FLORA ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 76. BAND. ERGÄNZUNGSBAND ZUM JAHRGANG 1892. HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL. Professor der Botanik in München. Mit 13 Tafeln und 7 Textfiguren. Mo. Bot. Garden, 18983 MARBURG. N. G. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1832. Inhaltsverzeichniss. I. Abhandlungen. - Seite Dr. ERICH BRUNS, Der Grasembryo . . 1—33 AUGUST BINZ, Beiträge zur Morphobeie und ‚Entstehungsgeschichte der Stärkekörner . . . . j . . 34—91 K. GOEBEL, Archegoniatenstadien. I. . j . . 92—116 0. LOEW und Th. BOKORNY, Zur Chemie der Proteosomen . . 117—129 K. GIESENHAGEN, Ueber Hexenbesen an tropischen Farnen . 130 - 156 K. GIESENHAGEN, Ueber hygrophile Farne . . . 157-181 Dr. LADISLAW ÖELAKOVSKY jr.,. Ueber die Aufnahme lebender und todter verdaulicher Körper in die Plasmodien der Myxomyceten 182— 244 LEON WEHRLI, Ueber einen Fall von „vollständiger Verweiblichung“ der männlichen Kätzchen von Corylus Avellana L. . . . 245—264 F. NOLL, Die Orientirimgsbewegungen dorsiventraler Organe . 265-289 IH. Abbildungen. A, Tafeln. Tafel I-IV zu Bruns, Der Grasenbryo. Tafel V—VII zu Binz, Beiträge zur Morphologie und Entstehungsgeschichte der Stärkekörner. Tafel VIII—XI zu Goebel, Archegoniatenstudien. Tafel XII uw XIII zu Giesenhagen, Ueber Hexenbesen an tropischen Farnen. B. Textfiguren. Seite 112 Fig. 1 zu Goebel, Ärchegoniatenstudien. Seite 160 ff. Fig. 1-3 zu Giesenhagen, Ueber hygrophile Farne. Seite 246 ff. Fig. 1—3 zu Wehrli, Ueber einen Fall von „vollständiger Verweib- liehung‘‘ der männlichen Kätzchen von Corylus Avellana L. III Litteratur. JULIUS SACHS, Gesammelte Abhandlungen über Pflanzenphysiologie. . . 290 Dr. FRIEDR. LUDWIG, Lehrbuch der niederen Kryptogamen . . 2. ..290 Dr. HANS MOLISCH, Die Pflanze in ihrer Beziehung zum Eisen . . . . 291 IV. Eingegangene Litteratur. Seite 293—296. Der Band erschien am 7. December 189. Der Grasembryo. Von Dr. Erich Bruns. Hiezu Tafel I-IV, Trotzdem die Grasembryonen schon eine sehr weitgehende Aus- bildung besitzen, und trotzdem .sie schon von den verschiedensten Autoren und iheilweise recht eingehend untersucht worden sind, herrschen über den morphologischen Werth der Theile des Graskeimlings immer noch Unsicherheiten und Meinungsverschiedenheiten. Bekanntlich unterscheidet man am Grasembryo das Seutellum, die Knospe, die Wurzel und häufig den Epiblast. Fig. 28A zeigt z. B. einen Embryo von ‚Stipa Juncea, durchsichtig gemacht und von oben gesehen. Man erkennt in sc. das eigenthümliche Organ, welches seiner Gestalt wegen „Scutellum® genannt wird; in seiner vorderen Aushöhlung liegt die Knospe k, die in ihrem unteren Theile noch wieder bedeckt ist von dem sog. „Epiblast“ e, während unterhalb des letzteren die Wurzel w durchschimmert. Die Knospe ist umhüllt von dem „Scheidenblatt“, das auf der dem Sceutellum abgekehrten Seite eine spaltförmige Oeffnung 0 besitzt. Vergleicht man hiermit einen Längsschnitt, wie ihn Fig. 37 A durch den Embryo von Avena sutiva darstellt, so finden wir in sc. wieder das Schildehen, in e den Epiblast und in ze die Wurzel. Jetzt erkennt man auch wie die Knospe zusammengesetzt ist aus dem Vegetationspunkt v, mehreren Blattanlagen, die denselben um- geben, und zu äusserst dem „Scheidenblatt“ s (Coleoptile, Pileole), welches die ganze Knospe nach aussen abschliesst. Die Wurzel ist eingeschlossen im unteren Theil des Keimlings und muss bei der Keimung einen Theil der sie am Austritt hindernden Gewebemasse, die „Coleorhriza*, e, durchbrechen, so genannt, weil sie eine Art Flora 1892. Suppl.-Bd, 1 2 Scheide um die Wurzel bildet. Auch über diesen Theil war man lingere Zeit verschiedener Ansicht, bis man erkannt hat, dass sie so- wohl vom unteren Theile des eigentlichen Embryos, als auch vom Keimträger herstammt. Will man auf einem Querschnitt die einzelnen ‘Theile wieder erkennen, so muss man naturgemäss mehrere Schnitte in verschiedener Höhe anfertigen. So gibt Fig. 22G einen Schnitt durch den unteren Theil des Keimlings von Zizania aguatica wieder, in :v ist die Wurzel getroffen, Fig. 22H durch den Theil zwischen Wurzel und Knospe (e der Epiblast), Fig. 22B endlich einen Schnitt, der durch die Knospe gegangen ist. In der Höhlung des Seutellums befindet sich eine Anzahl Blätter, die scheidenartig eins das andere umgeben, zu äusserst wieder das Scheidenblatt. Wie oben angedeutet fehlt bei manchen Arten der Epiblast, wie beispielsweise bei Coix (Fig. 3), während die übrigen Theile, wenn auch bei manchen in verschiedener Ausbildung, stets vorkommen. - Der Umstand aber, dass ein Organ in einigen Fällen vorhanden ist, und, wie wir sehen werden, dann in ausserordentlich mannigfaltiger Form auftritt, in anderen Fällen aber ganz fehlt, resp. unterdrückt ist, lässt schon jetzt erkennen, dass, was man nicht erwarten sollte, schon am Embryo Rückbildungen eingetreten sind. Vor allem ist es nun das Seutellum, welches den Botanikern wegen seiner eigenthümlichen und bei keiner anderen Familie wiederkehrenden Form die grössten und meisten Schwierigkeiten betreffs seiner Deutung gemacht hat. Nach Naegeli’s Ansicht allerdings kann man am Embryo über- haupt noch keine Caulom-, Rhizicom- und Phyllombildungen unter- scheiden. Dem gegenüber zeigt der Grasembryo eine so weitgehende Gliederung und Arbeitstheilung bei der Keimung, dass man ihn un- möglich für ein Thallom halten kann, auch würden wir damit bei einem keimenden Embryo wieder vor derselben Frage stehen. Sieht man sich nun aber um nach den sonst gültigen und herrschen- den Ansichten, so findet man eine erstaunliche Verwirrung und Mannigfaltigkeit in den Meinungen betrefis der Deutung der ein- zelnen Theile. Diese Unsicherheit spricht sich z. B. in einer der letzten diesbezüglichen Arbeiten von Tschirch: „Physiologische Studien über die Samen, insbesondere die Saugorgane derselben“ be- sonders klar aus. Tschirch lässt es nämlich unbestimmt, ob das Seutellum mit sammt dem Scheidenblatt oder aber letzteres allein den Cotyledon darstellen, auch wurde die Behauptung wohl mehr auf- gestellt der Analogie zu Liebe mit den Embryonen anderer mono- 3 cotylischer Familien, bei denen der Cotyledon aus einem scheidigen und einem keulenförmigen Theil besteht, als in Folge der Berück- sichtigung aller bei den Grasembryonen vorkommenden thatsächlichen Verhältnisse. Je weiter man aber zeitlich zurückgeht in der Forschung nach den Ansichten der Autoren, um so mehr Abweichungen von einander findet man. Da aber die historische Uebersicht über diesen Fall sowohl bei Ph. van Tieghem (Sur le cotyledon des Grami- nees i. Annal. d. sc. n. V p. 15) als auch bei Fr. Sandeen (Bidr. till känned. om Grasembryots) eine sehr unvollständige ist und theilweise unrichtig, ist es wohl angebracht, zunächst eine Uebersicht der bis- her überhaupt aufgestellten Hypothesen zu geben, soweit sie von den betreffenden Autoren mit Gründen belegt sind. . - r Historische Uebersicht. Der erste, der sich über den Graskeimling äussert, ist M. Mal- pighi, der in seinen „Opera omnia“ 1687 die Embryonen von_Tritieum und Avena beschrieben und abgebildet hat. Er hält das Scutellum für das Keimblatt, denn er sagt: „In Tritico et Avenaceis videtur plantula unico, hocque obscuro folio praedita*. Nach Malpighi folgt eine hundertjährige Pause; erst bei Gärtner in „De fructibus et seminibus Plantarum 1788“ wird der Grasembryo wieder erwähnt. Gärtner aber beschreibt ihn in vor- vorzüglicher Weise, auch hat er eine ganze Anzahl von Grasarten auf ihren Keimling untersucht und namentlich in Bezug auf die Ge- stalt des Seutellums beschrieben. Von Gärtner stammt überhaupt der Name Seutellum, indem es bei ihm heisst: „Singularem hanc Vitelli speciem, proprio Scutelli cotyledonei nomine distinguimus“, Da er aber ausdrücklich vorher erklärt, dass er unter Vitellus ein Mittelding zwischen Albumen und Ootyledon versteht, können wir ihn nicht zu denen zählen, die das Scutellum für ein Keimblatt ansehen, wie v. Tieghem thut. A. L. de Jussieu (Genera plant. sec. ord.n. disp. 1789) drückt sich nicht bestimmt aus, er nennt das Schildchen allerdings „Lobus“ und versteht offenbar ein Keimblatt darunter. Von jetzt an wird der monocotyle und besonders immer der Grasembryo der Gegenstand ausserordentlich häufiger Auseinandersetzungen, und ganz besonders ist die Litteratur im Anfang des Jahrhunderts reich daran. Im Jahre 1808 haben gleich zwei, Richard und Poiteau, Arbeiten darüber veröffentlicht. 1* Letzterer, „M&moire sur !’embryon des Gramindes, des Oyperacdes et du Nelumbo 1808%, kommt zu dem Schluss „que la plaque late- rale de l’embryon des gramindes, appelee vitellus et scutellum par Gärtner, est un veritable cotyledon*. Er hat sehr gute Beobach- tungen gemacht und schliesst ferner aus der Stellung des Epiblastes. gegenüber dem Cotyledon, dass er „le rudiment d’un second coty- ledon® sein müsse. . Richard dagegen (Analyse des embryons Endorh. ou Monoc. et: part. de cel. d. Gr.) hat eine ziemlich sonderbare Ansicht. Er glaubt daraus, dass aus dem unteren Theile des Scutellums die Wurzel tritt, oder möchten wir sagen, herauszufreten scheint, folgern zu müssen, dass dasselbe „un renflement lateral de la radicule* sei. In- dem er sich die Knospe derart aufgerichtet denkt, dass sie zur Läugs- achse des Schildchens rechtwinklig steht, konstruirt er sich eine Achn- lichkeit mit den Embryonen der übrigen Macropoden (Najadac. Alismac. Hydroch. Nymph. u. a.) heraus. Auch den Epiblast hat er wohl be- merkt, ja ihm sogar den Namen gegeben, er hält ihn für eine Ver- längerung des „Hypoblastes“, namentlich auf Grund eines nicht median. gegangenen Schnittes durch den Embryo von Oryza. Ungefähr zu gleicher Zeit hat Mirbel (Elements de Physiologie vegetal t. 1 1809) seine Meinung ausgesprochen, die aus der Ver- gleichung verschiedener Graskeimlinge im ruhenden und keimenden Zustande und mit denen einiger anderer Monocotylen hervorgegangen war, und die dahin ging, dass das Sentellum ein Keimblatt vorstellt. Den Epiblast hält er ebenfalls wie Poiteau für einen verkümmerten zweiten Cotyledon. In seinen „Examen de la division des vegctaux en Endorhizes et, Exorhizes 1810* zählt er allerdings auch das Scheidenblatt als zum Cotyledon zugehörig hinzu, kommt aber 1815 in den „Elöments de physiologie vegstale“ wieder auf seine erste Ansicht zurück. " Treviranus (Von der Entwickelung des Embryo und seiner Umhüllungen im Pflanzen-Ei, 1815) wendet sich namentlich gegen Richard’s Auffassung; auch nach ihm ist das Seutellum als ein Keimblatt anzusprechen. Treviranus lässt dasselbe allerdings bei der Keimung sich verlängern bis zur Länge des Samens und eine gelblichgrüne Farbe annehmen, was beides nicht der Fall ist. Turpin hat nach van Tieghem in „Memoire sur l’inflorescence des Gramindes 1819* sich der Ansicht von Mirbel angeschlossen, also ebenfalls zwei Cotyledonen am Grasembryo angenommen. 5 H. Cassini („L’Analyse de l’embryon de Graminees, in Journal de Physique 1820 T. 91°), der verschiedene aber wenig Besonder- heiten zeigende Embryonen untersucht und auch deren Keimung ver- folgt hat, sagt vom Graskeim: „L’embryon des Gramindes est com- 'posde d’une tigelle, d’un cotyledon, d’une ou plusieurs radieules, d’une plumule et d’une ou deux carnodes“. Der Cotyledon wird bei ihm ‚also von der Scheide dargestellt, während er das „Carnode* benannte Schildchen für „une exeroissance de la tigelle* hält. Physiologische und morphologische Bedeutungen sind beständig von ihm verwechselt. Raspail (Sur la formation de Y’Embryon dans les Gramindes i. Annal. des Sciences nat. 4. 1824) hat, wie Sandeen angibt, eine: „högst egendomliga äsigter om Grasembryot*. Er stellt philosophische Vergleiche an zwischen dem Graskeimling und der Blüthe der Gräser und glaubt ferner den Grashalm mit der ihn umgebenden Blattscheide im Sceutellum vor sich zu haben, indem das das Schildchen durch- ziehende Gefässbündel gleich dem Halm, die übrige Gewebemasse des Seutellums aber gleich der Blattscheide der späteren Blätter sei. Endlich behauptet er sogar, dass die Wurzel des Grasembryos ebenso ‚organisirt sei wie die Plumula. Dr. C. A. Agardh („Ueber die Eintheilung der Pflanzen nach ‚den Cotyledonen und besonders über den Samen der Monocotyledonen i. Nov. Act. ©.B.C. T. XII P.1, 1826“) vergleicht den Längsschnitt “Jurch den Embryro von Ruppia mit einem Schnitt durch einen ganzen 'Grassamen, der auch den Keimling getroffen, und findet eine grosse Aehnlichkeit zwischen den beiden, die auf seinen Abbildungen aller- ‚dings grösser ist, als in Wirklichkeit: Da aber weiter nach ihm auch bei den Seitamineen das Endosperm an der Stelle, wo das „Corculum“ ‚demselben anliegt, glatter und härter ist, und er den dieken Theil ‚des Embryos bei Ruppia für den Cotyledon hält, so ist das ganze Endosperm nach ihm der Cotyledon und das Scutellum stellt die Haut desselben dar. Agardlı hat offenbar weder den Bau des Grasembryos noch den von Ruppia verstanden. Bernhardi („Ueber die merkwürdigsten Verschiedenheiten des ‚entwickelten Pflanzenembryo in Linnaea 1832“) verlangt von einem Cotyledon als Primordialblatt, dass er abgesehen von der Ernährung ‚die jungen Blätter schützt und bedeckt, und muss desshalb nach ihm die Cotyledonarscheide und der Dotter (Seutellum) den Cotyledon vorstellen. Auch ist der Umstand, dass die Scheidenöffnung auf der ‚dem Scutellum entgegengesetzten Seite sich befindet, auf ihn bestimmend betreffs seiner Ansicht gewesen, da sich diese Thatsache, wie er 6 richtig erkannt hat, nicht vereinbaren lässt mit der zweizeiligen Stellung der Blätter. . In Bischoff’s „Lehrbuch der Botanik I. 1834“ haben wir wieder einen Forscher, der Scutellum und Epiblast für zwei Cotyledonen an- sieht, ja er nennt die Graskeimlinge direct „mit wechselständigen Samenlappen versehene Keime“, ohne allerdings besondere Gründe: dafür anzuführen. *" M. J. Schleiden „Einige Blicke auf die Entwickelungsge- schichte des vegetab. Organismus bei den Phanerogamen“ (Wiegn. Archiv IIL. I. 1837), hat die Entwickelung des Grasembryos verfolgt, er hält das Scutellum wohl für den Cotyledon, aber nur für einen Theil desselben, indem die Scheide der andere Theil ist, da sie „durch. eine Erhebung des Cotyledons“ entsteht. Den Epiblast hält er für einen Auswuchs des Scutellums; einen zweiten Cotyledon kann er nach ihm nicht darstellen, da er tiefer mit der Achse zusammenhänge als der Cotyledon selbst. Auch in „Grundzüge 2. 1850* ist er noch derselben Ansicht. - Adrian de Jussieu, der ungefähr zu gleicher Zeit, „Sur les. Embryons monocotyledonds (Comptes Rendus des scances de l’Acad. des sciences 9. 1839 und El&ments de botanigue I. ed.), seine Meinung äussert, hält abweichend von seinem Vater das Seutellum nicht für- das Keimblatt. Fr fasst seine Ansicht mit den Worten zusammen .:. „la tigelle prend un acceroissement lateral et disproportione, qui lui. donne jusqu’a un certain point l’apparence d’un eotyledon“. Diese Ansicht wird nun später, ja bis auf die neueste Zeit, wie wir sehen werden, von sehr vielen angenommen. Regel („Beobachtungen über den Ursprung der Stipeln, Linnaea 17, 1843°) hat eine so merkwürdige Auffassung, dass man sich schwer in seinen Gedankengang hineinfindet, zumal er einmal im Seutellum eine Stipel sieht, etwas weiter aber ausführt, es könnte „nichts anderes. als ein Achsengebilde sein, aus dem das Knöspchen sich seitlich her-. vorbildet.“ Die Scheide aber ist bei ihm der wahre Cotyledon. Noch anders denkt sich S. Reisseck („Monocotylischer Embryo,. Bot. Zeit. 1843“) die Construction des Grasembryos. Nach ihm ist. „die Plumula eine Axillarknospe und der Samenlappen das betreffende- Organ der fehlgeschlagenen Terminalknospe und Stützblatt der Plu- mula“. Der Epiblast ist nach ihm „der mit der Cotyledonarscheide- verwachsene Basilartheil der fehlgeschlagenen Terminalknospe“. Nach. ihm ist aber weiter die Scheide offenbar auch ein Theil des Cotyledon, denn er führt‘ weiter aus: „So wie die Axillarknospe Stellvertreter: 7 der Terminalen wird, vertritt der Cotyledon die Stelle der Terminal- knospencotyledonen. Da diese die Plumula vollkommen umschliessen, umgibt auch der einzelne Cotyledon in der Regel mützenartig die Plumula“. Auch Lestiboudois („Annal. des se. n. III Ser. 10°) hält die Scheide für das Keimblatt, während er merkwürdigerweise das. Schildehen gar nicht erwähnt. Für ihn sind nur die Gefässbündel bezw. Procambiumstränge massgebend und da das Scheidenblatt von zwei Leitbündeln durchzogen ist, erklärt er dies für das Keimblatt, ja denkt es sich durch Verwachsung zweier Blätter entstanden. Er sagt überhaupt von den monocotylischen Embryonen: Tous les fais- ceaux caulinaires concourent & la formation d’une seule expansion foliac&e, au lieu de former deux feuilles; e’est la la difference characteristique que presente l’ordre des Monocotyledones*. Hofmeister hat sich verschiedentlich über die Grasembryonen geäussert, so beschreibt er in „Die Entstehung des Embryo der Phanerogamen, 1849“ die Entwickelung von Zea und Mais und liefert, recht gute Abbildungen. Er nennt das Schildchen den Cotyledon, rechnet die Scheide aber hinzu als einen Theil desselben. In seiner Arbeit: „Zur Entwickelungsgeschichte des Zostera Embryo, Bot. Zeit. 1852* aber ändert er seine Ansicht, indem er glaubt, aus der Entwickelungs- geschichte schliessen zu müssen, „dass das sog. Schildchen des Eınbryo von Zea und Sorghum analog sei der ersten blattlosen Achse der Zostera®. Dieses bekräftigt er ganz ausdrücklich einige Jahre später „Neue Beiträge zur Kenntniss der Embryobildung der Phanerogamen (Abhandl. der königl. sächs. Gesellsch. d. W. 1861)“, er sagt p. 70: „Ich habe ‚auch jetzt noch das Scutellum der Gräser und die ana- logen Bildungen von Zostera u. s. w. als Auswuchs der Achse nicht als Blatt aufgefasst“. Er hat also genau die Ansicht von Adr. de Jussieu. Bei Demoor, „Note sur l’embryon des gramindes (Bullet. de l’Acad. roy. des sciences de Brux. 1853*) finden wir verschiedene sehr gute Bemerkungen und Beobachtungen, er hat eine ganze An- zahl verschiedener Embryonen im reifen Zustande und entwickelungs- geschichtlich untersucht, das Scutellum nennt er bouclier, den Epiblast „ie faux bouclier de quelques auteurs*. Er kommt zu dem Schluss: „A. Que le bouclier constitue le vrai cotyledon des graminees et „B. Que la vaginule n’est pas le reprösentant de la ligule, mais la portion vaginale d’une feuille primordiale & laquelle nous Vassimilons*. Allerdings ist ihm nicht entgangen, dass die Stellung der Scheide zum Scutellum nicht der alternierenden Stellung der Blätter der Gräser entspricht. Er hilft sich etwas sonderbar, er behauptet nämlich, bei Melica uniflora u. a. wäre überhaupt keine Oeffnung der Scheide vorhanden, und denkt sich die letztere entstanden durch Verwachsung der Ränder eines Blattes, obwohl er selbst gesteht, dass es ihm nie gelungen wäre, dieses zu beobachten. J. G. Agardh („Theoria system. plant. 1858“) hat eine Auf- fassung, die sich mit der von Naegeli später ausgesprochenen deckt, da er von dem Embryo sagt: „quod thalloideam quandam offerat formam*. Nach Schacht („Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Gewächse 2. 1859) bilden Scutellum und Scheide zusammen das Keimblatt. Den Epiblast nennt er „einen Theil des Samenlappens“. A. Gris („Recherches anatomiques et physiologiques sur la germin. i Annal. d. sc. nat. 5 Ser. 1864*) hat wieder einseitig nur die physiologische Funetion des Scutellums ins Auge gefasst und Zea-Mais nur anatomisch untersucht, woraufhin er sich Adr. de Jussieu anschliesst, c’est a dire & considerer le scutelle comme une expansion laterale d’une partie de l’axe, modifi€ de maniere ä devenir le prineipal organe d’absorption du germe*. Die gleiche Ansicht vertritt auch Duchartre („ElGments de Botanique 1867“), denn er führt aus, dass das Stengelchen „une grande expansion ovale“ trüge, ohne allerdings eine eigentliche Ansicht zu entwickeln. j Decaisne nennt in den „Traite general de Botanique 1868“ das Scutellum direct den Cotyledon, und hält die Scheide für ein Blatt der Knospe. Sehr gute Beobachtungen und Abbildungen liefert Sandeen in „Bidrag till kaenn ed omen om Grasembryots byggnad och utveckling*, in „Acta Univers, Lundens 1868“. Sandeen hat sowohl ver- gleichende Untersuchungen einer ganzen Anzahl verschiedener Gras- .embryonen im reifen Zustand gemacht, als auch anatomische und entwiekelungsgeschichtliche Beobachtungen über dieselben angestellt. Trotzdem ist das Resultat, zu dem er kommt, ein auffallend kärg- liches, doch lässt sich so viel aus seinen Schlussbemerkungen ent- nehmen, dass er das Scutellum für eine Tälallusbildung hält; die Knospe nennt er eine Achselprotuberanz, während er sich über die Bedeutung von Scheide und Epiblast gar nicht äussert. 9 Einen anderen Gesichtspunkt stellt Hanstein („Die Entwickelung des Keimes der Monocotylen und Dikotylen 1870—71°) auf. Han- stein’s Untersuchungen und Abbildungen sind natürlich vorzüglich, er hat die Entwickelung von Brachypod. distachyum von der Eizelle bis zum reifen Embryo mustergiltig nachgewiesen. Dadurch aber, dass er den Embryo eintheilt in Caulom und Phyllom und das Scu- tellum für ein Phyllom und für ein Keimblatt erklärt, ist ihm „das Scheidenblatt kein eigenes phyllomatisches Gebilde“, so dass „sein (des Scheidenblattes) vorderer Theil trichomatischen Werth hat“, was man sich schwer wird vorstellen können. Auch den Epiblast be- zeichnet er „trichomatischen Vorstoss“. Van Tieghem („Sur les Cotyledons des Gramindes. Annal. d. sc. nat. V Serie 1872*) hält wieder Sceutellum und Scheide zusammen für den Cotyledon. Da er aber wohl eingesehen, dass durch das Vorkommen eines Internodiums zwischen Schildehen und Scheide bei manchen Grasembryonen (Panicum Fig. 14) die Zurechnung der letzteren zum Scutellum eine sehr gezwungene wird, sucht er diese Thatsche damit abzuschwächen, dass er nachweist, dass eine Ver- bindung der beiden Theile doch durch den Procambjumstrang_ statt- fände. Aus dem Vorkommen von zwei solchen Strängen im Scheiden- blatt, nennt er sie „une double stipule unie bord a bord en avant et en arriere en une gaine blanche Epigee, qui prot6ge la gemmule*. Und an anderer Stelle folgert er: Ecusson avec le lobule oppose (Epi- blast), quand il existe, et pilöole, sont deux parties de la m&me feuille qui est le cotyledon de la plante. Van Tieghem hat aber wie auch Hegelmaier („Zur Ent- wickelungsgeschichte monocotylischer Keime ete. Bot. Zeit. 1874*) constatirt, nur vom anatomischen Standpunkt aus geschlossen und hat nicht die geringste Rücksicht auf sonst vorkommende morpho- logische Verhältnisse genommen, die kein Beispiel liefern, dass eine Stipula vom Blatt, an dem sie entsteht, durch ein Internodium ge- trennt ist. Hegelmaier hat auch die Entwickelung untersucht, kommt aber schliesslich zu demselben Resultat, dass nämlich „Schildchen und Scheide zusammen dem Cotyledon der anderen Monocotyledonen entsprechen“. In einer kleinen Bemerkung „der Graskeim“ äussert sich auch Warming in dieser Sache. Warming hält das Scutellum für das Keimblatt, die Scheide für ein selbständiges Blatt, letzteres nament- lich wegen des zuweilen vorkommenden Internodiums; aus der Stellung 10 x der Scheide aber zum Seutellum folgert er, das ein zweites Blatt, welches dem Cotyledon alternierte, fehlgeschlagen sei, „bisweilen“, sagt er, „findet es sich auch als eine winzige Schuppe und ist das- jenige, was Richard Epiblast nennt“. Klebs („Beiträge zur Morphologie und Biologie der Keimung‘) „Untersuchung aus d. bot. Institut zu Tübingen“, spricht sich auf Grund seiner keimungsgeschichtlichen Beobachtungen für die von van Tieghem verfochtene Ansicht aus. Dagegen wird Warming’s ‘Meinung in „Engler-Prantl’s Pflanzenfamilien" vertreten von Hackel, wo angeführt wird: „doch hat die Meinung, dass wir in ihm (d. Epibl.) einen rudimentären zweiten Cotyledon haben, wohl am meisten für sich, unter anderem würde sie die auffallende Stellung des ersten Blattes des Knöspchens über dem Schildchen begreiflich machen“. Und von der Scheide heisst es: „Manche Autoren betrachten es als einen Besfandtheil des Cotyledons, was sicher unrichtig ist“. Endlich käme Tschirch noch hinzu, dessen Ansicht oben wiedergegeben ist, in dessen Arbeit die Grasembryonen wohl ange- führt und gedeutet sind, ohne aber sonst, beschrieben oder abgebildet zu sein. Wir finden also eine grosse Uneinigkeit der Autoren unter einander, fast jeder hat seine Meinung für sich und seine Meinung auf seine Weise bewiesen. Sehr viele aber sind hierbei recht ein- seitig vorgegangen, während einige wie schon erwähnt, die Embryonen nur anatomisch untersuchten, haben ‚andere nur die Entwickelung verfolgt oder wieder andere nur die Function der Theile bei der Keimung berücksichtigt. Manche haben überhaupt nur aus der Be- trachtung eines einzigen Grasembryos Schlüsse gezogen u. s. f. Es ist klar, dass hierbei leicht Fehlschüsse sich einstellen mussten. Es würde zu weit führen, auf jede der aufgestellten Hypothesen näher einzugehen; wie weit sie richtig oder unrichtig sind, wird sich vielmehr aus dem Folgenden ergeben, indem ich auf Grund der Untersuchung einer ziemlich grossen Anzahl von Grasembryonen eine Deutung aufstellen werde, die ohne neu zu sein, die Frage der Be- deutung der einzelnen Theile des Grasembryos einmal definitiv ent- scheiden dürfte. Dazu ist es nothwendig, zunächst einmal.auf die einzelnen. Theile des Grasembryos, also zuerst auf das Scutellum etwas näher einzugeben. ir Wie aus der historischen Uebersicht sich ergibt, ist das Scutellum von den meisten Forschern namentlich der neueren Zeit für das Keim-- blatt, wenn auch von manchen nur für einen Theil desselben, ge- halten worden, und in der That sprechen auch die verschiedensten Gründe dafür, so schon seine Form. Denn wenn es auch eine schild-- artige Gestalt besitzt, so besteht es dabei dennoch meistens, gleich allen Grasblättern, aus einem scheidigen Theil und einer Lamina.. Dass das Sceutellum das Bestreben hat, die Knospe scheidenartig zu umfassen, zeigt ein Blick auf die oben erwähnte Abbildung des Embryos von Stipa (28 A) und noch deutlicher jeder Querschnitt durch einen beliebigen Grasembryo. Dieses Bestreben der Umfassung der Knospe von Seiten des Scutellums geht bei Zea u. a. so weit, dass erstere mit sammt dem Wurzeltheil ganz von dem Schildehen um-- wallt wird, so dass nur noch ein Spalt die Ränder desselben erkennen lässt (Fig. 1). Aber auch die Ausbildung einer Lamina ist nicht selten, . so ist sie schon beim Hafer (Fig. 37a) unverkennbar und bei Spar- tina (40 A), geradezu vorzüglich aber bei Zizania aquatica (Fig. 22A). Dieser merkwürdige Embryo „besitzt “ein Schildchen mit einer Lamina, welche die ganze Länge des Samenkorns erreicht, nicht selten 1,8cm und mehr, und lassen jüngere Zustände (22E u. F) be- sonders schön auch noch den: scheidigen unteren Theil des Schildchens - erkennen. Beides, Lamina wie die scheidige Ausbildung, ist natürlich nicht immer so deutlich, doch ist letztere eigentlich immer vorhanden.. Selbst in Fällen, in denen das Scutellum eine fast flache Scheibe dar-- stellt, läuft mindestens ein Ringwall um die Knospe herum, der die-- selbe schützt, und dieser scheidenartige Wall, den wir Cotyledonar- scheide zum Unterschied von dem eigentlichen Scheidenblatt nennen wollen, erreicht zuweilen eine bedeutende Mächtigkeit, wie am Längs-- schnitt von Bambusa (Fig. 60) ersichtlich. Dass die einem Blatt zu- kommenden Theile bei dem Cotyledon der Gräser aber nicht so zur’ Ausbildung gelangen’ wie bei manchen anderen monocotylischen Em- bryonen, ist aber auch ganz erklärlich, denn wir haben es hier mit einem Organ. zu thun, das nicht: etwa nur mit der Spitze, sondern in toto im Samen bei der Keimung stecken bleibt und zum Aussaugen des Endosperms dient, und es ist nicht zu verwundern, dass dies auch rückwirkend auf die Gestalt desselben einen Einfluss ausübte. Hierbei möchte ich nur bemerken, dass es mir zweifelhaft erscheint, ob auch Zizania sich in dieser Beziehung verhält wie die anderen Graskeimlinge. Leider war es mir trotz aller darauf verwandten. Sorgfalt nicht möglich, Zizania-Samen zum Keimen zu bringen bezw.- 12 keimfähige Samen zu erhalten. Auch der Umstand, dass das Scu- tellum bei der Keimung nicht zu Tage tritt, kann kaum als Grund ‚gegen die Auffassung angeführt werden, da es eine bei den Mono- cotylen sehr gewöhnliche Erscheinung ist. Umgekehrt lässt sich für unsere Ansicht, im Scutellum einen Cotyledon zu sehen, seine Function als Saugorgan bei der Keimung aus der Analogie mit den Embryonen verwandter Familien anführen. Zu dem Zwecke des Aufsaugens ist das Scutellum bekanntlich auf der dem Endosperm anliegenden meist convexen Seite mit einer besonderen Schicht eigenthümlicher Zellen, dem sog. Oylinder-Epithel versehen, und so sagt Sachs ganz ausdrück- lich: „In dieser Hinsicht stimmt das Epithel am Schildehen der Gräser mit dem gleichnamigen Organ am Körper des Cotyledon der Palmen und mit der jungen Epidermis der Rieinuscotyledonen (und vieler anderer Keime) überein‘. Zum Fortschaffen der durch das Oylinder-Epithel aufgesogenen Stoffe ist das Seutellum ferner von einem deutlichen Proecambiumstrang durchzogen, der unterhalb der Spitze des Scutellums umbiegt und sich in mehrere kleinere Stränge verzweigt, andererseits aber in die Knospe und in das Würzelchen verläuft. Dieses Keimblatt ist allerdings von etwas massiger Gestalt und mannigfaltiger äusserer Ausbildung, so dass schon Gärtner darüber ‚angibt: „Figura ei varia, ut orbieulata in Briza, elliptica in Cenchro, ‚oblonga in Melica, lanceolata in ‚Zizania, subparabolica in Cerealibus 'et alia in als“. Bei Zizania aber besitzt es kaum noch die Schild- form, die es sonst meistens bewahrt hat, auch bei Zea wird sie schon undeutlich. Eigenthümliche Verschiedenheiten weist es ferner in Be- zug auf sein unteres Ende auf. Beim Hafer (Fig. 37 A) geht das Schild- chen ganz allmählich in den Wurzeltheil über, und namentlich bei Betrachtung eines derartigen Embryos lässt es sich erklären, wie Richard auf den Gedanken kam, das Seutellum für einen Wurzel- körper, Adrian de Jussieu und seine Anhänger dasselbe für einen Auswuchs des Hypocotyls zu betrachten, eine Ansicht, die durch die Entwiekelungsgeschichte sofort widerlegt wird. Bei den meisten Embryonen bemerken wir am unteren Theile des Schildchens einen plötzlichen Absatz oder Einschnitt, was auf einem Längsschnitte am deutlichsten hervortritt. So haben wir den eigenthümlichen Höcker am unteren Theile des Schildcehens von Triticum (Fig. 55) oder Lepturus (Fig. 57) offenbar als Endigung desselben anzusehen. Bei denjenigen, bei welchen das Keimblatt bis zur Wurzelspitze oder noch über diesselbe hinausgeht, zeigt sich sogar ein tiefer Spalt als Trennung von dem die Wurzel bergenden Theil des Embryos, so 13: bei Sorghum (Fig. TB), Saccharum (Fig. 4), Zizania (Fig. 22 B)' u.v.a. Bei Bambusa (Fig. 59) geht das untere Ende des Seutellums in eine fast schwanzähnliche Verlängerung aus. Bei derartigen Em- bryonen (Saccharum Fig. 4) ist die Verbindung des Scutellums mit dem übrigen Embryo eine so geringe, dass seine Zugehörigkeit zur Wurzel oder Hypokotyl schon dadurch unwahrscheinlich wird. Nach alledem sehen wir uns daher gezwungen, das Scutellum ale. ein selbständiges Organ, als das Keimblatt der Gräser, anzusehen, und bliebe als Hauptunterschied .z. B. von dem Cotyledon der Palmen nur der Umstand, dass es sich bei der Keimung nicht vergrössert. Wenden wir uns nun zu dem von Richard „Epiblast“ ge- nannten Gebilde, so wurde schon oben angeführt, dass er nicht immer ' vorhanden. Ist er aber zur Ausbildung gelangt, so tritt er in so verschiedener Form und Gestalt auf, dass man wieder nur durch. Vergleichung einer grösseren Anzahl von Embryonen zu einem richtigen Schluss gelangen kann. Der Umstand, der verhindert hat, den Epi- blast als das zu erkennen, was er wirklich ist, nämlich als ein, aller- dings reducirtes, Blatt, ist, wie von verschiedenen Autoren betont wird, der Mangel eines Gefässbündels. Hätte der Epiblast ein Leit- bündel, was er allerdings nicht besitzt, so wäre sicher kein Zweifel mehr über seinen morphologischen Werth. Dem gegenüber lässt sich zunächst anführen, dass wir in zahlreichen anderen Fällen Organe kennen, die allgemein und ohne Widerspruch als Blätter anerkannt sind, obwohl sie kein Gefässbündel besitzen. Es genüge hier an die Schuppenblätter von Epipogon zu erinnern. Ist dies also kein Grund gegen unsere Annahme, so ist es seine Kleinheit oder schuppenförmige Gestalt, wie angeführt ist, noch viel weniger. Wohl ist er in manchen Fällen von geringer Grösse und unscheinbar, aber von diesen bis zu dem mit so ausserordentlich entwickeltem Epiblast von Zizania (Fig. 22A) findet sich ein ganz allmählicher Uebergang und die Zahl der Embryonen mit gut entwickeltem Epiblast ist doch eine auffallend grosse. Bei verschiedenen Embryonen hat er aber auch äusserlich Blattform, nehmen wir als bestes Beispiel wieder Zizania aguatica (Fig. 22 A), so erkennt man sofort, wie auch der Epiblast aus einem scheidigen Theil und einer Lamina besfeht. Ersterer ist auch auf dem Querschnitt durch den Keimling von Stipa arenaria (Fig. 28G) deutlich zu erkennen. Fast ebenso schön wie bei Zizania finden wir ihn ferner bei Leersia (Fig. 24). ‚Ohne Weiteres aber ist klar, dass selbst kleine Epiblaste, wie bei Glyceria, Triticum u. a. eine andere Forderung an ein Blatt, einen Schutz der zarteren Theile zu 14 bewirken, in vorzüglicher Weise erfüllen, ganz abgesehen von Fällen, wo wie bei Stipa juncea, Piptatherum u. a. die Knospe fast ganz von ihm verdeckt wird. Wie wir nun oben gesehen, ist er theils zum Scutellum, theils zum Hypokotyl und theils zur Wurzel hinzugerechnet, während nur wenige ihn als eigenes Blatt anerkannten. Zum Seutellum kann er nicht gehören, denn wir finden ihn bei vielen Embryonen scharf getrennt von ersterem. Nardus striecta z. B. besitzt einen ziemlich regelmässigen kleinen Epiblast (Fig. 59 A u. B); da das Schildchen aber schon in der Höhe der Insertion des Epiblastes endigt und auch seitlich gar nicht einmal in die Nähe desselben und in Berührung mit ihm kommt, kann von einer Zusammengehörigkeit der beiden Organe keine Rede sein. Koeleria hirsuta (Fig. 44), Echinaria capitate (Pig. 52B) zeigen das- selbe. Bei vielen anderen, bei Piptatherum multiflorum (Fig. 29), grenzt er sich in seinem ganzen Verlauf scharf von dem Scutellum ab. Nicht selten aber greift das Scutellum mit seinen Rändern über den Epiblast und seine Insertion herüber, so dass man durch das Schildchen des durchsichtig gemachten Keimlings hindurch den Rand des Epiblastes eine Strecke lang verfolgen kann; da aber zwischen letzterem und dem Cotyledon sich die Knospe resp. das Hypocotyl befindet, kann der Epiblast kein Theil des Seutellums sein. Gelingt es schliesslich durch Ausübung eines gelinden Druckes auf den Embryo die einzelnen Theile etwas aus den Grenzen herauszudrängen, so erhält man zuweilen ein Bild wie Fig. 32C von Sporobolus tenac., das also einen in seinem ganzen Umkreis freien Epiblast besitzt. Brachypodium distachyum (Fig. 49 A) lässt ebenfalls eine Zurech- nung des Epiblasts zum Scutellum nicht zu. Dass der Epiblast in vielen Fällen mit dem Scutellum zusammenhängt, ist es deshalb nicht wunderbar, weil wir zahlreiche Beispiele besitzen, dass einander opponirte Blätter mehr oder weniger weit zusammengewachsen sind. Ihn eine Verlängerung der Wurzel nach oben zu nennen ist nicht angängig, weil diese eine scharf gesonderte Gestalt hat, in einer be- sonderen, sie trennenden Scheide steckt, oft weit entfernt ist von dem Epiblast, und weil der Epiblast z. B. bei Oryza (Fig. 23 A) in seiner zur Wurzelrichtung senkrechten Lage doch niemals eine Ver- längerung der Wurzel darstellt. Dagegen hängt er natürlich mit dem Hypocotyl zusammen, doch kann man ihm damit noch nicht seine selbständige Natur absprechen, denn auch das Scutellum und die Knospe nehmen ihren Ursprung an demselben. Verfolgt man nun weiter das Verhalten bei der Keimung, so lässt sich gleich vorweg 15 sagen, dass er dabei kein Wachsthum erfährt. Da wir aber anderer- seits auch das Scutellum, trotzdem es nicht wächst beim Keimen, als ein Blatt erklärten, kann auch für den Epiblast dieser Umstand nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein, dennoch wird es sich verlohnen, etwas genauer den Process zu verfolgen. Fig. 23 A zeigt uns einen Längsschnitt durch einen ruhenden Keimling von Oryza sativa. Die Spitze der Scheide befindet sich mit ‚der des Epiblast und dem oberen Rand des Scutellums in einer Linie. Schildchen und Scheide liegen der Knospe dicht an und be- rühren sich zuweilen oberhalb der Spitze der Scheide, so dass die Knospe ganz verborgen liegt. In Fig. 23B sehen wir den Keimling im ersten Stadium der Keimung. Die ganze Masse desselben hat durch Schwellung nicht unbedeutend zugenommen, die bogenförmig vom Scutellum nach der Knospe und von dieser in die Wurzel laufenden Procambiumstränge treten deutlicher hervor. Eine geringe Streekung hat nur das Scheidenblatt erfahren, dessen derbe Struktur jetzt ganz besonders deutlich wird. Scutellum und Epi- blast geben ihm aber wenig nach, indem sie durch Schwellung gleichen Schritt zu halten suchen. Ein weiteres Stadium der Keimung ist bei Fig. 23M eingetreten. Die Scheide ist in entschiedener Streckung begriffen und bahnt der noch wenig weiter entwickelten Knospe den Weg. Während nun aber das Scutellum auf der einen Seite schon weit zurückgeblieben ist, sehen wir den Epiblast auf der anderen Seite bedeutend höher, was offenbar durch die Thätigkeit der Wurzel verursacht ist. Indem nämlich letztere sich streckt, drängt sie die sie am Austritt hindernde Masse zusammen, so dass sie schon im Voraus den Weg, den sie nehmen wird, erkennen lässt. Durch gleichzeitiges Wachsen der Wurzel in die Dicke und dadurch, dass ihre ganze Richtung nicht wie bei den meisten eine senkrecht nach abwärts gerichtete, sondern eine fast horizontal laufende ist, wird der ‚oberhalb der Wurzel gelegene Theil des Epiblasts in die Höhe ge- schoben. In Fig. 23 N ist die Wurzel ausgetreten und hat den Epi- blast dadurch getrennt vom übrigen Embryo. Allerdings ist also die Thätigkeit des Epiblasts hier eine meist passive; dass aber die Schutz- einrichtung der zarten Knospe; die gerade bei der Keimung verlangt werden muss, in bedeutender Weise verstärkt wird, geht klar aus den Abbildungen hervor. Auch die Insertion des Epiblastes in gleicher Höhe mit dem Scutellum, wie es sich wenigstens in vielen Fällen findet, so z. B. bei Nardus stricta (Fig. 59 B), Echinar. capit. (Fig. 52B) u. a., dann namentlich wieder bei Zizania (Fig. 22B) 16 und fast noch schöner bei Leersia (Fig. 24 B), beweist uns, dass der Epiblast ein dem Scutellum morphologisch gleichwerthiges Organ vorstellt, und als ein mehr oder weniger weit reducirtes Blatt anzu- sehen ist. Durch die mächtige Förderung und Entwickelung des Scutellums wird offenbar das zweite Blatt an seiner Ausbildung mehr oder: weniger gehindert. Auch hiefür finden sich Beispiele; so verkümmert, wie in Goebel, „Beiträge zur Entwickelungsgeschichte einiger In- florescenzen, Pringsh. Jahrb. i884*, angegeben ist, bei Lolium die obere der Inflorescensachse zugekehrte Gluma regelmässig, „während die untere stark entwickelt ist und scheinbar das Deckbatt des Aehrchens darstellt“. Ein ähnlicher Vorgang lässt sich auch hier denken. Leider waren alle angestellten Keimungsversuche auch von Leersia vergeblich. Damit wird aber auch die sonst ganz unverständ- liche Thatsache einer so mannigfaltigen Ausbildung, wie wir sie bei dem Epiblast finden, und ferner der Umstand, dass er in anderen Fällen ganz fehlt, sofort klar. Aehnliche Erscheinungen finden sich auch sonst in der Natur, so heisst es z. B. in Goebel, Entwickelungs- geschichte: „Wenn in einer Setaria-Borste in einem Fall ein fast voll- ständiges Aehrehen, im anderen nur eine Andeutung der Gluma, im dritten gar kein Aehrchenrudiment angelegt wird, so sind diese drei Stadien doch offenbar nur dem Grade nach von einander verschieden“. Dasselbe lässt sich aber auch hier anführen, bei Elymus erinitus (Pig. 58) findet sich z. B. ein kleiner Höcker, den man nur seiner Lage nach als Itest des Epiblastes noch erkennt, Zizania, Leersia, Stipa u. a. lassen andererseits. die enfgegengesetzt@ Grenze in der Ausbilduugs- reihe des Organes erkennen. Auch die Thatsache, dass die Form des Epiblasts bei verschiedenen Species einer Gattung oft merk- würdige Verschiedenheiten zeigt, wird damit weniger auffällig. Unter anderem besitzt Brachypod. distachyon (Fig. 49 A u. B) einen gut aus- gebildeten Epiblast, der sich scharf vom übrigen Embryo abhebt, bei Brachypod. multiflor. (Fig. 50) ist auf der Flächenansicht fast nichts zu erkennen und erst auf einem Längsschnitt entdeckt man den Rest desselben. Auch die Stipa-Arten sind in Bezug auf ihren Epiblast verschieden gebaut, man vergleiche nur Stipa juncea Fig. 28 A mit Stipa arenaria Fig. 23E. Noch deutlicher würde sich die rudimentäre Natur des Örganes zeigen, wenn man analog dem oben angeführten Beispiel von Setaria an verschiedenen Embryonen ein und derselben Species den Epiblast verschieden geformt fände. In der That aber ist dies durchaus nicht selten, ja gerade bei Stipa-Arten, z. B. Stipa Juncea, ist dies ein ziemlich häufiger Fall. In Fig. 28 A zeigt sich 17 der Rand zierlich und regelmässig geschweift gekerbt, bei einem anderen (Fig. 28 B) ist er in der Mitte tief ausgekehlt, und wieder bei einem anderen (Fig. 280) ist er ganz eigenthümlich unregelmässig in grössere und kleinere Lappen auslaufend, ganz abgesehen. davon, dass auch die Gresammtgrösse des Blattes häufig schwankt. Von Echinaria capitata sind in Fig. 52 A und C die Weisen wiedergegeben, in denen der Rand in einzelnen Fällen auftrat. Der- artige Erscheinungen werden aber. offenbar nur dadurch erklärlich, wenn man annimmt, dass man es hier mit einem reducierten Organ zu thun hat. Am Epiblast von Leersia fällt nun noch ein Umstand auf, näm- lich der eigenthümliche Zipfel 2 am unteren Ende, der dem das untere Ende des Scutellums bezeichnenden Vorsprung entspricht, durch den aber vor allem der Epiblast noch zum Ueberfluss ein schildartiges Aussehen erhält, wodurch er dem Seutellum noch näher tritt. Auch bei anderen Keimlingen finden sich derartige Annäherungen an eine Schildchenform des Epiblasts, doch habe ich es nirgends sonst so charakteristisch und deutlich gefunden wie hier. Aus dem oben Ausgeführten folgt naturgemäss, dass wir jetzt auch das Scheidenblatt für ein eigenes Gebilde unabhängig vom Scu- tellum ansehen müssen. Von den vielen Gegnern dieser Ansicht werden meistens zwei Punkte angeführt, die beweisen sollen, dass es kein eigenes Blatt darstelle. Das ist erstens seine Entstehung und zweitens seine Stellung zum Cotyledon. Auf erstere werden wir später noch näher eingehen, was aber letztere betrifft, so scheint sie allerdings auf den ersten Blick mit der sonst innegehaltenen- zweizeiligen Stellung der Blätter der Gräser in Widerspruch zu stehen, doch sehen wir sie gewahrt, sobald man zugibt, dass der Epiblast ein Blatt darstellt. An die Blattnatur, der Scheide, was Form und Funktion anlangt, ist zunächst nicht zu zweifeln, denn alle den anderen Blättern zukommenden Eigenschaften, sind auch ihr eigen. Die jüngeren Blätter und den Vegetationspunkt zu schützen, ist sie ferner noch besonders dadurch geeignet, dass sie sich von den übrigen Blättern durch besondere Dicke auszeichnet. Die Dienste, die sie bei der Keimung der Knospe leistet, haben wir oben beleuchtet. Allerdings bildet die Scheide keine Lamina aus, doch ist dies ja eine allgemeine Eigenschaft der Niederblätter der Gräser. Beim Keimen Flora 1892, Suppl.-Bd. 2 18 am Licht nimmt sie eine gelblich ‚grüne Farbe an und bildet ‚zahl- reiche Chlorophylikörner. Zum Seutellum aber gehört die Scheide nicht, aus verschiedenen Gründen. Auf einen, den auch Bernhardi schon gefunden, machen verschiedene Autoren aufmerksam, dass es nämlich Gräser gibt, bei welchen zwischen der Insertionsstelle des Sceutellums und der der Scheide ein Internodium sich befindet. ‘Der Unterschied wird sofort klar, wenn man Längsschnitte durch Embryonen ohne Internodium (Lotium multiflor. Fig. 53) mit solchen vergleicht, die sich durch ein solches auszeichnen. Schon bei Euchlaena (Fig. 2 A) sehen wir die beiden Insertionspunkte auseinander gerückt, bei Spartina aber (Fig. 40 B) und namentlich wieder bei Zizania aquat. (Fig. 22 B) wird der Abstand beider von einander so gross, dass die Annahme, ein cin- zelnes Organ in diesen so weit von einander getrennten Theilen zu sehen, von selbst hinfällig wird. Gleichzeitig ergibt sich hieraus, dass das Schildehen kein Auswuchs der Scheide sein kann. Eine Zusammen- gehörigkeit der beiden Organe liesse sich nur durch Verwachsung der Scheide mit dem Internodium erklären, wozu aber weder ein Beispiel noch sonst irgend ein Anhaltspunkt vorliegt. Nun kommt aber weiter nicht selten in der Achsel der Scheide und des nächst folgenden Blattes eine Knospe vor, so z. B. bei Tritieum (Fig. 55), die bei Bambusa (Fig. 60) schon ihrerseits wieder die Anlage eines” ersten Blattes erkennen lässt und dadurch die Scheide weit von dem nächsten Blatt fortgedrängt hat. Derartige zu einem Nebenhalm sich ent- wickelnde Axillarknospeu kann man aber doch offenbar nur in der Achsel eines Blattes erwarten, und muss also auch desshall die Scheide ein Blatt sein. Im übrigen kommen in der Ausbildung des Blattes kaum Unregelmässigkeiten vor, es unterscheidet sich von den übrigen Blättern eben nur durch etwas grössere Dicke und dadurch, dass es bei der Keimung keine Lamina entwickelt, eine Erscheinung, die wir ja bekanntlich bei vielen Pflanzen kennen. Auf dem Querschnitt er- kennt man, dass die Scheide durchzogen wird von zwei aus den Pri- mordialknoten stammenden Trocambiumsträngen; hieraus aber den Schluss ziehen zu’wellen, dass sie aus zwei Blättern verwachsen sei, liegt natürlich kein Grund vor und wird durch die Entwickelungs- geschichte durchaus nicht bestätigt. Wie wir sie also nicht mit van Tieghem „une gaine bistipulaire‘“‘ nennen können, ebenso wenig ent- spricht es der Thatsache, sie nach Demoor sich entstanden zu denken durch Verwachsen der seitlichen Ränder eines Blattes, indem die spaltförmige Oeffnung der Scheide die Verwachsungsstelle anzeige, es 19 müsste sich denn aus der Entwickelungsgeschichte ergeben. Verfolgt 'man nun die Entwickelung des Embryos bei verschiedenen Arten, so zeigt sich, dass dieselbe bei allen anfangs eine gleiche ist; es ist also ‚gleichgültig, ob wir einen Keimling ohne Epiblast, solchen mit einem kleinen, ob wir Oryza mit einem grösseren oder Zizania mit einem ‚ganz grossen Epiblast wählen, überall ergibt und ergeben sich dieselben Bilder in der Hauptsache, in- voller Uebereinstimmung mit den be- kannten Hanstein’schen Abbildungen. Dennoch ist es nothwendig, ‚auf dieselbe etwas näher einzugehen. Die ersten eingetretenen Thei- lungen an dem ursprünglichen Embryo von Psaumma arenar. bemerken wir in Fig. 36 A. Der jugendliche Keimling hat eben die keulen- förmige Gestalt angenommen, er zeigt sich getheilt zunächst durch drei Querwände; von den dadurch entstandenen vier Zellen sind die ‚beiden obersten aber schon wieder durch zwei senkrecht zu den ‚anderen stehende Zellwände getheilt. Diese ersten Theilungen sind aber schon in der folgenden Figur 36 B nicht ganz leicht wiederzu- erkennen, am deutlichsten finden sich die beiden senkrechten Zell- wände der beiden obersten Zellen wieder, die Keulenform ist stärker ausgeprägt. Von nun an ist die "Ausbildung des Keimes, wie auch Hofmeister angibt, eine ausserordentlich rasche, so dass es nicht ganz leicht ist, geeignete Zwischenstufen zu erhalten. Etwas weiter fort- ‚geschritten ist der Embryo, von dem Fig. 36 F ein Bild im Längs- schnitt wiedergibt. Der Keim ist bedeutend schlanker geworden; ‚ohne aber eine eigentliche Gliederung erfahren zu haben, lässt er ‚dennoch Cotyledonar- und Wurzeltheil erkennen. Bei s zeigt nun der Längsschnitt eine Hervorwölbung, deren Zellen sich mitsammt den darunter gelegenen von den übrigen durch dickere Wände unter- ‚scheiden. Diese die Hervorwölbung verursächenden Zellen sind der Ursprung des Scheidenblattes, in der hierdurch entstandenen Einsen- kung ist der Vegetationspunkt anzunehmen. Ein deutlich hervor- tretender Vegetationspunkt ist hier also nicht vorhanden oder ‘nicht nachzuweisen, da er offenbar ganz zur Bildung der einzelnen Theile ‘verbraucht wird. Durch seine Lage in der entstehenden Grube unter- halb des Scheidenblattes wird er aber hinlänglich charakterisirt, indem .s‘,d. h. der der oberen Hervorwölbung entgegenwachsende Theil des 'Scheidenblattes, die untere Grenze angibt. Zwischen s und s’ bilden sich, wie die weitere Entwickelung zeigt, die einzelnen Blattanlagen mit dem späteren eigentlichen Vege- tationspunkt, In @ ist die obere Wölbung zungenförmig um die spätere Knospe herübergewachsen, auch s’ ist jetzt deutlich im Wachs- 2* 20 thum begriffen, immer deutlicher sieht man jetzt aber auch den ober- halb der Scheidenblattanlage befindlichen Theil des Embryos sich zum Scutellum ausbilden. Folglich kann das Scutellum keine Wucherung des Hypocotyls oder gar der Wurzel, die noch gar nicht vorhanden, darstellen. Auf der Flächenansicht lassen sich diese Vorgänge nicht so gut verfolgen, da die Höhendifferenzen zu geringe sind. Immerhin zeigt Fig. 36 F, dass die Bildung des Scheidenblattes in der Weise vor sich geht, dass oberhalb des Vegetationspunktes eine Gewebe- wucherung entsteht, die schliesslich zum Ringwall wird, der auf der ‘oberen Seite mehr gefördert ist als auf der anderen. Es ist dies eine Bildung, die allen Grasblättern zukommt und durchaus regelmässig ist.. Wenn Hanstein dem Scheidenblatt „seiner Entstehung nach“ die selbständige Natur abspricht, so liegt hierzu kein wirklicher Grund vor, es liesse sich dann dasselbe vom Scutellum sagen, denn da an. dem noch nicht gegliederten Embryo kein Vegetationspunkt vorhan- den, oder nicht zu erkennen ist, müssen sich die einzelnen Theile all- mählich herausdifferenzieren. Indem das Scheidenblatt dann aber nicht zur Bildung einer Lamina übergeht, bildet es schliesslich ein bis auf einen kleinen Spalt geschlossenes Blatt. Dieser Spalt ist sogar manch-- mal nur noch durch die Anordnung der Zellen als solcher zu er- kennen, so dass es erklärlich erscheint, wenn Demoor behauptet, dass bei manchen Embryonen überhaupt keine Oeffnung im Scheiden- blatt vorhanden wäre. In dem durch Fig. 36 G dargestellten Sta- dium ist auch zuerst die Anlage der Wurzel zu erkennen, der Epi- blast aber (vergleiche Fig. 36 D) tritt erst auf, nachdem Scheide, Wurzel und überhaupt der ganze Embryo schon eine ziemlich hohe: Entwickelung erreicht haben. In Fig. 86 HE und I endlich sehen wir den Embryo ausgewachsen. Dieselbe Erscheinung beobachten wir bei Bromus, der ohne Epiblast ist von Fig. 51 A—G, wie bei Oryza "Fig. 23 C—R und Zizania Fig. 22 C—F. Fassen wir das Resultat "kurz zusammen, so müssen wir sagen, dass wir in der That auf der- selben Seite des Vegetationspunktes 2 Blätter, das Scutellum und die Scheide, haben entstehen sehen, wie es sich ja auch am reifen Ean- bryo noch ausprägt, was aber, wie schon erwähnt, mit der alter- nierenden Stellung der Grasblätter durchaus unvereinbar ist, und dass. ferner das Blatt, das mit dem Sceutellum alternieren könnte, erst ganz zuletzt entsteht. Nehmen wir nun aber mit Warming an, dass das zweite Blatt “fehlgeschlagen, und dass dies fehlgeschlagene Blatt der Epiblast sei, so löst sich der ganze scheinbare Widerspruch auf. Aber auch das 21 ‚späte Auftreten des Epiblasts ist kein Grund gegen seine Auffassung als das zweite Blatt, sondern eher für dieselbe. Wir haben oben ge- ‚sehen, dass eine ganze Reihe von 'Umständen auf seine reducierte Natur schliessen liess. Von derartigen Organen aber ist bekannt, ‚dass sie häufig verspätet angelegt werden. Goebel sagt in dieser Beziehung in der Entwickelungsgeschichte bei Gelegenheit der Be- sprechung des verkümmerten Kelches der Umbelliferen: „Es ist all- ‚gemein Regel, dass Organe, welche im Verkümmern begriffen sind, auch verspätet angelegt werden“. An anderer Stelle wird von ihm constatiert, dass auf der einen Seite des Vegetationspunktes von Pin- ‚guicula die Kelch-, Kron- und Staubblätter früher auftreten, als auf ‚der anderen, dennoch aber sind es doch offenbar gleichberechtigte Gebilde. Es ist merkwürdig, dass auch Demoor sich die Stellung ‚des Scheidenblattes zum Scutellum nur durch das Abortieren eines ‚zweiten Blattes erklären konnte, ohne dabei aber auf den Gedanken zu kommen, dies zweite Blatt im Epiblast, dem er sonst viel Auf- ‚merksamkeit widmet, vor.sich zu haben; dass. aber mit der Annahme ‚des Epiblastes als zweites Blatt die Alternation der einzelnen Blätter vollständig gewahrt ist, zeigen Längs- wie Querschnitte sehr deutlich. Auf einem Querschnitt von Euchlaena lux. (Fig. 2 C) sieht man z. B. ‚die Oeffnung des Seutellums, in der die ganze Knospe liegt, in der ‚Zeichnung nach oben gerichtet, die des Scheidenblattes ist allerdings nicht auf der Zeichnung zu sehen, ist aber nach derselben Seite ge- richtet; denkt man sich da nun wie in 'Fig. 22 I bei Zizania den Epiblast davor, so würde natürlich erst dieser mit seiner nach unten ‚gerichteten Oeffnung auf das Schildchen folgen, und jetzt die Scheide und alle folgenden Blätter regelmässig alternieren. Wirft man jetzt einen Blick auf die schon öfters angeführten Embryonen von Zizania ‚aquat. oder Leersia cland. (Fig. 22 B und 24 B), so zeigt es sich ganz besonders schön, wie Scutellum und Epiblast in gleicher Höhe entspringen, in gleicher Weise ansetzen und in gleicher Richtung das ‚Seutellum auf dieser, der Epiblast auf jener Seite den übrigen Em- bryö einschliessen und schützen. Bei Leersia ist der Epiblast sogar verhältnissmässig noch besser entwickelt wie bei Zizania. Es sind ‚aber nicht etwa diese beiden Embryonen nur allein, “die dies Verhält- niss deutlich zeigen, auch Stipa (Fig. 28), Piptatherum parad. (Fig. 30) u. a, weisen ähnliche Erscheinungen auf. Der Umstand, dass gerade ‚bei Zizania und Leersia die Cotyledonarnatur des Scutellums und des Epiblasts besonders deutlich hervortritt, erhält noch dadurch Bedeu- tung, dass wir in ihnen Vertreter der Oryzeae vor uns haben, die Ory- 22 zeae aber offenbar der Stammform der Gräser besonders nahestehen,. wie sich aus ihrer Blüthenbildung ergibt. Auch bei Oryza (Fig. 23 A) sehen wir, wenn auch in etwas anderer Form, dieselbe Erscheinung. Man braucht sich nur beim Reiskeimling ebenfalls ein Internodium eingeschaltet zu denken, und wir erhalten ein ähnliches Bild wie bei den beiden anderen. Ausser den erwähnten Eigenthümlichkeiten finden sich. aber noch andere Einzelheiten, die bisher nicht erwähnt wurden, um die Ueber-- sichtlichkeit nicht zu stören, die aber doch interessant genug sind, etwas näher auf sie einzugehen. Was die Grösse des ganzen Embryos betrifft, so ist sie, wie auch die Abbildungen zeigen ausserordentlich verschieden. Im Verhältniss zum Samen macht der Keim fast immer nur einen geringen Bruchtheil. aus, doch finden sich auch wieder Embryonen, die wie Zea oder Sac- “charum (Pig. 4) fast halb so gross sind wie der ganze Same. Auf die eigenthümlich gekrümmte Lage des Keimlings von Oryza, die sich allerdings auch. bei ‚Kleusine (Fig. 40 B) wiederfindet, wurde: schon hingewiesen, sie sind aber auch noch dadurch merkwürdig, dass. bei ihnen die Richtung der Wurzel keine vertical nach unten ver-- laufende ist. Noch auffälliger wird dies bei Cornueopiae ceueul. (ig. 31 A u. B) und Leersia cland. (Fig. 24 B). Namentlich bei Leersia bildet die Richtung der Wurzel auf diese Weise einen rechten Winkel zu der des ganzen Keimlings.' Betreffs der verschiedenen Ausbildung der ‚Coleorhiza, was Dicke und Grösse betrifft, verweise ich auf die Abbildungen. Ueber das. Vorkommen oder Nichtvorkommen von Nebenwurzeln am ruhenden Embryo ist schon verschiedentlich berichtet worden, bei Coir, Zea, Hordeum, Avena u. a. sind sie besonders auffällig. Bei Hordeum sind beispielsweise bis 8 solcher Nebenwurzeln vorhanden und davon die ältesten so vollkommen ausgebildet, dass man sich leicht vorstellen. kann, wie sie die Hauptwurzel bald im Wachsthum überflügeln werden. Fizania aquat. (Fig. 22 A) besitzt ebenfalls schon Nebenwurzeln, da diese aber unmittelbar unter der Knospe angelegt werden, ist die Ent- fernung von der Hauptwurzel eine auffallend grosse, auch sind sie: verhältnissmässig besser ausgebildet, als die letztere, die bei der Grösse des Embryos nur sehr schwach ist. Auch Spartina (Fig. 40 B) zeigt eine relativ schwache Hauptwurzel, bei Ölyra aber und Beckera ist sie so wenig entwickelt, dass es selbst auf einem guten Längsschnitt oft Mühe macht, sie zu erkennen. 23 In der Wurzel endet bekanntlich ein vom Primordialknoten stam- mender Procambiumstrang. Der Verlauf der Gefässstränge ist nun häufig auch ein etwas sonderbarer. Sehr oft findet man nämlich einen aufsteigenden und einen absteigenden Gefässbündelstrang im Epicotyl, ersterer aus dem Scutellum stammend und zur Knospe in die Höhe biegend, letzterer von der Knospe zur Wurzel gehend, doch so, dass man es eigentlich nur mit einem einzigen von der Spitze des Scutel- lums ausgehenden, bei der Knospe eine Schleife bildenden und in der Wurzelanlage endigenden Strang zu thun hat. An der Umbiegungs- stelle werden dann zwei Abzweigungen in das Scheidenblatt und kleinere in die jüngeren Blattanlagen geschickt, die sich jedoch nicht so leicht verfolgen lassen, da sie offenbar nicht in einer Ebene liegen. Diese Schleifenbildung tritt bei Embryonen mit einem Internodium be- sonders schön hervor (Fig. 22 B), wird aber auch bei anderen z. B. bei Psamma aren. (Fig. 36 I) klar. Einen eigenthünlichen Anblick gewährt es besonders bei der Keimung, was beim Reiskeimling (Fig. 23 N) ersichtlich. Merkwürdigerweise findet sich diese Erscheinung aber nicht bei allen Embryonen, bei Andropogon (Fig. 6 B), Sorghum (Fig. 7 B), Pennisetum (Fig. 18 B), selbst bei solchen mit langem In- ternodium wie bei Spartina (Fig. 40 B) bemerken wir kurz nach der Einmündungsstelle des Cotyledonarstranges in das Epicotyl nur einen Hauptstrang, der von der Knospe zur Wurzelanlage sich erstreckt. Wie es scheint ist dies bei allen Epiblastlosen, die Schleifenbildung dagegen bei den Embryonen der Fall, die den verkümmerten zweiten Cotyledon noch besitzen. Bei der Keimung gehen diese Procambiumstränge, wie schon ver- schiedene Forscher beobachtet haben, sehr bald in zarte Gefässbündel über, doch habe ich auch schon bei ruhenden Embryonen deutliche Gefässe mit spiraligen Verdickungen constatiren können. Bei Embryo- nen, deren Scutellum am unteren Ende so ausserordentlich dick ist, wie bei Cois (Fig. 3), gehen von dem das Schildehen durchziehenden Strang Seitenzweige nach seitwärts und nach unten, die offenbar auch als Leitungsorgane dienen. Gelegentlich der Untersuchung der Entwickelung von Bromus- Embryonen stiess ich nun noch neben normalen auf derartig uner- klärliche Formen (Fig. 51 K—P), dass ich sie für Missbildungen halten muss. Der Grösse und Form der betreffenden Samen nach, aus denen sie stammten, und verglichen mit der Grösse regelmässiger Keimlinge von Bromus arvensis müssen sie, etwa in dem Stadium der Entwicke- lung sein, in dem bei regelmässigen die Ausbildung des Scheidenblattes 24 als Ringwall eben vollendet ist. Bei einigen (Fig. 51 R u.L) hat es den Anschein, als wenn nur die Ausbildung der Scheide unterblieben wäre, bei den folgenden aber hat auch die Knospe ein eigenartiges Wachsthum erfahren, und auf der Rückenansicht (Fig. 51 N) zeigen sich so viele unregelmässige Höcker und Buckel, dass eine Erklärung nicht mehr möglich ist; ferner war von der Anlage einer Wurzel nichts zu erkennen. Auch boten diese Missbildungen, abgesehen von ihrer Form, einen so veränderten Anblick in ihren Zellen und deren Inhalt dar, dass ich, nachdem ich einmal einen solchen eigenthümlichen Keim- ling gesehen hatte, auf den ersten Blick erkannte, ob ich es mit einem regelmässigen Embryo zu thun hatte oder nicht. Worin der Grund zu dieser Ausbildung liegen mag, ist ebenfalls nicht anzugeben, die Samen ‘waren im Marburger botanischen Garten kurz nach der Blüthe gesammelt und liessen äusserlich nichts Besonderes erkennen. Aeltere Stadien waren leider nicht darunter. Sonst ist nur von Aristida (Fig. 34 C) das Auswachsen des Cotyledons in zwei ungleich grosse Lappen hier noch anzuführen. Es liegt nun nahe zu fragen, in wie weit die Form der Embryonen bei verwandten Gräsern übereinstimmt und ob speciell das Vorkommen oder Fehlen des Epiblastes in den einzelnen Gruppen eine durch- gehende Erscheinung ist oder nicht. Da zeigt es sich nun, dass hier keine allgemein gültige Regel herrscht. Während sie in einzelnen Gruppen einen übereinstimmenden Bau zeigen, weichen sie in anderen wieder bedeutend von einander ab. In Betreff des Epiblasts lässt sich diese Eigenschaft schon daraus entnehmen, dass er, wie wir oben gesehen, bei einer Brachypod.-Art vorhanden ist, bei einer anderen nur angedeutet ist und selbst bei verschiedenen Embryonen einer Species (Stipa, Echinaria) ungleich auftritt. Auch sonst sind Unter- schiede zwischen nahe verwandten Keimen nicht selten, bei Bromus sterilis (Fig. 51 H) tritt jedesmal eine Nebenwurzel auf, bei anderen Bromus-Arten nicht, und so liessen sich kleinere Unterschiede noch zahlreich aufzählen. Immerhin muss man zugeben, dass die verschie- denen Species einer Gattung im Allgemeinen auch gleich gebaute Embryonen besitzen. Um die in den Gruppen eventuell herrschende Gesetzmässigkeit in der Ausbildung des Embryos zu erkennen, habe ich die untersuchten Arten nach Engler-Prantl zusammengestellt. Da es nun nicht möglich war, von allen Gräsern Samen zu erhalten, so lässt sich natürlich ein Urtheil nur mit dem Vorbehalt aussprechen, dass es nur auf der Untersuchung eines Bruchtheils aller Grassamen auf ihren Embryo beruht. So besitzen die Maydeen einen äusserst 25 mächtigen Embryo ohne Epiblast, ein Internodium ist vorhanden, ebenso meistens Nebenwurzeln. Das Scutellum hat hier ganz besonders das Bestreben, den Embryo mantelartig zu umfassen (Fig. 1). Die Andro- pogoneae (Fig. 4—8) ähneln der ersten Gruppe sehr. Die Umwallung der Knospe von Seiten des Cotyledons ist hier nicht mehr so voll- ständig; namentlich bei Sorghum (Fig. 7 A) ist sie merkwürdig aus- gebildet. Gleich den Maydeen ist der untere Theil des Schildchens durch einen tiefen Spalt vom Wurzeltheil getrennt, ebenso besitzen sie keinen Epiblast. Bei den Zoysineae (Fig. 9—11) finden sich schon stärkere Ab- weichungen, da Trachys (Fig. 10) eher dem Embryo von Andropogon (Fig. 6 A) ähnelt, als den Keimlingen von Tragus und Zoysia (Fig. 9 u. 11). Die Tristegineen (Fig. 12—15), von denen ich leider ausser Arundinella und Beckera keine Vertreter erhalten konnte, sind, nach diesen beiden zu schliessen, epiblastlos und ähnlich geformt wie die vorigen. Auch von den Paniceae sind verschiedene, wie Panicum (Fig 14), Setaria, Penicillaria u.a., ganz ähnlich geformt; in Ber chtoldia (Fig. 30) haben wir schon einen ziemlich abweichenden Einbryo, in Olyra (Fig. 21) aber sehen wir plötzlich einen Keimling, wie er ähnlich bis- her noch nicht vorgekommen. Das Schildchen ist flach und im Um- kreis rundlich, mehr breit als lang, worin ihm übrigens auch Berch- toldia gleicht, dann ist aber bei Olyra die Knospe bedeckt von einem grossen Epiblast. Auch fällt hierbei auf, dass der Wurzeltheil nicht wie gewöhnlich nach unten spitz zuläuft, sondern eher umgekehrt etwas ausgehöhlt ist. Die Olyreen sind theilweise von den Paniceen abgetrennt, was, hiernach zu schliessen, allerdings wahrscheinlich wird. Auf die Paniceae folgen die Oryzeen (Fig. 22—24), von denen : die untersuchten Embryonen von Zizania, Oryza und Leersia schon mehrfach erwähnten. So verschieden sie aussehen, so gleichen sie sich doch darin, dass sie alle einen grossen Epiblast besitzen. Da sie schon genügend besprochen, möge es genügen, hier noch auf die bei Oryza vorkommende merkwürdige Ausbildung der Cotyledonar- scheide aufmerksam zu machen, die hier oberhalb der Spitze der Knospe in zwei übereinander greifende Lappen auswächst. Auf einem Flächenschnitt (Fig. 23 B) ist es deutlich zu erkennen. Uebrigens zeigt Nardus stricta (is. | 59 A) offenbar den Anfang zu dieser Bildung. Die Phalarideen (Fig. 25—-27), soweit sie untersucht sind, zeigen wenig Besonderheiten; der Epiblast, wenn vorhanden, ist klein und vegelmässig, bei Ehrhartia fehlt er. 26 Von den Agrostideen besass jeder untersuchte Embryo einen Epi- blast (Fig. 28—86), hiervon abgesehen tritt aber jeder Keimling in einer anderen Form auf. Piptatherum, Cornucopiae, Lagurus, Slipa, Aristida u. a. m. weichen ausserordentlich in ihrem äusseren Habitus von einander ab. Piptatherum ist noch besonders dadurch auffällig, als in der einen Species (P. paradoxum Fig. 30 A u..B) die Kinospe ganz von dem mächtigen Epiblast bedeckt ist, in der anderen aber (P. multiflorum Fig. 29) die Spitze hervorschaut und der Rand des verkümmerten Blattes wieder einen eigenthümlich unregelmässigen Verlauf zeigt. Auch die Aveneae (Fig. 37—39) sind mit einem Epi- blast ausgerüstet, sind aber sonst ziemlich regelmässig. Die Chlorideen vereinigen wieder Gebilde in sich, wie sie Fig. 40-42 darstellen. Grössere Unterschiede, wie zwischen kleusine und Spartina lassen sich kaum aufstellen, ersterer mit grossem Epiblast und ohne Inter- nodium, letzterer mit einem so langen hypocotylen Glied und olıne Epiblast, beide weichen sie beträchtlich von -der sonst gewöhnlichen Form ab. Bei den Festuceen (Fig. 43—52) lässt sich ein beständiges Schwanken im Verkommen und Fehlen eines Epiblastes erkennen, wozu sich bei Brachypodium der Uebergang findet. " Unter den Hordeen (Fig. 53—59) besitzen wir in Hordeum selbst einen Embryo ohne Epiblast. Zulymus (Fig. 58) bildet den Uebergang und bei Lolium, Leptums, Triticum finden wir wieder mehr oder weniger deutlich ausgebildete Epiblaste. Von den Bambuseae ist nur Bambusa arundinacea (Fig. 59) und ‚graeilis untersucht, sie sind durch "den Besitz eines weniger langen als vielmehr dicken Epiblasts ausgezeichnet. Die anderen Eigenthümlich- keiten derselben sind schon erwähnt. Fassen wir das Resultat in Bezug auf das Vorkommen oder Fehlen des Epiblasts zusammen, so lässt es sich in folgender Tabelle . darstellen: . Ohne Epiblast. Mit Epiblast. ‚Maydeae: Euchlaena, Jea, Coiz, Tripsacum. . " Andropogoneae: Saccharum, Sorghum, Ohne Epiblast. Andropogon, Erianthus, Apluda. Tragus, Trachys. Arundinella, Beckera. D Pennisetum, Setaria, Panicum R Tricholaena, Penieillaria , Berchtoldia, Üenchrus. v Ehrhartia. Zoysineae: Tristegineae: Paniceae: Oryzeae: Phalarideae: Agrostideae: 27T Mit Epiblast. D Zoysia. Olyra. Oryza, Zizania, Leersia. Phalaris, Anthoxanthum, Hierochloe. Stipa, Milium, Cornucopiae, Phleum, Chaeturus,. Polypog. Apera, Sporobolus, Lagurus, Piptatherum, Aristida, Cinna, Deyeuzxia. Ohne Epiblast. Aveneae: Chlorideae: Spartina. x Festuceae: Boissiera, Schismus, Bromus, Gynerium. ‚Hordeae: Secale, Hordeum, Asprella. Mit Epiblast. Avena, Arrhenatherum, Danthonia, Aira, Holcus, Corynephorus. "Leptochloa, ‚Eleusine, Chloris, Beckmannia. Echinaria, Dactylis, Cynösurus, Poa, Festuca, Glyceria, Diplachne, Lamarkia, Melica, Avellinia, Koeleria, Briza, Diarrhena, Brachypod. Brizopyrum, Uralepis. Nardus, Aegilops, Lolium, Lepturus, Triticum, Elymus. Es scheinen hiernach die Maydeen, Andropogoneen, Zoysineen, “Tristegineen und Paniceen vorwiegend ohne, die Oryzeae, Agrostideae and die Aveneae mit Epiblast zu sein, ob aber hierauf und auf die übrigen Eigenthümlichkeiten der einzelnen Embryonen hin sich syste- matische ‘Unterschiede aufstellen lassen, scheint bei der Veränderlich- keit derselben doch zweifelhaft, was schon aus dem bei Brachypodium -Gesagten hervorgeht, andererseits aus den Unterschieden zwischen Olyra und Spartina. Die Tabelle zeigt aber, dass es nicht richtig 2%: ist, wie bisweilen geschehen, zu behaupten, dass der Epiblast meistens: fehle, sondern im Gegentheil, er ist in der Regel vorhanden und nur‘ in manchen Fällen fehlgeschlagen. Für unsere Behauptung aber, dass wir im Seutellum den einen,. im Epiblast aber einen zweiten vielleicht in Folge der mächtigeren Entwickelung des ersteren allmählich reducierten Cotyledon vor uns haben, ist die Frage einer systematischen Verwerthung belanglos. Ob man im Scutellum und im Epiblast zwei Ootyledonen annehmen. will oder nicht, ist ebenfalls im Ganzen unwichtig für uns, wenn man nur zugibt, dass sie zwei Blätter darstellen, zumal die Cotyledonen be- kanntlich nichts anderes sind, als die ersten zusammengerückten Blätter, die sich von den folgenden wohl äusserlich unterscheiden, im Wesent-- lichen aber alle Merkmale derselben besitzen. Fi ” ”- * * ı* Die vorliegenden Untersuchungen wurden auf Veranlassung und unter Leitung des Herrn Professor Dr. K. Goebel ausgeführt. Es ist mir eine angenehme Pflicht, diesem meinem hochverehrten Lehrer - für die vielseitige Anregung und Unterstützung bei meinen Arbeiten. auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Erklärung der Figuren. Es bedeutet sc —= Seutellum, s — Scheidenblatt, e = Epiblast, k= Knospe, - v = Vegetationspunkt, c.s. =— Cotyledonarscheide, v’ == Axilarknospe, p — Procam- biumstrang, w —: Hauptwurzel, w! == Nebenwurzel, i — Internodium, E = Endos- perm, S == Samenschale. 1. 2. E 3 Du ” Tafel] Zea Mais. Flächenansicht. (13/1). A. Euchlaena luxurians. Längsschnitt, (13/1). B. n » Querschnitt ungefähr in der Mitte zwischen v und ‘ w. (22/1). C.u.D., ri Querschnitte, die durch die Knospe gegangen sind. (22/1). Coix Laerymae, Längsschnitt. (13/1). - Saccharum Maddeni. Längsschnitt durch den ganzen Samen. (22/1). Ischaemum rigosum. Flächenansicht. (22/1). A. Andropogon nutans. Flächenansicht. (22/1). B. n „ Längsschnitt durch einen Theil des Samens. (22/1}.- A. Sorghum halepense. Flächenansicht. (11/1). B.” „ n Längsschnitt. (22/1). Ayluda gigantea. Flächenansicht. (22/1). A. Tragus racemosus. Flächenansicht. (44/1). B. » „ Längsschnitt. (44/1). C.D.uE „ » Querschnitte. (44/1). C in Höhe der Wurzel, D oberhalb der Wurzel, E in Höhe der Knospe... A. Trachys mueronata. Flächenansicht. (22/1). B. - ” Längsschnitt. (22/1). A. Zoysia pungens. Flächenansicht. (44/1). B. ” Beckera unis ” eta. Seitenansicht. (44/1). Flichenansicht. (44/1). Ä. Arundinella pallida. Flächenansicht. (44/1). B. B. Genehrus spinifex. ” ” ” „ Längsschnitt. (44/1). Panicum virgatum. Längsselnitt. (22/1). Tricholaena roses. Ä Setaria glauca. Flächenansicht. (22/1). Längsschnitt. (22/1). Junger Keimling. (44/1). Längsschnitt (17/1). A. Penisetum longistylum. Flächenansicht. (22/1). B. ” n Längsschnitt. (22/1). Penieillaria spieata. Längsschnitt durch den Samen, (22/1). Berchtholdia bromoides. Flächenansicht. (44/1). A. Olyra cordifolia.. Flächenansicht. (44/1). B. A. BH23 ” ” Längsschnitt. (44/1). Zizania aquatica. Flächenansicht. (11/1). ” s ” ” Längssehnitt. (11/1). Sehr junger noch ungerliederter Embryo. (195/1). Etwas älter, Scheidenöffnung noch sehr gross, e noch "nicht angelegt, (44/1). Noch älter, Scheide fast ausgebildet, Epiblast ange- legt. (44/1). Alle Theile angelegt, im Stadium der Streckung be- griffen. (22/1). .K. u. L. Querschnitte durch den Embryo von Zizan. aquat. In G ist die Wurzel getroffen, H dicht oberhalb der Wurzel, T durch das Internodium, K dicht unterhalb v, die Nebenwurzeln sind getroffen, L durch die Knospe. (22/1). A, Oryza sativa. Längsschnitt, Embryo reif und ruhend. (22/1). ” Flächenschnitt. (22/1). Sehr junger Embryo, Scheidenbildung eben eingeleitet. (44/1), Scheide schon deutlicher angelegt. (44/1). "Scheide fast ausgebildet, e vorhanden. (44/1). Fast reif, Flächenansicht. (22/1). Fast‘ reif, halbiert und von der Seite gesehen. (44/1). Längsschnitt durch einen jungen Embryo ungefähr im Alter von D. (98/1). Flächenansicht eines jungen Embryo im Altervon HB. (22/1), Längsschnitt durch einen jungen Embryo, bei welchem die Scheide noch nicht fertig ausgebildet, e angelegt. (22/1). Längsschnitt durch einen Embryo im ersten Stadium der Keimung. (22/1). Be sl M. Oryza sativa. Keimung weiter fortgeschritten. (22/1). N, " Keimung noch weiter fortgeschritten, Wurzel ausge- treten. (22/1). A. Leersia elandestina. Ganz, 'von der Seite gesehen. (44/1). B. 3: ri Längsschnitt. (44/1). C, Rs n Querschnitt in Höhe der Wurzel. (44/1). D. iR 4 4 oberhalb der Wurzel. (44/1). E. n r a durch das Internodium. (22/1). F „ » ” dureh die Knospe. (44/1). Tafel II. Phalaris canariensis. Flächenansicht. (22/1). Anthoxanthum odoratum. Flächenansicht. (22/1). A. Hierochloe odorata. Sehr junger Embryo. (22/1). n 1 Etwas älter, Scheide eben angelegt. (22/1). r n Flächenansicht eines Embryo im Alter von B. (22/1). " Mi Fast reif. (22/1). . Stipa juncea. Flächenansicht. (22/1). Ein anderer Embryo, etwas von der Seite. (22/1). 9 n Ebenfalls etwas von der Seite. (22/1). n m Querschnitt dicht unterhalb der Knospe. (44/1). . Stipa arenarea. Flächenansicht. (44/1). Etwas von der Seite. (44/1). 1 n Querschnitt. (44/1). iptatlerum multiflorum. Flächenansicht. (22/1). . Piptatherum paradoxum. Flächenansicht. (22/1). a ” 4 Ri Längsschnitt. (44/1). Cornucopiae eueulatum. Flächenansicht. a). n n Längsschnitt. (22/1). . Sporobolus tenaeissim. Flächenansicht. (44/1). n n Längsschnitt. (44/1). . r 4 Etwas gedrückter Embryo. (22/1). Cinna mexicana. Flächenansicht. (22/1). A. Aristida coerulescens. Flächenansicht. (44/1). B. Längsschnitt. (44/1). Flächenansicht eines Embryo, dessen Scut. in 2 ungleich grosse Lappen ausgewachsen ist. (44/1). A. Lagurus ovatus, Flächenansicht. (22/1). B. ",„ » . Seitenansicht. (22/1). A. Psamma arenarea. Sehr jung. (195/1). B. ” Etwas älter, Gliederung noch nicht eingetreten. - (195/1.) Noch älter, Längsschnitt, Scheide und Wurzel an- gelegt, Epiblast noch nicht. (44/1). Fast reif, Längsschnitt. (44/1). Längsschnitt, Embryo noch nicht ganz reif. (44/1). Längsschnitt eines jungen Embryo mit eingezeich- neten Zellen. (98/1). - Ei Y„ ” ER 13 Y fe) 58. 54. Eh} 55. 56. G. Psamma arenarea. Längsschnitt durch einen etwas reiferen Embryo. (98/1). H. » » Reif, Flächenansicht. (22/1). L » n Längsschnitt. (22/2). A. Avena sativa. Längsschnitt. (22/1). B. » n Flächenschnitt. (22/1). A. Aira juncea. Flächenansicht. (44/1). B. „5 1 Längsschnitt. (44/1). Danthonia airoides. Flächenansicht. (22/1). A. Eleusine coracana. Flächenansicht. (22/1). B. n Mi Längsschnitt durch den Samen, (22/1). A. Spartina oynosoroid. Flächenansicht. (18/1). Bon » „ Längsschnitt. (13/1). A. Leptochloa arabiea. Flächenansicht. (44/1). B. 9 4 Seitenansicht. (44/1). C. 4 ri Längsschnitt. (44/1). Diplachne faseieularis. Längsschnitt. (44/1). A. Koeleria hirsuta. Flächenansicht, (22/1). DB." „ 9 Seitenansicht. (22/1). Melica altissima. Halb von der Seite. (22/1). Briza maxima. Noch nicht reif, Flächenansicht, (44/1). Schismus marginatns. Flächenansicht. (22/1). Glyceria arındinacea. Flächenansicht. (22/1). A. Brachypod. distach. Flichenansicht. (22/1). B. Pr n Längsschnitt. (22/1). A. Brachypod. pinnat. Ziemlich jung, Flächenansicht. (22/1). BT”. n Etwas älter, Flächenansicht. (22/1). C ne n Reif, Flächenansicht. (22/1). D. Ri m Reif, Längsschnitt. (22/1). A. Bromus arvensis. Sehr jung, Längsschnitt. (22/1). B, Fr Ri Etwas älter, Längsschnitt. (22/1). C Mon Noch älter, Längsschnitt. (21/1). D. „ ri Flächenansicht eines Embryo im Alter von B. (22/1). FE. 4 ri Seitenansicht eines Embryo im Alter von C. (22/1). F n " Flächenansicht eines Embryo im Alter von C, (22/1). G. Bromus mollis. Fast reif. Flächenansicht. (22/1). H. Bromus sterilis. Längsschnitt, reif. (22/1). T. Bromus arvensis. Seitenansicht, reif, (22/1). K.-—P. Bromus arvensis. Missbildete Embryonen. (22/1). A. Echinaria capitata. Tlächenansicht. (22/1). B.” „5 1 Seitenansicht. (22/1). Forn des Randes des Epiplastes bei 3 verschiedenen Embryonen von Eehi- naria capitata. (44/1). . Lolium multiflorum. Längsschnitt. (22/1). A. Lepturus filiformis. Halb von der Seite. (22/1). B. ” „ m Flächenansicht. (22/1). Triticum vulgare. Längsschuitt. (22/1). A. Hordeum vulgare. Sehr jung. (22/1). \ 33 Fig. 56. B. Hordeum vulgare. Etwas älter. (22/1). 3». CuD., A Noch älter, Scheide bei D fast fertig ausgebildet. (22/1). un. Fr r Seitenansicht eines Embryo im Alter von D. (22/1). vn. Fr » n Seitenansicht eines Embryo im Alter von B. (22/1). 57. Lepturus eylindroceus. Längsschnitt. (22/1). 58. ‘Elymus erinitus. Längsschnitt. (22/1). 59. A. Nardus strieta. Flächenansicht. (22/1). un Boa n„ Seitenansicht. (22/1). an Con n Noch niebt ganz reif, Flächenansicht. aD. 60. Bambusa arundinacea. Längsschnitt. (22/1.) Flora 1892, Suppl.-Bd. 3 Beiträge zur Morphologie und Entstehungsgeschichte der Stärkekörner. Von August Binz. Tierzu Tafel V-VIL Es ist eine schon sehr oft behandelte Frage, auf welche Art die Stärkekörner wachsen und welche äusseren und inneren Factoren hiebei eine wichtige Rolle spielen. Wie so viele andere wissenschaftliche Probleme, wird auch dieses nur in Laufe der Zeit, gestüzt auf eine Menge Beobachtungen, endgiltig gelöst werden können. Aber in diesem Falle genügen selbst die genauesten und zahlreichsten Beobachtungen. nieht zur vollständigen Tösung des Problems, so lange wir über die feinere innere Struktur der in Betracht kommenden chemischen Sub- stanzen keinen genaueren Aufschluss von Seiten der Chemie erhalten. Die Stärke ist ja sehr wahrscheinlich eine sog. Colloidsubstanz, über deren moleeularen Aufbau wir noch gar nichts Genauds und irgendwie Zuverlässiges wissen. Erst wenn diese Frage von Seiten der Chemie gelöst sein wird, wird es möglich sein, über die Entstehung der Stürke eine endgiltige, auf positiven Thatsachen beruhende Ant- wort zu geben. Dadurch ist aber die Lösung der Frage bis zu einem gewissen Grade durchaus nicht ausgeschlossen; so können wir in der That ent- scheiden, ob die Art des Wachsthums der Stärkekörner rein nur von innern Ursachen abhängt, wie dies Nägeli annahm, oder ob auch, äussere TFaactoren eine Rolle spielen, d. h. ob nur die innere Struktur des einmal angelegten Stärkekornes sein weiteres Wachsthum be- herrscht oder ob auch Factoren, die ausserhalb des Kornes in der Zelle vorhanden sind, wie das Protoplasma oder das Chlorophylikorn, eine wesentliche Einwirkung ausüben. Beides wurde schon von ver- schiedenen Forschern behauptet und mit mehr oder weniger Glück zu einer Erklärung der Wachsthumserscheinungen der Stärkekörner verwerthet. 35 Wir können bei einem Rückblick auf die geschichtliche Entwicke- Jung der Ansichten über die Fintstehung und das Wachsthum der "Stärkekörner drei Perioden unterscheiden: In der ersten Periode erklärte man sich die Entstehung der "Stärkekörner durch „Apposition“; diese Ansicht war hauptsächlich ver- ‘treten durch Schleiden, Unger, Örüger und Schacht. In ‚der zweiten Periode galt allgemein die von Nägeli (1858) "aufge- stellte Intussusceptionstheorie und in der dritten Periode end- ‚lich, deren Anfang durch Schimper (1880) gemacht wurde, finden wir die Ansichten getheilt, indem sich die einen der Appositionstheorie, ‚die eben von Schimper von neuem ans Tageslicht gezogen wurde, ‚anschlossen, während andere an der Intussusceptionstleorie festhalten. ‚Schon dieses allein zeigt uns, dass eben die Intussusceptionstheorie von Nägeli nicht mehr in allen Punkten den neueren Beobachtungen ‚entsprechen konnte. Es ist sicher erwiesen, dass die Bildung der :Stärkekörner durch Intussusception allein nicht mehr erklärt werden kann. Zur endgültigen Lösung der Frage können wir aber, wie schon hervorgehoben, nur langsam fortschreiten und es wäre sehr übereilt, wenn man aus dem cinzigen Grunde, weil die Intussusceptionstheorie nicht in allen Punkten zur Erklärung der Erscheinungen genügt, die- selbe als absolute Unmöglichkeit schlechthin eliminiren wollte. Die vorliegende Arbeit wurde im botanischen Laboratorium von ‚Zürich ausgeführt, und es sei mir hier gestattet Herrn Professor Dodel und seinen Assistenten Frau Dr. Dodel und Herrn Dr. -Overton für ihre Hilfe und Rathschläge, die sie mir bei der Aus- führung meiner Untersuchungen zu Theil werden liessen, meinen ‚besten Dank auszusprechen. 1. Theil. ‘Morphologie der Stärkekörner von Pellionia Daveauana. Dode] bezeichnet in seiner Schrift „Beitrag zur Morphologie und Ientwickelungsgeschichte der Stärkekörner von Pellionia Daveauana“ diese Pflanze als ein zur Untersuchung der Stärkekörner besonders ‚geeignetes Object. Der’Verfasser der obigen Arbeit hat es mir dann ‚auch überlassen, dasselbe einer genauen Untersuchung zu unterwerfen, ‚während er nur auf die allgemeinen Gesichtspunkte aufmerksam machte. Trotzdem ich Dodel in allen wesentlichen Punkten seiner Arbeit 'beistimmen muss, so: scheint es mir doch etwas gewagt, wenn er sagt: „Ich habe beim Studium dieser Objecte die Veberzeugung ge- gi 36 wonnen, dass die Stärkekörner im Stengel von Pellionia ganz ent- schieden durch Apposition wachsen.“ Thatsache ist, dass man an den Stärkekörnern von Pellionia die Beobachtung machen kann und dies. hat auch Dode] hervorgehoben, dass das Korn stets dort am stärksten. wächst, wo der Stärkebildner sitzt, dass sich dort warzenförmige Aus- wüchse bilden; daraus kann man aber noch nicht schliessen, dass das. Wachsthum durch Apposition geschehe; man ist ebensowohl berech- tigt anzunehmen; dass die stärkebildende Substanz vom Stärkebildner aus in das Stärkekorn eindringe und eben an jener Stelle, wo der Stärkebildner gerade sitzt; ein stärkeres Wachsthum durch eine Art Intussusception hervorrufe. Freilich wäre dies nicht die Intussus- ception wie sie der Theorie von Nägeli entsprechen würde. Ich. würde aus diesem Grunde den von Dodel ausgesprochenen Satz da- hin modificiren, dass das Stärkekorn immer, dort wächst, wo es dem Stärkebildner ansitzt, dass also dieser gewissermassen eine Nahrung zuführende Function ausübt; das ruft dann den Eindruck hervor als. würde an jener Stelle beständig neue Substanz aufgelagert, was in der That auch der Fall sein kann, aber bis jetzt noch nicht mit Sicher- heit nachgewiesen ist. Ich habe sogar einige Beobachtungen gemacht,, welche sehr für Apposition sprechen, wie z. B. die Erscheinung, dass sehr oft solche Auswüchse vom ursprünglich vorhandenen Stärkekorn durch eine scharfe Linie abgegrenzt sind. Ich werde weiter unten. hierauf zurückkommen, 1. Die Form der Stärkekörner. Ein Querschnitt durch den Stengel von Pellionia zeigt innerhalb. der Epidermis mehrere Zelllagen von Collenchym; innerhalb des Col- lenchyms liegt ein von Schleimgängen durchzogenes parenchymatisches. Rinden- und Markgewebe; die Gefässbündel liegen einzeln in einem Kreise angeordnet. In der Epidermis und im Collenchym ist niemals. Stärke vorhanden, während das Rindengewebe und namentlich das. Markgewebe sehr reich an solcher ist. Die Stärkekörner nehmen auf dem Querschnitt in jungen Internodien von aussen nach innen. allmählich an Zahl und Grösse zu; die grössten finden sich im Mark-- gewebe; ich werde in einem besonderen Abschnitt noch genauer auf die Vertheilung der Stärkekörner zurückkommen und nun sofort dazu übergehen, deren Form, Schichtung und ihre Beziehungen zum Chloro- plasten genauer festzustellen und zu erläutern. Weitaus der grösste Theil der Stärkekörner von Pellionia sind. einfache Körner, doch finden sich auch hin und wieder halb zusammen- 37 gesetzte und zusammengesetzte Körner; namentlich die letzteren sind in mancher Beziehung sehr Jehrreich, indem es mir gelungen ist die Art ihrer Entstehung genau festzustellen, und diese ist geeignet auf das Wachsthum der Stärkekörner überhaupt einiges Licht zu werfen. Es hat sich dabei herausgestellt, dass die Annahme von Nägeli, nach der sich der Kern eines einfachen Kornes theilt, für die Stärkekörner von Pellionia nicht gilt. Die einfachen Körner zerfallen nach ihrem Alter wieder in zwei scharf getrennte Kategorien. In der Jugend sind: nämlich die Stärke- körner von vollständig regelmässiger Form; ursprünglich kugelförmig; vom grünen Stärkebildner (Chloroplasten) umschlossen, nehmen sie später, wie dies schon von Dodel angegeben wurde, beim Durch- brechen des Chloroplasten eine mehr länglich eiförmige Gestalt an; die Körner werden also exeentrisch. Man sieht, schon hieraus, dass die Form der Stärkekörner zur Form des Stärkebildners in ganz be- stimmter Beziehung steht, es ist nicht die innere Constitution des Stärkekornes, welche seine excentrische Gestalt bedingt, sondern seine Lage im resp. zum Stärkebildner. Das Korn liegt ja schon frühzeitig nahe der Oberfläche des kugeligen Stärkebildners, also nicht in dessen Centrum; dadurch ist aber schon eine einseitige Ernährung durch den Stärkebildner bedingt; das Korn wächst schon jetzt auf der Seite, auf ‚der die Hauptmasse des Chloroplasten sitzt, am stärksten. Das Be- streben excentrische Form anzunehmen wird deshalb immer grösser and wenn dann das Korn die Hülle des Stärkebildners durchbrochen hat, so nimmt diese Excentricität in entsprechendem Masse zu. (Dass ‚der Stärkebildner eine ernährende Wirkuug ausübe wurde zuerst von Schimper ausgesprochen) (1).‘) Der Stärkebildner sitzt nun dem Korn als kappenförmiges Gebilde auf, und man kann mit Leichtigkeit ‘beobachten, dass von nun an das Korn nur noch an jenem Ende weiter wächst, wo der Stärkebildner haftet; die unmittelbare Folge hievon ist, dass die Körner nun eine cylindrische Gestalt annehmen und in immer höherem Masse excentrisch werden (Taf. I, Fig. 1). Solehe Körner, die nun beständig an ihrem hintern Ende weiter wachsen, behalten eine mehr oder weniger regelmässige Gestalt bei; sie finden sich in den jungen Internodien in grosser Anzahl und bil- ‚den hier die Hauptmasse der überhaupt vorhandenen Körner. Sie sind als regelmässige Körner zu bezeichnen im Gegensatz zu ‚einer zweiten Kategorie von einfachen Körnern, die eine mehr un- 1) Die eingeklammerten Zahlen bezeichnen die Nummer der eitirten Abhandlung im Litteraturverzeichniss am Schluss der Arbeit. 38 regelmässige Gestalt annehmen und nichts anderes als eine weitere Stufe der regelmässigen Körner darstellen. Die regelmässigen Körner erreichen selten mehr als eine Länge von durchschnittlich 30 u (I!e = !!ooo mm); denn sobald sie diese Grösse erreicht haben beginnen sie gewöhnlich unregelmässige Gestalt anzunehmen. Ausnahmsweise fin-- den sich jedoch auch solche eylindrische Körner von einer Länge bis- 50. und darüber, aber diese sind äusserst selten und nur in älteren. Internodien zu finden, da sie eben gewöhnlich schon bevor sie diese Grösse erreichen infolge von Verschiebung des Chloroplasten ihre Gestalt mehr oder weniger verändern. Wie dies vor sich geht, soll in einem besonderen Abschnitt über die unregelmässigen Körner genauer beschrieben werden. 2. Die Schichtung .der Stärkekörner. Was die Schichtung der Stärkekörner anbetrifft, wurde schon von Dodel (auf Seite 276) in seiner Arbeit hervorgehoben, „dass bei. langgestreekten Stärkekörnern von Pellionia die vielen Schichten im. mittleren Theil durchaus kappenartig übereinander liegen und keine einzige dieser Schichten continuirlich über den Stärkekern verläuft. Sie haben durchaus die Gestalt des jeweilen, bei der Bildung und Ab-- lagerung ihrer Substanz vorhanden gewesenen kappen- oder platten-- förmigen Stärkebildners.* Um die Schichtung der Körner deutlich und scharf hervortreten zu lassen, verwendete ich verdünnte Kalilauge. Bei Anwendung von 3—4°/, Kalilauge quellen jedoch die Stärkekörner schon so stark auf, dass die Schichtung sehr rasch undeutlich wird. Dasselbe geschieht auch noch bei Anwendung von 1—2°/, Kalilauge, dagegen tritt die Schichtung sehr deutlich hervor bei Zusatz von !/—!/2°/o Kalilauge. Auch die von Dodel bereits erwähnte Anwendung von Pikrinsäure ist ein ausgezeichnetes Mittel die Schichtung scharf hervortreten zu lassen. Es lassen sich an jedem Korn (Fig. 1, 2) der Form nach zweierlei. Schichten unterscheiden; die einen sind vollständige, die andern sich auskeilende Schichten. Die vollständigen Schichten gehen stets um den Kern herum, sie lassen sich. allerdings oft am vordern Ende des Kornes nieht deutlich unterscheiden und sind nie in grosser Zahl vor-- handen; diese Schichten bildeten sich offenbar zur Zeit als das Korn. noch vollständig vom Stärkebildner umschlossen war. Ich werde weiter‘ unten auf diesen Punkt zurückkommen. An jedem Korn ist, wie dies- schon von Nägeli als allgemein giltig erkannt wurde, die innerste: 39 Partie eine weiche, wasserreiche; dann folgt in allen Fällen eine voll- ständig herumgehende, dichte, wasserarme Schicht, hierauf wieder eine wasserreichere u, s. f£ Die letzte ganz herumgehende oder die erste sich auskeilende Schicht ist stets eine sehr dichte, so dass die Grenze (z. Fig. 1) zwischen den vollständigen und unvollständigen Schichten "immer scharf hervortritt und leicht erkennbar ist. Es ist nun wichtig: hervorzuheben, dass die Differenzirung der innersten Schichten nicht von Anfang an zu erkennen ist; die Stärkekörner erreichen vielmehr eine ziemlich beträchtliche Grösse, bevor auch mit den besten Rea- gentien nur eine Spur von Schichtung wahrzunehmen ist. Gewöhn- lich lassen sich die inneren vollständigen Schichten erst erkennen, wenn der Stärkebildner bereits vollständig kappenförmig geworden ist und vielleicht sehon einige sich 'auskeilende Schichten angelegt sind. Dies ist ein Punkt, der immer noch gegen die Appositionstheorie ins. Feld geführt wird; es kann aber dieser Punkt ganz und gar nicht als irgendwie beweisend angenommen werden, denn es ist sehr wohl möglich, dass die Schichten als solche schon von Anfang an angelegt wurden und erst durch spätere Veränderung, wie durch verschieden. starke Aufnahme von Wasser in die verschiedenen Schichten deutlich werden. Sehr wichtig ist nun die Thatsache, dass, wie Dodel auch be- obachtet hat und ich mit Sicherheit aufs Neue bestätigen konnte, keine einzige Schicht vorhanden ist, die, mehrere kappenförmige Schichten umschliessend, das Stärkekorn eontinuirlich umhüllen würde, sondern sämmtliche kappenförmige Schichten keilen sich am Rande aus. Dies ist eine zur Widerlegung der Spaltungstheorie Nägeli’s überaus wichtige Thatsache. Nägeli behauptet nämlich im IL. und VII. Ca- pitel seines Werkes (2), die inneren Schichten des Stärkekornes seien die jüngsten zuletzt entstandenen Schichten, während die äussere Schicht, die das Stärkekorn immer continuirlich umgebe, die älteste zuerst vor- handen gewesene Schicht sei. Es sollen nämlich die vorhandenen Schichten durch Einlagerung neuer Substanz gespalten werden, so dass z. B. aus einer dichten Schicht drei Schichten entstehen würden, näm- lich zwei dichte umschliessende (die alte gespaltene Schicht) und eine weiche in die Spalte eingelagerte Schicht. Diese Theorie setzt natür- lich das Wachsthum durch Intussusception voraus. Nägeli sagt z. B- auf Seite 20—21 wörtlich: „Unvollständige Schichten an der Oberfläche rühren nur von der Spaltung einer oder mehrerer Schichten der Ober- fläche her.“ Es würden auf diese Art also immer vollständige Schichten mit unvollständigen abwechseln; es ist aber bei Pellionia von einer 40 solchen Wechsellagerung von circumcentralen und kappenförmigen Schichten nichts zu sehen, sondern wenn die Bildung kappenförmiger Schichten einmal begonnen hat, wird nie mehr eine ganz herumgehende Schicht gebildet. Es sind also immer die äusseren Schichten auch die jüngsten, die zuletzt gebildeten und die inneren Theile des Stärke- kornes sind die ältesten, die zuerst angelegten. Eine Reihe von Be- obachtungen an unregelmässigen Körnern, auf die ich weiter unten zu sprechen komme, werden diese Behauptung noch mehr und mit voller Sicherheit bestätigen. Dasselbe wurde auch von Schimper (3) für Stärkekörner von Phaseolus, Dolichos, Lablab, Vicia Faba und Cereus speciösissimus nachgewiesen und er schliesst daraus: „Das Wachs- thum der Stärkekörner geschieht durch Auflagerung von aussen.“ Dadurch ist natürlich die von Nägeli aufgestellte Theorie direct widerlegt. Das Wachsthum findet also auf keinen Fall so statt, wie es Nägeli angenommen hat. Es bleibt aber nun immer noch zu ent- scheiden ob wirklich Schicht für Schicht in ihrer endgiltigen Form vom Stärkebildner abgelagert wird, oder ob die Schichtung eine se- cundäre Erscheinung ist, die bedingt wird durch verschieden starke Wasseraufnahme oder durch Quellungserscheinungen, hervorgerufen durch Spannungsverhältnisse, wie es von Schimper (3) angenommen wurde. Schimper nimmt an, dass der Kern und die weichen, wasser- reichen Schichten im jungen Korn dort entstehen, wo die Dehnung der Substanz infolge der sich geltend machenden Spannungsver- hältnisse am grössten ist. Nägeli hat übrigens diese Theorie wider- legt (4). Die Frage wäre natürlich ihrer Lösung bedeutend näher gebracht, wenn es gelingen würde einmal nachzuweisen, dass die hinterste Schicht des Stärkekornes, also die Schicht, die vom Chloroplasten direct be- deckt wird, eine weiche sei, dies ist aber schon des Randschattens ‚halber sehr schwer zu entscheiden und ferner deshalb, weil eben der hinterste Theil des Kornes vom Chloroplasten bedeckt ist: Lässt man Jod auf einen Querschnitt des Pellioniastengels ein- wirken — dasselbe dringt, am Rande des Deckglases zugesetzt, in- folge des im Stengel von Pellionia reichlich vorhandenen Schleimes nur sehr langsam und allmählich vor —, so kann man die hierbei ein- tretenden Veränderungen der Stärkekörner Schritt für Schritt genau verfolgen. Zunächst färben sich die weichen Partien des Kornes schwach blau, während die dichten Partien noch vollkommen farblos erscheinen; ja sogar dann, wenn die weichen Schichten schon ziemlich dunkel gefärbt erscheinen, lassen sich die dichten noch deutlich er- 41 kennen; es dauert einige Zeit, vielleicht eine halbe Minute, so färben sich auch diese, aber zunächst nur schwach röthlich, dann violett; erst nach längerer Zeit erscheint dann das ganze Korn blau-schwarz gefärbt. Man kann also mit Hilfe von Jod (in Jodkälium) zu Be- ginn seiner Einwirkung die dichte Substanz des Stärkekorns leicht erkennen und infolge der Farbendifferenz auch dann noch, wenn die verschiedenen Schichten am hintern Ende des Kornes auftreten. In einer Zelle eines Querschnittes fand ich drei Stärkekörner, deren hinterste Schicht eine weiche zu sein schien; auf diesen Schnitt wendete ich nun das eben angegebene Verfahren an und es zeigte sich unzweifelhaft, dass die hinterste Partie dieser Körner eine wasser- reiche war. Es wäre hiemit der Nachweis geliefert, dass in der That die Möglichkeit einer Entstehung weicher Schichten am hintern Ende des Stärkekornes vorhanden ist. Ich kann jedoch nicht mit vollstän- diger Sicherheit für die Richtigkeit der obigen Beobachtung einstehen, denn es wäre möglich, dass eine, allerdings dann sehr dünne, dichte Schicht, noch von Chloroplasten vollständig bedeckt, auf der weichen Schicht aufgelagert gewesen wäre. Auf alle Fälle ist jedoch so viel ‘sicher, dass, wenn der Chloroplast einmal kappenartige Form ange- nommen hat, eine Differenzirung in Schichten schon sehr nahe den hintern Ende des Kornes stattfindet. Aber wenn sich auch mit Bestimmtheit nachweisen liesse, dass die hinterste Schicht eine wasserreiche sein kann, so darf daraus doch nicht geschlossen werden, dass die wasserreichen Schichten in allen Fällen direct durch Ablagerung als solche gebildet werden. Schon Nägeli hat beobachtet, und es wurde dies von Schimper (3) aufs neue bestätigt, dass alle Stärkekörner anfangs homogen erscheinen, ‚dass erst nachträglich durch Spannungsverhältnisse im Inneren ein wasserreicher Kern, um diesen herum eine dichtere Schicht und dann fast ausnahmslos wieder eine wasserreiche Schicht sich bildet; dasselbe gilt, wie bemerkt, auch für Pellionia. Was die Vertheilung der verschiedenen Schichten bei den Stärke- körnern von Pellionia betrifft, ist hervorzuheben, dass die weicheren Schichten in weit grösserer Zahl vorhanden sind als die dichten. Oft zeigt ein Korn nicht mehr als vier bis fünf dichte, stark hervortretende Schichten, zwischen welchen unzählbare oft sehr dünne weiche Schichten eingelagert sind (Fig. 1). Die Schichtung ist an ältern Körnern immer leicht zu sehen, aber auch an jungen kann man bei Anwendung von verdünnter Kalilauge dieselbe Anordnung beobachten. Es ist noch hervorzuheben, dass die Schichten durch dunkel erscheinende Linien 42 von einander getrennt sind, welche selbst nicht etwa als dünne- Schichten aufzufassen sind; es ist ja klar, dass, wo zwei Substanzen von verschiedener Lichtbrechung an einander stossen, eine Linie ent-. stehen wird. ” Es ist hiemit alles erwähnt, was über die Schichtung der Stärke- körner von Pellionia zu beobachten ist und es hat sich dabei als Re- sultat ergeben, dass die Theorie von Nägeli, nach welcher die neuen Schichten durch Spaltung schon vorhandener Schichten entstehen, voll- “ständig unrichtig ist. Es muss eben die von Schimper (1) zuerst ausgesprochene Ansicht, dass der Stärkebildner eine ernährende Wirkung ausübe, als die allein giltige Auffassung angenommen werden. Ob die Schichten vom Stärkebildner direet abgelagert werden oder ob- die Schichtung erst eine secundäre Erscheinung ist, kann bis jetzt mit Bestimmtheit nicht entschieden werden; Nägeli ist eben vollständig im Recht, wenn er sagt (4): „Es muss doch einer besonnenen Logik klar werden, dass das Aufsitzen eines Plasmakörpers (Stärkebildner) an einer bestimmten Stelle bloss über die Richtung des Wachsthuns, nicht aber über die Art und Weise desselben entscheidet“. Bis jetzt kann nur behauptet werden, dass das Wachsthum der Stärkekörner durch Apposition sehr wahrscheinlich ist. Strenge, unantastbare Be- weise dafür sind aber nicht vorhanden. Dass die Schichtung nicht durch Fermentwirkung hervorgerufen wird, wie A. Meyer (5) an- nahm, ist schon von Krabbe (6) aufs entschiedenste dargethan worden,. indem letzterer nachwies, dass Diastase nicht in das Stärkekorn ein- dringen kann. 3. Beziehungen zwischendem BaudesChloroplasten und demjenigen der Stärkekörner. Schimper (1) war der Erste, der darauf aufmerksam machte, dass zwischen der Art des Wachsthums der Stärkekörner und zwischen der Form des Chloroplasten bestimmte Beziehungen bestehen, indem er zeigte, dass centrische Stärkekörner dann zu Stande kommen, wenn dieselbeu rings vom Stärkebildner umgeben sind, während excentrische Körner nur an einer Seite von Stärkebildner berührt werden und dort die stärkste Zunahme erhalten. i Solche Beziehungen bestehen in der That und die Stärkekörner von Pellionia bieten zur Untersuchung derselben wirklich ein ausge- zeichnetes Objeet. Ein einziger Schnitt zeigt auf den ersten Blick, dass die Form der Stärkekörner bedingt wird durch die Form und die Lage des Stärkebildners. Dodel hat bereits einige wesentliche Punkte- 43 dieser Art hervorgehoben; es bleiben mir jedoch noch einige interes-- sante Erscheinungen zur näheren Besprechung übrig. Dodel (7) erwähnt, dass der ganze vordere, kugelige Theil des- Stärkekornes ohne Zweifel dann entstehe, wenn dasselbe noch voll- ständig vom runden Chlorophylikorn umschlossen sei. Ist dies richtig, so müssen sich Chlorophylikörner mit Stärkeeinschlüssen vorfinden,, deren Durchmesser dem Durchmesser des vorderen Theiles eines älteren mit kappenförmigem Stärkebildner versehenen Stärkekornes gleich- kommt, Ich stellte zu diesem Zweck eine Anzahl Messungen an grossen Stärkekörnern an und fand dabei einen Durchmesser. des vorderen kugeligen Theiles von im Mittel 14,2 u (aus 10 Messungen, welche: ‘ auf Tab. I Seite 47 zusammengestellt sind). Finden sich nun Chloro- phylikörner, die einen Durchmesser von 14,2 oder mehr jı aufweisen, so ist mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der kugelige Theil der Stärkekörner als solcher im rings umschliessenden Chlorophyllkorn angelegt wird. Es ist mir in der That gelungen Chlorophylikörner von der verlangten Grösse zu finden; von meinen vielen Messungen ergaben die zwei extremsten einen Durchmesser von 14,47 und 14,95 ». Dabei ist nun besonders zu betonen, dass der Stärkeeinschluss die Hauptmasse der gemessenen Chlorophylikörner ausmachte, während der Chloroplast selbst den Stärkekern nur als- dünnes, grünes Häutchen, das kaum messbare Dicke aufwies, überzog. Es entsteht also ohne Zweifel der kugelige vordere Theil des Stärke-- kornes dann, wenn das angelegte Stärkekorn ganz vom Chlorophyll- korn eingeschlossen ist. Wenn dann der Chloroplast vom Stärkekorn an einer Stelle durch- brochen wird, so nimmt das kugelige Korn deutlich excentrische Form an und der Chloroplast sitzt dem eiförmigen Korn als Kappe am hintern Ende auf. Am Anfang wird das Korn noch zu ?/s seiner Länge vom Chloroplasten umschlossen; dann wird letzterer mehr und mehr kappen- - förmig, bis er schliesslich nur noch eine dünne Haut am hintern Ende bildet. Je länger nun, bis zu einem gewissen Punkte breiter, das Stärkekorn wird, um so mehr verflacht sich die Chloroplastenkappe,. sie wird breiter und dünner, um, wenn die grösste Breite des Kornes. überschritten ist, wieder etwas schmäler zu werden. Wie Dodel hervorgehoben hat, wächst dann das Stärkekorn dort am intensivsten, wo die Kappe des Stärkebildners am mächtigsten ist. Dodel sagt im Anschluss hieran auf 8. 272: „Es ist indessen hervorzuheben, dass diese mächtigste Partie des Chloroplasten sich oft weit hinaus gegen den blassgrünen Rand der Kappe erstreckt, so 44 . dass letztere oft nur wie eine flach gewölbte breite Platte mit schmalem dünnen Saum erscheint. Dieser Saum selbst ist oft gefranst und läuft so zart in den farblosen Theil der nächsten Umgebung aus, dass man kaum mehr eine scharfe Grenze erkennen kann.* Es ist daraus deutlich zu.erschen, dass der Stärkebildner aus zwei Theilen besteht, aus einem grün gefärbten centralen Theil, der die eigentliche Kappe bildet, und aus einem farblosen Saum, dessen letzte auslaufende Grenze schwer wahrzunehmen ist. Die Frage ist nun die, wie kommt eine solche Differenzirung des Stärkebildners zu Stande aus dem anfangs gleichmässig grünen Chlorophylikorn. Bei Zusatz von cone. Schwefelsäure werden der Kern, ein Theil des Proto- plasmas und die Stärkekörner vollständig aufgelöst. Die Stärkebildner bleiben dann allein zurück und man kann dann ihren Bau und ihre Form in diesem Zustand sehr genau erkennen. Es ist jedoch nöthig vor Zusatz von Schwefelsäure die Objecte mit etwas Rohrzuckerlösung .zu. behandeln, weil dadurch die Stärkebildner gegen Schwefelsäure viel resistenter werden. Auf welchem Umstand diese Erscheinung be- ruht, kann ich nicht angeben. Auch die grüne Farbe des Stärkebild- ners bleibt bei Anwendung von Schwefelsäure bis nach einer Stunde vollkommen erhalten, erst später beginnt sie zu verschwinden um dann in ein schmutziges Braun überzugehen. Es ist dies für die Beobach- tung sehr vortheilhaft, da man dadurch die Grenze zwischen dem farb- losen und dem grünen Theil gut erkennen kann. Betrachten wir nun zunächst die Stärkebildner von etwas ältern 'Stärkekörnern, so können wir an denselben, wie schon hervorgehoben, leutlich unterscheiden zwischen einem grünen centralen und einem farblosen Theil (Fig. 3—8).. Der gesammte Stärkebildner hat veoll- ständig dieselbe Krümmung wie die letzte Schicht des Stärkekornes, ‚der grüne Theil sitzt als Kappe am hintern Ende, während der farb- lose Saum nach vorwärts umgebogen ist entsprechend dem nach vorn umliegenden Rande der Schichten. Der Stärkebildner schliesst sich also eng an das Stärkekorn an und dadurch ist es mit Rücksicht auf die Thatsache, dass der farblose Saum des Stärkebildners und das Stärkekorn gleiche Lichtbrechung zeigen, erklärlich, dass man den farblosen Theil des Chloroplasten, wenn derselbe nicht vom zuge- hörigen Stärkekorn isolirt wird, nicht wahrnehmen kann. Die er- nährende Thätigkeit des Stärkebildners wird entsprechend seiner Form an den Seiten des Stärkekornes bedeutend weiter nach vorn gehen and dadurch ist auch die Umbiegung der Schichten am Rande ver- ständlich (Fig. 1, 2). Wir sehen also deuflich, dass zwischen der 45° Form der Schiehten und derjenigen des Stärkebildners ein fester Zu-- sammenhang bestehf. Die erstere ist von der letzteren in gewisser Weise direct abhängig. Dies zeigt sich aber in noch weit höherem. Masse bei der Untersuchung von Stärkebildnern jüngerer Körner, die- noch nichts von kappenförmigen Schichten zeigen, wie sie sich am Rande des Querschnittes und in sehr jungen Internodien finden. Lässt man Schwefelsäure auf solche Körner einwirken, so sieht man, dass. der farblose Saum des Stärkebildners eine vollständig geschlossene Hülle bildet (Fig. 3), welche also das Stärkekorn auf allen Seiten um-- schliesst. Bei der Beobachtung dieser Thatsache drängt sich sozu- sagen die Ueberzeugung auf, dass dies mit der Bildung der voll- ständig herumgehenden Schichten zusammenhängt. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass, so lange dass. Häutchen geschlossen ist, die neu entstehenden Schichten ganz herumgehen, und damit stimmen auch die Messungen von solchen geschlossenen Stärkebildnern mit demjenigen Theile der Stärkekörner überein, der aus den vollständigen Schichten besteht. Sobald dann das Häutchen, das, nebenbei bemerkt, mit Gentianaviolett leicht gefärbt werden kann, am vorderen Ende auf- reisst, tritt das Korn an jener Stelle heraus und es werden von diesem Moment an nur noch kappenförmige Schichten gebildet. Direct kann dies deshalb nicht nachgewiesen werden, weil, wie schon hervorge-- hoben wurde, die Schichtung oft erst deutlich wird, wenn schon einige -kappenförmige Schichten vorhanden sind; es bleibt dies also nur eine Annahme, deren Wahrscheinlichkeit aber sehr gross ist. Fassen wir nun die oben beschriebenen Beobachtungen zusammen, so kommen wir zu dem Resultate, dass jedem Theil des Stärkekornes eine be-- sondere Bildungsphase entspricht, d.h. ein besonderes Entwickelungs- stadium des Stärkekornes und des Chloroplasten; beide stehen in Be-- zug auf Form und Entwickelung in innigem Zusammenhang und wenn wir die Appositionstheorie für riehtig halten dürften — Beweise fehlen. noch immer —, so gäbe es kaum ein schöneres Beispiel als die Stärke- körner von Pellionia, um dieselbe verstehen zu lernen. Wir haben also vorläufig drei Hauptentwiekelungsstadien des Stärkekornes zu unterscheiden; ich sage vorläufig, weil ich im folgen- - den Abschnitt noch eine weitere Stufe zu beschreiben haben werde, welche allerdings nicht allen, doch der Mehrzahl der Körner zukommt... Die drei Stadien sind, kurz zusammengefasst, folgende: 1. Das Stärkekorn bildet sich im kugeligen, allseitig geschlossener Chlorophylikorn selbst als kugelförmiges kleines Korn, welches. dem vorderen kugeligen Theile des erwachsenen Stärkekornes - 46 entspricht. Während dieses kugelige Korn wächst, wird der Chloroplast mehr und mehr gedehnt, bis er nur noch ein dünnes, grünes läutchen auf der Oberfläche des Stärkekornes bildet. 2. Man kann dann wahrnehmen, wie sich das Grün des Stärke- bildners mehr und mehr auf einen Pol zusammenzieht, wäh- rend der übrige Theil des Stärkebildners farblos wird; dabei beginnt das Korn eiförmige Gestalt anzunehmen, es wird ex- centrisch, indem es dort, wo der grüne Theil des Stärkebild- ners liegt, mehr zunimmt als am vorderen Theile. In diesem Stadium besteht also der Stärkebildner aus zwei Theilen, einen chlorophyllhaltigen und einem farblosen. Es ist sehr wahr- scheinlich, dass nun die ganz herumlaufenden Schichten gebildet werden. 3. Der farblose Theil des Stärkebildners reisst am vorderen Ende auf; das Stärkekorn rritt dort mehr und mehr frei heraus und der Stärkebildner haftet kappenförmig am hintern Ende des Kornes. Es entstehen von diesem Moment an keine ganz her- umlaufenden, sondern nur noch kappenförmige, sich am Rande gegen vornhin auskeilende Schichten. Das Korn wächst nun nur noch in die Länge, es nimmt aber eylindrische Form an. Die Stärkekörner haben im ausgewachsenen Zustande gewöhnlich an ihrem hintern Ende einen etwas kleinern Durchmesser als in der Mitte; sie erreichen eben kurz nachdem das Häutchen zerrissen ist einmal eine grösste Breite, um nachher wieder etwas an Breite abzu- nehmen und gleichmässig fortzuwachsen. Es könnte nun die Frage gestellt werden, ob überhaupt einmal der Chloroplast denselben Durch- messer erreichen könne wie die breiteste Stelle des Stärkekorns. Nach denı oben Gesagten kann hierüber kein Zweifel mehr bestehen; um jedoch diese Frage ganz sicher entscheiden zu können, habe ich eine Anzahl Messungen von Körnern und Chloroplasten angestellt und da ‘sich aus diesen Messungen auch noch einige andere Gesichtspunkte in Bezug auf das Wachsthum der Stärkekörner ergeben haben, so will ich nicht unterlassen, die Zahlen hier anzuführen. Zunächst folgen hier die Messungen in Form von Tabellen; es wurden je 10 Messungen ausgeführt und zwar von möglichst extremen Füllen, um ‚ganz überzeugende Resultate zu erhalten. 47 Tabelle T. Ausgewachsene Körner. |Lüngea. Kornes Chloroplast Qnerdurchn. d. Grösste Breite | Breite am sammt dem . Kormnes beim ! - hintern Ende allein | des Kornes Chloroplasten ‚Centrum (Kern) (Chloroplast) 1. | 83,76 4,82 | 168 | 19.29 | 1447 2, | 2412 4.82 12,06 14,47 9,64 3. | 33,7 2,41 | 168 | 19,29 12,06 4. 28.94 3 14.5 19,29 12.06 B. | 28.94 2,5 | 14,5 | 20 145 6. 38.5 4.8 | 145 19,8 12.06 T. 28,94 4,82 14.4 | 16,8 14,5 8. | 26.5 2,5 14.5 17,5 14,5 9.1 9894 45 1206 | 1688 12.06 10.) 28,9 | a8 1206 | 16,83 14.47 Mittel ! 30,12 | 3,89 | 14,22 | 17,97 | 13.08 Tabelle 11. Stärkekörner aus jungen Internodien, von etwa 1ßyp Länge. : Länge d.Kornes Chloroplast Durchmesser d. Grösste Breite | Breite I sammt dem allein Kornes beim des Kornes hintern Ende | Chloroplasten | Centrum (Kern) (Chloroplast) 1. | 14,47 7,28 1,23 9,64 | 9,64 2. | 14,47 3 7,23 12,06 | 12,06 3.\ 19,29 4,82 _ 10,6 | 9.64 4. | . 21,7 4,82 _ 11,48 ' 11,48 5 17,88 2,41 _ 12,06 | 12,06 6. | 14.47 3,60 10,36 13,02 13,02 T. 14,5 4,82 9,64 15,85 | 15,85 8. | 20,5 5.30 1,23 12.06 9,64 9. 14,47 2,41 _ 9,64 9,64 10. | 17,86 | 2,89 t 1,23 | 12,06 | . 12.06 Mitel| 168 | 4,18 | 85 | 118 I 115 Tabelle’ ITI. Stärkekörner von 15 bis 204 Länge, aus älteren Internodien. Länge d. Kornes! Chloroplast Durchmesser a. Grüsste Breite Breite am sammt dem allein Kormnes beim des Kornes hintern Ende Chloroplasten Centrum (Kern) (Chloroplast) 1. 26,53 4,82 | 1208 16,88 | ..16,88 2. 19,29 3,61 9,64 13,26 13,26 8. 14,47 2,89 12,05 12,06 12,06 4. 16,88 4,82 9,64 14,47 14,47 5. — —_ _ — 16,88 6. 16,88 3 —_ 13,98 16,39 T. 21,70 2,41 14,47 19,53 19,29 8. 19,29 4,82 1,23 14,47 14,47 9 21,70 121 14,47 21,70 21,70 i0. 21,70 2,41 13,26 18,08 18,08 Mittel 19,82 8,33 | 1161 16,05 16,35 48 In Tabelle I finden sich Messungen von ausgewachsenen Stärke- körnern mit einer Länge von durchschnittlich 30,12 a. Es hat sich . herausgestellt, dass sie ihre grösste Breite etwa in der Mitte erreichen, in einem Abstand vom vorderen Ende von 15-20 ı. Eine einfache Ueberlegung zeigt, dass demnach an Körnern mit einer Länge von 15—20 j. Chloroplasten vorhanden sein müssen, die so gross sind, wie- sie der grössten Breite ausgewachsener Stärkekörner entsprechen. In Tabelle IT finden sieh zehn Messungen von Körnern von durchschnitt- lich 16 x Länge aus jungen Internodien. Es zeigte sich jedoch, dass. diese Körner noch etwas zu jung waren, die meisten waren noch vom Stärkebildner umschlossen, also erst im zweiten Entwickelungsstadium. Tabelle III gibt die Grössenverhältnisse von Körnern von 15—20 y. Länge aus dem Rindengewebe älterer Internodien. - Aus Tabelle I geht hervor, dass die Körner von im Mittel 30 u Länge durchschnittlich eine Breite von 18 a erreichen. Die nächste Bedingung ist also Chloroplasten mit einer Breite von 18. an noch nicht ausgewachsenen Stärkekörnern zu finden und zwar dürfen dann die zugehörigen Körner selbst nirgends breiter sein als 18 11. Solche Körner konnte ich thatsächlich finden, es sind die beiden Körner 9 und 10 in Tab. III. Auch 7, IH ist ein Korn mit sehr breitem Chloro- plasten, aber das Korn selbst ist an einer Stelle noch etwas breiter, kann deshalb nicht als beweisend angenommen werden. Die beiden Körner 9 und 10, III genügen jedoch vollkommen um zu zeigen, dass der Stärkebildner in einem gewissen Momente auch die grösste Breite des Stärkekornes erreicht und zwar eben im Momente der Bildung der breitesten Zone selbst. Letzteres geht deutlich hervor aus der weit- gehenden Uebereinstimmung der Zahlen in Rubrik 4 und 5. Es könnte der Einwurf gemacht werden, es seien die zwei Körner 9 und 10 nur zwei zufällig vorhanden gewesene extreme Formen; aber es ist ander- seits klar, dass die Stärkekörner lange Zeit im Stadium sein können, wo sie die grösste Breite überschritten haben, ebenso können sie sich in allen möglichen Jugendstadien befinden; aber die Wahrscheinlich- keit, dass sie sich gerade im Momente der Bildung der breitesten Jaamellen befinden, ist eben nur gering und deshalb wird auch die Zahl solcher Körner eine sehr kleine sein. . Es ergibt. sich also die überaus wichtige Thatsache, dass der Stärkebildner die Breite der breitesten Lamellen wirklich erreicht und zwar geschieht dies, wie ein Vergleich von Rubrik 1, 4 und 5 der Tabelle III lehrt, wenn das Korn eine durchschnittliche Länge von 20 u besitzt. Vergleicht man Rubrik 3 der Tab. I mit Rubrik 3 der Tab. III, 43 so ist leicht zu constatiren, dass schon die meisten Körner mit einer Länge von 20 u (Tab. III) einen vorderen Querdurchmesser haben, der im Mittel demjenigen ausgewachsener Körner entspricht (Tab. I, 14, 221). Vergleicht man jedoch dieselben Rubriken von Tab. II und III, so ergibt sich. sofort die Thatsache, dass die Körner von durch- „ sehnittlich 16 . Länge (Tab. II) noch einen bedeutend kleineren Quer- durchmesser am vorderen Ende haben als ausgewachsene Körner, näm- lich im Durchschnitt 8, 15. Diese Körner sind aber noch ringsum vom Stärkebildner umschlossen, wachsen also auch noch in die Dicke, in- dem von dem sie umschliessenden Stärkebildner eben noch ringsherum Substanz abgegeben wird. Wenn dann das farblose Häutchen einmal durchbrochen ist, so ist auch das Wachsthum in die Dicke beendist, das Stärkekorn bleibt von diesem Moment an immer gleich dick; es wächst dann nur noch in die Länge. Noch eine andere Thatsache lässt sich eonstatiren beim Vergleich von Rubrik 2 und 5 in Tab. II und Ill. Es ergibt sich alsdann eine Correlation zwischen Breite (Rubr. 5) und Dicke (Rubr. 2) des Chloro- plasten, indem letzterer am dünnsten ist, wenn er seine grösste Breite erreicht hat. Es scheint also, dass bis zu diesem Moment eine weit- gehende Veränderung des Volumens des Chloroplaston nicht stattfindet. Zur Bestätigung des hier Gesagten entnehme ich der Tabelle IIL folgende Angaben: Rubr. 2: Dicke des Chloropl. Rubr. 5: Breite des Chloropl. Korn 9 1,21 21,70 „7 2,41 . 19,29 „10 2,41 18,08 „6 3 16,39 „41 4,82 16,88 „4 4,82 14,47 Diese Zahlen sind so angeorduet, dass die Dicke des Chloro- plasten, von oben nach unten gelesen, zunimmt, während die Breite abnimmt. Allzuviel Werth ist jedoch auf diese Zusammenstellung nicht zu legen, denn man kann aus der Tabelle ohne Mühe auch eine Reihe aufstellen, die in entgegengesetztem Sinne zu sprechen scheint; aber viele andere Messungen, die ich hier nicht wiedergebe, bestätigen die Richtigkeit der oben aufgestellten Behauptung. Es ergeben sich also aus diesen Messungen drei Gesichtspunkte, die folgendermassen zusammengefasst werden können: 1. Der Chloroplast erreicht auf alle Fälle einmal die grösste Breite des Stärkekornes. Flora 1892, Suppl.-Bd, 4 Mo. Bot. Garden, 18983 50 2. Das Stärkekorn wächst nur so lange in die Dicke, so lange das farblose Häutchen des Stärkebildners ringsum geschlossen ist. 3. Je mehr der Chloroplası an Breite zunimmt, um so mehr nimmt er an Dicke ab. 4. Unregelmässige Stärkekörner. Alles, was ich bisher über die Stärkekörner von Pellionia ange- geben habe, bezieht sich auf die einfach gestalteten, vollkommen regel- mässigen Körner, wie sie in den jungen und mittleren Internodien des Stengels vorkommen. In ältern Internodien finden sich jedoch in Menge Körner von allen möglichen Gestalten, wie dies Dodel schon hervorgehoben hat. Es wurde auch von Dodel schon die Hauptsache über die Form und die Entstehungsweise dieser eigenthümlichen Stärke- körner gesagt, so dass mir nur noch einige Punkte zu erwähnen übrig bleiben. Es sind wesentlich drei Factoren, welche die unregelmässige Ge- staltung der Stärkekörner in älteren Internodien bedingen; nämlich Verschiebung des Stärkebildners, Theilung des Stärkebildners und Ent- stehung neuer Stärkekörner am Stärkebildner. 1. Verschiebung des Stärkebildners. Es besteht nach den vielen Beobachtungon von Dodel und mir kein Zweifel darüber, dass zwischen der Form und der Lage des Chloroplasten einerseits und dem Bau und Verlauf der Schichten des Stärkekornes anderseits innige Beziehungen bestehen, indem der Chloroplast immer dort das Stärkekorn vergrössert, wo er demselben gerade anliegt. Dort, wo der Chloroplast das Stärkekorn berührt, bilden sich Erhebungen, wie dies Schimper (1, Taf. 13 Fig. 13) auch an den Stäikekörnern von Diefenbachia Seguina beobachtet hat. Man kann oft beobachten, dass der Chloraplast am Stärkekorn seine Lage verändert (Fig. 9a) und es steht dabei fest, dass die Form des Stärkekornes und dessen Wachsthum auf die Art der Wanderung des Chloroplasten gar keinen Einfluss hat, dass also die Wanderung des Chloroplasten am Stärkekorn vom Wachsthum des letzteren ganz unabhängig ist. Dafür sprechen folgende Gründe: a) Man kann beobachten, dass der Chloroplast bei vollkommen gleichgestalteten Körnern ganz verschieden weit wandert; dies zeigt z. B. ein Vergleich von Fig. 9 und Fig. 10. Bei beiden Körnern sind die ursprünglichen Körner mit der Achse «a voll- kommen gleichgestaltet; beim einen Korn (Fig. 10) ist aber der Chloroplast nur um ein kleines Stück seitwärts gewandert 51 und hat dort eine neue Wachsthumszunahme, ein neues Schichten- system mit der Achse 5 hervorgerufen, der Winkel, den b mit a bildet, beträgt hier etwa 30°. Beim anderen Korn da- gegen (Fig. 9) ist der Chloroplast so weit seitwärts gerückt, dass die Achsen @ und 5 des alten und des neuen Schicht- systems einen Winkel von nahezu 90° mit einander bilden. Es ist aber klar, dass bei gleichartig gestalteten Körnern, wenn die Wandung des Chloroplasten vom Wachsthum des Stärkekornes abhängig wäre, auch der Winkel der Achsen der beiden Schichtsysteme derselbe sein müsste. b) Wenn die letzten neugebildeten Schichten mit den Schichten des ursprünglichen Kornes im Zusammenhang stehen würden, wäre vielleicht an irgend eine solche Beziehung zu denken; aber dies ist absolut nicht der Fall, denn die neugebildeten Schichten sind von den ursprünglichen gewöhnlich scharf ge- trennt, indem die erste neue Schicht (Fig. 9, 10, 11) als eine stark lichtbrechende. deutlich hervortritt. c) Der dritte Grund ist der, dass der Chloroplast in der neu ein- genommenen Lage ganz verschieden lang verharrt; es ent- stehen so Körner mit ausserordentlich langen (Fig. 12) und andere mit ganz kurzen Buckeln (Fig. 11, 13). Gerade durch diese Unabhängigkeit der Lage des Stärkebildners vom Wachsthum des Stärkekornes ist die grosse Unregelmässigkeit der Stärkekörner bedingt. Würde die Wanderung des Chloroplasten vom Stärkekorn selbst geregelt, so würde ja ein Korn wie das andere aus- sehen müssen; dies ist aber, wie man sich leicht an einem einzigen Stengelquerschnitt überzeugen kann, nicht der Fall. Wenn es nun nicht die Art des Wachsthums sein kann, die das Wandern des Chloroplasten bedingt, so müssen andere Ursachen dafür vorhanden sein, und es ist nun die nächste Aufgabe diese Ursache zu ‚ermitteln. Zunächst wäre es denkbar, dass das Licht irgend einen Einfluss auf die Lage der Chloroplasten ausüben würde. Um diese Frage zu entscheiden stellte ich folgenden Versuch an. Einige Stengel von Pellionia band ich an einem Stab in senkrechter Lage fest (die Pflanze ist sonst nieder liegend), stellte dann die Pflanze unter einen Cartoneylinder, der das Licht nur durch eine senkrechte Spalte ein- dringen liess, und setzte so die Pflanze während eines Tages dem ein- seitigen Lichteinfluss aus. Am Abend desselben Tages untersuchte ich dann die Pflanze an Querschnitten und es stellte sich dabei her- aus, dass das Licht auf die Lage des Chloroplasten nicht, den min- 52 desten Einfluss hatte. An den einen Stärkekörnern lagen die Chloro- plasten rechts, an andern links u. s. f.; kurz, es zeigte sich ganz. dieselbe Unregelmässigkeit in der Lage der Chloroplasten, wie bei einer allseitig vom Lichte getroffenen Pflanze. Die einzige mögliche Erklärung für das Wandern des Chloro- plasten ist die, welche Dodel (7) gegeben hat und die darauf beruht, dass die wachsenden Stärkekörner sich gegenseitig stossen und drängen, wobei ein Verschieben der Chloroplasten stattfinden soll. Dabei ist es nun aber sehr wahrscheinlich, dass nicht die Chloroplasten, sondern die Stärkekörner verschoben werden, denn die Chloroplasten stehen. mit dem Cytoplasma in fester Verbindung und werden deshalb ihre Lage weniger leicht verändern als die Stärkekörner; dies macht dann natürlich den Eindruck, wie wenn die Chloroplasten auf dem Stärke- korn wandern würden. Wenn der Stärkebildner am Korn einmal seine Stelle verlassen. hat, so beginnt er an seiner neu eingenommenen Stelle ein neues. Schichtensystem zu bilden. Dabei verändert sich aber das ursprüng- liche Korn in seiner Gestalt gar nicht und man kann immer noch. deutlich die Form desselben erkennen (Fig. 12). 2. Theilung des Stärkebildners. Die wesentlichen Er- scheinungen, die sich auf die Theilung des Chloroplasten beziehen, sind schon von Dodel beschrieben worden; ich habe nur noch bei- zufügen, dass die Theilung zu jeder beliebigen Zeit stattfinden kann. und dass hierdurch wieder viele verschiedene Formen von Stärke- körnern bedingt werden. Geschicht die Theilung sehr frühzeitig nach der von Dodel (7, pag. 273) beschriebenen Weise „dadurch, dass ein im Centrum eines kugeligen Chloroplasten entstehendes Stärkekorn bei allseitig gleichartigem Wachsthum schliesslich die ganze Masse des kugeligen Stärkebildners durch einen ringförmigen Riss in zwei fast gleich grosse oder ganz gleich grosse Kappen zersprengt* (vergl. Fig. 14), so entsteht ein Korn, wie ich es in Fig. 15 abgebildet habe.. An ein und demselben Korn kann sowohl Theilung als auch eine nachträgliche Verschiebung des Chloroplasten stattfinden. So ist z. B.. in Fig. 16 ein Stärkekorn gezeichnet mit zwei Chloroplasten, von denen jeder am Stärkekorn einen Auswuchs erzeugt hat; der eine Chloroplast hat hierauf seine Lage verlassen. Es ist klar, dass hierdurch eine weitgehende Mannigfaltigkeit der Form der Stärkekörner bedingt wird. Ein sehr lehrreiches Korn ist in Fig. 17 dargestellt. Das Stärkekorn besteht aus zwei, durch eine Furche deutlich geschiedenen Theilen. Sämmtliche Schichten zeigen an dieser Furche eine nach vorn ge- 53 richtete Einkerbung. Diese ist bei den hintersten Schichten am stärk- sten, wird nach vorn immer schwächer und der kugelige Theil des Stärkekornes zeigt davon keine Spur. Ein Blick auf den Stärkebildner zeigt sofort, dass dieser ganz entsprechende Gestalt hat, es sind gleich- sam zwei Bildungscentren vorhanden, die durch eine dünne Zone mit- ‚einander in Verbindung stehen. Der Chloroplast war offenbar anfangs von ganz normaler Gestalt. Durch irgend welche Ursache hat er dann begonnen sich in der Mitte einzuschnüren, diese Einschnürung nahın immer mehr zu und dem entsprechend haben auch die Schichten in ‚der Mitte eine Einkerbung erhalten.‘ Dieses Beispiel zeigt unmittel- bar, dass die Form der Schichten von der Form des Chloroplasten ‚direct abhängig ist. Es kann aber auch dieses Beispiel natürlich nicht für einen direeten Beweis der Appositionstheorie angesehen werden; aber es hilft doch die Wahrscheinlichkeit, dass jene möglicherweise ‚doch die richtige sei, in hohem Masse erweitern. Dodel hebt hervor, dass die Stärkebildner unverkennbar mit "Wachsthum begabt seien, „dass sie fortwährend an Masse zunehmen, so lange das Stärkekorn wächst“. Es kann dies in der That nicht bestritten werden; zugleich muss aber hervorgehoben werden, dass ihre Dicke beständig abnimmt, bis sie nur noch eine ganz dünne, wie wir später sehen werden, aus einer einzigen Schicht von Grana be- stehende Lamelle bilden. Diese Abnahme der Dicke steht auch voll- ständig im Einklang mit der schon oben hervorgehobenen Correlation zwischen Breite und Dicke des Chloroplasten an regelmässigen Körnern. 8 Entstehung neuerStärkekörneramStärkebildner. Ein weiterer Factor, der wesentlich dazu beiträgt die Form der Stärke- körner zu verändern, ist das Auftreten neuer, kleiner Stärkekörner am ‚Chloroplasten, welche bereits einem grossen Korne angehören. Es ‚entstehen dadurch unregelmässig zusammengesetzte Körner, die ich ‚eigentlich im folgenden Absehnitte zu behandeln hätte; aber es sollen ‚dort nur die normal, d. h. regelmässig, von Anfang an zusammenge- ‚setzten Stärkekörnern besprochen werden. Solche accessorische Stärke- körner können in jedem Entwicklungsstadium auftreten; so ist z. B. in Fig. 18 ein noch sehr junges Korn, das diese Erscheinung bereits ‚zeigt, dargestellt. Fig. 19, 20, 21 sind bereits ausgewachsene Körner, welche mit accessorischen Körnern versehen sind; sogar an ceorrodirten Körnern (Fig. 22) kann man sie hie und da beobachten. Die Zahl ‚dieser neu gebildeten Körner ist oft eine sehr grosse und verleiht dann ‚dem Korn ein fremdartiges Aussehen. Diese accessorischen kleinen Körner unterscheiden sich von den Auswüchsen, welche durch Ver- 54 schiebung des Chloroplasten entstanden sind, dadurch, dass sie ein eigenes Oentrum, einen Kern besitzen. Sie entstehen eben ganz auf die gleiche Weise, wie das ursprüngliche Korn; wie dieses sind sie bis zu einer gewissen Grösse vom Stärkebildner umschlossen und durch- brechen denselben später. Ihr Centrum ist natürlich demjenigen des ursprünglichen Kornes abgewendet, das hintere Ende also dem ur- sprünglichen Korne zugekehrt. Es ist noch zu bemerken, dass ein. grosser Theil der warzenförmigen Auswüchse des Kornes, das Dodel in seiner Fig. 120 abbildet, auf solche Neubildung von Stärkekörnern. zurückzuführen ist, nämlich alle diejenigen, welche mit einem Kern versehen sind. Die Annahme von Dodel, dass jede der so vorhan- denen Zuwachspartien einst von einem Chloroplasten bedeckt gewesen sein müsse, ist also nicht vollständig richtig; es ist vielmehr anzunehmen, dass sich eben der Chloroplast zwischen dem ursprünglichen und dem neuen Korne zurückgezogen hat, um seine Thätigkeit an einer andern Stelle wieder aufzunehmen. Nägeli (2) sagt, dass 'Theilkörner zwischen schon vorhandenen. Schichten entstehen, indem eine derselben sich an einer Stelle ver- dickt und einen neuen Kern ausscheidet. Ueber die Ursache dieser- Erscheinung gibt er jedoch keine befriedigende Erklärung und ich be- greife in der That nicht, wie eine solche Ausscheidung neuer Centren mit der Intussusception im Einklange stehen kann. Nägeli sagt. weiter: „Bei der excentrisch geschichteten Stärke wachsen sie (die- Theilkörner) auf der nach innen gekehrten Seite stärker.“ Leider: konnte ich keine den obigen Angaben entsprechende Stärkekörner beobachten; ihre Entstehung ist aber viel einfacher erklärbar, wenn. man annimmt, dass der Chloroplast, der auf der dem ursprünglichen Korn entgegengesetzten Seite ein neues Stärkekorn erzeugt hat, zwischen beiden Körnern hinausgedrängt wird und dann beiden Stärkekörnern. gemeinschaftliche Schichten erzeugt. Zu dieser Annahme 'berechtigt. mich die Beobachtung der Entstehung der halb zusammengesetzten Stärkekörner, die ich im nächsten Abschnitt besprechen werde. Auf diese Weise ist es dann ebenso leicht erklärlich, dass der grüssere- Radius des secundären Kornes in Bezug auf das primäre Korn nach. innen gerichtet ist. ' 5. Zusammengesetzte und halb zusammengesetzte Stärkekörner. , Neben den einfachen Körnern finden sich im Stengel von Pellionia: häufig zusammengesetzte und halb zusammengesetzte Körner. Die 55 ‚zusammengesetzten Körner bestehen gewöhnlich nur aus zwei oder drei, seltener aus vier, fünf oder mehr Körnern. Die Theilkörner sind immer so angeordnet, dass ihr Kern nach aussen zu liegen kommt, während sie mit ihren hinteren fort wachsenden Theilen sich berühren (Fig. 23, 24). Die Entstehung dieser zusammengesetzten Körner ist eine sehr einfache und wurde schon von Dodel beschrieben. Es entstehen einfach zwei oder mehr Stärkekörner gleichzeitig im Chloro- plasten; sie durchbrechen dann den Stärkebildner, welcher zuletzt nur noch als dünne, grün gefärbte Platte zwischen ihnen erhalten bleibt. Bei Anwendung von Rohrzuckerlösung und Schwefelsäure gelingt es leicht diese Platte zu isoliren. Es versteht sich von selbst, dass die Stärkekörner mit dem hinteren, grösseren Theile an einander stossen, denn sie werden ja von jener Seite aus ernährt; dass dies aber kein Beweis ist für die Intussusceptionstheorie, wie es Nägeli (2, pag. 214) annahm, braucht kaum hervorgehoben zu werden. Nägeli sagt wört- lieh: „Einzelne Doppelkörner können, während die äusseren Radien der beiden Theilkörner nicht merklich zunehmen, die Halbmesser der an einander stossenden Seiten bis auf das 10- und 12fache vergrössern und das Volumen der Masse, welche zwischen dem Schichtencentrum und der das andere Theilkorn berührenden Fläche befindlich ist, kann ilmal mehr wachsen, als das Volumen des ganzen übrigen Theil- kornes.* Dies ist alles vollkommen richtig; aber es ist kein Beweis mehr für die Intussusceptionstheorie, wenn, wie dies für ‚Pellionia ge- schehen ist, zwischen den beiden Theilkörnern ein Stärkebildner nach- gewiesen werden kann. . Sobald der Stärkebildner seine Stelle verlässt, wachsen die Theil- körner nicht mehr weiter und in vielen Fällen wird nicht einmal die Spalte geschlossen, die vorher vom Stärkebildner ausgefüllt war. Die halb zusammengesetzten Stärkekörner von Pel- lionig bilden eines der lehrreichsten Objecte zum Studium des Wachs- thums der Stärkekörner überhaupt; sie sind wie die einfachen Körner von länglich eylindrischer oder keulenförmiger Gestalt und unterschei- den sich von jenen nur dadurch, dass sie an ihrem vorderen Einde statt einem, zwei nebeneinander liegende Kerne besitzen (Fig. 27, 28). Die gemeinsamen Schichten umgeben die beiden Theilkörner niemals vollständig, sondern nur auf der einen Seite kappenförmig, alle folgen- den Schichten sind diesen kappenförmigen Schichten, wie bei den ein- fachen Körnern 'aufgelagert, und am hintersten Ende befindet sich, wie bei diesen, der Chloroplast. Es ist mir nun gelungen, aus verschiedenen Entwieckelungsstadien die Entstehung dieser halb zusammengesetzten 56 Körner genau festzustellen und ich bin dabei zu dem Resultate gelangt, dass dieselben aus gewöhnlich zusammengesetzten Körnern hervorgehen. Wie schon oben hervorgehoben wurde, besitzen die zusammen- gesetzten Stärkekörner eine Stärkebildnerlamelle zwischen den Theil- körnern. Diese Lamelle zieht sich oft besonders nach einer Seite hin, zwischen den Körnern hinaus (Fig. 25a, 26), so dass sich dort die Theilkörner dem entsprechend stärker entwickeln. In Fig. 26 ist der Stärkebildner bereits soweit zwischen den Theilkörnern hinausgerückt, dass er nur noch zum kleinsten Theile von denselhen gemeinschaftlich berührt wird. Wird dann allmählich der Chloroplast vollständig hinaus- gedrängt, so entstehen Körner, wie sie m Fig. 27, 28 dargestellt sind; es ist dann oft noch zwischen den beiden kugeligen Kernen eine Spalte wahr- zunehmen (Fig. 27, 28), welche früher vom Stürkebildner ausgefüllt war. Auch die Schiehtung lässt unzweifelhaft auf eine solche Ent- stehungsweise der halb zusammengesetzten Körner schliessen, indem die Schichten des hinteren Theiles des Stärkekornes in ihrer Mitte immer eine schwache Einbuchtung zeigen (Fig. 28) entsprechend der Vereinigungsstelle (« Fig. 25) der ursprünglich vorhandenen Theil- körner. Ueberhaupt zeigen die Schichten immer genau die Form des Chloroplasten, sie sind demselben vollständig parallel und keilen sich wie dieser am Rande scharf aus. Wächst ein solches Korn mit zwei Kernen noch weiter, so wird die Einbuchtung immer geringer und verschwindet schliesslich vollständig. Auch an solchen halb zusammen- gesetzten Körnern kann natürlich der Fall. eintreten, dass der Chloro- plast auf der entgegengesetzten Seite secundäre Stärkekörner bildet (Fig. 20). Die Combinationen der verschiedenen Factoren, welche die Unregelmässigkeit der Stärkekörner hervorrufen, sind deshalb sehr zahl- reich und bedingen so eine überaus mannigfaltige Gestaltung der letzteren. Nach Nägeli entstehen sowohl die zusammengesetzten, wie auch die halb zusammengesetzten Stärkekörner durch Theilung des schon vorhandenen Kernes, zwischen den beiden neuen Kernen bleibt dann eine Spalte zurück, welche bei zusammengesetzten Körnern alle Schichten durchsetzt, während sie bei halb zusammengesetzten Kör- nern nicht sämmtliche Schichten bis zur Peripherie durchsetzt. Diese ganze Eintwickelung der Theilkerne durch Spaltung des ursprünglichen Kernes schliesst Nägeli (2, Cap. VII) aus der Be- obachtung von verschiedenen Stadien; diese werden aber aus den ver- schiedensten Pflanzen ganz beliebig als Belegstücke zusammengelesen: so z. B. ein Stadium aus der Kartoffelknolle, wo eben zwei Kerne sichtbar sind ohne trennende Spalte; die folgenden Stadien werden aus 57 dem Rhizom von Canna genommen, die folgenden aus dem Mark von Cereus variabilis u. s. f£ Dass eine solche Zusammenstellung keine Beweiskraft hat für die Richtigkeit der daraus gezogenen Schlüsse, braucht kaum hervorgehoben zu werden. Auf alle Fälle dürfen wir verlangen, dass die verschiedenen Stadien an den Stärkekörnern ein und derselben Pflanze beobachtet werden. Nägeli sagt auf pag. 262 Folgendes über die Entstehung der zusammengesetzten Körner: „Die Theilung geschieht in doppelter Art. Entweder treten statt des einen Kernes zwei neue auf, und dazwischen wird eine Spalte sichtbar, welche das Korn in zwei gleiche Hälften trennt. Oder zwischen die äusseren Schichten lagert sich ein neuer Kern ein, welcher sammt der ihn be- deckenden Substanz als kleines Theilkorn abgeschnitten wird. Häufig nimmt man bei beiden Processen bloss die Spaltenbildung wahr.“ Hieran anschliessend auf pag. 272: „Das Abschneiden von kleinen 'Theilkörnern ist eine sehr häufige Erscheinung bei den Stärkearten mit excentrischem Kern. In der Regel geschieht es bloss am hinteren Ende.“ Auch bei solchen Körnern befindet sich das Minimum der Ein- lagerung auf der äusseren Seite, Beide Erscheinungen, sowohl die Entstehung der regelrecht zu- sammengesetzten Körner als auch die Entstehung von Theilkörnern am Rande der Stärkekörner, habe ich nun für Pellionia genau erklärt; es ist immer der Stärkebildner, der hier das Auftreten von Theil- körnern bedingt, mdem er einfach entweder gleichzeitig in seinenr Innern zwei oder mehr Stärkekörner entstehen lässt (zusammenge- setzte Stärkekörner), oder indem er später, wenn er schon ein grosses Korn gebildet hat, auf der entgegengesetzten Seite neue, kleine Stärke- körner entstehen lässt. Dass dann das Maximum des Wachsthums ‚der Theilkörner dem Stärkebildner zugekehrt ist, d. h. das Minimum nach aussen liegt, ist nach allem bisher Mitgetheilten selbstverständlich. Für Pellionia Daveauana haben also die von Nägeli aufgestellten Thesen über die Entstehung zusammengesetzter und halb zusammen- ‚gesetzter Stärkekörner keine Geltung. Ob sie für andere Pflanzen Geltung haben, muss weiteren Untersuchungen überlassen bleiben. Bei Philodendron z. B, entstehen zusammengesetzte Körner durch Zu- sammentreten vieler Stärkebildner. Die Ansicht von Fritzsche (8), dass die halb zusammengesetzten Körner aus ursprünglich getrennten Körnern, die dann zusammentreten und von gemeinschaftlichen Schiehten umhüllt werden, hervorgehen, ist also nicht ganz unbegründet. H. Crüger (9) nahm an, dass bei Batatus edulis zusammenge- setzte Stärkekörner dadurch entstehen, dass sich zwei Körner der Zelle 58 mehr und mehr einander nähern, bis sie sich schliesslich berühren und an der Berührungsstelle abflachen. Zwischen den Körnern sei oft noch die Uebergangsschicht wahrzunehmen. Wahrscheinlich ist aber diese sog. Uebergangsschicht identisch mit dem Stärkebildner und die Körner sind entweder zu zweien in diesem entstanden oder zwei Stärkebildner‘ sind zusanımengetreten. Crüger hat nämlich zwischen dem Proto- plasma und dem Stärkekorn eine Schicht gefunden, die sich mit Jod nicht blau und nicht so rasch braun färbte wie das anliegende Proto- plasma und das Chlorophyll. Schimper (3) erklärt die Entstehung der halb zusammenge- setzten Körner bei Canna gigantea durch Verwachsung ursprünglich freier Körner. Ueber die zusammengesetzten Körner sagt derselbe Autor Folgendes: „Wo zwei Stärkekörner (an demselben Stärkebildner) einander gegenüber liegen, werden natürlich ihre hinteren Enden ein- ander zugekehrt sein. Der Bildungsherd nimmt, wenn die Stärkekörner eine gewisse Grösse übertroffen haben, allmählich ab, stellt nach einiger Zeit nur noch eine dünne Schicht zwischen denselben dar und ver- schwindet schliesslich vollständig.* Auch Strasburger (10, pag. 158) hat beobachtet, dass in den Macrosporen von Marsilia difusa zusam- mengesetzte und halb zusammengesetzte Stärkekörner durch Vereini- gung ursprünglich getrennter Körner entstehen. 6. Auflösungserscheinungen der Stärkekörner. Krabbe (6) hat die Auflösungserscheinungen der Stärkekörner- eingehend untersucht und beschrieben und kam dabei zu den wich- tigen Ergebnissen, dass die Stärkekörner immer von aussen nach innen aufgelöst werden und dass die Struktur der Körner auf die Art der Corrosien absolut keine Einwirkung kat. Die Auflösung geschieht auf wesentlich zweierlei Weise, entweder durch Bildung von Porenkanälen, die von aussen nach innen in die Stärkekörner eindringen und sich im Innern verzweigen oder durch eine allmähliche Abschmelzung des. Kornes an der Oberfläche. Krabbe hebt hervor, dass ein solches. Abschmelzen an der Oberfläche bei excentrisch gebauten Körnern fast regelmässig vorkomme und dies ist auch an den Körnern von Pellionia der Fall. Dies wurde nun auch schon von Dodel erwähnt und sehr richtig mit dem Abschmelzen von Eiszapfen bei eintretendem Thau- wetter verglichen. Auflösungsstadien finden sich in älteren Internodien. in grosserMenge und man kann dieselben mitLeichtigkeit genauer studiren.. Dodel bemerkt, dass der Auflösungsprocess an der ganzen Ober- fläche beginne und dann gleichmässig weiter schreite mit entsprechen- - 59: den Niveauveränderungen der Oberfläche. Der erste Theil dieses- Satzes ist richtig. Aus meinen Beobachtungen hat sich jedoch un- zweifelhaft ergeben, dass die Auflösung an gewissen Stellen bedeutend. grösser ist als an anderen, dass dieselbe also mehr oder weniger lo-- calisirt ist. Der zweite Theil des obigen Satzes muss also etwas ab-- geändert werden. Die Abschmelzung schreitet vorwärts; aber so, dass- ihre Wirkung an gewissen Stellen bedeutend stärker sein kann als an. anderen. Ich habe nämlich Stärkekörner beobachtet, die am vordern Ende bereits bedeutend abgeschmolzen waren, während der hintere- Theil noch fast vollständig erhalten war (Fig. 29, 22); anderseits fand ich aber wieder Körner, deren hinterer Theil schon stark angegriffen war, während der vordere Theil noch vorhanden war (Fig. 30, 31).- Die ersteren Körner waren deshalb nach vorn zugespitzt, die letzteren. nach hinten. Dass der Chloroplast hierbei nicht die mindeste Rolle spielt, wurde schon von Dodel hervorgehoben. In ein und demselben Internodium finden sich gewöhnlich entweder nur Abschmelzungsformen der ersten oder nur solche der zweiten Art; nie fand ich dieselben. neben einander in ein und demselben Querschnitte. ‚ Eine nähere Betrachtung dieser, sich scheinbar widersprechenden. Thatsachen zeigt uns aufs Schlagendste, dass die Strukturverhältnisse des Stärkekorns im grossen Ganzen auf die Art der Corrosion ohne: Einfluss sind; wie oben schon bemerkt, führten auch die Untersuchungen von Krabbe zu demselben Schlusse. Wäre die Corrosion von der‘ Struktur der Körner abhängig, so müsste ja die Abschmelzung an allen Körnern in entsprechender Weise geschehen, dies ist aber hier bei. weitem nicht der Fall. Es müssen also ohne Zweifel äussere Faetoren sein, welche die Corrosion an der einen oder anderen Stelle beschleu-- nigen und verstärken. Wahrscheinlich ist die Vertheilung des Fer-- mentes eben eine local beschränkte. Obschon nun die Struktur des Kornes auf die Art der Corrosion ohne Einfluss ist, hat sie dennoch ganz entschieden Beziehungen zur’ Intensität der Corrosion an bestimmten Stellen des Kornes. Schon Nägeli (2,-pag. 111) kam bei der Untersuchung der Auflösung der” Kartoffelstärke zu dem Resultat, dass die Abschmelzung an den Polen bedeutend geringer sei als an den Seiten des Kornes, dass sie dort ihr Minimum erreiche. Ganz dieselbe Erscheinung trifft auch bei Pellionia zu. Dies zeigt sich schon darin, dass bei den meisten Kör- nern, auch bei denjenigen, die nach vorn spitz zulaufen, der Kern sehr lange erhalten bleibt, während das hintere Ende noch den Stärke... bildner trägt. Oft sind dann an solchen Körnern die Seitenflächen 60 schon so stark corrodirt, dass erstere nur noch als dünne Spindelchen oder Stäbehen erscheinen. Die Messung einiger solcher Körner (Fig. 32, 33, 34) ergab, dass sie noch beinahe so lang sind wie ausge- wachsene Körner, dass also die Corrosion an den Polen fast ver- schwindend klein ist gegenüber der Corrosion an den Seitenflächen. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass die Corrosion in tangentialer Richtung zu den Schichten eine weniger intensive ist als an den ‘Schichtköpfen, welche ja am Rande des Kornes frei enden; denn, wie ‚schon von Dodel erwähnt wurde, beginnt die Corrosion an der ganzen Oberfläche gleichzeitig. Diese Angabe wird auch noch durch folgende Beobachtung bestätigt; es fanden sich hin und wieder Körner, bei welchen die vom Centrum ausgehenden Risse, die am intakten Korn die Oberfläche bei weitem nicht erreichen, verhältnissmässig weit hinaushingen und an einzelnen Körnern sogar die Oberfläche erreichten (Fig. 35, 36). Dies kann aber nicht anders geschehen sein als durch Abschmelzen des Kornes am vorderen Ende, bis sich das Niveau der Oberfläche soweit verminderte, dass die Risse nach aussen mündeten. Man sieht dann nicht selten, dass die Risse kanalartig erweitert werden ‚und an beliebigen Stellen Seitenkanäle bilden; alles natürlich infolge .der Einwirkung des Fermentes (Fig. 37). Diese Kanäle communiciren häufig mit einander und oft geschieht es, dass auf diese Art der Kern .des Kornes vollständig aufgelöst wird (Fig. 38). Immer aber bleiben ‚diese Corrosionserscheinungen durch communicirende Kanäle auf den vorderen Theil des betreffenden Kornes beschränkt. Ganz ähnliche Auflösungserscheinungen wurden auch von Baranetzky (11) und Krabbe (6) beschrieben. Auch Nägeli (2, pag. 123) machte ähn- liche Beobachtungen an den Stärkekörnern der Kartoffel. Wie schon Nägeli beobachtete, befinden sich am Rande der 'Stärkekörner an jenen Stellen, wo die weicheren Schichten enden, häufig Einkerbungen; es werden also die weichen Schichten rascher ‚corrodirt, als die wasserarmen. Diese Einkerbungen an den Enden ‚er weichen Schichten sind auch bei den Körnern von Pellionia leicht zu sehen; es hat also die Struktur des Kornes auf die Intensität der -Corrosion insoweit Einfluss, als die dichten Schichten der Auflösung ‚länger widerstehen als die weichen. Dies kann soweit gehen, dass, was übrigens von Nägeli eben- falls schon beobachtet wurde, ein Korn an einer Stelle parallel den "Schichten entzwei fallen kann, indem eine weiche Schicht sehr rasch ‚aufgelöst wird. Diese Erscheinung kommt bei Pellionia nicht eben „selten vor. 6r Wie schon oben angegeben, ist die Abschmelzung an den Polen sehr - gering, der Kern bleibt also verhältnissmässig lang erhalten. Diejenigen Körner, deren Abschmelzung am hinteren Theil grösser ist, werden zunächst spindelförmig und werden zuletzt zu sehr dünnen Nadeln, die am einen Ende noch im Stärkebildner, der wieder kugelige Ge- stalt annimmt, stecken. Die Körner, die anfangs am vorderen Ende - stärker abschmelzen, nehmen von Anfang an eiszapfenförmige Gestalt an; auch sie werden schliesslich nadelförmig, und von einem gewissen Moment an ist es nicht mehr möglich, dieselben von denjenigen zu unterscheiden, welche am hinteren Theile stärker corrodirt waren. Ob das Protoplasma zur Corrosion in irgend welcher Beziehung steht, konnte ich nicht feststellen. Die Stärkekörner sind fast ringsum. von einer Plasmahaut umgeben und ragen nur an ihrem vorderen Ende in die Zellsaftvacuolen hinaus. Die die Stärkekörner umgebende- Plasmahaut wurde schon von Dodel (7) beobachtet und in seinen Fig. 73, 75, 76, 81, 83, S5, 87 genau abgebildet. Diese Plasmahaut ist auch noch an ausgewachsenen Körnern bei Anwendung von Tinc-- tionen mit Methylviolett, Gentianaviolett oder Fuchsin zu sehen. Corrodirte Stärkekörner finden sich nur in den ältesten Theilen des Stengels; aber merkwürdigerweise sind nur gewisse Zonen des- Stengels von ihnen erfüllt, während dazwischen Zonen von vollkommen intakten Körnern vorhanden sind, sogar in ein und demselben Inter-- nodium,. Den Grund dieser Erscheinung konnte ich in den meisten Fällen nicht herausfinden; jedoch finden sich sehr oft Zonen von cor-- rodirten Körnern in der Nähe derjenigen Stellen, wo Adventivwurzeln aus dem niederliegenden Stengel heraustreten, so dass es sehr wahr--- scheinlich erscheint, dass das Bildungsmaterial der Adventivwurzeln von derjenigen Stärke geliefert wird, die der Austrittstelle am nächsten. liegt. In diesen Zonen des Stengels finden sich massenhaft Drusen von oxalsaurem Kalk, welche in anderen Stengeltheilen nicht oder nur sehr sparsam vorhanden sind. Die Bildung dieser Drusen steht mit der Auflösung der Stärke ohne Zweifel in Zusammenhang. Die: Krystalle sind namentlich in der Nähe der seitlich in die Adventiv-- wurzeln abgehenden Gefässe massenhaft und zwar in denjenigen Pa-- renchymzellen, wo die Stärke schon vollständig verschwunden oder nur noch in sehr geringer Menge vorhanden ist. 7. Untersuchung einzelner Stengel in Bezug auf Ver-- theilung und Entwickelung der Stärkekörner. Die Untersuchung einzelner Stengel von den jüngsten Internodien. an bis zu den ältesten ist in mancher Beziehung lehrreich, indem maır. -62 ‚alle Entwickelungsstadien der Stärkekörner bis zur Abschmelzung von der Spitze des Stengels an nach rückwärts leicht verfolgen kann. Man kann an einem einzigen Stengel beinahe alle Erscheinungen, die ich bisher erwähnte, studiren. Es ergaben sich deshalb aus diesen Unter- ‚suchungen für die vorliegende Arbeit keine wesentlich neuen Gesichts- punkte mehr, hingegen bestätigen sie in mehrfacher Beziehung die ‚bereits beschriebenen Beobachtungen. Ich untersuchte im Ganzen etwa ‘fünf Stengel, ein Internodium nach dem andern, fand aber im Wesent- ‚lichen immer dieselben Verhältnisse, so dass ich mich hier darauf beschrän, ken kann, die Beschreibung eines einzigen Sprosses wiederzugeben. Da die Verhältnisse des Vegetationskegels im zweiten Theil be- ‚sonders behandelt werden, beginne ich hier gleich mit der Beschreib- ung der Verhältnisse in einem entwickelten, aber noch sehr jungen Internodium. Erstes, sehr junges Internodium. Die Stärkekörner sind .alle noch verhältnissmässig klein, eines der grössten war 14 . lang. Dennoch sind aber sehr. viele Körner vorhanden und alle sind noch im Innern, wenigstens des farblosen Theiles, des Stärkebildners ein- ‚geschlossen. Wie schon früher hervorgehoben, nehmen die Stärke- körner auf dem Querschnitt von aussen nach innen an Grösse zu. Dies ist schon auf dem Querschnitt dieses sehr jungen Stengelgliedes zu beobachten und lässt sich dann durch alle Internodien hindurch verfolgen, Wie früher schon erwähnt wurde, zeigt der Stengel von Pellionia folgenden Bau: Gleich innerhalb der Epidermis findet sich ein ge- schlossener Collenchymring von durchschnittlich vier bis fünf Zelllagen „gebildet; innerhalb dieses. Collenchymrings folgt ein gleichmässiges parenchymatisches Gewebe, das durch die Gefässbündelzone in eine Rinden- und eine Markzone zerlegt wird. In den Chloroplasten des Collenchyms ist nun von Stärke noch keine Spur vorhanden, in den zwei äussersten Schichten des Rindenparenchyms treten nur stellen- weise punktförmige Stärkekörnchen im Inneren der Chloroplasten auf. Erst in der dritten und vierten Parenchymschicht sind die Stärkekörner zahlreich zum grossen Theil noch vom Chlorophylikorn umschlossen. Weiter nach innen nehmen die Körner an Zahl und Grösse zu, hin- ‚gegen finden sich noch fast alle im zweiten Entwickelungsstadium, d.h. sie sind noch vom farblosen Theil des Stärkebildners umschlossen. Schichtung ist noch nicht wahrzunehmen, ausgenommen bei den grössten vorhandenen Körnern, wo die Differenzirung in Kern und Schichten durch eine stark lichtbrechende Schicht angedeutet wird. 63 Diese Schicht lag nahe dem Rande des betreffenden Kornes, sie ging vollständig herum, und beweist dadurch, dass das Korn noch voll- ständig centrischen Bau besass. Bei Einwirkung von conc. Schwefel- säure, nachdem vorher etwas Rohrzuckerlösung zugesetzt wurde, wurden .die Stärkekörner gelöst und es blieben eine Menge wohlerhaltener, noch vollständig geschlossener Chloroplasten zurück. Viele waren ‚durch das rasche Aufquellen der Stärkekörner allerdings zerrissen; ‚einige geschlossene, unverletzt gebliebene wurden gemessen und es ergab sich, dass sie die Grösse der grössten vorher vorhandenen Kör- ner, nämlich 16 x erreichten. Zweites Internodium. Die Verhältnisse sind im Ganzen noch .die gleichen wie im ersten Stengelgliede, nur kommen schon grössere Stärkekörner vor, z. B. mit einer Länge von 28. Auch hier tritt die erste Stärke in der dritten und vierten Rindenschicht auf und zwar im ersten und zweiten Entwickelungsstadium. Im Innern finden sich schon viele Körner im dritten Stadium. Es kann dies immer leicht festgestellt werden mit Hilfe von Rohrzuckerlösung und conc. Schwefel- säure. Bis zur Gefässbündelzone finden sich noch fast alle Körner im zweiten, während sie im Mark schon ins dritte Stadium überge- gangen sind. Die Thatsache, dass sich die Stärkekörner im Markge- webe schon im dritten Entwickelungszustande befinden, kann auch aus ‚der Art der Schichtung, die allerdings noch sehr schwer zu sehen ist, ‚geschlossen werden. Bei Anwendung von Kalilauge kann man wahr- nehmen, dass die meisten Körner im Innern des Stengels bereits einige kappenförmige Schichten besitzen. Drittes Internodium. Eines der grössten Stärkekörner war 31j lang und 19,4 x breit; dies entspricht also nach Tab. I einem bereits ausgewachsenen Korn. Schon in der vierten Parenchymschicht finden sich 21x lange Körner. Die Körner haben also in diesen Stengeltheilen sehr rasch an Grösse zugenommen. Auch hier finden sich in den Chloroplasten des Collenchyms keine Stärkekörner; in der zweiten Parenchymschicht sind wenige Körner im ersten Stadium; in ‚der dritten Parenchymschicht im zweiten und auch schon im dritten Entwiekelungsstadium. Die grössten Körner finden sich im Markge- webe. Die Schichtung ist von der vierten Parenchymschicht an bei Anwendung von Kalilauge leicht zu sehen; alle Körner besitzen schon, (der Form des Chloroplasten entsprechend, kappenförmige, sich aus- keilende Schichten. Viertes Internodium. Bereits alle Stärkekörner sind schon ‚ausgewachsen, eines der grössten war 36 . lang und 19 ı breit. Schon 64 in der fünften Parenchymsechicht finden sich Körner von den ange- gebenen Dimensionen. In der vierten erreichen viele eine Länge von 21. Die ersten auftretenden Stärkekörner finden sich in der dritten Parenchymschicht, hier noch im Stadium 1 und 2; innerhalb. der vierten Parenchymschicht findet sich nur noch Stadium 3. Die Schichtung ist auch hier von der vierten Parenchymschicht an schon deutlich und entspricht vollständig der Form des Stärkebildners. Es würde sich nun nicht lohnen alle folgenden Internodien auf diese Art zu beschreiben; es genügt zu sagen, dass sie sich bis zum zehnten in allen wesentlichen Punkten gleich verhalten wie das vierte Internodium. Die Stärkekörner nehmen an Grösse allerdings von Internodium zu Internodium zu, aber bei weitem nicht so rasch, wie in den jungen Stengeltheilen. Die Schichtung wird immer schärfer und kanı von einem. gewissen Moment an ohne Anwendung won Kalilauge leicht. wahrgenommen werden. Im Collenchym wird nirgends Stärke ge- bildet, ebenso finden sich in den zwei äussersten Parenchymschichten nie Stärkekörner oder nur in Form kleiner Kügelchen im ersten Ent- wickelungsstadium. Erst von der dritten Parenchymschicht an tritt die Stärke auf, und zwar ist in der dritten und vierten Schicht bis zu den ältesten Internodien Stadium 1 und 2 nicht selten, während weiter nach innen ausgewachsene Körner, die grössten im Markge- webe, vorkommen. Diese Verhältnisse sind in allen Stengeln gleich. Die Chloroplasten befanden sich bis hieher immer am hinteren Ende der Körner. Von einem bestimmten Internodium an, das bei verschie-- denen Stengeln der Rangzahl nach ein sehr verschiedenes sein kann, ändert sieh dann das Bild allmählich; die regelmässigen Formen ver- schwinden mehr und mehr, um den unregelmässigen Platz zu machen. Bei eineın Stengel begann diese Veränderung schon im sechsten Internodium: Im oberen Theil des Internodiums sind die Verkält- nisse noch vollkommen regelmässig, im mittleren Theil sieht man schon mehrere Chloroplasten auf die Seite der Stärkekörner wandern, und im hinteren Theil des Internodiums finden sich schon seitliche Aus- wüchse an den Körnern. Viele Chloroplasten haben auch schon se- eundäre Körner auf der entgegengesetzten Seite gebildet. Wie schon. früher hervorgehoben wurde, kommen diese Veränderungen durch Hemmung des regelmässigen Wachsthums infolge von Raummangel zu Stande. Die Schichtung ist nun an allen Körnern sehr deutlich und ohne irgend welche Mittel leicht zu sehen. In vielen Körnern ist im Kern eine Spalte aufgetreten, die in der Richtung des kleinen 65 “ Durchmessers verläuft. Im Kern selbst ist oft eine Höhlung wahrzu- nehmen und nicht selten auch eine Spalte in der Richtung des grossen Durehmessers. Es ist noeh zu bemerken, dass. von hier an die Blätter des Stengels abgefallen sind. ° Siebentes Internodium. Die unregelmässigen mit unregel- mässig zusammengesetzten Körner überwiegen die regelmässigen weit an Zahl. Die Chloroplasten nehmen alle möglichen Lagen ein und haben sich durch Theilung vermehrt, so dass manche Körner zwei und drei Chloro- plasten und dem entsprechend ebensoviele Unregelmässigkeiten zeigen. DieSchichtung istsehr deutlich und dieSpalten imKerne werden zahlreicher. Je nach dem betreffenden Stengel findet sich diese Ausbildung der Stärkekörner durch mehr oder weniger zahlreiche Internodien hin- durch. In den ältesten Theilen des Stengels finden sich dann die schon beschriebenen Abschmelzungsstadien. An einem alten Inter- nodium war die Corosion bereits so stark eingetreten, dass fast gar keine Stärke mehr vorhanden wär, und diejenige, welche sich noch vorfand, bestand aus kleinen Resten stark abgeschmolzener Körner. Dabei ist es von einigem Interesse zu sehen, dass dieselben fast aus- schliesslich im Marke des Stengels vorkamen, während die äusseren Partien des Rindenparenchyms nur leere wieder zu Kugeln abge- rundete Chloroplasten enthielten. Es macht dies den Eindruck, als wäre die Corrosion in den äusseren Stengeltheilen grösser als in den inneren Partien; wir haben aber gesehen, dass im Mark immer die grössten Stärkekörner vorhanden sind; es kann folglich in dieser Be- ziehung kein sicherer Schluss gezogen werden. Werfen wir nun noch einen kurzen Rückblick auf die Entwicke- lung der Stärkekörner, so sehen wir, dass dieselben zwei Stadien durch- laufen; im ersten Stadium sind die Körner von vollkommen regel- mässiger Gestalt, im zweiten Stadium verändern sie allmählich ihre regelmässige Form durch das Wandern und Theilen des Chloroplasten. Wie bemerkt fand im dritten und vierten Internodium des unter- suchten Stengels ein sehr rasches Wachsthum der Körner statt. Diese beiden Internodien standen aber auch in Bezug auf den ganzen Stengel in der Zone des grössten Wachsthums, so dass man demnach sagen kann: Das grösste Wachsthum der Stärkekörner findet in der Zone des grössten Wachsthums des Stengels statt. 8. Die Chloroplasten und ihre feinere Struktur. Ein Querschnitt durch den Stengel von Pellionia zeigt, dass die Chromatophoren nicht in allen Stengeltheilen gleich ausgebildet sind. Flora 1892, Suppl,-Bd. 66 In der Epidermis finden sich Leucoplasten, im Collenchym kleine hell- grüne Chlorophylikörper und weiter nach innen grössere dunkelgrüne Chlorophylikörner: Man kann leicht den Uebergang von den Leuco- plasten der Epidermis zu den Chloroplasten des Parenchyms verfolgen. Die Leucoplasten der Epidermis sind sehr klein (0,5 bis 1,2 1), können aber leicht gesehen werden, wenn man die Zellen nach vorheriger Fixirung in Pikrinsäure-Alkohol, mit Gentianaviolett tingirt (Fig. 39). In den jungen Internodien umlagern sie den Zellkern in grosser Zahl und auch in den ältern Zellen erkennt man an ihnen leicht die Ten- denz sich um den Zellkern zu gruppiren, obschon auch viele im Proto- plasma zerstreut liegen. Stärke fand ich in ihnen nie. In concentrirter Schwefelsäure quellen die Leucoplasten etwas auf und werden dann rasch und vollständig gelöst. In dieser Beziehung verhalten sie sich also,ganz anders als die Chloroplasten. Diese sind gegenüber Schwefel- säure sehr resistent und lösen sich erst nach zwei bis drei Stunden auf, nachdem sie vorher ihre grüne Farbe eingebüsst haben. Auch die Chloroplasten der äusseren Zelllagen des Collenchyms sind häufig noch um den Zellkern herum gelagert, sie sind, wie be- merkt, von blassgrüner Farbe und zeigen etwas längliche Gestalt. In den inneren Schichten nehmen sie an Grösse zu, bilden aber ebenfalls keine Stärke. Erst die eigentlichen Chloroplasten des Parenchymge- webes entwickeln Stärkekörner. Es zeigt sich also im Stengel von Pellionia von innen nach aussen die Tendenz der Umwandlung der Chloroplasten in Leucoplasten in prägnanter Weise. Schimper (12) glaubt, dass dies infolge der intensiven Einwirkung des Lichtes an der Oberfläche geschehe. Es erscheint mir wahrscheinlicher, dass hier das von Haberlandt (13, pag. 8) hervorgehobene Prinzip der Arbeits- theilung eine Rolle spielt. Das Gollenchym hat eben seine assimila- torische Thätigkeit gegen die vorwiegend mechanische Function ver- tauscht; es wird also keine Stärke mehr in den Chromatophoren des Collenchyms erzeugt. Es wird deshalb auch der Chlorophylifarbstoff, der ja zur Stärkebildung durch Assimilation nöthig ist, in geringerer Menge eingelagert werden. Dasselbe gilt für die Epidermis, nur ist hier nicht die mechanische, sondern die Function des Schutzes an die Stelle der assimilatorischen Thätigkeit getreten. Dafür spricht auch die Thatsache, dass die Chromatophoren in _ den schuppenförmigen Nebenblättern als Leucoplasten oder schwach grüne Chloroplasten ausgebildet sind. Auch hier sind die Chloroplasten functionslos geworden; die Nebenblätter dienen eben hier als Schutz- organe der jungen, zarten Theile des Vegetationskegels. ' Stras- 67 burger (14, pag. 89) hat dieselbe Ansicht ausgesprochen über das Erblassen der Chlorophylikörner in der Epidermis von Tradescantia virginica. Die Formveränderungen, welche die stärkebildenden Chloroplasten im Verlaufe der Entwickelung eingehen wurden bereits beschrieben; es bleibt mir nun noch übrig einige Angaben über ihre feinere Struktur zu machen. Zunächst ist zu erwähnen, dass sich sehr oft in ihrem Innern, wie schon Dodel (7) angegeben, ein stark lichtbrechendes Körperchen befindet. Bei genauerer Untersuchung erwiesen sich diese Körperchen, die in einem Stärkebildner oft zu zweien, in einzelnen Fällen sogar zu dreien auftreten, als. Eiweisskrystalle. Um die Eiweiss- natur der Krystalloide nachzuweisen verwendete ich das Millon’sche Reagens. Die Stärke wurde in 24 Stunden dadurch vollständig ge- löst; es blieben nur noch die Chloroplasten zurück. Die Einschlüsse derselben waren nun sehr deutlich und es blieb mir gar kein Zweifel ‚darüber, dass dieselben Krystalle sind, indem deutliche Kanten und Ecken hervortraten. Ein ausnahmsweise grosses Körperchen mass 4,8 1. In der Regel sind dieselben jedoch nicht grösser als 2 bis 3 ıı «Fig. 40, 41). Rothfärbung trat allerdings durch das Millon’sche Re- agens nur sehr schwach auf. Am besten färbten sich die Krystalle noch mit Eosin, nachdem „das Material zuvor in Sublimat-Alkohol fixirt wurde. Auch die Schich- tung der Stärkekörner wird bei dieser Tinction sehr deutlich, indem ‚sich die wasserreichen Schichten bedeutend stärker färben als die dichten. Die Krystalloide sind von flach tafelförmiger Gestalt und wenn ‚die Ansicht von Schimper (17) richtig ist, nach welcher die Ab- weichungen von der gewöhnlichen Krystallform in der störenden Wirkung anderer Kräfte, ähnlich wie bei manchen krystallinischen Missbildungen, ihre Erklärung findet, so ist diese tafelförmige Gestalt leicht zu erklären, denn die Krystalloide liegen in hautförmigen Chloro- plasten und können folglich ohne den Chloroplasten zu durchdringen nur in die Breite, also in die Richtung des Chloroplasten selbst, nicht ‚aber in die Dicke wachsen. Die Krystalloide sind nicht in allen Chloroplasten vorhanden; sie sind auch nicht an ein bestimmtes Entwickelungsstadium der Stärke- körner gebunden; sie finden sich sowohl an Chloroplasten ganz junger, als auch an solchen ausgewachsener und corrodirter Stärkekörner. Ueber ihre Bedeutung kann ich kein Urtheil abgeben. Die Struktur der Chlorophylikörner wurde zuletzt von Bredow (15) genau untersucht und er kam, indem er sämmtliche bis jetzt be- 5* 68 schriebenen Fälle nachuntersuchte, zu dem Resultat, dass die vom Pringsheim und Tschirch aufgestellte Theorie, dass das Chloro- phylikorn aus einem schwammigen Balkengerüste, in dessen Zwischen- räume der grüne Farbstoff eingelagert sei, bestehe. Bredow be- stätigt jedoch seine Behauptung nicht durch eine einzige Zeichnung. Die Chloroplasten von Pellionia bieten nun zum Studium der feineren Struktur ein sehr geeignetes Object, da man schon bei mitt- lerer Vergrösserung leicht erkennen kann, dass in eine Grundmasse der Farbstoff in Form von Kügelchen eingelagert ist. Namentlich sind solche Chloroplasten, die hautförmig auf alten Stärkekörnern auf- lagern zur Untersuchung sehr geeignet. Bredow spricht zwar gerade- solchen Chloroplasten die Beweiskraft ab, jedoch ohne einen triftigen. Grund dafür anzugeben. Nach meinen Beobachtungen muss ich mich nun ganz der von A. Meyer (16) aufgestellten und von Schimper (12) bestätigten Ansicht anschliessen, dass der Chloroplast aus einer, wahrscheinlich farblosen Grundmasse, dem Stroma bestehe, in welche der Chloro- phylifarbstoff in Form von runden „Grana“ eingebettet ist. An solchen Stärkekörnern, wo der Chloroplast hautförmig aufgelagert ist, bilden die Grana eine einzige Schicht und man kann sogar ihre Anzahl be- stimmen (Fig. 42) schon bei 540facher Vergrösserung. Sehr schön und deutlich tritt diese Struktur hervor bei Einwirkung von conc. Schwefelsäure, nachdem vorher etwas Rohrzuckerlösung zugesetzt wurde. Um der Sache jedoch vollständig gewiss zu sein, verwendete ich das von Bredow angewendete Verfahren der Tinction mit Hämato- xylin, nachdem vorher der Chiorophylifarbstoff mit Alkohol ausge- zogen wurde. Die Stellen, wo der Farbstoff war, bleiben dann als. dunkle Hohlräume zurück. Ich konnte jedoch von einer Balkenstruktur, selbst bei Anwendung von ap. homog. Immersion (Zeiss) in Verbin- dung mit dem Compensationsocular, welche Zusammenstellung ausge- zeichnete Bilder liefert, keine Spur wahrnehmen; ich sah in der That nur eine homogene Grundmasse mit rundlichen Hohlräumen (Fig. 43). Was nun die Frage anbetrifft, ob das Stroma farblos sei oder schwach grün gefärbt, glaube ich entschieden annehmen zu können, dass dasselbe vollkommen farblos ist. Das farblose Häutchen, in welches der Chloroplast ausläuft, ist ja weiter nichts als eine Erweite- rung des Stroma und man kann nun deutlich sehen, dass die Grün- färbung genau dort aufhört, wo die äussersten Grana liegen. Wäre auch das Stroma gefärbt, so würde ja diese Färbung allmählich vom: 69 Centrum des Chloroplasten nach aussen hin abnehmen. Dass das Stroma zwischen den Grana dennoch grün erscheint, ist also nur eine ‚optische Erscheinung, die hervorgerufen wird durch die nahe anein- ‚ander liegenden intensiv grünen Grana. Rückblick. Strasburger (10, pag. 147 ff.) nimmt die Appositionstheorie ‚als vollständig feststehend an. Nach ihm sind die dunkeln Linien bloss Adhäsionsflächen zwischen den Lamellencomplexen, sie kommen ‚durch längere Unterbrechung der Stärkebildung zu Stande. So sagt er z. B. auf pag. 148: „Die schärfer markirten Trennungsflächen ‚deuten, so nehme ich an, längere Pausen in der Schichtenbildung an.“ Einzelne Lamellen zeichnen sich durch grössere Dichtigkeit und stärkeres Lichtbrechungsvermögen aus; dies mag, sagt Strasburger, durch den länger andauernden Einfluss der Umgebung bei Unterbrechung ‚des Wachsthum veranlasst worden sein. Strasburger bestreitet ‚dann, gestützt auf die oben gemachten Angaben, dass die Ursache der Schichtung die regelmässige Abwechslung wasserreicher und wasser- armer Schichten sein könne. Nun hat aber Correns (18 pag. 333 #.) durch eine besondere Methode mit vollständiger Sicherheit nachgewiesen, dass die Schichtung der Stärkekörner auf Wassergehaltdifferenzen beruht. Correns liess Kartoffelstärkekörner vollständig eintroeknen; brachte dieselben dann in 2°/. Silbernitratlösung und setzte dann, nach kurzer Einwirkung von NaCl (0,75°/) die Körner längere Zeit dem Licht aus. Es zeigte sich nun, dass gewisse Schichten dunkelschwarz gefärbt waren, andere rauchgrau u. s. f. Die Silbernitratlösung wurde also von den Stärkekörnern imbibirt und zwar in die einzelnen Schichten in um so ‚grösserer Menge, je grösser vorher der Wassergehalt war. Die wasser- reichen Schichten erschienen dann schwarz, die diehteren rauchgrau u. s. f. Solche Stärkekörner geben, in Canadabalsam eingebettet, sehr instructive Präparate. Ich habe nun dieselbe Methode auch für die Stärkekörner von Pellionia angewandt und erhielt auch hier dasselbe Resultat wie Correns. Es haben sich nun aus den bisherigen Untersuchungen folgende Hauptresultate ergeben: 4. Die Theorie von Nägeli, nach welcher die Schichten durch Spaltung schon vorhandener Schichten zu Stande kommen, gilt für die Stärkekörner von Pellionia nicht. 70 6. Die äusseren Schichten sind die jüngsten, die inneren die älteren. Der kugelige Theil des Stärkekornes entsteht, wenn dasselbe- noch ganz vom Chlorophylikorn umschlossen ist; die ganz herum laufenden Schichten entstehen, solange der "Stärkebild-- ner das Korn auch mit seinem farblosen Theil noch voll- ständig umschliesst und die sich auskeilenden Schichten bilden sich nach vollständiger Durchbrechung des Stärkebildners. Es besteht also zwischen der Form des Stärkebildners und der- jenigen des Kormes ein directer Zusammenhang und zwar so, dass letztere von ersterer abhängt. Das Stärkekorn wächst immer dort, wo der Chloroplast sitzt. Buckel und Auswüchse sind durch scharfe Linien vom ur- sprünglichen Korn getrennt. Wenn der Stärkebildner eine Stelle verlässt, so verändert sich. das Korn an jener Stelle nicht mehr. N Zusammengesetzte und halbzusammengesetzte Körner entstehen nicht durch Theilung des ursprünglichen Kornes, sondern da- durch, dass in einem Chloroplasten mehrere Stärkecentren. zugleich angelegt werden. Alle diese Punkte sprechen in hohem Masse zu. Gunsten: der Appositionstheorie, es kann jedoch diese so lange nicht als bewiesen betrachtet werden, so lange man die Entstehung‘ der Schichtung nicht genau feststellen kann. Die Struktur des Stärkekornes hat auf die Art der Corrosion. keinen Einfluss, jedoch auf die Intensität derselben, indem die- weicheren Partien der Corrosion leichter nachgeben als die dichten und indem die Schichten an ihren Enden im Allse- meinen leichter corrodirt werden als tangential. Der Chloroplast besteht aus einer hemogenen Grundmasse,. dem Stroma, mit eingelagerten Farbstoffkügelchen, den Grana. II. Theil. Das erste Auftreten der Stärkekörner in den Stärkebildnern des: Vegetationskegels. Schimper (12) hat im Jahre 1885 alles Wesentliche, was bis-- her von ihm und anderen Forschern über die Chromatophoren bekannt wurde, in einer Arbeit niedergelegt. Auch die geschichtliche Ent-- wickelung des Problems über die Entstehung der Chromatophoren ist 1 hier genau angegeben, so dass es keinen Zweck hat an dieser Stelle nochmals darauf zurückzukommen. Es wurde von Schimper (1) gezeigt, dass die Stärkekörner immer, auch in farblosen Pflanzentheilen, im Innern oder an der Ober- fläche von besonderen Körperchen, den Stärkebildnern entstehen; es wurde dann von A. Meyer (16) und ihm nachgewiesen, dass diese Stärkebildner den Chromatophoren homologe Gebilde sind. Schimper (19) wies ferner nach, dass die Chromatophoren als Leucoplasten schon im Vegetationskegel und in der Eizelle vorhanden sind. Es gelang ihm festzustellen, dass bei Hyacinthus non-seriptus, Daphne Blagayana und Torenia unter den Phanerogamen, ferner bei Atrichum undulatum und Anthoceros laevis unter den Bryophyten Leucoplasten mit Stärke- einschlüssen in der Eizelle vorbanden sind. Die Vermehrung der Chromatophoren geschieht durch Theilung schon vorhandener Chroma- tophoren. Auch über diese Theilung der Chromatophoren ist alles Wesentliche in der oben eitirten Arbeit Schimper’s zufinden. Das Auftreten der Stärkekörner in Leucoplasten, sowie auch die Ansicht, dass die Chromatophoren immer aus schon vorhandenen Chromato- phoren hervorgehen, wurde auf Grund der erwähnten Arbeiten Schim- per’s als feststehende Thatsache betrachtet. Nun erschien aber eine Arbeit von O. Eberdt (20), in der sozusagen die ganze Lehre Schimper’s mit einem Schlage über den Haufen geworfen wird. Die stark lichtbrechenden Körperchen, die Stärkebildner Schim- per’s, welche in den Zellen .in der Nähe des Vegetationskegels vor- kommen, sollen sich nach Eberdt direct in Stärke umwandeln; sie sind nach ihm nicht von Anfang an im Urmeristem vorhanden, sondern sie entstehen durch Differenzirung aus dem Protoplasma; denn die jüngsten Zellen des Vegetationskegels zeigen weiter nichts als den Zellkern und ein vollständig homogenes oder feinkörniges Protoplasma. Eberdt hat diese lichtbrechenden Körperchen mit dem Namen „Stärkegrundsubstanz“ belegt. Die Umwandlung dieser Körperchen in Stärke wird von einer anhaftenden Plasmahaut oder Kappe besorgt, für welche Eberdt den Namen Stärkebildner beibehalten möchte. Auf Grund seiner Beobachtungen bei Phajırs behauptet Eberdt weiter, dass es nicht die Stärkegrundsubstanz sei, welche unter dem Einfluss des Lichtes zu ergrünen vermöge, sondern eben dieses, derselben an- haftende Protoplasma. Eberdt kam also zu Resultaten, die denjenigen Schimper’s direct widersprechen. Sämmtliche von Eberdt untersuchten Objecte wurden deshalb von mir, auf Anrathen meines verehrten früheren 72 Lehrers &. Klebs, einer genauen Prüfung unterworfen und ich kam dabei zu dem Schlusse, dass die von Schimper gemachten Angaben in allen wesentlichen Punkten richtig sind? Es ist mir immer ge- lungen die Anwesenheit der Leucoplasten im Vegetationskegel nach- zuweisen. Zunächst untersuchte ich noch, um die Entwickelung der Stärke- körner einmal an einer Pflanze vollständig festzustellen, den Vege- tationskegel von Pellionia Daveauana. Um den Vegetationskegel zu schneiden, verwendete ich das von Overton angegebene Verfahren der Einbettung in Celloidin, nach- dem ich das Material vorher in Sublimatalkohol fixirt hatte. Diese Methode leistet hier ausgezeichnete Dienste, da die Vegetationskegel von Pellionia sehr klein und deshalb von Hand schwierig zu schnei- den sind. Ein Längsschnitt zeigt, dass auch schon der Kern der jüngsten Zellen von rundlichen Körperchen umgeben ist. Die Untersuchung der Zellen in verschiedener Entfernung von der Spitze ergab folgende Resultate: 1. In den Initialzellen liegen die lichtbrechenden Körperchen dicht um den Kern herum, sie sind zu 3 bis 5 vorhanden und von sehr geringer Grösse (Fig. 44). 2. In einer Entfernung von der Spitze von etwa 180 u liegen “sie der Mehrzahl nach noch um den Kern herum, doch sind auch einige schon ins Protoplasma hinausgewandert. 3. Bei einer Entfernung von 230 ı sind schon die meisten im Protoplasma der Zelle zerstreut und ihre Grösse hat bedeutend zugenommen. 4. Bei 400 u von der Spitze beträgt ihre Grösse durchschnittlich 2,4 ı. und bei Einwirkung von Jod ist in ihrem Innern bereits die Anlage eines Stärkekorns wahrzunehmen. 5. In einer Entfernung von etwa 500 a sind fast alle Stärke- bildner mit ihren Einschlüssen in das Protoplasma hinausge- wandert. Um die Leucoplasten des Vegetationskegels recht deutlich sichtbar zu machen, versuchte ich alle möglichen Tinctionsmittel; am besten ist die Färbung mit Fuchsin gelungen. Der Zellkern war intensiv, die Leucoplasten weniger stark roth gefärbt. \ 13 Es lässt sich leicht erkennen, dass das Mark in der Stärkebildung dem Rindenparenchym weit voraus ist, indem in einer Zone, wo die 'Stärkekörner der Rinde durchschnittlich erst eine Grösse von 6,3 haben, die des Markes durchschnittlich schon 8,8 x Länge besitzen. In Bezug auf die Vertheilung der Stärkekörner lässt sich schon im Vegetationskegel die Differenzirung erkennen, wie sie später im ganzen Stengel herrscht, indem die Epidermis, das Collenchym und die zwei, äusseren Zelllagen der Rinde keine Stärke enthalten; nur die Leueo- 'plasten sind in ihnen deutlich wahrzunehmen. Das allererste Auftreten der Stärke macht sich als kleines Pünkt- chen im Leucoplasten bemerklich; dasselbe färbt sich mit Jod zuerst nur schwach röthlich, in einem späteren Stadium rothviolett und dann schwarz. Ein Längsschnitt durch einen frischen Vegetationskegel zeigt, dass die Stärkebildner schon in einer Entfernung von 130 1. von der Spitze grün gefärbt erscheinen. Die Färbung tritt jedoch nicht plötzlich mit voller Intensität auf, sondern sie nimmt von der Spitze nach hinten ‚allmählich an Intensität zu, so dass es eigentlich nicht möglich ist, mit Bestimmtheit zu sagen, wo die Grenze zwischen Leucoplasten und ‚Chloroplasten liegt. Dort, wo die Ergrünung beginnt, zeigt sich eine grosse Mannig- faltigkeit in der Form der Chloroplasten, indem alle Uebergänge zwischen kugeligen und, spindelförmigen Formen vorkommen (Fig. 45, 46, 47T). Viele sind auch biscuitförmig eingeschnürt (Fig. 48, 49) und oft liegen zwei oder drei runde Chloroplasten so bei einander (Fig. 50), dass sie als Theile eines vorher einheitlichen Körperchens erscheinen. Es sind dies ohne Zweifel Theilungsstadien, denn es lässt sich an ihnen oft deutlich wahrnehmen, dass sich der Farbstoff an gewissen Punkten ansammelt (Fig. 48). Zwischen diesen Punkten entstehen dann schwächer gefärbte Zonen.» An diesen Stellen lässt sich eine Einschnürung erkennen, welche immer tiefer wird (Fig. 49) bis die beiden Theile getrennt sind und sich wieder zu kugeligen Chloro- plasten abrunden. Wir haben demnach folgende Entwickelung der Chloroplasten von Pellionia: 1. Der Kern der jüngsten Zellen ist von Leucoplasten umgeben. Die Leucoplasten wandern ins Protoplasma der Zelle hinaus, sie nehmen an Grösse zu und ergrünen allmählich, sie werden zu Chloroplasten. 3. Die Chloroplasten vermehren sich (bei 150 bis 200 ı Ent- fernung von der Spitze) durch Theilung. 74 4. Im Innern der Chloroplasten beginnt sich Stärke zu ent- wickeln (300 bis 400 a von der Spitze) und zwar im Mark- gewebe früher als im Rindengewebe. Die weitere Entwickelung der Stärkekörner wurde bereits im I. Theil der Arbeit beschrieben. Es folgt nun die Beschreibung der schon von Schimper und Fberdt untersuchten Pflanzen und daran anschliessend einige neue analoge Fälle. Scindapsus pinnatifidus Schott. Diese Pflanze entspricht in ihrem Verhalten in Bezug auf die Stärkekörner in jeder Beziehung der von Eberdt untersuchten Philo- dendron grandifolium. Hier wie dort finden sich im Parenchym des Stengels zusamnıengesetzte Stärkekörner, die vollständig übereinstim- men mit den Fig. 5, 6, 7 Taf. XI, wie sie Eberdt (20) wiedergibt. Schimper (1) hat über die Stärkekörner von Philodendron fol- gende Angaben gemacht. Der Zellkern junger Epidermiszellen des Stengels und Blattstiels ist umgeben von kugeligen, matt glänzenden Körperchen, Stärkebildnern. Diese Körperchen erzeugen dicht unter der Oberfläche zahlreiche Stärkekörnchen, deren Dauer eine beschränkte ist, indem in ausgewachsenen Epidermiszellen nichts mehr von ihnen zu sehen ist. Schimper hat dann die Entstehung der zusammen- gesetzten Stärkekörner von Amomum Cardamomum mit derjenigen ın der Epidermis von Philodendron identifieirt und hat hieraus (1 p. 893). den Schluss gezogen, dass auch die zusammengesetzten Stärke- körner im Mark von Philodendron auf dieselbe Weise entstehen, also dadurch, dass in einem Stärkebildner mehrere Stärkekörner zugleich angelegt werden. Durch eine weitere Arbeit Schimper’s (19) in der er auf pag. 106 sagt: „Meine Untersuchungen haben ergeben, dass die Vegetationspunkte stets differenzirte Chlorophylikörper resp. ihre farblosen Grundlagen enthalten; dass dieselben nicht durch Neubildung aus dem Zellplasma, sondern durch Theilung aus einander entstehen, und dass sie alle Chlorophylikörper und Stärkebildner der aus dem Scheitelmeristem sich entwickelnden Gewebe erzeugen“, wird dann dargethan, dass die Stärkebildner schon im Vegetationskegel vorhanden sind. Schimper hat dies bei Philodendron speciell nicht beschrieben. Eberdt macht nun über Philodendron folgende Angaben: Die jüngsten Zellen des Vegetationspunktes sind erfüllt mit einem fein- körnigen Protoplasma. In einem nur wenig älteren Stadium wird dann das Plasma grobkörnig, die grösseren Körner nähern sich dem Kem, 75 wo sie sich zu maulbeerartigen Gruppen zusammenlagern. Diese Körperchen, die von Protoplasma umgeben sind, sollen sich dann direct in Stärke umwandeln und zwar sollen bei Einwirkung von Jod in einem gewissen Stadium die ganzen Körnchen sich blau färben, die Ränder sogar stärker als das Centrum. In einem früheren Stadium hat Eberdt bei Einwirkung von Jod ein röthlich gefärbtes Pünktchen. im Innern derselben beobachtet. Meine eigenen Untersuchungen haben nun, indem zuerst die Epi-- dermis und dann der Stengel einer genauen Prüfung unterworfen wurden, folgende Resultate ergeben. In der Epidermis junger Stengel- theile und Blattstiele fand ich die Verhältnisse genau so, wie sie von Schimper beschrieben wurden. Junge Zellen zeigten viele um den Zellkern herum gelagerte Körperchen (Fig. 51), die in einem späteren Stadium an ihrer Peripherie viele, kleine Stärkekörnchen erzeugten (Fig. 52), welche in alten Zellen wieder gelöst wurden. Eberdt hat offenbar die Epidermis nicht genau untersucht, denn er sagt auf pag. 306: „Ebenso wenig kann ich die Schimper’sche Angabe be-- stätigen, dass sie (die Körperchen) die Stärkekörnchen in ihrer Peri- . pherie, dieht unter der Oberfläche, erzeugen.“ Auch noch in den äussersten Parenchymzellen entstehen die Stärke- körner zu mehreren in einem Stärkebildner; nur sind hier die Stärke- - bildner intensiv grün gefärbt. Der grüne Stärkebildner bildet dann eine Hülle um die kleinen Stärkekörner und füllt auch die Zwischen- - räume zwischen denselben aus. Es wäre zu erwarten, dass von den grünen. äusseren Partien des Stengels bis zu den farblosen alle möglichen Uebergänge in der Ent-- stehungsweise der Stärke zu finden wären; es findet sich aber im Rindengewebe eine Zone, welche den chlorophylihaltigen Theil des. Stengels vom chlorophyllosen trennt, in der gar keine Stärke ge- bildet wird. Untersucht man eine Stengelspitze auf Querschnitten von den älteren Theilen nach der Spitze zu fortschreitend, so findet man zu- nächst grosse, zusammengesetzte Stärkekörner, an denen von einem besonderen Stärkebildner nichts mehr wahrzunehmen ist. Weiter nach vorn erkennt man Gruppen von Leucoplasten mit Stärkeeinschlüssen zum Theil um den Kern herum gelagert, zum Theil im Protoplasma zerstreut; weiter vorn findet man einzelne Leucoplasten mit Stärke- - einschlüssen. Die zusammengesetzten Stärkekörmer im Marke von Seindapsus (resp. Philodendron) entstehen also offenbar, indem mehrere Leucoplasten zu Gruppen zusammentreten, wie dies ganz richtig von 76 Eberdt beobachtet wurde. Nur ist die Angabe von Eberdt nicht richtig, dass die Leucoplasten auch an den sich gegenseitig berührenden Rändern bei Einwirkung von Jod intensiv schwarz gefärbt werden. Es ist im Gegentheil leicht zu beobachten, dass die Färbung im Innern von Anfang an am intensivsten ist; die farblose Hülle, der Stärke- .bildner, nimmt dann durch die Dehnung infolge des Wachsthums der Stärkekörner an Dicke mehr und mehr ab, bis sie auf ein sehr dünnes Häutchen zwischen den einzelnen Theilkörnern redueirt wird, das zuletzt ganz verschwindet. Die Leucoplasten wandeln sich also nicht selbst in Stärke um, sondern sie erzeugen das Stärkekorn in ihrem Innern. Sie sind deshalb ganz richtig im Schimper’schen Sinne mit dem Namen „Stärkebildner“ und nicht mit „Stärke- „grundsubstanz“ zu belegen. Aus den bisherigen Angaben ergibt sich, dass bei Scindapsus :und Philodendron die Entstehungsweise der Stärkekörner im Mark eine ‚andere ist als in der Epidermis; Schimper glaubte, der Vorgang sei ‚in der ganzen Pflanze so, wie in der Epidermis, während Eberdt ‚diese gar nicht untersuchte und diese Ansicht deshalb zum Voraus verwarf. In der Epidermis und im äussern Rindenparenchym treten also in einem Leucoplasten mehrere Stärkekörner auf; hingegen entstehen .die zusammengesetzten Körner im Markgewebe durch Vereinigung mehrerer Leucoplasten, von denen jeder ein Stärkekorn erzeugt. Was nun das Verhalten der Stärkebildner in den jüngsten Zellen .des Vegetationskegels anbetrifft, so muss ich zugeben, dass es hier .sehr schwer ist die Leucoplasten von Anfang an zu sehen. Aber wenn man sie auch gar nicht wahrnehmen könnte, so könnten sie doch niemals in der. von Eberdt angegebenen Weise entstehen, denn so- bald sie nur einigermassen an Grösse zugenommen haben, erkennt man, dass sie in der Nähe des Zellkernes liegen. Sie entstehen also nicht im Cytoplasma, um dann von dort nach dem Kerne hinzuwandern. Im Gegentheil, sie zeigen später das Bestreben zum Theil in die Zelle hinaus zu wandern; die ausgewachsenen Stärkekörner erfüllen ja die ganze Zelle. In den jüngsten Zellen ist es mir gelungen dieselben bei Anwendung der apochrom. homog. Immersion von Zeiss in Ver- bindung mit dem Compensationsocular als etwas stärker lichtbrechende Körperchen in der Nähe des Kernes wahrzunehmen (Fig. 53). Bei Anwendung gewöhnlicher Objeetive waren sie von den Mikrosomen ‚kaum zu unterscheiden. IT Canna gigantea. Auch für diese Pflanze bestreitet Eberdt das Vorhandensein der Stärkebildner im Vegetationskegel; auch hier sollen sie im Proto-- plasma entstehen, sich dann dem Kerne nähern und sich dort zw. Gruppen vereinigen. Diese Gruppen lösen sich nachher wieder auf,. nachdem bereits die Bildung der Stärke begonnen hat. Wie bei Philodendron sollen sich auch die Leucoplasten von Cana direct von innen heraus in Stärke umwandeln. Meine Untersuchungen haben zu ganz anderen Ergebnissen ge-- führt. In den jüngsten Zellen des Vegetationskegels des Rhizoms finden sich um den Kern herum lichtbrechende kugelige Körperchen zu 4 bis 6; sie treten scharf hervor und sind nichts anderes als die Schimper’schen Stärkebildner (Fig. 54). Die Körperchen wandern weiter hinten ins Protoplasma hinaus und vertheilen sich so mehr und mehr in der Zelle. Das Material wurde kurz vor dem Austreiben der Sprosse im Mai untersucht und zwar wurden die Schnitte direet in absoluten Alkohol gebracht. Von einer Anordnung der Leucoplasten zu Gruppen konnte ich absolut nichts sehen; es ist auch gar nicht denkbar, was dies hier für einen Zweck haben sollte; es entstehen ja nicht, wie bei Philodendron,. zusammengesetzte Körner, sondern lauter einfache, excentrisch ge-- schichtete. ' Die Leueoplasten finden sich übrigens in allen Theilen des Vege- tationskegels, sowohl im Dermatogen als auch in den übrigen Meristemen;; ihre durchschnittliche Grösse mochte etwa 1. betragen, sie nehmen dann nach hinten bis zu 2 ı und mehr zu. Die Stärke tritt im Innern dieser Körperchen auf, und zwar, wie- schon Schimper (1) beobachtete, sehr nahe der Peripherie; es ist jedoch keine Spur davon wahrzunehmen, dass sich später der ganze- Leucoplast mit Jod schwarz färbt, sondern Stärkekorn und Stärke- bildner nehmen noch etwas an Grösse zu, dann durchbricht das Stärke- korn den Leucoplasten und dieser sitzt dem excentrisch weiter wachsen- - den Korn als Kappe auf (Fig. 55, 56). Meine Beobachtungen stimmen hierin mit denjenigen Schimper’s nicht vollständig überein, indem: nach ihm, wie aus seinen Abbildungen (Bot. Zeit. 1880. Taf. XII Fig. 47, 48) zu sehen ist, der Stärkebildner seine rundliche Gestalt längere Zeit beibehält; ich fand jedoch in den meisten Fällen den Stärkebildner kappenartig umgeformt. Dieselbe Beobachtung hat auch: A. Meyer (16, pag. 37) gemacht. An ausgewachsenen Körnern ist: 7s vom Stärkebildner nichts mehr zu sehen. Dies ist aber durchaus kein Beweis dafür, dass er nicht am Anfang die ihm von Schimper zugeschriebene Funetion ausübt. Um allen Anforderungen gerecht zu werden, machte ich auch den von Eberdt auf pag. 327 angegebenen Versuch mit Ferrocyankalium und Eisenchlorid. Die Leucoplasten traten in jungen Zellen als intensiv blau gefärbte Kügelchen hervor. In älteren Stadien bildeten sie noch einen dünnen blauen Saum am hintern Ende der Stärkekörner, entsprechend der Fig. 56. Symphytum tuberosum L. Diese Pflanze, die ich der Güte von Herın Prof. Schröter in Zürich zu verdanken habe, hat in ihrem Rhizom eine reichliche Menge von Stärkekörnern aufgespeichert; die Pflanze wurde nach der Blüthe- zeit untersucht. Die meisten Körner sind einfach, centrisch geschichtet, doch finden sich auch viele namentlich zweifach, seltener drei-, vier- und mehrfach zusammengesetzte Körner. Auch hier konnte ich con- statiren, dass die Stärkekörner im Innern von Stärkebildnern auftreten und zwar einzeln oder zu mehreren in demselben Stärkebildner. Die zusammengesetzten Körner entstehen also hier, wie die zusammenge- setzten Körner im Rhizom von Amomum, dadurch, dass in demselben Stärkebildner gleichzeitig mehrere Stärkekörner angelegt werden. An den ausgewachsenen Körnern ist auch bei Symphytum nichts mehr vom Stärkebildner wahrzunehmen. Polygonatum vertieillatum All. Das Rhizom (frisch untersucht und in Picrinsäure-Alkohol) ist am Ende der Vegetationsperiode erfüllt von kleinen, einfachen runden Stärkekörnern, an denen eine weitere Differenzirung nicht zu erkennen ist. In den Zellen in der Nähe des Vegetationskegels fand ich die Stärke als sich mit Jod schwarz färbendes Kügelchen im Innern von Leucoplasten auftreten. In den jüngsten Zellen des Vegetationskegels war der Kern um- lagert von 3—6 lichtbrechenden Körperchen, die sich später ins Proto- plasma der Zelle zerstreuten, um dann in ihrem Innern je ein Stärke- korn zu erzeugen. Convallaria majalis. Im Rhizom von Convallaria finden sich, wie Eberdt hervorhebt, zusammengesetzte Stärkekörner ähnlich denjenigen von Philodendron. Rhizome, die ich am 24. Mai untersuchte, zeigten dieselbe Ausbildung 79 der Stärkekörner, hingegen waren die Zellen noch lange nicht voll- ständig mit Stärke erfüllt. Nach Eberdt gelten für die Entstehung der Stärkekörner von Convallaria dieselben Gesetze, wie er sie für Philodendron aufgestellt hat. Leider kann ich aber Eberdt auch hier nicht in allen Punkten beistimmen, Vor allem ist hervorzuheben, dass die Stärkebildner von Convallaria schon in den jüngsten Zellen des Vegetationskegels als um den Kern herum gelagerte Körperchen zu erkennen sind (Fig. 57). Diese Körperchen nehmen nach hinten rasch an Grösse zu und vertheilen sich zum Theil im Cytoplasma. Einige, namentlich die um den Kern herum gelagerten, ordnen sich dann zu Gruppen, aus welchen die zusammengesetzten Stärkekörner hervor- gehen. Es geschieht dies jedoch auch bei Convallaria nieht durch directe Umwandlung in Stärke, sondern so, dass zunächst im Innern des Stärkebildners ein kleines kugeliges Körnchen auftritt, das dann rasch an Grösse zunimmt und mit Jod leicht nachgewiesen werden kann. Gewöhnlich tritt in einem Stärkebildner nur ein einziges Korn auf; nicht selten, namentlich in jungen Blättern (Fig. 58) treten jedoch auch mehrere Stärkekörner in demselben Leeucoplasten auf, so dass also die zusammengesetzten Körner sowohl auf die eine, als auch auf die andere Art zu Stande kommen können. Es gilt also auch für Convallaria, dass die Stärkebildner schon in den jüngsten Zellen des Vegetationskegel vorhanden sind, und dass die Stärke nicht durch directe Umwandlung aus ihnen hervorgeht, sondern in ihrem Innern gebildet wird. Der Stärkebildner wird auch hier allmählich aufge- zehrt; an ausgewachsenen Körnern ist nichts mehr von ihm zu sehen. AcroperaLoddigesii Lindl. und CoelogyneecristataLindl. In den Knollen dieser beiden, häufig cultivirten Orchideen finden sich einfache Stärkekörner, an denen ich von Schichtung nichts be- merken konnte. Sämmtliche Stärkekörner tragen an ihrem hinteren Einde eine Chlorophylikappe. Die Verhältnisse sind bei beiden Pflanzen gleich, ich untersuchte jedoch nur den Vegetationskegel von Acropera. Der Zellkern der jüngsten Zellen ist umgeben von Leucoplasten (Fig. 59). Dieselben rücken später zum Theil ins Protoplasma der Zelle hinaus (Fig. 60), bleiben jedoch der Mehrzahl nach in der Nähe des Kernes. Schon sehr nahe der Spitze des Vegetationskegels tritt in ihnen die Stärke in der schon oft angegebenen Weise auf. Diese Leucoplasten sind also die Schimper’schen Stärkebildner. Dieselben ergrünen sehr früh und werden dann vom wachsenden Stärkekorn durchbrochen, so dass sie dem letzteren, ähnlich wie bei Pellionia, nur noch als 80 ‘ Kappe anhaften. Dies ist eigentlich ein directer Beweis dafür, dass die von Eberdt aufgestellte Theorie unrichtig ist, denn nach ihm müssten die Stärkebildner sich direct in Stärke umwandeln, es müsste- sich dann nachträglich etwas Protoplasma anlagern, das dann ergrünen und sich auf diese Weise direet in einen Chloroplasten umwandeln würde. Dies ist aber, wie gesagt, nicht der Fall, sondern es ist der Stärkebildner, der von Anfang an als Leucoplast im Vegetatiouskegel. vorhanden ist, selbst, der sich später zum. Chlorophylikorn umwandelt.. Ödontoglossum Oerstedii. R. F. Auch bei dieser Pflanze sind die Knollen erfüllt mit Stärkekörnern,. die in Chloroplasten- entstehen. Die meisten Körner sind einfach, doch. finden sich auch nicht selten zwei- und dreizählig zusammengesetzte. Bei Einwirkung von Schwefelsäure ist, nachdem vorher etwas Rohr-- zuckerlösung zugesetzt wurde, da die Körner gelöst werden und die: Chloroplasten allein zurück bleiben, leicht zu erkennen, dass bei den zusammengesetzten Körnern zwischen den einzelnen Theilkörnern dünne Chlorophyliplatten vorhanden sind. Auch bei dieser Pflanze: ist es mir gelungen in den jüngsten Zellen des Vegetationskegels um den Kern herum gelagerte Leucoplasten nachzuweisen (Fig. 61); in. einer Zelle, die eben in Theilung begriffen war, waren die Theilkerne: ebenfalls von Leucoplasten umgeben (Fig. 62). Die Leucoplasten sind in älteren Zellen im Cytoplasma zerstreut und die Stärke tritt auch hier wieder in ihrem Innern auf; und zwar wird meist ein einziges Korn angelegt; nicht selten treten gleichzeitig zwei oder drei Körner in einem Stärkebildner auf, wodurch die erwähnten zusammengesetzten. Körner entstehen. Die Chloroplasten werden, wie bei Acropera von den wachsenden Stärkekörnern durchbrochen und bilden dann Kappen ‘am hintern Ende bei den einfachen und mwischenliegende Platten bei. den zusammengesetzten Körnern. Stanhopea. Ganz dieselben Ansichten wie für Philodendron hat Eberdt auch für die Entwickelung der Stärkekörner von Stanhöpea ausge-- ‚sprochen; es hat keinen Werth dieselben hier nochmals anzuführen,,. es folgt deshalb sogleich die Beschreibung meiner eigenen diesbezüg- lichen Beobachtungen. In den jüngsten Zellen des Vegetationskegels- (unter dem Vegetationskegel bei den monopodial verzweigten Orchi- deen verstehe ich in allen beschriebenen Fällen den Vegetationskegel der Hauptachse und nicht denjenigen der Seitensprosse, welche be-- gi kanntlich nur einige Blätter erzeugt, um dann sein Wachsthum ein- zustellen; näheres hierüber findet sich in „Engler und Prantel, Nat. Pflanzenfamilien“, II. Theil, 6. Abth.), ist der Zellkern von rund- lichen Körperchen (Fig. 63) umgeben, welche in älteren Zellen zum Theil ins Cytoplasma hinauswandern. Die Stärke tritt auch hier als kleines, mit Jod zuerst röthlich, später blau gefärbtes Pünktchen auf. Die Angabe von Eberdt, dass sich die Peripherie dieser Körperchen am intensivsten färbe, kann ich nicht bestätigen. Diese Stärkebildner legen sich sammt. ihren Einschlüssen zu Gruppen zusammen, wie dies auch von Eberdt richtig angegeben wird, und bedingen so das Zu- standekommen zusammengesetzter Körner. Die Stärkebildner, die noch einige Zeit als dünne Lamellen zwischen den einzelnen Theilkörnern vorhanden bleiben, nehmen mehr und mehr an Masse ab und an aus- gewachsenen Körnern ist nichts mehr von ihnen vorhanden. Die Zahl der Stärkebildner nimmt, von der Spitze nach hinten fortschreitend, rasch zu. Sie vermehren sich jedoch nicht dadurch, dass neue Leucoplasten im Protoplasma entstehen; denn es fanden sich in keiner einzigen Zelle kleine, in Entstehung begriffene, neben schon ausgewachsenen Körperchen. Auch die Stärke tritt in allen Stärkebildnern zu gleicher Zeit auf. Ein Querschnitt durch eine ausgewachsene Knolle von Stanhopea zeigt nun folgende lehrreiche Verhältnisse. In der Epidermis und in den äussersten Parenchymzellen finden sich Chlorophylikörner, die in: ihrer Grösse ganz den Leucoplasten im Vegetationskegel entsprechen und durch Ergrünen aus diesen entstanden sind. Sie bildeten in den untersuchten Knollen keine Stärke. Weiter nach innen finden sich diese Chlorophylikörner zu Gruppen vereinigt und jeder hatte einen kleinen Stärkeeinschluss gebildet; noch weiter gegen das Centrum hin fortschreitend nahmen die Stärkeeinschlüsse an Grösse bedeutend zu. In einer gewissen Zone waren sie nur noch von einer dünnen Haut von Chlorophyll bedeckt und auch zwischen den Theilkörnern, die sich gegenseitig abgeflacht hatten, waren noch ganz dünne Chloro- phyliplatten vorhanden. Noch weiter im Inneren fanden sich schöne zusammengesetzte Stärkekörner, die offenbar in den farblosen Stärke- bildnern ganz auf dieselbe Weise entstanden sind wie diejenigen in den Chlorophyllkörnern. Es erscheint mir deshalb sehr wahrscheinlich, dass eben die Stärkebildner von den wachsenden Stärkekörnern mehr und mehr gedehnt werden, dass sie auf diese Weise zu sehr dünnen Häutchen und Zwischenplatten ausgezogen werden, die eben an aus- gewachsenen Körnern entweder ganz verschwinden oder einfach nicht Flora 1892, Suppl.-Bd, 6 82 mehr wahrgenommen werden können. Auf keinen Fall aber kann ich der Ansicht‘ beistimmen, dass die Leucoplasten des Vegetations- kegels direct in Stärke umgewandelt werden. Ganz gleich, wie bei Stanhopea, sinl auch die Verhältnisse in den Knollen von Sturmia Loeselil. Auch hier haben wir vielfach zu- sammengesetzte Stärkekörner, die in den äusseren Parthien der Knolle in Chlorophylikörnern entstehen, während sie im Innern in farblosen Leucoplasten angelegt werden. Epipactis palustris Crahtz. Eberdt hat über diese Pflanze nur wenige Angaben gemacht, die aber nur zum kleineren Theile auf Beobachtungen beruhen; zum grösseren Theile sind es Vermuthungen. Eberdt fand in jugend- liehen unter der Epidermis gelegenen Zellen Körperchen von nieren- förmiger Gestalt; in älteren Zellen sollen sich nun unvollständig ellip- tische zusammengesetzte Stärkekörner finden, die schr wahrscheinlich aus diesen nierenförmigen Körperchen durch directe Umwandlung in Stärke hervorgegangen sind. Ich habe nun die Rhizome etwa acht Tage vor der Blüthezeit der Pflanze einer genauen Untersuchung unterworfen und kam dabei zu Resultaten, die mit den Vermuthungen von Eberdt absolut nicht übereinstimmen. In den ausgewachsenen Rhizomen von Epipactis finden sich viele einfache und mehrfach zusammengesetzte Stärkekörner, an denen von Schichtung auch bei sehr starker Vergrösserung nichts wahrzunehmen. ist. Die zusammengesetzten Körner haben sehr oft elliptische Gestalt (Fig. 64), dagegen sind die Ellipsen niemals geköpft oder nur sehr selten, und wenn dies der Fall ist, so ist leicht zu sehen, dass sich eben nur einige Theilkörner aus dem Verbande losgelöst haben. Schon dies ist ein Grund dafür, dass die Stärkekörner nicht aus den von Eberdt beschriebenen nierenförmigen Körperchen durch directe Um- wandlung derselben und nachträgliches Wachsen entstehen können. Ein anderer wichtiger Grund gegen diese Vermuthung liegt darin, dass an ausgewachsenen Stärkekörnern niemals ein der Ausbuchtung der Körperchen entsprechender Hohlraum vorhanden ist, sondern es sind compact zusamimengesetzte Körner, wie bei Philodendron, nur sind im Allgemeinen weniger Theilkömer vorhanden. Ganz dieselben Stärkekömer wie in den Rhizomen finden sich auch in den Parenchymzellen der Wurzeln, nur sind die Körner nieht so gross wie im. Rhizom und selten mehr als zwei-, drei- oder vier- 83 zählig. Uebrigens bilden diese wenigfach zusammengesetzten Körner auch in den Rhizomen die Hauptmasse. Ferner ist zu bemerken, dass die von Eberdt beschriebenen und abgebildeten nierenförmigen Körperehen nur in der Epidermis der Rhizome und in den äussersten Lagen des Rindengewebes vorkommen und zwar auch dort niemals allein, sondern in denselben Zellen finden sich immer auch einige compacte Körperchen. Die Stärke bildet sich immer in den letzteren. Die Untersuchung des Vegetationskegels der unterirdischen Stengel hat ergeben, dass der Kern der jüngsten Zellen von Leucoplasten um- geben ist, die aber erst bei Anwendung der besten Linsensysteme deutlich gesehen werden können (Fig. 65). Diese Leucoplasten nehmen nach hinten an Zahl und Grösse rasch zu (Fig. 65a); sie bleiben ver- hältnissmässig lange in der Nähe des Kernes; in vielen Zellen konnte ich 20—30 und mehr solcher um den Kern herum gelagerte Körper- chen zählen. Legt man den Schnitt in Wasser, erwärmt etwas und setzt nachher Jod zu, so gelingt es leicht in ihnen das Auftreten der Stärkekörner zu beobachten. Die Stärkekömer treten entweder einzeln oder zu zwei bis mehreren in demselben Stärkebildner auf (Fig. 66 und 66a). Die zusammengesetzten Körner entstehen also hier, wie bei Odonto- glossum dadurch, dass mehrere Stärkekörner zugleich in demselben Stärkebildner angelegt werden. Anfangs ist der Stärkebildner noch vollkommen kugelig; er wird aber allmählich durch das Wachsen der Stärkeeinsehlüsse ausgebuchtet. Die Substanz des Stärkebildners bleibt zwischen den einzelnen Theilkörnern längere Zeit erhalten, wird aber mit dem Wachsthum der Körner mehr und.mehr gedehnt, bis sie zu- letzt wenigstens für unser Auge ganz verschwindet, so dass an aus- gewachsenen Körnern vom Stärkebildner nichts mehr wahrzunehnen ist. In der Epidermis des Stengels von Epipactis finden sich zahlreiche Chloroplasten, die namentlich in der Epidermis junger Internodien um den Kern herum gelagert sind. Sie sind von kugeliger oder etwas länglicher Gestalt. Manchmal begegnet man jedoch in jungen Inter- nodien solchen Gebilden von sehr langgestreckter und biseuitartig ein- geschnürter Form (Fig. 67). Diese sind offenbar in Theilung begriffen, (denn es gelingt leicht alle möglichen Stufen zwischen zwei neben einander liegenden runden und einem langgestreckten mit schwacher Einschnürung versehenen Ohloroplasten zu finden (Fig. 68). In älteren Zellen finden sich auch alle möglichen spindelförmigen oder an eiriem Ende keulenförmig angeschwollenen Körperchen; diese sind jedoch 6* 84 sehr wahrscheinlich als mehr oder weniger degenerirt aufzufassen. Im der Epidermis des unteren farblosen Theiles des Stengels finden sich auch häufig die von Eberdt beschriebenen ringförmigen Gebilde; über deren Entstehung konnte ich jedoch keine Beobachtungen machen. “ Phajus Wallichii Schott. Phajus ist eines der wichtigsten und beweiskräftigsten Objeete für die Entscheidung der Frage nach der Art der Entstehung der Stärkekörner. Die Pflanze wurde von Schimper, von A. Meyer und dann ebenfalls von Eberdt untersucht, dagegen sind die An- gaben, die Eberdt über die bereits vorhandenen Untersuchungen macht, etwas unvollständig, so dass ich es für nöthig halte auch hier einen Rückblick auf die geschichtliche Entwickelung der Frage zu weıfen. Nach den Angaben, die Schimper in seiner ersten Arbeit über dieses '[hema (1) macht, entstehen die Stärkekörner von Phajus an spindelförmigen Körperchen, Stärkebildnern, welche sich in den jugend- lichen Zellen aus einer den Zellkern umlagernden Protoplasmamasse differenziren. Während des Wachsthums der jungen Stärkekörner nehmen die Stärkebildner allmählich eine stäbchenförmige Gestalt an. Durch die Form der Stärkebildner ist auch die Form der Stärkekörner bedingt, indem der grössere Querdurchmesser der Stärkekörner dem Stärkebildner parallel liegt, während der kleinere (die Körner sind ab- geplattet) Querdurchmesser zur Längsrichtung des Stärkebildners senk- recht steht. Schon damals machte Schimper die Beobachtung, dass dem Stäbehen noch ein zweiter, gewissermassen formloser Theil an- haftet, was aus der Bemerkung hervorgeht: „Eine an das Stärkekorn angrenzende Schicht des Stärkebildners ist zarter und mehr oder weniger gequollen.“ Beim Ergrünen ist es der stabförmige Theil, welcher sieh zum Chlorophylikorne umwandelt. Im Jahre 1882 hat dann Schimper (17, vergl. auch 19) die Ansicht ausgesprochen, dass dieser stab- oder spindelförmige Theil des Stärkebildners als krystallisirtes Eiweis aufzufassen sei. Der Stärke- bildner besteht also aus einem activen formlosen und emem passiven krystallisirten Theil. Damit, dass Schimper sagt, dass der formlose- Theil auf Kosten des Krystalls zunehmen könne (19), gibt er dann auch indireet zu, dass eben beide Theile zum Stärkebildner gehören, und dass nicht etwa der formlose Theil später hinzugetretenes Proto- x plasma ist. 85 Allerdings hat Schimper versäumt die Entwickelungsgeschichte (dieser aus zwei Theilen bestehenden Stärkebildner nochmals festzu- ‚stellen, denn er macht nirgends eine Angabe darüber, wie sich diese beiden Theile differenziren. Hierüber machte hingegen A. Meyer (16, pag. 38) einige An- ‚gaben, die jedoch nur auf ungenügenden Beobachtungen beruhen. Nach A. Meyer ist der formlose Theil der eigentliche, ursprünglich vorhandene Stärkebildner; früher oder später entsteht dann in ihm ‚der spindelförmige Krystall, der in jungen Stadien eben die formlose Substanz verdecke, so dass in jungen Zellen eben nur die Spindelchen wahrgenommen werden können. A. Meyer hat aber die jüngsten Zellen absolut nicht untersucht; der obige Ausspruch stützt sich allein auf die Schimper’schen Angaben. Auch die Stärkekörner werden immer im formlosen Theile des Stärkebildners angelegt. Meyer hat hier auch inı Gegensatz zu den früheren Angaben von Schimper deutlich ausgesprochen, dass beim Ergrünen der Stärkebildner von Phajus nicht der Krystall, sondern der formlose Theil zum Chloro- phylikorn wird, indem er in den ausgebildeten Chlorophylikörnern immer noch. den Krystall als farbloses Stäbchen vorfand. Dieser Ansicht hat sich dann auch Schimper (12, pag. 70) voll- ständig angeschlossen; Schimper anerkennt hier auch, dass die Stärkekörner nie direct am Kıystall, sondern in dem demselben an- haftenden formlosen Theile entstehen. Fassen wir die Resultate dieser verschiedenen Arbeiten zusammen, so ergeben sich folgende Thatsachen: 1. Der Stärkebildner von Phajus besteht aus zwei Theilen, einem krystallisirten, mehr oder weniger spindelförmigen und aus einem formlosen Theile. 2. Der formlose Theil ist der ursprünglich vorhandene, eigent- liche Stärkebildner, in welchem sowohl der Kıystall als auch die Stärkekörner gebildet werden. 3. Beim Ergrünen ist es der formlose Theil, der sich zuu Chloro- phylikorn umwandelt. Von diesen drei Ergebnissen ist nun das zweite unsicher, indem die thatsächlichen Beobachtungen dazu fehlen, und dies ist der Punkt, :an dem nun Eberdt die ganze Theorie angreift, indem er.nachzu- weisen versucht, dass der formlose Theil des Stärkebildners seeundär hinzu getretenes Protoplasma sei, das unter dem Einfluss des Lichtes zu ergriümen vermag. Auf diese Art stosst Eberdt mit einem Schlage die auf vielen Beobachtungen beruhende Theorie, dass Stärkebildner 86 und Chlorophylikörner homologe Gebilde seien, um. Ferner will er damit beweisen, dass diese Gebilde aus dem Protoplasma entstehen und nicht von Anfang an in den meristematischen Zellen vorhanden seien. \ Es war nun meine Aufgabe vor allem die Entwickelungsgeschichte der Stärkebildner nochmals einer genauen Untersuchung zu unter- werfen. Ich verwendete zu diesem Zweck den Vegetationskegel der Wurzel von Phajus Wallichii Schott., da die Verhältnisse in der Wurzel mit denjenigen in den Knollen vollständig übereinstimmen. Phajus Wallichii hat übrigens ganz dieselben Stärkekörner und Stärkebildner wie Phajus grandifolius, so dass die Beweiskraft meiner Beobachtungen gar nicht durch die Untersuchung dieser anderen Species leidet. Die Vegetationskegel wurden frisch geschnitten und die Schnitte. sofort in Pierinsäure-Alkohol gebracht und dann mit homog. Immersion untersucht. Es zeigte sich nun, dass die jüngsten Zellen des Vegetationskegels rundliche, um den Zellkern herum gelagerte Körperchen enthielten (Fig. 69). Etwas weiter nach hinten treten diese Körperchen zum. Theil ins Protoplasma hinaus und es treten in ihrem Innern kleine Stärkekömchen auf (Fig. 70), welche aber in einem etwas älteren Stadium wieder gelöst werden (Fig. 71); die Körperchen haben unter- dessen etwas an Grösse zugenommen. Nun beginnen sich die Leuco- plasten in die Länge zu strecken, sie schnüren sich biseuitförmig ein und theilen sich wie in der bei Epipactis beschriebenen Weise (Fig. 72). In einem etwas älteren Stadium sieht man dann in ihrem Inneren ein spindelförmiges Körperchen von stärkerem Lichtbrechungsvermögen auftreten, so dass nun der Stärkebildner aus zwei scharf geschiedenen Theilen besteht (Fig. 73). Dass hier nicht Protoplasma der Zelle an ein schon vorhandenes Spindelchen getreten ist, ist schon deshalb klar, weil vorher gar kein Spindelchen vorhanden war, und ferner ist der formlose Theil vollständig homogen, was das Protoplasma nicht ist, und zeigt ganz dieselbe Lichtbrechung wie das vorher vorhandene Körperchen. Nun tritt in einem älteren Stadium im formlosen Theil die Stärke auf, ganz in derselben Weise, wie in den kugeligen Stärkebildnern anderer Pflanzen (Fig. 74). Ich fand jedoch den formlosen Theil des Stärkebildners nie so mächtig entwickelt, wie ihn Eberdt bei seinen Figuren zeichnet; dieser Theil bildet im Gegentheil während der ganzen Entwickelung des Stärkekornes einen schwachen, oft schwer "wahrnehmbaren Saum am hinteren Ende des Kornes. ST In der eben beschriebenen Weise geht die Entwickelung der Stärkebildner im Markgewebe der Wurzel vor sich. In der Rinde ist dieselbe eine viel raschere, so dass dort die einzelnen Stadien nicht so leicht gesehen werden können. Es geht also aus den obigen Beobachtungen unzweifelhaft hervor, dass der formlose Theil des Stärkebildners das Ursprüngliche ist und dass somit nicht das Protoplasma der Zelle, wie Eberdt annimmt, die Spindelchen einhüllt um nachher zu einem Chlorophylikorne zu werden. Die Stärkebildner sind also auch bei Phajus schon im Vege- tationskegel vorhanden und vermehren sich durch Theilung. Die Angabe, dass die Spindelchen in der formlosen Masse ent- stehen, wird noch durch folgende Beobachtung gestützt. In jugend- lichen Zellen einer Axillärknospe fanden sich rundliche Stärkebildner mit schon grossen Stärkeeinschlüssen. Der hintere Theil dieser Stärke- bildner zeichnete sich durch grössere Lichtbrechung aus; es kann dieser Theil nichts anderes sein als der sich in diesem Falle etwas spät bildende Krystall (Fig. 75). Meine übrigen Beobachtungen über das Ergrünen der Stärke- bildner, ihr Verhalten in der Epidermis u. s. w., stimmen ganz mit den von Schimper und Meyer gemachten Angaben überein. Es ist nun noch zu erwähnen, dass rundliche, um den Kern herum gelagerte Körperchen, die in ihrem Inneren Stärke bilden, auch von Eberdt beobachtet worden sind. Was aber aus diesen Körperchen wird, hat er nicht angegeben und er geht ohne Weiteres über diesen Punkt hinweg und sagt, dass in anderen Zellen Spindelchen vorhanden sind, die dann von protoplasmatischer Substanz umhüllt werden. Wie oben hervorgehoben, sind aber die Spindelchen eben in diesen runden Körperchen, die sich in die Länge strecken, entstanden, und die proto- plasmatische Substanz ist nichts anderes als der übrig gebliebene, nicht krystallisirte Rest des Stärkebildners. Es ist allerdings nicht leicht diese Verhältnisse festzustellen, da oft in ein und derselben Zelle spindelförmige und runde Körperchen vorkommen können, und da über- haupt die Form der Stärkebildner in der Jugend eine verhältnissmässig sehr variable ist. Hingegen sind, wie schon gesagt die einzelnen Ent- wickelungsstufen im Mark der Wurzel verhältnissmässig weit ausein- ander gedrängt und können deshalb hier mit Sicherheit festgestellt werden. Es bleibt mir nun noch übrig einige Worte über das weitere Verhalten der Stärkebildner beim Wachsthum der Körner zu machen. Eberdt behauptet, dass das Stäbchen sehr bald aufgezehrt werde, 88 dass es wenigstens nie an Körnern, die bereits geschichtet sind, noch zu sehen sei. Die Schiehtung beginnt deutlich zu werden, wenn die Körner eine Länge von etwa 15g. erreicht haben; ich fand die Stäb- chen in der Wurzel noch an sämmtlichen Körnern, die unter 15 y lang waren. In den Knollen konnte ich dieselben in Picro-Nigrosin- präparaten auch an sehr grossen bereits ausgewachsenen Körnern schen, welche natürlich die Schichtung sehr deutlich zeigten. Ein Kom mit dem Stäbchen hatte eine Länge von 50 p, ein anderes mass 701 und eines sogar 82 1. Ganz ausgewachsene Körner erreichen allerdings noch eine viel beträchtlichere Grösse, und an solchen konnte ich auch das Stäbchen nicht mehr finden, aber sehr oft noch den formlosen Theil des Stärkebildners. Eberdt hat also ganz recht, wenn er sagt, dass das Stäbehen im Verlaufe der Entwiekelung aufgelöst wird, aber das ist absolut nichts Neues, denn es wurde auch schon von Schimper beobachtet. Hingegen geschieht die Auflösung gar nicht so enorm rasch, wie Eberdt sagt, sondern, wie meine Messungen beweisen, sehr allmählich. In den äusseren Partien der Knollen werden überhaupt keine grossen Stärkekörner erzeugt, deshalb bleiben auch die Stäbchen in den ergrünenden Stärkebildnern jener Zone in ihrer ganzen Grösse erhalten. Rückblick auf den I. Theil. Werfen wir nun noch einen kurzen Rückblick auf die oben be- schriebenen Untersuchungen, so sehen wir, dass alle von Schimper schon früher ausgesprochenen Ansichten auch für die von Eberdt und mir untersuchten Pflanzen ihre Gültigkeit behalten. Die Stärkebildner sind als Leucoplasten schon im Vegetationskegel vorhanden; sie sind den Chloroplasten homologe Gebilde, indem sie sich unter Einfluss des Lichtes direet in solche umwandeln. Sehr schön ist dies im Vegetationskegel von Pellionia zu sehen, wo die Er- grünung in einem Längsschnitt von vorn nach hinten direct gesehen werden kann. Die Vermehrung dieser Gebilde geschieht einfach durch Theilung; es ist mir allerdings nicht gelungen diese Theilungserscheinungen bei allen untersuchten Pflanzen nachzuweisen; es wäre überhaupt einmal eine besondere Aufgabe, diesen Nachweis bei einer möglichst grossen Anzahl von Pflanzen zu erbringen. 89 Es hat sich aus den obigen Untersuchungen ferner ergeben, dass die zusammengesetzten Stärkekörner auf zweierlei Art entstehen können, entweder treten in ein und denselben Stärkebildner mehrere Stärke- körner zugleich auf (Epidermis von Philodendron, Pellionia, Sym- phytum tuberosum, Convallaria, Odontoglossum, Epipactis palustris), oder es treten mehrere Stärkebildner zu Gruppen zusammen (Mark von Philödendron, Convallaria, Stanhopea). 19, 20. % Citirte Abhandlungen. A. F. W. Schimper, Untersuchungen über die Entstehung der Stärkekörner, Bot. Zeit. 18°0. . C. Nägeli, Die Stärkekörner, Zürich 1858. . A. F. W. Schimper, Untersuchungen über das Wachsthum der Stärkekörner. Bot. Zeit. 1881. . C. Nägeli, Das Wachsthum der Stärkekörner durch Intussusception. Bot. Zeit. 1881. . A. Meyer, Ueber die Struktur der Stärkekörner. Bot. Zeit, 1881. . &. Krabbe, Untersuchungen über das Diastaseferment unter specieller Berück- sichtigung seiner Wirkung auf Stärkekörner innerhalb der Pflanze, Pringsheim, Jahrb. für wiss. Bot. Bd. XXT, 1890. . A. Dodel, Beitrag zur Morphologie und Entwiekelungsgeschichte der Stärke- kömer von Pellionia Daveauana. Flora oder allg. bot. Zeit. 1892. . Fritzsche, Ueber das Amylum. Poggendorfs Annalen Bd. XXXIL . H. Crüger, Beitrag zur Stärkemehlkunde. Bot. Zeit. 1854. 3. . Strasburger, Ueber den Bau und das Wachsthum der Zelihünte. Jena 1882. . Baranetzky, Die stärkeumbildenden Fermente in den Pllanzen. Leipzig 1878. . A. F.W. Schimper, Untersuchungen über die Chlorophylikörper und die ihnen homologen Gebilde. Pringsheim Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XVT, 1885. . Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie. Leipzig 1884. . Strasburger, Das botanische Praktikum. 2. Aufl. Jena 1887. . . Bredow, Beiträge zur Kenntniss der Chromatophoren. Pringsheim Jahrhb. f. wiss. Bot. Bd. XXIT, 1890. . A. Meyer, Das Chlorophylikorn. Leipzig 1883. . A. F. W. Schimper, Ueber die Gestalten der Stärkebildner und Farbkörper. Bot. Centralblatt, Bd. XIT, 1882. . Correns, Zur Kenntniss der inneren Struktur der vegetabilischen Zellmembranen. Pringsheim Jahrb. für wiss. Bot, Bd. XXIIT, 1891. A. F,W. Schimper, Ueber die Entwickelung der Chlorophylikörner und Farb- körper. Bot. Zeit. 1883, OÖ. Eberdt, Beiträge zur Entstehungsgeschichte der Stärke. Pringsheim Jahrb. für wiss. Bot. Bd. XXIT, 1890, 90 Figurenerklärung. Die Abbildungen wurden mit wenigen Ausnahmen mit dem Prisma gezeichnet bei Anwendung von Zeiss’schen Linsensystemen. Die Nummer des verwendeten Oculars und Objeetivs sind im Klammern beigefügt. Fig. Fig. 1-2, Pellionia Daveauana. Ausgewachsene, einfache Stärkekörner (III. E). 3—8. Id. Dureh cone. Schwefelsäure isolirte Stärkebildner; Fig. 3 noch voll- ständig geschlossen. (III. E). . 9a. Id. Stärkekorn mit seitlich verschobenem Chloröplasten (IIL. m. . 9—13. Id. Stürkekörner mit secundär gebildeten Auswüchsen, welche durch Verschiebung des Stärkebildners entstanden sind (III: E). . 14. 1d. Junges Stärkekorn mit ringförmig eingesehnürten Chloroplasten (IL. E). ig. 15. Id. Stärkekorn mit 2 Chloroplasten, weitere Entwiekelungsstufe von Fig. 14 (III. E). . 16. Id. Stärkekorn mit 2 Chloroplasten, von denen der eine seine Stelle ver- lassen hat (LIT. E). . 17. Id. Stürkekorn mit einem in Theilung begriffenen Chloroplasten (Il. E). ig. 18-22. Id. Unregelmiässig zusammengesetzte Körner, “entstanden durch nach- trägliche Neubildung von kleinen Körnern im Chloroplasten (III. E). . 23—24. Id. Regelmüssig zusammengesetzte Stürkekörner (III. E). . 25-28, Id. Suecessive Entwickelungsstadien von halbzusammengesetzten Körnern (II. E). g. 29. Id. Corrodirtes Kom, das an der Spitze stürker angegriffen wurde als hinten (III. BE). . 80-31. Id. Corrodirte Körner, die am hintern Theile stärker abgeschmolzen sind, als am vordern (Ill. E). . 82-—-38. Id. Verschiedenartig corrodirte Körner (UI. E). g. 39. Id. Zwei Epidermiszellen mit Leucoplasten, nach einem mit Gentiana-Violett tingirten Präparate (IIT. E). . 40-41. Id. Chloroplasten mit Fiweisskrystallen (II. E). . 42. Id. Clhloroplast mit deutlicher Granastruktur (III. E). . 43. Id. Chloroplast, nach einem Haematoxylinpräparat gezeichnet. (Homog. Inmers. 1.30 Ap., Comp. Oe. 4.) . 44. Id. Junge Zellen des Vegetationskegels mit Leucoplasten (III. B). ig.'45—50. Id. In 'Theilung begriffene Chloroplasten aus dem Vegetationskegel (II. ED). .51. Sceindapsus pinnatifidus Schott. Kern aus einer sehr jungen Epidermiszelle, von Leucoplasten umgeben (II. E). . 52. Id. Ebenso, aber die Leucoplasten mit mehreren peripherischen Stärkeein- schlüssen (IlI. E). . 58. Id. Junge Zellen mit Leucoplasten aus dem Vegetationskegel (Ap. Immers. 1.30. Comp. Oe. 4). x . . \ . _ . 54, Canna gigantea. Jüngste Zellen des Vegetationskegels mit den Kern umlagernden Leucoplasten (III. E). . 55. Id. Etwas ältere Zelle des Vegetationskegels; in den Leucoplasten sind Stärkekürner aufgetreten (TIL. BE). . 56. Id. Drei junge Stärkekürner mit kappenförmigen Stärkebildnern (III. R). “ 91 . 57. Convallariamajalis. Jüngste Zellen des Vegetationskegels des ‚Rlizomes mit den Kern umgebenden Stärkebildnern (III. E). . 58. Id. Stärkebildner mit Stärkeeinschlüssen, aus einem jungen Blatte eines unterirdischen Ausläufers (III. E). .59. Acropera Lodigesii Lindl. Jüngste Zellen des Vegetationskegels mit Leucoplasten (III. E). . 60. Id. Etwas ältere Zelle, die Leucoplasten sind zum Theil ins Protoplasma hinausgewandert (III. E). 61. Odontoglossum Oerstedii. Jüngste Zellen des Vegetationskegels mit Leucoplasten (IIl. E). . 62. 1d. Eine in Theilung begriftene Zelle; die Tochterkerne sind von Leuco- plasten umgeben (III. E). . 68. Junge Zellen, deren Kern von Leucoplasten umlagert ist, aus dem Vege- tationskegel von Stanhopea tigrina. . 64. Epipactis palustris. Stärkekörner aus einem alten Rhizom cruH. E). . 65. Id. Jüngste Zellen des Vegetatiunskegels; der Kern ist von Leucoplasten umgeben. (Homog. Immers. 1.30 Ap., Comp. Oc. 4.) . 65a. Id. Kern mit Leucoplasten aus einer etwas älteren Zelle des Vegetations- kegels (IIl. ED). ie. 66. Id. Zelle aus dem Vegetationskegel, mit Jod (in J.K.) behandelt. Die Leueoplasten mit Stärkeeinschlüssen (III. E). . 66a. Id. Einzelne Leucoplasten derselben Zelle wie in Fig. 66, grösser dar- gestellt. . 67. Id. Zelle aus der Epidermis des Stengels mit langgestreckten, zum Theil biseuitförmig eingeschnürten Chloroplasten (III. E). . 68. Id. In Theilung begriffene Chloroplasten aus der Epidermis des Stengels (Homog. Immers. 1.30 Ap., Comp. Oc. 4). . 69. Phajus Wallichii Schott. Kern einer jungen Zelle des Vegetations- kegels der Wurzel, von Leucoplasten umgeben (III. E). . 70—73. Id. Entwickelungsstadien der aus zwei Theilen bestehenden Stärke- bildner. (Homog. Immers. 1.30 Ap., Comp. Oc. 4.) . 74. Id. Stärkebildner mit Stärkeeinschlüssen aus einer jungen Zelle der Wurzel- (Homog. Immers. 1.30 Ap., Comp. Oe. 4.) . 75. Id. Stärkebildner aus dem Vegetationskegel einer Axillarknospe. Im hintern Theile der Stärkebildner eine stärker lichtbrechende Partie. (Homog. Immers. 1.30 Ap., Comp. Oe. 4.) Archegoniatenstudien. Von -K. Goebel. Hiezu Tafel VHI—XAL 1. Die einfachste Form der Moose. Seit Hofmeister’s „Vergleichenden Untersuchungen“ war es ‘wiederholt das Bestreben der vergleichenden Morphologie, die Be- ‘ziehungen zwischen Moosen und Farnen näher kennen zu lernen, und zwischen diesen beiden grossen Reihen der Archegoniaten genetische Beziehungen aufzufinden. Zunächst wandte man sich an die unge- :schlechtliche Generation. Die Versuche, die beblätterte Farnpflanze von einem Moossporogonium abzuleiten, sind indess bis jetzt nicht von Erfolg begleitet gewesen, und ich kann hier nur früher von mir Gesagtes wiederholen, ') „dagegen bilden die Museineen eine Gruppe, die sich nach oben nicht direet fortsetzt, sondern blind endigt. So viel Mühe man sich auch gegeben hat, zwischen Muscineen und den übrigen Arche- goniaten, den ‚Gefässkryptogamen‘ (Pteridophyten) engere Anknüpf- ungspunkte zu finden, so wenig Resultate haben bei eingehenderer Prüfung diese Bemühungen gehabt. Dass Moossporogonium und die sporenerzeugenden Farnpflanze, Farnprothallium und geschlechtliche Moospflanze homologe?) Gebilde sind, das ist eine seit Hofmeister’s bahnbrechenden Untersuchungen unbestrittene Thatsache. Darüber hinaus aber ist man meiner Ansicht nach auch nicht gekommen, man wird den Anknüpfungspunkt der Pteridophyten anderswo zu suchen haben als bei den Museineen® ... ‚Ist das der Fall, so kann es sich also nur handeln, nieht um einen direeten Zusammenhang zwischen Muscineen und Pteridophyten, sondern um eine Form, von der die 1) Die Muscineen, Schenk's Handbuch I. 8. 401. 2) A. a. O. steht versehentlich „analoge“. 93- beiden Reihen sich abgezweigt haben, eine Form, bei der ihrer‘ niedrigen Stellung entsprechend das Hauptgewicht auf die geschlecht- liche Generation fallen muss. Bei einer Untersuchung der Geschlechtsgeneration einiger Hy-- menophyllaceen!) nun schienen sich mir bedeutsame Vergleichspunkte mit den Museineen zu ergeben, nicht mit der ausgebildeten, Geschlechts- - organe hervorbringenden Ausbildungsform der letzteren, sondern mit dem „Vorkeim“, der für die Muscineen so ungemein charakteristisch ist. Zunächst wurde nachgewiesen, dass demselben auch da, wo dies scheinbar nicht der Fall ist, die Form eines Zellfadens zu Grunde liegt, die aber durch Umbildung mehr oder weniger verloren gehen kann (Sphagnum, Andreaea). Es darf wohl als ein Beleg für die Richtigkeit der damals angestellten Betrachtungen gelten, dass die theoretisch angenommene Umbildung der Sphagnum-Rhizoiden in Zell- flächen später durch die Beobachtung wirklich erwiesen werden konnte. ?). Auf Grund dieser und anderer Erfahrungen wurde angenommen (a. a. 0. 8.14): „Wir können die Vorfahren der Moose (und der Pterido- phyten) uns denken als algenähnliche Thallophyten, bestehend aus verzweigten Zellfäden, an denen die Geschlechtsorgane sassen,“ die ‚höhere Gliederung der geschlechtlichen Generation aber sei in der Weise vorzustellen, dass die Blätter zunächst als Hüllen der Ge-- schlechtsorgane auftraten, ?) wofür das merkwürdige Verhalten von Metzgeriopsis und zwei anderen Lebermoosen angeführt wurde. Dass auch unter den Laubmoosen eine Form zu finden sein werde, welche den Forderungen der Theorie — mag diese nun richtig oder unrichtig sein — entspricht, war damals nicht zu ahnen. Um so mehr erfreute die Auffindung einer solchen. Es ist nicht eine neue, sondern eine längst bekannte Moosgattung, Buxbaumia, deren männliche Pflanzen die einfachste bis jetzt bekannte Form der Moose darstellen. Eine eingehendere Beschreibung von Buxbaumia, deren sonderbare Tracht früheren Beobachtern so auffällig erschienen war, dass sie zweifel-: haft waren, ob die Pflanze den Moosen oder den Schwämmen beizuzählen sei, findet sich in Schimper’s „Bryologia europaea“ (TV. Suppl. p. 4). Es dürfte nicht überflüssig sein, die Aeusserung dieses Bryologen hier wörtlich anzuführen. Er sagt (a.a. 0.8.3): „Was die männlichen Organe betrifft, so haben wir hinsichtlich des Standes derselben nicht 1) Morphologische und biologische Studien, Annales du jardin botanique de- Buitenzorg VII, 1887. ‘ 2) Ueber die Jugendzustände der Pflanzen, Flora 1889 8.9 ff. 3) Studien S. 61. 94 zu einer bestimmten Ansicht gelangen können. Wir fanden sie immer in mehr oder minder grosser Anzahl, ohne ihre eigentliche Stellung mit Gewissheit ausmitteln zu können, frei zwischen den Blättern oder in dem Fadengewebe. Es ist höchst wahrscheinlich, dass dieselben blattachselständig sind, und durch den leisesten Druck sich ablösen. Ihre Form ist sehr eigenthümlich und nähert sich dem Kugelichen ; sie entleeren die’Fovilla durch Aufplatzen an der Seite oder auf dem 'Scheitel.“ Was bezüglich der Stellung der angeblichen Antheridien ‚auf 8. 3 als Vermuthung ausgesprochen wird, wird in der Figuren- erklärung (8. 5) schon bestimmt angenommen „genitalia mascula par- vula, foliis superioribus axillaria“. In der That aber hat, wie unten nachzuweisen sein wird, Schimper die Antheridien ganz über- schen. Was er für solche hielt und abbildete, sind die rudimentären männlichen Pflanzen. In der Synopsis muscorum europaeorum (ed. secunda p. 548) gibt derselbe berühmte Bryologe eine wesentlich andere Schilderung, welehe mit den von mir beobachteten Thatsachen nicht übereinstimmt. Er sagt, „Flores dioici. Plantae masculae femineis minores breviores, oligophyllae, foliis tenuioribus aetate haud laciniatis, antheridia solitaria vel binata, crassiuscula ovata, cellulis obliquatis, apice oblique dehiscentia, vacua subglobosa, paraphyses paucae,“ Eine frühere Angabe von Gümbel ist hiebei übergangen. In der That erschien dieselbe so unwahrscheinlich und die zu ihrer Erläuterung ‚dienende Abbildung ist so unvollkommen, dass sie, soweit ich über- sehen kann, nur einmal gelegentlich eitirt worden ist, auch mir war dieselbe bis in die jüngste Zeit ganz unbekannt geblieben. Gümbel schildert seine Beobachtung in seiner Arbeit über den „Vorkeim der Moospflanze“!) den Vorkeim von Buxbaumia aphylla folgender- maassen, „Das Präparat Fig. 21 Taf. XXVII. stellt uns in seinen schimmelähnlichen Fäden, welche sich vielfach verschlingen und einen verworrenen Wurzelfilz bilden, einen entschiedenen Gegensatz zu dem Wurzelgebilde, das wir in Fig. 17 an Pottia truncata finden, indem hier von Strebewurzeln kaum die Rede sein kann. Zugleich finden wir in diesem Präparate Gelegenheit, eine Parallele zu ziehen zwischen den sterilen Wurzelknollen C des Präparates Fig. 17T unddennackt, ohne vorangegangene Blattbildung den Wurzelzäser- chen kurz gestielt aufsitzenden Antheridien von Bux- baumia aphylla, Fig. 21c. Dabei kann es allerdings der Fall sein, 1) W. Th. Gümbel, Der Vorkeim. Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Moospflanze, Verhandlungen der kaiserl. Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher XVI. Bd., 2. Abtheilung, S. 592. 4 95 dass die knollenähnlichen (sic!) Antheridien nahe an dem Stämmchen stehen, so dass man sie in Fällen für blattachselständig ansprechen kann.“ Der letzte Satz ist so unklar, die ganze Beschreibung wie nicht minder die Zeichnung so dürftig, dass es nicht zu verwundern ist, wenn die ganze Angabe unbeachtet blieb. Trotzdem möchte ich annehmen, dass Gümbel’s Angaben zum Theil auf richtiger Be- obachtung beruhen, Die Antheridien hat er freilich jedenfalls ebenso- wenig gesehen wie Schimper, aber sie sind in der That auch ver- steckt genug. Gehen wir, nach den, wie ersichtlich, wenig befriedigenden An- gaben in der Litteratur zu den merkwürdigen thatsächlichen Verhält- nissen über, so sei zunächst bemerkt, dass die beiden europäischen Arten sich ganz gleich verhalten, die Buxbaumia javanica!) scheint, soweit die Untersuchung eines dürftigen Materiales ein Urtheil ge- stattet, mit ihnen übereinzustimmen. Buxbaumia ist diöcisch. Die männlichen Pflanzen sind die ein- fachsten Moospflanzen, welche wir bis jetzt kennen, vgl. Fig. 1u. 2. Sie sind äusserst klein, und sitzen dem Protonema auf, an dem sie kurze Seitenzweige darstellen. Sie bestehen aus einem „Blatt“ und einem Antheridium. Ein Stämmchen kommt überhaupt nicht zur Ausbildung. Paraphysen, von denen Schimper spricht, sind nicht vorhanden, auch nicht mehrere Blätter oder mehr als ein Antheridium, Die Gestalt dieser rudimentären männlichen Pflanzen, welche äusserst klein, mit blossem Auge nicht sichtbar sind, ist eine sehr sonderbare. Das Antheridium selbst tritt nieht hervor, weil es vollständig um- hüllt ist, von einer chlorophylllosen, muschelförmig gestalteten Hülle, ‚deren bräunliche Zellmembranen dem ganzen Organ eine charakte- ristische Färbung verleihen. Diese Hülle ist es, welche in der „Synopsis“ und von Gümbel für das Antheridium gehalten wurde. Der Schilderung in der Synopsis lagen nur losgerissene Pflanzen zu Grunde. Je nach der Lage derselben sieht man nun die Hülle seitlich oder oben offen (Fig. 2), daraus erklärt sich die sonst sehr auffallende — weil zu dem Ver- halten aller andern Moosantheridien in Widerspruch stehende — An- 1) Denen, welchen es vergännt ist, Tjibodas zu besuchen, mag das Studium dieser Pflanzen, welche $. Kurz bei Kantang Badak, (dem jedem Besteiger des Gedeh wohlbekannten „Versammlungsort der Ithinozerosse*, die aber längst ver- schwunden sind) gesammelt hat, empfohlen sein. — Lebende Pflanzen von Buxbaumia .apbylla und Diphyscium verdanke ich der Freundlichkeit des Herrn Ch. Zahn in Nürnberg, später fand ich Buxbaumia auch reichlich im Isarthal bei Schäftlarn. 96 gabe, -dass die Antheridien sich an der Seite oder an dem Scheitel öffnen. Die Abbildung der Synopsis Fig. 11b (Tab. I) stellt denn auch nur die Hülle, nicht das Antheridium dar. Wie aus den Abbildungen Fig. 1 u. 2 hervorgeht, ist die Hülle nach unten konkav eingekrümmt, theilweise so weit, dass der eine Rand von dem andern gedeckt wird. In mehreren Fällen sah ich aus der Hülle Rhizoiden entspringen (Fig. 1), welche aber den meisten der untersuchten Pflänzchen fehlten. Das Antheridium unterscheidet sich von demjenigen der andern in dieser Hinsicht genauer bekannten Laubmoose dadurch, dass es eiförmig- kugelig und lange gestielt -ist.!) Es, stimmt in beiden Beziehungen überein mit der Antheridiengestaltung von Sphagnum und derjenigen vieler Lebermoose. Der Antheridienstiel aus einer (d—7zähligen) Zell- reihe?) bestehend, zeigt der Gestalt der Hülle entsprechend eine schwanenhalsförmige Krümmung (Fig. 22). Das Antheridium öffnet sich. auf seinem Scheitel. Dass ein Stämmehen nicht vorhanden ist, wurde oben schon erwähnt. Fig. 22 zeigt ebenso wie die in anderer Lage befindliche untere männliche Pflanze in Fig. 2 die Einfügungsstelle des An- theridiums. Es erhellt ‘daraus, dass der Protonemazweig, welcher Antheridium und Hülle den Ursprung gibt, über das Fadenstadium im Wesentlichen nicht hinauskommt. Dies ergibt sich auch aus der Ent- wickelungsgeschichte soweit dieselbe verfolgt werden konnte. Zunächst fanden sich an dem getrockneten Material nach langem Suchen einige jüngere Entwickelungsstadien, in grosser Anzahl wurden dieselben erhalten durch Aussaat der Sporen auf gekochte Walderde vom Standort der Buxbaumia bei Schäftlarn. Die Sporen wurden Ende Mai ausgesäüt. Sie entwickelten ein normales in seinen oberirdischen Theilen reichlich Chlorophyll führendes Protonema, an welchem Mitte August männliche und weibliche Pflanzen auftraten. Das Protonema von Buxbaumia unterscheidet sich von einem Bryineenprotonema nur dadurch, dass seine Aeste mit einander viel- fach in Verbindung treten, wie dies auch bei Diphyscium der Fall ist. Fig. 13 stellt einen Fall dar, in welchem ein Ast eines Fadens mit einer andern Zelle desselben Fadens in Verbindung getreten ist, einigermaassen ähnlich der Schnallenbildung vieler Pilzhyphen. Aber auch auf weitere Entfernung hin erfolgt die Verbindung, so dass ein 1) Gümbel’s entgegengesetzte Angabe erklärt sich daraus, dass auch er, wie- er bemerkt, das Antheridium nicht sah. 2) In der untersten Zelle traf ich gelegentlich eine Längstkeilung an. 97 zusammenhängendes Gewirr von Protonemafäden entsteht. Wie Fig. 21 zeigt, kann diese Verbindung schon sehr früh, schon bei der Sporen- keimung auftreten, es sind nämlich die Keimschläuche der beiden Sporen Spı und Sp; mit einander in Verbindung getreten. Da die Herbar-Exemplare der männlichen Pflanzen in den unter- halb der Hülle befindlichen Fadenzellen kein Chlorophyll führten, so vermuthete ich, dass die männlichen Pflanzen an den unterirdischen chlorophylilosen Protonemaästen entständen. Es ist dies indess nicht der Fall. Ein chlorophyllhaltiger Protonemaast, durch den grösseren Querdurchmesser seiner Zellen ausgezeichnet, bildet sich zum Anthe- ridienträger aus. Die ersten Entwickelungsstadien desselben gehen offenbar rasch vorüber und kamen auch bei langem Suchen nur selten zur Beobachtung. Es ergibt sich indess folgendes Resultat aus der Vergleichung der einzelnen Entwickelungsstufen. In der Endzelle des männlichen Astes, wie er der Kürze halber genannt sei, tritt eine, zur Längsachse des Fadens schief geneigte Wand (welche in den Fig. 3—7 mit 1 bezeichnet ist) auf, wie dies am deutlichsten aus der schematischen Fig. 7 ersichtlich sein wird. Die dadurch abgeschnittene apikale Zelle wächst zum Antheridium aus. Die Antheridienanlage A hat sich in Fig. 4 und 6 in zwei Zellen getheilt, die Hülle ist noch nicht auf- getreten. Diese entsteht aus der zweiten Zelle unterhalb der Wand 1. Es tritt, in dieser Zelle die der Wand 1 rechtwinklich aufgesetzte Wand 2 auf, die dadurch abgeschnittene Zelle b in Fig. 7 wächst zur Hülle aus, welche in Fig. 3 aus zwei Zellen besteht, resp., wenn man die Insertionszelle, die sich durch eine Längswand getheilt hat, hinzurechnet, aus 4. Zunächst wächst die Antheridienanlage rascher als das Hüllblatt, und bildet, wie z. B. der optische Längsschnitt Fig. 9 zeigt, die Fortsetzung des männlichen Astes. Allmählich aber umwächst die Hülle das Antheridium (Fig. 9 u. 10), der Antheridienstiel krümmt sich. Aus der Endzelle der Antheridienanlage geht der An- theridienkörper hervor. Die Zellenordnung bei seiner Entstehung stimmt, wie Fig. 11 zeigt, offenbar mit der bei den Bryineen überein, es findet sich also eine zweischneidige Scheitelzelle. Dagegen ist die Stielbildung eine andere als bei den gewöhnlichen Laubmoosen. Bei ihnen wird auch der Stiel von der „zweischneidigen“ Scheitelzeille mit aufgebaut, und ist infolge dessen massiger entwickelt, als bei Buxbaumia. Cha- rakteristisch ist, dass bei Andreaea einer der „archaistischen‘‘ Laub- moosformen es bei der Antheridienentwicklung zur Bildung einer Stiel- zelle kommt, die bei weiterem von Quertheilungen begleitetem Wachs- thum sich zu einem dem von Buxbaumia ähnlichen Stiele entwickeln Flora 1892, Suppl.-Bd, 7 98 . würde. Es soll unten gezeigt werden, dass auch bezüglich des Ver- "'haltens des Sporogons die Buxbaumiee Diphyseium Anklänge an An- dreaea aufweisen. Die einzige weitere Form, bei welcher mir eine Stielbildung wie bei Burzbaumia bekannt ist, ist das merkwürdige kleine epiphytische Laubmoos, das ich vor einigen Jahren beschrieben habe!), und das der Kürze wegen als Zphemeropsis bezeichnet sei. Bezüglich der Anpassung an die epiphytische Tiebensweise (welche sich aus- spricht in dem Besitz von Klammerorganen, den merkwürdigen mit einem Anker versehenen Laukknospen, der dorsiventralen Ausbildung der kriechenden Protonemafäden etc.) sei auf das früher Gesagte ver- wiesen und hier nur erwähnt, dass die Antheridien einen zarten, aus einer wenigzelligen Zellreihe bestehenden Stiel besitzen. Die männ- lichen Pflanzen sind auch hier rudimentär und nur Anhängsel des Protenemas, aber besitzen doch mehrere Blätter und mehrere Antheri- dien. Möglich, dass die Antheridienbildung bei Ephemerum eine ähnliche ist. Sie ist nicht näher bekannt. Die äussere Form des Buxbaumia-Antheridiums erinnert, wie die (halbschematische) Figur 22 zeigt, sehr an die der Antheridien von Sphagnum und der foliosen Lebermoose, Was das llüllblatt anbelangt, so ist zu bemerken, dass es von Anfang an chlorophyllios ist, seine braun gefärbten Zell- membranen lassen das männliche Pflünzchen deutlicher hervortreten, und verdecken zugleich das eingeschlossene Antheridium. Bemerkenswerth ist auch die Zellenanordnung im Blatte.- Bekannt- lich sind die Moosblätter bei den Bryineen, soweit die Erfahrungen bis jetzt reichen, dadurch ausgezeichnet, dass sie mit einer „zwei- schneidigen“ Scheitelzelle wachsen. Bei den „Blättern® von Bur- baumia ist diese Art der Zellenordnung schon durch den Verlauf der Zellwände im fertigen Blatte unwahrscheinlich, die Ermittelung der Zellfolge ist durch die starke Wölbung der Blätter, sowie durch die geringe Zahl derselben erschwert; indess ergab sich mit aller Sicher- heit, dass die Zellenanordnung der Blattanlagen hier bei männlichen ‘sowohl, als bei weiblichen Pflanzen von der der Bryineen, abweicht. Fig. 19 zeigt ein junges Blatt einer weiblichen Pflanze in Flächen- ansicht. Es ist durch eine auf der Blattfläche rechtwinkelig stehende Medianwand halbirt und in jeder Blatthälfte ist je eine Antikline auf- getreten. Vergleicht man damit das ältere Blatt, welches in Fig. 18 abgebildet ist, so kann es keinem Zweifel unterliegen, dass eine Scheitel- zelle hier überhaupt nicht zur Ausbildung gelangt, sondern ein System von am Blattscheitel schwach divergirenden Antiklinen vorhanden 1) Morp phol, und biol. Studien, Buitenzorger Annalen VII pag. 66. 99 ist. Eine nähere Beschreibung der Zellanordnung dürfte überflüssig sein. Es genüge hervorzuheben, dass dieselbe mit derjenigen der Bryineen, zu denen Buxbaumia bisher stets gerechnet wurde, nicht übereinstimmt, ‘und mehr an diejenige der akrogynen Lebermoose erinnert, vor allem dadurch, dass die Blattanlage hier zunächst durch eine Medianwand 'halbirt wird. Was die Funktion der Hülle anbelangt, so dürfte sie hauptsächlich als capillarer Wasserbehälter dienen, welcher kleine Wassermengen festhält und dem Antheridium zuführt, bis dasselbe die 'Spermatozoiden entlassen hat, womit die Existenz der männlichen Pflanze überhaupt zu Ende ist. ‘Dass das fertige Blatt ausser- ordentlich einfach gebaut ist, wurde schon hervorgehoben. Es wurden die Gestaltungsverhältnisse der männlichen Buxbaumia- Pflanzen eingehend geschildert, weil hier eine Form vorliegt, die sich in ihrer Örganisationsstufe von der der Fadenalgen offenbar wenig unterscheidet, denn es fehlt, was sonst die Moose charakterisirt: der Stamm. Eine Umhüllung der Sexualorgane kommt ja auch bei Algen vor. Allerdings wohl nur für die weiblichen Geschlechtsorgane, aber für die kurzlebigen männlichen fällt bei im Wasser lebenden Organismen ja auch die Nothwendigkeit eines Schutzes fort, während bei einer Landalge, die unter ähnlichen Verhältnissen lebt wie Bux- baumia, das Auftreten einer Hülle kaum zu verwundern wäre. Diese "Hülle ist offenbar nichts anderes als ein verbreiterter Protonemast, ebenso wie das Flächenprotonema von Sphagnum, (oder wie die Para- physen von Polytrichum) durch Verbreiterung einer Zellreihe — unter welcher Form sonst die Paraphysen aufzutreten pflegen — entstanden sind. Von Interesse ist auch, dass zwei Fälle — ob von männlichen oder von weiblichen Pflanzen muss dahingestellt bleiben, und ist auch weiter nicht von Belang — zur Beobachtung kamen, in denen die Anlage einer Pflanze am Scheitel als Faden weiter wuchs. (Vergl. auch den früher für Ephemeropsis angeführten Fall, Annales de j. b. de Buitenzorg VII pag. 69.) Es fragt sich nun zunächst, wie die einfache Gestaltung der männlichen Buxbaumia-Pflanzen aufzufassen ist. Liegt eine rudimentäre oder eine redueirte Bildung vor? Beide Begriffe lassen sich nicht immer streng trennen, meiner Ansicht nach ist Buxbaumia eine Form, welche auf einer Stufe stehen geblieben ist, welche andere Moose “überschritten haben. Dies ergibt sich sowohl durch den Vergleich mit der weiblichen Pflanze, als wie mit der Entstehung der Stamm- "knospe anderer Moose. So zeigt z.B. Fig. 8 den optischen Längs- ‘schnitt einer jungen Stammknospe von Physcomitrium pyriforme. ö { 100 Zunächst fällt auf, dass der Protonemaast, dessen Endzelle sich zur Stammscheitelzelle umbildet, sehr viel kürzer ist als bei Buxbaumiea, und dasselbe scheint auch bei den anderen daraufhin untersuchten Moosknospen der Fall zu sein (vergl. z. B. die Sachs’schen Ab-. bildungen von Funaria hygrometrica, Bryum argenteum, Barbula ruralis,. " Mnium hornum, Fig. 116, 117, 118, 119 in Goebel, Grundzüge). Bei Physcomitrium ist sofort in der ersten Zelle des Protonemazweiges- die schiefe Wand 1 aufgetreten, wodurch die Bildung einer dreiseitig- pyramidalen Scheitelzelle eingeleitet wird. Auch die Wand 2 findet sich wieder, aber die durch sie abgeschnittene Zelle wächst nicht zum „Blatt“ aus. Vielmehr entsteht dies erst aus einem Segment der Scheitelzelle und zwar bildete sich hier zuerst nicht ein Blatt, sondern eine Zellreihe, d.h. also selbst an der Knospe trat zuerst ein einem Protonemafaden entsprechendes Gebilde auf, was die Anschauung, die Blätter seien eigentlich verbreiterte Protonemaäste zu stützen im Stande ist, und bei der oben erwähnten Ephemeropsis fand ich das. erste Blatt zuweilen als Mittelform zwischen Blatt und Protonema- faden entwickelt (vgl. Fig. 50) d. h. unten befand sich eine kleine Zell- fläche, die oben zu einem langen Protonemafaden (mit begrenztem Wachs- thum, wie es den Protonemaästen hier zukommt) ausgewachsen war. Die weiblichen Pflanzen werden ganz ähnlich angelegt, wie die männ- lichen (vergl. Fig. 14, 15, 16), nur dass hier die Entwickelung der Pflanze nicht sofort nach Auftreten der Wand 1 mit der Bildung eines Antheridium abschliesst, sondern eine Scheitelzelle bildet, aus der weitere Segmente hervorgehen. Die weiblichen Pflanzen (Fig. 12) sind höher entwickelt als die männ- lichen, eine Thatsache, deren biologische Beziehungen auf der Hand liegen. Wie bei den unten zu beschreibenden Trichomanesprothallien die Antheridien, deren Rolle mit der Bildung der Spermatozoiden aus- gespielt ist, direct an den Fäden des Protonema-ähnlichen Prothal- liums sitzen, für die Archegonien, die einen Embryo aufzubauen haben, aber von Anfang an ein Zellkörper angelegt wird, der als Speicher für die vom Embryo benöthigten Baustoffe dienen kann, so finden wir auch die weiblichen Buxbaumia-Pflanzen mit einem freilich äusserst kleinen Stämmchen versehen, das, soweit untersucht, in semem Wachs- thum mit dem der andern Moosstämme übereinstimmt und nur ein Archegonium hervorbringt (Fig. 12 u. 17). Es hat das Stämmchen hier aber gewissermaassen keine selbständige Existenz, da es mit dem Sporo- gonium vollständig abstirbt. Es hat auch einen äusserst einfachen ana- tomischen Bau, und seine Bedeutung für die Ernährung des Sporogons 101 trit! namentlich auch dadurch hervor, dass es später nur als eine knöllchen- ‚artige Hülle um das Saugorgan des Sporogons erscheint. Dieser Zell- körper, der nichts als ein „Archegoniophor“ ist, ist aber nicht von einem, sondern von einer grösseren Anzahl von Blättern umgeben, welche im ‚Stande sind, den Embryo wirksam zu schützen, während die eigenthüm- liche kapuzenähnliche Hülle des Antheridium wie oben erwähnt, wesent- lich als capillarer Wasserbehälter dienen dürfte. Indess sind auch diese Blätter nur Hüllorgane. Auch sie enthalten- kein Chlorophyll, unter- :scheiden sich dadurch also wesentlich von den übrigen Moosblättern. Demgemäss sind sie auch sehr einfach gebaut ohne Spur eines Mittel- nerven etc. Es darf indess aus diesem, schon den älteren Beobachtern ‚aufgefallenen Chlorophylimangel der Buxbaumia-Blätter und ihrem Vor- kommen auf humusreichem Substrat, verwittertem Holz u. s. w. noch nicht geschlossen werden, dass Buxbaumia ein Saprophyt ist!). Denn ‚das Protonema ist reichlich mit Chlorophylikörpern versehen, es bildete in meinen Aussaaten dichte grüne Rasen, die sehr wohl im Stande sind, den Embryo zu ernähren, bis er selbst zu assimiliren im Stande ist, was gerade bei Buxbaumia, wie Haberlandt’s Untersuchungen ‚gezeigt haben, vermöge des reichlichen Chlorophyligewebes der Sporo- ‚gonien in verhältnissmässig hohem Maasse der Fall sein dürfte. Ausserdem ist zu beachten, dass die Auszweigungen des Buxbaumia-?) ‚protonemas ebenso wie die von Diphyscium vielfach mit einander in Verbindung stehen?), eine Thatsache, welche die Stoffzufuhr zu den ‚Stellen des Verbrauchs, wie sie vor Allem bei der Embryoentwickelung ‚stattfindet, wesentlich erleichtern wird. Für den Saprophytismus von Busxbaumia liegt also keinerlei Beweis vor. Aus der Thatsache, dass dies Moos vielfach auf faulenden Baumstümpfen wächst, ist dies noch lange nicht zu schliessen, denn zahlreiche andere, reichlich Chlorophyll führende Muscineen siedeln sich auf solchen Substraten gleichfalls mit ‘Vorliebe an. Ein morsches Holzstück tränkt sich mit Wasser wie ‚ein Schwamm, und stellt so einen günstigen Nährboden dar. Was bei Buxbaumia fehlt, ist lediglich die Assimilationsthätigkeit der Blätter, 1) Wie dies von Haberlandt geschehen ist. vgl. Pringsheim’s Jahrb. XVII, 8.480 ff. Es sei hier daran erinnert, dass, wie oben nachgewiesen, die Bildung der männlichen Pflanzen zweifellos ausschliesslich auf Kosten des chlorophylihaltigen Protonemas erfolgt. Denn meist haben die männlichen Pflanzen ja gar keine eigenen Haarwurzeln, und wo diese vorhanden sind, können sie doch nur eme sekundäre Rolle -spielen, da höchstens eine beobachtet wurde. 2) Wie schon Haberlandt nachwies, Beiträge zur Anatomie und Physiologfe ‚der Laubmoose, Pringsh. Jahrb. XVIL S. 481. 3) Ueber die Jugendzustände der Flora 1889 S. 10. 102 die aber reichlich ersetzt wird durch die des Protonemas. So wenig: also die Möglichkeit der Aufnahme organischer Nahrungsstoffe in Abrede gestellt werden soll, so wenig liegt dafür irgend ein stich- haltiger Beweis vor. ‘Wohl aber wird der Chlorophylimangel der: Blätter mit ein wesentlicher Grund dafür sein, dass die Pflanze auf einem so niedrigen Entwicklungsstadium stehen geblieben ist. Die ersten Blätter der weiblichen Buxbaumia-Pflanzen zeigen keine- besonderen Eigenthümlichkeiten, ihre Zellenanordnung wurde oben be-- sprochen. Die später auftretenden dagegen lassen ihre Randzellen zu Fäden auswachsen, welche durch ihre dieken bräunlichen Zellwände von. den übrigen Protonema unterschieden, und durch schief gestellte Querwände gegliedert sind. Diese Fäden können entweder in der Entwickelung stehen bleiben, oder als echte Protonemafäden weiter‘ wachsen. Sie spielen eine biologische Rolle insofern, als sie ein. Geflecht bilden, das Wasser festhält und ausserdem auch — sofern sie sich zu in den Boden eindringenden Haarwurzeln verlängern — dem. Pflänzchen Nahrung zuführen. Sie sind aber auch in morphologischer: Beziehung von Interesse, indem sie einen weiteren Beleg für die oben. begründete Bezeichnung der Blätter als verbreiteter Protonemaast bringen. Eine Zellfläche, die am Raude leicht in Fäden auswächst, steht dem Faden-Stadium noch verhältnissmässig nahe. Treffen wir: doch ganz dasselbe bei Prothallien von Triehomanes. Die einen Arten haben nur aus verzweigten Fäden bestehende Prothallien, bei andern treten auch Zelltlächen auf, die ausserordentlich leicht am. Rande in Fäden auswachsen. Nach den angeführten Thatsachen kann ich in Burbaumia nicht: “einen reducirten, sondern einen auf einem niedrigen Entwickelungs-- grad stehen gebliebenen Moostypus erblicken. Ausser allgemein. morphologischen Gründen sprechen dafür namentlich auch die folgenden :. 1. Die Sexualpflanzen zeigen deutlicher als bei andern Moosen,. dass sie nichts sind als modifieirte Protonemaäste. 2. Die Entwickelung der Blätter weicht bezüglich der Zellen- anordnung ab von der der übrigen Moose. -..8. Ebenso ist die Gestaltung der Antheridien eine andere, mehr dem Lebermoostypus folgende. 4. Auch die Gestaltung des Sporogons nähert sich bei Diphy-- scium mehr der Gestaltung der archaistischen Moostypen (Sphagnum,. Andreaea, während Buxbaumia, dessen Geschlechtsgeneration so ein- fach gestaltet ist, durch den Besitz einer wohlentwickelten Seta eine höhere Gliederung erreicht hat. Bei Diphyscium dagegen wird ein. 103 eigentlicher Stiel nicht entwickelt, wie bei Anderen. Der untere Theil des Sporogons, welcher nicht zur Kapselbildung verwendet wird, streckt sich nur sehr wenig. Er dient nur dazu sich in das Stämmchen einzubohren. Die Calyptra wird hier wie bei Andreaes auch nur durch die Verlängerung der Kapsel, nicht des Stieles abge- hoben. Bemerkenswerth istauch die Gestaltung des unteren, als Saugorgan dienenden Theiles, des sehr kurzen „Stieles“, welche bei Diphyscium (Fig. 23) untersucht wurde. Die Oberflächenzellen wachsen nämlich zu Schläuchen aus, welche durch Querwände gefächert und sogar verzweigt sein können. Es ist das Sporogonium hier gewissermaassen mit Haarwurzeln versehen, nur dass diese nicht frei im Boden, sondern in das Gewebe des Stämmehens hineinwachsen. An jüngeren Sporogonien von Diphyscium fand ich unterhalb des Saugorganes öfters eine durch Desorganisation des Stammgewebes gebildete Höhlung, die dann wahrscheinlich später von dem Sporo- gonium von dem auch die desorganisirende Wirkung wohl ausgeht, ausgefüllt wird. Auch das Peristom von Buzxbaumia und Diphyscium zeigt einen primitiveren Charakter als das ‘der meisten Bryineen. Es kommt nämlich hier nicht zur Individualisirung einzelner Peristom- zähne. Das Peristom stellt vielmehr eine mit 16 Falten verschene, oben offen kegelförmig gestaltete Haut dar. Es erübrigt noch die Gestaltung der Geschlechtsgeneration von Diphyscium mit der von Buxbaumia zu vergleichen. Die männlichen Pflanzen von Diphyscium stimmen — auch was die Gestaltung der in Mehrzahl vorhandenen Antheridien anbelangt — mit denen anderer Laubmoose überein, es sind wie auch an' den vegetativen Theilen hier „Paraphysen“ vorhanden. Fbenso ist die weibliche Pflanze mit mehreren Archegonien. versehen, und die Blätter zeigen nicht nur eine höhere anatomische Gliederung durch den Besitz einer Mittelrippe, sondern auch — wenigstens auf den allein untersuchten älteren Ent- wickelungsstadien — eine zweischneidige Scheitelzelle. Dies Ver- hältniss ist wohl dahin aufzufassen, dass die Buxbaumieen eine sehr alte Familie sind, von der, soweit wir wissen, nur zwei Formen, Buxbaumia und Diphyscium erhalten geblieben sind. Von diesen ist die eine Buxbaumia auf einem primitiven Gestaltungszustand stehen geblieben. Die andere dagegen hat eine Entwickelung erfahren, welche sie der anderer Moose nahe gebracht hat. Dass die verschiedenen Moosreihen von einem oder mehreren einfachen Stammformen aus- gebend sich so entwickelt haben, wie wir sie finden, muss von vorne. herein in der Beschaffenheit ihres „Idioplasmas“ begründet gewesen 104 sein, die auch, wo keine directe genetische Verwandtschaft vorliegt, doch zu übereinstimmenden Bildungsvorzügen führte. Uebrigens weicht ja auch das Protonema von Diphyscium von dem von Buxbaumia ab durch den Besitz der eigenthümlichen schild- förmigen Assimilationsorgane (vergl. die Abbildung auf Taf. I Fig. 3 Flora 1889) und ein analoges Beispiel für die Erscheinung, dass die wenigen erhalten gebliebenen Glieder einer alten Familie auffallende ‘Verschiedenheiten aufweisen, bietet uns der anatomische Bau der Gunnera-Arten. Die Buxbaumieen bilden denn auch unter den Moosen eine recht vereinzelt stehende Gruppe, es wird vielleielit zweckmässiger sein, sie nicht wie bisher unter das Gros der akrokarpen Bryineen zu stellen, son- dern ihnen ebenso wie den Sphagnaceen und Andreaeaceen eine geson- derte Stellung anzuweisen. Die im Pflanzenreich öfters wiederkehrende 'Thatsache, dass in einem grösseren Verwandtschaftskreis primitive Charaktere bald da bald dort sich erhalten haben, ‘) spricht, wie mir scheint, nicht für einen Stammbaum, sondern für ein strahlenförmiges Auseinandergehen der einzelnen Formen, wobei die Uebereinstimmung derselben durch die stoffliche Uebereinstimmung, wie sie schon im Ausgangspunkt gegeben ist, bedingt wird. 2. Weitere Untersuchungen über die Geschlechtsgeneration der Hymenophylleen. Die einfachsten Gestaltungsverhältnisse der Geschlechtsgeneration der Farne finden wir bei den Hymenophylleen, speciell bei Trichomanen. Die Entwickelung derselben ist bei einigen Arten von mir?), Bower und Giesenhagen?) geschildert worden, es war mir, da sich meiner Ansicht nach an die Geschlechtsgeneration der Hymenophylleen ein ganz besonderes Interesse knüpft, sehr erwünscht, dass ich in Süd- amerika von zwei weiteren Arten Prothallien sammeln konnte. Trichomanes rigidunn. Zahlreiche Keimpflanzen und mit ihnen Prothalliumräschen fand ich in Venezuela auf dem lehmigen Boden am Wege von San Esteban nach der Cumbre de San Hilario. Das Prothallium dieser Art ist 1) Es sei hier z. B. erinnert an Archidium. Wenn man dasselbe als das „pbylo- genetisch am tiefsten stehende Laubwioos“ bezeichnet hat (Haberlandt a. a. O. S. 389), so ist dabei, wie bisher bei allen derartigen Erörterungen nur auf die unge- schlechtliche Generation Rücksicht genommen. 2) Vgl. Studien a. a. 0.8.91 fl, Bower, on the normal and abnormal develop- ments of the oophyte in Triehomanes Annals of botany. Vol. T. 3) Flora 1890 S. 421 ft. 105 durchaus fadenförmig (Fig. 51). Es bildet dichte, dunkelgrüne Rasen auf der Erde, den Protonemarasen eines Laubmooses ähnlich, nur dass die einzelnen Fäden starrer sind, was mit ihrer bedeutenden Wanddicke zusammenhängt. Die ersten Keimungsstadien der Sporen wurden nicht gefunden. Indess wird dies kaum als eine irgend wesentliche Lücke betrachtet werden können, da nicht anzunehmen ist, dass die Keimung anders vor sich geht, als in den früher beschriebenen Fällen, von denen Tr. difusum und palmatifidum eine „tripolare* Entwickelung aus der ‘Spore zeigten, während dies bei T’r. maximum nicht der Fall ist. Es handelt sich, wie nachgewiesen wurde, im ersteren Fall eben um eine frühzeitig eintretende Verzweigung des Prothalliums. — Tr. radicans, ?) ‚dessen Prothallien aus den Sporen cultivirter Exemplare gezogen wurden, keimt wie Tr. maximum (vgl. Fig. 24 u. 25). Es dürfte kaum nöthig sein, den Abbildungen Erläuterungen hinzuzufügen. Erwähnt sei, dass die Theilung nur in den Endzellen der Fäden stattfindet, und dass aus der Spore ausser dem Haupt-Keimungsfaden auch hier weitere entspringen können, namentlich dann, wenn der Hauptfaden beschädigt ist. Die Protonomen wuchsen zwar zu Räschen heran, da dieselben aber selbst nach drei Jahren noch keine Geschlechtsorgane gebildet hatten, wurde ihre Cultur aufgegeben. Die Prothalliumrasen von Zr. rigidum sind gebildet aus ver- zweigten Zellfäden. Es sind wie bei einem Moosprotonema ober- irdische und unterirdische Achsen vorhanden, letztere erreichen indess keine so beträchtliche Entwickelung wie bei den Moosprotonemen, und haben auch nicht die bei den letzteren so häufige — aber wie früher nachgewiesen, durchaus nicht allgemeine — Schiefstellung der Querwände.?) Sie sind chlorophylilos und vielfach mit Stärke ganz vollgepfropft. Die chlorophylihaltigen Fäden sind theils niederliegend, theils aufsteigend, nur spärlich finden sich an ihnen die braunen einzelligen Haftorgane, die bei epiphytisch lebenden Formen natürlich eine viel grössere Rolle spielen. Die Verzweigung der Fäden ist eine zweizeilige, wobei indess keineswegs jede Fadenzelle einen Ast trägt. Die Rhizoiden sowie die Aeste, welche Archegonienpolster tragen, sind an die zweizeilige Stellung nicht gebunden.!) Ehe auf die 1) Vgl. auch die bei Prantl, Unters. über die Gefüsskryptogamen I. abge- bildeten ersten Keimungsstudien. 2) Dass die getüpfelten Querwände der Füden von Protoplasmaverbindungen «Aurchbohrt sind, ist höchst wahrscheinlich. Indess wurde darauf nicht näher geachtet. Die Querwände erscheinen in der Flächenansicht wie feine Siebplatten. 106 ‚ Sexualorgane eingegangen wird, sei noch zweierlei erwähnt: Einmal, dass auch hier, wie in den früher beschriebenen Fällen ausnahmslos eine Vilzinfektion gefunden wurde, und sodann die Bildung von Brutknospen. Der Pilzinfektion unterliegen zwar stets nur einen verhältnissmässig kleine Zahl von dem Boden benachbarten Zellen, aber es wurde andererseits auch keiner der untersuchte Prothallienrasen frei von derselben gefunden. Die septirten Hyphen sind als mehr oder minder dichte Knäuel im Innern der befallenen Zellen leicht nachweisbar; sie zeigen theilweise blasige Anschwellungen. Ob sie wie in anderen derartigen Fällen „Harz“ ausscheiden, wurde nicht untersucht. Darauf dass sie keine ganz harmlosen „Commensualisten“ sind, weist die Thatsache hin, dass die von ihnen befallenen Fadenzellen vielfach, kugelig anschwellen und inhaltsarm erscheinen. Die Prothallien vermehren sich auf ungeschlechtlichem Wege durch Brutknospen, bezüglich deren Form und Entstehung wohl auf die Figuren 32, 33, 34 verwiesen werden darf. Es geht daraus hervor, dass die Brutknospen als zunächst kugelige Zellen (mit dichtem Inhalt) auf den Enden nach oben verjüngter Tragzellen angelegt werden, und dass die Brutknospenmutterzelle dann quer zur Längsachse ihrer Trägerzelle (Sterigma) sich entwickelt, und in eine Anzahl von Zellen getheilt wird. Charakteristisch ist, dass die Zellreihe, aus welcher die Laubknospe schliesslich besteht, die Trägerzelle nicht in der Mitte, sondern nahe dem einen Ende aufsitzt (Fig. 33). Die Antheridien sitzen theils an den Enden der Fadenäste, theils seitlich an denselben. Nicht selten werden ganze Antheridienstände angetroffen (Fig. 31), die sich durch besonders reichliche Antheridien- entwickelung auszeichnen. Zweimal wurde ein Antheridium ange- “troffen, das emen kurzen Fadenfortsatz trug, der wohl nachträglich aus einer Wandzelle des Antheridiums sich entwickelt hat. Die Archegonien stehen an Zellkörpern, welche wir als Archegonienträger oder — mit Bo wer —.als Archegoniophore bezeichnen können (Fig. 26). Dieselben entstehen durch Umbildung eines kurzen Fadenastes in einen Zellkörper. Die dabei stattfindenden Theilungen (Fig. 29, 31, 35) sind schr einfache, es treten nämlich in den einzelnen, durch ihren Proto- plasmareichthum ausgezeichneten Zellen des zum Archegoniophor sich 2) Z. B. aus einer Fadenzelle entspringt ein Ast und mit etwa 900 Divergenz ein Archegoniophor, aus der nächsten Fadenzelle zwei opporirte Aeste, dazwischen ein Archeroniophor, nächste Zelle Archegoniophor und Ast um 90° divergirend. Die Archegoniophore standen in diesem Falle alle auf einer (vielleicht der Schatten-) Seite des Fadens. WT umbildenden Fadens zunächst zwei rechtwinklig gekreuzte Medianwände- “auf, denen sich dann weitere Theilungswände anschliessen.!) Schliesslich. unterliegt auch die Endzelle des Fadens dieser Umbildung, womit dessen Spitzenwachsthum dann abgeschlossen ist (vergl. die Oberansicht Fig. 35). Es sind die Archegeniophore Zellkörper begrenzten Wachs- thums, welche niemals, auch wenn die Archegonien unfruchtbar bleiben, eine Weiterentwickelung aufwiesen. Unterhalb der Arche- goniophore entstehen vielfach Auszweigungen, sodass die ersteren von zwei bis vier Fadenästen umgeben sind, welche zu ihrem Schutze dienen und namentlich auch Wassertropfen festhalten werden. Be- merkenswerth ist, dass die Archegoniophore auch Rhizoiden entwickeln können (Fig. 28), sowie, dass die jungen Stadien derselben ihre Entwicke- lung unterbrechen und ihre Endzelle wieder zu einem Faden auswachsen lassen können, was indess nicht häufig geschieht (vergl. Fig. 27), ein ähnlicher Fall wurde ja oben auch für die Träger der Sexualorgane von Buxbaumia erwähnt. Die Archegonien stehen an ihren Trägern in radiärer Vertheilung (Fig. 26). Sie weisen den andern Filicineen gegen- über in ihrem Baue ebensowenig Abweichungen auf, als die Keimpflanzen (Fig. 51), welche auch eine normal gestaltete, freilich mit schwach. entwickelter Wurzelhaube versehene Wurzel besitzen, ebenso wie dies- bei dem unten zu beschreibenden Trich. sinuosum der Fall ist. An- theridien und Archegonien kommen auf einem und demselben Pro-- thalliumrasen vor, diese sind also monöcisch. Wir sehen also bei Tr. rigidum (und den anderen damit überein-- stimmenden Trichomanes-Arten) ebenso wie bei Buxbaumia bestimmte: Aeste des fadenförmigen Vegetationskörpers dann eine höhere Gliede- rung erreichen, wenn sie Archegonien hervorzubringen haben. Der Unterschied liegt — abgesehen von der Zellenordnung — nur darin, dass die Archegoniophore von Trichomanes nackt, die von Buxbaumia umhüllt sind. Und solche umhüllte Archegoniophore (resp. Anthe-- ridiophore) erscheinen uns als der Ausgangspunkt der Moosstämmchen.- Trichomanes sinuosum. Prothallien von Trichom. sinuosum fand ich in einer Reineultur aufdem Stamm eines Baumfarn bei Morauwhanna (Br. Guiana). Schon Mettenius?) 1) Ganz ebenso ist es offenbar in dem früher (Annales VII Pl. XII Fig. 50* u. 51) von mir abgebildeten Falle, nur dass das Archegoniophor dort einen noch viel: weniger umfangreichen Zellkörper darstellt, als bei Tr. rigidum. 2) G. Mettenius, Ueber die Hymenophyllaceae, Abh. der K. S. Gesellschaft‘ d. Wiss. IX. Bd. S. 492 ff. 108 hat in getrocknetem Material dieser Pfanze Vorkeime gefunden und beschrieben. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass er nur über die gröbere Gliederung der Prothallien genügenden Aufschluss erhalten konnte, während seine Mittheilungen über die, für die vorliegende Frage besonders wichtigen Träger der Archegonien sehr lückenhaft ‚bleiben mussten; sie erschienen mir, schon ehe ich Gelegenheit hatte selbst Prothallien dieser Art zu untersuchen, in mehrfacher Hinsicht ‚als räthselhaft und weiterer Aufklärung bedürftig. Die vegetativen Prothallien bestehen aus zwei Theilen: Fäden und Zellflächen (vgl. Fig. 36). Erstere liegen dem Substrat (den Luftwurzeln des Baumfarnstammes) an, letztere stehen vom Substrat ab. Sie haben ‚ein begrenztes Wachsthum, während die Fäden, soweit sie nicht in Flächen übergehen oder zu Trägern der Archegonien verwendet werden, wohl unbegrenzter Entwickelung fähig sind. Die Fäden bilden auch, wenn der Ausdruck gestattet ist, das eigentliche Gerüste des Vorkeims, nm dem die Zelllächen entstehen, die ihrerseits dann wieder neuen Fäden den Ursprung geben. So zeigt z. B. Fig. 37 den unteren Theil ‚einer Zellfläche, die aus einem Faden entsprungen ist. Die Rand- zellen sind zu Füden ausgewachsen, einzelne auch zu Haarwurzeln W, Jdie sich von den Fäden schon dadurch unterscheiden, dass sie sofort durch .eine Querwand von der Prothalliumzelle abgegrenzt werden, während ‚dieselbe bei den Fäden erst im Verlaufe des Fadens selbst auftritt. Der untere Theil der Prothalliumflächen gibt regelmässig Fäden .den Ursprung, von denen einzelne als solche weiter wachsen, andere in Zelllächen oder Archegonienträger übergehen. Ausser aus dem Rande können im untersten Theile der Prothalliumfläche auch ‚aus der Unterseite Fäden hervorgehen. Gegen den oberen Theil der Zellllächen hin werden die Fäden seltener und verschwinden dann ganz. Indess können kleine Zellflächen sich am obern Rande wieder in Fäden „uflösen (Fig. 45). All das zeigt, dass wir in den Zellfllächen weiter nichts vor uns haben, als verbreiterte Fäden, deren Zellen sozusagen aoch nicht recht unter einen Hut gebracht sind, indem sie leicht zu Fäden wieder auswachsen können.!) Dasselbe wird sich unten auch ‚aus der Vertheilung der Sexualorgane ergeben und bestätigt durchaus die früher gemachte Annahme, dass die Fadenform die ursprüngliche ‚Gestaltung der Ilymenophylleenprothallien darstelle. 1) Es sei hier an das oben über die Blätter der weiblichen Buxbaumiapflanze «Giesagte erinnert, sowie daran, dass auch. an Moosprotonemen (Tetraphis ete.) einzelne Fadeniäste zu Zellflüchen werden und als Assimilationsorgane dienen können. 109° Zunächst seien indess noch einige Figenthünlichkeiten der Zell- flächen erwähnt. Die Zellenanordnung derselben möchte ich nicht näher erörtern und nur erwähnen, dass an jungen Zellflächen eine keilföürmige Scheitelzelle, an älteren dagegen „Randzellenwachsthum*® offenbar in wesentlich derselben Form, wie es in den „Annales" für Hymenophyllum beschrieben wurde, vorhanden ist. Erwähnt sei ferner, . dass die Prothallienflächen meist in melırere spitze Lappen ausgezogen sind (Fig. 36), die an ihrer Spitze Brutknospen tragen. Wie weit verbreitet die Brutknospenbildung bei den Hymenophylleenprothallien ist, geht aus den vorliegenden Arbeiten zur Genüge hervor; sie findet sich bei beiden Gattungen dieser Abtheilung und ausserdem, wie früher gezeigt wurde (Annales a. a. Ö.), auch bei Vittaria und Monogramme, wahrscheinlich auch bei anderen Vittarieen. Die Brutknospen von Tr. sinuatum sind dadurch charakterisirt, dass sie an der Basis (nicht wie z. B. die von Tr. rigidum quer) angeheftet sind. Sie waren in den beobachteten zahlreichen Fällen stets zweizellig, wobei die End- zelle viel kleiner ist, als die basale (vergl. Fig. 42). Indess bleibe dahin- gestellt, ob nicht auch noch weitere Quertheilungen vor dem Abfallen eintreten können. Jede Brutknospe sitzt auf einer kegelförmigen Trag- zelle (Sterigma) und diese Tragzellen sprossen in grosser Menge sowohl aus der ÖOber- als der Unterseite der Prothalliumlappen hervor, die durch Auswachsen von Randpartieen der Zellflächen entstehen (vergl.. die Figuren 43 u. 42). Erwähnenswerth ist auch die Gestalt älterer Randzellen der Pro- thalliumflächen, da dieselbe ungemein charakteristisch ist und auch an den Randzellen der Blätter wiederkehrt. Diese Zellen zeigen nämlich an den freien Aussenwänden Einbuchtungen und unterhalb derselben Ver- diekungen der Zellmembran, auch zapfenförmige Vorsprünge ins Innere kommen an den Seitenwänden nicht selten vor (Fig. 48). Das Vorstehende zeigt, dass die Zellflächen seitliche Bildungen am Fadenprothallium sind, nur eine begrenzte Entwickelung haben, und somit nur als ein etwas abweichend gebildeter Theil des Faden- prothalliums selbst erscheinen. Das zeigt sich nun auch im Auftreten der Geschlechtsorgane. \ Die Antheridien stehen an den Fäden, ebenso wie bei Tr. rigidum, nur selten an Randzellen der Flächen. Von den Archegonien sagt Mettenius (a. a. O. pag. 495) „Archegonien wurden weder bei Tr. ineisum noch bei Tr. sinuosum an den confervenartigen Fäden des Vorkeims aufgefunden, wohl aber an den blattartigen Aus- breitungen desselben, und zwar sowohl an dem Grunde der grösseren 110 :als in der ganzen Ausdehnung der kleineren“. Diese Angabe war ‚mir stets merkwürdig erschienen. Sie erklärt sich daraus, - dass Mettenius an seinem dazu ungeeigneten Material die Entwickelungs- ‚geschichte nicht -verfolgen konnte. Dieselbe zeigt nämlich, dass ‚die Archegonien nicht: an den Zellflächen, sondern an Arche- goniophoren entstehen, die aus — meist sehr kurz bleibenden — Fäden entstehen, mit anderen Worten, dass auch hier die Ge- schlechtsorgane zeigen, dass die Flächenbildung etwas secundäres ist. ‚Gerade die Bildung der Archegoniophore bietet eine Bestätigung meines früher aufgestellten Satzes: „Die phylogenetisch älteste Form .der Protballien der Hymenophylleen ist die verzweigter Zellfäden“ ‚und weiter füllen sie die in Satz II (a. a. OÖ. 8. 109) gelassene Lücke aus, da Mettenius’ Angaben sich eben als unvollständig „erwiesen haben, so dass nunmehr das Bild der Prothalliengestaltung von Trichomanes ein ziemlich abgerundetes sein dürfte. Es liegt nämlich etwas wesentlich Anderes als bei Tr. rigidum hier nicht vor._ Die Arche£’bnien entstehen ursprünglich nicht an Zellflächen, sondern an Zellkör, ern, die sich aus den Enden kurzer Jellfäden bilden. Diese entspringen, meist in Mehrzahl, aus der Basis der Prothalliumflächen (Fig. 36, A), wie ja auch nach dem oben Er- wähnten andere vegetative Fäden hier ihren Ursprung nehmen. Dieselben finden eben vermöge der Assimilationsthätigkeit der Flächen hier die besten Ernährungsbedingungen. Es stehen häufig mehrere Archegonio- plore am unteren Ende einer Fläche. Die Mehrzahl derselben bleibt un- befruchtet, obwohl Antheridien nicht selten auf demselben Prothallium auftreten. Die Angaben von Mettenius nun rühren daher, dass die Archegoniophore im Stande sind, zu Zellflächen auszuwachsen (was wohl nur dann geschehen dürfte, wenn die Archegonien unbefruchtet geblieben sind), geradeso wie die „Fruchtsprosse“ der Anogramme- arten dies thun!). Zunächst aber entsteht ein Zellkörper, der wie erwähnt, das Ende eines Zellfadens bildet (Fig. 49). An diesem Zell- körper bilden sich die Archegonien, und zwar häufig, aber nicht immer,-in dlorsiventraler Vertheilung, d. h. auf der Unterseite und an den Rändern ‚lesselben, wie dies z. B. bei den in Fig. 38 A u. B, sowie 39 abgebildeten Archegoniophoren der Fall ist. Indess ist schon bei dieser Vertheilung die Dorsiventralität oft insofern wenig hervortretend, als die am Rande stehenden Archegonien ihre Hälse nach der leeren Seite des Arche- - goniophors hin richten, und so die Archegonienhälse wenigstens 1) Vergl. bezügl. Anogr. (Gymnogramme) leptopbylla Bot. Zeit, 1877 p. 671 f. „über A. chaerophylia Flora 1889 p. 20 ff. 111 nach allen Seiten hin orientirt sind, andere Archegoniophore aber zeigten eine wirklich radiäre Vertheilung der Archegonien, stimmen also hierin mit Tr. vigidum überein, während die dorsiventrale Ver- theilung den Uebergang bildet zu der Stellung, wie wir sie bei den Archegonien von Hymenophyllum antreffen, welche, wie früher geschildert, auf einem am Rande des sonst einschichtigen Flächen- prothalliums gebildeten Gewebepolster stehen. Zu dieser Gestaltung bietet nun die der Prethallien von Tr. sinuatum in schönster Weise ‚den Uebergang. Ein Prothalliumlappen, wie der in Fig. 41 abgebildete, unterscheidet sich von einem Hymenophylleenprothallium mit rand- ständigem Archegoniumpolster eigentlich nur dadurch, dass er ein begrenztes Wachsthum hat. Zu Stande kommt diese Bildung dadurch, dass vielfach, aber nicht immer die Archegoniophore wie oben schon erwähnt, als Zellllächen weiter wachsen. Dann findet man natürlich die Archegonienpolster auf ihrer Unterseite, resp. am Rande, und solche Zustände allein sind es, welche Mettenius vorgelegen haben. Solche auswachsende Archegoniophore sind in den Fig. 40 u. 46 dar-: ‘gestellt. Bemerkt sei, dass das Auswachsen schon sehr früh, schon nach Bildung eines einzigen Archegoniums, stattfinden kann (Fig. 46). Niemals aber wurde an einer Zellfläche die Bildung eines Archegonienpolsters beobachtet, wie dies für Hymenophyllum zutrifft, wo, wie dies früher schon hervorgehoben wurde, die Bildung derselben in ein späteres Entwickelungsstadium des Prothalliums verlegt ist. Wir brauchen ja zur "anzunehmen, dass an einer Zellfläche eines Prothalliums von Tr. sinwosum nicht erst ein Faden sich bilde, der dann an der Spitze in ein Archegoniophor übergeht, sondern dass dies unter Unterdrückung der Fadenbildung direct aus der Theilung einer (oder mehrerer) Pro- thalliumrandzellen entstehe, um eine grosse Uebereinstimmung mit Hymenophyllum zu haben. Auch kommt dies bei Tr. sinuwosum in der That vor. Statt einen Faden zu bilden, kann eine Prothallium- randzelle direet zur Bildung eines Archegoniophors übergehen. Diesem Extrem steht das andere, gleichfalls beobachtete gegenüber, dass die Archegoniophore nicht an Fäden, die direct aus den Zellflächen, sondern aus andern Zellfäden entspringen, entstehen, ein Fall, der in Fig. 38 abgebildet ist, also vollständig mit dem der rein fadenbildenden Tricho- manesprothallien übereinstimmt. So sehen wir also diese Form die beiden Arten der Prothalliumbildung der Hymenophylleen mit einander verbinden, und die früher gezogenen Folgerungen vollkommen be- stätigen. Sie folgt nach dem Typus der Fadenbildung, hat aber schon Zellflächen begrenzten Wachsthums ausgebildet. Wird die Bildung 112 derselben in ein früheres Entwiekelungsstadium verlegt, und gehen die Archegoniophore auf dieselben in der oben besprochenen Weise über, so erhalten wir die Prothallien von Hyinenophyllum. Diese aber sind, wie aus dem früher (Annales a. a. O.) Geschilderten hervorgeht, von den Prothallien anderer leptosporangiater Farne nicht wesentlich verschieden, denn auch die Vertheilung der Geschlechtsorgane findet sich in ganz analoger Weise bei den Vittaria-Prothallien. Das geht sowohl aus den früher mitgetheilten 'Thatsachen, als auch aus einem neuen Beispiel, welches hier kurz angeführt werden soll, hervor. Es betrifft die Prothallien von Aymenophyllum azillare‘), die ich im Thale des Rio Mucujün bei Merida sammelte. Die Textfigur zeigt, dass es aus emem band- förmigen, reich ver- zweigten Thallus be- steht, von welchem nur ein Stück wiederge- geben ist; die Aus- zweigungen isolirensich durch Absterben des ei Prothalliums von hinten her. Es haben sich an dem sonst einschichtigen Prothallium an fünf Stellen des Randes Zellpolster gebildet, wefche Archegonien tragen?), und zwar hier deutlich auf der Unterseite des Prothalliuns. Da das Gewebe dieser Polster meristematische Beschaffenheit behält, so springt es öfters lappenförmig über den Rand vor, und diese Lappen machen dann mit der Prothalliumfläche häufig einen rechten Winkel. Die Prothalliumlappen selbst aber haben an ihrer Spitze Meristemund ver- zweigen sich, indem eine mittlerePartie desselbeninDauergewebeübergeht. Die U’ebereinstimmung mit Vittaria ist hier ohne Weiteres ersichtlich. Wir sehen also, dass die scheinbar sehr verschiedenen Gestal- tungsformen der J’rothallien leptosporangiater Farne sich in eine, schon bei unseren jetzigen Kenntnissen ziemlich zusammenhängende Reihe anordnen lassen. An dem einen Ende derselben stehen die Tricho- manes-Arten, die, wie das oben geschilderte Tr. rigidum, reine Fa- 1) Die Bestimmung verdanke ich Herrırn &. Baker in Kew. 2) Zwischen den beiden Archegonienständen auf der rechten Seite ist der Rand des Prothalliums eingeschlagen. (Leider ist die Originalzeichnung von dem Zinko- graphen nieht gut wiedergegeben.) 113 denprothallien mit radiären, als Archegoniophore dienenden Zell- körpern besitzen. Bei Tr. sinuatum verbreitern sich einzelne Fadenäste zu Zellflächen und dienen als Assimilationsorgane. Aber die Bildung der Archegoniophore ist auf sie noch nicht übergegangen, diese haben noch ganz denselben Charakter wie bei den Fadenprothallien und stellen sich deutlich als umgebildete Faden- stücke dar. Sie sind aber im Stande flächenförmig auszuwachsen. Geht. nun die Archegonienbildung auf die Fläche über (wie dies gleichfalls ausnahmsweise hier vorkommt) und ist die Fläche nicht begrenzten, sondern unbegrenzten Wachsthums, so erhalten wir die Prothallien von Hymenoplyllum. Ihnen gegenüber erscheinen die als typisch betrachteten herzförmigen Prothallien anderer Farne als ein Speeialfall, der nur durch eine andere Lagerung des Archegonium- polsters — in der Mittellinie des Prothalliums charakterisirt ist. Dieser Specialfall wird übrigens mit dem Verhalten von Hymenophyllum und Vittaria verknüpft durch solche Formen wie Anogramme. Hier haben wir keine herzförmigen Prothallien, das Archegonienpolster (von eigenthümlicher Gestalt) entsteht wie bei Hymenophylium und und Vittaria am Rand einer meristematischen Zellfläche (vgl. Flora 1889 Taf. I Fig. 37 und den zugehörigen Text) und diese Form wieder schliesst sich durch Gymnogramme an das „normale“ Ver- halten an, indem hier zwar auch zunächst nur ein Prothalliumlappen sich bildet, dann aber unter dem randständig gewordenen Meristem ein zweiter Lappen hervorsprosst, so dass nun das Prothallium ein herzförmiges wird. Das in der Einbuchtung des Prothalliums liegende - Meristem also entspricht dem an den Archegonienpolstern von Hyme- nophyllum und Vittaria befindlichen, während die Prothalliumlappen selbst ameristisch geworden sind. Ich verzichte darauf, die Reihe der Prothalliumbildungen weiter im Einzelnen auszumalen, da, wie ich glaube, die Berechtigung einer solchen Reihenanordnung sich aus den mitgetheilten T’hatsachen von selbst ergibt. Hier wie überall kann man die Reihe ja auch umkehren, und das zum Schluss machen, was oben an /den Anfang gestellt wurde. Aber weder biologische noch sonstige Verhältnisse scheinen mir eine solche Umkehrung zu rechtfertigen. Wenn man ein Fadenprothallium von einem Flächenprothallium durch „Anpassung“ ableiten wollte, müsste man doch erst nachweisen, dass die Fadenprothallien von Trichomanes unter anderen Lebensverhältnissen wachsen, als die von Hymenophyllum, was nach unseren heutigen Kenntnissen nicht der Fall ist. Und wie sollte dazu das Verhältniss von Tr. sinuosum passen ? Flora 1892. Suppl.-Bd. 8 114 Wohl aber schliesst sich die einfachste Moosform, wie sie oben für Buxbanmia geschildert wurde, wie mir scheint, ungezwungen an dies niederste Glied unserer Farnprothallienreihe an. Die ÖOrganbildung der Lebermoose und ihre Beziehung zu dem Ausgangspunkte der Archegoniatenreihe zu besprechen wird die Auf- gabe des nächsten Abschnittes sein. Figurenerklärung zu Tafel VIII, IX, X, XI. . 1. Buxbaunia indusiata Protonemafaden mit ansitzender männlicher PHanze 220/1 bei A entspringt aus dem Hüllblatt ein „Rhizeid". g. 2. Buxbaumia indusiata Protonemafaden mit zwei männlichen Pflanzen, die eine (obere) von hinten, die andere (untere) von vorne gesehen 220/1. . 3—5. PBuxbanmia aphylla Fig. 3a Spitze eines Protonemaastes mit jungen, aus zwei Zellen bestehendem Antheridium a und gleichfalls zweizelliger Hülle b ca. 800 Mal vergrössert. 3 b dasselbe um 90 gedreht. Bei d eine seitliche Auszweigung des Protonemafadens (vielleicht zweite nicht weiter entwickelte Blattanlage, die hier aber nur ganz ausnahmsweise auftreten würde): 1. erste, 2. zweite Wand (vgl. das Schema. Fig. 7). g. 4& Junge Anlage einer männlichen Pflanze « Antheridiumanlage 1 und 2 die beiden ersten Wände. 5. Erste Anlage einer männlichen Pflanze: in der Endzelle des Fadenastes ist erst die Wand 1 aufgetreten. .6. Aelteres Stadium (etwas mehr vorgeschritten als 4) « Antheridiumanlage, b Zelle, aus der das Blatt sich entwickelt. . 7. Schema der Theilung der Endzelle des männlichen Astes. .8. Stammknospe von Physcomitrium pyriforme (im optischen Längs- sehnitt) an einem Protonemafaden, 1, 2 erste Wände, bei Ä Anlage eines Haares (statt des ersten Blattes). . 9a. Buxbanumia apıylla. Junge männliche Pflanze. Die Antheridiumanlage ist noch aufrecht und von der Hülle nicht umwachsen. . 9. Optischer Längsschnitt derselben Pflanze. . 10. Buxbaumia indusiata, ähnliches Entwickelungsstudium einer jungen Pflanze, 11. Buxbanmia aphylla. Optischer Längsschnitt einer Antheridienanlage mittlerer Tintwickelung. - . 12. Weibliche Pflanze von Buxbaumia indusiata, welche infolge ausgebliebener Befruchtung des Archegoniuns (a durch die Hüllen durchschimmernd) ver- kümmert ist. . 13. Buxbaumia aphylla, Schnallenbildung am Protonema. g. 14. Buxbaumia apbylla, junge weibliche Pflanze b, erstes, b, zweites Blatt, S Scheitelzelie. . 15. Buxbaumia aphylla, ähnliches Entwickelungsstadium einer weiblichen Pflanze im optischen Längsschnitt. . 16. Buxbaumia aphylla, ältere weibliche Pflanze etwas schief von oben. by, b,, bg, b, Blattanlagen der Altersfolge nach beziffert. S. Scheitelzelle. 17. PBuxbanumia indusiata, weibliche Pflanze im optischen Längsschnitt. - Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. . Fig. Fig. Fig. Fig. * 115 D 18, 19. Buxbaumia indusiata, Flächenansichten von Blattanlagen, 19 b junge Blattanlage einer männlichen Pflanze von der Fläche, 20. Aelteres Blatt, Stück des Randes, dessen Zellen zu Protonemafäden aus- wachsen. . . 21. Buxbaumia aphylla, zwei keimende Sporen, Sp, und Sp, sind mit einander in Verbindung getreten. . 22. Halbschematischer optischer Längsschnitt einer männlichen Pflanze mit reifem Antheridium. 23. Längsschnitt durch ein junges Sporogonium und das Stiimmehen von Diphyscium foliosum. Die Saugorgane am Fusse des Sporogens sind durch Schrafirung angedeutet. . 24 und 25. 'Trichomanes radicans, Fig. 24 Prothallium 6 Monate nach der _ Aussaat. Hro Haarwurzeln. Fig. 25 ein jüngeres Prothallium 4 Monate nach der Aussaat, die unterste Zelle zeigt noch deutlich - die Gestaltung der Spore. 26—85. Trichomanes rigidum. 26. Stück eines Prothalliumfadens, welchem zwei Archegoniophore ansitzen 27. Junges Archegoniophor, dessen Endzelle wieder zum Faden auswächst. 28. Junges Archegoniophor, das an seinem unteren Ende eine Haarwurzel «= trägt, 29 und 30. Junge Archegoniophore von der Seite. 31. Fadenstück mit Antheridien. 32. Ende eines Fadens, an dem Brutknospen sich gebildet haben. Es sind alle Brutknospen mit Ausnahme eines einzigen abgefallen, 7' die Trägerzelle der- selben. 33. Brutknospentragendes Fadenbüschel aus einen kurzen Seitenaste hervor- gegangen, schwächer vergrüssert. Die einzige noch ansitzende Brutknospe ist vierzellig. g. 34. Jüngeres Entwickelungsstadium eines Brutknospenbüschels. . 35. Aelteres Archegoniophor von oben. Vier Archegonienansätze in radiärer Vertheilung sichtbar, 36—49. Trichomanes sinuosum. g. 36. Habitusbild eines Prothalliums vergrüssert, Ts besteht aus einer Fläche, deren spitz zulaufende Auszweirungen Brutknospenbüschel tragen. Aus ihr entspringen Fäden (nur durch dunklere Striche angedeutet), an deren einem eine neue Fläche entstanden ist. Bei « entspringt an der Basis der grösseren Prothalliumfliche ein Archegoniophor. Die Haarwurzeln sind in der Figur nicht angedeutet. 37. Basis einer Zellfläche, die ihrerseits aus der Verbreiterung eines Fadenastes hervorgegangen ist und weiteren Fäden den Ursprung gibt. w Haarwurzeln. . 38a und 38b. Stück eines Prothalliumfadens in verschiedener Ansicht, an welchem zwei Archegonioplore sitzen. ig. 89, Ein Archegoniophor von vorne gesehen, zwei Archegonien stehen seitlich, eines (das hintere) oben. ig. 40, Basis einer Zelltläche niit einem flächenförmig ausgewachsenen Archegoniophor, an dem die Archegonien auf der Unterseite stehen. ige. 41. Anderes flächenförmig ausgewachsenes Archegoniophor, stärker vergrössert. ir. 42, Prothalliumlappen mit Brutknospenbüschel. 43. Jüngeres Entwickelungsstadium eines solchen. g* Fig. Fig. Fig. . 44. Optischer Längsschnitt eines Archegoniophor, welches, nachdem es nur eiw Archegonium gebildet hat, zur Flüche auswächst, . 45. Zellfläiche an der Spitze in zwei Fäden auswachsend. . 46. Unterer '['heil einer Zellfläche, auf derselben ein Archegoniophor mit Arche-- goniumanlage, die Ansatzstelle des: Archegoniophors schimmert durch (punktirt). 47. Unterer Theil einer Zellfläche. Ein aus ihr entsprungener Faden ist an. seiner Spitze in eine Zellfläche übergegangen. . 48. Randzelle einer. Zellfiäche. 49. Archegoniophor (aus dem Rand einer Zellfläche entspringend) von unten. 50. Stück einer jungen Pflanze von Ephemeropsis tjibodensis G. Es ist nur ein ‚Blatt ausgezeichnet, dessen Spitze in einen Protonemaast übergegangen ist. Unter demselben eine rudimentäre Blattfläche. . 51. Trichomanes rigidum. Habitusbild eines Prothalliums (nur ein kleiner Theif der Fäden gezeichnet) mit Archegoniophoren (A), an deren einem eine Keim- pflanze sitzt. ’ Zur Chemie der Proteosomen. Von 0. Loew und Th. Bokarny. Es wurde früher von uns mitgetheilt, dass durch Coffein und ‚Antipyrin in lebenden Pflanzenzellen kugelige Ausscheidungen — Proteosomen von uns genannt — hervorgerufen werden können, welche zu grösseren Tropfen verschmelzen, äusserst leicht veränder- lich sind und viele Eigenschaften mit Eiweisskörpern gemein haben. Wir nannten diesen Stoff: actives Eiweiss. Das Produkt hin- ‚gegen, in welches dieser Stoff sich äusserst leicht umwandelt und welches das ganze Verhalten eoagulirter Albuminstoffe zeigt: passives Eiweiss. Die Zellen können in halbprocentigen Lösungen jener Basen mehrere Tage lebend bleiben und beim Versetzen in reines Wasser unter Lösung der Kugeln wieder in den ursprünglichen Zustand zurück- ‘kehren. . Andere organische Basen und deren Salze, sowie Ammoniak und Kali können zwar bei grosser Verdünnung ebenfalls Ausscheidungen ‚erzeugen; dieselben verschmelzen aber nicht zu grossen Kugeln und werden sehr bald fest und unlöslich. Offenbar liegen hier innigere Ver- ‘bindungen des Eiweissstoffes mit den Basen vor, als dort!). Wir werden hier lediglich die durch Coffein oder Anti- pyrin hervorgerufenen Proteosomen behandeln, welche den ‚activen, leicht veränderlichen Proteinstoff noch als solchen oder in äusserst locker polymerisirtem Zustande enthalten. Vor Kurzem wurden von P. Klemm diese Gebilde ebenfalls zum Gegenstande ‚einer Untersuchung gemacht?) und manche unserer Beobachtungen 1) Vgl. O. Loew und Th. Bokorny, Botan. Centralbl. 1889 Nr. 45. 2) Flora, 1892, Heft IIT. 118 bestätigt, manche aber angezweifelt, wesshalb wir hier gelegentlich. auf seine Mittheilung eingehen. Die Befähigung zur Proteosomenbildung ist im Pflanzenreiche- sehr weit verbreitet, sie findet sich nicht nur bei verschiedenen Algen-- arten, sondern auch bei den verschiedensten Organen und Geweben höher stehender Pflanzen, z. B. bei Staubfäden von Eugenia und Melaleuca, bei jungen Blättern von Mimosa pudica und Nymphaea zanzibarensis, bei jungen Petala von Drosera, Cyclamen, Tulipa, bei gewissen grossen Zellen der Vallisneria-Blätter, bei der Epidermis von. Primula sinensis, bei unreifen Schneebeeren und jungen Haaren ver-- schiedener Pflanzen. Mikroskopische Dauerpräparate stellt man am besten so her, dass man die Objecte (starke* Cuticula schabt man thunlichst ab) zuerst einen Tag in einer 0,5 procentigen Coffeinlösung liegen lässt, hierauf ebensolange in einer 0,1 procentigen Ammoniaklösung‘),. dann nach Extraction von Fett und Chlorophyll durch Aether-Alkohol. in äusserst verdünnter Methylgrünessigsäure färbt und in mit Essigsäure‘ angesäuertem verdünntem Glycerin einbettet. Solche Präparate von Spirogyren oder Petala von Drosera sind geradezu überraschend. Die Zeit des Eintritts der Reaction hängt natürlich vom Em- dringen des Ooffeins ab. Oft genügen wenige Minuten, bei gewissen Objecten kann es weit länger dauern, selbst wenn man die Coffein-- lösung bei 15—18° gesättigt (1,3°/o) nimmt. Was die Lage der Ausscheidungen betrifft, so bilden sie sich bei Spirogyren und manchen sonstigen Objeeten sowohl im Cyto- plasma als auch im Zellsaft, bei andern nur im Cytoplasma oder nur im Zellsaft. Dass sie bei Spirogyren auch im Plasma auf- treten, erhellt schon daraus, dass man sie bei hoher Einstellung oft über dem Chlorophyliband liegen sieht. Klemm meint dagegen,. die Plasmolyse allein könne hier entscheiden (was entschieden zu weit gegangen ist) und fügt hinzu (l. c. S. 408): „Diesen Weg hat Bokorny bei Spirogyren verfolgt und kommt zu dem Ergebniss, dass hier sowohl im Plasma wie im Zellsaft Ausscheidungen gelegen sind, was ich bei den darauf angestellten Versuchen bestätigt 1) Bei dieser Ammoniakbehandlung gewahrt man an den Proteosomen — be- sonders bei kleineren Spirogyraarten — oft die Bildung sackartiger „Auswüchse“ was wohl darauf beruht, dass zuerst die äusserste Hülle der Kugeln erstarrt und bei ihrer Contraction den flüssigen Inhalt herauspresst, der nun momentan auch erstarrt. Bei andern Objeeten gewahrt man manchmal Risse in der zuerst entstehenden Hant.. Vgl. übrigens auch O.L. und Th. B. in Biol. Centralbl. XL 8.10. 119 fand“). Im Uebrigen hat der Eine von uns (B.) nicht bloss diese Methode angewandt, sondern auch eine andere ebenso beweisende und dabei einfachere, nämlich die durch Reiz erfolgende Vacuolen- wandcontraction, welche bei vielen Objeeten ohne Weiteres eintritt durch 1 promille Coffeinlösung selbst?). Es ist das eine höchst merk- würdige Erscheinung, ein besonderer Fall von Aggregation, der zugleich an Plasmolyse erinnert, aber doch davon verschieden ist; denn durch eine nur 0,1 procentige Coffeinlösung kann wohl keine gewöhnliche Plasmolyse eingeleitet werden. Klemm hat freilich diesen Fall nicht in Betracht gezogen. - Die Eiweissnatur der Proteosomen kann wohl nicht bestritten werden, wenn wir auch zugeben, dass mancherlei andere Stoffe des Zell- saftes in denselben eingeschlossen werden können. Wir haben ja längst selbst darauf hingewiesen, dass Gerbstoff und Lecithm darin oft vorhanden sind?). Was zunächst eine Verwechslung mit Gerb- stoffniederschlägen betrifft, so ist eine solche wohl kaum denkbar. Das gerbsaure Coffein besteht zwar aus minimalen Kügelchen, sie fliessen aber nicht zu grossen Tropfen zusammen; es löst sich ferner mit Leichtigkeit bei Behandlung mit Ammoniak, während die Coffein- protegsomen im Gegentheil dadurch einen so hohen Grfa von Beständig- keit annehmen, dass sie in kochendem Wasser weder schrumpfen, noch ihre Kugelform in irgend welcher Weise ändern. Das gerbsaure Antipyrin bildet einen äusserst feinen pulverigen Niederschlag, eben- falls leicht in verdünntem Ammoniak löslich. Ein Aggregationsvorgang, der sich am activen Eiweiss abspielt, hat einen ganz anderen Charakter als die Bildung eines solchen Niederschlags. “Der direete Nachweis der Eiweissnatur der Proteosomen durch die bekannten mikrochemischen Reactionen stösst bei sehr kleinen Kügelchen allerdings auf Schwierigkeiten, nicht aber bei den grösseren zusammengeflossenen Tropfen. Sehr deutlich und intensiv 1) Dem gegenüber lautet es befremdend, dass Klemm kurz vorher schreibt: „Diese Beobachtungen bedürfen einer Controlle.‘ 2) Th. Bokorny, Pringsh. Jahrb. XN. Heft 4 8) Auf das Vorhandensein von Leeithin (das Klemm bezweifelt) schlossen wir aus der Schwärzung mit äusserst verdünntem Oswmiumtetroxyd, auf welches in gleicher Zeit Gerbstoff nicht mehr wirkt. ‘Wenn es uns gelungen sein wird, lecithin- reiche Spirogyren zu züchten (bei Abwesenheit von Gerbstoff), werden wir unsere Folgerung noch besser begründen. Dass übrigens den Zygnemaceen Leeithin nicht feblt, haben wir früher gezeigt. (Pflüg. Arch. 25, 156. Journ. f. prakt. Chem. 36» 273). Wir haben in Zygnema ausser Leeithin noch Cholesterin und Bernstein- säure nachgewiesen. 120 erhält man Millon’s-Reaction, wenn man die Objecte 8 bis 10 Stunden in einer mit nicht zu wenig Kaliumnitrit versetzten ziemlich eoncentrirten Lösung von Mercurinitrat liegen lässt, um dem Reagens Zeit zu geben, in die (coagulirten) Kugeln einigermaassen einzudringen, hierauf kurze Zeit zum Sieden erhitzt. — Die Biuret-Reaction gelang Klemm nicht, weil die frischen Proteosomen sich leicht in Kalilauge lösen. Wenn man aber die durch Ammoniak fixirten Proteosomen!) nimmt, so gelingt die Reaction sehr gut. Man lässt auf diese ca. 12 Stunden bei 16—18° eine mässig concentrirte Lösung von essigsaurem Kupfer einwirken und betupft die abgewaschenen Objecte mit sehr verdünnter Kalilauge. Die Gelbfärbung mit Jod?), die Blutlaugensalzreaction und die Farbstoffspeicherung auch bei gerb- stofffreien Proteosomen haben wir früher ebenfalls schon beschrieben 3). Interessanter und noch charakteristischer ist aber das ganze sonstige Verhalten. Verdünnte Säuren, welche die Zellen rasch tödten, führen auch die Proteosomen rasch in einen wasserunlöslichen Zustand über. In diesem Zustande wirkt selbst eine 10 procentige Phosphorwolfram- säure nicht lösend, sie bleiben nach Wochen ungelöst und undurch- , sichtig, während eine 10 procentige Salzsäure bei 18° nach mehreren Tagen aufquellend und schliesslich lösend wirkt, was nun genau dem Eiweisscharakter entspricht. Auch im Verhalten gegen kochendes Wasser, sowie gegen Alkohol finden wir wieder die Analogie mit Eiweissstoffen. Wenn es auch richtig ist, dass man häufig die Coagula nicht mehr deutlich erkennen kann, wenn man Objeete mit Proteosomen direct in kochendes Wasser taucht, so werden doch die coagulirten Kugeln sehr schön sichtbar, wenn man vor dem Eintauchen dem kochenden Wasser noch 1—5°% Kochsalz zusetzt. Es ist ja eine bekannte Thatsache, dass sehr salzarme Eiweisslösungen beim Kochen nieht gerinnen und erst Zusatz von neutral reagirenden Salzen. sofortige Coagulation zu Stande bringt. Das ist z. B. der Fall beim Eiweiss der Eier der Nesthocker, wenn man es mit dem 4fachen Vol. Wasser verdünnt und kocht. Erst Salzzusatz bedingt hier Gerinnung. Durch verdünnten Alkohol werden die Proteosomen bald in den unlöslichen Zustand übergeführt, nach kurzein Verweilen in 1Oprocentigem Weingeist sind die Kugeln trübe geworden und geschrumpft. Unter 1) Siehe oben bei „Dauerpräparate". 2) Da Antipyrin selbst Jod unter Bräunung bindet, so sind hiezu nur die Coffein- proteosomen verwendbar. 3) Botan. Centralbl. 1889 Nr. 39. 121 den Mikroskop lässt sich die Umwandlung beim Behandeln mit 10 bis 20 procentigem Weingeist an Spirogyren sehr schön verfolgen. Die gebildeten compacten Massen oder auch Hohlkugeln werden weder von Wasser noch von absolutem Alkohol gelöst. Verfährt man dagegen so, dass man die Objeete sofort mit 80-90 procentigem Alkohol behandelt, so wird das Coffein (resp. Antipyrin) den Zellen so rasch entzogen, dass die meisten Proteo- somen schneller sich wieder lösen), als Coagulation erfolgen kann, wozu eben doch das Eindringen einer grösseren Alkoholmenge erforderlich ist. Man sieht dann nur an Stelle der grösseren Proteosomen ein dünnes Gerinnsel, kleinere scheinen völlig verschwunden zu sein. Das feine Coagulum ist eben durch den ganzen Zellinhalt vertheil. Klemm hat diese Erscheinung als eine Lösung durch Alkohol aufgefasst und dess- halb die Eiweissnatur des Proteosomen anzweifeln zu müssen geglaubt?). Mässig concentrirte Natronlauge wirkt lösend auf die Proteosomen. Verdünntes Ammoniak (0,1%) wandelt sie in feste Kugeln um, welche durch Druck in Stücke zerbrechen. Die so veränderte Substanz kann durch 10 procentige Salzsäure erst nach längerer Digestion bei 80° in Lösung gebracht werden, welcher Lösung wohl chemische Veränderungen vorausgehen werden. Durch dieses Verhalten zu Ammoniak ist jener Eiweissstoff der Preteosomen scharf vom gewöhnlichen Eiweiss unterschieden, welches gegen ver- dünntes Ammoniak ganz indifferent ist. Die Eigenschaften jenes Produktes sind nicht etwa diejenigen einer salzartigen Verbindung, sondern solche, wie wir sie in vielen Amidoderivaten wahrnehmen. Wieder ganz verschieden von diesem mit Ammoniak erhaltenem Produkt sind diejenigen Proteosomen, welche nach dem Absterben der Zellen eine „spontane“ Umänderung erlitten haben. Lässt man z. B. Spirogyren 5—6 Tage in einer 0,5 proc. Coffeinlösung, so fangen cinzelne Zellen an abzusterben und die darin vorhandenen 1) Wir haben ja schon früher nitgetheilt, dass z. B, beim Eintauchen der Ob- jecte in 250 warmes Wasser die Lösung der Coffeinkugeln durch Coffeinentziehung blitzschnell erfolgt. - 2) Das Verhalten zu Verdauungsfermenten ist ebenfalls einer Prüfung werth. Es wurde bis jetzt so viel beobachtet, dass Pepsinsalzsäure nach mehrtägiger Digestion die in 400 warmer Coffeinlösung zur Gerinnung gebrachten Spirogyra-Proteo- somen löste, allein der Controllrersuch mit Salzsäure allein ergab ebenfalls Lösung. Es bleibt noch nachzuweisen, dass dort Peptonisirung stattfand, hier aber nicht. Mit Ammoniak behandelte Coffeinproteosomen dagegen wurden nicht angegriffen, was nicht Wunder nehmen kann, denn es wird auch die Phosphorsäureverbindung des Albumin (das Nuelein) nicht verdaut. 122 Proteosomen werden hierauf zuerst trübe von zahlreichen kleinen Hohlräumen, allmählich aber unter bedeutender Contraction wieder durchscheinend, wobei die Hohlräume wieder verschwinden oder zu eimigen wenigen sich vereinigen‘), Manchmal beobachtet man auch die Bildung eines einzigen grossen Hohlraums ohne Contraction der Kugel. Bei diesem „Absterben“ der Proteosomen wird zuerst die äusserste Schichte ergriffen und in eine feste Haut verwandelt. In einen solehen Stadium befindliche Zellen hinterlassen bei verschiedenen Einwirkungen die häutige Hülle. Der merkwürdige Umstand, dass beim Absterben der Zellen auch die Proteosomen bald früher, bald später — öfters schon wenige Minuten nach dem Tode — eine Ver- änderung erleiden, wird von Klemm nicht berührt und doch ist das gerade das Interessanteste an den durch Coffein oder Antipyrin her- vorgerufenen Proteosomen! Während die glänzenden flüssigen Coffeinproteosomen in noch lebenden Zellen Ammoniak binden, sind die durch das Absterben der Zellen fest gewordenen Proteosomen gegen Ammoniak indifferent. Jene frischen Proteosomen verschwinden bald, wenn die Zellen mit verdünnter Sodalösung behandelt werden, diese aber bleiben feste kugelige Gebilde; dort kann eben während des Absterbeprocesses die Soda mit einwirken, hier aber ist der Gerinnungsprocess vorher schon vollendet. Die Kugeln der noch lebenden Zellen lösen sich beim Erwärmen mit Wasser bei 25—30° rasch und völlig auf, die- jenigen der bereits abgestorbenen Zellen aber bleiben dabei ganz unverändert. Jene weisen manche Eigenschaften auf, welche den gewöhnlichen Eiweissstoffen nicht zukommen, diese aber zeigen alle Eigenschaften der gewöhnlichen geronnenen Eiweiss- stoffe. Jener active Eiweissstoff ist in einen passiven umge- wandelt. Stoffe, welche schädlich auf die Zellen wirken, verändern auch auffallend rasch die Coffeinproteosomen. Manchmal genügt es, eine 1 promille Essigsäurelösung 15 Minuten wirken zu lassen, un die frischen glänzenden Proteosomen undurchsichtig zu machen. Eine 2proe. Blausäure wandelt die frischen Proteosomen bald in Hohlkugeln um. Werden einprocentige Lösungen von schwefel- saurem Diamid oder salzsaurem Hydroxylamin mit Soda genau 1) Seltener beobachteten wir, dass die Proteosomen schon vor dem Tode der Zellen sich veränderten und die unlösliche Form annahmen. Die frischen fJüssigen Proteosomen sind offenbar sehr wasserreich, während die durch Umwandlung daraus gebildete feste Substanz ein weit geringeres „Imbibitionsverinögen‘ besitzt. 125° neutralisirt und Spirogyrafäden mit Proteosomen eingelegt, so sind letztere nach 15 Minuten geronnen und trübe‘). Neutraler Formaldehyd (10°) tödtet die Zellen momentan und bald darauf sieht man auch zahlreiche und kleine Höhlungen in den Kugeln sich bilden, denselben ein stark trübes Ansehen verleihend. Von Kalilauge werden diese Kugeln nun sehr schwer angegriffen, ganz wie die Verbindung von Formaldehyd mit Propepton, welche der eine von uns einmal darstellte 2). Wenn man Spirogyrafäden, grosse Coffeinproteosomen enthaltend, dem Dunste von Aether aussetzt, so ist nach einigen Secunden der Tod der Zellen eingetreten und wenige Minuten nachher fangen auch die Proteosomen des Zellsaftes an, durch zahlreiche kleine Höhlungen trübe zu werden und nach 20 Minuten sind fast sämmtliche Proteo- somen angegriffen. In kochendem Wasser verändern sich diese Ge- rinnsel nicht, sie werden nicht gelöst, in Alkohol schrumpfen sie zu häutigen Massen, in Kalilauge quellen sie bald auf. Aber auch wenn noch nicht zu Proteosomen geballt, verändert sich der Eiweisskörper der Vacuolen sehr rasch. Wenn man z. B.. mehrere Fäden von Spirogyra Weberi mit einer sehr verdünnten, schwach gelben Jodlösung eine Minute in Berührung lässt, so kann man’ mit Coffein noch in allen Zellen sofortige Proteosomenbildung erzeugen. Lässt man jene Jodlösung aber 4 Minuten wirken, so reagirt nur noch ein Theil der Zellen, nach 10 Minuten dauernder Wirkung aber gibt keine einzige Zelle mehr Spuren von Proteosomen mit Coffein?). Nun könnte man einwenden,. der Proteosomen liefernde Körper sei eben herausdiosmirt bei dem Tode des permeabel werdenden Plasmaschlauches. Wenn das wahr wäre, so müssten doch die Proteosomen mit der Flüssigkeit erhalten werden, in der die Fäden sich zur Zeit des Absterbens befanden. Allein man erhält selbst dann, wenn man möglichst viele Fäden in nur einigen Tropfen sehr verdünnter Jodlösung absterben lässt, keine- Spur von Proteosomen in der die sterbenden Fäden umgebenden 2) Ueber die Giftwirkung jener Substanzen vgl. O. Loew, Pflüg. Arch. 32,. 114, und Ber. D. Chem. Ges. 23, 8208. 2) O. Loew, Jahresber. f. Thierchemie 1888 S. 273. 3) Klemm theilt eine Beobachtung mit, dass chloroformirte Zellen noch mit Coffein Proteosomen lieferten. Die Objecte lagen 5—10 Minuten in halbgesättigtem Chloroformwasser, Dieser Versuch beweist aber lediglich — falls die Zellen wirklich schon abgestorben waren —, dass die Veränderung des Zellsafteiweisses etwas lang- samer erfolgt, als das Absterben des Plasmas, was wir ja auch beim Aetherrersuch erwähnten. Ein paar Minuten später hätte er schon vielleicht keine Reaction mehr‘ bekommen. 124 Flüssigkeit. Es bleibt also keine andere Alternative als die, dass sich der Proteosomen liefernde Stoff verändert hat und dess- halb der Contactwirkung nicht mehr zugänglich ist (sich nicht mehr polymerisiren kann). Das gilt auch für die Silberreaction bei gerb- stofffrei gezüchteten Spirogyren!). Bei solchen silberreducirenden Spirogyren lässt sich nach Kochen mit selbst sehr wenig Wasser keine Spur eines reducirenden Stoffes im Filtrat nachweisen, während doch die lebenden Zellen reduciren?), die ausgekochten aber nicht. Wenn Klemm hier meint (l. ce. 8. 407): „Die Ausscheidungen sind desshalb zur Reduetion befähigt, weil sie durch den Ausscheidungs- vorgang in concentrirtem und localisirtem Zustand erhalten, an der Diffusion verhindert werden“, so müssen wir diese Ansicht als unzu- treffend bezeichnen. — Der reducirende Stoff hat offenbar durch Atomverschiebung die reducirende Gruppirung eingebüsst, ein chemisch sehr leicht denkbarer Vorgang! Dass der labile Stoff der Vacuole sich leicht verändert, kann ja an den Proteosomen mit dem Mikroskop verfolgt werden: die flüssigen Kugeln werden fest und hohl, sowie resistent gegen verschiedene Einflüsse. ‚Diese physikalischen Veränderungen hängen offenbar von chemischen ab. Mit dem Einwand, dass sich die Vorgänge in den Zellen der Forschung ent- ziehen und dass unbekannte local getrennte Stoffe sich beim Tode mischen, ist nichts gedient. Die Proteosomen entstehen ja sogar im local getrennten Medien: im Cytoplasma und Zellsaft! Wir behaupten nun keineswegs, dass in den verschiedenen Objecten stets ein- und dasselbe active Eiweiss vorkommt oder dass in einer Felle stets nur ein activer Eiweisskörper vorhanden ist. Es gibt einer- seits offenbar viele stereochemische Isomere des coagulablen Albumins?), die alle aus dem gleichen Pepton entstehen können — je nach dem Verlauf der Polymerisation —, anderseits können in manchen Zellen auch ‚die Vorstufen : actives Pepton, actives Propepton, sowie active Nueleinver- bindungen vorhanden sein, wesshalb wir auch schon vor mehreren Jahren den allgemeineren Ausdruck: „actives Protein“ benützten. Der Grad der flüssigen Beschaffenheit, sowie der Grad der Fällbarkeit des Vacuo- lenproteins durch Salze bei plötzlichem Abtödten der Zellen (bei Jod- zusatz z. B.)') mag von jenen Beimengungen bedingt sein. 1) Botan. Centralbl. 1839 Nr. 39. 2) Nach voraufgehender Grannlation durch das NHz der Silberlösung. 3) Die gröberen chemischen Mittel reichen hier freilich nicht aus, die Unter- ‚schiede festzustellen. ö 4) Hierüber wird der Eine von uns später Weiteres berichten. 125 Physiologische Beziehungen des in der Vacuole gelösten activen Proteins. Wenn das active Protein des Zellsaftes zur Bildung des lebenden Plasmas in naher Beziehung steht, so muss es durch Förderung des Wachsthums bei gleichbleibender oder noch besser ver- hinderter Eiweissbildung bald verbraucht werden. Ander-- seits muss sich eine bedeutende Speicherung nachweisen lassen, wenn. die Eiweissbildung mehr begünstigt wird als die Wachsthumsvorgänge. . Das lässt sich nun mit unserer Coffeinreaction leicht bestätigen. Wir haben schon früher eine Nährlösung angegeben, welche das Wachs- thum rascher fördert als die Eiweissbildung!), noch besser aber ist folgende, in welcher die Nitrate völlig fehlen: 0,05%, Caleiumsulfat 0,02°/, Caleiumbicarbonat 0,52%, Magnesiumsulfat 0,005 9% Monokaliumphosphat Spur Eisenchlorid. In mehrere Liter dieser Lösung bringt man eime nur geringe Spirogyrenmenge (Spir. Weber). Nach mehreren Wochen Stehen im zerstreuten Tageslicht bei 16—18° liefern die stärkearmen Zellen nur noch leise Spuren punktförmiger Ausscheidungen mit Coffein. Es fehlen die Stickstoffverbindungen, Eiweissneubildung ist also unmöglich und die wachsenden Zellen sind lediglich auf das bereits gespeicherte active Protein angewiesen, das allmählich völlig verbraucht wird. Eine bedeutende Speicherung dagegen gelingt, wenn man bei Gegenwart aller Nährsalze besonders die Menge des Kaliumnitrats vermehrt,. indem dadurch die Kohlenstoffassimilation zunächst bedeutend angeregt wird und die dadurch in grösseren Mengen disponibel werdende Glucose auch die Dissociation und Reduction der Sulfate und Nitrate, resp. die Eiweissbildung energisch befördert, so dass man bei An- wendung einer eiweissarmen Spirogyra schon nach einigen Wochen eine überaus starke Proteosomenbildung mit Coffein erzielen kann.. Eine solche Nährlösung ist z. B.: 0,05% Kaliumnitrat 0,03°/ Caleiumnitrat 0,005 °/ Magnesiumsulfat 0,005 %/, Monokaltumphosphat Spur Eisenchlorid. 1) ©. Loew und Th. Bokorny, Biol. Centralbl. IX Nr. 1. 126 In dieser Lösung ging bei Spirog. nitida und Sp. majuscula die Eiweissbildung so rasch vor sich, dass keine erhebliche Stärke- menge mehr gespeichert wurde, sondern alles gebildete Kohlehydrat in Form von Glucose zu Eiweissbildung diente!), Nach 24 Tagen zerfielen die Algenfäden in kleine Stücke und einzelne Zellen — wahrscheinlich wegen gesteigerten Turgors. Coffein brachte bei der Spirogyramajuscula danngeradezuenormeAusscheidungen hervor, ja schon ohne Coffeinbehandlung sah man in vielen Zellen dieser Alge kugelige Ausscheidungen! Es lässt sich ferner leicht beobachten, dass ceteris paribus schon Temperaturverhältnisse einen erheblichen Einfluss auf die Menge des gespeicherten activen Proteins ausüben. So beobachteten wir bei Spyrogyra majuscula, welche im botanischen Garten zu München wuchs, im September, als nach länger andauerndem heissem Wetter plötzlich eine 8 Tage dauernde nasskalte Witterung (8—10°C.) ein- trat, ein auffallendes Ansteigen der Proteinmenge im Zellsaft. Offenbar war das Wachsthum mehr beeinträchtigt worden als die Eiweissbildung. Als nun wieder heisses Wetter folgte, war bald mit Coffein nur eine auffallend geringe Proteusomenbildung im Zellsaft zu beobachten (die Abnahme der Reaction im Cytoplasma?) war weniger merklich). Zu Anfang des Frühjahres bemerkt man ferner eine bedeutende, in Mitte des Sommers nur geringe Speicherung bei den Spirogyren. Klemm schliesst freilich aus einem Versuche, dass das active Eiweiss der Zellvacuole nichts für das Wachsthum der Zellen bedeute, allein einerseits beweisen unsere Versuche das Gegentheil, anderseits ist sein Versuch nicht einwandfrei. Er züchtete Spirogyren in Kn op ’scher Nährlösung von 1/s°/oo Salzgehalt und einem Coffeingehalt von 0,01% bis 0,001°/. Er beobachtete dabei Wachsthum, trotzdem das active Eiweiss durch Coffein in Kugeln ausgeschieden war, und folgerte daraus, dass das Protoplasma auch ohne das active Eiweiss des Zell- saftes gebildet werden könne. Dagegen ist einzuwenden, dass so verdünnte Lösungen keineswegs das gesammte active Eiweiss zur Ausscheidung bringen, wie er ja selbst an anderer Stelle hervor- hebt (l. ec. 8. 403) und wie bei nachheriger Ammoniakbehandlung auch 1) Da Licht zur Glucosebildung nöthig ist, so erklärt sich auch, warum es der Tiweissbildung in den assimilirenden Zellen förderlich ist. Es liegt bei den von Schimper und von Klebs gemachten Beobachtungen sicher nur dieser indirecte Einfluss des Lichts auf die Eiweissbildung vor! Vgl.O.Loew, Biol. Cbl, X, 582. 2) Vgl. hierüber auch Th. Bokorny, Pringsh. Jahrb. XX, S. 470. 127 deutlich durch eine Neu-Ausscheidung bewiesen werden kann). Ferner ist zu berücksichtigen, dass eine Neubildung von Protoplasma auch auf Kosten solchen neugebildeten Eiweisses erfolgen kann, das noch nicht der Ballung zugänglich war. Es gibt ja Organismen, z.B. Sphae- roplea annulina, bei denen es unter keinen Umständen gelingt, mit Coffein gespeichertes actives Eiweiss nachzuweisen; hier wird das ‚gebildete active Eiweiss sofort zum Bau der Organe und zur Sporen- bildung verwendet. Theoretische Bemerkungen. Wir haben oben gesehen, dass das zu Proteosomen geballte active Eiweiss des Zellsaftes bei schädlichen Einflüssen sich bald nach dem Tode der Zellen ebenfalls verändert, es ist also nahezu, aber nicht ganz gleich empfindlich wie die lebende Materie selbst. Demgemäss dürfen wir uns auch nicht wundern, wenn manche Reactionen mit ersterem noch erhalten werden können, welche mit den lebenden Organoiden nicht mehr gelingen. Hieher gehört vor Allem die Reduction von alkalischer Silberlösung, welche in gehöriger Weise nur gelingt, wenn letztere Ammoniak oder ein Derivat desselben enthält. Der Verlauf dieser Reaction bej den Cofleinproteosomen ist offenbar der, dass dieselben zuerst Ammoniak binden und so ein weit beständigeres Produkt liefern, als das ursprüngliche ist, das aber immer noch silberreducirende Eigenschaften besitzt. Es gibt einerseits keine Verbindungen, welche etwa durch Behandlung mit verdünntem Ammoniak erst silberredueirend werden, anderseits sind keine anderen Verbindungen als die Aldehyde bekannt, welche bei Bindung von Ammoniak silberreducirend bleiben. Wenn Aldehyde Ammoniak binden, so entstehen bekanntlich nicht etwa Salze, sondern, wie jeder in den Anfangsgründen der Chemie Bewanderte weiss, Amidoderivate der zugehörigen. Alkohole, die noch dasselbe Reductions- vermögen besitzen. Es ist daher gar nicht auffallend, dass, wenn Zellen mit Coffeinproteosomen durch verdünntes Ammoniak getödtet werden, die Proteosomen noch lange nachher silberreducirend bleiben, während beim Tödten durch Säuren dieselben ihr Silberreductions- 1) Man lasse z. B. Spirogyren 6—12 Stunden in einer 1 promille Coffeinlösung und, wenn die kleinen Kügelchen unter Wiederhellwerden der Zellen zu grösseren zusammengeflossen sind, nun eine 1 promille NH,;-Lösung wirken. Bald trübt sich nun die Zelle aufs Neue durch zahlreiche minimale Körnchen. 128 . vermögen fast so schnell verlieren als die Zellen absterben. Es ist das einVerhalten, dasdieAldehydtheorievoraussehenliess!!) Unser Schluss, dass die lebenden Organoide selbst ebenfalls Aldehydgruppen enthalten, aber nur desshalb nicht redueiren, weil sie zu schnell absterben, ist wohl nicht so unberechtigt als Klemm meint; denn unsere weitere Folgerung, dass alle jene Substanzen, welche bei grosser Verdünnung noch in Aldehyde eingreifen, auch Gifte für alles Lebendige sein müssen, hat sich ja vollauf bestätigt. Besonders sei hier auf das Verhalten der Organismen gegen lIydroxylamin, Diamid und Phenylhydrazin hingewiesen. Das active Pepton, active Propepton und active Eiweiss sind Zwischenstufen zwischen Asparagin auf der einen und der lebendigen Materie auf der anderen Seite. Aus dem Asparagin wird höchst wahrscheinlich durch reducirenden Einfluss der Glucose unter dem Einflusse der Lebensthätigkeit der Aldehyd der Asparaginsäure gebildet, aus diesem durch fortschreitende Condensation unter Eintritt von Wasserstoff und Schwefel das active Pepton, aus diesem durch Polymerisation actives Propepton und actives Eiweiss?) und aus letzteren, sowie dem daraus gebildeten activen Nuclein durch Organisation die lebendige Materie. Die Bildung von activem Eiweiss aus Asparagin erscheint so nicht viel complieirter als die von Zucker aus Formaldehyd. Aber auch das Vorhandensein einer äusserst lebhaften Atombewegung?), 1) D.e Hauptunterschiede zwischen acıivem und passivem Eiweiss sind folgende: Das Attractionsvermögen für Wasser ist weit grösser beim activen als heim passiven Tiweiss. Sehon 10 procentiger Alkohol bringt das active zur Gerinnung, das passive aber nicht. Aetherdunst wandelt bald nach Tödtung der Zellen das active Eiweiss des Zellsaftes in passives um. Actives Eiweiss bindet Ammoniak und wird dadurch unlöslielr, während passives gegen verdünntes Anımoniak indifferent ist, coagulirtes aber durch concen- trirteres Ammoniak gelöst wird. Actives Eiweiss reducirt verdünnte alkalische Silber- lösung, passives ist wirkungslos bei gewöhnlicher Temperatur und im Dunkeln. Schon sehr verdünnte Säuren vernichten jenes Silberreduetionsvermögen. 2) Ueber die Hypothese der Eiweissbildung aus Asparagin siehe: O. Loew und Th. Bokorny, Die chemische Kraftquelle im lebenden Plasma Theil I. 8) Vgl. OÖ. Loew, Chemische Bewegung, Biol. Centralbl. IX Nr. 16. Zwischen der Lebenskraft und einer Lebensfunction besteht noch ein ehenso grosser Unter- schied, wie zwischen activen Eiweiss und lebendem Protoplasma, worauf wir ja wiederholt bingewiesen haben. Zu lebendem Protoplasma und Lebensfunetion gehört noch der Organisationsbegrift. Lebensfunetion erscheint als die Leistung einer Maschine, in welcher die Lebenskraft wirksam ist, welch letztere als eine durch sehr labile Atomstellungen herbeigeführte eigenartige Atombewegung aufzufassen ist. 12% welche der Grund verschiedener Lebensthätigkeiten ist, wird leicht begreiflich, wie anderseits das leichte Absterben, die Umwandlung in passive Materie weniger räthselhaft erscheint. Die merkwürdigste der Eigenschaften der lebendigen Materie aber, die Irritabilität in den verschiedensten Formen, die Reagirfähigkeit auf Einflüsse der ver- schiedensten Art, wie Schwerkraft, Licht, chemische Reize etc., sie wird nur dann einigermaassen begriffen werden können, wenn man der diesbezüglichen zukünftigen Theorie die Gesetze chemisch labiler Substanzen zu Grunde legen wird. Wir haben oben gezeigt, dass dann, wenn die Eiweissbildung mehr begünstigt wird als das Wachsthum, das nicht organisirte active Protein sich ansammelt und dass es — was von grossem Interesse ist — nicht nur in der Vacuole, sondern auch im Cytoplasma gespeichert wird. Wir haben ferner dargethan, dass, wenn umgekehrt das Wachs- thum mehr befördert wird als die Eiweissbildung, ein Verbrauch von gespeichertem activem Protein stattfindet. Wir haben ausser Zweifel gestellt, dass der von uns actives Eiweiss resp. actives Protein genannte Körper die frappanteste Achnlichkeit mit der lebenden Materie selbst verräth. Seine äusserst labile Natur kann nicht mehr bezweifelt werden und wenn Klemm meint!): „Nach alledem ist der Werth des Umstandes, dass die Aggregation eine Lebensreaction ist, für den Nachweis, dass der reagirende Körper ein durch ausserordentliche Labilität ausgezeichneter Stoff sein müsse, entschieden in Abrede zu stellen“, so überlassen wir es getrost dem Leser, aus den hier beschriebenen Thatsachen sich ein eigenes Urtheil zu bilden. München, im October 1892.. 11. c. 8.406. Flora 1892. Suppl.-Bd, 9 Ueber Hexenbesen an tropischen Farnen. Von - K. Giesenhagen. Hiezu Tafel NU und XII. I. Bisweilen findet man in den Herbarien auf Exemplaren von Aspidium aristatum Sw. eigenthümliche, fast centimeterlange, stift- artige Auswüchse, welche einzeln oder zu kleinen Gruppen vereinigt auf den Wedelfiedern entspringen. In der Litteratur sind diese Ge- bilde, soweit ich übersehen kann, nirgends eingehend erwähnt worden, ‚eine Thatsache, die um so sonderbarer erscheint, als das Vorkonımen dieser Auswüchse auf Aspidium aristatum in den Tropenländern Asiens ziemlich weit verbreitet ist und in den Wäldern Ceylons nicht gerade zu den Seltenheiten zu gehören scheint. In Clarke’s Rewiew of the Ferns of Northern India (Transact. of the Linnean soc. 1875) fand ich bei Aspidium aristatum die Be- merkung: A. Cornu-cervi, Don, Prodr.-Fl. Nep. 5, is foundet on an unbealtby example collected by Wallich. Da nun von den drei mir bekannt gewordenen Herbarexemplaren des Farns mit Auswüchsen zwei aus Nepal stammen und das eine derselben auch von Wallich gesammelt ist, da ausserdem der Name Cornu-cervi nicht übel für die Missbildungen passt, so vermuthete ich, dass bei Don in dem Prodromus Florae Nepalensis eine Angabe über die Auswüchse gemacht sein werde. Ich sah mich indess in meiner Erwartung ge- täuscht, denn in der Bemerkung Don’s: „Stipite rachique suleatis“ dürfte kaum eine Anspielung auf die stiftartigen Wucherungen zu finden sein. Den durch Clarke’s Bemerkung in der Farnsystematik überflüssig gewordenen Speciesnamen Cornu cervi werde ich später bei dieser Gelegenheit in anderer Weise verwerthen. . 131 Leider ist es mir bis jetzt nicht gelungen, lebendes Material von dem mit derartigen Auswüchsen behafteten Aspidium zu erlangen, indess stand mir aus der Sammlung des Herrn Professor Goebel, die mir in freundlichster Weise zur Untersuchung überlassen war, ein reichliches getrocknetes Material zur Verfügung, welches durch eine gütige Zusendung des Herrn J. G@. Baker, F.R.S. u F.L. S., in Kew noch vervollständigt wurde. Ausserdem waren mir von der Direction des Berliner botanischen Museums alle in der dortigen Sammlung vorhandene Exemplare von Aspidium aristatum leihweise überlassen worden, unter denen freilich nur ein einziges, und zwar in wenig ausgedehntem Maasse, die erwähnte Erscheinung zeigt. Es ‚drängt mich, für alle mir gewordene Unterstützung durch Ueberlassung von Untersuchungsmaterial auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Mit Hilfe des reichlichen getrockneten Materials war es mir möglich, wenigstens in der Hauptsache einen Aufschluss über die Natur der fraglichen Auswüchse zu gewinnen; vielleicht werde ich später, wenn die Bemühungen, frisches Untersuchungsmaterial zu erlangen, jemals von Erfolg gekrönt sein sollten, Gelegenheit haben, die vorliegenden Untersuchungen noch in einzelnen Punkten zu ergänzen and zu erweitern. ; In Fig. 1 auf Taf. XII ist eine Wedelfieder zweiter Ordnung von Aspidium aristatum abgebildet, welche sehr reichlich mit Wucherungen versehen ist. Dig Auswüchse sind entweder einfach walzenfürmig, oder sie gabeln sich ein Mal, bisweilen mehrere Male, so dass geweihähnliche Bildungen zu Stande kommen. Der Querschnitt der so gebildeten Ver- ästelungen ist ebenfalls annähernd kreisrund. In der Mehrzahl der Fälle entspringt eine grössere Anzahl von Stiften (ich zählte deren gelegentlich bis 10) aus einer einzelnen eng umgrenzten Stelle der Blattoberfläche, bisweilen kommen freilich auch einzelnstehende Aus- wüchse vor. Die Ursprungsstelle der Wucherungen kann sowohl an ‚der Ober- als an der Unterseite des Blattes gelegen sein; immer be- findet sie sich in der Nähe eines Blattnerven. An den getrockneten Exemplaren haben die Wucherungen stets eine tief dunkelbraune Färbung. Ihrem ganzen Aussehen nach könnte man sie für die Frucht- körper eines AXylaria-ähnlichen Pilzes halten. Die anatomische Untersuchung lehrt indess, dass die Gebilde nicht pilzlicher Natur sind. Es zeigt sich nämlich, dass die Stifte ihrer ganzen Länge nach von einem Gefässbündelstrang durchzogen sind, welcher mit dem in der Nähe der Insertionsstelle befindlichen Blatt- nerven in Verbindung steht. Bei den verästelten Auswüchsen sind “ 9% 132° auch die seitlichen Zweige bis dicht unter dem fortwachsenden Scheitef mit dem Bündelstrang durchzogen. Wie der Querschnitt eines Stiftes in Fig. 2 Taf. XII erkennen lässt, hat der Gefässbündelstrang einen kreisförmigen Querschnitt und ist durch eine Endodermis von typischer‘ Ausbildung gegen das Rindengewebe abgegrenzt. Das letztere besteht aus einem gleichmässigen Parenchym, dessen isodiametrische Zellen meist lückenlos an einander schliessen. Die äusserste Schicht des Rinden- parenchyms wird von etwas kleineren Zellen gebildet, welche nach aussen hin von einer sehr zarten Cutieula überkleidet sind. Gelegentlich. sicht man aus den letzteren ein- oder wenigzellige Haare entspringen. Gegen den Scheitel des Auswuchses hin finden sich auch mehrzellige- Haargebilde vor. Dieselben scheinen später abgeworfen zu werden, so dass sie an den älteren Theilen der Wucherungen gänzlich fehlen. In den Zellen des Rindengewebes ist Stärke in grosser Menge ge- speichert. Der gesammte Zellinhalt ist dunkelbraun gefärbt und er- schwert dadurch das Studium der histologischen Einzelheiten, Wenn man gute Querschnitte eines Auswuchses mittlerer Grösse- durch Behandlung mit Eau de Javelle bleicht, darauf durch Kalilauge die Stärke entfernt und sodann den in Wasser liegenden Präparaten Jod-Jod-Kalium zusetzt, so sieht man in der noch erst schwach ge-- bläuten Aussenwand der Epidermiszellen unterhalb der Cuticula an einzelnen Ansatzstellen von Radialwänden dunkelblaue Kreise von sehr geringem Durchmesser hervortreten (vgl. Fig. 3 Taf. XII). Es. sind die Querschnittflächen von Pilzhyphen, welche die Wand durch- setzen. Ein zarter Flächenschnitt von der Oberhaut eines Auswuchses,. der in gleicher Weise behandelt wurde, wie der Querschnitt, gestattet, den Verlauf der Pilzfäden zu verfolgen (vgl. Fig. 4 Taf. XD. Es’ zeigt sich, dass die EHyphen, dem Verlauf der innern Wände der Epidermiszellen folgend, die Aussenwand durchziehen. Sie theilen sich und senden seitliche Aeste aus, welche ebenfalls in den Ansatz-- stellen der Zellwände verlaufen, Auf diese Weise kommt ein Maschen- werk zu Stande, welches subeuticular das ganze stiftförmige Gebilde umspinnt und in seinen äussersten Ausläufern bis in die fortwachsende: Region am Scheitel des Auswuchses hinaufreicht. Es scheint, als ob die Vertheilung der Pilzfäden rings um die Wucherung nicht immer gleichmässig ist, als ob an manchen Stellen die Hyphen ein dichteres Netzwerk bilden, während andere Stellen ganz oder fast ganz frei davon sind. Da indess die Sichtbar- machung der Pilzfäden an dem Trockenmaterial ziemlich schwierig: ist und auch bei aller Sorgfalt nicht immer gleichmässig gelingt, 133 so habe ich über diesen Punkt keine volle Sicherheit erlangen können. An älteren Auswüchsen sieht man häüfig, dass die Pilzinfeetion nicht auf die Aussenwand der Epidermiszellen beschränkt ist, sondern dass auch in den Wänden der weiter innen gelegenen Zellen die Pilzhyphen in allen Richtungen hin- und herziehen. So ist in Fig. 5 auf Taf. XII ein kleines Stück eines Querschnittes gezeichnet, auf welchem die Schnittflächen der Hyphen in grosser Zahl sowohl in ‚der Aussenwand als auch in den innern Wänden der Rindenzellen ‚sichtbar waren. Auffällig war dabei, dass bei der Behandlung mit Jod-Jod-Kalium nur die in der Aussenwand verlaufenden Hyphen blau ‚gefärbt wurden, während die übrigen Hyphen gelbliche Färbung an- nehmen. Es scheint das darauf hinzudeuten, dass die weiter innen wachsenden, rein vegetativen Pilzfäden immer einen andern Inhalt besitzen, als die in der Aussenwand verlaufenden Fäden, von denen ‚aus später die Sporenbildung eingeleitet wird, oder dass doch früh ‚ eine stoffliche Verschiedenheit zwischen dem Inhalt der vegetativen und reproductiven Hyphen auftritt. " Die Fructification des Pilzes wird dadurch eingeleitet, dass von ‚den in der Aussenwand hinziehenden Fäden seitliche Aeste auswachsen, welche nun aber nicht dem Verlauf der inneren Epidermiswände folgen, ‚sondern sich in dem bisher zwischen den einzelnen Pilzmaschen frei- gebliebenen Flächenstück der Aussenwand ausbreiten. Indem sich die Fäden dort reichlich verzweigen, sich nahe an einander legen, ‘auch wohl seitliche Anastomosen eingehen, wird allmählich fast der ganze Raum zwischen den ursprünglichen Maschenfäden mit Pilz- gewebe ausgefüllt und dadurch die Cuticula von der inneren Cellulose- ‚schicht der Epidermisaussenwand abgedrängt. Aus den neuentstandenen Pilzgeweben gehen nun im Laufe der Entwickelung Sporenschläuche hervor, welche die Cuticula durchbrechen und auf kurzen Stielzellen diehtgedrängt neben einander stehend grössere Partieen von der Ober- fläche der stiftartigen Auswüchse bedecken. Mein Material gestattete mir nicht, den Entwickelungsgang des Pilzes von dem ascogenen Gewebe bis zu den ausgewachsenen Asci in allen Einzelheiten zu verfolgen. Da indess unter und zwischen den ausgebildeten Sporenschläuchen keine Pilzfäden mehr gefunden wurden, so kann wohl kein Zweifel darüber bestehen, dass Asci und Stielzellen aus den Zellen der Pilzfäden direct hervorgegangen sind. Man wird sich den Vorgang so denken müssen, dass zunächst die 134 Zellen der ascogenen Pilzfäden durch Querwände in kurze Glieder zertheilt werden, dass dann die Fadenglieder durch reichliche Stoff- aufnahme anschwellen und senkrecht zu der Fläche zu Schläuchen auswachsen, welche die Cutieula durchbrechen. Durch eine Querwand wird endlich der Schlauch in Stielzelle und eigentlichen Ascus ge- theilt. Fig. 6 auf Taf. XII zeigt im Schnitt ein Stück von der Ober- fläche eines Auswuchses, auf dem zahlreiche Asei vorhanden sind. Jwischen den Schläuchen sind noch einzelne Stücke der zersprengten Cutieula sichtbar. Wie schon erwähnt, werden die ascogenen Hyphen bei der Aus- bildung der Asei vollständig aufgebraucht, die weiter innen verlaufenden. vegetativen Hyphenäste scheinen dagegen noch nachträglich eine weitere: IEntwickelung zu erfahren. Statt der vereinzelten Pilzfäden, welchen in früheren Stadien (vgl. Fig. 5 Taf. XII) die inneren Zellwände durch- setzen, finden sich nämlich in Querschnitten durch Auswüchse, an denen die Asci schon gänzlich entleert sind, an manchen Stellen in. den Wänden dichte Knäuel von Hyphen, deren Zellen angeschwollen. und mit einer in Aether theilweise löslichen stark liehtbrechenden Substanz angefüllt sind. Die Zugehörigkeit dieser Hyphenknäuel zu dem Ascomyceten kann nicht zweifelhaft sein, da zwischen dem ein- fachen Hyphenverlauf und der Knäuelbildung alle Uebergänge ge- funden werden, und da man ausserdem gelegentlich direet beobachten kann, dass die Knäuel mit einzeln verlaufenden Hyphen des Pilzes in ununterbrochener Verbindung stehen. Ich nehme an, dass die Knäuel ein nährstoffreiches Dauermycel darstellen, welches nach einer Rulıe- zeit bei Beginn der nächsten Vegetationsperiode aufs neue eine Ent- wickelung des Pilzes einleiten kann. Dadurch wird die Fortpflanzung des Pilzcs gesichert, selbst für den Fall, dass durch ungünstige Ver- hältnisse die Keimung der Schlauchsporen verhindert wird. Ueber die Grösse und die Anzahl der in den Asci gebildeten. Sporen vermag ich keine sicheren Angaben zu machen. In der Mehrzahl der von mir beobachteten Fälle waren die entwickelten Asei schon gänzlieh entleert, einen noch völlig geschlossen Ascus mit guf. erhaltenem Sporeninhalt habe ich an meinem Material trotz eifrigsten: Suchens nicht auffinden können. Es scheint mir jindess auch ohne die Kenntniss der die Schlauch- sporen betreffenden Merkmale leicht möglich, die systematische Stellung des Pilzes anzugeben. Der Parasitismus des Pilzes, das intercellular- und subeuticular ausgebreitete Mycelium und die freistehenden Asci 135 lassen keinen Zweifel, dass wir es mit einer Art der Gattung Taphrina im Sinne Sadebeck’s zu thun haben. Von allen bisher bekannten Taphrina-Arten unterscheidet sich die vorliegende Species hauptsächlich durch die Wahl des Wirthes und durch die eigenthümlichen pathologischen Erscheinungen, welche sie an der befallenen Pflanze hervorruft. Sodann aber lassen sich ° auch die Form und die Ausmaasse der Asci uud ibrer Stielzellen zur Feststellung der differentia specifica verwenden. Die Sporenschläuche sind keulenförmig. Die grösste Breite liegt meist im oberen Drittel. An dem oberen Ende sind die Schläuche abgerundet, nach unten hin verschmälern sie sich allmählich bis zu der Breite der säulen- oder würfelförmigen Stielzelle.e Die Länge der Asci beträgt höchstens 24 », ihre grösste Breite bis zu 6p. Die Stielzellen wechseln in der Grösse ziemlich stark; die grösste gemessene Höhe betrug 61, die grösste Breite 4p. Gleich geringe Maasse finden sich nur bei sehr wenigen Taphrina-Arten, und wo ähnliche Grössenverhältnisse bei den Asken auftreten, wie bei Zaphrind nana Johannson, T. Celtis Sadebeck, T. Farlowii Sadeb. und ähnlichen, da haben die Asei eine andere Form, oder es weichen die Stielzellen in Form und Grösse bedeutend von dem geschilderten Vorkommen ab, oder die Abtrennung der Stielzelle durch eine Querwand unterbleibt ganz, wie z. B. bei Taphrina filicina Johanns., einem Parasiten auf Polystichum spinu- losum, der sonst sowohl hinsichtlich der Askenform und Grösse, als auch in Betreff der Auswahl des Wirthes sich dem Verhalten des oben geschilderten Pilzes nähert. Die übrigen bekannten Taphrina- Arten sind meist in gleicher Weise durch Form und Grösse der Schläuche und ihrer Stielzellen oder durch irgend welche sonstigen auffälligen Merkmale unterschieden. Es kann keinem Zweifel unter- liegen, dass der Pilzparasit auf Aspidium aristatum eine neue Ta- phrina-Art ist, der die folgende Diagnose zukommt: Taphrina Cornu cervi n. sp. Der eindringende Pilz er- zeugt an den Wedeln von Aspidium aristatum Sw. stift- förmige oder geweihartige Auswüchse, in denen das Mycel sich intereellular und subeuticular ausbreitet. Die Asci durchbrechen die Cuticulaund bedecken dicht gedrängt stehend grössere Theile von derOberflächeder Auswüchse; sie besitzen eine Stielzelle; die Schlauch- zellen sind keulenförmig am vordern Ende abgerundet, nach unten hin etwas verschmälert. Länge der Asci bis 241, grösste Breite derselben 5-61. Höhe der Stiel- 136 zellen 4—61, Breite derselben 2—4y. Ein Dauermycel- ist vorhanden. Heimath: Nepalleg. Wallich. Ceylon leg. Goebel 1885. NH. Ich darf nicht unerwähnt lassen, dass sich auf und in den Aus- wüchsen des von Tapharina Cornu cervi befallenen Aspidium häufig noch andere Pilze angesiedelt haben. Sehr auffällig war z. B. ein Mycelium, dessen ziemlich starke Hauptäste in nächster Nähe des Centraleylinders von Zelle zu Zelle aufwärtswachsend den ganzen Aus- wuchs durchzogen, während die seitlich an den Hauptästen ent- springenden Hyphen sich in den Zellen des Rindenparenchyms ver- breiteten. Die Bräunung des Inhalts der Rindenzellen, welche sonst in den Auswüchsen die Regel bildet, fehlte, soweit als das Mycel reichte, nur rings die äussersten Schichten waren mit schwarzbraunen Massen erfüllt. Die am Bündelstrang aufwärts wachsenden Hyphen waren ca. 5—6}r dick, die seitlichen Hyphenäste etwa 2—3%. Die Ausbildung irgend welcher Sporen an dem Mycelium habe ich nicht beobachten können. . ‘Die auffällige Art, in welcher dieser Pilz in seiner Ausbreitung der Form und dem Wachsthum der Auswüchse angepasst ist, liess mich anfänglich vermuthen, dass er der eigentliche Verursacher der Wucherungen des Aspidiumlaubes sei. Da der Pilz indess in der oben beschriebenen Ausdehnung nur wenige Male in den Auswüchsen gefunden wurde, in vielen Auswüchsen aber gänzlich fehlte, so war diese Vermuthung nicht aufrecht zu erhalten. Anzunehmen ist aber wohl, dass dieser Pilz häufig die Wucherungen sehr früh infieirt und, durch die dort gebildete Stärke reichlich ernährt, mit dem Wachsthum des Auswuchses gleichen Schritt hält. , Ein anderer Pilz, der häufiger an den Auswüchsen beobachtet wurde, bewohnt nur die Oberfläche und die äussersten Schichten des Rindengewebes. Die Hauptmasse des Myceliums bildet aussen auf der Oberfläche der Auswüchse spinnwebartige Rasen. Sehr zarte Hyphen- äste erstrecken sich von dort aus in die Zellen der äussersten Lagen hinein und legen sich dieht an die dort vorhandenen Stärkekörner an. Die Sporenbildung geht an dem oberflächlichen Mycel vor sich. An einzelnen Zellen der dort verlaufenden Fäden entsteht ein seit- licher Ast, der bedeutend dicker ist als die vegetativen Hyphen. Der- 137 selbe ‘wird durch Querwände in zwei (oder seltener in drei) Zellen getheilt. Die untere Zelle bleibt eylindrisch, ihre Wände sind viel stärker als die Wände der vegetativen Hyphen und zeigen eine leichte Bräunung. Die obere Zelle schwillt sehr stark an und wird durch ungleichseitiges Wachtsthum mit ihrer Spitze seitlich herübergebogen, so dass keulenförmige einseitig sehr kurz geschnäbelte Zellgebilde ent- stehen, deren Wand ebenfalls stark verdickt und gewöhnlich durch einen schwarzbraunen Farbstoff völlig undurehsichtig gemacht ist. Der hier auftretende Farbstoff ist. sehr resistent und selbst durch mehrere Stunden lange Einwirkung von Eau de Javelle nicht zu bleichen, Da die Maasse der hier geschilderten Zellformen ziemlich constant zu sein scheinen, so mögen sie hier mitgetheilt werden. Die Länge der cylindrischen Zelle beträgt ca. 7, ihre Breite 5%. Die Länge der oberen Zelle von der Basis bis zum Scheitel beträgt 14, die Breite von der Schnabelspitze bis zum Rücken ist gleich 10 pn. An zwei bestimmten Stellen der oberen Zelle, nämlich an der Schnabelspitze und auf dem Scheitel, entspringen zwei sehr zartwandige dünne Schläuche, welche als Sterigmen zu bezeichnen sind. An der Spitze derselben werden nämlich die kugelrunden Sporen des Pilzes abgeschnürt, deren Durchmesser 7—8}. beträgt. Eine Gruppe der geschilderten Sporenträger, von denen zwei noch mit Sporen ver- sehen sind, ist in Fig. 7 auf Taf. XII bei starker Vergrösserung dargestellt. Die Fruchthyphen, aus denen die Sporenträger hervorwachsen, sind aus ungleichmässigen Zellen gebildet. Die Zellen, welchen die Stiele der Sporenträger aufsitzen, sind fast doppelt so diek als die übrigen Theile der Fruchthyphe, welch’ letztere ebenso wie die rein vegetativen Hyphen des Pilzes kaum mehr als 1p. im Durchmesser haben. An einer Fruchthyphe können mehrere Sporenträger ent- springen, es sind dann in der Regel die dickeren Zellen, auf denen die Sporenträger sitzen, durch kurze dünnere Fadenstücke von einander getrennt, nur selten finden sich zwei dickere Zellen unmittelbar neben einander. Gelegentlich sieht man, dass eine dickere Zelle mit völlig entwickeltem Sporenträger das äusserste Ende einer Fruchthyphe ein- nimmt. Das freie Erde der Zelle ist glatt abgerundet, die Wand ringsherum gleichmässig schwach verdickt und leicht gebräunt. Es ist wohl nicht anzunehmen, dass eine solche vollständig ausgewachsene Jelle, nachdem sie dem Sporenträger den Ursprung gegeben hat, erneut das Längenwachsthum der Hyphe fortführen kann. Die Frucht- hyphen besitzen also ein begrenztes Wachsthum und unterscheiden 138 sich dadurch wesentlich von den rein vegetativen Hyphen, die ausser- dem in ihrer ganzen Länge annähernd gleichen Durchmesser besitzen, und, so viel sich erkennen lässt, auch niemals durch Querwände septirt sind. Ob ausser der Sporenbildung an den angeschwollenen Seitenästen. der Fruchthyphen noch Nebenfructificationen bei dem Pilz vorhanden sind, das muss ich, da mir lebendes Untersuchungsmaterial nicht zur Verfügung stand, dahingestellt sein lassen; an dem von mir unter- suchten trockenen Material war nichts derartiges zu bemerken. \Was nun das Verhältniss des Pilzes zu den Auswüchsen an. den Weldeln von Aspidium aristatum anbetrifft, so ist zunächst festzustellen, dass der Pilz an jüngeren Auswüchsen nicht vorhanden ist. Erst an älteren Exemplaren, bei denen die Asci der Taphrina Cornu cervi bereits die Cuticula des Auswüuchses durchbrochen haben, findet der Pilz sich ein und zwar stets nur an solchen Stellen, an denen die Cutieula zerrissen ist, d. h. auf oder zwischen den Asken der Tuphrina. Es scheint also, als ob der Pilz nicht allein im Stande ist, die unver- letzte Oberhaut der Auswüchse zu durchbohren. Jedenfalls kann das Auftreten des Pilzes nicht Ursache der Entstehung der Auswüchse an dem Aspidium sein. Wenn wir noch einmal kurz alle Eigenschaften des Pilzes, be- sonders die Art seiner Sporenbildung, überblicken, so kann wohl darüber kein Zweifel sein, dass wir es hier mit einem sehr einfachen Basido- myceten zu thun haben, dessen Basidien nicht zu einem Lager ver- einigt sind. Wir kennen nun durch die Arbeiten einiger Mycologen eine Anzahl solcher Basidiomyceten, von denen indess kein einziger dem von uns geschilderten Pilz besonders nahesteht. Der einzige Pilz, der zahlreiche Vergleichsmoinente mit ‘der vorliegenden Art auf- zuweisen hat, ist das Zygosporium oscheoides Montagne, welches von den Systematikern an einer andern Stelle im System untergebracht wird.!) Montagne gibt nRamon de la Sagras’ Werk über Cuba. von dem Zygosporium die folgende durch eine Abbildung erläuterte Diagnose: Flocei steriles eaespitosi, repentes, continui. Flocei fertiles uni- aut saepius biseptati, fuliginosi, apice subincrassato-elavato pellu- cido, basin versus hine unicum ramum uniartieulatum elavaeformem sursum recurvum et Apice sursum emarginatum emittentes. Sporidia ovalia, pellucida, nucleo vix colorato, euique emarginaturae lateri im- posita Hob. Ad folia dejecta Palmarum in Cuba insula a. el. Ramon 1) Saccardo stellt es bei den Hyphoniyceteen zur Familie der Dematieae Syll. Fung. TV p. 329. 139 de la Sagra inventum. Als Grösse der Sporen gibt er 1/ıso Milli-- meter (— 6,67) an. Ziehen wir die übereinstimmenden Eigenschaften beider Pilze heraus, so zeigt sich, dass beide ein farbloses, regulatives Mycel aus unseptirten Fäden besitzen, dass ferner die aus diesem entspringenden Fruchthyphen septirt sind, eine theilweise gefärbte Wand und ein begrenztes Wachsthum haben, dass endlich seitlich an den Fruchthyphen pistolenkolbenähnliche Basidien entstehen, an denen je zwei farblose Sporen ausgebildet werden. Als wesentlichste Differenzpunkte müssen die folgenden Thatsachen angeführt werden. Die Fruchthyphen von Zygosporium sind aufrecht, an ihrer farbenlosen Spitze keulenförmig‘ aufgeblasen und bilden nahe ihrer Basis nur eine ‚einzige einzellige Basidie aus, welche zwei schnabelförmige Vorsprünge besitzt, an denen die Sporen direct aufsitzen. Die Fruchthyphen unseres Pilzes sind dagegen niederliegend abwechselnd in gefärbte Zellen und farblose Fadenstücke getheilt; aus jeder gefärbten Zelle wächst eine zweizellige Basidie hervor, deren keulig angeschwollenes Vorderende nur eine Schnabelspitze besitzt. Die Sporen werden am Ende kurzer Sterigmen abgeschnürt. Ich will die durch den neuen Pilz repräsentirte Gattung: Urobasidium nennen, um dadurch anzudeuten, dass die Basidien hier geschwänzt d. h. mit einer eylindrischen Stielzelle versehen sind. Urobasidium n. gen. Der Pilz besteht aus einem äusserst feinen spinn- webartigenMycelvon zarten, kriechenden, vegetativen Fäden, vondenenausfeine Aeste in das Substrathinein- wachsen. Die fertilen Hyphenäste sind durch Quer- wände septirt und besitzen ein begrenztes Wachsthum.. Aus einzelnen Zellen derselben wachsen seitlich die. zweizelligen Basidien hervor, an deren vorderer Zelle je zwei farblose Sporen auf kurzen Sterigmen gebildet werden. Die Basidien sind nicht zu’einem Fruchtlager vereinigt. U. rostratum n. spec. Die fertilen Hyphen sind abwechselnd in dickere, schwach bräunliche Zellen undin farblose Fadenstücke getheilt, die aus den ersteren entspringendenBasidien sind dunkelbraun gefärbt, ihre Endzelle ist kolben- förmig aufgetrieben und einseitig kurz geschnäbelt, 140 Sporenkugelig, Durchmesser 7—8g. Bildet zarte Ueber- züge auf den durch Taphrina Cornu cervi verursachten Aus- wüchsen von Aspidium aristatum. Nepaulleg. Wallich. Es erübrigt noch die Stellung zu bestimmen, welche die Gattung Urobasidium im System der Pilze einnimmt. Brefeld!) theilt die Basidiomyceten in die Protobasidiomyceten mit getheilten Ba- sidien und in Autobasidiomyceten, welche ungetheilte Basidien haben. Bei dem Urobasidium ist, wie wir gesehen haben, immer eine cylindrische Stielzelle vorhanden, welche ihrer ganzen Anlage und Ausbildung nach als zu der Basidie gehörig angesehen werden muss. Wir können also das Urobasidium bei den Protobasidiomy- ceten einreihen, wobei freilich bemerkt werden muss, dass die Basidien hier gegenüber der bei den Auricularieen, Pilecreen und Uredineen bekannten Basidienform schon eine weitgehende Differenzirung erfahren haben. Von den drei Querwänden, welche sich dort in der Basidie finden, ist hier nur die mittlere vorhanden. In dem untern Theil der Basidie ist: die Sporenbildung unterdrückt. Wir können uns die Basidie des Urobasidium aus der quergetheilten Basidie, wie sie bei Pilacre und Auricularia vorhanden ist, in ähnlicher Weise entstanden denken, wie etwa die Autobasidie von Tylostoma mammosum,?) nur mit dem Unterschied, dass bei Urobasidium die eine Theilungswand noch erhalten geblieben ist, und dass die beiden Theile der Basidie die oben beschriebene differente Aus- bildung erfahren haben. Die eigenartige Ausgestaltung, welehe die Basidie des Urobasidium aufweist, deutet darauf hin, dass diese Form das Endresultat einer eigenen phylogenetischen Entwickelungsreihe darstellt, deren Aus- gangspunkt wir bei den Urformen der Pilaereen und Auriceu- larieen zu suchen haben. Dass die Abspaltung dieser Reihe sehr früh erfolgt sein muss, geht aus dem gänzlichen Mangel einer Frucht- körperbildung hervor, der unter den Protobasidiomyceten nur noch bei den Uredineen gefunden wird. Zu dieser Gruppe lässt sich bei dem Urobasidium noch eine andere Beziehung auffinden. Wir haben geschen, dass die Fadenzellen des Urobasidium, aus welchen die. Basidien entspringen, sich durch eme derbere, bräunlich gefärbte Membran wesentlich von den vegetativen Hyphen unter- scheiden. Wir können darin den Anfang eines Entwickelungsvor- 1) Unters. a. d. Gesammtgebiet der Mycologie Heft VII. 2) Man vergleiche die Abbildung Fig. 54, 4 und 9 in v. Tavel’s Werk „Ver- gleichende Morphologie der Pilze“. «lena 1892. . 14r ganges erblicken, der bei den Uredineen zur Bildung der Teleuto- sporen geführt hat. Es soll damit natürlich nicht gesagt sein, dass. das Urobasidium als direeter Vorfahr der Uredineen anzusehen sei, vielmehr soll nur gezeigt werden, dass in zwei nebeneinander ver-: laufenden Entwickelungsreihen die gleiche „Tendenz“ einer differenten Ausbildung der dem Basidium zunächst liegenden vegetativen Zelle aufgetreten ist, welche im äussersten Falle zur Chlamydosporenbildung führte. Im übrigen ist ja das Drobasidium auf das schärfste' von den Uredineen geschieden, sowohl durch die Form der Basidie als -auch besonders durch den Umstand, dass bei ersterem die Wand der Basidienzellen selbst eine erhöhte Differenzirung erfahren hat, welche sich in der Wanddieke und in der intensiven Färbung ausspricht, und welche, soviel ich übersehen kann, nirgends sonst bei den Basidio- myceten ein Analogon hat. Nach dem Vorstehenden können wir auf Grund der Basidienform und mit Berücksichtigung der Fruchtkörperbildung die Protobasidio-- myceten in der folgenden Weise eintheilen: Protobasidiomyceten. Pilze mit getheilten Basidien. I. Basidien quergetheilt. A. Die Basidien bestehen aus vier gleichartigen sporenbildenden Zellen. 1. Die Basidien entspringen aus Chlamydosporen. Uredineen. 2. Die Basidien entspringen direct aus dem vegetativen Mycel,.- es wird ein Fruchtkörper gebildet. a) Fruchtkörper gymnocarp. Auricularieen. b) Fruchtkörper angiocarp. Pilacreen. B. Die Basidien bestehen aus zwei ungleichen Zellen, von denen . nur die obere Sporen bildet. Urobasidieen. II. Basidien längsgetheilt. Tremellineen. Der phylogenetische Zusammenhang der einzelnen Gruppen in: der Abtheilung I der Protobasidiomyceten lässt sich nach dem. 142 gegenwärtigen Standpunkt unserer Kenntisse durch die folgende Tabelle veranschaulichen. Ausgangs- punkt: Urformenmit(Die Basidie(Die Mycel-[Eswirdein.of- vierzelligen |bleibt vier-[zelle,auswel-|fener Frucht- quergetheil- \zellig. cher die Basi-\körper gebil- -ten Basidien, \dieentspringt|det. ............ Auricularieen. welche sich bleibt unver- von den Coni- ändert. dienträgern ' der Ustilagi- neen ableiten lassen. Es wird ein geschlossener Fruchtkörper gebildet. ..... Pilacreen. Die Myeel- zelle, aus wel- cher die Basi- dieentspringt wirdzurChla- - mydospore. une Uredineen. Die Basidie wird durch Unterdrük- kung zweier Wände zwei- zellig und er- führt weitere Differenzi- TUNg. un. nenn nnnnnttrttsannnnnenenen snnnnnnnnnnn anna Urobasidium, II. In Fig. 1 auf Taf. XII ist ein Stück "eines Fiederabschnittes von Pteris quadriaurita Retz in natürlicher Grösse abgebildet, aus dessen Unterseite ein ziemlich mächtiger, buschiger Auswuchs hervorsprosst. 143 Diese Misshildung, welche sich auf manchen in Ceylon gesammelten Herbarexemplaren des genannten Farns antreffen lässt, veranlasste Hooker in den Species filieum Vol. II pag. 180 zu der folgenden Bemerkung: „Dr. Maxwell’s speeimens are proliferons from the vains on the under side of several of the segments in a very remar- kable manner; or can these productions be parasites? These do not appear to become frondose or even herbaceons, but are tuftet and branched so as, in the herbarium, very much to resemble in size and appearance dried specimens of the well-known Alga, Laureneia obtusa, but of a dark-brown colour.“ \ Clarke schreibt in seiner Review of the Ferns of Northern India darüber bei Pieris quadriaurita: „Proliferous forms, as noticed by Sir W. J. Hooker, are not rare; the are not parasites.*“ Während der eine Autor also die Frage offen lässt, ob etwa die Auswüchse an den Pteris-Wedeln parasitischer Natur sind, nimmt der andere das direct in Abrede und hält die Gebilde für normale Proliferationen, wie sie ja auch sonst an Farnwedeln vorkommen. Er gibt dabei leider nicht an, worauf er sich bei seiner Behauptung stützt. Ueber eine ‚eingehende Prüfung der Natur dieser Auswüchse durch Clarke oder durch irgend einen andern Forscher habe ich in der Litteratur nichts finden können. Ich lernte die fraglichen Gebilde im letzten Winter beim Ordnen ‚der Farne im Münchener Kryptogamenherbar kennen; ein unbestimmtes Farnexemplar, welches leicht als Pteris quadriaurita zu erkennen war, besass einen solchen Auswuchs von colossaler Dimension. Das Exemplar war von Griffith in Ostindien gesammelt worden. Ein weiteres Exemplar von Pieris quadriaurita mit Auswüchsen befand sich in der Farnsammlung des Herrn Professor Goebel und wurde mir gütigst zur Untersuchung überlassen. Besonders werthvoll war für mich ein älterer in Alkohol conservirter Pterisauswuchs, den Herr Professor ‚ Goebel ebenso wie das Exemplar seines Herbariums im Jahre 1885 auf Ceylon in der Nähe von Hakgala gesammelt hatte, und der mir gleichfalls in freundlichster Weise zur Verfügung gestellt wurde. Eine dankenswerthe Zusendung von Material erhielt ich ferner von Herrn J. G. Baker in Kew und aus dem Berliner Herbarium, welches mir alle vorhandenen Exemplare von Pteris quadriaurita leihweise überliess, unter denen zwei aus Östindien stammende Specimina eben- falls schön entwickelte Auswüchse besitzen. Der Versuch, lebendes Material zu erlangen, ist leider bier ebenso wie bei dem Aspidium .aristatum bisher ohne Resultat geblieben. 144 Der Vergleich, den Hooker in der oben eitirten Notiz zwischen den Auswüchsen der Pteriswedel und den Herbarexemplaren von Laurencia obtusa macht, ist nach meiner Erfahrung, auch abgesehen von dem Unterschied in der Färbung, nicht ganz zutreffend, übrigens existiren eine ganze Anzahl von Formen in dieser Algenspecies, die habituell unter einander recht verschieden sind. Am ersten liessen sich die Auswüchse mit gewissen Formen von Laurencia pinnatifida Lamour. vergleichen, indess ist auch durch diesen Vergleich eine Be- schreibung der morphologischen Verhältnisse der Auswüchse an den Farnwedeln nicht zu umgehen. Meist finden sich in den von mir untersuchten Fällen die Aus- wüchse auf der Unterseite der Wedel oder seitlich an der Mittelrippe des Wedels oder einer Fieder inserirt. Sie stehen stets in unmittel- barem Zusammenhang mit einem Hauptnerven. Gewöhnlich ist die Blattfläche an der Basis des Auswuchses zu einem Polster ange- schwollen, aus welchem sich in einfachen Fällen ein mit Schuppen bedeckter Höcker erhebt, der den einzelnen Verzweigungssystemen den Ursprung gibt, aus welchen das ganze buschige Gebilde sich zu- sammensetzt. Acceptiren wir zunächst einmal des leichteren Verständ- nisses wegen die Ansicht Clarke’s, dass hier normale Knospenbildung vorläge — wir werden später zu untersuchen haben, wie weit diese Annahme berechtigt ist —, so müssen wir den Höcker an der Basis des Auswuchses als die junge Sprossachse bezeichnen, welche sehr kurz geblieben ist. In manchen Fällen entspringen mehrere solcher Sprossachsen dicht neben einander aus der angeschwollenen Blatt- fläche. Die Zahl der Wedel an den Sprossungen ist in vielen Fällen ungewöhnlich gross, in einem Falle waren gegen dreissig vorhanden. In der Fig. 1 auf Taf. XIII habe ich absichtlich einen Fall zur Dar- stellung gebracht, in dem die Zahl der Wedel nicht übermässig gross ist; immerhin waren auch dort 14 solcher Wedel vorhanden, von denen freilich einige, wie die Figur zeigt, nicht mehr vollständig er- halten waren. Was nun die Form der Wedel anbelangt, so muss zunächst constatirt werden, dass sich sehr wenige Vergleichspunkte beibringen lassen mit den morphologischen Verhältnissen, welche bei den normalen Wedeln von Pteris quadriaurits die Regel bilden. Auf Stielen von wechselnder Länge breiten sich die Wedelflächen aus, welche ganz aus schmalen riemenförmigen Stücken zusammengesetzt sind. Die Zertheilung der Fläche ist eine unregelmässig fiederförmige in der Weise, dass häufig die seitlichen Abschnitte eine kräftigere Ausbildung 145 erfahren haben als der Haupttheil. Die äussersten Verzweigungen der Wedelflächen sind am Rande meist grob gesägt oder gekerbt oder auch fiederig gelappt und häufig unregelmässig hin- und her- gebogen. Sporangienanlagen sind auch an den grössten Wedeln in keinem Falle zu finden. Was die Farbe der Gebilde anbetrifit, so wechselt dieselbe bei den getrockneten Exemplaren von röthlichbraun bis zu tief schwarzbraun. Aus einer Aufzeichnung, welcher Herr Pro- fessor Goebel bei der Einsammlung des Materials gemacht hatte, ergibt sich, dass die Färbung der Wedel im frischen Zustande eine andere ist. Die Oberfläche ist grün gefärbt, während die Unterseite röthlich erscheint. Der anatomische Bau der Wedel ist fast genau so einfach wie derjenige der Auswüchse bei Aspidium aristatum, nur «durch die äussere Form wird eine Abweichung in der Querschnittform der einzelnen Gewebetheile herbeigeführt. Während dort die stielrunden Gebilde in ihrer ganzen Ausdehnung einen Centraleylinder mit kreis- förmigem Querschnitt besitzen, sehen wir hier nur in der kurzen Hauptachse einen cylindrischen Bündelstrang, dagegen ist die Bi- lataralität der abgeflachten Wedel auch in denn Bau der Bündel aus- geprägt. Der Stiel der Wedel hat meist einen breit dreieckigen Quer- schnitt, das Gefässbündel, welche typische Xyllem- und Phlo&melemente führt und mit einer deutlich ausgeprägten Endodermis versehen ist, besitzt einen schwach halbmondförmigen oder bohnenförmigen Quer- schnitt. In den flächenartig verbreiterten Wedelabschnitten sind auch die Bündelquerschnitte noch mehr verflacht. Ihre Vertheilung in der Wedelfläche ist eine solche, dass jeder äusserste Abschnitt der Fläche in der Mitte bis nahe zur Spitze hin von einem zarten Bündel durch- zogen wird. Das ausserhalb der Endodermis gelegene Gewebe ist aus weiten in der Längsrichtung etwas gestreckten Parenchymzellen ge- bildet, welche dicht zusammenschliessen; nur an sehr alten Wedeln findet man gelegentlich enge Intercellularlücken vor. Die äusserste Lage des Parenchyms, die Epidermiszellen, sind ein wenig kleiner als die übrigen Zellen und nach aussen mit einer zarten Cuticula über- zogen. Spaltöffnungen kommen nirgends vor. Der Inhalt der paren- chymatischen Zellen in den: Wedeln ist sehr reich an Stärke, sowohl an dem getrockneten als auch an dem in Alkohol conservirten Material ist derselbe stark gebräunt. Man sieht, dass sich hier fast alle Einzelheiten wiederholen, welche in den durch Taphrina Cornu cervi veranlassten Auswüchsen des Aspidium bemerkt wurden. Ein Analogieschluss legt also die Ver- Flora 1892, Suppl.-Bd. ! 10 146 muthung nahe, dass auch die Auswüchse der Pteriswedel durch eine Pilzinfection veranlasst seien. In der That ist es mir gelungen, einen parasitischen Pilz in den Gewebe der Auswüchse nachzuweisen und den Entwickelungsgang desselben im Allgemeinen festzustellen. Am auffälligsten ist der Pilz in dem Stadium mittlerer Ent- wiekelung. in welchem er zuerst meine Aufinerksamkeit auf sieh zog, und welches in Fig. 2 auf Taf. XTIL dargestellt ist. Die Abbildung zeigt ein kurzes Stück der Epidermis eines Auswuchswedels, in deren Zellen der eigentliche Inhalt auf den inneren Theil zusammengedrängt ist, während der übrige Raum der’Zelle von kurzen schlauchförmigen Zellen erfüllt ist, welche pallisadenähnlich senkrecht zur Öbertläche dicht neben einander stehen. Ein Flächenschnitt lehrt, dass in den meisten Epidermiszellen die ganze Aussenwand von dem Lager der pallisadenähnlichen Zellen eingenommen wird, gelegentlich finden sich. aber auch Epidermiszellen, in welchen nur ein mehr oder minder grosses Theilstück der Aussenwand von einer Gruppe solcher Zellen besetzt ist. Der eigentliche Inhalt der Epidermiszellen ist von den Schlauchzellen durch eine zarte Haut abgegrenzt. Unterhalb der Lamelle, also im eigentlichen Inhalt der Zelle, bemerkt man ge- legentlich zarte Pilzfäden. -Die Pallisadenzellen besitzen einen völlig homogen erscheinenden, stark lichtbreehenden Inhalt, welcher mit Chlor- zinkjod behandelt intensiv blane Färbung annimmt. Ich muss freilich dabei bemerken, dass ich das hier geschilderte Entwickelungsstadium des Pilzes nur an getrocknetem Material untersuchen konnte, so dass also dahingestellt bleiben muss, ob die über den Inhalt der Pallisaden- zelle gemachten Angaben auch für den lebenden Pilz Geltung haben. Verfolgen wir die Entwickelung des Pilzes von dem beschriebenen Stadium aus weiter, so zeigt sich, dass die pallisadenartigen Zellen zu gestielten Sporenschläuchen auswächsen, welche nach Durchbreehung der Aussenwand der Wirthszelle frei über die Oberfläche hervorragen, wie das in Fig. 3 Taf. XI an einem Querschnitt dargestellt ist. Die eigentlichen Asei sind durch cine Querwand von den Stielzellen abgetrennt. Die letzteren haben ungefähr die Dimension der vorher allein vorhandenen aseogenen Zellen beibehalten, sie messen in der Länge bis zu 18p, in der Breite bis zu 6, die zarten von ihnen getragenen Schläuche sind keulenförmig und haben eine Länge bis zu 24 1, ihre grösste Breite kann bis zu 7 px. betragen. An dem von mir untersuchten Material waren die Schläuche meist schon völlig entleert, entwickelte Schläuche mit ausgebildeten Sporen habe ich nicht gefunden. 147 Die Form und Entwiekelung der Sporenschläuche lässt erkennen, dass wir es hier wie auf den Auswüchsen an Aspidium aristatum mit einem Taphrina-artigen Pilz zu thun haben. Um indess volle Klarheit über die Natur und die systematische Stellung des Pilzes zu erlangen, ist es nöthig, den Entwickelungsgang desselben von dem Stadium aus, welches wir zum Ausgangspunkt genommen haben, auch weiter rückwärts aufzusuchen. Es handelt sich vor allem darum, die vegetativen Hyphen und die Art ihres Parasitismus kennen zu lernen. Zunächst lag es für mich nahe, die vegetativen Pilzfäden dort zu suchen, wo dieselben ausnahmslos bei allen bekannten Tuphrina-Arten wie ja auch bei der oben besprochenen Tuphrina Cornu cervi zu finden sind, nämlich in den Zeilwänden der Wirthspflanze. Allein alles Suchen war vergeblich, dagegen wurde in allen Schnitten durch "Theile der Auswiichse im Innern mancher Zellen ein feines Pilzgeflecht aus zarten septirten Hyphen aufgefunden. Wenn nun auch gelegentlich in der Nähe der ascogenen Zellen, wie oben mitgetheilt wurde und wie Fig. 2 auf Taf. XI zeigt, ähnliche Pilzhyphen gefunden wurden, ‚so war doch zunächst nieht anzunehmen, dass diese Pilzfäden im Innern der Zellen mit den so sehr Taphrina-ähnlichen Fructifieationsorganen zusammen gehörten. Viel näher lag der (Gedanke, dass die Asci etwa einer Art angehörten, welche, wie z. B. Ascomyeces endogenus, über- haupt kein entwickeltes vegetatives Myeelium besitzen. In diesem Falle konnte natürlich der Ascomycet nicht der Verursacher der sonderbaren Auswüchse von Pieris uadrieurit« sein, diese Rolle hätte dann wohl dem unbekannten Pilze zugewiesen werden müssen, ‚dessen Ilyphen überall in den Zellen der Auswüchse zu finden sind. Auffällig war dabei freilich, dass der Ascomycet, dessen Ansiedelung auf den von einem andern Pilz veranlassten Auswüchsen dem Zufalle überlassen wäre, in allen Fällen und auf allen Wedeln der erwachsenen Auswüchse gefunden wird. Die Thatsache schien cher dafür zu sprechen, «dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Auf- treten des Ascomyceeten uud der Entstehung der Auswüchse an Pteris quadriaurita besteht. Nach langem Zweifeln gelang es ınir, ein Entwiekelungsstadium aufzufinden, welches klaren Aufschluss über die Sachlage zu geben vermag. Fig. 4 auf Taf. XII zeigt ein kleines Flächenstück von der Epidermis eines Auswuchses. Man sieht in der dargestellten Epidermiszelle eine junge Anlage ascogener Zellen, welche mit einem aus septirten Ilyphen bestehenden Mycel in direeter Verbindung steht. Der Querschnitt dureh denselben Auswuchs (vgl. Fig. 5 auf Taf. XII) 10* 148 zeigt, dass sowohl die angelegten Gruppen ascogener Zellen als auch. die mit ihnen in Zusammenhang stehenden Hyphen nicht subeutieular in der Zellwand liegen, sondern wirklich im Zellinnern sich befinden und nur der Aussenwand der Zelle dicht aufgelagert sind. Eine Dureh- musterung gelungener Präparate lässt erkennen, dass die hier auf- tretenden Myphen mit den weiter im Innern der Auswüchse be- obachteten Hyphen gleichgeartet sind und mit ihnen direct in Ver- bindung stehen. Es ergibt sich also als Resultat, dass die Ascusfructification in der That zu dem Mycel gehört, welches alle Theile der Auswüchse von Zellraum zu Zellraum durchzieht, und die Annahme, dass der Ascomycet durch sein Wachsthum die Missbildung an Pteris quadri- aurita veranlasst, findet ihre Bestätigung. Wie erklärt sich nun der Umstand, dass die heranwachsenden ascogenen Zellen und die erwachsenen Ascen durch eine zarte Wand- lamelle von dem Inhalt der Epidermiszellen abgetrennt sind? Offenbar dadurch, dass in den Zellen noch nachträglich eine secundäre Mem- branbildung stattgefunden hat, auf welche auch wohl die grüssere- Dicke aller übrigen Zellwände gegenüber den jüngeren Stadien zurück- zuführen ist. Der Protoplast grenzt sich also gegen die als Fremdkörper- im Zellinnern auftretenden Ascusanlagen durch eine neugebildete Celluloselamelle ab, welche freilich die fortwachsenden Enden der vegetativen Hyphen, denen ja die Fähigkeit, Zellwände zu durch- bohren, zukommen muss, nicht zurückhalten kann, aufs neue in das. Zellinnere vorzudringen, um den Fruchtanlagen von dort aus Wasser und Nährstoffe zuzuführen. Die Erscheinung, dass der lProtoplasmakörper von Zellen höherer Pflanzen durch das Eindringen von Pilzfäden nicht zum Absterben gebracht wird, sondern sich durch eine zarte Hautschicht von dem Parasiten abgrenzt, ist durchaus nicht selten, man hat, zumal an den endophyten Mycelien mancher Ustila&kineen, beobachtet, dass die in die Zellen eindringenden Fäden von einer zarten Cellulosescheide umhüllt werden. An den vegetativen Pilzfäden habe ich in den Aus- wüchsen von Pteris quadriaurita eine solche Cellulosescheide nicht nachweisen können, wenngleich es mir wahrscheinlich ist, dass sie auch dort vorhanden ist. Bei den ascogenen Zellen tritt sie aber ziemlich früh auf und nimmt im Lauf der Entwickelung dieser Zellen merklich an Dieke zu, ein Beweis dafür, dass der Inhalt der Zellen, welche der Pilz bewohnt, sehr lange lebt und activ bleibt. 149 In seinen kritischen Untersuchungen über die durch Taphrina- Arten hervorgebrachten Baumkrankheiten gibt Sadebeck die Er- klärung ab: „Ich fasse demnach in der Gattung Taphrina alle die- jenigen parasitischen Ascomyceten zusammen, deren Ascen zu einem Fruchtkörper nicht vereinigt sind, sondern frei und in grosser Anzahl und oft dicht an einander gedrängt die Blätter oder Blüthen des be- fallenen Pflanzentheiles bedecken und von einem das Gewebe des befallenen Pflanzentheiles intercellular oder subeutieular durchziehen- den, niemals aber dieZellen selbst durchbohrenden My- celium ihren Ursprung nehmen.“ Ich glaube, diese Diagnose der Gattung Taphrina würde anders gefasst worden sein, wenn vor ihrer Feststellung der oben beschriebene Pilz bekannt gewesen wäre, der ja nur in einem einzigen Punkte von der Gattungsdiagnose abweicht und dazu in einem rein physiologischen Merkmal, welches wohl nicht die nächste phylogenetische Verwandtschaft des neuen Pilzes mit den Taphrina-Arten ausschliesst. Es ist ja nicht undenkbar, dass der intercellulare oder intracellulare Verlauf der Hyphen bei den para- sitischen Pilzen bedingt wird durch die Natur der Zellwände oder (des Zellinhaltes des bewohnten Pflanzentheiles, und dass also dem ‚darauf bezüglichen Merkmal in der Diagnose der Gattung Taphrina gar nicht eine Eigenschaft des Pilzes, sondern eine Eigenschaft des Wirthes zu Grunde liegt. Man wird mir einwenden, dass in der Kryptogamensystematik viele Fälle vorhanden sind, in denen physio- logische Eigenthümlichkeiten zur Diagnostizirung von Gattungen oder gar von grösseren Gruppen Verwendung gefunden haben und dass diese Verwendung sich in vielen Fällen gut bewährt hat. Ich gebe zu, dass es Fälle geben kann, in denen alle Glieder eines Verwandt- ‚schaftskreises durch ein und dasselbe physiologische oder biologische Merkmal ausgezeichnet sein können, wie etwa alle Uredineen Parasiten, alle Characeen Wasserbewohner sind; aber ein besonderer Nachdruck darf in der Charakteristik auf diese Merkmale nicht gelegt werden. Sie können in der Diagnose immer nur einen untergeordneten Werth beanspruchen, und zwar nur, so lange nicht eine negative Instanz ihren Unwerth erweist. Sobald eine saprophytische Uredinee ent- deckt wird, oder sobald sich eine Land bewohnende Characee findet, können die angeführten biologischen Eigenschaften der jetzt bekannten Formen nicht mehr uneingeschränkt in der Familiencharakteristik angeführt werden. j . Wie dem auch sein mag, ich kann mich nicht entschliessen, für den neuen Pilz eine neue Gattung zu begründen; ich halte es 150 für richtiger, den Gattungsbegriff Taphrina so weit zu fassen, dass: auch die neu beschriebene Form unter denselben gebracht werden kann. Das bisher in der Gattungsdiagnose verwendete Merkmal des Hyphen- verlaufes kann dann zur Unterscheidung zweier Subgenera dienen, von denen das eine Eutaphrina alle bisher beschriebenen Taphrine- Arten umfasst, während das zweite Taphrinopsis bisher einzig dureh den auf ‚Pteris quadriamita vorkommenden im Vorstehenden beschriebenen Pilz repräsentirt wird, welchen ich im JImblick auf den von Ilooker angestellten Vergleich zwischen emer Laureneiw und den durch den Pilz veranlassten abnormen Sprossungen der Pteris- 'wedel, Taphrina Laureneia nennen will. Das Ergebniss der vorstehenden Untersuchung für die Systematik kann also in der folgenden Weise dargestellt werden: Genus Taphrina Fries. Parasitische Ascomyeeten, deren eylindrische oder kenlenförmige Asken niehtzu einem Fruchtkörper ver- einigt sind, sonderningrosser Anzahl und meist dicht- gedrängt aus der Oberfläche des von dem vegetativen Myeelbewohnten Pflanzentleiles hervorbrechen. I. Subgenus Eutaphrina. Die vegetativen Ilyphen dringen niemals in die Zellen des Wirthes ein, sondern durchziehen subeutri- eular oder intersellular den befallenen Pflanzentheil. Hicher alle bisher bekannten Arten und Taphrina cornu cerei Ghgn. IH. Subgenus Taphrinopsis. Die vegetativen Ilyphendurehbohren dieZellwände des Wirthes und dringen von Zelle zu Zelle in dem Ge- webe vor. ' Taphrina Baureneian. sp. Der Pilz ruft an den Wedeln von Pteris quadriaurita buschige Sprossungen hervor, welchevondem die Zell- ‚ände durchbohrenden Mycelium dAurchzogensind. Die Aseiwerden in den Epidermiszellen angelegt und nach- trägliceh durch eine zarte Membran von dem Zellinhalt abgetrennt. Die heranwachsenden Asci durchbreehen die Aussenwand der Zelle und ragen bei der Reife in zahlreichen, den einzelnen Epidermiszellen entspre- chenden Gruppen über die Oberfläche hervor Die 151 keulenförmigen Asci stehen auf einer eylindrischen Stielzelle. länge der Asci bis 24p, Breite bis 7j, Länge der Stielzelle bis 195, Breite bis 6p. Heimat: Ceylon. Assam, leg Simons. IV. Wie wir gesehen haben, verursachen die beiden oben be- schriebenen Taphrina-Arten an ihren Wirthsp£anzen eigenartige Aus- wüchse, welche in dem einen Falle bei Aspidium uristatum stift- oder geweibartige Gebilde darstellen, im andern Falle bei Pteris quadriaurita aus einem kurzen Achsengebilde bestehen, an welchem entfernt-wedel- ähnliche seitliche Organe in grosser Zahl entspringen. Es bleibt uns noch die Frage zu entscheiden, als was diese Gebilde ihrer Natur nach zu betrachten sind: ob dieselben etwa durch abnormes Wachsthum normal an der Nährpflanze vorhandener Theile zu Stande kommen, oder ob wirkliche Neubildungen vorliegen, welche zu den normalen Organen des Wirthes nicht in Beziehung gebracht werden können. Am leichtesten gelingt die Lösung dieser Frage bei den von Taphrina Laurencia bewohnten Auswüchsen von Pferis quadriaurita. Wir hatten oben bei der Beschreibung dieser Auswüchse, um für die einzelnen Theile leichtverständliche Bezeichnungen zu haben, vorläufig Clarke’s Annahme gelten lassen, dass die Gebilde normale Sprossungen seien, wie sie sich ja bei sehr vielen Farnen finden. Dass die Sprossungen bei Pteris nicht normal sind, hat unsere Untersuchung zweifellos ergeben. Die Form der Wedel weicht bedeutend von der Jugendforn der Pteriswedel ab; die geringe Differenzirung des Blatt- gewebes, der Mangel der Spaltöffnungen und der sonstigen Inter- cellularräume und endlich das Vorkommen des Pilzes in den Zellen beweisen zur Genüge den abnormen Charakter der Auswüchse. Indess muss. doch zugestanden werden, dass die Auswüchse in ihrer Grundform, d. h. in Hinsicht auf die Ausbildung eines Achsen- organes, welches seitlich blattähnliche Gebilde hervorbringt, mit normalen Sprossen, denen man bei anderen Farnspecies begegnet, übereinstimmt. Auch die Bekleidung der Achse und der Wedelbasis mit Paleae finden wir dort wie hier. Ein weiteres Vergleichungsmoment bietet das Wachsthum der Organe dar, welches an den Wedeln der Aus- wüchse von Pferis wie bei den Farnwedeln durch typisches Rand- & 152 zellwachsthum erfolgt. Die Achse der Auswüchse besitzt wie die normalen Sprosse der Farne eine Scheitelzelle, welche das Wachs- thum vermittelt. Alles in Allem rechtfertigen die Befunde die An- nahme, dass die Auswüchse an Pferis quadriaurita blattbürtige Sprosse sind, welche durch die Pilzvegetation in ihrem Innern eine abnorme Umbildung erfahren haben. Bestätigt wird diese Annahme noch durch eine Beobachtung, welche ich freilich nur ein einziges Mal, aber dort mit aller Sicherheit gemacht habe. Ich. fand nämlich an einem Exemplar von Pieris einen Aus- wuchs (vgl. Figur 6 auf Tafel XIII), bei welchem aus dem Knäuel abnormer Wedel ein einziges, normal ausgebildetes Wedelchen hervor- sprosst, welches die Jugendform der Pteriswedel zeigt. Anfänglich verimuthete ich, dass hier zwischen den abnormen Wedeln eine zufällig angeflogene Spore zur Keimung gelangt sei, und dass das normale Wedelchen einer Keimpflanze angehöre, allein die genauere Unter- suchung ergab, dass der normale Wedel wirklich zwischen den ab- normen aus der Hauptachse des Auswuchses entsprang. Es muss also angenommen werden, dass die Anlage dieses einen Wedels von der Einwanderung der Pilzfäden verschont blieb, während alle übrigen durch den Pilz zu abnormer Entwicklung angeregt wurden. Die Veränderungen, welche die infieirten Wedel von dem normal entwickelten Wedel unterscheiden, bieten im Grund nichts Auffälliges dar, sie weichen nicht wesentlich von den Erscheinungen ab, welche bei anderen von Pilzparasiten befallenen I’fanzen bekannt sind. Dr. J. H. Wakker?) hat in einer vorläufigen Mittheilung über den Einfluss der parasitischen Pilze auf ihre Nährpflanzen die wesent- lichsten Resultate seiner Untersuchungen über diesen Gegenstand zusammengestellt. Jr sagt, dass in der Mehrzahl der Fälle die para- sitischen Pilze Ursache sind, dass die von ihnen befallenen Planzen- theile, wenn sie erwachsen sind, weniger von dem jugendlichen Zu- stand verschieden sind, als es sonst der Fall ist, mit anderen Worten, die Anwesenheit des Parasiten verhindert mehr oder minder die Differenzirung der primären Gewebe oder wenigstens die Bildung der secundären Gewebe mit ihren Bestandtheilen. In vielen Fällen treten daneben Eigenschaften auf, die in normalen Pflanzentheilen nicht vorkommen. , Was das Unterbleiben der primären Differenzirung der Gewebe anbelangt, so constatirt er zunächst, dass sehr häufig die Ausbildung 1) Nederlandsch kruidkundig Archief 6° Deel — 18 Stuk. p. 136 ff. 153 mechanischen Gewebes in den von parasitischen Pilzen bewohnten Pflanzentheilen unterbleibt. Auch der Zellinhalt wird in seiner Ent- wickelung gehemmt, indem sehr häufig die Ausbildung normaler Chlorophylikörner unterbleibt. Auffällig ist ferner eine oft sehr beträchtliche Anhäufung von Stärkemehl in den Zellen. Sodann erwähnt Wakker, dass die Intercellularräume in den verpilzten Geweben meistens fast ganz fehlen. Hinsichtlich der neuen Eigen- schaften, welche gelegentlich durch die Pilze erst an den Pflanzen- theilen hervorgerufen werden, gibt Wakker unter anderem folgendes an: „Die Zellen der Nährpflanze werden in den befallenen Theilen oft sehr stark vergrössert, der Zellsaft färbt sich häufig intensiv.“ Vergleichen wir nun mit diesen Befunden, welche Wakker aus einer ansehnlichen Zahl von Untersuchungen pilzbewohnter Nähr- pflanzen abgeleitet und mit Beispielen belegt hat, die Vorkommnisse, welche bei den abnormen Wedeln der Auswüchse von Pteris guedriaurita beobachtet werden, so finden wir, dass Punkt für Punkt alle Ver- ‚schiedenheiten, welche zwischen den normalen und den abnormen Bildungen vorhanden sind, aus der Analogie als durch den Pilz veranlasst erklärt werden können. Wir haben gesehen, dass die abnormen Wedel, abgesehen von ‚dem schwach entwickelten Gefässbündel, ganz aus parenchymatischen Zellen bestehen, die wie die Zellen 'jungendlicher Gewebe lückenlos aneinander schliessen. Die Ausbildung differenter Epidermiszellen und der Spaltöffnungen unterbleibt. Der Inhalt der Zellen weist reichlich Stärke und — auch im frischen Zustande -- eine abnorıne Fär- bung auf. Ausser diesen Eigenschaften, welche sich auf den anatomischen Bau der von Wakker allein berücksichtigt ist, beziehen, will ich noch ein anderes und zwar ein morphologisches Moment erwähnen, das eine Uebereinstimmung zwischen dem Verhalten der Auswüchse von Pteris quadriaurita und demjenigen anderer von Pilzen befallener Pflanzen ergibt. An vielen Holzgewächsen, welche von Taphrina- arten befallen werden, sehen wir an den infieirten Theilen eine eigenthümliche Gestaltveränderung vor sich gehen. Die stark an- schwellende Achse beschränkt ihr Längenwachsthum auf ein geringes Maass, legt aber reichlich seitliche Knospen an, welche sich üppig entwickeln und heranwachsend ein dichtes Büschel von Aesten und Zweigen bilden. Man bezeichnet diese Bildungen als Hexenbesen. Die Auswüchse der Pteriswedel können sehr leicht mit solchen lIlexenbesen verglichen werden. Es ist auch hier eine 'kurzbleibende 154 Hauptachse vorhanden, an welcher seitlich die Wedel in grosser Anzahl entspringen und zu einem diehten strauchigen Büschel heran- wachsen. Wir kommen also zu dem Schluss, dass in der That die Auswüchse an Pteris quadriaurita den Sprossungen entsprechen, welche anf den Wedeln mancher Farne nicht selten beobachtet werden, dass aber diese Sprossungen in allen ihren Theilen von frühester Jugend an dureh den Pilz beeinflusst und zu abnormer Entwickehung gebracht sind. Noch eine Frage bleibt nns hinsichtlich dieser Gebilde zu erledigen. Wo bei höheren Pflanzen infolge von Pilzinfeetion Hexenbesen gebildet. werden, da handelt es sich immer nur um eine abnorme Entwickelung normal sehon vorhandener Anlagen. Es fragt sich, ob für die Ilexen- besen von Pferis quadriaurita das gleiche gilt, ob also vor der Pilz- infeetion schon eine Knospenanlage an dem Wedel vorhanden war, welehe naeh Einwanderung des Parasiten zu dem abnormen Auswuchs sich heranbildete. Diese Frage muss verneint werden. Im normalen Zustande tragen die Wedel von Pteris quadriaurita keine Knospen; ich habe alle mir zugänglichen sowohl lebenden als getrsekneten Exemplare des Farns darauf hin durchmustert, ohne dass mir jemals an der normalen Pflanze eine Knospe oder auch nur eine Knospen- anlage auf den Wedeln vorgekommen wäre. Die Systematiker erwähnen als proliferirende Formen immer nur die von Tuphrina befallenen, wie ja aus der oben mitgetheilten Beschreibung Hooker’s und der sich darauf beziehenden Notiz Clarke’s zur Genüge erhellt. Würden aber diese Beobachter jemals eine normale Sprossung an den, vielen von ihnen untersuchten Exemplaren gefunden haben, so würden sie sicher nicht unterlassen haben, ihre Angaben über die abnormen Aus- wüchse durch Mittheilung des Fundes zu berichtigen. Es bleibt also nur die Annahme übrig, dass die Tephrina Lau- renci« zuerst in die normalen Wedel der Pteris quadriaurita an irgend einer zugänglichen Stelle eindringt, dass das in die Blattzellen ein- wandernde Myeel dort durch den ausgeübten Reiz die Anlage einer Knospe veranlasst, und dass die Pilzfiden mit dem Wachsthum dieser Anlage gleichen Schritt haltend die ganze aus derselben hervorgehende Sprossung durchwachsen. Es ist wahrschemlich, dass der Pilz schon frühzeitig in die Pteriswedel eindringt, während das Blattgewebe sich noch in einem jugendlichen, zur Weiterentwiekelung befähigten Zustande befindet. Ob die infieirenden Pilzfäden bei der Invasion die Cutieula durch- bohren oder ob dieselben von den Intereellularränmen aus in die Blattzellen vordringen; ob die Knospenanlage direet an der Infeetions- ’ 155: stelle erfolgt, oder ob der Pilz längere Zeit im normalen Pteriswedel fortwächst: das sind Fragen, deren Lösung der Untersuchung lebenden Materials vorbehalten bleiben miss. An den Wedeln von Aspidium aristatum sind normale Sprossungen gleichfalls unbekannt. Wir müssen also auch dort die Entstehung der Auswüchse auf Rechnung des die Wedel befallenden Pilzes setzen.” Die stift- oder geweihförmigen Gebilde, welche bisweilen einzeln, meist aber zu kleinen Gruppen vereinigt aus den Wedeln hervor- wachsen, können, wenn man von den auf Rechnung des Pilzes zu setzenden anatomischen Abnormitäten absehen will, mit Sprossachsen verglichen werden. Die eylindrische Form, der kreisförmige Quer- schnitt des Bündelstranges und die Vertheilung der Elemente in dem- selben, ferner das Vorhandensein einer Scheitelzelle, von welcher das Wachsthum ausgeht, unterstützen diese Ansicht. Das Fehlen aller seitlichen Organe ist freilich an diesen Sprossen eine sehr auffällige Erscheinung. Wir müssen, um die Auswüchse von norınalen Sprossungen ableiten zu können, die Annahme machen, dass durch den Pilz die Ausbildung seitlicher Organe verhindert wird. Es mag das damit zusammenhängen, dass der Pilz dem Wachsthum der Auswüchse schritt- weise folgt und unmittelbar hinter der Scheitelzelle die jüngsten Segmente umspinnt, so dass die Entwickelung derselben schon in aller frühester Jugend beeinflusst werden muss. Da Uebergänge zwischen den. Auswüchsen und normalen, Wedel tragenden Sprossungen nicht gefunden. wurden, so behält die Annahme, dass die Auswüchse durch abnorme Umbijldung wirklicher Knospen zu Stande gekommen seien, einen hypothetischen Charakter. Die durch die Taphrina veranlassten Auswüchse an Aspidium aristalum lassen sich am ersten mit den Gebilden vergleichen, welche durch Exobasidium Laurl Geyler an den Stämmen von Laurus Cana- riensis L. hervorgerufen werden. Die letzteren werden freilich viel grösser, sind aber ebenfalls sprossähnlich und geweihartig verzweigt und bringen niemals Blätter oder blattähnliche Organe hervor. Ursprünglich sind diese Auswüchse von Bory de St. Vincent als Clavaria Lauri beschrieben worden, bis die anatomische Untersuchung ergab, dass sie ihrem Bau nach als Anhangsgebilde des Laurus an-: gesehen werden müssen. Schacht bezeichnet sie desshalb als. Luft- wurzeln des Lorbeerbaumes. Geyler!) zeigte dann endlich, dass die Auswüchse von einem krobasidium bewohnt sind. Da gelegentlich 1) Bot. Zeitg. 1874. S. 321. 156 an gesunden Torbeerbäumen normale Schösslinge aus den Stämmen hervorwachsen, so nimmt Geyler an, dass die vom Pilz bewohnten Auswüchse verbildete Stammschösslinge seien. Uebergänge zwischen normalen und verkrüppelten Schösslingen hat er nicht finden können. Mag man nun hier wie bei den von Taphrina Cornu cervi be- wohnten Auswüchsen an Aspidium aristatum annehmen, dass normale Sprossanlagen durch den Pilz zu abnormer Ausbildung gelangt sind, ‚oder mag man die Auswüchse in beiden Fällen für völlig eigenartige Neubildungen halten, welche infolge der Pilzvegetation von dem betreffenden Pflanzentheil erzeugt werden; mag man also hier von Jlexenbesen oder von Pilzgallen sprechen: jedenfalls liegt in diesen beiden Beispielen der extreniste Fall von Beeinflussung lebender Pflanzentheile durch einen parasitischen Pilz vor. Figurenerklärung. Tafel XI. "Fig. 1. Wedelfieder von Aspidium aristatum Sw. mit zahlreichen abnormen Auswüchsen (natürl. Grösse). Fig. 2. Qunerschnitt durch einen Auswuchs (Vergr. 52/1). Fig. 3. Stück vom Rande eines solchen Querschnitfes mit subepidermal verlaufenden Pilzfäden (Vergr. 460/1). Fie. 4. Tlichenansicht der von Pilzfiden durchzogenen Trpidermis der Auswüchse (Vergr. 460/1). Fig. 5. Theil vom Querschnitt eines älteren Auswuchses (Verer. 460/1). Fig. 6. Entwickelte Asken von Taphrina Cornu cervi nov. spec. auf der Ober- fläche eines Auswuchses (Vergr. 650/1). Fig. 7. Sporenbildung von Urobasidium rostratum nov. gen. (Vergr. 650/1). Tafel XIIL Fig. 1. Hexenbesen auf Pteris quadriaurita Retz. (natürl. Grüsse). Fig. 2. Theil eines Querschnittes durch einen Wedel des Hexenbesens mit ascogenen Pilzzellen in den Epidermiszellen (Vergr. 460/1). Fig. 3. Entwickelte Asken von Taphrina Laurencian. sp. aus der Epidermis der Wedel des Hexenbesens hervorwachsend (Vergr. 650/1). Yig. & Jüngeres Stadium eines abnormen '\Wedels. Epidermiszelle von der Fläche gesehen. Anlage der ascogenen Pilzzellen an intracellularen Pilzhyphen (Vergr. 650/1). Fig. 5. Das gleiche Stadium im Quersehnitt (Vergr. 650/1). Fig. 6. Ein Hexenbesen an Pteris, bei welchem zwischen den abnormen Wedeln ein einzelner normaler Wedel hervorsprosst (natürl. Grösse). Ueber hygrophile Farne. Ven K. Giesenhagen. Mit drei Textfiguren. I. In der Darstellung kryptogamischer Gewächse Brasiliens gibt Martius!) die Beschreibung und Abbildung einer kleinen Adiantumart,.. welche er wegen ihrer Zierlichkeit und wegen der Einfachheit ihres Blattbaues als Adiantum delicatulum bezeichnet hat. Neben Habitus- bildern in natürlicher Grösse sind auf der bezüglichen Tafel einzelne Theile des Pflänzchens in vergrössertem Maassstabe abgebildet, so dass die Struktur der Zellgewebe erkennbar ist. Eine dieser Abbildungen, welche einen Wedelzipfel: mit Sorus darstelt, gab mir früher?) Anlass zu der Vermuthung, dass die Wedel von Adiantum delicatulum in gewissem Sinne ihrem anatomischen Baue nach mit den Wedeln der Hymenophyllaceen zu vergleichen seien. Es ist nämlich in der Martius’schen Abbildung der Indusionlappen zurückgeschlagen, so dass der normal von demselben bedeckte Theil der Blattfläche sichtbar wird.. Während nun in der Zeichnung die übrigen Partien der Blattfläche mit langgestreekten Epidermiszellen bedeckt und mit Spaltöffnungen versehen sind, zeigt der Flächentheil unter dem Indusium ein ver- hältnissmässig weitmaschiges Gewebe aus polygonalen Zellen ohne Intercellularlücken. Es lag nahe anzunehmen, dass dieser Theil des Blattes ähnlich wie der aus ihm hervorgehende Indusionlappen aus einer einzigen Zellschicht gebildet werde. Die Durchsicht der Notizen, welche Martius zu seinen Abbildungen gegeben hat, und die Unter- 1) Icon. plant. erypt. Brasil. Tafel 56 Fig. 2. 2) Hymenophylaceen, Flora 1890. 158 ü ‚suchung der Originalexemplare des Münchener Herbariums haben mir gezeigt, dass diese Annahme den thatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht und dass ausserdem die Martius’schen Abbildungen hin- sichtlich des Zellnetzes nicht naturgetreu sind, Das Blatt von Adiantum delicatulum ist in allen seinen vegefa- tiven Theilen aus mehreren, und zwar abgesehen von den Nerven, aus drei Zellschichten aufgebaut. Die beiden äusseren Schichten, die wir als Epidermis bezeichnen müssen, bestehen aus rechteckigen Zellen, welche in der Richtung der Blattnerven gestreckt und deren Seiten- wände wellig verbogen sind. Nach dem Blattinnern zu besitzen die Epidermiszellen regelmässige zapfenartige Vorsprünge, welche mit ähnlichen Vorsprüngen der Zellen in der Mittelschicht in Berührung stehen. Auf diese Weise kommen grosse intercellulare Tlohlräume in dem Blatt zu Stande, welche durch die auf der Blattunterseite reich- lieh vorhandenen normal gebauten Stomata mit der umgebenden Luft in Verbindung stehen. Die Epidermiszellen bilden übrigens keine continuirliche Schicht, welehe die gesammte Oberflüche des Blattes überzieht; vielmehr wird ihr Zusanmerhang durch die Blattnerven unterbrochen. Oberhalb der im Blatt verlaufenden Gefässbündel wird nämlich, wie auch bei andern Adiantumarten, die Oberfläche des Blattes von einer Reihe starkverdickter, bastartig glänzender Sklerenchym- zellen gebildet, welche mit ihren spitz ausgezogenen Enden eine Strecke weit neben einander verlaufen. Auch der Rand des Blattes ist von ähnlichen sklerenchymatischen Zellen wnsäumt. Die Gefässbündel in den Blatt- nerven sind sehr einfach gebaut; selten werden auf dem Querschnitt mehr als 2 oder 3 Tracheiden getroffen. Die geringe heistungsfähig- keit des einzelnen Bündels wird indess durch die grosse Zahl der fast parallel neben einander die verhältuissmässig kleine Blatrfläche durch- zichenden Stränge ausgeglichen. In den Blattstielen ist ein centrales Gefässbündel mit Endodernis vorbanden, dessen Gefässtheil halbmond- förmigen Querschnitt besitzt. Die Zellen der Rinde nelmen nach aussen hin zu an Wandstärke und an prosenchymatischer Zuspitzung; in der äussersten Schicht sind die Zellwände fast bis zum gänz- lichen Schwinden des Juumens verdickt. Wir finden also im grossen Ganzen im Blatt von Adiantum delicatulum dieselben anatomi- schen Verhältnisse, welche auch sonst in den Blättern zarter Adianten vorhanden sind. Die Ausbildung weiterer Intercellularräume und die Beschaffenheit der Leitbahnen beweisen, dass die Pflanze ganz anderen Vegetationsbedingungen angepasst ist als die Hymeno- phyllaceen. 159 Ich hatt ein meiner Arbeit über die Hymenophyllaeeen!) die Vermuthung ausgesprochen, dass Adiantum delicatulum ein Beispiel für die Thatsache sei, dass die Einfachheit des Blattbauos, welche für die Hym enophyllaceen typisch ist, in Beziehung zu gleich eigenartiger Wachsthumsbedingungen auch in höher entwickelten Farnfamilien sich gelegentlich wiederfindet. Die Thatsache wird selbstverständlich nicht hinfällig durch den Ausfall eines der Beispiele, um so weniger, als ich in der Lage bin, für dasselbe ein anderes besseres einzu- setzen. IL. Unter den reichen botanischen Schätzen, welche Herr Professor Goebel auf seiner letzten Reise im Winter 1890—91 in den Tropen ‘Südamerikas eingesammelt hat, befindet sich ein Asplenium, welches in exquisiter Weise einen Beleg für Gedanken gibt, dass ein hymeno- phyllumähnlicher Bau als Rückbildungserscheinung unter gewissen Um- ständen auch in andern Farnfamilien vorkommt. Der Farn wurde an sehr feuchten schattigen Orten in der Nähe von San Esteban in Venezuela von Herrn Professor Gochbel gefunden, welcher die Güte hatte, mir sowohl Alkoholmaterial als auch getrocknete Exemplare zur Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Ausserdem besitze ich einige lebende Exemplare des Farns von dem gleichen Standort, welche nunmehr seit länger als einem ‚Jahr in Cultur sind. Dieselben haben sich indess bisher nicht son- derlich kräftig entwickelt. Was die systematische Stellung des Farns anbetrifft, so stelle ich denselben zu Asplenium obtusifolium L., welches IHooker und Greville in den Icones filieum?) abgebildet haben. Ueber diese Species herrscht gegenwärtig sowohl in der Litteratur als in den Herbarien arge Verwirrung; ich werde später noch darauf zurückzu- kommen haben. Da die von Asplenium obtusifolium vorhandenen Diagnosen nicht :ohne Weiteres für die vorliegende U’Nanze zutreffen, da sich die letztere auch habituell wesentlich von der oben citirten Abbildung Ilooker’s und Greville’s unterscheidet, so will ich hier zunächst einc Be- ‚schreibung und Abbildung eines gut entwickelten, fructifieirenden 1) Flora 1890. 2) a. a. O. Tafel COXXXIX. 160 Exemplares des von Herrn Professor Goebel gesammelten Farns einschalten : Asplenium obtusifolium L. var. aquatica. Aus dem etwa strohhalmdicken, etwas glattgedrückten kriechenden Rhizom erheben sich in zwei seitlich stehenden alternierenden Reihen die Wedel, deren Länge weniger als 10cm betrug. Die Stiele der Wedel sind kaum 2 em lang. Der Gesammtumriss der Wedelfläche kann als eiförmig bezeichnet werden; sie ist einfach gefiedert. Die Fiedern sind kurz gestielt oder sitzend und alternieren mit einander, der Endlappen lässt in seiner Theilung oder Spaltung die Fortsetzung der Alternanz erkennen. Die Form der Fiedern ist ziemlich unregel- mässig und ungleichmässig aus keilförmiger Basis, breit, viereckig oder abgerundet, der Rand ist unregelmässig gezähnt oder schwach ausgeschweift. Die Form und Anordnung der Sori bietet nichts Auffälliges dar. Die Wedel sind im lebendem Zustande frisch grün gefärbt und erscheinen mit blossem Auge kahl. Adventivwurzeln sind an dem Rhizom reichlich vorhanden, dieselben sind 1 bis wenige Millimeter dick und erreichen, ohne sich besonders reichlich zu ver- zweigen, eine beträchtliche Länge. . In seinem anatomischen Bau weist der Farn gegenüber den sonst für die Gattung Asplenium bekannten Vorkommnissen beträcht- liche Abweichungen auf. Schon desshalb, besonders aber wegen der Beziehungen, welche der eigenartige Bau dieser Form zu ihrer Lebensweise erkennen lässt, hat die eingehendere Betrachtung der vorliegenden Verhältnisse ein erhöhtes Interesse. 161 Eine der auffälligsten Eigenthümlichkeiten des Farns ist der Mangel der Spaltöffnungen und aller sonstigen Intercellularräume; in Spross und Wurzel sowohl, als auch in den Blättern, schliessen die Zellen lückenlos an einander. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass ganz im Allgemeinen das Vorhandensein oder Fehlen des Intercellularsystems und seiner Aus- gangsöffnungen, der Spaltöffnungen und Lenticellen zu der Lebensweise der Pflanzen in inniger Beziehung steht. Das geht schon hervor aus dem Umstande, dass wir spaltöffnungslose Gefässpflanzen nur in wenigen, bestimmt charakterisirten biologischen Gruppen antreffen, nämlich bei chlorophyllfreien Humuspflanzen und bei Wasserpflanzen, zu denen ich in gewissem Sinne auch die hygropbilen Farne rechne, d. h. die biologische Gruppe von Farnen, welche im Stande und darauf angewiesen sind, direct durch die Oberfläche ihren Blattzellen Wasser und darin gelöste Nährstoffe aufzunehmen. Ich trage kein Bedenken, den vorliegenden venezolanischen Farn in diese Gruppe einzureihen. In der Schlucht, welche den Standort des Asplenium bildete, hatte die Luft am Tage einen hohen Feuchtigkeitsgehalt, was bei der all- nächtlichen Temperaturerniedrigung!) — der Ort liegt ca. 500 m über dem Meere — eine ausgiebige Taubildung zur Folge haben muss, Die Oberfläche der lebenden Blätter des Farns ist leicht benetzbar, ein auf dieselbe gebrachter Wassertropfen wird festgehalten und breitet sich über eine grössere Fläche aus. Die Tautropfen auf den Blättern können also durch Osmose direet in die Oberhautzellen aufgenommen und von dort den angrenzenden innern Zellschichten zugeführt werden. Der directe Nachweis, dass eine Aufnahme von Wasser durch die Blätter erfolgt, kann natürlich nur durch Experiment erbracht werden; indess gewährt auch schon die Anatomie der Blätter einige Anhaltspunkte zu Schlüssen. Querschnitt des Blattes der hymenophyllumähnlichen Form von Asplenium obtusifolium L. var. aquatica. Die Blattfläche des Asplenium besteht im Durchnitt aus 8 bis 4 Zellschichten, nur wo die Gefässbündel verlaufen steigt die Zahl 1) Prof. Goebel erzählte, dass er in dem hohlen Baum, in dem er an der Oertlichkeit übernachtete, gehörig gefroren habe. Flora 1892, Suppl.-Bd, 11 162 der übereinanderliegenden Zellen etwas höher. Eine typische chloro- phylllose Epidermis ist nicht vorhanden, worin ja bei einer hygro- philen Schattenpflanze nichts Auffälliges liegt. Die Zellen der äüsseren Schichten unterscheiden sich weder an Form noch an Grösse, noch auch bezüglich der Ansbildung der Wände wesentlich von den Zellen der mittleren Schichten. Die Aussenwände sind fast ebenso zart als die Membranen, welche die einzelnen Zellen von einander trennen. Die Cuticula ist sehr schwach; bei Behandlung von Querschnitten _ mit concentrirter Schwefelsäure löst sich dieselbe als ein äusserst zartes Häutchen von der übrigen Zellwand ab. Da, wie bekannt ist, selbst die relativ starke Cuticula mancher andern Gewächse den Durchtritt des Wasserdampfes und der Gase durch die Zellwände nicht völlig zu unterdrücken vermag, so ist wohl anzunehmen, dass ‚die hier vorhandene ausserordentlich dünne ILamelle auf die Permea- bilität der Membranen keinen sehr wesentlichen Einfluss ausübt; eine Aufnahme des die Blattoberflächen benetzenden Wassers in die Zellen auf osmotischem Wege ist also an sich wahrscheinlich. Noch vermehrt wird die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme, wenn wir in Betracht ziehen, dass die Zahl und die Leistungsfähigkeit der ım Blatt vor- handenen Leitbahnen, durch welche eine Wasserzufuhr von der Wurzel her vermittelt wird, relativ gering ist. Bevor wir indess uns der Betrachtung der Gefässbündel zu- wenden, möge noch ein Blick auf die Inhaltsbestandtheile der Blatt- zellen geworfen werden. Wie es bei Schattenpflanzen zu erwarten ist, befindet sich .die Mehrzahl der Chlorophyllkörner in den äussersten Zellschichten, und zwar finde ich, dass bei dem am Fundort direet in Alkohol übertragenen Blättern die Chlorophylikörner stets der Aussenwand derselben anliegen. Bei den Blättern der Hymenophyl- laceen habe ich, soweit ich Alkoholmaterial untersuchen konnte, innmer dasselbe Verhalten gefunden. Bei vielen Schattenpflanzen, die ein intercellulares Durchlüftungssystem ausbilden, findet sich eine andere Anordnung der Chloroplasten. Dieselben sind dort der Innenwand der Oberhautzellen angelagert; sie finden sich häufig, wie z. B. bei einer grossen Anzahl von Adianten und Asplenien in den noch immer gestreckten zapfenförmigen Vorsprüngen der Zellen zu kleinen Gruppen vereinigt. Noll hat darauf hingewiesen, dass diese Lagerung der Chloroplasten als eine Anpassung an den schattigen Standort anzusehen sei, da durch die gewölbte Oberfläche der Epidermiszellen eine Concentration des einfallenden Lichtes auf die Chlorophylikörner bewirkt wird. Jedenfalls besteht ausserdem wohl auch eine Beziehung 163 zwischen der Anordnung der Chloroplasten und der Zufuhr der Kohlen- säure zu der Zelle. Bei den spaltöffnungslosen Schattenpflanzen (denen sich in dieser Beziehung die submersen Wasserpflanzen anschliessen), welche die Kohlensäure direct durch die Aussenwände der Oberhaut- zellen aufnehmen, sind die Chloroplasten diesen Aussenwänden auf- gelagert; die Zellen der Schattenpflanzen, welche ein Intercellular- system’ ausbilden, nehmen dagegen die grössere Menge des Gases durch die zarteren und wegsameren Innenwände aus den Durchlüftungs- räumen auf; und dem entsprechend sehen wir hier auch die Assimi- latoren den an die Intercellularräume grenzenden Innenwänden genähert. In den Zellen, welche die Mittelschicht der Blätter unseres Asplenium bilden, finden sich keine oder sehr wenige Chlorophylikörner. Dagegen enthielten diese Zellen in den von mir untersuchten Pflanzen stets eine reiche Zahl zusammengesetzter Stärkekörner, welche den an die Öberhautzellen grenzenden Wänden anlagen Von sonstigen Inhaltsbestandtheilen der Blattzellen unseres ‚Asplenium ist erwähnenswerth das Vorkommen von oxalsaurem Kalk in den Zellen der beiderseitigen Oberhaut. Das Kalksalz findet sich in Form feiner Nadeln in dem einen Ende der Zellen angehäuft. Kalkoxalat scheint in den Blättern der Farne nicht gerade häufig zu sein. In seiner Arbeit über den Kalk gibt Kohl!) von 34 unter- suchten Farnspecies nur drei Arten an, in deren Blättern und Blatt- stielen er Krystall von oxalsaurem Kalk in bemerkenswerther Menge vorfand, ausserdem werden neun Arten namhaft gemacht, in denen geringe Spuren des Kalksalzes zu beobachten waren. Als Nachtrag zu dieser Aufzählung gibt Kohl am Schluss seiner Arbeit einen kurzen Auszug aus einer dänischen Arbeit von Dr. Axel Vinge?), in welcher ebenfalls eine Reihe kalkoxalatführender Farne genannt wird. Dieser kurze Auszug enthält einige sachliche Ungenauig- keiten, welche zu Missverständniss Veranlassung geben könnten; es möge desshalb hier eine Berichtigung des Wesentlichsten Platz finden. Zunächst fehlen in der Aufzählung Asplenium flaccidum, japonicum, monanthemum, obtusatum. — Asplenium lasiopteris Met. stellt Kohl als synonym zu Asplenium Thavaitesü, welch letzteres er als krystall- haltig anführt, während Vinge die beiden als besondere Arten be- trachtet und ausdrücklich von ihnen angibt: „Krystalle habe ich hier nicht beobachtet“. ?) 1) Kohl, Kalk- und Kieselsalze, Marburg 1890. 2) Bidrag til kännedomen om ormbunkarnes bladbyggnad. Lund 1889. 3) a. a. OÖ. p. 42. Kristaller har jag här icke observerat. * 11 164 Vinge hat in seiner Arbeit über den Blattbau der Farne auch Asplenium obtusifolium angeführt. Die Vergleichung seiner anatomi- schen Befunde mit den an sicher bestimmten Exemplaren von Asple- nium obtusifolium gewonnenen liess mich vermuthen, dass ihm eine falschbestimmte Form vorgelegen habe. Herr Professor Areschong in Lund hatte die grosse Güte, mir von dem im botanischen Garten zu Lund eultivirten Farn, den Vinge untersucht hat, einige Wedel zu. übersenden; es zeigte sich, dass in der That eine Verwechselung mit Asplenium abscissum Willd. vorliegt. Der Verlauf des Gefässbündel in dem Asplenium obtusifolium aus. Venezuela ist der denkbar einfachste. In dem horizontal kriechen- den Sprosse ist wie bei den Hymenophyllaceen, den Gleiche- nien und Lycopodien un. a. m. ein centraler Bündelstrang vor- handen, welcher seitliche Abzweigungen in die Wedel und Adventiv- wurzeln sendet. Die Form der Bündel im Spross ist band- oder plattenartig mit schwach hufeisenförmig gebogenem Querschnitt. In der Mitte befindet sich eine horizontale Schicht von Tracheiden, welche oben und unten von schmalen Leptonistreifen begleitet wird. Gegen das Rindengewebe wird das Bündel durch eine Endodermis abgegrenzt, deren Radialwände die charakteristischen Schatten erkennen lassen. Das Rindengewebe des Sprosses ist im Verhältniss zu der geringen Querschnittgrösse des Gefässbündels mächtig entwickelt. Es besteht aus weiten, ziemlich dünnwandigen Zellen, welche nur wenig in der Längsrichtung des Organes gestreckt sind und einen reichlichen Stärke- inhalt besitzen. Die äusserste Schicht der Rindenzellen hat etwas geringere Weite. Die Aussenwand ist fast noch zarter als die Zell- wände, welche die innern Rindenzellen von einander trennen. Auf der Unterseite des Sprosses, wo die Rinde mit dem Substrat in direeter Berührung stand — bei manchen Exemplaren auch an der ganzen Sprossoberfläche —-, sind die Zellen der äussersten Schicht zu langen einzelligen Haarwurzeln ausgewachsen, deren Wand gebräunt ist und sich beim Zerreissen, wie das ja auch für manche andere Trichome bekannt ist, regelmässig in ein Spiralband auflöst. An der Spitze zertheilen sich diese Haarwurzeln gewöhnlich in eine Anzahl kürzerer Aeste, welche sich den Bodenpartikelchen dicht anschmiegen und mit ihnen verwachsen. In Ausbildung und Vorkommen entsprechen diese Haargebilde genau den Haarwurzeln, welche bei sehr vielen IHymeno- phyllaceen auftreten; bei manchen Arten dieser Familie sind die- selben die einzigen Gebilde, denen die Functionen von Wurzeln, Be- festigung der Pflanze am Substrat und Zufuhr von Nährstoffen aus 165 ‚dem letzteren zugeschrieben werden können, während andere Formen in gleicher Weise wie die Aspleniumart neben den Haarwurzeln typische Adventivwurzeln besitzen. Im Aligemeinen hat der anatomische Bau der Adventivwurzeln des venezolanischen Asplenium mit demjenigen des Sprosses grosse Aehnlichkeit, nur ist der Querschnitt des Gefässbündels infolge der Anordnung der Elemente des Siebtheils mehr kreisförmig und die Rinde besitzt geringere Mächtigkeit. Die äusserste Schicht der Rinden- zellen hat engere Lumina und trägt die Wurzelhaare. An älteren Wurzeltheilen sind von dieser äussersten Schicht bisweilen nur geringe Reste vorhanden. Auch in den Blattstielen der venezolanischen Form ist ein ‚einziges Bündel vorhanden. Die Zusammensetzung des Bündels ent- spricht dem Bau des Bündels in der Sprossachse. Von dem die Mittelrippe der Blattfläche durchziehenden Strange werden schwächere ‚seitliche Aeste in die Fiedern entsendet, die sich weiterhin gabelig vertheilen und eine kurze Strecke weit vor den Spitzen der Blatt- zipfel frei endigen. Auffallend ist es, dass in den Organen ausser dem schwach entwickelten Holzkörper nirgends mechanische Zellen auftreten. Die Festigung der Achsen und der seitlichen Organe wird lediglich bewirkt durch den engen Verband der Zellen, in denen infolge der aus- giebigen Wasserzufuhr von aussen her stets ein hoher hydrostatischer Druck vorhanden ist. Der hohe Turgor und die grosse Weite der einzelnen Zellen bewirken, dass das Blatt des Asplenium im frischen ‚Zustande eine eigenartige, saftige, fast fleischige Beschaffenheit besitzt. Wir haben hier also einen ähnlichen Fall wie etwa bei Sedum Fabaria, bei welchem in der ziemlich grossen Blattfläche nur wenige Gefässbündel mit schwachem Holzkörper vorhanden sind, deren geringe mechanische Leistungsfähigkeit weder durch Bastbelege noch durch -collenchymatische Bildungen unterstützt wird. Die feste Verbindung der Zellen unter einander im Verein mit dem Turgordruck im Innern ‚der Zellen genügt vollständig, die Blattfläche ausgespannt zu erhalten. Der aufrechte Spross dieser Pflanze aber wird durch einen geschlossenen Holzeylinder gefestigt, während in dem kriechenden Spross des Asplenium ‚aus Venezuela gleichfalls der Turgor und der Gewebeverband die Leistung eines mechanischen Systems übernehmen. Ueberblicken wir nun kurz noch einmal die wichtigsten Momente, welche uns bei der Betrachtung der untersuchten Aspleniumform ‚entgegengetreten sind, die geringe Entwickelung und die einfache , 166 Vertheilung der Leitbündel, das Vorkommen von Haarwurzeln auf dem Sprosse, den Mangel einer Epidermis im physiologischen Sinne, das Fehlen der Intercellularräume in der grosszelligen, wenigschichtigen Blattfläche, deren äussere Haut sehr zart und an der freien Ober- fläche leicht benetzbar ist: so zeigt sich, dass hier im Allgemeinen dieselben Verhältnisse vorliegen, welche für de Hymenophyllaceen bekannt sind. Wir haben hier Pflanzen vor uns, welche eine weitgehende Anpassung an den schattigen, immer feuchten Standort zeigen. Der Umstand, dass die untersuchten, einfach gebauten Aspleniumformen einem Verwandtschaftskreise angehören, dessen Glieder im Uebrigen ganz allgemein in ihren vegetativen Organen den complieirten ana- tomischen Bau der höheren Gefässpflanzen besitzen, zwingt zu dem Schlusse, dass bei unserm Asplenium eine Rückbildung vorliegt, dass: in Beziehung zu der eigenartigen Lebensweise eine Reduction der ursprünglich complicirteren Struktur stattgefunden hat. Eine Bestätigung dieses Schlusses lässt sich noch auf anderem Wege erlangen. Il. Der einfache Bau des Asplenium obtusifolium aus Venezuela, welcher am auffälligsten in dem Mangel der Spaltöffnungen und aller Intercellularräume ausgesprochen ist, steht, wie wir gesehen haben, in engster Beziehung zu der-Lebensweise des Farnes. Im allgemeinen sind bei derartigen Anpassungserscheinungen zwei Fälle denkbar: dieselben können entweder durch individuelle Reaction des Pflanzen- körpers auf den Einfluss der Umgebung zu Stande kommen, wie etwa bei den amphibischen Ranunculaceen die Ausbildung oder Unter- drückung der Stomata unmittelbar durch das umgebende Medium, Luft oder Wasser bedingt, wird — oder aber es sind die als Anpassung zu bezeichnenden Beziehungen zu den äussern Umständen durch erblich fixirte Eigenschaften der Gewächse dargeboten, welche durch eine Aenderung der äusseren Umständen nicht aufgehoben werden können. Es ist also die Frage zu beantworten, ob bei dem Asplenium obtusi- folium aus Venezuela der einfache Bau des Vegetationskörpers auf eine individuelle Anpassung an den Standort und die Lebensweise zurück- zuführen ist, oder ob erblich fixirte Eigenschaften vorliegen. Hooker!) nimmt aus rein systematischen Gründen überhaupt für die Species Asplenium obtusifolium L. das erstere an. Er stellt diese 1) Species filleum III p. 119 f, 167 Species als Varietät zu dem Asplenium riparium Liebm., von dem er schreibt: It is generally noted to inhabit wet places in the vieinity of waterfalls, and the var. obtusifolium looks, by its smaller size and jagged and variously cut margin to the pinnae, as if it might have suffered from too much water or from the falling force of that element. Diese Erklärung der Thatsachen ist an sich recht unwahrscheinlich; für den venezolanischen Farn trifft die Vermuthung Hooker’s jeden- falls nicht zu. : Die Exemplare wuchsen in einer schattigen Gebirgsschlucht am Rande eines Baches, doch so, dass eine fortdauernde Benetzung der Wedel durch das Wasser des Baches nicht stattfand. Ausserdem finden sich unter den von Hooker als var. obtusifolium bezeichneten Farnen manche stattliche Exemplare, welche hinsichtlich des anatomischen Baues durchaus nicht so einfache Verhältnisse aufweisen als die Form aus Venezuela, welche Spaltöffnungen und Intercellularräume be- sitzen und durchaus nicht den Eindruck machen, als ob sie durch zu grosse Feuchtigkeit gelitten hätten. Wir müssen etwas näher auf die Systematik des Asplenium obtusifolium L. eingehen um eme klare Uebersicht der vorhandenen Verhältnisse zu erlangen. Von dem botanischen Museum zu Berlin, von den Universitäts- herbarien zu Göttingen, Leipzig, Marburg und München waren mir die vorhandenen Exemplare von Asplenium obtusifolium zur Unter- suchung gütigst überlassen worden; ich sage den Herren Directoren der betreffenden Institute dafür auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank. — Schon eine oberflächliche Durchmusterung der Exemplare ergibt, dass das Asplenium obtusifolium gegenwärtig als eine Sammel- species anzusehen ist. In derselben ist eine Anzahl von Species ver- einigt, deren jede einen mehr oder minder weiten Variationsbezirk besitzt, so dass die einzelnen Formen durch scheinbare Mittelformen einander nahe gerückt erscheinen. Durch diesen Umstand wird, zumal an dem getrockneten Material, eine scharfe morphologische Definition und Distinction der Einzelspecies sehr erschwert, Ich habe desshalb den Versuch gemacht, auf einem anderen Wege zum Ziele zu ge- langen, nämlich dadurch, dass ich durchgreifende anatomische Unter- schiede zwischen den einzelnen Formenkreisen aufzufinden suchte, eine Methode, die schon 1854 von K. Müller empfohlen wurde, und die ja neuerdings in der Phanerogamensystematik eine ausgedehnte Ver- wendung findet. ” Es ist oben bei der Besprechung der Inhaltsbestandtheile der Zellen des Asplenium obtusifolium aus Venezuela darauf hingewiesen 168 worden, dass sich in den Epidermiszellen beider Blattflächen regel- mässig Krystallnadeln von oxalsaurem Kalk in beträchtlicher Menge vorfinden, Da dieser Zellinhalt sich in allen Wedeln der beschriebenen Form sicher nachweisen lässt, da ferner alle in den llIerbarien vor- handenen Formen von Asplenium obtusifolium L., welcher der von Hooker und Greville!) gegebenen Abbildung und der dazu ge- hörenden Diagnose entsprechen, ebenfalls in ihren Epidermiszellen diesen Zellinhalt zeigen, so ist wohl der Schluss berechtigt, dass die Krystallnadeln in den Oberflächenzellen der Wedel ein charakteristisches Merkmal der Species Asplenium obtusifolium L. bilden. Schliesst man nun von allen in den Herbarien vorhandenen Exemplaren zunächst diejenigen Eormen aus, welche keine Krystallnadeln enthalten, — dieselben sind auch habituell von den übrigbleibenden deutlich unter- schieden, — so bleiben zwei unterscheidbare Formenreihen zurück, die leider nicht durch ein charakteristisches anatomisches Merkmal getrennt werden können. Es ist auch nicht gerade leicht, einen präcisen morphologischen Ausdruck für die Differenzen der beiden Formkreise zu finden, wodurch es sich zur Genüge erklärt, dass viele Systematiker die Formen unter eine Species vereinigt haben. Wenn man Exemplare aus den beiden Formenkreisen neben einander hält, so ist auf den ersten Blick über ihre Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Gruppe zu entscheiden. Während nämlich die An- gehörigen des einen Kreises im getrockneten Zustande papierdünne leicht biegsame hellgrüne Wedelfiedern besitzen, sind bei dem andern Kreise die Fiedern starrer, fast brüchig und dunkelgrün bis schwärzlich gefärbt, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass diese Formen im frischen Zustande eine subcarnose Beschaffenheit besitzen. Zu der ersteren Gruppe gehören Asplenium repandulum Kze., Aspl. salici- Foltum Lieb. mit ihren Varietäten. Die Fiedern laufen hier meist in eine lange Spitze aus, sind vier- oder mehrmals länger als breit, der Rand ist ganz oder regelmässig gezähnt oder gesägt. Die Exemplare sind ausnahmslos gross und kräftig. Die letztere Gruppe zeigt eine auf- fällige Unbeständigkeit in ihrer äusseren Gestaltung und zwar sind oft an den Wedeln eines einzigen Exemplars die verschiedensten Fiederformen vertreten. Die extremsten Typen dieses Formenkreises stellen das oben abgebildete und beschriebene Asplenium obtusifolium aus Venezuela (siehe Fig. 1 auf 8. 160) und das in der ebenfalls schon erwähnten Abbildung bei Hooker und Greville gezeichnete 1) TIcones filieum tab. CCXXXATIX. 169 Asplenium obtusifolium L. dar. Da die ceitirte Abbildung der eng- lischen Systematiker nicht leicht überall zugänglich sein dürfte, will ich die wesentlichsten morphologischen Unterschiede zwischen den beiden extremsten Formen des Asplenium obtusifolium L. hier kurz andeuten. Ich will dabei der Kürze wegen die venezolanische Form durch I, die von Greville gezeichnete durch II bezeichnen und be- merke zugleich, dass mir die Form II nicht bloss durch die Abbildung bekannt geworden ist, sondern, dass ich von derselben mehrere Exemplare aus verschiedenen Herbarien untersuchen konnte. Unter diesen zeichneten sich zwei durch die Grösse und den guten Er- haltungszustand der fructifieirenden Wedel besonders aus. Das eine von Eggers!) gesammelte befindet sich im Marburger Herbarium, während das zweite?) Eigenthum der Berliner Sammlung ist. Zunächst ist zwischen den Formen ein starker Grössenunterschied bemerkbar. Während bei I die grössten fructifieirenden Wedel kaum 6—7Tcm lang sind, bezeichnet Hooker bei II den Wedelstiel als fingerlang und bei den Exemplaren des Berliner und Marburger Herbariums geht die Grösse desselben bisweilen noch über dieses Maass hinaus, die ganze Länge des Wedel beträgt bis 30cm. Bei I sind höchstens 3 bis 4 Paare seitlicher Fiedern an der Basis vor- handen, während II deren mindestens doppelt so viele besitzt. Die Fieder sind bei I selten mehr als doppelt so.lang als breit, bei II. übertrifft ihre Länge die Breite oft um das 3- bis 4fache. Der Rand der Fiedern ist bei I ziemlich unregelmässig gezähnt oder geschweift, bei II dagegen regelmässig gezähnt oder doppelt gezähnt. Man müsste die beiden Formen für verschiedene Species haltın, wenn nicht alle Uebergänge zwischen ihnen vorhanden wären, und wenn dieselben nicht hinsichtlich ihres anatomischen Baues die grösste Ueberein- stimmung zeigten. Die grossen Exemplare des Berliner und Marburger Herbariums besitzen nämlich ebensowenig Intercellularräume oder Spaltöffnungen als die Form I, ihr Spross ist gleichfalls von einem einzigen Strang durchzogen, der seitliche Aeste in die Wedel und Wurzeln entsendet, und der Bau der Bündel ist ebenso einfach als derjenige der venezolanischen Form. Auch die Ausbildung des Rinden- gewebes ist übereinstimmend. Nur in einer Beziehung habe ich einen anatomischen Unterschied zwischen der Form II und der Form I ge- funden, Während bei dem ersteren vom Rhizom aus zwei Gefäss- 1) Flora exsiccata Indiae occidentalis Ed. A. T’oepffer 1880 et seq. Nr. 608. 2) Belanger, Herbier des Antilles Nr. 401. Martinique 1851. Mitgetheilt von Kew in Thomas Moore's Fern-Herbarium. 170 bündel in den Wedelstiel eintreten und bis dicht unterhalb des ersten. Fiederpaares getrennt neben einander verlaufen, ?) wird bei dem letzteren der Wedelstiel nur von einem einzigen Bündel durchzogen, dessen Holzkörper im Querschnitt Hufeisenform besitzt. Aus der Anordnung der einzelnen Elemente des Xylems lässt sich leicht ersehen, dass auch hier das Bündel durch Verschmelzung zweier Anlagen entstanden ist; und in der That findet man an der Basis starker Wedel, dort, wo das Leitbündel aus dem Stamm einbiegt, zwei getrennte Holztheile in dem Bündel, welche aber von Anfang an sammt dem Phloöm durch eine gemeinsame Endodermis umhüllt sind. Uebrigens darf auf diesen Unterschied der beiden Formen kein besonderes Gewicht gelegt werden, da, wie Milde?) gezeigt hat, auch sonst bei den Asplenieen häufig bei derselben Art die beiden Formen der Bündelvertheilung im Wedelstiel auftreten. Wenn wir nun die zahlreichen Speeimina, welche in morpho- logischer Beziehung den allmählichen Uebergang von der Form I zu JI vermitteln, und welche also mit diesen beiden extremen Formen zu einer Art zusammengefasst werden können, auf. ihren anatomischen Bau untersuchen, so ergibt sich ein sehr merkwürdiges Resultat. Während nämlich die einen, genau so wie die geschilderte Form aus Venezuela, ohne Spaltöffnungen und sonstige Intercellularräume sind — cs handelt sich dabei natürlich immer um völlig erwachsene, fructi- fiirende Wedel —, zeigen die anderen mehr oder minder gut ent- wickelte Intercellularräume und Spaltöffnungen in grösserer oder ge- ringerer Zahl. Es sind auch hier zwei Extreme vorhanden, ich will sie durch A und B bezeichnen, welche durch Mittelformen mit ein- ander verbunden sind. Die Form A repräsentirt den einfachen ana- tomischen Bau der oben bei den für die typischen Formen I und I angeführten Beispielen geschildert wurde. Wir müssen diese Beispiele, wenn wir zugleich ihren anatomischen Charakter ausdrücken wollen, als IA und II4 bezeichnen. Bei der Form B strecken die einzelnen Zellen des Blattgewebes zapfenförmige Auswüghse gegen einander, so dass grosse Intercellularlücken entstehen, welche durch zahlreiche wohl entwickelte Stomata nach aussen sich öffnen. Einige hierher gehörige Exemplare gleichen in ihrer morphologischen Gestaltung der 1) Es waren die Stümpfe abgiebrochener Wedel, an denen ich, ohne die Herbar- exemplare zu schädigen, die Untersuchung machen konnte. Selbstverständlich be- schränkte sieh die Untersuchung auf wenige Fälle. Es muss desshalb dahingestellt bleiben, ob nicht etwa die Stiele schmächtiger Wedel ein anderes Verhalten zeigen. 2) Ueber Athyrium, Asplenium und Verwandte. Bot. Ztg. 1870 p. 329. TTV Form I, wir können diese als IB bezeichnen, andere kommen in ihrer äusseren Gestalt der Form Il sehr nahe und sind also als IIB zu bezeichnen, wieder andere stellen hinsichtlich ihres morphologischen. Baues Mittelformen dar. Wir können also, wenn wir die von der untersuchten Sammelspecies als echte Asplenium obtusifolium abge- spalteten Formen als einer natürlichen Art angehörig ansehen wollen,. den Variationsbezirk dieser Art graphisch darstellen durch ein Vier-- eck, dessen Ecken von den vier extremen Formen eingenommen werden: , IA —— IB | | HA IB Der Umstand, dass in diesem Formenkreise anatomische und mor-- phologische Entwickelung nicht neben einander hergehen, — dass unter den morphologisch einfachsten Formen ebenso wie unter den reich entwickelten verschiedene Grade anatomischer Ausgestaltung gefunden werden, — gibt der Vermuthung Raum, dass der Formen-- kreis nicht einer einheitlichen phylogenetischen Entwickelungsreihe entspricht. Eine Prüfung der geographischen Vertheilung der Formen ' gestattet uns, die Gesammtheit der Fälle in zwei Formenreihen zu zerlegen. Die Heimath des Asplenium obtusifolium ist, soweit sich bis jetzt übersehen lässt, der westindische Archipel und die nördliche Hälfte Südamerikas. Für die von mir untersuchten Exemplare ist die Insel Martinique als Heimath angegeben. Ein zehntes Exemplar, das von Eggert gesammelte des Marburger Herbariums, stammt von der unmittelbar benachbarten Insel Dominica. Alle diese Exemplare zeichnen sich durch den einfachsten anatomischen Bau aus, gehören also der Form A an. Hinsichtlich ihrer morphologischen Ausbildung zeigen alle, wenn man die Untersuchung auf fertile Wedel beschränkt, die Form II, d. h. diejenige Ausbildung, welche der Darstellung und der Diagnose in Hooker’s und Greville’s Icones filieum zu Grunde liegen. Nur sterile Wedel, wie sie zuerst an Keimpflanzen auftreten,,. welche also eine Jugendform der Pflanze repräsentiren, gleichen in Form und Grösse bisweilen der Form I. Da die Exemplare von Martinique und Dominica von verschiedenen Sammlern in ver- schiedenen Jahren gesammelt worden sind, und da andere Formen des Asplenium obtusifolium von diesen Inseln nicht bekannt sind,' so ist wohl anzunehmen, dass in diesem Gebiete die Form II 4 des Farns ausschliesslich vorkommt, Von den übrigen untersuchten Exemplaren 112 die zum grössten Theil von dem südamerikanischen Festlande stammen, zeigt keines die Form ILA. Wir dürfen also wohl die Form des Farns von Martinique und Dominica als das Endresultat einer besonderen phylogenetischen Entwickelungsreihe anschen und können sie als den Grundtypus des Asplenium obtusifolium bezeichnen, um- somcehr, da sie ja der mehrmals eitirten Diagnose in Hooker’s und Greville’s Icones filieum durchaus Genüge leistet. Alle übrigen Exemplare des Aspleniums lassen sich leicht in einer ‚einfachen Entwickelungsreihe unterbringen, welche von morphologisch gut entwickelten Exemplaren mit Intereellularen und Spaltöffnungen zu kleineren Formen mit gleichem anatomischen Bau und von diesen zu kleinen Formen ohne Intercellularen absteigt. Die einzelnen Sta- dien der Reihe sind lückenlos durch Uebergänge mit einander ver- bunden, so dass eine Zerlegung in einzelne Gruppen in keiner Weise gelingt. Es ist kein Zweifel, dass diese Formenreihe als eine syste- matische Einheit aufgefasst werden muss, deren Repräsentanten infolge des Einflusses der äusseren Umstände bald eine einfachere, bald eine weitergehende Ausbildung in morphologischer und anatomischer Be- ziehung erfahren. Da Glieder dieser Formenreihe die Orginale für die Species Asplenium aquaticum Kl. et Karsten!) abgegeben haben, so ist diese gesammte Formengruppe als Asplenium obtusifolium L. var. aquatica (Kl. et Karsten) zu bezeichnen. Für die Systematik ergibt sich also aus den vorstehenden Er- örterungen folgendes Resultat: Die Species Asplenium obtusifolium L. in ihrem bisherigen Umfange ist eine Sammelspecies. Auszuschliessen sind zunächst alle Forınen, welche in ihren Epidermiszellen keine Nadeln von oxalsaurem Kalk enthalten. Die zurückbleibenden Formen bilden zwei Gruppen: 1. Wedelfäche (olne Stiel) meist über 20 cm lang, meist mehr als 10 Fiedern an jeder Seite, die mittleren Fiedern der Wedel in eine längere Spitze auslaufend, im getrockneten Zustande hell- grün, papierartig dünn und biegsam. Hieher gehören Asplenium repandulum Kze., Asplenium salieifolium Sieb. u. a. m. 2. Wedellläche höchstens 20 cm lang, höchstens 8 bis 10 Fiedern an jeder Seite. Fieder kurz zugespitzt oder abgerundet, im getrockneten Zustande dunkelgrün bis schwärzlich, fast brüchig. «) Fertile Wedel ohne Stiel durchschnittlich 15 bis 18 cm lang, mit 5 bis 10 Fiederpaaren, ohne Intercellularräume und Spalt- öffnungen. Asplenium obtusifolium L. 1) Linnaea XX p. 354. 2” 173: ß) Fertile Wedel 3 bis 15 cm lang mit 3 bis 8 Fiederpaaren. Spaltöffnungen und Intercellularräume bei den grösseren und mittleren Exemplaren stets vorhanden, bei den kleinsten bis- weilen gänzlich fehlend. Asplenium obtusifolium L. vor. aquatica (Kl. et Krstn.). Ueber die localen Vegetationsbedingungen, welche sich an den Standorten der verschiedenen Formen des Asplenium obtusifolium finden,, lässt sich nur wenig Sicheres angeben, da die Mehrzahl der Sammler darüber keine Mittheilung gemacht hat. Der Standort der spaltöff- nungslosen Exemplare von Asplenium obtusifolium var. aquatica ist oben nach den mündlichen Berichten des Herrn Professor Goebel kurz geschildert worden. Auch die Exemplare, welche Spaltöffnungen besitzen, scheinen an feuehten Standorten vorzukommen. Mir sind darüber zwei Angaben bekannt geworden. Die eine stammt von E. Moritz, welcher bei einem von ihm bei Tovar in Venezuela ge- sammelten Exemplar des Berliner Herbariums die Bemerkung macht: „in saxis inundatis rivulorum in sylvis umbrosis reg. Galactodendri.“ Die andere Notiz verdanke ich gütiger mündlicher Mittheilung des. Herrn Alfred Viereck, welcher Exemplare des Asplenium mit. Spaltöffnungen in der brasilianischen Provinz St. Catharina bei Curitibanos sammelte. Er fand die Exemplare auf der Oberseite eines im Flussbette liegenden Steines, an welchen er nach Podoste- meen suchte. Soweit also Angaben darüber existiren, sind die Exen- plare der ver. aguatica UÜferbewohner. Es muss natürlich dahin ge- stellt bleiben, ob nicht die mit Spaltöffnungen versehenen Exemplare auch gelegentlich an trockneren Standorten fortkommen können. Ebenss lässt sich nicht ersehen, welche speciellen Verhältnisse der feuchten Standorte die Entwickelung spaltöffnungsloser Exemplare begünstigen oder veranlassen. Vielleicht gelingt es, an den in Kultur befindlichen Exemplaren darüber Aufschluss zu erlangen. Die normale Forn des Asplenium obtusifolium von Martinique und Dominica, welche nie Spaltöffnungen besitzt, verlangt wohl unter allen Umständen einen feuchten Standort. BeiHooker und Greville?) findet sich darüber die folgende Angabe: „It is found at the sources of brooks, upon moist and mossy rocks. I have even seen it in the water itself of a spring upon the summit of the Calebasse mountain in Martinique.* Belanger fand ebenfalls seine Exemplare „dans les ruisseaux morne de la Calebasse* und Eggers gibt als Standort für das in Domi- 1) Icon. fil. a. a. O. 174 nica gesammelte Exemplar an: „in silvis umbrosis ‘et humidis morne -Gonibo 900 m“. Bei den übrigen Exemplaren der Herbarien fehlen ‚die Angaben über den Fundort gänzlich oder sind so allgemein ge- halten, dass ihre Erwähnung zwecklos wird. Uebrigens kann man bei manchen Exemplaren aus dem Vorkommen zahlreicher Lebermoose und anderer Feuchtigkeit liebender Egiphyten auf den Wedelflächen .direet ersehen, dass sie an einem sehr feuchten Standort erwachsen sein müssen. So viel lässt sich wohl aus diesen Mittheilungen über die Standortverhältnisse erkennen, dass die spaltöffnungslosen Formen .des Asplenium obtusifolium an den feuchtesten Standorten zu leben vermögen und in dieser Beziehung mit den Hymenophyllaceen verglichen werden können. IV. Unsere Untersuchung hat also ergeben, dass das im Abschnitt II eingehend geschilderte Asplenium obtusifolium aus Venezuela den äussersten Fall einer durch biologische Verhältnisse bedingten Form- änderung einer sonst normal gebauten Aspleniumart darstellt, dass also in dieser Form eine Rückbildung vorliegt. Diese Rückbildung besteht ihrer Natur nach hauptsächlich darin, dass die Gewebe des Vegetationskörpers dauernd in einem jugendlichen Stadium geringer Differenzierung verharren, ohne dass zugleich die Ausbildung der Sporangien und reproductionsfähigen Sporen unterdrückt wird; oder was dasselbe sagen will, dass die Ausbildung der Reproductionsorgane vor sich geht, während sich das Gewebe noch in jugendlichem Zu- stande befindet. Wir müssen das frühere oder spätere Auftreten der Sporangien hier als eine individuelle Reaction der Pflanze auf den Einfluss äusserer Umstände ansehen, die durch eine Wandlung der biologischen Verhältnisse an den später erscheinenden Wedeln oder an der aus den Sporen hervorgegangenen jungen Generation wieder geändert oder aufgehoben werden kann. Bei dem typischen Asptenium obtusifolium L. von Martinique scheint dagegen die Einfachheit des anatomischen Baues eine erblich fixirte Eigenschaft geworden zu sein. Diese Form zeigt also das gleiche Verhalten, wie die Hymeno- phyllaceen, bei denen die Einfachheit des Baues ebenfalls erblich , fixirt ist und durch eine Veränderung der äusseren Lebensbedigungen nicht mehr aufgehoben werden kann. Die Wandelbarkeit des Asplenium obtusifolium var. aquatica von complieirtem zu einfachem Bau beweist aber, dass auch die Einfachheit des Baues bei der typischen Form 175 als eine Rückbildung aufgefasst werden muss, welche sich im Laufe der phylogenetischen Entwickelung vollzogen hat. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ausser der von mir früher an- geführten Sectio Leptopteris in der Gattung Todes und ausser den besprochenen Formen von Asplenium auch noch andere Formen existiren, deren anatomischer Bau dem der Hymenophyllaceen ähnlich ist. In seiner vergleichenden Untersuchung über das Meristem der Farne erwähnt Bower!) ein Asplenium resectum (leider ohne Autornamen) aus der Sammlung in Kew. .Er schreibt von dem- selben:?) „Das Laub dieses Farns ist dünn und durchscheinend und die Untersuchung des ausgewachsenen Blattes zeigt, dass keine Sto- mate auf den dünnen Stellen des Laubes vorhanden sind, welche nur aus zwei Zellschichten bestehen, ohne Intercellularräumen zwischen denselben, es hat also den gewöhnlichen dünnhäutigen Charakter.“ Leider ist es mir nicht gelungen, Untersuchungsmaterial von dem von Bower untersuchten Asplenium resectum aus Kew zu bekommen, ich kann also die Angaben nicht bestätigen und nicht entscheiden, ob etwa eine Verwechselung mit Asplenium obtusifolium vorliegt, welches äusserlich einige Aehnlichkeit mit A. resectum besitzt. Bower verfolgte in seiner genannten Abhandlung die Absicht, durch die vergleichende Untersuchung der Theilungsgewebe einen phylogenetischen Zusammenhang zwischen den einzelnen Farngruppen zu finden und kam zu dem Resultat, dass die Farne von den Hy- menophyllaceen bis zu den Marattiaceen eine aufsteigende Reihe darstellen, in welcher ein continuirlicher Uebergang von hygro- philen (semi-aquatic) zu xerophilen Formen zu constatiren ist. Bower _ sah also die Einfachheit im Blattbau der Hymenophyllaceen als eine ursprüngliche an, welche zu einem Vergleich mit den vegetativen Organen der Bryophyten berechtigte. In einer neueren Arbeit über die Phylogenesis der Farne hat sich indess Bower?) ebenfalls der von mir vertretenen Ansicht zugewendet. Er gibt zu, dass die Struktur- eigenthümlichkeit der Hymenophyllaceen als eine Anpassungs- erscheinung an die Lebensweise dieser Formen aufzufassen sei, und dass dieselbe keinerlei Gelegenheit zu directer Vergleichung mit dem Vegetationskörper der Algen und Moose darbietet. Bower geht indess offenbar zu weit, wenn er diesen Gedanken ohne Weiteres auch auf die geschlechtliche Generation überträgt und die Annahme macht, dass 1) Annals of Botany Vol. IIL p. 305. 2) a. a. O. p. 848 f. 3) Annals of Botany Vol. V p. 109, 176 die fadenförmige Gestalt der Prothallien mancher Triehomanesarten gleichfalls das Produkt einer Beeinflussung der Formbildung durch die äusseren Umstände sei. Er sagt, es sei innerhalb der Familie der Hymenophyllaceen die Form der Prothallien wenig constant; während bei Trichomanes pyridiferum das Prothallium mit Ausnahme des Archegoniophors völlig fadenförmig ist, finden wir bei Trichomanes alatum flächenartig ausgebreitete Anhangsgebilde an den fadenförmigen Achsen und bei den Hymenophyllumarten ist die Ausbildung eines bandartig verbreiterten 'Thallus vorherrschend. Es sei also, meint Bower, höchst wahrscheinlich, dass die fadenförmige Gestalt der Prothallien, wie sie bei einigen Species der Hymenophyllaceen auftritt, das Resultat einer Anpassung an die sehr feuchte Beschaffenheit des Standortes sei, und dass bei diesen Formen ein extremer Fall der Verlängerung des ursprünglichen Keimfadens vorliege. — Dass durch die äusseren Umstände ein Verharren der Prothallien: selbst hoch entwickelter Farne in dem fadenförmigen Jugendstadium bewirkt werden kann, ist bekannt. Es handelt sich hier um pathologische Erscheinungen, eine Ausbildung entwickelungsfähiger Geschlechts- organe lässt sich dabei nicht beobachten. Diese Vorgänge können also mit. der phylogenetischen Entwickelung nicht in Beziehung ge- bracht werden. Die Mannigfaltigkeit der Formbildung, welche Bower bei den Prothallien der Hymenophyllaceen constatirt, kann aber keineswegs als Beweis dafür angesehen werden, dass dieses Gebilde besonderer Beeinflussung durch die äusseren Umstände unterliegen und dass ihre morphologische Entwickelung lediglich von äusseren Einwirkungen abhängig sei. Wir finden doch die fadenförmigen Pro- thallien der Triehomanesarten und die flächenförmigen der Hy- menophyllien nicht selten an denselben Standorten, beide Formen zeigen sich den gleichen äusseren Bedingungen angepasst. Ferner bestehen zwischen dem Prothallium des Hymenophyllum Tunbridgense, welches unter allen Hymenophyllaceen wohl die wenigst feuchten Standorte bewohnt, und dem Prothallium von Hymenophyllum Smithü(?), welches im feuchtesten Urwalde Javas gefunden wurde, oder dem- jenigen von Hymenophyllum caudieulatum, welches in feuchten Ge- birgsschluchten Brasiliens wächst, hinsichtlich der morphologischen Ausbildung keine wesentlichen Unterschiede. Wir kennen die Pro- thallien der Hymenophyllaceen noch zu ’wenig, um alle Ver- hältnisse bis ins Einzelne genau übersehen zu können; vielleicht werden sich auch bei diesen einfachen Gebilden einzelne Struktur- verhältnisse auffinden lassen, die direet als ein Resultat der Beein- . 177 flussung des Wachsthums durch die äusseren Umstände zu deuten sind. Das Wesentliche in der Formbildung dieser Prothallien, das Vorkommen von fast völlig fadenförmigen Gebilden neben solchen, bei denen seitlich an den Thallusfäden Flächengebilde auftreten, oder bei. denen der ursprüngliche Keimfaden selber in eine lappig ver- zweigte Fläche übergeht, gewährt den Eindruck, als sei hier eine aufsteigende Entwickelungsreihe vorhanden, deren Glieder ohne directe Beeinflussung durch die Standortsverhältnisse aus inneren Gründen von einfacheren zu complicirteren Bauverhältnissen fortgeschritten sind. Formen wie die Prothallien von Trichomanes alatum können nicht wohl als Rückbildungen aufgefasst werden. Wenn dort infolge äusserer Einflüsse eine Reduction von Flächengebilden zu Zellfäden stattge- funden hätte, so würden doch die blattähnlichen Anhängsel der faden- förmigen Hauptachsen, die wenigstens in gleichem Maasse den Ein- flüssen von aussen her zugänglich sind, wie die letzteren, ebenfalls diese Reduction erfahren haben. Gewöhnlich sind sogar, soweit die Erfahrung in diesen Dingen reicht, die seitlichen Organe der Beein- flussung von aussen her, sofern es sich um ihre morphologische Aus- bildung handelt, in höherem Maasse unterworfen als die Centralorgane. Wir haben also durchaus keinen Grund, die Ursprünglichkeit der ein- fachsten Hymenophyllaceenprothallien zu bezweifeln, und können in dem morphologischen Aufbau dieser Gebilde Vergleichungsmomente mit den Protonemen der Moose finden. Freilich kann man dabei nicht den Zweck verfolgen, die Bryophyten und Pteridophyten als nahe Verwandte einander zur Seite zu stellen. Zwischen den Moosen und den Farnen besteht eine weite Lücke; der Versuch, dieselbe auszufüllen, führt zu nutzlosen Hypothesen. Die Untersuchungen Gocebel’s!) haben aber gelehrt, dass sich diese Kluft überbrücken lässt. Die von ihm vorgenommene Vergleichung der Morphologie und Entwickelungsgeschichte bei den geschlechtlichen Generationen der Moose und Farne erbringt den Beweis, dass die beiden Entwickelungs- reihen einen gemeinsamen Ursprung genommen haben, von dem aus sie sich nach verschiedenen Richtungen hin in eigenartiger Weise fort- gebildet haben. Sie zeigt ferner, dass als der gemeinsame Urtypus, von dem aus die Reihe der Moose und der Farne ausstrahlen, faden- förmige Gebilde anzusehen sind, welche hinsichtlich ihrer Wuchsform und der Ausbildung ihrer Sexualorgane im Reiche der Fadenalgen ihre Analoga finden. 1) Ann. du Jard. de Buitenzorg Vol. VII, 1. Flora 1892, Suppl.-Bd, 12 178 V. Es ist im Vorstehenden darauf aufmerksam gemacht worden, dass sich an den Sprossachsen der untersuchten Aspleniumarten ein- zellige Haarwurzeln mit gebräunten Wänden ausbilden. Die unter- ‚suchten Fälle machten es wahrscheinlich, dass diese Gebilde nur dort auftreten, wo die zartwandigen Oberhautzellen direet mit dem Substrat in Berührung stehen. Ein gleiches Verhalten ist bei einigen HHymeno- phyllaceen zu constatiren, bei denen die Wurzelhaare nicht auf die Oberfläche der Sprosse beschränkt sind. In einer früheren Arbeit!) habe ich einige Fälle geschildert, in denen Haarwurzeln bei Hymeno- phyllaceen auch von anderen Sprosstheilen ihren Ursprung nehmen können. Bei Tirichomanes Krausü, cuspidatum, muscoides, Petersii punctatum und vielen anderen kleinen Formen ist bisweilen auch die Oberfläche der Blattstiele mehr oder minder weit aufwärts mit solchen Haarbildungen bedeckt. Das gleiche Verhalten zeigt auch der kleine Farn, den ich früher?) unter dem Namen Trichomanes microphylium beschrieben und abgebildet habe. Nachdem ich Gelegenheit gehabt habe, Originalexemplare vonJenman's Trichomanes labiatum zu untersuchen, habe ich mich überzeugt, dass die von mir beschriebene Art dieser letztgenannten schr nahe steht und unbedenklich mit ihr vereinigt werden kann. Ich nehme diese Vereinigung um so lieber vor, als der von mir gewählte Artname, wie ich aus einer gütigen Mittheilung des Jlerrn Professor Luerssen entnehme, bereits anderweitig Verwen- dung gefunden hat) Jenman gibt in der Diagnose des Tricho- manes labiatum als Heimat Britisch Guiana an. Goebel fand dasselbe auf seiner Reise in Südamerika auch in Venezuela an Baumstämmen wachsend. Die Exemplare, welche mir ursprünglich zur Untersuchung vorgelegen hatten — es waren mehr als 150 Wedelchen, welche in einem Rasen von Trichomanes cuspidatum steckten —, stammten von einer Insel der Comorengruppe. Die bisher bekannten Standorte dieses kleinen Farns liegen also um etwa ein Drittel des Erd- umfangs durch Meere und Continente von einander getrennt. "Es ist wohl anzunehmen, dass das Trichomanes labiatum, das wegen seiner Kleinheit leicht von den Sammlern übersehen werden kann, auch noch an zwischenliegenden Stationen vorkommt. Bei manchen angeschmiegt wachsenden Hymenophyllaceen- arten treten die Haarwurzeln selbst an den Blattnerven, ja sogar an 1) Hymenophyllaceen, Flora 1890. 2) Kuhn, Relig. Metten. in Linnaea XXXV. 179 den zwischen den Neryen liegenden Zellen der Blattfläche auf. Dieses ‘Verhalten zeigt sich recht deutlich bei einem kleinen Trichomanes, welches der Herr Professor Goebel an Baumrinden in venezuela- nischen Urwäldern fand. Da ich den kleinen Farn nirgends beschrieben finde, so gebe ich neben- stehend die Abbildung eines Wedel- paares, an welcher die wesentlichsten ‚diagnostischen Merkmale erkennbar sind. Die Form gehört zu der Hemi- phlebiengruppe, da von den wenigen Nerven, welche die Blattfläche durch- ziehen, einige ohne Gefässbündel sind. Die am Blattrande auftretenden ein- zelnstehenden Dornhaare lassen eine Zwei Wedel von Trichomanes verwandtschaftliche Beziehung zu Tri- Goebelianum n. sp. chomanes labiatum, muscoides und A. vergrösert. B. natürl, Grösse, ähnlichen erkennen. Ich lege, uni meiner Dankbarkeit und Verehrung Ausdruck zu verleihen, dieser kleinsten aller bekannten Farnarten ‚den Namen des Entdeckers bei. Fig.3. Triehomanes Goebelianum: n. sp. An dem kriechenden mit Haarwurzeln bedeckten Rhizom stehen injdorsiventral-zweizeiliger Anordnung die kurzgestielten Wedelmit ungetheilterunregelmässig kreisrunder Fläche. Die Wedelbasis ist schwach herz.- förmig oder etwaßinden Stiel hinabgezogen. AmRande stehen einzelneangeschmiegte Dornhaare. Die Nervatur ist an den sterilen Wedeln fast handförmig, an den fer- tilen Wedeln ist eine starke Mittelrippe vorhanden, welcheentweder gänzlich ungetheiltbleibt oder einzelne ganz kurze Seitenäste in die Blattfläche aussendet. Scheinnerven sind vorhanden. An der Spitze der fer- tilen Wedel steht je ein Sorus mit breit kegelförmigem, ein wenig eingesenktem Indusium, dessen ungesäumte Lippen etwa halb so lang als breit sind. Länge des Wedelstiels !/ bis 2mm. Durchmesser der Wedel 21), bis 33mm. An Baumrinden bei San Esteban in Venezuela, leg. Goebel 1890, 12* 180 Wie die Abbildung zeigt, sind die Nerven der Blätter auf der dem Substrat zugekehrten Seite, gleichviel ob es die morphologische Ober- oder Unterseite ist, dieht mit Haarwurzeln bedeckt, ausserdem sind aber auch einzelne Stellen der Blattfläche, ja selbst die basalen Theile des Indusiums, mit den gleichen Haargebilden versehen. Blätter‘ und Sprosse werden durch die Haarwurzeln an der Rinde des be- wohnten Baumstammes festgeheftet, so dass es schwer hält, grössere Theilstücke der Pflänzchen unversehrt von ihrer Unterlage abzuheben.. Wo die Pflanzen in dichteren Rasen vereinigt sind, da decken sich die einzelnen. Wedel dachziegelähnlich, nur die Indusien sind schwach nach auswärts abgebogen. Die schindelartige Anordnung der Wedel in den Rasen findet sich übrigens auch bei vielen anderen Hymenophyllaceen, z. B. bei dem Trichomanes labiatum Jenm. und bei dem von Hooker abgebildeten T’richomanes Henzaianum (bei dem freilich die Beblätterung viel weitläufiger zu sein scheint), und sehr ausgeprägt auch bei dem stattlichen Trichomanes mem- branaceum. ‘Die Wedelspitze ist bei dieser Anordnung der Wedel nach abwärts gerichtet, so dass von oben herabrinnendes Wasser den ganzen Rasen gleichmässig berieseln kann, wobei dann zwischen den Blattflächen und bei der zuletzt genannten Art auch in den am Blatt- rande stehenden Spiralschuppen Feuchtigkeit angesammelt wird. Eine Entstehung von Haarwurzen aus den Zellen der Wedel- fläche scheint auch bei Aymenophyllum pedieularifolium Cesati!) vor- zuliegen, welches von Beecari in Neu Guinea gefunden wurde. Die etwa zolllangen, fiedertheiligen Wedel sind auf der Oberseite kahl, auf der Unterseite aber dicht mit rostbraunen Haaren bedeckt. — Von besonderem Interesse ist das Auftreten der Haarwurzeln auf der Unterseite der schildförmigen Blätter von Trichomanes Hildebrandt. Dort sind unterhalb der radial im Blatt verlaufenden Leitbündel vor- springende Riefen von Parenchym vorhanden, an denen zahlreiche Haarwurzeln ausgebildet werden, während das zwischen den Riefen gelegene Parenchym, welches mit der Unterlage nicht direct in Be- rührung steht, von ]Ilaarwurzeln frei bleibt. An den Stellen, wo ein Blatt mit seinem Rande über ein benachbartes Blatt hinauswächst, durch das letztere also von der directen Berührung mit dem Substrat. abgeschnitten wird, unterbleibt die Ausbildung der Haarwurzeln auch an den Nerven. Es zeigt sich hier also deutlich, dass das Auswachen der Zellen des Blattes zu Haarwurzeln abhängig ist von einem durch 1) Baker, Summary of the new Ferns. Ann. of Bot. Vol. V p. 198. 181 ‚die Berührung mit dem Substrat verursachten Reiz. Der Zusammen- hang der als Reaction des Zellplasmas anzusehenden Wachsthums- ‚erscheinung mit der Reizwirkung des Substrates ist vorderhand einer rein mechanischen Erklärung unzugänglich und bleibt für uns ebenso dunkel, wie etwa die Erscheinung des Trophotropismus, welche Stahl!) bei Mycomyceten nachgewiesen hat oder sonstige chemotaktische Re- actionen der Protoplasten. Als die stattlichste mir bekannt gewordene Hymenophyllacee mit wurzelnden Blättern will ich endlich noch das Trichomanes ‚brachypus erwähnen, welches bei Hooker und Greville?) unter dem Namen Trichomanes radicans abgebildet worden ist. Dieser Farn, welcher die Tropen Südamerikas bewohnt, besitzt nach Prantl?) einen regelmässigen Sprosswechsel. An einem mit Blattansätzen dicht besetzten Sprosse entspringen zahlreiche Adventivwurzeln und Seiten- zweige, welch letztere lange Internodien ausbilden. Adventivwurzeln ‚sind an den mit langen Internodien versehenen Seitensprossen nicht vorhanden, dagegen finden sich sehr zahlreiche Haarwurzeln, welche ‚die Oberfläche der Sprossachse bedecken und ausserdem meist auch ‚die Unterseite der Blattnerven überkleiden. Durch diese Haarwurzeln werden die Sprosse und Blätter an der Unterlage festgeheftet, derart, dass alle Theile der Pflanze der Rinde des bewohnten Baumstammes dicht aufliegen, ähnlich wie die Sprosse mancher epiphytischer Leber- moose, Die Befestigung durch &® Ilaarwurzeln macht es dem Farn möglich,- von dem Erdboden aus weit aufwärts an den Baumstämmen ‚emporzuklimmen. Auch in andern Farnabtheilungen treten bisweilen an klimmenden Stämmen Haarwurzeln auf. Mettenius®) führt als Beispiel dafür Acrostichum azillare an. Bei manchen Exemplaren von Trichomanes brachypus sind die Haarwurzeln an den Mittelnerven der Blätter wenig zahlreich oder fehlen auch wohl ganz. Es scheint, als ob auch hier ‚das Auswachsen der Oberflächenzellen zu Haarwurzeln abhängig ist von einem äussern Anstoss, der, sei es durch die Berührung mit der Unterlage oder durch directe Einwirkung von Feuchtigkeit und Nähr- substanzen, gegeben wird. 1) Botanische Zeitung 1884 p. 168. 2) Teones filicum tab. CCXVILL 3) Untersuchungen zur Morphologie der Gefüsskryptogamen Heft 1 p. 29. 4) Hymenophyllaceae p. 411. Ueber die Aufnahme lebender und tedter verdaulicher Körper in die Plasmodien der Myxomyceten. Von Dr. Ladislav Celakovsky junior in Prag. Einleitung. „Gegenüber denjenigen Zellen, die im Allgemeinen nur diosmirende Körper in sich aufnehmen, bieten die Plasmodien und’ sich ähnlich. verhaltende Protoplasmakörper eine für die wissenschaftliche Unter- suchungsmethode ungemein bedeutungsvolle Eigenschaft. Denn mit der Einführung der verschiedenartigsten Körper ist es möglich auch Stoffe zu incorporiren, die geeignet sind, für sich oder im Vereine- mit anderen Reagentien Aufschluss über die Zustände und Vorgänge im Protoplasma oder in den Vacuolen zu geben.“ Mit diesen Worten macht Pfeffer in seiner neueren grossen Arbeit!) auf die von ihm daselbst sa erfolgreich benutzte Methode der Aufnahme aufmerksam und empfiehlt dieselbe zur Beachtung in weiteren Kreisen. Weich’ mannigfaltiger Anwendung die genannte Methode fähig ist, erhellt weiterhin aus den allgemeinen Betrachtungen, die Pfeffer folgen lässt: „In dem angedeuteten Sinne können natürlich auch lebendige Organismen verwendet werden und das Verhalten dieser und ihrer Funetionen unter normalen und künstlichen Bedingungen bietet in verschiedener Weise physiologische Reagentien, zu denen auch ein Erlöschen des Lebens in gegebenen Fällen zählt.“ „Todte Körper können ebeusowohl in das Protoplasma, als in die Vacuolen eingebettet werden, und ersteres ist ebenfalls für lösliche j 0) Zur Kenntniss der Plasmahaut und der Vacuolen etc. Leipzig 1890 p. 211 und 212 (Abhandlungen der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften Bd. XVT. Nr. 1). 183 Stoffe möglich, sofern diese in gesättigter Lösung geboten waren. Uebrigens ist eine Lösungserscheinung an sich eine unter Umständen sehr werthvolle Reaction, die dann, wenn sie erst unter bestimmten Bedingungen und Combinationen eintritt, noch weitere Schlüsse ge- statten kann. In dieser zuletzt angedeuieten Weise sind solche Er- fahrungen vielfach verschiedenen Zwecken dienstbar zu machen und ein eingeführter Körper kann wiederum als Reagens für einen anderen ausgenutzt werden. In einfachster Form geschah dieses in der Be- nutzung des Congoroths für den Nachweis, dass gelöste Citronensäure die Plasmodien durchwandert. Nahe liegt es ferner, Stoffe einzuführen, die, indem sie speichernd wirken, diosmotische Einwanderung anderer Körper erkennen lassen.“ „Die Mittel aber, lösliche und nicht diosmirende Körper in das Plasmodium zu spediren, sind natürlich mit”dem immer nur für be- stimmte Fälle verwendbaren Vitellin!) (oder einem anderen Proteinstoff)) nicht erschöpft. Es gelingt z. B. auch, sehr kleine mit einer Nieder- schlagsmembran aus gerbsaurem Leim umhüllte Bläschen mit ihrem flüssigen Inhalt zur Aufnahme, in Plasmodien zu bringen, und an- scheinend können sehr kleine Splitter engster Glascapillaren ebenfalls mit sammt dem capillar eingesogenen Inhalt zur Aufnahme gebracht werden.“ Am Schlusse seiner Betrachtungen sagt Pfeffer, dasstes nicht immer nur chemischer Reaetionen bedarf, sondern dass z. B. auch mechanische Einwirkungen auf die eingeführten Körper für bestimmte Zwecke ausgebeutet werden können. Pfeffer verweist in dieser Beziehung auf seine Abhandlung, wo Deformationen von Oeltropfen für. den Beweis der Existenz von Cohäsionsdifferenzen im Plasmodium. ausgenutzt wurden. Mir wurde nun die dankbare Aufgabe zu Theil, die Methode der Aufnahme nach einigen der oben vorgezeichneten Richtungen wissen- schaftlich ‚ auszubeuten. Es handelte sich hierbei ausschliesslich um Versuche mit Plasmodien der Myxomyceten?) und zwar vorwiegend mit: denjenigen von Chondrioderma difforme Rostaf., in deren Inneres verschiedene feste Körper eingeführt wurden. Nach dem Materiale, das zur Aufnahme gelangte, zerfällt die vorliegende Arbeit in zwei 1) Pfeffer hat mikroskopische Kryställchen von Vitellm mit Anilinfarben (Anilinblau, Methylenblau und Congoroth) tingirt und erstere sammt dem gespeicherten Farbstoff von den Plasmodien aufnehmen lassen (]. e. p. 207, 209, 210). 2) Diese boten ihrer Dimensionen und "anderer Vorzüge halber das günstigste Objeet für die nachstehenden Versuche. 184 Theile. ‚Der erste von beiden enthält Beobachtungen über das Ver- halten lebender Körper im Protoplasma und in Vacuolen der Plas- ınodien nebst den betreffenden Schlussfolgerungen ; der zweite behandelt in ausführlicher Weise die Stärke- und Biweiss-Verdauung im Innern derselben Versuchsobjecte. Was den ersten Theil der Arbeit betrifft, so habe ich verschiedene Körper im lebenden Zustande, darunter auch solche mit auffälligen Lebensäusserungen, den Plasmodien zur Aufnahme geboten und be- obachtet, wie sich die betreffenden Ingesta und deren Functionen im Vergleich mit denjenigen der frei lebenden Organismen verhalten. Unter anderem war beispielsweise zu ermitteln, inwieweit Protoplasma- bewegungen, Wachsthum, Theilung der eingeführten Körper unge- schwächt fortdauern oder geliemmt werden, inwieweit ein oder das andere Mal vielleicht sämmtliche Funetionen am Ende sistirt werden und die Lebensfähigkeit der Ingesta aufhört. Umgekehrt waren aber auch die Wirkungen der lebenden Körper auf das Plasmodium zu berücksichtigen und es mag vorläufig erwähnt werden, dass zu solchen Beobachtungen bloss einige von den beweglichen Formen Anlass ge- geben haben (mechanische Wirkungen). Da es ferner möglich schien, verschiedene Entwickelungszustände der Myxomyceten (Schwärmer, Myxamöben, Theilstücke von Plasmodien efe.) einem Plasmodium gleicher oder ungleicher Art einzuimpfen, so lag es nahe, zu unter- suchen, inwieweit erstere nach ihrer Aufnahme mit dem letzteren Verschmelzungen eingehen könnten (Verschmelzungsversuche). Was den zweiten Theil meiner Arbeit betrifft, so sollte mit Hilfe der Methode der Aufnahme die Frage beantwortet werden, inwieweit den Plasmodien die Fähigkeit zukommt, feste, verdauliche Körper, denen sie in der Natur begegnen, wie Stärke, coagulirte Proteinstoffe, Cellulose u. dgl., aus eigenen Mitteln in Lösung zu überführen und für sich nutzbar zu machen. . Thatsächlich wird coagulirtes Eiweiss und Amylon, letzteres nur dann häufig, wenn es hinreichend aufgequollen ist, nach Verlauf einer bestimmten Zeit auch bei völliger Abwesenheit von Bacterien?) in den Plasmodien aufgelöst. Die directe Beobachtung dieser Vorgänge in lebenden Plasmodien (auch von Aethalium septicum) ergab nun eine Anzahl interessanter 1) Es können jedoch Bacterien bei Anwendung unreiner Plasmodien, wie später ausführlich berichtet werden soll, mit den zur Aufnahme gebotenen Eiweiss- oder Stärkekörnern in das Innere der Plasmodien gelangen und daselbst: unter Umständen - lebend sich erhalten. 185 Details, die im Verein mit der Krukenb erg!) seiner Zeit gelungenen Isolirung eines peptonisirenden Enzyms aus Aethalium septicum es wahrscheinlich machten, dass überhaupt specifische Enzyme die frag- lichen Wirkungen ausüben. So war in erster Reihe beachtenswerth, dass die scheinbar im Protoplasma eingeleitete Auflösung von Stärke- kleister und coagulirtem Eiweiss später durchwegs im Innern von Vacuolen vor sich geht. Diese Thatsache lässt sich ungezwungen damit erklären, dass bestimmte, dem. Krukenberg’schen Enzym ähn- liche Substanzen vom Protoplasma ausgeschieden und in Vacuolen übergeführt werden, umsomehr als solche Secretionen von Enzymen zum Zwecke der Verdauung sowohl im Thierreiche als auch im Pflanzen- reiche eine sehr allgemeine Erscheinung sind. Für eine enzymatische Wirkung spricht weiter die Art der Auflösung von Eiweisspartikeln, sowie auch das Auftreten von Corrosionen an festen nicht aufge- quollenen Stärkekörnern. Denn genau dieselben Metamorphosen können durch künstliche Enzymlösung (Pepsin, Diastase) hervorgerufen werden. So bringt auch das Aethalium-Pepsin nach Krukenberg zuerst die Kanten und Ecken an Würfeln von coagulirtem Eiweiss zum Ver- schwinden, ganz in derselben Weise, wie es in den Plasmodien (auch von 4ethalium septicum) mit den eingeführten Eiweisspartikeln zu ge- schehen pflegt. Demnach musste angenommen werden, dass die in Rede stehenden Vorgänge an die Existenz und Thätigkeit von Enzymen geknüpft sind. In der Erwägung, dass die Reaction (ob sauer, neutral oder alkalisch) für die Leistungsfähigkeit der Enzyme von principieller Be- deutung ist, indem z. B. Pepsin bloss in sauerer, Trypsin dagegen am besten in alkalischer Lösung verdauend wirkt; in der Erwägung ferner, dass die natürlichen Enzymlösungen wie Magensaft u. dgl. von Haus aus oder, wenn Verdauung in Aussicht steht, die der besonderen Natur des Enzyms entsprechende, zweckmässige Reaction besitzen, versuchte ich zu ermitteln, inwieweit vielleicht auch die im Plasmodium thätigen Enzyme an die Gegenwart und Mitwirkung von saueren oder alkalischen - Substanzen angewiesen sind. Besonders schien es wichtig, zu erforschen, ob und inwieweit Verdauung von coagulirtem Eiweiss in Plasmodien (auch von Aethalium septicun) bei sauerer Reaction stattfindet, da das extrahirte peptische Enzym Krukenberg’s nach demselben Autor bloss in sauerer Lösung coagulirtes Biweiss zu verdauen vermag. 1) Ueber ein peptisches Iinzym im Plasmodium der Myxomyceten u. s. w. Untersuchungen aus dem physiologischen fnstitut der Universität Heidelberg Bd. IT, 1878, p. 273. [er je] [er] Die nähere Aufgabe bestand nun darin, lösliche nicht diosmirende- Farbstoffe und zugleich Reagentien für sauere oder alkalische Reaction in Verdanungsvacuolen einzuführen, was in einem Falle dadurch er- reicht wurde, dass die zu verdauenden mit Congoroth oder Tropäolin 000: gefärbten Körper (coagulirtes Eisweiss, gequollene Stärke) zur Auf- nahme gelangten und durch ihre Auflösung die Entstehung farbiger: Vacuolen veranlassten. !) Die Beobachtung ergab nun merkwürdiger Weise, dass bei den. untersuchten Plasmodien (von Chondrioderma difforme, Didyınium miero- carpum und Aethalium septicum) nicht alle Verdauungsvacuolen in einem und demselben JPlasmodium die gleiche Reaction besassen, sondern je nach Species und Individuum im wechselnden Verhältnis. sauer und neutral reagirten. Das gilt ebenso für Biweiss- wie für Stärke-Verdauung. Da jedoch genannte Vorgänge bei aller Ver- schiedenheit der Reaction innerhalb der Vacuolen im Ganzen gleich energisch sich abspielten, so war daraus offenbar ersichtlich, dass die in Vacuolen normal auftretenden saueren Stoffe nicht nur für das Zustandekommen der Auflösung entbehrlich sind, sondern vielmehr in keiner oder doch untergeordneter Weise Verdauung fördernd oder hemmend beeinflussen können. lingegen blieb es natürlich fraglich, ob nicht vielleicht die in Vacuolen gelangenden saueren Stoffe in anderer Hinsicht für die Plasmodien nützlich werden könnten, indem 2. B. bei ihrer Gegenwart bessere Nährstoffe entstehen würden. Auch musste die Frage auftauchen, inwieweit vielleicht durch künstliche Steigerung der saueren Reaction in den Vacuolen einerseits und durch Alkalisirung der letzteren anderseits, die Verdauung be- schleunigt resp. herabgesetzt werden könnte. Zu diesem Zwecke liess ich verschiedene sauer oder alkalisch reagirende Substanzen aus ver- dünnten Lösungen in die Vacuolen, wo Eiweiss oder Stärke bereits. in Verdauung begriffen war, auf osmotischem Wege eintreten, um durch direete Beobachtung und bei gleichzeitiger Controle an dauernd un Wasser liegenden Plasmodien die beiderseits erzielten Erfolge zu registriren. Betreffs der letzteren und der daraus sich ergebenden Resultate muss auf die Arbeit selbst hingewiesen werden. Es bleibt nur noch zu erwähnen, dass ich mit Hilfe der Methode der osmotischenn Aufnahme es auch unternahm, zu prüfen, inwieweit vielleicht verschiedene Enzyme aus ihren Lösungen in das Innere 1) Aehnlich gelangte auch Laknmsfarbstoff, aber nicht imbibirt, sondern den Eiweisspartikeln eingebettet, an die Orte der Verdauung. 187 der Vacuolen vordringend, daselbst Verdauung von coagulirtem Eiweiss oder Stärke beschleunigen. Auch bezüglich dieser Untersuchungen wird später an Ort und Stelle berichtet. Plasmodien, ihre Cultur und Behandlung. Zu meinen Versuchen benützte ich grösstentheils Plasmodien von Chondrioderma diforme Rosiaf. Oefters wurden auch Plasmodien von Didymium microcarpum Rostaf. zum Vergleich herangezogen. Die beiden genannten Arten, besonders das von verschiedenen Forschern angewandte Chondrioderma, lassen sich zu jeder Jahreszeit leicht eultiviren. Das gewöhnlich für Chondrioderma-Culturen benutzte Nährsubstrat sind Stengel von Ficia faba, die man am besten ‘trocken vorräthig‘ hält. Ich habe mich auch meist dieses Materiales bedient, fand jedoch gelegentlich Theile verschiedener anderer Pflanzen für die Culturen ebenfalls gut geeignet und kann diesbezüglich besonders Blätter und Stengel von Typha latifolia empfehlen. Nach dem von Peffer an- gegebenen Verfahren?!) legt man die verschiedenen Pflanzentheile in mässiger Menge in breite Krystallisirschalen, giesst so viel Wasser darüber, dass der grösste Theil des Nährmateriales untergetaucht ist, bedeckt die Schalen mit passenden Glasplatten und lässt bei Siedehitze sterilisiren. Nach dem Auskühlen können gleich Sporen ausgesäet werden, und man darf innerhalb sechs Tagen bis zwei Wochen das Erscheinen der Plasmodien erwarten. Sie kriechen dann gewöhnlich von den Pflanzentheilen auf die Glaswände hinüber, wo man sie bloss abzu- heben braucht und nach der später anzuführenden Befreiung von an- haftenden Fremdkörpern u. dgl. direct zu Versuchen verwenden kann. Aehnlich wie Chondrioderma difforme kann auch Didymium miero- carpum, welches übrigens nahe verwandt ist, auf verschiedenen PHlanzen- theilen eultivirt werden. Ich habe diese Art öfters zufällig, und zwar gewöhnlich mit Chondrioderma difforme zusammen, auf nass liegenden nicht sterilisirten Stengeln von Vieia faba angetroffen. Durch wieder- holte Aussaat auf sterilisirtes Nährsubtrat erhielt ich reine (Chondrio- derma-freie) Culturen. Plasmodien von Didymium microcarpum Rostaf. sınd denen von Chondrioderma difforme sehr ähnlich, unterscheiden sich jedoch von. 1) W. Pfeffer, Ueber Aufnahme und Ausgabe ungelöster Kürper, 1890, p. 154. 188 ‚diesen durch etwas grössere und weniger dicht beisammen stehende Kalkkörnchen, wonach sie dem geübten Auge sogleich kenntlich werden. Sie erscheinen auf den Seitenwänden der Culturgefässe ge- wöhnlich in Form von ausgebreiteten, zusammenhängenden Netzen, die eine gelblichweisse Farbe besitzen. Wegen des grösseren Be- wegungsvermögens und der kürzeren Lebensdauer eignen sie sich nicht so gut zu verschiedenen Versuchen, wie die Plasmodien von Chondrioderma difforme. Ich habe mich auch, wie gesagt, meist der letzteren bedient, und wo andere Plasmodien (z. B. von Didymium ‚microcarpun) zur Verwendung kamen, dies überall ausdrücklich erwähnt. Von den verschiedenen im Frühjahre 1890 bei leipzig gesammelten Myxomyceten, die ich zu bestimmten, weiter unten mitzutheilenden Zwecken zu cultiviren versuchte, gelang es mir noch Arcyria« punicea Pers., Stemonitis diciyospora Rostaf. und Trichia nitens Läbert. zur Fruchtreife zu bringen. . Die Culturmethode war dieselbe wie früher. Stückchen morsches Buchenholz, worauf ich die genannten Arten in der Natur vorfand, Jegte ich wieder mit Wasser durchtränkt in flache Krystallisirschalen, goss etwas Wasser hinzu, so dass eine ca. /cın hohe Wasserschicht entstand, und liess sterilisiren. In der gewohnten Weise erfolgte auch die Sporenaussaat. Von den erstgenannten zwei Arten bekam ich leider nur die Sporangienanlagen auf den nicht untergetauchten Partien der Holz- späne zu sehen, obzwar ich tagtäglich nach den Plasmodien suchte. Offenbar haben letztere im Innern des Holzes vegetirt und krochen erst kurz vor der Fructifaction auf die Oberfläche hervor. Dagegen erblickte ich das milchweisse Plasmodium von Stemonitis dictyospor« Jtostaf. am Boden und an den Seitenwänden der Kıystallisirschale, so hoch als das Wasser reichte, schön gleichmässig ausgebreitet. Es bestand aus verhältnissmässig schmalen, ein dichtes Netzwerk bildenden Strängen. Fin Stückchen des Plasmodiums auf ein Objectglas in einen Wassertropfen gelegt, kroch aus dem adhärirenden Schleim heraus, indem es fort nur schmale Stränge trieb, ohne jemals breitere Lappen zu bilden, wie es häufig bei anderen Plasmodien (Chondrioderma, Didymium, Aethalium ete.) der Fall ist. Ungewöhnlich war bei diesem Plasmodiun die Durchsichtigkeit der Stränge und der geringe Unter- schied zwischen äusseren und inneren Plasmaschichten (Hyaloplasma und Polioplasma), der durch gänzlichen Mangel an Kalkkörnchen ver- ursacht wurde. Die Strömungen im Innern der Stränge sind im Vergleich zu denen bei Chondrioderma sehr langsam zu nennen, und 189 es bewegt sich auch das ganze Netzsystem nur langsam vorwärts. Versuche über Aufnahme von Stärkekörnern und Partikelchen coagu- lirten Eiweisses fielen negativ aus. Die Plasmodien zeichnen sich ferner, ebenso wie der von Lister beschriebene und gezüchtete Plasmod von Badhamia utricularis Berk. durch eine sehr lange Lebensdauer aus. Ich konnte dasselbe zehn Tage lang im Wassertropfen am Objectglase verfolge, während in der Cultur erst zwei Wochen nach dem Erscheinen der Plasmodien die walzenförmigen, gestielten Sporangien mit den charakteristischen Sporen angelegt wurden. Zur Verwendung kamen schliesslich noch die Plasmodien von Fuligo varians Sommf. (== Aethalium septicum), welche ich im Juni desselben Jahres in einer Lohgerberei in Leipzig gesammelt habe. Dieselben durchzogen in Form gelber Adern und Säume die Lohe und mussten natürlich von der letzteren befreit werden. Zu diesem Zwecke wurde die Eigenschaft der Plasmodien, sich dem Wasser- strome entgegen zu bewegen (der sogenannte Rheotropismus), zu ihren Hervorloeken aus den Rindenpartikeln mit Vortheil benutzt. Um vielleicht dem Wunsche der Leser nachzukommen, lasse ich in dem Vorstehenden eine kurze Anleitung folgen, wie man Plasmodien zu rheotropischen Bewegungen veranlassen kann. Auf eine schief gestellte Glasplatte legt man ein Blatt feuchten Fliesspapiers (am besten weisses Filtrirpapier) und lässt dasselbe von oben nach unten von reinem Wasser durchströmen. Um eine constante Wasserzufuhr zu erreichen, benutzt man Fliesspapierstreifen oder baum- wollene Dochte als Capillar-Heber, deren kürzere Hälfte in ein Wasser- reservoir eintaucht, während die längere herabhängend mit dem oberen Rande des Papierbogens in Berührung tritt. Man vertheilt z. B. die oben genannten Rindenstückchen sammt den Plasmodien auf den unteren _ Rand der Papierfläche und stellt Alles in den feuchten Raum eines grösseren Glassturzes. Nach kurzer Zeit sieht man schon an der dem Strome zugekehrten Seite des Lohhäufchens gelbe Fortsätze hervor- kriechen und nach acht bis zwölf Stunden sind schon gewöhnlich mehrere Quadratcentimeter der Papierfläche mit dem schön netzartig ausgebreiteten gelben Plasmodium bedeckt. Legt man nun kleine Abschnitte des Fliesspapiers sammt den daran haftenden Plasmodienstückchen in den Wassertropfen am Objeect-- glase und stellt das letztere unter eine Glasglocke, um das Austrocknen zu verhüten, so verlassen die Plasmodien bald theilweise ihre Unter- lage und wandern auf das Glas hinüber, in welchem Falle man sie nachher nur abzutrennen braucht. 190 Man wird übrigens öfters, besonders dann gezwungen sein, zum IIervorlocken der Plasmodien aus dem adhärirenden Schleim und Schmutz den Rheotropismus zu Hilfe zu nehmen, wenn die Plasmodien ‚aus stark mit Bacterien verunreinigten Culturen hervorgeholt wurden. Gewöhnlich aber genügt es, die an den Wänden der Culturgefässe dahinkriechenden Plasmodien mit einem feuchten Pinsel abzuheben und in flache Uhrschälchen mit wenig destillirtem Wasser zu über- tragen. Nach einiger Zeit bewegen sich gewöhnlich die Plasmodien von ihrer ursprünglichen Stelle hinweg, indem sie centripetal nach allen Richtungen hin ihre Aeste aussenden. In der .Mitte bleibt dann all’ der Schleim und Schmutz zurück, der den Plasmodien anhaftete, und man braucht letzteren bloss abzutrennen und wegzuspülen. Das schon so ziemlich reine Plasmodium trägt man entweder direct auf Objectgläser, oder man ballt es noch einmal zusammen und lässt es in der angeführten Weise noch den letzten Rest des Schmutzes ab- streifen. Sind besonders reine Plasmodien erforderlich, so wird man letztere nur aus solchen Culturgefässen hervorholen, in denen nur mässige Bacterienentwickelung und insbesondere keine bedeutende Kahmhautbildung eingetreten ist. Voraussichtlich wird viel Arbeit und Mühe erspart werden, sobald es gelingen wird, absolute Rein- eulturen von verschiedenen Plasmodien herzustellen. Zum Schluss sei noch erwähnt, dass die ersten an der Wand der Culturgefässe” zum Vorschein gekommenen Plasmodien, da sie ver- hältnissmässig lange vegetiren, sich besonders zu solchen Versuchen - eignen, zu denen eine längere Zeitdauer erforderlich ist. Auch scheinen die bei niedrigeren Temperaturen gehaltenen Plasmodien zu ihrer vollkommenen Entwickelung längere Zeit in Anspruch zu nehmen, wess- halb es sich empfiehlt, während der Pausen, wo nicht beobachtet wird, die Plasmodien in einen kälteren Raum (ca. 12°C.) zu stellen. Näheres über die Aufnahme fester ungelöster Körper in Plasmodien. Wie schon angedeutet wurde, kommen die rein präparirten zu Versuchen bestimmten Plasmodien schliesslich in je einen Wasser- tropfen am Objectglase, worauf meist die Fütterungen vorgenommen werden. Zu diesem Zwecke hat man die einzuführenden Körper bloss in die Nähe des Plasmodiums zu bringen. Kleine mikroskopische Körper werden zahlreich dem Wassertropfen beigemischt, während der Ueber- 191 schuss derselben nach erfolgter Aufnahme mit reinem Wasser abge- spült wird. Einigermaassen grössere Körper (z. B. Olosterium lunula . oder Abschnitte der Staubfadenhaare von Trradescantia) können leicht unter dem Präparirmikroskop in die Nähe der Plasmodien geschoben, eventuell auf die Oberfläche derselben befördert werden. Im Wasser lösliche Partikel müssen dagegen in ihrer concentrirten Lösung dar- geboten werden,!) vorausgesetzt natürlich, dass diese Lösung weder die Bewegungen noch die Vitalität der Plasmodien hemmt oder schädigt. Der Act der Aufnahme lässt sich gewöhnlich leicht beobachten und kommt nach der zuerst von de Bary und Cienkowski, später auch von Pfeffer geschilderten Weise zu Stande. Hinsichtlich der Bedingungen der Aufnahme sei besonders auf die neueren Beobachtungen und Ergebnisse Pfeffer’s?) hingewiesen. Je nach der Gestalt und Grösse, sowie auch Beschaffenheit der einzuführenden Körper erfolgt die Aufnahme in Plasmodien mehr oder weniger leicht und schnell. Sieht man derweilen von der Gestalt ab, so werden kleine, ca. 5 bis 40 » breite Körper im Allgemeinen leichter eingeführt, als grössere ‚über 40 x im Durchmesser betragende Körper. Auch so winzig kleine Körperchen, wie Bacterien u. dgl., werden sehr selten und schwierig in Plasmodien aufgenommen. Wie von der Ge- stalt der Körper die Aufnahme abhängen kann, ist einleuchtend, und ich führe nur an, dass langgezogene Objecte, z. B. Fadenalgen, ver- zweigte Mycelien selten vollständig in Plasmodien eingeschlossen werden. Was den Einfluss der Qualität der einzuführenden Körper auf die Aufnahme derselben betrifft, so hat Pfeffer beobachtet, dass die “stark gequollenen Körper nur schwierig oder gar nicht aufgenommen werden.?) Uebereinstimmend sah auch ich während der Versuche mit Bacterien, dass Stückchen einer Zooglöa nur selten in das Innere der Plasmodien eingeführt! wurden. _Aehnlich verhielten sich auch ge- quollene Stärkekörner, die indess noch verhältnissmässig am leichtesten aufgenommen wurden, wenn die Wasserschicht, worin die letzteren und die Plasmodien sich befanden, möglichst dünn war. In grösseren Plasmodien werden kleine Gegenstände leicht von Strömungen erfasst und in die Hauptadern, wo die Bewegung am schnellsten ist, befördert. Wenn es sich also darum handelt, einen 1) W. Pfeffer, Zur Kenntniss der Plasmahaut und der Vacuolen etc., Leipzig 1890, p. 198. 2) Ueber Aufnahme und Ausgabe ungelöster Körper, 1890, $. 151. 3 W. Pfeffer, l. c. p. 153. 192 bestimmten Gegenstand ununterbrochen zu beobachten, so werden mit Vortheil kleine Plasmodien (auch Theile eines grösseren) verwendet, in denen nur mässige Plasmaströmungen herrschen. Sollen aber grosse Körper, z.B. Theile der Staubfadenhaare von Tradescantia eingeführt werden, so wählt man absichtlich die grösseren Plasmodien. Während aber die kleinen, mikroskopischen Körper (von 3 bis 40 p Breite) schon durch ihre passiven Bewegungen, die durch Plasmaströmungen des Plasmodiums verursacht werden, als wahre In- haltskörper der Plasmodien sich documentiren, so muss bei den grösseren oben genannten Gegenständen, die gewöhnlich unbeweglich an Ort und Stelle verharren, ihr vollkommener Einschluss in das Plasmodium erst untrüglich bewiesen werden, unsomehr als die grösseren Körper äusserst leicht wieder ausgegeben, eventuell stellenweise zeitweilig blossgelegt werden. Waren die Körper genügend durchsichtig, so konnte leicht ihre abgekehrte Seite beobachtet und festgestellt werden, ob dieselbe mit einer Plasmaschicht wnhüllt war oder nicht. Im anderen Falle war es nothwendig, besondere Vorkehrungen zu treffen, um den aufgenom- menen Körper von beiden Seiten bequem betrachten zu können. Zu diesem Zwecke wurde die Aufnahme in das Plasmodium auf einem grösseren Deckglas in einem kleinen Tropfen Wasser vorgenommen. Das Deckglas konnte nach Belieben umgewendet und auf einen runden Ausschnitt in Pappe gelegt werden. Sollte jedoch mit stärkeren Sy- stemen (Immersionen) beobachtet werden, so musste noch ein zweites Deckglas aufgesetzt werden, welches von zwei schmalen Papierstreifen gestützt wurde, um der Quetschung der Plasmodien vorzubeugen. In allen Fällen, wo ein Umkehren der Präparate nicht noth- wendig war, kamen gewöhnliche Objeetträger zur Verwendung. Die darauf im Wassertropfen befindlichen Plasmodien wurden entweder mit einem Deckgläschen bedeckt,” besonders wenn bei starken Ver- grösserungen beobachtet werden sollte, oder sie blieben unbedeckt. In beiden Fällen kamen die Präparate, während der Zeit, wo nicht beobachtet wurde, auf eim Gestell in den mit Wasserdampf gesättigten Raum eines Glassturzes. Sollten verschiedene Lösungen während der Beobachtung unter das Deckglas gebracht werden, so wurden dieselben an einer Seite geboten, während an dem gegenüberliegenden Rande mit Hilfe eines Stückes Fliesspapier gesaugt wurde. Zu vergleichenden Versuchen wandte ich, um individuelle Diffe- renzen zu vermeiden, Theilstücke eines grösseren Plasmodiums an. 193 Eine besondere Erwähnung verdienen auch Versuche mit beweg- lichen Organismen, von denen seit Pfeffer!) bekannt ist, dass die- selben im Allgemeinen schwierig aufgenommen werden. Und zwar gelingt die Aufnahme in diesem Falle erst dann, nachdem die loco- motorischen Bewegungen zeitweilig eingestellt oder gehemmt worden waren. Dauernd und kräftig bewegte Formen, wie z. B. Infusorien, gelangen dagegen. nicht in das Innere der Plasmodien, sofern sie nämlich bewegungstüchtig bleiben. g Ich versuchte nun wiederholt, die lebenden mit locomotorischen Bewegungen begabten Körper künstlich vorübergehend zum Stillstehen zu bringen, um dieselben aufnahmsfähig zu machen. Doch fand ich keine Reagentien, die einen längeren Starrezustand herbeigeführt hätten. Auch die Methode, die darin besteht, dass man die beweg- lichen Zellen in künstliche Zellen?) oder in kleine Tropfen aus er- starrter Gelatine einschliesst, führte nicht zum gewünschten Ziele, im letzten Falle schon desshalb, weil gequollene Gelatine bekanntlich nicht oder nur schwer zur Aufnahme gelangt. Ueberdiess werden bei den verschiedenen Manipulationen die einzuführenden Zellen gewöhnlich beschädigt oder getödtet. Desshalb nahm ich mit den wenigen Fällen vorlieb, in denen zu- fällig aus den oben genannten Gründen bewegliche Organismen in die Plasmodien eingeführt wurden. I. Theil. Versuche mit lebenden Körpern. A. Staubfadenhaare von Tradescantia. Wie schon am Eingang dieser Arbeit erwähnt wurde, sollten auch die mit lebhaften Protoplasmabewegungen begabten lebenden Körper in die Plasmodien eingeführt werden. Zunächst richtete ich mein Augenmerk auf die zellhautumkleideten Protoplasten, in deren Innerem sich constante Strömungen deutlich wahrnehmen lassen. fAn-. fangs versprachen die Haare einiger Urticeen und Cueurbitaceen ein gutes Versuchsmaterial abzugeben, doch war die Strömung in deren 1) l. e. p. 158. 2) Mikroskopische Zellen Traubes, die aus gerbsaurem Leim bestehen. Man lässt die mit Hilfe einer feinen Brause (Zerstäubungsapparat) hergestellten Tropfen aus flüssigem Leim (Mundleim), in denen einzelne Infusorien u. dgl. suspendirt sind, auf eine Lösung von Gerbsäure fallen und wäscht letztere rasch mit reinem Wasser weg- Flora 1892, Suppl.-Bd, 13 194 Zellen zu wenig intensiv, um auch durch das Plasmodium hindurch sicher unterschieden zu werden. @ecigneter erwiesen sich dazu die Staubfadenhaare von Tradescantia discolor, und noch besser diejenigen von T. zebrina und T'. virginica, die bekanntlich einen gefärbten Zell- saft führen. Mit Vortheil benutzte ich Blüthen im Knospenzustande wenige Tage vor dem Aufblühen. Während nämlich die aus den bereits geöffneten Blüthen bezogenen Staubfadenhaare rasch (theilweise schon nach 24 Stunden) abstarben, blieben Knospenhaare in reinem Wasser liegend 2 bis 4 Tage lebendig. Zur Aufnahme gelangten die Staubfadenhaare, nachdem sie früher unter dem Präparirmikroskop auf kürzere Stücke zerschnitten worden waren. Dennoch waren die kleinsten THaarfragmiente noch gross genug, um nach Art aller über einige 50% an Breite messenden Gegenstände sehr leicht wieder ausgegeben zu werden. Wie schon oben angeführt wurde, können solche Ausgaben von grösseren Körpern öfters rück- gängig gemacht werden, wenn sich bald nach dem Einreissen der Plasmodiumhülle die entstandene ‚Lücke wieder schliesst. Der leichten Ausgabe halber waren auch die erwünschten Fälle, in denen die eingeführten Haarstücke längere Zeit dauernd im Plas- modium eingeschlossen blieben, ziemlich selten. Doch gelang es bei einiger Geduld cin Paar Haarfragmente ungefähr 1 bis 3 Stunden im Inneren des Plasmodiums zu beobachten, ohne dass inzwischen eine Ausgabe stattgefunden hätte. Selbstverständlich ınusste hierbei fort- während controllirt werden, ob auch die abgekehrte Seite der Faden- fragmente beständig vom Plasmodium umhüllt blieb, und da die Zellen ziemlich diek waren (besonders bei Tradescantia viryinica) und ein Durchsehben nicht gestatteten, so mussten die auf Seite 38 angegebenen Vorkehrungen getroffen werden. Während des 1- bis östündigen Aufenthaltes im lPlasmodium wurde keine Abnahme der Bewegungsenergie im Innern der Trades- eantia-Zellen constatirt und auch umgekehrt trat keine Beschleunigung der Strömungen ein, als die Haarfragmente schliesslich freigegeben wurden. Es braucht hierbei wohl nicht erst ausdrücklich betont zu werden, dass eine Verwechselung mit den oben und unten zeitweilig vorübereilenden Plasmodienströmungen vollkommen ausgeschlossen war. Denn bei einer richtigen Tubuseinstellung und bei günstiger Aus- breitung des Plasmodiums konnten die Strömungen innerhalb der tonnenförmigen Zellen, besonders an den im Zellsaft ausgespannten und polwärts zu diekeren Strängen vereinigten Plasmafäden sicher 195 und deutlich verfolgt werden, umsomehr, da die Haarfragmente ob ihrer Grösse und Schwere nicht im Plasmodium herumgeführt wurden. Aus den soeben geschilderten Beobachtungen ergeben sich für ‚die Plasmodien ähnliche Schlüsse, welche bereits früher einmal von Pfeffer!) für die Protoplasten von Vaucheria sp. gemacht wurden. Wie in diesem Falle die fortgesetzten Bewegungen von Räderthierchen im Zellsaft einer Vaxcheria eine beständige Zufuhr von Sauerstoff. und somit einen Ueberschuss dieses Gases im Protoplasma-der be- ‘treffenden Alge forderten, so brachten auch in unserem Falle die anhaltenden Strömungen m den Zellen der eingeführten Staubfaden- 'haarfragmente von Tradescantia den strieten Beweis dafür, dass mit dem Einschluss der letzteren in das Plasmodium die Sauerstoffzufuhr nicht abgeschnitten wurde, und dass folglich immer mehr Sauerstoff in das Plasmodium eindrang als daselbst zum Athmungsgeschäfte nöthig war. Denn würde aller Sauerstoff, der aus dem umgebenden Wasser eindringt, von dem Plasmodium consumirt, oder würde z. B. die innere Plasmahaut des Plasmodiuns, die dem Staubfadenhaarfragmente mehr -oder weniger dicht anlag, für Sauerstoff impermeabel sein, so müssten längstens eine halbe Stunde nach der Aufnahme die Strömungen in den Staubfadenhaaren von Tradescantia eingestellt werden, wie aus ‚den Versuchen?) unmittelbar hervorgeht, in denen atmosphärische Luft in der‘ Umgebung der Haarfragmente durch ein indifferentes Gas (Wasserstoff) verdrängt wurde. Da aber die Bewegung im Innern der Haarzellen bei längerem ‚Aufenthalt der letzteren im Plasmodium nicht im geringsten abge- schwächt wurde, und da anderseits auch die nach 2 bis 3 Stunden freigegebenen Haarfragmente keine Beschleunigung der Strömungen innerhalb ihrer Zellen wahrnehmen liessen, so mag mindestens so viel Sauerstoff das Plasmodium beständig passirt haben, als für den Unter- ‚halt der ganzen normalen Athmung der Tradescantia-Haarzellen nöthig ‚gewesen. Denn nach den Untersuchungen von Clark?) werden schon ‘bei ungenügender Sauerstoffzufuhr und infolge der dadurch herab- ‚gesetzten normalen Athmung Plasmabewegungen innerhalb der ein- ‚geführten Tradescantia-Haare eingestellt. 1) Pfeffer, Untersuchungen aus dem 'botan, Institut zu Tübingen Bd. I p. 684. Vgl. auch desselben Autors Beiträge zur Kenntniss der Oxydationsvorgänge ‚ete. 1889 p. 449 und 486. 2) Vel. Kühne, Untersuchungen über das Protoplasma 1864 p. 105 und 106. 8) James Clark, Beriehte der deutschen botan. Gesellschaft 2988 p. 276. 196 Soviel steht also fest, dass unter normalen Verhältnissen mehr (vielleicht bedeutend mehr) Sauerstoff im Plasmodium vorhanden ist, als daselbst bei kräftigster Athmung je verbraucht wird; und aus der Permeabilität der inneren Plasmahaut des Plasmodiums für Sauerstoff folgt überdiess mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit, dass auch die im Plasmodium vorkommenden oder künstlich in demselben zu erzielenden Vacuolensäfte ähnlich wie der Zellsaft von Vaucheria sp. in den Be- obachtungen Pfeffer’s stets hinlänglich viel Sauerstoff gelöst ent- halten. Dass letzteres für verschiedene Plasmodien wirklich zutrifft, beweisen unsere später noch anzuführenden Versuche, in denen die als physiologische Reagentien zur Verwendung kommenden Organismen mit kräftigen: Bewegungen in typische mit Zellsaft erfüllte Vacuolen eingebettet wurden. Man vergleiche die auf Seite 223 mitgetheilten Beobachtungen und die daran geknüpften Folgerungen. Ich möchte noch erwähnen, dass die Vorstellung Reinke’s,t) nach welcher schon die äusseren Schichten eines jeden lebensthätigen Protoplasten im Pflanzenreiche allen Sauerstoff in Beschlag nehmen sollen, mit unseren Erfahrungen bei Tradescantia unvereinbar ist. In dieser Beziehung reihen sich unsere Beobachtungen eng an die vorhin genannten an Vaucheria gemachten Erfahrungen, die bereits früher von Pfeffer?) gegen die Anschauungen Reinke’s ausgenutzt wurden. Abgeschen von diesen beiden schlagenden Beweisen für die Anwesen- heit von Sauerstoff in allen Schichten des Protoplasmas und im Zellsaft, kann es nach. den von Pfeffer gelieferten scharfsinnigen Beweis- führungen®) nicht im Geringsten bezweifelt werden, dass normaler Weise wohl eine jede lebensfähige Pflanzenzelle (auch jede im Zellverbande stehende, functionirende Binnenzelle) sowohl im Plasmaleib, als auch im Zellsafte stets Sauerstoff enthält. \ B. Süsswasseralgen. Im Nachstehenden sind Versuche mit verschiedenen Algen zu- sammengestellt. Letztere habe ich theils im Leipziger botanischen Institut in Gläsern mit Algenculturen vorgefunden, theils im Freien gesammelt. Es wurden absichtlich Repräsentanten verschiedener Familien gewählt. 1) Botanische Zeitung 1883 p. 95.- 2) Unters. a. d. botan. Institut zu Tübingen Bd.TI p. 684; ferner: Beiträge zur Kenntniss der Oxydationsvorgänge etc. 1889 p. 449 und 450. 8) Unters. a. d. .botan. Institut zu Tübingen Bd. I p. 684, oben; ferner: Bei- träge zur Kenntniss der Oxydationsvorgänge etc. 1889 p. 449, unten. 197 1. Confervoideae. Diese Algen, sowie auch die nächstfolgenden Zygnemaceen, mussten, bevor sie zur Aufnahme geboten wurden, unter dem Präparirmikroskop in kleine Stücke zerschnitten werden. Hierbei fielen natürlich die vom Schnitte getroffenen, nicht selten auch die unmittelbar angrenzenden Zellen dem Tode zu Opfer, so dass gewöhnlich sammt den lebendigen auch todte Elemente in das Plasmodium eingeführt wurden. Durch die mit dem Tode eintretenden Zersetzungen, sowie auch infolge der später sich einstellenden Verdauung wurden Vacuolen gebildet, in denen die Fadentheile eingebettet lagen. Dieser Einschluss in Vacuolen ‚war übrigens erwünscht, da hierbei auch die allfällige Wirkung von Verdauungssäften auf die lebenden Zellen bequem studirt werden konnte. Natürlich musste aber auch den anderen in Vacuolen an- wesenden Stoffen und deren Einfluss Rechnung getragen werden. Doch wenden wir uns der Beschreibung der Einzelbeobachtungen zu. Theilstücke von Oedogonium sp. wurden reichlich den Plasmodien von Chondrioderma diforme zur Aufnahme geboten. Schon nach ungefähr sechs Stunden waren um einige Fadenfragmente deutliche meist spindelförmige Vaeuolen erschienen. Später wuchs die Zahl der letzteren und betrug nach 24 Stunden ungefähr an die zwei Drittel aller Ingesta. Bis dahin war die Zahl der todten Zellen an- scheinend dieselbe geblieben wie am Anfang des Versuches, und auch ‚an den lebenden Zellen konnten keine auffälligeren Veränderungen bemerkt werden. Bloss die am vorigen Tage in den Chloroplasten noch reichlich vorhandene Stärke war überall verschwunden, ein Ver- halten, welches von der ungeschwächten Lebensthätigkeit der be- treffenden Zellen ein beredtes Zeugniss ablegt! Das normale Aussehen der lebendigen Zellen blieb auch fernerhin (am. dritten Tage) conservirt. ‚Die Beobachtung kointe indess wegen der bereits eintretenden Massen- ausgabe der Ingesta nicht weiter fortgesetzt werden. Conferva bombyeina verhielt sich ähnlich wie vorige Art. Nach einem 20stündigen Aufenthalt im Protoplasma und in Vacuolen wurden ‚keine Veränderungen in dem Aussehen und der inneren Struktur der Zellen beobachtet, ebenfalls nieht nach einem zweitägigen Aufenthalt im Plasmodium. Concentrirte Zuckerlösung verursachte in den zur Ausgabe gelangten Fadenfragmenten sofort Plasinolyse. Anders verhielt sich eine dünnfädige Dlothrix (wohl U. subtilis ‚Ktz.), deren Zellen 5—6 x breit und 11; Mal so lang waren. Die- ‚selben hatten streng cylindrische Form, enthielten je einen grossen, Nachen, wandständigen Chlorophylikörper und besassen ausserhalb eine 198 sehr dünne und zarte Cellulosenmenibran. Die Fäden zerfielen von. selbst leicht in kleinere (auch aus einer Zelle bestehende) oder grössere: Stücke, wobei die Querwände in zwei Lamellen gespalten wurden, die sich aber sogleich (mit einem Rucke) vorwölbten. Dasselbe ge- schah auch nach der Aufnahme in das Plasmodium, wo durch die Gewalt der Strömungen des Oefteren längere Ulothrix-Fäden geknickt resp. zerbrochen wurden. Auf solche Weise entstanden nicht selten zickzackartige oder knäuelförmige Conglomerate, bestehend aus lebenden - und todten Elementen, da bei der Kniekung häufig Zellen beschädigt: . wurden. Die Gegenwart todter Protoplasten veranlasste jedoch bald Vaeuolenbildung, so dass bereits nach 36 Stunden die Mehrzahl der grösseren Fäden in grosse Vacuolen eingeschlossen war. Nach weiteren zwölf Stunden (48 Stunden seit der Aufnahme) sah man auffälliger Weise die Zahl der todten Elemente innerhalb der grossen Vacuolen vermehrt, während die kleinen nicht gebrochenen oder geknickten Fadenfragmente, gleichviel ob sie im Protoplasma eingebettet lagen oder von eng anliegenden Vacuolen umgeben waren, noch vollkommen am Leben erhalten blieben. Es mag erwähnt werden,. dass die zur Controle ebenfalls im Wassertropfen und im Dunkeln gehaltenen Fadenfragmente während derselben Zeit durchwegs lebendig vorgefunden wurden. Daraus ergibt sich deutlich ein tödtender Einfluss des durch Zersetzung und Verdauung todter Plasmatheile gebildeten Vacuolensaftes, wobei es natürlich dahingestellt werden muss, inwie-- weit vielleicht die verdauenden Agentien oder die in Vacuolen vor- handenen anderweitigen Stoffe die Tödtung der Ulothrix-Zellen herbei- geführt haben. Am dritten Tage waren fast nur todte Zellen im Innern der Vacuolen enthalten, während die im Protoplama suspen- dirten oder im Wasser freiliegenden Fadentheile unversehrt blieben.. Die todten Zellen führten jetzt formlose meist bräunlich gefärbte Klumpen, bestehend aus contrahistem Protoplasma und braun ge- färbtem Chlorophyll. Der Farbstoff diffundirte hie und da aus den Zellen und färbre mehr oder weniger intensiv den umgebenden Va- euolensaft. Am vierten Tage schickte sich das Plasmodium bereits nach vorausgegangener Massenausgabe aller seiner Ingesta zur Sporan- gienbildung an. 2. Zygnemaceae. Aus dieser Familie wurden bloss zwei Repräsentanten der Gattung: Spirogyra zu Versuchen verwendet. Es war S. communis und eine der Section Salmacis Bory angehörende Art mit einem zarten Chloro-- phyllbande und kaum 10% breiten Zellen (vielleicht S. tenwissima Hass).. 199 Versuch 1. Beide Arten in der üblichen Weise präparirt und in Plasmodien eingeführt, erhielten sich 2 bis 3 Tage lang sowohl in Vacuolen als aueh im Protoplasma lebendig. Es muss jedoch erwähnt werden, dass die Präparate bei diesem Versuche tagüber nur vom: gedämpften, äusserst schwachen Lichte getroffen wurden, und dass. die Algen jedenfalls nicht oder nur schwach assimiltirt haben!). Das. geht übrigens unmittelbar aus den Beobachtungen hervor, in denem stärkehaltige Spirogyren längstens 24 Stunden nach der Aufnahme ihre gesammte Stärke verloren und umgekehrt auch tagüber bei der besagten mangelhaften Beleuchtung keine Stärkeansammlung in ihren Chloroplasten wahrnehmen liessen. Dasselbe betrifft auch die zur Controle in reinem Wasser befindlichen Algentheile. Aus dem Ver- schwinden der sichtbaren Assimilate lässt sich schliessen, dass keine erheblichen Einwirkungen in dem Plasmodium sich geltend gemacht haben, die eine Hemmung der ganzen Vitalität oder eine Sistirung der amylolytischen Function veranlassen könnten. Versuch 2. Stärkeführende Spirogyra communis wurde gleich nach der Aufnahme in’s Dunkle gestellt. Am anderen Morgen (ungefähr nach 20 Stunden) konnte bei Durchmusterung der Präparate keine Stärke in den Chromatophoren der Alge entdeckt werden. Das. gilt ebenso für die im Protoplasma als auch für die in Vacuolen ein- geschlossenen Fadentheile. Auch die nach Zuthat verdünnter Glycerin- lösung freigegebenen Zellen liessen durch Jodlösungen keine Spur von Stärke in ihren Chloroplasten erkennen. Da die Auflösung der assimilirten Stärkekörner, so weit bekannt, nur bei Fortdauer der normalen Athmung vor sich geht, so musste, wie das schon Versuche mit Tradescantia dargethan haben, jederzeit ein Ueberschuss von Sauerstoff in die Plasmodien gelangen und daselbst vorhanden sein. Zu- gleich ist aber erwiesen, dass auch in Vacuolen, worin Spirogyra-Theile sich befanden, Sauerstoff eindringt und daselbst im Zellsafte absorbirt ist. Versuch 3. Fünf Tage im Dunkeln gehaltene, vollkommen stärkefreie Spirogyra communis wurde, nachdem sie weitere 21, Tage bei Lichtabschluss im Plasmodium verweilt hatte und schliesslich zur Ausgabe gelangt war, an’s Licht gebracht. Binnen 8 Stunden wurde so viel Stärke assimilirt, dass letztere auch ohne Anwendung von Jod- 1) Die Präparate standen auf einem Tisch in der Mitte des Zimmers, ca. 3m vom Fenster entfernt. Ausserdem war der aufgesetzte Glassturz inwendig mit feuchtem Fliesspapier ausgeklebt, welches Lichtstrahlen nur spärlich hindurchlassen konnte. Bemerkt sei noch, dass die schwachen phototaktischen Bewegungen der Plasmodien besonders bei Anwendung grosser Wassertropfen nieht störend wirkten, 200 probe deutlich in den Chloroplasten, unterschieden werden konnte. Nlieraus ergibt sich die hohe Resistenz der Spirogyra communis gegen jedwelche Wirkungen in den Plasmodien, umsomehr als die Algen längere Zeit ohne Nahrung geblieben sind. 3. Desmidiaceae. Cosmarium botrytis mit anderen mikroskopischen Algen zur Auf- nahme geboten, wurde mehrmals in einigen Exemplaren von den _ Plasmodien aufgenommen. Die Zellen lagen anscheinend im Proto- plasma eingebettet und blieben auch fortan so, ohne in Vacuolen ein- geschlossen zu werden. Die kleinsten von ihnen wurden überall, wo einigermaassen starke Plasmaströmungen herrschten, hin und her geführt. Weder im Laufe des ersten, noch am zweiten oder dritten Tage trat irgend eine Veränderung an den Cosmarien zu Tage: alle waren turgescent und besassen noch ihre ursprüngliche intensiv grüne Farbe. Sowohl das VProtoplasma als auch die Chloroplasten haben ihr normales Ausschen bewahrt. Als Zeichen der ungestörten Lebens- thätigkeit wurde wiederum’ die bei der Aufnahme noch vorhandene Stärke am anderen Tage vermisst, und zwar sowohl in den aufge- nommenen Cosmarien, als auch in den zur Controle bei denselben Bedingungen (im Dunkeln ete.) jin reinem Wasser gehaltenen Algen. Anhangsweise mag noch der Versuche mit Closterium lunula gedacht werden. Ich hatte nur ein sehr spärliches Material zur Disposition, brachte jedoch die wenigen zu Gehote stehenden Zellen unter dem Präparirmikroskop in die unmittelbare Nähe der Plasmodien, um die Aufnahme zu bewirken. Letztere wollte aber häufig offen- bar infolge der beträchtlichen Grösse der Closterien nicht gelingen. Dennoch habe ich bei einiger Geduld die Aufnahme einiger Exemplare geschen und konnte mehrfach den vollkommenen Einschluss derselben exact nachweisen. Dies geschah in der am Eingang dieser Arbeit erwähnten Weise, nämlich unter Anwendung eines Verfahrens, das die häufige Umkehrung der Plasmodien und die Betrachtung derselben von beiden Seiten ermöglichte. Mehr als 3 Stunden lang blieben jedoch die in eng anliegende Vacuolen eingeschlossenen Zellen nicht im Plasmodium. Während dieser Zeit wurde keine Veränderung an den Closterien beobachtet. 4. Hydrodictyeae und Protococcaceae. Von den ersteren gelangte Scenedesmus bijugatus Ktz. und S. quadricauda Breb., von den letzteren Pleurococens vulgaris Menegh. 201 und Öystococcus humicola Näg. zur Aufnahme. Alle genannten Algen blieben während eines 2—4tägigen Aufenthaltes im Plasmodium von Chondrioderma difforme, und zwar sowohl im Protoplasma als in Vacuolen, bis auf geringe Ausnahmen lebendig. Doch fallen letztere keineswegs auf die Waage, da auch die Controlpräparate anscheinend ebensoviel todte Individuen aufwiesen. Lebensfähigkeit respective todter Zustand konnte nach erfolgter Ausgabe der betreffenden Algen mit Hilfe verdünnter Farbstofflösungen (ich wandte Congeroth oder Eosin an) leicht nachgewiesen werden. Während todte Protoplasten die erwähnten Farbstoffe reichlich speicherten, blieben lebende Indi- viduen ungefärbt. Auch vermehrten sich die freigegebenen Scenedesmus- Zellen, nachdem sie in sterilisirtes Brunnenwasser überführt und an’s Licht gebracht worden waren, sehr rasch. 5. Volvoeineae. Wie schon Pfeffer!) constatirte, werden die vegetativen Schwärm- zellen von Chlamydomonas pulvisculus Ichrbg. in die Plasmodien von Chondrioderma difforme nur dann eingeführt, wenn sie zeitweilig ihre Bewegungen einstellen resp. auf ein Minimum einschränken, oder aber wenn sie mit ihren Wimpern an den Plasmodien (wohl an der peri- pherischen Schleimhülle) haften bleiben. Im günstigsten Falle werden jedoch nach meinen Erfahrungen auf die erwähnte Weise nur wenig. Individuen in das Plasmodium eingeführt. Viel leichter gelangen natürlich die unbeweglichen Theilungs- oder Ruhezustände zur Auf- nahme, so dass gewöhnlich fast pur aus diesen Stadien die gesammte Zahl der Ingesta bestand. Was die vegetativen Schwärmzellen betrifft, so erscheinen sie nach Aufnahme im Protoplasma eingebettet, können jedoch zum kleinen Theil schon nach den ersten 12 Stunden in schmale, eng anliegende Vacuolen eingeschlossen werden. In beiden Fällen sah ich die bei weitem grössere Zahl der Schwärmer am anderen Tage noch anscheinend lebendig, wofür besonders die erhaltene Form der Protoplasten und die lebhaft grüne Farbe der Öhlorophyllapparate sprachen. Am dritten Tage (früh Morgens) fand ich mehrere Zellen auffallend verändert. Sie waren deformirt, braun gefärbt und meist in relativ grosse Vacuolen eingeschlossen. Es konnte kein Zweifel darüber bestehen, dass in diesem Falle eine Anzahl Schwärmer getödtet wurde und zum Theile bereits in Verdauung begriffen war. Allmählich 1) Ueber Aufnahme und Ausgabe ungelöster Körper. Abhandl. d. künigl. säch- sischen Gesellsch. d. Wissensch. 1890 p. 153. 202 veränderte sich das Verhältniss immer mehr und mehr zu Gunsten der todten Zellen, so dass am selben Tage Abends (nach 10 Stunden) fast alle Schwärner im Plasmodium todt vorgefunden wurden. Dagegen blieben die bei gleichen äusseren Bedingungen (im Dunkeln) und im Wasser ‚gehaltenen Controlexemplare durchwegs unverändert. Jlieraus ist zwar ersichtlich, dass für die eingeführten Schwärmer der Einschluss in das Plasmodium schliesslich nachtheilig wird, doch kann im Näheren nicht angegeben werden, ob nicht vielleicht die ungleiche Resistenz bedingt durch individuelle Verschiedenleiten (viel-- leieht dureh ungleiches Alter) der Schwärmer, oder ob nicht gewisse Differenzen ün Plasmodium, oder beide Ursachen zugleich, den zeitig verschiedenen Erfolg erzielen. Mit Rücksicht darauf, dass vielleicht gerade nur solche Schwärmer eingeführt werden, die im Begriffe waren Theilungs- oder Ruhezustände einzugehen, wie es häufig in den Culturen geschah, lässt sich kein sicheres Resultat daraus ableiten, dass nach der Aufnahme irgend welche active Bewegungen der eingeführten Schwärmer nicht mehr: beobachtet wurden. Was die Theilungszustände betrifft, so ergibt sich für dieselben ein ähnliches Resultat wie für die nackten Schwärmer. Doch scheinen die noch von der Zellhaut umgebenen, anfänglich innerhalb derselben beweglichen Tochterzellen viel früher (schon am anderen Tage) ge- tödtet zu werden. Dagegen sind die ruhenden, nicht in Theilung begriffenen Zellen insofern interessant, als dieselben nach 3tägigem Einschluss in Plasmodien lebendig bleiben. Ob die stark entwickelte: Jellhaut oder andere in der inneren Organisation liegenden Umstände. hieran Schuld gewesen, lässt sich natürlich ohne Weiteres nicht behaupten. Ebensowenig geben uns die Erfahrungen die tödtenden Ursachen in den Plasmodien kund und es ist kaum zu denken, dass. immer und überall dieselben Ursachen die 'Tüdtung herbeiführen. 6. Diatomaceae. Viel Interesse boten Versuche über Aufnahme von Diatomeen.. Die kleinen, schr beweglichen Formen, über die ich anfangs verfügte, gelangten nur spärlich in das Innere der Plasmodien, während sie getödtet reichlich aufgenommen wurden. So verhielten sich die über 10% langen Individuen von Navicula sp. und desgleichen die gar nicht viel grösseren Zellen von Nitzschia sp. Aufnahme dieser beiden Arten gesehah nur, wenn ihre gleitenden Bewegungen zeitweilig ein- gestellt oder gehemmt wurden. Ich sah meistens Fälle, in denen 203° bewegliche Individuen beider Arten zwischen zwei sich gegenseitig nähernde Stränge eingeklemmt wurden, oder in eine sich allmählich schliessende Masche des Plasmodiums geriethen, um schliesslich in. dasselbe eingeführt (eingepresst) zu werden. Mein Augenmerk richtete sich sofort auf die zufällig in relativ ruhigen Plasmaschichten befindlichen Diatomeen, und es schien mir, als ob die früher noch beweglichen Zellen mit der Aufnahme ihre Bewegungen eingebüsst hätten. Volle Sicherheit über dieses Verhalten gewann ich jedoch erst in Versuchen mit Synedra ulna, wie später’ ausführlich berichtet wird. Nicht minder überraschend war der Um- stand, dass die nach 2—3tägigem Aufenthalt im Plasmodium wieder‘ freigegebenen Exemplare von Navicula und Nitzschia insgesammt oder grösstentheils abgestorben erschienen, obzwar ausschliesslich lebende Zellen zur Aufnahme geboten wurden. Da aber auch die zur Controle drei Tage lang gehaltenen Diatomeen — ceteris paribus — ihre Lebens- fähigkeit nicht eingebüsst hatten, so war hiemit erwiesen, dass der Tod der aufgenommenen Individuen erst infolge des dauernden Ein- schlusses im Plasmodium, vielleicht durch irgend welche daselbst allmählich zur Geltung kommende Wirkungen eingetreten ist. Aehnliches Verhalten wie Navicula sp. und Nitzschia sp. zeigte: auch Synedra ulna, deren ausserordentliche Grösse es ermöglichte, den. zeitlichen Eintritt der interessanten Reaction (Tödtung) festzustellen und eventuell noch die folgenden Veränderungen der todten Proto- plasten (Verdauung) direct im Innern des Plasmodiums zu beobachten. Früher soll jedoch der Verlust der activen Bewegungen der einge- führten Zellen von Synedra ulna besprochen werden. Was zunächst die Aufnahme der genannten Objecte im lebenden Zustande betrifft, so gelingt dieselbe auffallend leicht und häufig,. offenbar wegen der relativ langsamen Ortsbewegungen der Synedra ulna. Die Zellen erscheinen bald darauf im Protoplasma eingebettet,. während nur ein kleiner Theil gleich in Vacuolen eingeschlossen wird. Suchte ich Stellen des Plasmodiums auf, wo eben keine Strömungen herrschten, so konnte ich leicht beobachten, dass die Zellen sich voll- kommen ruhig verhielten. Erst wenn starke Plasmaströmungen aus der Umgebung heranrückten, wurde passive Locomotion der Synedra- zellen veranlasst. Ebensowenig sah ich jemals die in der Nähe der Hauptseite der Zellen zufällig weilenden Mikrosomen, Kalkkörnchen, kleine Ingesta längs den Schalen verübergleiten, während solches immer zutraf, wenn kleine Partikeln (Lakmus, Carmin) an die im Wasser befindlichen Zellen heranrückten. Auch die zufälliger Weise 204 ‚bald in Vaeuolen eingeschlossenen Individuen vermochten keine Eigen- bewegungen darin auszuführen, obzwar sie vielleicht, was dahinge- stellt werden muss, Fortschiebung kleiner im Zellsafte eventuell su- spendirter Partikeln zu Stande gebracht hätten. Da die unlängst noch beweglichen Diatomaceen (Synedra) sofort nach der Einführung in das Plasmodium stille stehen, so dünkt es mich, «dass irgend welche mechanischen Verhältnisse innerhalb des letzteren die momentane Sistirung der Bewegungen veranlassen. Für die in Vacuolen eingebetteten Zellen möchte ieh Mangel an freien Raume und Mangel an fester Unterlage als das Ausschlag gebende ‚Moment ansehen: für die anscheinend im Protoplasma eingeschlossenen Individuen hönnte sowohl Mangel an geeigneter Unterlage als auch die zähflüssige Beschaffenheit (Consistenz) des umgebenden Mediums oder eines von beiden Verlust der Eigenbewegungen von Synedra alna (und anderen Diatomeen) herbeiführen, worüber natürlich nur weitere Versuche mit Rücksicht auf die verwickelten Verhältnisse im Plasmodium entscheiden können. Was schliesslich die Tödtung der eingeführten Diatomeen betrifft, so wurde schon angeleutet, dass die Grösse der Zellen von Synedra ulna es ermöglicht, den Eintritt und Verlauf der interessanten Reaction an einem Exemplar zu studiren, sowie auch den ganzen Stand des eingeführten Materiales jederzeit rasch zu übersehen. Es ist sogar möglich, wie ich es zuweilen gemacht habe, das Verhältniss der todten und lebenden Zellen in einem bestimmten Theile des Plasmodiums annähernd zu ermitteln und darnach die relative Menge der todten Individuen im ganzen Plasmodium abzuschätzen. Ich fand nun, dass gewöhnlich sehon nach 6 Stunden von der Aufnahme eine Anzahl todter Zellen im Plasmodium anwesend war. Die Zählung ergab in concreten Fällen 5 bis 25° aller im Proto- plasma (und in Vacuolen) enthaltenen Individuen. Von da an wuchs .die Zahl der abgestorbenen Individuen immer mehr und mehr, und betrug z. B. am anderen Tage (24 Stunden nach der Aufnahme) un- gefähr die Hälfte aller eingeführten Exemplare (in einem Falle sogar 80 %/s). Abends desselben Tages bezifferte sich die Menge der lebenden 7Fellen kaum noch auf 20°, während am dritten Tage (zweimal 24 Stunden nach der Aufnahme) in den Plasmodien fast alle Ingesta ab- gestorben waren. In manchen Plasmodien ging die Abtödtung lang- samer, in anderen rascher vor sich. Hingegen blieben sämmtliche Zellen in den Controlpräparaten während derselben Zeitdauer (bis ‚auf nicht in Betracht kommende Ausnahmen) lebendig. "ST 205 Was die Veränderungen betrifft, die eine den Tode anheimfallende Synedra ulna im Plasmodium unter den Augen des Beobachters er- fährt, so ist Folgendes zu bemerken. Zuerst sieht man das Proto- plasma von den Schalenwandungen sich stellenweise zurückziehen, während bald darauf die bandförmigen Endochromplatten zu rauhen knotigen Strängen zusammenfliessen oder in je zwei bis mehrere un- regelmässig contourirte Theile zerfallen. Inzwischen wird das Proto- plasma trübe und zeigt die bekannten Gerinnungserscheinungen, die als Anzeichen des eingetretenen Todes angesehen werden müssen. Sehr auffallend ist die Thatsache, dass die Chromatophoren nach der Tödtung der betreffenden Plasmakörper eine lichtgrüne Färbung an- nehmen, die erst später in reines Braun umgewandelt wird, wenn schon längst Verdauung eingetreten ist. Was diese anbelangt, so tritt dieselbe anscheinend sehr bald nach der Tüdtung der Zelle ein, indem Vacuolen entstehen. Hierbei wird sichtlich das todte Protoplasma innerhalb der Schalenhülle allmählich aufgelöst. Aus den geschilderten Beobachtungen geht hervor, dass der ver- hältnissmässig kurze Einschluss der Synedrazellen im Plasmodium für die letzteren in irgend welcher Weise nachtheilig wird. Es bleibt je- doch fraglich, welche Zustände oder Einflüsse im Plasmodium die Töd- tung herbeiführen. Auch lässt sich derzeit nicht sagen, in welchem Verhältniss die früher erwähnte Sistirung der Bewegungen von Dia-- tomeen zu der Tödtung der letzteren steht. ©. Protozoa, 7. Flagellata (Euglena viridis). Ein überaus günstiges Versuchsobjeet fand ich in Euglena viridis. Es wurden absichtlich die lichtwärts am Rande des Glases sich an- sammelnden Individuen verwendet, um möglichst homogenes (durchwegs lebendiges) Material darbieten zu können. Denn die weniger lebens- fähigen oder zur Ruhe sich anschickenden Individuen sanken zu Boden, eine ziemlich dicke dunkelgrüne Schicht bildend, während das Wasser darüber von den schwärmenden Individuen lichtergrün’ gefärbt war. Die reich mit Euglenen beschickten Präparate habe ich während der Aufnahme ins Dunkle gestellt, was hier umsomehr nöthig war, als: sonst die Schwärmer infolge ihrer starken Phototaxis bald alle am Rande‘ des Wassertropfens sich angesammelt hätten und nicht oder nur ein-- zeln mit dem Plasmodium in Berührung getreten wären. 206 Gegen alles Erwarten wurden in zwei oder drei Stunden ziemlich viele Zellen aufgenommen. Ich war aber sehr überrascht zu sehen, wie sich diese lebenden Objeete im Innern der Plasmodien verhielten. Sie lagen gewöhnlich anscheinend direet im Protoplasma eingebettet, seltener in eng anliegenden Vacuolen eingeschlossen; was aber am meisten in die Augen fiel, waren die Formänderungen des Körpers, die wieder ihrerseits zu passiven Bewegungen des umgebenden flüssigen Körnchenplasmas Veranlassung gaben. Im Zustande der Contraction hat eine jede Euglena birnförmige -oder kreiselförmige Gestalt, indem vorne der farblose rüsselartige Fort- satz mit dem Pigmentflecke an seiner Basis hervorragt und hinten zu- weilen ein kleines Anhängsel sich wahrnehmen lässt. Im nächsten Momente sieht man das Vorderende sich rasch verlängern, der mittlere "Theil nimmt an Dieke ab, und bald erscheint der ganze Körper ca. dreimal so lang wie vorher. Man kann bei dieser gestreckten Form sehr gut die Vertheilung der zahlreichen runden scheibenförmigen Chloroplasten sehen. Einige Secunden lang verharıt die Euglena in dem langgezogenen Zustand, fährt aber mit einem Ruck zusammen, um sich bald wieder auszudehnen. Diese Dehnungen und Contraetionen kehren regelmässig wieder, um jedoch von Zeit zu Zeit durch grössere Ruheperioden unterbrochen zu werden, in welchen der Euglenenkörper contrahirt und unbeweg- lich bleibt. In dieser Beziehung verhielten sich sowohl die in Plas- modien aufgenommenen, als auch die am Objectglase im Wassertropfen befindlichen Individuen ganz gleich, natürlich abgesehen von den zeitweilig eintretenden Schwimmbewegungen, die im Plasmodium nicht stattfinden können. Während der erwähnten grösseren Ruhe- perioden geriethen offenbar die Euglenen in ‘das Innere der Plas- modien, wie ich übrigens eimigemal durch direete Beobachtung be- stätigen konnte. Bei jeder Dehnung schieben die Euglenen das umliegende Körn- chenplasma des Plasmodiums auseinander und veranlassen dadurch passive Strömungen in ihrer Umgebung. Dagegen verursachen die schnellenden Bewegungen bei dem Zusammenziehen des BEuglenen- körpers immer eine heftige Erschütterung und Aufrührung des flüssigen Protoplasmas um dieselben, die jedoch merkwürdiger Weise ohne schädlichen Einfluss auf die affieirten Partien und auf das ganze Plas- modium verbleibt. Das Resultat bleibt dasselbe, wenn in einem Strange zahlreiche Euglenen neben einander sich befinden und ihre Evolutionen ‚ausführen. Auch für die Dauer macht sich kein schädlicher Einfluss 207 seitens der Euglenen auf das Plasmodium geltend, eher umgekehrt, wie wir bald sehen werden. Interessant ist ferner die Thatsache, dass infolge der schnellenden Bewegungen der Euglenen keine oder keine auffällige Consistenz- änderung der betreffenden flüssigen Partien des Plasmodiums eintrat. Damit stimmen auch die Beobachtungen überein, nach denen niemals Strömungen im Plasmodium aufgehalten oder in andere Richtung ge- lenkt wurden, wenn eine oder die andere Euglena in der Strombahn ihre Contractionen ausübte. Anderes gilt natürlich für jene Fälle, wo die strömende Masse augenscheinlich bloss gestaut wurde, nachdem sich eine Euglena zwischen die schmalen Stromufer eingeklemmt hatte, wie es überhaupt häufig grössere Ingesta zu thun pflegen. Es mag schliesslich noch erwähnt werden, dass auch kein localer Einfluss der eingeführten Euglenen auf die Metabolie der nahe befindlichen äusseren Plasmaschichten des Plasmodiums sich wahrnehmen liess, indem z. B. Pseudopodien nicht in ihrer Ausbildung gehemmt oder plötzlich ein- gezogen wurden, wenn sehr nahe davon eine Euglena sich gerade zusammenzog. Bei solchen Beobachtungen sah ich wiederholt die im Innern des Plasmodiums sich dehnenden Euglenen mit dem Vorder- ende an die äussere bekanntlich festere Plasmaschicht anstossen, ohne dass an jenen Stellen Zusammenziehung des Plasmodiums oder ähn- liche Reizwirkungen stattgefunden hätten. Merkwürdiger Weise führten aber solche Stösse niemals zur Ausgabe der betreffenden Euglenen. Mag die Ursache dieses Verhaltens auch unaufgeklärt bleiben, so viel steht fest, das irgend eine beträchtliche Reizbarkeit des Plasmodiums gegen den von Innen kommenden mechanischen Stoss und gegen heftige Erschütterungen des flüssigen Protoplasmas nicht besteht. In gewisser Hinsicht ergänzen die an Euglena gemachten Er- fahrungen die bereits von Pfeffer mitgetheilten Beobachtungen und Resultate, gemäss welchen keine erhebliche Reizbarkeit der äusseren Plasmodiumhülle gegen den Anstoss kleiner schwimmender Thiere vor- handen ist.!) , Mit der Zeit nehmen jedoch die Bewegungen der Euglenen inner- halb des Plasmodiums an Energie allmählich ab, und am dritten Tage sah ich bereits eine beträchtliche Anzahl der Individuen starr und un- beweglich. Darunter waren schon einige Exemplare, deren Aussehen 1) W. Pfeffer, Ueber Aufnahme und Ausgabe ungelöster Körper 1890 p. 151. Pfeffer sah nämlich schwimmende Infusorien an das Plasmodium anprallen und einen Bodo saltans, der mit seiner Cilie an der Aussenhaut des Plasmodiums haftete, Zerrungen an dem Haftpunkt veranlassen, ohne dass eine Reizwirkung sich eingestellt hätte. 208 darauf hindeutete, dass dieselben dem Tode anheimgefallen waren. Die betreffenden Zellen besassen meist unregelmässige Form, färbten sich nach und nach braun und geriethen in Vacuolen, die allmählich an Volumen zunahmen und schliesslich auch braun gefärbt erschienen. In diesem Stadium war vermuthlich bereits die Verdauung im Gange. In den Controlpräparaten waren dagegen bis auf seltene Ausnahmen alle Zellen lebendig. In anderen Plasmodien derselben Species (Chon- drioderma) ging die Abtödtung noch schneller vor sich, so dass im gegebenen Falle am dritten Tage fast die Hälfte aller im Plasmodium befindlichen Euglenen todt angetroffen wurde. Anhangsweise mag hier noch eine gelegentlich gemachte Be- obachtung angeführt werden, welche bezeugt, dass auch bei anderen Organismen als bei den Plasmodien der Myxomyceten das flüssige innere Protoplasma. gegen Stoss und locale Erschütterung unempfind- lich ist. Ich sah nämlich im Innern eines Individuums von Amoeba limazx und zwar in dem Körnchenplasma ein kurzfädiges, knieförmig gebogenes Gebilde eingeschlossen. Dasselbe schien vom Protoplasma direet umspült zu sein und führte in demselben lebhafte schlängelnde oder zitternde Bewegungen aus. Dieses immer nur ungefähr 8 Minuten lang dauernde Spiel wiederholte sich periodisch, indem ca. 5 Minuten lange Ruhepausen dazwischen eintraten. Allmählich wurden jedoch die letzteren länger und die Vibrationen schwächer, um nach vier Stunden gänzlich stille zu stehen. Ohne Zweifel gelangte in diesem Falle em Vibrio, deren mehrere sich ausserhalb des Plasmodiums herumtunmelten. während einer solchen Ruhepause in die Amöbe. 8. Ciliata (Colpoda cucullus). Oefters kanıen in nicht sterilisirten oder nicht gehörig gegen Staub geschützten Culturen von Chondrioderma difforme neben Bacterien etc. auch massenhaft Infusorien zur Entwickelung. Es war constant nur eine Art, nämlich Colpoda cucullus. An der Oberfläche der Cultur- Hüssigkeit' (Infusum oder Decoct von Vicia faba) in der Bacterien- Zoogloea sammelten sich die Thiere schliesslich, um Vermehrungseysten zu bilden. Von den Plasmodien wurden letztere mehrfach im fertigen oder noch unausgebildeten Zustande aufgenommen. Dies geschah häufig schon in der Cultur oder am Objeetglase, wenn die Plasmodien sammt dem Bacterienschleim auf das erstere überführt wurden. Vor dem Eneystiren werden bekanntlich locomotorische Bewe- gungen der Infusorien aufgegeben, die Cilienbekleidung schwindet und der Körper zieht sich zur Kugel zusammen. Aehnlich hat auch 209 Colpoda cucullus vor Beginn der Encystirung ihre nieren- oder bohnen- förmige Form verloren, äusserte aber die charakteristischen anfangs recht lebhaften drehenden Bewegungen, die nach kurzer Dauer, wohl unmittelbar vor der Cystenhautbildung eingestellt wurden. Solche rotirende Kugeln geriethen oft in das Plasmodium und setzten daselbst ihre drehenden Bewegungen unbehindert fort. Sie erschienen hierbei immer von schmalen Vacuolen umgeben. Allmählich wurde die Rotation langsamer, ganz in derselben Weise, wie es auch ausserhalb des Plasmodiums zu geschehen pflegt, um nach zwei bis drei (in einem Falle sogar erst nach fünf) Stunden gänzlich stille zu stehen. Es scheint überhaupt kein zeitlicher Unterschied zwischen den im Plasmodium und ausserhalb desselben befindlichen Kugelzu- ständen von Colpoda cucullus, was die Verlangsamung und endliche Sistirung der drehenden Bewegungen betrifft, zu bestehen. Es mag noch erwähnt werden, dass auch bei den im Plasmodium befindlichen unlängst zur Ruhe gekomnıenen Kugelzuständen die bekannten Pul- sationen der Vacuolen fortdauern, um erst nach längerer oder kürzerer Zeit, nachdem das Intervall zwischen zwei auf einander folgenden Systolen sich einigermaassen vergrösserte, vollkommen aufgegeben zu werden. Unter normalen Verhältnissen werden die zur Ruhe gekommenen Individuen von Colpoda, wachdem sie eine äusserst zarte, kaum oder gar nicht sichtbare Membran ausgeschieden haben, zu Vermehrungs- eysten. Ihr Inhalt theilt sich in zwei bis vier Tochterzellen, deren jede später innerhalb der Mutterzellwandung eigenthümliche zuweilen recht lebhafte Bewegungen ausführt. Diese Bewegungen im Innern der Vermehrungseysten dauerten auch dann ungeschwächt fort, wenn die letzteren in die Plasmodien eingeführt wurden. Zum Beweise dessen, dass die Tochterzellen während eines kurzen Aufenthaltes im Plasmodium nicht geschädigt wurden, schwärmten dieselben nach Aus- gabe der betreffenden Cysten aus den letzteren heraus. Dagegen scheinen diejenigen Tochterzellen, die noch längere Zeit am Aus- schlüpfen gehindert waren, sich immer langsamer innerhalb der Cystenhaut zu bewegen und allmählich zu Grunde zu gehen, worüber noch weitere Beobachtungen angestellt werden müssten. Interessanter ist: jedoch die von mir wiederholt constatirte 'That- sache, dass die Theilungen innerhalb der Cysten auch im Plasmodium erfolgen können. So habe ich nicht selten Zweitheilung, in einem Falle Viertheilung der eingeführten Colpoda cucullus beobachtet. Nach und nach stellte sich dann im Protoplasma der neu entstandenen Flora 1892, Suppli.-Bd. 14 210 Tochterzellen das bekannte Strömen und Wimmeln ein, demzufolge die Tochterzellen in der Oyste, obzwar eng an einander liegend, sich allmählich gegenseitig verschoben, so dass bald die eine bald die andere Zelle zu oberst erschien. Wurden die fertigen Vermehrungs- cysten rechtzeitig freigegeben, so schlüpften die jungen Infusorien aus ihınen heraus, indem sie offenbar durch eine kleine Oeffnung in der kaum sichtbaren. Cystenhaut hindurchgezwängt wurden. Die Theilung fand, soviel ich gesehen habe, auch innerhalb solcher Cysten statt, die nachweislich bereits mehrere Stunden im Plasmodium eingeschlossen waren. Dies musste begreiflicherweise zur Frage führen, ob nicht vielleicht die rotirenden Kugeln trotz dauernder Einbettung im Plasmodium dennoch in Vermehrungsceysten sich umwandeln. Mehrere Beobachtungen in dieser Richtung missglückten mir aus zu- fälligen Gründen, so dass Wiederholungen wünschenswerth sind. Doch ergibt sich aus meinen anderweitigen Erfahrungen, dass für die de- finitive Ausbildung der Cysten von Colpoda cucullus kein Hinderniss im Plasmodium sich geltend macht, und dass auch subtile Reproduetions- vorgänge, wie sie in der Entstehung von Vermehrungscysten aus ge- wöhnlichen Oysten uns entgegentreten, innerhalb des Plasmodiums nicht gehemmt werden. Auch beweist die andauernde Bewegung im Innern der eingeführten Vermehrungseysten, dass die Athmung im Protoplasma der Tochterzellen ununterbrochen vor sich geht, und dass folglich in jedem Momente hinreichend viel Sauerstoff in den umschlies- senden Vacuolen vorhanden ist, der mit dem Verbrauch in der Athmung fortwährend aus der Umgebung nachströmt. Die Ergebnisse sind also dieselben, wie solche schon früher bei Gelegenheit der Ver- suche mit Staubfadenhaaren von Tradescantia gewonnen wurden. 9. Rhizopoda. In einer Cultur mit Ohlamydomonas pulvisculus kamen auch präch- tige Süsswasseramöben zum Vorschein. Dieselben' trieben stumpfe, kegelförmige Pseudopodien oder breite faltenförmige Aussackungen, besassen eine dieke, hyaline Randschicht und führten einen mehr oder weniger central gelegenen, runden grossen Kern, der bei starker Ver- grösserung eine zarte schwamm- oder netzartige Struktur wahrnehmen liess. Ich bestimmte dieses Rhizopod für Amoeba verrucosa. Die meisten Amöben enthielten in ihrem Innern zahlreiche, theils lebende, theils in Verdauung begriffene Algen (meist Chlaınydomonaden). Mit den Chlamydomonas-Schwärmern, die den Plasmodien zur Aufnahme geboten wurden, geriethen immer einige Amöben mit auf den Object- 211 träger. Zu meiner freudigen Ueberraschung erblickte ich einmal zu- fällig ein Exemplar genannter Rhizopoden im Innern des Plasmodiums. Dass der Einschluss vollkommen war, davon konnte ich mich durch Umkehren des Präparates!) sicher überzeugen. Der Amöbenkörper war ein wenig zusammengezogen, behielt . jedoch höckerartig vorspringende Stellen an seiner Oberfläche und war von einer Plasmamembran umschlossen. Das wiederholte Her- vorstülpen und Zurückziehen der niedrigen höckerartigen Fortsätze machte auf mich den Eindruck, als ob ein Widerstand seitens der Vaeuolenhaut die freie Entfaltung der Pseudopodien nicht zuliesse. Es war mir jedoch nicht sehr lange vergönnt, die Beobachtung der Amöbe im Plasmodium fortzusetzen. Denn nach ungefähr einer halben Stunde fing das Protoplasma an, wie durch einen Reiz?) veranlasst, um die Amöbe herum sich zu sammeln, um zuletzt oben eine Oef- nung zu bilden, die der Amöbe zum Ausschlüpfen diente, Aussen an- ‚gelangt breitete sich der Amöbenkörper ein wenig aus und trieb seine charakteristischen Pseudopodien, indem er langsam den Ort der Aus- gabe verliess. Da, wie wir bei Kuglena viridis gesehen haben, noch so lebhafte Bewegungen der Ingesta nicht oder nicht nothwendig zur Ausgabe der letzteren führen, so haben höchst wahrscheinlich andere Ursachen, als die Vorstreckung ‚der Pseudopodien ete., die Ausgabe der Amoeba verrucosa aus dem Plasmodium veranlasst. Mit Rücksicht (darauf jedoch, dass die vollständige Entfaltung der Protuberanzen des Amöbenkörpers sofort mit dem Freiwerden des letzteren zu Stande kam, möchte ich dafür halten, dass nur untergeordnete, mechanische Wirkungen die freie Entfaltung der Pseudopodien im Innern des Plas- modiums nicht zuliessen. Vielleicht hat diesen Erfolg der mit der Länge und Spitze der Protuberanzen wachsende Widerstand (Gegen- (druck) der Vacuolenhaut verursacht, möglicherweise besteht aber irgend welche Reizbarkeit der Pseudopodien für dauernden Contact mit einem Fremdkörper (z. B. Vacuolenwand). Auf welche Weise die Amoeba verrucosa in das Plasmodium gelangte, kann ich natürlich nicht sagen; . doch vermuthe ich, dass der Aufnahme entweder temporäre Sistirung oder Verlangsamung der kriechenden Bewegungen vorausging. Um das Verhalten der Amoeba verrucosa im Plasmodium weiter zu verfolgen, habe ich einige Dutzende von Präparaten hergestellt, in denen Plasmodien mit den Amöben (nebst Chlamydomonas pulvisculus) 1) Schwache Vergrösserung (Zeiss, D) genügte zu dieser Controle. 2) Vielleicht war bloss ein Lichtreiz im Spiele, umsomehr als beim "lage be- . ‚obachtet wurde und die Plasmodien für die stärker breehbaren Stralilen reizbar sind. R * B % 212 zusammengebracht wurden, ohne dass mir jedoch ein einziges Mal die Aufnahme gelungen wäre. Ich habe diesen Umstand hauptsächlich der nicht genügenden Zahl der gebotenen Amöben zugerechnet und sann über ein Verfahren nach, welches gestatten würde, eine weit grössere Zahl von Amöben den Plasmodien auf einmal verabreichen zu können. Dies gelang mir zwar bei allen untersuchten Species. (Amoeba verrucosa, A. limax Duj. und A. radiosa Perty)!) hatte aber,, was die Aufnakme der genannten Arten betrifft, trotz häufiger Wieder- holungen und zahlreicher Beobachtungen keinen Erfolg. Auch alle künstlichen Mittel, Amöben während der Aufnahme vorübergehend unbeweglich zu machen oder in Zellen aus Niederschlangsmembran einzuschliessen, führten nicht zum Ziele. D. Myxomyceten. 10. Theile von Plasmodien, Kleine Plasmodien werden nur dann mit sicherem Erfolg in grössere derselben oder einer anderen Art eingeführt, wenn man erstere in der Form vorübergehender Ruhestadien zur Aufnahnıe bietet. Ich meine in erster Reihe die sogenannten Zellenzustände Cien- kowki’s, wie sie bei Chondrioderma difforme Rostaf. oder bei. Di- dymium mierocarpum Kostaf. häufig vorkommen. Diese Zustände werden gebildet, wenn gewisse den Plasmodien ungünstige Verhältnisse ein- treten. So kann u. a., wie seit deBary und Cienkowski bekannt: ist, ein mehr oder weniger rasches Austrocknen des Substrates zur Entstehung der „Zellen“ den Anlass geben, und voraussichtlich spielt hierbei die allmähliche Concentration der Ernährungsflüssigkeit eine hervorragende Rolle. Infolge solcher oder ähnlicher ungünstiger Ein- flüsse zieht sich das Plasmodium unter den Augen des Beobachters plötzlich zusammen, bildet zahlreiche Einschnürungen und zerfällt schliesslich in eine grosse Zahl unbeweglicher rundlicher Gebilde, in deren Innerem sich nichts weiter als das körnige Protoplasma und höchstens ein Paar Vacuolen unterscheiden lässt. Diese kugelartigen Körper können austrocknen und in diesem Zustande längere Zeit auf- 1) Man braucht nur Glasgefässe mit fauligem Wasser, in dem kleine Algen und Amöben sich entwickelt haben, vorsichtig auszugiessen und die zurückgebliebenen dem Boden und den Wänden adhärirenden Amöben mit einenı feinen Haarpinsel ab- zustreifen und direct in Wassertropfen mit Plasmodien überzuführen. Auf diese Weise bekam ich eine Unmasse dicht beisammenstehender Individuen von A. limax und A. radiosa. 213 bewahrt werden, ohne ihre Keimfähigkeit zu verlieren. Von Neuem in’s Wasser gebracht, verwandeln sie sich in je ein kleines Plas- modium (hier von Cienkowski Myxamöbe genannt), nachdem die ‚angeblich an ihrer Peripherie vorhandene Hüllmembran in ihrer ganzen Ausdehnung früher resorbirt wurde. Aus solchen gleichartigen Myx- ‚amöben baut sich schliesslich das frühere Plasmodium wieder auf. Das geschieht nach Cienkowski?) in der Weise, dass sich die ‚aus Kugelzuständen bereits gebildeten Myxamöben oder diese und die schon theilweise restituirten Plasmodien an einander legen und in Kurzem verschmelzen. Während solches geschieht, werden die noch nicht belebten Kugelzustände von den fertigen Plasmodien und Myx- amöben aufgenommen, so dass nicht selten Dutzende von den ruhenden Zellen in dem bereits regenerirten Plasmodium eingeschlossen sind. und zum Theil mit den Strömungen hin- und hergeführt werden. Nach den Beobachtungen Cienkowski’s nimmt jedoch die Ge- sammtzahl dieser Zellen im Innern des Plasmodiums mit der Zeit ab, ohne dass anscheinend gleichzeitig eine äquivalente Ausgabe derselben stattfindet. Demzufolge hält der Autor dafür, dass die rundlichen Körper während der Einbettung im Plasmodium oder in Myxamöben “successive ihre Individualität verlieren; er lässt es jedoch unentschieden, ob die Kugeln allmählich auf die Art "solider Körper (Stärke u. dgl.) von der Oberfläche aus gelöst werden, oder ob sie erst nach ihrer Aufweichung, d. h. nach ihrer Umwandelung in Myxamöben dem Plas- modium einverleibt werden, 'wie es auf der Oberfläche häufig zu ge- schehen pflegt. Ich sah nun wiederholt die Bildung der Plasmodien aus Ruhe- zuständen und kann auf Grund der Beobachtungen, in denen immer eine einzige „Zelle“ fixirt wurde, Folgendes berichten. Die aufgenommenen Zellen sind stets von einer Vacuolenhaut um- kleidet und werden häufig (besonders die kleineren) mit den Plasma- strömungen hin- und hergeführt. Sie gelangen theilweise, was besonders für die grösseren Exemplare gilt, frühzeitig nach einander zur Ausgabe, um früher oder später als Myxamöben an der Peripherie des Plas- modiums mit diesem zu verschmelzen. Einige Mal sah ich aber Zellen, welche innerhalb des Plasmodiums allmählich durchsichtiger wurden und trotz des Einschlusses in dieht anliegende Vacuolen amöboide Bewegungen ausführten, denen die Vacuolenhaut passiv folgte. Bald darauf riss immer die Plasmodiumhülle oberhalb oder unterhalb (seltener 1) Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik 1863 Bd. II. 214 seitwärts) der Myxamöbe ein, und im nächsten Momente sah ich ent- weder die Grenze, welche beide Protoplasten noch trennte, verwischt oder aber theilweise noch erhalten und das Protoplasma der Myxamöbe durch eine schmale Verbindungsbrücke in das Plasmodium herüber- strömen. Demnach möchte ich dafür halten, dass die Vereinigung zwischen Myxamöbe und Plasmodium theilweise schon innerhalb des. letzteren beginnt, jedoch erst ausserhalb desselben vollzogen wird. Dafür sprechen besonders jene Fälle, in denen unmittelbar nach dem Einreissen der Plasmodiumhülle das Protoplasma der Myxamöbe in das Plasmodium hinüberströmte, da sonst erfahrungsgemäss, wenn zwei Plasmoldien gleicher Art sich begegnen, immer eine längere Zeit (einige: Secunden) verstreicht, ehe nach dem Verschwinden der Trennungs- grenze das Körnchenplasma den Verbindungskanal passirt. Ich liess ferner Zellenzustände von Didymium microcarpum in die Plasmodien von Chondrioderma aufnehmen, in der Erwartung,. dass infolge der allseitigen und innigen Berührung die Myxamöben, welche aus den Zellenzuständen gebildet wurden, mit dem heterogenen. Plasmodium noch am ehesten Verschmelzungen eingehen könnten, umsomehr als Chondrioderma und Didymium zwei nahe verwandte: Arten sind. Doch kam Verschmelzung zwischen den zwei einander umschliessenden heterogenen Protoplasten in keinem Falle zu Stande. Die Myxamöben wurden früher oder später wieder ausgegeben und verschmolzen dann ausserhalb des Plasmodiums mit einander. Achnlich verhielten sich auch die kleinen und durchsichtigen Myxamöben von Stemonitis dietyospora.‘) Sie waren stets von einer Vacuolenhaut um- kleidet und geriethen alle ausserhalb des Plasmodiums, um daselbst mit einander zu verschmelzen. Erwähnt sei noch die gelungene Aufnahme kleiner Plasmodien von Aethalium septieum, welche durch künstliche Zertheilung eines grösseren, älteren Plasmodiums gewonnen wurden, in das Plasmodium von Chondrioderma diforme. Auch in diesem Falle behielten die schwach amöboid beweglichen Theilstücke ihre Individualität. Doch liess die äusserst langsame Bewegung (Umrissänderung) der kleinen Plasmodien auf abnormale Verhältnisse, vielleicht auf ein zu fort- geschrittenes Entwickelungsstadium schliessen, was sich insofern be- stätigte, als die Theilstücke nach der Ausgabe und sonst schr bald zu Grunde gingen. \ 1) Diese Art bildet verhältnissmässig kleine Zellenzustände, aus welchen sich dann ausserhalb oder innerhalb des Plasmodiums charakteristische, hyaline Myx- amöben entwickeln. 215 Bekanntlich hat zuerst Cienkowski?!) die wichtige Thatsache ermittelt, dass heterogene Plasmodien nicht mit einander verschmelzen. Er berichtet darüber folgendermaassen: „Auch der Versuch, ‚Plas- modien verschiedener Art, z. B. gelbes von Leocarpus und ein hell- graues von einer anderen, generisch verschiedenen Myxomycete in demselben Tropfen zu cultiviren, um sie vielleicht zu gegenseitiger Verschmelzung zu bewegen, schlug ganz fehl. Zweige der verschie- denen Plasmodien gleiten neben einander, umfliessen sich gegenseitig, ohne eine Spur von Verschmelzung aufzuweisen. Ob das Resultat immer negativ bleibt, wenn man Plasmodien von verwandten Species zum Experimente wählt, werden zukünftige Untersuchungen zu ent- scheiden haben.“ Ausser den schon angeführten Versuchen habe ich noch andere ausgeführt, in denen verschiedene, theils eultivirte, theils in der Natur gefundene Plasmodien paarweise zusammengebracht wurden. Es waren folgende mehr oder weniger mit einander verwandte Arten: 1. Chondrioderma difforme — Fuligo varians (= Aethalium septicum). 2. Chondrioderma difforme — Stemonitis dictyospora Rostaf. 3. Didymium microcarpum Kostaf. — Stemonitis dietyospora Rostaf. 4. Chondrioderma difforme — Didymium microcarpum Rostaf. 5. Didymium farinaceum Schrad. — Didymium microcarpum Rostaf. Obzwar vielfach Berührungen stattfanden, obzwar Pseudopodien sich gegenseitig näherten und berührten, obzwar Plasmodien sich eng an einander schmiegten oder über einander 'krochen, trat in keinem Falle eine Verschmelzung ein. Selbst wo zwei so nahe verwandte Arten, wie Didymium microcarpum Rostaf. und Didymium farina- ceum Schrad. zusammengebracht wurden, blieben die betreffenden Plasmodien getrennt. Dass auch zwei heterogene Plasmodien bei inniger allseitiger Be- rührung, nämlich in dem Falle, wenn das eine in das andere ein- geführt wurde, nicht mit einander verschmelzen, wurde schon angeführt. Wie sich in dieser Beziehung die beiden Didymien verhalten, konnte ich leider nicht ermitteln. Worin die Ursache besteht, dass zwei heterogene Plasmodien sich nicht?vereinigen, lässt sich nicht so einfach beantworten und wird wohl lange unbeantwortet bleiben. Allgemein kann nur die Vermuthung 1) L. Cienkowski, Zur Entwickelungsgeschichte der Myxomyceten. Prings- heims Jahrbücher £. wissensch, Botanik 1863 p. 385. 216 ausgesprochen werden, dass nicht oder nicht allein die abweichende Be- schaffenheit der Plasmahäute, sondern hauptsächlich wohl die differenten Eigenschaften der ganzen Protoplasten, was die Struktur (Organisation) und vielleicht auch die chemische Zusammensetzung betrifft, in dieser Beziehung maassgebend sein werden. 11. Sporen und Mikrocysten der Myxomyceten. Keimfähige Sporen von Stemonitis dietyospora Hostaf. und von Aethalium septicum wurden den Plasmodien von Chondrioderma dif- forme zur Aufnahme geboten. Nachdem diese vollendet war, spülte ich sorgfältig alle überschüssigen Sporen mit reinem Wasser ab. Die nach 1!/ bis 2 Tagen wieder ausgegebenen Sporen blieben fast alle keimfähig, da von Aethalium schon am zweiten, von Stemonitis die- tyospora erst am dritten Tage zahlreiche Schwärmer im Wassertropfen vorgefunden wurden. Ob die Keimung auch im Innern des Plasmo- diums stattfinden kann, bleibt noch zu ermitteln. Aehnliche Resultate wie mit den Sporen heterogener Myxomyceten erhielt ich auch mit den Sporen von Chondrioderma difforme, die in die Plasmodien der gleichen Species eingeführt wurden und daselbst während eines zwei- tägigen Aufenthaltes keimfähig blieben. Unter besonderen Verhältnissen encystiren sich bekanntlich Schwär- mer- oder Amöbenzustände der Myxomyceten und werden zu „Mikro- cysten.“ Die letzteren sicht man häufig im Wassertropfen entstehen, worin Myxomycetensporen ausgesäet wurden und auch in den Massen- culturen von Plasmodien bilden sich solche zuweilen massenhaft. Dem- gemäss enthalten auch die aus den Öulturen hervorgeholten Plasmodien nicht selten Mikroeysten in ihrem Innern, die sie bei ihrer Wanderung im Culturgefässe aufgenommen haben. Sie erscheinen gewöhnlich von keinen ansehnlichen Vacuolen umgeben und bleiben selbst nach zwei- tägigem Einschluss im Plasmodium vollkommen unverändert und an- scheinend lebendig. Dies bestätigte sich, als ich die am dritten Tage freigegebenen Zellen am Objectglase, eintroeknen liess und erst nach. einigen Tagen wieder theils mit Wasser theils mit Decoct von Picia faba benetzte. In beiden Fällen keimten einige von den Mikrocysten und bildeten Schwärmer — ein Beweis, dass der Einschluss in Plas- modien für die Mikrocysten keineswegs nachtheilig wurde. Auch die nicht gekeimten Mikrocysten waren lebendig, da sie Farbstofflösungen wie Eosin oder Anilinblau nicht speicherten, während ‘die durch Hitze getödteten Exemplare sich intensiv färbten, 217 E. Pilze. 12. Verschiedene Pilzhyphen. Auf Objectträgern im Tropfen Wasser oder Decoct von Vicia Faba (Stengeln) kamen nicht selten Pilzmycelien spontan zur Ent- wickelung, deren Hyphen, falls Plasmodien zugegen waren, vielfach von den letzteren umschlungen wurden. Natürlich war bei grösseren Mycelien die Aufnahme niemals vollkommen und erstreckte sich über- dies im Laufe der Zeit bei der bekannten Beweglichkeit der Plas- modien über verschiedene Stellen ‚des Myceliums, so dass gewöhnlich die theilweise eingeführten Partien sehr bald wieder freigegeben wurden. Wie sich erwarten liess, übte der kurze — übrigens wie gesagt nicht vollkommene — Einschluss keine schädliche Wirkung auf die von mir beobachteten lebenden Hyphen, was auch darin sich kundgab, dass die letzteren nach ihrer Ausgabe augenscheinlich weiter wuchsen. Interessanter ist jedoch die Thatsache, dass auch die kleineren Mycelien (Sporenkeime), die ich nicht selten vollständig im Plasmodium eingeschlossen sah, trotz längerem (bis achtstündigem) Aufenthalt da- selbst, unverändert wieder ausgestossen wurden. Nur in einem Falle sah ich, dass ein langer gegliederter Mycelfaden unter dem Anprall heftiger 'Plasmaströmungen gekniekt wurde, wobei die an der Bruch- stelle befindliche Zelle getödtet wurde. Bei der Unkenntniss der Pilz- arten, zu welchen die erwähnten Mycelien gehören, war es jedoch wünschenswerth Versuche mit bekannten Pilzformen (gemeinen Schim- melpilzen) anzustellen, worüber der folgende Abschnitt handeln wird. 13. Keimende Schimmelpilzsporen. Ich liess Sporen von Penicillium glaucum, Mucor stolonifer und Phycomyces nitens, nachdem die Keimung grösstentheils schon begon- nen hatte, von den Plasmodien aufnehmen. Binnen fünf bis neun Stunden bildeten sämmtliche Sporen kürzere oder längere (Phycomy- ces) Keimfäden, die den bloss im Wasser gewachsenen Keimnfäden in Niehts nachkamen. Später machte sich bei Phycomyces nitens insofern ein Unterschied geltend, als die im Wasser liegenden Keime etwas schneller wuchsen. 16 Stunden nach der Aufnahme war diese Dif- ferenz noch auffallender. Doch wuchsen die am dritten Tage schon ausserhalb des Pläsmodiums angetroffenen kleinen Mycelien von Phy- comyces nitens im Wasser normal weiter. Dagegen waren einige Keime von Penicillium glaucum und von Mucor stolonifer noch am dritten Tage in den Plasmodien enthalten und glichen, was ihre Grösse etc. 218 anbelangte, vollkommen den Control-Exemplaren. Bei der Ausgabe, die am selben Tage noch stattfand, traf ich die kleinen Mycelien voll- kommen lebensfähig an. Die angeführten Beobachtungen sind desshalb interessant, weil sie die relativ hohe Resistenz der Schimmelpilze gegen die im Plas- modium vielleicht zur Geltung kommenden Wirkungen anzeigen, was besonders aus dem meist ungeschwächten Wachsthum der Schimmel- pilzkeime im Innern des Plasmodiums hervorgeht. Ob dieses Ver- halten nur durch die specifischen Eigenschaften der Protoplasten bedingt ist, oder ob vielleicht andere Verhältnisse, z.B. die aus Pilz- cellulose bestehende Hülle, mitspielen, muss dahingestellt bleiben. Nur bei Phycomyces nitens ging später das Wachsthum nicht so rasch von statten, eine Thatsache, die ebenfalls ihrer Aufklärung bedarf. F. Bacterien. Da in der Natur (und häufig in der Oultur)') überall, wo My- xoniyceten auftreten, soweit bekannt, immer Bacterien vorkommen, so war mit Rücksicht auf die seit de Bary und Cienkowski ent- deckte Fähigkeit der Plasmodien und Myxamöben Fremdkörper in sich aufzunehmen, die Frage naheliegend, ob nicht vielleicht die amö- boiden Stadien der Myxomyceten ähnlich wie die verwandten Rhizo- poden die ihnen überall begegnenden Bacterien aufnehmen und sich zu Nutzen machen. In der That fand in der neueren Zeit Lister, dass die Schwärmer verschiedener Myxomyceten einzelne Bacterien aufnehinen und verdauen. Nach Lister werden verhältnissmässig grosse stäbchenförmige Baeillen in die schwärmenden Stadien von Stemonitis Jusca, Trichla fragilis und Chondrioderma difforme einge- führt und binnen Kurzen: (in einer Stunde) gänzlich bis auf undeut- liche Reste aufgelöst.?) Derselbe Autor fand auch die Fähigkeit, ein- zelne Bacillen aufzunehmen und rasch zu verdauen, noch bei den Amöben, die auf das Schwärmerstadium von Chondrioderma difforme folgen, erhalten.?) Da’ anscheinend lebensfähige Baeillen eingeführt wurden, so mussten letztere, um so ausserordentlich bald verdaut zu werden, sehr rasch getödtet werden. Dies erscheint jedoch glaub- würdig, da auch bei den nahe verwandten Rhizopoden ein ähnliches. 1) In meinen Culturen waren stets Bacterien vorhanden. 2) Arthur Lister, Notes on the Ingestion of Food-material by the Swarm- cells of Mycetozoa. "The Jourmal of the Linnean Society. London 1890. Botany, Vol. 25. p. 435. 3) Annals of Botany (London, Oxford 1890) Vol. & p. 292. 21% Verhalten bekannt ist. So berichtet Meissner,!) dass ein stäbchen-- förmiges Bacterium, welches in das Innere einer Süsswasseramöbe aufgenommen worden war, nach einer halben Stunde schon „breig‘ zerfallen war“, während nach weiteren 10 Minuten bloss einige licht- brechende Pünktchen in der Nahrungsvacuole sich unterscheiden liessen. Darnach schienen im Innern der Rhizopoden und der ersten Ent-- wickelungszustände der Myxomyceten besondere Verhältnisse vorhanden zu sein oder erst nach der Aufnahme binnen Kurzem zur Geltung zu kommen, durch welche eine rasche Tödtung der eingeführten Bacterien (wenigstens einiger Formen und Arten) verursacht wird. Ich habe gelegentlich Bacillus megatherium den zur Ruhe ge- kommenen Schwärmern von Chondrioderma difforme zur Aufnahme: geboten. Das Material stammte aus frischen kaum fünf Tage alten Stich- und Reineulturen auf Nährgelatine und bestand aus lebendigen, vielfach in Theilung begriffenen Zellen. : Die Stäbehen konnten ihrer Dimensionen halber leicht im Protoplasma und in Vacuolen unter- schieden werden. Diejenigen, welche durch Siedehitze abgetödtet wurden, fielen nach der Aufnahme sofort der Verdauung anheim und wurden in kaum einer Stunde bis auf kleine Reste aufgelöst. Dage-- gen hielten sich die lebendig eingeführten Exemplare, wie die conti- nuirliche Beobachtung ergab, länger als 2!’ Stunden unverändert. Sie wurden gewöhnlich bald einzeln oder zu zweien bis dreien in "kleine Vacuolen eingebettet, seltener befanden sich einzelne Exem- plare anscheinend im Protoplasma eingeschlossen. Länger als 21/a Stunden wurde jedoch die Beobachtung nicht fortgesetzt, und so kann. ich nicht angeben, ob die Bacillen später schliesslich getödtet und nachher vielleicht verdaut wurden, wie das nach einer später (8 Stun- den nach der Aufnahme) vorgenommenen Durchmusterung der Prä- parate mit Amöben und Bacillen wahrscheinlich sein dürfte. So viel steht jedoch nach dem Mitgetheilten fest, dass nicht alle Bacterien in den Schwärmern und Amöben der Myxomyceten so rasch getödtet werden, wie in den Lister’schen Beobachtungen, und es könnte nicht überraschen, wenn eine oder die andere Bacterienart selbst nach Tage: langem Einschluss in den besagten Schwärmern lebendig bleiben würde. Denn vermuthlich sind auch unter den Bacterien, ähnlich wie 2. B. unter den Algen, ungleich resistente Species und Entwickelungs- formen vorhanden. 1) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie 1883 p. 508. 220 Dass auch in Süsswasseramöben bestimmte Bacterien sich länger als eine Stunde lebendig erhalten können, erhellt aus einer Beobach- tung, welche bereits früher anlässlich der Versuche mit Euglen«a viridis mitgetheilt wurde. Ich salı nämlich im Innern einer Amoeba limax ein kurzfädiges, knieförmig gebogenes Bacterium (Vibrio ?), welches durch seine periodisch zurückkehrenden zitternden Bewegungen .das Protoplasma aufrührte. Nachdem die Ruhepausen des Bacteriums allmählich sich verlängerten, trat schliesslich nach 4 Stunden, was die Bewegungen des Bacteriums betrifft, ein dauernder Stillstand ein. Ob das Bacterium getödtet wurde und schliesslich der Verdauung anheim- fiel, ist mir nicht bekannt, doch kann mit Rücksicht auf die Beobach- tungen Meissner’s und Lister’s als erwiesen gelten, dass Bac- terien zur Ernährung der Süsswasseramöben und der Schwärmer- und Amöbenstadien der Myxomyceten (ob aller?) dienen können. Weitere Untersuchungen müssen entscheiden, ob diese Art der Ernährung für das Fortkonımen der ersten Entwickelungszustände der Myxomyceten unerlässlich ist, oder ob die genannten Organismen auch bei völliger Abwesenheit der Bacterien gedeihen können. Während Schwärmer- und Amöbenstadien der Myxomyeeten nicht . nur grössere Bacillen sondern auch kleinere Bacterienformen einzeln ‚aufnehmen können, geht dieses Vermögen mit dem fortschreitenden Grosswerden der Plasmamasse und mit dem Alter der Plasmodien den Verschmelzungsprodukten allmählich mehr und mehr verloren. Dafür wächst die Fähigkeit der Aufnahme für grössere Partikel, indem er: wachsene Plasmodien selbst über 0,1 mm breite Körper aufnehmen, ‚wogegen Penicilliumsporen !) schon schwierig und höchstens einzeln eingeführt werden. Dasselbe gilt auch für die einzelnen Bacterien, von denen die kleineren Stäbchen oder Coccen überhaupt nicht, die grösseren (2. B. Bacillus megatherium) aber sehr selten und nur unter besonderen Bedingungen zur Aufnahme gelangen. Soweit sich ur- theilen lässt, hängt die Aufnahme in diesem Falle von der Ausbreitung der Plasmodien und von der Bildung feiner, mehr oder weniger zahl- reicher Pseudopodien ab. Wenigstens wurden unter diesen Be- dingungen immer einzelne Stäbchen in den Plasmodien beobachtet. Ich habe das Verhalten einzelner Stäbchen von Bacıllus mega- therium in kleineren Plasmodien 2 bis 5 Stunden lang beobachtet. Die eingeführten Bacillen waren entweder anscheinend im Protoplasma 1) Vel. W. Pfeffer, Ueber Aufnahme und Ausgabe ımgelöster Körper 1890 p. 131. 22] eingebettet oder sie wurden bald in sehr kleine Vacuolen eingeschlossen. Mehrere derselben gelangten frühzeitig wieder zur Ausgabe, während andere selbst nach fünfStunden keine Veränderung wahrnehmen liessen. Längere Beobachtung war jedoch nicht möglich, da die Bacillen nach einander ausgestossen wurden. Häufiger als Stäbchenformen gelangen fädige Bacterien in das Innere der Plasmodien. So z. B. sah ich mehrmals Fäden von Ba- eillus subtilis im Protoplasma genannter Organismen eingeschlossen, wenn solche Bacillen ausserhalb des Plasmodiums im Culturtropfen (Deeoct von Vicia faba) einigermaassen zahlreich zur Entwickelung kamen. Die Fäden werden entweder im Strome hin und her geführt, . oder sie werden häufig zwischen die Ufer der Strombahn eingeklemmt, oder sie befinden sich in den ruhigeren Plasmaschichten, wo sie dann leicht beobachtet werden können. Ich sah jedoch während eines halben Tages (sechs Stunden) keine und zwar nicht die geringste Verände- rung an den Fadenbacterien. Sie waren vollkommen lebensfähig ge- blieben, da ein Faden, welcher nach sechs Stunden ausgestossen wurde und welchen ich dauernd fixirt habe, nach weiteren acht Stunden die charakteristischen Sporen in seinem Innern bildete. Darnach erwiesen sich Bacillus megatherium und B. subtilis als ziemlich resistent gegen jedwede Einwirkungen im Innern des Plas- modiums, und zwar sowohl im Protoplasma, als auch in den Vacuolen (B. megatherium). Noch mehr gilt aber Letzteres für die von mir beobachteten beweglichen Bacterien, welche in Vaeuolen eingeschlossen waren, in denen coagulirtes Eiweis verdaut wurde. Bietet man näm- lich Partikeln aus coagulirtem Eiweis (ungefärbt oder besser mit Congo- roth gefärbt) in einer stark bacterienhaltigen Flüssigkeit den Plas- modien zur Aufnahme, so setzen sich die beweglichen Bacterien nicht selten auf den Eiweisspartikeln fest und werden sammt den letzteren in die Plasmodien eingeführt. In dem Maasse, als dann die Verdau- ung von coagulirtem Eiweiss fortschreitet, entstehen immer grössere Vacuolen, in denen man bei Anwendung starker Vergrösserungssysteme schwärmende (seltener unbewegliche) Bacterien beobachten kann. Die- selben durchkreuzen den Vacuolenraum nach allen Richtungen hin und können länger als zwei Tage daselbst am Leben sich erhalten. In einzelnen Vacuolen mit Eiweisspartikeln finden sich zuweilen so viel Bacterien ein, dass man eine Vermehrung der letzteren auf Kosten der Verdauungsprodukte annehmen muss. Hierfür sprachen auch die in solchen Fällen nicht seltenen Theilungszustände (Doppel- stäbchen, Diplococcen) in den Vacuolen. Sehr schnell: und deutlich 222 bringt man die Bacterien in den Verdauungsvaeuolen zur Anschauung, wenn man das die Verdauung beschleunigende Mittel, nämlich eine schr verdünnte Lösung eines kohlensaueren Alkalimetalls oder Am- mons in das Innere des Plasmodiums diosmiren lässt. Infolge der beschleunigten Verdauung entstehen riesige Vacuolen, in denen man ‚die Bacterien leicht verfolgen kann. Interessant ist das Fortkommen von Bacterien in den Verdau- ungsvacuolen, da hiemit erwiesen ist, dass weder die Verdauungs- .agentien noch andere vielleicht in den Vaeuolen gelöste Stoffe einen schädlichen Einfluss auf diese Organismen ausüben. Das gilt auch von den saueren Substanzen, die in einzelnen Vacuolen, wo Bacterien auftreten, vorhanden sind. Schon hiernach lässt sich beurtheilen, wie gering die Concentration der fraglichen saueren Stoffe sein muss, da ‚die Bacterien nachweislich in stärker saueren Lösungen nicht gut fort- kommen. Damit soll jedoch nicht gesagt werden, dass alle beweg- lichen Bacterienformen in den Verdauungsvacuolen bestehen können, wie das jedenfalls nicht zu erwarten ist. Ob die Bacterien vielleicht Enzyme ausscheiden und ob sie hie- durch vielleicht die Eiweissverdauung steigern können, muss vorläufig dahingestellt werden. Soviel bleibt jedoch sicher, dass die Bacterien nicht nur ausserhalb des Plasmodiums um das Nährsubstrat concur- viren, sondern auch innerhalb desselben auf Kosten der Verdauungs- produkte sich ernähren und vermehren können. Diese Thatsache ist bemerkenswerth, da bei dem massenhaften Vorkommen von Bacterien in der Natur und selbstverständlich auch an den Orten, wo Myxomy- ceten sich entwickeln, wohl häufig verschiedene Nahrungsbissen sammt Bacterien in das Innere der Plasmodien aufgenommen werden. Einige Ergebnisse. Das Verhalten lebender Körper in den Plasmodien war je nach ‚der Natur der ersteren recht mannigfaltig. An den mit Zellhaut umkleideten Protoplasten wurde gewöhnlich nach mehreren. Stunden bis einigen Tagen keine Veränderung be- obachtet. Die Einzelfunctionen, z. B. das Wachsthum keimender ‘Schimmelpilzsporen, die Protoplasmaströmung innerhalb der Zellen der Staubfadenhaare von Tradescantia, die Auflösung assimilirter Stärke in einigen Algen, die Theilung innerhalb der Oysten von Colpoda cucullus u. dgl. ging während des Einschlusses im Plas- .modium vollkommen normal von statten. 223 Da diese Functionen durchwegs von der Sauerstoffathmung ab- hängig sind, indem bei Mangel an Sauerstoff dieselben sehr bald stille. stehen, so musste beständig Sauerstoff in den aufgenommenen Orga- nismen vorhanden sein, respective mit dem Verbrauch in der Athmung aus dem umgebenden Plasmodium zuströmen, da die lebenden Ingesta selbst keinen Sauerstoff produeirten. Hieraus folgt, dass jederzeit in dem Protoplasma der Plasmodien ein Ueberschuss an Sauerstoff vor- handen ist, und dass auch der Vacuolensaft hinlänglich viel von diesem Gase absorbirt enthält, da sonst sauerstoffbedürftige und be- wegliche Organismen, wie z. B. Colpoda cucullus in den Vacuolen sehr bald stille stehen müssten. An nackten, mit Locomotion begabten Zellen stehen die Bewe- gungen zum Theil nach der Aufnahme vollkommen stille (Chlamydo- monus pulvisculus, Diatomeen), gleichviel, ob die Organismen im Proto- plasma oder in dicht anliegende Vaeuolen eingebettet wurden. Dass die diekflüssige Beschaffenheit des Protoplasmas (seine mechanischen Eigenschaften) und der mechanische Widerstand der Vacuolenhäute, eventuell die Unmöglichkeit, an einer festen Unterlage sich fortzu- schieben, für die Sistirung der Bewegungen in diesen Fällen maass- gebend sind, scheint daraus hervorzugehen, dass die Hemmung sofort mit der Aufnahme eintritt. Mechanische Ursachen sind auch wahr- scheinlich daran schuld, dass die eingeführten Süsswasseramöben, Theil- stücke von Plasmodien u. dgl., keine Pseudopodien im Plasmodium entwickeln. Doch kommen trotz des Einschlusses in eng anliegenden Vaeuolen deutliche Umrissänderungen der eingeführten amöboid be- weglichen Ingesta zu Stande, denen die Vacuolenhaut passiv folgt, und Euglenen führen in den Plasmodien anscheinend mit gleicher Energie wie ausserhalb der letzteren ihre protractiven und contractilen Bewegungen aus, wenn sie im Protoplasma der Plasmodien oder in Vaeuolen eingebettet sind. Hieran knüpfen sich die Beobachtungen über den Einfluss beweg- licher Organismen auf das umgebende Protoplasma der Plasmodien, in welcher Beziehung besonders die Euglenen interessante Details lieferten. Aus diesen Beobachtungen ergibt sich, dass die inneren Plasmodiumschichten gegen heftige, locale Erschütterungen nicht em- pfindlich sind und dass auch ein von Innen gegen die äussere Plasma- hülle des Plasmodiums gerichteter Stoss keine Reizung an den be- treffenden Stellen verursacht. Aufnahme von kleinen Plasmodien in grössere derselben oder einer anderen Art zeigte, dass zwei heterogene Plasmodien in dieser 224 gegenseitigen Umschliessung nicht verschmelzen können, während dies für zwei homogene Plasmodien nur selten zutreffen dürfte. Es scheint überhaupt die Innenhaut mit der Aussenhaut viel schwieriger zu ver- schmelzen, als die Aussenhaut mit ihresgleichen. In den meisten Fällen (ca. 25) hatte ein längerer Einschluss im Plasmodium, welcher mehrere Stunden bis einige Tage gedauert hatte, keinen tödtlichen Einfluss auf die lebenden Ingesta. In vier Fällen wurden lebende Körper, darunter drei Primordial- zellen, nach mehrstündigem Verbleib im Plasmodium getödtet. Darnach und nach der kurzen Lebensdauer zu urtheilen, sind überhaupt die Plasmodien der von mir untersuchten Myxomyceten nieht auf die Abtödtung und Verdauung der lebenden Körper ver- schiedener Art in erster Linie eingerichtet. Demgemäss müssen hauptsächlich nur todte Elemente (z. B. todte P’flanzentheile und deren Infusa) zur Ernährung dienen, mögen sie in gelöster oder ungelöster Form aufgenommen werden. Wie ungelöste Proteinstoffe, also auch todte P’rotoplasten ete., zum Zwecke der Er- nährung vom Plasmodium verdaut werden, soll im zweiten Theile auseinandergesetzt werden. Die Tödtung, wo sie eintritt, findet sowohl anscheinend im Proto- plasma, als auch in den Vacuolen des Plasmodiums statt. Dem- nach könnten in beiden Fällen verschiedene tödtende Wirkungen im Spiele sein, Auch je nach den specifischen und individuellen Eigenschaften des ‚Ingestums könnten in demselben Plasmodium verschiedene Ur- sachen einen tödtlichen Erfolg erzielen, und es bleibt fraglich, ob nicht vielfach eombinirte Wirkungen sich geltend machen. Für die causale Erkenntniss kann schon der Ausschluss bestimmter Wirkungen nutzbringend sein, und so ist zunächst gewiss, dass Sauer- stoffmangel nicht die Ursache des Absterbens einzelner lebenden Ingesta. sein kann. Dieses gilt ohne Zweifel überhaupt für alle aufnehmenden Protoplasten. Da mit dem Einschluss in das Protoplasma und in Vacuolen den ein- geführten Organismen häufig die Nahrungszufuhr abgeschnitten werden dürfte, so könnte in bestimmten Fällen Nahrungsmangel (Hunger) das Ausschlag gebende Moment sein, oder wenigstens gewisse für die Tödtung der lebenden Ingesta günstige Dispositionen herbeiführen. Für die vorliegenden Versuche ist wenigstens so viel gewiss, dass Nahrungsmangel nicht die einzige Ursache der Tödtung war, da die 225 zur Controle in reinem Wasser (also auch bei Nahrungsabschluss) gehaltenen lebenden Organismen in derselben Zeit nicht getödtet wurden. Dagegen ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass Nah- rungsmangel ein oder das andere Mal ein für die Tödtung im Plas- modium begünstigendes Moment war. Für die mit Zellhaut umkleideten unbeweglichen Protoplasten, sofern sie im Plasmodium getödtet werden (Ulothriz subtilis), kann ferner, da andere, z. B. mechanische, Wirkungen ausgeschlossen sind, bloss die Wirkung gelöster Substanzen maass- gebend sein. Da plasmolytische Wirkungen auch nicht zu Stande kommen, wohl infolge der geringen Concentration der Vacuolensäfte und. wegen der kleinen osmotischen Kraft des flüssigen Protoplasmas, so können nur chemische Einflüsse allein oder in Verbindung mit anderen Ur- sachen die Tödtung der zellhautumkleideten Zellen herbeiführen. Inwieweit Verdauungssäfte dies vermögen, ist noch nicht genügend bekanıtt, doch liesse sich vielleicht die Tödtung der Zellen von Ulothrix subtilis auf solche Wirkungen zurückführen. Interessant ist, dass in Vacuolen, in welchen coagulirtes Eiweiss verdaut wird, bestimmte Bacterien, sofern sie darin geeignete Nähr- stoffe vorfinden, ganz gut fortkommen, ja unter Umständen sich sogar vermehren. Demnach üben weder die allerdings sehr schwach saueren Secrete, noch das verdauende Enzym einen schädlichen Einfluss auf die betreffenden Bacterien aus. Inwieweit vielleicht die Cellulosehaut und dergleichen die Proto- plasten vor schädlichen Wirkungen verschiedener Art zu schützen vermag, ist nicht bekannt, und ebenso nicht, inwieweit die oben er- wähnten mechanischen Hemmungen auf die nackten, beweglichen Zellen schädlich einwirken. IT. Theil. Versuche über Verdauung in den Plasmodien. Die Frage der Intracellularverdauung wurde meist erst in der neuesten Zeit eifrig studirt, und es liegen in dieser Beziehung, be- sonders seitens der Zoologen, verschiedene Beobachtungen und An- gaben vor. Was die Verdauung der Eiweissstoffe anbelangt, so hat schon Greenwood!) in der Amoeba proteus und in einem Actinosphaerium 1) Journal of Physiologie, 1886, VIL. p. 253—273. (Auszug in: Journal of the royal microscopical society, 1887, I. p. 251). Flora 1892. Suppl.-Bd. 15 226 die allmähliche Verdauung eingeführter Fremdzellen angegeben. Er spricht von Nahrungsresten (Ejecta), die in Vacuolen mitgeschleppt und schliesslich ausgestossen wurden. In ähnlicher Weise hat Lister!) die Auflösung von stäbehenförmigen Bacterien im Innern der Schwärmsporen und Amöben der Myxomyceten beobachtet, und er sah auch bei einer anderen Gelegenheit?) Pilztheile in den Plasmo- dien von Badhamia utricularis der „Verdauung“ anheimfallen. Ein- wurfsfreie Untersuchungen hat aber früher schon Meissner?) an- gestrebt, indem er verschiedenen Rhizopoden und Infusorien gekochte Dotterkügelchen zur Aufnahme bot. Doch fand in dem Leibe der genannten Thiere keine Verdauung von Dotter statt, während auf der anderen Seite die P’rotoplasten der aufgenommenen Protozoen, Algen und Pilze „verflüssigt und aufgesaugt“ wurden. Ich habe nun ähnlich wie Mcissner einen coagulirten Proteinstoff angewendet, und zwar einen solchen, der im Vergleiche mit Dotter leichter verdaut wird. Ich wählte das gegen verschiedene Reagentien (Al- kalien, Säueren in verdünnter Lösung) mit Ausnahme der Enzyme ziemlich resistente coagulirte Eiweiss (ITühnereiweiss).. Die Anwendung eines solchen einfachen, nicht organisirten Körpers statt des aus ver- schiedenartigen Substanzen bestehenden Plasmakörpers war aber mit Rücksicht auf Sicherheit und Exactheit der Untersuchungen uner- lässlich. Was die bisherigen Kenntnisse über Stärkeverdauung in den niederen, einzelligen Organismen betrifft, so sind einzelne Beobach- tungen über diesen Gegenstand schon ziemlich alten Datums. So hat Cienkowki®) schon 1863 die von Chondrioderma difforme auf- genommenen Btärkekörner beobachtet, ohne während kurzer Zeit irgend welehe Veränderungen an ihnen zu sehen. Später hat Wortmann?) Stärkekörner in Plasmodien von Aethalium. septicum eingeführt, und beschreibt die Corrosionen, die nach längerer Zeit entstanden sind. Neuerdings untersuchte Lister‘) die Fähigkeit oder Unfähigkeit der Plasmodien von Badhamia utrieularis aufgenommene Stärke in Lösung 1) A. Lister, Ihe Journal of the Linnean Society 1889 p. 292 und 1890 p. 435. 2) A. Lister, .Amnals of Botany (London, Oxford 1890) p. 292. 3) Zeitschrift für wissensch. Zoologie 1888 p. 508. 4) Jahrbücher für wissenschaft. Botanik (Pringsheim) Bd. TIT, 1863, p. 335. 5) Vgl. de Bary, Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze 1884 p. 487. 6) A. Lister, Annals ‚of Botany (London, Oxford 1888/89) Bd. IL. p. 5. 227 zu überführen, und fand, dass nur gequollene Stärke der Verdauung ‚anheimfällt. Wie zu ersehen, stimmen die Angaben über die Stärke- verdauung in den Plasmodien nicht mit einander überein, was sich aber nach Pfeffer?!) dahin deuten lässt, dass die Plasmodien spe- eifisch und vielleicht auch nach Culturbedingungen verschiedene lösende Fähigkeiten entwickeln. Es war diesbezüglich meine Aufgabe, recht zahlreiche und mög- lichst varürte Versuche mit Stärke auszuführen, um diese und noch andere Fragen, was die Auflösung der Stärke in den Plasmodien be- trifft, lösen zu können. A. Verdauung von coagulirtem Eiweiss. Frisches Hühnereiweiss, welches dureh Schütteln mit Glasscherben von seinen häutigen Bestandtheilen befreit und nachher neutralisirt wurde,?) wurde durch Leinwand filtrirt und bei Siedehitze erstarren ge- lassen. Die geronnene Maasse wurde klein zerschnitten, in kochendem Wasser eine Zeit lang gewaschen, bei 100° ©. getrocknet und schliesslich zu feinem Pulver zerrieben. Dieses bestand aus verschieden grossen bis 30x. Breite messenden Partikeln, die meistentheils scharfe Kanten und Ecken besassen. Zum Zwecke der Aufnahme setzte ich je ein bestimmtes Quantum Eiweisspulver den auf Objectträgern im Wassertropfen befindlichen Plasmodien zu, nachdem ich das betreffende Nahrungsmaterial früher in reinem Wasser aufquellen und, eventuell noch aufkochen liess. Es sei bemerkt, dass längstens zwei Stunden nach dem Darbieten das überschüssige Eiweisspulver vorsichtig mit reinem Wasser abgespült wurde. Die Biweisskörnchen befanden sich unmittelbar nach der Auf- nahme anscheinend alle im Protoplasma eingebettet und wurden zum grossen Theil mit den Strömungen hin- und hergeführt. Im Einklang mit den schon früher gewonnenen Erfahrungen (an lebenden Körpern) wurden die ungefähr 10—20 ı breiten Körnchen, also gerade die- jenigen, welche häufig und leicht von den im Plasmodium herrschenden Strömungen mitgeführt wurden, am längsten (oft mehrere Tage) im Plasmodium zurückgehalten, während die über 20 x breiten Partikeln gewöhnlich bald nach ihrer Aufnahme ausgegeben wurden. Aus den 1) Ueber Aufnahme und Ausgabe ungelöster Körper (Leipzig 1890) p. 161. 2) Ich habe eine Portion Eiweiss mit einem T’ropfen Essigsäure angesäuert and so lange alkalisch reagirendes Eiweiss zugesetzt, bis neutrale Reaction eintrat. Vgl. Herrmann (Maly) Handbuch der Physiologie Bd. V 2. p. Een 228 später mitzutheilenden Gründen war es geboten, häufig, besonders am Anfang des Versuches, die Plasmodien mit reinem Wasser ab- zuspülen. Um einzelne von den kleinsten Eiweisspartrikeln (von ungefähr 5 1. Grösse) bildeten sieh bereits fünf oder sechs Stunden nach der Auf- nahme kleine Vacuolen.!) Nach weiteren sechs Stunden sah man in. der Regel schon viele der bis dahin anscheinend im Protoplasma ein- gebetteten Körnchen in Vacuolen eingeschlossen, und bei aufmerksamer Betrachtung konnte die Entstehung solcher Vacuolen in den ruhigen Plasmaschichten direct verfolgt werden. Mittlerweile waren auch un die 10. breiten Partikeln Vacuolen zum Vorschein gekommen. Die Annahme, dass hier eine beginnende partielle Auflösung der eingeführten Eiweisskörnchen, ähnlich wie diejenige der Vitellinkryställ- chen in den Versuchen Pfeffer’s?) die Bildung oder wenigstens das baldige Wachsthum der Vacuolen veranlasste, wurde im weiteren Verlauf der Beobachtungen bestätigt. Ich sah bald, dass die in den Vacuolen eingeschlossenen Eiweisspartikeln allmählich ihre.Eeken und Kanten verloren hatten und mehr oder weniger rund umschrieben waren. Befanden sich früher im Plasmodium nur vereinzelte leere, d. h. keine Eiweisspartikel enthaltenden Vacuolen, so wuchs deren Zahl von ungefähr 12 bis 18 Stunden nach der Aufnahme in höchst auf- fälliger Weise, während auf der anderen Seite offenbar die Zahl der in Vacuolen suspendirten Eiweisspartikel beständig abnahm, ohne dass. anscheinend eine bedeutendere Ausgabe derselben in das Protoplasma oder nach Aussen stattgefunden hatte. Uebrigens waren die leeren Vacuolen meist von solcher Grösse, die den vor der Aufnahme im Plasmodium allein anzutreffenden Vacuolen nicht zukam. Dagegen stimmten die grossen Vaeuolen, was ihre Dimensionen anbelangt, im. Allgemeimen mit denjenigen überein, die noch Eiweisspartikel in ihrem. Innern führten. Alles deutete somit darauf hin, dass die betreffenden. Körner schliesslich total aufgelöst werden. Um hierüber volle Sicherheit zu gewinnen, habe ich versucht, die „leeren“, vermuthlich durch totale Auflösung des coagulirten Ei- weisses entstandenen Vacuolen dadurch zu markiren (von anderen Vacuolen unterscheidbar zu: machen), dass ich den Eiweisskörnchen unlösliche, dunkle Partikel eingebettet habe, in der Hoffnung, dass 1) Ich beschreibe hier einen concreten Fall. 2) W. Pfeffer, Zur Kenntniss der Plasmahaut und der Vacuolen ete. 1890 p. 197. 229 letztere, falls wirklich eine totale Auflösung des coagulirten Eiweisses im Plasmodium stattfindet, in den Vacuolen schliesslich allein zurück-: bleiben würden. . Zu diesem Zwecke habe ich flüssiges Eiweisspräparat mit Lampen- russ versetzt, das Gemisch zum Erstarren gebracht und in der be- kannten Weise zu feinem Pulver verarbeitet. Die einzelnen Körnchen ‚enthielten jetzt schwarze Partikel in ihrem Innern eingeschmolzen und traten auch desshalb nach der Aufnahme deutlicher aus den. Plasmodien hervor. Wie ich erwartet hatte, kamen als Beweis dafür, ‚dass geronnenes Eiweiss vollständig im Plasmodium aufgelöst wird, ungefähr 10 Stunden nach der Aufnahme Vacuolen zum Vorschein, in denen bloss die Russpartikel einzeln oder zu kfeinen Häufchen ein-. geschlossen waren. Am anderen Tage (24 Stunden nach der Auf- nahme) enthielt das Plasmodium fast nur solche mit Russ .markirte "Vaeuolen. . Ich habe ausserdem in kleinen Plasmodien, die eine dauernde Fixirung eines darin befindlichen Körpers zuliessen, die Auflösung von coagulirtem Eiweiss Schritt für Schritt verfolgt, und sah hierbei, wie die Körnchen bis zu ihrem definitiven Verschwinden allmählich kleiner und kleiner wurden. Anlässlich der Versuche mit gefärbten Eiweisskörnchen stellte ‚sich übrigens heraus, dass der als Reagens für saure oder alkalische Reaetion fungirende Farbstoff, sofern er nämlich für Plasmodien imper- meabel ist, die Vacuolen, welche durch Auflösung der Eiweisskörnchen ‚gebildet wurden, dauernd als solehe- erkennen lässt und die Anwendung. anderer Marken überflüssig macht. Ein weiterer Vortheil der Fär-' bungsmethode bestand jedoch darin, dass die Eiweisskörnchen und die betreffenden Vacuolen überall deutlich in dem Protoplasma hervor- traten und dass folglich jederzeit ein leichter Ueberblick über den Gesammtzustand im Plasmodium, was die Auflösung von coagulirtem Eiweiss betrifft, gewonnen werden konnte. Besonders schöne Färbungen ‚erzielte ich mit dem schon von Pfeffer bei ähnlicher Gelegenheit!) benutzten Congoroth, in welchem ich anfänglich ein empfindliches Reagens für die sauere Reaction im Plasmodium zu besitzen glaubte, was aber bald als nicht zutreffend erkannt wurde. Dennoch verdanke ich diesem Farbstoff einige Beobachtungen, die mir früher, als unge-. ‘färbte Eiweisskörnchen zur Aufnahme geboten wurden, entgangen waren. 2) W. Pfeffer, l. c. p. 210. 230 . Ich sah nämlich, dass die in den Strombahnen befindlichen, be-- ständig hin- und hergeführten Eiweisskörnchen im Allgemeinen früher von Vacuolen umgeben und rascher aufgelöst wurden, als die in ver- hältnissmässig ruhigen Plasmaschichten weilenden Partikel. In ganz kleinen Plasmodien traten dagegen die erwähnten Differenzen nicht so- deutlich zu Tage. Es hat den Anschein, als ob durch die kräftigen Plasmaströmungen selbst irgendwelche für die Auflösung von coagulirtem Eiweiss be- sonders günstige Bedingungen geschaffen würden. Und da bekanntlich durch kräftige Plasmaströmungen Mischung und folglich auch Diffusion im Protoplasma und in Vacuolen gefördert wird, da ferner infolge dessen auch der osmotische Austausch zwischen Protoplasma und Vacuolen erheblich gesteigert werden kann, so liesse sich vielleicht auf diese Verhältnisse die so. rasche Auflösung von Eiweisspartikeln zu- rückführen. Im Laufe der weiteren und oft wiederholten Versuche über Auf- nahme von coagulirtem Eiweiss sah ich, dass die Auflösung von dem letztgenannten Stoff keineswegs in allen Plasmodien derselben Species. (Chondrioderma difforme) gleich rasch und energisch vor sich ging. Ja selbst aus derselben Cultur stammende Plasmodien wiesen in dieser- Beziehung zuweilen beträchtliche Differenzen auf. Im Ganzen besitzen die jungen Plasmodien, also diejenigen, die soeben in den Culturen zum Vorschein kamen, die grösste Verdauungskraft, die mit dem Alter der Plasmodien allmählich abnimmt. Wenigstens steht die Ver- dauung in jenen Entwickelungszuständen, die der Fruchtbildung der Myxomyceten unmittelbar vorangehen, stille, oder sie ist bereits auf’ ein Minimum beschränkt. Was die lebenskräftigen, jungen Plasmodien betrifft, so werden Eiweisskörnchen in ihrem Innern durchschnittlich innerhalb zwei Tagen vollständig aufgelöst. Es gibt jedoch Fälle, wo schon 18 bis 24 Stunden nach der Aufnahme fast alles bis auf wenige Reste aufgelöst wurde, während dagegen in den älteren Plasmodien manchmal vier oder fünf’ Tage verstrichen, ehe die meisten Eiweisskörnchen verflüssigt waren. Es frug sich nun zunächst, ob die Auflösung von coagulirtem Eiweiss, welche im Plasmodium stattfindet, nur diesem zugeschrieben werden darf, oder ob sie am Ende vielleicht ausschliesslich das Werk anderer Wesen (Bacterien) ist. In der Erwägung, dass für die meisten Versuche mit coagulirtem Eiweiss auch ziemlich reine Plasmodien zur Verwendung kamen, so- dass besonders während der Aufnahme keine oder nur wenig: 231 bewegliche Bacterien ausserhalb des Plasmodiums vorhanden waren; in der Erwägung ferner, dass die Auflösung. von coagulirtem Eiweiss ein so allgemeiner, d.h. im Laufe der Zeit fast über alle eingeführten Ingesta (Eiweisspartikel) sich erstreckender Vorgang ist, hatte die zweite Alternative, dass vielleicht nur Baeterien (und nicht die Plasmodien selbst) die Auflösung von coagulirtem Eiweiss veranlassen oder hierbei wesentlich mitwirken, wenig für sich. Dennoch versäumte ich nicht, die im besagten Auflösungsprocess entstehenden Vacuolen mit Hilfe starker Vergrösserungssysteme (homogene Immersion) auf die An- oder Abwesenheit der Bacterien direct zu prüfen. Die Beobachtung ergab nun, dass in den meisten Fällen keine Spaltpilze in den besagten Vaeuolen vorhanden waren, wenn nur die zum Versuche bestimmten Plasmodien und deren Umgebung, wenigstens während .der Aufnahme, annähernd bacterienfrei blieben, und wenn die gelegentlich später zur Ausgabe gelangenden Eiweisspartikel sofort mit reinem Wasser abgespült wurden. " Falls dagegen bei der Aufnahme Bacterien, besonders beweg- liche Formen (Stäbchen, Coccen) zugegen waren, so enthielten unter Umständen einzelne Vacuolen während und nach erfolgter Auflösung der betreffenden Eiweisskörnchen ein oder mehrere Individuen ein- geschlossen, die dann gewöhnlich lebhafte Bewegungen äusserten und den Vacuolenraum nach allen Richtungen bin durchkreuzten, In selteneren Fällen, und das zwar, wenn sehr unreine Plasmodien an- gewendet wurden, traf man zahlreiche Vacuolen an, in denen Bacterien suspendirt waren. Sehr schön konnte man die beweglichen (seltener bewegungslosen) Bacterien in den Vaeuolen zur Anschauung bringen, wenn man das später noch zu besprechende, die Auflösung von coa- gulirtem Eiweiss beschleunigende Reagens, nämlich eine sehr verdünnte Lösung von kohlensauerem Kali, Natron oder Ammon, in das Innere der Plasmodien diosmiren liess, und nach ungefähr einer halben Stunde wieder mit reinem Wasser ersetzte, Infolge der raschen Auflösung wurden meistentheils riesige Vacuolen gebildet, in denen jetzt Bacterien, falls solche vorhanden waren, mit Leichtigkeit beobachtet werden konnten. Es waren meist Kurzstäbehen oder Cocecen, nicht selten auch Diplo- coccen und in Theilung begriffene Stäbchen. Da, wie wir eben gesehen haben, die Anzahl der in einem Plas- modium schliesslich vorhandenen Bacterien-Vacuolen sich darnach richtet, ob während der Aufnahme mehr oder weniger zahlreiche Baeterien ausserhalb des Plasmodiums anwesend waren, so erschien es wahrscheinlich, dass letztere mit den Eiweisskörnchen in das Innere 232 der Vacuolen gelangten. Für diese Annahme spricht nebenbei auch die öfter gemachte Beobachtung, dass in stark bacterienhaltiger Flüssig- keit einzelne Schwärmer an die Eiweisskörnchen sich festsetzten und an ihnen haften bleiben. Ob die Baeterien, die man in den Vacuolen antrifft, auch an der Auflösung von Eiweisskörnchen theilnehmen, ist nicht gewiss. Doch könnte dies leicht der Fall sein, da viele Bacterien bekanntlich eiweiss- verdauende Enzyme ausscheiden. Dagegen ist aber sicher, dass sich Bacterien unter Umständen in den Verdauungsvacuolen vermehren und demgemäss zweifellos auf Kosten der Lösungsproducte von coa- gulirtem Eiweiss leben, worüber speciell in dem ersten Theil dieser Arbeit nachzulesen ist. - Hier sei nur noch einmal auf die wichtige Thatsache hingewiesen, dass, wie die Erfahrungen gelehrt haben, Plasmodien auch bei völliger Abwesenheit der Bacterien, also aus eigenen Mitteln coagulirtes Eiweiss in Lösung zu überführen vermögen. Fragen wir nun weiter, was für Mittel den Plasmodien dieser- halb zu Gebote stehen, so müssen wir alle Umstände erwägen und besonders alle sichergestellten Thatsachen in Rechnung ziehen. Und da fällt zunächst die Thatsache in die Augen, dass die Auflösung der Eiweisskörnchen niemals ausschliesslich im Protoplasma (ohne Vacuolen- bildung) sich vollzieht — ähnlich wie es Pfeffer?) in besonderen Fällen für einzelne im Plasmodium sich lösende Asparaginkrystalle nachwies —, sondern dass dieselbe von dem Erscheinen der Vacuolen an bis zu Ende durchwegs in den letzteren, also ausserhalb des Proto- plasmas vor sich geht. Hiemit war aber eine directe Betheiligung des Protoplasmas an dem Lösungsvorgang ausgeschlossen, und es drängte sich der Gedanke auf, dass gewisse vom VP’rotoplasma secernirte und in den Vacuolen gelöste Substanzen die Auflüsung von coagulirtem Eiweiss im Plas- modium verursachen. Für eine derartige chemische Wirkung und zwar speciell für eine Verdauung, bei welcher bekanntlich Enzyme immer die Hauptrolle spielen, sprachen besonders die schönen Unter- suchungen Krukenberg’s.?) Nach diesem Autor Jässt sich nämlich aus den Plasmodien von Aethalium septicum ein Enzym extrahiren, welches bloss in sauerer Lösung coagulirtes Eiweiss verflüssigt und in - ’ 1) Zur Kenntniss der Plasmahaut und der Vacnolen etc. 1890 p. 201 und 202, 2) Krukenberg, Ueber ein peptisches Enzym im Plasmodium der Myxo- myceten u. s. w. (Unters. aus d. physiolog. Institut d. Univ. Heidelberg. Bd. 11 1878). 233 Peptone verwandelt. Da nun aber die Auflösung von coagulirtem Eiweiss, welche einerseits von Krukenberg in den enzymhaltigen Auszügen aus Aethalium septicum, anderseits von mir in den Plas- modien. (darunter auch von Aethalium) beobachtet wurde, was das Formelle betrifft, in beiden Fällen gleich ist,}) so gewann die An- nahme noch mehr an Weahrscheinlichkeit, dass in beiden Fällen das- selbe Enzym an der Auflösung von coagulirtem Eiweiss betheiligt war. Es war nun Aufgabe weiterer Forschungen, zu untersuchen, unter welchen Umständen die Auflösung von coagulirtem Eiweiss im Plas- modium vor sich geht, und besonders, ob doch eine peptische oder aber tryptische Verdauung vorliegt. 1. Ueber die Reaction in den Verdauungsvacuolen. g Da einerseits nach Krukenberg aus den Plasmodien von Aethalium septicum ein Enzym sich extrahiren lässt, welches bloss in sauerer Lösung coagulirtes Eiweiss verflüssigt, und da anderseits, wie ich oben gezeigt habe, in verschiedenartigen Plasmodien (auch von Aethalium septicum) ebenfalls coagulirtes Eiweiss aufgelöst wird, so war der Gedanke nahe, dass, wie schon erwähnt wurde, die Auf- lösung eines und desselben Körpers in beiden Fällen gleichen Ursachen entspringt. Besonders für Aethalium septicum musste es daher wichtig erscheinen zu erfahren, ob der in gleichnamigen Plasmodien sich ab- spielende Vorgang ebenfalls nur bei Gegenwart sauer reagirender Stoffe stattfindet, oder nicht. Denn im positiven Falle würde mit einer an Wahrheit grenzenden Wahrscheinlichkeit sich ergeben, dass bei der Eiweissverdauung in den Plasmodien von Aethalium septicum genau dasselbe Enzym betheiligt ist, welches von Krukenberg aus den genannten Myxomyceten extrahirt würde. Falls auch Plasmodien anderer Myxomyceten in Bezug auf die Reaction sich ähnlich verhalten würden, so müsste auch für diese als höchst wahrscheinlich gelten, dass in ihnen peptische Enzyme wirksam sind. Es trat also an mich die Aufgabe heran, die Verhältnisse der Reaction in den lebenden Plasmodien eingehend zu studiren, und besonders den Vacuolen, worin coagulirtes Eiweiss aufgelöst wird, volle Aufmerksamkeit zu schenken. Ich liess desshalb gleichzeitig mit den Eiweisspartikeln passende Reagentien für sauere und alkalische 1) Sowohl Eiweisspartikel in den Plasmodien als auch Würfeln von coagulirtem Fiweiss im Auszuge aus Aethalium septicum verlieren zunächst ihre Kanten und Ecken und werden überhaupt von Aussen allmählich aufgelöst. 234 Reaction aufnehmen, wozu absichtlich Farbstoff-Indieatoren gewählt wurden, denen die Fähigkeit abgeht, durch die lebenden Plasmodien zu diosmiren. Anfangs benutzte ich, wie schon erwähnt wurde, das Congoroth, welches in neutraler oder alkalischer Lösung rotlı, bei Gegenwart von Säuren!) jedoch blau oder violett erscheint. Die eingeführten mit Congoroth gefärbten Eiweisskörnchen bleiben dauernd roth gefärbt und werden, indem sie sich auflösen, in der be- kannten Weise von Vacuolen umgeben, die grösstentheils roth er- scheinen. Nur hie und da sieht man eine-Vacuole mehr oder weniger rothviolett bis schmutzigviolett gefärbt. Demnach glaubte ich an- nehmen zu dürfen, dass die Reaction in dem Vacuolensafte zum kleinen Theil schwach sauer, zum grösseren jedoch neutral oder neutral und alkalisch ist. Die Erscheinung, dass trotz der Acidität des Zellsaftes, und zwar sowohl in den ursprünglich saueren, als auch in den künstlich (durch diosmotische Aufnahme) angesäuerten Vacuolen die darin suspendirten Eiweisskörnchen ihre Rothfärbung dauernd behielten, schien mir an- fangs darauf hinzudeuten, dass die saueren Secrete oder die künstlich eingeführten Säuren, wenigstens in dieser nachweislich geringen Con- centration nicht in das Innere der Eiweisskörnchen vordringen. Bald sollte ich jedoch die Ueberzeugung gewinnen, dass dies nicht zutrifft, sondern dass die verschiedenartigen von mir darauf geprüften Säuren coagulirtes Eiweiss in der 'I’hat durchwandern?) und dennoch keine Farbenänderung des imbibirten Congoroth erzielen. Desshalb musste ich annehmen, dass der im freien, gelösten Zustande allerdings empfind- liche Farbstoff, sobald er an das coagulirte Eiweiss gebunden wird, seine Empfindlichkeit als Reagens für Säuren (und zwar selbst für ziemlich concentrirte Säuren) wesentlich einbüsst. Eine Analogie fand ich später in dem Öyanin,?) welches durch verdünnte Säuren nur äusserst langsam entfärbt wird, nachdem es vorher von verschiedenen 1) Mit Ausnahme der Kohlensäure und vielleicht noch anderer schwachen Säuren und saueren Salze. 2) Aus Anlass der Versuche mit Lakmus, welche den Zweck verfolgten, nach- zuweisen, ob den durch Congoroth roth gefärbten Verdauungsvaeuolen durchgehendes neutrale oder zum Theil vielleicht alkalische Reaction zukommt, fand ich, dass die Kiweisspartikel keineswegs impermeabel für die verdünnten Säuren u. dgl. sein können, da sich der in ihnen eingeschlossene Lakmusfarbstof! entsprechend mehr oder weniger violettroth bis roth fürbte, wenn sehr verdünnte Säurelösungen zugesetzt wurden. 3) Vgl. Pfeffer, Ueber Aufnahme von Anilinfarben in lebende Zellen. (Unter- suchungen aus dem botanischen Institut zu Tübingen. IT. Bd., 1886, p. 260). 235 Protoplasten gespeichert worden war. In dieser Beziehung ist übrigens- Congoroth noch weit weniger empfindlich als Oyanin, da es selbst nach tagelangem Verweilen der mit ihm gefärbten Eiweisskörnchen in mehr oder weniger verdünnten Säuren nicht blau verfärbt wird. Aber auch in anderer Hinsicht ist der Lakmusfarbstoff dem Congo- roth vorzuziehen, da er weit genauer als Congoroth den Stand der: Reaction während und nach der Verdauung von coagulirtem Eiweiss im Plasmodium angibt. Der letztgenannte Farbstoff scheint nämlich. unter den in der’ Verdauungsvacuole waltenden Verhältnissen (wohl. in Gegenwart der Lösungsprodukte von coagulirtem Eiweiss) für die sauere Reaction weniger emfindlich zu sein als sonst.!) Vielleicht treten. aber in einzelnen Verdauungsvacuolen auch solche sauer reagirende- Stoffe auf, welche, abgesehen von der Kohlensäure, mit Congoroth nicht reagiren, während sie Lakmus röthen. Nach diesem kleinen Excurs mögen die Beobachtungen über die: Lakmusreaction vor und während der Eiweissverdauung im Plasmodium angeführt werden. Da der Lakmus-Farbstoff?) im Wasser gelöst von dem coagulirten Eiweiss nicht gespeichert wird, musste ich einen anderen Weg ein- schlagen, um den ersteren an das letztere zu binden. Zu diesem Zwecke vertheilte ich den durch Alkohol gewonnenen, feinflockigen Nieder- schlag in annähernd gleichem Volum von flüssigem und neutralisirtem Hühnereiweiss, rührte tüchtig um und liess wieder bei 100° C. ge- rinnen. Das Pulver, zu welchem die coagulirte Masse in der be- kannten Weise verarbeitet wurde, bestand aus Körnchen, deren jedes ein wenig von dem Farbstoff eingeschmolzen enthielt. Nachdem die Aufnahme beendet war, lange bevor noch die ersten. Vacuolen um die Eiweisskörnehen zum Vorschein kamen, sah ich, dass viele von den letzteren einen mehr oder weniger violettrothen bis rothen Farbenton angenommen hatten. Die Zahl der so verfärbten 1) Wie gelöste Stoffe die Empfindlichkeit des Congoroths herabsetzen können, geht aus dem folgenden Beispiel hervor. Einer Lösung von Congoroth, die bei Zusatz von 0,0020/, Citronensäure einen violetten Farbenton annimmt, muss bei Zusatz von 1%, Pepton schon 0,08%, Citronensäure zugefügt werden, um die gleiche violette- Nuance zu erzielen, während 2%, Pepton 0,18%), Citronensäure erforderte. 2) Ich bereitete mir das Präparat, indem ich frisch hergestellte blaue Tinctur’ (wässeriger Auszug) bis zur weinrothen Färbung mit Salzsäure neutralisirte und nit absolutem Alkohol versetzte. Hiebei fiel ein lockerer Niederschlag aus, der am Filter gesammelt, in Wasser gelöst und wieder mit absolutem Alkohol niedergeschlagen wurde. Ich erhielt schliesslich eine rothviolette Masse, die im trockenen Zustande- aufbewahrt werden konnte, "236 Ingesta wuchs rasch und betrug im gegebenen Fälle nach ungefähr sechs Stunden ca. ein Drittel aller, eventuell noch mehr. Später kamen durch Auflösung von coagulirtem Eiweiss allmählich wieder die bekannten Vacuolen zum Vorschein, die gewöhnlich sehr bald entsprechende Färbungen annahmen. Was aber sehr auffällig war und in kleineren Plasmodien bequem beobachtet werden konnte, ist der Umstand, dass die Auflösung von coagulirtem Eiweiss sowohl bei deutlich sauerer, als auch bei nachweislich vollkommen neutraler Reaction!) des Vacuolensaftes und der Eiweisskörnchen von statten ging. Auch was die Schnelligkeit dieses Vorganges in den beiden Fällen betrifft, sah ich keinen besonderen Unterschied. ' . Ungefähr 12 bis 18 Stunden nach der Aufnahme, wo die Ver- dauung bereits ihren Höhepunkt erreicht hatte, erstreckte sich die sauere Reaction über ein Drittel oder die Hälfte aller Vacuolen, während die übrigen Vacuolen noch die frühere rothviolette Färbung besassen und demgemäss bloss neutral reagirten. Alkalische Reaction trat überhaupt nicht in den Verdauungsvacuolen zu Tage und wie wir sehen werden, auch nicht bei der Verdauung von Stärke. Da schon eine O,0lprocentige Citronensäure, welche in das Plas- modium diosmirt, in zahlreichen Vaeuolen fast denselben roten Farben- ton hervorbringt, welchen in einzelnen und zwar am stärksten saueren Vacuolen der Lakmus besitzt, so kann hiernach beurtheilt werden, wie verdünnt die saueren Secrete sein müssen, selbst wenn in ihnen ‚eine schwächere Säure vorhanden wäre, als Citronensäure. Sehr interessant waren auch die Versuche mit coagulirtem, aber nieht neutralisirtem Eiweiss, welches mit blauem Lakmus „gefärbt“ war. Es kamen wieder Vacuolen zum Vorschein, die aber zum Theil alkalisch blieben, während die übrigen neutral bis deutlich sauer wurden. Die Verdauung ging jedoch ebenso schnell bei alkalischer wie bei sauerer oder neutraler Reaction vor sich. Bemerkenswerth ist zuerst die Thatsache, dass die mit Lakmus markirten Eiweisskörnchen schon während eines kurzen Einschlusses im Protoplasma theilweise eine mehr oder weniger ausgesprochene sauere Reaction in ihrem Innern anzeigen, während die übrigen Ingesta neutral (resp. alkalisch) bleiben. Diese Differenzen lassen sich jedoch nicht auf die ungleichen physikalischen Eigenschaften (z. B. Permea- bilität und Speicherungsvermögen) der Eiweisskörnchen zurückführen, 1) Nicht nachweisbare Mengen von Kohlensäure können keine Bedeutung für die Verdauung haben. 237 da, wie Controlversuche dargethan haben, sehr verdünnte Säurelösungen. an allen Eiweisspartikeln den gleichen violettrothen resp. rothen Farben- ton verursachen. Vielmehr muss die Ursache dieser Differenzen in der Umgebung der Körnchen, d. h. im Plasmodium selbst gesucht werden. Falls die Eiweisskörnchen anfangs direct im Protoplasma eingebettet sind, so: müsste, um die ungleich starke Ansäuerung zu erklären, eine local verschiedene Anhäufung von saueren Substanzen in der Umgebung der Eiweisspartikel angenommen werden. Falls dagegen letztere noch. von einer zarten Plasmahaut umkleidet sind, so’ könnte man von einer local mehr oder weniger ausgiebigen Secretion gewisser sauer veagirender Stoffe sprechen. Wenn es auch derweilen fraglich bleiben muss, ob das Auftreten sauer reagirender Substanzen in den scheinbar im Protoplasma ein- gebetteten Eiweisspartikeln als eine Secretion gedeutet werden kann. oder nicht, so ist auf der anderen Seite bemerkenswerth, dass eine Secretion von saueren Substanzen in demselben Plasmodium wirklich stattfindet, nämlich später, wenn bereits Verdauungsvacuolen auf- getreten sind. Man sieht dann häufig einzelne neutral reagirende Vaeuolen im Laufe ‘der Zeit eine deutlich sauere Reaction annehmen... Da aber andere Vacuolen gleichzeitig neutral bleiben und auch später keine sauere Reaction annehmen, so ist hiemit erwiesen, dass betreffs. dieser Secretion Differenzen auf den verschiedenen Orten eines und. desselben Plasmodiums sich geltend machen. Die Beantwortung der Frage, warum einzelne Eiweisskörnchen oder Vacuolen angesäuert werden, während die anderen neutral bleiben, muss derweilen dahingestellt bleiben. Es möge noch erwähnt werden,.. dass die sauere Reaction innerhalb der Eiweisspartikel und in den. Vacuolen sich lange erhält, um erst lange nach Beendigung der Ver- dauung langsam der neutralen Platz zu machen. Eingehender Besprechung ist auch die merkwürdige Thatsache werth, dass die Verdauung im Plasmodium von Chondrioderma sowohl bei sauerer, als neutraler Reaction vor sich geht, aber auch bei alkalischer stattfinden kann, und ferner, dass die Schnelligkeit der- selben in den genannten drei Fällen keine erheblichen Unterschiede aufweist. Damit stimmt auch die Beobachtung überein, dass keine Beschleunigung der Verdauung eintritt, wenn während der letzteren die neutrale Reaction in der Vaecuole in eine sauere umgewandelt wird... Darnach haben die saueren Stoffe keinen oder nur unbedeutenden Einfluss auf die Verdauung der Eiweisskörnchen. Denn würden sie- 238 ‚einen solehen in irgendwie erheblicher Weise besitzen, so müsste man. zur Erklärung der gleich energischen Auflösung in neutralen Vaeuolen ‘irgend welche substituirende Substanzen in der betreffenden Vacuolen- flüssigkeit annehmen. Dann müsste aber bei der zuweilen eintretenden Umwandlung der neutralen Reaction in eine sauere, da eine gleich- zeitig eintretende aequivalente Ausgabe (Exosmose) der fraglichen ‚neutralen Substituenten sehr unwahrscheinlich ist, die Verdauung plötzlich gesteigert werden. Da aber dies niemals beobachtet wurde, ‚so können die auftretenden saueren Secrete keinen erheblichen Ein- Huss auf die Verdauung von coagulirtem Eiweiss im Plasmodium aus- üben. Damit soll jedoch keineswegs geleugnet werden, dass dieselben saueren Stoffe, wenn sie reichlicher auftreten würden als gewöhnlich, vielleicht eine beschleunigte Verdauung zu Stande bringen könnten. Auch soll ja nicht in Abrede gestellt werden, dass die saueren Stoffe überhaupt ohne Einfluss auf den Chemismus der Verdauung sein ‚müssten. Darnach schien mir nur Zweierlei möglich. Entweder besitzt das ‘verdauende Agens (Enzym) keine peptischen Eigenschaften, ist von dem von Krukenberg aus Aethalium septicum gewonnenen Enzym verschieden, konmt vielmehr der Gruppe der tryptischen Enzyme nahe ; oder es sind im Plasmodium besondere Bedingungen vorhanden, die das peptische Enzym befähigen, nicht nur bei der schr schwach saueren und neutralen, sondern auch bei der schwach alkalischen Re- action coagulirtes Eiweiss in Lösung zu überführen. Was diese besonderen Bedingungen im Plasmodium anbelangt, so lässt sieh natürlich nichts Bostimmtes hierüber aussagen. Vielleicht besitzt das Fnzym vor der Extraktion andere Eigenschaften als nach derselben, die es befähigen auch ohne Beihilfe von irgend welchen Säuren (überhaupt saueren Substanzen) coagulirtes Eiweiss in Lösung zu überführen. Es mag noch bemerkt werden, dass ähnliche Verhältnisse der Reaction innerhalb der Eiweisskörnchen und der Vacuolen bei Didy- mium mierocarpum und bei Aethalium septicum gefunden wurden. 2. Osmotische Aufnahme von Säuren und deren Einfluss auf die Ei- weissverdauung. Wie bereits Pfeffer!) fand, kann sehr verdünnte Citronensäure in das Innere der Plasmodien diosmiren, ohne dass hierbei die Le- 1) W. Dfeff er, Zur Kenntniss der Plasmahaut und der Vacuolen etc. 1890 p. 290. 239 bensfähigkeit der letzteren verloren geht. Ich habe auch die osmo- tische Aufnahme benutzt um verdünnte Säuren in das Innere der Va- cuolen, in welchen Eiweissverdauung stattfindet, einzuführen, Wie gesagt, müssen die Säurelösungen sehr verdünnt sein, da sonst leicht die Plasmodien beschädigt werden. So wandte ich Lösungen an, die 0,01°/. Citronensäure, 0,008°/o Weinsäure, oder 0,003 °/, Oxalsäure enthielten. Daneben kamen auch passend verdünnte Essigsäure, Ameisensäure, Salpetersäure und Salzsäure zur Verwendung, deren Procentgehalt jedoch nicht ermittelt wurde. Man thut häufig gut, wenn man nach der vollzogenen Einwanderung der betreffenden Säure, die am Rothwerden einzelner mit Lakmus gefärbter Biweisskörnehen oder Vacuolen kenntlich ist, die saure Lösung ausserhalb des Plas- modiums gegen reines Wasser austauscht oder mit demselben verdünnt. Zwar verliert sich wieder theilweise die Säure aus den Vacuolen und den Eiweisskörnchen; dennoch schreitet die Exosmose verhältnissmässig langsamer vor sich als früher die Endosmose. Ob nun die Plasmodien eine längere oder kürzere Zeit von den genannten Säurelösungen umspült waren, in keinem Falle trat eine Beschleunigung der Verdauung in den Vacuolen ein. Vielmehr liess die Schnelligkeit, mit welcher coagulirtes Eiweiss aufgelöst wurde, nach längerem Aufenthalt der Plasmodien in der Säurelösung immer ein wenig nach, um erst mit der Beseitigung der letzteren aus der Um- gebung des Plasmodiums auf das ursprüngliche Maass zurückzukehren. Hieraus lässt sich jedoch kein sicherer Schluss ziehen, da ja die Säuren, indem sie das Protoplasma und die Vacuolenhäute passiren, vielleicht Processe einleiten, die gerade das Gegentheil, nämlich eine Herabsetzung der- Verdauung, zur Folge haben. So wäre es denn möglich, dass z. B. infolge der Säurewirkung eine Exosmose des in der Vaeuole befindlichen Enzyms stattfindet, oder, falls die Verdauung von einer dauernden Secretion des Enzyms abhängt, dass diese be- "schränkt oder sistirt wird. Daneben bleibt es aber immer noch zweifelhaft, ob die Concen- tration der zur Aufnahme gelangten Säuren hinreicht, um eine Be- schleunigung der Verdauung zu erzielen. Denn, wie der in den Va- euolen gelöste Lakmus erkennen lässt, wird die sauere Reaction in den rothı gefärbten Vacuolen nicht oder nicht erheblich gesteigert, so dass die maximale in nur einzelnen Vacuolen anzutreffende Reaction “derjenigen einer 0,01%, Citronensäure gleichkommen würde. Höher kann man jedoch mit der Concentration der angewandten Säurelösungen, wegen ihres schädlichen Einflusses auf die Plasmodien 240 nicht gehen, und da andere Methoden als die der osmotischen Auf- nahme derzeit nicht zum Ziele führen, so muss auf die Einführung von concentrirteren Säurelösungen in Verdauungsvacuolen derweilen verzichtet werden. 3. Osmotische Aufnahme alkalischer Stoffe und deren Einfluss auf die Eiweissverdauung. Angesichts der Thatsache, dass die Säuren auf osmotischem Wege in die Vacuolen eingeführt, nicht im Stande sind, daselbst Eiweiss- verdauung zu beschleunigen, war es nothwendig zu prüfen, wie sich die Verhältnisse in Bezug auf die Verdauung von coagulirtem Eiweiss gestalten würden, wenn man statt der Säuren Alkalien (überhaupt al- kalisch reagirende Substanzen) in das Innere der Plasmodien diosmiren liesse. 'Thatsächlich dringen Alkalien (Hydroxyde) und die zugehöri- gen kohlensaueren Salze, ferner Kalkhydrat, Ammoniak und kohlen- saueres Ammonium aus den passend verdünnten Lösungen diosmotisch in die lebenden Plasmodien ein, ohne dass die letzteren nothwendiger- weise ihre Lebensfähigkeit einbüssen müssten. Dass solche Aufnahme stattfindet, zeigt der in Vacuolen gelöste oder in Eiweisskörnchen ein- geschlossene Indicator, z. B. Lakmus, der sich allmählich bläut. Doch wirkt Natronlauge, Kalkhydrat und Ammoniak in einer lösung, die eben noch Lakmus violettblau bis blau färbt, nach kurzer Zeit benachtheiligend auf die Plasmodien, und desshalb müssen bei Zeiten letztere in reines Wasser übergeführt werden. Bei weitgehender Verdünnung von Ammoniak und Natronlauge lässt sich jedoch nicht mehr sagen, ob die beiden Verbindungen als solche in das Plasmodium eindringen, oder wohl schon als kohlensauere Salze. Vielleicht lässt sich überhaupt die in einigen Fällen beobachtete schleunigere Auf- lösung von coagulirtem Eiweiss auf die Wirkung dieser Salze zurück- führen. | Viel geeigneter für die vorstehenden Versuche, weil weniger giftig, waren die kohlensaueren Salze der Alkalimetalle (inclusive. kohlensaueres Ammon). Bringt man Plasmodien, in denen coagulirtes mit Lakmus gefärbtes Eiweiss verdaut wird, in eine ungefähr 0,05 °/o Sodalösung oder in eine 0,1°/o Lösung von Natriumbicarbonat, so- dringen diese Reagentien ein und färben ‘die mit Lakmus gefärbten Vacuolen in verschiedenem Grade violett bis blau. Wäscht man nach- her die Lösung mit reinem Wasser ab, so diosmiren wieder die auf-. genommenen Salze nach Aussen. Merkwürdigerweise tritt aber jetzt eine überaus energische Verdauung ein. Infolge dessen bilden sich. 241 kolossale Vacuolen, in denen grössere Partikel von coagulirtem Ei- weis, um ein concretes Beispiel anzuführen, nach 30 Minuten bis zwei Stunden vollständig aufgelöst werden. Auch die noch der Ver- dauung trotzenden anscheinend im Protoplasma eingebetteten Eiweiss- körnchen werden in Vacuolen eingeschlossen und rasch verdaut. Schr auffällig ist jedoch die T'hatsache, dass stark verdünnte Soda- oder Bicarbonatlösungen, die keine Farbenänderung in den Vaeuolen er- zielen, gleichviel ob sie später ausgewaschen wurden oder dauernd die Plasmodien umspülten, auch: eine beschleunigte Verdauung von co- agulirtem Eiweiss zu Stande brachten. Ganz in derselben Weise ver- hielten sich Lösungen von kohlensauerem Kali und kohlensauerem Ammon. Aus diesem Verhalten ist nun zunächst ersichtlich, dass die Al- kalisirung der Vacuolen und Eiweisskörnchen keineswegs die Ursache (der raschen Verdauung sein kann. Da aber, falls schr verdünnte Reagentien geboten wurden, letztere nicht oder in unbedeutender Menge in den Vacuolen vorhanden sein können, so fällt ihnen gewiss keine Rolle in den Vacuolen selbst zu, vielmehr lässt sich ver- muthen, dass sie bei ihrem Durchtritt durch das Protoplasma dieses zu einer gesteigerten Secretion des Enzyms veranlassen, da ja, wie directe Beobachtung zeigte, die sauere Reaction in dem Plasmodium nicht zunimmt. Jch behalte mir vor, diese interessanten Verhältnisse noch eingehender zu studiren. 4.. Versuche mit Pepsinlösungen. Ich habe zwei Präparate verwendet, theils das sogenannte Pepsin des Handels, theils Glycerinpepsin Wittichs, !) eigentlich einen daraus hergestellten Niederschlag. Zu dem letzteren Zwecke wurde das Glycerinpepsin mit neun Theilen absoluten Alkohols gemischt, filtrirt und der Niederschlag am Filter mit absolutem Alkohol ausgewaschen, um das Glycerin zu beseitigen. Nach dem Abtrocknen wurde das hygroskopische weisse Präparat, falls es nicht gleich zur Verwendung kam, im Exsiecator über Schwefelsäure aufbewahrt. . - Während bei der Auflösung von käuflichem Pepsin im destil- lirten Wasser stets ein Rückstand zurückblieb, von welchem abfil- trirt wurde, löste sich der Niederschlag aus Pepsin-Glycerin darin voll- ständig auf. In beiden Fällen wurden Flüssigkeiten gewonnen, die schwach angesäuert Partikeln von coagulirtem Eiweiss rasch auf- lösten. 1) Beide Präparate stammten von Herrn Dr. Georg Grübler in Leipzig. Flora 1892. Suppl.-Bd. 16 242 Nach den zahlreichen Versuchen, in denen lebende, mit Eiweiss- partikeln gefütterte Plasmodien von neutral reagirenden Pepsinlösungen mehrere Stunden lang umspült wurden, kommt keine Beschleunigung der Eiweissverdauung in den Plasmodien zu Stande. Aus diesem ‚negativen Resultate lässt sich jedoch nicht auf die Impermeabilität des Enzyms für das Plasmodiun der Myxomyceten schliessen, da ja nicht einmal gewiss ist, ob unter den in den Ver- Jauungsvacuolen herrschenden Verhältnissen daselbst Verdauung noth- wendig beschleunigt werden müsste, wenn das l’epsin seinen Weg in das Innere des Protoplasmas und in Vacuolen finden würde. 5. Versuche mit Trypsinlösungen. Aus Pancreatin-Glycerin wurde wieder mit absolutem Alkohol ein Niederschlag gewonnen, der vom Glycerin befreit und im Wasser auf- gelöst eine bei Zusatz von kohlensauerem Natron stark, ohne dieses schwach verdauende Flüssigkeit bildete. Wie in dem vorigen Falle, wurde auch diesmal Eiweissverdauung im Plasmodium nicht beschleu- nigt, als neutral reagirende Trypsinlösungen die Plasmodien umspülten. Auch bezüglich dieses negativen Befundes gilt das schon früher bei den Versuchen mit Pepsin Erwähnte. B. Verdauung von Stärke. Ich experimentirte ausschliesslich mit Plasmodien von Ohondrio- derma difforme, denen ich theils feste, theils durch Hitze (bei 60°C.) aufgequollene Kartoffel- und Weizenstärke verabreichte. Um die Stärkekörner besser beobachten zu können, wandte ich ausschliesslich junge und kleine Plasmodien der genannten Art an. Es stellte sich heraus, dass ungequollene Kartoffelstärke !) selbst nach dreitägigein Aufenthalt in den Plasmodien nicht (oder nur selten ein einzelnes Korn) verändert wurde, während dieselbe Stärke im auf- gequollenen Zustande geboten, oft (doch keineswegs immer) der Ver- dauung verfiel. Als Zeichen einer eingeleiteten Verdauung wurden $ bis 12 Stunden nach der Aufnahme um die meisten gequollenen Stärkekörner Vacuolen sichtbar, deren Durchmesser im besten Falle annähernd um ein Fünftel bis Viertel mehr betrug als derjenige der Eiweisskörnchen.. Am zweiten Tage fand ich die meisten Körner. be- deutend durchsichtiger, während sie ihre Form noch bewahrt hatten. 1) Sowohl aufgequollene als auch unaufrequollene Stärke scheint anfangs im Protoplasma eingebettet zu sein. 243 Diese Skelette blieben jedoch auch am dritten Tage noch erhalten, obzwar sie womöglich noch durchsichtiger erschienen und kleinen Stückehen von Schleim nicht unähnlich sahen. Was die Stärkekörner von Weizen betrifft, so wurden dieselben in unaufgequollenem Zustande in einer Anzahl von Fällen während ‚eines zweitägigen Verbleibes im Plasmödium fast alle corrodirt, !) während in anderen Plasmodien in derselben Zeit wieder nur ein kleiner Theil der Stärkekörner Corrosionen erlitt. Auch kamen Fälle vor, in denen nach 2- bis 4tägigem Aufenthalt im Plasmodium kein einziges Stärkekorn angegriffen war. Stärkekleister aus Weizen ver- hielt sich übrigens ähnlich wie Kartoffelkleister. Mit Hilfe von Congoroth versuchte ich Stärkekörner zu färben, fand aber nur die aufgequollene Stärke tinctionsfähig. Indem letztere der Verdauung anheimfiel, kamen allmählich deutlicher und intensiver gefärbte Vacuolen zum Vorschein. Es zeigte sich hierbei, dass die letzteren nur schwach sauer oder neutral waren. Da Bacterien in den Plasmodien und deren Stärkekörner ein- schliessenden Vacuolen nieht oder nur selten auftraten, so erschien es wahrscheinlich, dass die Stärke, sofern sie nämlich aufgelöst wird, durch ein vom Plasmodium secernirtes diastatisches Enzym verdaut wird. Hiefür sprachen besonders die Corrosionen, die z. B. durch Säuren oder Alkalien niemals gebildet werden. Ich versuchte dess- halb, ob im Wasser gelöste Pflanzen-Diastase in. das Innere der Plasmodien vordringt und daselbst Verdauung von Stärke beschleunigt. Ich erhielt jedoch nur ein negatives Resultat. Nach den vorausgegangenen Untersuchungen ergibt sich für die Stärke, die den Plasmodien von Chondrioderma difforme eingeführt wurde, Folgendes: Aufgequollene Stärke wird im Plasmodium fast immer, obzwaı je nach dem Individuum verschieden rasch aufgelöst, doch bleiben Skelette als unverdauliche Reste übrig. Feste Stärke aus Kartoffeln ist sehr widerstandsfähig, während Weizenstärke häufig ansehnlich corrodirt wird. Die Auflösung von gequollener Stärke innerhalb der Vacuolen deutet auf ein secernirtes Enzym hin, dessen Vorhandensein auch die Corrosionen an festen Stärkekörnern sehr wahrscheinlich machen. 1) Die corrodirten Körner befinden sich anscheinend im Protoplasma dauern. eingebettet. 16* 244 Doch scheinen feste Stärkekörner bei dauernder Berührung mit dem Protoplasma corrodirt zu werden, wobei vielleicht das andern- falls in die Vacuolen gelangende Enzym im Protoplasma vorhanden und daselbst thätig ist. Auflösung von Stärkekörnern geht bei schwach sauerer oder neutraler Reaction von statten, Anhäng. Ich habe auch Gellulosefaser (Baumwolle) und Stückehen Reserve-- cellulose aus P’hytelephas und Dattelsamen den Plasmodien zur Auf- nahme geboten, fand aber nach 3- bis 4tägigen Aufenthalt der ge- nannten Körper im Plasmodium keine auffälligen Veränderungen an denselben. Auch in dem Schweizer’schen Reagens aufgequollene und rasch im Wasser ausgewaschene und ausgekochte, gut gereinigte Baumwollenfasern werden nicht aufgelöst oder corrodirt, sondern bleiben unverändert und anscheinend im Protoplasma dauernd ein- gebettet. Demnach gcht den Plasmodien von COhondrioderma (ob immer?) die Fähigkeit ab, Oellulose aufzulösen, und es bleibt frag- lich, wie sich in dieser Hinsicht andere z. B. holzbewohnende Arten verhalten werden. F Schliesslich halte ich es für eine angenehme Pflicht, IIerın Geheim-. rath Prof. W. Pfeffer, auf dessen Aufforderung ich vorliegende Arbeit während der ersten Hälfte des Jahres 1890 begonnen habe, die aber leider erst heuer zu Ende geführt werden konnte, für die vielfache Unterstützung im Laufe meiner Arbeit, sowie für die in zuvorkommendster Weise mir zur freien Benützung gestellten Uten- silien und Apparate des Leipziger botanischen Laboratoriums öffentlich meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Ueber einen Fall von „vollständiger Verweiblichung‘‘ der männlichen Kätzchen von Corylus Avellana L. Von Leon Wehrli. Mit zwei Holzschnitten und einem Litteraturverzeichniss. Die normale Hasel, Corylus Avellana L., bat bekanntlich ctwa 5—6em lange, walzenförmige männliche Kätzehen, welche an kurzen Zweigen zu 2—3 beisammen vorkommen und deren einzelne Blüthen, aus vier gespaltenen, einander kreuzweise gegenüber gestellten ‘Staubblätterın bestehend, nackt auf der Deekschuppe sitzen, mit der sie, wie auch die beiden Vorblätter, von unten herauf ein Stück weit verwachsen sind. Die weiblichen Kätzchen dagegen sind sehr klein und sehen den Laubknospen ähnlich; jede Deckschuppe hat zwei weibliche Blüthen (eine dritte, mittlere, kommt nicht zur Ausbildung) mit schwach entwickeltem, oberständigem Perigon, zweifächerigem Fruchtknoten und zwei langen, roten Narben; jede einzelne Blüthe ist von einer Hülle (cupula) umgeben, welche aus den beiden Vor- blättern der eigenen Blüthe plus dem einen der beiden Vorblätter der (nicht entwickelten) mittleren Blüthe besteht. (Vgl. Warming, Hand- buch der systematischen Botanik p. 243, Fig. 286 u. 287; oder Eichler, Blüthendiagramme.) Am 17. April 1888 fand ich bei Aarau im sog. Rohrerschachen (einer Aare-Alluvion), am Rande eines Gebüsches, welches das rechte Suhre-Ufer begleitet, neben einer Menge normaler Haseln ein Exem- plar, das mir durch prächtig roth gefärbte Kätzchen schon auf einige Meter Entfernung auffiel. Der Strauch war im Uebrigen normal ge- wachsen, etwa 3m hoch und von entsprechendem Umfang. Die Roth- färbung der Kätzchen rührte davon her, dass anstatt gelber Staub- gefässe aus allen Kätzchen lauterrothe Narben heraus- 246 hingen; daneben besass derStrauch noch wohlentwickelte normale weibliche Blüthen, aber kein einziges Kätzchen. mit Staubgefässen. Am 6. März 1892 kam ich wieder an dieselbe Stelle und fand ' denselben Haselstrauch in demselben Zustand wieder. Die Monstrosität war also wohl constant. Ausserdem gewahrte ich an dem Strauche noch eine im Abfallen begriffene Doppelfruchthülle vom letzten Jahr;, der Strauch hatte also fructifieirt. Doch stammten diese Früchte, aus weiter unten sich ergebenden Gründen, jedenfalls von normalen weiblichen Blüten, nicht aus jenen monströsen — man gestatte der Kürze halber den Ausdruck „verweiblichten“ — Kätzchen. Den 6. Mai 1892 endlich waren die meisten dieser verweiblichten Kätzchen abgefallen; doch standen einzelne noch in voller Blüthe,. was eine sehr lange Blüthezeit ergibt. — Die Laubknospen zeigten, besonders an der Spitze der Zweige, auffallend häufige Missbildungen, wie sie durch die bekannte Knospenlaus Phytoptus hervorgerufen werden. Bei den normalen Haseln der Nachbarschaft bemerkte ich diese Erscheinung zwar auch, aber in schwächerem Grade. — Auf Veranlassung meines hochverehrten Lehrers, Herın Prof. Dr. C. Sehröter in Zürich, und unter seiner unermüdlichen und liebenswürdigen Leitung, habe ich nun im Mai dieses Jahres die merkwürdigen verweiblichten Kätzchen näher untersucht und vorläufig folgende Resultate erhalten: Auf kurzen Zweigen sitzen. diese Kätzchen zu 2—4 bei- sammen; sie sind nur 8—12 mm lang und 2—3 mm dick (Fig. 1 Zweig wit verweiblichten Kätz- chen in nat. Gr.) — also be- deutend kleiner als normale männliche Kätzchen. Ein einzelnes Kätzchen (Fig. 2, das mittlere der drei in Fig. 1 gezeichneten Kätzehen ca. 4mal vergr.) trägt an der Basis- :a. 7—12 leere Deckschuppen ; hierauf folgen bis zur Spitze des Kätzehens Deckschuppen, welche nur Narben in ihren Achseln tragen, niemäls aber Staub-. gefässe oder auch nur Rudimente von solchen. Die Deckschuppen haben die gleichen Divergenzen, wie diejenigen normaler männlicher Kätzchen. 247 Jede dieser Deckschuppen ist aussen stark behaart und trägt innen zwei mit ihr im untern Theile verwachsene, stark bewimperte Vorblätter und dahinter (gegen die Spindel des Kätzchens hin) 4 lange, rothe Narben in im Grundriss geschen gekreuzter Stellung. Fig.3,4 zeigt ein solches Achselprodukt von innen, d.i. von der Spindel des Kätz- chens aus gesehen ca. 12 Mal vergr.: d die Deckschuppe, « und $ die Vor- blätter, » die Narben. Fig. 3, B gibt das Diagramm der Blüthe. Es geht daraus hervor, dass diese abnormen Blüthen morpho- logisch vollkommen den männlichen entsprechen. Die Diagramme sind einander genau analog für die normalen männlichen (vgl. Warming oder Eichler Ioe. eit.) und für diese monströsen weib- lichen Blüthen (Fig 3 B), in welchen einfach genau an der Stelle der 4 Staubgefässe 4 Narben stehen. ‚Irgend welche topographisch-morphologische Aehnlichkeit mit den normalen weiblichen Blüthen (etwa ein Perigon, oder das Vorkommen einer aus mehreren Hochblättern zusammengesetzten Cupula) konnte nicht nachgewiesen werden. Dagegen zeigten sich in einzelnen Schuppen statt vier Narben deren fünf, und zwar derart, dass an Stelle einer grossen Narbe zwei, gewöhnlich kleinere, standen, so dass die Kreuzstellung erhalten blieb. Dies dürfte wohl der Spaltung der Staubgefässe in den normalen männlichen Blüthen entsprechen, die ja bekanntlich so weit geht, dass scheinbar acht Staubgefässe in jeder Blüthe stehen. Einmal sah ich auch nur drei Narben, die hinterste (der Deck- schuppe zunächst gelegene) fehlte. Doch bin ich in diesem Falle nicht überzeugt, dass sie nicht erst. bei der Präparation verloren ging. Von Ovula keine Spur! Sie entwickeln sich zwar, wie das Perigon, auch bei normalen weiblichen Blüthen erst verhältnissmässig spät, aber selbst sehr vorgerückte Kätzchen zeigten nichts derartiges. Eine Befruchtung hätte, trotz des gänzlichen Mangels des Strauches selbst an männlichen Blüthen, wohl von benachbarten Sträuchern her stattfinden können — nahmen doch diese abnormen Kätzchen (zum Auffangen fremden Blüthenstaubes) eine enorm viel grössere Gesammt- oberfläche ein, als die normal weiblichen Blüthen des Strauches, und diese letzteren waren von auswärts befruchtet worden, wovon ich 248 mich bei einem Besuch der Localitfät am 27. Mai 1892 überzeugen konnte. Noch ist zu erwähnen, dass unter den verweiblichten Kätzchen einzelne wenige waren, deren obere Hälfte plötzlich auf die Dicke normaler männlicher Kätzchen angeschwollen war. Aber auch diese seeundär abnormalen Kätzchen zeigten den gleichen Typus, wie die be- schriebenen Kätzchen, nur in etwas vergröbertem Maassstab. Vielleicht war diese secundäre Abnormität durch Gallmücken hervorgebracht, wie es an normalen männlichen Kätzchen oft vorkommt. Stamina, Staminodien oder irgend welche Ueber- gangsformen vondermännlichen indie weibliche Blüthe waren nirgends vorhanden. . Anordnung und Stärke der Gefässbündel in der Spindel der abnormalen Kätzchen zeigten gar keine Abweichung von den ent- sprechenden Verhältnissen in normalen männlichen Kätzehen — solche konnten allerdings nur an Herbarmaterial untersucht werden. In mehreren Schuppen fanden sich an der Basis des Narbeneomplexes 1—2 eigenthümliche Drüsen, kopfige Zellreihen oder Zellkörper dar- stellend mit grünem Kopf und farblosem Stiel. Diese Drüsen sind denjenigen der Blätter, Zweige oder Cupula von Corylas gar nicht ähnlich; sie konnten ferner weder in normalen männlichen noch in normalen weiblichen Blüthen aufgefunden werden, sind also jedenfalls nicht dem Einfluss des einen oder anderen Geschlechtes zuzuschreiben. Immerhin musste ihre Existenz der Vollständigkeit halber erwähnt werden. Den verweiblichten Kätzchen scheint ferner eine sehr frühe Blüthe- zeit. eigenthümlich zu sein. Ich fand die nächstjährigen Kätzchen schon am 5. October dieses Jahres blühend. In der Litteratur fand ich bis jetzt — alles Einschlagende zu durchsuchen, war mir freilich nieht möglich — bei etwa 65 ver- schiedenen Autoren aus den Jahren 1741—-1892 Angaben über „Gynandrie*, „Pistillodie“, Hermaphroditismus von Monöcisten und Diö- eisten, auch über ähnliche Fälle bei Zwitterblüthen ete., im Ganzen über 80 verschiedene Species betreffend (die Angaben der Sammelwerke vonMoquin-Tandon und Masters sind hier nur insoweit mitgezählt, als sie durch Einsicht der Originalmittheilungen controllirt werden konnten). Sie finden sich in den beigegebenen Litteraturverzeichniss zusammengestellt. In den meisten Fällen aber handelt es sich um die Existenz verschiedener Blüthenformen im gleichen Blüthenstand, die stets durch zahlreiche Uebergangsstadien verbunden sind (man vergleiche z. B. die 249 Abbildungen in Mereklin, Monstrositäten in den männlichen Kätz- chen von Ostrya vulgaris und virginica [Bull. Soc. Imp. des naturalistes, Moscou, XXI, 2, 1850], oder Masters, Pflanzen-Teratologie, deutsch von Dammer, 1886, pag. 351, Fig. 176 und pag. 352, Fig. 177, und ibidem pag. 353, wo auch folgender „leichter ver- ständliche“ Passus zu lesen steht: „Von einem Thierphysiologen würde eine Aenderung wie die oben beschriebene entsprechend einer Ersetzung eines Ovars oder Uterus für einen Hoden für fast unmöglich gehalten werden; der einfachere und weniger specialisirte Bau der Pflanzen macht eine solche Aenderung bei ihnen viel leichter verständlich.“ — !!) Für Castanea Americana Michx., Castanea vulgaris und den Nuss- baum finden sich in der Litteratur Angaben von Fällen, wo besagte Bäume lange weibliche Kätzchen und Früchte in Trauben brachten {vgl. Isaac C. Martindale in Proceed. of the acad. of nat. sciences of Philadelphia, 15. X. 1880; Clos [Schoenefeld] in Bull. Soc. bot. de France XIH, 1866; ebendort eitirt „Cultivateur“ 1848 pag. 443; ferner Fernow in Bull. Torrey Bot. Cl. XIII, 1886, pag. 171.). Ueber Corylus Avellana L. selbst fand ich zwei erwähnenswerthe Notizen: 1. Bail schreibt (Schriften der k. plıys.-ökonom. Gesellschaft, Königsberg, XI, 1870, pag. 117/118 und [Berliner] bot. 7tg. vom 24. VI. 1870): „Bei Corylus fand der Vortragende* — Ibr. Bail|l — „in diesem Jahre an verschiedenen Stellen und zwar nicht‘ eben selten in den Staubgefässblüthen Stempel; ja in einem Falle waren die Narben ganz frisch und gesund und prächtig roth gefärbt.“ „An einem männlichen Kätzchen aus dem Breslauer Walde sassen im untern Theil sehr gedrängte Schuppen, die sich von den übrigen dadurch unterschieden, dass sie nicht dreitheilig, sondern einfach waren. Hinter ihnen befanden sich nur Stempel und zwar oft mehrals zwei.*® 2. R. F. und F. P. Thompson berichten (Journal of Bot. XXVIH, 1889, pag. 183): „Curious Form of Corylus Avellana. — This was found ncar Settle, Yorkshire, on March 27% last. In three or four instances on the same tree, two heads of pistillate flowers had grown at the base of an undeveloped male catkin. The stigmas were numerous, very large, and of most brilliant colour, which was also the case with all the Gynoecia on that tree.“ Diese zwei Vorkommnisse mögen mit unserer Monstrosität einige Aehnlichkeit haben; allein nirgends handelte es sich um eine voll- 250 ständige Verweiblichung der männlichen Kätzchen, wie in unserem merkwürdigen Falle. Derselbe darf daher wohl — allerdings mit jener schon oben gemachten Reserve, falls doch noch eine bezügliche Notiz in der Litteratur sich finden liesse — als neu betrachtet werden. Verschiedene Autoren geben auch Erklärungsversuche für dergleichen geschlechtliche Monstrositäten. Die Einen führen sie auf -innere, in der Pflanze selbst wirkende Ursachen zurück; Andere sehen den Grund in äusseren physikalischen oder chemischen Bedingungen; Dritte combiniren beide Agenzien zur Erklärung der Abnormität. Einiges: soll hier erörtert werden (vgl. auch das beigegebene Litteraturverzeichniss): 1. a) Meehan (Proceed. of the acad. of nat. sciences of Phila- delphia, 5. X. 1880) glaubt, gestützt auf Beobachtungen an Hanf, Spinat, Croton, Ambrosia artemisiaefolia, dass das Geschlecht in der Anlage der Geschlechtszellen noch unentschieden sei, und erst eine grössere oder kleinere Nahrungsaufnahme entscheide dann für das weibliche oder männliche Geschlecht. \ b) Masters sagt (Pflanzen-Teratologie, 1886, pag. 222): „Es scheint, als ob das Alter oder die Stärke der Pflanzen bisweilen auf die Bildung der Blüthen eines Geschlechtes mit Ausschluss des andern Einfluss hat.“ Achnlicher Ansicht ist Schleehtendal in Linnaea XIV, 1840, pag. 367 ff. (Anmerkung zu Hanmpe). 2: a) Schoenefeld schrieb die oben erwähnte Bildung der Kastanientrauben dem ausserordentlich feuchten Frühlingswetter zu (Bull. Soe. bot. de France I, 1854, pag. 173, allerdings bestritten in Bull. Soe. bot. de France ALL, 1866, scance du 9. II. 66, von Clos, der den Fall für eine Varietät oder Race von Castanea vulgaris ansicht). IHampe meint dagegen, in Bezug auf eine androgynische Salix repens var. incubacea, man möchte danach und nach Analogie der Carices schliessen, dass ein feuchter Standort die Entwickelung der männlichen Geschlechtstheile, ein trockener aber die der weiblicheu befördert.“ (Linnaea XIV, 1840, pag. 368.) Und Treviranus führt an, sonniger Standort scheine die Int- wiekelung der männlichen, Schatten dagegen die Entwickelung der weiblichen Blüthen zu begünstigen. „Man muss daher gestehen — fährt er fort — es verhalte sich im YfAanzenreiche, wie im 'Thier- reiche, wo die Varietäten und Monstrositäten im’ Allgemeinen zwar auch durch einen uns unbekannten Vorgang bei .der Zeugung zu ent- stehen scheinen, aber doch auch den äusseren Einwirkungen auf das 258 Geborne nicht aller. Antheil .an .der Bildung abgesprochen werden kann.“- (Physiol. d. Gewächse, 1838, II, pag. 430.) b) Masters eitirt ferner (Pflanzen-Teratologie, 1886, pag. 224/225). die Meinung von Knight und anderen Pflanzenphysiologen, „dass eine hohe Temperatur die Bildung der. Stamina begünstigt, während eine niedrigere Temperatur als für die Bildung der Pistille günstiger ange-- sehen wird“ (unfruchtbare Erdbeeren; „Stratiotes aloides soll gegen die Nordgrenze ihrer geographischen Verbreitung hin mehr Carpelle, gegen die Südgrenze hin jedoch mehr Staubgefässe erzeugen* [ibid. pag.225]). 3. Mercklin und Bail endlich erörtern die Ansicht (locis eitatis, 1850 und 1870; vgl. auch Krafft, Ueber den Bau der Mais-- blüthe, in Verh. der k. k. zool.-bot. Gesellsch. Wien, XIX, Sitzungs- ber. pag. 65—68), dass alle Monöcisten und Diöcisten ursprünglich Zwitter gewesen seien, bei denen das eine Geschlecht später „durch irgend welche physikalische oder chemische Einflüsse“ (Mercklin) fehl- geschlagen habe; heute ausnahmsweise auftretende Zwitter würden . dann den „ursprünglichen Bildungstrieb“ (Mereklin, — weil er vor- züglich an der Spitze des Ostrya-Kätzchens Zwitterblüthen gefunden hatte) repräsentiren. (Vgl. auch Eichler, Blüthendiagramme, 1878, II, pag. 47/48; unser Fall spricht entschieden dagegen). Es ist klar, dass die sub 1. und 2. angeführten und theilweise sich widerspr&chenden Erklärungsversuche für unsern Fall nicht zu- treffen. Die beseliriebene Hasel ist im Ganzen normal gewachsen; dicht dabei, auf demselben Untergrund, offenbar also auch mit der- selben Nahrung, stehen zahlreiche andere Haseln, die keine abnormen Blüthenformen zeigen, so dass nicht einzusehen wäre, warum gerade dieses eine Exemplar so besonders geartet sein sollte. Die Hypothese von Mereklin und Bail kann den Fall auch nicht erklären; denn: wären die Blüthen unserer Corylus ursprüng- liche Zwitterblüthen,: so müssten — wie auch Chodat neulich bemerkt. hat (Observations teratologiques; arch. des sciences phys. et nat. XXII, pag. 42, Juli 1889) — Stamina und Pistille alterniren. Bei der be- schriebenen Corylus aber stehen die Narben genau an der Stelle, wo die Staubgefässe in normalen männlichen Kätzchen. (Vgl. die Diagramme.) Wenn überhaupt heute eine Theorie für den merkwürdigen Fall discutirbar ist, so ist es, scheint mir, vielleicht diejenige, welche schon von DeCandolle (1828, Organogr. d. Gewächse, I, pag. 479 [Original 545] ff), Döll, 1854 (21. Jahresbericht d. Mannheimer Vereins f. Naturk. pag. 16/17), Germain de St. Pierre (Bull. Soc. bot. de France, XII, 1865, pag. XX) und Braun (1875, Berliner Monatsber. 252 pag. 350) erwähnt ist und der auch neuerdings Ch odat (loco eitato), für ‚die diandrischen Salices wenigstens, und Potoni& (naturw. Wochen- -schr. VIT, p. 287) beipflichten, die Theorie nämlich, dass dasmännliche und das weibliche Element der Blüthen morphologisch identisch seien. (Vgl. auch Braun, Betracht. über d. Verjüngung, Freiburg 1849/50, pag. 107/108 und Urban in Verh. Brandenbg. XXTI, pag. 52.) Aber warum sind dann die Diagramme der normalen männlichen und der normalen weiblichen Blüthe so sehr verschieden? Es stehen dieselben ja sogar an Axen verschiedener Generationen! Damit ist aber der Fall durchaus nicht erklärt; ich stehe noch vor einem grossen Fragezeichen. Würde dieses wohl grösser oder kleiner, wenn gelegentlich ein reeiproker Fall sich fände, wo neben normalen. ‚männlichen Blüthen die weiblichen Blüthen „vermännlicht* wären? Ausserdem dürfte von der Untersuchung folgender zwei Punkte noch einiger Aufschluss zu erwarten sein: Erstens wäre die Entwiekelungsgeschichte der abuormalen Kätz- ‚chen zu verfolgen, und Zweitens entsteht die Frage, ob die Aussaat von Samen des be- ‚schriebenen Haselstrauches wieder die abnormale Form ergäbe. Dann würde sich unser Fall als derjenige einer erblich gewordenen Verweib- liehung männlicher Organe an denjenigen von Japaver mit Carpellen statt Staubgefässen anschliessen (siche das Litteraturverzeichniss)). Beide Fragen sollen thunlichst geprüft und allfällige nennens- werthe Resultate später mitgetheilt werden. Schliesslich fehlt noch ein schöner griechischer oder lateinischer Name, um dieser „vollständigen Verweibliehung“ internationale Salonfähigkeit zu verleihen. Verzeichniss der consultirten Litteratur über Umwandlung von Stamina in Carpelle und umgekehrt.) Da über diesen Gegenstand (Umwandhing von Stamina in Garpelle und um- gekehrt) in der Litteratur keine einigermaassen vollständige Zusammenstellung zu finden war, so dürfte die Aufstellung des folgenden Verzeichnisses, das zwar auf 1) Um die Üebersicht zu erleichtern, sind Autornamen fett, Titel von Werken, Zeitschriften ete. gesperrt und Pflanzennamen eursir (liegende Schrift) gedruckt. -— Manchmal war aus der ceitirten Stelle nicht strietim ersichtlich, ob man ces wirklich mit einem Ersatz von Stamen durch Carpell (oder umgekehrt), oder aber mit einer blossen Vermehrung der Zahl der einen Geschlechtsorgane oder dgl. zu thun hatte. Dergleichen Fälle sind im Verzeichniss mit einem Fragezeichen — ? — vorsehen. 253- absolute Vollständigkeit ebenfalls keinen Anspruch machen kann, gerechtfertigt sein. Es bringt zunächst (in chronologischer Anordnung) alle einschlagenden opera, die ich selbst consultirte, sodann anhangsweise noch diejenige vielleicht hieher gehörige Lit- teratur, die ich wohl citirt fand, in die mir aber nicht möglich war, Einsicht zu erhalten... Bei der Abfassung dieses Verzeichnisses standen mir die Herren Prof. Jäggi und Prof. Dr. Hans Schinz in Zürich hilfreich bei, wofür ich den beiden Herren zu vielem Danke verpflichtet bin. Ebenso verdanke ich Herrn Prof. Penzig in Genua mehrere Litteraturangaben. 1741 1762 1806 1807 1815 1817 1819 Rumphius, Herbarium Amboinense, I, p. 46. Lontarus domestica. Die Q Pflanze zeigt einmal, bevor sie Frucht bringt, .. d Blüthen. —? — Jacquin, Enumeratio.... Vindob. p. 298. Empetrum (nigrum) procumbens L. mit hermaphroditen und wenigen. s) Blüthen. —? — Linne, spec. plantar. Edit. secunda, 1], p. 1450. Empetrum procumbens. „Plantas hermaphroditas nuper habuit Jacquin; ogo- quondam unicam vidi Upsaliae, nee dein e myriadibus dioieis unicam.* — ? — Haller, historia stirp. indigen. Helv. 1, p. 409. Sedum (= Sempervivum folüis eiliatis ete.): „vidi stamina partim bona fuisse, partim albis adspersa globulis, alia denique in capsulas abiisse aristatas, extus gibbas, intus cavas, albis plenas globulis.“ Herrmann, ‚(Brief) in Römer u. Usteri, Magazin für die Botanik, 9. Stück, p. 140/141. Acer negundo. Junges g' Exemplar, gezogen von ein alten Q. — ? — Du Petit-Thouars in Dietionnaire des sc. nat. Paris, V, p. 200. Joubarbe de montagne et J. des toits: „les &tamines formoient un rang exterieur de pistils: quelques-unes conservoient encore une partie de lanthüre; nous ne pümes en trouver aucune qui füt dans sou &tat naturel.* Du Petit-Thouars, sur un changement d’etamines en pistils dans la Joubarbe des toits, in nouv. bull. des. sc. de la soc. philomath. de Paris, I, p. 30/31. Sempervivum teclorum. Wie oben (1806). Seringe, Essai d’une monographie des Saules de la Suisse. Stamina und Ovarien im gleichen Kätzchen bei Salixz tomentosa (androgyna Ser.). Salix rugosa » » Salix lavendulaefolia ,„ » (sie!) Salix Hoppeane » » L. C. Richard, sur une varidtd monstrueuse de l’Erica tetralix in Journ. de Phys. de chim. etc. Paris, LXXXV, p. 467—469. Erica tetralix, anandra, staminibus nullis, ovario duodecimloculari. Die: überzähligen Fächer um das normale Pistill herum theils mit, theils ohne- Ovula, meist nicht fructifieirend. Vgl. unten 1826, Roeper, und 1861, Brongniart (ähnliche Fälle bei Cam- panula rapunculoides und bei Polemonium coeruleum). Campdera, Monographie des Rumex etc. p, 49/50. Rumex crispus. An Stelle der 6 Stamina 6 ovale Körper mit je 3, Griffeln , ohne Embryonen. 254 :1822 Schrank, Ueber das Geschlecht der Pflanzen, in Flora (1822, I) p- 49—63 u. 65—76. Meis. Körner in den g' Achren. Hanf. Zwitterblüthen unter den ) Blüthen. Negundo-Ahorn. Ableger eines Q Baumes trugen g' Blüthen. Hopfen. © Hopfen trug g' Blüthen; solcher wurde „durch veränderte Wartung in einen sehr schönen weiblichen zurückgebracht.* — ? — \ 1823 J. B. A. Guillemin, notice sur une monstruosite des fleurs de I’Eu- phorbia Esula in M&m. de la soc. d’hist nat. de Paris, 1. Euphorbia Esula. Einzelne Stamina in Carpelle verwandelt, mit Uebergängen. Jigentümlicher KErklärungsversuch:: Die Antheren der Eupk. seien ursprüng- lich Ovarien „dont une cause inconnue arräte subitenient le progres ... ne serait-il pas naturel d’admettre quw'un avortement par defaut et du genre de ceux que M, De Candolle appelle predisposds, donne naissance A l'organe mäle? 8i, dans lobservation presente, nous trouvous des dtamines changdes en ovaires, C'est que, par une abondance exvessivo (de sucs nourriciers, les diverses parties de la fleur ont pu eontinuer leurs fonetions primitives* .. . — Nach dieser Theorie gübe es also unter äusserst günstigen Umständen lauter Weibchen! 1824 De Candolle, prodr. syst. nat. vegni veget. I. p. 135. Cheiranthus Cheiri „var, gynanthkerus, antheris nempe in carpella mutatis®. 1824 Roeper, Enumeratio Euphorbiar. etc. p. 53 und Anmerkung. Euphorbia ,„... me saepius fructus vidisse, in quibus locum huius ovarli antherae fere rite efformatae polline perfecto repletae occupabant“. Ruta chalepensis „decimi staminis loco ovarium aderat ... ovulis re- pletum . et 1824 Schlechtendal, Flora berol. II. (suppl.) p. 259. Saliz aquatica Smith. 3 Kätzchen an einem g’ Strauch, die J’ und O Blüthen durcheinander trugen, auch Blüthen mit Narben und Antheren zugleich; selbst auf einer Anthere fand sich ein narbenähnliches Gebilde. 1825 Seringe, M&moire sur les Cuceurbitac&des, in M&m. de la Soc. de phys. et d’hist. nat. de Gen&ve, III, 1, p. 20. Cueurbita orifera ,... une fleur femelle, dont le style tr&s court et un peu deforme 6toit entourd ou d’dtamines transformees en carpelles, portant sur ses bords (les ovules, ou de carpelles qui s’etoient prolonges hors du frnit.“ (Mit Abbildg) —? — 1826 Rob. Brown, Verm. bot. Schr. (ed. Nees v. Esenbeck), II, p. 625 Anmerkg. Staubfäden + in Stempel verwandelt bei Semperrivum tectorum, Tropaeolum madus. „Achnliche Missbildungen“ bei Cheiranthus Cheiri, "Cochlearia Armoracia, Paparer nudicaule und Salix oleifolia. - 1826 Roeper, Observationes aliquot in florum inflorescentiarumque naturam, in Linnaea I, p. 455-458, 255 Campanula rapunculoides. Statt der 5 Stamina 5 (sterile) Carpelle, mit den 3 normalen verwachsen. Frucht Sfücherig. — Vgl. oben 1817, Richard, und unten 1861, Brongniart (ähnliche Fälle bei Erica tetralix u. Polemon. coerul.). Gentiana campestris. Eines der beiden Carpelle in eine Anthere verwandelt. 1827 Lockhart, Brief an Lambert in Edin®. new philos. Journ. p. 335/336. Nutmeeg-tree: Q Baum ‘(in Trinidad) brachte im Juni 1824 5, im Juni 1826 9 Blüthen, 1823 die ersten Blüthen J. 1823 A. P. De Candolle, Organogr.d.Gew., deutsch v. Meisner, I, p. 479 (Original p. 545) ff. (Capitel v..d. besond. Analogie zwischen den 5‘ und Q Blumenorganen). Magnolia fuscata. Derselbe Fall, wie oben 1806/1807 von ı Du-Petit-Thouars für Sempervivum erwähnt. Verschiedene Salices. Häufig 9 Kätzchen, in denen in einigen Blumen die Staubgefässe in Carpelle umgewandelt waren und meist eine der gewöhn- lichen Frucht des Baumes ähnliche Frucht brachten. „Schon seit langer Zeit hatten die Zootomen, ergriffen von den‘ merk- würdigen Aehnlichkeiten des Baues, die zwischen den männlichen und weib- lichen Organen der grossen Thiere stattfinden, vermuthet, es möchten diese Organe ursprünglich wohl identisch seyn und ihre Verschiedenheiten nur anderen Entwickelungen verdanken. Was in den Pflanzen vorgeht, dürfte wohl, auf einem anderen Wege, zur gleichen Ansicht führen.“ 1828 Gaudin, Flora Helv. III, p. 289, obs. U. Sempereivum tectorum, „saepe corona® — Sc. capsularum —- „duplex imoque multiplex evadit, staminibus omnibus scse in capsulas pedicellatas, didymas, embryones seminum continentes transformantibus.* 1829 Schimper in Flora (1829, II) p. 422 ff. Salix babylonica v. Schwetzingen wie unten, 1829, Spenner. Mercurialis annua. Einzelne 5 Blüten an Q Stöcken. Stachys sylvatica. Ovula auf Staubfäden. Primula acaulis. Antheren in Ovarien. 1829 Spenner, Flora Friburg., III, p. 1061. „Salicis babylonicae, euius mascula specimina in Europa adhuc deesse in- dieavimus, arborem in horto Schwetzingensi observavimus annis 1827 et 1828 in ramis nonnullis amenta mascula uberrima proferentem, et alia plurima polygama, intermixtis ovariis pro dimidia parte tantum in antheras, aut filamenta antherifera mutatis, aut antheris 2 apice stigmatiferis.* Vgl. unten 1853, Al. Braun, Das Individ.; 1854, Döll, Jahresber. d. Mann- heimer Ver. f. Naturk.; 1859, Döll, Flora des Grossh. Baden. Primula acaulis. „Ovariorum diversis gradibus in filamenta mutatorum icones cum pluribus similibus Primulae acaulis e. g. in jpsius capsulae (apice paullulum apertae) valvis antheras, s. pollen in ovula nuda delabens gig- nentis — alibi trademus!* — Aber wo? 1829 Wimmer et Grabowski, Flora Silesiae, pars secunda, Vol. II, p. 373. Salix cinerea L. „a) amenta androgyna, basi mascula apice feminea, aut vice versa, aut staminibus et pistillis in eodem amento sine ordine mixtis.“ „4) amenta androgyna, capsulis apice fissis ibique polliniferis. Ingens et satis mira formarum copia, ut possis absolutum transitum e sapsulis s. ovarlis in stamina animadvertere.“ (secus Henschel.) to Zt Salix Caprea L. ... „similia wmonstra ut in 8. cinerea in hac quoque vceurrunt, praesertim capsulis ovatis longe pedicellatis . . . saepe apice polliniferis.* Salir aurita L. . . „monstra ut praecedens.* 1830 Roeper, de floribus et affınigat. Balsaminear. p. 17. Balsamineae. „carpellum quintum, petalo libero antepositum, reliquis facilius in stamen mutatur.“ 1831 Mertens & Koch, Röhlings Deutschl. Flora, Ill. p. 385. Sempervivum tectorum. „Halb in Stempel verwandelte Staubgefässe‘ (von Sturm als Nectarien abgebildet) ... . „eine Erscheinung, die wir ebenso und nicht gar selten bei den Weiden beobachten.* 1832 Goeppert, in Flora XV, 1, p. 252/258. Mohn. Eine Mohnkapsel war am Grunde von über 100 kleinen Mohnkapseln umgeben. „Das Ganze deutete auf eine geschehene Metamorphose der Stamina in Pistille hin.* 1832 Henschel, in Flora, XV, 1, p. 253/254. Salix einerea. Gontinuirliche Reihe von Uebergangsfornen van Ding Blüthen. An anderen, ähnlichen Bildungen war es, da sie zwischen Frucht- knoten und Antheren vollständig die Mitte hielten, zweifelhaft, „ob sie als eine Verwandlung der Fruchtknoten in Antheren oder vielleicht gar der Antheren in Fruchtknoten zu betrachten seien“. 1832 Lindley, Introd. to Botany, p. 518. „Ovula being borne by the stamens“ bei Sempervirum tectorum. emer Amaryllis und common wall-flower. 1833 Tausch, Botanische Beobachtungen. in Flora (1833, I) p. 229/230. Salixz bicolor Ihr. ,„.... ein Individuum ..., welches an einem unteren Aste androgeynisch war, und zwar dd‘, Q und androgyne Kätzchen hervor- brachte.* 1836/1837 Mohl, (Dissert. v. E. A. Barth), Beobachtungen über die Umwand- lung von Antheren in Garpelle, in Flora (1836, ID) Nr. 33 ff. und sur la metamorphose des antheres en carpelles, inAnn. dessc. nat., 2. serie, VII. Bot. p. 5075. Chanaerops humilis. Antheren auf Carpellen. Semperticum teetorum, wie oben! Papaver orientale. Etwa die innere Hälfte der Stamina + in Pistille ver- wandelt. j 1837 Koch, Synops. Flor. Germ, et Helv. p. 262. Semperceivum tectorum. „in cespitibus huius speciei, muros et tecta habi- tantibus, stamina 12 interiora, vel etiam omnia, in ovaria pedicellata trans- formata sunt“ ... 1837 Paasch, in Flora (1837, D) p. 335. Carex caespitosa. Q Aehren in g' umgewandelt. — ? — 1837 Schleiden, in Wiegmanns Archiv für Naturgesch. III, 1, p. 310. Pinus alba. Ein Zapfen, „an welchem die untere Hälfte der Blüthen männlich, die obere weiblich war“, 257 „1837 Zeile, Veberdie männlichen Blüthen der Coniferen, Inauguraldissert. unter dem Praesid. v. Mohl. Tübingen. Vgl. auch Mohl, Verm. Schr. 1845, p. 45. Pinus alba. 6 Q Kätzehen, deren untere Hälften Uebergänge zu 5 Blüthen zeigten. (Bractee in Staubfaden mit Pollen verwandelt; Carpellarblatt ver- kümmert; an den veränderten Blüthen keine Eier. 1838 Meyen, in Wiegmanns Archiv für Naturgeseh., IV, 2, p. 155. Pinus Larixz. Hermaphroditische Kätzchen. —?-- 1838 Treviranus, Physiologie der Gewächse, I, 1. Zahlreiche Litteraturangaben. Ausserdem als eigene Beobachtungen (vgl. auch im Text „Erklärungsversuche“): Stempel in Staubfaden umgewandelt bei: Salir Caprea und Salir eineree. 1840 Hampe, Beobachtungen von Geschlechtsveränderungen an Weiden, in Linnaea XIV, p. 367 ff. Selia vepens var. inenbacen. O Pfanze mit Z' Kätzchen; in einzelnen der- selben Pistille; in Q Kätzchen einzelne Stamina, und Vebergänge von Pistill in Stamen. Theorie siehe im Text! 1841 Hartmann in Flora (1841, 1) p. 199. Salir nigrieans. Antlieren in Q Kälzehen ; „Anthere in eine Kapsel verwandelt“, 1841 Kirschleger, in Flora XXIV, 1, p. 340. Saliw alba. Kin g' Individuum trug in mehreren Kätzchen Z und Blüthen, letztere gewöhnlich in der Mitte des Kützchens. „Es folgt aus dieser Beobachtung, dass hier eine Umwandlung der 2 Stamina in 2 Carpella vorgegangen ist.“ . 1842 Moquin-Tandon, Pflanzen-Teratologxie, deutsch von Schauer. Zahlreiche Litteraturangaben. 1846.Schleiden, Grundzüge der wissenschaftl. Bot. 2. Aufl, I, p. 220, Anmerkg. Abies alba. „Bei Abies alba kommt es nicht selten vor, dass ein Theil der unteren Blätter des e) Blüthenstandes geradezu in Staubfäden umgewandelt werden, dann aber auch keine Axillarknospen entwickeln.“ Die 3. Aufl. (eit. in Masters, Pfl.-Terat., p. 221) war mir nicht zugänglich. 1848 Böll, Zur Erklärung der Laubknospen der Amentaceen, p. 9, Anmerkg. Salices. Androgynische Kätzchen „bei allen Arten von Salix zuweilen einzeln und an seltenen Exemplaren von Salix babylonicn sogar regelmässig und alljährlich...“ „In solchen Fällen finden sich sehr oft Gebilde, welche zur Hälfte Fruchtblätter, zur Hälfte Staubblätter sind, und man überzeugt sich dadurch, dass die normalen männlichen Blüthen von Salix rein männlich und die normalen weiblichen rein weiblich sind, und dass man demnach bei der Erklärung der letzteren keine Staubblätter und bei der Erklärung der ersteren keine Fruchtblätter zu ergänzen hat.“ Vgl. hiezu 1889, Chodat! 1849 6. A. Meyer, Versuch einer Monographie der Gattung Ephedra, in M&m.del’acad.imp.desse.deSt.P&tersbg. VI.serie, sciences nat.V, bot. Ephedra campylopoda. g' Kätzchen mit (sterilen) Q Blüthen an der Spitze. —_ı_ Flora 1892, Suppl.-Bd, 17 258 1849/1850 Al. Braun, Betrachtungen über die Erscheinung der Ver-, jüngung in der Natur etc. (Kreiburg) p. 103/104. Allium Schoenoprasum. Nruchtblätter in Staubblätter verwandelt. Armoraeia esticana, Jbenso, „wogegen 2 weitere in der normalen Blüthe fehlende Theile als Fruchtblätter zum Vorschein kommen. Cheirantkus Cheiri gymantherus DC. Alte Staubblätter in Fruchtblätter ver- wandelt (H. Gay). p. 107 u. 108, Theorien. . 1850 Mercklin, Moustrositäten in den mäunlichen Kätzchen von Ostrya vulgaris und virginieca, in Bull. de la Soc, imp. des naturalistes de Moscou XX11, 2. (Mit Abbildungen.) Ostrya vulgaris (earpinifolia) und Ostrya rirginiee. Die g' Kützchen zeigten gegen die Spitze hin Umwandlung der Staubgefüsse in Carpelle, mit „fast allen nur denkbaren Mittelstufen®, Eichen waren jedoch »ie vorhanden. . Ferner vgl. Text! 1850 Wigand, Grundlegung der Pflanzen-Teratologie ete. p. 39. Reseda alba. Suamenknospen mit Zweigbildung; an manchen Zweigen An- theren. --? — 1852 C. A. Meyer, Einige Pflauzenmissbildungen, in Bull. de la classe physico-mathem. de Vacad. des seiences de St. P&etersbg. X, p. 122 ff. (mit Abbildg.) Salix alba L. Einzelne Staubfäden der 5 Kätzchen umgewandelt in frucht- knotenähnliche Gebilde oder in ganze Miniaturzweiglein, die solche tragen. Salix silesiaca W. „Die schönste Metamorphosirung der Staubfäden in Frucht- knoten ,„.. in allen möglichen Abstufungen.“ Ohne Eichen. Salix amygdalina (8. Hoppeana W.) et 8. purpurea (5. mirabilis lost.). d' Kätzchen, deren obere Hälfte statt der Staubfäden Fruchtknoten trägt, Uebergänge selten. Vgl. unten 1857, Koch, Synops. flor. Germ. 1853 Al. Braun, Das Individuum der Pflanze in seinem Verhältniss zur Species p. 12/18. Salix babylonica L. „In dem grossherzoglichen Schlossgarten zu Schwetzingen befindet sich eine 'Trauerweide, die, obgleich von derselben Abstammung mit allen übrigen, ihr Geschlecht grosseutheils geändert hat, so dass sie nicht bloss die mannigfaltigsten Ucbergangsstufen weiblicher Blüthen in männliche zeigt, sondern an manchen Zweigen auch rein männliche Blüthenkätzchen trägt.“ Vgl. oben 1829, Spenner, Flor. Frib.; ferner unten 1854, Döll, Jahresber. d. Mannh. Ver.; und 1859, Döll, Flor. v. Bad. 1854 (1855) Döll, 21. Jahresber. d. Mannheimer Vereins f. Naturk. p. 16/17. Saliz babylonica (Schwetzinger Exemplar und eines in Mannheim). „g' und Blüthen an ebendenselben Jahrestrieben und selbst an einem und dem- selben Kätzchen.“ Ableger der (Q) „Napoleonsweide“ auf St. Helena seien auch g' geworden. „Zweitens finden sich eine Menge Früchte vor, welche theilweise die Natur der Staubblätter haben und damit den interessanten Beweis liefern, dass ein und dasselbe Blattgebilde, je nach den tiefer liegenden Ursachen, bald ein Fruchtblatt, bald ein Staubblatt werden kann, und dass, wenigstens 259 bei unseren Weiden, ‚die Eingeschlechtigkeit in keinem Falle von einem Yehlschlagen des anderen Geschlechts herrührt. -— Reife Früchte habe ich an diesem Baume nie bemerkt.“ Auch keine Zwitterblüthen. Salix alba Saliz fragilis Vgl. oben 1829, Spenner, Flora Frib.; 1853, Al. Braun, Individ ; ferner unten 1859, Döll, Flora v. Baden. 41856 Fournier, Note sur un developpement anormal del’androcde dans leCheiranthus CheiriL., in Bull, de la Soc. bot. de France, IIL, p. 352,- Cheirantus Cheiri. Ovar an Stelle der Stamina. 3357 Koch, Synopsis Florae Germanicae, Edit. tert., pars sec., p. 556 #. Selie pentandra L. „Oceurrit raro amentis androgynis, staminibus pro parte in pistilla monstrosa mutatis.“ (8. hermaphrodita L.). Salix amygdalinaL. a) discolor. $.Hoppeana Wild, „. . . si amenta plerum- que apice feminea basi mascula sunt. (Quandoque stamen intermedium Horum superiorum in ovarium perfeetum mutatur et bina lateralia immutata. servantur, quo verus fit flos hermaphroditus diandrus monogynus.“ Salix puerpurea L. X. androgyna, „amenta pro parte mascula et feminea : 8. mirabilis Host.® Salixr eineree L. „varietas amentis androgynis: 8. Timmii Selhk.* Vgl. oben 1852, C. A. Meyer, Pflanzeunissbildungen. 1859 Döll, Flora des Grossherzogthums Baden, Il, p. 491. Sulie bebyloniee. Mannheimer Exemplar. (Vgl, ober 1829, Spenner, Flor. Prib.; 1853, Al. Braun, Individuum; 1854, Döll, Jahresber. d. Mannh, Ver.) Selöe aurita L. „Eine Form mit androgynischen Kätzchen ist 8. rugosa, C. androgyna Seringe.* Achnliches. 1360 w. 1861 Dickson, Observations on some bisexual vones occuring in the Spruce Fir (Abies excelsa), in Edinbgh. new. philos. Journ X, new series p. 228 ff. und XIII, new series p. 198 ff. Abies ercels« und Abies nigra. Einige Zapfen oben normal 9, unten normal d. 4861 Brongniart, sur quelques cas de transformation des etamines en carpelles, in Bull. de la Soc. bot. de France VIIL, p. 458 ff. Sempereirum tectorum, wie oben. Cheiranthus Cheiri, ebenso (Stamina in Fruchtbl. mit Ovul. verwandelt). Polemonitm eoerulenm. Alle Stamina in einen verwachsenen Carpellarkreis (mit Ovul.), mın das normale Pistill herum. verwandelt; meist steril, jedoeh gelang künstl. Befruchtung. — Vgl. oben 1817, Richard, und 1826, Roeper {ähnliche Fälle bei Erica tetralix und Campanula rapuneuloides). 1861 3. Gay, in Bull. de la Soc. bot. de France, VIH, p. 456. Cruciferen. 5. . . transformation en pistil d’une seule des deux &tamines qui constituent Y’androcde des Crueiferes.* 1861 E. Le Sourd-Dussiples et G. Bergeron, Transformation des &tamines en feuilles carpellaires in Bull, de la Soc. bot. de France, VILU,p 348 ff. Papaver orientale. Stam. in Carp. mit normalen Ovul. verwandelt. Paparver somniferum. Macleya cordata, Ebenso (ging aus der Discussion des Vortrages hervor). Sempervivum teetorum. . 17* 260 18638 Wesmael, Trausformation des “tamines en carpelles chez Salix Caprea (mit Abbildgn.) in Bull, de Yacad. roy. des sciences de Belgique, 32. annde, 2. serie, XYL, p. 832 ff. Salix Caprea. Kätzchen mit g' und Q Blüthen, nebst- allen Uebergängen vom Staubgefüsse zum Pistill. 1864 Ascherson, Flora der Provinz Brandenburg eie. Semperrieumteetorum L. Staubb. „alle od. zum Theilin Früchtchen verwandelt.* Salix Fragilis L. „Wine Form mit Vebergängen von Jg in ® Blüthen be- obachtete Schr.* Saliz babylonicn L. „Yinzelne einhäusige Exemplare, sogar mit Q und Blüthen im derselben Achre,* Sulie amygdalina L. «) discolor Koch. „S. Hoppeana Willd, (Achrehen am. Grunde g', vben Dr. Je" Salix eineree I. „Eine Form mit am Grunde Q... und an der Spitze g& Achren ist 8, Timmii Schk* Salie caprea L. „linen Strauch mit theils g', theils 9) theils gemischten Aehren beobachtete Bauer . . .* Salto purpwrea L. „line Form mit. und Q Blüthen in denselben Achren . . . ist 8. mirabilis Lost.“ Carer Goodenoughii Gay (C. eaespitosa «net.). „Die Form polyyana Peterm. mit ing’ übergehenden © Blüthen bei uns noch nicht beobachtet. — ? — 1864 Cramer, Bildungsabweichungen bei einigen wiehtigeren Pflanzen- familien. Zürich p.4 u. 90/91. Lerix mierocarpa Poir. Androgyne Zäpfchen: unten Staubbl., nach oben in Braeteen ohne Carpelle übergehend; Carpelle erst weiter oben, wo keine Antheren. . Paeonia Moitang "Sons. Carpelle mit Ovul. und Anthere. 1865 Germain de St. Pierre, in Bull. de la soe. bot. de France, XII, p. X. Salir Caprea. Wie oben Wesmael (ohne Ovula.). „Nous voyons en effet, qu’il n’existe aucune difference essentielle entre la feuille qui devient organe mäle et 1a feuille qui devient organe femelle, puisqne soit Vune soit Vautre peut revitir & 1a fois les deux sexes.“ 1866 Clos, in Bull. de la soc. bat. de France, XIH, seance du 9. II. 66. Castenee vulgaris. Juglans einerea, 1866 Hegelmaier, in Jahreshefte des Ver. für vaterländ. Naturk. im Württemberg, XXIT, p. 30 ff. Setix aurite. g Kätzehen mit zahlreichen =) Blüthen, und ungekehrt, mit allen UVebergangsformen vom Staubgefüss zum Carpell,. Einzelne so 'ent- standene Carpelle brachten normalen Samen hervor. 1868 H. Müller, Umbildung von Ovarien in Staubgefässe bei Salix, in Bot. Zeitg. 26. Jahrg. p. 843—845. Salix einerea L. „Zahlreiche Zwischenstufen zwischen reinen Ovarien und reinen Staubgefässen.“ Nobst eigenthümlichem Erklärungsversuch. 1869 Bail, in Schriften der k. phys. ökonom. Ges. Königsberg, Jahrg. X, p. 195/196, und in Schriften der Danziger naturf. Gesellschaft (1869). Carpinus Betulus. O Blüthenstände mit (theilweise ausschliesslich) Staub- gefässen. Auch umgekehrt Annäherungen der g' Blüthen an Q. Fruchttrauben. Vgl. Text! 3869 1869 1870 1875 1878 261 Fıagus silcatica Webergänge der Q Blüthenstände i in g‘. Eine Zwitterblüthe. Betula alba. Kützchen am Grunde mit O oben g‘ Blüthen. Betula humilis Schrk. Dasselbe. Pinus nigra. Zapfen, welche „an verschiedenen Stellen, ja bisweilen an einer Seite der ganzen Länge nach* J waren. Pinus excelsa ebenfalls androgyne Zapfen. Bei P. excelsa unten „Pinus glaucescens“ d, oben Q- 3 Or IE Bw nude Zwitterblüthen. Vgl. Citate und Theorie im Text! Krafft, Veber den Bau der Maisblüthe, in Verh. der k.k. zool.-bot. Gesellsch. Wien, XIX. Sitzungsber. p. 65—68. Zea Mays. Yinzelne Zwitterblüthen oder ®) Blüthen oder ganze Q Aehren in g' Rispen, auch ganze Q Rispen, sogar keimfähige Fr üchte liefernd. In den Q Kolben einzelne 5‘ Blüthen und Zwitterblüthen. Erklärung (durch ursprünglichen Hermaphroditismus) s. im Text! Sperk, die Lehre von der Gymnospermie, in M&m. de l’acad. imp. des sc. de St. P&tersbg. VII. serie, XIII, 6. Lerixz europaea. Zapfen mit g' und Blüthen. . Bail, in Schriften der K. phys.-ökonom. Ges. Königsberg, Jahrg. XI, p. 117/118, und in (Berliner) Bot. Zeitg. vom 24. VI. 1870. Zea Mays Als inecaaa Anus glutinosa . g Zwitterblüthen; androgyne Blüthenstände. Corylus Comptonia asplenifolla (arex acute. „Mit in allen Aehrchen ausschliesslich männlichen Blüthen.* (Fremptaro von Kaplan Hohendorf.) Vgl. Citate und Theorie im Text! Braun, DieFragenach der GymnospermiederCycadeen, mMonats- berichte derk.preuss. Akad.d. Wissensch. a. d. J.1875, Berlin, p. 350. Vgl. Text! Ascherson (Briefl. Mittheilg. v. Bode), in Verh. des bot. Ver. der Prorv. Brandenburg, XX., Sitzungsber. p. 35/86. Salie americana pendula hort. (Form von Salix purpureu L.) „an vielen Zweigen Staub- neben Fruchtblüthen.*“ Eichler, Blüäthendiagramme, IT, p. 47/48. (Hermaphroditischer Grundplan; vgl. Text!) Potonie, in Verh. des bot. Ver. der Prov. Brandenburg, XX., p. 115. Salix babylowica L. Aehren mit g' und O Blüthen und.Uebergängen zwischen beiden. Vgl. unten 1892, Potonie, und Text. Bonnier, in Bull. de la Soc. bot. de France, XXV], p. 139. Helleborus foetidus. Zahlreiche Uebergünge von Stamina in Carpelle. Meehan, On sex in Castanea Americana, in Proceed. acad. nat, sciences of Philadelphia, p. 166/167, und Martindale et Meehan, Sexual variation in Castanea americana Michx., in Proceed. acad. nat. sciences of Philadelphia vom 5. X. 1880. 262 Cestanea Americana Michr. Früchte in Trauben. Farer Q Blüthen in g‘ Aehren. Populus alba. „Well developed ovartums among the aments." etc. Vgl. Text! 1880 Masters, on some points in the morphology of the Primulacene,, in Transact. of the Linn. Soc. of London, 2. series, vol. ], botany;z mit Abbillungen. Primulseeen. Mannigfache Uebergänge von Stamen in Carpell. Cnpressus Leorsoniana, Kätzchen, dessen untere Brakteen Autheren, die oberen Ovula brachten. 1880 Urban, Flora vonGross-Lichterfeldeund Umgebung, mit Abbilduugen,. in Verb, des bot. Ver. der Prov. Brandenburg, XXIL, p. 52. Carver graeilis Cart. „mit g' Schläuchen“. Vgl. Text! 1882 Royer, iu Bull. de Ia Soe. bot. de France, XXIX, p. 157. Salie eineren gJ und Q Blüthen im gleichen Kätzchen; J und O und herma-- phrodite Kätzchen auf dem gleichen Ast. Viele Uebergänge von g zu hermaphrodiren zu Q Kätzchen, und in derselben Blüthe von Stamen zu Stamen plus Carpell zu Carpell. Temporäre Gynandrie: aus ursprünglich 12 Jahre lang normalen Weiden. entstanden nach und nach solche teratologische Exemplare. 1884 Magnus, Botan. Mittheilungen, A. teratologiehen Inhalts, nit Tafel, in Verh, des bot. Ver. der Prov. Brandenburg, XXVL, p. 73. Beyonia hybrida Sedeni rar. erecta. U. a. Umwandlung der Stamina zu Garpellen. 1885 Magnus, in Verh. des bot. Ver. d.Prov. Brandenburg, XNXVIL, p. VI/VH.. Betnla alba rar. pendula (Kxemplar von Mellen). Q Kätzchen. in seinem oberen Viertel plötzlieh 2. —- 7 -- Carer Goodenoughii (Iixemplar von Kruse) „.. . innerhalb der Utrieuli g Blüthen . . .* 1886 Fernow, iu Bull. Torrey Bot. CL, XI, p. 171. Chestunt „bearing pistillate catkins“. 1886 Seemen von, Einiges über abnorme Blüthenbildungen bei den Weiden, mit Tafel, in Verh, des bot. Ver. der Prov. Brandenburg, XXVUL, pt. Salie Fragilis L. j Blüthen in de Sulir purpurca 1. nit und Q Blüthen in den . . Kätzchen. Salie purpurea L. forma sericean Wimm. Salz triandra L. „mit Blüthen in der Umwandlung vom g' Salir eimeren L. zum O Geschlecht,“ bei den letzten beiden rm Salie awita X einerea Wimm, auch vom O zum g' Geschlecht begriffen.. Masters, Pfianzenteratologie, deutsch von Dammer, p. 219-222, 229-230, 352--353. Viele Fälle aufgezählt. Vgl. ferner Text! 1889 Thompson, Curious Form of Corylus Avcellana, in Journal of Botany, XXVH, p. 188. Forylus Avellana. Q Blüthen an d. Basis eines unentwickelten J' Kützechens. Vgl, Text! 1889 Chodat, Observations teratologiques, in Archives des sciendes. phys. et nat, XXL, p. 42 (Juli 1889), mit Abbildungen. 1886 263 Salir Caprea Salie Russeliane (fragilis X pentandra) N Vebergänge von © in g' Blüthen. u u. Vol. Text! Vel. ferner 1848, Döl! 1890 Hugo de Vries, Ucher abuormale Entstehung seenndärer Gewebe, in Pringsheim’s Jahrb. f. wissenschaftl. Bot, XXI, 1, p. 53. Selie arte, ®) Blüthen an g‘ Inflorescenzen. Zea Mais. „Alle Ucbergänge und Zwischenformen zwischen © Kolben und & Rispen.* Vielfach reife Samen aus 9 Kölbchen, welche in & Rispen standen. 1392 Potonie, Monoecie bei der Trauerweide (Salix babyloniea L.), mit ungen | in Naturw. Wochenschr. VIL, p. 287/289. Vgl. oben, 1878, Potonie, und Text! Anhang zum Litteratur-Verzeichniss. (Alphabetisches Verzeichniss derjenigen vielleicht einschlagenden Litteratur, welche Verf. wohl eitirt fand, welche ihm aber nicht zugänglich war.) Agardh, Vexternes Organografi, p. 379, Note, oder Organographie der Pflanzen, p- 331, 378. 480. Hyacinthus (Anthere statt Ovar.). -- Cit. Mohl in Ann. sc. nat. 2. ser. VIIL, bot. 1837 und Moquin-Tandon, Pflanzen-Teratologie, 1842, p- 207. Ann. nat. hist. September 1856, p. 56. Salix Audersoniana. - - Cit. Master’s, Pflanzen-Teratulogie, 1886, p. 352. Ann. Soc. d’hort. Paris, t. XUI, aoüt 1888. Atlas de Goethe, tab. 4. fig. 23 & p. 62, tab. 4, fie. 40. Mais, Papaver bracteatum; Aurantiacum cor nieulatum (Orange). -- Cit. Moquin- Tandon, Pllanzen-Teratologie, 1842, p. 212 (Umwandlung von Antheren in Q BL. und umgekehrt). Authenrieth, de diserim. sex . in sem. plant. dioie, 7. Hanf. - - Git. Treviranus, Phys. d. Gew. 3838, 11, 1, p. 222/224. . Bonanfous, histoire naturelle du Mais, 1836. — Cit, Hugo de Vries, Anorm. Entst. secund. Gewebe, 1890, p. 53. Bot. Litteraturbl. IV, p. 157. Voith, Missbiklungen. — Cit. Dierbach, repertor. bot. 1881, p. 231. . Camerar, R., opusenla. edid. ). €. Mikan, 159, Wachholder. Cit. Treviranus, Phys. d. Gew. 1838, 11, 1, p. 2227224. Cassini, opuscules pliytologiques, 2. Bd., Seabiosa Columbaria. -- Cit. Dierbach, repertor. bot. 1831, p. 231. j Döll, rhein. Flora, p. 261/262. Mannheimer Salix babrlonica, zwittrige. — Cit. Braun, Individ. 1853, p. 12/18, und Döll, Flora v. Bad. 1859, II, p. 491. Dunal. — Cit. Wesmael in Bull, roy. Belg. 2. ser. t. XV], p. 332 (1868). — (Ver- wandlg. v. Stam. in Carp.). Engelmann, de antholysi (prodr.), p. 26, tab. TIL, fig. 10, 11,14. Campanula persicifolia & rapuneuloides (Griffel mit Anthere) und Cheiranthus, — Cit. Moqwin-Tandon, Pflanzen-Teratologie, 1842, p. 207. De France, Papaver somniferum. — (it. Moquin-Tanden, Pflanzen-Teratologie, 1842, p. 312 (Umwandlung von Antheren in oO Bl. und umgekehrt). D. Gart. Magaz. Forts. Vl, 6, Knight, W assermelonen. -— Cit. Treviranus, D. Phys. d. Gew. 1838, IT, 1, p. 222/224. Flora, XV]. Jahrg. 1858, Nr. 5. Reinsch, Salix. — Cit. von Seemen in Verh. Brandenburg. XXVIL, 1886, p:1. 264 Gay, Bocconia cordata. -— Cit. Moquin-Tandon, Pfanzen-Teratologie, 1842, p. 212 (Umwandlung von Antheren in O Bl. und umgekehrt). Host, Flora austr. IT, p. 641. Salix mirabilis. - - Cit. Masters, Pllanzen-Teratologie, 1886, p. 224. Jahresbericht d. bot. Vereins am Mittel- w Niederrhein, 1837, p. 49, Wenry u. Marqguart. — Cit. Moquin-Tandon, Pflanzen-Teratologie, 1842, p- 207, und Schlechtendal in Linnaea XIV, 1340. Jussieu, Adr. de, Asphodelus ramosus; Myrte. — Git. Moquin- -Tandon, Pflanzen- Teratologie, 182, p. 212 (Umwandlung von Antheren in © Bl. und umgekehrt). Mem. de la Soc. Linndenne de Bordeaux, vol. XT, 1862, Moriere. — Cit. Wesmael in Bull, roy. Belg. 2. ser. t. XV], p. 332 (1863). — Der „Royal society catalogue of seientifie papers, London“ cit. bei Moriöre: „Transformat. des @amines en Öarpelles dans plusieurs especes de Pavot: Normandie, Soc. Linn. Mem. 11, 1362%. Miller, Morus nigra ete,: welsche Nuss; nach Rathgeh (in Gärtner-Lexicon) Mastix- u. Terebinthenbaum. — Cit. Schlechtendal (Hampe) in Linnaea XIV, 1840, p. 372. Mirbel, lil&mens de bof. p, 239, Pfirsieh. - - Cit. Mohl in Ann. se. nat. 2. ser, bat, VIEL, 1837, p.58, u. (ohne Titelangabe) Moqnin-Tandon, Pflanzen-Teratologie, 1842, p. 212 (Umwandlung von Antheren in Q Bl. und umgekehrt). Poiteau et Turpin, arbres Fruit. tab. NNXVIT et t.IM. — Cit. Moquin-Tandon, Pflanzen-Teratologie, 1842, p. 210—212. — Auch Wesmael in Bull. roy. Belg. 2. ser. t. XVI, p. 332 (1863). Raj. Hist, pl. I, Hanf. -- Cit. Trevivanus, Phys. d. Gew. 1838, II, 1, p. 222/224. Schmidel, Ieones plantarum et analysis partium etc. 1782, p. 210, tab. LIV, Apmpervivum. = — Git. Moquin-Tandon, Pflanzen-Teratologie, 1842, p. 210, und Mohl in Ann, nat, bot. 2. ser. VII, 1837, p. 59. — (Verf. sah nur unvoll- ständige E Keunlare dieses Werkes v. Schmidel,) Schweigger, A. F,, de corp. natur, affinitate, Regiom. 1814, 14, Gurken. — Cit. Treviramus, Phys. d. Gew. 1838, IT, 1, p. 222/224. Spach, Thalietrum minus. — Cit. Moquin-Tandon, Pflanzen-Teratologie, 1842, p. 212 (Umwandlung von Antheren in GB. und umgekehrt). Transaut, of the bot. soe. Edinb. T, 2, 1841, p. 113, Leefe, Salix Gaprea (Umwandlung von Pist. in Stam.). -- Cit. Moquin-Tandon, Phunzen- Teratologie, 1842, p. 207. Treviranus, PD. Lehre v. Geschl. d. Pf. 115, Salix Caprea. -— Cit. Treviranus, Phys. d. Gew. 1838, II, 1, p. 427, wo er schon Auszug gibt; s. oben im Ver- zeichniss der consult. Litteratur! Vebersicht der Arb. der schles. Gesellsch. 1825 u. 1880. Henschel, Salix eineren, silesinen, Caprea (Umwandlung von Pist, in Stan.) — Cit. Moquin-Tandon, Pflanzen-Teratologie, 1842, p. 207. Vidensk. Meddelelser, 1868 p. 88, Oerstedt. — (it. Masters, Pflanzen- Teratologie, 1886, p. 222. Wochenbl. d. landw. Ver V1ll. Jahrg. p. 827, blinder oder Nesselhopfen im O zurückverwandelt. - - Cit. Schrank in Flora 1822, I, p. 62. S Zürich, im Oktober 1802. Die Orientirungsbewegungen dorsiventraler Organe. Von F. Noll. In den „Abhandlungen der Kgl. Preuss. Akademie der Wissen- schaften zu Berlin vom Jahre 1892“ ist kürzlich unter dem Titel „Untersuchungen über die Orientirungstorsionen der Blätter und Blüthen“ eine Schrift von Schiwendener und Krabbe erschienen, welche eine besondere Form der Orientirungsbewegungen dieser Organe, nämlich die Torsionen, zu erklären und andere Erklärungs- versuche über das Zustandekommen dieser Bewegungsforin zu besei- tigen sucht. Die dahinzielende Polemik der genannten Schrift ist in erster Linie gegen meine Abhandlung „Ueber die normale Stellung zygomorpher Blüthen und ihre Orientirungsbewegungen zur Brreichung: derselben!)“ gerichtet. In dieser Abhandlung hatte ich zunächst gezeigt, dass die bis dahin gemachten Versuche zur. Erklärung der Örientirungstorsionen, welche eine eigenartige Polarität der Zellhäute (Frank), oder ein einseitiges Uebergewicht (de Vries, OÖ. Schmidt, Wiesner) oder aber eine bestimmte Vertheilung mechanisch vresistenter Gewebe (Ambronn) als Ursache angenommen hatten, mit dem thatsächlichen Verhalten dorsiventraler Blüthen nicht in Uebereinstimmung zu bringen sind. Aus einer grossen Reihe von Versuchen mit den verschiedensten Vertretern dorsiventraler Blüthen ergab sich vielmehr, dass active Bewegungen, wie sie beim Geotropismus im Allgemeinen auftreten, zu der Normalstellung dieser Blüthen führen. Wie bei dorsiventralen Organen überhaupt, so wirkt der Schwerkraftreiz auf die zygomorphen 1) Arbeiten des bot. Inst. in Würzburg Bd. III p. 189 u. 315. 266 Blüthen, so lange sich dieselben nicht in ihrer Normalstellung befinden, dergestalt ein, dass die Dorsalseite durch die ausgelösten Bewegungen, wenigstens streckenweise, wieder oben hin gelangt. Aus inverser Stellung erhebt sich. eine zygomorphe Blüthe durch bevorzugtes Wachsthum ihrer Dorsalseite, wobei die Krümmung so lange fort- schreitet, bis die Endstrecke ihre normale Lage zum Erdradius wieder eingenommen hat. Anch aus anderen abnormen Lagen wird die Normalstellung durch geotropische Krümmungen leicht wieder ge- wonnen. Bei vielen Pflanzen sind die Orientirungsbewegungen mit der Gewinnung der normalen Stellung zur Gravitationsrichtung zum natür- lichen Abschluss gebracht; bei anderen Pflanzen jedoch treten weitere Orientirungsbewegungen durch die bestinnmte Stellungnahme der Blüthe zum Lichte oder zu der eigenen Mutterachse hinzu. Die Richtung der Blüthen nach aussen, von ihrer Mutterachse abgewandt, stellt sich, wie ich zeigte, sehr häufig als eme besondere Normallage dar, welche ausser der normalen Stellung zum Erdradius ebenfalls dureh active Bewegungen angestrebt wird. Die Bewegungen, welche die normale Erdstellung herbeiführen, coumbiniren!) sich dann mit den Bewegungen, welche die normale Erdlage erhalten bezw. sie von neuem herbeiführen, zu einer Torsion, deren Grösse abhängig ist von der vorherigen Stellung der Blüthe gegenüber der Mutterachse. Während meiner Ueberzeugung nach die Torsionen da, wo sie auftreten, auf die Combination dieser beiden Riehtungsbewegungen (nicht nur zweier Krümmungen!) zurückgeführt werden müssen, nehmen Schwendener und Krabbe an, dass die Torsionen durch eine ganz eigenartige Rinwirkung der Sehwerkraft auf die dorsi- ventralen Organe entstehen. Während man bislang immer nur beobachten konnte, dass sich die Einwirkung des Gravitationsreizes durch eine Förderung oder durch ene Hemmung des in seiner vorausbestimmten, gegebenen Form unverändert bleibenden Wachsthums geltend macht, soll nach Schwendener und Krabbe der Schwerkraftsreiz auf dorsiventrale Gebilde manchmal so einwirken, dass er allseitig, auf der Ober-, der Unterseite und den Flanken des Organes, in das gegebene gerad- linige Wachsthum der Zellen selbst eingreife und dasselbe in ganz neue Bahnen lenke. Die gewöhnliche, durch erbliche Anlagen ge- 1) Ueber die Berechtigung der Sch w.-Kr.'schen Tinwürfe dagegen siehe weiter unten. 7 gebene geradlinige Streckung soll durch tiefeingreifende Störungen in eine zur Längsachse schiefe Wachsthumsrichtung umgewandelt werden. Diese ganz absonderliche Art, in welcher der Schwerkrafts- reiz nach der Schw. -Kr.’schen Hypothese bei dorsiventralen Organen zuweilen auftreten soll, bezeichnen die beiden Autoren mit dem Worte „Geotortismus“.t) Nachdem die Verschiedenheit in der Grundlage der gegenseitigen Auffassungen im Vorhergehenden kurz dargelegt worden ist, handelt es sich darum zu untersuchen, ob die beobachteten Orientirungs- bewegungen zu der Annahme einer so eigenartigen Schwerkrafts- wirkung zwingen, oder dieselbe überhaupt zulassen. Es wird weiterhin zu untersuchen sein, mit welcher Berechtigung Schw. und Kr. meine Anschauungen als „nach allen Seiten verfehlt“ bezeichnen dürfen. Ich will hier zunächst etwas näher auf die Ilypotliese des „Gev- tortismus* eingehen und im Anschluss daran erst beleuchten, welcher Natur die sachlichen Gründe und welcher Art die litterarischen Nach- weise sind; welche Schw. und Kr. gegen meine frühere Abhandlung ins Feld führen. Der Gedanke, dass die Schwerkraft unmittelbar durch gleichzeitige und gleichmässige Einwirkung auf alle peripherischen Kanten eines dorsiventralen Organs Torsionen hervorbringen könne, ist nicht neu, sondern wurde lange vor Schw. und Kr. von anderen Autoren er- wogen. Neu ist aber die Form, im welcher die torquirende Wirkung des Gravitationsreizes nach Schw. und Kr. zum Ausdruck kommen soll. Man hatte es sich früher so vorgestellt, dass durch die allseitige Wachsthumsförderung der peripherischen Gewebeschichten gegenüber den kürzer bleibenden, centraler gelegenen Gewebemassen das Tor- sionsmoinent mechanisch gegeben sei. Bei meinen Untersuchungen hatte ich diese Erklärungsweise denn auch in Betracht gezogen und gezeigt, dass verschiedene Beobachtungen einer Annahme dieser Erklärung entgegenstehen. Erstens führen dünnwandige Blüthenröhren von nur wenigen Zelllagen Dicke, bei welchen axile Widerstände also fehlen, die gleichen Torsionen aus wie markige Gewebe. 1) Nomina (generica) ex vocabulo graeco et latino, similibusque bybrida, non agnoscenda sunt, sagt Linne in seiner Philosophia botaniea, wo er unter der Ueber-- schrift „Nomina“ die mustergiltigen Grundsätze für unsere, damals auch formell stark. vernachlässiete Wissenschaft aufstellte.e Man kann, auch im Interesse des äusseren. Gewandes der Botanik, nur wünschen, dass jene Grundsätze Geltung behalten. — Ueber-- dies hatte Pfitzer (Morphologische Studien über die Örchideenblüthe, Heidelberg 1886) die unter dem Fintlusse der Schwerkraft eintretenden Torsionen bereits mit’ dem guten Worte „geostrophisch" belegt. 268 Zweitens gelingt es nur in vereinzelten Fällen «orsiventrale Blüthen nach Einführung ihres Trägers durch Ringe, welehe die Rrümmungen hindern, welche die Torsion an Ort und Stelle aber zulassen würden, ‚sich torquiren zu sehen. Drittens spricht gegen diesen Erklärungsversuch aber noch em Moment, auf welches meines Wissens zuerst Frank aufmerksam gemacht hat, nämlich die Erreichung der Normalstellung durch die Torsion auf kürzestem Wege. Die Richtung einer ‚Drehung, welche in der obengenannten Weise entstehen soll, könnte aber nur von der ganz zufälligen Vertheilung der Widerstände gegen die Torsion abhängen und könnte daher unmöglich immer dem je- weilig eingeschlagenen kürzesten Wege entsprechen. Der zuletzt angeführte Beweisgrund veranlasst auch Schw. und Kr. diese bisherige Anschauung von der unmittelbar torquirenden Wirkungsweise des Gravitationsreizes zu verwerfen. Nachdem sie zu derselben bemerkt haben, „denn wenn dies der Fall wäre, dann müsste die Richtung der Torsion rein vom Zufall abhängen; es würde unter diesen Umständen unerklärt bleiben, warum die Drehung stets so erfolgt, «lass das Organ auf kürzestem Wege seine normale Orientirung erreicht“, stellen sie jener Meinung ihre eigene Ansicht folgender- massen gegenüber: „Damit aber die Torsion in manchen Lagen der Organe in bestimmter Richtung erfolgen kann, muss angenommen werden, dass das Wachsthum in einer zur Längsachse schiefen Richtung, sei es des ganzen Organs oder der einzelnen Zellen, ge- fördert oder herabgesetzt wird.“ Es wäre wohl folgerichtig und zur Begründung dieser Behauptung «urchaus notwendig gewesen, wenn Schw. und Kr. diesem Satze noch den folgenden angeschlossen hätten: Damit aber diese zur Längs- achse sehiefe Richtung die Drehung auf dem kürzesten Wege bewirke, muss weiterhin angenommen werden, dass der kürzeste Weg selbst entweder die Disposition der dorsiventralen Organe oder den Gravi- tationsreiz von vorme herein bestimmend beeinflusse, so dass die eine oder die andere der schiefen Richtungen, die mechanisch möglich sind, mit Nothwendigkeit eingeschlagen werden muss. Ohne diese Folgerung, — deren Voraussetzungen selbst wieder völlig in der Luft schweben, olıne die geringste Aussicht einer physiologischen Vermittlung, — hat der oben angeführte Satz von Schw. und Kr. keinen Sinn and enthält, wenngleich mit einem „damit“ anfangend, durchaus nicht 1) 1. ec. p. 58 des Sonderabdruckes, auf welchen sich die Seitenzahlen in Folgen- ‚den immer beziehen werden. . 26% die geringste Begründung. Warum gerade die eine der möglichen. schiefen Richtungen, nämlich diejenige, welche zum kürzesten Wege: führt, gefördert wird oder gefördert werden muss — darin liegt ja doch gerade der Schwerpunkt der ganzen Frage. Die Schw.- Kr.’sche Annahme bedeutet daher in dieser Beziehung nicht den mindesten Fortschritt gegenüber der von ihnen verworfenen Auffassung ;. sie bringt über die genannte Schwierigkeit nicht im Mindesten hinweg, sondern setzt eine neue an ihre Stelle. Eine der interessantesten, und für Erklärungsversuche eine der" wichtigsten Erscheinungen erfährt also durch den „Geotortismus“ nicht die geringste Aufklärung und es kann also von daher irgend welche Berechtigung für die Annahme desselben keinesfalls abgeleitet werden.. Der Schw.-Kr.’sche Geotortismus soll aber weiterhin eine merk-. würdige Eigenthümlichkeit besitzen. Er tritt nämlich durchaus nicht etwa allgemein als eine besondere Form der Gravitationswirkung bei den. dorsiventralen Organen an die Stelle der bekannten geotropischen Reiz-- wirkungen, er kommt überhaupt gar nicht allen dorsiventralen Organen zu, sondern es können sogar die Schwesterblüthen an ein und derselben. Mutterachse sich gegen den Gravitationsreiz ganz grundverschieden verhalten. Einige derselben sind einfach geotropisch reizbar, andere dagegen geotortisch, wieder andere beides zugleich in verschiedenem Maasse und zu verschiedenen Zeiten. Wenn man bedenkt, wie fun-- damental verschieden von einander nach Schw. und Kr. beiderlei. Wirkungen der Schwerkraft sein sollen, so ist das eine höchst. überraschende Erscheinung, welche an sich schon dem Physiologen. den Geotortismus nicht gerade annehmbarer erscheinen lässt. Aber- der Geotortismus stellt noch weit höhere Ansprüche an unsere physio-- logische 'Fassungskraf. Nachdem eine Blüthe durch ihren Geo- tropismus ihre normale Stellung zur Gravitationsrichtung längst erreicht hat, kommt nun die Schwerkraft noch einmal und fängt in Gestalt des Geotortismus an, die Blüthe zu bewegen. Die Gravitation muss demnach hier. als unmittelbare Reizursache noch einmal auftreten, nach-- dem die normale Stellung zur Gravitation bereits erreicht war. Schw. und Kr. betonen es denn auch wiederholt und heben es in gesperrtem. Druck hervor, „dass die Örientirungstorsionen im Allgemeinen (?) von der Richtung der Organe zum Erdradius unabhängig sind und darum. schon aus diesem Grunde nicht als eine T'heilerscheinung des trans- versalen oder longitudinalen Geotropisnus aufgefasst werden können.“1), i) Die Zeichen m den Klammern sind immer meine Anmerkungen. \ 270 An anderer Stelle (p. 57) findet sich als Schlusstliese der Unter- suchungsergebnisse noch einmal der Satz: „Das Auftreten der geotropischen Torsionen ist von der Lage der Organe zum Horizont unabhängig.“ — Aus anderen Stellen des Textes scheint hervorzugehen, dass mit der „Lage der Organe“ zunächst nur die Richtung der Achse des Trägers oder der Blüthen gemeint ist, nicht die gegenseitige Lage der Dorsal- und Ventralseite. Doch geht dies keineswegs präcis aus der Fassung dieser Thesen hervor und wir haben soeben gesehen, dass das Auftreten der geotortischen Torsionen auch von der Lage der :Symmetrie-Ebene zur Gravitationsrichtung nothwendigerweise unab- hängig sein muss. Wie sollte sonst eine mit ihrer Symmetrie-Ebene völlig normal zum Horizont gerichtete Blüthe, unter dem alleinigen !) Einfluss der Schwerkraft stehend, noch ein Mal von der Schwerkraft zu Bewegungen angeregt werden? Die obige These versteht sich sonach so, wie sie sich auch präsentirt, ohne jede Binschränkung. Der offenbare Widersinn, welcher in dieser These ausgesprochen ist, wird noch auffälliger, wenn. wir uns ihre Consequenzen vergegen- wärtigen. Wenn wirklich die Orientirungstorsionen unabhängig von der Lage der Organe zum Horizont auftreten würden, so ‚wäre denselben eine Ruhelage überhaupt ganz unmöglich gemacht. Eine Orchis-Blüthe könnte, nachdem sie durch Torsion un 180 ® ihre normale Lage zum Horizont erreicht hat, gar nicht in dieser ver- harren, sondern müsste weiter und weiter drehen, so lange ihr Fruchtknoten noch wachsthumsfähig ist. Des Torquirens aller dorsi- ventraleu Organe wäre alsdann kein Ende und die Pflanzenwelt müsste sich unter der Herrschaft eines solehen Geotortismus merk- würdig genug ausnehmen, Trotz der Behauptung der beiden Autoren (p. 60), dass der Werth ‚dieser ihrer Torsionsmechanik „einstweilen auf dem Gebiete des rein Thatsächlichen“ () liege, halte ich es nach dieser kurzen Charakteristik der physiologischen Leistungen des Geotortismus nicht mehr nöthig, noch auf eine kritische Beleuchtung des Membranwachsthums in schiefer Richtung und seiner Consequenzen einzugehen, um so mehr, als wir mit Schw. und Kr. vollständig darin übereinstimmen werden, dass alles Uebrige nach der mechanischen Seite dunkel ist (p. 60). Man wird aus dem Mitgetheilten aber ersehen haben, zu welchen merkwürdigen Annahmen die Örientirungsbewegungen in ihrem an- fangs dargelegten Verlauf führen, wenn man nicht scharf unterscheiden will zwischen einer Normalstellung zur Gravitationsrichtung und einer u Ei) Schw. und Kr. p. 63. 271 cxotropischen Normalstellung, d.h. wenn man nicht annehmen will, dass mit der Lage gegen die Mutterachse hin eine neue Reizursache gegeben ist. Da es sich bei der ersteren um eine bestimmte Ruhe- lage zum Frdkörper handelt, so kann der Richtungsreiz, welcher zur Erreichung dieser Ruhelage führt, nur von einer Einwirkung des Iirdkörpers selbst ausgehen. Ganz ebenso kann aber die Ruhelage, welche eine Blüthe gegenüber ihrer Mutterachse aufsucht, nur durch einen Richtungsreiz bestimmt werden, welcher irgendwie von der Mutterachse selbst ausgeht. Welche andere, lediglich aus der Aussen- welt stammende Richtkraft könnte es auch sein, welche gerade zu einer bestimmten Stellung der Blüthen zur Mutterachse führen müsste ? Die soeben gemachte Folgerung ergibt sich für die Physiologie mit zwingender Nothwendigkeit, und Schw. und Kr. geraten mit sich selbst in Widerspruch, wenn sie dieselbe für die Auswärtsbewegung und Auswärtsstellung nicht wollen gelten lassen. Auf Seite 63 ziehen sie nämlich ganz dieselbe Schlussfolgerung, allerdings bezüglich der Ein- wirkung des Lichtes, Nachdem sie auf die bekannte Thatsache hin- gewiesen, dass die meisten dorsiventralen Blätter ihre Oberseite senk- recht zum einfallenden Licht stellen, fahren sie folgendermaassen fort: „Wo sich nun die Organe in der angegebenen Weise orientiren, ist mit Sicherheit (!) anzunehmen, dass das Licht wenigstens für die Richtung und das Maass der Torsionen den allein ausschlaggebenden Factor liefert. Wäre dies nicht der Fall, dann könnte weder die Lichtlage auf kürzestem Wege erreicht werden, noch die Bewegung jedesmal bei dieser Stellung der Organe zum Stillstand gelangen.“ )) Die Logik, welche hier bei der Örientirung zum Licht aus- drücklich anerkannt wird, hat aber selbstverständlich die gleiche Geltung bei der Orientirung zur Tragaclıse. Dass die Auswärtsstellung vieler Blüthen als eine, durch active Bewegungen aufgesuchte Ruhelage aufzufassen ist, war mir bei meinen zahlreichen Versuchen durchaus klar geworden. Diese bestimmte Ruhelage setzt aber, wie erwähnt, eine Reizursache voraus, welche in anderen Stellungen (als der Auswärtsstellung) die Bewegung veranlasst und in -bestimmtem Sinne beeinflusst. Nach ihrem Ziele, der Auswärts- stellung, bezeichnete ich diese Bewegung als exotropisch und die Eigen- schaft der Pflanzentheile, diese bestimmte Orientirung zur Mutterachse auf- zusuchen, als Exotropie. Schw. und Kr. erkennen die Auswärts- stellung als besondere Ruhelage nun vollständig an, aber obgleich sie wiederholt von der „Auswärtsbewegung“, von der „Örientirungs- 1) Vergl. auch Schw. und Kr. I. e. pag. 40. 272 bewegung gegen die Tragachse“ sprechen, soll ein Einfluss der Tragachse gleichwohl nicht existiren. Das Vorhandensein einer Exotropie wird völlig in Abrede gestellt und die Auswärtsstellung der Blüthen allein von der drehenden Einwirkung der Gravitation, deren Rich- tung mit der Auswärtsstellung nicht das Mindeste gemein hat, deren Einwirkung obendrein noch unabhängig sein soll von der Taage der Örgane zur eigenen Wirkungsrichtung, erwartet. Wie auf diese Weise eine bestimmte Ruhelage zur Mutterachse zu Stande kommen soll, das haben Schw. und Kr. nirgends zu zeigen versucht; es dürfte das prineipiell auch ganz unmöglich sein. Dass Schw. und Kr. die Existenz der Exotropie nieht zugeben, beruht hauptsächlich auf dem Ausfall ihrer eigenen und meiner Klinostat- Versuche. Wie ich auf Grund sehr zahlreicher Versuche mit diesem Apparat nachgewiesen habe, unterbleibt nämlich bei der Klinostatendrehung die Auswärtsbewegung der Blüthen vollständig. Dies ist aber gerade dasjenige Versuchsergebniss, von dessen Eır- klärung das Auseinandergehen der beiderseitigen Anschauungen in erster Linie bestimmt wird, und es bedarf dieser Punkt, von welchem sich Widersprüche sowohl nach der einen wie nach der anderen Seite hin zu ergeben scheinen, hier noch einer eingshenden Erörterung. Eine oberflächlichere Beurtheilung kann hier nämlich schr leicht zu einer falschen Auffassung der gegebenen Verhältnisse führen. Da. am Klimostat: die exotropische Bewegung ausbleibt, so folgern Schw. und Kr. richtig, dass dieselbe von der einseitigen Wirkung der Schwerkraft abhängig sei. Sie folgern daraus aber weiter, es könne somit keine innere, von der Lage zur Mutterachse selbst aus- gehende Reizwirkung hier in Betracht kommen. Für diese Auf- fassung besteht der Schein eines Rechtes, aber auch nur der Schein, wie wir noch sehen werden. Mir selbst war bei meinen Versuchen jene merkwürdige Thatsache natürlich auch sehr überraschend ge- kommen und ich habe auf den scheinbaren Widerspruch dieses Ergebnisses mit den anderen Resultaten ausdrücklich hingewiesen. Ich habe mich dabei aber keineswegs mit den Worten begnügt, welche Schw. und Kr. p. 52 zu eitiren belieben, sondern habe aus- drücklich auf einen Weg hingewiesen, auf dem das Verständniss für die sich scheinbar widersprechenden und einer einfachen Erklärung sich nicht fügenden Versuchsergebnisse gefunden werden könne. Auf diese meine Ausführungen gchen Schw. und Kr. jedoch mit keinem Worte ein, sondern ziehen es vor, meine Auffassung in dieser 213 Sache wesentlich entstellt wiederzugeben, dadurch, dass sie m An- führungszeichen Worte citiren, welche ich gar nicht gebraucht habe, und die meiner Auffassung gar nicht entsprechen. Dass die exo- tropische Bewegung „inneren Wachsthunsursachen ohne Mitwir- kung äusserer Richtkräfte“ entspringe ist mir nicht eingefallen zu behaupten; im Gegentheil habe ich ausdrücklich erwogen, inwiefern die Mitwirkung der Schwerkraft bei der Exotropie, deren Existenz für mich experimentell feststand, zu verstehen wäre. Um den Lesern dieser Zeilen ein eigenes Urfheil über diesen Punkt bequemer zu machen, über welchen sie dureh die Darstellung von Schw. und Kr, wie gesagt, nicht recht unterrichtet werden, will ich aus den Arbeiten des botanischen Instituts in Würzburg (p. 368 und 369) meine Auf- fassung der Sachlage hier wörtlich wiedergeben: „.... Es geht vielmehr aus dem bisher Mitgetheilten hervor, dass wir es bei dieser Lateralbewegung augenschemlieh mit einer correlativen Wachsthums- erscheinung zu thun haben, Wir haben gesehen, dass die Ver- längerung einer Seitenkante früher oder später nach der Median- krümmung eintritt, und dass sie diejenige Kante im Weachsthum fördert, welche der Mutterachse zugekehrt ist, so «ass das Organ auf kürzestem Wege in die Aussenstellung gelangt. Sind beide Seiten- kanten in dieser Beziehung gleichwerthig, wie bei einem genau in der Medianebene gekrümmten, auch von seitlichen Lichteinflüssen nicht alterirten Organ, dann tritt die Latervalbewegung scheinbar willkürlich in einer der beiden Seiten auf oder unterbleibt auch ganz. Die Aussenstellung ist als das Endziel der Bewegung zu betrachten, denn nach Erreichung derselben hört die Lateralbewegung auf und wird sogar, falls ein Ueberschwenken durch Nachwirkung stattge- funden hat, durch Rückkehr wieder aufgesucht. Im Laufe der Ver- suche haben wir auch Mittel kennen velernt, die Lateralbewegung, welche manchen Orchideenblüthen, z. B. den Ophrysarten, von selbst fehlt, auch künstlich bei Blüthen- und Blattgebilden zu inhibiren dadurch, ‘dass ein Theil der Mutterachse oder mit ihr benachbarte oder gegenüber sitzende Blüthen und Blätter entfernt wurden. Wir sahen, dass in diesem Falle die Orientirung in die Normallage ge- wöhnlich durch Mediankrümmung allein besorgt wird, so dass also der Antrieb zur Lateralbewegung von jenen Theilen ausgehen muss. Wir haben danach die Lateralbewegung so aufzufassen, dass sie aus inneren Wachsthumsursachen, inneren Reizen und zwar vermittels des correlativen, Zusammenhanges der Organe eines Sprosses inducirt wird... . Ich habe mir bezüglich der exotropischen Lateralbewe- Flora 1892, Supptl.-Bd, 18 274 gungen dann noch die Frage vorgelegt, ob dieselbe direct oder indireet indueirt werde. Bei der Bezeiehnung „indireete* Induction denke ich an die Erscheinung, dass an einer entgipfelten jungen Tanne ein (oder mehrere) eigentlich plagiotroper Seitenzweig sich aufrichtet und die Rolle der orthotropen Hauptachse übernimmt. Die Aufrichtung ‚les plagiotropen Zweiges ist unstreitig geotropischer Natur, denn sie geht nur so weit, bis derselbe in die Richtung des Erdradius eingestellt ist. Andererseits ist der ganze Vorgang ein correlativer, “dureh die Abtragung der morphologischen Spitze erst eingeleiteter. Wir hätten darnach anzunehmen, dass auf correlativem Wege den Seitenzweigen negativer Geotropismus indueirt wird, welcher seiner- seits -erst die Bewegungserscheinung hervorruft. In diesem Sinne habe ich das Wort „indireet indueirt* gebraucht. Dass kein Helio- tropismus bei der exotropischen Lateralbewegung im Spiel ist, wurde bereits im ersten [heil eingehend erörtert. Is handelte sich also nur noch um eine irgendwie von der Schwerkraft bewirkte Bewegung“. — Hierauf werden dann die erwähnten Versuchsergebnisse am Klinostat mitgetheilt. Ich glaube es gcht daraus doch deutlich genug hervor, dass ich an eine exotropische Bewegung „ohne Mitwirkung* äusserer Richt- kräfte nicht entfernt gedacht habe. Ich habe, wie man sieht, aus- drücklich unterschieden zwischen direeter und indirecter In- duction und dabei schon auf ein Beispiel verwiesen, auf welches ich noch ein Mal zurückkommen will, nämlich auf die geotropische Auf- richtung des Seitenzweiges einer entgipfelten Fichte. Durch die Anführung dieses Beispiels ist, wie ich in der Schrift „Ueber heterogene Induc- tion® neuerdings gezeigt zu haben glaube, thatsächlich der Schlüssel zum Verständniss über die Betheiligung der Gravitation an der exo- tropischen Bewegung gegeben. Wenn bei einer entgipfelten Fichte sich ein Seitenzweig auf- richtet, so geschieht dies, wie gesagt, offenbar infolge von Gravi- tationswirkung. Die Schwerkraft wirkt aber keineswegs an sich schon in dieser Art auf den Seitenzweig an der unverletzten Pflanze ein, sondern erst dann, wenn durch Entgipfelung der Mutterachse die geotropische Disposition im Seitenzweig eine Aenderung erfahren hat. Es ist also zunächst ein von der Mutterachse ausgehender Reiz, welcher als der primäre es veranlasst, dass die Gravitation in modi- fieirter Weise auf das Seitenorgan einwirkt. Durch die Feststellung des geotropischen Charakters der Aufrichtung eines Seitenzweiges ist demnach noch lange nicht bewiesen, dass überhaupt keine von 275 ger Mutterachse ausgehende interne Reizwirkung in Betracht komme. Xlinostatversuche lassen hier nur einen Schluss auf die Mitwirkung der Schwerkraft zu, gestatten aber durchaus keinen Rückschluss auf‘ die Betheiligung innerer Reizursachen bei dem ganzen Verlauf. Wie aber der ursprünglich von der Mutterachse ausgehende Reiz zur Aufriehtung eines Fichtenzweiges am Klinostat wegen der damit ver- knüpften Mitwirkung der Schwere nicht zum Ausdruck gelangen ‚kann, so kann auch die von der Mutterachse indueirte exotropische Lateralbewegung am Klinostat sich nicht bemerkbar machen. Die exotropische Lateralbewegung ist demnach so aufzufassen, dass sie durch heterogene Induction zu Stande kommt, indem die primär von der Mutterachse ausgehende Reizursache, welche selbst keinen Einfluss auf den Bewegungsvorgang besitzt, die geotropische Disposition der Blüthenträger ändert. Sobald diese Träger eine andere als die Auswärtsstellung einnehmen, wird durch Umlagerung der geotropischen Struktur die der Mutterachse zugekehrte Flanke mit dem Ergebnisse der Lateralbewegung) gefördert, ähnlich wie bei Sehlingfanzen die Gravitation auf eine Flanke geotropisch fördernd emwirkt.!) Diese Uebereinstimmung in den Flankenbewegungen bei den Sehlinspflanzen und den sich torquirenden Blüthenstielen kommt auch in einer äusserlichen, durch den besonderen Charakter dorsiventraler Gebilde natürlich beschränkten Aehnlichkeit der erreichten Form, nämlich in der schraubigen Windung der Achsen, zum Ausdruck. Dass wir uns bei dem Worte „innere Reize“ und „Correlation“ aoch nicht viel denken können, ist natürlich kein Grund für eme Ableugnung dieser Factoren, welche uns im Leben der Pflanzen ähr Dasein trotz ihrer Räthselhaftigkeit doch durch die sichtbarsten Wirkungen beweisen, Die Einwirkung oder Nichteinwirkung innerer Reizursachen kann nicht aus Klinostatversuchen allein gefolgert, sondern muss mit Hilfe ‚anderer Experimente erwiesen werden. Dass die Richtung, welche das Seitenorgan bei der exotropischen Bewegung schliesslich einnimmt. und innehält, schon einen Rückschluss auf den Ursprung der Reiz- arsache gestattet, wurde bereits erwähnt. Ich ‘habe mit Hilfe des direeten Versuches aber noch bestimmtere Anhaltspunkte über der. Einfluss der Mutterachse auf die exotropische Bewegung zu finde: gesucht. Es gelang mir den Nachweis zu führen, dass z. B."Orchis- i) Vgl. Noll, Ueber heterogene Induetion, Leipzig 1892, p. 45 fl. 18* 276 blüthen, welche durch Abtragen eines Stückes der Blüthenspindel künstlich endständig gemacht werden, keine Torsion erfahren, sondern durch eine einfache geotropische Krümmung ihre Normallage erreichen, indem der exotropische Anstoss, welcher von dem oberen 'I'heil der Mutterachse ausgeht, nun in Wegfall kommt und damit auch die Aus- wärtsbewegung unterbleibt. Ich interpretirte diesen Versuch fulgender- maassen: „Diesem Versuche lege ich eine besondere Bedeutung bei weil er deutlich darauf hinweist, dass die geotropische Mediankrüämmung- den Cardinalpunkt der ganzen ÖOrientirungsbewegung darstellt. Es ünterbleibt hier eben nur die Lateralbewegung, welche sich sonst mit ihr combinirt und durch 1lervorrufen einer 'Torsion den Charakter jener ersteren etwas verwischt, aber nicht wesentlich alterirt. Vie Annahme, dass die Gravitation direet auf eine Torsion hinwirke, ist, wenn man für diese künstlich endständig gemachten Blüthen nicht total andere Voraussetzungen als für die Schwesterblüthen machen will — was aber dureh nichts gerechtfertigt ist —, durch diesen Ver- such vollständig ausgeschlossen. Weiterhin, und das ist ein nicht minder wichtiger Punkt, geht aus diesem Versuche hervor, dass die Jaateralbewegung von den hier entfernten 'Theilen gewissermaassen induzirt wird. Dieselbe Blüthe, welche sich nur median krünnite, würde die Lateralbewegung in vollem Maasse ausgeführt haben, wenn das obere Spindelstück und die gegenüber sitzenden Dlüthen nicht entfernt worden wären. Die Lateralbewegung der Orchisblüthe wird demnach von benachbarten Organtheilen aus induzirt — ob dies ein direeter oder indirecter Stimulus ist, das soll erst später in Erwägung gezogen werden“ (s. oben). — Derartige Versuche habe ich nicht nur bei Orchideen, sondern auch bei anderen Pflanzen mit exotropischen Blüthen, u. a. auch mit Impatiens- und Balsamina-Arten, stets mit: gleichem sicherem Erfolge wiederholt. Der Einwand, welchen man gegen diese Versuche erheben könnte, dass nämlich durch die Verwundung die der intacten Pflanze eigene Reizbarkeit geändert werde, erledigt sich durch die 'T'hatsache, dass das. gleiche Verhalten der Blüthen unter Umständen auch an unverletzten Pflanzen zu beobachten ist. Einzelne Orchideen, worunter die be- kanntesten die aus der Abtheilung der Cypripedilinen, besitzen lange Blüthenschäfte mit meist nur einer scheinbar endständigen Blüthe. Diese Blüthe ist aber nicht eigentlich endständig, da sich der Blüthenschaft in Gestalt eines kurzen, verkümmerten Spitzchens darüber hinaus fortsetzt. Unterhalb dieser obersten Blüthe treten zuweilen noch wenige andere am Blüthenschafte auf. Die Orientirungsbewegungen 277 ‚der unteren Blüthen weichen bei solchen mehrblüthigen Inflorescensen von Cypripedilum- und Paphiopedilumarten von der Bewegung der obersten Blüthe nun in derselben Weise ab, wie die unteren Blüthen ‚an einer decapitirten Spindel einer Orchis oder Gymnadenia von der obersten. Die oberste Blüthe nimmt ihre Normalstellung ein durch ‚einfache geotropische Krümmung.: Die unteren zeigen mehr oder weniger starke Exotropie und dementsprechende Torsionen. Obgleich hier also kein Wundreiz mit ins Spiel kommt, reagiren die verschieden ‚gestellten Blüthen verschiedenartig und es ist schwer einzusehen, warum die Schwerkraft auf einzelne geotropisch, auf die anderen aber geotropiseh und dabei noch mehr oder weniger geotortisch einwirken . sollte. — Bei Iımpatiens Balsamina ist Aehnliches zu beobachten; es ist bei dieser Pflanze nachzuweisen, dass die exotropische Bewegung nicht von der sehr verkürzten Blüthenspindel ausgeht, sondern von den gegenüberstehenden Knospen induzirt wird. Entfernt man diese frühzeitig, so unterbleibt bei den stehengebliebenen Knospen die exo- ‘tropische Bewegung und damit die Torsion. Ganz dasselbe ist aber auch dann der Fall, wenn zufällig die gegenübersitzenden Knospen von selbst fehlen oder auch nur verkümmert sind. Es ist also augen- scheinlich nicht der Wundreiz, welcher bei den künstlichen Eingriffen die veränderte Orientirungsweise bedingt, sondern lediglich die An- wesenheit oder Abwesenheit der Theile, von welchen der correlative Reiz der Exotropie seinen Ausgang nimmt. Wenn Schw. u. Kr. das veränderte Verhalten solcher Blüthen damit erläutern wollen, dass sie (p.54) sagen: „Entfernt man an ‚einer Orchideenspindel den oberen Theil, so ist es für die in unmittel- barer Nühe der Schnittfläche stehenden Blüthen zwecklos (!) ge- worden, eine Torsion auszuführen, denn es ist für sie eigentlich keine ‘Spindel mehr vorhanden, von der sie sicb hinwegzuwenden hätten“, so kann eine solche Auslegung, bei welcher unsere menschliche Auffassung von zweckdienlich und zwecklos für das physiolo- ‚gische Verhalten von Blüthen maassgebend erachtet wird, doch keinen Anspruch auf eine physiologische Auffassung, geschweige denn ‚auf eine physiologische Erklärung machen. Was Schw. u. Kr. zudem bei der Bemerkung denken, dass keine Spindel mehr vorhanden sei, von der sich die Blüthen hinwegzuwenden hätten, ist schwer einzusehen, da sie der Spindel ja gar keine Bedeutung für die Auswärtsbewegung zugestehen. Aber selbst wenn man unsere Zweckhegriffe der Auslegung dieser Versuche zu Grunde legen wollte, so wäre erst recht nicht einzuschen, warum eine Blüthe den grossen Bogen 278 über den Spindelstumpf hinweg machen sollte, wenn sie es so bequem hat, mit Hilfe des Geotortismus sich auf dem Fleck herum- zudrehen. , Indem Schw. u. Kr. der Frank’schen Regel vom kürzestem Weg die weitere (p. 54) hinzufügen, dass die Organe ihre zweek- mässige Lage in einfachster Weise erreichen sollen, so wider- sprechen sich für eine künstlich endständig gemachte Blüthe die: beiden Regeln, wie man sieht, schon von vorneherein. Immerhin ist mir das Zugeständniss der beiden Autoren, dass die Ueberkrümmung über den Spindelstumpf hinaus der einfachere Weg (die Torsion dem- nach der complieirtere) sei, ganz interessant, denn das stimmt völlig‘ mit meiner Auffassung der Sachlage überein. Nach eingehender Erwägung dessen, was Schw. und Kr. gegen die Annahme einer Tixotropie geltend machen, kann ich- keinen ihrer Einwände als berechtigt anerkennen, sondern bin um so mehr von dem Vorhandensein der Exotropie überzeugt, als: die Versuche, dieselbe zu umgehen, zu Anschauungen führen müssen, welchen man eine Berechtigung in der exacten Physiologie nicht zu- erkennen kann. Wie Eingangs erwähnt, kommen die Orientirungstorsionen nach meiner Ueberzeuguug durch die Combination von verschiedenen geo- tropischen ünd exotropischen Bewegungen zu Stande, Schw. und Kr. suchen mich nun zu belehren, «dass durch die Combination zweier aufeinander senkrecht stehender Krümmungen keine Torsion entstehen könne, sondern abermals eine Krümmung, welche in eine andere Ebene fällt. Hätten die beiden Autoren meine Ausführungen gewissenhafter gelesen, so hätten sie finden müssen, dass diese Be- lehrung ganz unnöthig war. Ich habe (p. 248) unter Hinweis auf die- Ambronn’sche Mittheilung ganz ausdrücklich betont, dass ein Kreis- bogen nach der Wirkung einer zweiten Kraft, welche senkrecht zu seiner Ebene wirkt, als Kreisbogen er- halten bleibt.') Ich habe weiter darauf hingewiesen, dass unter diesen Umständen: an einem in senkrechte Ebene gestellten Kreisbogen (wie er an einer durch Mediankrümmung eingestellten Blüthe vorliegt) die obere Kante nothwendig unten hin gelangen müsste, dass aber bei dorsiven- 1) Wie ich l.e. schon angab, kann man sich das leicht an einem halbirtemr ebenen Papierringe vorführen, olne solche Apparate nöthig zu haben, wie Schw. und Kr. sie beschreiben; man hat nur nöthig, die eine Fläche dieses Papierriuges - durch Behauchen oder Beteuchten gegenüber der andern zu verlängern. 279 \ralen Organen sich die Sachlage „wesentlich“ dadurch ändere, dass durch beständige Gravitationswirkung der Scheitel der Blüthe wieder obenhin gelange. Ich führte an, dass aus dem Kreisbogen dann eine Schraubenlinie hervorgehe, wie man es direet an einem Modell constatiren könne, wenn man dabei Sorge trage, dass die fingirte Blüthe in normaler Erdstellung ver- bleibt, und der Natur des Vorganges. in Wirklichkeit entsprechend, nur die Riehtung zur Mutterachse ändere. "Ich habe im Laufe meiner Ausführungen noch wiederholt hervor- gehoben, dass die durch die exotropische Bewegung aus ihrer normalenStellungzumErdradiusherausgerückteBlüthe durch fortwährende erneute geotropische Orientirungs- bewegungen in dieselbe zurückgeführt werden müsse (siehe z.B. p. 246, 247, 252, 316, 318, 346, 363). Das Resultat müsse dann eime Torsion sein, wie man sich das an einem Modell jederzeit klar machen könne. Wie man sieht, ist das aber doch etwas wesentlich Anderes, als was Schw. a. Kr. mir, mit völliger Verschweigung dieser meiner Ausführungen und ausdrücklichen Hinweise unterschieben, dass ich nämlich aus der Combination zweier Krümmungen die Torsion erklären wolle. Wenn Schw. und K. daher (p. 11) von mir behaupten: „Nachdem er die Annahme, dass aus der Combination zweier Krümmungen Torsion resultiren müsse, gemacht hat, sieht er sie auch schon als bewiesen an*, so geht daraus hervor, dass sie mich völlig missverstanden haben.) Wie aus der Combination der -geotropischen und exotropischen Bewegungen die schliessliche Verlängerung der sämmtlichen peri- pherischen Kanten sich ergibt, habe ich zudem (p. 367) folgender- maassen klar zu machen versucht: „Die nächstliegende Frage ist nun die, wie es konmt, dass zum Schluss der Orientirungsbewegung die peripherischen Kanten länger sind, als die Achse. Nehmen wir der 1) leh kann mir dieses auffallende Missverständniss nur damit erklären, dass einer der Autoren noch beim Lesen meiner Abhandlung selbst die Auffassung mitbrachte, dass durch Combination zweier Krümmungen Torsionen entstehen müssten und dess- halb nicht genauer auf die Lectüre meiner Ausführungen einging. Wenigstens be- hanptet noch 1889 Krabbe (Zur Kenntniss der fixen Lichtlage der Tauhblätter, p. 249): „Die Blattstieldrehungen, die an Fuchsia auf dem Klinostaten zur Beobachtung gelangen, sind offenbar dadurch bedingt, dass sich nit der Wirkung des Tiichtes“ (das nur krümmend wirke) „noch eine zweite Kraft, die Epinastie, in einer anderen lübene combinirt, erst durch diese Combination der fraglichen Kräfte, werden die Blattstiel- drehungen möglich... Dass die hier gegebene Erklärung der Torsionen die vichtire ist (!), folgt auch aus anderen sogleich zu besprechenden Veısuchen,* \ 280 Binfachheit halber ein direet invers gestelltes dorsiventrales Organ zu dieser Betrachtung heraus, so wird durch die geotropische Median- krümmung die Dorsalseite gegenüber der Achse gefördert. Danach möge im derrechten Flanke sich die Lateralbewegung durch Förderung dieser Kante geltend machen. Wie wir wiederholt gesehen, kippt dadurch dies Organ nach der linken Seite über und der Geotropismus . wird nun die linke Kante gegenüber der Achse zu fördern suchen, aber nicht genau die linke, sondern die durch die fortschzeitende Veberkippung jedesmal unten liegende Kante der linken Flanke. Gegen das Ende der Orientirungsbewegung ist diess aber die Ventral- seite. Auch sie wird daher noch geotropisch etwas gefürdet, aber am wenigsten. Die Folge der ungleich starken Verlängerung der peripheren Gewebe ist die, dass’ die torquirte Strecke des Organs nicht um dessen gestreckte Achse torquirt ist, sondern die Form einer Schraubenlinie annimmt. Das Organ macht den Bindruck, als sei es wie ein schlingender Stengel um eine Stütze gewunden worden, wobei die kurze Ventralseite dieser Stütze angelegt worden wäre. Auch auf dieses Verhalten, welches sich in verschieden deutlicher Weise geltend macht, wurde schon wiederholt bei Beschreibung der 'Torsionen hin- gewiesen und es ist dasselbe grade bei den ziemlich dieken Orchideen- fruchtknoren oft leicht zu beobachten. Es ist also in den meisten Fällen nicht richtig, und gleichzeitig überverlängern.* Auf eine ausführliche mechanische Darstellung, wie schrittweise nach Zeit- und Weg-Differentialen die Torsion entstehen muss, hatte ich absolut keine Veranlassung einzugehen, nachdem am Modell ge- zeigt war, dass das Resultat so und nicht anders ausfallen kann. Es zu sagen, dass sieh alle Kanten gleichmässig wäre eine nicht leichte Aufgabe für sich, die mathematisch-mechanische Theorie einer so eomplieirten Bewegung zu entwickeln; ich sehe das aber nicht als eine Aufgabe der Physiologie an. Die physiologische Aufgabe war gelöst, als gezeigt war, dass Torsionen durch Combination ‚der in ihren Einzelleistungen erkannten Bewegungen entstehen müssen. Dass mir Schw. u. K. den Vorwurf machen wollen (p. 10), ich hätte an keiner Stelle meiner Arbeit den Beweis zu liefern versucht, dass auf Grund meiner Prämissen mit mechanischer Nothwendigkeit.'Tor- sionen entstehen müssen, begreife ich um so weniger, als sie es selbst nieht für nofhwendig erachten, auf eine detaillirte Behandlung der Mechanik einzugehen. Sie schreiben selbst (p. 38,39): „Es kann nun nicht in unserer Absicht liegen, die verschiedenen Formverhältnisse der sich tordirenden Organe in den einzelnen Phasen der Orientirungs- 281 bewegung genauer darzulegen, um so weniger, als dies olme Zuhilfe- nahme direct ad oculos zu demonstrirender Modelle kaum möglich sein würde. Zudem würden diese Einzelheiten kaum noch in den Rahmen dieser Arbeit gehören, da sie für die Frage nach dem mechanischen Zustandekommen der Torsion keinerlei neue Momente enthalten.“ Es ist aber nichts bezeichnender für den Ton und den Geist, welcher die Schw.-Kr.’sche Polemik durchweht, als die Art “und Weise, wie der Umstand kritisirt wird, dass ich ein Modell zur Erläuterung des Entstehens der Torsionen benutzt habe, Schw. u. K. schreiben (p. 12): „Am Schlusse der ersten Abhandlung sucht Noll die in der Natur zu beobachtenden Blüthenbewegungen noch an einem künstlichen Modell für bestimmte Fälle zu veranschaulichen. Eine aus Papier gefertigte zygomorphe Blüthe, die mit der 'Tragaxe in inverse Lage gebracht ist, wird mit der Hand zunächst aufwärts gekrümmt, um damit die Mediankrünmung zu demonstrivren, und hierauf zur Herbeiführung der Aussenstellung um 180° tordirt, — ebenfalls mit der Hand.“ Der Versuch zeige nichts anderes, als dass man emen Papierstreifen mit der Hand beliebig krümmen und tordiren könne ete..... Man kann über den Nutzen der Anwendung von Modellen ja ver- schiedener Meinung sein; ich selbst habe sie sowohl zur eigenen wie zur fremden Belehrung immer als sehr brauchbar geschätzt, weil man sich eben am Modell im Gegensatz zum beobachteten Naturobjeet von jeder einzelnen Veränderung, von jeder Bewegung, genau Rechenschaft geben kann. Aber wie gesagt, Andere können anderer Meinung sein und werden dafür auch ihre guten Gründe haben. Schw. u. RK. ge- hören aber durehaus nicht zu diesen Anderen, sondern machen, wie schon ein Blick auf ihre Tafeln zeigt, von Moilellen den ausgedehn- testen Gebrauch. Da muss man sieh denn fragen, was diese Autoren mit ihrer Bemerkung denn eigentlich beabsichtigten? Bewegen sich ihre Modelle denn vielleicht von selbst oder werden sie nicht auch „mit der Hand* bewegt? Die abgebildeten. Drahtgestelle, Holzklötze und Charnierschlangen sehen nieht darnach aus, als ob sie autonome Be- wegungen ausführten und wurden an dem DBleirohr, an welchem Schwendener die Bewegung der Schlingpflauzen analysirte!) die Bewegungen nicht etwa auch mit der Hand ausgeführt? Im Anschluss an diese Besprechung meiner Modelldemonstration schleicht sich bei Schw. u. K. abermals ein litterarisches Versehen ein, 1) Ueber das Winden der Pflanzen. Monatsher. der Berl, Acad. Dec. 1881. p. 1090. 982 indem sie mir die Behauptung zuschieben, „an diesem Öbjecte“ würde der Charakter der Torsion ete. besonders Klar. Aus meiner Darstellung (p. 247) geht aber klar hervor, dass mit „diesen Objecte* die lebendige Linariablüthe, aber nicht das todte Modell gemeint ist, für welches diese Behanptung sich allerdings seltsam ausnehmen würde. Ambronn hatte in seiner berührten Mittheilung für das Zustande- kommen der Torsionen von dorsiventralen Organen die verschiedene Vertheilmg resistenter Gewebe auf deren Querschnitt in Betracht gezogen und behauptet, dass durch die krünmende Wirkung auf dazu ‚unsymmetrisch vertheilte Widerstände Torsionen entstehen müssten. Ich hatte diesen Erklärungsversuch bei meinen Untersuchungen auch bereits in Erwägung gezogen und gezeigt, 1., dass eine Vertheilung resistender Gewebe, wie sie A. voraussetzt, in den meisten Blüthensrielen, welche sich trotzdem torquiren, thatsächlich gar nicht anzutreffen ist, und 2., dass symmetrisch gebaute Blattstiele unter Umständen die entgegen- gesetzten Bewegungen ausführen, als nach der Ambronn'schen Berechnung zu erwarten ist; endlich 3., dass dort, wo bei symmetri- schen Organen besondere Streeken für die Bewegungen different aus- gebildet werden, wie z. B. in Blattpolstern, die symmetrische Anord- nung resistenter Gewebe aufgehoben und durch eine eentrische ersetzt wird. Dieser Erklärungsversuch von Ambronn kann also für die Blüthenbewegungen überhaupt garniehfinBetrachtkommen und es hat daher für «ie Lösung unserer physiologischen Frage keine un- mittelbare Bedeutung, wenn Schw. u. Kr. in zwei Kapiteln durch seiten- lange Ausführungen, mathematische Berechnungen, Versuche und Modelldemonstrationen die Unrichtigkeit dieser Ambronn’schen Voraussetzungen nachweisen. Schw. u. Kr. legen ein besonderes Gewicht auf die Tatsache, dass 'Torsionen nicht nur, an vorher gekrümmten, sondern auch an ziemlich grade gestreckten Organen auftreten. Sie glauben, daraus schliessen zu dürfen, dass die Torsion durch Geotortismus unmittel- bar hervorgebracht, nicht aber dureh Combination von exotropischen und geotropischen Bewegungen entstanden sei. Auf diese Form der Torsion, welche die Blüthe oder die Blatt- spreite fast an Ort und Stelle m die normale Lage herumdreht, habe ich in meiner Abhandlung auch wiederholt hingewiesen und will meine Auffassung dieser Erscheinung Schw. und Kr. gegenüber hier noch einmal wiederholen. Ich muss dabei zunächst an einen schr einfachen Versuch aus der Mechanik erinnern. Auf einer Ebene liege eine Kugel auf dem Punkte O; es wirke auf diese eine Kraft 7, 283° welche sie bis zum Punkte B bewegt. Hier bei B wirke eine zweite: Kraft in einem bestimmten Winkel, sagen wir im rechten Winkel zur Richtung der Kraft 8, und diese neue Kraft y bringe dann die Kugel bis zum Punkte ©. Die Kugel hat dann durch die nach- einander wirkenden Kräfte den Weg von Ö nach B und von da unter’ rechtem Winkel nach C zurückgelegt. Lassen wir die Kräfte Bund y aber gleichzeitig einwirken, so läuft die Kugel von O auf geradem Wege, ohne B zu berühren bis ©. — Wenn andererseits bei einer’ invers gestellten dorsiventralen Blüthe das Zusammenwirken von geotropischen und exotropischen Bewegungen dahin führt, wie ich am Modell gezeigt und p. 367 für den Blüthenstiel auseinander ge-- setzt habe, dass die Blüthe schliesslich in normaler Einstellung auf ziemlich geradem aber torquirtem Stiel nach auswärts gerichtet sein muss, so kommt es einzig und allein darauf an, ob alle diese Bewe- gungen gleichzeitig und entsprechend gleichmässig einwirken, oder’ ob sie einzeln nacheinander oder ungleichmässig auftreten, um zu ganz verschiedenen Formen der resulfirenden Bewegung zu führen. In ersteren Falle kann das Organ fast an Ort und Stelle eine Torsion erfahren, ohne dass sich die Componenten äusserlich m ihren ge-- trennten Wirkungen zu erkennen geben, wie das bei gleichzeitiger‘ Einwirkung der Kräfte auf die genannte Kugel ja auch der Fall ist. In anderen Fällen kommen die Componenten je nach ihrer Wirksamkeit. mehr oder weniger getrennt zum Ausdruck. In der That findet man sowohl bei verschiedenen Planzenspecies und Individuen wie auch unter’ den Blüthen einer und derselben Mutterpflanze die mannigfachsten. Uebergänge und Zwischenformen zwischen den beiden Extremen. _ Wie es aber für die Analyse der resultirenden Bewegung bei der vorerwähnten Kugel von Vortheil ist, wenn man beide Kräfte: nacheinander, statt gleichzeitig zur Wirkung kommen sieht, so be-- trachte ich es auch als einen, für das Verständniss der Torsionen höchst günstigen Zufall, dass ihre Componenten bei einer Anzahl von Pflanzen zeitlich getrennt auftreten und sich in ihren Einzelwirkungen besser‘ verfolgen und abgrenzen lassen. Ich habe daher diese Fälle mit durchsichtigerer Synthese bei meinen Untersuchungen in den Vorder- grund der Betrachtung gestellt und die mit verwischterem Auftreten- der Componenten auf erstere zurückzuführen gesucht. Nachdem ich. auf die Erscheinung der Torsion an Ort und Stelle schon genügend aufmerksam gemacht und sie durch gleichzeitige Wirkungen der Com- ponenten erklärt habe, verliert der Versuch, welchen Schw. und Kr.. mit Aconitum Lycoctonum anstellten, seine Bedeutung für den Geotor-- 284 tismus,. 1s zeigt sich nämlich in diesem Versuch nur, dass in einer Federspule, also in einem engen Raum, welcher weite Krümmungen nieht zulässt, eine Torsion wie erwähnt, stattfinden kann. Wenn Sehw. und Kr. behaupten, dass bei ihrem Versuche jede Krümmung verhindert sei. so stimmt das übrigens mit den beigegebenen Ab- bildungen Fig. 11 (und 12) Tafel II schr wenig überein; als gerade kann man die dargestellten Blüthenstiele doch gewiss nieht bezeichnen. Js braucht aber der Federspulen gar nicht, um zu beweisen, dass bei gewissen Pflanzen eine Torsion bei ziemlich gestreckt bleibendem ‘Stiel vor sich gehen kann; dies sieht man bei manchen Orchideen, Lobeliaceen und zumal kurzstieligen zygomorphen Blüthen anderer P’Nanzen ohne Federspule oft besser als bei dem genannten Aconitum. Bei vielen anderen Blüthen gelingen derartige Versuche, die Blüthen an Ort und Stelle zur Torsion zu bringen, aber durchaus nicht. Tel habe derartige, im Resultat abweichende Experimente mit Ringen (an Stelle der Federspule) in meiner Abhandlung beschrieben; diese Fälle übergehen Schw. und Kr. aber mit Schweigen. Es bleibt bei dem 'Torquiren, wie es mehr oder weniger ausge- sprochen an Ort und Stelle stattfindet, noch eine Schwierigkeit zu erwähnen, die sowohl für meine Auffassung, als auch, und zwar in viel höherem Maasse, für die Schw. und Kr.’sche m Betracht kommt. Es betrifft dies «das Auftreten der Auswärtsbewegung zu einem Zeit- punkte, bei welchem eine nennen$werthe Rinwärtsbewegung noch nicht: stattgefunden hat. Immerhin geht, wie ich fand, auch in diesen Fällen eine geotropische Bewegung, welche im weiteren Verlauf zur vollendeten Einwärtsstellung führen würde, den Torsionen voraus und or hängt wohl lediglich von der exotropischen Empfindlichkeit einer Pflanze ab, ob sie früher oder später gegen eine begonnene Einwärtsbewegung reagirt. Ganz unerklärlich ist es mir aber, wie Schw. n. Kr., nach denen die geotropische Torsion durch gleichmässige Drillung um die eigene Längsachse erfolgen soll, in diesen Fällen davon sprechen können (p. 30), „dass die Auswärtsbewegung der Blüthen auf einer unmittelbaren Stieltorsion beruht, an deren Zu- standekommen irgendwelehe Krümmungen nicht betheiligt sind“. Die Auswärtsstellung ist ja doch von vornherein bei solchen Blüthen gegeben, wird nach Schw. und Kr. durch irgendwelche Krüm- nungen absolut nicht verändert und soll doch durch weitgehende Stieltorsionen erst erreicht werden! — Dies wäre also eine weitere wunderbare Eigenschaft des „Geotortismus“*, mit welchem nach Schw. and Kr. (p. 48, 49) allerdings „ein ganz neues Gebiet* beginnen soll. 285 Besonderen Werth hatte ich in meiner Abhandlung darauf gelegt, dass andere Richtungsbewegungen, als die exotropische, welche sich mit der ÖOrientirung zur Gravitationsrichtung combiniren, gleichartige Torsionen hervorrufen, wie die Combination der geotropischen Be-- wegungen mit der exotropischen. Ich hatte gefunden, dass die- Blüthen vieler Pflanzen exotropisch sind, ohne unter gewöhnlicher Beleuchtung einen merklichen Heliotropismus zu verrathen, dass sich andererseits aber Blüthen vorfinden, welche keine merkliche Exotropie, dagegen einen ausgesprochenen Heliotropismus besitzen. Zu dieser‘ Gruppe gehören vor allem die Blüthen der Linaria cymbalaria, deren. positiver Heliotropismus bereits durch Hofmeister hervorgehoben wurde. Kehrt man eine, von der Mutterachse heliotropisch nach. auswärts gerichtete Blüthe sammt ihrer Mutterachse im Dunkeln voll-- ständig um, so erreicht die Blüthe in sehr kurzer Zeit mit Hilfe des Geotropismus ihre normale Erdstellung wieder; sie ist dann oft mit ihrer Öeffnung der Mutterachse zugekehrt, behält im Dunkelraum diese Stellung aber unverändert bei. Es zeigt sich keine Spur von lL.ateralbewegung und keine Spur von Torsion. Lassen wir aber von der Seite Licht einwirken, so führt die Blütle eine helio-- tropische Juateralbewegung aus, welche sie zunächst zur Gravi- tation in abnorme Lagen bringt. Diese abnorme Lage wird dureh Geotropismus wieder überwunden und die beiden Richtkräfte wirken beiderseits so lange regulirend ein, bis die Blüthe zu jeder derselben die normale Ruhelage erreicht hat; dann ist in ihrem Stiel aber eine entsprechende Torsion aufgetreten. Verschieben wir «die seitliche Lichtquelle allmählich weiter bis in die Richtung des ver- längerten Radius der Mutterachse, so können wir verfolgen, wie unter‘ den combinirten Einwirkungen der bekannten Kräfte die Torsion bis zu 180° weitergeht. Lat die Blüthe dann dieselbe Ruhelage cr- reicht, wie eine exotropische, dann weist sie auch eine gleiche Toorsion auf; der Gang des Versuches hat aber den directen Beweis geliefert, dass hier keine einzelne lichtkraft eine unmittelbar torquirende Wirkung ausgeübt hat, sondern ‚dass die Torsion durch die combi- nirten Örientirungsbewegungen unter dem Einfluss zweier Richtkräfte- entstanden ist. „Man hat es aber bei Linaria besonders günstig in der Hand, beide Componenten nacheinander — erst bei .Lichtabschluss die Gravitation, dann in Verbindung damit das Licht — wirken zu lassen, oder von vornherein gleichzeitig, wodurch dann die Bewegung sick nicht klar nach den Wirkungen zerlegt, sondern eine aus beiden resultirende Richtung einschlägt. Ausserdem steht es einem frei,. SH wie weit man gerade die heliotropische Lateralbewegung will vor sich gehen lassen.* (Övientirungsbew. zygom. Blüthen, p. 247.) Schw. und Kr. übergehen diesen instruetiven Versuch, auf welchen sich der schon erwähnte unrichtig eitirte Passus bezieht: „An diesem Objeete wird der Charakter der Torsion ete.* Die beiden Autoren scheinen dagegen andererseits einen grossen und prineipiellen Werth auf eine Erscheinung zu legen, welcher ich einen solchen nicht zugostehen kann. Sie widmen nänlich ein ganzes Capitel der Thatsache, dass die Orientirungstorsionen sehr oft am freien Eindtheil der Blüthen- oder Blattstiele beginnen und dann all- miählieh nach der Basis hin fortschreiten, während im oberen Theil die Torsion der Normalstellung des Organs zu Liebe wieder rück- gängig gemacht wird. Wenn man an die Einzelheiten des Verlaufs von Richtungsbewegungen überhaupt denkt, wird man sich sagen müssen, dass es sich bier um eine ganz allgemein verbreitete Erschei- nung handelt. Man braucht nur einen beliebigen orthotropen Spross mit entsprechend langer Wachsthumszone mit Tuschpunkten zu ver- schen und horizontal zu legen, um zu bemerken, wie dieht hinter dem Gipfel m der Region des stärksten Wachsthums die Krümmung beginnt, wie sie nach senkrecliter Aufrichtung der Spitze aber basalwärts fortschreitet, bis dahin, wo das Wachsthum eben erlischt. Der Gipfel wird dadurch nach hinten zunächst übergekrümmt, durch erneute Örientirungsbewegungen aber oben, in den energischer wachsenden Theilen, wieder in die Normallage zurückgebracht. Wollte man sich die Muse nehmen, aus dem Krümmungsradius und der Länge des Stengels, welche die Krümmung basalwärts durchläuft, die Bogengrösse zu berechnen, um welche der Sprossgipfel herumgeführt worden wäre, wenn der Vorgang anders verliefe. als er sich in Wirklichkeit verläuft, dann würde man zu Ähnlichen Resultaten gelangen, wie Schw. und Kr. bezüglich ihres Geotortismus, nämlich, dass es sich un Krüm- mungen von 180 oder 540 oder 720° handeln würde, von denen 90 ‚oder 450 oder 630 succesive wieder aufgelöst wurden, nachdem die Krümmung 90° überschritten hatte (p. 34). Wenn Schw. und Kr. .dazu behaupten (p. 61), „in mechanischer Hinsicht ist auch diese eigenthümliche Erscheinung einstweilen keiner Verwerthung fähig*, so ergeht es der Physiologie einstweilen besser als der Mechanik, denn sie hat die Erklärung dafür, dass diese „eigenthümliche Er- ‚scheinung“ mit der Vertheilung der Wachsthumsintensität, vielleicht ‚auch mit der Stärke der Reizempfänglichkeit zusammenhängt und dass, .da die Blüthe selbst die Bewegung des Stieles nicht beherrscht, alle 287 - ‚noch reactionsfähigen Zellen nach Maassgabe ihres Wachstums — also sehr oft (aber nicht immer) von oben basalwärts weiterschreitend — ihre Reactionen ausführen. Werden dabei die zuerst normal ge- stellten und wachsthumsfähigen Gewebetheile dadurch über die Normal- lage hinaus geführt, so, beginnen sie nafurgemäss erneute Orien- tirungsbewegungen, welche, wie ich zeigte, nothwendig eine ent- gegengesetzte Richtung einschlagen und eine Auflösung. der Torsion zur Folge haben müssen. Die dabei zu constatirenden Erscheinungen sind meiner Ansicht nach also keineswegs „so eigenthümlicher und auf- fallender Natur“ (p. 81) wie Schw. und Kr. glauben und stellen durchaus keine Extraleistung des Geotortismus vor; sie sind, wie gesagt, bei jeder durch Wachsthum hervorgebrachten Orientirungs- bewegung ganz allgemein zu beobachten. Aus der Vertheilung des Wachsthums erklärt sich auch eine andere Erscheinung, auf welehe Schw. u. Kr. besonders hinweisen, nämlich die, dass die Torsion nach der geotropischen Krümmung nicht in derselben Region auftritt, in der die Krümmung das Maximum erreichte, sondern sich höher am Stiel geltend macht. Bei den Blüthen, bei welchen die rein geotropische ÖOrientirung der exo- tropischen Lateralbewegung vorausgeht, liegt das Maximum der geo- tropischen Krümmung desshalb gewöhnlich tiefer, weil, wie ich aus- führlich darlegte und durch Abbildungen (p. 208) veranschaulichte, das Wachsthum der Blüthenstiele in vielen Fällen derart stattfindet, dass bei der Streckung kurz vor und während der Anthese, dasselbe den Stiel nicht gleichmässig auf seiner ganzen Länge ergreift, sondern im Allgemeinen von der Basis nach denı freien Ende hin anschwellend fortschreitet, dergestalt, dass die Basis des Stieles zuerst die weitere \Vachsthumsfähigkeit und Reactionsfähigkeit auf geotropische Reize ver- liert. Ich wies (p. 209) noch im Besonderen darauf hin, das spätere Ein- treten und das längere Anhalten der lateralen Bewegung im Blüthenstiel von Aconitum habe daher zur Folge, „dass die stärkste Lateralbe- wegung nicht mit dem Ort der stärksten Mediankrümmung zusammen- fällt, sondern hauptsächlich oberhalb in dem fast horizontalen Theile derselben vor sich geht.“ Gerade dieser zuletzt erwähnte Umstand ist aber von ganz besonderem Interesse, indem er jedem aufmerk- samen Beobachter die Gelegenheit gibt mit eigenen Augen die Ent- scheidung zu treffen, ob Geotortismus oder eine exotropische Lateral- bewegung die Orientirung zur Tragachse einleitet. Wäre Geotortismus im Spiel, so müssten sich solche Blüthen, die an mehr oder weniger wage- rechten Endstrecken des Stiels mit der Oeffnung der Spindel zugekehrt 288 sind, durch Torsion des oberen Stieltheiles an Ort und Stelle torquiren und kämen dadurch in inverse Stellung, ohne die geringste Auswärtsbewegung ausführen zu können. Von einem solchen Torquiren ist aber bei diesen Blüthen nichts zu sehen, wohl aber tritt dureh relativ stärkere Verlängerung einer Seitenkante eine seitlich gerichtete Krümmung ein, welche die Blütbe von der Spindel abkehrt (so wie es etwa in meiner Fig. 14 I. ce. angedeutet ist). Tachgenossen, welche sich durch Augenschein in müheloser Weise an einem günstigen Ob- jecete über die vorliegende Frage unterrichten wollen, kann ich nur empfehlen gelegentlich selbst einmal einen Umkehrversuch init Aco- nitem oder mit grösseren Delphiniumarten zu machen und derartige Blüthen nach nicht zu langen Zwischenpausen aufmerksam zu be- obachten. Man kann dabei über die Entscheidung in der einen oder anderen Richtung unmöglich länger im Zweifel bleiben. — Wenn in anderen Fällen zuweilen die torquirte Strecke schliesslich ziemlich gerade aufgerichtet erscheint, so haben wir bereits geschen, dass dieses Endergebniss kein Beweis dafür ist, dass bei diesen Blüthen die Torsion nicht auch durch Combination verschiedener Riehtungsbewe- gungen entstanden sein kann. — Auf die Bewegungen der Blätter, welchen in der Abhandlung von Schw. u. Kr. ein breiter Raum gewidmet ist, brauche ich hier nicht weiter einzugehen. Ich glaube, gezeigt zu haben, dass ihre Orientirungen. so weit sie gegenüber dem Horizont und der Tragachse stattfinden, sich denen zygomorpher Blüten anschliessen. Auf die merkwürdigen Vorgänge, welche bei der Mitwirkung des lächtes zu der eigenartigen Lichtstellung der Blätter führen, bin ich im Besonderen nicht näher eingegangen; nur das hatte ich (p. 361) hervorgehoben, dass eine gegenseitige Beeinflussung heliotropischer und geotropischer Bewegungen stattfinden müsse, was schon allein daraus hervorgehe, „ sonst geotropisch recht empfindliche Blätter ihrer ‚fixen Lichtlage‘ zu Liebe alle denkbaren abnormen Lagen zum Erdradius annehmen, als ob sie ihren Geotropisinus bei dem Lichtgenuss gänzlich verloren oder — umgewandelt hätten. Denn es sind nicht etwa Gleichgewichtslagen zwischen dem Geotropismus und dem Heliotropismus, welche dabei zu beobachten sind.“ Schw. u. Kr. werden bekanntlich (p. 67) durch ihre Versuchsergebnisse zur Erwägung derselben Möglichkeiten ge- führt. Wenn diese beiden Antoren dann bei der Aufzählung der Litteratur über die Orientirungsbewegung der Blätter (p. SI) von Schmidt bis Krabbe meine obigen Untersuchungsergebnisse lass 389 übergehen, so kann ihre Aufzählung natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen. — In Vorstehendem glaube ich die wichtigsten Punkte, welche inir zur Beurtheilung der Frage nach der Entstehung (der Örientirungs- torsionen von Bedeutung zu sein scheinen, so weit zusammengestellt und kritisch gegen einander abgewogen zu haben, als es mir nöthig erscheint, um den Jiesern, welche die mit den Orientirungstorsionen zusammenhängenden Fragen nicht aus eigener Erfahrung schon kennen, die Kritik und die Bildung eines eigenen Urtheils zu erleichtern. Wenn man die Geschichte seiner Wissenschaft auch nur einigermaassen kennt und wenn man sich der Wandlung der eigenen Auffassungen und Einsicht im Laufe einer langen Untersuchung bewusst bleibt, so wird man natürlich nicht glauben, in eimor so heiklen Frage, und zumal in einer physiologischen Eıstlingsarbeit das letzte Wort ge- sprochen zu haben. Wenngleich ich auch auf Grund der Ueber- zeugung, welche ich durch den Ausfall meiner Experimente und durch wiederholte Erwägungen gewonnen habe, die Ausführungen von Schw. und Kr. sachlich und litterarisch entschieden als unzutreffend ab- weisen muss — wobei die Form des Angriffs die Form der Abwehr bestimmte —, so wnöchte ich mich andererseits aber ausdrücklich gegen den Schein verwahren, als betrachte ich diese physiologische Frage, wenn auch nur vorläufig, als abgeschlossen. Ich selbst wüsste freilich noch nichts anderes an die Stelle der von mir 1885 ver: tretenen Auffassung zu setzen, die ich auch heute noch vollständig unterschreibe. , Plora 1892, Suppt.-Bd. 19 Litteratur. Gesammelte Abhandlungen über Pflanzenphysiologie von Julius Sachs. Erster Band, Abhandlung I-XXIX vorwiegend über physi- kalische und chemische Vegetationserscheinungen. Leipzig, Verlag von W. Engelmann. 1892. Mit lelhhafter Freude begrüssen wir den staftlichen, soeben erschienenen ersten sand der Sachs’schen Abhandlungen. Ueber die Bedeutung und den Werth der- selben hier etwas aussprechen zu wollen, hiesse Tiulen nach Athen tragen; sie gehören der Geschichte unserer Wissenschaft an. Der jüngeren Generation möge das Studium dieser Abhandlungen umsomehr empfohlen sein, als unsere Zeit der Compendien und der lieferate von dem Studium der Quellen mehr und mehr ablenkt, und viele nur die sich überstürzende Litteratur des Tages kennen.) Es sind aber nieht nur die Resultate, die von Bedeutung sind, es ist die ganze Methode des Korschens und Denkens, die den Schriften eines bedeutenden Gelehrten dauernden Werth verleihen. Die lichte Klarheit der Sachs’schen Abhandlungen lässt dies besonders hervortreten, und sie auch hierin als Muster erscheinen. K. Goebel. Lehrbuch der niederen Kryptogamen mit besonderer Berücksich- tigung derjenigen Arten, die für den Menschen von Bedeutung sind oder im Haushalte der Natur eine hervorragende Rolle spielen. Von Prof. Dr. Friedr. Ludwig. Mit 13 Figuren, Stuttgart, Verlag von Ferd. Enke. 1892. Die Kenntniss der niederen Kryptogamen hat bekanntlich in den letzten ‚Jahr- zehnten eine ungeahnte Bedeutung gewonnen, Vihrionen und Bacillen sind über die Laboratorien und Hörsäle hinans gedrungen und haben sich selbst: in den 'Tages- zeitungen ihren Platz erworben. Ein Buch, welches das allgemein Wissenswertheste über diese Organismen mittheilt, wird bei klarer und kritischer Darstellung desshalh stets erwünscht sein. Die gewöhnlichen Darstellungen der botanischen Litteratur 1) Begegnete es doch jüngst dem Referenten, dass Mohl’s vermischte Schriften, von denen man doch annehmen sollte, dass jeder, der sich für Botanik interessirt, sie kenne, unter der „unzugänglichen* Litteratur aufgeführt wurden. 291 können aber auf die praktische Bedeutung der niederen Organismen nicht oder doch nur kurz eingehen. Gerade diesen Verhältnissen hat der Verf. des vorliegenden Werkes aber eingehende Berücksichtigung geschenkt, und sein Buch nıuss im Grossen und Ganzen als ein wohl gelungenes und recht brauchbares bezeichnet werden., Das schliesst nicht aus, dass dasselbe auch einzelne Schattenseiten hat. Als solche müssen wir zunächst die Abbildungen bezeichnen, die nieht nur in ungenügender Zahl, sondern zumeist auch in unbefriedigender Ausführung vorhanden sind. Dann wäre bei manchen Punkten etwas mehr Kritik wünschenswerth gewesen. So ist es z.B. ganz unrichtig, wenn 8. 2 von den Bacterien gesagt wird, „durch fortgesetzte Zweitheilung wie durch endogene Sporenbildung („Arthrosporen*) sich sehr rasch vermehrende Organismen“. Bekanntlich sind Arthrosporen etwas anderes als die endoren entstehenden Sporen. Auch die Angaben über die Artumgrenzung der Bacterien sind wenig befriedigend, und die leichtfertigen Behauptungen von Dubois über die Bacterienverdauung bei Nepenthes hätte entweder übergangen, oder doch wenigstens darauf hingewiesen werden sollen, dass sie den Resultaten von Hooker, Gorup-Besanez, Vines u. A. direet widersprechen — woher die Differenz rührt, wird an anderer Stelle mitgetheilt werden. Von den 653 Textseiten des Buches sind 593 den Pilzen gewidmet. Merkwürdig berührt bei den Algen ein — bei Gelegenheit der Diatomeenvermelrung eingeschobenes Capitel über die Bedeutung des goldenen Schnitts ete., der tief in die Naturphilosophie führt. Druckfeller machen sich in diesem Abschnitte unangenehm bemerkbar, z. B die Seitaminee „Sceytonema“ u. a., und die Behauptung, dass die endophytisch lebenden Nostocaceen ihrem Wirthe durch Stickstoffassimilation nützen, wäre doch erst näher zu erweisen. Bei den litterarischen Citaten sei noch bemerkt, dass keineswegs, wie der Verf. hehauptet, die Thatsache, dass der Entwickelungsgang der Lemaneaceen und Batracho- spermeen eine merkwürdige Parallele darstellt mit dem der höheren Moose, zuerst von A. Peter hervorgehoben wurde!) und ebensowenig richtig ist, dass Sirodot’s Lemaneaarbeit „über ein Jahrzehnt lang unbeachtet blieb“. Derartige Angaben sollte man nicht machen, wenn man nicht die Litteratur des betreffenden Gegenstandes gründlich kennt. Die vorstehenden kleinen Ausstellungen, denen sich andere anfügen liessen, sollen die praktische Brauchharkeit des Buches nicht herabsetzen, sondern nur zeigen, dass bei einer zweiten Auflage eine kritische Durchsicht nothwendig ist. Dieselbe dürfte auch dem Titel zu Gute kommen. „Lehrbuch der niederen Kryptogamen ist ebenso wenig richtig deutsch, als etwa „Lehrbueli der Pferde“ oder „Lehrbuch der Pflanzen.“ K. Goebel. Die Pflanze in ihrer Beziehung zum Eisen. Eine physiologische Studie von Dr. Hans Molisch, a. ö. Professor der Botanik in Graz. Mit einer farbigen Tafel. Jena, Verlag von Gustav Fischer, 1892. Die kleine Schrift von 119 Seiten birgt eine ganze Reihe sehr interessanter Thatsachen, obgleich, wie der Verfasser in der Einleitung selbst sagt, in der Ab- handlung nur eine Ausarbeitung der Grundlinien des Themas vorliegt. 1) Es geschah dies schon lange vorher in Lehrbüchern. "Vgl, z. B. Goebel, Systematik p. 83 19* 292 Zur Aufsuchung des direet nachweisbaren Eisens in der Pflanze wendet der Verfasser gelbes und rothes Blutlaugensalz und Salzsäure an und schneidet, um eine Verunfeinigung der Objecte durch Eisen zu vermeiden, mit einen Alesser aus Alumi- niumbronce. Zur Nachweisung des nicht direct wit Blutlaugensalz nachweisbaren, fester ge- bundenen, maskirten Eisens hat Molisch eine Methode erfunden. Er lässt die Oh- jeete Tage bis Wochen lang in gesättigter Kalilauge liegen, wäscht mit Wasser und prüft mit Blutlaugensalz und Salzsäure. Selbstverständlich gelingt eine Aufschliessung aller organischer Eisenverbindungen auf diesem Wege nicht; der Verfasser hebt aueh hervor, dass ihm die Reaction beim Blutfarbstoff, bei Ferroeyankalium nnd den Pilzen nieht gelungen sei, Zu dieser Methode, weiche für die in Rede stehenden Untersuchungen von grosser Bedeutung ist, möchte ich einige Bemerkungen machen. Die Angabe des Verfassers, dass man mittels seiner Methode noch Eisenmengen in den Zellen nachzuweisen ver- möge, die in der Asche dieser nicht mehr zu konstatiren seien (S. 10) erregte in mir den Verdacht, dass Eisen durch die Methode selbst in die Objeete hinein gelangt sein könne. Einige Versuche lehrten mich, dass dieser Verdacht nicht ganz unge- rechtfertigt ist. Es ist eine bekannte Thatsache, dass eisenfreies Kaliumhydroxyd im Handel nicht zu haben ist; die reinsten Sorten des Handels enthalten immer noch nachweisbare Eisenmengen. Der Verfasser gibt nicht an, dass er das Kaliumhydroxyd selbst dargestellt hat; er hat also höchst wahrscheinlich das reinste Kaliumhydroxyd des Handels benutzt. Auch die kleinste Menge des Eisens kann aber bei dieser Methode zu grossen Tüuschungen führen, weil viele im Pflanzenkörper enthaltene Stoffe Eisen aus stark alkalischen Lösungen aufnehmen. Man kann sich hiervon dadurch überzeugen, dass man reine Baumwolle in vollkommen gesüttigte, reinste Kaliumıhydroxydlösnng eine Woche lang einlegt. Prüit man die unbenutzte Kaliun- hydroxydlösung, die benutzte Kaliumhydroxydlösung und die Baumwolle, so findet man, dass die benutzte Kaliumhydroxydlösung weniger Eisen enthält als die unbe- nutzte und dass die Baumwolle Eisenreaction gibt. Bringt man in die schon einmal mit Baumwolle behandelte, sorgfältig gegen Kohlensäure geschützte Lösung des Kaliumhydroxyds neue Baumwolle, lüsst sie 8 Tage liegen und prüft dann Lösung und Baumwolle wieder, so findet man in beiden nur äusserst wenig oder kein Fisen mehr, Cellulose speichert also das Eisen aus stark alkalischen Lösungen in sich auf. Zu bemerken ist, dass das Eisen oberflächlich eingelagert wird, so dass längeres Waschen das Eisen von der Baumwolle entfernt. Man presst. die Baunı- wolle desshalb nur stark aus und wäscht sie kurze Zeit mit Wasser oder bringt sie direct in eine Lösung von ganz wenig Blutlaugensalz in stark verdünnter Salzsäure. Bringt man Spuren von Eisenchlorid zu der Kalilauge, filtrirt die Lauge und legt dann Baumwolle ein, so ist die Reaction der Baumwolle auf Eisen eine viel kräftigere als dann, wenn man möglichst reine Lauge verwendet. Ich will aus den Resultaten dieser Versuche durchaus nicht folgern, dass die Resultate, welche Molisch mit seiner Metlıode erhielt, unrichtig seien, immerhin wird ein oder der andere Versuch einer Nachprüfung bedürftig sein, unter Berücksichtigung des nenen Gesichtpunktes. Direet nachweisbares Eisen fand der Verfasser bei zahlreichen Algen der Membran auflagernd, seltener in der Membran, noch seltener im Zellinhalte. In Pilzen fand er, trotz zahlreicher Untersuchungen, Eisen nur äusserst selten; nur die „oxydirten Flechten“ der Lichenologen scheiden grosse Massen von Tisenoxduloxyd 293 oder einer organischen Eisenoxyduloxydverbindung zwischen den Euden ihrer Hyphen aus. Von Moosen wurden 250 Arten untersucht und einige eisenreiche Formen darmiter gefunden, so z. B. Fontinalis antipyretica. Besonders zu beobachten sind auch die Angaben, welche der Verfasser über die Vertheilung des direct nachweis- baren Eisens in den Samen macht. Alle Pflanzen, welche der Verfasser untersuchte, enthielten maskirtes Eisen, theils im Zellinhalte, theils in den Zellwänden. Besonders interessant ist die "T’hat- sache, dass die Globoide reichlich maskirtes Eisen enthalten. Im IV. Abschnitte der Abhandlung theilt der Autor einige Untersuchungen über Eisenbacterien mit, aus denen er den Schluss zieht, dass der Lebensprozess der Eisenbacterien nicht, wie Winogradzky annahm, ausschliesslich oder hauptsächlich auf Kosten der bei der Oxydation von Fisenoxydul zu Eisenoxyd freiwerdenden Wärme im Gange erhalten werde, dass vielmehr das Eisen zu den Eisenbacterien nur in einer Beziehung stehe, „wie etwa die Kieselsäure zu den Gräsern“. Auch findet er, dass die Ent- stehung der Raseneisenerze nicht ursächlich an die Thätigkeit von Eisenbacterien geknüpft ist. Die Frage: „Ist der Chlorophyllfarbstoff eisenhaltig?" beantwortet Molisch auf Grund einiger Versuche mit nein. Tr sieht desshalb die Chlorose nicht als eme direete Folge des Eisenmangels an, sondern hält dieselbe für ein auf- fallendes Symptom eines allgemein krankhaften Zustandes des Protoplasten, der durch Eisenmangel hervorgerufen wird. Dass solche Störungen allgemeiner Natur bei Eisenmangel überall in der Pflanzenzelle eintreten müssen, glaubt er aus den Resultaten einiger Versuche schliessen zu dürfen, welche, nach ihm, das Eisen auch für das Wachsthum der Pilze als absolut nothwendig erscheinen lassen. Er stellte derartige Versuche über die Bedeutung des Eisens für das Wachıs- Ühun der Pilze hauptsächlich mit Asperzillus niger an, im Anschlusse an die älteren Arbeiten von Raulin; doch scheinen mir diese Versuche ein unanfechtbares Resultat noch nicht ergehen zu haben. Arthur Meyer. Eingegangene Litteratur. Allescher, A., Verzeichniss in Südbayern beobachteter Pilze. 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