Schließlich sei noch folgende Beobachtung erwähnt, die für eine Beeinflussung der sich teilenden Zellen seitens der Geräßbündel spricht. 336 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr. Wenn ein nicht zu dünnes Gewebeplättchen von zwei Bündeln der Länge nach durchzogen wird, so sieht man nach mehrtägiger Kultur auf Querschnitten nicht selten, daß auch in einer zwischen den Lep- tomteilen der Bündel gelegenen Zellreihe Teilungen eingetreten sind. (Fig. 5.) Mehr als eine Teilung in jeder Zelle habe ich nicht beobachtet. Dieser an die Entstehung des Interfaszikularkambiums erinnernde Vor- gang kann kaum anders gedeutet werden, als durch die Annahme, daß die Anregung zur Zellteilung von den Leptombündeln ausgeht. Wenn es demnach auf Grund des vorstehend Mitgeteilten als sicher zu betrachten ist, daß in kleinen Gewebsfragmenten der Kartoffelknolle Zellteilungen nur dann erfolgen können, wenn außer dem »Wund- reiz« noch ein von den Leitbündeln ausgehender Reiz auf die betreffenden Zellen einwirkt, so fragt es sich jetzt, was für eine Art von Reizung hier vorliegt. Daß der Reiz nicht von den wasser- leitenden Tracheen und Tracheiden ausgehen kann, geht schon aus der Tatsache hervor, daß die nur aus Leptom bestehenden Leitbündel die Zellteilungen ebenso anzuregen vermögen wie vollständige Gefäßbündel. Die toten Wasserleitungsröhren könnten selbstverständlich nur durch die in ihrem wässerigen Inhalte gelösten Stoffe wirken. Es liegt kein Grund vor, hierbei an andere Substanzen zu denken als an die Nähr- salze. Daß diese unwirksam sind, darf mit Bestimmtheit daraus ge- folgert werden, daß in bündelführenden Gewebeplättehen, die auf mit Knorscher Nährlösung getränktem Fließpapier lagen, nicht zahlreichere Zellteilungen auftraten als in solchen, die von Leitungswasser benetzt wurden. In bündelfreien Plättehen vermochte die Nährlösung über- haupt keine Zellteilungen auszulösen. Der Reiz, der die Speicherzellen des Markes der Kartoffelknolle dazu befähigt, sich auf einen Wundreiz hin zu teilen, geht also nur ' vom Leptom, den Siebröhren mit ihren Geleitzellen und den angrenzen- den Leptomparenchymzellen aus. Die Annahme, daß der Einfluß des Leptoms nicht auf einer Reiz- wirkung, sondern darauf beruhe, daß die Siebröhren Eiweißsubstanzen an die sich teilenden Zellen abgeben, daß es sich also um einen Er- nährungseinfluß handle, ist von der Hand zu weisen. Denn die Menge der in den engen Siebröhren enthaltenen Eiweißstoffe ist gegenüber der Menge der in den großen Speicherzellen abgelagerten stickstoffhaltigen Reservestoffe eine außerordentlich geringe. Auch liegt gar kein An- haltspunkt für die Annahme vor, daß bestimmte Organe der Proto- plasten, etwa die Zellkerne oder Plasmapartien, die den Zentrosomen der tierischen Zelle entsprächen, vom Leptom aus mit spezifischen Nähr- stoffen versorgt werden, die den Ernährungszustand jener Organe 50 heben, daß es zur Zellteilung kommt. Sn Hasgerranor:. Zur Physiologie der Zelltheilung. 337 In bezug auf die Art des vom Leptom ausgehenden Reizes sind von vornherein mehrere Möglichkeiten gegeben. Zunächst könnte man annehmen, daß in kleinen, dünnen Gewebe- plättehen durch Summierung des von zwei Seiten her auf die Zellen einwirkenden Wundreizes eine Überreizung der Protoplasten, eine Läh- mung eintritt, die den Eintritt von Zellteilungen in bündellosen Plätt- chen unmöglich macht. Wenn das Plättehen bloß aus einer intakten Zellage besteht, werden die einzelnen Zellen auf zwei Seiten vom Wund- reiz direkt betroffen. Wenn sich das Plättehen aus mehreren Lagen zusammensetzt, werden die oberflächlich gelegenen Zellen auf der Außen- seite direkt gereizt, auf der Innenseite kann ihnen der Wundreiz von den peripheren Zellen der gegenüberliegenden Schnittfläche zugeleitet werden. Jedenfalls ist eine verstärkte Reizung der Zellen nicht ohne weiteres in Abrede zu stellen. Die dadurch bedingte Lähmung der Protoplasten würde in den bündelhaltigen Plättehen durch einen vom Leptom ausgehenden dynamischen oder stofflichen Reiz aufgehoben werden, oder es käme durch rasche Erhöhung der Reizschwelle für den Wundreiz überhaupt zu keiner Überreizung, zu keiner Lähmung der Protoplasten. Die Zellteilungen können sich demnach einstellen. In größeren Gewebestücken, deren Wundflächen im Verhältnis zum Volumen bedeutend kleiner sind als bei dünnen Plättchen, findet eine Überreizung der peripheren Zellagen überhaupt nicht statt; der eben erwähnte Einfluß der Leitbündel ist überflüssig, es treten also auch in bündellosen Gewebestücken Zellteilungen auf. Bei dieser Annahme wäre demnach der Einfluß der Leitbündel auf die Zellteilungen nur ein indirekter, es würde sich nur um die Beseitigung einer Hemmung handeln. Es läßt sich nun leicht zeigen, daß diese Annahme schon von vornherein recht unwahrscheinlieh ist. Wenn die peripheren Zellen dünner, bündelloser Gewebeplättehen den starken Wundsehock ohne Schaden überdauern und dann so häufig nach Auflösung der Stärke kräftige Protoplasten entwickeln, so ist nicht einzusehen, warum sie gerade in bezug auf die Zellteilung dauernd gelähmt bleiben sollten. Das Verhalten der Zellen, die an den Kanten größerer würfelförmiger Gewebestücke aus der bündellosen Mittelpartie der Knolle gelegen sind, beweist übrigens direkt, daß von einer dauernden Teilungsunfähigkeit infolge von Überreizung nicht die Rede sein kann. Diese unmittelbar an den Kanten oder knapp neben diesen gelegenen Zellen befinden Sich in bezug auf den Wundreiz in einer ähnlichen Situation wie die peripheren Zellen dünner Plättehen. In Fig. 6A hat sich die Kanten- zelle k allerdings nicht geteilt. Von ihren beiden Nachbarzellen aber, die von einer Schnittfläche aus direkt, von der anderen aus indirekt Sitzungsberichte 1913, 2 338 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr. gereizt worden sind, hat sich die eine zweimal, die andere einmal geteilt. In Fig. 6B hat auch die Kantenzelle eine tangentiale Teilung erfahren. Solehe Bilder lassen sich auf jedem Schnitte durch größere bündellose Markwürfel beobachten. Einen verspäteten Eintritt dieser Zellteilungen konnte ich nicht feststellen. — Die Annahme, daß das Ausbleiben der Zellteilungen in bündellosen, dünnen Plättchen auf einer Überreizung, auf dauernder Wundschockwirkung beruhe, und daß in bündelhaltigen Plättehen der Einfluß des Leptoms auf eine Beseitigung Fig. 6. Erklärung im Text. dieser Hemmung abziele, hat sich demnach als nicht zutreffend er- wiesen. Wir haben mithin eine direkte Reizwirkung des Leptoms auf die sich teilenden Speicherzellen anzunehmen. In dieser Hinsicht sind von vornherein zwei Möglichkeiten gegeben: es kann sich um »dy- namische« oder um »stoffliche« Reizung handeln. Im ersteren Falle würde eine Übertragung bestimmter Bewegungszustände durch Reizleitung stattfinden‘. Im zweiten Falle würde das Leptom einen oder auch mehrere Reizstoffe ausscheiden, die in das benachbarte Speichergewebe hinein diffundieren. Die Zellteilungen im Mark der reifen Kartoffelknolle wären sonach eine vom Leptom abhängig® Chemomorphose®. ! So hat sich bekanntlich NÄserı die Beeinflussung des Cytoplasmas seitens der ea des Idioplasmas vorgestellt (Mechanische Theorie der Abstammungslehre, . 532). ® Auch daran könnte gedacht werden, daß der hypothetische Reizstoff aus den eigentlichen Leptomelementen, den Siebröhren und Geleitzellen nur bis in die angrenzen- den Leitparenchymzellen diffundiert, die Protoplasten derselben reizt, und daß dann von diesen aus eine Reizleitung in das benachbarte Speichergewebe hinein stattfindet. Es würde sich hierbei also um eine Kombination der beiden im Text erwähnten ög- lichkeiten handeln. HaserLanpr: Zur Physiologie der Zelltheilung. 339 Diese Annahme hat schon von vornherein manches für sich. Bevor wir zu ihrer experimentellen Prüfung übergehen, möge sie noch mit Rücksicht auf das Verhalten größerer bündelloser Gewebestücke etwas bestimmter formuliert werden. Die Gefäßbündel bzw. ihre Leptomteile bilden und scheiden nach dieser Auffassung einen Reizstoff aus, der, wenn noch ein Wundreiz hinzutritt, die Speicherzellen zur Teilung veranlaßt. In der reifen, un- verletzten Kartoffelknolle geht während des Ruhestadiums die Bildung und Ausscheidung dieses hypothetischen Reizstoffes nur langsam vor sich. Die Speicherzellen enthalten ihn nur in geringen Mengen. In einem kleinen, dünnen Gewebeplättehen ohne Leptombündel reicht nun die Menge des vorhandenen Reizstoffes nicht aus, um im Verein mit dem Wundreiz die Zellen zur Teilung zu zwingen. In bündelhaltigen Plättehen findet aber infolge der Verwundung eine vermehrte Bildung und Ausscheidung des Reizstoffes statt, so daß es schließlich, wenig- stens in den benachbarten Speicherzellen, zu Teilungen kommt. In größeren bündellosen Gewebestücken ist von vornherein eine größere Menge des Reizstoffes aufgespeichert. Die an die Wundflächen gren- zenden Speicherzellen eignen sich den im ganzen Gewebestücke ver- teilten Reizstoff an, dessen Menge nun in den durch die Verwundung gereizten Zellen ausreicht, um den Teilungsvorgang auszulösen. Ob der Einfluß der Leptombündel auf die Speicherzellen, die da- durch zur Teilung angeregt oder befähigt werden, ein dynamischer oder ein stofflicher ist, kann nur das Experiment entscheiden. Die Versuche, durch die nun festgestellt werden sollte, ob das Leptom einen Reizstoff ausscheidet, der in Kombination mit dem Wundreiz Zellteilungen bewirkt, wurden auf verschiedene Weise ausgeführt. Zunächst wurde mit Preßsäften experimentiert, obgleich diese Methode von vornherein wenig aussichtsvoll erschien. Denn das Vo- lumen der Leptombündel ist gegenüber dem Volumen des saftreichen Speichergewebes so klein, daß im Preßsafte der Kartoffelknolle der frag- liche Reizstoff nur in sehr geringer Menge enthalten sein kann. Bündel- lose Gewebeplättchen von 0.3 und 0.5 mm Dicke und 2—5 mm Seiten- länge wurden 6 und 24 Stunden lang in abgekochten und unabkochten Preßsäften liegengelassen und dann nach Abspülung mit durch Kochen sterilisiertem Wasser in üblicher Weise auf Objektträgern kultiviert. Das Ergebnis war durchweg ein negatives. Die Plättchen gingen nach einigen Tagen zugrunde; die Stärkekörner waren nicht auf- gelöst, Zellteilungen nicht eingetreten. In einer anderen Versuchsreihe wurden die bündellosen Gewebe- plättchen von obengenannter Größe auf ebenso große oder größere 29* 340 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math..Cl. v. 27. Febr. Plättehen gelegt, die tangential aus dem Gefäßbündelring herausge- schnitten waren und demnach mehrere längsverlaufende Gefäßbündel enthielten. Um den Übertritt des hypothetischen Reizstoffes aus dem bündelhaltigen in das bündellose Plättchen zu ermöglichen, wurden die beiden Plättehen mittels einer dünnen, zweiprozentigen Agarschicht aneinandergeklebt. Die Plättchenpaare wurden so auf dem Objektträger ausgelegt, daß bald das bündellose, bald das bündelhaltige Plättchen unten lag. Daneben wurden auch bündellose Kontrollplättchen auf dünner Agarschicht gezüchtet. Die Versuche wurden am 6. Februar 1913 begonnen; nach einer Woche erfolgte die mikroskopische Untersuchung. Als Ergebnis stellte sich heraus, daß in mehreren, wenn auch nicht allen bündellosen Plättehen auf der der bündelführenden zugekehrten Seite einige Zellteilungen eingetreten waren. Selbst ganz dünne Plättchen, die nur aus einer einzigen Zellage bestanden, wiesen ver- Fig. 7. Erklärung im Text. einzelte Zellteilungen auf. Die Wände waren meist parallel, zuweilen auch senkrecht zur Wundiläche orientiert. In den 2—4 Zellagen dicken Plättehen kamen auch anormale Zellteilungen vor: Die eine Tochter- zelle war bedeutend kleiner als die andere, und von dieser durch eine bogige Scheidewand getrennt. Auffallend war auch das häufige Vor- kommen von mehr minder fragmentierten, gelappten Zellkernen in un- geteilt gebliebenen Speicherzellen. In den Kontrollplättehen waren Teilungen nicht zu beobachten. In den bündelführenden Plättchen dagegen waren zahlreiche Zellen parallel zur Wundfläche geteilt. Bei einigen anderen Versuchen wurden 0.5 mm dicke rechteckige Plättehen (2X 3 mm) ohne Bündel mit zweiprozentigem Agar auf die frische Schnittfläche einer halbierten Kartoffel geklebt, und zwar SO, daß die Plättchen auf den Bündelquerschnitten des Gefäßbündelringes lagen. Die halbierten Kartoffeln wurden dann mit der Schnittfläche nach unten fixiert; zwischen dem feuchten Filterpapier am Boden der Glasschale und der Schnittfläche befand sich eine mehrere Zentimeter hohe Luftschicht. Die Schale war natürlich mit einer Glasglocke zu- gedeckt. Nach einer Woche erfolgte die mikroskopische Untersuchung Hasertanot: Zur Physiologie der Zelltheilung. 341 Die an die Agarschicht grenzenden Wände der intakten Zellen der Plättehen waren schwach gebräunt, vorgewölbt, die Stärke war in allen Zellagen zum größten Teile aufgelöst. Auf den den Gefäßbündelquer- schnitten zugekehrten Seiten der Plättchen waren in einzelnen peri- pheren Zellen tangentiale, zuweilen auch radiale Teilun- gen eingetreten. Mehr als einmal hatte sich keine Zelle geteilt. Die Teilungen waren allerdings nicht häufig; immerhin konnten sie auf. Querschnitten in 2—4 nebeneinanderliegenden Zellen beob- achtet werden (Fig. 7). Aus den mitgeteilten Versuchen, die ich fortzuführen und in ver- schiedener Weise zu variieren gedenke, darf mit ziemlicher Wahrschein- lichkeit gefolgert werden, daß aus den Leptombündeln durch die Agarschicht ein Reizstoff in die bündellosen Plättchen hin- überdiffundiert ist und hier in Kombination mit dem Wund- reiz’ eine wenn auch nur kleine Anzahl von Zellen zur Teilung veranlaßt hat. Ein günstigeres Resultat, die Teilung einer größeren Anzahl von Zellen, so wie in den bündelhaltigen Gewebeplättehen, war bei dieser Art, der Versuchsanstellung überhaupt nicht zu erwarten. Doch ist nicht ausgeschlossen, daß eine noch zweckmäßigere Versuchsmethode den gewünschten Erfolg haben wird. Es wäre verfrüht, schon jetzt Vermutungen über die chemische Beschaffenheit des fraglichen Reizstoffes auszusprechen. Es bleibt vorläufig dahingestellt, ob es sich um ein Enzym — ein Wuchsenzym im Sinne Brverıscks — oder um einen anders gearteten Reizstoff handelt, der den sogenannten Hormonen? des tierischen Organismus an die Seite zu stellen wäre. Der Gedanke, daß gewisse Entwieklungsvorgänge von besonderen Reizstoffen angeregt werden, ist in der Pflanzenphysiologie bekannt- lich zuerst von Jurıvs Sacas in seinen Abhandlungen über »Stoff und Form der Pflanzenorgane« ausgesprochen worden. Er kehrt dann später !.Ich habe bereits in meiner obenerwähnten Arbeit ($. 75) daran erinnert, daß die Bezeichnung »Wundreiz« ein Sammelname für sehr verschiedene Einzelvorgänge ist, von denen jeder für sich als Reiz wirken kann. Wenn beim Wundreiz auch ein Reizstoff wirksam sein sollte (vgl. Küsrer, Physiol. Pflanzenpathologie 1903, S. 188), so würde es sich bei den zur Wundkorkbildung führenden Teilungen im Speicherge- webe der Kartoffelknolle um die kombinierte Wirkung zweier verschiedener Reizstoffe handeln: eines Reizstoffes, der im Bereich der Wunde entsteht, und eines Reizstoffes, der vom Leptom gebildet wird. Über die Art des Zusa wirkens dieser beiden Reizstoffe oder, allgemeiner gesagt, des Wundreizes und des vom Leptom ausgehenden Reizes, läßt sich vorderhand gar nichts sagen. ? W.M. Barvrısz und E. H. Sraruıns, Die chemische Koordination der Funktionen des Körpers, Ergebnisse der Physiologie, V. Jahrg. 1906 S. 664 ff. 342 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr. in den Arbeiten verschiedener anderer Forscher — ERRERA, MassART, BeyeErınek, H. WINKLER, STRASBURGER, GOEBEL, JosT u. a. — wieder und ist in den letzten Jahren besonders von Fırrıns', gelegentlich seiner entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen an Orchideenblüten, ein- gehend erörtet worden. Von Fırrıns rührt ferner der Vorschlag her, den von STARLING geprägten Ausdruck » Hormone« auch in der Pflanzen- physiologie zu verwenden. Wie der vom Leptom ausgeschiedene Reizstoff auf die Proto- plasten wirkt, ist natürlich völlig ungewiß. Im Anschluß an Ver- mutungen, die von Boverı” und Hans WınkLer” ausgesprochen worden sind, könnte man vielleicht annehmen, daß der Reizstoff die den Zentro- somen der tierischen Zellen entsprechenden Plasmapartien beeinflußt und ihre Tätigkeit auslöst. Da unsere Kenntnisse über die Mechanik des Zellteilungsprozesses noch so überaus mangelhaft sind, hätte es keinen Wert, diese und andere Möglichkeiten ausführlicher zu besprechen. V. Wenn die Leptombündel der Kartoffelknolle nach mechanischen Verletzungen einen die Zellen zur Teilung anregenden Reizstoff bilden und ausscheiden, so fragt es sich nun, welche Elemente des Lep- toms die Organe dieser »inneren Sekretion« sind. Die Sieb- röhren mit ihren zarten plasmatischen Wandbelegen, ihrem Eiweiß- schleim und Eiweißlösungen und ihren Siebplatten sind wohl vor allem stoffleitende Organe. Ihre plasmareichen Geleitzellen da- ‘ H. Fırrise, Die Beeinflußung der Orchideenblüten durch die Bestäubung und durch andere Umstände, Zeitschrift f. Bot. I. 1909. Weitere entwicklungsphysiologische Untersuchungen an Orchideenblüten, ebenda, I. 1910. Entwicklungsphysiologische Probleme der Fruchtbildung, Biol. Zentralblatt, XXIX. 1909. — Fırrine hat in den unge- keimten Pollinien verschiedener Orchideen einen Reizstoff nachgewiesen, der auf die Narbe gebracht, gewisse Postflorationsvorgänge auslöst, so die Verkürzung der autonomen Lebensdauer des Perianths, seine Schließbewegungen sowie die Verschwellung des Gynostemiums, die aber nur auf Hypertrophie, also auf Volumzunahme der Einzel- zellen (II. S. 233) beruht. Es handelt sich also um kein Zellteilungshormon. Aller- dings ist der von Frrrise in den Pollinien entdeckte Reizstoff insofern nutzlos und entbehrlich (ll. S. 253. 258), als die Pollenschläuche solcher Pollinien, die von dem Reizstoff durch Auslaugen befreit worden sind, ganz die gleichen Veränderungen an den Blüten hervorrufen, wie jener Reizstoff selbst. Da Frrrınes Beobachtungen gegen die Annahme sprechen, daß die Pollenschläuche durch Neuproduktion des in den Pollinien enthaltenen Reizstoffes ihre Wirksamkeit erlangen (II. S. 258), so wird auch bei den Orchideen der Schwerpunkt der Untersuchung wieder auf die Beantwortung der alten Frage verlegt, von welcher Art der Einfluß der Pollenschläuche auf die verschiedenen Blütenorgane ist. ° Tu. Boverı, Zellenstudien IV. Über die Natur der Zentrosomen, Jena 1901. ® H.Winker, Über Merogonie und Befruchtung, Jahrb.f. wiss. Bot. 36. Bd. 190. Harertanpt: Zur Physiologie der Zelltheilung. 343 gegen mit ihren großen Zellkernen erinnern in mancher Hinsicht an den Bau pflanzlicher Sekretzellen und stellen möglicherweise die Stätten dar, in denen der fragliche Zellteilungsstoff und vielleicht auch andere Wuchsenzyme oder Hormone gebildet werden'. Diese würden dann durch die mit Plasmodesmen versehenen Tüpfelschließhäute in die Siebröhren hineingelangen, in denen ihre Weiterleitung auf große Entfernungen hin stattfinden könnte”. Da wir bis heutigen Tags über die Funktion der bei den Angiospermen so allgemein ver- breiteten Geleitzellen des Leptoms und der sie vertretenden plasma- reichen Zellenzüge bei den Pteridophyten und Gymnospermen nicht das geringste wissen’, so ist die Annahme, daß wir es in ihnen mit Organen der inneren Sekretion zu tun haben, schon von vornherein erwägenswert. Durch die in dieser Arbeit mitgeteilten neuen Tat- sachen wird diese Annahme meines Erachtens nicht unwesentlich ge- stützt. Kann auch von einem schlagenden Beweise noch lange nicht gesprochen werden, so ist doch ein neuer Weg gefunden, der mög- licherweise zum Ziele führt. Wenn der von mir nachgewiesene Einfluß des Leptoms auf den Zellteilungsvorgang wirklich durch einen Reizstoff vermittelt wird und dieser Satz verallgemeinert werden darf, so haben wir uns bei den ! Von Racızorskı (Ein Inhaltskörper des Leptoms, Berichte der Deutsch. Bot. Gesellsch. 1898) wurde bei verschiedenen Pflanzen im Leptom, und zwar in den Sieb- röhren und Geleitzellen, ferner zuweilen auch in der Nähe der Leptombündel, in der Rinde und auch in Milchsäften eine Substanz nachgewiesen, durch die eine alkoholische Lösung von Guajakharz mit einem Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd gebläut wird. Die Geleitzellen färben sich besonders stark. Racızorskı hat diese Substanz, die in Wasser und Glyzerin löslich, in Alkohol unlöslich ist und durch kurzes Erwärmen auf 95° zerstört wird, als »Leptomin« bezeichnet und spricht vermutungsweise die An- sicht aus, daß dasselbe »als ein mit Sauerstoff beladenes Vehikel« bei der Atmung der Gewebe, die nicht unmittelbar an Interzellularräume grenzen, eine wichtige Rolle ° Vgl. G. Haperranvs, Physiologische Pflanzenanatomie 4. Aufl., S. 307- 344 Gesammtsitzung v. 27. März 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 27. Febr. höher entwickelten Pflanzen, soweit sie Gefäßbündel besitzen, die Ver- hältnisse betreffs der Bildung und der Verteilung des fraglichen Reiz- stoffes etwa folgendermaßen vorzustellen: Das Urmeristem der Vege- tationsspitzen, wie überhaupt alle primären embryonalen @ewebe, die direkt vom Embryo abstammen, besitzen die Fähigkeit, den Zellteilungs- stoff selbst zu erzeugen. Beim Übergange der primären Bildungsge- webe in die verschiedenen Dauergewebe geht diese Fähigkeit der Mehrzahl der letzteren früher oder später verloren. Das Rindenpa- renchym der Stengel behält sie anscheinend länger als das Mark. Die Produktion des Teilungsstoffes wird nun zur speziellen Aufgabe des Leptoms, vermutlich seiner Geleitzellen bzw. der sie vertretenden Zellenzüge. Wenn in ausgewachsenen Organen durch Teilungen von Dauergewebszellen Folgemeristeme angelegt werden, wie das Phellogen und das Interfaszikularkambium, so beruht das entweder darauf, daß die betreffenden Zellen erneut die Fähigkeit erlangen, den Teilungs- stoff selbst zu bilden, oder daß sie in besonderem Maße befähigt sind, sich den vom Leptom ausgeschiedenen Teilungsstoff anzueignen und aufzuspeichern. Auch durch einen Wundreiz kann diese letztere Fähig- keit geweckt werden und so zu Zellteilungen führen. Ob es sich dabei immer um ein und denselben Reizstoff handelt oder ob ver- schiedene Reizstoffe gebildet werden, im Urmeristem ein anderer als im Leptom, ist eine Frage von sekundärer Bedeutung. Bei den leitbündellosen Pflanzen, den Algen, Pilzen und Leber- moosen, besitzen nach den Untersuchungen Vöchrinss, BENECKES, Fr. TosLers, Kıess, BeereiLns, W. Macnus, Kreus u. a. auch die Zellen kleiner Gewebefragmente oder selbst isolierte Zellen die Fähigkeit, sich unter gewissen Kulturbedingungen zu teilen und unter Umständen sogar: zu einer neuen Pflanze auszuwachsen. Hier, wo die physiolo- gische Arbeitsteilung noch lange nicht so weit vorgeschritten ist wie bei den höheren Pflanzen, ist jede oder wenigstens die Mehrzahl der Dauergewebszellen imstande, sich selbständig zu teilen, den dazu nö- tigen Reizstoff selbst zu produzieren. Vorausgesetzt natürlich, daß auch bei diesen Pflanzen die Zellteilungen durch einen Reizstoff be- dingte Chemomorphosen sind. — Die Laubmoose nehmen insofern eine Mittelstellung ein, als bei ihnen die Befähigung rein vegetativer Dauergewebszellen Teilungen einzugehen und so zum Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Individuen zu werden, mehr oder minder eingeschränkt ist. Die Teilungsfähigkeit ist in der Regel, wie ÜORRENS gezeigt hat, bestimmten Initialzellen — Nematogonen, Rhizoidini- ! CorrEns, Untersuchungen über die Vermehrung der Laubmoose durch Brut- organe und Stecklinge, Jena 1899.. Vgl. S. 368, 392, 393, 404, 408, 409. HaAserLanpr: Zur Physiologie der Zelltheilung. 345 tialen — vorbehalten, deren Plasmakörper embryonalen Charakter besitzen. Ob bei den höher entwickelten Pflanzen in ausgewachsenen Or- ganen nur das Leptom den fraglichen Zellteilungsstoff zu bilden ver- mag oder ob auch noch andere Gewebearten, ich denke vor allem an Sekretionsorgane und Exkretbehälter, dieselben oder auch andere Reizstoffe gleicher Funktion erzeugen können, wird Gegenstand weiterer Untersuchungen sein. Auch die Frage, ob es sich um arteigene Stoffe handelt, muß wohl auf experimentellem Wege beantwortet werden können. Bei erneuten Kulturversuchen mit isolierten Pflanzenzellen wird es vielleicht gelingen, durch Zusatz von Siebröhrensaft zur Nähr- lösung die Zellen zur Teilung zu veranlassen. ! CoRRENS, a. a. 0. S. 368. Ausgegeben am 3. April. Berlin, gedruckt in der Reichsdrürkerei. Sitzungsberichte 1913. 80 weise oder auch in weiterer Ausführung, in u. Spr A veröffentlicht sein oder werde Sollte e dem zuw wer laufende Veröffent- ‘ liehung an enden Seeretar vor der Ausgabe in n. aufgenommenen wissen- schaftlichen man dieselbe ee früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies h den gel- tenden RR zusteht, so ee. larf er Ers der Ein- willigung = een See Gedächtni an re zu veröffentlichen ist Veh en gestatte Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 22. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über in der Sitzung vorgetragenen Be er Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln - wissenschaftlichen Mittheilungen folgen in dieser "Üb t kurze Mean gr Be welche die Ve er. einreichen, und für welche sie ver- antwortlich sind. Diese Inhalte al sich in der Regel auf 5—6 Hingeige beschränken, keinesfalls Die nicht in den Schriten a Akademi cheinenden Mittheilungen werden mit orges ı Stern bezeichnet, bei den für die er weine area wird »(Abh.)« zugefü Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften endgültig beschlossen wird. Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung Donnerstag zur Aufnahme in die gene zu- gelassenen Mittheilung, welche am n Donnerstag werden. Später eingereichte ee m Präsentationsvermerk des redigirenden De ns Er Archivars versehen, A ein späteres Stück zurückgele; Dasselbe kin 3 von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus . welchen Gründen be sondere Ueneiersheien erwarten lässt, oder welche den in den “ 3 und 4 enthaltenen Be nicht ent- Ber Bas regt spreche Die ER RTEN er get am Montag Abend die Correeturen a r wohne oder an- esenden Verfasser, er an a zen ge die Revision zu lesen, so muss sie die Corn ag früh a ce zurückliefern. Correetur länger als Kim Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, en die Miheilung in einem späteren Stück erscheint, ch a Treceture ver use die Verfasser hi damit ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, wo en rer erst noch dem —. Mitgliede r Revision unterbreitet werden müss das Er- bee am an Ausgabetage Sheahaupt en zuge- sichert we Aus $ 36. e Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1910: Physikalisch-mathematische Ka ar? Philosophisch-historische Classe . - - - Abhandlungen. Jahrg. 19 Physikalisch- EEE: nische m Be Philosophisch-historische Class Be re ee en EB . . . . . . Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1909, 1910, 1911 und 1912. Scauize, W.: Gedächtnissrede auf Richard she M 1— Runexs: Gedächtnissrede auf Friedrich ati rause ee a ee Lasporr +: Über . e au "haltung der Masse bei IR Umsetzungen er ei » 8— KexvLE vox Bach Stra er es ILTHEY: Der Au fe ER wategenkäpf Welt in den Geisteswisenschaften Erste | Be. 0. a nn tnissrede auf Hans Heinrich Landolt es er Exsrer un ud KR) Krauss: Über den anaauiisshen Bau der baumartigen (Gyperacee Schoenodendron ER Me 4 ISCHER: Gedächtnissrede =; 5 ek obus Henricns van "Hoff. en = een W.: Regen auf Heinrich Zimm Be ee - M en as mn. der Pha rronn ; a ; Sa Morr: Zur Pr ichen G rung Frankr Dirıs; ea © Mandschrifiche "Überleferung 3 RAN Commentars zum Prorshetium des se ‚pp es « * . » ig oe Ze : Auf welchem We ege "kamen die Goidelen vom Continent ı nach Intand? . Beer Eapurans: Gedkchtiseride auf Wilhelm Dilthey . Se Ei user: Zum isländischen Fehdewesen in der Sturkungenzeit. ee ee nn do H. Junker: Der renan; a —_— aus Nubien en F. Freiherr Hırner von GAE und H. Lartersans: Arkadische Forschun ungen - 850 Ta. Wıreanp: Ester voliee. Bericht über die von den ag Museen unternommenen Ausgrabungen in Samos » 2.— L. Lichtensteix: Bes; eis des Satze es, dass. ‚Jedes hinreichend kleine, im wesentlichen stetig ge- srümmte, singularitätenfreie Flächenstück auf einen Theil einer Ebene rege und in den kleinsten Theilen ähnlich abge an werden kan » 350 A.vox Le Con: Türkische Manichai s Cho I. » 5.50 M. van Bercnen: Em. rege schriften v von "ie ergam - 1 M. Bike: Phönieische und aramäische Kruga aufschnften. aus Elephantine u C. Frank: Zur Fatziferung der anche Inschrif: » 3 F. Scnurruess: Zurufe an Thiere im Arabischen . » I A. Jounsen: Die Beckeinn ir Inseln S. Pietro und $. Antioco (Sar ‚dinie en) » 5.50 H. Kraarsen: Morphologische Studien zur Bulesdingnosik der Turfanschädel . - I Sitzungsberichte der Akademie. Dre Aue Aktuell Sonderabdrucke. IH. Halbjahr 1912. H. Porz: Mischlingsstudien. VII. (hierzu Taf. VI und VI). M 1 J. Mewaror: die Editio princeps von Galeno s Hinporeaiie de natura hominis (iierzu 1 Taf. ‚ vn) » 0,50 Erman: zur ägyptischen Wortfo rschung. I. de „Maas: zu den Beziehungen Zwischen en und Sophist AH. » 0.50 Serortky und H. Juse: neue Sätze über ge id. die Aner’schen Functionen 5 der Rızmann’schen Theorie. un. in i 5 » 0,0 Morr:. vom Ursprung der provenzalischen Schriftsprache eye en . a A. Rauırs: griechische Wörter im Koptischen a . » 050 H. Sauter: die Masse des es n # x » 050 eher! über ursänsug Formen, die viele Pr imzahlen dars tellen » 050 E. Meyer: Untersuchungen über die ae Geschichte es. und über Nebukadnezar’s Befestigungsanla : a . er P. Maas: zu den Beziehungen "zwischen Kirchenvätern und. Sophisten I » 00 S.Konow: zwei apa = der alten arischen Lit entire Er s Chinesisch-Turkistan » 050 Nersst und F. A. Linpemann: Unt suchungen ‚über die specifische Wärme. VL 8. Nernst: Untersuchungen wre ns ne : F. Frec#: über den Ge irgsbau des Tauros in seiner Bedeutung für die Beziehungen der euro- äischen und Pte: as ‚Seh bir ne von WıLamowırz-MoELLENDORFF a Praunamı: Ninspapyrus P. >. Morgan (rer Taf. IX und % en SCHWARZSCHILD: über Spe Bere er he - - Erpsans: Erkennen und Verstehen (2. Aufl.) S en Berne I. Halbjahr 1913. NoRDEN: aus Cicero's on ee I Warsurg, G. Lerrui L. U und C. Möran: über die Constante c des Wirx-PLanck- schen ernscken zes » 0.50 K. Scheer. und W. Hevse: die ‚speeifische Wärme von Helium und‘ einigen "zweiatomigen Gasen zwische und —ı80° 0.50 ÖRTR: ‚über tubereulöse Reinfection und Ihre Bedeutung für die Entstehung. der: Lungenschwindsucht 1.— Pexcx: die Formen der Landoberfläche und Verschiebungen der Klim magürtel .. 1m ae der Geist der morgenländisch en ag im Unterschied von abendländischen e 2 zur Theorie der elektr nn en ee 1:7 Sckur: zur Theorie der indefiniten binären nee n For ım i . IDZBARSKI: eine mn. ische Bilinguis aus einem Tempel des Maseinissa (hierzu 1: a D ISCHER und K. er Aceto ag ee cose und en Stoffe TABERLANDT: zur Se de Zelltheilung . u En De Se ne m} antun ] 1 1 I Herkun ara psychologisch bedingte Fehler bei meteorologischen Beobachtu Inge N. I : ” - 5 ” ” « ” 1913. XVIo. XVvIol SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 3. April. (S. 347) Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 3. April. (S. 349) Praxck: Über das Gleichgewicht zwischen Oseillatoren, freien Elektronen und strahlender Wärme. (S. 350) BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften, Aus $l. e Akademie giebt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei Ati Versen heraus: » Sitz eg der Königlich Preuss n Akademie der Wissenschafte und » Abhandlu age - Königlich Preussischen Akadeinie der Wissenschaften « Aus 82; Jede zur Aufnahme in die ag ei die Feige bestimmte Mittheilung muss in r aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei i Are Regel en eg eemiggr ist. Nicht- lie rzu die Ver lung eines ihrem F m angehörenden ordentlichen Meile zu benutzen. a einer sufzunchmenden Mittheiling soll n der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bi en, 16 Seiten! n in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhanıl- lungen nicht übersteigen. bersch ar Grenzen ist nur mit ea der Gesammt-Aka oder der betreffenden Class -hat das vorlegende Mitglied es vor dem E von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lass sa Sollen einer ge Abtuklangen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben Seide so sind die Vorlagen ee ange photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit Ser Manuscript, jedoc ser serennen Blättern, einzureie e Kosten der en de Note haben in der Be le Verfas tragen. Sind d \ fältigung übernimmt die A ka- demie. Über die essen en Höhe dieser Kos ist — wenn es sich n handelt — der n in Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberiehten 150 Mark, bei den Anliengen 00 Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten .- $5. Vo ung und Einreichung des volständigen druchfortieee nn an se ee n Seeretar oder an Archiv wird über Aufnahme = AMienetung in e kalerhen ran und zwar, er eben Mit- glieder es verlangt, och pe: : Mitt we von Verfassern, Fe ER eo. der Akademie sind, sollen der .- yr nur in die here aufgenommen werden. schliesst eine _ die Aufnahme der Mittheilung eines Nichemiglide n die Abhandlu ie so bedarf dieser Beschluss der ra durch die Gesammt-Akademie. Ag je] 2 + 8 .D B un (Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) E) Sachverständigen Aus s 6. bs T2 Ir ı , fr h} sieh nieht bloss um EN Text handelt, aus tzes Fremder sind diese Anweisungen von dem Mitgliede vor u des a vorzunehmen, Dasselbe ha zu vergewissern, dass der Verfasser seine Piikfhellung als Falke mmen Arnekreif ansieht. ie erste Co ectur ihrer Re ee; die e Corr an das und die Verfasser _ zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflicht Aus $ 8. Von allen in die Sikenighherkähte oder Abhandlungen aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden, ressen oder Berichten werden für die ar: asser, von misseisehaftlighen Mittheilungen, wenn der im Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buch hander nee abdrucke hergestells, die alsbald nach Erscheinen aus eg een 1 NK Iarahdrmeke für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdr 1. damit einverstanden erklären. 9 n den Bonierabämeksn aus den Sitzungsberichten erhä es n Verfasser, weleher Mitglied de mie zu nee :he lei Genehmigung der aim ka lasse. i en en weitere 200 Exemplare & Kos abziehen * the aus den Abhandlungen er hält ein Velameı EEE Mitglied- in A I zu unentgeltlicher Vertheilun ite see sofern er dies Page dem redigirend n Secretar 2 gezeigt hat; w auf seine sten noch gr Abdrucke zur Tas . zu erhalten, so A I ei der et der Gesammt-Akademie oder en rn treffenden Classe. — Nichtmitglieder li 30 a exemplare und älnfen nach rechtzei . nzeige bei ihre redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare Kosten abziehen lassen, Eine für die en Schriften Dir stimmte wissenschaftliche "Mısheiiaih ner in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an 3 Stelle anderweitig, sei es auch nur au ee Br 3 347 SITZUNGSBERICHTE 128. xXVn. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 3. April. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. RoETHE. Hr. Wırserm Scouvıze las über die lautlichen Wandlungen der Namen Israel und Osroes. (Ersch. später.) Eine Untersuchung der verschiedenen Formen und ihrer Verbreitung führt zu dem Ergebniss, dass das Istrahel der altlateinischen Bibelübersetzung eine echt griechische Vulgärform ist, die aus der griechischen Bibel selbst spätestens seit dem 4. Jahrhundert bis auf geringe Spuren verdrängt wurde, und dass der syrische Name der Stadt Edessa Urhdi auf der volksthümlichen Aussprache "OppöHc (mit hörbarem h) beruht. Ausgegeben am 10. April. Sitzungsberichte 1913. 349 SITZUNGSBERICHTE 1913. XVIH. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 3. April. Sitzung der physikalisch-mathematischen Ülasse. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. Hr. Pranck las Über das Gleichgewicht zwischen Oseilla- toren, freien Elektronen und strahlender Wärme. Es wird das thermodynamische Gleichgewicht betrachtet, das sich in einem von elementaren, Wärmestrahlung emittirenden und absorbirenden Oscillatoren er- füllten Raume herausbildet, wenn die Oscillatoren bei jeder Emission auch ein freies Elektron abschleudern. Unter Zugrundelegung bestimmter elementarer Wirkungs- gesetze ergeben sich für die Oseillatoren und für die Wärmestrahlung die bekannten Formeln der Quantenhypothese, für die freien Elektronen das Maxwerr'’sche Ge- schwindigkeitsvertheilungsgesetz und für das Dissoeiationsgleichgewicht zwischen Os- eillatoren und freien Elektronen das bekannte thermodynamische Massenwirkungsgesetz. 350 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. April 1913. Über das Gleichgewicht zwischen Oszillatoren, freien Elektronen und strahlender Wärme. Von Max PLAnck. $ı. Einleitung und Inhaltsübersicht. In einem Körper, welcher viele verschiedenartige Atome mit verschie- denen Eigenschwingungen enthält, wird beim thermodynamischen Gleich- gewicht die mittlere Energie einer jeden Schwingung durch die Tem- peratur des Körpers vollständig bestimmt sein, und ihr Betrag läßt sich mit Hilfe der Quantenhypothese berechnen. Wenn also dem Körper auf irgendeine besondere Art Wärme zugeführt wird, z. B. durch selektive Absorption von Wärmestrahlung, indem nur eine ein- zige Art von Atomen die von außen auffallende Strahlung absorbiert, so müssen sich die Schwingungen dieser Atome durch Abgabe von Energie an alle übrigen Atomarten allmählich mit diesen ins thermo- dynamische Gleichgewicht setzen, und gleichzeitig nimmt auch die im Innern des Körpers vorhandene Wärmestrahlung die der höheren Temperatur entsprechende normale ‚spektrale AA REIST OR LUNE an, die bekanntlich, bei bestimmter Fort indigkeit, ganz un- abhängig ist von der Anzahl und der Art der vorhandenen Atome. So sicher diese Sätze auf der Grundlage der allgemeinen Thermo- dynamik basiert sind, so fehlt es doch bisher an einer bestimmteren Vorstellung davon, auf welche Weise dieser wechselseitige Energie ausgleich zwischen den verschiedenen Atomschwingungen und der durch sie emittierten und absorbierten Strahlung zustande kommt. Denn soweit die Quantenhypothese bisher ausgebildet wurde, be handelt sie immer nur die Wechselwirkung zwischen Oszillatoren und Strahlung einer einzelnen bestimmten Schwingungszahl'. Meines Wissens liegt bis jetzt, abgesehen von einzelnen Andeutungen in Ar- beiten von H. PomcAar£” und H. A. Lorentz’, nicht einmal der Ver- EuRENFEST, Wien. Ber. 114 [2a], S. 1301, 1905. OINCARE, Journ. de Phys. (5) 2, S. 5, S. 347, 1912. er ® H.Po ° H. A. Lorentz, Archives Neerland. [II A], t. 2, S. 176, ı1gıa. Praner: Gleichgewicht zw. Oseillatoren, freien Elektronen u. strahl. Wärme. 351 such vor, zu einer im Sinne der Quantenhypothese quantitativ ver- wertbaren Annahme über die Natur der elementaren Wechselwirkungen zwischen Atomen mit verschiedenen Eigenschwingungen zu gelangen. Und doch ist es eine der dringendsten Aufgaben der Quantenhypothese, eine Antwort zu finden auf die Frage, durch welche elementaren Vor- gänge es bewirkt wird, daß die Energien zweier Oszillatoren von verschiedenen Eigenschwingungen sich gegenseitig so ausgleichen, wie es die Herstellung des Temperaturgleichgewichts erfordert. Zur Lösung dieser Aufgabe wüßte ich nur den einen Weg, daß man hypothetisch ein elementares Wirkungsgesetz aufstellt, von dem sich zeigen läßt, daß es eindeutig zu dem von der Quantenhypothese geforderten Resultat führt. Denn von einer selbständigen Begründung eines derartig leistungsfähigen Elementargesetzes kann deshalb nicht die Rede sein, weil damit natürlich zugleich auch eine selbständige Begründung der Quantenhypothese selber gegeben wäre, während doch wohl kein Zweifel darüber besteht, daß die Quantenhypothese sich in keinerlei Weise auf anderweit bekannte und anerkannte Ge- setze zurückführen läßt. Wenn es nun gelingt, ein solches Elementar- gesetz aufzufinden, so ist dasselbe damit zwar noch nicht als in der Natur zutreffend erwiesen — denn der Schluß von einem lediglich statistischen Gesetz auf das ihm zugrunde liegende Elementargesetz ist wohl niemals eindeutig —, aber es würde doch gezeigt sein, was von vornherein durchaus nicht selbstverständlich ist und von manchen Autoren noch bezweifelt zu werden scheint, daß es überhaupt möglich ist, den Inhalt der Quantenhypothese auf einfache elementare Wirkungsgesetze zurückzuführen. dem nachfolgenden Aufsatz habe ich es unternommen, alle Eigenschaften des thermodynamischen Gleichgewichts zwischen einem System von beliebig vielen linearen Oszillatoren verschiedener Eigen- perioden und der von denselben emittierten und absorbierten Strah- lung, wie es von der Quantenhypothese gefordert wird, aus gewissen hypothetisch angenommenen elementaren Wirkungen abzuleiten, und zwar derartig, daß die Quantenwirkung nur bei der Emission eine Rolle spielt, während für die Absorption der Strahlung und für die freie Fortpflanzung der elektromagnetischen Wellen im leeren Raum die Maxwerıschen elektromagnetischen Feldgleichungen als genau gül- tig angenommen werden. Bei der Wechselwirkung zwischen zwei Oszillatoren von verschie- denen bestimmten Eigenperioden spielt natürlich die elektromagnetische Strahlung keine Rolle, weil die von dem einen Öszillator emittierte Strahlung von dem anderen gar nicht absorbiert wird; es bedarf daher der Einführung eines anderen Zwischenträgers der Energie, und hier- [3 352 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. April 1913. für werden, einem schon von verschiedenen Seiten geäußerten Ge- danken zufolge‘, die freien Elektronen genommen. Es wird nämlich vorausgesetzt, daß die Schwingungen in den Oszillatoren von Elek- tronen ausgeführt werden, und daß bei der Emission eines Oszillators neben einem gewissen Betrag von elektromagnetischer Strahlung stets auch ein freies Elektron mit gewisser Geschwindigkeit fortgeschleudert wird. Zurück bleibt ein positiv geladener Restoszillator, der sich vollständig indifferent verhalten soll, bis er zufällig von einem der frei herumfliegenden Elektronen getroffen wird. Dieses gibt bei dem Zu- sammenstoß zunächst seine ganze kinetische Energie als elektroma- gnetische Strahlung nach außen ab, kommt dadurch zunächst vollständig zur Ruhe und beginnt sodann im Oszillator periodische Schwingungen, deren Energie allmählich durch Absorption auffallender Strahlung so lange wächst, bis abermals Emission stattfindet. Im ganzen beruht also das thermodynamische Gleichgewicht auf dem stationären Energie- austausch zwischen Oszillatoren, freien Elektronen und elektroma- gnetischer Strahlung. Die Bedeutung der hier entwickelten Theorie soll nicht darin liegen, daß die eingeführten Hypothesen von vornherein besonders plausibel erscheinen — sie werden im Gegenteil zum Teil einen ziem- lich willkürlichen Eindruck machen —, sondern vielmehr darin, daß sich aus ihnen der thermodynamische Gleichgewichtszustand in allen Einzelheiten vollkommen streng ableiten läßt und daß er für die Os- zillatoren und die elektromagnetische Strahlung die Formeln der Quan- tenhypothese, für die freien Elektronen das Maxweızsche Geschwindig- keitsverteilungsgesetz, für das Gleichgewicht zwischen Oszillatoren und freien Elektronen das bekannte thermodynamische Massenwirkungs- gesetz liefert. Man kann also mit dem hier beschriebenen Modell in bestimmter Weise weiterarbeiten und insbesondere genau prüfen, nach welcher Seite es zu modifizieren ist, um den in der Natur vorliegenden Verhältnissen noch näherzukommen. 8.2. Formulierung der physikalischen Voraussetzungen. In einem nach außen durch starre, absolut reflektierende Wände abgeschlossenen Vakuum befinden sich in unregelmäßiger Anordnung; doch in gehöriger Entfernung voneinander, eine große Zahl N von linearen Öszillatoren der verschiedensten Eigenschwingungszahlen v ver- " Vgl. z.B. W. Wıes, Ann. d. Phys. 23, S.433, 1907. — Pa. Lenamo, Site Ber. d. Heidelberger Akad. d. Wiss. Januar 1913. — O. W. Rıcnaroson, Phil. Mag Oktober 1912, S. 570, $. 575.- ne Pranck: Gleichgewicht zw. Oseillatoren, freien Elektronen u. strahl. Wärme. 353 streut, so daß die Anzahl der zwischen den Schwingungszahlen v und »+ dv liegenden Öszillatoren N,-dv beliebig gegeben ist, wobei: 6) [no=n. (1) 0 Außerdem sei dem System eine gewisse Energie, etwa in Form freier elektromagnetischer Strahlung von beliebiger spektraler Verteilung, mitgeteilt. Es wird gefragt nach den Bedingungen des stationären Zustandes, der sich mit der Zeit zwischen den Schwingungen der Oszillatoren, den spektralen Strahlungsintensitäten und den Bewegungen der von den Oszillatoren abgeschleuderten freien Elektronen herstellen wird, unter Zugrundelegung der folgenden Hypothesen über die elementaren Vorgänge in dem System. Fassen wir zunächst einen ÖOszillator ins Auge, der das in ihm schwingende Elektron durch Emission verloren hat. Derselbe ist posi- tiv geladen, seine Masse sei so groß gegen die eines Elektrons, daß im stationären Zustand seine Geschwindigkeit gegen die der freien Elektronen vernachlässigt werden darf. Wir setzen weiter voraus, daß dieser Restoszillator sich gegenüber den Vorgängen in dem betrach- teten System vollkommen indifferent verhält, so lange bis er von den frei herumfliegenden Elektronen zufällig eines abfängt und dadurch wieder zu einem vollständigen Oszillator wird. Ob ein vorbeifliegendes Elektron von dem Oszillator abgefangen wird oder nicht, soll abhängen erstens von dem Minimalabstand r,;. des Oszillators von der Geraden, welche die Bahn des herankommenden, punktförmig gedachten Elek- trons bezeichnet, zweitens von der Geschwindigkeit g des freien Elek- trons, und zwar soll, wenn I Fmin 0) (8) I-1 | Sobald das Elektron frei geworden ist, fliegt es mit der aus (6) zu berechnenden Geschwindigkeit q weiter, bis es von irgendeinem andern 356 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. April 1913. positiven Restoszillator wieder aufgefangen wird und das Spiel von neuem beginnt, aber natürlich im allgemeinen mit einer andern Schwin- gungsperiode. Die Wechselwirkungen zwischen den freien Elektronen und den vollständigen, elektrisch neutralen, Oszillatoren sollen die Bedingungen des stationären Zustandes ebensowenig modifizieren wie die der freien Elektronen untereinander und mit der freien Wärme- strahlung. — Durch die beschriebenen Hypothesen ist die Natur der zu be- trachtenden Vorgänge vollkommen festgelegt, und es kann die gestellte Frage nach dem stationären Zustand in allen Einzelheiten beantwortet werden. $ 3. Schwingungsenergie der Oszillatoren. Von den N,dv ursprünglich gegebenen, zwischen v und v+d 'schwingenden ÖOszillatoren mögen im stationären Zustand N/dv als vollständige Oszillatoren schwingen, während die übrigen: (N,—N!)dv —= N!’'d (9) ihres Elektrons beraubt sind und als positiv geladene Restoszillatoren sich eine Zeitlang vollständig indifferent verhalten. Die Gesamtzahl der freien Elektronen ist gleich der Gesamtzahl der Restoszillatoren, also: [Na = N”. (10) 0 Es gilt nun, die Bedingungen des stationären Zustandes aufzusuchen. Wir bezeichnen die Anzahl derjenigen unter den N/dv Oszilla- toren, deren Schwingungsenergie zwischen (n-1)hv und nAv liegt, mit N,dv-w,. Nach Ablauf derjenigen Zeit r, welche verstreicht, bis jeder dieser letztgenannten Oszillatoren den Energiebetrag iv aus der auffallenden Strahlung absorbiert hat, also, gemäß (3), nach der Zeit: a an) werden die Schwingungsenergien aller dieser Oszillatoren, und nur dieser Oszillatoren, zwischen nAhv und (n+1)Av liegen, sofern sie nicht beim Überschreiten des Grenzwerts nAv ihr Elektron emittiert haben. Da nun derjenige Bruchteil von ihnen, der keine Emission ausführt, durch | gegeben wird, so ist im stationären Zustand: ,r= W+ı = Cw, . Daraus folgt durch sukzessive Rekursion: Wn = Eerim * Pranck: Gleichgewicht zw. Oscillatoren, freien Elektronen u. strahl. Wärme. 357 w, ergibt sich aus der Bedingung: >, =]1 1 w=1-£{, als: so daß w,—= f1(1-b). (12) Die Anzahl der betrachteten Oszillatoren, deren Schwingungsenergie zwischen 0 und Av liegt, beträgt also: | N,d-w, = N,d-(1-1t). (13) Diese Zahl ist nun im stationären Zustande gleich der Anzahl der- Jenigen Restoszillatoren von der Schwingungszahl v, die sich während der Zeit r durch Auffangung eines freien Elektrons zu einem voll- ständigen Oszillator ergänzen. Wir haben also jetzt zu berechnen, wieviel der Restoszillatoren Ndv in der Zeit r ein freies Elektron auffangen. Dazu dient uns eine aus der kinetischen Gastheorie ge- läufige Überlegung. Fassen wir diejenigen unter den freien Elek- tronen N” ins Auge, deren Geschwindigkeit zwischen g und g+dg liegt und deren Bewegungsrichtung innerhalb des Elementarkegels da ä 2 2 .. ern verläuft; wir bezeichnen sie mit N, ag. 2 ‚ wobei im stationären Zu- stand N, nur von g, nicht aber von der Richtung abhängt. Legen wir nun um jeden Restoszillator eine Kugel mit dem Radius ae (14) ’ 9 so wird nach (2) jedes der betrachteten freien Elektronen, welches während der Zeit r in eine dieser Kugeln eintritt, von dem betref- fenden Oszillator festgehalten, die übrigen nicht. Die nämliche Zahl ergibt sich, wenn man die Elektronen ruhend, dagegen die Oszilla- toren nebst ihren Kugeln mit der gemeinsamen Geschwindigkeit q bewegt annimmt. Sie ist also gleich der Anzahl derjenigen ruhend gedachten Elektronen, welche in den während der Zeit r von den Vorderflächen der bewegten Kugeln beschriebenen Räumen liegen. Die Größe aller dieser Räume ist gleich der Summe der Volumina von lauter gleichen Zylindern mit dem Querschnitt r?r und der Länge gr, also gleich N, dv. r* #-qr, und die Anzahl der betrachteten Elektronen, welche in diesen Räumen liegen, ist, mit Berücksichtigung des Wertes von r aus (14): Nyav.nfır Nydg de (15) q V 4n ’ wenn V das Volumen des ganzen Systems bedeutet. 358 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. April 1913. Mithin erhält man für die Gesamtzahl der in der Zeit r neu- gebildeten Oszillatoren der betrachteten Schwingungszahl v, durch Inte- gration über q von 0 bis oo, über Q von 0 bis 4r und Gleichsetzung mit (13): af?tN) f u 5 Tr |m = ma-9. (16) 0 $ 4. Energie der freien elektromagnetischen Strahlung. Damit die in dem PRRKAMEDEeTY EN. zwischen v und v+ dv ent- haltene Energie der freien elekt hen Strahlung konstant bleibt, muß in der Zeit r ebensoviel von ihr durch Absorption verloren gehen, als durch Emission neu gewonnen wird. Absorbiert wird von den N/dv Oszillatoren in der Zeit r der Energiebetrag: N!dy- Iv. (17) Emittiert dagegen wird strahlende Energie sowohl bei der Auffangung als auch bei der Abschleuderung freier Elektronen. Der erste Betrag berechnet sich aus der Zahl (15) der in der Zeit r von den Restoszillatoren N’dv aufgefangenen Elektronen einer bestimm- ten Geschwindigkeit q, durch Multiplikation mit HT: und Integration über q von 0 bis oo, über 2 von 0 bis 4r: zuf?rNid 2 a ende f Nrgdg. (18) Der zweite Betrag ergibt sich aus der Betrachtung der emittierenden Oszillatoren. Von allen N’dv Oszillatoren kommen in der Zeitr N,dv(1-d) zur Emission. Von dieser Anzahl wiederum emittiert derjenige Bruch- teil, der durch den Ausdruck (8) gegeben ist, die Energie chv als elektromagnetische Strahlung; mithin emittieren sie zusammen die Strahlungsenergie: N&(1-t)- = fe hr: de — Nice z (1+ Mt- rg Der stationäre Zustand bedingt also, daß die Summe der Ausdrücke (18) und (19) gleich ist dem Ausdruck (17), woraus sich ergibt: aufNY +1 Basen ur [m gdqg = N;hv: me Ä (ze) | 4 © > £ E ED ER Praxck: Gleichgewicht zw. Öscillatoren, freien Elektronen u. strahl. Wärme. 359 $ 5. Energie der freien Elektronen. Im stationären Zustand muß ferner die Geschwindigkeitsverteilung der freien Elektronen konstant sein. Nun wird die Gesamtzahl N,dq derjenigen freien Elektronen, deren Geschwindigkeit zwischen q und q+.dgq liegt, in der Zeit r einerseits verkleinert durch die Zusammen- stöße, die sie mit den ruhenden Restoszillatoren erleiden, andrerseits vergrößert durch Elektronenemission von seiten der schwingenden Oszillatoren. Wir berechnen beide Zahlen und setzen sie einander gleich. Die Zahl der in der Zeit r von ruhenden Restoszillatoren irgend- welcher Art aufgefangenen Elektronen des betrachteten Geschwindig- keitsintervalls ergibt sich aus (15) durch Integration über 2 von 0 bis 4r und über v von 0 bis oo als: aNydg (zn 73 .|Nepe-6 (21) 0) Um anderseits die Zahl der in der nämlichen Zeit r von den schwingenden Oszillatoren mit einer Geschwindigkeit zwischen q und q+.dg emittierten Elektronen zu berechnen, fassen wir zunächst die Oszillatoren N’dv einer bestimmten Schwingungszahl v ins Auge, wobei dv unendlich klein von kleinerer Größenordnung als dg gedacht werden mag. Dann ist, da g und v gegeben sind, sowohl n als auch c durch (6) bestimmt: . n—c = , (2 2) und für das Intervall dg ergibt sich aus dieser Gleichung: Pa (23) y Hieraus folgt, daß nur diejenigen unter den betrachteten N’dv Os- zillatoren zu der gesuchten Zahl beitragen, bei deren Emission n, © und ds die durch (22) und (23) bestimmten Werte besitzen. Nun ist nach $ 3 die Anzahl der während der Zeit r bei der Schwingungsenergie n/v emittierenden Oszillatoren: Ndw- (1-0) = Mi. (1-0%, und von diesen wiederum emittiert nach (8) die Zahl: Sin! .67°de c—1 N,d. ger (1-8)- je ein Elektron mit der verlangten Geschwindigkeit, wenn für n, o und do ihre Werte aus (22) und (23) eingesetzt werden. Dies ergibt ee “#9 | N,dv- (1) Int 5 we 360 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. April 1913. der in der Zeit r von den ÖOszillatoren N/dv mit einer Geschwindig- keit zwischen g und g+.dg emittierten Elektronen. Durch Integra- tion über v von 0 bis oo erhält man hieraus die Gesamtzahl der hinzu- kommenden freien Elektronen zwischen g und g-+ dg, und durch Gleich- setzung mit (21) die Bedingung des stationären Zustandes: aN, Fi 2er #g EN; Te [mr =. " 0 0 $6. Zusammenstellung der Gleichgewichtsbedingungen. Die für den stationären Zustand notwendigen und hinreichenden Bedingungen werden durch die drei Gleichungen (16), (20) und (24) dargestellt. Wir wollen dieselben nun in geeigneter Weise kombinieren. Wenn man aus (16) den Wert von N’ entnimmt und ihn in (24) einsetzt, so erhält man: fra ie + U mie f mn. Diese Gleichung gilt für jede beliebig angenommene Zahl und Art der Öszillatoren, also auch, wenn N” nur für eine bestimmte Schwingungs- zahl v von Null verschieden, für alle übrigen gleich Null ist. Daraus folgt, daß für jeden Wert von v und g der Ausdruck in der Klammer verschwindet, oder: ug? —1)Ing- Cam - dv. (24) ug? N=0:.2.5Ww, (25) wobei C nicht von gq abhAugt, 20 die freien Elektronen gilt also das Maxweıısche Gesch tz. Der Wert von C läßt sich ausdrücken durch die Gesamtzahl Ser freien Elektronen: N = | Mag = 0. (- > u) 4 uing 0 ‚ 2ing N — m - ne ER (26) Vr 2hv Jetzt wollen wir die Temperatur T einführen. Das kann auf zwei ver- schiedene Arten geschehen. Entweder können wir die Temperatur definieren durch die mittlere kinetische Energie der freien Elektronen und daraus das Gesetz der Energieverteilung im Spektrum der schwarzen Strahlung ableiten, oder wir können umgekehrt die Temperatur definieren Praxex: Gleichgewicht zw. Oscillatoren, freien Elektronen u. strahl. Wärme. 361 durch die spektrale Strahlungsintensität und daraus die kinetische Energie der Elektronen ableiten. Wir ziehen hier das letztere Ver- fahren vor, weil es direkter an die Erfahrung anknüpft. Danach ist die spektrale Intensität der erregenden Schwingung’: 327”hv’ 1 = 30° [7 : (27) | und nach (4) und (5): “ ee —T | KT, (28) folglich durch Substitution in (26): RE 4N" ni ; 2 - Er. 2 u lo) ® > Dies ergibt als mittlere kinetische Energie eines freien Elektrons: Ian su; KT, (30) genau wie bei Gasmolekülen, in Übereinstimmung mit der Druneschen Theorie der freien Elektronen. Wieweit allerdings diese Beziehung auch auf Metalle anwendbar ist, wie Drupe annahm, mag hier noch ununtersucht bleiben. Die Substitution des gefundenen Wertes (29) von N, in (16) oder in (20) ergibt das Gleichgewicht zwischen den schwingenden Oszilla- toren, den positiv geladenen Restoszillatoren und den freien Elektronen: Iv EHER URAN 1-e #7 (31) NV 2 # 9m fr oder mit Substitution des Wertes von r aus (11) und Benutzung von (27): hv est =K. (32) N! N” Anv2e? V 2rkT NV 7 gef : Diese Beziehung besitzt ganz die Form des für die Dissoziation von beliebig vielen verschiedenen Arten binärer Moleküle mit gemein- samem Ion gültigen thermodynamischen Massenwirkungsgesetzes, wenn N,d» die Zahl der unzersetzten Moleküle irgendeiner Gattung, N,dv die Zahl der positiven Ionen der nämlichen Gattung, N” die Zahl der allen Gattungen gemeinsamen negativen Ionen bedeutet. K ist die »Dissoziationskonstante«, die nicht von dem Zersetzungsgrad, sondern nur von der Natur der betreffenden Molekülgattung und von der Tem- an SEEN ' A.a. 0. Gleichung (273). 362 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. April 1913. peratur abhängt. Die Temperaturabhängigkeit läßt sich auf thermo- dynamischem Wege ableiten und dadurch auch die Abhängigkeit der Größe f von der lokalen Strahlungsintensität bestimmen. 7 a Wenn außer der Temperatur für jede Art von Oszillatoren die Gesamtzahl der zersetzten und der unzersetzten Oszillatoren: (N, + N)d = N,d (33) gegeben ist, so ergibt sich aus der Gleichgewichtsbedingung (32) der Dissoziationsgrad für jede einzelne Oszillatorgattung. Denn zunächst folgt durch Elimination von N) aus (32) und (33): N, | IV. (34) mr und hieraus durch Multiplikation mit dv und Integration von v=( bis v = oo nach (10): eN.d rt! N"= (35) Sobald also N, als Funktion von v gegeben ist, läßt sich aus dieser Gleichung die Zahl der freien Elektronen N” und hierauf aus (34) die Zahl der zersetzten, aus (33) die der unzersetzten Oszillatoren jeder Gattung berechnen. Über weitere zu Vergleichungen mit den Vorgängen in der Natur geeignete Eigenschaften des hier betrachteten physikalischen Modells gedenke ich bei einer anderen Gelegenheit zu berichten. Ei. $ 7. Irreversible Vorgänge. Wenn durch irgendeine äußere Ursache der thermodynamische Gleichgewichtszustand gestört wird, wenn z. B. von außen Wärme strahlung beliebiger spektraler Beschaffenheit in den betrachteten Raum hineingebracht wird, so wird, falls überhaupt Oszillatoren der ent- sprechenden Schwingungszahl vorhanden sind, diese Strahlung absorbiert werden, dadurch auch die Zahl der emittierten freien Elektronen sich ändern, und schließlich mit der Zeit ein neuer Gleichgewichtszustand eintreten, in welchem die Bewegungen der freien Elektronen, die Schwingungen aller Arten von Oszillatoren und die Strahlungsinten- sitäten aller Wellenlängen der neuen Temperatur angepaßt sind. Zum Beweis dieses Satzes ist es notwendig und hinreichend, zu zeigen; daß bei jeder beliebig gegebenen anfänglichen Energieverteilung zwischen Oszillatoren, freien Elektronen und Wärmestrahlung sich en | möge der in $2 eingeführten Hypothesen eine Zustandsänderung ” Praxex: Gleichgewicht zw. Oseillatoren, freien Elektronen u. strahl. Wärme. 363 dem Sinne wachsender Gesamtentropie vollzieht, und daß dem Maximum der Gesamtentropie der thermodynamische Gleichgewichtszustand ent- spricht. Wenn ein solcher Beweis auch, wenigstens für den all- gemeinen Fall, einigermaßen umständlich sein dürfte, so vermute ich doch, daß er keine prinzipiellen Schwierigkeiten bieten würde, und daß er sich auf analoge Weise führen ließe wie früher‘ für ein nach einfacheren Gesetzen funktionierendes ÖOszillatorensystem. ı A.a. OÖ. Fünfter Abschnitt. Ausgegeben am 10. April. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Sitzungsberichte 1913. 32 weise oder auch in weiterer ee in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Sollte eine dem auwiderlufde Veröffent- re or der Ausgabe in Wenn der Ve schaftlichen Mittheilung " Aikeeike ee rü eabsichtigt, als ihm dies nach den gel- »ht, so bedarf er dazu der Ein- en der Arge Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist den Verfassern unbeschränkt gestattet. Aus $ 21. Die Sitzungsberiehte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 2 Jeden ne eröffne e Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen w este Mitthei- lungen und über. die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen folgen in dieser N kurze Inhalt ı derselben, welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- se lagen > sollen sieh 5—6D Dekeien beschränken, er 10 Zeilen überschreiten. Die nieht in den m er Akademie ee, ee werder vorgesetztem Stern be zeiehn pr bei den für die re er ei »(Abh. zugefi Wiomtenieks Mittheilungen fremder Verfasser we erden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften endgültig beschlossen wird. Aus $ 27. nn Zur einer in einer akademischen Sitzung rstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gescne ee te am nächsten Donnerstag gedruckt e oll, muss der Regel a in der a A apieesten bis aaa itag 10 Uhr Morgens redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig Ara ker Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Seeretars a des Archivars versehen, für Fin späteres Dasselbe n herein mit Mittheilungen ge- sehehen, deren n aus ge welchen Gründen be- st, oder wele n in den $$ 3 und 4 ee Bestimmungen nieht ent- hen. Die Reichsdruckerei ee spätestens am ang e Rei Abend die Correeturen an die hier wohnenden n- o Mitglieder, ide die Mitthe vorgelegt as lieselben am Dienstag Abend wieder ab n lassen werde; wünscht jedoch die mit Correetur betraute. Person evision zu lesen, so muss sie die Üorreet ereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern Wird die Co änger als bis Dienstag Abend von der damit b trauten Person behalten, so hat diese es zu en wenn die Mittheil u 2 einem späteren ai erschei ir auf \ Nach auswärts werden Correeturen nu en versan die Verfasser Bean damit u en ihrer Mittheilung nach acht T Fremden Verfasse € rreetu och vorlegenden Mitgliede dem zur Revision ei werden müssen, kann das Er- eg; am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- ichert wer Fa Aus $ 36. )ie Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. ne 1910: ysikalisch-mathematische Dam SE ee Class ee we Abhandlungen. Jahrg. 1911 Physikalisch-m TER tische Classe . . - - Prlossphiseh- historische EB... 5% Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1909, 1910, 1911 und en AM 26.— „5 5 * . ” . » ” * . * 5 * D . * . ® . . D . . Scauize, W.: Gedächtnissrede auf Richard Be es I Roms: GedSchtnissrede auf Friedrich Kohlra nee er Lan tr +: Über die Erhaltung der Masse bei geh Umsetzungen nun ee re LE von Stranonırz: Strategenköpfe . ee ee Dirreer: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften Erste Hälfte ne dem win he re e auf Hans Heinrich Landolt A Be i g1. m Exonen . „Krauss: Uber den änatomischen Bau der baumartigen ‚Ogperacee Schoenodeniron ISCHER: Eee har Ba ce Henriens vant Hof. ey ar Senn WW. gg auf Heinrich Zimm ”%# . nen an das Diadem ag zn en ; i ee = Morr: Zur Ksaehlichen Gliederung F en, Disıs: Die rege Serien Fi " Galen’ ’schen Commentars "zum Prorsheticum des .n ippokra ey, > MER T: Auf wei chem m Wege kamen die Goidelen vom Continent nach Itand? . ne, ; Gedächtnissrede auf Wilhelm Dilthey ae ee 2 se MANN Hevsuzr: Zum ren Fehdewesen in der Sturlungenzeit a. . ’ . ” * ” . H. Junger: Der Auszug iss _ -Tefnut aus re 5 ee: F. Freiherr Hırıer von GAE und H. LATTErRnmanN: Ar Adische Porschun ngen Tu. Wiesanp: u akaliger "Bericht über A von den z.. Museen unternommenen Ausgrabungen in Samos . L. Licntensteis: een des Satzes, dass jedes hinreichend kleine, im wesentlichen steti ig ge- ümmte, ne Flächensti ück auf einen Theil einer Ebene weg und in den kleinsten Theilen — abgebildet warden kann . 3 A. von I Cog: "Türkische Man ichai s Chotscho. I. a M. van Bercnem: Die muslimischen Kehle von Per. - M. Linzgasskt: : Phönieis che und aramäische Krugaufschrften a aus Elophantine : Fe C. Frank: Zur eg e en Inschriften . een F. Scaurreess: Zurufe im Arabise A. Jonssex: Die Gesteine de Da eln S. Pietro und S. Antioco ‚ (Sardinie en) i H. Kraarscn: Morphologische Studien zur Rassendiagnostik der Turfanschädel . Sitzungsberichte der Akademie. Preis des Jahrgangs Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1912. J. Mewaror: die Editio princeps von Galenos In ee de natura hominis vun. Taf. en RMAN: zur ä are Wortforschung. I. IH. P. Maas: zu den Bez Zu — Br chenvätern und Sophi isten. mg und H. Jus eg über ee und die Assr’schen Functionen er ..—. schen. Theo m. Morr: vom Urs der E provenzalischen Schriftsprache A. Rau gr ischische Wörter im Koptischen H. Bere: die Masse des Se isirchäßten Tita Frosentus: über quadratische Formen, die viele Pr imzahlen darstellen E. Meyer: Untersuchungen über die älteste Geschichte ee und über Nebukadnezar's . ärme. : F. Frec#: über ” Gebirgsbau des Tauros in seiner Bedeutung für die Bakihassen Zu euro- äischen und asiatischen Gebi on Wıramowırz-MoELLENDORFF u 7% Prauman: Ninspapyrus P. >. Morgan (iierzm Taf. IX und x ee über Speetrographenobjective : Erpsmans: Erkennen und Verstehen (2. Aufl.) . ” . ’ ” . . ” ” ” * . ” Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1913. NORDEN: aus ee 's Werkstat Warsurs, G. LerrtuÄuser, E. Burca und ©. Möuse: über die Constante c : des "Wirs-Pianex- schen Strahlungageset K. Bag wen ne . de _specifische "Wärme von Helium und. einigen "zweiatomigen Gasen OrTH: über iberculös Kernloken und ihre Bedeutung für die Entstehung der Lüngenschwindsucht Prexck: die Formen der Landoberfläche und Verschiebungen der Klimagürtel . age der Ge ist der morgenländischen Kirche im an terschied von a abendländischen an Wien: zur Theorie der elektrischen Leitung i in Metalle Cr "ROBENIUS: über die Reduction der indefiniten binären (nadratischen Formen men I. Scuur: zur Theorie der indefiniten binären quadratischen Former eh Rusxer: über die a gen bei der He fezelle : J. Mewaror: Lig Fäls £ CHARTIER’sS in gr alen’s Schrift. „über das Koma . ur HeLımans r die Herkush der Staubfälle »Dunkelm or HeLımann ee lo year bedingte Fehler bei meteorologischen Beobachtu ungen M. Ess skı: eine punisch-altberberische Bilinguis aus einem Tempel des Massinissa (hierzu Tat. D Fıscauer und K. Zicn: Redueti on der Acetobromglueose und ähnlicher Stoffe Harerranpr: zur Physiologie pr Zelltheilun PLascx: über das Gleichgewicht zwischen Onsälsioen, freien Elektronen und strahlender Wärme M12.— LE BE Zn 3 Lu ae Me Si ee Ge en ER es SR Se Beer en! 1913. XIX. XX. XXI. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Gesammtsitzung am 10. April. (S. 365) Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 17. April. (S. 367) Warpever: Das Skelet eines Scheinzwitters. (S. 368) Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 17. April. (S. 381) BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaetion der akademischen Druckschriften. . Aus Die Akademie giebt et $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Verteniihuneen heraus: ne der Königlich —. Akademie der Wissenschaften und » Abhandlungen der Königlich ecke, er der Wincsäintin: Aus zur Aufnahme in 2 Situungsberichte oder die Abhandlungen bestimmte Mittheilung muss in einer aka- PRORDER SIEHE veia; wobei in Se Regel t. Ni mitglieder haben hierzu die Verm ttelung eines ihrem Fache angehörenden Be erento zu benutzen. $ 3. r Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel i wi eg in den Abhandlungen 12 Dr nje8S in der gewöhnlichen Schrift der Abhand: langen Blnh Are teigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu m Ei von sachkundiger Seite auf seinen eitehten Umfang im Druck gi en zu las 4. ollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf en Tafeln beigegeben werden, Bu sind die r (Zeichnungen, photographische Original- "aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit eg en jedoch auf getre . Blättern, einzure Die Kosten der Herstellung Be Valais haben in die ki zu tragen. Sind diese Kosten lichen Betrag zu veranschlagen, so ._ die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter ee ist vor - nn der be- Fe Vorlagen mit dem sch Kostenanschlage eines Sachverständigen an den senden = eretar zu richten, dann zunächst im Sec retariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt bei den Sitzungsberiehten 150 Mark . bei den Abhandlungen ei Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten. je $5. rlegung und Einreichung des vollständigen irucktertigen mise an den zustän en Seecer oder an den Archivar wird über a he Wiheilung in en akademischen u i Schriften, und zwar, wenn ein glieder es verlangt, verdeckt Rees on Verfassern, ER nicht Mitglieder Rege wesenden Mit- chte aufge e e die Aufnahme der Mittheilung eines Niehtmitgliedes Se Abhandlungen, so be nn Beschluss der Bertigung durch die Gesammt-Akadem Aus $ 'S 6. . e, I n: Li 1 RAT wenn es sich nicht um er en Kandel aus- für ung des Satzes vorlegen nde M itglied einzusenden. Die ögli r die Berichtigung von Druekfehlern . Umfängliche Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung des redi- en Secretars vor der ap an Auer Druckerei, M und die Verfasser > zur Tragung der kosten verpflieht 8. Von allen in die Sitzungsberichte e oder Abhandlungen nn wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden, Adressen oder Berichten werden für die Verfasse uschafitteen Miekillsigen, wenn deren Umfang Druck 4 Seiten Se eg auch für den Buchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen aus- gegeben _ werden. 4 4 hAmeke für den Buchhandel ie indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. n den Eoiileshilocken aus den ee erhält. ein Verfasser, weleher Mitglied der Aka s xemplare und dürfen nae redigirenden Seeretar weitere 200 E Kosten abziehen lassen. den abdrueken aus den Abhandlungen er hält ein ee a r Mitglied ie ae ist, zu a ee Verheilung ohne w eres 30 Frei- exemplare; ist indess bere auf Kosten dr er ie weitere Exe bis “ und auf seine Kosten noeh weitere »! 00 (im ganzen also 230) abziehen zu ugs xemplare auf nn S sten abziehen ee 8.17. Eine für die akad chen Sehr riften b stimmte wissenschaftliche Mittheilung in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an 72 = Stelle anderweitig, sei es auch nur a 2 dar n Forseung auf S.3 des Umschlags.) 365 SITZUNGSBERICHTE _ 1913. XIX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 10. April. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. *]. Hr. Deessen las: Über Medaillons aus der römischen Kaiserzeit. Es wurden sechs im Königl. Münzcabinet befindliche Medaillons im Projections- bild vorgeführt und erklärt, deren Typen theils auf antike Wandgemälde und Sr bilder zurückgehen, theils auf den Triumph und den damit verwandten consularis sich beziehen, theils die Darstellungsform veranschaulichen, die im Altertum bei der Wiedergabe von Stadtansichten üblich war. 2. Vorgelegt wurde von dem akademischen Unternehmen der Kant- Ausgabe der ı5. Band (Handschriftlicher Nachlass. Bd. 2). Berlin 1913. Ausgegeben am 24. April. Sitzungsberichte 1913. 33 367 SITZUNGSBERICHTE 1913. XX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 17. April. Sitzung der physikalisch tl tischen Ülasse. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. 1. Hr. Waıvever las: Das Skelet eines Scheinzwitters. s wohlgebaute Skelet zeigt im Ganzen einen weiblichen Charakter, aber auch einzelne Theile, die an einen männlichen Typus erinnern. s finden sich zwei Ab- weichungen vom Normalen, eine Coalescenz zwischen zweitem und drittem Halswirbel und ein überzähliger Lendenwirbel. 2. Hr. Rusess legte eine Untersuchung der HH. Prof. Dr. J. Stark, R. Künzer und G. Wenpr in Aachen vor über ein-, zwei- und drei- werthige Linien des Aluminiumsin den Canalstrahlen. (Ersch. später.) Es wurde festgestellt, dass Aluminium in den Canalstrahlen ein-, zwei- und drei- werthige positive Atomionen zu bilden vermag, und dass die zuletzt genannten Ionen insbesondere bei einem Kathodengefälle von mehr als 8ooo Volt in die Erscheinung treten. Ferner wurde beobachtet, dass die ein-, zwei- und dreiwerthigen Aluminium- ionen Träger verschiedener Linienspeetra sind. 368 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. April 1913. Das Skelet eines Scheinzwitters. Von W. WALDEYER. Im Berliner Forensischen Institute kam vor einiger Zeit die Leiche eines Pseudohermaphroditen zur legalen Obduktion, da ein plötzlicher Todesfall vorlag, dessen Aufklärung nötig erschien. Die Leiche wurde nach Vornahme der Legalobduktion dem Anatomischen Institute über- wiesen. Ich ließ sie skeletieren, da noch kaum eingehendere Unter- suchungen über die Skelete von Hermaphroditen vorhanden sind. Das Skelet zeigt verschiedene Befunde, die einer kurzen Darstellung wert erscheinen, wie ich sie im nachfolgenden gebe. Vorher sei einiges über den Fall im allgemeinen und das Er- gebnis der Obduktion bemerkt': Die betreffende Person war im Sep- tember 1869 in der preußischen Provinz Schlesien geboren; sie starb im Februar ıgıı, hat somit ein Alter von etwas über 41 dahren er- reicht. Während ihres Lebens galt sie als Weib, war auch als solches mit einem Frauennamen benannt und ernährte sich als Aufwärterin. Wenn auch klein und zierlich von Körper, hatte sie doch in der Kopfbildung und durch Bartwuchs einen männlichen Habitus, welcher sich auch an den äußeren Geschlechtsteilen dureh das stark vergrößerte Geschlechtsglied kundgab. Dasselbe war aber an der Eichel undurch- bohrt und von Hautfalten weiblicher Form umgeben. Die von Hrn. Dr. med. P. Frarscker, Privatdozenten an der Ber- liner Universität und Assistenten an der Universitäts-Unterrichtsanstalt für Staatsarzneikunde, ausgeführte Obduktion ergab verkümmerte innere Genitalien weiblicher Bildung; es war von den Geschlechts- drüsen nur eine, die linke, aufzufinden, die sich als ein atrophisches Ovarium erwies. Man konnte dies an einzelnen rudimentären Follikeln, an Corpora albicantia und an der Anordnung der Blutgefäße im Innern des Organs erkennen. Dr. Frarnckeı stellte mir die von ihm ! Ich verdanke diese Angaben der Mitteilung des Hrn. Direktors des Forensischen Universitätsinstituts, Geheimen Medizinalrats Professors Dr. Srraszmann, in der Viertel- Jahrsschrift für gerichtliches und öffentliches Sanitätswesen, dritte Folge, XL. II. Supplementheft, $. 58, 1972 und mündlichen Berichten des Hrn. Privatdozenin Dr. Strauch, Gerichtsarztes für den Stadtbezirk Berlin. WALDEYErR: Das Skelet eines Scheinzwitters. 369 präparierten Geschlechtsorgane und seine mikroskopischen Schnitte von dem als Ovarium angesprochenen Körper zur Verfügung. Wir haben es hier offenbar mit einem der verhältnismäßig häufigen Fälle einer Zwitterbildung zu tun, die man als äußere weibliche Schein- zwitterbildung, Pseudohermaphroditismus femininus externus, nach dem Vorschlage von Kırss! bezeichnet. Nach Benpa” würde der Fall unter der von ihm aufgestellten Rubrik » Pseudarrhenie« aufzuführen sein. Am einfachsten ist wohl die Bezeichnung von Orrr’: »Mißbildungen mit Verwischung des Geschlechtscharakters«. Das Skelet, welches vom Präparator der Anatomischen Anstalt Hrn. Seırert sehr gut hergestellt war, läßt folgende Gesamtmaße nehmen: Ganze Länge des Skeletes vom Scheitel bis zur Fußsohlle . . 147.0 cm, Länge der oberen Extremität vom Alramhtoh. bis zur Spitze des Mittelfingerss . . 65.0 » Länge der unteren Extremität von der Spitze R Trochanter major bis zur Fußsohle . . 74-5 >» Länge des Rumpfes vom oberen Rande des Ka beines bis zum unteren Rande der Symphyse 50.0 » Schulterbreite vom äußeren Rande eines Akromion w zum anderen . 0,00 Breite zwischen Be eochanlein ER Der Schädel hat nachstehende Dimensionen: Wabsuasniın 0 0.000 0 et 16.2 cm, oe Bee, 0... 0 ne 55 3. Pterionbreite . 120 .% 4. Breite zwischen Sekorne Tontonygomu- nn ira iS 9.5 » 5. Größte Jochhreite.. rear 1 6. Ohrhöhe . . red 7. Größte Breite der Orbita ehe 4.0 >» 8; Größte Höhe der Orbis . . :.» „e.- 3.6 >» 9. Höhe der Apertura piriformis . » : > 3:5 >» 10. Größte Breite der Apertura piriformis . - - ah». j . E.,. Handbuch der pathologischen Anatomie. Bd. II, S. 723, 1876. Benxoa, K., Bericht iiber Hermaphroditismus in »Ergebnisse der allgemeinen Pathologie ER Skshslorischen Anatomie« von Lurarsch und ÖSTERTAG, Jahrg. 1 ‚1897- ° Orrn, J., Lehrbuch der speziellen pathologischen Anatomie, Bd. II, Abt. r, S. 258, 1893. 370 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. April 1913. Im allgemeinen macht der Schädel den Eindruck eines weib- lichen, wie das sich aus den geringen Maßen, die zum Teil noch etwas unter den Durchschnittsmaßen eines Weiberschädels stehen, und aus den meist dünnen und zart gebauten Knochen ergibt. Das Gesicht ist schmal, die Kieferknochen und die Ansatzmarken der Kaumuskeln sind im ganzen klein bzw. wenig vortretend. Die Zähne sind klein und defekt. Merkwürdig ist der Unterschied zwischen dem Schädeldach, d.h. ' der sogenannten Kalotte, welche die Hinterhauptsschuppe, die Schläfen- schuppe zum kleineren Teile, die beiden Scheitelbeine und die Schuppe des Stirnbeines nebst einem Teile der großen Keilbeinflügel umfaßt. Dieser Kalottenteil ist fest gebaut, nicht gerade dick — an der Hinter- hauptsschuppe 5 mm, am Scheitelbein 3mm, am Stirnbein 5—6 mm —, hat aber verhältnismäßig wenig Diploe, und macht, in der Hand geschätzt, den Eindruck eines etwas schweren Gewichtes, während der übrige Schädelteil, der die Basis und das Gesicht umfaßt, als der verhält- nismäßig leichtere Teil empfunden wird und an den meisten Stellen vollkommen durchsichtig ist. Irgendwelche Abweichungen sind an dem Schädel nicht zu bemerken. Er ist auch völlig symmetrisch ge- staltet. Allenfalls kann hervorgehoben werden, daß die Crista galli dünn, fast wie eine Messerklinge, erscheint, und daß die Hypophysen- grube sowie der Clivus flach sind. Das Gesamtgewicht des maze- rierten knöchernen Schädels beträgt 597 g, davon beträgt das Gewicht der an Umfang in toto viel kleineren Kalotte 276 g, das des übrigen Schädelteiles 321 g. Ich bemerke, daß nach W. Krause — s. bei Vıerorpr »Daten und Tabellen, II. Aufl. 1906, S.60 — das Mittel- gewicht eines knöchernen Männerschädels sich auf 731 g, das eines Weiberschädels auf 555 g beläuft. Wirbelsäule. Das Skelet zählt 7 Halswirbel, ı2 Brustwirbel und 6 wohlaus- gebildete Lendenwirbel. Alle Wirbel sind entsprechend der geringen Skeletgröße überhaupt klein, am Atlas fällt die geringe Ausbildung der Querfortsätze auf, auch fehlt ein Tubereulum posterius. Das merkwürdigste ist eine Verwachsung des 3. mit dem 2. Halswirbel. Die Körper beider verwachsenen Wirbel sind noch zu unterscheiden, wenngleich die Verwachsung eine vollkommene ist. Der Bogen des 3. Wirbels mit seinem Dornfortsatze ist aber fast ganz in den des 2. Bogens und den 2. Dornfortsatz aufgegangen, so daß man namentlich den Dornfortsatz III kaum unterscheiden kann. Die Gabe- lung des gemeinsamen Dornfortsatzes II und III ist nur eine geringe. Ganz auffallend sticht davon ab die sehr große, weite Gabelung des IV. und V. Dornfortsatzes, während der VI. wieder eine schmale, un- Ba WıaıLpever: Das Skelet eines Scheinzwitters. 371 bedeutende Gabelung aufweist. Der IV. und V. Dorn heben sich da- durch von den übrigen Dornen bedeutend ab. Der VII. Dorn ist wie gewöhnlich beschaffen, er erscheint deutlich prominierend ohne Gabe- lung. Die vordere Spange des Foramen transversarium des verschmolze- nen III. Halswirbels ist sehr dünn. Die vorderen Spangen der folgenden Wirbel sind verhältnismäßig kräftig entwickelt. Deutlich hebt sich auch die vordere Spange am VI. Halswirbel, das Tubereulum caroti- cum, ab. Die hinteren Spangen der Foramina transversaria I—VI sind klein, die des VII. Halswirbels erscheint unvermittelt sehr stark, wo- gegen die vordere Spange dieses Wirbels sehr zart ist. Die ı2 Brustwirbel zeigen keine Besonderheiten; vielleicht darf der starke Querfortsatz des ı. Brustwirbels hervorgehoben werden, so- wie, daß der ı2. Brustwirbel die verschiedene Stellung seiner oberen und unteren Gelenkfortsätze deutlich zeigt. An den 6 Lendenwirbeln, die sämtlich wohlausgebildet sind, fällt auf, daß die Querfortsätze relativ klein erscheinen. Die Form des Brustkorbes ist eine normale, im ganzen rundliche. Die Rippen sind alle sehr regelmäßig gebildet, schlank und zart. Die ı2. Rippe ist relativ sehr groß, 13 em lang. .An den Rippenknorpeln einige Verkalkungen. Brustbein. Das Brustbein ist klein und zart gebildet, seine Länge vom oberen Rande bis zum Beginn des Schwertfortsatzes beträgt ı3 em. Das Ma- nubrium ist oben zwischen den beiden Schlüsselbeingelenken verhält- nismäßig breit, 5.7 cm, verjüngt sich aber dann sehr rasch an der Ansatzstelle der 2. Rippe auf 1.6 cm. Die größte Breite des Körpers findet sich am Ansatze des 4. Rippenknorpels, beträgt aber nur 2.7 em. Der Schwertfortsatz ist verhältnismäßig sehr groß und läuft in eine weite Gabel mit zwei langen schmalen Zinken aus. Die Gabelöffnung ist so weit, daß sie bequem den Daumen eines Erwachsenen auf- nehmen kann. An das Brustbein befestigen sich wie gewöhnlich 7 Rippenpaare. Das 7. Paar rückt aber bei der Kürze des Korpus zum Teil auf die vordere Fläche des Schwertfortsatzes, wo sich beide Rippen unmittelbar berühren. Becken. Das Becken ist in seinen Dimensionen der Körpergröße ent- sprechend, also im ganzen als klein zu bezeichnen und hat in ein- zelnen Stücken mehr den Charakter eines männlichen als den eines weiblichen Beckens. Wenigstens stehen die Darmbeinschaufeln ziem- 372 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. April 1913. lich steil, und der Schambogen ist mehr ein Angulus als ein Arcus; das Kreuzbein zeigt nur eine geringe Krümmung. Es beträgt: die Distantia spinarum . . . . 21.00 cm, » » PRRDERIE . ... .0,.. 4850 8 » KRINURSER TOR . 2... ,7,- 078% » » diagonalis. . IE 5 der quere Kinkegaduruhrhender = ERDE N » schräge » 10600 » die Distantia spinarum isch. . . 9.30 » »; Distantin tmberum . .:., ... 000 ». Die Foramina obturatoria haben eine längliche Form. Die Fo- ramina sacralia anteriora sind weit. Es sind 4 Steißwirbel vorhanden, von denen die beiden letzten verwachsen sind. Der von Topınarn aufgestellte Höhenbreitenindex des Beckens (Indice general du bassin) beträgt nur ıı5, steht also weit unter dem der Europäerinnen (136,9) und nähert sich mehr dem Index des euro- päischen Männerbeckens. Dagegen erweist sich der von ZaAwer be- stimmte Beckeneingangsindex (I. ad.) mit seiner Ziffer 88 als pla- typelisch, d.h. mehr dem weiblichen Becekentypus entsprechend. — Alles zusammengenommen hat das Becken mehr männliche als weib- liche Charaktere. Man kann keineswegs die geringen Beckenmaße allein auf die Kleinheit des Skeletes überhaupt zurückführen, denn bei normalgeschlechtlichen Weibern sind weit höhere Beckenmaße vorhanden, auch wenn sie keine bedeutendere Körperlänge haben, als dieser Hermaphrodit. Extremitäten. Beide Extremitäten sind ungemein zierlich und gut gebaut, nament- lich die Hände und Füße, so daß hier mehr der weibliche Habitus hervortritt. Obere Extremität. Das Schlüsselbein ist wenig gekrümmt und mißt nur 12.5 cm in der Länge. Es hat eine mehr zylindrische Form, da die Verbreiterung und Abplattung des akromialen Endes unbedeutend ist. Die Muskel- und Bändermarken sind kaum zu em kennen. Beide Schulterblätter sind sehr klein. An der rechten oberen Extremität finden wir folgende Maße: Länge des Oberarmbeines . Ne... Länge der Ulna von der Spitze dei EEE bis zur Spitze des Processus styloideus . . . . 22.0 WwaLpeyEr: Das Skelet eines Scheinzwitters. 373 Länge des Radius bis zur Spitze des Processus styloideus::- =.“ ne rs ee lien IE a, Länge des Humeruskopfes vom vorspringendsten Punkte des Tuberceulum majus bis zur Mitte des Kopfummfanfos 3, cr. 0 one 4.0 » Dicke des Humerus in seiner Mitte .. ...:.,...:.. 26.“ Breite zwischen beiden Epikondylen . . . ....46 ». Die Crista tubereuli majoris ist deutlich ausgeprägt, ebenso die Tuberositas humeri. Die Fossula radialis ist verhältnismäßig sehr tief. Der Epicondylus lateralis zeigt eine kleine nach abwärts gebogene Spitze. Dasselbe findet sich am linken Humerus. Die Dicke der Ulna sowie die Dicke des Radius beträgt in der Mitte je ı.3 em. Eine deutliche Tuberositas ulnae ist nicht vorhanden. Die Tuberositas radii ist vertieft. Hand. Die Handknochen zeigen sich besonders zierlich und regelmäßig geformt. Hervorgehoben zu werden verdient, daß sämt- liche Endphalangen, aber auch die übrigen sehr fein und regelmäßig gebildet sind. Ich stelle hier in einer Tabelle die Maße einiger Hand- knochen des in Rede stehenden Skelets zusammen mit denen der rechten Hand eines 18 jährigen sonst normalen Weibes, welches anstatt der 12. Rippe nur ein kurzes Rudiment einer solchen besaß und dessen 5. Lendenwirbel ein unilateraler lumbosacraler Übergangswirbel war, ferner mit denen der rechten Hand eines 22 jährigen Mannes, dessen Wirbelsäule gleichfalls 6 Lendenwirbel (der 6. ein unilateraler lumbo- sacraler Übergangswirbel) zeigte. Herm- ı8 jähr. 22 jähr. aphrodit Weib Mann 08 metscamsle ll. . ... . 83 6.6 6.3 cm, Phalanx I, ossis metac. II . . 3.6 4-7 4.9 > » 3008 » I... 23 3:3 34 >» » IH, » „ii. 1.8 3 ». Pollex. 8 meteessnale . - ....:, 38 4.2 cm, Kaas) . ...,. 2. 202030 30 » een 23 8, Sehr viel größer sind die Unterschiede in der Länge des Ober- armes und der beiden Vorderarmknochen. Beim 18 jährigen Weibe ist die Länge des Humerus 32 em, die der Ulna 25.5, die des Radius 23.5. Auch die Dicke des Kopfes und die Epikondylusbreite sind erheblich größer. Beim Manne von 22 Jahren beträgt die größte Humeruslänge 374 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. April 1913. 35 cm, die der Ulna 28.5, die des Radius 27. Auch das Kopfmaß und die Epikondylusbreite sind entsprechend größer. Bemerkenswert ist für den Hermaphroditen noch die verhältnismäßig bedeutende Größe des Erbsenbeines. Untere Extremität. Die untere Extremität zeigt dieselben Charaktere der schlanken, zierlichen Formen, namentlich am Fuß, wie die obere. Ich gebe auch hier die hauptsächlichsten Maße der rechten Unterextremität in Zusammenstellung mit denen des vorhin genannten ı8 jährigen Weibes und des 22 jährigen Mannes. | Herm- ı8jähr. 22,jähr. aphrodit Weib Mann Länge des Os femoris vom höch- sten Punkte des Trochanter ma- jorbis zum untersten Punkte der MittezwischenbeidenKondylen 35.0 44.5 48.0 cm, Vom höchsten Punkte des Kopfes bis zur Mitte der Linea inter- trochanterica . . .. 47 6.7 58 Von der Knorpelgrenze Ei zur Mitte der Linea intertrochan- terica (Halslänge) . 3.6 4.1 5.00% Größte Dicke des Femur kön von oben nach unten gemessen . 3.6 4.2 4.9.% Halsdieke, von oben nach unten ReENIeBsen . » _ 2.7 3:9 4.3 ” Abstand beider Tide zwi- schen ihren äußersten Punkten 6.6 7.8 8.0 ® Diaphysendicke in der Mitte des Os femoris . . 2.5 2.8 3.2 Epikondylusbreite . . . 7.2 8.0 Se Länge der Tibia längs der me- dialen Seite samt dem Malle- olus gemessen . ra 36.8 42.5 ° Obere Kondyleubreite . % 6.3 1.) I; Dicke der Tibia von vorn nach hinten in der Mitte ihrer Länge 2.4 2.6 395 Länge der Fibula . . . 29.6 36.4 49 Dicke derselben von vorn ach hinten in ihrer Mitte . . . 1.3 3 1.7 Größte Länge des Fußes vom hin- teren Üalcaneusende bis zur Spitze der 2. 2ehe > 24885 24.0 Warpever: Das Skelet eines Scheinzwitters. 375 Herm- 18 jähr. 22,jähr. aphrodit Weib Mann 06. metatarsk IL, Länge. . .... © 137 7.6 cm, Thaler dies Be. 1. ..2..,...20 3.0 3.0 » » » a A ee. 1.8 .. % » » Bid 240,000 0.4 La Große Zehe, os metatarsale . . 4-3 6.4 ER, ee 3.8 28 » » 1.8 2.4 2,5.» Das allgemeine Ergebnis der Untersuchung des Skeletes kann im folgenden zusammengefaßt werden: Es handelt sich um ein kleines, aber sehr grazil und fein gebautes Knochengerüst, das in seinem Äußeren verschiedene Geschlechtscharaktere zeigt. Der Schädel ist verhältnismäßig groß, aber von mehr weiblichem Gepräge; die Schulter- breite ist mehr männlich, die Hüftbreite mehr weiblich. Die Arme und Beine sind kurz, besonders zierlich geformt und von weiblichem Habitus. Die Beckenverhältnisse gleichen, wie bemerkt, in der Form des Areus pubis, in der Stellung der Darmbeinschaufeln und in der Gestalt des Foramen obturatum mehr dem männlichen Habitus. Das Kreuzbein ist weiblich geformt. Die Maße entsprechen mehr denen eines männlichen Beckens, während die platypelische Form des Ein- gangs mehr auf das Weib weist. Siehe das vorhin bei der Beschrei- bung des Beckens Bemerkte. Die Form des Thorax zeigt mehr den weiblichen Charakter, ebenso die Kleinheit des Schulterblattes. Von besonderem Interesse sind nun die an der Wirbelsäule be- obachteten Veränderungen, d. i. die Verschmelzung des zweiten Hals- wirbels mit dem dritten und die 6 Lendenwirbel. Man kann vielleicht sagen, daß hierin der Ausdruck eines allgemeinen Verhältnisses liege, welches besagt, daß bei einer tiefer eingreifenden Störung eines der großen Apparate des Körpers auch Störungen in anderen Organen und Systemen sich auszubilden pflegen. Insbesondere darf man das er- warten bei Störungen in der Ausbildung des Geschlechtsapparates, mit dem ja eine so entschiedene Differenzierung des Gesamtkörpers verbun- den ist. Mit Rücksicht hierauf wäre eine eingehendere Untersuchung der Skelete von Hermaphroditen erwünscht. Es fehlt bisher noch sehr an solehen genaueren Untersuchungen. Vereinzelte Bemerkungen, namentlich über das Verhalten des Schädels und der Becekenknochen sind in der Literatur vertreten. Ich will im folgenden noch die Haupt- daten aus der vorhandenen Literatur, soweit ich sie durchgesehen habe, hinzufügen und den Befunden noch einige allgemeinere Folge- rungen entnehmen. 376 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. April 1913. Crecc#io' beschreibt sehr genau einen 45jährigen Scheinzwitter, der als Mann angesehen wurde und dessen Körperlänge 150 em be- trug. Er sei grazil gebaut gewesen, die Beine zierlich und gerundet, die Schultern breit. Distantia spinarum . . . 22,0 em, Diameter transversa .. : 2 95» » GbHqaua. .... 2.108, r. Der Fall hat im äußeren Aussehen und auch sonst im Verhalten große Ähnlichkeit mit dem hier beschriebenen. Es wurden zwei Ovarien gefunden; in einem wurde durch Schrön ein Follikel mit einem Ei darin nachgewiesen. Bei dem in der Literatur berühmt gewordenen Falle der KArna- rıya Honmann” fand sich eine Distantia spinarum von 23 em und eine Distantia cristarum von 27 cm; Maße, welche im Verhältnis zur Körper- größe der betreffenden Person gering zu nennen sind. Aus dem sehr eingehend von Lirren und R. Vırcnow beschrie- benen Falle” entnehme ich, daß es sich um eine Person von 146 em Körpergröße handelte, bei der der Rumpf vom oberen Ende des Brust- beines bis zur Symphyse 50 cm maß, während das Brustbein in ganzer Länge mit Schwertfortsatz 16.5 em hatte. Die ganze Armlänge belief sich auf 62.3 cm, der Radius maß 22 cm und die Handlänge vom Radiocarpalgelenk bis zur Spitze des Mittelfingers betrug 16.5 em. Die Beinlänge war 75.5 em und die Fibula maß 33 em. Wir haben hier Maße, die den Skeletmaßen des hier beschriebenen Scheinzwitters fast aufs Haar gleichen. 1887 beschrieb Strın® einen Fall von Pseudohermaphroditismus bei einem 43jährigen Individuum, welches 163 cm lang war. Hier so der Knochenbau sehr kräftig gewesen sein. Die Person hatte aber als Weib gegolten. Der Thorax sei kurz gewesen und es habe eine mäßige Skoliose nach links hin bestanden. Der Längsdurchmesser des Kopes wer . . .. ... 18 cm, der bitemporale Durchmesser . . . 133 » die :Distsutia spinarum «5.998 » » oristarum u... Pa. ' Crecenio, Luigi di, Sopra un caso di apparenze virili in una donna. ul Morgagni, 1865. ® Siehe BERNHARD Schutze, Vırcnows Archiv, 43. Bd. 1868, S. 329. i ° Lırren und R. Vırcnow, ein Fall von Androgynie mit malignem teratoidem Kystom des rechten Eierstockes und doppelseitiger Hydrocele cystica processus va nalis peritonaei. Vırcnows Archiv 1879, S. 329, Bd. 75. . Sıeısuunp Stem, Ein Fall von Hermaphroditenbildung. Diss. inaug- Breslau 1887. a Wuarpever: Das Skelet eines Scheinzwitters. 377 Einen andern Fall, in welchem Skeletmaße mitgeteilt sind, hat ScumorL' beschrieben. Es wird folgendes angegeben: Körperlänge . ee, SONO CAR, Distantia spinarum . . .. »s 25.5 » » eristarıml . u... 27.0 » Gonjüugata vers .».. 2.2... 113 8 Diameter transversa 12.0 » » obligqua beidarseie) 11:7 =, »Hände und Füße waren auffallend klein und sehr grazil« gebaut. Sehr eingehend hat Osouensky” zwei Fälle beschrieben, bei deren einem es sich um einen Hermaphroditismus verus, bei dem andern um Hermaphroditismus spurius handelte. Der Darstellung des letzteren Falles entnehme ich folgende Daten, die sich auf das Skelet beziehen: es handelt sich um ein 50 jähriges Individuum, welches als Weib ge- golten hatte. Das Skelet wird als schwach mit dünnen Knochen und geringer Entwicklung der Muskelmarken geschildert. Es sei von weib- lichem Habitus gewesen. Der Schädel hatte Be Kane Von. 5 0. 2.2. 000005 17.5 cm, ». größte Breite voü „.. =. ... 14.5 » » Öhrböhe von 2 300 :,.02000 0.0. 50% 115 >» Sie Jochhraite beim » . 0... 1237 °® >. größte Orbitalbzeite .. .., » --. - ML, » » Orbitalhlöhe . . eg 33 8 » Breite der Kaserne is 27 9, Der Schädel zeigte viel dünne Stellen, namentlich am großen Keil- beinflügel, an der Schuppe der Schläfenbeine, am Augenhöhlendache und am Oberkiefer. Der Thorax war kurz und weit mit breitem Sternum. Das Becken habe weiblichen Habitus gehabt: Gonjugsts vers . . . .. 000. 700m, Diameter tränsvers . . . 22. 013:9 Conjugata diagonalis -. . - » - 12.5» Diameter obligua . . „8... 130% Distantia spinarum isch. . . . . 13.0 » » tuberum . 0, 4198 » cristarum jlei 0:97.09». ! Scumort, Ein Fall von Hermaphroditismus, Vırcnows Archiv 1888, Bd. 113, S. 229. ? ÖBoLEnsky, Beiträge zur pathologischen Anatomie des Hermaphroditismus hominis. Prager Zeitschrift für Heilkunde, Bd. 9, 1888. 378 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. April 1913. Darmbeinschaufeln wenig steil. Es fanden sich auch verschiedene pathologische Veränderungen am Knochensystem. Es fehlten u. a. die Phalangen der rechten kleinen Zehe; die Gelenkfläche des Os metacarpale V war defekt. Es bestand ein Pes valgus sinister mit Synostosis zwischen Talus, Caleaneus und Naviculare. Meszxer' hat den Fall eines 31ıJjährigen als Mann angesehenen Individuums von 160 em Körpergröße behandelt, der von grazilem Bau war. Die Hände und Füße werden als klein und zierlich be- schrieben. Die Distantia spinarum betrug 25cm, die Distantia crista- rum 23.5 cm. Einen weiteren Fall, und zwar von Hermaphroditismus verus, be- richtet Sımon”. Es handelte sich um eine Person von 158cm Körper- länge. Der Kopf hatte einen biparietalen Durchmesser von 19 cm, die Distantia spinarum betrug 29 em, die Distantia eristarum 34 em. Das Becken sei breit und flach gewesen. Der Körper wird als grazil und abgerundet geschildert mit weiblichem Habitus, namentlich an Bauch und Becken. Schulter und Brust seien mehr männlich geformt gewesen, es hätten aber wohl entwickelte Mammae bestanden. Zwei sehr bemerkenswerte Fälle finden wir bei Fisıcer‘. Der erste Fall betraf eine 58 jährige sehr zart gebaute Person von 163 em Körperlänge. Der ganze Körpereindruck mehr männlich, das Becken erschien aber etwas breit, die Extremitäten von mehr weiblichem Habitus. Im zweiten Falle wird ein Mann von ı51 em Länge beschrieben, dessen Arme kurz und voll gewesen sein sollen, bei dünnen Schenkeln. Von Beckenmaßen fanden sich Distantia eristarum . . . 25.5 cm, » Bpinafum ., . 5,2225 0 Conjupata va. . 2 2... 1400 » diagonalis", 2. 123 « Diameter transversa, . . .. 1235 » » sbliqus ».. .. 2. 340.4 Distantia tuberum . . ...... BO... Endlich erwähne ich noch einen jüngst beschriebenen Fall von Varentı‘, in welchem eine Angabe über das Becken sich findet. Das- ! Meszxer, ein neuer Fall von Hermaphroditismus verus unilateralis, VırcHoWS Archiv, Bd. 129, S. 203, 1892. 2 Sımon, Hermaphroditismus verus, Vırcnows Archiv, Bd. 172, S. I, 1903. ® Fisıger, Beiträge zur Kenntnis des weiblichen Scheinzwittertums, VIRCHOWS Archiv, Bd. 181, S. ı, 1905. * Varentı, Sopra un caso di pseudo-ermafroditismo femminile Klebs. tore zool. XXI, anno 1912, S. 240. Moni- Warpeyer: Das Skelet eines Scheinzwitters. 379 selbe habe einen weiblichen Habitus, aber mit einer Conjugata vera von nur 8.10 cm gehabt. Außer diesen zumeist in leicht zugänglichen Zeitschriften mitge- teilten Fällen erwähne ich noch 2 Dissertationen, die von JacogyY' und GunckeL”. Jacopy beschreibt den Fall von einer 22 jährigen Person, die als Weib geführt worden war; sie war jüdischer Herkunft. Die Körperlänge betrug 134 em. Der Knochenbau soll kurz und plump gewesen sein. Es bestanden aber rachitische Störungen im Knochen- system. Distantia eristarum.i -» . +... :23.5.0m; » spinarumu. 12.04. 220” Conjugata diagonalis . . . . 155 » Distantia trochanterum . . . 27.5 >» Armläsgs sit. ine willen Beinlänpa.. u. acunair u: B009 8. In dem Falle von Guncker, bei dem Marcnasp die Obduktion ausgeführt hat, bestand eine Skoliosis lumbalis und infolge dieser ein schiefes Becken. Der Arcus pubis war spitz wie beim männlichen Becken, der ganze Habitus des Körpers männlich. F. von NeuezgAver° führt unter den neben dem Hermaphroditismus vorhandenen Abnormitäten als am Knochensystem beobachtet folgende auf: Polydaktylie, Pes varus in mehreren Fällen, Syndak- tylie, Fehlen von Radius und Ulna, Gaumenspalte, Ake- phalie, Akranie, Hemikephalie, Spina bifida, Spaltbecken und Akromegalie. Unter diesen sind aber eine Reihe von Fällen mit schweren all- gemeinen Mißbildungen, die also kaum hier in Betracht kämen. Überblicken wir die aus der Literatur mitgeteilten Daten, so möchte ich folgendes als häufig sich wiederholenden Befund, der auch in dem hier beschriebenen neuen Falle vorhanden ist, hervorheben: Es handelt sich in all den Fällen um nur eine geringe Körpergröße. In zwei Fällen stieg diese bis 163 cm, eine Körperlänge, die aber nur als knapp mittelgroß bezeichnet werden kann. Die meisten der beschriebenen Personen waren entschieden klein. Ferner fällt auf, daß bei fast allen der Körperbau und der Zustand der Knochen als ein schlanker, feiner bezeichnet wird; mehreremal wird dies beson- ! Jacory, 2 Fälle von Hermaphroditenbildung. Diss. ing. Berlin 1885. 2 Guncker, H. Über einen Fall von Pseudo-Hermaphroditismus femininus. Diss. ing. Marburg 1887. ; ® F. von NeuGEBAUER, Hermaphroditismus beim Menschen. Leipzig, Klink- hardt 1908, 380 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. April 1913. ders betont. Beim Schädel wird einmal auch die Verdünnung hervor- gehoben, wie sie bei unserm Hermaphroditen fast genau an denselben Stellen besteht. — Die Extremitäten namentlich werden als besonders grazil geschildert, wie das auch bei dem hier beschriebenen Falle zu- trifft. Die Beckenmaße ergeben sich in weitaus den meisten Fällen als geringe, wenn man die absoluten Zahlenwerte nimmt, erscheinen jedoch weniger unbedeutend, wenn man die geringe Körpergröße im ganzen in Betracht zieht. In mehreren Fällen bestanden auch, wie in dem unsrigen, pathologische Veränderungen, Abnormitäten und Variationen an den Knochen. Den einmal mitgeteilten Defekt an einer Zehe möchte ich nicht hierher rechnen, da derselbe auch durch äußere Einwirkungen veranlaßt sein kann. Immerhin ist es bemerkenswert, daß unter der Zahl derjenigen Fälle, wo vom Skelet Mitteilungen ge- macht werden, doch ziemlich häufig pathologische und andere Ver- änderungen erwähnt sind. Höchstwahrscheinlich werden sich öfters solche Befunde herausstellen, wenn man genauer auf die Verhältnisse der Zwitterskelete achtet. Es sei noch bemerkt, daß an den Wirbelkörpern des hier neu beschriebenen Skeletes mehrfache Osteophytbildungen vorhanden waren. Hr. K. vox BarneLegen, der Gelegenheit hatte, das Skelet zu besich- tigen, machte mich auf das Bestehen eines doppelten Foramen infra- orbitale linkerseits, auf die deutlich vorhandene Spur einer Jochbein- teilung beiderseits, sowie darauf aufmerksam, daß man am Unter- kiefer die von ihm hervorgehobenen Abschnitte erkennen könne. Obwohl nicht streng hierher gehörig, möchte ich doch noch dar- auf hinweisen, daß auch in unserem Falle eine auffallende Vergrö- ßBerung beider Nebennieren bestanden hat. Dieser Befund wird fast von allen bisher beobachteten Fällen erwähnt. Den HH. Geheimen Medizinalrat Professor Dr. Srraszmann, Ge richtsarzt Privatdozenten Dr. Srraucn und Privatdozenten Dr. P. FRAENCKEL danke ich für die mir gegebenen Mitteilungen und bemerke, daß von Hrn. Dr. FraenckeL eine genaue Beschreibung der wichtigeren übrigen Befunde in Aussicht genommen ist. Ausgegeben am 24. April. 38l SITZUNGSBERICHTE 1913. ex xXı KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 17. April. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. RoETHE. “Hr. Koser las über das politische System und die Regie- rungsweise des Grossen Kurfürsten in dem Friedensjahr- zehnt nach dem nordischen Kriege. Die Leitsätze des Politischen Testaments von 1667 wurden mit den in »Ur- kunden und Actenstücken zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm« und den »Protokollen und Relationen des brandenburgischen Geheimen Raths« enthaltenen Zeugnissen zusammengestellt und aus ihnen erläutert. Ausgegeben am 24. April. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Sitzungsberichte 1913, 34 weise oder auch in weiterer For and ii deutscher Spr war ee FE echt sein ode den. Sollte eine dem Widelauf nde Veröffent lichung dem De Score or der Ausgabe in den ae Schriften a erg so ie Mittheilung aus Pre zu _ Verfasser einer aufge enen wissen- schaftlichen Mittheilung dieselbe eh früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gel- tenden Rechtsregeln zusteht, so ara er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akadem Gedächtnissreden "anderw zu veröffentlichen ist den Verfassern unbeschränkt gestattet. Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht T h jeder Sitzung. Aus $ 22. Jeden zen — kr Übersicht über die in der Sitzung vorge schaftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenh Hinter den Titeln der ur schaftlichen ge folgen in dieser Übersicht ne Tnhlienn tsangaben derselben, welche die Verfasser einreichen, und für w va sie ver- antwortlich en Diese Inhaltsangaben sollen sieh in der Regel auf 5—6 Sereuge beschränken, keinesfalls 10 rg a ie nieht in den Bann der zn erscheinenden Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, bei den für die Abhandlungen es wird »(Abh.)« zugelü Wissenschaftliche angeeae fremder Verfasser werden in dem B gen t über diejenige Sitzung aufgeführt, in welcher dere era ü die Snbesrchen acnrriaghgen endgültig ers ’ird. Aus $ 27. Das en einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen = üheilung, w wc e e soll, muss de Se oder des Arc versehen, für e Stück zurückgeleg Dasselbe Küng von vorn herein mit img er schehen, deren Satz ae u hen Iran wech mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden hivars ein späteres take Br in den $$3 und 4 re ea nicht ent- Be Die R en versendet spätestens am Montag Abend äie Fee an die hier wohnenden oder an- wesenden reg Pen an je Mitglieder, welche die Mittheilung u egt hab t der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend la abholen lassen werde; wünscht jedoch die mit ie Correctur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Dre zurückliefen Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem —- . ar Nach rden Correeturen nur erlangen versandt; d ihrer ee naeni Ko acht Tagen. deren noch dem vorlegen Mitgliede zur Ben nel werden müssen, kann das — am nächsten Ausgabetage gen nicht zuge- werden Aus $ 36. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1910: Physikalisch-mathematische Classe . . - - NM 3 — Philoso ksonhinichisterische Classe ae ... 0 BB Abhandlungen. Jahrg. 1911: Physikalisch-mathematische Classe . - - - - ; rn, EM» Philosophisch-historische Classe » . - » » . + nn Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1910, 1911, 1912 und 1913. et +: Über die rigen .- Masse bei chemischen Umsetzungen . ». - MM Be ULE Vox STRADONITZ 8 ” u Ds F Auf eig u ne: Welt in den Geisteswissenschaften Erste Halfte ee Mouse: Vigu een aggrge auf Hans Heinrich Landol a 2 rn Rnavan: 0b Ober den anatomischen Bau der baumartigen Oyperacee Schoemodendron s NGt. aus i u. ER Gedächtnissrede auf ae Henricus van’t Hof. a nr E urze, W.: Gedächtnissrede auf Heinrich Zimmer . a rn um ge Hymnen an das Diadem 2 Pe. iS er . ee - 3.— nosr: Zur sprachlichen Gliede 30 IELS: handschriftliche Überlieferung dis Galen’schen Commentars zum Prorrheticum des e Ippokra rates , ” * ” . “ Zonen +: Auf welchem Wege kamen die Goidelen vom Continent nach Inand? een er: Gedächtnissrede auf Wilhelm Dil ee na. a be rt Zum isländischen F in der Sturlungenze he E ve: Bahnen der Uranustrabanten. Erste Feuseg, Öeron und Tirania een man; Ein Fall abgekürzter Justiz in Ägypten er Pic ee * 2.50 F. Freiherr Hırıer vos GAERTRInGEn und H. Larrervann: Arkadische Forschungen Ta. een: Erster re Bericht über die von den is ae Museen unternommenen Ausgrabunge Sam i L. nee re des Sat zes, dass jedes hinreichend kleine, im wesentlichen stetig ge- krümmte, singularitätenfreie Flächenstück auf einen Theil einer Ebene es und in den kleinsten Theilen ähnlich —. werden kan A.vox Le Cog: "Türkische Manichaica aus Chots I: Be us A CHEM: M. Livzsarskı: Phönieische und aramäische Kı ee aus "Eloplantine . . C. Frank: Zur a nk der en Fee iften F. Scnurrugss: Zuruf: an Thier A. Joussen: Die Gorreine der Hedi s Pietro, und S. Antioco ‚ (Sardinien en) . Kraatscn: Morphologische Studien zur Rassendiagnostik der Turfanschädel . E. Mırrwoon: Zur Entstehungsgeschichte des islamischen Gebets und Kultus . Sitzungsberichte der Akademie. Preis des Jahrgangs Sonderabdrucke. H. a 1912, Erman: zur ägyptischen Wortforschung. U. II. Be P. Maas: un den mens een Kirchenvätern und Sophis ten. L- SCHOTTKY UNG e Sätz er Symmetralfunetionen und die Asxı’schen Funetionen de ade be "Theorie. In. / i . ; Morr: vom Ursprung der r_provenzalischen Schrifisprache s een A. Ranırs: griechische Wörter im Koptischen en ae H. Sauter: = Masse des ee Sana Tita —. r quadratische Formen, die viele Pr imzahlen darstellen E. Meye ee d über die älteste Geschichte u. und über Nebukadnezar's Befestigungsanl en P. Maas: zu den iehun ngen® zwischen Kirchenvätern und "Sophis ss S. Konow: zwei ; Handschriftenblätteri in der alten arischen Ei ersinehe aus 'Chinesisch-Turkistan Nersst und F. A. Lixoemanx: Untersuchungen . die specifische Wärme. VL NERNST: eigene en sr ac specifische Wärm > F. Free: n Gebir u des zn uros in u Bedeutung für die Beziehungen der euro- äise schen und aiichen "Gebir ELLENDORFF und 27 AUMANN:! Tiiaspapyrus P. >. Morgan (ierzu Taf. IX und x) ee "ber N . . Eapsaus: Erköunen und Verstehen Anl) . . 2,5... 2... 3 wen ” Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1913. Norpen: aus Cicero’s Werkstat WAarBurg, G. LeitHÄuser, E. ee un C. Mönses: über &s Constanie c es Win Prasils schen Strahlungsgosetzes K. Scueer un use: die speeifische "Wärme - von n Helium und einigen "zweiatomigen "Gasen zwischen +20 und —ı80° Orte: über tuberculöse Reinfeetion und ihre Bedeutung für die Entstehung der Lüngenschwindsucht Penck: die Formen der Landoberfläche und Verschiebungen der Klimagürtel . rn : der Geist der morgenländischen .. im Unterschied von der abendländischen ee ur 'Theorie der elektrischen Leitung in Metallen a ng über die eg der indefiniten: binären quadratischen Formen I. Scaur: zur Theorie der indefiniten binären quadratischen Formen a, RuBser: über die Nahrungsaufnahme bei der Hefezel en warpr: eine Fälschung Unarrıer’s in Galen’s Schrift ‚über das Koma . Me ELLMANN: über die Herkunft der Staubfälle im »Dunkelm Heıımans: psychologisch bedin te Fehler bei meteorologischen Beobachtun gen M. Lipzeasskı: eine punisch- erteerängggn Bilinguis aus einem Tempel des Massinissa (hierzu Tal D Fıscner und K. Zac#: Reduction der ee und ähnlicher Stoffe HaserL.anprt: zur Ph ie der Zellt ß ung Praxck: über das Gleichgewicht z seen Oscillatoren, freien Elektronen und | sirahlender V Wärme Warpeyer: das Skelet eines Schekieek tters . s 62 = E} » E s = = su 53 oO>OmSs & \ EL ER 5. ” ee EEE EEE EEE Sor>7> 22 es 1913. | XXI. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Gesammtsitzung am 24. April. (S. 383) F.E. Scnurze: Die Erhebungen auf der Lippen- und Wangenschleimhaut der Säugethiere. II. Die Beutelthiergattung Macropus (Suaw). (S. 384) Koser: Jahresbericht über die Herausgabe der Monumenta Germaniae historica. (S. 396) MIT TAFEL JH, IH uso IV. BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften, Aus $ 1. Akademie giebt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentliehungen heraus: » Sitzungs e der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhand ..n der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften ss 2. Jede ufnahm ver ie Si itzungsberichte oder die en bin "Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt REN Se in kung a mitglieder haben hierzu die Vermit a) eines ae Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Der ne einer safzünielimenden ee soll n der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei rare 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberiehte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in äke gewöhnlichen Schrift der Abhand- ge sen übersteigen. reitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Ge Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft Be ist bei May der Mittheilung ausdrücklich zu beantr. Lässt der Umfang eines Manuscripts ver- m rg gr diese ea re erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang m Druck abschätzen zu las es 4. Sollen einer See ee im nn er auf besonderen Tafeln gegeben w _. er change phiographiäche eat mit dem Manuseript, jedoch ichen ur sie Blätte ern, einzur Die u der Herellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu en. au diese o. aber Bars einen eitiebliehen n Betrag z schlagen en > dazu eine Bewilligung Becklieen. "Ein vor der Herstellung der be- tariat vorzuberathen und t-Akademie zu verhandeln. rvielfältigung übernimmt die Aka- richten, dann ea im Secre weiter in der Gesam Die Kosten der V demie. Über di Übers für die er- en Aufiige: en den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung dureh das Seeretariat geboten. Aus $ 5. h der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuseripts an den ändigen Seeretar oder an a Archivar i i akademischen Schriften, Ran enn ein . essen Mit- glieder es angt, era t Br mt. Mitthe hem von Verfasser: nelaie nicht age der Akademie sind, Pe de Re egel nach nur die ra eg en werden. ERBEN, eine Clas «die Aufnahme der er eines ren in die kin so bed en der Bestätigung durch die Gesammt-Akad en Si 6. 1: En 7 * Nr | NT a) »- wenn es sich nicht bloss um gen Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen ® BE E &. ag ® 8 vorlegende Mitglied nn Die Correetur ehtigung von Druckfehlern h s re Petars vor ap ge an a E und die ve rfasser si ind zur Tragung Mehr- kosten verpflichte Aus $ 8. n allen in die Sitzungsherichte oder Abhandlungen aufgenommenen Kerne geü en, Adressen oder Berichten en für die Verfasser, von wissenschaftlichen ia wenn deren Umfang im Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder- abdrucke wre die alsbald nach. Erscheinen aus- gegeben wer aden ı q PN. 1 YAmpke für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrüecklieh damit einverstanden erklären. n den Sonlersiirneken aus den Sitzungsberiehten erhält ein Verfasser, w zu ee, er Yerkkeilim exemplare; er ist indess nn zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl on noch un 2 Koaben noch weitere bis redigirenden . weitere 200 Exemplare auf Kosten abziehen las Yon den niakdrien aus den Abhandlungen er- Verfasser, welcher Mitglied der Aksdenie Eu Dres u redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare & Kosten abziehen lassen. 8.17 : Eine für die akademischen Sehriften stimmte wissensehaftliche Mittheilung in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an] = Stelle anderweitig, sei es auch nur au uszug be- darf enef en auf S.3 des Umschlags. R 383 SITZUNGSBERICHTE 1913. XXH. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 24. April. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. l. Hr. F. E. Scuurze las eine zweite Mittheilung über die Er- hebungen aufder Lippen- und WangenschleimhautderSäuge- thiere. Auf der Lippen- und Wangenschleimhaut der zur Gattung Macropus Suaw ge- hörigen diprotodonten Beutelthiere findet sich ein System von Falten und Leisten, welche meistens auf dem freien Rande mit einer Reihe kammzinkenartig gestellter Stacheln besetzt sind. 2. Hr. Koser erstattete den Jahresbericht über die Herausgabe der Monumenta Germaniae historica für das Jahr 1912/13. 3. Hr. EnvAarn Mever legte vor die 22. wissenschaftliche Veröffent- lichung der Deutschen Orientgesellschaft: »E. SELLIN und 0. WATZINGER, Jericho.« (Leipzig 1913.) 4. Ferner wurden vorgelegt: G. Tessmans, Die Pangwe. Völker- kundliche Monographie eines westafrikanischen Negerstammes. Bd. ı (Berlin 1913) und Tu. Scuiemann, Geschichte Russlands unter Kaiser Nikolaus I. Bd. 3 (Berlin 1913), beide mit Unterstützung der Akademie bearbeitet, sowie von Hrn. Erpmann sein Werk: Die Funktionen der Phantasie im wissenschaftlichen Denken (Berlin 1913). Seine Majestät der Kaiser und König haben durch Allerhöchsten Erlass vom 31. März die Wahl des ordentlichen Professors der Archaeo- logie an der Universität Berlin Geheimen Regierungsraths Dr. GEoR6e Lorscuck£e zum ordentlichen Mitglied der philosophisch-historischen Classe zu bestätigen geruht. Sitzungsberichte 1913, 35 384 Gesammtsitzung vom 24. April 1913. Die Erhebungen auf der Lippen- und Wangen- schleimhaut der Säugetiere. II. Die Beuteltiergattung Macropus (SHAW). Von Franz EILHARD SCHULZE. Hierzu Taf. II—IV. Von den in meiner ersten Mitteilung über die Erhebungen auf der Lippen- und Wangenschleimhaut der Säugetiere‘ allein berücksich- tigten Wiederkäuern gehe ich jetzt zu den in der Lebensweise ähn- lichen diprotodonten Beuteltieren über und beginne mit der an größeren Formen reichen Gattung Macropus (Snmaw), von welcher mir vier verschiedene Arten (leider jedoch nur in je einem Exemplar) zu Gebote standen, nämlich Macropus giganteus (ZimmErMANN), Macropus robustus GouLD, Macropus ruficollis bennetti (W AtErnouse) und Macropus dorsalis (GRAY). Ich werde zunächst eine summarische Übersicht der Reliefverhält- nisse der Lippen- und Wangenschleimhaut geben und sodann die Eigen- tümlichkeiten der einzelnen Spezies berücksichtigen. Um die ganze Mundhöhlenschleimhaut bequem übersehen zu können, empfiehlt es sich, die beiden Unterkieferhälften in der Medianebene ZU trennen und nach vorsichtiger Exartikulation laterad umzuklappen. Die Zunge ist nach hinten zurückzuschlagen. Wie bei den meisten diprotodonten Beuteltieren, finden sich jeder- seits zwei senkrecht übereinanderstehende Schleimhautfalten, deren eine von der Oberlippenwand herabhängt, während die andere von der Unter- lippe emporragt. Ich bezeichne sie ihrer annähernd queren Lage wegen als »Crista transversa superior und inferior«. Hierdurch ist ein® ' Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1912, S. 510—3521. F. E. Scnurze: Lippen- und Wangenschleimhaut. II. Macropus (Suaw). 385 Sonderung der ganzen Mundhöhle in zwei hintereinanderliegende Regio- nen angedeutet. Die vordere, welche vorn und seitlich von den Lippen- rändern, medial von der Seitenfläche des harten Gaumens, der Schneide- zähne und der Zunge begrenzt ist, soll Lippenhöhle — »Chiloe®l« — heißen. Die weit größere hintere, welche lateral von der Wange, medial von den hinteren Partie des harten Gaumens der Zunge und von den Baekenzähnen begrenzt ist, nenne ich Wangenhöhle — »Pariocöl« (von mapreıA Wange). Außer den Cristae transversae kommt auf der Lippen- und Wangen- schleimhaut noch ein System von niedrigeren Erhebungen vor, welche mit besonderen Namen zu bezeichnen sind. Für die von diesen meist leistenförmigen Erhebungen umrahmten einzelnen Schleimhautregionen führe ich die allgemeine Bezeichnung » Area« ein. In bezug auf die Bildung der Namen aller dieser einzelnen Gebilde, welche zum Teil bei den übrigen Säugetierabteilungen wiederkehren werden, schiebe ich hier einige allgemeine Bemerkungen ein. Als es sich vor Jahren für mich darum handelte, für die zahlreichen verschiedenen Spongiennadelformen der Hexactinelliden charakteristische Namen zu finden, welche Aussicht auf allgemeine Annahme hätten, wählte ich möglichst bezeichnende lateinische oder griechische Wörter, welche ich nach Abstrich der Genitivendung als Neutra be- handelte und es den einzelnen Kultursprachen überließ, durch Anhängen von bei ihnen gebräuchlichen Endungen die entsprechende Plural- oder auch Adjektivform zu bilden. So habe ich z.B. für einen regulären Sechsstrahler mit spitzen Strahlenenden die Bezeichnung »Oxyhexactin« eingeführt. Eine Nadel der Art, deren einer ver- längerter Strahl durch reichliche seitlich schräg abstehende Seitenästehen Ähnlichkeit mit einem Tannenbaum hatte, wurde als »Pinul« bezeichnet. Und so konnte deutsch von einem »hexactinen Pinul« oder »pinulen Hexactin« bzw. »pinulen Pentactin« (falls der dem zackigen gegenüberstehende Strahl atrophiert war) die Rede sein. Für den Plural wurde deutsch von hexaetinen Pinulen, englisch von hexactin Pinuls, französisch von hexactines Pinules gesprochen usw. Es hat sich diese Bezeichnungs- weise bald eingebürgert und wird jetzt von den Zoologen aller Länder ausschließlich angewandt. Während ich für jede der beiden Säugetierlippen in ihrer Gesamt- heit die gebräuchliche lateinische Benennung labium superius und labium inferius beibehalte, wähle ich für den Lippenrand die Be- zeichnung » Chil«, d.h. den latinisierten Stamm des griechischen xeinoc, welches Wort Ja nicht nur für Lippe, sondern auch überhaupt für den Rand Jeglicher Öffnung benutzt werden kann. Den gesamten Rand der Oberlippe nenne ich »Epichil«, den der Unterlippe »Hypochil«. Der vordere Teil des Epichil heißt »Pro&pichil«, der weit kürzere hintere, etwas laterad gewandte, »Metepichil«, die entsprechenden Regionen des Unterlippenrandes »Prohypochil« und »Methypochil«. An jedem Lippenrande läßt sich eine äußere Kante, Ektochil, und eine innere Leiste oder Wulstbildung, »Entochil«, und neben dieser noch eine mediale, parallelstehende dritte, das Parachil, unterscheiden. 35* 386 Gesammtsitzung vom 24. April 1913. Das Parachil der Unterlippe kann sich rückwärts in eine Falte fortsetzen, welche neben dem betreffenden Unterkieferast bis zur unte- ren Backenzahnreihe verläuft und deshalb CGrista dentalis heißen soll. Am Hinterende des Pro£pichil findet sich bei allen vier Känguruh- Ü JPoch, SAN Proh SLTITEER Ch So 44 = /(Fbuccalis suprema ur “ ÜccoqaL . Sup . Ouceat. in £: Maeropus-Mundhöhle. Schema. arten eine kleine, nur wenige Millimeter breite Auskehlung mit glattem abgerundeten konkaven Grunde, welche ich Chilopyl nenne, da sie gleichsam eine Ausgangspforte des Chilocöl darstellt. ; as im Verhältnis zum Pro&pichil weit kürzere Mete piehil, welches sich vom lateralen Ende der Crista transversa superior an nicht ganz in der Richtung des Pro£&pichil, sondern etwas laterikaudad F. E. Scaurze: Lippen- und Wangenschleimhaut. II. Maeropus (Suaw). 387 zum Mundwinkel hinzieht, weist gleichfalls an seinem Hinterende eine derartige (hier sogar etwas größere) Auskehlung mit gewölbtem glatten Grunde auf, welche jedoch nicht aus dem Chilocöl, sondern aus dem Pariocöl nach außen führt und deshalb »Pariopyl« heißen soll. Unmittelbar hinter dem Mundwinkel beginnt als eine direkte hintere Fortsetzung des methypochilen Ektochils die an der Wange horizontal nach hinten, also in der Richtung eines Zügels (frenum), ziehende, meist nur kurze »Crista frenalis«. Sie gabelt sich hinten in Form eines gotischen Bogens, dessen beide übereinanderliegende Schenkel alsbald parallel werden und in ziemlich gerader horizontaler Richtung bis zum Schlundeingang ziehen. Für die von diesen Leisten umschlossenen Schleimhautregionen der Lippen und Wangen wähle ich den Ausdruck »Area« und unter- scheide an der Oberlippe die Area pro£pichilica und metepichilica, an der Unterlippe die Area prohypochilica und methypochiliea; in der Wangengegend die vorn breiten, hinten stark verschmälerten Area Fig. 2. Entochil --Zktochil A. -Ektochil Senkreehter Durchschnitt des Lippenrandes. Schema. buecalis superior und inferior, welehe von dem Hinterende der Crista frenalis an die durch die beiden Cristale buccales begrenzte Area bucecalis media zwischen sich fassen. Zur Berücksichtigung der speziellen Differenzen aller dieser Gebilde wird es sich empfehlen, eine Spezies nach der andern gesondert vorzu- nehmen. Ich beginne mit der größten, Macropus giganteus (ZIMMERMANN), deren Leib von der Sehnauze bis zum After etwa 1.5 m mißt, wäh- rend der kräftige Schwanz etwa gı em lang ist. Im Gegensatz zu den meisten anderen Känguruarten, welche mit einem wohlentwickelten, die ganze Nasenkuppe einnehmenden, nackten flachhöckerigen Nasenspiegel versehen sind, ist hier die Nasenkuppe dieht behaart. Nur die nächste Umrandung jedes der beiden vorn konvergierenden Nasenlöcher wird von einer schmalen flachhöckerigen 388 Gesammtsitzung vom 24. April 1913. nackten schwarzen Hautzone gebildet. Diese nackten Umrandungen der beiden Nasenlöcher vereinigen sich vorn zu einer nackten, etwas faltigen, farblosen Hautplatte, welche die zwischen den beiden be- haarten Oberlippenhälften befindliche Lippenspalte einnimmt. Von ihr aus zieht sich ein medianer, ebenfalls farbloser, nackter Hautfort- satz abwärts zwischen den etwas distanten Basen der beiden vor- dersten oberen Schneidezähne hindurch bis zu der am vorderen Gaumen- ende befindlichen Papilla ineisiva. Außerdem aber geht auch jederseits laterad ein die betreffende Oberlippenhälfte umfassender Fortsatz ab, dessen laterale Partie sich durch ihre flachhöckerige schwarze Ober- fläche als direkte Fortsetzung der lateralen Umrandung des betreffenden Nasenloches erweist, während die mediale glatt und farblos erscheint. Die erstere, dem behaarten Oberlippenrand unmittelbar anliegende Zone setzt sich, ihre höckerige Beschaffenheit und schwärzliche Farbe allmäh- lich verlierend, rückwärts in den nackten, glatten, gerundeten ektochilen Randsaum des Pro£pichils fort, während die andere in einen als Entochil aufzufassenden, nur etwa ı cm langen höckerigen Wulst übergeht der sich schnell verschmälert und rückwärts in eine hinten mit kleinen spitzen Randzacken besetzte schmale Leiste endet, welche sich zwischen dem Ektochil und Parachil hinzieht. Während die vordere Partie des über 3.5 em langen Ektochils einen gleichmäßig gerundeten, schmalen, glatten Randwulst darstellt, treten an seiner hinteren Hälfte mehrere schwache quere Einkerbungen auf. Hinter seinem steil abfallenden Kaudalende zeigt sich die etwa 3 mm breite halbkreisförmige Auskehlung, das Chilopyl, über dessen gerundeten nackten Rand sich einzelne Haare von außen in die Lippen- höhle, das Chilocöl, hineindrängen. Das hier deutlich ausgeprägte Parachil beginnt vorn, etwa 1.5cm von der Medianebene entfernt, dieht neben dem vorderen Entochilwulst, als eine schmale, mit schwach rückwärts gebogenen, kammzinkenartig gestellten spitzen Hornstacheln einreihig besetzte Leiste. Nach hinten zu nehmen diese platten spitzen Randzacken allmählich an Stärke und Höhe zu, bis sie am Kaudal- ende der ganzen Parachilleiste mit einer kleinen Einwärtsbiegung aufhören. Unmittelbar hinter dem Chilopyl erhebt sich ein dessen hintere Wand bildender Zapfen, welcher seitlich in zwei rückwärts divergierende Leisten übergeht, nämlich einerseits das kaudilaterad zum Mundwinkel ziehende Metepichil und anderseits die kaudimediad verlaufende Crista transversa superior. Das Metepichil besteht aus einer am hinteren be- haarten Oberlippenrandteil zum Mundwinkelausschnitt verlaufenden und auf diesem Wege allmählich an Höhe abnehmenden, nur etwa IM . langen Leiste, deren Hinterfläche ziemlich steil abfällt und deren Firste . Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1913. Taf. II. Photostereogramm: Mundhöhle von Macropus giganteus (ZINMERMANN). Auf # verkleinert. Die beiden Unterkieferhälften sind nach ihrer Trennung in der Median- ebene seitlich auseinandergelegt. Die Zunge ist zurückgeschlagen. Photographiert nach einem Trockenpräparat. Zur Betrachtung dieses und der folgenden Photostereogramme empfiehlt sich das von der Firma Warmbrunn und Quilitz, Berlin NW, Heidestraße 55—57; hergestellte und zum Preise von 1.50 Mark zu beziehende Universalstereoskop. F. E. Schutze: Die Erhebungen auf der Lippen- und Wangenschleimhaut der Säugetiere. F. E. Scaurze: Lippen- und Wangenschleimhaut. TI. Macropus (Suaw). 38%) mit einigen hornigen Stacheln und Buckeln besetzt ist. Die Crista trans- versa superior erhebt sich auf breiter Basis als eine fast 2cm lange und 8 mm hohe, derbe, im allgemeinen glatte Schleimhautfalte. Ihr mediad allmählich abfallender freier Rand zeigt, abgesehen von einigen flachen Buckeln, eine nur mäßig zugeschärfte glatte Kante, welche sich mediad bis auf eine Entfernung von etwa 3 mm der glatten Seitenfläche des harten Gaumens nähert, so daß hier noch eine, vom Chilocöl zum Pariocöl führende, mit glatter Schleimhaut ausgekleidete, rinnenförmige Vertiefung der dorsalen Scheidewand beider Höhlen bleibt. Die am Hinterende des Metepichils liegende, dem Mundwinkel ent- sprechende, fast } cm breite Auskehlung des Oberlippenrandes hat einen tlach abgerundeten glatten Grund und bildet eine am Vorder- ende des Parioceöls gelegene Ausgangspforte des »Pariopyl«, in welche häufig Haare der äußeren Mundwinkelhaut mehr oder weniger weit von außen hineinragen. Zur Schilderung der Erhebungen der Unterlippenschleimhaut übergehend, mache ich zunächst darauf aufmerksam, daß diese hier einen verhältnismäßig größeren Flächenraum einnehmen als. an der Oberlippe. Von der medianen Einkerbung an, welche vorn die beiden Unter- lippenhälften trennt, erstreekt sich jederseits ein einfacher nackter, glatter, ektochiler Randsaum des Prohypochils unmittelbar neben der behaarten Haut rückwärts bis zur halben Länge der Unterlippe, um von hier in den mit buckelförmigen und weiterhin kegel- und zacken- förmigen Erhebungen ektochilen Außenrandsaum des Methypochil über- zugehen, welcher am Mundwinkel endet und die kaudilaterale Be- grenzung des Pariopyl bildet. Während nun medial von dem prohy- pochilen Ektochil sich die glatte Schleimhaut des vorderen freien Teiles der Unterlippe flach ausbreitet, erhebt sich neben dem methypochilen Ektochil ein etwa 5 mm breites wulstiges Entochilpolster, welches mit unregelmäßigen buckel- und faltenförmigen Erhebungen besetzt ist und Sich an seinem nahezu queren Hinterrande zu einer der Crista trans- versa superior der Oberlippe unten nahezu gegenüberliegenden Crista transversa inferior erhebt. An der medialen Seite dieses Entochilpolsters zieht sich neben dem medialen Unterkieferrande in Form einer mit schmalen spitzen Zacken einreihig besetzten dünnen Leiste das hypochile Parachil hin, welches sich dann rückwärts in eine bis zum Vorderende der unteren Backenzahnreihe reichende, schon in den Bereich der Wangenhaut fallende glatte Schleimhautfalte, die Crista dentalis, fortsetzt. Die vom Mundwinkel aus in horizontaler Richtung nach hinten ziehende und als eine kontinuierliche Fortsetzung des hypochilen 390 Gesammtsitzung.vom 24. April 1913. Ektochils erscheinende, etwa 10 mm lange Crista frenalis besitzt einen im vorderen Teil etwas mediad umgebogenen schmalen Rand, welcher vorn mit groben, hinten mit feineren Zacken gekrönt ist. Die beiden vom hinteren Ende der Crista frenalis in Gestalt eines gotischen Bogens divergierenden und weiter rückwärts in kleinfinger- breitem Abstand parallel laufenden, geraden Crista buccalis superior und inferior erreichen eine Länge von etwa 40 mm. Sie stellen zwar beide schmale, niedrige, mit feinzackigem Rande versehene Leisten dar, welche hinten in die glatte Schleimhaut des Schlundeinganges auslaufen, unterscheiden sich jedoch im feineren Bau insofern, als die obere in ihrer vorderen Hälfte einem schmalen, mit glatter ge- wellter Seitenfläche versehenen Bande gleicht, dessen freie Kante mit einreihig gestellten, schmalen, spitzen Randzacken, in der hinteren Hälfte aber mit kleinen, mehr unregelmäßig gruppierten Papillen be- setzt ist; während die untere, der betreffenden Backenzahnreihe ziem- lieh dicht anliegend, mehr gleichmäßig gebaut, mit niedrigen spitzen, ' einreihig gestellten Randzacken besetzt ist. Bemerkenswert ist, daß sich bei jeder dieser beiden Cristae der freie Randsaum etwas über das von ihnen umrahmte Schleimhautfeld, die Area buccalis media, überneigt. Sehr auffällig ist übrigens die Oberflächenbeschaffenheit der drei übereinanderliegenden Areae buccales.. Während die Area buccalis superior und inferior im allgemeinen eine glatte Oberfläche besitzt, erscheint die Oberfläche der Area buccalis media feinhöckerig, rauh und im hinteren Teile sogar samtartig mit feinen spitzen Papillen dicht besetzt. Nur an einer bestimmten Stelle zeigt sich in der Area buccalis superior eine eigenartige Erhebung in Gestalt einer schmalen mit spitzen Randzacken besetzten Leiste, welche in der Gegend des zweiten Molarzahnes, von einem kleinen dreieckigen Papillenfeld zunächst niedrig entspringend, in S-förmiger Biegung kaudilaterad nach hinten zieht und etwa 6 mm lateral vom dritten Backenzahn mit einer engen spiraligen medialen Einwärtsrollung eine triehterförmige Vertiefung von etwa 2 mm Weite umschließt. Ich nenne sie: »Crista buccalis suprema«. Macropus robustus GouLn. Das etwa 15m hohe »Felsenkänguruh« stimmt hinsichtlich dr hier in Betracht gezogenen Verhältnisse so sehr mit dem »Riesen- M känguruh« überein, daß ich mich auf die Markierung der Differenzen beschränken kann. ee. Besonders auffällig ist der Umstand, daß die zwischen den Nasen löchern liegende Nasenkuppe nicht behaart, sondern von einer nackten F. E. Scaurze: Lippen- und Wangenschleimhaut. II. Macropus (Snaw). 391 flachhöckerigen, schwarzen Haut bekleidet ist, welehe auf den medialen Nasenlochrand übergreift und sich auch in Form eines glatteren, schwarzen, nackten Hautstreifens auf die laterale Wand des Nasen- loches fortsetzt. Der stark verschmälerte vorderste Teil der Nasenkuppe zeigt eine schmale seichte mediane Furche. Von dem Vorderende der nackten Nasenkuppe zieht sich, ebenso wie bei M. giganteus, ab- wärts eine längsfaltige, zum Teil auch konische, Höcker tragende, hellere nackte Hautpartie in die etwa 5 mm breite mediane Spalte hinein, welche die beiden behaarten Oberlippenhälften voneinander trennt. Von dieser Hautplatte dringt auch hier, wie bei M. giganteus, ein medianer Zipfel durch die zwischen den beiden vordersten Schneide- zähnen bleibende Lücke zur Papilla ineisiva, während der jederseits laterad abgehende Zipfel sich in das wulstige Vorderende des betreffen- den Entochils der Oberlippe fortsetzt. Die ganz ähnlich wie bei M. gigan- teus gebildete und auch hier als direkte Fortsetzung der lateralen Nasen- locehwand erscheinende Ektochilleiste weicht nur insofern etwas ab, sich an ihrem Hinterende einige derbe konische Zacken abge- trennt haben, welche mit der etwas hakenförmig gekrümmten Spitze rückwärts gerichtet sind und in das hier stark eingeengte Chilopyl hineinragen. An dem Metepichil und der Crista transversa fällt auf der schmale, im vorderen Teil mit feinen Zacken besetzte Rand. Das Pariopyl zeigt keine Abweichungen. An den Schleimhauterhebungen der Unterlippe ist nur ein nach vorn gerichteter, zungenförmiger, deutlich abgesetzter Fortsatz des breiten dreieckigen Entochilpolsters bemerkenswert. An der Wangenschleimhaut stimmen die hier zu berücksichtigenden Verhältnisse im wesentlichen mit den oben bei M. giganteus geschilderten überein. Speziell findet sich auch hier auf dem hinteren Teil der Area bueealis superior die nämlich S-förmig gekrümmte, schmale, spitzzackige Leiste, welche sich an dem erhöhten Hinterende spiralig einrollt und eine trichterförmige Vertiefung umfaßt, die Crista buccalis suprema. Macropus ruficollis bennetti (W aTErnouse). Die nur in Tasmanien vorkommende Subspezies von M. ruficollis Desmarest, welche von Warernovse als M. bennetti beschrieben wurde, ist etwas kleiner und schlanker gebaut als die beiden vorigen Arten, mißt aber immerhin von der Schnauze bis zum After noch über ein Meter. Die Nasenkuppe ist, ähnlich wie bei M.robustus, von einer nackten, flachhöckerigen, glatten, schwarzen Haut überzogen, welche eine vor- dere mediane Kerbe aufweist und ebenso wie dort einen flachhöckerigen, 392 Gesammtsitzung vom 24. April 1913. kleinfingerbreiten Fortsatz abwärts in die mediane Spalte entsendet, welche zwischen die behaarten Oberlippenhälften klafft. Das eine Fortsetzung der lateralen Nasenlochauskleidung dar- stellende Ektochil stimmt insofern am meisten mit dem der vorigen Spezies überein, als auf den vorderen glattrandigen Teil eine mit distinkten konischen spitzen Zacken besetzte hintere Partie folgt, an welche sich dann das hier mit eingewachsenen Haaren besetzte Chilo- pyl anschließt. Sowohl die beträchtliche konische Erhebung, welche die Rück- wand des Chilopyl bildet, als auch die beiden von ihr aus rückwärts divergierenden und sich medikaudad überneigenden Leisten, die Urista transversa superior und das einfache Metepichil, tragen auf dem vor- deren Teil ihrer Firste kräftige spitze Stacheln, während der hintere mehr glattrandig ist. Auf dem Grunde der das Pariopyl darstellen- den Auskehlung des Metepichils sind einzelne kleine Höcker vor- handen. i An der Unterlippe besteht das Prohypochil vorn nur aus dem verhältnismäßig breiten vorderen glatten Teil des Ektochils, während sich an dessen verschmälerte hintere Partie ein mit schrägen Längs- falten besetzter lateraler mittlerer Teil des Entochils so dicht anlegt, daß er mit ihm verschmolzen erscheint. Das darauf folgende ektoehile Methypochil besteht dagegen wieder aus einer deutlich abgesetzten Leiste, welche mit kräftigen, rückwärtsgebogenen spitzen Randstacheln besetzt ist. Das vorn ganz fehlende, in der mittleren und hinteren Region des Prohypochils aber zu einer breiten, wulstigen Masse ansch wellende Entochil erhebt sich mit seinem verbreiterten quer abgestutzten Hinter- ende zur Crista transversa inferior. Die dem Unterkieferrande sich nähernde Parachilleiste ist in ihrem vordersten, dieht hinter der vorderen Lippenspitze beginnenden Teil glattrandig, trägt aber auf ihrem hinteren, in die Crista dentalis über- gehenden Teil kleine Randstacheln. Während die Randstacheln auf der Übergangsstelle der Methy- pochilleiste in die Crista frenalis etwas niedriger sind als auf der ersteren, steigen sie auf der mittleren und hinteren Partie der letzteren wieder an. | Die Crista buecalis superior gleicht in ganzer Länge einem schwach = gefalteten, glattrandigen und nur im hintersten Teil mit kleinen spitzen Randdornen besetzten Bande und neigt sich so stark über die Area buccalis media, daß sie wie flach aufliegend erscheint. Die ebenfalls stark überhängende Crista buccalis inferior ist dagegen in ganzer Läng® mit schmalen Randstacheln besetzt. Sitzungsber. d. Berl, Akad. d. Wiss. 1913, Taf. III. Photostereogramm: Eine Hälfte der Mundhöhle von Macropus ruficollis bennetti (WATERHOUSE). Auf 2% verkleinert. Re Nach Halbierung des Kopfes in der Medianebene ist die linke Hälfte samt der zurückgeschlagenen linken Unterkieferhälfte photographiert. Die Zunge ist rückwärts zurückgeschlagen. Nach einem Spirituspräparat. F. E. Schutze: Die Erhebungen auf der Lippen- und Wangenschleimhaut der Säugetiere. F. E. Scaurze: Lippen- und Wangenschleimhaut. II. Macropus (Snuaw). 393 Die rauhe höckerige Area buccalis media zeigt besonders deutlich auf ihrer ventralen Partie zahlreiche kleine spitze Stacheln, welche der Oberfläche ein samtartiges Aussehen verleihen. Während die ganze Area bucealis inferior eine gleichmäßig glatte Oberfläche zeigt, findet sich auf dem hinteren Teile der im übrigen auch glatten Area buccalis superior die Crista buccalis suprema, aber nicht in Form einer schmalen S-förmigen, hinten um eine trichterförmige Grube sich herumziehenden Leiste; sondern es erscheint eine längs dem hin- teren Teil der Crista buccalis superior sich hinziehende, starke gerade Leiste, deren freier Rand eine Reihe seitlich komprimierter spitzer Zacken trägt. Während in ihrer kaudalen Verlängerung noch einige isolierte konische Zacken folgen, zeigt sich an der medialen Seite ihrer hinteren Partie eine rundliche Öffnung von etwa 2 mm Weite. Macropus dorsalis (Gray). Die Nasenkuppe des im Verhältnis zu den übrigen drei besprochenen Arten erheblich kleineren Macropus dorsalis ist nicht behaart, sondern zeigt einen flachhöckerigen, schwarzen »Nasenspiegel«, von welchem ebenso wie bei den übrigen Spezies ein höckeriger nackter Fortsatz durch die ziemlich breite Oberlippenspalte und weiter abwärts durch die vordere Schneidezahnlücke bis zur Papilla ineisiva herabzieht und dabei jederseits lateral einen nackten Hautzipfel abgibt, welcher in das hier nur schwach entwickelte wulstige Entochil des betreffenden Proö- pichils übergeht. Das im vorderen Teil ganz glatte, im hinteren mit allmählich an Höhe und Stärke zunehmenden Randstacheln besetzte pro£pichile Ektochil läßt auf seinem kaudalen Ende die als Pylochil bezeichnete, einen höckerigen Grund zeigende Lücke. Bei der schwachen Entwicklung des proöpichilen Entochils ver- läuft das schmale leistenförmige epichile Parachil nahe am Ektochil. Seine Randzacken erscheinen vorn unbedeutend, nehmen aber kaudad an Höhe und Stärke zu. Die hintersten zeigen eine auffällige Rück- wärtsbiegung, reichen aber nieht so weit nach hinten wie die Zacken des benachbarten Ektochils. Der freie Rand des Metepichils trägt eine gegen das Pariopyl an Höhe und Stärke abnehmende Stachelreihe. Auch der freie Rand der Crista transversa superior ist in seinem lateralen Teil mit kräftigen Stacheln besetzt. An der Unterlippe folgt auf den glatten Rand des prohypochilen Ektochils der mit Stacheln besetzte Rand des methypochilen Ektochils, 394 Gesammtsitzung vom 24. April 1913. dessen Stacheln zum Mundwinkel von vorn nach hinten an Stärke und Länge zunehmen und etwas kaudad gebogen erscheinen. Der hintere Rand des breiten, wulstigen hypochilen Entochils entspricht einer Crista transversa inferior und trägt eine in ziemlich unregel- mäßigem Ziekzack gestellte Stachelreihe. Das nahe an den horizon- talen Unterkieferast herangerückte hypochile Parachil besteht aus einer schmalen, mit kleinen spitzen Randzacken besetzten Leiste, welche rückwärts in die Crista dentalis übergeht. Die Crista transversa zeigt einen mit kleinen rückwärts an Stärke zunehmenden und etwas kaudad gebogenen Stacheln besetzten Rand. Während die Crista bucealis superior die Form eines schwach- gefalteten vorn glattrandigen und nur im hinteren Teile kleine Rand- spitzen tragenden Bandes hat und soweit über die Area buccalis media überhängt, daß sie flach aufzuliegen scheint, ist der freie vor- stehende Rand der Crista buccalis inferior in ganzer Ausdehnung mit Stacheln versehen, welche im mittleren Teil ihres Verlaufes am höchsten sind. In der Area buccalis superior findet sich neben dem zweiten Molar als eine leistenförmige Erhebung die Cr. buce. suprema, welche am Kaudalende einen mediorostrad gekrümmten, starken, spitzen Stachel trägt und eine an dessen medialer Seite gelegene grubenförmige Vertiefung umrandet. Zusammenfassung. ı. Bei den von mir untersuchten vier Macropus-Arten ist jeder- seits durch die sich oben und unten gegenüber stehenden, etwas rück- wärts gebogenen Querfalten, Crista transversa superior und inferior, eine Grenze markiert zwischen der vorderen Lippenhöhle (Chiloeöl) und der dahinterliegenden Backenhöhle (Parioeöl). 2. An der Stelle, wo die Crista transversa entspringt, erfährt sowohl der Oberlippenrand (Epiehil) als auch der Unterlippenrand (Hypochil) eine Änderung seines Baues und seiner Richtung, wodure ein längerer Vorderteil (Pro&pichil bzw. Prohypochil) von einem höchstens halb so langen Hinterteil (Metepichil bzw. Methypochil) zu unterschei- den ist. 3. Sowohl an dem Proöpichil als auch am Prohypochil lassen sich drei annähernd parallel liegende leistenförmige Erhebungen unter scheiden, eine laterale, das Ektochil, eine medial danebenliegende, das »Entochil«, und eine dritte, noch weiter medial gelegene, das »Parachil«. Das in der Regel als eine Fortsetzung des proöpichilen “ Sitzungsber. d. Berl, Akad. d. Wiss. 1913, Taf. IV. Photostereogramm: Macropus dorsalis (WAsner). Die Schleimhaut ist abgelöst. Auf % verkleinert. Die Schleimhaut der beiden Unterkieferhälften ist seitlich, die Zunge rückwärts zurückgeschlagen. Nach einem Trockenpräparat photographiert. F. E. Schutze: Die Erhebungen auf der Lippen- und Wangenschleimhaut der Säugetiere. F. E. Scauzze: Lippen- uud Wangenschleimhaut. II. Maeropus (Suaw). 395 bzw. prohypochilen Ektochils sich darstellende Metepichil und Methy- , bleibt einfach. 4. Eine am Hinterende des pro@pichilen Ektochils auftretende tiefe Auskehlung des Pro£pichils bildet eine Verbindungslücke oder Pforte zwischen dem Prochiloeöl und der Außenwelt, weshalb ich diese Lücke »Chilopyl«, d.i. Lippenhöhlenpforte, nenne. Auch an dem Hinterende des Metepichils findet sich eine ähnliche, meist noch etwas breitere Lücke, durch welche das Pariocöl mit der Außenwelt in offener Verbindung steht, das » Pariopyl« oder Wangenhöhlen- pforte. 5. Von dem hinteren Verbindungspunkt des Metepichils und Methypochils zieht in horizontaler Richtung, der Lage eines Zügels (frenum) entsprechend, die Crista frenalis, von deren Kaudalende die beiden zunächst in Gestalt eines gotischen Bogens divergierenden, sodann in gerader Richtung parallel nach hinten bis zum Schlund- eingang ziehenden Crista bucealis superior und inferior abgehen. Oberhalb und medial von der Crista buccalis superior liegt in der Area buccalis superior neben dem 2. und 3. oberen Molar die kurze Crista buccalis suprema. Als eine hintere Verlängerung des prohypochilen Parachils findet sich eine zum Vorderende der unteren Backenzahnreihe ziehende Längsfalte, die Crista dentalis. Auf dem freien Rande (der First) aller dieser Schleimhaut- falten oder Leisten können sich stachel- oder kegelförmige Fortsätze befinden, welche meistens in einer Reihe stehen und zugespitzt enden. Auch kommt zuweilen an Stelle einer solchen Leiste eine Reihe iso- lierter Stacheln vor. Das Vorkommen und die Bildung dieser Rand- stacheln stimmt nicht immer bei den verschiedenen Spezies überein und ist daher in der Regel nur als Artcharakter zu verwerten. Auf eine vergleichend anatomische und physiologische Beurtei- lung dieser bisher ja nur an wenigen Repräsentanten einer einzigen Gattung studierten Verhältnisse werde ich erst nach Ausdehnung meiner Untersuchungen auf eine größere Anzahl diprotodonter Beuteltiere eingehen. 396 Gesammtsitzung vom 24. April 1913. Jahresbericht über die Herausgabe der Monumenta Germaniae historica. Von ReınHoLp Koser. Die 38. ordentliche Plenarversammlung der Centraldireetion der Monu- menta Germaniae historica wurde in Berlin vom ı0. bis 12. April d. J. abgehalten. Erschienen waren die HH. Prof. Bressrau aus Straßburg i. E., Archivdirektor Geh. Archivrat Krusch aus Hannover, Hofrat Prof. Luscum Ritter von EBENGREUTH aus Graz, Hofrat Prof. von OTTENTHAL und Prof. Reprich aus Wien, Geheimrat Prof. vox Rırzıer aus München, Geh. Hofrat Prof. von Strinuever aus Erlangen, sowie die hiesigen Mit- glieder Wirkl. Geh. Oberregierungsrat Koser als Vorsitzender, Geheim- rat Prof. Schärer, Geh. Hofrat Prof. vox Sınson, Prof. Strecker, der das Protokoll führte, und Prof. Tasse. Verhindert waren durch eine Reise zur Beteiligung an einer Sitzung der Kommission für das Deutsche Rechts- wörterbuch Hr. Wirkl. Geh. Rat Prof. Brusser Exzellenz und durch Un- wohlsein Hr. Prof. Zrumer. Auf Antrag der Centraldirection hat der Herr Staatssekretär des Innern veranlaßt, daß in den Entwurf des Reichshaushaltsetats für 1913 anstatt des bisherigen Gehalts für ein etatmäßiges Mitglied der Central- direction Gehälter für zwei etatmäßige Mitarbeiter eingestellt worden sind. Die Besetzung der neuen Stellen wird nach der Veröffentlichung des Etatsgesetzes erfolgen. | Seit Erstattung des letzten Berichtes erschienen: In der Abteilung Seriptores: Seriptorum tomi XXXIN pars tertia. Cronica Fratris Salimbene 3 de Adam Ordinis Minorum. Edidit OÖ. HoLper-Esger. (Praefatio tomi. _ Praefatio Cronicae seripsit B. Scnumeivıer. Tabulae I— VI.) Seriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi: Ottonis et Rahewini Gesta Frideriei I. imperatoris ed. Ill. CuravitB.de Simson. — Ottonis de Saneto Blasio Chroniea. Edidit A. Hofmeister. — . 3 Johannis Porta de Annoniaco liber de eoronatione Karoli IV. imperatoris. z Edidit R. Salomon. Koser: Monumenta Germaniae historica. Jahresbericht. 397 Vom Neuen Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts- kunde: Bd. XXXVI Heft 3 und Bd. XXXVII Heft ı. Im Druck befinden sich zehn Quartbände, ein Oktavband. In der Serie des Seriptores rerum Merovingicarum läßt es der Umfang des noch vorliegenden Materials zweckmäßig erscheinen, den im Druck bis zum 76. Bogen vorgeschrittenen, ursprünglich als Schlußband ge- dachten Band VI demnächst in der Stärke von 80 Bogen auszugeben und den Rest von etwa 50 bis 60 Bogen in einem siebenten Bande zu vereinigen, an dessen Druck Hr. Archivdirektor Dr. Kruscn in Hannover und sein ständiger Mitarbeiter Hr. Prof. Lrvısox in Bonn unverzüglich herangehen werden. Auch die Bearbeitung der Nachträge zu der ganzen Serie ist im abgelaufenen Jahre fortgeführt worden. Kollationen wur- den durch Hrn. Prof. Lesisvr in Paris und Hrn. Dr. Frnor SchsEiper in Rom beigesteuert, Handschriften aus Coblenz, Karlsruhe, Stift Lilien- feld, München, Paris, Wien und Wolfenbüttel herangezogen. Für die Leitung der Scriptores (mit Ausnahme der Scriptores rerum Merovingicarum) hat sich Hr. Prof. Bressrau in Straßburg i. E. der Centraldireetion nunmehr dauernd zur Verfügung gestellt. Nach dem von ihm der Plenarversammlung vorgelegten Arbeitsplan werden zur Veröffentlichung zunächst in Aussicht genommen: ı. Für die noch ausstehende zweite Hälfte des 30. (Schluß-) Bandes der Folioserie, entsprechend der in der Vorrede zum ersten Teil dieses Bandes enthaltenen Ankündigung, die Supplemente aus der Zeit der sächsischen und salischen Kaiser. Es sind von italie- nischen Quellen die Miracula S. Columbani, die Vita S. Petri Urseoli (falls es gelingen sollte, außer der schon für den Druck MAaBILLONS benutzten Pariser Handschrift eine zweite, im ı8. Jahrhundert von Granpi, im 19. Jahrhundert von Torva benutzte Handschrift wieder- aufzufinden); die Miracula S. Benedicti von Desiderius von Monte Cassino; die Vita Arialdi von Andreas von Strumi; zwei Vitae des Gründers der Kongregation von Vallombrosa, S. Johannes Gualberti; die metrische Vita des Anselm von Lucca von Rangerius und die Y'stoire de li Nor- mant von Amatus von Monte Cassino, deren Bearbeitung Hr. Geh. Hof- rat Prof. Baıst in Freiburg i. B. übernommen hat; weiter an kleineren Stücken unter anderen die Chronik des piemontesischen Klosters Chiusa, eine bisher unbekannte Rezension der Annales Casinenses nach nach einer Pariser Handschrift, kurze Annalen von Lueca, wahrschein- lich auch eine kurze Chronik des Kapitels von Arezzo; endlich einige kleinere Translationsgeschichten. Von deutschen Quellen: zwei von m. Archivdirektor Dr. Diererıcn in Darmstadt bearbeitete Editionen; Hecelini Translatio et miracula S. Clementis und Sigibotonis Vita Paulinae; 398 Gesammtsitzung vom 24. April 1913. in Bearbeitungen von O. HoLner-Esser die Fragmente der Translatio 88. Wandregisili et Amberti, Annales Magdeburgenses brevissimi (bis 1039) und Notae necrologicae Magdeburgenses; in der Bearbeitung von A. Hor- MEISTER Vita et miracula Philippi presbyteri Cellensis mit der Inventio und der Vita Adalberti abbatis Hornbacensis, Fundatio ecclesiae Hildesheimensis, Vita Lietberti episcopi Cameracensis. Wegen einer Anzahl kleinerer Translationes, Fundationes und Dedikationsnotizen, sowie wegen einiger Vitae, bleibt die Entscheidung, ob sie in den 30. Folioband aufzu- nehmen sind, noch ausgesetzt. 2. Staufische Supplemente sollen dem Band XXXII der Quartserie vorbehalten werden. Dieser Band wird wesentlich deutsche Quellen umfassen, in erster Linie von umfangreicheren Werken den Ligurinus, die Literatur über den Kreuzzug Friedrichs I., die Vita Adalberts Il. von Mainz und, falls sich ihre angefochtene Echtheit aufrechterhalten lassen wird, die Vita Arnolds von Mainz; ferner die Quellen zur Ge- schichte der heiligen Elisabeth und eine Auswahl aus den Schriften des Caesarius von Heisterbach. Von italienischen sind hier nur das zu- erst von Monacı herausgegebene Carmen über die lombardischen Kriege Friedrichs I. und Petrus von Ebulo anzuschließen. Das verhältnismäßig wenige, was sonst von Schriften italienischer Verfasser aus dem ı2. Jahrhundert noch in Betracht kommt, wird am zweckmäßigsten in den für die Fortsetzung der Italiener bestimmten Bänden der Quartserie unterzubringen sein. Als Zeitgrenze für die in die Monumenta Germaniae aufzunehmenden italienischen Schrift- steller wird im allgemeinen das Jahr ı313 zu gelten haben; aber auch bis dahin ist aus dem ı3. Jahrhundert, zumal aus dessen zweiter Hälfte, unter Ausscheidung der mehr lokalen Quellen wesentlich nur das zu berücksichtigen, was für die Reichsgeschichte größere Bedeu- tung hat. Über jene Zeitgrenze von 1313 hinaus würden in der Folge nur noch etwa die auf die Romzüge Ludwigs des Bayern und Karls IV. bezüglichen Schriften aufzunehmen sein. Nach dem Stande der von dem bisherigen Abteilungsleiter ausgeführten oder ver- anlaßten Vorarbeiten kommen für einen ersten Band vorzugsweise M Betracht Tolomeus von Lucca (in der Bearbeitung des Hrn. Privatdozenten Dr. Scuueiprer), Riccobald von Ferrara, die Obsidio Anconae und die kleineren Quellen von Pisa, Lucca, Siena, Florenz, Ferrara, Ravenna. Andere schon weiter gediehene Vorarbeiten sind für Tolomeus vM Faenza, Petrus Cantinelli und für die süditalienischen Quellen zur Ge- schichte der letzten Staufer vorhanden. An letzter Stelle werden die | norditalienischen Quellen und die der westlichen Emilia zur Edition zu gelangen haben, für die ein erheblicher Teil der Vorarbeiten noch a aussteht. z is Koser: Monumenta Germaniae historica. Jahresbericht. 399 3. Um die Herausgabe der bedeutendsten Quellenschriftsteller zur Deutschen Geschichte des 14. Jahrhunderts mit möglichster Beschleunigung zu fördern, wird in Aussicht genommen, nach dem Vorgang der Aus- gabe des Johann von Victring zunächst Einzeleditionen in der Serie der Scriptores rerum Germanicarum zu veranstalten und es einer späteren Zeit zu überlassen, diese erfahrungsmäßig bald vergriffenen Einzel- drucke, ergänzt durch die mit ihnen in landschaftlichem Zusammenhang stehenden kleineren Quellen, innerhalb der Quartserie in neuen Auf- lagen zu größeren Bänden zusammenzufassen. Beabsichtigt werden zunächst folgende Ausgaben: Mathias von Neuenburg, für den der ständige Mitarbeiter Hr. Privatdozent Dr. Hornmeister einen großen Teil der handschriftlichen Überlieferung bereits durchgearbeitet hat; die Relation des Nicolaus von Butrinto über den Romzug Heinrichs VII. (in der Bearbeitung des Abteilungsleiters) ; die Vila Ludovici Bavari, die Selbstbiographie Karls IV., die Chroniken Heinrichs von Diessenhoven und Johanns von Winterthur, das Eichstädter Annalenwerk, das früher nach Heinrich von Rebdorf benannt wurde, und die Fürstenfelder Chronik. In Vorbereitung befinden sich in der Serie der Seriptores rerum Germanicarum, wie zum Teil aus den früheren Berichten ersichtlich: Adam von Bremen (3. Aufl.), bearbeitet von Hrn. Dr. Scumeiprer; Liut- prand von Cremona (3. Aufl.), den Hr. Oberlehrer Dr. Becker in Rogasen übernommen hat: Cosmas von Prag, bearbeitet von Hrn. Landesarchiv- direktor Prof. Brernorz in Brünn in Verbindung mit Hrn. Prof. Wem- BERGER; Annales Austriae, von Hrn. Prof. Untirz in Graz; Vita Meinwerci und andere kleinere Denkmäler der Paderborner Diözese, die Hr. Dr. Tescknorr, Professor der Kirchengeschichte an der bischöflichen Fakultät in Paderborn, herausgeben wird. Neue Auflagen sind er- forderlich für Widukind, Wipo und das Chronicon Urspergense, für das sich Hr. von Smsox freundlichst zur Verfügung gestellt hat. 4. In der Serie der Deutschen Chroniken. und verwandter Quellen übernimmt der neue Abteilungsleiter als Mitarbeiter die HH. Dr. GEBHARDT in Erlangen (für das Gedicht über die Kreuzfahrt Ludwigs III. von Thüringen) und Dr. Locuser in Göttingen (für die historischen Ge- dichte von Suchenwirt). Für die bereits durch verschiedene Hände gegangene Bearbeitung der Historischen Lieder aus der Zeit bis 1500 wurde der von Hrn. Geh. Regierungsrat Prof. Rorrue für diese Auf- gabe empfohlene Hr. Dr. Brnrenn, Archivar der Deutschen Kommission bei der Kgl. Preußischen Akademie der Wissenschaften, gewonnen. Für die Zwecke seiner Arbeiten unternahm der Abteilungsleiter im Herbst 1912 eine Reise nach Mailand, Turin, Lucca, Florenz, Rom und Modena. Durch Übersendung von Handschriften verpflichteten die Abteilung Scriptores der Hochwürdigste Hr. Abt des Benediktiner- Sitzungsberichte 1913. 36 400 Gesammtsitzung vom 24. April 1913. stifts Göttweig, Generalabt AnAgBErRT Dunser, der Hr. Bibliothekar des Benediktinerstifts Admont, P. Frieprıch FiepLer; durch Erteilung von Auskünften unter andern die HH. Oberbibliothekar Dr. Bernovıuı in Basel, Stadtarchivar Dr. Krussen in Köln, Prof. Dr. Schröper in Dillingen, Staatsarchivar Dr. Rasnorz und Bibliothekar Dr. WERNER in Zürich und Prof. Dr. Workan von der k. k. Hofbibliothek in Wien. Die Zentraldirektion beschloß auf den Antrag des Abteilungs- leiters, für die Sammlung der Seriptores rerum Germanicarum künftig in den Einleitungen und im Apparat die deutsche Sprache anzuwenden, abgesehen von Autoren, die den Serien Scriptores rerum Merovingi- carum und Auctores antiquissimi angehören. Innerhalb der Abteilung Leges, soweit sie von Hrn. Wirklichem Geheimen Rat Brunser geleitet wird, hat Hr. Dr. von Krarık in Wien im 38. Band des Neuen Archivs im Anschluß an die ebendaselbst Bd. 37 erschienene dritte Studie des Hrn. Prof. von Schwınn »Zur Lex Baiuwariorum«, den Anfang einer Untersuchung über die deutschen Bestandteile dieser Lex veröffentlicht; ebenso Hr. Privatdozent Dr. Frei- herr vox Schwerin in München in der Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, germanistische Abteilung, Bd. 33, einen Aufsatz »Zu den Leges Saxonum«. Hr. Geh. Justizrat Prof. Secker konnte auf Grund zweier ihm nach Berlin übersandter Handschriften der Abre- viatio Benedicti aus Paris und Montpellier feststellen, daß eine kritische Ausgabe des Benedictus Levita von der Heranziehung der Abreviatio absehen kann; die nahezu abgeschlossenen Benediktus-Studien wird in Fortsetzung der bereits erschienenen Artikel das Neue Archiv bringen. In derselben Abteilung hat unter Leitung des Hrn. Prof. ZEUMER der ständige Mitarbeiter Hr. Dr. Krammer den Druck der Lex Salica bis Bogen 8 gefördert, Hr. Privatdozent Dr. Bastern in Straßburg unter Mitwirkung von Hrn. Dr. Rıcnarp Saromon den Druck des Capitulare de imaginibus (Libri Carolini) bis zum 7. Bogen. Für die Sektion der Constitutiones et acta publica hat Hr. Prof. SchwaLm in Hamburg das Namenregister zum 5. Bande drucken lassen (dessen Sach- und Wortregister Hr. Dr. Saromox nahezu druckfertig hergestellt hat) und den Druck des 6. Bandes bis Bogen 16 fortge führt. Das für diesen Band gesammelte Material wurde von dem Herausgeber auf einer im Sommer vorigen Jahres unternommenen Reise in mittel- und süddeutschen Archiven ergänzt. Hr. Prof. Dr. Pocarscuer in Rom stellte ihm eine Reihe von Abschriften oder Kol- lationen aus dem Vatikanischen Archiv zur Verfügung, und Hr. Dr. Füssen in Hamburg die Ergebnisse seiner Nachforschungen im Ber 5 zoglichen Archiv zu Meiningen. Für die Fortsetzung der Constitutiones ge Koser: Monumenta Germaniae historica. Jahresbericht. 401 aus der Regierungszeit Karls IV. (VII ff.) haben der Hr. Abteilungs- leiter und Hr. Dr. Saromon eine Reihe weiterer Stücke aus den Jahren 1348 und 1349 bearbeitet. Der Druck des 8. Bandes mußte nach Weihnachten unterbrochen werden, weil zuvor noch der Urkunden- bestand der Kirche Cambrai im Departementalarchiv zu Lille und das Stadtarchiv in Cambrai zu durehforschen sind; auch ist noch in Lüttich eine bessere Überlieferung der 1881 von Nırzsc# veröffentlichten Positio pro iustificatione iudicii pacis Leodiensis auszunutzen. Inzwischen haben Hr. Dr. Saromov das Namenregister und der mit dem ı. Jan. 1913 neu eingetretene Mitarbeiter Hr. Dr. SräsLer das Sachregister des 8. Bandes für die Drucklegung vorbereitet. Der Abteilungsleiter war ferner im Zusammenhang der Arbeiten für die Konstitutionen Kaiser Ludwigs mit Untersuchungen über die Gesetze und Erlasse von 1338, insbe- sondere über die Proklamation Fidem catholicam und die Denkschrift Subscripta, beschäftigt. | Für die Sammlung der Tractatus selecti de iure imperü saec. XII. et XIV. hat an Stelle des zurückgetretenen Hrn. Prof. Orro Hr. Prof. Rıcmarn Scnoız in Leipzig die Bearbeitung des Marsilius von Padua über- nommen. Die Arbeit des Hrn. Archivassistenten Dr. Meyer in Magdeburg ‚an den Schriften des Lupold von Bebenburg schreitet erfolgreich vor. In der Abteilung Diplomata, Karolingerserie, setzte der Leiter, Hr. Prof. Taxer, in Verbindung mit Hrn. Archivar Dr. MüLzer die Ar- beiten für die Diplome Ludwigs des Frommen fort. Der neueinge- tretene ständige Mitarbeiter Archivassistent Hr. Dr. Hzıy unternahm für die ihm gestellte Aufgabe (Vervollständigung des Apparats für Lothar I.) eine Forschungsreise nach Italien; er besuchte die Staatsarchive in Venedig, Siena, Turin, Mailand, Parma, die Stadtbibliotheken in Udine, Verona, Bergamo, Cremona, San Daniele, die Biblioteea Quiriniana in Brescia, die Ambrosiana in Mailand, die Vaticana und die Viktor- Emanuels-Bibliothek in Rom, die Kapitelarchive in Piacenza, Reggio, Nonantula, Arezzo, Monza, die bischöfliche Bibliothek in Como, die Stiftsbibliothek in Monte Cassino. Für die Serie Diplomata saec. XI. hat Hr. Prof. Brrssau in Modena, Lucea und Mailand eine Anzahl handsehriftlicher Vergleichungen vor- genommen; er hofft, mit dem Drucke der von ihm und Hrn. Prof. Dr. Wise bearbeiteten Diplome Heinrichs II. (Urkunden der deutschen Könige und Kaiser Bd. 5) im Jahre 1914 beginnen zu können. Hr. Hofrat v. Orrextuar hat für die Serie Diplomata saec. XI]. mit dem ständigen Mitarbeiter Hrn. Privatdozenten Dr. Hırscn und dem Hilfs- arbeiter Hrn. Dr. Samanex die Arbeiten an den Diplomen Lothars II. SO weit gefördert, daß im Laufe des nächsten Jahres der Abschluß der Gruppen-, Diktats- und Datierungsuntersuchungen zu erwarten ist. 402 Gesammtsitzung vom 24, April 1913. Der Abteilungsleiter unternahm eine Reise nach Kopenhagen. Hr. Dr. Hırscn durchforschte in Italien weiteres Material aus den Zeiten der drei ersten Staufer, und zwar in Bologna (Notariatsarehiv und Universitätsbibliothek), Parma (Staatsarchiv), Mantua (Staatsarchiv) und Mailand (Staatsarchiv, Ambrosiana, Trivulziana, Kapitelarchiv von San Ambrogio); auch erschloß ihm der Sindaco von Mailand Conte Greppr in entgegenkommendster Weise sein Privatarchiv. Für Zusendungen von Archivalien nach Wien oder sonstige Unterstützung schuldet der Ab- teilungsleiter seinen Dank u. a. dem Reichsarchiv in München, dem Staatsarchiv in Lübeck, den Archivvorständen von Klosterneuburg und Linz (Diözesanarchiv). Hr. Prof. Taser als Leiter der Abteilung Zpistolae hat für die in der neuen Oktavserie zu veröffentlichende Ausgabe der Bonifatiusbriefe die Wiener und die Münchener Handschrift verglichen, die ihm von der K. k. Hofbibliothek und der Kgl. Bayerischen Hof- und Staatsbibliothek bereitwilligst nach Berlin gesandt wurden; die Karlsruher Handschrift bleibt noch zu erledigen. Zur Veröffentlichung in dieser Serie werden weiter in Aussicht genommen zunächst das Register Gregors VII. und Innocentü III. Registrum super negotia imperü Romani. Hr. Privatdozent Dr. Prrrıs, der seiner Ausgabe der Briefe des Papstes Nikolaus I. nunmehr die Briefe Hadrians II. und des Anastasius Bibliothecarius folgen lassen wird, durchforschte auf einer längeren Stu- dienreise das einschlägige Material zu Bern (Stadtbibliothek), Mailand (Ambrosiana), Florenz (Bibl.Ri liana,I tiana, Nazionale), Ravenna (Archivio capitulare), Cesena (Bibl. Malatestiana), Venedig (Marciana), Mantua (Bibl. comunale), Rom (Bibl. Vaticana, Vallicellana, Vittorio Emanuele, Casanatense, Angelica, Alessandrina; Archivio Vaticano, Capitolare di S. Pietro, Capitolare di S. Giovanni in Laterano) und Monte Cassino. Zu besonderem Dank verpflichteten ihn Hr. Oberbiblio- thekar Prof. von Mürmen in Bern, und ebenso wie unsere anderen durch ihre Aufträge nach Mailand geführten Mitarbeiter, der Präfekt der Ambrosianischen Bibliothek, Monsignore Rarrı; in Rom Mon signore Cascrouı vom Kapitelarchiv von S. Pietro und P. Maperna vom Kapitelarchiv von S. Giovanni in Laterano, Monsignore STaA nısLa0 Le Greite, Hr. G. Buzzı von der Societä di storia patria | und Hr. F. Scuseiwer vom Kgl. Preußischen Historischen Institut. Endlich hat auch bei diesem Anlaß, wie so oft zuvor, der Präfekt der Vatikanischen Bibliothek, P. Franz Eurır, den Monur menta Germaniae sein Wohlwollen bewährt, indem er Hrn. Dr. PrrEISs sowohl bei der Bewältigung des überaus ergiebigen handschriftlichen Materials der Vaticana seine Hilfe lieh, wie andere Sammlungen dureh seine Empfehlungen erschloß. Für die Sammlung der Briefe Hadrians Il. e - Koser: Monumenta Germaniae historica. Jahresbericht. 403 stellte Hr. Abt Wırnısarn HAUTHALER zu Salzburg die Kollation eines Stückes aus einer im Archiv von St. Peter befindlichen Handschrift zur Verfügung. Hr. Privatdozent Dr. Caspar hat nach Veröffentlichung seiner Aus- gabe des Regisirum Iohannis VIII. papae im ersten Halbband von Epistolae T. VII den zweiten Halbband in Angriff genommen und das Manuskript für die Epistolae Iohannis VIII. passim collectae, desgl. die dubiae et spuriae, die Fragmenta registri Stephani V. nahezu fertiggestellt, die Bearbeitung der Epistolae Marini I. et Hadriani III., der Epistolae Stephani V. passim collectae, der Epistolae Iohannis IX. begonnen. Im Neuen Archiv XXX VII veröffentlichte er eine Untersuchung über das Register Gregors VII. unter Heranziehung einer für die Zwecke der geplanten neuen Ausgabe hergestellten Photographie der ganzen Vati- kanischen Handschrift. In der Abteilung Antiquitates hat ihr Leiter Hr. Prof. Strecker von den Rhythmi aevi Merovingiei et Carolini, die den ersten Teil des zweiten Halbbandes von Poetae Latini T.IV zu füllen bestimmt sind, 20 Bogen zum Druck befördert. Dieser Halbband wird u.a. auch die von Hrn. STRECKER im Neuen Archiv XXXVII, ı behandelte polymetrische Vita S. Galli von Notker, sowie die von Hrn. Prof. Jonannes ÖSTERNACHER in Urfahr (Oberösterreich) zur Bearbeitung übernommene Eeloga Theoduli enthalten, an deren Entstehung in karolingischer Zeit wohl nicht zu zweifeln ist; bei Kollationierung der handschriftlichen Überlieferung unterstützten Hrn. OstErnAcHer in weitgehender Weise durch ihre Mit- arbeit Hr. Oberbibliothekar Prof. v. Mürısen in Bern und Hr. W. W. Grey vom Trinity College in Cambridge. Den Druck von Nekrologia IV (Pas- sauer Diözese bayrischen Anteils) hat der erzbischöfliche Bibliothekar Hr. Dr. Fasrumerr in München bis zum 12. Bogen geführt, den von Bd. V (Passauer Diözese österreichischen Anteils) Hr. Pfarrer Dr. Anır- BERT Fuchs O. S. B. in Hainfeld (Niederösterreich) bis zum 75. (nur die Registerbogen sind noch nicht abgesetzt), den der Werke des Aldhelm von Sherborne (Auctores antiquissimi T. XV) Hr. Geh. Hofrat Prof. Dr. Enwarn in Gotha bis zum 34. Bogen. In der Plenarversammlung von 1906 hatte Hr. HoLver-Esser an- geregt, in einem Bande der Antiquitates die biographischen Schriften ver- schiedener mittelalterlicher Verfasser (de scriptoribus ecclesiastieis, de viris Ülustribus, de luminaribus ecclesiae usw.) zu vereinigen. Der jetzige Herr Abteilungsleiter hat sich mit Hrn. Privatdozenten Dr. Pauı Lennann in München wegen Veranstaltung einer solchen Sammlung in Verbindung gesetzt und von ihm eine grundsätzliche Zusage erhalten. Die Abteilung sagt ihren Dank für Übersendung von Rhythmen- handschriften den Herren Direktoren der Bibliotheken zu Brüssel und Sitzungsberichte 1913. 37 404 Gesammtsitzung vom 24. April 1913. Leiden, für Überlassung eines weiteren Ineditums (vgl. Bericht von 1912) Hrn. Paur Lisarrr in Rom, für Besorgung von Abschriften oder Kollationen sowie für Erteilung von Auskünften und Mitwir- kung bei Lesung der Korrekturen den HH. F. Feısr O.S.B. in Melk, Geh. Hofrat Prof. Dr. A. Horver in Karlsruhe, Dr. Kısky in Köln, Dr. P. Lenmann in München, Prof. Levıson in Bonn, Prof. WırueLm MEYER in Göttingen, Privatdozent Dr. Karı Poruem in Graz, Prof. Dr. Rep- rich in Wien, Prof. Dr. Fr. VorıLmer in München, Prof. Dr. Taner in Berlin, A. ZA O. Pr. in Pernegg, Dr. Hrısrıcn Zimmermann in Wien. Die Verwaltung der Traube-Bibliothek ist anläßlich der Berufung des Hrn. Dr. Em Jacoss zum Direktor der Großherzoglichen Univer- sitätsbibliothek zu Freiburg mit dem ı. Oktober 1912 auf den Biblio- thekar-der Bibliothek des Berliner Kgl. Historischen Seminars, Hrn. Dr. Hoppe, übergegangen. Hrn. Direktor Jacoss sagt die Central- direction auch an dieser Stelle ihren wärmsten Dank für seine sach- kundige und liebevolle Betätigung bei Aufstellung, Verzeielmung und Ausgestaltung der Traube-Bibliothek. Unser Dank gilt weiter den hohen Reichs- und Staatsbehörden, dem Kgl. Preußischen Historischen Institut zu Rom und den Herren Beamten der Handschriften- und der Zeitschriftenabteilung der Kgl. Bibliothek zu Berlin für die fortgesetzt unsern Aufgaben zuteil ge- wordene Förderung. Ausgegeben am 8. Mai. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. = eise oder auch in weiterer Ausführung, in dessen: Sprache veröttinlil cht sein oder dem ee, Veröffent- Tr ie + ein ner aufgenomm die zu veröffentlichen ist den Verfassern unbeschränkt gestattet. Aus $ 21. Die re ne erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 22, Jeden men eröffnet eine Übersicht über die in = ee rgetragenen ande Mitthei- lu und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. Titeln der wissenschaftlichen aa rag Hinter den folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben, welche die Verfasser einreichen, und für ae a ver- ttlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in der Regel auf 5—6 ee beschränken, keinesfalls 10 Zeilen eig Die nicht ift Mittheilungen werden mit em Stern bezeichnet, bei den für die Annie: a wird »(Abh,)« zugefü Wisenschaffiche Mittheilungen fremder Verfasse We; .n in dem über diejenige Sitzung aufgeführt, Sale dere yazıım in die akademischen Schriften ae Beichlassih wird. Tu der Akad e hast Aus $ Das Manuseript einer in ein Bnemznennen. Sitzung nnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- Reg org "gehen am nächsten Donnerstag gedruckt erscheine l, muss der Regel nach in der Farge when, ger bis Freit: w 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später elmrigetchts Manusecripte erden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden ; Archivars verschen, für ein späteres Dasselbe kann von vorn a - Mittheilungen ge- RT ae n Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten n ls sst, oder welehe den n $$ 3 und 4 nie Eileen nicht ent- en. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, er an je Gmögpese: welche die a ng vorgelegt haben Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend ieh Re Iaksc werde; ee jedoch ” mit Asp Co ar zu lese sie Dienstag früh an ie ee ar Wird die Oncrbense länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn > en in einem späteren Stück erscheint. Nach auswärts werden Correcturen nur auf V — eg ar Ya damit auf Erschei ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremde 5 dere ecturen erst dem vorlegenden Mitgliede scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- sichert werden. ve 36. Die Akademie behält das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalte ee Jahrg. 1910: Phys sikalisch-mathematische Classe . . Philosophisch-historische Classe . . - - ee -_. 1911: ysikalisch-mathematische Classe . . - - ee na erregn N 5 —_— Abhandlungen aus den Jahren 1910, Abhandlungen der Akademie. - . eniieee A re Be ee » 38.— - ” . . . * ” ” 1911, 1912 und 1913. : Der Aufbau a -—. Welt in den De Erste Hälfte . . # 3— we: ’r Ho: Gedächtn area auf ans Heinrich Landolt u, Mö ULLER: ger cal. Enouzz ie d ge : Über „gen anatomischen Bau der baumartigen Oyperacee Schoenodendron e NGL. : a Eucmn: Gedächtniserede auf Fin cobus Henricus yant Bee an nen in W.: Gedächtnissrede auf Heinrich Zimm ee Mo: Hymnen an das Diadem der En \ ern ee en ORF: Zur sprachlichen Gliederung Fı 2, 0 en rennen che Überlieferung 2 " Guieninehen Commentars zum Prorrheticum des ar « ” * » ” * ”* e ” enge T: Auf w elch m Wege _ kame n die. Goidelen vom Continent nach Irland? . Rn, 2.50 eig Gedächtn red auf Wilhelm Dilthey . ne in eree Zum isländischen Een esen in der Sturlungenz im. in E z Fi er Uranustrabanten, Erste N. Öberon und Titania te ‚man: Ein F abgek ee Justiz in Ägypten BES : . en Dieis: Die Entdecken des Alkohols ” * . ” ann nn L. LicHTensteis : 2 s des Satzes, dass jedes hinreichend kleine, im wesentlichen stetig ge- krüm mmte, s nlanitätenfräie Flächenstück auf einen Theil einer Ebene ee. end und in den 3 einsten Theilen ähnlich abgebildet werden kann . ne reset ‚Türkische Man ichaiea aus Chotscho. I. Deu az RCHEM: Die rfEmisekikn Inschriften von Per n M. ee ? Phönieische und aramäische Krugaufschften aus _Elophantine C. Frank: Zur Haionen et ps sie F. em Zurufe m Arab A. Joussen: Die Gelneiie ie Bi en S. Pe aid S. Antioco (Sardinie n) H. Kınarscn: Reel eit ische nn zur ie eek der Tarfanschädel. E. Körter 0 enzfall, welchem ein s Fachw on n Knotenpunkten und 2n re oder ein Haumliches er von n Eeemiko und 3n — 6 Stäben nicht nr statisch bestim E. Mırrwoc#: Zur hnegaiie des islamischen Gebets und Kultus Sitzungsberichte der Akademie. ZEN AUE SORERREER ae ee ee Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1912. ScHortky und H. Juxe: neue Sätze über are und die Aser’schen T der Rırıany’schen Theorie. III. Morr: vom Ursprung der r_ provenzalischen „Schriftsprache A. Ranırs: griechische Wörter im K H. Sınter: die Masse des Sahurnstabanien Titan Fropzsmus: über quadratische Formen, viele Primzahlen darstellen E. Meyer: Untersuchungen über die älteste Geschichte re. und über Nebukadnenar's Be efestizungsanla a P. Maas: zu den Beziehungen "zwischen Kirchenvätern und” Sophist ı S. Koxow: zwei Handschifiebläter in der alten arischen Litt a Fee aus Chinesisch- Turkistan Nersst und 'F. A. Lixpemanw: Untersuchungen - die specifische Wärme. VI Nernsrt: "Untersuchungen über die Spore Wärm F. Freon: über den Gebirgsbau u_des A auros in seiner Bedeutung für die RER .. euro- äi a - m... Geb . von Wıramowı OELLE ry Pr LAUMANN:! Tiaspapyrus P. >. Morgan (ierzu Taf. IX und x) ei See Spe Kosmashönshrsciee ; . Eabwann:: Erkemien und Verstehen (2, Au) .-. . . .. . nun wen Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1913. NORDEN: aus Cicero’s Werksta a u Nena Warsgurs, G. Lertuäuser, E. a und c. Meise: über die Constante c des WE et -. Neriae über inberaulöen, Meisfeckon und ihre Bedeut tung für die Entstehung der Lüngenschwindsucht Enck: die Formen der Landoberfläche und Verschiebungen der Klimagürtel ana der Geist der morgenländischen Kirche im Unterschied von der abendländischen IEN: zur i i s Ä en ig i Metallen Fropenius: über die uction der indefiniten binären quadratischen Formen L Scuur: zur nn der indefiniten binären quadratischen Form . : Russer: über die Nahrungsaufnahme bei der .. ee J. Mewaror: ei Fälschung Cnarrier’s in Galen’s Schrift. „iber da Ka. ee Herimann: über die Herkunft der Staubfälle im ı SDenkilie , ! Hermann: psychologisch bedingte Fehler bei meteorologischen Beobachtungen ee M. Linzearskı: eine punisch wenige ar Äsn ir aus einem Tempel des Massinisa en ee D Fischer und K. Zacn: Reduction der tobromglueose und ähnlicher Stoffe . ABERLANDT: zur Physiologie” de Z elicheihun Praxck: über das Gleichgewicht _—n Öscillatoren, freien Elektronen und strahlender Wärme Warpeyer: das Skelet eines Schein . SchuzE: die Erhebungen auf der oe und Wangenschleimhaut der Saugeihiere ı. | Die Beutelthiergattung Macropus (Szaw) (hierzu Taf. II, II und IV) M 250 „ 50 . 550 » 5,00 » 23 A12- A 050 ” 1— » 050 » 050 wi A 2.— » 050 » 050 ”- 1 Be ” 1— ” 1.— ” 1.— » 1.— ulm 0,50 WERE IEWEE TITEL BE ER EB . XXIII. XXIV. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Sitzung der philosophisch-historischen Ulasse am 5. Mai. (S. 405) Lüpers: Die Sakas und die 'nordarische’ Sprache. (S. 406) Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 8. Mai (S. 429) J. Stark, R. Küxzer und G. Wixpr: Ein-, zwei- und dreiwerthige Linien des Aluminiums ” den Canalstrahlen. (S. 430) BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaetion der akademischen Druckschriften. Aus $ 1. e Akademie giebt gemäs a 41,1 der ' Statuten zwei lahfonde ng ungen heraus: » g: te 2 n a Be ix reu . Akademie der Wissenschaften « lung r Königlich Preussischen Akademie ra Wirsernchallens. D Aus $ 2 Jede Aufnahme in die Slicignberichte oder die Abhandlungen ne "Mit theilung muss in einer aka- mitglieder haben hierzu die Vermitt ‘Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. 3. " Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll N ee in den Abh e 8 Seiten in a gewöhnlichen Sehrift der Abhand- seen ih übersteigen he = eitung den Grenzen ist nur er: Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft un er ist u ei Vorlage der Mittheilung a ücklich zu beantragen. a der Umfang eines Manuseripts ver- s diese Zustimmung erford Babe sein werde, as en de Mitglied es vo ei Eimelshen von sachkundiger Seite auf seinen er Umfang im Druck abschätzen zu lassen. ollen einer Mittheilung. Abbildungen im Text auf besonderen Tafeln beige igege eben w ER en, 8 Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Ori aufnahmen u. 8. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch auf ee Blättern, einzure Die ichen Kosten der Herstellung der Vo rlagen haben in ann die a nie dazu eine eines Eachversiän ie an den vorsitzenden Seeretar z richten, dann ... im Secretariat suberähen um: weiter in ze Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Ve rvielfältigung übernimmt die Aka- demie. Me die voraussiehtliche Höhe dieser Kosten n ıschlag eines ger beizufügen. rchret ge Anschlag für die forderliche Auf aa hei Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen a ee so ist Vorberathung durch das Secretariat gebot 7 5. egung und Einreichung des vellsikiienn eg Manuseripts an den zuständigen Seeretar oder an den wird über Aufnahme ya ging in die akademischen Schriften, und zwar, ler. ——. Mit- ee. es verlangt, Verleih are: ttheilungen von Varfisiern, weich nicht Mitglieder der an mie sind, sollen der .. nach nur in die ge aufgenommen a Bes ı Se der Mitthe eng. eines e Nichmiglide in a Abh handlungen, so be a ıss der ‚Bestätigung durch ie Prien re a auf S. 3 des Umschlags.) Aus , 6. ® nn: I,.N 1 £ I an ” wenn es sich nicht um glatten Be Tan Fi ° die Anordnu ss girenden Seereta e und die Ve a e. zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflichte Aus $ 8. n allen in die re as oder Abhandlungen s a Ba für ‚die Verfasser, von i deren Um Par is im ıck 4 Seiten übersteigt, auch Aria ._. Sonder- en hergestellt, die alsbald h Erscheinen aus- m werden. ı 4 e.N.& 7 YAmıcke für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wen die Ver ‚fasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. n den Sonseieldschen a aus den Sing erhält re ade von noch 100 wün seht er e oder der be- n 50 ser ee Seeretar weitere 200 Kosten abzichen las /on den Sonderahinuckn aus den Abhandlunge hält ein Verfasser, welcher ag Ist re ist, zu tunen ‚on cher len ohne weiteres nplare ei r ist indess ber an zu ‚geichen Zee u Kosten de Akademie weitere ‚Ex xemplare bis zu z ne: von not € zur Zahl von (im ganzen also 230) abziehen zu ug sofern er dies re itig dem redigirenden nn gezeigt hat; wünscht er ine Kosten noch pi Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf 2 ve der Ge eng der 6 t-Ak oder der : treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten ye ge exemplare und üürten re rechtzeitiger Anzeige rire redigirenden eitere 100 Exemplare Secre Kosten abziehen en $ 17 4 Eine für die 1 -hen Schriften Dir stimmte per “un Be in keinem Falle vor ihrer Ausgab ee Stelle eren sei es auch nur al 405 SITZUNGSBERICHTE 1918. AXIH. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 8. Mai. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Dieıs. *1. Hr. Lenz las über die juristische Facultät an der Berliner Universität unter dem Ministerium Eichhorn. Entsprechend der wachsenden Spannung in Staat und Gesellschaft Preussens vor der Märzrevolution machte sich in der Facultät, die für den Aufbau des Staates in Recht und Verwaltung maassgebend war, das Vorwalten praktisch-politischer Richtungen geltend; während die Ordinarien ihre Aufgabe überwiegend in dem Sinne eines Wächter- amtes für die bedrohten Güter und Rechte der öffentlichen Ordnung in Staat und Kirche ansahen, fassten die Jungen sie eher im Sinne der liberalen Zeitforderungen auf. — Unter diesem Gesichtspunkt werden die leitenden Männer, besonders die Neu- berufenen, Sraur, Puchra, Kerter und Ämızıus Lupwıs Rıcater, charakterisirt. 2. Hr. Lüpers legte eine Mittheilung vor: Die Pranidhi-Bilder im neunten Tempel von Bäzäklik. (Ersch. später.) Die Bilder, die sich jetzt im Berliner Museum für Völkerkunde befinden, sind mit Aufschriften versehen. Es wird gezeigt, dass diese einem Werke der Sarvästivädins entnommen sind, das inhaltlich und stilistisch dem Bahubuddhasütra des Mahävastu glich. Es wird dann versucht, unter Heranziehung der Repliken die dargestellten Scenen im einzelnen zu deuten und die Widersprüche zu erklären, die zwischen den Aufschriften und den bildlichen Darstellungen bestehen. 3. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: von der mit den Mitteln der Wentzel-Stiftung unternommenen Ausgabe der griechischen Christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte Origenes’ Werke Bd. 5. De prineipiis hrsg. von P. KorrscHAu (Leipzig 1913); ferner von Hrn. Kuno Meyer: Learning in Ireland in the fifth century and the transmission of letters (Dublin 1913). Sitzungsberichte 1913, 38 406 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 28. Nov. 1912. Die Sakas und die nordarische‘ Sprache. Von HeımriıcH LüÜpers. (Vorgelegt am 28. November 1912 [s. Jahrg. 1912 S. 1111].) De ksatrapa und spätere mahäksatrapa Castana, der Tiactandc des Ptolemäus, bezeichnet sich in den Brähmi-Legenden seiner Münzen mit einem Beinamen, den man als Ghsamotikaputra zu lesen pflegt‘. Der Name seines Urenkels erscheint in den Brähmi-Legenden der Münzen in doppelter Form. Auf den älteren liest man ihn Dämaghsada; auf den jüngeren steht Dämajada’. Die letztere Form steht auch auf den Münzen der Söhne des Dämajada, des Jivadäman und des Satyadaman'. Das letzte aksara dieses Namens wurde von BnasvAsıar InDRANn da gelesen, allein Rarsow bemerkt‘, daß das Zeichen sich nicht von der mätrkt des ersten aksara unterscheide. Es kann also nur da gelesen werden. Den gleichen Namen tragen noch zwei spätere Mitglieder der Dynastie. Auf ihren Münzen findet sich nur die Namensform Dämajada‘°. Beide Namen, Ghsamotika wie Dämaghsada oder Dämajada, sind. unzweifelhaft nicht indisch; das angebliche gAs muß also ebenso wie das ; zum Ausdruck eines Lautes verwendet sein, der dem Indischen fehlt. Schon Bnasvanıar Inorasi hat ghs und 7 als Versuche. erklärt, ein z oder ein x wiederzugeben. Beide Deutungen haben ihre Anhänger gefunden. F. W. Tnomas hat in seinem Aufsatze ‘Sakastana’“, der sieh 5 in seinem letzten Teile mit der Etymologie der indoparthischen und hsamı- . ? Räjüo mahäksatrapasa Rudradämaputrasa räjno ksatrapasa Dämaghsadasa ; rapno mahäksatrapasa Rudradamna putrasa räjna ksatrapasa (oder rajüo mahäksatrapasa) Be 5 jadasriya; BuasvantAı Inorasi, a. a. O. S. 648; Rarson, a. a. 0. $. 374; RarsoN, ö 3. So ff. a; ® Rarson, Cat. S. 83ff.; 95. * JRAS. 1899, S. 374; Cat. S. CXXIIf. ® Rapson, Cat. S. 115f.; 137 ff. ® JRAS. 1906, S. ı81 ff. Lüpers: Die Sakas und die ‘nordarische’ Sprache. 407 indoskythischen Namen beschäftigt, GAsamotika mit av. /$ayamna, ‘mächtig’, skyth. Eıam(eonaKoc) zusammenbringen wollen (S. 211), und Koxow hat es vor kurzem als Ableitung von *ksamavant, "geduldsam', erklärt'. In dem zweiten Bestandteil von Dämaghsada hat anderseits Rarsov das persische zäda, ‘Sohn’, wiederfinden wollen’. Da es sich hier um Namen handelt, deren Deutung naturgemäß ganz unsicher ist, so haben solche etymologischen Versuche für die Feststellung des Lautwertes der Zeichen gar keinen Wert. An und für sich könnte yAs ja wohl einen x-Laut von welcher Färbung auch immer bezeichnen; auffallend bleibt nur, daß man zur Bezeichnung eines solchen Lautes nicht einfach das dem Indischen geläufige ks benutzt haben sollte, zumal in ksatrapah — hsaSrapavd ein Beispiel dafür vorlag. Ganz unglaub- lich aber ist es, daß dieser Laut in Damajada durch 5 bezeichnet sein sollte, dessen indischer Lautwert von x völlig verschieden ist. Wenn man anderseits gAhs und „7 als Vertreter eines 2 ansieht, so bereitet das 7 allerdings keine Schwierigkeiten, da es bis auf den heutigen Tag in den indischen Alphabeten zur Bezeichnung eines 2 dient und so schon in alter Zeit verwendet wurde, wie z. B. die Schreibung Jihoniasa — ZEIwWNIZOY auf Münzen beweist”. Allein unvereinbar mit dieser Auffassung erscheint die Schreibung ghs, da diese Konsonanten- verbindung doch nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem 2 besitzt. Das Dilemma, aus dem wir so nicht herauskommen, weist darauf hin, daß eins der beiden Zeichen falsch gelesen ist. Natürlich kann es sich dann nur um das ghsa handeln. Nun bin ich leider nicht in der Lage, die Lesung an Originalen nachzuprüfen, da das Berliner Münzkabinett keine einzige Münze mit den fraglichen Namen besitzt. Auf den Reproduktionen der Münzen in Rarsons Catalogue glaube ich aber deutlich ein ysa anstatt des ghsa zu erkennen. Die Zeichen für ya und gha sind sich in den Inschriften des westlichen Indiens während der ersten Jahrhunderte n. Chr. zum Teil sehr ähnlich, wie ein Blick auf Tafel III von Bünrers Indischer Paläographie zeigt, und auf Münzen sind ähnliche Buchstabenformen natürlich noch schwerer zu unter- scheiden. Im allgemeinen aber läßt sich behaupten, daß das gha eine ge- rade Basis hat, auf der die drei Vertikalen ziemlich senkrecht stehen‘, ' Gött. Gel. Anz. 1912, S. 556. ® JRAS. 1899, S. 374. ® Rarson, Indian Coins, Plate II, No. 3. Die indische Inschrift ist in Kharoythi. * Ein gAa findet sich auf den Münzen der westlichen Kyatrapas in dem Namen des Samghadäman. Nach der Abbildung, die dem Aufsatze von Newros, On Recent Additions to our Knowledge of the Ancient Dynasties of Western India, JBBRAS, AS beigegeben ist (Nr. 7), hat es etwa die Forın, die Bünzer auf Tafel III unter 10, XIV gibt. Auf der Tafel zu BuasvAntar Inorasis Abhandlung (Nr. 9) und in APSONs Catalogue, Plate XII, No. 378, vermag ich die Form des gAa nicht zu erkennen. : 38* 408 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 28. Nov. 1912. während das ya aus einem Halbkreise oder Bogen mit einer Vertikale in der Mitte besteht. Später wird beim ya das linke Ende nach innen umgebogen. Nun ist aber die Grundlinie des ersten Zeichens in der fraglichen Ligatur immer rund. Deutliche Beispiele bieten bei Rapson besonders die Nummern Pl. X,EI; J.B.; 281. Man vergleiche z.B. das Zeichen in X, J.B. mit dem sicheren ya von Jayadamasa in 265. Es würde danach also Ysamotika und Dämaysada zu lesen sein. Daß das in der Tat der Fall ist, wird durch Bünters Zeugnis, wie mir scheint, zur Gewißheit erhoben. In seiner Abhandlung “Die indischen Inschriften und das Alter der indischen Kunstpoesie’, S. 48', nennt er den Vater des Castana Ysamotika und bemerkt dazu in einer Anmer- kung: ‘Eine sehr schön erhaltene Münze, auf welcher dieser Name ganz deutlich lesbar ist, wurde mir vor einigen Jahren von Dr. Burezss gezeigt. Dr. Bracvanrar liest den Namen Ghsamotika’. Bünters Lesung scheint mir unbedingt sicher, weil sie von einem Manne herrührt, der unbestritten zu den besten Kennern indischer Paläographie gehörte, und weil sie in bewußtem Gegensatze zu der Lesung des Pandits auf- gestellt ist”. Wenn sie, soweit ich sehe, vollständig unbeachtet ge- blieben ist, so liegt das offenbar daran, daß eine Ligatur ysa bis jetzt völlig undenkbar zu sein schien. Allein das hat sich jetzt geändert. In der von Lrumann als ‘nordarisch’ bezeichneten Sprache ist ys der gewöhnliche Ausdruck für ein stimmhaftes dentales z. Das Zeichen findet sich sehr häufig in Lehnwörtern aus dem Sanskrit, wo eS in- lautendes indisches s vertritt, und in einheimischen Wörtern, wo € iranischem 2 sowohl im Inlaut wie im Anlaut entspricht: praysala = prasäda; aysura = asura; väysa = bisa; balysa “Erhabene‘; ysanua‘ Knie’; ysama-$Sanda ‘Erdboden’; paysan "kennen’ usw.’. Denselben Lautwert hat das Zeichen sicherlich auch in den Namen der Ksatrapas. Y samotika steht für Zamotika, Dämaysada für Düämazada, und zu dem letzteren stimmt, wie schon bemerkt, durchaus die Schreibung Damajada. Die Übereinstimmung in der Bezeichnung des z durch ys in den Texten der ‘nordarischen’ Sprache und auf den Münzen der westlichen ! Sitzungsberichte der Kais. Akad. der Wiss. in Wien, Phil. Hist. Cl. Bd. CXXH, Nr. XI. a. 2 Ich möchte hier auch auf das Faksimile der Legende einer angeblichen Münze a des Ysamotika bei Tuomas, JRAS. 1881, S. 526, verweisen. Das erste aksara ist m ein so deutliches ysa wie nur möglich. Rarsow wird wahrscheinlich recht haben wenn er die Münze für eine Münze des Castana hält, auf der nur der Name we Vaters lesbar war (Cat. $. 71), aber irgendwelcher Korrektur der Lesung, wie JRAS. 1899, S. 370, meint, bedarf es meiner Ansicht nach nicht. zw ® Ich entnehme diese und die folgenden Beispiele LEUMANNS Werke Br n nordarischen Sprache und Literatur’ und der Abhandlung von Koxow ‘Zwei H = schriftenblätter in der alten arischen Literatursprache aus Chinesisch-Turkistan , oben; Jahrg. 1912, S. 1127 ff. ; Lüpers: Die Sakas und die 'nordarische’ Sprache. 409 Ksatrapas kann nun meines Erachtens unmöglich auf einem Zufall be- ruhen. Es erscheint mir ausgeschlossen, daß zwei verschiedene Leute an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten unabhängig von- einander auf diesen höchst merkwürdigen Einfall gekommen sein sollten‘. Die Bezeichnung eines 2 durch ys kann nur einmal erfunden sein, entweder in Indien, als man aus der Brahmı ein Alphabet für die Sprache der fremden Eroberer schuf oder in Zentralasien. Nun fällt die Regierungszeit des Castana, für die der Gebrauch des ysa bezeugt ist, in das zweite Viertel des zweiten Jahrhunderts n. Chr. Die Handschriften in ‘'nordarischer’ Sprache sind um viele Jahrhunderte jünger, und es ist unwahrscheinlich, daß überhaupt eine buddhistische Literatur in dieser oder irgendeiner andern zentralasiatischen Sprache vor der Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. existierte. Da kann es wohl als sicher gelten, daß das “Nordarische’ die Ligatur ys der Schrift, die für die Sprache der westlichen Ksatrapas in Indien üblich war, entlehnt hat. Die westlichen Ksatrapas aber waren nach allem, was wir er- mitteln können, Sakas. Diese Behauptung gründet sich auf die Tat- sache, daß Castana und seine Nachfolger eine Ära gebrauchen, die als die Saka-Ära bezeichnet wird. Allerdings kommt dieser Name in den Inschriften und auf den Münzen der Dynastie selbst nicht vor. Er ist urkundlich zuerst bezeugt durch die Höhleninschrift des west- lichen Calukya Mangalesvara Ranavikranta zu Badami, die am Voll- mondtage des Kärttika datiert IE ‘als 500 Jahre seit der Krönung des Saka-Königs verflossen waren’”. In der Literatur ist der Name aber, wie Fıerr gezeigt hat’, sahäie 505 n. Chr. bei Varaähamihira be- legt, der einfach von der ‘Saka-Zeit’ (Sakakäla) spricht. Nach Fırer ist dieser Name erfunden worden, als im 5. Jahrhundert die Astro- nomen aus gewissen Gründen, auf die hier nicht eingegangen zu werden braucht, die Ära der westlichen Ksatrapas für ihre Rechnungen adop- tierten. Er behauptet, der Ursprung der Ära sei damals vergessen gewesen; man wußte nur, daß sie von gewissen Fremden gestiftet war, deren Nachkommen hinduisiert worden waren. Dann fährt er fort‘: ‘Now, the leading foreign tribes who down to that time had invaded India were the Yavanas, the Palhavas, and the Sakas. And there is a general grammatical rule (Pänini, 2. 2. 34) which requires Leumann, a.a. O.S.40, meint, man habe dem y einen ‘mildernden’ Einfluß auf in 8 EBeschrieben.. atikräntesu pancasu satesu; Kırınorn, List un ner of Southern India, Nr. 3. ° JRAS. 1910, $. 818ff, * Ebenda S. 823f. 410 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 28. Nov. 1912. that, in composition with Yavana or Palhava, the base Saka must stand first, as containing fewer vowels: in agreement with which, Patafjali, in his comments on Panini, 2. 4.10, gives Saka-Yaranam as an instance of certain Dvandva compounds which form neuters singular. The rule apparently did not apply to more than two bases treated all at once. But, the compound Saka-Yavanam having been established, it was natural enough, in prose at least, in adding a mention of the Palhavas, to place the base Palhava last: and so we find the term Saka-Yarana-Palhaca in one of the Näsik inseriptions (EI, 8. 60, line 5). In this way, under the effect of a grammatical rule, the Sakas acquired a special prominence in the traditions of the Hindus. And thus, when a name was wanted by the astronomers for the era of A. D. 78, the name of the Sakas presented itself and was given to it. Ich bedaure diesen Ausführungen keine Beweiskraft zubilligen zu können. Die Annahme, von der alles andere abhängt, daß der Ursprung der Ära in Vergessenheit geraten sei, entbehrt jeglicher Begründung. Sie ist um so unwahrscheinlicher, als Frerrr selbst die Adoptierung der Ära durch die Astronomen in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts setzt, also nur wenige Jahrzehnte nach 388, dem Jahre, für das der letzte ksatrapa Rudrasimha III. bezeugt ist!. Warum sollten nun diese Fürsten vergessen haben, welchem Volke sie und ihre Vor- fahren angehörten, wenn sie sich auch später mehr oder weniger dem Volke, unter dem sie lebten, assimiliert hatten? Im Gegenteil, gerade diese Dynastie scheint den größten Wert auf die Pflege der Familien traditionen gelegt zu haben. Auf’ den Münzen wird stets dem Namen des ksatrapa der Vatersname hinzugefügt, etwas was in dieser Zeit nn Indien keineswegs selbstverständlich ist, und in den Inschriften werden die Ahnen des regierenden Fürsten zum Teil bis auf den Ururgroßvater a angegeben’. Oder warum sollten jene Astronomen nichts mehr über He die Nationalität der Stifter oder Fortsetzer der Ära gewußt haben, nament lich wenn sie, wie Frerr selbst und offenbar mit Recht annimmt, ent 5 “ weder in Ujjayini oder in Bharukaecha lebten, also in der früheren Hauptstadt der Dynastie oder in einer Stadt, die sicher zu ihrem Ge ; biete gehört hatte? ı Ist aber die Annahme hinfällig, daß man im fünften Jahrhundert 2 den Ursprung der Ksatrapas vergessen hatte, so fällt damit auch die Theorie Frerrs über die Entstehung des Namens der Ära. Aber auch abge“ . sehen davon scheinen mir die beiden von Fırrr angeführten Komposita ! Rapsos, Catalogue, S. CXLIX f. ® Z.B. in Nr. 967 meiner Liste. Lüpers: Die Sakas und die ‘nordarische’ Sprache. 411 doch nicht zu genügen, um zu beweisen, daß die Sakas die Rolle, die sie in den Traditionen der Hindus spielen, im Grunde der Kürze ihres Namens verdanken. Die Stelle der Inschrift Sakayavanapalhava- nisudanasa ist völlig belanglos. Wie Fırrr selbst andeutet, ist die Regel Pan. 2, 2, 34 für mehrgliedrige Komposita gar nicht obligatorisch. Aus dem ersten Varttika zu der Regel geht deutlich hervor, daß man auch Komposita wie mrdangasankhatünarah für korrekt ansah; man half sich mit der Erklärung, daß das ein Kompositum aus mrdanga und San- khatünava sei. Danach hätte der Verfasser der Inschrift ebensogut auch Yaranasakapalhava oder Palhavasakayavana bilden können; in Zeile 1, 2 sagt er z. B. ebenso Hi lamerumadarapavatı arasa, während er, wenn er streng die Panineischen Regeln hätte befolgen wollen, Mer darahi tapavat ärasa hätte sagen müssen‘. Außerdem dürfen wir doch nicht vergessen, daß die Inschrift in Prakrit ist; die Regeln, die die Komposition im Prakrit beherrschen, sind aber viel- fach durchaus nicht dieselben wie für das Sanskrit. Es bleibt also als einzige Stütze für Freers Ansicht das Kompositum Sakayaranam im Mahabhasya zu Pän. 2, 4, 10. In jener Regel lehrt Pänini, daß man Namen von Südras, die nicht ausgeschlossen sind (anirarasita), zu einem neutralen Dvandva komponiere. Der Ausdruck nicht aus- geschlossen’ bereitet Schwierigkeiten. Im Mahäbhasya wird gefragt: "Wovon nicht ausgeschlossen?’. Antwort: “Von Aryävarta nicht aus- geschlossen’. . Frage: “Was ist Aryävarta?”. Antwort: “Östlich von Adarsa, westlich vom Kälakawalde, nördlich vom Himavat, südlich von Päariyätra’. Erwiderung: ‘In dem Falle kommt Kiskindhagandhikam, Sakayıvanam, Sauryakrauncam nicht richtig zustande’. Aus dieser Stelle geht doch mit Sicherheit nur hervor, daß den Indern zu Patanjalis Zeit als fremde Völker, die damals außerhalb Aryävartas lebten, die Sakas und die Yavanas bekannt waren. Da die Regel mit der Stellung der Glieder im Kompositum gar nichts zu tun hat, so hätte Pataöjali, wenn in der Vorstellung der Inder ein anderes Volk mit den Yavanas verbunden gewesen wäre, ruhig den Namen dieses Volkes wählen können. Wenn er gerade Sakayavanam anführt, so kann man daraus doch höchstens noch schließen, daß die Sakas neben den Yavanas schon damals den Indern als die Hauptrepräsentanten fremder Völker galten. , Für die Zugehörigkeit des Castana und seiner Nachfolger zum Sakavolke lassen sich außer den Namen der Ära aber auch noch an- ! Man vergleiche, wie Saka im Kompositum mit andern Volksnamen z. B. in der Brhatsamhitä behandelt ist. Er steht bald voran (13,9; 16,1; 18,6), bald in der Mitte (9, 21), bald am Ende (5,75; 14, 21; 17, 26). 412 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 28. Nov. 1912. dere Tatsachen anführen. Die Puranas kennen unter den fremden Dynastien, die den Andhras folgen, eine Dynastie von 18 oder 16 Sakas. Welche Dynastie soll denn das sein, wenn es nicht die westlichen Ksatrapas waren? Samudragupta nennt in der Allahabad-Inschrift als die Völker, die seine Gunst durch Geschenke zu erlangen suchten, die Daiva- putra-Sahi-Sahanusahis, Sakas, Murundas, die Saimhalas und andere Insel- bewohner. Welche Sakas waren dies, wenn es nicht die westlichen Ksatrapas waren? Samudraguptas Nachfolger, Candragupta I., machte der Herrschaft der Ksatrapas endgültig ein Ende‘. Davon erzählt Bana im Harsacarita (S. 199 f.): “Der König der Sakas wurde, als er in der Stadt des Feindes mit der Frau eines andern Mannes eine Liebschaft angefangen hatte, von Candragupta, der sich als seine Geliebte ver- kleidet hatte, ermordet’. Ob diese romantische Geschichte wahr ist, braucht hier nieht untersucht zu werden. Jedenfalls ist hier wieder von einem Sakafürsten die Rede, der mit höchster Wahrscheinlichkeit mit Rudrasimha III., dem letzten Ksatrapa, identifiziert werden muß. Wenn man Fırers Ausführungen liest, bekommt man fast den Eindruck, als ob es überhaupt keine Sakas im westlichen Indien ge- geben habe. Demgegenüber scheint es mir gut auf ein paar inschrift- liche Zeugnisse hinzuweisen. In der Näsik-Inschrift, Nr. 1135 meiner Liste, wird Usavadäta, der Sohn des Dinika und Schwiegersohn des Nahapana, ausdrücklich als Saka bezeichnet’. Die Näsik-Inschrift Nr. 1137 ist eine Urkunde über die Schenkung der Sakanikä° Visnu- data, der Tochter des Saka Agnivarmman. Die Näsik-Inschriften Nr. 1148 und Nr. 1149 berichten von den Stiftungen des Saka (oder Saka) Dämaeika Vudhika, eines Schreibers, des Sohnes des Visnudata, die Junnar Inschrift Nr. 1162 von der Stiftung des Saka Aduthuma. Daß vom Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. ab Sakas im west- lichen Indien saßen, ist danach zweifellos. Ebenso zweifellos ist, daß Usavadata, der jedenfalls den späteren westlichen Ksatrapas nahe- steht, wenn wir auch verwandtschaftliche Beziehungen zu (astana nicht feststellen können, ein Saka war. Das alles sind gewiß nur se- kundäre Momente, die aber doch geeignet sind, das Ergebnis, das auf Grund anderer Tatsachen gewonnen ist, zu stützen. Es fragt sich nun, ob sich auch über jene Übereinstimmung in dem Gebrauche des ys für z2 hinaus Beziehungen zwischen dem ‘Nor arischen’ und der Sprache der Sakas nachweisen lassen. Man wird die Berechtigung, wenigstens diese Frage zu stellen, nicht bestreiten ! Vgl. Rapson, a.2.0.S. CLff. ändern. ® „anika ist Femininsuffix. ff. 2 Daß vor Saka in der Inschrift eine Lücke ist, kann an der Tatsache nichts e Lüpers: Die Sakas und die ‘'nordarische’ Sprache. 413 wenn man den Charakter der ‘nordarischen’ Sprache bedenkt. Das ‘Nordarische’ ist unzweifelhaft, wie Konow neuerdings nachgewiesen hat', eine iranische Sprache. Aber diese Sprache ist mit unzähligen Lehnwörtern aus dem Indischen durchsetzt. Es sind, wie das bei der Art der vorliegenden Texte begreiflich ist, größtenteils Wörter aus der buddhistischen Terminologie oder Wörter für Dinge, die speziell in- disch sind, wie udzmbara “Feigenbaum’, ksatira ‘Sonnenschirm’, ggättära ‘gotra’ usw. Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Lehnwörtern, die sich kaum in eine dieser beiden Kategorien einordnen lassen, wie z.B. kädäna ‘wegen’ (Sk. krtena oder vielmehr Pr. *kitena, * kidena), ksana ‘Augenblick’, gyada, jada “töricht’, duskara “schwierig’, samaya "Vertrag, salava ‘Rede’ (Sk. samläpa), värana ‘Wunde’ (Sk. vrana), atärana "undankbar’ (Sk. akrtajna) usw. Natürlich können diese Wörter wie etwa die im Deutschen gebrauchten per, Moment, stupid, diffizil, Kontrakt usw. auf rein literarischem Wege eingedrungen sein. Leichter würde sich diese massenhafte Aufnahme indischen Sprachgutes aber doch erklären, wenn wir annehmen dürften, daß das “Nordarisch’ sprechende Volk längere Zeit auf indischem Boden saß. Das aber würde für die Sakas zutreffen. Nun läßt sich weiter zeigen, daß von den vorher erwähnten Saka-Namen wenigstens zwei, Ysamotika und Usavadata Lauteigentümlichkeiten zeigen, die im ‘Nordarischen’ wieder- kehren. Ysamotika läßt sich ohne Schwierigkeiten von dem in ysama- ssanda Erdboden’ belegten ysama ‘Erde’ ableiten. Daß ein *ysamavat, die schwache Form von *ysamavant, zu *ysamaut oder, da au und o auch sonst in der Schreibung beständig wechseln’, *ysamot werden mußte, wird durch das von Koxow a. a. 0. angeführte ksamauttätä ‘Mitleid’, das auf ein *ksamaut aus *ksamavat führt, erwiesen. Das ka am Ende des Namens könnte auf Indisierung beruhen. Der Name des Schwiegersohnes des Nahapäna erscheint in den Inschriften fünf- mal (Nr. 1131 bis 1135 meiner Liste) in der Form Usavadäta; einmal (Nr. 1099) finden wir Usabhadata, zweimal (Nr. 1097 und 1125)’ Usabhadata. Man hat diesen Namen gewöhnlich als Prakritform von Rsabhadatta betrachtet. Damit würde sich Usabhadatu, das defektive Schreibung für Usabhadatta sein kann, ohne weiteres vereinigen lassen. Schon in Usabhadäta macht aber die Länge des @ von däta Schwierig- \ Gött. Gel. Anz. 1912, S. 551 ff. ® Leumann, 2.2.0.8. 43f. 58 Daß der in Nr, 1097 genannte Usabhadata mit dem Fürsten dieses Namens identisch ist, ist allerdings nicht sicher. 414 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 28. Nov. 1912. gang von bh in v angenommen werden müßte, für den sich kein Beleg beibringen läßt. Auch das s stört hier; es fällt schwer, es aus dem Streben nach Sanskritisierung zu erklären, da man nicht einsieht, warum dann nicht der ganze Name zu Rsabhadaift)a sanskritisiert wurde. Berücksichtigt man weiter, daß Usavadäta am häufigsten be- legt ist, so scheint es mir klar, daß dies der eigentliche, und zwar ein niehtindischer Name ist, und daß Usabhadäta, Usabhadata mehr oder weniger fortgeschrittene Prakritisierungen sind. Usavadäta aber läßt sich aus dem ‘Nordarischen’ befriedigend erklären. Die Schwierigkeit, die das v von wsara bereitet, schwindet, wenn wir usara als 'nord- arisches’ Lehnwort aus Sk. rsabha betrachten, da intervokalisches bh im “Nordarischen’ regelrecht durch v vertreten wird, wie avidharma = Sk. abhidharma zeigt. Ebenso ist das s ein im “Nordarischen’ gewöhn- licher Laut. Däta aber ist im ‘Nordarischen’ belegt im Sinne von ‘dharma’. Usaradala würde also einem Sk. Rsabhadharma entsprechen. Dinika, der Name des Vaters des Usavadäta, gehört wahrschein- lich zu av. daena, phl. din. Dies Wort ist im ‘Nordarischen’ allerdings bisher nicht belegt; nach Analogie von ksira ‘Land’ aus ar. "Asailra, hina ‘Heer’ aus ar. *saina müßte es *dina lauten. Für Castana und Dämaysada vermag ich vorläufig keine Erklärung vorzuschlagen, eben- sowenig für Aduthuma'‘. Der letztere Name ist aber trotzdem für unsere Frage von Interesse. Während alle andern Saka-Namen, Ca- stana und Damaı ysada nieht ausgeschlossen, deutlich iranisches Gepräge tragen, würde man Aduthuma wegen des zerebralen d zunächst kaum für iranisch halten, denn zerebrale Verschlußlaute sind, außer in indi- schen Lehnwörtern, den bis dahin bekannten iranischen Sprachen fremd. Das ‘Nordarische’ aber besitzt, obwohl es eine iranische Sprache ist, tat- sächlich zerebrale Verschlußlaute oder wenigstens Verschlußlaute, die den indischen zerebralen Verschlußlauten so ähnlich waren, daß sie durch die Zeichen für diese ausgedrückt werden konnten. Beispiele für d in einheimischen Wörtern bieten bada ‘Zeit’, hada "Tag’ usw. Wenn also Aduthuma Sakisch ist — und da sich der Mann ausdrücklich als i Saka bezeichnet und der Name sicher nicht indisch ist, können wir 8 kaum bezweifeln, — so läßt sich der Schluß, daß das Sakische mit dem Nordarischen identisch ist, kaum abweisen. Die Herrschaft der Sakas war wahrscheinlieh nicht auf das west- liche Indien beschränkt; wir finden auch im Norden, in Mathura und in Taksasilä, Dynastien von Ksatrapas, die sicherlich Iranier und W scheinlich Sakas waren. Das umfangreichste Denkmal dieser soge ' Alle übrigen Namen von Sakas sind indisch. Lüpers: Die Sakas und die ‘nordarische’ Sprache. 415 nannten nördlichen Ksatrapas ist die Kharosthi-Inschrift auf dem von BuasvantAr Inprası entdeckten Löwenkapitäl von Mathurä'. Sie be- richtet von gewissen Schenkungen, die die Hauptgemahlin des maha- ksatrapa® Rajula (Rajula) und vielleicht einige ihrer Verwandten an den buddhistischen Orden machten. Die Inschrift enthält die Formel sarvasa sakastanasa” puyae. In der von Bünter herausgegebenen Arbeit BuasvantaL Inorasıs über die Inschrift‘ ist das übersetzt “in honour of the whole Sakastana’ (S. 540). In der Einleitung wird bemerkt, daß Sakastana für Sakasthana stehe, mit dentalem anstatt des palatalen Zischlauts und Verlust der Aspiration des th (S. 528). Das Wort be- deutet also ‘das Land der Sakas’ (S. 530). Aus dem Umstand, daß die Stiftungen zu Ehren des ganzen Sakastana gemacht wurden, wird geschlossen, daß die Stifter Sakas waren (S. 531). Seitdem sind die in der Inschrift genannten Fürsten und ihre Verwandten von den meisten Historikern als Sakas bezeichnet worden. Es sind, wenn wir von Prinzen, die nicht zur Regierung gekommen zu sein scheinen, absehen, der mahäksatrapa Rajula (Räjula), sein Sohn, der ksatrapa Sudasa’ (Sudäsa), der Sohn der Hauptgemahlin, Kharaosta, der maha- ksatrapa Kusulaa Padika, der ksatrapa Mevaki Miyika, der Aksatrapa Khardaa. Padika ist identisch mit dem Patika der Kupferplatte von Sir-Sukh aus dem Jahre 78°, die als seinen Vater den ksatrapa Liaka Kusuluka nennt. Räjüla erscheint unter der Namensform Räjüvula auch in der Mora-Inschrift, Nr. 14 meiner Liste, sein Sohn unter der Namens- form Sodäsa’ und mit dem Titel mahäksatrapa in zwei Mathura-In- schriften, Nr. 59 und 82 meiner Liste, von denen die erste das Jahres- datum 72 trägt. Von Räjüla, Sodäsa und Kharaosta sind uns auch Münzen erhalten, die zum Teil für die sprachliche Frage, wie wir sehen werden, von Bedeutung sind. Gegen die oben angeführte Erklärung der Worte sarvasa Saka- stanasa puyae hat sich Frerr gewendet. Er erklärte zunächst, JRAS. 1904, S. 703 ff., sakastana als das genaue Äquivalent von Pali saka- !thana, Sk. svakasthana, und übersetzte ‘for the worship of the whole ‘ Zuletzt herausgegeben von F. W. Tuomas, Ep. Ind. IX, S. 135 ff. ch gebrauche diesen und andere Titel in der im Sanskrit gebräuchlichen Form zus Rücksicht auf die Schreibungen, die in den Inschriften erscheinen. Tuonmas schreibt sakrastanasa. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß das ER kra nur eine Abart des gewöhnlichen ka ist, und ich ziehe es vor, um Mißverständnisse zu ver meiden, es durch Aa wiederzugeben. * JRAS. 1894, S. 325 ff. ° Einmal auch Sudisa. s ss Ind. IV, S. 54 ff. In Nr. 82 Somdasa, das wahrscheinlich nur andere Schreibung für Sodasa ist; vgl. 8 422, Anm. 5. Al6 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 28. Nov. 1912. of (his, her, or their) own home’, “in honour of his, her, or their whole household’. JRAS. 1905, S. ı54f. ersetzte FLerr diese Deutung durch eine andere, nachdem Hurrzsch die Vermutung geäußert hatte, daß sarvasa eher der Genitiv eines Eigennamens sei. Er übersetzte nun, mit Ergänzung von danam, “(a gift) of Sarva, in honour of his home‘. Ausführlich hat endlich Barrn, Academie des Inseriptions et Belles- Lettres, Comptes rendus 1907, S. 384 ff., die Inschrift behandelt. Er nimmt die Vermutung von Hurrzscn an, aber Sakastanasa steht nach ihm für Säkastänasa, und er übersetzt (S. 393): ‘de Sava', natif du Sakastana; pour rendre hommage’. Tomas ist in seiner Neuausgabe der Inschrift zu der ursprünglichen Auffassung von Bna@vAnLaL INDRAII- Bünter zurückgekehrt und übersetzt ‘for the honour of all Sakastana‘. Meines Erachtens hätte sie nie aufgegeben werden sollen. FLEETS Erklärung von sakastana ist, wie schon Barrk hervorgehoben hat, ein- fach unmöglich, weil sthäna niemals, weder im Sanskrit noch im Prakrit, ‘Haus’ im Sinne von Familie bedeuten kann, wie das hier der Fall sein müßte. Auch lautlich ist die Zurückführung von stana auf sthana’, wenn nicht unmöglich, doch im höchsten Grade unwahrscheinlich, da in dem Dialekt der Inschrift sonst st zu th, sth zu ih wird; siehe thuca, pratithavito, kanitha. Wenn in Sarvastivatana, Sarvastivatasa (das st bleibt, so hat das seinen guten Grund. Wir wissen jetzt, daß die Sarvästivädins das Sanskrit als kanonische Sprache benutzten. Sie werden sich daher selbst sicherlich als Sarvästivädins oder Särvastivadas bezeichnet haben, und daher wurde diese letztere Form unverändert in den Dialekt übernommen. Sakastana ist also überhaupt kein in- disches Wort, sondern die iranische Form des Namens des Landes, die bei Isınor von CuAarax als Cakactanf erscheint. Für ebenso unmöglich halte ich es auch, daß hier von der Gabe eines Sarva die Rede sein kann. Das Wort danam kann in Weih- inschriften fortgelassen werden‘, aber selbstverständlich doch nur dann, wenn der Gegenstand, der die Inschrift trägt, selbst das Objekt der Stiftung ist. Niemand wird aber behaupten wollen, daß das Löwen- ! Die Lesung sarvasa kann jetzt als sicher gelten. ?2 Ich wüßte nicht einmal einen Fall, wo sthana oder thana deutlich auch nur ‘Haus’ im eigentlichen Sinne bedeutete, Es ist ganz charakteristisch, daß die Phrase sakatthanam gam nur von Tieren oder Göttern oder Personen gebraucht wird, die kein eigentliches Haus besitzen: so z.B. an den von Frrrr aus den Jätakas angeführten Stellen von Vögeln (4, 342, 2), Sakka (6, 32, 19), der Göttin Manimekhalä (6, 37» 19), Vissakamma (6, 21,7; 73, 4f.), Närada (6, 58, 28), dem zapasa Migäjina (6, 61, 20). : ® Ich bemerke das ausdrücklich im Hinblick auf das von Barrn angeführte Säakyasthäna, auf das im übrigen nicht eingegangen zu werden braucht. * Beispiele bieten z. B. die Sänci-Inschriften. Barrk läßt den zu ergänze Ausdruck unbestimmt; ich wüßte aber beim besten Willen nicht, welches Wort außer danam in Betracht kommen könnte. e Ne nden Löüpers: Die Sakas und die ‘nordarische’ Sprache. 417 kapitäl die Gabe des Sarva sei. Zweitens kommt die Verbindung eines Wortes im Genitiv mit puyae in den nördlichen Inschriften oft genug vor; ich wüßte aber nicht, daß der Genitiv in dieser Verbindung jemals etwas anderes wäre als der von puyae abhängige objektive Genitiv. Das Wort puyae verlangt geradezu die Angabe des Gegenstandes oder der Person, die verehrt werden soll; sie kann nicht fehlen, wie das bei der Auffassung Barrus der Fall sein würde'. Zu diesen for- malen Gründen kommen sachliche hinzu. Fıerr verbreitet sich nicht über die Frage, wer denn dieser Sarva eigentlich sein soll; Barra hat eine Antwort zu geben versucht. Er ist der Ansicht, daß ein Teil der Inschriften, die den Stein bedecken, erst in späterer Zeit, als das Kapitäl durch ein Erdbeben oder eine andre Ursache zu Boden gestürzt war, von verschiedenen Leuten und bei verschiedenen Ge- legenheiten eingegraben sei. Einer dieser Leute soll Sarva gewesen sein. Barra läßt ihn entweder einen Söldnerführer im Dienste eines indischen Fürsten sein oder einen Kaufmann, der Pferde und Kamele über den Khaiber einzuführen pflegte oder sich vielleicht in Mathurä niedergelassen hatte, oder schließlich einen einfachen buddhistischen Pilger. Man wird es dem verehrten Verfasser, der so oft sein be- sonnenes Urteil in ähnlichen Fragen bewiesen hat, nicht verübeln, wenn er hier auch einmal einen Flug ins Land der Phantasie wagt. Wir haben nicht den geringsten Anhaltspunkt für die Annahme, daß der Stein schon in alter Zeit am Boden lag und von gelegentlichen Besuchern zur Verewigung ihrer Namen benutzt wurde. Wenn das der Fall gewesen wäre, müßten sich auch Inschriften in Brähmi auf dem Steine finden, denn die in Mathurä gebräuchliche Schrift war die Brähmi, und die Löweninschrift ist bis jetzt die einzige Mathura- Inschrift in Kharosthi, die eben dadurch verrät, daß sie von land- fremden Leuten herrührt. Wenigstens aber müßte man dann doch erwarten, daß sich jene angeblich späteren Inschriften von der ur- sprünglichen dureh die Schriftzüge unterschieden. Das ist nicht der Fall. Die Schrift ist vielmehr durchaus gleichförmig, und das schließt, wie Tnuomas mit Recht bemerkt, die Annahme von späteren Zusätzen irgendwelcher Art aus. Die Größe der einzelnen Buchstaben variiert allerdings, aber das ist bei Kharosthi-Inschriften gewöhnlich; ich brauche nur an die Zeda-Inschrift zu erinnern, deren erste Zeichen 8 cm hoch sind, während die letzten nur 3 em messen. Auch die Anordnung der Zeilen ist ganz unregelmäßig; die Schriftzüge gehen, zum Teil kreuz und quer, über den Mittelblock, die beiden Löwen- ! Ich kenne keinen Fall, wo püjayai oder das Prakritwort dafür allein gebraucht wäre, und ich glaube ‘versichern zu können, daß jedenfalls in den älteren Inschriften kein Fall dieser Art vorkommt. 418 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 28. Nov. 1912. leiber und sogar die Unterseite. Allein auch diese Unordnung istbi Inschriften, die sich auf fromme Stiftungen beziehen, wie zahlreiche Beispiele beweisen, nichts Ungewöhnliches'. ‘Ce sont la @uvres pies, qui comportent bien une certaine publieite, mais une publieite B) l’adresse, surtout, de l’autre monde’, bemerkt Barrk treffend. Es ist daher meines Erachtens ein Grundfehler, zu glauben, daß auf dem Löwenkapitäl ungefähr zwanzig verschiedene Inschriften ständen. Das Kapitäl enthält nur eine einzige Inschrift, die Urkunde über die Schen- kung der Gemahlin des Räjüla und damit in Zusammenhang stehende Schenkungen ihrer Verwandten, wenn es auch bei der Verworrenheit nn der Anordnung trotz der vortrefflichen Reproduktionen in der Ep. Ind, = schwer, ja fast unmöglich ist, sich über die Reihenfolge der Zeilen ein Urteil zu bilden. Alle Interpretationen, die etwas anderes in der Inschrift sehen, halte ich für verfelilt”. ! Ich habe zu zeigen versucht, daß auch für die Interpretation der Inschriften = von Mänikiäla und Bhattiprolu diese Tatsache von Wichtigkeit ist; JRAS. 1909, S. 660; RN oben 1912, S. 813. Andere Beispiele bei Barrn, a. a. O. S. 387. | 2 Das gilt vor allem von der Interpretation, die Bünter von I gab: “The army has started in haste, the army is intent on wealth.” Schon Tomas hat das abgelehnt. Es e scheint, daß M, I und J einen Satz bilden: chatrave Sudise imo padhraviprateso veyaam dinam (dirna?) kadhavaro busaparo kadhavaro viya aviyarvafl?) ... +. ++: ‚paliste(?)na nisimo karita niyatito Sarvastivatana parigrahe. imo padhraviprateso ist doch unzweifelhaft das Stück Land, von dem in A die Rede ist (ise pradhravipratese), der nisimo der ebenfalls in A erwähnte nisima, der auf diesem Stück Land stand. Diese beiden gehörten nicht zu den Gaben der Stifterin, die vielmehr nach A nur die Reliquien in dem nisima deponierte und einen stzpa und einen sangharama schenkte. Wenn sie hier nochmals N erwähnt werden, so kann es sich nur um genauere Angaben über ihre Schenkung handeln. Und das ist für den nisima sicher, wenn auch die Zeile J ı fast zerstört ist. Die Angabe über die Stiftung des nisima beginnt mit aviya, das einem Sk. api ca "und ferner’ entspricht. Das c des enklitischen ca ist y geworden, wie in ayariasa = acaryasyı Dasselbe aviya findet sich am Anfang der genaueren Bestimmungen in der Inschrift der Urne von Wardak, wo Pargiter es fälschlich zu ariya verändert (JRAS. ıgn S. 1062). Wenn in dem Vorhergehenden von der Schenkung des Landes die Rede ist, so müssen wir ein Wort für ‘gegeben’ haben, das nur dinam sein kann. Mit diesem dinam ist offenbar chatrave Sudise zu verbinden, in dem ich ebenso wie in B einen Instrumental, und zwar des Pluralis majestatis sehe. Es bleibt veyaam ... - - kadhavanm busaparo kadhavaro viya. viya kann wiederum nur Sk. api ca sein, mit Verlust des anlautenden a nach Vokal. Es ist also von zwei Aadhavaras die Rede, von denen das eine veyaam, das andere dusaparo ist. Ich kann darin nur nähere Bestimmungen zu imo padhraviprateso erkennen. kadhavara kann kaum Sk. skandhaväara sein, das doch als khadhavara erscheinen müßte, sondern enthält wahrscheinlich im ersten Gliede das Wort kantha, das im “Nordarischen’ in der Bedeutung “Stadt” vorkommt, aber gemell” arisch ist, denn Pänini (2. 4. 20; 4. 2. 142; 6. 2. 124; 125) kennt das Wort am Ende von Ortsnamen, wo es zum Teil zu kantha, n. geworden ist. Genau in derse Lüpers: Die Sakas und die ‘nordarische’ Sprache. 419 Auch die Worte sarrasa Sakastanasa puyae können nur ein Teil der Schenkungsurkunde sein, und sie lassen sich nur dahin verstehen, daß die Schenkung erfolgte ‘zu Ehren des ganzen Sakastana‘. Dann aber dürfen wir daraus, meine ich, auch den Schluß ziehen, daß die Stifterin und ihre Verwandten, die ihren Namen nach unzweifelhaft Iranier waren, sich als Angehörige von Sakastana betrachteten oder, mit andern Worten, Sakas waren. Für den mahäksatrapa Kusulaa Pa- dika und den ksatrapa Mevaki Miyika, von denen nur gesagt wird, daß die Schenkung zu ihren Ehren (puyar) erfolgt sei, und für den ksatrapa Khardaa, dessen Verhältnis zu der Schenkung vorläufig über- haupt unklar ist, ist dieser Schluß allerdings nicht zwingend. Am nächsten liegt es aber doch, daß auch diese Personen, die jedenfalls in nächster Beziehung zu der Familie der Stifterin standen, Sakas waren. Die Namen dieser Sakas sind von Tnomas, JRAS. 1906, S. 208 ff. und Ep. Ind. IX, S. ı39 f. besprochen worden. Er sieht sie teils als ‘iranisch’, teils als ‘skythisch’ an. Die meisten sind natürlich, da es sich um eine Inschrift in einem Prakritdialekte handelt, in indi- scher Weise flektiert. Von männlichen Namen findet sich der Genitiv auf -asa in Rajulasa, Kharaostasa, Khardaasa, Kusulaasa Padikasa, (Merva- kisa) Miyikasa. Ein Instrumental muß dem Zusammenhange nach in Hayuarana und, wie schon bemerkt, in Sudase, Sudise vorliegen. Der Nominativ geht auf -o aus in Nailludo, Kharaosto, Khalalamuso, auf -a in Khalamasa und Maja. Daneben findet sich aber auch ein Nomi- nativ auf i in Kaluw. Neben Kalui steht Kamuio. Es kann kaum zweifelhaft sein, daß das ein prakritisiertes Kamui ist. Auch der schon aufgeführte Genitiv Mevakisa, nach prakritischer Weise gebildet wie Eigennamen sein. Die Stelle wäre also eıwa zu übersetzen: “Von dem Ayatrapa Sudisa mit Wasser‘, d. h. unter Ausgießung von Wasser, beziehen. Was sonst noch zu ‚! Die zweite Inschrift aus dem nördlichen Indien, in der man eine Erwähnung der Sakas zu finden geglaubt hat (Büuzer, Ep. Ind. I, 396; V. Sarrm, ZDMG. LAI, S. 404 ff), Nr. 94 meiner Liste, enthält diesen Namen nicht. Die Lösung der Schwierigkeit liegt allerdings ganz wo anders, als wo Fıeer, JRAS. 1905, S. 635 ff. sie sucht, wie ich an anderm Orte zu zeigen gedenke. 420 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 28. Nov. 1912. Sakamunisa (= Sakyamuneh), läßt auf einen Nominativ Mevaki schließen, der mit Kalui, Kamui auf einer Stufe steht!. Mevaki ist aber sicher- lich ursprünglich ein a-Stamm, und so darf man wohl daran erinnern, daß auch das ‘Nordarische’ von a-Stämmen einen Nominativ auf ä oder i bildet”. Auch die Beurteilung der einzelnen Namensformen leidet unter dem Umstande, daß die Namen zum Teil prakritisiert sind oder wenig- stens sein können. Wenn das kha von KÄharaosta, wie THomas an- nimmt, durch Prakritisierung aus ksa entstanden ist’, würde der erste Bestandteil des Namens genau zum ‘Nordarischen’ stimmen, in dem arisch *ksatra, nach Analogie von ksira aus *ksaitra, püra aus "putra, *«sara lauten mußte. Auch der Name Sodasa (Sudasa, Sudisa) scheint sich durch die konstante Schreibung mit zerebralem da zum “Nordari- schen’ zu stellen. Die Mutter der Stifterin heißt Abwhola. 'Tmomas bemerkt (Ep. Ind. IX, S. 140), daß Abuhola zweifellos aus zwei Gliedern bestehe, abo, das in ’Asoyaitsc wiederkehrt, und Aöla, einer Variante von höra, das in Spalahora, dem Namen des Bruders des Vonones, er- scheint‘. Tomas hat dieses hora weiter mit einem andern Worte zusammengebracht, das in der Löweninschrift selbst erscheint. Die Fürstin machte die Schenkung zusammen mit einer Anzahl von Ver- wandten und atra(teJürena horakaparivarena “mit dem Harem und der Begleitung von horakas’. Horaka ist kein indisches Wort. Tmomas meint, da ahura im Sinne von ‘Prinz’ gebraucht werde und da sich die Form hora in dem gewöhnlichen (sassanidischen) Namen Hormisdas finde, so liege kein Grund vor, zu bezweifeln, daß dies die Bedeutung des zweiten Teiles des Namens Abzhöla sei und daß ihr hörakäpari- vära ihr “Gefolge von Prinzessinnen (oder Damen)’ sei. Ich habe schon JRAS. 1909, S. 650f. bemerkt, daß es wenig wahrscheinlich sei, daß die Prinzessinnen neben oder vielmehr hinter dem antahpura er wähnt würden, und daß horaka vielmehr die Kurzform eines hora- ! Andere Formen, wie Ayasia(o?) Komusaa, von Tuomas als Genitiv zu AR = Komüsa gefaßt, Ayimisa, müssen als zu unsicher beiseite bleiben. 2 LEUMANN, 2.2.0.8. 126. 5 3 Tuomas verweist Ep. Ind. IX, 139 auf den ksatrapa-Namen Kharapallana in daB” Särnäth-Inschriften (Nr. 925 und 926 meiner Liste) und die verschiedenen Former für den Namen des Stammes des Nahapäna: Kgaharata, Chaharata, Khakharäta, Khalı a räta. Ich bezweifle, daß das Strichelchen, das an dem r von Kharaostasa in A4 ge ee scheint (in Eı vermag ich es nicht zu erkennen), die Bedeutung Ah hat, wie Tue 5 anzunehmen geneigt ist. Auf den Münzen lautet der Name sicher K’haraosta. * JRAS. 1906, S. 209 hat Tmomas Spalahora als “Ahura zum Schilde habend’ erklärt; man sollte aber doch in einem solehen Kompositum den Namen des Gottes an erster Stelle erwarten. Jusrı, Iranisches Namenbuch, S. 496, läßt hora. unerklärt- Löpers: Die Sakas und die ‘nordarische’ Sprache. 421 murta sei, das in der Mänikiala-Inschrift' vorkommt und hier dem Zusammenhange nach einen Beamten bezeichnen muß, der etwas mit dem buddhistischen Kultus zu tun hat. Dieser Terminus findet nun seine Erklärung vielleicht in einem ‘nordarischen’ Wort. Lerumans hat (a. a. 0.S.6) in höchst scharfsinniger Weise erkannt, daß hora (auch Aaura geschrieben; Nom. hori) im “Nordarischen’ der Vertreter von Sk. dana, ‘Gabe, Freigebigkeit’ ist. Steckt dieses hora in dem horamurta und horaka der Inschriften, so ist zu erwarten, daß der Titel einem indischen Titel mit däna im ersten Gliede entspricht. Das scheint in der Tat der Fall zu sein. In der Mänikiala-Inschrift wird der General Lala, der den Stupa errichtet, der horamurta in dem vihara des ksatrapa Veesi genannt’; in der Kupferplatte von Sir- Sukh erhält Patika, der Sohn des ksatrapa Liaka Kusuluka, der eine Buddhareliquie deponiert und ein Kloster stiftet, den Titel mahadana- pati®. In der Löweninschrift müssen die horakas ähnliche hochgestellte Personen sein, die dem buddhistischen Orden gegenüber die Stellung von ‘Gabenherren’ einnehmen, und offenbar haben wir in den Namen in C—E' Kalui, Naüludo, Kharaosto, Khalamasa, Maja, Kamuio, deren Aufzählung doch einen Zweck haben muß, die Liste dieser hora- s, die an der Zeremonie der Deponierung der Buddhareliquien teil- nahmen‘. Auch am Ende der Personennamen dürfte ein Wort wie “Gabe? nicht ungeeignet erscheinen, wenn man bedenkt, daß von den westlichen Ksatrapas, die Sanskritnamen angenommen haben, unge- fähr ein Drittel Namen auf daman tragen, das kaum etwas anderes als "Gabe’ bedeuten kann’. Nun ist das Wort hora, das Lrumann zu I Diese Inschrift enthält noch ein anderes Wort, dessen Lautform mit dem “Nordarischen’ übereinstimmt, savaehi, Instr. Plur. von sävaa — nordar. ssava aus ssavaa (Leumann, a.a.O.S.49). Da aber anlautendes sr auch sonst in dem Dialekt des nordwestlichen Indiens zu s wird, so ist es wahrscheinlicher, daß die ‘Nordarier’ die Form ssava und analoge Formen, wie ssamana, ssadda, eben diesem Dialekt ent- lehnten, als daß in der Inschrift das Wort im ‘nordarischen’ Gewande erscheinen sollte. Die Inschrift enthält ferner zwei Fremdnamen auf i, die sich den vorher be- sprochenen zur Seite stellen, den eines Satrapen, Veesi, und den einer Person, deren Stand nicht angegeben ist, K’hujaci. Beide sind in indischer Weise flektiert: Instr. eesiena, Khujaciena, Gen. Veesisa. ” JRAS. 1910, S. 666. ® Ep. Ind. IV, S. 56. * Man könnte auf die Vermutung kommen, daß Ahoraka nicht die Kurzform von horamurta, sondern von horapäathaka “Astrolog’ sei, das Mahävastu III, 178 belegt ist. Allein dagegen spricht, daß Astrologen in keiner andern buddhistischen Inschrift als Teilnehmer an den Stiftungszeremonien erwähnt werden und daß die oben erwähnte Liste von Personennamen dann unerklärt bleiben würde. ° Es sind Jayadäman, Rudradäman, Satyadäman, Jivadäman, Samghadäman, Viradäman, Yasodäman, Bhartrdäman. Bei der Wahl gerade von däman anstatt des gewöhnlichen datta oder dinna hat vielleicht die Rücksicht auf ein einheimisches Sitzungsberichte 1913. 39 422 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 28. Nov. 1912. ved. sabar und saparyati stellt, soviel ich. weiß, auf das “Nordarische‘ beschränkt. Sollte es daher in Zukunft gelingen, den zweiten Be- standteil von Ahoramurta im ‘Nordarischen’ in der Bedeutung ‘Herr’ nachzuweisen, so könnten nicht nur die obigen Erklärungen, sondern auch die Identität des Nordarischen mit der Sprache jener Fremd- herrscher als gesichert gelten; in den bisher veröffentlichten Text- stücken habe ich das Wort nicht gefunden. Wir dürfen aber die Möglichkeit nieht aus den Augen verlieren, daß Ahoramurta nur eine ungenaue Wiedergabe des fremdsprachlichen Wortes ist und daß uns dasselbe Wort in anderer Schreibung in drei Brähmi-Inschriften aus Mathurä vorliegt, die R. D. BanpvorAnnyava zuletzt herausgegeben hat!. Die Inschriften sind leider sehr nachlässig geschrieben und, nach den Abklatschen zu urteilen, die ich der Freund- lichkeit des Herausgebers verdanke, stellenweise stark verwittert. Am “= deutlichsten ist das Wort, auf das es hier ankommt, in Nr. 127. Ich 2 lese: danam visvasikasya Vakamihirasya sah@ putrena horamurndagena’. | In Nr. 141 lautet das dritte Wort Veagamihirasya°, das letzte wahrschein lich horamurdvagena. Das übergeschriebene r ist nicht ganz deutlich, aber doch wahrscheinlich, und am unteren Ende des vierten aksara ist ein Strich sichtbar, der dem va das Aussehen eines kha gibt‘. Daß aber nur ein va gemeint sein kann, zeigt die dritte Inschrift Nr. 128, wo wenig stens das va außer allem Zweifel ist. Hier sind die beiden Wörter Vakamihirasya und wahrscheinlich horamurnadvagena zu lesen; das über- geschriebene r ist unsicher, aber möglich. Schon das’Schwanken in der Schreibung des letzten Wortes verrät, daß es sich hier um ein Fremd- wort handelt, und eine der vorkommenden Verschiedenheiten findet sich gerade auf dem Gebiete des “Nordarischen’ wieder. In den von Hoerste publizierten Siddhamätrkäs und ebenso in der Usnisavija yadhärani aus der Sreiısschen Sammlung’ steht regelmäßig nd an der Stelle, wo wir d erwarten sollten, während in den ‘nordarischen Texten stets d geschrieben zu werden scheint®. So würde sich auch RT le An däma mitgespielt, wie es offenbar in Dämaysada, Spalagadama vorliegt (vgl. Rarson a.a. 0. S. CV), es scheint mir aber unmöglich, jene Namen als Komposita eines I dischen und eines nichtindischen Wortes zu betrachten. . ! Journ. Proc. Beng. As. Soc. N. S. Vol. V. S. 242 f., Nr. 8-10 — Nr. 127 = und ı41 meiner Liste. nn ?2 Den Segenswunsch, der in allen drei Inschriften folgt, lasse ich hier for. ® Das v wird auch in dem Segenswunsche in den Sanskritwörtern devva- UN bhavvatu doppelt geschrieben. * Daher las BanpvorApnyAva Horamudkhatena. ee 5 JRAS. ıgır, S.460ff. Ich verdanke den Hinweis auf diese Schreibung® nn Herrn Prof. Koxow. Wahrscheinlich erklärt sich so auch die Schreibung Somdas@ er ndasa) in der Mathurä-Inschrift Nr. 82 meiner Liste. + 6 Ebenda S. 467. Lüners: Die Sakas und die 'nordarische’ Sprache. 423 hier horamurndagena neben horamurdvagena erklären. Die Schreibung horamurnadvagena kann kaum etwas anderes sein als ein ungeschickter Versuch, die schwierige und im Sanskrit nicht vorkommende Ver- bindung rndva auszudrücken. Was das va betrifft, so läßt sich, so- lange die Etymologie des Wortes nicht feststeht, nur sagen, dass ge- rade diese v-Diphthonge im “Nordarischen’ überaus häufig sind‘. Ho- ramurndvaga kann natürlich der Name des Sohnes des Vagamihira sein; in dem Falle wäre es wohl auf Ahura Mazda zurückzuführen. Ebenso- gut kann man aber auch übersetzen: ‘die Gabe des visvagika” Vaga- mihira samt seinem Sohne, dem horamurndvaga’ und, da es sich zweifel- los um eine buddhistische Stiftungsurkunde handelt, horamurndvaga dem horamurta und horaka der andern Inschriften gleichstellen. Auch der Gebrauch des fremden Wortes wäre hier durchaus begreiflich, da der Stifter ja schon durch seinen Namen als Iranier gekennzeichnet ist*. Für die Bestimmung der Nationalität der nördlichen Ksatrapas kommt, wie schon bemerkt, noch ein Zeugnis in Betracht, das man bisher, soviel ich weiß, für diese Frage unbenutzt gelassen hat, die Legenden ihrer Münzen. Die Gemahlin des Räjula nennt sich in der Löweninschrift die Mutter des Kharaosta. Von diesem Kharaosta be- sitzen wir Münzen, die zuletzt Rarsox ausführlich behandelt hat‘. Die Vorderseite zeigt das Bild des Satrapen zu Pferde und eine In- schrift in griechischen Buchstaben: XAPAHWLTEI LATPATIEI APTA YDY. Die Rückseite trägt das Bild eines Löwen und die Inschrift in Kha- rosthi-Schrift: chatrapasa pra Kharaostasa Artasa putrasa; eine Münze liest Ortasa statt Artasa. Die Kharosthi-Legende ist völlig klar bis auf das pra, dessen Bedeutung bisher nicht festgestellt ist. Ich möchte ! Levumann, a..a.0. S. goff. ? Visvasika (visvasika in Nr. 128) scheint ein Hofamt zu bezeichnen; Divyäv. 188 wird von einem Brahmanen erzählt: sa rajna Prasenajita Kausalena hastimadhyasyopari visvasikah (MSS. visväsikah; visvasikah) sthapitah. ® Speziell “nordarisch’ ist der Name aber nicht, da wir nach Analogie von ksira usw. -mira anstatt -mihira erwarten müßten. Anderseits ist aber auch gerade bei einem Worte wie mihira die Entlehnung aus einem Dialekte in den andern leicht begreiflich. N * JRAS. 1905, S. 792 ff. Die Bedenken Bürrers gegen die Identifizierung des Kharaosta der Inschrift mit dem Kharaosta der Münzen sind von Rarson besprochen worden. Der erste Grund, den Büszer anführt, die Verschiedenheit der Namensform, ist durch Rarsons Lesung und die nachher erwähnte Entdeckung Frerrs hinfällig ge- worden. Auch die zweite Schwierigkeit ist, wie mir scheint, schon durch Rarson gelöst worden. Es ist allerdings kaum daran zu zweifeln, daß die Stifterin in der In- schrift die erste Gemahlin des mahäksatrapa Räjüla und die Mutter des yuvaraja Khara- 0sta genannt wird, während sich Kharaosta auf den Münzen als der Sohn des Arta oder Orta bezeichnet. Aus den Worten der Inschrift geht aber, wie Rarson hervor- gehoben hat, keineswegs hervor, daß Kharaosta der Sohn des Räjula war; er kann sehr wohl der Sohn der Nadasi Akasa aus einer früheren Ehe sein. 39* 424 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 28. Nov. 1912. es als Abkürzung von pratima (= pratimä) erklären: ‘das Bild des chatrapa Kharaosta, des Sohnes des Arta (oder Orta). Daß, streng genommen, diese Legende nur für die Vorderseite paßt, scheint mir nichts auszumachen, da die Kharosthi-Legende offenbar als Über- setzung der griechischen Legende gedacht ist: In der letzteren las noch Rarsox den fünften Buchstaben als M; daß es ein H mit dem Lautwerte A ist, hat Frrrr erkannt!. APTA YOY muß dem Artasa pu- irasa der Kharosthi-Legende entsprechen. Die Form voc für Yıöc ist in Griechenland seit dem vierten Jahrhundert bezeugt” und kommt, wie Rarson zeigt, auch auf einer parthischen Münze des Gotarzes (AD. 40—51) vor. APTA scheint eine unflektierte Form zu sein. Es ist sicherlich die Kurzform eines der vielen mit Arta- gebildeten iranischen Personennamen. Es bleibt der merkwürdige Ausgang der beiden ersten Formen auf Ei, der bisher unerklärt geblieben ist. Es kann wohl nicht zweifelhaft sein, daß Eı in dieser Zeit den 7-Laut bezeichnet; die Formen, um die es sich handelt, sind also Kharaosti satrapt. Der Genitiv YoY und die Tatsache, daß in der Kharosthi-Legende die beiden entsprechenden Worte im Genitiv stehen, machen es unzweifel- haft, daß diese Formen auf -7 Genitive Singularis sind. Im ‘Nord- arischen’ lautet der Genitiv von a-Stämmen auf ä, (aus. Die Formen der Münzlegenden stehen also den ‘nordarischen’ Formen nahe, aber sie decken sich nicht völlig mit ihnen. Da die nordarischen Texte so, wie sie uns vorliegen, sicherlich viel jünger sind als die Münz- legenden, so ist natürlich die Annahme nicht ausgeschlossen, daß der Vokal im ‘Nordarischen’ später verkürzt worden ist. Die Endung 4 kann aber natürlich auch aus einem andern iranischen Dialekt stammen; im Soghdischen z. B. liegt der Genitiv Singularis auf - ja tatsäch lich vor. Eine Bestätigung dieses Ergebnisses liefert die Legende der Münzen N des Räjüla oder Räjüvula, des Stiefvaters des Kharaosta. Auf den : Münzen, die griechische und indische Legenden tragen, lautet die = griechische nach der gewöhnlichen Lesung BACINEI BACINEWC mn THPOC PAIY°, die indische in Kharosthi-Charakteren apratihatacakrasa chatrapasa Rajuvulasa oder chatrapasa apratihatacakrasa Rajuvulasa. Auf fallend ist hier der Widerspruch, der zwischen den Titeln der beiden Legenden besteht: dem einfachen ‘Satrapen’ steht anscheinend ein ! JRAS. 1907, S. 1029; 1041 ff. ” Brass, Aussprache des Griechischen’, S. 50. . ® Rarson, Indian Coins, $ 33; Prare Il, No. 5; Freer, JRAS. 1907, S. 1020 Für PATY erscheinen angeblich allerlei Varianten, die Freer zusammengestellt ha Sie scheinen mir recht unsicher zu sein. Lüpers: Die Sakas und die ‘nordarische’ Sprache. 425 ‘König der Könige’ gegenüber'. Noch auffallender ist die Form BACIAEI, die natürlich kein Griechisch ist, aber auch nicht Genitiv Pluralis mit iranischer Endung sein kann. Die Lösung dieser Schwierig- keiten hat, wie ich glaube, AnpreAs gefunden, der vorschlägt, BACınewc CWTHPOC PAIY BACIAEI zu lesen. Rajuvula hat unzweifelhaft die Münzen Stratos II. nachgeahmt. Er hat daher unverändert auch die Titel übernommen, die in Stratos Münzlegende erscheinen: BACIınEenc CNTHPOC CTPATRNOC YIOY CTPATNRNOC? PAIY BACIAEI macht fast den Eindruck, als ob es eine halb gräzisierte Wiedergabe von Räjüvula sein sollte.e Die gewöhnliche Annahme, daß PAIY Abkürzung des Namens sei, weil für den vollen Namen der Raum nicht ausreichte, ist im Grunde recht unwahrscheinlich. Wenn man aus Raummangel etwas abkürzen mußte, so hätte man doch wohl eher die Titel als gerade den Namen gekürzt. Wie dem aber auch sein mag, BAcıNEIı ist jedenfalls wieder ein Genitiv Singularis von sacıneyc, das hier als iranisches Lehnwort und daher mit iranischer Flexionsendung erscheint’. Gegen die Identifizierung des “Nordarischen’ mit dem Sakischen scheint nun aber eine gewichtige Tatsache zu sprechen. Der Name des Kaniska erscheint in den griechischen Münzlegenden bald im Ge- nitiv als KANHPKOY, bald im Nominativ als KANhPKI, der des Huviska, wie es scheint, stets im Nominativ als OOhPkKI, OOhPKE, OOHPKO“. In einigen Inschriften von Mathurä, Isapur und Sänei, Nr. 21, 69a, 72, 149a, 161 meiner Liste, werden Kaniska, Vasiska und Vasudeva mit dem Titel s@hi bezeichnet. Das Wort steht stets unmittelbar vor dem Namen und außer in 72 hinter devaputra. In 21, 69a, 161 ist es unflektiert; in 72 erhält es die Sanskrit Nominativendung, obwohl der Name im Genitiv steht (sahir= Voasudevasya); in 149a erscheint es im Genitiv, flektiert wie ein Sk. i-Stamm (säher=Vvasiskasya). Auf den Münzen führen Kaniska, Huviska und Väsudeva ferner den Titel PAONANO pao. In der Inschrift des Samudragupta zu Allahabad er- ' Die zweite Klasse von Münzen dieses Herrschers zeigt die Brähmilegende mahäkhatapasa Räjuvulasa (Free, a. a. O. 8.1026); ein Titel wie r@jatiraja ist aber für Räjüvula nicht bezeugt. ” Rapson, a.a.0. Prare II, No. 4. * Anpreas schreibt mir: "Zu der Bezeichnung der Endung des mitteliranischen Casus obliquus durch eı liefert die Liste der kappadokischen Monatsnamen (LAsArpe, Ges. Abh. S. 259ff.) ein sehr schönes Seitenstück. Der Name des vierten Monats lautet dort Teıpei, das ein mitteliranisches T?r# (oder Tir?) wiedergibt; man vergleiche amit armen. Trö, den Namen des vierten armenischen Monats, aus T’rz, und xväräz- misch dire oder ei (Berünt, Chronol. S.47, $2>, S. 48 die Hds. S >, l. >) = Tir. Die Monats- und Tagnamen erscheinen im Iranischen im Genitiv, da mah und raucah zu ergänzen sind; vgl. das Siröze in Gripxers Avesta-Ausgabe II, 260 ff.’ * Andere Varianten, die für unsere Frage keine Rolle spielen, übergehe ich. 426 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 28. Nov. 1912. klärt der König, daß er geehrt werde Daivaputrasahisaha sähi-Saka Murundaih. Daiputrasähi geht sicherlich auf die Kusanas, die allein den Titel devaputra, und zwar, wie wir sahen, in Verbindung mit sahi führten; die eben erwähnte Münzlegende macht es wahrscheinlich, daß der ganze Ausdruck dairaputrasahisähäanusähi auf sie zu beziehen ist. Wir haben also in den Inschriften und Münzlegenden der Kusanas einen Nominativ Sing. auf i, einen Genitiv Plur. auf nu‘. Das sind genau die Endungen, die wir im ‘Nordarischen’ bei a-Stämmen in den betreffenden Formen finden. Es ist das Verdienst A. vow Srarı-Hor- STEINS, zuerst auf diese Tatsache hingewiesen zu haben’. Er hat, da die Kusanas Tukhäras waren, daraus den Schluß gezogen, daß der ‘nordarischen’ Sprache die Bezeichnung “tocharisch” zukomme. Ich glaube, daß dieser Schluß nicht zwingend ist. Erstens ist damit schwerlich der bekannte Kolophon der Maitreyasamiti zu vereinigen, auf Grund dessen die früher sogenannte ‘Sprache I’ ‘tocharisch’ getauft worden ist. Zweitens finden wir unter den zahlreichen Namen von Gottheiten, die auf den Münzen der Kusanas erscheinen, auch nicht einen einzigen mit der Endung i. Die Übereinstimmung mit dem “Nordarischen’ beschränkt sich also auf den Titel und die Endung der Namen. Wenn es aber richtig ist, daß die nördlichen Ksatrapas Sakas waren und ihre Sprache das “Nordarische’ war, so würde sich jene Übereinstimmung ohne Schwierigkeit aus den historischen Verhältnissen erklären lassen. Wie man auch über die genaue Zeitbestimmung der nördlichen Ksatrapas denken mag, sicher ist, daß sämtliche Inschriften aus ihrer Zeit, in Brahmi wie in Kharosthi, älter sind als die In- schriften aus der Zeit des Kaniska und seiner Nachfolger. Wenn also die Paläographie in chronologischen Fragen überhaupt mitzusprechen hat, waren die nördlichen Ksatrapas die Vorgänger der Kusanas im nordwestlichen Indien. Dann aber steht nichts der Annahme im Weg® daß sie die Titel der Sprache ihrer Vorgänger entlehnten und im Zur sammenhange damit auch die Namen nach Art dieser Sprache flek- tierten, so wie sie sie in den griechischen Münzlegenden mit grie chischen Endungen versahen. Es wird niemand einfallen, über die Fragen, die hier behandelt sind, schon jetzt ein definitives Urteil zu fällen. Die Hypothese, die © übrigens schon A. von Le Cog angedeutet hat’, daß das ‘Nordarisch ! Das griechische ANO kann für änu stehen, wie BOAAO für Buddha zeit — 2 Tocharisch und die Sprache II; Bulletin de ’Academie Imperiale des Sciene? de St.-Pötersbourg 1908, S. 1367 ff. a ® JRAS. 1909, S. 318: ‘Some fragments in Gupta writing and in the language termed by Leumann "Sprache II’, and which I suppose to be, in consequence of Br Lüpers: Die Sakas und die ‘nordarische’ Sprache. 427 die Sprache der Sakas sei, scheint mir indessen so gute Gründe für sich zu haben, daß ich mich für berechtigt hielt, sie dem Urteil der Iranisten zu unterbreiten. Es freut mich auch mitteilen zu können, daß wenigstens der Punkt, von dem ich bei der Untersuchung aus- ging, jetzt völlig sicher steht. Von Hrn. D. R. Buanparkar erhalte ich soeben Abklatsche der vor einigen Jahren in Andhau gefundenen In- schriften des Rudradaman'. In allen diesen ist der Name des Vaters des Castana vollkommen deutlich Ys@motika” geschrieben, nicht G@hsamotika. rn and historical considerations, the lost language of the Saka, were also found he Nr. 964 a meiner Liste. ®? Die Länge in ys@ scheint mir nicht gegen die oben vorgeschlagene Etymologie zu sprechen. In den Inschriften wird stets auch Castana geschrieben. Wahrscheinlich entsprach der Vokal in der ersten Silbe der beiden Namen nicht genau dem samvrta a des Indischen und man schwankte daher zwischen der Bezeichnung durch a und @ Ausgegeben am 22. Mai. ®& % BE: eur, Ehen F & Be 429 SITZUNGSBERICHTE 1913. XXIV. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. +1 4? m Classe. L. . ı 7 Te 7 8. Mai. Sitzung der physikalisch Vorsitzender Secretar: Hr. Pranck. *1. Hr. Scuwarz las: Über einen Beweis des von WEIıER- STRASS ausgesprochenen Satzes: Wenn die Umkehrungs- funetion des Integrals eines algebraischen Differentialaus- druckes eine endlichvieldeutige Function des Integralwer- thes ist, so ist diese Function entweder.eine (ein- oder mehr- deutige) elliptische Function, eine algebraische Function einer Exponentialfunetion, oder eine algebraische Function. *2. Hr. Scnuwarz sprach ferner über ein, wie es scheint, neues elementares Verfahren zum Beweise des Satzes: Unter allen ebenen geradlinigen Vielecken von 2" Seiten, welche den- selben Umfang haben, besitzt das regelmässige 2" Eck den grössten Flächeninhalt. 3. Hr. Dr. Eusen Fıscuer, Professor a. d. Universität Freiburg i. B., übersandte ein Exemplar seines Buches: Die Rehobother Bastards und ‘das Bastardierungsproblem beim Menschen (Jena 1913), als Ergebniss seiner von der Humboldt-Stiftung unterstützten anthropologischen und ethnographischen Studien in Deutsch-Südwest-Afrika. nee] 430 Sitzung der phys.-math. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 17. April. Ein-, zwei- und dreiwertige Linien des Aluminiums in den Kanalstrahlen. Von Prof. Dr. J. Stark, R. Künzer und G. Wenpr in Aachen. (Vorgelegt von Hrn. Rusens am 17. April 1913 [s. oben S. 367].) Ar anderer Stelle’ ist der Nachweis geführt worden, daß gewisse Serien des Heliums das positiv einwertige, andere Linien dieses Ele- ments das positiv zweiwertige Heliumatomion als Träger haben; der Kürze halber sind jene Linien einwertig, diese zweiwertig genannt worden. Wie der eine von uns (Stark) darlegte, besteht in den Kanal- strahlen ein Gleichgewicht zwischen zwei- und einwertigen Atomionen, indem zweiwertige Ionen, welche aus dem Durchlaufen des Kathoden- falls eine Geschwindigkeit im »zweiwertigen« Intervall gewonnen haben, durch Anlagerung eines Elektrons (Elektronisierung) einwertig werden und umgekehrt einwertige Ionen, welche aus dem Kathodenfall eine Geschwindigkeit im »einwertigen« Intervall angenommen haben, sich durch Verlust eines zweiten Elektrons infolge eines Stoßes in zweiwertige lonen verwandeln. An jener Stelle ist auch ausführlich dargelegt, wie infolge dieser hin und her gehenden Verwandlung von ein- und zweiwertigen Atom- ionen in den Kanalstrahlen die Unterschiede in den Verteilungskurven der bewegten Intensität ein- und zweiwertiger Linien verringert werden, so daß es unter Umständen schwerhält, sie mit Sicherheit voneinander zu unterscheiden. Es ist nun auch der Fall möglich, daß ein Element in den Kanal strahlen gleichzeitig ein-, zwei- und dreiwertige positive Atomionen bildet. Es wird sich dann im allgemeinen zwischen diesen drei Ionen arten ein bewegliches Gleichgewicht herstellen, wobei wir der Einfach- heit halber von der Teilnahme neutraler Atomstrahlen an diesem Gleich- gewicht absehen wollen. Es werden nämlich erstens positiv dreiwertige Ionen aus dem Kathodenfall eine Geschwindigkeit im dreiwertigen ! J. Stark, A. Fıscher und H. Kırscasaum, Ann. d. Phys. 40, 499, I913- J. Stark, R. Künzer u. G.Wenpr: Aluminium-Linien in Canalstrahlen. 431 Intervall gewinnen und zum Teil durch eine einmalige Elektronisierung in zweiwertige, durch eine zweimalige Elektronisierung in einwertige Ionen sich verwandeln. Zweitens werden Ionen, die zweiwertig den Kathodenfall durchlaufen und somit eine Geschwindigkeit im zwei- wertigen Intervall angenommen haben, einerseits durch einmalige Elek- tronisierung in einwertige, anderseits durch Stoßionisierung in drei- wertige Ionen übergehen. Drittens können einwertige Ionen, welche aus dem Kathodenfall eine einwertige Geschwindigkeit erlangt hahen, durch ein- oder zweimalige Stoßionisierung zwei- oder dreiwertig werden. In dem Kanalstrahlenbündel ein-, zwei- oder dreiwertiger Atom- ionen kommen somit drei Geschwindigkeitsintervalle vor, deren obere Grenzen sich wie ı:y2:y3 verhalten. Innerhalb eines jeden dieser drei Intervalle treten im allgemeinen Falle sowohl ein- wie zwei- und dreiwertige positive Atomstrahlen auf; indes werden die Anteile (spez. _ Zahl) der drei Ionenarten an jedem einzelnen Intervall, jedenfalls im Vorgang der Emission von Serienlinien, nicht gleich groß sein. Auch . ist möglich, daß die Emission verschiedenwertiger Serienlinien für eine bestimmte Geschwindigkeit und gleiche spez. Zahl der zugeordneten Ionen verschieden intensiv ist. Gemäß dem Vorstehenden wird darum sowohl eine ein- wie eine zwei- und dreiwertige Serienlinie gleichzeitig im ein-, zwei- und drei- wertigen Geschwindigkeitsintervall der Kanalstrahlen bewegte Inten- sität aufweisen. Es werden jedoch die Verteilungskurven der bewegten Intensität für die drei Linienarten gleichwohl in den meisten Fällen charakteristische Unterschiede zeigen, welche ihre Zuordnung zu ein-, zwei- oder dreiwertigen Atomionen ermöglichen. An der erwähnten anderen Stelle hat der eine von uns zwei Wirkungen angegeben, welche die Ausbildung von Unterschieden zwischen verschiedenwertigen Linien in den Kanalstrahlenbildern bedingen. Es können nämlich erstens durch Zurückdrängung der Elektronisierung die höherwertigen Ionen in ihrem Ladungszustand erhalten bleiben; zweitens mögen niederwertige Ionen nicht imstande sein, in einem höherwertigen Geschwindigkeitsintervall durch Stoß Licht in einer niederwertigen Serienlinie zu emittieren, da sie durch die Intensität der Stoßerschütterung bei größerer Ge- schwindigkeit in höherwertige Ionen übergehen. Zu diesen die verschiedenwertigen Serienlinien verschieden charak- terisierenden zwei Wirkungen kann noch eine dritte hinzutreten. Es mögen nämlich die zwei- und dreiwertigen Ionen in der negativen Glimmsehicht oder im Anfang des Dunkelraumes, von wo aus sie nach der Kathode zu anlaufen, in verschiedener Zahl gebildet werden; bei großem Kathodenfall, also bei großer Geschwindigkeit der durch Stoß- ionisierung die neutralen Atome ladenden Kathodenstrahlen mögen mehr 432 Sitzung der phys.-math. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 17. April. höherwertige Ionen im Verhältnis zu den niederwertigen erzeugt werden als bei kleinem Kathodenfall. In diesem Falle wird eine dreiwertige Serienlinie bei großem Kathodenfall im dreiwertigen Geschwindigkeits- intervall eine größere bewegte Intensität zeigen als bei kleinem Ka- thodenfall im Vergleich zu den einwertigen Linien. Diese Überlegung gibt die Anregung, zur Unterscheidung verschiedenwertiger Serienlinien ihre Kanalstrahlenbilder für verschiedene Werte des Kathodenfalls auf- zunehmen. Auf Grund der vorstehenden Überlegungen ist zu verstehen, daß hinsichtlich der Kanalstrahlenbilder ein-, zwei- und dreiwertiger Linien eine große Zahl von Einzelfällen für verschiedene Elemente und Ver- suchsbedingungen möglich ist. Es wäre verfehlt, ein einziges besonderes theoretisches Schema aufstellen und die mannigfaltigen Beobachtungen in es hineinpressen zu wollen. Die eben gegebenen allgemeinen Über- legungen werden genügen, die Besonderheiten von beobachteten Einzel- fällen zu deuten. Bereits vor mehreren Jahren hat der eine von uns (STArk) aus spektralanalytischen Beobachtungen! an Quecksilber-Kanalstrahlen das Vorkommen von ein-, zwei- und dreiwertigen Linien im Spektrum des Quecksilbers gefolgert; durch neue erweiterte Beobachtungen sind diese Folgerungen, wie an andrer Stelle mitgeteilt werden wird, bestätigt worden. Außer dem Qnecksilber haben wir nun in dem Aluminium ein zweites Beispiel für das Vorkommen von ein-, zwei- und drei- wertigen Serienlinien in dem Spektrum eines chemischen Elements aufgefunden. Im folgenden teilen wir die auf diesen Punkt bezüg- lichen Resultate unsrer Beobachtungen an Aluminium-Kanalstrahlen mit; weitere Resultate über Aluminium, welche die hier gewonnenen bestätigen und noch in andrer Hinsicht interessant sind, wird der eine von uns (Künzer) an andrer Stelle mitteilen. Der von uns bei den vorliegenden Beobachtungen benutzte Spektro- graph war derselbe, welcher zu der erwähnten Untersuchung” der Helium-Kanalstrahlen benutzt worden war. Es war lediglich das als Kameraobjektiv benutzte Zeısz-Tessar von 2ı em Brennweite durch ein Tessar von 30 em Brennweite und 1:3.5 Öffnungsverhältnis er- setzt. Die Form und Größe der Kanalstrahlenröhren war ebenfalls dieselbe wie früher. Das Aluminium wurde zum Auftreten in den Kanalstrahlen erstens dadurch gebracht, daß in einem Seitenrohr in der Nähe der Anode AICI, etwas erwärmt wurde. Zweitens trat 8 in beträchtlicher Menge den in den Kanalstrahlen auf, wenn Hg Vz ! J. Srark, W. Hermann und S. Kmwosuıra, Ann. d. Phys. zı. 462, 1906. ® J. Stark, A. Fıscuer und H. Kırscusaum, Ann. d. Phys. 40. 499, 1913. a 5 stoff J. Stark, R. Künzer u. G.Wenpr: Aluminium-Linien in Canalstrahlen. 433 in der Nähe der Anode in der Röhre sich befand. Die Strömung durch HgCl, machte offenbar Cl aus dieser Verbindung frei, und das aus der Vereinigung von Al der Anode und Cl entstehende AlCI, ging dann durch Erwärmung, wie im ersten Fall, in den Gasraum über. Zur Herstellung eines konstanten Kathodenfalls von 7600—8200 Volt benutzten wir wieder eine Hochspannungsdynamo und eine Batterie; 10000— 30000 Volt Kathodenfall machten wir mit Hilfe eines großen Induktoriums unter Vorschaltung einer Ventilröhre vor die Kanal- strahlenröhre. Fig. 1. 15 259 14 13 \ | 1 & N TE | 2 «ii 99 08 / zuh.kinie Li einmwertiges 7verti # Geschroindigkeits- kr all l l l l l LI 0 OF: 708.708: 0 0 08 Abstand in mm 13961.7Ä (einwertig) Kathodenfall 8000 Volt (4 St.) Dispers. 1: 5.8mm: Ä Al-Strahlen in H,,C1,,HgCl,, AlClz In Fig. ı und Fig. 2 sind für die Linien Al A3961.7 Ä und ‚Al A4663.5 Ä die bei einem Kathodenfall von 8000 Volt erhaltenen Kanalstrahlenbilder dargestellt. Die Linie Al ?3944.22 A, welche mit Al A3961.7 Ä zusammen ein Duplet' einer zweiten Nebenserie bildet, zeigt das gleiche Bild wie A 3961.7 Ä. Beim Vergleich der zwei Figu- ren hat man die Verschiedenheit der Dispersionen bei den zwei Linien zu beachten. Von einer Umrechnung und Umzeichnung der Kurven —— eo ...1% Pür dieses Duplet hat der eine von uns bereits früher (J. STARK, Ann. d. Phys. 26,822, 1908) gelegentlich einer Untersuchung über die Kanalstrahlen in Sauer- eine bewegte Intensität beobachtet. | 434 Sitzung der phys.-math. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 17. April. von der Abstands- in die Geschwindigkeits-Abszisse haben wir abge- sehen, weil aus photographischen Gründen die Schwärzungen hierbei nicht ungeändert bleiben dürften. Die Singularitäten der Verteilungs- kurven der bewegten Intensität treten auch in den beobachteten Schwär- zungskurven deutlich hervor und lassen einen Vergleich der Linien- bilder zu. Die Linie A3961.7 Ä zeigt in der Verteilungskurve ihrer bewegten Intensität zwei Maxima und demgemäß zwei Geschwindigkeitsintervalle, Fig. 2. 239 N > Ba Be tel N be Schrwärzung r em Rn juh.Zütie 7 "ki ns N) ee 7 Re BR a2 R x (& | & tig tiges ıdreirmerg, el Geschniindigheits-Iiteroalt + l 0 02 03 04 ‚Abstand vı mm. %4663.5 Ä (zweiwertig) Kathodenfall 8000 Volt (4 St.) Dispers. 1: 18.5 mm :Ä Al-Strahlen in H,,C1,,HgCl, , AlCl; die Linie A4663.5 Ä zwei Wendepunkte und demgemäß durch sie ge trennt drei Geschwindigkeitsintervalle. Die zweiwertigen Geschwindig- keitsintervalle der zwei Linien entsprechen angenähert einander. Rechnet man nämlich die Abstände der maximalen Schwärzungen von den ruhen- den Linien in Geschwindigkeiten um (v—= .3.10” cm Dispersion x A = ee, so erhält man für A 3961.7Ä eine Geschwindigkeit von 0.9. 10° em ‚ für 24663.5 Ä eine Geschwindigkeit von 1-10’ cm see”. ss J. Stark, R. Künzer u. G.Wenpr: Aluminium-Linien in Canalstrahlen. 435 Die Eigenheiten der zwei betrachteten Kanalstrahlenbilder lassen sich am besten in folgender Weise! erklären. Die Linie 213961.7 Ä ist eine einwertige Linie, hat also ein positiv einwertiges Al-Atomion als Träger; die Linie A4663.5 Ä ist zweiwertig und hat demnach ein positiv zweiwertiges Atomion als Träger. Zwischen den ein- und zwei- wertigen Al-Ionen. bildet sich bei 8000 Volt Kathodenfall in dem Kanal- strahlenbündel ein Gleichgewicht aus, indem ursprünglich einwertige Ionen von einwertiger Geschwindigkeit durch Stoßionisierung zwei- wertig, ursprünglich zweiwertige Ionen von zweiwertiger Geschwindig- keit durch Elektronisierung einwertig werden. Aus diesem Grunde zeigt sowohl die einwertige Linie A3961.7 A wie die zweiwertige A4663.5 Ä bewegte Intensität im zweiwertigen Geschwindigkeitsintervall; ander- seits weist sowohl die zweiwertige wie die einwertige Linie im ein- wertigen Geschwindigkeitsintervall bewegte Intensität auf. Ein zu er- wartender Unterschied zwischen den zwei Linien besteht indes darin, daß für die zweiwertige Linie die bewegte Intensität im zweiwertigen Intervall sehr viel größer ist als für die einwertige Linie. Daraus, daß bei beiden Linien die bewegte Intensität im zweiwertigen Intervall größer als diejenige im einwertigen ist, läßt sich folgern, daß vor der Kathode mehr zweiwertige Al-Ionen als einwertige gebildet wurden und den Kathodenfall durchliefen. Ein weiterer Unterschied zwischen der ein- und der zweiwertigen Linie besteht gemäß den zwei Figuren darin, daß unter den gegebenen Versuchsbedingungen bei der zweiwertigen Linie auch noch in einem dreiwertigen Geschwindigkeitsintervall eine beträchtliche bewegte In- tensität auftritt, während sie bei der einwertigen Linie fehlt oder wenigstens nicht wahrnehmbar ist. Aus diesem Teil des Bildes der zweiwertigen Linie ist zunächst zu folgern, daß unter den gegebenen Versuchsbedingungen in dem Kanalstrahlenbündel neben ein- und zwei- wertigen Al-Ionen auch noch dreiwertige Al-Ionen vor der Kathode gebildet wurden und als solche den Kathodenfall durchliefen; hinter der Kathode gingen sie in zweiwertige Ionen durch Elektronisierung über und konnten die zweiwertige Linie im dreiwertigen Geschwindig- ' Die Erklärung, daß das erste Geschwindigkeitsintervall einem positiv ein- wertigen zweiatomigen Al-Molekül, das zweite Intervall einem positiv einwertigen ein- atomigen Al-Molekül entspricht, wird dureh folgendes Verhältnis ausgeschlossen. Der größte Abstand der. bewegten Intensität von der Mitte der ruhenden Linie in Fig. ı ergibt eine Geschwindigkeit der Emissionsträger von 2.8 - 10’ cm sec", Selbst wenn inan indes ein einwertiges Al-Atom den ganzen Kathodenfall von 8000 Volt frei nit positiver Ladung durchlaufen ließe, berechnet sich für es nur eine Geschwindigkeit 2.2.10’cm sec—:, Noch größer würde die Differenz zwischen Rechnung und Beob- achtung (2.2 - 107 bzw. 3.2 -10’cm sec!) werden, wenn ınan die Verhältnisse bei der Linie 2.4663.5 A durch die Annahme von ein-, zwei- und dreiatomigen Al-Molekülen Je einer positiven Elementarladung erklären wollte. nn 436 Sitzung der phys.-math. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 17. April. keitsintervall mit Licht füllen. Daß diese Ionen zum Teil nicht auch einwertig wurden und für die einwertige Linie in dem dreiwertigen Intervall merkbare bewegte Intensität lieferten, erklärt sich unge- zwungen daraus, daß bei der großen dreiwertigen Geschwindigkeit nur sehr wenige Ionen, falls sie einwertig geworden waren, bei einem lichterregenden Stoß einfach geladen bleiben konnten, sondern hier- bei in den meisten Fällen wieder durch Stoßionisierung in zwei- oder dreiwertige Ionen übergingen. Für die Beobachtung einer geringen bewegten Intensität im dreiwertigen Intervall war zudem bei A 3961. 7A die Dispersion ungünstig groß. Bei Anwendung einer kleineren Dis- persion und geeigneten Versuchsbedingungen mag es wohl gelingen, auch bei einer einwertigen Dupletserienlinie des Aluminiums im drei- wertigen Intervall eine schwache bewegte Intensität nachzuweisen. Die Einführung dreiwertiger Al-Ionen zur Erklärung des drei- wertigen Intervalls im Bild der zweiwertigen Al-Linie A4663.5 Ä legt uns die Pflicht auf, nach Linien der positiv dreiwertigen Al-Atomionen zu suchen. Auf dem Spektrogramm [259] treten außer den Al-Linien 14663.5, A3961.7 und A3944.2 Ä keine weiteren intensiven Al-Linien auf. Entweder kommen also, so mußten wir schließen, i in dem Leistungs- bereich unseres Spektrographen 5000— 3950 Ä keine dreiwertigen Al-Linien vor oder, wenn sie vorkommen, dann können sie bei 8000 Volt Kathodenfall keine oder nur eine sehr geringe bewegte Inten- sität besitzen. Daß das letztere der Fall sei, machte der Umstand wahrscheinlich, daß Aluminium im Funkenspektrum in jenem Spektral- bereich drei ziemlich intensive Linien! besitzt, nämlich A4529.7; A4513.0 und A4480.0 Ä. Aus diesem Grunde machten wir mit Ab- sicht und Überlegung mehrere Al-Kanalstrahlaufnahmen für einen höheren Kathodenfall als 8000 Volt. Fig.3 zeigt das Kanalstrahlenbild der dreiwertigen Linie” A4480. oA, Fig. 4 dasjenige der einwertigen A 3961.7 Ä, Fig. 5 dasjenige der zwei- wertigen Linie A4663.5 Ä für einen größeren Kathodenfall. Das gleiche Verhalten wie A4480.0 Ä Linie zeigen in der Hauptsache die Linien 14529.7 und A4513.0 Ä; indes sehen wir von der Mitteilung der Bilder dieser Linien ab, da A4513.0Ä weniger intensiv als A4480. oÄ ist und da in das erste Geschwindigkeitsintervall der Linie 4529-7 störend eine Cl-Linie fällt. Ehe wir zum Vergleich der Bilder der drei Linien übergehen, ist für die einwertige Linie A3961.7 Ä eine Eigenheit aus der Dis- : _ Wellenlängen nach F. Exwer und E. Hascher, Tabellen der Funkenlinien, Wien 1902. ne ® Die Breite der ruhenden Linie in Fig. 3 legt die Vermutung nahe, daß ie aus zwei nahe beieinander liegenden Linien besteht. er J. Stark, R. Künzer u. G.Wenpr: Aluminium-Linien in Canalstrahlen. 437 kussion auszuscheiden. Wie die Fig. 4 erkennen läßt, ist an die ruhende Linie in einem schmalen Geschwindigkeitsintervall eine be- trächtliche bewegte Intensität angeklebt. Wie der eine von uns (STArk) auf Grund eines ausgedehnten Beobachtungsmaterials zeigen wirtl, wird diese bewegte Intensität nicht von einem bewegten Kanalstrahlen- ion an diesem selbst durch Stoß erzeugt (gewöhnliche bewegte In- tensität, bewegte Intensität erster Art, »selbstbewegte« Intensität), sondern sie kommt an einem Atom zur Emission, welches von einem Kanalstrahlenteilehen durch Stoß eine gewisse Bewegungsgröße über- Fig. 3. 297b De | 4 R | | 3“ 40 ruh.llnie ti | ti rhert. > : ri |Geschtwoindigkeits- Intervall 09 21 92 03 9% 25 Abstandinmm *4480.0 (dreiwertig) Kathodenfall 10000— 15000 Volt (1.5 St.) Dispers. 1:14.5 mm: Ä Al-Strahlen in AlCl; u.H, tragen erhält und gleichzeitig zur Lichtemission angeregt wird (be- wegte Intensität zweiter Art!, »fremdbewegte« Intensität). Fig. 3 läßt für die dreiwertige Linie deutlich das zwei- und drei- wertige Geschwindigkeitsintervall erkennen, die bewegte Intensität im einwertigen Intervall ist dagegen nur gering. Die Linie 24480.0 A läßt Sich gemäß dem Vorstehenden als dreiwertige Linie auffassen. Hierfür spricht auch der Umstand, daß die bewegte Intensität im dreiwertigen Intervall fast ebenso groß wie diejenige im zweiwertigen Intervall ist, ein Verhältnis, das bei der zweiwertigen Linie A4663.5 Ä für einen kleineren Kathodenfall nicht besteht. Bei einem Kathodenfall von 10000— 15000 olt entstehen darum positiv dreiwertige Al-Kanalstrahlen einerseits in ee SE TERNE ä J. Stark, Physik. Ztschr. 14, ro8, 1913. Sitzungsberichte 1913. 40 438 Sitzung der phys.-math. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 17. April. beträchtlicher Zahl und vermögen anderseits bei großer Gesehwindigkeit _ in merkbarer Zahl im Kanalstrahlenbündel hinter der Kathode ihre drei- fache positive Ladung beizubehalten. Neben ihnen bilden sich im zwei- wertigen Geschwindigkeitsintervall andre zahlreiche dreiwertige Al- Ionen durch Stoßienisierung aus ursprünglich zweiwertigen Al-Kanal- strahlionen. Endlich treten noch im einwertigen Geschwindigkeits- intervall dreiwertige Al-Ionen in merkbarer Zahl auf; sie sind durch Fig. 4. 25 2.976 3 27 R 13 e 22) 15 13 I “i Fremd - .- ” ruh.Linie) \bemegtea . . Di Intehs.\ __| einmertiges | |zweirbertig = Geschipindigkeirs Zuemal | , I o DETMEBTDIED 2 EBE0 Abstand in mm. x. 3961. 7Ä (einwertig) Kathodenfall 10000— 15000 Volt (1.5 St.) Dispers. 1: 5.8mm: A, Al-Strahlen in ALCI; u.H, zweifache Stoßionisier . aus ursprünglich einwertigen Al-Ionen ai standen. Mit dieser Deutung haben wir bereits ie einen Teil des Gleich- gewichts zwischen ein-, zwei- und dreiwertigen Ionen in den Al-Kanal- strahlen unter den gegebenen Versuchsbedingungen zergliedert. Es gilt auch für das Bild der einwertigen Linie in Fig. 4. In ihm über- wiegt die bewegte Intensität in dem einwertigen Geschwindigkeits- intervall von seiten ursprünglich einwertiger Al-Kanalstrahlen. Aber sie ist, wie ein Vergleich mit Fig. ı lehrt, im Verhältnis zur ruhen- den Intensität nieht mehr so groß wie bei kleinerem Kathodenfall; dies mag sich daraus erklären, daß bei der größeren GeschwindtekbE a J. Srark, R. Künzer u. G.Wenpr: Aluminium-Linien in Canalstrahlen. 439 nicht mehr so viele ursprünglich einwertige Ionen einwertig bleiben können, sich vielmehr durch Stoßionisierung in zwei- und dreiwertige Ionen verwandeln. Das gleiche gilt für die sekundär einwertigen Al- Ionen, welche sich durch Elektronisierung aus ursprünglich zweiwertigen Kanalstrahlen gebildet haben; es ist nämlich die bewegte Intensität im zweiwertigen Geschwindigkeitsintervall bei den gegebenen Bedingungen in Fig. 4 nur klein, kleiner als diejenige im einwertigen Intervall in umgekehrtem Verhältnis zu dem Fall in Fig. ı. Daß darum bei der einwertigen Linie für den großen Kathodenfall die bewegte Intensität im dreiwertigen Intervall fehlt, kann noch weniger auffallen als im Falle der Figur ı. Fig. 5. 23H Q N Schmärzung Linie Dr FEINEN, A AUMLALE MEI FWU Mistn Gesthroindigkeis- Inttrvall N 70 l | l l Rn l 0 0 02 03 0% Abstand in mm %.4663.5Ä (zweiwertig) - Kathodenfall 10000—ı135000 Volt (1.5 St.) Dispers. 1: 18. 5mm: Ä Al-Strahlen in AlCl; u.H, Dagegen ist unter den gegebenen Versuchsbedingungen für eine 2weiwertige Linie in allen drei Geschwindigkeitsintervallen eine be- trächtliche bewegte Intensität zu erwarten. Einmal sind nämlich im 2weiwertigen Intervall zahlreiche ursprünglich zweiwertige Ionen vor- handen, wie schon aus Fig. 3 sich folgern läßt. Sodann sind zahl- reiche ursprünglich einwertige Ionen durch Stoßionisierung in zwei- Schwärzung 440 Sitzung der phys.-math. Classe v. 8. Mai 1913. — Mitth. v. 17. April. wertige übergegangen und vermögen als solche das einwertige Ge- schwindigkeitsintervall der zweiwertigen Linie A4663.5 Ä mit Intensität zu füllen. Endlich sind gemäß Fig. 3 zahlreiche dreiwertige Al-Ionen vor der Kathode beschleunigt worden; wir dürfen darum im Verhält- nis zur Fig. 2 eine gesteigerte Intensität im dreiwertigen Intervall der zweiwertigen Linie erwarten. In Wirklichkeit sind gemäß Fig. 5 die drei Intervalle der zweiwertigen Linie A4663.5 Ä mit Intensität ge- füllt, und zwar das erste und dritte so viel stärker als in Fig. 2, daß die Wendepunkte aus der Schwärzungskurve verschwunden sind. Ist die vorstehende Deutung der Figur 5 richtig, so dürfen wir für einen noch größeren Kathodenfall folgende Verhältnisse erwarten. Es werden dreiwertige Al-Kanalstrahlionen in noch größerer Zahl im Ver- hältnis zu den ein- und zweiwertigen vor der Kathode gebildet und beschleunigt werden; infolge einer einmaligen Elektronisierung hinter der Kathode werden darum zahlreiche zweiwertige Al-Ionen im dreiwertigen Geschwindigkeitsintervall auftreten, so daß eine zweiwertige Linie im dreiwertigen Intervall eine größere Intensität als im zweiwertigen ge- Fig. 6. 13 12 E 1 ; Zen N : EN a: Mn J r a2 BE ad ! k tu \_eb £ zmei , &s dreirderüges | > Gesdhroindigkeitst Intervall we 0 02 03 0% 05 06 Abstand in mm, %4663.5 Ä (zweiwertig) Kathodenfall 2000030000 Volt (4 St.) Dispers. 1:18.5 mm: A Al-Strahlen in HgCl, (4 St.) winnen mag. Dies ist nach Fig. 6 der Fall; sie ist für einen Kathoden- fall von 20000 — 30000 Volt in einer HgCl,-Atmosphäre erhalten worden. Die Intensität im einwertigen Intervall ist unter diesen Bedingungen sehr gering; diejenige im dreiwertigen überwiegt beträchtlich die In- tensität im zweiwertigen Intervall. Dieselbe Platte [265]. von welcher o Fig. 6 abgenommen ist, zeigt für die einwertige Linie A 3961.7 A selbst J. Stark, R. Künzer u. G.Wenpr: Aluminium-Linien in Canalstrahlen. 441 im ersten Intervall nur eine sehr geringe Intensität; die dreiwertige Linie A 4480.0 Ä zeigt nur in großem Abstand von der ruhenden Linie bewegte Intensität. Sie ist indes, wie ja bereits die viel intensivere Linie A4663.5 Ä im Verhältnis zu [297], zu schwach exponiert, als daß ihre Photometrierung sich lohnte. Resultate. Aluminium vermag in den Kanalstrahlen ein-, zwei- und drei- wertige positive Atomionen vor der Kathode des Glimmstromes zu bilden und demnach Kanalstrahlen in drei Geschwindigkeitsintervallen zu liefern. Bei einem Kathodenfall von weniger als ungefähr 8000 Volt überwiegen in dem Kanalstrahlenbündel hinter der Kathode die ein- und zweiwertigen Al-Ionen an Zahl die dreiwertigen; oberhalb eines Kathodenfalls von 8000 Volt vermögen sich indes auch die dreiwertigen Al-Ionen in merkbarer Zahl im Kanalstrahlenbündel zu halten. Die ein-, zwei- und dreiwertigen Al-Ionen sind die Träger ver- schiedener Linienspektra. Zum Spektrum des einwertigen Al-Ions ge- hört das Duplet A 3961.7— 3944.2 Ä, zum Spektrum des zweiwertigen die Linie X 4663.5 Ä, zum Spektrum des dreiwertigen Ions gehören die Linien! %4529.7, A4513.0 und A4480.0 A. * Nach der üblichen Gruppierung in Bogen- und Funkenlinien gehören die Al- Duplets zu dem Bogen-, die übrigen obengenannten Linien zu dem Funkenspektrum. In Übereinstimmung mit den Ausführungen des einen von uns (J. Stark, Physik. Ztschr. 14, 102, 1913) haben sich demnach im Falle des Aluminiums die Bogenlinien als einwertig, die Funkenlinien als höherwertig erwiesen. Mit der so gewonnenen Charakterisierung der Al-Linien ist auch folgende Beobachtung des einen von uns (G. Wenpr) im Einklang. In schwachem Glimmstrom durch AIlCl, (positive Säule) erscheint im sichtbaren Al-Spektrum nur das obige Al-Duplet, im oszillatorischen Funken zwischen Al-Elektroden in Luft erscheint stark die zweiwertige Linie %4463.5 Ä, schwächer das Duplet und die Gruppe der dreiwertigen Linien, beim Funken in Wasserstoff fehlt auf der Aufnahme mit dem hier benutzten Spektographen das Duplet, dagegen ist sehr stark die Gruppe der dreiwertigen Linien, sehr viel schwächer als sie die zweiwertige Linie %4663.5 Ä. Es mag hier noch bemerkt werden, daß im Funken in Wasserstoff die dreiwertigen Linien im Verhältnis zu der zweiwertigen Linie *4663.5 Ä stark verbreitert erscheinen. Ausgegeben am 22. Mai. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Sitzungsberichte 1913. ch weise oder auch in he Ausführung, in deutscher Sprache v öffentlicht sein oder werden. eine ran eidmlähkee Veröffent- lichung dem redigirenden Seeretar vor der Ausgabe in - ntniss kommen, so hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. enn der Verfasser einer aufge nommenen wissen- sehaftlichen Mittheilung dieselbe urn ü veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gel- tenden ren zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Aka oe ie Gedächtnissreden ander fie zu veröffentlichen ist den Verfassern unhentae gestattet. Aus $ 21. Die Sitzungsberiehte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 22. Jeden eröffnet eine Übersicht über die vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- ' die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen folgen in dieser Übersicht ehr Inhaltsangahen derselben, he die Verfasser einre ‚elche sie ver- sind. Diese Eihaleekhgeben Ballen s ch in 6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls 10 _ ie, icht in den one der reger erscheinenden en werden orges Stern erie bei den für die ae Be wird »(Abh zuge en nschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser weis: in en Bericht über diejenige Sitzung en in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schrift endgültig beschlossen wird. une Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung nnerstag zur Aufn: me in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, w am nächsten Donnerstag edruckt erscheinen ei muss der Regel en in der Sit spätestens Beite Freitag 10 ars versehen, für ein späteres Dasselbe kann von vorn herein Bi en ge- schehen, = ren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schw ierigkeiten e erwarten a: oder Sala den in dee $$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht ent- echen. "Die PIERRE EN. versendet spätestens am Montag Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag er wieder weise lassen werde; wünscht jedoch die der Correetur betraute Person Revision zu ag so muss sie die Cormenur Bee Feed früh ar ‚Bros :kerei ae nstag A E end von ie ler ben es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem späteren par. erscheint. Nach auswärts werden Corre nur auf Verlangen versandt; die Verfasser er Mas Bi Erscheinen ihrer Mittheilung _ ai Tagen. Fremden Verfa deren Correeturen ers h dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbr a erden müssen, kann das Er- seheinen am nächsten Ausgabetage. überhaupt nicht zuge- sichert werden Aus $ 36. ie Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. Abhaudlungen. Jahrg. 1910: hysikalisch-mathematische san : . Philosophisch-historische Classe . . » - Abhandlungen. Er 1911: Physikalisch-mathematische dhsae: | ; Philosophisch- historische Classe . . . . . Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1910, 1911, . \LrBEy: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Hesse Erste Hälfte . . # 3— = auf Ilans Heinrich Landolt Be AN’T llorr: N Me Mötuee: Uiguri Escter und x ücheri Ener. ehe "Gedächinisere de Fr RK. Ka Über „gen anatomischen Bau der baumartigen ‚Oper acee Schenndendrm s eu ae u ae 1912 und 1913. u hs Henricns van Her. a ee - Ks u : Gedächtnissrede er einrich Zinım Bee en, Mo =: Xymnen an das Dia der Pharaonen ee er, — u Zur sprachlichen Gliederung Frankreichs ER Dieis: Die | an che Überlieferung des Galen" ‘schen Commentars zum Prorrhetienm des rates Hippokrat Ern Fi Auf Walk Gedächtni ade auf Wilhelm Dilthey Sr Amel Zum isländischen Fehdewesen in . Stu hnen der Uranustraban Ems: "Ein Fall abgekürzter Justiz in Ders : Die Entdecke des Alkohols m Wege kamen die Goidelen vom Continent ı uch Wand. RR Ingenzei . . “ . . ” Rn * e Abtheilung. Ober on : Ein Doppelblatt ans einem Innichäischen ‚ Hyznenbach ahrnimag) en, Ä ypte “ . und Tina ers L. Lıcntensteiıs: Beweis des Satzes, .. jedes Aeeen Keen im wesentlichen stetig ge- krümmte, singularitätenfreie Flächenstück auf eine heil einer Ebene FARERTRED DARF, und in den kleinsten Theilen Ahulich abge Ebd: werden kan A. vox Le voR: Türkische Manichaica aus Cho x M. vas Bercues: Die Be linisches Tchie on er rgaın ee M. Liozmanıyı: Phönieische und aramäische Kru Si aufochAften aus Elophantine . C. Frank: Zur Entz eu der altelamischen Inschriften % Senvurm: ‚Zu BER an Thiere m Arabis are are sex: Die Gesteine der Inseln $. Pietro und S. Antioco (Sardinier 1) ae A a ae Studien zur kr heer der Tu rfanschädel . neue in welchem ein ebenes Fachwerk von n Knotenpunkten nd ein FERRERER Fachwerk von n Knotenpunkten und 3n —6 Stäben nie ER nn Be ee Sarg E, Mırrwoc#: Zur sis des islamischen Gebets und Kultus E. Körrer: Über han Sitzungsberichte der Akademie. a a ee Eh Sonderabdrucke. II. [ 1912. A. Ranırs: griechische Wörter im Koptischen 1. Sawrer: die Masse des nen "Titan Froszsıus: über quadratise iele Primzahlen darstellen . E. Meyer: Untersuchungen ie Er teste Geschichte as Fee und über Nebukadnezar' Befestigungsanlagen ; P, Maas: zu den Beziehungen "zwischen Kirchenvätern und "Sophist u S. Kowow: zwei Hands nn eg tter in der rare arischen Litteraiursprache aus s Chinesisch-Turkitan Nrunst und F. A. Lin en über die specifische Wärme RNST: : Untersuchungen über die ansdcche Wärme. VIL F. Fre über den Gebirgsbaı er Tauros in seiner Bedeutung für die Beziehungen der euro- VON Wiasonere Morusoour ey . Praumans: inspapyrus P. >. Morgan (hieran Taf. IX und % : über Speet ee are Erpsans: Erkennen und Verstehen (2. Aufl.) Sonderabdrucke. I. Halbjalır 1913. Norpen: aus Cicero's Werksta Warsurs, G. LerrnÄuser, E. er und C. Mürter: über die Constante c des Wirs-Pranck- che Stı ahlungsgesezes K. m. un “ on die ‚specifische Wärne von Helium und einigen zw "eiatomigen Gasen schen —ı8 Orre: über tibersaiäne Reinfeetion und ihre Bedeutung für die Entstehung den L üngenschwindsucht Pexex:; die Formen der Landoberfläche und „Verschiebungen der Klin tel ARNACK: der Geist EEE morgenländischen Kirche im Unterschied von ie abendländischen Wırs: zur 'Theorie der elektrischen Leitung in Metalleı Frosexıus: über die Reduction der indefiniten binären quadratischen Formen I. Schur: zur Theorie der indefiniten en uadratischen Former Rupser: über die Nahrkögsanfuklinie be l : J. Mewaıpr: eine Fälse ung ÜHARTIER’S in len Schrift” über das Koma ; Herımans: über die Herkunft der Staubfälle = Dass elmeer« . HELLMAnN: psye hologisch bedingte Fehler bei mete orologischen Beobachtungen M. Lipzsarskı: eine Ps unisch- Ak beiäche Bilinguis aus einem Tempel des Massinissa a (hieran Taf. h Fiscrer und K. Zacn: Reduction der Ace ee und ähnlicher Stoffe Hase gg zur Physiologie der Zelltheilun PLranck: über das Yaaren it zwischen Deelisioren, freien Elektronen und strahlender Wärme Warreies: u Skelet eines Scheinzwitters . F.E. Scauzze: die rec auf der Lippen- und Wangenschleimhaut. di der Saugethiere. ll. Die Beutelthiergattung Macropus (Suaw) (hierzu Tat. I, IH und IV) Lüpers: die Sakas und die ‘nordarische’ Sprache J. Stark, R. Künzer und G. We me zwei- und dreiwertige 1 Linien. des Aluminiums in den Canalstrahlen s ” s E} ” ” Ü MH Ir as 2.9 8.8 ” Sseo-Srrrr SSH S| || 8 855 oo=m>:992 ws => ® -» E) s s ” “ ” s s » E * s s De) \& S & 1913. xxV. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Gesammtsitzung am 22. Mai. (S. 443 K. Meyer: Zur keltischen Wortkunde. III. (S. 445) BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften. Aus $1 e Akademie giebt gemäss N 41,1 der Statuten zwei orten Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte öniglich Preussischen Akademie der Mimenibhälleine a » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften«. us $ 2 Jede Aufnahme in die Sitzungsberichte er die nahen bestimmte Mittheilung muss in r aka- nischen Sitzung vorgelegt senden, wobei in de Regel uliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Verm el eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. sk Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 er in = ee hen Schrift der Abhand- . lungen nr. Übe ne ee Grenzen ist nur mit Zustimmun e Manuseripts ver- muthen, ar Ba ne erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von EEE Seite auf seinen Skalen Karen im Druck abschätzen zu lass $ ollen einer Mittheilung ge im = oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden sind die Vorlagen dafür (Zeiehnungen, Uhiosgrapläsche Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit > Manuseript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureie e Kosten der Herstellung re: Vorlagen haben der Regel die Verfasser zu tragen. aber auf einen erheblichen arauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem sehriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den ze te so ist Vorberaiktung h das Seeretariat geboten Dei $ 5. und Einreichung des een de Manuseripts an den Seeretar oder an den Archivar id über Aufnahme der un in die akademischen Schriften, und zwar, we s der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt Abi mmt, Mittheilungen von Verfassern, welche nicht 2 a der Akademie sind, sollen der Regel nach nur di Sitzungsberichte aufgenommen werden. h andlungen, so bedarf dieser — der Bestätigung durch die Gesammt-Akademi Aus s 6. bs ry; +2 7% q 2 4 wenn es sich nicht bloss um glatten Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. = tier Fremder sind diese Anweisungen von rlegenden nen vor ne des ge er sse hat sich zu ehe dass der Verfasser seine Mioheilung es ollkommen druckreif ansieht. Die e Correetur ihrer Nickel besorgen die Yale, "Fre “2% Hab ı diese erste Correetur an das vorlegende Mitglied nn Die Correetur soll nach Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druckfehlern girenden Secretars v und die het Sr: zur Tragung kosten verpflicht Ser: h 8. in die ungsberiehte oder ee © en Sen ee en Rede Adressen oder Berichten werden für ar Verfasser, von ' en Umfang im abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen aus- Kgenen ErUenN. : % ee. für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberichten erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der A, ist, rei- 00 sofern er dies rechtzeitig dem redigirenden Secretar an- gezeigt hat; wünseht er auf seine Kosten n Abdrucke zur r V ag” zu on. so bed ung der Ges t-Akademie oder ei eretar weitere 200 Exemplare 'auf ihre Kosten abziehen lassen. Von den Sonderabdrucken aus ER Abhandl ungen er- ält ein Verfasser, weleher Mitglied der ge he itere zu unentgeltlicher Vertheilung ohne we na indess berechtigt, zu gleichem ee zu verhnen, a so er e oder der halten 30 Frei- redigirenden Seeretar weitere 100 Exem Kosten abziehen lassen 8 17. ; a. Eine für die akademischen Beben stimmte wissenschaftliche Mittheilung er in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an a Stelle anderweitig, sei es auch nur auszu8 ang auf S.3 des Umschlags.) 443 SITZUNGSBERICHTE 1913. AXV. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 22. Mai. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. PLanck. “1. Hr. von Wıramowırz-MoELLEnDorRFF las: »Die Überlieferung der Tragödien des Aischylos.« r eine Handschrift hatte sich aus dem Alterthum erhalten; sie entbehrte natürlich der Worttrennung und in ausgedehntem Maasse der Lesezeichen, enthielt aber zahlreiche Varianten. Das letzte Stück, die Hiketiden, giebt davon noch eine Vorstellung, da es von den Byzantinern am wenigsten bearbeitet ist. Diese Bearbeitung hat in der überall kenntlichen Weise im g. Jahrhundert begonnen. Eine solche re- präsentirt der Mediceus, von dem, ehe er nach Italien kam, keine Abschriften genommen sind. Dann ist von den ersten drei Stücken im rı. oder 12. Jahrhundert eine Aus- gabe mit breitem Commentar gemacht, die in mehreren Copieen des 13. Jahrhunderts vorliegt. Eine dritte Überlieferung dieser Dramen ist namentlich bei Thomas und Triclinius nachweisbar. Diese geben auch für Agamemnon und Eumeniden eine leider recht schlechte Nebenüberlieferung. 2. Hr. Kuno Mrvex legte vor: »Zur keltischen Wortkunde. II.« Das ‘Ertiaion Äkpon des Ptolemäus wird in dem irischen Aird Echde nachgewiesen; der Name der Stadt Elgin in Schottland wird als Zlgin “Kleinirland’ erklärt; ir. aiste Art, Eigenschaft” wird auf ad-sem-ton zurückgeführt; ir. facht "Böses’ dem kymr. gwaeth gleichgesetzt. Ein mittelir. menne ‘Gefolgschaft’ wird als Entlehnung aus dem mengl. meinee erklärt u.a. m 3. Vorgelegt wurde der Neudruck des 5. Bandes der von der Akademie unternommenen Kant-Ausgabe (Berlin 1913) und von Hrn. Russer sein Werk: Die Ernährungsphysiologie der Hefezelle bei alko- holischer Gärung (Leipzig 1913). Ä 4. Zu wissenschaftlichen Unternehmungen hat die Akademie b willigt: zur Fortführung der Arbeiten für die interakademische Leisnız- Ausgabe ausser 4000 Mark, die dem für die Internationale Assoeiation der Akademien bestimmten Fonds entnommen wurden, aus allgemeinen Mitteln noch 3000 Mark; weiter durch die physikalisch-mathematische Classe: Hrn. EnsLer zur Fortführung des Werkes » Das Pflanzenreich « 300 Mark; Hrn. F. E. Scuusze zur Fortführung des Unternehmens »Das Tierreich« 4000 und zur Fortführung der Arbeiten für den Sitzungsberichte 1913. em 444 Gesammtsitzung vom 22. Mai 1913. Nomenelator animalium generum et subgenerum 3000 Mark; Hrn. Penck zu kartographischen und photographischen Aufnahmen von der Höttinger Breccie bei Innsbruck 500 Mark; für eine im Verein mit ande- ren deutschen Akademien geplante Fortsetzung des PosGEnnorrr’schen biographisch-literarischen Lexikons als zweite von vier Jahresraten 800 Mark; Hrn. Privatdocenten Dr. FrıeprıcH FLApe in Marburg zu Unter- suchungen über das elektrochemische Verhalten der Metalle 500 Mark; Hrn. Privatdocenten Dr. Erıchn GrAre in Heidelberg zu Untersuchungen über den Mechanismus und die Bedeutung der Stickstoffretention mit Ammoniaksalzen 1000 Mark; Hrn. Dr. Warrter Horn in Berlin zur Fortführung der Bearbeitung der Insectenfauna der Insel Formosa 50o Mark; Hrn. Prof. Dr. Herrmann Jornan in Tübingen zu Unter- suchungen am Centralnervensystem wirbelloser Thiere 1200 Mark; Hrn. Dr. Lupwiıe Keısack in Haubinda bei Hildburghausen zur Be- endigung seiner zoologischen Erforschung der Hochgebirgsseen in den Dauphine-Alpen 400 Mark; Hrn. Prof. Dr. Max Lauer in Zürich zu Un- tersuchungen über die Interferenzerscheinungen an Röntgenstrahlen 1500 Mark; Hrn. Prof. Dr. Frıeprıcn Meves in Kiel zu Untersuchungen über die Befruchtung bei Seethieren 800 Mark; Hrn. Prof. Dr. Rurrın in Kiel zur Herstellung eines Tiefseethermometers 200 Mark; Hrn. Prof. Dr. PauL ScHierrERDECKER in Bonn zu Untersuchungen über das Verhalten von Muskeln und Haut bei Menschen und Thieren 400 Mark; Hrn. Privatdocenten Dr. Arruur StÄnter in Berlin zur Neubestimmung des Atomgewichtes des Tellurs 1000 Mark: Hrn. Privatdocenten Dr. Rıcnarn Voerr in Tübingen zu Untersuchungen über die Leuchtorgane bei Käfern 700 Mark. 5. Die Akademie hat auf den Vorschlag der vorberathenden Commission der Bopr-Stiftung aus den Erträgnissen der Stiftung Hrn. Dr. Frieprıcn Lorentz in Karthaus (Westpreussen) zur F örderung seiner dialektologischen Aufnahmen und Sammlungen ı350 Mark zu- erkannt. Die Akademie hat das ordentliche Mitglied der philosophisch- historischen Glasse Bien SION. am 30. April und das correspon- dirende Mitglied der y thematisel Classe Heinrich WEBER in Strassburg am 1 7. Mai durch den Tod verloren. K. Meyer: Zur keltischen Wortkunde. II. 445 Zur keltischen Wortkunde. II. Von Kuno MEYer. 41. ’Ermiaıon ÄKPoNn. Dies von Ptolemäus erwähnte Vorgebirge des westlichen Schottlands, welches seinen Namen daher hatte, daß es in dem Gebiete des Volks- stammes der Epidier (‘Eniaıoı) lag, ist von jeher mit dem felsigen Süd- ende der Halbinsel Cantire', dem heute sogenannten ‘Mull of Cantire’, identifiziert worden. Diese letztere Bezeichnung rührt von den irischen Eroberern und Ansiedlern her und existiert mindestens seit dem ı 2. Jahr- hundert, wo es in der Sage ‘Cath Ruiss na Rig’ (LL ı72b8) als Mael Chinn Tire vorkommt. Es ist mir nun geglückt, in der älteren Literatur Irlands eine ursprünglichere irische Benennung für das Vorgebirge zu finden, die der Namensform bei Ptolemäus entspricht. In der altirischen Erzählung “Aided Chonröi’ wird von einem sagenhaften Helden namens Echde beriehtet, daß er in Aird Echdi i Cinn Tire ansässig war”. Hier läßt sich Echdi entweder als Genitiv des Personennamens Echde fassen, also ‘Echdes Höhe’, oder als Dativ des Adjektivs echde, so daß Aird Echde genau "Eniaon Äkpon wiedergeben würde. Daß letzteres ursprüng- lich der Fall war, ist zweifellos. Denn der Personenname Echde, welcher nur in dieser Sage vorkommt, ist überhaupt erst aus dem Volksnamen Epidios entstanden. Ähnliches ist in irischer Sagenbildung mehrfach geschehen. Das bekannteste Beispiel ist der Name des Jungen Cüchulinn, Setanta, der aus dem des britischen Volksstammes der Setantier (CerAnrioı) gebildet ist, die an der Ulster gegenüber- liegenden Küste Britanniens saßen. Zwei Dinge lassen nun keinen Zweifel mehr zu: daß die Epidier ein britischer Volksstamm waren und daß sie ihren Namen der von Ahnen betriebenen Pferdezucht verdankten. Daran hätte bei Kennern keltischer Sprache überhaupt nie Zweifel bestehen sollen und doch ‘ Oder Kintyre. Erstere Form beruht auf dem Nom. Ceann Tire, letztere auf dem Lokativ Oinn Tire. ; en .... Biede didiu i nAird Ecdei baoi i Cint Tire Fer Ecencaill, Exiu 11 32. Vgl. Tuur- ES, CZ. 1X. S. 191 $ 2. . 446 Gesammtsitzung vom 22. Mai 1913. haben vorgefaßte Meinungen dazu geführt. So gibt Rays, Celtie Britain S. 225 zunächst den Namen richtig mit “horsemen’ wieder, meint dann aber, weil ihm ein britischer Volksstamm hier nicht paßt, daß irgendein Zufall obgewaltet habe, durch den der ursprünglich mit dem Inselnamen Zbudae verwandte Name umgewandelt sei. Ähnlich erklärte Stores, Linguistice Value of the Irish Annals S. 37 den Namen für piktisch und schlug etymologische Verwandtschaft mit lat. pecu usw. vor. Ich erwähne dies hier, weil es immer lehrreich ist, den bis- herigen Stand der Forschung durch eine neu aufgefundene Tatsache zu beleuchten. Zimmer dagegen trat entschieden für britischen Ur- sprung des Namens ein (Auf welchem Wege kamen die Goidelen nach Irland S. 18); nur ging er darin fehl, daß er ihn ebenso wie ZE. S. 794 dem ir. Echaid gleichsetzte, was lautlich unmöglich ist. Vielmehr haben wir es in epidios sowohl als in echde mit einer gewöhnlichen adjek- tivischen Bildung auf -idio- zu tun, die an den Stamm des bekannten Wortes für Pferd (brit. epo-, ir. equo-) angetreten ist. Das irische Adjektiv echde (eichde, echda) ist öfter belegt!. Ich führe z. B. an: fil euchu eichdiu, CZ 315, 22; co moing eachda "mit einer Pferde- mähne‘, YBL ı2b 33; tora monga echda uathmara, Br. D. D. 130; cılmonga duba echda foraib, ib. Auch eine der Hebriden heißt nach Ptolemäus ’Eriaıon, also 'Pferdeinsel’, und in “Aided Chonroöi’ wird ein Tor Echde "Echdes Turm’ oder “Turris Epidia’ erwähnt?. | Schließlich bemerke ich noch, daß Üantire seit alters der Sitz des Clans der M‘Echern ist, die ihren Namen von einem eponymen Echthigern, d. h. ‘Roßherr’, herleiten. 42. Namen für Irland auf schottischem Boden. Bekanntlich gibt es zur Benennung von Irland im Altirischen außer Eriu noch andere Namen, die allerdings nur in dichterischer Sprache vorkommen. Es sind ihrer vier: Banba, Elg°’, Fötla und Fäl. Während die ersten drei, obgleich ihr Ursprung dunkel ist, von Haus aus die Insel bezeichnen, ist die ursprüngliche Bedeutung von Fl unsicher. Es wird zunächst kurz für den lia Fail genannten Krönungs- stein in Tara gebraucht‘. Daher bedeutet z. B. die öfter auf irische Könige angewendete Redensart co Fäl ‘bis hin zu Fal’, daß sie zu- ' Ein entsprechendes kymrisches Adjektiv gibt es nicht. ? co mbätar oc Tur Echdi, CZ. IX 191 $ 3 (og tor Echde, Eriu II 32, 2). ® Eig (Eigg) f., Gen. Elyga LL 45a 22. 8ıb4ı, Eilgi 377b 16, Dat. Zilgg 49b 44 Der Name liegt wohl auch in Druimm n Elgga vor, ein Bergrücken, der später Drutmm Fingin hieß (LL 198b4 und 15). Vgl. Druimm n Alban. * Siehe Rev. Celt. XV 281 $ 13. K. Mever: Zur keltischen Wortkunde,. II. 447 gleich Oberkönige von Irland waren‘. Dann wird Inis Fai, Fäilinis (LL ı28b 2ı), Mag Fail und schließlich Fal selber zur Bezeichnung für Irland. Es ist nun merkwürdig, daß sich die drei zuerst genannten Na- men und vielleicht auch Eriu selbst als Ortsnamen im nordöstlichen Schottland wiederfinden, wie dies mit Ausnahme von Zig schon von SkEnE, Celtie Scotland’ I, S. 220, kurz bemerkt worden ist”. Der Name Banba liegt in dem heutigen Banff vor, der Hauptstadt von Banffshire, im Buche von Deir (S.39a) Banb (Ace. Sing.) genannt; ferner in Bamff im östlichen Perthshire”. Zlg kehrt in dem mit diminutivem -in gebildeten Elgin‘ wieder, jetzt Elgin (gäl. Eilginn), was also 'Klein- Irland’ bedeutet und an den Namen der Insel Bec-Eriu, jetzt Begeri Island an der Küste von Wexford, erinnert. Den Namen Fötla finden wir in dem Kompositum Ath-fötlla® “ein zweites Irland’, ‘Neuirland’, wieder, dem heutigen Athole, einer bergigen Gegend im Norden von Perthshire. Schließlich liegt vielleicht Eriu, wie SKkEne vermutete, in den Flußnamen Earn und Eren, dem heutigen Findearn or Findhorn, vor. Leider können wir das Alter dieser Namen nicht genauer be- stimmen. Der für Athole ist zu ältest, aus der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, belegt. Es wäre natürlich, anzunehmen, daß die aus dem Südwesten vorrückenden irischen Eroberer und Ansiedler den neu- besetzten Ortschaften diese Namen der alten Heimat gegeben haben. Nur fällt es auf, daß diese Namen sich alle so verhältnismäßig dicht beisammen finden und daß in den zuerst eroberten Gebieten des Westens ähnliche Namen kaum vorzukommen scheinen. Es sieht aus, als ob diejenigen, die sie gegeben haben, unmittelbar aus Irland gekommen sein müssen. 43. Altir. ar-cridiur “ich herze‘. Dieses bisher nicht gebuchte Verbum ist in einem alten in Stab- reimen abgefaßten Gedichte auf König Echu mac Ennai Chenselaig 1,2.B. Eriv Jo Chunn, Conn co Fal, Anecd. Il 8; Can tar Failbe co Fal, Rıwı. B 502, 1632.40, d.h. auf den König von Munster Failbe folgte Cüän, der zugleich Oberkönig von Irland war. * »In the north eastern Lowlands we find these three words, Eire, Fodla, Banba, entering into the topography.« Der Flußname Banavie bei Fort William beruht wohl auf bainbe, dem Gen. von banb f. ‘Ferkel’. Dagegen mag der Name des Dorfes Banavie in Argylishire eben- falls auf ir. Banba zurückgehen. iS aatet Aa Nice di dor Orkneya Saga (ed. Vıerusson, Kap. 82). # Die ältesie Belegstelle des Namens ist Athfotla, Fig. 739; Athotla im Buche von Deir, fol. 9a. Das nordische Atjöklar (Orkneya Saga, Kap. 66 u. 78), durch jöklar, den Plural von jökull “Eisberg’, beeinflußt, geht wohl auf eine spätere schottische Form Athochlach zurück. Siehe Sroxes, Linguistic Value S. 30. 448 Gesammtsitzung vom 22. Mai 1913. belegt, welches sich LL 393a 53 und BB ı34a 48 erhalten hat. Es stammt wohl aus dem 7. Jahrhundert. Dort finden wir die Langzeile: Echu, art arachridethar cathrai “Eehu, ein Bär, welcher Schlachthaufen ans Herz drückt’. Eine Glosse erklärt das Wort allerdings durch noail “welcher nährt’; aber das ist falsch geraten, ebenso wie die Bedeutung von art, das durch vasal glossiert wird. Die drei irischen Worte für ‘Bär’, art, math, bethir, dienen den Dichtern oft zu ehrender Bezeichnung von Helden. Wenn hier auf die tödliche Umarmung des Bären (engl. ‘hug’) angespielt wird, so weist das wohl darauf hin, daß das Tier damals noch in Irland zu Hause war oder wenigstens in der Erinnerung lebte. Im 8. Jahrhundert erwähnt Bepa von Raubtieren in Irland nur noch mehr den Wolf und den Fuchs und im 9. Jahrhundert gab es sicher keine Bären mehr; denn Donatus von Fiesole sagt ausdrücklich in seinem Gedicht auf Irland: ursorum rabies nulla est ibi. 44. Altir. Cathair n. pr. m. Diesen seltenen Personennamen, der auch Cathaer, später Cathaoir geschrieben wird, kenne ich nur als den eines bekannten Königs von Leinster und Irland, mit dem Beinamen Mär ‘der Große’, der wohl im 4. Jahrhundert n. Chr. gelebt hat'; ferner als den des Vaters von Con- chobor Rot, König von Ulster, den die Überlieferung etwa ins 5. Jahr- hundert v. Chr. setzt (s. CZ VIIL, S. 326,21), und drittens als den eines der zehn Söhne Bresals mac Ailella Tassaig von Munster (LL 3218). Der Name ist flexionslos. Der Genitiv lautet ebenfalls Cathäir, z. B. do Chathair erich, RC 25,22; deichthimna Cathair, Metr. Dinds. III 20, wo es auf rachdim reimt; mac Cathaoir Mhoir, Keat. II, S.262. Schon dadurch erweckt er den Verdacht, daß er entlehnt ist. Es kommt hinzu, daß er sich aus dem Irischen nicht erklären läßt. So liegt es nahe, an Her- übernahme aus einem altkymr. *Cat-air zu denken, was wörtlich ‘Schlacht- niederlage’ oder ‘Niederlage von Schlachthaufen’ bedeuten würde. Hier gibt das ir. di (später de, aoi) das kymr. ai wieder, wie in cathäir ‘Stuhl’ (aus altkymr. *catair), cain ‘schön’ (mittelkymr. cain) usw. s. PEDERSEN $ 21: aer ‘Niederlage’ wird im Bretonischen häufig als erstes Glied von Personennamen verwendet. Siehe die Sammlung bei Lorn, Chrestomathie Bretonne, S.105. Aus dem Kymrischen kenne ich freilich nur den Namen Aer-thirn (statt Aer-dirn) ‘Herr der Niederlage’, der im Buch von Llan Daf, S. ı50 vorkommt. ' Dies schließe ich daraus, daß sein Enkel Bresal Belach, Sohn des Fiachu ba aiccid, nach den Annalen von Ulster 43 5 oder 436 gestorben ist. K. Meyer: Zur keltischen Wortkunde. III. 449 45. Kymr. Diwrnach n. pr. m. In der Erzählung von Kuruwck und OrLwen (Red Book, ed. Ruys- Evans I, 135,26 und 136, ı2) wird ein Diwrnach Wydel erwähnt, der Verwalter des Königs von Irland Odgar uab Aed und Besitzer eines von Artur begehrten Kochkessels war. Hier scheint mir der irische Personenname Diugurnach in kymrischer Lautgebung vorzuliegen. Dieser findet sich Rawı. B 502, ı60b 48 als der des Stammvaters der Ui Diugurnaig, eines Volksstammes, von dem ich weiter nichts weiß, als daß er mit den Ui Daigri (in Tipperary (?) s. Hogan) verwandt ist. 46. Altir. esclae. In der Tain Bö Cualngi LU 62a 3ı = YBL 2ıb 40 sagt Loeg von dem jungen Cuchulinn, daß er ar esclu (aroesch“' Y) aus Emain Macha ausgezogen sei (macc becc dochoid indiu ar eschu hi carpat). STRACHAN (Täin Tales, S.80) weiß mit dem Worte nichts anzufangen. Mit chi Ruhm’, woran er denkt, hat es jedenfalls nichts zu tun; es ist vielmehr der Dativ von esclae, welches in O’Mvrcoxrys Glossar $ 445 etymo- logisch als Zaithe escomlaithe "Tag des Auszugs’ und weiter als la sua- bais do imt[h]echt “ein zur Ausfahrt wohlgeeigneter Tag’ erklärt wird. Die genaue Bedeutung und Herkunft bleibt allerdings unklar. SrracHan (Arch. f. eelt. Lex. I 477) wollte es aus es-e'n-la als einem Verbalnomen zu es-com-la herleiten, welches aber doch escomlad lautet. Siehe ascom- laim, Contrib. 47. Die Wurzel swel im Irischen. Über diese keltische Wurzel hat Tuursevsen in der Zeitschr. f. kelt. Phil. VIII 76 ff. gehandelt. Zu den dort angeführten Belegen der- selben möchte ich noch zwei Komposita hinzufügen, in denen sie vor- liegt, nämlich ctairt-fel "Kreisdrehung, Wirbel’ und mer-fal "Irrgang, Verirrung”. Ersteres Wort kommt bei Coruac, s. v. cieul ($ 264)” vor, letzteres, gewöhnlich merbal geschrieben‘, z. B. bei O’Mvrconrey 677 ’ merful, oder in einem Gedichte in C.II 3, S.4b: nach truagh, a Dhe, misi ar merbfall "san tslighi reidh romam ‘ist es nicht traurig, o Gott, daß ich auf dem ebenen Wege vor mir irre gehe?’ , Ursprünglich wie das Simplex se! männlich, wird merfal im Mittel- irischen auch weiblich abgewandelt, z. B. rabdi for merfaill ; merugud, ER ‘ Über dem o scheint ein punctum delens zu stehen. ” Ich zitiere nach meiner Ausgabe (Aneedota from Irish Manuseripts, vol. IV). ® Über den Wechsel von 5 und f s. Taurseysen Handb. $ 129. 450 Gesammtsitzung vom 22. Mai 1913. TTr. 232; cen merfaill, LL ı40b 44; oder es liegt Anlehnung an ‚faill “Versäumnis vor. 48. Mittelir. menne. Dies Wort findet sich zweimal auf S. 358 des soeben erschienenen dritten Bandes von E. Gwynss Ausgabe des ‘Metrical Dindsenchas’. Es heißt dort Z. 35: Do fäs cocad itir Chonn ocus Eogan na n-ardglonn; rointer Eri leth ar leth ac in dd menne meadrach, und Z. 49: beris Conall’s a cland chrüaid ?’s a menne mearda marcslüaig usw. Der Herausgeber übersetzt das Wort an beiden Stellen mit kids‘, indem er es offenbar für eine Nebenform von menn ‘Kitze’ hält. Aber weder ließe sich eine solche Bildung erklären, noch paßt die Bedeutung. Dazu kommt, daß durch den Reim mit Eri die Länge des ersten Vokals gesichert ist. Ich zweifle nicht, daß wir es in menne mit einer Entlehnung aus dem mittelengl. meinee, menne zu tun haben, wofür das New English Dietionary s. v. meinie u. a. die Bedeutungen ‘household, a body of retainers, retinue, army, crew’ gibt. 49. Ir. eirdin, eirdnaim, etraigim. In der Revue Celtique XXXII S. 94 ff. habe ich von einigen Kompositis gehandelt, die das Verbalnomen zu agim “ich treibe’, «in f., enthalten. Zu diesen gesellt sich noch etr-aäin‘ f., Gen. etrdna ‘sich einmengen, dazwischenfahren, zu tun haben mit’, mit Akkus. "hindern, retten vor’ (ar, später for) eigentlich ‘zwischen- (hinein-) treiben’, näm- lich in eine fremde Herde. Die Iren, bei denen die Viehzucht eine SO große Rolle spielte, haben ja daher manche Metapher genommen, wie z. B. imbüiaruch, anner ‘junges Weib’, löig als Kosewort usw. Die Präposition etar erscheint hier in der Form, die sie vor vokalischem Anlaut annimmt (Tnury. Handb. $ 827 A). Zu den Bei- spielen des Wortes bei Wınviscn und Arkınson (Laws) füge ich hinzu: cen etrdin forru, LL ı19a ı; ar ddig co tised in clerech dia n-eträin ‘damit der Kleriker zwischen sie fahren möge’, Lism. L. 3093; da n-eträin For cumachta Cesair ‘sie vor der Gewalt Cäsars zu retten’, CCath. 5529; näch fedfadis Ulaid h’eadräin form-sa ‘daß die Männer von Ulster dich nicht vor mir retten könnten’, MR 42, ı2; air na heträna 7 in deiligthe, ib. 3881. ! Stores setzt im Index zu den Lismore Lives und zu CCath. fälschlich z \ etran f. an. K. Meyer: Zur keltischen Wortkunde. II. 451 Davon abgeleitet ist eirdnaim in derselben Bedeutung: Bodleian Dinds. $ 32 mani eträintis in choin in muicc “wenn die Hunde das Schwein nicht gehindert hätten’; ni raibhe edranadh, Ir. T. Soe. VII 86. In derselben Bedeutung gibt es ferner ein Verbum eiraigim, das unmittelbar von der Präposition abgeleitet ist, z. B. ni hetraigim rüna DE “ich menge mich nicht in die Geheimnisse Gottes’, SR 8001; nd elraicced clainn Eogain “laßt euch nicht mit dem clann Eogain ein!’ Cireuit of Ireland $ 27; nd etraiged mndi “daß er sich nicht mit einer Frau befassen möge’, Death-tales 8, 10, wo im Index weitere Belege gesammelt sind. 50. Mittelir. all f. “Halle”. Schon Rev. Celt. XII S. 460 habe ich auf dieses aus dem nord. höll (hall) f. entlehnte Wort aufmerksam gemacht, das ich nur aus einer Stelle im Buch von Fenagh S. 224, 28 kannte: mochean-sa tan tic domm all “willkommen, wenn er zu meiner Halle kommt!’ Da hier die Form all durch den Reim mit /am "bei mir’ gesichert ist, scheint das Wort als Maskulinum gebraucht. Dagegen finde ich das dem Nordischen entsprechende weibliche Geschlecht in Raw. B 502, S.84b 4 in einem älteren Gedicht, das wohl aus dem ı ı. Jahrhundert stammt: 90 hAugaine na halla 6 rochindset edemehlanna. 51. Altir. cennmar. Ebenso wie neben dermär ein älteres dermar liegt (s. oben $ ır), finden wir neben dem gewöhnlichen cennmär oder cennmor "großköpfig ein cennmar. Sicher liegt es in zwei Versen vor, wo die Kürze der Endsilbe durch den Reim erwiesen ist: LL 35b 9 = Rawı. B 502, 83b 39 heißt es in einem in rindaird abgefaßten Gedicht: Mace Moga Corbb cennmair ocus Eocho aignech. Hier besteht quantitative Assonanz zwischen cennmair und aignech. Ferner im Edinburger Dindsenchas $ 62: | is € ro[da]sdeadhlad de Coba cennmhar cuthchaire. Hier reimt es auf dedlad. Ob es auch in der Prosa, z. B. Rawı. B 902, 126b ı4, wo LL 3ı8a ı6 cendmör hat, oder an letzterer Stelle 2. 18 (mac Büabalchind -i- cendmar 2) anzunehmen ist oder vielmehr das Längezeichen über dem a ausgelassen ist, wage ich nicht zu ent- scheiden; doch scheint mir ersteres wahrscheinlicher. Sitzungsberichte 1913. Ez 452 Gesammtsitzung vom 22. Mai 1913. 52. Ir. druinnim ‘ich drücke an die Brust’. Zu den beiden homonymen Verben bruinnim, die ich in den Con- tributions S. 277 aufführe, kommt noch ein drittes hinzu, das ich freilich nur aus £&iner Stelle belegen kann. In O’Donovans Ausgabe der ‘Battle of Magh Rath’ heißt es S. 296, Z. 19: gan ced n-öglach n-imchomlaind do chlannaib Neill nertchalma dom bhruinniud, dom bheannachad. Hier übersetzt O’Doxovan bruinniud gewiß richtig mit 'caress': “Ohne hundert streitbare Krieger vom Geschlechte des starktapferen Niall mich zu herzen, mich zu segnen’. Wir haben es offenbar mit einer Ableitung von bruinne m. ‘Brust’ zu tun, vielleicht ursprünglich einem Deponens bruinniur. 53. Altir. aöste n. Dies in den Glossen zufällig nicht belegte Wort scheint ursprüng- lich neutrales Geschlecht gehabt zu haben, da es im Mittelirischen sowohl männlich als weiblich gebraucht wird. So heißt es z. B. Fel. CXLV: ar rob € aiste in finda sin ‘denn das war die Eigenschaft dieses Haares’; dagegen Ir. T. II 106, 18: isshi seo ind .aiste “dies ist das Metrum’. Freilich scheint weiblicher Gebrauch zu überwiegen, besonders in der Bedeutung ‘Metrum’; im Neuir. ist das Wort da- gegen männlich. Die Grundbedeutung ist wohl ‘Eigenschaft, Art, Weise ; weitere Entwickelungen sind ‘Muster’ und ‘Dichtweise, Metrum’, wo- für sich in meinen Contributions Belege finden. Ich möchte das Wort aus ER herleiten, worin die im Irischen mehrfach verwendete Wurzel sem‘ “schöpfen, gießen’ zugrunde liegt, die wir bekanntlich auch in leistiu 'vergießen’ aus to-es-sem-tö und in tuistiu ‘erzeugen aus lo-us-sem-tiö haben. 54. Ir. enatur-bäre. Dies Wort findet sich zur Bezeichnung irgend einer Schiffsart zweimal im “Cath Catharda’, Z. 1473 (wo die Lesart cnaturbarca in choblaig durch die Alliteration gegen turbärca H gesichert ist) und in Z. 1932. Daher stammt wohl die Glosse enadarbharca -i- longa bei O’Crerv. In enatur- haben wir es offenbar mit einer Entlehnung aus dem nordischen knpitr, knatlar ‘Ball’ zu tun, obwohl dies Wort im Nordischen selbst nie Bezug auf ein Schiff zu haben scheint. Die Sache liegt aber ganz ähnlich mit einer anderen irischen Schifisbe ! Siehe über dieselbe besonders Sorusen, Beitr. z. griech. Wortforschung I, S. 189. . K. Meyer: Zur keltischen Wortkunde. III. 453 zeichnung, enap-long, wo cnap aus knappr entlehnt ist, obwohl das Nordische wieder eine solche Zusammensetzung nicht kennt. Doch vergleicht ALEXANDER Busse (Festschrift für K. Meyer, S. 292) das nord. knapp-Hald. Wie cnap-long ein mit Knäufen versehenes Fahr- zeug bedeutet, so wird cnatur-bäre ein mit ball- oder kugelartigen Nagelköpfen beschlagenes Schiff bezeichnen. 55. Ir. facht, kymr. gwaeth. Ein irisches Substantiv facht liegt Arch. II 294 $ı4 (la feirge facht) und im “Metrical Dindsenchas’ II 34 (fer co facht) vor. An bei- den Stellen würde die Bedeutung ‘Böses, Übel, Bosheit’ gut passen und so scheint das Wort dem kymrischen Komparativ gwaeth "schlim- mer zu entsprechen. Auch der Personenname Fachtne, Gen. Fachtni, Thes. II 272, später Fachtna, wird wohl hierher gehören. An ein Lehnwort der Gelehrtensprache aus lat. factum, wie kymr. faith, ist nicht zu denken. 56. Altir. önellgim. In O’Mvurconrys Glossar $ 537 werden folgende Verse zitiert, von denen der erste und vierte auch bei O’Davoren 1072 und 73, letzterer mit besseren Lesarten, überliefert sind. Inellaig' ollam anamain, änsruth, Gaslem a nemith nathellach, nt do chli col n-ergnae di anair Airme, ard conn canad”? dichain” emain cen imresce n-imrinn, insce duiss denam länchor laido, la macfuirmid moin söer setrotha, senamain suärim co fatha' feith, fochue foseirid for aursing, for midsing, for iarsing, For aurthruim, for midtruim, for tartruim. Es handelt sich um die den sieben Stufen der filid zustehenden Versmaße’. Das Gedicht ist stabreimend abgefaßt; auch die Lang- zeilen sind durch Alliteration (in Vers 3 und 9 nur scheinbar) ver- knüpft. Ich übersetze: Der ollam fügt die anamain zusammen, was den änsruth betrifft, so ist sein höchstes Privileg die Komposition der nalh, an Ka RER * inloing O’D. cano O’M. dicain O’D., docan O’M. fathaib OM. Vgl. srüaim co fätha (sie F) feith, O’Dav. 916. Vgl. Tnurnexsen, Ir. T. I, S. 58 oo» wu x 454 Gesammtsitzung vom 22. Mai 1913. dem c/z erwächst kein Schaden der Würde aus dem zu zählenden' anair, | hoch ist der Verstand des cano, welcher die rings gereimte emain ohne Fehler singt, der Vortrag des doss besteht darin, die vollen Weisen’ einer /aid zu machen, dem macfuirmid gebührt die edle Gabe des sztruth, (ferner) eine wohlgezählte senamain mit kunstvoller Glättung‘, der focluc befolgt‘ die airseng, die midseng, die iarseng, die airthromm, die midthromm, die iarthromm. Statt inellaig wollte Stores (Arch. I 477) i n-ellaig lesen, aber ellach ist ein neutraler o-Stamm. Vielmehr haben wir es mit einem Verbum in-ellgim oder in-ellung zu tun, in welchem dieselbe Präposi- tion zweimal wiederholt ist (in-en-long). Es kommt auch bei O’Dav. 1130 roinellgestar, Laws IV 16, 21 roineillgistar und ib. 38, 9 ineillgiter ‚vor. Die Bedeutung ist ‘ich vereinige, verbinde, füge zusammen’. In unserem Gedichte ist es ähnlich wie dagim “ich nähe’, figim “ich webe' auf die Kunst des Dichters übertragen. So wird auch inloingim selbst gebraucht, z. B. infiach ellachta ‘der gefügte Vers’, O’Dav. 858; nath- ellach, oben; län-ellach do denum do lethrann, H. 3. 18, 422; so daß es selbst die Bedeutung ‘Vers’ oder “Versart, Metrum annimmt: ellach ‚iaiste, O’Dav. 765. sp Te Uanaind n. pe; In den Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1912, S. 436, Anm. 3 habe ich diesen Namen, der LL 363g Uanfind geschrieben ist, mit ‘Schaumhaar’ wiedergegeben. Natürlicher ist es aber wohl, in find das Adjektivum zu sehen und ‘Schaumweiß’ zu übersetzen, was sich dann auf die Hautfarbe beziehen würde. Ein ähnlicher Name liegt LL 321d = Rawı.B 502, ı51a46 vor. Dort heißt eine Frau Cobor mongfind ban choemdelba oder, da die Handschriften die Wörter nicht deutlich genug trennen, vielleicht Cobormong findban choemdelba, so daß wir entweder einen Kurznamen Cobor oder den Vollnuamen Cobor-mong ‘Schaumhaar’ haben. ! Stores (Arch. 1277) übersetzt dirme mit “thou shouldst reckon’. Ich fasse 8 als attributiven Genitiv von arim. Vgl. su-arim in Z.7. Vielleicht ist aber arim zu lesen und anair als Genitiv Plur. zu fassen: ‘aus der Zahl der (verschiedenen) anair'. ?2 Öder, wenn wir länchöir lesen, ‘die volle Richtigkeit’. Auch könnte zu kon- struieren sein: denam ldido länchor “ein Lied von vollen Weisen zu machen ° fäth ist wohl der Dativ von feth, welches LL68a44 und bei Corm. $ 975° - in snas dedenach und ba feith in tress gress vorliegt. * foseirid, ans für fo-seirthid “Nachtreter, Gefolgsmann’ von seir ‘Ferse. Vgl. seirthid, Laws Glos K. Meyer: Zur keltischen Wortkunde. II. 455 58. Nachträge. Zu glicar ($ 14) gesellt sich noch das Adjektiv glicarda, welches CCath. 4032 (da glün garba glicurda) vorliegt, wozu Stores im Index das schottische gliogram anführt. Siehe Diet. Highl. Soc. s. v., wo aus der “common speech’ auch gliogram-chos erwähnt wird. Zu den dort ge- buchten anderen Ableitungen von gliogar hat Stern noch gliogaire “a rattle-bones’ aus Camegerzs Tales’ II 32 in sein Handexemplar ein- getragen. Daß wir in swapte ($ 25) wirklich das Adverbium eines Adjektivs suaptus haben und daß Virgiliüs sich des Ursprungs dieser Bildung bewußt war, geht deutlich aus folgender Bemerkung desselben hervor (ed. Hvemer, S. 81): solent enim integro nomini aliam ex alio syllabam supplementi gratia superaddere, ut est suaptum; su enim ex suavitate susceptum est. Zu den auf S. 1149 erwähnten seltenen Diminutiven auf -ac und -uc kommen noch die folgenden: cannac “Rohrstock’ (a canna, fid bis i Udim); erwindiue “Tautropfen’, Acall. 385; rindiue “Grashalmspitze’, ib. 3356 und RC XIN 221, 13: roseuirit a ngabra for in rindiue dia gle|i]th. Zu $ 39. Gwyn Davies spricht brieflich die ansprechende Ver- mutung aus, daß Prydein durch Anlehnung an Rufein (aus Römäni) entstanden sei. Ausgegeben am 29. Mai. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Sitzungsberichte 1913, 4 weise oder auch in meitgzen ‚Ausführung, in Aus $ 27. deutscher Sprache sein oder Das Manuseript einer in einer ee en werden. Sollte eine dem Sa re Veröffent- am en »- Fingern, in die Sitzungsberichte zu- lichung dem redigirenden Seeretar r Ausgabe in gelassenen Mittheilung, nace am Bere ehe den akademischen Schriften zur Kenntnis Se so gedruckt erscheinen soll, r Regel nach e hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. Sitzung selber, ug bis Freitag 10 Uhr Morgens Wenn der Verfasser einer een wissen- dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- ftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu fertig zugestellt werden. Später Anger Manuseripte veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gel- ee mit dem Präsentationsvermerk redigirenden tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- vetars oder des Archivars versehen, für ein späteres willigung der Erna A kipiuin. Se zurückgel Gedächtnissreden anderweitig zu- veröffentlichen ist Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen | ge-. den Verfassern ke gestattet, schehen, deren Satz aus irgend sage Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten läs er welche den Aus $ 21. in den $$ 3 und 4 enthaltenen re nieht ent- Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken sprechen, in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die asp wohnenden oder an- Aus $ 22, wesenden Verfasser, oder an engen welche = Jeden Sitz Fo eröe t eine Übersicht über die Mittheilung vorgelegt ‚haben, mie der Angabe dass in der Sitzung v etragenen wissenschaftlichen Mitthei- dieselben am Dienstag l werde; lungen und über y* zur Ven öffentlichung geeigneten ge- wünscht jedoch die mit der Correetur. betraute Person schäftlichen Angelegenhei Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Hinter den Titeln der wisse enschaftlichen Mittheilungen Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die folgen = age Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben, Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- trauten Person behalten, so hat sw. es zu verantworten, Avon sind, Diese Inhaltsangaben sollen sieh in wenn die ug in einem we n Stück EEE der Regel = AR EEE kcchia n, keinesfalls Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen 10 Zeilen versandt; die Verfasser FREE _ on — Die ade in ndn: En der Akademie ne ihrer en = acht Tagen. Fre Mittheilu ungen werden mit vorgesetztem Ste eichnet, deren Corre noch dem a Nigicde bei den für die Nele, bestimmten ig Berge )* zur een een werden müssen, kann das « zugefügt, scheinen am iaazegs Ausgabetage überhaupt nicht zuge- ES hehe Mittheilungen fremder Verfasser sichert werder werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, Aus $ 36. in weicher deren Zee in die akademischen Schriften Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- beschlossen wird. griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1910: = ee Milena One > = Se en eu ae Philosophisch-historische Classe . . ee ge. Jahrg. 1911: pıysikalisch-mathematische Classe * * * . * * * * * * * * * * . ” * m} . M 26.— 0s0p hisch historische Classe * B . * * % “ D * * a BERS * 5 “0% ” . ABER, . ” I Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1910, _.. .. und 1913. TuRY: A ee are er Mn u Horn: 7 Gele Fe gegen = — ee : er ca I Exorer und "Rnas: Ober den anatomischen Bau der baumartigen (Oyperacee Schoemodendron GL. aus #0 ” N ae Fischer: tnissrede auf Jacobus Henriens van’ "Hoff. : tn a ganz, W;: . äch tnissrede auf ige TR ne ana Diers: me rer derung Frank des Galen’schen Commentars zum Prorrheticnm des er tes . ee * ” Zum }3 Auf welchem Wege kamen die "Goidelen vom Continent nach Irland? . er HennAns: Gedächtnissrede auf Wilhelm Dilthey wo... En. lee Serien; Zum ilindischen Fohdewesen in der Surlingenzeit” nn M a: Bahnen der negsagreng Erste Abtheilung. und Titania Pe, En An: Ei Fa ag eg Hymnenbuc Alahradnma 0 - en, | Dı : Die gern Weekier Jan in Ägypten a ’ . . * ; eckung ng er .. Te — — L. Licnrenstein: Beweis des Satzes, dass jedes ni kleine, im wesentlichen stetig ge- ümmte, singularitätenfreie Flächenstück au n Theil einer Ebene zusammenhän Ei end un nd n den kleinsten Theilen ähnlich abgebildet hie kanı %. von La Dog Pr kische Manichaica aus Chotse ne ara „van Bercnem: Die muslimischen Inschr iften von a ee M. Lipzsarskı: Phönieische und aramäische Kruga nfschriften: aus Elephantine : C x: Zur — Se > lamischen Inschriften . fe ı Arabis En HNSEN: Die ana ee a in S. Pie Sn S. FR tioco Sardini en) i LAATSCH: Morphologische Studien zur Rassendingnosik der Turfanschädel . : Über den en ıfall, in welchem ebenes Fachwerk von n Knotenpunkten und Stäben oder a „räunliches Pahask von n Kock und 3n—6 Stäben iicht mehr statisch bes ee E. ei Zur ee des islamischen Gebets und Kultus Brpmt ah Sitzungsberichte der Akademie. Preis des Jahrgangs Sonderabdrucke I. ee 1912. H. Sıwrer: die Masse des Saturnstrabanten Tita, er BIN agrmae über uadratische Formen, die viele Pr imzahlen darst ellen efestigungsanlagen 2 P. Maas den iehungen wischen Kirchenvätern und So ophi S. Konow: zwei Handschitenblätter in der alten arischen ee aus Chinesisch- Turkistan ee ANN tersuchungen über die specifische Wärme. sst: Untersuchungen über die speeifische Wärme. VII. F Fir über den Gebirgsb ir os in seiner Bedeutung für die En e der euro- päischen und ee Gebi vos Wiramowırz-MoELLEND Bey . Praumann: Tinspapyrus P. >. Morgan (hieran Taf. IX und 9 ScHwARzscHILD: über S Bee een ee Emplmaun: Irkennen und Verstehen 2 Anl) ; 2... 2 2 „nu. 2a Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1913. Norpen: aus Cicero’s Werksta Warsurs, G. Lerrnäuser, E, Be und C. Mürter: über die Constante c des "Wirx-Pranex- schen Serahlungsgeset zes K. aan un = _ Be: ‚speeifische Wärme von Helium und einigen "zweiatomigen "Gasen ÖRTR: über tberculöe Reinfetion und ihre Bedeutung für die Entstehung der Lungenschwindsucht Peek: die Formen der Landoberfläche und Verschiebungen der Klimagürtel ie Harnack: der Geist der morgenländischen Kirche im Unterschied von der sbendländischen S. en: zur 'Theori ; j tallen a ie Bee J. Mewaror: eine Fälschun RTIER’S in Galen’s Schrift „ber de Kom 2 Herımann: nn die Herkunft der Stanbfälle im Dis wer Herımanx: psycholo een bedingte Fehler bei reed Beobachtungen M. Livzsarskı: eine pun ee Bilinguis aus einem Tempel des Massinissa (hier Taf. ED Fıscrer und K. Zace: Badas on der Acetobromglucose und ähnlicher Stoffe BERLANDT: zur Priyaiilogin- der Zelltheilun Pıaxck: über das Gleie chgewieht en ‚Osillatoren, freien Elektronen und strahlender Wärme WALDEYER: das Ber = nes Schei F.E. Scaurze: die E Er auf u und Wan der Säugethiere. 11. Die Kt a. (Suaw) en Taf. Lüpers: die er en Sprae J. ser R. Ken n-, ine und. ‚dreiwerthige Linien des Aluminiums | in den anals : ee Eee re Ir" z i : ex Bu ‘ 2 Be, 2 une Ehe Q s E AM12.— 1913. XXVIl XXVI. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 29. Mai. (S- 457) Frogextus: Über die Markorr’schen Zahlen. (S. 458) Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 29. Mai. (S. 489) BERLIN 19132. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaetion der akademischen Druckschriften. Aus $1l. ar Akademie giebt . s $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen nn » Sitzungsberichte ! Far sniglich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich F Praknalsahet: Akademie . der Wissenschaften « 8182. die ee He oder die er aka- ku Jede zur Aufnahm Kiiendiingen Ve Miheflung muss in ein dem Sehen Sitzung vorgelegt t werden, mitglieder haben hierzu die Verm ttelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu ar, 5 3. mfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll ı in ne al öhnlichen Schritt er Sitzungsberichte; in den Abhan ungen 12 Druckbogen ı je .8 Seiten in der a Ban der ee I nieht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist ri mit ee enden Cla ‚lage a nein en eklieh zu ze der. Um Manuseripts ver- die ee Arie sein werde, hat “das Pe Mitglied es vor dem Einreichen auf seinen mnthmasslichen Umfang ir Druck re zu lassen. ga. ollen einer Aithelung Rei im Text oder auf rei Tat eigegeben werden, so sind die a Geichnuugen n, Eh graphische Original- w.) gleichzeitig mit Par Manuseript, jedoch auf seirenen Hikrn n, einzure e Kosten der Herselung . Vorlägen habeı der Er die Verfas von er vorsitzenden Secretar richten, n zunächst im eretariat vo Er un ni weiter in der Gesammt- Ka zu v deln. ie Kosten der ielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höh eser Koste ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren d der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufüsen. Überschreitet dieser Anschl; ür die er- o ist Vorberaiiung durch das Secretariat geboten Aus : Torlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuseripts an den zuständig Seeretar oder an den Archivar wird über nase = See in die akademischen Schriften, und zwar, eines der anwesenden Mit- glieder e verlan Mn alla ee immt. Mittheilungen von Verfassern, welehe nicht gig der era a sollen der a nach nur in die Sitzungsberiehte aufgenommen werden. Beschliesst eine sse die rau der een; eines ana in die Abhandlungen, so bei die A ne der Bestätigung durch ni ie G Aus 8 6. bi Ti ar TE 7 4 f, I RT s sich ı nicht bloss um glatten Text han delt, aus« sehellende Anweisungen für di ie Anordnung des Satz und die Wahl der Schriften enthalten. Bei we du ana Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden Mitgliede vor Einreichung des Manuseripts vorzunehmen, Dasselbe hat sich sern, dass der Verfasser zu vergewis seine Mittheilung Sn vollkommen droek reif Die erste Correc r ihrer Mittheilungen besorgen die Verfasser. Fremde nn en diese erste Arabtore; an das vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correcetur soll nach en nicht über en ge ee von Druckfehlern n Schreibve usgehen. Umfängliche rare Fremder Gen = hen des redi- girenden Secretars vor de en an die Dr und die Mans, Du zur Tragtigide tehenden Mehr- kosten verpflich f ansieht. Aus $ 8. Von allen in die Mens 1gsherichte e oder Abhandlungen ee ehe wissenschaftlichen a Reden, Adressen oder Beric u werden für asser, VON. en Mittheilt =. wenn der Druck 4 Seiten übersteigt, auch für der ee Sonder- ee ei die ae nach Erscheinen aus- gegeben. hal FRR» Ei I ha 4 aka für den Buchhandel hergestellt. indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. on den len aus den Sitzungeberichten i der Akade ie ist, von n zur Zahl von 2 =. nn als 0) abziehen zu lassen, sofern er dies rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an- nr hat; Abdrucke zur Vertheilung zu e » der Genehmigung der Cam. Akne mie oder der 5 een sse. — Nichtmitgli ers erhalten 50 Frei- emplare und dürfen Re ie Anzeige bei dem naleie enden Seeretar weitere 200 Exemplare auf ihre Ko sten abziehen lassen. n den Sonderabdrucken aus den ea er hält ein Verfasser, welcher en der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 30 Frei r ist indes ne zu gleichem Zwecke exemplare; e Zahl auf a der Paso re Exemplare bis zur = von no 00 auf ne Kosten noch weitere hı nd auf zur "Zahl von 100 (im ganzen a o 230) abeichen zu lassen, ‚eretar gezeigt hat; wünscht er auf 2: Pe Abdrucke zur Verheiung zu erh 489 edarf es De der Genehmigung « r Gesan Br m der de aan Classe. nitgl Kara 30 Frei- mplar: . . nach rechtzeitiger Anzeige bei dem enden retar weitere 100 Exemplare auf ihre Kosten ER lasse 8.11, Eine für die ger Schriften at ee auf 8.3 » ran N 457 SIIZUNGSBERICHTE 1913. XXV. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 29. Mai. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. PLAnck. Hr. Frogentus las: Über die Markorr’schen Zahlen. Die Bestimmung der Minima der indefiniten binären quadratischen Formen hat Hr. Markorr auf die Lösung einer unbestimmten Gleichung zurückgeführt. Die Eigen- schaften der ganzen Zahlen, die dieser Gleichung genügen, werden hier untersucht. Jede solche Zahl kann durch eine rationale Zahl charakterisirt und aus dieser direct berechnet werden. Sitzungsberichte 1913. 458 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 29. Mai 1913, Über die Markorrschen Zahlen. Von G. FRoBENIVS. Hr Anpre) Markorr hat, Math. Annalen, Bd. 15 und 17, zwei Arbei- ten veröffentlicht Sur les formes quadratiques binaires indefinies. In der indefiniten Form v= (a,b,c) = aa? + bay + cy? seien die Koeffizienten a,b, ce beliebige reelle Größen, die Variabeln x©,y ganze Zahlen. Die Diskriminante von W sei D — b?-Aac, die untere Schranke aller Werte des absoluten Betrages |Y| von X sei M. Für die Form k\ haben diese Größen die Werte 7? D und kM. Dann beweist Hr. Markorr: Für die Gesamtheit aller indefiniten Formen & ist D lim. inf. 2 3, | It VD<3M, so ist L, mit einem passenden Faktor k multipliziert, / einer Form pP = pa? +(3p-29) zy+ (r-39) y? (eigentlich oder uneigentlich) äquivalent. Hier sind p,q,r posilive ganze Zahlen, p genügt, zusammen mit zwei andern ganzen Zahlen, p, und p:» der unbestimmten Gleichung pP? +pı +pı = 3P Ppıp.. +q ist der absolut kleinste Rest von = (mod p), und r ist durch die@ler 2 chung pr-y’ = 1 bestimmt. Für diese Form p ist D = 92-1, M =», ID = via vier Formen . + (pa’-2gay + ry?)+3y (pa-gy). n Sind die Verhältnisse der K oeffizienten von W nicht rational, so ist Stel | M<-VD. Frosenıus: Über die Markorr’schen Zahlen. 459 Trotz der außerordentlich merkwürdigen und wichtigen Resultate scheinen diese schwierigen Untersuchungen wenig bekannt zu sein. Selbst Mınkowskı erwähnt sie nicht bei der Behandlung einer verwand- ten Frage (Math. Annalen Bd. 54, 8.92). Meines Wissens ist Hr. Hur- wırz (Über eine Aufgabe der unbestimmten Analysis, Archiv der Math. u. Phys., Reihe 3, Bd. 11, 8.185), der einzige, der über die Markorrsche Gleichung geschrieben hat. Die große, aber bisher wenig benutzte Theorie der Reduktion der indefiniten binären quadratischen Formen, die LAGrAnGE geschaffen und Gauss vollendet hat, findet in den fol- genden Entwicklungen eine weitgehende Anwendung. Hr. MArkorr führt die Beweise mit Hilfe der Kettenbrüche. Es ist mir gelungen ($ 4), die Eigenschaften der Form g ohne dies Hilfs- mittel abzuleiten, aber nicht, zu beweisen, daß die mit den Formen y äquivalenten Formen die einzigen sind, wofür YD < 3M ist. Im zweiten Teile’meiner Arbeit entwickle ich die explizite Darstellung der MArxorr- schen Zahlen p und der zugehörigen Zahlen g und r durch die Teil- nenner eines Kettenbruchs. Dabei ergeben sich ($ ı1) merkwürdige Beziehungen zu dem von ÜnristorreL geschaffenen Begriff der Cha- rakteristik einer rationalen Zahl (Lehrsätze über arithmetische Eigenschaften der Irrationalzahlen, Annali di Mat., ser. II, tom. 15, p. 270). Ich zitiere diese Arbeit im folgenden mit C., die zweite Arbeit des Hrn. Markorr (Math. Annalen, Bd. 17, 8. 379) mit M., die Arbeit des Hrn. Hurwrrz mit H., und meine Arbeit (Über die Reduktion der in- definiten binären Formen, in diesen Sitzungsber. $.202) mit F. $ı. Die unbestimmte Gleichung (1.) a?+b?+c? — Babe nenne ich die Markorrsche Gleichung, jede positive ganze Zahl p, die in einer ihrer Lösungen vorkommt, eine MArkorrsche Zahl. I. Eine positive ganze Zahl p heißt eine Muarxorrsche Zahl, wenn - p* durch die Hauptform der Diskriminante 9p?— 4 dargestellt werden kann. Nach dem Vorgange des Hrn. Hurwrrz betrachte ich zunächst die allgemeinere Gleichung (2.) a?+b?+c? — kabe, worin alle Zeichen positive ganze Zahlen bedeuten. Je nachdem a gerade oder ungerade ist, ist a? = 0 oder I (mod 4). Ist also k gerade, so müssen a,b,c alle gerade sein. Jede andere Annahme über ihre Reste (mod 2) führt auf einen Widerspruch. Ist aber a = 22,5 — 2’y,c = 2°2, wo x,y,2 nicht alle gerade sind, so 45* 460 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 29. Mai 1913. ist 2° + y?’+ 2° = 2"kayz. Da diese Gleichung erfordert, daß x,y,2 alle gerade sind, so kann demnach % überhaupt nicht gerade sein. Je nachdem a durch 3 teilbar ist oder nicht, ist a’ = 0 oder 1 (mod 3). Ist also k nicht durch 3 teilbar, so müssen a = 3x,b = 3y, ce = 32 alle durch 3 teilbar sein. Jede andere Annahme erweist sich als unzulässig. Dann ist @’+ y? +2” = 3kayz. Nachdem so der Fall k=2 erledigt, und k=1 auf k=3 zu- rückgeführt ist, si k>3. Ist b=c, so ist a = bd durch b teilbar und d’+2= kbd. Daher ist d= I oder 2, ein Divisor von 2. In beiden Fällen 11 a a 1a ET a k>3, so können nie zwei der Zahlen a,b,« gleich sein. Für k=3 will ich die beiden Lösungen 1,1,1 und 2,1,1 singuläre nennen. In Jeder andern Lösung sind a,b, c verschieden. Von den zu entwickeln- den Resultaten gelten viele fü ir diese beiden Lösungen nicht, was ich nicht immer besonders erwähnen werde. Hat die Gleichung f(x) = x?+b?’+c-kbex = 0 die beiden Wurzeln a und a’, so ist a+a’— kbe,aa’ — b?+c*. Also ist auch a‘ eine positive ganze Zahl und a’,b,r eine neue Losung der Glei- chung (2.). Hr. Hurwrrz nennt sie ne Lösung a,b, c benachbart. Ist a>b>ec, so ist f(b) <3b?- keb’<0. Daher liegt b zwischen den beiden Wurzeln a und «a’, es ist in a>b>a’. Nennt man das Pro- dukt abe das Gewicht der Lösung a,b,c, so hat demnach die neue Lösung ein kleineres Gewicht als die ursprüngliche. Dies Verfahren zur Bildung neuer Lösungen von kleinerem Gewicht kann stets fort- gesetzt werden, wenn die drei Zahlen der Lösung verschieden sind. Folglich kann nicht k>3 sein. Ist aber k—= 3, so muß es schließ- lich auf eine singuläre Lösung führen. Demnach ist die Gleichung (2.) nur für k— 3 und k = 1 lösbar, und der zweite Fall läßt sich durch die Substitution a = 32, = 3%, e= 3z auf den ersten zurückführen. Drei Zahlen, die der Gleichung (1.) genügen, haben keinen Teiler asien (H. S. 194). Denn ist a= da,b=dy,c=dz, so ist =°+y’+2° = 3deyz, und mithin d=1. Folglich sind auch je zwei der Zahlen a,b, teilerfremd, und die in I. erwähnte Darstellung ist immer eine eigentliche. Insbesondere kann höchstens eine von ihnen gerade sein. a kann aber nicht durch 4 teilbar sein. Sonst wäre D=z3abe=a+b+®=0+1+1 (mod4). Da (3.) a+a’— 3be, aa’ — b?+e2 ist, so muß jede ungerade Primzahl, die in «@ aufgeht, von der Form n 4n+1 sein. Daraus folgt: ; Frosentus: Über die Markorr'schen Zahlen. 461 II. Ist p eine Marxorrsche Zahl, so ist entweder p=1 (mod 4) oder p= 2 (mod 8). Aus den Gleichungen a?+(b-c)? = beßa-2), a?+(b+c)? = be(3a +2) folgt: Il. Ist p eine Marxorrsche Zahl, so ist jeder ungerade Primfaktor von p, 3p-2 und 3p +2 von der Form An +1. Diese Eigenschaft besitzen aber auch Zalılen, die, wie 37 oder 61, keine Markorrsche Zahlen sind. Die singuläre Lösung 1,1,1 hat nur eine benachbarte Lösung 2,1,1. Diese hat außer jener noch eine zweite 5, 2,1. Jede andere Lösung @,b,c hat drei verschiedene benachbarte Lösungen (M. S. 397) 4,0 3,8.% a.0b;e, wo (4-) a = Bbec-—ö, b' = B3ac-b, ce’ — 3ab-c ist. Ist a die größte der drei Zahlen a,b,c, so ist a'a und sogar a’ kleiner als die größere der beiden Zahlen b und e. Von den drei mit a,b, c benachbarten Lösungen hat also die eine, a,b,e, ein kleineres Gewicht, jede der beiden andern ein größeres. Zu einer Lösung L gibt es eine und nur eine benachbarte Lösung L, von kleinerem Gewicht, zu dieser wieder eine solche L, usw. Die Reihe dieser Lösungen L,L,,L,,--- muß nach den obigen Ausführungen mit 5,2,1 2,1,1 l,1,1 schließen. Auf dem umgekehrten Wege gelangt man von 1,1,1 zu jeder Lösung. Will man aber von einer Lösung Z zu Lösungen höheren Gewichtes aufsteigen, so kann dies an jeder Stelle auf zwei verschiedene Arten geschehen. Bei Anwendung dieses Verfahrens auf eine gegebene Lösung p,@, b kann man sich die Beschränkung auferlegen, die Zahl p stets festzu- halten. Alle Lösungen, die man so erhält, will ich eine Kette von Lösungen nennen (vgl. $ 9). Sie ist durch jedes ihrer Glieder völlig bestimmt. Sie enthält eine und nur eine Lösung, worin p die größte der drei Zahlen ist. Unentschieden ist bis jetzt die Frage, ob einer MaArkorsschen Zahl p zwei verschiedene Ketten entsprechen können, d. h. ob p in zwei Lösungen p,a,b und p,c,d die größte Zahl sein kann. Aus (3.) folgt (@a— a’)? = 952? _4(b? +c) = 4b! + (b?e?— 4) + 4(b? — 1) (ce? 1). Ist a die größte der Zahlen a,b,c, und sind 5b und e nicht beide 1, so ist demnach (vgl. (3.)) Ss a—a'>2be, 3be>a> 2be. 462 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 29. Mai 1913. Ist 5>e, so ist in der Lösung a’,b,c die größte Zahl 5. Daher ist b>2a’e und b b 5 (6.) et ad > 3be- > —be (b>e), also auch RT, (7,) er le er Außer den singulären Lösungen bildet hiervon auch die ihnen benach- barte Lösung 5,2,1 eine Ausnahme. S 2. Aus der Relation pP’ +pı+Pp = 3PpıP: haben wir geschlossen, daß je zwei der drei positiven ganzen Zahlen p, teilerfremd sind. Mithin ist Pr. I» nie dp). (1.) 2 er (mod p) Seie= +1, und sei ee Pa yd eg = or (mod p), (2.) en = = = — == (mod p,), 9 en . Se a ‚Pi. 1 IR I A werd (mod p,), wo q, zwischen I und p,- | liegt. Dann ist pll+g)=zpi+pl= (mod p). Daher bestimmen die Gleichungen (3.) Pe oh Pro pn! drei ganze Zahlen r,. Z.B. ist (vgl. $ 5) en... y=0 12 8.298 -.18.088 70 75 89 179 233: 408 5 "ei 3. EB Ba a ae 100 0 Ist nun p die größte der drei Zahlen pP, so ist | Pı9a = Pagı = e(P-3Ppıpe) = -ep', (4.) PI -Ppı =:p, PA-Pg = ep. Denn 9,9 -P,9, + ep’ ist teilbar durch p, und p,, also durch 9,» und n ist = P,(P-1)-m+p’ p,-p,(p, -1)-p >-PıPs- Man addiere die Gleichungen (4.), multipliziert mit p, p,, p, oder mit 9, 9,, 9, oder man addiere ihre Quadrate. So gelangt man zu den Relationen: pr+p! +p} = 3ppıPa, Pg +Pı9dı + P2ge = 39PıPpa2» + rg Street ee pr +pır +Ppın = 3rpıpı # 2, 1 . Zar tgırı +garı) = Pıyar +egi = Pagır en. 1 zer tr ar EAN ER TN Die beiden letzten, die hier nieht gebraucht werden, habe ich nur der Vollständigkeit wegen hinzugefügt. Setzt man U, = put+qo+r.uw, so kann man die 6 Relationen in die identische Gleichung (6.) U? +U? +U? + 3pUU,-3p UL, —-3pUU, = 4uw-0?+9w? zusammenfassen. Setzt man (7) PR.=pt-2ayrny) so ist demnach (8.) P?+P!+P}}+ 3pP,P,-3p, PP, -3pPP, = Qu. Die ersten der Relationen (5.) kann man auch in der Form 9) tr =pp, pqa+pp =gp, pn+tpn—rp'+2 schreiben, oder zusammengefaßt (10.). pR+pA = p'Pr+2y, wo p'=3p,p,-p ist. Ist p>p,>P,, so lautet für die benachbarte Lösung p,, P,, p’ der Markorrschen Gleichung die analoge Formel pP +p'P' = (Bpıp'- pi) Pı + 2y. Aus diesen beiden Gleichungen folgt 11.) P= Inh? (p>pı>P) oder (12.) pP = 3pp-p, !=3pn-9, = 3Mrn=r- n Die dritte Gleichung (9.) führt in Verbindung mit den Relationen 4.) zu der Formel | 464 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 29. Mai 1913. Pr Pı pP (1 3.) ı ı A|=— 2e. rn Quadriert man die Gleichungen (4.), so erhält man mit Benutzung der Formeln (3.) Pıra + parı - 2Qıga = 3p', (14.) pr +pn-299 = 3pı, pr+pır - 279ı = 3Pps- Mithin ist die Diskriminante der quadratischen Form „P+vP,+wP, der Variabeln x und y gleich — 4 mal (15.) (pu+pe +pw)(ru+rv +rw)—- (gu+ge +gw)? > = u+0?+w? +3(p’vw + pıwu + pur). Diese ternäre Form von u,v, (vgl. (6.)) hat daher nach (13.) die Determinante I. Die MArkorrsche Gleichung a? +b?2?+c02 — Zabe sagt also aus, daß die ternäre quadratische Form (16.) u” +v?+w? + 3(avw + bwu-+ cu») die Determinante 1 hat. Schreibt man die Relationen (4.) als homogene lineare Gleichungen zwischen 9,P,,?,, so kann man aus je zwei derselben die Verhält- nisse dieser Unbekannten bestimmen. Z.B. ist P—-g@Ppı + (9 -3:pı)pa = 0, Sp + Ppı- ER ih, und demnach P:Pı:Pa = 99%: (9ı— 3epı) : ge(qı - 3epı) + Eq : Para. So gelangt man zu den Formeln ER in; pn -yqn= :%+3P» (17) pr -gn—= +: pn -9p = -:ı +3Pı Ppın- 9% = +:(9-3p1%); pırı -Qı19a = -e(Q —3psQı)- Nun kann man auch die Unterdeterminanten von (13.) berechnen. 2. B. ist (18.) gr -gr = en + 392, Yyr-qgr = en—3g, Qıra— gar = ein. 39:9) $ 3. Die Formen pP, und P, haben die Diskriminante - 4. Ihre simul- tane Invariante ist positiv: (1.) Pr - 2 Rp +rıp = — 3: (Pıga — Pagı) oder (2.) Pr -2p +trıp = 3|pe—Ppegıl- Frosrenıus: Über die Markorr'schen Zahlen. 465 Umgekehrt folgt aus jenen drei Relationen (3.) pı+p3 + (mp -Ppg) = 3pıp |pıg -Pprqı]- Aus den Koeffizienten von P, und P, lassen sich die von P be- rechnen mittels der Formeln (4.) :(p— 3PıPp.) = Pı9Je = Pafı» e(9—-3pı9Q) = Pıra — 9198 » Se (9 u 3PaQı) = pr - Is e(r — 3919) = ın-gQrn. Man kann sie zu einer Relation zwischen Matrizen zusammenfassen. Setzt man a we FEB h (5.) Br en = ’ I, AEmeR (\ ): so ist (6.) S = Sı 8 S, = S, 1.5 S, . Die zweite erhält man aus der ersten mittels der Gleichung $;' = -S8,. Diese Formel ist die wichtigste der ganzen Entwicklung. Die Sub- stitution 5°" —= —S lautet z = —-gi+rz, t= grı-ry y=-pt+g2s, z.=pe-g:- Da nun pP = (pr-qy)”’ +y’=y?’+2° ist, so geht P durch die Substitution S in sich selbst über. Dagegen geht diese positive Form der Diskriminante - 4 durch die Substitution $, in - P+ 3», P,, durch np 3 p, P, über. Denn die erste dieser beiden transformierten Formen hat, weil pr, -g? =! ist, die Koeffizienten pgi -2ggpı + rpi = -p+p (pr -2gqı + rpı), -2pqan+2g(g? +rıp)—-2rpgı = 29-29 (prı -2ggı + rPpı)» pr! - 2grıgı + rg: A a en (prı - 299 + rpı) . Setzt man ferner (7.) = mt: so geht die Form yz = y(px-qy) durch die Substitution $S in - yz, durch 8, in -yz-+ep,P,, durch $, in -—yz-ep,P, über. Da die simultane Invariante von P und yz verschwindet, so ist die Dis- ' kriminante D der Form (8.) op = P+3yz = pr? + (3p-2g)xy + (r- 39)? gleich der Summe der Diskriminante —4 von P und der Diskriminante 9p° von 3yz, (9.) he DIEDBP-L, Diese indefinite Form y = P+3yz geht also durch $ in die Form = P-3yz über, die der Form 9 parallel ist, und mithin auch 466 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 29. Mai 1913. durch die Substitution T_, daraus hervorgeht. Folglich geht p durch die Substitution sh = ee el p 3p-9 in sich selbst über (vgl. $ 7, (3.)). Ferner geht g durch S, oder S, in -p+3(1+9)pP, -p+3(1-g)pPR über. Daher ist p mit —g (eigentlich) äquivalent und geht in -g über, falls e= +1 ist, durch die Substitution S, oder auch durch T_,S,T,, falls aber <= -1 ist, durch S, oder auch durch 7,57. Die vier Formen + P+3yz gehören also alle derselben Klasse an. Damit die Form p = (a,b,ec) durch die eigentliche Substitution u. P ;) in —g übergeht, sind die Bedingungen x +8 = 0 undaß-ba y=\ notwendig und hinreichend. Die letztere lautet hier pr +rp 299 = 3:(pqı -gPpı). Durch die Substitution S, geht die Form P, in -P,+3pP, über, die Form yz, in —yz, + ep’P,, also die Form y, = P, + 3yz, in pr 3(1 =:)p.P, und Y er P; -3y2, in 7 + 3(1 r s)p P, Daher gehen die beiden Formen p und 9, simultan in -—Y und —g, über, falls e= +1 ist, durch $,, falls aber e= -I ist, durch T_,8,T,- Jede lineare Verbindung % von p und g, ist also der Form -% äquivalent. Ist m durch g darstellbar, so ist es auch -—m. Das Produkt von zwei durch darstellbaren Zahlen ist aber durch die Hauptform der Diskriminante D darstellbar. Aus I, $ ı ergibt sich daher: IV. Damit p eine Marxorrsche Zahl sei, ist notwendig und hin- reichend, daß p durch eine, mit — äquivalente Form y der Diskriminante 9p° —-4 darstellbar ist. Ist z.B.e=-1, so geht $ = (a,b,c) dureh die Substitution Bi &) ing'= (-e,b,-a) über. Ist 249»n. Da aber g = P+3yz auch der Form P-3yz2 äqui- valent ist, so ist auch die Zahl P-3yz durch y darstellbar. Nun ist die positive Form P>0, und nach (3.) auch yr>0,2>0. Folg- lich muß y = 0 sein, sonst wäre |P-3y2|p,. Aus der Gleiehung (6.) P?+ Pt-3p PP =-(P,-3ey2,)? folgt daher 468 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 29. Mai 1913. P?+P!i+p S 37, PP,, (7:) P®+P+p < 32: PP, Pı+Pı+p" . Ich wälle von jetzt an die ’ a 1 N Reihenfolge p,, p, und das Vorzeichen & so, daß 1-58 wird. Dann kann man immer noch eine jener beiden F estsetzungen willkürlich treffen, die andre aber ist dadurch mitbestimmt. Die Zahl q ist positiv, und +g ist der absolut kleinste Rest von I - (mod p). Geht man mit Festhaltung von p zu einer be- “ R — oder Pa Hal hkian Lösung p,p,, p, über, so ist p, = 3pp,-p,. Daher bleibt ver (mod p), abgesehen vom Vorzeichen, ungeändert, wenn man p, dureh p, ersetzt. Wiederholt man («dies Verfahren, immer mit Festhaltung von P, beliebig oft, und gelangt man so zu der Lösung p, p,, P,.+,, 80 Ist +g auch der absolut kleinste Rest von —#*- (mod p). Sollte es für | Pr+1 eine Zahl p mehrere Ketten geben, so würden ihr auch mehrere Lösun- gen q der Kongruenz g9’=-1 (mod p) en Nun ist p9, = qpı +. < „pp +m —p a so ist Ph> SPP -P,> >ZPp-2-, und mithin 29,>Pp,, 29% > Pr: Da p das Minimum der For p(2,Y) = (p, 3p-29, r-3g) ib so ist -p(0,1)=3g9-r>p, also (1.) p<äg-r, um so mehr p<3g, also weil pr-g’— I ist, FrRoBEntvs: Über die Marxorr’schen Zahlen. 469 (2.) 29 p. Denn sonst wäre 2 (p-2g9)+(p-2r)24+r. Für die MArkorrschen Zahlen p, für die p, = l ist, und die ich in $ 8 mit ?,, bezeichnen werde, und nur für diese ist p = 39-r. Ebenso istp=2g-+r nur für die Zahlen p = p,,, für die p, = 2 ist. Elimi- niert man aus diesen Ungleichheiten r mit Hilfe der Gleichung pr - g’=1, so erhält man | Ei ar (4.) er le >ı1+PY2, ; & ( se und zwischen denselben Grenzen liegt . ‚ außer für p = p,,, Wo zwar z Pot wie man aus (12.) $ 2 durch Induktion erkennt. Die in Formel (4.) angegebenen Schranken können nach (18.) $9 nicht durch engere er- setzt werden. Die Form g ist der Form (5.) (pP -29,-(2p +9-n)) äquivalent (parallel). Eine solehe Form & = (a, b, - «), worin a, b;6 positiv sind, 2a+b, und demnach ist 39 >p-+r. 8 6. Einen geordneten Komplex a,a,-- - a, von Größen oder Symbolen will ich mit einem Buchstaben A bezeichnen (Jon. Bernovrui, Recueil pour les astronomes, tome I, M. $6, S. 386, 0.S.265). Ist B= bs 6, SO bezeichne ich den Komplex a,a,--- a,b,b,---b, mit AB. Für diese Aneinanderreihung geordneter Komplexe gilt das assoziative Gesetz (ABC — A(BC), aber nicht notwendig das kommutative Gesetz AB = BA. Auf Grund des assoziativen Gesetzes ist der Sinn des Zeichens 4’! = AAAA eindeutig bestimmt, ebenso der des Zeichens A®B*C?---. Ist a eine einzelne Größe, so bezeichne ich den Komplex aaaa mit (a)', oder auch, wenn jede Mißdeutung ausgeschlossen ist, mit @', um die Häufung von Klammern zu vermeiden. Den Komplex a,a,_, + @, nenne 470 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 29. Mai 1913. ich den zu A öwersen Komplex, ich bezeichne ihn mit A’. Dann ist (ABC) = O’B/A'. Ist 8’ = $, so heißt der Komplex S symmetrisch, er.kann aus einer geraden oder aus einer ungeraden Anzahl von Sym- bolen bestehen. Ist kR= A,k,---%k,, so bezeichne ich den Kettenbruch [kı,ks, ne ku] [ke , Gi k.] mit (A), die Eurersche Funktion, die seinen Zähler bildet, mit [ft]. Die Formel (kıs ka; 25 k,) - (1.) [ka kl) = [kaka-ı:-- kakı] lautet in dieser symbolischen Bezeichnung t:) [%] Ben IR; die Formel 2) Tec kllke-kal-Ike-kalleo-k] = (-1)" lautet (2.) [rAg]TA]J-[pA][Ag]) = (- N)", die Rekursionsformel 3) Krk] [hr + Tr lautet (3.) [ApgB] = [Apl|[gB]+[A]lB]. Speziell ist (4.) [Apgl = [Aplg + 1A]. Daher kann man die letzte Gleichung in geänderter Bezeichnung auf die Form sr Marle[etat] Ka [hal bringen. Insbesondere ist 1 +1 1 pg+1l , (61 An [4.2]. En al. er 5 >44 F woraus sich für g = I die hier oft zu benutzenden Formeln (7-) [A.p,1] Tag [A,p + 1}, Bi ‚pP, 4] ee [p + 1,4] ergeben. nn VI Itpr-gQ’=1 we p>r, so ist der Kettenbruch gerader Glieder- zahl, in den sich = oder og entwickeln läßt, symmetrisch. Man kann ss also stets und nur in einer Weise positive ganze Zahlen k,,--:k, so be stimmen, daß Frosenius: Über die Markorr’schen Zahlen. 471 p= Ik: kl: kl, r = [ke la: ko], g = [h- ki] = [Rss haka--- ki] wird. Man kann 2 stets und nur in einer Weise in einen Kettenbruch von gerader Gliederzahl en — (kıky:. ka) entwickeln. Dann ist p = If kan], g = [fer keu]- Nun gibt es zwei positive ganze Zahlen p,g, die der Gleichung pq -qp’ = 1 und den Ungleichheiten p’2Pp,P:: Daher ist Et PP 1 Be nf es PPı 2Ppı Mithin ist 7 ein Näherungswert des Kettenbruchs für = und pı p ; — ein solcher für &. Iı q $ 7- Sei g—=.(a,b,-a) eine indefinite Form der Diskriminante D, und A die kleinste ganze Zahl, die >YVD und = D (mod 2) ist. Ist dann 5= A%-2/, so sind (F. $ 2, (14.)) = 1>0, ısjal, I 3+ ——, Rn BR p (kan-ı,::-%kı) 240 Der letzte Kettenbruch, worin die Anzahl der Glieder gerade ist, muß aber nach dem Satze VI, $ 6 symmetrisch sein. Mithin ist k,.-ı =k,, el un ar (kan-ı,' ka, 1. 1). (4.) = k,k; De Kan-ıkanls ein symmetrischer Komplex gerader Gliederzahl, endlich (5) | K=2S8Sııa. Es ergeben sich also die Formeln (6.) p = [282], g = [28] = [S2]. r = [S]. P-g=[28ı], P-2gtr=[lisı), ger = Die Periode reduzierter Formen, die mit 9 — g, beginnt, be- stehe aus den 2n Formen (7.) 9 = ((- 1)*a,, 8p—2l,, (- 1)? t1a,4:) (= 0,1... 2n-1). Dann liefern die Formeln (3.) die Ausdrücke (8.) a = [ann I, = [Kara kıran-ı]> : [Kar Arsen] Da $ und - äquivalent sind, so ist für einen gewissen Index (9.) E mm Be Ku: aenn E. Kisası = kusns Frosenıus: Über die Markorr’schen Zahlen. 473 Setzt man also (10.) Me en I ß Ge Kuiı Amrs-ı]» E = ne Feet Ö nase: [Kemrı Kmsn-2]» so ist web ie = Tel], 3p-m =a?+y?, an = aß+yb, en dp = ur + pi rer, 3p +2: = (a+d)? +(B-y)?, 3p-2: = la-2P’+(P+Y)’ im Einklang mit dem Satze II, $ ı. Ist nach der Bezeichnung des 88 p=p,,, soitn=A+NX und m =x-+x, wo x und x die 'beiden kleinsten positiven Zahlen sind, die der Bedingung «A -xA = +1 genügen. 88. Die Theorie der MAarkorrschen Zahlen p, der zugehörigen Zahlen- tripel p,q,r und der positiven Formen P wird durch eine passende Bezeichnung erheblich vereinfacht. Dazu führt eine eindeutige Be- NE zwischen diesen Tripeln und den positiven rationalen Brüchen ar ‚ wo « und 8 ganze teilerfremde Zahlen sind. Die dem Bruche > entsprechende Markorssche Zahl bezeichne ich mit p,, meistens aber mit p,,; oder p,;. Ausnahmsweise brauche ich auch das Zeichen p_.,-3 = P.,e. Ich setze (1.) Po = l, Pu = 2, Ru: > 5 und berechne p,. so: es seien bereits alle Zahlen p,. bestimmt, wo- für (x,x’) <(a,a’) ist. Dies Zeichen bedeutet, daßx (ß,%'), so ist auch Paa' > Pas- Angenommen, dieser Satz sei schon bewiesen für die Zahlen P.., wo (x,*2')<(a,.«’)ist. Da die oben definierten Zahlen 5b = P5»; c=p,, und d= p,, konjugiert sind, so ist b?+c2+d? — 3bcd, und d ist nicht die größte der drei Zahlen. Setzt man nach (4.) hier d= 3bc-a, so erhält man (6.) a?+b?+c? — abe, und a ist nach $ ı die größte der drei Zahlen. Endlich ist (7-) Bat Pin = Per Pi - Setzt man in den Formeln (4.), (5.) und (7.) =ß+y, d=$-Y so erscheint die Markorrsche Gleichung als ein Additionstheorem für die (eindeutige) Funktion p,, der Indizes x und A. Jedem positiven Bruche x = — entspricht eine ganz bestimmte Zahl p,. Es ist aber wen ausgeschlossen, daß zwei verschiedenen Brüchen ; = und oe = 2; dieselbe Zahl p, = p. entspricht, obwohl dafür kein Beispiel Be ist (vgl. $ ı). Einem Zahlenpaar (x, «') entsprechen zwei ganz bestimmte ihm konjugierte Paare (ß%, a und (y,y'), die <(«,«’) sind, und eine bestimmte Zahl | (8.) Ta. = PBR' (mod paa’) - Pyy' Einem Zahlentripel p,q ‚r entspricht eine ganz bestimmte Kette von . . - Lösungen der Gleichung (6.) und ein ganz bestimmter Bruch ' Denn damit p,g,r ein Tripel sei, ist notwendig und hinreichend, daß pr-g’ =1 ist und daß die beiden reduzierten Formen (p, 3pP— 29, — (39-r)) (a9-r, 5R— 29, -p) äquivalent sind. Dann gibt es eine Substitution mit positiven Ko- ee effizienten, welche die erste in die zweite überführt (F.$ 3). Diese M = : % 5 _ Frosenıus: Über die MaArkorr’schen Zahlen. 475 r| muß die Form 4 = haben, und jede solche Substitution liefert 1 nach $ 3 ein konjugiertes Tripel p,,9,,r Für die quadratische Form y = g,, ist es von rag ob p=P,, gerade oder ungerade ist. Darüber gilt der Satz: VIH. Die Marxorrsche Zahl p,, ist stets und nur dann uk wenn x durch 3 teilbar ist. Sei (B,ß')>(y,y). Ist dann aß’-a’ß=: (= +1), so ist ay-ay=-e, ad -ad—=2e Istn=|y-|, "= |y-|, so ist weiter u -a@a’n—= +3. Ist a durch 3 teilbar, so ist es auch », aber nicht 8,y,d. Wir können es daher schon als bewiesen ansehen, daßBb=p,, e= p,, und d= p,,. ungerade sind, aber e = p,,. ge- rade ist. Dann ist a — 3be-d gerade. Ist umgekehrt a gerade, so sind 5, c und d = 3bc-a ungerade, dagegen e = 3cd-b gerade. Folg- lieh ist 4 durch 3 teilbar und mithin auch a. Ist aß -@ 8 = +1unda>a’,soistauch >’. Daraus folgt: man nehme. zu einer Marxorrschen Zahl p,, eine konjugierte Zahl, dazu wieder eine konjugierte Zahl usw., bis man zu p,, kommt. Ver- meidet man dabei die Zahlen p,; ?, und ?,,, So muß, wenn x»>A ist, auch u >v sein. In der $ ı konstruierten Reihe von Lösungen ı,2,,--- kommen also nur solche Markorrsche Zahlen p,, vor, oki “x >A ist, oder nur solche, worinx 0,.s0 ist p,,,>p,>p und mithin nach (11.) und (12.), $2 Pırı = bRh-H-i «>0). (4.) Gn+ı = 3P9a— Gu-ı, Tarı = IPr.—T.-15, Daher lassen sich g, und r, durch t, und u, oder durch p, und p,_, ausdrücken, auf die Form ap, + bp,_, bringen, wo a und b von x unabhängig sind und durch Einsetzen spezieller Werte für x berechnet werden können. Diese Formeln will ich an einigen Beispielen erläutern. Zuerst sei (le) Dann ist p = 9, = ih; P«ı = Prı > Ve r\2 g_3+) Ar a 2 2 In abgeänderter Bezeichnung setze ich 1 5" —(—-5)"* Bra „+ u,V5 = Es „ — 2 | ı.. S+5-: Din sus 0, seh weine 2, u ad, ee naccıschen Zahlen, wofür (5.) ; UÜx+1 — “ri ist, und er Ss 5 s es ne (6.) Px,ı = Ururs = Urı + Ur = S+95-1 (7.) I1 = Pr-ı,15 r.,1ı = Pa-2,1- Ist «>0, so ist nach (5.) u, = [(1)*"'], also (8.) Pr = [1], = [1], 1 = [Pet] oder nach (6.) $ 7 (9:7. Prn Se [a 15387, gm = [2 19], S — (1)?*-?. 2. B. ist Pr = 13, Pu=3, pun=8, Pu 2, Pa =6ll, Pur 1597, Ps = 4181, Pa = 10946, Pi. = 28657, Pu. = 750%, Pin — 1 Mit wachsendem x nähert sich £- — P& beständig wachsend P»-1,1 Ixı der Grenze E, (10.) P.ı 9 Pr+1,1 er 3 +V5 Ixı Ge+1ı 2 3 Die obigen Formeln lassen sich mit Hilfe der allgemeinen Relation (1 I.) U, U ı Ur U.-ı = (- 1° Wi: leicht bestätigen. FrosBenivs: Über die Markorr’schen Zahlen. 477 Als zweites Beispiel wähle ich a ae ae Se also P« = Pıx» >» » = fa = 2, E=3+2V2 = (i +V2)’ = 2%. Setzt man hier 1 u ee ar tt yr)= 7. =, 5 ( + 9 ) n DV, + g-' so sind —... var. vs =, we u 5 I Led, die Zahlen, die Lucas die Prrrschen, Bacnmann die Durr£schen Zahlen nennt. Für diese ist (12.) m 2, +a- Demnach ist bee ei L. e 1:3, Fe ser (13.) Pı,» Oyayı +3 (14.) TE Te > (Pı,a—-Pı,.-ı)» 11,3 In-ı Pin» Nach (12.) ist vo, = [2’”'], also Be epıreı, ep, "BZW. Z. B. ist Pu = 29, Ps = 169, Pu = 95, Pu = 5741, Pr = 19505, Pi = 1136689, Po = 6625109. Pı — 33461, Mit wachsendem A nähert sich * beständig abnehmend der 1% q Grenze y (16.) nun Feet, Iı,a-ı 12 Daher ist (17.) BrIE En Pu ER 2 Ixı Yu Yır und folglich allgemein (vgl. (4.) $ 5) (18.) En ze BB. Fa sa, ne, Ixı 2 In’ Iır Denn nach (9.) $ 2 ist ee Paß' g8R' + Pyy'Iyy! — Jaa’ PR’. | Ist also Pap- > N Qap: und P,yy > N Qyy, SO ist auch 9.0’ > Iaa' >» und so ergibt sich aus (17.) durch Induktion die Formel (18.). 478 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 29, Mai 1913. Die obigen Formeln lassen sich mit Hilfe der allgemeinen Relation (19.) 9. 9%-1-0, 0, (- 1)%v,_, leicht bestätigen. ' Als drittes Beispiel betrachte ich 2:9 ee y ne 0 ı): Hier st pj=p,=5, D= 99-4 = 21 a Setzt man ’ P« = Pisa rare (Se) er 2 so ist Ds. = t.+ 1lu,, Br... en 1110, und (20.) d Turin en 2Pättn Dr-ın, T.+1,r ae Pz-1,x OIa,a+l Sn ZPunsı + Pu-1,0 Ta,a+1 —_ Pu, Pass 2. B. ist Pa = 194, Pas = 28397; Ps = 43261 a Ps = 646018, Pas = 433, Ps = 6466, Ps = 96557, Ps = 1441889. Mit Hilfe der Ungleichheiten (10.) und (16.) kann man jetzt den Formeln ( 4.) $ 2 eine schärfere Fassung geben: IX. It aß'-B= +1, so ist (21.) Paa' 133’ P5B Gaa' = (aß’—a’P) Dani : Beide Seiten dieser Gleichung wechseln das Zeiehen, wenn man 2,«a' mit 8,%’ vertauscht. Daher kann man (@,a’) > (8,8) annelı- men. Dann ist p = Paa>Pes =Ppı- Isty=a-ß, yv=a'-R, so ist auch p>p,,=p,. - Nach (4.) $ 2 ist pg, -gp, = €P.. Es ist also nur noch zu zeigen, daß das hier auftretende Vorzeichen e — a8’-a’ß8 ist. Ist einer der beiden Indizes @,#’ gleich I, so folgt dies aus ar = Zu Bi q Ia+ı,ı Ir 4 oder aus Ei Sans u Bun Pi = mu q Yı,a+1 Yır Yı Angenommen, es sei schon bewiesen, daß Pas : - Dun De = Pı927P29, das Vorzeichen Ay’-8’y hat. Nach (4.) $ 2 ist dann er = By Ay B(a'-8/)-’(a-B) = - (aß’—a'p). ) . v, mw Frogentvs: Über die Markorr’schen Zahlen. 479 $ 10. Zu einer schärferen Einsicht in den Bau der Markorrschen Zahlen gelangt man, indem man in der Formel (6.) $ 3 die einzelnen Sub- stitutionen in elementare zerlegt. Zu dem Zwecke setze ich darin B-10)57 fürx—=0,1,2 pP = [28.2]; 1 = 18 152) „= 18]: Ist e= +1, so ist = pı(2p2 + 9) + (Pı -Qı) Pe: Hier ist pı = [29:11] - [28] = [2Sıl] und mithin nach (3.) $ 6 p = [29 11][22 82] + [2Sı1ı][2&2] = [29112282]. Ebenso ist g= nm +g)+lm-r)P: — [$,11][22&2] + [S1][2&2] = [91122%2], und folglich ist Ss— 811228, = 52211. Die zweite Formel ergibt sich aus der ersten, weil S, S, und S, symme- trische Komplexe sind. Ist <= -1, so erhält man in derselben Weise oder durch Vertauschung von p, und p, S— 811228 = 922118. Man setze (1.) T, = 1122, A ee Ist S = Bass S, = Sog’ » S, Se Buy s so ist e= aß’—-2’ß — yß’-y’ß. So erhält man die grundlegende Formel ‚vgl. (6.) $ 3) | (2.) Saar = Spp Tyß'-y'R Syy' en Syy' Tay-B'y Spp - Nun ist in $ 9 gezeigt, daß (3.) SE pe Ss, = 29%? ist. Die Formel S,, = (l)” kann man so auffassen, daß in einem zu- _ Sammengesetzten Ausdruck, worin vor oder hinter S,, der Komplex I1 3 steht, dieser gegen S,, zu streichen ist. 480 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 29. Mai 1913. Ich kehre jetzt zu der Bezeichnung p, und S, zurück. Ersetzt man den Bruch ? = durch den Kettenbruch (x, , %,, --- %,), so schreibe ich für S, auch S(x,, %,:--%,). Dann ist P Er (us %,-,%—1); a (X, %,-ı) p' Y und #«®’- Ba’ = (-1)’"'. Demnach lautet die Formel (2.) ( ) S(1, °*'%,) m S (#1, °°"%-1) Te Stan, 1) 4 Bease S(zı; Ku 19 Hu 1) Te-yr-1 S(kı, a X.) Daraus folgt durch wiederholte Anwendung (5 ) S(, e x,) Fam (S(z, Kur %,-ı) T.yr)* S(kı, ...%,—,) — S(z, %,-.2) (T_yr-ı S (x, ae BD Demnach ist Soirı.a Be (12=2°)r=1 12*, ERS in a ee (6.) S(#x,%, u) er ((1°*23 2 19)» 12*- 2, S(x,‘, Re) == Re ai 1?* grtie 22)” -112*, Aus der Formel (2.) ergeben sich durch Induktion folgende Re- sultate, die man an den Beispielen (3.) und (6.) bestätigen kann: Der Komplex S,, hat die Gestalt A, Ah, ha h,... h, h,, worin o=A+u-2 ist. Von den co Zahlen A, sind A-1 gleich 1, und u-| sind gleich 2. Der Komplex S,, geht aus S,, hervor, indem man überall 1 mit 2 vertauscht, daher kann man sich auf den Fall A>u be- schränken. Dann kommt die Zahl 2 in S,, nie öfter als zweimal nach- einander vor, und es beginnt und schließt dieser symmetrische Kom- plex mit 1°”, wo en die größte ganze Zahl in z ist. Eine Ausnahme (vgl. (2.) $ıı) macht der Fall x = 1, wo (8.) SE a ee ist. Sonst hat S die Gestalt | (9.) Su 12% 27220: 92 120... gran, wo %,=%,= x und jeder der Exponenten x%5, %,, -.. x,., gleich # oder <-+1 ist. Endlich ist (10.) x ts + -- . =ı-1. Frogentvs: Über die Marxkorr’schen Zahlen. 481 Alle diese Behauptungen gelten für S,.., wenn sie für S;,. und und S,,. richtig sind. In der Kettenbruchperiode Ä,, = 28,, 112 sind 2X der 2n Nenner k,, Ä,,... k,, gleich 1, und 24 sind gleich 2, wo A und u teilerfremd sind. Wenn man weiß, wie oft die 1 und wie oft die 2 in X vorkommt, so ist dadurch die Verteilung dieser Zahlen vollständig bestimmt. Aus allen diesen Ergebnissen erkennt man die Zwecekmäßigkeit der in $ 8 eingeführten Indizesbezeichnung. Durch die Formel (9.) ist die Bestimmung des Komplexes $,, für A>u auf die des Komplexes (11.) R,, 3x9 ern zurückgeführt, der ebenfalls symmetrisch ist. Rekurrierend wird R,. nach (2.) aus Rep = xı rer Bus äbsı Kß'yy' so gefunden: In dem Komplexe R;;: R,, ersetze man, wenn yB’-yYß—=Hl ist, %5, durch x;,+1, wenn aber yß’-y’ß=-I1 ist, % 5,4, durch %5,,1+1. Abgesehen von dem Ausnahmefalle (8.) sind diese Zahlen %;. und %;-,,, die letzte oder die erste in einem Kom- plexe R gleich a a, -=|[5]=[&]=/7]. (P’>1,y’>21) die sie ersetzenden Zahlen gleich x+ 1, in Übereinstimmung mit der Feststellung, daß in R,, jede der Zahlen x, gleich x oder x+1 ist. Die angegebene Regel zur Bestimmung von R,.. läßt sich durch eine einfachere ersetzen, wenn man bedenkt, daß A symmetrisch ist. Ist 8’ die größere der beiden Zahlen 8’ und y’, so ist 28’2«’, weil «= P'+y ist. Ista’ = 2r gerade, und ist P=x, ... x, der Kom- plex der ersten rZahlen von Rs; 0 mi BR. — FR. Bi aber “27 |] ungerade, so ist (12.) Ku. ra Px,+ı P'. Eine Ausnahme tritt den obigen Darlegungen nach nur ein, wenn b' = y'+1 und v®’-yß= +1 ist. Dann ist hier x,,ı (= %z:) dureh *.,,+1 zu ersetzen. Die Formel R,.: = PP’ hat keine Aus- nahme. Denn ist 9’ —= y’, also = 1, so ist +1 = yß’-y’B=y-B = 1, weil >y ist. $ ı1. Man kann aber auch die Zahlen des Komplexes R F hehe = ist, independent angeben. Es ist nämlich (vgl. C., S. 258) een Hi, en ET 482 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 29. Mai 1913. (1.) = brl-[Ib-1)el (=12,:-a-1), dagegen (vgl. (S.) $ 10) (2.) x. = [rel- IR -Nel-ı1= ll = u, also in allen Fällen x, gleich der Anzahl der ganzen Zahlen zwischen (v—-1)e und vp, die Grenzen ausgeschlossen. Zunächst ist der aus diesen Zahlen gebildete Komplex symmetrisch. Denn wenn ? keine ganze Zahl ist, so ist | [J+l-rl=-! und mithin, weil up eine ganze Zahl A ist, Xu = [nv + 1)e]-[lan)p] = A + [-b-Npl-r-[=vel = [ve] - —-1)p] = «, (v=2,8,..g-l): Ferner ist, wie in Gleichung (10.) $ ı0 (3) Zu (bei-Ie-Ye])+leel- Ie-Nel-1 = [ppl-1 = A-1. Nun sei für den Komplex Raa = %ı%s*:*%;. bereits bewiesen, daß [elle ist. Es ist aber Ist also ß’>1 und v<ß’, so ist »ß] va 21-12 Daher gelten die Gleichungen (1.) auch für R,.. Nur in dem Aus- nahmefalle, den die Formel (12.) $ ı0 für "= r,ß = r+ I erleiden kann, ergibt sich aus dieser Betrachtung noch nicht, daß jene Glei- chungen auch für x,,, zutreffen. Da sie aber für alle andern Zahlen von R,.. richtig sind, so zeigt die Vergleichung der Formeln (10.) $ ı0 und (3.), daß sie auch für x,,, gelten. Demnach ist die MARKOFF- sche Zahl p mit dem Index > = = gleich dem Evuuerschen Ausdruck (4.) p, = [1?Pıt2 22 12P2-2P1 2212P5-2P2 22... 22 12Pu-2Pu-1], wo p, die größte ganze Zahl in vp bedeutet, und p,, ergibt sich aus P..=Pp, = [hıh,--- h,h,], indem man jedes A(= 1 oder 2) durch 3-A (= 2 oder 1) ersetzt. Nach (6.) $7 ist daher (5.) Iran + er = Fir5 N (mod 3). . En : i Frogenius: Über die MaArkorr’schen Zahlen. 483 Die sehr bemerkenswerte Formel (4.), wodurch die Abhängigkeit der Zahl p, von > in der einfachsten Weise beschrieben wird, gilt auch, wenn A1 die Zahlen A, durch p, und p,,, aus- drücken. Z. B. ist P2=+1,2 = pP» + Par = 3P«P«+ı 15, Pir+ı,s = 3pr + Prrı Pax+1,2> Pix+2,3 = 3Pr 41 + PuPax+ı.2» Pır+ı,a = 9px + Pirrı,ss Piarrs,a = 9parı FPanrı.e- Das erhaltene Resultat (4.) kann man mit Hilfe der Ergebnisse von ÜnristorreL noch auf eine andere höchst einfache und seltsame Form bringen. Ist / relativ prim zu m, so will ich unter Charakteristik von / (mod m) das verstehen, was Cnrıstorrer ihren Hauptteil nennt (Observatio arithmetiea, Annali di Mat. ser. II, tom. 6, $. 149). Sie ist ein symmetrischer Komplex, gebildet aus den Symbolen e und d (die crescendo und deerescendo bedeuten). Seien r,,r,,-''r„., die klein- sten positiven Reste der Zahlen /,21,37,-.-(m-1)! (mod m). In dieser Reihe ordne ich jeder der ersten m-2 Zahlen r,,r3,**"Tu-a das Symbol c oder d zu, je nachdem die darauffolgende Zahl größer oder kleiner ist. Diese Charakteristik bleibt ungeändert, wenn / (mod m) geändert wird. Daher will ich unter ! eine Zahl zwischen 0 und m verstehen. Dann kommt unter den m-2 Symbolen der Charakteristik (!-1)mal das Symbol d, und (m-!-1)mal das Symbol ce vor. Ist nun A>u, so findet man $,,, indem man in der Charakteristik von a (mod A-+ u) jedes c durch 1,1, und jedes d durch 2,2 ersetzt. So ergibt sich die Charakteristik von 1 (mod x-+1) aus der Reihe Arsen. ,r,—=12-..x-1,x gleich c*', und mithin ist $,, = P*". Oder für S,, gestaltet sich die Rechnung so: (6.) ia 1 3 0 53 2 ; Se are 484 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 29. Mai 1913. Die Zahlen der ersten Reihe erhält man, indem man immer zur vorher- gehenden Zahl, falls sie 7 ist, 7 subtrahiert. Demnach ist BESTER, und weil p = [282] ist, ve [3 17 37 1 27° [19.2 141° = 507° 194°. — 294685, Allgemein lautet das Schema (6.): p Burn RAD rar ber 2)ai. EEE c ec d c c .. e 2)u—2X-- G .. («+ +) I (k+mt+l)ua 2a (txt (#2 +xı+ #2) 2A d c . c («txXıtXa+1l)a—2% («ti +#Xa+l)u—-3R (atKı ta +2)a 3A d [4 c Ps; Es ist also zu?% und folglich x = |. Ebenso ist (<-+x,)a-AA, und dem- nach x +x,= | rt usw. Nach Formel (1.) stimmt also die neue Regel mit der früheren überein. 8 12. Um eine noch deutlichere Einsieht in das Wesen der Relation (r) lim inf. Re —3 aM zu geben, betrachte ich zum Schluß zwei Systeme von quadratischen Formen, bei denen jener Quotient beliebig wenig >3 wird. Sei 9,9, 1, wie im Anfang des $9, eine Lösung der Markorrsehen Gleichung, also Pre Fer PR IR TR Die entsprechende Form (2.) p = (P,3P-29,—-p) der Diskriminante 9p°-4 ist nach (5.) $ 5 der Minimalform (3-) (P.P- 29, - (3P - 29) äquivalent. Ebenso ist (nach der Bezeichnung des $ 3) die reduziert® Form (4.) 9-n= y= (p-9.P+g-(p-9)) Frosenius: Über die Markorr’schen Zahlen. 485 der Diskriminante 9(p—-g)’-+ 4 äquivalent der Minimalform (5.) (P-9n,-(p+9g))- Den Nachweis zu führen, daß p-g die kleinste durch Y darstellbare Zahl ist, ist mir nicht in so einfacher Weise gelungen, wie ich in $4 das entsprechende Problem für die Form p gelöst habe. Daß % mit -—V äquivalent ist, ist aus (4.) unmittelbar ersichtlich. Die Zahlen t=3(p-g), w=1 bilden die kleinste positive Lösung der Gleichung r-DW =-4. Besitzt diese Gleichung für eine Diskriminante D eine Lösung, so hat die Periode X der Kettenbruchnenner für jede reduzierte Form Y=(a,b,-a,) die Gestalt K=k,...k,k,-.-k, wo n— 2m-I un- gerade ist. Dann ist (vgl. (3.) $ 7) 6 > (t-bu) = [ku] = p-2g, au—=[h--k]=p-9, } au = [ke kn] = p-9, ZH bu) = Ik k]l=2p-4. Daher ist ee = Zune =REhEeR also A, — k,,,_, und = k,= 2, demnach —-- ße hal: 229 Dieser Kettenbruch, dessen Gliederzahl n + 1 gerade ist, muß nach dem Satze VI,$ 6, symmetrisch sein. Mithin ist, = 1, %,,, = kurı-ı, also k=h=..- k,-,=1. Folglich ist = jet) = u), p-9 = [r] = mr, = Wu. Unter Benutzung der Bezeichnung (7.)$ 7 ist daher a = a, = [l"| und 6, = Eee 2 271 > ee 2] ar en Se Sfr ®HNP>T+ IP PHP elite Unter den Zahlen a, befinden sich aber (F. $ 5, III) alle durch V dar- stellbaren Zahlen, die < —VD sind. Mithin ist a = p-q die kleinste Zahl, die durch p dargestellt werden kann. | Ist die Gleichung £?- Du? — -4 lösbar, und ist U mit -Y äqui- - valent, so ist die Klasse von \ eine zweiseitige; denn von diesen drei - Symmetrien, die eine Form X besitzen kann, ist jede eine Folge der 486 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 29. Mai 1913. beiden andern. Daher enthält die Periode von Y zwei zweiseitige Formen X, und U,,.. Wie leicht zu zeigen, ist hier 1 in 5 e®+ Be a Re SE und weil | p I q — Ugm = Un (Um+ı T Um- ı) ist, D = (3W4+2(-1)") (15w+2(-1)"). Der Wert von 5, ergibt sich aus der Formel ub, = [Krı kn | ER [Kir 2 kıtn-ı ] . Allgemein stellt der Ausdruck (7-) Xn as (ls Un 3, — (2% + %n-3)) die Minimalform (3.) oder (5.) dar, je nachdem n ungerade oder gerade ist. Für n = oo wird er der Minimalform (8.) X» = al1,V5-2,-V5) der Diskriminante D = 9a? proportional. (Über diese Form vgl. MArKOFF, Math. Ann. Bd. ı5, S. 382 und 397.) Wie Hr. Rrmax gefunden hat, sind (7.) und (8.) die einzigen Minimalformen, % = (a,b, -e),: wofür (9.) e = 2a+b ist (vgl. (6.) $5). Dies kann man, wie mir Hr. Schur mitgeteilt hat, in einfacher Weise aus den Bedingungen |%, (u, + %,_.,, w,)| > « ableiten. Ist n ungerade, so ist für % VD.: V9u-4 Un <3 und nähert sich mit wachsendem n beständig zunehmend dem lim inf. 3. Ist aber n gerade, so ist VD YV9uira4 | EM und nähert sich mit wachsendem n beständig abnehmend ‚der Grenze >: >3 Ähnliche Resultate ergeben sich für P = Pıu- Die reduzierte Form Ss ) | | > (8-9) = w = (9, 79-2p, -(5p-119)) = hat die Diskriminante 99°?+ 4. Die kleinste durch Y darstellbare Frosentus: Über die Markorr’schen Zahlen. 487 Zahl ist q, die halbe Periode A, k,--- k, = 2""112, wwn = 2m+1 ist. Für die zweiseitige Form Y,_, ist Am-ı — 30. + (- 1)", bu; = 2ln-ı5 Am .— 30, woraus sich für D der Ausdruck D= 4(30, + (- 1)") (60. + (- 1)*) ergibt. Die Formen g und % sind äquivalent den Minimalformen (p, P-29, -(p+39))» (9, 59-2p, -(3P-59)) oder (10.) (v. D) Dass 0% (v„ Fr 3v.-ı)) je nachdem n ungerade oder gerade ist. Ausgegeben am 5. Juni. 489 SITZUNGSBERICHTE 1913. XXVo. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 29. Mai. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. DieEıs. * - . Hr. vos Wıramowırz-MoeLLenvorrr las über Apollonios und Kallimachos. Unveröffentlichtes Material bestätigt, dass Apollonios in seiner Heimat in den sechziger Jahren des dritten Jahrhunderts in Ehren gestanden hat. Damals schrieb er sein Epos, das durchaus unter dem Einfluss seines Lehrers Kallimachos steht, dessen grosse Werke älter sind. Der Sturz des Apollonios hängt mit der Berufung des Erato- sthenes zusammen. Ausgegeben am 5. Juni. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei Sitzungsberichte 1913. ir weise oder auch in re Ausführung, in Aus $ 27. deutscher Sprache veröffentlicht sein oder Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung werden. Sollte eine Her zuw. erg Veröffent- am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- lichung dem redigirenden Secre r der Ausgabe in gelassenen Mittheilung, welehe am. nächsten Donnerstag den akademischen Schriften zur Be Ben so gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der hat er die Mittheilun ng aus diesen zu entfernen. Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens „Verfasser einer aufgenommenen wissen- dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- schaftlichen uene dieselbe anderweitig früher zu fertig air werden. Später eingereichte Manuseripte veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gel- werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden tenden Rechts Een ee so er larf er dazu der Ein- Secretars Ei gr Archivars versehen, für ein späteres willigung der Gesammt-Akadeı Stück zurückgelegt. Gedächtnissreden ande we zu veröffentlichen ist Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- den Verfassern unbeschränkt gestattet. Gehah deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche us $ 21. in den $$3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht ent- Die Sitzungsberiehte erscheinen in einzelnen Stücken sprechen. in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag : _ die ren an die hier wohnenden oder an- Aus $ 22. enden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die Mirtheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie in der Sitzung en wissenschaftlichen Mitthei- dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde; lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person schäftlichen Angelegenheiten. Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits, Hinter den Titeln der. wissenschaftliehen Haren se Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die folgen in dieser Übersicht kurze Kaum ge aben selben, Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- welche die Verfasser einreichen, und für wele = sie ver- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, antwortlich eg Diese hatssngebei sollen sich in wenn die Mittheilung in einem späteren Stück erscheint. der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, u falls swärts werden Correeturen nur auf Verlangen 10 . > he en. ndt; die Verfasser verzichte f Erscheinen ; Die nicht in den Sehriften = Akademie erscheinenden Ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern Mitheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, deren Correeturen erst noch dem ner genden 1 re bei den für die Abkendiungen re wird »(Abh.)« zur Revision unterbreitet werden müssen, kann s Er- zugefügt. ) ie am nächsten Ausgabe tage ubechaupe I zuge- W ee Mittheilungen fremder Verfasser sichert werden. re n dem Bericht rg ee Sitzung dn, Aus $ 36. ‚ TR * deren Aufnahme in die akademischen Schriften Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- ala beschlossen wir 8 griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. EEE s Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1910: Physikalisch-mathematische a a ee a Philos Beopkisci-hietereseke Claase: >. ien.a en ee En ee » 38. Abhandlungen. Jahrg. 1911: Poyskäliseh-mathenatische Clause. = =: 8 ee we AM 26.— Philosophisch. Eiasoacha- Chan 2 4.0 a ee a en >4.— uchs Abhandlungen aus den Jahren 1910, 1911, 1912 ad 1913. VAN’T : Der Aufbau der ee Welt in den a . Ei älfte - - >. A 207, Gedkchulssrede auf Hans: Heiisich Tandolt ee Esouen Dis und U Rau: Über den anatomischen Bau der baumartigen 'Opveracee Schoemodendron Fısc BER: ‘G ” e Snamangs Sch „edächtnissrede auf Jacobus Henrieus van BE 1.— E NE ge auf Heinrich Zim are a My Jane n das Dia n.. a a a oe a ur sprachlichen Glie rung Frankreichs .. 3.50 ie nn Überlieferung des Galen ’schen” Commentars zum Prorrhetienu | des in rat e * . ” * ” ro Zum Auf w velchem Wege kamen die Goidelen vom Continent ı nach I Inand? . a a a Gedächtnissrede auf Wilhelm Dilthey te, ar Re Zum isländischen Fehdewesen in der "Sturlungenzei eh, Rn an Mörger: E en der age Erste Abtheilung. Ober und Titan N en. > Eryax: Ei in Doppelblatt aus einem m inpihchen en Olilrnimop) Eee in Fall abgekürzter Justiz 1 in Ägy re D is: Die Entdeckung des Alkohols : . L. LicaTEnsteis: Beweis des Satzes. ei jedes hinreichend im wesentlichen stetig ge- mte, singularitätenfreie Flächenstück au n Theil einer Ebene ee und in den kleinsten Theilen ähnlich abgebildet ae kanı A.vox T Co 09: Türkische Manichai s Cho E. : M. van BercneEn: ih muslimischen Inschrift en von Br ergam ne. M. en Phöniei und aramäische Kru Sr er: aus Elophantine . ©. FRANK: Fi Entz ma der eenlsihen freche iften ö F. Scaurrasss: Zurufe an "hie nie im Arabis we A. eeräic Die Gesteine der Inseln S. Piet und $. Antioco ‚ (Sardinie n) H. Krautsen: Morphologische Studien zur Rassendiagnosti der Turfanschädel . E. Körrer: Über den Ba zfall, in welchem ein ebenes Fachwerk von n Knotenpunkten und ‚2n — 3 Stäben oder era räumliches Fachwerk san n Kubkengunktat und 3n—6 Stäben nieht mehr statisch best E. oseier Zur eeerasckiehh des islamischen Gebets und Kultus Sitzungsberichte der Akademie. EIERESESRRBSEE ee. ae Senn Ne Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1912. un über quadratische Formen, die viele Primzahlen darstellen E. Meyer: Untersuchungen über die älteste Geschichte Pe und über Nebukadnezar's s Eefleöykngseale en ne P. Maas: zu den Beziehungen "zwischen Kirchenvätern und Sophis isten. II S. Evan: zwei Handschrftenläte in der alten arischen Litteratursprache = Gtinesisch-Turkistan Nersst und F. A. Lin Untersuchungen ü nr die specifische Wärn ERNST Untersuchungen über die specifische W Vu, F. Frec#: über irgsbau des Tauros in seiner Bedeutung für die Beziehungen = euro- äischen a ainischen "Ge bir vos Wıramowırz-MoerLexporrr und G. Praumass: Tiiaspapyrus P. >. Morgan (iierzu Taf. IX und x) SCHWARZSCHILD: über Spe erssknohiariee : Erpmass: Erkennen und Verstehen (2. Aufl.) Sonderabdrucke. I]. Halbjahr 1913. Norpex: aus Cicero's Werksta een, ze Warpgurs, G. Lerrnäuser, E. Horsa und c. Mir: über die Constante c des Wırn-PLAnck- schen ge K. Scazer u = W. er die ‚specifische Wärme von n Helium und ‚einigen aeiatomigen. Gasen en +20 und —ı J. Mewaıpr: eine Kalchug ee in Galeı ns Schrift „über das Koma . Herrmann: über die Herkunft der Staubfälle im DE Im ELLNANN: psychologisch je te Fehler bei meteorolo sahen Beobachtu ungen M.Linzsarskı: eine re Br ig che Bilinguis aus einem Tempe I! des Massinissa a (hierzu Tal D Fıscuer und K. Zac n der Acetobromglucose und ähnlicher Stoffe HABERLANDT: zur Phy ale de Zelltheiku ng » Prasck: über das Gleichgewicht Aare ‚Seiltoren, freien Elektronen und strahlender Wärme Warpever: das Skelet eines Scheinz F.E. Scaurze: die Erhebungen auf de en und | Wangenschleimihaut d der Saugeihiere ı. Die Beutelthiergattung Macropus * (Suaw) (hierzu Taf. If, II und IV) Lüpers: die Sakas und die zu. Sprache J. Star 2 R. ing und G. DT: ein-, zwei- und ‚dreiwerthige Linien des Aluminlums | in den analstrahler u a K. Meyer: zur keltischen: Wor A A il Ferogextvs: über die Markorr’schen Zahlen sen = D rel ı88 me & Mi2— >». u... » * » ” * a * E BE En Ze 3 De 2 \a 28 zagzas S> =o2 P9=9995222- \8S -o> 1913. XXVIL SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Gesammtsitzung am 5. Juni. (S.491) E. Fıscner und M. Rararorr: Über die Carbomethoxyderivate der Phenolcarbonsäuren und ihre Verwendung für Synthesen. IX. Derivate der Pyrogallolcarbonsäure, (S. 493 E. Fıscner und H. O.L. Fıscner: Synthese der o-Diorsellinsäure. (S. 507 Rusess: Über die Absorption des Wasserdampfs und über neue Reststrahlengruppen im Ge- biete der grossen Yeheemayna (Mittheilung aus der Sitzung der phys.-math. Classe vom 13. Februar.) (S.5 Hernert: Die a des Geoids im Gebiete des Keen; (Mittheilung aus der Sitzung der phys.-math. Classe vom 17. Oetober 1912.) (S.5 BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem see für die Redaction der akademischen Druckschriften. s$1 Die Akademie giebt rt N 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Verlänitichungen Be » Sitzungsberichte der rer Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » nn der Königlich Pr eussischen Akademie der Winenacharen Aus $ 2. Aufnahme in die Sitzungsberichte ‚oder die demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das TE DE zugleich ke st. Nicht- mitglieder haben mittelung eines ihrem Fache angehörenden Geisilichen Mitgliedes zu benutzen. [3 $ 3. lei einer aufzunehmenden Mittheilung soll Eu n den Sitzungsberichten bei 3 bei ee ın 16 Seiten in der gew * een in den ee: 12 Druckbogen n je 8 Seiten in - ee Schrift der Abhand- ne nieht über Dora Behreitung ae Grenzen ist nur mit Zustimmung mt- Akademie oder der betreffenden Classe statt- Vorlage der ee ausdrücklich zu r Umfan de Mitglied von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfan m Druck abschätzen zu lassen. 8A. Sollen einer Mittheilung ge im Text oder auf besonderen: Tafeln bei igegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit ern Manuseript, Sedo auf ee Blättern, einz Die Kosten der Rn a Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten e r Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anse chlag ie er- rn Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei Abhandlungen Pag an so ist Vorberathung Eu er Secretariat Pi e 5. ung und Einreichung des vollständigen üruckfrigen sonne an den zuständigen Secretar ode wird no Klinke "der 1 Mittheilung in die akademischen Sehrift und zwar s der anwesenden Mit- timmt, Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel ee enge werde Classe e Aufnah i Bestätigung durch di die Gesiunne Aus s 6. ; nn: 1:.Nn 1 * £ . ar wenn es sich nicht. bloss um age Text handel mu reichende Anweisungen für die Anordn nung des und die Wahl der Schriften enthalten. es vor we. des Manuscripts vorzunehmen. Das hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser seine en als vollkommen druc re if ansieht. Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die tur an das girenden Se und die Verfasser .S zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflichte us $ 8. Von allen in die Sitzungsberiehte oder eg aufgenommenen wissenschaftlichen a Rede Adressen oder Beriehten werden für die Verfasser, von RER Mittheilungen, wenn Umfang i Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen aus- e eben wer rien. 8 8 I 7 y PN. GG hi Ylneke für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn n die Verfasser sieh ausdrücklich damit einverstanden erklären. n den EEE E El aus den Sitzungsberichten Fr ein Verfasser, welcher Mitglied der ee ist, zu unentgeltlicher Vertheil ne weiteres 50 Frei- ; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwei auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zah u der Genehm m er Fe treffenden a — Nicht ei erhalten 50 exemplare und dürfen nach rechtzeitiger ne bei ir redigirende . weitere 200 Exemplare a en ucken aus den Abhandlungen er hält = T erfasser, welcher Mitglied der a Ps zu unentgeltlicher Vertheilung exemplare; e r ist indess ber a d uf seine Kosten no n Secretar weitere Kosten abziehen lassen 17, Eine für die al ne a stimmte wissenschaftliche Mittheilung ener in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an a Stelle anderweitig, sei es auch nur aus a auf S.3 des Umschlags.) : 491 SITZUNGSBERICHTE 1913. AXVIH. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 5. Juni. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. PLanck. l. Hr. Fıscuer las über die Synthese von Depsiden, Flechtenstoffen und Gerbstoffen und legte zwei darauf bezügliche Mittheilungen vor: Über » Derivate der Pyrogallolcarbonsäure« und über die »Syn- these der o-Diorsellinsäure «. In der ersten gemeinschaftlich mit Hrn. M. Rararorr ausgeführten Untersuchung wird gezeigt, dass die Pyrogallolcarbonsäure genau so wie die Gallussäure zur Be- reitung von Depsiden und Gerbstoffen benutzt werden kann. Die zweite Arbeit, an er Hr. Hermann Fischer betheiligt ist, liefert den Beweis, dass die synthetisch dar- gestellte o-Diorsellinsäure sowohl von der Lecanorsäure wie von der gleichfalls in den Flechten vorkommenden Gyrophorsäure verschieden ist. 2. Hr. Envarn Mever legte vor die 23. wissenschaftliche Veröffent- liehung der Deutschen Orientgesellschaft: W. Anpraz, Festungswerke von Assur (Textband und Tafelband), und die 24.: W. Auprar, Die Stelenreihen in Assur (Leipzig 1913). 3. Ferner wurde vorgelegt ein neu erschienener Theil der von der Akademie unternommenen griechischen Münzwerke: Die antiken Münzen Mysiens. Bearb. von H. von Frıtze. Abt. ı (Berlin 1913). 4. Zu wissenschaftlichen Unternehmungen hat die Akademie durch die Philosophisch-historische Classe bewilligt: Hrn. Koser zur Fort- ung der Herausgabe der Politischen Correspondenz Friedrich’s des Grossen 6000 Mark; Hrn. vos Wıramowırz-MoELLENDoRFF zur Fortführung der Inseriptiones Graecae 5000 Mark; der Deutschen Commission zur Fortführung der Forschungen des Hrn. Burnacn über die neuhoch- deutsche Schriftsprache 4000 Mark; für die Bearbeitung des Thesaurus inguae Latinae über den etatsmässigen Beitrag von 5000 Mark hin- aus noch 1000 Mark; zur Bearbeitung der hieroglyphischen Inschriften “ der griechisch-römischen Epoche für das Wörterbuch der aegyptischen Sitzungsberichte 1913. | 48 492 Gesammtsitzung vom 5. Juni 1913. Sprache 1500 Mark; für das Cartellunternehmen der Herausgabe der mittelalterlichen Bibliothekskataloge als siebente Rate 500 Mark. 5. In dem Bericht über die Gesammtsitzung vom 6. Februar d.J. hat die Akademie mitgetheilt, dass die nächste Zuertheilung aus der Dr. Carı GürtLer-Stiftung am 26. Januar 1914 stattfinden werde, und dass dafür 1700 Mark zur Verfügung der philosophisch-historischen Classe ständen. Inzwischen hat Hr. Prof. GürrLer diese Summe durch eine dankenswerthe Zuwendung von 600 Mark auf die gleiche Höhe gebracht wie die im Vorjahre vergebene. Der Betrag von nunmehr 2300 Mark kann in einer oder mehreren Raten vergeben werden. Die Zuertheilungen erfolgen nach $ 2 des Statuts der Stiftung zur Förde- rung wissenschaftlicher Zwecke, und zwar insbesondere als Gewährung von Beiträgen zu wissenschaftlichen Reisen, zu Natur- und Kunst- studien, zu Archivforschungen, zur Drucklegung grösserer wissenschaft- licher Werke, zur Herausgabe unedirter Quellen und Ähnlichem. Bewerbungen müssen bis zum 25. October d. J. im Bureau der Akademie, Berlin W 35. Potsdamer Str. 120, eingereicht werden. Die Akademie hat in der Sitzung vom 22. Mai den Dr. Karı, Frei- herrn AvEr von WeısgacH auf Schloss Welsbach (Kärnten) und Hrn. Ernest Sorvay in Brüssel zu eorrespondirenden Mitgliedern ihrer physi- kalisch-mathematischen Classe gewählt. Fischer und Rararorr: Derivate der Pyrogallolearbonsäure. 495 Über die Garbomethoxyderivate der Phenolcarbon- säuren und ihre Verwendung für Synthesen. IX. Von Emır Fıscher und Max RaPrAProrT. Derivate der Pyrogallolearbonsäure. Wahrend die Carbomethoxylierung der p-Oxybenzoesäure, Protoca- techusäure und Gallussäure in wäßrig alkalischer Lösung leicht und vollständig von statten geht, zeigten sich bei der Salieylsäure und auch noch anderen Orthophenolearbonsäuren Schwierigkeiten. Die Carbo- methoxylierung findet hier bei Anwendung molekularer Mengen nur unvollständig statt. Vermehrt man die Quantität des Chlorkohlensäure- methylesters und des Alkalis durch Wiederholung der Operation, so steigt auch die Menge des in Orthostellung carbomethoxylierten Pro- duktes, wie insbesondere die Beobachtung bei der 8-Resoreylsäure' ge- zeigt hat. In anderen Fällen läßt sich auf diese Art die Reaktion zu Ende führen. Besonders leicht gelang dies bei der Orsellinsäure®. Ungefähr in der Mitte zwischen der £-Resoreylsäure und der Or- sellinsäure steht nun die Pyrogallolearbonsäure. Mit der berechneten Menge Chlorkohl thylester und Alkali erhält man ein Produkt, das noch starke en Färbung mit Eisenchlorid zeigt. Wenn dagegen die Operation mit einem Überschuß an Chlorid wiederholt wird, so entsteht in guter Ausbeute die Tricarbomethoxy- verbindung. Diese läßt sich durch Phosphorpentachlorid ins Chlorid verwandeln, das aus Äther leicht kristallisiert. Wir haben es zu fol- genden Synthesen benutzt. 1. Bei der Behandlung mit Benzol und Aluminiumchlorid entsteht ein Produkt, das bei der Verseifung 2, 3, 4 Trioxybenzophenon liefert: OH OH on 2. CH; Dieses ist identisch mit >= als Farbstoff bekannten Alizaringelb A, Wodurch dessen Struktur endgültig festgelegt wird. ‘ E. Fıscner und K. Freupengere. Liesıss Annalen der Chemie 384. 234 (1911). | ° E. Fischer und K. Horscn Lirsıss Annalen der Chemie 391. 366 (1912). 48* 494 Gesammtsitzung vom 5. Juni 1913. 2. Durch Einwirkung des Chlorids auf p-Oxybenzoesäure in al- kalischer Lösung, und nachträgliche Abspaltung der Carbomethoxy- gruppen, wurde das Didepsid REN OH 2%9.0.X J000HN erhalten. Es ist isomer mit der früher beschriebenen Galloyl-p-oxy- benzoesäure'. Wir nennen es Py llol 2 ig Be, Traubenzucker nimmt beim Schütteln mit Chinolin und dem Chlorid in Chloroformlösung fünf » Triearbomethoxy-pyrogallolearboyl« auf, und durch vorsichtige Verseifung dieses Produktes entsteht ein Gerbstoff der Tanninklasse, den wir für struktur-isomer mit der Pen- tagalloylglucose” halten. Triearbomethoxy-pyrogallolearbonsäure. (CH, .CO,..0),0,H, . COOH. In einer Wovurrrschen Flasche, die mit einem Tropftrichter sowie mit Zu- und Ableitungsrohr versehen ist, werden 10 g käufliche Pyro- gallolearbonsäure mit 100cem Wasser übergossen, die Luft durch Wasser- stoff verdrängt und durch einen Tropftrichter 57 eem 2n-Natronlauge (2 Mol.) zugefügt. Beim Umschütteln löst sich die Säure mit dunkel- brauner Farbe. Man kühlt nun mit Eis-Kochsalzgemisch unter dau- erndem Durchleiten von Wasserstoff, fügt durch den Tropftrichter 5 eem Chlorkohlensä thylester zu und schüttelt kräftig. Das Chlorid wird rasch verbraucht, und die dunkle Farbe der Lösung schlägt zum Schluß in Hellbraun um. Man fügt jetzt wieder 28.4 ceem 2n-Natronlauge und 5 eem Chlorkolılensä thylester zu und schüttelt abermals stark unter dauernder Kühlung. Die letzte Operation wird einmal mit 28.4 ccm 2n-Natronlauge und 5 cem ehlorkohlensaurem Methyl, und dann noch zweimal mit je 14.2 cem Lauge und 2!/,cem Chlorkohlensäureester wie- derholt. Schließlich gießt man in etwa 500 cem kaltes Wasser und übersättigt sofort mit verdünnter Salzsäure. Das hierbei ausfallende Öl erstarrt beim Umrühren und Reiben bald. Die wenig gefärbte Masse ' E. Fıscaer. Ber. d. D. chem. Ges. 41. 2888 (1908). ° Für die den »Carbonsäuren« entsprechenden Acyle fehlt eine allgemeine Ber zeichnung. Ich schlage vor, dafür das Wort »Carboyl« zu wählen, das ebenso von Carbonsäure abgeleitet ist wie Benzoyl von Benzoesäure. Das Radikal der Pyrogallol- carbonsäure (HO);CsH,.CO erhält also den Namen »Pyrogallolearboyl«, der im Nach- folgenden öfters gebraucht wird. E, Eusonkn . ® E. Fıscher und K. Freuvensere. Ber. d.D. chem. Ges. 45. 929 (1912). | Fischer und Rararorr: Derivate der Pyrogallolcarbonsäure. 495 wird abgesaugt, nochmals mit kaltem Wasser verrieben, wieder abge- saugt und im Vakuumexsikkator getrocknet. Die Ausbeute beträgt ungefähr ı7 g oder 87 Prozent der Theorie. Zur Reinigung löst man das schwach braungefärbte Pulver in etwa 125 ccm heißem trocknen Benzol und kocht mit etwas Tierkohle. Die heißfiltrierte gelbe Lösung scheidet beim langsamen Erkalten farb- lose, meist warzenförmig vereinigte Kriställchen (schiefe Blättchen) ab, während beim raschen Abkühlen zuerst ölige Abscheidung stattfindet. Die Menge der abgeschiedenen Kristalle beträgt nach mehrstündigem Stehen etwa 148g. Aus der Mutterlauge läßt sich durch Einengen eine zweite, viel kleinere Kristallisation gewinnen. Die Gesamtaus- beute an farblosem Präparat betrug gewöhnlich ı5.3 g oder 78.3 Pro- zent der Theorie. Die letzten Benzolmutterlaugen hinterlassen bein Verdampfen ein dunkelbraun gefärbtes Öl. Zur Analyse wurde nochmals aus Benzol umkristallisiert und unter 15mm Druck bei 73° über Phosphorpentoxyd getrocknet, wobei die exsikkatortrockne Substanz nur wenig an Gewicht verlor. I. 0.1838 g gaben 0.3068 g CO, und 0.0594 g H,O IL. 0.1518g » o0.518g CO, » 0.0489g H,O Ber. f. C,3H120;: (344-1) Gef. Ü 45.34 45.52; 45.24 H 3.52 382,.::3.01 Da die Diearbomethoxyverbindung für den Wasserstoff denselben Wert hat und für den Kohlenstoff nur 0.8 Prozent mehr verlangt, so haben wir noch eine Bestimmung der Methylgruppen nach Zeıseı ausgeführt, deren Resultat für die Formel der Tricarbomethoxy- verbindung entscheidend ist. I. 0.3080 g gaben 0.6320 g AgJ I. 0.2581g >» 0.5362 g AgJ Ber. f. C,3H1201r (344-1) Gef. CH 13.10 13.13; 13.29 Die Säure schmilzt beim raschen Erhitzen im Kapillarrohr nicht ganz konstant bei 122— 124° (korr.) unter Aufschäumen zu einer farblosen Flüssigkeit, und nach Beendigung der Gasentwicklung läßt Sich der Rückstand größtenteils unzersetzt destillieren. Mit Wasser gekocht schmilzt die Säure, löst sich in erheblicher Menge, fällt in 3 i der Kälte wieder ölig aus und erstarrt allmählich kristallinisch. In Kaliumbicarbonat leicht löslich. Löst sich sehr leicht in Aceton, leicht in Alkohol und warmem Chloroform, schwerer in Äther. 496 Gesammtsitzung vom 5. Juni 1913. Die alkoholische Lösung der frisch bereiteten Substanz gibt mit Eisenchlorid zunächst nur eine schwache rötliche Färbung. Beim Stehen der Lösung tritt allmählich starke Rotviolettfärbung ein, wie sie die Pyrogallolearbonsäure und die niedriger carbomethoxylierten Derivate in so hohem Maße zeigen. Wir glauben, daß die Erschei- nung durch eine langsame Abspaltung von Carbomethoxygruppen, und zwar vorzugsweise der orthoständigen Gruppe, hervorgerufen wird. Demnach sollte die absolut reine Säure mit Eisenchlorid gar keine Rotfärbung geben. Chlorid der Tricarbomethoxy-pyrogallolcarbonsäure. (CH, . CO, .0),. C,H, . COC. 30 g Bene, aus Benzol eier te und im Exsikkator getrocknete Tri llol Ä werden in einem Fraktionier- kolben unter Abschluß der Luftfeuchtigkeit mit etwa 50 cem scharf getrocknetem Chloroform übergossen, dann 27 g frisches Phosphor- pentachlorid zugefügt und geschüttelt. Unter starker Entwieklung von Chlorwasserstoff gehen die Säure und der größte Teil des Phosphor- pentachlorids bald in Lösung. Unter stark vermindertem Druck werden nun Chloroform und in ers zunächst bei gewöhnlicher Temperatur und dann bei 35—40° möglichst vollständig verdunstet, wobei ein goldgelbes, zähes Öl zurückbleibt. Dieses wird in trocknem Äther gelöst, von dem unverbrauchten Phosphorpentachlorid rasch abfiltriert und die ätherische Lösung unter vermindertem Druck ohne Erwärmung ziemlich stark eingeengt, wobei in der Regel schon Kristallisation eintritt. Zum Schluß kühlt man noch mit Eis-Koch- salzmischung und saugt nach mehreren Stunden die farblosen, lanzett- förmigen Nadeln ab. Sie werden durch rasches Pressen zwischen gehärtetem Filtrierpapier von der Mutterlauge befreit und im Vakuum- exsikkator über Phosphorpentoxyd und Natronkalk getrocknet. Die ätherische Mutterlauge gibt beim Einengen eine zweite, viel kleinere Kristallisation. Gesamtausbeute etwa 27 g oder 85 Prozent der Theorie. Für die Analyse diente die erste Kristallisation. 0.1614 g gaben 0.2548 g CO, und 0.0465 g H,O 0.20038 » 0.0785 g AgCl Ber. f. C,,H::0,.C1 (362.55) Gef. 16 43.03 43.06 H 3.06 4.33 Mr 9.78 9.70 Fischer und Rararorr: Derivate der Pyrogallolearbonsäure. 497 Das Chlorid begann im Kapillarrohr bei 63° zu sintern und schmolz bei 67—68° (korr.). Es löste sich leicht in Aceton, Äther, Chloroform und Benzol, schwer in Petroläther. 73,3 = .. | + Triearbomethoxy-pyrog (CH, CO, .O),. C,H, .COOCH,. Das zuvor erwähnte Chlorid löst sich ziemlich leicht in Methyl- alkohol und setzt sich damit, zumal in der Wärme, rasch um in Chlor- wasserstoff und Methylester. Letzterer wird durch Wasser ölig gefällt und läßt sich ausäthern. Zur Reinigung wurde die ätherische Lösung mit wäßriger Kaliumbicarbonatlösung geschüttelt, um alle Säure zu entfernen. Beim Verdunsten des Äthers schied sich der Ester zuerst ölig aus, erstarrte aber bald zu einer farblosen kristallinischen Masse. Ausbeute fast quantitativ. Aus der Lösung in wenig warmem Methyl- alkohol schied sich der Ester bei vorsichtigem Zusatz von Wasser, Abkühlen und Reiben in mikroskopischen, ziemlich dicken, manchmal an Doppelpyramiden erinnernden Kristallen aus, welche bei 82—84° (korr.) zu einer farblosen Flüssigkeit schmolzen. 0.1514 Substanz, im Vakuumexsikkator getrocknet, gaben 0.2593 g CO, und 0.0516 g H,O Ber. f. C,,H,,0:: (358.11) Gef. C 46.91 46.71 H 3.94 3.81 Der Ester löst sich leicht in kaltem: Chloroform, Essigester und heißem Alkohol, schwerer in kaltem Alkohol, noch schwerer in kaltem Äther, außerordentlich schwer in Petroläther. Schmilzt auf kochendem Wasser und löst sich darin in merklicher Menge. Leichter als nach obigem Verfahren wird er durch Carbomethoxy- lierung des Pyrogallolearbonsä thylesters erhalten, wie folgender von OÖ, Prerrer auf unsere Veranlassung ausgeführter Versuch zeigt: 5 g Pyrog ä thy wurden in einer Wourrr- schen Flasche im Wasserstoffstrom mit 81. 5 ecem eiskalter n-Natron- lauge (3 Mol.) gelöst und unter Kühlung mit Eis-Kochsalzmischung 6.8 cem chlorkohlensaures Methyl unter starkem Umschütteln zuge- geben. Dabei schied sich ein helles Öl ab. Zur Vervollständigung der Reaktion wurden nochmals 27 ccm eiskalte n-Natronlauge und 2.3 cem chlorkohlensaures Methyl unter starkem Schütteln zugegeben und nach einstündigem Stehen der Masse im Wasserstoffstrom das abgeschiedene Öl ausgeäthert. Um etwa noch vorhandene saure Pro- dukte zu entfernen, wurde die ätherische Lösung mit eiskalter 3], ı1oN- 498 Gesammtsitzung vom 5. Juni 1913. Natronlauge kurz durchgeschüttelt, dann rasch abgehoben, filtriert und verdunstet. Der ölig zurückbleibende Ester erstarrte beim Reiben bald zu einer farblosen kristallinischen Masse. Ausbeute ungefähr 75 Pro- zent der Theorie. Für die Analyse wurde er, wie oben, aus Methylalkohol und Wasser umgelöst und im Vakuumexsikkator getrocknet. 0.2429 g gaben 0.4193 g CO, und 0.0888 g H,O. Ber. f. C,,H,40;: (358.11) Gef. Ö 46.91 47.08 H 3-94 4.09 Den Äthylesterder Triearbometl llolearbonsäure haben ER oO wir aus dem Chlorid mit Äthylalkohol dargestellt und aus Alkohol mit Wasser umgelöst. Er kristallisiert in kleinen schiefen Tafeln und schmilzt bei 91— 94° (korr.) zu einer farblosen Flüssigkeit. Er gleicht in der Löslichkeit der Methylverbindung. 0.1757 8 (im Vakuumexsikkator getrocknet) gaben 0.3130 g CO, und 0.0690 g H,O Ber. f. C,H, 0,1: (372.13 g) Gef. C 48.37 48.58 H 4-33 4.40 Neue Bildung des 2, 3, 4 Trioxybenzophenons. (Alizaringelb A.) 10 g Triearbomethoxy-pyrogallol ylehlorid wurden in 40 cem troeknem, thiophenfreiem Benzol gelöst und mit 10 g frisch sublimier- tem gepulverten Aluminiumchlorid unter starkem Umschütteln ver- setzt. Die Masse erwärmte sich von selbst und wurde 4 Stunden unter öfterem Schütteln bei 40°C gehalten. Dabei färbte sie sich lang- sam braun, und es entstanden zwei Schiehten, deren untere schließ- lich dunkelbraun und fest wurde. Gleichzeitig fand langsame Entwick- lung von Salzsäure statt. Nach dem Abkühlen wurde die gesamte Masse nebst dem Benzol in eine Reibschale gebracht, mit Eis versetzt, mit überschüssiger Salz- säure verrieben und mit Äther durchgeschüttelt, wobei fast alles in Lösung ging. Um die abgehobene ätherische Lösung von Säuren zu befreien, wurde sie mit einer eiskalten wäßrigen Lösung von Kalium- bicarbonat kurz geschüttelt, abgehoben, filtriert und auf dem Wasser- bade verdampft. Zur Abspaltung der Carbomethoxygruppen haben wir den dunkelbraunen, dieköligen Rückstand in 30 cem Aceton gelöst und im Wasserstoffstrom mit 70 cem 2n-Natronlauge versetzt. Dabei trat schwache Erwärmung ein, und die Flüssigkeit wurde erst rot, später ä Fischer und Rararorr: Derivate der Pyrogallolearbonsäure. 499 rotbraun. Nach vierstündigem Stehen bei Zimmertemperatur wurde mit Salzsäure übersättigt und ausgeäthert. Beim Verdampfen des Äthers blieb ein Öl, das beim Abkühlen bald zu einer schmutziggelben Masse erstarrte. Ausbeute 3.5 g oder 55 Prozent der Theorie, bezogen auf das angewandte Chlorid. Zur Reinigung wurde in viel heißem Wasser gelöst, kurze Zeit mit Tierkohle gekocht und das Filtrat abgekühlt. Für die Analyse diente ein mehrfach umkristallisiertes Präparat. Im lufttrocknen Zustand enthielt es ı Mol. Wasser, das durch Trocknen über Phosphorpentoxyd bei 15 mm Druck und 98° bestimmt wurde. 0.1566 g Substanz verloren 0.0116 g H,O. Ber. f. C3H20,+ H,O (248,1) Gef. H,O .26 7:41 0.1573 g getrocknete Substanz gaben 0.3907 g CO, und 0.0625 g H,O. Ber. f. C;3H,00, (230.08) Gef. C 67.80 67.74 H 4.38 4.45 Die bei 100° im Vakuum getrocknete Substanz schmolz bei 138 bis 139° (korr.) zu einer gelben Flüssigkeit, während Gräse und Eıchex- GRÜN für das wasserfreie Alizaringelb A 140—ı4ı° angeben. Wir haben vergebens versucht, durch weiteres Umkristallisieren den Schmelz- punkt unseres Präparates zu erhöhen. Trotzdem können wir diesem Unterschied keine Bedeutung beimessen, denn eine Mischprobe unseres Präparates mit Alizaringelb A, das wir selbst durch wiederholte Reini- gung des technischen Produktes der Badischen Anilin- und Soda- fabrik in’ Ludwigshafen herstellten, zeigte keine Depression des Schmelz- Punktes, Auch konnte in andern Eigenschaften, wie Farbe, Löslich- keit, Kristallform usw. kein wesentlicher Unterschied festgestellt wer- en. Endlich haben wir noch die Acetylderivate verglichen. Das Pro- dukt aus Alizaringelb A ist zuerst in den Patenten der Badischen Ani- lin- und Sodafabrik und später ausfürlicher von GrÄBE und Eic#en- GRÜN! beschrieben worden. Es schmilzt bei 117°. Wir können diese Angabe bestätigen, denn wir fanden 117—ı18° (korr.). Aus war- mem Alkohol kristallisiert es recht hübsch, wir beobachteten aber . keine Blättehen, sondern kompaktere Kristalle, die unter dem Mikro- Skop teils als schief abgeschnittene Prismen, teils als flächenreichere Ormen erschienen. Ganz in der gleichen Weise haben wir nun das nach unserer Synthese dargestellte Trioxybenzophenon durch dreistün- diges Kochen mit Essigsäureanhydrid dargestellt. Nachdem das über- Liesios Annalen der Chemie 269. 297 (1892). >00 Gesammtsitzung vom 5. Juni 1913. schüssige Anhydrid unter stark vermindertem Druck abdestilliert war, wurde der Rückstand mehrmals aus heißem Alkohol umkristallisiert. Die farblosen Kristalle zeigten ganz die äußere Form des ersten Prä- parates. Der Schmelzpunkt war nicht ganz so scharf, 116—118° (korr.), Mischprobe beider Präparate schmolz bei 116— 117° (korr.). Da auch die Analyse unseres letzten Präparates die alte Formel G,, H,O, (COCH,), bestätigt (gef. C 63.82 Prozent; H 4.55 Prozent; ber. C 64.02 Prozent; H 4.53 Prozent), so scheint uns die Identität des Ali- zaringelb A mit dem von uns aus Pyrogallolecarbonsäure erhaltenen 2, 3, 4 Trioxybenzophenon genügend bewiesen zu sein. Triearbomethoxy-pyrogallolcarboyl-p-oxybenzoesäure. (CH, C0,.0),.C,H,.C00.C,H,.COOH. Zu einer durch Eis gekühlten Lösung von 5 g wasserhaltiger p-Oxy- benzoesäure (ı Mol.) in 64 ecem n-Natronlauge (2 Mol.) und 5— 10 cem Wasser gießt man unter kräftigem Schütteln in mehreren Portionen eine Lösung von 11.6 g Tricarl thoxy-pyrogallolearboylchlorid in 50 cem troecknem Aceton. Nach kurzer Zeit trübt sich die Füssig- keit und nach 10 —ı5 Minuten reagiert die Lösung fast neutral. Man schüttelt noch etwa eine Viertelstunde und übersättigt dann mit ver- dünnter Salzsäure, wobei ein starker Niederschlag entsteht. Er wird nach einstündigem Stehen der Flüssigkeit in Kältemischung abgesaugt und im Exsikkator getrocknet (14 g). Er ist ein Gemisch der Säure mit einem neutralen Körper. Zur Trennung löst man in wenig Aceton und fügt eine kalte verdünnte Lösung von überschüssigem Kalium- bicarbonat zu. Beim kräftigen Schütteln geht die Säure in Lösung. Sie wird vom Ungelösten abfiltriert Ba aa ee übersättigt, wobei die Triearbomet] llol äure als farb- loser Niederschlag ausfällt. Wucheiss 7.88 us 5 Prozent der Theorie. Das Produkt wird in etwa der achtfachen Menge warmem Aceton gelöst und mit heißem Wasser bis zur bleibenden Trübung versetzt. Beim langsamen Abkühlen scheiden sich feine mikroskopische Blätt- chen ab (6.8 g). Zur Analyse wurde Sochninis in der gleichen Weise umkristalli- siert, wobei der Schmelzpunkt aber nicht mehr in die Höhe ging und im Vakuumexsikkator getrocknet. # 0.1915 g gaben 0.3653 g CO, und 0.0633 8 H,O I. 0.16018g » 0.30388gC0, » 0,0511 gH,O Ber. f. C.H,60:;; (464.13) Gef. C 51.71 53.035 51.95 H 3.48 370942 3-37 Fischer und Rararorr: Derivate der Pyrogallolearbonsäure. 501 Die Säure schmilzt gegen 198—199° (korr.) unter Aufschäumen. Sie löst sich ziemlich leicht in Aceton, schwerer in Essigäther und Alkohol, recht schwer in Äther. Leicht löslich in sehr verdünntem kalten Ammoniak. Die Ätherlösung bleibt auf Zusatz von Kaliumbi- carbonat und Wasser klar. Pyrogallolearboyl-p-oxybenzoesäure. (HO),C,H,C00.C,H,COOH. 3 g reine Tricarbomethoxy -pyrogallolcarboyl-p-oxybenzoesäure wurden im Wasserstoffstrom in 46 eem wäßrigem n-Ammoniak (7 Mol.) gelöst, bei Zimmertemperatur 2 Stunden aufbewahrt, dann mit ver- dünnter Salzsäure übersättigt und der amorphe, sehr voluminöse, schmutziggelb gefärbte Niederschlag abgesaugt und im Exsikkator ge- trocknet (1.67 g oder 89 Prozent der Theorie). Das Rohprodukt wurde in viel heißem Aceton gelöst und heißes Wasser bis zur dauernden Trübung zugesetzt. Beim langsamen Abkühlen schied sich das Didepsid in sehr kleinen, glänzenden Kriställchen aus, die meist zu Büscheln oder Kugeln verwachsen waren. Auch bei wiederholtem Umkristalli- sieren behielten sie eine schwachgraue Färbung. Das lufttrockene Präparat enthält Wasser, aber, wie es scheint, in wechselnder Menge. Dasselbe entweicht schon bei längerem Trocknen im Vakuumexsikkator über Phosphorpentoxyd. Eine so getrocknete Substanz verlor bei 100° unter ı 5 mm Druck nicht mehr an Gewicht. 0.1717 gaben 0.3636 g CO, und 0.0553 g H,O Ber. f. C,;,H,00; (290.08) Gef. Ü 57.92 57-75 H 3.48 3.60 Die Säure schmilzt im Kapillarrohr nicht konstant gegen 235 bis 238° (korr.) unter Aufschäumen und Dunkelfärbung. Sie löst sich Sehr schwer in kochendem Wasser, kristallisiert aber daraus in sehr feinen Nädelchen. Auch in den meisten organischen Lösungsmitteln Schwer löslich. Am besten lösen Aceton und Eisessig in der Wärme. Aus letzterem kristallisiert sie beim Erkalten in feinen meist stern- förmig vereinten Nädelehen. Die alkoholische Lösung gibt mit wenig Eisenchlorid eine blaue, schwach ins Violette spielende Farbe. Die alkalische Lösung wird bei Zutritt der Luft rasch braun. 502 Gesammtsitzung vom 5. Juni 1913. Penta-|triearbomethoxy-pyrogallolearboyl]-glucose. C,H,0,.[(CH,00C0), C,H, CO], Wir haben den Versuch nur mit der -Glucose ausgeführt und hier ganz ähnliche Erscheinungen beobachtet, wie bei dem entsprechen- den Derivat der Gallussäure'. ı0 g fein zerriebene, gebeutelte und nochmals scharf getrocknete a-Glucose wurden in einer starkwandigen Standflasche mit einer Lösung von ııı g Tricarbomethoxy-pyrogallolearboylchlorid (5'/z Mol.) in 150 cem scharf getrocknetem Chloroform übergossen. Nachdem noch 41 g Chinolin (53/, Mol.), das längere Zeit über BaO bei 100° ge- standen und schließlich darüber destilliert war, zugegeben waren, wurde auf der Maschine bei gewöhnlicher Temperatur 60 Stunden geschüttelt, wobei der Zucker völlig in Lösung ging. Die Flüssigkeit blieb dann noch 24 Stunden stehen und war zum Schluß goldgelb gefärbt und ziemlich zähe. Beim Eingießen in viel Methylalkohol schied sich eine farblose harzige Masse ab, die beim starken Abkühlen und besonders beim Verreiben mit frischem eiskalten Methylalkohol sich bald in ein feines amorphes Pulver verwandelte. Die Ausbeute betrug ungefähr 73 g oder 72.6 Prozent der Theorie, berechnet auf den angewandten Zucker. Der Verlust wird hauptsächlich durch die Löslichkeit in der großen Menge der Mutterlauge bedingt. Um Spuren von Chinolin zu entfernen, haben wir das Rohprodukt in 150 cem Chloroform gelöst, mehrmals mit 10 prozentiger kalter Schwefelsäure geschüttelt, zuletzt mit Wasser gewaschen und dann die Chloroformlösung in viel Petroläther unter Umrühren eingegossen. Das farblose, amorphe Pulver wurde abgesaugt und im Vakuum- exsikkator getrocknet. Die Ausbeute betrug 68 g. Zur Analyse wurde nochmals bei 65° unter 15 mm Druck über Phosphorpentoxyd getrocknet, wobei aber nur ein ganz geringer Ge wichtsverlust eintrat. 0.1436 g gaben 0.2464 g CO, und 0.0454 g H,O Ber. f. C,,H& O;s (1810.5) Gef. Ö 47.06 46.80 H 3-45 3-54 Zur optischen Bestimmung diente eine Lösung in Acetylentetra- chlorid. 0.0954 g Subst. Gesamtgewicht der Lösung 2.8192 g d” = 1.584 Drehung im ı-dem-Rohr bei 18° und Natriumlicht 1.43° nach rechts. Mithin [2]5 = + 26.68°. ! E. Fıscner und K. Freupdenssee. Ber. d. D. chem. Ges. 45. 926 (1912). * . ‘ Fischer und Rararorr: Derivate der Pyrogallolcarbonsäure. 503 0.1034 g Subst. Gesamtgewicht der Lösung 2.9841 d” = 1.585 Drehung im ı-dem-Rohr bei 18° und Natriumlicht 1.49° nach rechts. Mithin le2]p = + 27.13°. Das amorphe Präparat hat keinen bestimmten Schmelzpunkt. Im Kapillarrohr begann es gegen 100° zu sintern und schmolz gegen 130° unter schwacher Gasentwicklung zu einem zähen Sirup. Es ist in Wasser und Petroläther fast unlöslich, sehr schwer löslich in Äther, auch noch recht schwer löslich in Methyl- und Äthyl- alkohol, worin es in der Wärme schmilzt, dagegen leicht löslich in Aceton, Essigester, Chloroform und warmem Benzol. Die Lösung in Aceton gibt mit Eisenchlorid keine Färbung. Penta-pyrogallolearboyl-glucose. C,H,O,.[(HO),C,H,CO], In einem Gefäß, das mit einem Tropftrichter versehen ist, und durch das ein Wasserstoffstrom hindurchgeht, löst man 15 g reine Carbomethoxyverbindung in 75 cem Aceton und läßt im Laufe von etwa ı5 Minuten durch den Tropftrichter unter Schütteln 132 cem 2n-Natronlauge (32 Mol.) langsam zufließen. Gleichzeitig sorgt man dureh Kühlung dafür, daß die Temperatur der Mischung 20° nicht übersteigt. Die anfangs klare, hellbraune Lösung trübt sich zum Schluß, wird aber nach Zusatz von etwa 30 cem Wasser wieder klar. Man läßt nun noch ı/, Stunde bei 20° stehen und fügt dann 52 cem 5n-Schwefelsäure zu, wobei starke Kohlensäureentwicklung stattfindet. Wird endlich das Aceton unter geringem Druck bei 25—30° ver- dunstet und die Flüssigkeit noch mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt, so fällt der Gerbstoff als bräunlich gefärbte, harzige Masse aus, die bei starkem Abkühlen bald erstarrt. Sie wird abgesaugt und im Vakuumexsikkator getrocknet. Die Ausbeute beträgt etwa 4-4 8. Durch Ausäthern der wäßrigen Mutterlauge wurden noch 0.45 g erhalten, die aber dunkler gefärbt waren. Gesamtausbeute 4.85 g oder 62 Prozent der Theorie. Zur Reinigung haben wir das graugelbe Rohprodukt in einem Extraktionsapparat mit etwa der 100fachen Menge Äther 2 — 3 Stunden Xtrahiert, wobei der Farbstoff ungelöst bleibt. Beim Versetzen der ätherischen Lösung mit Petroläther fiel dann der Gerbstoff als farb- 0Se, amorphe flockige Masse aus und war nach dem Trocknen ein 2 farbloses amorphes Pulver, das beim Reiben stark elektrisch wurde. Ausbeute 4.2 g oder 54 Prozent der Theorie. 504 Gesammtsitzung vom 5. Juni 1913. Zur Analyse wurde bei 100° über Phosphorpentoxyd unter ı5 mm Druck 5 Stunden getrocknet, wobei aber die exsikkatortrockene Sub- stanz nur sehr wenig an Gewicht verlor. 0.1952 g gaben 0.3739 g CO, und 0.0639 g H,O Ber. f. C,ıH32 0,5 (940.26) Gef. Ü 52.33 52.24 H 3.43 3.66 Zwei andere Präparate, die nicht durch Äther gereinigt und etwas gefärbt waren, gaben etwas weniger gutstimmende Zahlen. 0.1410 g gaben 0.2690 g CO, und 0.0456 g H,O, O1508E » :.05083 2.00, + 00555 4,0 Ber. f. C,, Hz32 026 (940.26) Gef. Ü 52.33 54.03, 81.03 H 3-43 3.62, 3.89 Für die optische Untersuchung diente das ganz farblose Präparat in absolut alkoholischer Lösung; da diese aber schwach gelb gefärbt war, so konnte nur eine verdünnte Lösung geprüft werden. 0.0378 g Subst.: Gesamtgewicht der Lösung 1.5009, d’ = 0.7997: Drehung im ı-dm-Rohr bei 18° und Natriumlicht ı.39° nach rechts. Mithin [2]» = + 69.01°. 0.0420 Subst.: Gesamtgewicht der Lösung 1.759798, d” = 0.7986, Drehung, im ı-dm-Rohr bei 18° und Natriumlicht ı.32° nach rechts. Mithin [2]p = + 69.25°. Das farblose Präparat fing gegen 160° an zu sintern und schmolz gegen 200° unter Gasentwicklung und geringer Braunfärbung. Die Substanz wird von kaltem Wasser so schwer aufgenommen, daß das Filtrat mit Leimlösung keine Reaktion und mit Eisenchlorid n nur eine äußerst schwache Färbung gibt. In heißem Wasser schmilzt sie zunächst und löst sich dann zwar nicht leicht, aber doch sehr viel er mehr als in der Kälte. Die heiße wäßrige Lösung trübt sich beim Een, kalten milchig und scheidet nach einiger Zeit auch Flocken ab. ver s. setzt man die warme Lösung mit Eisenchlorid, so entsteht sofort ein a dunkler Niederschlag, und die Fällung ist so vollständig, daß das Fil- u trat farblos erscheint. Die warme wäßrige Lösung gibt ferner mit Leimlösung sofort eine milchige Trübung, die auch beim Kochen nicht: verschwindet. Der Geschmack der festen Substanz ist sehr schwach. Nimmt man aber die rasch abgekühlte wäßrige Lösung samt der “ Fischer und Rararorr: Derivate der Pyrogallolearbonsäure. 505 Niederschlag in den Mund, so bemerkt man deutlich die adstringie- rende Wirkung, nur ist sie im Vergleich zur Pentagalloyl-glueose und zum Tannin schwach. In überschüssigem Alkali löst sich der Körper leicht, zunächst mit gelber Farbe, die aber beim Schütteln mit Luft rasch dunkel wird. Durch das Verhalten gegen Wasser unterscheidet sich unser Prä- parat von der Pentagalloyl-glueose und dem Tannin. Nun ist die Pyro- gallolearbonsäure selbst schwerer löslich in Wasser als die Gallussäure, und dasselbe kann man von manchem ihrer Derivate sagen, z. B. dem vorher beschriebenen Didepsid, der Kombination mit p-Oxybenzoesäure. Trotzdem glauben wir, daß der auffallende Unterschied bei den Glu- cosederivaten weniger in der wahren Löslichkeit liegt, als vielmehr in der Fähigkeit, mit Wasser kolloidale Lösungen zu bilden. Dasselbe dürfte wohl zutreffen für die Ferriverbindungen, von denen das De- rivat der Penta-pyrogallolearboyl-glueose in Wasser ganz unlöslich ist, während die Gallussäurederivate Tinten bilden. In den sonstigen Lös- lichkeitsverhältnissen ist aber unser Präparat den Gallussäurederivaten wieder sehr ähnlich, z. B. löst es sich recht schwer in Äther, dagegen sehr leicht in kaltem Alkohol und Aceton, woraus es allerdings durch Wasser wieder gefällt wird. Die alkoholische Lösung gibt auch mit Eisenchlorid eine intensive dunkelblaue, etwas ins Violette spielende Färbung. Ferner gibt die alkoholische Lösung mit Kaliumacetat sofort einen starken, recht hübsch aussehenden, pulverigen, aber amorphen Niederschlag. Die heiße wäßrige Lösung des Gerbstoffs gibt mit einer heißen wäßrigen Lösung von freiem Brucin oder essigsaurem Chinin trotz der großen Verdünnung sofort amorphe Niederschläge. Endlich gesteht die alkoholische 20 prozentige Lösung des Gerbstoffs auf Zusatz des gleichen Volumens einer 5- oder roprozentigen alkoholischen Lö- Sung von Arsensäure sofort oder nach einigen Sekunden zu einer Gallerte, die sich in mehr Alkohol nicht löst. Was die Zusammensetzung des Gerbstoffs betrifft, so gilt das- selbe, was früher für die Penta-galloyl-glucose' gesagt wurde. Bei er amorphen Beschaffenheit des Präparates ist keine Garantie für seine Einheitlichkeit gegeben, besonders da auch die Analysen keine sichere Unterscheidung der Penta-acylverbindung vom Tetra-acylderivat ge- Statten. Mit Rücksicht auf die Erfahrungen bei den Benzoylkörpern und dem Derivat der p-Oxybenzoesäure” halten wir es aber für sehr wahrscheinlich, daß unser Präparat auch im wesentlichen die Penta- verbindung ist. Zweifelhafter erscheint uns die Einheitlichkeit in stereo- En ' Ber. d. D. chem. Ges. 45 927 (1912). ® Ber. d. D. chem. Ges. 45 933 (1912). 506 'Gesammtsitzung vom 5. Juni 1913. chemischer Beziehung. Obschon wir von reiner «-Glucose ausgegangen sind, ist es doch wahrscheinlich, daß bei der Einführung der Acyl- gruppen eine teilweise Umlagerung in die $-Verbindung stattfindet, und man darf kaum hoffen, daß letztere durch die wiederholte Abschei- dung der amorphen Präparate aus ihren Lösungen ganz entfernt wurde. Solange es nicht gelingt, kristallisierte Präparate herzustellen, wird man sich in diesem Punkte bescheiden müssen. Wir betrachten deshalb auch die oben angegebene spezifische Drehung keineswegs als eine Konstante. Im Gegenteil, wir halten es für wahrscheinlich, daß schon bei kleiner Abänderung der Darstellungsweise Präparate von anderem Drehungs- vermögen erhalten werden. Aus diesem Grunde haben wir auch darauf verzichtet, die Synthese mit der 8-Glucose zu wiederholen. Es bleibt der Zukunft, die voraussichtlich über feinere experimentelle Hilfsmittel verfügen wird, vorbehalten, solehe schwierigen Fragen der Gerbstoff- chemie zu lösen. E. Fıscner und H. O.L. Fischer: Synthese der o-Diorsellinsäure. 507 Synthese der o-Diorsellinsäure. Von Enmır Fischer und Hermann O. L. FiscHer. Von der Orsellinsäure leiten sich zwei Didepside ab, je nachdem die Verkuppelung in si Pr oder CIE stattfindet. Bei der Einwir- kung von Dicarb id auf die alkalische Lösung von Orsellinsäure konut wir früher! nur ein Produkt isolieren, das bei der Verseifung Lecanorsäure gab. Aus seinem Verhalten gegen Eisenchloridlösung haben wir ferner den Schluß gezogen, daß es wahr- scheinlich die p-Verbindung sei, woraus für die Lecanorsäure die Struktur einer p-Diorsellinsäure zu folgern wäre. Um diesen Schluß außer Zweifel zu stellen, schien aber die Bereitung der isomeren o-Di- orsellinsäure notwendig. Da ihre Isolierung bei obiger Synthese miß- lang, so haben wir folgenden Umweg eingeschlagen, der wahrschein- lich auch in manchen anderen Fällen zur Bereitung von o-Didepsiden benutzt werden kann. Der von K. Hozscn” beschriebene M der nach seiner Entstehung und seinem ers: gegen Eisenchlorid die p-Verbindung ist, läßt sich mit D lehlorid in alkalischer Lösung leicht kuppeln, und es entsteht i in guter Aus- beute ein Produkt, dem wir folgende Formel geben: 16) 04 z En ne e* OCOOCH; OCOOCH; 7 En , 75 pn pr Perkeale | | Durch Oxydation mit Kaliumpermanganat entsteht daraus die ent- sprechende Säure und diese wird durch Abspaltung der Carbomethoxy- gruppen mit verdünntem Ammoniak in die zugehörige o-Diorsellinsäure Fr RO ' Ber. d. D. chem. Ges. 46, 1142 [1913]. ®” Ber. d. D. chem. Ges. 46, 887 [1913]. Sitzungsberichte 1913. ” 508 ‚Gesammtsitzung vom 5. Juni 1913. OH OH verwandelt. Letztere unterscheidet sich von der Lecanorsäure durch die viel größere Löslichkeit in Wasser, durch den Schmelzpunkt und das Verhalten gegen Eisenchlorid, womit sie nicht die den o-Phenol- carbonsäuren eigentümliche Violettfärbung gibt. In manchen Flechten findet sich neben Lecanorsäure die ähnliche Gyrophorsäure, und O. Hesse hält beide Substanzen für isomer". Unsere Vermutung, daß die Gyrophorsäure o-Diorsellinsäure sei, hat sich aber nicht bestätigt, denn das künstliche Produkt unterscheidet sich durch Schmelzpunkt, Löslichkeit und Eisenchloridfärbung von der natürlichen Gyrophorsäure. Da nun nach der Theorie nur zwei Diorsellinsäuren anzunehmen sind, so hat die Auffassung der Gyrophorsäure als Didepsid der Orsellinsäure wenig Wahrscheinlichkeit. Jedenfalls ist eine neue Untersuchung der Säure nötig, um Sicher- heit über ihre Struktur zu erhalten. | Triearbomethoxy-orsellinoyl-oreylaldehyd. (CH, .C0, 0), -6H,.00.0. ‚GsH, „COH. H,C H,C 0.C0,.CH, Eine Lösung von 1og M 1 thoxy-orcylaldehyd in 80 cm Aceton wird auf —ı5° abgekühlt und mit 47.6 cem n-Natronlauge® (1 Mol.), die ebenfalls auf —ı5° gebracht ist, versetzt. Hierzu gibt man auf einmal eine Lösung von 14.4 g kristallisiertem Dicarbomethoxy- orsellinoylehlorid (1 Mol.) in 50 eem trockenem Aceton und schüttelt um. Nach kurzer Zeit verschwindet die gelbe Farbe der alkalischen Lösung, die Flüssigkeit wird sauer und gesteht zu einem Brei von feinen Kristallen. Diese werden nach 10 Minuten mit etwa 500 ccm Wasser kräftig durchgeschüttelt, scharf abgesaugt und mit kaltem Alkohol gewaschen, bis ihre alkoholische Lösung mit Eisenchlorid keine Färbung mehr gibt. Ausbeute an reiner Substanz 16 8 oder 70 Prozent der Theorie. Zur Analyse wurde aus heißem Alkohol um- kristallisiert, woraus sich äußerst feine, biegsame Nädelchen abscheiden, die unter dem Mikroskop wie Pilzmycel aussehen. ! Journ. f. prakt. Chemie 62, 463 (1900). E. Fischer und H. OÖ. L. Fıscnuer: Synthese der o-Diorsellinsäure. 509 Für die Analyse wurde bei 78° und 15 mm über Phosphorpent- oxyd getrocknet, wobei aber die im Exsikkator getrocknete Substanz nur einen ganz geringen Gewichtsverlust erlitt. 0.1596 g Subst.: 0.3241 g CO,, 0.0608 g H,O 0,H,O,, (476.16) Ber. 0 55.44, H 4.23 Gef. C 55.38, H 4.26 Die Substanz ist in Wasser selbst in der Hitze nahezu unlöslich, auch in warmem Äther ziemlich schwer löslich. Dagegen ziemlich leicht löslich in heißem Alkohol und warmem Benzol, in Essigäther leicht löslich, besonders in der Wärme, und ganz leicht löslich in kaltem Aceton. Aus heißem Benzol kristallisiert sie beim Abkühlen in selır feinen, biegsamen Nädelchen, in der gleichen Gestalt scheidet sie sich aus der eingeengten ätherischen Lösung aus. Sie schmilzt nach geringem Sintern bei ırı—ı12° (korr. 112— 113°). Bei hoher Temperatur tritt Zersetzung ein. Ihre alkoholische Lösung, der wenig Wasser zugesetzt ist, gibt mit Eisenchlorid keine besondere Färbung. Die alkoholische Lösung färbt sich auf Zusatz von Alkali rasch gelb. Triearbomethoxy-o-diorsellinsäure. (CH,.CO,. O),CH, .C0.0 GH, . COOH. H,6 H,6 0.C0,.CH, Zu einer Lösung von 5g der vorhergehenden Substanz in 80 ccm Aceton fügt man in kleinen Portionen unter starkem Turbinieren eine heiße Lösung von 3 g Kaliumpermanganat und 3g kristallisiertem Magnesiumsulfat in 25 cem Wasser. Die Temperatur soll 40—50° sein und die Operation etwa 3/, Stunden dauern. Das rasch ver- dampfende Aceton ist von Zeit zu Zeit zu ersetzen. Sobald das Ka- iumpermanganat ganz reduziert ist, kühlt man ab, fügt starke, wäßrige, schweflige Säure hinzu, bis aller Braunstein zerstört ist und verdünnt Schließlich mit Wasser. Das Reaktionsprodukt fällt ölig aus, erstarrt aber bald kristallinisch. Es wird abgesaugt und mit kaltem Wasser gewaschen. Es besteht zum größten Teil aus der gesuchten Säure, enthält aber auch nichtsaure Stoffe. Um diese zu entfernen, löst man in wenig Aceton, fügt eine konzentrierte, wäßrige Lösung von Ka- liumbicarbonat im Überschuß hinzu und verdünnt allmählich mit viel _ Wasser, wobei die indifferenten Stoffe in filtrierbarer Form ausfallen. Die rasch filtrierte Lösung scheidet beim Übersättigen mit Salzsäure = die gesuchte Säure aus. Nachdem der ölige Niederschlag fest ge- 49* 510 Gesammtsitzung vom 5. Juni 1913. worden ist, wird zerrieben, abgesaugt, mit kaltem Alkohol gewaschen und aus etwa ı5 ccm heißem Alkohol umkristallisiert. Beim langsamen Abkühlen scheiden sich kleine, meist sechsseitige Täfelchen ab. Die Ausbeute an analysenreiner Substanz betrug 2.6g oder 50 Prozent der Theorie. Das im Exsikkator getrocknete Präparat verlor bei 78° und ı5 mm über Phosphorpentoxyd nur wenig an Gewicht und gab dann folgende Zahlen: 0.1493 g Subst.: 0.2941 g CO,, 0.0565 g H,O C„H,0O,, (492.16) Ber. 0 53.64, H 4.10 Gef. © 53.72, H 4.23 Die Substanz ist leicht löslich in kaltem Aceton und warmem Essigäther, ziemlich schwer löslich in warmem Äther und heißem Benzol; aus letzterem kristallisiert sie beim Stehen in der Kälte meist in Nadeln oder in sehr dünnen langen Prismen, die vielfach stern- förmig verwachsen sind. In Wasser ist sie äußerst schwer löslich. Die Säure beginnt beim raschen Erhitzen im Kapillarrohr gegen 150° zu sintern und schmilzt unter stürmischer Gasentwicklung gegen 156° (korr. 158°). Mit Eisenchlorid gibt sie in wäßrig-alkoholischer Lösung keine charakteristische Färbung (nur die gewöhnliche Gelb- färbung). Löst man sie in wenig Aceton, fügt starke Kaliumbicar- bonatlösung hinzu und verdünnt mit viel Wasser, so tritt klare Lösung ein. In wenig Ammoniak gelöst und mit Silbernitrat im Überschuß versetzt liefert sie einen amorphen, farblosen Niederschlag, der in der Hitze zu einem Harz zusammenschmilzt. o-Diorsellinsäure (Formel ID). EineLösung von 2.5 g Triearbometl liorsellinsäure in 35.6. ccm n-Ammoniak (7 Mol.) wird in einer ee hergestellt und darin 3 Stunden bei 20° gehalten. Übersättigt man dann mit Salzsäure, so scheidet sich die Diorsellinsäure teils ölig, teils kristal- linisch ab, erstarrt aber bald vollständig. Nach ı5 Minuten wird ab- filtriert. Die Menge des nur ganz schwach gelb gefärbten Rohproduktes beträgt 1.5g oder 93 Prozent der Theorie. Versetzt man seine wäßrig- alkoholische Lösung mit einer Spur Eisenchlorid, so tritt im ersten Moment eine Rotfärbung auf, die ganz schwach ins Violette spiele sobald man aber etwas mehr Eisenchlorid hinzugibt, schlägt die Fr bung in Bräunlichrot um. : E. Fıscher und H. O. L. Fischer: Synthese der o-Diorsellinsäure. ll Zur weiteren Reinigung löst man die Substanz in ziemlich viel Aceton, fügt etwas Wasser hinzu, schüttelt etwa ıo Minuten mit Tier- kohle, bis die Flüssigkeit entfärbt ist, filtriert und konzentriert das Filtrat durch Eindampfen im Vakuum bei Zimmertemperatur. Dabei scheidet sich die Diorsellinsäure als farbloses kristallinisches Pulver ab, das unter dem Mikroskop als wenig ausgebildete, vielfach ver- wachsene, kleine Nädelchen erscheint. Die lufttrockene Substanz enthält ı Mol. Kristallwasser: 0.1462 g Subst. verloren bei 100° und ı5 mm über Phosphorpentoxyd 0.0083 g H,O 0.1569 g Subst. verloren 0.0085 g H,O C.H,O,+H,0 (336.12) Ber. H,O 5.35 Gef. H,O 5.68 5.42 Die getrocknete Substanz gab folgende Zahlen: 0.1379 g Subst.: 0.3051 g CO,, 0.0577g H,O 0.1484 8 » 0.3273 g CO,, 0.0627 g H,O C.H,O, (318.11) Ber. C 60.36, H 4.44 Gef. C 60.34, H 4.68 6 60,15, H 4,73 Die Säure ist in reinem Zustand farblos, meist aber hat das Präparat einen ganz schwachen Stich ins Gelbe. Die getrocknete Säure schmilzt im Kapillarrohr beim raschen Erhitzen unter Kohlen- säureentwicklung gegen 120— 125°, wird wieder fest und gegen 180— 185° tritt von neuem Schmelzung und Gasentwicklung ein. Sie löst sich leicht in Aceton, Alkohol, Äther und Essigäther und wird aus der ätherischen Lösung durch Petroläther gefällt. In Benzol ist sie auch in der Hitze recht schwer löslich; dasselbe gilt für kaltes Wasser. Jedoch genügt die Löslichkeit darin, um mit Chlor- kalk die später beschriebene Färbung zu erzeugen. Von heißem Wasser wird sie in erheblicher Menge aufgenommen, aber dabei findet schon teilweise Zersetzung statt, denn die Flüssigkeit zeigt dann nach dem Abkühlen mit Eisenchlorid eine blauviolette Färbung. Dem- entsprechend läßt sich auch beim Kochen der Lösung schon nach kurzer Zeit durch vorgelegtes Barytwasser die Bildung von Kohlen- Säure nachweisen. Aus der Lösung, die einige Zeit gekocht ist, kristallisiert ein Produkt, das bei 180— 185° unter Gasentwicklung schmilzt. In alkoholisch-wäßriger Lösung zeigt auch die reine Diorsellin- Säure dasselbe Verhalten gegen Eisenchlorid, wie es oben für das 512 Gesammtsitzung vom 5. Juni 1913. Rohprodukt geschildert wurde. Beim Erhitzen der Lösung geht aber die braunrote Farbe bald in blauviolett über, was wiederum auf Zer- setzung hinweist. Die wäßrige Lösung der Diorsellinsäure oder ihre Suspension in kaltem Wasser gibt, genau wie die ÖOrsellinsäure, mit verdünnter Chlorkalklösung eine starke blutrote Farbe, die durch über- schüssigen Chlorkalk ziemlich bald zerstört wird. Die Diorsellinsäure löst sich auch ohne Zugabe von Aceton ziemlich rasch in einer kalten Lösung von Kaliumbicarbonat. Endlich gibt die warm bereitete und dann rasch abgekühlte wäßrige Lösung der Säure mit Leimlösung eine milchige Trübung, die beim stärkeren Abkühlen und Schütteln zusammenballt und sich in der Wärme leicht löst. Obschon die Reaktion wegen der geringen Löslichkeit der Diorsellinsäure nicht so charakteristisch ist wie in anderen Fällen, so kann sie doch zur Unterscheidung von der Or- sellinsäure dienen, denn diese gibt unter den gleichen Bedingungen mit Leimlösung keine milchige Ausscheidung. Wir bemerken übrigens, daß die Leimfällung auch bei der o-Diorsellinsäure ausbleibt, wenn man ihre Lösung nur durch Schütteln mit Wasser von 20— 25° her- stellt, offenbar weil unter diesen Umständen zu wenig in Lösung geht. Rurens: Messungen im langwelligen Spectrum. 513 Über die Absorption des Wasserdampfs und über neue Reststrahlengruppen im Gebiete der großen Wellenlängen. Von H. Rvsens. (Vorgetragen am 13. Februar 1913 [s. oben S. 201)). Di bisherigen Versuche mit Reststrahlen haben in erster Linie dazu gedient, die Eigenschaften langwelliger Wärmestrahlen zu erforschen, insbesondere deren elektromagnetischen Charakter nachzuweisen. Hier- für war es ausreichend, ihre mittlere Wellenlänge zu kennen und ein an- genähertes Bild ihrer Energieverteilung zu besitzen. Will man jedoch aus der Energieverteilung der Reststrahlen auf den spektralen Verlauf des Reflexionsvermögens und auf die Lage der Resonanzgebiete der re- flektierenden Flächen schließen, eine Aufgabe, welehe durch die neueren Arbeiten des Hrn. Nersst und seiner Schüler über den Wärmeinhalt fester Körper ein hervorragendes Interesse gewonnen hat, so ist es nötig, alle Faktoren zu untersuchen, welche die Energieverteilung beeinflussen. Zu diesen gehören außer der selektiven Reflexion der reflektierenden Flächen, die Energieverteilung der verwendeten Strahlungsquelle, die Zahl der Reflexionen, die Schwärzung des Strahlungsempfängers sowie die selektive Absorption sämtlicher im Strahlengange befindlicher Me- dien'. Ferner ist zu beachten, daß die Wellenlänge des maximalen Re- flexionsvermögens im allgemeinen nicht mit derjenigen der stärksten Absorption übereinstimmt’. Inwieweit die Wahl der Lichtquelle und die Zahl der Reflexionen auf die mittlere Wellenlänge und spektrale Zusammensetzung der Rest- strahlen von Einfluß sind, ist an dem Beispiel von Fluorit früher von — ! Vgl. hierzu H. Rusens, Ann. d. Phys. 26, S. 619, 1908 und ‘H. Rusens und H. Horrnaser, diese Berichte, S. 45, 1910. Vgl. H. Rusens und E. Lapensure, Dispersion des Wassers, Verh. d. Dt. Phys. Ges. 1909, S. ı6. KöntgsperGer und KırcaLıns, Ann. d. Phys. 28, S. 889, 1909 und 32, 8. 843, 1gıo und T. H. Havrrock, Proc. of the Roy. Soc. Ser. A, Vol. 86, S. ı, 1911. 514 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. Hrn. E. F. Nıcnors und mir’ und für Steinsalz und Sylvin später von Hrn. Horınagen” gezeigt worden. Es ergab sich, daß diese Einflüsse gegenüber demjenigen der selektiven Reflexion der Flächen in allen untersuchten Fällen stark zurücktreten. Dagegen wird, wie in dem Folgenden bewiesen werden soll, die Energieverteilung der Reststrahlen durch die selektive Absorption des Wasserdampfs der Zimmerluft stark beeinflußt. So hat sich ergeben, daß das Auftreten der beiden Maxima in der Intensitätskurve der Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin und Bromkalium der Wasserdampfabsorption zugeschrieben werden muß. In einer früheren Untersuchung habe ich in Gemeinschaft mit E. AscHkınass gezeigt, daß der Wasserdampf in dem langwelligen Teile des ultraroten Spektrums, soweit dieses durch die spektro- metrische Methode zugänglich ist, erheblich absorbiert und eine Reihe von Absorptionsstreifen besitzt, deren Wellenlängen zu 11.64, 12.4.4, 13.44, 14.34, 15.74 und 17.5 4 ermittelt wurden’. Auch in dem Bereich noch größerer Wellenlängen, in welchem die spektrometrische Methode versagt, gehört der Wasserdampf zu den stark absorbieren- den Gasen, denn eine 40 em dieke Wasserdampfschicht von 100°C und Atmosphärendruck absorbiert die Reststrahlen von Steinsalz und Sylvin vollständig, diejenigen von Bromkalium und Jodkalium zum größten Teil. Die Möglichkeit lag vor, daß die Absorption des Wasserdampfs in dem Gebiete der langen Wellen ebenso wie in dem zwischen I1% und 18 4 gelegenen Spektralbereich stark selektiv sein würde. Aus diesem Grunde hat bereits Hr. Horısaser einen Versuch ausgeführt, um festzustellen, ob der Wasserdampf auf‘ die Energieverteilung der Reststrahlen von Steinsalz einen erheblichen Einfluß ausübt. Er ist dabei zu einem negativen Resultat gelangt, weil, wie sich durch die vorliegenden Versuche ergeben hat, die von ihm zu diesem Zweck in den Strahlengang eingeschaltete Dampfschieht im Verhältnis zu der bereits darin vorhandenen sehr erbeblichen Dampfmenge, zu gering war. Zur abermaligen Prüfung dieser Frage wurde ich durch die Tat- sache veranlaßt, daß bei der Untersuchung einer Anzahl neuer Rest strahlengruppen sich wiederum Einsenkungen in den Energiekurven bemerkbar machten, welche ihrer Lage nach mit den Minimis früher untersuchter Reststrahlen nahezu übereinstimmten. * H. Rusens und E. F. Nıcnors, Wied. Ann. 60, $. 45, 1897 LLNAGEL: »Über die Abhängigkeit der Energiever Fe und Wellenlänge der Restetrahlen von den Versuchsbedingungen«, Inauguraldissertation, Berlin 1919. ° H. Rusens und E. Ascukınass, Wied. Ann, 64, S. 584, 1898. Rurens: Messungen im langwelligen Speetrum. 515 1. Versuchsanordnung und Ergebnisse früherer Messungen. Als Strahlungsquelle diente entweder ein Auerbrenner' oder ein schwarzer Körper. Der letztere ist in Fig. ı angedeutet und mit A be- zeichnet. Er befand sich hinter einem durch strömendes Wasser ge- kühlten Diaphragma B, und vor diesem war ein Steinsalzschirm C angebracht. Durch Verschiebung dieses Schirmes wurde der langwelligen Strahlung der Durchgang durch die Quarzplatten D des Interferometers und der Eintritt in den Kasten X ermöglicht, welcher die vier reflek- tierende Platten /,, f,, /, und f, aus der untersuchten Substanz enthielt. Drei von diesen Platten (/,, f, und /,) waren mit ebenen Oberflächen versehen, die vierte dagegen f, als Hohlspiegel mit solcher Krümmung geschliffen, daß auf der temperaturempfindlichen Lötstelle Z, des Mikro- radiometers M ein reelles Bild des Diaphragmas B entstand. Den Boden des Kastens X bildete eine rechteckige Marmorplatte. Auf diese konnte ein parallelepipedischer Helm aus Eisenblech luftdicht schließend auf- gesetzt werden. Zu diesem Zwecke war die Marmortafel an ihrem DS ee ie Üs gelangten zwei Formen des Auerbrenners zur Anwendung. Der Brenner Nr. I mit aufrechtstehendem Glühstrumpf ist der nämliche, welcher bei den früheren Reststrahlenversuchen (H. Rusens und H. HorınAser, diese Berichte, 1910) als Licht- quelle gedient hatte. Der mit Nr. II bezeichnete Brenner ist dagegen ein Invert-C- Brenner der Firma Julius Pintsch. Dieser Brenner wurde bei den Versuchen mit der Quarzlinsenanordnung (H. Rusens und R. W. Woon, diese Berichte, 1910) zuerst für langwellige Strahlung verwendet. Er ist relativ reicher an Strahlung von großer Wellenlänge als der Brenner mit aufrechtem Strumpfe, insbesondere gilt dies für die 0 vertikaler Richtung von dem Invertbrenner ausgesandte Strahlung, zu welcher der . als Brennerkopf dienende glühende Schamottezylinder einen verhältnismäßig großen Anteil liefert, ; 516 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. Rande mit einer ı cm breiten, 1.5 em tiefen Quecksilberrinne versehen, in welche der Eisenhelm genau hineinpaßte. Hierdurch wurde ein luft- dichter Verschluß gewährleistet, ohne daß das Öffnen des Kastens Unbe- quemlichkeiten bereitete. In die Seitenwände des Helms waren vier Messingröhren G@,, @,, R, und R, eingesetzt. G, und G, besaßen 7 cm lichte Weite und waren an den Enden durch 0.75 mm dicke Quarz- platten P, und P, geschlossen. Die Länge dieser Röhren war so be- messen, daß die Verschlußplatte P, von dem Interferometer D, die Ver- schlußplatte P, von dem Quarzfenster F des Mikroradiometers M nur wenige Millimeter entfernt war. Die ı cm weiten Ansatzröhren KR, und R, dienten dazu, den Kasten Ä mit trockener Luft zu füllen. Die dichtschließende Glocke des Mikroradiometers blieb dauernd mit trockener Luft gefüllt. Das Interferometer ist früher! ausführlich be- schrieben worden, so daß hier die Einrichtung und Wirkungsweise des Instruments nur mit wenigen Worten angedeutet zu werden braucht. Eine dünne planparallele Luftschicht wird von 2 ebenen Quarzplatten begrenzt, von welchen die eine im Raume feststeht, die andere auf dem Schlitten einer Teilmaschine angebracht ist. Durch Drehen der Teil- maschine wird der Abstand der Quarzplatten bzw. die Dicke der da- zwischen befindlichen Luftschicht geändert. Wird das Interferometer in den Strahlengang eingeschaltet, die beiden Quarzplatten zur Be- rührung gebracht und dann allmählich die Dieke der Luftschicht ver- größert, so zeigen die beobachteten Ausschläge periodische Schwan- kungen’. Maxima ergeben sich, wenn die Dieke der Luftschicht gleich Null oder gleich einem ganzzahligen Vielfachen der halben Wellenlänge ist. Minima dagegen erhält man, wenn die Luftplattendicke einem un- gradzahligen Vielfachen der Viertelwellenlänge gleich ist. Trägt man die beobachteten Ausschläge als Funktion der Luftplattendicke auf, so ent- stehen ‚Kurven, mit Hilfe deren man die mittlere Wellenlänge der Strahlung aus der Lage der Maxima und Minima berechnen kann. Diese Kurven gestatten aber auch, ein Urteil über den Grad der In- homogenität der untersuchten Strahlung zu gewinnen. Ist die. beob- achtete Interferenzkurve einer gedämpften Sinuswelle ähnlich, so liefert, wie früher gezeigt worden ist’, die ihr entsprechende Resonanzkurve ein angenähertes Bild der Energieverteilung. Man setzt daher für die Strahlungsintensität ! H. Rusens und H. Hortsaser, a. a. 0. 8. 27. ?2 Ein Trommelteil der. Teilmaschine entspricht einer Verschiebung des Schlittens um 5.239. Die Dicke der Luftplatte wurde zwischen den Grenzen d=o und d=20# nicht nit Hilfe der Trommelablesung, sondern nach einer optischen Methode ‚durch Abzählen von Interferenzstreifen ermittelt, weil die Trommelablesung erst von diesen ab zuverlässige Resultate lieferte (vgl. H. Ruwens und R. W. Woon, a. a. O. S. 126% ° H. Rusens und H. Horınacer, a. a. O. 8. 37. a Rurens: Messungen im langwelligen Speetrum. 517 1 Km A = —— , U meer > x un I 2 7, ist die Wellenlänge des Maximus der Resonanzkurve, also gleich dem doppelten Abstande zweier benachbarten Maxima oder Minima der Interferenzkurve und y, ist ihr logarithmisches Dekrement. Es zeigte sich indessen, daß die Interferenzkurven der Rest- strahlen von Steinsalz, Sylvin und Bromkalium keineswegs die Form gedämpfter Sinuswellen hatten, sondern es traten darin sehr deutlich ausgesprochene Schwebungen auf. Hieraus mußte geschlossen werden, daß die Reststrahlen dieser Substanzen unter den angewendeten Er- zeugungsbedingungen aus zwei benachbarten Spektralgebieten zu- sammengesetzt sind bzw. daß die entsprechenden Energieverteilungs- kurven zwei Maxima aufweisen. Auf Grund dieses Tatbestandes wurde versucht, die angenäherte Form der Energiekurven unter der Voraus- setzung zu berechnen, daß dieselbe durch Superposition zweier Re- sonanzkurven der angegebenen Form gebildet seien N I a a a 5 Be a ; re US ; me ”'R, : I + ei I Var Y: | | Unter Zugrundelegung gewisser weiterer vereinfachender Annahmen | ®, ließen sich die Konstanten A, , A,, y,, y, und = aus dem Verlauf der Fig. 2. nn An er m | | Mon - 04 : | 7 — en 7 Ä | 6 - — 6 ; | 5 a ur N. - - 17 aan 4.2 2a—t— Sa ER 7 / | i > nn Sn NEE Le er ee RE | 7Ou Mu Hu Steinsalz. Bromkalium. Sylvin. 518 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. Interferenzkurven bestimmen. Die so erhaltenen Energiekurven sind für die Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin und Bromkalium in Fig. 2 nochmals abgebildet, welche eine Reproduktion der früheren Fig. 3, 9 und 10 ist. Bei den früheren Versuchen betrug der Luftweg der Strahlen von der Lichtquelle — dem Auerbrenner I — bis zum Mikroradio- meter nahezu 2 m. Ganz ähnliche Kurven hat auch Hr. Horınaseu bei Benutzung anderer Lichtquellen und einer veränderten Zahl reilek- tierender Flächen erhalten. Er fand, daß die Lage der Maxima bei Verwendung verschiedener Strahlungsquellen nur sehr wenig variiert und daß sie bei Vermehrung der Zahl der Reflexionen langsam nach langen Wellen wandert. Ferner beobachtete er, daß die beiden Streifen, aus welchen die Reststrahlen von Steinsalz bestehen, mit wachsender Zahl der Reflexionen immer schmäler und schärfer werden. Wie aus dem Folgenden hervorgehen wird, ist dieses letztgenannte Ergebnis nicht allein der selektiven Reflexion der Flächen, sondern auch der Verlängerung des feuchten Luftweges zuzuschreiben, welche mit der Vermehrung der Reflexionen verbunden ist. 2. Neue Versuche mit Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin und Bromkalium., Mit der neuen Versuchsanordnung, welche in Fig. ı dargestellt ist, wurden zunächst Messungen mit Reststrahlen von Steinsalz aus- geführt. Kurve 1 (Fig. 3) zeigt das Interferenzbild bei Benutzung des Auerbrenners II als Lichtquelle bei abgenommenem Helm und einem Luftweg der Strahlen von etwa 1.60 m. Der absolute Feuchtig- keitsgehalt der Luft betrug bei dieser Versuchsreihe e=6.1 mm. Dies entspricht angenähert unseren früheren Versuchsbedingungen und dem- gemäß ist auch Kurve 1 den früher beobachteten Interferenzkurven ähnlich‘. Kurve 2 ist unter denselben Bedingungen aufgenommen wie Kurve 1, nur wurde der Luftweg der Strahlung bei angenähert gleichem Feuchtigkeitsgehalt von 1.6 m auf 3.0 m verlängert. Zu diesem Zwecke ließ man die Strahlung vor ihrem Eintritt in das Diaphragma B eine größere Strecke zwischen zwei Hohlspiegeln zurücklegen. Bei der Aufnahme der Kurve 3 befand sich eine noch größere Wasserdampfmenge im Strahlengang. Es wurde ein ! Kurve ı ist von den früher aufgenommenen Interferenzkurven insofern etwas verschieden, als sie auf eine merklich geringere Höhe des kurzwelligen Maximums der Energiekurve schließen läßt als jene. Dieser Unterschied wird in erster Linie da- durch verursacht, daß der Auerbrenner II verhätnismäßig reicher an langwelliger . Strahlung ist als der früher verwendete Auerbrenner I. 519 Rusens: Messungen im langwelligen Spectrum. Fig. 3. Reststrahlen von Steinsalz. Som a = ” S Te S | | & ee er S u S | u S Es R ki N wu = = = ® "I S md ha 1-1 = Ben 2 SL S AN 6 —— EL: > - N z > S © 4 734 . 24 ® = a : >] Fe ne au 5 oe] m ar BE 5 Sn nn ar a ER EEE = 5 - S - E-me- |; — | : S BuBN a Ra N Ki BARRRaRERE ZEZEIETERT m ne EL ? gr € R nett S ag = S - Ba ie Dt % eye: En N nn N er - > S mel » Ser | Bee — -n —Ie nn [I an, en = x Emo. Beer" = 5 er) N Be N 2 N Be N © S © S > > ae = ® " a N BD — RE m = Sn | a BE I = 3 = s Spare 8 IS ; MERSTEEE ERÜSERE MTRIRBE T T I T I 1 I I IS ı RATE ERBE NR T 1 I I T I | RER FEB © ERS RRRSRNKERR SNBRRRNARER BUN ES RARNN ERBEN 520 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-ınath. Cl. v. 13. Febr. 40 em langes und ıo cm weites mit einer Heizspirale auf 120° er- hitztes Messingrohr in den Strahlengang eingeschaltet, in welches durch einen oben angebrachten Rohrstutzen 2 cem Wasser pro Minute aus einem Tropftrichter eingeträufelt wurden. Der in dem Rohre sehr gleichmäßig entwickelte Wasserdampf absorbierte nahezu die Hälfte der eintretenden Reststrahlen. Kurve 4 ist bei möglichst geringer Wasserdampfmenge im Strahlengange aufgenommen. Der Auerbrenner II wurde möglichst dicht an das Diaphragma B gestellt, der Kasten X durch Aufsetzen des Helmes geschlossen und dann mit trockener Luft gefüllt. Man ließ zu diesem Zwecke die bei X, ein- strömende Luft vorher durch ein Trockengefäß mit Schwefelsäure und durch mehrere hintereinandergeschaltete mit Chlorkalzium gefüllte Röhren hindurchgehen. Dieser Prozeß wurde bei einer Strömungs- geschwindigkeit von etwa 0.6 1 pro Minute mindestens 4 Stunden lang fortgesetzt. Der Kasten X faßt etwa ı5 l. In seinem Innern ° befanden sich dauernd noch fünf mit Chlorkalzium gefüllte Schalen. Man durfte hiernach wohl annehmen, daß die im Kasten noch vor- handene Wasserdampfmenge gegenüber derjenigen gering war, welche nicht aus dem Strahlengange entfernt werden konnte, da die Strahlen stets noch etwa 18 cm ungetrockneter Zimmerluft zu durchdringen hatten, von welchen der weitaus größte Teil zwischen A und P, gelegen war. Die Kurven 5 und 6 endlich sind unter den gleichen Bedin- gungen aufgenommen wie 1 und 4, nur diente der obenerwähnte schwarze Körper statt des Auerbrenners als Strahlungsquelle. Dieser schwarze Körper bestand aus einem zylindrischen Kupferrohr von 8 em Durchmesser und etwa 2 cm Wandstärke; die Grundflächen waren mit 2.5 cm dicken kupfernen Verschlußplatten versehen, in welche kreisförmige Öffnungen von etwa 3.5 em Durchmesser ein- geschnitten waren. In der Mitte hatte man bei dem Ausbohren des Rohres eine durch einen Doppelkegel begrenzte Scheidewand von be- trächtlicher Stärke stehen lassen, in welche eine große Zahl konzen- trischer Rillen eingedreht war. Im Inneren war der Körper mit Kupfer- oxyd geschwärzt. Die Erwärmung geschah durch eine den Zylinder umgebende Heizspirale, die Temperaturmessung mit Hilfe eines Ther- mometers oder eines Thermoelements. Meist wurde der Körper bei einer Temperatur von 480° bis 500° verwendet. Die Ausschläge waren dann etwa halb so groß, wie bei Verwendung eines Invertauerbrenners. Des besseren Vergleichs wegen sind sämtliche Interferenzkurven 1 bis 6 in gleicher Größe gezeiehnet, obwohl sie mit ziemlich verschiedenen Ausschlägen (30 bis 90 mm) beobachtet worden sind Die Verschlußplatten des Kastens P, und P, schwächen zwar de I 2 Rusens: Messungen im langwelligen Speetrum. 521 Strahlung durch Reflexion und ‘Absorption fast auf ein Drittel, 'aber die Vermeidung der Wasserdampfabsorption hebt diesen Verlust zum Teil wieder auf. Die Betrachtung der en läßt folaetıde Tatsachen erkennen. . Die Interferenzkurven erscheinen um so ungedämpfter, d.h. die zwischen den Maximis und Minimis nimmt um so langsamer mit wachsender Dicke der Luftschicht ab, je mehr Wasser- dampf sich im Strahlengange befindet. Ist der Kasten X mit trockener Luft gefüllt, so sind die Maxima und Minima in der zweiten Hälfte der Interferenzkurve nur noch sehr schwach ausgeprägt und die Schwe- bung ist kaum noch zu bemerken. 2. Ob ein schwarzer Körper oder ein Auerbrenner als Lichtquelle dient, ist für den Ausfall der Interferenzkurven von geringer Bedeutung Jedoch ergibt sich unter sonst gleichen Bedingungen die »Dämpfung« der Kurve bei Verwendung des Auerbrenners etwas geringer, wie aus einem Vergleich der Kurven 1 und 5 bzw. 4 und 6 hervorgeht. Dieser Befund steht wohl mit der Wasserdampfentwickelung der Bunsen- flamme des Auerbrenners im Zusammenhang. Es ist, wie man sieht, nicht gelungen, durch Trocknen der Luft die Schwebung der Interferenzkurve vollkommen zu beseitigen, denn auch in Kurve 6 ist noch eine Andeutung dieser Schwebung dadurch zu erkennen, daß die Maxima A, i, k und / fast gleich hoch erscheinen. Indessen war ein vollkommenes Verschwinden der Schwebung auch nicht zu erwarten, da auch im Falle der Kurve 6 sich noch immer I8 cm wasserdampfhaltiger Zimmerluft im Strahlengange befanden. Auch wird man nicht annehmen dürfen, daß bei vollkommener Ver- meidung der Wasserdampfabsorption die Interferenzkurve genau die Form einer gedämpften Sinuswelle annismiit. Jedenfalls wird man aus dem v t terial den Schluß ziehen müssen, daß die beobachtete Zweiteilung der Reststrahlen von Steinsalz auf der Wirkung der Wasserdampfabsorption beruht. Nach den früher verwendeten, oben kurz angedeuteten Näherungs- verfahren! wurden die zu den Interferenzkurven 3, 4 und 6 gehörigen Energieverteilungskurven berechnet. Sie sind in Fig. 4 dargestellt und mit dem Kennzeichen 3a, 4a und 6a versehen. Die gleichen Nummern entsprechen einander. Man sieht deutlich die Wirkung eines bei 5ou gelegenen Absorptionsstreifens, welcher in Kurve 3a ungemein stark, in 4a viel schwächer und in 6a noch eben merklich hervortritt. _ Bemerkenswert ist ferner die Tatsache, daß die beiden Energiemaxima in allen Kurven an der gleichen Stelle liegen. Die a r ' Vgl. hierzu auch H. Rusenxs, Verh. d. Dt. Phys. Ges. ı 3. Jahrg. S. 203.191: 522 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. Streifen scheinen sich hiernach bei vermindertem Feuchtigkeitsgehalt nach beiden Seiten fast gleichmäßig auszubreiten. Ein Einfluß der Wasserdampfabsorption auf die mittlere Wellenlänge der Reststrahlen läßt sich nicht sicher nachweisen, doch scheint dieselbe mit abnehmen- dem Dampfgehalt etwas zu wachsen‘. Fig. 4. Reststrahlen von Steinsalz. - | N 2 @ 6% | n S — m | PD —— Fr u | | THUN-GHALN GALT / % a BR A Sn — Ou Du Wu On 60 [179 504 1777 %0n Die mittleren Wellenlängen A, sowie die Wellenlängen der Maxima /, und A, sind für die Versuchsreihen 1 bis 6 in der folgenden Tabelle I zusammengestellt: Tabelle I. Reststrahlen von Steinsalz. Nummer der i Länge des Luft I ä Lichtquelle 8 ehe x Versuchsreihe ka und Feuchtigskeitsgehalt e ki : % 1 Auerbrenner I= 1.6 m, ohne Kasten, 54.3 | 47-5 | 52.0 u ı mm 2 » i= 3.0 m, wi Kasten, 54.2 | 47.4 | 52-1 e= 5.8 3 » i=30m, er Kasten, | 53.9 | 47.2 | 51.4 Wasserdampfrohr Fe 4 » Mit Trockenkasten 54.0 | 47:3 | 52-3 feuchter Luftweg I= 0.18 m 5 Schwarzer I=ı.5 m, ohne Kasten, 51 4131 820 Körper e=5.5 6 » Mit Trockenkasten 5431475 | 533 feuchter Luftweg != 0.18 m ! Daß sich in den Versuchsreihen 4 und 6 der Wert von ?, etwas höher em gibt, wie in den übrigen Reihen, ist sicher zum Teil auf die selektive Absorption der Quarzplatten P;, und P, zurückzuführen. n Rusens: Messungen im langwelligen Spectrum. 523 Die Ergebnisse der Wellenlängenmessung sind mit unseren früheren Resultaten und mit denen des Hrn. Horınaser in guter Übereinstimmung. Die Tatsache, daß bei vermindertem Feuchtigkeitsgehalt der lang- wellige Streifen sich auch nach Seite der größeren Wellenlängen, der kurzwellige Streifen sich auch nach Seite der kurzen Wellen stark verbreitert, ER IR die Annahme eines einzigen bei 504 gelegenen ifens zur Erklärung der beobachteten Er- scheinung nicht Suareieht: vielmehr muß man aus den vorliegenden Beobachtungen den Schluß ziehen, daß auch oberhalb 544 und unter- halb 47 u sich Gebiete erhöhter Wasserdampfabsorption befinden. Viel- leicht wäre es unter diesen Umständen überhaupt richtiger, von Durch- lässigkeitsstreifen als von Absorptionsstreifen zu sprechen. 47 und 54u würden dann Gebieten relativ hoher Durchlässigkeit des Wasserdampfs entsprechen. Da durch Vermehrung der im Strahlengange befindlichen Wasser- dampfmenge die Energie an keiner Stelle des Spektrums wachsen kann, so müßte, wenn alle anderen Einflüsse eliminiert wären, jede Kurve, welche einem geringeren Dampfgehalte entspricht, die Kurve für höheren Dampfgehalt vollkommen umhüllen. Daß dies in den Kurven der Figur 4 nicht der Fall ist, liegt in erster Linie daran, daß die Kurven in ver- schiedenem Maßstab gezeichnet sind. Die Größe der Ordinaten ist nämlich in Fig. 4 stets so bemessen, daß die Höhe des stärksten Streifens 10 Einheiten beträgt. Dies hat zur Folge, daß der Maßstab der Kurven mit höherem Dampfgehalt größer ausfallen muß wie bei geringerem; denn auch an den Stellen der Energiemaxima ist noch eine erhebliche Wasserdampfabsorption vorhanden, was daraus hervorgeht, daß eine 40 cm dicke Wasserdampfschieht von Atmosphärendruck die Reststrah- len von Steinsalz fast vollkommen absorbiert. Außerdem ist daran zu er- innern, daß das Verfahren, nach welchem die Energieverteilungskurven berechnet worden sind, nur eine ziemlich rohe Annäherung darstellt. Es bleibt ferner die Frage zu erörtern, ob durch die beiden Ver- schlußplatten P, und P, des Kastens, welche zusammen eine Quarz- schicht von der Dieke 1.5 mm ausmachen, eine wesentliche Änderung der Interferenzkurven herbeigeführt wird. Eine derartige Quarzschicht schwächt die Reststrahlen von Steinsalz durch Absorption angenähert auf die Hälfte und die Schwächung ist für den kurzwelligeren Teil der Strahlung größer als für den langwelligeren. Daß indessen der Ein- fluß dieser Quarzabsorption gegenüber der Wasserdampfabsorption sehr zurücktritt, folgt aus der Tatsache, daß die Form der Interferenz- kurve 1 durch Einsehalten einer 3 mm dicken Quarzplatte in den Strahlengang nur sehr wenig geändert wurde. Auf die Wiedergabe der betreffenden Interferenzkurve ist aus diesem Grunde verzichtet worden. Sitzungsberiehte 1913. . 50 524 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. Die Versuche mit Reststrahlen von Sylvin wurden in der gleichen Weise angestellt wie die im vorstehenden beschriebenen Messungen, welche sich auf die Reststrahlen von Steinsalz beziehen. Die ent- sprechenden Interferenzkurven 7, 8 und 9 sind in Fig. 5 dargestellt. Kurve 7 ist unserer früheren Arbeit entnommen. Ein Auerbrenner (Nr. I) diente als Liehtquelle und der Luftweg der Strahlung betrug angenähert 2 m. Kurve 8 dagegen ist bei Anwendung der gleichen Strahlungsquelle mit der neuen Anordnung beobachtet, während sich im Kasten X trockene Luft befand. Kurve 9 endlich ist unter sonst gleichen Bedingungen wie Kurve 8, aber mit dem schwarzen Körper als Strahlungsquelle aufgenommen. Während der Unterschied der Dämpfung in den Kurven 7 und 8 sehr stark in die Augen fällt, zeigen 8 und 9 nur geringe Verschiedenheit, und zwar in dem Sinne, daß die Dämpfung bei Anwendung des schwarzen Körpers wiederum etwas größer erscheint als bei Benutzung des Auerbrenners. Eine vollkommene Beseitigung der Schwebung bzw. der Zweiteilung der Reststrahlen durch Verminderung der im Strahlengange befindlichen Wasserdampfmenge ist hier noch weniger möglich gewesen wie bei den Versuchen mit Reststrahlen von Steinsalz. Dies war vorauszu- sehen, weil die Reststrahlen von Sylvin durch den Wasserdampf in noch höherem Maße absorbiert werden als diejenigen von Steinsalz. Die im Strahlengange befindliche wasserdampfhaltige Luftstrecke von 18 cm Länge wird sich also hier noch stärker bemerkbar machen müssen. Da bei unseren früheren Versuchen mit Reststrahlen von Sylvin, welchen die Versuchsreihe 7 entnommen ist, das Thermoelement des Mikroradiometers mit Ruß geschwärzt war, während das hier ver- wendete mit Natronwasserglas geschwärzt ist, so wurde, um festzu- stellen, ob das Schwärzungsmittel einen in Betracht kommenden Ein- fluß auf die beobachtete Energieverteilung der Reststrahlen ausübt, die Versuchsreihe 7 unter möglichst gleichen Bedingungen mit dem neuen Mikroradiometer wiederholt. Die Ausschläge ergaben sich in- folge der viel wirksameren Schwärzung des neuen Instruments etwa dreimal so groß wie früher. Aber die neu aufgenommene Interferenz- kurve war von der früher erhaltenen in Beziehung auf ihre Form und: > insbesondere bezüglich der Größe der Dämpfung nur so wenig ver- schieden, daß auf eine Abbildung der neuen Kurve verzichtet werden konnte’. Über die Ergebnisse der Wellenlängenmessung gibt die folgende Tabelle Aufschluß: ' Auch die Zuschaltung einer 3 mm dicken senkrecht zur Achse geschnittenen Quarzplatte in den Strahlengang änderte an der Form der beobachteten Interferenz- urve 7 nur wenig. Die mittlere Wellenlänge %, ergab sich unter diesen Bedingungen zu 64.31. a Se ee Ei Reststrahlen von Sylvin. Rusens: Messungen im langwelligen Spectrum. u BBRNZEn a = Ic" DJ N RR, | Ps RT und 5 Be ST MT > a =, nd net Bee > SL =) 8 Ya 2 ee 1,39 ug S a nd N > Tr u ni a u a EA: KIN. La; o BE TREE ee m BR ” IS --+ 8 uns BERNER RRRRRRT EHNBBRNSNR HR HRS 526 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. Tabelle Il. Reststrahlen von Sylvin. Nummer Länge des feuchten der Lichtquelle Luftwegs ! und A; %, Yo Versuchsreihe Feuchtigkeitsgehalt e 7 |Auerbrenner I|l!=2.0o m; ohne Kasten | 620 | 70.3 | 63.4 8 5 Mit Trockenkasten 62.3 | 70.6 | 64.4 z l=0.18m; e=5.6 mm 9 Schwarzer Mit Trockenkasten 62.4 | 70.7 | 64.8 Körper l=0.18m; e=5.0o mm Auch hier wird, wie man sieht, die mittlere Wellenlänge A, der Reststrahlen und die Lage der beiden Maxima durch Verminderung der im Strahlengange befindlichen Wasserdampfmenge nur wenig ge- ändert. i In Fig. 6 sind die den Interferenzkurven 7, 8 und 9 entsprechenden Energiekurven dargestellt, wie sie sich nach unserem Näherungsver- fahren berechnen lassen. Die Lage des Absorptionsstreifens, welcher die Zweiteilung der Reststrahlen von Sylvin bewirkt, ergibt sich zu 66u. Fig. 6. Reststrahlen von Sylvin. : | ; | va = | 8% % BOMBER En en u u u rn) & — _Q — X / AILDRTIUIEREN 60 Ip [72 77 [77 On Aber auch hier scheint dieser Streifen nieht der einzige zu sein, welcher die Energieverteilung der Reststrahlen beeinflußt. Es ist höchst wahrscheinlich, daß auch bei den Reststrahlen von Sylvin eine dop pel- seitige Verbreiterung beider Erhebungen der Energiekurve mit ar nehmendem Wasserdampfgehalt eintritt. Dies würde u.a. auf das Vor Rurens: Messungen im langwelligen Spectrum. 527 handensein eines weiteren Gebietes intensiverer Absorption bei A = 56 bis 604 hinweisen. Die Annahme eines in diesem Spektralgebiet ge- legenen Absorptionsbande würde zugleich die Tatsache erklären, daß auch der langwellige Streifen der Reststrahlen von Steinsalz sich mit abnehmendem Dampfgehalt nach Seite der längeren Wellen ausbreitet. Die in dem Vorstehenden beschriebenen Messungen mit Rest- strahlen von Steinsalz und Sylvin boten wegen der beträchtlichen Energie dieser Strahlen nur geringe Schwierigkeit. Weit mühevoller gestaltete sich das Arbeiten mit den viel weniger intensiven Rest- strahlen von Bromkalium und Bleichlorid. Bei der Aufnahme der betreffenden Interferenzkurven betrugen die beobachteten Ausschläge nur 8 bis 25 mm und in einigen Fällen konnte nur durch beträcht- liches Häufen der Beobachtungen genügende Genauigkeit erzielt werden, um aus dem Verlauf der Interferenzkurven sichere Schlüsse auf die Wirkung der Wasserdampfabsorption ziehen zu können. Die Ergebnisse der Interferometermessungen mit Reststrahlen von Bromkalium sind in den Kurven 10, 11 und 12 der Figur 7 nieder- gelegt. 10 und 11 sind mit dem Auerbrenner, 12 mit dem schwarzen Körper als Strahlungsquelle beobachtet. Bei Versuchsreihe 10 befanden sich 2.40 m Luft mit einem absoluten Feuchtigkeitsgehalt von e= 5.3 mm im Strahlengang; 11 und 12 sind mit aufgesetztem Helm und trockener Luft im Inneren des Kastens aufgenommen. In Kurve 10 ist die Schwebung sehr deutlich, in Kurve 11 und 12 dagegen nur schwach bemerkbar. Auch ist die Dämpfung in Kurve 10, welehe mit relativ großer Wasserdampfmenge im Strahlengange aufgenommen ist, wieder merklich kleiner als in den Kurven 11 und 12, bei welchen sich nur 18 cm wasserdampfhaltige Zimmerluft im Strahlengange befanden. Dieser Unterschied ist jedoch viel geringer wie in den vorher unter- suchten Fällen der Reststrahlen von Steinsalz und Sylvin. Die Werte, welche sich für die Wellenlängen der beiden Maxima (A, und ?,) sowie für die mittlere Wellenlänge A, der Reststrahlen aus den Versuchsreihen 10, 11 und 12 ergeben, sind in Tabelle III zu- sammengestellt. Ein Vergleich mit den Ergebnissen unserer früheren Messung, welche mit etwa dreimal kleineren Ausschlägen ausgeführt worden ist, zeigt, insbesondere in Beziehung auf die Wellenlänge des höheren Maximums A, welche bei weitem am genauesten gemessen werden kann, befriedigende Übereinstimmung. Es hatten sich früher die folgenden Zahlenwerte ergeben: A, — 86.5 u, A,=75.6u und ,=82.3 4. Nur in bezug auf A, zeigt sich gegenüber den Zahlen der Versuchs- reihe 10, welche nahezu unter denselben Bedingungen beobachtet 528 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. Fig. T, Reststrahlen von Bromkalium. Sem,“ SEN bs --1-.-1--7 --TTR m— ut — a A [ — __ Ss er] >a MM. han N ar --1- 778 = | | “el DD x & >s \ \ WR NY 7T, VER! vr worden ist wie die früheren, ein erheblicher Unterschied, welcher daher rührt, daß nach den neuen Versuchen die Maxima a und g der Inter ferenzkurven als »korrespondierende« Maxima aufgefaßt werden müssen, während dies früher für die Maxima a und A der Fall zu sein schien. Den Interferenzkurven 10, 11 und 12 der Figur 7 entsprechen die Energiekurven 10a, 11a und 12a der Figur 8. In Kurve Wa, bei. welcher die im Strahlengang befindliche Wasserdampfmenge am größten ist, tritt das bei 79u gelegene Minimum am stärksten her- en Rusens: Messungen im langwelligen Speetrum. 529 Tabelle II. Reststrahlen von Bromkalium. Nunmer Länge des feuchten er Lichtquelle Luftwegs l und A, 8 A, Versuchsreihe|] Feuchtigkeitsgehalt e 10 |Auerbrenner I !=2.4 m; e=5.3 mm | 86.8 u | 74.6 u | 82.6 u ohne Kasten 11 » Mit Trockenkasten |85.7 73.5 |83-.3 i=0.18m; e=4.6 mm 12 Schwarzer Mit Trockenkasten 86.4: 174-2 1839 Körper —0.18m; e=4.6 mm vor. Sehr auffällig ist die verhältnismäßig große Höhe des kurz- welligen Maximums in dieser Kurve. Um festzustellen, wie weit die selektive Absorption der Verschlußplatten P, und P, von Einfluß ist, wurde die Versuchsreihe 10 bei Einschaltung einer 2 mm dicken Quarz- platte in den Strahlengang wiederholt. In der Tat ergab sich jetzt das bei 74.6 gelegene Maximum im Verhältnis zu dem Hauptmaximum bei 86.84 um etwa ı2 Prozent niedriger als in Kurve IVa. Indessen blieb der Unterschied gegenüber den mit trockener Luft angestellten Versuchsreihen 11 und 12 doch noch so beträchtlich, daß man auch bei den Reststrahlen des Bromkaliums die Absorption des Wasser- dampfs als die wesentliche Ursache der beobachteten Zweiteilung an- sehen muß. Es soll indessen keineswegs behauptet werden, daß die selektive Absorption des Quarzes auf die Energieverteilung der Rest- Fig. 8. Reststrahlen von Bromkalium. ee e N Te 1 - el bieder lost sh or dot 5 ge u 3 530 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. strahlen an dieser Stelle des Spektrums ohne erheblichen Einfluß ist. Im Gegenteil weisen die am Schluß dieser Arbeit mitgeteilten Ergeb- nisse von Absorptionsmessungen an Quarzplatten verschiedener optischer Orientierung darauf hin, daß gerade in diesem Spektralgebiet die Ab- sorption in senkrecht zur Achse geschnittenen Platten einen selektiveren Charakter besitzt wie an anderen Stellen des Spektrums. Aus den vorstehenden Beobachtungen mit Reststrahlen von Stein- salz, Sylvin und Bromkalium geht also hervor, daß der Wasserdampf bei den Wellenlängen 504, 664 und 794 und vermutlich auch in der Nähe von 584 Absorptionsmaxima besitzt. 3. Versuche mit neuen Reststrahlengruppen. Diese Ergebnisse werden durch die Resultate weiterer Messungen gestützt, welche ich in Gemeinschaft mit Hrn. Prof. v. WARTENBERG an einer Reihe neuer Reststrahlengruppen vorgenommen habe. Es handelt sich um die Reststrahlen von Chlorsilber, Bromsilber, Kalomel und Bleichlorid. Bei der interferometrischen Aufnahme dieser Rest- strahlen hatte sich nämlich die Tatsache ergeben, daß auch hier — besonders deutlich in den Fällen von Chlorsilber und Bleichlorid — die Energiekurven der isolierten Strahlung gewisse Minima aufwiesen, und daß diese Minima gerade an solchen Stellen des Spektrums ge- legen waren, an welchen man nach den im vorstehenden beschriebenen Versuchen das Vorhandensein von Absorptionsstreifen des Wasser- dampfs anzunehmen hatte. Über die Methoden zur Herstellung brauchbarer Reststrahlenplatten aus (den genannten Substanzen soll an anderer Stelle ausführlicher berichtet werden. Hier genügt es, folgendes zu erwähnen: Die Spiegel aus Chlorsilber und Bromsilber wurden in versilberten Messinggefäßen gegossen. Da sie sich beim Erstarren stark deformierten, wurden sie abermals auf 200° erwärmt und dann zwischen Silber- folie eben gepreßt. Nach dem Erkalten konnten sie leicht auf der Drehbank genau eben gedreht und poliert werden. Die Bleichlorid- platten wurden aus feinem Pulver bei 300 Atmosphären Druck zwischen ebenen Stahlstempeln gepreßt und keiner weiteren Bearbeitung unter- worfen. Man erhielt auf diese Weise plane Scheiben von weißer Farbe, welche das Licht vollkommen diffus reflektierten und mit den in der Photometrie gebräuchlichen Gipsschirmen große Ähnlichkeit hatten. Diese diffuse Reflexion, welche sich auch auf die kurzwelligeren Gebiete des ultraroten Spektrums erstreckt, ist für den vorliegenden Zweck insofern von erheblichem Vorteil, als die Aussonderung der streng geometrisch reflektierten langwelligen Reststrahlen hierdurchsehr Rusens: Messungen im langwelligen Spectrum. 531 unterstützt wird, so daß man nach vier Reflexionen bereits vollkommen reine Reststrahlen erhält!" Diese einfache Methode zur Herstellung brauchbarer Reststrahlenplatten aus feinem Pulver läßt sich auf viele Substanzen anwenden. Die größte Schwierigkeit bot die Herstellung guter Kalomelspiegel. Durch Sublimation wurde auf einer ebenen Glas- platte eine Schicht dieser Substanz von genügender Dicke niederge- schlagen und diese darauf von der Glasplatte abgesprengt. Man erhielt so nahezu ebene Flächen, welche keiner Nacharbeit auf der Drehbank bedurften. Im Gegensatz zu Chlorsilber und Bromsilber ist Kalomel bekanntlich nicht regulär, sondern quadratisch. Beim Sublimieren er- hält man auf der Glasplatte nadelförmige Kristalle, welche auf der Plattenoberfläche nahezu senkrecht stehen. Die beobachteten Rests- trahlen gelten also vorwiegend für den ordentlichen Strahl. Von den neu untersuchten Reststrahlen waren diejenigen «les Bleichlorids am intensivsten und am wenigsten homogen. Diese größere spektrale Breite kann sowohl durch den komplizierteren Bau des PbCl],- Moleküls, als auch durch die kompliziertere Kristallstruktur” dieses Materials verursacht sein. Da die einzelnen Pulverkörnchen in den Oberflächen der reflektierenden Platten nach allen möglichen Richtun- gen orientiert sind, so lassen sich auch die beobachteten Reststrahlen keiner kristallographisch wohl definierten Sehnittebene zuordnen, son- dern sie ergeben ein Reststrahlengemisch, welches allen möglichen Schnittebenen entspricht und aus diesem Grunde wahrscheinlich weni- ger homogen ist, als es die mit Kristallplatten von gleicher Orientierung erzeugten Reststrahlen sein würden. Für die Untersuchung der Wasser- dampfabsorption erwies sich diese erhebliche Inhomogenität der Rest- strahlen von Bleichlorid als ein besonderer Vorteil. Es wurden des- halb die meisten Versuche mit dieser Substanz angestellt. Die aufgenommenen Interferenzkurven, welche sich auf die Rest- strahlen von Bleichlorid beziehen, sind in Fig. 9 zur Anschauung gebracht. Die Reihen 13 und 14 sind mit dem Auerbrenner II als Lichtquelle beobachtet, und zwar 13 bei ı.5 m und 14 bei 3.0 m feuchter Zimmerluft im Strahlengang. Bei den Reihen 15 und 16 wurde der Helm des Trockenkastens aufgesetzt und der Kasten mit trockener Luft gefüllt. Reihe 15 ist wiederum mit dem Auerbrenner II aufgenommen, dagegen diente der schwarze Körper bei Reihe 16 als Strahlungsquelle. Da kein Hohlspiegel aus Bleichlorid zur Verfügung un, mußte die reflektierende Fläche f, durch einen vorderseitig ! Auf die Vorteile diffus reflektierender Flächen bei Reststrahlenversuchen hat Lord Ravızıcn zuerst hingewiesen (Weekly Evening Meeting of the Royal Institution, 29th Mar ch, I * PbC], ist ee 582 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl: v. 13. Febr. Fig. 9. Reststrahlen von Bleichlorid. = Ki = 1“ B \ BE | EA „IDG ATi II ToErmiLrteri BL EIRIRTAUNIRARN ERTL WRTELT ä I WE V l SU vl 2 | A Be - u 30 40 TA 50 70 80 E77 | B 2 „ en D PER —-——- a Be a matt EEE Er Bann 8 PN En u nl R97 30 0 30 60 70 30 u... 30 70 30 60 70 80 versilberten Glashohlspiegel ersetzt werden und man war gezwungen, eine der vier Reflexionen an Bleichloridflächen außerhalb des Kastens stattfinden zu lassen. Es konnte aus diesem Grunde bei Versuchs- reihe 15 die in den Strahlengang eingeschaltete feuchte Luftstrecke nicht unter 26 cm verringert werden. Bei Versuchsreihe 16 wurde auf die vierte Reflexion außerhalb des Kastens verziehtet und der schwarze Körper unmittelbar vor die Öffnung des Diaphragmas B gestellt. Die Reststrahlen waren unter diesen Bedingungen zwar nicht mehr völlig rein, aber die etwa 5 Prozent betragende Beimischung kurzwelliger Strahlen machte sich bei der Aufnahme der Interferenz“ an kurve nicht störend bemerkbar. dampfmengen im Seren ea sind, zeigen einen sehr : Die Interferenzkurven 13 und 14, welche mit größeren Wasser- . . DE Rugens: Messungen im langwelligen Spectrum. 333 merkwürdigen Verlauf. Im ersten Teil sind die Kurven stark gedämpft. Die Maxima nehmen in der Reihenfolge a, db, ce rasch an Höhe ab; d, e, f sind dann wiederum größer; es folgt eine sehr niedrige Er- hebung 9, darauf ein hohes Maximum A und dann wiederum ein niedrigeres {. Erhöhung des Wasserdampfgehalts läßt insbesondere die Maxima f, y, A, i stärker hervortreten, während e keine Erhöhung er- fährt. Bei vermindertem Dampfgehalt wird die Kurve in ihrem zweiten Teil außerordentlich flach, und die Maxima g, A und i sind kaum noch zu erkennen (Kurve 15). Noch weitere Verkürzung des feuchten Luft- wegs und Verwendung des schwarzen Körpers ergeben eine Inter- ferenzkurve, in welcher die genannten charakteristischen Eigentüm- lichkeiten kaum noch zu erkennen sind und welche sich bis zu einem gewissen Grade der Form einer gedämpften Sinuswelle nähert (Kurve 16). Es kann hiernach keinem Zweifel unterliegen, daß jene Eigentümlich- keiten der Kurven 13 und 14 durch die Absorption des Wasserdampfs hervorgerufen werden. Die Einschaltung einer 3 mm dicken Quarz- platte in den Strahlengang hatte auf die Form der Interferenzkurve, insbesondere auf die Gruppe /, 9, A, i, nur geringen Einfluß. Bei Benutzung unseres einfachen Näherungsverfahrens ist es nicht möglich, eine zu den Kurven 13 und 14 passende Energieverteilung aufzufinden, wenn man, wie bei den Reststrahlen von Steinsalz. Sylvin und Bromkalium, nur zwei Maxima der Energiekurve annimmt, oder, was dasselbe bedeutet, wenn man die Energiekurve durch Super- position zweier Resonanzkurven darstellen will. Dagegen läßt sich durch Superposition dreier Resonanzkurven eine Energiekurve kon- struieren, welche den beobachteten Eigentümlichkeiten der Interferenz- bilder in den wesentlichsten Punkten Rechnung trägt. Die Wellen- längen dieser drei Maxima sind 74 u, 92 u und ıı4 a. Die bei 74 u und 92 u gelegenen Erhebungen werden vermutlich durch denselben Absorptionsstreifen des Wasserdampfs getrennt, welcher die Zwei- teilung der Reststrahlen von Bromkalium bewirkt. Die Einsenkung zwischen dem zweiten und dritten Maximum läßt das Vorhandensein eines weiteren Gebietes erhöhter Wasserdampfabsorption vermuten, dessen Mitte etwa bei A=103 u gelegen ist. Zugunsten dieser letzten Annahme spricht die Tatsache, daß die langwelligen Reststrahlen des Kalkspat zwei Maxima besitzen, von welchen das kurzwellige bei 93.04, das langwellige bei ı 16.1 u gelegen ist‘. Diese beiden Streifen sind also auch durch eine Einsenkung voneinander getrennt, welche angenähert an derselben Stelle des Spektrums liegt wie die hier an- genommenen ee eg des Wasserdampfs. ' H. Rusens, Verh. d. Dt. Phys. Ges. 13, S. 102, IgIT. 534 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. Mit Reststrahlen von Bleichlorid wurden im ganzen acht Reihen beobachtet. Berechnet man die mittlere Wellenlänge der Strahlung lediglich aus der Lage der ersten beiden Maxima a und 5 sowie des ersten Minimums «a’, so ergab sich der Wert A, = 91.2 u. Zu dem- selben Wert (A, = 91.3 u) gelangt man, wenn man in Kurve 16 die Lage der ersten fünf Maxima a bis e und der ersten fünf Minima a’ bis e’ gleichmäßig zur Berechnung der Wellenlänge heranzieht. Aus Kurve 15 berechnet sich in gleicher Weise der Wert A, = 90.7 4. Der WertX, = 91.0 u wird also der mittleren Wellenlänge der Rest- strahlen von Bleichlorid unter den genannten Erzeugungsbedingungen ziemlich genau entsprechen. Bei der Erzeugung der Reststrahlen von Chlorsilber, Bromsilber und Kalomel verursachte zu Anfang der Umstand erhebliche Schwie- rigkeit, daß diese Substanzen im siehtbaren und kurzwelligen ultra- roten Spektrum sehr hohe Brechungsexponenten besitzen' und aus diesem Grunde die gewöhnliche kurzwellige Wärmestrahlung außer- ordentlich stark reflektieren. Nach vier Reflexionen sind daher die Reststrahlen trotz Anwendung eines Steinsalzschirmes® noch so un- rein, daß bei Chlorsilber fast die Hälfte, bei Kalomel und Bromsilber mehr als zwei Drittel der isolierten Strahlung aus kurzwelliger Ver- unreinigung bestehen. Nun ist zwar die verunreinigende Strahlung wegen ihrer Inhomogenität und geringer Wellenlänge auf die Form der Interferenzkurve ohne direkten Einfluß, aber sie erweist sich, wenn in erheblichem Betrag vorhanden, trotzdem als sehr störend, weil ihre Intensität bei geringen Veränderungen der Temperatur der Strahlungsquelle viel größeren Schwankungen unterworfen ist als die- jenige der langwelligen Reststrahlen. Auch läßt sich eine Ausschlags- änderung von gegebener Größe bei kleinen Ausschlägen viel sicherer messen wie bei großen. Als das einfachste Mittel, die Reststrahlen der genannten Substanzen von der kurzwelligen Verunreinigung völlig zu befreien, erwies sich ihre Filtration durch ein Blatt von schwarzem Seidenpapier. Die hier verwendete Papiersorte war dieselbe, welche ich früher in Gemeinschaft mit Hrn. Woon auf ihre Durchlässigkeit im Spektrum geprüft habe’. Wegen der im Strahlengange befind- lichen Quarzschicht kam für die verunreinigende Strahlung im wesent- lichen nur das Wellenlängenbereich unterhalb 5 u in Frage, für welche diese Papiersorte fast vollkommen undurchlässig ist, während 55 Pro- ı Für die Natriumlinie ist der Brechungsexponent des Chlorsilbers rn = 2.07 derjenige des Bromsilbers n = 2.35. Die entsprechenden Brechungsexponenten des Kalomel sind rn, = 1.96, ne —= 2.06 i ® Vgl. H. Rusens, Berichte der Phys. Ges., Nov. 1896. ® H. Rusens und R. W. Woon, a. a. O. S. 113. Rusens: Messungen im langwelligen Spectrum. 935 zent der Reststrahlen von Chlorsilber, 63 Prozent der Reststrahlen von Kalomel und 71ı Prozent der Reststrahlen von Bromsilber hindurch- gehen. Die durch die Filtration eintretenden Energieverluste sind also gerade bei den langwelligen Reststrahlen nicht sehr groß. Die Untersuchung dieser drei Reststrahlenarten konnte, ihrer ge- ringen Intensität wegen, nicht bei Einschaltung des Trockenkastens vorgenommen werden. Es wurde jedoch festgestellt, daß ein in den Strahlengang eingeschalteter 40 em langer, auf 150° erhitzter Messing- zylinder mit offenen Enden, in welchen durch ein seitliches Ansatz- rohr fortgesetzt ein kräftiger Wasserdampfstrahl von 100° und Atmo- sphärendruck aus einem kleinen Dampfkessel eingeblasen wurde, so- wohl die Reststrahlen von Bleichlorid, als auch diejenigen von Chlor- silber, Bromsilber und Kalomel sehr stark absorbierte und keinesfalls mehr als ıo Prozent dieser Strahlen hindurchließ. Da die hindurch- gehende Intensität aber wesentlich von der Stärke des zugeführten Wasserdampfstromes abhing, so soll auf eine quantitative Angabe der Absorption hier verzichtet werden. In der Fig. 10 sind zwei mit Reststrahlen von Chlorsilber beob- achtete Interferenzkurven wiedergegeben. In beiden Versuchsreihen wurden vier reflektierende Flächen benutzt, der Auerbrenner II diente als Strahlungsquelle und der Luftweg der Strahlen betrug ı.5 m. Für Fig. 10. el von Chlorsilber. 13 +8 li ll „U U N Pl I Va Pr er | | | | = r | 30 40 50 co 70 L „. Bi > _.- a a a f a, | ag 536 Gesammtsitzung v. 5.:.Juni:1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. die mittlere Wellenlänge A, der Strahlung, berechnet aus der Lage der beiden ersten Maxima a und 5 und des ersten Minimums a’ erhält man 81.6 u aus Kurve 17. und 81.1 x aus Kurve 18. Zwei weitere Reihen ergaben 80.0 u und 83.5 u, so daß der Mittelwert A, = 81.5 u beträgt. Die Interferenzkurve zeigt eine sehr deutlich ausgesprochene Schwe- bung, welche durch zwei Maxima der Energieverteilungskurve bei A, = 90.3 u und A, = 74.0 u angenähert erklärt werden kann, von wel- chen das erstere das stärkere ist'. Diese Darstellung hat zur Voraus- setzung, daß das Maximum a und das Minimum e’ der Interferenz- kurven einander entsprechen. Von der Konstruktion der Energiever- teilungskurve ist hier Abstand genommen worden. Indessen läßt sich auch ohne Zeiehnung erkennen, daß die beiden Maxima der Energie- kurve durch eine Einsenkung voneinander getrennt sein müssen, welche ziemlich genau an derselben Stelle des Spektrums liegt, wie das in der Energieverteilungskurve der Reststrahlen von Bromkalium beob- achtete Minimum. Diese Tatsache liefert eine weitere Stütze für die Annahme, daß sich an dieser Stelle ein Absorptionsstreifen des Wasser- dampfs befindet. Die Reststrahlen von Chlorsilber besitzen fast dieselbe mittlere Wellenlänge wie diejenigen des Bromkaliums, aber sie sind weniger homogen als diese. Es geht dies besonders aus der stärkeren Dämpfung der Interferenzkurven in ihrem ersten Teile hervor. Mit Reststrahlen von Kalomel wurden vier Versuchsreihen be- obachtet, von welchen zwei in Fig. ıı abgebildet sind. Die Licht- quelle, die Länge des Luftweges der Strahlen und die Zahl der Re- flexionen war dieselbe wie bei den Versuchen mit Reststrahlen von Chlorsilber. Die mittlere Wellenlänge ?,, aus a, b und a’ berechnet, ergab sich nach Reihe 19 zu 98.7u, nach Reihe 20 zu 99.94. Die beiden übrigen Reihen lieferten A,— 98.2u und A, = 98.54, sodab hiernach die mittlere Wellenlänge dieser Reststrahlen 98.81 beträgt. Berücksichtigt man dagegen die ersten 5 Maxima und Minima der Interferenzkurven 19 und 20 ganz gleichmäßig bei der Berechnung der mittleren Wellenlänge dieser Reststrahlen, so erhält man für As z erheblich kleinere Werte, nämlich 94.4u aus Reihe 19 und 93-14 Es aus Reihe 20. Hieraus geht hervor, daß die Intensitätsverteilung der Reststrahlen von Kalomel entweder stark unsymmetrisch ist, und zwar ' Diesem Befunde scheint die Tatsache zu widersprechen, daß die mittlere Wellenlänge % = 81.5 u dem kurzwelligen Maximum näher liegt als dem langwelligen- : ndessen verschwindet dieser Widerspruch, wenn man annimmt, daß die kurzwellige . Erhebung zwar mehr Strahlungsenergie enthält, aber wesentlich inhomogener ist & die langwellige. Der Einfluß des ersten Maximums kann sieh dann trotz seine größeren Energie infolge der stärkeren Dämpfung im weiteren Verlaufe der Interferenz" kurve weniger bemerkbar machen als derjenige des zweiten. . Rusens: Messungen im langwelligen Spectrum. ARYI üg. 11. Reststrahlen von Kalomel. i b dl: iM 7 \ Fit \ N H AR SIERT NEIN. MAN ker 130 „9 ZU Zu Zu; ad Ö C er iM AAls DENN LITT / # ©: d' ger v "LTE N 722 in dem Sinne, daß der Schwerpunkt der Strahlung bei einer größeren Wellenlänge liegt als das Maximum, oder daß auch hier zwei Maxima vorhanden sind, von welchen das langwelligere das schwächere ist. In der Tat zeigen die Interferenzkurven die Andeutung einer Schwebung, welche in diesem Sinne gedeutet werden kann, denn in allen Inter- ferenzkurven ist das Maximum c schwächer ausgeprägt als das Maxi- mum d und das Minimum c’ tritt weniger deutlich hervor als das Minimum d’. Betrachtet man dementsprechend a und e’ als korre- spondierende Punkte, so würde sich die Wellenlänge des stärkeren kurzwelligeren Streifens zu A,— 91.6u, diejenige des schwächeren lang- welligeren Streifens zu A, = 117.84 ergeben. Man sieht, daß diese beiden Maxima wiederum durch ein Minimum voneinander getrennt Sind, welches angenähert an derselben Stelle des Spektrums liegt wie dasjenige, welches in der Energieverteilungskurve der Reststrahlen von Kalkspat beobachtet worden ist. Dasselbe Minimum macht sich auch, wie wir gesehen haben, in der Energiekurve der Reststrahlen von Bleichlorid bemerkbar. Es liegt deshalb nahe, die Entstehung dieser Minima einer gemeinsamen Ursache zuzuschreiben, als welche ein Absorptionsstreifen des Wasserdampfs in erster Linie in Betracht kommt. Die Reststrahlen von Bromsilber besitzen infolge ihrer großen Wellenlänge nur geringe Intensität. Jeder Punkt der aufgenommenen Interferenzkurven mußte deshalb durch eine große Zahl von Einzel- beobachtungen festgelegt werden. Da die Ausführung solcher Ver- suchsreihen sehr anstrengend ist, habe ich mich hier mit einer ge- fingeren Zahl von Punkten begnügen müssen. Die Kurven 21 und 22 der Figur ı2 sind Beispiele beobachteter Interferenzkurven. Sie sind 538 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. unter denselben Versuchsbedingungen aufgenommen wie diejenigen, welche sich auf Reststrahlen von Chlorsilber und Kalomel beziehen. Die Interferenzkurven 21 und 22 zeigen auf den ersten Anblick keine besonderen Eigentümlichkeiten. Indessen ergibt die Berechnung der mittleren Wellenlänge unter gleichwertiger Benutzung sämtlicher Maxima und Minima wiederum einen wesentlich anderen, und zwar in diesem Falle größeren Wert als die alleinige Verwendung von a, b und a’. Legt man nur diese drei Punkte der Wellenlängenmessung zugrunde, so folgt aus Reihe 21 A,= 113.1, aus Reihe 22 ?,—= 112.04 und aus zwei weiteren, hier im einzelnen nieht wiedergegebenen Reihen 111.94 und 114.04, im Mittel also A,= ı12.7u. Dagegen liefert die gleichmäßige Verwertung aller Maxima und Minima der Kurve 21 den Wert A,= 115.94 und der Kurve 22 A, =.116.5u. Dieser Befund Fig. 12. Reststrahlen von Bromsilber. d e FARUDART N / IM AHEE NYNEMN > a' 720 30 40 50 77 70 läßt wiederum entweder einen unsyınmetrischen Verlauf der Energie- kurve oder das Vorhandensein zweier Maxima erwarten, von welchen das langwelligere das stärkere ist. Die Interferenzkurven sind jedoch nicht genau genug, um sichere Rückschlüsse auf die Form der Energie- kurve zu gestatten. Überhaupt wird man bei der Deutung dieser Interferenzkurven, besonders derjenigen von Kalomel und Bromsilber, im Auge behalten müssen, daß daraus unter Benutzung des hier verwendeten Nähe- rungsverfahrens nur die Wellenlänge des stärkeren Streifens mit Ge- nauigkeit hergeleitet werden kann, während diejenigen des schwächeren Begleiters wegen der oft sehr unsicheren Festlegung der korrespon- dierenden Punkte häufig mit größeren Fehlern behaftet ist. Rusens: Messungen im langwelligen Speetrum. 539 4. Versuche mit der Quarzlinsenanordnung. Es ist aus den in dem Vorstehenden beschriebenen Versuchen der Schluß gezogen worden, daß auch bei den Reststrahlen von Chlorsilber und Bleichlorid das Auftreten mehrerer Maxima durch die selektive Absorption des Wasserdampfs verursacht wird. Trifft diese letzte Behauptung zu, so muß sich dieses Absorptionsspek- trum des Wasserdampfs, welches bei den Versuchen mit langwel- ligen Reststrahlen beobachtet worden ist, auch bei anderen Ver- suchsanordnungen bemerkbar machen, bei welehen die Aussonderung der langwelligen Strahlung nicht durch selektive Reflexion bewirkt wird. Eine derartige Anordnung ist in der bereits mehrfach zitierten Arbeit von Hrn. R. W. Woop und mir beschrieben worden. Die Me- thode beruht auf der großen Verschiedenheit des Brechungsexpo- nenten des Quarzes für die diesseits und jenseits seines Absorptions- gebiets gelegenen Strahlen. Den wichtigsten Teil des Apparates bildet ein System von zwei Quarzlinsen, deren erste dazu dient, die Strahlung einer Lichtquelle durch ein enges Diaphragma hindurchzuschieken, und deren zweite dazu verwendet wird, diese Strahlung auf der temperatur- empfindlichen Lötstelle des Mikroradiometers zu vereinigen. Sind die Linsen entsprechend justiert und werden gewisse Blenden in den Strahlen- gang eingeführt, so gelangen nur die jenseits des Absorptionsgebiets gelegenen langwelligen Strahlen zu dem Meßinstrument; die mittlere Wellenlänge und spektrale Zusammensetzung dieser Strahlen hängt außer von der Natur der angewendeten Strahlungsquelle hauptsächlich von der Dicke der im Strahlengange befindlichen Quarzschicht ab. Je dieker diese Schicht ist, um so mehr rückt der Schwerpunkt der isolierten Strahlung nach langen Wellen, weil die Absorption des Quarzes mit abnehmender Wellenlänge rasch wächst. Will man das Absorptionsspektrum des Wasserdampfs in dem Jenseits 70.4 gelegenen Spektralgebiet mit Hilfe der Quarzlinsen- methode untersuchen, so ist es erforderlich, die Dicke der im Strahlen- gange befindlichen Quarzschicht möglichst zu reduzieren, weil sonst der zwischen 70 und 80 u gelegene Teil des Spektrums zu sehr ge- schwächt wird. Es wurden deshalb zwei verhältnismäßig dünne Quarz- linsen von 7 em Durchmesser verwendet. In Fig. ı3 sind zwei unter diesen Bedingungen aufgenommene Interferenzkurven zur Anschauung gebracht. Kurve 23 ist mit dem Auerbrenner aufgenommen. Im Strahlengang befanden sich 170 em wasserdampfhaltige Zimmerluft von dem absoluten Feuchtigkeitsgehalt e= 5.8 mm. Kurve 24 bezieht sich auf den schwarzen Körper als Sitzungsberichte 1913. sl 540 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. Fig. 13. Quarzlinsenanordnung. (6: 4 ie 8 x sl ea A| A A ö AA FEN “ VIII vVIVU TA. we 5 4 Y 40 \, RE FREIE TERRST Rercag AmEser| PRaaem 7 WERT > f 43 ’ f A IN \ 7 p. L 2 RAM \ a | +0 50 60 70 80 ZZ Strahlungsquelle, einen Luftweg von 110 em und einen Feuchtigkeits- gehalt von 4.8 mm. | Zunächst ist sowohl die Ähnlichkeit beider Kurven untereinander, als auch mit den Interferenzkurven 13, 14 und 15 der Reststrahlen von Bleichlorid (Fig. 9) in die Augen springend. Die Übereinstimmung ergibt sich besonders aus der Betrachtung der Gruppe f, 9 Ai. Auch die Entfernung dieser Maxima von dem Maximum a, d.h. die Dicken der Luftplatte, bei welcher sie auftreten, stimmen so nahe miteinander überein, daß man nicht daran zweifeln kann, sie in beiden Fällen derselben Ursache zuzuschreiben. Es ist eben gezeigt worden, daß die Gruppe f, g, A, i der Kurven 13 und 14 hauptsächlich durch die Absorption des Wasserdampfs hervorgerufen wird. Dasselbe kann auch bezüglich der Kurven 23 und 24 bewiesen werden. Es ist ohne weiteres zu erkennen, daß sämtliche Maxima und Minima der Kurve 23, bei welcher sich die größere Wasserdampfmenge im Strahlengange befindet, weit stärker ausgeprägt sind, als in Kurve 24. Bei weiterer Verlängerung des Strahlenganges auf 250 em und Ein- schaltung des 40 em langen Heizrohres, in welches ı. 5 cem Wasser pro Minute einträufelte, erfuhr die Höhe der Maxima und die Tiefe der Minima von c bis ö noch eine erhebliche Steigerung, so daß die : | >41 Höhenunterschiede bei gleichen Ausschlägen mehr als doppelt so groß wurden wie in Kurve 24. Anderseits ließ sich durch Benutzung eines luftdicht schließenden Kastens, welcher das mittlere Diaphragma und die beiden Linsen der Quarzlinsenanordnung einschloß, mit Quarz- fenstern versehen und mit trockener Luft gefüllt war, die im Strahlen- gange befindliche feuchte Luftstrecke auf etwa 25 cm reduzieren. Die Höhe der Maxima d, e und f wurde dann gegenüber denjenigen der Kurve 24 noch beträchtlich reduziert, und das Maximum A war nahezu vollständig verschwunden, während 5 sogar stärker hervor- trat wie in den Kurven der Figur ı3. Hiernach stellen die Kurven 23 und 24 in ihrem weiteren Verlaufe, etwa von dem Maximum c ab, im wesentlichen ein Interferenzbild der Wasserdampfbanden dar, welches die stark gedämpfte Interferenzkurve der isolierten, sehr inhomogenen' Strahlung überlagert'. Berechnet man die mittlere Wellenlänge dieser Strahlung, wie dies früher geschehen ist, aus der Entfernung des zweiten Maximums 5b und der ersten beiden Minima a’ und 5’ von dem ersten Maximum a, so ergeben sich folgende Werte: Rusens: Messungen im langwelligen Spectrum. Tabelle IV. Reihe 23. Reihe 24. Lichtquelle: Auerbrenner Il. Lichtquelle: Schwarzer Körper. Bezeichnung Beobachtete Wellenlänge Bezeichnung Beobachtete | Wellenlänge der Maxima Lage in N der Maxima N und Minima | Skalenteilen und Minima | Skalenteilen a 230 Pen a 23.1 = a 28.1 106.6 u a’ 287 117.0 u h 32.6 100.7 b 33-1 104-6 b’ a b’ 37-3 99-4 Die Tatsache, daß die mittlere Wellenlänge des mittels Quarz- linsen isolierten Strahlenkomplexes sich um so kleiner ergibt, je höher die Ordnungszahl des zu ihrer Berechnung benutzten Maximums oder Minimums ist, wurde bereits in unserer früheren Arbeit besprochen und durch starke Asymmetrie der Energieverteilungskurve zu erklären versucht, indem angenommen wurde, daß das Maximum der Energie- kurven bei kleineren Wellenlängen liegt als ihr Schwerpunkt. Es kann indessen nach dem Vorstehendem keinem Zweifel unterliegen, daß die genannte Eigentümlichkeit der Interferenzkurven mindestens Dagegen hat sich ein wesentlicher Einfluß der Wasserdampfabsorption auf a Mensen der langwelligen Strahlung der Quecksilberlampe nicht nach- lassen. : weisen bi? 542 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. zum Teil auf die selektive Absorption des Wasserdampfs zurückge- führt werden muß, welche an mehreren Stellen des Spektrums tiefe Einsenkungen der Energiekurve verursacht, so daß bei 90 u ein aus- geprägtes Maximum entsteht. Ein weiteres Maximum wird vermutlich in der Nähe von A= 115 u auftreten und ein drittes, wenn die ein- geschaltete Quarzschicht nicht zu dick ist, etwa bei 74 u. Die mittlere Wellenlänge des gesamten Strahlenkomplexes kann daher nur aus der Lage des ersten Minimums der Interferenzkurve mit genügender Sicherheit abgeleitet werden, wie dies bereits in unserer früheren Arbeit geschehen ist. Der aus Reihe 23 sich ergebende Wert A = 106.6 u stimmt mit dem früher unter angenähert gleichen Bedingungen erhaltenen A= 108.2 u genügend überein. Dagegen ist der in gleicher Weise aus Reihe 24 abgeleitete Wert der mittleren Wellenlänge (A = 117 u) erheblich größer. Hieraus geht hervor, daß die Strahlung des Auer- brenners in dem hier in Betracht kommenden langwelligen Spektral- gebiet mit wachsender Wellenlänge schneller abnimmt als diejenige des schwarzen Körpers!. Wie schon hervorgehoben wurde, ist außer der selektiven Absorp- tion des Wasserdampfs auch diejenige des im Strahlengange befind- lichen Quarzes und die Art der Schwärzung des verwendeten Thermo- elements auf die beobachtete Energieverteilung von Einfluß. Daß bei den Versuchen mit Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin und Bromkalium der Einfluß des Schwärzungsmittels nicht sehr stark hervortritt, geht daraus hervor, daß die mit dem neuen Mikroradiometer aufgenommenen Interferenzkurven mit den früher beobachteten ihrer Form nach fast genau übereinstimmen, obwohl das neue Instrument mit Natron wasser- glas, das alte mit Ruß geschwärzt ist. Um auch in dem jenseits 8ou gelegenen Spektralgebiet ein Urteil über den Einfluß des Schwärzungs- mittels zu gewinnen, wurde noch eine weitere Interferenzkurve der mittels Quarzlinsen isolierten, langwelligen Strahlung des Auerbrenners aufgenommen unter Benutzung eines Mikroradiometers, dessen Thermo- ‘ Von dem verwendeten Invert-Auerbrenner erhält man mit der Quarzlinsen- anordnung eine um etwa 30 Prozent intensivere und merklich langwelligere Strahlung in vertikaler als in horizontaler Richtung. Der Grund liegt darin, daß der als Brenner- kopf dienende glühende Schamottezylinder für die nach unten austretenden Strahlen nahezu wie ein schwarzer Körper wirkt. Freilich ist auch bei dem neuen Instrument das als Schwärzungsmittel verwendete Natronwasserglas mit einem Zusatz von Ruß versehen, welcher als Bindemittel dient und das sonst leicht eintretende Absplittern des Natronsilikats verhindert. In dem hier betrachteten Spektralbereich liefert Jedoch der Rußzusatz nur einen sehr geringen Beitrag zur Schwärzung, weil, wie ich mich überzeugt habe, die Empfindlichkeit des Instruments ungefähr dieselbe bleibt, wenn die Schwärzung durch Natronwassergas ohne Rußzusatz erfolgt. Schwärzung durch Ruß allein liefert eine zwei- bis dreiml geringere Empfindlichkeit. Ä a. Rurens: Messungen im langwelligen Spectrum. 543 element nicht mit Natronwasserglas geschwärzt war. Die Kontaktstelle des Elements wurde zu diesem Zweck mit einer dicken Schicht von Mattlack bedeckt, welchem durch Zusatz von Wolframpulver eine er- höhte Konsistenz gegeben war. Die Versuchsreihe wurde unter den- selben äußeren Bedingungen aufgenommen wie Reihe 23 und ergab auch bis auf alle Einzelheiten der Kurve das gleiche Resultat, während die Ausschläge, des ungünstigeren Schwärzungsmittels wegen, viel kleiner waren. Der Einfluß des Schwärzungsmittels ist also auch in dem jenseits 8ou gelegenen Spektralgebiet nicht sehr erheblich. 5. Selektive Absorption des Quarzes. Die Absorption des Quarzes wurde, soweit es die vorhandenen Hilfsmittel zuließen, einer eingehenden Untersuchung unterworfen. Es standen zu diesem Zweck vier sehr sorgfältig geschliffene, planparallele Quarzplatten zur Verfügung, von welchen eine parallel, und drei senk- recht zur Achse geschnitten waren. Da es sich herausstellte, daß die früher auf ihre Durchlässigkeit für langwellige Strahlung geprüften Quarzplatten der vorgeschriebenen Bedingung in Beziehung auf die Lage der optischen Achse nur unvollkommen entsprachen‘, so wurden die Messungen auch für die Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin, Brom- kalium und Jodkalium mit den neuen, sehr genau orientierten Platten wiederholt. Die Beobachtungen wurden bei einer Temperatur von 10 bis 12°C ausgeführt. Die Ergebnisse sind für sämtliche Reststrahlen- gruppen in Tabelle V zusammengestellt. Tabelle V. Durchlässigkeit D und Absorptionskonstante g des Quarzes. a b e d e Rest- Mittlere Te — ag ee d= 1.93 mm d= 3.99 mm d= 7.26 mm d= 7.39 mm d= 7.39 mm : D q D y D q D’ g’ D"” g" NaCl 52.0u || 28.20/, | 0.502 | 10.9°/0 | 0.480| 2.94°/0| 0.445 4.23 0/0 0.386] 5.70°/o | 0.346 _—.,xa 63.4 41.1 0.310] 21.9 0.305 | 8.48 0.298 | 11.5 0.252 | 14.9 0.218 Agcl 81.5 49.1 0.220 | 32.8 0.207 | 19.2 0.190 | 24-1 0.153 | 29.4 0.126 KBr 82.6 48.5 0.227 | 32.6 0.209 | 19.1 0.190 | 24-4 0.152130.2 0.123 PbCı, 91.0 57-8 0.138 | 44-1 0.133 1 31-3 0.121 | 33.9 | 0.107 1 37.0 0.095 KJ 95.6 61.4 0.107 | 50.3 0.101 | 36.1 0.100 | 37.8 0.093 | 40.0 0.085 Na,00, 98.7 2 = _ —— 1463 0.06] — — _ _ BC, 98.8 63.2 0.092 | 52.7 0.089 | 40.5 0.086 1 41.6 0.080 | 43-2 0.075 . Ag Br 112.7 68.7 0.054 | 61.5 0.053 ] 50.8 0.054 1 51.7 0.0511 53-1 0.048 't H. Rusens und H. Horrsaser, a. a. O. S. 49. 544 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. Unter der Durchlässigkeit D, D’ bzw. D” ist stets die hindurch- gehende Strahlungsintensität, ausgedrückt in Prozenten der auffallen- den zu verstehen, ohne Rücksicht darauf, ob die Schwächung der Strah- lung durch Reflexion oder Absorption erfolgt. D bezieht sich auf natür- liches Licht und senkrecht zur Achse geschnittene Platten; in diesem Falle schwingt also der elektrische Vektor senkrecht zur Achse. D’ be- deutet die Durchlässigkeit einer parallel zur Achse geschnittenen Platte für natürliches Licht und D” die Durchlässigkeit einer ebensolchen Platte für linear polarisierte Strahlung, deren elektrischer Vektor der optischen Achse parallel gerichtet ist. Zur Ermittlung der entsprechen- den Absorptionskonstanten g, g’ und g” war es zunächst erforderlich, die beobachteten Durchlässigkeiten D, D’und D” wegen des Reflexions- verlustes zu korrigieren. Dieses geschah durch Rechnung unter Zu- grundelegung der Brechungsexponenten, welche die früher aufgestellte Dispersionsformel in dem hier betrachteten Spektralgebiet für den ordentlichen Strahl liefert’. In der folgenden kleinen Tabelle VI sind für einige Wellenlängen die Brechungsexponenten angegeben, welche unter Benutzung der früher berechneten Konstanten aus dieser Disper- sionsgleichung sich ergeben. Außerdem ist das Reflexionsvermögen für i ” s . n—1I\?,, # eine Oberfläche bei senkrechter Inzidenz, R= 100- (@ 7 -] hinzugefügt. Tabelle VI. Wellenlänge Brechungs- | Reflexionsver- N exponent | mögen für eine n Oberfläche X 53 u 2.21 14.2 0/0 64 2.19 13.9 80 2.17 13.6 100 2.16 13.5 00 2.14 13.2 Mit Hilfe dieser Zahlen und der in Tabelle V enthaltenen un- korrigierten Durchlässigkeiten D, D’ und D” lassen sich die für den Reflexionsverlust korrigierten Werte A, A’ und A” in bekannter Weise berechnen”. Die Absorptionskonstanten q, g’ und q' sind dann durch die Gleichungen definiert . ı H. Rugens und E. F. Nicnors, a.a.0. 434. Die Formel ist in dem lang- welligen Spektrum geprüft worden (H. Rusens und E. Ascnxınass, Wied. Ann. 67, S. 459, 1899). Bei 56% betrug die Differenz zwischen dem berechneten und beob- achteten Berechnungsexponenten weniger als ı Prozent. en | ” Hierbei ist freilich die Verschiedenheit der Brechungsexponenten für dn ordentlichen und außerordentlichen Strahl im Quarz nicht berücksichtigt. Der n Rusens: Messungen im langwelligen Spectrum. 545 A 4 au 100 2 ud 1 100 worin d die in Millimetern gemessene Dicke der Schicht bedeutet. Die Reststrahlen sind stets durch die wiederholte Reflexion an den zur Aussonderung der langwelligen Strahlung dienenden Spiegeln unter schiefen Inzidenzwinkeln teilweise elliptisch polarisiert, und zwar bei der hier verwendeten Anordnung derart, daß der elektrische Vektor vorwiegend in der Vertikalebene schwingt. Für eine parallel zur Achse geschnittene dichroitische Quarzplatte ergeben sich aus diesem Grunde merklich verschiedene Durchlässigkeiten, je nachdem man die Quarzplatte mit horizontaler oder vertikaler optischer Achse in den Strahlengang einführt. Um die für unpolarisierte Strahlung geltenden Durchlässigkeitswerte D’ zu erhalten, wurde die Durchlässig- keit stets bei horizontaler und vertikaler Stellung der Achse gemessen und aus beiden Resultaten das arithmetische Mittel gebildet. Die in der letzten Doppelspalte (e) der Tabelle V angegebenen Zahlenwerte für die Durchlässigkeit D” und Absorptionskonstante q” einer parallel zur Achse geschnittenen Quarzplatte für senkrecht zur Achse polarisierte Strahlung sind nicht direkt beobachtet, sondern in bekannter Weise aus den Zahlenwerten der Doppelspalten € und d berechnet. In den Kurven a bis e der Figur 14 ist die Durchlässigkeit der untersuchten Quarzplatten als Funktion der Wellenlänge dargestellt, und zwar trägt jede Kurve die gleichen Buchstaben wie die ent- sprechende Spalte der Tabelle V, welcher die zur Zeichnung der Kurve verwendeten Durchlässigkeitswerte entnommen sind. In sämtlichen Kurven ist die Zunahme der Durchlässigkeit mit wachsender Wellenlänge deutlich zu erkennen. Der Anstieg ist jedoch bei den Kurven a, b, c und d kein gleichmäßiger, sondern es ist in der Nähe von A= Sou eine Einsenkung bemerkbar, welche insbesondere bei den für senkrecht zur Achse geschnittene Platten geltenden Kurven a, b und e stark hervortritt. Kurve d, welche die Absorption der parallel zur Achse geschnittenen Platte für natürliche Strahlung dar- stellt, zeigt diese Einsenkung in viel geringerem Maße und in Kurve e, welche die Absorption derselben Platte für linear polarisierte Strahlung wiedergibt, deren elektrischer Vektor parallel zur optischen Achse schwingt, ist die genannte Einsenkung überhaupt nicht bemerkbar. Brechungsexponent des außerordentlichen Strahles ist in diesem Spektralgebiet noch unbekannt. Da indessen die Dielektrizitätskonstante des Quarzes senkrecht und par- allel zur optischen Asche sich nur um wenige Prozente unterscheidet, so wird man annehmen dürfen, daß die Doppelbrechung des Quarzes in diesem Spektralgebiet - sehr gering ist. 546 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. Fig. 14. Durchlässigkeit des Quarzes. 70 ww eb 60 z — NR 2 50 % >77 su PR "4 / B% DE en % BE Z ur se ei I 4 AL 7, ER a y I) a ra 7 Fe & v SH St" 112” ; er 177 60u Du Du BLUM 0 10u Es handelt sich hier also um eine Eigentümlichkeit im Verlauf der Absorptionskurve, welche nur den ordentlichen Strahl betrifft. An allen Stellen des untersuchten Spektralgebiets absorbiert der Quarz die Strahlung stärker, wenn der elektrische Vektor senkrecht zur Achse schwingt, als wenn er ihr parallel gerichtet ist. Besonders stark tritt der Dichroismus des Quarzes in dem Spektralgebiet unter- halb gou hervor. Jenseits gou dagegen nimmt der Dichroismus mit wachsender Wellenlänge rasch ab und ist z. B. für die langwellige Strahlung der Quarz-Quecksilberlampe kaum noch bemerkbar. Ein Vergleich der Absorptionskonstanten g, welche sich für die- selbe Reststrahlenart bei verschiedener Plattendicke ergeben, läßt, wie zu erwarten war, erkennen, daß diese Größen mit wachsender Schicht- dicke stetig abnehmen. Diese Abnahme muß prozentisch um so größer ausfallen, je inhomogener die Strahlung und je selektiver die Absorption des Quarzes an der betreffenden Stelle des Spektrums ist. Die Ab- nahme von g beträgt im allgemeinen nicht mehr als ı0 Prozent des Anfangsbetrags bei einer Steigerung der Plattendieke von 1.93 auf 7.26 mm. Nur für die Reststrahlen von Chlorsilber, Bleichlorid und Bromkalium ist die Änderung der Absorptionskonstanten erheblich . 2 i Rusens: Messungen im langwelligen Spectrum. 347 größer und erreicht im letztgenannten Falle 16 Prozent. Bei den Rest- strahlen von Bleichlorid ist die starke a vong mit wachsender Plattendicke zweifellos mit der erhebl it dieser Strahlen in Zusammenhang zu bringen und dasselbe mag in beschränkterem Maße auch für die Reststrahlen von Chlorsilber gelten. Bei den viel homoge- neren Reststrahlen von Bromkalium dagegen muß aus der beträcht- lichen Verminderung von g auf einen besonders selektiven Charakter der Absorption des ordentlichen Strahles im Quarz an dieser Stelle des Spektrums geschlossen werden. Es wurde oben darauf hingewiesen, daß gerade in diesem Spektralgebiet die Kurven a, 5b und c eine starke Ausbuchtung zeigen. Zweifellos stehen diese beiden Tatsachen in Zusammenhang. Die Zahl und Homogenität der zur Verfügung stehenden Rest- strahlenarten ist nicht ausreichend, um den Verlauf der Absorptions- kurven in allen Einzelheiten genau zu bestimmen. Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß in der Nähe von A = 32u nicht nur eine Ausbuch- tung der Durchlässigkeitskurve, sondern ein wirkliches Absorptions- maximum für den ordentlichen Strahl vorhanden ist. Hierfür scheint sogar die Tatsache zu sprechen, daß die Reststrahlen von Chlorsilber, obwohl sie eine etwas geringere mittlere Wellenlänge besitzen als die- Jenigen von Bromkalium, dennoch in senkrecht zur Achse geschnittenen Quarzplatten weniger stark absorbiert werden. Durch mehrfach wieder- holte Messungen habe ich mich davon überzeugt, daß es sich hier nicht um einen Beobachtungsfehler handelt. Indessen wird man bei dem sehr verschiedenen Grade von Homogenität, welchen die Reststrahlen von Bromkalium und Chlorsilber besitzen, kaum erwarten dürfen, bei gleicher mittlerer Wellenlänge auch genau die gleiche Durchlässigkeit zu erhalten. Man kann daher aus dem vorliegenden Tatsachenmaterial noch nicht mit Sicherheit auf das Vorhandensein eines Durchlässigkeitsminimums für den ordentlichen Strahl in der Nähe von 82u schließen. | Bei den Reststrahlenversuchen befand sich während der Aufnahme der Interferenzkurven ohne Trockenkasten stets eine Quarzschicht von 1.9 mm Dicke im Strahlengang. Diese wurde gebildet durch die beiden je 0.6 mm dicken Quarzplatten des Interferometers und durch das 0.7 mm dicke Fenster des Mikroradiometers. Bei Anwendung des Trockenkastens kamen die beiden Verschlußplatten P, und P, (Fig. ı) von je 0.75 mm Dicke hinzu, so daß die Stärke der einge- schalteten Quarzschicht dann 3.4 mm betrug‘. Nach den Ergebnissen der beschriebenen Durchlässigkeitsmessungen besteht der Einfluß, wel- chen die selektive Absorption der Quarzschicht auf die Energiever- ‘ Die Quarzplatten sind annähernd senkrecht zur Achse geschnitten. 548 Gesammtsitzung v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 13. Febr. teilung der Reststrahlen ausübt, hauptsächlich darin, daß die lang- wellige Strahlung im Vergleich mit der kurzwelligeren zu intensiv erscheint. Die Energiekurve steigt von der kurzwelligen Seite etwas steiler an und sinkt nach der langwelligen etwas langsamer ab, als dies ohne Einschaltung der Quarzschicht der Fall sein würde, und die gemessene mittlere Wellenlänge der Strahlung wird um einen geringen Betrag erhöht. In der Nähe von A = 82u lassen die Kurven der Figur 4 allerdings einen stärkeren Einfluß der selektiven Absorption des Quarzes erwarten. Indessen kann, wie bereits oben gezeigt worden ist, das bei 79% beobachtete Minimum in der Energieverteilung der Reststrahlen von Bromkalium und Chlorsilber durch die Quarzabsorption allein nicht erklärt werden. Es soll endlich noch darauf hingewiesen werden, daß die Zahlen der Tabelle 5 bzw. die Kurven der Figur ı4 dazu dienen können, in dem hier betrachteten Spektralbereich die Wellenlänge unbekannter Strahlenarten in sehr einfacher Weise durch Beobachtung der Quarz- absorption zu bestimmen. Kurve e eignet sich wegen ihres glatten Verlaufs zu dieser Art der Wellenlängenmessung am besten. Man be- stimmt die Durchlässigkeit der zu untersuchenden Strahlen für eine senkrecht und eine parallel zur Achse geschnittene Quarzplatte von etwa 7 mm Dicke und berechnet hieraus die Durchlässigkeit für den außerordentlichen Strahl. Kleine Verschiedenheiten der Dicke können leicht mit Hilfe der angegebenen Absorptionskonstanten genügend genau berücksichtigt werden. 6. Zusammenstellung der Ergebnisse. ı. Die Absorption des Wasserdampfs der Zimmerluft beeinflußt die Energieverteilung der Reststrahlen in erheblichem Maße; die Zwei- teilung der Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin und Bromkalium wird dadurch bewirkt. 2. Die mittlere Wellenlänge der Reststrahlen zeigt dagegen nur BR Abhängigkeit von dem Wasserdampfgehalt der Zimmerluft. . Es wurden die Reststrahlen von Chlorsilber, Bleichlorid, Ka- ade Be Bromsilber untersucht, deren mittlere Wellenlänge sich unter den angewendeten Erzeugungsbedingungen zu 81.5%, 91.0 98.84 und 112.74 ergaben. Diese Messungen wurden in Gemein- schaft mit Hrn. H. v. Wartengere ausgeführt. 4. Auch in den Energiekurven einiger dieser Reststrahlenarten, insbesondere in denjenigen von Chlorsilber und Bleichlorid treten, wie aus den beobachteten Interferenzkurven geschlossen werden muß, Eigen- tümlichkeiten hervor, welehe auf die Wirkung der Waue . Rusens: Messungen im langwelligen Spectrum. 549 sorption zurückzuführen sind. Dieselben Eigentümlichkeiten zeigen sich auch in der Energieverteilung der mittels Quarzlinsen isolierten langwelligen Strahlung. 5. Der Wasserdampf übt in dem ganzen Spektralgebiet zwischen 454 und 1204 starke Absorption aus. Besonders intensive Absorption findet bei den Wellenlängen 5ou, 664 und 79% und wahrscheinlich auch bei den Wellenlängen 584 und Iozy statt. Relativ hohe Durch- lässigkeit ist dagegen bei den Wellenlängen 47u, 54u, 62u, 754. 9Iu und ı1ı54 anzunehmen. 6. Der Quarz zeigt in dem untersuchten Spektralgebiet zwischen 53% und 113% deutlich ausgesprochenen Dichroismus in dem Sinne, daß die Strahlung stärker absorbiert wird, wenn der elektrische Vektor senkrecht zur Achse schwingt, als wenn er ihr parallel gerichtet ist. 550 Gesammtsitz. v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 17. Oct. 1912. Die Bestimmung des Geoids im Gebiete des Harzes. Von F. R. HeLamerr. (Vorgelegt am 17. Oktober 1912 [s. Jahrg. 1912 S. 965].) Wir verstehen hier unter Geoid eine Niveaufläche, die sich in Meeres- höhe unterhalb des Festlandes hinzieht; auf die genaue Festsetzung der Höhenlage kommt dabei mit Rücksicht auf die erreichbare Ge- nauigkeit nichts an. Die Methode der Bestimmung war die bekannte astronomisch-geodätische, welche zunächst Lotabweichungen ermittelt (aus praktischen Gründen meist in geographischer Breite), aus denen sich dann mehr oder weniger genau weitergehende Schlüsse auf die Gestaltung des Geoids ziehen lassen. Wegen der Krümmung der Lot- linien wurden noch Schweremessungen in hinreichender Anzahl über das behandelte Gebiet ausgebreitet; sie sind nach der von mir früher angegebenen Methode bei der Ableitung der Höhenlage des Geoids über dem Erdellipsoid benutzt worden'. Außerdem geben sie einigen Aufschluß über die unterhalb des Meeresniveaus liegenden störenden Massen der Erdkruste. Die ersten astronomischen Bestimmungen erfolgten zum Studium des Ganges der Lotabweichung in Breite auf ı0 Stationen in den Jahren 1873 und ı874 auf Anordnung des Präsidenten des KRgl. Preußischen Geodätischen Instituts Generalleutnants z. D. Dr. BAEYER durch Prof. Dr. Tu. ALgrecat und seine Assistenten Dr. Löw und RıcHTEr. ALBRECHT gibt in dem Bericht über die Vierte Allgemeine Konferenz der Europäischen Gradmessung zu Dresden 1874 (Berlin, G. Reimer, 1875) auf S. 65 u. 66 über die Ergebnisse eine kurze Darstellung, wobei noch fünf anderweit bestimmte Punkte mitbenutzt sind. Daraus ersieht man, daß die Untersuchung durch die Wahrnehmung einer größeren Lotabweichung in Breite auf dem Brocken angeregt wurde, welche nach Beobachtungen des Generalleutnants Barver in der Rich- tung des Meridians (gegen Rauenberg bei Berlin, dem Ausgangspunkte der Landesaufnahme, als Nullpunkt) mehr als 9” betrug”. ' Sitzungsberichte 1900, S. 964 u. f. und 1901, $. 958 u. f. ” Vgl. auch die Publikation des Kgl. Preuß. Geodätischen Instituts: Astr.-geod. Arbeiten in den Jahren 1873 und 1874 (Berlin, P. Stankiewiez, 1875). Heımert: Die Bestimmung des Geoids im Gebiete des Harzes. 551 Im Jahre 1875 wurden 16 Breitenstationen zur weitergehenden Aufklärung des Verlaufs der Lotabweichung angelegt, und so konnte ALBRECHT unter Zuziehung von noch fünf außerdem bekannt gewordenen Punkten eine Zusammenstellung von 36 Lotabweichungen in Breite geben, zu denen 1880 auf Veranlassung des Geologen Prof. Dr. Lossen noch drei neue im Ostharze hinzukamen. Eine 1881 veröffentlichte Zusammenstellung gibt die Lotabweichungen neuberechnet wegen ver- besserter Deklinationen'. Die Berechnung legt ein Bzsseısches Ellipsoid zugrunde; die Lotabweichung in Breite für Seeberg bei Gotha ist zu Null angenommen. Zur Orientierung des geodätischen Netzes diente ein Azimut auf Inselsberg, so daß hier die östliche Komponente der Lotabweichung Null gesetzt ist (Astr.-geod. Arb. 1875, S. 148). Die Lotabweichungsstationen liegen zumeist im eigentlichen Harz- gebiet und in dessen näherer Umgebung, nördlich bis Asse bei Braun- schweig, südlich bis Heldburg bei Koburg, östlich bis Leipzig und westlich bis Herkules bei Kassel. Im Jahre 1881 bestimmte Löw noch die Lotabweichung in Breite für vier Stationen im Harze, und diese nunmehr auf 43 Lotabweichungen angewachsene Reihe benutzte der wohlbekannte dänische Geodät (und Staatsmann) ©. G. Anprae zur Ab- leitung der Geoidformen für das den Harz und den westlichen Teil des Thüringer Waldes umfassende Gebiet mit dem ungefähren Umfang von 50° 40’ bis 52° in Breite und 9° 50’ bis 11° 20’ in östlicher Länge von Gr.”. AnpRAE konnte aus den Lotabweichungen in Breite selbstver- ständlich nur Meridianprofile des Geoids ableiten; um ihre gegenseitige Höhenlage zu erlangen, machte er die Annahme, daß längs einer nahezu westöstlich durch Asse nördlich vom Harz verlaufenden Nullinie der Lotabweichungen in Breite die Erhebung des Geoids über das Referenzellipsoid überall dieselbe, und zwar gleich Null sei. Durch die Spätere genauere Feststellung von seiten des Geodätischen Instituts hat Sich diese Annahme als eine nicht unbrauchbare Annäherung erwiesen. Zu den obengenannten 43 Breitenstationen kamen im Jahre 1883 an der Nordostseite des Harzes noch zwei neue; eine umfangreichere Ergänzung wurde aber in den Jahren 1886 bis 1891 durch Anlage weiterer 23 Breitenstationen und Revision dreier” bereits einmal be- ' Astr.-geod. Arbeiten im Jahre 1875 (Berlin, P. Stankiewiez, 1876) S. 150. Mit ru Karte. — Astr.-geod. Arbeiten in den Jahren 1879 und 1880 (Berlin, P. Stankiewiez, 1851) S. 105. & De Danske Gradmaaling. IV. Udgivet af C. G. ANDRAE, Geheime-Etatsraad ‚08 Directeur for Gradmaalingen. Kjebenhavn 1884 S. gıı u. f.; — Problemes de haute geodesie (Extraits de l’ouvrage danois »Den Danske Gradmaaling«) par C. G. Anprar. 3° Cahier. Copenhague 1883. ® Asse, Hohegeiß, Hasselfelde. 552 Gesammtsitz. v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 17. Oct. 1912. suchter ausgeführt, um die Lotabweichungsstudien im Harzgebiet zu einem gewissen Abschluß zu bringen. Als ich mit Beginn des Jahres 1886 die Leitung des Geodätischen Instituts übernahm, wurde ins Auge gefaßt, die Lotabweichungsar- beiten auch auf die östliche Lotabweichungskomponente zu erstrecken, um dadurch eine genauere Konstruktion des Geoids zu ermöglichen. Allerdings befanden sich unter den bis 1833 erledigten 45 Breiten- stationen schon ı1, wo auch das Azimut gemessen und somit die östliche Komponente der Lotabweichung festzustellen war (Herkules, Meißner, Göttingen, Brocken, Fallstein, Inselsberg, Seeberg, Neinstedt, Neubau, Petersberg, Leipzig). Für eine genaue Konstruktion des Geoids lagen sie aber zu zerstreut. Um diese zu erreichen, wurden nahe dem Parallel von etwa 17’ nördlich vom Brocken eine Reihe von fünf Azimutstationen und nahe dem Parallel von etwa 9° südlich vom Brocken eine Reihe von acht Azimutstationen mit 2ı bzw. ı5 km Durchschnittsabstand der Nachbarpunkte von Prof. Löw behufs Ab- leitung zweier Westostprofile des Geoids ausgesucht und in Azimut bestimmt (1887 bis 1891). Die Stationen sind so ausgewählt, daß die Nachbarstationen gegenseitig sichtbar waren; auf den meisten konnte auch die Brockenstation gesehen werden. Der gewählte Abstand der Nachbarpunkte hat sich als ausreichend zur Darstellung des Verlaufs der östlichen Komponente der Lotabweichung erwiesen, insbesondere genügte auch auf dem das Gebirge durehschneidenden südlichen Profil die Dichtigkeit der Stationen. Das aus den ı3 Azimutstationen, dem Brocken und einigen Hilfs- punkten gebildete Dreiecksnetz wurde auf Ersuchen des Geodätischen Instituts hinsichtlich seiner Horizontalwinkel von der Trigonometrischen Abteilung der Königlichen Landesaufnahme (hauptsächlich im Jahre ı837 durch Winkelbeobachtungen auf ı7 Punkten) festgestellt und ergab bei der von Prof. Dr. A. Garze geführten Ausgleichung eine be- friedigende Genauigkeit. Alles bis dahin gesammelte astronomische Material wurde mit den erforderlichen geodätischen Grundlagen von dem genannten Mit- gliede des Geodätischen Instituts in meinem Auftrage zusammengestellt und bis zur Ableitung der nördlichen bzw. östlichen Lotabweichungs- komponenten verarbeitet; vgl. die im Jahre 1908 erschienene Veröffent- lichung des Geodätischen Instituts, Neue Folge Nr. 36'. Hier sind auf ' Prof. Dr. A. Gare. Lotabweichungen im Harz und in seiner weiteren Um- gebung. Mit 2 Karten. 200 Seiten in 4°. — In dieser Schrift ist auch eine Zusammen stellung der in Betracht kommenden Veröffentlichungen, insbesondere des astronomischen und geodätischen Beobachtungsmaterials, gegeben. — Auch die im folgenden benutzte weitere Bearbeitung des Materials verdanke ich zum größten Teil Hrn. Prof. GALLE. Hermerr: Die Bestimmung des Geoids im Gebiete des Harzes. 553 einer Karte 89 Breitenstationen eingetragen, es sind also zu den oben angegebenen 68 noch 21 hinzugetreten, und zwar durch Erweiterung der Grenzen des Gebietes, hauptsächlich nach Osten in die Provinz Sachsen und das Königreich Sachsen. Die Ableitung des Geoids mußte indessen auf das Gebiet zwischen den Parallelen von Asse und Kyff- häuser sowie den Meridianen von Göttingen und Petersberg einge- schränkt werden, da sich nur da die genügende Dichtigkeit der astro- nomischen Stationen ergab. Es umfaßt annähernd 80 km in nordsüd- licher und ı40 km in ostwestlicher Richtung mit etwa 60 Punkten, so daß die durchschnittliche Entfernung der Nachbarpunkte voneinander etwa 15 km beträgt. Im Gebirge liegen die Stationen enger zusammen, an den Rändern weiter auseinander. Bei der Konstruktion der Kurven gleicher Lotabweichung in Breite von Sekunde zu Sekunde zeigte sich an 10 Stellen die Notwendigkeit zu erneuter Anlage einer astronomischen Bestimmung; 9 der neube- stimmten Lotabweichungen in Breite paßten gut zu den früheren Be- stimmungen. Nur in der Gegend von Nordhausen, an dem steilen Südabhang des Harzes bei Ilfeld, zeigte sich eine Störung, die die Interpolation der Isoplethen von Sekunde zu Sekunde hinderte. Hier wurden daher noch 4 Stationen eingeschaltet'. Auf Grund der Lotabweichungen in Breite von nunmehr über 70 Punkten konnte Hr. Prof. GaLıe eine recht sichere Karte dieser Lotabweichungen mit Isoplethen von ı" Intervall in dem oben be- zeichneten Gebiete entwerfen. Der Maßstab der Karte ist ı: 250000. Bei der Berechnung der Lotabweichungen wurde von GALLE ein Bezugsellipsoid benutzt, dessen große Halbachse derjenigen von BEssELs Erdellipsoid mit einer Vergrößerung um 0.0001 des Betrags nn Der Bessersche Wert der Abplattung wurde beibehalten. Als Ausgangspunkt der Berechnung diente der Rauenberg mit der Annahme einer Lotabweichung in Breite von 5" und einer solchen in östlicher Länge von 4", wie es den Untersuchungen in meinem Lotabweichungsbericht von 1887 über das für Zentraleuropa geeignete Referenzellipsoid entspricht?. Durch diese Grundlagen ergeben sich die Formen des Geoids besser als früher möglichst im Sinne von Störungen der normalen Gestalt aM Meerestläche, weil jetzt von einem weit ausgedehnterem Vg ie diese Bestimmungen von 1908 und 1909 die Veröffentlichung des Geod. Ina es Folge Nr. 48: M. Scunauper. Polhöhenbestimmungen in den Jahren 1902, 1903, 1908 und ı909. Berlin 1910. Verhandlungen der vom 21. bis zum 29. Oktober 1887 auf der Sternwarte zu Nizza abgehaltenen Konferenz der Permanenten Kommission der internationalen Erd- nessung. Berlin 1888. Annex Nr. Ia. F.R.H:ınerts Bericht über Lotabweichungen. — Vgl. auch: Verhandlungen ı888 in Salzburg. Berlin 1889; S. 18 u. f. 554 Gesammtsitz. v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 17. Oct. 1912. Gebiet der gestörten Meeresfläche ausgegangen wird. Die Figur des Geoids ändert sich selbstverständlich nicht wirklich, aber sie gibt in der Darstellung einen anderen Anblick, gerade so wie eine krumme Fläche, die auf verschiedene Koordinatensysteme in darstellender Geo- metrie bezogen wird. Bei der neuen Berechnung der Lotabweichungen erhält die Station Seeberg anstatt Null in Breite nunmehr 3'93 in Breite; infolgedessen hebt sich das Geoid vom Ellipsoid um so mehr heraus, je weiter man nach Süden geht. Die Höhenverhältnisse des Geoids erscheinen dann in den Alpen nahe dem Meridian des Brockens ganz plausibel. Wie meine Darlegungen von 1888 zeigen, ergibt sich nämlich die Höhe des Geoids in Tirol angenähert zu ı3 m, wenn man für Schleswig Null annimmt; mit den früheren Annahmen würde sich dagegen der wenig wahrscheinliche Wert von etwa —5 m ergeben‘. Zur Ableitung der Höhen N über dem Bezugsellipsoid wurden zunächst Meridianprofile behandelt, und zwar außer dem Profil durch die Brockenstation noch beiderseits je 5 von 10 zu 10 Bogenminuten Abstand in Länge. Zwei Querprofile längs der Parallelen von 52° 5 und 51°40’ dienten dann zur Verbindung der Meridianprofile. Für die Meridianprofile wurden aus der Karte der Lotabweichungen in Breite die £ = astr. Br. — geod. Br. in Intervallen von ı’ Breitenunterschied entnommen. Die Formeln sind, wenn A der nördlich gelegene Ausgangs- punkt, C ein folgender Punkt ist (vgl. a. a. O. ıgo1, $. 964, 961 “ und 960): ce N: = Ni+J—E*, Sa P E=—2B [ Hsin 2BdB + % en af Hddg, H 8,— N=N+g1° SE H @, g—y 1—ßecos 2 El: SB 6 = 980.616 cm, ß = 0.002644, ©, = 2.4, 9, = 5-52; & 2H 30, er I —= 0.000208 H für öy in cm bei H in m. ' F.R. Heimertr, Geoid und Erdellipsoid (Zeitschr. d. Ges. für Erdkunde zu Berlin, 1913, S. 25 u. f.). ; & Hernertr: Die Bestimmung des Geoids im Gebiete des Harzes. 555 Meridian des Brockens. | Br. | H | 3y E is Ve de | N* > | N’+> m cm m | mm m | m mm m | | 1 | 52° 5’ 110 | +0.007 + 6\30 0.000 | o 0.000 2.250 | o | 2.250 4 105 | + 007 | +60 | + 59, o/|+ 5 2.306 o | 2.306 3 1065 | + 006 | + 7.05 | + ıal o|+ ızı 2.366 0 | 2.366 2 90 | + 005 | #740 | + 185 | +1 | + 184 2.426 o 2.426 I 100 | + 004 | + 7.90 | + 2354 +1 + 253 | 2.492 o| 2.492 o 100 | + 001 + 8.40 + 3238| #1 | + 327 2.564 o 2.564 51 59 110 — 002 + 9.05 + 406 "3140 2.638 o | 2.638 58 120 — 005 + 9.80 + 491 +3 | + 488 2.719 | 0 | 2.719 57 135 — 007 +10.80 + 583 +3 + 580 2.809 fe) 2.809 56 155 — 008 | +12.00 + 685 +4 + 681 2.907 [e) 2.907 55 190 | — 006 | +13.80 | + 800 | +35 + 795 3.018 o 3.018 54 270 — 003 | +16.00 + 933 +6 + 927 3.148 —ıI 3.147 53 505 + 005 +17-95 +1.086 | +9 | +1.077 3.295 . 3.293 52 420 | + 020 | +18.55 +1.250 | +5 | +1.245 3.460 _2 3.458 5I 5Io + 027 +18.40 +1.417 +5 +1.412 3.624 _2 3.622 50 | 595:| +-038: | +17:00..) +1.577 | +9 | +1.568 3-778 -; 3-775 49 760 + 030 +15.00 +1.722 +24 +1.698 3.905 5 3.900 48 | 1140 | + 027 | +13.50 | +1.849 | +48 | +1.801 4.005 9 3.996 47 915 | + 026 | +IT.00 | -+1.962 +37 +1.925 4.127 —6 4.121 46 | 740 | + 025 | + 8.20 | +2.048 | +32 | +2.016 4.215 -5 4.210 #5 790 | + 027 + 6.10 +2.111 +33 +2.078 4.274 —8 4.266 44 600 | + 028 | + 4.60 | +2.160 | +20 | +2.140 4-334 -7 4-327 43 585 | + 030 | *325 | +2.195 | +17 | +2.178 4.369 6 4:363 42 so|+ 032 + 2.30 | +2.220 | +16 | +2.204 4.392 6 4.386 41 585 | + 036 | + 1.60 | +2.237 | +16 | +2.221 4-407 6 4-401 49 50 | + 037 | + 1.10 | +2.249 | +15 | +2.234 4-417 —4 4-413 39 5065 + 031 | + 0.50 | +2.256 | +14 | +2.242 4-425 —7 4.418 38 | 5sıIo | + 028 | —-ouı5 | +2258 | +15 | +2.243 4-426 4 4.422 37 355 | + 026 | — 1.00 | +2.253 | +12 | +2.241 4.424 —2 4.422 36 | 285 | + 086 | — 1.75 | +2.241 | +1I | +2.230 4.413 -1 4.412 35 280 | + 025 | -ı.80 | +2.225 | +11 | +2.214 4-397 —I 4.396 34 260 + 025 — 1.40 +2.210 +11 +2.199 4.382 —ıI 4.381 33 240 + 024 — 0.60 +2.201 +11 +2.190 4.373 Sy 4:372 32 235 | + 023 | + 0.15 | +2.199 | +11 | +2.188 4.371 o 4.371 31 230 | + 022 | + 0.90 | +2.203 | +12 | +2.191 4-374 o 4.374 30 240 | + o21ı | + 175 +2.215 | +13 | +2.202 4-385 o 4.385 29 250 | + 020 | + 2.20 | +2.232 | +13 |. +2.219 4.402 1 4.401 28 240 + 019 + 2.75 +2.254 +14 +2.240 4-423 0) 4-423 Als Beispiel geben wir in beistehender Tabelle Zahlen für den Brockenmeridian selbst; die Brockenstation entspricht bis auf 3” dem Punkt in 51° 48’ Breite auf dem Bezugsellipsoid. Die Breiten sind ellipsoidische, und zwar bei den £ die neuberechneten, bei den und g aus den Meßtischblättern, die nur wenige Sekunden ab- weichen. Die dg wurden aus Prof. Haaszmasss Schwerkraftbestimmun- Sitzungsberichte 1913. 52 556 Gesammtsitz. v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 17. Oet. 1912. gen hergeleitet, wie bei den £ unter Benutzung einer Isoplethenkarte in 1:250000'. Die 3 Glieder von E* sind in der Tabelle bereits zusammenge- zogen; für 2 Breitenpunkte mögen sie angegeben werden: 51048 hat E*= 7.28+52:43— 11.88 = 47.83 mm, 51028 hat E* = 21.33+ 2.42— 9.71 = 14.04 mm. Bei der Bildung von N*—= N; +J— E* ist NZ nach den Angaben in den obenerwähnten Salzburger Verhandlungen zu 2.250 m angesetzt. (Nach Maßgabe der jetzt bekannten Schwerestörungen wären einige Meter mehr wohl. am Platze gewesen, jedoch ist dies vorläufig nicht genau festzustellen.) Zugleich ist eine Verbesserung angebracht, die sich aus der Aus- gleichung der von den Meridian- und Parallelprofilen gebildeten Vier- ecke ergab, siehe weiterhin. Unmittelbar geben die Beobachtungen J— E* von 52°5’ bis 51°40’ steigend gleich + 2.234 m; die Aus- gleichung verlangt + 2.167. Für den dazwischen gelegenen Teil des Meridianprofils ist die Verminderung 2.167—2.234 = — 0.067 propor- tional dem Abstand vom Parallel 52° 5’ verteilt. Für den weiter südlich gelegenen Teil ist dagegen J— E* allgemein um den konstanten Betrag — 0.067 verbessert. Die Tabelle gibt für den Übergang von N* zu N zunächst noch die Korrektion „_H.3%-0H,_3%-0H a N We e3n Die ferner erforderliche Verbesserung H (dr in — — F ® ist nicht angegeben. Sie ist wegen der schwierigen Berechnung weg- gelassen, da sie im allgemeinen nur wenige Millimeter beträgt und die Unsicherheit in den Unterschieden der berechneten Größen J— E*+3 wegen der Ungenauigkeit der J selbst bei Nachbarwerten der Tabelle sich auf mehrere Zentimeter beläuft. Das von r abhängige Korrektionsglied erreicht beim Brocken aller- dings wegen des großen Wertes von H= ı1ı42 m den nicht uner- heblichen Wert +0.028 m, so daß N Brocken = 4.024 ! Eine Übersicht der Ergebnisse der Schwerkraftbestimmungen ist enthalten in der Schrift: E. Borrass, Bericht über die relativen Messungen der Schwerkraft mit Pendelapparaten in der Zeit von 1808 bis 1909 (Verhandlungen der 16. Allgemeinen Konferenz der Internationalen Erdmessung, III, ıgır1), S. g94ff. Hermerr: Die Bestimmung des Geoids im Gebiete des. Harzes. 557 wird. Das Korrektionsglied nimmt etwa mit H? ab, wie einfache Betrachtungen zeigen‘. Hr. Prof. Garze fand für Gr. Knollen mit H=687m den Wert +0.012. Wenn man allerdings die Absicht hätte aus den N die Lot- störungen und Krümmungsradien des Geoids herzuleiten, so würde man die Einflüsse der r auf Millimeter genau zu berücksichtigen haben, welehe Genauigkeit etwa derjenigen der beobachteten Lotabweichungen entspricht. Man kann sich aber dabei auf diejenigen Stellen beschrän- ken, die besonders interessant erscheinen. Zur AR FORKLINEGN der REN Parallelprofile des Geoids wurden die östlichen Lotabwei ten „ zunächst auf die Breiten 52°5' bzw. 51°40' eier: Nachstehende beide Tabellen zeigen die wichtigsten Zahlen. Unter I, IH und II sind die drei Teile angegeben, aus denen sich das reduzierte, mit +, bezeichnete n zusammensetzt. et Name B | L N I u II No | | | | | ıberg 52° 3’ 26° — 34' 35" |] —ı!32 | —ı!32 | +0'39 | —0.01 | —0!94 Adlershorst 52 643 | — ı7 2ı | —0.08 | —0.08 | —0.37 | 0,00 | —0.45 52817 | + 121] -3.35 | —3.35 | +1.66 | +0.02 | —ı1.67 Jerxheim 525 ı]l +15 14 | —2.17 | —.17 0.00 | 0.00 | —2.17 Kniel 52 358 | + 38 4ı | —o.23 | —0.23 | —0.67 | 0.00 | —0.90 Hagelsberg 52 8 19 | +I14 0 | —0.02 | —0.02 | —0.02 0.00 | —0.04 B;ee51240 Name B L n I u II Yo Weeper 51°40' 0"| —47' 2" | +0'38 | +0:38 o!00 | oloo | +0!38- Göttingen |51 31 43 | —40 28 | —2.47 | —2.48 | —0.31ı | 0.00 | —2.79 Toekenberg |s5ı 39 47 | -36 56 | —3.37 | —3-37 | —o.01 0.00 | —3.38 Wulfte Brocken 514757 |—o 4 | +2,56 | +2.55 | —5-.09 | +0.25 | —2.29 Hohegeiß 51 3953| +3 23 | +1.52 | +#1.52 | +0.06 | 0.00 | +1.58 Hasselfelde |sı 41 ı3 | +12 ı8 | +3.97 | +3.97 | —0.85 0.00 | +3.12 Neinstedt 51 45 42 | +27 22 | +2.03 | +2.03 | —1.57 | +0.02 | +0.48 Harzgerode |sı 37 43 | +31 35 | —ı.31 | —ı.31 | #0.35 | —0.01 | —0.97 Greifenhagen | 5ı 37 57 | +47 46 | +0.81 | +0.81 | —0.35 | 0.00 | +0.46 eubau 51 50 56 | +50 16 | —3.39 | —3-.38 | +3.31 | +0.01 | —0.06 Petersberg |s5ı 35 49 | +80 ı2 | +2.64 | +2.64 | —0.69 | — | +1.95 ! Vgl. F.R. Hermerr, Theorien der höheren Geodäsie II, S. ı72, die Formeln für die Te verschiedener einfacher Körper. 558 Gesammtsitz. v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 17. Oct. 1912. B und L sind abgerundete Näherungswerte der geodätischen Breiten und Längen; für letztere ist die astronomische Länge der Brockenstation zu Null angenommen. Im ersten Profil ist der ziemlich weit abliegende (der Berliner Umgebung angehörende) Punkt Hagelsberg zur Orientierung über den Verlauf von n nach Osten mit zugezogen. Im zweiten Profil sind die älteren Azimutstationen Göttingen, Brocken, Neinstedt, Neubau und Petersberg, die nicht dem ursprüng- lich ausgewählten Profil angehören, mitgenommen, da es trotz größeren Abstands in Breite möglich erschien, sie genau genug auf den Parallel des Profils zu reduzieren. In der Tat geben bei graphischer Verzeichnung der », als Ordinaten zu den L als Abszissen beide Profile einen glatten Verlauf einer Interpolationskurve. Zur Reduktion der beobachteten +, in der Breite B, auf „, in der Breite B, dienten die Formeln von 1901, S. 968 und 970: „=I+U+II, I= n, eos B, sec B,, U — L3 sec B.| dB, _ p"secB, [90H dög 200" oH. IH = ÖR az 0-52 au) + R see B, [7 sin »BaB. Für I gibt es noch zwei andere Formen die zur Kontrolle mitbe- nutzt sind. Die Integrale sind zu bilden längs der Meridiane von 2, ou 2; Mit Hilfe der », wurden die N* in den beiden Parallelprofilen abgeleitet, wobei Formeln zur Benutzung gelangten, die denen für die Meridianprofile sehr ähnlich sind und wie diese aus den allgemeinen Formeln a.a.0. abgeleitet wurden. Die Parallelprofile in 52°5' und 51°40' Breite bilden mit den sieben Meridianprofilen von + 30', +20', +10', 0, — ı0', —20' und — 30' Länge sechs Rechtecke. Für jedes derselben muß die Summe der AN*, welche sich aus den Profilen ergeben, theoretisch gleich Null sein. Hr. Prof. Gare unterwarf demgemäß die Beobachtungswerte einer Ausgleichung, wobei nach Überlegungen, die hier übergangen werden sollen, die über 25 Breitenminuten ausgedehnten Meridian- strecken das Gewicht ı erhielten, die ı0' in Länge umfassenden Strecken der Parallelprofile das Gewicht 1.34 im Süden, 1.35 im Norden. u Hernerr: Die Bestimmung des Geoids im Gebiete des Harzes. : 559 Der mittlere Fehler des mit Gewicht ı beobachteten AN* ergab sieh zu = 0.086 m. Für die Entfernung von 25 Breitenminuten gibt das = 0'4: Fehler der Lotabweichung. Da jedoch die Stationen dichter liegen, so,istder Fehler größer, bei vierfacher Dichtigkeit (entsprechend der Entfernung von ıı km) gleich & 0.83. Dies ist ganz plausibel und erklärt sich teils durch Beobachtungsfehler, teils durch kleine Wellen des Geoids zwischen den Lotabweichungsstationen. Das Geoid zeigt ein allgemeines Ansteigen von N nach S im Ver- lauf des ganzen, untersuchten Gebietes. Wir beschränken uns hier darauf, dies durch drei Parallelprofile zu zeigen. Erhebungen N des Geoids. Länge (v. Brocken) —50' —40' —30' —20' —ı0' 0’ +10" +20’ +30" +40' +50' Breite 52.0! 2:46 :.2,50 7267. Br ah u: 26 36202 51 45 3192:.3.28 .:357.25983. 211, 4827: 309.373 3012 560: 3.68 51 30 4.06 4.08 4.12 4.20 4.23 4.39 4.32 4.23 4.39 4-57 4.59 Diese Tabelle gibt streng genommen die Werte N*+3. Da je- doch dieselben auf 0.01 em abgerundet sind und im allgemeinen die Unterschiede N— N*"—$ kleiner als 0.01 em sind, so kann man die Tabellenwerte auch auf N beziehen. Die eingehende Darstellung der Ergebnisse für die Lotabweichungen und Höhen durch Karten in dem geeigneten Maßstab von ı : 250000 muß der von Hrn. Prof. Dr. GALLE vorbereiteten umfassenden Abhand- lung überlassen bleiben. In derselben werden auch einige Ergebnisse von Berechnungen der Anziehung der Gebirgsmassen auf das Lot mitgeteilt werden. Hier sei nur noch auf folgendes hingewiesen: Die bisherigen astronomisch-geodätischen Untersuchungen geben einen recht guten Überblick über den Verlauf der Lotabweichungen und der Höhen des Geoids über dem Referenzellipsoid; aus den Er- gebnissen der Schweremessungen ergeben sich auch bemerkenswerte Aufschlüsse über die Massenverteilung, die mittels der Ergebnisse der astronomisch-geodätischen Arbeiten nur schwer zu erlangen sein würden!. Noch weniger genügen diese letzteren Arbeiten aber zur Erkenntnis des Verlaufs der Krümmungen des Geoids. Denn die Stö- Tungswerte, die man aus den Lotabweichungen oder den Höhen N ableiten kann, entsprechen nur dem mittleren Verlauf innerhalb Strecken von der Größe des Abstandes der astronomischen Nachbarstationen, also Linienelementen des Geoids von 10 km und mehr Ausdehnung. m nn i * L. Haasemans, Bestimmung der Intensität der Schwerkraft auf 66 Stationen im Harz. (V eröffentlichung des Kgl. Preuß. Geod. Inst., N. F. Nr. 19). Sitzungsberichte 1913. & 53 560 Gesammtsitz. v. 5. Juni 1913. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 17. Oct. 1912. Namentlich in der Querrichtung der Täler finden aber bekanntlich auf kurze Entfernungen starke Krümmungsänderungen statt, die durch astronomisch-geodätische Messungen nicht zu erfassen sind‘. Dazu müßten Untersuchungen mit der Drehwage von Baron RorLann Körvös zugezogen werden, was sich wohl für einige besonders interessante Stellen empfehlen dürfte”. ! F.R. Hernerr, Theorien Il, S. 302 u. f. ?2 Baron Rorann Eörvös, Über Arbeiten mit der Drehwage, ausgeführt 1909 bis ıgrı (Bericht an die 17. Allgemeine Konferenz der Internationalen Erdmessung). Budapest 1912, S. 14 u. f. Ausgegeben am 12. Juni. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerel. weise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher S er: veröffentlicht sein oder werden. Sollt ir Marie ze ae r Ausgabe in der Verfas einer aufgenommenen wissen- - schaftlichen Mittheilung. dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ER dies nach den gel- arf er dazu der Ein- r Gedächtnissreden anderweitig zu ee) ist den Verfassern unbeschränkt gestat Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der aus e Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 22. ‚Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über d ‚in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- { zur 2 öffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheit inter den Titeln der Gran Mittheilungen folhen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben welche die Verfasser einreichen, und für welche ver- antwortlich a8 Diese Inhaltsangaben sollen sie ich in auf 5—6 we beschränken, keinesfalls 10 an Se hre Die nicht in den ie der Akademie erscheinenden Nihihungen werden mit vorgesetztem Ben bezeichnet, bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« A Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in weleher deren Aufnahme in die akademischen Schriften endgültig beschlossen wird. Emmi us $ Das et einer in einer Kindes Sitzung m Donnerstag z in dei res zu- es we welch nersta edruckt erscheine u, Beh ze; ea in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens redigirenden S r Reichsdruckerei dr: ck- äter eingereichte Manuseripte Re des U E Secretars ie A Archivars versehen, für ein spätere Sack zurückgele Dasselbe aa von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, .der: in den >. 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht ent- Die ichsdmuckere ‚versendet spätestens am Fe tag Abend = Uses n die r wohnender an wesenden EEE oe an ie Ten es Yu die Mittheilung vorgelegt haben, Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend ie er: lassen werde; Revision zu Zeige so muss = Cor reetur Na versandt; ihrer Sieiung ger acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correetur rst noch dem ee) Mitgliede r Revision ee werden müssen, kann das Er- ER n am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht 'zuge- sichert werden. Aus $ 36. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen. J ahrg. Physikalisch- a na es Philosophisch-historische Classe ; * * . Abhandlungen. ne 1911: Physikalisch-mathematische reg ee Phälosophischt er Class eh Abhandlungen der Akademie. De an ee ee ar a An er Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1910, 1911, 1912 und 1913. Dirruer: Der'A ÜULLER: Uieur ExsLer ind K.R Kuausn: “Über den anatomischen Bau der baumartigen Or Schoenodendron heri Excı. run ee: Gedkchlnisurede auf Jac Den, W.: halt emgeiin ee Heinrie R u. Eruax: Hymnen an das Diadem der Phara & Tea Zur Boah Gliederung Frankre ie: Dizis: Die urn Überlieferung ve Galen’ schen Commentars "zum Prorrheticum des IDDO a ZINMER ee el Reine auf kann Heusıgr: isländischen Fehdewesen in der Struve: Bahn Ervax: Ein Fall abgekürzter gekürzter Justiz in Dieıs: Die Entdeckung des Alkohols cbus Henricus van’t Hof ee ae na m Wege kamen die Goidelen vom | Continent nach Itand? . ee Dilthe n der Uranustraba Bi aa "Abtheihın Mötzer: Ein Dotpeiklait su aus einem manichäi Geeieg age Olahrndmag) u ee ten ee en Aufbau der geschichtlichen Welt in den en Erste | Hälfte . . A I— era Horr: ne e auf Hans Heinrich Landol 5 . = 1L_ 7.— 2.— -» 1l_ nn . Pe ST ee Be . ” . . . . . * . ” ” . . . = ad 3: » 3.50 re > 250 » 250 mie eh L.— Sturkon Suse a, ap ge ei und Titan . De, as - 2,50 L. Licntensteiıx: Beweis des Satzes, dass jedes hinreichend kleine, im wesentlichen stetig ge- ümmte, eingnlaritätenfreie Flächenstück auf einen Theil a. Ebene eg und in den kleinsten Theilen ähnlich abgebildet werden kann . ° A.von LE an ‚Türkische Manichaica aus Chotscho. I. ee N M. van Berc : Die muslimischen Inschriften von Pergamon a M. Limananscı: " Phönieis che und aramäische ie en aus Elephantine Be C. Frank: Zur Eutiterung der ee m... See nern F. Bsanis: Zurufe iere im Ara A. Jounsen: Die te der Inseln S. Pike ka S. Antioco (Sardinien n) . Kraarscn: Morphologische ee zur Rassendiagnostik Tarfanschäde 1: E. Körrer: oe eg renzfall, welchem ein ebenes n Knotenpunkten und oder ein naumli hes Fachwerk von n eine und 3n—6 Stäben nicht Beh statisch bestimmt i ee E. Mırrwoc#: Zur eis des islamischen Gebets und Kultus Pe mer ae ee ea Sonderabdrucke. IH. Halbjahr 1912. F. Frec#: 2 den Gebirgsbau des Koran in seiner Bedeutung für die Beziehungen der euro- äischen und asiatischen Gebir vos WıLAmowıTz-MoELLENDORFF und & Praumans: Tiaspapyrus P. >. Morgan (iierzu Taf. IX und x) eg über Spect a. ige eh Erpmann: Erkennen und Verstehen (2.Aufl.) . .». .. . BR Sonderabdrucke. I. .. 1913. NorDeEn: aus east had Ser : Warpgure, G. LeıtH E. Hicaa und C. Mörike: er die Cbtssiante € 5 des Win Piano: schen ea te K. Scaeer. und W. Heuse: die specifische Wärme von Helium und“ einigen "zweiatomigen Gasen zwischen +20 und —ı80° Orrn: über tuberculöse Reinfeetion und ihre Bedeutung für die Entstehung ( der Lungenschwindsucht Penck: die Formen der Landoberfläche und Verschiebungen der Klim Harnack: der Geist der morgenländischen Kirche im Unterschied von ae en Wien: zur Theorie en " elektrischen Leitung i Frosesius: über die Reduction der indefiniten binären quadratischen Formen . ScHUR: zur an er indefiniten binären nn For: Ru BNER: über 2 Rabe :ungsaufnahme bei der Hefez a er J. Mewarpr: eh Fälschung Cnarrier’s in Galon’s Schrift über das Koma . Herrmann: über die Herkunft der en im »Dunkelm psy gisch bedi r bei meteorologischen „Beobachtungen M. Linzsarskı: eine punis Haren er Bilinguis aus einem pel des Massinissa x (hierzu Taf. en re d R der Acetobr: “ und ähnlicher Stoffe ANDT: zur Physiologie der Zellthe un Prien: über das Gleichgewicht ee ncilaoren, freien Elektronen und strahlender Wärme WALDEYER : ‚das as Skelet eines Scheinzwi F.E. Schuize: die Erhe ebungen auf de Brei n- und Wangenschleimhaut di der Säugethiere. 1. Die Beutelthiergattung Horopns (Staw) (hierzu Taf. II, II und IV) Lüpers: die Sakas und die Eee Sprache . d. air R. Künzer und G. Wexpr: ein-, zwei- und. ‚dreiwerttige I Linien. des Aluminiums i in den K. Meyer: re keltischen Wortkunde. III Frogesius: r die Markorr’ . sg: E. Fische a =. Raparort: ü © Carbomethoxyderivate der Phenolearbonsäuren "und ihre Yarpendang für Sen x Derivate der ns . . E. Fischer und H. OÖ. L. Fischer: Synthese der o-Diorsellinsä uBENsS: über die Absorption des eigen und über ae Reststrahlengruppen im 1 Gebiete ssen Wellenlängen Hermert: die Bestimmung des Geoids im Gebiete des Harzes - “ * . * “ . - ” ” » * . “ * » . B . . 50 » 50 . 550 ” )— » 5,50 » 2 M 12.— M 1— » 1 » 1L— » 1 —— A 1-— » 050 » 0.50 - L— » 1 » L_ » 1— » 0.50 » 1.— » 0,50 » 0,50 = 080 » 0.50 ” 060 » 0.50 ” 1.— » 0.50 » 050 0.50 ”» 1.— » 0,50 » 0.50 ” 1.— = : 080 ”» 2.— » 0,50 1913. XXIX. XXX. XXXI SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 12. Juni. (S. 561) Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 12. Juni. (S. 563) Herrwie: Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. (S. 564) Gesammtsitzung am 19. Juni. (S.583) MIT TAFELV. BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften. 2 ’ e Akademie gie ebt u s $ 41,1 der Statuten zwei und >» ee der Königlich Preussischen Akademie - der Wissenschafte Sa ser Fee a die un r aka- Aus ede zur Aufnahme in v bei ei in ci Repe das druckt ae Alba zugleich re ist. Nieht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. $ 3. Umfang einer Sun nehmenden Mirheilung- soll l in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen ron je 8 Seiten in de gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht über steigen, Üb ri er Grenzen ist nur mit Be der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Class haft und ist bei Te der Miccheilung ehndräekiieh: beant „Äss r Umfang ei Manuscripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. s4. sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder besonderen Tafeln 1 auf beigegeben werc en, so sind die Vorlagen da (Zeichnungen ‚ phot ographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzei eig mit dem N Nanuneript, jedoch ichen rn, einzure ‚so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der H ung der be- treffi Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden $ ? zu riehten, dann Frage im Seeretariat er Ü weiter in der Gesan kademie zu andeln. Kosten der Ver vielfälgrung beim die Aka- demie. Über die voraussichtliche e dieser Kosten ist icht um wenige ah Texif uren ni mv Kostenanschlag eines Sachverständigen 'schre dieser a die so ist Vor Bahanig bei den Abhandlungen 300 Mark, urch das Seeretariat gebote Aus $ 5. und Einreichung des vollends ürucklertign Manuscripts an den zuständigen etar oder an den Archivar wird über Aufı a en Ncheitun in ur ae Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- verlangt, verdeckt RS mmt. Mittheilungen von Verfassern, welehe nicht Mitglieder der Akademie a en der R na men werden. e die kılal gr Mittheilung eines Ni chin titgliedes in "ie ser er so be die er Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie, | Aus 5 De Ti I. T% 1 nr . - wenn es sich nicht Bu um nn Text handelt, aus- ordnu für die Satzes hat sich zu vergewissern, dass de fasser seine Mittheilung a men druckreif ansieht erste C diese erste Lorreetur & icht an von Druckfehlern und leichten Schreibv een, au Umfängliche Correeturen Fremder bedürfen ns des redi- givenden Seeretars vor der et an die Druckerei, und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflichtet Aus $ 8. Von allen in die Sitzungsherichte oder Abhandlungen aufgenommenen wissenschaftlichen ae ei Reden, Adressen oder Berichten werden für die T, n i i nn In mia ang im ür na Sonder- nach Erscheinen aus- aft ı Mittheilur uck a Seiten ee auch fi Bes; hergestellt, die alsbald ge Deu: w see 7 1 .11.& a; ıA ebke für den Buchhandel hergestellt. indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich Erg einverstanden erklären. den Sontenänchen aus den ae en 1 dem Vo hält = "erf: ısser, e ist, rei- exe u er ist in auf Kosten der Akadem tere Exemplare bis zur Zahl von noch 1 und auf seir er noch weitere bis zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen, sofern er dies rechtzeitig dem redigirenden Secretar an- gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrucke zur Vertheilung zu m. so es dazu g der Gesammt-Aka oder der be- ıden Classe Nicht Aniiglieder ale 50 Frei- xemplare und dürfen nach ae itiger Anzeige bei dem reden Seeretar weitere 200 Exemplare auf ihre Kosten er ass £ Von den enden ucken aus den Erna? er- hält ein Nels er, welcher Mitglied der Akac ist, emplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere mplare bis z ahl von noch 1 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen, sofern er dies rechtzeitig dem redigirenden Seceretar an“ gezeigt hat; wünscht er anf seine Kost noch mehr Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu er Genehmigung der G ımt-A nie oder der be en den Classe. — nn ae 30 Frei- emplare und en en Seeretar weitere Kosten Sen lassen. ne Er ıplare auf &: 17, Eine für die akad stimmte wissenschaftliche Mittheilung in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an ne Stelle anderweitig, sei es auch nur aa ischen Sehriften b® aa ER auf S.3 des Umsehlags.) >61 SITZUNGSBERICHTE 1918. XXIX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 12. Juni. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Dies. *]. Hr. Burvach las: Der juristische Rahmen des altdeut- schen Streitgesprächs »Der Ackermann aus Böhmen«. Der Witwer, dem die Frau im Kindbett gestorben, klagt gegen den Tod auf Mord und Raub in der Form des altdeutschen peinlichen Processes mit Zetergeschrei, fordert Friedloslegung, ja allgemeinste, unlösliche Ächtung des Beklagten, stellt ihn, technische Rechtsausdrücke poetisch steigernd, hin als den von der ganzen Welt zu verfolgenden »schädlichen Mann« und glaubt wie ein öffentlicher Ankläger in einem Weltachtverfahren als »Ackermann«, d.h. als Adamssohn, die Sache der Mensch- heit, der Natur, Gottes zu führen wider den Erzfeind und Urzerstörer. — Ausserdem werden zwei einzelne schwierige Stellen erläutert. 3. Hr. Lüpers überreichte das Werk L. Suarı, Introduzione allo studio della Filosofia Indiana (Pavia 1913). Ausgegeben am 26. Juni. Sitzungsberichte 1913. 54 563 SITZUNGSBERICHTE 193. XXX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 12. Juni. Sitzung der physikalisch-matl tischen Classe. a Vorsitzender Secretar: Hr. PLanck. Hr. Herrwis las: » Keimesschädigung durch chemischeEin- griffe« In einer Reihe von Versuchen wurde nachgewiesen, dass die reifen Samenfäden von Rana fusca in ähnlicher Weise wie durch Radium- und Mesothoriumstrahlen auch durch verschiedene chemische Stoffe (z. B. Methylenblau, Chloralhydrat, Strychnium nitricum) in ihrer Constitution verändert werden können. Gesunde Eier, die mit der- artig vorbehandelten Samenfäden befruchtet werden, liefern mehr oder minder patho- logische und zum Theil schwer missgebildete Embryonen. 54* 564 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni 1913. Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. Von Oscar HErTwıce. Fünfte Mitteilung. Hierzu Taf. V. iu mehreren Mitteilungen' habe ich der Akademie schon von Ver- suchen berichtet, die beweisen, daß durch Bestrahlung mit Radium- oder Mesothoriumpräparaten tierische Samenfäden mehr oder minder stark in ihrer Konstitution verändert werden können. Die hervor- gerufenen Veränderungen lassen sich zwar durch mikroskopische Unter- suchung der Samenfäden, die beweglich und zur Befruchtung geeignet bleiben, in keiner Weise direkt erkennen; sie machen sich aber geltend, wenn normale Eier mit den bestrahlten Samenfäden befruchtet werden. Denn der Entwicklungsprozeß derselben bietet jetzt eine Reihe charak- teristischer Störungen dar, deren Intensität in einem proportionalen Ver- hältnis zu den Veränderungen steht, welche die zur Befruchtung ver- wandten Samenfäden je nach der Dauer der Bestrahlung oder je nach der Stärke des angewandten Radiumpräparates erfahren haben”. Während der Beschäftigung mit diesen Untersuchungen drängte sich mir der wohl naheliegende Gedanke auf, ob nicht ähnliche Ver- änderungen in der Konstitution der Samenfäden, wie durch das phy- sikalische Agens der Radiumstrahlung, auch durch chemische Eingriffe hervorgerufen werden können. ' Oscar Herrwıs, Die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung tierischer Eier. Mitteilung vom 15. Juli 1909. Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1910. Xl. Derselbe, Neue Untersuchungen über die Wirkung der Radiumstrahlung auf die Entwicklung tierischer Eier. 28. Juli ıgro. Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1910. XXXIX. Derselbe, Mesothoriumversuche an tierischen Keimzellen, ein experimenteller Beweis für die Idioplasmanatur der Kernsubstanzen. Sitzungsber- d. Berl. Akad. d. Wiss. rıgır. ® Oscar Herrwiısc, Die Radiumkrankheit tierischer Keimzellen. Beitrag zur experimentellen Zeugungs- und Vererbungslehre. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 77- Abt.11. ıgrr. re + . . .n i em Herrwıs: Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. 65 Schon in der vorjährigen Laichperiode von Rana fusca hatte ich zur Aufklärung dieser Frage einige orientierende Versuche vorgenommen, über deren Ergebnisse ich der Akademie in meiner vierten, in den Sitzungsberichten veröffentlichten Mitteilung Kenntnis gegeben habe'. Unter einer größeren Anzahl von Substanzen, die ich einer Prüfung unterwarf — ich nenne mehrere Anilinfarben, Arsenverbindungen wie Atoxyl, ferner Sublimat und verdünnte Lösungen von Äthyl- und Methylalkohol — hatte ich im Methylenblau einen geeigneten Stoff kennen gelernt, welcher in hochgradigen Verdünnungen den Erwar- tungen entsprach. Das chemische Agens, soll es sich für den Versuch brauclıbar erweisen, muß nämlich folgende Bedingungen erfüllen. Auf der einen Seite darf es die Beweglichkeit oder Kontraktilität der Samenfäden für längere Zeit nicht schädigen. Dieselben müssen nach der vorgenommenen chemischen Behandlung noch so beweglich und kräftig geblieben sein, daß sie, um das Ei zu befruchten, die es um- gebende dicke Gallerthülle durchdringen können, was etwa eine Stunde Zeit erfordert. Nicht selten sind die Samenfäden zwar noch beweg- lich, aber doch soweit geschwächt, daß sie nicht durch die Gallerte hindurehkommen und alle Eier unbefruchtet bleiben. Auf der anderen Seite muß aber das chemische Mittel die Substanz, welche auf die Entwicklung des Eies einen Einfluß ausübt, also das Idioplasma des Samenfadens oder das in seinem Kopfabschnitt enthaltene Chromatin in seiner Konstitution während der kurzen Zeit des Versuchs ver- ändern. Beides läßt sich mit Methylenblau erreichen, wenn man mit passend verdünnten Lösungen desselben reife Samenfäden einige Zeit behandelt. Ebenso günstige Ergebnisse habe ich in diesem Frühjahr erhalten, als ich während der Laichperiode von Rana fusca einige andere Sub- stanzen auf ihre Brauchbarkeit für den vorliegenden Zweck prüfte. Obwohl ich infolge einer Erkrankung nur relativ wenige Experimente ausführen konnte, so lieferten dieselben doch Ergebnisse, aus denen wiederum auf das deutlichste hervorgeht, daß durch chemische Mittel sich ähnliche Veränderungen in den Samenfäden und in den durch sie befruchteten Eiern wie durch Bestrahlung mit Radium und Meso- thorium hervorrufen lassen. Die besten Ergebnisse auf dem neu- betretenen Wege erzielte ich bis jetzt mit Chloralhydrat und mit Strych- ninum nitrieum. Aus meinen Yeriichnpehtcköllen teile ich das Wesentliche mit, soweit es sich auf die von außen wahrnehmbaren Formveränderungen ! Oscar Herrwıc, Veränderung der idioplasmatischen Beschaffenheit der Samen- fäden durch physikalische und dur 2 chemische Eingriffe. Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. ıgı2. XXXI. 566 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni 1913. der Embryonen bezieht. Die Untersuchung nach Zerlegung in Schnitt- serien wird erst im Laufe des Jahres vorgenommen werden können. Das Chloralhydrat wurde in einer 0.3 prozentigen Lösung mit Zusatz von 0.25 Prozent Kochsalz verwandt. Es wurde noch bei Be- ginn des Versuchs auf die Hälfte verdünnt, indem ı Teil der Stamm- lösung mit ı Teil Samenflüssigkeit vermischt wurde. Die letztere wurde durch Zerzupfen des Froschhodens in 0.3 Prozent Kochsalzlösung hergestellt. Im Chloralgemisch sind die Samenfäden, wie die Unter- suchung mikroskopischer Präparate lehrt, nach einer halben Stunde noch in lebhafter und kräftiger Bewegung und befruchten beim Ver- such alle Eier. Nach 2 Stunden hat die Beweglichkeit etwas abge- nommen; dies macht sich auch im Ausfall der Befruchtung bemerkbar, da im zweiten Versuch nur etwa die Hälfte der Eier sich entwickelte. Bei längerem Verweilen in der Chloralhydratlösung werden die Samenfäden in immer größerer Zahl unbeweglich, ohne dabei ihre Form zu verändern und Ösen zu bilden, wie es beim Absterben in Wasser geschieht. Nach 5 Stunden ist die Bewegung ganz erloschen. Mit dem Gemisch wurden 2 Portionen von 40 bis 50 Eiern, die eine nach 30 Minuten, die andere nach 2 Stunden, befruchtet, nach- dem es zuvor mit 0.3 Prozent Kochsalzlösung stark verdünnt worden war. In der ersten Portion waren alle Eier, in der zweiten nur etwa die Hälfte von ihnen befruchtet. Im einen wie im andern Fall ent- wickelten sich nur pathologische Larven. Daß die erheblichen Stö- rungen in der Entwicklung einzig und allein auf die beschriebene Vorbehandlung der Samenfäden mit 0.15 Prozent Chloralhydratlösung zurückzuführen sind, kann wohl nieht angezweifelt werden. Denn eine von demselben Weibehen entnommene dritte Portion Eier, die mit dem nicht vorbehandelten Samen des gleichen Hodens in einem Kontrollversuch gleichzeitig befruchtet worden war, entwickelte sich ohne Ausnahme zu vollständig normalen Embryonen. Die in beiden Versuchen hervorgerufenen Entwicklungsstörungen können gemeinsam besprochen werden, da sie nur geringfügige Unter- schiede voneinander darbieten. Sie beginnen sich nicht früher als am zweiten Tage nach der Befruchtung bemerkbar zu machen. Bis dahin läßt der Verlauf des Furchungsprozesses und das Studium der Keimblase keine Abweichungen beim Vergleich mit dem Kontroll- versuch erkennen. Wie bei den Radiumversuchen ist das kritische Stadium die Zeit, in der sich die Keimblase in die Becherlarve (Gastrula) umwandelt. Dann bietet schon der Verlauf der Gastrulation Abnormitäten dar, aus denen sich häufig mit großer Sicherheit das weitere Schicksal der einzelnen Eier im voraus beurteilen läßt. Herrwıs: Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. 567 In den Kontrolleiern ist nach Ablauf der Gastrulation der Ur- mund eine kaum sichtbare Öffnung, ausgefüllt vom Dotterpfropf, der aus hellgelben Dotterzellen zusammengesetzt, als kleiner heller Fleck auf der sonst gleichmäßig schwarzbraun pigmentierten Oberfläche der Gastrula wahrzunehmen ist. Dagegen ist er in allen Eiern des Chlo- ralversuchs erheblich größer, was sich am besten an den verschie- denen Dimensionen des ihn ausfüllenden hellen Dotterpfropfs abschätzen läßt. Die am meisten abnorm entwickelten Eier, deren Zahl im halb- stündigen Chloralversuch am größten ist, zeigen einen Befund, den ich in meinen Radiumexperimenten als Riesendotterpfropf bezeichnet habe. Derselbe nimmt etwa den dritten Teil der Eioberfläche oder noch etwas mehr ein und ragt als Hügel aus dem weitgeöffneten Ur- mundrand nach außen hervor; er bezeichnet in seiner Lage die spätere Rückengegend des Embryos. Bei den anderen Eiern, deren Entwick- lung sich dann weiterhin auch etwas normaler gestaltet, ist der Dotter- pfropf, und dementsprechend die Urmundöffnung kleiner, aber in keinem Falle so, wie es der Norm entspricht. Am dritten Tage nach der Befruchtung treten die Unterschiede in der Entwicklung zwischen den Eiern der Kontrollkultur und der beiden Chloralversuche noch sehr viel schärfer zutage. Bei den ersteren hat sich die Nervenrinne schon zum Rückenmarksrohr geschlossen ; am vorderen Ende des jetzt oval gewordenen Eies markiert sich das Kopfende als Höcker, an dessen Ventralseite die Haftnäpfe sich an- zulegen beginnen. Im Chloralversuch dagegen ist die Nervenrinne noch offen; und außerdem ist in vielen Fällen auch ein großer heller Dotterpfropf an ihrem hinteren Ende zu sehen, eingefaßt auf beiden Seiten von den Endabschnitten der Medullarwülste. Derartige Be- funde sind also als deutlich ausgeprägte Rückenspalten oder Spinae bifidae zu bezeichnen, wie die Untersuchung von Querschnittsserien bei anderen Gelegenheiten gelehrt hat. Bei einigen Eiern ist die ge- störte Entwicklung auch daran zu erkennen, daß einzelne Dotter- körnchen sich vom Pfropf abgelöst haben und den perivitellinen Spaltraum trüben. Von Tag zu Tag vergrößern sich von jetzt ab die Unterschiede zwischen den Eiern der Kontrolle und der Chloralversuche. Bei letz- teren macht sich die Störung auch dadurch bemerkbar, daß einzelne der am meisten mißgebildeten Embryonen abzusterben beginnen. Am fünften Tage nach der Befruchtung schlüpfen die normalen Larven aus der Galierthülle aus; sie sind imstande, Schwimmbewegungen auszuführen, besitzen schon einen längeren Ruderschwanz mit Flossen- saum und an der Halsgegend zwei kurze Kiemenbüschel. Die Chloral- larven dagegen verlassen die Gallerte mit einer bald mehr, bald 568 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni 1913. minder beträchtlichen Verspätung, manche erst am folgenden Tage, oder sie müssen in einigen Fällen mit Nadeln aus der Gallerte her- auspräpariert werden. Keine einzige von ihnen ist der Norm ent- sprechend entwickelt. Auch fällt sofort der erhebliche Größenunter- schied auf, da die Chlorallarven nur zwei drittel oder halb so lang sind wie die Kontrolltiere. Die am meisten mißgebildeten unter ihnen sind weiterentwickelte Spinae bifidae. Nur in der Kopf- und Brust- gegend haben sich bei ihnen Hirn und Rückenmark als Rohr ange- legt, dagegen ist in der Lendengegend das Achsenskelett und das Nervenrohr in eine linke und rechte Hälfte durch einen Spalt ge- trennt, welcher einem offengebliebenen Rest des Urmundes entspricht und von dem Dotterpfropf ausgefüllt wird. Hinter dem Spalt hat die Mißbildung entweder ein einfaches Schwanzende entwickelt, oder was noch häufiger beobachtet wurde, es hat sich die Spaltbildung auch auf die Schwanzanlage ausgedehnt und zur Entstehung doppelter Schwänze geführt (Taf. V, Fig. ı Au.B). Meist sind bei diesen Spinae bifidae die Schwanzenden, mögen sie einfach oder verdoppelt sein, unter rechtem Winkel umgebogen und über die Rückengegend nach oben gerichtet. In seltenen Fällen wurde bei ihnen auch noch An- encephalie beobachtet. Sie ist dadurch entstanden, daß auch die Hirnplatte sich nicht zur Blase geschlossen hatte und so in der nor- malen Weiterentwicklung verhindert worden war. Von der offenge- bliebenen Stelle aus beginnt dann auch bald ein Zerfall des direkt vom Wasser umspülten Nervengewebes einzutreten. Daß die Larven mit Spina bifida mit einfachem oder verdoppeltem Schwanz sich aus den früher beschriebenen Eiern mit Riesendotter- pfropf entwickelt haben, ist durch tägliche Beobachtung der Kulturen unschwer festzustellen. Sie wurden behufs weiterer Untersuchung auf Schnitten teils am vierten, teils am sechsten Tag nach der Befruchtung in konservierende Flüssigkeiten eingelegt. Was die übrigen Eier des Chloralversuchs betrifft, welche einen normaleren Verlauf der Gastrulation und nur eine etwas verspätete Ur- mundbildung gezeigt hatten, so entwickelten sie sich in der Folgezeit zwar auch weiter zu regelmäßiger gebildeten Larven, als die Spinae bifidae sind. Sie hatten, soweit sie nicht zur Konservierung verwandt wurden, ein Alter von ı2 Tagen erreicht, als der Versuch wegen meiner Abreise abgebrochen werden mußte. Trotzdem besteht zwischen ihnen (Taf.V, Fig. 2A) und den Kontrolltieren (B) auf jedem Stadium ihrer Entwicklung ein auffälliger und großer Kontrast. Wie die Gastrulation, erfolgt auch die Umwandlung der Nervenrinne zum Rohr etwas ver spätet, die Kiemen sprossen später hervor, der Schwanz bleibt kürzer. Was aber noch wichtiger ist, es handelt sich bei ihnen nicht nur um Herrwıc: Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. 569 eine etwas verlangsamte, sondern auch um eine abnorm zwerghafte Entwicklung. Auch am zehnten und zwölften Tag nach der Befruch- tung sind die Larven nur zwei Drittel, zuweilen nur halb so groß als die Kontrolltiere. Sie gleichen außerordentlich den Radiumlarven, welche bei maximaler Bestrahlung der Samenfäden gezüchtet wurden und aus früher dargelegten Gründen sich nach Ausschaltung des Samen- kerns auf parthenogenetischer Basis entwickelt haben müssen. Auch darin stimmen sie mit ihnen überein, daß sie nach ihrem Ausschlüpfen aus der Gallerte meist bewegungslos auf dem Boden des Zuchtgefäßes liegen bleiben. Nur bei Berührung mit der Nadel zucken sie schwach zusammen. Auch am zwölften Tage, als der Versuch abgebrochen wurde, beharrten sie noch in diesem lethargischen Zustand, während die Kontrolltiere als Kaulquappen sehr lebhaft im Wasser herum- schwammen. In einem Punkt besteht ein auffälliger Unterschied im Vergleich mit den entsprechenden Radiumlarven. Bei (diesen stellt sich frühzeitig Bauchwassersucht ein und erreicht gewöhnlich einen so hohen Grad, daß der Leib ballonartig aufgetrieben und die Bauchwand zu einer dünnen, durchsichtigen Membran verdünnt ist. Hier dagegen ist eine solehe mit Ausnahme von 2 Tieren nicht aufgetreten. Der Rumpf und das kurze Schwanzende gehen infolgedessen mehr allmählich ineinander über. Um so auffälliger ist ihre Unfähigkeit, sich durch Schwimmen auch nur kurze Zeit im Wasser fortzubewegen. Trotz ihres Zwergenwuchses haben am zwölften Tag nach der Be- fruchtung die Chlorallarven (Taf.V, Fig. 3 A u.B) alle Organe, welche zu dieser Zeit die Kontrolltiere (C) besitzen, ausgebildet. Bei Betrach- tung der Oberfläche erkennt man am Kopf die von den Kieferwülsten umgebene Mundöffnung, die weit vorspringenden Haftnäpfe, die Augen mit der Linse, die Kiemenbüschel, die jetzt von Hautfalten überwachsen worden sind. Daß an den einzelnen Organen noch manche Störungen vorhanden sein werden, ist nach früheren Erfahrungen zu erwarten; von außen aber sind sie nieht wahrzunehmen; sie werden erst an Schnittpräparaten, die auch später noch BBSORRRN werden sollen, nach- gewiesen werden können. Die zweite Substanz, mit welcher ich die Samenfäden EN und dadurch die Entwicklung der mit ihnen befruchteten Eier ab- ändern konnte, ist Strychninum nitrieum. Es wurde eine 0.25 prozen- tige Lösung verwandt, die noch einen Zusatz von 0.15 Prozent Koch- salz enthielt. 3 Versuchsreihen A, B und © wurden ausgeführt. In der Serie A waren die Samenfäden nach 24 Stunden noch sehr lebhaft beweglich. Nach 5 Stunden war die Bewegung fast vollständig zum Stillstand gekommen. In einem zweiten, später wiederholten Versuch B 570 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni 1913. blieb sie dagegen länger erhalten; denn noch nach 24 Stunden konn- ten in der Mischung, die in demselben Verhältnis wie oben ange- fertigt war, bewegliche Samenfäden, wenn auch in sehr geringer Zahl, im Gesichtsfeld des mikroskopischen Präparates beobachtet werden, während die Mehrzahl allerdings abgestorben war. Das günstigere Resultat in diesem Fall möchte ich darauf zurückführen, daß der ver- wandte Samenbrei wohl konzentrierter als das erstemal war, ein Fak- tor, der sich schwer gleichmäßig herstellen läßt. In einem dritten Versuch C war die Stammlösung des Strychnins mit der dreifachen Menge 0.3 prozentiger Kochsalzlösung verdünnt worden. Jetzt zeigte der mit ihr behandelte und in .der feuchten Kammer in einem Uhr- schälchen aufgehobene Samen noch nach 24 Stunden recht lebhafte Bewegung. Sogar nach 2 Tagen ließen sich einzelne Samenfäden nach- weisen, die sich in der Flüssigkeit durch Geißelschlag fortbewegten. In der Versuchsreihe A nahmen die mit dem Strychninsamen be- fruchteten Eier eine sehr pathologische Entwicklung, die noch mehr als in dem Chloralexperiment gestört war. Eine Portion der Eier wurde mit Samenfäden befruchtet, die 35 Minuten, eine andere, die 2 Stunden ı5 Minuten mit der Strychninlösung vorbehandelt worden waren. In beiden Fällen blieb die Entwicklung bei einigen Eiern schon auf dem Keimblasenstadium oder im ersten Stadium der Gastru- lation stehen. Bei der Mehrzahl der Objekte bildeten sich wieder am Ende des zweiten Tages nach der Befruchtung die früher erwähnten Riesendotterpfröpfe mit Ausstoßung von Dotterkörnchen in den peri- vitellinen Spaltraum. Nur in der Eiportion, die mit dem kürzere Zeit behandelten Samen befruchtet worden war, zeigten wenige Eier einen etwas engeren Urmund. Am dritten Tag hatten sich die meisten Ob- jekte nicht über das Gastrulastadium hinaus weiterentwickelt; bei ihnen machten sich neben dem Fortbestand des Riesendotterpfropfs deut- liche Zerfallserscheinungen durch stärkere Trübung des perivitellinen Raumes durch abgestoßene Dotterzellen bemerkbar. Eine kleinere Zahl der Eier bot das Bild der frühzeitigen Spina bifida dar, indem sich vor dem Dotterpfropf eine Hirnplatte und zu seinen beiden Seiten halbe Medullarplatten angelegt hatten. Am vierten Tag traten die Zerfallserscheinungen noch mehr in den Vordergrund, namentlich bei der Eiportion, deren Samenfäden 2 Stunden lang der Strychninwir- kung ausgesetzt gewesen waren. Diese bestand jetzt außer Embryonen, die in Zerfall begriffen waren, aus stark mißgebildeten Spinae bifidae. Der Versuch wurde daher beendet, indem alles Material zu weiterer Untersuchung eingelegt wurde. Nicht viel besser war der Befund: bei der andern Portion ds Versuchs A. Alle Embryonen waren mit Ausnahme von zweien miß- Herrwis: Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. 541 gebildet, meistens Spinae bifidae. Am vierten und fünften Tag be- gannen viele von ihnen abzusterben und zu zerfallen. Nur zwei relativ normal entwickelte Larven kamen zum Ausschlüpfen, und auch von ihnen starb die eine alsbald ab. Daher wurde auch der Versuch A am fünften Tag abgeschlossen. Sein Ergebnis war ein sehr gleich- artiges. Von 80 Eiern, bei denen die zur Befruchtung benutzten Samenfäden in der angegebenen Weise mit einer Strychninlösung vorbehandelt worden waren, schlugen nur zwei eine relativ nor- male Entwicklungsrichtung ein, manche starben auf dem Stadium der Keimblase oder während der Gastrulation ab, die meisten ent- wickelten sich zu Spinae bifidae mit früh auftretenden Anzeichen des Zerfalls. In der zweiten Versuchsserie B, die einige Tage später mit der- selben Konzentration der Strychninlösung ausgeführt wurde, nahm die Entwicklung einen etwas besseren Verlauf. Zwar bildete sich auch hier eine größere Zahl von Becherlarven mit sehr großem Dotterpfropf; es entstanden mehrere Spinae bifidae, andere waren in der Entwick- lung zurück, indem sie noch offene Nervenrinnen zeigten, während bei den Kontrolltieren der Verschluß schon einige Zeit früher erfolgt war, andere starben in den Gallerthüllen ab; die meisten Eier aber lieferten mehr oder weniger normal gebildete Larven, die am vierten Tag von selbst ausschlüpften. Den besseren Ausfall dieses Parallel- versuchs glaube ich, wie schon früher hervorgehoben wurde, darauf zurückführen zu müssen, daß der zur Strychninlösung zugesetze Samen- brei eine stärkere Konzentration hatte, und daß infolgedessen die Samenfäden durch Stryehnin weniger geschädigt wurden. Letzteres muß ja auch schon daraus geschlossen werden, daß in diesem Fall die Bewegung des Samens sich noch nach 24 Stunden erhalten hatte, während sie in der Versuchsserie A bereits nach 5 Stunden so gut wie ganz erloschen war. Die dritte Versuchsreihe endlich ergab ein fast normales Resultat. Es waren hier die Samenfäden mit einer viel schwächeren Strychnin- lösung vorbehandelt worden. Denn anstatt mit einem Teil, war sie mit 3 Teilen 0.3 prozentiger Kochsalzlösung verdünnt worden. Die Gastru- lation nahm einen normalen oder bei einem Teil der Eier einen der Norm sich nähernden Verlauf. Es entwickelten sich daher auch nur vereinzelte Spinae bifidae. Die meisten Larven schlüpften zu gleicher eit mit den Kontrolltieren aus den Gallerthüllen aus und begannen später auch ebenso lebhaft wie diese im Wasser herumzuschwimmen. Im ganzen fiel der Prozentsatz der anomalen Larven, als am achten Tag der Versuch beendet wurde, im Verhältnis zu den beiden anderen Serien sehr gering aus. 572 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni 1913. Bei dem weiten Umfang des Gebietes, welches die Frage nach der Beeinflussung und Veränderung der Samenfäden durch ehemische Agen- tien in Anbetracht ihrer großen Mannigfaltigkeit darstellt, ist die An- zahl der von mir bis jetzt ausgeführten Versuche eine sehr geringe. Aber auch so läßt sich aus ihnen bereits das sichere und nicht un- wichtige Ergebnis ziehen, daß sich in ähnlicher Weise wie durch Ra- dium- und Mesothoriumstrahlen auch auf chemischem Wege die Kon- stitution der Samenfäden, und zwar der Zustand ihres Idioplasmas in pathologischer Richtung verändern läßt. Man kann daher recht wohl von einer chemischen Keimesschädigung in ähnlicher Weise wie von einer Radiumkrankheit tierischer Keimzellen reden. Da nun der Samen- faden eine dem Ei gleichwertige Komponente im Prozeß der geschlecht- lichen Zeugung ist, gestaltet sich auch die Entwicklung des mit einem chemisch geschädigten Samenfaden befruchteten Eies zu einer mehr oder weniger pathologischen. Auch hierbei ergeben sich vielfache Be- ziehungen zu den Radiumexperimenten. In mancher Hinsicht muß es auffällig erscheinen, daß die abnormen Entwieklungsvorgänge des Eies, wie Störung der Gastrulation und Bil- dung eines Riesendotterpfropfs, Spina bifida, Verdopplung des Schwanzes, Anenzephalie, Lähmungserscheinungen, Zwergwuchs usw., in gleicher Weise wiederkehren, gleichgültig, ob die Veränderung der Samenfäden durch Radiumstrahlen oder dureh chemische Eingriffe dieser oder jener Art herbeigeführt worden ist. Wer indessen aus vielfacher Erfahrung mit der Eigenart biologischer Experimente vertraut ist, wird hierin nichts Überraschendes erblicken ; er wird vielmehr in dem gleichartigen Ausfall nur eine neue Bestätigung des Satzes finden, daß die auf physikalische oder chemische Eingriffe erfolgende Reaktion nicht durch die Natur der angewandten Mittel, sondern durch die Eigenart der organisierten Substanz, also hier der Samenfäden und der Eizellen, bestimmt wird. Wie der Gang eines Uhrwerks auf sehr verschiedenartige störende Eingriffe in gleichartiger Weise durch verlangsamten Gang oder Stillstand des Zeigers reagieren kann, so tut es der Organismus in noch viel höherem Grade. Gegenüber dem kom- plizierten Bau des Organismus tritt die Art des Eingriffs ganz in den Hintergrund. Dieselben Störungen sind in der verschiedensten Weise zu erzielen. Als Beweis hierfür führe ich zwei interessante experimen- telle Ergebnisse aus zwei verschiedenen Gebieten an. Das eine Beispiel betrifft die bekannten Versuche des amerikani- schen Biologen Tower an Leptinotarsa deeimlineata. Indem Tower seine Versuchsobjekte auf bestimmten Stadien ihrer Entwicklung stark abge- änderten Kulturbedingungen aussetzte, rief er charakteristische Verände- rungen in der Färbung des Pigments, namentlich albinotische und mer . - " ” .. ” . © Herrwıs: Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. 513 notische Varietäten, hervor. Unter bestimmten Bedingungen wurden diese Veränderungen auch auf die Nachkommenschaft durch Beein- flussung der Keimzellen übertragen. Hierbei stellte sich heraus, daß Tower dieselben Aberrationen durch sehr verschiedenartige Eingriffe, durch übermäßige Temperatur oder durch langdauernde Abkühlung unter Null, aber auch durch Zucht in feuchter Umgebung erzielen konnte. Das gleiche Resultat hat sich in den bekannten Schmetterlingsexperi- menten von STANDFUSS, FISCHER u.a. ergeben. Die gleichen Aberrationen in der Hautfärbung der Imago konnten sowohl durch Einwirkung von Hitze als auch von Frost auf das Puppenstadium, ferner durch Zentri- fugieren der Puppen oder durch Behandlung derselben mit Äther- dämpfen, also durch thermische oder mechanische oder chemische Ein- griffe, in gleicher Weise erhalten werden. Als zweites Beispiel erwähne ich die experimentelle Anregung der Eier wirbelloser Tiere zu parthenogenetischer Entwicklung. Man kann hierzu chemische Mittel anwenden. Bekannt sind die Versuche Lozgs ‘an Echinodermeneiern, welche ihn zu der falschen Deutung verleiteten, daß er für die Vorgänge der Befruchtung eine chemische Erklärung glaubte geben zu können. Indessen handelt es sich auch in diesem Beispiel nur um eine Reizwirkung, welche sich in gleicher Weise wie durch die verschiedensten chemischen Stoffe, auch durch ganz anders geartete Mittel mit demselben Erfolg ausüben läßt. Die Entwicklung der Echinodermeneier ohne Zusatz von Samen tritt auch ein infolge von Schütteln derselben in einem Röhrchen mit Seewasser, oder durch eine plötzliche stärkere Erniedrigung oder Erhöhung der Temperatur, endlich noch durch manche andere, etwas kompliziertere Eingriffe. Bei Amphibieneiern hat BaraıLnov sogar Entwicklung ohne Befruchtung durch Samen dadurch hervorrufen können, daß er eine geringfügige Verletzung durch Anstich mit einer äußerst feinen Glas- oder Platinnadel machte. Also auch in diesem zweiten Beispiel läßt sich auf niöchaniabhehi oder thermischen oder manchen andern Wegen genau dasselbe Re- sultat wie durch chemische Reizmittel erreichen. Derartige Beispiele aber lassen sich aus der biologischen Literatur noch in großer Zahl zusammenstellen. Es hat daher nicht nur nichts Auffälliges, sondern . es war wohl eher von vornherein zu erwarten, daß die Beeinflussung der Samenfäden durch Radiumstrahlen oder durch chemische Sub- Stanzen parallele Veränderungen in der Entwieklung der durch sie befruchteten Eier ergeben würde. Dagegen bestehen in der Ausführung und in der Bedeutung der beiderlei Arten von Experimenten Verschiedenheiten, die mir noch zu einigen Bemerkungen Anlaß geben. Die Methode der Bestrahlung ” 574 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni 1913. der Keimzellen mit Radium- und Mesothoriumpräparaten hat den Vor- teil der größeren Sicherheit in der Wirkung. Die &- und y-Strahlen durehdringen den vor Verdunstung geschützten Samentropfen wohl in allen Richtungen ziemlich gleichmäßig und wirken ebenso gleich- mäßig auf die Samenfäden ein, da diese besondere Schutzeinrichtungen gegen die Strahlung kaum besitzen werden. Ein zweiter Vorteil besteht in der Möglichkeit, die Strahlen- wirkung ziemlich genau abzustufen, sei es, daß man verschieden starke Präparate oder dasselbe Präparat in verschiedener Zeitdauer verwendet. Der Experimentator kann dementsprechend die Samen- fäden bald weniger, bald mehr durch Bestrahlung beeinflussen und verändern. Dies muß sich dann wieder in einem verschieden stark gestörten Ablauf des Entwieklungsprozesses bemerkbar machen. Auf Grund zahlreicher Experimente war ich so in den Stand gesetzt, ihre Ergebnisse in Gestalt einer Kurve mit abfallendem und aufsteigen- dem Schenkel zu veranschaulichen. Derartig sichere Resultate scheinen sich mir nach den bis jetzt von mir gesammelten Beobachtungen, die ich allerdings als noch nicht abgeschlossen bezeichnen muß, durch die chemischen Eingriffe nicht erreichen zu lassen. Die von mir mit den verschiedenen Stoffen an- gestellten Experimente fielen in ihren Ergebnissen viel weniger gleich- artig aus. Samenfäden, die einzeln in der chemischen Lösung herum- schwimmen, müssen, wie sich erwarten läßt, stärker affiziert werden, als solche, die in einem diehten Haufen zusammenliegen, in dessen Mitte die schädigende Substanz schwerer und nur in größerer Ver- dünnung eindringt. Ferner zeigte sich viel weniger eine gleichmäßige Steigerung der Wirkung, wenn die Samenfäden nach verschiedenen Zeiten aus der chemischen Lösung genommen und zur Befruchtung von einzelnen Eiportionen verwandt wurden, wie dies in den Radium- experimenten der Fall war. Bei diesen wird ja auch mit jedem neuen Zeitintervall neue strahlende Energie dem Samentropfen von der auf- gelegten Kapsel zugeführt; die chemische Lösung aber bleibt in der ganzen Zeit, während deren sich die Samenfäden in ihr befinden, ein und dieselbe; zum Teil wird sie sogar abgeschwächt werden, in- dem das chemische Reagens durch die beim Zerzupfen des Hodens mit hineingeratenen Gewebsteile und organischen Flüssigkeiten ab- sorbiert und gebunden wird. Noch mehr aber scheint mir der ungleiche Ausfall der Experi- mente durch ein Moment bestimmt zu werden, welches zwar hyp0- thetischer Natur, aber wahrscheinlich das wichtigste ist. Es muß als sehr wahrscheinlich bezeichnet werden, daß bei den Samenfäden das Chromatin ihres Kopfabschnittes, die Substanz, auf deren Beein- Herrwie: Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. 575 flussung der Ausfall des Experiments abhängt, durch irgendeine Schutzvorrichtung, entweder durch eine weniger durchlässige, beson- dere Rindensubstanz oder durch eine Lipoidhülle, wie viele Physio- logen für manche Zellen annehmen, gegen chemische Veränderungen ihrer Umgebung geschützt sein muß. Dieser Schutz wird nicht nur bei verschiedenen Tierarten wahrscheinlich ein sehr ungleicher sein, sondern auch bei Vertretern derselben Spezies oder bei Samenfäden aus derselben Keimdrüse Variationen darbieten können. Es ist be- kannt, wie bei den Tieren, die ihre Geschlechtsprodukte direkt in das Wasser entleeren, die Resistenz der Samenfäden gegen dasselbe außerordentlich schwankt. Während bei Süßwasserfischen, wie der Forelle, die Samenfäden bei ihrer Entleerung in das Wasser schon innerhalb einer Minute absterben, sind sie bei Rana fusca noch nach einer halben Stunde zum Teil gut beweglich. Letztere müssen daher ohne Frage gegen den Wechsel des umgebenden Mediums, nämlich der Körperflüssigkeit gegen Wasser, eine viel bessere Schutzvorrich- tung als bei den Forellen besitzen. Auch gegen die zu den Ver- suchen angewandten chemischen Lösungen verhalten sich nicht alle Samenfäden des Frosches gleichartig. Während bei Anfertigung eines Deckglaspräparates ein Teil schon bewegungslos geworden und abge- storben ist, befindet sich ein anderer Teil noch längere Zeit in lebhafter Bewegung; er nimmt allmählich an Zahl ab, es werden nach einiger Zeit nur vereinzelte, schließlich gar keine Samenfäden mehr in Be- wegung angetroffen. Wenn meine Annahme richtig ist, so kann der im Vergleich zu den Radiumexperimenten mehr schwankende Ausfall der chemischen Versuche nicht in Erstaunen setzen. Denn je nach ıdem Besitz besserer oder mangelhafterer Schutzvorrichtungen werden die Samenfäden weniger oder stärker verändert werden und ihre Schädi- gung in den durch sie befruchteten Eiern zur Geltung bringen. In seinen chemotherapeutischen Untersuchungen hat Esericr' ein verschiedenes Verhalten gegenüber chemischen Heilmitteln auch bei niedersten, mit einem Geißelanhang ausgestatteten einzelligen Orga- nismen, den Trypanosomen, beobachtet. Während die Mehrzahl dieser parasitischen Krankheitserreger durch Fuchsin, Trypanrot oder durch kompliziert gebaute Arsenverbindungen, Atoxyl, Salvarsan und ihre Derivate, wenn sie subkutan dem Körper einverleibt werden, gewöhn- lich abstirbt, kann in manchen Fällen ein Rest von ihnen überleben bleiben, sich bald wieder vermehren und ein Rezidiv der Krankheit hervorrufen. Nicht selten läßt sich dann beobachten, daß der bei —.. ı P. Enrriıcn, Beiträge zur experimentellen Pathologie und Chemotherapie, Leip- zig 1909 und in anderen Schriften. 576 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni 1913. Beginn der Kur erfolgreiche Eingriff» bei abermaliger Wiederholung der Injektion des Heilmittels überhaupt keine Wirkung mehr ausübt. Wenn derartige Trypanosomen auf ein anderes gesundes Tier über- tragen werden, in ihm sich vermehren und es krank machen, so ver- sagt auch in diesen Fällen das sonst bewährte Heilmittel und ebenso bei jeder neuen Übertragung auf ein anderes Versuchstier. Eurzich glaubt diese Erscheinung in der Weise erklären zu können, daß die Trypanosomen durch wiederholte Behandlung mit Fuchsin, Trypan oder geeigneten Arsenpräparaten ihre Konstitution etwas verändert und, wie man sich ausdrückt, eine Immunität, die dann sogar erblich ge- worden ist, gegen das Heilmittel erworben haben. Er nennt daher derartige, gewissermaßen durch Zucht erhaltene Trypanosomenstämme fuchsin- trypan- oder arsenfest gewordene. In der vierten Auflage meiner Allgemeinen Biologie' habe ich die von Eurricn gegebene Deutung seiner Experimente auch angenommen und in ihnen einen Beweis für die Vererbung einer neuerworbenen Eigenschaft, in unseren Fällen der veränderten Widerstandskraft gegen Fuchsin-, Trypan- oder Arsenlösungen erblickt. Enruicnas Experimente lassen aber auch noch eine andere Deutung zu, in der Weise, wie ich sie für das ungleiche Verhalten der Samen- fäden gegenüber chemischen Eingriffen in dieser Abhandlung gegeben habe. Auch gegenüber den Heilversuchen mit Fuchsin, Trypan und Salvarsan kann das verschiedene Verhalten der Trypanosomen einfach darauf beruhen, daß sie in verschiedener Weise, wie ich es für die Samenfäden auseinandergesetzt habe, gegen den chemischen Eingrift geschützt sind. Es würden daher bei dem Heilversuch die überleben- den Trypanosomen nicht durch das angewandte Mittel fest gegen das- selbe gemacht worden, sondern am Leben geblieben sein, weil sie von Haus aus in ihrer etwas abweichenden Organisation einen größeren Schutz besaßen. Es würde also durch die Fuchsin-, Trypan- und Arsenbehandlung nur eine Selektion einer gegen dieses Heilmittel besser geschützten Modifikation vorliegen. Eine durch besondere Experi- mente herbeizuführende Entscheidung, welche von diesen beiden Er- klärungen die zutreffendere ist, scheint mir nicht leicht zu sein. Ich halte die zweite Erklärung, welche eine von vornherein bestehende Verschiedenheit in der Konstitution der Trypanosomen annimmt, für die einfachere. Sie stimmt mit der für das verschiedene Verhalten der Samenfäden gegebenen Erklärung überein. Ich schließe mit einem kurzen Hinweis auf das allgemeinere Inter- esse, welches Experimente wie die mitgeteilten, auch für manche Fra ' Oscar Herrwıc, Allgemeine Biologie, 4. Aufl., Jena 1912, S. 687—89- Herrwis: Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. 717 gen der menschlichen Entwicklung wohl beanspruchen dürfen. Wie bekannt, nehmen auch beim Menschen befruchtete Eier nicht selten eine gestörte Entwicklung. Sie sterben dann entweder schon in den ersten Wochen ab und werden als Fehlgeburten ausgestoßen, oder sie liefern schon weiterentwickelte verschiedenartige Mißgeburten, Monstra, welche einen Bestandteil anatomisch-pathologischer Sammlungen bilden. Beim Menschen läßt sich die Frage, auf welche Ursachen derartige abnorme Produkte der Entwicklung zurückzuführen sind, auf experi- mentellem Wege nicht aufklären. Wohl aber lassen sich durch aus- gedehnte Tierversuche die Wege feststellen, auf denen in der Natur die Entstehung von Mißbildungen zustande kommen kann. Schon liegen solche Versuche in der Literatur in nicht geringer Anzahl vor, aus der Klasse der Fische, der Amphibien, Vögel und Säugetiere. Sie lehren, daß Störungen der Entwicklung des Eies aus chemischen Ursachen wohl die häufigsten sind. Je nach der Zeit ihrer Einwir- kung lassen sich 3 Gruppen aufstellen. Erstens kann die chemische Störung nach der Befruchtung des Eies auf einem früheren oder späteren Entwicklungsstadium, z. B. während des Furchungsprozesses oder während der Bildung der Keimblätter oder der ersten Anlage der Achsenorgane erfolgen. Wenn befruchtete Eier vom Frosch oder Axolotl den Furchungsprozeß anstatt in reinem Flußwasser in sol- ehem durchlaufen, welchem nur 0.6 Prozent Kochsalz zugesetzt ist, so entwickeln sich alle Embryonen mit starker Schädigung des Zentral- nervensystems, mit Anenzephalie und Hemikranie, Mißbildungen, über welche ich vor ı8 Jahren der Akademie eine Mitteilung gemacht habe‘. Fischlarven mit Zyklopenauge wurden von dem amerikanischen For- scher Stockuarn” durch Zusatz von Magnesiumchlorid zum Meerwasser künstlich hervorgerufen. Über experimentell mißgebildete Hühner- embryonen liegen die umfassenden Untersuchungen von DARESTE u. a. vor. Dies sind nur wenige Hinweise auf die ältere Literatur. Eine zweite und eine dritte Gruppe umfaßt die Mißbildungen, welche auf chemische Schädigung entweder der Eier oder der Samen- fäden in der Zeit vor dem Zusammentreffen beim Befruchtungsakt zu- rückzuführen sind. In diesen beiden Fällen setzt sich das befruchtete Ei aus zwei ungleichartigen Komponenten zusammen, zum Teil aus ——.__ ! Oscar Hrrrwıc, Beiträge zur experimentellen Morphologie und Entwicklungs- geschichte. Die Entwicklung des Froscheies unter dem Einfluß schwächerer und stär- kerer Kochsalzlösung. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLIV, 1895. Derselbe, Experimen- telle Erzeugung tierischer Mißbildungen. Festschrift für K. Grezssaur. Leipzig 1896. 2 Ca. R. Srockuarv, The artifieial produetion of a single median Cyclopean eye in the fish embryo by means of sea-water solutians of Magnesium-Chlorid. Arch. f. Entwicklungsmech. 1907, Bd. XXI1. Sitzungsberichte 1913. 55 578 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni 1913. einem normalen, zum Teil aus einem geschädigten Idioplasma. Ent- weder kann das kranke Ei von einem gesunden Samenfaden oder umgekehrt ein gesundes Ei von einem kranken Samenfaden befruchtet werden. Von dem Zusammenwirken beider Komponenten muß dann der Ausfall der gestörten Entwicklung bestimmt werden. Hier ist Gelegenheit gegeben, durch zytologische Untersuchungen der Kern- verhältnisse noch manchen tiefern Einblick in diese Art von Ent- wieklungsstörungen zu gewinnen. Wie ich bei verschiedenen Gelegenheiten und an mehreren Tier- arten im Zeitraum von 40 Jahren habe nachweisen können, sind die Eier die empfindlicheren Keimzellen. Sie können durch alle möglichen Eingriffe, durch chemische, mechanische und thermische, leicht geschä- digt werden. Bei der Befruchtung läßt sich die veränderte, nicht mehr normale Konstitution der Eizelle daran erkennen, daß anstatt eines Samenfadens, wie normalerweise, deren mehrere in den Dotter dringen und Erscheinungen veranlassen, die als Überfruchtung oder Poly- spermie' bekannt sind. Die Folge derselben ist eine von Anfang an gestörte Entwicklung des Eies, die meist zu einem frühzeitigen Abster- ben führt. Eine Schwächung des Eies tritt aber auch schon dann ein, wenn es nach Beendigung der Reifeprozesse, also nach der Bildung der Polzellen und des Eikerns, nicht rechtzeitig befruchtet wird. Es ent- steht dann ein Zustand, der als Überreife bezeichnet wird und allmäh- lich zum vollständigen Absterben führt. Durch Befruchtung von über- reifen Eiern mit gesundem Samen kann man bei Amphibien zahlreiche Mißbildungen niederen und höheren Grades erhalten, die mir bei einer früheren Gelegenheit in großer Zahl vorgelegen und so einen Einblick in die Entstehung der Spina bifida” gegeben haben. Viel schwieriger als bei Eiern ist eine Schädigung durch chemische Eingriffe bei Samenfäden herbeizuführen. Hauptsächlich liegt dies wohl mit daran, daß, ehe eine Beeinflussung des Idioplasmas eintritt, schon die Geißelbewegung leidet. Entweder wird sie abgeschwächt oder ganz zum Stillstand gebracht, so daß eine Befruchtung des Eies aus diesem lediglich mechanischen Hindernis nicht mehr möglich ist. Auf die wissenschaftliche Untersuchung der Frage, wie krankhafte Keimzellen auf den Entwicklungsverlauf einwirken, hat die Schädi- gung der Samenfäden vor derjenigen der Eier einen großen Vorzug. Denn während im letzteren Fall meist Überfruchtung mit ihren schon an sich nachteiligen Folgen eintritt, erfolgt bei Schädigung der Samen- ! OÖ. u. R. Herrwis, Über den Befruchtungs- und Teilungsvorgang des tierischen Eies unter dem Einfluß äußerer Agentien. Jena 1887 ® Oscar Herrwie, Urmund und Spina bifida. Eine vergleichend morphologische teratologische Studie an mißgebildeten Froscheiern. Arch.f.mikrosk. Anat. Bd. 39- 1892. Herrwis: Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. 79 fäden die Befruchtung der gesunden Eier in normaler Weise, also monosperm. Daher ist hier die später hervortretende Störung im Entwicklungsverlauf einzig und allein durch die unendlich kleine Quantität der kranken Substanz des eingedrungenen Samenfadens ver- ursacht worden. A priori ist auch für den Menschen die Möglichkeit gegeben, daß eine gestörte Entwicklung des Eies aus den drei erwähnten Ur- sachen entstehen kann: erstens aus chemischer Schädigung des Eies auf frühen Entwicklungsstadien nach der Befruchtung, zweitens aus Schädigung des Eies allein oder drittens des Samenfadens allein im Zeitraum vor der Befruchtung. Da Experimente ausgeschlossen sind, läßt sich die Frage für den Menschen nur nach den Beobachtungen und Krankengeschichten beurteilen, die in der medizinischen Literatur vorliegen. Dieselben sind aber aus leicht verständlichen Gründen weit davon entfernt, einen Ersatz für planmäßig angestellte wissenschaftliche Experimente zu bieten. Sie können daher nur mit Vorsicht und strenger Kritik be- nutzt werden. Am häufigsten wird der Mißbrauch des Alkohols als Ursache für Keimesschädigung und Degeneration der Nachkommenschaft ver- antwortlich gemacht. Eine Zusammenstellung der auf diesem Gebiet vorliegenden sehr umfangreichen Literatur hat Horpe' in seinem ver- dienstlichen 1912 in 4. Auflage erschienenen Buch »die Tatsachen über den Alkohol« gegeben. Auf Grund ärztlicher Beobachtungen vertritt er u.a. hier auch die Ansicht, daß »im Rausch des Vaters erzeugte Kinder nicht selten in hohem Grade erblich belastet seien und idiotisch, rhachitisch oder schwachsinnig werden sollen«. Die von ihm angeführten Fälle sprechen, wie Horre bemerkt, »mit der Eindringlichkeit des Experiments«; er versucht die verhängnisvollen Wirkungen der Zeugungen im Rausch dadurch zu erklären, daß der aufgenommene Alkohol, wie auch durch physiologische Untersuchungen von NıcLoux, RENAULT und BERTHOLET ermittelt worden ist, sehr schnell in die Geschlechtsdrüsen und speziell in die Samenflüssigkeit über- geht und so die Samenfäden zu schädigen vermag. Ob indessen eine derartige Wirkung schon von einer einmaligen übermäßig großen und zu schwerem Rausch führenden Alkoholauf- nahme herrühren kann, scheint mir in mancher Hinsicht unwahrschein- lich zu sein. Denn wie die beim Frosch von mir angestellten und vor einem Jahr hier mitgeteilten Experimente zu dieser Frage ergeben haben, werden 5 ers: Gemische sowohl von Äthyl- wie von Methylalkohol ! Huco Horre, Die Tatsachen über den Alkohol. 4. Auflage. München 1912. 55) 580 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni 1913. stundenlang von den in sie gebrachten Sarmenfäden vertragen. Noch nach acht Stunden waren die aus der Mischung entnommenen Samen- fäden bei mikroskopischer Betrachtung lebhaft beweglich. Sie waren auch nieht durch den mehrstündigen Aufenthalt in einem 5 prozentigen Alkoholgemisch in ihrem Idioplasma geschädigt worden. Denn nach einer, zwei oder drei Stunden wurden mit ihnen Froscheier noch mit gutem Erfolg befruchtet. Dieselben boten einen vollständig regelmäßigen Ver- lauf ihrer Entwicklung dar und lieferten Larven, die von denen des Kontrollversuchs in keinem Punkt zu unterscheiden waren. 5prozentige Konzentrationen von Alkohol wie in unserem Versuch, werden aber in den Körpersäften eines Trinkers wohl überhaupt nicht erreicht. Denn im Blut seiner mit Alkohol behandelten Versuchstiere, Meerschwein- chen und Hund, hat NıcLoux nur 0.13—0.47 Prozent Alkohol nach- weisen können. Trotzdem bin ich, wie Hoppe und viele andere Forscher, der Über- zeugung, daß chronischer Alkoholmißbrauch nicht nur die Leber und manche andere Organe, sondern auch die Keimdrüsen und die sich in ihnen bildenden Eier oder Samenfäden, und dadurch auch die Nach- kommenschaft, nachteilig beeinflußt. Einen kaum anzufechtenden Beweis hierfür hat Srocknarn' in einer soeben veröffentlichten Experimentalstudie über den Einfluß des Alkohols auf die Keimzellen und die Embryonalentwicklung des Meer- schweinchens geliefert. In ähnlicher Weise, wie ich in den mit meinem Sohn ausgeführten Radiumversuchen drei Gruppen von Experimenten als A-, B- und C-Serie unterschieden habe, je nachdem beide Kom- ponenten oder nur der Samenfaden oder nur das Ei bestrahlt und dann durch Befruchtung vereinigt worden sind, ist SrockHArn in seinen Alkoholversuchen vorgegangen. Er hat einmal männliche Tiere von Meerschweinchen, die längere Zeit unter Alkoholwirkung durch Ein- atmung von Alkoholdämpfen gehalten worden waren, mit normalen Weibehen kopuliert, zweitens hat er alkoholisch gemachte Weibehen mit normalen Böcken belegt und drittens hat er alkoholische Weibchen mit alkoholischen Männchen verbunden. In allen drei Gruppen, am stärksten aber in der dritten Gruppe, machten sich die üblen Folgen des viele Monate fortgesetzten Alkoholgenusses durch Degeneration der Nachkommenschaft, durch frühzeitigen Abort, durch schwächliche und kleinwüchsige Junge bemerkbar. Das Gesamtergebnis seiner Versuche hat Srocknarn in folgende Sätze zusammengefaßt: neun zur Kontrolle vorgenommene Paarungen normaler Meerschweinchen ergaben sieben ! CnarLes StockHARD, An experimental study of racial degeneration in mammals treated with alcohol. Arch. of internal Medicine Vol X, 369-398. Herrwis: Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. 581 lebende Würfe. Diese bestanden im ganzen aus 17 Individuen, die sämtlich am Leben blieben und für ihr Alter kräftige Exemplare dar- stellten. Dagegen ergaben 42 Paarungen alkoholisierter Meerschwein- chen nur ı8 lebende Junge, und von diesen lebten nur sieben, dar- unter fünf Kümmerlinge, länger als einige Wochen, während die Kon- trollpaarungen 17 Junge ergaben, welche alle am Leben blieben und sich zu normalen, kräftigen Tieren entwickelten. Es liegt nahe zu vermuten, daß ähnliche schädliche Wirkungen, wie durch lange fortgesetzte übermäßige Alkoholaufnahme, auch durch andere giftige Substanzen auf die Keimzellen unter besonderen Bedin- gungen ausgeübt werden können. Auch hierfür ein Beispiel, welches mir ebenso beweisend als die durch Alkohol herbeigeführte Keimes- verderbnis (Blastophorie) zu sein scheint. Es handelt sieh um Leute, welche sich in einer Anzahl von Gewerben der Bleivergiftung aus- setzen. Die schädliche Wirkung auf die Nachkommenschaft ist durch Cost. PauL' in einer statistischen Zusammenstellung eines größeren Materials eingehend besprochen worden. Dieselbe tritt am deutlichsten bei Bleiarbeiterinnen hervor. In einer Zusammenstellung, die 7 Frauen betraf, wurden in einem Zeitraum von einigen Jahren 32 Schwanger- schaften festgestellt. Von diesen führten ıı zu frühzeitigem Abort, ı Kind wurde totgeboren; von den 20 lebendgeborenen starben 8 im ersten Jahr, 4 im zweiten, 5 im dritten und nur ein einziges Kind wurde großgezogen. Aus seinen Beobachtungen kommt PAvr auch zu dem für uns besonders wichtigen Ergebnis: »L’influence du plomb transmise par le pere & l’enfant est tout aussi reelle que quand c'est la mere qui s’est exposee.« Doch sind die von ihm angeführten Fälle, in denen ein unter Bleikrankheit leidender Vater mit einer ge- sunden, in einem andern Gewerbe beschäftigten Frau eine geschädigte Nachkommenschaft zur Welt gebracht hat, so spärlich, daß sich nicht Jeder von der Beweiskraft seines Schlusses überzeugt fühlen wird. Gleichwohl halte ich prinzipiell eine durch Bleikrankheit des Vaters hervorgerufene Schädigung der Samenfäden und eine Über- tragung derselben durch die Befruchtung auf das normale Ei einer gesunden Mutter für ebensogut möglich, als ich im Tierexperiment durch Radiumbestrahlung oder durch Behandlung mit Methylenblau, Chloralhydrat und anderen geeigneten Substanzen die Samenfäden in einen pathologischen Zustand versetzt und denselben durch die Be- fruchtung auf ursprünglich gesunde Eier übertragen habe. ! Consrantın Paur, Eiude sur l’intoxication lente par les preparations de plomb, de son influence sur le produit de la conception. Arch. gener. de medeeine. 1860. Vol. I, p. 513 N Ser. t. 15). 582 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni 1913. Ich beschränke mich hier auf diese wenigen Hinweise. Wie man sieht, ist die Einwirkung chemischer Substanzen auf die Lebensvor- gänge in der Zelle ein wenig bearbeitetes Gebiet, welches die zu- künftige Forschung gewiß noch vielfach beschäftigen wird. Für den Arzt aber wird es von um so größerer Wichtigkeit werden, als Stoffe, die niehts weniger als indifferent sind, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt in größerer Zahl und Menge, und nicht selten in maximalen Dosen, per os oder, was noch gefährlicher ist, subkutan dem menschlichen Körper einverleibt werden. Der Forscher, welcher sich gewissenhaft die Frage vorlegt, was wir denn eigentlich von der Wirkung dieser Stoffe im menschlichen Körper, von der Wirkung auf die in verschiedener Weise darauf reagierenden Organe und Gewebe wissen, wird sich sagen müssen, daß unsere Kenntnisse hierüber nur sehr unvollständige sind und sich meist nur auf die gewünschte therapeutische Hauptwirkung beziehen, während fast alle Nebenwirkungen ganz im dunkeln bleiben. Nament- lich gilt dies für Substanzen, die in nicht direkt lebensgefährlicher Dosis, aber längere Zeit gebraucht werden. Denn Schädigungen, die sich im menschlichen Körper allmählich nach Jahren und Jahrzehnten einstellen, entziehen sich gewöhnlich einer ursächlichen Erkenntnis, da bei den vielfachen Schädigungen, denen der Körper ausgesetzt ist, die zusammengehörigen Ursachen und Wirkungen nicht mehr zu er- kennen und zu erweisen sind. Daß chemische Substanzen direkt die Keimzellen schädigen, aber in ihren Wirkungen sich erst bei der Entwicklung der Nachkommen- schaft erkennen lassen, diese auch für die Wohlfahrt des Menschen- geschlechts wichtige Frage glaube ich im Prinzip festgestellt zu haben. Tafelerklärung. Fig. 1. A und B: 2 Larven von Rana fusca, am sechsten Tage nach der Be- frachtung, mit Spina bifida und verdoppeltem Schwanz. B zeigt zugleich Anencephalie. Die Eier wurden mit Samenfäden befruchtet, die. 30 Minuten mit o.15 prozentiger Chloralhydratlösung behandelt waren. C: Zu dem Versuch gehörige, normale und gleichaltrige Kontrollarve. Vergrößerung achtfach. Fig. 2A undB. 8 Tage alte Larven von Rana fusca. A: Chlorallarye, entstanden aus einem Ei, das mit Samenfäden, die mit 0.15 prozentiger Chloralhydratlösung 30 Mi- nuten vorbehandelt waren, befruchtet wurde. B: Gleichaltrige, normale Kontrollarve. Vergrößerung 8 fach. ig. 3. ı2 Tage alte Larven von Rana fusca. A und:B: Ausgeschlüpfte Chloral- larven, entstanden aus Eiern, die mit Samenfäden nach vorausgegangener halbstündiger Behandlung mit 0.15 prozentiger Chloralhydratlösung befruchtet worden waren. A. Larve ohne, B. mit starker Bauchwassersucht. C. Gleichslirign; normale Kontrollarve. Ver- größerung S fach. Ausgegeben am 26. Juni. Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1913. Taf. V. Fig. 1. Herrwig: Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. 583 SITZUNGSBERICHTE 1913. XXX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 19. Juni. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. PLanck. *l. Hr. Roerue sprach über Wolfram und Chrestien. An der Hand der von Baısr abgedruckten Pariser Handschrift von Chrestien's »Contes del Graal« wird der Versuch gemacht, Wolfram’s »Parzival« auf die leitenden künstlerischen und menschlichen Motive zurückzuführen, aus denen sich die besondere Art und Überlegenheit der deutschen Dichtung gegenüber der französischen Vorlage erklärt. 2. Hr. Rorrue legte vor die Untersuchung von Hrn. Prof. Kurrer- MEYER in Baltimore »Die Doppeldrucke in ihrer Bedeutung für die Textgeschichte von Wieland’s Werken«. Die Akademie genehmigte die Aufnahme dieser Arbeit in die Abhandlungen. Die grosse Verbreitung der Wieland’schen Doppeldrucke wird dargelegt; selbst von Bänden der Octav-Ausgabe letzter Hand kommen sie zahlreich vor. Weiter wird angedeutet, welche methodischen Consequenzen sich daraus für die Aufstellung des kritischen Apparats der akademischen Wielandausgabe ergeben; die meisten dieser Doppeldrucke sind als Nachdrucke zu behandeln, falls sich der erste Druck sicher feststellen lässt; doch wird die Frage dadurch complieirt, dass ‚step Doppeldrucke als Druckvorlagen neuer verbesserter Originalauflagen gedient h 3. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: ein neu askeiier Band der Inseriptiones Graecae, Vol. 5, Fasc. ı, enthaltend die In- schriften von Laconien und Messenien bearb. von W. Kose (Berolini 1913), ein weiterer Band der von der Akademie durch Subseription auf 40 Exemplare unterstützten Evrer-Ausgabe der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft, Ser. I, Vol. 10, enthaltend die Institutio- nes caleuli differentialis hrsg. von G. Kowarzwskı (Lipsiae et Berolini 1913), ferner N. 2 der vom Deutschen Entomologischen Museum her- ausgegebenen Supplementa Entomologica (Berlin-Dahlem 1913), ent- haltend Beiträge zur Insectenfauna von Formosa, gleichfalls mit Unter- stützung der Akademie erschienen, endlich H. Mürter-BresLau, Die neueren Methoden der Festigkeitslehre und der Statik der Baukon- struktionen. 4. Aufl. 1913). | pe a aa weise oder auch in weiterer Ansführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder Sollte eine dem min Medien: reiligirenden 8 er abe in den akademischen Sehriften zur en ae so hat ° e Ww erfasser einer aufgenot nen are sehaftlichen kurse ung dieselbe anderweitig früher zu nach den gel- er dazu der Ein- diese ı beabsichtigt, als ihm dies tenden Bcbiierein zusteht, so bedarf e demie. Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist den \ erfassern unbeschränkt gestattet, Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus & 22. Sitzungsbericht _—. eine Übersicht über die in der re vorgetragen wissenschaftlie hen er lungen und über die zur V 'eröfenilichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten Hinter den Titeln der wissenschaftlicheh wg folgen in dieser Übersicht kurze ne rselben welche die Verfasser einreich See antwortlich sind. der Regel auf 5b Druckzeilen beschränken, keinesfalls 10 un überschreiien. icht der Akademie erscheinenden : en werden mit vo m 8 bezeichnet, bei den für die ren Ge wird »(Abh.)« zuge W issenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in welcher deren Anfnahme in die akademischen Schriften tig beschlossen wind. - us $ 27. as a. useript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufı alias in die Fa ehte zu- este Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen arm muss der Regel nach in der s bis Freitag 10 Uhr Morgens © oder a er ‚Reichsdrucke rei druck- vars ah en, RES ein meer © kanır von vorn herein mit Mittheilungen ge- h Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den in Rn, ” 3 und & enthaltenen en. nicht ent- sprech Die Reichsdruckerci reise spätestens am Montag Abend die Correeture Hi r wohnenden oder an- Verfasser, ar an die "Mitglieder, welche die Mittheilung vorgel aben, mit der ie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde; wünscht h die 'mit see: den evision zu lesen, m bereits R Dienstag früh an die Druckerei gg ern. "Wird die er ur! als bis Dienstag Abend von der damit be- ten Pers« ee so da diese es zu verantworter enn die Armenien in einem spätere ae re werden Correeturen nur auf Verlangen e Verfasser pen . auf Erscheinen Bi Tr ze nach acht Tagen. Fremden Ve deren Correeturen erst noch dem en ge zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- sichert Bear Aus Jie Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- nee Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1910: A a isch-mathematische Classe . » » - Philosophisch-historische Classe . » » + - Abhandlungen. Jahrg. 1911: Physikalisch-mathematische Ph hisch-historische Classe . » - + » Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1910, Zur Bareı Gedächtnissrede auf Hans Heinrich Landolt Ütien: Kraus: Über den anatomischen Bau der baumartigen ‚Oyperacee Schoenodendron amerun Exoıer und i Escı. aus Fiscmea: Gedächtnissrede auf Jacobus Henricns van't Hof ae a einrich rg a Mosr: Zur Glied Frankreichs Dies: u handschriftliche Overleferung des Galen" kamen die a Gedächtn chem Wege edge ner . Hevsier: Zum isländischen Fehdewes er Sturlungenzei Srruve: Bahnen der Urannstrabanten. .. ; Abtleiling: Obero Ein manichäischen BEN LLER: blatt aus einem — »” ” * ” * ” * 2 * * * “ * ” M 34. a. a Tee Se EN De ee.) ee, A ee re nd 38, u PERS WA Ba RR SE ae A Se EN he he . 5 1912 und 1913. BE M “ 1911, * ” * ” * an ee ” “ ” . ” 27 * * * * * va 3— ” ” Pr En » ” 3.50 schen. Commentars zum Prorsheticum des - Goidelen vom Continent nach Irland? PR we, en e ee a qi ten RE ee uch Ariane) rare E, LicHTEnsteis: Beweis des Satzes, zn .. — an im wesentlichen s ge- rümmte, singularitätenfreie Fläe ück a ı Theil einer Ebene ka und in den kleinsten Theilen Misse ar ebildet erden kan A.vox Le Cog: Türkische Manichaica aus > tscho. AN Br Die muslimischen Inschriften von Perg M. ae Phönieische und aramäische Ken gauschrifien. aus _Eleyhantine C. Frank: Zur Entzifferung der altelamischen Inschrifteı F. Scaurtness: Zurufe an Thiere im Arabischen A. Jonnsen: Die ee der Inseln S. Pietro ds. Ar ER (Sardinien ö H. Kraatsen: er ische Studien zur Rassendingnasik der Turfanschädel . E. Körter: Über Gr enzfall, in welchem ein ebenes Fachwerk von n Knotenpunkten und 2n—3 a is ein ge = Fachwerk von n Knotenpunkten und 3n—6 Stäben nicht mehr statise ve best E. Mırrwoc#: Zur Er öineeriehrehin des islamischen Gebets und Kultus Sitzungsberichte der Akademie. Preis des Jahrgangs Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1912. F. Freen: über den Gebirgsbau des Tauros in seiner Bedeutung für die Beziehungen der euro- Jäischen und asiatischen Geb irge VON age ENDoRFF und &. PLaumans: Nliaspapyrus P. >. Morgan (iierzu Taf. IX und x SCHWARZSCH Spe granhäun) jective . Erpuans: Es und Verstehen (2. Aufl.) Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1913. NoRrDpeEn: = Cicero’s Werkst Wareurg, G. LeitnÄuser, E. ie End c. Mauser Her die Constantia c es Keine schen Str: K. ar und EUSE: die ge Wärme von Helium und. ‚einigen aweiatomigen Gasen mes +20 und —ı80° ‚ isch Wan: zur Theorie der elektrischen Ki in Me : UR: Rusxer: übe er die Mensa h . J. Mewarpr: eine Fälschung Cnarrıer’s in * Schi ‚über das Kine ; Heırmass: über die Herkunft der nn en a Herrmann: psychologisch bedingte Fehler bei mieteorologischen Beobachtungen . . LiDzBarskı: eine De nisch- ne Bilinguis aus einem Tempel des Massinisak (hierzu Taf. D Fischer und K. Zacn: Reduction der Ace ge ie und ähnlicher Stoffe ABERLANDT: zur Pe Be Zel Itheiln ans t, u: das Gleichgewicht zwischen Oscilatore, freien Elektronen und strahlender Wärme WuarDEr das Skelet eines el = F.E. ee die Erhebungen auf d Eabben - und Wangenschleimhaut d der Säugeihiere II. Die Beutelthiergattung Macropus a ae Taf. I, IH und IV) Lüpens: die Sakas und = 'nordarische’ Sprae J. Stark, R. Künzer und G. Wespr: ein-, zwei- ik dreiwerthige Linien: des Alumni in den ra , K. Meyer: zur keltischen Wor ind: E:., Frogexıus: über die ! MER schen Zahlen E. Fıscner und M. Raraporr: a, die Carbomethoxyderiv: ate der Piisnalesrbomsänren und i ihre erwendung für & Syuthesen IX. Derivate der Pyr: a a ; E. Fıscner und H. O.L. HER: Ss nthese der o-Diorsellins UBENS: über die cn Wellnläng des Wasserdampis und über neue > Reststrahlengruppen im ı Gebiete er ellenlängen . eh die Be Bestim ing des Geoids im Gebiete des Har Her ee durch chemische Eingriffe as Taf. v) E23 » s s ” s E Ü ” EIER SE? Q = ” » E 3 s = s = = s s » ” 3 » = 1913. XXXI. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Öffentliche Sitzung am 26. Juni. (S. 585) Rorter: Ansprache. (S. 585) Norpen: Antrittsrede. (8.590). — Diers: Erwiderung. (S. 594) Scuwarzscrrn: Antrittsrede. (S.596). — Pıaxck: Erwiderung. (S. 600) Scaucnnarpt: Antrittsrede. (S. 602). — Rorrse: Erwiderung. (S. 604) Beckmann: Antrittsrede. (S. 605). — Pıanck: Erwiderung. (S. 608) Losscucke: Antrittsrede. (S.609). — Diers: Erwiderung. (S. 611) Russer: Gedächtnissrede auf Hermans Munk. (S. 613) Rorrer: Gedächtnissrede auf Erıcn Scaumr. (S. 617) Preisaufgabe der CuAurLortex-Stiftung. (S. 624) Stipendium der Epvarp Gernarp-Stiftung. (S. 625) Verleihung der Leiexız-Medaille. (S. 626) Adresse an Seine Majestät den Kaiser und König zum fünfundzwanzigjährigen Regierungs- jubiläum am 16. Juni 1913. (S. 627) BERLIN 1913. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER, Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften. Au Sl. Die Akademie giebt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichur ngs hte der Königlie und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «. 3 ar 8.2. ° Aufnahme in die ge die een wer mi ittheilung muss in einer aka- demischen Bitzung ira wenden, wobei in re Biss efern ist. Nicht- - haben die Verm lung eines ihrem Fache an else een zu benutzen. $ 3. iner aufzunehmenden rn ei glieder Der Umfang e in der Regel in den Sitzungsberiehten bei Mit ı in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen See in. berschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung r dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen hnenlichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. s 4 ollen einer Mittheilung Abbildungen im Ar oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, sind die ee > (Zeichnungen, a Original- aufnahm s.W. Ferien mit Asa Manuseript, jedoch auf Teklaasai Blättern Die ia der Kondihe er Vorlagen haben der Regel die Verfasser zu n. Sind diese ae aber auf einen erhebli chen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewi darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Bin san mit a schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständi Die Kosten de der a rvielfältigung übernimmt ie Aka- bei den Abhandlungen 300 Mar durch das Secretariat geboten Aus $5. Nach dd Yorlegung und Einreichung des el iruckterigen Be pts an den zuständigen Secreta Archivar wird ea ya der Mittheilung in die akademischen Sehrift wenn eines der erg Mit- ee es ee Verde ckt abgestim Mittheilungen von Verfassern, weiche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Rege ist Vorberathung Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Niehtmitgliedes in die Abh handlungen, dieser Beschluss der Bestä RER durch die Gesammt- emie v ry: As Tr 1 . { Aus $ & 6. nr wenn es sich nicht bloss um glatten Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes = die Wahl - ee enthalten. Bei Rt ee remder sind diese Anweisungen von deı legenden vor Einreichung des Manuseripts Bee selbe hat zu vergewissern, dass der Rss seine Mittheilung als vollkommen druckreif Die erste Corre Sn ur Mittheilungen ee die Verfasser. Fremde n diese erste Correetur an das vorlegende Mitglied ae Die Correetur soll nach Möglichkeit nicht über m Berichtigung von Druckfehlern und leichten Schreibversehen hinausgehen. Umfängliche Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung des redi- girenden Secretars vor der Einsendung an die Druckerei, und die en en zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflich Aus $ 8. Von allen in die Sitzungsberichte oder re aufgenommenen se ee en Reden Adressen oder Berichten werden für die Ve re von wissenschaftlichen ee wenn deren er ' jm Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel u abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen aus- gegeben werden. Tr EN ne m ha hi 7 7 Fils 7 1 RE | für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. den Sec aus den Sitzungsberichten ver Von d erhält ein Verfasser, welcher Mitglied 5 a demie zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 F exemplare; er ist er berechtigt, zu re Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl dies ee dem ne ee Seere gezeigt Baer. wün ze uf seine Kosten Be ehe treffenden Class \iehtmitglieder erhalten 50 Frei- xemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exemplare auf ihre Ko = abziehen lassen. n den Sonderabdrucken aus den Abhandlungen er- u ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie = zu unentgeltlicher Verden ng exemplare; er ist indess berechtigt, zu de ae ie auf Kosten der Akademie weitere Exe bis zur Zahl gezeigt ang A zur V ertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu gung e oder der be- e Kosten abziehen lass 17: Eine für die akademischen Schriften zZ stimmte wissenschaftliehe Mittheilung dar in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs PRRERR auf S.3 des Umschlags.) 585 SITZUNGSBERICHTE 1913. XXX DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 26. Juni. Öffentliche Sitzung zur Feier des Regierungsjubiläums Seiner Majestät des Kaisers und Königs und des Lrisnizischen Jahrestages. Vorsitzender Secretar: Hr. Roerae. Die Sitzung eröffnet der Vorsitzende mit folgender Ansprache: Noch wärmt und erhellt uns das Herz die Erinnerung an die Fest- tage unseres erhabenen Kaiserlichen Schirmherrn; schien es doch, als wolle der Sonnenschein am Himmel und auf den Gesichtern der Men- schen im Bunde mit dem nächtlichen Fackelglanz aus deutschen Landen alle Wolken, alles Dunkel scheuchen: wir konnten die traurige Tat- sache vergessen, daß große Kreise des Volkes sich in häßlich eigensin- nigem Groll abseits stellten. Auch die Akademie durfte durch ihr Sekre- tariat mündlichen Glückwunsch darbringen, und ihr berufener Sprecher hob in den kurzen Sätzen, die ihm gestattet waren, als die Seele aka- demischer Arbeit den ewigen menschlichen Drang zur reinen Er- kenntnis hervor. Unmittelbar vor uns waren die Technischen Hoch- schulen zum Worte gekommen, die entschiedenste Verkörperung der angewandten Wissenschaft; wir wissen, wieviel Interesse unser Kaiser gerade dieser Seite geistigen Strebens widmet. Aber die Antwort, die der Akademie zuteil wurde, bestätigte von neuem, was wir aus den kaiserlichen Worten unseres Jubiläums wußten, daß Kaiser Wırnerm über der Freude an den modernen Wundern der Technik den sittlichen Wert wie die verjüngende befruchtende Kraft nicht vergessen hat, die über Ort und Zeit hinaus eben nur der reinen Erkenntnis innewohnt. Der heutige Tag vereinigt die festlichen und dankbaren Gefühle, zu denen uns das Regierungsjubiläum Seiner Majestät den frohen An- laß gibt, mit der jährlichen Erinnerung an den geistigen Schöpfer der Akademie, an GorTrkiep Wiruerm Leisenız. Auch ihm waren die reine und die angewandte Wissenschaft keine Gegensätze; ja, als er die Preu- Bische Akademie schuf, da war ihm die »Beförderung der nutzbaren Sitzungsberichte 1913. 56 586 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. Künste und Wissenschaften«, waren ihm die »gemeinnützigen Appli- cationes« geradezu die Hauptsache, der Kern des Programms, nicht nur äußerlich, um Stimmung zu werben und Mittel frei zu machen, sondern aus der kräftigen Zeitüberzeugung seines wandelbar reichen Geistes. Damals nahm der königliche Stifter fast den minder praktischen Standpunkt ein, als er in der Generalinstruktion vom 11. Juli 1700 auch die Pflege der »uhralten teutschen Haubtsprache« und der in ihr schlummernden »Schätze teutschen Alterthumbs« der neu zu gründen- den Akademie auferlegte. Ihn leitete nicht nur das Bewußtsein von der Bedeutung historischer Sprachkenntnis für das richtige Verständ- nis alter Urkunden, das allerdings großen praktischen Wert gewinnen konnte; ihn trieb vor allem der fürstliche Wunsch, aus der Vergangen- heit Ruhm und Würde des Vaterlandes zu steigern, ein Wunsch, der das 17. Jahrhundert um so tiefer bewegte, je dürftiger dieses Vater- landes Gegenwart sich darbot. Dem ersten Preußenkönig ist die Würde seiner Krone so sehr Herzenssache gewesen, daß ihm dadurch die Sorge für Kunst und Wissenschaft unter ideellere Gesichtspunkte rückte, als das sonst dem Geiste der Zeit entsprach. Sein Nachfolger, den unnützen Wissenschaften gründlich abhold und höchstens der Medizin und Chemie gnädig, hätte sich auch durch die kriegswissenschaftlichen und technischen Miszellanea schwerlich kö- dern lassen, zu denen der immer noch rührige Lrisxız die erschlaffende Sozietät antrieb. Um so entschlossener bekannte sich der große FrIEDrICH zu den Wissenschaften, von denen sein Vater nichts wissen wollte, zumal zur Philosophie; nie hat sie die preußische Akademie in dem Maße beherrscht als in den Tagen, da diese französisch sprach. Und doch, bei allem durstigen Erkenntnisdrang, der in den Einzelnen lebte, im Geiste der Aufklärung lag nun einmal ein naiver Optimismus, dem der Weg vom Erkennen und Wissen zur Tat nur ein selbstverständlicher kleiner Schritt schien: so stecken in den weitausschauenden Preisauf- gaben, durch die Frreprıcns Akademie die Welt interessierte, offen und verborgen soviel praktische, moralische, politische Hinter- und Nebenge- danken, wie das unserer Art zu forschen ganz fern gerückt ist; nicht zuletzt in den Aufgaben, die der König selbst gestellt hat. FRIEDRICHS akademischer Discours de l’utilit© des seiences et des arts dans un Etat, mit glühendem Eifer geschrieben, verteidigt jenen höheren Nutzen, wie ihn bald Propheten der neuen Weltanschauung, etwa ScHiLLErR, priesen, noch immer auf der niederen Schanze praktischer Nützlichkeit. Und unter Frieprıcn Wırnern III., der die Akademie nur in lauer Pietät gegen die Ahnen aufrecht erhielt, wird wieder lediglich »die Wissen- schaft, sofern sie nützt«, die Vervollkommnung der Künste und Hand- werke ihr eigentlicher, nüchtern ausgesprochener Lebenszweck. Rorrne: Ansprache. 587 Aber der treffliche Monarch, dessen Andenken das Gedächtnisjahr in verdienten Ehren hält, war der Sohn einer vergangenen Zeit. Um ihn schoß nun der neue deutsche Geist in überwältigender Fülle auf, ohne daß er sich in ihm zurechtzufinden wußte. Dieselben großen Tage, in denen Kant und Hamann, HERDER, GOETHE und Schnitzer die Kunst von der Pflicht zur Nützlichkeit definitiv befreiten, sie haben auch die reine Erkenntnis zum anerkannten lebenspendenden Feueratem der Akademie gemacht. Auch hier hat dem preußischen Staat zu Jena die erlösende Stunde geschlagen, die das verstohlene Bedürfnis hoher Seelen zu einem sittlich gebietenden und stählenden Gemeingefühl aller ernsten Forscher umschuf. Frieprıcn Wırneım wußte in dem ent- scheidenden Augenblick die große Hohenzollerntugend, überlegene Ratgeber zu finden, mit der gleichen, bewundernswerten königlichen Weisheit und Demut, Pfliehttreue und Treffsicherheit zu üben, wie wir sie an seinem zweiten Sohne verehrt haben; und als der König Wirserm von Hunsorpr an die Spitze des preußischen Bildungswesens stellte, da tritt die rein ideelle Aufgabe der Akademie in lauterer Fassung gleichberechtigt, ja übergeordnet neben die mit dem Tages- leben enger verbundene Universität. Alles aus einem allgemeinen Prinzip abzuleiten, alles einem Ideal zuzubilden, jenes Prinzip und dies Ideal zu einer Idee zu verbinden: das sind für Humsonnr die Wege und die Ziele der echten Wissenschaft, die man nie ganz finden und eben darum ewig suchen soll: nur bei diesem Streben wohnt der Wissen- schaft die geistige Kraft inne, an der der Staat das tiefste Interesse hat. Und für diese Wissenschaft soll die Akademie die höchste und letzte Freistätte bilden, vom Staate am meisten unabhängig, dem sie in einem höheren Gesichtspunkte gerade dann am meisten dienen wird, wenn er nichts von ihr fordert, was sich unmittelbar und geradezu ‚auf ihn bezieht. Die Pfade der akademischen Arbeit sind wesentlich anders gelaufen, als sie Humsoupr Emmen? im Geiste der SEMERERBEEIE IN kündete. Dem starken Aufschwung der hist h-philologischen Studien entwuchs 1815 der Plan des Corpus inscriptionum Graecarum und damit zugleich das Programm, der Akademie Unt zur Aufgabe zu stellen, die kein Einzelner leisten kann, sondern nur eine Gesamtheit. Das Jahrhundert, das seitdem verflossen ist, hat immer entschiedener diese Richtung ver- folgt. Die individuelle Schöpferkraft der großen Gelehrten, die die Akademie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vereinigte, und die den heroischen Mut hatten, ganze Wissenschaften aus eigenster Kraft neu zu erzeugen, hat im Bunde mit der Kargheit der ersten Mittel unter Frrenrıcn Wırnerm III. den Übergang zur organisierten Arbeit noch aufgehalten. Aber schon unter seinem Nachfolger wird 36* 588 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. die Richtungslinie deutlicher. Frieprıcn Wırnerm IV. war derjenige preußische König, der der Akademie die nächsten persönlichen Be- ziehungen gönnte. Wie er der erste und getreuste fürstliche Besucher unsrer Öffentlichen Sitzungen war, so hat er auch sonst in bescheidener Liebe und mit innerem Anteil jeden Fortschritt der Wissenschaft ver- folgt und gefördert: sein entschiedener königlicher Wille hat mit sicherem Verständnis für das Bedürfnis der Zeit Staatsgelder und per- sönliche Schenkungen dafür eingesetzt, daß der Akademie die Mög- lichkeit gewährt wurde, die wissenschaftliche Arbeit in größerem Stil zu fördern als je zuvor. Und wenn sich unter Wirnernm I]. jener persön- liche Zusammenhang wieder lockerte, so hat doch » das jedem preußischen Könige innewohnende Gefühl für Wissenschaft«, zu dem gerade er sich alsbald bekannte, besonders ausgiebig dafür gesorgt, daß die gesteigerten Mittel des neuen Preußen auch der Akademie reichlich zuflossen. Das Jahr 1874 war das Stufenjahr, das der Akademie zuerst die Bewegungs- freiheit für größere wissenschaftliche Unternehmungen aus gesicherten Einkünften gewährte. Aber so deutlich wir durch die ersten drei Viertel des letzten Jahrhunderts das Anwachsen der organisierten Arbeit im Schoße der Akademie verfolgen können, erst die Regierung Wirnerns Il. hat diese Entwicklung zu innerer Geschlossenheit gebracht. Geschichtliche Rück- schau auf frühere Tage vertieft die ehrerbietige Dankbarkeit, mit der wir zu dieser Stunde auf die 25 Jahre blieken, in denen Wirneın Il. über uns waltet. Wir denken freudig der beiden festlichen Sitzungen, zu denen wir uns um. unsern Kaiser sammeln durften. Froh eines Königs von eignem Wollen und Meinen, der gewillt ist ratend und fördernd mitzutun und der zur Wissenschaft ein persönliches Ver- hältnis besitzt, haben wir den Anregungen gelauscht, die er uns in Worten und Gaben lieh. Wir würdigen tief das Vertrauen, das Kaiser und Regierung uns in diesem Zeitraum stets gleichbleibend ge- währt und betätigt haben. Unsre Unternehmungen und Kommissionen haben sich seit 1888 verdreifacht und vervierfacht; strecken sie ihre Arme aus zu den Sternen, auf die uns schon unsre Devise weist, SO haben sie doch auch die langversäumte Fürsorge für die Erkenntnis nationalen Geistes bis in sein Kleinleben hinein endlich nachzuholen begonnen. Der Staat hat in schönem Idealismus eine Kategorie wissen- schaftlicher Beamten der Akademie geschaffen, die nur der Wissen- schaft leben dürfen. Wenn sich deutsche Macht auf Meer und Luft ausgedehnt hat, auch uns ist das zugute gekommen. Von den stolzen Bauten auf dem Potsdamer Telegraphenberg bis zu den jüngsten Schöpfungen der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft hat die Akademie u einer stattlichen Zahl von Forsehungsinstituten nahe Fühlung gewonnen. Rorrae: Ansprache, 589 Ferne Weltteile haben unsern und uns nahestehenden Expeditionen reichen Ertrag für Natur- und Geistesgeschichte gegeben, und wir sind uns still bewußt, wie oft uns das persönliche Interesse, die persön- liche Opferwilligkeit unsers Monarchen Schwierigkeiten überwinden half. Das Gesamtbild organisierter Arbeit, wie es sich jetzt in der Akademie darstellt, darf auch dem Eindruck machen, der sich im Herzenskämmerlein vielleicht zurücksehnt nach der großen Zeit der schaffenden Einzelnen. Und wir gedenken zu dieser Stunde mit warmer Dankbarkeit des ausgezeichneten Beraters der Krone, FrıiepricH ALTHorrs, des getreuen Helfers, der nie um Mittel verlegen war, wenn sein scharf prüfender Geist einen wissenschaftlichen Gedanken als fruchtbar und ausführbar anerkannt hatte. Es ruht nicht zuletzt auf seinen Anre- gungen, wenn wir heute mit den Akademien deutscher Zunge im engern, mit den Akademien der Welt im weitern Bunde vereinigt sind. So baut sich jene Organisation, die vor einem Jahrhundert schüchtern einsetzte, zu wissenschaftlicher Weltarbeit aus, wie sie Leısnızens weit sich spannender Geist wohl ahnte, doch kaum zu hoffen wagte. Aber es ist gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die Organisation trägt die Beschränkung in sich: sie führt auf Be- schaffung und Sammlung der Materialien, auf einheitliche Bearbeitung nach festen Regeln, also im Grunde doch auf Vorarbeiten: nicht weiter. Die Bändereihen wichtiger Ausgaben aus alter und neuer Zeit, aus deutscher, antiker, orientalischer Geisteskultur, aus Kirche und Recht, Philosophie und Diehtung dehnen sich aus; die großen Schatz- kammern des Tier- und Pflanzenreiches, der Geschichte des Fixstern- himmels, der römischen, ägyptischen, deutschen Wörterbücher, der Mün- zen und Inschriften füllen sich, und hinter ihnen erheben sich Archive, die dem abgeschlossenen Werk ein Weiterleben sichern, das vor dem Veralten schützen soll. Die Fülle der Materialien und Fakten, die wir feststellen und häufen, wurzelt in dem gesunden Respekt vor der Tatsache, vor der möglichst reichen Empirie, in dem redlichen Willen, kommender steigender Erkenntnis den sichern Unterbau zu schaffen, und mehr noch als die Mitlebenden werden künftige Geschlechter uns Dank wissen. Aber wir wollen uns doch nicht verhehlen, daß diese Entwicklung auch Gefahren birgt; die Masse des Stoffs droht den zu ersticken, der ihrer geistig nicht Herr zu werden vermag: nichts tötender, als wenn das Material Selbstzweck wird. Sehon die nächste Leisniz-Sitzung wird sich nach menschlichem Ermessen in den schöneren und würdigeren Räumen unseres alten Akademieviertels abspielen: auch das ein Geschenk, das wir der Für- sorge unseres Kaisers danken werden. Wir werden dieser Fürsorge lohnen, wenn wir uns beim Einzug in die neuen Räume an alt- 590 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. vertrauter Stätte jener belebenden schaffenden Kraft erinnern, die in dem jetzt verschwundenen Hause der Akademie einst ihre Großtaten vollbrachte. Ich mahne an ein wunderschönes Wort Wırnerm von Hun- BOLDTS, das in unserer an solehen Funden überreichen Akademie- ausgabe hervorgezogen worden ist: »Das wissenschaftliche Bedürfnis in seinen mannigfaltigsten Erscheinungen ist, wenn man es auf sein einfaches Wesen zurückführt, immer das Erkennen des Unsichtbaren im Sichtbaren.« HumsoLpr dachte wohl an die spekulative Durchdringung des Erfahrenen, in der er Meister war. Wir werden es weiter fassen: jedes beantwortete Warum, jeder erspürte innere Zusammenhang, jede Erfassung des Lebens in Gesetz und scheinbarer Willkür, jede Erkenntnis treibender Kräfte führt uns in das Reich des Unsichtbaren, in dem die Wissenschaft ihre wahre Heimat hat, führt uns, anders ge- faßt, tiefer in die Erkenntnis göttlicher Wahrheit, die Kaiser Wilhelm der Akademie in der feierlichen Jubiläumssitzung von 1900 zur obersten Pflicht machte. Unserm geliebten Herrn, der das ererbte Verhältnis seiner Ahnen zu unserer Körperschaft nicht nur traditionell, sondern in kraftvoller persönlicher Teilnahme fortgesetzt und bewahrt hat, zugleich dem Preußischen Staate, in dessen Schutz unsere Arbeit ge- deiht, werden wir nach wie vor am sichersten dienen, wenn wir, dem Leben nicht fremd und abhold, doch Kopf und Seele unabgelenkt jener reinen Wahrheit zugewendet halten, die dem echten Forscher als tiefer stiller Lebensquell hinter der Welt der Erscheinungen, Geschehnisse, Gedanken und Gefühle sich offenbart. Wir wollen an unserm Teil darauf bedacht sein, daß unser Vaterland, während es an äußeren Kräften sich, wie wir hoffen, dauernd entwickelt, auch jener inneren Kraft nicht verlustig gehe, aus der in den Tagen Wıruerm von HumBoLDTS das neue Deutschland erstand! Mit diesem Gelöbnis danken wir unserm Kaiser zu seinem Ehrentage! Es folgten die Antrittsreden der seit der Leisnız-Sitzung 1912 neu eingetretenen Mitglieder der Akademie. Antritisreden und Erwiderungen. Antrittsrede des Hrn. Norpven. Wenn ich, wie es der Brauch des Tages heischt, von meiner Arbeit reden muß, so zwingt mich das Gefühl zu dem Bekenntnisse tiefster Dankbarkeit gegenüber den beiden Männern, denen ich mir bewußt bin, meine erste wissenschaftliche Ausbildung zu schulden. BüchHELER, der. Präzeptor ohnegleichen, weckte die schlummernden Begriffe sprachlichen Antrittsreden und Erwid N. 591 OD Verständnisses zu lebendiger Betätigung; er übertrug auf seine Schüler die Andacht und die Liebe zum Kleinen, pflanzte in uns die Über- zeugung, daß eine gesicherte Textverbesserung ein Triumph philo- logischer Kunst sei, und lehrte uns Rırscnts und Lacumanns Arbeiten als unvergängliche Muster begreifen: die Neigung zu wortgeschicht- liehen und prosodisch-metrischen Untersuehungen auf lateinischem Sprachgebiete ist mir seit jener Zeit verblieben, davon habe ich in meinem Kommentar zu Vergil Zeugnis abgelegt. Neben Bücherer stand Usener mit seinem Gestaltungsdrange, seiner Konstruktionsgabe, der Seelentiefe seines Blicks, auch er aber ein Feind alles halben, nicht auf dem Verständnisse der Texte begründeten Wissens. Un- vergeßlich ist mir die Stunde, in der er seine Demosthenesvorlesung mit der rhythmischen Rezitation des ersten Satzes der Kranzrede eröffnete: das war dem blutjungen Studenten etwas Unerhörtes, es klang wie rauschende Musik in seine Ohren. Ein knappes Jahrzehnt später wurden alle diese Töne wieder in mir lebendig, und in ihrem Banne ging ich — audax iuventa daran, die Geschichte rhythmi- sierter Prosa zu schreiben. Den Rahmen so weit zu spannen, wie es der Stoff erforderte, hätte ich nie vermocht, wenn ich nicht aus Useners Lehre in mein wissenschaftliches Leben wie eine Selbstver- ständlichkeit die Forderung hinübergenommen hätte, daß der Philo- loge die Dokumente der alten christlichen Kirche mit dem Theologen in gemeinsamer Arbeit zu benutzen verpflichtet sei. Religionsgeschicht- liche Interessen im Verein mit stilgeschichtlichen sind es darum auch gewesen, die mich in meinem letzten Buche den Versuch unternehmen ließen, eng umgrenzte Probleme der Übergangszeit von der hellenischen zur christlichen Weltanschauung in einen historischen Zusammenhang hineinzubeziehen. Wenn ich von den Männern spreche, an die ich als meine Lehrer dankbar zurückdenke, so darf ich mit Stolz sagen, daß auch Tueonor Monmsen unter ihnen gewesen ist: hatte ich doch das Glück, im Jahre 1887 die letzte Vorlesung zu hören, die er hielt, bevor er sich ganz der Forschung widmete: die über lateinische Epigraphik. Wohl darf ich es gerade in diesem Kreise, dessen Zentralsonne er lange Jahre gewesen ist, aussprechen, daß uns junge Leute, die wir ihm damals an seinem 70. Geburtstage Blumenkränze um das schlichte Katheder des kleinen Auditoriums wanden, nichts so ergriffen hat, wie die stolze Bescheidenheit, mit der er an jenem Tage sich ein- zureihen suchte in die Geschichte der von ihm vertretenen Wissen- schaft, als hätte er nur die Summe aus dem von anderen, freilich einem Nıesunr und Borsuzsı, Erarbeiteten gezogen. Mochten wir aber im übrigen ihm gegenüber noch so gläubig sein: dieses wußten wir 592 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. besser als er, hier konnten wir ihn an ihm selbst widerlegen. Denn nachdem er den ersten, systematischen Teil seiner Vorlesung etwa mit den Worten geschlossen hatte: »ich glaube, meine Herren, daß es Ihnen ebenso langweilig gewesen ist, diese Vorlesung bisher zu hören, wie mir sie zu halten« (wogegen wir pflichtgemäß protestierten), brachte er uns von da an Abklatsche teils ganz neu gefundener, teils revidierter Inschriften mit, die er meistens erst am frühen Morgen erhalten und in der Pferdebahn gelesen hatte. So machte er uns zu Augen- und Ohrenzeugen seines staunenswerten Gedächtnisses, seiner den Zeiten und Personen ebenbürtigen Anschauungskraft, seines auch den sprach- lichen Kleinkram verwertenden Spürsinns, und sich selbst sparte er, was er wahrlich nötig hatte, Zeit, indem er in der Vorlesung für die Vorlesung und für das Corpus inscriptionum arbeitete. Dem Einflusse Büchrrers und Monmsens schreibe ich es zu, daß ich beschloß, mich vor allem der lateinischen Philologie zu widmen. Daß die Fühlung mit dem Griechischen nicht verloren ging, dafür sorgten die Persönlichkeiten meiner Lehrer und späterhin meiner Kol- legen. Aber freilich habe ich mich nicht, wie einzelne meiner Alters- und Studiengenossen, in das gelobte Land aller Bildung hinüberlocken lassen, sondern habe dem Lateinischen die Treue gehalten und be- absichtige das auch für die Zukunft zu tun: hieße es doch gerade angesichts der gegenwärtigen Vertreter der hellenischen Studien in unserer Klasse Oliven in den heiligen Hain Platons tragen, wenn ich auch meinerseits der Athena dienen wollte. Aber auch abgesehen von diesem Persönlichen: die in Deutschland bei der jüngeren Generation Jetzt übliche Geringschätzung der lateinischen Sprache und Literatur muß diejenigen, denen an der Fortdauer dieser Studien gelegen ist, mit Sorge erfüllen. Der Stolz, mit dem die hellenische Königin auf die barbarische Dienerin herabblickt, ist, geschichtlich betrachtet, nicht zu rechtfertigen: denn als nach der fast eintausendjährigen Dämmerung des Mittelalters die abendländischen Kulturvölker sich zum Lichte emporrangen, da sind es die beiden » Augen« der Renaissance, Cicero und Vergil, gewesen, durch deren Vermittlung die Epoptie des sonst zu hellen Glanzes von Platon und Sophokles vorbereitet wurde. Die neue Renaissance des hellenischen Schrifttums, die wir staunend er- leben, findet erleuchtete Augen, die voll Mitleids auf die unschein- barere, sich keines Besitzzuwachses erfreuende Schwester herabblicken. Und doch ist der alte Boden der lateinischen Philologie noch keines- wegs so erschöpft, daß er neuen Ertrag verwehre. Wer weiß, ob nicht einmal an unsere Akademie jemand herantreten wird mit dem Gesuche, ihm durch ihre organisatorische Beihilfe die Möglichkeit einer Rekonstruktion des verlorenen Livius zu verschaffen? Das wäre eine Antrittsreden und Erwiderungen. 593 der schönsten Spenden, die wir den Manen Monusens darbringen könnten. Auch die Rekonstruktion Varros (und des von ihm untrenn- baren Poseidonios) wird die Kraft eines Einzelnen übersteigen und daher vielleicht einmal von uns gefördert werden müssen. Derartiges ließe sich noch mehr anführen, aber ich übergehe es, denn es kam mir nur darauf an, den Irrtum zu zerstreuen, als ob die lateinische Philologie so ziemlich abgewirtschaftet habe und als ob von ihr gesagt werden könne: »jetzt ist alles verteilt, und es sind am Ziel die Camenen«. Sonnenwärme und Tagesglanz freilich werden nur die Diener der hellenischen Musen finden, aber auch in der Kühle des Schattens und bei Lampenlicht läßt sich arbeiten. Ich selbst freilich werde mich, wenn ich zum Schluß wieder von mir reden darf, an solchen Plänen, falls sie an uns herantreten und von uns gebilligt werden — wir alle wissen ja, wie sehr wir mit unsern Mitteln haushalten müssen und daß wir keinen zu weitgehenden Hoffnungen Raum geben dürfen —, nur beratend beteiligen können. Dagegen nehme ich in Aussicht, die Anteilnahme der Akademie für einen Plan zu gewinnen, den ich jetzt nur in seinen Grundzügen an- deuten kann. Im Altertum selbst hat es Werke gegeben, in denen die berühmten Persönlichkeiten in Kunst, Literatur und Wissenschaft nach den Stätten, sei es ihrer Geburt, sei es ihrer Hauptwirksamkeit, geordnet waren. Wir besitzen aber von diesen Werken nur dürftige Bruchstücke. Also müssen wir selbst un das riesenhafte Material zu sam- meln und zu einem g h hischen Orbis litteratus zu gestalten, der von Undie: Border u Köln bis Jerusalem, Babylon und an den Indus reicht, so weit eben, wie die Propaganda der hellenisch-römischen Kultur gereicht hat. Erst auf Grund eines solchen Werkes wird es dann möglich sein, die Wechselwirkung von Land- schaft und geistigem Leben aufeinander vor Augen zu führen. Zu einem solchen Unternehmen gibt es nur wenige Ansätze, darunter freilich zwei sehr wichtige. Hr. vos Wıranowrrz hat schon im Jahre 1881 die euböische, hellespontische und pergamenische Kultur eines begrenzten Zeitraumes zu bestimmen versucht, um dadurch den Anti- gonos von Karystos als einen Typus seiner Zeit und Umgebung zu erklären, und Monusen hat im Jahre 1886 das am Inschriftenkorpus bewährte Prinzip landschaftlicher Sonderung auf die Provinzialgeschichte des Kaiserreichs bis Dioeletianus übertragen. Noch jetzt erinnere ich mich lebhaft des starken Eindrucks, den wenige Jahre nach Erscheinen des Momnsenschen Werkes eine Vorlesung des Hrn. Diers auf mich gemacht hat, in der er die hellenistische Literaturgeschichte nach den Hauptzentren der geistigen Bewegungen und auf Grund ihrer dureh Land und Leute bedingten lokalen Sonderentwicklung vortrug. Seit 594 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. ein paar Jahren haben diese Anregungen begonnen, sich mir zu dem eben skizzierten Plane zu gestalten, für den ich, soweit er nicht in- folge anderer Arbeiten zeitweise in den Hintergrund trat, ganz im stillen tätig gewesen bin; obwohl meine Sammlungen schon einen ziemlich großen Umfang haben, stellen sie doch nur einen ganz ver- schwindend kleinen Bruchteil des zu fordernden Ganzen dar, das über- haupt ein Einzelner, selbst wenn er sich ausschließlich dieser Aufgabe hingeben würde, nie zu leisten vermöchte. Daher erlaube ich mir, schon heute die Bitte auszusprechen, daß die Akademie, wenn ich ihr zu gelegener Zeit einen Arbeitsplan vorlegen werde, diesem ihre Unter- stützung nicht versagen möge. Wenn aber schon einmal wird ge- sammelt werden müssen, so empfiehlt es sich, gleich einen anderen Plan mit hinzuzunehmen. Die Literaturen der Völker des klassischen Altertums machen durch die Strenge, mit der sie die Gattungen ban- den, einen geschlosseneren Eindruck als die neueren. Dies tritt vor allem auch durch die Titel der Werke in die Erscheinung. Während nun die antike Literatur, wenn man nur die vollständig erhaltenen Werke berücksichtigt, einem Ruinenfelde gleicht, aus dem verschwin- dend wenige Tempel unversehrt emporragen, besitzen wir eine ge- waltige Anzahl von Fragmenten mit Titelangaben, ja auch Titelkataloge von Buchlänge in beiden Sprachen. Diese Titel müssen gesammelt und gruppenweise geordnet werden: daran wird sich dann der durch die Jahrtausende ununterbrochene Zusammenhang der Schriftgattungen in einem Umfange erweisen lassen, von dem wir uns bis jetzt keine annähernd genaue Vorstellung machen können. Es ist aber klar, daß ein solches Werk die notwendige Ergänzung jeder Literaturgeschichte werden wird; Hrn. Harnacks Geschichte der altchristlichen Literatur wird uns dabei vorbildlich werden müssen. Meine eigenen Samm- lungen sind auch hier dem Scheine nach schon recht umfangreich, und ich stehe in Wirklichkeit doch auch hier erst in den Anfängen, über die ich nicht erheblich hinauskommen würde, wenn ich auf meine eigene Kraft angewiesen bliebe. Daher werde ich seinerzeit den Versuch wagen, für die Unterstützung auch dieses Unternehmens unsere Akademie zu gewinnen. Das ist ein wenig viel auf einmal und gar für einen Neophyten dieses Thiasos. Ich halte es aber, wie Sie sehen, mit Cicero: Qui semel verecundiae fines transierit, eum bene et naviter oportet esse impudentem. Erwiderung des Sekretars Hrn. Dırrs. Sie haben, lieber Hr. Kollege, mit der Pietät, die zum Wesen des echten Forschers gehört, bei dem Abriß Ihres philologischen Bildung ganges der drei Männer gedacht, denen Sie sich besonders verbunden Antrittsreden und Erwiderungen. 595 fühlen. Es begreift sich leicht, daß unter denen, die Ihnen auf der Jetzt einsamer gewordenen Via Latina voraufschritten, TuEeopor MonmsEn durch die Wucht seiner Werke wie persönlich durch seine letzte Uni- versitätsvorlesung Ihre Studien in nachhaltigster Weise beeinflußt hat. Sie haben dem unvergleichlichen Meister durch die musterhafte Her- ausgabe seiner philologischen Schriften würdigsten Dank abgestattet. Aber der Schüler wäre des Meisters unwert, wenn er nicht irgendwie über ihn hinausgeschritten wäre. Das hat dieser in dem letzten Ge- spräche, das ich mit ihm pflog, selbst bewundernd zugestanden. Wenige Tage vor seinem Ende fand ich ihn gebückt über Ihren Vergilkom- mentar mit dem halberloschenen Auge mühsam die Zeilen suchend: »Ja, die Jugend«, seufzte er, »hat es besser. Womit wir Alten ver- geblich rangen, die religiöse Frage, hier ist sie mutig ergriffen und trefflich erfaßt.« In der Tat, die Scheu vor den religiösen Problemen der Kaiserzeit, die ein Haupthemmnis bildete für die Inangriffnahme des vierten Bandes der Römischen Geschichte, hat die heutige philo- logische Generation überwunden. Sie verdankt dies vor allem der An- regung Hermann Üseners, dem Sie neben Bücherer als den Führer Ihrer Bonner Studien warmempfundene Worte des Dankes gewidmet haben. Seitdem ist von dem wichtigen Greifswalder Programm über Minucius Felix an bis zu Ihrem letzten Buche, dem Theos Agnostos, eine Hauptaufgabe Ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit der religionsge- schichtlichen Betrachtung gewidmet gewesen. Indem Sie durch diese Ihre Studien auf das der Philologie und Theologie gemeinsame Feld hinübertraten, haben Sie die von Bücnhezer ererbte Feinheit der Inter- pretation und Ihr durch ihn und wohl auch durch Kaiser geschärftes Stil- und Rhythmusgefühl als scharfe Waffen in jene gemeinsame Arena eingeführt. Der Kampf, den Ihre neueste kühne These entfacht hat, ist erst in den Anfängen. An lebhaften Scharmützeln hin und her wird es auf diesem Felde auch künftig nicht fehlen. Aber sicher- lich werden dabei die alten und neuen Methoden der philologischen Kritik, die Sie meisterlich handhaben, eine entscheidende Rolle spielen, und Scealigers Wort wird sich bewahrheiten: Non aliunde dissidia in religione pendent quam ab ignoratione grammaticae. Da Sie auf der sonnigen Mittagshöhe des Lebens in diesen Kreis eintreten, so dürfen wir erwarten, daß dem fruchtbaren Lenz und Sommer noch ein reichgesegneter Herbst folgen werde. Es ist er- freulich, daß Ihr weiter Blick und die Schwungkraft Ihres Talentes auf neue, weite Gefilde sich ausdehnen will. Sie entrollen weitaus- greifende Zukunftspläne vor unsern Augen, bei denen Sie die Hilfe der Akademie zur Durchführung für wünschenswert und nötig erachten. Niemand wird zweifeln, daß der von Ihnen skizzierte Orbis litteratus, 596 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. die Zusammenfassung der antiken Kultur nach topographisch-ethno- graphischen Gesichtspunkten, eine große und würdige Aufgabe der Wissenschaft darstellt. Freilich die von Orrrıep MüLrer begründete Kulturgeschichte der einzelnen Stämme wie die späteren von Ihnen genannten Muster dieser topographischen Methode sind individuelle Sehöpfungen hervorragender Gelehrter. Ob es daher möglich ist, eine Forschung, der solche Vorbilder vorschweben, viribus unitis zu lösen, wird seinerzeit erwogen werden müssen. Jedenfalls wird unsere Kör- perschaft Ihre Anregung vertrauensvoll entgegennehmen. Denn Ihre organisatorische und musterschaffende Kraft hat sich bereits in der mit GercKeE herausgegebenen »Einleitung in die Altertumswissenschaft« bewährt, wo Ihr Abriß der römischen Literaturgeschichte eine führende Stelle behauptet. So dürfen ' wir von Ihnen, sei es auf dem Felde der Einzelforschung oder der ten S larbeit, noch reichen Ertrag für die Akademie und für die Wissenschaft erhoffen. Wenn wir auf die monumentalen Werke schauen, die Ihre akademischen Vorgänger allein und mit Hilfe der Akademie an der Via Latina errichtet haben, dürfen wir Ihnen wohl mit Cicero das ermutigende Wort zurufen: Sors tibi campum dedit, in quo. excurrere virtus cognoscique possit! Antrittsrede des Hrn. ScHwaRrZSCHILD. Die Astronomie ist eine uralte Wissenschaft, und den Angehörigen der Astronomenzunft sind besondere Kenntnisse und Gebräuche von alters her überkommen, so gut wie unsern Schustern und Schlossern, die ihre Werkzeuge und ihre Fertigkeiten seit wenigstens 2000 Jahren fast unverändert forterben. Daher sind auch die Astronomen unter sich geneigt, nur den als voll anzuerkennen, der seine Lehrzeit ge- dient hat und sein nach altem Brauch gefertigtes Meisterstück vor- weisen kann, und aus demselben Grunde scheint die jüngere Umwelt vielfach die Astronomie zwar als etwas Ehrwürdiges anzusehen, aber zugleich als etwas Mittelalterliches und Vergilbtes, die Astronomen selbst als das erstarrte Priestertum einer erhabenen, aber ergrauten, von Riten überwucherten Lehre. Oder stärker und vielleicht schon zu stark ausgedrückt: Man erkennt die gute Herkunft der Astronomen an, hält sie aber für etwas degenerierte Subjekte, die vorwiegend in der äußeren Form, der Genauigkeit ihrer Rechnungen und dem eifrigen Gebrauch der Methode der kleinsten Quadrate die alte Kultur bewahren. Ganz gewiß ist das eine Verkennung der Astronomie der Gegen- wart. Natürlich hat die Astronomie ihre Besonderheiten, ihre unend- = lichen Zahlenrechnungen, ihre Sternkataloge. Natürlich macht sie nicht Antrittsreden und Erwid en. 597 oO leicht so explosive Fortschritte, wie z. B. die Physik in den letzten Jahrzehnten, denn sie kann die Experimente nicht in gleicher Weise häufen, sie ist vielfach darauf angewiesen, den langsamen Wandel der Gestirne abzuwarten, bevor sie zu neuen Resultaten gelangen kann. Aber nichtsdestoweniger — die Astronomie der Gegenwart zehrt nicht nur von der Tradition, sie lebt auch nicht nur vom Abglanz der Er- habenheit ihres Gegenstandes, der Unendlichkeit der Welt in Raum Zeit, sie ist vielmehr ein lebendiges Glied der gesamten jetzigen Natur- wissenschaft, deren Pulsschlag auch sie durchdringt und zu deren voller Entwicklung sie wiederum notwendig ist. Die Astronomen unterscheiden sich von andern Leuten dadurch, daß sie mit großen Fernrohren hantieren. Aber das Fernrohr ist ein physikalisches Instrument. Die ganze geometrische Optik und zum guten Teil auch die Kunst der Feinmechanik ist am Fernrohr und seiner Montierung groß geworden. Die Arbeit, in der Fraunnorer den Grund zur Spektralanalyse gelegt hat, war nach ihrem Untertitel ausge- führt »in bezug auf die Vervolll gderacl tischen Fernrohre«. Die Astronomen sind ferner Spezialisten des Newronschen Gravi- tationsgesetzes. Aber das Nrwrossche Gesetz ist das Vorbild aller bisher in der Mechanik und Physik verwandten Kraftgesetze, und die Physiker sind vielleicht nur darum weniger Spezialisten als die Astro- nomen, weil sie noch kein derartig generelles, das ganze Gebiet be- herrschendes Kraftgesetz besitzen. Dabei berührt sich das höchste noch ungelöste Problem der Himmelsmechanik, das sogenannte Viel- körperproblem, aufs engste mit einem Problem der Physik, das an die Fundamente ihrer neuesten Entwicklung greift. Das Vielkörper- problem verlangt eine Antwort auf die Frage, welche Stellungen die die Sonne umkreisenden planetarischen Massenpunkte infolge ihrer gegenseitigen Anziehung nach beliebig langen Zeiten einnehmen werden. Es ist wahrscheinlich, daß die Planeten im Lauf ungeheurer Zeiträume in alle möglichen nur denkbaren Stellungen gelangen, bei denen Energie und Impuls des Gesamtsystems ihre vorgegebenen Werte behalten, daß das Planetensystem in diesem Sinne völlig instabil ist. Aber bewiesen ist das nicht trotz der unheimlich tiefgehenden Schürfungen PoıscArEs. Im Wesen mit diesem Instabilitätssatze identisch, vielleicht noch wahrscheinlicher, aber ebenso unbewiesen ist die Behauptung von der ergodischen Natur gewisser mechanischer Systeme, die dem Satz von der Gleichverteilung der Energie zugrunde liegt. An dem Satz von der Gleichverteilung der Energie hängt aber die Frage, ob unsre bisherige Mechanik für Körper von Molekülgröße beibehalten werden kann oder ob sie, wie das überwiegend wahrscheinlich ist, durch Hrn. Praxcks Quantenhypothese ersetzt werden muß. 598 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. Es kann weiter angeführt werden, daß eine wichtige Quelle für die Elektronen- und Relativitätstheorie in einem astronomischen Pro- og lag. Die astronomische Aberration ist eine Folge der endlichen it hwindigkeit des Lichts im Äther verbunden mit der Bewegung der Erde im Weltraum. H. A. Lorentz hat sich vielfach mit der Theorie der Aberration beschäftigt und nach einer befriedi- genden Anschauung über das Verhalten des Äthers, wenn große Massen, wie die Erde, sich durch ihn hindurchbewegen, gesucht, bis er schließlich den Knoten zerhieb durch völlig konsequente Durchführung der alten Fresnerschen Annahme, daß der Äther absolut starr und durch keine auf ihn wirkende Kraft zum Fließen zu bringen sei. Da- durch war die Bahn frei geworden für die Elektronentheorie. Der völlig starre Äther trat ferner so sehr aus dem Kreis der beeinfluß- baren und damit näher erkennbaren Objekte heraus, daß auch die Relativitätstheorie möglich wurde, bei welcher der Begriff des Äthers nur als ein durch neue Erfahrungen vertiefter Raum-Zeitbegriff erscheint. Elektronentheorie und Relativitätstheorie haben auch rückwärts der Astronomie schon wieder mancherlei Probleme gestellt infolge der Modifikationen der Himmelsmechanik, die sie notwendig machen. Leider handelt es sich dabei stets um Größen höherer Ordnung, die zur Zeit noch gerade unter der Grenze der Beobachtungsgenauigkeit liegen. Aber vergönnen Sie uns noch 50 Jahre weiterer Planetenbeobachtungen mit modernen Meridiankreisen oder denken Sie die Beobachtung der Ver- finsterungen der Jupitermonde — etwa mittels der lichtelektrischen Zelle — verfeinert oder lassen Sie die neuen Interferenzmethoden auf die Beobachtung von Fixsternen anwendbar werden: dann wird auch die Genauigkeitssteigerung erfolgen — im Planetensystem der Schritt von der 6. bis 7. zur 7. bis 8. Dezimale — die über die Gültigkeit der neuen Theorien unter coelestischen Bedingungen entscheidet. Ganz besonders eng ist die Beziehung der Astronomie zu den andern exakten Naturwissenschaften natürlich auf dem Gebiete der Astrophysik. Das Dorrersche Prinzip gibt uns die Geschwindigkeiten der Sterne, die Spektralanalyse ihre chemische Zusammensetzung, das Strahlungsgesetz eine Anschauung von ihren Temperaturen. Dabei ist die Astrophysik manchmal der irdischen Physik voraus. So kennen wir in den Nebelflecken ein Element, das nach seinen Spektrallinien zweifellos ein Element sein muß, das die Astronomen Nebulium nennen und dessen Entdeckung auf der Erde zukünftige Aufgabe der Chemiker ist. Ein besonderes Desideratum haben wir zur Zeit wieder an die Physik. Wenn der Mechanismus des Leuchtens der Gase so weit aufgeklärt werden könnte, daß sich mit einiger Bestimmtheit sagen ließe, warum die Spektrallinien der Sterne so außerordentlich ver Antrittsreden und Erwiderungen. 599 schieden aussehen, bald schmal, bald breit, bald scharf begrenzt, bald verwaschen, dann würden wir sicherlich im Verständnis der physi- kalischen Verhältnisse in den Sternatmosphären eine Stufe weiter- gekommen sein und vielleicht auch ein bindenderes Urteil über die absolute Leuchtkraft der Sterne auf Grund ihrer spektralen Eigen- tümlichkeiten gewonnen haben. Die absolute Leuchtkraft der Sterne zu erfahren, ist darum ein so wichtiges Ziel, weil aus der Kenntnis der absoluten Leuchtkraft der Sterne, verbunden mit ihrer unmittelbar zu beobachtenden scheinbaren Helligkeit, sich ihre Entfernung und damit eine allgemeine Kenntnis der räumlichen Anordnung des Uni- versums ergibt. So ist der lebendigen Beziehungen zwischen der Astronomie und den Nachbarwissenschaften kein Ende. Je deutlicher das für die Ver- gangenheit ist, um so mehr werden Sie mir verzeihen, daß ich es auch durch Zukunftshoffnungen zu belegen suchte. Mathematik, Physik, Chemie, Astronomie marschieren in einer Front. Wer zurückbleibt, wird nachgezogen. Wer vorauseilt, zieht die andern nach. Es be- steht die engste Solidarität der Astronomie mit dem ganzen Kreis der exakten Naturwissenschaften. Das ist eine Überzeugung, die ich gegenüber Anschauungen, welche die Astronomie auf einen Isolier- schemel setzen wollen, bei dieser feierlichen Gelegenheit um so lieber betone, als sie gewiß von der Mehrheit dieses Kreises geteilt wird. Wer von Ihnen im praktischen Leben steht, der schätzt vielleicht sogar die Astronomie über Gebühr hoch ein, weil er bei der Physik ernüchtert wird durch ihren bereits allzu engen Kontakt mit der täglichen Not- durft; die vom Irdischen unberührte Astronomie bleibt ihm aber die rechte Wissenschaft für Feiertagsgedanken. Innerhalb der Akademie selbst bin ich der Anerkennung der Astronomie als eines lebendigen Gliedes im Gesamtorganismus der Naturwissenschaften gewiß. Und damit darf ich mich zu Persönlichem wenden: ich bin mir bewußt, daß ich nur dieser Auffassung und nicht dieser oder jener meiner zerstreuten Arbeiten die Ehre verdanke, der Akademie anzugehören. Im Sinne dieser Auffassung darf ich es mir ja als etwas Gutes an- rechnen, daß ich mein Interesse nie ausschließlich auf die Dinge jen- seits des Mondes beschränken konnte, sondern öfter den Fäden folgte, welche sich von dort oben zur sublunaren Wissenschaft spinnen und daß ich auch manchmal dem Himmel ganz untreu geworden bin. Das ist ein Trieb ins Allgemeine, der unbeabsichtigt von meinem Lehrer SEELIGER in mir gekräftigt worden ist und der dann bei Feuix Kreın und dem ganzen Kreis der Naturforscher in Göttingen weitere Nahrung fand. Dort galt die bewußte Devise, daß Mathematiker, Physiker und Astronomen eine Wissenschaft betrieben, die wie etwa die griechische 600 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. Kultur nur als Gesamtheit zu erfassen sei. Eine hohe Anschauung, der man nicht die utilitarische Frage entgegenhalten soll, ob man bei größerer Konzentration aus beschränkten Kräften einen größeren Nutz- effekt herausholen könnte. Hier ist mir nun die Leitung des Astrophysikalischen Observa- toriums bei Potsdam anvertraut. Diese großartige Schöpfung H. 0. VosEıs bedarf nur geringer Aufbesserung, um wenigstens unter den euro- päischen Sternwarten wieder mit an die erste Stelle zu rücken. Die bewährten Astronomen des Observatoriums, auf deren Mitarbeiterschaft ich stolz bin, bewahren die Tradition gewissenhafter systematischer Facharbeit. Ich betrachte es als wichtigen Teil meiner Aufgabe, diese Tradition auch fernerhin zu erhalten. Der Akademie bin ich aber vor allem dankbar dafür, daß sie mir durch die Aufnahme in ‘ihrem Kreis ermöglicht hat, mit der Gesamtheit der Naturwissenschaften in Kontakt zu bleiben und von hier manche Erfrischung nach Potsdam mitzunehmen, ohne die wir Bergbewohner dort Gefahr laufen, welt- und wissenschaftsfremde Eremiten zu werden. Erwiderung des Sekretars Hrn. Pranck. Fast mag es wie eine Art Anachronismus anmuten, wenn Sie, Hr. Kollege ScuwarzschiLp, sich heute hier der Akademie als neuein- getretenes Mitglied vorstellen. Weilen Sie doch schon seit Jahr und Tag in ihrer Mitte, und schmückt doch schon mehr als eine Frucht Ihrer Arbeit die akademischen Sitzungsberichte. Freilich, wenn man den Blick höher hebt und zurückschaut auf die Entwicklungsperiode des Ihrer Leitung anvertrauten Instituts, dann mag der Zeitpunkt Ihrer Aufnahme in die Akademie noch verhältnismäßig kurz zurückliegend erscheinen. Schon sind sechs Jahre verflossen, seit dem astrophysi- kalischen Observatorium der Schöpfer und erste Leiter, der Akademie eines ihrer anhänglichsten Mitglieder entrissen wurde, das ihr noch über das Grab hinaus durch eine hochherzige Stiftung ein fortwirkendes Zeichen seiner Hingebung bewiesen hat. Je nachhaltiger sich die Ver- ‚dienste Herrmann VosELs um sein Institut auch in der Folgezeit geltend machen, desto mehr Genugtuung wird die Akademie bei Ihrer Zu- sicherung empfinden, daß die von ihm überkommene Tradition ge wissenhafter systematischer Facharbeit, gepflegt von den bewährten Astronomen des Observatoriums, auch fernerhin aufrechterhalten und sachgemäß fortgebildet wird. Aber Sie haben sich Ihre Ziele noch weiter und in manchem Sinn höher gesteckt als Ihr Vorgänger. Ihre Auffassung von der Auf ‚gabe, die Ihnen mit der Übernahme Ihres Amtes gestellt wurde, ist, Antrittsreden und Erwid R 601 OD wie Sie uns soeben meisterlich auseinandergesetzt haben, durehdrungen von der Überzeugung, daß weder die Astronomie noch die Astro- physik sich genügend vielseitig fortentwickeln kann, wenn man nicht ihre Beziehungen zur allgemeinen Physik und Chemie derart pflegt und fördert, daß sie mit jenen zu einem einzigen Ganzen zusammen- wächst, dessen Teile sich gegenseitig ergänzen und stützen. Diese Auffassung bestimmt vom Anbeginn Ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit an die Richtung Ihrer Arbeiten. Und die Früchte sind nicht aus- geblieben. Mögen Sie das thermodynamische Gleichgewicht des Sonnen- körpers, mögen Sie den Weg der Lichtstrahlen von ihrer Emission an, ihren Druck auf die kosmischen Massenteilchen, ihren Gang durch das Teleskop, ihre schwärzende Wirkung auf den Film untersuchen, stets stellen Sie die physikalisch-chemische Forschung in den Dienst der astronomischen, und machen dadurch reiche Ernte. Aber Ihr letztes, höchstes Interesse gehört doch — sofern ich Sie richtig beurteile — den Prinzipienfragen. Dem Prinzip der kleinsten Wirkung haben Sie in einer schlichten, aber dafür um so eindrucks- volleren Abhandlung die Elektronentheorie unterworfen, und das große Stabilitätsproblem beschäftigt Sie von Ihrer Münchener Zeit her bis zum heutigen Tage. Seltsam und doch gewiß nicht zufällig, daß gerade in diesem nämlichen Problem die scheinbar entgegengesetzten Gebiete der ex- akten Naturforschung: die Astronomie und die Molekularphysik, zu- sammentreffen. Und es wäre gewiß nicht das schwächste Kennzeichen für die Ebenbürtigkeit des menschlichen Geistes mit der von ihm in heißem Ringen umworbenen Natur, wenn es ihm gelingen sollte, mit den nämlichen Methoden die Stellarstatistik und die Molekularstatistik zu bewältigen, in einem ungeheuren Gedankensprung die Fixsterne mit den Molekülen vertauschend. Dann mag auch die Erwartung nicht allzu gewagt erscheinen, daß die Lösung der Aufgabe in beiden Fällen ein einigermaßen analoges Gepräge tragen wird. Sie drücken sich in dieser Beziehung sehr vorsichtig aus, wie sich das für einen richtigen Astronomen geziemt; die Physiker müssen in ihren Behauptungen schon etwas kühner sein, um ihre Sache vorwärts zu bringen, und so will auch ich mit meiner Überzeugung nicht zurück- halten, daß die Grundlage der ganzen bisherigen statistischen Mechanik, die Hanıtrosschen Differentialgleichungen, zwar in vielen Fällen, bei nicht zu schnellen Zustandsänderungen, als eine ausgezeichnete Nähe- rung, aber im allgemeinen keineswegs als der exakte Ausdruck der Bewegungsgesetze zu betrachten sein möchten. Was an ihre Stelle zu treten hat, wird sieh freilich nieht mit einem Schlage durch hoch- fliegende Spekulationen, sondern nur langsam und stückweise, dureh Sitzungsberichte 1913. 57 602 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. mühsame, Schritt für Schritt vom Einzelnen zum Allgemeinen auf- steigende Sammelarbeit herbeischaffen lassen. Es erübrigt sich, des näheren auszuführen, daß eine Arbeits- richtung wie die Ihrige, die allenthalben nach Berührungspunkten sucht, die überall in dem Vielen die Einheit erblickt, für die aka- demische Tätigkeit wie prädestiniert erscheint. Möge soleher Wechsel- wirkung im Gedankenaustausch mit Ihren Kollegen noch manches schöne Resultat entsprießen, und mögen Sie recht häufig als Gegen- gabe für das hier Empfangene eine Probe Ihrer frischen Höhenluft vom Telegraphenberg in unsern immerhin etwas schwüleren Sitzungssaal mitbringen. Antrittsrede des Hrn. ScuucHHArDT. Die Akademie hat durch meine Wahl bekundet, daß sie die vor- geschichtliche Forschung, die so lange auf dilettantischen Pfaden ge- schlendert ist, für reif hält, in einer auserlesenen wissenschaftlichen Tafelrunde zu erscheinen. Ich bin mir der hohen Ehre und der hohen Verantwortung, die dies Votum in sich birgt, voll bewußt und werde meine Kräfte mit Freuden dafür einsetzen, daß die junge Wissenschaft mit ihren älteren Gefährtinnen in diejenige Verbindung komme, die für ihr Gedeihen nötig scheint. Ich bin ihr selbst nieht von Anfang an zugewandt gewesen. Aber wenn ich den springenden Punkt meiner Arbeit bezeichnen soll, so liegt er trotz Pergamon und Troja-Mykenä darin, daß ich die Methode und die Erfahrung der klassischen Archäologie auf Deutschland übertragen habe. Als ich in verhältnismäßig jungen Jahren Museums- direktor in meiner Vaterstadt Hannover wurde, habe ich bewußten Abschied genommen von der klassischen Archäologie. Ich mußte mir sagen, daß ich die Mittelmeerländer nur in großen Zwischenräumen, und dann nur auf kurze Zeit würde wiedersehen können. Archäologie aber nur aus Büchern treiben mochte ich nicht; sie war für mich eine Wissenschaft des Auges und der Hand, in der die Beobachtung im Gelände, das Messen und Zeichnen, die stilistische Einordnung der Funde die Hauptrolle spielt. So wandte ich mich dem zu, was vor meiner Türe lag, und wenn es auch nicht das übliche Urnengraben war, was mich verlockte, so ließ ich mich doch ohne viel Wider- streben hineinziehen in die damals brennende Frage — es war kurz nachdem Momnsen die Varusschlacht im Ösnabrückschen angesetzt hatte —, ob nicht eine Menge von kleinen rechteckigen Befestigungen in Hannover und Westfalen römisch sei und durch ihre Verteilung im Gelände uns über den Verlauf der Römerkriege Aufschluß geben könne. Eine mehrjährige Arbeit an dieser Frage hat mich zu einem Antrittsreden und Erwid ; 603 oO ganz unerwarteten Ergebnis geführt: die Anlagen erwiesen sich als befestigte Königshöfe Karls des Großen, die an den Land- und Wasser- straßen etappenweise ins Sachsenland vorgetrieben sind. Sie waren die Verpflegungsstationen für das Heer und die Stützpunkte für die erste Verwaltung des Landes. Durch sie hat der Frankenkönig erreicht, was den Römerkaisern versagt geblieben war, des weiten Gebietes zwischen Rhein und Elbe Herr zu werden. Auf diesen Königshöfen sind dann die ältesten Bischofssitze in Sachsen erstanden: Paderborn, Osnabrück, Bremen, Verden, Hildesheim, auf ihnen die ersten großen Klöster, wie Corvey, Rulle, Barsinghausen, Wennigsen. Die Form der Königshöfe hat sich in den Normannenburgen und den Schlössern der Deutsch- ordensritter fortgesetzt. Von da an sind die Befestigungen, die Burgen, die Leitsterne meiner Forschung geworden. Ich hatte sie als archäologische Werte von stärkster und weitester Bedeutung erkannt. Die Burgen sind die Sitze der politischen Verwaltung gewesen von früh bis spät. Wie uns schon von den »Pagoi« des Servius Tullius berichtet wird, die er zum Schutze der Landbevölkerung gebaut hat, daß in jedem ein Vogt wohnt, der die Listen führt, die Steuern erhebt und im Kriegsfall das Aufgebot erläßt, so weiß auch der sächsische Helianddichter nicht anders, als daß in der Burg der Bote des Kaisers sitzt, der alle auf- schreibt, die zu ihr gehören und nicht versäumt, einem jeden die Kopfsteuer abzunehmen. Eine Burg hat man nie zum Vergnügen ge- baut, sondern nur wo es galt, Gefährdetes zu schützen. Darum be- zeichnen die vielen bronzezeitlichen Burgen in der Mark und der Lausitz die schwierige Lage der Suebenvölker, die damals die Ostmark des Ger- manentums hielten, und die Donau hinunter haben sich schon steinzeit- lich die Burgen entwickelt, die nachher im troisch-mykenischen Kreise als Herrensitze auftreten. Auf’ der suebischen »Römerschanze« bei Potsdam habe ich auch ein stattliches Haus gefunden, genau von dem Grundriß der Megara von Troja, Tiryns und Mykenä. Der Boden aber, auf dem das Griechentum zur Vollendung gekommen ist, steht in altem Kulturzusammenhange mit Westeuropa, wo das runde Haus und die Hockerbestattung bis ins Paläolithikum zurückgehen, der Heroenkult zuerst geblüht hat und die älteste Leder- und Kupferarbeit zu Hause ist. Mit alledem hat meine Forschung einen Kreislauf gemacht; das Germanische hat mich dahin zurückgeführt, wo ich einst mit dem Griechischen begonnen hatte und dies wieder sich mit Spanien, Frank- reich und den Rheinlanden verknüpft. Einen solchen Kreis aber, der die Kulturentwieklung von Alteuropa bedeutet, nicht bloß abzutasten, sondern wirklich zu erforschen, übersteigt die Kräfte einer einzelnen Wissenschaft, dazu gehört eine Akademie der Wissenschaften. Und 604 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. auch die Akademie wird nur dann mit festen Schritten vorwärts- kommen, wenn ihr von außen her der Weg geebnet wird, wenn eine Einrichtung, wie sie für die klassisch-archäologische, für die orienta- lische und ägyptische, ja seit einiger Zeit auch für die römisch- germanische Forschung besteht, endlich auch für die rein germanische geschaffen wird. Eine größere offizielle Fürsorge für die heimischen Altertümer, für ihre Erhaltung wie für ihre Untersuchung, ist eine Forderung des Tages. Daß sie, wenn auch nicht in Tagen, so doch in absehbaren Jahren, erfüllt werde, das wird hoffentlich das Schwer- gewicht der rasch erstarkenden germanischen und europäischen Vor- geschichtsforschung, verbunden mit dem tätigen Wohlwollen, das ich die Akademie bitte ihr entgegenzubringen, von selbst bewirken. Erwiderung des Secretars Hrn. RorrT#r. Die Akademie freut sich, in Ihnen, Hr. SchucahnArpt, nicht nur ein neues tätiges, gedanken- und plänereiches Mitglied zu begrüßen, sondern zugleich einer neuen Wissenschaft ihre Pforten zu öffnen. Die Frage schiert uns wenig, ob die Prähistorie in Bausch und Bogen als akademiereif gelten darf: denn Ihre Forscherpersönlichkeit hat unser volles Vertrauen, und der tüchtige Mann bricht seiner Wissen- schaft, wie billig, die Bahn. Freilich, der erste Herold der Prähistorie in der Akademie sind Sie nun doch nicht. Schon vor 140 Jahren hat der alte kränkelnde Jon. GEORG SuLzer, als er sich zur Erholung 1775 in Nizza aufhielt, dort einen Bronzenagel aus einem Kalksteinbruch nachdenklich be- trachtet und seine Meditationen in den Memoiren der Akademie nieder- gelegt: er schob ihn vor den Trojanischen Krieg, wußte aber sonst nicht viel mit ihm anzufangen. Sehr viel glücklicher hat dann eine Generation später GoETuES kunstverständiger Freund Aroıs Hırr seine Liebe für das Charakteristische auch darin betätigt, daß er ohne vor- nehmes Naserümpfen Methode und Gelehrsamkeit an »Denkmäler der nordischen Völker« setzte, angeregt durch bescheidene, obendrein von ungeschickten Spaten arg beschädigte Gefäßfunde, die ihm die Roll- berge in der Hasenheide geboten hatten. An flottem Zufassen fehlt es bei ihm sowenig wie an Umsicht und selbst Vorsicht. Aber die Technik der Untersuchung, schon des Grabens selbst, steckte noch ganz in den Kinderschuhen: wie hätte er sich gewundert, wenn er unter Ihrer Führung erlebt hätte, was ein dem Laien kaum sichtbares Pfostenloch der Nedlitzer Römerschanze Ihrem geschulten Auge und Denken verraten hat. In der Prähistorie, die es sich zur Aufgabe stellt, aus kargen Bodenfunden ganze Welten ferner und fernster Vergangenheit“ auf- Antrittsreden und Erwiderungen. 605 erstehn zu lassen, liegt ein gefahrvoller Anreiz zur verwegnen metho- dischen Überschätzung von Konstruktion und Kombination. Wie vielen Ihrer Fachgenossen kosten Jahrtausende weniger Skrupel, als dem Historiker mittlerer und neuerer Zeit die bloßen Jahre und Tage sie bereiten. Sie, Hr. Scnuc##Arpt, hat dreierlei vor Extravaganzen be- hütet: einmal die gute Schule der klassischen Archäologie, von der der Prähistoriker zu lernen hat, wie alle Philologien von der klas- sischen gelernt haben; dann der Respekt vor dem Einzelfall, den Sie mit Spaten, Auge und Hirn an Ort und Stelle exakt in seiner Sonderart bis aufs letzte zu erfassen sich gewöhnt haben; endlich ein gesunder historischer Sinn, der auch in der Bodenforschung mit Vorliebe das geschichtlich Faßbare aufsucht. Das Finder- und For- scherglück, mit dem Sie die viel verkannten Wehranlagen Ihrer westlicheren Heimat in helles geschichtliches Licht gerückt haben, hat Sie auch zu uns begleitet, und mit guter Zuversicht sehen wir aus Ihren letzten Worten weitreichende Pläne germanischer Archäo- logie auftauchen. Je breiter der Raum geworden ist, den deutsches Geistes- und Kulturleben allmählich in unserm Arbeitsprogramm ge- wonnen hat, um so willkommner ist uns die Aussicht, der akade- mischen Arbeit durch Sie, Hr. Schuc#HArpT, noch eine neue germanische Provinz zu erobern. Antrittsrede des Hrn. Beckmann. Als Mitglied der Kgl. Sächs. Gesellschaft der Wissenschaften habe ich oft genug Gelegenheit gehabt, die hervorragende Bedeutung der Kgl. Preuß. Akademie im Kreise der gelehrten Gesellschaften kennen zu lernen. Dieser nun auch selbst anzugehören, ist mir eine hohe Ehre, und zwar um so mehr, als ich in derselben an die Seite zweier besonders hochgeschätzter chemischer Fachkollegen trete. Schon früh wurde ich durch das Fabriklaboratorium meines Vaters auf die angewandte Chemie hingewiesen. Da aber meinen Angehörigen die Chemie allein nicht als sicherer Beruf galt, widmete ich mich zu- nächst der pharmazeutischen Laufbahn. Nach Absolvierung der Lehr- und Wanderjahre ging ich zu Rruısıus Fresexıus in Wiesbaden. Unter den Schülern Liesıss hat sich dieser auf die Analyse beschränkt und ist darin Meister und Muster geworden. Mit Empfehlung von Frrsextus und angezogen durch die pharmazeutisch wichtige Synthese der Salizyl- säure kam ich zu Korse und von Meyer in Leipzig. Korsr imponierte mir mit seiner festen Überzeugung und seinem Mut in der Prognose. Erfreulicherweise gelang es mir, aus organischen Sulfiden die von ihm gewünschten Derivate der schwefligen und Schwefelsäure zu gewinnen. 606 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. Leider verbannten mich diese Versuche wegen des üblen Geruchs lange Zeit aus Korses direkter Nähe. Gesellig war Kose voller Liebens- würdigkeit und Humor, aber die konstante Valenz und der Benzolring Krkun£s sowie das asymmetrische Kohlenstoffatom vaw’r Horrs fanden keine Gnade vor seinen Augen. Meine erste größere Arbeit aus eigener Initiative entstand im Institut von Roserr Orro in Braunschweig — im Anschluß an den mir übertragenen analytischen Unterricht; sie handelte über neue Ver- bindungen der Tonerde mit Baryt. Zu Koıse zurückgekehrt, kam ich infolge meiner Bekanntschaft mit der Industrie ätherischer Öle zu Untersuehungen über Bestandteile des Pfefferminz-, Poley- und Kampferöls, wie Menthon, Pulegon usw. Diese von Zeit zu Zeit wieder aufgenommenen Arbeiten werden auch jetzt noch fortgeführt werden. Nach dem bald erfolgten Tode Konses kam WisLicenus an seine Stelle und damit der begeisterte Anhänger von Kekur£ und van’T Horr. Wisuicenus brachte van’r Horrs Ideen in der organischen Chemie mit durchschlagendem Erfolge zur Geltung und Entwicklung. Auch für die Deutung meiner isomeren Menthone erwiesen sich diese An- schauungen als nützlich. Wichtiger aber wurde für mich das Studium der Oximidover- bindungen. Dasselbe förderte eine Umlagerungsreaktion der Oxime in Amide zutage, die gezeigt hat, wie leicht die sonst so feste einfache Kohlenstoffbindung und die Kohlenstoffringbindung gelöst werden können. Für die Bestimmung von Konstitutionen und zum Abbau von Verbindungen z. B. in der Terpenchemie findet sie sehr allgemeine Anwendung. Von besonderer Bedeutung war meine Übersiedlung in das Labo- ratorium von WirseLm Ostwao, zur Übernahme der pharmazeutischen Abteilung, bei dessen Berufung nach Leipzig. Dadurch kam ich als- bald in nahe Fühlung mit der physikalischen Chemie und auch in Verkehr mit einer Reihe von weiteren jetzt bedeutenden physikalischen Chemikern, wie NErNsT, ArkHenıvs, Le Branc und Tammans. Dem An- reiz, den die rasch aufblühende Disziplin nach allen Seiten übte, konnte auch ich mich nicht verschließen. Für die Deutung von zarten Isomerien, welche ich bei den Aldoximen aufgefunden hatte, war vor allem die Kenntnis der Molekulargewichte notwendig; sie ließ sich aber bei der Veränderlichkeit der Substanz, durch welche z. B. eine Dampfdichtebestimmung ausgeschlossen wurde, nach den seiner Zeit üblichen Methoden nicht erlangen. Dagegen ermöglichte die gerade auftauchende kryoskopische Methode von Raouur— van’r Horr, welche _ _ nur Löslichkeit in einem gefrierbaren Lösungsmittel voraussetzte, eine Antrittsreden und Erwiderungen. 607 Entscheidung. Zwar gestatteten die Resultate nicht sofort eine ein- fache Deutung, es gelang mir aber der Nachweis, daß Abweichungen vom einfachen Wert auf der verschiedenen dissozierenden Kraft der Lösungsmittel beruhe. Nach Auswahl des geeigneten Lösungsmittels ließen sich alle Zweifel beseitigen. Später hat Nernst diese dissozierende Kraft in glückliche Ver- bindung mit der Dielektrizitätskonstanten gebracht. Die Isomerie der Aldoxime gab in der Folge den Anstoß zur Be- gründung der Stereochemie des Stickstoffs durch Hanrzscn und Werser. Unter Beteiligung von Arrnenıus gelang es mir, der Kryoskopie oder Gefriermethode eine Ebullioskopie oder Siedemethode gleichwertig zur Seite zu stellen. Diese Methoden sind jetzt nicht nur für die Bestimmung von Molekulargewichten, sondern auch für die Beurteilung von Lösungen und der darin stattfindenden Vorgänge von allgemeinster Bedeutung geworden. Deren apparative Ausgestaltung, Sicherung und damit unternommene Studien über wissenschaftliche wie praktische Pro- bleme haben mich viele Jahre in Gießen, Erlangen und Leipzig beschäftigt. Im Anschluß daran versuchte ich auch für andere physikalisch- chemische Methoden z. B. die Bussensche Spektralanalyse und die Be- obachtung der optischen Drehung verbesserte Laboratoriumseinrich- tungen zu schaffen. Schließlich sei erwähnt, daß ich durch Planung bzw. Ausführung von Laboratoriumsbauten in Gießen, Erlangen und Leipzig viel in Anspruch genommen worden bin. Für Berlin habe ich mich bei den Plänen für eine »Chemische Reichsanstalt« sowie bei der Errichtung des nachher an ihre Stelle getretenen »Forschungsinstituts«, des »Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie« Jahre hindurch betätigt. Nun- mehr, nachdem letzteres großenteils fertig gestellt ist, hoffe ich, mich wieder ungestört chemischen Untersuchungen hingeben zu können. Zunächst werden mich die Bildung und der Zerfall der Substanzen beim Lösungsvorgang weiter beschäftigen. Außer einer elektrolytischen, hydrolytischen und thermischen Dissoziation scheinen noch andre Ein- flüsse des Lösungsmittels zu bestehen, welche ev. zur Verkleinerung des Moleküls führen. Für die Technik können die lockeren Anlagerungen von Lösungsmitteln, wie ich sie z. B. bei den braunen Jodlösungen im Gegensatz zu den violetten angenommen habe, großen Wert be- sitzen; dieselben dürften unter Umständen die Reingewinnung von Substanzen erleichtern. Sind erst Mittel vorhanden, die beim Institut vorgesehene tech- nische Abteilung zu bauen, beabsichtige ich von solchen Gesichts- punkten aus z. B. die fraktionierte Destillation aufs neue zu studieren. Vielleicht werden dann auch systematische keramische Untersuchungen 608 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. ausgeführt, welche eine Verbesserung des Materials und Erleichterungen bei der Verarbeitung herbeiführen könnten. Auch den Gebieten der pharmazeutischen, medizinischen und Nahrungsmittelchemie wird mein Augenmerk zugewandt bleiben. Für die neuen Forschungsinstitute ist es von großem Wert, daß die gelehrten Akademien sich bereit erklärt haben, in den wissenschaft- lichen Beirat Delegierte zu entsenden und daß die Kgl. Preuß. Akademie sich entschlossen hat, Angehörige der Forschungsinstitute in ihre Reihe aufzunehmen. Das dadurch bewiesene Entgegenkommen werde ich, so- viel in meinen Kräften steht, zu rechtfertigen suchen. Für das in mich gesetzte Vertrauen spreche ich meinen verbindlichen Dank aus. Erwiderung des Sekretars Hrn. Pranck. Die Freude, Sie, Hr. Kollege Becxmans, im Kreise der Akademie willkommen zu heißen, ist durch einen ganz besonderen Grad von Reinheit ausgezeichnet; denn sie mischt sich nicht, wie das sonst fast immer bei solcher akademischen Begrüßung der Fall ist, mit dem Schmerz über einen vorangegangenen unersetzlichen Verlust. Ihr Ein- tritt in die Akademie, an die erste der für Leiter von Kaiser Wilhelm- Instituten bestimmten Stellen, ist ein glatter Gewinn für dieselbe, ein Geschenk, das sie mit dem geziemenden Dank gegen ihren Aller- höchsten Protektor, sowie gegen alle an der Schaffung dieser Stellen beteiligten Instanzen in Empfang nimmt. Bei dem hohen Wert, den die Akademie auf die Pflege naher Beziehungen zu den Forschungs- instituten der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft legt, weiß sie um so mehr die beruhigende Gewißheit zu schätzen, daß es von nun an niemals zu der leisesten Differenz zwischen dem Kaiser Wilhelm-Institut für Chemie und dem hierfür sachverständigsten Mitglied der Akademie kommen kann. Aber die neue Bereicherung ihrer Mitgliederzahl hätte für die Akademie bei weitem nicht ihren vollen, wirklichen Wert, wenn sie in Ihnen nur den Institutsleiter und nicht vor allem den Gelehrten und Forscher sehen würde, den sie mit Rücksicht auf seine Stellung in der Wissenschaft aus eigner, freier Wahl sich beizugesellen wünschte. Lange bevor Sie von der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft hierher berufen wurden, hatte, wie Sie wissen, die Berliner ehemische Wissenschaft ihren Blick auf Sie gerichtet, und wir dürfen den heutigen Tag, der Ihrer akademischen Stellung die Weihe gibt, zugleich auch begrüßen als das erfreuliche Schlußglied einer Kette von Verhandlungen nicht immer einfacher Natur, die sich durch manche Jahre hindurchgezogn haben. er Antrittsreden und Erwiderungen. 609 Nun ist das erstrebte Ziel erreicht, Sie sind der unsre geworden, und mit Ihnen ist dem Organismus der Akademie eine neue Kraft erstanden, die sich in ihrem vorwärts treibenden Arbeitsdrang so wenig wie durch üble Gerüche, so wenig auch durch theoretische Vorurteile zurückhalten läßt. Das beweist der bisherige Verlauf Ihres wissenschaftlichen Lebensganges, das zeigen auch die Pläne, welche Sie für die Zukunft entwickeln. Den verschiedensten Gebieten der Chemie, von den delikaten Isomerieproblemen der organischen Chemie bis zu den Molekulargewichtsfragen der physikalischen Chemie, hat Ihre Arbeit schon Früchte entlockt. Überall, wo Sie angriffen, haben Sie die Bedingungen für rationelle, solide Messungsmethoden entweder geschaffen oder verbessert. Die Beexmanssche Umlagerung, der Beckmanssche Siedeapparat haben von Gießen, Erlangen, Leipzig aus Ihrem Namen alle chemi- schen Laboratorien erobert. Möge Ihnen auch von Ihrem Dahlemer Institut aus noch mancher bedeutende Wurf gelingen! Antrittsrede des Hrn. LoEscacke. Als ich vor 36 Jahren zur Studienfahrt in den Süden rüstete und, um mir den Reisesegen zu holen, zum erstenmal vor 'T#Eonor Monnsen stand, als ich auf seine Frage nach Zweck und Ziel der Reise Jugendlich übersprudelte von weitgespannten Plänen, da sagte er mir: »Möge sich das alles erfüllen; aber Sie werden bald lernen, daß der Gelehrte sich seine Arbeit nur selten frei wählen darf, daß sie ihm vielmehr dureh den jeweiligen Stand der Wissenschaft und den Platz, auf dem der Einzelne steht, gebieterisch befohlen wird.« Das Wort des großen und gütigen Mannes hat sich an mir in voller Strenge erfüllt und klingt mir in dieser Stunde im Ohr. Fast nie konnte ich landen, wohin ich gesteuert hatte. Die Höhen und Tiefen griechischer Kultur zu erforschen und, was unsterblich an ihr ist, festzuhalten für unser Gegenwartsleben — davon träumte der Knabe, und ein gut Teil des Lebens ist vergangen in Beobachtung barbari- scher Zivilisationen vorgriechischer und nachgriechischer Zeit. Mit Hilfe der Inschriften am Ausbau griechischer Geschichtswissenschaft mitwirken zu dürfen, hoffte der junge Bonner Doktor, und schriftlose Zeiten oder doch Zeiten, deren Schrift man nicht deuten kann, und wiederum Epochen, in denen die Kenntnis der Schrift schon wieder schwindet, wurden ihm als Arbeitsplatz angewiesen. In die schwere Kunst, durch wissenschaftliche Ausgrabung Denkmäler zum Reden zu bringen, hoffte ich in Grieehenland eingeführt zu werden. Vergebens. Sollte ich sie doch ein wenig erlernt haben, so verdanke ich das den 610 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. baltischen Provinzen und ihrer Heimatsforschung und der Ausgrabung römischer und vorrömischer Anlagen am Rhein., Aber ich klage nicht, sondern bin dankbar, daß ich nie im Zweifel war, welcherlei Arbeit Ort und Stunde von-mir forderten und daß ich jede Aufgabe, die mir zufiel, historisch anfassen durfte. Freilich ein wissenschaftlicher Arbeitsplan, konsequent eingehaltene Richtlinien der Forschung, wie ich sie jetzt aufweisen sollte, sind bei solchem Leben im Zickzack und, füge ich hinzu, bei meinem Temperament, das mit allen Fasern zur vita activa hindrängt, nur schwer und mit starker Stilisierung zu konstruieren. Aber drei wissenschaftliche Gebiete darf ich vielleicht kurz bezeichnen, auf denen ich mit besonderer Freude tätig war. Das ohnehin schon weite Reich der antiken Kunstgeschichte und Denk- mälerkunde hat im letzten Menschenalter einen Zuwachs von zwei neuen großen Provinzen erhalten: die Vorgeschichte der griechischen Kultur und die römisch-germanische Forschung in wissenschaftlicher Ausgestaltung. Ich hatte das Glück, an der Wiege beider Disziplinen stehen zu dürfen. Denn als ich im Frühjahr 1878 nach Athen kam, beherrschte Schuiemanns Entdeckung der mykenischen Königsgräber das allgemeine Interesse; chaotisch wogten die Versuche, den märchen- haften Fund zu deuten, aber eine wissenschaftliche Bearbeitung des- selben war an keiner Stelle in Angriff genommen. Ich halte es noch heute für richtig, daß Anour FurrwänsLer, der Unvergeßliche, und ich keck die Sammlung und Ordnung der Keramik begannen, dabei nach- wiesen, daß in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrtausends das ganze östliche Mittelmeerbecken einschließlich Unteritaliens und Siziliens ein einheitliches, befriedetes Handelsgebiet war, daß die Ornamentik durch- aus originell und die Träger der mykenischen Zivilisation im Peloponnes Griechen waren. Seit jener Zeit ist das mykenische Problem nicht zur Ruhe gekommen, auch die Funde auf Kreta haben es vertieft, nicht gelöst. Wahrscheinlich bietet die »mykenische Frage« noch für Gene- rationen reichen Forschungsstoff und wird erst zugleich mit der »home- rischen« durch konzentrische Arbeit aller Disziplinen der Altertums- wissenschaft der Beantwortung so nahe gebracht, wie es überhaupt möglich ist. Meine Arbeit auf römisch-germanischem Gebiet war die Folge meiner Übersiedelung nach Bonn. Die Reichslimeskommission war begründet, Freiwillige wurden aufgerufen, an den einzelnen Strecken die Arbeit im Terrain auszuführen. Da ein Geeigneterer sich in der Rheinprovinz nicht fand, übernahm ich die mir völlig fremde Aufgabe; und der Ertrag lohnte. Als es gelang, unter den Fundamenten der Steintürme die Reste älterer Holzbauten aufzufinden, war die histori- sche Aufgabe gestellt: nicht nur der Verlauf der römischen (Grenz- Antrittsreden und Erwid . 611 > wehr war zu verfolgen, sondern auch die Geschichte ihrer Entstehung aufzuhellen. Bei Lösung dieser Aufgabe gelang es im Wetteifer mit andern Streekenkommissaren, die Technik der Ausgrabungen zu ver- feinern und in höherem Grade lehrbar zu machen. Zugleich begann die monographische Bearbeitung einzelner römischer Gefäßgattungen, zum Teil in Form von Bonner Dissertationen. Noch durfte ich bei der Errichtung der römisch-germanischen Reichsanstalt in Frankfurt a. M. mitwirken, dann aber habe ich mich für die römisch-germanische For- schung aufs Altenteil zurückgezogen: die Leistungen der jüngeren Ge- neration übertreffen gerade auf diesem Gebiet alles Frühere, und es freut mich nur, daß ich in ihren Reihen viel liebe, mir nächststehende Schüler grüßen kann. Wenn die Arbeit an den mykenischen und römisch-germanischen Altertümern mehr durch äußere Verhältnisse an mich herangebracht wurde, so habe ich Studien über griechische Keramik von je mit be- sonderer Vorliebe getrieben. Es erschien mir aber geboten, die grie- chischen Vasen nicht einseitig als Kunstwerke, sondern als das, was sie doch meist sind, Massenerzeugnis des Handwerks und Handels- ware zu betrachten, namentlich den nichtattischen Fabrikationszentren nachzuspüren, insonderheit dem Anteil der Griechen ionischen Stam- mes an Vasenfabrikation und Vasenhandel nachzugehen, nach Mög- lichkeit ferner zu untersuchen, wie weit sich die Absatzgebiete großer Handelsplätze wie Milet, Chalkis und Ägina erstrecken, dem Verkehr zwischen Mutterstadt und Kolonie nachzuforschen, daneben aber auch der Entstehung und Wanderung der Typen. Freilich heißt es hier mehr als irgendwo: » Viel gesponnen und wenig gewebt.« Trotzdem haben die Mitglieder der Akademie, unter ihnen Män- ner, zu denen ich seit einem Menschenalter mit stets wachsender Ver- ehrung emporschaue, mir die hohe Ehre erwiesen, mich in ihren Kreis aufzunehmen und mich dieser großartigen Arbeitsorganisation einzu- gliedern. Das Vertrauen, das sich darin ausspricht, kann ich nur mit tiefstem Dank und dem Gefühl ernster Verpflichtung erwidern. Ich danke Ihnen und werde mitarbeiten, so gut ich kann. Vor allem werde ich danach streben, daß in enger Fühlung mit klassischer Philologie und alter Geschichte auch die Archäologie dazu beitrage, immer mehr das Ideal der Altertumswissenschaft zu verwirklichen, wie A. Böckn und H. Usener es geschaut haben. Erwiderung des Sekretars Hrn. Dıers. Sehr geehrter Hr. Kollege! Wenn ein Fernstehender die Schil- derung Ihres Bildungsganges, die Sie soeben gegeben haben, hört, könnte er zu der Meinung gelangen, ein blindes Ungefähr habe Sie 612 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. zu den ergebnisreichen Forschungen geführt, die Sie den mykenischen und römisch-germanischen Altertümern gewidmet haben. Allein, wer Ihre Lebensarbeit genauer kennt, weiß, daß ein innerer Zwang Sie nötigte, zur richtigen Zeit sich den Problemen zuzuwenden, die gerade Ihrer Forschereigentümlichkeit angepaßt waren und gleichsam auf Sie gewartet zu haben schienen. Nicht ästhetisches Wohlgefallen und der Reiz der Form, der Reınnarp von Kekvure, Ihren Lehrer und Vor- gänger, zu dem Schönen und Zierlichen Ihrer archäologischen Wissen- schaft gelockt hatte, sondern der Ihnen angeborene Trieb, den inneren Zusammenhang und die äußere Folge der Objekte zunächst ohne Rück- sicht auf den kunsthistorischen Wert wissenschaftlich festzustellen, bestimmte Ihre archäologische Laufbahn. Dieser Trieb war es, der den jungen Bonner Doktor veranlaßte, sich der Epigraphik zu widmen, der den Stipendiaten des Archäologischen Instituts mit unwiderstehlicher Gewalt dazu trieb, die durch SchLiemanns Spaten aufgedeckten Reste des vorhistorischen Hellas aus dem phantastischen Dämmer des Di- lettantismus in das helle Lieht der Wissenschaft zu rücken, der end- lich die Erforschung des römischen Limes aus irreführenden Deu- tungsversuchen zu gesicherter Scheidung der Anlagen und ihrer Struk- turen fortschreiten ließ. Indem Sie die ehemals von den Ästheten achtlos beiseite geworfenen Reste uralten Töpferhandwerks, die in Millionen von Scherben auf den mykenischen Burgen umherliegen, sorgfältig sammelten und nach Form und Technik chronologisch fest- legten, gewannen Sie in jenen verachteten Scherben gleichsam die Leit- muscheln der prähistorischen Schichten und schufen dadurch ein festes Rückgrat für alle weitere Forschung auf klassischem und nicht- klassischem Boden. Aber auch da, wo Sie in Ihren archäologischen Arbeiten die Glanzzeiten und Meisterwerke der hellenischen Kunst behandeln, ist Ihre historische Grundlinie kenntlich, die sich bemüht, die bildliche Tradition im Zusammenhange zu erkunden und so das Einzelwerk an seinen richtigen Platz in der Entwieklung zu stellen. Wer den Umfang und den Wert Ihrer Leistungen nur nach dem beurteilen wollte, was Sie selbst davon schriftlich niedergelegt haben, würde auch nicht entfernt den Reichtum Ihrer wissenschaftlichen Ernte ermessen können. Mit einer Selbstlosigkeit, die in der Geschichte der modernen Wissenschaft beispiellos dasteht, haben Sie die Früchte Ihrer Intuition und Ihres Nachdenkens Freunden, Schülern und Schüle- rinnen zu pflücken verstattet. Der größte Teil der heute archäologisch beflissenen jüngeren Gelehrten arbeitet mit Ihrem Material, Ihren Me- thoden, Ihrem Enthusiasmus. Die reichen Spenden, die Sie in Ihren Vorlesungen, Übungen und Vorträgen auf Ihre begeisterten Zuhörer Gedächtnissreden. 613 ausgießen, fließen aus einem schier unerschöpflichen Borne selbst- erworbener wissenschaftlicher Erkenntnis. Indem wir Sie, den er- probten Führer der deutschen Archäologie, in unserer Mitte herzlichst willkommen heißen, hoffen wir, daß Sie nunmehr auch uns, Ihre Kollegen, recht oft an den Mysterien Ihrer Forschung teilnehmen lassen werden; wir wünschen aber zugleich, daß diese Ihre Mitteilungen und Entdeckungen nicht in unseren Protokollen begraben werden, sondern in unseren Schriften veröffentlicht in die weitesten Kreise dringen mögen! Darauf wurden folgende Gedächtnisreden gehalten, von Hrn. Rugser auf Hermann Mounk, von Hrn. Rortue auf Erich Schaivr. Gedächtnisreden. Gedächtnisrede des Hrn. Rusgser auf Hermann Movn«K. Am 1. Oktober 1912 ist Herrmann Munk von uns gegangen. Trotz seines hohen Alters hatte er sich merkwürdig frisch erhalten. Zwar warf auch hier der Tod seine Schatten voraus, aber doch erst wenige Monate vor seinem Scheiden war der gesundheitliche Zusammenbruch auch den Näherstehenden unverkennbar, und viele mag sein Verlust ganz unerwartet betroffen haben. Hermann Munk war im Februar 1839 in Posen geboren; er bezog mit 16 Jahren 1855 die Universität Berlin, zunächst mit dem Wunsche, Jurist zu werden. Allein dieser Gedanke hatte nicht lange vorge- halten, denn wir sehen Munk alsbald als Studierenden der medizi- nischen Fakultät. Unter den Professoren der letzteren hatte zu jener Zeit namentlich Jonannes Mürter einen überragenden Einfluß auf die Jugend, und diesem vermochte sich auch Hermann Munk nicht zu ent- ziehen. Unserer Alma mater zu Berlin ist er mit einer einsemestrigen Unterbrechung bis zum Ende seines Studiums treu geblieben. Von den damaligen Dozenten haben außer Jonannes Mürtrr namentlich nu Bors- Revmonvp, Vircuow und T’rAugE auf ihn Einfluß geübt. Vor allem war es unter den theoretischen Disziplinen in erster Linie die Phy- siologie, zu der er sich hingezogen fühlte. Ein Jahr nach Jonannes Mürvers Tode wurde er promoviert, und nunmehr schloß er sich enger an n»u Boıs-Reymosps Schule an. Der Drang zu experimenteller For- schung war so nachhaltig, daß dieser über seine ganze Zukunft ent- schied. Schon mit 23 Jahren (1862) habilitierte er sich für Physio- 614 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. logie, und 1869 wurde er zum außerordentlichen Professor an der Universität Berlin ernannt. Die erste Periode seiner wissenschaftlichen Tätigkeit umfaßt die Zeit bis 1876. Im allgemeinen bietet sie wenig Charakteristisches. Außer einer exakten Methodik, die ihm schon damals zu eigen war, bewegten sich Mun&s Gedankengänge im wesent- lichen in den Bahnen der damals von nu Boıs-Reymonnp inaugurierten Muskel- und Nervenphysiologie. Wichtige Arbeiten dieser Periode sind in dem Buche » Untersuchun- gen über das Wesen der Nervenerregung« 1868 zusammengestellt und E. pu Boıs-Revmonn und L. TrAUBE zugeeignet. Erst mit dem Jahre 1876, als Hermann Munk Professor der Physio- logie an der Tierarzneischule geworden war, beginnt bei ihm die- jenige Art wissenschaftlicher Tätigkeit, welche seinen Namen unter die hervorragenden Forscher einreihte. Frırschn und Hırzıc hatten damals ihre Versuche über die Hirnreizung auch Herman Munk vorge- führt; da entstand in ihm der Wunsch, das Großhirnproblem, wenn auch von einer andern Seite aus, anzugreifen. Dieses Forschungsgebiet ist es gewesen, dem er dann, man kann sagen bis zu seinem Lebens- ende, treu geblieben ist. Wohl seine fruchtbarste Zeit waren die Jahre 1877 — 1880. Die Garzsche Schädellehre, die zuerst 1798 bekannt geworden und wenige Jahre später als religionsgefährlich durch ein kaiserliches Handschreiben verboten worden war, nahm bekanntlich einen unmittel- baren Zusammenhang zwischen einzelnen Geistestätigkeiten und ihrem Sitz in bestimmten Teilen des Gehirns an, der auch in der äußeren Schädelform zum Ausdruck kommen sollte, wie Lavarers Physio- gnomik einen engen Zusammenhang zwischen Gehirn und den beweg- lichen Zügen des Gesichts behauptete. Die Garzsche Lehre stieß später auf lebhaften Widerstand und wurde allmählich von der Wissenschaft ganz über Bord geworfen. An Stelle der strengen Lokalisation traten für ein halbes Jahr- hundert die etwas verschwommenen Ideen Frourens, dahingehend, daß jeder Teil des Großhirns bei der Zerstörung eines andern die Funktion des Zugrundegegangenen übernehmen könne. Erst gegen das Jahr 1870 beginnt ein neuer experimenteller Auf- schwung der Großhirnlehre. Gegen die Hypothese Frourens sprachen schon lange die praktischen klinischen Erfahrungen. Es war bekannt, daß ein bestimmter Zusammenhang von Großhirnteilen mit bestimmten Organen des Körpers gegeben sei. Das lehrten die zahlreichen Beobach- tungen bei Blutungen in der Großhirnhemisphäre mit Aufhebung des Bewußtseins, Störungen der Sprache und Lähmungen an der der Blutung entgegengesetzten Seite des Körpers. Gedächtnissreden. 615 Es war ein wesentliches Verdienst von Gortz, daß er durch eingehende experimentelle Untersuchungen zeigte, in welchem Um- fang dauernde Ausfallserscheinungen nach Hirnoperationen vorkom- men. Was Frourens mit Unrecht als allgemeines Gesetz ansah, ist nur in beschränktem Maße richtig. Es kann eine Hemisphäre für die andere eintreten, einzelne symmetrische Stellen können sich er- gänzen, und auch innerhalb einer Hemisphäre kommen zweifellos Er- satzvorgänge vor. Mit großem Erfolge haben zur selben Zeit Frrrscn und Hırzıc die Untersuchung des Großhirns mittels elektrischer Reizung unter- nommen und dabei festgestellt, daß sich Lokalisationen in weitgehendstem Maße nachweisen lassen. Sie haben vor allem die Bewegungszentren aufgefunden und anatomisch näher bestimmt. Die Zentren setzen die Muskelgruppen der gegenüberliegenden Seite in tetanische, der natürlichen Kontraktion ähnliche Erregung. Diese Tatsachen sind bei weiterer Nachprüfung als durchaus zu- treffend anerkannt worden und bilden auch heutzutage einen wichtigen Teil der Lehre von den Hirnfunktionen. Nach den späteren Unter- suchungen an höheren Affen liegen die motorischen Zentren nament- lich an Gyrus centralis anterior und entsprechen in ihrer Lage, von oben nach unten gerechnet, so den Organen, daß zu oberst die Be- wegungen der Bein- und der Beckenmuskel ausgelöst werden; die untersten Teile sind die Zentren der Kaumuskeln und Stimmbänder. Dureh die Arbeiten von Frrrscn und Hrrzıs wurde nun Herrmann Mvnk, wie schon erwähnt, angeregt, sich dem Problem der Erforschung des Großhirns zuzuwenden. Wenn er auch später einzelne Fragen der Physiologie des Kleinhirns und des Rückenmarks berührt hat, so blieb doch das Großhirn das engere Feld seiner experimentellen Tätigkeit. Hermann Monk stellte sich zunächst die Aufgabe, die Lokalisationen der von den Sinnesorganen ausgehenden Empfindungen zu studieren. Eine gewisse Lokalisation schien durch verschiedene pathologische Er- fahrungen bewiesen, einen großen Teil der Hinterhauptslappen rechnete man zum Gesichtssinn, von dem Schläfenlappen glaubte man, daß er zum Gehörsinn Beziehungen habe. Hrrmass Munk bemühte sich aber seit 1876 in rastloser Arbeit, diese Gehirnlokalisation sensibler Ein- drücke wirklich einwandsfrei festzustellen und exakt zu begrenzen (Über die Funktion der Großhirnrinde, II. Aufl. 1890). Naturgemäß konnte der Weg nur der sein, durch Wegnahme einzelner Teile des Gehirns die Ausfallerscheinungen aufzufinden. Der Deutung solcher Experimente stehen außerordentlich große Schwierig- keiten entgegen, weil ja schon die Feststellung der nach der Operation 616 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. eintretenden Veränderungen oft monatelange Beobachtungen der Tiere erforderlich macht und zugleich Ausgleichsvorgänge, d. h. Übernahme geschädigter Funktionen durch andere Teile des Gehirns mit in den Kreis der Erwägung gezogen werden müssen. Aber Munk war ein Meister der Geduld. So beschäftigte er sich mit der genauen Um- grenzung der Sehsphäre, der Hörsphäre, der Fühlsphäre und der Auf- klärung der Bedeutung der Stirnlappen beim Hund, der Taube, dem Kaninchen und Affen. Als Ergebnis seiner Versuche nahm er streng begrenzte Bereiche der Sinnesempfindungen am Großhirn an, und den Gedanken der Lokali- sation führte er in den äußersten Konsequenzen durch. Nach seiner Theorie wurde die ganze Hirnrinde zum Projektionsfeld aller auf den Körper treffenden Sinneseindrücke. Mit Vorliebe behandelte er die Beziehung der Augen zur Groß- hirnrinde, ihr Projektionsfeld sollte gewissermaßen alle Besonderheiten der Netzhaut wiedergeben. Zuerst werden die Eindrücke nach den Rindenzellen geleitet, von da zu anderen Zellen, in denen das Verständ- nis des Gesehenen aufkeimt. So kam er zu den Begriffen Rindenblind- heit und Seelenblindheit. Wie sicher er beobachtete, mag vielleicht aus der Tatsache entnommen werden, daß er auf Grund seiner Untersuchun- gen eine teilweise Kreuzung der Optikusfasern annahm, die auch später- hin auf anderem Wege erwiesen wurde. Seine Anschauungen sind nicht ohne Widerspruch geblieben, und wenn auch über einzelnes heute etwas andere Auffassungen geltend gemacht werden mögen, so ist es doch sein unbestrittenes Verdienst, die Lokalisation der Sinnessphären durch experimentelle Beweise zu einem gesicherten Teil der Lehre vom Großhirn gemacht zu haben. Seit 18380 gehörte Hrrmans Munk unserer engen Gemeinschaft an, und manche seiner wichtigen Forschungen sind zuerst in ihrem Kreise der Öffentlichkeit übergeben worden. Was ihn vor allem kennzeich- nete, war die außerordentliche Konsequenz, mit der er ein aufge- nommenes Problem durchführte. Mit eiserner Arbeitskraft und einer Zähigkeit ohnegleichen prüft er neue Einwände und versuchte seine Ergebnisse allseitig zu stützen. Mit gleicher Beharrlichkeit hielt er auch an der einmal ins Auge gefaßten Orientierung seiner Forschungs- weise und an den von ihm ersonnenen Methoden fest. Sie waren ihm souveräne Mittel der Forschung. Er verzichtete darauf, seine Ergebnisse etwa mit den anatomischen Verhältnissen in einen Ausgleich zu bringen, und ebenso fern lag es ihm, die mikroskopische Untersuchungsmethodik für seine Probleme anzuwenden. Zwei Naturen waren in ihm vereinigt, die eines tadel- losen Experimentators, der seine Resultate nicht eher bekannt gibt, Gedächtnissreden. 61 ? als bis sie die nötige Sicherheit gewonnen haben, und die eines Ge- lehrten, der sich gelegentlich auch etwas weiter als üblich vom Ex- periment entfernte und dabei seinen Deduktionen oft mehr Bedeutung beimaß als den grundlegenden Untersuchungen selbst. Hermann Munk führte durchaus das Leben eines stillen zurückgezo- genen Forschers; an Äußerlichkeiten war ihm nichts gelegen, nach außen ist er wenig hervorgetreten. Ein glückliches Heim, das La- boratorium als Arbeitsstätte und eine wissenschaftliche Gesellschaft zum Austausch seiner Gedanken befriedigten alle seine Wünsche. Wir alle wissen, mit welchem lebhaften Interesse Hrrmann Munk der Akademie zugetan war. Seine Persönlichkeit wird unter uns un- vergessen sein, auch wenn der letzte seiner Zeitgenossen aus diesem Kreise geschieden ist. Die Wissenschaft aber wird seiner Werke alle- zeit mit Stolz und Dankbarkeit gedenken. Gedächtnisrede des Hrn. Roerrtse auf Erıca Scuminr. Wir sind es gewohnt, jahraus jahrein werter geschiedener Mit- glieder in Wehmut zu gedenken und uns über ihren Verlust zu trösten durch das Bewußtsein dessen, was von ihrem Wirken fortlebt. Und doeh: uns schlägt das Herz lebhafter, da wir Erıca Scenmipr Lebewohl ‘sagen sollen. Ein lebensfroher, im besten Sinne liebenswürdiger Mensch, von Glück und verdientem Erfolg seit jungen Jahren getragen, eine Persönlichkeit, die überall erfrischend, belebend, sieghaft im Nahen und Weiten wirkte und das sehr wohl fühlte, an den Beifall gewöhnt, ja gerade vom großen Publikum fast verwöhnt, ist er uns doch stets der brave Kamerad wissenschaftlicher Arbeit gewesen, ein unbedingt getreuer, redlicher und zuverlässiger Gelehrter unermüdlichen Fleißes, ein strenger und bewußter Philologe, eine reine, bescheidene, einfache Seele, der der gewohnte Respect vor einem so spröden Forscher wie Karı Lacumann sein Leben lang eine lebendige spornende Kraft blieb. Es entspricht seinem eigensten Wunsche, wenn ich in diesen Worten mich knapp und schlicht halte. | Die Akademie hat sich Erıcn Scumipr nur zögernd geöffnet. Sie fürehtete die Lockungen und Gefahren, die sein Forschungsgebiet ernster Arbeit unzweifelhaft bereite, und hat ihn erst dureh acht Ber- liner Jahre geprüft, ehe sie ihn wählte, wesentlich auf Grund seiner gelehrten und methodisch vortrefflichen Ausgabe der »Xenien«. Sie hat jene Wahl wahrlich nie bereut. An der Vorbereitung der Deut- schen Commission war er entscheidend beteiligt: von seiner zierlichen Handschrift liegt in unserm Archiv der erste Entwurf zur Reorgani- Sitzungsberichte 1913. 58 618 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. sation des Deutschen Wörterbuchs; er hat die Humboldtausgabe fest geleitet und, in den Vorstadien von SEUFFERT unterstützt, mit hin- gebenden Opfern an Zeit und Gedanken die Wielandausgabe begonnen, von der er keine Seite ungeprüft in den Druck ließ. So gern wir seinen fesselnden Vorträgen lauschten, er war uns doch vor allem ein verläßlicher Arbeiter, der sich der Akademie nie versagte, so oft er sonst mit seiner Zeit kargen mußte. In Jena geboren, dem er familienhaft verbunden zeitlebens eine stille Liebe bewahrte, der Sohn des bekannten Zoologen, hat Schmipr ein gut Teil seiner Kindheit in Graz verlebt, dann in Schulpforta, der Fürstenschule, deren er stets mit stolzer Liebe gedachte, den Grund zu seiner ausgezeichneten humanistischen Bildung gelegt, in Straßburg durch ScHERER die entscheidenden wissenschaftlichen Anregungen er- halten: Würzburg, Straßburg, Wien, Weimar wurden die kurzen Etappen einer glänzend aufsteigenden Laufbahn, die ihn auch in das Leben des Hofes und zu kräftiger organisatorischer Tätigkeit führte. Berlin hat er schließlich ein Vierteljahrhundert angehört, und er ist von Herzen gerne hier gewesen. Er hat deutsches Land und Volk im Süden und Norden und in der Mitte kennen, lieben, verstehen gelernt, und er suchte sich seine Helden in den verschiedensten Landschaften. Zum Franken GorTHE trat der Schwabe Untanp; aber schon die Wahl Lessınes für sein Hauptwerk deutete darauf hin, daß in dem Sohne des preußischen Vaters ein Zug zu norddeutschem Wesen lebte. Wie gut er Preußentum verstand, hat er bei Hrınrıcn von Kıeıst bewiesen. Die Genialen, Extravaganten lagen ihm sonst weniger; er bevorzugte stets die Tüchtigen, hatte sogar eine Vorliebe für Dichter, in denen der Gelehrte mittat, wie eben für den Humanisten aus Kamenz und den Germanisten aus Tübingen. Aber in Hrısrıcn von Kıeist fühlte er den ringenden schweren preußischen Ernst und hat sich warmherzig zu ihm bekannt, auch in der Bindung süddeutscher und norddeutscher Art seinem großen Lehrer WırueLm ScHErER nicht unähnlich, dem Wiener, dessen sittliche Energie ihn von jeher nach Preußen, nach dem Berlin Karı Lacumanns und Karı MüLLEnHorFs zog. Noch so mancher unter Ihnen, verehrte Collegen, ist ScHERERS (senosse in der Akademie gewesen. Hr. Kırcnnorr hat hier einmal in seiner Antrittsrede die neue, die Epigonenzeit in Gegensatz gestellt zu der heroischen Periode vor einem halben Jahrhundert. ScHERER hatte noch etwas von jener heroischen Art, er, der als Jüngling durch einen großen Wurf die Sprachwissenschaft umschuf und dann Schlag auf Schlag der deutschen Literaturgeschichte neue Aufgaben, Gebiete, Methoden in unerhörter schöpferischer Kraft eroberte, ein großer Lehrer eben durch diese nie versiegende Fruchtbarkeit, die dem Schüler Gedächtnissreden. 619 den Mut und die Sehnsucht weckte mitzuschaften auf diesem philo- logischen Neuland, zu dessen Bearbeitung er zugleich mit den treff- lichsten Werkzeugen ausstattete. Erıcun Scnumipr hat dem Meister stets die Treue gehalten; wenn von jenem jungfräulichen Boden heute ein gut Teil bebaut vor uns liegt, so hat Scnmipr daran ein sehr wesentliches Verdienst. Aber in der Art seiner Arbeit war er doch ein ganz anderer. SCHERER trat seine Eroberungszüge mit leichtem Gepäck an: der große Forscher besaß keine ungewöhnliche Gelehrsamkeit; vielseitig belesen, orientierte er sich mit genialer Sicherheit und drang dann methodisch, aber mutig, — manche fanden: tollkühn, — vorwärts ins Weite und ins Tiefe. Exrıcn Schmivr hat auf die reiche Ausrüstung stets viel mehr Wert gelegt; auch in fremden Literaturen, zumal im classischen Altertum, war er weithin sicher zu Hause; er zeigte mit heiterem Stolz seine gute italienische Belesenheit; es stand ihm aus Gedächtnis und Notizen überraschend viel zu Gebote; sein Fausteommentar legt davon das beste Zeugnis ab. Dagegen stand sein Sinn nicht nach ideengeschichtlichem Höhenflug, auch nicht nach der hypothetischen Ergründung der ersten unerhaltenen Ansätze durch höhere Kritik: bei dem »Urfaust«, den ihn ein freundlicher, wohlverdienter Zufall ent- decken ließ, einer für Weimarer Hofvorlesungen bestimmten Redaction GoETHEs, beruhigte er sich gerne und versagte sich ScHERERS weiter zurückführenden Untersuchungen vielleicht zu entschieden. Hermann Grmms »Makroskopie«, die ScHErER doch imponierte, hat Schmipr freund- lich abgelehnt, so fern ihm jede Kleinigkeitskrämerei lag. Das feste, gut und vielseitig fundierte Aufbauen des Einzelnen, zumal der be- deutenden Persönlichkeit, des fruchtbaren Motivs, das lag ihm mehr am Herzen, und rastlos mehrte er, ein bei aller Fühlung mit Welt und Leben doch außerordentlich Fleißiger, seine Materialien. Er war ein gelehrter Mann, und das verleugnen auch die Darstellungen keines- wegs, mit denen er sich, wie er das liebte, an weitere Kreise der Gebildeten wandte. Der Jüngling freute sich der Kraft leichtverständ- licher Rede, bei der etwa auch ein Schwarzwälder Bäuerlein mitkonnte; wo es galt, Lebende zu ehren, da behielt er immer die leichte, herzliche, unbelastete Beweglichkeit; aber seine anderen Reden und Vorträge, schon aus bester Manneszeit, lassen in Anspielungen, in prägnanten Worten, zumal Adjeetiven, mehr gedrängtes Wissen, mehr Gelehr- samkeit, wenn auch »anmutige Gelehrsamkeit«, durchfühlen, als das dem Verständnis immer erwünscht ist. Aber Erıch Schuipr wollte das nicht anders: das war sein Stil, der Stil des Gelehrten. Die sichre Erfassung der geschichtlichen Einzelerscheinung kenn- zeichnet den 'Philologen, und das philologische Gewissen blieb in 58* 620 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. Scumipr immer wach und wacker. Schon sein mittelhochdeutscher Frstling über Hemrich vox Rucke, der einen melancholischen und einen sanguinischen Lyriker, die in den Handschriften confundiert sind, mit muntrem Vertrauen sondert, zeigt seine gute Art: der kritischen Unter- suchung schließen sich hübsche, vielversprechende Sammlungen an, stilistischer, motivischer, inhaltlicher Parallelen voll, die bereits offen- baren, daß der Blick des jungen Mannes die deutsche Literatur in ihrer vollen Ausdehnung zu überschauen sucht. Die liebevoll saubre Betrachtung auch des Technischen und Sprachlichen hat sich Scanipr stets bewahrt; schon setzt hier 1874 z. B. die Geschichte einiger Lieb- lings- und Modereime ein, die er dann in den stoffreich reizvollen »Reimstudien« von 1900 und 1907 für die neure Dichtung und die ungewöhnlichen Reime ergänzt. Jener mittelalterliche Anfang war ihm überhaupt nicht, wie manchem seiner engern Fachgenossen, ein bald vergeßner Berg von Hirsebrei, durch den er ins gelobte Land der neuren Literatur sich quälen mußte: er hat stets Wert darauf gelegt, die ganze deutsche Literatur zu beherrschen, nicht Speeialist für ein paar classisch-romantische Decennien zu werden. So machte es ihm besondere Freude, das Volkslied, dessen Geschichte ihm bis zuletzt warm am Herzen lag, rückwärts nach Motiven, Stil und Sprache zu verfolgen und Hemes Tannhäuserlied mit dem mittelalterlichen Vaganten in Verbindung zu bringen. Und mit dem Humanismus wohl vertraut, wußte er ungewöhnlich gut auch im ı5. bis 17. Jahrhundert Bescheid. Er freute sich der guten sprachlichen Sicherheit, die ihm in Zeitläuften freie Bewegung gestattete, vor denen viele seiner literarhistorischen Gollegen wohl begründete Scheu haben. Seine Entwicklung der Faust- gestalt im Reformationszeitalter packt noch heute durch weitsichtige, geistesgeschichtliche Kraft; er hat einen talentvollen elsässischen Dra- matiker des 16. Jahrhunderts sorgsam herausgegeben, hat sich um das lateinische Drama, zumal den genialen Naogeorg bemüht, den Stu- dentendramen jener Zeit eine jugendlich muntre Übersehau gegönnt, der er viel später noch Studien zur Studentensprache folgen ließ. Und was hätte die Allgemeine deutsche Biographie anfangen sollen ohne diesen rüstigen Schilderer eines bunten Allerleis frühneuhochdeutscher Poeten und Poetaster, an denen er sich für die Meisterschaft biographi- scher Skizzen weidlich zu üben Gelegenheit hatte. All das Neben- werke, die doch im Bilde nicht fehlen durften und die ihm wert waren, weil sie ihm den Blick weiteten und die Methode festigten; noch als er in die Akademie eintrat, hat er größere Arbeiten aus der Reformationszeit geplant. Aber mit innerer Notwendigkeit zog es ihn dann doch immer ausschließlicher in die große Zeit unserer Literatur. Mit glänzendem Gedächtnissreden. 621 Griff hat er in seinem vielleicht frischesten Werk Gorrues Werther zwischen seine englischen und französischen Muster, zwischen Vor- bilder und Nachfolger gestellt, in einer unbefangenen, siegesgewissen Gestaltungsfreude, die sich bewußt war, daß solche vielseitig warme Beleuchtung noch kein deutsches Dichtwerk erfahren hatte. Die Lust am vollen lebendigen Erfassen des Einzelnen feierte hier Triumphe; und wie bei Heımrıck von Rucke deuten interessante Beiwagen und Extraposten darauf hin, daß der Wertherfreund keine Scheuklappen trug, sondern rechts und links vom Wege hübsche Blumen zu pflücken wußte. Der Sturm und Drang hat noch manch flottes biographisches Bild getragen: Lenz, Kıineer, Wasser hat er flüchtiger als den Werther gezeichnet, aber überall mit der reichen Fragestellung, die seine For- schung stets begleitet. Steht er der genial ausschlagenden Kraft skeptisch gegenüber, so studiert er an Kıorstocks Jugendlyrik, ihren Varianten und Parallelen, mit sauberer Gewissenhaftigkeit die Ge- heimnisse kunstbewußter Stilentwicklung und gelangt von da zu einer seiner trefflichsten kleinen Porträtskizzen, die von der strengen philologischen Grundlage kaum mehr etwas merken läßt. Dann end- lich der »Lessing«, das große Werk, als solches, als ein Lebensziel mutig und früh in Angriff genommen und ein treuer Begleiter dieses Lebens. Dem Philosophen Danzer tritt hier der philologische Lite- rarhistoriker gegenüber. ge jeder wird Scnmivr überall die Palme reichen. Die theol hisel Capitel des Lebensendes sind bei regster, zäher, immer fortdauernder Arbeit doch nicht ganz zu der Herrschaft über den Stoff gelangt, die die rein literarischen Partien auszeichnet. Aber ein männlicher Geist weht durch das statt- liche Werk. Der Philologe grüßt und versteht im stolzen Gefühl der Zusammengehörigkeit den großen philologischen Kritiker, Denker und Dichter. Und zum erstenmal wurde die philologisch -historische Methode hier an eine Aufgabe dieses Gewichts gesetzt. Die Dreiheit des Erlebten, Ererbten, Erlernten kommt gleichmäßig zu ihrem Recht; kein Seitenweg wird gescheut, der zu einer erhellenden Lichtquelle führen kann; keine Kleinigkeit, die den Mann OR NOREEROICN bleibt unbe- achtet;;aberauch die größten Züge und Bew egungen derZeit schwingen ge- bührend mit. Nicht so stark wiein Jusrıs » Winckelmann«, wo das wunder- volle römische Milieu den Helden vorübergehend fast zur Staffage macht. Wieviel armseliger war doch die Welt, in der Lessıne existieren mußte! Es ist die Dürftigkeit dieser Existenzsphäre, die den rechten Rahmen für das bedeutende Porträt erschwert. Die Unsumme der Einzelheiten wirkt hier und da kleinlich, aber sie spiegelt eine kleinliche Umwelt und soll sie spiegeln: denn sie ist der Drache, mit dem dieser Held ringen muß, wie öft im kleinen Geplänkel! So zeugt ein unbehaglicher 622 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. Rest dieser Kleinlichkeit nur für des Biographen ehrlichen Wahrheits- sinn. Schon daß wir neben diesem »Lessing« eben nur Justıs » Winckel- mann«, keineswegs Havns »Herder« zu nennen vermögen, macht ihm hohe Ehre. Denn nur an vollendeten Biographien darf er gemessen werden; gerade für den Biographen ist Anfangen sehr viel leichter und lohnender als Abschließen. Und am wenigsten darf etwa die schöne geistige Geschlossenheit eines Dirrurvschen Essais oder die großzügige Stoffwahl Grumscher Goethevorlesungen den Maßstab hergeben, will man dieser erschöpfenden Biographie, die einen methodischen Gedanken durchführt, gerecht werden. Das literarische Porträt ist für Scummr immer mehr in den Vorder- grund gerückt. Seine Anforderungen haben ihn noch in der Berliner Rectoratsrede von 1909 beschäftigt, die in vielem, zumal auch in der übergroßen Fülle berührter Probleme, an die Wiener Antritts- und Programmrede des 27 jährigen mit ihrem » Wald von Fragezeichen « erinnert. Ihn reizte die Vielheit des Fragens; er hatte kein Bedürfnis, sie auf eine Einheit zurückzuführen, ein Centrum der Persönlichkeit zu suchen oder gar zu construieren. Der heiter Schauende mit seinen offenen Augen sah die Vielheit der Lebensäußerungen an sich mit Entzücken vorüberziehen, sah sie in Bewegung und Zusammenhang, in Freiheit und Notwendigkeit; er erfaßt ihren Rhythmus, hört die ÖOber- und Untertöne; aber die Centralmonas lockt ihn nicht: Zufall und Widerspruch gehört ihm mit zu Leben und Persönlichkeit. So hat er denn auch die wesentlich ideengeschichtliche oder gar die rein ästhetische Behandlung der deutschen Literatur, ihren Aufbau auf philosophischer Grundlage, stets mit gesundem Mißtrauen angesehen. Gewiß, der Philologe muß, wenn er der großen Zeit unsrer Classiker naht, mit der schöpferischen Philosophie jener Tage ebenso innige Fühlung suchen, wie er für die Literatur des 13. Jahrhunderts die romanische Philologie, für das 16. Jahrhundert die Kirchengeschichte, für das ı9. Jahrhundert oft genug Politik und Naturforschung zur Hilfswissenschaft braucht. Aber bei hoher Wertschätzung der induk- tiven Ästhetik, die er selbst an der Poetik der Naturvölker übte, bei warmer Bewunderung für Dirrneys individuell schauende Kraft, ward Schaipr nie daran irre, daß Literaturgeschichte eben eine historische Diseiplin ist, die als Grundlage die Form im engeren und weiteren Sinne zu behandeln hat, also durchaus philologisch begründet werden muß. Diese heitere feste Gewißheit gab ihm eine Ruhe, wie sie sein ebenbürtigster Altersgenosse Jako Minor in unbefriedigt ringendem Suchen immer wieder verlor, was kein Vorwurf sein soll. Sie ließ ihn duldsam lächeln bei Bemühungen um die besondere »Literatur- wissenschaft«, die etwas ganz anderes sein wollte als Geschichte und Gedächtnissreden. 623 Philologie, lächeln über die Geschichtsconstructeure, die haarklein wußten, nicht nur was kam, sondern »was kommen mußte«. Theo- retische Auseinandersetzungen liebte er nicht, wie sie productive Geister zuweilen scheuen. Aber der friedliche Mann wußte doch scharf die Klinge zu wetzen, wo er die Grundsätze der Philologie oberflächlich mißachtet sah. Er legte von jeher Wert auf ernsten Respect vor der Wissenschaft, auf philologische Strenge, verlangte vornehme »anstän- dige« Popularität, das um so mehr, da er diese Popularität selbst nicht ungern übte: aber er nahm sie kaum leichter als die fachmännische Arbeit. Er verschmähte es nicht, mit seiner Wissenschaft auf das Leben zu wirken, wie er für sie aus dem Leben des Tages schöpfte. Er freute sich warmherzig und fast demütig, wenn Dichter, die er liebte, wie Storm, Fontane und Freyras sich ihm persönlich gaben; und so selten er in die Tagespresse schrieb, mit ihren Vertretern hat er dauernd eine gewisse Fühlung gehalten, nicht nur, weil viele da- von seine Schüler waren, sondern weil er auch da die Zeugen des rollenden Lebens sah. Es war ein guter ScHErErscher Grundsatz, daß aus der Gegenwart die Vergangenheit erhellt werden muß. Noch die sinkende Hand hat uns eine mit liebevoller Sorgfalt nach den Originalen geprüfte und umsichtig commentierte Neuausgabe der Briefe Carolinens beschert; vorangegangen war die Ausgabe der Werke Heinrıcan von Kreists mit ihren bei aller Kargheit höchst eindrucks- vollen Einleitungen, die mir besonders wert sind. Unter seiner Leitung erschien die akademische Wielandausgabe, durch die er eine alte Schuld einlöste, ein altes, schon in der Wiener Antrittsrede eitiertes Wort GoETHEs erfüllte. Mit allerliebsten kleinen Publikationen schmückte er manchem Feiernden den Festtisch. Vor allem, er verließ den ihm sehr lieben Boden Wiens, wo er in jugendlicher Schönheit und Be- weglichkeit ein Liebling der Gesellschaft war, um in Weimar das Goethearchiv und die Goetheausgabe zu leiten. Er selbst wußte am besten, wieviel Bände der Sophienausgabe heute schon der Erneu- erung bedürften: wir haben an dieser kritischen Ausgabe alle ge- lernt; sie hat in ihrem Fortgang Probleme gestellt, die man am An- fang nicht ahnte. Aber die Geschichte der deutschen Philologie wird es Erich Schmipr nie vergessen, mit wie hellem Auge und mit wie opferfroher Wärme er jene große Aufgabe in Angriff ge- nommen hat. Schließlich ist die Edition doch der Prüfstein des Philologen. Die Herausgeberfreude, die keine Mühe scheut, zum reinen Text durchzudringen, die große Gelehrsamkeit aufbietet, um eine dunkle Zeile zu deuten, sie hat Erıc# Scumivr bis ans Ende ungemindert be- gleitet: bezeichnet sie nicht die erfolggekrönten Höhen seines Schaffens, so war sie der feste solide Boden, auf dem alle seine Arbeit ruhte. 624 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. Er wußte wahrlich: »Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig. « Aber er wußte auch: wer den Buchstaben nicht ehrt, dem wird sich auch der Geist nicht offenbaren. »Des Volkes Schätze sind in Eure Hand gegeben; bewahret sie!«, so rief Mommsen dem in die Akademie eintretenden jungen Freunde zu. Wie Erıcn Scumivr redend und schreibend ins Enge und Weite gewirkt hat, davon will ich hier nicht sprechen: ein Chorus warmer und treuer Stimmen hat ihm über seinem Grabe dafür gedankt, die des hinreißenden Jünglings wie des gütigen lebenspendenden Mannes herz- lich gedachten. Wenn heute die feste philologische Fragestellung, dietüch- tige Erschöpfung des Materials, der reiche literarische Zusammenhang bei jeder ernsthaften Arbeit aus der neueren Literaturgeschichte selbst- verständlich geworden ist, so hat nächst ScHErer ErıcH Scauipr dafür gesorgt. Die Zukunft wird manches, was er und die Seinen gestaltet haben, wohl zarter, tiefer, weiter fassen, vielleicht auch stärker die Einheit in der Vielheit suchen. Von seiner Treue im Großen und im Kleinen, von seiner redlichen Strenge gegen sich selbst, die aller Wärme des Vortrags, allem Glanz der Darstellung, allem Geist der Auffassung nie erlag, von seiner weitreichenden, treu gepflegten Gelehrsamkeit werden auch die kommenden Literarhistoriker nur zu lernen haben. Er selbst hat stets, Unberufene abwehrend, großen Wert darauf gelegt, sich wissenschaftlich in »guter Gesellschaft« zu befinden: wir sehen rückschauend den geschiedenen Freund in der besten. Im ehrlichen Dienst der Wahrheit hat sich der Biograph Lessises mit seinem Helden und dessen Herausgeber Lacumann stets einig gefühlt; wo gäbe es dem Philologen einen feineren Ruhm? Sodann erfolgten Mitteilungen betreffend die Preisaufgabe der CHARLOTTEN-Stiftung und das Stipendium der Epvarn GErHARD-Stiftung. Preisaufgabe der CuarLoTTEn-Stiftung. Nach dem Statut der von Frau Unartorte Stirrer geb. Freiin von HoprreARTEn errichteten CHArLorren-Stiftung für Philologie wird am heutigen Tage eine neue Aufgabe von der ständigen Commission der Akademie gestellt: »Es wird eine Sammlung der Fragmente der älteren Aka- demiker (mit Einschluss von Herakleides und Eudoxos) und auf dieser Grundlage eine Darstellung des Schulbetriebs der Akademie in dieser Epoche gewünscht. Preisvertheilungen und Preisausschreibungen. 625 Da diese Aufgabe in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht befriedigend gelöst werden kann, so soll ein beliebiger Ausschnitt (z. B.über Philippos) als Probe zur Bewerbung eingereicht werden. « Die Stiftung der Frau CHARLOTTE STIEPEL geb. Freiin von Horrr- GARTEN ist zur Förderung junger, dem Deutschen Reiche angehöriger Philologen bestimmt, welche die Universitätsstudien vollendet und den philosophischen Doctorgrad erlangt oder die Prüfung für das höhere Schulamt bestanden haben, aber zur Zeit ihrer Bewerbung noch ohne feste Anstellung sind. Privatdocenten an Universitäten sind von der Bewerbung nicht ausgeschlossen. Die Arbeiten der Bewerber müssen spätestens am ı. März 1914 6 Uhr Abends im Bureau der Akademie eingeliefert sein. Sie sind mit einem Denkspruch zu versehen; in einem versiegelten, mit demselben Spruche bezeichneten Umschlage ist der Name des Verfassers anzugeben und der Nachweis zu liefern, dass die statutenmässigen Voraussetzungen bei dem Bewerber zutreffen. Schriften, welehe den Namen des Verfassers nennen oder deutlich ergeben, werden von der Bewerbung ausgeschlossen. In der öffentlichen Sitzung am Leıssız-Tage 1914 ertheilt die Akademie dem Verfasser der des Preises würdig erkannten Arbeit das Stipendium. Dasselbe besteht in dem Genusse der Jahreszinsen (1050 Mark) des Stiftungscapitals von 30000 Mark auf die Dauer von vier Jahren. Stipendium der Envarn GERHARD-Stiftung. Das Stipendium der EpvArn GERHARD-Stiftung war in der Leissiz- Sitzung des Jahres ı9ı2 für das laufende Jahr mit dem Betrage von 2400 Mark ausgeschrieben. Diese Summe ist dem Privatdocenten an der Universität Berlin Hrn. Dr. Geruarr RopenwALor zur Erforschung der Textilornamentik in der kretisch-mykenischen Cultur zuerkannt worden. Für das Jahr 1914 wird das Stipendium mit dem Betrage von 2400 Mark ausgeschrieben. Bewerbungen sind vor dem ı. Januar 1914 der Akademie einzureichen. Nach $ 4 des Statuts der Stiftung ist zur Bewerbung erforderlich: Nachweis der Reichsangehörigkeit des Bewerbers; . Angabe eines von dem Petenten beabsichtigten durch Reisen bedingten archäologischen Planes, wobei der Kreis der archäo- logischen Wissenschaft in demselben Sinn verstanden und an- zuwenden ist, wie dies bei dem von dem Testator begründeten Archäologischen Institut geschieht. Die Angabe des Planes muss 59 N Sitzungsberichte 1913. 626 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. verbunden sein mit einem ungefähren sowohl die Reisegelder wie die weiteren Ausführungsarbeiten einschliessenden Kosten- anschlag. Falls der Petent für die Publication der von ihm be- absichtigten Arbeiten Zuschuss erforderlich re, so hat er den voraussichtlichen Betrag in den Kost eventuell nach ungefährem Überschlag dafür eine 1e angemessene Summe in denselben einzustellen. Gesuche, die auf die Modalitäten und die Kosten der Veröffent- liehung der beabsichtigten Forschungen nicht eingehen, bleiben un- berücksichtigt. Ferner hat der Petent sich in seinem Gesuch zu ver- pflichten: 1. 197 3» 2.2 vor dem ı. December des auf das Jahr der Verleihung fol- genden Jahres über den Stand der betreffenden Arbeit sowie nach Abschluss der Arbeit über deren Verlauf und Ergebniss an die Akademie zu berichten; falls er während des Genusses des Stipendiums an einem der Palilientage (21. April) in Rom verweilen sollte, in der öffent- lichen Sitzung des Deutschen Instituts, sofern dies gewünscht wird, einen auf sein Unternehmen bezüglichen Vortrag zu halten; jede durch dieses Stipendium geförderte Publication auf dem Titel zu bezeichnen als herausgegeben mit Beihülfe des EnvAro GERHARD-Stipendiums der Königlichen Akademie der Wissen- schaften; drei Exemplare jeder derartigen Publication der Akademie ein- zureichen. Verleihung der Leısnız-Medaille. Schliesslich verkündigte der Vorsitzende, dass die Akademie die von Sr. Majestät dem Kaiser und König an Allerhöchstseinem Ge- burtsfeste am 27. Januar 1906 gestiftete Lrısxız-Medaille zur Ehrung besonderer Verdienste um die Förderung der Aufgaben der Akademie verliehen habe a) in Gold: dem Professor Dr. Gror6 ScHhweisrurta in Berlin; b) in Silber: dem Professor an der deutschen landwirtschaftlichen Akademie in Tetschen Dr. Josern Emasver Hissch, dem Praeeisionsmechaniker Karı Rıcater in Berlin, dem Archivrath Dr. Haus Wirte in Schwerin und dem Professor Dr. Gror«e Worrr in Frankfurt a. Main. Adresse an Seine Majestät den Kaiser und König. 627 Adresse an Seine Majestät den Kaiser und König zum fünfundzwanzigjährigen Regierungsjubiläum am 16. Juni 1913. AllerdurchlauchtigsterundGroßmächtigsterKaiserund König! Allergnädigster Kaiser, König und Herr! De festliche Tag, der es Euerer Majestät vergönnt, auf ein gesegnetes Vierteljahrhundert kaiserlichen und königlichen Wirkens zurückzu- schauen, ruft auch die Akademie der Wissenschaften an die Stufen des Thrones, den ehrerbietigen Dank für die Vergangenheit mit warmen Wünschen für die Zukunft zu vereinen. Die Akademie, des ersten Preußenkönigs Schöpfung, gedenkt mit Stolz des verständnisreichen Vertrauens und der mitwirkenden Förderung, an die ihre königlichen Schutzherren sie durch zwei Jahrhunderte gewöhnt haben. Wohl verwehrt der Wandel der Zeiten dem deutschen Kaiser jene patriar- chalische Beteiligung an akademischen Festen und Arbeiten, durch die einst in engerem Rahmen Preußens Könige die Akademie geehrt und erfreut haben. Um so kostbarer ist uns die Gewißheit, daß Euere Majestät nicht nur in königlicher Pflichterfüllung, sondern aus echtem Interesse an den Fortschritten, an dem weitergreifenden Reichtum der Wissenschaft unser Schaffen verfolgt. Die beiden eindrucksvollen Ge- denkfeiern, zu denen die Akademie sich um ihren erhabenen Protektor scharen durfte, leben unverblaßt in unserm Gedächtnis, dank den be- deutenden Anregungen, Mahnungen, Gaben, die sie uns aus Euerer Majestät Munde, durch Euerer Majestät Gnade gebracht haben. Geistige Blüte ist nieht an Frieden und Reichtum gebunden: nie hat die Akademie einen größeren inneren Aufschwung erlebt, als durch die unvergleichliche Anspannung jener schweren armen Kriegeszeit vor 100 Jahren. Daß aber die außerordentliche wirtschaftliche Entwicklung, die dem Deutschen Reiche unter Euerer Majestät friedlicher Leitung beschieden war, wie sie Deutschland immer tiefer in das zentrale Ge- triebe des Weltverkehrs rückte, wie sie über die Meere sich streckte und immer neue Kräfte der Natur dem Leben und Wohlstand des Volkes dienstbar machte, auch der Erkenntnis den Gesichtskreis ge- 628 Öffentliche Sitzung vom 26. Juni 1913. weitet, neue Aufgaben gestellt, neue Mittel zugeführt hat, wie sollten wir das nicht in dankbarer Befriedigung rühmen? Die Regierung Euerer Majestät hat der Akademie eine Ausdehnung ihrer großen Unter- nehmungen ermöglicht, wie sie undenkbar wäre ohne das tatkräftige Interesse, mit dem Euere Majestät immer wieder darauf bedacht war, der reinen Wissenschaft einen Anteil an den wachsenden Hilfskräften des Landes zu sichern. Große systematische Werke bauen sich heut in unserm Kreise auf, die, was in früheren Jahrzehnten nur England und Frankreich wagen konnten, die Reiche der Tiere, der Pflanzen, ja der Sterne umspannen; aus Altertum und Neuzeit, aus Christen- und Heidenwelt, aus Schriftsprache und Mundart, aus fernem Osten und nächster Heimat sammeln, ergründen, deuten wir Worte und Texte; und immer höher türmen sich die Ziele, denen wir in ge- sammelter Kraft zuzustreben den Mut fassen. Afrika ist auch für die Akademie ein Lieblingsboden der Forschung geworden; die deutsche Flagge weht auch für deutsche Wissenschaft über den Ozean. Dankbar sind wir uns bewußt, daß nur Euerer Majestät unmittelbare Unter- stützung uns hier im Plankton die Erforschung primitiver Lebens- formen, dort in der Ausgabe der Werke Wilhelms von Humboldt ein Denkmal höchster Geisteskultur gestattet hat. Und es entsprach ganz dem Geiste der Zeit, die in der Geschichte den Namen Euerer Majestät tragen wird, als es der Berliner Akademie zufiel, die Akademien der Welt zur Begründung einer internationalen Vereinigung auf deutschen Boden zu laden. Die große Leibnizausgabe, zu der sich das anregende Paris mit dem meistbeteiligten Berlin verbunden hat, baut uns eine Brücke von den weltumspannenden Wissenschaftsträumen unsers geistigen Begründers herüber zu diesen Tagen, da Euerer Majestät Herrscherwille sich überall einsetzt für den friedlichen und freundschaftlichen Wett- bewerb der Völker. Die Bahnen der Geschichte sind nicht geradlinig; große Ereignisse inneren und äußeren Lebens können neue Kräfte erwecken; die Ge- nialität des Einzelnen kann der Arbeit der Vielen ungeahnte Wege weisen. Aber dem Rückschauenden stellt sich die Tätigkeit der Aka- demie in diesen 25 Jahren als ein überraschend einheitliches Ganzes dar, das Zukunft haben wird, weil es für die Zukunft schafft: Organi- sation der wissenschaftlichen Arbeit im großen Stil, breite und feste Grundlegung, von der aus kommende Geschlechter mit ganz anderer Sicherheit aufwärts ringen können, als es unsern geistesmutigen Vor- gängern gestattet war. Bewährt sich diese Epoche wissenschaftlicher Arbeit, wie wir vertrauen, so wird der Name Euerer Majestät mit ihr aufs engste verbunden sein: schon fühlen wir Zusammenhänge voraus, die künftige Zeiten in deutlicher Klarheit erkennen werden. Adresse an Seine Majestät den Kaiser und König. 629 Die Akademie steht vor einem bedeutenden Einschnitt ihres äußeren Lebens: bald werden wir einziehen in das neue Haus, dessen Fries, so hoffen wir, auf Jahrhunderte verkünden soll, daß Euerer Majestät Wille der Wissenschaft an altvertrautem, bevorzugtem Platz eine würdige Stätte geschaffen hat. Dort mahnt uns vor unsern Fenstern Rauchs Standbild an den großen Erneurer der Akademie; das schlichte Königs- haus gegenüber ruft die treusten Gefühle anhänglicher Liebe wach; unser Auge grüßt die Kuppel des mächtigen Schlosses, das unser Stifter einst mit den Mitteln hoher Kunst schmückte. Lebendig sind die Mächte der Erinnerung, die uns an das Königtum der Hohen- zollern binden, lebendig die Mächte der Dankbarkeit, die uns täglich gemahnen, was wir Euerer Majestät heller und warmer Freude an der Wissenschaft, Euerer Majestät hochherzigem Vertrauen zu der Akademie der Wissenschaften schulden. Die Wissenschaft überbrückt alle Grenzen der Völker, aber der nationalen Wurzeln kann sie trotzdem nicht ent- raten, soll sie gedeihen; und die Akademie der Wissenschaften rechnet es sich zu Pflicht und Ruhm, auf ihren Pfaden im ernsten und ge- treuen Dienste für König und Vaterland nirgend zurückzustehen. So erneut sie am heutigen Tage ihrem erhabenen Protektor das Gelübde ehrfürehtiger unwandelbarer Treue. Möge Euerer Majestät ein langes fruchtbares Walten beschieden sein, zum Heile Deutschlands, Preußens, der deutschen Wissenschaft! Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften. Ausgegeben am 3. Juli. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Sitzungsberichte 1913. weise oder auch in weiterer Tor een in deutscher ‚Sprache veröffentlicht sein oder Sollte eine dem ek ende Veröffent- vor der Ausgabe in n zur : Konntalie Tagung so hat er ar Mittheilune Mn — zu _ Wenn der Verfasser r aufı mmenen wissen- schaftlie en Mittheilung Pe u“. ee früher zu Arrageyereer rs als ihm dies nach den gel- tenden Reehtsregeln so arf er dazu der Ein- willieung Fi rege Gedächtni en anderwe En zu veröffentlichen ist n Verfassern unbeschränkt gestattet. Aus $ 21. Die Sitzungeberichte erscheinen in einzelnen Bayer: in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 2 Jeden Sitrungsbericht einen eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- langen und über die zur Veröftnlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelerenheite Hinter den Titeln der TEEN Mittheilungen folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben de Die nicht in den Schriften der weg erscheinenden Mittheilungen werden mit vorgesetz: rm bezeichnet, bei den für die Abhandinngen ee: er »(Abh.)« zugefügt. Wissensehaftliche Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in welcher deren Aufnahme in die akademischen itig beschlossen wird. Aus $ 27. Das erg Pr in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme ie die ee zu- ee Mittheilang, welche nnerstag zedruckt erscheinen soll, muss a R wi nach in der — selber, ze bis Freitag 10 Uhr Morgens ım redigirenden Seeretar oder = Reichsdruckerei druck- Pre zugestellt een Später eingereichte Manuseri werden, mit >. Privntatonsvermerk d es redigirenden Seeretars oder d rchivars versehen, für ein späteres Stück ebene Dasselbe kann x von vorn herein mit Mittheilungen ge- deren Satz aus ea ee Gründen be- rwarten keit E, t, oder welche den nen an ungen nicht ent- Die erci versendet spätestens am Mo Abend die Cormeetuen an die hier wohnenden oder An- Bere Igor an die Mitglieder, welche die Mittheilung zen dass sie te a Co versandt; die Verfasser verzichten ihrer Mittheilung nach acht Tagen. deren Üorreeturen erst noch dem en Mitgliede zur Revision erg werden müssen, kann das Er- scheinen am näch sgabetage überhaupt nicht zuge- sichert werden s $ 36. Die Tree u ah das Recht vor, von einer ver- griffenen ung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1910: Ph -mai asse . . Jahrg. 1911: Ph ” * * Physikalisch-mathematische Classe . , » » isch-historische Olasse . * * ” > ’ * . * * . ee, * * “ ME Er Re; M34.— ER RE Be RR SER 0 WER Mar ON, Su ge. » 38.— * * * * * » * » ” * “ ” * * ” M 236.— * re a Wen SE an en, Be ee SEN, me (ee Be N} ” FH Einzelne Abhandlungen aus Eher ee 1910, 1911, 1912 und 1913 vas'r Horr: auf Hans Heinrich a 1.— Mütter: U ® * * * ” ” * u 2 ” y Bee ee ER aus * a “. ET PR TR * * OR 4 Re ” BER Fıscazr: Gedächtnissrede auf Jacobus Henrieus van’t Hof. . » » » +» +. nenne ® 1.— W.: Gedächtnissrede auf Heinrich Zimmer ee ee er ” ur si Ersax: Hymnen an das Diadem der Pharaonen een 5 Mor: Zur Frankreichs * * ” ” ” ” . ” * .* B ” ” Wi x u En de Glen Coieta im Promi de "5 er Auf weichem Woge kamen die Goidelen vom Continent nach Änand? - - - + + - Ei Bo ee Pa in der Den oh » i ewesen ” [3 * ” * ” ” ag Bahnen Uranustr abanten. Abtheilung. Oberon und Titania * * * * * ” ” 3. Mütter: Ein latt aus einem manichäischen Hymnenbuch (Mahrnämag) . . - ee Mütter: So 7 ; L, $ * ET ER SR URL er RER RE EB DE, Ra ” 250 Eryax: E abgaklexter Iniie in Bgrpim. =»: nenn une non Entdeckung of r een Ge ae ES Se. Se a ee L. Licarenstem: Beweis des Satzes, dass jedes hm kleine, im wesentlichen stetig ge- krümmte, sin ne Flächenstück auf einen Theil einer Ebene re und in den n Theilen ähnlich abgebildet werden kann . A. von Le Coe: Türkise he Manichaica aus Chotscho. I. ET : Per M. Linzsarskı: Phönieische und aramäische Kru, eg aus _Elephantine e c. Frank: Zar Enten der altelamischen Inschriften F. Scuurtsess: Zurufe hiere im Arabis r ; A. Joussen: Die ecteie der Inseln S. Piet und S. Antioeo ; (Sardinie n) ; H. Kraatscn: 1. ische Studien zur Rassendiagunsik der Turfanschädel . E. Körrer: Über renzfall, in welchem nes Fachwerk von n Knotenpunkten und 2n—3S er oder ein räumliches ee von n Kankshpsnien und 3n—6 Stäben ri an m. bestimmt ist. ER er E. Mırrw en ne 5 des islamischen Gebets und Kultus E.E. a: " Vitalfärbung am Inervensysten - Sitzungsberichte der Akademie. Bros des.dabtgange . » . on ne Her en ee Sonderabdrucke IH. Halbjahr 1912, vos Wıramowırz-MoELLENDoRFF und G. PLaumann: DAR E; Bine ERE, Taf. IX und Ei SchwarzschiLp: über Spectrographenobjective . Erpumans: ne nun Verstehen (2. Aufl.) Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1913. NorDer: ne Tess a a a WarBurs, G. LertnÄuser, E. a und C. Mürrer: über. die Constante c des Wizx-Pranck- a Strallungsgesetzes K. ser und W. Hkuse: die ‚specifische "Wärme von Helium und“ einigen "zweiatomigen Gasen 180° wischen +2 rg Orte: über Eibereultae Reinfection und Ahre Bedeutung für die Entstehung, der Lungenschwindsucht Pexex: die Formen der Landoberfläche und Verschiebungen der Klim Hansacn: der Geist der ee een m. im sr. von Er abendländischen ıen: zur ‘Theorie der elektrischen Leitung in Metalle ah über die Reduetion der in eÄniten: binären“ guadraischen Formen 1. Scuur: zur Theorie der indefiniten Klnkren rar chen Form age der die reg aus bei der Hefez \ eine Fälschung Cnartıer’s :n Galew’s Schrift ‚über das Koma . ie: "be r die He rkunft der Staubfälle im »Du ee Herisau: psychologisch bedingte Fehler bei metesrologischen Beobachtu ungen . LipzBAarskı: eine A re rhrinene Bilinguis aus einem Tempel des Massinissa a (hierzu Taf. = Fıscner und er ER und ähnlicher Stoffe HABERLANDT: zur Piysülin re Ze g Pranck: über das Gleichgewicht ech Oseillatoren, freien Elektronen und strahlender Wärme Warpever: das Skelet eines Scheinz er . E.E. Schurze: die Erhebungen = der L und Wangenschleiuhaut d der Sängethiere. II. Die Beutelthiergattung Ma Dis (a) (er Taf. I, IH und IV) Lüpers: die Sakas und die Elche he d. er r erg und G. Wexpr: ein-, zwei- und dreiwerthige I Linien: des Alsisioinnsn ; in den an ER: zur kalklechen Wortkunde. II Frogenıus: über die Markorr’schen Zahleı E. Ag und M. ee über die Carbomethoxyderiri ate der Phenolcarbonsäuren "und ihre rwendung für ass Ba Derivate der Pyro nme E. ac und Synthese der o-Diorsellinsä Rusens: über die Absorption des Wasser Ban und über ni Reststrahlengruppen im Gebiete ds ossen Wellenlän Heımert: die Peror anne de Mass ds im Gebiete des Har rrwiG: Keimesschädigung durch er Eingie (hieran Taf. ” Rorrur: Gedächtnissrede auf Erıcan Scan M 2.50 » 5.50 un ” ) 50 » ).— „5.50 „2. » 4.50 M 12.— M 1 » L— -» 1 1.— » 0.50 EEE IE BERLINER „u u 4 881 883333|23|| 188 |3 && “ S-2» 22 „292 „2 SprS29222-Prrrm all